TK D. H. HILL IM^ NOBTH CyßOLIN^ ST4TE C0LLC6E This book may be kept out TWO WEEKS ONLY, and is subject to a fine of FIVE CENTS a day thereafter. It is due on the day indicated below: T 101962 OCTl M962 OCT 24 11)62 5üM — May-54 — Form 3 dm.-Platz 13. W: y / yc^ / , LEHRBUCH vier Mitteleuropäischen Forstinsektenkunde von Dr. J. F. Judeich und Dr. H. Nitsche. Digitized by the Internet Archive in 20Ö9 witin funding from NCSU Libraries Iittp://www.arcliive.org/details/lelirbuchdermitte01jude Uradi vF. Karcjl.'Wien Uetaersetzungsrecht vorbehalten. Es Avurden ausgegeben: . S. 1— 264 (Abth. I) 1885. S. 265- 616 (Abth. H) 1889. S. 617— 936 (Abth. JH) 1893. S. 937-1421 (Abth. IV) 1895. Vorwort u. s. w 1895. Ende 1895 ging das Werk aus dem Verlag von Ed. Hölzel in Wien au die Verlagsbuchhandlung Paul Parey in Berlin über und wurde ein unveränderter Abdruck der Abtheilung I (Seite 1—264) veranstaltet. Vorwort. JNach dem tieftraurigen, vorzeitigen Hinscheiden meines lieben Mit- arbeiters und Freundes Judeich liegt mir beim endlichen Erscheinen der Schlussliefei-ung unseres Werkes die Pflicht ob, den bereits nicht ohne Berechtigung ungeduldig gewordenen Leserkreis wegen dieser Verzöge- rung um freundliche Nachsicht zu bitten. Dies kommt mir umsomehr zu, als ich zugleich der Einzige bin, der einigermassen für die Ver- zögerung verantwortlich gemacht werden kann: Sowohl Judeich als die Verlagsbuchhandlung sind völlig unschuldig. Aber auch ich kann mich keiner Versäumniss meiner Pflichten gegen Abnehmer und Leser schuldig bekennen. Vielmehr habe ich nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, als ich all meine Kraft darauf richtete, in diesem Buche eine dem augenblicklichen Stande der Wissenschaft ent- sprechende Darstellung der Forstinsektenkunde zu geben. Schuldig bin ich nur des mich noch bei Beginn der Niederschrift des speciellen Theiles beheiTSchenden Irrthumes, eine solche Neubear- beitung könne annähernd im Kahmeu der Katzkburg'scIu'u „Waldver- derber" geschehen. Erst im Laufe der Ausarbeitung der Einzelheiten kam Jideich und mir die klare Erkenntniss, wie bedauerlich es sei, dass seit Patzeblrg's Zeiten niemand in umfassender Weise die Specialliteratur für eine allge- meine Darstellung der Forstinsektenkunde verwerthet habe, nicht einmal Hess, der in seinem ,,Forstscliutze" hierin am weitesten ging, sich aber naturgemäss auf die Anführung der wichtigsten Literatur beschränken musste. Ich muss ferner mit Bedauern einräumen, dass meine Fähigkeiten nicht hingereicht haben, meine stets auf genaue Quellenstudien, fast YJ Vorwort. durchweg auf eigene Anschauung und meist auch auf eigene, vielfacli allerdings nicht besonders hervorgehobene Untersuchungen gegründete Darstellung so zu beschränken, wie es für die Zwecke des ursprünglich geplanten kürzeren Lehrbuches nothwendig gewesen wäre. Als Ent- schuldigung mag mir vielleicht dienen, dass für einzelne Kapitel^ z. B. für die über Zweiflügler und Schnabelkerfe, der rasche Fortschritt der Wissenschaft eine völlig selbstständige und eingehende Bearbeitung ganz unabweisbar machte. Auch die bei dem letzten grossen Nonnenfrasse auf- tretenden Erscheinungen haben sehr zeitraubende eigene Studien ver- anlasst und demgemäss eine weitere Verzögerung verursacht. Schliesslich — si mcujuis licet componere parva — darf ich wohl darauf hinweisen, dass auch Ratzeburg zuerst seine für alle Zeiten grundlegende Forstinsektenkunde veröffentlichte und erst später den für die praktischen Forstleute bestimmten Auszug „die Waldverderber und ihre Feinde" erscheinen Hess. Sollte in Zukunft noch eine kurze Zu- sammenfassung der Grundzüge der Forstinsektenkunde nothwendig werden, so wird es mir nunmehr leicht sein, eine solche herzustellen. Diese zu- erst zu bringen, wozu ich eigentlich contractlich verpflichtet gewesen wäre, lind dann erst das ausführliche Werk, dazu haben eben leider meine Kenntnisse nicht ausgereicht. Für die freimdliche Nachsicht, die bei diesem meinem für sie sehr empfindlichen Verfehlen die Verlagshandlung geübt hat, bleibe ich ihr dauernd verpflichtet. Auf die eben angedeutete Weise ist denn nun ein fast durch- aus neues Werk entstanden, dessen Titel sich mit dem Inhalte eigent- lich in keiner Weise deckt. Dies ist bereits deutlich von der Kritik aus ■ gesprochen Avorden, der ich für ihre fast ausnahmslos wohlwollende^ ja vielfach unverdient gütige Stellungnahme hier in Judeich's und meinem Namen freundlichst danken möchte. Es war daher mein Wunsch, den der letzten Lieferung beizugebenden, bleibenden Titel passend zu verändern und das Werk kurzweg „Handbuch der Forstinsektenkunde" zu taufen. Dies musste auf Wunsch der Verlagsbuchhandlung unterbleiben, die nach Rücksprache mit Autoritäten in der Bibliographie von einer solchen Veränderung dauernde Verwechslungen und unliebsame Beein- trächtigungen des schon durch die Verzögerung der Herausgabe geschä- digten Absatzes mit Recht befürchtete. Es ist daher auch der Ausdruck „Mitteleuropäische Forstinsektenkunde" beibehalten worden, trotz der, wie ich leider gestehen muss, nicht ganz unberechtigten sprachlichen Bedenken. Nur die Beigabe des anfänglich in Aussicht genommenen Anhanges .,die forstschädlichen Wirbelthiere" ist in voller Uebereinstimmung mit ^■ol•\volt. VII JuDEicn und der Verlagsbuchhandlung unterblieben. Eine abgekürzte Be- handlung dieses Gegenstandes hätte in keiner Weise zu der neuen Ge- stalt des Werkes gepasst, eine austuhrliche würde dessen Abschluss noch um Jahre verzögert haben. Dass schliesslich ein gleichartig durch- irearbeitetes Werk nicht entstanden ist, muss ich leider eingestehen. Ich habe mir aber wenigstens redlich :Mühe gegeben, durch Zufügung des „Nachtrages" diesen Mangel einigermassen auszugleichen. Auch die lUustrirung des Werkes ist keine einheitliche. Dass einer- seits die schönen KATZEBURo'schen Tafeln I— VI beibehalten wurden, andererseits die den heutigen Ansprüchen nicht ganz genügende Tafel VII, sowie die beiden morphologisch-anatomischen Tafeln zu .,Cursus II" Aveg- geblieben sind, dürfte allseitiger Zustimmung begegnen. Ich glaube, dass der Wegfall der letzteren durch die dem Texte beigegebenen neuen Äb- bildune:en reichlich ersetzt wird. Auch die beiden neuen Tafeln VII und VIII über Kleinschmetterlinge dürften wohl verständigen Ansprüchen genügen. Die Originale derselben schuf die kunstfertige Hand des in- zwischen ebenfalls dahingeschiedenen Leipziger Malers Theochar, wäh- rend ihre mustergiltige Wiedergabe Zeugniss für die hervorragenden Leistungen der HöLZEL'schen Kunstanstalt ablegt. Die dem Texte ein- gefügten Abbildungen sind aber leider recht verschiedenwerthig. Die zu Anfang der Bearbeitung hergestellten, theilweise erst später zum Ab- drucke gekommenen, sind unter meiner Leitung von dem bereits genannten 3Ialer Theochar sowohl gezeichnet, als auch in Holz geschnitten. Sie besitzen aber nicht durchweg den Grad der Vollkommenheit, den ihr Urheber seinen Kleinschmetterlingstafeln zu geben verstand. Die Originale zu den später hergestellten Abbildungen rühren sämmtlich von mir selbst her. Aber sie zeigen auch, dass ich mich nach dem Tode von Herrn Theochar erst langsam in die Handhabung der Zeichenfeder einleben musste. Dass ich späterhin, so weit irgend thunlich, die Photographie zur Wiedergabe der Frassstücke verwendete, dürfte wohl Zustimmung linden. ]3och habe ich auch die photographische Technik erst allmählich beherr- schen gelernt. Die meist gelungene, mechanische, in einzelnen Fällen auch mit Umzeichnung verbundene Umsetzung meiner Vorlagen in Cliches verdanke ich der Wiener Kunstanstalt von Angeber und Göschl. Im Allgemeinen habe ich mit herzlichem Danke anzuerkennen, dass jedem meiner Wünsche in Bezug auf passende und reiche Ausstattung von der Verlagsbuchhandlung in liebenswürdigster Weise Kechnung getragen wurde. \IH Vorwort. Die Leser können aber auch mit Recht Aufklärung darüber fordern, in welchem Masse jeder der beiden auf dem Titel genannten Männer an der Herstellung dieses umfangreichen Werkes betheiligt ist. Da ist denn zunächst hervorzuheben, dass Judeich sich nur zögernd entschlossen hat, an der Herausgabe dieser „achten Auflage" theilzunehmen, i;nd zwar unter der ausdrücklichen Bedingung, dass ich den Haupttheil der Arbeit übernähme. Seine Betheiligung war aber nach des Verlegers und meiner eigenen Ansicht schon deshalb unumgänglich nothwendig, damit dem forstlichen Leserkreise die Gewissheit werde, dass diese „Neu- bearbeitung" auch wirklich den Bedürfnissen der forstlichen Praxis ent- spreche. Lag doch das Arbeitsfeld, das ich vor meiner Berufung nach Tharand als Docent und Professor an der Universität Leipzig bebaute, weit ab, nicht nur von der forstlichen Zoologie, sondern auch von der speciellen Entomologie. Dass ich mich in meinen neuen Wirkungskreis verhältnissmässig leicht einlebte, verdanke ich vorzugsweise der unermüdlichen, aufopfern- den und selbstlosen Anleitung Judeich'S. In dieser Beziehung muss ich mich — und ich thue es mit dankbarer Freude — seinen Schüler nennen. In Folge seiner Unterweisung hatte ich mir aber bereits bei Beginn unserer gemeinsamen literarischen Arbeit die praktischen Seiten der Forstentomologie so weit zu eigen gemacht, dass ich auch die Dispo- sition des Werkes und die Abfassung einiger mehr forstlicher Abschnitte allein unternehmen durfte, während Judeich sich hauptsächlich auf die Kolle des kritischen Berathers beschränkte und sich nur die Bearbeitung- einiger kleinerer, seinen speciellen Lieblingsneigungen entsprechender Abschnitte selbstständig vorbehielt. Seiner Feder entstammen nur die fol- genden Abschnitte: S. 1 — 6 Ratzeburg's Leben. — S. 146 — 155 Die Grade der Schädlichkeit und die sie bedingenden Ursachen. Die durch Insekten hervorgerufenen Störungen des forstlichen Wirthschaftsbetriebes. — S. 196 — 203 Massregeln der Bestandsbegründung, bis: Sorgfältige Beobachtung des Insektenlebens im Walde. — S. 236 — 244 Die gesetz- liche Regelung der Bekämpfung der Forstschädlinge. — S. 429 — 430 Abwehr des grossen braunen Rüsselkäfers durch Forsteinrichtungsmass- regeln. — In Kap. XI, „Die Käfer", alle Gattungs- und Unter- gattungsdiagnosen, sowie alle Beschreibungen der Imagines der ein- zelnen Arten einschliesslich der jetzt auf S. 1300 — 1304 der Nachträge befindlichen, ursprünglich aber am Schlüsse der Abtheilung II beigefügten. Aus dem Nachlasse Judeich's sind ferner in den „Nachtrag" über- gegangen: Der Abschnitt S. 1287 — 1288 über das neue Deutsche Reichs- Vorwort. IX \'ügelsclmtzgosctz, sowie S. 1308 und 1309 der Abscbnitt über Pissodes scabricollis und S. 1323 der über Scolytus laevis. Dagegen bat sieb Judeich bis zu seinem Lebensende stets der ge- nauesten Durcbsicbt meines Manuscriptes unterzogen und mancberlei Ab- änderungen desselben veranlasst. Docb ist zu bemerken, dass letztere meist nur redactioneller Art waren, da wir uns im Laufe der Jabro scliliesslicli so ineinander eingelebt batten, dass saclilicbe Verscliioden- beiten aucb in der Auffassung rein forstlicber Gesicbtspunkte kaum be- standen. So kann das vorliegende Werk in jeder Weise aucb als der Ausdruck der Ansiebten dieses grossen verewigten Forstmannes angeseben werden, wie er selbst dies denn aucb für den im Einzeldrucke bereits 1892 nur unter meinem Namen erschienenen Abscbnitt über die Nonne in der Vorrede deutlich ausgesprochen bat. Gelesen hat .Judeich das Manuscript bis zu S. 1192 in Kap. XIII. Für den Schluss dieses Kapitels, sowie für den kleineren Rest des Buches habe ich mich der freundschaftlich berathenden Stimme des Herrn Professor Dr. M. Kunze zu erfreuen gehabt, der mich zusammen mit Herrn Forstassessor Beck auch bei den Correcturen liebenswürdigst unterstützte. An allen Stellen, an denen uns die Beihilfe anderer Gelehrter und Forstmänner zutheil ward, ist dies in dem Texte selbst dankbar hervorgehoben. Aber nicht nur geistig, sondern auch praktisch hat Ju deich den regsten Antheil au der Herstellung unseres Werkes genommen. In einer für einen ilann seines Alters, seiner Stellung und seiner anderweitigen Arbeitslast geradezu rührenden Weise hat er auch die Drucklegung ge- fördert. In unermüdlicher Arbeit hat er die höchst mühseligen Correc- turen bis zu seinem Tode treu mitbesorgt. Seiner Sorgfalt verdanken es die Leser, wenn in den Abkürzungen der Autorennamen, der heute su schwankenden Orthographie und ähnlichen technischen Details einige Gleichmässigkeit erreicht wurde. L^m mich, der ich vorzugsweise auf die Förderung des Manuscriptes bedacht sein musste, zu entlasten und den von ihm dringendst, ja sogar ungeduldig ersehnten Abschluss zu beschleu- nigen, hat er den gesammten Briefwechsel mit der Verlagsbuchhandlung geführt. Leider hat er das Ende der Arbeit nicht erlebt. Mein Wunsch aber ist, dass der nun endlich erreichte Abschluss auch in seinem Sinne beitragen möge zum Schutze unseres Deutschen Waldes. Thai;iii'l, am (">. .Taiiuar 1895. H. NITSCHE. Inhaltsverzeichniss. Seite Ratzeburg's Leben 1 Einleitung. Kapitel I. Die Gliederfüsslev im Allgemeinen 7 Der Typus der Arthropoden S. 7. — Die Klassen der Arthropoden S. 12. — Ueber die holzzerstöreiiden Krebse vgl. S. 336 — 339 und S. 1275. — Die spinnenartigen Thiere S. 17 und S. 1276. — Die Gall- milben S. 19. — Die Tausendfüsse S. 25 und S. 1278. Allgemeiner Theil. Kapitel 11. Die äussere Erscheinung der erwachsenen Insekten 26 Der Kopf S. 27- — Die Fühler S. 29. — Die Mundwerkzeuge S. 30. — Die Brust S. 32. — Die Beine S. 33. — Die Flügel S. 35. — Der Hinterleib S. 38. — Die Cliitincuticula S. 40. — Färbungen des In- sektenkörpers S. 41. — Secundäre Geschlechtschaiaktere S. 42. Kapitel III. Der innere Bau der erwachsenen Insekten und die Lebensverrichtungen der Einzelthiere .... 47 Allgemeine Orientirung S. 47. — Die Leibeswand S. 49. — Der Darmcanal und seine Anhänge. Der Darm S. 50. — Die Harn- gefässe S. 54. — Die Athmungs- und Kreislauforgane. Das Tracheensystem S. 55. — Der Fettkörper S. 58. — Das Blut S. 58. — Das Herz S. 58. — Die Leuchtorgane S. 60. — Das Muskelsystem und seine Thätigkeit. Die Muskulatur S. 61. — Die Ortsbowegungen S. 61. — Die Lautäusserungen S. 64. - Das Nervensystem. Das Centralorgan desselben 8. 66. — Das peripherische Nerven-system S. 69. — Das Eingeweidenervensystem S. 69. — Die Sinnesorgane. Tastorgane S. 70. — Geruehsorgane 8. 70. — Geschmacksorgane S. 71. — Gehörorgane S. 71. — Gesichtsorgane S. 72. — Die Fortpflan- zungsorgane. Die weiblichen Fortpflaiizungsorgane S. 70. — Die männlichen Fortpflanzungsorgane S. 79. XII Inhaltsverzeichniss. Seite Kapitel IV. Die Fortpflanzung und die Jugendzustände der Insekten 81 Ei und Samen. Entwicklung im Ei S. 81. — Das Ei S. 82. — Der Samen S. 84. — Die Begattung S. 8(J. — Die Befruchtung S. 86. — Die Ablage der Eier S. 87. — Die Verwandlung der Eizelle in den Embryo S. 90. — Die Larve und ihre Verwandlung in die Imago; Metamorphose und Puppenruhe. Die Larve S. 91. — Einige Einzelheiten über den Bau und das Leben der Larven S. 94. — Metamorphose der Larven im Allgemeinen S. 98. — Die unvollkommene Metamorphose S. 99. — Die vollkommene Metamorphose 8. 100. — Die Puppe !S. 102. — Hypermetamorphose und verwandte Erscheinungen S. 105. — Die Verwandlung der Puppe zur Imago S. 108. — Zeitlicher Ablauf der Entwicklung. Flugzeit S. 109. — Generation S. 112. — Ueberwinterungsstadium S. 119. — Lebensdauer S. 121. — Literaturnachweise S. 121. — Parthenogenesis und mit ihr zu- sammenhängende Erscheinungen S. 122. — Parthenogenesis im engeren Sinne S. 123. — Pädogenesis S. 124. — Einfacher und zu- sammengesetzter Entwicklungscyklus S. 125. — Heterogonie S. 127. Kapitel V. Die Insekten als natürliche und wirthsehaftliche Macht i;^0 Die Bedeutung der Insekten für den allgemeinen Naturhaushalt S. 130. — Die Lisekten als Zerstörer S. 132. — Die Insekten als Nalirungsquelle für andere Thiere S. 132. — Die Insekten als Befruchter S. 133. — Die Insekten als wirthsehaftliche Macht überhaupt S. 134. — Die nützlichen Insekten S. 134. — Die schädlichen Insekten S. 135. — Die forstwirthschaftliche Bedeutung der Insekten. Die nützlichen und schädlichen Forstinsekten im Allgemeinen S. 136. — Die verschiedenen Arten der durch Insekten verübten Be- schädigungen an Holzpflanzen S. 137. — Gallen S. 138. — Wurzelbeschädigungen S. 139. — Blattbeschädigungen S. 140. — Rindenbeschädigungen S. 140. — Verletzungen des Heizkörpers S. 141. — Störungen in der normalen Ausbildung der Pflanzenform S. 142. — Heilungsvorgänge S. 143. — Die Grade der Schädlichkeit und die sie bedingenden Ursachen S. 146. — Unmerklich, merklich und sehr schädhche Insekten S. 147. — Physiologisch und technisch schäd- liche Insekten S. 151. — Die durch Insekten hervorgerufenen Störungen des forstlichen Wirthschaftsbetriebes S. 152. — Kultur- und Bestandsverderber S. 153. — Verschiebungen des Wirthschafts- planes S. 154. Kapitel VI. Entstehung, Abwehr und wirthsehaftliche Ausgleichung grösserer Insektenschäden 156 Die Entstehung grösserer Insektenverheerungen. Einwanderung von aussen S. 157. — Massenvermehrung bereits angesiedelter Schädlinge S. 158. — Die Beschränkung der Insektenschäden durch na- türliche Einflüsse S. 162. — Insektentödtende Witterungseinflüsse S. 163 und S. 1286. — Insektentödtende Pilze S. 164 und S. 1280—1286. Literaturnachweise S. 181. — Insektentödtende thierische Parasiten S. 182. — Die insektenfressenden Thiere S. 187. — Die wirthschaft- lichen Vorbeugunosmassreseln £:e2:en Insektenschäden S. 195. — Inhaltsverzeichiüss. XIII Seite Massregeln der Bestaiulsgründung S. 196. — Massregeln der Bestands- pflege S. 197. — Massregeln der Ernte S. 199. — Massregeln der Forsteinrichtung S. 200. — Standortspflege 8. 201. — Beobachtung des Insektenlebens im Walde S. 202. — Schonung, Hegung und Aus- setzung nützlicher Thiere S. 203. — Die Bekämpfung von Ibrst- schädlicheu Insekten durcli Vertilgungsmittel S. 206 und S. 1287. — Allgemeine Gesichtspunkte S. 207. — Die Aufsuchmig und Ver- tilgung der Schädlinge an ihren Aufenthaltsorten S. 209. — Vertilgung der Schädlinge mit Hilfe von künstlich auf ihren Wegen angebrachten Hindernissen S. 213. — Vertilgung der Schädlinge nach vorher- gegangener künstlicher Anlockung S. 216. — Die Ausführung der Vertilgungsmassregeln S. 218. — Verwerthung der gesammelten Schäd- linge S. 219 und S. 1287. — Die Beurtlieilung der Nothwendigkeit und Möglichkeit der DurclitÜhrung von Bekämpfangsmassregeln !*. 221. — Untersuchungen über die Menge der Schädlinge S. 221. — Die Untersuchung des Gesundheitszustandes der Forstschädlinge S. 223. — Die Beobachtung der W^itterungsverhältnisse S. 226. — Untersuchung des befallenen Bestandes S. 226. — Die Möglichkeit der Durchführung der Bekämpfungsmassregeln 8. 231 und S. 1287. — Werth und Be- handlung der von Insekten befallenen oder getödteten Bäume und Bestände. Werth des von Insekten befallenen oder getödteten Holzes S. 231. — Behandlung der befallenen oder getödteten Bäume und Bestände S. 233 — Rücksichten beim Einschlag S. 235. — Die gesetzliche Kegelung der Bekämpfung der Forstschädlinge S. 236 und S. 1287. - Gesetzliche Vorschriften über die Schonung nützlicher Vögel S. 237. — Gesetzliche Vorschriften bezüglich der Be- kämpfung von Insektenschäden S. 240 und S. 1288. Kapitel VII. Allgemeine Einführung in die systematische und praktische Entomologie 245 Die wissenschaftliche Eintheilung und Benennung der Insekten. Allgemeine Systematik S. 245. — Nomenclatur S. 249. — Das Be- stimmen der Forstschädlinge vtnd die Anlegung von forstento- mologischen Sammlungen. Die Bestimmung des Urhebers eines forstlichen Insektenschadens S. 253. — Die Anlage von forstlichen Insektensammlnngen S. 254. — Allgemeine Literatur S. 261. Specieller Theil. Kapitel VIII. Die Gerad- und Netzflügler. Die Geradflügler 265 Thysanura S. 266. — Orthoptera genuina S. 267 uiul S. 1288. — Die Maulwurfsgrille, Gryllotalpa S. 268. — Die Wanderheuschrecken S. 273. — Orthoptera Pseudoneuroptera S. 274. — Literaturnachweise S. 277 und ö. 1290. Die Netzflügler 278 Kapitel IX. Die Käfer 281 Allgemeines S. 282. — Systematik S. 286. Die forstlich nützlichen und gleichgiltigen Käfer . . . 288 ^[Y Inhaltsvevzeichniss. Seite Die Blatthornkäfer 294 Allgemeines; Lucanide7i S. 204 und S. 1290. — Scarabaeiden S. 295. — Maikäfer, Melolontha S. 296 und S. 1290. — Walker, Polvphylla S. 310 und S. 1295. — Sonmvendkäter, Rhizotrogus 8. 311 und S. 1295. — Literaturnachweise S. 312 und S. 1296. Die Pracht- und Sclmellkäfer 313 Allgemeines über die Buprestiden S. 313. — Systematik S. 316. — Forstliche Bedeutung der Buprestiden S. 317. — Minderwichtige Schädlinge S. 318 und S. 1297. — Die in jüngeren Stämmen, Heistern und Stangen brütenden Buprestiden, Agrilus und Chrysohothrys S. 319 und S. 1297. — Buprestiden, welche durch innere Ringelung gesunde Eichenzweige zum Absterben bringen, Agrilus hifasciatus S. 323 und S. 1298. — Eucnemidae S. 325. — Allgemeines über die Elateriden S. 325. — Die forstschädlichen Elateriden und ihre Larvenformen S. 328. — Forstliche Be- deutung der Elateriden S. 330. — Käferschaden S. 330 und S. 1298. — Larvenschaden S. 330 imd S. 1299. — Literaturnachweise S. 332 imd S. 1299. Die forstschädlichen Käfer aus den übrigen Familien der Pentameren iind Heteromeren 333 Die Weichkäfer, Malacodermata S. 333. — Canthaiis Ö. 333. — Lymexylonidae S. 324 und S. 1299. -- Anmerkung über holz- zerstörende Seethiere S. 336. — Bohrkrebse S. 337. — Bohrwürmer, Teredo S. 339. — Die Nagekäfer, Anobiidae S. 341 und S. 1299.— Ihre forstliche Bedeutung S. 343. — Die Tenebrioniden S. 1300. — Die Melandryiden S. 1303. — Die Pflasterkäfer, Meloidae S. 347. — Die spanische Fliege, Lytta vesicatoria S. 348. — Literaturnach- weise S. 350 und S. 1305. Rüsselkäfer und Verwandte •^•'^^ Die Familie der Bruchidae im weiteren Sinne S. 353. — Bruchidae im engeren Sinne S. 353. — Anthribidae S. 354. — Die Familie der Attelabidae im weiteren Sinne S. 354. — Forstliche Be- deutung der Attelabiden S. 356. — Blattwickler ohne Blattschnitt S. 357. — Blattwickler mit Blattschnitt S. 357. — Die Familie der Küsselkäfer, Curculionidae, im engeren Sinne; Allgemenies S. 359. - Systematik S. 362. — Die forstliche Bedeutung der Rüsselkäfer S. 369. — Rüsselkäfer, deren Larven die Wurzeln junger Nadelholzpflanzen befressen, Otiorrhynchus niger und Ge- nossen S. 370 und S. 1306. — Rüsselkäfer, deren Larven die saft- leitenden Rindenschichten an Nadelholzstämmen zerstören S. 373. — Gattung Magdalis S. 374 und S. 1307. — Gattung Pissodes S. 375. — Der braune Kiefernkultur-Rüsselkäfer, P. notatus S. 377 und S. 1307. — Dei Kiefernstangen-Rüsselkäfer, P. piniphilus S. 380 und S. 1308. — Der Harz-Rüsselkäfer, P. Harcyniae S. 383 und S. 1308. — Der kleine Fichtenbestands -Rüsselkäfer, P. scabricollis S. 1308. — Der braune Kiefernbestands-Rüsselkäfer, P. Pini und der IiilialtbveTzeichniss. XV Seite lamien-Rüsselkäfer, V. Piceae S. 388 und S. 1300. — Rüsselkäfer, deren Larven die tieferen Kindenschicliten und den Holzkörper junf^er Laubholzstämme und -Aeste bewohnen S. 391. — Erlen- Rüsselkäfer, Cryptonlijmchus Lapathi S. 391 und S. 1310. — Rüssel- käfer, deren Larven die Blattorgane von Holzgewächsen be- schädigen S. 394. — Der Buchen-Spiingriissler, Orchestes Fagi und Verwandte S. 394 und S. 1310. — Der Esclieii-Rüsselkäfer, Cionus Fraxini S. 397. — Der Kiefernsclieiden-Rü.ssler. Brachonyx pineti S. 397 und S. 1311. — Rüsselkäfer, deren Larven den Samenertrag forstlich wichtiger Holzgewächse schädigen S. 398. — Balaninus 5. 398 und S. 1311. — Anthonomus varians als Anhang S. 400. — Pissodes validirostris S. 400. — Als Imagines schädliche Rüsselkäfer: Allgeraeines S. 401. — Ln Boden brütende, flugunfähige Kurz- rüssler, welche als Käfer schaden, Otiorrliynchus, Cneorrhinus, Strophosomus, Brachyderes S. 402 und S. 1311. — Barypeitlies S. 1312. — Im Boden brütende, flugfähige Kurzrüssler, welche als Käfer schaden S. 407. — Metallites, Sitona, Polydrusus, Scytropus, Phyllobius S. 408 uud S. 1314. — Anhang, Der gro.sse weisse Rüssel- käfer, Cleonus turbatus S. 411 und S. 1315. — In Nadelholzwurzeln brütende und namentlich die Nadelholzkulturen als Käfer schädigende Langrüssler S. 412. — Der grosse braune Rüssel- käfer, Hjlobius Abietis S. 412 und S. 1315. — Abwehr desselben 6. 422 und .S. 1316. — Literaturnachweise S. 431 und S. 1316. Die Borkenkäfer 435 Allgemeines S. 435. — Systematik und Bestimmungstabellen S. 441. — Gattung Piatypus S. 442. — Gattung Scolytus S. 443. — Gattung Hylesinus S. 444. — Gattung Tomicus S. 448. — Forstliche Bedeutung der Borkenkäfer S. 452. — Wurzelbewohnende Rindenbrüter, welche als Käfer die Rinde junger Nadelholz- pflanzen am Wurzelknoten platzend benagen S. 452. — Die .schwarzen Kiefern- und Fichten Bastkäfer, Hylesinus ater und H. cuni- cularius nebst Verwandten, sowie H. ligniperda und Tomicus auto- graphus S. 452 und S. 1319. — Wurzel- und auch stammbewoh- nende Rindenbrüter, welche als Larven ältere Nadelholz- bestände beschädigen. — Der Riesen-Bastkäfer, Hj-lesinus micans S. 458 und S. 1319. — Stammbewohnende Rindenbrüter, welche als Larven die Bastschicht der Nadelhölzer zerstören, als Käfer Triebe aushöhlen. — Die Kiefern-Markküfer, Hylesinus piniperda und H. minor S. 462 und S. 1321. — Stamm und Aeste bewohnende Rindenbrüter, welche als Larven den Laubhölzern schaden. — Rüstern-Borkenkäfer, Scolytus Geoftroyi, Sc. multistriatus und Hylesinus vittatus S. 472 und Scolytus laevis S. 1323. — Eschen- Borkenkäfer, Hylesinus Fraxini und H. cienatus S. 476 und S. 1324. — Der Eichen-Splintkäfer, Scolytus intricatus S. 481. — Der Birken- Splintkäfer, Sc. Ratzeburgii S. 483 und S. 1325. — Obstbaum-Splint- käfer, Sc. Pruni und Sc. rugulosus S. 485. — Minderwichtige. Laub- hülzer und krautartige Pflanzen bewohnende Borkenkäfer S. 487. — Rindenbrütende Borkenkäfer, welche Nadelholzstämme und XVI Inhaltsverzeichniss. Seite Aeste bewohnen und nur als Larven schaden S. 488. — Die Tannen-Borkenkäfer, Tomicus curvidens und T. Piceae S. 489 und S. 1325. — Kiefern-Borkenkäfer S. 493. — Der zwölfzähnige Kiefern- Borkenkäfer, T. sexdendatus S. 494 und S. 1325. — Der sechszähnige Kiefern-Borkenkäfer, T. acuminatus S. 496. — Der vielzähnige Kiefern- Borkenkäfer, T. Laricis und Verwandte S. 499 und S. 1325. — Die hakenzähnigen Kiefern-Borkenkäfer, T. bidendatus und T. (juadridens S. 501 und S. 1327. — Hylesinus minimus S. 505. — Fichten-Borken- käfer S. 505. — Die achtzähnigen Fichten-Borkenkäfer, Tomicus typo- graphus, T. amitinus und T. Cembrae S. 506 und S. 1327. — Schaden derselben in neuer und alter Zeit S. 512. — Der sechszähnige Fichten- Borkenkäfer, T. chalcographus S. 516 und S. 1328. — Der doppel- äugige Fichten-Bastkäfer, Hylesinus poligraphus S. 518 und S. 1328. — Der braune Fichten-Bastkäfer, H. palliatus S. 521. — H. glabratus S. 523. — Der furchenflüglige Fichten-Boikenkäfer, Tomicus raicro- graphus und seine Verwandten S. 524. — Minderwichtige, rinden- brütende Fichten-Borkenkäfer S. 526 und S. 1329. — Abwehr der iinter Nadelholzrinde brütenden Borkenkäfer im Allgemeinen S. 529 und S. 1329. — Im Holze selbst brütende Borkenkäfer S. 538. — Die Nutzholz-Borkenkäfer, Tomicus lineatus, T. signatus und T. domesticus S. 539 und S. 1329. — T. Saxesenii S. 544. — Die Eichen- Bohrkäfer, T. monographus imd Verwandte. Der Eichen-Kernkäfer, Piatypus cylindrus. Der Kiefern-Bohrkäfer, Tomicus eurygraphus S. 546. — Der ungleiche Holzbohrer, T. dispar S. 549. — Literaturnachweise S. 552 und S. 1329. Die Bockkäfer 557 Systematik S. 559. — Bestimmnngstafeln S. 560. — Die forstliche Bedeutung der Bockkäfer S. 563. — Physiologisch schäd- liche Nadelholz-Bockkäfer S. 563. — Callidium luridum und Cal. fuscum S. 564 und y. 1331. — Schuster- und Schneiderbock, Lamia sartor und L. sutor S. 568. — Der Kiefernzweigbock, L. fasciculata S. 569. — Minderwichtige Nadelholzböcke S. 570. — Physiologisch schädliche Laubholzböcke S. 572. — Der grosse Pappelbock, Sa- perda carcharias S. 572. — Der Aspenbock, S. populnea S. 574. — Der rothhalsige Weiden- und der Haselbock, S. oculata und S. linearis S. 576. — Der Weberbock, Lamia textor S. 578. — Minderwichtige Laubholzböcke S. 579. — Das stehende Holz technisch schädi- gende Bockkäfer, der grosse Eichenbock, Cerambyx cerdo S. 580 und 1331. — Ahornbock, Callidium Hungaricum S. 582. — Alpenbock, Cerambyx alpinus S. 583. — Geschlagenes und verarbeitetes Holz technisch schädigende Bockkäfer S. 583. — Callidium va- riabile S. 583. — Der Hausbock, Cal. bajulus S. 585. — Fassreifen zerstörende Böcke, Cal. pygmaeum und Cal. lividum S. 586. — Literaturnachweise S. 587 und S. 1331. Die Blattkäfer 588 Systematik S. 588. — Bestimmungstafel S. 591. — Diagnosen S. 592. — Forstliche Bedeutung der Chrysomeliden S. 595. — Die Weiden- und Pappelschädlinge ; Chrj-somela Tremulae und Verwandte S. 596 und S. 1332. — Der Sahlweiden-Blattkäfer und Verwandte, Galeruca Capreae S. 598. — Die kleinen, dunkel-metalli- schen Weiden-Blattkäfer, Chr. Vitellinae und Verwandte S. 600 und Inbaltsverzeichniss. XVII Seite S. 1332. — Abwehr der Weiden-Blattkäfer im Allgemeiiieu S. 603 und S. 1332. — Eiclienfeinde ; der Eichen-Erdfloli, Haltica erucae S. 605. — Erlenfeinde, Galeiuca Alni und Chiysoniela aenea y. 607 imd S. 1333. — RUsternfeinde ; Galeruca xanthomelaena S. 608. — Der Schneeball-Blattkäfer, Galeruca Vibumi S. 609. — Kiefern beschädigende Blattkäfer; der schwarzbraune und der gelbe Kiefernblattkäfer, Galeruca pinicola und Cryptocephalus Pini S. 610 und S. 1333. — Anmerkung über den Coloradokäfer, Chrysoraela decemlineata S. 612. — Literaturnachweise S. 615 und S. 1333. Kapitel X. Die Hautflügler oder Immen 617 Allgemeines S. 619. — Systematik S. 623. Die Blattwespen <'24 Allgemeines S. 624. — Systematik imd Bestiramungstabeile S. 629. — Forstliche Bedeutung der Blattwespen S. 635. — Die Kiefern- feinde unter den Blattwespen S. 635. — Die Kiefern-Buschhorn- wespen, Lophjn-us Pini, rufus, pallidus und similis S. 635 und 8. 1333. — Lophyrus pallipes S. 1335. — Bestimmungstabelle für die be- kannteren Lophyrus-Larven S. 640. — Abwehr der Lophyrus- Arten S. 642. — Die Gespinnstwespen, Gattung Lyda S. 646. — Die gelbe oder Kiefernkultur-Gespinnstwespe, Lyda campestris S. 647. — Die rothköpfige oder Kiefernschonungs-Gespinnstwespe, Lyda ery- tln-ocephala S. 648. Die bunte oder Kiefernbestands-Gespinnstwespe, Lyda stellata S. 649 und S. 1336. — Abwehr der Lyda- Arten S. 653. — Die Fichtenfeinde unter den Blattwespen S. 655. — Die gemeine Fichtenbestands-Gespinnstwespe, Lyda hypotrophica S.655 und S. 1336. — Die kleine Fichten-Blattwespe, Nematus Abietum und Vei-wandte S. 658 und S. 1338. — Die Lärchenfeinde unter den Blattwespen, die grosse, die kleine schwarze und die kleine gelb- bäuchige Lärchen-Blattwespe, Nematus Erichsonii, Laricis und Wes- maüli S. 661. — Die Laubholzfeinde imter den Blattwespen S. 662. — Die Keulen-Blattwespen, Cimbex variabilis, lucorum und Amerinae. S. 662 und S. 1338. — Die blauschwarze Birken-Blattwespe, Hylotoma puUata S. 666. — Die gelbe Pappel-Blattwespe, Cladius viminalis S. 667. — Die Weidenmark-Blattwespe, Nematus angustus S. 667. — Die Weidenblattgallen-Blattwespe, Nematus gallicola S. 668. — Die breitfüssige Birken-Blattwespe, Nematus septentrionalis S. 668. — Nematus Salicis S. 669. — Die schwarze und die weisspunktirte Eschen-Blattwespe, Seiandria nigrita und Macrophya punctum album; die rothfleckige Erlen-Blattwespe und die kleine Linden-Blattwespe, Seiandria ovata und annnlipes S. 669. — Phyllotoma Aceris S. 13.39. — Abwehr der Laubholzschädlinge S, 671. Die Holzwespen 6'^2 Allgeraeines S. 672. — Systematik S. 674. — Die gemeine Holzwespe, Sirex juvencus, die gelbe Fichten-Holzwespe, S. gigas, und die schwarze Fichten-Holzwespe, S. Spectrum S. 674. — Abwehr S. 680. Die Gallwespen ^"'^1 Allgemeines S. 682. — Systematik S. 686. — Forstliche Bedeutung der Gallwespen S. 687. — Die schädlichen Gallwespen S. 688. — Lehrbuch d. mittelearop- Forstinsektenknnde. Bd. 1. B -\^Yjjj Inhaltsverzeichniss. Seite Die Wiirzelknoten-Gallwespe^ Cynips Sieboldi S. 688. — Cvnips fecun- datrix S. 690. — Cynips inflator S. 690. — Cynips terminalis S. 691. — Die nützlichen Gallwespen, Cynips calycis und tinctoria S. 693 und S. 1339. Die Schlupf-, Gold- und Raubwespeu 69T Die Schlupfwespen im weiteren Sinne, Entomophaga S. 698. — Evaniiden S. 698. — Ichneumonideu S. 699. — Braconiden S. 701. — Chaleididen S. 703 und S. 1339. — Proctotrypiden S. 705. — Der forstliche Werth der Schlupfwespen S. 705. — Die Gold- wespen, Chrysididae S. 708. — Die Raubwespen, Rapientia S. 709. Die Ameisen 'J'll Allgemeines S. 712. — Systematik S. 715. — Die forstliche Be- deutung der Ameisen S. 716. - Die Riesenameisen. Formica lig-ni- perda und herculeana S. 717. — Crematogastor scutellaris und die Rostameise, Formica flava S. 1340. Die eigentlichen Wespen oder Faltenwespen 720 Allgeraeines S. 720. — Systematik S. 722. — Die Hornisse, Vespa crabro S. 723 und S. 1340. Die Blumenwespen oder Bienen 725 Allgemeines S. 726. — Systematik S. 728. — Die Honigbiene, Apis melli- fica S 731. Literaturnachweise zu Kapitel X. (vgl. a. S. 1340) 732 Verzeichniss der in Abkürzung angeführten Autoren- namen XIX Alphabetisches Verzeichniss der lateinischen Gattixngs- und Artnamen einschliesslich der Synonyme .... XXII Verzeichniss der in Abkürzung angeführten Autorennamen. (Die speciell botanischen Autoren sind durch * bezeichnet.) ÄDL. Adler. DuF. — Dltour. * AlT. — AlTON. Duft. — Duftschmid. Alt. — Altdm. DUG. — DüGES. Am. — Amtot. DUP. — DUPOXCHEL. * Bals. Balsamo, G. G. * Ehrh. — Ehrhart. Bärenspr — V. Bärexspruxg. EiCHH. — Eichhoff. ♦ Barr. — Barrisgtox. * Endl. — Endlicher. BCHST. — Bechsteix. * EnGELM. — EXGELMAXX. Billb. — Billberg. Er. — Erichson. Bjerk. — Bjerkasder. ESCHSCH. — ESCHSCHOLTZ. Bkh. — Borkhacsex. Esp. ESPEH. BOH. — Bohemaxn. EyERSM. EVERSMANX. Box. — BONELLI. BÖRX. — Bürxer. Fabr. — Fabriciüs. Brau. — Brauer. Fahrs. — Fahraeus. Briss. — Brissox. Fald. — Faldermaxx. Brm. — Brehm. Fall. — Fallex. BSD. — BOISDÜVAL. Fer. — Ferrari, Graf. BURGSD. — V. BCRGSDORF. FiEB. — Fieber. BCRM. — Blrmeister. Fisch. — Fischer v. Waldheim. FONSC. — DE FOXSCOLOMBE, BaROX * Carr. — Carriere. BOYER. Ch-u». — Chapüis. * FoRB. — FoRBES, James. Charp. — de Charpentier. Fürst. — Fürster. Chevr. — Chevrolat. FOUDR. FOUDRAS. Cl. — Clerk. FOÜRCR. FOÜRCROY. Com. — Comolli. * Fres. — Fresexius. Crectz. — Creützer. * Fr. — Fries. CCRT. — CCRTIS. Frül. — Frülich. füssl. füessly. Daht.b. — Dahlbom. Dalu. Dalmax. * Gärtn. — Gärtxer, f. * Dec. De Candolle. Gebl. — V. Gebler. Desf. Desfontaixes. Geoff. — Geoffroy Saixt-Hilaire, E. Don. — DOXOVAX. Germ. — Germar. DOÜGL. — Douglas. Gerv. — Gervais. XX Verzeicbniss der in Abkürzung angeführten Autorennamen. Gn. GUENEE. Mannerh. — Mannerheim, Graf v. Grng. — Gerning. Marsh. — Marsham. Grv. — Gravenhorst. Meig. — Meigen. GUER. — Guerin-Meneville. * Mich. MiCHAUX. Gyll. — Gyllenhal. * MiLL. — Miller. M.'-Leay. — Mac-Leay. Halid. — Haliday. MoTScn. — V. MOTSCHULSKY. Harold, — V. Harold. Müll. — Müller. Harr. — Harris. MULS. — Mulsant. Häusm. — Hausmann. Haw. — Haworth. Nal. — Nalepa. Hbx. — Hübner. Natt. — Natteber. Hbst. — Herbst. NeesabEs . — NeES V. ESENBECK. * Hds. — Hudson. Newm. — Newmann. Keinem. — V. Heinemann. Nie. — Nicolet. Hell. — Hellenius. NiTZ. — NiTZSCH. Hensch. — Henschel, G. * Now. — Nowakowsky. Herm. — Hermann. Nowic. — NOWICKI. Heyden — V. Heyden. Nyl. — Nylander. Hfn. — Hufnagel. OCHSH. — OCHSENHEIMER H. ScH. — Herrich-Schäffer. Oliv. 0 LI VIER. Htg. — Hartig. Pall. — Pallas. III. — Illiger. Panz. — Panzer. Jans. — Janson. Pass. — Passerini. Jaquel. — Jacquelin-Düval. Payk. — V, Paykui.l. JUR. — JURINE. * Pers. — Persoon. Phil. — Philippi. Kieff. — Kieffer. Planch. — Planchon. Kies. — V. Kiesenwetter. PoiR. POIRET. KiRB. — Kikby. Eatz. — Ratzeburg. Kl. — Klug. Redtb. — Eedtenbacher. Kltb. — Kaltenbach. * Reich. — Reich ARDT. KOLL. KOLLAR. Retz. — Retzius. KUG. — Kugelann. ROND. RONDANI. Küst. — Küster. ROTT. — V. Rottenburg. L. — Linne. RUD. — Rudolphi. Lacord. — Lacordaire. RÜBS. — Rübsaamen. Laichart — Laicharting. Lap. — DE Laporte, Comte de Sahlb. — Sahlberg. Castelnau. Schall. — Schaller. Lasp. — Laspeyres. Schiff. — Schiffermüller. Lath. — Latham. SCHIN. — Schiner. Latr. — Latreille. Schlecht. — V. Schlechtendal. 1 Lax. — Laxmann. Schneid. — Schneider LCHT. — Lichtenstein. SCHÖNB. — Schönbauer. Leg. — Le Conte. SCHREB. — Schreber. Led. — Lederer. Schrein. — Schreiner. * Ledeb. — Ledebour. SCHRK. — Schrank, Franz v. Paula Lep. — Lepeletier de St. Far- Schum. — SCHUMMEL. GEAU. SCHWÄGR. — SCHWÄGRICHEN. * LiNDL. — Lindlay. \ Scop. — SCOPOLI. Lk. — Link. Serv. — Serville. Läm. DE LaMARK. Sieb. — V. SiEBOLD. Lüc. — Lucas. Sign. — Signoret. Skal. — Skalitzky. Macq. — Macquart. Sm. — Smith. * ÄUn. — Maxetti. i * SOL. — Solier. Verzeichniss der in Abkürzunf' angeführten Autorennamen. XXI soland. solandeh. Spin. — Spisola. St. — Stcrm. Stev. — Steven. Stgr. — Stai'dinger. Stph. — Stephens. SüFFR. — SUFFRIAN. S. V. — System. Verzeichniss der Schmetterlinge der Wie- ner Gegend. SwED. — SWEDERUS. Taeg. — Targioni-Tozzetti. Tasch. — Taschenberg. Thms. — Thomson. Tische. — Tischbein. TouRN. — TouRNiEK (bei botanischen Namen Tocrnefort). Tk. — Treitschke. Vent. YlLL. VlLLR. Walck. Walk. Wall. Wallr. Westw. WiLLD. Wim. WiNN. WiTHER. Zadd. Zett. Zll. Zk. Ventenat. Villars. ViLLIERS. DE WaLCKENAER. Walker. Wallich. Wallroth. Westwood. WiLLDENOW. Wimmer. Winnertz. Withering. Zaddach. Zetterstedt. Zeller. Zinken. Alphabetisches Verzeichniss der lateinischen G-attungs- und Irtnamen einschliesslicli der Synonyme. Zur Beachtung! Bei den mehrfach erwähnten Gattungen und Arten ist nur die Seite angeführt, auf welcher die Beschreibung steht. Bei den in Bestinimungs- tabellen vorkommenden Gattungen, Untergattungen und Arten ist die Seitenzahl der Tabelle beigefügt. Ausserdem ist immer auf die Nachträge verwiesen. Die beispielsweise Erwähnung der einzelnen Arten im „Allgemeinen Theile" konnte keine Berücksichtigung finden. Die deutschen Namen sind in dem systematischen Inhaltsverzeichnisse S. XIII— XVIII leicht aufzufinden. Mollusca, Crustacea, Arachnoiidea, Myriopoda. Seite Acarus 23 Anthocoptes 1276 Aranea 1278 Blanjulus guttulatus 1279 Cecidophyes 1276 Cheliira terebrans 337 Demodex foUiculorum 18 Dermanyssus avium 19 Dermatocoptes 18 Dermatophagus 18 Epeira diadema 24 — mavmorea 1278 — Xtyramidata 1278 — scalaris 1278 Gamasus coleoptratorum 18 Geophilus longicornis 1278 Ixodes ricinus 19 Julus . . . — terrestris 1278 25 Seite Leptus autumnalis 23 Limnoria lignorum .... 337, 1275 Lithobius forficatus ..... 25, 1278 Lyniphia montana 1277 Macrobiotus Hufelan dii Micryphantes rubripes . 24 1277 Oi'ibata geniculata 23 Oxypleurites 1276 Pentastoumm taenioi'des 17 Phalangium parietinum 24 Phyllocoptes 1276 Phytoptus 19, 1276 — Avellanae 1277 — calycophthirus 1277 — Fraxini 1276 — macrotrichirs 1277 — Pvri 1277 — Tiliae 1276 — vermiformis 1277 — Vitis 1277 Sarcoptes scabiei" 18 Sphaeroma 339 Steatoda sisyphia 1277 Orthopteia. Xeuroptera, Coleopteia. XXIII Seite Tegonotus 1276 Tenuipalpus Taxi 1277 Teredo 3ö9 — navalis 341 Tetiagnatha extensa 1277 Tetranvchus telaiius 23, 1277 Seite Theiidiuni inoratum 1277 — ner\'osum 24 — redimitum 1277 Tyiogliphus siro 18 TJiopoda ovalis 19 Ortlioptera, Acridium peregTiniim 273 Aeschna giandis 277 Bacillus Rossii 268 Blatta Germanica 267 — Lapponica 267 — Orientalis 267 Biyodema tuberculata 274 Caloptenus Italiens 274 Calopteryx virgo 277 Chrysopa perla 279 Degeeria s. Podnra. Desoria s. Podura. Ectobia s. Blatta. Ephemera Tulgata 27ti Forficula auricularia 267 — minor 267 Qoniodes chelicornis 275 Giyllotalpa vulgaris .... 268. 1288 Giyllus campestris .... 272, 1289 — domesticus 272 Gryllvs gryllotalpa 268 Hemerobius micans 179 Inocellia crassicornis 279 Isophya camptoxijjha 1289 Lepisma sacliarinum 267 Libellula quadrimaculata 277 Locnsta viridissima 273 Mantis religiosa 267 Myi-meleon formicalynx 278 — formicarius 278 Neiiroptera. Oedipoda coerulescens 274 273, Pachytylus migratorius — cinerascens Palingenia horaria — longicauda Panoqaa corrmiinis Periplaneta s. Blatta. Perla marginata Pezotettix alpinus 274, Phyllium siccifolium Phyllodromia s. Blatta. Podura aquatica — glacialis — nivalis Psophus stridulus 1289 273 276 276 279 276 1289 268 266 266 266 274 Rhaphidia ophiopsis 279 Schistocerca s. Acridium. Stauronotus Maroccanus 273 — a~uciatus 273 Stethophyma fuscum 274 — variegatum 274 Stenobothrus biguttulus 274 Stylops melittae 280 Termes lucifngus 276 Tettix bipunctatus 274 Tbrips cerealium 275 Trichodectes canis 275 — longicornis 275 — micropus 275 — tibialis 275 Troctes pulsatorius 275 Xenos vesparum 280 Coleoptera. Acanthocinus s. Lamia 562 Acmaeops coUaris . . . . • ... 558 Adivionia s. Galenica 594 Agelastica s. Galeruca 594 Agrilus 317 — angustulus ....... 319, 1297 — afra (Bujyrestis) 319 Agrilus Anbei 319 — auricollis 1297 — betuleti 319 — bicolor 319 — bifasciatus 323, 1298 — higtUtahis 320 — capreae 319 XXIV Alphabetisches A^erzeichniss. Seite Agrihis coryli 320 — distinguendus 319 — elongatus 319, 129T — fagi 319 — linearis 319 — nocivus 319 — olivaceus 319 — pannonicus 320 — quercinus 319 — Sahlhergii 319 — sexguttatus 318 — suhauratus 320 — tenuis 319 — iindatus 318, 1298 — vii-idipennis 319 — viridis 319 — viridis 319 Agriotes s. Elater 328 Amara 290 Anaesthetis testacea 1298 Ancylocheira s. Buprestis Anisoplia aenea 311, 1295 — Austriaca 312 — Fi-ischii 311, 1295 — fniticola 311 Anobium 342 — Abietis 345 — angiisticoUe 345 — domesticum 346 — emarginatum 343 — longicorne 345 — molle 346 — nigriniim 345 — paniceum 347 — pertinax 346 — Piiii 345 — plumbeum 344 — imlsator 344 — mfo-villosum 344 — stnatum 346 — tesselatum 344 Atiomala s. Anisoplia. Anthaxia s. Buprestis 317 Anthonomus 368 — cinctus 399 — druparum 399 — pomorum 399 — Pyri 399 — rectirostris 399 — varians 368, 400 Anthrenus museorum 293 Anthribus 354 — fasciatus 354 — scahrosus 354 — varius 354 Apate 343 — bispinosa 344 — capucina 1299' Seite Apate sexdentata 344 Aphodius 295, 298 Apion 355 Apoderus 355 — Coryli 355 Aromia s. Cerambj-x 562 Astynomus s. Lamia 562 Athous s. Elater 328 Attagenus pellio 293 Attelabus 355 — curculiono'ides 355 Balaninus 367 — Elephas 399 — glandium 398 — nucum 398, 1311 — tesselatus 399 — turhatus 399 — venosus 398 — villosus 399 Baris 353 Barypeithes 1313 — araneifonnis 1313 — hrunnipes . 1313 Barypithes s. Barypeithes. Blastophagns s. Hj'lesinus .... 445 BostricJuis s. Tomicus .... 442, 448 — alpinus 505 — abietiperda 523 Bostrychus s. Tomicus 442 Brachonyx 369 — indigena 398 — pineti 398. 1311 Brachyderes 363 - incanus 371, 406, 1314 Brachytai-sus s. Anthribus. Bruch'us 353 — ater 353 — atomarius 353 — CysLi 353 — granarivs 353 — pisorum 353 — villosus 353 Buprestis 316 — aenea 318 — Alni 318 — Berolinensis 318 — conspei'sa 318 — cyanea 318 — decipiens 318 — decostigma 318 — flavomaculata 318 — flavopunctata 318 — Mariana 318 — quadripunctata 320 — rustica 318 — rutilans 318 — variolosa 318 Coleoptera. XXV Seite Bynhus 293 Bytiscus s. Khyiichites 356 Calamobius gracilis Calandia Callidiuin — anale — bajulns 585, — Irevicolle — castaneum — dilatatmn — fennicum — fiisciim — Himgaricum — insubricum — iiisiibriann — lividuin — luridiim 564, — meJanchoUcum — praeiistum — pusillum — pygmaeuni — sanguineum — SeUae — similare — testacenni — thoracicinn — variabile — vini — violacemn Calosoma — Inquisitor — sycophanta Cantharis — fusca — obscura 334, — rustica Carabus — auronitens — cancellatus — glabratus — granulatus — hortensis — intricatus — sylvestris — violaceus Caii)hoborus s. Hylesinus . 445, 446 Cassida 590, — nebulosa Cerambyx — alpinus — cerdo 580, — cerdo — heroa — moschatus — Scopolii Cetonia aurata Chalcophora s. Buprestis . . . . 558 362 561 584 1331 586 564 582 584 565 582 582 582 586 1331 586 584 586 586 584 584 584 584 586 584 586 585 289 289 289 333 334 1299 334 289 289 289 289 289 289 289 289 289 , 505 591 590 562 583 1331 582 580 579 582 295 316 I Seite Chrysobothrys 317 — aftlnis .320 — Solieri 320 Chrvsomela 590, 591 — aenea 607 — Aiinoraciae GOl — coei-ulescens 601 — decemlineata 612 — longicollis 597 — Populi 506 — saliceti 597 — Salicis 601 — tihialis 601 — Tremulae 597, 1332 — Tremulae 597 — versicolora 601 — Viennensis 601 — viminalis 599 — Vitellinae 600, 1332 — Vitelli7iae 601 — vulgatissima 601, 1332 Cicindela campestris 289 Cionus 368 — Fraxini 397 Cleonus 365 — glaucus 412 — punctiventris 412 — turbatus 412, 1315 Clerus formicarius 293 Clji:ra 590, 591 Clytus 562 — arcuatus 579 — arietis 579 — mj^sticus 579 — tropicus 579 Cneorrhinus 363 — geminatus 403 — plagiatus 403, 1313 Coccinella septempunctata .... 294 Colydium filiforme 292 Copris lunaris 295 Coraebus s. Agrilus 317 Corymbites s. Elater 328 Coryphium angusticolle 291 Cossonus 353, 362 Crioceris 589, 591 — Asparagi 589 — 12-punctata 589 — Lilii 589 — merdigera 589 Criomorphiis s. Callidium 564 Cr\^halus s. Toniicus . . . 448, 451 Cryptocephalus .... 590, 591, 592 — Abietis 610 — Pini 610, 1333 Cryptorrhynchus . . 366 — Lapathi 391, 1310 Crypturgus s. Tomicus . . . 448, 451 XXVI Alphabetisches Verzeichniss. Seite Ourculio 359 — Äbietis 388, 419 — Hercyniae 383 — Pini 412, 419 ■ — rosticis 1311 Dendroctonus s. Hylesimis . 445, 446 Dermestes lardariiis 293 Dicerca s. Buprestis 316 Dolopius s. Elater 328 Donacia 589, 591 Dorcadion 562 — carinatum 558 Dorcus parallelepipedus 294 Doryphora s. Chiysomela .... 612 Dryocoetes s. Tomiciis . . . 449, 451 Dytiscus marginalis 288 Eccoptofjaster s. Scolytus 443 — castanetts 485 — desbiictor 483 — pygmaeiis 481 — Pyri 485 — scolytus 473 Elater , 328 — aeneus 329 — aerug'inosus 1298 — atei-rimus 332, 1298 — castaneiis 330 — cylindricus 1298 — holosericeus 330, 1298 — lineatus 329, 1299 — maiginatus 329, 1298 — niger 332 — segeiis 329 — sjaelandicus 330 — subfuscus 328 — tesselatus 330, 1298 — tesselatus 330 Epicauta rufidorsvim 348 — verticalis 348 Ergates s. Prionus 562 Ernobius s. Anobium 343 Ernoporus s. Tomicus . . . 448, 451 Enmolpiis 590, 591 Galeruca 590, 591, 594 — Alni 607, 1333 — Calmanensis 608 — Capreae 599 — Ci'ataegi 608 — lineola 599 — pinicola 610 — Viburni 609 — xanthomelaena 608 Galerucella s. Galeruca 594 Geotrypes 295, 298 Seite Geotrypes stercorarius 295 — veriialis 295 Glyptoderes s. Tomicvis . . 448, 451 Gonioctena s. Chrysomela . . . 593, 599 Gracilia s. Callidium 561 Haltica 590, 591, 595 — erucae 605 — oleracea 605 — qiiercefonim 605 Hamatichei~us s. Cerambyx .... 580 Harpalus aeneus 290 — ferrugineiis ' 290 — pubescens 290 — rvficornis 290 Heliopathes 1301 — gibbus 1301 Hispa 590, 591 Hister 292 Homalium pusilhim 291 — vile 291 Homalota celata . 291 — cuspidata '. 291 Hoplia 295 Hylastes s. Hylesinus . . . 445, 446 Hylecoetus s. Lymexylon .... 335 Hylesinus 444, 445 — angustatus 453 — ater 447, 453 — attenuatus 447, 453 — • brunneus 454 — corticiperda 454 — crenatus 447, 476 — cunicnlaiius .... 447, 453, 1319 — decvvianus 523 — Fraxini 447, 476, 1324 — glabratus 447, 523 — grandiclava 519 — Hederae 488 — Kraatzi 473 — ligniperda 447, 454 — linearis 454 — micans 447, 458, 1319 — minimus 447, 505 — minor 447, 463, 1322 — oleiperda 488 — opacus 453, 1319 — palliatiis 447, 521 — Perisi 473 — pilosus 447, 528, 1329 — piniperda 447, 462, 1321 — poligraphus .... 447, 519, 1328 — pribescens 519 — punctifrmis 519 — rhododactylus 447, 528 — Spartii 447, 488 — subopacvs 519 — Trifolii 454, 488 Coleoptera. XXVII Seite Hylesinus vestitns 473 — vittatus 447, 473 Hylobius 365 — Abietis 415. 1315 — juceus 415 — jiinastii 415, 1315 — pineti 415 Hylotrupes s. Callidium 562 Hvlurgus s. Hylesinus . . 445, 446 Hypoboriis s. Tomicus 488 Ips feirug'ineus 292 — quadripustulatus 292 Kissophagus s. Hylesinus .... 488 Lacon murinus 328, 1298 Laemophloeus ferrugineus .... 292 Lamia 562 — aedilis 571 — fascicularis 569 — fasciculata 569 — Galioprovincialis 568 — nigrofUffosa 578 — jyellio 568 — sartor 568 — sutor 568 — textor 578 Lamprorhiza s. Lampyris. Lampyiis splendidula 333 Leptidea brevipennis 587 Leptinotarsa s. Chiysomela .... 612 Leptuia 561 Leptusa analis 291 Limonius s. Elater 1298 Lina s. Chiysomela 593 Liparthrum s. Tomicus 488 Lochmaea s. Galeruca 594 Lucanus cervus 294 Luperus s. Galeruca 594 Lyctus 343 — canaliculahis 346 — unipunctatus 346, 1299 Lymexylon 335 — dermestoides 335, 1299 — flabellicornis 335 — viorio 335 — navale .... • 335 — prohoscideus 335 Lytta 348 — vesicatoria 348 Magdalinu.s s. Magdalis 369 Magdalis 369 — carhonaria 374 — duplicata 374, 1307 — frontalis 375 — memnonia 374 Seite Magdalis phlegmatica 1307 violacea 374 Melanophila s. Buprestis 316 Melasis bupresto'ides 325 Melasoma s. Chrysomela 593 Meligethes aeueus 292 Meloe 348 — proscarabaeus 348 — violaceus 348 Melolontha 296 — Hippocastani 297, 1290 — vulgaris 297, 1290 Metallites 364 — atomarius 408, 1314 — mollis 408 Microzoum s. Opatrum 1301 Molorchus 561 — ceramhoides 571 — dimidiatus 571 — minor 571 Monochammus s. Lamia 563 Myelophilus s. Hylesinus . . 445, 446 Mylabris s. Bruchus 353 Necrophorus 291 Necydalis 561 — abbreviatus 571 — major 571 — Fan-eri 571 Nemosoma elongatum 292 Oberea s. Saperda 563 Ocypus s. Staphylinus 290 Opatrum 1301 — intermedium 1303 — sabulosum 1301 — tibiale 1302 Orchestes 367« — Alni 396, 1310 — Fagi 395 — Ilicis 396 — Populi 396, 1310 — Quercus 395 Orsodacna s. Sagra 591 Orj^ctes nasicornis 295 Otiorrhynchus 362 — ate7- 370 — gemmatus 404 — geniculatus 404 — irritans 402 — laevigatus 404 — Ligustici 404 — multipunctatus 1300 — niger .... 370, 403, 1306, 131] — ovatus 371, 404 — perdix 40:; — picipes 402 — planatus 130<; XXVIII Alphabetisches Verzeichniss. Seite Otiorrhynchus laucus ..,:.. 404 — scaber 1312 — scabripeimis 404 — sensitivus 1306 — sejyfentricmis 1312 — singularis 402, 1312 — squamiger 404 — sulcatus . . . , 404 — tenebricosus 404 — villosopunctatus 1306 Oxj'laemus variolosus 292 Pachyta s. Leptura 561 Pediculus meliftae 348 Phaenops s. Buprestis. Phloeophthorus s. Hylesinus 445, 446 Phloeopora reptans 291 Phloeotribus Oleae 488 Phratm-a s. Chiysomela 593 Phyllobius . . ' 364 — alneti 411, 1314 — argentahas 409 — calcaratu^ 409 — glaucus 409 — Piri 409 — maculicornis 409 — oblongus 409 — pineti 411 — psittacinus 409 — Urticae 411, 1314 — vespertinus 409 — viridicollis 409 Phyllodecta s. Chiysomela .... 593 Phyllopertha horticola . . . 311, 1296 Phymatodes s. Callidium .... 584 Phytodecta s. Chiysomela .... 593 Pissodes 366 ^ — Abietis 388 ~ HarcjTiiae 376, 383, l.SOS — Hercyniae 383 — notatus 376, 377, 1307 — Piceae 376, .391, 1309 — Pini 376, 388 — piniphilus 376, 380, 1308 — scabrieollis 1309 — strohili 400 — validirostris 376, 400 Pityophthoi-us s. Tomicus . 448, 451 Placusa 291 Plagiodera s. Chiysomela .... 593 Platyceius caraboi'des . . . 295, 1290 Platj-pus 442 — cylindrus 547 Platysoma oblongum 292 Plegaderus discisus 292 Poecilonota s. Buprestis 316 Pogonochaerus, s. Lamia .... 562 Polydrusus 364 Seite Polydrusus cervinus 40S — chiysomela 411 — flavipes 411 — 7nica7is 408 — moUis 408 — picus 411 — sparsus 411 — tereticollis 411 — undatus 411 Polygraphus s. Hylesinus . 445, 446 Polyphylla 296 — fullo 310, 1295 Prionus 562 — coriarius 570 Ptilinus 343 — costatus 346 — pectinicornis 346 Purpuricenus s. Cerambyx .... 562 Quedius dilatatus 291 — fuliginosus 291 — scintillans 291 Rhagium 561 — bifasciatum 570 — yrandiceps 570 — indagator 570 — Inquisitor 570 — Inquisitor 570 — mordax 570 — mm'dax 570 — scrufator 570 — syeophanta 570 Rhizophagus depressus 292 — grandis 292 Rhizotrogus 296 — solstitialis 311, 1295 Rhopalopus s. Callidium 562 Phynchaemis 359 Rhynchites 355 — AUiariae 356 — Alni 356 — Bacchus 356 — Betulae 356 — betulefi 356 — conicus 356 — Populi 356 — pubescens 356 Rosalia s. Cerambyx 562 Sagra 591 Saperda 563 Saperda carcharias 572 — linearis 576, 1331 — minuta 586 — oculata 576 — populnea 574 — punctata 572 Coleopteia. XXIX Si-ite Scolytus 443 — armatus 488 — Caipini 444, 487 — castaneus 485 — deshtidor 473, 483 — Geoffroyi 444, 473, 1324 — intricatus 444, 481 — Kirschi 473 — laevis 1323 — miiltistiiatus 444, 473 — Prnni 444, 485 — pyg;maeus 473 — Ratzeburgii . , . 444, 483, 1325 — Rat~ehur(iii 473 - rugfulosus 444, 486 Scythropvis . . . 364 Scythropus mustela 409 SeiTopalpus 1303 — barbatus 1303 — sfriatus 1303 8ilpha atiata 291 — littoralis 291 — opaca 291 — quadripunctata 291 Sinodendron cylindricum .... 295 Sinoxvlon s. Apate. Sitona 363 — lineatus 408, 1314 — Regeiisteinensis 408 Sitones s. Sitona 408 Spondylis 561 — bupresto'ides 570 Stapliylinus eiythropterus .... 290 — olens 290 8tenocorus s. Rhagium 570 Stereonychus s. Ciomis 397 Strophosomus 363 — Coryli 403, 1312 — lateralis 403 — Umhahts 403 — obesus 403, 1312 Taphrorychus s. Tomicixs . 448, 451 Telephorus s. Cantharis. Tenebrio molitor 293 Tetropium s. Callidium 561 Thamnurgvis s. Tomicus . . 449, 451 Tharops melasoides 325 Throscus s. Trixagus. Tomicus 448, 449, 451 — Abietis 526 — Aceris 488 — aciiminatus 497 — Alni 488 — amitinus 507, 1327 — asperatus 526 — a«2>^7-afiis 487 — autographus 454 S.'itu Tomicus bicolor 487 — hidens 501 — bidentatus 501, 1327 — binodulus 487 — bispinus 488 — bistrideutatus 502, 1327 — Cembrae .... 507, 1327, 1328 — chalcographus 516, 1327 — cinereus 528 — Coiyli 488 — curvidens 489, 1325 — dispar 549 — domesticus 540 — dryographus 546 — duplicatus 498, 1327 — duplicatus 507 — eurygraphus 546 — Fagi 487 — Ficus 488 — geminatus 497 — glabratus 526 — Judeichii 498 — Kaltenbachii 488 — Laricis 499 — Laricis 500 — Lichtensteinii 526 — lineatus 540, 1329 — Lipperti 502 — maciographus 526 — micrographus 525 — monographus 546 — Mori 488 — nigritus 500 — octodentatus 507 — Piceae 492 — Xnnastri 494 — pityographus 525 — proximus 500, 1325 — pusillus 527 — quadridens 502, 1327 — Quercus 540 — rectangnlus 500 — Saxesenii 545 — Schreineri 487 — sexdentatus 494, 1325 — signatus 540 — stenographus 494 — suturalis 500 — Tiliae 487 — typographus . . . 507, 1327, 1328 — typograp)hus. 494 — villosus 483 — villosus 454 Toxotus s. Leptura 561 Trachys 314 Trichodes apiarius 293 Triungidinus 348 Thrixagus dermestoides 325 XXX Alphabetisches Verzeichniss. Seite Trox sabulosus 295 Trypodendron s. Tomicus . 449, 451 Xantholinus collaris '291 Xestobium s. Aiiobium 343 Xvleborus s. Tomicus . . . 449. 451 Seite Xylecliinus s. Hylesiniis , . 445, 446 Xylocleptes s. Tomicus . . 449, 451 Xyhtenis s. Tomicus 540 Zabrus tenebiioides 290 — gibhus 290 Hymenoptera. AUantus 631 AllanUis s. Selandria 669 Allotria 684, 687 Alomya 700 Ammophila sabulosa 711 Andrena cineraria 729 Andricus s. Cynips. Anergates atratulus 712 Anomalen circumtlexum 701 Anthophora retusa 729 — piUpf's 729 Apis mellifica 731 Ajwphyllus s. Cynips 693 Athalia 631 Banchus compressus 701 Biorhiza s. Cynips. Blasticotoma 631 Blastophaga 704 Blennocampa s. Selandria .... 634 Bombus 729 — hortorum 730 — lapidarius 730 — muscorum 730 — terrestris 730 Bracon 702 Camponotus s. Forniica Campoplex Cephus Cerceris labiata — variabilis Chalicodoma muraria Cimbex 631, — Amerinae 663, — axillaris — Betulae — betuleti — corvnata — Crataelnirg:'s Leben. 3 Einzelnen hinausging. Dazu kam die selir richtige Erkenntniss, dass er als Lelirer an einer Forstakademie das Hauptziel seines Strebens in der Ausbildung der Naturwissenschaften in forstlicher Richtung zu suchen habe. Hieraus erklärt es sich auch, weshalb er sich vorzugsweise der Entomologie zuwendete, obgleich er von Haus aus mehr Neigung für Botanik hatte und dieser auch für den forstlichen Unterricht eine her- vorragend wichtige Stellung unter den Naturwissenschaften einräumte. Mit richtigem Blick erkannte er, dass gerade die Entomologie am meisten der weiteren Bearbeitung bedurfte, um forstlich praktischen Nutzen für die Bekämpfung der Waldfeinde aus der Insektenwelt zu bringen. Seit den nicht mehr genügenden Arbeiten Bechstein's war gerade in dieser Richtung nur wenig geleistet Avorden. Vorzugsweise der biologischen Forschung widmete er sich deshalb mit grösstem Eifer, die Systematik war ihm nur Mittel zum Zweck. Schon 1832 schrieb er ,, lieber Ent- wicklung der fussloseii Hymnenopteren-Larven" und 1834 ,, Entomologisch e Beiträge". Beide Abhandlungen überreichte er der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Wenige Jahre später, 1835, begann er seine bedeutendste literarische Arbeit: ,,Die Forstinsekten"'. Der I. Theil (Käfer) erschien 1837, der II. Theil (Falter) 1840, der III. Theil (Ader-, Zwei-, Netz- und Geradflügler) 1845. Dieses Werk war epochemachend. Es zeigte, dass der Verfasser rastlos im Walde selbst studirt, dass er mit eisernem Fleisse nicht blos die in der Literatur vielfach zerstreuten forstentoraologischen Notizen gesammelt hatte, sondern dass er auch unausgesetzt bemüht gewesen war, durch persönlichen und brieflichen Verkehr mit Forstleuten selbst zu lernen. In den Jahren 1844, 1848 und 1852 erschienen: ,,Üie Ichneu- monen d er Forstinsekten" in drei Bänden. Diese äusserst schwierige Arbeit war weniger von forstlicher, als von rein entomologischer Be- deutung und hat deshalb auch bei den Entomologen mehr Anerkennuns" gefunden, als „Die Forstinsekten". Beide kostspielige Werke sind auf Staatskosten für alle Oberförstereien und höheren Verwaltunu-sstellen Preussens angeschafft worden. Ratzeburg sah sehr bald ein, dass sein grosses Werk für die kleinen Privatbibliotheken der Studirenden und der meisten Forstwirthe zu theuer war. Um aber gerade in diesoi Kreisen möglichst ausgedehnt belehrend und anregend zu wirken, verfasste er 1841 das kleinere Buch .,Die Wald verderber und ihre Feinde", welches von ihm selbst 1869 in sechster Auflage herausgegeben wurde. Jede neue Auflage brachte reichlich neue Beobachtungen und Erfahrunjiren. 1* 4 Katzeburg's Leben. Durch Ratzeburg war die Forstinsekteakiinde zu einem gewissen Abschlüsse gelangt. Er versuchte nun die Folgen der Baum- und Wald- beschädigungen in physiologischer und pathologischer Hinsicht zu er- forschen. In diesem Sinne schrieb er 1862 ,,Die Nachkrankheiten und die Reproduction der Kiefer nach dem Frasse der Forl- eule", bald darauf sein grosses, abermals mit zahlreichen guten Abbil- dungen ausgestattetes Werk: ,,Die Waldverderbniss oder dauernder Schade, welcher durch Insektenfrass, Schälen, Schlagen und Verbeissen an lebenden Waldbäumen entsteht". Der I. Theil (Kiefer und Fichte) erschien 1866, der 11. Theil (Tanne, Lärche, Laub- hölzer und entomologischer Anhang) 1868. Eine reiche Menge neuer eigener und fremder Beobachtungen ist darin mitgetheilt, sie bekundet den riesenhaften Fleiss des Verfassers. Bei den grossen Fortschritten, welche jedoch in neuerer Zeit Physiologie und Pathologie gemacht hatten, war es ihm leider nicht mehr möglich, den ganzen Stoff genügend zu beherrschen. Es geht dies jetzt eben über die Kraft des Einzelnen hinaus. Ausser seinen entomologischen Arbeiten veröffentlichte Ratze- burg noch: In Verbindung mit Brandt: ,,Medicinische Zoologie oder getreue Darstellung und Beschreibung derThiere, die in der Arzneimittellehre in Betracht kommen", 2 Bände mit 69 Kupfer- tafeln, Berlin 1827 — 34; ein Werk, welches noch heute, namentlich wegen der vortrefflichen Original -Abbildungen, von grosser Bedeu- tung ist. In Verbindung mit Brandt und Phoebus : ,,Abbildung und Beschreibung der in Deutschland wild wachsenden und in Gärten im Freien ausdauernden Giftgewächse", 2 Bände mit 56 Kupfertafeln, Berlin 1838. ,, Untersuchungen über Formen und Zahlen Verhältnisse der Naturkörper", mit einer Kupfertafel. Berlin 1829. ,, Forstnaturwissenschaftliche Reisen durcii verschiedene Gegenden Deutschlands", Berlin 1842. ,,Die Naturwissenschaften als Gegenstand des Unter- richtes, des Studiums und der Prüfung", Berlin 1849. „Die Standortsgewächse und Unkräuter Deutschlands und der Schweiz", Berlin 1859. Am 1. Mai 1869 nach 39jähriger, segensreicher und aufopfernder Lehrerthätigkeit trat Ratzeburg in den wohlverdienten Ruhestand. Sein l^at7A'bnrg"'s Leben. 5 Gesundheitszustand niachtc dies unbedingt nöthig. Schon vorher hatte er noch eine grössere literarische Arbeit begonnen, welclier er nunmehr fast seine ganze Thätigkeit widmete. Es war ihm vergönnt, dieselbe im Manuscripte ganz, im Drucke grösstentheils zu vollenden. Aber erst nach seinem am 24. October 1871 erfolgten Tode, im Jahre 1872, erschien sein ,, Forst wissensch aftliches Sehr iftsteller-Lexikon" mit einem Vorworte seines alten Freundes Ph. Phoebus. Etwa im Jahre 18 66 hatte er nämlich die Idee gefasst, kurze Biographien aller für seine forstwissenschaftlichen Schriften, ja für die Forstwissenschaft überhaupt, wichtig gewordenen lebenden und verstor- benen Persönlichkeiten zu schreiben. Dieser Gedanke charakterisirt den trefflichen Mann in doppelter Hinsicht; einmal zeigt er, wie sehr Ratzeburg bis an sein Lebensende ein Naturforscher mit forstlicher Richtung blieb, und dann wie dankbar er Allen war, welche ihn in seinem Forschen, sei es auch nur durch die kleinsten mündlichen oder schriftlichen Mittheilungen, unterstützten. Diese Dankbarkeit geht schon aus der grossen Menge gewissenhaftester Citate hervor, welche seine Werke, namentlich die ,,AYaldverderbniss", enthalten, noch mehr aber aus dem Schriftsteller- Lexikon. In der Vorrede zu letzterem sagt Phoebus sehr richtig, Ratzebueg habe sich dadurch ,,ein grossartiges Denkmal gesetzt; ein ,,monumentum aere perennius" seines seltenen Fleisses, seines über mehrere grosse Fächer ausgebreiteten und doch auch tiefen Wissens, seiner reichen und wichtigen Naturstudien, die ihn zu einem der fruchtbarsten Naturhistoriker und zum kräftigsten Beschützer unserer Waldungen machten; — ein Denkmal auch seiner Humanität; denn aucli diese spricht sich hier, wie in seinen früheren Arbeiten, aus in der freudigen Anerkennung fremder Leistungen, und, wo Wissenschaftliclikeit und Gerechtigkeit einen Tadel auszusprechen nöthigen, in der milden Form". Ratzebürg's forstentomologische Arbeiten schufen in dieser Wissen- schaft eine neue Basis für alle weiteren Forschungen; auch in später, künftiger Zeit wird man immer und immer wieder auf dieselben als bleibend werthvolle Quellen zurückgreifen. Sein Verdienst in dieser Richtung lag nicht blos in der eigenen Arbeit, sondern wesentlich auch mit darin, dass er durch seine Schriften, wie durch den persönlichen, brieflichen oder mündlichen Verkehr, Anregung zu Forschungen im Walde gab und Interesse an dem Insektenleben in weiten Kreisen weckte. Gerade die grosse Liebenswürdigkeit, mit welcher er jede Frage beant- wortete, jede, auch die kleinste Mittheilung dankbar entgegennahm, hat 6 Ratzeburg's Leben. so Manchen ermutliigt, auf dem interessanten Gebiete selbst weiter zu arbeiten. Der Fortschritt der Wissenschaft ist ein unendlicher, neue For- schungen und Beobachtungen haben neue Belehrung gebracht, daher stehen wir bereits heute bezüglich mancher wichtigen und schwierigen Frage nicht blos in systematischer, sondern auch in biologischer Hinsicht auf einem richtigeren Standpunkte, als Ratzeburg. Dass wir aber in der Forstentomologie während der letzten Jahrzehute bedeutende Fortschritte gemacht haben, verdanken wir nicht zum kleinen Theil, sondern ganz wesentlich der fruchtbringenden, verständnissvollen Anregung unseres alten Meisters Ratzeburg. EINLEITUNG. KAPITEL I. Die Gliederfüssler im AUgemeinen. Das Thierreich wird gewöhnlich eingetheilt in sieben Typen. Mau unterscheidet den Typus der Protozoa oder Urthiere, der Coelen- terata oder Pflanzenthiere, der Vermes oder Würmer, der Echinodermata oderStachelhäiiter, der Arthropoda oderGlieder- füssler, der Mollusca oder Weichthi ere und der Yertebrata oder Wirbelthiere. Wir haben es hier mit dem fünften, dem Typus der Arthropoden (abgeleitet von ap^-piov, das Glied; roJ^, Genitiv Troöog, der Fuss) oder Gliederfüssler zu thun. Der Typus der Arthropoden oder Gliederfüssler. Die Arthropoden sind bilateral symmetrische Thiere mit heteronom segmentirtem Körper und paarig angeordneten, bauchständigen, gegliederten Segmentanhängen oder Glied- massen, deren äussere Körperoberfläche gebildet wird von einer mehr weniger starren, ein Hautskelet darstellenden Chitinhülle. Die rechte Hälfte des Körpers eines jeden Gliederfüsslers ist spiegelbildlich, symmetrisch, gleich der linken Hälfte, während die gliedmassentragende Bauchseite von der gliedmassenlosen Rückenseite verschieden ist. Der Körper zerfällt der Länge nach in eine grössere bei den verschiedenen Gruppen sehr wechselnde Anzahl gegen ein- ander beweglicher Segmente, auch Ringel, Folgestücken, Meta- meren genannt. Am besten erkennt man dies bei einem Tausendfuss (Fig. 1). Jedes Segment selbst wird aber durch den seiner Oberfläche auflagernden, weiter unten genauer zu besprechenden Chitinpanzer zu einem starren, keine ausgiebigen Formveränderungen gestattenden Körper, ^[an bezeichnet die Segmentirung — im Gegensatze zu der Kap. I. Die Gliederfüssler im Allgemeinen. bei den gegliederten "Würmern vorkommenden — als heteronom oder verschiedenwerthig, -weil nicht jedes Segment jedem folgenden oder vortergelienden gleich ist, vielmehr die einzelnen Segmente oder Segmentgruppen verschiedenen Bau und verschiedene Verrichtungen haben. So sind z. B. die die Gliedmassen und Flügel tragenden drei Brustsegmente der Insekten (Fig. 7, B) verschieden von den im Weseut- 7 8 9 JO Fig. 1. Ein Tausendfuss, Scolopendra morsitans L. liehen gliedmassenlosen des Hinterleibes (Fig. 1 , H). Auch sind nicht alle Segmente während der ganzen Lebensdauer von einander getrennt, sondern sie verschmelzen an manchen Stellen gruppenweise. So be- steht der Kopf eines Tausendfusses oder Insektes (Fig. 1 und 7 Ä) aus vier, das Kopfbruststück, die „Nase", unseres Flusskrebses aus dreizehn in der Embryonalanlage getrennt angelegten, späterhin verschmelzenden Segmenten (Fig. 2 KB). Fig. 2. Der Flnsskrebs, Astacus fluviatilis Fabr. Jedes Segment kann auf seiner Bauchseite ein — bei manchen Tausendfüssen auch zwei — Paar Glied massen tragen. Es kommen aber auch besonders bei den Insekten und den spinnenartigen Thieren gliedmassenlose Segmente oder Segmentgruppen vor, z. B. der Hinter- leib der Spinnen und Insekten. Auch können auf verschiedenen Stufen der Entwicklung dieselben Segmente desselben Thieres glied- massentragend oder gliedmassenlos sein. So trägt z. B. der Hinter- leib der Schmetterlingsraupen an mehreren Segmenten Gliedmassen, Der Typus der Arthropoden. 9 sogenannte .. Atterfiisse", während der Hinterleib der Puppe und des Sclimettcrlinges deren entbehrt. Die Gliedmassen sind selbst Avieder gegliedert, d. h. sie sind eingetheilt in der Länge nach an einander gereihte, starre Abschnitte, welche durch weichere Gelenke mit ein- ander verbunden sind und daher gegen einander gebeugt werden können. Diese Gliederung unterscheidet die Gliedmassen von den bei den höheren Würmern vorkommenden, paarigen Fussstummeln. Sowohl die Aussenfläche des Rumpfes als der Gliedmassen ist bedeckt mit einer aus Chitin bestehenden Hülle. Chitin ist eine stickstoffhaltige, sehr widerstandsfähige, nur durch Kochen in concen- trirten Mineralsäuren lösliche Substanz, welche von den Aussenflächen der Grenzzellen des Arthropodenkörpers abgesondert wird, und der die Formel Cg H^^ NOf^ oder ein Mehrfaches davon zukommt. Dieses Secret erhärtet allmälig — ein frisch ausgekrochener Käfer, ein eben erst gehäuteter Krebs ,, Butterkrebs" ist noch weich — an der Luft und bildet so eine äussere, feste Schicht, welche den gesammten Arthro- podeukörper überzieht. Sie ist kein Gewebe, besteht nicht aus ein- zelnen Zellen, ist vielmehr eine Cuticula, eine erhärtete Absonderung. Ist die Chitinschicht dünn, z. B. an Brust und Hinterleib einer Raupe oder an den Grenzen der einzelnen uuverschmolzenen Segmente jedes Arthropoden, so ist sie biegsam. Ist sie dick oder gar wie bei vielen Krebsen mit Kalksalzen incrustirt, so stellt sie einen starren Panzer dar. Es ist diese Schicht aber stets das relativ festeste und starrste Gebilde jedes Arthropodenkörpers, das Skelet. Die Arthropoden haben also ein äusseres Chitin skelet, welches sowohl die Ansatzpunkte für die Musculatur darbietet, als auch die Gestalt des Thieres bestimmt. Die Krümmung eines mit festem Chitinpanzer versehenen Thieres geschieht lediglich durch Verschiebung der einzelnen starren Segmente gegen einander, eine Verschiebung, w^elche durch die an den Segment- greuzeu biegsam gebliebene Cuticula, also durch Gelenke ex'möglicht wird. Besonders ist die Cuticula nur wenig elastisch, und kann als erhärtetes Secret auch nicht durch AVachsthum weiter werden. Daher muss beim Wachsthum jeder Arthropodenkörper den alten Panzer von Zeit zu Zeit sprengen und sich mit einem neuen, geräumigeren, unter dem alten Panzer angelegten versehen. Das Wachsthum eines Arthropods ist mit Häutung verbunden: Ein Arthropod, das sich nicht mehr häutet, z. B. ein ausgeschlüpfter Käfer oder Schmetterling, wächst nicht mehr. Die Leibeswaud der Arthropoden besteht nach innen von der Chitinhülle aus einer Zellschicht, Hypodermis, deren Aussenfläche den Chitinpanzer absondert und der unter dieser liegenden quergestreiften Musculatur. Sie umschliesst eine w^esentlich einfache Leibeshöhle, welche durchsetzt wird von dem Darmcanal, über dem, also dorsal, das Central- organ des Kreislaufssystems, unter dem, also ventral, das vorn einen Schlundring bildende Bauchmark, das Centralnervensystem liegt. 10 Kap. I. Die Gliederfüssler im Allgemeinen. Die ursprünglich aus gesonderten, mitunter stark veränderten Zellen bestehende Hypodermis entspricht der Epidermis der übrigen höheren Thiere; über ihr wie über einer Form legt sich das Chitin- secret auf, so dass jeder Auswuchs, respective jede Sculptur der Oberfläche der Cuticula einem gleichen Gebilde der Hypodermis entspricht. Jedes Chitinhaar einer Raupe ist z. B. hohl und ursprüng- lich über einem weichen, haarähnlichen Fortsatze einer Hypodermis- zelle geformt. Es wird daher die Hypodermis in Bezug auf die Chitin- cuticula als deren Matrix oder Mutterboden bezeichnet. Die Quer- streifung der an die Matrix, respective an das äussere Chitinskelet sich ansetzenden Musculatur nähert diesen dem Willen des Arthro- poden unterworfenen Bewegungsapparat dem der Wirbelthiere. Aber auch die dem Willen der Arthropoden entzogenen Muskelfasern sind quergestreift. Fig. 3. Querschnitt durch ein Arthropod, die Wasserassel, Asellus aquaticus. Fig. 4. Querschnitt durch ein Wirbel- thier, Neunauge, Petromyzon fluviatile. d Darm, l Leber, h Herz, n Nervensystem, (j Geschlechtsorgane. Die Lagerung der Hauptorgane in der Leibeshöhle ist der- artig, dass der Darmcanal in der Mitte liegt zwischen Centralnerven- system und Centralorgan des Kreislaufes. Insofern ist dieselbe Anord- nung vorhanden, wie bei den Wirbelthieren. Aber das Centralnerven- system ist bei den Arthropoden an der Seite angebracht, auf welcher zugleich die Gliedmassen sich befinden, auf der in der natürlichen Stellung des Thieres dem Boden zugekehrten Bauchseite, während dies bei den Wirbelthieren gerade umgekehrt ist; man kann daher sagen, dass die Arthropoden in einer der Haltung der Wirbelthiere gerade entgegengesetzten Lage laufen. Die Leibeshöhle ist stets mit Blutflüssigkeit, welche alle Organe bespült, angefüllt, und diese wird im einfachsten Falle durch Bewegungen des Thieres, meist aber durch ein bei den verschiedenen Gruppen sehr verschieden gebautes Herz in Circulation erhalten. An das Herz schliesst sich bei vielen Formen ein mehr weniger compli- cirtes, übrigens aber niemals vollkommen gegen die Leibeshöhle ab- geschlossenes Gefässsystem an. Der sehr verschieden gegliederte, bald mit Leber, bald mit Ausscheidungsorganen versehene Darm- Der Typus der Arthropoden. 1 1 Ciinal, der nur in sehr seltenen Fällen, bei einigen schinarotzenrlen Krebsen oder als reine Begattungsmaschine dienenden Blattlausmänn- elieu, verkümmert, ist zwischen dem vorn auf der Bauchseite gelegenen Mund und der Afteröft'nung ausgespannt. Er ist, wie überhaupt alle auf der Aussenfläche mündenden inneren Organe des Arthropodcnkörpers, mit einer feinen Chitincuticula, die an den Mündungsstellen in die Cuticula der Körperoberfläche übergeht, ausgekleidet. Als Organe der Nahrungsaufnahme dienen diesem Zwecke angepasste, die Mund- üffnung seitlich umstehende Gliedmassenpaare. Das centrale Nervensystem oder Bauchmark besteht der Anlage nach in jedem Segmente aus je zwei rechts und links von der Medianlinie gelegenen Nervenknoten, also einem Ganglienpaar. Es sind dieselben unter sich durch eine kurze Querbrücke und mit den Ganglienpaaren der anstossenden Segmente durch je ein paar Längs- stämme verbunden. Das Nervensystem kann also im Ganzen als ein strickleiterförmiges Gebilde bezeichnet werden. Das erste Nervenknoten- paar liegt oberhalb, das zweite unterhalb des Schlundes, und beide bilden mit den sie verbindenden Längsstämmen den Schlundring. Die Anzahl der Nervenknoten ist meist — durch Verschmelzung mehrerer zu gemein- samen Massen — verringert und es kann daher das Bauchmark mitunter sehr verkürzt erscheinen, z. B. bei den Taschenkrebsen. Die Fortpflanzung der Arthropoden geschieht ausschliesslieh durch Eier; niemals kommt Knospung oder Theilung vor. Beinahe alle Arthropoden sind getrennten Geschlechtes. Die Bauchseite des Embryos wird im Ei zuerst angelegt. Beiweitem die meisten Formen durchlaufen nach ihrem Ausschlüpfen aus dem Ei eine Metamorphose, Eier, gebildet in den paarigen Eierstöcken der Weibchen, sind die einzigen bei den Arthropoden vorkommenden Fortpflanzungskörper. Da dieselben sicli aber mitunter bereits in noch nicht völlig aus- gebildeten Thieren — Larven — entwickeln und dann — ebenso wie in manchen anderen Fällen, wenn sie auch von entwickelten Weibchen erzeugt werden — keiner Befruchtung durch den männlichen Samen bedürfen, so sah man diese jungfräulich, parthenogenetisch, oder in unreifen Geschöpfen, paedogenetisch, sich entwickelnden Eier fälsch- lich als etwas Besonderes, als ,, Sporen" oder ,, Keime", an. Daher die entgegenstehenden Ansichten mancher älteren Lehrbücher. Nur die Bärthierchen und die niedrigsten Krebse, die ,, Entenmuscheln und Seepocken", sind Zwitter oder Hermaphroditen, d. h. haben beiderlei Geschlechtsorgane in einem Individuum vereinigt. Alle anderen sind getrennten Geschlechtes, haben Männchen und Weibchen. In dem Ei wird zunächst als segmentirter ,, Keimstreif" die Bauchseite des jungen Thieres mit dem Nervensystem und mit den Gliedmassenpaaren angelegt. Zuletzt wird der Kücken ausgebildet. Hierdurch unterscheiden sich die Arthropoden wesentlich von den Wirbelthiercn, bei denen stets zuerst die Rückenfläche mit dem dort befindlichen liückenmarke 12 Kap. I. Die Glieclerfüssler im Allgemeiuen. augelegt, dagegen der Bauch zuletzt ausgebildet wird und sich zu- letzt schliesst, wie die Stellung des Nabels bei ihnen zeigt. — Am besten kann man dies an gekochten Krebseiern, respective an jungen eben ausgeschlüpften Forellen beobacliten. — Nur wenige Arthropoden verlassen das Ei in der dem erwachsenen Thiere eigenthümlichen Form. Sie durchlaufen vielmehr während ihres freien Lebens unter mannigfachen Häutungen — siehe oben — eine Reihe von Formwandlungen, deren Gesammtheit man als Metamorphose bezeichnet. Das bekannteste Beispiel ist die Entwicklung des Schmetterlings, welcher vor seiner definitiven Ausbildung das Raupen- und Puppenstadium durchläuft. D FI H FII 0 10 11 Fig. 5. Aus dem Ei genommener Embryo Fig. ß. Eben ausgeschlüpfte junge Bach- des Flusskrebses, bei welchem schon die forelle mit anhängendem bauchständigen ganzen C41iedmassen und die Bauchseite Dottersack bei D. 2,. ausgebildet sind, während bei D der rückenständige Dottersack noch sichtbar ist. F I vorderer, jP II hinterer Fühler. 9 — 11 die drei ersten Gangbeine, // Hinterleib, lu/i. Die Klassen der Arthropoden. Der Typus der Arthropoden zerfällt in vier natürliche Gruppen, Klassen genannt. Es sind dies die Krebsthiere oder Crustacea, die Spinnen thiere oder Aractinoidea, die Tausendfüsse oder Myrio- podaund die Kerfe oder Insekten, Insecta. Zur kurzen Definition dieser Klassen verwendet man Kennzeichen, welche entnommen sind: a) der Gruppirung der Segmente zu grösseren Abschnitten; h) der Besetzung dieser Segmentgruppen mit verschiedenartigen Glied- massen und der Beschaffenheit und Zahl der letzteren; c) der Beschaffenheit der Athmungsorgane; d) dem Fehlen oder Vorhandensein von Flügeln. Diu Klassen der Artlu'njiodeu. 13 Wie wir oben sahen, ist die Segmentirung der Ai'thropoden stets eine heteronome. Niemals sind alle Segmeute gleichwerthig und getrennt. Am stärksten ist die Heteronomität und das Zusammentreten einer Anzahl von Segmenteu zu grösseren Gruppen ausgebildet bei den Insekten (Fig. 7). Wir unterscheiden bei diesen: 1. Kopf, caput, /3'^a\>j, 2. Brust, thorax, 3. Hinterleib, abdomen. Als Kopf wird bezeichnet die vorderste aus vier verscbmol-' zenen Segmenten gebildete Körperregion, welche die Augen und die MundöÖuung, sowie von Gliedmassen ein Paar Fühler und drei Paar Mundwerkzeuge, Kiefer, trägt. Als Brust bezeichnet man den aus drei Sesrmenten "-ebildeten Abschnitt, welcher drei Bein- Fig. 7. A Männliche Hornisse, Vespa Crabro. AT Kopf, B Brust, H Hinterleib, i^ Fühler (erstes Oliedmassenpaari, NA Netzange, p a Pnnktauge, Oh K Vorderkiefer (zweites Gliedmasseupaar, die zwei folgenden Kieferpaare sind bei dieser Ansicht niclit wahr- zunehmen) 5, 6, 7 Beine (sechstes bis siebentes Gliedmassenjjaar), Fl 1 Vorderflügel, Fl 2 Hinterrtügel. — B Tasterloser Kiefer, isolirt. paare und' meist an der Rückenfläche der beiden hinteren Segmente zwei Paar Flügel trägt. Keine andere Arthropodenklasse hat Flügel. Der dritte und letzte, meist aus zehn Segmenten zusammen- gesetzte Abschnitt, welcher bei den ausgebildeten Thieren niemals deutliche Gliedmassen trägt, ist der Hinterleib. Bei den spi nnen artigen Thieren (Fig. 8 und 9) ist dagegen eine Theilung des Körpers in nur zwei grössere Segmentgruppen als Regel anzusehen. Es verschmelzen hier nämlich nicht allein wie bei den Insekten die mit Mundwerkzeugen versehenen Segmente unter einander, sondern diese treten auch mit den vier folgenden, vier Paar Beine tragenden Segmenten zusammen. Diesen im Ganzen sechs Gliedmassenpaare tragen- den Abschnitt bezeichnet man als gleichwerthig dem Kopf und Thorax 14 Kap. I. Die Gliederfüssler im Allgemeinen. der Insekten und nennt ihn Cephalothorax, Kopfbruststück. Eigentliche Fühler fehlen, aber man nimmt an, dass das erste sicherlich haupt- sächlich der Nahrungsaufnahme dienende Gliedmassenpaar morphologisch dem Fühler der Insekten gleichwerthig ist und nennt dieses dahei- Kieferfühler. Auf den Cephalothorax folgt ein meist scliarf abgesetzter Fig. 8. Kreuzspinne, Epeira diadema L. 12 34 56 Fig. 9. Holzbock, Ixodes ricinus L . 2 KB Kopfbruststück oder Cephalothorax, // Hinterleib (Abdomen), 1 — 6 die sechs Gliedmassen des Cephalothorax, 1 Kieferfühler, 2 Kiefertaster, 3 — 6 die vier Beinpaare. Fig. 10. A Männlicher Flusskrebs, Astacus fluviatilis L. IviJKopfbniststück, /i^Hinter leib, iV^^4 gestieltes Netzauge, F I wiit zwei Ceisseln versehener, vorderer Fühlei (erstes Gliedmassenpaar), i-' 7/ eingeisseliger hinterer Fühler (zweites Gliedmassen- paar). Das dritte bis achte Gliedmassenpaar, Kiefer und Kieferfüsse darstellend, ist in dieser Ansicht nicht darstellbar; 9 — 13 die fünf Paar Gangbeine, von denen das erste zu den grossen Scheeren modificirt ist, 16 — 19 die sechs Paar Gliedmassen des Hinterleibes, von denen 14 und 15 zu Begattungsorganeia und 19 zu Seitentheilen der Schwanzflosse umgebildet sind. — B Der Taster tragende Oberkiefer (drittes Gliedmassenpaar), T Taster, '/r ungegliederter und gliedmassenloser Hinterleib, der aber bei den höchsten Formen, Scorpionen und Verwandten, die Gliederung beibehalten, bei den niedrigsten Formen, den Milben (Fig. 9), ganz mit dem Cephalothorax verschmelzen kann. Wenngleich also die Regionenbildung des Körpers bei den Arachnoideen keine so constante ist wie bei den Insekten, Die Klassen der Arthropoden. 15 so ist doch die Anzahl ihrer Gliedmassen eine ebenso feststehende wie bei diesen. Auch bei den Crustaeeen finden wir stets einen Cephalothorax, d. h. einen vorderen Complex verschmolzener Segmente, welcher ausser den Fühlern und eigentlichen Mundwerkzeugen noch weitere Glied- massen trägt. Am ausgc'bildetsten ist derselbe bei unserem Flusskrebs und Verwandten, wo er ausser den beiden Fühlerpaaren und den drei Paaren eigentlicher Kiefer, noch drei Paar Kieferfiisse und fünf Paar Bewegungsfüsse, also im Ganzen dreizehn Gliedmassenpaare trägt (Fig. 10). In anderen Fällen besteht er aus viel weniger Segmenten, so z. B. bei dem Flohkrebs (Fig. 11) nur aus sechs die Fühler, die Kiefer und nur ein Kieferfusspaar tragenden Hingen. Es bleiben daher hier sieben weitere fusspaar- tragende Brustsegmeute frei (Fig. 11 B), und erst hinter diesen schliesst sich dann, nicht gleich an den Cephalo- thorax wie bei dem Fluss- krebse,einweitererAbschnitt, das Abdomen, an. Es trägt aber dieses gleichfalls kleine Füsse. Wir sehen aus der kur- zen Vergleichung von zwei sich immerhin noch ziem- lich nahe stehenden höheren Krebsen, dass die Regionen- bilduug bei den Krebsen keine so gleichmässige ist wie bei den Insekten. Xoch viel mehr variirt sie bei den niederen Krebsen. Nur die Cephalothoraxbildung und Fig. 11. Flohkrebs, Gammarus; die verbrei- tetste Art in unseren süssen Gewässern ist Gammarus pulex L. K B Koptliruststück, B die sieben freien Briistringe, JI Hinterleib, NA sitzendes XetzaiTge, F I vorderer Fühler (erstes Gliedniassenpaar), F II hinterer Fühler (zweites Gliedmassenpaar). Die drei folgenden Glied- massenpaare, die Kiefer, sind nnr angedeutet, (j Kieferfuss (sechstes Gliedmassenpaar, das letzte des Kopfbruststückes), 7 — 13 die sieben Fnss- paare der freien Brustringe, 14 — !(> Schwimm- fiisse des Hinterleibes (vierzehntes bis sech- zehntes Gliedmassenpaar), 17 — 19 Springfüsse des Hinterleibes (siebzehntes bis neunzehntes Gliedmassenpaar). '•> ,. die Besetzung auch des Ab domens mit Gliedmassen ist ziemlich constant. Besonders charakte- ristisch ist für die Krebse das regelmässige Vorkommen von zwei Paar Fühlern (Fig. 10.4 und 11, FI und F II), sowie das häufige Vorhandensein von Tastern am Oberkiefer (Fig. 10 B), Kennzeichen, welche sich niemals bei einer anderen Arthropodengruppe finden. Bei den Myriopoden (Fig. 12) finden wir einen dem Kopfe der Insekten vergleichbaren, ein Paar Fühler und drei Paar Mundwerkzeuge tragenden Ko})t', an den sich eine bald kleinere, bald sehr grosse Anzahl im Wesentlichen gleichgebildeter und je ein oder ZAvei Fusspaare tragender freier, unverschmolzener Segmente anschliesst. Sicherlich ist die Summe dieser gleichgebildeten freien Segmente den 16 Kap. I. Die Grliederfüssler im Allgemeinen. Brust- und Hinterleibssegmenten der übrigen Arthropodengruppen zu vergleichen. Aeusserlich ist eine Trennung von Brust und Hinterleib aber niclit ausgedrückt. Bei den Myriopoden ist also die Segmentirung des Leibes am wenigsten heteronom ausgebildet. Die Krebse sind meist WasserbcAvobner, die spinnenartigen Thiere und Tausendfüsse Landbewohner, während man die gleichfalls meist auf dem Lande lebenden Insekten wegen ihrer Flugfähigkeit ausserdem auch als Luftbewohner bezeichnen kann. Der Lebensweise entsprechen im wesentlichen die Athmungsorgane. Die Krebse nehmen durch Kiemen den Sauerstoff der mechanisch an das Wasser g-ebundenen atmosphärischen Luft auf, während Insekten^ Tausendfüsse und spinnen- artige Thiere, wenn sie, Avie allerdings meist der Fall, überhaupt be- sondere Athmungsorgane haben, durch Tracheen direct den Sauerstoff der atmosphärischen Luft athmen. Sind doch die gewöhnlich als Lungen bezeichneten Athmungsorgane der Webspinnen und Scorpione nichts weiter als eigenthümlich modificirte Tracheen und werden daher auch neuerdings besser als Blättertracheen bezeichnet. Fig. 12. Tausendfuss, Scolopendra morsitans L. ' ,. TT Kopf, i^ Fühler (erstes Glied- masseupaar), die Kiefer (zweites bis viertes Gliedmassenpaar) in dieser Ansicht nicht darstellbar, 5—26 die Gliedmassen der freien Leibesseg'mente, von denen nur das fünfte zu einer Art Kieferfuss umgewandelt ist. Sehen wir von einzelnen ganz aberranten, meist durch regressive Metamorphose veränderten Formen ab, so können wir die vier Klassen folgendermassen kennzeichnen : Die krebsartigen Thiere sind deutlich heteronom segmentirte, flügellose, gewöhnlich durch Kiemen athmende Gliederfüssler, deren aus einer sehr wechselnden Anzahl von Segmenten bestehender Leib wenig- stens in ein Fühler, Kiefer und andere Gliedmassen tragendes Kopfbruststück und einen gleichfalls meist gliedmassentragenden Hinterleib zerfällt. Stets zwei Paar Fühler, erstes Kieferpaar meist mit Tastern versehen. Die spinnenartigen Thiere sind deutlich heteronom segmentirte, flügellose, gewöhnlich durch Tracheen athmende Gliederfüssler, deren Leib aus einem stets zwei Paar Mundwerkzeuge und vier Paar Beine tragenden Kopf bruststück und einem meist abgesetzten, gliedmassenlosen Hinterleibe besteht. Keine wirklichen Fühler. Erstes Paar Mundwerkzeuge tasterlose Kieferfühler. Be.iclitenswertho Araclinoidoen, 1 7 Die Tausendfüsse sind schwach heteronom segmentirte, flügellose, durch Tracheen athmende Gliederfüssler, deren Leib zerfallt in einen aus vier Segmenten verschmolzenen Fühler und drei Paar Kiefer tragenden Kopf und eine grössere Anzahl freier, je ein oder zwei Paar Beine tragender Segmente. Stets nur ein Paar Fühler. Erstes Kieferpaar tasterlos. Die Insekten sind deutlich heteronom segmentirte, meist geflügelte, durch Tracheen athmende Gliederfüssler, deren Leib in einen Fühler und drei Paar Kiefer tragenden, aus vier Segmenten verschmolzenen Kopf, eine aus drei Segmenten bestehende, drei Beinpaare tragende Brust und einen gliedmassenlosen Hinterleib zerfällt. Stets nur ein Paar Fühler. Erstes Kieferpaar tasterlos. Die krebsartigen Thiere fallen ganz ausserhalb des Rahmens dieses Werkes und können daher gar nicht berücksichtigt werden. Die spiinienartigen Thiere werden eingetheilt in neun Ordnungen : 1. Zungen Würmer, Linguatulida, 2. Milben, Acarina. 3. Bärthierchen, Tardigrada. 4. Echte Spinnen, Araneida. 5. Afterspinnen, Phalangida. 6. Scorpionsspinnen, Pedipalpi. 7. Scorpione, Scorpionidea. 8. Afterscorpione, Pseudoscorpionidea. 9. Walzenspinnen, Solifugae. Von diesen fallen die sechste, siebente und neunte Ordnung, als unserer Fauna wesentlich fremd, ausserhalb des Rahmens dieser Dar- stellung. Auch für die meisten übrigen Gruppen müssen wir uns mit Andeutungen der forstlich interessanten Züge in ihrer Lebensweise begnügen. Die Zungenwürmer, eine sehr abweichende Gruppe, sind grosse, bis fingerlange, wurmartige, nur in ihren Jugendzuständen als Glieder- füssler erkennbare Thiere, deren einzige bei uns einheimische Art, Pentastomum taenioldes Rud. im erwachsenen Zustande in der Nasen- und Stirnhöhle des Hundes und Wolfes schmarotzt, im Larvenzustande aber die Eingeweide der Hasen und Kaninchen zerstört. Die Ordnung der Milben schliesst die forstlich beachtuiigs- werthesten Spinnenthiere ein. Es sind fast ausschliesslich ziemlich kleine Thiere, welche deutlich den Charakter der Gliederfüssler erkennen lassen. Die Verschmelzung des Hinterleibes mit dem Cephalo- thorax ist für sie besonders charaktei-istisch (Fig. 13). Ihre Mundtheile sind zwar zum Theile beissend, bei vielen und besonders bei den parasitischen Formen aber zum Stechen und Saugen Lehrbuch d. inittelenrop. Forstintektenkunde. 2 18 Kap. I. Die Gliederfüssler im Allgemeiuen. eingericlitet. Die Jugendformen entbehren noch des letzten Beinpaares (Fig. 13, B). Als niedrigste Form erwähnen wir die Haarbalg milbe, Demodex folliculorum LiN., ein nur circa 0"3 mm langes und circa 0*04 mm breites, also dem blossen Auge völlig unsichtbares, langgestrecktes Thier, welches in den Talgdrüsen und Haarbälgen der Menschen und der Thiere häufig lebt und bei starker Vermehrung beim Menschen die ,, Mitesser" erzeugt, bei den Hunden aber eine sehr schwer heilbare Form der Räude verursacht. Dieser Form schliessen sich an die eigentlichen Kratz- und Eäudemilben. Der Parasitismus der in der Haut des Menschen Gänge grabenden, gerade noch mit blossem Auge sichtbaren Menschen- krätzmilbe, Sarcoptes scabiei Deg. ist die einzige Ursache der Krätz- krankheit, welche also stets nur durch Uebertragung der Milbe, nicht aus inneren Gründen entstehen kann. Daher sind die Krätz- krankheit, ebenso wie alle Räudekraukheiten der Hausthiere, B. d2 34 56 \?*^^ Fig. 13. A. Erwachsenes luid voll Blut gesogenes Exemplar des gemeinen Holz- bockes, Ixodes ricinus L., von der Seite gesehen, ^/\. B. Junges Exemplar, dem noch das letzte Beinpaar fehlt, von oben gesehen, nicht vollgesogen, ^i- 1 — 6 ^c Gliedmassenpaare. nur mit äusserlichen Mitteln zu behandeln. Drei Gattungen von Eäudemilben sind es, welche die Krankheiten unserer Haussäuge- thiere erzeugen: Sarcoptes, Dermatocoptes und Dermatophagus. Die gewöhnliche Hunderäude ist Sarcoptesräude. Es kann beim Hunde aber auch im Innern der Ohrmuschel eine Dermatophagusräude vor- kommen, welche dann häufig Grund des ,, inneren Ohrwurmes" wird. Den Krätzmilben nahe verwandt sind die Käsemilben, von denen Tyrogliphus siro Gerv. die bekannteste ist. Die Schildmilben, Gamasidae, schmarotzen auf Insekten, Vögeln und Säugethieren. Gamasus coleoptratorum L., die gemeine Käfei*- milbe, findet sich häufig in grossen Mengen an der Bauchseite der Aas- und Mistkäfer. Hartig beschreibt in seinem Conversations-Lexikon, p. 733, aus- führlich eine Borkenkäfermilbe, welche nach ihm der Gattung Uropoda Latr. angehört. Dieselbe heftet sich mit einer vom After ausgehenden Röhre hinten an die abschüssige Stelle der Flügeldecken der Käfer, und wird so mit in die neuen Brutgänge getragen, wo sie Die Gallinilbcn. 19 ihre Brut unterbringen kann. Er fand sein- viele Larven und Puppen des Tomicus typographus durch die Larven dieser Milbe zerstört. Wahrscheinlich ist es dieselbe Milbe, welche J. Müller in Mähren an Borkenkäfern fand und als Uropoda ovalis bezeichnet und Hensel — Grunert und Leo, „Forstliche Blätter" IV, p. 215 — von Scolytus pruni erwähnt. Dermanyssus avium DuG. ist ein sehr häufig auf Vögeln, be- sonders auf unseren Stubenvögeln und Hühnern schmarotzendes Thier, welches auch auf den Menschen übergeben kann. Die grössten einheimischen Milben sind die Zecken, Ixodidae. Sie zeichnen sich durch ihre lederartige, stark ausdehnbare Haut und durch ein Hornschild auf dem Eücken aus. Als Belästiger von Thieren und Menschen ist der bekannte Ixodes ricinus L. (Fig. 13) erwähnens- werth, welcher sich mit seineu Mundwerkzeugen tief und fest in die Haut bohrt, um Blut zu saugen. Er schwillt nach und nach bis zur Grösse einer Johannisbeere an. Mit Gewalt soll man das festgesaugte Thier nicht herausziehen, weil dann der Kopf abreisst, in der Haut zurückbleibt und Eiterung verursacht. Dagegen kann man den Holz- bock durch sanftes Reiben mit dem in Baumöl getauchten Finger zum Loslassen bringen, freilich oft erst nach 20 bis 40 Minuten. Auch Tabakssat't, Branntwein oder Salzwasser bewirken dasselbe. Für den Forstmann haben die Gallmilben, Phytoptidae, Bedeu- tung. Kann man sie auch nicht als sehr schädliche Waldverderber bezeich- nen, so sind diese stets auf perennirenden und häufig auf Holzpflanzen lebenden Thiere doch durch die von ihnen veranlasste Gallenbildung vielen Waldbäum eu und Sträuchern nachtheilig. Die Familie umfasst bis jetzt blos eine einzige zoologisch charakterisirbare Gattung, die Gattung Phytoptus (Fig. 14). Dieselbe enthält sehr kleine, 013 bis 0-30 mm lange, fast walzen- förmige, nach hinten und vorn zugespitzte Milben mit fein geringeltem Leibe. Muudwerkzeuge sehr rudimentär, rüsselartig nach unten stehend. Nur die beiden vorderen fünfgliedrigen, mit einer glatten Kralle und einer gefiederten Borste am letzten Gliede versehenen Beinpaare sind ausgebildet: dao'e'ren die beiden hinteren rudimentär und durch Borsten vertreten. Alle Milbengallen, welche bis jetzt genau untersucht wurden, haben Phytoptusfürmen als Erzeuger. Die sehr zahlreichen Gattungs- namen, welche für Gallmilben besonders • von Amerlixg aufgestellt wurden, z. B. Volvulifex, Phyllerius, Malotrichus, Calycophthora u. s. f., sind daher einfach zu streichen. Es sind dieselben nämlich nicht nach zoologischen Merkmalen der die Gallen erzeugen- den Thiere aufgestellt worden, sondern lediglich nach mehr minder wichtigen Formunterschieden der betreffenden Gallen. Unter- sucht man deren Bewohner und Erzeuger, so findet man stets Phytoptus, und es ist augenblicklich nicht einmal möglich, ver- 2* 20 Kap, I. Die Gliederfüssler im Allgemeinen. schiedeue Arten der Gattung Phytoptus nach zoologischen Merkmalen sicher zu unterscheiden, obgleich doch anzunehmen ist, dass die in ihrer Erscheinung und Stellung an den verschiedenen Pflanzen so ungemein verschiedenen Phytoptusgallen allerdings von der Art nach verschie- denen Phytoptusformen erzeugt werden. Hiefür spricht besonders, dass wir auf ein und demselben Organ ein und derselben Pflanze mitunter sehr verschiedene Formen finden. So sind allein auf den Blättern der Linde vier verschiedene Formen von Phytoptusgallen beobachtet. Es bleibt daher vorläufig nichts Anderes übrig, als die Phytoptus- gallen, deren Kenntuiss in der neueren Zeit besonders durch Thomas gefördert wurde, nach ihren botanischen Merkmalen einzutheilen, wobei . wir uns wesentlich an die Darstellung von Frank [XXV, S. 669—700] an- schliessen. Die Phytoptusgallen ent- stehen durch krankhafte Wu- cherung von Pflauzentheilen meist direct an den Stellen, an welchen ein oder mehrere Gallmilben saugen. Die An- ariffe der Milben richten sich stets auf ganz junge, vielfach auch auf noch in der Knospe liegende Blätter und Triebe. Es scheint übrigens, als wenn in einzelnen Fällen überhaupt ein Saugen von Milben an einem Blatte ge- nügte, um Gallen an densel- ben entstehen zu lassen und dass die Gallbildung nicht genau auf den Umkreis der angesaugten Stelle beschränkt bleibt. Die Gallmilben über- wintern als erwachsene Thiere in den Knospen und wandern zu dem Zeitpunkt, in welchem sich neue Knospen an den jungen Jahrestrieben bilden, aus den nun vertrocknenden, alten Gallen aus, um die jungen Knospen zu beziehen. Dass ein merklicher forstlicher Schaden durch Phytoptus augerichtet worden wäre, ist bis jetzt nicht bekannt. Dagegen werden zweifellos die von ihnen befallenen Stellen der Blätter und Triebe ihrem normalen Dienste entzogen und besonders kann da, wo an den erkrankten Blattstellen das Chlorophyll schwindet, keine Assimilation stattfinden. Vom Haselstrauch ist bekannt, dass sein Fruchtertrag durch Phytoptus- angriflfe mitunter beeinträchtigt wurde. Fig. 14. Gallrailbe aus cleformirten Knospen des Haseluussstranclies. A. i^ö/i- ^^^ ganzes Thier von nnten gesehen. B. ^""/i- Vordertheil mit dem zugespitzten Rüssel und den beiden Beinen von der rechten Seite gesehen. Die Gallmilben. 21 Die Angriffe der verschiedenen Pbytoptusarten erzeugen: Ä. An Blättern: 1. Filzbildungen, 2. Beutel- oder Taschenbildungen, 3. Pockenbildungen, 4. Einrollungen oder Faltungen, 5. Umrissveränderungen. B. An Knospen und Triebspitzen: 6. Anschwellungen und Wucheruno^en. Aehnliche Bildungen können übrigens auch durch andere Gall- insekten, z. B. durch Gallmücken hervorgebracht werden und es ist stets der mikroskopische Nachweis des wirklichen Vorkommens von Gall- milben nötliig, wenn man eine neu gefundene Missbildung als Milben- galle sicher ansprechen will. Filzbildungen. Diese anfänglich für Pilze, Gattung Erineum Persoon, gehaltenen Wucherungen stellen abnorme reichliche Haar- bildungen an den Blättern dar, und bilden auf ihnen filzige, meist lebhaft gefärbte Stellen. Die Form der Haare ist sehr verschieden, aber für die einzelnen Gallenarten charakteristisch. Die zwei Haupt- formen sind die cylindrischen und die geknöpften oder gekeulteu Haare. Zwischen diesen Haaren leben die Milben. Die Filzkrankheit kommt wesentlich an Holzgewächsen vor. Bei uns hat man dieselben am häufigsten bemerkt auf: Linde, Wallnuss, Eiche, Buche, Birn- und Apfelbaum, Vogelbeere, Weissdorn, Traubenkirsche, Ahorn, Erle, Birke und Pappel, ausserdem noch auf einigen Kräutern. Praktisch nicht unwichtig ist die Filzkrankheit des Weinstockes, welche schon häufig Traubenmisswachs verursacht hat. Beutelbildungen entstehen dadurch, dass die meist auf der Unterseite des Blattes gelegene Angriffsstelle der Milbe sich vertieft und schliesslich auf der Oberseite in Form einer Ausstülpung vortritt. Es bildet sich also eine hohle, häufig lebhaft gefärbte, innen oft be- haarte Galle, die der Blattfläche nur mit einer beschränkten, von der Gallenmündung durchbohrten Stelle ansitzt (Fig. 15, B). In manchen Fällen umgibt sich die Mündung noch mit einem besonderen Mündungs- wall. Am bekanntesten sind die ,, langkegelförmigen, oben und unten verdünnten, oft etwas geki'ümmten, bis 5 mm langen, wenig über 1 vim breiten, meist schön roth gefärbten und kahlen ,, Nagelgallen" auf der Oberseite der Lindenblätter" (Fig. 15, A). Bekannt sind ferner noch Taschen- und Beutelgallen an Traubenkirsche, Schlehe, Pflaumenbaum, Ahorn, Erle, Ulme, Weide und Esche. 22 Kap. I. Die Gliederfüssler im Allgemeinen. Pockenbildungen entstehen, wenn die Milben in das Innere der Blätter eindringen und eine äusserlich als „Pocke" sich dar- stellende, durch abnorme Wucherung des Blattfleisches, der Mesophyll- zellen, erzeugte Anschwellung hervorrufen; häufig erhält eine solche Galle durch Bersten der Oberhaut auf der Unterseite des Blattes einen Eingang. Solche Gallen sind daher von fadenförmig veränderten Mesophyllzellen ausgekleidet, die vorher geschilderten Taschengallen dagegen von der eingestülpten Epidermis. Am häufigsten findet man die Pockenkrankheit bei Birnbäumen; sie ist aber auch noch an Vogelbeere, Mehlbeere, Elsebeere, Zwerg- mispel, Wallnuss und Rüster beobachtet worden. Rollungen der Blattränder, hervorgebracht durch Phytoptus- angritfe, können entweder mit oder ohne Blattverdickung vorkommen. Letzteres ist bei Holzgewächsen der häufigere Fall und wird beobachtet an Linde, Buche und Weide, sowie an einer Reihe anderer Sträucher und Kräuter. Figf. 15. Milbengallen an Lindenblättern. A in natürlicher Grösse. Läno-ssclinitt nach Frank. B vergrösserter Von der Mittelrippe gegen den Rand längs der Seitennerven verlaufende, in ihrer Höhlung auf der Oberseite des Blattes Milben beherbergende Falten verursachen bei der Hainbuche oft auffällige Kräuselungen der Laubblätter. TJmrissveränderungen, durch welche das junge Blatt einen völlig veränderten Habitus bekommt, besonders häufig schmäler oder tiefer zerschlitzt wird, und welche mitunter in Verbindung mit Rand- rollungen und Filzbildungen vorkommen, sind bis jetzt nur bei ver- schiedenen Kräutern beobachtet worden, z. B. bei der gemeinen Bibernelle, Pimpinella saxifraga. Beeinflusst die Missbildung die ganze Triebspitze, so kommen Uebergänge zu der nächsten Form vor. Knospen- und Triebspitzen an seh wellungen und Wucherungen. Werden Sprosse bereits im Knospenzustande als solche von Phytoptus angegriffen, so bleiben sie kurz, und es tritt eine überhäufte Bildung dicht aufeinanderliegender Blätter ein, so dass die Knospe schwillt und einen runden Blätterknopf oder dichten Blätterschopf darstellt. Solche Bildungen findet man häufig Gallmilben nud .andere beachtenswerthe Milben. 23 am HaselnussstraucL, und auch an der Birke kommen bis 1 cm starke, verdickte Knospen vor. Geradezu blumenkohliibnliclu', wallnuss- bis faustgrosse Triebdeformationen werden durch Phytoptus an verschiede- nen Weiden, z. B. an den Zweigen der Trauerweide sowie an Pappeln und Rüstern erzeugt. KiRcnKEK l)ei'iclitot im Jahre 1SG;5, dass ein in der Gegend von Kaplitz in Böhmen befindlicher, aus 800 — 1000 Bäumen vuid Sträuchern bestehender Hasel- bestaiid in Folge der durch ausserordentliche Vermehrung der Gallmilben liervorgerufenen massenhaften Zerstörungen nicht eine einzige Frucht hervorbrachte, wäln-end er in früheren Jahren 10—20 /(/ Nilsse lieferte. Eine ursprünglich von Hartig im ,, Forstlichen Conversations- Lexikon", S. 737, an schlechtwücbsigen Kiefern beschriebene und von Frauenfeld wieder beob- achtete, bis bohnengrosse Missbildung, bei welcher das Rindengewebe eine schwammige Anschwellung bildet, '^\ in welcher sich zahllose, von Milben erfüllte Höhlen bilden, ist neuerdings nicht genauer untersucht worden. Wahrscheinlich ist auch hier Phytoptus der Thäter, wenngleich Hartig die Milbe als Oribata geniculata Latr. bezeichnet. In die Gruppe der Laufmilben, Trombididae, ge- hört auch Tetranychus telarius L., ein Thier, dessen sechs- beinige Jugendformen als Leptus autumnalis beschrie- ben und ,, Herbstgrasmilbe" benannt, gelegentlich einen Hautausschlag bei Menschen und Thieren erzeugen kann. Als erwachsenes Thier ungefähr 0"25 mm lang, lebt sie 6 im heissen Sommer an der Unterseite der Blätter der ver- schiedensten Pflanzen, wo sie ein Gespinnst macht, zwischen dessen Fäden die Thiere nebst ihren abgeworfenen Häuten und den Eiern als mehlartige Masse sitzen. Unter ihrem ^'8- l*^- Hasel- " _ ^ nusszweig im Einflüsse vertrocknen die Blätter schnell. Sie ist sehr Frühjahr mit häufig an Linden, aber auch an Rosskastanien, Weiden ^^^^ durch . . Phytoptus und Fichten beobachtet, desgleichen an Feuerbohnen und deforrairten Gartenzierpflanzen. Am Hopfen erzeuo:t sie die als , .Kupfer- '" "^ 1" ,^^f^ ^ ^ _ ° "1 normalen (6 o) brand" bezeichnete Krankheit. Knospen. Die übrigen Milbenfamilien sind für unser Thema ohne Belang. Wohin der „Acarus", von birnförmiger Körpergestalt, mit lang- borstigen Beinen, auch noch längerborstigem Hinterleib, auf der Unter- seite des Hinterleibes zuweilen mit drei im Bogen stehenden braunen Tupfen und ebensolchen Afterflecken, gehört, der nach Nördlinger [XXVI, p. 92 1 häufig Löcher in die Stengel von in Töpfen gezogenen Nadelholzkeimlingen bohrt, so dass diese kümmern und umfallen, ist 24 Kap. I. Die Gliederfiissler im AUgemeineu. ebenso wenig zu entscheiden, wie die zerstreuten Angaben RATZEBUEa's über Milbenschäden zu verwerthen sind. Die Bärthierchen sind kleine zwittrige Arachnoideen, welche meist zwischen dem Moose unserer Dächer etc. leben und sich durch grosse Widerstandsfähigkeit gegen Austrockuung auszeichnen. Jahrelang eingetrocknete Thiere kommen bei Befeuchtung wieder zum Leben. Macrobiotus Hufelandii S. ScH. sei als Beispiel angeführt. Auch die zahlreichen echten Spinnen unserer einheimischen Fauna können uns hier wenig interessiren. Sie gelten gewöhnlich für nützliche Thiere, namentlich die Kreuzspinne, Epeira diadema L. (Fig. 4), und ihre Verwandten, welche im Walde ihre grossen, verticalen Netze zwischen Bäumen, Holzstössen u. s. w. ausspannen«, in denen auch Borkenkäfer gefangen werden. Auch unter den ohne Gewebe lebenden, sogenannten Jagdspinnen, Vagabundae, gibt es wohl manche Arten, welche an Bäumen u. s. w. ihre aus Insekten bestehende Nahrung aufsuchen. Der Nutzen der echten Spinnen wird indessen dadurch wenigstens theilweise wieder aufgewogen, dass sie ganz unparteiisch schädliche und nützliche Insekten verzehren. Manche schaden sogar etwas, wenn auch nicht im Walde, so doch im Garten, durch ihr auf Pflanzen angelegtes Gewebe, indem dasselbe die freie Entwicklung der Blättchen und Blüthen hindert. Ein ganz bestimmter Nutzen der Spinnen ist neuerdings von C. Keller — ,, Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen" 1883, S. 165 und 1884, S. 17 — nachgewiesen worden. Er fand, dass der einen Art der Fichtenrindenlaus, Chermes abietis L., gleich Ch. viridis Ratzeb., im August, das heisst dann, wenn die bekannten ananas- förmigen Chermesgallen sich öffnen, um die Brut zu entlassen, von verschiedenen Jagdspinnen, sowie von verschiedenen Kadspinnen, Epeira diadema, Theridium nervosum u. s. f., eifrig nachgestellt wurde. Ja diese Räuber zogen sich förmlich nach den befallenen Fichtenbeständen, wo nun zahlreiche, vorher fehlende Spinneunetze zu sehen waren. Während also echte Spinnen die Hauptfeinde des an froh wüchsigen Fichten so häufig vorkommenden Chermes abietis L. sein sollen, hat nach Keller der mehr schattenliebende, verwandte Chermes coccineus Ratzeb. einen Hauptfeind in der Gruppe der Afterspinnen. Die durch scheerenförmige Kieferfühler, sehr lange Beine und ein gegliedertes, in ganzer Breite dem Kopfbruststück ansitzendes Abdomen von den echten Spinnen unterschiedenen Afterspinnen, im Volksmunde Weberknechte oder Kanker genannt, leben mit Vorliebe an schattigen Orten. Bei Zürich bemerkte nun Keller, dass die eine Art, Phalangium parietinum Deg., mit besonderer Gier die Weibchen von Chermes coccineus vor der Eiablage ergriff, ihnen die Eimassen aus dem Hinterleil quetschte und auffrass, während es die anderen, härteren Theile liegen Hess. Versuche ergaben, dass die Anzahl der von Phalangium zerstöii;en Chermesweibchen eine sehr bedeutende sein kann. Beachtenswerthe ypinneu, Afterspiuneu und Tausendfüsse. 25 Eiubeiiuisclie spinnenartige Tbiere kommen, wenn wir die nur an der Südgreuze unseres Faunengebietes lebenden Scoi'pione vernacb- lässigen, nur nocb in der Gruppe der A fterscorpione vor. Diese sebr kleinen, wie Scorpione mit abgetrenntem Scbwanze aussebenden Tbiere leben unter Baumrinden, in alten Bücbern u. s. f. und baben für unsere Betracbtuugen keinerlei Bedeutung. Die Tauseildt'ÜSSe zerfallen in zwei Ordnungen, welcbe wir als Einpaarfüssler oder Chilopoda und Zweipaarfiissler oder Chilognatha unterscheiden können. Zur Cbarakteristik dieser beiden Gruppen reicbt für uns die Angabe aus, dass die ersteren (Fig. 12) einen flachgedrückten Leib und ein Gliedmasseupaar an jedem Leibesringe besitzen und sieb nicht kugeln oder spiralig einrollen können, während letztere einen drehrunden oder auf dem Querschnitte halbkreisförmigen Körper baben, an den mittleren und hinteren Segmenten je zwei Paar Füsse tragen und sich meist einrollen oder kugeln können. Aus der ersten Gruppe erwähnen wir Lithobius forficatus L., den ,, braunen Steinkriecher" (Tafel I, Fig. 11), circa 25 mm lang, ein bei uns häufig unter Steinen oder loser Rinde lebendes Thier, das durch seine Insektennahrung nützlich sein soll. Aus der zweiten Gruppe, die sich wesentlich von vegetabilischen Stoffen nährt, sei Julus terrestris L., der gemeine Tausendfuss, er- wähnt; 20 bis 30 mm lang, schwarzgrau mit zwei gelblichen Längs- streifen auf dem Rücken und nicht selten bis 90 Fusspaaren. Ob wirklich, wie behauptet wird, einige Julus-Arten landwirthschaftlich schädlich wurden, mag hier dahingestellt bleiben. ALLGEMEINER THEIL. Jede Eigenschaft eines Körpers gibt unter Umständen einen Schlüssel ab, um eine ver^ sehlossene Thür zu öffnen; aber die Theorie ist der Hatiptschlüssel, womit wir alle Thüren öffnen. V. L.EB.O. KAPITEL IL Die äussere Erscheinung der erwachsenen Insekten. Die Insekten sind deutlich heteronom segmentirte, ge- flügelte, durch Tracheen athmende Gliederfüssler, deren Leib aus einem Fühler und drei Paar Kiefer tragenden, aus vier Segmenten verschmolzenen Kopf, einer aus drei Segmenten bestehenden, drei Beinpaare tragenden Brust und einem im Allgemeinen gliedmassenlosen Hinterleib besteht. Stets nur ein Paar Fühler, erstes Kieferpaar taste'rlos. Der Leib des erwachsenen Lisektes (Fig. 17, Ä), welches man im Gegensatz zu den Jugeudzuständen — Ei, Larve, Puppe — als Imago bezeichnet, kann zunächst eingetheilt werden in den Stamm und die Anhänge. Der Stamm zerfällt wieder in drei deutlich von einander gesonderte Abschnitte, in Kopf, caput, Brust, thorax und Hinterleib, abdomen. Nur in seltenen Fällen, z. B. bei Smynthurus, einem kleinen Ortliopteron aus der Familie der Poduriden, kommen Verwachsungen von Brust- und Hinter- leibsringen vor (vergl. auch S. 3'i). Die Anhänge kann man eintheilen in die eigentlichen gegliederten bauchständigen Glied massen und in die rückenständigen ungegliederten Flügel. Der Kopf des erwachsenen Insektes. 27 Die meist bereits an dem noch im Ei eingeschlossenen Embryo angelegten, zu diesem Zeitpunkte noch wesentlich gleichgebildeten, wurst- förmige Anhänge der Bauchseite darstellenden sieben Paar Gliedmassen Fig. 17. A Männliche Hornisse. Vespa Crabro L. K Kopf, B Brust, H Hinter- leib mit sieben Seg-menten, F Fühler (erstes Gliedmassenpaar), NA Netzauge, p a Punktauge, 06 Ä' Vorderkiefcr (zweites Gliedmassenpaai-); die zwei folgenden Iviefer- paare sind in dieser Ansicht nicht wahrzunehmen, 5, 6, 7 Beine, (fünftes bis siebentes Gliedmassenpaar), JPZ i Vorderflügcl, Fl 2 Hinterflügel. — B Yorderkiefer, isolirt. passen sich späterhin verschiedenen Arbeitsleistungen ;m und treten schliesslich in den selir verschiedenen Formen von Fühlern, Kiefern und Beinen auf. Wir werden dieselben zugleich mit den Stammabschnitten, welche sie tra- gen, besprechen. Der Kopf. Er besteht stets aus einer ungegliederten, starren, die Ansatzpunkte für die zur Bewegung der Kopfgliedmassen dienenden Muskeln abgebenden Chitinkapsel, welche zwei Oeffnungen hat, von denen die vordere als Mund Öffnung in den Darmcanal führt, die hintere, das Hinter- hauptsloch (Fig. 21, H L), dagegen den Uebertritt der Speiseröhre, des Nervensystems Punktaugen, h h die paarigen ji-ir 1, ,1 T, .!• Netzaugen, c c. die Fühler. und der Musculatur nach der xJrust hin ge- stattet. Die beiden Seiten des Kopfes werden eingenommen von den paarigen grossen Netzaugen, oculi compositi, welche nur selten fehlen; Fig. 18. Kopf einer echten Schlupfwespe, Vi- ^ die drei 28 Kap. II. Die äussere Ersclieinung der erwachsenen Insekten. zwischen denselben liegen häufig median die Punktaugen, ocelli (Fig. 17, pa und Fig. 18, a). Die Regionen des Kopfes werden nach altem Brauche entsprechend den Regionen des menschlichen Kopfes bezeichnet als Gesicht, facies, Scheitel, vertex, Hinterhaupt, occiput, Wangen, genae, Kehle, gula, und Hals, Collum. Das Gesicht wird wieder in einen hinteren Theil, Stirn, frons, genannt, und einen vorderen über der Mundöfifnung liegenden, das Kopfschild, clypeus, unterschieden. Bei manchen Arten ist der Kopf ungewöhnlich aufgetrieben oder mit hornartigen Verzierungen versehen. Die Stellung des Kopfes gegen die Brust kann so sein, dass die Scheitelfläche entweder nach oben oder nach vorn, die Längsachse des Kopfes also horizontal oder vertical steht. Der Kopf ist mit der Brust entweder B. C. D. E. G. Fig. 19. „Gleichartige" Fühler. A borstenförmig (Laubheuschrecke); B fadenförmig (Laufkäfer); C perlschnurförmig; D gesägt (Schwärmer); E gekämmt (Schnellkäfer); F doppelt gekämmt (Kammmücke); G wirteiförmig behaart (Stechmückenmännchen). nur an einer beschränkten Stelle verbunden und dann frei gegen dieselbe beweglich (Taf. VI, Fig. 1) oder aber mehr weniger tief in dieselbe eingesenkt (Taf. I, Fig. 4, F) und bei Rückenansicht mitunter völlig von ihr verdeckt, z. B. bei vielen Borkenkäfern. Dicht über der Mundöfifnung ist eine mittlere ungegliederte Platte eingelenkt, welche als Oberlippe, labrum, bezeichnet wird (Fig. 21, OL). Die Oberlippe kann nicht als zu den Gliedmassen gehörig an- gesehen werden, stellt vielmehr eine mediane Falte oder Duplicatur des Chitinskeletes dar. Sie lenkt sich unmittelbar dem Kopfschilde an und dient als vordere Bedeckung der Mundwerkzeuge, denen sie gewöhnlich beigezählt wird. Entsprechend seiner Zusammensetzung aus vier Segmenten, trägt der Kopf auch vier Gliedmassenpaare, von denen das erste, die Fühler, antennae, als Sinnesorgan dient, während die drei übrigen Kopf und Fühler. 29 zur Ergreifung und Aneignung der Nahrung eingerichtet, als Kiefer bezeichnet und am einfachsten als Vorder-, Mittel- und Hinterkiefer unterschieden werden. Die Oberlippe und die drei Kieferpaare zusammen werden als Mund Werkzeuge, partes oris s. trophi, bezeichnet. Die Fühler stellen stets ein Paar gegliederter Fäden dar, die nach Anzahl, Länge und Form der sie zusammensetzenden Glieder ungemein verschieden erscheinen können. Sind alle Glieder der Fühler annähernd gleicli gebaut, so spricht man von ,, gleichartigen Fühlern", antennae aequales (Fig. 19), und unterscheidet unter diesen je nach der Gestalt der einzelnen Glieder wieder verschiedene Formen, indem man z. B. von ,,borstenförmigen, A. B. D. Fig. 20. „Ungleichartige'" Fühler. A gekeult (Kohlweissling) ; B mit nackter Fühler- borste ; C mit behaarter Fühlerborste (Fliegen) ; D gebrochener Fühler mit Schaft und einfacher Geissei (Hornisse); I-J gebrochener Fühler, Geissei mit viergliedriger ge- kämmter Keule (Hirschkäfer); i^ gebrochener Fühler, Geissei mit Endknopf (Borken- käfer); G gebrochener Fühler mit geblätterter Keule (Maikäfermännchen). fadenförmigen, perlschnurf örmigen, gesägten, einfach und doppelt gekämmten" Fühlern spricht. Zeigen einzelne Glieder oder Gliedergruppen der Fühler be- deutende Formabweichungen von den übrigen (Fig. 20), so nennt man solche Fühler ,,un gl ei chartige", antennae inaequales. Am häufigsten entsteht die Ungleichartigkeit dui-ch Veränderung der letzten Glieder. Sind diese verstärkt, so ist ein Fühl er knöpf oder eine Fühlerkeule vorhanden, sind sie verdünnt und mit einander ver- wachsen, eine Fühlerborste, arista. Ist das Basalglied oder, wenn dasselbe kurz bleibt, das zweite Fühlerglied verstärkt und verlängert, so unterscheidet man es als Schaft, scapus, von dem als Geis sei, flagellum, bezeichneten Reste des Fühlers. Ist die Geissei winkelig gegen den Schaft eingelenkt, so entsteht ein gebrochener Fühler, antenna fracta. Behaarungen verschiedener Art können gleichfalls die äussere Erscheinung der Fühler stark beeinflussen. 30 Kap. II. Die äussere Erscheinung der erwachsenen Insekten. Die Jlund Werkzeuge dienen zur Aneignung entweder von fester oder von flüssiger Nahrung, sind entweder kauende oder saugende. Die kauenden Mundwerkzeuge sind bei allen sie führenden Insektenformen ziemlich übereinstimmend gebildet. Hinter der die Mundtheile nach vorn abschliessenden Oberlippe (Fig. 21, OL) stehen beiderseits vorn am Seitenrande der Mundöffnung die Vorderkiefer (Fig. 21, VK), welche hier ein Paar einfache un- gegliederte^ häufig innen gezähnte, meist stark chitinisirte und daher stärkere Beisswirkung auszuüben fähige Ha- ken — nach altem Brauche Oberkiefer, mandibulae, genannt — bilden. Sie haben niemals einen Taster. Die Mittel- und Hinterkiefer sind dagegen stets tastertragende, gegliederte, schwächer chitinisirte, breitgedrückte Glied- rjWK. massen. Während aber die beiden das Mittelkieferpaar bildenden, rechts und links von der Mundöffnung eingelenkteii, regel- mässig deutlich ausgebildeten Gliedmassen stets getrennt bleiben und nach altem Brauche als Unterkiefer, maxillae, bezeichnet wer- Fio-. 21. Abgelöster Kopf der , t -r. i i -i i Feldo-rille Gryllus campestris "^"' verschmelzen die Basaltheile der meist L., von unten, 0 L Oberlippe, weniger gut ausgeprägten Hinterkiefer zu YK Vorderkiefer (Oberkiefer), . i. ,, i i •, • • i m- t..«> M K Mittelkiefer (Unterkiefer), einer die Mundtheile hinter der Mundofinung TI deren Taster (Kiefertaster), {^ ähnlicher Weise wie vorn die Oberlippe H K Hinterkiefer (Unterlippe), rZ/deren Taster (Lippentaster), abschliessenden mittleren Platte. Die ver- Die Hinweisung von den Buch- schmolzenen Hinterkiefer werden daher auf Stäben H K aut den wirklichen a i • • i i Hinterkiefer wird durch eine Grund dieser Analogie in der älteren Nomen- weisse Linie vermittelt. (Nach clatur als Unterlippe, labium, bezeichnet. J. Muhr's Wandtafel.) ^^ ' Die Oberkiefer sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Werkzeuge, mit denen die Insekten die Zerkleinerung ihrer Nahrung und die Herrichtung ihrer Wohnungen bewirken. Nur in seltenen Fällen M^erden sie zu mehr weniger wirkungslosen Verzierungen, wie beim Hirschkäfer und den exodonten Braconiden. Die Mittel- und Hinterkiefer bilden dagegen eine äusserst wechselnde ,,Combination von Kau-, Greif- und Tastorganen" von stets schwächerer mechanischer Wirkung als die Vorderkiefer. Bei einem gut ausgebildeten Mittel- oder Unterkiefer (Fig. 22) unterscheidet man, das Basalstück, die Angel, cardo, den Mundwerkzeugfe. 31 daran sicli anschliessenden Stamm, stipes, der auf seiner Aussen- seite die liäulig mit ihm verschmelzende, zur Anlcnkung des Maxi 11 ar- taste rs, palpus maxillaris, dienende Schuppe, squama, und an seiner Innenseite die innere und äussere Kaulade, mala interna et externa, trägt. Bei der ausgebildetsten Form der durch mediane Verschmelzung der Hinterkiefer entstehenden Unterlippe, wie man sie z. B. bei vielen Orthopteren findet, kann man mit Ausnahme der wohl immer als selbstständiges Stück verschwindenden Schuppe noch dieselben Theile unterscheiden, indessen verschmelzen die beiderseitigen Angeln und Stämme stets zu unpaaren medianen Gebilden, welche in der älteren Nomenclatur meist mit besonderen Namen — die verschmolzenen Angeln heissen Unterkinn, submen- tum, die verschmolzenen Stämme Kinn , mentum — bezeichnet werden. Ihnen schliessen sich dann seitlich die Lippentaster oder Labialtaster, palpi labiales, an, zwischen welchen die mehr weniger vei'schmelzenden, als Zunge, ligula s. glossa, bezeich- neten Innenladen und die, wenn deut- lich getrennt. Neben zu ngen, para- glossae, genannten äusseren Kau- laden sitzen. Häufig verschmelzen aber alle Theile der Hinterkiefer weit stärker, oft sogar zu einer ein- zigen ungegliederten, unpaaren me- dianen Platte, die nun als beson- dere Theile nur noch die Hinter- kiefertaster trägt, z. B. bei vielen Käfern. Die saugenden Mund Werk- zeuge der Schmetterlinge, Fliegen und Wanzen sind scheinbar sehr abweichend von diesem einfachen Schema gebaut. Nichtsdestoweniger ist es der morphologischen Vergleichung mit theilweiser Zuhilfenahme der Entwicklungsgeschichte gelungen, nach- zuweisen, dass auch die saugenden Mundwerkzeuge wesentlich durch Umbildung von Oberlippe und drei Kieferpaaren entstehen, wobei aller- dings in manchen Fällen einzelne dieser Theile vollständig atrophiren. Wesentlich ist immer, dass die vorhandenen 3Iundwerkzeuge zusammen- gelegt eine Eöhre bilden, durch welche die flüssige Nahrung aufgesogen Averden kann. Bei denjenigen Formen, welche darauf angewiesen sind, die thierischen oder pflanzlichen Säfte, von denen sie leben, selbst zu gewinnen, sind ein oder zwei Kieferpaare zu Stechorganen umgewandelt. Fig. 22. /Linker Mittelkiefer (Unter- kiefen, II Hinterkiefer (Unterlippe) der "Werre, Gryllotalpa vulgaris Latk. Mittelkiefer. Von der nicht bezeichneten Augel erbebt sich der Stamm «, der den Taster d und die beiden Laden c und h trägt. Die entsprechenden Stücke der ver- schmolzeneu Hinterkiefer sind in gleicher Weise durch grosse Buch- staben bezeichnet (nach J. Muhr). 32 Kap. II. Die äussere Erscheinung der erwachsenen Insekten. Bei den Zweiflüglern kann dann noch ein unpaares Stechorgan, der hypopharynx, hinzutreten. Die Darstellung der speciellen Verhältnisse der saugenden Mundwerkzeuge kann erst im speciellen Theil erfolgen. Bei verschiedenen Insektenformen, die im ausgebildeten Zustand nur eine sehr kurze Lebensdauer haben und daher keine Nahrung zu sich nehmen, können die Mundtheile ganz verkümmern. Dies ist z. B. bei den Eintagsfliegen, den Dasselfliegen und den Geschlechtsthieren der Reblaus der Fall. Die Brnst besteht aus drei ursprünglich gesonderten Ringen oder Segmenten, welche als Vorder-, Mittel- und Hinterbrust, pro-, meso- und metathorax, bezeichnet werden. Nur bei einer grösseren Anzahl von Hymenopteren nimmt noch der erste Hinterleibsring an dem Verschluss der Hinterwand des Thorax theil. Jeder Brustring trägt auf seiner Bauchseite ein Bein paar (Fig. 17). In den meisten Fällen führen Mittel- und Hinterbrust an ihrer Rückenseite je ein Flügelpaar (Fig. 17) und an ihren Seitenflächen je ein Luft- loch, welches an der Vorderbrust stets geschwunden ist. Nach innen gibt das Chitinskelet bei vielen Insekten harte Einfaltungen ab, welche als Ansatzpunkte für starke, die Bewegungen der Flügel und Beine ver- mittelnde Muskelgruppen dienen. Die mehr weniger feste Verbindung der einzelnen Brustringe unter einander, sowie die bedeutendere Grössen- entfaltung des einen oder anderen Ringes entspricht gewöhnlich der stärkeren oder schwächeren Entwicklung der einzelnen Bein- oder Flügel- paare. Allgemein stehen die beiden hinteren Brustringe, welche Flügel tragen, in ziemlich festem Verbände, und bei den wesentlich auf Flug- bewegungen angewiesenen Insekten, z. B. Schmetterlingen und Zwei- flüglern, ist auch die schwach entwickelte Vorderbrust innig mit jenen verbunden, so dass die gesammte Brust hier eine einzige, starre, nur noch äusserlich die Grenzen der sie zusammensetzenden Theile zeigende Chitinkapsel bildet. Bei vielen anderen, mehr auf Gehbewegungen und auf den selbstständigen Gebrauch der Vorderbeine angewiesenen Insekten- abtheilungen, z. B. den Käfern und Heuschrecken, bleibt dagegen die stark entwickelte Vorderbrust völlig selbstständig und gegen die Mittel- brust beweglich. Sie ist bei den mit Flügeldecken versehenen Thieren zugleich der einzige Theil der Brust, welcher bei Betrachtung des ruhenden Thieres von oben gesehen werden kann, da Mittel- und Hinter- brust von den Flügeldecken völlig verdeckt werden. Sie wird alsdann häufig auch Halsschild genannt (Fig. 27, B). Brust und Beine. 33 Die Vorderbrust ist bei einigen Insektengru|ii>en, z. B. Tinter den Katern bei den Lamellicornia und unter den Sclinabelkcrfen bei den Buekelzirpen, Membracina, mit wunderbar gestalteten Auswüchsen verselien. Was die Regionen der Brust betrifft, so unterscheidet man an jedem Brustringe eine Rücken- und eine Bauchplatte, notum und sternum , welche aber nicht direct an einander stossen, sondern durch die seitlich gelegenen Weichen, pleurae, getremit sind. An den Weichen unterscheidet man häufig wieder ein vorderes und ein hinteres Stück, welche in der alten Nomenclatur als Schulterblatt, epi- sternum, und Ilüftblatt, epimerum, bezeichnet werden. Auf der Mitte des Rückens an Mittel- und Hinterbrust sich angliedernde Platten, welche häufig faltcnartig nach hinten vorragen, werden als Schild eben, erstere als Vorderschildchen, scutellum, letztere als Hinter- schildchen, postscutellum, bezeichnet (Fig. 27 und 28 b). Wie sehr die Entwicklung der Beine und Flügel auf die Aus- bildung der sie tragenden Brustringe wirkt, zeigt z. B. die Stärke der die grossen Raubbeine tragenden Vorderbrust bei den Fangheuschrecken und die schwache Entwicklung der Mittel- und Hinterbrust bei den flügellosen Arbeitern der Ameisen im Gegensatz zu der guten Ent- wicklung: derselben Ringle bei den o-eflüo:elten Männchen und Weibchen. Nur in dem Falle, dass das erste Segment des Hinterleibes mit dem Thorax verschmilzt, kann an diesem noch ein drittes Stigmenpaar auftreten, z. B. bei den Ameisen. Bei einigen Orthopteren, ^ z. B. bei dem Genus Pteronarcys Newm. finden pjo-. 32. Bein eines orossen sich auch Tracheenkiemen oder Eudimente der- Laufkäfers selben am Thorax. ^ Hüfte, ' f. r 'schenkelring, Die Beiue. An jedem Ringe der Brust, /Schenkel,//^Schiene,<«Fuss, , , ^ . T . , T -rrr . , 1 " Krallen, a Afterklauen, eingelenkt in die zwischen die Weichen und die Brustplatte sich einschiebenden Hüftpfannen, acetabula, ist ein Beinpaar angebracht. Jedes Bein, pes, besteht aus fünf Abschnitten: Hüfte, coxa, Schenkelring, trochanter, Schenkel, femur, Schiene, tibia, Fuss, tarsus. Es kann vorkommen, dass jeder dieser Abschnitte aus einem einzigen Chitinstück besteht. In beiweitem den meisten Fällen ist aber der Fuss aus mehreren — bis fünf — Stücken zusammengesetzt, und ausserdem kann noch der Schenkelring aus zwei Stücken bestehen. Man spricht dann von einem dopjielten Schenkelring, trochanter duplex (Fig. 24 C). Hüfte, Schenkel und Schiene sind stets einfach. Das Ende der Schiene ist häufig mit ein oder zwei Sporen, calcaria, bewaffnet, und das Endglied des Fusses trägt meist zwei Krallen, ungues, zwischen denen noch sehr oft häutige Anhänge, die Haftlappen oder Afterklauen, arolia, angebracht sind. Lehrbuch d. mittcleurop. Forstinsektenkunde. 3 34 Kap. II. Die äussere Erscheinune: der erwacliseneu Insekten. Währeud die Hüfte die Gelenkverbindung zwischen Brust und Bein herstellt, erscheint der meist kleine Schenkelring wesentlich als ein Anhang des Schenkels, der gewöhnlich das stärkst entwickelte Bein- glied darstellt, und an Länge höchstens von der Schiene erreicht oder übertroffen wird. Bei manchen Hymenopteren verlängert sich das Basal- glied des Fusses derartig, dass es einen eigenen Namen, Mittelf uss oder Ferse, metatarsus, erhalten hat (Fig. 24 B, C, F). Form und relative Grösse dieser einzelnen Abschnitte ändern viel- fach ab, je nach dem besonderen Zwecke, welchem das Bein dient. F Fig. 24. A verkümmertes Putzbein und B gut entwickeltes Schreitbein eines Tag- scbmetterlinges, Vanessa polychloros; C Bein mit doppeltem Schenkelring und langer Ferse von einer Holzwespe, Sirex gigas ; D Schwimmbein eines Wasser- käfers, Dytiscus; E behaartes Sammelbein der Bürstenbiene, Dasypoda; F Saramel- bein mit „Körbchen" an der Schiene und stark entwickelter Ferse einer Arbeitsbiene von Apis mellifica; G Eaubbein des Wasserscorpions, Nepa cinerea; H Grabbein der Werre, Gryllotalpa; I Springbein eines Erdflohkäfers, Haltica. c Hüfte, < 7- Schenkel- ring, / Schenkel, th Schiene, ts Fuss. Die meisten Insekten haben gewöhnliche Laufbeine, pedes cursorii, z. B. die Laufkäfer. Tritt eine Sohlenbildung an dem Fusse auf, so spricht man von Gangbeinen, pedes ambulatorii, z. B. bei den Bock- käfern. Werden die Beine lang und schlank, so nennt man sie Schreit- beine, pedes gressorii, z. B. bei den Gespenstheuschrecken. Beine, welche in Folge starker Muskelausstattung des Schenkels das Insekt zum Springen befähigen, heissen Springbeine, pedes saltatorii, so bei Heuschrecken und Erdflöhen. Kann die Schiene wie die Klinge eines Taschenmessers gegen das Heft, so gegen den Schenkel ein- geschlagen werden, dass hierdurch ein Ergreifen der Beute möglich Beine und Flügel. 35 wird, so Iieissen die Beine Raubbeine, pedes raptatorii, z. B. bei dem Wasserscorpion. Eine Verbreiterung der Schiene macht das Bein zum Graben geschickt: Grabbeine, pedes fossorii, welclie z. B. bei der AVerre und den Mistkäfern vorkommen. Bei manchen der letzteren, z. B. bei Ateuchus, kann der Fuss verkümmern und eine starke Verkleinerung der Fussglieder kommt auch bei den zu Putzbeinen verkümmerten Vorderbeinen der Schmetterlinge vor. Stärkere Aus- stattung der Hinterbeine mit Haaren, in welchen sich der abgestreifte Blüthenstaub festsetzen kann, oder das Auftreten eines von Haaren umgebenen „Körbchens" an der Schiene der Hinterbeine zum Trans- porte des Pollens, wie sie sich bei vielen Blumenbienen finden, lassen diese als Sammelbeine erscheinen. Die im Wasser lebenden In- sekten haben vielfach breite, zusammengedrückte, an der Schneide mit Schwimmhaaren versehene Hinterbeine, Schwimmbeine, pedes natatorii, z. B. die Schwimmkäfer und viele Wasserwanzen (Fig. 24). Die Flügel. Die Flügel, alae erscheinen als zwei Paar häutige, flächenhaft ausgebildete Flugorgane, welche an der Kückenseite der Mittel- und Hinterbrust beweglich angelenkt sind. Dieselben werden meist gesteift durch stärker chitini- sirte, von der Basis ausgehende, vielfach durch Queräste verbundene Adern oder Rippen, nervi s. costae, welche zartere Zellen oder Felder zwischen sich haben (Fig. 25). Man unterscheidet die der Mittelbrust ansitzenden Vorder- flügel, alae anticae, von den der Hinterbrust angefügten Hinter- flügeln, alae posticae. Im einfachsten Falle sind beide Flügelpaare vollkommen gleich oder nur durch unwesentliche Grössen und Aderungs- verhältnisse unterschieden. Vielfach sind dann auch die beiden Flügel jeder Seite durch Haftapparate zu einer einzigen Flugfläche verbunden. Bei vielen Insektenformen Averden die Hinterflügel, zunächst ohne ihren Charakter als Flugorgane zu verlieren, kleiner als die Vorderflügel, während sie bei anderen zu Rudimenten herabsinken (Fig. 26) iind bei einzelnen Insekten schwinden sie völlig. In den beiden letzten Fällen vermitteln also die Vorderflügel ausschliesslich die Flugbewegung. Bei einer anderen Reihe von Insektenformen verlieren die Vorder- flügel ihren Charakter als Flugorgane und verwandeln sich in mehr Fig. 25. Kopf, Bru.st und Flügel von der Kiefeniblattwespe , Lophyrus pini L. F der .schmale Prothorax, hinter dem qnerschraffirt und im vorderen Theil mit Ms bezeichnet der Mcsothorax mit dem Scutellum folgt. F als frenulum be- zeichneter vorderer Theil des Äletathorax il/, A' erster A'idominalring. Die Bezeich- nungen der Flügel-Adern und -Zellen kommen hier vorläufig nicht in Betracht. 36 Kap, II. Die äussere Erscheinung der erwachsenen Insekten. weniger starre Decken für den Hinterleib und die mehr minder voll- kommen unter sie einfaltbaren, ihren Charakter als Flugorgane beibe- haltenden Hinterflügel (Fig. 27). Einzelnen Formen aus fast allen Ordnun- gen der Insekten geht das Flugvermögen ab, sei es, dass beide Flügelpaare verkümmern oder völlig fehlen, oder dass, wie bei manchen Laufkäfern, die zu Decken umgewandelten Vorderflügel als Schutz des Hinterleibes bestehen bleiben, dagegen die eigentlichen Flugorgane, die Hinterflügel, verkümmern. Die Flügel sind keine Gliedmassen im morphologischen Sinne, sie stellen vielmehr im wesentlichen ungegliederte, flachen Säcken zu V Fig. 26. Weibliche Ganmücke, Cecido- • myia, stai-k vergrössert. Fl I gut aus- gebildete Vorderflügel. Fl II zu Schwing- kölbcheu verkümmerte Hinterflügel. Fig. 27. Kletterlaufkäfei', Calosoma sy- cophanta L. l Oberlippe, B Vorder- brust, Halsschild, h Schildchen, Fl I zu einer Flügeldecke umgewandelter Vordei'- flügel der rechten Seite, Fl II der zu- sammengefaltete Hinterflügel der linken Seite. vergleichende Ausstülpungen der Körperbedeckung dar, welche der Mittel- und Hinterbrust an der Grenze zwischen Rückenplatte und Weichen beweglich angelenkt sind. Sie bestehen aus einer oberen und einer unteren Chitinplatte, die an den Flügelrändern in einander übergehen, unter welchen während der Bildung der Flügel die zellige Matrix dieser Chitinplatten liegt. Diese schwindet aber bei den aus- gebildeten Flügeln mehr w^eniger, die beiden Chitinplatten legen sich enge an einander, der sie trennende, anfänglich von der Blutflüssigkeit des Körpers durchströmte Hohlraum wird reducirt bis auf die Hohl- räume, welche in den stärker chitinisirten Flügeladern zurückbleiben und Bahnen für Tracheen und Nerven abgeben. Der Vorderrand beider Flügelpaare ist im Allgemeinen durch stärkere Adern gesteift als die Spitze und der hintere Abschnitt. Die Flügel. o7 Basis der Vorclerflügel ist bei den Schmetterlingen und Immen von kleinen Flügelschuppen bedeckt. Ein allgemeines Schema für die Aderung der Insektenflügel auf- zustellen ist vorläufig unmöglich, es werden daher die für die Systematik oft sehr wichtige Aderung und die auf sie angewendeten Kunstaus- drücke bei den einzelnen Insektenordnungen im speciellen Theil be- sprochen werden. Völlig gleich sind die beiden Flügelpaare bei den Termiten, aber auch bei den Libellen und Verwandten ist die Aehnlichkeit beider sehr gross; stärker wird die Grössendiflferenz bei den Tag- schmetterlingen, und bei den Schwärmern und bienenartigen Thieren wird dieselbe mitunter ganz beträchtlich. Zwerghaft werden die Hinter- flügel bei manchen Eintagsfliegen, z. B. bei Baetis und den Männ- chen der Schildläuse und fehlen bei einigen Insekten, z. B. bei Cloe diptera und Hemerobius dipterus völlig. Bei den Zweiflüglern sind dieselben regelmässig (Fig. 26) zu mehr weniger lang gestielten Schwing- kölbchen, halteres, verkümmert. Bei den Heu- schrecken und Verwandten werden durch geringere Flächenausdehnung gegenüber den Hintevflügeln und ^. „„ ^ X-. 1 /-ii •^- • • T -i- 1 a- 1 ^i" 1 Fig. 28. Baum- starkere Luitinisirung die V orderflugel zu Jblugel- wanze Penta- decken, elytra, welche ihrer immerhin noch gerin- toma, die linken gen Festigkeit wegen bei diesen Formen als perga- Flügel gespreizt, mentartiffe Flügeldecken bezeichnet werden ^ rechten ant ^_, . ^^^ 5,. ^ —, -tT 11 ... T r-,^ ..... , ... ciem Hinterleib (lai. VI, 1 lg. 5 F). Vollständige Chitmisirung tritt aufmhend bei den meisten Käfern ein. Bei den Wanzen ist B Vonlerbnist, nur der Basaltheil der Vorderflügel völlig chitinisirt, iSchildcheu,* die während der Endtheil, mit einem besonderen Ader- stärker chitinisirte jDciScilliälitG ciGr System versehen, häutig bleibt (Fig. 28). Hier spricht ^u halben Flüo-el- man von halben Flügeldecken, hemielytra. decken verwan- Während im Ganzen alle diese Flügeldecken- delten Vorder- formen den gesammten Hinterleib bedecken können, nugel. sind sie bei anderen Formen, z. B. bei den Staphyliniden (Taf. I, Fig. 1 u. 2 F) unter den Käfern und bei den Ohrwürmern verkürzt, so dass sie nur einen kleinen Theil des Hinterleibes decken. Ja bei den Strepsipteren können sogar die Vorderflügel, bei guter Ausbildung der Hinterflügel zu kleinen Rudimenten verkümmern, so dass wir hier den umgekehrten Fall wie bei den Dipteren haben. Beim Fluge können die Flügeldecken entweder gehoben und gespreizt gehalten werden, oder es schieben sich unter den geschlossen gehaltenen die Unterflügel vor, z. B. bei den Eosenkäfern, Cetonia. Die Faltung der Hinterflügel im Ruhezustande kann entweder nur der Länge nach geschehen und bei kurzen Flügeldecken, z. B. bei Gryllotalpa, ragen sie dann über die Vorderflügel vor (Taf. VI, Fig. 5 T) oder es können ausserdem verschiedene Faltungen der Quere nach vorhanden sein, wie dies in sehr verschiedener "Weise 38 Kap. IL Die äussere Erscheinung der erwachseneu Insekten. z. B. bei den Käfern und Ohrwürmern vorkommt, und die Flügel verschwinden dann in der Ruhe völlig unter den Flügeldecken. Die Faltung und Entfaltung dieser Flügel wird lediglich durch die Elasti- citüt der zusammengelegten Flügel in Verbindung mit der Wirkung der an ihrer Basis angreifenden Bewegungsmuskeln bewirkt; innerhalb der Flügelfläche ist nie ein besonderer Muskelapparat vorhanden. Uebrigens findet sich ein geringerer Grad von Faltbarkeit der Hinter- flügel auch bei vielen Insekten, deren Vorderflügel nicht zu Flügel- decken verändert sind, z. B. bei den Schmetterlingen. Der Länge nach faltbar sind die Vorderflügel bei den Wespen im engeren Sinne. Die nicht mit Flügeldecken versehenen Insekten tragen in der Ruhe die Flügel entweder horizontal und quer vom Körper abstehend, z. B. die Libellen und manche Spanner, oder die Vorderflügel werden bei noch wesentlich horizontaler Stellung etwas über die Hinterflügel nach hinten und innen übergeschoben, so bei vielen Schmetterlingen, oder es werden die Vorderflügel so vollständig über die Hinterflügel hinübergeschoben, dass sie die letzteren gänzlich verbergen, und ent- weder dachförmig den Hinterleib decken, indem sich eine mehr weniger steile Firste über dessen Medianebene bildet — viele Nachtfalter, z. B. Taf. IV, Fig. 3, F und viele Cicaden — oder aber dem Hinterleibe horizontal aufliegen, z. B. bei den Blattwespen. Nur die Mehrzahl der Tagfalter trägt die Flügel vcrtical in der Medianebene aufgerichtet, so dass die oberen Flächen beider Flügelpaare sich berühren. Die häufiger auftretende Verkuppelung der Vorder- und Hinter- flügel zu einer Flugfläche findet stets dadurch statt, dass von dem Vorderrande des Hinterflügels ausgehende Borsten oder Haken in der Ein- oder Mehrzahl in umgebogene Fortsätze des Vorderflügels ein- greifen. Bei Verkümmerung der Flugorgane sind die Flügel entweder so klein, dass sie nicht mehr zur Erhebung des Thieres in die Luft dienen können, z. B. bei den Weibchen des Frostspanners, oder sie können völlig fehlen, z. B. bei der Bettwanze und den Läusen. Diese Bildung kann sich bei beiden Geschlechtern oder nur in einem vor- finden. Im letzteren Falle sind es meist die Weibchen, welche ungeflügelt sind, z. B. ausser bei den ungeflügelten Schmetterlingsweibchen auch die der Leuchtkäfer, Lampyris, und nur in einem Falle bei der Ameisengattung Anergates Fokel ist das Weibchen geflügelt, das Männchen dagegen flügellos. Auch kann das Flugvermögen nur tem- porär sein; so werfen z. B. die geschlechtsreifen Weibchen der Ameisen nach geschehener Begattung und Rückkehr in den Stock regelmässig ihre Flügel ab. Die Erkenntniss, dass Flügellosigkeit bei allen Insektengi-uppen vorkommen kann, hat seit langem die früher diese Formen zusammenfassende Insektenordnung der Aptera als unnatürlich aufgeben lassen. Der Hinterleib, an dessen Ende sich die After- und Geschlechts- öffnung befindet, muss im Allgemeinen als aus 10 Ringen gebildet an- Fliig'cl uiiil Hinterleib. oJ "•eselieu werden. Dieselben sind geAvöhnlieli durch weiche Gelenkhäute und also viel weniger fest mit einander verbunden, als die der vorher- gehenden Leibesabschnitte, und bestehen regelmässig aus je einer ungetheil- ten Rücken- und Bauchplatte, die gleichfalls durch zwei weiche Gelenk- liUute mit einander verbunden sind. Bei den typischen Formen tragen die letzteren an den acht ersten Ringen je ein Paar Luftlöcher. Die weichen Gelenkhüute gestatten eine starke Ausdehnung des Hinterleibes. Dei denjenigen Formen, welche Flügeldecken haben, bleiben die durch letztere geschützten Rückenplatten schwächer chitinisirt, während die Bauchplatten zu einem festen kahnförmigen Gestelle Averden. Indessen erleidet die normale Zahl der Hinterleibsringe mannigfache Modificatiouen. In den meisten Fällen sind äusserlich weniger als zehn Ringe, mitunter nur drei bis vier sichtbar, da die letzten Hinterleibsringe von den vorderen überwachsen und gewissermassen in die vorderen zurückgrezoffen werden. In selteneren Fällen kann eine scheinbare Ver- melirung der Hinterleibsringe durch Theilung des letzten eintreten. Ausgebildete Gliedmassen sind in der Regel an dem Hinterleib des erwachsenen Insektes nicht vorhanden. Es kann übrigens bei einem Theil der Hymenopteren, den sogenannten Hymenoptera apocrita Gekst. auch eine Eednction der Hinterleibssegmente dadureli hervorgebracht werden, dass der erste Hinterleibsring sich fester mit dem 3Ietathorax verbindet. Werden die hinteren Abdominalringe in die vorderen zurück- gezogen, so können sie entweder wirklich nur fernrohrartig eingezogen sein und, z. B. bei vielen Fliegen und den Goldwespen, zu Zeiten wieder als eine Art Legröhre vorgestreckt werden, oder aber sie verkümmern und bilden mit ihren Anhängen — siehe unten — die Umgebung des Afters imd der Geschlechtsöffnung. Aus diesen Be- ziehungen der letzten Segmente zu den Geschlechtsorganen erklärt sich auch die Thatsache, dass bei vielen Hymenopteren die Anzahl der sichtbaren Hinterleibsringe bei (^ und Q verschieden ist, z. B. bei den Faltenwespen. Auch kann die Anzahl der Bauchplatten stärker reducirt sein als die der Rückenplatten, z. B. bei den Käfern. Mit der Reduction der Anzahl der Segmente greht eine Reduction der Anzahl der Hinterleibsstigmen parallel. Eine scheinbare Vermehrung der Hinterleibssegmente auf 1 1 finden w'iv bei den Orthopteren, z. B. bei der gemeinen Laubheuschrecke. Die Gestalt des Hinterleibes ist je nach der Form der ersten Hinterleibsringe eine sehr verschiedene. Ist das erste Hinterleibssegment ebenso stark als der ^letathorax und sitzt es diesem in seiner ganzen Breite an, so spricht man von einem festsitzenden Hinterleib, abdomen sessile, z. B. bei Käfern und Blattwespen (Taf. VI, Fig. 2 F). Ist der ebenso gebildete Hinterleib aber nur mit einem 40 Kap. II. Die äussere Erscheinung der erwachsenen Insekten. genügen Theile seiner Vorderfläche dem Metatliorax angefügt, so spricht man von einem anhängenden Hinterleib, abdomen adhaerens, z. B. bei den Wespen (Fig. 17). Sind dagegen die ersten Glieder des Hinterleibes stark verdünnt, so entsteht ein gestiel- ter Hinterleib, abdomen petiolatum (Taf. I, Fig. 6, F). Ist der Hintei'leib von rechts nach links zusammengedrückt, so nennt man ihn comprimirt, abdomen compressum, z, B. bei den Gallwespen. Ist derselbe von oben nach unten zusammengedrückt, soheisst er de- primirt, abdomen depressum, z. B. bei den Wanzen. Eine wechselnde Ausdehnung des Hinterleibes wird bedingt theils durch die verschiedenen Füllungszustände des Darmes, theils durch die Reifung der Geschlechtsproducte, namentlich der Eier. Hierbei nehmen die Eierstöcke mitunter derartig an Volumen zu, dass der Hinterleib zu riesigen Dimensionen aufgetrieben wird, z. B. bei den Termiteuweibchen. Aber auch die Weibchen manclier unserer heimischen Käfer, z. B. der Chrysomeliden, unter anderen von Agelastica alni, zeigen diese Erscheinung in höherem Grade, Ist auch im Allgemeinen das Abdomen der erwachsenen Insekten als gliedmassenlos zu bezeichnen, so finden wir doch bei manchen nie- deren Orthopteren, z. B. bei Campodea fragilis, welche offenbar der Urform der Insekten nahe stehen, kleine Beinstummel an den Hinter- leibsringen vor. Desgleichen zeigt die Entwicklungsgeschichte, dass die mannigfachen Anhänge der männlichen und weiblichen Geschlechts- öfifnung bei vielen Formen als modificirte Gliedmassen entweder der noch deutlich erhaltenen letzten Hinterleibsringe, z. B. die Legscheide bei Locusta, oder der in die vorderen Hinterleibsringe zunächst ge- bogenen und abortirten Abdominalsegmente angeseben werden müssen, z. B. die Stachelapparate bei den Hynienopteren. Inwieweit auch die Eaife, cerci, Griffel, styli, Scbwanz- borsten und -Fäden, setae, und Zangen, forcipes, welche sieb be- sonders bei den Geradflüglern vorfinden (Taf. VI, Fig. 5 F), die Athemröhren am Hinterleibe von Nepa und die Springgabel der Poduriden als modificirte Hinter gliedmassen anzusehen sind, kann vorläufig noch nicht sicher entschieden werden. Die Afteröffnung liegt stets am letzten Hinterleibsringe, und zwar dorsal, während die Geschlechtsöffnung meist am vorletzten Leibesringe, und zwar ventral liegt. Sie ist meist mit klappenartigen, seitlichen Anhängen umgeben und aus ihr wird bei den Männchen die ebenfalls durch chitinisirte Panzerstücke bewehrte Ruthe, penis, hervorgestreckt. Die den Abschluss des Insektenkörpers gegen die Aussenwelt überall bewirkende Cllitiucuticula ist sehr verschieden stark und kann von dem zartesten Häutchen bis zum mehrfach geschichteten Panzer variiren. Sehr vielfach ist sie von Poren durchsetzt, zeigt eine sehr mannig- fache Sculptur und ist ganz oder stellenweise mit Chitinhaaren oder Der Hinterleib und seine Anhänge, Cuticula und Färbung. 41 Scbiippclien besetzt. Auf ihrer Flüche münden in mannigfaclien Fällen Hautdrüsen und sie geht an Mund, After \ind Luftlöchern ununterbrochen in die Chitinauskleidung von J)arin und Tracheen über. Da die Verbindungsstellen der Haare oder Schuppen mit der Cuticuhi häufig biegsam bleiben und. eine besondere Beschaffenheit zeigen, so erscbeinen jene meist durch Gelenke angesetzt. Haare, Borsten, Stacheln, Schuppen mit ihren so höchst variabeln Gestalten sind gleichwerthige Gebilde, die durch die verschiedenartigsten Ueber- gänge mit einander verbunden sind. Den grössten Einfluss auf den Habitus der Insekten erhalten diese äusseren Anhänge bei den Schmetterlingen — „Flügelstaub", — Pelzflüglern undBienen, sowie bei manchen Rüsselkäfern. Die dem Schuppenkleid mancher Schmetter- linge und Käfer eigenthümlichen Schillerlarben werden durch Sculptur- verhältnisse der Schuppen hervorgebracht, welche, von verschiedenen Seiten gesehen, das Licht verschieden reflectireu. Die Färbungen des Insektenkörpers werden theils durch die Farbe der Cuticula, beziehungsweise deren Anhänge bedingt, theils bei durch- sichtiger Cuticula durch die Pigmente, welche ihren Sitz in der unter ihr liegenden Zellschicht haben. Die einzelne Insektenart kann in der Färbung entweder sehr constant oder aber vielfach variabel sein. Wir erwähnen als Beispiele des letzteren Falles einen Prachtkäfer, Agrilus viridis, und zwei Bock- käfer, Tetropium luridum und Callidium variabile, drei Arten, Avelche eben wegen der grossen Variabilität ihrer Färbung in viele, vor einer strengeren Kritik unhaltbare Arten zerfällt worden sind. Die Färbung der Insekten steht häufig so sehr in Uebereinstimmung mit der ihrer gewöhnlichen Aufenthalts-, beziehungsweise Eastorte, dass man das riihig sitzende Insekt nur schwer von def L^mgebung zu unter- scheiden vermag. Häufig geht diese Anpassung an die Umgebung auch noch weiter und auch die Form und Sculptur des Insektenkörpers und seiner Gliedmassen ahmt irgend einen Gegenstand der umgebenden Xatur nach. Man nennt dies schützende Aehnlichkeit. Einheimische Beispiele solcher schützenden Aehnlichkeit sind die grüne Färbung vieler Gras- und Baumthiere, z. B. der Laubheu- schrecken, und die bräunliche Färbung des Kiefernspinners, welcher sich in der Ruhe nur schwer von der Kiefernborke, der er ansitzt, unter- scheiden lässt. Die Zickzackzeichnung der Vorderflügel von Bryophila glandifera ahmt die Flechten, welche ihre gewöhnlichen Aufenthalts- orte, Planken- und Felsstücke, bedecken, nach. Die plattgedrückten Baimiwanzen, z. B. das Genus Aradus, ähneln täuschend einem abgelösten Rindenschüppchen. Die Käfer der Genus Cionus ahmen, wenn sie mit angezogenen Beinen auf einem Blatte liegen, täuschend ein Klümpchen Vogelkoth nach, und die bereits bei der südeuropäischen 42 Kap. II. Die äussere Ersclieinuug der erwachsenen Insekten. Fanglieuscbrecke, Mantis religiosa, angedeutete Aehnlichkeit des Ge- äders der grünen Vorderfliigel mit der Rippung eines Blattes erreicht ihre höchste Vollendung bei dem tropischen Genus Phyllium, dem wandelnden Blatte, wie denn überhaupt die schlagendsten, in jeder allgemeinen Zoologie angeführten Beispiele schützender Aehnlichkeiten tropischen Gegenden entstammen. Eine andere, nicht minder häufige Form der schützenden Aehnlich- keit besteht darin, dass ein Insekt einem anderen Insekt einer völlig verschiedenen Gruppe täuschend ähnelt. Man nennt diese Erscheinung mit dem englischen Namen Mimicry und findet, dass am häufigsten schwächere, vertheidigungslose Insekten stärkere, wehrhafte oder wegen irgend einer ekelerregenden Eigenschaft von den Insektenfressern ver- schmähte Formen nachahmen. Wenngleich die schlagendsten Beispiele von Mimicry auch meist bei exotischen Formen bekannt wurden, so ist doch auch unsere heimische Fauna nicht ohne solche. Necydalis Salicis Muls. , ein Bockkäfer, gleicht mit ausgebreiteten Flügeln täuschend einer Schlupfwespe , dem bekannten Anomalon circumflexum, und der Hornissen f alter, Trochiliura apiforme, schwärmt in dem Kleide der wehrhaften Wespen umher. Secuudäre Geschlechtscliaraktere. Die Insekten sind stets ge trennten Geschlechtes. Es gibt keine normalen Insektenzwitter. In sehr vielen Fällen sind nun Männchen und Weibchen einer Art lediglich durch die Beschaffenheit ihrer eigentlichen inneren Geschlechtsorgane, sowie äusserlich durch die Anordnung der die Geschlechtsöffnung um- srebenden Chitintheile zu unterscheiden. Man nennt solche Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen primäre Geschlechtscharaktere, und die Unterscheidung der Geschlechter bei solchen Arten ist eine ziemlich schwierige. In vielen anderen Fällen unterscheiden sich aber die Geschlechter durch mit den Geschlechtstheilen direct nicht zusammen- hängende äusserliche Kennzeichen und diese bezeichnet mau mit Darwin als secundäre Geschlechtscharaktere. Auf ihnen beruht die Möglich- keit, in vielen Fällen auf den ersten Blick Männchen und Weibchen einer Art zu unterscheiden. Die secundären Geschlechtscharaktere drücken sich entweder als Färbungs- oder Grössenunterschiede aus, oder es sind bei den beiden Geschlechtern einzelne Körpertheile verschieden gestaltet. Ein bekanntes Beispiel des völligen Mangels aller secundären Geschlechts- unterschiede bietet der grosse braune Rüsselkäfer, während der secundäre Geschlechtscharakter beim Maikäfer, die stärkere Ausbildung der blätt- rigen Fühlerkeule beim Männchen, jedem Knaben bekannt ist. In ^limicry uiul secuudäre Goschloclitscliaraktoro. 43 extremen Füllen kann der Unterschied zwischen beiden Geschlechtern einer und derselben Art so gross werden, dass erst Znchtversuche und die Beobachtung der regelmässigen Begattung beider Formen notli- wendig waren, um die Zusammengehörigkeit von zwei so ungemein ver- scliiedenen Formen festzustellen. Dies ist z. B. der Fall bei dem Frost- spanner, Geometra brumata, dessen Weibchen nur kleine Flügelrudimente besitzt. Färbungs- und Zeich nungsunterschiede beider Geschlechter kommen namentlicJi bei lebhaft gefärbten Formen vor. Als einige der auffallenderen und zugleich häufigen Beispiele aus unserer einheimi- schen Fauna nennen wir: Den Aurorafalter, Pieris Cardamines L. — beim (S Spitzenhälfte der Vorderflügel mit oranger, beim 9 mit weisser Grundfarbe — ; den Kohlweissling, Pieris Brassicae — 9 mit zwei schwarzen Flecken auf dem Vorderflügel, die dem c? fehlen — ; viele Bläulinge, z. B. Lycaena Bellargus Rott. — Flügel des cT schön himmelblau, des 9 dunkelbraun mit rothgelben Randflecken — ; den Schwammspinnev, Liparis dispar L. — Grundfarbe der Flügel beim c? graubraun, beim 9 gelblich weiss — ; den Kiefernspanner, Fidonia piniaria L. (vergl. Taf. IV, Fig. ^ F, S "'id 9) — ; zwei Bockkäfer, Leptura testacea L. — c? Halsschild schwarz, Flügeldecken lehm- gelb, 9 Halsschild und Flügeldecken rothbraun — und den verwandten Toxotus Cursor L. — cJ schwarz, 9 röthlich gelbbraun mit einem rothen Längsstreif auf jeder Flügeldecke — ; von Orthopteren die Wasserjungfrau, Calopteryx virgo L. — c? Körper und Flügel tief- blau, 9 Körper grün, Flügel braun. Die als Grössendifferenzen sich ausprägenden secundären Geschlechtsunterschiede können in zwei Richtungen ausgebildet sein; bei vielen Insekten ist das Weibchen, bei anderen das Männchen der stärkere Theil. Der erstere und beiweitem häufigere Fall hängt zu- sammen mit dem Umstände, dass die von dem Weibchen producirten Eier den von dem Männchen producirten Samen an Volumen bedeutend übertreffen. Kleiner sind die Männchen bei vielen Feldheuschrecken, den Acridiodea, bei vielen Bockkäfern, z. B. bei Pachyta cerambyciformis Schrank, bei den Oelkäfern, Meloe, und der spanischen Fliege, Lytta vesicatoria L., bei den Blatt- und Holzwespen, z. B. bei Lophy- rus pini L. (Taf. VI, Fig. 3 ^, cT und 9) und Sirex juvencus L. (Taf. VI, Fig. 4 -P, c? und 9), sowie bei den Ameisen; bei vielen Spinnern, z. B. dem Kiefernspinner (Taf. III F, S und 9), den Flöhen, Pulex, und der Hirschlausfliege, Lipoptena cervi L. Der extremste Fall in unserer Fauna ist wohl bei Tomicus dispar Fabr., einem Laubholzborkenkäfer, vorhanden. Der andere Fall, dass die Männchen grösser sind, tritt besonders bei den Formen ein, bei welchen die ^Männchen um den Besitz der Weibchen kämpfen. Stärkerer Statur sind z. B. die Männchen vieler Schaben, Blattina, der Lucanidae, z. B. bei Dorcus parallelopipedus L. und bei unserer Honigbiene. 44 Kap. II. Die äussere Erscheinung der erwacliseueu Insekten. Die eben erwähnten gesclileclitliclien Färbungs- und Grössenunter- scbiede sind Läufig verbunden mit der dritten Kategorie der secundären Gescbleclitscbaraktere, mit den S trueturverschiedenh eiten gewis- ser Körpertbeile. Die solche Auszeichnung zeigenden Körpertheile können einmal stärker ausgebildet, andererseits reducirt sein. Ersteres ist meist das Theil der Männchen. Diese haben häufig stärker aus- gebildete Sinnesoi-gane als das Weibchen, eine Ausstattung, welche ihnen das Auffinden der Weibchen erleichtert. Die als Tast- und Geruchsorgane dienenden Fühler sind stärker gebaut bei den Männ- chen vieler Käfer, z. B. des Maikäfers und des Walkers, Polyphylla fullo L., vieler Bockkäfer, z. B. Prionus coriarius L. und Astynomus aedilis L., mancher Hymenopteren, z. B. Lophyrus pini (Taf. VI, Fig. ^ F, (S und 9), vieler Schmetterlinge aus den Gruppen der Schwärmer, Spinner und Spanner, z. B. Kiefern- spinner (Taf. III, F, cJ und 9) und Kiefernspanner (Taf. IV, Fig. 4i F, (S und 9), der Stechmücken, Culex pipiens L. u. s. f. Die Augen sind grösser, ja sogar gedoppelt, bei den Männchen mancher Eintagsfliegen, z. B. der Ephemera vulgata L. und Cloe diptera L. und vieler bienenartigen Insekten, z. B. bei den Drohnen der Honig- biene, bei welchen sie auf dem Scheitel zusammenstossen, während sie bei Arbeiterinnen und Königin getrennt bleiben; bei den Männ- chen mancher Zweiflügler, z. B. Bibio marci L., nehmen die Augen den ganzen Kopf ein, während sie bei den Weibchen klein und ge- trennt bleiben. Die Männchen verschiedener Geradflügler besitzen ferner Tonorgane, welche den Weibchen abgehen, während allerdings in anderen Gruppen beide Geschlechter mit solchen Lockmitteln versehen sind. (Vgl. den Abschnitt über die Lautäusserungen der Insekten in Kapitel III.) Der bedeutenderen Grösse mancher Männchen gesellen sich noch ausgeprägte Kampforgane bei, wie wir sie z. B. in den geweihartig verlängerten Vorderkiefern des Hirschkäfers kennen, sowie Apparate zum Festhalten des sich sträubenden Weibchens, wie z. B. die Haft- scheiben an den Vordertarsen vieler Schwimmkäfer, z. B. des Dytis- cus marginalis, und die Sohlenbildungen an den Vordertarsen vieler Laufkäfermännchen, z. B. bei Calosoma sycophanta L. Hierzu kommen noch eine ßeihe von Auszeichnungen der Männchen, welche, da ihr Zusammenhang mit dem Geschlechtsleben nicht ohne Weiteres verständ- lich, uns als blosse Zierrathen erscheinen, so die Hörner auf Kopf und Halsschild, welche bei vielen exotischen Lamellicorniern ihre höchste Ausbildung erreichen, aber auch in unserer Fauna vor- kommen, z. B. bei dem Nashornkäfer, Oryctes nasicornis L. und dem Sinodendron cylindricum L. Andererseits sehen wir bei vielen Weibchen, welche in Folge des eierbeschwerten Hinterleibes schon ohnehin häufig weniger beweg- lich sind als die Männchen, die Bewegungsorgane und besonders die Flüsrel verkümmert. Sccnndäre Geschlechtscharakttn-e und Polyiuorpliisinus. 45 Die scliönsten Beispiele hiefür geben uns viele Schmetterlinge. So sind z. B. bei einer häufigen einheimischen Motte, Chimabacche fagella, die Flügel des Weibchens noch annähernd halb so lang als beim Männchen, bei dem Frostspannerweibchen, Cheimatobia bru- mata L., sind sie bereits auf Rudimente reducirt, bei Orgyia antiqua L. im Verhältuiss zu dem Körper des Weibchens schon verschwindend, und die Weibchen der Gattung Psyche, welche madenförmig bleiben, ermangeln der Flügel und ausgebildeter Beine völlig. Auch einige Käfer, z. B. unser gewöhnlicher Leuchtkäfer, Lam- pyris splendidula, liaben larvenähnliche, ungeflügelte, sowie auch der Flügeldecken entbehrende Weibchen. Es kommen aber auch Fälle vor, in welchen den Weibchen besondere, den Männchen fehlende Ausstattungen zukommen ; dieselben beziehen sich immer auf die Brutpflege. Hierher können wir den ver- längerten Küssel der Weibchen der Rüsselkäfergattung, Balaninus, rechnen, welche zur Unterbringung der Eier in der Tiefe der Frucht- knoten dienen, sowie die zum Sammeln des als Larvennahrung dienenden Blumenstaubes eingerichteten Hinterbeine der Weibchen vieler Blumen- bienen (vergl. Fig. 24 E und F). Wenngleich normalerweise keine Insektenzwitter vorkommen, so sind solche doch als Slonstrositäten bekannt. Die wenigen Exemplare, welche man auf ihren inneren Bau \;ntersuchte, zeigten stets eine innei"e Vermischung der primären Geschlechtscharaktere, Hand in Hand gehend mit der der äusserlichen, der secundä- ren. Durch letztere ist man überhaupt auf das Vorkommen von Zwittern aufmerksam geworden. Diese Vermischung der äusserlichen Geschlechtsunterschiede kann nun einmal eine regellose sein, andererseits aber auch regelmässig die eine seitliche Hälfte des Thieres männlich, die andere weiblich sein. Der erste Fall kommt mitunter bei der Honigbiene in ausgezeichneter Ausbildung vor, während regel- mässige seitliehe Zwitter am häufigsten unter den Schmetterlingen auftreten, z. B. beim Schwammspinner und beim Kiefernspinner. Mögen aber Männchen und Weibchen sich durch secundäre Ge- schlechtscharaktere noch so sehr unterscheiden, also ein noch so ausge- prägter geschlechtlicher Dimorphismus vorhanden sein, so sind doch in den meisten Fällen einerseits die Männchen, andererseits die Weibchen einer und derselben Art unter sich gleich. Wir haben also in der Regel in jeder Insektenart nur eine Männchen- und eine Weibchenform. In anderen Fällen, und zwar meist bei gesellig lebenden Insekten, treten dagegen die Weibchen in zwei oder mehreren Formen auf. Im einfachsten Falle sind es nur Grössenunterschiede, so bei unsern Wespen, Gattung Vespa, bei denen grössere und kleinere Weibchen vor- kommen. Häufig treten aber bei der Mehrzahl der Weibchen einer Gesell- schaft Hand in Hand mit einer Verkümmerung der übrigens ursprünglich nach dem weiblichen Typus angelegten Geschlechtstheile, gegenüber den wohl entwickelten, eigentlichen Weibchen auch weitergehende äussere Unterschiede auf. Solche geschlechtlich verkümmerte, häufig fälschlich 46 Kap. II. Die äussere Erscheinung' der erwachsenen Insekten. als geschlechtslos, als Neutra bezeichnete Weibchen Averden im Gejrensatz zu den geschlechtlich entwickelten, den Köuiginn en, als Arbeiterinnen bezeichnet. Bei uns sind die Honigbiene und sämmtliche Ameisenarten mit Arbeiterinnen versehen. Es ist also hier ein geschlechtlicher Polymorphismus vorhanden. In den verstecktesten Fällen beginnt der geschlechtliche Polymorphismus, der übrig'ens auch die Männchen betreuen kann, ganz allmälig. So ist es z. B. bei den Männchen des Nashornkäfers und des Hirschkäfers, bei welchen man Männ- chen mit sehr starken Hörnern, beziehungsweise Geweihen, findet und welche mit sehr schwach entwickelten, zwei Formen, die durch seltenere Uebergangsstufen verbunden sind. Bei Dytiscus marginalis tritt das Weibchen in zwei Formen auf. von denen die eine häufigere dem Männchen zur Fixation bei der Begattung bequemere längsgeriefte Flügeldecken hat, die andere dagegen glatte, wie das Männchen. Bei den Honigbienen unterscheiden sich die Arbeiterinnen von der Königin durch stärkere Mundwerkzeuge und den gut ausgebildeten Sammelapparat, bei den einheimischen Ameisen sind die Arbeiter flügel- los und demgemäss mit viel geringer entwickeltem Bruststück aus- gestattet als die grösseren und ursprünglich geflügelten Königinnen. Bei manchen unserer einheimischen Ameisen, so z. B. bei Formica ligniperda, findet man ausserdem grosse und grossköpfige, sowie kleine und zugleich kleinköpfige Arbeiter, welche beide extreme Formen aber durch eine grosse Menge häufiger Uebergänge verbunden werden. Bereits bei einer südeuropäischen Ameise, der Pheidole megacephala, fallen diese Uebergangsstufen weg, und die grossköpfige und die kleinköpfige Arbeiterform treten unvermittelt neben einander auf, so dass man die ersteren als Soldaten, von den letzteren, den eigentlichen Arbeitern, unterschieden hat. Dies ist bei vielen ausländischen Ameisen die ßegel vmd kommt in noch ausgepräg- terem Masse bei den ^.weissen Ameisen", den zu den geselligen Geradflüglern gehörigen Termiten, vor. KAPITEL III. Der innere Ban des erwachsenen Insektes und die Lebeiisverriclitungen des Einzeltliieres. Will man den inneren Bau eines Insektes studiren, so hat man zu- nächst dessen Leibeswand zu durchschneiden, welche an Mund, After, K VDi^ iij^^i BM Ovdyi Ovflz m Vg Fig. 29. Schematisclie Darstellung der Lagerung der inneren Organe — mit Aus- nahme der Musculatur und der Tracheen — bei einer weiblichen Feldheu-schrecke. Zum Theil nach Burgess. K Kopf, B Brust, H Hinterleib, VT) Vorderdarm, Spl) Speicheldrüse, VD 1 Schlund, Vl)2 Kropf, BS Blindschläuehe, MD Mittel- darni, Chylusmagen, //(? Harngefässe, HD Hinterdarm, Jim Dünndarm, II T) 2 Mast- darm, Hz Herz, An Aorta, oSg oberes Sclilundganglion, welches den Fühlernerv, den Punktaugen- vand den Netzangennerv, sowie den ])aarigen Eingeweidenerv EX aussendet, u.S;i unteres Schlundganglion, Z? J/ Bauchmark, O v rechter Eierstock. OkiII rechter Eileiter, 0\:<12 linker abgeschnittener Eileiter, HB Sameublase. 17/ Vagina. Ausserdem sind ang(;deutet: Fühler, Taster, die Anlenkungsstelle der Beine und Flügel und die Segmentirung des Körpers. Luftlöchern und Geschlechtsöflfnung direct in die Wand der Verdauungs-. Atlimuugs- und Geschlechtsorgane übergeht, und die Leibeshöhle zu öflfnen. Von den in dieser enthaltenen Eingeweiden nimmt das Centralorgan des Blutkreislaufes, das Herz, die Mittellinie der Rückongegend ein. Unter ihm liegt von Mund zu After verlaufend der Darmcanal mit seinen Anhangsdrüsen, von denen die mit der Mundhöhle verbundenen 48 Kap. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. Speicheldrüsen und die in den Afterdarm einmündenden Harn- gefässe nur selten fehlen. Das Centralorgan des Nervensystems besteht aus dem oberhalb des Schlundes gelegenen Gehirnganglion, welches durch seitlich neben dem Schlünde herablaufende Stränge sich fortsetzt in das die Mittellinie der Bauchgegend einnehmende Bauchmark. Fig. 30. Scliematische Darstellung; der Lagerung des Centralnervensystems bei einer weiblichen Feldheuschrecke nach Emerton und Packaed. K Kopf, B Brust, B Hinterleib mit seineu zehn Segmenten, PA Punktauge, NA Netzauge, oSg oberes Schlundganglion, i/.S(/ unteres Schlundganglion, BN j^aariger Eingeweidenerv, B G I— III erstes bis drittes Bru.stganglion, A Gl — 5 erstes bis fünftes Abdominal- sranglion. K; TtB ? jS^es Sti Sn Tri TrK m^-io Fig. 31. Schematische Darstellung des LTiftröhrensystems einer weiblichen Feld- heuschrecke nach Emerton und Packard. K Kopf, B Brust mit ihren drei Segmenten, / — ///, H Hintei-leib mit seinen zehn Segmenten, 1 — 10, St die Luftlöcher, Tr die Tracheenblasen, Tr I der linke äussere, bauchständige Luftröhren- oder Tracheen- hauptstamm, Tr II der linke rückenständige Luftröhrenhauptstamm, TrIII der linke innere bauchständige Liiftröhrenhauptstamm. Die entsprechenden rechten Stämme fehlen in dieser einseitigen Darstellung. Die Hauptstämme des von den Luftlöchern entspringenden, die Athmung besorgenden Luftröhrensystems sind paarig angelegt und seitlich neben der Medianebene angeordnet. Die gleichfalls paarig angelegten Fortpflanzungsorgane, deren Mündung stets auf der Bauchseite vor dem After gelegen ist, nehmen die Seitentheile des Hinterleibes ein. Anordmuig: der Ilauptorgano. Leibeswand. 49 Diese einfache Anortlnung der Hauptorgane wirrl theihveise ver- schoben bei denjenigen Insekten, bei welclien einmal der Darmcanal länger wird, als der gerade Abstand von Mund zu After, andererseits die Ausführungsgänge der FortpQanzungsorgane sich strecken. Alsdann liegen Darm und Fortpflanzungsorgane, die seitliche Symmetrie störend, aufgeknäuelt im Hinterleibe. Der Raum zwischen den einzelnen Ein- geweiden wird zum Theil ausgefüllt von den regellosen Zellballen des Fett k örpers. Festgehalten in ihrer Lage werden die sämmtlichen Organe durch die feinen Verzweigungen der Luftröhren, welche, wenn das Insekt unter TVasser geöffnet wird, als ein alle Organe dicht um- spinnendes Netz von Silberfäden erscheinen. Um- und durchspült wird das Ganze, da kein geschlossenes Blutgefässsystem vorhanden ist, von dem frei in der Leibeshöhle circulirenden Blute. Die Leibeswand. Diese besteht von aussen nach innen gerechnet aus der Cuti- cula, der Hypo dermis und derMiiskel- schicht. Die wesentlichen äusseren Verhält- nisse der aus Chitin bestehenden Cuti- cula sind bereits auf Seite 40 angedeu- tet. Obgleich stets die Cuticularbildung;en ein Hautskelet abgeben und die relativ festesten Theile des Insektenkörpers sind, so ist doch die absolute Festigkeit und Widerstandsfähigkeit des Insektenpanzers je nach seiner Stärke bei verschiedenen Formen sehr verschieden, wie uns z. B. die Vergleichung einer Schmeissfliege mit einem grossen braunen Rüsselkäfer, d.h. zweier Thiere von annähernd gleicher Statur zeigt. Stärkere Cuticularlagen sind stets geschichtet (Fig. 32 C) und von senkrecht zu ihrer Ober- fläche verlaufenden zahlreichen Porencanälen durchsetzt. Faltenartige Einschlagungen der Cuticula nach innen, besonders in der ^Mittellinie des Sternums, werden mitunter als „inneres" Skelet bezeichnet. Die unter der Cuticula liegende Hypodermis besteht aus einer Schicht mehr weniger deutlich von einander abgegrenzter, polygonaler Epithelzellen (Fig. 32 M), welche mit ihrer Basis wiederum einer feinen bindegewebigen Membran (Fig. 32 Gm) anliegen. Die Aussenfläche der Hypodermiszellen sondert, wie bereits mehrfach erwähnt, die Chitinsubstanz als ein anfangs zähflüssiges, erst späterhin erhärtendes und starr werdendes Secret ab. Will man diese Thätigkeit der Hypo- dermis besonders hervorheben, so bezeichnet man sie auch als c hi- tin ogene Schicht oder Matrix der Cuticula. Haarartige Fort- Lebrbach d. mitte!europ. Korstinsektenknnde. » Fi^ 32. Halbschemati.sclier Quer- schnitt durch die Cuticula und Hypodermis. C geschichtete Cnti- ciila mit den durch Gelenke, (r, mit ilir verbundenen Haaren H. M die die Cuticula absondernden Matrixzellen der Hypodermis. HZ die Haarzellen. (?m die binde- erewebi2:e Grundmembran. 50 Kap. III. Der iuuere Bau des erwacliseueu Insektes. Sätze einzelner, durch besondere Grösse, flasclienförmige Gestalt, Melir- kernigkeit und zuweilen tiefere Lagerung ausgezeichneter Hypodermis- zellen sind es, auf denen gleichfalls als Secret ihrer Oberfläche, die haar- oder schuppenartigen Cuticularanhänge sich bilden. Man kann diese Zellen Haarzellen nennen (Fig. 32 HZ). Die meist geschmeidig bleibende und von einer kleinen, wallartigen Erhebung umgebene Ausatz- stelle der Haare bildet häufig eine Art Gelenk für dieselben. Die ge- sammte Sculptur und alle Anhänge der Cuticula sind also genaue Abbilder der Oberflächenbeschaffenheit der unter dieser liegenden, zelligen Hypo- dermis. Da das vollendete Insekt sich nicht mehr häutet, die Hypodermis- zellen also fernerhin kein Secret mehr zu liefern haben, so werden sie häufig bei der Imago rückgebildet und erscheinen weniger deutlich. Einzelne Zellen oder Zellgruppen oder beuteiförmige Einstül- pungen der Hypodermis können als Hautdrüsen wirken, welche durch besonders modificirte Porencanäle, die sich mitunter als röhrenförmige Fortsätze über die Cuticula erheben, nach aussen münden. Die Secrete dieser Drüsen sind sehr verschiedenartig. Wir erwähnen hier nur beispielshalber einige Formen. Die auf der Unterfläche des Thorax gelegene Stinkdrüse unserer Wanzen, sowie die unmittelbar neben der Afteröfifnung mündenden Analdrüsen (Fig. 35 l) vieler Käfer, z. B. der Carabus- und Brachinus- Arten, sowie der Orthopteren (Fig. 33 l), sondern einen übelriechenden, dem Insekt als Vertheidigungsmittel dienenden Saft ab. Die häufig in Honigröhren auslaufenden H onigdrüsen auf dem Kücken des Hinterleibes vieler Blattläuse liefern eine von den Ameisen begierig aufgeleckte, süsse Flüssigkeit. Das Secret der Wachsdrüsen kann entweder ein dem Körper des Insektes anhaftendes wolliges Schutz- kleid bilden, wie z. B. bei den ßindenläusen, Charmes, oder aber, wie das zwischen den Bauchschienen des Arbeitsbienen -Abdomens secer- nirte Bienenwachs, zur Bereitung der Brutstätten, der Waben, dienen. Die nach innen von der Hypodermis folgende Muskelschicht bildet einen in den verschiedenen Körperabschnitten sehr verschieden stark ausgeprägten Hautmuskelschlauch, welcher eine der Segmentirung des Hautskeletes entsprechende, meist sehr feine Gliederung in zahl- reiche, in den verschiedensten Richtungen wirkende Einzehnuskel und Muskelgruppen erkennen lässt. Am stärksten ist diese Musku- latur ausgeprägt in den Kiefer, Beine oder Flügel tragenden Körper- abschnitten. Sie wird, wie überhaupt bei allen Arthropoden, durch quergestreifte Muskelfasern gebildet. Nicht allein aipa Stamme des Leibes, sondern auch in sammtlichen grösseren Körperanhängen, Gliedmassen und Flügeln kann man dieselbe Reihenfolge der Schichten beobachten. Der Darmcanal iind seine Anhänge. Der Darm beginnt an der von den Mundwerkzeugen umgebenen Mundöffnung und geht zu. der am Ende des Abdomens gelegenen Die Leibeswand, der Danncanal und seine Anliänfye. 51 Afteroff nimg, je nach seiner Länge in geradem oder schlingenförmig geknäultem Verlaufe. Seine Innenfläche ist, bis auf eine kleinere Strecke des Mitteldarmes, stets ausgekleidet von einer Chitin- Cuticula, welche, wie bereits erwähnt, an Mund und After direct in das äussere Hautskelet sich fortsetzt. Nach ausseJi von dieser folgt die Epithelzelleuschicht, welche als Matrix die Cuticula abgesondert liat ; sie wird umkleidet von einer dünnen Bindegewelisliaut, der wiederum die aus Längs- und Eingfasern bestehende Muskelschicht folgt. Den Abschluss der Darm- •wand nach der Leibeshöhle hin macht eine zweite feine Uindegewebshaut. Nur in seltenen Fällen, z. B. bei den Eintagsfliegen, ist die Mundöffnung verschlossen und die Imagines nehmen daher keine Nahrung zu sich. Am auffallendsten sind die Verhältnisse bei den Männchen einiger Blattläuse, z. B. von Phylloxera Qaercus, denen Mundwerkzeuge und Darm völlig: fehlen. Fig. 33. Darmcanal mit seinen Anhängen von einer Werre, Gryllotalpa vulgaris Latr. .4 Kopf mit Fühlern und Mundwerkzeugen, B Afterklap))e mit den beiden Raifen und den Analdrüsen /, o Speicheldrüse, a' Speichelreservoir, h Schlund, c Krojjf, d Kaumagen, e Blindschläuche, / und rj Chylusmagen, /* Dünndarm, i das mit einem einfachen Gang in den Darm mündende Büschel von Harngefässen, k Mastdarm. Der Darm gliedert sich auch in den einfachsten Fällen in drei Abschnitte, welche man am besten als Vorder-, Mittel- und Hinter- darm bezeichnet (Fig. 29 VD, MD, HD). An dem Vorderdarm kann man stets die Mundhöhle und die eigentliche Speiseröhre unter- scheiden, von welch letzterer sich häufig noch Kropf und Kaumagen abgrenzen. In die Mundhöhle ergiessen die Speicheldrüsen (Fig. 29 Sp D) ihr Secret. Die Mundhöhle ist von einer starken Muskulatur umgeben und besorgt bei den kauenden Insekten die Schluckbewegungen, während sie bei den saugenden durch abwechselnde Erweiterung und Verengerung ihres Hohlraumes die Saugwirkungen hervorbringt. Die Speiseröhre übernimmt die Nahrung aus der Mundhöhle und führt sie dem Magen zu. Häufig ist sie am hinteren Ende aber noch in ein Reservoir zur längeren Aufbewahrung eingenommener Nahrungs- vorräthe, in einen Kropf aufgetrieben. Dieser kann entweder eine 4* 52 Kap. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. regelmässige, allseitig gleichmässige, mitunter ungemein starke Auf- treibung der Speiseröhre bilden, oder einen seitlich mit ihr durch einen engen Gang verbundenen Sack. Letzteres ist besonders häufig bei den Insekten mit saugenden Mundwerkzeugen der Fall, und ein solcher langgestielter Sack wurde daher früher als „Saugmagen" bezeichnet, obgleich er in Wirklichkeit keinerlei Saugwirkungen auszuüben im Stande ist, sondern nur als Aufbewahrungsort für aufgesogene Flüssigkeit dient. Der Endtheil des Vorderdarmes zeichnet sich bei kauenden Insekten häufig durch eine stärkere Muskelschicht aus, und seine innere Cuticularauskleidung ist alsdann an einzelnen Stellen verdickt, so dass sich auf ihr feste Platten, Zähne oder Bersten finden. Man bezeichnet einen so gestal- teten Endabschnitt als Kaumagen, weil er geeignet ist, die ein- genommene Nahrung noch weiter mechanisch zu zerkleinern (Fig. 33 und 35 d). Aber nicht nur im Falle des Vorhandenseins eines Kau- magens erleiden die Speisen im Vorderdarm eine weitere Veränderung, sondern es scheint, als ob dieselben hier überhaupt einer chemischen Fig. 34. Darmcanal der Scluneissfliege, Sarcophaga carnaria L. « Siieiclieldriisen, h Schlund, c Saugmagen, / und g Chyhismagen, h Dünndarm, l die in den Darm mit zwei Gängen mündenden zwei Paar gefiederten Harngefässft, Je Mastdarm. Zersetzung, einer Art Vorverdauung durch die Einwirkung der Secrete der Speicheldrüsen, unterlägen. Die Speicheldrüsen, welche zu einem oder mehreren Paaren in die Mundhöhle einmünden (Fig, 29 SpD; 33, 34 und 36 a) und häutig noch mit einem besonderen Speichelreservoir (Fig. 33, a') verbunden sind, haben also bei den Insekten eine höliere Bedeutung als bei den Wirbelthieren, indem ihr Secret nicht allein Stärkemehl in Trauben- zucker umzusetzen, sondern auch Eiweissstoflfe in Peptone zu verwan- deln vermag, wie wir sicher wenigstens von der Küchenschabe wissen. Der Mitteldarm ist es, in welchem die im Vorderdarm verdauten Speisen ihre definitive Umsetzung erfahren, und in dem der Nahrungssaft, der Chylus, bereitet wird. Daher wird dieser häufig in mehrere Abschnitte zerfallende und mit drüsigen Wandungen versehene Darmtheil auch Chylusdarm genannt. Die die Verdauungssäfte absondernden Drüsen sind entweder in die Decke der Darmwaud eingebettet oder sitzen derselben als mehr weniger lange und zahlreiche Zotten (Fig. 35 /) oder Blindschläuche an. Auch kann der eine Theil des Chylusdarmes Zotten tragen, der Der Darmcanal und suiue Aiiliäiiffe. 53 andere rlrüsige "Wandungen zeigen, so dass nicht nur durch die Ver- schiedenheit der Weite, sondern auch durch diese Besetzung mit Anliängeu die einzelnen Abschnitte des Chylusdarmes ein verschiedenes Aussehen erhalten können (Fig. 33, 34 und 35 / und g). Am stärksten sind die Blindschläuche bei den Heuschrecken und Verwandten entwickelt (Fig. 29 BS). Ihre Function hat einige Aehnlichkeit mit Fig. 35. Darmcanal eines Laufkäfers, h Schlund, c Krop., d Kaumagen, / Chylus- magen mit Zottonbesatz, rj zottenloser Magentlieil, / die beiden Paar an ihren Enden schlingenförmig in einander übergehenden Harngefässe, h Dünndarm, k Mastdarm, / Analdrüsen. der der Leber der Krebse, aber es kommt bei den Insekten nie zur Ausbildung einer compacten, wirklichen Leber. Der Hinterdarm, Avelcher in zwei oder drei, alsdann als Dünn- darm, Dickdarm und Mastdarm unterschiedene Abschnitte getheilt d Fig. 3G. Darmcanal der Honigbiene, Apis mellifica L. a Speicheldrüsen, h Schlund, c Chylusmagen, d die zahlreichen einzeln in den Darm mündenden Harngefässe, e Dünndarm, / jNIastdarm, g Rectaldrüsen. sein kann (Fig. 29 HD, Fig. 33 — 35 h, k, Fig. 36 e, /), dient wesent- lich zur Ausfuhr der unverdauten Nahrungsreste, des Kothes. Sein An- fang wird bezeichnet durch die Einmündung der Harngefässe. In die Höhlung des als Mastdarm oder Rectum bezeichneten Endabschnittes des Darmes springen häufig eine Anzahl von Längs- wulsten vor, welche als Rectaldrüsen bezeichnet werden; ihre Function ist noch ziemlich unklar (Fig. 36 g). 54 Kap. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. Die flarugefässe (Fig. 29 HG) sind längere oder kürzere, meist blind endigende, dünne Scliläuche, welche sich an der Grenze von Mittel- und Hinterdarm dem Darmcanal inseriren. Ihre Zahl ist sehr wechselnd. Das Secret, welches die sie auskleidenden Drüsenzellen absondern und welches zugleich mit den Kothmassen durch den Hinter- darm ausgeführt wird, ist dem Harn gleichwerthig, und es haben also die Harngefässe bei den Insekten dieselbe Function wie die Nieren bei den Wirbelthieren. Sie sollen nur einigen niederen Schnabelkerfen, z. B. den Blattläusen, fehlen. Die Harngefässe sind meist drehrund, nur selten kurz gefiedert. Sie enden meist blind und frei, indessen können sich bei manchen Insekten die blinden Enden auch unter der äusseren Bindegewebshaut des Darmes verstecken, und bei anderen gehen die Enden je zweier Gefässe schlingenartig in einander über (Fig. 35). Im allgemeinen sind sie paarig angelegt. Ihre Zahl kann von zwei bis zu einigen Hundert wechseln. Bei den Formen, wo nur wenige Harngefässe, d. h. 4 bis 8 Stück, vorhanden sind, sind die- selben gewöhnlich sehr lang und geschlängelt dem Mitteldarm angelagert, von dem sie häufig durch eine grelle, weissliche, gelbliche, bräunliche ja sogar grüne oder röthliche Färbung abstechen. Dies ist der häufigst vorkommende Fall (Fig. 35). Bei den Käfern sind 4 bis 6, bei den Schmetterlingen 6, bei den Zweiflüglern und Schnabelkerfen 4 Stück die Regel (Fig. 34). Da, wo wie bei einigen Gruppen der Gerad- flügler (Fig. 33) und bei den bienenartigen Thieren (Fig. 36), ihre Anzahl stark wächst, bleiben sie kürzer. Sie münden alsdann ent- weder einzeln in den Hinterdarm ein (Fig. 36) oder vereinigen sich vorher zu mehreren gemeinsamen kurzen Harnleitern. Am stärksten ist diese Vereinigung bei den Grillen, wo die sehr zahlreichen, ein Büschel bildenden Harngefässe einem gemeinsamen Harnleiter ansitzen (Fig. 33 i). Bei den Schmetterlingen und Schnabelkerfen erweitern sich die die Harngefässe aufnehmenden beiden Harnleiter mitunter zu kleinen Harnblasen. Die Harngefässe, nach ihrem Entdecker, dem berühmten, in der zweiten Hälfte des siebzehnten .Jahrhunderts zu Bologna lehrenden Arzte und Anatomen Mähcello Mälpighi, auch Malpighi'sche Gefässe genannt, zeigen ausser einer doppelten äusseren Bindegewebshülle eine einfache Schicht von Drüsenzellen, welche platzend ihr breiiges Secret in das Lumen der Schläuche entleeren. Früher wurden die Malpighi'schen Gefässe vornehmlich deshalb, weil ihr Secret manchmal eine gallenähnliche Färbung zeigt, als der Leber der Krebse und Spinnen entsprechend angesehen. Die chemische Untersuchung hat aber in ihren Ausscheidungen keinerlei Gallenbestandtheile nachzuweisen vermocht, während sich durch die sogenannte „Murexidprobe" stets reichlich Harnsäure in grösserer Menge nachweisen lässt und Krystalle von oxalsaurem Kalk und Taurin lind Kugeln von Leucin und harnsaurem Natron vielfach in ihnen gefunden werden. Ihre Bedeutung als „Nieren", als harnausscheidende Organe ist daher heute wohl zweifellos festgestellt. Die PfarngefSsse. Das Tiacheensystem. 55 Die Atlimungs- iiml Kreislau forgaiK'. Das Traclieeiisystem. Das ausgebildete Insekt athmet durch Luft- röhren, tracheae (Fig. 38), d. h. durch ein System paarig angelegter Röhren, die, in den gleichfalls paarig, meist auf den Gelenkhäuten zwischen den einzelnen Segmenten angeordneten Luftlöchern oder Stig- men, Stigmata, beginnend, reichlich verzweigt in das Innere des Körpers eindringen, jedem Theile desselben in der Athemluft den nothweudigcn Sauerstoff direct zuführen und der ausgeschiedenen Kohlensäure Abzugs- wege gewähren. Der Luftwechsel in dem Tracheensystem wird durch ab- wechselnde Ausdehnung und Zusammenziehung des Hinterleibes bewirkt. Die Tracheen entstehen durch schlauchförmige Einstülpung der Leibeswand nach innen. Sie sind daher ausgekleidet mit einer sehr feinen Cuticula, die von einer die Tracheenröhre umgebenden zarten Zellschicht (Fig. 37, M) abgesondert ist. Im Umfang jedes Stigmas geht die Cuti- cula der Trachee in die Cuticula der Körperoberfläche, die Zellschicht in die Hypodermiszellen über. Alle gröberen Zweige der Tracheen sind mit einer faden- förmigen, in das Innere des Tracheen- lumens vorspringenden und spiralig in dem- selben fortlaufenden Cuticularverdickuug (Fig. 37 Sp F), dem Spiralfaden, ver- sehen, welche wie die häufig in für den Gebrauch im Zimmer bestimmte Gasschläuche eingelegten Messingspiral- federn die Wandung der Tracheen steifen und ibr Lumen offen halten. Diese Vorrichtung fehlt nur den feinsten Endzweigen und den grossen blasenförmigen Erweiterungen, welche bei manchen schnellfliegenden Kerfabtheilungen reichlich vorkommen (Fig. 37 Tr B und Tr E). Als typische Anordnung des Tracheensystems kann man die- jenige ansehen, bei welcher sich zehn Paar Stigmen vorfinden, von denen das erste und zweite Paar gewöhnlich als der Mittel- und Hinterbrust, die acht übrigen Paare als den acht ersten Hinterleibsringen zugehörig betrachtet werden. Kopf und Prothorax sind stets ohne Stigmen. Nur die Gattung Pulex, Floh, hat auch am Prothorax ein Stigmenpaar. Von diesen mit mehr weniger complicirten Verschlussapparaten ver- sehenen Stigmen treten nach innen je ein oder mehrere Tracheenstämme. Im ersteren Falle treten dieselben jederseits zu einem langen seitlichen, bauchständigen, ventralen Hauptstamme zusammen (Fig. 38 Tr I), welcher durch Queräste mit einem seitlichen, rückenständigen Haupt- Fig. ö7. Stück einer Tracliee, M Älatrix der Tracheencuticula, S p F Spiralfaden, TrB spiral- fadenlose Traclieenblase, TrE spiralfadenlose Tracheen- enden. 56 Kaji. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. stamme (Fig. 38 Tr II) und einem dritten, auch baucliständigen, aber mehr nach innen neben dem Bauchmarke verlaufenden Hauptstamme {Tr III) verbunden ist. Die drei eben geschilderten Hauptstämme sind paarig und die entsprechenden rechten und linken gleichfalls durch Querstämme mit einander verbunden. Von diesen Hauptwegen gehen nun die feineren Tracheenverzweigungen aus, welche alle inneren Organe mit einem dichten Netze von Luftröhren umspinnen. Im zweiten Falle treten die von jedem Stigma nach innen laufen- den mehrfachen Tracheenstämme nicht zu Hauptlängsstämmen zusammen, sondern gehen direct in reichlicher Verzweigung zu den benachbarten Organen und bilden so ein mehr segmentirtes Tracheensystem. Vi TrB Sti Sez Tri TrM sOi-io' Fig. 38. Scliematische Darstellung des Traclieensystems einer weibliclien Feld- lieusclirecke nach Emekton und Packaud. K Kopf, B Brust mit ihren drei Segmen- ten, / — 777, H Hinterleib mit seinen zehn Segmenten, 1 — 10^ St die Luftlöcher, yr 7? die Tracheenblasen, Tr I Aer äussere linke bauchständige Tracheenhauptstamm, Tr II der linke rückenständige Traclieenhauptstamm, Tr III der liiike innere baiich- ständige Ti'acheenhauptstamm. Die entsprechenden rechten Stämme fehlen in dieser einseitigen Darstellung. Diese Anordnung erleidet aber mancherlei Modificationen. Einmal werden bei Reduction der Anzahl der Hinterleibssegmente auch die Hinterleibsstigraen durch Schwinden der letzten Paare reducirt, andererseits können bei persistirendem letzten Stigmenpaare und bleibenden Thoracalstigmen einige oder alle zwischenliegende Paare schwinden. In einzelnen Fällen, z. B. bei Nepa und Ranatra, d. h. bei im Wasser lebenden Wanzen, verlängern sich die Stigmen des letzten Paares in lange Athemröhreu, durch welche das Thier, ohne selbst an die Oberfläche des Wassers zu kommen, die Athemluft auf- nehmen kann. Bei allen Insektenimagines wird nämlich die Athemluft direct der Atmosphäre entnommen, sogar auch bei den im Wasser lebenden. So sehen wir z. B. die Wasserkäfer von Zeit zu Zeit an die Ober- fläche des Wassers kommen, um durch Hebung der Flügeldecken unter dieselben einen Luftvorrath einzunehmen, welcher ihnen eine Zeit lang die Existenz unter Wasser gestattet und in regelmässigen Pausen Das Trachcensvsteni. 57 erneuert wird. Die bei vielen im Wasser lebenden Insektenlarven so verbreiteten Trcacbeenkiemen kommen nur rudimentär bei den Iraa- gines einiger seltenen Insektenspocies vor. Vier. 39. Thoracal- stigma der Stuben- fliege. Musca dome- stica L. nach H. L\x- Dois, Sh Stimmband. Fig. 40. Scliematische Darstellung des Traclieenversclilusses bei einem Hirschkäfer. A der geöftnete, TJ der geschlossene Apparat, *S' f Stigma mit vorspringendem Gitterverschluss, C'/f Cuticula der Leibeswand, T'Ä- Verschlusskegel, 1'/; /7 Ver- schlussbügel, Vh a Verschlussband, 31 Muskel. Die Tracbeen wirken bei vielen Formen aber aucb noeb als aerostatiscbe Apparate, und zwar ist dies besonders der Fall mit den oben erwäbnten blasenförmigen Erweiterungen (Fig. 38 Tr B) derselben, welcbe bei vielen Dipteren und Lcpidopteren die Leicbtigkeit der Flug- bewegung bedeutend erböben, und bei manchen schwerfälligen Fliegern vermöge der durch ihre Füllung mit Luft bewirkten Verminderung des specifischeu Gewichtes den Flug überhaupt erst ermöglichen. Diese Füllung, durch starke Athmungsbewegungen des Hinterleibes bewirkt, ist bei dem Maikäfer als das dem Abfluge vorangebende „Zählen" bekannt. An oder in der Nähe der Stigmen sind Verschlussapparate (Fig. 39 und 40) angebracht, welche einmal den Eintritt von fremden Körpern in die Eöhren verhindern, andererseits aber auch die einmal eingetretene Luft festzuhalten im Stande sind, so dass dieselbe durch die Atbem- bewegungen bis in die feinsten Verzweigungen vorgedrückt werden kann. Der Verschluss der Stigmen kann also ein doppelter sein. Einmal findet man an den gewöhnlich von einer Chitinspange um- gebenen äusseren OefFnungen Vorrichtungen, welche den Eintritt von fremden Körpern, Staub, Wasser etc., verhindern und z. B. entweder lippenartig (Fig. 39 S 6) oder gitterähnlich (Fig. 40) vom Rande nach dem Centrum vorspringen. Zweitens ist hinter dem Stigma eine mit einem Hebel versehene, mehrtheilige Chitinspange um die Trachee selbst gelegt, welche durch Muskelwirkung zusammengequetscht, die Trachee auch für Luft unwegsam macht Es erhellt dies am besten aus Fig. 40; ist der Muskel il/" erschlafft, so steht die aus Verschlusskegel Vk; Verschlussband T'/y c/ und Verschlussbügel Vhü bestehende Spange offen. Zieht sich der Muskel zusammen, so wird durch den 58 Kap. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. als Winkelliebel fungirenden Versclilusskegel die Tracliee zwischen Verschlussband nnd Yerschlnssbügel zusammengeqnetscht. Bei manchen Insekten bilden die lippeuartigen Verschlüsse zu gleicher Zeit Stimmbänder, d. h. ^lembranen, welche, durch die Strömung der Athemluft angeblasen, summende Töne erzeugen können (Fig. 39 Sb). Dass diese Art der Tonerzeugung übrigens nicht die einzige vorkommende ist, werden wir später darlegen (vgl. S. 64). Der Fettkörper. Eeichlichst von den feineren Tracheenverzwei- gungen durchsetzt, vielfach in die Zwischenräume der inneren Organe eingelagert und sich dicht sowohl an die äusseren Wandungen der Eingeweide als an die Innenseite der Leibeswand anlegend, finden sich bei allen Insekten weissliche oder gelbliche, unregelmässige Lappen oder Ballen. Sie bestehen aus grösseren, durch Bindegewebsstränge mit einander verbundenen Zellen, in denen stets sehr viel freies Fett in Tropfen abgelagert ist. Dieses Gebilde wird als Fettkörper, corpus adiposum, bezeichnet. Die Thatsache, dass im Fettkörper vielfach Harnsäure nach- gewiesen worden, legt in Verbindung mit dem Umstände, dass der- selbe reichlich von Tracheenendigungen durchsetzt ist und sich dicht an die Darmwandung anlehnt, die Vermuthung nahe, dass einmal dieses Organ wenigstens einen Theil der im Darm bereiteten Xahrungs- säfte aufnimmt und den übrigen Organen zuleitet, dass andererseits aber auch in ihm selbst ein Theil der Oxydationsprocesse sich abspielt. Das Blut. Das Insektenblut ist eine entweder farblose oder gefärbte, und dann grünlich, gelblich oder röthlich aussehende, häufig mit vielen feinsten Fetttröpfchen erfüllte Flüssigkeit, in welcher Blutzellen schwimmen. Die Blutzellen entbehren einer Membran und sind amoeboid, d. h. sie können ihre Gestalt verändern. Es kreist nicht wie bei vielen anderen Thieren, besonders bei den Wirbelthieren, in einem geschlossenen Gefässsystem, sondern tränkt alle Organe des Körpers direct und durchspült frei die Leibeshöhle. Das Herz. Das Insektenherz (Fig. 29 Hz), wegen seiner lang- gestreckten Gestalt auch ßückengefäss genannt, ist ein muskulöser Schlauch, welcher im Hinterleibe die Mittellinie der Rückengegend ein- nimmt. Es zerfällt im allgemeinen in so viele hinter einander gelegene, durch Einschnürungen gegen einander abgegrenzte Kammern, als Hinter- leibssegmente vorhanden sind. Am hinteren Ende geschlossen, setzt es sich nach vorn in ein im Kopfe mit einer freien OefFnung in die Leibeshöhle mündendes Blutgefäss, die Aorta, fort. In jeder Kammer finden sich ein Paar seitlich gelegene Spaltöffnungen, an welchen Fettk.">rpor, VAnt nml IFerz. 59 Klappenein vichtungen ileraitig angebracht sind, dass das Blut durch sie wohl in das Herz hinein, aber nicht wieder auf demselben Wege aus ihm heraustreten kann. Durch rhythmische, am Ilinterende des Herzens beginnende Zusammenziehungen wird das Blut im Herzschlauche von hinten nach vorn befördert, bis es sich aus der freien Oeffnung der Aorta in die Leibeshöhle ergicsst und nun unter dem Drucke des weiter nachfolgenden Blutes in regelmässigen Strömen in der Leibeshöhle von vorn nach hinten zurückkehrt; bei der auf die Zusammenziehung des Herzens folgenden Erweiterung desselben kann das Blut nun Avieder durch die Spaltöffnungen in das Herz eintreten, um von neuem nach vorn der Aorta zuo^edräna^t zu werden. Befestio:t wird das Herz in seiner Lage durch ein Netz von Bindegewebs- und Muskelfasern. An seiner Bauchfläche ruht dasselbe auf einer bindegewebigen Membran, welche durch beiderseits seitlich an ihr angebrachte Muskelbündel, die Flügel- muskeln, an den Seiten des Hinterleibes befestigt ist. Nach den Untersuclmngen Graber's ist der letztere Apparat, den man lange fälschlich für einen Erweiterungsapparat des Herzschlauches angesehen hatte, eine Einrichtung, welche in Gemeinschaft mit einem ähnlichen, über dem Centralnervensystem an der Bauchseite gelegenen dazu dient, die regelmässige Rückbefördeiimg des Blutes in der Leibeshöhle von vorn nach hinten zn sichern. Anmerkung. Der Stoffwechsel der Thiere im allgemeinen und daher auch der Insekten im besonderen, ist wesentlich ein Oxydationsvorgang. Bei jeder Lebensäusserung verbindet sich in dem sie vermittehiden Orgaue ein Theil der seine Gewebe bildenden Substanz mit dem ihm durch die Tracheen direct zu- geführten Sauerstoffe der Athmungsluft. Es verwandeln sich hierbei sauerstoff- ärmere Substanzen in sauerstoftreichere, gewebsbildeude Stoffe in Auswnrfsstoffe, d. h in Kohlensäure, Wasser und, soweit als die Gewebsbildner stickstoft'haltig waren, in Hambestandtheile. Das überschüssige, im Körper gebildete ^Yasser ent- weicht durch Verdunstung an der Körperoberfläche und den Tracheen-Innenflächen. Die Kohlensäure wird zugleich mit Wasserdampf durch die Exspirationsbewegungen aus den Stigmen ausgestossen, und die Hambestandtheile werden durch die Harn- getässe, beziehungsweise den Hinterdarm entfernt. Andererseits wird den Organen ein Ersatz für die verbrauchten Gewebsbildner, indem ihnen die durch den Verdauungs- vorgang aus den aufgenommenen Speisen im Darm bereiteten Nahrungsstoffe zukommen. Diese werden in den Organen assimilirt, d h. in die wirklich gewebs- bildeuden Stoffe umgesetzt. Vermittelt wird dieses Tauschgeschäft durch das Blut, welches einmal die durch die Darmwand aufgesogenen und in dasselbe über- getretenen Nahrungsstoff'e den Organen zuführt, andererseits aus letzteren die Äus- wurfsstofte anfninmit und den Aus.scheidungsorganen zuführt. Unterstützt wird diese Function des Blutes durch die Blutbewegnng. Einmal wird nämlich durch die bei jeder Athembewegung eintretende Verschiebung der inneren Organe die Blutflüssigkeit sozusagen aufgerührt und durchgemischt, andererseits ist ja auch ein besonderes Organ, das Herz, vorhanden, welches einen regelmässigen Blutstrom im Körper unterhält. Bei seinem — im Vorhergehenden zum besseren Verstäudniss des Zusammen- hanges der Lebensvorgänge in den bisher beschriebenen Organen der Insekten kurz auseinandergesetzten — Stoffwechsel verbrauclit das Tliicr also die organi- schen Substanzen der Nahrung sowie den Sauerstoff' der Athmungsluft und scheidet — neben den liier weniger in Frage kommenden Kotinnassen — Kohlensäure. Wasser und Hambestandtheile aus. Die sämmtlichen organisclien Nahrungsmittel 60 Kap. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. sind verhältnissmässig sauerstoffarme, leichter zersetzliche Verbindungen, während die thierischen Ausscheidungsproducte bedeutend sauerstoÖreicher und schwerer zersetzlich sind. In den leicht zersetzllchen Nahrungsmitteln ist nun aber auch eine grosse Menge von chemischer Spannkraft aufgespeichert. Diese wird bei der durcli Oxydation bewirkten Ueberführung jener in die beständigeren Auswurfstoffe frei, indem sie sich in lebendige Kraft umwandelt. Dieser Vorgang ist im Grunde genau derselbe wie der, welcher sich in unseren Oefen abspielt. Aiich hier wird ja das Holz durch Oxydation oder Verbrennung in Kohlensäure und Aschen- bestandtheile übergeführt, wobei sich die in den organisclien Bestandtheilen des Holzes aufgespeicherten verborgenen Spannkräfte in lebendige Kraft, und zwar in der Form von Wärme umsetzen. Die beim Stoffwechsel im Thierkörper frei werdende lebendige Kraft ist es nun, auf welcher alle diejenigen activen Lebenserscheiuungeu des Thieres beruhen, durch welche es sich besonders von der Pflanze unter- scheidet Die Formen, in welcher die lebendige Kraft auftritt, sind sehr mannig- facher Art. Zunächst tritt sie allgemein als Wärme auf. Jedes Thier, auch das ,, kaltblütige", erzeugt selbstständig Wärme, ebensogut wie der geheizte Ofen. Nur fehlen den kaltbliitigen Thieren die den ,, warmblütigen" zukommenden Vor- richtungen, um die Körpertemperatur gleichmässig hoch zu erhalten Es wechselt letztere also mit der steigenden und sinkenden Temperatur der umgebenden Luft, ist aber stets, solange die Thiere nicht völlig erstarren, um ein geringes höher. Dass auch die Insekten Wärme produciren, beweist am schlagendsten die selbst bei strenger äusserer Kälte im Winter niemals unter 20 Grad sinkende Temperatur im Inneren eines Bienenstockes. Hier wird die von den Bienen producirte Wärme durch den Stock zusammengehalten. Weitere Formen, iu denen die lebendige Kraft im Thierkörper auftritt, sind das Licht — Leuchtkäfer — , die durcli die Muskeln des Thieres geleistete mechanische Arbeit, sowie die in dem Nervensystem auftretenden Kraftformen, welche zum Theil mit den elektrischen Vorgängen in Verbindung stehen. Wir haben daher zunächst nach einander die Leuchtorgane, die Muskulatur und das Nervensystem der Insekten zu besprecheu. Hieran reiht sich naturgeraäss die Besprechung der dem Nervensystem als Endapparate angefügten Sinnesorgane, durch welche das Insekt die Vorgänge in der Ausseuwelt wahrnimmt. Den Schluss bildet die Darstellung der Fortpflanzungsorgane, welche nicht dem individuellen Leben des Thieres, sondern der Erhaltung der Art dienen. Die Leuclltorgaiie der Insekten sind unter durclisiclitigen Stellen des Cliitinpanzers gelegene Zellplatten, in welchen, geregelt durch das Nervensystem, Lichterscheinungen auftreten. Das Leuchten ist von dem Willen des Thieres abhängig und kann plötzlich unterbrochen werden. Es finden sich Leuchtorgane bei uns lediglich in der Unterfamilie der Leuchtkäfer, Lampyrini. Sie bestehen aus Parenchymzellen, welche wesentlich den Fett- körperzellen gleichwerthig sind, mit feinen Nervenendigungen in Ver- bindung stehen und von feinsten, des Spiralfadens entbehrenden, anastomorirenden Tracheenausläufern dicht umsponnen wei'den. Die dem Körperinuern zugewandten Zelllagen der Platten sind reichlich mit Körnchen von harnsauren Salzen durchsetzt, so dass sie sich von den äusseren farblosen Zellen durch eine weisse Farbe unter- scheiden. Das Leuchten dieser Organe beruht auf der langsamen Oxy- dation eines in diesen Zellen abgesonderten Stoffes, welcher auch ausserhalb des thierischen Körpers eine Zeit lang fortleuchten kann. Das wirklich vorkommende Leuchten der abgelegten Eier kann nur dann stattfinden, wenn die Ablas-e derselben so starke Zerreissungen Leuclitorg'aiie. Muskulatur. 61 dei* innerei) Organe verursaclit bat, dass die Eier mit solchem Leucht- stoffe venmreinigt wurden. Das „Leuchten" der Augen vieler Nacht- schmetterlinge hat mit der eben besprochenen Lichtproduction keinen Zusammenhang, beruht vielmehr lediglich auf dem Wiederschein von aussen eingedrungenen Tageslichtes, wie das Leuchten der Augen der Hunde etc. Das Muskelsysteiii und seine Tliätigkeit. Die Muskulatur. Die Muskeln der Insekten, welche stets aus farblosen oder weisslichen Fasern bestehen und sich fest an die Innen- seite des Hautskeletes anheften, bewirken die Verschiebungen der ein- zelnen Rumpfabschnitte gegen einander, sowie die Bewegungen der Glied- massen und Körperanhänge. Die hierbei geleistete Arbeit ist häufig eine sehr bedeutende. So schleppt z. B. eine Wegwespe eine grosse Raupe oft weit fort, ein Floh kann ohngefähr das 200fache seiner Körperhöhe springen, und der anhaltende Flug der Wanderheuschrecken oder Libellen, sowie das oft stundenlang fortdauernde Musiciren der Grillen erfordern bedeutende Kraftanstreugung. Wir können hier genauer nur auf die Ortsbewegungen und Lautäusserungen der Insekten eingehen. Man kann die Muskulatur der Insekten in Muskeln des Stammes und der Leibesanhänge eintheileu. Indessen darf man nie vergessen, dass auch die Gliedmassen und Flügel als Ausstülpungen der Leibes- wand anzusehen sind. Die Muskulatur des Stammes besorgt vornehmlich die Bewegungen des Kopfes und des Hinterleibes gegen die Brust, die Athmungsbewegungen des Hinterleibes und die Bewegung der Mundwerkzeuge, Beine und Flügel gegen den Stamm. Die Beugungen und Streckungen der einzelnen Glieder der Gliedmassen gegen einander werden durch die Gliedmassenmuskulatur ausgeführt. Wie gross die hierbei geleistete Arbeit sein kann, wird klar, wenn man bedenkt, dass nach den Untersuchungen von Plateau der Nashornkäfer, Oryctes nasicornis, die öfache, der Maikäfer die löfache, der Pinsel- käfer, Trichius fasciatus, die 42fache Last seines Körpers zu heben im Stande ist. Die OrfsbewegUUgen. Die ausgebildeten Insekten führen Orts- bewegungen fast ausschliesslich mit Hilfe ihrer Leibesanhänge aus. Als Beispiel einer anderen Bewegung'sart sei das Emporschnellen vieler Elateriden bei Rückenlagerung, das bekannte Springen der ,, Schmiede", erwähnt. Man kann die Ortsbewegungen eintheilen in Schreit-, Schwimm- und Flugbewegungen. Die Schreitbewegungen, zu denen man auch die Spring- beweo-unoren rechnen kann, werden von den Beinen der Brust aus- geführt. Sie finden statt an der Grenze eines festeren und emes 62 Kap. III. Der innere Bau des erwacliseiien Insektes. nachgiebigeren Mediums, d. b. entweder an der Grenze zwiscben Boden und Luft, oder zwischen Boden und Wasser oder zwischen der Wasseroberfläche und der Luft. So laufen z, B. viele Wasser- käfer auf dem Grunde des Wassers und manche Wasserwanzen, Hydrometra, auf der Wasseroberfläche. Es kommen hierbei entweder alle drei Beinpaare — und zwar ist dies der gewöhnliche Fall — oder nur die beiden hinteren Paare — Hydrometra, Gottesanbeterin, Mantis — oder, und zwar bei den Springbewegungen, vorzugsweise das hintere Beinpaar in Thätigkeit. Die Wirkungsweise eines Insekten- beines ist hierbei physiologisch im wesentlichen gleich derjenigen eines Säugethierbeines. Es besteht aus aufeinanderfolgenden, festen, durch Gelenke verbundenen Gliedern, von denen jedes durch einen Beuge- vmd einen Streckmuskel gegen die angrenzenden in einer Richtung winklig gestellt werden kann. Auch ist der Bau der Gelenke ein derartiger, dass bei Beugung aller Theile die aufeinander- folgenden Winkel ihre Oeffnung nach der entgegengesetzten Seite kehren, dass also, während der Winkel zwischen Coxa und Femur nach vorn geöfifnet erscheint, der zwischen Femur und Tibia es nach hinten '4^ ist u. s. f. Wenn das zunächst gebeugte und " bis zu einem gewissen Grade an den Leib herangezogene Bein wieder gestreckt wird, so übt dasselbe einen nach hinten gerichteten Stoss auf die Unterlage aus, und der hier- bei entstehende Rückstoss schiebt den Leib nach vorwärts. Besonders die Vorderbeine der Lisekten können aber auch ähnlich wie die Hände des Menschen beim Klettern wir- FlI rechte Flügeldecke, Fl 11 ken. Nachdem zunächst eine Streckung der- linker^ zusammengefalteter Hin- selben in der Richtung nach vorn erfolgte, fixirt sich die Beinspitze mit Hilfe der Fusskrallen, und bei nachfolgender Beugung wird der an dem Hinterende des Beines festhangende Körper nach- gezogen. Das Tempo, in welchem diese Bewegungen der einzelnen Beine beider Seiten mit einander abwechseln, ist bei der Sechszahl derselben ein ziemlich complicirtes. Nach Gräber ist, wenn wir die Beine der linken Seite mit L, die der rechten mit R und die drei Beinpaare mit 1, 2, 3 bezeichnen, die Reihenfolge ihrer Bewegungen die folgende: I/|, i?25 -^3) ^\i -^2' ^^i- üebrigens ist stets, wie bei den Säugern, die Hauptarbeit der Fort- bewegung den Hinterbeinen übertragen, ein Verhältniss, welches seine stärkste Ausprägung bei den springenden Insekten findet. Die Fähigkeit, an glatten, senkrechten Wänden in die Höhe zu klettern, oder an der Unterseite einer horizontalen Fläche, den Bauch Fig. 41. Kletterlaufkäfer, Calo soma sycophantaL., ? Oberlippe, B Vorderbrust, h Schildchen, terflügel, LI— III linke, R I — III rechte Beine. Die Ortsl)eweSehlappen, lobus opticus, ioZEiechlappen, lobus olfactorius, der den Fülllernerven abgiebt, "Nop Seh- nerv, nervus opticus, zu den Netzaugen gehend, PA Punktaugen mit deren Ner- ven, 7/ TF Hirnwindungen, vfig unteres Schlundganglion. Das Nervousvstom niid die Siiiuesor'i'aiK;. 69 Das untere 8cliluiul<^aup;lioii oder Mnii(li>'aiiglioii 'Fig. 4ö v S fj), welelies mit dem oberen durcli dit; den Sclilnndriiis;- liildcndeu, sehr verscliieden lano'eu, die Nerven für die Oherlippe al) Netzaugen, e Fühler. R N Fig. 51. Längsschnitt durch ein Punktange von Musca vomitoria L. nach Grenacher. L Linse, Ci k Glaskörper, St Stäbchen, 7? Retinazellen, X Sehnervenfasern. Die Xetzaugen sind in einem Paar an den Seiten des Kopfes vorhanden, an welchem sie jederseits einen mehr Aveniger gewölbten Vorsprung bilden. Ihre Oberfläche zerfällt in eine grössere oder kleinere Anzahl von meist sechseckigen Feldern oder Facetten (Fig. 52), so dass sie ein genetztes Aussehen erhalten. Da jede solche Facette mit dem unter ihr gelegenen und zu ihr gehörigen Nervenapparate einem ein- fachen Auge morphologisch gleichwerthig ist, so kann man die Netz- augen mit Recht auch als zusammengesetzte Augen bezeichnen. Die Grösse der Netzaugen ist sehr verschieden; während sie bei den meisten Insekten nur einen Theil der Seitenflächen des Kopfes einnehmen, und daher durch die Stirn getrennt werden, stossen sie bei anderen, z. B. bei den Drohnen der Honigbiene, in der Mitte zusammen, und bei den Männchen einer Mückengattung, Bibio, nehmen sie die gesammte freie Kopffläche ein (Fig. 54). Die Anzahl der sie zusammensetzenden Fa- cetten kann von einigen 20 bis zu vielen Tausenden wechseln. So hat z. B. Pselaphus, ein kleiner Käfer, 20, die Ameise 50, die Stubenfliege 4000, der Weidenbohrer 11 000, eine Wasserjungfer 12 000, der Schwalbenschwanz 17 000, und ein anderer kleiner Käfer, Mordella, 25 000 Facetten in jedem Auge. Fig.52.TheiIder Oberfläche eines Netzauges mit den sechsecki- gen Facetten. 74 K^p. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. Fig. 53. Augenformen von Käfern. .4 Calosoma: rundes Auge, B Chrysobothrys: ovales Auge, C Prionus: nierenförmiges Auge, D Polygraphus: von der Fühler- grube eingeschnittenes Auge, E Geotrypes: von einer Leiste des Kopfschiides ein- geschnittenes Auge, F Tetropium: Augen zvveigetheilt, aber durch eine keine Facetten tragende Leiste verbunden, €t Gyrinus: Augen zvveigetheilt, jederseits ein oberes und ein unteres Auge bildend. Die Grössenverhältnisse der Köpfe unter einander blieben unbeachtet. D Fig. 54. Köpfe ver- schiedener Insekten, um die verschiedene Ausdehnung und Vorragung der Augen zu zeigen. A von der Feuerwanze, Pyr- rhocoris, B von der Arbeitsbiene, C von der Drohne, D von einer männlichen Mücke, Bibio. Die Form der Netzaugen ist meist rund, wird aber häufig länglich und bei vielen Käfern vorn nierenförmig eingebuchtet. In dieser nierenförmigen Einbuchtung der Augen lenken sich auch häufig die Fühler ein, und es kann der Einschnitt so tief werden, dass die obere und untere Augenhälfte sich nur in einem Punkte berühren, z. B. bei einem Borken- käfer, Polygraphus, und bei einem Bockkäfer, Tetro- pium, andererseits werden die Augen mitunter auch durch den Kand des Kopfes in eine obere und untere Hälfte getheilt, z. B. bei den gewöhnlichen Grab- käfern, Geotrypes, und den Taumelkäfern, Gyrinus, unserer stehenden Gewässer. Hier erscheint die Sonderung der Augen in ein oberes vmd ein unteres Paar vollendet. Auf der Grenze der einzelnen Facetten stehen häufig Chitinhaare. .Jedes zusammengesetzte Auge entspricht so viel Einzel- augen als es Facetten zeigt, und jedes Einzelauge ist eine Pyramide, deren Basis von der Facettenfläche gebildet wird. Ihrem inneren Baue nach sind aber die Einzelaugen des Netzauges in gewisser Beziehung einfacher als die Ocellen, und sie vermitteln daher nicht jedes für sich, sondern erst bei Znsammenwirkung mehrerer einen Gesichtseindruck, der aus so viel Theilbildchen besteht als Einzelaugen in Thätigkeit treten. Der durch ein Netzauge hervorgebrachte Gesichtseindruck gleicht daher einem aus einzelnen Stücken zusammengesetzten Mosaik und ist zugleich ein verkleinertes und gekrümm- tes, aber aufrecht stehendes Bild des Gegenstandes. Am leichtesten ergibt sich das Verständniss dieser Verhältnisse bei Betrachtung von Fig. 55. Auf dem hier dargestellten sech- zehn Einzelaugen treffenden schematischen Längsschnitte durch ein Netzauge ei'kennen wir zunächst die durchsichtige in Einzelfacetten getheilte Hornhaut G, welche einerseits in eine das Auge nach hinten abschliessende Chitinkapsel G', andererseits in die allgemeine äussere Cuticula des Kopfes ((?") übergeht. Unter ihr liegen rn jedem Auge die als Glas- körper dienenden, gewöhnlich aus mehreren Zellen gebildeten Krystallkegel (IT), an welche sich die hier nach unten ver- Dil- 8iiinesori?Z paa- riger Eileiter, >S' 2' Samentasche, BTBagsX- tungstasche, iTZ) Kittdrüsen, Seh Scheide. Fig. 57. Männliche Geschlechtsorgaue eines Maikäfers nach Gegenbaur. II die aus je sechs Theilen bestehenden Hoden, SL Samenleiter, SD Samenblase, D An- liangsdrüsen, uSG unpaarer Samengang. Die Eierstöcke sind die Bildungsstätte der Eier sammt der Eischale. Jeder Eierstock besteht aus einer grösseren oder geringeren Anzahl von Eiröhren, welche kurz vor der Stelle, wo sie dem Eileiter ansitzen, am stärksten sind, und nach der Sjiitze hin sich verjüngen. Hier gehen sie in einen feinen, zu ihrer Befestigung im Anfange des Hinterleibes dienenden Faden über. In diesen Eiröhren entstehen die Eier in linearer Aneinanderreihung, so dass das dem Eileiter zunächst gelegene das reifste und grösste, das am weitesten nach der Spitze zu gelegene das jüngste und kleinste ist. Da die Wandungen der Eiröhren sich den Die wcililiclien Ft>rtpflaiizuii<;.sorjiam-. 77 Eiern dicht anscliiiHcgeu, so werden sie durch diese zu nach der Spitze verjüngten, perlschnurähnlicben Gebilden aufgetrieben. Jede Eiröhre (Fig. ü8) besteht aus ciVicr biadegewchigen, h<äufig mit Mnskel- fädon beldeidctiu Membran, welche einen ans Zellen bestehenden Inhalt innschliesst. Am blinden Ende sind diese häufig schwer von einander luitcrscheidbaren Zellen sännntlich gleich gebildet, bald aber sondert sich ein die Innenwand der Eiröhre auskleidendes, einschichtiges Epithel von den central gelegenen stark wachsenden Eizellen, welche von den Epithel- zelleu derartig eingeschlossen werden, dass jede Eizelle in ein besonderes Fach zu liegen kommt. Die Epithelzellen geben einmal NährstoÜe au die Eizelle ab, sondern aber ausserdem noch an ihrer, der Eizelle zugewendeten Fläche eine Cuticula ab, welche nun das Ei als Eischale umgibt. Im reifen Ei ist der Kern der Ei- zelle nicht mehr erkennbar. Dieses ist der einfachste Fall. Es kommt aber häutig vor, dass die Epithelzellcn lediglich die Function der Absonderung der Eischale haben, die Versorgung des Eies mit Nährstoffen dagegen von besonderen Zellgruppen besorgt wird, die dann zwischen die einzelnen Eier ein- geschoben erscheinen. Diese Zellen heisseia Ei- Nährzellen oder Dotterzellen. Sind die- selben in besonderen Fächern zwischen die Eifächer eingeschoben, so spricht man von Ei- lend Dotterfächern. Die Gestalt des Eierstockes hängt ab von der Zahl und Länge der Eiröbren, welcb letztere selbst wieder von der Zahl der in ihnen entstehenden Eier bedingt wird, sowie von der Art und Weise, wie die Eiröbren sich dem Eileiter an- fügen. Insekten, welche nur wenig Eier auf einmal erzeugen, haben wenige und kurze Eiröbren (Fig. 56), während bei starker Eipi'oductlon entweder wenige sehr lange (Fig. 59), oder viele kurze Eiröbren (Fig. 61) vorbanden sind. Die Eiröbren setzen sich entweder der Spitze des dann massig starken Eileiters als ein mehr minder starkes Büschel an (Fig. 56, 59), oder aber sie inseriren sieb dem alsdann meist stark aufgetriebenen als Eikelcb bezeichneten Eileiter in einer 'Fig. 60) oder zwei Längszonen oder allseitig (Fig. 61). Das Ende des Eileiters kann dann sogar über die Spitze der Eiröbren hervorragen. .lederseits scheinljar nur eine, in Wirklichkeit aber zwei, durch einen festen Muskelüberzug verbundene, nur zwei Eikeime enthaltende Eiröbren haben die Lausfüegen. Pupipara, z.B.Lipoptena cervi L., die Hirschlausfliege. Zwei getrennte Eirr.]n-en jederseits konunen den Borkenkäfern (Fig. 56) und den echten Rüssel- käfern zu; vier sehr lange in jedem P^ierstocke (Fig. 59) sind allen Schmetter- lingen eigenthümlich, zehn bis zwanzig den Feldheuschreckcn und vielen Käfern. 111 Fig. 58. Halbschematische Dar- stellung des Baues der Eiröhren. 7 Eiröhre ohucEinährzellen,//Ei- röhre mit Einährzellen, 77/ Stück einer Eiröhre mit gesondertem Ei- und Dotterzellenfache. Bf Befe- stiguugsfaden, A Ende der Ei- röhre mit noch nicht difterenzir- teu Zellen, E Eizellen, N7: Nälir- zellen, 7iJjj Eiröhrenepithel, Escli Eischale, vE reife Eier. 78 Kap. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. In jedem Eiei'stocke der Bienenkönigin sind EB Fig. 59. Weibliche Fortpflanzungsorgane des grossen Kiefernspinuers, Bombyx pini L , nach Sückow. EU die vier Eiröhren des einen Eierstockes, der andere Eier- stock ist abgeschnitten, pE L paarige Eileiter, >S' 7' Samen- tasche mit Anhangsdrüse, KD Kittdrüsen, >S'c7t Scheide, BT Begattungstasche, VG Verbindungsgang zwischen Begattungstasche und Scheide. 100 bis 200 starke Eiröhren mit circa je einem Dutzend Eiern, während die ver- kümmerten AVeibchenjeder- seits meist nur fünf bis sechs Eiröhren haben, und die Oelkäfer, Meloe, haben jederseits einige hundert ganz kurze (Fig. 61). Dem Ende der Ei- leiter sitzen die Eiröhren an bei den meisten Käfern (Fig. ö(j und 60) und den Schmetterlingen (Fig. 59). Einreihig oder zweireihig der Länge des aufgetriebe- nen Eileiters inserirt sind sie z. B. bei den Feldheu- schrecken (Fig. 42 auf S. 67) und manchen Käfern, all- seitig umgeben sie den sack- artigen Eikelch bei den Oel- käfern (Fig. 61) und den Leuchtkäfern. Die Samentasche hängt durch einen engen Gang mit dem un- paaren Eileiter zusammen, und ist entweder ein blosser Sack (Fig. 61), oder mit einer einfachen (Fig. 59 und 60) oder getheilten Anhangs- J?ß ST ST, KÜ^ Fig. 60. Weibliche Geschl-cchtsorgane eines Schwimm- Fig. 61. Weibliche Geschlechts- käfers, Dytiscus, nach Stein. Organe eines Oelkäfers, Meloe, E Ix Eiröhren, >S' T Samentasche, STD Samentaschendrüse, BT Begattungstasche. EL Eileiter mit drüsigen Wandungen, KD Kittdrüsen, Seh Scheide. drüse versehen. Mitunter ist sie auch in der Mehrzahl vorhanden, z. B. bei vielen Zweiflüglern. Sie fehlt manchen lebendig gebärenden Insekten- formeu, z. B. den Lausfliegen, bei welchen der Eileiter ihre Function übernimmt. AVcibliflie und niäniiliclie Fortiifl.auzuu'^sorj^'ano. 79 Die Scheide ist häufig in eine grosse Begattungstasche (Fig. 56 und 60), die mit ihr oft nur durch einen engen Gang verhunden ist R Fig. 62. Männliclie Gesclileclits- Fig. 63. Miinnliclie Gesclileclitsorgane Organe eines Borkenkäters, To- vom grossen braunen Eü.sselkäfcr, Hylo- micus typographus L. bius abietis L. 7? Hoden, S L paarige Samenleiter, D Schleimdrüsen, -S'^ Samenblascn, uSG unpaarer Samengang. (Fig. 61), ausgestülpt. Bei den Schmetterlingen münden Begattungstasche und Scheide getrennt unter einander. Es ist aber hier \r die Scheide, durch welche die Eiablage geschieht, mit der den Penis während der Begattung aufnehmenden Tasche durch einen Gang verbunden (Fig. 59). Bei manchen lebendig gebärenden Insekten, z. B. den Laus- fliegen und vielen anderen Zweiflüglern, dient die Scheide als Fruchthälter, in welchem die Eier ihre Entwicklung durchmachen. Die Kittdrüsen sind in der Einzahl (Fig. 61) oder Mehrzahl vorhanden, einfach sackförmig (Fig. 56), oder verästelt (Fig. 60). Fig. 64. Der eine Die männliclieii Fortpflaiizunj^sorgaiie. Die Ge- scUwimmkSers, schlechtsdrüsen des Männchens (Fig. 57) heissen Hoden, Dytiscus, nach X X X »■ ,• -1 A r-l. •- O 1 -i. BURMEISTEK. testes s. testiculi, ihre Ausiuhrungsgange feamenleiter, Y blindes Ende vasa deferentia, derunpaare Samengang, ductus ejacu- des einfachen Ho- , , , • T ,..11 T-i ,^1 • densclilaiiclies S. latonus, geht unten m die vorstuipbare Kutne, penis, ^. ^ Samenleiter über; an ihm sind häufig Schleimdrüsen, glandulae >S'L' aufgeknäuel- tcr Thcil des- mucosae, vorhanden. ^^^^^^^^ jer Jeder Hoden besteht aus einer grösseren od.er sogenannte . , , • ~ 1 1 .. 1 11- Nebenhoden, geringeren Anzahl von oamenschlauchen , welche in ihrer Anlage den Eiröhren entsprechen, aber gemäss dem geringeren Volumen der producirten Samenmasse relativ kleiner bleiben als jene. Die Gestalt der Hoden hängt ab von der Anzahl, der Länge und der Anordnung der Samenröhren. 80 Kap. III. Der innere Bau des erwachsenen Insektes. Jeder Hodensclilancli besteht aus einer äusseren biiidegeAvehlgen Hülle mit zelligem Inhalte; letzterer ditferenzi.t sich in ein einschichtiges, den Blind.«chlauch auskleidendes Epithel und eine Lage centraler Zellen. Letztere .sind die Sameu- mutterzellen. Während nämlich die centralen Zellen der Eiröhren direct zu Eiern werden, und zwar häufig noch unter Aufnahme von Nährstoft'eu aus den Epithelzellen und Kährzellen, erzeugen die ihnen gleichwerthigen Samenmulterzellen durch Thei- lung Tochterzellen, und erst diese verwandeln sich in die eigentlichen Samenfäden. Die Sameuröbren sind entweder kurz und aufgetrieben, oval bis rund- lich oder lang cylindriscb. Im ersteren Falle setzen sich die Samenröhren entweder büschel- oder traubeuförmig direct dem Ende des Samen- leiters an, z. B. beim braunen Rüsselkäfer (Fig. 63), oder einer längeren Strecke desselben, oder sie vereinigen sich in kleineren Gruppen zu gemeinsamen Ausführungsgängen, welche sich nun erst dem Eileiter inseriren, z. B. beim Maikäfer (Fig. 57). Am einfachsten sind die Ver- hältnisse bei den Tbieren mit langen Samenröhren. Diese sind häufig jederseits nur in der Einzahl vorhanden und knäueln sich an ihrem blinden Ende auf, indem sie zugleich durch eine bindgewebige Hülle zu einem compacten rundlichen Körper vereinigt werden (Fig. 64). Bei den Schmetterlingen sind diese beiden Hodenknäuel wieder durch eine Bindegewebshülle zu einem gemeinsamen unpaaren Körper, also zu einem scheinbar einzigen Hoden mit zwei Samenleitern vereinigt. Die Samenleiter, welche häufig sehr lang, und dann mitunter in ihrem Verlaufe an einer Stelle knäuelföTmig zu einem Nebenhoden (Fig. 64) aufgewunden erscheinen, erweitern sich vor ihrem Uebergange in den unpaaren Samengang häufig zu Samenblasen (Fig. 62), in denen der Same eine Zeit lang aufgesammelt wird. Der unpaare Samen- gang ist mit starker Muskulatur versehen und nimmt an seinem Anfange häufig Schleimdrüsen auf. Letztere können von sehr verschiedener Form sein, paarig oder unpaarig, kurz oder langgestreckt, verästelt oder un verästelt. KAPITEL IV. Die Fortpflanzung und die Jugendzustände der Insekten. Das Fortpflanzungsgescbäft ist es, welches fast ausschliesslich den Inhalt der Lebensthätigkeit des erwachsenen Insektes, der Imago, aus- macht. Hat das Männchen die Begattung vollzogen, das Weibchen seine Eier abgelegt, so stirbt es in den meisten Fällen alsbald ab (vergl. S. 86). Alle Fortpflanzungsvorgänge bei Thieren haben das mit einander gemein, dass ein Theil des Körpers des Mutterthieres zu einem neuen Thiere, dem Nachkommen oder Kinde, sich entwickelt. Den Theil eines Mutterthieres, welcher fähig ist, sich zu einem Nachkommen zu entwickeln, nennt man im allgemeinen Keim. Ein Keim kann entweder nur aus einer Zelle oder aus einer Zellen- vereinigung, einem Gewebsstück des Mutterthieres, bestehen. Ein ein- zelliger Keim heisst Eizelle. Eine solche Eizelle ist der wesentliche Hauptbestandtheil derjenigen thierischen Fortpflanzungskörper, welche wir im gewöhnlichen Sprachgebrauche als E i bezeichnen. Als neben- sächlicherer Bestandtheil kommt dem Ei noch die Eischale zu. Alle Insekten, wie überhaupt alle Gliederfüssler und noch viele andere höhere Thiere, pflanzen sich ausschliesslich durch Eier fort. Jedes einzelne Insekten-Individuum hat also einmal den Eizustand durch- laufen und dies gilt auch für diejenigen, welche bereits als Larve geboren werden. Diese durchlaufen den Eizustand eben im Leibe des Mutterthieres. Der alte Aberglaube, dass Insekten direct aus anderen organischen Substanzen sich bilden können, die Fliegenmade aus faulendem Fleische, der Floh aus mit Harn befeuchteten Sägespänen, ist längst wider- legt. Nicht aus diesen Substanzen, sondern aus Eiern, welche die Fliegenmutter auf das faulende Fleisch, oder der weibliche Floh in Lehrbuch d. mittelenrop. Forstinsektenkande. 6 82 Kap. IV. Fortpflanzung und Jagendzustände der Insekten. die Sägespäne legte, sind diese Geschöpfe entstanden. Desgleichen hat man erkannt, dass alle diejenigen bei Insekten vorkommenden Keime, welche früher als Sporen oder Pseudova unterschieden wurden, sich morphologisch in keiner Weise von wirklichen Eiern unter- scheiden. Ueberhaupt kennt die Wissenschaft kein verbürgtes Beispiel von ,, Urzeugung", sondern nur ,, Elternzeugung". In den meisten Fällen hat das Ei aber nicht ohne Weiteres die Fähig- keit, ein neues Thier aus sich hervorgehen zu lassen. Die Eizelle bedarf, um sich zu einem Embryo zu entwickeln, vielmehr einer Anregung von aussen, nämlich der Befruchtung durch den männlichen Samen. Die Fortpflanzung durch befruchtete Eier, bei welcher also beide Geschlechter, sozusagen nach eingegangener Ehe, mitwirken, wird eine gamogene- tische oder Gamogenese genannt — abgeleitet von '.'dyto:, die Ehe, YSVSJtv, die Erzeugung — ■ im Gegensatz zu den selteneren Fällen, in welchen eine Fortpflanzung durch unbefruchtete Eier stattfindet und welche man als parthenogenetische Fortpflanzung oder Partheno- genese bezeichnet, abgeleitet von 7:apS-£V0?, die Jungfrau, Wir beschäf- tigen uns zunächst nur mit der Gamogenese. Ei lind Samen. Entwicklung im Ei. Das Ei, Ovum, besteht aus der Eizelle, Ovulum, auch Urei genannt, und der Eischale oder chorion. Die Eizelle ist eine sehr stark gewachsene Zelle des mütterlichen Körpers und erlangt, wie wir oben sahen, ihre Ausbildung in den Ei- röhren des Eierstockes. Ihr Körper besteht, wie der jeder Zelle, aus einer Protoplasma genannten Eiweisssubstanz, der aber wälirend des starken Wachsthumes eine grosse Menge von Reservestoffen, Deutoplasma oder Dotter- elemente genannt, beigemischt Averden. Der Kern der Eizelle, welcher sich bei dem eben durch die beigemischten Dotterelemente häufig un- durchsichtig werdenden, reifen Eie oft der Wahrnehmung entzieht, heisst Keimbläschen. Die eigentliche Membran der Eizelle, welche wenig- stens zu gewissen Zeiten wohl jedem Ei zukommt, heisst Dotterhaut. Das starke Wachstlium der ursprünglich kleinen Eizelle wird, wie wir oben sahen (S. 77), dadurch möglich, dass sie sowohl ans den Epithelzellen der Ei- röhren, als auch, wo solche vorhanden, aus den Ei-Nährzellen Nahrungsstoffe auf- nimmt. Trotzdem bleibt aber das Ei doch eine einfache Zelle, selbst wenn die die Nahrung liefernden Zellen vollständig verbraucht werden, da letztere ja nicht als ganze Zellen, sondern blos ihrer Substanz nach in die Eizelle übergehen und von dieser vollständig assimilirt werden. Es wird eine Eizelle durch Aufnahme dei Substanz mehrerer Nährzellen ebenso wenig zu einem mehrzelligen Gebilde, wie aus einem fleischfressenden Thierindividuuni ein zusammengesetztes Thier dadurch wird, dass es täglich eine Keihe anderer Thierindividuen als Nahrung in sich aufnimmt. Das Ei. 83 Die Eischale ist eine aus Chitin bestehende, mehr weniger feste Membran, welche, wie wir oben sahen (S. 77), bereits im Eierstocke erzeugt wird. Sie wird stets durchsetzt von einer oder mehreren kleinen Oeflnunaen, durch welche bei der Befruchtunj; Samen- fädcn zur Eizelle selbst gelangen können. Eine solche Oeffnung heisst Mikropyle, abgeleitet von (.ic/.fio.:, klein, und ttuXtj, die Pforte. Die Gestalt der Eier ist zwar im allgemeinen rundlich oder langgestreckt, kann aber in vielen Fällen stark variiren. Auch Grösse und Zahl der- selben wechseln sehr^ stehen aber insofern unter einander in Beziehung, als Insekten, welche nur wenige Eier ablegen, im Verhältniss grössere Eier haben, als solche, die zahlreiche Eier produciren. Die Eischale ist zwar eine in sehr vielen Fällen ungemein widerstandsfähige Hülle der Eier, besonders bei denjenigen, welche den Winter frei überdauern müssen, wie z. B. die des Ringelspinners, Bombyx neustria L., gestattet aber einen Gasaustausch zwischen Ei und umgebender atmosphärischer Luft während der Entwicklung des Embryo, den man Fig. G5. Oberer Tlieil eines Eies des Hor- uisseuschvvärmers, Sesia apiformis Cl. nach Leuckaut mit dem Mikropylap])arat. VI einer der 5 Mikro- ])ylcanäle, welche von dem äusseren Mikro- pylgrübchen divergi- rend nach innen laufen. Fig. 66. Formen der Eier verschiedener Insekten. Dieselben sind ohne jede Rück- sicht auf ilire relative Grösse gezeichnet. A der Weisstanneu-Triebwickler, Tortrix murinana Hb. B Monne, Liparis monacha L. C Forleule, Trachea piniperda Pz. Z> Eundliche indifferente Eiform sehr vieler Insekten, z. B. der Borkenkäfer. E Maikäfer. F Mücke, Chironomus. G Blattwespe, Lyda pratensis Fabk., Ei an einer Kiefernnadel befestigt. H Fliege, Musca. I Honigbiene. iL Rosengallwespe, Rhodites Rosae L. L Florfliege, Chry- sopa perla L. M Essigfliege, Drosophila cellaris L. N Schildwauze, Pentatoma. O Wasser.skorpion, Nepa cinerea L. P Heckenweissliug. Pieris Crataegi L. (? Bett- wanze, Acanthialectularia L. 7;? Kopfhuis, Pediculus capitis De Geer., Ei an einem Haare befestigt. S Hirschdasselfliege, Hypoderma Actaeon Buauer. geradezu als Athraung bezeichnen muss. Sie zeigt oft eine ungemein zierliche Sculptur, z. B. sehr häufig eine netzartige Felderung (Fig. 65). Der Mikropylapparat besteht bald aus einer einfachen, bald auch aus mehreren Oeflfnungen, welche canalartig die Eischale durch- G* 84 Kap. IV. Fortpflanzung iind Jugendzustände der Insekten. setzen. Auf die mannigfachen Anordnungen derselben einzugehen, ist hier nicht der Platz, wir begnügen uns mit der Abbildung des Mikropylapparates bei dem Hornissenschwärmer (Fig. 65), welcher aus einem kleinen Grübchen besteht, von welchem nach innen diver- girend fünf feine Canäle ausgehen. Als die verbreitetste Eiform kann man ansehen ein Drehungs- ellipsoi'd mit geringer Längendifferenz beider Achsen der bildenden Ellipse (Fig. 6Q D). Diese Form kann sich aber nach zwei Richtungen hin verändern: einmal kommen, z. B. bei vielen Schmetterlingen, brotförmig niedergedrückte (Fig. 66 C und B) bis scheibenförmige Eier (Fig. 66 A) vor, andererseits langgezogene Formen (Fig. 66 E bis H). Während die ersteren aber immer radiär gebaut sind, so dass alle durch die verkürzte Achse gelegten Schnitte einander gleich sind, sind letztere symmetrisch, indem das Ei nach einer Seite, und zwar nach der, auf welche die Bauchseite des künftigen Embryo zu liegen kommt, gekrümmt ist. Die grösste Ausbildung erhält letztere Form bei den Gallwespen, bei welchen das Ei einem langgestreckten Quer- sacke gleicht (Fig. 66 K). Es erhalten die Eier mancher Formen ferner Haftapparate (Fig. 66 R und S), Stiele zur Befestigung (Fig. 66 L)y Anhänge in der Nähe der Mikropyle (Fig. 66 M und 0), oder es sind die Mikropylcanäle selbst in röhrenförmige Fortsätze ausgezogen. (Fig, 66 N). Rippungen des Chorion geben manchen Eiern ein eigenthümliches Ausehen, und an vielen sind Deckel vorgebildet, die nur mit einer dünnen Randzone der übrigen Eischale anhängen und sich beim Ausschlüpfen von der Larve leicht abheben lassen, so bei vielen wauzenartigen Thieren (Fig. 66 N, Q und R). Die Reifung der Eier erfolgt meist während des letzten Larven- stadiums oder im Puppenzustande, so dass das weibliche Insekt sofort nach Erreichung des Liiagostadiums, also nach der letzten Häutung fortpflanzungsfähig ist. Bei langlebigen Insekten kann dagegen die Reifung der Eier erst in das Imagostadium fallen und ganz allmälig nach Massgabe der abzulegenden Eier geschehen, z. B. bei der Bienen- königin. Der Sameil. Der Samen besteht aus einer dicklichen Flüssigkeit, welche in Folge der in ihr vertheilten sehr zahlreichen, aber zugleich sehr kleinen und feinen Samenfäden ein milchiges Ansehen erhält. Er entsteht in den männlichen Geschlechtstheilen, und zwar bilden sich in der S. 79 dargestellten Weise die Samenfäden, welche wegen ihrer selbstständigen Beweglichkeit früher häutig auch Samenthierchen oder Spermatozoen genannt wurden, aus den in den Hoden befindlichen Zellen. Jeder Samenfaden ist also eine modificirte Samenzelle. Die Gestalt der Samenfäden ist in der Regel eine einfach fadenförmige, mit einem etwas dickeren, vorderen Ende, dem sogenannten Köpfchen Ei und Samen. 85 (Fig. 67 A), dem der bewegliebe, sieb lebbaft bin und her scblän- gelnde Scbwanz entgegengesetzt wird. Es gibt aber, besonders bei manchen Orthopteren , auch Samen- föden mit besonders ausgezeichneten Anhängen am Kopfe (Fig. 67 B), sowie solche mit doppeltem Schwänze, z. B. bei einigen Käfern. In manchen Fällen, z. B. bei manchen Heuschrecken, reihen sich die Köpfehen der Spermatozoen derartig zusammen, dass sie eine lineare Reihe bilden, der die nach beiden Seiten abstehenden Schwänze seitlich ansitzen, wie die beiden Fahnen einer Feder dem Schafte (Fig. 67 C). Diese federförmigen Gebilde sowohl, wie überhaupt der Samen der Insekten in beiweitem den meisten Fällen, werden wiederum eingehüllt in feste, von den Anhangsdrüsen der männlichen Geschlechtsoi'gane A Fig. 67. A Einfache Samenfäden von Blaps mortisaga L. B Samenfäden mit anker- förmigen Köpfchen von einer Heuschrecke, Decticus verrucivorus L. C Vereinigung von Samenfaden einer andern Heuschrecke, Locusta viridissima L., zu federförmigen Gebilden. D Spermatophoren von Decticus. B — D nach von Siebold. abgesonderte Hüllen, welche man als Samenpatrouen oder Spermato- phoren bezeichnet (Fig. 67 D). Nicht lose also, sondern in fester Verpackung wird der Samen bei der Begattung übertragen. Von der Zeit der Reifung des Samens gilt dasselbe wie von der Reifung der Eier. Sie fällt entweder schon in den Puppen-, respec- tive Larvenzustand, so dass das ausschlüpfende Männchen sofort zum Beginn der Fortpflanzungsthätigkeit bereit ist, oder sie erfolgt erst all- mälig während der Lebensdauer des Individuums. Ausbildung und Reifung von Ei und Samen sind innerliche Vorgänge, welche sich bis auf die manchmal durch die Schwellung der Eierstöcke bedingte Auf- treibung des Hinterleibes beim Weibchen der direeten Beobachtung am lebenden Thiere entziehen. Die beobachtbare Einleitung des Fortpflanzungsgeschäftes ist dagegen in der Regel die Begattung des "Weibchens durch das Männchen. 86 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugendzustände der Insekten. Die Begattung. Der wesentliche Vorgang bei der Begattung oder copula besteht in einer Uebertragung des Samens des Männchens in den Leib des Weibchens, und zwar der Regel nach schliesslich in die Samentasche desselben. Dies geschieht meist so, dass die mit dem unpaaren Samenleiter des Männchens in Verbindung stehende Ruthe in die Scheide des Weibchens eingeführt wird. Diese geschlechtlic he Ver- bindung von Männchen und Weibchen kann in sehr verschiedener Weise ausgeführt werden. Sie kann im Sitzen wie im Fliegen geschehen, so, dass beide Theile den Kopf gleich gerichtet haben, wobei das Männchen auf dem Rücken des Weibchens sitzt, oder so, dass beide nach verschie- denen Seiten sehen. • Nur bei den Libellen beobachten wir einen ganz abweichenden Vorgang. Bei den Männchen dieser Thiere liegt die männliche Geschlechtsöffnung allerdings an der gewöhnlichen Stelle, nämlich am neunten Hinterleibsringe, das Copula- tionsorgan dagegen ganz getrennt weit nach vorn, an der Bauchseite, am zweiten Hinterleibsringe. Durch Umbiegung des Hinterleibes nach dem zweiten Hinter- leibsringe füllt nun das (^ sein Copulationsorgan mit Samen, ergreift dann das Q mit dem am Ende seines Hinterleibes beiindlichen Raifen im Nacken und beginnt nun den Hochzeitsflug, bei dem schliesslich das Q seinen Hinterleib umbiegt, dem Copulationsorgane des Männchens nähert und die Begattung voll zieht. Der Fall, dass das Weibchen auf dem Männchen sitzt, wie beim Floh, oder dass die beiden Thiere mit gleichgerichteten Köpfen neben einander sitzen, ist selten. Die Dauer der Copula ist eine sehr verschieden lange. Manche brünstige Weibchen lassen sich hinter einander von mehreren Männchen begatten, während andere nur ein einziges zulassen. In einzelnen Fällen hat die Begattung sofort den Tod des Männchens zur Folge. So stirbt die die Bienenkönigin begattende Drohne im Augenblicke der Samenausleerung und jene muss sich der an ihr hängenden Leiche entledigen, wobei stets ein Theil des abgerissenen Penis in der Scheide stecken bleibt. Er heisst in der Sprache der Imker das Begattungszeichen und wird erst später entfernt. Der Erfolg einer gelungenen Begattung ist also durch- aus nicht etwa die Befruchtung der Eier, sondern die Füllung der Samentasche des brünstigen Weibchens mit Samen. Die Befruchtung. Dieser Act ist rein von der Initiative des begatteten Weibchens abhängig. Er fällt in denjenigen Zeitpunkt, in welchem das aus der Eiröhre des Eierstockes austretende Ei an der Mündung der Samentasche vorübergleitet. Bei dieser Gelegenheit ist die Mutter im Stande, das Ei mit einer kleinen Portion des in der Samentasche von der Spermatophorenhülle befreiten Samens zu übergiessen. Es ge- schieht dies durch eine Zusammenziehung der Samentasche. Es dringt bei dieser Gelegenheit einer der beweglichen Samenfäden mit Hilfe seiner schlängelnden Eigenbewegung durch die Mikropylöffnung in das Bogattunj!:, IJefruclituug, Ablage der Eier. 87 Ei und mischt sich mit der Eizelle. Dieses Eindrin<:;en eines Samenfadens in die Eizelle ist der wesentliche Vorgang einer Befruchtung, Neuere Untersnchungini liaben gezeigt, dass der in das Ei eingetretene Samenfaden sich mit einem Tlieile des Kernes der Eizelle verbindet, und so ein neuer Kern gebildet wird, der „Furcliungskern", von dem ans nun die Einleitung der Furchungsvorgänge beginnt. Der nicht verwendete Theil des ursprünglichen Eikernes ist schon vorher als „Richtungsbläsclien" ausgetreten. Bei solchen Arten, bei denen sich die Eiablage über eine längere Zeit vertheilt, dauert die Fähigkeit, befruchtete Eier abzulegen, beim begatteten Weibchen so lange, als der empfangene Samenvorrath reicht, beziehungsweise so lange, als letzterer lebenskräftig bleibt. Der Erfolg der Befruchtung ist der, dass durch sie eine sonst nicht entwicklungsfähige Eizelle die Fähigkeit erhält, sich in einen Embryo — so nennt man das junge Thier, so lange es in den Eihüllen verharrt — umzubilden. Die Ablage der Eier. Das befruchtete Ei wird meist sofort abgelegt und die Entwicklung des Embryo geht dann ausserhalb des mütterlichen Körpers vor sich. Die Anzahl der abgelegten Eier kann von einigen Tausend bis ungefähr einem Dutzend variiren. Die Eier können ent- weder einzeln oder zu verschieden gestalteten Haufen vereinigt abgelegt werden. In vielen Fällen stellt das Weibchen besondere für die Eier geeignete Unterkunftsstellen her, so z. B. bei den Borkenkäfern den be- kannten Muttergang, in welchem die Eier vertheilt werden. Am auf- fälligsten ist diese Vorsorge für Eier und Brut bei vielen bienen- und wespenartigen Thieren, welche besondere Bauten zu deren Aufnahme errichten, eine Arbeit, welche bei den geselligen Hymenopteren und Orthopteren meist von den geschlechtlich verkümmerten Weibchen, den Arbeiterinnen, übernommen wird. Bei manchen dieser Thiere wird dann auch die Abwartung des Eies und die Fütterung des ausschlüpfenden Jungen durch diese Arbeiter oder auch die Mutter besorgt. In allen anderen Fällen wird das Ei aber so abgelegt, dass das Junge in un- mittelbarer Nähe entweder Nahrung, wenigstens für seine ersten Lebens- tage, bereit findet oder doch erbeuten kann. Bei einigen Insekten tragen die Weibchen die Eier an ihrem Leibe mit herum, entweder in freien Häufchen oder in durch das Secret der Kittdrüsen gebildeten Eikapseln vereinigt. In einer geringeren Anzahl von Fällen durchläuft dagegen das Ei bereits im Inneren des mütterlichen Körpers seine Entwicklung oder wenigstens einen Theil derselben, so dass entweder mit Embryonen versehene Eier oder, wenn das Ausschlüpfen der Jungen bereits im Mutterleibe vor sich geht, diese letzteren selbst abgelegt werden. Bei völlig entwickelten Weibchen ist wohl immer die Scheide die Stätte, an 88 Kap. IV. Fortpflanzung iiud Jugendzustäude der Insekten. welcher die Eiei* sich entwickeln. Bei den Lausfliegen bleiben aber die Jungen noch längere Zeit im mütterlichen Körper zurück, werden hier durch das Secret von modificirten Kittdrüsen ernährt und erst als fast verpuppungsreife Larven abgelegt. Die Anzahl der abgelegten Eier ist wohl am grössten bei den Termitenweibchen. Nach von Berlepsch soll eine Bienenkönigin zur Zeit ihrer höchsten Thätigkeit durchschnittlich am Tage 1200 Eier ablegen können und im Ganzen öfters 40 000 bis 50 000 Eier pro- duciren, während nach Rösel das Flohweibchen nur 12 Eier erzeugt. Der Fichtenborkenkäfer erzeugt gewöhnlich 30 bis 100 Eier, der Kiefern- spinner circa 100, ein Eierhäufchen der Nonne enthält bis 150 Eier und das Nest der Maulwurfsgrille bis 250 Stück. Einzeln abgelegt werden die Eier von vielen Insekten, z. B. von den sogenannten Eulen, Noctuae, unter den Schmetterlingen, des- gleichen bei manchen Lyda- Arten unter den Blattwespen u. s. f., bei den meisten Kerfen geschieht die Ablage aber in regellosen Haufen. Fig. 68. Eierring des Ringelspinuers, Bombyx neustria L., dem Zweige eines Laubbaumes fest angekittet. Fig. 69. Blattrolle von dem Blatte einer echten Kastanie, gefertigt von Attelabus curculionoides L. In regelmässige, charakteristisch geformte Haufen werden die Eier angeordnet, z. B. bei dem Eingelspinner, Bombyx neustria L., dem Birkenspinner, Bombyx lanestris L., und dem Schwammspinner, Ocneria dispar L. (Taf. V, Fig. IE); in letzteren beiden Fällen, und übrigens in vielen anderen, bedeckt mit einem Ueberzuge aus der Afterwolle des Weibchens. Aber auch viele andere Insekten vereinigen ihre Eier zu regelmässig gestellten Haufen, z. B. der Coloradokäfer und die gewöhnliche Stechmücke, Culex. Solche, die in das Wasser abgelegt werden, sind mitunter durch gallertartige Masse zu einer Art Laich verbunden. Die Fälle, in welchen das Weibchen seinen Eiern durch mühsame eigene Thätigkeit die passende Unterkunftsstelle bereitet, sind sehr zahlreich. Wir erwähnen hier ausser dem bereits oben an- geführten Beispiele der Borkenkäfer die Gallwespen, die Schlupf- wespen und die Rüsselkäfergattung Balaninus, von denen die beiden ersteren mit Hilfe ihrer Legstachel die Eier in Pflanzentheile, beziehungs- weise in den Körper von anderen Insekten unterbringen, letztere das Ei in ein mit dem langen Rüssel in den Fruchtknoten der Nahrungs- pflanze, z. B. der Haselnuss, genagtes Loch schieben. Manche Käfer Die Ablap;e der Eier. 89 verfertigen reg-elniässi2;e Blattrollen, in denen je ein Ei untergebracht wird, z. B. Rhynchites betulae L. auf Birken und Attelabus curculio- noides L. auf Eichen und echten Kastanien (Fig. 69). Am kunst- vollsten verfahren aber die Hymenopteren. Diese bauen Wohnungen für die Eier, beziehungsweise die junge Brut, und speichern entweder in dieser Wohnung Nahrung für die Larve auf oder füttern die ausge- kommene in täglicher Brutpflege. Für ersteres sind viele Grabwespen, unter anderen die gemeine Ammophila sabulosa L,, viele ungesellig lebende Wespen — Eumenes pomiformis Spin. — und viele Blumen- bienen, unter ihnen Megachile centuncularis Fabr., die Tapezierbiene, als Beispiel anzuführen. In den beiden ersten Fällen werden Insekten- larven, in letzteren Blumenstaub als Nahrung für die Larve den Eiern beigegeben. Für Unterbringung der Eier in kunstvollen Bauten, aber ohne Beifügung von Nahrung, sondern mit nachfolgender Fütterung der Larven, bieten uns die geselligen Wespen und Bienen, sowie Ameisen und Termiten bekannte Beispiele. Aber auch in den Fällen minder ausgeprägter Brutpflege wird das Ei an solchen Oertlichkeiten abgelegt, an denen die Larve Nahrung findet oder von denen aus sie leicht zu solcher gelangt. Bei Insekten mit pflanzen- ^^ ^ fressenden Larven werden also die Eier regelmässig an oder in der Futterpflanze der Larve abgelegt; der Maikäfer, dessen Larve von Pflanzenwurzeln lebt, legt dieselben in die Erde an pflanzenbesetzte Stellen. Mist- ^'n- 70. Eikapsel ■,.,..„ , .ITT i-.i -n ^'oi^ Blatta und Aaskäfer legen ihre Eier an thiensche Excre- orientalls L. mente oder Thierleichen. Insekten, deren Larven von « von der Seite Blattläusen leben, z. B. die Florfliege, Chrysopa, legen gesehen, h im ihre gestielten Eier auf mit Blattläusen besetzte Blät- Querschnitt um ter, und diejenigen Insekten, deren Larven im Wasser j-gii^ei^ ^.n zeio-en. leben, legen auch ihre Eier in dasselbe ab, z, B. die Mücken, die Libellen und die Eintagsfliegen. Beispiele, dass Insekten- weibchen die abgelegten Eier mit sich herumtragen, haben wir besonders bei den Geradflüglern, z. B. bei den Afterfrühlingsfliegen — Gattung Perla Geoffr. — und bei den Schaben, z. B. bei der so gemeinen grossen Schabe, Blatta orientalis L. Bei letzterer, wie bei den Ver- wandten, sind die Eier auch noch besonders in eine hornige Kapsel eingeschlossen, welche vom Weibchen, in die Geschlechtsöffnung ein- gezwängt, mit sich herumgetragen wird (Fig. 70). Die bekanntesten Fälle von lebendig gebärenden Insekten finden sich unter den Zweiflüglern und sind als solche sowohl die gewöhnliche Schmeissfliege, Sarcophaga carnaria L., als viele Raupenfliegen, z. B. Tachina fera L., und dießachendasselfliegen, Cephenomyia, bemerkenswerth. Des- gleichen kommt Viviparität auch bei einigen Käfern aus der Familie der Staphylinidae vor. Die lebendig geborenen Blattläuse sind nicht gamogenetisch, sondern parthenogenetisch entstanden und entwickeln sich bereits in den Eiröhreu (vergl. S. 124). 90 Kap. IV. Fortpflanzung nnd .Jngendzustände der Insekten. Die Verwaiulluug der Eizelle in den Embryo. Die Entwicklung des Eies umfasst eine Reihe von Formbildungsvorgängenj durch welche die gesammte Masse der Eizelle innerhalb der Eischale schliesslich in ein von zelligen Hüllen eingeschlossenes junges Thier, den Embryo, umgewandelt wird. Der Embryo bildet sich also aus der Substanz der Eizelle, steht aber, da er athmet, durch die Eischale hindurch in Gas- austausch mit der Aussenwelt. Die Entwickhing'svoi'gänge sind sehr complicii'ter Natur und wir müssen uns daher hier mit einigen kiirzen Andeutungen begnügen. Der erste wesentliche Vorgang besteht hier wie überall in der Verwandlung der einen grossen Eizelle in eine grosse Menge von kleinen Embryonalzellen. Diese ordnen sich nun in concentrische Schichten, von denen die äussere aus Zellen bestehende, zunächst einschichtige, den Embryo nach aussen abschliessende Zellblase, als Blastoderm oder Keimhaut bezeichnet wird und in Gegensatz tritt zu den von ihr um- schlossenen dunklen Dotterballen, welche neuerdings immer allgemeiner gleich- falls als wirkliche Zellen angesehen werden. Aus dem Blastoderm entsteht der Leib des Insektes mit Ausnahme des Mitteldarmes, welcher sich aus der centra- len Masse herausbildet. Ein grosser Theil dieser letzteren wird aber nicht direct morphologisch zum Aufbau des jungen Thieres verwendet, sondern, als „Dotter" in den Mitteldarm gelangt, allmälig re- sorbirt und nimmt niu- physiologisch an der Bildung des Embryo theil. Auch die Embryonalhüllen entstehen durch Falten- bildung aus dem Blastoderm. Die eigent- liche Bildung der Leibeswand des Embryo beginftt damit, dass die Anlage der Bauch- seite des Embrj'o in Gestalt einer schild- förmigen Verdickung der Keimhaul auf- tritt (Fig. 71^4). Diese wird der „Keim- streif" genannt. Durch Faltenbildungen und Abspaltungen wird dieser Keimstrei^ mehrscliichtig; er gliedert sich in Segmente ^Fig. 71 7?j, und es entstehen nun aus ihm die einzelnen Organe des Embryonal- leibes, besonders das seine Mittellinie ein- nehmende Centralnervensystem und die als Einstülpungen von der sich einsenkenden Mund- und Afteröffnung aus auftretenden Anlagen des Vorder- iind Hinterdarmes, welche sich erst später mit dem central entstandenen Mitteldarm vereinigen. Quere Einschnürungen des Keimstreifes gliedern den Embryonalkörper in seine einzelnen Segmente, und sackförmige paarige Ausstülpungen des Keimstreifes bilden in den Fällen, in welchen sie bereits am Embryo auftreten, die Anlagen der Gliedmassen (Fig. 71 JS und C). Zugleich iimwächst der Keimstreif, indem er sich peripherisch ausdehnt, den gesammten Dotter vom Bauche nach dem Eücken zu, so dass sich schliesslich seine Ränder auf dem Eücken treffen und vereinigen, und nun der definitive Schluss der Körperwaudungen erreicht ist. Sehr früh, bereits lange ehe die hier angedeuteten Bildungen zum Abschlüsse kommen, haben sich Zellfalten an der Peripherie des Keimstreifes, und zwar zuerst an seinem vorderen und Drei Entwicklungsstadien von Hydrophilus piceus L. nach Kowalewsky. Die Eischale ist entfernt. A erste schild- förmige Anlage des Embryo. B der Keim- streifen ist deutlich angelegt und in die Segmente zerfallen. C weiter entwickelter Embryo, an dessen Keimstreif die Oberlippe, die Fühler (l),die drei Kieferpaare f2bis4), sowie die drei Beinpaare (5 bis 7) deutlich erscheinen. Hinter Nr. 7 findet sich noch die Andeutung eines vierten, später schwin- denden Beinpaares. Auf dem hinteren Theile des Keimstreifens schimmert in der Mitte das Bauchmark durch. Die Veiwaudlung der Eizelle in den Embrj'o. Dio Larve. 91 iiinteren Eude erhoben nnd mit einander verwachsend, eine Einhryonalhülle gebildet. Letztere ist aber ein provisorisches Enibryonalox-gan, nur für die Dauer des Embryonallebens berechnet, n'nd el)enso vergänglich wie die mitunter am Embryo aut'tretendeu überzähligen (iliedniassenpaare (Fig. 71 C), welche vor der Geburt des Embryo wieder schwinden, oder die bei manchen Dipteren auftreten- den, zur Sprengung der Eischale beitragenden Stacheln. Eine von der eben angedeuteten einfacheren Form der Embryonalbildung scheinbar abweichende ist diejenige mit sogenanntem inneren Keimstreif, auf welche hier näher nicht eingegangen werden kann. Die Grundziige der Entwicklung des Embryo, also der Um- wandlung der Eizelle in ein nach dem Bauplan des Insektenleibes gebautes Tbier, sind aber im wesentlichen stets die gleichen. Indessen zeigt das schliessliche Resultat, das so entstandene junge Thier, je nach der Gruppe, der es angehört, wesentliche Unterschiede in der Ausbildung und Gestaltung der einzelnen Leibesabschnitte und Gliedmassen. Es hängt ausserdem die Höhe der Ausbildungsstufe, welche das Insekt bereits im Ei erlangen kann, bis zu einem gewissen Grade von der Menge der in der Eizelle gebotenen Bildungsmasse ab. Im allgemeinen sehen wir nämlich, dass bei solchen Insekten, welche im Verhältniss zur Imago sehr grosse Eier haben, das junge Tliier bereits innerhalb der Eischale diejenige Segmentirung und diejenigen Gliedmassen erhält, welche dem erwachsenen Thiere zukommen, während bei solchen, die sehr kleine Eier haben, dies viel weniger häufig der Fall ist. Hat der Embryo die ihm zukommende höchste Entwicklungsstufe erreicht, so öffnet er die Eischale und schlüpft aus, entweder indem er durch seine Bewegungen die allmälig morsch gewordene Hülle sprengt oder, wenn er mit beissenden Mundwerkzeugen versehen ist, indem er dieselbe durchnagt. Im ersteren Falle erleichtern mitunter an der Eischale vorgebildete Deckelapparate (vergl. S. 84) das Ausschlüpfen. Die Larve und ihre Yerw^andlung in die Imago. Metaiiior- pliose und Puppenrulie. Die Larve. Nach dem Verlassen der Eischale wird das junge Insekt Larve genannt. Alle eben ausgeschlüpften Larven sind kleiner als die Imago, flügellos und nicht geschlechtsreif. Frei bewegliche, ihrem Nahrungs- erworb lebhaft nachgehende oder äusserlich auf ihrer Nährpflanze oder ihrem Nährthiere lebende Insektenlarven sind mit festeren Chitinhüllen versehen und meist entschieden, häufifr sogar lebhaft g^efärbt. Im Inneren der zu ihrer Nahrung dienenden Substanzen, z. B. im Holze, oder in der Erde lebende Insektenlarven sind dagegen weich und weisslich. Je nach der Höhe der Entwicklung, welche der Embryo erreicht hat, ist der Bau und die äussere Erscheinung der ausschlüpfenden jungen Larve sehr verschieden. 92 Kap. lY. Fortpflaazung und Jugendzustände der Insekten. Wir finden alle Uebergänge von solchen Larvenformen, welche ohne Weiteres auch dem unbefangenen Beobachter ihre Zugehörigkeit zu der betrachtenden Imagoform verrathen, also dem erwachsenen Insekte fast völlig gleichen, bis zu solchen, die so sehr von der Imago ver- schieden sind, dass die Beobachtung des genetischen Zusammenhanges zwischen beiden Geschöpfen nöthig war, um ihre Zusammengehörigkeit erkennen zu lassen. Eine solche Differenz zwischen Larve und Imago tritt namentlich da hervor, wo entweder der Aufenthaltsort oder die Art der Nahrungsgewinnung bei Larve und Imago sehr verschieden sind, — die Larve kann kauende, die Imago saugende Mundwerkzeuge haben, oder umgekehrt — Larve und Imago also ganz verschiedenen Ver- richtungen angepasst sind. Bekannte Beispiele sind die Libellen, deren Larven im Wasser leben, und die Schmetterlinge, deren Durchgang durch das Raupenstadium heuzutage allerdings eine ganz allgemein bekannte Thatsache ist, zu deren Erkennung es aber doch früher einer grossen Keihe von Beobachtungen bedurfte. Die Anpassung der Larve an ihre besonderen Lebensbedingungen kann sich nach zweierlei Richtungen hin aussprechen. Lebt die Larve an geschützten, massenhafte, leicht zu gewinnende Nahrung darbietenden Oertlichkeiten, so ist der Bau ihrer Mundwerkzeuge und Bewegungs- organe ein sehr unvollkommener, einfacher im Verhältnisse zur Imago z. B. bei den Fliegenmaden. Hat die Larve dagegen einen heftigeren Kampf um's Dasein zu bestehen, so ist sie mit allerhand, nur diesem Stadium zukommenden Ausstattungen versehen, d, h. mit häufig recht complicirt gebauten Larvenorganen, welche bei der Verwandlung in die Imago wieder verloren gehen. Bekannte Beispiele solcher Larven- organe sind unter anderen die Tracheenkiemen vieler im Wasser lebender Larven (vergl. Fig. 85 Ä) und die an einem Theil der Hinterleibs- segmente der Raupen befindlichen Afterfüsse (Fig. 75). Wir können die verschiedenen Lavvenformen in folgende sieben Abtheilungen unterbringen, welche übrigens duixhaus nicht scharf von einander getrennt, sondern durch die mannigfachsten Uebergänge mit einander verbunden sind. 1. Die Larve ist in allen wesentlichen Zügen der Imago ähnlich und unterscheidet sich von ihr nur durch geringere Grösse und man- gelnde Geschlechtsreife. Beispiele hiefür bieten die auch im erwach- senen Zustande ungeflügelten Thierläuse, Pediculina, und die Haarlinge oder Federlinge, Mallophaga. 2. Die Larve ähnelt der geflügelten Imago ebenfalls noch so sehr, dass auch der unbefangene Beobachter sie ohne Weiteres als deren Jugendform erkennt, unterscheidet sich aber von ihr durch Die Larve uud ihre verschiedenen Formen. 93 Flügellosigkeit, durch kleine Details in der Ausbildung der Glied- niassen und mitunter aucli durch ein verschiedenes Verhältniss in der Grösse der einzelnen Leibesabschnitte. Dies ist bei den typischen Geradflüglern uud Schnabelkerfen der Fall. So ist z. B. die auf Fig. 72 abgebildete Larve einer Feldheuschrecke nicht nur kleiner als die Imago und flügellos, sondern der Hinterleib ist auch im Verhältniss zu Kopf »md Brust weniger entwickelt als bei der Imago, und die Fühler, welche bei jener 26 Glieder zeigen, haben deren vorläufig nur 12. 3. Die Larve zeigt noch eine allgemeine Uebereinstimmung mit der Imago in der Gruppirung der Segmente zu grösseren Abschnitten und in der Anzahl und Ausbildung der Gliedmassenpaare, dagegen sind die Einzelheiten ihrer Erscheinung doch von denen des erwachsenen Insektes wesentlich verschieden. Es gehören viele Larvenformen der abweichenderen Geradflügler, vieler Käfer, mancher Zweiflügler in diese Abtheilung; dagegen ist dieselbe auch am allermannigfaltigsten aus- gebildet. Die Eintheilung des Leibes in Kopf, Brust und Hinterleib ist deutlich ausgeprägt, der Kopf ist mit Punktaugen, kurzen Fühlern Fig. 72. Eben ausgesclilüpfte Larve einer Feldheuschrecke nach Emerton ^, Vi- Fig. 7.3. Larve der gemeinen Stubenfliege, Musca domestica L. luh Mundbacken, st das vordere, sC das hintere Stigma. und Mundwerkzeugen versehen, die drei Brustringe tragen drei Bein- paare, die zur Fortbewegung des Leibes geeignet sind, der Hinterleib ist aber gliedmassenlos (Taf. I, Fig. 1 L, 'd L, A L, b L, Taf. II, Fig. 14 L). Die mannigfachen Abweichungen der Details der einzelnen Körpertheile der Larve von denen der Imago erscheinen hier wesent- lich als Anpassungen an das abweichende Larvenleben. 4. Die Larven sind träge, weiche und weissliche, madenartige Geschöpfe, deren mehr weniger rudimentäre Beine nicht mehr zur Fort- bewegung des Leibes geeignet sind, und welche sich daher durch wurm- fbrmige Bewegungen des ganzen Leibes fortschieben. Kopf und Mund- werkzeuge sind aber noch deutlich ausgeprägt. Hierher gehören z. B. die Larven mancher Bockkäfer, sowie die der Holzwespen, Sirex (Taf. VI, Fig. 4L). 5. Die Larven sind im allo-emeinen wie die eben unter 4 erwähn- ten gestaltet, entbehren jedoch bei noch gut ausgebildetem Kopfe der Beine ganz. Dies ist z. 13. bei den Rüssel- und Borkenkäfern, sowie bei Bienen und Wespen der Fall (Taf. II, Fig. 5L und 10 L; Fig. 83 A). 6. Den wurmförmigen Larven fehlen auch ein gesonderter Kopf- abschnitt und ausgebildete Mundgliedmassen. So sind z. B. die Larven 94 Kap. IV. Fortpflanzung' und Jugendzustände der Insekten. der eigentlichen Fliegen gestaltet und für sie allein sollte man eigent- lich den Ausdruck „Made" reserviren (Fig. 73). 7. Die Larven sind ,, Raupen", d. h. langgestreckte, deutlich segmentirte Larven mit gut ausgeprägtem Kopfe, drei Paar Brustfiissen und Afterfüssen an den Segmenten des Hinterleibes. Erstere dienen aber weniger als Bewegungsorgane, sondern mehr dazu, um die Nah- rung, also besonders Blätter und andere Pflanzentheile, in eine den Mundwerkzeugen bequeme Lage zu bringen. Die Ortsbewegung ist zum grössten Theile den Afterfüssen übertragen (Taf. III Z/, Taf. VI, 3 L). Eigentliche Raupen finden sich bei den Schmetterlingen, die ähn- lichen Jugendformen der Blattwespen heissen Afterraupen. Afterfüsse kommen aber auch einer Reihe von Zweiflüglerlarven zu. Einige Einzelheiten über den Bau nnd das Leben der Larven. Die Larven haben im allgemeinen die nämlichen inneren Organe wie die erwachsenen Insekten, und auch die Anordnung derselben ist die gleiche, ihre Gestaltung dagegen meist wesentlich einfacher. Man kann daher durch die Section einer grossen Larve, z. B. einer Raupe, einen guten Einblick in den Bauplan des Insektenleibes gewinnen. Nur die Geschlechts- organe sind lediglich in der Anlage vorhanden, und besonders fehlen ihnen stets die Ausführungsgänge mit ihren äusseren Oeffnungen. Der Darmcanal der Larven ist sets zu reichlicher Nahrungs- aufnahme eingerichtet, besonders bei Pflanzenfressern, und von dem Darmcanal der Imago oft sehr verschieden, namentlich dann, wenn die Nahrung der Larve von der der Imago abweicht. Am deut- lichsten prägt sich dieses bei den Schmetterlingen aus. Während näm- lich die auf flüssige Nahrung, auf Blumensäfte angewiesenen Imagines einen verhältnissmässig wenig umfangreichen, dünnen, nur mit einem seitlich angesetzten grossen Kropf, dem „Saugmagen" versehenen Darm (vergl. S. 52), haben, ist der Darm der Raupe ein in gerader Linie von Mund zu After verlaufender, dicker Schlauch, bei welchem be- sonders der Mitteldarm (Fig. 74c) zu einem weiten, massigen Behält- nisse für die reichliche Pflanzennahrung ausgebildet ist. Ebenso wie manchen Imagines durch Verkümmerung der Mund- öffnung die Nahrungsaufnahme unmöglich ist, sehen wir bei einer Reihe von Insektenlarven, welche eine nur geringe Kothmassen hinterlassende Nahrung geniessen, z. B. bei Bienen, Lausfliegen, Blattlaus- und Ameisen- löwen, Chrysopa und Myrmeleon, die Abgabe von Koth während des Larvenlebens dadurch gehindert, dass keine offene Verbindung zwischen Mittel- und Hinterdarm besteht. Der Enddarm der im Wasser lebenden Larven mancher Libellen ist mit Tracheenkiemen (siehe S. 96) ver- sehen und vermittelt also die Athmung. Bei vielen Larven sind die Speicheldrüsen ungemein stark aus- gebildet und ein Paar derselben in grosse Schläuche verwandelt, welche ein fadenziehendes, später au der Luft oder im Wasser erhärtendes Fürni, Bau uml Leben der Larven. 95 Secret liefern; man nennt sie Spinndrüsen (Fig. 74 a'). Sie erzeugen die Seide, ans welcher die Larven sich vielfach sowohl Larven- wohnungeu bereiten, als auch ihre Cocons spinnen, an der sie sich von erhöhten Orten herablassen, oder mit welcher sie fremde Körper zu Larven- oder Puppenhiillen verbinden. Die von den Larven sich selbst bereiteten Wohnungen können in zwei Formen vorkommen. Entweder sind es Einzelwohnungen oder Gesellschaftswohnungen. Die Einzelwohnungen sind ent- weder ganz einfache Schlupfwinkel, Erdlöcher, z. B. die Höhlen der Cicindelenlarven — oder in die Nahrungsquelle gefressene, Gänge — Borkenkäfer und Rüsselkäfer — oder es sind durch Spinnfäden zu- sammengezogene Blätter — Wicklerraupen — , oder es sind besondere Gehäuse, welche aus meist durch Spinnfäden oder Kitt verbundenen fremden Körpern bestehen. Diese werden alsdann häufig von der frei beweglichen, mit ihrem Vordertheil aus dem Gehäuse sich vor- Fig. 74. Darmcanal nebst Anhängen der Raupe von Bombyx pini L. Nach Sückow. a Speicheldrüse. «' Spinndrüse, h Schlund, r Mitteldarm, li Dünndarm, k Mastdarm, i Harngefässe, von denen zwei Paar der rechten Seite und alle linksseitigen ab- geschnitten erscheinen. streckenden Larve mitgeschleppt. Besonders bekannt sind die „Säcke" vieler Kaupen aus der Familie der Psychidae, — wir erwähnen die aus Sand gebauten, schneckenartigen Hüllen der Raupe von Psyche helixSiEB. (Fig. 87 B) und die aus dem aufgehäuften Kothe zusammengefügten Larvenhüllen mancher Käfer, z.B. des bekannten Lilienhähnchens, Lema merdigera L. — und die aus einem secernirten, flüssig bleibenden, schau- migen Schleim bestehenden Hüllen der Schaumcicade, Aphrophora spumaria L., welche im Volke als Kukuksspeichel bekannt sind. Die Gesellschaftswohnungen sind meist aus Spinnfäden bereitet, dienen entweder nur als zeitweiliger Aufenthalt — so die Raupen- nester der Processionsraupe und die Ueberwinterungsnester des Gold- afters, Liparis chrysorrhoea L. — oder als dauernder — die mit Koth durchsetzten Gespinnste der geselligen Larven der Gattung Lyda unter den Blattwespen. Das Tracheensystem der Larven ist in seinen allgemeinen Zügen dem der Imagines ähnlich, dagegen ist häufig Zahl und An- ordnung der Stigmenpaare eine ganz abweichende. 96 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugeudzustände der Insekten. Zunächst ist bei sehr vielen Larven ein den Imagines regel- mässig fehlendes Stigmenpaar am Prothorax vorhanden, während die der Image zukommenden Meso- und Metathoraxstigmen fehlen. Zugleich Fig. 75, Eaupe des Kiefernspinners mit ihren acht Gliedmassenpaaren, von denen die drei ersteren (.5 bis 7) Brustfüsse, die übrigen fünf Paar (8 bis 12) Afterfüsse. Die vier ersten Gliedmasseupaare, Fühler und drei Kieferpaare, sind in dieser Ansicht nicht darstellbar. Der Prothorax, sowie die acht ersten Abdominalsegmente zeigen je ein Lviftloch. sind die Abdominalstigmen deutlich entwickelt. Dies ist z. B. bei allen Schmetterlings- und Käferlarven der Fall (vergl. Fig. 75, sowie Taf. II, Fig. 14 /.). In anderen Fällen bleibt blos das erste, am Prothorax gelegene Stigmenpaar, sowie das letzte Paar Hinterleibsstigmen übrig. So ist es (Fig. 73) bei den vielen Fliegenlarven, bei denen das letzte Stigma dann gewöhnlich sehr gross und deutlich ausgeprägt ist. Ein gutes Beispiel hiervon liefern besonders die Oestridenlarven, Im extremsten Falle schwinden dann auch die Prothoraxstigmen, und nur das hinterste Paar des Abdomens bleibt. Eine Verlängerung der Hinterleibsstigmen in lange Athemröhren, welche der Larve gestatten, dauernd Fig. 76. Larve von Ptychoptera contaminata L. j^ gj^^j, gewissen Tiefe nach Bkauek. a Athemrohre. , „ ° ^, „.. , unterhalb der (Jbernache der Flüssigkeit, in Avelcher sie lebt, zu verhari-en und dabei doch zugleich durch die an die Oberfläche gehobene Oeffnung der Röhre zu athmen, ist in diesem Falle sehr häufig. So z. B. bei den Larven von Eristalis, Ptychoptera (Fig. 76) und Culex. Es kommen aber auch wasserbewohnende Insektenlarven vor, bei denen sämmtliche StigmenöflFnungen geschlossen, beziehungsweise überhaupt geschwunden sind; dafür haben diese Larven aber blatt- artige oder büschelförmige Anhänge (Fig. 77 und 85 .4), in welche Seitenäste eines Tracheenlängsstammes eintreten und sich verästeln. Es sind dies die Tracheenkiemen. Gewöhnlich sind dieselben paarig an den Seiten der Hinterleibssegmente oder der Brustringe angebracht. Bei den Agrioniden unter den Libellen sind dagegen drei am Caudalsegment befestigte Kiemenblätter vorhanden und bei den Aeschniden sind die Tracheenkiemen in sechs Doppelreihen im After- darm angebracht. Eiiizülheitcu über ilcii Bau der Larven. 97 Das Nervensystem der Larven weicht liüufig von dem der Imago ab. Man kann im wesentlichen zwei Typen unterscheiden. Bei den meisten Hymenopterenlarven, vielen Kät'erlarven und allen Schmetterlingsraupen sind 12 bis 13 gesonderte, nur durch doppelte LUngsconimissuren zum Bauchmarke vereinigte Nervenknotenpaare vor- handen, von denen das erste als oberes, das zweite als unteres Schlund- ganglion im Kopfe gelegen sind, das dritte bis fünfte den Brust- seg:menten und die übrigen dem Hinterleibe zukommen. Fig. 77. Tracheenkiemen der Larve von Baetis bino- culatus L. nach Palmen, a Kiemenblätter, h Tracheen- längsstamm, c Stämme, welche die Kiemenblätter versoro'en, e Darm. A n Fig. 78. A Kopf einer Schmetterlingsraupe jederseits mit einer Gruppe gehäufter Punktangen, B Kopf einer Blattwespen- Afterraupe mit einem Punktauge jederseits; beide haben kleine, seitliche Fühler. Im anderen, selteneren Falle besteht das Nervensystem aus einem oberen Schlundganglion und einer grossen centralen Nervenmasse im Thorax, welche bald völlig ungegliedert ist, bald durch Einschnitte in eine Reihe von Nervenknoten zerlegt erscheint. Dieser Fall ist am ausgeprägtesten bei manchen Zweiflüglerlarven, kommt aber in der zu zweit erwähnten Abart auch bei vielen Käferlarven, z. B. den Borkenkäferlarven vor. Die Sinnesorgane der Larven sind im allgemeinen weniger gut ausgebildet, als die der Imagines, namentlich sind durchschnittlich die Tastorgane, al-so Fühler und Taster, kleiner als bei der Imago. Geruchs- und Geschmacksorgane sind mit Sicherheit bis jetzt bei den Larven nicht nachgewiesen, dagegen sind Nervenstifte, also Gehör- organe an verschiedenen Körpcrtheilen verschiedener Larven durch Graber aufgefunden worden. Am besten bekannt sind die Gesichtsorgane der Larven. Bei den der Imago sehr ähnlichen Larvenformen sind auch die Augen der Larve denen der Imago im wesentlichen gleichwerthig, es kommen ihnen gleichfalls ein Paar Netzaugen und eventuell scheitelständige Punktaugen zu. In den Fällen aber, in welchen die Larven von der Lehrbocli d. milteleiirop. Fors'.intektenkunde« 7 98 Kaji. IV. Fortpflanzung und Jugendzustäude der Insekten. Imago stark abweicheu, fehlen die scheitelständigen Puuktaugen ganz und die Netzaugen sind durch paarig angeordnete Piinktaugen oder Punkt- augengruppen vertreten oder fehlen gleichfalls. So sehen wir z. B. an dem Kopfe der Blattwespenraupe (Fig. 78jB) jederseits nur ein Punkt- auge, und bei den Schmetterlingsraupen ist jedes Netzauge durch einen Haufen von fünf einzelnen Punktaugen vertreten (Fig. 78 A). Viele Larven sind dagegen völlig blind. Die Anlagen der Geschlechtsorgane sind schon früh kennt- lich, entbehren aber, wie oben gesagt, fast stets der Ausführungsgänge. Sollten diese, wie bei manchen Insekten mit unvollkommener Meta- morphose, in späteren Larvenstadien doch schon angelegt sein, so ist ihre äussere Oeffnung verschlossen. Metaniorpliose der Larve im allgemeiueu. Da jede neu- geborene Insektenlarve, wie wir sahen, von der erwachsenen Liiago ver- schieden ist, mag diese Verschiedenheit auch noch so gering sein, so muss sie eine Reihe von Umwandlungen durchlaufen, um zur Imago zu werden. Diese Umwandlungen nennt man Metamorphose. Wenn man in älteren Schriften von Insekten ohne Verwandlung liest, so kommt dies daher, dass früher nur diejenigen Verwandlungen als Metamorphose bezeichnet wurden, bei welchen sehr bedeutende Veränderungen vor sich gehen. Es ist dies also eine volksthümliche Ausdruckswelse, welche dieselbe Berechtigung hat, wie der Ausspruch, dass der Vogel keine Meta- morphose habe, dagegen dem Frosche eine solche zukomme. Aber auch der junge Sperling erleidet, vom wissenschaftlichen Standpunkte aus be- trachtet, eine ganze Keihe von Umwandlungen, ehe er zum erwachsenen Vogel wird, und nur quantitativ, nicht qualitativ unterscheidet sich seine Entwicklung von der Verwandlung der Kaulquappe zum Frosche. Das Larvenstadium ist das Stadium der Ernährung. In ihm sammelt das aus einem kleinen Ei entstandene Thier durch eigene Nahrungs- aufnahme diejenige Körpermasse, aus welcher der verhältnissmässig grosse Leib des erwachsenen Insektes aufgebaut ist. Nach Lyonet ist die reife Weidenbohrer-Raupe ohngefähr 72 000 Mal schwerer, als das neu ausgeschlüpfte Räupchen, und die Schmeiss- fliegenlarve kann in 24 Stunden um das 200fache ihres Anfangsgewichtes zunehmen. Es fällt daher auch das gesammte Körperwachsthum des Einzel- iüsektes in diese Zeit hinein. Da aber die fertige Chitincuticula nur wenig oder gar nicht ausdehnungsfähig ist, so tritt jedesmal, wenn die Körpermasse der Larve so weit zugenommen hat, dass die ursprüngliche Cuticula dieselbe nicht mehr zu fassen vermag, eine Häutung ein. Die Mi'tamoriihose im allg-emeiuei: und uuvollkümmene Metamorphose. 99 alte Chitincuticula hebt sich zunächst von ihrer Matrix, der Hypoderinis ab, und die Hypodermiszellen sondern neue Cuticularsubstanz auf ihrer Oberfläche ab. Ist dieser Vorgang weit genug vorgeschritten, so zerreist die alte Cuticuhi und die Larve tritt aus ihr lieraus. Der von dem Drucke der alten Cuticula befreite Larvenleib dehnt sich nun entsprechend seiner inneren Zunahme an Substanz aus, wobei die noch nicht erstarrte, frisch abgesonderte Cuticularsubstanz nachgibt, und die Larve erscheint nun, plötz- lich gewachsen, in neuem Gewände, welches, anfänglich noch hellfarbig und •weich, sich bald färbt, erstarrt und zu einer ebeußo unnachgiebigen Körper- decke wird, wie die alte Cuticula. Diese Häutung erstreckt sich auch auf die Cuticularauskleidung des Darmcanales und der Tracheen. Da die Los- lösung der alten Cuticula und die Bildung der neuen ein ziemlich tief in die Lebensverrichtungen der Larve eingreifender Vorgang ist, so wird die Larve kurz vor jeder Häutung träge, entleert ihren Darm, hört zu fressen auf und scheint zu kränkeln. Nur die Hymenopterenlarven mit sehr zarter Cuticula scheinen sich während des Larvenlebens nicht zu häuten. Zeigen also auch die Häutungen gewisse Abschnitte in der Ver- wandlung au, so ist die innerliche Verwandlung selbst doch eine stetige. Die UllVOllkommeue Metamorphose. Bei Insekten, deren Larven- form der Imago schon ziemlich nahe steht, sind alle zwischen die erste Larvenform und die Imago eingeschobenen Jugendstadien freibeweglich und nehmen Nahrung auf. Die verschiedenen Larvenformen bilden ferner einen allmäligen, gleichmässigen Uebergang zwischen erster Larvenform und Imago. Eine solche Metamorphose nennt man mit Rücksicht darauf, dass eben der Umfang der von dem Thiere durchlaufenen Umbildungs- processe ein geringer ist, eine unvollkommene Metamorphose. Als einfaches Beispiel einer solchen Verwandlung wählen wir die einer Feldheuschrecke (Fig. 79). Die dem Ei A entschlüpfende Larve B ist dem Mutterthiere bereits in seinen wesentlichen Zügreu ähnlich, hat aber einen sehr grossen Kopf und nur 12 Fühlerglieder. Meso- und Metathorax tragen keine Spur von Flügeln und sind zu- sammen ohngefähr so lang, als der Prothorax. Mit der ersten Häutung tritt die Larve in das zweite Stadium C; es dehnt sich nun das Ab- domen etwas aus, so dass der Kopf im Verhältniss kleiner erscheint. Der Hinterrand des Prothorax schiebt sich faltenartig über den vor- deren Theil des Mesothorax, und die Antennen haben 16 Glieder. Bei der nun eintretenden zweiten Häutung tritt die Larve in das dritte Stadium D. Die Antennen bleiben in demselben lögliederig, dagegen ziehen sich die hinteren und unteren Ecken des Meso- und Metanotum in kleine lappenartige Vorsprünge aus, die ersten An- lagen der Flügel (£), b und c). Die dritte Häutung lässt die Larve 100 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugeudzustcände der Insekten. in das vierte Stadium E übertreten. In diesem hat die Larve 20 Füliler- glieder, und die nun bereits stärker gewachsenen Flügelstummel sind nach oben umgeschlagen, so dass die Anlage der Hinterflügel e' einen Theil der Vorderflügelanlage b' deckt. In dem mit der vierten Häutung beginnenden fünften und letzten Stadium F erhält die Larve ein weit nach hinten vorspringendes Halsschild, die Flügel- stummel sind gewachsen, aber noch in ihrer alten Lage, die Fühler haben 22 Glieder. Bei der letzten oder fünften Häutung erscheint nun Fio-. 79. Die unvollkommene Metamorphose einer Feldheuschrecke nach E^rERTO^^ Ä Ei. B bis F die fünf Larvenstadien G das erwachsene Thier. a, u, c die drei Ringe der Brust, h' Vorderfiügel, c' Hinterflügel. Die den Fühlern beigedruckten Zahlen bezeichnen die Anzahl der Fühlergl eder. die vollkommene Imago G anfänglich weich, mit noch dicht zusammen- gefalteten Flügeln, welche sich aber bald ausdehnen und nach geschehener Erhärtung zurecht legen, so dass die Vorderflügel oder pergamentartigen Flügeldecken nun die Hinterflügel vollkommen decken. Die Imago hat 26 Fühlerglieder. Die vollkommene Metamorphose. Bei vielen Insekten, bei denen die Larve von der Imago sehr verschieden ist, kann man dagegen zwei scharf getrennte Abschnitte der Metamorphose unterscheiden. Die ersten Jugendformen, meist fünf an der Zahl, gleichen einander in ihrem Bau fast vollkommen, und unterscheiden sich meist nur durch die Grössenverhältnisse von einander. Sie sind sämmtlich freibeweglich und nehmen Nahrung zu sich. Durch die vorletzte Häutung, welche das Uuvollkoinmenc und vollkomincue Metamorphose. 101 Insekt duvclimacht, verwandelt sich dagegen das Tliier in ein an allen Körpertlieilen der Imago bereits wesentlich gleichendes Geschöpf, welches aber keine Nahrung mehr zu sich nimmt, zu einem activen Leben un- fähig und fast bewegungslos ist. Dieses Ruhestadium heisst Puppe oder Nymphe, pupa, nympha, chrysalis. Eine Metamorphose, in welcher ein solcher Ruhezustand, der Puppenzustand, eingeschoben ist, nennt man eine vollkomnieno Metamorphose. ^Ai^^Vj^JOi- B A O Fig. 80. Die vollkommene Metamorphose des männlichen Kiefernspinners. Ä Ei. B bis F die fünf Ranpenstadien. G die Puppe von der Seite, G' dieselbe von unten gesehen. H der eben ausgeschlüpfte Falter, vor Entfaltung der Flügel. Die Zahlen bezeichnen die Gliedmassenpaare. F' Vorderflügel, F" Hinterflügel. Wir wählen als Beispiel einer solchen die Entwicklung des männ- lichen Kiefernspinuers (Fig. 80). Das aus dem im Hochsommer gelegten Ei A geschlüpfte Ißfüssige Räupchen B macht nach einander vier Häutungen durch, von denen zwei noch in den Herbst des Geburts- jahres fallen, die beiden anderen dagegen in den folgenden Frühling. Hierbei wächst die Larve von circa 6 mm bis auf 80 mm Länge heran. Bei seiner Geburt durch die Zeichnung von der erwachsenen Raupe noch deutlich unterschieden, nimmt sie bereits bei der ersten Häutung alle Auszeichnungen der letzteren an, so dass sich die vier Stadien C bis F in Fig. 80 lediglich durch die Grösse unterscheiden und ein- ander viel ähnlicher sind, als die entsprechenden Jugendstadien C bis F bei der Feldheuschrecke (Fig. 79.) Die fünfte Häutung ist es, welche 102 Kap. IV. Fortpf3anzung und Jugendzustände der Insekten. den definitiven Wendepunkt der Entwicklung bringt. Nacli Abstreifung der alten Haut erscheint nun die bekannte Puppe G, aus welcher nach einer dreiwöchentlichen Ruhe der Schmetterling H ausschlüpft, anfänglich noch mit zusammengeschrumpften, kleinen, weichen Flügeln, welche aber bald, durch Eintreibung von Luft in die innerhalb ihres Geäders verlaufenden Tracheen ausgebreitet, erhärten und nun dem Schmetterling das auf Taf. III F<^ dargestellte Aussehen verleihen. Ganz ähnlich verläuft die Entwicklung des Maikäfers: der aus dem Ei geschlüpfte junge Engerling (Taf. II, Fig. 14 L*) verwandelt sich, allmälig wachsend, durch eine Reihe von Häutungen zu dem im wesentlichen der neugebornen Larve bis auf die bedeutendere Grösse völlig gleichen erwachsenen Engerling (Taf. II, Fig. 14 Z/), der durch die nun folgende Häutung plötzlich in die Puppe (Taf. II, Fig. 14 P) übergeht. Die Puppe verwandelt sich durch eine weitere Häutung in die bekannte Imago des Maikäfers. Die Puppe. Als Puppe bezeichnet mau, wie wir eben sahen, das dem Imagostadium vorhergehende, keine Nahrung aufnehmende und kein actives Leben führende, vielmehr ruhende Jugendstadium vieler Insekten. Die Puppe ist der Imago viel ähnlicher als dem letzten Larvenstadium, aus dem sie entstanden ist, und zeigt stets bereits dieselbe Körper- eintheilung und dieselbe Anzahl von Gliedmassen und Flügeln, wie die Imago. Man unterscheidet zwei Hauptforraen von Puppen, freie und bedeckte. Als freie Puppe, pupa libera, bezeichnet man eine solche, bei welcher sämmtliche Gliedmassen frei von dem Rumpfe abstehen, wie bei dem erwachsenen Thiere (Taf. II, Fig. 5, 6, 12 und 14 P, Taf. VI, Fig. 4 P). Hierher gehören alle Käfer- und Hymenopteren-, sowie die Dipterenpuppen. Als bedeckte Puppe, pupa obtecta, bezeichnet man eine solche, bei welcher die auch hier bereits deutlich ausgebildeten Glied- massen derartig dem Körper angelegt oder, um einen trivialen, aber bezeichnenden Ausdruck zu gebrauchen, angebacken sind, dass die Chitin- cuticula gleichmässig über sie wegzugehen scheint. Dies ist bei den Schmetterlingspuppen der Fall. Auch für die Schmetterlingspuppen, die scheinbar von der Imago so sehr verschieden sind, gilt völlig der eben aufgestellte Satz, dass die Puppe bereits dieselbe Segmentengruppirung und dieselben Leibes- anhänge zeigt, wie die Imago. Am deutlichsten sieht man dies, wenn es glückt, die Schmetterlingspuppe in dem Momente zu überraschen, in dem sie die Larvenhaut abstreift; sie ist dann gewissermassen noch eine pupa libera und zeigt eine viel grössere Uebereinstimmung mit dem Schmetterling, als in dem eigentlichen fertigen Puppenstadium. Auf Fig. 81 Ä und A' ist eine solche, eben der Raupenhaut entschlüpfte Puppe des Kiefernspinners abgebildet, bei welcher Fühler, Mund- Volllvomiiieiio Metamorphose, J^uj^iie, Cocoii. 103 weikzeuj^e, Beine und Flügel noch deutlicli vom Leibe abstehen und die Hinterleibsringe noch nicht so weit in der Längsrichtung zusammen- geschoben sind, wie dies bei der fertigen Puppe der Fall ist, bei welcher auch z. B. das dritte Beinpaar und das zweite Fiügelpaar fast völlig von dem ersten Flügelpaar verdeckt v/ird. Aus dieser Thatsache, dass die Theile der Puppe sich bereits unter der Haut des letzten Larvenstadiums anlegen und die Puppe eben alle Theile des Schmetterlings besitzt, erklärt sich auch die hübsche, früher als höchstes Wunder angestaunte Geschichte, wie es dem berühmten Johann Swammerdamm zu Amsterdam gelang, im Jahre 16G8 dem Grossherzog von Toscana zu zeigen, ,,wie ein Zwicfalter mit seinen zusammengerollten und verwickelten Theilen in einer Raupe steckt". '^^ir^' Fig. 81. Der Kiefernspinner. A Eben der Eanpenliaut entschlüpfte Puppe, von der Seite, Ä' dieselbe von unten. JJ fertige Puppe, von der Seite, B' dieselbe von unten. C eben ausgescldüpfter Schmetterling. 1 Fühler, S Mittelkiefer (Saugrüssel), 5 bis 7 die ßrustfüsse, F' Vorderflügel, F" Hinterflügel. Die Verwandlung der Larve in eine Puppe geht entweder ganz frei an einem beliebigen Orte, häufig auch in einem von der Larve bereiteten oder von der Brutpflege übenden Mutter zubereiteten Schlupf- winkel vor sich, oder die Larve heftet sich vor Beginn ihrer Häutung an einem fremden Gegenstande fest, oder aber es verläuft die Verwandlung in einer besonderen, von der Larve abstammenden Hülle. Diese Hülle kann entweder die ausgebaute und verschlossene Larvenwohnung (vergl. S. 95) sein, oder sie ist ein besonders zum Zwecke der Verpuppung ver- fertigter Cocon. Bei dem Bau des letzteren sind meist die modificirten Speichel-, beziehungsweise Spinndrüsen betheiligt, deren Secret entweder dazu dient, fremde Körper zum Cocon zu verkitten, oder zu Fäden aus- gezogen zum Bau eines richtigen, mehr weniger dichten, gesponnenen (Jocons, wie wir es am besten vom Seidenspinner kennen, verwendet wird. In einem solchen Cocon finden wir dann immer die abgeworfene letzte Larvenhaut neben der Puppe liegen. Bei vielen Zweiflüglern wird dagegen kein eigentlicher Cocon er- zeugt, sondern die letzte Larvenhaut hebt sich von der unter ihr gcbil- 104 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugendzustände der Insekten. deten freien Puppe ab, bläht sieb auf und erbärtet zu einem sogenannten Tonn eben. Dieses Tönncben vertritt dann den Cocon. Larven, welche sich ohne irgend ein Gespinnst verpuppen, ziehen sich häufig in die Bodendecke, in Rindenritze, unter Steine u. s. f. zurück. Als von der Larve besonders bereitete Schlupfwinkel für die Verpuppung können wir die Puppenwiegen bezeichnen, welche z.B. von den Borkenkäfer- und vielen Rüsselkäferlarven am Ende der Larven- gänge genagt und mit Nagespänen ausgepolstert werden. Eine Verpuppung in den ausgebauten Larvenwohnungen ist recht häufig. Wir führen als Beispiele an die wasserbewobnenden Larven der Köcher- oder Frühlingsfliegen, Phryganodea, die Larven mancher Blattkäfer, z. B. die in Ameisenhaufen lebende von Clythra quadri- punctataL., welche das aus ihren Excrementen verfertigte Gehäuse als- dann mit einem Deckel verschliesst, viele sacktragende Raupen, z. B. die Gattung Psyche und Verwandte, und unter den forstschädlicben Klein- schmetterlingen die Lärchenminirmotte Coleophora laricella Hbn. Unter den ausschliesslich zum Zwecke der Verpuppung her- gestellten Gespinnsten sind die aus Seidenfäden hergestellten Cocons die bekanntesten. Besonders bei den Schmetterlingen kann man alle Stufen dieser Gespinnste, von einem einfachen, die Puppe an der Unter- lage befestigenden Gürtelfaden an — so bei dem Kohlweissling, Pieris Brassicae L. — bis zu lockeren, aus wenig Fäden bestehenden — bei Nonne (Taf. IV, Fig. 1 P) und Schwammspinner (Taf. V, Fig. 1 P) — und zu dichten, mit abgebissenen Raupenhaaren durchsetzten Ge- spinnsten — Kiefernspinner (Taf. III C) — finden. Manche Raupen kleiden das Innere ihrer Cocons auch noch mit einer kittartigen, sehr festen Substanz aus; um dem Schmetterling das Verlassen solcher sehr fester Hüllen zu erleichtern, ist öfters eine besondere Oeffnung am Cocon ausgespart — so bei dem Nachtpfauenauge, Saturnia pavonia L., bei welchem die Oeflfnung, wie diejenige mancher Mausefallen, durch Stachelfäden derartig verschlossen ist, dass der ausschlüpfende Schmetter- ling zwar heraus, fremde Eindringlinge aber nicht hinein können — oder aber es ist ein besonderer, nur durch wenige Spinnfäden an- gefügter Deckel vorgebildet. Ausserdem verpuppen sich in seidenen Gespinnsten sehr viele Hymenopteren. Am bekanntesten sind die seidenen Cocons vieler Ameisen, vom Volksmunde fälschlich ,, Ameiseneier" genannt; forst- lich am häufigsten erwähnt werden die gehäuften Cocons der dem Kiefernspinner nachstellenden Schlupfwespchen aus der Gattung Microgaster (Taf. III S'"). Die in Wabennestern lebenden Larven der geselligen Bienen und Wespen verschliessen die Oeftnung ihrer Zellen mit einem gesponnenen Deckel, auch bei manchen Käfern, z. B. bei der Gattung Donacia und bei dem Floh kommen solche Puppen- gehäuse vor. In allen diesen Fällen sind die Spinnorgane modifi- cirte Speicheldrüsen. Bei der Larve des Ameisenlöwen, Myrmeleon, Cocon, Tönnchcnpuppe. lO'o und Verwandten werden die Spinnfäden hingegen von einem am Mast- darm beündliclien Spinnorgan verfertigt. Gesellig lebende und hierbei Gesellschaftswohniingen spinnende Larven legen ihre Cocons mitunter auch in diesen an, so z. B. der Eichenprocessionsspinner, Cnethocampa processionea L. Ebenso wie viele Larvengehäuse, so werden auch viele Cocons durch Verklebung von fremden Materialen mit Drüsensecreteu her- gestellt. Als sehr bekanntes Beispiel wollen wir die aus Holzstückchen und Erde hergestellten Cocons der Rosenkäfer, Cetonia, erwähnen. Auch die Anfertigung der Cocons findet häufig nach dem Princip der schützenden Aehnlichkeit (vergl. S. 41) statt. Am auffallendsten sind auch hier wohl die exotischen Beispiele. So hat z. B. Keller zwei australische Schmetterlingscocons beschrieben, von denen das eine täuschend die Losung des Riesenkängurus, das andere die trockene Frucht der Nährpflanze der Raupe nachahmt. A B Fig. 82. ^4 Tönnclien der gt-ineiiien Stubenfliege, an dem man deutlich die Segmente der Larvenhaut, sowie die vorderen und hinteren Stigmen, st und st\ erkennt. B die in diesem Tönuehen eingeschlossene freie Puppe. ^, , nach Packaud. Die bei einer grossen Anzahl von Zweiflüglern innerhalb der letzten Larvenhaut vor sich gehende Verpuppung hat Anlass gegeben, die in den aus letzteren sich bildenden Hüllen, iuTönnchen (Fig. 82 .4 > eingeschlossenen Puppen als eine besondere Art hinzustellen und als Tönnchenpuppen, pupae coarctatae, zu bezeichnen. Es ist dies aber insofern falsch, als gar nicht das Tönnchen mit seinem Inhalt, vielmehr blos sein Inhalt, die eigentliche Puppe, w^elche ebenso gut eine freie Puppe, pupa libera, ist, als z. B. die der Käfer, den anderen Puppen gleichwerthig ist. Am besten ist dies aus Fig. 82 zu erkennen, auf welcher bei B die freie, mit abstehenden Gliedmassen versehene, aus dem Tönnchen genommene Puppe der Stubenfliege deutlich zu erkennen ist. Hypermetaniorphose und verwandte Erscheinungen. Obgleich die vollkommene und die unvollkommene Metamorphose meist als scharf geschiedene xVrten der Entwicklung hingestellt werden, so sind sie in Wirklichkeit doch durch manclierlei Uebergänge verbunden. Am klarsten erkennt man dies bei den bienenartigen Thieren. Die Verwandlung dieser wird gewöhnlich als vollkommene Meta- morphose bezeichnet, weil dem Imagozustand eine deutlich ausgebildete freie Puppe vorhergeht (Fig. 83 C); diese Puppe entsteht aber nicht 90 direct aus dem letzten Larvenstadium (Fig. 83 A), wie z. B. die Schmetterlingspuppe aus der Raupe, vielmehr ist zwischen beide ein 106 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugendzustände der Insekten. Zwischenzustand (Fig. 83 B) eingeschoben, an welchem bereits die Leibesanhänge der Imago angelegt sind, aber in viel rudimentärerer Form als bei der eigentlichen Puppe. Dieser schon seit längster Zeit bekannte, meist aber in den Lehrbüchern völlig vernachlässigte Zustand wird passenderweise als Halbpuppe, semipupa s. pseudo- nympha, bezeichnet. Sie fehlt übrigens allen Blattwespen. Bei letzteren dauert es dagegen oft lange, ehe die eingesponnene Larve wirklich die Fig. 83. Die Verwandhing der Hummel nach Päckard. -j^. A ausgewachsene, fusslose Larve. B die Halbpuppe mit stummeiförmigen Leibesanhängen. C die eigentliche freie Puppe mit den deutlich ausgebildeten Gliedmassen der Imago. Fig. 84. Cocon einer Blattwespe. A mit der noch nicht verpuppten Larve. B mit der Puppe. 7i- Larvenhülle abwirft und als Puppe erscheint. Man findet daher besonders in den überwinternden Blattwespencocons häufig noch die zusammen- gezogene Larve (Fig. 84 A). Ausgehend von der Anschauung, dass die normale, vollkommene Metamorphose immer nur das Ei, eine Larvenform, die Puppe und die Imago umfasse, hat man nach dem Vorgang von Fabre eine Meta- morphose, bei welcher eine grössere Zahl deutlich verschiedener Ent- wicklungsstadien vorhanden ist, als Hypermetamorphose bezeichnet. In diesem Sinne kann man die Ent- wicklung der Hymen opteren mit Halbpuppe auch als Hypermetamor- phose ansehen, desgleichen auch die gewöhnlich unter die unvoll- kommenen Metamorphosen gerechnete Verwandlung der Eintagsfliegen, 'Ephemeridae. Fehlt hier auch streng genommen eine Puppe, so treten andererseits zunächst eine sehr grosse Reihe von Larvenliäutungen, bis zwanzig, auf, und zwischen die fortpflanzungsfähige Imago und die Larve ist ein neues, gleichfalls geflügeltes und auch flugfähiges Ent- wicklungsstadium eingeschoben, welches als subimago bezeichnet wird. Die Larve (Fig. 85 A) kommt auf die Oberfläche des Wassers, streift ihre letzte Larvenhaut ab und fliegt als Subimago fort, um sich bald niederzulassen, nochmals zu häuten (Fig. 85 B) und erst dann ihr kurzes eigentliches Imagoleben zu beginnen. Begründet wurde übrigens der Begriff der Hypermetamorphose durch Fabre gelegentlich seiner Forschungen über die Entwicklung der Käfer aus der Familie der MeloTdae. Als Beispiel diene die Ver- llallipuppe und HyiieniK'taiiiorpliose* 107 Wandlung der unserer spanischen Fliege verwandten Gattung Sitaris (Fig. 86). Aus dem am Eingang von Bienennestern durch das Sitaris- weibchen abgelegten Ei schlüpft eine kleine sechsbeinige Larve A heraus. Diese dringt activ in das Bienennest, nimmt eine Brutzelle desselben ein und verzehrt das dort befindliche Bionenei. Nachdem sie so ihre erste Nahrung genommen, häutet sie sich zum erstenmale A B Fig. 85. A Larve der gemeinen Eintags- Fig. 86. Hvitermetamor- fliege, Ephemera vulgata L., mit Tracheen- phosevon^itaris nach Fabre. kienien. nach Westwood. B deren männliche ^1 erst« sechsbeiniges, Image aus der Snbimago schhipfend. C actives Larvenstadium. B Image von Palingenia virgo Oliv., dem ge- die zweite mit Btummel- meinen Ut'eraas. beinen versehene, maden- artige Larve. (' die folgende Tönnclienpnp])e. D letztes madenartiges Larvenstadium. E die eigentliche freie Puppe. und verwandelt sich in ein nur mit kurzen Fussstummeln versehenes, madenartiges Geschöpf B, das nun von der in der Brutzelle für die ausschlüpfende Bieneularve aufgespeicherten Nahrung lebt. Bei der nun folgenden Häutung bleibt die Larve in der ein Töunchen C bildenden Larvenhaut und wird zu einer festen, aber in der Gestalt von der Larve wenig verschiedenen Puppe, in der sich wiederum ohne directes Abwerfen dieser harten Haut eine neue, weichhäutige Larve D bildet. Erst diese verwandelt sich in die eigentliche freie Puppe E. 108 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugendzustände der Insekten. Die Verwandlung der activen seclisbeinigen Larve in eine fast fusslose Made, welche wohl als eine Anpassung an die nun folgende, fast parasitische Lebensweise der Larve angesehen werden muss, erscheint, wenn man nur die äussere Gestalt beachtet, als ein Rück- schritt in der Entwicklung. Ein ähnlicher Rückschritt in der Ent- wicklung, aber ohne nachfolgenden Wiederaufschwung zu einer noch höheren Form, kommt bei den weiblichen Schildläusen vor, deren deutlich sechsbeinige Larvenform zu einer unbeweglich festsitzenden, rein als Fortpflanzungsmaschine dienenden, weiblichen Imago wird. Hier kann man von einer wirklich regressiven Metamorphose reden. Die Verwaudlimg der Puppe zur Imago. Die inneren Vorgänge des Umbaues des jungen Thieres zur Iraago während der Puppenruhe sind noch nicht allseitig erforscht. Wir begnügen uns hier mit der Andeutung, dass bei verschiedenen Formen der Vorgang ein sehr verschieden intensiver ist, indem bei einigen eine directe Umwandlung der Larventheile in die Theile der Imago vorkommt, während bei anderen die Larvenorgane wenigstens theilweise zerfallen und während der Puppenruhe völlig neu aufgebaut werden. So ist es z. B. bei der Gattung Musca und Verwandten. Die Verwandlung ist, da die Puppe athmet, also Kohlensäure und Wasserdampf ausscheidet, dagegen keine Nahrung zu sich nimmt, stets mit einem Gewichtsverluste verbunden, welcher besonders bei den Schmetterlingen genau beobachtet und so bedeutend ist, dass der Schmetterling in einzelnen Fällen nur ein Viertheil des Gewichtes der ausgewachsenen Raupe hat. Wenngleich die Puppe als ein Ruhestadium zu bezeichnen ist und kein actives Leben führt, so können doch alle Puppen Körperbewe- gungen machen und manche Insektenpuppen, welche an solchen Orten leben, aus denen sich die Imago nicht ohne Weiteres befreien kannj schieben sich vor dem Ausschlüpfen der Imago so weit in das Freie, dass die Verwandlung ungestört vor sich gehen kann. So die Puppen der holzbewohnenden Schmetterlingsraupen, z. B. die des Weiden- bohrers, Cossus ligniperda L., und seiner Verwandten. Bei mit kräftigeren Nage- oder Grabwerkzeugen versehenen Imagines bleibt dagegen die Puppe meist an ihrer Ruhestätte, und erst das erwachsene Thier hat sich aus seinem Schlupfwinkel hervorzu- arbeiten. So nagen sich z. B. die Borkenkäfer aus ihrer Rindenwiege und die Holzwespen aus dem Inneren des Holzes hervor, während die Mai- käfer sich aus der Erde hervorwühlen. Bei den in einem Cocon ver- puppten Insekten geht dem Ausschlüpfen eine Eröffnung des Cocons voran, welche bei Schmetterlingen mit festem Cocon theilweise durch eine Erweichung des Cocons an einer bestimmten Stelle mittelst einer von der Imago abgesonderten Flüssigkeit geschieht. Bei der Verwandlung springt die Puppenhülle an einer fest be- stimmten Stelle auf, und das Insekt arbeitet sich durch eigene Thätigkeit Verwandlung der Puppe. Zeitlicher Ablauf der Entwicklung. 109 lieraus. Anfänglich weicli und mit noch zusammengefalteten Flügeln, erhärtet es bald an der Luft und dehnt die Flügel aus durch Einpumpung von Luft in die sie durchziehenden Tracheen. Insekten, deren Färbung nicht, Avie das bei den Schmetterlingen der Fall ist, durch Schuppen und Haare bedingt wird, sind im Anfang matter und heller gefärbt als die bereits völlig ausgebildeten. Am besten kann man dies an den Borken- käfern erkennen, die, frisch ausgeschlüpft, stets noch gelb sind. Kurz nach der Verwandlung erfolgt eine Ausleerung der während der intensiven Lebensvorgänge in der Puppe erzeugten Harnsubstanzen, wie man am besten an den Schmetterlingen sehen kann, die bald nach dem Aus- schlüpfen einen grossen Tropfen gelben oder rüthlichen Harnes fallen lassen. Zeitlicher Ablauf der Entwicklung. Zur vollständigen Kenntniss des zeitlichen Ablaufes der Entwicklung eines Insektes gehört die Bekanntschaft mit dessen Flugzeit, Gene- ration, UeberAvinterungsstadium und Lebensdauer. Flugzeit. Hierunter versteht man im entomologischen und besonders im forstentomologischen Sinne die Zeit, in welcher die Imago zur Fort- pflanzung schreitet. Der Ausdruck findet seine Rechtfertigung in der Beobachtung, dass im allgemeinen die Zeit der Fortpflanzung die gesammte Lebenszeit der Imago, des einzigen geflügelten Zustandes, umfasst, und dass in denjenigen Fällen, wo dieses nicht stimmt, die Imago doch meist nur während der Fortpflanzungszeit von ihren Flügeln ausgiebigen Gebrauch macht. Die ohngefähr vierzehn. Tage bis drei Wochen währende Lebens- dauer des Falters des Kiefernspinners ist ausschliesslich den Geschäften der Begattung und Eiablage gewidmet, und der grosse braune Rüssel- käfer sucht nur seine Brutstätten im Fluge auf, während er späterhin seinen Frassstätten laufend zuwandert. Die Flugzeit der einzelnen Insektenarten ist eine sehr verschiedene. Während sie z. B. bei der Kieferneule bereits in das zeitige Frühjahr, Ende März oder Anfang April, fällt, tritt sie beim Kiefernspinner erst im Hochsommer ein, im Juli, und der Frostspanner fliegt im Spätherbst von Mitte October wohl bis in den December hinein. Insekten mit mehr- facher Generation — siehe weiter unten — haben auch eine mehrfache Flugzeit Die Kiefernblattwespe, Lophyrus Pini L,, fliegt sowohl im April als im Juli und August. Ungünstige Witterung kann den Eintritt der Flugzeit verzögern, günstige ihn beschleunigen. Besonders erwacht in 110 Kap. lY. Fortpflanzung' und Jugendzustände der Insekten. zeitigen Frühjahren das lusektenlebeu gleichfalls zeitiger, als in anderen Jahren. Im allgemeinen ist die Flugzeit der einzelnen lusektenarten annähernd, bei den praktisch beachtenswerthen sogar sehr genau bekannt. Indessen fehlt es noch an zusammenhängenden phänologischen Beobachtuugsreihen. Als Phänologie — abgeleitet von (pa:'voo, ich erscheine — bezeichnet man die Lehre von dem zeitlichen Auftreten der verschiedenen Erscheinungen der Thier- und Pflanzenwelt im Kreis- laufe des Jahres. Seit längerer Zeit werden phänologische Beobachtungen über das Insektenleben angestellt, annähernd regelmässig publicirt aber nur von einigen der meteorologischen Beobachtungsstationen Oesterreich- Ungarns [7]. Die österreichischen Publicationen betreffen aber fast gar keine wirklich wichtigen Forstschädlinge. Man findet von letzteren nur den Maikäfer, den Heckenweissling, Lacon murinus L. und Lina Populi L., erwähnt, also nur einen wirklich hervorragenden Forstschädling. Auf den meteorologischen Stationen im Königreiche Sachsen [2] sollen beobachtet werden die Flugzeit des Maikäfers, des grossen braunen Rüsselkäfers, Hylobius AbietisL.^und des Borkenkäfers, Tomicus typographus L.j auf den forstlich-meteorologischen Stationen des König- reichs Preussen und der Reichslande ausserdem noch die des Kiefern- markkäfers, Hylesinus piniperda L. [9]. Aber ganz abgesehen davon, dass die Beobachtungen nur auf einzelnen Stationen regelmässig an- gestellt werden und die Resultate der sächsischen Stationen nur für die Jahre 1864 — 1870 publicirt sind, sind dieselben überhaupt zu wenig genau und zahlreich, als dass bereits jetzt aus ihrer Zusammenstellung sichere mittlere Werthe für die Erscheiuungszeit der einzelnen Insekten an den verschiedenen Stationen abgeleitet werden könnten. Die phänologischen Beobachtungen der Pflanzenwelt haben er- geben, dass innerhalb des Verbreitungsgebietes einer Pflanzenart mit winterlicher Ruheperiode der Zeitpunkt der Blatt- und Blüthenentfaltung im Mittel längerer Jahre für den einzelnen Ort constant, dagegen an anderen Orten mit verschiedenem Klima verschieden ist, und dass der Unterschied als dem Unterschiede der mittleren Jahrestemperatur an- näherndproportional angesetzt werden darf. Indessen darf nicht übersehen werden, dass hierbei auch noch eine Reihe anderer Factoren mitspielen und einmal je nach der Feuchtigkeit und Besonnung des individuellen Standortes grosse Abweichungen vorkommen können, andererseits die Witterungsverhältnisse der einzelnen Jahre grössere Verschiebungen veranlassen. Dennoch zeigt z. B. die HoFPMANN'sche ,, Vergleichende phänologische Karte von Mitteleuropa" [6] mit der PuTZGERSchen [10] „Karte der mittleren Temperaturen des Deutschen Reiches" auffallend gemeinsame Züge. Es ist ferner aus den vorhandenen Beobachtungen ersichtlich, dass mit zunehmender oder abnehmender nördlicher Breite, östlicher Länge und Meereshöhe der Eintritt der Blüthezeit der Pflanzen verzögert oder beschleunigt wird. Fritsch hat nun versucht, die Con- stanten dieser mittleren Verzögerung oder Beschleunigung abzuleiten. Flugzeit. 111 Dieselben sind z. B. bei den krautartigeu Pflanzen für je 1" nördl. Br. = 3-8, für je 1» östl. L. = 0-4 und für je Im Meereshöhe = 0046. Nehmen wir z. B. an, die Blüthe einer solchen Pflanze trete in Wien durchschnittlich am 1. Mai ein, so würde in Lemberj;^, welches 1"6'' nörd- licher, T'?*^ östlicher und 104 wi höher liegt, die Blüthe dieser selben Pflanze eintreten: + 1-6 X 3-8 =4" ^'l 4- 7-7 X 0-4 = -f 3-1 -\- 104 X 0-046 ^ -f 4-8 -)- 140 d. h, 14 Tage später, also am 15. Mai. Der von Fritscu auf die Annahme, dass das Insektenleben auf das innigste mit dem Pflanzenleben zusammenhängt, gegründete Ver- such [4], mit Hilfe der gleichen Constanten die mittlere Verzögerung oder Beschleunigung der Erscheinungszeit der Käfer und speciell des Maikäfers zu berechnen, wenn man die mittleren Werthe seines Erscheinens in Wien zu Grunde legt, sind dagegen fehlgeschlagen. Es ergibt die Rechnung stets einen späteren Termin als die wirkliche Beobachtung an dem betreflfendcn Orte. Auch der in Tharand durch uns unternommene Versuch, die Beobachtungen der preussischen forst- meteorologischen Stationen in gleichem Sinne zu verwerthen, ergab keinerlei brauchbare Resultate. Die vorstehenden Bemerkungen sind lediglich deshalb hier eingeschaltet Avorden, um die Herren Revier- verwalter aufmerksam zu machen, welch grosses, fast noch unbebautes Feld für wissenschaftliche Beobachtungen hier vorliegt. Es muss aber noch hinzugesetzt werden, dass zur Gewinnung für die Praxis verwend- barer Resultate es nicht genügen dürfte, die erste Erscheinungszeit der wichtigsten Forstschädlinge längere Jahre hindurch aufzuzeichnen, sondern dass es namentlich darauf ankommt, die Hauptschwärmzeiten derselben zu lixiren. Dies gilt besonders für die Borken- und Rüssel- käfer, da nur so die Frage nach der ein- oder mehrfachen Generation derselben definitiv gelöst werden kann. Unzusammenhängende, aber nichtsdestoweniger sehr werthvolle Beobachtungen haben wir in grösserer Menge. So sagt z. B. Ratzeburg [XI, p. 358 bis 360]: „Hier gibt es für den feineren Beobachter etwas zu rechnen, wenn er es nicht vorzieht, den Gang der Temperatur nach der allmäligen Entwicklung der Bäume, Hasel, Birke, Hainbuche, Rothbuche, Eiche, oder allgemein verbreiteter Pflanzen, Huflatticli, Osterbluuie, Anemone, Oxalis, zu beurtheilen. Nicht blos die Mitteltemperatur des ganzen Frühlings — ungefähr: in Nord- und Mitteldeutschland 7 bis 9", in Süddeutschlaud 10", Südschweiz 11" C. — entscheidet, sondern auch die der einzeluen Monate — März, April, Mai — : in Mitteldeutscliland etwa S, 9, 14". Der sprichwörtlich veränderliche A])ril kann aber auf 10 bis 11" steigen oder unter 7-5" herabsinken. Eines der merkwürdigsten Frülijahre war das von 1S62 und blieb auch nicht ohne entomologische Folgen, z. B. fanden sich von Hyles. piniperda L. schon am 3. Mai fertige Gänge und viele Larven; der Fichtenborkenkäfer lieferte zwei volle Generationen. Die Buche kam in den 36 Tagen vom 25. März bis 29. April — vorher war Schnee und Eis gewesen — zum vollständigen Ergriinen. Diese 30 Tagt- ergaben ca. 37.5" Wärme, es kam also auf jeden Tag 10-4", während in gewölm- lichen .Jahren, wie 1860 und 1861, wenigstens 45 Tage dazu nöthig sind, da jeder 112 Kaj). IV. Fortpflanzung und JugendzustäncTe der Insekten. gewöhnlich nur 8"3" hat, die Buche dann also erst vom 8. bis 12. Mai ergrüut. Im Jahre 18C2 machten sich während jenes Zeitraumes drei Perioden bemerklich: 1, vom 25. März bis 9. April mit 11-3" tägl. Mittelteqiperatur, 2. vom 10. April bis 18, April mit ö", und 3. vom 19. bis 30 April mit 12-5". In der zweiten, retartirenden, hatte ich z. B. am 12. April Morgens 6 Uhr + 1-3" und Nach- mittags 2 Uhr C-3", im Mittel also 3-8"; am 13. Morgens — 1.3", Nachmittags -f 6-3", im Mittel 2-5"; den 14. Morgens 1-3" und Nachmittags 7-ö", im Mittel 4-4" u. s. w. So bestimmte Perioden kommen bei uns sehr selten vor. Die Jalire 1860 und 1861 waren z. B. auffallend verschieden, denn der März liatte kaum einen warmen Tag — 1862 zuletzt täglich -f- l7-o" — und der April höchstens dreimal bis 19'^'. Daher kamen erst am 2. Mai die ersten Buchenspitzen, iind da bis zum 8. wieder Kälte einfiel, trat erst nach dem 9. allgemeines Ergrünen ein, und erst am 18. langsames Hervorbrechen der Eichen. Frühzeitige Erscheinungen im Insektenreiche waren 1862 folgende: Graph, tedella Cl. (hercyniana Ratz.) Flug am 5. Mai, Ret. buoliana S. V. Puppen 15. Mai, Gastr. Pini L. Puppen 15. Mai, Anthonomus pomorum L. Puppen und Käfer 15. Mai, am 25. Mai Werre mit Eiern, am 1. Juni Orchestes Fagi L. Käfer. Auch der Herbst war lang und mild. Anfangs October im ungeheizten Zimmer noch -f- 15 bis 16" C, Piss. piniphilus Hbst. kam noch aus. Eine besondere Bedeutung können die Frülijahrs-Monate auch für die jetzt üblichen Theerringe gewinnen. So kehrte sich im Jahre 1869 die Witterung des Februar und März in einer Weise iim, wie es in unserem Jahrhundert nixr einmal, 1850, vorgekommen ist. Der Februar, welcher mehr als 2'5" kälter zu sein pflegt als der März, war diesmal um mehr als 2-5" wärmer. Das Bäumen des Spinners erfolgte daher sehr uuregelmässig und th eilweise zu früh." „Auffallende Wirkungen des Klimas zeigte die Pinien-Processionsraupe, Cneth. pityocampa S. V. Davall's Beobachtitngen hierüber sind so lehrreich, weil er sie in einem Jahre in den verschiedensten Gegenden anstellen konnte. An den Küsten des Mittelmeeres, zwischen Marseille und Genua, geschah die Ver- puppung schon gegen Ende März, bei Vevey aber erst Mitte Mai." Generation. Die Zeit, welche eine Insektenart braucht, um einen ein- fachen Entwicklungscyklus zu vollenden^ nennt man mit einem Anklänge an den Gebrauch, z. B. Grossvater, Vater und Sohn als drei ,, Generationen" ein und derselben Familie zu bezeichnen, die ,, Generation" des betreffenden Insektes. Diese Zeit reicht also von dem Augenblicke der Ablage eines Eies bis zum Eintritt der Geschlechtsreife und zum Beginn der Fortpflanzungs- thätigkeit bei dem aus diesem Ei entstandenen Thiere: kurz gesagt, von Ei zu Ei. Im allgemeinen ist die Generation einer bestimmten Insekten- art eine bestimmte, dieselbe kann aber bei verschiedenen Insektenarten sehr verschieden lange dauern. Am häufigsten tritt der Fall ein, dass ein Thier zu seiner Ent- wicklung zwölf Monate braucht. Diesen Fall bezeichnet man als ein- jährige Generation. Die Raupe, welche aus dem vom Kiefernspanner- weibchen im Mai abgelegten Ei schlüpft, verwandelt sich im nächsten Mai wieder in den fortpflanzungsfähigen Falter. Ein Insekt^ welches zu seinem Entwicklungscyklus dagegen 24, 36, 48 Monate u. s. f. braucht, hat eine zwei-, drei-, oder vierjährige Generation. Ein Beispiel der letzteren ist im nördlichen Deutschland der Maikäfer, dessen ,, Flugjahre" Fhifczeit und Generation. 111^ an eiiiein bestinnntcn Orte stets nur jedes vierte Jahr, z. B. alle Sclialt- jahre wiederkehren. Dje längste bekannte Generation hat eine nord- amerikanische Zirpe, welche 17 Jahre zu ihrer Entwicklung braucht und eben nach dieser Eigcnthüniliclikeit von Linne Cicada septemdecim getauft wurde. Es fällt aber auch jede einjährige Generation stets in zwei ver- schiedene Kalenderjahre und jede xjährige Generation veilheilt sich also, wenn x eine ganze Zahl darstellt, auf x -f- 1 Kalenderjahre. Ver- gleiche hierzu das Beispiel des Maikäfers auf der nächsten Seite. Andererseits gibt es Insekten, welche ihren Entwicklungscyklus zwei- oder mehreremale innerhalb von 12 Monaten vollenden, und man sagt alsdann, dass das betrefiende Insekt eine „doppelte, dreifache, beziehungsweise mehrfache Generation" hat. Ein Beispiel für doppelte Generation bietet die kleine Kieferublattwespe, LophyrusPini L., während einige Blattläuse auch unter normalen Verhältnissen eine 9- bis 14fache Generation haben können. In allen Fällen, in denen bei heimischen Insekten Saisondimorphismus oder Öeterogonie vorkommt, ist eine mehr- fache Generation vorhanden (vergl. S. 127). Wir werden im Folgenden bei allen wichtigeren Forstschädlingen die Verhältnisse ihrer Generation graphisch darstellen. Die hierbei von uns für die einzelnen Entwicklungsstadien der In- sekten gewähften Zeichen sind derartig beschaffen, dass sie eiiiigermasseu an das durchschnittliche Aussehen der entsprechenden wirklichen Stadien erinnern und dabei» verhältnissmässig leichter im Gedächtniss behalten werden können, als die bisher zu diesem Zwecke beliebten Buchstaben oder Farben. Es wird also das Ei durch einen Punkt (.), die Larve durch einen Strich ( — ), die unverpuppt im Cocon liegende Larve durch einen von einer liegenden Null umschlossenen Strich (e), die Puppe durch eine liegende ausgefüllte Null (•) und die Imago, also das fliegende Thier, durch ein Kreuz {+), die Zeit, in welcher das betreffende Insekt frisst, durch einen starken schwarzen Strieh (■§) bezeichnet. Letzterer wird bei Larvenfrass unter, bei Imagofrass über den Zeichen für das be- treffende Stadium angebracht sein. Es sind die Tabellen ferner so eingerichtet, dass sie auf circa zehn Tage, d. h. ein Drittheil Monat, genau die Lebensgeschichte eines Insektes darzustellen gestatten. Folgende Beispiele mögen dieses erläutern: l.chrijucli d. niilttleuriip. Korsiinsekt.nkunde. Q 114 Kap. IV. Fortpflanzung nnd Jngendzustände der Insekten. Liparis monacha L., mit einjähriger Generation. Jan. Febr. März April Mai Juni I Juli Aug. Sept. I Oct. Nov. Dec. 1880 + ++ 1881 •+++ Melolontha vulgaris L., mit vierjähriger Generation. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 + +++ + ' 1881 ^^ ^^. 1882 i " 1 l 1883 +++ +++ 1 ^^ 1884 +++ + ++ HHHH 1^^^ 1 ■I-+ + + ++ +++ ++ * Lophyrus Pini L., mit doppelter Generation. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 ++ • • + + . oe eeee©© ^^^ 1881 eeeeeo ee*»+4-i Untersuchen wir die Entwicklungsvorgänge bei einem einheimischen Insekte mit doppelter Generation, d. h. also bei einem solchen, welches in einem Klima mit deutlich ausgesprochenem Gegensatz von Sommer und Winter lebt, so finden wir, dass die beiden einzelnen Generationen stets verschieden lange dauern. Die Generation, welche ganz in die gute Jahreszeit fällt, währt kürzer als die überwinternde. So braucht z. B. die Sommergeneration von Lophyrus Pini L. circa vier Monate, die Winter- Generation. 115 gcueratiou hingegen acht Monate (vergl. die vorliergeheude graphische Darstellung). Hieraus erkennen wir sofort, dass die einzelne Generation eines bestimmten Insektes kenie absolut bestimmte Dauer hat, son- dern je nach den Witterungs- und besonders aucli den Temperatur- verhältnissen, unter denen sie abläuft, verschieden lange dauern kann. Dieser Einfluss des Klimas ist erfahrungsgemäss sogar so bedeutend, dass eine Insektenart, welche in einer bestimmten Oertlichkeit regelmässig eine dopj^eltc Generation hat, an einem anderen Orte mit rauherem Klima nur eine einfache, an einem solchen mit günstigerem Klima dagegen eine dreifache besitzt. Als Beispiel hiefür kann man Hylesinus piniperda L. anführen. Ebenso kann eine Insektenart, deren Generation in gewissen mittleren Lagen z. B. vierjährig ist, in südlicheren Gegenden eine dreijährige haben. Ein Beleg hiefür ist der Maikäfer, der nördlich von der „Mainlinie" vier, südlich von derselben dagegen drei Jahre zu seiner Entwicklung braucht. Es kann ferner auch au demselben Orte eine bestimmte Insektenart in dem einen wärmeren, also günstigeren Jahre eine doppelte Generation haben, Avährend sie in dem nächsten rauheren, ungün- stigeren Jahrgange nur eine einfache Generation vollendet. Ist der hemmende Einfluss der rauheren Witterung aber geringer, so kann es zwar in dem betrefiFenden ungünstigeren Jahre noch zum Beginne der zweiten Generation kommen, dieselbe braucht aber nicht im Laufe der 12 Monate bereits vollendet zu sein. Hierbei kommen dann auf 24 Monate drei Generationen, und es entsteht das, was Ratzeburg eine „andert- halbige Generation" nennt. Hiefür liefert nicht gerade selten Tomicus bidentatus Hbst. ei« Beispiel. Ja man hat beobachtet, dass gewisse Insektenarten und häufig sogar lusektenindividuen auch ohne nachw eisbaren Grund einmal bedeutend längere Zeit im Puppenzustande verharren als gewöhnlich. Dies nennt man „Ueberjährigkeit". Lyda stellata Christ hat gewöhnlich eine einjährige Generation, dagegen findet man häufig, dass aus der im An- fang Mai entstandenen Puppe nicht Ende Mai oder im Juni die Wespe ausfliegt, wie eigentlich die Kegel wäre, sondern dass der Puppenzustand bis zum nächsten Mai dauert und dann erst das vollendete Insekt fliegt Die Puppenruhe hat also hier, statt drei Wochen, mehr als ein Jahr gedauert. Aehnliche Verhältnisse kennt man von dem Kicfernprocessionsspinner, Cnethocampa pinivora Tr. Diese Verhältnisse hängen damit zusammen, dass die Insekten „kaltblütige" oder, besser gesagt, „poikilotlierrae", d. h. wechselwarme Thiere sind. Man versteht hierunter solche Thiere, 8* 116 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugendzustände der Insekten. deren Eigenwärme, obgleich stets um ein Geringes höher als die des umgebenden Mediums, der Luft, des Wassers oder der Erde, kurz des Ortes, an dem sie sich aufhalten, doch mit wechselnder Tempe- ratur dieses Mediums gleichfalls schwankt. Ihnen stehen die j,warm- blütigen" oder, besser gesagt, „homoeothermen", d. h. gleichwarmen Thiere gegenüber, welche, so lange ihr Leben überhaupt dauert, ihre Eigenwärme stets auf einer höchstens um l** C ab und zu schwan- kenden Höhe erhalten. Die Eigenwärme, „ßlutwärme", des gesunden Menschen beträgt, mag derselbe einer Kälte von — 30" C. oder einer Wärme von -{- '60^ C. ausgesetzt sein, stets ohngefähr 38'' C. Die Entwicklungsdauer eines warmblütigen Thieres ist eine be- stimmte. Die in dem Uterus eines Säugethieres sich entwickelnden, einer gleichmässigeu circa -|- 38" bis 40** C. betragenden Wärme ausgesetzten Eier, beziehungsweise Embryonen, variiren in ihrer Ent- wicklungsdauer bei derselben Art und Race nur nach Tagen, so dass man die Trächtigkeitsdauer einer bestimmten Thierart nach Wochen genau angeben kann. Sie beträgt beim Pferde circa 48, beim Roth- wild 34 und beim Kaninchen 4 Wochen. Das Vogelei bedarf einer bestimmten gleichmässigeu Brutwärme und entwickelt sich dann in einer fest bestimmten Anzahl von Tagen. Für das Hühnerei beträgt die Brutwärme 40^ C, die Brutdäuer 21 Tage. Wird diese Bedingung nicht genau erfüllt, erkaltet z. B. das Ei, so stirbt der Embryo ab, während die Entwicklung des Forelleneies z. B. ebenso gut bei einer Wasserwärrae von -|- 2'^ C. wie von -[- 10*^ C. vor sich gehen kann. Im ersteren Falle vergehen aber circa 170, im zweiten nur 50 Tage bis zum Ausschlüpfen des jungen Fischchens. Ganz analog denjenigen bei den Fischen, sind die Verhältnisse der Entwicklung bei dem Insektenei. Wir sehen dies am besten daraus, dass, wenn der Eintritt des Frühjahres und damit der Laub- ausbruch sich verspätet, auch die auf junge Knosponblätter an- gewiesenen Räupchen, z. B. die des Ringelspinners, Bombyx neustria L., später ausschlüpfen. Genaue Beobachtungsreihen von unzweifel- hafter Sicherheit liegen aber hierüber noch kaum vor, und wir wollen daher hier immerhin die positiven Angaben Kegener's [II] über den Einfluss der Temperatur auf Entwicklungs- und Lebensdauer des Kiefernspinners bei verschiedenen Temperaturen anführen, allerdings etwas umgerechnet und vereinfacht. Trotzdem müssen wir aber darauf hinweisen, dass die lakonische Kürze und apodiktische Sicherheit derselben, sowie der Mangel jeder Angabe, wie es dem einfachen Förster möglich wurde, so. lange Zeit hindurch die zu solchen Ver- suchen nötliigen constanten Temperaturen zu erzeugen, dem Werthe dieser Angaben in den Augen vorsichtiger Forscher bedeutenden Ab- bruch thun. Einflüsse, welche die Generation verändern können. 117 Zeitlicher Ablauf der Leb enserscheinungea des Kiefern- spinners bei verschiedenen Temperaturen nach Regener. Temperatur *'C. Dauer (in Tagen) des Ei- Stadiums von der Ab- \&se bis zum Ausschlüpfen des Raupen- stadiums vom Aus- schlüpfen zur Einspin- i>ung des des der Einspin- | Verpup- , Puppen- nungsvor-l pungsvor-' ruhe ganges | ganges ! -f 40 bis 50 + 6« . . . -f 90 bis 11" -f 11» bis 14" + 150 bis 190 — IS^bis 210 — 200 bis 240 — 240 bis 280 36 26 20 18 17 16 500 196 152 119 84 67 56 3 2 15 9 2 49 36 26 21 Welche Combiuationeu verschiedener klimatischer Einflüsse es in Wirklichkeit verursachen, dass ein und dasselbe Insekt entweder in verschiedenen Jahren an demselben Orte, oder an verschieden gelegenen Orten in demselben Jahre, eine verschieden lange Zeit zur Vollendung einer Generation braucht, ist vorläufig noch nicht sicher festgestellt. Ratzeburg war geneigt, in dieser Beziehung ähnliche Verhältnisse anzunehmen wie Boüssingault [I, II S. 435] in Bezug auf die Vegetationsdauer der Gewächse. Nach den Ansichten dieses französischen Forschers bedarf jede Pflanze einer bestimmten Wärme- sunime, d. h. die Summe der mittleren Tagestemperatureu ihrer Vegetationszeit soll eine constante sein, während die Dauer der Vegetationszeit selbst variiren kann. Nehmen wir also theoretisch an, eine Pflanze brauche die Wärmesumme von 2000" C., so kann sie sich einmal entwickeln in 100 Tagen mit einer durchschnittlichen mitt- leren Temperatur von 200 C, aber ebenso gut in 111 Tagen mit 180 C. und in 91 Tagen mit 220 C. durchschnittlicher mittlerer Tages- temperatur. Ratzeburg führt dies an dem Beispiel des Maikäfers aus. Er sagt [XI, S. 360]: „Interessant nnd wichtig: ist ferner das Yerlialten des Maikäiers. In Jlittel- und Norddeutschland ist seine Generation eine vierjährige, im Süden eine drei- jährige. Der Grund hierzu liegt sicher in den klimatischen Verhältnissen. Im Süden erwacht die Natur viel früher und schliesst auch später, was auf Thiere von biegsamem Charakter wie der Maikäfer, wie auf Pflanzen einen Eintiuss haben 118 Kap. IV. Fortjiflanziing imcl Jugendzustände der Insekten. mnss. Die Engerlinge werden dort also in drei .Jahren einen Vorsprung von wenig- stens drei Monaten, im Vergleich mit dem Norden, ei"langen, also schon im dritten Sommer ihrer Entwicklung fertig sein können, noch dazu wenn man erwägt dass sie bei uns im vierten Sommer gewöhnlich schon im Juli nicht mehr fressen und schon im August sich verpuppen. ERIC^ son fand, dass die Verpuppung zu- weilen schon im Mai erfolgt, es fehlt also selbst bei uns wenig an einer drei- jährigen Generation. Schliesslich kommt hier Alles, wie bei den Pflanzen, auf die Wärme summe in Boden und Luft an, welche eine Gattung oder Art zu ihrer Entwicklung bedarf. Findet z. B. der Maikäfer diese nicht im dritten Sommer, so braucht er dazu den vierten, kann die.-en auch wohl in besonders günstigen Jahren abkürzen, aber bei uns niemals in drei Jahren fertig werden. Zählen wir z. B. in Berlin die Mitteltemperatur der 12 Monate zusammen, so erhalten wirlOCC, in vier Jahren also 4 X l'^6 = ■^'^■^"; dagegen gibt Karlsruhe in drei Jahren 375", und jenseits der Alpen hat man in drei Jahren reichlich 424:". Wollte man noch die Bodeutemperatur berücksichtigen, so würde sich das Verhältniss im Süden noch günstiger für den Maikäfer gestalten. In Norddeutschland steigt in humosem Sandboden, im Waldschatten das Thermometer in der Ueberwinte- rungstiefe des Maikäfers bei 1 m von Ende März bis Ende April und Anfang des Mai auf -{- 6" bis -f- 9^ C. Wie verhält sich das nun im Süden? Ein „Wärmeüberschuss" muss sich auch bei allen anderen Insekten, die den Süden mit dem Norden theilen, finden; allein da dieser meist nur ein, höchstens zwei Jahre dauert, so können solche Folgen, wie bei dem eine so lange Entwicklungs- zeit brauchenden Maikäfer dort nicht eintreten." Genauere Untersuchungen über diese Frage sind noch sehr selten. Wir können hier nur die an Tomicus typographus L. angestellten erwähnen. Förster Uhlig in Tharand fand bei täglich dreimaliger Temperatur- beobachtung während einer Generation des Fichtenborkenkäfers vom 30. Mai bis 21. Juli eine Wärmesumme von ; l-tö^ C. oder täglich im Durchschnitt •J2-0-2"; während der zweiten Generation vom 4. August bis 3. October eine Summe von 1228-50 oder täglich im Durchschnitt 20'48'''. [Thar. Jahrbuch, 25. Bd., S. 256.] Auch ist hier die Angabe Eatzebueg's [XI, S. 96] zu erwähnen, dass bereits dann eine doppelte Generation von Tomicus typographus L. entsteht, wenn, wie in ^Mitteldeutschland gewöhnlich, die Mitteltemperaturen der Monate Mai, Juni, Juli, August, September die Werthe von 13" C, 17U C, lyo C., 17" C, 140 c. erreichen. Es hat sicli mm aber längst gezeigt, dass der Pflanzenpliysiologie die einfachen BoussiNGAULT'sclien Wärmesummen nicht genügen können, und man hat ausserdem die Summe der Belichtungszeit, während welcher allein die chlorophyllhaltigen Theile assimiliren, sowie die in der Sonne erreichte — am besten durch einen Aktinometer gemessene — mittlere Temperatur in Eechnung gezogen. Obgleich nun allerdings der thierische Stoffwechsel viel weniger von der Belichtung abhängt als der pflanzliche, so werden doch auch zur Erklärung der Verschiebungen in den thierischen Entwicklungs- vorgängen die einfachen Wärmesummen kaum genügen, besonders wenn man nur die Lufttemperatur berücksichtigt. Es wird viel- mehr bei allen ihre Larvenzeit im Boden zubringenden Insekten die Bodentemperatur und bei den Holz bewohnenden Larven die Tempe- ratur des Baumes, ja sogar des betreffenden Baumtheils — vergl. hierüber die genauen Untersuchungen von Krutzsch [8] — in Rücksicht zu ziehen sein. Desgleichen dürfte festzustellen sein, welches die Minimaltemperatur ist, bei welcher überhaupt ein Fortschritt der Entwicklung möglich wird. Auch das Temperaturoptimum, d. h. Generation nnd Uelier«'inteninp;ssta(liiim. 119 diejenige Temperatur, welche für irgend einen Vorgang die günstigste, ilui am meisten fördernde ist, wird zu beachten sein. Es dürften nämlich diese Optima für die verschiedenen Entwicklungsstadien auch bei den Insekten ebenso verschieden sein, wie die von denselben ertrag- baren Temperaturminima. Wissen wir doch durch die Untersuchungen von Semper [12, I. Bd., S. 132], dass ebenso gut wie bei einer Pflanze für Keimung, Wachsthum, Blüthe etc., so auch bei Thiei-en, z. B. bei einer unserer gemeinen Süsswasserschnecken, die Temperatur- optima für verschiedene Functionen, z. B. für Keifung der Geschlechts- producte und für Wachsthum verschieden sind, ein Satz, der von Semper zu einem geistreichen Erklärungsversuche des Vorkommens ungeflügelter, larvenähnlicher, aber doch geschlechtsreifer Orthopteren- formen in südlichen Ländern, z. B. der sogenannten Stabheuschrecken verwendet wurde [12, I, Bd., S. 15G]. Die angeführten Beispiele genügen, um darauf hinzuweisen, welches reiche und fast noch unbebaute Gebiet für forstentomolo- gische Forschungen hier vorhanden ist. Ueberwillterilll^SSt.a(lium. Der Entwicklungscyklus zweier Insekten- arten mit gleicher Generation kann aber auch unter gleichen klimatischen Verhältnissen noch ein sehr verschiedenes Bild gewähren, nämlich in dem Falle, wenn sie in verschiedeneu Lebensstadien überwintern, da jedesmal das Ueberwinterungsstadium am längsten dauert und eine Ueberwinterung sowohl im Ei-, als im Larven-, Puppen- oder Imago- zustande möglich ist. Unter normalen Verhältnissen überwintert aber eine bestimmte Insekten art stets in dem gleichen Entwicklungsstadium, z. B. die Kieferneule als Puppe, einige Tagfalter als Imago. Es ist aber nicht möglich, für die einzelnen Insektenordnungen im allgemeinen anzugeben, in welchem Stadium sie überwintern, indem dies sogar innerhalb der einzelnen Familien variirt. So weist uns z. B. eine Zusammenstellung Werneburg's nach [13, S. 29], dass von unseren einheimischen Grossschmetterlingen, im ganzen betrachtet, 3'4 ^j^ als Ei, 66*9 ^1^ als Raupe, 28-2 ^^ als Puppe und 1-5 °/y als Falter überwintern, während bei Betrachtung einzelner Familien die Resultate sich ganz anders stellen. So überwintern alle Zygaeniden als Raupen, die meisten Sphingiden als Puppe und von den Tagfaltern 9 ^o ^'^ -^i» ^^ % ^^^ Raupe, 28 7o ^.Is Puppe und 9 o/o »^s Falter. Ja, es kommt sogar vor, dass Insekten, welche man bei nicht allzu enger Begrenzung der Genera zu einem und demselben Genus rechnen kann, in ganz verschiedenen Stadien überwintern. Dies geht deutlich aus der folgenden Darstellung der Generation dreier unserer gemeinsten Spinner hervor: 120 Kap. IV. Fortpflanzung nnd Jugendzustäude der Insekten. Generation von Bombyx neustria L, Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 +++ 1881 +++ ^H ^^^^^^^^H Generation von Bombyx Pini L. Jan. Febr. i März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 ttl.._ 1881 ■— 9 •++ : ! Generation von Bombyx lanestris L. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept.; Oct. Nov. Dec. 1880 +++ ^ — ^ ^^^ ^^^ • •• • •• • •• 1881 +++ 1 1 ! Bei manchen Insektenarten überwintern ferner nur die Weibchen nach vorhergehender Begattung im Herbste, z. B. hei manchen Mücken arten und unseren gewöhnlichen Faltenwespen, Vespa, und die Thatsache, dass die Honigbienen über Winter in ihren Stöcken keine Drohnen dulden, dieselben vielmehr vorher in der „Drohnenschlacht" tödten, so dass nur die Königin nebst den Arbeitern den Winter überdauert, ist jedem Bienenfreunde bekannt. Abnorme Witterungsverhältnisse können es aber auch veranlassen, dass eine Insektenart ausnahmsweise einmal in einem anderen Lebens- stadium als gewöhnlich überwintert. Allerdings sind Fälle, dass ein Thier in einem anderen der vier Hauptentwicklungszustände als gewöhnlich den Winter verbringt, doch selten, indessen hat man z. B. schon gefunden, dass der Kiefernspinner einen zweiten Winter als Puppe verlebt [V, Bd. II, S. 147, Anm.]. Dagegen ist es sehr häufig, dass z. B. Raupen, Ut'b('r\viiiti'ruii<;ssta(liiun uikI Lcl)ciis(l;uiur. 121 welche gewöhnlich liall)\viiclisig das Wintei([u;uti('r beziehen, dies als ganz junge Thiere zu thun gezwungen werden, so die Kiefernspinnerraupe nach der ersten Häutung, statt wie gewöhnlich nach der zweiten. Insekten, welche eine mehrjährige Generation haben, müssen natür- lich auch mehreremale überwintern. Es kann dies in den gleichen oder in verschiedenen Hauptlebensstadien geschehen; so überwintern z. B. die eine zwei- bis dreijährige Generation aufweisenden Eintagsfliegen stets als Larven im Wasser, wälirend der Maikäfer drei Winter als Larve, den vierten dagegen meist als Iniago überdauert. Lehflisdaiier. Wenn ein Insekt den Imagozustand einmal erreicht hat, so wächst dasselbe, wie wir oben kennen lernten^ nicht mehr. Die Functionen der Image beschränken sich daher im wesentlichen auf Ernährung und Fortpflanzung, und in sehr vielen Fällen tritt erstere derartig zurück, dass die ganze Lebensthätigkeit sich auf das Fort- pflanzungsgeschäft beschränkt. Das klarste Beispiel hiefür ist die Eintags- fliege, Ephemera vulgata L., welche nach Erreichung des Imagozustandes nur wenige Stunden lebt, um Begattung und Eiablage ausführen zu können. Aber auch in vielen anderen Fällen ist das Imagoleben sehr kurz. So soll z. B. der Kiefernspinner höchstens 16 Tage als Image leben. In allen diesen Fällen und sogar auch dann, wenn zwar das Imagostadium überwintert, aber im Frühjahr bald nach ausgeübter Fortpflanzungsthätigkeit eingeht, deckt sich die Dauer der einzelnen Generation fast völlig mit der Lebensdauer des Insektenindividuums. Indessen kommen in dieser Beziehung auch Ausnahmen vor. So lebt z. B. der grosse braune Rüsselkäfer noch lange Zeit nach Vollendung seines Fortpflanzungsgeschäftes, und gerade hierauf beruht der grosse, durch denselben bewirkte Schaden. Am auffälligsten sind aber die Ver- hältnisse bei den gesellig lebenden Insekten, besonders bei Bienen und Ameisen. So kann z. B. eine Bienenkönigin sicher bis 5 Jahre alt werden, und LuBBOCK hat durch directe Beobachtung nachgewiesen, dass Ameisen- königinnen bis 8 Jahre und Ameisenarbeiter bis 6 Jahre alt werden können. Literaturnachweise zu dem Abschnitte „Zeitlicher Ablauf der Entwicklung". — I. Boussingault , J. B., Die Landwirth- schaft in ihren Beziehungen zur Chemie, Physik und Meteorologie. Deutsch bearbeitet von Gräger. 2 Bde. S*". Halle 1844 und 1845. — 2. Bruhn.?, C, Resultate aus den meteorologischen Beobachtungen im Königreiche Sachsen, Jahrg. I — VII. Bis 1870 reichend. 4". — 3. Davv, Marie, Meteorologie et physique agiicoles, 2me. edition. Paris 1880. kl. 8". — 4. Fritsch, K., Jährliche Periode der Insektenfauna 122 Kap. IV. Fortpflanzung imd Jiigendzustände der Insekten. von Oesterreich-Ungarn. Denkschriften der math.-naturw. Klasse der kais. Akad. d. Wiss. zu Wien. 1. Diptera. Bd. XXXIV. 1875. 2.CoIeoptera. Bd. XXXVII. 1877. 3. Hymenoptera. Bd. XXXVIII. 1878. 4. Lepidoptera. Bd. XXXIX. 1878 und XLI. 1879. 5. Ehyncbota. Bd. XLII. 1880. — 5. Hoffmann, H., Zur Kenntniss der Vege- tationsnormalen. Botanische Zeitung, Bd. XIX. 1861, p. 177 — 182 und 185 — 191. — 6. Derselbe. Vergleichende phänologische Karte von Mitteleuropa. Petermann's Mittheilungen, Bd. XXVIL 1881, p. 19 — 26. Taf. 2. — 7. Jahrbücher der k. k. Central- Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. Officielle Publication. Wien, W. Braiimüller, — 8. Krutzsch, H , Untersuchungen über die Temperatur der Bäume im Vergleiche zur Luft- und Bodentemperatur. Forstwirth- schaftliches Jahrbuch der Akademie Tharand, Bd. X. 1854, p. 214 — 270. — 9. MüTTRiCH, Jahresbericht über die Beobachtuugsergebnisse der forstlich-meteorologischen Stationen. Jahrg. I — VII. 1875 — 1881. 8^. — 10. Putzger, F. W., Temperaturkarten des deutschen Reiches. Andree und Peschel, Physikalisch-statistischer Atlas des deutschen Reiches. I. Taf. 2 — 5. — 11. Regener, E., Erfahrungen über den Nahrungs- verbrauch und über die Lebensweise, Lebensdauer und Vertilgung der grossen Kiefernraupe. Leipzig. Emil Baensch's Verlag. 1865. — 12. Semper, K., Die natürlichen Existenzbedingungen der Thiere. 8**. Leipzig 1880. 2 Bde. 299 und 296 S. — 13. Werneburg, A., Der Schmetterling und sein Leben. 8*^. Berlin 1854. Parthenogeiiesis und mit ihr zusammenhängende Erschei- nungen. Alle unsere bisherigen Betrachtungen über die Fortpflanzung der Insekten bezogen sich lediglich auf die als Regel bei diesen Thieren auftretende Gamogenesis (vergl. S. 82). Neben ihr gibt es aber, wie wir bereits sahen, in selteneren Fällen noch eine andere Art der Ei- fortpflanzung, die Parthenogenesis oder die Jungfernzeugung, bei welcher das Ei zu seiner Entwicklung einer Befruchtung nicht bedarf. So auffallend dieser, den ersten Entdeckern schier unglaubliche Vor- gang, vom physiologischen Standpunkte aus betrachtet, nun auch ist, so unterscheidet sich doch, so weit wir wissen, morphologisch die parthenogenetische Entwicklung eines unbefruchteten Eies, wenn sie überhaupt vorkommt, in keiner Weise von der eines anderen befruch- teten, gleichen Eies, dagegen bietet die Art und Weise, wie die Partheno- genesis sich in den Entwicklungscyklus der Insekten einreiht, eine Menge von Besonderheiten, welche letzteren in manchen Fällen zu einem sehr complicirten machen. Die morpliologisclie Gleichheit der partlienogenetischen Entwicklung mit der gamogeuetischen bezieht sicli natürlich nur auf die Vorgänge von der Furchung Literaturnachweise Parthenogenesis. 123 an. Die Hiklung des ersten Fnrchungskernes, wie wir sie auf S. 87 andeuteten, ist, da dieselbe bei der Ganinij;enese eben wesentlicli auf dem bei der Partheno- genese wegfallenden Eindringtui des Samenfadens in das Ei und seiner Ver- mischung mit dessen Substanz berniit, eine andere. Walirsciieinlich übernimmt einfach der Eikern, das Keimbläsclien, die Rolle des Furciinngskernes. Dagegen ist die Embryonaleutwicklung selbst, sowie die Metamorphose die gleiche. Man kann zwei Hauptabtlieilungen der Parthenogenesis unter- scheiden, die Parthenogenesis im engeren Sinne und die Paedogenesis. Als Parthenogenesis im engeren Sinne kann man diejenige Form derselben bezeichnen, bei welcher die Befruchtung einfach wegfällt, ohne dass dieser Wegfall durch eine zwingende, im Bau des sich partheno- genetisch fortpflanzenden Mutterthieres begründete Ursache veranlasst wäre, das Mutterthier vielmehr eine normal gebaute weibliche Imago ist. Dieselbe kann im Leben einer Insektenart entweder ausnahmsweise voll- kommen oder regelmässig eintreten. Ausnahmsweise ist die Parthenogenesis bei einer Reihe von Schwärmern und Nachtfaltern beobachtet worden, an Forstschädlingen z. B, bei Bombyx Pinl L. Bei dem Seidenspinner kommt sie sogar in den italienischen Züchtereien ziemlich häufig vor. Regelmässig kommt Parthenogenesis zunächst vor bei vielen, ja vielleicht allen geselligen Hymenopteren, z. B. bei der Honigbiene, sowie bei manchen Blattwespen. Bei den genannten Hymenopteren tritt sie stets normalerweise neben der gewöhnlichen Gamogenesis auf, da sich die Männchen aus unbefruchteten, die Weibchen, ein- schliesslich der Arbeiterinnen bei den geselligen Hymenopteren, aus befruchteten Eiern entwickeln. Diese Form der Parthenogenesis, bei welcher aus den unbefruchteten Eiern stets Männchen entstehen, nennt man Arrenotokie, abgeleitet von appvjv, Genit. appsvo^, das männliche Wesen, und toxo^, die Geburt. Da die Befruchtung ein von dem begatteten Weibchen willkürlich (vergl. S. 86) eingeleiteter Vorgang ist, so kann sich auch ein begattetes Weibchen arrenotok fortpflanzen. So legt z. B. die begattete Bienenkönigin abwechselnd und nach Bedürfniss befruchtete und unbefruchtete Eier, erzeugt also weibliche oder männliche Nachkommenschaft nach Belieben. Eine nicht begattete Königin oder eine solche, die den empfangenen Samen bereits völlig verausgabte, kann dagegen nur männliche Nachkommenschaft erzeugen, ist „dr ohnenbrütig". Andere Fälle von regelmässiger Parthenogenesis, welche bei einigen Schmetterlingen aus der Familie der Psychiden und Tineiden, sowie bei einigen Gallwespen vorkommen, sind im Gegentheil dadurch ausgezeichnet, dass die aus unbefruchteten Eiern erzielte Nachkommen- schaft stets we.i blich ist, während die Männchen aus befruchteten Eiern entstehen. Man nennt diese Form der Parthenogenese Tbelytokie, abgeleitet von 3-y^\vc, M'eiblich, und to/o^, die Geburt. Bei den sich thelytok fortpflanzenden Formen sind meist die Männchen sehr selten 124 Kap. IV. Fortpflanzung \;nd Jugendzustände der Insekten. und können local völlig fehlen, da ja die Weibchen, wenigstens temporär, allein zur Erhaltung der Art genügen. In anderen Fällen scheinen die Männchen sogar ganz zu fehlen, z. B. bei einigen Gallwespen. Das bekannteste Beispiel für solche Thelytokie ist die Fortpflanzung von Psyche Helix Sieb., eines Schmetterlings. Desgleichen kennen wir von den, die technisch wichtigsten Eichengallen erzeugenden Gall- wespen von Cynips tinctoria L. und C. calycis Oliv, bis jetzt nur Weibchen. Psyche Helix pflanzt sich au vielen Orten rein parthenogenetiscli fort, indem die, atis den von dem madenartigen Q (Fig. 87, A) abgelegten Eiern schlüpfen- den Jungen stets wieder zu Weibchen werden. In anderen Gegenden kommen dagegen auch Männchen, wenngleich sel- Fig. 87. Psyche Helix nach v. Siebold ten, vor (Fig. 87, tJ) und es tritt dann und Claus. A das madenartige Q. B Q eine gamogeuetische Fortpflanzung ein. Larve in ihrem schneckenförmigen Sacke. Paed OgCUesis — abgeleitet von a obere Oetfuung desselben. C Sack „,-,.. ^ /• ■, tt-- j einer J^ Larve, in der die verlassene J ^«'?' Genitiv %y.iOo:, das Kind, und Puppenhülle steckt. D ^ Puppe. JE ent- y|v£cric, die Erzeugung — nennt wickeltes <-?. t • • tt-h man dagegen diejenigen .balle von Parthenogenesis, bei welchen das sich fortpflanzende Mutterthier gar nicht die volle, der Art in der Eegel zukommende Imagoform erreicht, sondern sich bereits in einer Jugendform, als Kind, fortpflanzt. Da bei den Jugendformen, wie wir oben sahen (vergl. S. 98), stets die Leitungswege der Geschlechtsorgane fehlen, so ist in diesem Falle eine Begattung und daher auch eine Befruchtung der Eier über- haupt nicht möglich, und dieselben entwickeln sich daher entweder in der mütterlichen Leibeshöhle — bei einigen fortpflanzungsfähigen Fliegenlarven — oder treten durch besondere Oeffnungen in der Leibeswand aus, z. B. bei einer parthenogenetischen Mückenpuppe. Entdeckt wurden diese Verhältnisse bei den unter alter Baumrinde lebenden Larven einer Galhnückenart, Miastor metroloas Meinert. Hier entwickeln sich die Anlagen der Eiröhren, ohne dass es zu der Bildung von Ausführungsgängen kommt; sie zerfallen vielmehr in einzelne Abschnitte, die aus je einem Eifach mit Eizelle und Epithel und einem Dotterfache bestellen. Diese liegen frei in der Leibeshöhle der Mutterlarve, und jede Eizelle entwickelt sich nun auf Kosten der sie ein- schliessenden Zellen zu einem Embryo, der bald die EihüUe durchbricht, sich auf Kosten des Fettkörpers und der übrigen, zerfallenden Organe des Mutterthieres ernährt und wächst, so dass schliesslich nur die Chitinhülle des letzteren übrig bleibt, die endlich von den Tochterlarven gesprengt wird. Letztere können nun entweder selbst wieder paedogeuetisch Junge erzeugen, oder nach vorher- gehender Verpuppung sich in die Imago verwandeln (vergl. Fig 88). Den Uebergang zwischen der Parthenogenesis im engeren Sinne und der Paedogenesis bilden diejenigen Fälle, in welchen sich unvoll- kommene Weibchen parthenogenetisch fortpflanzen. Es ist dies besonders bei den Blattläusen der Fall. Bei diesen treten während des Sommers Weibchen auf, die sich schon durch die äussere Erscheinung von den Eiji'i'iitliclic I'artlieiiofjciiesi.s luid l'.-ieduKfiicsi.s. 125 eigentlichen Weibchen unterscheiden (Fig. 90^ und B), besonders aber da- durch ausgezeichnet sind, dass sie keine Samen tasche besitzen, gar nicht befruchtet werden können und trotzdem reichliche Nachkommenschaft erzeugen. Ihre Eier entwickeln sich schon in den P]iröliren des Eierstockes und die jungen Thiere werden lebendig geboren. Der früher für diese viviparen Blattlausweibchen gebrauchte Ausdruck j,Ammen", sowie die Bezeichnung ihrer Eier als „pseudova", sind neuerdings, als nicht hin- reichend morphologisch und physiologisch begründet, ver- lassen worden. Bei einzelnen Insektenavten ist die Parthenogenese die einzige bekannt gewordene Fortpflanzungsart, so z. B. bei den oben erwähnten Gallwespen der levanti- nischen Galläpfel, Cynips tincioria L., den Knoppern gallwespen, C. calycis Oliv, und anderen. Ob die.selbe wirklich auch die einzige hier vorkommende Fort- pflanzungsart ist, kann vorläufig nicht sicher entschieden werden, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass ebenso wie schliesslich bei Psyche Helix, welche man lange l'ig- ^^- Pae Jahre nur in der parthenogenetischen Weibclienform «oKenetisch kannte, das Männchen entdeckt wurde, auch hier ein- mal Männchen und damit auch eine jjamogenetische Fortpflanzung gefunden werden wird. Scheint es doch eine durchgreifende Regel im Thierreiche zu sein, dass die ungeschlechtliche Fortpflanzung, welcher Art sie auch sei, auf die Dauer nicht hinreicht, um den Fort- bestand der Art zu sichern, dass vielmehr immer, wenig- stens von Zeit zu Zeit, von der Natur auf die geschleclit- liche Fortpflauzting zurückgegriffen wird. So tritt denn, in den uns vollständig bekannt ge- wordenen Fällen, die regelmässige Parthenogenesis stets entweder neben der Ganiogenesis, oder aber in be- stimmter, gesetzmässig geordneter, rhythmischer Ab- wechslung mit ihr auf. Insekten, bei denen das letztere der Fall, zeigen dann einen zusammengesetzten Entwicklungscyklus. Einfacher und zusaiiiineu^esetzter Eiitwickliingseyklus. Bei den meisten mit ausschliesslich gauiogenetischer Fortpflanzung begabten In- sekten spielt sich die Furtpflanzung genau so ab, wie bei den Wirltelthieren. Die Nachkommen sind den Poltern in jeder Beziehung ähnlich, jede folgende Brut ist der vorhergehenden gleich, und wenn wir die Einzel- sich fortpflan- zende Flieg'en- larve aus ver- dorbenen Znckerrfiben- rückständen nach Pagen STECHER, a Augenfleck der mütter- lichen Larve. Sie enthält fünf junge Larven, deren Kopfenden durch den gleichen Augenfleck a' angezeichnet sind. 126 Kap. IV. Fortpflanzung und Jugendzustände der Insekten. brut mit a bezeiclinen, so folgen sich dieselben im Laufe der Zeiten ununterbrochen nach dem Schema: a — a — a — a — a — a u. s. f. Der Kreislauf der Entwicklung ist also mit jeder einzelnen Gene- ration geschlossen, alle bei der Fortpflanzung normalerweise möglichen Vorkommnisse haben sieb in dieser einen Generation auch wirklich ab- "•espielt. Von solchen Thieren, in unserem Falle Insekten, sagt man, dass sie einen einfachen Entwicklungscy klus haben. Es kommen aber Fälle vor, in denen die aufeinanderfolgenden Generationen sich nicht in allen Stücken gleichen, bei denen sich zwei oder mehrere, entweder durch ihre äussere Erscheinung, oder ihren inneren Bau oder ihre Fortpflanzungsart unterschiedene Generationen reo-elmässig folgen, bei denen also alle im Leben der Art möglichen Erscheinungen nicht in einer jeden, sondern erst in zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Brüten auftreten. Von solchen Thieren sagt man, dass sie einen zusammengesetzten Entwic klungscyklus haben. Bezeichnet man zwei verschiedene, regelmässig mit einander ab- wechselnde Brüten als a vind b, so ist das Schema eines aus ihnen zu- sammengesetzten Entwicklungscy klus: a — b — a — b — a — b — u. s. f. Der gewöhnlich gar nicht als solcher anerkannte, einfachste und zugleich versteckteste Fall eines zusammengesetzten Entwicklungs- cyklus liegt bei der doppelten Generation vor. Hier — z. B. bei Lophyrus Pini L. (vergl. S. 114) — besteht der Unterschied der beiden im Laufe des Jahres auftretenden, mit einander abwechselnden Brüten lediglich in der Zeitdauer, welche sie zu ihrer Vollendung brauchen. Die Sommerbrut braucht vier, die Winterbrut acht IMonate, und wenn wir nun jene mit a, diese mit a' bezeichnen, so folgen sich im Laufe der Zeiten die Brüten nach dem Schema: a — a' — a — a' — a — a' u. s. f. Der Unterschied zwischen Sommer- und Winterbrut erstreckt sich aber mitunter nicht blos auf die Zeit, die sie zu ihrer Entwicklung brauchen, sondern kann sich auch auf die äussere Erscheinung der Thiere beziehen. So ist z. B. die als Puppe überwinternde, im Frühling fliegende Winterbrut eines bekannten Tagfalters, Vanessa levana L., gelbbraun mit schwarzer Fleckenzeichnung, während die aus den Eiern dieser Frühlingsschmetterlinge entstandene und bereits im August fliegende Sommerbrut schwarz mit gelbweisser Mittelbinde und einigen röthlichen Randmöndchen ist und derartig von ihren Eltern abweicht, dass sie ursprünglich, ehe man ihren genetischen Zusammen- hang kannte, als eine eigene Art, V. prorsa L., bezeichnet wurde. Die Nachkommen von V. prorsa erscheinen nun wieder in der Form Zusammengesetzter Eiitwicklmi^scyklii.s. Heterogonie. 12: von V. levana u. s. f. Diese Abwechslunj^ verschieden gefärbter, sonst aber gleicher Sommer- und Winterbruten liat man mit Wallace als Saisondimorphismus bezeichnet. HeterojIJOUie. Einen zusammengesetzten Entwicklungscyklus, in wel- chem Generationen, die sich durch verschiedene Art der Eifortpflan- zung unterscheiden, regelmässig mit einander abwechseln, nennt man HeteVügon ie. Die einfachste Form der Heterogonie ist die, bei welcher regelmässig eine gamogenctische und eine parthenogenetische Brut mit einander abwechseln. Fig. 89. Die Gallemormen der beiden Generationen von Biorhiza terminalis Htg. A die Wurzelgalle, aus der die Biorhiza aptera Fakr. sclilüpft, a Galle mit dem Loche, durch welclies die Wespe auskam. B Terminalgalle mit schwammigem Gefüge, aus der die Teras terminalis genannte, aus (^ und Q bestehende Generation schlüpft. Eine solche Heterogonie finden wir nach der schönen Entdeckung von Adler z. B. bei vielen Gallwespen, hier allerdings noch dadurch auffälliger gemacht, dass auch die Gallen der Sommer- und Winterbrut verschieden sind. Aus den bekannten, fleischig schwammigen, im Früh- ling erscheinenden und im Anfang des Sommers schön geröthet reifen- den Gallen, die an den Triebenden unserer Eichen gemein sind (Fig. 89 ß), schlüpfen ungeflügelte weibliche und geflügelte männliche Gallwespen aus, welche bisher mit dem Namen Teras terminalis Htg. bezeichnet wurden. Diese pflanzen sich gamogene tisch foi't, indem das ungeflügelte Weibchen sofort nach der Begattung an die Wurzeln der Eiche hinabsteigt und an diese mit Hilfe des Legstachels seine Eier absetzt. Als Folge dieses Stiches entwickelt sich während des Hochsommers und Herbstes an den Wurzeln eine kleine röthliche Galle (Fig. 89 Ä), welche im Winter reift, und aus ihr schlüpfen 128 Kap. IV. Fortpflanzung und Jngendzustcände der Insekten. min die Nachkommen der Weibchen und Mcännchen als gleichfalls iinge- flügelte Weibchen, die unter dem Namen Biorhiza aptera Fabr. bekannt sind. Diese pflanzen sich alsbald parthenogen etisch fort, indem sie sofort nach ihrem Ausschlüpfen den Baum hinaufsteigen, die Terminalknospen der Zweige anstechen und mit Eiern belegen, so dass nunmehr wieder die erstgedachte schwammige Galle zur Entwick- lung kommt, aus der im Sommer die Nachkommen der parthenogene- sirenden Weibchen als getrenntgeschlechtliche Brut ausschlüpfen. Etwas complicirter wird die Heterogonie, wenn mehrere auf- einander folgende parthenogenetische Brüten regelmässig zwischen je zwei gamogenetische eingeschoben werden. Als Beispiel wählen wir Aphis platanoides Schrk. Fig. 90. Aphis platanoides Schrk. nach Claus. Ä Lebendig gebärendes, nnvoU- kommenes, aber geflügeltes Weibchen. B vollkommene.^*, eierlegendes Weibchen ohne Flügel. C Männchen mit kurzer, gekrümmter, am Hinterleib vorstehender Ruthe. Im Herbste findet man auf der Unterseite der Ahornblätter ge- flügelte und ungeflügelte Individuen dieser Blattlaus, von denen jene (Fig. 90 C) Männchen diese (Fig. 90 B) vollständig ausgebildete Weibchen sind, welche nach vorhergegangener Begattung nun Winter- eier legen. Aus diesen schlüpfen im Frühjahr junge Larven aus, welche in vier Häutungen zu geflügelten, aber der Samentasche entbehrenden Weibchen werden (Fig. 90 A) und sich nun parthenogenetisch fort- pflanzen, indem sie lebendige Junge gebären. Aus diesen werden wiederum geflügelte, unvollkommene, vivipare Weibchen, die gleichfalls parthenogenetisch sind, und so folgen sich im Laufe des Sommers mehrere Brüten viviparer parthenogenesirender Weibchen, bis im Herbste die vivipar und parthenogenetisch erzeugten Jungen plötzlich zu geschlechtlich entwickelten Männchen und Weibchen werden, die nun auf garaogenetischein Wege wieder die Wintereier erzeugen. Bezeichnen wir die aus Männchen und Weibchen bestehenden Brüten mit a, die nur aus partheiiogenesirenden Weibchen gebildeten wieder als b, so kann die Entwicklung der Gallwespen dargestellt werden durch das Schema: a — b — a — b — a — b u. s. f., während dagegen bei der Blattlaus das Schema ist: a — b — b — b — a — b — b — b — a u. s. f. Noch complicirter wird der Voigang, wenn die partheiiogene- tischen Braten selbst wieder in verschiedener Gestalt auftreten. Heterogonie und Generationswechsel. 129 Dies ist der Fall bei der berüchtigten Reblaus, Phylloxera vastatrix. Im Herbste treten hier darm- und riissellose cJ und 9 — Brut a — auf, von denen die letzteren nach erfolgter Begattung stets nur je ein Ei legen. Aus diesen Eiern schlüpfen im Frühjahr ungefiügelte, unvollkommene Weibchen — Brut h — , welche sich an die Wurzeln des Rebstockes begeben, und hier — wir übergehen die in Europa noch kaum beobachtete und nicht nothwendig in den Entwicklungscyklus hineingehörige blattbewohnende Form — parthenogenetisch eine Reihe gleicher Brüten hervorbringen. Die letzte so erzeugte Brut erhält aher Flügel und wird zu parthenogenetisch sich fortpflanzenden, unvoll- kommenen Weibchen — Brut b' — welche nun die Eier legen, aus denen die zweigeschlechtliche Brut a im Herbste ausschlüpft. Hier ist das Schema also: a — b — b — b — b' — a — b — b — b — b' — a u. s. f. Auch bei vielen unserer gewöhnlichen Blattläuse kommen übrigens ungeflügelte Generationen lebendig gebärender, unvollkommener Weib- chen vor, bei manchen so häufig, dass die bei Aphis platanoides gekennzeichnete geflügelte Form viviparer Weibchen nur nebenher, gewissermassen als Mittel zur Verbreitung der Blattläuse auf entfernte Pflanzen auftritt, oder aber es sind die ersten Brüten viviparer Weibchen flügellos, und erst die spätei-en kurz vor den Geschlechts- thieren auftretenden geflügelt. Eine Reihe anderer Erscheinungen, z. B. die höchst auffallende Entwicklung der Rindenläuse, Chermes, die wir später noch genauer zu betrachten haben werden, und bei welcher, trotz der gegentheiligen Angaben Ratzeburg's, bis jetzt nur zwei verschiedene parthenogenetische Brüten, dagegen keine gamogenetische, nachgewiesen worden sind — Leuckart — müssen ebenfalls hierher gerechnet werden, sind aber noch nicht völlig auf- geklärt. Alle die bisher als Heterogonie bezeichneten verwickelten Fortpflanzuugs- erscheimmgen werden in den gewöhnlichen Lehrbüchern meist als Generations- wechsel aufgeführt. Im Anschluss an die neueren Anschauungen reserviren wir aber letzteren Ausdruck für diejenigen zusammengesetzten Entwicklungscyklen, bei welchen Eifort])flanzung, und zwar in Form der Gamogenese, und Fortpflanzung durch mehrzellige Keime (vergl. S. 81), gewöhnlich als Knospung oder Theilung bezeichnet, abwechseln. Da Knospung und Theilung bei den Metazoen lediglich auf die Typen der Coelenteraten und Würmer, letzteres Wort im weitesten Sinne genommen, beschränkt sind, dagegen bei den Arthropoden nicht vorkommen, so kann bei letzteren und demgemäss auch bei den Insekten von einem Generationswechsel in unserem Sinne nicht die Rede sein. Lehrbach d, mitte'europ. Forfitinsektcnkunde. KAPITEL V. Die Insekten als natürliche und wirthschaft- liche Macht. Die Bedeutuug der Insekten für den allgemeinen Naturliauslialt ist trotz der durchsclinittlich geringen Grösse und Masse des Einzelthieres eine ganz hervorragende und wird bedingt durch die ungeheure Anzahl der Arten und Individuen, in welchen sie über das feste Land und die Binnengewässer vertheilt sind. Ueber die geringe Durchschnittsgrösse der Insekten belehrt uns am besten ein Blick in eine Sammlung. Ein Käfer oder eine Heuschrecke, welche an Körpergrösse dem kleinsten Säugethiere un- serer Fauna, der Zwergspitzmaus, oder dem kleinsten einheimischen Vogel, dem Goldhähnchen, Regulus cristatus Koch, gleichkommen, gehören schon zu den grössten Erscheinungen, und die scheinbar ziemlich bedeutenden Dimensionen der Grossschmetterlinge kommen fast ausschliesslich auf Rechnung der nur sehr wenig feste Körper- masse enthaltenden Flügel. Hirschkäfer, Lucanus cervus L., Wander- heuschrecke, Pachytylus migratorius L., einige Wasserjungfern aus den Gattungen Anax und Aeschna, das grosse Nachtpfauenauge, Saturnia Pyri Schiff., sowie die Hornisse, Vespa Crabro L., dürften die grössten Insektenformen unserer Fauna darstellen. Dagegen sind ganze Gruppen sehr verbreiteter und wichtiger Insekten von durchschnittlich zwerg- hafter Gestalt. Wir erwähnen hier beispielsweise nur die Borkenkäfer, die Gallwespen und unter den Schlupfwespen im weiteren Sinne die Chalcididae und Proctotrypidae. Um so bedeutender ist die Auzalil der Gattungen und Ar- ten. Gerstäcker hält die Annahme Heer's, die Insekten machten allein vier Fünftheile aller vorhandenen Thierarten aus, noch für zu niedrig gegriflPen, und schlägt ihre Totalsumme auf wenigstens 180 000 Grösse, Menge und Verbreitiuif^ der Insekten. 131 Arten an, von denen 90 000 auf Käfer, 25 000 auf Hymenopteren, 24 000 auf Dipteren und 22 000 bis 24 000 auf Lepidopteren kommen. Der STAuniNOKR'sche Katalog der Lepidopteren des europäischen Faunen - gebietes verzeichnet an Grossschnietterlingen 415 Gattungen mit 2849 Arten, an Kleinscinnetterlingen 316 Gattungen mit 3213 Arten, und der durch VON Heyden, Reitter und Weise 1883 aufgestellte Katalog der Käfer Europas und des Kaukasus lunfasst 209 dreispaltige, enggedruckte Octavseiten, auf welchen 1605 Gattungen und, ganz abgesehen von den zahlreichen Varietäten, 15 860 Arten aufgeführt sind. Dass auch die Menge der Individuen häufig eine sehr be- deutende ist, lehrt schon der Umstand, dass die Insekten trotz ihrer geringen Durchschnittsgrösse einen sehr Avcsentlichen Zug des sommer- lichen Naturbildes auch in unseren Gegenden abgeben. In einzelnen Fällen steigert sich bei der Einzelart die Individuenzahl aber in das Unglaubliche. Wir erinnern an die schon bei uns mitunter so lästig werdenden Miickensclnvärmo, die in tropischen Ländern und auf nor- dischen Hochmooren sich zu sonneverfinsternden Wolken vermehren können. Die riesigen Wanderheuschreckenzüge und die von ihnen verursachten Verheerungen sind bekannt; die Züge der Libellula quadri- maculata L. können bei uns mitunter ununterbrochen ein bis zwei Tage dauern und einer von ihnen wurde, nach Gerstäcker's Mit- theilung, von Cornelius auf etwa 2400 Millionen Individuen taxirt. Borkenkäfer-, Kiefernspinner- und Nonncnfrass sind forstlich die bekann- testen Fälle solcher Vermehrungen. Die räumliche Verbreitung dieses unzählbaren Insekten- heeres ist nun fast ausschliesslich auf das feste Land und die Binnen- gewässer, d. h. also, da das Meer fast drei Viertel der Erdober- fläche einnimmt, auf wenig mehr als ein Viertel derselben beschränkt. Im Meere wird es durch das dort nicht minder zahlreiche Heer der krebsartigen Thiere ersetzt. Allerdings gibt es auch einige im Salz- wasser lebende Insekten — besonders ist Halobates, eine nach Art unserer einheimischen Hydrometra auf der Meeresoberfläche herum- laufende Wasserwanze, zu erwähnen [vergl. S. 122, 12, L, p. 279] — indessen sind sie höchstens nach Dutzenden zu zählen und verschwinden gegen die Hauptmenge der übrigen Insekten völlig. Ja sogar so weit scheint sich der Anta2:onismus zwischen Meer und Insektenorganismus zu erstrecken, dass die Insekten im aligemeinen die Kontinente den Inseln vorziehen, und dass bei den auf kleineren, heftigen Winden ausgesetzten Inseln lebenden Insektenformen häufig die Flugfähigkeit, ' also ein ganz typisches Merkmal der Insekten- organisation, verloren geht, wie die Käferfauna von Madeira und die gesammte Insektenfauna von Kerguelenland beweist. Auch die Süsswasserinsekten können nur als ein zwar grosser, aber doch immerhin nicht völlig typischer Zweig der Kerfwelt an- gesehen werden, da viele von ihnen nur die Entwicklungszeit im Wasser zubringen, und diejenigen, welche das Süsswasser als dauern- des Lebenselement wählen, dasselbe doch auch stets wenigstens zeit- 9* 132 Kap. V. Die Insekten als natürliche und wirtlischaftliche M■■■■• ■■■■•••■•II Tfra'ai :!f ff s:::* ■•■"■■■•••'•"• ' 5!S55!S*"» ■•»■ :ii«»il »••• Ji !!!!!!!*■■ ■*•• ■■■■in ihi ü ■ •■•■■■■■■■••• ■■■■■■■Hfl g ■••a> ••■ ■ »»■• ■«■• 60 Fig. 93. Entasteter Wipfel einer im Fig. 94. Die letzten sieben Holzringe einer Jahre 1857 von der Nonne kahl gefres- im Jahre 1858 fast ganz kahlgefressenen, senen Fichte, die verschiedene Länge abernichteingegangenenKiefomstange; nach der Jahrestriebe zeigend. Ratzebükg. [XV, 1. Bd., Tat'. G, Fig. 4 a.] wieder ihre normale Länge. So hat die Fichte, deren Wipfel oben- stehcnd (Fig. 93) abgebildet ist, nach einer im Jahre 1857 erlittenen Schädigung bis 1859 nur ganz kurze Gipfelti-iebe gebildet und erst im Jahre 1861 wieder einen kräftigen Trieb erzeugt. Die Minderung des Stärkenzuwachses wird besonders bei Verlust der Laubblätter oder Nadeln bemerkt, sie tritt mitunter schon im Frassjahre, bedeutend häufiger aber im Nachjahre ein. Nach einem grösseren Frasse werden die Jahresringe stets schmäler und schwächer, und dies kann sich mitunter auf viele Jahre hinaus erstrecken (vergl.Fig.94). Lehrbach d. mitteleurop. ForslinBektenkuade. 10 146 K;ip. Y. Die Insekten als natürliche und wirtbschaftliche Macht. NöRDLiNGER liat Wiederholt an Eichen, auch au Carya alba Mill., den in Süddeutscbland alle drei Jahre wiederkehrenden Maikäferfrass durch besonders schmale Jahresringe bezeichnet gefunden. Das Auszählen der Jahresringe zur Bestimmung des Baumalters bei den praktisch so wichtigen Zuwachsermittelungen wird unsicher durch Bil- dung von Doppelringen, welche bei plötzlicher Entlaubung im Sommer namentlich an jungen Trieben sicher vorkommen, oder durch Zusammen- fliessen zweier Jahresringe in einen, mitunter wohl auch durch gänzliches Ausbleiben eines Einges. Der durch die Färbung scharf ausgesprochene Unterschied zwischen Frühjahrs- und Herbstholz, „Weiss- und Braun- holz", eines Jahresringes, namentlich beim Nadelholze, macht bei diesem die Zählungen sehr leicht, sobald keine Störungen im Wüchse eintraten. Bei den Laubhölzern sind die beiden Schichten des Jahresringes weniger scharf geschieden, nur die ringporigen Eichen, Eschen und Rüstern greüzen durch das gefässreiche Frühjahrsholz jeden neuen Jahresring von der dichten Herbstholzschicht des vorhergehenden Ringes scharf ab. Störungen in der Harzerzeugung entstehen bekanntlich ebenfalls nicht blos durch Pilze, welche eine Umbildung der Stärke und der Cellulose zu Terpentin und dadurch eine krankhafte Vermehrung des Harzes, sowie Harzausfluss bewirken, z. B. Agaricus melleus L., Aeci- dium Pini Pers., Peziza ^Willkommii R. Htg. Alle Insekten, welche die Rinde oder den Holzkörper der Nadelhölzer von aussen verletzen, z. B. Bockkäfer, Tetropium luridum L., Holzwespen, Graph, pactolana Zll. und coniferana Ratz., Dioryctria abietella S.V., verschiedene Rüsselkäfer, Hylobius Abietis L., Pissodes hercyniaeHBST., sowie Borkenkäfer bewirken einen mehr oder weniger starken Harzausfluss. Aber auch im Innern des Holzes entstehen abnorme Bildungen, so z. B. die sogenannten j,Harz- ketten". Wir verstehen darunter im Holze der Kiefern und Fichten eine krankhafte Vermehrung der Harzkanäle zu concentrischen Ketten, welche manchmal in einander fliessen; auch können die Harzkanäle im letzten Jahresringe völlig ausbleiben. Divrochen werden zu können. Bei dieser Unsicherheit unserer Kenntnisse behandeln wir sie unter dem ihnen in der Voraussetzung, dass es wirklich Spaltpilze seien, gegebenen Namen als Anhang zu den Spaltpilzen, ohne Gewähr für die Kichtigkeit dieser Stellung. , . ,r 1 Die an Pebrine — auch CJattine, Fleckenkrankheit, Petechia, Körperchen- krankheit, Maladie des corpuscules genannt — erkrankten Seidenraupen zeigen, sowie die' Krankheit heftiger wird, geringe Fresslust und trüge Bewegungen, llire Färbung ist eine schmutzig gelbe und ihre Haut erscheint ausserdem mit zahl- reieheu^ vom GcdbUraunen bis in das Duukelsclnvarze spielenden Flecken besetzt. Das auf dem Rücken des letzten Segmentes befindliche liorn ist meist verschrumpft (Fio-. 9() .4 und ]i); nur in einzelnen Fällen fehlen die schwarzen Hautflecken. Charakterisirt wird die Febrine dadurch, dass das Blut, sowie alle Organe des erkrankten Thieres durchsetzt sind von Massen eines, gewöhnlich als Spaltpilz bezeichneten, niederen Organismus, des ,,Micrococcus" ovatus Lebekt. Diese Parasiten wurden zuerst im Jahre 1856 in Italien entdeckt und nach ihrem Entdecker „Körperchen des Coknalia" genannt. Anfangs meist nicht als die Ursache, sondern als die Folge der Pebrine angesehen und nicht als Orga- Fig. 96. Die Pebrine der Seidenraupe. A gesunde Seidenraupe. B an Pebrine erkrankte Seidenraupe. C Spiundrüse einer erkrankten Seidenraupe mit knotigen Auftreibungen. 1) ,,Micrococcus" ovatus Lebert, der Pebrine-. ,Siialtpilz". a Einzel- zellen, h in Theiknig begritl'cne Zellen [nach Lebert 16, Tat". 1, .3 und 5]. nismen anerkannt, wurden sie zuerst von Lebert unter dem Namen „Panhisto- phyton" ovatum und von Nägeli als ,,Nosema" Bombycis richtig gewürdigt. Die Zellen dieses parasitischen Organismus kommen entweder vereinzelt oder paarweise, oder zu kleinen Haufen vereinigt vor. Sie sind oval, beidendig abgerundet, ohngefähr 4 bis 5 ;j. lang und 2-5 |x dick (Fig. 96, D a und h). Besonders charakteristische Erscheinungen zeigen die Spinndrüsen der erkrankten Kaupen, welche stellenweise völlig von „Körperchen" erfüllt werden und rosen- kranzähnlich anschwellen, so dass die Absonderung der Seidenmasse gestört wird oder ganz aufhört (Fig. 96 '"). Ganz schwach inticirte Raupen können noch ein C'ocon spinnen und sich in einen Schmetterling verwandeln. Dieser ist aber dann mit „Körperchen" inficirt und auch die von einem kranken weiblichen Schmetterlinge erzeugten P^ier sind angesteckt. Ja man behauptet dies sogar von den Eiern eines gesunden, aber durch ein krankes Männchen befruchteten Weibchens. Aus solchen kranken Eiern gehen wieder kranke Raupen hervor, 168 K.'ip. VI Entstehung und Abwehr grösserer Insektenschädeu. die meist während der ersten und zweiten Häutung sterben. Werden ;ius gesunden Eiern gezogene Kaiipen durch Uebertragung des Parasiten mittelst der Nahrung in den Darmcaual oder von verletzten Stellen der äusseren Haut aus inficirt, so gelangen sie häufig noch bis zur Bildung eines Cocons, in welchem aber bei stärkerer Infection die Puppe zu Grunde geht. Diese Krankheit hat vielleicht schon im 15. Jahrhundert, bestimmt aber zu Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts — 1688 bis 1710, s])äter wieder von 1 744 bis 1 756 — in verheerender Weise geherrscht, verschwand dann und trat nach fast hundertjährigem Stillstande wieder allgemein in den Fünfziger- Jahren unseres Jahrhunderts aiif. Die Krankheit herrschte nicht blos in den seiden- züchteuden Ländern Europas, sondern auch in China und Japan. Im letzten Jahrzehnt ist sie nahezu verschwunden, seitdem in richtiger Würdigung des Um- standes, dass nur die in den Eiern eingeschlossenen „Körperchen" den Winter über lebensfähig bleiben, in allen grösseren Züchtereien nur noch wirklich gesunde Eier zur Zucht verwendet werden. Man erreicht dies durch das von Pasteür ein- geführte Verfahren der „Zellengrainage'". Es besteht darin, dass die in Copula befindlichen Pärchen in Einzelzellen isolirt und die Schmetterlinge nach Ablage der Eier — „grains" — auf das Vorhandensein von Körperchen mikroskopisch unter- sucht werden. Finden sich solche vor, so werden die von diesen Paaren erzeugten Eier sofort vernichtet [Bollinger 7, § 87 iif]. Wir haben im Vorhergehenden die einzelneu aufgeführten Spaltpilze als besondere Gattungen und Arten bezeichnet und wie wir glauben mit vollem Kechte. Es darf aber hier nicht verschwiegen werden, dass diese Anschauung nicht allgemein getheilt wird, weil es von einigen Forschern [vergl. Zopf's Arbeiten 25], fraglich gemacht wurde, ob nicht die verschiedenen Gattungen zugetheilteii Formen auch als Glieder eines und desselben Entwicklungscyklus erscheinen können und weil ferner, bei der Kleinheit der in Frage kommenden Organismen, vielfach weniger die morphologische Beschaffenheit der Pilzzelle als die Verschiedenheiten ihrer chemischen Thätigkeit, d. h. die Art der Zersetzungs- erscheinungon, welche bei ihrem Vorhandensein im Substrate eintreten, nach Cohn's Vorgange zur Unterscheidung der Arten benützt werden. Gibt doch z. B. H. BüCHXER [10] an, es sei ihm gelungen, die sogenannten Heubacillen, Bacil- lus subtilis CoHN., in vielen aufeinanderfolgenden Generationen durch Zuchten in verschiedenen, passend abgestuften Medien der Lebensweise in warmem bewegtem Säugerblute derartig anzupassen, dass sie schliesslich dieselbe Wirkung erhalten, wie die echten Milzbrandbacillen, Bacillus Anthracis Cohn, also wirklich auch Milzbrand hervorrufen. Die Bestätigung solcher und ähnlicher Ansichten durch genaue Nachuntersuchungen bleibt aber vorläufig abzuwarten. Discutabel sind solche Fragen heutzutage aber überhaupt nur für Schizomyceten und höchstens noch für die Classe der Saccharomyceten oder Hefepilze, und zwar nur was die Artfrage anbetrifft. Dagegen ist auch für diese niedrigsten Pilze festzuhalten, dass sie selbstständige Pilzformen bilden und nicht etwa Entwicklungsformen verschiedener höherer Pilze sind. Es muss dies hier darum besonders hervor- gehoben werden, weil diejenigen Pilzforscher, deren Arbeiten sich auch auf die Mykosen forstschädlicher Insekten ausgedehnt haben und zugleich in die forstliehe Literatur übergegangen sind, also Batl, Hallier und Haktig, letzterer wenigstens zu der Zeit, in welcher er über diesen Gegenstand publicirt hat [13, 1869], auf einem ganz entgegengesetzten Standpunkte stehen. Ihre Anschauungen können bezeichnet werden als eine übermässige Ausdehnung der wesentlich durch die Gebrüder Tulasne angebahnten und von de Bary und seineu Schülern weiter geführten Lehre von dem Pleomorphismus der Fructifications- organe der Pilze. Diese Lehre besagt, dass innerhalb des Entwicklungscyklus einer und derselben Pilzart sehr verschiedene, früher für besondere Arten gehaltene imd besonders benannte Fruchtträgerformen vorkommen können, und zwar ent- weder in gesetzlich geregelter oder scheinbar imgeregelter Folge. Dieser genetische Zusammenhang verschiedener Pilzformen ist aber in jedem einzelnen Falle durch genaue, rein gehaltene Culturen zu beweisen, und dies ist in vielen Fällen, iu welchen z. B. Halheu einen regellosen genetischen Zusammenhang der ver- schiedenen niederen und höheren Pilzformen nachgewiesen zu haben glaubte, IV'briiu- und iiiscktciitödtemle Eutumuplitlioroeii. 16il vorsichtigen Forsclieni uiclit gtdunj^'eii. In die C'lasse dieser, dnrcli iuiail iiljer den Zusammeidiang des weiter unten zu besprechenden, vorläufig Isaria farinosa Fr. genannten Insekteiisehniarotzers mit dem gemeinen Pinselschimmel, Penicillium glaucum Link, desgleichen die Behauptung der Zugehörigkeit des Flieg(>iiparasitcn Empusa muscae Cohn zu einem Entwicklungs- eyklus, in welchen auch ein Schimmelpilz, Mucor mucedo L., die Bierhefe, Saccharomyces cerevisiae Kees, und die auf im Wasser faulenden Insekten vor- kounnende Achlya prolifera Nees ab Es. gelüiren sollten. Diese nicht bestätigten Angaben seien hier nur kurz erwähnt. Wir werden ihrer im Folgenden nicht mehr gedenl^en. Als nächste hier in Frage kommende Gruppe der l'ilze erscheinen die Entomophthoreae, deren Hauptinhalt gebildet wird durch die Gattungen Ento- mophthora Fresenius und Empusa Cohn. Diesen ausschliesslich auf lebenden Insekten jtarasitirenden und dieselben tödtenden Formen werden neuerdings die auf Prianzen schmarotzenden, für uns aber hier nicht in Betracht kommenden Genera Completoria Leitgeb auf Farnprothallien und Conidiobolus Brefeld, auf Tremellinen lebend, angeschlossen. Die hier zu erwähnenden epizoi sehen Entomophthorcc n dringen in die Leibeshölile lebender Insekten ein, entwickeln sich hier, und nur ihre Fruchtträger durchbrechen nach dem Tode des Thieres die Körperdecken, um hier Sporen von bald erlöschender Keimkraft, sogenannte Gonidien, abzuschnüren. Ausserdem gehören in den Entwicklungscyklus der meisten Formen Dauersporen, welche innerhalb des Körpers des Thieres entstehen und die Erhaltung der Art auch unter ungünstigen äusseren Verhältnissen sichern. Die beiden Hauptg;ittun- gen, Entomophthora Fresen. und Empusa Cohn, unterscheiden sich dadurch, dass bei Entomophthora der im Inneren des angefallenen Thii-res sich ent- wickelnde Pilz ein aus verzweigten und anastomosirendeu Zellfäden (Fig. 97 J) gebildetes Mycelium darstellt, von dem die sich verästelnden und die Haut durch- brechenden Gonidienträger (Fig. 97 D) ausgehen, während bei Empusa im In- neren des Thieres nur lange, einzellige, getrennt bleibende Schläuche auftreten, welche mit ihren unverzweigt bleibenden Enden die Haut des Insektes durch- brechen und je ein Goiiidiura abschnüren (Fig. 99 F). Am vollständigsten kennen wir die Lebonsgeschichte von Entomophthora radicans Brefeld (Fig. 97j. Im Herbste zeigt sich häufig eine Pilzseuche unter den Kaiipen des Kohlvveisslings, Pieris Brassicae L. Man erkennt den Eintritt derselben an der Trägheit, welche sich der vorher lebhaften Raupen bemächtigt. Plötzlich sterben die Thiere, und noch am Todestage hüllen sie sich in einen grünlich-weissen Schimmel (Fig. 97 -ßj, der schon nach wenigen Stunden verl)lüht und die Eaui)e völlig unkenntlich, in Form einer braunen verschrumpften Haut zurücklässt, in unmittelbarer Nähe umgeben von ganzen Haufen weisser Si)oren, den abgeworfenen Gonidien des verl)lü]iten und wieder verschwundenen Pilzes. Diese Gonidien sind kleine, 17 |j. lange und 5 \i dicke, farblose Spindeln (Fig 97 E). Gelangt eine solche wiederum auf die Haut einer Raupe, so beginnt sie einen Keimschlaucli zu treiben, der sich schon in kurzer Entfernung von der Spore in die Haut einbohrt, dieselbe in der Umgebung der Einbohrungsstelle bräunend (Fig. 97 fi). Der Keimschlauch durchsetzt nun fortwachsend und sich in mehrere Zellen gliedernd, von denen nur die vorderste Protoplasma enthält, die Leibeswand der Rau])e, bis er alhnälig — gewöhnlich am dritten Tage — i:i dem Fettkörper anlangt. Hier wächst nun die Endzelle, und zwar auf Kosten des Fettkörjjers, den sie mit unglaublicher Sclinelligkeit durchwuchert, zu tdnem verästelten und verfilzten Mycel aus, dessen Fäden (Fig. 97 J) 1 bis 0 ji. Dicke haben. Jetzt beginnt die oben geschilderte Trägheit der bis dahin anscheinend völlig gesunden Raupe; aber erst wenn der Pilz den gesammteu Feltkörper aufgezehrt hat und sich bereits isolirte, abgeschnürte, längliche Mycelzellen ( Fig. 97 Ü] im Blute zeigen, tritt die dem Tode vorausgehende Uubeweglichkeit ein. 170 Kap. VI. Entstehung und Abwehr grös.serer Insekte n.schäden. Die in das Bhit gelangenden, abgeschnürten Ae.ste verbreiten den Pilz bis in die letzten Schlupfwinkel des Körpers, und die nun straft" vom Pilzmycelium ausgefüllten Raupen sterben, nachdem der Pilz alle inneren Organe, mit alleiniger Ausnahme der Cuticula und der Chitinhäute von Darm und Tracheen, aufgezehrt hat(Fig.97 C), gewöhnlich im Laufe des fünften Tages nach der Infection. Zwölf Stunden nach dem Tode brechen dicke Büschel paralleler, in Zellen gegliederter Pilzfäden oder i 1 ^^^^ ^ ^ W^^ 3|o Fig. 97. Entomophthora radicans Brefeld [8, Taf. 1 und 9, Taf. 7). Ä—J die Gonidien erzeugende Form, K — L die Dauersporen erzeugende Form. Ä Eaupe von Pieris Brassicae L. durch E. radicans getödtet, a die sie an die Unterlage befestigenden Hvphenbüschel. B dieselbe in einem späteren Stadium, eingehüllt von dem Schimmelflaum. C Querschnitt durch eine solche Eaupe, a Cuticula der Raupe, b Tracheen, c im Darmcanal vorhandene Speisereste. Alle Weichtheile der Raupe sind aufgezehrt und durch ein dichtes Mycelgeflecht ersetzt, das bei d einen dichten Hyphenwald durch die Haut geti'ieben hat. Dieser hat wieder die Sporen e abgeschnürt. D die Fruchthyphen a, mit Basidien h Tind Sporen c. E Einzelsporen stärker vergrössert. F Spore a, welche einen Mycelfaden erzeugt hat, an dem wieder secundäre Sporen h und c entstanden sind. G ein Stück Haut der Raupe, auf dem Sporen a gekeimt haben, deren Keimschläuche die Haut bei 6, sie bräunend, durchsetzt und an der Spitze c fortwachsend, weiter- gewuchert haben. H abgetrennte Myceläste im Raupenblute frei schwimmend. J Verästeiter Mj-celfaden. K Dauersporen tragende Mycelfaden, a mit Proto- plasma gefüllt, a' leer, h in der Entwicklung begriffene, h' reife Dauersporen. L reife Dauersporen mit dicker Hülle und Fetttropfen im Innern. Hyphen zwischen den Beinen der Raupe auf der Bauchseite hervor (Fig. 97 Aa)^ dieselbe wie mit Wurzeln auf der Unterlage befestigend, und bald darauf beginnen auch die fruchttragenden Hyjdien die Haut der Raiipe zu durchbrechen, die sie bald als ein dichter Schimmelüberzug umgeben (Fig. 97 B). Die beim Durchtritt durch die Haut einfachen Hyphen verästeln sich bald (Fig. 97 D). Die Spitzen dieser Zw'eige gliedern sich nun durch Scheidewände als kurze Basidien — so genannt, weil sie den Gonidien gewissermassen als Basis dienen — ab Insekteiitüclteiule l--iitoinoi)litlioroen. 171 (Fitr. 07 Z>, h\ an derou Ende nnn die kurzspuulelfiirinigen (ionidien entstehen (Fig 97 Z>, c und E). Sowie dieselben ausgebildet sind, beginnt das l'rotojjlasma der Basidie durch Wasseraufnahuie zu schwellen und Vacuolen zu zeigen, schliess- lich platzt die Basidie an der Stelle, an der sie mit dem (ionidium zusammen- hing, und die in Folge ihrer Elasticität wieder zusammenschnurrende Membran der Basidie schleudert zugleich mit dem Protofjlasma die abgelöste S])ore einige Millimeter weit fort. Jedoch nicht alle iuficirten Kaupen bedecken sich mit der schimmelartigen Fructification. Manche schrumpfen, nachdem sie in Folge einer viilligon Durchwucherung ihres Inneren durcli das rilzmycelium abgestorben und durch die oben erwähnten sterilen Hyphenbündel auf der Unterlage tixirt worden sind, nach vorhergehender Erweichung zu zerlirechlichen Mumien ein. Diese bestehen aus der wenig veränderten Ranpenhaut, welclu! eine dichte Masse grosser, dickwandiger Dauersporen von kugliger Form und 2ö ;i. Durchmesser (Fig. 97 L) als einen weissliclien Inhalt umschliesst. Diese Dauersporen entstehen an dem Mycelium, sobald dasselbe den ganzen Raupenleib ausgefüllt hat, als seitliche Auswüchse der Fäden, denen sie fast unmittelbar auf-itzen (Fig. it7 K). Sobald diese Sporenanlagen auftreten, wandert das Protoplasma der Fäden in sie hinein, und zwar in dem Masse, als sie wachsen. In den sicli entleerenden Mycelfäden treten nach rückwärts Scheidewände auf und in dem anfangs gleichmässigen Inhalte der Dauersporen zeigen sich Fetttröpfchen, die sich schliebslich in der Mitte zu einem grossen Tropfen sammeln. Die starke Membran .spaltet sich in eine dickere äussere i;nd eine dünne innere. Die Bildung dieser Dauersporen erfordert olni- Fig. 98. Entomophthora Aulicae Reichaedt. A Raupe mit den in mäandrischen Windungen hervorbrechenden Fruchthyphen. ^Bund C G'onidien. (Originalzeichnung.) gefähr 8 bis 10 Tage. "Während die spindelförmigen Sporen ihre Keimfähigkeit bald verlieren, keimen die Dauersporen erst nach längerer Zeit und sie sind es, welche die Art Avährend der Ueberwinterung erhalten [Brefeld 8 und 9]. Man kennt übrigens durchaus niclit von allen Entcmophthora-Arten beide Sporenformen. So sind von der forstlich wichtigsten, welche auch auf der Kiefern- eulenraupe schmarotzt, nur die Gonidien bekannt. Es ist dies Entomophthora Aulicae Reichardt. Sie wurde zuer.st auf der Raupe von Euprepria aulica L. entdeckt, dann auf einer Reihe anderer Euprepria- Arten wiedergefunden und tritt am grossartigsten an der Rau] e und Puppe von Noctua piniperda auf. Aus anscheinend ganz gesunden Raupen dieses Forst- schädlings bricht häufig ganz plötzlich im Verlauf von 24 Stunden ein schimme- liger, ohngefähr 1 mm hoher Ueberzug von Fruchthyphen hervor, welche sich verästeln und an jedem Astende eine — nach unseren Messungen — im Durch- schnitt 35 |j. lange und 21 u, breite, eiförmige Spore mit stumpfer Papille abschnüren (Fig. 98 B und C) und in der bekannten "Weise von sich schleudern. .Jede Spore zeigt im Inneren einen grossen, selten mehrere kleine Fetttropfen. Hält man die Raupen feucht, so gehen sie bald in derselben Weise wie die von Ent. radicans befallenen zu Grunde. Trockener gehaltene schrumpfen zu einer, bis auf den glänzend braun bleibenden Kopf, von weissem Staube bedeckten und mit Mycel gefüllten Mumie ein, an welcher man die schon von Coun hervorgehobene Charak- teristik dieser Fructificationsform, ihr Hervortreten in gewundenen Linien erkennen kann. Diese fliessen bald zusammen und die Pilzbedeckung erscheint in der Form von mäandrisch gewundenen, den Windungen des Gehirns der Säugethiere ähn- lichen Wülsten (Fig. 98 A). 172 Kap VI. Entstellung und AbweLr grösserer Insektenscliäden. Nur Dauersj)oren kennt man von einer an der Eaui)e von Agrotis sege- tum Schiff, vorkommenden Entomoplitlioree, welche von Cohn als eigene Gattung aufgestellt und Tarichium megaspermum genannt wurde. Da der Unterschied zwischen den Gattungen Entomophthora und Empusa, wie oben aus- einandergesetzt, wesentlich auf der Verschiedenheit der gouidientrageuden Hyphen beruht, so ist die Entscheidung, ob man es hier mit einer Entomophthora- oder einer Empusa-Form zu thun hat, vorläufig nicht zu treffen. Die Lebens- geschichte dieses Pilzes ist folgende: Die erkrankten grau- oder grünlich-brauueu Raupen beginnen, vom Kopf anfangend, sich dunkel zu färben, bis sie ganz schwarz geworden sind. Nun schwellen sie zunächst an, trocknen, während sie eine ölige Flüssigkeit durchschwitzen lassen, allmälig zu verschrumpften Mumien ein und füllen sich im Inneren mit einer kohlschwarzen, znnderartigen Masse, welche aus undurchsichtigen, kugelrunden, 36 bis 55 |j. Durchmesser haltenden Dauersporen besteht. Die Sjioren haben zwei Hüllen, deren äussere häufig von unregelmässig gewundenen Furchen durchsetzt ist. Das erste Anzeichen der Krankheit ist, dass in dem bei gesunden Thieren gelblichen Blute zahllose schwarze Pünktchen auftreten, die ihm unter dem Mikroskop das Aussehen von eingeriebener chinesischer Tusche geben. Auch sind zahlreiche farblose Krystalle in ihm vorhanden. Dann beginnen sich die Anfänge des Pilzes als freie kuglige Zellen von 7 bis 15 p. Durchmesser zu zeigen, die durch den Zerfall länglicher, gleichfalls im Blute vorkommender Schläuche entstehen. Aus diesen kugligen Keimen entwickeln sich 5 bis 1 0 ij. dicke, nur wenige Querscheidewände zeigende Hvphen, die sich verästeln und ein den Köi-pcr völlig durchsetzendes Mycel bilden. Dieses zehrt die Eingeweide der Raupe auf, seine Spitzen schwellen kuglig an und schnüren sich schliesslich als die oben beschriebenen, braunen Dauer.sporen ab. Sowohl Gonidien- als auch seit Kurzem Dauersporen [23, S. 68] kennt man bei dem gemeinen Parasiten unserer Stubenfliegen, der Empusa Muscae CoHN. Allherbstlich, in unseren Breiten etwa vom Juli au, tritt eine durch diesen Pilz verursachte Ejiidemie der Stubenfliege auf, welche in südlicheren Gegenden, z. B. in Italien, das ganze Jahr zu finden ist. Die in den ersten Stadien der- selben äusserst beweglichen und unruhigen Thiere werden bald matt und träge, um endlich unter krampfliaften Bewegungen mit Beinen und Rüssel, ihrer Unter- lage fest angeheftet, den Tod zu finden. Der schon vorher aufgedunsene Hinterleib schwillt mehr und mehr, und es tritt zwischen seinen Ringen eine fettartig aus- sehende, weisse Substanz hervor. Bald beginnt iini das Insekt herum die Bildung eines Hofes von weisslicher, staubähnlicher, aus Pilzsporen bestehender Masse, die auch die Beine und Flügel des Thieres über und über bedeckt und sich bis zum Vertrocknen des Thieres stetig vermehrt (Fig. 99 A). In den jüngeren Stadien der Krankheit erscheint das Blut der Fliegen durch das Vorhandensein von zahlreichen kleinen rundlichen, freischwimmenden Pilzzellen milchig (Fig. 99 Z)). Diese Zellen, welche denen im Blute von Agrotis segetum beschriebenen homolog sind, sich aber durch hefeartige Sprossuug vermehren, wachsen (Fig. 99 E a und h) im Fettkörper aus, um endlich zu langen, einzelligen, vielfach ge- wundenen, cylindrischen Schläuchen von 9 bis 11 ij. Durchmesser (Fig. 99 F a und h) zu werden, deren dichtgedrängte, auf 19 bis -28 p. Durchmesser anschwellende, kegelförmige Spitzen nach dem Tode des Thieres die Chitinhaut durchbrechen und die erwähnte fettartige, weisse Masse zwischen den Leibes- ringen bilden. An der Spitze jeder dieser Fruchthyphen entsteht eine kugel- förmige Aussackung, welche zu einer Spore von 20 bis 23 a Länge und 16 bis 23 [x Dicke wird, eine eigenthümliche Glockenform annimmt und sich von der Hyphe durch eine Scheidewand abgliedert, um schliesslich in der schon bei Entomophthora radicans Buef. geschilderten Weise mit Gewalt weggeschleudert zu werden und den das Insekt umgebenden Hof bilden zu helfen (Fig. 99 B a imd h\. Die weggeschleuderte Spore ist umgeben von einem Tropfen Protoplasma der geplatzten Fruchthyphe, welch letztere beim Platzen zusammenfällt und alsbald durch eine jüngere ersetzt wird. Trift't die so fortgeschleuderte Sjwre den Leib einer Fliege, namentlich die Unterseite des Hinterleibes derselben, so klebt sie fest und beginnt nun sofort einen Keimschlauch zu treiben, InsektciitödteiHlc Entomoiilitoreen. 173 der schnell die Cliitluliant durchbricht und nnn durch erneute hefeartige Spro.ssung bald die bis dahin g^esuude Flieoe mit PilzzelhMi, die bald wieder zu ein- zelligen langen Schläuchen auswachsen, inticirt. Gelangt die Spore auf eine andere Unterlage, so treibt sie, dank der im Tlasmatropten mitgegebenen Feuchtigkeit, auf Kosten desselben einen kurzen Fortsatz in die Luft, an dessen Spitze" eine secundäre Spore entsteht, die von dem schwellenden Fortsatze fortgeschleudert Fig. 9'.). Empusa Muscae Cohn [nach Brefeld 8, Tat". 3 und 4]. Ä an Ento- moplithora-Mykose gestorbene Stubenfliege mit dem sie umgebenden Hofe weg- geschleuderter Sporen. B Sporen, a mit umgebendem Protoplasmahofe, b ohne denselben. C Sporen, keimend und secundäre Sporen bildend. D Familien hefe- artig sprossender Empusazellen aus dem Fettkörper einer Fliege. E a Empusa- zellen aus dem Fettkörper im Auswachsen zu Schläuchen begriften, h solche weiter fortgeschrittene Schläuche. F halbschematische Darstellung der Fructitica- tion. X Andeutung der Leibeswand, >j Chitinhaare des Fliegeuleibes, a die durch die Leibeswand durchgebrochenen, Sporen tragenden Hyphenenden, h die im Körper bleibenden Hyphenschläuche, c noch nicht durchgebrochene Schläuche, il weggeschleuderte, aber an den Ilaaren der Fliege hängengebliebene Sporen, zum Theil bereits secundäre Sporen erzeugend. wird (Fig. 99 ^'), wie die primäre Spore von der Hyphe. Gerade diese secundäreu Sporen sind sehr geeignet, auf die Unterseite einer über die inficirte Stelle weg- laufenden Fliege zu gelangen [Bkefeld 8, Solms-Laubach 2IJ. An feuchten Stellen sterbende, inficirte Fliegen erzeugen keine glockenförmigen Sporen, sondern die Schläuche des Myccliums bilden kleine astartige Ausstülpungen und schnüren meist genau kuglige, farblose, mit dicker Membran versehene, an Fetttröpfchen reiche Danersporeii von 30 bis ."jO u. Durchmesser [23] ab. 174 Kap. n'. Entstellung und Abwehr grösserer Insekteuscbäden. Die Dauersporeu aller erwähnten Entotnophthoreen entstehen ohne Copu- lation, d. h. ohne dass ein geschlechtlicher Act ihrer Bildung voranginge. Es sind also, um den wissenschaftlichen Ausdruck zu gebrauchen, Azygosporen. Durch die Arbeiten von Nowakowsky ist aber nachgewiesen worden, dass bei Entomophthora curvispora New. und E. ovispora Now. der Dauersporenbildung eine Copulation vorangeht, diese Sporen also Zygosporen sind. Wir können auf die Vorgänge bei diesen selteneren und, weil auf indifferenten Fliegen und Mücken lebend, forstlich gleichgiltigen Arten hier nicht näher eingehen und er- wähnen dieselben überhaupt nur deshalb, weil ihre Entdeckung [17 iind 18] die Ursache geworden ist, dass man die Entomophthoreen als eigene Gruppe auf- gestellt und von den Basidiomyceten, zu denen sie z. B. noch Wiktek [24J rechnet, völlig getrennt hat. Eine weitere, natürliche Gruppe der Pilze sind die Ascomycetes. Für diese ist es charakteristisch, dass in ihrem Entwicklungskreise stets eine Fruchtträger- form vorkommt, an der sich im Inneren von Mutterzellen mit besonderer Structur, welche man Sporen schlauche, Asci, nennt, Sporen entwickeln. Die so gebildeten Sporen heissen Ascosporen (Fig. 100 C). Alle insektentödtenden Ascomyceten gehören in die Unterabtheilung der Pyrenomycetes. Die Pyrenomy- ceten sind dadurch ausgezeichnet, dass sich die Asci innerhalb besonderer, runder oder flaschenförmiger Behälter entwickeln, die am Scheitel eine natürliche, enge Mündung haben, welche mitunter auf der Spitze einer mehr oder weniger aus- gezogenen Papille steht. Diese Behälter heissen Perithecien. Sie können entweder direct dem Pilzmycel aufsitzen oder auf sehr verschieden geformten Fruchtträgern angebracht sein (Fig 100 i?j. Ausser den Perithecienträgern können im Entwicklungskreise der Pyrenoniyceten aber auch noch andere Fructifications- formen vorkommen, welche die Sporen frei an der Oberfläche der sie bilden- den Pilzfäden oder Hyphen abschnüren. Diese Sporen nennt man Gonidien (Fig. 100 Ec) und die sie erzeugenden Fruchtträger Gonidienträger. Diese Fruchtträger können einmal einfache, von dem Mycelium sich senkrecht abhebende, in der Mehrzahl vorhandene Fruchthyphen sein, welche entweder direct oder an secundären Verzweigungen die Gonidien entstehen lassen. Solche einfache Fruchthyphen bedecken dann das Substrat als ein schimmelartiger Flaum. In anderen Fällen treten eine grössere Anzahl von dem Mycel entspringender Hyphen zu einem soliden, sehr verschiedenartig geformten Körper, dem sogenannten Stroma zusammen (Fig. 101 J^), und erst von diesem erheben sich nun die Goni- dien abschnürenden Hyphen. Die Theile beider Arten der Gonidienträger, von denen die Gonidien sich unmittelbar abschnüren, welche gewissermassen die Basis der Sporen bilden, heissen auch hier Basidien. Es gibt übrigens noch andere, für unsere Betrachtungen unwichtige Formen von Fruchtträgern bei den Pyrenomyceten Die verschiedenen Formen von Fruchtträgern treten an dem Mycelium einer bestimmten Pyrenomyceten-Art gewöhnlich nicht gleichzeitig auf, und man kann im allgemeinen annehmen, dass anfänglich Gonidienträger, später erst Perithecienträger erscheinen. In vielen Fällen bringt es sogar der Pilz gar nicht bis zur Entwicklung von Perithecienträgern und pflanzt sich längere Zeit hindurch ausschliesslich durch Gonidien fort. Desgleichen gibt es Pyrenomy- ceten, in deren Entwicklungskreis wir keine Gonidienträger kennen. Daher kommt es, dass die systematische Pilzkunde in früheren Zeiten viele Mycelien mit Gonidienträgern als selbstständige Pilzarten ansah sowie demgemäss selbststiindig benannte Trotzdem es heutzutage gelungen ist, den Entwicklungscyklus vieler Pyrenomyceten vollständig klarzustellen, kennen wir dennoch für eine grössere Menge von Gonidienträgern die zugehörigen Perithecienträger noch nicht und sind noch heute genöthigt, sie der Orientirung halber mit besonderen Namen zu belegen. Ja es gibt wahrscheinlich Formen, denen in ihrem Entwicklungs- kreise Perithecienträger überhaupt fehlen. Unter den insektentödtenden Pyrenomyceten kennen wir am volständig- sten den Entwicklungskreis von Cordyceps militaris Fkies, der auch mitunter als Torrubia militaris bezeichnet wird, nach dem Namen eines spanischen INIön- ches ToKRUBiA, welcher von den Antillen stammende, auf dortigen Wespen schmarotzende Formen dieser Pilzgattung zuerst beschrieb, Gebilde, welche ihrer IiisfUtentödti'ii(lo AseoiiiycctL-ii 175 Zeit unter dem Namen der „zoopliy tischen Flief^'c" bedeutendes Aul'.selien machten. Das Mycelium dieses Pilzes schmarotzt in einheimischen Raupen und l'ui)pen und tödtet sie. Später breclien aus dem Leibe der Leichen die orangefarbenen, keulenförmigen, bis 40 7;iw( langen, gestielten Fruchtträger hervor (Fig. 100 -1), die oberflächlich hervorragende, 0'2 mm bis 0"3 mni lange und (1-13 mm bis 0-2 mm dicke l'erithecien (Fig. 100 B) tragen, welche die Asci Fig. 1"0. Cordyceps Fiues. A C. militaris Fk. auf einer Raupe von Bombyx Rubi L., a unentwickelte, h entwickelte Fruchtträger mit den vorspringenden papillenartigen Mündungen der l'erithecien. J> C. entomorhiza Fr. Längsschnitt durch die Keule eines Fruclitträgers, die Anordnung der flaschenförmigeu Peri- theclen zeigend. C Geplatzter Ascus desselben Pilzes mit den acht langen, in Theilsporen zerfallenden Ascosporen. D Gonidienträger h, aus Theilsporen a von C. militaris gezüchtet und kuglige Gonidieu c abschnürend. E älterer Gonidienträger h desselben Pilzes, von einem Mycelfaden « entspringend, c kug- lige Gonidien, <•' ovales Spitzengonidium. A — C nach Tulasne |22, Tat'. IJ, J) und E nach de Baky |6o, Taf. 1]. enthalten. Die schlauchförmigen Asci erzeugen je () an einer Primärspore, gliedern (Fig. 100 (^'j. Wenn man die in feuchter Umgebung gehaltenen Perithecientrjiger in trockene Luft bringt, werden die reifen Sporen aus den Peritlie- cicn herausg. schleudert. Die Theilsporen trennen .sich bald von einander. Gelangen 176 Kap. VI. Entstehung und Abwehr grösserer Insektenschäden. sie auf leuchten Boden oder auf die Haut einer lebenden Raupe, so beginnen sie, unter Anschwellung auf das Doppelte ihres ursprünglichen Volumens, Keim- schläuche zu treiben (Fig. 100 D). Auf dem Objecttrüger künstlich gezogen, wachsen diese Keimschläuche direct zu kugelgonidientragenden Fruchthyjihen aus. Bei den Raupen dringen sie aber durch die Leibeswand in die Körperhöhle des Thieres ohne auf der Oberfläche der Haut dunkle missfarbene Flecken zu er- zeugen, und beginnen nun kleine blasse, längliche Cylindergonidien (vergl. Fio-, 102 B und ( ') zu bilden. Diese vermehren sich in dem Blute diirch Abschnü- runo- wiederholter Generationen gleichartiger Gonidien, deren Wachsthum und Vermehrung auf Kosten der Blutmasse der Raupe geschieht. Hiermit halt eine Erkrankuno- der Raupe gleichen Schritt, welche nach 14 Tagen bis 3 Wochen mit dem Tode derselben endigt. Die Raupe ist kurz nach dem Tode durch- aus weich und schlaff; liegt sie aber in feuchter Umgebung, so beginnen die Cylindergonidien zu den Mycelfäden des Cordyceps auszuwachsen, alle Organe, zumal den Fettkörper, durchwuchernd und auf ilire Kosten sich nährend. Es wird so der Raupenleib von dem Mycelium prall ausgestopft, er schwillt und erhärtet. Schon nach acht Tagen treten Aeste der Mycelfäden durch die Haut an die Oberfläche des Körpers, und es bedeckt sich dieser allmälig völlig mit einem kurzen Flaum weisser, kaum O-ö mm hoher Fruchthyphen. Diese treiben allenthalben zahlreiche Aeste, welche auf abstehenden, selten vereinzelten, meist in zwei- bis fünfgliedrige Wirtel geordneten, pfriemenförmigen Seitenzweigen runde Sporen von 0'0<'25 mjjt Durchmesser, sogenannte Kugelgonidien, in perlschnurförmiger Verbindung — also reihenweise, succedan — erzeugen (Fig. 100 E c). Die erstgebildete, also oberste Gonidie der Reihe ist meist länglich cylindrisch und mitunter fallen die succedan entwickelten Ketten zu einem lanregelmässigen, die Spitze des Zweiges einnehmenden Häufchen zusammen (Fig. 100 Ec'). Später erscheinen in dem weissen Flaum orangefarbene, aus dicht und iiarallel vereinigten Pilzfäden gebildete Hervorragungen, welche all- mälig wieder zu l'erithecien-tragenden, orangefarbenen Fruchtträgern heranwachsen. Es gehören also in den Entwicklungskreis des Cordyceps militaris schon nach älteren Untersuchungen sicher zwei Sporenarten und zwei Fruchtträgerformen, und es findet bei dem typischen Entwicklungsgange des Pilzes eine regelmässige, nothwendige Abwechslung zwischen dem Auftreten der in den Ascis der Perithecien gebildeten Sporen und deren Theilungsproducten einerseits, und den im Blute des Insektes von den Keimschläuchen abgegliederten Cylindergonidien andererseits statt. Dagegen sind die einfachen Fruchthyphen eine secundäre, morphologisch nebensächliche Form von Fruchtträgern und die auf ihnen succedan abgeschnürten Kugelgonidien bei ihrer schnellen Entwicklung Einrichtungen zur raschen Ver- breitung des Pilzes, denn wir haben allen Grund zu glauben, dnss die Kugelgonidien in derselben Weise auf der Haut einer Raupe keimen, in diese eindringen und Cylhidergonidien erzeugen können, wie die Theilsporen der Primärsporen aus den Perithecien [de Bahy 6|. Ausser den beiden oben beschi'iebenen Fruchtträgerformen soll aber nach Tdlasne [22] neben den einfachen Fruchthyphen noch eine andere Form Kugel- gonidien succedan abschnürender Stromata vorkommen, als welche er Isaria farinosa Fries bezeichnet. Der gemeinsame Charakter der unter dem Genusnamen ,, Isaria" Hill zusammengefassten, gonidientragenden Stromata besteht darin, dass sich von dem in dem Substrat — also in unserem Falle in dem Leibe des todten Insektes — verborgenen Mycelium ein mehr oder weniger säulenförmiger, aus Pilzfäden zusammengesetzter Stamm erhebt, welcher wenigstens au seinem oberen, nicht deutlich abgesetzten Theile abstehende, einfache oder wiederholt ästig verzweigte Fäden trägt, die an der S])itze gerader Basidien einzellige Sporen abschnüren. Es werden meist nur nach den Farben- und Formunterschieden der sehr varialjlen Stromata und nach dem Vorkommen auf verschiedenen Substraten eine ganze Reihe von „Isariensi)ecies" unterschieden. Am besten bekannt ist diejenige, welche als Isaria farinosa Fries bezeichnet wird und höchst wahrscheinlich in den Entwicklungscyklus von Cordyceps militaris gehört, Sie lebt auf verschiedenen Raupen \\\\'\ Puppen, besonders von Bombyx Rubi L. und B. Pini L., zunächst in Insi'ktentiidteiitli^ Ascomvceten. 177 Form von bis 10 ;/(//* Iiulieii Kciilclio.n mit hlass oraiif]fetarl)ignm Grande, welclio sehr bald dicht weiss bestäubt ersciieinen diircli einen massigen Ueberzng von gonidien- tragenden Aestehen (Fig. 101 -1); oder sie bildet grössere, lebliaft orangegelbe Ivürper. die 1 nun und darüber dicii sind, sieli senkreclit ans der Kanpe erlieben ihre ziemlieli glatte Oberfläciie nnd lebliafte Farbe beibelialtcn, langsam anf eine Länge von 15 bis "20 »iiii heranwachsen nnd dann von den garbig anseinander- tretenden Hyphen der .Spitze beginnend, anf ihrer Oberfläciie (Jonidien abschnürende Zweige treiben. Die einzelnen Frnchthyphen, welche sich stets nnr gabli"- verästeln tragen meist nnr paarweise ojiponirte Zweige (Fig. 101 7i nnd Cj, zeigen also nicht die wirteiförmige Anordnnng der weitalistchenden Acstc, wie sie oben bei der ent- spreciienden Form vun Cordyceps militaris beschrieben wnrde. Diese Difterenz in der Anordnung der Zweige der Fruelitliyphen veranlasste de Bary anfänglicli, an der Zugeliörigkeit von Isaria farinosa zum Entwicklnngskrcise von Cordj'- ceps militaris zu zweifeln, neuere Untersneimngcn haben ilni aber veranlasst, diese Zweifel fallen zu lassen. Die unter und zwisclien den Zweigpaaren befind- liehen Stücke der Aestehen bestehen aus je einer kurzcylindrisclien Zelle; die Zweige und Aeste werden ebenfalls von je einer Zelle gebildet, welche sich von eylindrischem oder tlaschenförmigem Grunde aus in ein pfriemenartiges Ende zu- spitzt, auf dem die kugelrunden Gonidien sich reihenweise abschnüren. Die Unter- Fig. 101. Isaria Hili-. .4. Puppe mit den Stromata von I. farinosa Fkies. Nach Xees von Esexreck. B. Kngelgonidien tragendes Fruchthyphenende von I. farinosa mit reichlicher Fructifieation. C. Desgleiclien mit schwacher Fructification D. Des- gleichen mit ovalen Gonidien von I. strigosa Frif.s. B-7) nach de Bary [6]. suclmngen von de Bary [6J haben gezeigt, dass die aus diesen Sporen entste- henden Keimschlänche in der Regel nicht die äussere Haut der Raupen durch- bohren, sondern durch die Stigmata in die Tracheenhanptstämme eindringen, und erst, nachdem sie die Substanz dieser dnrcliwucheit und sie, ebenso wie das anliegende Gewebe dunkelbraun gefärbt haben, in die Leibesliöhle eindringen. Eine verwandte Form, die Isaria strigosa Fr., hat hellgelbe Stromata nnd länglich cylindrische, in Ketten abgeschnürte Gonidien (Fig. 101 D). Ein weiterer, und zwar sehr wichtiger insektent")dtender Pilz tritt meist nur in der Form einfacher, einen schimmelartigen Flaum bildender Frnchthyphen auf, kann aber zuweilen auch Isariaform ajniehmen. Es ist dies die Botrytis Bassiana Bai.sämo Ihre aus dem Innern erkrankter und gestorbener Raupen hervorbrechenden Fruchthyphen sind reich verästelt, farblos und dui'ch Scheide- wände in lange Zellen getheilt (Fig. 102 Ä). Sie treiben einzelne oder gegen- ständige, einzellige Zweige, welche nun entweder selbst an ihren zuges]ntzten Enden, oder an denen der von ihnen entspringenden Zellen zweiter Ordnung, köpfchenweise Sporen abschnüren. Diese sind Kugelgonidion, bis IG Stück in einem Köpfchen, welche dem Basidium mit einem kleinen Stielchen anhängen und "2 bis H p. Durchmesser haben (Fig. 102 A). Gelangt eine dieser, ihre Iveim- fähigkeit wenigstens zehn Monate lang bewahrenden Gonidien auf die Ilaitt einer Raupe, so keimt sie, der Keimschlauch dringt durch die Haut, nnd während der Lehrbuch d. initteleurop. Forstinsekten kiinfle, 22 178 Kap. VI. Entstellung und AbweLr grösserer Insekteuscliäden. aussenbleibeude Tbeil desselben abstirbt, wächst das eingedrungene Stück, zalil- reiche, verzweigte, von dem Punkte des Eindringens aas strahlig divergirende Aeste treibend, weiter. Die Umgebung dieser Stelle wird zu einem missfarbigen Flecke. Die Fäden durchwachsen nun die Leibeswand, die Muskeln und den Fettkörper, indem sie diese Theile zei-stören, und es bilden sich tlieils an ihren freien Enden, theils seitlich, auf kurzen, dünnen Stielen sitzende, 7 bis lö |x lange und 2 [j. breite, cylindrische Gonidien, die gleichfalls köpfchenweise abgeschnürt werden (Fig. 102 B). Die von den Stielen losgelösten gelangen in die Blutflüssigkeit und erzeugen liier, ihre ursprüngliche Gestalt beibehaltend, oder nachdem sie sich auf das Doppelte oder Dreifache ihrer Länge gestreckt haben, neue, secundäre Cylinderjoiiidien (Fig. 102 C). Aber erst längere Zeit nach dem Eindringen des Pilzes enthält jeder durch Anstechen des Körpers an beliebiger Stelle erlialtene, nun weisslich getrübt erscheinende Blutstropfen zahlreiche Cylindergonidien. Schliesslich wird die Yermehriuig der Gonidien seltener und hört ganz auf. Die vorhandenen beginnen dagegen zu verästelten Mycelfäden auszuwachsen. Die Ausbildung der braunen Hautflecken, welche die Infection der Kaupen anzeigen, beginnt erst am Fig. 102. Botrytis Bassiana Balsamo nach de Bary f6] A Gonidien tragende Fruchthyphen, « mit schwächerer, b und c mit reichlicher Sporenproduction. B Gonidien abschnürende Keimschläuche aus der Eaupeuhaut. C Cylindergonidien und Hyphenanfänge, secundäre Gonidien abschnürend, aus dem Eaupenblute. achten oder neunten Tage nach der Infection. Sobald diese sich vergrössern, werden die Tiiiere träge und hören auf zu fresssen, werden allmälig regungslos und sterben meist am zwölften bis vierzehnten Tage nach der Infection, nachdem sie zuvor, da ein guter Theil der Blutmasse zur Ausbildung der Cj'lindergonidien verbraucht wurde, eine schlaffe, weiche Beschaft'enheit angenommen. Bald beginnt aber unter dem Drucke der nun eintretenden Mjxelbildung der Leib der Leiche wieder zu schwellen, und das Mycel durchwuchert den Körper vollständig, die inneren Organe autlösend und sie, mit Ausnahme der Höhlung des Darmes, völlig durchdringend. Es folgt niin in feuchter Umgebung der Durchbruch der Frucht- liyphen, während die trocken liegende Leiche zur Mumie zusammenschrumpft, aus welcher noch nach Monaten bei Wiederbefeuchtung Gonidienträger hervorbrechen. Die durch Botrytis hervorgerufene Mykose ist zuerst an der Seidenraupe beobachtet worden und wird als „Musk ardine" bezeichnet, auch wohl „Kalk- sucht" oder .,Calcino" genannt, wegen des kalkartigen Aussehens der verschim- melten Raupen. Diese Seuche ist seit 1763 gekannt; sie herrschte besonders in den Zwanziger- und Dreissiger-.Jahren unseres Jahrhunderts in Frankreich, ist aber seit Mitte der Fünfziger-Jahre fast vollständig aus den Seidenzüchtereien ver- schwunden. Jetzt kommt die Krankheit nur mehr in feuchten Jahren in den Insikti-ntödtoiidf Asconivcctuu iiiid LalKmll)(.'iiia. 179 verscliiedonsh'ii LiiiidiTU vor, iilenials aber so aus<;;ebrolt('t wio die Pebriiie. w. Hauy |6a] wies iiacli, dass der Miiskardiuepilz ein in Europa einheimischer Insekteu- parasit ist, und nicht ans dem Yatorlande der Seidenraupe eingeschlep])t zu werden brauchte, wie frülier vielfacli behauptet wurde. Derselbe Forsclier fand diesen Pilz bei einer oiiideinisclien Erkrankung der Kiefernspinnerraupe im nordöstlichen Deutschland. Im Anscliluss an die Ascomyccten sei der Vollständigkeit halber kurz das Genus Laboulbenia Kobik erwähnt, welches wohl als Vertreter einer eigenen Familie anzusehen ist. An verschiedenen Carabiden, auf Fledermausfliegen und besonders auf den gemeinen Stubenfliegen finden sich in Süddeütschland kleine bräunliche Schläuche mit Seitenast oft in grosser Menge an verschiedenen Körpcrtheilen sitzend Dies sind Pilze, welche merkwürdigerweise jedes INlycels entbehren und nur mit einer knopfartigen Verdickung ihrer zweizcdligen Träger (Fig l(i3« und rt') in der Leibeswaud des betreffenden Insektes befestigt sind Von diesem Träger erhebt sich als unmittelbare flaschen- förmige Verlängerung (Fig. I03?>) ein spindelförmige Ascosporen, ZI je acht in dünnen Ascis erzeugendes Perithecium. Seitlich von diesem sitzt ein gesägter Zweig, dem man die Function eines männlichen Belruchtungsorgancs zugeschrieben hat Fig \0o(l}. Die austretenden Sporen keimen sofort, entwickeln sich ohne Weiteres zu neuen Laboulbenia -Individuen und werden, wahrscheinlich während der Begattung, von einer Fliege auf die andere übertragen. Laboulbenia Muscae Pkvritsch ist die am besten bekannte Art; der Parasitismus dieser Pilze scheint keinerlei nachtheiligen Einfluss auf ihre Träger aus- zuüben. Im A'orstehenden haben wir eine bis jetzt in der forst- lichen Literatur fehlende rein wissenschaftliche Uebersicht des Standes unserer Kenntnisse über die insekteutödteaden oder wenigstens bewohnenden Pilze gegeben und fassen nun die für den Praktiker wichtigen Gesichtspunkte zusammen. Von einer Mitwirkung der Spaltpilze (vergl. Fig. 95) bei der Vertilgung der f'orstschädliclien Insekten ist bis jetzt wenig bekannt geworden. Nur HartiCt [13, pag. 487 u. flg.] erwähnt einer Spaltpilz- raykose, der ,, Gattine" bei den Larven der gelblichen Buschhorn-Blattwespe, Lophyrus rufus Fabr. ; ferner trat eine solche auf bei einem massenhaften Sterben der Kieferueulen-, Kiefernspanner-, Kiefernschwärmer- und Kothschwanzraupen. Genauere Angaben fehlen aber. Auch Bail [3| berichtet über Spaltpilzinfection zeigende Kieferns])innerraupen. Beiweitem wichtiger sind die Entomophtho- reen. Mittheilungen über „Empusa-Epidemien" bei Forstschädlingen sind sehr häufig. Bail [4, p. 244] berichtet über eine solche im Jahre 1867 unter den Kiefernspinner- raupen in der Tuchler Haide ausgebrochene Mykose. Hier wurden die Kaupen, welche bereits circa 5000 ha kahl gefressen oder doch stark geschädigt hatten, fast vollständig durch „Empusa" ver- nichtet. Ferner theilt Oberförster Schultz mit, dass bei einem im Sommer 1868 im Forstrevier Biezdrowo der k "^om guten peruanischen Guano zu schätzen sein möchte. Die Compostirung erfolgte so, dass man die durch Begiessuiig mit kochendem Wasser getödteten Käfer, nachdem sie 3 bis 4 cm hoch ausgebreitet worden waren, mit staubigem, gelöschtem Kalke einpuderte, und sie dann mit einer reichlich gleicli hohen Ei'dschichte bedeckte, auf welche wieder Käfer folgten etc. Der so gewonnene Compost wirkt nach den Erfahrungen sächsischer Landwirthe ähnlich wie Guano für Feld und Garten; auch gibt er einen vortrefflichen Zusatz zu Stallmist, Knochenmehl, Superphosphat etc. Aehulich verhält es sich mit den Engerlingen. Ganz ähnlich sind die von Hess [XXI, S. 227, Anm.] reproducirten Analysen von Payer, und nach diesen ergibt sich, dass die Maikäfer im frischen Zustande bezüglich des Stickstoffes bei gleichem Gewicht viermal mehr Dungwerth besitzen als der Stallmist und X^j^maX mehr als Foudrette. Die HESs'sche Anweisung zur Compostbereitung aus Maikäfern lautet: Die Käfer müssen „zerstampft und mit so viel trockener Erde, Torfabfällen oder Sägespänen gemischt werden, bis die Masse geruch- los geworden ist. Reine Maikäfermasse verbreitet nämlich einen ganz penetranten Geruch, von entweichenden Gasen herrührend, deren mög- lichste Fixirung zur Begegnung von Dünger verlast geboten erscheint". Noch vortheilhafter könnte unserer Ansicht nach Gips verwendet werden. Was die spanischen Fliegen anbetrifft, so ist für dieselben nach einer freundlichen Mittheilung der Firma Gehe & Comp, in Dresden, der russische Markt massgebend, und zwar stellt sich der Preis auf 6 — 12 Mark für das Kilogramm. Die für den Verkauf beste Tödtungs- weise ist die durch Aether — 10 ccm auf 1 l Käfer — in geschlossenen Gefässen. In der Walachei Averden die Tliiere dagegen gewöhnlich mit heissem Salzwasser umg-ebracht. Vorwertliuiif;- il. Scliäilliiiy;L'. Volkswirthschaftl. Eücksicliten b. d. Bekämpfung. '2'2l Die ßf'urtliciliiiig der Notliwoiuligkeit und Mögliclik»4t der Durclifühniiig- von Belalnipfungsmassregoln. Vorbeugiiiigs- und Vertilgungsmassregeln liat nun aber der Forst- mann im Einzelfalle nicht olineweiters anzuwenden. Er wird vielmehr jedesmal besonders erwägen müssen, inwieweit die allgemeinen forst- und volkswirthschaftlichen Kücksichten deren Anwendung wünschens- werth oder nöthig machen. Jede zur Bekämpfung eines Insektenschadens getroffene Massregel bezweckt ja doch schliesslich die Verhinderung oder Minderung der Beschädigung des wirthschaftlichen Vermögens. Daraus folgt, dass nur diejenigen Massregeln empfehlenswerth sind, deren Erfolg im richtigen Verhältnisse zu dem durch sie bewirkten Aufwände an Arbeit und Kapital steht. Der Forstwirth muss sich daher zunächst klar zu werden suchen, ob der Frass ein solcher ist, dass sich seine Bekämpfung wirklich lohnt. Dies wird der Fall sein, wenn durch dieselbe werthvolle Bestände voraussichtlich vor dem gänzlichen oder theilweisen Eingehen geschützt werden können, oder wenn zu befürchten ist, dass die Unterlassung der Bekämpfung eine getahrliche Steigerung und weitere Verbreitung des Frasses zur Folge haben könne. Zu unterlassen würde die Bekämpfung sein, wenn voraussichtlich schon die natürlichen Gegengewichte ein baldiges Erlöschen des Frasses erwarten lassen, die Beschädigungen nur eine Zuwachsver- minderung des Bestandes verursachen oder nur wenige Ausbesserungen einer Kultur nöthig machen und die Vertilgungsmassregeln höher zu stehen kommen, als der Werth der Zuwachsverminderung oder der Aufwand für die Ausbesserung der Kultur beträgt. Ein richtiges Urtheil hierüber abzugeben, ist gewöhnlich sehr schwierig, da man es oft nur mit Wahrscheinlichkeiten zu thun hat. Es muss sich stützen: 1. auf Untersuchungen über die Menge der vorhandenen Insekten; 2. auf die Untersuchung ihres Gesundheitszustandes; 3. auf die Beobachtung der Witterungsverhältnisse; 4. auf die Untersuchung des Zustandes des befallenen Bestandes. Untersuchungen über die Menge der Schädlinge. In einer grösseren Keihe von Fällen wird bei Begehung der in Frage kommen- den Bestände der einfache Augenschein den Forstmann über die Menge der vorhandenen Insekten belehren. Dies ist z. B. der Fall bei den so leicht wahrzunehmenden Processionsraupen. In anderen Fällen, z. B. wenn die Schädlinge entweder hoch oben in den Baumkronen oder in 222 Kap. VI. Entstellung und Abwehr grösserer Insektenschäden. der Bodendecke verborgen sind, wird der Forstmann nach anderen, indirecten Kennzeichen urtheilen müssen oder eine planmässige Unter- suchung anzustellen haben. Von indirecten Kennzeichen kommt das allgemeine Aussehen des Bestandes (vergl. unten S. 228), die Stärke der Entnadelung oder Entlaubung, reichliches Vorhandensein von Harzausfluss oder Bohr- mehl, sowie bei Raupen oder Maikäfern die Menge des von ihnen erzeugten Kothes in Betracht. Letztere ist besonders in alten starken Beständen, deren Bäume sich nicht schütteln lassen, also bei Kieferu- spinnerfrass im Hochwalde, bei Eicbenwicklerfrass auf alten über- gehaltenen Eichen u. s. f. wichtig, und es kann hier den Forstmann nicht blos das Gesicht, sondern auch das Gehör belehren, da mitunter der Koth so massig erzeugt wird, dass sein Herabfallen ein rieselndes Geräusch hervorbringt. Auch die Ansammlung insektenfressender Vögel, z. B. des Kukuks, in einem Bestände, sowie die Thatsache, dass die Sauen in demselben stärker als gewöhnlich brechen, wird vom aufmerk- samen Forstmanne wohl beobachtet werden. Planmässige Untersuchungen sind in Form des Probesammeins anzustellen. Auf einer passend ausgewählten, beschränkten Fläche wird unter genauer Aufsicht des Schutzpersonales im Tagelohne möglichst intensiv gesammelt, die Anzahl der gesammelten Schädlinge bestimmt und alsdann unter Hinzurechnung eines massigen Zuschlages für über- sehene Stücke die Gesammtmasse für die fragliche Hauptfläche berechnet. Da bei starkem Frasse ein directes Zählen der gesammten, beim Probesammeln erhaltenen Insektenmenge nicht wohl ausführbar ist, so misst oder wägt man die erhaltenen Schädlinge, bestimmt durch Zählen die Anzahl der durchschnittlich auf 11,1 hg oder ein Bruchtheil der- selben gehenden Stücke und findet dann die Gesammtanzahl durch Rechnung. Die Genauigkeit des Probesammeins kann in einzelnen Fällen noch weiter controlirt werden, z. B. bei Kieferiispinnerfrass, indem man nachträglich die im Winter nach den in der Bodendecke ruhenden Raupen abgesuchte Probefläche theert und die Anzahl der übrig- gebliebenen, auf den Theerringen abgefangenen Raupen feststellt. Das Probesammeln kann aber auch so angestellt werden, dass mit seiner Hilfe nicht allein ein Schluss auf die Menge der in einem be- stimmten Bestände vorhandenen Schädlinge möglich wird, sondern auch diejenigen Revierstellen gefunden werden, in welchen die Anzahl der Schädlinge am stärksten ist. Man legt zu diesem Zwecke Probe- bahnen in passender Entfernung, lässt diese im Tagelohn imter genauer Aufsicht sorgfältig absuchen und durchschneidet sie alsdann rechtwinkelig durch ein zweites System von Probebahnen. Stellt man auf den einzelnen Strecken dieser Probebahnen die Anzahl der gefundenen Schädlinge fest, so findet man ohneweiters die am stärksten inficirten Stellen. Bei drohendem Borkeukäferfrass kann man zunächst Probe- fangstämme werfen und aus deren stärkeren oder schwächeren Be- setzung auf die vorhandene Borkenkäfermenge schliessen. Untersuchuiigoii über Menge und (iosuiitllieitszustaiul der Schädlinge. 223 Die Uiitersnchungdes (liesundheitsziistaiHles der Forstschädlinge. Sind so viel Forstschädlinge vorhanden, dass ihre Menge bedrohlich erscheint, so muss der Forstwirth sich über den Gesundheitszustand der- selben klar zu werden suchen. Denn, wenn ein hoher Procentsatz als krank nachgewiesen werden kann, z. B. 50**/^ und darüber, so sind Vertilgungsmassregeln überflüssig. Eine Erkrankung der Forstschädlinge wird angenommen werden können: 1. wenn die lebenden ein auffallendes Benehmen zeigen, 2. wenn eine Untersuchung des Innern der getödteten das Vorhandensein von Schmarotzer-Insekten oder Pilzen nachweist, 3. wenn eine ungewöhnliche Sterblichkeit eintritt. Als auffallendes Benehmen wird man besonders Trägheit der Be- wegungen und Unlust zum Fressen ansehen können. Indessen sind diese Zeichen durchaus nicht untrüglich, vielmehr muss man bedenken, dass z. B. auch vor jeder Häutung die Raupen träge und fressunlustig werden, und viele erkrankte Thiere anfänglich gar keine abnormen Lebensäusserungen zeigen. Gewissheit über das Vorhandensein einer Epidemie kann nur die Untersuchung der Thiere gewähren. Zunächst wird eine solche stets auf den leichteren Nachweis von Schmarotzer- Insekten, erst in zweiter Linie auf den Nachweis von Schmarotzerpilzen zu gehen haben. In einfachen Fällen genügt die Untersuchung von 50 bis 100 Stück auf das Gerathewohl eingesammelter Thiere. Handelt es sich aber um die Beurtheilung der Verhältnisse in ausgedehnteren Beständen, so müssen mehrere, an verschiedenen, weiter von einander entfernten Stellen gesammelte Proben von je 50 bis 100 Stück untersucht werden. Untersuchung auf Infection mit Schmarotzer-Insekten. Nur in seltenen Fällen ist es möglich, äusserlich am lebenden Thiere die Stelle nachzuweisen, an welcher das mütterliche Schmarotzer-Insekt durch einen Stich mit der Legscheide seine Eier in das Wirthsthier eingebracht hat, oder an welcher die aus äusserlich am Leibe des Wirthes abgelegten Eiern geschlüpften Larven sich in das Innere hineingefressen haben. Nur an nackten Raupen und Afterraupen ist diese mitunter als dunkler Fleck zu erkennen. Die Section muss also hier zu Hilfe genommen werden. Da die Auffindung von Schmarotzer- Insekten eiern ungemein mühsam ist, so wird man stets nur auf den Nachweis von Larven oder Puppen bedacht sein. Auch werden in der Praxis, obgleich alle vier Lebensstadien der Insekten: Eier, Larven, Puppen und Imagines, von Schmarotzern bedroht sind, meist nur die beiden mittleren, d. h. die Larven oder Puppen der Forstschädlinge, auf Infection mit Schmarotzern untersucht. Am häufigsten hat der Forst- mann Veranlassung, Raupen zu untersuchen, z. B. im Winterlager gesammelte Kiefernspinnerraupen. Zuvörderst tödtet man die Raupen am besten, indem man sie circa eine Stunde in einem zugedeckten 224 Kap. VI. Entsteluing und Abwehr grösserer lusekteiischäden. Gefässe mit weiter Mündung stehen lässt, in welches man ein mit Schwefeläther oder Benzin getränktes Papier- oder Wergbäuschcheu geworfen hat. Die im Todeskampfe zusammengezogenen Raupen streckt man zunächst durch sanften Zug, fasst dann jede einzelne mit der linken, eventuell handschuhbekleideten Hand — am besten an beiden Enden, den Kopf zwischen Zeige- und Mittelfinger, das Hinterende zwischen Daumen und Goldfinger — vmd schneidet mit einer feinen Scheere in einigen vorsichtigen Schnitten die Leibeswand am Kücken, womöglich ohne Verletzung des Darmes, in ganzer Länge auf. Alsdann breitet man die Raupe in einem Schüsselchen von dunkler Farbe — „Bunzlauer Geschirr" eignet sich hierzu sehr gut — aus, so dass die Eingeweide im Wasser flottiren und spült sie einige- male ordentlich durch. Sind Schmarotzerlarven vorhanden, so werden dieselben bald zwischen den Eingeweiden herausfallen und gegen den dunkleren Boden der Schüssel als weisse „Maden" abstechend, leicht erkannt werden. Wird das Wasser trübe, was besonders dann geschieht, wenn bei dem Aufschneiden Därme verletzt wurden und der Darm- inhalt einiger Raupen ausgetreten ist, so muss man dasselb'e erneuern. Anfänger haben sich zu hüten, dass sie nicht Stücke des Raupenleibes, z. B. die gelblichen Anlagen der Geschlechtsorgane oder abgeschnittene Stücke der Spinndrüsen, für Parasitenlarven halten. Ratzeburg hat gefunden, dass unter 1 cm lange, jüngere Raupen des Kiefern- spinners keine Schmarotzer enthielten. Findet man Schmarotzer, so können dies Schlupfwespen- oder Tachinen-, d. h. Raupenfliegen-Larven sein. In Betreflf der Kennzeichen dieser Larven müssen wir auf den speciellen Theil verweisen. Will man Puppen auf Schmarotzer unter- suchen, so bricht man dieselben einfach in der Mitte auf und spült den Inhalt im Wasser aus, wobei man leicht etwa vorhandene Schmarotzerlarven findet. Nimmt man die Untersuchung der Puppen gleich im Walde vor, so kann man sich das Ausspülen im Wasser ersparen, da in ihnen ja die Schmarotzer meist in bereits vorgerückteren Entwicklungsstadien enthalten, also bereits grösser sind und ohne weitere Schwierigkeit in dem zwischen den Fingern herausgedrückten Puppen- inhalte erkannt werden können. Schwer erkrankte Puppen lassen sich auch ohne Untersuchung des Innern, an ihrer Steife und Unbeweglichkeit erkennen. Im Allgemeinen ist die Untersuchung auf Schmarotzer- insekten ein nicht sehr reinliches Geschäft, und man thut daher gut, zur Notirung der gewonnenen Resultate sich eines Gehilfen zu bedienen. Wenn bereits viele Forstschädlinge den Schmarotzern zum Opfer gefallen sind, so findet man die Spuren ihrer Verwüstungen an den übrig gebliebenen Ei-, Larven- und Puppen-Hüllen, sowie den Cocons. Eierschalen und Puppenhäute, sowie Cocons zeigen sich auf eine Art durchbrochen, welche von der bei normalem Ausschlüpfen des Insektes eintretenden abweicht; z. B. zeigen die von Teleas zerstörten Eier des Kiefernspinners ein kleines rundes Loch, während die Ei- schalen, aus denen ein Räupchen schlüpfte, nnregelmässig zerfressen sind. Dagegen haben die Tönnchen von Lophyrus, aus denen ein IJnter.suclumg auf Infectioii iiiif, Scliniarotzer-liisckten niul -l'ilzcn. '225 Iclnieiimou ausschlüpfte, eine uiivegelmässige, kleine Oeffnuns,- (Taf. VI, Fig. o, €"■■), während, die Blattwespe bei ihrem Ausschlüpfen einen regelmässigen Deckel abnagt (Taf. VI, Fig. 3, C). Neben durch Schmarotzer-Insekten getödteten Larven oder Puppen findet man häufig die Cocons der Schlupfwespen (Taf. III, S') oder die Tönnchen der Tachinen; bei Puppen sind sie oftmals mit der getödteten Puppe im Cocon eingeschlossen. Am bekanntesten sind die von Microgaster getödteten Kiefernraupen, welche schon vonweitem an dem sie umgebenden silberweissen Coconhaufen erkennbar sind (Taf. III *S""). Untersuchung auf Infection mit Schmarotzerpilzen, auf Mykosen. Das Vorhandensein einer Mykose bei den Forstschäd- lingen ist mitunter schon im Walde durch Beobachtuno; festzustellen. Häufig zeigen z. B. die von Pilzen iuficirten Larven und Raupen missfarbige Flecke, und wenn eine ausgedehntere ,,Empusa"- oder muskardineartige Mykose ausbricht, so findet sich wohl bald ein oder das andere eingegangene, äusserlich mit Pilzfäden bedeckte Thier. Sind solche Beobachtungen nicht vorhanden, so kann der Forstwirth, besonders wenn es sich um Raupen handelt, eine Anzahl derselben bei guter Fütterung einzwingern und abwarten, ob eine grössere Sterblichkeit unter denselben ausbricht. Ist diese durch Pilze ver- ursacht, so lassen sich solche sofort nach eingetretenem Tode im Innern der Raupe nachweisen. In einzelnen Fällen kann dies schon ohne Mikroskop geschehen. So weist eine milchige Trübung des Blutes, welches man dadurch gewinnt, dass man eine Raupe vorsichtig mit der Nadel ansticht und durch leichtes Drücken ein Tröpfchen austreten lässt, auf das Vorhandensein von Cylindergonidien, also auf eine muskardineartige Erkrankung hin. Es bricht ferner bei Raupen, welche an „Empusa"-Mykose eingegangen sind, sofern die- selben nicht zu trocken gehalten werden, binnen 24 Stunden der Pilzüberzug durch. Wenn man nun die todten Raupen auf ein Stück Fensterglas legt, ein mit Wasser getränktes Fliesspapier- oder Werg- bäuschchen hinzufügt und ein gewölmliches Glas darttberstülpt, so bildet sich, wenn eine „Empusa"-Erkrankung vorliegt, um jedes schimmel- bedeckte Thier binnen weiteren 24 Stunden ein Hof von weisslichem Staube, d. h. von weggeschleuderten Sporen, und die Raupe verjaucht bald nach dem Verblühen des Pilzes. Verzögert sich dagegen der Ausbruch einer Pilzvegetation längere Zeit, so ist eher auf muskardine- artige Mykose zu schliessen. Sicher ist letztere dann angezeigt, wenn das an der Luft liegende Thier anfangs schlaff, nach 24 Stunden aber prall ausgestopft erscheint. Directe Verjauchung ohne vorherigen Schimmelausbruch weist auf das Vorhandensein einer Spaltpilzmykose hin. Trocknet die nicht sehr feucht gehaltene Raupe zu einer zer- brechlichen Mumie ein, die mit zunderartigera Marke, d. h. mit Pilz- mycel gefüllt ist, so ist eine nicht zum Ausbruch gekommene Ento- mophthorcen-Mykose oder muskardineähnliche Erkrankung wahr- scheinlich. Ist sie dagegen mit hellem oder dunkelm Staulje gefüllt, so ist eine Ausbildung von Entomophthorcen-Mykose zu vermuthen. Lehrbuch li. mitteleufip. Forstinsektsnkuiule. 15 226 Kap. VI. Entstehung und Abwehr grösserer Insektenschäden. Gewissbeit liefert nur die mikroskopische Untersuchung, zu welcher aber, besonders wenn etwa eine Spaltpilzmykose nachgewiesen werden soll, ein so gutes Mikroskop und eine so bedeutende Uebung in seinem Gebrauche gehört, wie in den meisten Fällen dem praktischen Forst- wirthe nicht zu Gebote stehen. Ist dies dennoch der Fall, so werden die, S. 164 bis 181, gegebenen Beschreibungen und Abbildungen der in Frage kommenden Pilze eine sichere Bestimmung ermöglichen. Anderen- falls hat man sich an einen Fachmann zu wenden. Die Beobachtimg der Witterungsverliältuisse. Die Witterungs- vevhältnisse können in zweierlei Weise bestimmend auf das Urtheil über die Nothwendigkeit von Gegenmassregeln einwirken. Sowohl in dem Falle, wenn sie für das Leben und die Gesundheit der Forstschädlinge xmgünstig erscheinen, als auch dann, wenn sie dem Baumwuchs und der Aus- heilung der erfolgten Beschädigungen günstig sind, wird der Forstmann von künstlichen Vorbeugungs- und Vertilgungsmassregeln ganz oder theilweise absehen können. Es sind dies diejenigen Witterungsverhältnisse, welche Ratzeburg als frasshindernde und genesungsfördernde [XV, S. 63] bezeichnet und denen er die frassfördernden und ge- nesungshin dernden entgegenstellt. Die frasshindernden Witterungseinflüsse sind bereits auf S. 162 aus- führlich erörtert worden. Im allgemeinen werden die genesungsfördernden mit jenen zusammenfallen und auch nach den speciellen Boden- und Standortsverhältnissen des betreffenden Revieres und Bestandes wechseln. In dürren Lagen werden z. B. reichliche Niederschläge das Wieder- ergrünen in einem kahlgefressenen Kiefernbestande begünstigen, während in einem feuchten Auwalde ein trockener Winter günstig wirken kann. Untersuchung des befalleneu Bestandes. Von hervorragender Wichtigkeit ist die Frage, ob voraussichtlich die von Insekten befallenen Bäume oder Bestände durch den Frass sicher getödtet werden, oder ob sie nur Beschädigungen erleiden, welche entweder überhaupt blos den Zuwachs vermindern, oder erst durch Wiederholung den Tod des Bestandes befürchten lassen. Im ersten Falle wäre es überflüssig, Mass- regeln zu ergreifen, welche lediglich den Schutz des Bestandes selbst bezwecken, während sie im letzteren Falle ganz am Platze sein können. Unter Umständen kann der Zustand eines befallenen Bestandes auch Massregeln überflüssig oder geboten erscheinen lassen, welche der Weiter- verbreitung des Uebels Halt gebieten sollen. Die auf eine eingehende Untersuchung gestützte Prognose wird in vielen Fällen leicht, in anderen schwer, in noch anderen gar nicht mit Sicherheit zu geben sein. In schwierigen Fällen ist sie überhaupt nur unter aufmerksamer Beachtung der soeben besprochenen Umstände möglich. Dabei ist ferner nicht zu Witterungsverhältnisse. Untersuclmng des befallenen Bestandes. 227 übersehen, dass die verschiedenen StandortsverhUltuisse, die einzelnen Holzarten und die verschiedenen Altersstufen derselben von grossem Einfluss auf die Boantw/^rtung der Frage sind. Bei Besprechung der verschiedenen durch Insekten verübten Beechädigungeu (S. 137 u. f.), sowie der die Grade der Schädlichkeit bedingenden Ursachen (S. 146 u. f.), ist bereits auf die Möglichkeit einer Prognose hingewiesen worden. Die Beachtung des Standortes ist insofern wichtig für die Vor- hersage, als im Allgemeinen die Gefahren durch Insektenbeschädigungen dann am grössten sind, wenn ungünstiger Standort einen kümmer- lichen Wuchs der Bäume bedingt, während günstigere Standortsver- hältnisse die Widerstandskraft derselben stärken. Nur dort, wo der schlechtere Standort lediglich Folge rauhen Klimas ist, verhält sich die Sache insofern anders, als durch ein solches Klima für gewöhnlich auch das Insektenleben beeinträchtigt wird. So wird man Maikäfer- schaden in höheren Gebirgslagen nie zu fürchten haben; selbst Borkenkäferfrass gestattet dort in der Regel eine günstigere Prognose, weil nur in ungewöhnlich warmen Sommern mehrfache Generation zu fürchten ist (vergl. S. 117 und 118). Dass von unseren heimischenHolzarten die Laubhölzer im allge- meinen weit weniger empfindlich sind als Nadelhölzer, dass sie namentlich in den höheren Altersstufen einer wirklich tödtlichen Verletzung durch Insektenfrass viel weniger ausgesetzt sind, wurde früher schon erwähnt (vergl. S. 148). Man wird deshalb in älteren Laubholzbeständen selten nothwendig haben, kostspielige Bekämpfungsmassregeln anzuwenden. Bei Raupenfrass, wie z. B. bei Frass von Dasychira pudibunda L., Geotnetra brumata L.. Tortrix viridana L. u. s. w., wird in der Regel nichts zu thun sein, weil die Kosten der Vertilgungsmassregeln meist grösser sein würden, als der durch den Frass bewirkte Verlust an Zuwachs oder Samen. Von Borkenkäfern, Buprestiden, Bockkäfern oder anderen im Holze lebenden Insekten heimgesuchte alte Bäume kann man, obgleich sie den Frass meist Jahre lang aushalten, ohne Kosten entfernen, soweit dies nöthig erscheint, um eine weitere Ausbreitung des Uebels zu verhindern. Man braucht sich aber damit nicht zu übereilen. Empfindlicher sind jüngere Bäume, namentlich friscli gepflanzte Heister. Borkenkäfer, einige Buprestiden und Rüsselkäfer, Raupen u. s. w. können junge Buchen, Eichen, Eschen, Rüstern, Birken etc. schwer schädigen und schon in einem Jahre tödten. 3Ian bemerkt dies meist zur rechten Zeit, um die kranken Stämmchen noch vor Ausfliegen der Käferbrut entfernen zu können. Ein sicheres Kennzeichen ist namentlich das schneller als beim Nadelholze ein- tretende Welken der Blätter; auch an der Kinde verdächtiger Bäumchen wird man bei aufmerksamer Untersuchung die Bohrlöcher entdecken. Sehr leicht ist es, Raupen- oder Käferfrass an den Blättern zu bemerken. In allen den hier genannten Fällen ist also die Prognose nicht sehr schwierig, aber auch meist nicht nothwendig. 15* 228 Kap. VI. Entstehung und Abwehr grösserer Insektenschäden. Etwas Anderes ist es mit den weit empfindlicheren Nadel- hölzern, diese erfordern grössere Aufmerksamkeit (vergl. S. 149). Nicht blos die alten, sondern auch die jungen und ganz jungen Be- stände sind viel mehr der Gefahr ausgesetzt, durch Insektenfrass ver- nichtet oder schwer geschädigt zu werden, als Laubhölzer von dem- selben Alter. Bei jungen Nadelhölzern treten die Symptome sehr bestimmt auf. Keimlinge und selbst etwas ältere Pflanzen lassen als schwächliche Individuen die tödtliche Erkrankung leicht erkennen. Wenn die noch zarten Wurzeln von Engerlingen abgefressen werden, so lassen die Pflänzchen noch an demselben Tage die Nadeln hängen, und man braucht gar nicht das Rothwerden derselben abzuwarten, um ihren Tod vorauszusagen. Schwächere Beschädigungen heilen die Pflanzen wohl auch wieder aus. Die stets mit dem Tode verknüpfte Schädigung der jungen Kiefern durch Larven von Pissodes notatus Fabr. kennzeichnet sich im Juni und Juli leicht durch Welken der Triebe, ebenso sterben von Hylesinus cunicularius Ee. befallene junge Fichten sehr bald ab. Leicht beurtheilen sich auch die Schäden, welche an jungen Kiefern und Fichten durch den Frass des grossen Rüsselkäfers, an Kiefern durch die Saateule hervorgerufen werden. Die Prognose bereitet hier keine Schwierigkeiten. Insoweit als die etwa zu ergreifenden Massregeln vom Zustande der Pflanzen selbst abhängen, kann man ruhig abwarten, ob sich dieselben erholen oder nicht, ehe man für die eingegangenen durch Ausbesserung der Kultur Ersatz schafft In älteren Nadelholzbeständen handelt es sich dagegen um den Schutz und die Erhaltung wirth schaftlich er Objecte, welche leicht und schnell nicht wieder ersetzt werden können. Sichere Todeskennzeichen fehlen hier zwar ebenfalls nicht, sind aber nicht immer so deutlich ausgesprochen, wie bei den jungen Pflanzen. Plötzliches Absterben kommt beim alten Baum, also bei einem aus vielen kleinen Individuen bestehenden Gesammtindividuum nicht vor, das Absterben erfolgt mehr allmälig. So grünt manchmal der Wipfel noch längere Zeit, während unten am Stamme die Rinde sich bereits loslöst: ein sicheres Kenn- zeichen des Todes. Wir müssen schon zufrieden sein, wenn sich die bestimmten Todeszeichen noch vor Winter oder während des Winters einstellen, damit die Axt dem Verderben des Holzes vorbeugen kann. Zunächst ist hier der Frass der Rinden-, Bast- und Holzbeschädiger, in der Hauptsache also der Käferfrass, von dem der Nadelbeschädiger, also hauptsächlich dem Raupenfrasse, zu unterscheiden. Im Falle eines Käferf rasses, welcher im Nadelholze für jüngere und alte Bäume gleich gefährlich ist, gewöhnlich auch zum baldigen Abtriebe drängt, ist zuerst die Rinde zu beobachten, an der sich die Borkenkäfer durch Bohrlöcher und Wurmmehl, Pissodes piniphilus Hbst. und hercyniae Hbst., sowie Tetropium luridum L. u. A. durch Harztropfen vevrathen. Das Bleichen und Rothwerden der Nadeln tritt zuweilen bald ein, bei Fichte schneller als bei Kiefer; manchmal bleibt es auch bis zum Winter oder bis zum nächsten Frühjahre aus. Untersuclmnor des befallenen Bestandes. 229 Dies ist z.B. bei Frass von Pissodes piniphilus der Fall und bei Borken- käfern dann, wenn der Anflug erst im Spütlierbst erfolgte. Von Borken- oder Stangenrüsselkäfern befallene Bäume sind unrettbar verloren. Eine Ausnahme hiervon machen höchstens die alten Kiefern, welche in ihrer dicken Borke nur Ueberwinterungsgänge des Hylesinus piniperda L. zeigen. Die wirklich befallenen Bäume bieten also keine Schwierig- keiten bezüglich der Prognose, sie müssen schon wegen der Gefahr der Weiterverbreitung des Uebels unter allen Umständen gefällt, bei Borken- käferfrass auch entrindet und entfernt werden, selbst für den Fall, dass der betroffene Bestand nicht mehr zu retten ist, umso mehr aber, wenn letzteres noch möglich. Nur bei glücklicherweise seltenen, besonderen Unglücksfällen ist diese Möglichkeit ausgeschlossen, wenn man gegen Borkenkäfer mit Fällung von Fangbäumen stets in richtiger Weise vorgeht. Schwierige Zweifel entstehen dagegen oft bei den Nadelfressern, beiEaupenfrass, da der Tod oder die mögliche Genesung des befallenen Baumes oder der befallenen Bestände nicht blos von der Art des Nadelholzes und von der Insektenart abhängt, soudern ganz wesentlich von der Intensität des Frasses und von der Witterung (vergl. S. 226). Nur in seltenen Fällen werden einzelne Stämme wirklich todt gefressen, das heisst inmitten des Frasses getödtet. Der Abtrieb eilt hier zwar nicht so sehr wie bei ,, Wurmtrockniss", weil sich die Schädlinge nicht innerhalb der Frassobjecte entwickeln, und man Zeit hat, die Kranken länger zu beobachten, allein die Frage darnach, ob und welche Ver- tilgungsmittel zu ergreifen sind, muss wesentlich auch nach dem Zu- stand des befallenen Bestandes entschieden werden. Ist letzterer einmal rettungslos verloren, so sind zu seinem Schutze keine Kosten auf- zuwenden, sondern nur zur Verhinderung der Verbreitung des Uebels in Nachbarbestände. Lärche und Tanne werden seltener eingehendere Untersuchungen nothwendig machen, viel öfter Fichte und Kiefer. Als Zeichen eines bald zu erwartenden Todes nach Raupenfrass gilt das Trocknen und Welken der Knospen, sowie selbstverständlich das Auftreten von Borkenkäfern, Hylesinen und Bockkäfern. Wenn die Knospen beim Durchschneiden nirgends mehr grüne Nadelchen zeigen, dann ist allerdings der Baum todt, indessen kann mau nicht umgekehrt aus dem grünen Inhalte der Knospen stets auf Gesundheit schliessen; dergleichen Bäume sterben trotzdem manchmal plötzlich ab. Für die Fichte kommt besonders der Frass der Nonne in Be- tracht, der nicht selten den Tod herbeiführt, manchmal aber wenig schadet. In der Regel zeigen die Fichten meist ein früheres Roth- werden der Nadeln als die Kiefern, so bei Nonnenfrass, oft schon im Herbste. Es ist das sehr auffallend, wenn scheinbar nur eine so geringe Beschädigung der Bäume stattfand, dass ein Viertel oder selbst die Hälfte der Benadelung erhalten blieb. Im Sommer ist also die Prognose äusserst schwierig und unsicher. Kiefern halten einen viel stärkeren Frass aus als Fichten. Man wird also bei Nonnenfrass für erstere wohl immer auf Wiedergenesung hoffen dürfen. Auch nach dem Frasse der Forleule hat man wiederholt beobachtet, dass sich trotz vollständigen 230 Kap. VI. Entstehung und Abwehr grösserer lusektenschäden. Kahlfrasses die Bäume wieder erholten, selbst solche, bei denen schon viele Knospen abgestorben waren, ein Beispiel, welches lehrt, dass man mit der Vorhersage des Todes vorsichtig sein muss. Andererseits ist in Folge des durch Kiefernspanner eingetretenen Kahltrasses, allerdings unter Hinzutritt anderer ungünstiger Umstände, schon unerwartet der Tod eingetreten. Noch grössere Schwierigkeiten bietet die Vorhersage in Kiefernbeständen beim Frass des Spinners, und ist man in früheren Zeiten nicht selten wegen irriger Vorhersage zu schnell mit dem Ab- triebe vorgegangen. Allerdings ist auch bei Kiefern die Zerstörung der Knospen in grosser Ausdehnung eine Todesursache. Je mehr Knospen zerstört wurden, desto zahlreicher treten auch andere Anzeigen schwerer Erkrankung hervor, wie Rosetten (Fig. 92) und Scheidentriebe (vergl. S. 144). Einzeln, also unbedeutend, erscheinen Rosetten auch nach Spanner-, zuweilen auch nach Eulen- und Xonnenfrass, massenhaft jedoch nach dem Frass des Kiefernspinners, und sind immer mit kümmerlicher Ausbildung der Jahresringe verknüpft. Hat man auch dann noch bezüglich der Vorhersage Zweifel, so untersuche man, ob der Weichbast schon gelbfleckig oder wässerig wird oder sich gar zunderartig auflöst, im hohen Grade „aufgebacken" erscheint, und ob dem letzten Jahrringe nicht schon Harzcanäle und Herbstholz, j,Braunholz", fehlen. In vielen Fällen sind, selbst ohne Eintritt der Bil- dung von Rosetten, schon die vorhergehenden Ringe mehr oder weniger abnorm; theils sind sie sehr schmal, theils zeigen sie j,Harzketten" (vergl. S. 146;, welche immer ein bedeutendes Sinken der Lebens- thätigkeit bekunden. An einzelnen hoffnungslosen oder sehr zweifel- haften Bäumen kann man dann auch „fenstern", d. h. man schneidet ein Rindenfenster von einigen Quadratcentimetern aus, um auf dem dadurch entblössten Splinte die austretenden Harztröpfchen beobachten zu können. Dies kann zum Vergleiche zwischen gesunden und kranken Stämmen sowohl im Winter, wie im Sommer geschehen. Kleine und sehr sparsame Harztröpfchen verrathen eine bereits eingetretene Schwäche des Baumes. Auch der Zustand der Benadelung kann ein die Prognose wesent- lich unterstützendes Zeichen sein, um so mehr, weil es im Grossen sichtbar ist, und weil man doch nicht jeden einzelnen Baum genau untersuchen kann. Bios nach der Benadelung darf man indessen nicht urtheilen, denn selbst Kahlfrass ist nicht gkichbedeutend mit Todt- frass. Sicher ist er dies nur in dem Falle, wenn auch viele Knospen an- oder abgefressen oder die Triebe selbst von den Raupen stark be- schädigt wurden, wie es bei starkem Spannerfrass oft der Fall ist. Für Stämme, welche ohne wesentliche Beschädigung der Knospen wenigstens noch die halbe Benadelung erhalten haben, droht gar keine Gefahr; anders ist es bei solchen, welche nur noch eine geringe An- zahl von Nadelbüscheln zeigen. Für Stangenhölzer, die nicht wenigstens 100 Nadelbüschel und für ältere Bäume, welche nicht wenigstens 200 Nadelbüschel pro Stamm behalten, ist nach Ratzeburg Gefahr zu befürchten. Untersuchung' «les Iiefallenen Bestandes. Werth des angegriflfenen Holzes. 231 Die Möglichkeit der Durclifiihriing zweckmiissiger Bekämpfungs- massregeln hängt ferner auch ab von den Hilfsmitteln, über welche der "Waldbesitzer verfügen kann. Der Kleinbesitzer ist meist nicht in der Lage, so bedeutende Kosten aufzuwenden wie der Grossbesitzer, wie namentlich der Staat. Da aber auch ein kleiner Wald zum Herde für die Ansteckung weiterer Bezirke werden, also eine Gefahr für die All- gemeinheit bringen kann, und da der Wald ausser seinem directen wirth- scliaftlichen Wertlie für den Besitzer auch eine weitere Bedeutung für das Volkswohl überhaupt hat, so wird es die Aufgabe des Staates, die wirth- schaftlichen ^lassregeln der Kleinbesitzer durch Gewährung des Rathes von Sachverständigen, unter Umständen auch durch Arbeitskräfte, durch Stellung von Militär oder Sträflingen, sowie durch Vorstreckung des nöthigen Geldes (vergl. S. 244) zu unterstützen, die Bekämpfung der Forstschädlinge aber gesetzlich zu fordern. WVi'tli und Bcliaiidliiiig der von Insekten beMienen oder getödteten Bänme nnd Bestände. Trotz aller Vorbeugungs- und Vertilgungsmassregeln wird man leider die Insektenschäden niemals ganz aus dem Walde verbannen können, ja das Zusammenwirken vieler, eine ausserordentliche Ver- mehrung der Schädlinge begünstigenden Umstände kann auch heute noch selbst einem ganz rationell bewirthschafteten Walde wirkliche Insekten- verheerungen bringen, wenn auch nicht in so erschrecklicher Ausdehnung wie jenen Waldungen, in welchen eine solche Wirthschaft noch nicht zu finden ist. Deshalb verdient die Frage nach dem Werth und nach der Behandlung des von Insekten befallenen oder bereits getödteten Holzes •lie Beachtung des Forstwirthes. Geben auch Wissenschaft und Erfahrungen noch keine vollständige 2:enüs:ende Antwort auf diese Frage, so lassen sich doch wenisrstens einisre Fin":erzeio:e o:ewinnen. Der Werth des von Insekten befallenen oder getödteten Holzes wird direct und am deutlichsten beeinträchtigt durch die sogenannt technisch schädlichen Insekten (vergl. S. 152), zum Theil schon ehe die befallenen Bäume getödtet sind, zum Theil erst nach dem Tode oder nach der Fällung derselben. Indirect findet eine solche Schädigung dadurch statt, dass das von Insekten getödtete Holz an Qualität ver- liert, und zwar um so mehr, je länger es stehen bleiben muss, ehe es zur Fällung gelangt. Es erklärt sich dies dadurch, dass, je länger das getödtete oder tödtlich befressene Holz auf dem Stocke steht, desto mehr 232 Kap. VI. Entstellung und Abwehr grösserer Insektenscliäden. der natürliclie, von Pilzen eingeleitete oder begleitete Zersetzungsprocess vorsciireitet. Aucli dürfte hierbei wohl die Jahreszeit, in welcher das Holz abgestorben ist, nicht oline Einfluss sein. Beispiele nur technisch schädlicher Insekten im todten Holze und solcher, die bereits im lebenden Holze hausen, also zugleich physiologisch schädlich Averden, vergleiche S. 152. Von den die Qualität des Holzes durch Todtfressen der Bäume schädigenden Insekten sind in erster Reihe Kieferuspinner und Nonne, sowie die Bastzerstörer unter den Borkenkäfern zu nennen. Bezüglicli der Werthverminderuug lassen sich nach Raupenfrass zwei Hauptklassen unterscheiden: Winter- und Saft-Raupenholz. Ersteres ist das in dem auf den Frass folgenden Winter gefällte und aufbereitete, letzteres das später, nach dem Winter gefällte Holz. Das Winter-Raupenholz ist, wie die Erfahrungen gelehrt haben, das bessere, weil der Zersetzungsprocess in ihm durch die rechtzeitige Fällung und die mit ihr verbundene Austrocknung verhindert wird. Zwischen diesen Hauptwerthklassen gibt es natürlich als Uebergänge zahlreiche Ver- schiedenheiten, welche sich auf fest bestimmte Stufen nicht zurück- führen lassen, und daher die Gewinnung massgebender Erfahrungen erschweren. Zwischenklassen, welche etwa aus den schon im Frass- sommer selbst getödteten, „todtgefressenen" Stämmen sich bildeten, nimmt indessen Forstmeister Schultz nicht an, denn vor Ende Juli gibt es keine ganz abgefressenen Bäume. Vorzügliches Interesse gewähren in dieser Beziehung die grossartigen Er- fahrungen, welche mau bei dem letzten Nonnenfrasse in Ostpreussen bezüglich der Fichte gemacht hat. Forstmeister Schultz, mit dessen Angaben auch die des Oberförsters Ahlemaxn ziemlich harmoniren, hat sie in den Verhandlungen des Schlesischen Forstvereines gelegentlich mitgetheilt, auch hat er ihnen eine besondere Abhandlung [„Georgine'', Zeitschrift für landwirthschaftl. Cultur, Gumbinnen 1856J gewidmet: ,,Ueber die Dauer des von der Nonne getödteten Holzes als Bauholz, Vortrag, gehalten im ökonomischen Vereine". Man durfte diese vor vielen Sach- verständigen vorgetragenen Resultate schon damals als reif ansehen, sie haben aber auch noch später die Probe ausgehalten. So heisst es z. B. in einer brieflichen Mittheilung an Ratzebukg: „Klobenholz, welches im Sommer 1855 getödtet, aber gleich im nächsten Winter eingeschlagen, instructionsmässig gespalten und dann geschält und aufgeklaftert worden war, konnte noch im Jahre 18<)0 als gutes Brennholz angesprochen werden, während die damals nicht gefällten, abgestandenen Hölzer desselben Bestandes, also Saft-Eaupenholz, zum Theil schon so verwittert sind, dass sie beim Fällen oft in 2 bis 3 und mehr Stücke zerspringen." Sehr beachtenswerth sind auch folgende Untersuchungen: Oberforstmeister v. Massow veröffentlicht in der „Forst- und Jagdzeitung" [J. 18ö(i, S. 223] die von Dr. Sonnenschein angestellten Untersuchungen über die Frage, ob die ostpreussischen nonnenfrässigeu Fichten vom Jahre 1855, w-eiche 1856, obgleich vollständig entnadelt, noch auf dem Stamme standen, den ganz gesunden gegenüber einen Untei'schied darböten. Beide Hölzer wurden zuerst der trockenen Destillation unterworfen und von beiden fast dieselben Quantitäten der Zersetzungsproducte gewonnen, nämlich aus dem gesunden Holze: Wasser 61-5%, Theer 4%, Kohle 137o, Gas 20-o7o, Essigsäure f/oi während man vom todten Holze nur etwa 0-50 ^ Theer, l^/o Kohle mehr, dafür etwas weniger Gas erhielt, was vielleicht daher rührte, dass das analysirte gesunde Holz niehr fein-, das kranke mehr grobjährig war. Letzteres hatte übrigens auch ein kleineres specifisches Gewicht. Wertli und Behandlung- des von Insekten angegriffenen Holzes. 233 Nach diesen Untersuchungen wird angenouimen, dass das Raupenliolz, wenn es überhaupt rechtzeitig, d. h. vor lieginn der nächsten Sat'tcirculation gefällt wird, als Brenn- und Bauholz gleichen Werth und gleiche Dauer mit dem gesunden hat. Die naclitheiligere Einwirkung des Kaupenfrasses auf die Qualität des Holzes erklärt sich wohl dadurch, dass durch Vernichtung der Blattorgane die Verdunstung des Wassers mehr oder weniger plötzlich in dem bis dahin gesund vegetirenden Baume gestört ^'ird, während bei Borkenkäfert'rass die verdunstenden Blattorgane noch lange thätig bleiben, wenn auch die Zerstörung der Bastschicht durch den Käfer schon sehr weit vorgeschritten ist. Das durch Borkenkäfer getödtete Holz wurde in Preussen dem Raupenholze vorgezogen, auch wenn beides frisch abgestorben war. Dies berichten übereinstimmend die Forstmeister Schultz und Ahlemanx. Vielleicht dürfte sich aber hierbei ein Unterschied ergeben, je nach- dem die Fichten von der ersten oder von einer späteren Generation des Käfers getödtet wurden. Das erst im Sommer befallene Holz ist möglicherweise brauchbarer. Nach Wurmfrass fällt auch die liiude leichter ab, wodurch die Austrocknung noch mehr befördert wird. Eigenthümlich auffallend ist die Ende August 1874 im Böhmerwalde wiederholt beobachtete Er- scheinung, dass die äusseren Splintschichten der vom Borkenkäfer stark befallenen, mit Larven. Puppen und jungen Käfern besetzten, aber noch lebenden Fichten bereits eine blaue Färbung angenommen hatten. Dieses Blauwerden bemerkte man aber nur an jenen Stamm- theilen, welche mit Brut besetzt waren, während die untersten, nicht befallenen Stammtheile noch eine gesunde Farbe zeigten. Die Behandlung der ron [usekten befalleueu oder getödteten Bäume und Bestände ist nicht blos als Vorbeugungs- oder Vertilguugs- massregel gegen schädliche Insekten wichtig, sondern auch vom Gesichts- punkte der Forstbenutzung, d. h. von dem der Verwerthung des Holzes zu betrachten. Beide Rücksichten gehen nicht selten Hand in Hand, mit- unter widersprechen sich dieselben aber. Um Kulturverderber kann es sich an dieser Stelle nicht handeln, da von ihnen kein absatzfähiges Material zerstört wird. Anders ist es mit Bestandsverderbern. Hier tritt neben die Rücksicht auf die Insektengefahr selbst, die auf den richtigen Zeitpunkt der Benutzung, bevor das kranke oder getödtete Holz an Werth verliert. Bei alten Laubhölzern drängt, wie wir früher sahen, der Insekten- vertilgung wegen die Fällung nicht; nach Raupenfrass an Blättern und Blüthen erholen sie sich stets und Käfer- wie Raupenfrass im Bast oder im Holze halten sie gewöhnlich Jahre lang aus. Dagegen kann die möglichste Erhaltung der technischen Brauchbarkeit des Holzes baldige Fällung wünschenswert!! machen, wenn Insektenlarven im Holz ihre 234 Kap. VI. Entstehung und Ab^Yehr grösserer Insektenschäclen. zerstörenden Gänge fressen; denn, je länger man diese gewähren lässt, desto mehr wird der Werth des Holzes geschädigt. Beispiele hierzu liefern Cerambyx cerdo L. in Eichen, Cossus ligniperda Fabr., Saperda cacharias L. und Sesia apiformis Cl. in Aspen, Tomicus domesticus L. in verschiedenen Laubhölzern, Birken und Buchen u. s. w. Auch starker Frass von Scolytus Ratzeburgii Jans, kann eine schleunige Fällung von Birken nöthig machen, nicht etwa wegen der Schäden, welche die Käferlarven durch ihren Frass direct anrichten, sondern weil das kränkelnde Birkenholz sehr bald an Qualität verliert. Wie bei den Vorbeugungs- und Vertilgungsmassregeln, handelt es sich auch hier mehr um die Nadelhölzer, als um die Laubhölzer. In älteren Nadelholzbeständen tritt leider sehr häufig der Fall ein, dass sich die Rücksichten auf Bekämpfung des Frasses, die auf eine gute Hiebsordnung und die auf beste Verwerthung des befallenen oder getödteten Holzes widersprechen, und deshalb lässt sich auch nur im Einzelfalle bestimmt vorschreiben, was zu thun sei. Bei Käferfrass ist, wie wir oben sahen (S. 229), die Prognose meist leicht, weit schwieriger bei Raupenhölzern. Von Borkenkäfern oder Stangenrüsselkäfern befallene Stämme lassen niemals Hoffnung auf Er- haltung zu; sie müssen möglichst alle gefällt werden, ehe die Brut ausgeflogen ist, nicht blos um die Vergrösserung des Uebels zu ver- hindern, sondern auch, um sie verwerthen zu können, bevor die Qualität des Holzes Schaden gelitten hat, mögen dadurch auch Gefahren bezüglich der Hiebsordnung hervorgebracht, mag dadurch auch der Holzmarkt überfüllt werden, gleichviel. Ist dagegen die Brut einmal ausgeflogen, dann kann es richtiger sein, mit dem Hiebe die bereits getödteten Bäume oder Bestände zu verschonen, w^enn nämlich die vor- handenen Arbeitskräfte auf neue Objecto des Frasses concentrirt werden müssen. Erleidet dadurch auch der Werth des später zu schlagenden Holzes Schaden, so muss solchen Falles doch die Rücksicht auf energische Bekämpfung der kleinen Waldverderber obenan stehen. Ja selbst der Hieb ganz gesunder, zu Fangbäumen dienender Hölzer muss der Nachräumuug der bereits getödteten vorausgehen. Weder Ueber- füUung des Marktes, noch Furcht vor Schaffung von Windlöchern dürfen davon abhalten. Etwas anders gestaltet sich die Sache bei den Raupenhölzern, Je unsicherer hierbei oft die Prognose ist, desto mehr kann man wenigstens einige Rücksichten auf die Hiebsfolge nehmen, da überdies durch das versuchsweise Stehenlassen befressener, noch zweifelhafter Bestände die Insektengefahr nicht unmittelbar vergrössert wird. Nur dann, wenn die einen sicheren Tod verkündenden Borkenkäfer secundär auftreten, gestaltet sich die Sache anders. Aeltere und jüngere Orte, welche bereits im Wirthschaftsplane zum Hiebe gesetzt sind, müssen, wenn sie ganz entnadelt wurden, oder wenn überhaupt die vorstehend angegebenen Kennzeichen den wahrscheinlichen Tod erwarten lassen, sofort geschlagen werden. Selbst die bezüglich ihres Wiederergrünens zweifelliaften Orte dieser Kategorie wird man am besten sofort mit BL'liandliuijj des von Insektfii angej^riffenen Holzes. 235 abtreibeu, weil dadurch noch seiner Qualität nach gutes Holz gewonnen werden kann. Es versteht sich von selbst, dass dann der Hieb in allen anderen, gar nicht oder nur unerheblich bofressenen Hiebsorten ruhen muss. Aehnlich ist mit jenen älteren Beständen oder Bestands- theilen zu verfahren, welche zwar nicht planmässig /Ann Hiebe gesetzt sind, denen man jedoch ohne wesentliche Störung der Hiebsordnung leicht beikommen kann. Bei zweifelhaften Beständen dieser Kategorie empfiehlt sich schon mehr eine Zögerung mit dem Abtriebe. Wenn jüngere, entschieden unreife Bestände oder solche, deren Abtrieb nur mit gefährlichen Störungen der Hiebsfolge verknüpft ist, in Frage kommen, so soll ihr Einschlag allerdings erst dann erfolgen, wenn die sichere Gewissheit des Todes entweder durch unzweifelhafte Kennzeichen als directe Folgen des Raupenfrasses, oder durch das Auftreten von Borkenkäfern, namentlich in Fichten, vorliegt. So lange es thunlich, wird man allerdings auch auf die Möglichkeit des Absatzes Eücksicht nehmen müssen, denn das geschlagene Holz ist eine Waare, welche sich nicht jahrelang im Wähle aufbewaliren lässt, ohne Schaden zu erleiden. Gerade diese Rücksicht hat man in neuerer Zeit mehr in den Vordergrund treten lassen als früher. Nur dann wird man also auch zum Abtriebe der noch zweifelhaften Bestände schreiten dürfen, wenn der Einschlag wegen geringer Ausdelinung des Frasses nicht so bedeutend ist, dass dadurch die Preise gedrückt würden. Je ausgedehnter der Frass war, je mehr also eine nachtheilige Ueber- füllung des Marktes durch grossen Einschlag zu fürchten ist, desto mehr wird man den Abtrieb der zweifelhaften Orte verzögern. Ja oft wird man wohl gut thun, sich auf plänterweise Entnahme der einzelnen, zweifellos getödteten Bäume und Baumgruppen zu beschränken, obgleich eine solche Plänterwirthschaft bekanntlich tausendfältige andere Un- annehmlichkeiten für die Wirthschaft mit sich bringt. Bezüglich des Einschlages selbst lassen sich folgende allgemeine Gesichtspixnkte angeben, die allerdings nach den verschiedenen Um- ständen die verschiedensten Mojdificationen erleiden können und müssen. Zuerst ist der Hieb möglichst in jene Bestände zu legen, wo Lang- nutzholz — Stämme und Klötze — ausgehalten werden soll. Ist noch Brut von Borkenkäfern oder Stangenrüsselkäfern vorhanden, so begnüge man sich nicht damit, die Hölzer rasch zu verkaufen und aus dem Walde zu schafien; die Lagerplätze, auf welche die Käufer solche Hölzer bringen, werden dann zu Infectionsherden für den eigenen Wald, wenn sie sich in der Nähe desselben befinden, oder für andere Waldungen. Die Brut ist vielmehr vor dem Verkaufe des Holzes zu vernichten. Ist sie bereits ausgeflogen, so kommt es bei Raupenhölzern hauptsächlich darauf an, die Austrocknung möglichst zu beschleunigen. Es geschieht dies am besten durch vollständige Entrindung oder wenigstens durch streifen- oder platzweises Entfernen der Rinde. 236 Kap. VI. Entstehung und Abwehr grösserer lusektenschädeu. Soll Spaltnutzbolz aufbereitet werdeu, so folgen die damit beauf- tragten Arbeiter sofort binter denen, welcbe das Laugbolz fällten. Entrindung und unter Umständen Vernicbtung der Käferbrut ist liier ebenfalls nötbig. Nacb der Aufbereitung des Nutzbolzes und nacb dessen Sicherung vor Verderben gebt man an die Aufbereitung des Brennbolzes. Ganze oder tbeilweise Entrindung ist hier nur nötbig, wenn Käferbrut vor- banden ist. Alles Spaltbolz soll zum Zwecke besseren und rascberen Aus- trocknens kleiner gespalten werden, als es sonst gewöbnlicb üblicb ist. Namentlicb Raupenbolz darf nicbt ungespalten, rund in die Stösse gescliicbtet werden, desbalb ist aucli das sogenannte Knüppel- oder Prügelbolz zu spalten, welcbes sonst gewöhnlich ungespalten bleibt. Alles gespaltene Holz soll erst einige Zeit an der Luft, womöglich in der Sonne liegen, ehe es aufgeschichtet wird, damit es vorher gut austrockne. Bei Schichtung der Stösse selbst sind dann ganz besonders jene Vorsichtsmassregeln zu beachten, welche im Allgemeinen die Rück- sicht auf eine gute Austrocknung bedingt. Man schiebte weder im Walde, noch auf Vorratbsplätzen zu grosse Massen zusammen und stelle die Stösse auf Unterlagen. Bietet sich die freilich leider seltene Gelegenheit, das frisch ge- fällte Holz, sei es Langnutzbolz oder Spaltholz, wenn es nicbt bald verkauft werden kann, sondern in Vorrath längere Zeit liegen bleiben muss, selbst ungeschält, sogleich in das Wasser zu werfen, so thue man es, weil die Erfahrung lehrt, dass durch das Auslaugen des Holzes im Wasser vortheilhaft auf dessen Qualität eingewirkt wird. Ein in diesem Sinne ebenfalls vortheilhaft wirkendes, sofortiges Triften oder Flössen des frisch gefällten Holzes wird wegen des hoben Gewichtes desselben selten und nur auf sehr günstigen Wasserstrassen thuulich sein. Die gesetzliche Regelung der Bekrimpfiiiig der Forst- schädlinge. Die Wichtigkeit einer rationellen Bekämpfung der Forstschädlinge, sowie die Thatsache, dass ein Wald zum Infectionsherd für den andern werden kann, bat in vielen Kulturstaaten den Erlass gesetzlicher Vor- schriften hierüber hervorgerufen. Dort, wo die dem Einzelnen möglichen Massregeln des Forstschutzes nicbt mehr ausreichen, muss die Forst- polizei eingreifen. Diese gesetzlichen Vorschriften haben sich zu erstrecken: 1. auf die Schonung insektenfressender, nützlicher Thiere, als wichtige Vor- Dor Einsc'lilag d. v. Insekten getöilteten Holzes. Gesetzliche Vorschrit'ten. 237 beugungsraassregel; 2. auf Massregeln der Bekämpfung von Insckteu- schiideu bei bereits eingetretener Gefahr. Die gesetzlichen Vorschriften über die Schonung niitzliclier Vögel, in erster Reihe der Insektenfresser unter ihnen, sind nicht blos für die Forstwirthschaft, sondern auch für Landwirthschaft, Obst- und Gartenbau von Bedeutung. Bereits seit einer Reihe von Jahren beschäftigt diese Frage die öffentliche Meinung und die gesetzgebenden Factorcn der Kulturstaaten. Die Schriften des Dr. Gloger waren namentlich die Ursache, dass man in der Mitte dieses Jahrhunderts anfing, einen energischen Schutz für die nützlichen Vögel zu fordern. Die widersprechendsten Ansichten machen sich jedoch stets geltend, wenn es sich um die Lösung der schwierigen Auf- gabe handelt, zum Zwecke dieses Schutzes Gesetze zu erlassen. Die grösste Schwierigkeit liegt darin, dass es nicht möglich ist, Nutzen und Schaden, welchen die verschiedenen Arten der sogenannt nützlichen Vögel bringen, genau abzuwägen (vergl. S. 134). Selbst die nützlichsten Insektenfresser können unter Umständen durch Vertilgung entschieden nützlicher Insekten oder auch dadurch, dass sie sich zeitweise von Obst und Getreide nähren, im einzelnen Falle schaden. Deshalb hat es nie gelingen wollen, ein wirklich richtiges, allgemein anerkanntes Ver- zeichniss der nützlichen oder der schädlichen Vögel aufzustellen, und des- halb zeigen die bestehenden gesetzlichen Vorschriften in den verschie- denen Ländern ganz wesentliche Unterschiede. Einen durchgreifenden Schutz einzelner Arten kann man nicht erlangen, weil es unrichtig wäre, bei der Bevölkerung die Kenntniss der Ornithologie vorauszusetzen, welche genügt, um die zu schützenden Arten von anderen zu unterscheiden. Deshalb hat man z. B. im Königreich Sachsen durch das Gesetz vom 22. .Juli 1876 ein absolutes Verbot des Fangens und Erlegens der kleineren Feld-, Wald- und Singvögel erlassen. Nach diesem Gesetze sind ferner nicht mehr Gegenstand des Jagdrechts: Lerchen, Drosseln und alle kleineren Feld-, Wald- und Singvögel, zu welchen jedoch Rebhühner, Wachteln, Becassineu, Schnepfen und wilde Tauben, sowie die kleineren Raubvögel und alle Würger- arten nicht zu rechnen sind. Durch Verordnung von 1878 wurden die Ziemer und durch solche von 1882 Sperlinge, Raben, Krähen, Elstern, Dohlen und Heher von der Schonung wieder ausgenommen. Früher wurden in Sachsen nach dem Mandat von 1817 alle kleinen Vögel sehr richtig zur Niederjagd gerechnet. Weniger durchgreifend verfuhr man in anderen Ländern. In Preussen sind durch Ministerialrescripte vom 4. Februar 1800 und 18. September 18G7 die Bezirksregierungen veranlasst worden, das Tödten, Fangen und Feilbieten der in einem beigefügten Verzeichnisse aufgezählten insektenfressenden Vögel, sowie das Ausnehmen und Zerstören ihrer Nester etc. durch Polizeiverord- nungen bei Strafe zu untersagen. Diese Verordnungen sind nach einem gemein- samen Formulare abgefasst. jedoch mit den aus ihrer geographischen Lage und sonstigen besonderen Verhältnissen sich ergebenden Modificationen. Auch bestimmt § 3.3 des Forst- und Feld-Polizeigesetzes vom 1. April 1880: 238 Kap. VI. Entsteliuug und Abwehr grösserer Insektenschäden. ..Mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu 1 Woche wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen des § 3; "> zur Untersuchung von Waldungen oder Holzlagerplätzen ermächtigt und erhalten laut ^ 0 für ihre Bemühungen, Reisekosten und sonstige Auslagen Vergütung aus der Staatskasse. Das badische Forstgesetz in seiner jetzigen Fassung von 1873 — die ältere Fassung ist vom 15. November 1833 — bestimmt: § G9. „Wenn schädliche Insekten die Forste anfallen, so hat die Forst- behörde — Bezirksforstei — unverzüglich die zur Vertilgung derselben nöthigen ^lassregeln einzuleiten. Müssen in besonderen Fällen die augegriflenen Stämme selbst gefällt werden, so sind sie unverzüglich entweder aus dem Walde zu schatten, oder die Rinde ist davon zu treunen, und gleich jener, welche von den Stöcken abgelöst werden muss, nebst dem nach Absonderung des Wellen- und Prügelholzes übrig bleibenden kleinereu Reisig und nebst dem unter den gehauenen Stämmen zusammengerechteu Moose im Walde zu verbrennen." § 2 der zugehörigen Vollzugsverordnung vom 30. .Tanuar 1855 besagt: „Handeln Privat-Waldbesitzer gegen die Bestimmungen der {;§ und 57 bis 70 des Forstgesetzes, so sind dieselben unter Bezeichnung des Vergehens in das Frevelregister einzutragen, und dem ersten Absatz des ;? 178, Art. 2, des Gesetzes gemäss beim Frevelgerichte zu bestrafen." Dieser § 178 besagt: _Die Privat-Waldbesitzer werden wegen Verletzung derjenigen Vorschriften, au deren Beobachtung sie nach § 88 gebunden sind, gleich anderen Uebertretern bestraft." Im Grossherzogthum Weimar wurde am 4. April 18GS eine Bekannt- machung vom Departement des Innern des Staatsministeriums erlassen, welche die Gnmdbesitzer ziim Sammeln und Tödten der Maikäfer und Engerlinge l>ei einer Strafe bis zu 10 Thaleru verpflichtet. Die Besitzer forstmässig benutzter Grundstücke sind nach ij 2 davon ausgenommen. Im Herzogthum Braunschweig wurde 1804 ein Gesetz, betreibend die Vertilgung der Engerlinge, erlassen. In diesem .Tahre wurden dort in 155 Gemeinden 28>i3 Centner Gü Pfund s Loth — etwa 143 Millionen — Maikäfer mit einem Kosteu- aufwande von G571 Thaler 2 Groschen 7 Pfennig gesammelt und getödtet. Solche Sammlungen wurden von Zeil zu Zeit wiederholt auf Kosten der Gemeinde- kassen angeordnet. Für die fiscalischen Forsten wird festgehalten, dass nur die an die Felder grenzende Waldttäelie durch Engerlinge leile, und dass der zu leistende Beitrag der betreft'enden Fläche höchstens ein Drittel der für Acker- land zu entrichtenden Quote betrage. Ausserdem finden .Ameisen Schutz, wie in Preussen. Das Forststrafgosetz vom 1. April 1879 bestraft nach § 28 mit Geld bis zu 50 Mark oder mit Haft IG^ 244 Kap. VI. Enstehung und Abwehr grösserer Insektenschäden. bis zu 14 Tagen, wer „in Forsten Ameisen oder deren Puppen — Ameiseneier - ein- sammmelt oder Ameisenhaufen zerstört." Das österreichische Forstgesetz vom 'S. December 1852 bestimmt: § 50. „Auf die Beschädigung der Wälder durch Insekten ist stets ein wachsames Auge zu richten. Die Waldeigenthümer oder deren Personale, welche derlei Beschädigungen wahrnehmen, sind, wenn die dagegen angewendeten Mittel nicht zureichen, und zu besorgen steht, dass auch nachbarliche Wälder von diesem Uebel ergriffen werden, verpflichtet, der politischen Behörde bei Strafe von 5 bis 50 fl. Conv.-M. sogleich die Anzeige zu erstatten. Zu einer solchen Anzeige ist übrigens Jedermann berechtigt." § 51. „Die politische Behörde hat unter Mitwirkung geeigneter Sachver- ständiger sogleich in Ueberlegung zu nehmen, ob und welche Massregeln gegen die etwa zu besorgenden Insektenverheerungen zu treffen seien, und das Nöthige, nach früherer unverzüglicher Einvernehmung der betheiligten Waldeigenthümer und ihres Forstpersonales, schleunigst zu verfügen. Alle Waldeigenthümer, deren Wälder in Gefahr kommen könnten, sind zur Beihilfe verpflichtet, und müssen den Anordnungen der politischen Behörde, welche hierin selbst zu Zwangsmass- regeln befugt ist, unbedingte Folge leisten. Die Kosten sind von den betheiligten Waldeigenthümern nach Massgabe der geschützten Waldflächen zu tragen." Der im Jahre 1878 dem Abgeordnetenhause vorgelegte Entwurf eines neuen Forstgesetzes enthielt in den §§ 49 und 50 in etwas anderer Fassung ganz ähnliche Bestimmungen, fügte aber im § 51 noch sehr richtig hinzu, dass die anzuordnenden Massregeln auch auf solche Bestände, welche nicht auf Waldboden stocken, und auf im Bereiche der Insektenverbreitung überhaupt abgelagerte Hölzer und daselbst befindliche Holzeinfriedungen ausgedehnt werden können. Gegen die Borkenkäferverheerungen Anfang der Siebziger-Jahre im Bölimer- walde wurden besondere Massregeln mit Hilfe der Gesetzgebung ergriffen. Durch die Gesetze vom 10. April 1874 und vom 1. April 1875 wurden den Gemeinden und Kleingiiindbesitzern daselbst, welchen eigene Mittel zur schnellen Auf- arbeitung der in ihren Wäldern vom Borkenkäfer befallenen Holzmassen oder zur Aufforstung der betreifenden Waldflächen fehlten, zu diesen Zwecken unver- zinsliche, in höchstens fünf Jahren zurückzuznhlende Vorschüsse im Betrage von 150 000 fl. aus Staatsmitteln gewährt. Ein Gesetz vom 23. December 1879 ver- längerte den Termin der Rückzahlung dieser Vorschüsse vom 1. Januar 1880 an um weitere 15 Jahre und brachte die Kosten für die Organe zur Leitung und Beauf- sichtigung der Arbeiten im Betrage von 15 3G3 fl 95 kr. zur Abschreibung. Uebrigens wurde in Oesterreich ein besonderes Gesetz zum Schutze der Bodenkiiltnr gegen Eanpenschäden und Maikäfer erlassen, und zwar 1868 für Niederösterreich und Steiermark, 1870 für Böhmen, Bukowina, Görz, Istrien, Kärnten, Krain, Mähren, Schlesien, Tirol und Vorarlberg, 1872 für Salzburg. Dieses Gesetz verpflichtet alle Besitzer und Pächter von Grundstücken zur Er- greifung von Vertilgungsmassregeln gegen Raupen und Maikäfer. Die Säumigen sind mit 1 bis lO fl. oder mit Arrest bis zu 48 Stunden zu bestrafen. Die Gemeindevorsteher haben darüber zu wachen, dass die Betreffenden ihren Verpflichtungen nachkommen, und gegen die Säumigen die Strafe zu verhängen. Gemeindevorsteher, welche dies unterlassen, werden mit 10 bis 20 fl. bestraft, welcher Betrag in die Ortsarmenkasse fliesst. In einigen Kronländern, z. B. in Böhmen, Mähren und Schlesien, wurden Prämien für die Einbringung von Engerlingen und Maikäfern ausgeschrieben. Die Erfolge sind indessen den Erwartungen nicht entsprecliend gewesen, wie wieder- holte Anträge auf Erhöhung- der Prämien zeigen. KAPITEL VII. Allgemeine Einführung in die systematische und praktische Entomologie. So wichtig auch für den Forstverwalter eine allgemeine Kenntnies des Baues und der wirtbschaftlichen Bedeutung der Insekten ist, so ist in der Praxis doch vor Allem die Bekanntschaft rait den einzelneu wichtigen Insektenarten nothwendig. Um diese zu erwerben, ist zunächst erforderlich die Kenntniss des Insektensystemes und der Regeln, nach welchen die Insekten wissenschaftlich benannt werden; ausserdem bedarf der Forstmann auch einer Anleitung zum Beobachten und Sammeln der Forstinsekten; desgleichen muss er mit den wichtigsten literarischen Hilfsmitteln vertraut sein. Die Avissenscliaftliche Eintlieiliing und Benennung der Insekten. Allg;emeiue Systematik. Die Klasse der Insekten wird in Ord- nungen abgetheilt. Bei ihrer Aufstellung wird der Zoologe geleitet von dem Bestreben, solche grössere Gruppen zu bilden, dass die Insekten, welche in den wesentlichsten Zügen des äusseren und inneren Baues, sowie der Fortpflanzung einander gleichen, in eine Ordnung vereinigt werden. Eine völlige Uebereinstimmung über den Umfang, den man den einzelnen Ordnungen zu geben hat und somit über die Anzahl der- selben existirt nicht. Zwar sind einzelne grössere Gruppen, z. B. die Schmetterlinge und Zweiflügler, so scharf von der Natur begrenzt, dass sie sich ohneweiters von selbst als Ordnungen ergeben. Manche kleinere Gruppen zeigen aber einmal so eigenthümliche Züge, dass man zunächst geneigt ist, sie als selbstständige Ordnungen anzusehen, andererseits stimmen wieder andere in unwichtiücren Aeusserlichkeiten derartig 246 Kap. VII. Systematische und praktische Entomologie. übei-eiu, dass leicht die Versuchung eintritt, im Grunde unnatürliche Vereinigungen vorzunehmen. Beispiele nach unserer Ansicht zu weit getriebener "Vermehrung der Ordnun- gen sind z. B. die früher beliebte Aufstellung der Gruppe der parasitischen Strepsiptera, die wir zu den Neuroptera rechneu, als eigene Ordnung, sowie der neuerdings gemachte Versuch, die Thysanura als eigene Hauptgruppe der Insekten von den Orthoptera zu trennen. Nach unserer Ansicht widernatürliche, durch äussere Habitusähnlichkeiten veranlasste Zusammenziehungen einander fernstehender Formen sind z. B. die Vereinigung der mit beissenden Mundwerk- zeugen versehenen parasitischen Federlinge und Haarlinge, der Mallophaga, mit den eigentlichen Läusen, den Pediculina und die mitunter versuchte Zusammen- ziehung der eigentlichen Neuroptera mit den wohl auch als Pseudoneuroptera bezeichneten Orthoptera amphibiotica. Es handelt sich daher für unseren praktischen Zweck darum, weder allzu weitgehende Trennungen, noch auch dem jetzigen wissen- schaftlichen Standpunkte widersprechende Vereinigungen vorzunehmen. Wir folgen dem in den meisten neuereu praktischen Insektenkunden gleichfalls angenommenen System, welches niedergelegt ist in dem Handbuch der Zoologie von Carus und Gerstäcker, II. Band, Leipzig 1863, ohne uns in Betreff der Unterordnungen und anderen kleineren Abtheilungen streng an dasselbe zu binden. Ausführlich aus- einander zu setzen, warum die Vertreter der einzelnen, in diesem System angenommenen Ordnungen wirklich als auch im inneren Bau mit einander verwandt angesehen werden müssen, ist an dieser Stelle nicht möglich. Es ergibt sich dies wenigstens theilweise aus der im speciellen Theile gegebenen allgemeineren Besprechung der einzelnen Insektenordnungen. Hier kommt es nur darauf an, diejenigen Merk- male des Baues und der Fortpflanzung hervorzuheben, welche uns gestatten, Definitionen für die angenommenen sieben Ordnungen auf- zustellen. Die wesentlichen Merkmale, nach welchen wir die Insekten- ordnungen abgrenzen können, sind: A. am Körper der Imago 1. die Beschaffenheit der Mundwerkzeuge, 2. dasVerhältniss derVorderbrust zu den beiden anderen Brustringen, 3. die Beschaffenheit der Flügel; B. in Betreff der Fortpflanzung 4. die Verhältnisse der Metamorphose. Bei der Betrachtung der Mundwerk zeuge handelt es sich zu- nächst um die Frage, ob dieselben kauend oder saugend sind, und in die Diagnose ist, der Kürze wegen, nur diese allgemeine Angabe aufgenommen, obgleich, wie der specielle Theil ergeben wird, die Verschiedenheit der Ausbildung gerade der saugenden Mundtheile wesentlich bei der Abgrenzung der Ordnungen berücksichtigt wird. Ebenso wie die Verhältnisse der Mundwerkzeuge weitgehende Schlüsse auf die Nahrungsweise der Insekten zulassen, so gestatten Allfreineine Systematik. Die Ortlmmgeii der Insekte». 247 die Verhältnisse der drei Brustringe zu einander Schlüsse auf die Bewegungsart der Thiere. Die Beschaffenheit der Flügel ist gleichfalls von hervorragender Be- deutung, besonders für den äusseren Habitus der einzelnen grösseren Gruppen. Daher kommt es auch, dassdie wissenschaftliclien Bezeichnungen der Ordnungen wesentlich von der Flügelbeschaffenheit abgeleitet sind. So wird das Wort Orthoptera abgeleitet von hod'öc gerade, und -Tspov der Flügel, Geradflügler, und Lepidoptera von '/.t-is, Gen. KerJ.orj: die Scliuppe und -Tcoov der Flügel, SchupjienHüglcr. d. h. Sclunetterlinge u. s. f. Nichtsdestoweniger dürfen wir niclit vergessen, dass das ilerkmal der Fliigelbescliattenheit für die Ab- grenzung der Ordnungen erst in zweiter Linie stellt, da einmal, wollte man das- selbe zu sehr berücksichtigen, eine grössere Zersplitterung der Ordnungen stattfinden müsste, andererseits in allen Ordnungen Thiere vorkommen, bei denen die Flügel verkümmern oder fehlen, die aber dennoch ihrem ganzen übrigen Bau nach un- bedingt zwischen andere geflügelte Formen eingereiht werden müssen. Dies ist auch der Grund, warum die früher beliebte Gruppe der Aptera aufgelöst wurde (vergl. S. aS». Dass wir das so wichtige Merkmal der Metamorphose in letzte Linie stellen, geschieht nicht, weil wir seine Bedeutung unter- schätzten, sondern weil die Verhältnisse derselben sich nicht ohne- weiters aus der Betrachtung des Einzelthieres, sondern erst aus einer überlieferten oder durch Beobachtung gewonnenen Kenntniss seiner Lebensgeschichte ergeben. Xach diesen vier Merkmalen lassen sich die Insekten in sieben Ordnungen theilen und die Definitionen derselben folgendermassen geben: Die Geradflügler, Orthoptera, sind Insekten mit kauenden Mundwerkzeugen, freiem Prothorax und unvollkommener Metamorphose. Die Netzflügler, Neuroptera, sind Insekten mit kauenden Mund- werkzeugen, freiem Prothorax, zwei Paar häutigen, reichlich geäderten Flügeln und vollkommener Metamorphose. Die Käfer, Coleoptera, sind Insekten mit kauenden Mundwerk- zeugen, freiem, stark entwickeltem Prothorax, zwei Paar Flügeln, von denen das vordere zu Flügeldecken umgebildet ist, und vollkommener ^letamorphose. Die Hautflügler oder Immen, Hymenoptera, sind Insekten mit kauenden oder kauenden und saugenden Mund werkzeugen, wenigstens dorsal dem Mesothorax verwachsenem Prothorax, zwei Paar häutigen, verhältniss- mässig sparsam geäderten Flügeln und vollkommener Metamorphose. Die Schmetterlinge, Lepidoptera, sind Insekten mit saugenden Mundwerkzeugen, dem Mesothorax verwachsenem, ringförmigem Prothorax, zwei Paar häutigen, beschuppten Flügeln und vollkommener Meta- morphose. Die Zweiflügler, Diptera, sind Insekten mit saugenden Mund- werkzeugen, dem Mesothorax verwachsenem, ringförmigem Prothorax, einem 248 Kap. VII. Systematische uud praktische Entomologie. Paar häutiger, wohl ausgebildeter Vorderflügel, einem Paar zu Schwing- kölbchen verkümmerter Hinterflügel und vollkommener Metamorphose. Die Schnabelkerfe, Rhynchota, oder Hemiptera, sind Insekten mit saugenden Mundwerkzeugen, freiem Prothorax und unvollkommener Metamorphose. Die hier befolgte Aneinanderreihung der sieben Ordnungen ist gewählt worden, einmal weil zweifelsohne die einfacheren Formen der Orthopteren anzusehen sind als diejenigen Insekten, welche die niedrigste Stufe der Ausbildung unter den heute lebenden Formen repräsen- tiren, also der Urform des Insektes, aus welcher wir uns die übrigen durch allmälige Umwandelung entstanden denken, zunächst stehen. Ferner aber ist diese Aneinanderreihung, wenn wir dieselbe nicht auf eine gerade Linie, sondern auf eine geschlossene Curve vertheilen, wobei dann wiederum die siebente Ordnung neben die erste zu stehen kommt, eine solche, dass alsdann stets diejenigen Ordnungen neben- einander kommen, welche in den zur Diagnose verwendeten Haupt- merkmalen übereinstimmen, und dass zugleich die Mittelstufen auch eine Mittelstellung einnehmen. Es erhellt dies aus dem folgenden Schema: Metamorphose unvollkommen bp Prothorax frei Rhynchota -r-' Diptera »xg Lepidopterajll Orthoptera "^ Neuroptera _- Coleoptera Jtaymen jpLera ' nur kauende oder kauende und saugende Mundwerkzeuge Prothorax nur dorsal mit dem Mesothorax ver- wachsen Metamorphose vollkommen Die einzelnen Ordnungen werden wieder eingetheilt in Familien, Gattungen und Arten, auch werden ausserdem häufig Unter- ordnungen, Zünfte, Untergattungen und Varietäten unterschieden. Dass alle diese Gruppen lediglich aus praktischen Rücksichten gebildet werden, um sich in der Fülle der vorliegenden Formen Orientiren zu können, erhellt am besten aus folgender Thatsache: Für die bekannte charakteristische Käferform der „Rüsselkäfer" gründete Linne die Gattung Curculio und rechnete im Jahre 1772 zu ihr nach der XII. Ausgabe seines „Systema naturae" 98 Arten. In dem „Systema entomologiae" unterscheidet Fabricius 1775 bereits 152 Arten und diese sind im Jahre 1792 in seiner „Entomologia systematica" bereits angewachsen auf 405 Arten, aus allen Welttheilen zusammen- genommen. Die Forschungen der letzten 90 Jahre haben nun diese Allgemeine Systematik und Nomenclatur. 249 Formen so vermehrt, dass heutzutage nach Ausweis der neuesten Auflage des „Catalogus Coleopterorum Europae et Caucasi" von 1883 allein aus dem europäischen Faunengebiete, einschliesslich des Kaukasus 2660 Arten des Genus Curculio im LiNNE'schen Sinne bekannt sind, ganz abgesehen von den vielen Varietäten. Dafür ist aber auch aus den wissenschaftlichen Entomologien das Genus Curculio L. überhaupt verschwunden und hiefür die Familie der Curculionidae gebildet worden, im Ganzen über 10 000 Arten mit über 1100 Gattungen umfassend, von welch letzteren auf die europäische Fauna allein 204 kommen. Es sind daher avich die Gattungen Gruppen von relativem Werthe, welche, je nach der Entwicklung der Wissenschaft, Verände- rungen unterliegen können, mit Recht aber nur insoweit, als eine zu gross werdende Gattung in Untergattungen getrennt, beziehungs- weise von einer, heterogene Formen umschliessenden, Gattung eine andere neue Gattung abgezweigt werden darf. Aber auch diese Ver- änderungen sollten nur im Nothfalle vorgenommen werden. Als noch viel beständiger muss vom systematischen Standpunkte aus die Art angesehen werden. Allerdings ist es bei dem jetzigen Stande der zoologischen Wissenschaft nicht möglich, genau zu definiren, was man unter „Art" versteht, und es ist eine völlig unabweisbare Consequenz der Descendenztheorie, dass auch die Art etwas Veränder- liches ist. Nichtsdestoweniger kommt für systematische Zwecke diese, wenn eintretende, nur in sehr langen Zeiträumen sich äussernde Variabilität nicht in Frage, und die Feststellung der Merkmale der- jenigen Formenkreise von Individuen, welche wir als „Arten" be- zeichnen, d. h. der Gesammtheiten solcher Individuen, die einander in allen wesentlichen Merkmalen völlig ähneln und gleiche Nachkommenschaft erzeugen, bildet den Inhalt der beschreibenden Zoologie, beziehungsweise Entomologie. Nomenclatur. Zur kurzen Bezeichnung jeder grösseren Gruppe, sei es Klasse, Ordnung, Familie oder Gattung, bedient man sich eines lateinischen Namens. Die wissenschaftliche Bezeichnung der Art setzt sich dagegen nach Linne's Vorgang zusammen aus zwei lateinischen Namen, einem Gattungs- und einem Artnamen, welche sich in gewisser Beziehung verhalten wie Familien- und Vorname bei den Menschen. Ist nun, wie wir oben erfuhren, der stets vorauszustellende Gattungsname nicht absolut unveränderlich, so ist doch nach den heute allgemein an- genommenen Regeln der Nomenclatur der Artname, der einem Thier einmal gegeben worden, völlig unveränderlich, und man fügt, ge- wöhnlich in Abkürzung, den Namen desjenigen Schriftstellers hinzu, welcher diesen Namen gegeben hat. Der Curculio notatus des Fabricius wird also heute gewöhnlich als Pissodes notatus Fabr. bezeichnet, weil die ursprüngliche Gattung 250 Kap. VII. Systematische und praktische Entomologie. Curculio als zu sehr angewachsen (vergl. S. 249) zur Familie erhoben und der besseren Gruppirung wegen in viele Gattungen getheilt worden ist. Sollten nun fernerhin die Arten der Gattung Pissodes — was übrigens sehr unwahrscheinlich ist — sich derartig durch neue Ent- deckungen vermehren, dass man aus Zweckmässigkeitsrücksichten eine weitere Trennung dieser Gattung in zwei vornehmen müsste, so könnte zwar der j^kleine braune Rüsselkäfer" einmal seinen Gattungsnamen Pissodes verlieren; dagegen müsste er immer den Artnamen „notatus", und zwar unter Beifügung des Namens des Autors, der ihm den- selben gegeben, also „notatus Fabr." behalten. Beruht doch nur auf dieser Regel die Möglichkeit, sich wissenschaftlich darüber zu verständigen, welche Thierform mit einem bestimmten Nameu be- zeichnet wird. Da Irren nun aber einmal menschlich ist, so ist es vorgekommen und kommt noch vor, dass gegen die letztere Regel gesündigt wird, d. h. dass aus Versehen ein einmal vergebener Name in einer fol- genden Schrift nicht demjenigen Thiere beigelegt wird, dem ihn der ursprüngliche Beschreiber gab, sondern einem Verwandten. Sowie dieser Irrthum nun entdeckt wird, so muss er corrigirt werden, und zwar, um nicht die ganze Grundlage unserer wissenschaftlichen Nomen- clatur fraglich zu machen, sogar dann, wenn sich der falsche Name bereits in irgend welchen Kreisen eingebürgert hat. Eine solche Aen- deruug ist dann nicht eine willkürliche Neuerung, wie Laien denken, sondern eine nothwendige Wiederherstellung des alten Zustandes, Das in forstlichen Kreisen bekannteste Beispiel hierfür ist das des grossen braunen Rüsselkäfers. Diesen hatte Linne Curculio Abietis getauft, dagegen den einen der kleinen braunen Rüsselkäfer Curculio Pinl. Ratzeburg verwechselte nun die Thatsache und bezeichnete den grossen brauneu Rüsselkäfer als Curculio Pini, den kleinen da- gegen als Curculio Abietis. Trotzdem nun aber vermöge der ungemein weiten Verbreitung der RATZEBüRG'schen Werke der Name Curculio Pini sich für den berüchtigten Kulturverderber in der Forstwelt ein- gebürgert hatte, müsste derselbe doch verlassen werden, sobald bemerkt wurde, dass hier ein Irrthum vorliege, und es heisst daher, seitdem Schönherr das Genus Hylobius und Germar das Genus Pissodes für die hier in Frage kommenden Thiere von dem ursprünglichen Genus Curculio abgetrennt haben, der grosse braune Rüsselkäfer Hylobius Abietis L., der hier in Frage kommende kleine braune Kiefern-Rüssel- käferhingegen Pissodes Pini L., und diese berechtigte Wiederherstellung ist neuerdings auch in den forstzoologischen Werken, die lange Ratze- burg's Autorität ausschliesslich folgten, zu ihrem Rechte gekommen. Die Thatsache, dass übrigens vielfach auch in rein wissen- schaftlichen Werken gegen diese Regeln theils direct gesündigt wurde, theils Thiere, die schon bekannt und benannt waren, von dieses Um- standes unkundigen Schriftstellern als neu beschrieben und selbstständig zum zweitenmale benannt wurden, ist Schuld daran, dass man häufig bei einem Insekte mehrere Namen" angeben muss. Wir werden diese Nomeuclatur. 251 Synonyme im speciellen Theile auf das thunlicbst geringe Mass zurück- zufübren suchen. Ist es daher auf das dringendste geboten, auch in praktisch-eutomo- logischea Werken den von der Wissenschaft festgestellten Speciesnamen anzuerkennen, so liegt andererseits die Frage, welchen Gattungs- namen man hier zu wählen habe, durchaus nicht ebenso klar, schon darum, weil dieser, wie oben gezeigt, auch in den rein wissenschaft- lichen Büchern nicht unveränderlich ist. Ratzeburg hat in der 6. Autlage dieses Buches meist den Familien- als Gattungsnamen gebraucht. Während z. B. allgemein bereits damals die kleine Kiefern- blattwespe Lophyrus Pini L. genannt wurde, nennt er dieses zu der Familie der Blatt wespen, Tenthredinidae, gehörige Thier noch Tenthredo Pini L. Dieses Verfahren trägt doch den Anforderungen der Wissenschaft etwas zu wenie: Rechnung; und erschwert auch die Orien- tirung für Denjenigen, welcher sich über diese oder jene Gattung in entomologischen Büchern genauere Auskunft holen will, als die Waldverderber geben können. Will man andererseits alle diejenigen Gattungsnamen aufnehmen, die in den neuesten Insektenkatalogen von den beschreibenden Entomologen aufgestellt wurden, so läuft man Gefahr, den Praktiker überhaupt der Segnungen der binären lateinischen Nomenclatur zu berauben. Diese bestehen ja darin, dass der Gattungs- name sofort die Vorstellung einer grösseren Gruppe mit gemeinsamen Merkmalen weckt, zu welcher das oder die durch beigefügte Art- namen unterschiedenen Thiere gehören. Die Namen Felis Leo, Felis Tigris, Felis Lynx besagen, dass Löwe, Tiger und Luchs gemeinsam dem Katzengeschlechte, der Gattung Felis, zugehören. Schafft man dagegen, wie dies neuerdings geschehen, für jede dieser Formen eine Untergattung, und nennt den Löwen Leo barbarus, den Tiger Tigris regalis, den Luchs Lynx vulgaris, so wird — abgesehen davon, dass dieser Vorgang den oben angeführten Regeln gemäss unserer Ansicht nach ganz unstatthaft ist — zwar der Specialist hierdurch seiner Anschauun": Ausdruck »-eben können, dass Löwe, Tiger, Luchs zu gesonderten Gruppen der Katzenfamilie gehören, dagegen ist der zu- nächst wichtige Eindruck, dass wir es mit Katzenarten zu thuu haben, völlig verwischt. Um nun in Betreff der Nomenclatur die directen Bedürfnisse des praktischen Forstmannes und die Ansprüche der Wissenschaft mit ein- ander zu vereinigen, soll in dem speciellen Theile folgender Weg ein- o^eschlagen werden : 1. Es wird auf das strengste jede Art mit dem wissenschaftlich richtigen Artnamen bezeichnet werden. 2. Es werden die Gattungsnamen so gewählt, dass nicht etwa jede neueste, a\if kleinen Unterschieden beruhende Untergattung ange- nommen wird, sondern nur solche Hauptgattungen, welche sich mit den 252 Kap. YII. Systematische und praktische Entomologie. dem praktischen Forstmanne zu Gebote stehenden, einfachen Unter- suchungsmitteln bestimmen lassen. 3. Damit aber sowohl ein Vorwärtsforschen in rein entomologischen neueren Werken, als auch ein Zurückgehen auf Ratzeburg erleichtert werde, wird bei allen wichtigeren, genauer besprochenen Formen, hinter dem in diesem Buche nach den eben gekennzeichneten Grundsätzen gewählten Namen zugefügt werden: a) der Name, unter welchem sie in dem neuesten wissenschaftlichen Katalog der betreffenden Gruppe aufgeführt ist, so z. B. bei den Käfern in dem „Catalogiis Coleopterorum Europae et Caucasi" von L. V. Heyden, R. Reitter u. J. Weise, Berlin 1883; })) der Name, den sie in Ratzeburg's grossem Werke „Die Forst- insekten" [V.], oder in den seiner „ Waldverderbniss" [XV.] bei- gegebenen Nachträgen trägt. Folgendes Beispiel möge dies erläutern: Der eine grössere Fichtenbastkäfer wird bezeichnet werden als: Hylesinus glabratus Zett. Cat. Col. Eur. 1883: Hjlastes glabratus Zett. Ratzeb. Forstinsekt.: Hylesinus decumanus Er. Wir verwahren uns übrigens ausdrücklich gegen die Annahme, als glaubten wir etwa auf diese Weise eine vollständige Synonymie zu geben. Es soll vielmehr lediglich dem Fortgeschrittenen, wie dem auf älteren Standpunkte Stehengebliebenen die Anknüpfung erleichtert werden. Für Art, Gattung und Familie haben sich auch deutsche Namen eingebürgert, die man leider nicht ganz fallen lassen kann. Sind auch manche deutsche Namen etwas bezeichnender als die lateinischen, so leiden sie doch oft an dem grossen Fehler, nur Provincialismen zu sein. Wo die Fichte vorherrscht, pflegt man z. B. Hylobius Abietis L. den Fichtenrüsselkäfer, in Kiefergegenden Kiefernrüsselkäfer zu nennen. Gegen solche Uebelstände vermag aber kein Autor anzukämpfen; deshalb müssten wir es eigentlich für einen Fortschritt halten, wenn auch in der Praxis nur die lateinischen Namen angewendet würden. Schwer ist das nicht, selbst die gewöhnlichsten Waldarbeiter merken sich solche Namen leicht. Trotzdem haben wir indessen die RATZEBURo'schen und andere deutsche Namen festgehalten, weil sie sich unter den Forstwirthen sehr eingebürgert haben. Die eben dargelegte lateinische Bezeichnvmg der Einzelart wird als die LiNNE'sche binäre Nomenclatur bezeichnet. Älitunter hat man versucht, die- selbe durch eine dreifache, ternäre zu ersetzen, indem man noch den Namen einer grösseren Gruppe, also z. B..den der Familie, vorsetzte. Dies ist besonders Nomenclatur. Bestimnumg der Forstschädlinge. 253 in den älteren Schriften Katzebdkg's für die Schmetterlinge geschehen. So nennt er den Kiefernspinner Phalanea Bombyx Pini, nin anzudeuten, dass derselbe zu den Nachtschmetterlingen, seinen Phalaenen, gehört. Dieser Gebrauch ist in der wissenschaftlichen Literatur, als zu complicirt, völlig verlassen worden und sollte auch in den forstlichen Bücliern, in denen er ausnahmsweise noch spukt, ver- schwinden. Als ein unwisseuschaftliclier, aber für die Praxis nicht gerade zu verwerfender (Tebrauch ist ferner die Weglassung des Gattungsnamens zu erwähnen. So bezeichnet man häutig den Tomicus typographus kurzweg als „typographus", den Pissodes notatus als „notatus", u. s. f. Bei den allergewöhnlichsten Formen mag das zum Gebrauche für den Unterbeamten und Waldarbeiter angehen, als richtig kann man es nicht ansehen. Das Bestimiuen der ForstscliiUllinge und die Anlegung von forstentomologischen Sammlungen. Die Bestimmniig des Urhebers eines forstlicheu Insektenschadens. Im speciellen Theile dieses Buches werden alle bisber als sebr und merklieb forstschädlicb erkannten Insekten, sowie aucb der grössere Theil der unmerklich scbädlicben so genau beschrieben, dass es dem Forstmanne möglich wird, sicher zu entscheiden, ob ein von ihm ge- fangenes Insekt, in welchem er diesen oder jenen Forstschädling ver- muthet, dieser wirklich auch ist oder nicht. Hat er also z. B. einen Rüsselkäfer gefangen, den er für den Harzrüsselkäfer, Pissodes hercyniae, hält, so kann er, falls diese Vermuthung richtig, sich Gewissheit ver- schaffen; wenn dies nicht der Fall ist, er aber doch nicht allzu falsch rieth, auch wohl ausfindig machen, welchen verwandten Schädling er fälschlich für den Harzrüsselkäfer ansah. Dagegen reichen die Angaben des speciellen Theiles durchaus nicht aus, etwa jedes im Walde gefangene Insekt nun auch wirklich zu bestimmen. Ueberhaupt ist die sichere Bestimmung eines beliebigen einheimischen Insektes durchaus keine so leichte Auferabe, als der Laie es sich gewöhnlich denkt. Für den praktischen Forstmann handelt es sich aber auch durchaus nicht um eine solche directe Bestimmung, sondern vielmehr darum, eine entdeckte Beschädigung an Holz- pflanzen auf ihren Urheber zurückzuführen. Die Art der Beschädigung wird es also sein, von welcher er zu- nächst auszugehen hat, und zur Erkennung des Schädlings nach den Kennzeichen des Frasses leitet der dritte, aus Hilfstabellen bestehende Theil dieses Buches an. Mit der Durchsicht dieser Tabellen ist also in jedem zweifel- haften Falle zu beginnen, und sehr häufig werden die daselbst auf- geführten Kennzeichen bereits vollständig genügen, um den Urheber des Schadens sogar dann sicher anzusprechen, wenn er bereits die 254 Kap. VII. Systematisclie und praktische Eiitomologie. Stätte der Beschädigung verlassen hat und dem Forstmanne nicht mehr in die Hände fiel. Ist letzteres aber der Fall, hat der Forstmann den Schädling in Händen, so werden die in den Tabellen gegebenen Verweisungen auf den speciellen Theil es meist möglich machen, völlige Gewissheit über Namen und Lebensgeschiclite zu erlangen. Trotzdem könnte es aber doch einmal vorkommen, dass alle in diesem Buche nieder- gelegten Angaben nicht genügten, um einen Frass oder ein schädigendes Insekt sicher zu erkennen. Es kann dies aber nur in dem Falle ein- treten, wenn ein bisher völlig unbeachtet gebliebener und als völlig gleichgiltig angesehener Bewohner eines unserer Waldbäume sich aus- nahmsAveise einmal so vermehrt, dass er in diesem einen Falle als merklich schädlich angesprochen werden müsste. Alsdann ist natürlich eine Bestimmung nach Frasskennzeichen nicht ausführbar, und es ist nur dann auf eine sichere Bestimmung des Urhebers zu rechnen, wenn der Beobachter das gefangene Thier, resp. dessen Jugendstadien, an einen Fachmann einsendet. Sind nur Jugendzustände gefangen worden, so wird häufig auch der Fachmann nur dann sichere Auskunft geben können, wenn er dieselben lebend erhält und im Stande ist, die Imago zu erziehen, denn ausser bei den Schmetterlingen, sind die Jugendzustände unserer Insekten durchaus nicht vollständig be- kannt, und es dürfte nur wenige Forscher geben, die z. B. die Larve eines *Bockkäfers sicher der Art nach bestimmen können. Die Alllage a^ou forstlichen Iiisekteiisaiiiiiiliiiigeii. Nach unseren Erfahrungen wird nur Derjenige die Forstinsekten mit Sicherheit kennen lernen, welcher sich einen entomologischen Blick dadurch erwirbt, dass er sich mit irgend einer Insektengruppe speciell beschäftigt. Es ist daher dem angehenden Forstmanne nicht genug zu empfehlen, sich eine kleine Insektensammlung anzulegen, und zwar sind, wenn es nur auf den eben angedeuteten Zweck der Schärfung des entomologischen Blickes ankommt, die Käfer als Sammelobjecte am meisten zu empfehlen. Wir geben daher hier einige kurze Andeutungen über das Insekten- samraeln, müssen aber ausdrücklich bemerken, dass dieselben durchaus nicht für Entomologen bestimmt sind, sondern für Leute, welche das Sammeln als unentbehrliches Mittel zu praktischen Zwecken betrachten, und können daher Anweisung zu schwierigeren Methoden der Aufbewahrung, z. B. eine Anleitung zum Spannen der Schmetterlinge, zum Anstecken besonders kleiner Insekten auf Silberdraht oder sogenannte „Minutien- nadeln" u. s. f. hier nicht geben. Wer eingehender sammeln will, wird sich am besten mit einem erfahrenen Sammler in Verbindung setzen, oder einer guten, ausführlichen, gedruckten Anleitung folgen müssen. Als solche möchten wir beispielsweise die im ^.Natiiraliensammler", Leipzig, Verlag von Otto Spamer, enthaltene, von dem verstorbenen v. Kiesenwkttku ver- fasste Anweisung zum Insekteusanimeln bezeichnen. Bcstimiuuiif;' ilrr Forstschädlinge. Fonstliche lusckteusamnilmi^cii. 255 Auch in der „Praktischen Insekteukuiule" von Taschenükug [XXII { sind sehr gute Anleitungen enthalten. Töfltiing der Insekten. Die Käfer lassen sich am leichtesten sammeln 5 man wirft sie in ein mit starkem Brennspiritus gefülltes Fläschchen. Will man jedoch behaarte Käfer, z. B. Cicindela, Melolontha u. s. f., gut präpariren, so muss man sie freilicli, ebenso wie alle In- sekten mit weichen Flügeln, welche im Spiritus leiden, auf trockenem Wege tödten. Am schnellsten kommt man mit dem seiner Gefähr- lichkeit wegen allerdings vorsichtig zu behandelnden Cyankalium zum Ziele. In ein mit Papierschnitzeln gefülltes Fläschchen gibt man ein in Papier gewickeltes Stück, etwa von der Grösse eines Schrotes Nr. 4; dies reicht für viele Tage hin. Manche Farben leiden allerdings durch das Cyankalium, so das Gelb vieler Hautflügler. Will man einen noch sichereren Verschluss des Cyankaliums haben, so legt man das Stückchen auf den Boden eines weithalsigen Fläsch- chens, bedeckt es mit trockenem Gipspulver und giesst dann schnell eine Lage mit Wasser angemachten Gipses darauf. Dieser erhärtet bald, desgleichen zieht auch der darunter liegende trockene Gips Feuchtigkeit von oben an, und es bildet nun das Ganze eine feste Masse, die vor jeder unerwünschten Berührung mit dem Cyankalium schützt, während die Dämpfe desselben durch die poröse Gipsschicht durchdringen und alle in die Flasche gebrachte Insekten tödten. Damit diese nicht zu sehr durcheinandergerüttelt werden, bringt man einige zusammengeknäuelte lange Löschpapicrschnitzel in das Glas. Weniger sicher tödten, aber auch weniger gefährlich sind Schwefel- äther oder Chloroform. Man schüttet 10 bis 20 Tropfen auf die Lösch- papierschnitzel und sie behalten in gut verkorktem Fläschchen während mehrerer Stunden ihre tödtende, wenigstens betäubende Wirkung. Gut ist es, vor dem Herausnehmen der Insekten noch einmal frische Tropfen in das Fläschchen zu geben, um das Wiedererwachen der angesteckten Thiere zu verhindern. Um den Kork des Fläschchens nicht zu oft öffnen zu müssen, bringt man durch denselben eine Federspule mit Holzstöpsel und steckt kleinere Insekten durch diese in die Flasche. Lebendig in Flaschen mit Löschpapierstreifen nach Hause gebrachte Käfer tödtet man am besten durch Versenken der Flasche in kochendes Wasser. In kleinen Reagenzgläschen untergebrachte kann man leicht und schnell durch kurzes, vorsichtiges Erhitzen über der Lampe oder dem Lichte tödten. Für grössere Schmetterlinge empfiehlt sich das Anspiessen der lebenden Thiere und sofortiges, vorsichtiges, seitliches Drücken des Thorax. Hierauf werden sie am besten unter einer kleinen Glasglocke mit Aether betäubt und getödtet. Letzteres kann auch erst auf dem Spannbrett geschehen. Kleinschmetterlinge, z. B. Wickler, gibt man lebendig in kleine, flache Pappschächtelchen, deren Deckel mit Hilfe einer starken Nadel durchlöchert ist; einige auf letzteren gegossene Tropfen Aether genügen, um das Thier zu betäuben oder zu tödten, worauf man es leicht an die Nadel bringen kann, ohne es zu beschädigen. 256 Kap. VII, Systematische und praktische Entomologie. Die Zubereitung für die Sammlung. Die getödteten Insekten werden auf Nadeln gespiesst. Gewöhnliche Stecknadeln sind zu diesem Zwecke nicht zu empfehlen, vielmehr erwerbe man besondere Insekten- nadeln von circa 4 cm Länge, in zwei bis drei verschiedenen, den verschiedenen Insektengrössen angepassten Stärken. Beim Anspiessen wird das Insekt ohngefähr zu zwei Drittel bis drei Viertel der Nadel- höhe emporgeschoben. Soll eine Sammlung sauber aussehen, so hat man dai'auf zu achten, dass sämmtliche Insekten in gleicher Höhe angespiesst sind. Grössere Käfer und meistenstheils auch Wanzen werden von obenher durch die rechte Flügeldecke aufgesteckt. Bei allen anderen grösseren Insekten, z. B. Schmetterlingen, Hautflüglern, Fliegen u. s. f., wird die Nadel durch den Thorax gestochen. Kleine Insekten klebt man mit Gummi auf 6 bis 8 mm lange, an der Basis 3 mm breite, dreieckige Schnitzel von starkem Papier; auf die Spitze des Drei- eckes kommt das Insekt, an der Basis wird die Nadel durchgestochen (Fig. 106). Gut ist es, einige Exemplare verkehrt, d. h. mit dem Rücken aufzukleben, damit man auch die Unterseite vollständig betrachten kann. Sehr empfehlenswerth ist es, auf kleinen, unterhalb des Insektes angespiessten Etiquetten Fangzeit, Fundort und sonstige Bemerkungen zuzufügen. Auch verschieden- farbige Papierblättchen, die am besten mit einem kleinen Locheisen ausgeschlagen werden, können dazu dienen, Insekten von verschiedenen, vom Sammler häufiger be- suchten Gegenden auseinanderzuhalten (vergl. Fig. 106). Fig. 106. Auf ein Aufbewahrung und Erhaltung der ge- Papierdreieck sammelten Insekten. Zur Aufbewahrung gehören aufgeklebter Kä- ^jßljj. gchliessende Holzkasten, etwa 40 c?ra lang, zeichnuno- ^^ ^"^ breit und 6 cm hoch, mit Glasdeckel. Am besten ist es, den Boden mit einer dünnen Korklage zu über- ziehen, oder ihn aus sehr weichem Linden-, Weiden- oder Pappelholz herstellen zu lassen, um die langen Nadeln, am sichersten immer mit einer kleinen Drahtzange, leicht und fest einstecken zu können. Der beste Verschluss ist der mit doppeltem, gut gearbeitetem Falze. Es genügt aber nicht, sich eine Sammlung anzulegen, dieselbe muss vielmehr auch bewahrt werden. Die ärgsten Feinde derselben sind Staub, Licht, Feuchtigkeit und Raubinsekten. Der Staub wird durch gut gearbeitete Kästen abgehalten, das Licht, welches die Farben ausbleicht, durch Einschliessen der Sammelkästen in dunkle Schränke oder Bedecken ihrer Glasscheibe mit einem Vorhange oder Pappdeckel. Gegen die Feuchtigkeit wahrt man sich durch pas- sende Wahl des Aufstellungsortes, wobei besonders feuchte Zimmer zu vermeiden sind. Auch das Aufstellen der Sammelkästen au Aussen- mauern, besonders an der Wetterseite gelegenen, ist sehr schädlich. Die Feuchtigkeit schadet den Insekten übrigens nicht allein direct, sondern besonders durch Begünstigung der Schimmelvegetation. Schimmel ist Anlegunp forstlicher Insektenscammlnrifxen. 257 die sichere Folge einer feuchten Anfbewahrung und zerstört eine Sammlung unfehlbar. Bei rechtzeitiger Wahrnehmung der Gefahr kann Trocknen der Insekten und nachträgliches Abpinseln mit Spiritus oder Benzin bei nicht behaarten oder beschuppten Thieren wohl noch einmal helfen. Die schlimmsten thierischen Feinde der Sammlung sind Milben, Holzläuse, Larven der Käfergattungen Anthrenus und Der- mestes, sowie Motten. Dieselben können in einen Kasten nur dann eindringen, wenn derselbe nicht gut schliesst oder öfters offen gelassen wird. Beides ist sorgfältig zu vermeiden. Sind auf diese Weise oder durch inficirte, aus einer fremden Sammlung übernommene Exemplare solche Schädlinge eingeschleppt worden, was man an ihren auf dem Boden des Kastens sich anhäufenden Kothresten, dem sogenannten Wurmmehl, bemerkt, so sind dieselben zu tödten. Sicher wirkt eine längere, massige Dörrung der Insekten, oder aber bei unbehaarten Thieren ein Einwerfen derselben in Spiritus, oder das Eingiessen einer kräftigen Portion gut gereinigten Benzins, welches man allmälig in dem wohlverschlossenen Kasten verdunsten lässt. Häufig schützt man auch die Sammlungen durch Einbringen einer stark riechenden oder giftigen Substanz in die Kästen. In früheren Zeiten bediente man sich hierzu des metallischen Quecksilbers, welches man frei auf dem Boden des Kastens umherlaufen Hess. Seiner Ge- fährlichkeit wegen ist dies Mittel durchaus zu verwerfen, und man verwendet jetzt meist krystallisirtes Naphthalin, welches in jeder Droguenhandlung oder Apotheke billig zu haben ist. Dieses wird am l)esten in einer kleinen, durchlöch.erten, auf dem Boden des Kastens festgeleimten oder festgesteckten Schachtel angebracht. Das Beste ist und lileibt fleissige Benutzung und Revision der Sammlung. Endlich sei noch erwähnt, dass es ganz fehlei'haft ist, Sammlungen in Glaskästen an der Wand aufzuhängen, wie es so oft geschieht, weil das Licht allmälig die Farben, namentlich die vieler Schmetterlinge, zerstört. Zucht der Insekten. In sehr vielen Fällen wird aber gerade für den praktischen Forstmann das Sammeln allein nicht genügen. Eine grössere Anzahl der für ihn wichtigen Thiere sind auf diese Weise nicht leicht zu erbeuten, z. B. viele Borkenkäfer, Buprestiden u. s, f. Desgleichen sind die einfach draussen im Walde gefangeneu Schmetterlinge häufig bereits so stark abgeflattert, dass sie für eine Sammlung nicht taugen. Dagegen sind viele dieser Thiere leicht zu erzielien. Am leichtesten geht dies bei allen das Holz und die Rinde be- wohnenden Käfern, Schmetterlingen, Holzwespen u. s. f. Trägt man Stammstücke oder Aeste, welche von «leren Larven besetzt sind, ein und verschliesst sie in passende Behälter, so werden sich dieselben, besonders wenn man dafür sorgt, dass sie im Zimmer nicht zu sehr austrocknen, normal weiter entwickeln und zu Imagines verwandeln. Sogar einzelne grössere, aus ihren Frassgängcn herausgenommene Larven, z. B. solche von Bockkäfern und die Raupen des Weiden- Lebrbucb d. mitteleurop. ForntinsekteDkande. J7 *2Ö8 Kaj). VII. Systematische und praktische Entomologie. bobrers, können in Gläsern mit Sägespänen erzogen werden. Insekten, welcbe in den von ihnen bewohnten Pflanzentheilen als Larven oder Puppen überwintern, werden am besten den Winter über im Freien gelassen, und den gewöhnlichen winterlichen Witterungsverhältnissen ausgesetzt. Dies gilt z. B. besonders bei in den Gallen überwintern- dem Gallwespen. Erst im Frühjahr bei Eintritt der wärmeren Witterung zwingert man sie dann richtig ein. Raupen müssen öfters frisches Futter haben, dies ist namentlich mühsam bei den Laubfressern, denen man täglich frisches Laub geben muss, wenn man dasselbe nicht etwa in einer Wasserflasche, in welche die fressenden Raupen nicht fallen können, im Zwinger aufstellen kann. Am schwierigsten ist es, räuberische Larven, welche frische Insekten und feuchte Erde brauchen, wie Caraben und Staphylinen, durchzubringen. Ueberhaupt sind die in der Erde lebenden Insekten, wenn auch Pflanzenfresser, wie z. B. Enger- linge, schwer zu erziehen. Die Erziehung der Schmarotzer, welche noch so manche neue Entdeckung versprechen, gelingt nebenher, wenn man ihre Wohnthiere oder Wirthe — jede Art in einem getrennten Behälter — ordentlich verpflegt. Da die Schmarotzer, nament- lich die Ichneumonen, oft sehr klein sind, so darf man das Glas oder den Kasten, in welchem sie auskommen, nicht eher öffnen, bis sie alle todt sind, damit bei unvorsichtigem Oeffnen die besten Stücke nicht unbemerkt entschlüpfen. So erhält man meist mehr Exemplare, als man gleich aufspiessen oder aufkleben kann. Will man diese ver- wahren, so bringt man sie zwischen Schichten von Watte. In einer Schachtel kann map sie dann auch leicht verschicken. Vor allen Dingen muss der Name des Wirthes, aus welchen man die Schmarotzer erzogen hat, vermerkt werden, womöglich auch die Zeit des Aus- kommens, das Benehmen dieser Schmarotzer im Zwinger, und hinsicht- lich der Wirthe: woher sie kamen, wann sie eingezwingert wurden, wie und wann sie starben u. s. f. Als Zuchtzwiuger verwendet man am besten Holzkästen, die behufs Zulassung von Licht und Luft an den Seiten mit Glas und Gaze oder feinem Messingdrahtgeflecht verschlossen sind. Verpuppen sich die in ihnen gehaltenen Insekten im Freien in der Bodendecke, so hat mau auf den Grund des Zwingers eine Erdschicht zu bringen. Auch grössere Einmachegläser, welche oben einen umgebogenen Rand haben, über welchem sich ein Gaze- oder durchlöcherter Papierverschluss leicht festbinden lässt, thun gute Dienste. Sprengt man von einem solchen Glase den Boden ab, und setzt dasselbe auf einen mit Erde oder Sand gefüllten, von Zeit zu Zeit von unten begossenen Blumen- topf, so erhält man gute Zwinger für im Boden überwinternde Puppen. Sammlung von Jugendzustän den. Aber nicht allein Insekten- imagiues hat der Forstmann zu sammeln. Es ist für ihn sehr wichtig, auch die Eier, Larven und Puppen der Forstschädlinge genau zu kennen und zur Vergleichung in späteren Fällen aufzuheben, besonders dann, wenn er gleichzeitig durch Zucht unzweifelhaft feststellt, welche Imagines zu diesen Jugendzuständen gehören. InsoktciiKucht. Öamnilnug von .Tngeudstadicii und Frassstiickon. 259 Eiuige dieser Objectc, z. B. die Eier und Puppen vieler Schmetterlinge lassen sich ohneweiters trocken aufbewahren. Grössere Insektenlarven, besonders Schmetterlingsraupen, können, nach vorher- gehendem vorsichtigen Ausdrücken ihrer weichen Innentheile durch den After, über einem Kohlenfeuer oder einer mit einem Drahtnetz bedeckten Spirituslampe, mittelst eines Strohhalmes oder einem Glas- röhrchen aufgeblasen und getrocknet werden. Es erfordert diese Arbeit aber viel Uebung und Geschicklichkeit. Beiweitem die meisten Jugend- zustände müssen aber in gut verschlossenen Gläschen in Spiritus auf- bewahrt werden. Guter Brennspiritus mit ohngefähr ^/.j Wasser verdünnt, leistet hier gute Dienste. Die zur Zeit wohl unübcrtroftenen Meister im Raupenausblasen und in der Herstellung biologischer Insektensaiuuilungen überhaupt sind Dr. Max GEißnNGER, Adjunct au der zoologiscli-zootomisclien Sammlung in München und Oberförster F. A. Wachtl, Entomolog au der k. k. Anstalt für forstliches Vt rsuchswesen zu Wien. Letzterer hat in den „Mittheilungen aus dem forstlichenVersuchswesen Oesterreichs" herausgegeben von A. v. Seckendorff, I. Bd , 8. Heft, 1878, S. 279 bis 282, in einem besonderen Aufsatze eine sehr genaue Anweisung zum Ausblasen der Raupen gegeben. Auch eine kleine Sammlung von Frassstücken ist von hoher Wichtigkeit für den Forstmann sowohl zu eigener Belehrung als zum Unterrichte seiner Zöglinge. Alle Frassgänge in Holz oder Rinde sind ohne Schwierigkeit wenigstens eine Zeit lang aufzubewahren. Man hat hierbei nur darauf zu sehen, dass die Frassstücke handlich zu- geschnitten, grössere dünne Rindenstücke zwischen Brettern flach ge- presst werden, imd dass man neben den, natürlich besonders werthvollen, völlig normal ausgebildeten Frassstücken auch undeutliclier ausgeprägte, sicher bestimmte mitnimmt, da draussen im Walde die letzteren meist die überwiegende Mehrzahl bilden und daher dem angehenden Forst- manne gleichfalls vorgeführt werden müssen. Sind die Gänge tief im Holze verborgen, so werden geschickt gelegte Quer- und Längsschnitte, sowie glücklich gesprungene Spaltstücke häufig sehr lehrreich sein, so z. B. bei Frassstücken der Nutzholzborkenkäfer. Befresscne Blätter wei'den in derselben Weise für die Sammlung zwischen Fliesspapier getrocknet und dann auf weisse Papierbogen aufgeklebt, wie für das Herbarium zuzubereitende Pflanzen. In jedem Falle ist genaue Etiquettirung des Frassstückes nach Art, Zeit, Fundort und Pflanze unumgänglich nothwendig Erfahrungs- gemäss unterliegen aber alle gesammelten Frassstücke mit der Zeit den Angriffen von Insekten. Namentlich berindete Nadelholzstiicke werden durch die Larven von Anobium molle L. gründlichst zerstört und Laubhölzer, obgleich weniger gefährdet, sind den Angriffen von Bockkäfern, z. B. von Hylotrypes bajulus L., Gallidium violaceum L., und C. variabile L., ausgesetzt. Bemerkt man diese Schädigungen zeitig, so sind die Stücke noch durch starkes, die Schädlinge tödtendes Dörren zu retten. Viel besser aber ist es, dieselben gleich von vornherein zu schützen. Dies kann bei werthvollen, nicht zu grossen Exemplaren dadurch geschehen, dass 17* 260 Kap. VII. Systematische und praktische Entomologie. man die durch Erhitzung von allen etwa bereits in ihnen vorhandenen Schädlingen befreiten Holzstücke vom Buchbinder in feste Pappkästen einkleben lässt, welche an den Seiten, an welchen das Frassstück dem Blicke zugänglich sein muss, mit Glasscheiben versehen sind. Einfacher ist es, wenn man die Stücke gi'ündlich mit einer nicht zu starken Lösung von arseniksaurem Natron, Na^ Äs Og, bepinselt; kleinere Stücke kann man eine Zeit lang in einer solchen Lösung liegen lassen. Die Lösung ist so zu verdünnen, dass ein auf eine schwarze Unterlage gebrachter Tropfen beim Trocknen keinen nennenswerthen weissen Fleck hinterlässt. Zu beachten ist besonders, dass arseniksaures Natron ein starkes Gift und zugleich eine Lauge ist, welche die Hände des unvorsichtig mit ihm umgehenden Sammlers angreift. Sehr rauhborkige Stücke streicht man vorher am besten mit Spiritus an, dann zieht das Conservirungsmittel leichter in alle Ritze ein. Samm elgeräthschaften und Lupen. Wer das Sammeln ein- gehender betreiben will, hat sich noch mit Fanggeräthen, als da sind: Schmetterlingsnetzen, Käferketschern, Raupen seh achteln, Schachteln mit weichem Boden zum Aufstecken gefangener Schmetterlinge, Fliegen, Libellen u. s. f. zu versehen. Hierauf können wir an dieser Stelle nicht näher eingehen. Unentbehrlich für jeden Forstmann, welcher sich nur einiger- massen mit Entomologie beschäftigen will, sind dagegen eine feine Pincette und eine Lupe. Letztere wird ihm auch bei botanischen Untersuchungen gute Dienste leisten. In schwarze Hornschalen ein- geschlossene Einschlaglupen mit zwei verschieden starken Gläsern, welche entweder jedes einzeln, oder wenn man stärkere Vergrösserung wünscht, zusammen gebraucht werden, sind am meisten zu empfehlen. Das eine Glas sollte sechs-, das andere circa zehnmal im Durchmesser vergrössern. Zusammengenommen vergrössern sie dann ohngefähr fünf- zehnmal. Wirklich tadellose, achromatische und aplanatische Lupen dieser Art sind nicht billig und kosten zwischen 12 und 20 Mark. LTnübertroffen sind die von der Firma F. W. Schieck in Berlin ge- lieferten Taschenlupen. Aber auch billigere, bei jedem Opticus zu erhaltende, nicht völlig achromatische und aplanatische Handlupen, die von 5 Mark an zu haben sind, können ausreichen. Bei dem Gebrauche der Lupe gewöhne sich der Anfänger folgendermassen zu verfahren: er nimmt das zu untersuchende Insekt zwischen die drei ersten Finger der linken Hand, hält die Lupe mit der rechten dicht vor das Auge und sucht nun, die rechte mittelst des Kleinfingers gegen die linke stützend, die richtige Entfernung, die Brennweite. Er stelle sich so, dass das Licht auf das Object fällt. Die Lupe weit vom Auge zu halten und so durchzusehen, ist ganz unpraktisch. Um das Gesehene richtig deuten zu können, wird man Beschreibungen eines guten Buches hinzuziehen, hier und da auch wohl eine Abbildung vergleichen müssen. Zur wirklich entomologischen Bestimmung kleinerer Käfer, z. B. der Borkenkäfer, bei denen es vielfach auf die Anzahl der Optische Instrumente. Allgemeino Literatur. 261 Fülilerglieder und feiue Sculpturvcrbältnissc der Flü<^eldeckeii ankommt, genügt eine gewöhnliche Handlupe mit fünfzehnmaliger Vergrösseruug nicht. Hier wird eine schärfere Lupe oder ein Mikroskop nöthig. Cylinderlupen von circa dreissigfacher Vergrösserung sind wohl die billigsten hierzu tauglichen Instrumente. Auch kann man schwächere Objectivsysteme eines guten Mikroskopes als Handlupen verwenden, z, B. Nr. 4 oder höchstens Nr, 5 von Hartnack in Potsdam. Es gehört aber zur Benutzung dieser stärkeren optischen Hilfsmittel eine ziemliche Uebung, da ihre Brennweite eine sehr geringe ist, das Glas also dem zu untersuchenden Objecte sehr stark genähert werden muss. Man klebt daher Thiere, die so untersucht werden sollen, am besten vorher auf ein Papierdreieck (vergl. S. 256) und steckt dann die Nadel auf ein Stäbchen Hollundermark als Handgriff. Noch scliwieriger ist die Verwendnus; des zusammengesetzten Mikroskopes, da sog:ar ziemlich kleine Insekten zuerst in ])assender Weise jiräparirt werden nn'issen, damit sie bei durchfallendem Lichte betrachtet werden können, und zur Untersuchung eines mir irgendwie grösseren Insektes die Tlieile desselben auseinandergelegt luid einzeln zu mikroskopischen Präparaten verarbeitet werden nn'issen. Anweisung zu solchen Präparationen zu geben, geht über den l'lan dieses Buches hinaus. Wir möchten nur kurz darauf aufmerksam machen, dass ein Forstmann, der ein Mikroskop anschaffen will, sich wohl hüten möge, eines der in den Schaufenstern der gewöhnlichen Optiker ausgestellten, oft für den Laien recht verlockend avissehenden Mikroskope zu kaufen. Es sind dies meist schlechte, nach völlig veralteten Systemen gebaute Ungeheuer, mit deren Ankauf er sein Geld ebenso sicher wegwirft, wie wenn er eines der für Spottgeld in den Zeitungen angepriesenen „Mikroskope mit "iOnOfacher Vergrösserung"' er- steht; (>1J bis 120 Mark ist das Mindeste, was man an ein brauchbares Mikroskop wenden muss. Bezieht man von einer soliden Firma, z. B. E. Hartnack, Potsdam, Waisenstrasse 39. — C. Reichert, Wien, VIII. Laudongasse 4(». — F. W. Schifxk Berlin SW., Halle'sche Strasse 14 — Seibkrt & Kkafft, Wetzlar — R. Winckel, Göttingen. — C. Zeiss, Jena, ein einfaches Stativ mit Hufeisenfuss und fest- stehendem Objecttisch, einem mittleren Oculare, z. B. Haktxack Nr. S und zwei Objectiven, z. B. Hartnack Nr. 4 und Nr. 7 und verbittet sich gleichzeitig die Beigabe von Objectträgern, Deckgläschen, Pincetten, Nadeln, Messern u. s. f., welche man billiger in besonderen Handlungen — Glaswaaren z. B. bei W. P. Stender in Leipzig u. A., Stahlin.str-umente z. B. bei C. Franck oder O. Moecke in Lei])zig — ersteht, so ist man sicher, ein durchaus brauchbares und längere Zeit Werth behaltendes Instrument zu erhalten, welches allen Ansprüchen eines Forst- mannes genügen kann. AUgememe Literatur. Für diejenigen Forstleute, welche tiefer in die Entomologie ein- dringen wollen, als dieses Buch es gestattet, seien zunächst einige all- gemeinere literarische Hilfsmittel aufgefiilirt. Burmeister, H. Handbuch der Entomologie. I Bd. Allgemeine Entomo- logie, gr. 8. Mit 16 Steindrucktafeln. 4. 1832. Berlin bei Keimer. Eine noch heute .selir brauchbare Schrift, welche ihrer Zeit bahnbrechend war. Carus, J. V. und Gerstäcker, C E. A. Handbuch der Zoologie. 8. I. Bd. 1868 — 1875. II. Bd, 180.3. Leipzig, Wilhelm Engelmann. Der zweite Band enthält eine ausgezeichnete Parstellung der Artliro]>oden aus Gerstäcker's Feder. 262 Kap. VII. Systematische und praktische Entomologie. Leunis, J. Synopsis der drei Naturreiche. 8. Erster Theil. Zoologie. 2. Aufl. von Ludwig, H., I. Bd. 1883, II. Bd., 1. Abtbeilung 1884. Hannover, Hahn'sche Buchhandlung. Die erste Abtheilung des zweiten Bandes enthält den Haiipttheil der Ento- mologie. Dieses Buch gestattet auch ein Bestimmen der gewöhnlicheren Insekten arten. Claus, C. Grundzüge der Zoologie. 8. 4. Aufl. I. u. II. Bd. 1880—1882. Marburg, Elwert'sche Verlagsbuchhandlung. Derselbe. Lehrbuch der Zoologie. 8. 2. Aufl. mit 706 Holz- schnitten. 1883. Marburg und Leipzig. Elwert'sche Verlagsbuch- handlung. Neueste und beste Lehrbücher der wissenschaftlichen Zoologie für Studirende, ersteres für weitergehende Bedürfnisse berechnet, letzteres mit vortreiflichen Abbildungen. KiRBY, W. und Spence, W. Einleitung in die Entomologie. Heraus- gegeben von Oken. 4 Bd. mit Kupfert. gr. 8. 1823 — 33. Stuttgart und Tübingen bei Cotta. Aelteres Werk mit vielen schätzbaren biologischen Notizen. GrabeR; V. Die Insekten. 8. L Bd. 1877. IL Bd. 1877 und 1879. München, R. Oldenbourg. Interessant geschriebene, auch zur Lectürc zu empfehlende Darstellung des Baues und der Lebensweise der Insekten. Wir las.son nun eine Anzahl von Werken in wesentlich historischer Eeilie folgen, Melche entweder ausschliesslich praktisch entomologischen und forstentoraologischen Inhaltes sind oder neben Anderem allgemeinere Uebersichten über Forstinsekten bringen. Diese sind im vorhergehenden und folgenden Texte dieses Buches lediglich mit der ihnen hier gegebenen römischen Zahl, und zwar in eckigen Klammern citirt. Alle in eckige Klammern eingeschlossenen Citate mit arabischen Ziffern be- ziehen sich auf die speciellen, dem Abschnitte, zu welchem sie gehören, angefügten Literaturverzeichnisse. In dem vorliegenden ersten Theile finden sich solche specielle Literaturverzeichnisse auf S. 121 u. 181, in dem zweiten Theile werden sie allen wichtigeren Insektengruppen beigegeben werden. Beobachtungen über Forstinsekten sind am meisten in Deutschland und Oesterreich angestellt und veröffentlicht worden. Der hohe Werth der Waldungen, ein gewisser wissenschaftlicher Sinn der Forstwirthe drängten zu solchen Studien hin. Diese wurden angeregt und unterstützt durch den Stand der Naturwissenschaften, namentlich auch der Entomo- logie in den genannten Ländern. Die forstlichen Zeitschriften und Vereins- berichte enthalten massenhaftes, namentlich in biologischer Beziehung werthvolles Material. Eine Uebersicht der neuen Arbeiten dieser Rich- tung ist alljährlich im ,,Tharander forstlichen Jahrbuche" ent- Allgemeine Literatur. 263 halten, und zwar im „Kepertorium" unter den Rubriken ^^ Versuchswesen", „Zoologie", „Botanik", speciell in dem Abschnitt „Krankheiten, Beschädi- gungen, Missbildungeu" und „Schutz gegen Thiere". I. Beciistein, J. M. und Scharfknberg G. L, Vollständige Natur- geschichte der für den Wald schädlichen und nützlichen Forst- insekten, gr. 4. 3 Theile. Leipzig 1804 u. 1805. Mit ill. Kpfn. iL Bechstein, J. M. Forstinsektologie oder Naturgeschichte der für den Wald schädlichen und nützlichen Insekten. 8. Gotha 1818. Mit 4 ill. Kpftfln. III. Thiersch, E. Die Forstkäfer oder vollständige Naturgeschichte der vorzüglichsten, den Gebirgsforsten schädlichen Insekten, haupt- sächlich der Borkenkäfer, gr. 4. Stuttgart und Tübingen 1830. Mit 2 Kpftfln. IV. KoLLAR, V. Naturgeschichte der schädlichen Insekten in Beziehung auf Landwirthschaft und Forstcultur. 8. Wien 1837. V. Ratzeburg, J. T. C Die Forstinsekten, oder Abbildung und Be- schreibung der in den Wäldern Preussens und der Nachbarstaaten als schädlich oder nützlich bekannt gewordenen Forstinsekten. gr. 4. 3 Theile. Berlin 1839, 1840 uud 1844. Mit vielen ill. Kupfertafeln . VI. Derselbe. Die Ichneumonen der Forstinsekten in forstlicher und entomologischer Beziehung. 3 Theile. gr. 4. Berlin 1844, 1848 und 1852. Mit Kupfertafeln. VII. König, G. Die Waldpflege. 8. Gotha, Becker'sche Verlagsbuch- handlung. 1. Aufl. 1849, 2. Aufl. von C. Grebe. Gotha, Thiene- mann 1859. (3. Aufl. vergl. Nr. XIX). VIII. NöRDLiNGER, H. Die kleinen Feinde der Landwirthschaft. 8. Stuttgart, J. G. Cotta. 1. Aufl. 1855, 2. Aufl. 1869. Mit Holzschn. IX. Derselbe. Nachträge zu Ratzeburg's Forstinsekten. 8. Stuttgart 1856. (2. Aufl. vergl. Nr. XXIV.) X. Ratzeburg, J. T. C Die Waldverderber und ihre Feinde. 8. Berlin, Nicolai'sche Buchhandlung. Mit 8 Tfln. u. Holzschn. 1. Aufl. 1841. 6. Aufl. 1869. XI. Derselbe. Die Waldverderber und ihre Feinde. 8. Berlin, Nicolai- sche Buchhandlung. 7. Aufl. in vollständig neuer Bearbeitung herausgegeben von J. F. Judeich 1876. Mit 10 Tfln. u. Holzschn. XII. Henschel, G. Leitfaden zur Bestimmung der schädlichen Forst- insekten, mit Angabe ihrer Lebensweise, der gegen dieselben seit- her mit Erfolg angewendeten Vorbauungs- uud Vertilgungsmittel etc. 8. Wien, Braumüller. 1. Aufl. 1861. 2. Aufl. 1876. XIII. Kor.ENATi, F. A. Die für den Forstmann wichtigsten schädlichen Insekten, nach den neuesten Erfahrungen zusammengestellt. 8. In den Verhandlungen der Forstsection für Mähren und Schlesien. Heft 43. Brunn 1861. 264 Kap. VII. Systematische und praktische Entomologie. XIV, DöBNER, E. PL. Handbucli der Zoologie, mit besonderer Berück- sichtigung derjenigen Thiere, welche in Bezug auf Forst- und Landwirtschaft, sowie hinsichtlich der Jagd vorzüglich wichtig sind. 8. Aschaffenburg 1862. I. Wirbelthiere, II. wirbellose Thiere. XV. Ratzeburg, J. T. C. Die Waldverderbuiss oder dauernder Schade, welcher durch Insektenfrass, Schälen, Schlagen und Ver- beissen an lebenden Waldbäumen entsteht, gr. 4. 2 Theile. Berlin, Nicolai'sche Buchh. 1866 und 1868. Mit vielen farbigen Tafeln. XVI. Altum, B. Forstzoologie. Berlin, Jul. Springer. I. Säugethiere. 1872. IL Vögel. 1873. IIL Insekten. 1874 und Ende 1875. 2. Aufl. 1876—1882. Mit vielen Holzsclm. XVII. Kaltenbach, J. H. Die Pflanzenfeinde aus der Klasse der Insekten. Ein nach Pflanzenfamilien geordnetes Handbuch sämratlicher auf den einheimischen Pflanzen bisker beobachteten Insekten zum Gebrauch für Entomologen, Insektensammler, Botaniker, Land- und Forstwirthe und Gartenfreunde. Mit 402 charakteristischen Holzschnitt-Illustrationen der wichtigsten Pflanzenfamilien. 8. Stuttgart. Jul. Hoffmann. 1874, XVIII. Taschekberg, E.L.Forstwirthschaftliche Insektenkunde oder Natur- geschichte der den deutschen Forsten schädlichen Insekten efc. 8. Leipzig 1874. Mit Holzschu. XIX. Grebe, C. Der Waldschutz und die Waldpflege. Dritte wesentl. erweiterte Auflage von Dr. G. König's Waldpflege. 8. Gotha. Thienemann. 1875. (1. und 2. Aufl. vergl. Nr. VII.) XX. Guse, C. Au» dem Forstschutz. kl. 8. Berlin und Leipzig. H. Voigt. 1876. XXI. Hess, R. Der Forstschutz. 8. Leipzig. Teubner. 1878. XXII. Taschenberg. Praktische Insektenkunde. I bis V. 8. Bremen. M. Heinsius. 1879 bis 1880. Mit Holzsclm. XXIII. v. BiNZER, C. A. L. Schädliche und nützliche Forstiusekteu. 8. Berlin. Wiegandt, Hempel und Parey. 1880. XXIV. NöRDLiNGER, H. Lebensweise von Forstkerfen oder Nachträge zu Eatzeburg's Forstinsekten. Zweite vermehrte Auflage. 4. Stuttgart. J. G. Cotta. 1880. (vergl. Nr. IX.) XXV. a) Framk, A. B. Die Krankheiten der Pflanzen. 8. Breslau. E. Trewendt. 1880. Mit Holzschn. b) Derselbe. Die Pflanzenkrankheiten in Schenk's Handbuch der Botanik, gr. 8. L 1881, S. 327—570. XXVI. Nördlinger, H. Lehrbuch des Forstschutzes. 8. Berlin. P. Parey. 1884. Mit Holzschn. XXVII. Henschel, G. Der Forstwart. 8. Wien. Wilhelm Braumüller, 1878—1882. Mit Holzschn. XXVIII. Kauschinger. Lehre vom Waldschutz. 3. Aufl. neu bearb. von H. Fürst. 8. m. 4 Tfln. Berlin. Parey. 1883. K. k. Uot Ijuchdruckcrci Carl Vi SPECIELLER THEIL. Die rechte Praxis ist die Tochter der rechten Theorie, und insofern nichts praktischer als die Tlieorie. Rosekkranz. KAPITEL VIII. Die Geracl- uiid Netzflügler. Die in diesem Kapitel zusammengefassten beiden Insektenordnungen haben zwar für Landwirthe und Gärtner, sowie für Fischer — für. diese als Köderinsekten — eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, sind jedoch für den Forstwirth von allen Insektenordnungen die wenigst wichtigen. Die Geradflügler. Die Geradflügler, Orthoptera, sind Insekten mit kauenden Mundwerkzeugen, freiem Prothorax und unvollkommener Me tamorphose. Diese ziemlich weite Definition schliesst sowohl sehr niedrige als ziemlich hoch entwickelte Insekten ein, von den flügellosen Spring- schwänzen unserer Wälder und Teichoberflächen, sowie den silberglänzenden „Fischchen" unserer Speisekammern, durch die Ohrwürmer, Schaben, Grillen und Heuschrecken, bis zu den Termiten und Libellen. Als typische mittlere Vertreter der ganzen Ordnung kann man die springenden grösseren Geradflügler, die Heuschrecken und Grillen ansehen, zu welchen denn auch die einzige forstlich sehr schädliche Art gehört, die Maul- wurfsgrille oder Werre (vergl. S. 268). Die Berechtigung, der Ordnung der Geradflügler den soeben angedeuteten Umfang zu geben, wird seit Anfang des Jahrhunderts und auch neuerdings viel- Lehrbuch d. mitteleurop. Forstiiisektenkunde. 18 266 Kap. VIII. Die Gerad- und Netzflügler. fach bestritten ; für die praktische Zoologie scheint uns aber eine möglichste Vereinfachung der grossen Gruppen, deren Bildung ja stets nur eine Sache der Uebereinkunft ist, dringend geboten. Auch finden sich trotz aller äusseren Ver- schiedenheit aiisser den in der Definition angegebenen Eigenthümlichkeiten weitere übereinstimmende Züge im Bau der Mundwerkzeuge und in der Anzahl der Hinterleibsringe. Was zurächst die Mundwerkzeuge betrifft, so ist bei dieser Ordnung fast durchgehend die ursprüngliche Form des dritten Kieferpaares soweit gewahrt, dass man die Zusammensetzung der „Unterlippe" aus den beiden Hiuterkiefern, sowie die morphologische Uebereinstimmung jeder ihrer Hälften mit dem entsprechenden Mittelkiefer deutlich erkennt (Fig. 107, vergl. auch S. 30 und 31). Es ist ferner in bei weitem den meisten Fällen die typische Anzahl der Hinterleibsringe vollständig erhalten, ja vielfach noch durch secundäre Theilungen auf elf vermehrt (vergl. S. 39). Nur bei den, was die Mundwerkzeuge betrifft, die äussersten Ausläufer der Gruppe bildenden Formen, z. B. bei den Libellen und den in dieser Beziehung verkümmerten Eintagsfliegen, sowie in Betreff der Hinter- leibsringe bei den Springschwänzen, finden wir Abweichungen. Es bilden ferner die Verhältnisse der typisch unvollkommenen Metamorphose, die übrigens noch mancherlei Abstufungen zeigt, das gemeinsame Band aller hier zusammengefassten Formen. Diese Gruppe umschliesst nicht nur die nach heutigen Anschauungen der hypothetischen gemeinsamen Stammform am nächsten stehen- den, also niedrigsten aller lebenden Insekten, sondern ist auch diejenige, welche im fossilen Zustande am frühesten in den sedimentären Gesteinen auftritt, nämlich bereits in der Kohlenformation nachweisbar ist. Wir trennen die OrdnuDg der Geradflügler in drei Unterordnungen: Die Thysanuren, die echten Gerad- flügler und die Afternetzflügler. Die Unterordnung I, die Thy- sanuren, Thysanura, sind kleine be- haarte oder beschuppte, nur mit rudi- mentären Mundwerkzeugen versehene, flügellose Orthopteren, deren lOglie- driger Hinterleib an seinem Ende borstenförmige Schwanzfäden oder einen Springapparat trägt. Sie umfassen die drei Familien der Gampodidae, der Poduridae oder Springschwänze iind Lepismatidae oder Borstenschwänze. Die Campodidae, ausgezeichnet durch das Vorhandensein von Beinpaaren auch an den Hinterleibsringen, stellen die niedrigste der lebenden Insekten- formen dar. Die Springschwänze, Poduridae, mit einer Springgabel an der Unter- seite des Hinterleibes, sind sehr kleine, in feuchten Oertlichkeiten lebende Insekten, welche dem Naturfreunde durch ihre raschen Bewegungen auffallen. Podura aquatica L. findet sich häufig im Frühjahr in grösseren Mengen auf der Oberfläche ruhiger Lachen. Podura (Degeeria) nivalis L. tritt öfters mitten im Winter zahlreich auf dem Schnee auf, welcher dann wie mit grobem Schiess- pulver bestreut aussieht, und Podura (Desoria) glacialis Nie. ist einer der wenigen Bewohner der Alpengletscher. Die mit langen Schwanzborsten und metallisch glänzenden Schuppen ver- sehenen Borsteuschwänze, Lepismatidae — von Imiaiia, die Schuppe — treten uns am häufigsten in dem sehr verbreiteten, unsere Wirthschaftsräume be- Fig. 107. I Linker Mittelkiefer (Unterkiefer) und 11 die beiden in der Mitte verschmolzenen Hinter- kiefer (Unterlippe) der Werre, Gryllotalpa vulgaris Latr. Thysanuren, Lauf- und Sclireitsclirecken. 267 wohnenden und die Vorräthe benagenden Silberfischchen oder Zuckergast, Lepisma sacharinum L , entgescen. Die Unterordnung II, die echten Geradflügler oder Sehr eck en, Orthoptera genuina, sind meist geflügelte, grössere Geradflügler mit zwei ungleichen Flügelpaaren, deren breitere Hinterflügel in der Ruhe ganz oder theilweise unter die schmalen^ häufig zu pergamentartigen Flügeldecken umgewandelten Vorderfiügel untergefaltet sind. Ihre stets das Land bewohnenden Larven haben die gleiche Lebensweise wie die Imago. Sie zerfallen wiederum in drei schon durch die Art ihrer Bewegung unterschiedene Zünfte, in die Lauf-, Schreit- und Springschrecken. Die Laufschrecken, Orthoptera cursoria, umfassen zwei in manchen anderen Beziehungen sehr von einander abweichende Familien, ' die der Ohrwürmer und der Schaben. Die Ohrwürmer, Forficulidae, sind leicht kenntlich an der am Ende ihres Hinterleibes vortretenden Zange, deren ungegliederte, den Eaifen der übrigen Orthopteren (vergl. S. 40) entsprechende Arme beim (^ stärker aus- gebogen sind wie beim Q. Sie haben dreigliedrige Tarsen. Die Vorderflügel sind zu kurzen, hornigen Flügeldecken verwandelt, unter welche die grossen, aber sehr zarten HinterÜügel in mehrfacher, höchst complicirter Faltung untergeschlagen werden. Die von den Flügeldecken nicht geschützte Oberseite des Hinterleibes ist wie bei den im Habitus ihnen ähnlichen Staphylinen unter den Käfern (vergl. Kap. IX) fest chitinisirt. Es sind nächtliche, meist von Pflanzensubstanzen lebende Thiere, welche zwar oftmals in Gärten durch Anfressen des herabgefallenen Obstes, der Küchengewächse und Wurzeln, sowie der Blumen, schädlich werden, forstlich jedoch keinerlei Bedeutung haben. Dass sie mit ihren Zangen kneipen könnten, ist ein ebenso grundloser Aberglaube wie die Volksmeinung, dass sie im Freien schlafenden Menschen in die Öhren kröchen. Die bei uns verbreiteten Arten sind Forficula auricularia L. und F. minor L. Man fängt sie, indem man ihnen für ihren Tagesaufenthalt passende Schlupfwinkel, als da sind: Rindshufe, Reisigbündel und Weidenkörbe darbietet, späterhin ausklopft und alsdann die herausfallenden Thiere zertritt. Die Schaben, Blattidae, zeichnen sich durch ihren platten eiförmigen Körper, den senkrecht gestellten, unter der grossen Vorderbrust verborgenen Kopf, die flachen Sehenkel und stark gestachelten Schienen, sowie die mitunter aller- dings rudimentär bleibenden oder fehlenden, an der Naht über einander greifenden Flügeldecken aus. Die Raife sind gegliedert. Es sind nächtliche, sehr gefrässige Thiere, welche forstlich ganz unbedeutend sind. Ein ganz unschädlicher Wald- bewohner ist die bei uns häufige Blatta (Ectobia) Lapponica L. Dagegen richten andere Arten in den Wohnungen und Vorrathsräumen, besonders in den Bäcke- reien und Mühlen vielfachen Schaden an. Es sind dies bei uns die einheimische Blatta (Phyllodromia) Germanica L., die deutsche Schabe, ein kleines, bis ISmm langes, gelbbraunes Thier, sowie die aus Asien bei uns eingeschleppte Blatta (Periplaneta) orientalis L., die Küchenschabe, auch Schwabe oder Russe genannt, ein sehr häufiges, bis 30 min langes, dunkelschwarzbraunes Thier. Die Schreitschrecken, Orthoptera gressoria, sind wesentlich tropische Thiere, welche für uns ohne jede Bedeutung erscheinen. Sie zerfallen in die beiden höchst sonderbar gestalteten Familien der Fangheuschrecken, Mantidae, und der Gespenstheuschrecken, Phasmidae. Die ersteren sind raubgierige, andere Insekten verzehrende Thiere, welche nur in einer Art, der wegen ihrer erhoben getragenen vorderen Raubbeine (vergl. S. 34) sehr unpassend ..Gottesanbeterin" genannten Mantis religiosa L. bis nordwärts der Alpen reichen. Die Gespenstlieuschrecken sind dagegen träge, püanzeu- fressende Thiere, welche meist durch „schützende Aehnlichkeit" (vergl. S. 41) vor ihren Feinden gesichert sind. Sie gleichen nämlich Theileu ihrer Wohnpflanzen, 18* 268 Kap. VIII. Die Gerad- und Netzflügler. so z. B. das ^wandelnde Blatt", Phyllium siccifolium L., in Ostindien, und der einem dürren Zweige ähnliche Bacillus Rossii Fabr. in Südeuropa. Die Springschrecken, Orthoptera saltatoria, sind sofort kennt- lich durch ihr zu Sprungorganen umgewandeltes drittes Beinpaar. Sie umfassen die allbekannten Heuschrecken und Grillen. Wissenschaftlich werden sie wieder in drei Familien eingetheilt: die Erdheuschrecken, die Laubheuschrecken und die Feldheuschrecken. Die Erdheuschrecken, Gryllidae, sind Springschrecken mit walzigem Körper, massig langen borstenförmigen Fühlern, dreigliedrigen, keine Sohle tragenden Tarsen, kurzen, rechtwinklig gebrochenen, sowohl dem Rücken wie den Seiten des Leibes sich anlegenden Flügeldecken, unter denen die zu einem Strange zusammengefalteten, grossen Hinter- flügel peitschenförmig nach hinten vorragen. Hinterleib mit zwei faden- förmigen, vielgliedrigen Ralfen. Gehörorgane an den Vorderschienen. Das Männchen oft mit einem Stimmorgan an der Basis der Flügeldecken. Die Vertreter dieser Familie leben meist unterirdisch in selbst- gegrabenen Gängen. Sie sind theils Raubthiere, tbeils Allesfresser. Man kann sie wieder in zwei Abtheilungen bringen, in solche mit normalen Vorderbeinen und einer langen Legscheide beim Weibchen, und solche mit Grabbeinen und ohne Legscheide. Zu der letzeren Abtheilung gehört die Maulwurfsgrille, zu der ersteren die Feldgrille. Die Maulwurfsgrille, auch Werre, Reutwurm, Reitkröte, Erdkrebs, Erdwolf oder Schreckwurm genannt. Gryllotalpa vulgaris Latr. Ratzeburg, Forstinsekten : Gryllus Gryllotalpa L. Dieses dunkelbraune, am Körper kurz seidenglän- zend behaarte, bis 507}?m lange Thier (Taf. VI, Fig. 5) ist durch seine zu Grabschaufeln verwandelten Vorder- beine und das grosse, wie der Panzer eines Krebses Flg. 108. Rechtes gebaute Brustschild charakterisirt. Seine Bedeutung für Grabbein der Maul- ° _ _ , wurfsgrille, Gryllo- den Forstmann liegt darin, dass es in Saatkämpen talpa vulgaris Latk. ^^^ Pflanzgärten unterirdische Gänge wühlt und hierbei die Wurzeln der jungen Bäumchen zerreisst oder zerbeisst. Die Pflanzen gehen dann meist ein. Vertilgung des Insektes durch Aufsuchen und Zer- stören der Nester, sowie durch Fang in eingegrabenen Töpfen (vergl. S. 214) ist angezeigt. Beschreibung. 7?)ja^o ; Kopf vorgestreckt, Antennen kaum über das Hals- schild zurückreichend. An den Vorderbeinen sind alle Abschnitte kurz, stark und platt gebaut (Fig. 108). Trochanter mit einem spitzen Zahnfortsatz, Schenkel und Schiene verbreitert, letztere unten mit vier starken Zähnen versehen. Tarsus abgeplattet und der Aussenfläche der Schiene inserirt, die beiden ersten Glieder gleichfalls mit starkem Zahn. Flügeldecken kurz, beim J* mit einer Schrill- ader an der Basis. Hinterleib beim i^ mit 9, beim 9 ^it '^ Segmenten. Sehr lange, behaarte, abvvärtsgekrümmte Raife. Springschrecken, Erdheuschrecken, insbesondere Maulwurfsgrille. 269 Larven von den Erwacliseneu in dem ersten Stadium, in welcliem sie zunächst weissen Ameisen gleichen, durch einfachere Bildung der Grabbeine und den gänzlichen Mangel, in den späteren Stadien durch die unvollständige Aus- bildung der Flügel und Flügeldecken unterschieden (Taf. VI, Fig. 5 L* u. L.). Eier gelblich weiss, fast hanfkorngross (Taf. VI, Fig. 5 E). Biologie. Fortpßanzung. Die "Werre hat gewöhnlich eine einjährige Generation, wie schon Roesel von Rosenhof [9] ausführlich schildert, es kann jedoch auch ausualnnsweise Ueberjährigkeit vorkommen. Jan. Febr. I März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec 1880 ++++++++++ + 1881 -+++++ + Die Behauptung von Niessing, eine zweijährige Generation sei die Regel, wird augenblicklich meist bestritten. Für sie spricht allerdings die Thatsache, dass man im Frühjahr neben den grossen alten Werren oftmals halbwüchsige Larven in Menge findet So wurde dies z. B. im Frühjahr 1886 in Primkenau von Ober- förster Klopfer beobachtet. Die Begattungszeit, welche man sogar bei diesem schwerfälligen Insekte mit Recht Flugzeit nennen kann, weil es alsdann wirklich manchmal fliegt und überhaupt öfter als sonst seine Gänge verlässt, tritt meist Anfang Juni ein. Doch kann dieselbe schon im Mai anfangen und bis Juli dauern. Das Männchen lockt in den Gängen das Weibchen durch ein dem Knarren einer abgelaufenen Weckuhr oder dem fernen monotonen Rufe des Ziegenmelkers, Caprimulgus Europaeus L., gleichendes Schrillen, welches durch die oben erwähnte Schrillleiste an den Flügeldecken hervorgebracht wird. Die Begattung findet des Nachts oder in den Gängen statt, und zvar sehen hierbei Männchen und Weibehen nach verichie- dener Seite, copula aversa. Das Weibchen baut nun eine ungefähr 8 bis 15 cm tief unter der Oberfläche des Bodens gelegene, hühnereigrosse Nesthöhle, deren AVände es mit seinem Speichel glättet und so festigt, dass man sie in bindigem Boden als ein Ganzes herausgraben kann. Zu ihrem seitlichen Eingange führt ein meist .schneckenförmig gewundener Gang. In dieses Nest legt nun das Weibchen gewöhnlich Ende Juni beginnend und wohl spätestens im Anfang Juli seine Eier. Man hat bis jetzt höchstens 250 Stück in einem Neste gefunden. Das Weibchen stirbt nicht sofort nach der Eiablage, sondern verbleibt häufig in der Nähe des Nestes in einem von dem zuführenden Gange senkrecht abgehenden, 10 bis .30 cm tiefen Schachte als „Wache". In manchen Fällen soll allerdings, wie schon Boüche vermuthet, das Weibchen einen Theil seiner eigenen Brut auf- fressen. Die Jungen kommen nach 8 bis 14 Tagen aus den Eiern als kleine, 5 mm lange Larven und bleiben, da sie sich noch nicht einzugraben verstehen, die ersten drei bis vier Wochen im Neste, vermindern sich aber in ihm auffallend da- durch, dass das in der Nähe bleibende Weibchen welche verzehrt. Sie sollen sich zuerst von humushaltiger Erde und feinen Pflanzenwürzelchen nähren. Nach Ablauf dieser ersten vier Wochen tritt die erste Häutung ein, nach weiteren vier Wochen, also ungefähr im August, folgt die zweite und im September die dritte Häutung, nach welcher sie eine durchschnittliche Grösse von 2 '5 cm erlangt haben. Nun gehen sie etwas tiefer und beginnen den Winterschlaf. Vom Wetter des nächsten Jahres hängt es ab, wie zeitig sie erwachen und sich darauf zum viertenmale häuten, wobei die Flügelstumpfe auftreten. Die letzte Häutung zum vollkommenen Insekt erfolgt Mitte Mai, spätestens Anfang Juni. [XXII, IV, S. 196]. 270 Kap. VIII. Die Gerad- und Netzflügler. Verbreitung. Dieses Thier ist durch ganz Europa, vom südlichen Schweden bis Spanien, von der atlantischen Küste bis zum Ural, ver- breitet. Nach Niessing [7] steigt sie in den Alpen bis 2300 m Höhe, ist wohl aber in der norddeutschen Ebene am häufigsten. Frischer, lockerer und nicht be- schatteter Boden ist ihr der liebste, wenn sie auch nöthigenfalls im Wasser schwimmt, ja auf diese "Weise über Ströme setzt und ihre Gänge sogar in Moor- boden anlegt. Nach Batzebukg [XI, S. 68] war sie im Neustädter Forstgarten auf den niedrigsten Saatbeeten, wo früher Erlenbruch war, am schlimmsten. In ihren Gewohnheiten lässt sie sich vollkommen mit dem Maul- wurfe vergleichen, mit dem sie in Folge der Anpassung an dieselben Lebensbedingungen sogar eine habituelle äussere Aehnlichkeit hat. Sie ist ein unterirdisches und nächtliches Thier, welches sowohl als Larve wie als Imago in selbstgegrabenen, bei jungen Larven kaum feder- kieldicken und ganz flachstreichenden, bei der Imago fingerstarken und etwas tiefer verlaufenden Gängen ihrer Nahrung nachgeht. Diese Gänge prägen sich in lockerem Boden meist als langgestreckte, ge- schlängelte Aufwürfe aus. Sie ist, wie nicht nur der directe Versuch, sondern auch der Bau des Darmcanales nachweist (vergleiche den Darmcanal der Maulwurfsgrille Fig. 33, S. 51, mit dem Darm des typisch carnivoren Laufkäfers Fig. 35, S. 53) ebenso wie der Maulwurf wesentlich auf thierische Nahrung angewiesen, verzehrt nicht nur Regenwürmer und Schnecken, sondern auch alle unterirdisch lebenden Insektenlarven, namentlich Engerlinge und Drahtwürmer. Sie wirkt durch ihre Nahrung also häufig sogar günstig. Trotzdem ist auch ziemlich festgestellt, dass sie an kleinen Eichen und Buchen oft die Keime schon abfrisst, noch ehe dieselben über die Erde kommen [XI, S. 69], und dass ein von Altum [XVI, 2. Aufl., III, 2, S. 327] geschildertes halbes oder ganzes Durchbeissen junger Buchenpflanzen unmittelbar über dem Wurzelanlauf auf kein anderes Thier als die Werre zurückgeführt werden konnte. Auch hält sie sich in der Ge- fangenschaft ziemlich lange bei rein pflanzlicher Nahrung, und bei unseren Versuchen in Tharand wurden häufig Regenwüimer nur ungern angenommen. Wirthschaftliche Bedeutung. Ihr Schaden beruht aber durchaus nicht etwa blos auf den eben geschilderten Pflanzenbeschädi- gungen, er wird vielmehr hauptäschlich dadurch bedingt, dass die Werre bei der Herstellung ihrer Gänge die Wurzeln vieler Pflanzen mit Hilfe ihrer Grabschaufeln zerreisst oder mit ihren Kiefern abbeisst. Ferner werden vielfach junge Pflanzen durch das Aufwerfen der Gänge gehoben und vertrocknen. Auch hierin gleicht sie also völlig dem Maul- wurfe. Diese letztere Thätigkeit macht sie daher für jeden feineren gärtne- rischen Betrieb zu einem höchst schädlichen Thiere, dessen übergrosse Vermehrung sogar die Existenz eines Gärtners in Frage stellen kann, und sie wird natürlich auch zu einem gefürchteten Feinde des Forst- mannes überall dort, wo dessen Pflanzenzucht einen mehr gärtnerischen Charakter einnimmt, also in Saat- und Pflanzbeeten. Hier leiden Sämlinge und ein- bis zweijährige Pflänzchen sowohl der Nadel- als Die Maulwurfsgrille oder Werre. 271 der Laubhülzer am meisten. Wenn man Gänge an solchen vorüber- streichend findet, so wird man sie auch bald kränkeln und absterben sehen. Ahioehr. Das gründlichste Mittel, um der Werre auf die Dauer Abbruch zu thun, ist das Aufsuchen und Zerstören der Nester mit Eiern und Brut. Unterstützen kann man diese Massregel durch Weg fangen und Tödten der älteren und jüngeren Thiere ausserhalb des Nestes. Einzelne, besonders werthvolle Pflanzen- oder auch Saat- beete kann man ferner durch besondere Vorsichtsmassregeln schützen. Man muss die Arbeiter speciell zum Aufsuchen der Nester instruiren. Wer sich Uebung im Auffinden derselben verschafft, wird sie schon in einiger Entfernung erkennen. Da, wo sich im Juni oder Juli, zuweilen schon im Mai, häufig Röhren zeigen, oder wo man ungewöhnlich viele Werren über der Erde bemerkt oder gefangen oder Abends schrillen gehört hat, da achte man be- sonders auf den Pflanzenwuchs, kwi Grasplätzen — denn auch diese muss man, da von ihnen öfters der Herd des Frasses sich ausbreitet, im Auge behalten — sieht man das Gras an einzelnen Stellen absterben und gelb werden, auf Saat- beeten geht es mit den Keimlingen ebenso. Hier wird man dann auch bald die etwa nur 25 cvi tief unter der Erdoberfläche verlaufenden Eöhren des Insektes entdecken. Sie sind etwas erhaben, besonders nachdem es geregnet hat, man kann leicht mit dem Finger hineinfahren und sie verfolgen. Da, wo sie in einem Kreise laufen, der 15 bis 30cm Durchmesser zuhaben pflegt, oder wo überhaupt viele Gänge benachbart zu sehen sind, und da, wo sie sich etwas mehr in die Tiefe senken, hat man das 8 bis 15 c?)i tief stehende Nest zu erwarten. Das Aufsuchen des bei dem Neste Wache haltenden Weibchens macht aber, da der Gang beim Graben leicht verstopft wird, oft Mühe, ist auch unnöthig, da das Weibchen, wenn es seine Eier abgelegt hat, nicht mehr schaden kann, viel- leicht gar nützt durch Verzehrung der eigenen Brut. Liegen die Nester im eatblössten, nicht mit kurzem Grase oder jungen, dichtstehenden Pflanzen be- setzten Boden, so muss man den Boden, besonders nach Eegen, aufmerksam be- trachten. Man erkennt die Stellen dann nicht von weitem und muss Schritt vor Schritt suchen, um die oben beschriebenen, kreisenden Röhren zu entdecken. Selbst wenn im Juli die Nester schon alle fertig sind, und schon sämmtlich Junge haben, ist es immer noch Zeit zur Vertilgung. Dann darf man aber nicht mehr nach den aufgelaufenen, kreisenden Röhren suchen, da solche nicht mehr von dem inzwischen träger gewordenen Q angelegt werden; die frischen Gänge, welche man noch sieht, rubren vom (^ her. Man muss jetzt also auf andere Merkzeichen achten. Das sind Löcher, wie mit dem kleinen Finger in den Boden gestochen, rundlich oder von unregelmässig zerrissener Form, wahr- scheinlich von dem lauernden 9 herrührend. Sind diese Löcher nur flach, so geht mau gleich wieder davon ab; kann man aber bis über den halben Finger senkrecht hineinfahren, so kommt man sicher zu dem Gange, welcher kreisend zum Neste führt. Entweder ist dasselbe dann noch voll, oder halb oder ganz entleert; dann hat es oft oben eine, noch unter der Oberfläche liegende Oeffnung, aus welcher die Jungen wahrscheinlich ihren Ausgang genommen und sich seitwärts unter der Erde verbreitet haben. Das Zertreten der gesammelten Eier ist mühsam, das Ersäufen der Brut nicht immer möglich. Es genügt aber schon, wenn man sie sammt dem Erdnest an die Luft setzt, denn besonders bei Sonnenschein schrumpfen sie schon nach einigen Stunden ein. Natürlich hat man gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Jungen sich nicht zerstreuen können. Das Fangen der einzelnen Werren geschieht am besten zur Begattungs- zeit. Es ist zur Ausführung des Geschäftes zwar Ruhe und Ausdauer nötliig, allein es erfordert keine mechanischen Kräfte, und können daher Kinder oder andere Arbeiter in den Feierabendstunden dazu gebraucht werden. In den ersten Tagen des Juni, wenn das Wetter warm und still und die Luft nicht zu trüb ist, be- 272 Kap. VIII. Die Gerad- und Netzflügler. gibt man sich gegen Sonnenuntergang nach den blossen oder mit Gras oder Kulturpflanzen beAvachsenen Orten, wo man die Werre vermuthet. Mau theilt sie sich in Gedanken in kleinere Plätze von einigen Quadratmetern und geht, auf einem jeden mehrere Minuten verweilend und nach allen Richtungen lauschend, langsam und vorsichtig, am besten barfuss, durch, bis man das unterirdische Schrillen hört. Ein paar Schritte, und man ist dem Gesänge so nahe, dass man mit Bestimmtheit die Stelle erkennt, wo der Sänger dicht unter der Oberfläche sitzt und, da er gern eine kleine Erdöifnung in der Nähe hat, zarte, über diese hangende Pflanzentheile, wahrscheinlich durch den schwirrenden Flügelschlag, hin und her bewegt. Ein geschickter Schlag mit einer Hacke, die mau in Bereitschaft hält, und die Werre liegt auf der Erde. Ist das Wetter günstig, so kann die Arbeit 8 bis 14 Tage lang allabendlich wiederholt werden. Nach einer Stunde ist es zu finster, als dass man die herausgeworfene Werre ohne Laterne gut finden könnte, aber in dieser einen Stunde kann man 10 bis 20 Stück fangen. Man wird, nach dieser Schilderung, einige Aehnlichkeit zwischen dem Werrenfangen und dem Maulwurfsfangen mittelst des Spatens finden. Ersteres ist aber ungleich leichter ausführbar, da der Feind sich leichter zu erkennen gibt und auch nicht ganz so empfindlich gegen Geräusch ist, wie der feinhörige, schlaue Maulwurf, auf dessen Jagd sich daher nur wenige Leute ordentlich verstehen, da auch zum Hinauswerfen desselben mehr Kraft und Schnelligkeit gehört. Man kann auch die Werren durch Ausgiessen ai:s ihren Röhren heraus- treiben und dann tödten. Es ist aber schwer, unter der zahllosen Menge hori- zontaler, flach laufender Gänge die abschüssigen herauszufinden, in denen das Thier sitzt. Trifi^t man den richtigen Gang, so braucht man nur 10 bis 20 Tropfen Brennöl in das Loch zu tröpfeln, dann etwas Wasser aus einer Giesskanne nach- zugiessen, um in wenig Minuten die Werre herauszutreiben. Neuerdings dürfte Tvohl besser Petroleum oder Seifensiederlauge anzuwenden sein. Hampel empfiehlt eine Mischung von zwei Theilen Steinkohlentheer und einem Theil Terpentinöl [XXII, IV, S. 197]. Ist die Zerstörung der Nester versäumt oder unvollständig bewirkt worden, so fängt man die Werren am besten durch aufgestellte Töpfe weg. Mau kann dazu alte Blumentöpfe nehmen und das Wasser-Abzugsloch von unten decken. Sie werden da, wo man auf den Saatbeeten die schwach aufgeworfenen Röhren bemerkt, so in die Erde eingelassen, dass die Röhre gerade über ihre Oefinung hinwegführt. Wenn nun das Thier seine unterirdische Promenade hält und an den Topf kommt, so fällt es hinein und kann nicht wieder heraus. Ge- legentlich leert man die Töpfe aus und tödtet die Thiere. Mit der Aufstellung der Töpfe muss man gleich im Frühjahre anfangen, damit die Larven, welche man im vorigen Sommer mit den Töpfen nicht fangen konnte, nicht mehr zum Fressen kommen. Sehr grossen Nutzen darf man sich aber von diesem Mittel nicht versprechen. Altum [XVI, 2. Aufl., III, 2, S. 328] empfiehlt „schmale lange Blechkasten, welche in die Wege zwischen den Saatbeeten bis zu ihrem oberen Rande eingesenkt werden, und zwar in den verschiedenen Wegen an verschie- denen Stellen, so dass durch dieselben die ganze Beetlänge abgestellt ist. Glatt- wandige Löcher, z B. mit dem „Mausebohrer" hergestellt und mit einem Rasen- stück belegt, fangen ebenfalls gut. Die Werre geht gern Mittags in dieselben hinein". Eine grosse Reihe anderer in populären Werken angegebener Schutz- mittel dürfte dem Bereiche des Aberglaubens angehören. Die eigentlichen Grillen, Gattung Gryllus L., sind ausser durch den einfachen Bau der Vorderbeine und die Legscheide des Q, durch den gewölbten Kopf, mit langen Fühlern, den quadratischen Prothorax und die den Hinterleib ganz deckenden Vorderflügel mit Stimmorgan beim (^ ausgezeichnet. Wir haben zwei einheimische Arten. Die Feldgrille, G. campestris L., ein schwarzes, 20 — 26 mm langes Thier mit bräunlichen Flügeln und blutrother Unterseite der Hinterschenkel, lebt in ganz Europa mit Ausnahme von Skandinavien häufig in Erdlöchern und nährt sich von Pflanzen. Das Heimchen, G. domesticus L., 16 — 20 ?)im lang, ist lederbraun mit einigen dunkleren Zeichnungen. Es lebt in Häusern, namentlich in Küchen, Bäckereien etc. in der Nähe der Feuerstätte Maulwurfsgrille, Grille, Laub- und Feldheuschrecken. 273 und ist wegen seines melancholischen Zirpeus oft gern gelitten, wird aber auch durch seiuen Frass an Küchenvorräthen. Brot, Malz u. s. w. mitunter lästig. Die Laub heu seh recken, Locustidae, sind Springsclirecken mit seitlich zusammengedrücktem Körper, sehr langen, borstentormigen Fühlern, viergliedrigen, söhligen Tarsen und Gehörorganen an den Vorderschienen, deren meist gut ent- wickelte, in der Ruhe seitlich dem Körper anliegende, dachartig getragene Flügel- decken die längsgefalteten Hinterflilgel völlig verdecken. Männchen mit einem Stimmorgan an der Basis der Vorderdügel, Weibchen mit grosser, frei hervor- ragender, säbelförmiger Legscheide. Eine forstliche oder überhaupt wirthschaftliche Bedeutung kommt diesen Thiereu kaum zu. Am verbreitetsten sind bei uns die grüne Laubheuschrecke, Locusta viridissima L. und der Warzenbeisser, Decticus verrucivorus L. Letzteres Thier soll im Anfange der Dreissigerjahre dieses Jahrhunderts allerdings einmal in der Oberförsterei Jagdschutz, Regierungsbezirk Bromberg, die jungen 6- bis 12jährigen Kiefernbestände angegangen und tüchtig befressen haben [V, III, S. -266, und 5, S. 95.] Die Feldheuschrecken, Acridiidae, wegen des schnarrenden, beim Auf- fliegen von ihnen hervorgebrachten Tones auch Schnarrheuschreckeu genannt, sind Springschrecken mit seitlich zusammengedrücktem Körper, kürzeren faden- förmigen Fühlern, schmalen dreigliedrigen Tarsen ; bei den Arten mit gut aus- gebildeten Flügeln decken die in der Ruhe dachartig getragenen Flügeldecken die längsgefalteten Hinterflügel vollkommen. Hinterleib mit einem Paar seitlich angebrachter Gehörorgane. Die Stimme des Männchens wird durch Reibung des Hinterschenkels an den Flügeldecken bewirkt. Weibchen ohne vortretende Legscheide. Im Allgemeinen ist diese Familie wirthschaftlicli sehr bedeu- tungsvoll, da sie die Formen einschliesst, welche man als „Wander- heuschrecken" bezeichnet. Es ist dies in Europa namentlich Pachytylus migratorius L., mit der nahe verwandten Art oder Varietät P. cinerascens Fabr., wozu noch in Südeuropa ein- schliesslich Ungarn und in Algier Caloptenus Italicus L., in Algier, Syrien, Per- sien und Arabien Acridium (Sc bist ocerca) peregrinum Oliv., in Süd-Rasslaud, Kleinasien, Cypern und Algier Stauronotus Maroccanus Thünberg (cruciatus Charp.) kommen. Auch in Nordamerika gibt es wandernde Heuschrecken. Die eigentliche Wanderheuschrecke, P. migratorius L., ist dauernd über eineii grossen Tlieil der alten Welt verbreitet, und zwar wird ihre nördliche Ver- breitung in Spanien, Italien, den östlichen Donauländern und in Asien bis Japan hin ohngefähr durch die Juni-Isotherme von 20'^ C. bedingt. Südlich von dieser Linie kommt sie wohl in ganz Afrika nördlich vom Aequator, überall in Asien, einschliesslich des indoaustralischen Archipels, sowie in Australien nördlich vom Wendekreis des Steinbockes vor. In den uns näherliegenden Theilen dieses Ge- bietes fällt die Flugzeit des Thieres gewöhnlich Anfang Juli; einige AVochen später werden die überwinternden Eier abgelegt. Das Ausschlüpfen der Larven findet Ende des nächsten Mai statt, und das .Larvenleben dauert bis zur Ver- wandlung in die Imago 36 bis 44 Tage. Ein warmer Herbst begünstigt eine massenhafte Eiablage, ein warmer und trockener Vorsommer das Ausschlüpfen, dem eine mehrtägige mittlere Wärme von 18'' C. vorangegangen sein muss, sowie die Ent- wicklung der Brut. Hat nun durch das Zusammentreffen solcher günstiger Tempe- ratarverhältnisse einmal irgendwo eine Massenvermehrung des Insektes statt- gefunden, so verwüsten erst die Larven und später die ausgebildeten Thiere zunächst die Gräser und Feldfrüchte, oft so stark, dass man nicht mehr erkennen kann, was der Acker getragen hat und gehen bei Nahrungsmangel auch Laub an. Wird ihnen nun schliesslich aber doch der Nahrungsraum zu eng, so fliegen die Imagines in riesigen Schwärmen nach unverwüsteten Gebieten über und über- schreiten häufig auf diese Weise die Grenzen ihres normalen Vorkommens. Finden sie an den erreichten Stellen gerade günstige Witterungsverhältnisse, so können sie sich auch hier sogar einige .Jahre hindurch fortpflanzen, ja auch weiter aus- breiten, bis ein einziger kalter und nasser Frühsommer dieser Ausbreitung ein 274 Kap. VIII. Die Gerad- und Netzflügler. plötzliches Ende setzt, und in Folge dessen die Wanderheuschrecke sich in ihre gewöhnlichen Grenzen zurückzieht. Solche Jahre einer Ausbreitung der Heu- schrecken über ihre constanten Grenzen hinaus waren z. B. 1740 bis 1749, 1834 bis 1836, 1874 bis 1876 u. s. f. Die Grenze dieser ausnahmsweisen Ver- breitung in allen Stadien innerhalb Deutschlands wird meist durch die gebrochene Linie Ulm-Berlin-Posen gebildet. Dieses Gebiet erobert sie aber niemals durch Ueberschreitung der Alpen, sondern sie umbiegt letztere, von Osten durch Ungarn und Schlesien kommend. Züge von Imagines sind dagegen bis Edinburg, dem südlichen Schweden und Dünaburg beobachtet worden. Hier pflanzen sich die Heuschrecken aber nicht mehr fort. Weitere Belehrungen findet man in den schönen Arbeiten von Koppen [6J und Gerstäckeu [3]. Als Gegenmittel wendet man das Aufsuchen der Eier, das Eintreiben der Larven in besonders dazu aufgeworfene Gruben mit nachträglicher Vernichtung daselbst, sowie das Zerquetschen mittelst beschwerter Schleifen oder Walzen an. Forstlich schädlicli wird die Wanderlieuschrecke kaum. Aller- dings wurden im Heuschreckenjahre 1835 nach den Berichten von Oberförster Engklken [5, S. 92] in Tschiefer, Regierungsbezirk Liegnitz, die dort „Springer" oder „Sprengsei" genannten Heuschrecken den ein- und zweijährigen Kiefernsaaten schädlich, und nach Ratzebürg's Untersuchung war unter den Schädlingen auch P. migratorius L. ver- treten. Es betheiligteu sich aber an diesem Frasse noch viele einheimische Formen, namentlich der im Walde heimische Stenobothrus biguttulus L.^ Oedipoda coerulescens L., Bryodema tuberculata Fabr., Psophus stri- dulus L., Caloptenus Italicus L. und Tetlix bipunctatus L. Aus den österreichischen Alpenländern liegen uns noch Mit- theilungen über Entblätterung von Holzbeständen durch Feldheuschrecken vor. So berichtet Pitasch [4, S. 241], dass im Sommer 1862 auf dem Anninger Forste im Wiener Walde ein Schwärm einer von Grunert als Stethophyma fuscum Fall, (variegatum Sulzer) bestimmten Heu- schrecke das Laubholz, besonders aber Esche und Mehlbeerbaum, Sorbus aria Creutz., entblättert und sogar die Tannennadeln nicht ver- schont habe. Anfang October gingen die Schädlinge ein. In demselben Jahre, sowie 1864 und 1866, wurden ferner die Buchenbestände der Domaine Gairach im südlichen Steiermark durch die flügellose Pezo- lettix alpinus Koll. verwüstet. Richter [8] berichtet, dass das Uebel in einer geschützten, von Norden nach Süden streichenden Berg- schlucht in einer Seehöhe von 400 m, und zwar an dem Westabhange auftrat und sich von da noch nach oben verbreitete, ohne den von Westen nach Osten streichenden Gebirgskamm mit QOOtii Seehöhe zu erreichen. Ende August 1864 waren circa 23 ha entlaubt, 1866 waren dagegen 40 ha angegangen. Weisserlen w^aren nicht angenommen worden, und die Schattenseite der Berge war verschont geblieben. Das Leben der Bestände wurde nicht bedroht, dagegen blieb der Zuwachs zurück. Die III. Unterordnung, die Afternetzflügler, Orthoptera Pseudoneuroptera, sind meist geflügelte Geradflügler mit zwei gleich- gebauten häutigen, in der Ruhe meist nicht zusammenfaltbaren Fliigel- paaren. Nur die grösseren Formen, wie die Eintagsfliegen und Wasser- jungfern, sind bei uns allgemein bekanntere Thierformen. Feldheuschrecken und Aftemetzflügler. 275 Ihre ■N\'irtb schaftliche Bedeutung ist in der gemässigten Zone äusserst gering, besonders sind sie forstlich völlig gleichgiltig. In den wärmeren Ländern dagegen sind die zu dieser Abtheilung gehörigen Termiten als höchst schädliche Thiere bekannt und gefürchtet. Die Aftern etzflii gier zerfallen wieder in drei Zünfte, für welche passende deutsche allgemeine Ausdrücke fehlen. Es sind die Physopoda, Corrodentia und Amphibiotica mit zusammen sieben Familien. Die Physopoda umfassen nur die eine Familie der Blasenfüsse. Die Blasenfüsse, Thripidae, sind kleine, schmale und abgeflachte Thiere, deren deutlich nach dem Typus der kauenden Mundwerkzeuge gebaute Kiefer trotzdem der Gewinnung von Pflanzensäften angepasst sind und zu einer Art spitzem Saugrüssel zusammentreten, deren zweigliedrige Tarsen statt der Klauen mit einer blasenförmigen Haftscheibe versehen sind, und deren fast gar nicht ge- äderte, gleichgebildete Flügelpaare an ihrem gesammten Aussenrande lange, wimper- artige Haare tragen. Einige iu verschiedene Gattungen vertheilte Arten werden durch Ansaugen der Zierpflanzen den Gärtnern schädlich, wir erwähnen hier nur den Getreide- blasenfuss, Thrips cerealium Hälid., mit ungeflügeltem (^ und geflügeltem 9. Die Imago ist rostbraun mit gelb gezeichneten Extremitäten und Hinterieibsein- schnitten. Die blutrothe, ungefliigelte Larve findet sich häufig in jungen Getreide- ähren, welche in Folge dessen taub werden. Die Corrodentia, besonders biologisch durch ihre aus trockenen pflanzlichen und thierischen Substanzen bestehende Nahrung gekennzeichnet, lassen sich in drei im äusseren Habitus ziemlich verschiedene Familien trennen, in die Pelz- fresser, die Holzläuse und Termiten. Die Pelzfresser, Mallophaga, sind lausähnliche Aussenschmarotzer an Säugern und Vögeln, welche sich von abgenagter Haar- und Federsubstanz ernähren und von den eigentlichen Läusen durch kauende Mundwerkzeuge unterscheiden. Man nennt sie auch Haarlinge und Federlinge. Für den Forstmann ist beachtenswerth der Hundehaarling oder die unechte Hundelaus, Trichodectes canis Nitz. Es empfiehlt sich, diese Thiere durch häufiges Waschen der Hunde — eventuell mit grüner Seife und Benzin — zu bekämpfen, da sie nicht nur ein äusserst lästiges Ungeziefer sind, sondern auch in ihrer Leibesliöhle den finnenähnlichen Jugendzitstand eines der gemeinsten Hunde- bandwürmer beherbergen, nämlich der Taenia cucumerina Eud., so genannt wegen der beiderseitig zugespitzten, kürbiskernähnlichen Gestalt der ein- zelnen Glieder. Werden aus den abgegangenen Bandwurmgliedern ausgetretene Bandwurmeier von dem Haarlinge verschluckt, so entwickelt sich die Finne in dem Haarling, verschluckt der nach der juckenden Stelle beissende Hund einen so inficirten Haarling, so entwickelt sich in seinem Darme die Finne wieder zu einem Bandvvurme. Auch unser Wild und Raubzeug leidet an Haarlingen, z. B. Rothwild an Trichodectes longicornis Kitz., das Damwild au Tr. tibialis Pioget, der Fuchs an Tr. micropus Giebel u. s. f. Unter dem Federwild ist namentlich der Auerhahn stark von Federlingen ge- plagt, besonders von Goniodes chelicornis. Am erlegten Hahne ziehen sich dieselben gewöhnlich massenhaft am Kopfe zusammen. Uebrigens haben fast alle wilden und zahmen Vögel, sogar die Was.= ervögel, verschiedene Arten von Federlingen. Die Holz lause, Psocidae, sind kleine abgeplattete Alternetzflügler, welche sich durch lange borst enartige Fühler, fehlende Lippentaster und zwei- oder drei- gliedrige Tarsen auszeichnen. Sie finden sich zahlreich an Bäumen, altem Holz, in alten Vorräthen und dergl. Die einzige uns hier interessirende Art ist Troctes pulsatorius L., ein flügelloses Thierchen, welches besonders in vernachlässigten Insektensammlungen den zarteren Exemplaren schädlich wird und ein klopfendes Geräusch hervorbringen kann. Naphthalin in einer durchlöcherten Pappschachtel in die Kästen gebracht, vertreibt es sicher. 276 Kap. VIII, Die Gerad- und Netzflügler. Die Termiten, Termitidae, auch „weisse Ameisen" genannt, sind staaten- bildende Afternetzflügler mit kurzen, perlschnurförmigen, 13 — 20gliedrigen Fühlern, unter sich gleichgebildeten Brustringen und zwei Paar an Form und Grösse gleichen, hinfälligen Flügeln. In den meist in besonders hergestellten Wohnungen lebenden Staaten finden sich ausser der eierlegenden Königin, zu dieser Zelt mit stark aufgetriebenem Hinterleibe, noch geflügelte Männchen, ungeBügelte klein- köpfige Arbeiter und grossköpfige Soldaten. Diese beiden letzteren geschlechtlich verkümmerten Stände recrutiren sich aber nicht nur wie bei den Bienen und Ameisen aus Weibchen, sondern nach Lesp£:s und Fk. Müller aus beiden Ge- schlechtern. Bei weitem die meisten Termiten sind tropische Thiere; besonders sind die afrikanis .-hen, bis 4 m hohe Hügel bauenden Formen bekannt. Freilebend dringen bis nach Europa nur drei Arten vor. Die Colonien von Termes lucifugus Rossi leben in Südeuropa ähnlich in alten Baumstümpfen wie bei uns manche Ameisenarten, gehen aber auch in Pfähle, Pfosten u. s. f., welche sie mit so vollkommener Schonung der Aussenfläche durchwühlen, dass man häufig erst bei dem Zusammensturz die Grösse der Verwüstung übersieht. Auch die Amphibiotica sind wesentlich durch ein biologisches Moment ge- kennzeichnet, nämlich dadurch, dass die Jugendzustände aller hierhergehörigen Formen im Wasser leben, also in einem anderen Medium, als die auf das Luft- leben angewiesenen, erwachsenen Thiere. In der Verwandlung haben sie das gemein, dass bei ihnen Larve und Image mehr von einander verschieden sind, als bei den vorhergehenden Gruppen. Man theilt diese Zunft in drei sehr natürliche Familien, in die Afterfrühlings- fliegen, die Eintagsfliegen und die Libellen. Die Afterfrühlingsfliegen, Perlidae, sind stärker chitinisirte, meist grössere Thiere mit plattgedrücktem Leihe, langen, borstenförmigen Fühlern, häufig weichbleibenden Mundwerkzeugen, dreigliedrigen Tarsen, zwei Paar häutigen, grossen Flügeln, von denen das hintere breit und zusammenlegbar ist, sowie mit zwei langen, gegliederten Ralfen an dem Hinterleibsende. Die ungeflügelten, der Imago hier noch sehr ähnlichen Larven leben als arge Räuber in rasch flies- senden Gewässern unter Steinen etc. und haben häufig Tracheenkiemen an den Brustringen. Im Spätfrühling verlassen sid die Gewässer, indem sie an Pflanzen und Pfählen etc. in die Höhe kriechen, sich dort anheften und zur Imago häuten. Die abgelegten Häute findet man um diese Zeit häufig. Die erwachsenen Thiere, unter denen wir besonders Perla marginata Panz, anführen, bilden bei uns unter dem Namen , Grillen" einen beliebten Forellenköder. Die Eintagsfliegen, Ephemeridae, sind zarthäutige Formen mit kurzen, borstenartigen, unten verdickten Fühlern, völlig rudimentären Mundtheilen, stark entwickelter Mittelbrust, grossen Vorder-, kleinen oder rudimentären Hinterflügeln, vier- bis füiifgliedrigen Tarsen, sowie zwei bis drei borstenförmigen Afterfäden am Hiiiterleibe. Augen und Vorderbeine beim (^ sehr vergrössert. Die der Imago ziemlich unähnlichen, mit stark entwickelten Mundwerkzeugen versehenen, an den Seiten des Hinterleibes Tracbet-nkiemen, hinten dagegen gefiederte Schwanzborsten tragenden, sehr räuberischen Larven leben in den Gewässern, theilweise im Schlamm eingegraben. Nach mehrjähriger Entwickelungszeit verlassen sie, nunmehr mit Flügelstummeln versehen, meist im Hochsommer, das Wasser, häuten sich zu der geflügelten Subimago (vergl. S. 106, Fig. 85) und verwandeln sich nach kurzem Fluge durch nochmalige Häutung in die eigentliche Imago. Nach der nunmehr in neuem Fluge vorgenommenen Begattung lässt das Weibchen die Eier in zwei wurstförmigen Packeten auf einmal in das Wasser fallen und stirbt bald darauf Die im Gegensatze zu dem langen Larvenleben meist nur aur wenige Stunden beschränkte Dauer des Imagozustandes, sowie die Massenhaftig- keit, in welcher einzelne Arten an stillen Sommerabenden plötzlich dem Wasser entsteigen, haben von jeher die Aufmerksamkeit der Naturbeobachter auf diese Thiere gelenkt. Besonders bekannt ist das gemeine Uferaas, Ephemera vul- gata L., sowie die schneeweisse Palingenia horaria L , und die „Theissblüthe", P. longicauda Oliv., in Süddeutschland und Oesterreich. In der Flugzeit zündet man an den Ufern der Ströme, z. B. an der oberen Elbe im August, Feuer an, welche diese Thiere dann in so ungeheuren Schwärmen umflattern, dass man die Afternetzflügler, Literaturnachweise. 277 mit versengten Flügeln Herabfallenden massenhaft zusammenkehren kann. Die so gewonnenen Insektenleiber werden getrocknet und entweder mit Lehm zu Kugeln geknetet von den Fischern als Grundköder angewendet [XXII, IV, 179] oder unter dem Namen „Weisswunn" als Ersatz der Ameiseneier zur Fütterung insekten- fressender Vögel benutzt. Nachbildungen verschiedener gemeiner Arten werden bei der Fliegenfischerei als Köder für lachsartige Fische verwendet. Die Libellen oder Wasserjungfern, Libellulidae, sind Afternetz- flügler mit grossem querwalzigen, freien Kopfe, sehr kleineu pfriemenförmigen Fühlern, gut entwickelten Mundweikzeugen, grosser Mittel- «nd Hinterbrust, gleichgebildeten, mit Flügelmal versehenen Voider- und Hinterflügeln und schlankem, ungegliederte Raife tragendem Hinterleibe. Während die vorher- gehenden beiden Gruppen in ihrem kurzen Imagoleben überhaupt kaum Nahrung zu sich nehmen, sind die Wasserjungfern verhältnissmäs>ig langlebige, äusserst bewegliche, zu raschestem und ausdauerndstem Fluge befähigte Räuber, die Falken unter den Insekten. Nach der im Fluge (vergl. S. 86) vor- genommenen Begattung legt das 9 die Eier in das Wasser, und die aus- schlüpfenden Larven sind gleiclifalls schlimme Räuber. Sie sind leicht kenntlich an dem ungemein verlängerten, zu einem unpaaren, unter Kopf und Brust zurückklappbaren und plötzlich vorstreckbaren Greiforgane umgewandelten dritten Kieferpaare, der hier gewöhnlich „Maske" genannten Unterlippe. Sie athmen durch Tracheenkiemen, welche bei den kleineren Arten als drei lanzettliche Blätter an der Hinterleibsspitze sitzen, bei den grösseren in dem Enddarm verboigen sind. Diese Larven sind gefährliche Feinde der Fischbrut. Wir erwähnen hier als autfallendere Arten die mit duukelblaubraunen Flügeln versehene Seejungfer, Calopteryx virgo L., die sehr grosse Aeschna grandis L. und die mitunter in grossen Zügen wandernde Libellula quadrimaculata L. Literaturnachweise zu dem Abschnitt „Die Geradflügler". — I. V. Alten. Werren im Saatkamp. Zeitscbr. für Forst- und Jagd- wesen 1884, Bd. XVI, S. 175 und 176. — 2. Bouche. Natur- geschichte der schädlichen und nützlichen Garteninsekteu etc. 8. Berlin 1833. — 3. Gerstäcker, A. Die Wanderheuschrecke. Mit 2 Taf. Farbendruck. 8. Berlin 1876. — 4. Grunert. Heuschrecken- schwärme. Grunert's Forstliche Blätter. 5. Heft. 1863, S. 238—242. — 5. Insektensachen. Pfeil's Kritische Blätter. X. 1. Heft. 1836, S. 92 — 95. — 6. Koppen, Fr. Th. Die geographische Verbreitung der Wanderheuschrecke. Petermann's geographische Mittheilungen 1871, S. 361—366. Taf. 18. — 7. Niessing, C Meine Beobachtungen über die schädliche Maulwurfsgrille und wie ich den Verwüstungen derselben mit Erfolg entgegentrete^ Deutsches Magazin für Garten- und Blumenkunde 1863. S. 337—348. — S.Richter, D. Die Ent- laubung eines Waldes durch Heuschrecken. Oesterreichische Monats- schrift für Forstwesen. XVI. Bd. 1866, S. 658—661. — 9. Roesel, A. J. Insektenbelustigung. Bd. II, Nr. 5. Der geflügelte Maulwurf. 278 Kap, VIII. Die Gerad- und Netzflügler. Die Netzflügler. Die Netzflügler, Neuroptera, sind Insekten mit kauenden Mundwerkzeugen, freiem Prothorax, zwei Paar häutigen, reich- lich geäderten Flügeln und vollkommener Metamorphose. Von den hierhergehörigen Formen sind allgemeiner bekannt die Florfliege, der Ameisenlöwe und die Köcherfliege. Eine grössere wirth- schaftliche Bedeutung für den Menschen haben diese Thiere kaum, wenn- gleich gewöhnlich die räuberischen, andere Insekten verzehrenden Ver- treter dieser Ordnung unter die nützlichen Insekten gerechnet werden. Forstlich sind fast alle unbedeutend. Diese in ihrem Habitus sich besonders den Amphibiotica anschliessenden Formen sind von jenen besonders durch die vollkommene Metamorphose, bei welcher also ein wirklicher Puppenzustand vorkommt, geschieden. Wir theilen sie in drei Unterordnungen, die Plattflügler, Pelzfliigler und Fächerflügler. Die I. Unterordnung, die Plattflügler, Planipennia, sind ausge- zeichnet durch ihre gleichgebildeten, nicht faltbaren Vorder- und Hinterflügel. Die Larven leben meist nicht im Wasser. Sie werden wiederum in drei Familien getrennt, in die Breitflügler, Sialiden und Scorpionsfliegen. Die Breitf lügler, Megaloptera, sind Netzflügler mit grossen gleichgebil- deten Flügeln, deren auf dem Lande lebende Larven mit starken, durch eine Vereinigung von Vorder- und Mittelkiefer gebildeten Fangzangeu versehen sind und vom Raube anderer Insekten leben. Zu ihrer Verwandlung fertigen sie feste Cocons. Beachtenswerth ist die Gattung Myrmeleon. Diese Thiere ähneln als Imago den Libellen, unterscheiden sich jedoch von diesen leicht durch die zwar kurzen, aber doch deutlich vortretenden, an der Spitze keulenförmig verdickten Fühler, und die in der Ruhe dachartig dem Körper aufgelagerten Flügel. Es sind träge, schlecht fliegende Thiere, von denen bei uns zwei Arten, M. formi- carius L. mit gefleckten und M. formicalynx Fabe. mit ungeflecktea Flügeln vor- kommen. Ihre Larven leben in trockener Erde und Sand und höhlen rückwärts- gehend einen Trichter aus, auf dessen Grunde sie auf vorbeilaufende Insekten, namentlich auf Ameisen, lauern, woher sie den Namen Ameisenlöwen erhalten haben. Die Larve, die so gedrungen ist, dass sie ausserhalb ihres Trichters, auf die Hand genommen, wie eine dunkle, staubige Pille erscheint, fällt sofort durch die grossen, gekrümmten Saugzangen auf. Diese ragen, wenn sich das Thier in den Hinterhalt legt, allein aus dem kleinen Sandtrichter hervor. Der Sand muss trocken sein und leicht rollen, denn nur so benachrichtigen fallende Körnchen die^lauernde Larve von der Nähe einer Beute; sie bombardirt dann fort- während mit einem feinen Sandregen aus der unteren Spitze ihres Trichters nach dem oberen Rande, wodurch die zufällig vorüberlaufenden Insekten herunter- gerissen werden. Die ausgesaugte Beute schleudert die Larve mit einem Rucke des Kopfes aus dem Trichter hinaus. Gefällt es den Larven au einer Stelle ihres Sandrevieres nicht, so verlassen sie dieselbe und siedeln sich in der Nähe an, indem sie sich in Gängen unter dem Sande rückwärts fortbewegen. Deshalb sind von den zahlreichen Falllöchern einer Gegend durchaus nicht alle bewohnt. Gern suchen sie sich geschützte Stellen unter Felsvorsprüngen, Mauern u. dergl. aus, allein häufig findet man den Trichter auch ganz im Freien. Die Verpuppung erfolgt in einem sehr harten Cocon in der Erde. Trotzdem, dass die Larven der Ameisenlöwen so manches schädliche Insekt verzehren, denn sie fressen alles, was in ihre Grube fällt und was sie bewältigen können, sind sie schon deshalb nicht vorwiegend nützlich, weil sie namentlich sehr viele nützliche Ameisen vertilgen. Netzflügler. 279 Viel zarter und träger sind die Imagines der verwandten Florfliegen, welche die Gattungen Chrysopa und Hemerobius bilden, erstere mit faden- förmigen, letztere mit perlsclinurförmigen längeren Fühlern. Hemerobius micans Oliv, und Chrysopa perla L., sind zwei häufige Formen. Man sieht die Florfliegen zu sehr verschiedenen Jahreszeiten mit langsamem Fluge umherschwärmen, bemerkt sie aber vorzüglich in Menge im Herbste und selbst im Winter, wenn sie in warme Räume, an die Fenster der Zimmer kommen, um dort zu überwintern. Sie befetigen ihre weissen oder grünlichen Eier mittelst eines haarfeinen, weissen Stielchens an Gewächsen so, dass man ein Häufchen Schimmel zu sehen glaubt (vergl. S. 83, Fig. 66 L). Wenn die Larve auskommt, ist sie genöthigt, sich durch Zusammen- ziehung fortzuschnell.en, um von ihrem hohen Sitze auf die Pflanzenfläche zu ge- langen. Sie hat 6 kräftige Beine und einen grossen Kopf. Die Saugzangen sind namentlich bei Chrysopa lang, dünn und einwärts gebogen, bei Hemerobius kürzer und breiter. Diese länglich-lanzettförmigen Larven sind verschieden bunt gefärbt, öfters seltsam costümirt. Sie leben nämlich in Blattlausherden, unter welchen sie starke Verwüstungen anrichten, und indem sie die Häute der ausgesaugten Blattläuse über sich werfen, vereinigen sich diese mit dem ebenfalls auf den Rücken geworfenen, eigenen Kothe zu einem Sacke, den sie wie ein Schilder- haus mit sich schleppen. Die etwas gekrümmte, grünliche Puppe ruht in einem ■rundlichen, erbsengrossen, weissen Cocon, welcher an Blättern oder Zweigen angesponnen ist. Die ganze Verwandlung ist im warmen Sommer innerhalb vier bis fünf Wochen vollendet, kann sich daher mindestens zweimal in einem Jahre wiederhohlen. Man kann diese immerhin nützlichen Thiere im Anklänge an die Bezeichnung „Ameisenlöwe" als „Blattlauslöwen" bezeichnen. Die Sialidae seien hier erwähnt wegen der nicht blos ihrer Gestalt nach sehr auffallenden, sondern auch nützlichen Gattung Rhaphidia, Kamelhalsfliege, deren breiter, herzförmiger, sehr beweglicher Kopf auf einem übermässig ver- längerten Prothorax sitzt, welcher dem Thiere seinen deutschen Namen verschafft hat. Die an ihrem gleichfalls bereits verlängerten Prothorax kenntliche, unter Baumrinde lebende, sehr bewegliche Larve ist ein gewaltiger Räuber. Die in den deutschen Nadelwaldungen wohl häufigste Art, R. ophiopsis ScHDM., ist entschieden forstlich nützlich; ihre gewandte, der Image sehr ähn- liche Larve dringt vermöge ihres beweglichen Körpers in die feinsten Risse und verzehrt wohl alle Insekten, die ihr vorkommen; Ratzeburg fand sie oft in der Nähe höchst wahrscheinlich von ihr ausgefressener Nonneneier. Die lang vor- gezogenen Spitzen ihrer Oberkiefer sind für ihre nützlich räuberische Arbeit sehr geeignet. Im Winter sind die Larven vollkommen ausgewachsen; im Früh- jahre findet mau die munteren Puppen in der Rinde; im Mai und Juni fliegen die Imagines, welche durch die sonderbaren, kecken Bewegungen des langen Halses und Kopfes auffallen. Ob die anderen fünf deutschen Arten oder die mit etwas kürzerem Halse versehene, verwandte unter Eichenrinde lebende Inocellia crassicornis Schüm,, auch nützlich wirken, ist nicht direct bestimmt, aber höchst wahrscheinlich. Die Familie der Scorpionsfliegen, Panorpidae, auch Schnabelfliegen genannt, ist dadurch gekennzeichnet, dass die Unterseite desJiCopfes in einen langen, die Muudtheile tragenden Schnabel ausgezogen ist. Scoi-pionsfliege heisst besonders die Gattung Panorpa wegen des zu einer blasigen Zange aufgetrie- benen letzten Hinterleibssegmentes des J*. Auch sie sind räuberische Thiere. Panorpaco mmunis L. ist eine bei uns sehr verbreitete Art. Die II. Unterordnung, die Pelzflüger, Trichoptera, enthält nur die einzige Familie der Frühlings- oder Köcherfliegen, Phryganidae, und umfasst zarte Netzflügler mit verkümmerten Mundwerkzeugen, sehr kurzer Vorderbrust, lang gespornten Beinen und zwei Paar behaarten oder beschuppten, ungleichartigen Flügeln, deren hinteres Paar oft einfaltbar ist Ihre meist mit fadenförmigen Kiemenbüscheln an den weichen Hinterleibsringen versehenen, im Wasser lebenden Larven bauen sich ein festes, oft köcherartiges Gehäuse, aus welchem sie dann nur mit dem stärker chitinisirten Kopfe und der lange Beine tragenden Brust hervorschauen, und in welchen sie sich schliesslich verpuppen. Die Ge- häuse werden aus den verschiedenstenMaterialien, Sand, Schilfstückchen, Steinchen 280 Kap. VIII. Die Gerad- und Netzflügler. Schneckenschalen u. s. f. gefertigt; ihr Bau und ihr Material ist bei jeder ein- zelnen Art bestimmt. Es sind wohl räuberische Thiere, welche sogar der Fisch- brut zu schaden vermögen. Sie werden von den Fischern als „ Stroh würmer" oder „Sprocken" bezeichnet und häufig als Angelköder verwendet. Die erwachsenen Insekten sind meist träge Dämmerungsthiere, welche in ihrem äusseren Habitus häufig an Motten erinnern. Sie flattern in der Nähe des Wassers umher und bilden eine Lieblingsnahrung der Fische. Nachbildungen derselben werden als künstliche Fliegen bei dem Flugangeln verwendet. (Ver- gleiche hierüber W. Bischoff's Anleitung zur Angelfischerei IL Aufl. 1883. München, bei Braun und Schneider.) Die III. Unterordnung, die Fächerflügler, Strepsiptera, wird von uns nur zur Vereinfachung des Systems hier aufgenommen. Ebensogut könnte sie aber auch als eigene Klasse, und zwar als Uebergang von den Netzflüglern zu den Käfern betrachtet werden. Es sind sehr kleine Insekten, bei welchen die Männchen mit halbkuglig vorragenden, sehr grob facettirten, fast gestielt er- scheinenden Augen, gegabelten oder gekämmten Fühlern, kleiner Vorder- und Mittelbrust, grosser Hinterbrust versehen sind; ihre Vorderflügel bilden kleine, an der Spitze aufgerollte, häufig mit den Flügeldecken der Käfer verglichene Stummel, während die längsgefalteten Hinterflügel sehr gross und stark sind. Die ungeflügelten, wurmförmigeu Weibchen, sowie ihre späteren beinlosen Larven- stadien leben parasitisch in dem Leibe von Hymenopteren. Das erste sechs- beinige Larvenstadium dringt in den ßienenwohnuugen bereits in die Bienen- larven ein und macht hier nun eine regressive Metamorphose durch. Die Puppen ragen alsdann zwischen den Hinterleibsringen der erwachsenen Wirtlie hervor, aber nur das Männchen verlässt das Wirthsthier, während das Weibchen auch nach seiner Häutung daselbst verbleibt. Xenos vesparum Rossi ist häufig auf Polistes gallica, Stylops melittae Kirb. auf Andrena-Arten. Von dieser Gattung leitet man die Bezeichnung „stylopisirt" für mit Strepsipteren besetzte Hymenopteren ab. KAPITEL IX. Die Käfer. Die Käfer, Coleoptera, sind Insekten mit kauenden Mund- werkzeueren, freiem, stark entwickeltem Prothorax, zwei Paar Flügeln, von denen das vordere zu Flügeldecken umgebildet ist, und vollkommener Metamorphose. Wie mannigfaltig auch die Körper- gestalt der Käfer ist, so werden doch bei weitem die meisten zu dieser Ordnung ge- hörigen Insekten sofort auch dem Laien durch die Flügeldecken (vergl. S. 35 bis 38) kenntlich, welche während der Ruhe als feste Schutzorgane nicht nur das zweite Flügelpaar, die eigentlichen Flugflügel, ver- bergen, sondern auch die beiden hinteren Brustringe und meist auch den gesammten Hinterleib derartig überlagern, dass von oben gesehen ein typischer Käfer nur aus dem Kopf, einem der Vorderbrust entspre- chenden „Halsschilde" und dem von den Flügeldecken bedeckten Rumpfe zu be- stehen scheint. Ihre kauenden Mund- werkzeuge sind im Allgemeinen nur da- durch von denen der vorbesprochenen Gerad- und Netzflügler unterschieden, dass die Verschmelzung der beiden Hinterkiefer zur Unterlippe (vergl. S. 31) eine weiter gehende ist und demgemäss ein grösserer Unterschied zwischen der Unterlippe und den Mittelkiefern besteht. Ebenso wie den erwachsenen Insekten ist auch den Larven eine bestimmte Form nicht eigenthümlich, und wir finden die verschiedensten Lehrbach d. initteteurop. Foratinfsckteukaade. 19 Fig. 109. Kletterlaufkäfer, Calo- soma sycophanta L. l Oberlippe, B Vorderbrust, Halsschild, b Scliild- chen, Fl I zu einer Flügeldecke umgewandelter Vorderflügel der rechten Seite, Fl II Aev zusammen- gefaltete Hinterflügel der linken Seite. 282 Kap. IX. Die Käfer. Gestalten von der frei lebenden, ausgefärbten Raixbkäferlarve bis zu dem weisslichen, aber noch mit Füssen versehenen Engerlinge und der eine fusslose Made darstellenden Rüssel- oder Borkenkäferlarve. Allen ist aber ein gesonderter, fest chitinisirter Kopf eigentliümlicli, sowie wesent- lich kauende Mundwerkzeuge. Die Puppe ist stets eine freie (vergl. b. 102 und Taf. II, Fig. 12 und 14 P.). Die Verbreitung der Käfer reicht auf dem festen Lande und im Süsswasser wohl ungefähr ebenso weit, als die Verbreitung des organi- schen Lebens überhaupt. Die Zahl der im Ganzen bekannten Arten wird auf 80 000 geschätzt, von denen auf das sicherlich am besten durch- forschte europäische Faunengebiet über 15 000 und auf Deutschland ungrefähr 6 000 kommen. Die Käfer nähren sich ebenso wie ihre Larven von den verschie- densten lebenden oder todten oder bereits in Zersetzung begriffenen organischen Substanzen. Die Thierfresser unter ihnen werden gewöhnlich als wirthschaftlich nützlich angesehen, die Pflanzenfresser als schädlich. Für den Forstmann sind die Käfer neben den Schmettei'lingen die wichtigste Insektenordnung. Obgleich einige derselben forstlich auch nützlich sind, so ist doch der von vielen Arten angerichtete Schaden bei weitem überwiegend. Man braucht nur die Namen Maikäfer, Enger- ling, Rüssel- und Borkenkäfer zu nennen, um dem einfachsten Forst- manne in das Gedächtniss zu rufen, dass sowohl die erwachsenen Käfer wie ihre Larven den Holzgewächsen, und zwar physiologisch ebenso wie technisch schaden können. Allgemeilies- Die Gestalt der erwachsenen Käfer ist ungemein verschieden; dieselbe kann linear, gestreckt und scheibenförmig, ab- geplattet oder kugelig sein. Einen grossen Einfluss auf den äusseren Habitus hat ferner die Verbindungsweise der einzelnen Leibesabschnitte, welche entweder scharf durch tiefe Einschnitte gegen einander ab- gegrenzt sind, z. B. bei den Laufkäfern (vergl. Fig. 109) oder ganz aneinander schliessen, dass der Umriss des Leibes eine fortlaufende Curve darstellt (vergl. Taf. II, Fig. 3 F). Letzteres findet man nament- lich häufig bei Wasserkäfern. Auch die Länge der Gliedmassen im Verhältniss zum Stamme des Leibes kann sehr verschieden sein. So werden die Fühler häufig sehr lang, und es entstehen dann ganz abenteuer- liche Gestalten, wie bei manchen Bockkäfern. Bei plötzlichem Schrecke ziehen viele Käfer alle Gliedmassen dicht an den Leib, und bei einigen finden sich sogar .auf der Unterseite besondere Furchen vor, ■ in welche Fühler und Beine derartig eingelegt werden können, dass sie die Oberfläche des Chitinpanzers nicht überragen (vergl. S. 293). Dieser Chitinpanzer ist meist mittlerer Härte, kann aber zu einer ungemein festen Scbutzdecke, — z. B. bei manchen Rüsselkäfern — oder Allgemeines. 283 zu einem dünnen, biegsamen Häuteben werden, wie z. B. bei der Familie der Malacodermata. Die Käfer sind im Allgemeinen als mittelgrosse Thiere zu clia- rakterisiren, unter denen allerdings aucb Riesen, — z. B. Hirscbkäfer und Cerambyx cerdo L. — und Zwerge, — z. B. viele Borkenkäfer — vorkommen, und zwar letztere weit häufiger als erstere. Die Färbung der Käfer ist meist unauffällig, mit geringen Zeichnungen; dunkle Metallfarben sind häufig, aber auch helle Farben, wie Schwefelgelb und Zinnoberroth, kommen vor, z. B. bei Cteniopus sulphureus L. und Pyrochroa coccinea L., ferner lebhaftester farben- spielender Metallglanz, sowie Seiden- und Sammetschimmer, namentlich bei Chrysomeliden und Scarabaeiden. Die Sculptur der Oberfläche, besonders der Oberseite von Kopf, Halsschild und Flügeldecken, ist nicht nur für den Habitus, sondern auch für die Abgrenzung der Einzelart häufig wichtig. Ganz glatte, gestreifte, punktirte, in Reihen punktirte, gerunzelte OberflächenbeschafFenheit ist sehr häufig. Auch Haare und Schuppen finden sich vielfach, und besonders die Färbung der letzteren ist für die Gesammtfärbung des frischen, noch nicht abgeriebenen Thieres oft entscheidend, z. B. bei vielen Rüssel- käfern. Der Kopf ist stets gut ausgebildet, bald frei vorragend, bald mehr oder weniger in oder unter das Halsschild eingezogen. Er trägt mitunter bei beiden Geschlechtern oder nur beim c? hornartige Aus- wüchse. Dasselbe ist übrigens auch vom Halsschild zu sagen. Die Netzaugen fehlen nur wenigen Höhlenkäfern, bei den übrigen sind sie gut entwickelt und variiren von kreisrunder zu oblonger und nierenförmig eingeschnittener Gestalt. Im äussersten Falle trennt der Einschnitt jedes Auge in zwei gesonderte Hälften (vergl. S. 74, Fig. 53). Punktaugen fehlen in der Regel. Die Fühler sind sehr verschieden geformt, theils gleichartig, theils ungleichartig und in letzterem Falle meist gebrochen, also aus Schaft und Geissei bestehend. Die Mundwerkzeuge sind am Kopfe, entweder vorder- oder unterständig eingelenkt, so dass also die Vorderkiefer entweder in der Richtung der Längsachse vorragen, wie bei den Laufkäfern, Schrötern u. s, f., oder senkrecht zu dieser nach unten gestellt sind, wie bei den Borkenkäfern. Bei den Rüsselkäfern und Verwandten sind sie an der Spitze einer mehr weniger ausgeprägten Verlängerung des Kopfes, Rüssel genannt, angebracht. Die Vorderkiefer sind gewöhn- lich starke Beisszangen, welche nur sehr selten häutig werden, da- gegen öfters bei den Männchen zu secundären Geschlechtscharakteren ausgebildet sind, z. B. bei den Hirschkäfern. Die Laden der Mittel- kiefer sind dagegen häufig lederartig, ihre l'aster viergliedrig. Der Ladentheil der zur Unterlippe verschmolzenen Hinterkiefer ist meist wenig entwickelt, und ihre Taster sind meist dreigliedrig. Die Brust ist durch die starke Entwickelung der Vorderbrust zum Halsschilde gekennzeichnet. Die Mittelbrust ist der kleinste Ab- 19* 284 Kap. IX. Die Käfer. schnitt, dagegen erscheint die wesentlich die Flugmuskeln einschliessende Hinterbrust sehr stark entwickelt. Die Beine sind durchgehend Laufbeine, welche allerdings in vielen Fällen durch Sohlenbildung zu Gangbeinen werden. Die Um- bildung der Vorderbeine zu Grabbeinen, z. B. bei den blatthörnigen Käfern und die Verwandlung der Hinterbeine in Sprung- oder Schwimm- beine tritt verhältnissmässig selten auf. Die Fussglieder sind meist an allen drei Beinpaaren in der Zahl fünf entwickelt. Solche Käfer heissen pentamer, ihre Gesammt- heit Pentamera. In einer grossen Gruppe ist aber das vorletzte der fünf Fussglieder so schwach entwickelt, dass es nur bei genauester Be- trachtung erkannt wird, und diese Thiere daher als viergliedrig, tetramer, die Gruppe als Tetramera, bezeichnet werden. Neuerdings nennt man sie daher gewöhnlich ^verborgen fünfgliedrige", Cryptopentamera, oder -falschviergliedrige", Pseudotetramera (Fig. 110). Es gibt ferner auch Formen, welche in Wirklichkeit vier Fussglieder an allen drei Beinpaaren haben; bei ihnen ist aber gleichfalls das vorletzte so gering entwickelt, dass es lange übersehen wurde und diese Käfer daher als „dreiojliedrige", Tritnera, be- zeichnet wurden. Auch für diese werden jetzt oft die Ausdrücke Cryptotetranaera oder Pseudotrimera an- gewendet. Käfer, welche an den beiden ersten Bein- paaren fünfgliedrige, an dem hintersten dagegen vier- Fig. 110. Bein von gliedrige Tarsen haben, nennt man Heteronaera. Hylesinus mit j)-g ^^^ ^^^ Eücken der Mittelbrust eingefügten rem Tarsus- «das Flügeldecken bedecken meist vollständig die beiden nicht mitgezählte hinteren Brustringe und den Hinterleib. Nur an ihrer vorletzte Glied. Basis tritt fast immer in der Mittellinie des Leibes zwischen denselben ein kleines Stück Mittelbrust hervor, das Schildchen, scutellum (Fig. 109 &). Sonst stossen sie gewöhn- lich in der Mittellinie des Körpers mit einem geraden ßande, dem Innenrande, genau zusammen. Nur selten klaffen sie oder greifen über- einander. Oft ist der Aussenrand der Flügeldecken ein Stück weit nach unten umgeschlagen. In einzelnen Gruppen werden die Flügel- decken kürzer und lassen entweder nur das letzte Ende des Hinter- leibes, das dann Schwanzstück, pygidium, heisst, frei, oder sie sind abgekürzt und bedecken nur wenige Ringe des Hinterleibes, wie z. B. bei den Staphjliniden. In seltenen Fällen sind sie zu ganz schwachen Rudimenten verkümmert. Es ist dies namentlich bei den Weibchen mancher Leuchtkäfer der Fall, welche hierdurch ein larveuähnliches Aeussere erhalten. Diesen fehlen dann gleichzeitig die Flugflügel, welche übrigens auch bei gut entwickelten Flügeldecken fehlen können. Letztere verwachsen dann mitunter in der Mitte derartig, dass die Naht verschmilzt und die Flügeldecken eine zusammenhängende Schutzplatte des Rumpfes bilden. Nur in seltenen Fällen sind die hinteren Flug- flügel kürzer oder ebenso lang wie die Flügeldecken; der Regel nach werden sie bedeutend länger und sind dann sowohl der Länge nach. Allgemeines. 285 wie quer auf die Längsachse einfaltbar. Meist wird nur die Spitze gegen die Basis eingesclilagen ; bei verkürzten Flügeldecken kommt aber auch eine doppelte Eiufaltung der Quere nach vor. Das Geäder besteht wesentlich aus Längsadern imd verkümmert bei den kleineren Formen. Beim Fluge werden die Flügel entweder unter den geschlossen bleibenden, zu diesem Zwecke in der Schultergegend besonders aus- geschnitteneu Flügeldecken hervorgeschoben, so z. B. bei den Gold- käfern, Cetonia, oder es werden — und dies ist der häufigere Fall — die Flügeldecken bei Entfaltung der Flügel gehoben und während des Fluges geöffnet getragen. Der Hinterleib ist dadurch ausgezeichnet, dass die Bauch- platten stärker chitinisirt sind als die Rückenplatten und eine meist ganz feste, kahnförmige Kapsel für die Eingeweide bilden, über welche die weichen Rückenplatten als dehnbare Decke übergespannt erscheinen. Nur die von den Flügeldecken nicht bedeckten Rückenplatten sind stärker chitinisirt. Diese Einrichtung ist besonders wichtig bei den Weibchen, welche sehr viel Eier produciren, deren Hinterleib also sehr aufschwillt. Die Zahl der Rückenplatten ist stets grösser als die der Bauchplatten, da letztere an den ersten Hinterleibsringen meist ver- kümmern, während zugleich die zum Ansatz der Flugmuskeln stark erweiterte Bauchhälfte der Hinterbrust sich nach hinten vorschiebt. Auch verschmelzen öfters einzelne Bauchplatten miteinander. Die letzten Hinterleibssegmente sind häufig eingezogen und treten in Be- ziehung zu den äusseren Geschlechtsorganen, welche nur beim Ge- brauche vorgestreckt werden. Der häufig sehr starke Penis wird neuerdings vielfach mit den ihn auszeichnenden Chitinstücken zur Unterscheidung der einzelnen Arten verwendet. Die Weibchen haben öfters eine längere Legröhre. Aeusserlich lassen sich beide Geschlechter meist nur an der Form der um die Geschlechtsöffnung herum liegenden Ohitinplatten unter- scheiden. In anderen Fällen sind dagegen deutliche secundäre Geschlechtscharaktere vorhanden (vergl. S. 43 — 45). Die meist sehr einfach geformten Eier bieten keinerlei erwähnens- werthe Eigenthümlichkeiten. Sie werden von den Weibchen stets an die für die Larven geeignete Nahrungsquelle abgelegt, und es werden zu ihrer Unterbringung oft besondere Vorkehrungen getroffen (vergl. S. 88 und 89). Die Larven sind entweder einer freien Lebensweise angepasst, mit gut entwickelten, eine verhältnissmässig rasche Fortbewegung ge- stattenden Extremitäten und vorgestreckten Mundwerkzeugen versehen, alsdann auch meist lebhafter gefärbt, oder zur Lebensweise in der Erde oder in ihren Nahrungssubstanzen eingerichtet und dann meist mit gering entwickelten Beinen und unterständigen Mundwerkzeugen aus- gestattet, weich und weisslich gefärbt. Im extremsten Falle, z. B. bei den Rüssel- und Borkenkäferlarven, fehlen die Beine vollständig. Eine Ortsbewegung ist dann nur durch Krümmungen des Körpers möglich und wird durch die Besetzung des Hinterleibes mit Haaren, Dornen 286 Kap. IX. Die Käfer. oder rauhen Chitinplatten vielfach unterstützt. Uebergänge zwischen den Extremen finden sich oft vor. Die an dem gut chitinisirten Kopfe befindlichen Mundwerkzeuge sind stets nach dem Typus der kauenden Mundwerkzeuge gebaut, auch dann, wenn einzelne Theile derselben, z. B. bei den Schwimmktäfern, Dytiscus, die Vorderkiefer, zu hohlen, durchbohrten Saugzangen verwandelt sind. Die Nahrung der Larven ist entweder die gleiche wie die der Käfer selbst, z. B. bei den fleischfressenden Raubkäfern, dem Puppeu- räuber Calosoma sycophanta L., oder die Nahrung beider ist ver- schieden. Es kann dann die Nahrung der beiden genannten Lebens- stadien immerhin noch denselben Ohjecten, aber verschiedenen Theilen, entnommen sein; so sind z. B. sowohl der Maikäfer wie der Enger- ling Pflanzenfresser, aber der erstere verzehrt die Blätter, letzterer die Wurzeln der Pflanzen. Es können aber auch die Nahrungsquellen völlig verschieden sein; so fressen z. B. die Imagines vieler Käfer Blüthen- staub, z. B. die Anthrenus- und Dermestes-Formen, während die Larven thierische Kost verzehren. Manche Käferlarven sind auch Koth- und Aasfresser. Sehr viele leben ferner parasitisch im Inneren lebender Pflanzen und tödten dieselben bei starken Angriffen. Diese Thiere sind für den Forstmann von besonderer Wichtigkeit, z. B. viele Rüssel- und alle Borkenkäferlarven. Meist findet man hier leichter die Larven wie die Käfer, und es bietet hier oft schon die Form des Larvenfrasses sichere Anhaltspunkte für die Bestimmung des Schädlings. Nur wenige Käferlarven leben parasitisch in anderen Thieren; aus unserer Fauna ist besonders der als Larve in Coccus racenoosus Ratz, schmarotzende Änthribus varius Fabr. zu erwähnen (vergl. auch S. 106 und 107). Die Verpuppung geschieht entweder frei oder in einem mehr weniger gut ausgebildeten Cocon. Die im Holze lebenden Larven machen häufig vertiefte Puppenwiegen, welche sie mit genagten Spanpolstern auskleiden, z. B. die Pissodes-Arten. Bei in der Erde oder in Pflanzentheilen lebenden Puppen frisst sich stets der Käfer auf die Aussenwelt durch und erzeugt also Fluglöcher. Oefters ver- lässt aber die Larve bereits vor der Verpuppung das Innere ihrer Nährpflanze und metamorphosirt sich in der Bodendecke. Systematik. In einem praktischen Zwecken gewidmeten Buche theilt man die Käfer am besten zunächst in vier grosse Abtheilungen nach der Anzahl ihrer Fussglieder, soweit man solche mit blossem Auge oder massiger Lupenvergrösserung erkennen kann. Käfer mit 5 Fussgliedern an jedem Beinpaar heissen Peutamera. ««4: „ «« r. « Tetramera. ««3 „ «« « w Trimera. Solche, welche an den beiden vorderen Beinpaaren 5, am hinteren 4 Fussglieder haben, heissen Heteromera. Dass die wissenschaftliche Entomologie diese Eintheilung jetzt verwirft, ist nicht nur darin begründet, dass die Bezeichnungen auf einer oberflächlichen Allgemeines, Systematik. 287 Beobachtung beruhen und wenigstens die Namen Tetramera und Trimera oft durch die Bezeichnung Cryptopentamera und Cryptotetramera ersetzt werden (vergl. S. 284), sondern auch darin, dass dieses künstliche System, streng durch- geführt, zu einer Zerreissung natürlicher Verbindungen führen muss. Kommen doch z. B. in der sehr natürlich abgegrenzten Familie der Staphylinidae, welche im Allgemeinen zu den Pentameren gehört, auch fast alle anderen, überhaupt bei Käfern bekannten Zahlenverhältnisse an den Fussgliedern vor, und sinkt doch bei manchen Pselaphidae, welche mit den Staphylinen nahe verwandt sind, und daher auch in die Pentameren eingereiht werden müssen, die Zahl derselben auf zwei. Trotzdem sind diese Ausnahmen so wenig zahlreich und beziehen sich meist auf praktisch so wenig wichtige Thiere, dass man sie in einem Werke wie das vorliegende vernachlässigen kann. Ja zur ersten Orientirung ist die Einthei- lung nach den Fussgliedern um so wichtiger, als die beschreibende Entomologie sich neuerdings darin gefällt, die Trennung der Käfer in einzelne Familien immer weiter zu treiben, und der Anfänger daher leicht den Ueberblick über die Zu- sammengehörigkeit der einzelnen Gruppen verliert. Wir folgen im Allgemeinen in unser°er Eintheilung dem „Verzeichniss der Käfer Deutschlands" von G. Kraatz und nehmen im fast vollständigen Anschlüsse an dasselbe 61 Familien an, deren Uebersicht hier folgt. Die Familien der einheimischen Käfer. aj Pentamera. 1. Cardbidae. 2. Dytiscidae. 3. Gyrinidae. •i- Hydrophilidae. 5. Staphylinidae. 6. Pselaphidae. 7. Clavigeridae. ö- Scydmaenidae. 9. Silphidae. 10. Clambidae. 1 1 • Sphaeriidae. 12. Trichopterygidae. 1^. Scaphidiidae. 14. Histeridae. 15' Phalacridae. 16. Nitidulidae. 17. Trogositidae. 18. Colydiidae. !"• Rhysodidae. 20. Ciicujidae. 2 1 . Cryptophagidae. 22. Lathridiidae. 23. Mycetophagidae. 24. Dermestidae. 25. Byrrhidae. 26. Georyssidae. 27. Parnidae. 28. Heteroceridae. 29. Lucanidae. 30. Scarabaeidae. 31. Buprestidae. 32. Eucnemidae. 33. Elateridae. 34. Dascillidae. 35. Malacodermata. 36. Cleridae. 37. Lymexylonidae. 38. Ptinidae. 39. Anobiidae. b) Heteromera. 40. Tenebrionidae. 41. Cistelidae. 42. Pythidae. 43. Melandryidae. 44. Lagriariae. 45. Pedilidae. 46. Anthicidae. 47. Pyrochroidae. 48. Mordellonae. 49. Rhipiphoridae. 50. Meloidae. 5 1 . Oedemeridae. c) Tetramera. 52. Bruchidae. 53. Attelabidae. 54. CQrculionidae. 55. Scolytidae. 56. Cerambycidae. 57. Clirysomelidae. d) Trimera. 58. Erotylidae. 59. Endomychidae. 60. Coccinellidae. 61. Corylophidae. In der vorstehenden Uebersicht sind die Namen der für dea Forstmann bedeutungslosen Familien petit, die nützlichen cursiv, die merklich schädlichen gesperrt und die sehr schädlichen fett gedruckt. Nur die beiden letzteren Gruppen, sowie die unmittelbar sich ihnen anschliessenden^ werden in sieben getrennten Abschnitten 288 Kap. IX. Die Käfer. ausführlicher behandelt werden, es sind dies die Familien 29 und 30; 31, 32 und 33; 35, 37, 38, 39 und 50; 52, 53 und 54; 55; 56; 57, also im Ganzen 16 Familien. Die übrigen 45, nur nützliche und gleichgiltige Formen enthaltenden, behandeln wir in kurzer Ueber- sicht auf den folgenden Seiten. Wer Genaueres verlangt, muss sich an speciellere Werke halten, unter denen uns zur Bestimmung deut- scher Käfer im Allgemeinen am bequemsten zu sein scheint: L. Eedtenbacher, Fauna austriaca, die Käfer. 3. Aufl. 2 Bde., 1874, Wien. Die meisten „Käferbücher" populärer Natur taugen nichts. Die forstlich nützliclien nud gleichgiltigeu Käfer. In der folgenden Aufzählung werden im Zusammenhange kurz diejenigen Käferfamilien berührt werden, welche keinerlei dem Forst- mann schädliche Thiere enthalten und demgemäss eine ausführlichere Schilderung nicht erfahren können. Die beiden ersten Familien, die Laufkäfer, Carabidae, und die Schwimmkäfer, Dytiscidae, enthalten fast ausschliesslich Eaubkäfer, welche von anderen Thieren leben. Auch ihre Larven sind meist auf die gleiche Nahrung angewiesen. Es werden daher die grösseren Gat- tungen und Arten der Laufkäfer, die Vertilger so mancher schädlichen Insekten und anderen Ungeziefers, als wirthschaftlich nützlich angesehen. Für den Forstmann kommen hauptsächlich die Waldbewohner in Be. tracht, die Gattungen Cicindela oder Sandkäfer, Carabus oder Lauf- käfer im engeren Sinne (Taf. I, Fig. 5) und vornehmlich Calosoma oder Kletterlaufkäfer, von denen C. sycophanta L. namentlich zur Zeit eines grösseren Raupenfrasses oft massenhaft in den befallenen Nadelholzbeständen auftritt und hier sowohl als Imago (Taf. I, Fig. 4 F), wie als Larve (Taf. I, Fig. 4 L), kräftig gegen die Eaupen kämpft. Diese sämmtlichen Gattungen verdienen also den Schutz des Forst- mannes, welcher ihnen denselben aber höchstens insoweit gewähren kann, dass er die häufig in den Raupengräben und namentlich in den Fanglöchern sich ansammelnden Exemplare von den Arbeitern vor Vernichtung der Raupen, beziehungsweise vor Zuschüttung der Fang- löcher herauhuehmen und in Freiheit setzen lässt. Die Schwimmkäfer, welche trotz der ganz anderen Form ihres Körpers, der wie eine verlängerte Linse geformt ist, den Laufkäfern sehr eng verwandt sind, müssen als forstlich gleichgiltig angesehen werden. Dagegen ist erwähnenswerth, dass die grösseren Arten, namentlich Dytiscus marginalis L., der sogenannte „Gelbrand", sowohl erwachsen Die forstlich nützliclieu und gleichgiltigen Käfer. 289 wie als Larve der Fischbrut und sogar schwächeren erwachsenen Fischen verderblich werden. Als wirthschaftlich ganz gleichgiltig eind die hier sich an- schliessenden, gleichfalls wesentlich im Wasser lebenden Familien der Taumelkäfer, Gyrinidae, und der Wasserkäfer, Hydrophilldae, zu be- zeichnen. Erstere tummeln sich, zierliche Bögen schlagend, schaaren- weise auf der ruhigen Oberfläche unserer Gewässer; letztere durch die keulenförmige Gestalt ihrer Fühler vor den übrigen im Wasser lebenden Käfern ausgezeichnet, schwimmen nicht sehr gut und schreiten mehr in der Tiefe der Gewässer zwischen den Wasserpflanzen einher, von denen sie einen grossen Theil ihrer Nahrung entnehmen. Die Carabidae und Dytiscidae sind trotz der grossen Verschiedenheit ihrer äusseren Gestalt durch den Bau ilirer Mundwerkzeuge als sehr nahe ver- wandt kenntlich. Es ist nämlich bei beiden die äussere Lade der Mittelkiefer in einen zweigliedrigen Taster verwandelt, so dass also das zweite Kieferpaar hier vier Taster aufweist. Unter die Carabidae rechnen wir auch die mit einigen Verwandten häufig als getrennte Familie behandelte Gattung Cicindela. Die Sandkäfer, Cicindela, welche wegen der räuberischen Lebensart ihrer in fast senkrechten Erdröhren lebenden Larven von Ratzebürg als forstlich nützlich wohl überschätzt wurden, gehören in unseren sandigen Kiefernwäldern zu den auffallendsten Insektenerscheinungen, da die auf dunklem oder metallisch glänzendem Grunde scharf hell gezeichneten Käfer bei Sonnenschein vor dem störenden Wanderer häufig auffliegen, um nach kurzer Flucht wieder einzufallen. Die oberhalb lebhaft grüne C. campestris L. dürfte wohl bei uns die häufigste sein. Zoologisch sind diese Thiere, welche man vielleicht deutsch noch besser als „Fluglaufkäfer" bezeichnen könnte, durch den beweglichen Haken an der Spitze der Innenlade der Mittelkiefer, sowie durch den grossen, das Halsschild an Breite erreichenden Kopf mit vortretenden Augen charakterisirt. Unter den Erdlaufkäfern umfasst die Gattung Carabus die grössten Formen. Von den nahe verwandten Kletterlaufkäfern, Gattung Calosoma, denen ein queres Halsschild zukommt (Taf. I, Fig. 4 F), sind sie im Habitus durch ein mehr quadratisch abgerundetes Halsschild verschieden (Taf. I, Fig. 5 F). Es sind meist nächtlich lebende Thiere, welche in Verbindung mit ihren beweg- lichen, meist dunkel gefärbten, grossen Larven (Taf. I, Fig. ö L) von thierischer Nahrung leben. Besonders häufig werden ihnen, wie Altum hervorhebt [XVI, III, 1, S. 49 u. 5(1], die nächtlich zum Vorschein kommenden Erdraupen, namentlich die der Ackereulen, und die zeitig im Herbst in die Bodendecke hinabsteigenden Eaupen, sowie die Puppen forstschädlicher Schmetterlinge, z. B. der Kieferneule, des Kiefernspanners, des Rothschwanzes etc zur Beute fallen. Ob ihr häufiges Erscheinen an Orten mit Raupenfrass, wo sie sich in den Fanggräben oft massen- haft anhäufen, auf einer dann wirklich eintretenden massenhaften Vermehrung beruht oder blos auf einer stärkeren Concentration auf die Stellen, wo sie viel Frass finden, mag hier dahingestellt bleiben. Die häufigsten Arten unserer Gebirgswaldungen sind C. violaceus L , auronitens Fabr., sylvestris Panz., während C. glabratus Patk., cancellatus III., granulatus L., intricatus L., hortensis L. häufig in den Waldungen der Ebene und Vorberge gefunden werden. Die forstwirthschaftlich nützlichste Gattung ist ohne Zweifel die Gattung Calosoma oder Kletterlaufkäfer, da sowohl Käfer wie Larven nicht auf die Jagd am Erdboden beschränkt sind, sondern ihrer Beute, den Raupen, auch auf die Bäume zu folgen vermögen. Wir erwähnen hier besonders den grossen Kletter- laufkäfer C. sycophanta L., auch Puppenräuber, Baumkäfer, Mordkäfer, Raupeujäger, Bandit, Sycophant genannt, mit grün- und rothgoldiger Oberseite (Taf. I, Fig. 4 F), bis 35 vim lang und den kleinen, 15—20 mm langen, oberhalb tief bronzebraunen C. inquisitor L. Ihre an den gleichen Orten wie die Käfer vorkommenden Larven, von denen die der grösseren Art bis 50 mm Länge 290 Kap. IX. Die Käfer. , erreicht, sind durch die fest chitinisirten, schwarzbraunen Doppelschilder auf dem Kücken jedes Leibesringes, welche mit den gleichfalls dunklen und festen Bauch- schildern durch helle weiche Gelenkhäute verbunden werden (Taf. I, Fig. 4 i), sehr leicht kenntlich. C. sycophanta findet sich nicht nur in unseren Nadelholz- wäldern bei Frass von Kiefernspinner, Nonne und Kieferneule zahlreich ein, sondern geht auch nach Altum den Processionsspinnerraupen tapfer zu Leibe. Pfeil hat ein und dasselbe Exemplar 10 — lömal nacheinander je eine Eulen- raupe von dem Baume herabholen sehen, und Nitsche nahm in Primkenau aus einem einzigen Raupengrabenfangloche über 20 Exemplare heraus. C. Inquisitor L. ist dagegen mehr auf Laubwälder angewiesen und geht hier namentlich in jüngeren Stangenhölzern den Spannerraupen nach. Taschenberg [XVIII, S. 209] hat seine Nützlichkeit zuerst gewürdigt. Auch unter den vielen kleineren Gattungen und Arten der so zahlreichen Gruppe — es finden sie-h 168 Gattungen und über 1 800 Arten in Europa — wären gewiss noch manche forstnützliche Tbiere zu verzeichnen. Ratzeburg sperrte zwei Stück Harpalus ferrugineus Fabr. mit fünf Engerlingen in ein Glas; nach fünf Tagen fehlten zwei Engerlinge, nur deren Köpfe waren zu finden. Es mehren sich aber auch die Nachrichten über Pflanzenfresser unter den Caraben, namentlich bezüglich der Gattungen Harpalus Latr., Amara Bon. und ihrer Verwandten. Der bekannte Getreidelaufkäfer, Zabrus tenebrioides Goeze (gibbus Fabr.), benagt bei Nacht die noch milchigen Körner der Getreideähren und seine Larven zerkauen die Blätter der jungen Getreidepflanzen und saugen dieselben aus. Näheres vergleiche bei Taschenberg [XXII, "2, S. 2 — 7]. Es liegt ferner auch eine neuere Beobachtung über die forstliche Schäd- lichkeit von Harpalus pubescens Müll, (ruficornis Fabr.) und wahrscheinlich auch von H. aeneus Fabr. vor. Czech [Centralbl. für d. ges. Forstwesen, Jhrg. IV, 1878, S. 3711 hat sicher beubachtet, dass ersterer Käfer in mit Brettchen gegen Mäuse- und Finkenfrass gedeckten Saatbeeten sich unter die Brettchen gewühlt, die Samen von Laub- und Nadelhölzern seitlich angenagt und theilweise aus- gefressen hatte. Er wurde mehrmals direct beim Zerkauen der Samen des ameri- kanischen Färbermaulbeerbaumes, Maclura aurantiaca Nutt., betroflen. Auch wurden die Samen von Pinus- und Picea-Arten angegangen, die der Abies-Arten dagegen verschont. Auf nur mit Reisig gedeckten Saatbeeten kam dieser Frass nicht vor, dagegen sind Harpalus-Arten auch unter Moosdeckung häufig. Die Familieu der Staphylinidae, Pselaphidae und Clavigeridae lassen sich als „Stutzflügler" zusammenfassen, da sie verkürzte Flügeldecken als wesentliches Kennzeichen besitzen. Sie stellen die zahlreichste Gruppe aller einheimischen Käfer dar und nähren sich im erwachsenen Zustande meist von faulenden thierischen und pflanzlichen Substanzen, als Larven häufig auch von anderen lebenden niederen Thieren. Die grösseren Arten, unter denen wir als besonders häufig Staphylinus (Ocypus) olens Müll- (Taf. I, Fig. 1) und St. erythropterus L. (Taf. I, Fig. 2) hervorheben, nützen daher wohl mehr durch ihre Be- theiligung an der Beseitigung von Thierleichen etc., als durch directe Bekämpfung forstschädlicher Insekten. Dagegen leben viele kleinere Arten als Larven in den Gängen der Borkenkäfer und nähren sich daselbst wahrscheinlich von deren Eiern und Larven. Aus der KRAATz'schen Monographie der deutschen Staphylinen hat Altum [XVI, III, 1, S. 69] die positiven Angaben über forstnützliche Thätigkeit der einzelnen Arten zusammengestellt, und wir fügen nach Nördlinger und Perris einige Ergänzungen bei. Hiernach leben räuberisch: Die forstlich nützlichen und gleicbfijiltigen Käfer. 291 in den Gängen von die Larven von Hylesinus ligniperda Fabr Homalota celata Ek. Hylesinus piniperda L Homalota sp.? Hylesinus minor H«tg ( g^^/l^^ scintillans Guv. \ Q. fuhginosus Guy. iPlacusa sp.? Phloeopora reptans Guv. Xantnolinus collans Ek. Homalium vile Eu. Leptusa analis Gyll. Tomicus laricis Fabk Homalota cuspidata Er. Phloeopora reptans Gkv. Homalium pusillum Grv. Gleichfalls in den Gängen des letzteren Borkenkäfers kommt noch die Larve von Coryphium angusticolle Stph. vor, soll aber von dem Koth der Borken- käfer leben, und die Larve von Quedius dilatatus Fabr. vernichtet die Horni^sen- brut in den Nestern. Die in der Form den Staphylinen äusserst ähnlichen, aber durch die geringere Zahl der Tarsalglieder und die häufig keulenförmige Gestalt der Fühler, sowie Unterschiede in den Mundwerkzeugen von ihnen abweichenden Pselaphidae und Clavigeridae sind zwerghafte, meist in den Nestern von Ameisen als Einmiether lebende Käferchen. Der Statur und Lebensweise nach schliessen sich diesen die forstlich gleichfalls völlig gleichgiltigen Scydmaenidae an, welche aber keine verkürzten Flügeldecken haben. Trotzdem die Lebensweise ihrer Vertreter äusserst verschieden ist, werden die Silphidae nach derjenigen der häufigeren und grösseren ein- heimischen Arten oft als Aaskäfer bezeichnet. Am bekanntesten ist die Gattung Necrophorus oder Todtengräber, deren Arten meist durch abwechselnd roth und schwarz quergezeichnete Flügeldecken kenntlich sind. Diese Thiere bringen ihre Eier an kleinen Thierleichen unter, nachdem sie letztere zuvor durch allmähliche ünterwühlung in den Boden versenkt^ begraben haben. Die meisten Arten der nahe verwandten Gat- tung Silpha legen ihre Eier gleichfalls gern an Aas, welches alsdann den ausschlüpfenden Larven zur Nahrung dient; an eingegangenen Stücken Wild findet man z. B. häufig die grösste deutsche Art Silpha tittoralis L. Andere sind kühne Räuber, namentlich die forstlich durch Vertilgung vieler Raupen entschieden nützliche S. quadripunctata L., der Vierpunkt- Aaskäfer. Silpha quadripunctata L., welche durch je zwei schwarze Punkte auf den ledergelben Flügeldecken und ledergelbe Einfassung des dunklen Hals- schildes leicht kenntlich ist, wird im Mai auf Eichenheistern und Buchenstangen kletternd gefunden, wo sie die daselbst fressenden Spannerraupen kräftig bekämpft. Nach Redtekbacfek soll sie auch in den Nestern der Processionsspinner in Masse vorkommen. Die Larvtn einiger anderen mattschwarzen Arten, namentlich von S. atrata L. und S. opaca L., gehen bei Nahrungsmangel gelegentlich an die Blätter der jungen Runkelrüben, welche sie skelettiren [vergl. XXII, II, S. 10]. 292 Kap. IX. Die Käfer. Von den in der systematisclien Uebersiclit auf S. 287 nunmehr folgenden Familien Nr. 10 — 15 erwähnen wir im Anschluss an die Silphidae nur die Histeridae, weil die durch die Abstutzung ihrer Flügeldecken und die spiegelblanke Oberseite leicht kenntlichen Hauptgattungen dieser Familie gleichfalls häufig in Aas und Mist gefunden werden. Da die im Miste lebenden Arten der Gattung Hister nicht directe Mist- fresser sein, sondern sich räuberisch von den dort lebenden eigentlichen Mist- käfern nähren sollen, so vermuthet Altum auch unter den kleinen unter alter Rinde lebenden Arten Räuber, welche vielleicht in ähnlicher Weise, wie die schon oben angeführten kleinen Staphylinen, forstnützlich werden können [XVI, III, 1, S. 74]. Bestimmt wird dies von Nördlinger [XXIV, S. 2] nach Perris angegeben von Platysoma oblongum Fabr. und Plegaderus discisus Er., von denen ersterer den Larven von Tomicus 6-dentatus Börner, letzterer denen von Tomicus (Crypturgus) pusillus Gyll. nachgehen soll. Auch die Familien Nr. 15 — 23 könnten hier völlig übergangen werden, wenn nicht in der forstlichen Literatur einige kleine Vertreter der Nitidulidae, Trogositidaf), Colydiidae und Cucujidae, welche öfters in den Borkenkäfergängen angetroffen werden, als Borkenkäferfeinde an- gesehen werden müssten. Aus der Gruppe der Nitidulidae oder Glanzkäfer wird am häufigsten erwähnt der auf Cruciferenblüthen lebende und bei starker Vermehrung die Rapsernte empfindlich schädigende Rapsglanzkäfer, Meligethes aeneus Fabr. Der Käfer selbst frisst sich nämlich im Frühjahr in die Rapsknospen ein, und die Larve zerstört Blüthen und Schoten oft vollständig [vergl. XXII, II, S. 12]. Als Verbündete des Forstmannes werden dagegen manche unter Baumrinde und in den Gängen der Borkenkäfer lebende kleine Formen, namentlich die lang- gestreckten, flachen Arten der Gattung Rhizophagus, angesehen. Rh. depressus Fabr. und der etwas seltenere Rh. grandis Gyll. wurden von Redtenbacher in den Gängen von Hylesinus micans Küg. raubend angetroffen. Wegen ähnlicher Lebensweise wird Ips ferrugineus L. und I. quadripustalatus L. geschätzt. Unter den Trogositidae ist das fast fadenförmig langgestreckte Nemosoma elongatum L. zu erwähnen. Dieses 5 mm lange, glänzend schwarze, an der Basis und Spitze der Flügeldecken gelbgezeichnete Käferchen ist, wie Erichson mittheilt, von verschiedenen Beobachtern in den Gängen von Hylesinus vittatus Fabr. in Rüster als Räuber angetroffen worden. Altum hat es in den Gängen von Lymexylon dermestoides L., Tomicus domesticus L. und T. Saxesenii Ratz. gefunden und wir selbst haben es aus Frassstücken von Hylesinus (Phloeo- tribus) Oleae Fabr., sowie aus altem Buchenholz in Gemeinschaft mit Tomicus bicolor Hbst. erzogen. Die gleiche Bedeutung haben einige Vertreter der Colydiidae. Colydium filiforme Fa.br. und Oxylaemus variolosus Dof. leben in alten Eichen, und zwar wesentlich in den Gängen von Tomicus monographus Fabr. Desgleichen wurde der zu den Cucujidae gehörige Laemophloeus ferrugineus Stph. von Jüdeich in -Menge in den Gängen von Tomicus micrographus L. gefunden. Die Familie der Speckkäfer, Dermestidae, ist zwar dem Forst- manne in seinem Berufe völlig gleichgiltig, verdient hier aber doch Erwähnung, weil die gewöhnlich behaarten Larven sämmtlicher Formen von abgestorbenen thierischen Substanzen leben, und zwar einige in Aas, die meisten aber in getrockneten Fellen, Bälgen und Naturalien. Schlecht vergiftete ausgestopfte Bälge, sowie in ungenügend verschlossenen Die forstlieli nützlichen und gleichgiltigen Käfer, 293 Kästen aufbewahrte Insektensammlungen sind daher der Zerstörung durch dieselben ausgesetzt. Der eigentliche Speckkäfer, Dermestes lardarius L., schwarz, mit breiter, gelbgrauer, sehwarzgepunkteter Binde über der Wurzel der Flügeldecken, 8 bis 9 mm lang, sowie dessen langbehaarte, mit zwei hornigen Haken am Hinterleibs- ende bewaffnete Larve geht trockene Fleischwaaren und ausgestopfte Tliiere an. Der 5 mm lange, schwarze, durch zwei weisse Haarpunkte auf den Flügeldecken ausgezeichnete Pelzkäfer Attagenus pellio L. lebt auf Blüthen, während seine gleichfalls behaarte, aber der Horuhakcn am Hinterleibseude entbehrende Larve ein gefürchteter Feind der Hausvorräthe, Kleider. Herbarien uud Naturalien- sammlungen ist. Gleichfalls auf Blüthen leben die Käfer der Gattung Anthrenus, während ihre Larven, ausgezeichnet durch ein langes Büschel Haare am Hinter- leibe, namentlich die des nur 25 mm langen A. museorum L., die Hauptfeinde der Insektensammlungen sind. Als auffallende einheimische Käferform sei Byrrhus, die Haupt- gattung derByrrhidae, erwähnt, welche wegen ihrer abgerundetenKörper- gestalt den deutschen Namen „Pillenkäfer" erhalten hat. Die Bauch- seite dieser Käfer ist mit tiefen Furchen versehen, in welche alle Leibesanhänge derartig eingelegt werden können, dass sie für eine oberflächliche Betrachtung völlig verschwinden. Mehr an feuchten Orten, ja mitunter in fliessendem Wasser leben die wenigen ein- heimischen Vertreter der Familien der Georyssidae, Parnidae und Heteroceridae. Diese sowohl wie die später folgenden Dascillidae können hier keinerlei Besprechung finden. Aus der Familie der Cleridae ist durch das Verzehren schädlicher Holzkäfer, besonders der Borkenkäfer, forstlich in hohem Grade nützlich Clerus formicarius L., und zwar sowohl als Käfer wie als Larve (Taf. I, Fig. 3 i^ und L). Dieser Käfer wird namentlich in Nadelholzrevieren an alten stehenden und gefällten Stämmen, Meterstössen u. s. f. häufig gefunden. Seine rosenrothe, be- wegliche Larve mit horizontal vorgestrecktem Kopfe, stark chitinisirter Vorderbrust, dui-ch je zwei feste Chitinschilder auf den beiden übrigen Brustringen und ein einfaches Schild auf dem Endringe ausgezeichnet, lebt unter der Rinde und geht daselbst gleichfalls den holzbewohnenden Käfern und Käferlarven nach. Auch seine Verwandten leben, wenigstens als Larven, meist von anderen Thieren, so z. B. die Larve von Trichodes apiarius L. in Bienenstöcken auf Kosten der Bienenlarven, und deshalb wird sie von den Imkern sehr gefürchtet. Die Familie der Ptinidae ist forstlich ganz gleichgiltig. Aus der Gruppe der Heteromera erwähnen wir lediglich die Familie der Tenebrionidae, weil sie den einzigen häufiger künstlich gezogenen Käfer enthält, den ursprünglich in Mehlvorräthen, auf Korn- böden etc. lebenden Mehlkäfer, Tenebrio molitor L., dessen Larve, unter dem Namen j,Mehlwurm" bekannt, ein sehr gutes Futter für insekten- fressende Stubenvögel abgiebt. Von den Trimera sind nur die Coccinellidae, im Volksmunde als „Marienkäferchen", „Herrgottschäfchen" bezeichnet, erwähnenswerth. Die sehr beweglichen Larven dieser nützlichen Thierchen leben auf Blättern 294 Kap. IX. Die Käfer. von anderen Thieren, namentlich von Blattläusen, und sind daher als nützlich anzusehen. Die gemeinste Art ist Coccinella septempunctata L. mit hellvioletter Larve. Diese kommt im Hochsommer häufig auch auf den Kartoffelpflanzen vor und verpuppt sich auch dort, indem sich die Puppe mit der Hinterleibs- spitze an den Blättern festheftet. Da diese Puppe lebhaft gelb und schwarz ge- zeichnet ist, wird sie neuerdings vielfach mit der ähnliche Farben zeigenden, natürlich aber freibeweglichen Larve des Coloradokäfers verwechselt, und eine ganze Eeihe falscher Gerüchte über das Auftreten dieses gefnrchteten über- seeischen Kartoftelfeindes rühren von solchen Verwechselungen her (vergl. S. 612). Die Blatthornkäfer, insbesondere der Maikäfer und seine Verwandten. Die von Latreille aufgestellte Gruppe der Blatthornkäfer, Lamellicornia, ist dadurch ausgezeichnet, dass die letzten Glieder ihrer Fühler zu starken, zusammen eine Keule bil- denden Blättern werden, und dass ihre Larven Engerlinge sind, d. h. blinde, fleischige, bauch- wärts eingekrümmte und daher stets seitlich liegende, weissliche Larven mit gut entwickeltem Kopfe, stark ausgebildeten Beinpaaren und sack- artigem Hinterleibe (Taf. 11, Fig. 14 L). Mai- käfer und Hirschkäfer künnen als typische Ver- treter angeführt werden. In neuerer Zeit hat man diese sehr natürliche Gruppe in zwei Familien getrennt, in die Lucanidae und ScarabaeTdae, und zwar namentlich nach der Beschafifenheit der Fühler, deren Blätter bei den Lucaniden, z. B. beim Hirschkäfer, mit ihren scharfen Rändern aneinanderstossend eine gesägte Keule bilden (Fig. 111 Ä), während dieselben bei den Scarabaeiden, z. B. beim Maikäfer, mit ihren Flächen gegeneinander zu liegen kommen (Fig. 111 B) und als richtige Blätter erst bei fächerartiger Entfaltung erkannt werden. Forstlich wirklichwichtigeKäferumfasst die Familie der Lucaniden nicht, doch seien hier als häufige grössere Mitglieder unserer Fauna er- wähnt der Hirschkäfer Lucanus cervusL. und der Balkenschröter Dorcus parallelepipedus L., deren Larven morsche Laubholzstämme bewohnen. Die Lucanidae, eigentlich nur durch den Bau der Fühlerkeulen und durch den Habitus getrennt, schliessen sich sonst im Bau nahe den Scarabaeiden im engeren Sinne an. Bei den typischen Formen ist in der stärkeren Entwicke- lung der Vorderkiefer des (^, welche bei dem Hirschkäfer zu völligen Geweihen ausgebildet sind, ein sehr auffallender secundärer Geschleehtscharakter gegeben. B Fig. 111. A Fühler des Hirschkäfers. B Fühler des Maikäfers. Die Blatthornkäfer im Allgemeinen. 295 Die Käfer nähren sich von den ausfliessenden Baumsäften, die Larven dagegen von mulmigem Holze, welches sie durchwühlen, und zwar meist in Eichen und Buchen. Von kleineren Formen gehören unserer Fauna noch an: Platycerus cara- boides L. und Sinodendron cylindricum L Die Scarabae'iden im engeren Sinne theilen wir für unsere Zwecke am besten nach Gerstäcker's Vorgang in fünf auch biologisch leicht charakterisirbare Gruppen, in die Mistkäfer, die Grabkäfer, die Ijaubkäfer, die Riesenkäfer und die Blumen käfer. Die neuere systematische Entomologie trennt dagegen die Scarabaeiden in zehn Unterfamilien, nämlich 1. Coprini, 2. Aphodiini, ;?. Hybalini, 4. Geotrypini, 5. Trogini, 6. Glaphyrini, 7. Melolonthini, 8. Rutelini, 9. Dynastini und 10. Cetonüni. Die Unterfamilien 1 und 2 bilden gemeinsam die Gruppe der Coprophaga Latb. oder Mistkäfer, so genannt, weil die Käfer den frischen Mist aufsuchen um, da ihre Larven vom Miste leben, in diesem ihre Eier abzulegen. Bei uns sind es meist kleinere Formen. Copris lunaris L. und die zahlreichen Aphodius- Arten können als Repräsentanten dienen. Aehnlich in ihrer Lebensweise an Mist und faulenden thierischen Sub- stanzen, aber durch die Mundtheile unterschieden, ist die Gruppe der Grabkäfer, Arenicolae M.-Leay. Die Eier werden von ihnen nicht direct in den Mist gelegt, sondern in Erdhöhlen, die mit einem Mistpfropfen A'erschlossen werden. Das Genus Geotrypes, welches unsere gewöhnliche Dungkäfer umschliesst, z. B. G. vernalis L., G. stercorarius L. und Trox sabulosus L. sind häufige, bekannte Vertreter dieser aus den Untei familien H — .5 bestehenden Gruppe. Beide Abthei- lungen sind insofern im Havishalte der Natur beachtenswerth, als sie Abfallsstoffe entfernen, bleiben forstlich aber gleichgiltig. Die dritte Gruppe dagegen, die Phyllophaga Burm., Laubkäfer, ge- nannt, umfasst einige forstlich höchst beachtenswerthe Formen. Unter diesem Namen vereinigt man die Unterfamilien 6 — 8. Biologisch stimmen sie insofern überein, als die Imagines sich von Blättern und Blüthentheilen nähren, während die in der Erde lebenden Larven Pflanzenwurzeln gemessen. Die neunte Unterfamilie bildet die Gruppe der Riesenkäfer oder Dynastini. Diese vornehmlich exotischen, vielfach, wie schon ihr deutscher Name besagt, sehr grossen Formen zeichnen sich durch besonders hervortretende secun- däre Geschlechtscharaktere aus. In unserer Fauna sind sie nur durch sehr wenige und verhältnissmässig kleine Formen vertreten. Am bekanntesten ist Oryctes nasicornis L., der Nashornkäfer, dessen Larve bei uns meist in Gerber- lohe lebt. Die zehnte Unterfamilie umfasst die Blumenkäfer, Melitophila Latr., prachtvoll gefärbte, metallisch glänzende, meist exotische Formen, deren Imagines, die ebenfalls häufig secundäre Geschlechtsunterschiede aufweisen, sich von Blüthenstaub und ausfliessenden Pflanzensäften nähren, während die Larven in faulendem Holze und in Ameisennestern sich aufhalten. Die Gattung Cetonia repräsentirt die wohlbekannten Goldkäfer bei uns, deren häufigster C. aurata L. ist. Forstlich wirklich wichtig ist nur die zu den Laubkäfern gehörige Unterfamilie der Melolonthini, welche ihren Hauptvertreter im Maikäfer findet. Die Melolonthini sind mit sieben- bis zehngliedrigen Fühlern versehen, deren Keule bei den kleineren einheimischen Arten drei- gliedrig, bei den grösseren sechs- bis siebengliedrig und bei den Männchen meist stärker entwickelt ist. Die Schienen der Vorderbeine, namentlich bei den Weibchen, sind stark und zum Graben eingerichtet, die Fussklauen sind gleich, mit Ausnahme der Gattung Hoplia. Von 296 Kap. IX. Die Käfer. den Stigmata des Hinterleibes liegen das zweite bis sechste Paar nahe dem Innenrande der Baucbhalbringe, alle in einer Richtung und von den Flügeldecken bedeckt. Das siebente Paar ist frei und in der Naht zwischen Rücken- und Bauchschiene des vorletzten Ringes gelegen. Die drei letzten Stigmata jeder Seite sind klein und rund, die vor- deren länglich. Die Färbung der Käfer ist meist dunkel und un- ansehnlich, wenigstens bei den einheimischen Arten. Wir haben hier nur die wichtigsten drei Gattungen zu erwähnen, die sich durch folgende Merkmale unterscheiden : IFüblerkeule des 1 (^ Tblättrig \ Melolontha. 9 Gblättrig j Fühlerkaule des | (^ Tblättrig \ Polyphylla. Aftergriffel fehlt • • <; Q öblättrig ) Fülilerkeule des i x,, . , J> u. 9 ^blättrig } Rhizotrogus. Die Gattung Meloloutha, Maikäfer, umfasst drei mitteleuropäische Arten, von denen aber nur zwei, der gemeine Maikäfer, M. vulgaris Fabr., und der Rosskastanienmaikäfer, M. Hippocastani Fabr., so häufig sind, dass sie forstschädlich werden Beide stimmen in ihrer Lebensweise so völlig überein, dass ihr Artunterschied in der Praxis vernachlässigt werden kann. Die Maikäfer fressen, ohne dass, wie bei anderen Forstinsekten, Jahre des Nachlasses, mit einem gewissen Frasscyklus abwechselnd, einträten, und es schadet nicht nur der Käfer durch Kahlfrass, sondern besonders die im Boden lebende Larve durch Zerstörung der Wurzeln. Man hat mit der grössten Bestimmtheit darauf zu rechnen, dass jeden fünften, respective vierten Sommer ein bedeutender Maikäferflug, ein Hauptflug, erscheinen wird; was innerhalb dieser Jahre fliegt, der Zwischenflug, ist jedenfalls immer unbedeutender, wenn auch bei der Vertilgung nicht zu übersehen. Die Flugjahre sind übrigens nicht die gefährlichen. Die Millionen von Käfern fressen zwar manchen Baum ganz kahl, mancher büsst auch wohl Blüthen und Früchte ein, und der Zuwachs leidet, aber selten geht einer darnach ein. Viel schlimmer gestaltet sich der Frass in den Nicht- flugjahren oder Engerlingjahren, denn keine Holzpflanze ist vor dem achten bis zwölften Jahre vor der Larve sicher, welche im frostfreien Herbst bis November frisst; ja in manchen sandigen Revieren ist durch sie öfters überhaupt jeder Neuanbau in Frage gestellt worden. Auch stärkere Stämme werden noch an den schwächeren Wurzeln befressen, einzelne auch getödtet. Man sammle die Käfer also weniger, um der Entlaubung der von ihnen befallenen Stämme vorzubeugen, sondern vielmehr um Maikäfer im Allgemeiuen. 297 die benachbarten Pflanzungen und Saaten vor den Engerlingen zu schützen. Leider sehen das viele Leute nicht ein, weil sie, wenn ihre Pflänzlinge anfangen roth zu werden, gar nicht mehr an den Flug, welcher vor einena Jahre oder vor zwei Jahren da war, denken. Zur Abwehr dieser schweren Schäden kann der Forstmann zunächst Vor- beugungsmassregeln ergreifen, indem er eine solche Art des Be- triebes und der Bestandesgründung wählt, bei welcher eine möglichst geringe Zahl passender Brutstätten für die Maikäfer entstehen. Ferner kann er zur Vertilgung der Schädlinge schreiten^ und zwar sowohl des Käfers, wie des Engerlings. Die Vertilgung des Käfers, welche durch Sammeln während der Flugzeit zu geschehen hat, wird hierbei zugleich zur Vorbeugung gegen das starke Auftreten der Larven. Die Vertilgung der Larven durch Sammeln wird meist gleichzeitig mit der Bodenbearbei- tung vorzunehmen sein. In Saat- und Pflanzschulen wird man aber auch dann gegen die Engerlinge vorzugehen haben, wenn man am Welken der Pflänzlinge erkennt, dass sie von Maikäferlarven angegriffen sind. Ganz besonders gegen die Käfer zu empfehlen ist ein gleichzeitiges gemein- sames Vorgehen in weiterem Umkreise, wozu, wenn irgend möglich, auch die, ja nicht minder schwer wie Waldbesitzer heimgesuchten, Land- wirthe herbeizuziehen sind. Besteht doch in manchen Ländern sos:ar eine gesetzliche Verpflichtung zur Vertilgung dieser Thiere (vergl. S. 240 bis 244). In den stark von Engerlingen geplagten Gegenden ist ferner besonderes Gewicht auf den Schutz der nützlichen Thiere zu legen, wie namentlich des Maulwurfes, des Staares und der Saatkrähen. Ausführ- lichere Schriften über den Maikäfer haben Plienixger [15], Krohn [12] und Bodenmüller [4] verfasst. Ein gi'össerer hierauf bezüglicher Aufsatz ist auch in der „Allgemeinen Forst- und Jagdzeitung" 1864 enthalten [I4J. Beschreibung. Imago. Wir verzichten auf eine eingehende Schilderung dieser allbekannten Käfer und geben nur die folgenden Unterschiede zwischen den beiden wichtigsten Arten an: M. vulgaris Fabe. M. Hippocastani Fabk. Spitze des Hinterleibes: In einen ziemlich breiten und von der Wnrzel an gleichmässig verschmälerten Aftergriffel ausgezogen. Schnell verengt und dann in einen dünnen, an der Spitze meist wieder er- weiterten Aftergriffel ausgezogen. Flügeldecken: Einfarbig rothbraun. 1 Rothbrauu mit schmalem, schwarzem I Saume. Länge: 25— 30??m I 20 — 2.5 J>im Drittes Fühlerglied des (^ : Einfach. | Vorn mit einem Zahn. I.chrbach d. mittelearop. Forstinsektenkunde. 20 298 Kap. IX. Die Käfer. Die Puppe (Tfl. I, Fig. l-i P) ist gelblich oder bräunlich mit zwei- sitzigem Hinterleibsende. Die Larve (Tfl. II, Fig. 14 L u. L^i, auch Glime und Quatte genannt, gehört zu den Engerlingen mit viergliedrigen Fühlern. Letztere sind ebensolang als der Kopf und haben an ihrem vorletzten Gliede einen die Anlenkung des letzten Gliedes überragenden, zugespitzten Fortsatz. Die langbehaarten, gut aus- gebildeten drei Beinpaare nehmen von vorn nach hinten au Grösse zu. Die Klauen der beiden ersten sind schlank pfriemenförmig, die des hinteren dagegen sehr kurz. Das Hinterleibsende bildet einen grossen, dick aufgetriebenen, durch eine Furche quergetheilten Aftersack, welcher häufig wegen des im Enddarm lange zu- rückgehaltenen, durch die Leibeswand durchschimmernden Koihes bläulicli erscheint. Der After ist quergestellt, vor demselben auf der Bauchseite eine längere Doppelreihe feiner Stacheln und neben diesen jederseits ein kleineres, fein bedorntes Feld. Diese genauere Beschreibung kann dazu dienen, um die Maikäferengerlinge von den Engerlingen der Mistkäfer, mit denen sie öfters verwechselt worden sind, zu unterscheiden. In Frage können hier nur die Gattungen Aphodius und Geotrypes kommen. Die Larve der ersteren ist auch mit viergliedrigen P"'ühlern versehen, aber die Beine sind nur mit vereinzelten Dörnchen besetzt, und bei der Larve von Geotrypes, welche nur dreigliedrige, sehr kurze Fühler hat, ist das dritte Fusspaar sehr verkürzt. Die ebenfalls engerlingsarti>;en Larven der Lucaniden sind durch die läng? gestellte Afteröönung gekennzeichnet. Die Eier sind weisslich und von Hanfkorngrösse. Biologie. Fortpflanzung. Der Flug der Käfer beginnt, je nach der Witterung, Ende April oder im ]\[ai — in höheren Gebirgslagen, wo der Käfer überhaupt nur wenig vorkommt, erscheint er erst im Sommer, einzelne Exemplare erst Ende August — uud dauert drei bis vier, auch wohl sechs Wochen, wenn man ein grösseres Flugrevier nimmt. Im Anfange der Flugzeit sind die Männchen überwiegend, und auch zu Ende derselben, wenn schon viele Weibchen nach erfolgter Eiablage eingegangen sind, werden sie wieder vorherrschend. An den Bäumen verrathen sich die Käfer dann bald durch ihren schwirrenden Flug während der Dämmerung, oder durch den Frass; sie werfen abgebissene Blattstücke herunter, die z. B. an Birken viel Aehn- lichkeit mit den von der Nonne abgebissenen haben. Ihr Koth liegt dick unter den Bäumen, Das Weibchen sucht sich, nach erfolgter Be- gattung, im Fluge eine passende Brutstelle — unbenarbten, ziemlich lockeren, trockenen, seltener bewachsenen, festen und nassen Boden — schiebt, indem es sich in den Boden gräbt, ein lockeres Erdhäufchen aus demselben hervor und geht bis 25 cm tief hinein, um von seinen 60 bis 70 Eiern 12 bis 30 Stück, selten mehr auf einmal abzulegen. Nach vier bis sechs Wochen erscheinen die Larven. Sie bleiben längere Zeit beisammen und zerstreuen sich erst im zweiten Sommer, dann aber nach allen Seiten in der Erde fortwandernd. Zum Winter gehen die Engerlinge tiefer in die Erde, und im Frühling begeben sie sich wieder unter die Oberfläche. Der Maikäfer hat in Norddeutschland eine vierjährige Generation ; wärmeres Klima bedingt eine dreijährige, z. B. in der Schweiz und in Süddeutschland; in dem rauhen Ostpreussen ist neuerdings durch Gerike eine fünfjährige festgestellt worden [7]. Bei der vierjährigen (vergl. die graphische Darstelhing, S. 114) sind die Larven erst im vierten Sommer ausgewachsen, bei der dreijährigen schon am Ende des Maikäfer. Fortpflanzung, Generation, Flugjahre, Frass. 299 dritten. Aber auch bei der vierjährigen Generation fressen sie meistens nicht mehr um Johannis, oder sie verpuppen sich wohl schon gar im Juli, sehr selten schon im Mai. Gewöhnlich geschieht dies erst im Herbst oder im nächsten Frühjahre, und zwar in einer inwendi^• geglätteten Erdhöhle, die bald, im Winter, ungewöhnlich tief, bis fast 1 m, bald, im Sommer, nur 0*3 ?». tief unter der Erdoberfläche liegt. Die Käfer fliegen, auch wenn sie sich schon im Herbst entwickelt haben sollten, doch meist erst im nächsten April oder Mai aus; nur ausnahmsweise verlassen sie schon im Herbste die Erde und fliegen im September oder October, oder einzelne kommen schon im Februar des Flugjahres zum Vorschein. Man hat daher in Norddeutschland alle vier Jahre einen stärkeren Flug zu erwarten und nennt diesen Hauptflug. Um auszu- fliegen, machen sich die Käfer einen Gang in die Höhe, und lassen im Boden Löcher, wie mit einem Stocke gestochen, zurück. Nach den Hauptflügen berechnet man die Flugjahre. Merkwürdig ist die für die Trägheit des schwärmenden Käfers sprechende That- sache, dass oft benachbarte Gegenden ganz verschiedene Flugjahre haben, wie z. B. Eberswalde, Berlin, Potsdam; ja drei Meilen von Eberswalde beobachtete Ratzeburg noch abweichende Flugjahre. In Eberswalde sind nach ÜATZEBURa und später Altum die Schaltjahre Flugjahre, z. B. 1856, 1860, 1864 u. s. f., in Franken die dem Schaltjahre folgenden, also 1857, 1861, 1865, in Westphaleu im Münsterlande die zweiten auf das Schaltjahr folgenden Jahre, also 1858, 1862, 1866. Auch Dresden und Tharand haben die Schaltjahre als Flugjahre, während bei Wilsdruff, circa 8 km von Tharand, das dem Schaltjahre vorhergehende Jahr Flugjahr ist, also, um bei dem obigen Beispiel zu bleiben, 1855, 1859, 1863 u. s. f., wie Judeich iu langen Jahren beobachtete. Im Süden ist natürlich alle drei Jahre ein Flugjahr. Nach Nördlinger waren z. B. in Hohenheim die Jahre 1857, 1860, 1863, 1866 Flugjahre und aus Basel werden angeführt als solche 1830, 1833, 1836, 1839, welche auch für den Jura und das Elsass Geltung hatten, aus Bern dagegen die Jahre 1831, 1834, 1837, 1840 u. s. f. In Ostpreussen, wo also die Generation fünf- jährig ist, waren 1866, 1871, 1876 und 1881 Flugjahre. Der Frass. Der Käfer geht besonders die Laubhölzer an und liebt vorzüglich Eichen, Ahorn, Rosskastanien, Birken, Weiden, Pappeln, Ebereschen, Bachen, Hainbuchen, verschmäht auch Obstbäume und Linden nicht, Nadelhölzer dagegen fast ganz, indem er von den Kiefern und Fichten höchstens die männlichen Kätzchen angeht, da also nicht leben kann, wo nicht neben diesen zugleich Laubholz oder die Lärche, deren Nadeln er gern annimmt, vorkommt. Nur im Nothfalle nimmt er Gras und Kräuter an. Am meisten frisst er auf hervorragenden oder freistehenden Stämmen, weil er diese umschwärmen kann, und zieht sich deshalb, öfterö weit von seiner Brutstätte ab- streichend, gern nach den Chausseebäumen. Die Larve nährt sich im ersten Sommer meist nur von den feinen Humustheilchen, die im Boden vertheilt sind. Im dritten und 20* 300 Kap. IX. Die Käfer. vierten, zuweilen schon im zweiten Sommer, wird ihr Frass an den Wurzeln der jungen Holzpflanzen, wie auch an Kräutern und Gräsern, besonders garten- und landwirthschaftlichen Gewächsen merklich. Die Pflanzen verrathen sich, was für die Erkennung wichtig ist, durch ihr kümmerliches Aussehen; an Kiefern, und überhaupt Nadelhölzern, welche mehr als die Laubhölzer leiden, sind die vorjährigen Nadeln kürzer, struppiger und meistens auch bleicher und trockener als ge- wöhnlich, und der diesjährige Trieb entwickelt sich langsam und un- vollkommen, ßeisst man die Pflanzen aus, so zeigen sie, auch wenn sie schon sechs- bis achtjährig sind, nur geringe Widerstandskraft; die Seiten- oder Thauwurzeln sind abgefressen, und oft ist selbst an den dicken Wurzelsträngen die Spitze abgebissen. Bei schwächeren Pflanzen ist die befressene Wurzel so nackt und kahl wie eine Rübe. Im Kleinen ähnelt der Frass dem der Mäuse, geht auch zuweilen ringsherum bis dicht unter, ja, wenn sich eine starke Moosschicht um die Pflanzen gebildet hat, selbst bis über den Wurzelknoten, ist aber stets vom Wühlmausfrass durch den Mangel der Zahnspuren und dem- gemäss durch das unreine, faserige Aussehen der Nageflächen leicht zu unterscheiden. Dagegen wird es einigen Scharfsinnes bedürfen, um ihn nicht mit dem von Agrotis vestigialis Rott. zu verwechseln. Hat der Frass an einer Stelle gewüthet, wo blos Gras oder Kraut stand, so zeigt sich dieses auf einem ziemlich scharf abgegrenzten Platze wie vergelbt und verbrannt. Wo solche Plätze in den Schonungen dicht beisammen liegen, da fehlt auch das Holz, und man bemerkt, dass solche Maikäferlöcher immer wieder von legenden Käfern gesucht werden. Manchmal zeigt sich der grösste Frass nicht einmal in unmittel- barer Nähe der Käferflüge; um zu schwärmen und zu fressen gehen die Käfer oft in die geschlossenen Bestände, wo sie wenig oder gar nicht legen. In den wüchsigen, geschlossenen Beständen hat man daher immer am wenigsten zu fürchten. Auch in den Samenschlägen thut die Larve wenig Schaden, wenn die jungen Pflanzen kräftig stehen, ebenso auf schmalen Schlägen. Am liebsten sind ihnen grosse Kahlschläge, auf welchen das Weibchen ungehindert niedrig umher- fliegen kann, um die zur Ablegung der Eier geeignetsten Stellen, nämlich solche, wo der Boden verwundet ist, aufsuchen. Saatbeete werden entweder vom Käfer direct mit Brut belegt, oder sie werden von den Larven angegangen, welche vor dem Säen ^ schon im Boden waren oder mit aufgebrachtem Composte dahin kamen; endlich üben eine Anziehung die in Gärten mit Erde überkarrten Orte. Die legenden Käfer ziehen sich gern nach solchen lichten, lockereü Stellen. Ihre Brut lebt hier anfänglich von den W^urzeln der bald sich ein- findenden Kräuter und Gräser, geht später aber an die inzwischen kultivirten Holzpflanzen, die dann schnell ihrer Wurzeln beraubt werden. Zu den üblen Folgen des Frasses gehört noch das Kränkeln so vieler angefressenen Holzpflanzen, in denen sich dann oft Borken- und Rüsselkäfer ansiedeln und enorm vermehren, wenn man nicht sehr aufmerksam ist. Maikäfer. Frass und Abwehr. Vorbeugungsmassregeln. 301 Abwehr. Am wirksamsten wird man dem sehr beträchtlichen Schaden der Maikäfer und seiner Larve durch Vorbeugungsmass- regeln steuern. Diese haben sich zu erstrecken auf die richtige Wahl der Betriebsart, auf passende Anlage der Pflauzenerziehungsstätten und richtige Ausführung der Kulturen. BetHebsart. In Gegenden, welche stark unter Engerlingschaden leiden, ist der Plenterschlagbetrieb mit natürlicher Verjün- gung, wenn derselbe nach den örtlichen Bedingungen überhaupt anwendbar ist, zu empfehlen, weil die Mutterkäfer am wenigsten gern nach solchen Verjüngungen gehen, und weil sie vorzüglich da, wo der Boden nicht wund gemacht worden ist, ungern legen. Dass hier dann auch der Frass der Larven, wenn er vorkommt, nicht so fühlbar wird, liegt wesentlich an der grösseren Menge der vorhandenen Pflanzen. Die Larven bleiben nicht an einer Stelle, sondern arbeiten sich mühsam von einer zur anderen. Bei grossem Pflanzenreichthum bleiben dann oft gesunde Pflanzen genug übrig, um später einen geschlossenen Bestand zu bilden. Auf den nach kahlem Abtriebe an- gebauten Flächen verhält sich das anders, und die Erfahrung hat nun schon seit mehreren Jahrzehnten, seit der Ueberhandnahme der Kahlschläge, besonders in den sandigen Ebenen der Mark, gelehrt, dass sich die Maikäfer immer stärker vermehren, und es immer schwerer wird, einen geschlossenen Bestand zu erziehen. Kahler Ab- trieb befördert direct den Engerliugfrass. Wo die Kahlschlagwirthschaft nicht zu vermeiden ist, haue man womöglich nicht dicht vor dem Flugjahre, sondern warte mit dem Hiebe bis nach demselben, damit, ehe der nächste Flug wieder eintritt, der Boden schon berast oder mit jungen Pflanzen gedeckt ist, der Käfer hier also zum Legen weniger eingeladen wird. Besser als sehr grosse Kahlschläge sind jeden- falls häufiger wechselnde, schmale Schläge, denn an den Schatten- rändern der Schonungen, längs eines haubaren Bestandes fliegen die Mutterkäfer nur ungern. Am schlimmsten ist die Gefahr, wenn man jährlich oder fast jährlich einen Schlag an den anderen reiht, und so sehr grosse zusammenhängende Kulturflächen schafft, wie es in der That leider noch häufig geschieht. Diesen Fehler kann man freilich nur dann vermeiden, wenn eine zweckmässige Forsteinrichtung kleine Hiebszüge mit zahlreichen Anhiebsräumen schafft, eine Massregel, welche übrigens noch aus vielen anderen Gründen nicht dringend genug empfohlen werden kann. Auch eine richtige Anwendung des Wald Feldbaues dürfte sich in manchen Fällen nützlich erweisen, namentlich wenn man es so einrichtet, dass im Flugjahre die gefährdete Fläche bereits mit der Feldfrucht, besonders mit Waldkorn, bestellt ist, da die Käfer Ge- treidefelder nur ungern als Brutstätten wählen. Anlage der Pflanzenerziekungsstätten. Saatkämpe und Pflanz- schuleu sind es, in denen der Engerlingschaden am ausgesprochensten aufzutreten pflegt. Bei der Anlage solcher ist daher mit besonderer Vorsicht zu verfahren. 302 Kap. IX. Die Käfer. E. Hever empfiehlt zunächst die Verleg^ung der Forstgärten auf Stellen mit möglichst bindigem Boden, nur die oberste Bodenschicht sei etwas lockerer zu halten [10, S. 128]. Ein Saatkamp sollte ferner in gefährdeter Gegend womöglich ent- fernt von grösseren Partien von Laubholz angelegt werden, weil hier- durch den Mutterkäfern das Ueberfliegen von den Frassstätten nach den Brutstätten erschwert wird. Andererseits ist womöglich auch eine freie Lage der Saatkämpe zu vermeiden, und sind dieselben daher in dem Schutze benachbarter älterer Bestände anzulegen. Den schärfsten Aus- druck findet diese Regel in der Anweisung von Hartig zur Anlage von „Neurodebeeten mit Seitenschutz" [8, S. 150]. Th Hartig sagt: „Der gefürchtetste Feind ständiger Saatkämpe ist und bleibt aber immer die Maikäferlarve . . . Vorkehrungen gegen das Ablegen der Eier helfen allein. In Saatkämpen bewirkt man dies am einfachsten, indem man eine Bodenfiäche beständig unter Pflanzenschutz erhält, die den jährlichen Bedarf an Saatbeetfläche um das acht- bis zehnfache übersteigt, dass man von dieser Be- standsfläche alljährlich so viel Neurod herstellen und zu Siatbeeten bearbeiten lässt als das BedUrfniss erfordert, während das ausgenutzte Saatbeet des voi-her- gegangenen Jahres sofort wieder mit einer raschwachsenden Holzart in dichten Bestand gebracht wird, wozu drei- bis fünfjährige Weymouthskiefern besonders geeignet sind. Lässt man die Rodungen in der Richtung von Nordost nach Süd- west aufeinander folgen, so erhält man im Schutzbestande zugleich einen Seiten- schutz der Saatbeete, der dem Gedeihen der Pflanzen in hohem Grade förderlich ist." Ferner ist darauf zu sehen, dass die Bodenbearbeitung im Saatkampe erst nach der Flugzeit vorgenommen wird, also im eigent- lichen Sommer. Dies hat zugleich den Vorzug, dass alsdann die etwa bereits vorhandenen Engerlinge oberBächlich liegen und deshalb bei der Bodenbearbeitung leichter entfernt werden können. Ueberhaupt ist bei der Herstellung der Saatkämpe auf die Säuberung des Bodens von Schädlingen besonders zu sehen, sowie darauf, dass mit der etwa zur Verbesserung des Bodens zugeführten Ei'de nicht grössere Mengen schädlicher Thiere zugeführt werden. Ist der Boden der Saatkämpe wirklich gründlich von Engerlingen gereinigt, so können Isolirungs- gräben gegen das Einwandern der Engerlinge aus den benachbarten, nicht gesäuberten Orten schützen [12, S. 38j. Sind in ständigen oder wenigstens mehrmals zu benutzenden Kämpen die Pflanzen unmittelbar vor der Flugzeit entnommen, so thut eine hohe, dichte Bedeckung derselben mit Reisig sehr gute Dienste gegen das Ablegen der Eier. Die Aussaat darf dann aber erst zu einer Zeit erfolgen, welche sichert, dass die Keimlinge den Boden nicht vor Ablauf der Flugzeit verlassen. In ganz besonders gefährdeten Lagen kann man die jungen Pflänzlinge mit- unter auch dadurch schützen, dass man zwischen die Saat- und Pflanzreihen den Engerlingen besonders genehme Futterpflanzen einbringt, welche sie von den Holz- pflanzen ablenken. Zu diesem Zwecke werden namentlich Lattich, bezw. Salat, und Mohrrüben empfohlen [2, S. 25]. Es wird ferner vielfach eine besondere Be- reitung des Bodens angerathen, so von Th. Hartig [17, S, 22 u. 23] das Unter- bringen einer 20 cm hohen Schicht frisch abgefallenen Eichenlaubes mit nach- folgender Aufschüttung von Rasenasche oder feiner Erde, von Grieshajimer [6] die Einlage kurz geschnittener Zweige von Wachholder und Fichte in die Rillen Maikäfer. Vorbeugungsmassregeln. 303 der Saatbeete, und zwar so, dass bei den nebeneinanderliegenden Stücken die Nadeln immer gegeneinander gerichtet sind, wodurch den Engerlingen die Be- wegung in der Saatrille erschwert weiden soll. Ausführung der Kulturen. Für diese gelten zunächst natürlich, soweit dies überhaupt mit der Bestellung einer grösseren Fläche ver- einbar ist, alle in Betreff der Anlage von Saatkämpen gegebenen Winke. Namentlich wird es sich auch hier empfehlen, nicht im Flug- jahre, sondern erst nach der Flugzeit zu kultiviren. Ausserdem dürfte auch ein mehrjähriges Liegenlassen der Schläge, wie es gegen den grossen braunen Rüsselkäfer so wirksam ist, nützlich sein, weil sich während dieser Zeit der Schlag mit Pflanzenwuchs überzieht. Bei Pflanzung sind im Allgemeinen diejenigen Methoden zu bevorzugen, welche mit der geringsten Bodenverwundung verbunden sind, also für ballenlose Pflanzen z. B. die mit dem v. BuTTLAR'schen, dem ScHAAL'schen, dem WARTENBERo'schen Eisen, dem Pflanzdolch, Setzholz oder ähnlichen Instrumenten, vorausgesetzt, dass man nicht eine streifenweise Bodenbearbeitung damit verbindet, wie dies häufig geschieht. Ebenso ist die Spaltpflanzung mit dem Beil, mit dem v. Alemann- schen Spaten oder mit dem sogenannten Keilspaten der gewöhnlichen Löcherpflanzung vorzuziehen. Auch die Pflanzung mit dem Bibrmans- schen Spiralbohrer dürfte einen Vorzug verdienen, weil bei dieser Methode der Durchmesser des Pflanzloches verhältnissmässig klein ist. Kann man Ballenpflanzen verwenden, was freilich in den am meisten gefährdeten Revieren mit Sandboden gewöhnlich unthunlich ist, dann sind diese anderen vorzuziehen. Eine mit dem Hohlbohrer ausgeführte Ballenpflanzung widersteht dem Frasse der Engerlinge am besten, weil es diesen durch den biudigen Ballen erschwert wird, alle feineren Wurzeln der Pflanzen abzubeissen. Bei Pflanzung mit entblösster Wurzel empfiehlt es sich übrigens, wie gegen andere Insektenschäden, kleine, aus etwa drei Pflanzen bestehende Büschel zu verwenden. Auf langjährige Erfahrung gestützt, spricht sich v. Witzleben [3, S. 19] ganz besonders gegen die v, MANTEUFFEL'sche Hügel- pflanzung aus, weil bei dieser der Boden sowohl bei der Bereitung der Kulturerde im Herbste, als auch im Frühjahre durch das Plaggen- haueu am meisten entblösst und dadurch dem Eierablegen des Käfers Vorschub geleistet wird. Als Gegensatz der Hügelpflauzung wird von Danckelmann und Altum die Senkpflanzung [XVI, IIL Bd., 2, S. 102) sehr empfohlen. „Das Pflanzloch wird zu dem Zwecke so tief gemacht, dass, nachdem die Pflanze eingesetzt und die Erde um dieselbe angetreten ist, die Oberfläche des Pflanzloches etwa eine Hand hoch tiefer liegt, als die des umgebenden Bodens. Die Larven nämlich fressen bekanntlich im Sommer sehr oberflächlich. Die von den Seiten her gegen die eingesetzten Pflanzen anrückenden gelangen somit, beim Pflanzloche angelangt, aus der Erde an die ihnen höchst widerwärtige Aussenwelt und suchen sich einen anderen Weg. Der Herr Oberförster Bayer in Ringen- walde hat mit 21 cm tiefer Stellung der Pflanzen unter dem Niveau der Kultur- fläche grosse Erfolge erzielt.'' Für die flachwurzelnde Fichte dürfte freilich diese Senkpflauzung eine Unmöglichkeit sein. 304 Kap. IX. Die Käfer. Unter den Saaten empfehlen sich weniger die schmalen Rinnen- saaten und die Stecklöcher- und Plattensaaten, als die breiten Streifen- und die Vollsaaten trotz der für sie nöthigen ausgedehnteren Boden- bearbeitung, weil die Pflänzchen auf den ersteren sehr zusammen- gedrängt stehen und öfters ganze Plätze ausgefressen werden, während bei den letzteren, mehr zerstreuten, die Larven überall einzelne Pflanzen übrig lassen. Auch ist es rathsam, umfangreiche „Maikäfer- löcher", ehe sich von hier aus die Larven verbreiten, durch Gräben abzusperren. Schutz nützlicher Thiere. Dieser gehört zu den allerlohnendsten Vorbeugungsmassregeln, umsomehr, als er nicht nur gegen die Maikäfer, sondern auch gegen eine Unzahl anderer Schädlinge gleichzeitig wirkt. Ganz besonders ist der St aar als Maikäfervertilger wichtig, schon deshalb, weil man denselben leichter als andere nützliche Vögel durch das Aufhängen von Brutkästen nach einem bestimmten, gefährdeten Orte hinlenken kann [vergl. 12 und 9]. Der Hauptfeind der Engerlinge ist der Maulwurf, den man auf Kulturen und Saatbeeten, selbst wenn er hier und da einige Pflanzen durch seine Gänge vernichtet, nicht stören darf. Wo noch Schwarzwild erhalten ist, sieht man das- selbe eifrig in den Maikäferorten brechen; das hört auf sobald es im Herbs kälter wird, und der Engerling tiefer in der Erde geht. Sehr wichtig sind auch Vögel. Unter diesen zeichnen sich nächst dem Staar besonders die Krähen, vor- züglich Saatkrähen und Dohlen, in teichreichen Gegenden auch die Möven aus, weshalb man in Böhmen über Austrocknen der Teiche klagt. Wahrscheinlich sind auch noch mehrere Wadvögel, wie die Brachvögel, Kegenpfeifer, Wasser- läufer und Strandläufer, nützlich, da sie häufig in der Erde nach Würmern suchen. Unter den Raubvögeln fangen besonders die Eulen, Bussarde, Thurmfalken und Weihen unzählige Käfer weg. Auch die Ziegenmelker, Würger, gewiss auch noch viele kleinere Insektenfresser, wie Meisen, Drosseln, Sänger, Fliegenschnäpper u. dergl., zahme Hühner, Enten und Pfauen fressen die Larven wie die Käfer sehr gern. Endlich sind auch Fledermäuse und Fuchs zu erwähnen, welche Käfer fangen, und Marder, Dachs, Igel, wahrscheinlich auch die Spitzmäuse, welche ebenfalls den Engerlingen beikommen können. Ausser den Vorbeugungsmassregeln sind aber auch Vertilgungs- massregeln sehr häufig angezeigt, und zwar können sich diese sowohl gegen die Käfer richten und werden, wie bereits erwähnt, dann gleichzeitig zu Vorbeugungsmassregeln gegen den Engerlingfrass, als auch gegen die Engerlinge selbst. Das Sammeln der Käfer ist jedenfalls das beste Mittel. Alle Maikäfer eines Revieres wird man freilich nicht absuchen; das ist aber auch nicht nöthig, denn wenn auch im Innern der geschlossenen Bestände alle bleiben, so schaden sie hier nicht fühlbar, weil nur junge, ein- bis sechsjährige Pflanzen in grosser Ausdehnung von ihnen zerstört werden ; und wenn auf den Schonungen auch nur ein Theil der Käfer vernichtet wird, so gewährt das den jungen Pflanzen schon grosse Erleichterung. Der Einwand, dass nach der Säuberung der Schonungen und der Ränder derselben sich doch wieder Käfer aus anderen Gegenden herbeiziehen werden^ ist nicht ganz richtig, da der Maikäfer sehr träge ist, ja nicht einmal gewisse von ihm gewählte Horste von Bäumen gern verlässt, die er daher auch öfters ganz Maikäfer. Vertilgung, Käfersammeln. 305 kahl abfrisst. Erfahrungen haben auch bereits gezeigt, dass Orte, welche im Flugjahre gründlich gereinigt werden, später Ruhe haben, und dass hier auch während des nächsten Flugjahres weniger Käfer als anderswo fressen. Um den Zweck möglichst vollständig zu erreichen, muss man schon vor der Flugzeit an das Sammeln denken. Man muss in der Nähe der zu schützenden Schonungen und der Flächen, welche inner- halb des nächsten Frasscjklus, also der nächsten vier Jahre, kulti- virt werden sollen, alle starken Bäume, welche sich beim Sammeln nicht vollständig reinigen lassen würden, auf 100 bis 200 Schritte weit an den Rändern wegnehmen. Schwächere, noch schüttelbare, hervorragende Stämme, deren Wipfel die Käfer gern umschwärmen und nachher besetzen, sind dagegen angenehm. Solche Stämme werden zu sehr nützlichen Fangstämmen, wenn sie auf der Schonungsfläche zerstreut stehen. Sie gewähren noch den Nutzen der Kontrole, denn wenn sie, die immer am ersten befallen werden, ihre vollbelaubten Wipfel haben, so thaten die Sammler gewiss rechtzeitig ihre Schuldig- keit. Alsdann ist noch zu beachten: 1. Dass man mit dem Sammeln gleich nach dem ersten Auskommen anfängt, was, ganz so wie bei anderen Insekten, in trockenen Distrikten eher als in feuchten, an Mittagsseiten eher als an nördlichen geschieht. Wartet mau so lange, bis ganze Schwärme die Bäume bedecken, so ist schon viel versäumt. 2. Man darf nicht alle Tage auf gleichen Erfolg rechnen, ja man wird sogar das Sammeln an gewissen Tagen, wenn die Käfer weni«' oder gar nicht fliegen, aussetzen müssen, um nicht Arbeitslohn un- nöthig zu verschwenden. Gewöhnlich zeigt es sich schon am Abend vorher, wenn man am nächsten Morgen eine gute Lese zu erwarten hat; ist es nämlich warm und windstill, so umschwärmen die Käfer in dichter Schaar die Baumwipfel, an welchen sie am nächsten Morgen festsitzen. Beim Sammeln selbst hat man folgendes Verfahren zu beachten: 1. Es wird in den frühen Morgenstunden begonnen, wenn der Morgen nicht sehr kalt und nass ist, in welchem Falle die Käfer zu fest sitzen. Hat man Menschen genug, so hört man gegen Mittag auf, weil die Käfer an warmen Tagen sehr beweglich werden, im Herunterfallen ihre Flüojel ausbreiten und leicht davon- fliegen. Hat man jedoch nicht so viel Leute, dass man herumzukommen hotfen darf — und zwar nicht blos 2- bis Smal, sondern da, wo haubare benachbarte Bestände immer wieder neue Käfer herbeiziehen, wohl 6 bis 8mal — , so kann auch besonders mit den unter 3 erwähnten Vorsichtsmassregeln das Sammeln den ganzen Tag ununterbrochen oder wenigstens Nachmittags, wenn die grösste Hitze vorüber ist, fortgesetzt werden, weil immer noch viele Käfer zur Erde kommen, namentlich bei kühlem Wetter. 2. Man berücksichtige besonders alle einzeln stehenden oder doch aus dem Bestände hervorragenden Stämme, dann auch die freien Gebüsche, wahrend die von hohem Holze, namentlich von Kiefern, überwipfelten nicht abgesucht zu werden brauchen, weil sie der Käfer nicht gern annimmt, sich hier nur bei Regen und Sturm versteckt. 3. Stämme und Aeste werden mit kurzen, kräftigen Erschütterungen ge- schüttelt oder angeprallt. Schüttelt man so langsam, dass der Wipfel sich hin und her wiegt, so fallen die Käfer nicht so gut, und wenn sie fallen, so werden sie weit weggeschleudert und fliegen dabei sehr häufig während des Fallens auf. 306 Kap. IX. Die Käfer. 4. Sind 80 starke Stämme vorhanden, dass sie nicht mehr geschüttelt werden können, so müssen die erreichbaren Aeste mit langen Haken oder Stangen gereinigt werden. Wenn man Jungen unter den Sammlern hat, so machen sich diese gegen eine geringe Gratification ein Vergnügen daraus, den Baum zu be- steigen, die unteren Aeste durch Aiiftreten zu erschüttern und dann den dünneren Zopf mit den Händen zu schütteln. 5. Es müssen ausser den Kindern, welche sehr gut zum Aufsammeln zu gebrauchen sind, auch einzelne Erwachsene — etwa 1 auf 4 bis 6 Kinder — da sein, welche die Stangen tragen und die ganzen Stämme schütteln. Die Kinder umstellen dann mit auf den Boden gerichteten Blicken den Baum, ehe derselbe angestossen wird; denn man findet die Käfer so leicht nicht mehr, wenn sie schon in den Uuterwuchs gefallen sind. Laken, Tücher, Säcke lassen sich hier nicht anwenden, weil der Boden meist zu stark bewachsen ist und das Aus- breiten sehr erschwert. 6. Sammeln im Tagelohn unter gehöriger Aufsicht ist dem Accorde vorzu- ziehen, weil so reiner abgesucht wird, und auch keine Zeit durch das Austnessen verloren geht. 7. Die Gefässe der Sammler müssen inwendig glatt sein, am besten eng- halsige Wasserkrüge; auch nützt ein dann und wann vorgenommenes Um- schwenken derselben, wodurch die Käfer sich mit den Beinen verwirren und vom Herauskriechen abgehalten werden. Von Zeit zu Zeit werden die Töpfe, noch ehe sie ganz voll sind, einzeln auf einem festen Wege ausgeleert und die Käfer mit Kloben zerstampft oder mit den Stiefeln zertreten ; schüttet man sie auf grosse Haufen, so fliegen viele davon. Eecht zweckmässig ist das von Taschenbekg [XVIII, S. 83] empfohlene Verfahren. Die Sammler erhalten Säckchen, in deren oberes Ende der Obertheil . einer zerbrochenen Bierflasche fest einzubinden ist; der Flaschenhenkel gibt eine gute Handhabe, der Hals ein leicht verschliessbares Eingangsloch. Unten sind die Säckeken durch ein Band geschlossen, durch dessen Lösung das Ausschütten der Käfer in einen grösseren Sack, wenn diese weiter transportirt werden sollen, oder auf sonst geeignete Plätze erfolgen kann, ohne dass sie zum Theile davonfliegen. 8. Je na'-hdem das Auskommen langsam bei kaltem Wetter oder schneller und mehr massenhaft erfolgt, muss das Sammeln täglich oder nach Pausen von zwei bis drei Tagen wiederholt werden. Neuerdings tlieilt C. Cogho [Jahrbuch des Schlesischen Forst- vereines 1886, S. 200 — 203] mit, dass Maikäfer durch Leuchtfeuer, in welche sie Abends beim Schwärmen massenhaft hineinfliegen und verbrennen, bekämpft werden können. Das Sammeln und Vertilgen der Engerlinge geschieht zunächst am zweckmässigsten im Anschluss an die Bodenbearbeitung, nament- lich der Saat- und Pflanzkämpe. Je gewissenhafter hier vorgegangen wird, je genauer jeder blossgelegte Engerling aufgelesen wird, desto sicherer kann man auf einen guten Erfolg rechnen. Oftmals wird sich sogar ein mehrmaliges Umgraben des Bodens rein zum Zwecke der Engerlingvertilgung lohnen. In den immerhin seltenen Fällen, wo die Bodenbearbeitung im Grossen mit dem Pfluge vorgenommen wird, lässt man am besten sammelnde Kinder hinter dem Pfluge hergehen, wie dies in vielen Fällen auch der Landmann thut. Die dem Pfluge häufig folgenden Vögel, Krähen, Möven, Staare werden auch hier nützlich mitwirken. Die durch die Bodenbearbeitung nach oben gebrachten Engerlinge einfach liegen zu lassen in der Voraussetzung, dieselben könnten sich nicht wieder eingraben und kämen an der freien Luft, namentlich im Maikäfer. Vertilgung der Engerlinge. 307 Sonnenlichte, bald um, ist durchaus unzweckmässig. In die leichten Böden, um die es sich hier meist handelt, graben sie sich sogar mit Leichtigkeit wieder ein. Schweineeintrieb wird nur in seltenen Fällen Anwendung finden können. Krohn [12, S. 31 — 33] spricht allerdings sehr für ihn. Aber auch in bereits ausgeführten Kulturen wird man sehr oft zur Vertilgung der einzelnen, die jungen Pflanzen schädigenden Enger- linge schreiten müssen. Es ist schon vorher erwähnt worden, dass wir bei der Vorverjün- gung nicht so viel von dem Maikäferfrasse zu besorgen haben. Man wird also sein Hauptaugenmerk auf die Pflanzungen und Saaten im Freien richten müssen. Sind die Saaten nicht zu ausgedehnt, und hat man geschickte Arbeiter genug, so wird man, besonders wenn der Frass nicht gar zu heftig ist, und ganz vorzüglich in dem Jahre oder in den Jahren vor der Verpuppung, noch manche Pflanze, die ohne Abwehr vernichtet worden wäre, erhalten können. In den Rinnensaaten kann man mit geringen Arbeitskräften am meisten ausrichten; denn hier übersieht man den Schaden mit einem Blicke, und bei gehöriger Aufmerksamkeit bemerkt man den Frass gleich von seiner ersten Ent- stehung an. Kennzeichen sind folgende: Erstens welken die jungen Pflänzchen schon in wenigen Stunden, nachdem ihre Wurzeln von der Larve befressen wurden, und werden schon nach einigen Tagen roth, besonders in trockenen Sommern, wenn die oberflächlich noch nicht abgefressenen Wurzelfasern keine Nahrung mehr finden, oder wenn die ganze Wurzel bis dicht unter den Wurzelknoten abgefressen ist. Man kann also Anstalten treffen, noch ehe der Frass sich weit ver- bx-eitet hat. Zweitens wird — wieder ein Beweis des horizontalen Fort- wanderns — die Richtung, welche der Fresser genommen hat, in den Reihen sehr gut angedeutet, so dass ein geschickter Arbeiter in kurzer Zeit eine Menge Engerlinge ausheben und tödten kann. Entdeckt man den Frass erst, wenn schon viele Pflänzchen roth werden oder gar trocknen, so darf man nicht unter diesen die Engerlinge suchen, sondern man muss den Gang verfolgen, welchen sie, bei jüngeren Pflänzchen schneller, bei älteren langsamer, genommen haben, und dann erst die Pflanzen ausheben, welche zwar noch grün sind, aber durch welke und hangende Nadeln andeuten, dass der Fresser in der Nähe ist. Ist der Boden nicht zu locker, so kann man die Gänge chwachem Sprungvermögen begabte Trixagus {Throscus Latr.) dermestoides L., ein 3 — 4 mm langes, röthlichbraunes Käfercheu, mit anliegender, feiner seidenglänzender Behaarung am häufigsten. Die Larve von Melasis buprestoides L. wurde von Nördlingeu in einem starken Schwarzerlenstocke und dessen 10 c?u starkem Ausschlage, der im Begriffe stand, in Folge dieses Angriffes einzugehen, angetroffen [XXIV, S. 6 und 7j. Auch in Eichen, Buchen und Birken ist sie gefanden worden. Da die Larvengänge hori- zontal im Stamm verlaufen, springt angegangenes Holz beim Spalten in dieser Eichtung. Der Käfer selbst ist schwarz, 8— 9?;i?)i lang und nahe verwandt mit dem ähnlich lebenden und gleichfalls schwarzen Tharops melasoides Lap. Allgemeines über die Elateriden. Die einfarbigen oder nur einfach gezeichneten, schwarz, braun, gelb oder roth gefärbten Käfer haben einen oft in das Halsschild eingesenkten, gerade vorgestreckten oder mehr weniger geneigten, niemals wie bei den Buprestiden senkrecht gestellten Kopf, mit massig grossen, rundlichen Augen. Die elf- oder zwölfgliedri- gen, gewöhnlich einfach gesägten, mitunter gekämmten Fühler sind vor den Augen unter dem leistenartig vortretenden Seitenrande des Kopfes eingefügt. Die pj^ jjg Elater san- Mundtheile sind gut ausgebildet, die Oberlippe deut- guineus L. von oben lieh entwickelt, die Vorderkiefer zweispitzig, die Mittel- gesehen, kiefer mit zwei Laden und viergliedrigen Tastern, die Hinterkiefertaster dreigliedrig. Das Halsschild ist zur Aufnahme starker Muskulatur polsterartig gewölbt und seine Hinterecken in zwei mehr weniger lange, nach hinten gerichtete Spitzen ausgezogen (Fig. 119 und Fig. 120a). Seine Unterseite ist vorn oft zu einer etwas nach unten ge- bogenen, die Mundwerkzeuge verdeckenden Platte(Fig. 120 h') ausgebildet und verlängert sich nach hinten in den Bruststachel (Fig. 120 c), der in eine vor den Mittelhüften liegende Vertiefung der Mittelbrust (Fig. 120c?) frei versenkt werden kann. Die Beine sind einfach gebaut, mit linearen Schienen, Vorder- und Mittelhüften kugelig, Hinterhüften lang querge- zogen. Das Scbildchen ist deutlich, die Flügeldecken langgestreckt, an der Basis etwas aufgetrieben, vorn bauchwärts umgeschlagen und punktstreifig. Auf der starken Muskulatur der Vorderbrust, dem Bruststachel und der Brustgrube, sowie der freien Beweglichkeit des Halsschildes 526 Kap. IX. Die Käfer. gegen den übrigen Körper beruht das wichtigste biologische Merkmal der Elateriden, die Fähigkeit der sich bei Berührung todt stellenden Käfer, aus der Eückenlage ziemlich hoch emporzuschnellen, wobei sie dann gewöhnlich wieder auf die Beine kommen. Als Vorbereitung zu dem Sprunge biegen sie den Prothorax soweit nach der Eücken- fläche des Körpers zurück, dass seine Achse einen stumpfen Winkel mit der Achse des übrigen Körpers bildet und der Käfer hohl zu liegen kommt (Fig. 120 B)\ hierbei wird die Spitze des Bruststachels (c) fest an den Vorderrand der Brustgrube [d) angestemmt und wirkt gewissermassen als Stellholz. Indem nun das Thier mit starker Muskel- anstrengung plötzlich den Bruststachel wieder in die Brustgrube zu- rücksclmappen lässt, schnellt die Vorderbrust nach der Bauchseite vor (Fig. 120 C), der aufgetriebene Basaltheil der Flügeldecken schlägt mit bedeutender Kraft auf die Unterlage in der Richtung des Pfeiles I und der Rückstoss treibt den Körper in der Richtung des Pfeiles II empor. _-._ ^• Fig. 120. Elater (Corymbites) aeneus L. A von der Bauchseite. B im Profil in der Stellung vor dem Sprunge, den Bruststacliel am Eande der Brustgrube angestemmt. G im Profil im Anfange des Sprunges, a Ecken des Halsschildes, h vordere Verlängerung der Vorderbrust, c Bruststachel, d Brustgrube. Pfeil I Kichtung des Stosses, Pfeil II Richtung des Eückstosses. Man findet die Käfer im Sommer auf Blumen, unter Rinden und Steinen. Ihre Flugzeit fällt nach Beltng [II, 6, S. 197] entweder in das Frühjahr oder in den Sommeranfang. Die im Frühjahre fliegenden Arten, zu denen sämmtliche bis jetzt bekannte Forstschädlinge gehören, sind bereits im vorigen Herbst aus der Puppenhülle geschlüpft und haben als Käfer überwintert; die erst im Anfang des Sommers fliegenden haben ihre, übrigens bei allen einheimischen Elateriden drei Wochen dauernde Puppeuruhe im April, Mai oder Juni durchgemacht. Die im Boden oder morschem, faulem Heize lebenden Larven (Fig. 121), in der Praxis „Drahtwürmer" genannt, ähneln bei oberfläch- licher Betrachtung in ihrer allgemeinen Körpergestalt, in der Färbung und Consistenz ihres Chitinpanzers ziemlich den bekannten Mehl- würmern, unterscheiden eich aber von ihnen sofort durch den ab- geplatteten Kopf mit gezähntem Vorderraude. Sie haben kurze drei- gliedrige Fühler, drei Paar kurze, robuste Beine, einen sparsam be- haarten Hinterleib und an der Unterseite des letzten Hinterleibsgliedes eine zapfenförmig vorragende Afterröhre. Sie treten in zwei Haupt- Allaremeines über Elateriden. 327 formen auf. Die einen sind etwas abgeplattet mit gleichfalls abgeplattetem und nach hinten abgeschrägtem letzten Hinterleibs- oder Aftcrgliede, welches am Ende gewöhnlich einen tiefen, von zwei kurzen Spitzen be- grenzten Ausschnitt zeigt. Seitenränder und Spitzen des letzten Hinterleibs- gliedes meist gezähnt (Fig. 121 Ä). Die anderen sind drehrund mit gleich- falls drehrundem, kegelförmig zugespitztem Aftcrgliede (Fig. 121 B). Weitere Unterschiede zwischen den Tenebrionideu- und Elateridenlarven sind folgende: Bei den Tenebrioiiidenlarven hat der gewölbte Kopf einen ge- raden Vorderrand mit Epistom und Oberlippe. Mittel- und Hinterkiefer sind an ihrem Stammtheile nicht verwachsen; Mittelkiefer mit einfacher Lade. Der einge- drückte Kopf der Elateridenlarven hat dagegen weder deutliches Epistom, noch Oberlippe. Mittel- und Hinterkiefer sind in ihren Slammtheilen verwachsen, der Mittelkiefer mit zwei Laden, von denen die äussere einen zweigliedrigen Taster darstellt, die innere sehr klein ist. Abweichende Formen sind die Larven der Agrypnini, welche auch an der After- röhre gebogene Zähne haben, sowie die weiehhäutigen, langgestreckten, auch im Bau ihrer Mundtheile eine völlige Sonderstellmig einnehmenden Cardiophorus-Larven. Die Elateridenlarven sind Allesfresser, welche sich sowohl von Humus und morschen Holz- theilen nähren können, als auch thierische Kost und pflanzliche Substanz zu sich nehmen, nament- lich im Boden liegende Sämereien und Pflanzenwurzeln angehen. Ueber die Dauer der Generation, die übrigens wahrscheinlich mehr- jährig ist, liegen noch keine siche- ren Nachweise vor. Beling ist ge- neigt, die Generation der meisten Formen als dreijährig anzusehen. Unter solch erVoraussetzung würde sich dieselbe für die zahlreichen Formen mit Frühjahrsflugzeit graphisch folgendermassen darstellen lassen Ä. B. Fig. 121. Elateridenlarven. a von dem Rücken, b von der Seite gesehen. A von Lacon murinus L. B von Elater (Agrioies) lineatus L. A a nach Schiödte [16, Pars IV, Taf. VI. Fig. 2]. A h und B Original. 1880 1881 1882 1883 Jan. Febr. j März April Mai +++ Juni +++ Jnli Aug. ! Sept. Oet. Nov. Dec ++++++ +4- -f+++ +-f+ ► -f +++-f .++++++ +++ 328 Kap. IX. Die Käfer. Die deutschen und europäischen Elateriden zerfallen in zwei Unterfamilien, die Agrypnini und die Elaterini, welche eich dadurch unterscheiden, dass bei ersteren die Fühler in tiefe, spalteuförmige, auf der Unterseite des Prothorax eingeschnittene Furchen eingeschlagen werden können, während bei den eigentlichen Elaterini diese Fühler- furchen fehlen. Wir fassen alle eigentlichen Elaterini in die Gattung Elater zusammen, die engeren Gattungen als Untergattungen behandelnd. Die forstschädlichen Elateriden. Die forstlich vorläufig ernst- licher in Frage kommenden Schnellkäfer sind von den Agrypnini Lacon murinus L., von den Elaterini Elater subfuscus Müll., E. aeneus L., E. lineatus L. und E. marginatus L. Die Gattung Lacon ist von den wenigen übrigen einheimischen engeren Gattungen Her Agrypninen dadurch unterschieden, dass bei ihr die Fühlerfurchen nicht bis an die Hüften der Vorderbeine reichen. L. murinus L. Käfer. Dieser einzige, aber geraeine Vertreter der Gattung in Deutschland ist ziemlich breit, flach gewölbt und allenthalben mit dicht anlie- gender, grau und hellbraun oder weiss marniorirter Behaarung bedeckt. Länge 11 — 16 mm. Die iarve (Fig. 121^) gehört zu den abgeplatteten Formen (vergl. S. 326) mit gezähntem und ausgeschnittenem letzten Hinterleibssegmente. Sie ist ziemlich gross, bis 26 mm lang, und von allen mit ihr verwechselbaren Verwandten durch den spitzwinkeligen Grund des Ausschnittes unterschieden. Die Gattung Elater begreift nach unserer Zusammenfassung die gesammten, nicht zu den Agrypninen gehörigen Schnellkäferformen. Sie wird in eine grössere Anzahl von Untergattungen zerlegt, von denen wir nur vier näher in Betracht zu ziehen haben, nämlich Athous Eschsch., Corymbites Late., Agriotes EscHSCH., Dolopius Eschsch. Sie gehören sämmtlich zu denjenigen mit ein- fachen ungezähnelten Fussklauen und nacli aussen allmählich verschmälerten Hinterhüften, welche hier, weil sie zum Theil den angezogenen Schenkelring und Schenkel zu verdecken im Stande sind. Schenkeldecken genannt werden. Sie lassen sich durch folgende Kennzeichen unterscheiden: Stirn mit deutlicher Qner- kante, Tarsen stets theil- weise erweitert Athous. Stirn und Oberlippe wenig geneigt, die MundöfFnung ' daher vorn am Kopfe. Stirn ohne deutliche Quer- kante, die schmalen Schen- keldecken nicht gezähnt . . . .Corymbites. Stirn und Oberlippe auf [ Seitenrandlinie des Hals- die untere Fläche des l Schildes auf die Unterseite Kopfes heruntergebogen, 1 herabgezogen Agriotes. Querkante der Stirn undeut- | lieh, daher Oberlippe nicht J Seitenrandlinie auf der scharf von der Stirn ab- [ scharfen Seitenkante des gesetzt. [ Halsschildes hinlaufend Dolopius. Die Larven von Athous und Corymbites gehören zu den abgeflachten Formen mit ausgeschnittenem und gezähntem Hinterleibsende, die von Agriotes und Dolopius zu den drehrunden. Elater (Athous) subfuscus Müll. Käfer ziemlich langgestreckt, heller oder dunkler bräunlichgelb, der Kopf, das Halsschild mit Ausnahme der Ränder, die Brust und die Basis des Hinterleibes schwärzlich oder rehbraun. Halsschild breiter als lang, mit kurzen, nach hinten ein wenig hervortretenden Hinterecken, ohne Kiel. Flügeldecken punktstreitig, in den Zwischenräumen fein, aber deutlich Die forstscliädlicheii Elateriden. 329 punktirt. Du' T.'irsalgliedcr vom crstiMi au an Breite abiuhmoud, das vierte ungefähr ebenso lang als das dritte. Länge 7 — 10 vun. Larve. Larve massig abgeplattet, biconvex, stark glänzend, gleichmässig bräunliehgelb, mit dunklerem Kopf und Protliorax. Afterglied (Fig. 122 a) etwa um ein Viertel länger als breit, an den Seiten wulstig gelandet und liier joder- seits mit vier kurzen, stumpfen, zahnartigen, nach hinten an Grösse bis zum vorletzten zunehmenden Höckern. Die Oberseite des Aftergliedes polsterförmig gewölbt mit kurzer Mittelfnrche. Ausschnitt klein, an der Basis gerundet, am Hinterondc eckig und fast ganz geschlossen. Die beiden Spitzen zweizahnig, der äussere Zahn lang, spitz und aufwärts s^erichtet, der innere kurz und dick. Länge bis 18 7nm bei 2 mm Breite [II «, S. 289]. E. (Corymbites) aeneus L. Küfer. Ziemlich breit, flach gewölbt, glatt und glänzend metallisch in verschiedenen Nuancen. Fühler vom vierten Gliede an schwach gesägt, Ilalsschild ungefähr ebenso lang als breit, mit flacher, nach vorn aufliörender Miitelfurche und stark gekielten Hiuterecken, massig punktirt. Die Flügeldecken fein punktirt gestreift, mit flachen, sehr fein punktirten Zwischen- räumen. Beine dunkel metallisch odi^' roth. Länge 11 — Ißvim. Sehr gemein. Larve. Weniger abgeplattet, blass bräunlichgelb, an den beiden Enden etwas dunkler, Afterglied (Fig. 122 h) ebenso lang als breit, mit leistenförmig erhabenem Rande, der aussen jedeiseits drei kleine, flache, stumpfe Höiker trägt und eine polsterförmig gewölbte, uiiregel- mässig gerunzelte, mit vier nacli hinten convergirenden Längsfurchen gezeichnete Oberfläche einschliesst. Ausschnitt doppelt so breit als lang, an der Basis sehr flach gerundet, nacli hinten gar nicht verengt. die denselben begrenzenden Spitzen mit zwei kurzen, dicken, schwarzbraunen Zähnen. Länge bis 23 7nm bei 3'3 mtn Breite [II a, S. 281]. E. (Agriotes) lineatus L. (spf/eth BiERK.) Käfer greis behaart, Fühler, Füsse und Flügeldecken gelbroth, letztere mit abwechselnd dunkleren und hellereu Zwischenräumen zwischen den regel- mässigen Pnnktreihen. Unterseite und Halsschild dunkelbraun, letzteres ebenso breit als lang, kissenaitig gewölbt und an den Yorderecken stark herabgebogen, dicht piinktirt. Flügeldecken vorn nur wenig breiter als das Halsschild, in der Mitte am breitesten. Länge 9 mm. Sehr gemein. Larve. Drelirund, schlank, blass bräunlicligelb (Fig. 121 B). Afterglied iFig. 122 c) ziemlich lang, schwach behaart, kegelförmig zugespitzt, in einen schwarzbraunen kurzen Stachel ausgehend, nur in der Mitte i'tvvas erweitert. An seinem Vordc^rraude jederseits ein tiefdunkel iimrahmter, runder Eindruck, von Belixg als Luftloch bezeichnet. Afterröhre in einem von dem vorderen Bauchtheile des Aftergliedes durch eine erhabene, bogenförmige Leiste abgegrenzten Felde stehend. Länge bis 20 »»im, Durohmesser 2 mm [II, «, S. 138]. E. (Dolopius) marginatus. L. Käfer langgestreckt, flach, spärlich greis behaart, bräunlicli rostroth, am Grunde der Fühler, am Saume des Halssehildes und in einem breiten Läiigsstreifen auf der Mitte jeder Flügeldecke lieller ge- zeichnet, so dass ein dunklerer Nahtstreif und j(>derseits ein dunklerer Randschatten entsteht. Beine gleichfalls heller. Lauge 4 mm. Sehr gemein. Lehrbuch d. mitteleurop. Forstinsektenkunde, "" Fig. 122. Die Afterglieder einiger Elateridenlarven, und zwar von: a Elater (Athoiis) subfuscus Müll.; h E. (Corymbites) aeneus L. ; c E. (Agriotes) lineatus L.; (l E. (Dolopius) marginatus L : a und h nadi Schiüdte [16, Pars V, Taf. IX. Fig. 13 und Taf. X, Fig. 3] ; c und d nach der Natur: d nach einem Br.LixG'schen Originalexemplar. 330 Kap. IX. Die Käfer. Larve. Drehrund schlank, bräuulichgelb, glänzend fein und dicht punktirt. Afterglied (Fig. 122 d) ziemlich lang, fast vollständig kegelförmig, nur etwas in der Mitte erweitert, am hinteren Ende mit mehreren Reihen kleiner, gebräunter, je ein Haar tragender Warzen umgeben, von denen die zwei an der Spitze einander stark genäherten und eine etwas weiter nach vorn gerückte besonders deutlich. Ende des Aftergliedes in eine kleine braune Staehelspitze ausgezogen. Länge bis 15??!?« bei V% ddii Durschmesser [II, «, S. 143] Forstliche Bedeutung der Elaterideu. Die bis jetzt bekannt gewordenen, lurcli Schnellkäfer verursachten forstlichen Schäden sind zunächst in den Kaferfrass und den Larveufrass eiuzutheilen. Die Käfer sollen mitunter junge Laub- und Nadelholztriebe derartig benagt habeu, dass diese abstarben oder umknickten, und junge Pfläuzchen am Wurzelknoten abgebissen haben. Irgend welche bedeutendere Beschädigung dieser Art ist aber nicht bekannt geworden. Schon Rätzebukg [V, Bd. I, Nachtrag S. 7] berichtet über das Benagen von Rosenstengeln und Pfropfreisern durch Lacon murinus und Heyrowskv [15] beob- achtete 1863 in Böhmen, dass dieser Käfer ,,im Juni und Juli jung 3 Triebe von Eichen durchfrass, so dass sie vollkommen abtrockneten". Am oben angeführten Orte wird ferner von Rätzebukg nach den Mittheilungen von Saxesen und BoRKHAUSEU ciii Frass von E. tesselatus an den Haupttrieben vier- bis sechsjähriger Fichten berichtet, in Folge dessen Saftausfluss und gelblicher Ueberzug der Triebe auf eine Ausdehnung von ungefähr 50 cm eintrat. Dieselben knickten nun leicht ab. Da der Name des Autors nicht augegeben ist, lässt sich nicht entscheiden, welche von den beiden häufigen Arten. E. (Corymbites) sjaelandicus MiJXL. ^ C. tesselatus Fabr. oder der jetzt C. tesselatus L. genannte C Jioloserlceus Oliv, gemeint ist. Aiich von E. (Corymbites) castaneus L. wird nach Saxesen angegeben, dass er sich in „Knospen'' einfrässe. Die Bemerkung, dass auch junge Pflanzten über dem Wurzelknoten in der Erde von Schnellkäfern abgefressen würden, beruht aiif der vorläufig vereinzelten Mittheilung von Bllme [12] welchem eine grössere Anzahl von zweijährigen, in Büscheln gepflanzteu Kiefern in dieser Weise von E. marginatus L. vernichtet worden sind. Bei weitem wichtiger sind die Schäden, welche die Elateriden- larveu anrichten. Zunächst fressen sie in Saaten und Saatkämpen die keimenden Samen an oder aus. Dieser Frass ist an Eicheln, Buchein, Ahorn- und Hainbuchensamen, sowie an den verschiedensten Nadelholzsämereicn mehrfach in so ausgedehntem Massstabe aufgetreten, dass der ganze Anbau in Frage gestellt oder vernichtet wurde. Ferner ist mehrmals ein starker Frass an den Wurzeln und den unterirdischen Stammtheilen junger Nadelhölzer und älterer Laubhölzer beobachtet worden. Aehnlicher Schaden ist ferner seit langer Zeit an den Wurzeln von Feld- und Gartenfrüchten, namentlich f.n den Wurzeln des Getreides bekannt, und es sind als Schädlinge die Larven der oben näher charakterisirten vier Elaterenarten sicher nachgewiesen. Es dürften dies aber durchaus nicht die einzigen so thätigen Thiere sein, und es empfiehlt sich, zur Erweiterung unserer Kenntnisse in jedem neuen Falle die Schädlinge zur Bestimmung an einen Fachmann einzusenden. Unsere Mittel zur Abwehr solcher Schäden sind augenblicklich noch sehr gering, und man kann ihnen nur dadurch vorbeugen, dass man an solchen Stellen, an denen bei der Bodenbearbeitung sich eine grössere Menge von Drahtwürmern zeigt, entweder die beab- Die forstliche Bedeutang der Elaterideu. 331 sicbtigte Kultur vorläufig aufjribt, oder aber die Drahtwürmer sammelu lässt oder sie dadurch vernichtet, dass man den Rasen, zwischen dessen "Wurzeln sie sich ursprünglich aufhalten, verbrennt und erst dann unterjrräbt. Von landwirthschaftlicher Seite [XX, II, S. 61] wird empfohlen, Oel- und Rapskuchen in haselnusstrrossen Stücken in den Boden zu bringen, weil diese die Drahtwürmer anlocken, zujrleich aber auch vernichten sollen. (?) Ucber Samenbeschädi^migen durch Elaterideularven berichtet zuerst Th. Haktig [14], welcher angibt, dass „Springkäferlarven" sich in einer Ahornsaat besonders häufig in das Innere des keimenden Samens einfrassen. Genauere Angaben macht zuerst Wissmanx in einem Briefe an Ratzebokg [XV, II, S. 358]. Es handelt sich hier um die 1860 mehrfach beobachtete Vernichtung keimender Buchein, in welche sich die Larven von der S^jitze her einfrasseu. Ohne sicheren Beweis wird als Thäter die Larve von E. subfuscus Müll, an- gesehen, eine Vermuthung, die uns aber um so wahrscheinlicher ist, als in der Tharander Sammlung eine Buchel unbekannten Ursprunges mit eingebohrter Larve vorhanden ist, welche mit Sicherheit so bestimmt werden kaini. lieber ähnliche Schäden, welche durch Förster MClleb im Revier Torfhaus im Harze an einer Buchenplätzesaat 1876 beobachtet -wurden, berichtet femer Altum [3, S. 76". Grössere Zerstörungen an Eichelsaaten erlitt 1876 Oberförster MCllee zu Uslar [2 und 3, S. 76]. Die Cotyledoucn waren stark von den Larven durch- bohrt, die Keime dagegen anfänglich unversehrt. Die Larve von E. lineatus L. war hier die Thäteriu. Ä Der Kamptheil, in welchem die Larven frassen, wurde ^^-«s^^Sr"^^^^ völlig vernichtet. Ein grösserer Frass au Saateichein '^S^-'^^^j^^^^- auf einer circa 3 ha grossen Fläche wurde durch Revier- ^^F^f^f^^^'— ^ t'örster Dietze 1882 auf dem Forstrevier Burgaue bei ^^«»^Pt^gaä^ Leipzig beobachtet. Hier waren wesentlich nur die Cotyledonen (Fig. 123; angegangen, und es entwickelten y^^ 123. Eichel mit zwei sich einige in Tharand in Töpfe eingelegte, oft von in den einen Samenlappen mehreren Larven angegangene Eicheln noch ganz eingefressenen Larven von normal. Auch die Saat selbst hat sich, wie wir uns Elater subfuscus Müll. im Sommer 1886 überzeugen konnten, nach einigen Nachbesserungen ziemlich gut entwickelt. Nach der Bestimmung von Nitsche waren an dem Frasse betheiligt die Larven von Lacon murinus L., Elater subfuscus Müll., E. aeneus L. und E. lineatus L. Im Frühjahr 1876 fand Belixg [9, S. 95] mehrfach Larven von E. sub- fuscus Müll, in Mittelwaldbeständen unter der Laubdecke des Bodens mit dem Kopfe tief innerhalb der hornigen, klaffenden Hülle keimender Hainbuchen- samen stecken, mit der Zernagung des Samenkorns beschäftigt. In einem Ge- fässe mit Walderde unterhaltene Larven zernagten Buchein, Eicheln und Haselnüsse. Den bedeutendsten Schaden, den wir kennen, haben Elaterenlarven an Nadelholzsamen angerichtet. Von der Herrschaft Nassenfuss in Krain berichtet JcDEicH [10, S. 312 1 nach brieflicher Mittheilung des Besitzers. Baron v. Bebg. Folgendes: In einem mit ö'ökj angekeimten Nadelholzsamen — Fichte, Tanne, SchwarzkiL-fer und Lärche — im April 1879 besäten Saatkamp wurden sämmt- liche .Samen von einer Agriotes-Larve ausgefressen. Im Mai wurde die Fläche umgestochen, abermals mit der gleichen Menge Samen besät, und wurden die Rülen mit verdünnter Carbollösung begossen. Nach 1-4 Tagen war aber abermals sämmtlicher Samen ausgefressen, so dass die Erziehung von Pflanzen auf dieser Fläche aufgegeben werden musste. Einige in einem Glase mit Erde eingesperrte Larven frassen eingestreuten Nadelholzsamen in vier Tagen voll- siändig aus. Die ersten Angaben über die Beschädigung junger Holzpflanzen durch Elaterideularven rühren von Th. Hartig her, welcher die Thatsache beiläufig bei Gelegenheit der obenerwähnten BLUM'schen Beobachtung vorbringt. Auch hierbei 332 • Kap. IX. Die Käfer. soll E. marginatus L. der Thäter gewesen sein. 1874 beobachtete dann nach A-LTUM [I] BüNTE auf der Oberförsterei Falkenhayn bei Spandau den Frass von Elaterenlarven an den Thauwurzeln und bis 7 7iim starken Pfahlwurzeln junger Akazienpflanzen. An letzteren war die Rinde völlig unterhöhlt. Die Thäter waren nicht sicher zu bestimmende Elateridenlarven mit ausgeschnittenem Aftergliede [3, S. 80]. Ferner sind Altum [5, S. 7H| Beschädigungen von einjährigen Fichten- pflänzchen aus Spiegelsberge bei Bielefeld und au Kiefernpflänzchen aus Lietze- görke, Regierungsbezirk Frankfurt a. d. Oder, bekannt geworden. In beiden Fällen waren meist die Thauwurzeln ab- und auch die Pfahlwurzel durch- gefressen. Aus den Thätern wurde E. marginatus L. und E. aeneus L. er- zogen. Auch in Schöneiche in Schlesien beobachtete Oberförster Gudovius einen ähnlichen Frass an einjährigen Kiefern [13]. Baudisch [8, S. .S1.3] berichtet, dass er am 10. Mai 1884 in einem Besamungsschlage im Odergebirge in Mähren 30 bis 40 Procent der aufgegangenen Tannensämlinge von einer Elateriden- larve unmittelbar unter der Bodenoberfläche abgebissen gefunden und die Larve in vielen Fällen bei der Arbeit beobachtet habe. Aus dem häutigen Vorkommen von Elater (Athous) niger L. und E. (Agriote?) aterrimus L. in der genannten Oertlichkeit schliesst er, dass die Scliädlinge die Larven dieser beiden Arten gewesen seien. Liferatliruacliweise zu dem Abschnitte die Pracht- ixnd Schnellkäfer. — I. Altum, Elaterenlarven, Zeitschr. f. Forst- und Jagdw. Bd. VII, 1875, S. 369. — 2. Derselbe. Elaterenfrass an Saateicheln. Daselbst Bd. VIII, 187G, S. 498. — 3. Derselbe. Die forstschädlichen Elateren. Daselbst. Bd. X, 1879, S. 73—81. — 4. Der- selbe. Der zweibindige Prachtkäfer Buprestis bifasciata Ol. (ein neuer Eicjhenfeind). Daselbst Bd. XI, 1879, S. 145—151. Mit Ab- bildung. — 5. Derselbe. Zwei Eichenheister-Prachtkäfer, Buprestis (Agrilus) tenuis und coryli. Daselbst Bd. XI, 1879, S. 365 — 371- Mit Abbildungen. — 6. Derselbe. Buprestis (Chrysobothrys) affiuis Fab. Daselbst. (Ein neuer Eichenfeind.) Bd. XII, 1880, S. 35 bis 41. — 7. Derselbe. Der Linden-Prachtkäfer Buprestis (Lampra) rutilans Fabr. Daselbst. Bd. XII, 1880, S. 99—101. — 8. Baudisch, F. Die Elaterlarve als Tannenschädling, Centralblatt f. d. ges. Forstwesen. X! Jahrg., 1884, S. 312 und 313. — 9. Beling. Ueber Elateriden- fiass. Tharand. forstl. Jahrbuch. Bd. XXVIII, 1878, S. 93—95. — 10. Derselbe. Ueber Schuellkäferlaiven. Daselbst. Bd. XXIX, 1879, S. 305 — 312 mit Anmerkung von Judeich. — II. Beling, Th. Beitrag zur Metamorphose der Käferfamilie der Elateriden. Deutsche entomolo- gische Zeitschrift a) Bd. XXVII, 1883, S. 129—144, S. 257—304, h) Bd. XXVIII, 1884, S. 177—216. — 12. Blume, in Verhandlungen des Hils-Solling-Forstvereines, Jahrg. 1858, S. 36 und 37. — 13. Bg. (Borg- Grevb). Abermaliger Frass von Elateriden-(Springkäfer-) Larven auf Kiefernsaatbeeten. Forstliche Blätter, XV. Jahrg., 1878, S. 319 und 320, — 14. Hartig, Th. Das Insektenleben im Boden der Saat- und Pflanzkämpe. Kritische Blätter für Forst- und Jagdwiss. Bd. XLIII, Heft I, S. 14<;. — 15. Heyrüwsky, in Vereinsschr. f. Forst-, Jagd- u. Naturkunde, herausgeg. v. d. Verein böhmischer Forstwirthe 1864, Heft IL, S. 73. — 16. Schiödte, J. C. De Metamorphosi Eleutheratorum Ob- servationes. Kopenhagen 1861 — 1872, Vol. I. Pars IV und V. Mit zu- sammen 10 Tfln. — 17. Schreiner. Ueber das Vorkommen zweier ge- Literaturnacliweise. Die Weichkäfer und ihr Schadeu. 333 fäbrlicben Bupresticlen (^Ohrysobotbrys Solieri Lap. und Pbaeiiops cyanea F., in der gemeinen Kiefer. Zeitscbrift für Forst- und Jagdwesen. Bd. XIV) 1882, S. b'2. — 18. Perris, E. Histoire des Insectes du Pin maritime. Troisieme Suite. Annales de la societe entomologique de France 1854, ser. 3, Bd. II, p. 84—1(50, Tfl. 4 und 5. — 19. Derselbe. Larves des Coleopteres. 8. Paris 1877- Die forstscliiUlliclieii Käfer aus den übrigen Familien der Pentameren nnd der Heteromeren. Merklich forstscbädücbe Insekten umfassen ausser den soeben aus- führlicher bebandelten Familien der Pentameren noch die Malacodertnata, Lymexylonidae und Anobiidae, sowie unter den Heteromeren die Meloidae. Die Weichkäfer, Malacodermata, sind, wie schon der Name besagt, besonders durch die wenig feste Chitiubedeckung ausgezeichnet. Allgemein bekannt sind die um die Sommersonnenwende fliegenden Leuchtkäfer, unter denen Lampyris (Lamprorhiza) splendidula 1j. die bei uns verbreitetste Art ist, und die im Frühjahre häufigen „Schneider", zu der Gattung Cantharis L. gehörig. Von einigen ge- meinsten Arten von Cantharis hat man beobachtet, dass sie im Früb- jahre die Triebe junger Eichen unter der Spitze angenagt und ausgesogen haben, worauf der oberhalb der Verwundung gelegene Theil Avelkte und leicht abbrach. Cantharis fusca L., C. obscura L. und vielleicht auch C. rustica Fall, haben in einzelnen Fällen so geschadet, sind also wirthschaftlich auf die gleiche Stufe zu stellen mit den Imagines einiger Elateriden (vergl. S. 330). Beschreibung. Die Malacodermata, auch Cantharidae genannt, sind ziemlich lauggestreckte, weiche, biegsame Käfer mit lederartiger Bedeckung. Sie haben zehn- bis elfgliedrige, faden- oder borstenförmige, gesägte oder gekämmte, an der Stirn eingefügte Fühler, viergliedrige Mittel- und dreigliedrige Hinter- kiefertaster und gewöhnlich ganzrandige Augen. Die Vorder- und Mittelhüften ragen walzenförmig vor, die vorderen haben einen Anhang, die Hinterhüften sind erweitert, die Schenkel sind au der Seite des Schenkelringes befestigt und die Schienen meist ohne Enddornen. Die 9 einiger Arten sind ungeflilgelt. Ihre frei lebenden Larven sind sämmtlich Fleischfresser und scheinen sich vielfach von Schnecken zu nähren. Die Vertreter der einzigen hier zu erwähnenden Unterfamilie, der Cantha- rini, haben im Gegensatz zu den Leuchtkäfern, deren Kopf fast vollständig unter dem Halsschilde verborgen ist, einen freien Kopf, eine nicht deutlich entwickelte Oberlippe, gerundete, nicht zusammengedrückte Beine. Das vierte Tarsalglied ist zweilappig und der Hinterleib siebengliedrig. In der Gattung Cantharis L. sind die Küfer erkennbar an den vor den Augen auf der Stirn voneinander entfernt eingefügten Fühlern, dem beilförmigeu Endgliede der Taster, dem quer viereckigen, an den Vorderecken abgerundeten Halsschild, den langgestreckten, abgeflachten Flügeldecken mit parallelen Rändern, die den ganzen Hinterleib bedecken, und den einfachen oder an der Wurzel 334 Kap. IX. Die Kcäfer. zahnförmig erweiterten Fussklauen. Bei den in Frage kommenden Arten ist letzteres nur an der äusseren Klaue der Fall. Die Larven treten mitunter in riesiger Menge auf dem Schnee auf, lieissen im Volksmunde „Schneewürmer" und sind häufig im Verdacht gewesen, vom Himmel gefallen zu sein. C. obscura L., der Eichen Weichkäfer, ist schwarz, sparsam und kurz grau behaart, nur die Seitenränder des Halsschildes, die beiden Wurzelglieder der Fühler und die Seitenränder der Bauchringe gelbgesäumt. Länge 9 — V^ mm. C. fusca L., gleichfalls schwarz, nur die Vorderhälfte des Kopfes, die Fühlerwurzeln, das Halsschild, mit Attsnahme eines schwarzen Fleckes am Vorder- rande, und die Seiteuränder des Hinterleibes gelbroth. Länge 11 — Ib mm. C. rustica Fall, ist der vorigen Art sehr ähnlich, aber der schwarze Fleck nimmt die Mitte des Halsscl.ildes ein, und wenigstens die Schenkelbasis der Vorderbeine ist roth. Länge 10 bis 14 mm. Forstliche Bedeutung. Die von diesen Thieren angerichteten Schäden sind zuerst von Ratzeburg auf die Autorität einiger Beobachter in den Rhein- landen bin bekannt gemacht worden. Anfangs der Fünfzigerjahre wurden von KöLER und Schröder in der Oberförsterei Hürtgen, Regierungsbezirk Aarhen, in fünf- bis achtjährigem Eichenschälwalde C. obscura L. in ungeheurer Menge an den jungen Trieben der Stockausschläge gefunden. Diese wurden unter- halb der Spitze angenagt, bis sie umknickten. Die Nagestelle wurde sofort, später auch der ganze Trieb schwarz [19]. Eine ähnliche Beschädigung, aber an verschulten, fünf- bis fünfzehnjährigen, stämmigen Eichenheistern, beobachtete Ende Mai, Anfang Juni im Jahre 18G1 Borggreve in der Oberförsterei Tronecken, Regierungsbezirk Trier. Auch hier war C. obscura L. die Hauptthäterin und die beiden anderen Arten nahmen nur in geringem Ma^se an der Beschädigung theil [18]. Zusammengestellt hat Ratzeburc die ihm bekannten Fälle in seiner Waldverderbniss [XV, II, S. 162 und 358, Ttl. 42. Fig 11 und 12]. Nach DöB^'ER [XIV, II, S. 77] ist die bleiche Beschädigung durch C. fusca L. im Spessart auch an Kieferntrieben beobachtet worden. An den Eichen scheint mitunter ein Zuwachsverlust einzutreten, trotzdem der Johannistrieb den Schaden gewöhnlich ausgleicht. Gegenmittel gegen diese Schädlinge haben sich noch nicht nöthig gemacht und könnten höchstens im Abklopfen und Sammeln der Käfer bestehen. Die kleine Familie der Lymexylonidae, welche in iluem äus?eren Habitus den Cantharis- Arten und Verwandten nahe steht, aber gestreckter und weniger abgeplattet ist, bildet einen Uebergang von den Weichkäfern zu den Nagekäfern, den Änobiidae. Wir fassen hier die beiden gewöhnlich unterschiedenen Gattungen in eine, Lymexylon, zusammen. Von den beiden häufigeren, hier hauptsächlich zu erwähnenden Arten ist Lymexylon (Hylecoetus) dermestoides L., ein sehr gewöhnlicher Bewohner der im Walde stehen gebliebenen Stöcke, namentlich der Tannen- und Buchenstöcke, an denen dann die gruppenweise zusammensitzenden Bohrlöcher der Larven wie durch einen Schuss groben Schrotes verursacht aussehen. Das von den Larven ausgeworfene grobe Nagemehl liegt mitunter in grosser Menge um stark bewohnte Stöcke herum. Ein forstlicher Schaden erwächst durch dieses Thier nicht. Lymexylon navale L. geht schon im Walde an- brüchige Eichen an, wird dann aus dem Walde auf die Holzlagerplätze verschleppt, pflanzt sich hier in dtimpfig lagerndem Holze weiter fort. Weichkäfer und Lyniexyloniden. 335 Larven sind langgestreckt, mit Fig. 124. Mittelkiefer- taster mit Quastenanhan g von Lymexylon der- mestoides L. lind ist seit dem vorigen Jalirlimidert als Zerstörer der Eichenholz- vorräthe auf den Werften berüchtigt. Daher sein deutscher Name Werft- käfer. Aus der allerneuesten Zeit sind uns gerade von den Werften her, in denen allerdings seit Einführung des Eisens und Stahles als Haupt- baumaterial für grössere Schiffe die Eichenholzvorräthe abgenommen haben, grössere Klagen über diesen wohl stets nur technisch schädlichen Käfer nicht bekannt geworden. Beschreibung. Die Lymexylonidae sind langgestreikte, fast walzige Küfer mit freiem Kopfe, fadenförmigen, gesägten oder gekämmten Fühlern, sehwachen Mundwerkzeugen, lang zapfenförmigen, vorstehenden Hüften und sechs- bis siebengliedrigem Hinterleibe. Ihre im Holze lebenden weisslichen kapuzenförmiger, über den Kopf etwas übergreifender Vorderbrust und kurzen Beintjn. Die Gattung Lymexylon in unserem Sinne urafasst die Formen mit gut ent- wickelten Flügeldecken im Gegensatz zu der die Tropen bewohnenden Gattung Atractoce- rus mit sehr verkürzten Flügeldecken. Bei der Untergattung Hylecoetns verbergen die Flügeldecken den ganzen auf der Bauchseite siebengliedrigen Hinterleib, während sie bei der Untergattung Lymexy- lon im engeren Sinne noch die Spitze des sechsgliedrigen Hinterleibes freilassen. L. (Hylecoetns) dermestoides L. Der Käfer dieser sehr verbreiteten Art ist durch einfach gesägte Fühler in beiden Geschlechtern ausgezeichnet. (^ mit einem grossen, sehr deutlich hervortretenden, büschelförmigen Anhange am zweiten Gliede des Mittelkiefertasters (Fig. 124). Es kommt in zwei Färbungen vor: L. morio Fabr. ist schv.-arz, mit schwarzen oder wenigstens dunkelbraunen Flügeldecken, L. prohoscideus Fabr., gleichfalls schwarz, aber mit gelben Beinen und Flügeldecken, letztere au der Spitze gebräunt. Die (^ dieser in der Grösse stark variireuden Art sind meist kleiner wie die 9- des Q 9 — 2'). Lebensweise. Die Flugzeit von L. dermestoides L. fällt mit dem Bachenausschlag zusammen, also in den April oder Mai [15]. Das Weibchen legt seine Eier in Kitzen alter Stöcke von Tanne, Eiche, Bache, Birke, Ahorn u. s. f. und scheiat zur Einbringung derselben mitunter bereits vorhandene Gänge anderer holzbewohnender Käfer, z. B. des Tomicus domesticus L. zu benutzen. Wir finden dann späterhin die Larven in drehrunden, bogenförmig im Inneren des Holzes verlautenden Gängen, -(reiche au ihrem dünneren Anfangsende aller- dings mit Bohrmehl vollgestopft sind, aber auch, wenn sie noch von der Larve bewohnt werden, in Verbindung stehen mit frei an der Oberfläche des Stockes mündenden Ausfuhrkanälen, durch welche die Larven während ihrer Arbeit mit- unter soviel Bohrmehl auswerfen, dass man im ersten Augenblicke glaubt, solch ein Stock wäre frisch abgesägt und es lüge noch das Sägemehl da. Die Art, wie die Larven diese Ausfuhrkanäle herstellen und überhaupt die ganze Art ihrer Arbeit ist noch nicht völlig klargelegt. Durch diese Kanäle fliegen dann auch die Käfer aus, deren Generation einjährig zu sein scheint. So häufig dieser Käfer auch im Walde dem Forstmann begegnet, so kann er doch nicht als forst- schädlich angesehen werden, ja nach einer neueren von Püton [4] mitgetheilten Anschauung von Mathieu soll die Larve Insekten fressen, also fast nützlich sein und mit ihren Gängen das Holz nur deshalb durchwühlen, um auf die holz- bewohnenden Borkenkäferlarven Jagd zu machen. Auf die Schwierigkeit, diese Nahrung in allen Fällen zu finden, wird von Puton die so sehr auffallenden Grössendift'ereuz der Käfer zurückgeführt, die Zwerge sollen eben Hungerleider sein. Definitive Aufklärung können nur neue Untersuchungen geben. Die Flugzeit von L, navale L. fällt gewöhnlich in den Juni oder Juli. Das Weibchen belegt ältere Eichenstämme, sowohl gefällte als stehende, mit seinen Eiern, aber stets nur an solchen Stellen, an denen die Rinde entfernt ist oder an Sägeschnitten, und zwar in bereits vorhandene Risse. Auch an Edel- kastanien hat V. Heyden [XXIV, S. 0] Versuche, die Eier abzulegen, gesehen. Die Larven fressen dann ähnliche, nur dünnere Gänge wie die Hylecoetus- larven, aber auch über die normale Form dieser sind wir sclilecht unterrichtet, da die erste von Linnk gegebene und von Ratzeburg [V, I, S 40] reproducirte Abbildung kaum der Wirklichkeit völlig entsprechen dürfte. Linke beobachtete auf einer Reise durch Westgothland eine grosse Verheerung durch diese Thiere auf der Admiralitätswerfte bei Gothenburg, die ihm in seiner Reisebeschreibung zu der Bemerkung vei-anlasste: „Bewunderungswürdig, dass ein so elender Wurm für so viele tau.send Thaler Schaden thua k^nn!" Es wird erwähnt, dass neuer- dings auch in Pola, dem österreichischen Kriegshafen an der Adria, ähnliche starke Verwüstungen vorgekommen sein sollen. Authentische Darstellungeii der- selben sind uns nicht bekannt. Auf den Hamburger Werften ist der Käfer jetzt unbekannt. Vermeidung der Aufnahme bereits befallener Stämme in die Holz- vorräthe dürfte die Einschleppung des Käfers, und Antheeren des gelagerten Holzes, welches schon Linke empfiehlt, die Weiterverbreitung desselben verhindern. Anmerkung über holzzerstörende Seetliiere. Wir nehmen hier Gelegenheit, einige Thiere zu erwähnen, die zwar weder zu den Insekten gehören, noch dem Forstmanne in seinem eigentlichen Wirkungskreise begegnen, dennoch aber für ihn dasselbe Interesse haben wie der Werftkäfer, nämlich als Zerstörer von Nutzhölzern, allerdings nicht auf dem Lagerplatze, sondern an der Stelle ihrer Anwendung, im Meere. Dieselben sind zum Theil schon durch NöRDLiNGER [12, S. 197 — 203] in die forstliche Literatur eingeführt. Lymexylouiden. Anmerkung über holzzerstörendc Krebse. 337 Es sind zunächst zwei kleine Krebse zu nennen, welche an den europäischen Küsten die Oberfläche des im Meere versenkten und nicht von Schlamm bedeckten Holzwerkes mit macandrischen Gängen durchsetzen, nämlich die Bohrassel, Limnoria lignorum Kathke (^ere?;rans Leach) und der Bohrflohkrebs, Chelura terebrans Phil. Vielfach vergesellschaftet und in ihrem Frasse einander sehr ähnlich, fügen sie namentlich den Hafenbauten vielen Schaden zu. Beide sind Mitglieder der Ordnung der Ringelkrebse, Arthrostraca, welche zwar mit den Schalenkrebsen, Thoracostraca, zu denen unser gewölinlicher Flusskrebs gehört, in der Zahl der Leibessegmente und Gliedmassen überein- '3. mi^^ Fig. 1'16. Holzzeistörende Kingelkrebse. A.. Der Jluluüuhkieli.s Chelura terebrans Philippi von der Seite gesehen. H. Die Bohrassel Limnoria lignorum Rathke vom Rücken gesehen. FI und F II die beiden Fühlerpaare. B. die sieben freien Brustringe. H der Hinterleib. Die Leibesringel sind mit römischen, die Glied- niassen mit arabischen Zahlen bezeichnet. Beide Figuren lOmal vergrössert. C Frass von Limnoria in Nadelholz nach ehiem vom Professor Dr. Moebius an der Ostküste von Schleswig gesammelten Exemplare. Natürliche Grösse. stimmen, aber durch die nicht gestielten, sitzenden Augen und den Mangel des eigentlichen grossen Rückenschildes unterschieden sind. Die 13 Segmente des Vorderleibes verschmelzen nämlich nicht, wie bei unserem Flusskrebs zu einem einzigen grossen Kopfbruststück oder Cephalothorax, sondern es treten nur die sechs ersten, die beiden Fühler-, die drei Kiefer- und ein Kieferfusspaar tragenden zu einem kleinen Cephalothorax zusammen, während die sieben hinteren Ringel frei bleiben (vergl. S. 1.5, Fig. 11, sowie Fig. 126 .4). Die Ringelkrebse umfassen zwei Unterordnungen, die Flohkrebse, Amphipoda, und die Asseln, Isopoda. Die typischen Amphipoda sind Ringelkrebse mit seitlich zusammen- gedrücktem Leibe, kiementragenden Brustfüssen und gut ausgebildetem Hinter- leibe mit je einem Schwimmfusspaare an den drei vorderen und je einem Spring- fusspaare an den drei hinteren Hinterleibsringeln. Entsprechend ihrer Leibesform bewegen sie sich in der Seitenlage fort. 338 Kap. IX. Die Käfer. Die hier in Frage kommende Form, der Bohrflokkrebs, gehört zu der Unterordnung der Crevettina mit kleinem Kopfe und Aiigen, sowie viel- gliedrigen, beinförmigen Kieferfüssen und bildet für sich die Familie der Cheluridae, mit fast cylindrischem Körper, bei denen die vierten, fünften \ind sechsten Hinterleibsringel verwachsen und mit sehr verschieden gestalteten Bein- paaren besetzt sind. Gattung Chelura (Fig. 126 j4). Erstes Fühlerpaar zugespitzt, sieben- gliedrig, mit Nebenast. Zweites Fühlerpaar etwas länger, sehr stark, mit platten- förmigen, unterwärts langbeborsteten Geisseigliedern. Die beiden vorderen Bein- paare sind scherentragend, das vierte Hinterleibsbeinpaar (Fig. 126^, 17) ist langgestreckt und an der Spitze in zwei flache Aeste getheilt, das fünfte (A, 18) breit und dreilappig, das sechste (A, 19) lang, mit langgestrecktem, gezähntem, einfachem Endgliede. Das dritte Hinterleibssegment {A, XII) mit langem, nach oben und hinten gerichtetem Dornfortsatze. Es gibt nur eine Art, die Ch. terebrans FniLirri. Dieses zuerst 1S39 [II] bekannt gewordene Thierchen frisst an den Mittelmeerküsten und den atlanti- schen Gestaden Europas iind Amerikas das im Meere befindliche Holzwerk von dem Meeresgrunde bis zur Ebbegrenze an und macht in ihm drehrunde Gänge von 1'5 mm Durchmesser, die mit Aiisnahme der Astknoten das Holz gänzlich durchsetzen. Holzpfähle mit einem Querschnitte von 30 cm im Geviert können in zehn .Jahren völlig zerstört werden. Die Holztheilchen dienen den Thieren zur Nahrung. Dieser bis 5 mm lange Flohkrebs ist oft mit der Bohrassel vergesell- schaftet, letztere dagegen Kann auch selbstständig vorkommen, z. B. in der Ostsee. Die Bohrassel gehört zu den Isopoden. Die Isopoda oder Asseln (vergl. Fig. 12G B) sind Ringelkrebse mit breitem, niedergedrücktem, gewölbtem oder abgeflachtem Körper und kurzgeringeltem, oft rückgebildetem Hinterleibe. Die an den sieben freien Segmenten sitzenden Beinpaare sind Schreit- oder Klammer- füsse; die Hinterleibsbeinpaare sind mit Ausnahme des letzten plattenförmig und zu Kiemen verwandelt. Wir rechnen mit Gerstäcker die hier in Frage kommende Form zu der Familie der Sphaeromidäe, welche .sich biologisch durch ihr EinroUungsvermögen charakterisiren. Ihr Kopf ist stark in der Qnere entwickelt, die beiden Fühler- paare sind annähernd gleich, die sieben Beinpaare entweder sämmtlich Wandelbeine oder die vorderen mit einer Greifhand endend. AbdomiuMlsegmente öfters zum Theil verschmiilzen, die vereinigten hinteren bilden ein grosses Schw;inzschild. Die Gattung Limnoria unterscheidet sich von allen anderen zu dieser Familie gehörigen Formen durch die geringe Verschmelzung der Hinterleibs- segmente, von denen die fünf ersten (Fig. 126 B, XVI—XVIII) frei bleiben und nur die beiden letzten {B, XIX und XX) zu einem breiten, runden Schwanzschilde verschmelzen. Das an diesem angebrachte letzte Hinterleibsbeinpaar (5, 19) hat einen einfachen Innenast, während der äussere zu einer nacli aussen ge- krümmten starken Kralle verkümmert. Die beiden Fühlerpaare, welche durch keinen Stirnfortsatz getrennt .•■ind, sind beinahe gleichlang, das erste vier-, das zweite fünfgliedrig, wenn man von der feineren Unterabtheilung der Endglieder absieht. Wahrscheinlich existirt nur eine Art, Limnoria lignorum Eatuke, mit den Charakteren der Gattung. Dieses 4 — 5 mm lange Thierchen, welches die europäischen Küsten vom Mittelmeer bis zur Sidileswig'schen Ostküste bewohnt, ' bohrt im Holz drehrunde Gänge bis 2 mm Durchmesser. Dieselben sind so dicht an einander angebracht, dass nur ganz dünne Zwischenwände stehen bleiben und zunächst die oberflächlichen Holzschichten, allmählich aber die ganzen Stücke in eine schwammige Masse verwandelt werden. In Fig. 126 C ist ein Frassstück abgebildet. An der irischen Küste werden nach Sempeu [20, Bd. II, S. 156) auch feste Kalksteine angegangen. Bereits am Ende des vorigen .Jahrhunderts wurde man durch Dicquemare [16] in Havre auf dasselbe aufmerksam, aber erst 1834 wurden seine Verwüstungen durch Stephenson an der englischen Küste genauer beobachtet und von Coldstream beschrieben, und zwar bei Gelegenheit des Baues eines Leuchtthurmes auf Helt- Rock [14]. Hier wurden die Pfosten zerstört, auf welchen der provisorische Leucht- Anmerkung über holzzerstöreiide Krebse und „Bohrwürmer". 339 thurm errichtet war. Auf dem ^Trinity-Zimmerplatze" wurden die diesen tragendeu Pfähle innerhalb vier Jahren auf ungefähr die Hälfte des Durchmessers abgenagt. Ende der Dreissigerjahre des .Jahrhunderts sind auch die Hafenanlagen in Ply- mouth sehr erlieblich geschädigt worden [II]. Die verschiedensten Holzarten werden zerstört, sind aber durch dichten Beschlag mit eisernen Nägeln zu schützen. Teakholz soll nicht angegangen werden. Uebrigens können auch Mitglieder der nahe verwandten Gattung Sphaeroma Holz anbohren. Dies ist sowohl au der brasilianischen Küste wie in der Präsident Schaft Madras in Vorderindien beobachtet worden. Fig. 127. Der Schiffsbohrwurm Teredo navalis L. und seine Zerstörungen nach V. Baumhauher [IJ. A. Ein Stück Holz mit Bohrgäiigen und Thieren; a die Löcher, durch welche die Athemröhren h frei in das Wasser ragen; c ein in seiner ganzen Länge aufgedeckter Bohrwurm. Bei d ist die Kalkauskleidung der Gänge erhalten ; e sind leere geöffnete Gängle. B. Ein ganzer Bohrwurm aus dem Holze genommen; a die kleine Schale; h äus.serer Oeffnungsmuskel; c Fiiss; d verwachsener Mantel; e „Palette"; / Athemröhren. C Vordertheil des Bohr- wurmes; a Schale; c Fuss mit Saugnapf. D. Linke Schale von aussen, die verschiedene Sculptur der einzelnen, durch römische Zahlen bezeichneten Schalabschnitte zeigend. E. Rechte Schale von innen, um den Muskelfortsatz a zu zeigen. F. Palette von Teredo navalis. G. Palette der nahe verwandten Untergattung Xylotrya. Ä und B ungefähr um die Hälfte verkleinert, C und E natürliche Grösse, Z>, G und F ungefähr um das Doppelte vergrössert. Die gefätrlicbsten Feinde alles längere Zeit im Meerwasser uiitergetaucbten Holzes sind aber Weicbtbiere, Mollusca, nämlicb eine Reihe von Muscheln rten, welche der Gattung Teredo angehören und im gewöhnlichen Leben fälschlich als Bohrwürmer bezeichnet werden. Die Gattung Teredo (Fig. 1 27) gehört zu den Muscheln mit verwachsenen Mantelrändern, i.st aber vor allen anderen durch ihre ungemein verlängerte wurm- lörmige Gestalt ausgezeichnet (B^, sowie durch die Kleinheit ihrer zweiklappigen Schale, welche nvr einen sehr geringen Theil des Leibes an dessen angescliwollenem, vorderem Ende bedeckt fB, aj. Der grösste Theil des Mantels liegt also völlig frei. Die wunderbar dreilappig geformten Schalen (D und E) schliessen bauch- 340 Kap. IX. Die Käfer. wärts nur an einem einzigen Punkte zusammen und lassen vorn und hinten zwischen sicli je eine weite, klaffende Oeffnung. Der vorderen entspricht eine Spalte des sonst vollständig verwachsenen Mantels, durch welche der kleine cylindrische, an seinem abgestumpften vorderen Ende mit einem Saugnapfe ver- sehene Fuss (B und C, c) vorgestreckt werden kann. An seinem hinteren Ende geht der Körper in zwei kurze, ungleich lange Athemröhren aus (B, ff), von denen die längere als Einfuhröffnung für das Athemwasser, die kürzere als AusfuhröÖ'nung dient. An der Basis dieser Athemröhren sind im Mantel zwei schaufelähnliche fB e und F), bei manchen ausländischen Arten gefiederte (O) Kalkstückchen, die sogenannten „Paletten"' eingelagert. An den von Teredo bewohnten Hölzern bemerkt man äusserlich nur kleine runde, ungefähr 1 — l'ö mm im Durchmesser haltende, schräg in das Holz ein- dringende Löcher, aus welchen die ungestörten Thiere ihre beiden Athemröhren herausstrecken. Durch letztere Avird aber nicht nur das Athemwasser, sondern zugleich mit ihm auch die im Meerwasser enthaltene, fein vertheilte, organische Substanz, von der sich die Muscheln nähren, aufgenommen, und auch der Koth, das Bohrmehl und die jungen Larven ausgestosseu. Die beim Bohrgesehäfte fein zerriebenen Holztheile dienen der Muschel nämlich nicht als Nahrung, diese sucht vielmehr im Inneren der Pfähle nur Schutz tür ihren weichen Körper. Der Bohr- kanal, in welchem eine solche Muschel lebt, erweitert sich von der Eingangs- öflnung aus allmählich bis zu einem abgerundeten blinden Ende, in welchem der Vorderleib mit Schale und Fuss ruht (A, c). Die ganze Innenseite des voll- endeten Kauales ist mit einer festen, von der Manteloberfläche der Muschel ab- gesonderten, gleichmässigen, weissen Kalkschicht ausgekleidet (A, d). Jeder Bohr- gang, dessen Länge bis 4'J cvi betragen kann, ist von seinem Bewohner völlig ausgefüllt. Teredo ist getrennten Geschlechtes und scheint eine einjährige Generation zu haben. Die Eier werden von dem Mutterthiere in die Mantelhöhle aus- gestossen, entwickeln sich zu kleinen Larven, die hier auch noch eine kurze Metamorphose durchmachen, und gelangen alsdann, allerdings noch in einer dem erwachsenen Thiere sehr wenig ähnlichen Gestalt, durch die Athemröhre in das Meer. Sie sind zwar schon mit einer zweiklappigen Schale versehen, schwimmen aber mit Hilfe eines an ihrem Vorderende befindlichen Wimpersegels frei umher. Diese freien Larven treten in unserer Nordsee ungefähr Ende Juni auf [5]. Bald setzen sich die Thierchen aber an einem Pfahle, und zwar in einer passenden äusseren Ritze desselben, fest, verwandeln sich schon im Laufe von b — 14 Tagen in anfänglich zwar noch sehr kleine, aber typisch geformte „Bobr- würmer" und beginnen nun das Bohrgeschäft, welches sie lediglich nach Mass- gabe ihres allerdings ziemlich raschen Wachsthumes forttreiben. Das hierbei benutzte Bohrwerkzeug ist die Schale. Diese (DJ besteht aus drei, auch ihrer Sculptur nach verschiedenen Theilen, deren hinterer fD III) im Leben von einer Falte des Mantels bedeckt wird. Auf dem vorderen Schalenabschnitte (DT) ist der Rand jedes Anwachsstreifens mit äusserst feineu, scharfen Zähnen besetzt, und auch die rechtwinkelig zu den ersterwähnten gestellten Anwachsstreifen an der vorderen Hälfte des mittleren Schalenabschnittes (D, II a) zeigen eine ähnliche, aber gröbere Bewaffnung. Die nur sehr wenig ausgiebigen Sperr- und Schlies-sbewegungen der Schalen werden hier — anders als bei den gewöhnlichen Flussmuscheln oder den Austern, bei denen die Oeftnung durch das elastische Schlossband bewirkt wird — beide durch die Muskelwirkung vernrsacht. Die Sperrmuskeln setzen sich aussen an den Rückentheil der Schale (B, h), die Schliessmuskeln greifen auch au einem von den Schalenwirbeln nach innen tretenden langen Schalfortsatz an (E, a). Der Fuss kann sich mit seinem Saugnapfe (C, c) im Grunde der Höhlung fest- setzen, und durch das Zusammenwirken der Fuss-, Sperr- und Schliessmuskeln wird nun der Schale eine langsame Drehbewegung gegeben, bei weicher ihre, wie eine Feile wirkende Oberfläche das Holz abraspelt. Die zunächst schräg gegen die Holzoberfläche eindringenden Gänge werden bald in der Richtung der Holzfaser weiter getrieben und weichen von ihr nur so weit ab, als zur Um- gehung benachbarter, bereits vorhandener Gänge nothwendig ist. Niemals kreuzt Anmerkung über den Schiffsbohrwurni. Nagekäl'er. 3-41 ein Bolu'wiirm die R(>lire eines anderen, die einzelnen Gänge liegen aber bäufig so dicht beisammen, dass nur ganz dünne Scheidewände zwischen ihnen stellen bleiben nnd das völlig schwammig gewordene Holz, seine Widerstandsfähigkeit gänzlich verliert. Im Meere schwimmende Hölzer, also auch Schiffsrümpfe nnd ein- gerammtes Pfahhverk, werden binnen wenigen Jahren vollständig zerstört, le'zteres in den Meeren mit Ebbe und Fhith bis zur Höhe des mittleren Wasserstandes. Die iu Europa gefürclitotste Form ist der gemeine Schiffs- bohrwurm Teredo navalis L., der in unseren Meeren einheimisch und nicht, wie man früher glaubte, aus tropischen Meeren eingeschleppt ist. Indessen treten seine Verheerungen zu Zeiten stärker als ge- wöhnlich auf, in den etwas brackigen Wässern der holländischen Kanäle und Binnenmeerbusen besonders • in regenarmen, warmen Jahren, in welchen der Salzgehalt derselben ein wenig steigt. Solche Jahre waren 1731, 1770, 1827 und 1859. Im ersteren Jahre ver- ursachte die Entdeckung, dass die Pfahlwerke, welche die holländi- schen Deiche stützen, völlig von diesem Thiere durchwühlt seien, in den Niederlanden einen panischen Schrecken. In letzterem Jahre wurde eine wissenschaftliche und technische Commission zur Auffindung einer wirksamen Abwehr so schwerer Schäden niedergesetzt. Der äusserst gründlichen, durch v, Baumhauer gegebenen Zusammenfassung der Arbeiten dieser Commission [(, S. 23], der wir die meisten der vorstehend gegebenen, nafurgeschichtlichen Thatsachen entnommen haben, verdanken wir auch die folgenden praktischen Winke. Zunächst steht fest, dass keine Holzart, weder eine einheimische noch eine fremdländische, an und für sich gegen die Angriffe des Bohrwurms gesichert ist. Ferner hilft gegen seine Angriffe keinerlei äusserlicher Anstrich des Holzes, ja nicht einmal der Beschlag mit grossköpfigen, dicht an einander gereihten Eisennägeln, da die sehr kleinen Larven immer noch Stellen finden, an denen sie zwischen den Nägelköpfen eindringen können. Der einzige wirkliche Schutz besteht in einer Imprägnation des Holzes mit Kreosot; aber auch nur die Stellen, welche vollständig imprägnirt sind, werden nicht angegriffen. Da nun die Imprägnation der Nadelhölzer leichter gleichmässig gelingt, wie die des Eichen- holzes, haben sich imprägnirte Nadelholzpfähle widerstandsfähiger erwiesen als Eichenpfähle. Holzschiffe werden unterhalb der Wasser- linie durch einen Kupferbeschlag geschützt. Die Nagekäfer oder Anobiidae sind kleine cylindrische, dunkel gefärbte Käfer mit unter dem Halsschild verborgenem Kopfe, welche in ihrem Habitus Aehnlichkeit mit den Borkenkäfern haben, sich von ihnen aber durch die fünfgliedrigen Tarsen, die nicht gebrochenen Fühler und die mit wohl ausgebildeten Beinen versehenen Larven unterscheiden. Sie sind von grosser wirthschaftlicher Bedeutung durch die technischen Schäden, welche sie den aufbereiteten und verarbeiteten Hölzern zu- fügen; namentlich sind als Balken- und Möbelzerstörer die durch den 342 Kap. IX. Die Käfer. klopfenden Paarungsruf der Männchen bekannten j^Todtenuhren" Anobium pertinax L. und An. domesticum Fourcr. bekannt und An. (Ernobius) molle L. ist der gefährlichste Feind aller berindeten Nadelholzstücke, also auch der Frassstücksammlungen, welche der Forstmann sich etwa anlegt (vergl. S. 346). Ausserdem ist An, Äbietis Fabr. als Zerstörer der Fichtenzapfen, und An. nigrinum Strm. als Vernichter von Kiefern- trieben, deren Markröhre er aushöhlt, bekannt. Grössere physiologische Schädigungen von Holzgewächsen fallen ihnen nicht zur Last, Beschreibung. Die Käfer der Anobiidae iu dem hier angenommenen Umfang sind meist klein bis mittelgross, cylindrisch, mit oberwärts von dem Halsschild bedecktem Kopfe, nicht gegen die Mittelbrust verlängerter Yorder- brust und fünf Bauchringen. Ihre neun- bis elfgliedrigen Fühler sind gesägt, gekämmt oder mit drei grösseren Endgliedern versehen und auf der Stirn am Vorderrand der Augen eingefügt. Die Vorder- und Mittelhüften sind kugelig oder oval, die Hinterhüften quer. Die Larven sind weisslich, dick, mit Querwülsteu auf dem Kücken der Segmente, fein behaart und bauchwärts eingekrümmt, mit deutlich entwickeltem, gut chitinisirtem Kopfe, der bedeutend schmäler ist als die stark aufgetriebenen Brustringe; die Füsse sind gut entwickelt und behaart, der Hinterleib nicht deutlich gegen die Brust abgesetzt, neun- gliedrig (Fig. 128j. Die Käfer, welche sehr verschieden leben und theils auf Blüthen, theils in Pilzen, an altem Holze, unter Rinde etc. gefunden werden, belegen im Anfange der wärmeren Jahres- zeit namentlich trockene pflanzliche Substanzen mit ihren F> 128 I ar Eiern, und die Larven, welche weniger Feuchtigkeitsbedürf- ' A„'„u; "iss als die meisten übrigen Käferlarven zu haben scheinen, , durchsetzen ihre Brutstätten dann mit vielfach gewundenen emargmatum ^.. =" T\ ,r\ • ■ 1 \ (jrangen. Duft. (Urigmal.) ° ,,. „ -i- ^ * l--j t- , • , r- 5/ nat r amilie der Anobiidae lasst sich für unsere '^ ' ' Zwecke in zwei grosse Gruppen theilen, in die Anobiini und die Apatini, welche sich wesentlich durch die Beschaffen- heit der Tarsalglieder unterscheiden. Bei den Käfern der ersteren sind, ebenso wie bei der durch die Einlenkung der Fühler auf der Stirn unter- schiedenen, verwandten Familie der Ptinidae die beiden ersten Tarsalglieder ungefähr gleichlang, bei den Apatini dagegen bleibt das erste Tarsalglied so klein, dass es oft übersehen wurde, während die Glieder 2 und ö sehr gross sind. Auch die Larven dieser beiden Gruppen sind, wenngleich einander sehr ähnlich, doch deutlich unterscheidbar. Die der Anobiini sind ziemlich stark behaart, mit Punktaugen und sehr kleinen dreigliedrigen Fühlern versehen, welche in einer Einsenkung aussen am Grunde der gezähnten Vorderkiefer so gut ver- borgen sind, dass sie bis zu den genauen Untersuchungen von Pekris als fühlerlos angesehen wurden. Vor ihrer VeriDuppung bauen sie eine dünne Hülle aus zu- sammengeleimtem Nagemehl. Die Larven der Apatini sind dagegen weniger behaart, haben keine Punktaugen, deutlich erkennbare Fühler und ungezähnte Vorderkiefer. Ihr Vorderleib ist mehr aufgetrieben als bei den Larven der Anobiini. Wir unterscheiden unter den Anobiini nur zwei Gattungen, nämlich Anobium und Ptiliaus. Bei der Gattung Anobium im weiteren Sinne sind die Käfer dadurch charakterisirt, dass die drei Endglieder der nicht sägeförmig gezähnten Fühler gross und langgestreckt sind, ohne dabei eine Keule zu bilden. Die Larven sind durch, bei den verschiedeneu Arten verschieden angeordnete, Dörnchen auf der Rückenfläche der Segmente ausgezeichnet. Diese Gattung wird meist in eine Die Nagekäfer oder Anobiiden und ilire l'orstliche Bedeutung. 'J43 Keihe kleinerer Gattungen getheilt, welche wir als Untergattungen betrachten. Wir erwähnen hier folgende: Untergattung Anobiura Fahr, im engeren Sinne. Fühler elfgliedrig. die diei letzten Glieder sehr lang, oft länger als die übrigen zusammen. Halsschild bis zu den Vorderhüften zum Einlegen des zurückgeschlagenen Kopfes ausgehöhlt, sein A^orderrand als vorspringende Kante bis zu den Gelenk- gruben der Vorderbeine verlaufend. Flügeldecken mit regelmässigen Punkt- streifen. Untergattung Xestobium Motsch. Fühler elfgliedrig, die drei letzten Glieder länglich, Halsschild nicht ausgehöhlt, seine iSeitenränder schneidend, Flügeldecken nur punktirt ohne Streifen. Fussglieder kurz und dick. Untergattung Ernobius Thms. Fühler elfgliedrig, die drei letzten Glieder stark verlängert, Halsschild nicht ausgehöhlt, Flügeldecken nur punktirt, Füsse zart und lang, ihr erstes Glied verlängert, die folgenden allmählich kürzer werdend. Bei der Gattung Ptilinus im weiteren Sinne sind dagegen die Käfer durch die gesägten, gekämmten oder wedeiförmigen Fühler, deren letzte Glieder nicht oder nur wenig vergrössert i^ind, ausgezeichnet. Hire Larven sind durch den Mangel der kleinen Dörnchen auf der Eückenseite von denen der Gattung Anobium unterschieden. Jetzt werden auch die Ftilinus-Formen in verschiedene Untergattungen eingetheilt, die wir hier übergehen können. Von den Apatini haben wir nur zwei Gattungen zu erwähnen. Gattung Lyctus. Körper langgestreckt, oben gewölbt, Kopf vorgestreckt, Augen vortretend, Fühler elfgliedrig mit zwei grösseren Endgliedern. Gattung Apate. Körper cylindrisch, Kopf unter dem rauhen gekörnten Halsschilde versteckt. Fühler zehngliedrig mit drei grösseren, gesägten End- gliedern. • Forstliche Bedeutung. Die Käfer der Anobiidae sind als solche völlig unschädlich, dagegen sind die Larven mannigfach lästig und verderblich. Nach dem Schaden derselben kann der Forstentomologe die Anobiidae in folgende Gruppen bringen: 1. Die Larven bewohnen, ohne eigentlich zu schaden, die Rinde von älteren Stämmen. i'. Die Larven leben in noch stehenden Bäumen, deren Holz sie technisch schädigen. 3. Die Larven bewohnen die Aeste der Gipfel von Bäumen und bringen sie zum Absterben. 4. Die Larven fressen junge Triebe an und zerstören sie. 5. Die Larven bewohnen und zerstören Nadelholzzapfen. 6. Die Larven zerstören ältere, bearbeitete trockene Hölzer, Bretter, Balken etc. in den Holzlagern, Hausgeräthe, Möbeln u. s. w. Von den in der Borke älterer Stämme brütenden Anobiiden ist hier nur zu erwähnen: Anobium emarginatum Duft. Küfer langgestreckt, pechbraun mit feiner gelblichgrauer Haarbedeckung. Halsschild mit rechtwinkelig vorgezogenen Vorderecken, abgerundeten Hinterecken und stark gerandet. Hinten auf seiner oberen Fläche trägt es jederseits einen durch halbkreisförmige Linien be- grenzten Eindruck, zwischen denen nach dem Schildchen zu ein mittlerer, er- habener, selbst wieder abgeflachter Kamm verläuft. Die Flügeldecken sind fein und regelmässig punktirt gestreift. Die gänzlich unschädliche Larve bewohnt, oberflächlich unregelmässige, kurze, mit braunem Bohrmehl gefüllte Gänge fressend, die Borke älterer stärkerer Fichten, ohne je liefer zu gehen. Die Fluglöcher des Käfers sind an Stärke denen des Tomicus typographus L. ähnlich und haben oft bereits überflüssige Furcht vor drohender Burkenkäferverheerung erweckt. Nur aus diesem Grunde wird dieses Thier hier erwähnt. 34:4 Kap. IX. Die Käfer. Aus der zweiten biologischen Gruppe, welche in anbrüchi- gen Stellen stehender Bäume brütet, sind namentlich zwei Arten zu nennen : Anobium (Xestobium) rufo - villosum De Geer fpulsator Schall. tesselatum Fabr.). Käfer dunkel pechbraun, oberwärts mit grösseren und kleineren unregelmässigen Flecken goldgelber Härchen, Halsschild ohne Höker, breiter als lang, gewölbt, der Vorderrand in einen stark vortretenden Bogen vorgezogen, der Seitenrand breit und flach gegen die Scheibe abgesetzt. Länge 5 — 7 mm. A. (Xestobium) plumbeum Ilt.. Käfer schwarz, auf der Oberseite mit grünlichem Metallglanze, mit starker gelber oder bräunlicher Behaarung. Fühler und Beine braun, letztere an den Enden mehr weniger rothgelb. Länge 4 mm. Diese Käfer sind wesentlich Laubholzbewohner und ihre Larven leben in anbrüchigen oder blossgelegten Stellen, Aststummeln a. dergl. A. rufo- villosum De Geer meist an' Eiche, A. plumbeum III. an Buche und Birke. Ausserdem kommen noch eine Reihe anderer Formen vor, die wir hier über- gehen können. Dass solche Beschädigungen technisch schädlich werden können, ist sicher. Diese Käfer aber, wie Eichhoff dies gethan hat [7], darum als schädlich anzusprechen, weil ihre Gänge das Eindringen der Fäulniss in die Stämme besonders begünstigten, ist, wie Altum sehr richtig darlegt [XVI, III, 1, S. 154], übertrieben, da die Erreger der Fäulniss doch verschiedene Filz- arten sind und die Sporen derselben so geringe Dimensionen haben, dass sie schon in jeder feinsten Kitze sich festsetzen und überhaupt an jeder rauhen Wundfläche haften können. Wenn man nun neuerdings selir zweckmässiger- weise in gut gepflegten Revieren zur Vermeidung des Faulwerdens der auf- geasteten Bäume die Schnittflächen antheert, so ist diese Massregel wesentlich gegen die Fäulnisspilze gerichtet. Dass sie auch gegen das Eindringen der Anobiidae schützt, ist allerdings einer ihrer weiteren Vortheile. Die dritte biologische Gruppe, deren Larven Aeste zum Absterben bringen, umfasst vorläufig nur zwei Insekten: Apate (Sinoxylon) bispinosa Oliv. Käfer schwarz, lang grau behaart. Mundwerkzeuge, Fühler, Flügeldecken und Beine mit Ausnalime der Schenkel braun. Fühlerkeule gross, nach innen tief gesägt, fast so lang als der übrige Fühler. Flügeldecken grob punktirt, an der Spitze in eine Schrägfläche abgestutzt, auf deren Mitte nahe neben der Naht jederseits ein derber gerader Dorn und zwei bis drei erhabene Körnchen stehen. Länge 6 — 7 mm. Dieses Thier ist schon seit langer Zeit in Tirol und Italien als ein den Reben schädliches bekannt geworden, und es hat ihm in dieser seiner Eigen- schaft auch Costa [5] eine längere Besprechung gewidmet. Es frisst nämlich die sehr starke Larve im Holze der Weinreben und schwächt sie so, dass sie leicht abbrechen. Es heisst daher in Bozen „Rebendreher". Nach einem sehr schönen Frassstücke, welches die Tharander Sammlung Herrn Professor Henschel in Wien verdankt, scheint schliesslich die Larve ähnlich den Zweig zu i-ingeln, nur viel tiefer, wie Agrilus bifasciatus Oliv, die Eiche (vergl. S. 323). Es ist ferner im Jahre 1855 im österreichischen Küstenlande im k. k. Forstarate Montana beobachtet worden, dass dieses Thier sich auch in die Gipfel 15 — 30jäh- riger Eichen einbohrt, wodurch die befallenen Stammtheile zum Absterben ge- bracht werden. Die Thäterschaft steht ausser Zweifel, da zwei in eingesandten Frassstüeken gefundene todte Käfer von Kollar in Wien sicher bestimmt werden konnten [8]. A. (S.) sexdentata Oliv., der nächste Verwandte des vorhergehenden, wird durch de Tbegomain ebenfalls als ein Besch'idiger der Steineichen in Süd- frankreich angegeben. Er bewohnt vielfach die von Agrilus bifasciatus Oliv. befallenen Zweige, in denen er ähnlich frisst, wie A. bispinosa Oliv. Sein Frass ist an den runden Fluglöchern auch äusserlich von dem des Eichen- prachtkäfers zu unterscheiden (vergl. S. 324 und 325) und soll irgend welche grössere Bedeutung nicht haben. Die Nafr«;l:är<:r (xier Anobiideii und ihre forstliche J^edeutung. 345 Die vierte hier angenommene A n o h i e n p r u p p e , deren Larven Triebzerstörer sind, nmfasst zwei Mitglieder der Untergattung Ernobius. Es sind dies folgende: Anobium (Krnobius) nigrinum St. Küfer ziemlich gestreckt, fasr cylindrisch, schwarz, etwas glänzend, fein greis behaart, mit röthlichen Fühlern und Tarsen. H.ils-sohild «(uer, gleichmässig gewölbt, feinkörnig punktirt, in der Mitte mit einer glatten, schwach vertieften Längslinio. Ecken abgerundet. Viertes bis achtes Fühlerglied sehr klein und gedrängt, die drei letzten gross and stark. Länge 3 — 4 mm. Anobium (F. rnoluus) Pini St. Küfer länglich, glänzend rostnithlich, ziemlich dicht ^rei" behaart. Halsschild quer mit breit verOachten Seiten und stumjifen. leicht verriindeten Vorderecken, fast eben, nur an der Basis jederseits flach eingedrü'-kt. Fünftes bis achtes Fühlerglied dicht gedrängt, viel kürzer als die übrigen. Länge H ntm. Von diesen beiden Iväfern wird der zweite nur deshalb erwähnt, weil ihn Hartio [V, 1, S. +.SJ einmal mit Tortrix Buoliana S. V. aus jungen Kiefern- trieben erzogen hat. Ent««-hieden wichtiger ist dagegen A. nigrinum St., dessen Larve die Markröhre von Ivieferntrieben in ähnlicher Weise von nuten nach oben ansfrisst. wie di^- Imago von Hylesinus piniperda L. Da trotz der deutlich vorhandenen Beine die Larve wohl mit einer Borkenkäferlarve verwechselt werden kann, hat dieses Thier Veranlassung /.u dem Glauben gegeben, H. pini- perda brfite auch in Kieferntrielien. Im Gross. -n sind Schädigungen durch A. nigrinum St. nur selten beobachtet worden; die stärkste bekannte wird von Ratzeburg erwähnt [XV, 2. S. 4'22J. Im Jahre 1JS67 wurde in Eberswalde eine Kultur mit sechsjährigen Kiefern ausgeführt, welclie unter Insektenschäden ganz besonders zu leiden hatte, und es fand sich hier die Larve dieses Thieres in den Gipfeltrieben von fast der Hälfte der dürrgewordenen Pflanzen. Gegen A. nigrinum ist in den Trieben älterer Kiefern nichts zu thun. Haust es in Kulturen, so dürfte Ausschneiden und Vernichten der befallenen Triebe das einzige anwendbare Mittel sein. Die Generation wird v.in l.'A'rzKRrp.r. als zweijährig angegeben. Die fünfte A n <• b i e ngritp pe nmfasst die Zapfenbewohner. Als solche w^erden. und /war ans der Fichte angeführt: Anobium (Kmohius Abietis Fabr. ivZ/Ycc oben rostroth. unten dunkler, überall massig fein pnnkiirt r.nd mit kurzer gelblicher, seidenschimmernder Be- haaning. Halssciiiid uneben, mit drei schwachen Längserhabenheiten vor dem Schildchen. Fünftes Fühlerglied länger als das vierte, sechste imd siebente, achtes Fühlerglied sehr kurz, fa.«t quer. Länge .3 bis 4 «im. A. (Ernobinsi longicorne St. Käfer verlängert, fast cylindrisch, pech- schwarz oder brann. Fühler, Taster, Schienen und Tarsen rothbraun. Halsschild qner. gleichmässig a;ewölbt. mit abgestumpften Vorderecken. Fühler namentlich beim (^ langf. die (rlieder vier bis acht kurz nnl dicht aneinander gedrängt, die drei letzten sehr lang inid nicht verdickt. Län^e 2*5 miu. A. (Ernobin.«) angusticolle Ratz. ^///>r länglich, dunkelbraun glänzend, fein behaart. Halsse.iiild bedeutend schmäler als die Basis der Flügeldecken, gewölbt mit ab>reseiy.ten. .■stark aufgebogenen Seirenrändern, so dass es von oben fast rhomboidal an-sieht. Fühler länger als der halbe Körper, die (ilieder drei bis acht verkehrt kegelförmig, das fünfte und siebente länger als die übrigen, die drei letzten filieder s«- lang als die acht übrigen zusammen. Länge 2-5— .3 mm. Ausserdem wird jii.<-h erwähnt A. abietinum Gyll. aus Föhrenzapfen [XXVI, S. 141;. Namentlich A. Abietis Fabk. ist überall sehr hätitig. Die Zapfen werden nofh am Baume, mir d.-n leiern belegt, die Larven gehen dann tiefer und die kranken, bald al>fallpiideii Zapfen sind am Harzausflusse kenntlich. Zunächst wird die .Spindel und dann die Basis der Schuppen angegrit^'en. Im nächsten Frühjahre erfclgt die Verfuippung, bald darauf die Verwandlung in den Käfer. Die Generation ist al.^o einjährig. I.ctirbDCb d. Tnilt«>uri.j,. Krr.il....Vitr.l i.nd«. 2.3 346 Ka.p. IX. Die Käfer. Einziges Gegenmittel dürfte Sammela und Verbrennen der am Boden liegenden kranken Zapfen im Herbst und Winter sein. Auch die anderen Schädiger der Fichtenzapfen trifft man gleichzeitig mit dieser Massregel. Es scheint übrigens fast, als ob alle diese Arten auch in Nadelholzästen und -Rinde brüten könnten. Die sechste biologische Gruppe von Anobieu mit Werkholz, Balken und Hausrath bewohnenden Larven ist zweifelsohne die praktisch wichtigste, dagegen leidet der Forstmann als solcher am wenigsten unter ihren Schädigungen. Hier sind zu erwähnen: Anobium domesticum Foukc. {striatum Oliv.). Käfer pechbraun, sehr fein und kurz grau behaart, Stirn mit einer Beule, Halsschild vor dem Schildchen mit einem von beiden Seiten zusammengedrückten, nach rückwärts stumpf zugespitzten Höcker, neben welchem sich hinten zwei tiefe Eindrücke bilden, und ungekerbtem Seiteurande; Flügeldecken hinten abgerundet und regelmässig punktirt gestreift. Länge ;^ — 4'5 m??i. A. pertinax L. {striatum Fabr.). Käfer mattschwarz, äusserst kurz bräunlich behaart. Halsschild auf der hinteren Hälfte mit einem nach vorn gabelförmig getheilten Längskiel, neben diesem jederseits noch eine beulenartigd Erhöhung, in den Hinterecken ein scharf abgegrenzter Fleck goldgelber Härchen. Länge 4'5 — 5 mm. A. rufo-villosum De Geer. (vergl. oben S. 344) ist gleichfalls in Balken, Fussböden etc. schädlich. A. (Ernobius) molle L. Küfer länglich, rostroth, fein greis behaart, Halsschild breiter als lang, so breit als wie Basis der Flügeldecken, der Quere nach gleichmä-isig gewölbt, mit nicht abgeflachten herabgebogenen Seiten, das fünfte und siebente Fühlerglied länger als die benachbarten. Länge 5 mm. Ptilinus pectinicornis L. Käfer länglich, cyiindrisch, etwas glänzend schwarzbraun, Flügeldecken heller, mit feiner greiser Behaarung. Fühler und Beine rostroth, Halsschild vorn stärker gekörnt, vor dem Schildchen mit einer kleinen gerundeten, glatten, glänzenden Beule. Flügeldecken mit feineit, unregel- mässigen Punktreihen. Fühler des (^ von dem vierten Gliede an laug gekämmt, 9 mit nur gesägten Fühlern und auf der hinteren Hälfte des Halsschildes jeder- seits mit einer geglätteten Stelle. Länge 3 — 5 mm. Pt. costatus Gyll Käfer dem vorigen sehr ähnlich, etwas dunkler, die Kammfortsätze der Fühler des (^ sind jedoch viel kürzer und dem 9 fehlen die beiden geglätteten Stellen am Halsschilde. Länge 3 — 5 mm. Lyctus unipunctatus Hbst. {canaliculatus Fabr.). Käfer langgestreckt, oben etwas flacher, braun. Kopf und Halsschild gerunzelt, letzteres fast viereckig, in der Mitte mit einer tiefen Längsgrube. Flügeldecken fein punktstreifig, zwischen den Punktreihen Längsreihen feiner Härchen. Länge 3 — 4 mm. Die ersten Ansiriffe aller dieser Thiere auf bearbeitetes Holz, bei Eichen- holz namentlich auf den Splint, erfolgen fast unmerklich und erst wenn die Käfer sich durch ihre, meist senkrechtzur Richtung der Larvengäuge stehenden Fluglöcher herausbohren, merkt man, dass der betreffende Gegenstand „wurmstichig" ist. Dann zeigen sieh an ruhig stehenden Gegenständen um die Löcher herum kleine Häufchen von Bohrmeh), „Wurmmelil"'. Die Larven vermeiden bei ihrem Frasse meist die Oberfläche der befallenen Gegenstände, höhlen aber unter ihr die Holzmasse in dicht gedrängten unregelmässigen Gängen so stark aus, dass die- selbe jede Festigkeit verliert und leicht zusammenbricht. Namentlich der Splint, die jüngeren Holzschichten, sind ihren Angriffen unterworfen. A. molle L. — welches übrigens nach Taschenberg auch in Nadelholztrieben vorkommen soll (?) [XXII, II, S. 82] — zieht berindetes Nadelholz allem anderen Brutmateriale vor. Vor ungefähr 10 Jahren musste fast die ganze Frassstiicksammlung der Forstakademie Tharand, soweit sie aus Nadelholzabschnitten bestand, wegen der Schädigung durch diesen Käfer erneuert werden. Lyctus unipunctatus Hbst. Lot namentlich ein Eichenfeind, kann aber auch andere Laubhölzer angehen, und wird, namentlich entrindeten Stücken und zwar vornehmlich dem Splintholze schädlich [13 und 14]. Hier in Tharand wurde dieser Käfer einmal dem Eichenholzvorrathe eines Tischlers geradezu verderblich. Die Nagekäfer uud die rflasterkäfer oder Meloiden. 347 Als Vorbeugungs mittel gegen die Schäden uller dieser Käfer ist der Anstrich oder besser die luipräguiruug des Holzes mit einer giftigen Lösung anzuwenden, ein Mittel, welches allerdings in Wohn- räumen durchaus nicht überall anwendbar ist. Kupfervitriol, Zinkvitriol, Chlorzink, Zinnchlorür, arsenige Säure und Quecksilbersublimat sind versucht worden, und zwar scheinen die vier letzteren Substanzen am wirksamsten zu seiu^ namentlich bei allseitiger Imprägnation [14]. Wo dies möglich ist, thut man gut, der Lösung Alkohol zuzusetzen, weil eine alkoholische Lösung besser in das Holz eindringt als eine wässerige. In der akademischen Sammlung zu Tharand werden zu schützende Stücke erst mit un- verdünntem Spiritus stark angestrichen und dann mit einer Lösung von arsenigsaurem Natron in Wasser bepinselt. Dieses Verfahren hat sich gut bewährt. In den verschiedensten trockenen Esswaaren, Sammlungsgegeuständen, Droguen, Herbarien und Büchern wird auch noch schädlich Anobium paniceum L. Die Familie der Pflasterkäfer, Meloi'dae, ist die einzige aus der gesammten Gruppe der Heteromera hier zu erwähnende. Am bekanntesten sind die im Frühjahr häufigen, trägen, blauen „Mai- würmer", d. h. verschiedene Arten der Gattung Meloe, und die spanische Fliege Lytta vesicatoria L. Fast alle zu dieser Familie ge- hörigen Insekten enthalten einen höchst giftigen Stoß", das Cantharidin, das aber, wie so viele andere Gifte, mit der gehörigen Vorsicht angewendet, auch als Heilmittel dienen kann. Wegen ihres Cantharidin- gehaltes werden die Maiwürmer als Volksmittel gegen die Hundswuth angewendet, und derselbe Stoft' ist der wirksame Bestandtheil in den aus der einheimischen spanischen Fliege und verschiedenen ausländischen Lytta- und Mylabris-Arten hergestellten Zugpflastern. Fox'stlich schädlich ist lediglich die Imago der gemeinen spanischen Fliege, der Lytta vesicatoria L. (Taf, II, Fig. 15 F), welche im Juni bei uns oft plötzlich in grossen Mengen erscheint und verschiedene Laubhölzer, namentlich Eschen entblättert. Jüngere Pflanzen leiden oft bedeutend durch diesen Kahlfrass. Das Sammeln der Käfer, welches sich ja bei wirklich stärkerem Auftreten schon wegen des nicht unbedeutenden Verkaufswerthes der vorsichtig getödteten und getrockneten Käfer lohnt (vergl. S. 220), ist das einzige anwendbare Gegenmittel. Beschreibung und Biologie. Die Käfer der Meloidae sind weich- häutig, mit senkrecht stehendem, hinter den Augen erweitertem und dann plötz- lich zu einem dilnuen Halse verengtem, hochgewölbtem Kopfe, rundlichem oder herzförmigem Halsschilde uud letzteres an Breite stark übertrefi'enden Flügel- decken. Die auf der Stirn oder vor den Augen eingefügten, neun- bis elfjrliedrigen Fühler sind borsten- oder fadenförmig, mitunter gegen die Spitze verdickt. Die Hüften stehen zapfenartig vor. die Fussklauen sind in zwei ungleich dicke Hälften gespalten. •23* 348 Kap. IX. Die Käfer. Die Larven des Melo'idae treten, da ihre Verwandluug eine Hyper- metamorphose ist (vergl. S. 106—108) in sehr verschiedenen anfeinanderfolgenden Formen auf. Die erste ist eine kleine, gefärbte nnd einen festen Chiiinpanzer tragende, sechsbeinige Larve mit Augen, deutlichen Fühlern und längeren Schwanz- fäden, welche, da ihre Tarsen dreizähnige, mitunter einem antiken Dreizack gleichende Klauen tragen, ehe man ihre Zugehörigkeit zu den Meloidae kannte, von DuFOUR als eine eigene Gattung, TriunguUnus, beschrieben wurde. (Fig. 129.) Diese aus den haufenweise im Boden abgelegten Eiern schlüpfenden Larven kriechen auf Blumen und besteigen die verschiedenen hier Honig sammelnden Bienenarten, an deren Haarbedeckung sie sich mit ihren Klauen festhalten. In jeder grösseren Sammlung von Blumenbienen findet man mit solchen Thierchen besetzte Exemplare, die früher auch Bienenläuse, Fediculus melittar, genannt wurden. Die Larven lassen sich nun in die Bienennester tragen, dringen in die Brutzellen ein, verzehren die abgelegten Bieneneier und unterliegen kurz hinter- einander mehreren Häutungen, bei denen sie zunächst ihre Augen allmälig ein- büssen, weichhäutig und weisslich werden und zar Honignahrung übergehen. Bei der vierten Häutung werden die Larven zu engerlingähnlichen, weisslichen Geschöpfen, welche sich bei der nächsten Häutung in eine Art brauner Tönnchen- puppen verwandeln. In diesem Stadium überwintern sie, verwandeln sich im nächsten Frühjahr durch eine abermalige Häutung wiederum in weissliche, sechs- beinige, engerlingartige Larven, um nunmehr erst bei der siebenten Häutung zu normalen pupae liberae zu werden, aus welchen schliess- lich zur Flugzeit im Vorsommer die Imago aussehlüpft. Bei einzelnen Formen wird die Winterruhe in den Bienennestern selbst, bei anderen ausserhalb derselben in der Erde abgemacht. Nur wenige Formen leben statt in Bienen-, in Heuschreckennestern, z. B. die Gattung Epicauta, deren nördlichste Form Ep. rufidorsum Göze ivei-iicalis- III.) nach Taschenberg [XXII, II, S. 98] das Kartoffelkraut in Böhmen stark befressen hat. Die beiden hier zu besprechenden Gattungen sind Fig. 129. A Erste Meloe und Lytta, von denen wir aber nur die letztere Larvenform von ausführlich behandeln. Lytta vesicatoria L. Gattung Meloe L.: TT«/«?- dnnkelblauoder seh wärz- 5 Klanen einer Meloe- lieh mit Metallglanz. Leib mit sehr kurzer Hinterbrust, Larve des ersten di-k und weich, von den gleichfalls weichen Flügeldecken, Stadiums. die basalwärts an der Naht übereinandergreifen, meist nur unvollkommen bedeckt. Fühler elfgliedrig, fast rosen- kranzförmig, beim (^ länger rrnd in der Mitte oft mit verdickten Gliedern. Flug- flügel fehlen. Mittelhüften die Hinterhüften bedeckend. Die Klauen sind unge- zähnt, beide Hälften gleichlang. Als Arten erwähnen wir Meloe proscarabaeus L. und M.violaceus Marsh., welche im Frühjahr allenthalben im Grase häufig sind, sich von Püanzen nähren und wie ihre Verwandten bei Berührung an den Gelenkender Beine Tropfen eines gelben, durchsichtigen Sattes ausstossen, der bei manchen Personen blasenziehend wirkt. Gattung Lytta L.: ^ä/e?* langgestreckt, Hinterbrust verlängert, der walzige Leib von den massig weichen, einzeln abgerundeten Flügeldecken vollständig bedeckt. Schildchen vorhanden. Fühler fadenförmig, elfgliedrig, an der Spitze btets verdünnt, mit verlängert walzenförmigen Endgliedern. Flugflügel gut aus- gebildet. Mittelhüften von den Hinterhüften entfernt. Lytta vesicatoria L. Käfer: Seiten des Halsschildes vor der Mitte eckig erweitert, nach rückwärts verengt, seine Scheibe uneben. Der ganze Käfer lebhaft goldgrün oder bräunlich grün, Fühler und Füsse dunkler. Unterseite grauweiss behaart. Kopf und Halsschild fein zerstreut punktirt. Die weichen Flügeldecken fein und dicht runzelig punktirt mit schwach erhabenen, feinen Längslinien, Länge 11— 14 mm. (Taf. II. Fig. 1.5 F.) Larve. Nur die erste Larvenform, welche aus den ungefähr 2 cm tief von dem Weibchen zu 40 — 50 Stück in eine selbstgegrabene Erdhöhle abgelegten, gelben, keulenförmigen p]iern auskriechen, ist länger bekannt. Es ist ein richtiger Die spanische Fliege und ihre forstliche BedeuUmg. ;;49 tJ H17H langer Triungnllnus (Fig. 129 ^), der sich Ton den entsprechenden Larveu- formen der Verwandten durch die weissliche Färbung der Gliedmassen, der Unterseite und namentlich der Mittel- und Hinterbrust, sowie des ersten Hinterleibssegmentes auszeichnet. Erst in der jüngsten Zeit ist es Lichtenstein [10] und Beauregaku [2] zunächst durch künstliche Zucht festzustellen gelungen, dass die Entwickelung auch der spanischen Fliege an die im Boden angelegten Nester von Blumen- bienen sich knüpft, dass die Generation typisch einjährig ist und genau in derselben Weise vor sich geht, wie wir dies oben für die Meloi'dae im Allge- meinen schilderten. Sie gehört aber zu den Formen, welche zur Winterruhe die Bienennester verlassen und sich zwischen denselben im Boden eingraben. Künstlich sind die Larven ernährt worden mit Eiern und Honig von Ceratina, Megachile und Osmia tridentata. In der freien Natur, und zwar vorläufig nur bei Avignon in Südfrankreich sind die „Tönnchen" im Boden zwischen den sehr dünnen, aus einem seidenartigen Gespinste bestehenden Zellen von Colletes signata KmnY und einer anderen unbestimmten Colletes-Art gefunden worden [2]. Es ist demnach kaum einem Zweifel unterworfen, dass auch die einheimischen Colletes-, Megachile-, Ceratina- und Osmia-Arten, soweit sie dünnwandige Zellen in den Erdboden bauen, in Deutschland die Wirthe der spanischen Fliegen sind. Wenn übrigens Ratzeburg die parasitische Entwickelung der spanischen Fliege bezweifelt, weil sich in diesem Falle das „plötzliche massen- hafte Auftreten des Insektes schwer erklären lasse", so ist zu bemerken, dasa allerdings auch nach den neueren Forschungen dieser letztere ITmstand ziemlich räthselhaft bleibt. Graphisch können wir die Generation von Lytta vesicatoria L. folgender- raassen darstellen: 1880 Jan. Febr. März j April! Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. +;++«/> ■ eel©©©!©©

/'. 3?8) erwähnt. 20. Gruppe. Magdalina. Fühler nur wenig gekniet. Hinter- eckeu des Halsschildes nach unten spitz vorgezogen, vorn etwas ein- geschnürt, vor den Yorderhüften nicht ausgeschnitten. Schildchen deutlich. Flügeldecken den Grund des Halsschildes bedeckend, an der Spitze einzeln abgerundet. Schienen an der Spitze mit einem Haken. Vorderhüften aneinanderstosseud, Hinterhüften quer, wenig von einander abstehend, die Epimeren der Hinterbrust erreichend. Fussklauen frei. Gattung Magdalis Gekm. (Magdalinus ScnüNii.). Käfer: Fühler in der Mitte des Rüsi=els eingefügt, Schaft an der Spitze keulenförmig, Geisseiglied 1 und 2 gewöhnlich länglich, Keule zugespitzt. Rüssel rund, massig lang, an der Spitze öfter verdickt. Fühlerfurche zum unteren Rande der Augen gerichtet. Augen gross, mehr oder weniger vorragend, einander ziemlich genähert. Schildchen dreieckig. Flügeldecken walzenförmig. Schenkel meist gezähnt. Fussglied 3 sehr breit, zweilappig, Klauenglied mit zwei kleinen, einfachen Klauen. Larve lebt zwischen Rinde und Holz oder in den Markröhreu von Holz- pflanzen. Forstlich kommen nur einige in den Stämmchen und Trieben jüngerer Nadelhölzer lebende Formen iu Betracht. Es sind dies die in der 2ten bio- logischen Gruppe erwähnten. M. memnonia Fald. (carhonaria Fabr., vergl. S. 374), M. violacea L. (vergl. S. 374), M. duplicata Germ, (vergl. S. 374). Sie schaden sämmtlich nur als Larven. Die forstliehe Bedeutung der Rüsselkäfer. Bisher haben wir die Rüsselkäfer im engeren Sinne nur in systematischer Reihenfolge be- trachtet. Für die speciellen Zwecke des Forstmannes werden sie aber besser nach ihrer Lebensweise und ihrem Schaden, also biologisch ein- getheilt. Obgleich nun einige Aiten, wie schon oben bemerkt, zweifel- los sowohl als Käfer wie als Larven schaden, so ist doch auch bei diesen der eiiie Frass vorherrschend, und wir theilen die Rüsselkäfer daher zunächst in zwei grosse Abtheilungen, je nachdem vorherrschend der Larven- oder der Käferfrass in das Gewicht fällt, und bringen diese Hauptabtheilungen nach der Art ihrer verschiedenen Zerstörungen in kleinere Gruppen. 370 Kap. IX. Die Käfer. A. Rüsselkäfer, deren Larveufrass vornehmlich schadet. 1. Die Larven befressen die Wurzeln jurger Nadelhölzer, welche in Folge davon eingehen, z. B. Otiorrhynchus niger Fabr. 2. Die Larven zerstören die saftleitenden Kindenschichten an Nadelholzstämmen und bringen die Bäume zum Absterben. a) in Kulturen, z. B. Pissodes notatus Fabr. h) in älteren Beständen, z. B. Pissodes Harcyniae Hbst. 3. Die Larven bewohnen die inneren Rindenschichten und den Holzkörper jüngerer Laubholzstämme \ind Aeste, welche in Folge dessen deformirt werden und leicht abbrechen. Es ist dies Cryptorrhynchus Lapathi L. 4. Die Larven schädigen Blattorgane und Trieb- oder Blüthen- knospen von Holzgewächsen, z. B. Orchestes Fagi L. 5. Die Larven zerstören die Früchte von Holzgewächsen und beeinträchtigen die Samenernte, z. B, Balaninus glandium Marsh. B. Rüsselkäfer, welche vornehmlich als Käfer schaden, und zwar durch oberirdisches Benagen von Rinde, Knospen und Blattorganen. G. Im Boden brütende, flugunfäbige Kurzrüssler, z. B. Strophosomus Coryli Fabr. T. Im Boden brütende, flugfähige Kurzrüssler, z. B. Metallites mollis Germ. 8. In Nadelholzwurzeln brütende und namentlich die Nadel- holzkulturen schädigende Langiüssler, besonders Hylobius Abietis L. Rüsselkäfer, deren Larven die Wurzeln junger Nadelholz- pflauzen befressen. Es gehören zu dieser biologischen Gruppe nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse nur einige wenige Arten der Gattung Otiorrhynchus, zu denen neuerdings noch Brachyderes incanus gekommen ist. Es ist aber wahrscheinlich, dass späterhin noch andere als biologisch gleichbedeutend erkannt werden dürften. Otiorrhynchus niger Fabr. (afe}- Hbst. und Katz.\ Käfer: Schwarz, sehr dünn behaart, beinahe kahl, Halsschild so lang als breit, dicht gekörnt, Flügeldecken punktirt gestreift, beim (^ gestreckter als beim Q, Zwischenräume gerunzelt. Beine mit Aiisnahme der Füsse und eines Theiles der Schenkel roth, Kniee gewöhnlich schwarz. Länge 8 — 12 mm. Larve: Nach Belikg ftisslos, schmutzig weiss, glasig glänzend, oben stark gewölbt, unten etwas abgeplattet, mit grossem gerundeten, polsterförmig ge- wölbten, hornigen, braungelben Kopfschilde und plumpen dreieckigen, schwarz- braunen, an der Aussenseite im unteren Thtile breit ricnenföimig veitieften, an ihrem stumpflichen Ende gekerbttn Mandibeln. Rücken mit quer stehenden Keilwulst en, auf dem zweiten bis einschliessliih vorletzten Segmente mit je 6 langen und 6 kuizen, zu.=ammen 12, Längenreiheu bildenden Haaren. Die Oberseite des ersten Segments glatt, stark glänzend, mit theils vereinzelt, theils in je einer Seitengmppe stehenden Haaren, unmittelbar hinter dem Kopfe ver- waschen rostbräunlich gesäumt. Die eingekrümmte Bauchseite auf jedem der ersten 11 Segmente mit einer Querreihe von 8 kurzen steifen Borstenhaaren, welche an jedem ihrer leiden Enden von einem kurzen, vorderen und einem hinteren langen Haar auf wulstiger Erhöhui g flankirt wird. Das stumpfe End- segment an der Oberseite mit 8, an der Unterseite mit 4 Haaren in Querreihe. Alle voi stehend gedachten Haare bräunlicligelb. Länge bis 12 mn!, Dicke bis 4*5 mm. Rüsselkäfer mit junge Nadelholzwurzeln fressenden Larven. Otiorrhynchus. 371 Ptippe: Nach Bf.lino weiss, das breite und lange Gericht der Brust an- liegend, unterhalb der Augen mit je vier langen, unten geschwärzten, nach oben hin kastanienbraunen Borsten in unregelmä8t^iger Längenreihe. Zwischen den Augen zwoi und weiter nach hinten hin vier ähnliche Borsien in Querreihe. Halsschild am gekanteten, steil abfallenden Vorderrande mit vier dergleichen Borsten, im hinteren Theile mit einer Anzahl meist kurzer, schwärzlicher Borsten in unvollständigen Querreihen. Der kegelfömiige Hinterleib am Rücken jeden Segments mit einer Querreihe von 6 bis 12 inigleich langen, braunen, dornen- förmigcn Borsten, die auf den späteren Segmenten immer kräftiger werden. Der letzte Leibesabsi hnitt mit 2 dicken braunspiizigen Dornen vind fi schwarz- biaunen Borsten endend. Die seitwärts gespreizten, weit vorragenden Kniee mit je einer langen und oberhalb dieser mit einer weit kürzeren und dünneren gefärbten Borste. Länge bis \Qvini, Breite bis bmm. Wir geben diese genaue Larven- und Puppenbeschreibung als Beispiel. wie künitighin die nur ungenau bekannten Entwickelungsstadien der Rüssel- käfer besclirieben werden sollten. O. ovatus L. Käfer: Viel kleiner und gedrunüener als der voiiee. Schwarz, fein behaart. Halsschild grob gekörnt, die Körner auf der Mitte sehr deutliche Längsrunzeln bildend. Flügeldecken fein punktirt gestreift. Zwischen- räume gerunzelt, Fühler und Beine lothbraun. Länge bmm. Larve nicht näher beschrieben. Brachydeyes incanus L. Käfer: Pechbrann, mehr oder weniger dicht mit grauen und braunen, hier und da metalli.schen Schuppen besetzt. Fühler rost- braun. Rü.'^.sel an der Spitze breit eing-drückt, Halsschild dicht punktirt, Flügel- decken punktirt gestreift. Länge 8 — 11 mm. Larve nicht näher beschrieben. Lebensweise. Man kennt genauer nur Ot. niger Fabr. Nach den übereinstimmenden Angaben von Ratzeburg und Beling [4 d] tritt die Fortpflanzungszeit dieser Käfer, bei denen man, da sie ungefliigelt sind, nicht von einer Flugzeit reden kann, normaler Wei?e im Frülijahr, ungefähr Anfang und Mitte Mai ein. Die Eier werden von den Weibchen in den Boden jüngerer Fichtenbestände oder Kulturen abgelegt. Die Larven schlüpfen bald aus, fressen die zarten Wurzeln der jungen Fichtenpflanzeu ganz und schalen die Rinde der etwas stärkeren so rein ab, dass es aussieht, ais sei sie mit einem Messer abgeschabt. Gegen die Mitte des Juli sind die Larven der Mehr- zahl nach ausgewachsen, verpuppen sich dann an der Stelle, wo sie bis dahin lebten, in einer innen geglätteten Höhlung. Nach etwa vierwöchentlicher Ruhe werden von Mitte August bis gegen Ende September aus den Puppen Käfer, die grösstentheils in den Puppenhöhlen bleiben, um im nächsten Frühjahr zu erscheinen und der Ernährung und Fortpflanzung obzuliegen. Viele Käfer zeigen sich aber schon im Herbst und überwintern in der Bodendecke. Es stellt sich demnach die einjährige Generation folgendermassen dar : Jan. jFebr. März April Mai Juni j Juli Aug. Sept. 1880 1881 ++! + ++ + -I-H -f-+-|- -I-4-+ -I--I-+ • ++ + + Oct. ■ Nov. +++;+++ Dec. ++-H 372 Kap. IX. Die Käfer. Diese normale Generation scLeint sich aber stets bei einer Masseuver- mebrung des Insektes zu verschieben. Auch Beling [4 c?] sagt: „die Verpuppung erfolgt aber nicht bei allen Larven gleichzeitig oder binnen einer kurzen sommei liehen Frist, sondern vielmehr in der Weise, dass im Hochsommer 10 bis 12 Wochen lang frische Puppen an ein und demselben Fundorte angetroffen werden. Eine Anzahl von Larven überwintert und aus diesen gehen dann die ersten Puppen des nächsten Sommers hervor." Auch ist von allen Beobachtern, die über grössere Frassschäden belichten, constatirt, dass die Käfer von Mai bis August und September zahlreich erschienen, was auch theilweise darin seinen Grund haben mag, dass die Käfer wohl, ebenso wie der grosse braune Rüssel- käfer, nicht unmittelbar nach der Eiablage eingehen, sondern noch längere Zeit leben. Schaden, Derselbe tritt namentlicli in Gebirgsrevieren von un- gefähr 500 — 1000 m Seehöhe anf. Er betrifft junge Fichten bis zum Alter von 10 Jahren, sowohl in Saatkämpen als in Kulturen, und es werden, trotz entgegengesetzter, vereinzelt in der Literatur zu finden- der Angaben, weder Plätzesaaten, noch Riefensaaten, noch Büschel- pflanzungen verschont. Das stärkere Auftreten in einer oder der ande- ren Kultur hängt nicht von der Kulturmethode, sondern von anderen Umständen ab, namentlich von der stärkeren oder 'schwächeren Ent- blössung des Bodens, da in entblössten Boden die eierlegenden Weib- chen leichter eindringen. Auch die Güte des Bodens scheint ohne Einfluss auf das Auftreten des Käfers zu sein. Der Schaden ist in älteren Kulturen fühlbarer als in jüngeren, weil die Ausbesserung jener schwieriger ist. Die oben geschilderte Zerstörung der zarten und die Entrindung der stärkeren Wurzeln lässt die Pflanzen krän- keln, aber es wird übereinstimmend angegeben, dass nur selten der Schaden in dem ersten Frassjahre bedeutend ist, und dass erst bei andauerndem Frasse im zweiten oder dritten Jahre ein stärkeres Ein- gehen eintritt. Meist sind nur wenige Larven, 2 — 8, an einer Pflanze, es sind aber schon 20 — 25, ja sogar bis 50 zusammen fressend gefunden worden. Im Riesengebirge sind jung-e Lärchen ebenso wie die Fichten beschädigt worden. Man erkennt die beschädigten Pflanzen im ersten Jahre am Gelbwerden einzelner Nadeln, erst später tritt das Roth- werden vieler Nadeln und schliesslich das Vertrocknen der Pflanzen ein, welche sich, ihres Wurzelhaltes beraubt, leicht auch aus dem dichtesten Pflanzenbüschel einzeln ausziehen lassen. O, ovatus L. ist wesentlich auch als Kullurverderber bekannt geworden. Seine Larve schadet an den Wurzeln bis sechsjähriger Fichten. Die Schädlichkeit des schwarzen Küsselkäfers als eines Fichtenkultur- verderbers wuide zuerst 1827 durch v. Bkrg [5 o] im köuigl. preussischen Karz sicher festgestellt und darauf durch Ratzeburg |48 a; V. S. 141] nach Nachrichten aus den A'erschiedensten Gebirgsforsten bestätigt. Grössere Schäden wurden geschildert aus der königl. preussischen Oberförsterei Königshof im Harze 1847 und 1848 durch Gumtau [22], Schmifdefeld in Thüringen 1850 durch v. Ernst [17], Arnsberg im Riesengebiige 1853 durch Haass [24 i], aus dem königl. .-ächsischen Oberfrauendorfer, jetzigen Schmiedeberger Revier im Erzgebirge 1861 durch Schaal [53], aus dem ebenfalls im Erzgebirge gelegenen herrschaftlich V. Schönberg'scheu Revier Neuhausen 1865 — 1869 durch 0. Kühn [32] und aus dem herzogl. Braunschweig'schen Revier Wangelnstedt 1872 — 1876 durch WoLFF [Hils Solling- Forstverein 1877, S. 49]. Rüsselkäfer mit junge Nachlliolzwurzeln fressenden Larven. Otiorrhynclius. 373 Weitere siclier constatirte Fälle fanden auf königl. sächsischen Staatsforst- revieren nach MittheilunjT von Professor Kunze 1860 auf Altenberger Revier und nach Oberförstercandidat Timaeus 1882 auf Rehefelder Revier statt. Ueber Schaden durch O. ovatus berichtet Gumtau [22J aus Königshof und NüRDLiNGEK [XXIV S. 17 und 18] aus dem Revier Eliliiiigeu bei Neresheim in Württemberg. Die Beschädigungen der Larven von Brachyderes incanus sind erst neuerdings von J. Czech [IIJ beschrieben worden. Mit zweijälirigen Fichten bestellte Beete einer Pflanzschule wurden 1879 ii grösserer Ausdehnung durch Abfressen der feineren und Entrindung der stärkeren Wurzeln völlig vernichter. Der Hauptfrass fiel in den M;ii und Anfang Juni, dann im Juli erscliienen nach dreirtöchen;Iicher Puppenperiode die Käfer. Ueber den Schaden, welchen die drei soeben besprochenen Arten als Käfer angerichtet haben, berichten wir weiter unten. Abwehr. Ziinäcbst bandelt es sieb bier um Vorbeugungsmittel. Kulturen, welcbe in berastem Boden ausgeführt werden, sind weniger gefährdet als solche in entblösstem. Kulturmetboden mit ge- ringer Bodenverwandung werden sich also nicht nur im Flacblande gegen den Engerlingscbaden, sondern auch im Gebirge gegen den Frass der Otiorrhynchus-Larven empfehlen, und das mehrjährige Liegen- lassen der Schläge ist nicht nur gegen den braunen, sondern auch gegen die schwarzen Rüsselkäfer zu empfehlen. In letzterem Falle handelt es sich aber nicht darum, den im Boden zurückgebliebenen Wurzeln zum völligen Absterben Zeit zu geben, sondern den Boden verrasen zu lassen. Vertilgungsmittel sind namentlich gegen den Käfer anzuwenden. Hier kann nur Sammeln helfen. Meist ist die^ einfach durch Absu- chen der befallenen Orte gemacht worden. Nach Beling [4 d] geht O. niger Fabr. auch unter die gegen den grossen braunen Küsselkäfer ausgelegten Rindenplatten. Als bestes Fangmittel des O. ovatus L gibt NÖRDLIX6ER das Auslegen von quadratschuhgrossen Moosdecken in die Riefenzwischenräume der Fichtensaat an. In diese verkroch sich der Käfer am Tage und konnte handvoll weise aufgelesen werden. Im erzgebirge'schen Revier Neuhausen wurden nach Kühn im Jahre 1867 auf den circa 15 Aa grossen Kulturen von Mitte Juni bis Ende August gegen einen Accordlohn von 1 bis 2 Pfennigen pro Schock etwa IY3 Million Käfer gesammelt. Ist eine Kultur einmal stark beschädigt, so hilft das Vertilgen der Larven durch Aufsuchen im Boden nach Ausziehen der befal- lenen Pflanzen nicht mehr viel. Wenn man dieses aber im Herbst vornehmen lässt, so kann man viele in den Puppenhöhlen überwinternde Käfer und, bei unregelmässiger Generation, wohl auch Puppen und Larven vernichten. Rüsselkäfer, deren Larven die s.iftleitenden Rindeuschichten au Nadelholzstämmen zerstören und diese zujn Absterben bringen. Diese Formen zerfallen in Kultur- und Bestandsverderber. Die Kul- tur verderber sind wieder in sofern getrennt zu behandeln, als die 374 Kap. IX. Die Käfer. einen, mehrere Magdalis-Arten, die oberen Quirle bewohnen, während Pissodes notatus, der ,,kleine braune Kiefernkulturrüsselkäfer", ge- wöhnlich die jungen Stämme tief unten angeht. Die Bestandsver- derber gehören sämmtlich zu der Gattung Pissodes. Die Gattung Magdalis [vergl. S. 369] umfasst eine Anzahl kleinerer blauer und schwarzer Rüsselkäfer, unter denen Avir be- sonders M. violacea L. und M. memnonia Fald. hervorheben, deren Larven durch Zerstörung der Bastschichten oder der Markröhre jungen schlechtwüchsigen Kiefernpflanzen im Alter von 3 bis 10 Jahren gefährlich werden können, und zwar um so mehr, als sich ihr Frass häufig mit dem von Anobium nigrinum St. (S- 345), Buprestls quadri- punctata L. (S. 320), Tomicus bidentatus Hbst. und Pissodes notatus Fabr. verbindet. Ausreissen und Verbrennen der befallenen Pflanzen, vor dem Ausschlüpfen der Käfer hilfc gegen diese ganze üble Ge- nossenschaft. Beschreibung. Magdalis violacea L. Käfer: Farbe blau, Kopf uti- deutlich punktirt, Augen flach, Eüssel kaum gebogen, Grund jeder Flügeldecke iu einen gerundeten Lappen vorgezogen, der die Basis des Halsschildes jeder- seits überragt und dadurch zweibuebtig erscheinen lässt. Flügeldecken punkt- streifig, Zwischenräume doppelt so breit als die Punktstreifen mit einer starken Punktreihe Yorderschenkel mit einem grossen Zahn. Klauen einfach. Länge 3,5 — 4,8 vim. M. duplicata Germ. Käjer: Farbe blau. Dem vorigen sehr ähnlich, aber der Kopf dicht punktiit, Rüssel deutlich gebogen. Zwischenräume der Flügel- decken glatt und reihenweis stark punktiit, Streifen selbst stark. Länge 3 — 5 mm. M. memnonia Fald. {carbonaria Fabr.). Käfer: Farbe schwarz. Hals- schild so lang als breit, ohne Höcker. Grund jeder Flügeldecke in einen gerun- deten Lappen vorgezogen, der die Ba>is des Halsschildes jederseits überragt und dadurch zweibuebtig erscheinen lässt. Flügeldecken punktstreifig, Zwischen- räume gewölbt und runzlig, mit einer Punktreihe. Vorderschenkel mit einem grossen Zahn. Klauen einfach. Länge 4 — Imtii. Lebensweise und forstliche Bedeutung. Die Generation der sämmtlichen Magdalis-Arten scheint einjährig zu sein und die Flugzeit in den Mai und Juni zu fallen. Für M. memnonia Fald. stellt sie sich nach Perkis ungefähr folgender- massen [46, S. 2ö6 und 257]. Jan. I Febr. März April Mai Juni Juli } Aug. Sept. Oct. Nov, Dec. 1880 ++ 1881 '+++H-++ Die für uns in Frage kommenden Formen sind wesentlich Nadelholz- insekten, welche nicht nur die obersten 2 — 3 Jahresstriche der gemeinen Kiefer, der Schwarzkiefer, der Seekiefer luad der Weymouthskiefer angehen, sondern Rüsselkäfer mit bastzerstorendeu Larven. Magdalis und Pissodes. 375 aueh in Fichten brüten. Letzteres ist namentlich von M. violacea L. sicher nach- gewiesen, einem Käfer, welcher häufig secundür die Gipfel der von Grapho- litha pactolana befallenen Pflanzen oberhalb der Wicklerfrassstelle bewohnt [Jl'deich XI. S. 77].Er kommt aber gelegentlich auch au stärkeren Stämmen vor. M. duplicata Gekm. scheint am häufigsten in den verschiedenen Kiefer- arteu zu sein und auch Zweige zu bewohnen [27, S. 610]. Der Frass der Magdalis-Arten scheint nicht immer gleich zu sein. Schon Zinke schildert 1797 [38, S. 61] denjenigen des „Violettrüsselkäfers" als von den Knospen ausgehend und in die M.arkröhre vordringend, eine Angabe, die neuerdings von Altum [XVI, Bd. IH., 1. S, 214] bestätigt wird. 1856 schilderte Perris den Frass der Larven von M. memnonia Fald. in Seekieferzweigen in ganz ähnlicher Weise, und Henschel [27] berichtet das gleiche von M. duplicata Germ., während er für M. violacea L. daran festhält, dass die Larven zwischen Rinde und Holz leben, eine Beobachtung, welche mit den Angaben der meisten übrigen Forscher stimmt und welche wir selbst für diesen Käfer und für M. frontalis Gyll. bestätigen können. In den uns vorliegenden Frass- stücken in Kiefer und Fichte verlaufen die Larvengänge stets durchaus peri- pherisch und greifen tief in den Splint ein, so dass vielfach die ganze der Rinde benachbarte Holzschicht in Wurmmehl verwandelt i-it. Die Puppenwiegeu dringen noch tiefer in den Splint ein. Hier sind also noch genauere Beobachtungen nötlüg. Ueber wirklich grössere Verheerungen, welche von den Magdalis-Arteu verursacht wurden, liegen noch wenig Beobachtungen vor. Altum berichtet [XVI, Bd 3, 1. S. 212], dass M. violacea L. einmal recht schädlich in der Nähe von Eberswalde aufgetreten sei. Die Gattung Pissodes (vergl. S. 366) ist es, welcher die in dieser biologischen Gruppe zu erwähnenden fünf weiteren Schäd- linge angehören. Während die Generation der verschiedenen Pissodes- Arten, die sämmtlich Nadelholzfeinde sind, eine verschiedenartige zu sein scheint und noch mancher Aufklärung bedarf, ist, mit Ausnahme des P. validirostris Gttll., ihre Lebensweise sehr übereinstimmend. Die Eier werden in die Rinde von Nadelholzstämmen abgelegt. Die ausschlüpfenden Larven fressen sich bis auf den Splint durch und machen, diesen kaum berührend, allmählich breiter werdende, geschlängelte Larvengänge, die schliesslich in eine stets wenig- stens tlieilweise in den Splint eingreifende Puppenwiege mit Span- polster enden. Sind mehrere Eier an einer Rindenstelle abgelegt, so gehen von dieser Stelle die Larvengänge strahlig auseinander, und dieser „Strahlenfrass" (Fig. 135^4 u. 136) kann alsdann auf den ersten Blick mit manchen Borkenkäfer-Frassfi°;uren, namentlich mit Stern- gängen, verwechselt werden. Bei aufmerksamer Betrachtung wird man aber sofort erkennen, dass es sich hier nicht um strahlig auseinander tretende, stets gleicli breite Muttergänge handelt, wie bei den Borkenkäfer-Sterngängen, von denen erst secundär Larvengänge ab- gehen, sondern um allmählich stärker werdende Larvengänge, von denen also keine anderen secundären Gänge abgehen. Bei gerin- ger Anzahl von gleichzeitig abgelegten Eiern, oder starker Besetzung des Baumes, und daher wirr durcheinander gehenden Gängen, kann dieser Habitus wohl auch undeutlich werden. 376 Kap. IX. Die Käfer. Auch der Schaden und die Bekämpfung dieser fünf Käfer zeigt gemeinsame Züge. Die in Folge unterbrochener Saftströmung krän- kelnden und schliesslich absterbenden Bäume sind aus den Bestände zu entfernen, bevor noch die Käfer zum Ausfliegen kommen. Werth- loses, schwaches, mit Larven besetztes Material ist ganz zu verbrennen. Stärkeres, verwerthbares Material wird entrindet und die Einde ver- brannt. Etwa in den Splintpuppenwiegen zurückbleibende Larven und Puppen sind ausserdem zu zerquetschen oder auszustossen. Die charakteristischen Unterschiede der 5 Hauptarten^ sowie des erst später als Samenbeschädiger zu nennenden P. validirostris Gyll., lassen sich folgendermassen zu einer Bestimmungstabelle vereinigen : Halsschild runzlig ge- körnt, mit winkligen Hinterecken. 'Flügeldecken mit schmaler Querbinde hinter der Mitte . . P. Pini L. Flügeldecken mit breiter Querbinde hinter der Mitte. ' Punktstreifen der Flügel- decken mit sehr grossen u. verschieden starken Punkten . P. Piceae III. Punktstreifen der Flügel- decken init gleichmässig. Punkten. Punkte mittel- stark. Hinter- eckeu des Halsschildes spitz vor- springend . P. notatus Fabr. Punkte fein, Hinterecken des Halsschildes rechtwinklig P. validirostris Gtll. Halsschihi mit kreisrun- den, vertief- ten, durch ebene Zwi- schenräume getrennten Punkten und abgerundeten Hinterecken. Grundfarbe des Käfers rostbraun Grundfarbe des Käfers schwarz F. piniphilus Hbst. P. Harcyniae Hbst. Pissodes im Allgremeinen iiiid Pissodes notatus. 377 Der braune Kiefcrnkultur-Küsselkäfer oder Weisspunkt-Rüsselkäfer, Pissodes notatus Fabr. (Taf. II, Fig. 0), wird dadurch schädlicli, dass die überwinterten Weibchen nach erfolgter Begattung im Frühjahr ihre Kier in oder an die Rinde 4- bi-? Hjähriger Kiefernpflanzen bis 1 m oberhalb des Bodens ablegen, die ausge- kommenen Larven sich in die Bastschichten einfrcssen und stamm- abwärts allmählich breiter AverJende Larvengänge erzeugen. Dieser Frass, welchersich bald durch Welken und Röthung der Nadeln anzeigt, bringt, namentlich wenn eine grössere Anzahl Larven an einem Stämmchen frisst, die Pflanze zum Absterben. Die Verpuppung geschieht im Hoih- sommer, innerhalb der am Ende der Larvengänge in den Splint einge- senkten Puppenwiegen mit Span- polstern. Noch in demselben Herbste schlüpft der Käfer aus, um am Fusse der Stämmchen zu überwintern. Die Larven sind namentlich in sandigen Kiefernrevieren auf Boden geringer Qualität sehr gefährliche Feinde der Kulturen. Einen weite- ren, aber äusserst geringen Schaden kann der Käfer selbst durch An- stechen der Triebe im Frühjahr behufs Nahrun gsgewinnunjc verursachen. Die Abwehr besteht in dem rechtzeitigen Ausreissen und Ver- brennen der mit Larven besetzten, durch die gerötheten Nadeln ge- kennzeichneten Stämmchen im Juni und Juli. Fig. 134. Kie'erustämmchen über dem Wurzelknoten mit Puppenwiegen iind Spaapolstern von Pissodes notatus Fabr. be.setzt. Beschreibung. Käfer: Hinter- ecken des runzlig-gekörnten HaLsscliildes scharf und mä.ssig spitzwinkelig, sein Ilinterrand deutlich zweibuahtig. Punktstreifen der Flügeldecken mit ziemlich kleinen Punkten besetzt, Zwischenraum 3 und 5 nur wenig erhaben. Grundfarbe rothbraun. Die Ober- und Unterseite fast regel- mässig mit weisslichen Schüppchen besetzt, welche auf vier Punkten des Hals- schildes und dem Schildclien besonders dicht stehen. Vor der Mitte der Flü.^el- decken eine an der Naht unterbrochene, hinter derselben eine durchgehende, aussen gelbe, innen weissliche Schuppenbinde. Iiänge 5 — 7'5 mm. Puppe: Als Entwickelungsstadium eines Rüsselkäfers sofort an dem bereits deutlich ausgebildeten Rüssel kenntlich. Ihre Oberseite ist nachPKKKis [46, S. 42 l] mit kleinen röthlichen, auf Höckerchen aufsitzenden Dornen versehen, von denen der Kopf zwei, das Halsschild vier und der Hinterleib sechs Reihen trägt. Larve von dem Habitus der gewöhnlichen R'issoMiäfjrlarven. Lebrbuc'u d. mitte'europ. ForatioBektenkun'le. 25 3T8 Kap. IX. Die Käfer. Lebensweise. Alle deutschen Forscher stimmen in ihren An- gaben insofern überein, als sie die Generation dieses Käfers als eine einjährige ansehen, bei welcher normalerweise der Flug in die Monate Mai und Juni, der Larvenfrass in die Monate Juni und Juli, die Verpuppung in den Monat August und das Ausschlüpfen des Käfers in denselben Herbst fällt. Im Imagostadium soll dann der Käfer am Fusse der Stämme in der Bodendeeke überwintern, um sich erst im nächsten Frühling fortzupflanzen. Es ergibt sich also die folgende graphische Zusammenstellung: Jan. iFebr. März April Mai Juni .Juli Aug. Sept. Oct. Isov. Dec. 1880 1881 + ++ + + • •• +++++++++ +++ ^^^^^^H +++ +++ +++++++++ + Ebenso einig sind dagegen aucb alle diese Beobachter darüber, dass öfters aucb zu anderer Zeit Puppen und namentlich überwinternde, halbwüchsige Larven gefunden werden, so dass also Abweichungen von der normalen Flugzeit nicht selten sind. Nach Perris [46, p. 425 — 431] soll in Südfrankreich, wo der Käfer häufig in der Seekiefer auftritt, diese Ausnahme Regel sein und sich dort die Generation, obgleich auch einjährig, folgendermassen stellen: Jan. Febr. März April 1 Mai j Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 1881 + + + + +++ 1 """ 1 " ••+ + + ++- + + """ 1 Vergleichen wir dieses Schema mit dem oben gegebenen, so leuchtet sofort ein, dass, wenn bei zeitigem Frühjahr die Flugzeit früher als gewöhnlicb eintritt, es wohl noch zu einer Fortpflanzung der Käfer im Herbste kommen könnte, wodurch dann überwinternde Larven entstünden, die im nächsten Jahre erst später als gewöhnlich die Käfer lieferten. Es entstünde alsdann das, was Ratzebürö ,,anderthalbige" Generation nennt, d, h. drei Generationen innerhalb zweier Jahre [V, Bd. I, S. 143]. Der Käfer benagt die Triebe und Zweige der Pflanzen, in welche er seine Brut ablegt, auch behufs Nahrungsgewinnung. Anstatt aber platzend kleinere Flächen von Rinde zu entblösseu^ sticht er Kiefernkultur-Rüsselkäfer. Pissodes no latus. 379 die Rinde tief an, indem er seinen Rüssel fast bis an die Au^en einbolirt, und es erbält dadurcb der Frass das Ausseben von Nadel- sticben [V, Bd. I, S. 144]. Die Ablage der Eier gescbiebt normalerweise an die unteren Quirle der StKmmcben jüngerer Nadelbölzer, meist nicbt böber als 1 m vom Boden. Gewöbnlicb wird die gemeine Kiefer im Alter von 4 — 12 Jabren angegrifteii. Indessen scbeinea aucb sämmtlicbe andere Kiefernarten, naeb DObner [XIV, Ii, S. 135] die Scbwarzkiefer, naeb Perris [46] die Seekiefer, nacb Vetillard [XXIV, S. 18] die Weymoutbskii^fer von ibm angegangen zu werden. Nacb Nördlinger [XXIV, S. 18] und JuDEicii [29 b] kommt er aucb in Ficbten vor, und ersterer bat ihn aucb aus Lärcben gezogen. Ausserdem ist er von FiNTELMANN [V, Bd. I, S. 144] uad Hochhäusler [XVI, Bi. III, 2, S. 20.3] aucb im oberen Tbeile von 14 — SOjäbrigen, kränkelnden Kiefern- stangen und ausnabmsweise aucb schon in Kiefernstöcken gefunden worden. Die Eiablage gescbiebt so, dass die Eier in mebrfacber Anzahl an eine Stelle der Rinde abgelegt werden. Die ausscblüpfendea Larven fressen sieb einzeln durcb die Rinde und beginnen nun jede für sieb in den weicben Scbicbten von Rinde und Splint gescblängelte, all- mäblicb sieb verbreiternde und hinter der Larve mit Bobrmebl g-efüUte Larvengänge zu fressen. An dem normalen Brutmateriale, d. h. an jüngeren Stämmeben, sind sämmtlicbe Gänge dicht gedrängt nacb ab- wärts gericbtet. Ist die Larve reif, so höhlt sie eine muldenförmig bis in das Holz eindringende, elliptische Puppenwiege aus, welcbe sie mit langfaserigen Nagespänen auspolstert und nacb oben zu ver- stopft. Hier verpuppt sie sich, und der Käfer fiisst sieb nacb seinem Ausschlüpfen in der Ricbtung nacb oben durcb Spanpolster und Rinde durcb, hier runde Fluglöcher hinterlassend. Ist stärkeres Material mit Brut belegt worden, haben 4ie Larven also mehr Platz, so geben die Larvengänge nach Hochhäusler [I c, S. 494] von dem ursprünglichen Ablagerungsorte der Eier strahlenförmig auseinander. Schaden und Abwehr. Der Käfer frass ist bis jetzt wohl noch niemals ernstlich schädlich geworden. Dagegen ist der Larve nfrass in scblecbtwücbsigen Kiefernkulturen ungemein zu fürchten. Nament- lich liebt der Käfer kränkelndes Material und nimmt daher besonders gern früher beschädigte Stämmchen an. Altum führt einen Fall an, wo er auf einer [XVI, Bd. III, 1, S. 202] durcb Lauffeuer geschädigten Kultur besonders stark auftrat. Schon bald nach Beginn des Larven- frasses welken die Nadeln und röthen sich, und die Wurzeln werden locker. Hieraus ergibt sich, dass zunächst das beste Vorheugnngsmittel gegen sein Auftreten die Erziehung gesunder und kräftiger Pflanzen, sowie die Entfernung alles kränkelnden Materiales ist. Die Vertilgung ist ferner gleichfalls sehr leicht. Man lässt die an der Röthung der Nadeln leicht kenntlichen, befallenen Pflanzen vor der durcb Untersuchung einiger Probestämmchen leicht festzu- 25* 380 Kap. IX. Die Käfer. stellenden, ■wahrscLeinlicben Zeit des Ansschlüpfens der Käfer, also wohl meist im Juni oder Juli durch Arbeiter ausreissen und ver- brennen. Befürchtet man in einer Kultur einen stärkeren Schaden^ und müssen zugleich zu Kulturzwecken Vorwüchse im nächsten Jahre entfernt werden, so kann man im Herbst oder zeitigen Frühjahre die zu entnehmenden Stämmchen durch tiefe Ringelung künstlich krank machen und so als Faugstämme verwenden, die später natür- lich rechtzeitig entfernt werden müssen [XVI, Bd. III, 1, S. 203]. Die Angaben, dass P. notatus aucli in Kiefernzapfen brüte, beruht vielleicht auf einer Verwechselung mit dem sehr ähnlichen P. validirostris Gyll. (vergl. S. 400). Der Kiefer ustangen-Rüsselkäfer, Pissodes piniphilus Hbst. ist ein nicht zu unterschätzender Feind der Kiefernstangenhölzer und kann bei nachlässiger Kontrols in den Kiefernforsten der Ebene wohl sicher ebensoviel Schaden anrichten, wie der alsbald zu er- wähnende Harzrüsselkäfer in älter-en Fichtenbeständea der Gebire:s- reviere wirklich schon gebracht hat. Der einem kleinen P. notatus Fabr. ähnliche Käfer mit zwei- jähriger Generation, dessea Flugzeit Ende Juni fällt, belegt Kiefern- stangen imd die oberen dtinnriadigen Theile älterer Kiefern mit seinen Eiern; die gekrümmten Gänge der ausschlüpfenden Larven bringen die Bäume von oben zum Absterben. Die Verpnppung geschieht in ähnlichen Spanpolsterwiegen wie bei P. notatus Fabr. Die bedeutende Höhe, in welcher der Anflug meist geschieht, erschwert die Erken- nung des Angriffes, dessen Bekämpfung aber durch die längere Dauer der Generation, insbesondere des Larvenlebens, erleichtert wird, Einschlag der befalleneu Bäume, die an ihren kümmernden Maitriebeu im zweiten Jahre zu erkennen sind. Schälung des werth- vollen Materiales und Verbrennung der Rinie und der werthloseren Wipfelstücke sind die anzuwendenden Gegenmas^regeln. Beschr eibiiusr. Käftr: Hii'^racken des glatten, di sht mit gössen, run'len, vertieften Punkten bese'zten Halsschildes stumpfwinklig und etwas ge- rundet. Die Z 'tische nränme 3 und 5 der aus ziemlich kleinen Punkten be- stehenden Streifen der Flügeldecken nur wenig erha'iei. Grundfarbe rostbraun, Körper massig dicht mit gelbgrauen Schuppen besetzt ; statt der hinteren Fleckenbinde jederse'ts ein grosser röthlicher Schuppenfleck. Länge 4 — b mm. Puppe und Larve denen des AVeivelt derartig eingeHirjjert, dass noch heute ältere Forst- leute den zuletzt erwähnten Käfer, unscen gefährlichsten Nadelholzkulturverderber, als Curculio Pini fälschlich be- zeichnen. Lebensweise. Ge- nauere Beobachtungen über die Dauer der Generation dieses Thieres fehlen noch, dagegen wird seine Flug- zeit übereinstimmend als um die Zeit der Sommer- sonnenwende fallend an- jreffeben und der Larven- zustand als der normale Ueberwinterungs - Zustand angesehen. Man könnte daher graphisch die Gene- ration genau so darstellen, wie dies auf S. 38-i in der Mitte für P. Harcyniae Hbst- geschehen ist. Fig. 135. Strahlenfrass von Pissodes Pini L. an Als Brutmaterial SU- Weymouthskiefer. Rindenstück in 1/3 natürl. eben die Weibchea nament- ^'''^''^- ^^■^' -^"'^"'^ ^29 h}. lieh ältere Stämme von Pinus- Arten aaf, und zwar findet man sie meistens in den starkborkigen Theilen, ohne das? etwa die oberen Stamm- partien mit dünnerer Rinde verschmäht würden. Judeich fand eine Weymouthskiefer sowohl an den Stellen mit nur 5 mm starker, wie solche mit vierfach stärkerer Rinde besetzt [29 ^]- Auch aus Fichten soll F. Pini L. schon mehrfach gezüchtet worden sein. Altum [XVI, III. 1, S. 2J5] ist geneigt anzunehmen, dass auch hier der Primär frass meist an den oberen Stammpartien beginnt und erst im Laufe der Infektion der untere Stammtheil besetzt wird. Ja auch ganz schwaches Material wird befallen. So meldet Belinq [4 c] einen Frass in einer nur 5 cm 390 Kap. IX. Die Käfer. Durchmesser über dem Boden haltenden Schwarzkiefer. Trotzdem dürfte es wohl dem heutigen Stande unserer Kenntnisse kaum mehr entsprechen, mit Ratzebueg den P. Pini unter die Kulturverdeiber zu rechnen. Letzner berichtet aus dem Riesengebirge über starken Frass unseres Käfers in Knieholzästen [36]. Diese Knieholz- bewohner sind es übrigens, welche Ratzeburg als eine von den Eutomologeu niciit anerkannte neue Art, P. sudeticus, besehrieben hat [X\/, II, S. 371]. Die Eier werden von dem Weibclien meist liäufcbenweise abgelegt, und es entsteht alsdann durch die von einem Punkte ausgehenden Larven - gänge ein typischer Strahlenfrass. Auf Figur 136 ist eine solche 9strahlige Frassfigur abgebildet. Altum hat dagegen solche mit bis 30 Strahlen gesehen. Die Länge der einzelnen Gänge kann bis 20 cm betragen. Die Breite dieser Gänge und die Länge der Puppenwiegen, welche stets in den Splint eingreifen, sowie die Stärke der Fluglöcher variirt nach der Grösse der Exemplare. Die Flug- löcher haben 2,5— 4mm Durchmesser und sind kreisrund. Die mit groben Spanpolstern ausgekleideten Puppen wiegen (Fig. 137) greifen stets in den Splint ein, liegen aber an starkborkigen Stämmen theilweise auch in der Rinde, und das Flugloch liegt dann ausschliesslich in letzterer. Besetzt der Käfer aber schwache, düunrindige Stämmchen, so geht die Larve mitunter tiefer in das Holz, so dass nach Ablösung der Rinde die Puppenwiegeu selbst nicht sichtbar sind, sondern nur der allmählich in die Tiefe hinabsteigende Eingang zu denselben. Frisst der Käfer sich dann heraus, so macht er ein eigenes Flugloch, welches also auch im Holze sichtbar ist. Beide Puppenwiegen- formen können aber in unmittelbarer Nähe von einander an ein und demselben Frassstiick vor- kommen. Auf diese Eigenthümlichkeit wurden wir an einigen in Tharand von Studiosus Jaroschka seu. gesammelten Frassstücken aufmerksam. Publi- cirt wurde dies Verhältniss zuerst bald darauf durch Reling [4 c]. Schaden und Abwehr. Dass der Käfer merklich schädlich werden kann, ist wohl zwei- fellos. Grössere Schäden sind bis jetzt aber noch wenig beobachtet worden. Georg [19 b\ berichtet allerdings über einen stärkeren Frass dieses Käfers in Verbindung mit P. piniphilus Hbst. aus der Klosteroberförsterei Lüneburg und Altum [XVI, III, 1, S. 205], über einen ähnlichen Frass vuiX Si Fig. 137. Stück ein?s entrindeten Kiefern- stämmchens mit Pup- penwiegen von Pis- sodes Pini L. 'l^ iiatürl. Grösse. In der unteren Hälfte sind gewöhnliche Puppenwiegen, im Längsschnitt oben dagegen im Holz ver- borgene, a Larven- gangspuren auf dem Splint, welche sich bei h in die Puppen- wiegen herabseuken, 0 der zu den ver- borgenen Puppeu- wiegen führende, mit Nagespänen ver- stopfte Gang, d die Puppenwiegeu, e Flugloch. Kiefernbestands- und Tannenrüiselkäfer. Erlenriiaselkäfer. 391 an Weymouthskiefor aus Dinklage iu Oldenburg. In Betreff der Abwehr ist auf das oben Gesagte za verweisen. P. Piceae III. Käfer: Hiuterecken des runzlig gekörnten Halssehildes scharf und spitzwinklig. Sein Hintjrrand deutlich zweibuchtig. Punktstreif mi erst etwas hinter der Basi< der Flügeldecken mit viereckigen, starken, ab- wechselnd grösseren und kleineren gnibenförmigen Punkten, Zwischenräume 3 und 5 deutlich erhabeu'^r, Grundfarbe dunkelbraun, die Oberseite mit braunen und gelben Schuppen besetzt, letztere vor der Mitte der Flfigeldecken jeder- seits einen gelben Punkt, hinter derselben eine einfarbig gelbe, aussen ver- breiterte, an der Naht unterbro^beae Binde bildend. Länge 6 — 10 mm. Die Lebensweise von P. Piceae III. ist der des P. Pini L. un- gemein äbulicb. Nur scheint der Flug nach Riegel [49] etwas später zu fallen, in den Ausgang des Juli, und die Generation sicher einjährig zu sein. Riegel war es auch, der unseres Wissens zuerst den Strahlenfrass einer Pissodes-Art deutlich beschrieb. Nach Hochhäüssler sollen die Centren der Strablenfrässe gern in Astwinkcln liegen [XVI, III. 1,S. 204]. Der Käfer ist, soweit bekannt, völlig monophag, ein typisches Tannen- insekt, und geht auch nicht in junge Stämme. Dagegen soll er gern Scheitholz, Windfälle, absterbende Stämme und Stöcke annehmen. Einen grösseren Schaden erwähnt Altüm kurz aus Schlesien, wo auch die Käfer im Frühjahr in Menge an den Stöcken frisch gefällter Tannen gefunden wurden. Judeich berichtet, dass im Jahre 1868 auf dem damaligen königl. sächsischen Staatsforstrevier Chemnitz ein sehr erheblicher Schaden an Tannen verursacht wurde. Die Haupt- flugzeit war daselbst Ende Juni und Anfang Juli. Durch reine Wirthschaft im Walde kann auch dieser Käfer wohl am besten unschädlich gemacht werden. Rüsselkäfer, deren Larven die tieferen Rindenschichten und den Holzkörper junger Laubholzstämme und Aeste bewohnen. Hierher gehört nur ein Käfer, nämlich der Erlenrilsselkäfer oder Erlenwürger Cryptorrhynchus Lapathi L. Die Larve dieses Käfers frisst namentlich in jüngeren Erlen- und Weidenstämmchen zuerst oberflächlich unter der Rinde, bohrt sich dann tiefer in das Holz und fiisst einen aufsteigenden Gang. Im Laufe des Sommers ei kennt man den Frass von aussen daran, dass an der Oeffnung, welche die Larve an der Ober- fläche unterhält, braune, langfaserige Nagespäne in Menge hängen. Dieser Frass tödtet vielfach jüngere Erlenlohden, deformirt auch und schwächt die nicht absterbenden so, dass sie leicht abbrechen. Auch in Weidenkulturen wird das Thier schädlich, und zwar hier auch als Käfer durch Benagen der Ruthenspitzen. Ausschlagen und Ver- brennen des von lebenden Larven und Puppen besetzten Materiales ist das einzige anwendbare Gegenmittel. Beschreibung. Cryptorrhynchus Lapathi L. Käfer: pechbraun oder schwarz. Der hintere, dritte Tlieil der Flügeldecken, Mitte der Schenkel, Seiten 192 Kap. IX. Die Käfer. des Halsschildes und Vorderbrust dicht weiss oder röthlich-weiss beschuppt. Halsschild und Flügeldecktu mit Büscheln aufitehender, schwarzer Schuppen. Geflügelt. Länge 7 — 9 min. Larve weisilich mit stark chitinisirtem, braunem Kopfe, ohne besondere weitere Kennzeichen. Lehensweise. Die Generation dieses gefährlichen Erlen- und "NVeiden- feindes ist noch nicht vollständig klar gestellt. Die normale Flugzeit fällt in den Mai, wenngleich bei starkem Frasse auch im ganzen Verlaufe des Sommers Käfer, und zwar auch in der Begattung, zu finden sind. Das Ausschlüpfen findet nameutlich dann, wenn im Zimmer gehaltene Zuchten beobachtet werden, im Herb.sfe statt, während in der freien Natur es zwar auch meist zur Ent- wickelung des Käfers kommt, dieser aber in den Larvengäogen überwintert. Die Streitfrage ist nun die, ob die im Herbste auskommenden Käfer aus Eiern stammen, welche im Frühjahre desselben Jahres abgelegt wurden, oder aber aus solchen, welche schon aus dem .Jalire vorher stammen. Die Mehrzahl der AiTtoren ist, unserer Ansicht nach, ohne hinlängliche Beweisgründe für die ABC ^^ Fig. 133. Frass von Cryptorrhynchus Lapathi L. an Erle. A frischer Larvengang mit Larve. B älterer Frass mit beginnender Ueberwallung der äusseren Wunde. C Frassstück, aus dem der Käfer bereits ausgeflogen ist, an dem die Nagespäne aber noch erhalten sind, a oberflächlicher Anfaagsfrass der Larve, b aufsteigender Larvengang, c Larve, d Nagespäne, e Flugloch. eistere Alternative, also für die einjährige Generatijn, während Henschel [XII, 2. Aufl., S. 179]. allerdings auch ohne Angabe seiner Gründe, ebenso ent- schieden für die zweijährige Generation eiatrltt und Altum [XVI, 2. Aufl., HI, 1. S. "222] mit Vortriebt darauf hinweist, dass die Frassart der Larve eine derartige sei, wie man sie sonst meist nur bei Insekte a mit zweijähriger Generation findet. Das gewöhnliche Bild des Frasses ist folgendes. Die aus den meist einzeln an die Rinde von jüngeren Erlen und Weiden abgelegten Eiern aus- schlüpfenden Larven fressen zunächst einen uuregelmässigen Hohlraum unter der Rinde unä dringen erst allmählich tiefer in den Holzkörper ein. In letzterem machen sie nun bei dünnen Stämmchen im Ceutrum, bei stärkeren auch ex- centrisch einen aufwärtssteigenden, bi.s 10 cm langen, drehrunjen Lirvengang und schieben die braunen, ziemlich laugfaserigen Nagespäne aus einem in der Nähe ihrer ersten Angriffs stelle angebrachte! Loche heraus. Im Umkreise der Erlenrüsselküfer, Cryjnorrhyuchus Lapathi. 393 letzteren sieht die Rinde blass und missfarbig ans, und es bleiben hier die voa dem reichlich austretenden Safte befeuchteten Späne in dicken Polstern häufen. Bei schwächerem Krasse sind die Larven vereinzelt, mitunter sind aber auch viele iu einem Stamme. Namentlich in schwächeren Weiden sind sie nach Altum's Beobachtungen oft dicht e;odrängt und von einander nur durch wenige Nagespäne geschieden. Die zur Verpuppung reife Larve dreht sich um, sodass die Puppe gestürzt, den Kopf nach unten, liegt. Der aussclilüpfende Käfer steigt den Gang bis zu der Stelle lierab, wo der L;irvenfrass oberflächlich begann, und frisst dort ein rundes Flugloch durch die dünne Rinde (Fig. 1.38 CJ. Der Käfer scheint vorzugsweise in den Larvengängen zu überwintern. Dass er dies nicht in der Bodendecke thut, beweist nach Tascuenbekg [XXII, II, S. 161] schon der Umstand, dass er sii-h, trotzdem seine Wohnplätze bei Halle stark den Ueber- schwemmungen ausgesetzt sind, niemals in dem angeschwemmten Röhricht und Gestrüi)p findet. Als Brutstätten werden benutzt zunächst unsere beiden Erlenarten , Alnus glutinosa Gärtn., die Schwarzerle, und A. incana Willd., die Weisserle [44], ferner verschiedene Weidenarteu, namentlich Salix caprea L., S. viminalis L., S. purpurea L. und S. triandra L., ferner, in selteneren Fällen, Birken und Pappeln. Die früher häufig gemachte Angabe, dass blos die Schwarzerlen befallen würden, hat sicli nicht bestätigt. Eine eigenthümliche Beobachtung theilt Altum [XVI. III. S. 2?1] aus der Gegend von Neustadt, von den Leaen- berger Wiesen mit; der Käfer hat dort mit consequenter Vermeidung der Schwarzerlen nur die gemischt mit diesen wachsenden Weisserlen, und zwar s^arke Stangen, von unten bis 6 m hoch befallen, selbst 30- und mehrjährige Bäume nicht verschont. AltUxM vermuthet, dass die Rinde der älteren Schwarz- erlen dem Käfer vielleicht zu borkig sei, weshalb er die glatteren Weisserlen vorziehe. Die 2 — 3jährigen Lohden, oft auch die 4jährigen und älteren sind dem Käfer die liebsten. An Birken fand Nürdlixger die beiden letzten Jahrestriebe bewohnt und zerstört. Nach Zebe [69J wurden auch Aesle und hervor- stehende Wurzeln belegt. Bei Weiden fand Täsche-iberg vorzugsweise die Wurzel- stöcke von der Brut bewohnt. Altum sagt: ..Eine Entwickelung findet beim jährlichen Schnitt der Ruthen lediglich in den Stecklingen und in den Stummeln der früheren Ruthen statt". Am häufigsten findet man den Frass in Erlenrändern, die sich an Gräben, Teichen etc. hinziehen. Die Angabe Nördlinger's [XXI V, S. 175], dass er am häufig- sten sei in Erlen, denen zeitweilig die nöthige Feuchtigkeit fehlt, dürfte daher wohl kaum zutreffen. Der Käfer selbst benagt die Rinde der jüngeren Zweige derjenigen Bäume und Sträucher, deren stärkere Lohden oder Wurzelstöcke er als Brut- material wählt. Aus der vorstehenden Schilderung geht hervor, dass der Name des Käfers, den er erhielt, weil er zuerst zufällig auf Ampfer, dem Lapathum der Alten, gefunden wurde, nicht bezeichnend ist. Schaden und Abwehr. Wir berücksichtigen zunächst den Larvenfrass. Die stark befallenen Erlea gehen entweder ein, oder sie werden an den Frassstellen leicht vom Winde abgebrochen. Der Schaden ist gegendweise so bedeutend, dass ganze Erlenbestände zu Grunde gerichtet werden. Halten die Stämmchen den Frass aus, so werden sie doch durch die Ueberwallung der Frassstellen stark de- formirt und entwerthet. Der Frass verräth sich ausser durch die aus- geworfenen Nagespäne an schwächeren Stämmchen namentlich auch durch das Welken der Blätter. Letzteres zeigt den Feind auch in den VVeidenhegern an, wo häufig in Folge des Larvenfrasses in den Stecklingen ein Ruthenbüschel nach dem anderen abstirbt. Sowohl in Erlen- als in Weidenbeständen kann das Ausschneiden oder Herausbauen des von den Larven besetzten Materiales mit nach- Lehrbuch d. initteleurop. Foratinsektenkunde. 26 394 Kap. IX. Die Käfer. folgender Verbrennung als zweckmässige Vertilgungsmassregel an- gesehen werden, wenngleicli bei starkem Frasse dies mitunter dem vollkommenen Abtriebe des Bestandes gleichkommt. Bei der Unregelmässigkeit der Generation des Käfers wird in der Regel der Sommerbieb am besten sein. Wo es die Standorts- verhältnisse gestatten, wird man zum Anbau von Eichen, Eschen, Ahorn oder Rüstern schreiten müssen. Der früher hier und da ge- machte Vorschlag, an Stelle der so sehr gefährdeten Schwarzerle, Weisserlen anzubauen, ist haltlos geworden, seit man sich überzeugt hat, dass letztere Holzart ebenso gut und verderblich von dem Rüssel- käfer befallen wird, wie erstere. Der Frass des Käfers ist weit weniger schädlich. Indessen ist durch die von Rossmässler mitgetheilte Beobachtung von Muth [50, S, 200] constatirt, dass er durch Benagen der Rinde junge Stämmchen eines Schwarzerlenaufschlages zum Eingehen gebracht hat. Ein Nagen an Weidenrinde hat Nördlinger [XXIV, S. 19] beobachtet, und Altum berichtet, dass er in Weidenhegern die Rinde bis auf den Splint benagt. Hierdurch sterben oft die Ruthenspitzen ab, und wenn auch die Ruthe seitlich eine neue Spitze bildet, diese aber wieder getödtet und ersetzt wird u. s. f., so verliert sie völlig ihren Gebrauchs- werth. Bereits verholzte Ruthen sterben in Folge dieser Beschädigung nicht ab, die Stiche überwallen vielmehr und haben dann einige Aehnlichkeit mit ausgeheilten Hagelschlagverletzungen. Gegen den Käfer selbst ist kaum vorzugehen. Ein erfolgreiches Sammeln desselben ist nicht möglich, da besondere Fangmittel, welche sich beim grossen braunen Rüsselkäfer so gut bewähren, nicht be- kannt sind und sich die an den Stämmchen sitzenden, aus der Ferne nicht leicht sichtbaren Käfer bei unvorsichtiger Annäherung des Menschen sofort auf den Boden fallen lassen, wo man sie nicht erkennt. Rüsselkäfer, deren Larven die Blattorgane von Holzgewächsen beschädigen. Der hier in Frage kommenden Käfer sind nur wenige. Allerdings leben die ziemlich zahlreichen Arten der durch ihr Spring- vermögen ausgezeichneten Gattung Orchestes fast sämmtlich auf Laubhölzern, deren Blätter ihre Larven zerstören, indem sie minirend das Blattfleisch unter Schonung der Epidermisschichten verzehren, aber nur eine Art, der Buchen-Springrüsselkäfer, Orchestes Fagi L., auch Buchenrüssler genannt, richtet häufig grössere Verheerungen an, indem er namentlich ältere Buchenbestände derartig befällt, dass fast kein Blatt verschont bleibt. Da dieser Frass bald nach dem Ausschlag des Buchenlaubes eintritt, ist öfters eine Verwechselung dieser Beschädigung mit Frostschaden vorgekommen. Der Käfer schadet gleichfalls durch Frass an Blättern und Früchten. Auch der Eichen-Springrüsselkäfer., O. Quercus L., ist mit- unter schon massenhaft aufgetreten. Erlennisselkäfer und Springriisselkäfer, Orcliestes. 395 ^V Beschreibung. Orchestes Fagi L. Küfer: Rüssel ziemlich lang, Augen gross, nicht völlig aneiuanderstossend. Fühler in der Mitte des Rüssels einge- lenkt, Fühlerschaft- bedeutend länger als Geisselglied 1, Führergeissel 6glie Irig. Hals- schild quer mit abgerundeten Selten und, eben- so wie die Flügeldecken, ohne aufrecht stehende Borsten. Flügeldecken puuktstreilig mit flachen Zwischenräumen. Körperumriss länglieh. Vorder- schenkel mit kleinem Zahn. Die verdickten Hinterschenkel fein gezUhnelt. Grundfarbe schwarz, Fühler und Fussglieder braungelb. Oberseite dicht grau behaart. Länge 2 — 2-ö)nm. Die Puppe, in einem dünnen Cocon inner- halb der kugelig aufgetriebenen Blattmine liegend, ist nur am Kopfe mit einigen Dornen- höckern versehen, sonst nur dünn behaart, die Afterdornen sind einander sehr genähert. Larve: Gabellinie auf dem Kopfe schon vom Hinterrande an getheilt; ein getheiltes dunkles Nackenschild auf dem Prothorax und ein nach oben gerichtetes Fleisfhzäpfchen auf dem letzten Hinterleibssegment. Hiuterbrust und Hiuterleibsringe an den Seiten warzig vor- tretend, ohne Keilwülste. Hinter! eibsrin;j;e ober- wärts mit je 2 Wärzchen, welche zum Fort- schieben in der Mine dienen. O. Quercus L. Käfer: Rüssel ziemlich lang, Augen sehr gross, fast ganz miteinander verwachsen. Fühler gleich hinter der Mitte des Rüssels eingelenkt, Fühlergeissel 6gliedrig. Halsschild und Schultern mit aufrecht stehenden Borsten besetzt. Flügeldecken fein punktstreitig. Umriss breit eiförmig. Grundfarbe roth- brann. Augen, Brust und erste Ringe des Hinterleibes unten schwarz. Oberseite dicht gelb behaart, bei unabsieriebenen Stücken vorn mit einer dichter behaarten, nach hinten zugespitzten Stelle. Vorderschenkel in der Mitte mit kleinem Zahn. Hinterschenkel stark, unten mit 8 kleinen Zähnchen. Länge "2"5 — 3'5 mm. Lebensweise. Die Generation des Buchen-Springrüsslers ist einfach und einjährig, wie die folgende Darstellung zeigt. Fig. 139. Buchenblatt mitLarven- frass (a) und Käferfrass (6) von Orchestes Fagi L. Jan. Febr. März April Mai ' Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov.. Dec. 1880 1881 +++ ++++++ ++ + ++ +++ +++ -H-+I+++ !++++++ +++ + Die überwinterten Käfer erscheinen mit Beginn des Laubausbruches auf den Buchen. Die Weibchen legen die Eier einzeln an die Mittelrippe der Blätter, mitunter mehrere an dasselbe Blatt. Die Larve frisst nun gegen den Rand und die Spitze des Blattes zu einen Gang zwischen den beiden Epidermisschichten und erweitert diese Mine ziemlich plötzlich am Rande des Blattes, so dass sie blasenförmig aufgetrieben erscheint (Fig. 139). Hier verpuppt sich auch die Larve in einem runden Cocon. Das Larvenleben dauert ungefähr drei Wochen, die Puppenruhe untrefähr l-i Tage. Die bereits Mitte Juni auskommenden Käfer befressen zunächst das Laub und die Fruchtansätze der Buchen, gehen aber auf verschiedene andere Pflanzen über. So wurde nach Altum und FiCKEKT [I c] auf Rügen das Obst, namentlich Kirschen, Him- 26* 396 Kap. IX. Die Käfer. beeren und Stachelbeeren, so stark vom Käfer befressen, dass es ungeniessbar für den Menschen war. Auch Blumenkohl wurde angegangen, und Beling [4 b] fand, dass diese Thiere in den den befallenen Buchenbeständen benachbarten Roggenfeldern die Aehren benagten. Diese Beschädigung war es, auf welche hin früher eine besondere Art, CurciiHo segetis, aufgestellt worden ist. Mit Beginn der kühleren Jahreszeit verlässt der Käfer die Blätter, um in der Bodendecke und in Rindenritzen zu überwintern, dann bei Beginn der wärmeren Jahreszeit wieder zu erscheinen und zur Fortpflanzung zu schreiten. Schaden. Wenn der Käfer sich massenhaft vermehrt, so wird durch den Larvenfrass ein grosser Theil der Blattfläche der Buchen zerstört, und diese sehen dann, da die Minen sich bräunen und schliesslich aus der Blattfläche aus- fallen, wie erfroren ans. Da die Buche nur langsam in der Reproduction neuer Blattorgane ist, so ist der Zuwachsverlust, nicht unbeträchtlich. Am liebsten nimmt der Käfer ältere Bestände an, verschont aber auch jüngere Pflanzen nicht. Dass letztere wegen ihrer im Allgemeinen geringeren Widerstandsfähigkeit infolge starken und wiederholten Frasses eingegangen wären, ist in der Praxis noch nicht vorge- kommen. An den Räudern der Bestände ist der Schaden meist stärker als im Inneren, aber auch in gemischten Beständen weriien die Buchen angegangen. Stärkere Verheerungen werden berichtet vom Pfälzerwalde im Jahre 1869 [13] und aus Rügen im Jahre 1875. Es boten nach Altüm „auf stundenlangen Fahrten die dortigen Buchenreviere ununterbrochen dasselbe Bild. Millionen und Milliarden Blätter waren an der Spitze gebräunt von den niedrigsten Zweigen bis an die höchsten Gipfelpartien." Auch bei Tharand zeigt sich der Käfer öfter schädlich. Der Käferfrass wird schon von Ratzeburg als mitunter nicht unbedeutend angegeben, namentlich der von den eben aus dem Winterlager hervorgekommenen Käfern ausgeübte, welche nicht nur die jungen Buchenblätter, sondern auch die Fruchtknoten angehen. Schon durch die letztere Thätigkeit kann die Buchelmast beeinträchtigt werden, besonders da auch die neuen Käfer im Juni und Juli an die Cupula der Buche gehen und in Folge dieses Frasses nach Altitm und FiCKEBT die Bucheckern vorzeitig aufspringen und taub bleiben. An manchen Stellen soll 1875 auf Rügen hierdurch ein bedeutender Theil der Mast vernichtet worden sein. Der Eichen-Springrüssler ist in der Lebensweise dem vorigen sehr ähnlich. Nur wird nach Nördlingek das Ei in die Mittelrippe des Blattes selbst abgelegt, und die Larve frisst in der Mittelrippe ein Stück weiter, ehe sie auf die Blattfläche übergeht. Befallen werden bei uns nach Nördlinger [XXIV, S. 20) die verschiedenen Arten der sommergrüneu Eichen ohne Unterschied. Derselbe berichtet auch, dass namentlich die unter dem Schutze lichter Kiefern- bestände erzogenen Eichen besonders gelitten hätten. Nach Hess soll der Frass besonders auf unterdrücktem Unterholze vorkommen. So z. H. 1875 bei Giessen. V. VüLTEJDS [61] will dagegen beobachtet haben, dass im Jahre 1856 auf dem herzogl Braunschweigischen Revier Ottenstein die Stieleichen gegenüber den Traubeneichen bei weitem bevorzusrt wurden. Gleichfalls auf Eiche kommt vor O. Ilicis Fabr., ist aber auch aus Birken erzogen worden. O. Alni L. brütet in Pappel- und Ulmenblättern, O. Populi Fabr. ist gemein auf Pappeln und Weiden. Abwehr. Eine wirksame Bekämpfung der Springrüsselkäfer gibt es nicht. VonNatureinflüssen, welche die Verbreitung dieserKäfer hindern könnten, sind ausser der Thätigkeit der Insekten fressenden Vögel noch zu erwähnen der Frost, der nach Ratzebürg [XV, Bd. II, S. l34] einmal die ausgewachsenen Larven zum Verlassen ihrer Minen zwang. Die Arten der Gattung Cionus Clairv. sind namentlich auf Königskerze, Verbascum und Scrophularien angewiesen, auf deren Blättern ihre fusslosen Larven, durch eiaen zähen Schleim fest- gehalten, leben. Nur eine Art, Springrüsselkäfer und Eschen-Küsselkäfer, Ciouus. 397 der Escheu-Rüsselkäfer, Cionus Fraxini De Geer befriest nicht nur als Larve, sondern auch als Käfer die Esclien- blätter und macht, da er mehrere Generationea iu einem Sommer haben kann, mitunter merklichen Schaden. Beschreibung: Cionus (Stereonychus) Fraxini DeGeek. Käfer; Augen getrennt. Geisseiglied 1 und 2 verlängert und einander gleich. Flügeldecken punktstreitig mit gleichmässig dicht punktirten Zwischenräumen, oben abgeflacht. An jedem Fusse nur eine Klaue. Grundfarbe rothbrauu, Fülilerspitzen dunkler. Oberseite mit grauen und braunen Scliupi)en dicht besetzt, letztere auf dem Hals- scbild einen grossen Flei-k und auf den Flügeldecken eine Binde bildend; Färbung sehr varürend. Länge 3 — 3'5 mm. Puppe eingeschlossen in einem fast durchsichtigen, gelblichen Cocon von 3*5ntn» Länge. Letzterer wird gebildet aus dem Schleim, welcher die 6 — %mm lange Larve dicht bedeckt und aus einem auf der Oberseite des letzten Hinterleibsringes befindlichen Zäpfchen abgresoudert wird. Sie ist grünlichgelb, hat einen schwarzen Kopf, trägt auf dem Prothorax ein getheiltes, schwärzliches Nackeuschild und ist mit einzelnen Härchen besetzt. Füsse sind nicht vorhanden, dagegen die Weichen der Bauchseite durch eine Mittelfurche des Hinterleibes in zwei Lappen getheilt [XVII, S. 4-29]. Lebensweise. Die Generation dieses Käfers ist eine mehrfache. Bei uns scheinen nach Judeich [29 a ] wenigstens zwei Generationen vorzukommen. Peragallo gibt für Nizza im Laufe der Monate April bis Juli eine dreimalige Eierabiage an. Im Frülijahre erscheinen die Käfer, deren Weibchen die Blätter der Esche mit Eiern belegen Die auskommenden Larven, deren Leben im Süden bis zur Verpuppung 10 — 1 "2 Tage dauert, sitzen durch ihren klebrigen Schleim- überzug festgehalten meist au der Unterseite der Blätter und fressen, die Rippen vermeidend, auf der Blattfläche die Epidermis und das Blattdeisch platzweise aus, las.-en jedoch die Epidermis der Oberseite stehen. Die Ränder des Frasses bräunen sieh bald. In einzelnen Fällen wird auch die Oberseite augegangen, sodass dann die Epidermis der Unterseite stehen bleibt Will die Larve sich verpuppen, so zieht sie sich etwas zusammen, der Schleim erhärtet um sie zu einer tönnchenförmio-en Hülle, in der schliesslich die noch stärker geschrumpfte Larve frei liegt und in A^n 6 — 8 Tage währenden Puppenzustand übergeht. Diese Verpuppung findet öfters an den Blättern selbst, meist aber in der obersten Bodendecke statt. Der Käfer, der beim Ausschlüpfen aus dem Cocon ein regelmässig rundes Deckel- chen abschneidet, frisst Löcher in die Blätter und verschont selbst die Knospen nicht. In welchem Zustande das Thier überwintert, ist noch unbekannt, Hies dürfte aber wohl sicher als Puppe oder Käfer geschehen. Die Dauer einer Generation im Sommer scheint 3 bis höchstens 4 ^^'ochen zu betragen und es könnte daher auch bei uns wohl mitunter eine dreifache Generation vorkommen (vergl. auch 55). Schaden. Bei uns ist der Käfer ausschliesslich auf die Esche angewiesen, im Süden geht er auch au den Oelbaum. Durch den combinirten Frass von Larve und Käfer vertrocknen viele Blätter, und bei starkem Frasse kann es zur theilweisen oder vollkommenen Entblätterung kommen. Eine Verwechslung mit Frostschaden ist dann möglich. Bei Tharand waren ^>^^'^ 5— ß vi hohe Bäume so stark befallen. 1864 beobachtete Kellner einen stärkeren Frass auf Winter- steiner Revier im Thüringer Walde. Ein Eingehen von Bäumen in Folge dieses Frasses wurde noch nie bemerkt, ist bei der grossen Reproductionskratt der Esche auch nicht wahrscheinlich, dagegen kann Zuwachsverlust die Folge sein. An Oliven ist der Käfer schädlicher, da er Blüthen- undFruciitbildung verhindern kann. Durch Abklopfen der Käfer auf untergehaltene Tücher oder Schirme könnte man nöthigen Falles den Schaden vermindern. Der Kieferns cheidenr üssler, Brachonyx pineti Payk., die einzige An der Gattung, macht seine Entwickelung in den die Xadelpaare tragenden Kurztrieben unserer gemeinen Kiefer durch; 398 Kap. IX. Die Käfer. die so befallenen Nadeln bleiben anfänglich im Wachsthume zurück und röthen sich später. Ausgedehnter Schaden ist noch nicht verursacht worden. Leider ist es kaum möglich, gegen diesen Schädling mit Bekämpfungsmassregeln vorzugehen. Beschreibung. Br. pineti Payk. [indigena Hbstj. Käfer: Körper schmal- cylindrisch mit einem dünnen, glänzenden, gebogenen Küssel, Flügeldecken tief punktstreifig, mit schmalen, gewölbten Zwischenräumen. Grundfarbe braun, Rüssel und Augen schwarz, Fühler, Beine und Flügeldecken rothgelb. Oberseite gelbgrau, ziemlich gleichmässig behaart. Länge 2-8 mm. Larve weisslich, mit grossem Kopfe und ansehnlich behaart. Länge 3 mm. Lebensweise und Schaden. Die überwinternden Käfer kommen im Frühjahr hervor und belegen die sich entwickelnden Nadelpaare mit je einem Ei. Zwischen der Basis der beiden Nadeln, innerhalb der Scheide frisst die Larve ihren Gang und verpuppt sich im Juli. Im August schlüpft der Käfer durch ein seitliches Flugloch heraus. Der Käfer benagt der Nahrung wegen die jungen Maitriebe und sticht die Nadeln an. Die in Folge des Angriffes der Larve kurz bleibenden Nadeln fallen gegen den Herbst ab. Ein starker, wiederholter Frass kann scblechtwüchsigen jungen Kiefern nachtheilig werden. Man könnte dann vielleicht durch Abschneiden der befallenen Triebe vor Ausschlüpfen des Käfers oder durch Abklopfen des letzteren Gegenmassregeln treffen. Eine Verwechslung des Frasses dieses Rüsselkäfers mit dem von Cecidomyia (Diplosis) brachyntera Schwäg. kann, wenn man nur auf die Erscheinung des Frasses sieht, leicht vorkommen. Die Larve der letzteren Mückenart, die genau so lebt wie die des Käfers, ist aber an dem Mangel eines abgesetzten Kopfes und durch ihre orangerothe Färbung leicht zu erkennen. Rüsselkäfer, deren Larven den Sameuertrag forstlich wichtiger Holzgewächse SChädigeU, gibt es nur wenige. Zunächst sind in dieser Gruppe die Nussbohrer, Balaninus Germ., leicht kenntlich an ihrem fadendünnen, namentlich bei den Weibchen sehr langen Rüssel, zu erwähnen, von denen drei, nur schwer unterscheidbare Arten in Eicheln und Haselnüssen brüten. Das Weibchen bohrt mit seinem Rüssel die halbwüchsige junge Frucht an und schiebt ein Ei in das Bohrloch. Die auskommende Larve nährt sich von dem Kern, den sie ganz oder theilweise ausfrisst. Die so angegriflPenen Früchte fallen meist etwas zeitiger ab, als die gesunden, die Larve bohrt sich dann durch ein grosses kreisrundes Loch heraus und geht in den Boden, wo sie sich verpuppt und verwandelt. Ein grösserer wirklicher Schaden ist bis jetzt nur selten beobachtet worden. Die drei bei uns erwähneuswerthen Arten sind: der Nussrüssler, B. nucum L., der grosse Eichelrüssler, B. glandium Marsh., und der kleine Eichenrüssl er, B. tesselatus FouRC. Beschreibung. B. nucum, L. Käfer: Rüssel des (^ zwei Drittel, des 9 f'^st so lang als der Körper, Fühler^eissel dicht abstehend behaart, die letzten Glieder verbältnissmässig kurz, nur wenig länger als breit. Alle Schenkel mit starkem Zahn. Flügeldecken einzeln nur wenig abgerundet, mit beinahe rechtwinkeligem Nahtwinkel aneinanderstossend. Körper massig dicht behaart, Haare duukelbräunlich- grau, auf den Flügeldecken hellere und dunklere, zu schiefen Querbinden geord- nete Flecken bildend. Länge 5 — 7 7nm. B. glandium Maksh. {venosus Germ.). Rüssel des J* halb so lang, des 9 zwei Drittel so lang als der Körper. Fühler mit langgestreckten Geisseigliedern, Kiofernscheidcii-Rüssler, Brachonyx; Nussbolirer, Balaninus. 399 die nur am Ende eines jeden mit Ifingeu, einzelnen Haaren besetzt sind, und mit lanf^ zugespitzter, deutlich gegliederter Fülilerkcule. Alle Schenkel mit einem starken Zahn, der des I Unterschenkels an seinem Iiinenrande mit dein Schenkel einen halbkreisförmigen Ausschnitt bildend. Flügeldecken hinten einzeln abgerundet, dicht gelbgrau behaart, dieHaare au der hinteren Hälfte der Deckennaht aufgerichtet und eine Art Kamm bildend. Länge 6 — 8 mm. B. tesselatus Fourc. {turhattcs Gyll.). Rüssel des J* nur wenig kürzer, des 9 ebensolang als der Körper. Fühlergeissel mit langgestreckten, nur am Ende eines jeden mit langen einzelnen Haaren besetzten Gliedern und lang zugespitzter, deutlich gegliederter Fühlerkeule. Alle Schenkel mit einem starken Zahn. Flügeldecken nicht einzeln abgerundet, sondern in ziemlich rechtwinkligem Nahtvvinkel aneinander stossend. Körper massig dicht behaart, gelbgrau und braun getleckt. Naht der Flügeldecken ohne aufrechtstehende Behaarung. Länge 4 — 6 mm. Lebensweise. Die Flugzeit der Käfer fällt ungefähr in die Monaie Mai bis Juli; um diese Zeit sind von verschiedenen Beobachtern die Weibchen bei dem Bohrgeschäft beobachtet worden. Das zum Zwecke der Eiablage gefertigte Loch ist sehr klein, vernarbt bald und ist an der reifen Frucht nur mit Auf- merksamkeit zu erkennen; um so deutlicher ist dasjenige, welches die Larve als Ausgangspfoite frisst, um sich in den Boden zurückzuziehen und hier in einer innen mit einer schleimigen Absonderung ausgeglätteteu Höhle der Ver- puppung zu harren. Diese erfolgt der gewöhnlichen Annahme nach im folgenden Frühjahr, und die Käfer erscheinen dann wieder zur Flugzeit, sodass also als Regel eine einjährige Generation angenommen wird. Die von Ratzeborg und Hartiq [V., 1, S. 149 u. 150] angestellten Zuchtversuche zeigen aber, dass auch in dieser Beziehung Unregelmässigkeiten vorkommen können und eine Ueberjährigkeit der Larven, sowie ein spätes Ausschlüpfen der Käfer mit nachfolgender Ueberwinterung nicht selten ist. Monophagie scheint bei diesen Käfern nicht vorzukommen, da alle drei Formen sowohl aus Haselnüssen wie aus Eicheln gezogen wurden. Ratzebürg gibt an, dass mitunter ein Viertel bis ein Drittel aller Haselnüsse und Eicheln zerstört wird. Nach Altum [XVI, IH, 1, S. 215] waren im Jahre 1874 die Eicheln in zwei Schutzbezirken des unweit von Eberswalde gelegenen Lieper Revieres ganz besonders stark befallen, sodass man im nächsten Frühjahr die aus- gewanderten Larven massenhaft auf dem Boden der Eichelschnppeu fand. Gegen den Käfer selbst ist durch Abklopfen wohl kaum vorzugehen, und auch durch Aufsammeln und Verbrennen der herabgefallenen, madigen Früchte wird man nur dann etwas erreichen, wenn diese Arbeit so schnell ausgeführt wird, dass die Larven nicht Zeit haben, vorher auszuwandern. In Samennieder- lageu wird man auf Reinhaltung der Schuppen zu sehen haben und die auf deren Boden aufgehäuften Larven vertilgen müssen. Im Süden lebt in der echten Kastanie, Castanea vesca Gärtn., nach Perris, und in der Zerreiche, Quercus Cerris L., nach Judeich, als Feind der Samen dieser beiden Bäume eine langgestreckte, hellere Balaninus-Art, B. Ele- phas Gyll., welche nicht selten die Ernte bedeutend schädigt. Andere kleinere Balaninus-Arten leben in fremden Pflanzengallen. So ist z. B. B. villosus Fabr. aus den Eichengallen von Biorhiza terminalis Htg. gezogen worden. Der Vollständigkeit wegen weisen wir bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hin, dass Orchestes Fagi L. die Bucheckernernte beeinträchtigen kann, allerdings nicht durch seinen Larven-, bondern durch Käferfrass (vergl. S. 396). Die Obsternte wird gleichfalls durch Rüsselkäfer-Larvenfrass häutig bedrolit, indem die als Blüthens techer bekannten Arten der Gattung Anthono- mus Germ, ihre Verwandlung in den Blüthenknospen des Kernobstes, A. pomo- rum L. an Aepfelbäumen, A. cinctus Redtb. {Pyri Schönh.) au Birnbäumen durchmachen und hierbei Staubfäden und Fruchtknoten völlig vernichten. In seiner Lebensweise etwas mehr den Balaninus-Arten angenähert ist A. rectirostiris L. (druparuvi L.), dessen Larve in den Blütlien der Traubenkirsche, 400 Kap. IX. Die Käfer. Prunus Padus L. lebt, deren Früchte sie jedoch in der Entwicklung nicht hin- dert, sodass sie schliesslich im Innern des Kernes lebt. Wirthschaftliche Bedeutung hat dieser, allerdings in einem Forst-Holzgewächse brütende Rüsselkäfer nicht. Dagegen ist eine andere Art derselben Gattung, A. varians Patk., neuer- dings als in Kiefernknospen brütend, erkannt worden, und der durch diesen Larvenfrass verursachte Schaden soll nicht ganz unbeträchtlich sein. Beschreibung. Anthonomus varians Payk. Käfer: Dünn gleichmässig behaart. Das tief punktirte Halsschild und die keine bindenartige Zeichnung tra- genden, oft schwarz gerandeten Flügeldecken braunroth. Der übrige Körper mit Ausnahme der gelben Fühler schwarz. Rüssel glänzend, kaum punktirt. Schildchen nicht gekörnt und greis behaart. Auf dem Hinterende der Flügeldecken verbindet sich der dritte Punktstreif mit dem achten. Schenkel mit einfachem Zahn, der am Hinterschenkel klein bleibt. Länge 3 mm. Lebensweise. Die einzige Beobachtung über das Brutgeschäft und den Schaden dieses Thieres rührt aus Russland von Lindemann her, dessen Angaben Koppen [31, S. 227] reproducirt. „Wenn man in alten Kiefernwäldern sein Augenmerk dem jungen Nachwüchse ziiwendet, so fällt es sofort auf, dass ein grosser Theil desselben aus sehr kränklichen Bäumen besteht. Sie wachsen unregelmässig; der Stamm ist gekrümmt in Folge der Vernichtung der Gipfel- knospe; die Anzahl der Zweige ist sehr gering, und auch diese sind spärlich mit vergilbten Nadeln besetzt. Aber ungeachtet dieses kränklichen Aussehens fristen diese Bäumchen noch einige Jahre ihr elendes Dasein, bis sie endlich aus Entkräftung absterben oder, wenn sie sich erholen, zum Bauholze untaug- lich werden. Solcher Kiefern gibt es im Walde der Petrowskischen landwirth- schaftlichen Akademie bei Moskau sehr viele, und überhaupt bildet diese Erschei- nung keine Ausnahme oder Seltenheit. Ich habe mich überzeugt, dass die Urheber jenes kränklichen Zustandes der genannten Bäumchen zwei kleine Rüsselkäfer sind. Brachonyx pineti Payk. und Anthonomus varians Payk. Der letztere kommt bei uns in enormer Anzahl vor. Im Laufe der ersten Hälfte des Mai nährt er sich von den Nadeln junger Kiefern und von den Säften junger Triebe, die er ihnen in derselben Weise entzieht, wie es Hylobius Abietis L. thut. Um Mitte Mai findet das Eierlegen statt. Zu diesem Behufe steigen die Weibchen auf die Knospen, bohren mittelst des Rüssels ein kleines Loch hinein und deponiren daselbst ein oder zwei Eier. Die Larven zehren an dieser Knospe, die je nach dem Masse der Beschädigung entweder vertrocknet oder einen schmächtigen und unregelmässig gekrümmten Trieb abgiebt." Ein wirklicher Nadelholzsamenzerstörer ist dagegen ein Pissodes, welcher in den Zapfen verschiedener Kiefernarten seine Metamorphose durch- macht und jetzt gewöhnlich als P. validirostris Gyll. bezeichnet wird. Der erwachsene Käfer frisst sich durch ein kreisrundes Loch aus dem Zapfen heraus. Ein namhafter wirthschaftlicher Schaden ist von ihm indessen noch nicht bekannt geworden. Beschreibung. Pissodes validirostris Gyll. (strohili Redtb.). Küfer dem P. notatus Fahr, äusserst ähnlich. Hinterecken des fein runzlig gekörnten Halsschildes scharf rechtwinkelig, aber weniger spitz als bei notatus, Hinterrand kaum zweibuchtig. Punktstreifen der Flügeldecken mit kleinen, fast gleichgrossen Punkten. Grundfarbe braun. Ober- und Unterseite mit weisslichen Schuppen, Scbildchen und zwei Punkte auf dem Halsschild dicht weiss beschuppt. Auf den Flügeldecken die vordere Querbinde rothgelb, an der Naht unterbrochen, die hintere Querbinde nach aussen breiter und rothgelb, innen schmäler und weisslich. Lebensweise. Schon Ratzebürg hatte durch Hartig erfahren, dass ein Pissodes in Kiefernzapfen brüte, nahm aber an, dass dies P. notatus Fabr. sei. Redtenbacher wollte in der die Schwarzkiefernzapfen bewohnenden Form eine eigene, namentlich durch gei'ingere Zuspitzung der Hinterecken des Halsschildes von P. notatus Fabr. zu unterscheidende Art erkennen, welche er P. strobili nannte. Diese Art wird jetzt als synonym mit P. validirostris betrachtet, den Gyllenhal in Schünherr's grossem Rüsselkäferwerke beschrieb. Änthononms varians, Pissodes validirostris. Als Käfer schädl. Rüssler. 40I Fraglich erscheint es doch noch, ob dieser Zapfenbewohner nicht wenigsten» oftmals P. notatus Fabu. ist. Die Hestinimung nahe verwandter Arten dieser Gattung ist wegen der Veränderlichkeit derselben bezüglich der feinen Unter- schiede in der Gestalt des Halsscbildes, in der Skulptur und Beschuppuns: der Flügeldecken äusserst schwierig und unsicher. Die endgiltige Entscheidung nuiss erst weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Ratzebukg gibt eine recht gute Abbildung des Frasses in den gespaltenen Zapfen und sagt, dass gewöhnlich nur eine Larve den einzelnen Zapfen bewohnt, aber auch bis drei Stück in einem Zapfen vorkommen können. „Solche Zapfen erlangen wohl die normale Grösse, erscheinen aber immer mehr zugespitzt, von mehr grüner, nachher ins gelbgraue übergehender Farbe und zeigen, wegen mangel- hafter Ausbildung der Nüsse, die Schuppen nicht so deutlich hervortretend". Ueber die Generation des Käfers berichtet zuerst Altum [I /], in dessen Versuchsgefässen aus von der Larve besetzten, von niedrigen, kusseligenKieferia beiP^berswalde gebro- chenen Zapfen im Herbste die Käfer auskrochen. Altüm nimmt an, ohne weitere Begründung für diese Ansicht zu geben, dass der Käfer kurz nach seinem Aus- schlüpfen die einjährigen Zapfen mit Eiern belegt und dann abstirbt, sodass die Generation einjährig wäre. Die Angabe von Altum, dass man bewohnte Zapfen nicht am Boden finde, ist eine nicht gerechtfertigte Verallgemeinerung seiner eigenen Erfahrungen. Gelegentlich einer akademischen Forstreise fanden wir bei Darmstadt in einem 50 — 60jährigen Kiefernbestande im August viele Zapfen auf dem Boden. In einigen derselben befanden sich noch Larven, in anderen bereits Puppen, woraus auf die vollständige Entwicklung des Käfers im September mit Sicherheit geschlossen werden kann. Nach Hartig [V, 1, S. 144] soll in der Hasenheide bei Berlin oft die Hälfte oder Dreiviertel der Zapfen eines Baumes befallen sein. In der Gegend von Wien bewohnt der Käfer häufig die Zapfen der Schwarzkiefer. Als Imagines schädliche Rüsselkäfer. Allgemeines : Auf den vorhergehenden Seiten haben wir kennen gelernt, dass fast alle Rüsselkäfer, deren Schaden zunächst auf der Thätigkeit ihrer Larven beruht, gelegentlich auch als Imagines Blätter oder Nadeln, Knospen oder Triebe, sowie die Rinde an den Nährpflanzen ihrer Larven zum Zwecke der Ernährung benagen, und dass diese im Grossen und Ganzen fast monophagen Thiere also auch hierdurch dem Forstmann lästig wei'den können. Es giebt aber ausserdem eine Reihe von Rüsselkäfern, deren Larven für den Wirthschaftsbetrieb gar keine Bedeutung haben, da sie in der Erde entweder von den Wurzeln forstlich gleichgültiger Gewächse, oder in denjenigen abgestorbener Bäume leben, deren Imagines aber durch ihr ausgedehntes Befressen oder Benagen oberirdischer Pfla,nzentheile in hohem Masse schädlich werden. Diese biologische Gruppe, deren Mitglieder vornehmlich in die Unter- familie der Kurzrüssler und in die den letzteren zunächst stehenden Gruppen der Langrüssler gehören, ist im Gegensatz zu den vorigen meist polyphag, wenngleich einige Arten sich allerdings wenigstens insofern der Monophagie nähern, als sie die Nadelhölzer den Laub- hölzern bei weitem vorziehen oder umgekehrt, wie denn z. B. der wich- tigste dieser Käfer, Hylobius Abietis L., nur im Nothfalle oder aus individueller Laune Laubhölzer angeht. Auch ist hierbei zu berück- sichtigen, dass fortschreitende Beobachtungen auch solche Käfer, welche früher in der Literatur als monophag geschildert wurden, immer mehr 402 Kap. IX. Die Käfer. als polyphag nachgewiesen haben, und dass nnanche schiefe Angaben auf der für den praktischen Forstmann nicht unbedeutenden Schwierigkeit beruhen, die „schwarzen, grauen und grünen Rüsselkäfer" sicher zu bestimmen. Anderseits wird aber für die Praxis in vielen Fällen der eine oder der andere Käfer ausschliesslich als Nadelholz- oder Laub- holzinsekt Wichtigkeit haben, und alle hier zu erwähnenden Formen stimmen insoweit tiberein, als sie Kulturverderber sind, wenngleich manche vielfach wählerisch sind in Bezug auf die Altersklasse der von ihnen als Nahrung aufgesuchten Pflanzen. Manche schädigen hauptsächlich Saatbeete oder Pflanzkämpe, andere hingegen ältere Kulturen. Um uns die Uebersicht über die zahlreiche Menge der hier in Frage kommenden Thiere zu erleichtern, theilen wir sie in drei Gruppen. Die erste umfasst die flügellosen Kurzrüssler, also nach unserer Auffassung die Otiorrhynchina, die zweite die geflügelten Kurzrüssler oder Phyllobiina, an welche wir aus praktischen Gründen auch den zu den Langrüsslern gehörigen „grossen weissen Rüssel- käfer" Cleonus turbatus Fahrs. schliessen. Beide Gruppen gehören insofern näher zusammen, als ihre Larven frei in der Erde leben. Die dritte Gruppe umfasst die Mitglieder der Gattung Hylobius, deren Larven in absterbenden Nadelholzwurzeln hausen. Diese Eintbeilung ist von uns deshalb beliebt worden, weil sich aus den hier angeführten biologischen Eigenthümlichkeiten gemeinsame Züge für die gegen die Vertreter jeder dieser drei Gruppen anzuwendenden Abwehrmassregeln ergeben. Im Boden brütende, fliiguufäliige Kurzrüssler, welche als Käfer schaden. Es sind dies die vier Gattungen Otiorrhynchus, Cneorrhinus, Strophosoraus und Brachyderes. Hervorzuheben sind aus deren Arten zunächst die Beschädiger ganz junger Nadelhölzer, Otiorrhynchus ovatus L. in Fichtenkulturen, Cneorrhinus plagiatus Schall, in Kiefernkulturen, denen sich zwei Strophosomus-Arten, Str. obesus Marsh, und Str. Coryli Fabr. anschliessen. Schädlich werden sie namentlich durch platzweises Benagen der Rinde und in zweiter Linie auch durch Nadelfrass. An Laubhölzern schaden gleichfalls zunächst durch Benagen der Triebrinde Ot. singularis L. und die besonders polyphageu grauen Rüsselkäfer Str. Coryli Fabr., Str. obesus Marsh. , sowie strichweise auch Cn. plagiatus Schall. Von geringer Bedeutung sind einige andere, weiter unten mit aufzuführende Otiorrhynchus- Arten und Brachyderes incanus L. Beschreibung. Ot. singularis L. (^«apes Fabr.), Käfer: Flügeldecken mit je 10 Streifen, Kopf und Halsschild verhältuissmässig klein, zusammen viel kürzer als die Flügeldecken. Schenkel mit kaum angedeutetem Zahn. Oberseite dicht beschuppt, Halsschild flach gekörnt, Flügeldecken punktstreifig, jeder Punkt eine Schuppe tragend. Zwischenräume mit einer Borstenreihe. Grundfarbe dunkel- rothbraun. Schuppen gelbgrau, Beine dunkelbraun. Länge 6 — 7 mm. Ot. irritans Hbst. Käfer: Flügeldecken mit je 10 Streifen, Kopf und Hals- schild verhältnissmässig klein. Alle Schenkel vmgezähnt. Halsschild nicht länger Als Käfer schadende, flugunfähige Kurzrüssler. 403 als breit, Flügeldecken deutlich gerunzelt, gestreift und mit grossen, sehr flachen, unregelniässig zerstreuten Giübchen besetzt, gelb behaart, Grundfarbe und Beine schwarz. Länge 7 — 8 mm, Ot. perdix Oliv. Küfer: Flügeldecken mit 10 Streifen, mit haarförniigen Schuppen bestreut, die Zwischenräume mit einer Borstenreihe. Körper lang- gestreckt, fast parallel, oben flachgedrückt. Schenkel ungezähnt. Streif 3 der Flügeldecken verbindet sich mit Streif 6. Grundfarbe schwarz, Schuppen goldgelb, Halsschild fast oval, gekörnt. Länge 10 — 11 mvi. Ot. niger und Ot. ovatus sind auf S. 370 u. 371 zu vergleichen. Cneorrhinus plagiatus Schall, (geminatus Fabr.). Käfer: bräunlich, au der Seite weisslich beschuppt. Die kugelig gewölbten Flügeldecken mit kurzen weissen Borstenhaaren. Länge 5 — (5 mm. Strophosomus obesus Marsh. Käfer: Fühlerfurchen in einem sehr stumpfen Winkel schwach abwärts gebogen. Glied 1 und 2 der Fühlergeissel gleichlang. Die Stirn in der Mitte mit einer Furche und durch eine Quernaht von dem Rüssel getrennt. Flügeldecken ohne erhabenen R;ind an der Wurzel; überall, auch am Schildchen, dicht grau beschuppt und mit kurzen, aufrecht stehenden Härchen in den Zwischenräumen der Punktstreifen besetzt. Länge 4— 4"5 mvi. Str. Coryli Fabr. Käfer: Dem vorigen zum Verwechseln ähnlich, aber auf der Vorderhälfte der Flügeldeckennaht fehlen die Schuppen, sodass hier ein kurzer schwarzer Strich erscheint. Lauge 4 — 4'5 mvi. Str. lateralis Payk. (limhatus Fabr.'). Käfer: Die tief punktirt-gestreiften Flügeldecken an der Wurzel mit scharfem, erhabenem Bande. Schwarz, etwas glänzend. Oberseite sparsam mit goldjrlänzenden Schuppen besetzt, die nur an den Seiten der Flügeldecken zu einem Längsstreifen und am Schildchen ver- dichtet sind. Länge 4 — 5 mm. Brachyderes incanus L. vergleiche S. 37t. Lebensweise und Frass. Wirklich vollständige Beobachtungen über die Generation irgend eines dieser Thiere, mit Ausnahme der bereits auf S. 371 geschilderten von Otiorrhynchus niger Fabr., fehlen uns noch ganz; indessen stimmen alle Angaben darin überein, dass die Käfer überwintern, im Frühjahr erscheinen, ihr Fortpflanzungsgeschäft besorgen, dann verschwinden und erst im Herbste wieder auftreten. Der Frass kann also in zwei Perioden eintreten, einmal im Herbst durch die eben ausgeschlüpften Käfer, ferner im Frühjahr durch die überwinterten. Die Imagines scheinen nach der Begattung abzusterben. Belixg [4 c] hat ferner beobachtet, dass die Verpuppung von Str. coryli Fabr. Ende Juli, Anfang August erfolgt und der Käfer nach vierwöchent- licher Puppenruhe auskommt. Die Generation wird daher von Altcm als einjährig angenommen und dürfte ähnlich verlaufen wie bei Ot. niger, nur scheint die Flugzeit etwas früher einzutreten und daher auch das Larvenleben ein etwas längeres zu sein. Für die übrigen Arten ist anzunehmen, dass die Verhältnisse ähnliche sind. Die speciellen Angaben über den Schaden der einzelnen Arten sind folgende. Schaden der Otiorrhynchus-Arten. Ot niger Fabr., dessen wesentliche Bedeutung in dem S. 372 genau geschilderten Frasse seiner Larve liegt, ist auch mitunter als Käfer durch Benagen der oberirdischen Tlieile junger Fichten bis zum Alter von 20 Jahren lästig geworden. Nach Altcm [XVI, III, 1, S. 18.ö] frisst er platzend an der Rinde junger Fichten dicht über den Wurzelstock, „steigt aber allmählich höher hinauf, sodass wir ihnAnfargs Sommer an den Maitrieben fressend finden". Die weitere Angabe Altum's, der auch Haas [24 6] zustimmt, dass er nur an Stamm und Triebe gehe und die Nadeln verschmähe, wird widerlegt durch die Beobachtung von Schaal, dass bei Gel.genheit des oben (S. 372) ge- schilderten Larvenfrasses im Erzgebirge auch Millionen Käfer die Nadeln abfrasseu; allerdings gingen nur wenige 16- bis 17jährige Fichten ein, da noch immer einige Benadelung blieb, dagegen erlitten die jüngeren Orte herbe Verluste. Eine Ficliten- jiflanzung von circa 2 ha wurde in zwei Jahren fast völlig vernichtet. 404 Kap. IX. Die Käfer. Ot. ovatus L., über dessen Larvenscbaden auch schon oben kurz berichtet wurde, ist im Käferstadium namentlich auch als Ficht e nkulturverderber beach- tenswerth. Die ersten Angaben über einen Frass desselben stammen von Nöbd- LiNGER (XXIV, S. 17 und 18], welchem Ltndnee berichtete, dass in Elchingen dieser Käfer auf einer von seinen Larven durch Wurzelfrass stark geschädigten Fichtenkultur (vergl. S. 373) die übrig gebliebenen, etwa 4jährigen Pflanzen durch Benagen der Rinde dicht über dem Boden gefährdet und vielfach getödtet hätte. Der Schaden fiel in den Juli. Neuere I^ achrichten gibt Altdm [ig], welchem An- fang der 80er Jahre aus den Oberförstereien Reifenstein und Leinefelde im Reg.- Bezirk Erfurt, aus Pelplin im Reg.-Bezirk Danzig und einigen anderen Preus- sischen Revieren ein- bis zweijährige FichtenpHanzen eingesendet wurden, die dicht über dem Wurzelknoten ringsum auf eine Breite von nur 1 — 2 mm scharf geringelt waren, sodass das Holz frei lag. Obgleich der Urheber dieser Beschä- digung nicht ertappt wurde, ist Altüm doch geneigt, O. ovatus L. als den Thäter anzusehen, da dieser im Jahre 1883 im herzogl. Braunschweigischen Re- vier Stiege bei ähnlichen Beschädigungen '/i — IV4 J^'^"?®'" Fichten sicher bethei- ligt war, und da der mitgefangene Strophosomus Coryli Fabr. nach seiner An- sicht höher hinauf zu fressen pflegt. Otperdix Oliv, wird von Döbner [XIV, II, S. 12.3] als auf jungen Fichten in Gebirgsgegenden vorkommmend angegeben. Nördlinger sagt ferner : [XXIV, S. 17) „Ganz auffallend ist überhaupt die Masse Otiorrhynchen : ater, tenebricosus Ratz., gemmatus Fabr., squamiger Duft., geniculatus Germ., scabripennisScnöNH. und noch anderer, welche man im Juni in Tirol an den eben austreibenden, noch ganz weichen Fichtenschossen und besonders auch an den zarten Schossen von Berberitzen fressen findet." Wir erwähnen diese Notiz, um die Forstleute zu weiteren Beobachtungen anzuregen und zugleich zum Beweise, dass wirklich viele hierhergehörige Käfer polyphag sind. Ot. irritans Hbst. hat nach Ratzeburg [XV, II, S. 374] in der Oberförsterei Schönlanke, Reg.-Bezirk Bromberg, 1860 durch Nadelfrass an Kiefern bedeutend geschadet, und Altum [XVI, III, 1, S. 186] gibt an, dass derselbe „in Preussen und Posen Kiefernsaaten ruinirt habe". Auch Laub holz verderber gibt es unter den Otiorrynchus-Arten. Zunächst ist es Ot. singularis L., {picipes Fabr.), welcher in Westfalen nach Altum [XVI, III, 1, S. 184] in den Jahren 1872, 74 und 76 in verschiedenen Revieren sehr energisch die Triebe jüngerer, ungefähr 1 m hoher Eichen, von der Spitze nach abwärts steigend, benagte. Der Frass geschah meist in der Nacht, während des Tages hielten sich die Käfer in benachbarten Schlupfwinkeln. Auch an den Trieben junger Aepfel- und Zwetschkenbäume schadet der Käfer oftmals durch Rindenbenagen, wie denn überhaupt noch eine ganze Reihe von Otiorrhynchu!?- Arten als Feinde des Obst- und Weingartens auftreten. So wird Ot. laevigatus Fabr. den Pfropfreisern schädlich, desgl. Ot. raucus Fabr., während Ot. sulcatus Fabr. und Ot. Ligustici L. auch an die Weinstockknospen gehen. Schaden der Strophosomus-Arten. Str. Coryli Fabr. ist ein schon mehrfach sehr bedeutend schädlich gewordener, polyphager Rüsselkäfer. Zunächst ist seine Thätigkeit öfters in Fichtenkultaren unangenehm bemerkt worden. Der Hauptschaden besteht in platzweiser Benagung der Rinde. Sicher wird dies zuerst constatirt durch Willkomm 1856 auf dem ehemaligen Dorfhainer Revier bei Tharand, von Assmann [2] 1875 in Hermeskeil in der Rheinprovinz, ferner durch Ranfft [47] im Jahre 1876 auf Cunnersdorfer Revier in der Sächsi- schen Schweiz an 2- und .Sjährigfcn Fichtenpflanzungen. Die genauesten Beobach- tungen theilt aber Brachmann [9] mit, welcher dieselben auf dem kg. Sächsischen Staatsforstrevier Einsiedel von 1872 — 1878 anstellte. Hier wurden, sowohl in Saaten wie in Pflanzungen, Fichten zuer.st durch Nadelfrass, dann aber auch stark durch Riudenfrass beschädigt. In allen diesen Fällen war Str. Coryli Fabr. mit Hylo- bius Abietis L. vergesellschaftet, indessen nahm letzterer mehr die älteren Pflanzen an, und wenn beide an älteren Pflanzen zusammen vorkamen, so zeigte sich eine „strenge Arbeitseintheilung", indem Str. coryli Fabk. nur die jüngeren Otiorrhynchus, Strophosomus, Cneorrhinus. 405 Theile derselben befrass, während Hyl. Abietis L. die älteren benagte. Die aii- längliche Vermuthung Altum's [XVI, III, 1, S. 174), dass diejenigen Schäden an Nadelholz, welche dorn Str. Coryli Fahu. zugeschrieben wurden, vielmehr von dem sehr nahe verwandten, aber durch Mangel des schwarzen Striches auf der Vorderhält'te der Flügelnabt leicht kenntlichen Str. obesus Maksh. verübt sein dürtten, jener also reines Laubholziiisekt sei, sind schon durch die eigenen neueren Angaben Altum's [I//], der ihn selbst als Fichteninsekt kennen lernte, hinfällig geworden, und auch wir können bestätigen, dass auf Tharamler Revier dieser Käfer häufig in Nadelholzkultureu vorkommt. Judeicu hat ihn z. B. in einer Kultur der indischen Pinus excelsa Wall, zahlreich thätig gefunden. Ebenso häuficr, ja vielleicht noch häufiger, sind abtsr die Klagen über den Schaden dieses Käfers in Eichen h eiste rpfl anzungen und in Pflanz gärten, wo auch Birken, Buchen und Haseln angegangen werden, Strophosomus obesus Marsh., sein nächster Verwandter, ist zunächst als Beschädiger von Kiefernkulturen zu nennen. Er benagt namentlich einjährige Kiefern an Nadeln, Knospe und KinHe, so z. B. nach Altum bei Fürstenwalde [1/^] und Nienburg an der Werra [XVI, III, 1, S. 174). Der ärgste Schaden wird aber neuerdings von Forstmeister Paschen [45 | aus der grossherzogl. Mecklenburgischen Forstinspection Kaliss gemeldet, wo seit dem Jahre 1880 regelmässig grössere Verwüstungen einjähriger Kiefernpflanzungeu vorkommen. Der Käfer erscheint hier Ende April, befrisst zunächst die Nadeln und später die Epidermis des Stamm clieus und vernichtet im Laufe von 14 Tagen mitunter sehr bedeutende Strecken. So wird berichtet, dass im Jahre 1883 eine einjährige Kiefernkultur von 18'5 ha binnen 3 Wochen völlig zerstört wurde. Der Käfer war mitunter so häufig, dass z. B. in den um einen Saatkamp angebrachten Fang- gräbeu in den 5 m von einander entfernten Fanglöchern in jedem 0*3 l dieser Thiere gefangen wurden. Ein grösserer Frass an Laubhölzern ist uns von diesem Käfer nur an Eichen und zwar auf dem kgl. Sächsischen Staatsforstrevier Lossnitz bei Freiberg bekannt geworden. Der Schaden besteht sowohl im Ausnagen der Knospen als auch im Schälen der Triebe. Strophosomus lateralis Payk. {limhatus Fabr.), welcher im Allgemeinen zu den durchaus nicht häufigen Käfern gehört, ist doch auch einmal schädlich aufgetreten, und zwar hat er [74] 1858 in der Forstinspection Eschede in Hannover eine einjährige Kiefern-Streifensaat durch Abfressen der Nadeln völlig rninirt. Der Schaden trat Anfang August ein. Schaden von Cneorrhinus. Cn. plagiatus Schall, ist zwar ebensowenig ein monophages Nadelholzinsekt, wie die Strophosomus-Arten, da er nach den von Altuji [I a, S. 31] mitgetheilten Berichten von Oberförster Renne zu Lembeck bei Wulfen in Westfalen 1870 in einer 15 Morgen grossen Eichenheister- pflanzung durch Anfressen der Knospen im Verein mit anderen Käfern recht unan- genehm geworden ist. Trotzdem hat er in wirklich sehr ausgedehntem Masse nur an jungen Kiefern Schaden gemacht. Ueber seinen stärksten Frass berichtet nach Oberförter Stompff's Beobachtungen Altum [( a\. Es war seit 1833 — 1838 in der Oberförsterei Grtinhaus bei Treptow a. d. Rega ein Dünenstrich von einer Meile Länge und einer Viertelmeile Breite, also beiläufig 1000 ha, mit Kiefern in zu weitem Ver- bände angebaut worden. Da sich aus letzterem Grunde die Kulturen nicht schlössen, versuchte man zwischen diese alten Kiefernkasseln seit 1863 ein- jährige Kiefern und Seestrandkiefern einzubringen, ein Versuch, der aber seit 1870 wieder aufgegeben wurde, weil hier Cn. plagiatus Schall, meist kurz nach Beendigung des Ptianzgeschäftes Ende April und Anfangs Mai erschien und durch Nadel- und Rindeufrass die Pflanzen zum Eingehen brachte. Jetzt •werden deshalb dort nur noch kräftige Kiefernballenpflanzen verwendet. Der Käfer frisst nur in den kühleren Stunden und vergräbt sich während der Tages - hitze oberflächlich in den Sand. Die Häufigkeit des Käfers geht daraus hervor, dass von 1866 — 1870 644 000 Stück gesammelt wurden, davon nicht weniger 406 Kap. IX. Die Käfer. als 512 000 allein im Jahre 1870. 5 bis 30 Stück waren häufig an einer Pflanze, 74 die höchste Anzahl. Mit Anfang Juni verschwand der Käfer wieder. Auch im Gemeindeforst Döverden, Schutzbezirk Krähe, Oberförsterei Nienburg, in Hannover, wurden von 1865 — 1868 70 000 einjährige Kiefern nach Boden vernichtet [I a, S. 36]. Schaden von Brachyderes. Br. incanus-L. ist in etwas älteren Kieferu- kulturen ein sehr häufiger Nadelfresser, dessen Thätigkeit zwar gewöhnlich nicht merkbar wird, der aber doch schon öfters ausgedehnteren Schaden verursacht hat; so z. B. nach den vonEATZEBURO [48 b] wiedergegebenen Mittheilungen von Püschel iJ^öO im herzoglich Anhaltischen Forstrevier Gross-Mölilau, wo er auf einer Fläche von 60 Morgen die Nadeln acht- bis neunjähriger Kiefern am Rande derartig befrass, dass sie fast sämmtlich abfielen und man die wie verbrannt aussehenden, befallenen Flecke in der Kultur schon von weitem erkennen konnte. In demselben und dem folgenden Jahre wurden acht- bis zwölfjährige Kiefern- kulturen auf dem königlich Sächsischen Staats-Forstreviere Gohrisch nach Stein [58, S. 245 und 46], namentlich auf den trockeneren Partien, auf weite Strecken derartig befressen, dass die Nadeln allmählich vertrockneten. Der Frass fand im Frühjahre statt, und zwar durch die unter den abgefallenen Nadeln überwin- terten Käfer, die im Februar in ihrem Winterverstecke massenhaft zu finden waren. Nach Ratzeburg [V, I, S. 129] ist dieser Käfer auch an Birken merklich schädlich geworden, und zwar namentlich durch ausgedehnte Schälung der Rinde. Abwehr. Obgleich man sicher weiss, dass die Larven aller vorstehend erwähnten Käfer im Boden von Pflanzenwurzeln leben, so ist man doch noch nicht im Stande gewesen, als Vorbeugungs- mittel gegen den Käferfrass eine Vernichtung derselben zu unter- nehmen. Indessen deutet die Beobachtung von Paschen, dass auf rajolten Saatkämpen Strophosomus obesus Marsh, nicht gefunden wird, darauf hin, dass die Larven eine starke Bodenbearbeitung nicht ver- tragen, und Altum [45 h^ S. 394] schlägt wohl in Folge dieser Beob- achtung vor, zu der Zeit, wo man Larven vermuthen kann, den Boden mittelst Spaten oder Waldpflug stark zu werfen. Man kann weiter in den Fällen, in welchen ganz junge Nadelholzpflanzen den Angriffen besonders ausgesetzt sind, wie z. B. die einjährigen Kiefern der Zerstörung durch Cneorrhinus plagiatus Schall, oder Strophosomus obesus Marsh., dadurch die Gefahr verringern, dass man gleich mit älteren Pflanzen kultivirt, wie dies z. B. in der Forstinspektion Kaliss durch Paschen geschehen ist, welcher durch das Pflanzen kräftiger, zweijähriger, verschulter Kiefern gute Resultate erzielt hat. Vorbeugungsmittel gegen die Einwanderung der Käfer nnd Vertilgungs mittel dieser flügellosen Thiere gleichzeitig sind auf dazu geeignetem Terrain die Fanggräben, in deren Boden man Fanglöcher anbringen kann. Beweis hiefür ist der oben angeführte reichliche Fang von Str. obesus Marsh, in Mecklenburg. Auch von Brachyderes incanus L. wurden in den am Boden der Fanggräben angebrachten Fanglöchern mitunter an einem Tage mehrere Metzen Käfer gesammelt [48 b, S. 156]. Da aber die Käfer meist wenig be- ' weglich sind, wenn sie einmal am Orte des Frasses angelangt sind, so dürften nur um die Kulturen angebrachte Fanggräben wirken, während ein Durchschneiden der Kulturen mit solchen weniger an- Brachyderes. Abwehr der llugunfälngen Kiirzrüssler. 407 «rezeigt erscheint; auch solche, die mit frischen Nadelholztrieben ge- füllt wurden, hatten nur wenig Erfolg. Dagegen hat vielfach das Sammeln genützt. Ohne vorherige Anlockung wurde in grossem Masse durch Kinder Strophosomus obesus Marsh, in Kaliss gesammelt, desgleichen Cneorrhinus plagiatus Schall, in Grünhaus [vergl. S. 405]. In letzterem Falle musste aber in den Dünen auch die Sandschicht am Fusse der einzelnen Pflänzchen genau auf die während der Hitze dort vergrabenen Käfer untersucht werden. Strophosomus Coryli Fabr., der sonst sehr schüchtern ist, lässt sich doch während der Tage der Begattung nach Brachmann leicht von den Pflanzen ablesen. Noch leichter kann man die Schädlinge an besonderen A nlockungs Vorrichtungen fangen, so z. B. die meist nächtlich fressenden Otiorrhynchus- Arten, indem man ihnen in der Nähe ihres Frasses Schlupfwinkel herrichtet, also Fangrinden mit Moosdecken auslegt. An den mit frischen Nadel- holzreisern geköderten Fangrinden, wie sie für den grossen braunen Rüsselkäfer ausgelegt werden, fängt man viele Strophosoxnus, und Altum empfiehlt gegen Str. obesus Marsh. Auslegen von Kiefern- reisigbündeln, die man späterhin auf Tücher ausklopfen soll. Bei den im Sommer ausschlüpfenden Käfern, welche erst im nächsten Frühjahre zur Fortpflanzung schreiten, ist es besonders angezeigt, diese Massregeln schon im Herbste vorzunehmen. Man findet vielfach das Abklopfen der Käfer von den Frass- pflanzen selbst in untergehaltene Schirme oder in untergebreitete Tücher angerathen. Es stimmen jedoch, ganz abgesehen davon, dass dies nur in älteren Kulturen möglich ist, alle genauen Beobachter darin überein, dass die Käfer ungemein scheu sind und sich bei irgendwie unvorsichtiger Annäherung des Menschen sofort herabfallen lassen und todt stellen. Hieraus geht hervor, dass von dieser Mass- regel kaum eine wesentliche Hilfe zu erhoffen ist. Handelt es sich um den Schutz hochstämmiger Laubholzbeister, besonders in Pflanzgärten, so wird das Anlegen von Theerringen sehr wirksam sein, da ja diese Arbeit zugleich sicher eine solche Erschütterung der Bäumchen hervorbringt, dass die weiter oben be- findlichen Käfer zur Erde fallen und nun am Wiederaufstiege ge- hindert sind. Dieses Verfahren hat zuerst der königlich Sächsische Oberförster Lehmann in Lausnitz gegen Strophosomus obesus Marsh. vorgeschlagen [9, S. 76, Aum.]. Im Boden brütende, flugfähige Kurzrüssler, welche als Käfer schaden. Von den flugfähigen Kurzrüsslern, welche wir mit Thomson systematisch als die Familie der Phyllobiini zusammengefasst haben, sind zwar eine grössere Reihe von Arten der Gattungen Sitona Germ. Metallites Germ., Polydrusus Germ., Scythropus Sciiönh. und Phyl- lobius ScHÖXH. in der Literatur als forstschädlich bezeichnet; eine wirkliche Bedeutung als sehr schädliche Thiere für den Forstmann haben aber wohl nur, von Ratzeburg so genannt. 408 Kap. IX. Die Käfer. die grünen Fichten-Rüsselkäfer, Metallites mollis Gkrm. und M. atomarius Oliv. Beide Arten gehen an alle Nadelhölzer, am liebsten an die Gipfeltriebe 10- bis 20jähriger Stämmchen, welche dann, oft ringsum benagt, umknicken oder abbrechen. Sie werden wohl nur deshalb als „Fichtenkäfer" angeführt, weil sie am häufigsten im Gebirge, wo die Fichte herrscht, auftreten. M. atomarius ist mitunter auch in der Ebene an Kiefern lästig. Das einzige wirksame Mittel gegen sie ist Abklopfen auf Tücher, und zwar in den kühleren Morgenstunden, wenn die Käfer noch festsitzen. Im Vertrauen auf ihr Flugvermögen scheinen sie nämlich etwas weniger scheu zu sein, als ihre unge- flügelten Verwandten. Beschreibung. Sitona (Sitones Schönh.) lineatus L. Käfer: Augen wenig vorstehend, Geisselglied 1 anderthalbmal länger als 2, letzteres konisch, fast doppelt so lang als 3 ; Flügeldecken punktirt gestreift, mit parallelen Seiten und regelmässig abgerundeter Spitze. Oberseite des Körpers braun, grau oder grünlich beschuppt, Halsschild breiter als lang, sehr dicht und fein punktirt, hinter der Mitte am breitesten mit 3 heller beschuppten, geraden Längsstreifen ; Flügeldecken mit abwechselnd heller beschuppten Zwischenräumen der Punkc- streifen. Länge 4 — 5 ?Jim. Sitona Regenstein ensis Hbst. Käfer: Augen stark vorspringend. Hals- schild aa den Seiten stark gerundet erweitert, mit grossen tiefen, durch deut- liche, glänzend glatte, maschenartige Zwischenräume getrennten Punkten, etwas aufgebogenem Vorderrande und drei dichter beschuppten Längsstreifen. Flügel- decken nach hinten etwas breiter, mit regelmässigen Punktstreifen. Schwarz, etwas glänzend, mit grauen Schuppen und Börstchen fleckig besetzt. Schaft der Fühler, Schienen und Füsse rothbraun. Länge 3-5 — 5 mm. Metallites mollis Gekm. Käfer: Schwarz oder braan, fein behaart, Fühler und Beine blass gelbbraun. Oberseite und Seiten der Brust mit grünen, glän- zenden, länglichen Schuppen bekleidet, welche längs der Flügeldeckennaht fehlen. Schildchen klein und gerundet. Die Zwischenräume auf den fein punktirten Flügeldecken fast viermal so breit als die Punkte. Die Naht und die beiden äusseren Zwischenräume sehr fein grau behaart ohne grüne Schuppen. Schenkel mit einem kleinen Zähnchen. Länge .5"5— 7 mvi. M. atomarius Oliv. Käfer: Schwarz oder braun, mit haarförmigen, grauen oder grün glänzenden, niederliegenden Haaren nicht so dicht bekleidet, wie der vorige. Zwischenräume der tief punktirt-gestreiften Flügeldecken etwa doppelt so breit als die Punkte. Fühler und Beine röthlich gelbbraun, die Schenkel undeutlich gezähnt. Läage 4 — 5 mm. Polydrusus mollis Stroem. (micans Fabk.). Käfer: Der kurze Fühlerschaft ist halb so lang als die Geissei und erreicht nicht den Hinterrand der Augen. Geisselglied 1 kürzer und dicker als 2, Oberseite schwarz, dicht mit haarför- migen, gold- oder kupferartig glänzenden Schuppen bekleidet. Halsschild breiter als lang. Flügeldecken doppelt so breit als das Halsschild, nach rückwärts bauchig erweitert, tief punktirt gestreift. Fühler und Beine bräunlich roth. Schienen hinterwärts abgeplattet und diese Fläche durch zwei Längskanten be- grenzt. Nur die Hinterschenkel schwach gezähnt. Oft findet man ganz abge- riebene, daher schwarze, wenig beschuppte Exemplare. Länge 7 — 8 mvi. P. cervinus L. Käfer: Schaft der Fühler ist nur wenig kürzer als die Geissei und reicht über die Augen hinaus. Schenkel deutlich gezähnt. Geissel- glied 1 etwas dicker als 2. Schwarz mit länglich runden, grünen, grauen oder kupferglänzenden Schuppen bedeckt. Flügeldecken punktirt gestreift, in den Zwischenräumen mit unbeschuppten, nur äusserst fein behaarten, fast nackten Flecken, daher scheckig erscheinend. Fühler, mit Ausnahme des dunkleren End- knopfes, und Beine löthlich gelbbraun. Länge 4 mm. Im Boden brütende, flugfähige Kurzrüssler. 409 Scytropus mustela Hbst. Küfer: Alle Schenkel ungezähnt. Grundfarbe braun, Oberseite und Unterseite mit liaartormigeu Schuppen dicht bekleidet, auf den Flügeldecken tieckig, braun und grau, auf den Seiten des Halsschildes und auf der Deckenuaht siibergrau. Fühler u. Extremitäten rostroth. Länge 6 — 9 mm.. Phyllobius viridicollis Fabr. Käfer: Flügeldecken ohne Schuppen. Glied 3 bis 7 der Fühlergeisel fast knoi)fförmig. Schenkel ungezälint. Oberseite des Käfers glänzend glatt, nur die Seiten des Halsschildes und die Brust grün be- schuppt. Schwarz oder pechbraun, Flügeldecken tief punktirt-gestreift. Fühler und Beine braungelb. Länjje 4 mm. Ph. oblongus L. Käfer: Flügeldecken ohne Schuppen. Glied 3 — 7 der Geissei kurz, kegelförmig. Schenkel gezähnt. Oberseite des Käfers schwarz oder pechbraun, letzterenfalles Halsschild und Kopf dunkler, liberall mit abstehenden grauen Haaren. Flügeldecken tief })unktirt-gestreifi:. Länge 5 mm. Ph. Piri L. (vespertinns Fätju ). Käfer: Flügeldecken mit schmalen, fast haarförmigen Schuppen. Glied .S — 7 der Geissei sehr kurz, knopfförmig. Schenkel stark zusammengedrückt, und gezähnt. Grundfarbe dunkelbraun. Schuppen hell- metallisch und kupfergoldig, auf dein Schildchen weiss. Flügeldecken durch ab- wechselnde Nuancen der Schuppen längsgestreift erscheinend. Länge 5'5 — 8 mvi. Ph. glaucus Scop. {calcaratus Fabr.). Käfer: Flügeldecken mit schmalen, fast haarförmigen, schmutzig gelbgrünen bis graugrünen oder schmutzig kupfer- farbenen Schuppen. Glied 3 — 7 der Fühlergeissel kegelförmig, Glied 2 sehr lang, viel länger als 1. Schildchen länger als breit, in den meisten Fällen an den Spitzen abgeruudet, mitunter jedoch auch spitz. Beine immer rostfarben, mehr oder weniger dicht grau behaart, nie beschuppt. Schenkel stark gezähnt. Länge 6 — 9 mm. Ph. argentatus L, Käfer: Flügeldecken dicht mit rundlichen, glänzend grünen Schuppen bedeckt und mit darüber vorragenden langen, aufstehenden, weissen Haaren. Glied 3 — 7 der Fühlergeissel kurz kegelförmig. Schenkel gezähnt. Fühlergruben nur durch einen schmalen Raum auf der Oberseite des Rüssels von einander getrennt. Fühler und Beine gelb, Schenkel manchmal schwärzlich. Länge 5 mm. Ph. psittacinus Germ. Käfer: Dem vorigen ähnlich, aber etwas grösser. Leicht zu unterscheiden durch braune Behaarung der Flügeldecken. Fühler- gruben an den Seiten des Rüssels, weiter von einander getrennt, als bei Ph. argen- tatus. Länge 7— 8"5 mvi. Ph. maculicornis Gekm. Käfer: Flügeldecken mit rundlichen Schuppen nnd sehr kurzen, oft kaum wahrnehmbaren Haaren. Schenkel mit Zahn. Grundfarbe schwarz, oben und unten grün oder blaugrün, äusserst dicht beschuppt. Füsse und Fühler gelbbraun. Spitze des Schaftes und Keule meist dunkler.Länge 5 — 6mj«. Lebensweise und Abwehr. Die Entwickelung aller vor- stehend genannten Arten ist noch sehr wenig bekannt. Soweit die sicheren Beobachtungen reichen, leben ihre Larven, wie die der übrigen Kurzrüssler, im Boden von Pflanzenwurzeln, ohne dass bis jetzt durch sie hervorgebrachte forstliche Schäden bekannt geworden wären. Die in den verschiedenen Insektenkunden immer wiederholten Angaben, dass die Larven verschiedener Arten an den oberirdischen Theilen von Holzpflanzen vorkämen, dürften wohl sämmtlich auf Irrthum beruhen. Für die Sitona-Arten ist eine Verwechselung mit Hypera-Arten, welche allerdings ähnlich wie die Larven von Cionus Fraxini L. an den Blättern ver- schiedener Kräuter vorkommen, wahrscheinlieh, während die Angabe von Tn. Stdder über die Minirarbeit der Larve von Phyllobius argentatus L, in Buchen- blättern eine offenbare Verwecliselung mit Orchestes Fagi L. einschliesst, da die Larve jenes Thieres bereits durcli Goureau im Boden gefunden wurde, ebenso wie die des verwandten Ph. oblongus L. durch Schmidrerger. Auch die An- gaben von BoucitE über das Vorkommen der Larven von Polydrusus cervinus L. Lchrbach d. mittelearop. Forstinsektenkande. 27 410 Kap. IX. Die Käfer. in Eichenblätterquasten sind äusserst zweifelhaft, da die der anderen Arten nach GouREAU gleichfalls unterirdisch leben. Sicher im Boden lebt auch nach neueren Angaben die Larve von Sitona hispidulus Fabr. [Brischke 10] und die von Metallites atomarius Oliv. [Beling 4o]. Die speciellen Angaben über die einzelnen Arten sind folgende: Sitona lineatus L. ist nach Beling durch Befressen und Abfressen von Nadeln an den beiden letzten Trieben junger Fichten kulturen im sehr milden Winter 1877/78 schädlich geworden, so dass eine ausgedehnte Nachbesserung nothwendig wurde. Auch Altdm sagt kurz von ihm, dass er „Kiefern, Kiefern- zapfen und Nadelholzsamen, namentlich der frisch gemachten Aussaat durch das Befressen der Cotyledonen schädlich geworden" sei [XVI, III, 1, S. 178]. Der verwandte Sitona Regensteinensis Hbst. hat sich bei einem Frasse von Stro- phosomus Coryli Fabr. an Eichen ein wenig mitbetheiligt. Im Allgemeinen «rscheint dieser Frass aber eine gelegentliche Ausnahme zu sein, da die Angaben über Schaden der verschiedenen Sitona-Arten durch Befressen der Blätter von Schmetterlingsblüthlern viel häufiger sind. Uebrigens ist neuerdings au Kleefeldern auch Larvenschaden beobachtet worden. Metallites mollis Germ, und M. atomarius Oliv, sind, wie bereits oben bemerkt, wesentlich Nadelholz Schädlinge, welche zunächst ältere Kulturen an- gehen. Der an den Trieben und zumeist an den Gipfeltrieben durch Benagen derselben gemachte Schaden besteht in der Schwächung dieser Triebe, welche dann leicht umbrechen; doch werden auch Nadeln benagt. An Fichten scheint allerdings die Eöthung und das Abfallen derselben, wodurch der Frass schon von weitem kenntlich wird, von dem Erkranken der befallenen, noch sehr weichen Triebe herzurühren, aber an den Kiefern werden nach Taschenberg [60, S. 36] durch M. atomarius Oliv, sicher die Nadeln, soweit sie in den Scheiden sitzen, angegriffen und hängen dann an einigen nicht zernagten Fasern herab. M. mollis Germ, ist wesentlich ein Gebirgsthier, M. atomarius Oliv, dagegen auch in der Ebene häufig. In Jahren grosser Verbreitung werden 80 — 50% der Fichten befallen. Anfangs gehen sie an Stämmchen von 12 — 20 Jahren. Ende Juni, wenn hier die Oberhaut zu stark wird, nehmen sie junge, frisch gepflanzte Stämmchen an. Diese Beobachtungen sind schon von Saxesen und Hartiq gemacht und durch Oberforstrath Michael, Kevierförster Heinemann, Ohnesorge bestätigt wor- den. In jüngster Zeit haben wir wieder von stärkeren Verheerungen bei Stol- berg am Harz (1887) durch Bartels und im Schwarzwalde bei Donaueschingen durch Forstverwalter Eschborn und Forstmeister Götz -Innsbruck, gehört. Die kleinere Art M. atomarius Oliv, scheint mehr polyphag zu sein, da sie von Forstmeister Schaal in Grünthal, Sachsen, auch an jungen Buchen als schäd- lich beobachtet wurde. Unter den Feinden dieses Käfers sind nach Kunze [33] besonders anzuführen zwei Mordwespen, Cerceris variabilis Schrk. und C. labi- ata Fabr., welche ihn zugleich mit Strophosomus Coryli Fabr. als Futter für ihre Larven eintragen. Aus der Gattung Folydrusus werden P. mollis Stroem. (micans Fabr.) und P. cervinus L. als Laubholzschädlinge, welche bald nach dem Laub- ausbruche auftreten, aufgeführt, ohne dass irgend welche grössere Blätterfrässe derselben bekannt geworden wären. Ersterer soll namentlich Buchen, Haseln und Eichen, letzterer Eichen und Birken angehen. Dass wir es aber auch hier nicht mit ausschliesslichen Laubfressern zu thun haben, geht daraus hervor, dass „Bp." [71] von einem Frasse von P. mollis {viicajis Fabr.) in dem oberbayerischen Revier Kranzberg berichtet, wo dieser Käfer von den zuerst befallenen jungen Eichen auf die untergebauten, .3jährigen Weymouthskiefern überging und deren Nadeln so stark befrass, dass sie nur durch rechtzeitiges Sammeln gerettet wurden. Auch berichtet Altum [XVI, 111,1, S. 180] nach den Berichten von Forstrath Müller über einen im Mai 1879 im Revier Wernigerode vorgekommenen Frass von P. cervinus L. an Lärche. Zuerst wurden die neu- gepflanzten Lärchen kahl gefressen und später die vorjährige Pflanzung theil- weise entnadelt. Erstere gingen ein. Der Frass verlief am Stämmchen von oben nach unten. Es wurde Abklopfen auf untergelegte Laken nöthig, wobei „Hand- Metallites, Phyllobius und Verwandte. Cleonus. 411 körbe voll" gesammelt wurden. Als ausserdem auf Buchen, Eichen und Erlen vorkommend, nennt Altum am obigen Orte auf die Autorität von Redtenbacher hin noch: P. tereticollis De Geer {undatus Fabr.), P. flavipes De Geeb, P. chrysomela Oliv., P. sparsus Gyll, P. picus Fauu. Scytropus mustela Hbst. wurde durch Judeich in der letzten Auflage dieses Buches [S. 50] in die Reihe der Forstschädlinge eingeführt, weil er im April 1873 und Mai 1874 von ihm in Menge auf jungen Kiefern in dem königl. Sächsischen Staatsforstrevier Höckendorf bei Tharand aufgefunden wurde. Die oben beschriebenen Phyllobius-Arten sind wesentlich Laub- holzschädlinge durch Knospen- und namentlich Blattfrass. Nur ganz vereinzelt wird über einen Schaden an Nadelholz geklagt. Wir stellen die wichtigeren der uns in der Literatur aufgestossenen An- gaben über das Vorkommen dieser Thiere zusammen, bemerken aber zu- gleich, dass dieselben wegen grosser Polyphagie der letzteren nur einen untergeordneten Werth haben. Ph. viridicoUis Fabr. ist sehr häufig auf jungen Buchen, kommt aber nafh Saxesen auch an jungen Eichen oft vor, desgleichen an Saalweiden, Aspen, Himbeeren, und nach Altum auch an Kiefern. Fichten soll er, nach Saxesen, dagegen verschonen. Ph. oblongus L. ist auf allen Laubhölzern gemein und schadet besonders in den Baumschulen den Obstbäumen, worüber Schmidberger [IV, 258] aus- führlich berichtet. Ph. Piri L. {vespertinus Fabr.) hat Altüm im Mai 1875 auf jungen Birken bei Eberswalde fast einen Kahlfrass verursachen sehen [XVI, III., 1., S. 182], desgleichen wurde er an Eichen beobachtet, deren Knospen er nach einer von Ratzeburg [V, I., 141] reprodacirten Beobachtung von Utsch nament- lich vor ihrem Aufbrechen benagen soll. Ph. glaucus Scop. {calcaraiua Fabr.) ist nach Döbnek den Erlen schäd- lich, ebenso wie Ph. argentatus L. häufig den Buchen. Altüm [XVI, III., 1., S. 182] erwähnt nach den Mittheilungen von Forstmeister Schaal die Zerstörung einer circa 5 ha grossen Buchenkultur im königl. Sächsischen Staatsforstrevier Olbemhau. Sein Schaden soll einmal nach den von Ratzeburg mitgetheilten Beobachtungen von Borchmever in einem zweijährigen Buchenschlage in lichtem Stande bedeutender gewesen sein, als in dunkleren Partien. Auch Birken hat er angegangen. Aehnlich schadet namentlich in Gebirgsgegenden Ph. psittacinus Germ, und Ph. maculicornis Germ. Ph. pineti Redtb. wird nach seinem Entdecker in Oesterreich ob der Enns durch seine Menge den Fichten schädlich. Nach Desbrochers des Loges [13] ist diese Art nichts Anderes als Ph. argentatus L. Ph. Urticae De Geer {alneti Fabr.), dem Ph. glaucus Scop. nahe ver- wandt, namentlich durch dunkle Beine von ihm zu unterscheiden, ist forstlich ganz unwichtig, da er nach verschiedenen Beobachtern in der Hauptsache auf Brenn- nesseln lebt. Desbrochers des Loges betrachtet ihn als synonym mit glaucus Scop. Als Anhang zu dieser biologischen Gruppe und als Uebergang zu der Würdigung des grossen braunen Rüsselkäfers wollen wir hier kurz erwähnen Cleonus turbatus Fahrs. (glaucus Gyll.), den grossen weissen Rüsselkäfer, ein Name, der wohl charakteristischer ist, als der von Ratzeburg benutzte: „Grosser grauer Rüsselkäfer". Er ist sehr häufig mit dem grossen braunen Rüsselkäfer vergesellschaftet und wird massenhaft 27* ^12 I^ap- IX- I^ie Käfer. mit diesem in Fanggräbea erbeutet. Eine durch ihn verübte wirk- liche forstliche Beschädigung ist aber bis jetzt nicht nachgewiesen. Beschreibung: Cleonus turbatus Faurs, iglaucus Gyll.) Käfer: Fuss- gliederder Hinterbeine verlängert, Glied 1 bis 3 ohne filzige Sohle, nur am Rande wimperartig behaart. Rüssel kürzer als das Halsschild, mit einer erhabenen Mittellinie und nach imten gebogenen Fühlerfurchen. Halsschild am Hinter- rande zweimal gebuchtet, in der Mitte gegen das Schildchen erweitert, vorn mit erhabener Mittellinie, hinten mit einer Grube. Flügeldecken langgestreckt, an der Wurzel einzeln abgerundet, in die Buchten des Halsschildes hineinragend, an der Spitze einzeln abgerundet, vor der Spitze an der Verbindungsstelle der mittleren Punktstreifen mit einem deutlichen, vorn dicht w eissbehaarten, hinten nackten Höcker, übrigens dicht weissgrau, seltener bräunlich, fleckig behaart, mit tiefen Funktstreifen und längliehen Grübchen. Fühler mit Tgliedriger Geissei, Glied 1 derselben fast doppelt so lang wie 2, der Schaft die Augen nicht er- reichend. Schenkel ungezähnt. Länge 10 bis 12 mm. Lebensweise: Die alten Angaben, dass dieser Käfer ähnlich wie Hylobius Abietis L. in Nadelholzwurzeln brüte, beruhten auf Vermuthungen, welche hinfällig geworden sind, seitdem Lang [34] direkt durch Zucht nach- gewiesen hat, dass seine Larve, wie diejenigen der Kurzrüssler, frei im Bodeu vorkommt und von jungen Kiefernwurzeln lebt. Ein Schaden durch dieselbe ist aber bis jetzt noch nicht bekannt geworden, ebensowenig wie ein Schaden des Käfers selbst. Die in die Lehrbücher übergegangenen Mittheilungen in Betreff des letzteren haben als einzige positive Unterlage die von Ratzebükg [V, I, S. 138] mitgetheilten Beobachtungen von Klockjiann über den von einge- zwingerten Käfern an Kiefernmaitrieben und deren Nadeln verübten Frass, zu welchem sie vielleicht nur ausnahmsweise durch Huuger getrieben wurden. Nach Altum [XVI, HI, I, S. 187] tritt unser Käfer in den Kiefernschlägen, von denen der Abraum nicht entfernt wurde, zeitiger auf als der grosse braune Rüsselkäfer. Die sicher verbürgte Thatsache, dass er später von hier aus auf die Kulturen überwandert und dabei massenhaft abgefangen werden kann, ist also vorläufig nur ein Verdachtsgrund für seine Schädlichkeit. Beiläufig ver- dient hier Erwähnung, dass andere CleonusArten wirthschaftlich sehr beachtens- werth sind, namentlich der im südöstlichen Europa und besonders im südlichen Russland häufige Cl. punctiventris Germ., dessen Imago die Blätter der eben aufgehenden Runkelrübensaaten befrisst, während die Larve später deren Wurzeln zerstört. In Nadelholzwurzelu brütende nnd namentlich die Nadel- holzknlturen als Käfer schädigende Langrüssler. Die allein hierher gehörige Gattung Hylobius umfasst vier mitteleuropäische Arten, von denen drei bis jetzt in die Forstinsektenkunde eingeführt sind. Von wirklicher Bedeutung, und zwar von hervorragendster, ist aber nur der grosse braune Rüsselkäfer, Hylobius Abietis L. Eatzeburg's Curculio Pini L. (Taf. II, Fig. 5). Sein nächster Verwandter ist Hylobius pinastri Gyll.^ welcher entomologisch zwar unterschieden wird, für die Praxis aber nur inso- fern in Betracht kommt, als stets ein gewisser massiger Procentsatz der gefangenen „Rüsselkäfer" aus dieser Art besteht. Er erfordert also keine besondere Behandlung im grossen Wirthschaftsbetriebe. (Näheres S. 415.) Cleouus. Allgemeiuos über Hylobius, 413 Die dritte Art Hylobius piceus De Geer (pineti Fabr.) ist vor- läufig nur verdächtig. (Näheres S. 415.) Allgemeine Orientirung. Der grosse braune Rüsselkäfer, dessen Schäden seit Anfang des Jahrhunderts mit der Ausbreitung von Kahlschlagwirthschaft und Nachverjüngung namentlich durch Pflanzung in erschreckendem Masse zugenommen haben, ist ein Kulturverderber ersten Ranges, welcher namentlich junge Kiefern- und Fichtenpflauzen tödtet, indem er die Rinde platzend benagt. Aber ebensowenig verschont er die übrigen Nadelhölzer, ja sogar nicht einmal die Laubhölzer, In reinen Laubholzrevieren kommt er aber niclit vor, da er ausschliesslich in flachstreichenden, eben absterbenden Nadelholzwurzeln brütet. Seine Brutstätten sind daher die neuesten, nicht gerodeten Nadelholzschläge, und sein Schaden wird da am bedeutendsten, wo man solche nicht gerodete Flächen bereits in dem auf den Hieb folgenden Frühjahre wieder in Kultur bringt. Bei der trotz aller neueren gegentheiligen Behaup- tungen im wesentlichen doch zweijährigen Generation ist nämlich jede ungerodete oder schlecht gerodete Schlagfläche in dem zweiten auf den Schlag folgenden Sommer — also bei einem im Winter 1879/80 abgetriebenen Bestände im Sommer 1881 — die Geburtsstätte unzähliger Rüsselkäfer, welche, wenn sie beim Aus- schlüpfen hier bereits junge Pflanzen vorfinden, diese bequem ge- botene Nahrung sofort annehmen und den im allgemeinen weniger wichtigen Herbstfrass beginnen. Finden die Käfer keine Nahrung an ihrer Geburtsstätte, so wandern sie zu Fuss den nächsten jungen Nadelholzkulturen zu. Nur wenige kommen noch in ihrem Geburts- jahre zur Fortpflanzung, alle aber überwintern in der Bodendecke und verüben im nächsten Frühjahre, nach Vollendung des Haupt- fortpflanzungsgeschäftes, wozu sie die neuen Schläge — in unserem Beispiele die vom Winter 1881/82 — aufsuchen, den sehr schäd- lichen Frühjahrsfrass in den jungen Kulturen. Im Herbste des zweiten Kalenderjahres ihres Lebens gehen viele Käfer zugrunde. Es können aber einzelne auch den zweiten Winter überleben, so dass also oft mehrere verschiedene Jahrgänge gleichzeitig fressen. Die gegen den braunen Rüsselkäfer mögliche Abwehr besteht einmal in Vertilgungsmass regeln, und zwar bevorzugt die ge- wöhnliche forstliche Praxis vielfach das Sammeln, welches mit Hilfe besonderer Fangapparate geschieht, unter denen wieder Fang- rinden und Fangkloben am beliebtesten sind. Es erscheint aber die bisher gewöhnlich geübte Praxis, diesen Fang nur in den direkt durch den Käfer gefährdeten Kulturen vornehmen zu lassen, als falsch, weil man dann meist nur Käfer fängt, welche wenigstens einen Theil ihres Fortpflanzungsgeschäfces bereits besorgt haben. Viel besser ist es, dies zunächst auf den Brutstätten zu thun, sobald die jungen Käfer aus denselben auszukommen beginnen, also auf den vorjährigen Schlägen — in unserem Beispiel auf dem Schlage vom Winter 1879/80 im späteren Frühjahre und Sommer 1881. 414 Kap. IX. Die Käfer. Auch in Fanggräben kann man den ausser im zeitigen Früh- jahre nur selten fliegenden Käfer fangen, diese wirken aber zu ver- schiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten sehr verschieden. Im Umkreise der Schläge gezogene Gräben können kurz nach der Hiebsführung zur Flugzeit im Frübjahr nur wenig nützen, da sie nicht zu verhindern vermögen, dass der dann häufig fliegende Käfer diese als Brutstätten benutzt. Zu der Zeit dagegen, wenn die Haupt- masse der Käfer aus den nichtgerodeten Wurzeln auskommt, also im zweiten auf den Hieb folgenden Sommer und Herbst — in unserem Beispiel 1881 — sind sie von grossem Nutzen zum Abfangen der dem Herbstfrasse oder den Winterquartieren zuwandernden Käfer, deren Mehrzahl noch nicht zur Fortpflanzung geschritten ist. Dort, wo die Anlegung von Fanggräben um die Schläge nicht möglich ist, wird man den Käfer durch Darbietung von Brutstätten und vielleicht auch Nahrung länger auf den Schlagflächen fesseln und so die Fangzeit für denselben auf diesen Schlägen verlängern können. Im Umkreise der Kulturen gezogene Gräben schützen sowohl im Herbste wie im Frübjahr die auf denselben befindlichen Pflanzen vor den aus den Brutstätten oder Winterquartieren zuwandernden Käfern, Das beliebteste Vorbeugungsmittel ist das zwei bis drei Jahre lange Liegenlassen der nicht zu rodenden Schläge. Durch diese Massregel wird erreicht, dass für die nach dieser Zeit begründete junge Kultur die Feinde nicht sofort dem Boden, auf dem sie stockt, direkt entsteigen. Eine wirkliche Verminderung der Rüsselkäfer kann sie aber nicht hervorbringen. Auch das an vielen Stelleu aus verschiedenen Gründen überhaupt nicht thunliche Roden der Wurzeln ist nicht immer wirksam, da eine gleich mit der Schlagführung verbundene Entfernung der Wurzeln zwar einen grossen Theil des Brutmateriales wegschaflFt, die Käfer selbst und deren Nachkommenschaft aber nicht trifft. Nur späteres Roden der Schläge, zu einer Zeit, in welcher die Wurzeln zwar mit Larven besetzt, die Käfer aber noch nicht ausgeschlüpft sind, also der Regel nach bis spätestens Ende des auf den Abtrieb folgenden ersten Winters mit baldiger Abgabe oder Verbrennung der Stöcke triff't zugleich die Thiere durch Brutvernichtung. Künstliche, in Nach- ahmung der flachstreichenden Nadelholzwurzeln, durch schräg einge- grabene, frisch geschnittene Nadelholzknüppel — Brutknüppel ■ — • hergestellte Brutstätten werden von den Käfern gern angenommen und helfen, wenn rechtzeitig zur Zerstörung der in ihnen unterge- brachten Brut geschritten wird, zweifelsohne zur Verminderung der Käfer, sind aber viel zu theuer. (Vgl. S. 429.) Der grösste Erfolg dürfte aber da erreicht werden, wo man, ohne dabei eine vollständige Vernachlässigung der bisher üblichen Vorkehrungsmassregeln, namentlich der Schutzgräben um die Kulturen und der Rodung der mit Larven besetzten Wurzeln eintreten zu lassen, durch passende Forsteinrichtun gsmassregeln die Schläge so legt, dass der Hieb in demselben Jahrzehnt womöglich nur einmal Allgemeines über den grossen Rüsselkäfer. Ilylobius-Arten. 415 denselben Waldort trifft, zu einer Zeit also, wo die benachbarten, vor G bis 9 Jahren begründeten Kulturen bereits dem Angriflfe der Rüsselkäfer, welche sich auf der neuen Hiebsfläche entwickeln, im weeentlicheu entwachsen sind. Beschreibung. Hylobius Abietis L. Küfer: Dunkelbraun, glanzlos, goldgelb behaart. Halsscliild nach vorn verengt und vor dem Vorderrand seitlich leicht eingeschnürt, dicht punktirt und längs^erunzelt. SchiHchen so lang als breit, behaart. Flügeldecken kettenartig gestreift-puiiktirt, mit flaclien, gerunzelten Zwischenräumen und zwei aus Haarschuppen gebildeten, gelben Flecksnquer- binden, zwischen denen und hinter denen noch einzelne Haarflecken stehen. Punktreihen vorn kaum liefer als hinten. Schenkel pechbrann, stark gezähnt. Alte, namentlich überwinterte Käfer dunkler und schmutzig braun, Querbinden und Behaarung oft abgerieben. Lauge 7 — 14 mm. (^ mit einer mehr oder weniger scharf ausgesprochenen, flachen Grube auf der Unterseite des letzten Hinterleibs- ringes. Hylobius pinastri Gtll. Küfer: Den kleineren Exemplaren des vorigen sehr ähnlich, schwarzbraun, etwas glänzend, weissllcli behaart Halsschild vor dem Vorderrande nicht oder kaum merkbar ein^reschnürt, dicht und tief punktirt, aber niclit längSjjerunzelt. Schildchen etwas breiter als lang, behaart. Flügel- decken stark kettenartig gestreift-punktirt mit schmäleren, gerunzelten Zwischen- räumen und zwei aus Haarschuppen gebildeten, weisslichen Fleckenquerbinden. Punktreihen vorn tiefer als hinten. Schenkel mehr röthlichbraun mit weniger starkem Zahn. Gleichfalls häufig abgerieben. Länge 7 — 9 vim. Hylobius piceus De Geer [pineti Fabr.). Käfer: Schwarzbraiui, glatt, glänzend, sparsam weissgelb behaart. Halsscliild stark eerunzelt mit starkem Mittelkiel. Schildchen glatt, unbehaart. Flügeldecken mit Reihen sehr grosser und tiefer, grubenförmiger Punkte, Zwischenräume bis hinten stark gekörnt und gleich- massig mit kleinen gelben Haarflecken bestreut. Schenkel kaum gezähnt. Länge 12— 16 mm. Charakterisiren wir zunächst kurz die Bedeutung der beiden letzteren, un- wichtigeren Arten. Der dem Hylobius Abietis L. zum Verwechseln ähnliche Hyl. pinastri Gyll., welcher sich nur durch seine durchschnittlich kleinere Statur, die geringere vordere Einschnürung des nicht längsgerunzelten Halsschildes, die mehr weissen Fiügeldeckenzeichnungen und die mehr röthlichen Beine von jenem unter- scheidetjist im Allgemeinen biologisch seinem Verwandten völlig gleichwerthig. Nur soll er nach Kellner [30 h] vorzüglich die Kiefer lieben, wenngleich er auch Fichtenpflanzen befrisst. Auch fliegt er nach dem genannten Forscher gern und leicht, und gelangt dadurch auf hohe Kiefern, woselbst er junge Zweige benagt. Aus letzterer Thatsache und aus einer Verwechselung dieses Käfers mit seinem gemeineren Vetter erklärt sich die eine Ze.t lang in der Literatur Aufsehen erregende iind zu Polemik Anlass gebende, irrthümliche Behauptung eiues sonst so guten Beobachters, wie König, dass Hyl. Abietis L. zunächst in den Baum- kronen vorkommen und diese beschädigen sollte [VII, 1. Aufl., S. 106], während die Kulturen nur soweit unter ihm zu leiden hätten, als Käfer von Ueber- ständern herabfallen könnten. Ueberall wird Hyl. pinastri gleichzeitig unbe- wusst mit ah , grosser brauner Rüsselkäfer" gesammelt. Nach Kellner macht er gewöhnlich in Thüringen an 6 — 10% ©©©©©© + + + + + + + + + I ©©© ~l 1 ' "1 1 ' ©©©,©©© 1 ©©©©©©©©• miBBiB +++ +++ +++ + ++ 18 81 1882 ©©e ••-f-j-f-f-h 1 +++ + + +-l--f+-f-f- + j++ 1 Drücken wir aber die Resultate des durch v, Oppen in dem Jahre 1882/83 unter möglichst natürlichen Umständen an wirklichen Wurzeln angestellten Zwin- gerversuches [43 fj, S. 9i) u. f.) graphisch aus, und zwar für die Eier, welche zuerst, also bereits im Mai abgelegt wurden und daher auch 1883 am zeitigsten Käfer lieferten, so erhalten wir folgendes Bild: 418 Kap. IX. Die Käfer. Jan. Febr. März April Mai Juui Juli Aug. Sept. i Oct. Nov. Dec 1882 + ++ + +|-r + + '©©©eo© ©o© 1883 ©©©!©©©©©©,©©© ••• ++ + Es wäre dies das Bild einer typisch einjährigen Generation, wenn nicht die weiteren Versuche von v. Oppen, sowie namentlich diejenigen von Zimmer bewiesen, dass die im Juni — in Wirklichkeit die ersten bereits am 29. Mai — ausgeschlüpften Käfer nicht vielfach den nächsten Winter, hier also 1883/84, überdauerten und dann erst im nächsten Frühjahr sich weiter fortpflanzten. Wollen wir dagegen das andere Extrem der in dem angezogenen v. OppEN'schen Versuche gewonnen Resultate darstellen, dass nämlich noch bis in den August hinein Copulation der Käfer und somit wahrscheinlich auch Ablage von Eiern stattgefunden hat, aus denen dann die im August, respective Septem- ber 1883 auftretenden Käfer herstammten, und nehmen wir mit v. Oppen an, dass auch diese sich noch fortpflanzten, während andererseits einige der Käfer, welche bereits 1882 sich fortgepflanzt hatten, auch noch 1883, dann aber natürlich gleich im Frühjahr Brut erzeugten, so erhalten wir das folgende complicirte Bild: Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. I Sept. Oct. Nov. Dec. 1882 1883 + + + ++++++ + + + + ++|-l-i-+i+ + + i++ + |+ + + + ++!++ I I a ©©© ©©©j©©©]bi -1-+++ + ++ + + +.++ .©©©]©©©,©< ►+++++!+ + +++++++'' Es kommen alsdann in dem Jahre 1883 nebeneinander zwei neue Gene- rationen vor, b^ und c, von denen b^ die Geschwister der bereits im Jahre 1882 von denselben Eltern a erzeugten Generation b, die Generation c dagegen die Enkel von a enthält. Diese graphische Darstellung weiter zu verfolgen, wäre unthunlich, wir heben nur noch in Betreff der längeren Lebensdauer und mehr- fachen Eiablage der Rüsselkäfer hervor, dass K. E. G. Zimmer [67] z. B. folgende Beobachtungen gemacht hat: Ende März 1856 gesammelte Käfer legen vom Mai bis zu Anfang September, und zwar von Mitte Juui ab spärlich. Trotzdem leben die Käfer zum Theil weiter und der letzte stirbt erst am 18. März 1858. Am 10. Juli 1856 aus den Wurzeln frisch herausgeschnittene junge Käfer beginnen einen Monat später, am 10. August, zu legen und legen bis zum 17. September. Von ihnen überwintern 12 Stück und legen wieder vom 8. März bis zum 12. October 1857. Es gehen in die Ueberwinterung nunmehr 10 Stück, von denen im Frühjahr 1858 noch 4 leben, welche nun wieder bis zum 30. Juni Eier legen. Am 10. Juli 1858 stirbt der letzte Käfer. Die Gesammtsumme der abgelegten Eier betrug 1737 Stück. Vollständige Ausbildung des Käfers in demselben Jahre, in welchem die Brutstätten mit Eiern belegt wurden, vor völligem Eintritt des Winters ist z. B. von Georg [19a, S. 165] und von v. Ltps [39 c] sicher beobachtet worden, desgleichen neuerdings von Eichhofp. Es scheint aber, dass dies im Wesent- lichen nur in künstlichen Brutstätten, z. B. in Brutknüppeln, in welchen ab- norme Entwickeluugsbedingungen gegeben sind, stattfindet, und lür die Praxis Hylobius, Generation und Geschichte. 419 ohne jede Bedeutung ist. Erwähut sei noch, dass Biedermann [6] aus seinen Versuchen eine einjährige Generation als Kegel annimmt, wobei aber die Entwickehing in 2 verschiedenen Kreisen verlaufen soll: a) von Mai bis November mit Ueberwinterung des Käfers und Fortpflanzung im zweiten Jahre. h) Vom Juli des einen Jahres bis zum nächsten Juli mit Fortpflanzung in dem- selben Jahre, in wek-hem die Käfer entstanden. Geschichtliches. Seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts wird dieser Käfer und sein Schaden immer erwähut, zugleich aber mit anderen grösseren Rüsselkäfern verwechselt, namentlich mit den jetzt Otiorrhynchus niger Fabk. und Pissodes Pini L. gtnaunteu Arten. Häufig kommt er unter verschiedenen Namen vor, so z. B. bei von der Bokck, der seinen Frass bereits aus dem Jahre 1802 sehr gut beschreibt, als Carabus aterrimus [7j. 1826 wird ihm unter dem Namen Curculio pini von M. Walteu ein eigenes Büchlein gewidmet [62], aber erst Katzekuug in seinen Forslinsekten stellte seineu Schaden und die wesentlichen Grundzüge seiner Fortpflanzung fest. Zugleich gab seine Autorität dem Namen Cnrcnlio pini L. die weiteste Verbreitung, und noch heute ist der- selbe vielfach in der Forstwelt gebräuchlich, trotzdem wohl sicher nachgewiesen, dass LiNNE unseren „grossen braunen Rüsselkäfer" wirklich ursprünglich Cur- culio Äbietis genannt hat. Der Kernpunkt der Frage dreht sich darum, ob in der zweiten Auflage der „Fauna suecica" Linne's, iu welcher zuerst diese beiden Namen vorkommen, die Diagnosen oder die Namen der beiden in der ersten Auilage ohne eigentliche lateinische Namen als Curculio 446 und Curculio 441 bezeichneten Kät'er verwechselt wurden. Wer sieh für die klare Begründung der jetzt allgemein angenommenen Anschauung, dass die Diagnosen von Mitarbeitern Linne's verwechselt wurden, interessirt, lese den klaren diesbezügliclieu Aufsatz von DöBNER [14] nach. Die späterhin folgende und allmählich zu beängstigender Höhe anschwellende Literaturfluth über unseren Käfer enthält neben vielen mehr weniger werthvollen Mittheilungen über Bekämpfungsmittel auch sehr gute biologische Beobachtungen, welche aber nicht die genügende Beachtung gefunden haben. Es sind dies namentlich die ' Untersuchungen von v. Lips 1854 und 1S55 [39j, Martini 1855 [41] und ZiMMER-Püchau 1858 — 1860 [67J. V. Lips hat zuerst genaue Experimente mit der künstlichen Brut gemacht und nachgewiesen, dass der Käfer zwei Winter überleben könne [39,6, S. 165], und Zimmer hat in ausgedehntestem Massstabe die Thatsache cunstatirt, dass die- selben Käfer mehrere Jahre hintereinander Eier legen können. Die Angaben von V. Lips und Zimmer waren aber in der Vereinsschrift des Vereines Böhmischer Forstwirthe so sicher vergraben, dass es erst der neueren, völlig selbstständigen und ohne Kenntniss der Arbeiten seiner Vorgänger — die wir selbst erst kijrzlich neu ,, entdeckten" — unternommenen Untersuchungen von v. Oppen [43] bedurfte, um die bereits von Jenen über öftere Begattung im Herbste und lange Lebensdauer gefundenen Thatsachen neu bestätigt, der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Die weiteren genauen Untersuchungen sind namentlich durch Altum [I e, f, l, vi\ ausgeführt, welcher sich ein besonderes Verdienst erworben hat durch den Nachweis, wie draussen im Wirthschaftswalde, namentlich in Kiefern = revieren der Ebene, die Generation sich stellt, ohne Anwendung künstlicher Brutstätten. Fälle, in welchen Käferbrut durch vertrauenswürdige Beobachter in alten Met erst össen, Brückenhölzern und in stehendem Holze beobachtet wurde, sind bekannt, dagegen rühren die meisten älteren Angaben hierüber von Verwechslung mit Pissodes-Arten her. Verbreitung, Frass und Schaden. Der „Rüsselkäfer" ist ein ■weit verbreitetes, sehr häufiges Thier. Er wird nicht blos, wie der früher besprochene (vgl. S. 372) Otiorrhynchus niger Fabr. vorzüg- lich in den Gebirgs Waldungen schädlich^ sondern auch in der Ebene. Die durch ihn hervorgerufenen empfindlichen Verwüstungen reichen in unseren mitteldeutschen Gebirgen, wie Erz- und Riesengebirge, bis zu einer Meereshöhe von etwa 800 m. 420 Kap. IX. Die Käfer. Altum giebt an, dass der Käfer im köngl. Preussischen Harzrevier Herzberg bei 700 m Höhe noch stark schade und in dem Bayerischen Oberlande die Grenze seiner Schädlichkeit und überhaupt seines Vorkommens bei 900 bis 1000 m Höhe erreiche. Nach den sehr genauen Mittheilnngen von v. Oppen [43 b] ist der Schaden im ganzen, dem Erzgebirge angehörigen, köngl. Sächsischen Forstbezirk Bärenfels nicht blos in den tieferen Lagen, sondern bis hinauf zu etwa 600 bis 800 m Höhenlage ein sehr bedeutender. Nur der Käfer tliut uns Schaden. Am liebsten sucht er Nadelhölzer auf, besonders junge, 3 — 6jährige, durch Verpflanzung, schlechte Erziehung, Schütte u. dgl. kränklich gewordene Pflanzen, aber selbst einjährige Pflanzen und Keim- linge verschont er nicht. Auch der auf den Schlägen liegen bleibende, noch nicht trocken gewordene Ab- raum wird vom Käfer befresren. Im Nothfalle geht er aber auch in den Kulturen an ältere Stämmchen, welche er 1 — 3 m hoch befrisst. Der Fig. 140. Riisselkäferfrass an einem Nadelholzstämmchen. Fig. 141. Von dem grossen braunen Rüsselkäfer benagter Maitrieb, der noch in demselben Jahre an der Spitze abstarb, nachdem sich unter der Wunde drei Scheidenknospen entwickelt hatten. Frass in den Wipfeln alter Kiefern rührt meist von einem Verwandten, dem Hylob. pinastri Gvll. her (vgl. S. 415). Die Kiefer ist seine Schaden des grossen braunen Rüsselkäfers. 421 Lieblingspflanze, dann folgt die nicht viel weniger gern angenommene Fichte und schliesslich die Tanne, aber auch Lärche, Weymouths- kiefer und sogar Wachholder verschmäht er nicht völlig. Ein tüchtiger Rüsselkäferfrass kann ganze Kulturen vernichten, jedenfalls sehr be- deutende Ausbesserungen nöthig machen. Der Käfer schadet dadurch, dass er die Rinde platzweise abnagt; an den Frassstellen (Fig. 140), die bis auf den Bast oder bis auf den Splint reiclien, oft den Um- fang einer Erbse haben und bald vereinzelt, bald dicht beisammen stehen, tritt Harz aus, welches die Rinde wie mit einem Grind über- zieht. Meist sind die Wunden Ursache einer Säftestockung, welche sich bei der Kiefer im Erscheinen zahlreicher Scheidentriebe aus- spricht. Diese treten selbst da, wo der Käfer dem 1 — 2jährigen Triebe eine Frasswunde, die an Braunfleckigkeit, Missfarbigkeit und Verhar- zung zu erkennen ist, beigebracht hat, sofort unterhalb der Verletzung knospend hervor (Fig. 141). Wo Fichte und Kiefer befallen werden, leidet die Fichte immer mehr als die Kiefer, da sie nicht Scheidentriebe bringen kann. Es ist ganz gewöhnlich, dass einzelne Fichten inmitten eines Pflanzbüschels, wenn sie auch gar nicht so stark benagt sind, plötzlich roth werden. Die Kiefern sterben ebenfalls häufig unmittel- bar nach den Angriffen ab, kümmern aber oft mehrere Jahre, oder sie verfallen in ihrem kränklichen Zustande anderen Insekten, welche dann den Tod bringen. Der Rüsselkäferfrass unterscheidet sich nach Altüm [I ni] dadurch von dem der ähnlich fressenden Hylesinen, dass der Rüsselkäfer von oben herab den Rüssel ansetzt, zuerst also immer die obere Riude beschädigt und dann erst die tieferen Schichten angeht. Er muss den Rüssel immer von neuem an- setzen, so dass stets einzelne, wenngleich oft zusammenfliessende, Fiassplätze entstehen, während, wenn die kleineren Hylesinen einmal bis auf das Holz gelangt sind, sie gern in der Tiefe weitergehen und die innere Rindenschicht unterhöhlen; namentlich ist dies, da sie von unten nach oben fressen, an den oberen Wundrändein der Fall. Auch findet ihr Frass theilweise noch an den unterirdischen Theilen der Stämmchen statt. Stärkere Rinde meidet Hylobius immer und soll auch durch Noth ge- zwungen höchstens 6jährige Triebe anfallen. Unangenehm sind ihm die Extreme von Hitze und Kälte, sowie windiges und regnerisches Wetter. Dies, sowie häufige Berührung und Bewegung der Frasspflanzen, vertreibt ihn von oben; er ent- schädigt sich dafür aber durch heimliches Fressen in der ihm angenehmen Kühle des Grases und Mooses am Wurzt-lknoten, wo er dann noch schädlicher ist als am Stamme. Wenngleich, wo Kiefer und Fichte gemischt angebaut wurden, wie oben bemerkt, die Kiefer bevorzugt wird, so ist in reinen Kiefern- und reinen Fichtenkulturen der Schaden doch völlig gleich und kann so stark werden, dass die Möglichkeit der Verjüngung in Frage gestellt wird. Dass er den Tannen weniger schädlich wird, liegt zunächst wohl daran, dass in den Gegenden, wo die Tannenbestände eine grössere Wichtigkeit haben, meist Vorverjüügung angewendetwird, welche ausserordentlich pflanzenreiche junge Bestände liefert. Ueber den Frass an Lärchen wird selten berichtet, so z. B. von AssMÄXN [2]. Ueber Beschädigung von Wachholder klagt Schember [54, S. 362]. An zweijährigen Weymouthskiefern hat der grosse braune Rüsselkäfer auf einer österreichischen Herrschaft so stark gefressen, dass sämmtliche Rinde, Knospen und Nadeln völlig entfernt waren und nur der nackte Holzkörper zurückblieb [70J. 422 Kap. IX. Die Käfer. Ueber diejenigen Fälle, in welchen der Rüsselkäfer in äl'eren Kulturen stärkeren Schaden gemacht haben soll, vergleiche man die Mittheilungen von Eatzebübg [XV, L, S. 115 — 120J. Es sollen durch den Frass eine Reihe von Verzweigungsfehlern an Kiefern hervorgebracht worden sein; jedoch ist zu bemerken, dass uns der Beweis, es habe hier wirklich Hylobius Abietis gefressen, nicht völlig erbracht scheint. Neuerdings ist aber solcher Hochfrass an 15- bis 20jährigen Kiefernstang;en, von denen viele getödtet wurden, auch von Altum und GoDBERSEN beobachtet worden [I /, S. 303 und 304]; in einem Falle war Hyl. pinastri der Hauptthäter, im anderen die gemeinere Form. Der grosse braune Rüsselkäfer kann aber auch in Laubholz- kulturen schaden, wenn sie von Nadelholzbeständen umgeben oder mit Nadelhölzern gemischt sind. Namentlich thut er dies aber dort, wo frische Nadelholzschläge nicht gerodet, sondern sofort mit Eicheln besäet werden. Hier benagen die in den Nadelholzwurzeln ausge- brüteten Rüsselkäfer die jungen Eichenpflanzen in der schädlichsten Weise. In reinen Laubholzrevieren oder -Reviertheilen tritt dagegen nie ein Schaden ein, da hier die Brutstätten fehlen. So monophag die Larve ist, welche nur iu Nadelholzwurzeln, und zwar, wie angenommen wird mit Ausschluss von Wachholder und Taxus, lebt, so poly- phag ist der Käfer selbst. Schon Ratzeburg [V, I., S. 134] erwähnt, dass er auch junge Erlen und Birken benagen kann, und beschreibt einen Fall von Knospenzerstörung an Erlen in dem Eberswalder Forstgarten, welcher zur Ver- nichtung manches Stämmchens führte [XV, IL, S. 244). Willkomm berichtet von einem auf Spechtshäuser Revier bei Tharand 1856 stattgefundenen Frass in einer Eichenheisterpflanzung, und Nördlinger beobachtete den Frass an Eichen- und Birkenpflanzen, sowie an Apfelbäumchen [XXIV, S. 18]. Am ausführlichsten berichtet aber Altum [1 e] über Schaden an Eichenheistern in den königl. Preussischen Oberförstereien Stepenitz, Reg.-Bez. Stettin, und Knesebeck, Provinz Hannover. In den Haubergen des Reg.-Bez. Arnsberg wurden ferner 1879 und 1880 die einjährigen Eichenausschläge, desgleichen diejenigen von Birke, Erle und Weide, sehr stark befressen. Auch später kamen solche Frässe vor, so im Reg.-Bez. Köln, und zwar sowohl auf Fichtenabtriebsflächen, die sofort mit Eichenheistern bepflanzt wurden, als auch bei Eichenschälwaldanlagen, in welche als Schutzholz Kiefern reihenweise zwischen je 2 Reihen gelegter Eicheln eingepflanzt worden waren. In letzterem Falle trat der Sehaden nach dem ersten Abtrieb, bei welchem natürlich auch die Kiefern mit abgetrieben worden waren, auf, indem die Kiefernwurzeln als Brutstätte dienten und die Eichenausschläge das Frassobject darboten [Altüm I n]. Abwehr. Die älteste Form derselben ist bei diesem gefürch- teten Feinde die direkte Vernichtung, und wir beginnen daher mit den Vertilgungsmassregeln. Bei der ziemlich bedeutenden Grösse des Käfers ist das direkte Sammeln möglich und wird auch vielfach ausgeübt, doch müssen die hierzu verwendeten Personen einige Kenntnisse von der Lebens- weise des Käfers haben. So findet er sich gern auf frischem Boden, an Gräben, auf Schutthaufen, an harzenden Wurzeln, welche man am besten noch etwas aus dem Boden reisst, und an harzüberlaufenen Stöcken ein und wird oft in der die Stöcke direkt umgebenden Moos- und Bodendecke gefunden, wo er sich während der Hitze verkriecht. Auch an den Sägespänen der Schneidemühlen kann des Morgens im Frühjahr im Thau der Käfer oft in Masse gesammelt werden. Die bei diesem direkten Sammeln gemachten Erfahrungen haben dazu Schaden und Abwehr des grossen braunen Rüsselkäfers. 423 geführt, Anlückungsmittel zu erfinden, um an diesen einen reich- licheren Fang zu machen. Als solche sind gebräuchlich und wirksam : a) die Fangrinden, auch Fangschalen genannt. Es sind dies frisch geschälte Stücke von Kiefern- oder Fichtenrinde von ungefähr 30 — 50 cm Länge und 15 — 20 cm Breite, welche mit der Bastseite nach unten flach auf den Boden geleert und mit Rasen oder Steinen beschwert werden. Diese Rinden bieten, namentlich wenn man unter sie noch kleine Stücke frischen jungen Kiefern- oder auch Fichten- reisigs legt, den Käfern willkommenen Schutz und zugleich Nahrung. Die unter ihnen sich verkriechenden Käfer müssen täglich gesammelt werden. Sind Rinden und Reisig vertrocknet, so bedürfen sie der Erneuerung. Rasenbedeckung hält die Rinden länger fängisch. Die erste Erwähnung der Fangrinden geschieht 1832 durch Chr. Liebich [37], der von ihrer Anwendung auf der Planer Herrschaft in Böhmen berichtet. Die weitere Ködening des Käfers durch untergelegte Zweige soll nach Hess [XXI, 257] zuerst im Weimarischen an den Ilmbergen versacht worden sein; augenblicklich ist sie sehr verbreitet. Eine weniger wirksame Abänderung der Fangrinden besteht in den Rindenrollen, d. h. in längeren Rollen abgeschälter Fichtenrinde von jüngeren Stämmen, in deren Hohlraum sich der Käfer auch versteckt, sie trocknen aber viel leichter aus, und die Käfer sind schwerer herauszuschütteln, lieber die passende Grösse der Fangrinden sind natürlich die Angaben der verschiedenen Praktiker sehr wechselnd. h) Fangkloben, d. h. Kloben von frisch geschlagenem Fichten- oder Kiefernholze, welche mit der Rindenseite gegen die Erde gelegt und, damit sie besser fängisch sind, geplatzt werden. Damit sie die Käfer noch mehr anlocken, entblösst man nämlich den Bast hier und da auf 5 — 10 cm Länge und 3 — 5 cm Breite und drückt die Kloben, wenn der Boden benarbt ist, gegen aufgerissene oder mit der Hacke verwundete Stellen desselben. c) Fangbündel, d. h. armlange und schenkeldicke, frisch ge- brochene und gebundene Fichten- oder Kiefern-Reisigbündel. Zu diesen wird man, wenn auch nicht zuerst, so doch dann seine Zu- flucht nehmen müssen, wenn man Kloben nicht hat, oder sich die Rinde nicht schälen lässt. An deren Stelle ist von Zimjier in Püchau [67, 1859, S. 19] die An- wendung von ähnlichen Bündeln frischer Kiefernwurzeln empfohlen worden. Man kann mit den Anlockungsmitteln auch Vorrichtungen ver- binden, aus denen die Käfer nicht so leicht wieder herauskommen. Solche Fallen ähnliche Anlagen sind zunächst: d) die Fanglöcher, d. h. Gruben von 30 cm im Viereck und derselben Tiefe, welche man entweder mit frischem Nadelholzreisig bedeckt oder auf dem Grunde mit solchem belegt. Diese werden in passenden Abständen auf den Kulturen oder Schlägen vertheilt. Eine von Forstmeister Zimmer in Moritzburg [68] angewendete Variante der Fanglöcher sind die Fangflaschen, welche bis zum Halsrand in den Boden eingegraben, mit einer hineingeschütteten Mischung von Holzessig, Holz- theer und Terpentin fängisch gemacht und oben mit einem frischen Rinden- 424 Kap. IX. Die Käfer. stück bedeckt werden. Zimmer lässt die Flaschen besonders blasen. Sie sind bauchig, von circa 20 cm Durchmesser und haben einen 15 cm langen, 4 — 5 cm weiten Hals. e) Weit wirksamer sind noch die Fanggräben. Man macht diese, wie Raupengräben, 30 cm tief und 10—15 cm breit, und bringt auf der Sohle alle 5 — 6 Schritte ein 10 — 15 cm tiefes und ebenso breites Fangloch an. Auf steinigem Boden genügen allenfalls auch zahlreiche kleine isolirte Grabenstrecken, da die Käfer nicht blos wie die Raupen blindlings in die Gräben fallen, sondern diese sogar eifrig aufsuchen, wahrscheinlich weil ihnen die Kühle darin angenehm ist. Aus letzterem Grunde gewähren auch Gräben auf unbenarbtem Boden in heissen Lagen, wo die Käfer Schutz gegen die Sonne suchen, mehr Nutzen, als auf berastem oder durch Unkräuter beschatteten Boden in frischen Lagen. Doppelt wirksam ist es, wenn man die Gräben mit frischem Fichten- oder Kiefernreisig bedeckt, oder letzteres auf der Sohle ausbreitet. Die in die Gräben gefallenen Käfer sind stets zu vernichten. Die früher übliche Art, die Kulturen mit solchen Gräben zu durchschneiden, ist jetzt weniger beliebt. Man legt sie besser im Umkreise der Brutstätten an und fängt so die von diesen abwandernden Käfer ab. Paschen [45 a] lässt in der Forstinspection Kaliss in Mecklenburg die Gräben nur 25 cvi breit, 20 cm tief mit senkrechten Wänden und alle 10 m ein 20 cm tiefes Fangloch herstellen. Die Kosten für das laufende Meter betragen nur 1,5 — 2 Pf. Die Fanggräben bewähren sich nur in wenig bindigem Boden, sind aber dort oft von sehr grossem Nutzen. Nur darf man sich nicht darauf verlassen, dass die Käfer in denselben zugrunde gehen, da die Verminderung in den Fanglöchern nicht blos von Insektenfressern herrührt, sondern auch da- durch geschieht, dass viele Käfer sich in den Boden verkriechen und später wie- der herausarbeiten. Auch wühlen sie sich vielfach nach den beim Herstellen der Gräben abgestochenen Nadelholzwurzeln hin. Die gefangenen Käfer müssen also vernichtet werden. Die Gräben dürfen anfänglich nicht zu breit gemacht werden, damit man sie später nachstechen kann. Wir werden auf dieselben sofort noch einmal bei den Vorbeugungsmitteln zu sprechen kommen. Viel wichtiger aber als die Vertilgungsmittel sind die Vorbeugungsmassregeln. Diese bezwecken I. Den direkten Schutz der Kulturen gegen den Frass der vorhandenen Käfer, und zwar ka.nn sich dieser Schutz beziehen auf die ganze Fläche oder nur auf die einzelnen Pflanzen. Ä. Schutz der ganzen Kulturen wird erreicht: ä) Durch Isolirungsgräben. Diese sind genau so anzulegen wie die eigentlichen Fanggräben, von denen sie sich nur dadurch unter- scheiden, dass sie im Umkreise der Kulturen angelegt sind. Ueber die beste Zeit ihrer Wirksamkeit wird später noch gehandelt werden. Auch in ihnen werden die Käfer zerstampft oder gesammelt. Das Sammeln hier wie in den oben geschilderten Fangapparaten geschieht am besten im Accord, und man kann zu demselben mit Erfolg Frauen und Kinder benutzen. Die Bezahlung geschieht nach dem Hundert, für welches z. B. auf Tharander Revier 6 Pfennige gezahlt werden. Abwehr des grossen braunen Rüsselkäfers. 425 Die Abzahlung wird meist den Sammlern überlassen, und man ver- langt dann, dass die Käfer todt zu 100 oder 500 in Daten gepackt abgeliefert werden und prüft bei jeder Ablieferung ein'ge Diiten als Stichproben auf die llichtigkeit der Zahl. Man kann aber auch die Bestimmung der Zahl dem Per- sonal übertragen, und da das jedesmalige direkte Zählen zu beschwerlich, so zählt man dt-n Inhalt eines halben oder ganzen Liters mehrmals aus und nimmt den abgerundeten Durclischnitt dieser Zählungen als bestimmend an. Am besten werden die Käfer zuerst durch kochendes Wasser getödtet und dann abgetrocknet gezählt, da viel mehr nasse Käfer, deren Beine angelegt sind, in ein Gefäss gehen als trockene. Auf jeden Fall muss man entweder immer nass oder immer trocken zählen, da sonst Ungleichheiten entstehen. Als Beispiele starken Sammeins seien folgende erwähnt: Nach v. Berg [5 5, S. 204] und Cotta wurden im Jahre 1853 in der königl. Sächsischen Oberforst- meisterei Grillenburg in ihrem damaligen Umfange auf 14 795 Acker = 8372 Aos Nadelholzfläclie gesammelt lund 1 427 000 Stück Käfer mit einem Aufwand von rund 1096 M. In den Jahren 1881 — 1884 wurden nach v. Oppex [436, S. 83] im königl. Sächsischen Forstbezirke Bärenfels auf sieben Revieren gesammelt: 1881 1 372 800 1882 2 136 600 1883 2 681000 1884 3 662 200 S u m me . . 9 852 600, von denen auf die einzelnen Monate folgende Procente kamen: Mai Juni Juli August September 120/, 430/3 270/0 120/0 60/, Beim Beginn des Fanges, wenn die Leute noch nicht geübt sind, kann man etwas mehr zahlen als späterhin, desgleichen am Eude der Fangzeit, wenn die Käfer schon wieder seltener werden. Dort, wo Rüsselkäfergräben vorhanden sind, muss man den Preis entsprechend niedriger setzen. Die Fangriuden, Fang- kloben n. s. f. lässt man am besten durch das Schutz- und Hilfspersonal herstellen. h) Durch Schlagrulie oder Liegenlassen der Schläge. Diese Massregel bezweckt, die Bestandsbegründung auf eine Zeit zu verlegen, wo auf der zu kultivirenden Fläche keine oder nur noch wenig Rüsselkäfer anzutreffen sind. Wird gleich im Frühjahr nach der Hiebsführung, noch dazu auf ungerodeter Schlagfläche kultivirt, so finden die aus den Wurzeln im zweiten Sommer ausschlüpfenden Käfer sofort Nahrung und vernichten jede Pflanze. Da die Käfer ferner Keimlinge weniger gern angehen, so wird meist für Saat eine einjährige, für Pflanzung eine zweijährige Schlagruhe empfohlen. Namentlich im ersteren Falle ist von einer nachtheiligen Verange- rung und Verunkrautung der Schläge noch nicht die Rede, und es hat sich die Massregel auf den meisten Revieren als höchst segens- reich erwiesen. c) Durch Vertreibung des Käfers. Die hierzu empfohlenen Mittel sind der Schafeintrieb und das Kalkstreuen. Beide dürften heute nur noch wenig angewendet werden, namentlich das letztere, das sich ziemlich nutzlos erwiesen hat. Das Aushüten der Kulturen mit Schafen soll nach einer grösseren Anzahl von Berichten aus der Praxis den Rüsselkäfer sicher vertreiben. Uns ist nicht bekannt, dass neuerdings dieses übrigens noch von Borggkeve [8] 1881 erwähnte Mittel wirklich in grösserem Massstabe angewendet würde. Lehrbuch d. mittelenrop. Forstinsektenkonde. 28 426 Kap. IX. Die Käfer. Namentlich dürfte die Gefahr des Veibeissens seitens der Schafe gegen dasselbe sprechen. Es ist uns auch nicht gelungen nachzuweisen, wo dieses Mittel zuerst empfohlen wurde. Vielleicht war es Forstmeister Netsch [39a, S. 64, Anmerk. d. Eedaction] ; in einem daselbst angeführten Briefe von Pfeil wird es als im Hanuover'schen ganz gebräuchlich bezeichnet. Des^gleichen empfehlen die Schaf- weide Fischbach [18] mit Rücksicht auf Erfahrungen in Württemberg und zwei Anonymi J. F. und M. W. [72] nach Versuchen im südlichen Böhmen. Der Versuch wird aber auch von einem so gewiegten Beobachter wie v. Lips [39 J, S. 178] nach eigener Erfahrung als in der Praxis vollsiändijr geglückt bezeich- net. Er ist der Meinung, dass die scharfe Ausdünstung der Schafe und ihres Kothes die Hauptnrsache des Verschwindens des Käfers sei. Zugleich werde aber auch der dem Käfer Deckung gewährende Graswuchs in Schranken gehalten. Der Versuch, die Rüsselkäfer durch Bestreuen der Kulturen mit Kalkpulver ans denselben zu vertreiben, i-t zuerst von Rusch [52] in der Oberförsterei Griinlschütz bei Oppeln in Oberschlesien gemacht worden. Das Kalkpulver wurde dadurch gewonnen, dass man Haufen ungelöschten Kalkes unter einer Erd- oder Rasendecke an der Luft zerfallen Hess. Haäss [24- a] erfand zum Einstreuen einen eigenen „Kalkeinstäuber", aber schon Weinschekk [66] überzeugte sich von der vollkommenen Nutzlosigkeit der Massregel. d) Durch richtige Kultiirmethode. Im Durchschnitt ist die Saat der Pflanzung vorzuziehen, weil sie viel mehr Pflanzen liefert. Andererseits sind jüngere und schwächere Pflanzen, wenngleich der Käfer ganz junge nicht gerade bevorzugt, dem Frasse ebenfalls aus- gesetzt und unterliegen ihm leichter als kräftige, etwas ältere. Will man daher pflanzen, und dies ist wohl heutzutage vielfach der Fall, so -wirke man besonders bei der so empfindlichen Fichte, aber auch bei Kiefer, auf die Erziehung kräftiger Pflanzen; man vermeide also zu dichten Stand der Pflanzen in Saat- und Pflanzbeeten und Verdam- mung durch Unkraut, wobei Easenasche vortreffliche Dienste leistet; denn nur so erhält man Kulturpflanzen, welche einen den Käfer nicht einladenden, stark berindeten Wurzelknoten und weit herabreichende Benadelung haben. Heinicke [26] giebt ausserdem viel auf die Herbst- pflanzung, weil im Herbste die Rinde härter wird, und vorzüglich weil die Käfer im Herbste weniger fressen. Hügelpflanzung und Ballenpflan- zung werden ebenfalls vielfach empfohlen, weil auf solchen Kulturen die Pflanzen sicherer und schneller in normales Wachsthum kommen und daher widerstandsfähiger sind, als dies bei anderen Kultur- methoden der Fall ist. Ausführlich bespricht Grimm [21], besonders für die Bayerischen Verhältnisse, waldbauliche Vorbeugungsmassregeln gegen den Rüsselkäfer bei langsamer Vorverjüngung der Fichten und „Absäumungshieben" der Kiefern. B. Schutz der einzelnen Pflanzen wird en-eicht: a) In Fichtenpflanzungen durch Einsprengung der im Durch- schnitt den Käfern genehmeren Kiefern, welche gewissermassen die Käfer von den Fichten ablenken. b) Bei Kiefer und Fichte für kürzere Zeit nach der Pflan- zung^ bis sich die Pflänzchen ordentlich erholt haben, durch Ueber- zug des Stamm chens mit einer dem Käfer widerstehenden Substanz. Abwehr des grossen braunen Riis:3elkäfers. 427 Heinicke [26 1 verwendete hierzu mit gutem Erfolge Lehm; die Pflänzchen werden bis zur Haltte ihrer ötäuimchen iu einen dünntu Lehmbrei eingeschlagen und dann gepflanzt, sodass nach dem Trocknen eine Kruste bleibt, die nur lang- sam vom Regen abgespült wird. Rubattel |5I| bestrich die Pflünzen vor der Pflanzung mittelst einer ßiirste oder eines Pinsels bis zum ersten Quirl mit Theer, mit besonderer Schonung von Nadeln nud Wurzeln Letzteres Mittel wurde in Böhmen schon 182(> vorgeschlagen, wie Walter |62, S. 15] miitheilt, allerdings nur, um die stehenden, verschonten Ficliten in einer Pflanzung vor dem Käfer zu retten; iu dieser Form verdient die Massregel die Kritik Walteu"s, der sie als im Grossen undurchführbar bezeichnet. c) Bei 'Laubholzpflanzungen auf altem Nadelholzboden oder in der Nähe von Hauptbrutherden der Rüsselkäfer kann man die ein- zelnen älteren Heister, namentlich die Eichenlieister, durcli breite Tbeerringe, die ziemlich tief angelegt werden können, schützen; im Folgpjahre, nach der Eintrocknung, sind sie zu erneuern. Da man die Ringe aber im Sommer legen muss, ist möglichst zäher Leim zu wählen [Altum I n]. IL Indirekter Schutz der Kulturen wird erreicht: A. Durch Verminderung der Brutstätten und durch Larve nvertilgung. a) Das Roden der Nadclholzwurzeln auf den frischen Schlägen entzieht dem Käfer zweifelsohne eine Menge von Brutplätzen, und es ist nnzweifeiliaft, dass auf einer Winterschlagfläche, auf welcher bereits beim Hiebe oder im zeitigen Frühjahr die Rodung gründlich durchgeführt wurde, und von welcher der die Käfer im Frühjahr anlockende Abraum entfernt worden ist, sich weniger Käfer ent- wickeln können, als auf einer nicht so behandelten. Namentlich ist nach Ed. Heyer [28] Rodung mit dem Waldteufel zu empfehlen. Am vollständigsten erreicht man aber die Säuberung des Bodens, wenn man nach dem Kahlabtrieb des Bestandes einige Jahre Waldfeld- bau treibt. Hierzu bringt Ed. Heyer gleichfalls gewichtige Bei- spiele aus der Praxis. Auch auf der Herrschaft Pisek in Böhmen hat man, wie die Verhandlungen des Böhmischen F.orstvereins 1861 be- weisen, den Rüsselkäferfrass durch Waldfeldbaubetrieb vollständig verhindert. Man darf aber nie vergessen, dass man auch durch die sorg- fältigste Rodung beim Hieb oder kurz nach demselben eben nur auf der so behandelten Fläche die Entwickelung der Käfer verhindert, dagegen aber kaum eine Verminderung derselben überhaupt erreicht. Eine solche Massregel kann daher nur dort anempfohlen werden, wo aus irgend welchen zwingenden Gründen unmittelbar nach dem Hiebe die Schlagfläche wieder in Kultur ge- bracht werden soll. Ueberall, wo dies nicht der Fall ist, ist es besser, die Rodung erst dann vorzunehmen, wenn die Wurzeln bereits mit Brut besetzt sind. Eine solche Rodung vernichtet, wenn sie mit baldiger Abgabe, beziehungsweise Verbrennung der Stöcke verbun- den ist, einen grossen Theil der überhaupt zur Entwickelung gekom- menen Larven. Verbrennen des in gleichmässigen Haufen über den 28* 428 Kap. IX. Die Käfer. Schlag vertheilten Abraumes im Frühjahr kann auch noch die von ihm angelockten Käfer mit vernichten, und hierbei gewinnt man noch nebenbei zu Düngungszwecken geeignete Asche. Dieses letztere Mittel wird bereits 1852 von Weinschenk [66, S. 147] mitgetheilt und neuerdings von Engler [16] und Bokggreve [8] empfohlen. Natürlicherweise muss das Roden jedenfalls beendet sein, ehe die Käfer ausschlüpfen, und je nach der Auffassung, "welche die ein- zelnen Forscher über die Generation der Rüsselkäfer gewonnen haben, ■wechselt der von ihnen für die Beendigung der Rodung angegebene Termin. So lehrt Altum [I /, S. 158], dass die Rodung bis zum Juni des zweiten auf das Schlagjahr folgenden Jahres zu beenden sei, während v. Oppen der Ansicht ist, dass man bereits im zweiten Winter fertig sein müsse. Letzteres dürfte sich schon aus dem Grunde empfehlen, weil man dann sicher nicht zu spät kommt. Will man durch diese Massregel zugleich die wurzelbrütenden Hylesinen trefifen, so ist bereits im Sommer des ersten Jahres zu roden. Da dann aber wohl vielfach noch nicht die Ablage der Eier der Rüsselkäfer vollendet ist, so ist es nur consequent, wenn Diejenigen, welche mit Eichhoff [(5, S. 486 — 487] den Schwerpunkt der Massregel auf die Vernichtung der Brut in den Schlägen gelegt wissen wollen, auch das Auslegen von Brutkniippeln noch vor der Abfuhr der gerodeten Wurzeln empfehlen, um die weitere Käferbrut aufzunehmen. Aus allen diesen Erwägungen erklärt es sich auch, wie v. Oppen dazu kommen kann [43 i, S. 148], die Baumrodung als geradezu verwerflich zu bezeichnen. Anders würde sich dies allerdings stellen, wenn der Vorschlag von Schember [54, S. 364] befolgt werden könnte, vor dem Hiebe die gesammte Holzmasse zuvor zu ringeln, dann würden bereits die Wurzeln der noch stehenden Bäume bei der Rodung mit Brut besetzt sein können, was allerdings der ursprüngliche Vor- schlag nicht bezweckt. Bei Eichenschälwald, in welchem Nadelholzsireifen eingesprengt waren, kann nur die baldige Rodung der Nadelholzwurzeln, soweit dies ohne Beschädi- gung der Eichenwurzeln möglich ist, helfen; und die Massregel muss durch Auslegung von Fangmaterial zur Zeit des Auskommens der Käfer aus den übrig- gebliebenen Wurzeln verstärkt werden. Eichenschälwaldanlageu auf Nadelholz- abtriebsflächen dürfen nur nach vorheriger gründlicher Stockrodung oder nach zweijähriger Schlagruhe begründet werden. &) Brutknüppel. Man kann die Käfer auch durch Darbietung künstlicher Brutstätten zur Unterbringung ihrer Eier an solchen Plätzen veranlassen, an welchen man die Larven späterhin leicht vertilgen kann. Man braucht hierzu die Brutknüppel oder Brut- stangen, d. h. armdicke bis mannslange Knüppel oder Stangen von Kiefern und. Fichten, mit glatter Rinde, welche im April und Mai, wenn der Saft schon darin ist, gehauen und auf den Schlägen zu je 2 — 3 Stück so eingegraben werden, dass sie, an dem einen Ende 30 — 50 cm hoch mit Erde bedeckt, die Wurzelstränge gleichsam nach- ahmen, aber am anderen, etwa 3 — 5 cni hervorragenden Ende erkannt werden können; nöthigenfalls sind sie des leichteren Auffindens wegen hier auch noch durch Brüche oder Pflöcke zu bezeichnen. An diesen Stangen, besonders wenn sie in den jungen Schonungen ausgelegt werden — weniger im haubaren Holze oder auf frisch abgeholzten Schlägen, wo die Käfer den Wurzelsträngen den Vorzug geben — , legen die Abwehr des grossen braunen Rüsselkäfers. 429 Käfer sehr gern, und man kann die Brut hier leicht beobachten und vertilgen. Auch beachte man hier die Möglichkeit einer einfachen Generation und revidire vor Winter noch die Stangen, um, im Falle die Brut schon flugfertig wäre, sie sogleich zu entfernen. Vielfach werden die hier geschilderten Vorrichtungen „Fang"-Knäppel genannt. Da dies aber äusserst leicht zu Missvorständnissen Anlass giebt, benutzen wir lieber den obigen, zuerst von Eichuoff [15] angewendeten Namen. Die Brutknüppel sind Anfangs der Fünfzigerjahre durch v. Lips erfunden worden, und Katzkbuug hat zuerst hieiüber berichtet [48 c, S. 230]. Der Erlinder giebt selbst genauere Mittheilungen im Jahre 1858 [39 c]. Auch Geokg [19 a und c] empfiehlt diese Massregel. Neuerdings berichtet auch Hartlebkn [25], dass diese Massregel schon seit 1853 im Hannover'schen Harze völlig bekannt war. In neuester Zeit wird sie wieder durch v. Oppen sehr warm empfohlen, und zwar [43 f, S. 358] in zweimaliger Anwendung auf jeder Schlagfläche : l.Im Jahre der Schlagführung behufs Erlangung der Brut von auf die Schläge einwandern- den Katern; 2. im Jahre nach der Schlagführung behufs Erlangung der Brut der daselbst entstehenden Käfer. Vom theoretischen Sandpunkte aus scheint uns er>teres nur dann nothwendig zu sein, wenn sehr zeitig, z. B. wegen der Hylesinen, gerodet werden muss, und letzteres wegen der Kostspieligkeit ver- werflich. Die Vertilgung von 8400 Stück Laivcn an 78 Brutknüppeln kostet nach V. Oppen 17 M 8 Pf, 100 Stück kosten also 20 Pf, während dort beim Sammeln für 100 Käfer nirr 6 Pf gezahlt werden, v. Oppen sucht aber diese Preisdifferenz dadurch abzuschwächen, dass er sagt, hierdurch wären für die nächste Generation 68 400 Käfer weniger geworden. Dies ist aber offenbar ein Trugscliluss, denn man hätte dasselbe erreichen können, wenn man auf dem Schlage die Eltern, welche die 8400 Larven producirt haben, abgefangen hätte, d. h. nur 840 Käfer, vorausgesetzt, dass davon die Hälfte Weibchen gewesen seien, von denen jedes 20 Eier gelegt hatte. Bei Anwendung von Faugrinden etc. im Jahre nach der Schlagführiing hätte dies nicht 17 M 8 Pf, sondern nur 54 Pf gekostet, und obendrein liätte man alle doch vielleicht von denselben Weibchen an anderes Brutmaterial abgelegten Eier auch noch mit in dem Kauf gehabt. B. Durch Forsteinrichtungsmassregeln. Am besten kann man den Rüsselkäfer bekämpfen, wenn durch eine rationelle Forst- einrichtung für die Bildung kleiner Hiebszüge gesorgt wird, welche einen solchen Wechsel der Schläge ermöglichen, dass von keiner Kultuifläche aus eher weiter geschlagen wird, bis der junge Bestand kräftig genug geworden ist, um den ihn etwa noch treffenden Rüssel- käferfrass auszuhalten. Letzteres ist sicher der Fall, wenn an einem und demselben Orte in jedem Jahrzehnt nur einmal geschlagen wird. Auf die Wichtigkeit der Bildung kleiner Hiebszüge, welche nicht blos wegen der Insektengefahren, sondern überhaupt auch wegen des aus noch anderen Gründen wünschenswerthen Schlagwechsels nothwendig ist, hat in der Literatur am eatschie- densten luid wiederliolt Jüdeich aufmerksam gemacht. Es erscheint unbegreif- lich, dass sich noch heute Stimmen geltend machen, welche davon nichts wissen wollen. Wenn in einem 1200 ha grossen Reviere 30 Hiebszüge gebildet werden, deren jeder im Durchschnitt 40 Aa gross ist, so ist es möglich, jährlich .iu drei verschiedenen Orten zu schlagen und doch erst nach zehn Jahren mit dem Hieb an denselben Ort zurückzukehren. Für den lOüjährigen Umtrieb würde jeder Einzelschlag die ganz entsprechende Grösse von etwa 4 Jia erhalten. Wäre dieses Ziel der Forsteinrichtung erreicht, so wäre es nicht möglich, dass von einem neuen Schlage Rüsselkäfer in solche Kulturen wanderten, welchen deren Frass noch verderblicli wird. Dass man ein solches Ziel wegen der meist sehr ungünstigen Bestaudsgruppirung im wirklichen Walde oft überhaupt nicht voll- ständig erreichen kann, oft erst nach Verlauf mehrerer Umtriebszeiten, kann 430 Kap. IX. Die Käfer. und darf uns nicht davon abhalten, ihm zuzustreben. Man soll das Beste nicht des Guten Feind sein lassen. Weil unsere Vorfahren eine rationelle Eintheilnn^ des Waldes in kleine Hiebsziige nicht kannten, sind wir heute i icht mehr ent- schuldigt, wenn wir unseren Nachkommen dieselbe fehlerh;ifte Eintheilung über- geben. Wie man sich bei ungünstiger Besiandsgruppirung durch Loshiebe, durch Bildung vorübergehender Hiebszüge zu hellen hat, zeigt uns die Lehre der Forste inrichtung. Kaum bedarf es der Erwähnung, dass natürlich in sehr kleinen Wäldchen ein solcher Schlagwechsel überhaupt nicht zu erreichen ist; dort lassen sich aber auch leichter andere Verliigungsmittel mit Erfolg anwenden. Der richtige Gedanke, namentlich des grossen Rüsselkäfers wegen, nicht fortwährend Schlag an Schlag zu reihen, hat übrigens in der Literatur schon oft Ausdruck gefunden, ist aber noch lange nicht genügend in die Praxis über- gegangen. Auch neuerdings ist mehrfach diese Forst einrichtungsfrage betont worden, so z. B. von Forstmeister Schulemann zu Bromberg [57]. Derselbe will in jeder Abtheilimg — jedem „Districi" — zwei Jahresschläg« zu etwa 1ha hintereinander führen, und zwar so, dass während dieser zwei Jahre die südliche Hälfte der etwa 28 ha grossen Abtheilung entnommen wird. Er nimmt an, das» die auf dem ersten Schlage sofort auszuführende Kiefernsaat vom liüsselkäfer nicht befallen werde, was übrigens doch etwas zweifelhaft ist. In dem von ihm gegebenen, durch eine Karte verdeutlichten Beispiele eines 80(i ha grossen, ebenen Kiefernforstes erhält er auf diese Weise allerdings iährüch nur eine einzige Schlagfläche. Nach zehn Jahren wird die nördliche Hälfte, der Abtheilung abermals in -/.wei Jahres'chlägen verjüngt. Der Zweck des vorbeugenden Schutzes gegen den Rüsselkäfer wird dadurch freilich erreicht, allein die ga' ze von ihm vorgeschlagene Hiebsordnung im Rahmen einer veralteten Periodentheilung ist unserer Ansicht nach keine glücklich gewählte ; im Kiefernwalde ist sie allen- falls anwendbar, wenn auch nicht zweckmässig, für den Fichtenwald wäre sie im höchsten Grade fehlerhaft. In anderer Form sticht, wie Altum mittheilt. Oberförster Godbersen [I Z, S. 306] den Schutz gegen Rfisselkäferfrass durch Schlagwechsel zu erreichen. Die Schläge sollen mindestens 100 m entfernt von den am meisten gefährdeten, 3 — ^jährigen, Kulturen liegen, und soll erst dann ein Schlag auf die Kultur folgen, wenn diese dem Frasse des Rüsselkäfers der Hauptsache nach entwachsen, also etwa 8jährig ist. Ein zum Hiebe stehender Bestand soll nun im ersten Jahrzehnt mit 60 — 80 m breiten Coulissen durchhauen werden, im zweiten Jahr- zehnt kommen die stehengebliebenen Streifen zum Abtriebe. Vor der Kultur mit einjährigen Pflanzen bleibt der Schlag zwei Jahre liegen, es wird also die erste Coulisse im dritten Jahre bepflanzt, und erst im 11. Jahre von jetzt an gerechnet gelangt der an diese erste Kultur anuTenzende Streifen des Altholzes zum Hiebe. Ganz gewiss ist auch durch dieses Verfahren ein voibeugender Schutz gegen Rüsselkäferfrass gegeben, vorausgesetzt, dass die 10 Jahre stehen bleiben sollenden Streifen des Altholzes dies wirklich tiiun und nicht durch Sturm oder andere Unfälle Schaden leiden. Wäre letzteres der Fall, so würde man durch solche Coulissenschläge die Gefahr des Rüsselkäferfrasses wesentlich vermehrt, anstatt vermindert haben. Im Kiefernwalde mag eine solche Schlag- führung allenfalls möglich, daher unter Umständen vielleicht sogar zu gestatten sein, dort nämlich, wo sehr grosse, gleichalterige Bestände im Zusammenhange zum Hiebe vorliegen. Im sturmgefährdeten Fichtenwalde ist sie ganz verwe flieh, wie hundertfältigeErfahrungen gelehrt haben. Die im Fichtenwalde mögliche Coulissen- wirthsehaft des Hochgebirges, wo die Bäume sehr kurz und stämmig sind, hat für die Rüsselkäferfrage keine Bedeutung. Immerhin ist aber wohl zu bedenken, dass man dort, wo in Kiefern die Sfandortsverhältnisse eine Coulissenwirthsrhaft wirklich ermöglichen, meist auch durch Loshiebe im Altholz eine e itspiecheude Waldeintheilung in kleine Hiebszüge schaffen kann, während die Coulissen- schläge für die Zukunft abermals eine ungünstige Bestandsgruppirung zur Folge haben. C. Dass aticli die Schonung der Feinde der Rüsselkäfer, namentlich die aller insektenfressenden Säuger, einschliesslich Fuchs Abwehr des grossen braunen Rüsselkäfers. Literaturnachweise. 431 und Marder, sowie der insektenfressenden Vögel, namentlich auch der Krähen, geeignet ist, das Gleichgewicht im Forsthaushalt zu beför- dern, ist selbstverständlich. Von irgendwelcher genaueren Darlegung dieser Frage müssen wir aber hier absehen, weil diese theoretisch ganz richtigen Massregeln nur in den seltensten Fällen draussen in der Praxis wirklich durchgeführt werden dürften. Fassen wir den neueren Standpunkt der Rüsselkäferfrage kurz zusammen, so müssen wir besonders darauf hinweisen, dass jetzt der Schwerpunkt weniger darauf zu legen ist, die Kulturen direkt zu schützen, als vielmehr darauf, die Menge der Rüsselkäfer zu vermin- dern. Das oft jahrzehntelange, mit grossen Opfern durchgeführte Sammeln auf den Kulturen selbst hat verhältnissmässig nur wenig genützt, und man wendet sich deshalb mehr zur Bekämpfung des Käfers auf seinen Brut- und Gebnrtsstätten. Hier ist er zu sammeln oder bei seinem Abmarsch abzufangen, so dass er überhaupt w^o- möglich zu keiner Fortpflanzung komme. Dies ist um so wichtiger, nachdem v. Lips, Zimmer und v. Oppen uns die Langlebigkeit des- selben kennen gelehrt haben. Wird diese Massregel künftighin in Verbindung mit einer zweckmässigen Forsteinrichtung durchgeführt, so dürfen war wirklich darauf hoffen, in Zukunft des bösen Feindes allmählich Herr zu w^erden. Literaturnachweise zu dem Abschnitte „Rüsselkäfer und Verwandte". I. Altum, B. a) Curculio geminatus. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen V, 1873, S. 32-39. h) Zoologische Miecellen. Daselbst VII, 1875, S. 368 und 369. c) Zoologische Mi- scellen: Der Bachen-Springrüsselkäfer, der Strahlenfrass der Pissodes- larven, die Generation der Pissoden. Daselbst VIII, 1876, S. 283 und 284 und S. 494 — 496. d) Der Kiefernstangcn-Rüsselkäfer. Da- selbst X, 1879, S. 85 — 92. e) Der grosse braune Rüsselkäfer (Hylo- bius abietis L.) als Lanbholzzerstörer. Daselbst XII, 1880, S. 608 bis 611. /) Zur Entwickelungsgeschichte und Vertilgung des grossen braunen Rüsselkäfers, Hylobius Abietis L. (bei Ratzeburg Curculio pini). Daselbst XVI, 1884, S. 140—167. ^f) Zerstörung junger Fichten- pflaiizen durch Strophosomus coiyli und Otiorrhynchus ovatus. Da- selbst 1885, XVII. S. 587—591. h) Anthribus varius als Schild- lausvertilger. Daselbst XVII, 1885, S. 710. i) Pissodes validirostris Schönh. (strobili Redtb.), Zerstörer von Kiefernzapfen. Daselbst XVIII, 1886, S. 43—44. k) 1. Forstzoologische Beobachtungen im Sommer 1886; 2. zur Generation des Pissodes notatus; 3. zur Generation des Pissodes piniphilus. Daselbst XIX, 1887, S. 113 — 114. l) Altes und Neues über Entwickelung, Lebensweise und Vertilgung des grossen braunen Rüsselkäfers. Daselbst XIX, 1887, S. 299 — 307. mj Zur Vertilgung der wurzelbrütenden Hylesinen und des grossen braunen Rüsselkäfers auf Kiefernkahlschlagflächen. Daselbst XIX, 1887, S. 393—400. 7?) Rüsselkäfergefahr für Eichenculturen. Daselbst XIX, 1887, S. 639 — 644. — 2. Assmann. Auftreten des Curculio (Hylo- 432 Kap. IX. Die Käfei-. biu8) pini und des Strophosomus coryli, Forstliclie Blätter 1875, S. 258 u. 260. — 3. AuHAGEN. lieber das Auftreten des Harz- rüsselkäfers (Curculio Hercyniae). Allgemeine Forst- und Jagdzeitung XXXVI, 18G0, S. 462. — 4. Beling. a) Der Harzer Küsselkäfer. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung XXXIX, 1863, S. 167 — 170. h) Der Buclienrüsselkäfer und der Saatrüsselkäfer. Tharander Jahrbuch XXI, 1871, S. 78 u. 79. c) Entomologische Mittheilungen. Daselbst XXXIII, 1883, S. 87 — 100. d) Der grosse schwarze Fichtenrüssel- käfer. Daselbst XXXVII, 1887, S. 86 — 92. — 5, v. Berg. a) Der rothfüssige Rüsselkäfer. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 1827, S. 555. h) Beiträge zur Beantwortung der Frage: Wie ist dem Schaden des grossen braunen Kiefern- Rüsselkäfers zu begegnen? Tharander Jahrbuch X, 1854, S. 201—209. — 6. Biedermann. Zur Rüsselkäferfrage. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen XVII, 1885, S. 594 — 599, mit Nachschrift von Altum. — 7. v. der Borck. Der Rüsselkäfer, Carabus aterrimus. G. L. Hartig's Journal für das Forst-, Jagd- und Fischereiwesen 1806, S. 655. — 8. Borggreve, B. Zur Generation der forstschädlichen Rüsselkäfer. Forstliche Blätter XVIII, 1881, S. 347—851. — 9. Brachmann. Ueber Verbrei- tung und Auftreten des Strophosomus coryli. Tharander Jahrbuch XXIX, 1879, S. 72—76. — 10. Brischke, G. S. A. Ueber die Larven von Sitones hispidulus Fabr. Entomologische Monatsblätter 1876, S. 38. — 11. CzECH J. Entomologische Notizen. (Brachyderes incanus L.) Centralblatt für das gesammte Forstwesen VI, 1880, S. 123. — 12. Debey. Beiträge zur Lebens- und Entwickelungsge- schichte der Rüsselkäfer aus der Familie der Attelabiden. 1. Abth. mit einer mathematischen Zugabe von E. Heiss. 4, Bonn 1846, 55 S. mit 4 Tafeln. — 13. Desbrochers des Loges, J. Monographie des Fhyllo- biides d'Europe. L'Abeille. M^moires d'entomologie par de Marseul XI, 1875, S. 659 — 748. — - 14. Döbner. Ueber die richtige Benennung des grossen und kleinen Kiefern - Rüsselkäfers. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung XXXIX, 1863, S. 281 — 285. — 15. Eichhoff, W. Zur Naturgeschichte des grossen braunen Rüsselkäfers. Zeitschrift für Forst- und Jagdw^esen XLI, 1884, S. 473 — 490. — 16. Engler. Ein Beitrag zur Rüsselkäfer frage. Forstliche Blätter XIX, 1882, S. 174 und 175. — 17. V. Ernst. Entomologische Aphorismen. Verhandlungen des Schlesischen Forstvereins 1851, S. 293 — 296. — 18. Fischbach, C. Der Rüsselkäfer, vertrieben durch Schafweide. Monatschrift für das Forst- und Jagdwesen 1869, S. 142 und 143. — 19. Georg, W. a) Insektensachen. Pfeil's Kritische Blätter XL, 1, 1858, S. 160 bis 168. h) Die Pissodes- Arten in der Umgegend von Lüneburg und über die Vertilguiigsmittel wider dieselben in Burckhardt's Aus dem Walde, Heft 1, 1865, S. 114—122. c) Die Vertilgung des Rüssel- käfers Hylobius Abietis Fabr. etc. durch Fangknüppel. Daselbst Heft 1, 1865, S. 122 — 125. — 20, Grebe, F. Specielle, den Harzrüsselkäfer im königlich Hannover'schen Lauteuthaler Forstreviere betreffende Erfahrungen. Grunert's Forstliche Blätter, Heft 5, 1863, S. 202 bis Literaturnachweise über Rüsselkäfer. 433 205. — 21. Grimm. Ueber die Verhütung des Küsselkäferschadens in Fichten- und Föhrenbeständen. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung Llir, 1877, S. 336 — 341. — 22. Gumtau. 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Die Borkenkäfer, Scolytidae im weiteren Sinne, sind den eigent- lichen Rüsselkäfern zoologit^ch nahe verwandte, kleine bis kleinste, beinahe walzenförmige, tetramere Käfer mit gebrochenen, aus Schaft und Geissei mit Endknopf bestehenden Fühlern und nach unten ver- breiterten Schienen. Sie brüten fast durchweg in Holzpflanzen, aber aucli in diesen wieder nur in den verholzten Theilen, und legen ihre Eier stets 436 Kap. IX. Die Käfer. in „Muttergänge", d, li. in Höhlungen mit kreisrunden Eingängen, den Bohrlöchern, welche der hierbei mit seinem ganzen Körper in die Pflanze eindringende Käfer nagt. (Taf. II, Fig. 8 — 11.) Die weissen, fusslosen, bauchwärts eingekrümmten, weichen, nur am deutlich abgesetzten Kopfe stärker chitinisirten Larven sind denen der Küsselkäfer so ähnlich, dass es sehr schwer hält, eine nicht mehr an ihrer natürlichen Wohnstätte befindliche Larve von einer ähnlich grossen Küsselkäferlarve zu unterscheiden. Dagegen sind die meist durch das Zusammenwirken von Mutterkäfern und Larven gebildeten Frass- figuren so ungemein charakteristisch, dass nicht allein für den nur einigermassen Geübten ein Borkenkäferfrass sofort von jedem anderen Insektenfrasse unterscheidbar ist, sondern auch in den meisten Fällen aus der Gestalt der Frassfigur und der befallenen Holzart auf die Art, welcher der Thäter angehört, geschlossen werden kann. In den meisten Fällen werden wenigstens von den in Stämmen brütenden Xadelholzbewohnern solche mit stockenden Säften, also kränkliche oder beschädigte Hölzer, Windwürfe, Schneebrüche, durch Raupenfrass vorbereitete Stämme oder geschlagenes Holz angenommen. Die mehr auf schwächeres Nadelbolzmaterial und Laubhölzer ange- wiesenen gehen aber auch an ganz gesundes Material, welches bei starker Vermehrung auch von den ersteren keineswegs verschont wird. Vielmehr bestehen gerade die stärksten Borkeakäferschäden in der Tödtung vorher ganz gesunder, älterer Nadelholzbestände. Viele Borkenkäfer sind insofern monophag, als sie eine be- stimmte Holzart als Brutstätte bevorzugen und nur ausnahmsweise auf verwandte Pflanzen übergehen. Andere, besonders eine Reihe von Nadelholzbewohnern, sind mehr polyphag. Ihre geographische Ver- breitung ist eine sehr weite und wird wohl nur durch die Waldgrenze beschränkt. Im Freien bemerkt man die Borkenkäfer nur dann in grösserer Menge, wenn sie schwärmen. Dieses Schwärmen findet bei den ausser- halb ihrer Gänge überwinternden Formen beim Eintritt der ersten schönen Frühlingstage statt, hingegen bei denen, welche im Frühjahr oder Sommer ihre Metamorphose vollenden, bald nach ihrem Aus- schlüpfen, immer aber nur an warmen, sonnigen Tagen gegen Mittag und Abend. Einige Formen, z. B. Hylesinus piniperda L., brauchen allerdings weniger Wärme, sind also Fr üb seh wärmer, während andere erst in der wärmeren Jahreszeit auftreten, also Spätschwär- mer sind, z. B. Tomicus typographus L. Die Zahl der gleichzeitig schwärmenden Käfer ist mitunter so bedeutend, dass man an Oertlich- keiten mit passendem, reichlichem Brutmateriale ganze Wolken be- obachten, und oft mit einem Schlage des Hutes eine ganze Anzahl fangen kann. Die Oberfläche der Brutstätten, z. B. von geschlagenen Stämmen, Meterstössen u. s. f., ist dann mitunter dicht von ihnen bedeckt. Allgjemeines über Borkenkäfer. 437 Ist die Generation einjährig, d. li. wird ein Entwicke- lungscyklus im Verlaufe von ungefähr 12 aufeinander folo'enden Monaten vollendet, so giebt es nur eine Hauptschwäi-mzeit ; ist die Generation mehrfach, so folgen sich im Laufe von Frühjahr und Sommer mehrere Schwärmperioden. Der in der neueren Zeit heftig geführte Streit, ob eine bestimmte Art einfache oder mehrfache Gene- ration hat, ist insofern ein ziemlich müssiger, als sich diese Fra^e für die einzelne Art im Allgemeinen überhaupt nicht entscheiden lässt. Es hängt dies durchaus nicht von der Art, sondern von der Temperatur ihres Wohnortes ab. Alle Borkenkäfer, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der krautartige Pflanzen bewohnenden, können sowohl einfache wie doppelte oder sogar mehrfache Generation haben; letztere kommt aber nur in verhältnissmässig wärmeren Jahren oder Gegenden vor. In Mittel- und Südeuropa scheint die mehrfache Generation Kegel zu sein. Diese theoretisch im Allgemeinen unmög- liche Entscheidung hat aber trotzdem im gegebenen Einzelfalle, in einer bestimmten Gegend und in einem bestimmten Jahre, für den praktischen Forstmann eine sehr grosse Wichtigkeit, und es müssen alle Kräfte daran gesetzt werden, um Gewissheit darüber zu erlangen, weil nur dann die Abwehr genügend besorgt werden kann. Im Zweifelsfalle ist es stets zu empfehlen, sich auf eine mehrfaclfe Gene- ration einzurichten. Nachdem die Käfer beim Schwärmen passendes Brutmaterial gefunden, beginnen sie sofort mit der Anlage der Brutstätten, indem sie ein Bohrloch nagen und durch dieses in die Pflanze eindringen. Ihr Verhalten hierbei ist aber sehr verschieden, je nachdem dieses Bohrloch bei den Rindenbrütern höchstens bis auf das Holz ee- o trieben wird, oder bei den Holzbrütern in letzteres eindringt. Wir beginnen mit den Rindenbrütern. Hier wird bei den in Vielweiberei lebenden Formen nach Eichhoff, dem neuesten und genauesten deutschen Monographen der Borkenkäfer [15 «], das Bohr- loch wahrscheinlich vom Männchen hergestellt, das alsbald unter diesem eine kleine Höhlung, die sogenannte Rammelkammer, aus- frisst, in welcher sich ihm einige Weibchen zugesellen, die nach hier erfolgter Begattung von der Rammelkammer, in welcher das Männchen zurückbleibt, ausgehend, jedes einen Muttergang an der Grenze von Holz und Rinde fressen und mit Eiern belegen. Bei den ein- weibig lebenden scheint das Weibchen auch das Bohrloch zu fressen und während dieser Arbeit, oder im Inneren des Ganges von dem Männchen begattet zu werden. Am Anfange solcher einfacher Gänge vorkommende Erweiterungen sind daher nicht als Rammelkammern anzusehen. Die Muttergänge sind entweder linear oder unregel- mässig. Im ersteren Falle nagt das Weibchen rechts und links kleine Grübchen für die Aufnahme der einzeln abgelegten Eier, und von diesen Eiergrübchen gehen dann die meist deutlich von einander getrennt bleibenden Larvengänge ab. Bei unregelmässigen Gängen werden die Eier haufenweise in den Gang selbst abgelegt, und die 438 Kap. IX. Die Käfer. Larven erweitern diesen Gang, geschaart fortfressend, zu einem Familiengange oder graben verworrene, vielfach verschmel- zende, un regelmässige Gänge. Je nachdem von dem Bohrloche nur ein Gang abgeht oder mehrere, spricht man von einarmigen oder mehrarmigen Muttergängeu, ferner je nach der Rich- tung, welche der Muttergang an dem stehenden Baume hat, von Lothgängen und Wagegäugen, Namen, welche Eichhoff durch Längs- und Quergänge zu ersetzen vorschlägt. Frassfiguren, bei denen mehrere einzelne Muttergänge strahlenartig von der Ramrael- kammer ausgehen, nennt man Sterngänge. Obgleich im Allgemeinen die einzelnen Arten entweder ausschliesslich Loth-, Wage- oder Sterngänge nagen, sind doch diese Bezeichnungen nicht streng im mathematischen Sinne zu nehmen, und die gegebenen Raumverhält- nisse bedingen oft Abweichungen von der Normalform. Namentlich werden im schwacben Material Quergänge häufig zu Schräggängen, und mehrarmige Loth- oder Wagegänge nähern sich häufig der Sternform. Im Allgemeinen sind die Rindengänge bei Trennung von Rinde und Holz auf den einander zugewendeten Flächen beider zu erkennen, greifen aber je nach den einzelnen Arten tiefer bald in jene, bald in dieses ein. Während der Eschenbastkäfer, Hylesinus Fraxini Fabr., stets auch das Holz tief furcht, verlaufen die Gänge des Kiefernmarkkäfers, Hylesinus piniperda L., meist nur in der Rinde. Die Richtung der Larvengänge verläuft im Allgemeinen recht- winkelig gegen die Muttergänge, so dass also von Quermuttergängen längsgerichtete Larvengänge und von Längsmuttergängen quergerich- tete Larvengänge entspringen. Die den blinden Enden der Mutter- gänge zunächst liegenden Larvengänge gruppiren sich um diese Enden aber vielfach strahlenförmig. Bei einzelnen Formen, z. B. bei Hylesinus crenatus Fabr., biegen die ursprünglich längsgericliteten Larvengänge später in die Querrichtung über, verlaufen also schliess- lich dem Muttergange parallel. Die Länge der Larvengänge ist der Art nach sehr verschieden. Hylesinus Fraxini Fabr. hat z. B. sehr , kurze, Scolytus intricatus Ratz, ungemein lange Larvengänge. Die sich von den abgenagten Rinden- und Holztheilen nährenden Larven verpuppen sich nach vollendetem Wachsthume, dem die allmählich zunehmende Breite des Ganges entspricht, in einer Puppen wiege, welche entweder in der Rinde oder auf der Grenze von Rinde und Holz gelegen, einen ovalen Umriss zeigt, oder mit einer runden Oeffnung senkrecht in das Holz eindringt. Nach erfolgtem Aus- schlüpfen fressen alle Rindenbrüter kreisrunde, je nach der Stärke des Käfers verschieden grosse, direkt über der Puppenwiege gele- gene Fluglöcher, durch welche sie ihre Geburtsstätte verlassen. Ausser Bohr- und Fluglöchern kann man manchmal noch Luftlöcher ■unterscheiden, welche behufs Ventilation von den Mutterkäfern in der Decke der Muttergänge durch Nagen von innen angebracht werden. Bei den Holzbrütern, zu denen wir uns nun wenden, scheinen allein die Weibchen die Muttergänge zu fressen, nachdem, wenigstens Frassfiguren der Borkenkäfer im Allgemeinen. 439 bei den Arten mit flugunfälligen Männchen, die Begattung bereits kurz nach Vollendung der Metamorphose an der Geburtsstätte, inner- halb der Gänge stattgefunden bat. Von dem Bohrloche aus wird stets eine radial in das Uolz eindringende Eingangsröhre angelegt, und von ihr aus werden dann die eigentlichen Brutröhren im Holze weiter getrieben. Bei den Nutzholzborkenkäfern, d. h. bei der Unter- gattung Trypod endron, verlaufen diese Brutröhren stets in einem senkrecht auf die Längsachse gerichteten Querschnitte des Stammes, und es werden die Eier an der oberen und unteren Seite der liöbren — diese Orientirung bezieht sich hier auf den stehenden Stamm — ein- zeln in von der Mutter genagte, halbkugelförmige Eiergrübchen abge- legt. Die ausschlüpfenden Larven fressen nun kurze, senkrecht gegen die Bratröhre, also in der Richtung der Holzfaser verlaufende Larvengänge. Auf diese Weise entstehen die sogenannten Leiter- gänge. Auch bei einem Mitgliede der Untergattung Xyleborus, nämlich bei Tomicus Saxesenii Katz-, wird die Frassfigur durch Zu- sammenwirkung von Mutter- und Larvenfrass hergestellt, indem die Larven die Brutröhren nach unten und oben erweitern, hier aber durch unregelmässigen Frass, welcher schliesslich buchtige, weitere Familiengänge erzeugt, in denen Larven, Puppen und junge Käfer geschaart durcheinander liegen. Ob sich in diesen Fällen die Larven blos von den abo-enaoften saftreicben Holztheilchen nähren oder nach Vollendung des Larvenganges auch von dem Pilzrasen, welcher sich nach Th. Hartig in letzterem bildet, oder wenigstens von dem in die Larvenhöhle durchschwitzenden Holzsafte, steht noch nicht sicher fest. Bei den übrigen Mitgliedern der Untergattung Xyleborus, insoweit ihre Lebensweise genauer bekannt ist, werden hingegen von den tiefer in das Holz eindringenden Eingangsröhren aus durch den Mutterkäfer mehr oder weniger sich gabelnde, in ein und demselben Stammquerschnitte gelegene Brutröhren weiter getrieben und entweder in diesen Gabelgäugen direkt die Eier abgelegt, z. B. bei Tomi- cus monographus Fabr., oder ausserdem noch senkrecht gegen die primären Gabelgänge in der Richtung der Holzfaser verlaufende, seeundäre Brutröhren angelegt, die ebenso wie die primären zur klumpenweiseu Eiablage dienen. In allen Fällen, in welchen Gabelgänge erzeugt werden, nehmen die Larven an der Erzeugung der Frassfigur keinen Antheil, können sich also nicht von saftigen Holztheilchen nähren, sondern entweder lediglich von dem an den Wänden der Brutröhren ausschwitzenden Safte, oder von dem auch hier vorkommenden, bereits oben erwähnten Pilzrasen. Pilze sind es auch, welche die für die Holzgänge der Borkenkäfer so charakte- ristische schwarze Färbung der Wände erzeugen, welche diese Gänge wie mit einer glühenden Stricknadel gebrannt erscheinen lässt. Bei allen Holzbrütern kommt es weder zur Bildung besonderer Puppen- wiegen, noch auch zur Entstehung von besonderen Fluglöchern, in- dem die fertigen Käfer durch die Brut- und Eingangsröhren und schliesslich durch das primäre Bohrloch ihre Geburtsstätte verlassen. 440 Kap. IX. Die Käfer. Fig. 142. Schematische Uebersicht der Formen, welche die Brutstätten der forstlich wichtigen Borkenkäfer zeigen. Die Bohrlöcher sind weiss ausgespart, die Finglöcher und die Muttergänge- ganz schwarz angelegt, die Larvengänge schraftlrt. Frassfiguren der Borkenkäfer im Allgemeinen. — Systematik. 441 A. Rindengänge, welche die jungen Käfer schliesslich durch neu ge- nagte Fluglöcher verlassen. aj Regelmässige Muttergänge mit zweiseitig angebrachten Eiergruben, deutlich gesonderten Larvengängen und besonderen Puppenwiegen. 1. Einarmige, längsgerichtete Mnttergänge mit quergerichteten Larven- gängen. 2. Einarmige, quergerichtete Muttergänge mit längsgerichteten Larven- gängen. 3. Zwei- oder mehrarmige, längsgerichtete Muttergänge mit querge- richteten Larvengängen. 4. Zwei- oder mehrarmige, quergerichtete Mnttergänge mit längsge- richteten Larvengängen. 5. Sternförmitre Muttergänge mit strahlig von denselben ausgehenden Larvengängen. hj Unregelmässige Muttergänge ohne Eiergrnben mit unregelmässigen, verworrenen Erweiterungen durch Larvenfrass, ohne besondere Puppenwiegen. 6. Familiengänge. B. Holzgänge, welche die jungen Käfer schliesslich durch das alte Bohrloch verlassen. cj Lineare Muttergänge, welchen sich durch Larvenfrass entstandene Fort- setzungen anschliessen. 7. Leitergänge, deren von dem Mutterkäfer genagte Theile, Eingangs- röhie und Brutröhren, in der Ebene eines Stammquerschnittes liegen, während die kurzen, von den Larven genagten, und von je einer Larve ganz ausgefüllten Larvengänge in der Richtung der Holzfaser senkrecht nach oben und unten abgehen. 8. Familiengärge, deren von dem Mutterkäfer genagte Theile, Ein- gangsröhre und Brutröhren, in der Ebene eines Stammquerschnittes liegen, aber durch unregelmässigen Larvenfrass in der Richtung der Holzfaser nach oben und unten zu unregelmässig gebuchteten, geräu- migen Gesellschaftslarvenlagern erweitert werden. dj Lineare Muttergänge, die zugleich als Larvenlager dienen und niemals durch Larvenfrass ausgedehnt werden. 9. Gabelgänge aus Eingangsröhre und Brutröhren bestehend, welche sämmtlich in der Ebene eines Stammquerschnittes liegen. 10. Gabelgänge, bei denen die Eingangsröhre und die Brutröhren erster Ordnung in der Ebene eines Stammquerschnittes liegen, während die gleichfalls vom Mutterkäfer genagten, zugleich aber als Larven- lager dienenden, längeren Bratröhren zweiter Ordnung in der Rich- tung der Holzfaser senkrecht nach oben und unten abgehen. Die Figuren / — 6 sind rein schematisch gebalten, ohne direkte Bezielmng auf bestimmte Arten, dagegen stellt Nr. 7 den Frass von Tomicus lineatus Oliv., Nr. 8 den von T. Saxesenii Ratz., Nr. .9 den von T. monographus Fabr. nach EiCHHOFP, und Nr. 10 den von T. dispar Fabr. dar. Systematik uud Bestimmungstabellen. Die Borkenkäfer im weiteren Sinne, die Scolytidae (vgl. S. 352 und 353), zerfallen in zwei Unterfamilien, die Scolytini und die Piatypini, von denen nur erstere in Europa für den Forstmann wirkliche Bedeutung haben. Sie unterscheiden sich folgendermassen: Piatypini. Scol3^ini. Kopf breiter als das Halsschild, Kopf schmäler als das Halsschild, Augen gewölbt vorragend. Erstes Augen flach. Erstes Fussglied kür- Fuseglied länger als die übrigen zer als die übrigen zusammen. zusammen. I.ehrbneh d« mJttelenrop. Forstinaektenkimde. 29 442 Kap. IX. Die Käfer. AB C Fig. 143. ii und ß ganzer Käfer und Vorderbein von Piatypus cylindrus Fabr.. C und D dasselbe von Scolytus intricatus Ratz. Die Piatypini umfassen nur die Gattung Piatypus, welche aus einer grossen Anzahl exotischer, namentlich amerikanischer Käfer besteht. In Europa kommen nur zwei Arten vor. Beschreibung: Gattung: Piatypus Hbst. Körper lang, walzenförmig. Kopf frei, senkrecht, breiter als das ihn nicht überragende Halsschild. Augen rundlich, hervorragend. Fühler gekniet, mit 4gliedriger Geissei. Keule sehr gross, plattgedrückt, derb. Halsschild lang, walzenförmig, vorn gerade abgestutzt, an der Basis beiderseitig ee buchtet, an den Seiten zur Aufnahme der Vorder- schenkel mit einem tiefen Ausschnitt. Flügeldecken an der Spitze steil abfallend. Bauch horizontal. Schenkel und Schienen breitgedrückt, die Vorderschieaen an der Aussenfläche meist mit sehr deutlichen, parallelen Schrägleisten, Füsse sehr lang und dünn, das erste Glied mindestens so lang als die folgenden zusammen. Das vierte Fussglied zwar klein, aber so deutlich, dass man diese Gattung streng genommen nicht zu den Cryptopentamereu rechnen sollte. Das Klauen- glied wieder sehr lang, länger als die Glieder 2, 3 und 4 zusammen. Die Scolytini zerfallen wir wiederum in drei Hauptgattungen, als Avelche wir annehmen Scolytus Geofpr., Splintkäfer, Hylesinus Fabr., Bastkäfer, und Tomicus Latr-, Borkenkäfer. Die beiden ersteren sind von der letzteren unterschieden durch die freie Haltung des Kopfes, der für den Betrachter von oben durch das Halsschild nicht vollständig verdeckt wird, sowie meist auch durch die Zwei- lappigkeit des dritten Fussgliedes, ein Kennzeichen, welches aller- dings bei einigen kleineren Arten der Gattung Hylesinus undeutlich wird und namentlich bei der Untergattung Polygraphus so schwin- det, dass letztere einen direkten Uebergang zu den Tomicus-Arten bildet. Trotz dieser nähereu Zusammengehörigkeit unterscheiden sich die Gattungen Scolytus und Hylesinus leicht dadurch, dass bei ersterer der Hinterleib nach oben schräg abgestutzt ist (vgl. S. 444), ein Kennzeichen, welches ihr wohl auch den deutschen Namen „Stutzkäfer", der allerdings auch für Hister verwendet wird, sowie den freilich aus Gründen der Priorität nicbt dauernd beizubehal- tenden, aber sebr charakteristischen Kamen Eccoptogaster Hbst. ver- schafft hatte : „Käfer, denen der Bauch hinten ausgeschnitten ist." Sie zerfällt nicht in weitere Untergattungen. Die Gattung Hylesinus besteht dagegen aus den einfach cylin- drisch gestalteten Formen, welche hier wieder in neun Untergattungen getheilt werden. Die Gattung Tomicus, früber meist Bostrychus oder Bostrichus genannt, ist ausgezeichnet durch das stets einfach cylindrische dritte Fussglied und den unter dem Halsschild verborgenen Kopf, in der Systematik der Borkenkäfer im Allgemeinen. 44.3 Mehrzahl ihrer wichtigen Formen ferner dadurch, dass der Absturz der Flügeldecken besonders gestaltet erscheint, und zwar meist durch tiefere, gewöhnlich auch Zähne tragende Eindrücke. Sie wird in ein Dutzend Untergattungen getheilt. Der europäischen Fauna gehören von der Unterfamilie der Scolytini nach den neuesten Angaben ungefähr 130 Arten an, von denen aber nur etwa 30 forstlich beachtenswerth sind. Will man die kleineren Arten, namentlich die der Gattungen Hylesinus und Tomicus, sicher bestimmen, so genügt, wenn man nicht über bereits .«icher bestimmtes Vergleichsmaterial verfügt, die Anwendung so^ar einer stärkeren Lupe oder eines schwäclieren Objectives eines guten, zusammengesetzten Mikro- skopes, z. B. Nr. 4 von Hautnack, durchaus nicht, und es muss daher das zusammengesetzte Mikroskop selbst benutzt werden. Es sind aber in den folgen- den Tabellen alle diejenigen Kennzeichen weggelassen worden, welche sich auf nur schwer präparirbare Theile beziehen, also z. B. auf die Mundwerkzeuge. Dagegen konnte die genaue Schilderung der Fühler nach Geisselgliederzahl und Keulenform, sowie die der Fussglieder nicht umgangen werden. Diese Theile sind aber verhältnissmässig leicht als Dauerpraparate herzustellen, wozu wir die folgende Anleitung geben. Will man von frischgefangenen Borkeukäferti mikro- skopische Präparate machen, so löst man, eventuell unter einer Präparirlupe, die zu untersuchenden Theile mit in Hefte gefassten Nadeln oder einem feinem Messer ab, bringt sie auf den Objectträger, befeuchtet sie mit reinem, unver- dünntem Spiritus, giebt alsdann ein Tröpfchen reinen Glycerins darauf und deckt sie mit einem nicht zu feinen Deckgläschen. So hergestellte Präparate genügen zu einer Untersuchung und lassen sich von geübter H;nid durch Verschluss mit schwarzem Maskenlack auch in Dauerpräparate umwandeln. Dagegen wird die Herstellung letzterer einfacher, wenn man statt des Glycerins ein Tröpfchen Glyceringelatine verwendet, welche zuvor im Wasserbade über einer Spirituslampe flüssig gemacht wurde. Diese erstarrt alsbald und lässt sich viel leichter mit Maskeulack einschliessen. Ebenso kann mau auch bereits in der Sammlung auf- gestellte Käfer untersuchen, wenn sie vorher aufgeweicht werden, was am besten dadurch geschieht, dass man den mit Spiritus befeuchteten Käfer in einem kleinen Keagensglase, welches man zur Noth auch durch einen silbernen Löffel ersetzen kann, in Wasser einige Minuten kochen lässt. Fühler und Beine von getrockneten Käfern kann man aber auch ohne vorheriges Kochen untersuchen, wenn man die abgelösten Theile mit Xylol oder Kreosot befeuchtet, in einen Tropfen flüssigen Canadabalsams bringt und dann deckt. In diesem Falle bleiben aber dem Unge- übten leicht Luftblasen in den Hohlräumen des präparirten Käfertheiles zurück. Einen Einschluss mit Lack brauchen solche Präparate nicht unbedingt Die nöthigen Reagentien bezieht man am besten ans Specialgeschäften, z B. vou Dr. Georg GrOblek in Leipzig, Dufourstrasse Nr. 17. Canadabalsam kann gelöst, in Metalltnben wie die Oelfarben bezogen werden. Gattungs-Beschreibnng: 1. Gattung: Scolytus Geoff. {Eccopto- gaster Hbst., Ratz.) Kopf geneigt, von oben meist sichtbar, mit sehr kurzem Rüssel. Augen lang, vorn etwas ausgebuchtet. Fühler gekniet, mit Tgliedriger Geissei und einer letztere an Länge überragenden, derben, geschuppten Keule. Halsschild gross, nach vorn Fig. 144. Fühler von etwas verengt, oben meist fein i)unktirt. Flügeldecken Scolytus Ratzeburgii ^"^ d» w E et Flügel- decken glänzend. Halsschild fein punktirt, besonders auf der Scheibe. Obstbaum- bewohner mit lothrechten, oft lanp^en Muttergängen Pruni. Halsschild überall mit dichten und tiefen, auf der Scheibe nur etwas feineren Punkten. Hainbuchen- bewohner mit kurzen, wagerechten Mutter gangen g'a,' c ^ > «ÖS n-o ^ Flügel- decken matt. » Oq 053 S ü 1 § S £ Halsschild wenig glänzend, grob punktirt. Obstbaumbewohner mit kurzen, lothrechten Mutter- gängen Carpini. rugulosus. Halsschild stark glänzend, auf der Scheibe fein punktirt. Eichen- bewohner mit kurzen, wagerechten Muttergängen und sehr langen Larveugängen intricatus. 2. Gattung: Hylesinus Ratz., Gyll. Kopf geneigt, von oben meist sicht- bar, mit einem sehr kurzen, mehr oder weniger deutlichen Rüssel. Fühler ge- kniet, mit h — Tgliedriger Geis.sel und einer geringelten, gegliederten oder derben Keule. Halsschild fast stets nach vorn verengt, oben gleichmässig punktirt. Flügeldecken an der Basis mei.st erhaben gerandet und einzeln abgerundet, an Bestimmungstafel für Scolytus. Systematik von Hylt-sinus. 445 der Spitze abschüssig gewölbt, niemals eingedrückt oder gezähnt. Baucli horizontal. Schienen nach aussen mit Zähnen oder Dornen. Drittes Fussglied meist herz- förmig oder zweilappig, nur bei wenigen Arten einfach. Wohl von allen Hylesinen, wenigstens von den meisten, kommen ausser den dunklen auch lichtbrauue oder gelb gefärbte Käfer vor; da dies nur unreife, noch nicht ausgefärbte Exemplare sind, können sie nicht als besondere Arten, nicht einmal als sogenannte Varietäten betrachtet werden. 1. Untergattung: Hylastes Ek. Fühlergeissel lang, mit sieben, nach vorn wenig breiter werdenden Gliedern. Fühlerkeule nicht zusammengedrückt, geringelt kurzeiförmig. Kopf in einen kurzen, aber deutlichen Rüssel verlängert. Augen langoval, vorn ganzrandig. Vorderbrust vor den Hüften vertieft, beiderseits mit einer von letzterer bis zum Vorderrand verlaufenden, scharfen Kante. Vorder- hüften aneinander stehend. Basis der Flügeldecken nicht oder kaum erhaben gerandet. Die ersten drei Fussglieder ziemlich gleich lang, das dritte herzförmig oder zweilappig. 2. Untergattung: Hylesinus Fabr im engeren Sinne. Fühlergeissel mit sieben, nach vorn nicht breiter werdenden Gliedern. Fühlerkeule länger als die Geissei, etwas zusammengedrückt, geringelt, lang zugespitzt. Augen langoval, vorn ganzrandig. Vorderhüften von einander entfernt. Flögeldecken an der Basis erhaben gerandet, meist bunt beschuppt. Die drei ersten Fussglieder ziemlich gleich lang, das dritte breiter als die vorhergehenden, zweilappig. 3. Untergattung: Hyliirgus Latr. Fühlergeissel mit sechs, nach vorn breiter werdenden Gliedern. Fühlerkeule nicht zusammengedrückt, geringelt, kurz, kugelig gerundet. Augen langoval, vorn ganzrandig. Vorderbrust vor den sich einander berührenden Vorderhüften fast gar nicht ausgerandet, diese daher etwas entfernt vom Vorderrand stehend. Basis der Flügeldecken kaum erhaben gerandet. Körper dicht punktirt und lang behaart. Erstes Fussglied länger als die folgen- den, das dritte herzförmig. 4. Untergattung: Myelophilus Eichh. (Blastophagus 'Eickh.). Fühler- geissel mit sechs Gliedern. Fühlerkeule nicht zusammengedrückt, geringelt, eiför- mig zugespitzt. Augen langoval, vorn ganzrandig. Vorderbrust sehr kurz, bis zu den nahe zusammenstehenden Vorderhüften ausgerandet. Flügeldecken an der Basis schwach erhaben gerandet, einzeln abgerundet. Oberseite nur weitläufig punktirt, dünn behaart. Erstes Fussglied etwas länger als das folgende, das dritte breit zweilappig. 5. Untergattung: Dendroctonus Er. Fühlergeissel mit fünf, nach vorn viel breiter werdenden Gliedern. Fühlerkeule zusammengedrückt, gerundet, ge- ringelt. Augen langoval, vorn ganzrandig. Vorderbrust kurz, bis zu den einander sich berührenden Vorderhüften ausgerandet. Vorderrand des Halsschildes tief ausgerandet. Basis der Flügeldecken schwach erhaben gerandet. Körper gross, lang behaart. Erstes Fussglied am längsten, das dritte zweilappig. 6. Untergattung: Xylechinus Chap. Forstlich völlig unwichtig und daher genügend gekennzeichnet in der Bestiramungstafel auf folgender Seite. 7. Untergattung: Carphoborus Eichh. Fühlergeissel mit fünf, nach vorn kaum breiter werdenden Gliedern. Fühlerkeule zusammengedrückt, gerundet, geringelt. Augen nierenförmig, vorn in der Mitte tief ausgerandet. Vorderbrust kurz, bis an die sich berührenden Vorderhüften ausgerandet. Basis der Flügel- decken erhaben gerandet. Erstes Fussglied etwas kürzer als die folgenden, das dritte schwach herzförmig. 8. Untergattung: Polygraphus Er. Fühlergeissel mit 5, nach vorn breiter werdenden Gliedern. Fühlerkeuie zusammengedrückt, zugespitzt, nicht geringelt, viel länger als die Geissei. Augen durch einen Fortsatz der Stirn in zwei Theile gespalten, Vorderbrust kurz, bis an die sich berührenden Vorder- hüften ausgerandet. Basis der Flügeldecken erhaben gerandet. Die ersten drei Fussglieder kurz, das dritte einfach, nicht herzförmig. 9. Untergattung: Phloeph thorus Woll. Forstlich völlig unwichtig und daher genügend gekennzeichnet in der Bestimmungstafel auf folgender Seite. Die UntergattuDgen und forstlich wichtigen Arten sind folgende: 446 Kap. IX. Die Käfer. Gattung Hylesinns. Untergattung. (^) 1" Fühlerkenle aus 3 deutlich getrennten Gliedern Pbloeophthorus. bestehend » CT- CL, ^ 3 O ft 2 * Fühlerkeule solid, aber geringelt M ^ Fühlerkeule kurz, zugespitzt Fühlerkeule lang, zugespitzt Fühlerkeule vorn abgerundet Fühlerkeule vorn zugespitzt {G) (3) Augen vorn nicht ausgeschnitten Hylastes Hylesinus Hylurgus . Myelophilus D endroctonus Augen vorn leicht eingebuchtet . . Xylechinus . Augen vorn tief eingebuchtet. . . Carphoborus Fussglied 3 cylindrisch, das rudimentäre Fussglied 4 an der Spitze tragend. Fühlerkeule solid, ungeringeit, Füblergeissel ögliedrig, Augen zweitheilig Polygraphus Bestimmungstafel für die Gattung Hylesinus. 447 ( Punktstreifen der Flügeldecken massig stark mit flachen j Zwischenrävimen • \ Punktstreifen der Flügeldecken tief eingekerbt mit kiel- I förmig erhöhten Zwischenräumen Halsschild i. d Mitte ebenso breit als hinten (11) Halsschild nur allmäh- lich nach vorn verengt. Halsschild abgerundet dreieckig Länge 4—5 vim Halsschild i. d. Mitte breiter als hinten (12) Art. Spartii (4). rhododactylus. ater (//). Länge 2 — 3 mm I Länge 4 — 5 mm \ Länge 3 mvi . . cunicularius (.-5 u. 12). attenuatusu.Verw. glabratus. palliatus (10). dunkelbraun bis schwarz ohne Schüppchen. gescheckt mit Schüppchen bedeckt. Länge 2 — 3 mm Länge 4-5 — 5*5 vim crenatus. Flügeldecken gleich- massig abgerundet *' (13) Flügeldecken hinten steil abfallend l^'S' (14) Fraxini (6 u. 13). vittatus u. Verw. {14). langbehaart. Länge 4 — 5 mm. . ligniperda (/ u. 7). Die zweite Längsreihe haartragender Höckerchen jeder- seits neben der Flügeldeckennaht hört vor Beginn des Absturzes auf {13) reicht bis a. d. Ende der Flügeldecken (16) piniperda (8 u. 15). ^ minor {16). Länge 8 — 9 mm micans (9). Länge 2 — 3 nun Länge l'ö mm . pilosus {2). minimus. poligraphus (;?, 17 u. 18\ {18) 448 Kap. IX, Die Käfer. 3. Gattung. Tomicus Latr. {Bostrichus Ratz., Gyll.) Kopf kugelförmig, ohne Rüssel, meist unter das Halsschild zurückgezogen, dieser von oben nicht oder nur wenig sichtbar. Nur die Untergattung Crypturgus macht hievon eine Aus- nahme. Fühler gekniet, mit zwei- bis fünfgliedriger Geissei und einer meist zusam- mengedrückten Keule. Halsschild vorn meist höckerig gerunzelt, hinten punktirt oder glatt. Flügeldecken an der Basis bei einigen Arten erhaben gerandet, bei anderen nicht, an der Spitze abschüssig, oft stark eingedrückt und gezähnt. Bauch horizontal. Schienen aussen gezähnt oder bedoi-nt. Drittes Fussglied stets einfach, nie herzförmig oder zweilappig. Die häufig vorkommenden, licht gefärbten gelben Exemplare dieser Gattung sind nur unreife, noch nicht ausgefärbte Käfer. 1. Untergattung: Crypturgus Er. Kopf sehr wenig, aber doch merkbar verlängert, nicht ganz unter dem Halsschilde versteckt, von oben theilweis sichtbar. Fühlergeissel sehr kurz, zweigliedrig, viel kürzer als die ovale, vorn winklig zuge- spitzte, nicht geringelte Keule. Halsschild mehr oder weniger länger als breit, gleichartig punktirt, ohne Höcker. Flügeldecken hinten einfach abgerundet, ohne Unebenheiten. Nahtstreifen nur wenig stärker vertieft als die anderen Streifen. Vorderbrust nicht ganz bis zu den sich stark berührenden Vorderhüften ausge- schnitten. Schienen breit gedrückt, nach vorn verbreitert, mit abgerundeter Aussenecke. Vier sehr kleine europäische Arten, welche durch ihre lang walzen- förmige Gestalt den kleinsten Arten der Untergattung Hylastes ähneln. 2. Untergattung: Cryphalus Er. Fühlergeissel viergliedrig. Die Keule rundlichoval mit gerade erscheinenden, schräg herumlaufenden, beborsteten Queraähten. Halsschild breiter als lang, hoch gewölbt, nach vorn etwas ver- schmälert, an der Basis fein gerandet, vorn mit einem Höckerfleck. Augen vorn ausgerandet. Schildchen punktförmig. Flügeldecken dicht mit schuppenartiger Behaarung bestäubt, hinten einfach gewölbt, ohne Unebenheiten. Schienen zu- sammengedrückt, vorn erweitert, aussen abgerundet und sehr fein gezähnelt. Die drei ersten Fussglieder gleich lang. Fühler und Beine bräunlich- oder röthlieh- gelb. Fünf europäische Arten. 3. Untergattung: Ernoporus Thoms. Der Untergattung Cryphalus Er. sehr nahe stehend. Hauptsächlich dadurch unterschieden, dass die Augen nicht ausgerandet sind, und dass das Halsschild in der Mitte des Vorderrandes zwei bis vier besonders hervorragende Körnchen hat. Fühlergeissel viergliedrig. Die ovale Keule mit mehr oder weniger nach vorn convexen, beborsteten Quer- nähten. Hinterschenkel bei einigen Arten dunkler. Fünf europäische Arten. 4. Untergattung: Glyptoderes Eichh. Fühlergeissel fünfgliedrig. Die Keule langeiförmig, mit Borstenringen. Halsschild breiter als lang, hochgewölbt, vorn gehöckert und am Vorderrande mit vier dicht beisammenstehenden Körnchen. Schildchen deutlich. Flügeldecken hinten flach abgerundet, an der Naht sehr schwach eingedrückt oder auch mit einem Höckerchen. Schienen zusammen- gedrückt, nach vorn erweitert, aussen fein gezähnt. Drei sehr kleine europäi- sche Arten. 5. Untergattung: Pityophthorus Eicuu. Fühlergeissel fünfgliedrig. Die Keule oval, an den Rändern deutlich geringelt, fast gegliedert. Halsschild nicht breiter als lang, an der Basis deutlich gerandet, vorn mit Höckerchen. Flügeldecken einfach punktirt gestreift, mit nicht punktirten Zwischenräumen, hinten beiderseits mit einer glatten Furche und mit mehr oder weniger deut- lichen Höckerchen. Schienen schmal, an der Spitze abgestutzt, mit nur einzeln gezähntem Aussenrand. Fünf kleine europäische Arten. 6. Untergattung: Taphrorychus Eichh. Fühlergeissel fünfgliedrig, kürzer als die Keule. Diese kreisrund, beiderseits mit spitzenwärts convexen, beborsteten, um einen basalen Kern annähernd concentrischen Quemähten. Augen ohne Ausrandung. Halsschild nicht breiter als lang, vorn runzlig gehöckert, an der Basis nicht gerandet. Flügeldecken punktirt gestreift, hinten steil abgeflacht, ohne Höcker. Schildchen kaum sichtbar. Schienen nach vorn etwas erweitert, aussen gezähnelt. Zwei europäische Arten. Systematik der Gattung Tomicus. ' 449 7. Untergattung: Thamnurgus Eichh. Fühlergeissel fUnfgliedrig, faden- förmig, etwas länger als die Keule. Diese oval, von hinten verhüllt, vorn mit schwächer beborsteter Abstutzungsfläche. Augen tief ausgerandet. Halssohild auf der Scheibe tief, gleichartig punktirt, mehr oder weniger länger als breit. Flügeldecken walzenförmig mit liefen, undeutlich gereihten Punkten, hinten mit flachem Absturz ohne Höcker oder Zähne. Schildchen kaum sichtbar. Schienen kaum zusammengedrückt, an der Spitze schief abgestutzt, aussen und innen mit Enddorn. Fünf europäische Arten. 8. Untergattung: Xylocleptes Febr. Fühlergeissel fünfgliedrig, etwas kürzer als die Keule. Diese rund, beiderseitig mit concentrisohen, spitzenwärts stark convexen Borstenreihen. Halsschild nicht viel länger als breit, vorn und hinten gerundet, höckerig und punktirt, an der Basis nioht gerandet. Flügeldecken länger als das Halsschild, am Absturz beim J* eingedrückt und gezähnt, beim 9 iurchenai-tig eingedrückt und mit Körnchen besetzt. Schienen wenig zusammengedrückt, nach vorn erweitert, am Aussenrande gezähnelt. Vorderfüsse zurücklegbar. Eine europäische Art. 9. Untergattung: Tomicus Latr. im engeren Sinne. Fühlergeissel fünfgliedrig. Die gerundete Keule vorn, mit Ausnahme des derben Basairinges, weich, mit beborsteteu Queruähten, auf der Hinterfläche durch den bis an die Spitze erweiterten, derben Basalring verhüllt. Halsschild meist stark gewölbt, nach vorn abgerundet verschmälert, vorn schuppenartig gehöckert, an der Basis kaum gerandet. Flügeldecken mit furchenartig vertieftem Nahtstreifen. Absturz meist eingedrückt und am erhabenen Rande verschieden gezähnt. Schienen nach vorn wenig verbreitert, am Aussenrande gezähnt. Die Beine sind mehr oder weniger bräunlich- oder röthlich-gelb, nur wenige Arten haben dunkle Hüften, Schenkel und Schienen. Gegen zwanzig europäische Arten. 10. Untergattung: Dryocoetes Eichh. Fühlergeissel fünfgliedrig. Keule durch den derben Basalring fast ganz verhüllt, au der Spitze schief abgestutzt, schwammig. Augen sehwach ausgerandet. Halsschild fein schuppeuartig ge- höckert, an der Basis nicht erhaben gerandet. Flügeldecken an der Basis ohne erhabenen Rand, hinten abschüssig gewölbt, mehr oder weniger gefurcht, Ab- sturz nicht gerandet und nicht gezähnt. Schienen breit gedrückt mit abgerun- deter, gezähnelter Aussenkante. Vorderfüsse in eine Rinne der Schienen zurück- legbar. Fünf europäische Arten. 11. Untergattung: Xyleborus Eichh. Fühlergeissel fünfgliedrig. Keule wenigstens auf der Vorderfläche, wenn auch undeutlich geringelt. Augen vorn tief ausgerandet. Halsschild vorn höckerig gerunzelt, hinten fein punktirt oder glatt, theils walzenförmig, theils kugelig, an der Basis nicht erhaben gerandet. Flügeldecken regelmässig punktirt gestreift, deren Nahtstreif nicht oder kaum vertieft, an der Wurzel ohne erhöhten Rand. Vordeibnist bis zu den Hüfter ausgeschnitten. Schienen nach vorn verbreitert, mit abgerundetem, gezähntem Aussem-and. Alle Füsse zurücklegbar. Die (^ (^ scheinen meist ungeflügelt zu sein. Acht europäische Arten. 12. Untergattung: Trypodendron Steph. Fühlergeissel viergliedrig, kürzer als die Keule. Diese gross und derb, nach vorn erweitert, ungeringelt. Halssehild breiter als lang, stark gewölbt, vorn schuppig gekörnt, an der Basis fein gerandet. Flügeldecken an der Spitze ohne Zähne, höchstens schwach ge- furcht, an der Basis ohne erhabenen Rand. Vorderbrust bis zu den Hüften aus- geschnitten. Schienen nach vorn stark verbreitert, am abgerundeten Aussenrande sägeartig gezähnt, zur Aufnahme der Fussglieder gefurcht. Ein sich nach rück- wärts ziehender Fortsatz der Stirn theilt die Augen vollständig in zwei Hälften und ist hierdurch diese Gattung von allen anderen Tomicus-Arten leicht zu unterscheiden. Stirn des (^ tief ausgehöhlt. Drei europäische Arten. Von einer Tabelle zur Bestimmung der einzelnen Tomicus- Arten sehen wir hier ab, geben aber eine solche für die zwölf Unter- gattungen. 450 Kap. IX. Die Käfer. Gattung: Tomicns. Fühlergeissel 2gliedrig, viel kürzer als die vorn zugespitzte Keule Fühlergeissel 4gliedrig Augen einfach, höchstens vorn etwas ausgeschnitten ; sehr kleine Formen Augen zwei- theilig; grössere Formen. Absturz der Flügeldecken ohne breiten, gerandeten Eindruck und' ohne deutliche Zähne, dagegen manchmal abgeflacht oder mit kleinen Körnchen versehen. Fühlerkeule fast drehrund, langeiförmig, mit Borstenringen Fiihlerkeule zusammenge- drückt, kurz und von rund- lichem Umriss. Augen am Vorder- rande tief aus- geschnitten. Augen amVord er- rande ohne deut- lichen Ausschnitt oder nur schwach ausgerandet. Absturz der Flügeldecken beiderseits neben der Naht mit tiefer, nicht punktirter Furche. Absturz der Flügeldecken mit breitem und 3 gerandetem Eindruck. Der Band wenigstens beim ^ mit deutlichen Zähnen, z, B. so: 11 12 Bestimmungstafel für die Gattung Tomiciis. 451 Untergattung: Kleinste, nur 1 — 15 mm lange Rindenbrüter iu Nadelholz . . , Cryptuigus (IJ. Fülllerkeule rundlich oval, mit ge- rade erscheinenden, schräg herum- laufenden, beborsteten Quernähten. 2 Rindenbrüter in Nadelhölzern . . Cryphalus (2). Fühlerkeule oval, mit mehr weniger nach vorn convexen, beborsteten o Quernähten. Kindenbrüter in Laub- hölzern Ernoporus (3J. Fühlerkeule derb, nach vorn etwas verbreitert und nicht durch Borsten- 5 reihen gegliedert. Holzbrüter in Laub- und Nadelholz Trypodendron (4 u. 5). ^ Rindenbrüter in Laubhölzern . . Glyptoderes (6). Halsschild gleichmässig grob punktirt ; brüten in Gallen kraut- artiger Gewächse ... Thamnurgus. Halsschild vom deutlich gekörnt oder gehöckert, hinten fein punktirt; Holzbrüter Xyleborus fV- 'Fühlerkeule kreisrund, beiderseits mit spitzenwärts convexen, beborsteten, annähernd concentrischen Quernähten. Rindenbrüter in Buihen Taphrorychus. Fühlerkeule vorn schief abgestutzt und auf dieser Fläche mit Borstenreihen. Rindenbrüter in Laubholz und Nadelholzwurzeln Dryocoetes (8). Keule oval, an den Rändern deut- lich geringelt, fast gegliedert . . Pityophthorus (.9 u. lOJ. Fühlerkeule beiderseitig mit con- centrischen, spitzenwärts stark convexen Borstenreihen . Xylocleptesfi^;. Fühlerkeule vorn, mit Ausnahme des derben Basairinges mit be- borsteten Quernähten Tomicnsfl 1,12,14) 452 Kap. IX. Die Käfer. Anmerkung: Die zur leichteren Erkennung der Untergattungen Inder Bestimmungstafel für die Gattung Tomicus auf Seite 450 und 451 beigefügten und mit Cursiv gedruckten Zahlen bezeichneten Figuren stellen folgende Arten dar: ^. T. pusillus Gyll.; 2. T. Piceae Ratz.; 3. T. Fagi Fabb.; 4. und 5. T. lineatus Oliv.; 6. T. binodulus Eatz.; 7. T. dispar Fabb.; 8. T. autogra- phus Ratz.; 9. und 10. T. micrographus L.; 11. uud 14. T. typographus L. ; 12. T. chalcographus L. Es sind dieselben, wie auch die in den Bestimmungs- tabellen für die Gattungen Scolytus und Hylesinus (S. 444, sowie S. 446 und 447), sämmtlich Originalzeichnungen. Forstliche Bedeutung der Borkenkäfer. Wir theilen der besseren Uebersicht halber die Borkenkäfer in fünf biologische Gruppen, die wieder in zwei Hauptabtheilungen zusammengefasst werden können, in Rindenbrüter und Holzbrüter, 1. Wurzelbewohnende Rindenbrüter, welche als Käfer die Rinde junger Nadelholzpflanzen am Wurzelknoten platzend benagen, z. B. Hylesinus cunicularius Ek. 2. Wurzeln und auch Stämme bewohnende Rindenbrüter, welche als Larven ältere Nadelholzbeetände gefährden: Hylesinus micans KuG. 3. Stamm bewohnende Rindenbrüter, welche als Larven die Bastschicht der Nadelhölzer zerstören, als Käfer Triebe aushöhlen, sogenannte Waldgärtner: Hylesinus piniperda L, u. roinor Htg. 4. Stamm und Aeste bewohnende Rindenbrüter, welche als Larven durch Zerstörung der Bastschicht den Laubhölzern schaden, z. B. Scolytus Ratzeburgii Jans. 5. Stamm und Aeste bewohnende Rindenbrüter, welche als Larven durch Zerstörung der Bastschicht den Nadelhölzern schaden, z. B. Tomicus typographus L. 6. Im Holze selbst brütende Borkenkäfer, welche physiologisch und technisch Laub- und Nadelhölzer beschädigen, z. B. Tomicus dispar L. und T. lineatus Oliv. Wurzelbewohneude Rindenbrüter, welche als Käfer die Rinde junger Nadelholzpflauzen am VVurzelknoten platzend benagen. Hierher gehören zunächst eine Reihe Bastkäfer, nämlich drei grössere Formen, der schwarze Kiefern-Bastkäfer, Hylesinus ater Payk-, der schwarze Fichten-Bastkäfer, H. cunicularius Er. und H. ligniperda Fabr., drei kleinere, H. attenuatus Er., H. angustatus Hbst .und H. opacus Er., sowie mehr ausnahmsweise Tomicus autographus Ratz. Die meisten sind gefährliche Kulturverderber, welche in ganz ähnlicher Weise, wie der grosse braune Rüsselkäfer, schaden und durch Rodung, am besten der schon mit Brut besetzten Wurzeln, Forstliche Bedeutung der Borkenkäfer. Wurzelbewohnende Rindenbrüter. 453 durch Fangrinden und -Kloben, sowie durch Verbrennen der getödteten Pflanzen sammt den an diesen sitzenden Käfern erfolgreich bekämpft werden können. Auch hier ist Schlagruhe nothwendig. Beschreibung: Hylesinus (Hylastes Er.) ater Payk. Käfer lang ge- streckt, walzenförmig, schwarz, massig glänzend. Halsschild länger als breit, bis über die Mitte mit fast geraden Seiten, dann nach vorn verengt, oben stark und ziemlich dicht, an den Seiten feiner, aber dichter, fast runzelig punktirt, auf der Mitte mit mehr oder weniger deutlicher, glatter, aber nicht erhabener Längslinie. Flügeldecken an der Basis fast gerade abgestutzt, nicht erhaben gerandet, stark punktirt gestreift, die Streifen am Hinterabsturz stärker vertieft, Nahtstreif wenig tiefer als die anderen; Zwischenräume breiter als die Streifen, vorn dicht und fein, etwas runzelig punktirt, hinten körnig gerunzelt und sehr fein und dünn behaart. Rüssel und Stirn dicht punktirt, ersterer an der Spitze beiderseits mit grubenförmigem Eindruck, mit einer kleinen erhabenen Mittel- linie, welche sich bis zur Stirn fortsetzt. Fühler und Füsse röthlich-braun. Drittes Fussglied wenig breiter als die beiden ersten, herzförmig. (^ auf dem letzten Hinterleibssegment mit einer kleinen Grube. Länge 4 — 4"5 mm. H. (Hylastes Er.) cunicularius Er. Käfer massig lang gestreckt, etwas gedrungener als der ihm sehr ähnliche H. ater, schwarz, massig glänzend. Hals- schild nicht länger, als in der Mitte breit, an den Seiten etwas gerundet erweitert, vor der Mitte nach vorn verengt, oben stark und ziemlich dicht, an den Seiten feiner, aber dichter, fast runzelig punktirt, auf der Mitte mit mehr oder weniger deutlicher, glatter, aber nicht erhabener Längslinie. Flügeldecken an der Basis fast gerade abgestutzt, nicht erhaben, stark punktirt gestreift, die Streifen neben der Naht, namentlich in der Nähe des Schildchens, etwas tiefer als die andern; Zwischenräume nicht breiter als die Streifen, körnig gerunzelt, sehr dünn behaart, die ganze Skulptur der Flügeldecken ist gröber als bei H. ater. Rüssel an der Spitze beiderseits mit grubenförmigem Eindruck, mit einer kleinen, erhabenen Mittellinie, welche etwas feiner und kürzer als die glatte Linie des H. ater ist. Stirn und Rüssel dicht punktirt. Fühler und Füsse röthlich-braun. Drittes Fuss- glied herzförmig, wenig breiter als die beiden ersten. (^ auf dem letzten Hinter- leibsring mit einer kleinen Grube. Länge 3"5 — 4'5 mm. H. (Hylastes Er.) attenuatus Er. Käfer lang gestreckt, walzenförmig pechbraun, gewöhnlich mit schmutzig brannröthlichen Flügeldecken. Halsschild kaum länger als breit, die Seiten wenig erweitert, nach vorn verengt, oben stark und dicht, an den Seiten etwas feiner punktirt, auf der Mitte mit einer feinen, erhabenen Längslinie. Flügeldecken an der Basis fast gerade abgestutzt, nicht erhaben gerandet, stark punktirt gestreift. Streifen nach hinten etwas ver- tieft, Zwischenräume etwas gewölbt, mit einer regelmässigen Reihe Körnchen und Haarbörstchen. Rüssel an der Spitze etwas eingedrückt, an der Basis mit einer feinen vertieften Längslinie. Kopf dicht, fein lederartig punktirt. Fühler und Füsse röthlich-braun. Drittes Fussglied herzförmig, wenig breiter als die beiden ersten. Länge 2 — 2"5 mm. H. (Hylastes Er.) angustatus Hrst. Käftr dem H. attenuatus Er. äusserst ähnlich, doch fast immer etwas grösser. Halsschild wenig länger als breit, stark punktirt, mit deutlieh erhabener Mittellinie. Zwischenräume auf den Flügel- decken vorn breiter und unregelmässig, nach hinten zu etwas schmäler und mit einer fast regelmässigen Reihe von Körnchen und Börstchen besetzt. Länge 2-5—3 vim. H. (Hylastes Er.) opacus Er. Käfer dem H, angustatus am ähnlichsten, aber gedrungener, glanzlos, dünn behaart, schwarz. Halsschild an den Seiten gerundet, so lang als an der weitesten Stelle breit, nach der Spitze mehr ver- schmälert als an der Basis, dicht unrl tief punktirt, mit einer feinen, erhabenen Längslinie. Flügeldecken an der Basis fast gerade, tief punktirt-gestreift, Zwischenräume nach hinten etwas verschmälert, fein gekörnt und behaart. Kopf 454 Kap. IX. Die Käfer. dicht, sehr fein punktirt, Rüssel etwas gewölbt, ohne eingedrückte oder erhabene Linie. Fühler und Füsse röthlich. Drittes Fussglied herzförmig, wenig breiter als die beiden ersten. Länge 2'5 vivi. Der dem H. ater sehr ähnliche, wohl sehr seltene H. brunneus Er., sowie der gleichfalls sehr seltene H. linearis Eh. und der zweifelhafte H. corticiperda Er. seien hier nur als in unser Faunengebiet gehörig genannt. Der kleine, forst- lich ganz gleichgiltige H. Trifolii Müll., der sich normalerweise in den Wurzeln des Klees entwickelt, ist übrigens von Nördlikger auch in armdicken Stämmen der Besenpfrieme gefunden worden [XXIV, S. 26]. H. (Hylurgus Latr.) ligniperda Fäbb. Käfer langgestreckt, matt pechbraun oder schwarz, ziemlich lang und dicht behaart, besonders an den Seiten des Halsscliildes und an der Spitze der Flügeldecken. Halsschild deutlich länger als breit, nach vorn verengt, an den Seiten nicht gerundet erweitert, dicht punktirt, mit glatter Mittellinie. Flügeldecken an der Basis fast gerade und fein erhaben gerandet, punktirt-gestreift, die Streifen vorn und an den Seiten undeutlich, nach hinten stärker vertieft, Zwischenräume runzlig gekörnt; auf dem Hinterabsturz der zweite Zwischenraum stark eingedrückt. Kopf und Küssel sehr dicht körnig punktirt. Rüssel an der Basis quer eingedrückt, an der Spitze mit einer kurzen, erhabenen Linie, in der Mitte mit einem kleinen Höckerchen. Fühler und Füsse rostroth. Drittes Fussglied wenig breiter als die beiden ersten, herzförmig. Länge 4 — 5 mm. Tomicus (Dryocoetes Eichh.) autographus Ratz, (villosvs Gyll.J Zottiger Fichten-Borkenkäfer. Käfer braun, etwas glänzend, lang greisbehaart. Halsschild etwas länger als breit, in der Mitte gerundet erweitert, ziemlich grob, vorn etwas schuppig punktirt, mit einer schmalen, mitunter undeutlichen, erhabenen Mittellinie. Flügeldecken an der Wurzel breiter als das nach hinten verengte Halsschild, Schultern daher vortretend, grob punktirt-gestreift, mit feineren Punktreihen auf den Zwischenräumen. Nahtstreifen kaum vertieft. Ab- sturz einfach schräg abgewölbt. Länge 3 — 4 mm. Lebensweise. Sämmtliclie hier zu erwähnende Formen sind Frühschwärmer, die meist als Käfer überwintern, in den ersten warmen Frühjahrstagen die neuen Nadelholzschläge besuchen und hier die flachstreichenden Wurzeln, sowie die Wurzelstöcke mit Eiern belegen. Die normale Frassfigur aller Arten besteht aus kürzereu oder längeren, einarmigen Längs- oder Lothgäugen mit regelmässigen Eiergrübchen und quer abgehenden Larvengängeu, welche allerdings nur, solange die Larven noch ganz jung und die Gänge sehr kurz sind, deutlich getrennt bleiben, später aber sich stets so kreuzen und verwirren, dass die ganzen tieferen ßindenlagen auf beträchtliche Ausdehnung hin in braunes, dem ,, Schnupftabak ähnliches" [Altum, 1f, S. 394] Frassmehl verwandelt sind. Je nach dem Klima und der Lage des Revieres im Vorsommer oder etwas später, sicher aber im Juli ist die erste Generation vollendet und fliegt aus, um sofort wieder auf der gleichen Schlagfläche in dem noch unversehrtea Brut- materiale zur Fortpflanzung zu schreiten. Diese zweite Generation wird noch in demselben Herbste fertig, schlüpft aus und überwintert in der Bodendecke oder unter Rindenplatten. Die Generation ist also eine doppelte und stellt sich für Mittel- deutschland schematisch ungefähr folgendermasseii: Wurzelbewohnende Rindenbrüter. Beschreibung und Lebensweise. 455 Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 ++,+++ ++ + ++++++ +++ + + + 1881 ++++++ +++i+ + +,++ + wälirend für Süddeutscliland die Flugzeiten etwas früher eintreten mögen. Eichhoff [15«, S. 80] ist sogar geneigt, unter Umständen eine dreifache Generation anzunehmen. Während früher eine einjährige Generation als Eegel angesehen wurde, und auch Altüm, welcher anfänglich eine zweijährige Generation anzunehmen geneigt war [XVI, 1. Aufl.], später [XVI, 2. Aufl.] die einjährige vertheidigte, hat derselbe neuerdings ausdrücklich das Vorhandensein einer doppelten auch in der Mark anerkannt [2f, S. 395]. Abweichende Frassfiguren sind nur selten beobachtet worden. So berichtet Eichhoff [15 a, S. 88], dass H. attenuatus Ek. öfters die Bohrlöcher und Mutter- gänge des H. ater Payk. zum Eindringen benutzt und von hier aus weiter frisst. Hei H. ligniperda Fabk. beschreibt derselbe Autor [15 a, S. 99] hirschhornähnlich gegabelte Gänge. Solche kennen wir, beiläufig bemerkt, auch von Tomicus longicollis Gyll., der von Oberförster Klopfer neuerdings in Primkenau in Schlesien au Kiefern gefunden wurde, es war uns aber nicht möglich, bei dieser merkwürdigen Frassfigur Mutter- und Larvengänge zu unterscheiden. Ausserdem finden sich mehrfach Angaben in der Literatur, dass nament- lich die hier erwähnten Mitglieder der Untergattung Hylastes an den Pfahl- wurzeln junger Nadelhölzer gebrütet haben sollen, so z. B. bei Henschel [XII. 1. Aufl., S. 80] für H. angustatus Hbst. an Kiefern, einem Käfer, den auch Judeich [XI., S. 66] aus jungen Fichteupflanzen erzogen hat. Auch liegt uns jetzt gerade eine in diesem Frühjahr vom königl. sächsischen Staatsforstrevier Colditz eingesendete Fichtenpflanze vor, an welcher deutlich ein in den Splint eingreifender Muttergang von H. cunicularius Er. zu sehen ist. Aehnliches berichtet auch Ratzeburg [61 '^ S. 400] von den Kiefernbewohnern. Trotzdem dürfte eine solche Brutstätte Ausnahme sein. Wenngleich Tomicus autographus Ratz, auch nach unserer Beobachtung der Regel nach in Wurzelstöcken und Wurzeln brütet, so ist andererseits die Angabe von Altum [XIV, III, 1, S. 308], dass er auch an beschädigten oder durch anderen Insektenfrass getödteten Stämmen secundär oft vorkomme, völlig unzweifelhaft. AVir haben sehr häufig die gleiche Beobachtung an aufbereiteten Meterstössen gemacht, wo er mit H. palliatu? Gyll. gemeinschaftlich vorkam. Der Larvenfrass scheint uns aber in diesem Falle praktisch völlig gleichgiltig zu sein. Nürdlinger berichtet [XXIV, S. 33], dass dieser Käfer gleichfalls fremde Bohrlöcher, z. B. solche von H. pilosus Ratz, oder T. Saxesenii Ratz, zum ersten Eindringen benutzt. Eine ganz verein- zelte Beobachtung ist die von Kunze, dass auf dem früheren Neusorger Revier, jetzt zum königl. Sächsischen Staatsforstrevier Zöblitz geschlagen, T. autographus Ratz, einmal in Erlen gebrütet hat, und zwar an den Stämmchen. Schaden. Der einzige, wirklich in Betracht kommende Frass ist der von den Käfern selbst verübte, welche in biologischer Be- ziehung dem Hylobius Abietis L, fast gleichgestellt werden müssen. Er besteht in der Benagang der Einde junger Nadelholzpflanzen im Alter von ungefähr 3 bis 10 Jahren, und zwar sowohl oberirdisch an dem unteren Theile der Stämmchen, als auch unterirdisch in den 456 Kap. IX. Die Käfer. Wurzelknoten und den oberen Theilen der Pfahlwurzeln. Entsprechend ihrer Natur als Borkenkäfer dringen diese Thiere aber tiefer ein als der Rüsselkäfer (vergl. S. 416) und unterhöhlen gern die Rinde, indem sie namentlich an den Bast gehen und nach oben fressen. Grindiger Harzaiisfluss findet sich auch hier. In Folge dieses Frasses gehen die jungen Pflanzen ein, nachdem sich der Angriff des Käfers zunächst durch das Gelbwerden der Nadeln verrathen hat, und werden oft sehr bedeutende Nachbesserungen in den Kulturen nothwendig. Nur wenig befressene Pflanzen, namentlich etwas ältere, halten einen einmaligen Fraes zwar aus, behalten aber, sogar wenn sie sich dauernd erholen, Missbildungen am Wurzelknoten. Beiweitem am meisten verbreitet sind H. ater Payk., der ein ausschliessliches Kieferninsekt ist, und nicht nur die gemeine Kiefer, sondern auch alle anderen bei uns kultivirten Pinus-Arten angeht, und H. cunicularius Er., welcher seinen Verwandten an Fichte er- setzt. Die drei kleinen Vertreter der Untergattung Hjlastes wurden häufig an Kiefer beobachtet, doch ist H. angustatus Hbst. nach den von Eichhoff [15 a, S. 90] mitgetheilten Beobachtungen von Schreiner im Thüringer Walde auch an Fichten gefunden worden. H. ligniperda Fabr. ist, was seine Brutstätte betrifft, sicher ein Kieferninsekt. Trotzdem er öfters als forstschädlich aufgeführt wird, ist aber ein wirklicher Nachweis eines Schadens nicht bekannt ge- worden. Die Aufführung des Tomicus autographus Ratz, an dieser Stelle beruht auf einem von Judbich beobachteten Frass an jungen Fichtenpflanzen [XI, S. 65, Anm.] auf Hohenelber Herrschaft im Riesengebirge. Eine Mittheilung von Oberförster Blume, dass H. ater Patk. auch 40jährige Kiefern getödtet habe [9], beruht, wie schon Haktig vermuthet, wahr- scheinlich auf einer Verwechslung mit H. piniperda L. Dasselbe gilt von den Beobachtungen von H. Pfkil, der diesen Käfer auf der Insel Usedom in Kiefern- zweigspitzen gefunden haben will [V, I, S. 220]. Dagegen kann sich der Frass gelegentlich etwas höher aufwärts erstrecken, wie z. B. Henschfi. [XI, S. 65) das „Beschaben" der Rinde bis zum ersten oder zweiten Astquirl hinauf beob- achtet hat. Ratzeburg berichtet von diesen Käfern, welche er in die Forstento- mologie eingeführt, in seinen „Forstinsekten'' nur geringe Beschädigung, v. Berg erwähnt zuerst einen stärkeren Frass von H. cunicularius Er. vom Hasenberg im Revier Wildemann am Harz aus dem .Tahre 1840, und v. Holleben [35, S. 41] berichtet 1845 ausführlich und rechnet ihn zu den sehr schädlichen Käfern. Wahrscheinlich schon 1828 — 1830, sicher aber zu Anfang der vierziger Jahre hat derselbe in dem Paulinenzeller Forst ungefähr 12 ha Fichtenpflanzung zer- stört. Seit dieser Zeit wurde der Fichtenbastkäfer vielfach als schädlich beob- achtet, z. B. von Fürst zu Berg im Bayerischen Regierungsbezii-k Pfalz [19] im Jahre 1874, und wird in allen Forstinsektenkunden ausführlich behandelt, desgleichen von Eichhoff in seiner Monographie. Die genauesten Schilderungen der Kiefernschädlinge, besonders des H. ater Pavk., giebt Eichhoff und neuer- dings Altüm [2/], welcher aus den Revieren in der Umgegend von Eberswalde diese Käfer als der Wiederaufforstung der grossen Kiefernschlagflächen sehr schädlich kennen gelernt hat. Abwehr. Als Vorbeugung gegen den Frass dieser Käfer ist zunächst die Verhinderung einer stärkeren Vermehrung derselben Lebensweise" und Abwehr von Hylesinus ater und H. cunicularins. 457 anzusehen. Dieser Zweck wird erreicht durch Verminderung der Brutstätten, hier also, da wir es mit wurzelbrütenden Formen zu thun haben, durch Eodung der Wurzelstöcke. Je vollständiger diese erfolgt, desto grösser ist ihre Wirksamkeit. Demgemäss ist auch intensiver Waldfeldbau, bei welchem sie besonders gründlich zu ge- schehen pflegt, empfehlenswerth, wie schon v. Holleben [35] be- tont. Da aber eine so vollständige Rodung, dass wirklich jede Brut- stätte vernichtet würde, nicht durchführbar ist, die Käfer auch gelegentlich an den Wurzeln kränkelnder, stehender Pflanzen brüten, so empfiehlt es sich, die Wurzelstöcke als Anlockungsmittel für die Käfer zu benutzen und erst dann zu roden, wenn sie bereits mit Brut belegt worden sind. Dies muss vor dem Ausfliegen der ersten Gene- ration, also bei einem Winterschlage im Juni geschehen. Gegen die zweite Generation kann man durch Darbietung von künstlichem Brut- material, z. B. durch Eingraben von Brutknüppeln, in derselben Weise, wie gegen den grossen braunen Küsselkäfer vorgehen und bei rechtzeitiger Vernichtung der abgelegten Brut Erfolge erreichen. In allen diesen Fällen müssen aber die besetzten, gerodeten Wurzeln und herausgenommenen Brutknüppel nicht etwa blos abgefahren, sondern wenigstens äusserlich angeschwält werden. Um die Kulturen selbst zu schützen, ist es nothwendig, nament- lich in denjenigen Fällen, wo eine gründliche Eodung nicht durch- führbar war, mit dem Wiederanbau wenigstens ein, noch besser zwei Jahre zu warten, weil sonst die auskommenden Käfer gleich an Ort und Stelle ihr Zerstörungswerk an den kurz nach der Frühjahrs- pflanzung noch nicht erstarkten Pflanzen beginnen können. Aber auch wenn eine solche Vorsichtsmassregel beobachtet oder der Schlag gründlich gerodet wird, empfiehlt es sich auf dazu geeignetem Ter- rain, die Kultur vor dem Anbau mit einem Fanggraben zu umgeben, in welchem sich die, wie der grosse braune Rüsselkäfer, zu Fuss ihrem Frassorte zuwandernden Käfer leicht fangen. Auch die gegen den braunen Rüsselkäfer ausgelegten Fangrinden, Faugkloben u. s. f. dienen gleichzeitig zum Fange der wurzelbrütenden Hylesinen, da diese Fangvorrichtungen von den Borkenkäfern sehr gern aufgesucht werden. Altum berichtet z. B. [2, f, S. 392], dass an einzelnen Kloben „20 bis 50, ja bis 200 Hylesinen" gefunden wurden und empfiehlt \lf, S. 396], die an diesen ansitzenden Thiere gleich mit einem Holz- stücke zu zerquetschen, ihre Reste aber dann abzustreifen, damit man an den folgenden Tagen leichter die frisch zugewanderten Käfer er- kennen könne. Die bereits angegriffenen, durch ihr Welken kenntlichen Pflanzen sind zu entfernen und zu vernichten, am besten durch Verbrennen. Von besonderer Wichtigkeit ist es aber hierbei, dass die kranken Pflanzen nicht einfach herausgezogen werden, weil alsdann die an den Wurzeln fressenden Käfer, namentlich bei trockenem Wetter, abge- streift im Boden zurückbleiben. Dieselben müssen vielmehr mit Ballen igS'^*'"'^'"'' ^- mittelenrop. Forstinsektcnkunde. 30 4,58 Kap. IX. Die Käfer. ausgehoben, dann mit trockenem Eeisig durchsetzt, zusammengebäuft und verbrannt werden. Dabei gewinnt man überdies eine gute Kulturerde. Wurzel- iiud auch stammbewohnende Rindenbrüter, welche als Larven ältere Nadelholzbestände beschädigen. Hierher gehört nur der Riesen-Bastkäfer, Hylesinus (Dendroctonus Er.) micans KuG. Die Larven dieses Thieres, welcbe gewöhnlich in den Wurzeln und dem unteren Stammtheile der Fichtenstämme mittlerer Alters- klassen, seltener auch an höher gelegenen, beschädigten Stellen älterer Bäume regellose Familiengänge fressen, bringen bei starkem Vor- kommen durch Unterbrechung der Saftcirculation die befallenen Stämme zum Absterben. Gegen diesen Angriff, der sich leicht durch grosse Harztrichter und krümlichen Harzausfluss kenntlich macht, ist als Vorbeugungs- mittel die Erziehung unterwärts ganz unbeschädigter Stämme geboten. Die Vertilgung wird nach Einschlag der erkrankten Stämme und Rodung der Wurzeln am besten durch Anschwälen der mit dem Feinde noch besetzten Theile erreicht. Beschreibung. H. (Dendroctonus Er.) micans Kug. Käfer länglich, wenig glänzend, schwarz, mit langen, grau-gelben Haaren nicht sehr dicht besetzt. Halsschild viel breiter als lang, nach vorn stark verengt, vor der Spitze etwas eingeschnürt, am Vorderrand tief ausgerandet, oben ziemlich tief, aber etwas ungleichmässis: punktirt, mit mehr oder weniger deutlicher, glatter Mittellinie. Flügeldecken punktirt gestreift, mit breiten, runzlig gekörnten Zwischenräumen. Der breite, an der Spitze flach eingedrückte Eüssel und der Vordertheil des Kopfes runzlig gekörnt. Fühler und Füsse gelb-roth. Länge S — 9 mm. Lebensweise und Schaden. Ein direktes Schwärmen dieses Käfers ist von Sachverständigen überhaupt noch nicht beobachtet worden, die Eiablage scheint aber hauptsächlich in den wärmereu Monaten, Mai bis August, stattzufinden. Seine Generation erscheint jedoch äusserst complicirt, und zwar besonders deshalb, weil von allen Beobachtern gleichmässig ein Ueberwintern, sowohl der Larven, wie der Käfer, sicher festgestellt wurde. Am einfachsten scheinen sich die hieraus ergebenden Zweifel zu lösen, wenn man mit Oberförster Glück [24, S. 388] annimmt, dass zwei Generationen A und .B, nebeneinander herlaufen, und zwar so, dass bei der Generation A die Eiablage in den Mai und Anfang Juni fällt, der Larvenfrass während der Monate Juni, Juli und August dauert und der Käfer im September erscheint, um als solcher zu überwintern. Bei der Generation B fiele dagegen die Eiablage wesentlich in den Juli und August, die im August ausschlüpfenden Larven überwintern und verwandeln sich erst Ende Juni oder Anfang Juli des nächsten Jahres nach kurzer Puppenruhe in den Käfer. Graphisch kann man dies folgendermassen darstellen : Hylesinus micans, Beschreibung und Lebensweise. 459 Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. A< 1880 1881 +!+ ++++++ + ++ +++ ++-I- ++++++ -*-++' + +-!-' 1880 + + -^+ + 1881 ►++ + Hiermit steht, ausser einigen nicht völlig beweiskräftigen Mittheilungen von Eichhoff [15 a, S. 127], nur die Deutung einer von Ulrici [73, S. 151] gemachten Beobachtung in Widerspruch. Dieser Forscher hat nämlich in dem einen Belauf der Oberförsterei Thale gefunden, dass die überwinterten Käfer erst jm Juni zur Eiablage gesehritten, und aus diesen Eiern bereits von Mitte Juli bis Anfang August allerdings noch unreife gelbe Käfer entsprungen waren. Zu- gleich fand er am 23. Juli sehr zahlreiche Eier und ganz junge Larven und meint nun, da ihm „eine derartige Verspätung des Eierlegens von Anfang Juni bis Mitte Juli kaum wahrscheinlich ist", dass diese Eier vermuthlich von den zuerst ausgekommenen Nachkommen der Wintergeneration abgelegt worden seien. Die erst im August ausgekommenen Käfer sollen sich aber nicht fort- pflanzen. Es hätte also hier eine doppelte Generation stattgehabt. An anderen Stellen des Kevieres konnten Anzeichen für eine solche nicht gefanden werden. Der Käfer macht bei seinem ersten Angriff einen unregel- mässigen Wagegang oder einen knieförmig gebogenen, auch doppelt knieförmigen Muttergang [Ul,rici 73, S. 154], in welchem die Eier in einem oder mehreren Haufen von 50 bis 15U Stück abgelegt werden. Die auskummeoden Larven fressen, eng gedrängt nebenein- ander nach oben fortschreitend, einen gemeinsamen Hohlraum unter der Rinde, an dessen oberem Ende man sie dicht nebeneinander in gestreckter Stellung arbeitend findet. Zum Zwecke der Verpuppung gehen sie wieder in den mit harzdurchdrungenem Wurmmehl gefüllten Frassraum zurück und bilden Jede für sich einen Puppenhohlraum. In diesem Lager überwintern auch die Käfer; die sich höchstens etwas weiter wurzelwärts zurückziehen. Nach Kollar [44 h\ sollen dagegen die Käfer in der Nadelstreu überwiatern. Der Angriff ist zu- nächst an dem wenigstens 3 rtim haltenden, grossen Bohrloche leicht zu erkennen, aus welchem bald reichlich Harz, vielfach mit Nage- mehl gemischt, austritt, um sich bald in krümliche, weissliche Klumpen zu verwandeln, welche nach einem treffenden Vergleiche Altum's wie abgefallene Mörtelbrocken aussehen. Dies ist namentlich an den Wurzeln charakteristisch, während an höher gelegenen Angriffsstellen häufig Harztrichter auftreten und eine bedeutende Grösse — ein vorlie- gendes Exemplar misst 33 mvi Länge und 23 wm Querschnitt — er- reichen. Der den Gang verlassende Käfer durchbohrt dieselben öfters. Am 30* 460 Kap. IX. Die Käfer. liebsten wählt der Käfer zu seinem Angriff bereits beschädigte Stellen mit Harzaustritt, also an den tieferen Baumpartien durch Wagenräder verletzte Wurzeln, Schälstellen des Wildes, ferner angelaschte Bäume und solche, an denen bei der Durchforstung Zwieselstangen tief weg- geschnitten wurden. An diesen tieferen Theilen der Stämme, ungefähr bis Brusthöhe, ist der Käfer bisher am häufi^steu gefunden worden, und man darf, obgleich er vereinzelt überall auch schon höher an- getroffen worden ist, diese als seine normale Brutstätte annehmen. Erst Glück [24] fand, dass in einem Belaufe des Revieres Neu- pfalz, Regierungsbezirk Coblenz, der Käfer mit Vorliebe die oberen Stammtheile in 15 bis 20 m Höhe angegangen hatte, gewöhnlich durch Schnee- und Eisbruch beschädigte Gipfelstellen an sogenannten „Bajonettfichten". Ja es genügt schon eine durch Reibung eines benachbarten Astes geschädigte Rindenstelle, um ihn anzulocken. Dagegen ist allgemeine Kränklichkeit und unterdrücktes Wachsthum durchaus nicht nöthig, vielmehr werden häufig die schönsten und dominirendsten Stämme angegangen. Als Brutpfianze wählt der Käfer fast ausschliesslich die Fichte. Erfolgt der Angriff an höheren Stellen, so steigt der Käfer allmählich stammabwärts [24, S. 386]. Randbäume in südlicher und östlicher Lage, sowie lichte, warme Bestände sind am meisten gefährdet. Am häufigsten werden Stangenhölzer von 20 bis 40 Jahren befallen, mit- unter aber auch ältere Bestände, z. B. 60jährige [Glück, 24, S. 385]. Geht er gelegentlich auch einmal die Kiefer an [73, S. 156; 20, S. 60], so scheint es selten zu einer wirklichen Fortpflanzung zu kommen, und werden die Bohrgänge bald wieder verlassen. Erst neuer- dings berichtet Henschel [32 e], dass H. micans in ausgebreiteter Weise in Böhmen in Kiefern gefunden worden sei, und Altum erwähnt [2 g S. 243], dass in Gauleden, Regierungsbezirk Königs- berg, dieser Käfer in Kiefernstangen zahlreich gebrütet habe. Der Käfer ist zu den sehr schädlichen zu rechnen. Wenn- gleich sein erster Angriff durchaus nicht sofort tödtlich wird, so gehen doch bei fortgesetztem Frasse neuer Generationen die Bäume ein. Am Stamme kommt es namentlich darauf an, ob nur ein geringerer Theil der Peripherie angegangen oder derselbe ringsum befressen ist. In letzterem Falle geht der oberhalb der Prassstelle gelegene Theil ein. Die Wurzeln sterben unterhalb der angegriffenen Stelle ab ; ist nur eine Wurzel so beschädigt, so lebt der Stamm weiter, die Zer- störung einer grösseren Anzahl der Hauptwurzeln tödtet ihn jedoch. Geschieht dies mit vielen Stämmen, so wird der Bestandesschluss gefährdet. [73]. Dieser Käfer wurde zuerst 1794 durch v. Sierstorpff [67, S. 59 und 60, Fig. 14 und 15], allerdings unter dem Xamen ^Bosb-ichus ligniperda'\ in die Forstentomologie eingeführt, aber noch Eatzebcrg, der [V, I, S. 217] wesent- lich nur Beobachtungen von Saxesen wiedergiebt, kannte keinen ernstlichen durch denselben verursachten Schaden. Auch Stein konnte in einer ersten Mit- th^ilung hierüber nichts berichten [68 a, S. 235], kannte aber bereits zwei Jahre Hylesinus micans, Schaden und Abwehr. 4(31 später, 1854 [68 h, S. 277], eine grössere Verheerung durch H. micans von dem königl. Sächsischen Staatsforstrevier Neudorf im Erzgebirge, wo er seit dem Jahre 1852 in vierzig- bis fünfzigjährigen Fiehtenbeständen derartig überhand genommen hatte, dass der Einschlag von circa 500 Klaftern ^/^-elligen Seheit- holzes nothwendig wurde. 1858 berichtet Kollar [Ah] über einen grösseren Frass an zehn- bis fünfzehnjährigen Fichten im kaiserlichen Parke zu Laxenburg bei Wien. Anfänglich hatte hier der Käfer nur in einzelnen alten, kranken, über- ständigen Fichten, die jahrelang Widerstand leisteten, gelebt. Man fällte nach Möglichkeit und, da man bald das Brüten in den Wurzeln, besonders in den angefaulten, beobachtet hatte, so rodete man auch diese, die Gruppirung des Parkes immer wieder durch neue kräftige Stämme, die in einem Alter von zehn bis fünfzehn Jahren aus dem nahen Gebirge entnommen wurden, ver- jüngend. Aber auch diese befiel das Insekt, besonders durch die warmen Jahre 1856 und 1857 begünstigt. Auf der ls67er Versammlung des Harzer Forst- vereines [21] wurde über sein Vorkommen im Harze. Thüringer Walde und Anhalt, sowie auch in der Ebene bei Braunschweig im Marienthaler Forstreviere von mehreren Seiten berichtet, der Käfer aber im wesentlichen noch als wenig bedeutend betrachtet. Auf der 1872er Versammlung desselben Vereines berichtet Gebbers [20] von einem Frasse in der königl. Preussischen Oberförsterei Thale am Harze, wo der Käfer einen 10 ha grossen, fünfunddreissigj ährigen, mit Kiefern gemischten Fichtenbestand angegangen und hier zwei Drittel aller Fichten besetzt habe, ein Frass, der genauer von Uleici [73] geschildert wurde. Aus dem königl. Preussischen Revier Xeupfalz, Eegierungsbezirk Coblenz, berichtet Glück [24] über einen stärkeren Frass. der, von benachbarten Gemeindewaldungen ausgehend, mehrere Bestände der genannten Oberförsterei schädigte. Abwehr. Als Vorbeugungsmittel ist vor allem die Erziehung gesunder, an den unteren Theilen unbeschädigter Bäume zu nennen. Mit Recht betont daher Eichuoff [15 a, S. 128], dass Büschelpflanzung, welche häufig zur Bildung von Zwillingen führt, vermieden werden sollte und man bei der Durchforstung von letzteren nicht nur den einen Stamm, sondern, wenn thunlich, beide entfernen müsse. Ungefährlich sind dagegen Büschelpflanzungeu, wenn sie zur Gewinnung schwachen Materials zeitig genug ausgeschnitten werden. Ferner ist die Ent- nahme der vom Wild geschälten Stangen, von Wipfelbrüchen u. dgl. auzurathen. Die Erhaltung einzelner werthvoller Stämme kann durch die Umkleidung des unteren Stammtheiles mit einer den Käfer abhaltenden Schutzschicht erreicht werden. Als solche wird die vom Hofgärtner Leinweber im Laxenburger Park bei Wien an- gewendete empfohlen. Das Eecept des Anstriches ist folgendes: Man übergiesst fünf Pfund ordinären Tabak mit einem halben Eimer warmem Wasser, lässt ihn vierund- zwanzig Stunden so stehen und drückt ihn gehörig aus. Dieser Aufguss wird dann mit einem halben Eimer Rindsblut gemengt imd ein Theil gelöschten Kalkes und sechzehn Theile frischer Kuhexcremente hinzugesetzt, so dass alles ein Brei wird. Diesen Brei lässt man in einer ofienen Tonne einige Zeit gähren und täglich mehrmals umrühren. Der Anstrich wird, nachdem man die Stämme bis an die oberen Wurzeln von Erde entblösst und gereinigt hat, mittelst eines Maurerpinsels von den freiliegenden Wurzeln an bis 0'6 m am Stamme auf- wärts aufgetragen. Dies wird drei Tage hintereinander wiederholt, bis sieh eine Kruste am Stamme bildet, die dann vom Regen nicht abgewaschen wird und auch den Bäumen nicht schadet [Kollar 44 h]. In bereits angegriflFenen Beständen muss man zur Vertilgu ng der Käfer und Larven schreiten. Die angegangenen Stämme sind ein- 462 Kap- IX- Die Käfer. zuschlagen und die Stöcke, falls die unteren Stammtbeile auch befallen sind, sorgfaltig zu roden. Die Stockhölzer werden alsdann mit dürrem Reisig durchsetzt in lockere Haufen geschichtet und angebrannt. Die namentlich durch das ausgetretene Harz genährte Flamme schlägt hoch auf, verkohlt aber nur die Rinde, während das Holz unbe- schädigt bleibt [Ülrici 73, S. 158]. Stehenlassen der gerodeten Stöcke an der Luft genügt nicht zur Tödtung der Brut. Stämme, welche auf diese Weise nicht zu behandeln sind, werden geschält, eventuell auf untergelegten Tüchern, und die Rinde wird verbrannt. Glück empfiehlt hierzu mehr als die gewöhnlichen Schnitzmesser den RoTH'schen Rindenschäler [64]. Hesse hat einen Bestand durch Begiessen der Umgebung der befallenen Bäume mit Clilorwasser gerettet (vgl. S. 212). Stammbewohiieiide Rindenhrüter, welche als Larven die Bastschicht der Nadelhölzer zerstören, als Käfer Triebe aushöhlen. Der grosse oder schwarze Kiefern-Markkäfer, Hylesinus piniperda L. (^Taf. II, 10) und der kleine oder braune Kiefern-Markkäfer, H. minor HtG-, zusammen wohl auch als „Waldgärtner" bezeichnet, sind gefährliche Feinde der Kiefernbestände mittlerer und höherer Altersklassen. Wenn sie auch kränkelnde Bäume vorziehen, so brüten sie (Fig. 145 und 146) bei starker Vermehrung doch auch vielfach in gesunden, können diese zum Eingehen bringen und werden, auch wenn sie nicht gleich ganze Bestände vernichten, durch die Gefährdung des Bestandschlusses schädlich. Hylesinenfrass ist ferner häufig eine unwillkommene Folge- erscheinung von Raupen-, namentlich von Kieferneulenfrass. Hierzu kommt noch, dass die Käfer vom August an die Endtriebe der Kiefernzweige von unten nach oben nagend aushöhlen (Fig. 147) und hierdurch derartig schwächen, dass sie in Menge von den Herbst- stürmen herabgebrochen werden. Werden Kiefern alljährlich in dieser Weise angegriffen, so verändert sich ihre ursprünglich breite Kronen- form in eine spitze, fichtenähnliche, wie bei einem unter der Schere gehaltenen Baume (Fig. 147). Diese Verluste an Trieben und Nadeln haben alsdann nicht nur einen Zuwachsverlust und Lichtstellung der Bestände, sondern auch vielfach eine Minderung der Saraenernte zur Folge. Rechtzeitiger Einschlag und Entrindung der mit Brut besetzten Bäume, verbunden mit Verbrennung der Rinde, ist als Abwehr eines schon vorhandenen Frasses, rechtzeitiges Werfeu von Fangbäumen als Vorbeugungsmittel zu empfehlen. Im Sommer noch nicht abgefahrene Kiefernstämme müssen wie Fangbäume behandelt werden. Beschreibung: H. (Myelophilus Eichh.) piniperda L. Käfer läng- lich, schwarz glänzend, Flügeldecken nur bei jungen braunroth. Kopf und Rüssel fein und nicht dicht punktirt, letzterer vorn etwas eingedrückt, mit Die Waldgärtner, Hylesinus piniperda und H. minor. 46J feiner, erhabener Mittellinie. Halsschild kürzer als an der Basis breit, vorne verengt, kugelförmig, vor der Spitze leicht eingeschnürt, oben weitläufig, nicht tief punktirt, mit undeutlicher, glatter Mittellinie. Flügeldecken fein punktirt-ge- streift, Zwischenräume vorn runzlig-punktirt und gehöckert, nach hinten zu mit einer Reihe borstentragender kleiner Höckerchen. Der zweite Zwischenraum trägt jedoch auf dem Absturz selbst keine Höckerchen und erscheint daher vor- züglich beim (^ furchenartig, etwas vertieft. Fühler und Füsso rostroth. Länge 4 — 4"5 mm. H. (Myelopliilus Eichh.) minor Htg. Käfer dem H. piniperda äusserst ähnlich, der zweite Zwiscli»^nraum trägt aber auch auf dem Absturz Höckerchen, erscheint daher nicht vertieft. Die Flügi-ldecken sind auch bei ganz reifen Exem- plaren nur röthlich-braun, nicht oder nur selten schwarz. Meist sind ausser den Fühlern nicht blos die Füsse, sondern die ganzen Beine rostroth. Länge 3"5 — 4 mvi. Lebensweise: Wie aus den vorstehenden, genauen Diagnosen hervorgeht, sind die zoologischen Unterschiede dieser beiden Arten, d. h. bei H. piniperda L. die bei vollständig ausgefärbten Exemplaren dunklere Färbung der Flügeldecken — zuerst von v. Binzek Fig. 145. j'iÜl FijT. 146. Fig. 14.5. Ein Stück Kiefernrinde von der Innenseite mit Frassfiguren von Hylesinus piniperda L. ; links unten ein frischer Gang nur mit Eiergruben. a Bohrloch mit krückenförmigem Anfange des Muttergauges, b Luftlöcher. Fig. 14G. Kiefemrolle mit Frassfiguren von Hylesinus minor Htg. Am oberen Theile ist die aufgesprungene Rinde noch nicht abgefallen. [6] scharf betont — sowie, mit Ratzeburg zu reden [23 6, S. 377], die „Schattenfurche neben der Naht am Abstürze", die zuerst Saxesbn auffand, doch schliesslich so fein, dass in der Praxis wohl sehr viel häufiger eine Verwechselung beider Arten vorkommen würde, wenn ^Q^ Kap. IX. Die Käfer. uicht ihre Frassfiguren äusserst verschieden wären. H. piniperda L. macht nämlich einarmige, senkrechte, am stehenden Baume von dem Bohrloch nach unten verlaufende, gewöhnlich mit einem Luftloolie versehene, 7 his 14 cm lange Muttergänge mit krückeustockartig gebogenem Anfangstheile, von denen bei typischer Entwickelung der Frassfigur dicht gedrängte, langgestreckte Larvengänge in der Quer- richtuug abgehen^ um in ovalen, auf der Grenze von Einde und Holz gelegenen Puppenwiegen zu enden. Es werden die starkborkigen unteren Stammtheile vorgezogen, und die Gränge verlaufen meist so vollständig in der Rinde, dass das Holz liöchstens von den Mutter- gängen, niclit aber von Larvengängen und Puppenwiegen oberfläch- licli gefurcht wird. Die Bohrlöcher des Käfers, welclie meist recht verborgen unter Riudenschuppen angelegt werden, sind trotzdem oft durch sie umgebende, kleine hellgelbe Harztrichter ausgezeichnet. Der Anflug des Käfers ist oft ein sehr heftiger, so dass nament- lich Faugbäume häufig so dicht mit Frassfiguren besetzt sind, als überhaupt nur möglich. An starkem Holze kann man auf das laufende Meter bis 60 Gänge zählen, jeder durchschnittlich mit 100 Eiern belegt. Nehmen wir auch nur die Hälfte der Gänge und die Hälfte der sich zum Käfer ausbildenden Larven, so würden sich an Stämmen von 10 bis 13m Länge gegen 20 000 Käfer entwickeln! Er scheint ferner anfänglich die liegenden Stämme gern von der Unterseite anzugehen. Das oben über die Richtung der Mutterg-äage Gesagte bezieht sich wesentlich auf den stehenden Baum. Am gefällten kommt es auf die Lage an. Liegt ein Ende hob er als das andere, so richten die Käfer ihre Gänge ein- heitlich von oben nach unten. Bei wagerecht liegenden kommen sowohl nach dem Wurzelende, wie nach dem Zopfende gerichtete gemischt vor [Eichh. 15 a, S. 104]. H. minor Htg. macht dagegen (Fig. 146) zweiarmige, quer- gerichtete Muttergänge, ungefähr von der Gestalt einer liegenden Klammer ^-- — , bei denen die kurze mittlere Eingangsröhre von dem Bohrloche nach oben geht. Diese Muttergänge dringen stets bis in den Splint, während die von ihnen in der Längsrichtung des Baumes nach oben uud unten abgehenden kurzen, nicht sehr dicht stehenden Larvengänge bald nur in der Rinde verlaufen, bald aber auch den Splint seicht furchen. Die Puppenwiegen liegen dagegen ^tets im Holz, und zwar mit ihrer Längsachse in radialer Richtung, so- dass nur ein kreisrundes Loch ihre Lage anzeigt. Der Käfer zieht frischeres, saftreiches Holz dem welken vor und brütet vorzugsweise in den Stammtheilen mit dünner, röthlichgelber, blättriger Rinde, welche über den Muttergängen und an den Stellen, wo die Flug- löcher sie reihenweise durchbohren, gern aufspringt. Der Käfer ist da- her im Durchschnitt in jüngeren Stangenhölzern und in den oberen Theilen älterer Bäume heimisch, während H. piniperda L. die unteren Theile vorzieht. Trotzdem kommen gelegentlich Frassgänge beider Arten in unmittelbarer Nähe von einander vor. Lebensweise von Hylesinus piuiperda und H. minor. 465 Beide Käfer sind im Allgemeinen typische Schädlinge unserer gemeinen Kiefer, kommen aber auch in sehr vielen, ja vielleicht in allen anderen Pinus-Arten vor. Angriffe auf Fichte sind ferner durchaus nicht sehr selten, ohne dass man deshalb berechtigt wäre, von einem Schaden an letzterer Holzart zu reden. Im Allgemeinen sind die Waldgärtner der Verbreitung der gemeinen Kiefer ent- sprechend bei uns mehr Insekten der Ebene wie des Gebirges. In grosser Ausdehnung fressen beide Arten nach Pereis [58] in Südfrankreich an der Seekiefer, sowie in den verwandten Arten. In Weymouthskiefer \vurde H. piniperda L. bereits 1846 zu Hohenheim beobachtet [XXIV, S. 21]. Judeich berichtet über einen ausgezeichneten Frass an derselben Holzart aus dem Tharan- der Forstgarten [38 i, S. 260]. Im Schwarzwald ist H. minor Htg. [XXVI, S. 22] auch in Legföh ren getroffen worden, während Eichhofp berichtet, dass ihm von dem Vorkommen von H. piniperda L. im Knieholz nichts bekannt geworden sei [15 o. S. 102]. Die geographische Verbreitung des bekannteren H. piniperda L. ist gleich derjenigen seiner Nährpflanzen eine circumpolare, indem er sowohl in ganz Europa und Nordasieu bis n;ichJ;ipan hin, wie auch in Nordamerika vorkommt. Südlich geht er bis auf die canarischen Inseln [15 o, S. 106]. Was das Brüten iu Fichten betrifft, so sind die Angaben Bechstein's [II, S. 190 bis 192] von Ratze- burg zunächst angezweifelt worden [V, 1, S. 209], doch bereits 1863 berichtet Willkomm, dass Braon den Kieferu-Markkäfer im Reussischen in Fichte gefunden, eine Beobachtung, welche Braun selbst genauer und auf H. minor ausgedehnt 186T [9] publicirt. Es geschah dies in Folge einer neuen gleichen Beobach- tung von GiGGLBERGER [23 o] in der Bayerischen Oberpfalz, welcher hierüber noch mehrmals geschrieben [23 b und c] und sowohl Ratzebueg wie Nörd- LiNGER mit Frassstüeken und Käfern versehen hat. Letztere erkannten, jener brieflich [23 b, S. 377] für H. piniperda L., dieser ausserdem in einem be- sonderen kleineu Artikel, auf Grund eigener Untersuchungen des Materiales die Richtigkeit dieser Beobachtungen an. Weitere eigen beobachtete Fälle führt Nürdlinger in seinen Nachträgen [XXIV, S. 21 und 22] an, und Judeich berichtet 1876 [XI, S. 116] vom Tharander Revier und aus Böhmen Gleiches. Wir können hinzusetzen, dass wir in neuerer Zeit wiederholt dieselbe Beob- achtung gemacht haben. An Lärchen brütend ist der Käfer unseres Wissens blos in Sibirien gefunden worden, und zwar durch v. Middendorff [45 b, S. 243] Gelegentliche ältere Mittheilungen, dass er auch Tannen annähme, scheinen uns apokryph. Was Willkomm [75 b] darüber berichtet, beruht auf bewusster Anpassung an den Sprachgebrauch der russischen Ostseeprovinzen, in welchen die Kiefer „Tanne" genannt wird. Desgleichen scheinen uns die Mittheiluugen, dass der Käfer auch Fichtentriebe ausgefressen habe, vorläufig nicht beglaubigt. Beide Arten sind Frühschwärmer, H. piniperda L. allerdings iu noch hervorragenderem Masse als H. minor Htg. Sie überwintern als Käfer und werden von den ersten warmen Frühjahrstagen hervorgelockt. Zu dieser Zeit sind sie in riesigen Mengen auf den Winterschlägen, von denen das Holz noch nicht abgefahren wurde, au den Holzniederlagen der Sägemühlen u. s. f. zu beobachten. Die Weibchen beginnen alsdann die Anlage der Muttergänge und werden, halb im Bohrloche steckend, von den aussen sitzende» Männ- chen begattet. Die Eiablage geht recht allmählich vor sich und kann in demselben Muttergange, von dem Anfange bis zum Ende fort- schreitend, einige Wochen in Anspruch nehmen, worauf dann die später abgelegten Eier entsprechend später Larven, Puppen und Käfer Hefern. Im allgemeinen kann man bei normaler mittlerer Früh- jahrswitterung 14 Tage auf das Eistadium, sieben bis acht Wochen 466 Kap. IX. Die Käfer. auf das Larvenstadium uud 14 Tage auf das Puppenstadium rech- nen, so dass also nach Eatzeburg 75 bis 84 Tage, nach Hess 11 bis 12 Wochen [33, S. 511] von der Eiablage bis zur Aus- bildung der anfänglich noch strohgelben, bald aber sich ausfärbenden Imago vergehen. Beobachtet man also einen Hauptflug Ende März, so kann man Ende Juni auf Käfer rechnen. H. minor soll nachAtTUM meist etwas später fliegen als H. piniperda, was Eichhoff für den Elsass leugnet, trotzdem es auch in Südfrankreich nach Perkis [58, S. 222] Regel sein soll, dass er nicht vor April schwärmt. In BetreflF der Schwärmzeit dürften aber wohl überhaupt die lokalen und klimatischen Verhältnisse stark mitsprechen. Es verspätet sich nämlich bei rauher Frühlingswitterung der Flug der Hylesinen oft so sehr, dass man noch bis in den Mai hinein frische Gänge findet. Auch die Entwickelungsdauer der Käfer wird stark von der Temperatur beeinflusst, wie erst kürzlich Hess [33] klar zeigte. Während nämlich in Fangstämmen, die im Schatten eines etwa 60jähri- gen Kiefernbestandes lagen, die Entwickelung von der Eiablage bis zum Ausfliegen des Käfers ungefähr die oben angegebene Zeit von 11 bis 12 Wochen betrug_, ging sie in Stämmen gleichen Alters, auf einem der Südwestsonne exponirten Kahlschlage viel rascher vor sich und nahm nur sieben bis acht Wochen in Anspruch. Diese Thatsache ist eehr zu berücksichtigen, wenn es sich um Entscheidung der Frage nach der Generation der Kiefern-Markkäfer handelt. Ratzeburg und viele seiner Nachfolger waren geneigt, als Regel eine einfache Generation anzu- sehen, indem sie annahmen, dass die im Sommer ausgekommenen Käfer in demselben Jahre nicht wieder zur Fortpflanzung schritten, sondern sich direkt in die Triebe einbohrten. Dieser Behauptung stehen viele ganz positive Beobaclitungen entgegen, welche das Vor- kommen einer zweiten Generation nachweisen ; dagegen ist an vielen Orten ebenso unzweifelhaft eine nur einfache Generation constatirt, und die Behauptung von Eichhoff, dass die doppelte Generation die Regel bilde und vielleicht eine dreifache vorkomme, eine ebenso unberechtigte Verallgemeinerung, wie die entgegenstehende Ratze- burg's. Vielmehr sind Höhenlage und Klima des Reviers, sowie die gerade herrschende Jahreswitterung die Faktoren, von denen es abhängt, ob eine einfache oder doppelte Generation vorkommt. Graphisch lassen eich die Verhältnisse der Generation ungefähr folgen derma SS en darstellen : Einfache Generation von Hylesinus piniperda L. 1880 1881 ,Jan. Febr. März April Mai + + Juni Juli Aug. Sept. »+ + I+++++ + Oct. ! Xov. Dec. ++++++!+++ +++ +++ +++ ++ Lebensweise von Hylesimis piniperda und H. minor. Doppelte Geueration. 467 1880 Jan. Febr März +4- April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. •+ + ► +++++++ +++ 1881 rl-++ + ++ ++ + Kiefern-Markkäferbrut im Herbste wurde unseres Wissens zuerst von Georg [22] gefunden, doch ist derselbe noch nicht geneigt, hieraus auf eine doppelte Generation zu schliessen, was auch Ratzebükg nicht thut. Altüm ist bereits in der ersten Auflage seiner Forstzoologie [XVI, III, 1, S. 231] nach seinen Beobachtungen überzeugt, dass bei frühem Sommerfluge des H. piniperda der Käfer zu einer zweiten Brut sehreitet. Er sagt: „Wiederholt habe ich unter dieser Voraussetzung bemerkt, wie einzelne starke Kiefern sich im Laufe des Sommers mit Harztrichtern an ihrem unteren Stammende bedeckten und das Bohrmehl händevoli um den Wurzelknoten angehäuft lag. Bohrt der Käfer nämlich lebende Stämme an, so wird seine Thätigkeit nicht nur durch das Bohrmehl, sondern noch antfälliger durch starken Harzausflus aus den Bohr- löchern verrathen, der die Oefifnung freizulassen und somit eine Trichterform anzunehmen pflegt. Unsere 1871 erloschene Kiefernspinnerkalamität zeigt durch allmähliches Absterben einzelner Stämme im Altholze noch fortwährend ihre Nachwirkung, so dass in den stark heimgesuchten Beständen weit mehr Stämme eingehen, als gewöhnlich. Der alte Kiefernhochwald stellt sich ja stets allmählich licht. An diesen kranken Stämmen nun zeigt sich in höchst auft'allender Weise die eben genannte Erscheinung. Schon aus der Ferne erregen die zahlreichen weissen Flecke an denselben die Aufmerksamkeit. Das ist schon im Juli der Fall. Die Annahme, dass sich der Käfer an solchen zum Winterschlafe einbohre, ist schwerlich zu approbiren. Mitten im Sommer verkriecht sich kein Insekt zur Winterruhe, das hervorquellende Harz würde den Käfer tödten, und die Flug- löcher im Herbste beweisen stricte, dass darin eine Generation zu Stande gekommen ist. An und für sich wäre es möglich, dass ein spätes Frühlings- schwärmen des Käfers dieselbe Erscheinung zur Folge hätte, zumal nach bereits erfolgter Entfernung aller gefällten Stämme und des Klafterholzes, sodass sich hier folglich nicht eine zweite, sondern die erste, einzige Generation entwickelt hätte. Allein meine Notizen zeigen mir gerade für das Jahr, in dem die genannte Erscheinung besonders hervorstechend auftrat, den Anfang März (7. bis 10.) als sehr lebhafte Schwärmzeit an." Dieser Ansicht schliesst sich Judeich [XI, S. 112] völlig an. Eichhoff [15 o, S. 112] tritt dann mit voller Entschiedenheit für eine wenigstens doppelte Generation auf, und die hierdurch veranlassten Beobachtungen von Czech [12] und Hess [33] sprechen, erstere für eine mit- unter sogar dreifache, letztere für eine öftere doppelte Generation. Doch nicht nur bei ihrem Brutgeschäft, also wesentlich durch Larvenfrass, bedrohen die Kiefern-Markkäfer unsere Bestände, sondern auch durch Käferfrass, durch welchen irn Spätsommer und Herbst die bekannten Abfälle, Abbruche oder Brüche an den Kiefern erzeugt werden. Die jungen, eben fertig gewordenen Käfer beider Arten, welche in ihrem Geburtsjahre nicht mehr zur Fortpflanzung schreiten, bohren sich dann in die jungen Triebe benachbarter Kiefern. Das Bohrloch, welches sich durch das austretende und verhärtende, in Form eines Trichters dasselbe umgebende Harz leicht kenntlich macht, befindet sich meist 2 bis 5 cm unterhalb der ^gg Kap. IX. Die Käfer. Spitzknospeu, also im jüngsten und zartesten Theile des Triebes. Ist es weiter von der Knospe entfernt, und geht der vom Käfer ausgefressene Gang nicht bis an dieselbe, so entwickelt sie sich zu- weilen, und die hohle Triebröhre füllt sich wieder mit Holzmasse. Meist erkennt man dies au den kurzen ßürstennadeln und an einer Anschwellung des Triebes schon von weitem. Der Käfer frisst nur die Markröhre aus, ohne aber je darin zu brüten, wie Anob. nigrinum Er., und entfernt sich dann bald wieder daraus. Von den durch Schmet- terlingsraupen verursachten Aushöhlungen von Trieben unterscheidet sieh dieser Borkenkäferfrass durch den Mangel an Raupenkoth in den Röhren, Die Triebe brechen, mit oder ohne Zapfen, an der Stelle des Bohrloches leicht herunter, oft wenn der Käfer noch darin sitzt, und bedecken nicht selten den Boden merklich. Diese Triebzerstörung wurde lange Zeit nur dem H. piniperda L. zuge- schrieben. Aber schon Pekris [58, S. 222] kennt auch H. minor Htg. aus Seekieferntriebeu. Eichhoff [15 a, 8.118] berichtet, dass Scheeinee den letzteren häu6g in Trieben gefunden, Altüm ist neuerdings auch damit bekannt gewor- den [XVI, III, 1, S. 262|, und auch Jüdeich hat bei Meissen H. minor Htg. in Trieben gefunden. Altom glaubt auch beobachtet zu haben [2 c], dass die Käfer mitunter statt der Triebe die Stämme 2 bis 3 cm starker Kiefern angehen und in deren Rinde unregelmässige Gänge fressen, ohne hier zu brüten. Sobald anhaltender Frost eintritt, in unseren nördlicheren Gegen- den also im November und December, verlässt der Käfer die Triebe und bohrt sich an Randbäumen, zuweilen auch an Stöcken, in der Gegend des Wurzelknotens durch die Rinde bis auf den Splint. Um ihn hier zu suchen, muss man, wenn die Bohrlöcher nicht über der Erde zu sehen sind, das Moos des Bodens etwas entfernen und auf das Wurmmehl und die Harzkrümelchen, welche vor den Bohr- löchern liegen, achten. An diesen Stellen überwintern sie. Nach Taschenberg sollen die durch Harztrichter kenntlichen Ueberwinte- rungsgänge oft ziemlich weit am Stamme hinauf vorkommen [XXII, II, S, 207]. Schaden, Wir haben es hier mit den wichtigsten Kiefern- käfern zu thun, Sie wirthschafteu durch ihren Larvenfrass ähnlich wie der Fichten-Borkenkäfer. Indessen tritt dieser häufiger primär auf, während die Kiefern -Markkäfer meist nur nach Raupenfrass, Schnee- brüchen, Windwürfen, Ueberschwemmuugsbeschädigungen und nament- lich auch nach Waldbränden, welche die Kiefernstämme beschä- digen, also secuudär, grosse Verbreitung erlangen. H. minor bohrt meist nur stehendes Holz an und wurde früher als der seltenere Käfer betrachtet, seitdem man aber mehr auf ihn achtet und auch die Wipfelpartien iu kränkelnden Beständen beob- achtet, hat man ihn immer häufiger gefunden. H. piniperda begnügt sich meist mit liegendem Holze, da ihn der Harzfluss aus den Bohr- löchern des stehenden Holzes leicht erstickt; jedoch überwindet er diesen auch, und man fiudet ihn nach Eulenfrass meist gemeinschaft- lich mit H. minor, welcher letztere vielleicht für Verlangsamung der Saftbewegung sorgt und dem H. piniperda dadurch vorarbeitet. Daher Schaden von Hylesinus piniperda und H. minor. 469 findet man Stämme, an welchen erst H. minor in den Zweigen des Wipfels haust, die absterben, ehe noch H. piniperda hinzukommt. Die Fälle, in welchen beide Arten gemeinschaftlich einen ganzen Bestand befallen und ihn ganz oder grösstentheils tödten, sind selten. In solchen Fällen betheiligen sich gewöhnlich auch die Holzwespen, welche im Innern der kranken oder abgestorbenen Stämme wirth- schaften. Auch werden nicht nur die Stangenhölzer und Althölzer als Brutplätze aufgesucht, sondern mitunter, namentlich von H. pini- perda L., auch jüngere Kulturen im Alter von 12 bis 15 Jahren als solche benutzt. Auch schon die Anlage der Ueberwinterungsgänge kann schwächlichere Bäume empfindlich schädigen und sogar zum Eingehen bricgen. Der Frass von H. piniperda L. hat meist am ein- gegangenen Stamme die Ablösung grösserer Rindenstücke zur Folge, während die dünne Rinde der von H. minor Htg. bevorzugten glatteren Stammtheile sich in kleinen Plättchen loslöst. lieber ausgedelintere BescTiädigung'en durch Larvenfrass der Kiefern-Mark- käfer liegen schon ältere Berichte vor. So fand Georg [XI, S. 115] die Käfer Ende der Fünfzigerjahre im Reviere Grünhagen bei Lüneburg in 60jährigen Kiefernbeständen in t^olcher Masse vor, dass im Winter vorher auf 47 ha 398 Fangbäume gefällt werden mnssten, und dass doch noch Käfer genug das stehende Holz angingen, weshalb Berichterstatter im Juli sämmtliche Bestände mit einem Holzhauer absuchen und alles vom Käfer Angegriffene Holz abgeben musste; ja es mnsste die Revision noch später wiederholt werden, weil viele Stämme erst nachher roth wurden. Die stärksten und gesundesten gingen massenweise zugrunde. Am schlimmsten hauste der Käfer da, wo erst einmal eine Blosse im Bestände war, die er dann immer mehr vergrösserte. Obgleich hier auch von Jahren vor 1857 die Rede ist, so spielte doch dieses durch seine ungewöhnliche Wärme berühmte und berüchtigte Jahr, welches auch in anderen Gegenden Ausnahmserscheinungen hervorrief, die Hauptrolle. Auf verschiedenen Preussischen Revieren wurde im Jahre 1862 über den Kiefern-Markkäfer geklagt. Die Vergrösserung einmal vorhandener Blossen durch den Markkäfer beob- achtete Ratzeburg im Gebirge, in den Bernburger Forsten des Harzes, wo aller- dings der Käfer in den durch Boden und klimatische Verhältnisse nicht begünstigten Kiefern leichtes Spiel hatte. Ganz besonders lehrreich sind die von Willkomm [75 b] gegebenen Schilderungen ausgedehnter Verheerungen von H. piniperda L. in Verbindung mit Tomicus sexdentatus Boern. und T. biden- tatus Hbst, in den Wäldern der Ostseeprovinzen. Schöne Beispiele für die Neigung des H. piniperda L., durch Bodenfeuer geschädigte Kiefern anzugehen, führt Ratzebdrg [V, S. 210] nach Beobachtungen von Heter an. Irgendwie ge- köpfte Bäume befällt der Käfer, wie Nitsche beobachtete, mit ganz besonderer Schnelligkeit. Sehr allgemein sind die Klagen über die Kiefern-Markkäfer als Nachfolger der die Kiefern • beschädigenden Raupen, und zwar scheint diese Erscheinung nach Kieferneulenfrass noih regelmässiger als nach Kiefernspinner- frass vorzukommen. Ein neuerer Fall davon wird von Klopfer von der Herr- schaft Primkenau berichtet [43, S. 75]. Utber grössere Beschädigung durch unsere beiden Käfer in Folge einer Salzwasserüberschwemmung von Kiefern- beständen durch Sturmfluth berichtet v. Binzer [6] nach den Mittheilungen von Oberförster Balthasar von dem Revier Born auf dem Darss an der Ostsee. Später ging der Käfer hier aber auch massenweise gesunde Bäume an. Absterben von Kiefern in Folge des Vorhandenseins massenhafter Ueberwinterungsgänge hat ausser Ratzeburg [XI, S. 116] namentlich auch Taschenberg [XXI I, H, S. 207] beobachtet. Bei weitem gefürchteter sind aber die Schäden, welche durch Anbohren und Vernichten der Zweigspitzen entstehen und 470 Kap. IX. Die Käfer. den Thätern, weil sie gewisseimassen die Bäume verschneiden, von LiNNi die Bezeichnung hortulanus naturae eintrugen, ein Name, der sich in der Uebersetzung „Waldgärtner" in die forstliche Praxis übertrug. „Abfälle" oder „Abbruche" wurden auch an Krummholzkiefern und Weymouthskiefern beobachtet. Diese Abfälle sind so gewöhnlich, dass sie fast überall und alljährlich vorkommen, glücklicherweise aber im geschlossenen Bestände mehr einzeln, in Massen nur in Lücken desselben oder an freien Rändern, wo der Käfer, von nahen Holzhöfen, Ablagen, besonders von den Holzstössen naher Schläge u. s. f. herkommend, leicht zuschwärmen kann und dabei hauptsächlich auf die hervorragenden Stämme, besonders auf Fig. 147. Fig. 147. Triebzerstörungen durch Hylesinus piniperda L. und H. minor Htq. hervorgebracht. In der kleinen Landschaft links sieht man bei aa Kiefern mit normaler Kronenbildung, während die bei 6Z> durch die Arbeit der „Waldgärtner" gelichtete Wipfel zeigen. Rechts ein von dem Käfer ausgehöhlter Trieb, c Bohr- loch mit Harztrichter, d aufgeschiüttener Frasskanal. alte, übergehaltene Kiefern, einfällt, die ihn also von Junghölzern ableiten. Aeltere Stämme verlieren oft so viele Triebe an dem ganzen Mantel der Krone, dass diese ihre gewölbte Form einbüsst, und fast die Gestalt von Fichten oder Gypressen, mit einzeln her- vorragenden Armen, annimmt, auch im Innern fehlerhafte Verzwei- gung bekommt und der Baum endlich anfängt wipfeldürr zu werden (Fig. 147). Im Laufe der Jahre gehen so auch zahllose Zapfen ver- loren, und es kann möglicherweise das Wirthschafcen in Samen- schlägen dadurch unmöglich gemacht werden. Im jüngeren Holze werden die Wipfel eigenthümlich lückig. Aber es fehlen die beiden Abwehr des Schadens der „Waldgärtner". 471 Kiefern-Markkäfer docli auch mehr im Innern der Bestände nicht. Der Schaden, den sie hier anrichten, triflfc nicht blos die befalleneu, einzeluen Bäume, sondern indirekt den ganzen Bestand, weil alles, was den ohnehin lichten Kroneuschluss der Kiefer noch weiter lichtet, nach- theilig für den Boden wirkt. Hierauf ist entschieden Gewicht zu legen, und verdienen schon deshalb die Käfer gründlich verfolgt zu werden, Sie finden sich auch an jungen, besonders schlechtwüchsigen Kiefern in der Markröhre ein; ihre Gegenwart wird hier an dem mit weissem Harztrichter aussen bekleideten Bohrloche der jungen Triebe erkannt, sowie an den massenhaft auftretenden Scheidentrieben. Es können in Folge dieser Triebbeschädigungeu, wenn sie sich Jahr für Jahr wiederholen, ältere Kiefern auch direkt eingehen, und durch Verbindung von Rinden- und Triebbeschädigungen werden die schlimmsten Verheerungen durch die Kiefern-Markkäfer erklärlich. Abwehr. Als Vorbeugungsmittel ist ausser der Erziehung gesunder Bestände, passender Durchforstung und Entfernung aller geschädigten Stämme das rechtzeitige Werfen von Fangbäumen zu bezeichnen. Ueber die Wirksamkeit dieser Massregeln, deren specielle Ausführung wir im Allgemeinen weiter unten bei Gelegen- heit des Fichteuborkenkäfers besprechen, ist kein Streit, wohl aber verdient hervorgehoben zu werden, dass in neuerer Zeit vielfach über die Dauer der Zeit, in welcher die Fangbäume zu werfen und zu ent- rinden sind, Streitigkeiten entstanden. Die Regel hiefür ist nun ganz allgeniein, dass Fangbäume so lange geworfen werden müssen, als Käfer schwärmen, also in warmen Revieren und Jahren, in denen doppelte Generation zu vermuthen ist, vom Februar bis September, während in kälteren Jahren und Revieren dies nur im Frühjahr notli- wendig wird. Die Entrindung hat stattzufinden, sobald die Larven aus- geschlüpft sind, und sie muss im Allgemeinen für die erste Generation Anfang Juni vollendet sein. Auf Schlägen lagernde Stämme müssen wie Fangbäume behandelt werden, da sowohl hier, als bei anderen Borkenkäfern das blosse Abfahren des befallenen Holzes aus dem Walde nicht genügt. Erfolgt die Abfuhr nur nach benachbarten Consumtionsorteu, so finden die Käfer häufig ihren Weg nach dem Walde zurück. Wird das Holz weit trausportirt, so werden dadurch nicht selten diese Waldverderber fremden Waldungen zugeführt. Die Rinde ist zu verbrennen, da in blos abgeschälten oder abgeschnitzten Rindenstücken sich doch viele Larven entwickeln können. Hat man es auch mit H. minor Htg. zu thun, so muss man besonders darauf achten, dass die Schälung vollendet ist, ehe die Larven die Puppen- wiegen bezogen haben, da diese im Holze liegen, und sich daher auch in geschälten Stämmen Käfer entwickeln können. Mit Puppenwiegen von H. minor Htg. bereits besetzte Zopfenden und schwächere Stämme sollten wenigstens angeschwält werden. Innerhalb der Bestände selbst werdeu, wenn hier viele krän- kelnde Stämme, z. B. in Folge von Raupenfrass, vorhanden sind, die gefällten Fangbäume nicht mit besonderer Vorliebe angenommen. ^1-2 Kap. IX. Die Käfer. Weit besseren Erfolg hat alsdann die Herbteilung stehender Fang- bäume durch Köpfung von Kiefern an der Stelle, wo die dünne, hellbräunliche Kinde anfängt. Solche stehende Fangbäume müssen natürlich nach erfolgtem Anfluge gefällt und entrindet werden. Einen o-rösseren comparativen Versuch mit einigen Tausend Stück Fang- bäumen beider Art hat Klopfer in Primkenau neuerdings auf An- rathen von Nitsche durchgeführt, „und der Erfolg sprach in hervor- ragender Weise für die geköpften" [43, S. 45 und 46]. Man hat auch das Zusammenharken der im Herbst unter den Bäumen liegen- den grünen Triebe empfohlen. Da aber die meisten schon wieder vom Käfer verlassen sind, wenn sie abfallen, so darf man sich keine oTosse Wirkung von diesem Mittel versprechen. Stamm und Aeste bewohnende Rindenbrüter, welche als Larven den LanbhÖlzern schaden. Die zahlreichen, in diese biolo- gische Gruppe gehörigen Arten der Gattungen Scolytus, Hylesinus und auch Tomicus sind für die Praxis sehr ungleichwerthig. Die- jenigen, welche nur in ganz schwachem Materiale oder in abge- storbenen Stämmen und Stöcken vorkommen und zum Theile noch immer für Sammler unter die Seltenheiten gehören, sind durch- aus unwichtig und können hier nur kurz erwähnt werden. Andere sind dagegen häufiger vorkommende, wirklich das Leben von Laub- holzstämmen gefährdende Käfer, welche zwar nur in Ausnahmefällen ausgedehntere Verwüstungen hervorbringen, dagegen sehr häufig durch Zerstörung werthvoller Einzelbäume und kleinerer Baumgruppen, namentlich auch von Alleebäumen, unangenehm werden. Ziehen wir aber im Allgemeinen einen Vergleich zwischen diesen Laubholzschädlingen und den biologisch und systematisch verwandten Nadelbolzformen, • so müssen wir erstere, namentlich mit Rücksicht auf die viel grössere Widerstandskraft und das stärkere Reproductionsvermögen der Laub- hölzer, als die weit weniger gefährlichen erklären. Wir fassen die wichtigeren nach den einzelnen, von ihnen bevorzugten Holzarten zusammen und behandeln einige andere mehr als Anhang. Rüstern-Borkenkäfer. Obgleich die Rüstern, und zwar gleich- massig unsere Feldrüster. Ulmus campestris L. und die Flatterrüster U. effusa WiLLD., von einer grösseren Anzahl von Borkenkäfern heim- gesucht werden, als die anderen Laubhölzer, so sind hier doch nur drei Arten einer genaueren Erwähnung werth, nämlich der grosse Rüstern-Splintkäfer, (Taf. II, Fig. 11) Scolytus GeofTroyi Goezb, der kleine Rüstern-Splintkäfer, Sc. multistr latus Marsh, und der kleine bunte Rüstern-Bastkäfer, Hylesinus vittatus Fabr. von denen die beiden ersten kurze Lothgänge (Fig. 148) machen, während der dritte kleine doppelarmige Wagegänge (Fig. 14 9) er- Rindenbrütende Rüstern-Borkenkäfer. 473 zeugt. Von den Frassfiguren der beiden Splintkäfer sind wieder die von Sc. multistriatus Marsh, durch geringere Stärke der Mutter- und Larvengänge und grössere Zahl und Gedrängtheit der von einem Muttergange ausgehenden Larvengänge leicht zu unterscheiden. Alle drei Formen können jüngere und kränkliche Bäume zum Absterben bringen, und namentlich Sc. GeofTroyi Goeze hat schon Rüsternbestände durch im Gipfel beginnende und allmählich herabsteigende, jahrelang wiederholte Angriffe, denen schliesslich eine grössere Zahl Stämme zum Opfer fiel, unangenehm gelichtet. Ihr grösster Schaden hat aber immer in Alleebäumen stattgefunden. Fangbäume sind, gegen diese Schädlinge wirksam. Beschreibung. Scolytus Geoffroyi Goeze [destructor Oliv., Ratze- hurgii Thms., Eccoptogaster scolytus Ratz.). Käfer schwarz oder pech- braun, glänzend. Halsschild etwas breiter als lang, ziemlich weitläufig und fein, auf der Scheibe sehr fein punktirt. Flügeldecken braun, oft verwaschen dunkel gefleckt, nach hinten verschmälert, tief punktirt-gestreift; Zwischenräume breit und flach, fein und unregelmässig gereiht-punktirt. Stirn fein gerunzelt, mit kurzen gelben Haaren. Der dritte und vierte Bauchring in der Mitte mit einem kleinen Höckerchen. Fühler und Füsse röthlich-gelb, Schenkel und Schienen braun, oft mit schwärzlichen Flecken. Beim (^ Stirn etwas flachge- drückt, Afterspitze mit langen gelben Haaren. Beim 9 Stirn flach gewölbt, Afterspitze ohne solche Haare. Länge 4 — 6 mm. Sc. multistriatus >Iarsh. Käfer schwarz oder pechbraun, massig glänzend. Halsschild etwas länger als breit, auf der Scheibe fein und nicht dicht, an den Seiten dichter und gröber punktirt. Flügeldecken braun, nach hinten ver- schmälert, sehr dicht punktirt-gestreift, mit fast gleich starken Punkten. Stirn sehr fein gerunzelt, nadelri.ssig. Der zweite Bauchring an der Spitze mit einem grossen, wagerecht nach hinten gerichteten Dornfortsatz. Fühler und Beine röth- lich-braun. Beim (^ die Stirn etwas flachgedrückt, an den Seiten und hinten mit graugelben Haarbörstchen eingefasst. Stirn des 9 etwas gewölbt, ohne Borsten- kranz. Länge 3 — 3-5 vim. In Rüstern leben noch die seltenen Sc. pygmaeus Fabr. und Sc. Kirschi Skal.; auch Sc. Pruni Ratz, soll sich in Rüster verirrt haben [XXIV, S. 27]. H. (Hylesinus Fabr. i. eng. Sinne) vittatus Fabr. Käfer oysX, glanzlos. Halsschild etwas breiter als lang, nach vorn verengt, an der Basis sehr schwach gebuchtet, äusserst feinkörnig punktirt, gelblich beschuppt mit zerstreuten grösseren Körnchen besetzt, eine Mittellinie nur angedeutet. Flügeldecken hinten abschüssig gewölbt, mit bräunlich-gelben und weisslichen Schüppchen dicht be- kleidet, welche mitunter unregelmässige, viereckige Fleckchen, mitunter schräge Längsbinden bilden, fein punktirt-gestreift; die flachen Z\vischenräume erreichen sämmtlich den Spitzenrand. Kopf und der sehr kurze Rüssel äusserst feinkörnig pimktirt und beschuppt, Fühler und Beine gelbroth. Länge 2 — 2*5 mm. Sehr nahe steht diesem Käfer noch der H. Kraatzi Eichh., welcher sich von ihm namentlich dadurch unterscheidet, dass der zweite Zwischenraum der Punktstreifen auf dem Flügeldeckenabsturze nicht bis zur Spitze herabreicht, sondern sehr verschmälert und etwas abgekürzt ist. Die verwandten südlichen Arten, H, Perisi Ch.vp. und H. vestitus Müls. et Ret., gehören unserem Faunen- gebiete nicht an. Lebensweise. Die Frassfiguren der beiden hier in Frage kommenden Scolytus-Arten bestehen aus verhältnissmässig kurzen Längsgängen, die nur selten Luftlöcher haben. Auch bei dem grossen Lehrbuch d. mitteleurop« Forstinsekteiikunde.' 31 474 Kap. IX. Die Käfer. Riistern-Splintkäfer (Fig. 148) sind sie meist uur 2 — 3 cm lang und 2"5 — 3 mm breit, bei dem kleinen erreichen sie dieselbe Länge, sind aber viel schmäler. Die Larvengänge sind dagegen bei beiden ausge- dehnt, mitunter 10 — 15 cm lang und laufen fast sternförmig von dem kurzen Muttergange in der Rinde fort, in welcher auch die Puppen- wiegen liegen. Nur bei dünnerer Rinde wird auch der Splint vom Muttergange und den Puppenwiegen leicht gefurcht. Die grössere Regelmässigkeit in der Anordnung der Larvengänge lässt die schwächere Frassfigur des kleineu Rüstern -Splintkäfers leicht erkennen. Der bunte Rüsteru-Bastkäfer, H. vittatus Fabr , macht dagegen typisch Fig. 148. Frassfigur von Scolytus Geoffroyi GoEZE in Ulmenrinde. '/2 ii^t. Grösse. Original. O/ Fig. 149. Frass von Hylesinus vittatus Fabb. in Ulmenrinde. Original nach einem von Prof. Henschel in Wien geschenkten Präparate. '/, nat. Grösse. zweiarmige, im ganzen 2 — 4 cm lauge Wagegänge, welche haupt- sächlich in der Rinde verlaufen. Die mittlere Eingangsröhre geht nicht bis auf den Splint, sodass an der Innenseite der Rinde die beiden Arme des Mutterganges durch eine kleine, unverletzte Rinden- stelle (Fig. 149 a) getrennt erscheinen. [XXIV, S. 26]. Die Larven- gänge sind kurze, in der Rinde verlaufende Längsgänge. Ganz ähnlich frisst der nur schwer von H. vittatus Fabr. unterscheidbare H. Kraatzi ElCHH. Rindenbrütende Eüstern-Borkenkäfer. 475 Der grosse Rüstern-Splintkäfer und seine Genossen sind Spät- ßchwärmer, welche frühestens im Mai zur Fortpflanzung schreiten, Sc. multistriatus Marsh, nach Eichhoff [15 a, S. I6I] sogar erst im Juni und Juli. Ob letzterer eine doppelte Generation hat, ist noch nicht festgestellt, dagegen sprechen verschiedene Beobach- tungen dafür, dass die beiden ersteren oft noch einen Augustflug haben. Auf jeden Fall überwintern die Larven. Ueber einen Äugustflug von Sc. Geoifroyi Goeze bericiitet siclier Altum [2 d] aus dem königl. Preussisclien Staatsforstrevier Lödderitz. Nördlikgee fand im August junge Käfer von H. vittatus Fabr. [XXIV, S. 26] und Leyd- HECKER [15 a, S. 143] fand ihn am 21. Mai stark schwärmend. Wie wir uns durch Untersuchung der Käfer, die aus einem von Prof. Henschel in Wien der Tharan- der Sammlung geschenkten Frassstücke genommen wurden, überzeugen konnten, sind die Frassgänge von H. vittatus Fabr. genau denen desH. Kraatzi Eichh., welche Eichhoff abbildet, gleich, sodass also von Seiten Nördlinger's keine Verwechs- lung vorliegt (15 a, S. 141]. Sc. multistriatus Marsh, ist nach Altum [XVI, III, 1, S. 24Tj in Frankreich durch v. Salisch in Pappel gefunden worden, und Sc. Geoffroyi Goeze wird von Henschel auch als gelegentlicher Eschenbewohner bezeichnet [XII, 2. Aufl., S. 205]. Der Schaden aller dieser Formen besteht lediglich in dem Larvenfrass. Der Angriff von Sc. Geoffroyi Goeze ist am genauesten von Oberförster Brecher in Zoeckeritz bei Bitterfeld beobachtet worden. Hier befällt er [XVI, III, 1, S. 244] unbemerkt die obersten Zweige der Ulmen, bringt diese zum Absterben und steigt dann allmählich tiefer herunter, schliesslich den Baum tödtend. Sein Angriff erfolgt stets nur an saftigen Stellen. Auch jüngere Bäume kann er befallen, wie die Beobachtungen von Schindler [66, S. 16] zeigen, der den- selben nicht nur an einzeln stehenden Samenbäumen, sondern auch an einer „fünfjährigen Maiss" in dem Sellyer k. k. Fondsforste in Ungarn fand. Nach demselben Beobachter kommt Sc. multistriatus Marsh, mehr in den Aesten vor. Ein sehr bekannt gewordener Fall von Alleebaumzerstörungen durch beide Splintkäfer ist der von Ratze- BURG [62 c] berichtete auf dem Tempelhofer und Schöneberger Ufer zu Berlin, wo verpflanzte Bäume von 20 — 30 cm Durchmesser, die durch Grundwasser geschädigt waren, in Folge dieser Angriffe eingingen. Andererseits kennt Ratzeburg einzelne ältere Rüstern, welche viele Jahre lang den Käfern widerstanden [XV, II, S. 266]. Ein wirklicher Schaden von H. vittatus Fabr. wird nur durch Schindler beschrieben [66, S. 18 bis 20], und zwar aus den bereits oben erwähnten Sellyer Forsten, wo 1858 „1200 Stück 1 bis 2 Zoll starke und 6 bis 10 Schuh hohe Rüsternstämmchen" dem Käfer, der durch V. Frauenfeld bestimmt wurde, zum Opfer fielen und entfernt werden mussten. Abwehr. Einschlag der befallenen Bäume und Verbrennung der mit Larven besetzten Aeste und der stärkeren Rinde ist ein Vertilgungsmittel. Oberförster Brecher hat mit Erfolg gegen die grösseren Splintkäfer Fangbäume, beziehungsweise -Aeste angewendet 31* 476 Kap. IX. Die Käfer. [XVI, III, 1, S. 244]. Ratzeburg berichtet [V, 1, S. 228], dass man in Brüssel junge Alleebäume durch Anstrich mit Steinkohlentheer zu schützen versucht habe. Beachtenswerth ist ferner das, was Grdnert zunächst aus Frankreich mittheilt [26 b, S. 74]. Bei den von Borkenkäfern angefangenen Eüstern sucht man dort gewissermassen eine Verjüngung der Rinde durch Abschälen von 5 bis 6 Längsstreifen von der Wurzel bis in die Aeste verlaufend oder durch ein Ab- nehmen der rauhen Borke bis auf eine ganz dünne Schicht über dem Baste, oft auch durch eine Verbindung beider Massregeln herbeizuführen. Das Mittel soll nicht erfolglos sein, und man sieht in dieser angeblich schützenden Weise unter Anderem auch die riesigen Ulmen im königl. Pai'k in Brüssel behandelt. Ratzebukg schlägt für diese Procedur den Namen ,,Scarification" vor und sucht ihre Wirksamkeit in der Entstehung von Ueberwallungschichten. Eschen-Borkenkäfer. Die beiden hierher gehörigen Formen sind der kleine bunte Eschen- Bastkäfer, Hylesinus Fraxini Fabr. und der grosse schwarze Eschen - Bastkäfer, H, crenatus Fabr. Ersterer lebt in Stämmen und Aesten von Eschen aller Alters- klassen über Heisterstärke, während der im allgemeinen seltenere, schwarze Eschen-Bastkäfer namentlich alte Eschen mit starker, rissiger Rinde bevorzugt. Obgleich die Eschen den Angriffen dieser Käfer häufig lange Widerstand leisten, so sterben doch bei alljährlich wiederholtem Angriffe, der namentlich bei dem bunten Eschen-Bast- käfer in der Krone beginnt und dann stammabwärts fortschreitet, oftmals nicht nur einzelne Aeste, sondern ganze Bäume und Baum- gruppen ab. Da H. Fraxini Fabr. auch liegendes Holz angeht, kann man ihn durch Fangbäume bekämpfen. Gegen H. crenatus Fabr. hilft nur Einschlag der stark befallenen Stämme mit nachfolgender Entrindung und Verbrennen der brutbesetzten Rinde. Beschreibung: H. (Hylesinus Fabr. i. eng. Sinne) Fraxini Fabr. Käfer oval, pechbraun bis schwarz, unten dicht greis behaart. Halsschild fast doppelt so breit als lang, nach vorn verengt, an der Basis fast gerade abge- stutzt, oben fein runzelig punktirt und gehöckert, mit gelblich-grauen Schüppchen bedeckt, an der Basis vor dem Schildchen beiderseits mit einem bräunlichen Fleck. Flügeldecken von der Basis nach hinten fast gleichmässig gewölbt, hinten nicht steil abschüssig, fein punktirt-gestreift, mit flachen, gehöckerten und hinten reihig gekörnelten Zwischenräumen, unregelmässig buntscheckig beschuppt. Kopf sehr fein und dicht punktirt, grau beha;irt. Rüssel sehr kurz. Fühler und Füsse rothgelb. Länge 2-5 — 3-2 mm. H. (Hylesinus Fabr. i. eng. Sinne) crenatus Fabr. Käfer lang eiförmig, gewölbt, schwarz, etwas glänzend, fast unbehaart. Halsschild etwas breiter als lang, nach vorn verengt, am Hinterrand beiderseits tief gebuchtet, an den Seiten gerundet, tief und dicht punktirt, mit einem glatten Punkt auf der Mitte der Scheibe und einem flachen Eindruck beiderseits vor dem Hinterrand. Flügel- decken gekerbt-gestreift, nach hinten nicht steil abfallend, Zwischenräume quer- runzelig, mit kurz beborsteten Höckerchen. Kopf und der an der Spitze einge- drückte, breite Rüssel runzelig punktirt. Fühler und Beine braun-röthlich. Länge 4*.ö — 5*5 mm. Rindenbrütende Eschen-Borkeukäfer. 477 Gelegentlich bewohnt (vgl. S. 472) auch Scolytus Geoffroyi Göze die Esche. Lebensweise, Die beiden Escbenbastkäfer sind nicbt nur durch ihre Grösse und Färbung zoologisch leicht unterscheidbar, sondern auch ihren Frassfiguren nach. Der gemeinere von beiden, H. Fraxini Fabr., macht deutliche doppelarmige, meist 5 bis 8 cm lange Wagegänge mit kurzer mittlerer Eingangsröhre, von denen eine grössere Anzahl kurzer, dicht gedrängter Larvengänge meist ziemlich senkrecht nach oben und unten abgehen (Fig. 150). Die Muttergänge sowohl wie die Larvengänge schneiden meist tief in das Holz ein, und nur an sehr starkborkigen Stämmen verlaufen sie mehr in der Fig. 150. Fig. 151. Fig. 152. Fig. 150. Frass von Hylesinus Fraxini Fabr. in einer stärkeren Eschenrolle. ^/^ nat. Gr.; Original. Fig. 151. Frass desselben Käfers mit abnorm gerichteten Muttergängen in einem sehr schwachen Aste. Y2 ^*** ^^•' Original. Fig. 152. ,,Kindenrosen" an Esche, entstanden als Folge der Ueberwinterungs- gänge des bunten Eschenbastkäfers. ^2 ^^*' ^^-'i Original. Einde wie im Splint. In Folge dessen sieht ein stark mit H. Fraxini Fabr. besetztes Aststück, nachdem die Rinde entfernt wurde, häufig aus, als wäre es zierlich mit künstlichem Schnitzwerk versehen. Die Puppenwiegen liegen entweder mit ihrer Längsachse in der Peri- pherie des Holzes oder dringen senkrecht in dasselbe ein (Fig. 151), wie bei H. minor Htg. an Kiefer. Beide Formen können an einem und demselben Frassstück vorkommen. Bei starkem Anfluge ist ein Baum mitunter so dicht mit Frassfiguren besetzt, dass Gang dicht an Gang gedrängt erscheint, ohne die mindeste Unterbrechung. 478 Kap. IX. Die Käfer. Die Frassfiguren können je nach dem Material einige Unterschiede zeigen. In ganz starken Stämmen werden die hier wirklich horizontalen Muttergänge länger und können nach Altdm [XVI, IH, 2, S. 275] his 16-6 cm lang werden, in schwachen Aesten weichen sie dagegen öfter von der Querrichtung ab und erscheinen alsdann mehr längsgestellt (Fig. 151), ohne dass dies hier immer der Fall wäre. An sehr harte, z. B. durch Sonnenbrand ausgedörrte Stellen gehen die Käfer ungern; ist an einem Baume eine solche Längszone vorhan- den, so hören an ihrer Grenze die Muttergänge wie abgeschnitten auf, und nur Fig. 153. Fig. 154. Fig. 153. Eschenrolle mit Frassgängen von Hylesinus crenatus Fabb. I nor- maler, zweiarmiger Muttergang fa h) mit sehr langen Larvengängen c, welche zum Theil (c") wieder von hinten herum kommen. II und III angefangene ab- norme Muttergänge. Fig. 154. Stark besetzte Eschenrinde mit dichtgedrängten Frassfiguren vou demselben Käfer [Nitsche, 55]. die äussersten Larvengänge verirren sieh, unregelmässig geschlängelt, in dieselbe. Die Menge der Gänge ist oft ganz unglaublich. Auf einer Rolle der Tharander Sammlung von lüO cm Länge und 13"5 cm mittlerem Durchmesser ist buch- stäblich nicht 1 qmvi ohne Frassgang, und an einem anderen Stamme von 280 cvi Länge, einem oberen Umfange von 32'5 cm und einem unteren von 60 rm wurde die Anzahl der vorhandenen Fluglöcher von uns auf ungefähr 24 000 Stück berechnet. Auf drei verschiedenen Rindenstellen von je 1 qdcm Fläche wurden je 232, 246 und 262 Fluglöcher gezählt. Hylesirms Fraxini und H. vittatus. 479 Auch H. crenatus Fabr. macht der Regel nach zweiarmige, in das Holz eingreifende Wagegänge, deren einer Ann aber mitunter sehr kurz ist (Fig. 153), wie denn überhaupt diese Gänge die Länge derjenigen des bunten Eschenbastkäfers, welche sie an Stärke beiweitem über- treffen, nicht erreichen. Häufig nur 2 bis 4 cm lang, messen die längsten uns bekannten nur 8*5 cvi für beide Arme zusammen. Die von ihnen abgehenden Larvengänge sind dagegen viel länger, häufig bis 30 cm, und verlaufen nur eine kurze Strecke in der Längsrich- tung des Baumes nach oben oder unten, biegen dann aber mehr weniger rechtwinklig in die Querrichtung um, sodass sie schliesslich den Muttergängen parallel verlaufen. Die grossen ovalen Puppen- wiegen liegen an der Grenze von Rinde und Holz, in letzteres ver- tieft. Die soeben beschriebene und abgebildete normale Frassfigur erkennt man aber nur dann, wenn die Frassfiguren vereinzelt stehen (Fig. 153). An stark besetzten Stämmen verwirren sich die Gänge derartig, dass man nur selten ein klares Bild bekommt. Sogar ein solches, wie das in Fig. 154 abgebildete, ist verhältnissmässig selten. Wenngleich auch gelegentlich in dünner berindeten Aesten vorkom- mend, finden sie sich am häufigsten in den starkborkigen Stämmen und starken Aesten. Eatzeburg [V, 1, S. 223] kannte nur einai-mige, ganz kurze Wag-ejiänge, aber schon Neumann II [53,] beschreibt die zweiarmigen Gänge als Regel, desgleichen Nördlingee [XXIV, S. 25]. Die Angaben von Altum [2 h, S. 399], dass die Gänge immer nur einarmige Wagegänge wären, lassen sich also nicht festhalten, ebensowenig wie die, dass der Käfer, ehe er den eigentlichen Älutter- gang anlegt, gewöhnlich erst in der Rinde hakenschlagend einen Minirgang fresse. Die ausführlichste Beschreibung isolirter, deutlicher Frassfiguren rührt von NiTSCHE her [55]. Neben den normalen Muttergängen kommen, wie schon Neumann [53] und Ballion [46] abbilden, ganz unregelmässige, mehrarmige vor (Fig. 153 II und III). Der gewöhnliche Brutbaum von H. Fraxini Fabr. ist die ge- meine Esche, Fraxinus excelsior L. In unserem Forstgarten ist er auch auf Ornus Europaea Pers. vorgekommen. Im Süden geht er an den Oelbaum — Nitsche hat schöne derartige Frassstticke von der Riviera zurückgebracht — und einmal ist er auch von Keller [41 a] an Akazie beobachtet worden, desgleichen nach Henschel [32 d] von LipPEET im Apfelbaum. Ganz kürzlich hat Henschel [32 /] den Käfer auch einmal in letztjährigen Eichentrieben und einjährigen Stockausschlägen, die ihm aus Tribuswinkel bei Baden zugesendet wurden, brütend gefunden. Er hatte sich hier in die Knospenachseln oder die Knospen selbst eingebohrt, und zwar so zahlreich, dass die Schosse sicher bald absterben und vertrocknen mussten, und die Larven also vielleicht nicht einmal Zeit zur Entwickelung gefunden haben dürften. Auch H. crenatus Fabr. ist, wie schon bemerkt, ein typischer Eschenkäfer, wurde aber nach den ausführlichen Mittheilungen von Ballion, die Körber [46] übersetzt hat, in Eussland, im Gouverne- ment Cherson, auch in alten Eichen zahlreich gefunden. Die geogra- phische Verbreitung beider Formen dürfte wenigstens dieselbe sein, wie die der gemeinen Esche. H. Fraxini Fabr. ist von Skandinavien ^j^Q Kap. IX. Die Käfer. bis nach Italien, von Frankreich bis Russland bekannt und soll sogar in Californien vorkommen [15 a, S. 136]. H. crenatus Fabr. ist durcb ganz Europa verbreitet. Die frühere Angabe, dass er vorzugsweise ein Gebirgsthier sei, ist unhaltbar. Er kommt ebensogut im bayeri- schen Gebirge, im Harz und im höheren Erzgebirge, wie in den Ebenen der Provinz Sachsen und am Ostseestrande vor. Die Generation des bunten Eschenbastkäfers wurde von Katzkburg als einjährig angesprochen und wird vielfach auch jetzt als ausschliesslich einjährig angegeben, was für die meisten Lagen richtig sein mag. Dagegen weist Eichhoff [15 a, S. 138] für den Elsass im Jahre 1879 sicher eine doppelte Generation nach. Die gewöhnliche Flugzeit dieses überhaupt nicht sehr früh schwärmenden Käfers fällt meist in den April und Mai, und es kommt bei doppelter Generation dann noch ein zweiter Flug von Mitte August an hinzu. DieUeber- winterung geschieht stets als Käfer, und zwar wie zuerst Nörd- LiNGER nachwies [IX, S. 40], „in unregelmässig gefressenen, meist in der Nähe von Aesten oder Aststellen sich findenden Gängen". Diese Gänge, welche nach Henschel [32 c] etwas gebogen, aber nahezu horizontal sind und 2 cm Länge nicht übersteigen, liegen „aus- schliesslich in der Grünrindenschicht und sind gedeckt von der äusseren dünnen Rindenhaut". Sie sind es, von denen, nachdem beim ersten Angriff Ueberwallung durch Wundkork eingetreten ist, bei erneuten Angrififen in späteren Jahren die Bildung jener „Rinden- rosen" (Fig. 152) ausgeht, die zuerst Ratzeburg [XV, 2, S. 275] beschrieb und abbildete, und welche vielfach mit Unrecht als eine krebsartige Bildung angesehen werden. Henschel glaubt, dass die Anlage dieser Ueberwinterungsgänge oft bereits im August beginnt. Bei H. crenatus Fabr. sprechen die in der Literatur vorhandenen Angaben für eine doppelte Generation, und zwar in der Art, dass aus den in der ersten Flugperiode Ende April und Mai abgelegten Eiern bis zum Juli Käfer entstehen, welche wieder brüten und deren Nachkommen dann als Larven überwintern. Indessen überwintern vielfach auch die Käfer, und Altum ist geneigt, einen April- und einen Octoberflug anzunehmen. Die genaueren Angaben über Flugzeit und Entwickelung rühren von Neumann II [53], Nördlinger JXXIV, S. 25] und Altum [2 h, S. 400-401] her. Auch eine Beobachtung von Nitsche [55, S. 188] stimmt mit doppelter Generation. Schaden. Die Frage, ob H. Fraxini Fabr. nur kränkliche Bäume angehe oder auch gesunde, wird von verschiedenen Schrift- stellern verschieden beantwortet. Rassmann, einer der ältesten Bericht- erstatter, schreibt [60, S. 187], dass der Käfer 1836 im Reviere Alt- und Neu-Sternberg, Regierungsbezirk Königsberg in Preussen, stets vorzugsweise die stehenden, gesunden Bäume wählte, und auch A.LTUM [XVI, III, 1, S. 277] ist geneigt, dies anzunehmen. Froh- wüchsiges Jungholz wird aber stets gemieden, wie Altum von Ebers- walde berichtet und die JuDEin'schen Beobachtungen in Tharand be- Kiudenbrütende Eschen- und Eichen-Borkenkäfer. 481 stätigen. Andere Autoren, z, B. Eichhopp [15 a, S. 139] und Henschel [32 c] sprechen aber dafür, dass meist nur ki-änkelnde Bäume an- gegangen werden. Der Anflug erfolgt häufig vom Wipfel herab nach unten. Auch nimmt der Käfer mit besonderer Vorliebe geschlagenes und aufbereitetes Holz, Meterstösse und dergleichen an. Was den Schaden betrifft, so ist sicher, dass nicht sehr kranke Bäume den Frass oft viele Jahre aushalten, obgleich häufig die Zweige absterben. Mehrt sich aber der Angriff, gehen die Frassfiguren rings um den Stamm herum, oder erreicht ihre Häufigkeit gar das oben geschil- derte Extrem, so gehen die Bäume sicher ein. Für H. crenatus Fabr. gilt in Betreff des Schadens wohl im Allgemeinen genau dasselbe, wie für seinen bunten Verwandten, dass nämlich sein starker Angriff Bäume wirklich tödtet, andererseits diese einem schwachen lange widerstehen können. Beachtenswerth für diese Artist besonders, dass ihreLarvengänge sehr lang sind und horizontal um den Stamm verlaufen, sodass an schwächereu Stämmen und Aesten die Frassgänge nicht nur bis auf die der Lage des Mutterganges entgegengesetzte Seite reichen, son- dern wieder auf die Vorderseite kommen können (vgl. Fig. 153 c"), also fast 360" umfassen. Hierdurch wird leicht eine fast vollständige liingelung und demgemäss eine sehr starke Saftstromunterbrechung veranlasst. Abwehr. Als Vorbeugung lässt sich das Werfen von Fang- bäumen, in welche wenigstens H. Fraxini Fabr. sicher geht, gut empfehlen. Dieses Werfen müsste spätestens Mitte April geschehen. Ist eine schnelle Entwickelung bemerkbar, so wäre noch im Anfang August eine neue Reihe von Fangbäumen herzustellen. Auch für H. crenatus Fabr. werden Fangbäume angerathen, nur hätte man hier mehr starkborkige zu wählen. Altum [2 h, S. 401] empfiehlt die Herstellung stehender Fangstämme durch künstliche Beschä digung starker Stämme an ihrer untereu Partie. Als Vertilgungs mittel kann nur Einschlag und Entrindung der befallenen Stämme mit nachfolgender Rindenverbrennung wirken. Doch dürfte es namentlich bei hohem Anfluge schwer sein, gleich den Anfang des Angriffes zu erkennen. Eichen-Borkenkäfer, welche Rindenbrüter sind und physio- logisch schaden, sind überhaupt nicht zahlreich. Beachtenswerth ist unter ihnen nur der Eichen -Splin tkäfei', Scolytus intricatus Ratz., welcher verschiedene Eichen, auch ausländische angeht und durch sein Brutgeschäft, bei welchem ganz kurze, einarmige Muttergänge mit riesig langen Larvengäagen gemacht werden, schwächere Stämme und Aeste zum Eingehen bringen kann. Beschreibung: Scolytus intricatus ßiTz. (Eccoptogasler ijygmaeun Gyll.). Käfer schwarz, dünn greis behaart. Halsschild fast etwas breiter als lang, auf der Scheibe stark glänzend, fein und weitläufig, an den Seiten dichter und 482 Kap. IX. Die Käfer. gröber, etwas runzelig punktirt. Flügeldecken matt pechbraun, nach hinten etwas verschmälert, mit sehr dichten, feinen, etwas unregelmässigen Punktstreifen, welche hier und da durch schräg gerichtete feine Runzeln und Strichel unter- brochen werden. Naht nur am Schildchen, nicht weit nach hinten vertieft. Stirn fein nadelrissig. F'ühler und Beine röthlich-braun. Bauchringe bei beiden Ge- schlechtern einfach, letztere äusserlich nicht .sicher zu unterscheiden. Länge 3 — 3*5 mm. Lebensweise. Die Frassfiguren dieses Käfers bestehen aus kurzen, einarmigen, den Splint tief furchenden Wagegängen von 1 bis höchstens 3 cm Länge. Von ihnen gehen, gleichfalls in den Splint tief eingreifend, lothrechte, etwas geschlängelte, 10 bis 15 cm lange LarvengängeabjderenPuppen- wiegen bald in der Rinde liegen, bald in den Splint eindringen. Iso- lirte Frassfiguren (Fig. 15.5 Ä) sind verhältnissmässig selten, dagegen findet man oft schwächere Stämm- chen und sogar solche bis zu 15 cm Stärke derartig besetzt, dass ein- zelne Larvengänge kaum mehr unter- scheidbar sind, vielmehr der Splint in seiner ganzen Ausdehnung durch parallele Läiigsfurchen wie cannelirt erscheint. Die Muttergänge, deren Einzelbezirke man nicht mehr ab- grenzen kann, erscheinen dann als kurze Querfurchen (Fig. 155 B). Als Flugzeit wird der Mai ange- geben. Die Begattung erfolgt nach Judeich's Beobachtungen ganz im Freien. Sicheres über die Genera- tion weiss man aus dem Freien nicht. Bei mehrmaliger künstlicher B. A. Zucht in Tharand fand Judeich die Fig. 155. Frass von Scolytus intrica- Generation einjährig mit überwintern- tus Ratz in Eiche, «die kurzen Wage- ^^^ Larven. Als Brutbaum wählt gange, A schwaeherAst mit einer isolir- „ ten Frassfigur, die in Folge künstlicher Sc. intricatus Katz. meist unsere Zucht entstanden. B starker Frass in gewöhnlichen Eichenarten, und einem älteren Stämmchen. Originale, zwar schwächere Stämme und Heister, welche schon kränklich, namentlich auch solche, die primär von Agrilus- Arten angegangen sind. Wo ausländische Eichen eingesprengt sind, kann er auch diese befallen. So berichtet schon Westwood [V, I, S. 229], dass ein Stamm von Quercus Lusitanica im Jardin des Plantes von ihm 1838 getödtet worden sei, und das Gleiche wurde neuerdings zu Tharand im Forstgarten an der nord- amerikanischen Quercus Prinos, var. tomentosa beobachtet. Sehr gern befällt er auch eingeschlagenes Holz, das zu Zäunen, Bänken, Pfählen Kindenbrütende Eichen- und Birken-Borkenkäfer. 483 u. s. f. benutzt wurde. Ausserdem kommt er, wie schon Ratzeburg wueste [XV, S. 185], ausnahmsweise auch in Buche vor. Die Ansichten über die Schädlichkeit dieses Thieres sind ge- theilt. Meist wird es als nur unbedeutend angesehen, da neuere genaue Angaben über ausgedehntere Verwüstungen nicht vorliegen, ausser einer von Altum [XVI, III, 1, S, 248] citirten Mittheilung von Weckbecker, dass Ende der Siebzigerjahre in der Oberförsterei Ville, Regierungsbezirk Cöln, eine grosse Anzahl junger Eichen von ihm getödtet sein sollen. Aber Ratzeburg [V, I, S. 229] weiss bereits 1839 in seiner Forstinsektenkunde eine Reihe von Schädigungen an- zuführen, unter denen die ursprünglich von Audouin mitgetheilte, in Folge deren im Vincenner Walde bei Paris 50 000 Stämme 20- bis SOjähriger Eichen hatten gefällt werden müssen, immer wieder citirt wird. Ausserdem lebt Tomicus (Dryocoetes) villosus Fabk. namentlich unter der dicken Rinde älterer Eichen und guter Kastanien. Er unterscheidet sich von seinem bei uns gemeinen Verwandten, dem T. autographus Ratz. (vgl. S. 454), dadurch, dass sein grobhöckerig punktirtes Halsschild nach hinten nicht verengt und so breit wie die Basis der Flügeldecken ist. Letztere sind noch gröber als bei T. autographus punktirt-gestreift, mit einem am Absturz breit furchenartig vertieften Nahtstreifen; der ganze Käfer ist sehr lang behaart. Länge 2"3 — 3 mm. Eine forstliche Bedeutung kommt diesem Thiere nicht zu. Für den Osten bleibt es beachtenswerth, dass Ballion [46] im Cherson- schen Gouvernement in Russland an starken Eichen auch Hylesinus crenatus Fabr. gefunden hat. In Birke kommt nur ein rindenbrütender Borkenkäfer vor, nämlich der Birken-Splintkäfer, Scolytus Ratzeburgii Jans., dessen Angriffe leicht kenntlich sind durch die in Reihen geordneten Luftlöcher, welche von dem Weibchen in die Decke des lothrechten Mutterganges, von dem lange Larvengänge abgehen, gefressen werden, und sich als schwarze Punkte deutlich von der weissen Rinde ab- heben. Er kommt meist nur in bereits erkrankten Birken vor und hat daher keine grosse, forstliche Bedeutung. Beschreibung. Scolytus Ratzeburgii Jans, {destructor Tnus., Eccopto- gaster destructor Ratz.) Käfer schwarz, glänzend. Halsschild kaum länger als breit, vorn etwas ausgerandet, auf der Scheibe sehr fein und weitläufig, an den Seiten etwas gröber punktirt. Flügeldecken nach hinten wenig verschmälert, fein punktirt-gestreift. Zwischenräume breit und flach, sehr fein, etwas nnregel- mässig gereiht punktirt. Stirn fein gerunzelt, in der Mitte mit einem namentlich beim 9 deutlichen Längskiel. Fühler und Füsse röthlich-braun, Schienen und namentlich Schenkel dunkler. Beim (^ Stirn flach vertieft und dicht mit langen, gelben Haaren besetzt, der dritte Baucbring in der Mitte des Hinter- randes mit einem kleinen Höcker, der Hinterrand des vierten Ringes in der Mitte leistenartig erhaben, die quere Erhabenheit etwas ausgerandet. Beim 9 dritter und vierter Bauchring einfach, Stirn flach gewölbt, nur spärlich und kurz behaart. Länge 4-5 — 7 mm. 484 Kap. IX. Die Käfer. Lebensweise. Dieses lange Zeit mit dem grossen Rüstern-Splint- käfer zusammengeworfene Thier ist namentlich durch seine auch auf dem Holze deutlich kenntliche Frassfigur gut charakterisirt. Seine Muttergänge sind stets bedeutend grösser als die von jenem, bis 10 cm lang, und beginnen häufig mit einer unregelmässigen Krümmung (Fig. 156). Die Copula findet so statt, dass das Männchen auf der Rinde sitzt und das halb im Bohrloch steckende Weibchen begattet. Die Larvengänge bilden, dicht gedrängt und bis 15 cm lang,* eine meist völlig abgeschlossene Frassfigur. Die Muttergänge haben oft Fig. 156. Fig. 157. Fig. 156. Birkenrolle mit Frassfigur von Scolytus Ratzeburgii Jans. Original. Fig. 157. Luftlöcherreilien von demselben Käfer an Birke. Die senkrechten Reihen gehören zu Muttergängen, die schrägen zu Minirgängen. Original. nur 2 bis 4, manchmal jedoch mehr Luftlöcher; ein uns vorliegendes Frassstück zeigt deren 9 auf einem 7' 5 cm langen Muttergauge (Fig. 157). Aber es giebt auch, wie Altüm zuerst nachwies [XVI, m, 1, S. 245], unregelmässige, schräg gestellte Gänge, welche gar nicht zur Ablage von Eiern dienen, dicht unter der äusseren Ria e verlaufen, ebenfalls oft mit reihenweise geordneten Luftlöchern ver- sehen und schon von weitem zu erkennen sind. Die Puppenwiegeu liegen meist in der Rinde, greifen aber mitunter auch in den Splint ein. Riirlcnbrütenäe Birken- und Obstbaum-Borkenkäfer. 435 Der Birken-Splintkäfer ist jedenfalls merklich schädlich. Wenn er auch nach den bisherigen Erfahrungen nur kränkliche, ältere oder jüngere Birken, oder wenigstens solche, welche von kümmerlichem Wüchse sind, angehen soll, so beschleunigt er deren Absterben doch in oft störender Weise. Mittheilungen über grössere Schäden haben wir nur aus dem Osten, aus den Ostseeprovinzen und dem übrigen Russland, wo der Käfer bis nach Sibirien und Transkaukasien vor- kommt und sein Frassbaura eine wichtige und verbreitete Holzart ist [45, S. 249]. Willkomm [75 6, S. 240] berichtet über einen starken Frass zu Dondangen in den Ostseeprovinzen, wo namentlich durch Waldbrände beschädigte Bäume häufig von ihm vollends getödtet werden. Nach Regel [45, S. 2.50] ist er bei St. Petersburg oft schädlich geworden, und im nördlichen Russland fallen ihm nach LufDEMANN namentlich die Alleebäume zum Opfer. Gegenmittel ist wohl nur Fällen und rechtzeitiges Entrinden, was bei der wohl stets nur einjährigen Generation — im Winter findet man Larven und Puppen — leicht möglich. Ob der Käfer durch Fang- bäume genügend angelockt werden kann, ist uns nicht bekannt. Bei künstlicher Zucht im Zwinger nimmt er frisch gefälltes Birkenholz sehr gern an. Die Obstbaum- Borkenkäfer sind hier auch zu erwähnen, da oftmals Obstbäume eingesprengt in Laubholzwaldungen vorkom- men, und auch richtige Waldbäume, wie Eberesche, Sorbus aucupsiria L., und Traubenkirsche, Prunus padus L., befallen werden. Zwei Formen sind wichtiger, nämlich der grosse Obstbaum-Splintkäfer, Scolytus Pruni Ratz, und der kleine Obstbaum-Splintkäfer, Sc, rugulosus Ratz. Die Muttergänge beider Arten sind Lothgänge, von denen die an ihrem Anfange meist eine gelappte Erweiterung zeigenden von Sc. Pruni Ratz, bedeutend grösser und stärker sind, als die des zweiten. Von einem wirklichen dui'ch sie verursachten Schaden wissen wohl nur die Obstzüchter zu berichten. Beschreibung. Sc. PruniRATz. (Eccoptogasfer PyriRkTz., castaneus Ratz.) Käfer schwarz, glänzend. Halsschild nicht langer als hinten breit, oben äusserst fein und weitläufig, feiner als bei Sc. intricatus, an den Seiten etwas gröber punk- tirt, sein Vorderrand rothbraun. Flügeldecken dunkel- oder roth-braun, nach hinten kaum verschmälert, mit einer grossen Zahl eng aneinanderstehender, fast gleich starker Punktstreifen, an den Seiten verworren punktirt. Naht am Schild- chen ziemlich weit nach hinten vertieft. Stirn nadelrissig, Fühler und Beine röthlich-braun. Bauchringe bei beiden Geschlechtern einfach; überhaupt sind letztere äusserlich nicht sicher zu unterscheiden. Länge 3 — 4"5 mvi. Die grösseren Exemplare des Sc. Pruni unterscheiden sich von den ihnen sonst recht ähnlichen, ungewöhnlich kleinen weiblichen Exemplaren des Sc. Ratzeburgii Jans, leicht durch den Mangel der erhabenen Längslinie auf der Stirn, welche letztere Art auszeichnet. 486 Kap. IX. Die Käfer. Sc. rugulosus Ratz. Käfer länglich oval, pechbraun, wenig glänzend. Halsschild länger als breit, ziemlich stark nach vorn verengt, Vorderrand schmal röthlich gesäumt, dicht und tief mit länglichen Punkten besetzt, welche nament- lich an den Seiten zu Längsrunzeln zusammenfliessen. Flügeldecken matt, dunkelbraun, an der Spitze lichter, nach hinten stark verschmälert, mit dicht gedrängten, tiefen Punktstreifen, feinen Runzeln und feinen aufrecht stehenden Haarbörstchen. Naht vom Schildchen aus nur wenij nach rückwärts vertieft. Stirn fein nadelrissig. Fühler, Schienen und Tarsen röthlich-braun. Bauch bei beiden Geschlechtern ohne Höcker oder Dornen, gewölbt, gleichmässig nach dem After zu aufsteigend. Länge 2 — 2-5 mm. Lebensweise. Die Frassfi^ur von Sc. Pruni (Fig. 158), welche den Splint deutlich fiircht, besteht aus 5 bis G cm, ja ausnahmsweise 10 bis 12 cm langen Muttergängen, die bald stammaufwärts, bald stamm- abwärts gefressen sind und gewöhnlich mit einer lappigen, fast einem schlecht gezeichneten Kartentreff ähnlichen Figur beginnen. Nörd- LiNQER [XXIV, S. 27] nennt diese Erweiterung wohl mit Unrecht Ram- melkammer, da nach direkten Beob- achtungen von Judeich die Begattung hier in derselben Weise vollzogen wird wie bei Sc. Ratzeburgii Jans (vgl. S. 484). Da, wo die Gänge isolirt stehen, erkennt man, dass die zahlreichen Larvengänge, welche nach rechts und links divergirend abgehen, an dem oberen und unteren Ende des Mutterganges sich nicht aneinander- schliessen, wodurch eine deutlich zwei- - zeilige Anordnung der Larvengäuge ■ entsteht. Die Larvengänge sind lang, furchen den Splint gleichfalls und enden in häufig tief in letzteren ein- greifenden Puppenwiegen. Die Muttergänge von Sc. rugu- Fig. 158. Frass von Scolytus Pruni losus Ratz. sind ähnlich, aber viel Ratz, in Eberesche. Original. kürzer und gewöhnlich ohne die eben geschilderte Erweiterung. Auch seine Larvengänge sind weniger zahlreich. Ausnahmsweise sollen nach Altum [XVI, III, 1, S. 249] auch kurze Wagegänge als Muttergänge vorkommen. Die Brutbäume beider Käfer sind Apfel- und Birnbaum, Kirsche, Pflaumenbaum, Traubenkirsche, Weissdorn, Eberesche. Der kleinere soll nach Altum auch an Aprikosen vorkommen, und der grössere wurde ausnahmsweise auch in Rüster gefunden (vgl. S. 473). Grössere Schäden von ihnen sind nur an Obstbäumen bekannt. Altum berichtet, dass der kleine Obstbaum-Splintkäfer häufig bei Ebers walde die Pflaumen empfindlich schädige, und ein grosser Frass an Obst- bäumen wird aus Schlesien durch Letznbr [49] geschildert. Judeich hat bei dreimaliger, künstlicher Zucht des Sc. Pruni in Weisswasser Obstbaum- und minder wichtige Laubholz-Borkenkäfer. 487. stets eine nur einfache Generation beobachtet, eine solche scheint also jedenfalls Regel zu sein ; Ausnahmen sind freilich nicht unmöglich. Die Ueberwinterung geschieht wohl meist als Larve. Besonderes über Vorbeugung und Vertilgung ist bei diesen Arten nichts zu sagen, höchstens wäre anzuführen, dass man vielleicht in Obstbaumplan- tagen die Stämmchen durch einen Anstrich schützen könnte. In alten, anbrüchigen Hainbuchen frisst ferner Scolytus Carpini Ratz. Er macht älmlich wie Sc. intricatus Ratz, kurze Wagegänge. Die einzige in der Literatur zu findende Mittheilung über seine forstliche Bedeutung ist die von Ratzeburg citirte Angabe REissii's [XV, II, S. 215], dass er ein „Feind der alten Kopfholz-Hainbuchen, welche im Darmstädter Oberwalde und im Revier Bessungen in lichten Eichenbeständen vorkommen", sein soll. Der Käfer brütet nach Ratzeburg an der Grenze der gesunden und absterbenden Borke, bis bei öfterer Wiederkehr der Stamm selbst eingeht. Hier in Tharand ist er selten. Beschreibung. Sc. Carpini Ratz. Käfer pechschwarz, etwas glänzend. Halsschild etwas länger als breit, auf der Scheibe fein und ziemlich dicht, au den Seiten gröber und dichter punktirt. Flügeldecken dunkelbraun, nach hinten wenig verschmälert, sehr dicht und gleich stark punktirt-gestreift, aber nicht gerunzelt; an den Seiten ist die ganze Punktirung dichter und verworren, die Vertiefung der Nabt erstreckt sich vom Sehildchen aus etwas weiter nach hinten als bei Sc. intricatus, aber nicht so weit als bei Sc. Pruni. Fühler, Schienen und Füsse gelbbraun. Stirn fein nadelrissig, beim (^ (?) etwas eingedrückt, beim 9 flach gewölbt, Bauchringe bei beiden Geschlechtern einfach. Länge 3 — 3*5 mm. Die in Rothbuchen vorkommenden Borkenkäfer sind ohne jede prak- tische Bedeutung. Häufig ist an ihnen, und zwar meist in alten Stöcken oder be- schädigten Stellen starker Bäume, Tomicus bicolor Hbst., und zuweilen kommt Tomicus Fagi Fabr. in schwachen Aesten und unterdrückten Stämmchen vor. Beide haben, ersterer seiner Grösse entsprechend etwas stärkere, letzterer schwächere, sehr unregelmässige Muttergänge mit meist längs verlaufenden Larvengängen. Auch der gewöhnlich in Eichen brütende Scolytus intricatus Ratz, kommt gelegentlieh in Buche vor, desgleichen Hylesinus oleiperda Fabr. Beschreibung. Tomicus (Taphrorychus Eichh.) bicolor Hbst. Küfer walzenförmig, pechbraun bis schwarz, massig glänzend, mit langen grauen Haaren überall besetzt. Halsschild etwas länger als breit, nach vorn abgerundet verschmälert, vorn runzlig gehöckert, hinten fein und dicht punktirt, ohne glatte Mittellinie, in der Mitte leicht quer eingedrückt und vor dem Eindruck lichter gefärbt. Flügeldecken dicht punktirt-gestreift, die Zwischenräume fast ebenso stark wie die Hauptstreifen punktirt, so dass die Flügeldecken oft unregel- mässig punktirt erscheinen. Absturz steil abfallend mit tieferem Nahtstreifen. Fühler und Beine blassbräunlicb. Beim (^ Stirn nur dünn behaart, Absturz der Flügeldecken flach mit erhöhter Naht; beim 9 Stirn mit dichter grau-gelber, borstenartiger Behaarung, Absturz der Flügeldecken etwas gewölbt. Länge 2 — 2'3 Ttim T. (Ernoporus Thms.) Fagi Fabr. Käfer langgestreckt, walzenförmig, pechschwarz, wenig glänzend. Halsschild so lang wie breit, vorn auf der Scheibe mit einem aus einzeln stehenden Höckerchen bestehenden Höckerfleck, welcher die Mitte nicht überragt, am Vorderrande mit zwei kleinen, eng beisammen stehenden, vorragenden Körnchen. Flügeldecken viel länger als das Halsschild, äusserst fein und dicht gerunzelt, mit kurzen Haarbörstchen reihenweise be- setzt; an den Seiten mit Spuren von Funktstreifen. Augen vorn ganzrandig. Fühlerkeule dunkel, mit nach vorn in ovalem Bogen gekrümmten Nähten. Hinter- schenkel dunkel. Länge 1"5 — 1'8 vim. In Linde fressen zwei Borkenkäfer, nämlich Tomicus Tiliae Panz. und T. Schreineri Eichh., beide der Untergattung Ernoporus Thms. angehörig. In Aspe und Pappel kommt Tomicus (Glyptoderes) binodulus Ratz, (aspe- ^gg Kap. IX. Die Käfer. raius Gyll.) vor, wo auch gelegentlich Scolytus multistriatus Marsh, gefunden wurde. In Ahorn lebt Tomicus (Dryocoetes) Aceris Lindemann, in Erle Tomicus (Dryocoetes) j^ini Georg iind Glyptoderes Alni Lindemann. In der Hasel findet sich Tomicus (Dryocoetes) Coryli Perris. Hier seien noch kurz einige Borkenkäferformen erwähnt, welche in dico- tyledonen Holzpflanzen, Stauden und Kräutern vorkommen, aber keine direkten Beziehungen zum Walde haben. Im Süden ist besonders der Olivenbaum in Betracht zu ziehen. Dass in ihm auch Hylesinus Fraxini Fabr. vorkommt, wurde bereits erwähnt (S. 479), und ausser dem gleichfalls bereits oben erwähnten Hylesinus oleiperda Fabr., welcher dem H. crenatus Fabr. am nächsten steht und nach Costa einarmige kurze Wagegänge macht, frisst hier namentlich als specifischer, wirth schaftlieh sehr beachtenswerther Schädling der doppelarmige Wagegänge erzeugende, mit lang dreiblättriger Keule versehene Phloetoribus Oleae Fabr. Aus Spanien haben wir ferner durch Willkomm Lothgänge in Oelbaumrinde erhalten, die wahrscheinlich von Scolytus armatus Comolli, einer Varietät von Sc. multistria- tus Marsh., herrühren. Im Feigenbaum lebt der kleine Tomicus (Hypoborus) Ficus Er.^ im Maulbeerbaum Tomicus (Liparthrum) Mori Aub. An Spartium scoparium Wimm., der Besenpfrieme sowie in Ulex Europaeus L., und Cytisus laburnum L. kommt ferner der kleine Hylesinus Phloeophthorus) Spartii Nördl. vor. Er macht als Muttergänge unter der Rinde Gabelgänge, bei welchen die Gabelschenkel fast längs gestellt nach oben ver- laufen. Auch Hylesinus Trifolii Müller, der meist in Kleewurzeln brütet, wurde von NöRDLiNGER [XXIV, S. 23] in Besenpfrieme gefunden. In der Waldrebe Clematis vitalba L. wohnt namentlich in Süddeutsch- land häufig Tomicus (Xylocleptes) bispinus Duft, dessen Muttergänge unregelmässig zu sein scheinen. In Epheu Stämmen lebt Hylesinus (Kissophagus) Hederae Schmidt. An wirklich krautartigen Gewächsen, nämlich Teucrium scorodonia MüCH., Origanum vulgare L., auch Lamium album L. und Betonica ofFicinalis L. kommt Tomicus (Thamnurgus) Kaltenbachii Bach, vor, der an den Stengeln dieser Pflanzen Gallen erzeugt, welche aber nicht, wie Eichhoff [15 a, S. 209] noch nach den irrigen Angaben von Perris berichtet, durch oberfläch- liches Anfressen der Stengel seitens des Weibchens erzeugt werden, sondern nach den ganz genauen Untersuchungen von Büddeberg [10] durch das Ein- dringen des Weibchens in die Stengel, wo es die Eier in unregehnässige Höhlungen ablegt. Dies ist wichtig, weil hierdurch eine angebliche Ausnahme in der Biologie der Borkenkäfer, der einzige Fall, in welchem das Borkenkäfer- weibchen seine Eier von aussen her ablegen sollte [15 a, S. 13], beseitigt wird. Rindenbrüteiide Borkenkäfer, welche Nadelholzstämme und Aeste bewohnen und nur als Larven schaden. Von den in dieser fünften Gruppe zu erwähnenden Thiereu, welche zum Theil als Schädlinge allerersten Ranges angesehen werden müssen, sind zwar wohl nur sehr wenige wirklich monophag, und manche sogar ziem- lich poljphag, dagegen kann man bei den meisten eine Holzart als bevorzugte Brutstätte angeben, und da diese zugleich die Bedeutung der Käfer für die Praxis kennzeichnet, so theilen wir hiernach, unter dem eben angedeuteten Vorbehalte, da der Lärche eigene specifische Borkenkäfer fehlen, die hierhergehörigen Thiere in Tannenschädlinge, Kiefernschädlinge und Fichtenschäd- linge. Weniger wichtige, nur beiläufig zu erwähnende Formen be- Nadelholz-Borkenkäfer i. Allg. und Tannen-Borkenkäfer i. Bes. 489 handeln wir aber mit Abweichung von dieser Grundeintheilung im Anschluss an ihre wichtigeren Verwandten, auch wenn sie eine andere Nährpflanze haben. Am besten abgeschlossen sind die Tannen-Borkenkäfer, unter welchen nur zwei wirklieb beachtenswerthe Thiere vorkommen^ nämlich der krummzähnige Tannen-Borkenkäfer, Tomicus curvidens Germ, und der kleine Tannen-Borkenkäfer, T. Piceae Ratz. Diese zwei Bestandsverderber, von denen namentlich der erstere schon lange gefürchtet ist, sind in allen Tannenrevieren um so unan- genehmere Gäste, als bisher keine Berichte über die Anwendbarkeit von Fangbäumeu als Vorbeugungsmittel gegen ihre Schäden vorliegen, und ihre Vertilgung insofern (Schwierigkeiten bereitet, als gegen T. cur- videns Germ., da dessen Puppenwiegen häufig völlig im Splint versenkt liegen, das Verbrennen der Rinde der befallenen Stämme nicht ge- ntigt, diese vielmehr selbst angekohlt werden müssen, und weil der in den Gipfelpartien erfolgende Angriff von T. Piceae Ratz, schwer in seinen Anfängen erkennbar ist. Der an Grösse individuell sehr ver- schiedene, krummzähnige Borkenkäfer ist im männlichen Geschlechte an dem grossen, hakenförmigen zweiten Zahne des Ab- sturzes, im weiblichen an der goldgelben Stirnbürste leicht kenntlich. Seine Mutter- gänge haben als Grundform die Gestalt einer einfachen — -^ oder doppelten, liegenden Klammer ^ZXZI^. Der kleine Tannen-Borkenkäfer ist von ihm durch die viel geringere Grösse und den Mangel jeder Bezahnung am Flügeldeckenabsturze leicht unterscheidbar. Beschreibung. Tomicus curvidens Germ. Käfer walzenförmig, peoh- braun, wenig glänzend, lang gelblich behaart. Vorderbrust nach hinten zwischen den Vorderhüften mit scharfem Fortsatz. Die runde Fühlerkeule mit fast gerader Basalnaht, die folgenden Nähte leicht nach der Basis zu gekrümmt. Halsschild etwas länger als breit, vorn breit gerundet, gehöckert, in der Mitte auf der Scheibe beiderseits quer eingedrückt, hinten fein, nicht dicht punktirt, mit glatter Mittellinie. Flügeldecken etwas länger als das Halsschild, mit tiefen, nach hinten, namentlich beim ^ breiter werdenden Punkt- oder Kerbstreifen; Zwischenräume sehr fein reihig-punktirt. Absturz fast senkrecht mit einem fast kreisförmigen, glänzenden, punktirten Eindruck. Beim (^ in der Regel beider- seits drei Zähne, von denen der oberste, Zahn 1, klein, nach aufwärts gerichtet, Zahn 2 sehr gross, hakenförmig nach unten gekrümmt, 3 ebenfalls gross, aber wenig gekrümmt ist. Zwischen Zahn 2 und 3 befinden sich zwei zahnförmige Höckerchen. Beim 9 werden diese Höckerchen sehr undeutlich, und treten nur die drei Zähnchen hervor, bleiben aber viel kleinerer als beim (^ und sind Lehrbuch d. mitteleurop. ForBtinsekteiikiinde. 32 Fig. 159. Absturz der Flügel- decken bei ^ und9'''^ori Tomi- cus curvidens Germ. 490 Kap. IX, Die Käfer. nicht gekrümmmt. 9 überdies mit einem Büschel langer, gelber Haare auf der Stirn. Vorderschienen nach vorn etwas erweitert, mit Kinnen für die Füsse. Länge 2-5—3 mm. Lebensweise. Die Muttergänge dieses wichtigen Käfers ver- laufen wagerecht, oder, wenn sie sehr gedrängt sind, mehr oder weniger schräg (Fig. 160). Sie sind in der Regel zweiarmig, mit längerem Eingange; mitunter stossen mehrere so zusammen, dass scheinbar unrcgelmässige Sterngänge entstehen, eine Form, die Eich- hoff [15 a, S. 247, Anm.] sogar geneigt ist, als die normale anzusehen, wobei er den Käfer als polygam annimmt. Mutter- und Larvengänge furchen meist den Splint, erstere stärker als letztere. Die Larve bohrt sich zur Verpuppung oft reichlich 2 mm, tief in den Splint, legt alsdann die Puppenwiege also ganz im Holze au und verschliesst das zu letzterer führende kleine Bohrloch mit feinen Bohrspänen. In diesem Falle findet man unter der Rinde keine Puppen- wiegen, sondern am Ende der Larvengänge auf dem Splinte nur weissliche, punktförmige Erhöhungen von kaum 1 mm Durchmesser; entfernt man diese, so sieht man darunter das kleine Eingangsloch, welches zur ver- senkten Puppenwiege führt. Oft liegen aber auch die Puppen wiegen im Baste oder nur oberflächlich im Splinte. Die gewöhnlichen Brutbäume des Käfers sind stärkere Weisstanneu, Ablas pectinata Dec, und zwar in der so über- wiegenden Mehrzahl der Fälle, dass er nur in Tannenwäldern als wirklich heimisch an- zusehen ist [15 a, S. 246]. Doch wurde er mehrfach auch in Fichte und Lärche |XXIV, S. 31], sowie in anderen, namentlich auch ausländischen Nadelhölzern gefunden. Solche Vorkommen sind beschrieben von NöRDLiNGER |56 «J an einer abgestorbenen, in einem Tannenbestand befindlichen starken Kiefer zu Herrenalb, invomSchnee gedrückten Weymouths- kiefern zu Adelberg [56c] und in einer Balsam- ^i- «^''l^" ^""J"^^. '^®"^®'' tanne, Abies balsamea Mill., zu Tübingen [XXIV, die Oeftnungen der Puppen- g. g^j. Letzterer Frass wird neuerdings aus dem wiegen an. p.,pj. ^^j^ Gross-Wisternitz bei Olmütz an ISj ähri- gen Stämmchen bestätigt [76]. Köppkn fand den Käfer in Baden-Baden an der Nordmannstanne, Abies Nordmanniana Stev. [45, S. 258 Anm. j, und Kollar [44 a] in den kaiserlichen Parkanlagen bei Wien ausser in Fichten und Lärchen auch in der sibirischen Pechtanne, Abies Pichta FoRii. vom Altai und in der Libanon-Ceder, Cedrus Libani Barr.. deren kostbaren 50j;ihrigen Stamm der Käfer bald tödtete. In Lärchen wnirde er 1876 auch in Tliarand beobachtet. Ganz vereinzelt steht die Meldung von Riegel [63 c], dass er einmal auch in einer Buche gebrütet habe; die Bestim- mung des P'rasses erfolgte hier freilich nur nach der Gangform, nicht nach dem Käfer selbst. Fig. 160. Frass von Tomi- cus curvidens Germ, in Weisstanne; die kleinen Krummzähniger Tanneu-Borkenkäfer, Tomicus curvidens. 49 1 Entsprechend der Verbreitung seiner Brutpflanze ist der krumm- zähnige Tannen-Borkenkäfer hauptsächlich als Mittelgebirgsthier an- zusehen, das z. B. im Schwarzwalde, im Thüringerwalde, in der rauhen Alb, in den Vogesen und im Erzgebirge häufig vorkommt. Er gehört zu den Frülischwärmern, welche schon im April fliegen, und es ist allseitig zugegeben, dass er, wie schon Ratzeburg nach den Mittheilungen von Zebe als wahrscheinlich bemerkt, eine doppelte Generation hat, im Juli also zu einer zweiten Brut schreitet, die noch im Herbst vollendet wird, sodass — einige Ausnahmen abgerechnet — das Thier als Käfer in den Puppenwiegen der zweiten Generation überwintert. In heissen Jahren ist eine dreifache Generation direkt beobachtet worden, so in Schemnitz durch Kahlich [39, S. 59j. Schaden. Die Weisstanne hat ihren wichtigsten und gewöhn- lichsten Feind an diesem Borkenkäfer, Wo sie in reinen und ge- mischten Beständen vorkommt, selbst bis auf die höchsten Punkte des Schwarzwaldes und des Cantal in der Auvergne [Nördlinger, XXIV, S, 31], folgt er ihr. In Württemberg und Böhmen soll schon kein Tannenrevier mehr sein, wo er nicht lästig oder ge- fährlich würde. Hier müssen öfters Hunderte von starken Bäumen, welche plötzlich oder allmählich getödtet worden sind, gefällt werden. Ganz besonders schädlich wurde er in den Sechzigerjahren als Be- o-leiter des Tannenwicklers in der Gegend von Karlsbad. Er unter- em o scheidet sich in seinem Angriffe von dem Fichten-Borkenkäfer da- durch, dass er am liebsten die Stämme einzeln befällt, und von einmal entstandenen Lücken aus sich weiter verbreitet. Seheinbar ganz gesunde Stämme, bei denen Saftausfluss die ersten Angrifl^e zurückschlägt, fallen ihm schliesslich doch zum Opfer [15 a, S. 247j. Er brütet sowohl in den Gipfeln wie in den unteren Stammtheilen starker Bäume, in Stangenhölzern und ScbonungVn ist er dagegen noch nicht schädlich geworden. Kaboth sah ihn allerdings solche ebenfalls angehen, er wurde aber durch den Saftausfluss zurückgetrieben, und die Stangen blieben gesund [V, 1, S. 191]. lieber die Schnelligkeit, mit der sein Angriff nacbtheilig wird, lauten die Berichte sehr ver- schieden. Einigen Angaben zufolge soll derselbe bereits nach wenigen Wochen ein Gelb werden der Nadeln verursachen, und der stärkste Stamm ihm höchstens ein halbes Jahr Widerstand leisten [z. B. 39, S. 62], nach anderen soll ein Baum jahrelang bewohnt werden können, ehe er abstirbt. Dieser Käfer wurde in Württemberg schon 1803 durch v. Sponeck im Engelsbrander Gemeinderevier und 1807 durch Gküter im Revier Blitzenreute als schädlich erkannt [V, 1, S. 190]. 1835 mussten gleichfalls in Württemberg im Revier Murrhardt 2700 fm, und zwar von den stärksten Sortimenten gefällt werden [XXIV, S. 31]. Ratzebukg [V, 1. S. 190] berichtet auch aus Ober- schlesien von Schäden. 1851 fand ein Frass im Boonwalde bei Zofingeu in der Schweiz statt [78] und 1863 ein solcher in Ungarn auf dem Schemnitzer Revier [39], wo vom Mai 1863 bis zum August 186-1 12 953 Stämme in Folge der Angriffe dieses Käfers gefällt werden mussten. Bei dem grossen Böhmischen Borkenkäferfrass in Folge des Windbruches im Jahre 1868 trat in den Tannen- 32* iqo Kap. IX. Die Käfer. beständen dieser Käfer massenhaft auf [18, S. 6|. Auf Tharander Revier fielen ihm Ende der Sechziger- und Anfang der Siebziger jähre die durch die Einwir- kung des Lokomotivrauches kränkelnden Tannen an den Weiseritzhäugen fast sämmtlich zum Opfer. In Verbindung mit diesem grösseren Tannen-Borkenkäfer kommt häufig auch der kleine Tannen-Borkenkäfer vor. Beschreibung. Tomicus (Cryphalus) Piceae Ratz. Käfer länglich oval, gewölbt, braun, greis behaart. Halsschild viel breiter als lang, an der Basis am breitesten, vorn mit einem bis etwas über die Mitte reichenden, aus concen- trisch gereihten Höckern gebildeten Fleck, der Vorderrand jedoch ohne beson- ders hervorragende Körnchen. Flügeldecken kaum doppelt so lang als das Hals- schild, gewöhnlich heller gefärbt, undeutlich, kaum sichtbar punktirt, mit äusserst feinen Schuppenhärchen bestäubt und mit längeren, greisen, aufgerichteten , Haaren reihenweise besetzt. Augen vorn in der Mitte etwas ausgerandet. Länge 1'5 — 2 mm. Lebensweise. Dieser winzige Käfer macht, wie zuerst Nörd- LINGER 1848 nachwies, unregelmässige, mehr platzartige Muttergänge (vgl. das Schema Fig. 142, Nr. 1"), in welchen die Eier einzeln ab- gelegt werden. Die Larven fressen aber von hier aus jede für sich in der Rinde einen getrennten, kurzen Larvengaug, der in einer mitunter in den Splint eingreifenden Wiege endet. Sein Brutbaum ist wohl ausschliesslich die Weisstanne, welche er sowohl in den jüngeren Schonungen, als in den älteren Beständen angeht. In letzteren richtet sich der Angriff wesentlich gegen die Gipfel und Aeste, aus denen er aber auch allmählich tiefer heruntersteigt. Nur einmal wurde er von Nördlinger in einer Fichtenwurzel [XXIV, S. 36] und in Steiermark von Henschel in 10- bis 15jährigen Lärchen [32 &, S. 15] gefunden. Die Generation des Käfers, welcher normalerweise als Imago überwintert, wird von Eichhoff als wenigstens doppelt ange- geben [15 a, S. 174]. Er schwärmt zuerst im März und April, zum zweiteumale im Jiini, und vielleicht kann es zu einer dritten Gene- ration kommen. Der erste bekannt gewordene grössere Frass dieses Thieres in Verbindung mit seinem eben beschriebenen, krummzähnigen Vetter ist von Riegel aus Adelmannsfelden in Württemberg be- schrieben [63 h\. Die Bemerkung von Kahlich, dass Bostrichus ahietis in Schemnitz gleichfalls häufig an jüngeren Tannenbeständen 1863 aufgetreten wäre [39, S. 60], bezieht sich offenbar auf unseren Käfer. Die schwersten Beschuldigungen gegen ihn erhebt Eichhüff [15 a, S. 173 bis 175], welcher ihn 1872 in dem Vogesenrevier Albersch- weiler als sehr schädlich kennen lernte. Er ist geneigt, ihn als den scbädHcheren der beiden Tannen-Borkenkäfer anzusehen und ihm die Schuld an dem nach den verschiedensten Berichterstattern stets von oben nach unten fortschreitenden Absterben der Tannen bei Borken- käferfrass zuzuschreiben. Auch hier in Tharand trat der Käfer häufig in Gesellschaft des T. curvidens auf. Abwehr. Gegen die, wie wir eben sahen, mitunter sehr be- deutenden Schäden dieser Tannenfeinde sind bis jetzt stets nur Vertilgungsmittel angewendet worden, und zwar Einschlag der be- Kleiner Tannen-Borkenkäfer, Tomicus Piceae. 493 "fallenen Stämme mit nachfolgender, rechtzeitiger Schälung und Verbrennung der Einde. Dort, wo der kleine Tannen-Borkenkäfer mitfrisst, muss aber auch alles schwächere Material, welches nicht gut entrindet werden kann, Gipfelstücke und Aeste, dem Feuer übergeben werden. Fortgesetzte, consequente Reinigung des Revieres in dieser Weise hat in den meisten Fällen zu wirklich erfolgreicher Abwehr genügt, trotzdem bei diesem Verfahren sicher viele Larven und Puppen im Holze zurückbleiben, in welchem sie sich, auch nach Entfernung der Rinde, normal entwickeln können [Jüdeich, 38 b], da ähnlich wie bei Hylesinus minor Htg. (vgl. S. 464) und oftmals auch bei Scolytus Pruni Ratz. (vgl. S. 486), die Puppenwiegen des krummzäbuigen Borkenkäfers häufig im Splint vertieft liegen. Wollte man daher bei der Bekämpfung ganz sorgfältig verfahren, so müsste man, wie schon Riegel, [63 h] sehr richtig bemerkt, eigentlich die ganzen Stämme dem Feuer übergeben, was aber wohl nur dann thunlich ist, wenn in der Nähe industrielle Anlagen vorhanden sind, welche, wie z. B. Glashütten oder Eisenschmelzen, auch noch nicht ganz ausgetrocknetes Holz als Feuerungsmaterial verwenden können. Denn eine längere Aufstapelung des Holzes auf dem Walde benach- barten Lagerplätzen würde immer noch die Gefahr der Rückkehr •der auskommenden Käfer nach dem Walde eirschliessen. Das Ver- brennen des Holzes blos zum Zwecke der Vernichtung dürfte wohl nur für die geringwerthigsten Sortimente zu empfehlen sein In den leichteren Brennhölzern könnte man den versteckten Feind dadurch tödten, dass man sie in dem mit Rinde und Astholz gespeisten Feuer etwas röstete. Mit schweren Nutzhölzern, Klötzen und Stämmen wird sich nicht viel anfangen lassen. Ueber die Anwendung von Fangbäumeu gegen diese Käfer liegen unseres Wissens bisher keine Berichte vor. Altum [XVI, ni, 1, S. 303] bezweifelt ihre Wirksamkeit, während Eichhoff [15 a, S. 248] mehr von ihnen erhofft. Er ist auch der An- sicht, dass es sich zur Bekämpfung des kleinen Tannen-Borkenkäfers empfehle, „Versuche zu machen mit zartrindigen Fangknüppeln, Zopf- enden und Reisig, welche eventuell mit dem Stammende in die Erde einzugraben wären, um sie länger frisch zu erhalten" [15 a, S. 175]. „Gute Wirthschaft, voller Bestandesschluss" ist das beste Vorbeu- gungsmittel [XVI, III, 1, S. 303]. Ausführliches in letzterer Be- ziehung, sowie auch über die Behandlung der Fangbäume, findet man in dem der Darstellung der Fichten-Borkenkäfer angehängten Abschnitte über „Abwehr", Viel zahlreicher und polyphager sind diejenigen Borkenkäfer dieser Abtheilung, welche wir nach ihrem bevorzugten ßiutbaume als Kiefern-Borkenkäfer bezeichnen wollen. Es sind unter ihnen viele sehr beachtenswerthe Feinde des Forstmannes, wenngleich sie an Wichtigkeit sicher weit hinter den später zu besprechenden Fichten-Borkenkäfern zurücktreten, und „Wurmtrocknisse" so aus- gedehnter Art wie letztere noch niemals verursacht haben, sondern erst im Gefolge der Kiefernkahlfrass erzeugenden Schmetterlingsraupen AQA Kap. IX. Die Käfer. und in Verbindung mit den aus biologisclien Gründen bereits oben (S. 468) besprocbenen Kiefern-Markkäfern, Hylesinus piniperda L. und H. minor Htg., in grösserem Masse scbädlich geworden sind. Welcbe Schäden ibnen im Besonderen zur Last zu legen sind, wird nach den Arten getrennt abgehandelt werden. Dagegen wollen wir uns auf eine Besprechung der Abwehrmassregeln bei den einzelnen Arten nicht einlassen, ja nicht einmal solche für die Kiefern-Borken- käfer allein bringen. Es stimmen nämlich die Lebensgewobnheiten der verschiedenen, die gleichen Altersklassen der Kiefern bewohnen- den Borkenkäfer so nahe einerseits unter sich, andererseits mit denen der ähnlich lebenden Fichten-Borkenkäfer überein, dass ^^ ir erst nach Behandlung der letzteren eine zusammenhängende Besprechung dieses Themas geben können. Unter den Kiefernfeinden dieser Abtheilung steht obenan der grosse oder 12zähnige Kiefern-Borkenkäfer, Tomicus sexdentatus Boern. Diese grösste aller Tomicus-Arten, welche nicht nur die gemeine Kiefer und ihre näheren Verwandten, sondern zuweilen auch die Fichte befällt, ist als Käfer an den sechs, jederseits am Rande des Flügeldeckeneindruckes stehenden Zähnen leicht kenntlich, während ihre Frassfigur, welche im Ganzen fast 1 m Länge erreichen kann, durch die bis 4 mm erreichende Breite der lothrechten, zwei- oder mehrarmigen Muttergänge sich vor allen anderen auszeichnet. Der bei uns meist nur gefälltes, starkes Holz angehende Käfer hat bis jetzt gewöhnlich blos als Begleiter anderer Borkenkäfer, z. B. des Hylesinus piniperda L., einige Jiedeutung erlangt. Beschreibung: Tomicus sexdentatus Boern., (stenographvs Duft., Eä.tz., typograplnis Gyll., pinastri Bechst.) Käfer fast walzenförmig, nach vorn und hinten etwas verengt, schwarz oder braun, glänzend, lang gelblich behaai't. Vorderbrust nach hinten zwischen den Vorderhüften mit scharfem Fortsatz. Fühlerkeule eiförmig, erste und zweite Naht derselben winklig gegen die Spitze vorgezogen. Halsscbild länger als breit, vorn breit abgerundet, gekörnt, hinten weitläufig, tief punktirt, mit glatter Mittellinie. Flügeldecken tief und grob punktirt-gestreift, mit glatten, an den Seitenrändern und hinten punktirten Zwischenräumen. Absturz schräg, vertieft, glänzend, grob und weitläufig punktirt, am Aussenrande beiderseits mit sechs, nur ausnahmsweise mit fünf Zähnen, von welchen der vierte am längsten und an der Spitze gewöhnlich verdickt ist. Auf der Stirn vom ein Höckerchen und hinter demselben ein mehr oder weniger deutlicher, glatter Querwulst. Vorderschienen vorn verbreitert, mit einer zum Einlegen der Füsse bestimmten Furche. Länge 5".5 — 8 mm. Lebensweise. Die Frassfigur besteht normalerweise aus einem lothrechten, zweiarmigen, sehr langen Muttergange, dessen Arme von einer geräumigen Eammelkammer beginnen und in ihrer Decke vielfach Luftlöcher haben; oftmals gabein sie sich aber, oder es gehen drei bis vier Arme von der Rammelkammer ab, sodass als- dann mehrarmige Lothgänge entstehen. Die Muttergänge sowohl, wie die verworrenen Larvengänge bleiben gewöhnlich fast ausschliesslich in der Rinde, und nur an schwachberindeten Stücken greift der Mutter- Kiefern-Borkenkäfer, bes. Tomicus soxdentatus. 4.95 gang in das Heiz ein. Die Länge der einzelnen Arme kann, wie schon Ratzeburg wusste [V, 1, S. 187], bis auf 40 cm steigen und erst kürzlich massen wir hier in Tharand eine Frassfigur von über 80 cm, Gresammtlänge. Die Breite der Muttergänge steigt bis zu 4 mm. Der gewöhnliche Brutbaum des zwölfzähnigen Borkenkäfers ist bei uns die gemeine Kiefer, der er in ihrem geographischen Verbreitungs-Gebiete von Lappland bis an die Mittelmeerküsten und Transkaukasien und vom Atlantischen bis zum Stillen Ocean folgt [45, S. 254 und 15 a, S. 213]. Er verschmäht aber auch keineswegs ihre südlicheren Verwandten, sodass er in den jVIittelmeerläudern häufig an Scb warzkiefer, P. laricio Poik., und See- kiefer, P. pinaster Sot^and (maritima Poir.), wohnt, wie uns in Betreff der letzteren in den Südwestfranzösischen Landes namentlich Peuris [58, S. 179 bis 184] sehr ausführlich schildert. Aixsserdem geht er aber sicher auch an Fichte, wie schon Ratzeburg [V, 1, S. 186] und Nördlingek berichten [56 6, S. 2G4] und Neumeistek [54, S. 294] am genauesten darstellt. Hier ist er auch nach Ratzeburg und Saxesen in Gesellschaft von Hylesinus micans gefunden worden. Neump.ister berichtet [54, S. 294] bei Gelegenheit eines in Folge des Windbruches im December 1868 auf Langebrücker Revier bei Dresden auftretenden Borkenkäferfrasses: „Ferner verdient das Auftreten des Bostrychus stenographus in stehenden Fichten erwähnt zu werden. Es ist unbestreitbar, dass dieser Käfer die stehende Fichte ebenso stark wie B. typographus beziehen kann und mithin, ceteris paribus, gefährlicher für die Fichte als tür die Kiefer wird, welch letztere Holzart er in der Regel nur im liegenden Zustande annimmt. In zwei Abtheilungen trat stenographus durchgängig und so massig auf, dass man anfangs wohl glauben konnte, es mit besonders grossen Exemplaren des B. typographus zu thun zu haben. In gefällten imd zerschnittenen Fichten ist stenographus nur zweimal gefunden worden." Von der Richtigkeit der Fig. 161. Flügel- Bestimmung in diesem Falle hat sich Jüdeich überzeugt, deckenabsturz von welcher den Käfer auch 1S88 auf demselben Revier in Mehr- Tomicus sexden- zahl in Fiehtenklötzen fand. tatus Boekn. Die Generation des zwölfzähnigen Borkenkäfers wurde ursprüng- lich als einjährig angesehen und seine Flugzeit etwas später, als die des achtzähnigen Fichten-Borkenkäfers angesetzt, sowie angegeben, dass seine Entwickelung etwas langsamer vor sich gehe ; dagegen ist in neuerer Zeit auch bei ihm in Deutschland mehrfach eine doppelte Generation beobachtet worden, wobei die erste Flugzeit in den April oder Mai, die zweite in den Juli fiel. Der Käfer überwintert dann als Imago. Man findet aber auch Winterlarven, Die genauesten Beob- achtungen über doppelte Generation sind von Perris an der See- kiefer in Südfrankreich gemacht worden. Schaden. Der Käfer wird gewöhnlich auf Schlägen und Holz- plätzen in liegenden, frisch gefällten Stämmen, und zwar nur in starken gefunden. Bemerkenswerth ist es, dass er hier oft an den höheren Partien der Stämme, wo die Rinde dünn wird, wohnt, wodurch sich das häufige Verkümmern der hier zu stark in den Splint einge- betteten Brut erklären möchte. Wahrscheinlich nimmt ihm Hylesinus piniperda L., der immer früher kommt, den Platz weg, da sich dieser am liebsten am unteren Stammende einquartiert, wo dann die Gänge ^(^g Kap. IX. Die Käfer. des Nachzüglers kaum alle Platz finden. Diese Umstände mögen auch seine Vermehrung im Zaum halten, und am stehenden Holze, das er sicher öfters annimmt, scheint er nur dann zu schaden, wenn liegendes Holz seine Vermehrung ungewöhnlich begünstigt hat. Auch geht er mitunter an schwächeres Material ; so fand ihn z. B. Döbner [XIV, S. 175] an solchem im Revier Burgjoss und Perris gelegent- lich auch in Südfrankreich. In einem ähnlichen, von Henschel aus Ungarn mitgeth eilten Falle war der Käfer zuerst in die kränkelnden Samenbäume eines südlich gelegenen Schlages gegangen und hatte sich von da in einem anstossenden Stangenorte verbreitet, der als „räumdig und mit stufigem Holze bestanden" geschildert wird ; einzelne der 18- bis 24jäbrigen Stangen waren 26 bis 30 cm stark. Röthung der Nadeln war schon nach vier Wochen sichtbar, während nach Hylesinus-Frass die Röthung erst später erfolgt. Ein grösserer, ausschliesslich durch T. sexdentatus Boern. hervorgebrachter Frass ist uns nicht bekannt, dagegen tritt der Käfer häufig secundär in durch Raupenfrass verwüsteten Wäldern auf, z. B. Ende der Sechziger- jahre in Ostpreussen in den durch Nonnenfrass gelichteten Revieren [Ahlemann I b, S. 105]. In Russland, wo er überhaupt nach Koppen 145, S. 254 — 257 und 390] häufiger zu schaden scheint als bei uns, ist sein Frass als Folgeerscheinung der durch die Kieferneule, den Kiefernspanner und sogar die Kiefernscheidengallmücke, Ceci- domyia braohyntera ScHW^ÄG., verursachten Beschädigungen beachtena- werth. Auch durch Waldbrände beschädigte Waldorte sucht er gern auf, wie Willkomm [75 b, S. 234] berichtet. Er brütet ausser mit Hylesinus piniperda L., vielfach mit Tomicus Laricis Fabr. zusammen. Gleichfalls als Bestandsverderber sind anzusehen der sechszähnige Kiefern-Borkenkäfer, Tomicus acuminatus Gyll., der vielzähnige Kiefern - Borkenkäfer, T. Laricis Fabr. und seine häufig mit ihm verwechselten Verwandten. Die beiden mit Namen in der Ueberschrift aufgeführten Käfer werden stets in den Forstiusektenkunden genannt, trotzdem man ihnen nur wenig wirkliche Schädigungen nachweisen kann. Namentlich die Angaben über T. Laricis Fabr., von dem schon Ratzbburg [V, 1, S. 188] sagt, dass er seinen lateinischen Namen sehr mit Unrecht trage, „weil er unter allen Nadelhölzern am selten- sten in der Lärche zu finden sei", entbehren, was speciell seine forstliche Bedeutung anbelangt, der wünschenswerthen Schärfe. Er besitzt nämlich eine Reihe, erst in jüngster Zeit besser charakteri- sirter Verwandter, die ihm so ähnlich sind, dass man bis jetzt nur selten entscheiden kann, ob es sich bei Angaben in der Literatur wirklich um T. Laricis Fabr. oder eine der letzteren Arten handelt. Die folgende Zusammenstellung der uns bekannt gewordenen Litera- turangaben und die genauen Diagnosen sollen daher besonders zu weiteren Beobachtungen anregen. Kiefern-Borkenkäfer, bes. Tomicus acuminatus. 497 • T. acuminatus Gyll. (Fig. 162) ist kenntlich durch drei jeder- seits an dem Rande des Flügeldeckeneindruckes stehende Zähne, von denen stets der unterste am kräftigsten ist und beim c? in zwei stumpfe Spitzen ausgeht. Er macht Stemgänge mit sehr langen Armen in den dünnrindigen Theilen älterer und in jüngeren Kiefern. T. Laricis Fabr. und seine Verwandten sind kenntlich an dem fast kreisrunden, beinahe senkrecht gegen die Längsachse des Käfers ge- stellten Flügeldeckeneindrucke, der bei T. Laricis Fabr. (Fig. 163) selbst fein gekerbt, und ausserdem noch jederseits mit drei, etwas mehr nach innen gerückten stärkeren Zähnen versehen ist. Die biolo- gische Charakteristik des auch in anderen Nadelhölzern vorkommen- den T. Laricis Fabr. liegt aber in der Gestalt seiner Frassfigur, welche aus einem unregelmässig gebuchteten, kurzen Muttergange besteht, in welchem die Eier haufenweise abgelegt werden, und von dem aus die Larven gemeinschaftlich weiterfressend, einen Familien-Rinden- gang erzeugen. Die zoologisch ziemlich schwierige Unterscheidung der verwandten Arten scheint dagegen um so begründeter, als alle diese mehr oder weniger regelmässige, mehravmige Loth- oder Sterngänge mit Eiergrübchen erzeugen, von denen die Larvengänge einzeln abgehen. Alle diese Formen dürften mehr als Beglei- ter oder Nachfolger anderer Schädlinge, vvie als selbstständige Verwüster anzusehen sein. Fig. 162. Flügeldeekenab- T> , ., «, . . . Sturz bei r^ und Q von Beschreibung:; Tomicus acuminatus ^ Gyll. igeminahis Zett.). Käfer walzenförmig, Tomicus acuminatus Gyll. nach vorn fast gar nicht, nach hinten etwas mehr verengt, pechbraun, etwas glänzend, greis behaart. Vorderbrust nacli hinten zwischen den Vorderhüften mit scharfem Fortsatz. Ftthlerkeule stumpf-eiförmig mit leicht gegen die Spitze gekrümmten Nähten. Halsschild länger als breit, vorn breit abgerundet, gekörnt, hinten fein und weitläufig punktirt, ohne glatte Mittellinie. Flügeldecken kaum länger als das Halsschild, fein punktirt-gestreift, mit ge- reiht-punktirten Zwischenräumen. Absturz schräg, vertieft, glänzend, etwas runzelig, aber nicht tief punktirt, am Aussenrande jederseits mit drei Zähnen, von welchen der unterste der grösste ist und etwa in der Mitte des Randes steht; Nahtwinkel etwas vorgezogen. Beim (^ ist der dritte, unterste Zahn sehr breit und ausgerandet, sodass er wie zwei miteinander verwachsene Zähne, als Doppelzahn erscheint. Vorderschienen nach vorn etwas verbreitert, mit zum Einlegen der Füsse bestimmten Rinnen. Länge 3— 3*T mwi. Lebensweise. Die ersten Frassstüeke des Käfers hat Riegel, der auch selbst hierüber eine kurze Notiz [63 a\ veröffentlichte, in Herrenalb im Schwarzwalde gefunden, und Nördlinger [vgl. XXIV, S. 31] beschrieb sie. Am genauesten schildert sie nach eigenen Beob- achtungen Hbnsghel [XII, 2. Aufl., S. 105]: «üie Sterngänge sind meist drei- bis fünfstrahlig, die einzelnen Arme oft bis 8 cm lang und nicht selten über 2 ram breit; tief in den Splint eingeschnitten, besonders wenn die Rinde sehr dünn ist, weniger tief bei dickerer Rinde; gerade oder leicht geschwungen, nie gabelig getheilt. Die Eiernischen sind gross, tief und nicht sehr zahlreich, wechselweise ^gg Kap. IX. Die Käfer. in Zickzackfoim gegenüber gestellt. Sind die Larvengänge normal ent- wickelt, so erreichen sie nicht selten die ausserordentliche Länge von 10 bis 13 cm; sie sind stark geschlängelt, durchziehen und berühren sich oft und sind schwach auf der Splintfläche sichtbar. Die abnormen Formen sind jedoch bei diesem Käfer weit häufiger und sogar vor- wiegend. Die Larvengänge sind dann vereinzelt, drei bis viermal breiter als die Muttergänge, meist muschelförmig ausgenagt, kurz, tief in den Splint und nicht selten sogar in das Holz eingesenkt." Der Brutbaum des Käfers ist die gemeine Kiefer. In Herren- alb bewohnte er nach Eiegel 10 bis 15 cm starke Kiefern stangen und die oberen Theile einer alten Kiefer. Henschel hat ihn „in Oesterreich" in 40- bis 60jährigen Kiefern in den (jipfelpartien und in stärkeren Aesten, vorzüglich in der Achselgegend gefunden, also stets nur an Stammtheilen mit dünner, blätteriger, rothgelber Rinde [XII, Aufl. 1, S. 64 und 65]. Rudzki fand ihn an der Südküste der Krim auch in Pinus laricio PoiR. [45, S. 257], Nach Henschel fällt die Flugzeit in den Mai; Mitte October waren die noch weichen Käfer fertig, überwinterten unter der Rinde und flogen Anfang Mai nächsten Jahres aus. In diesem Falle wurde also die einjährige Generation beobachtet. Taschenberg [XVIII, S. 160] giebt an, dass unter Umständen auch eine doppelte oder anderthalbige Generation vorkommen kann. Der Käfer ist von Lappland bis nach Sicilien und vom Kaukasus bis nach Spanien [15 a, S. 232] verbreitet, aber nirgends gemein; in Süddeutschland und Oesterreich scheint er häufiger zu sein als bei uns. Grössere Schäden sind von ihm nicht zu verzeichnen, dagegen rechnen ihn sowohl Riegel wie Henschel und SiEMASCHKO, der ihn im Gouvernement St. Petersburg beobachtete [45, S. 257], zu den merklich schädlichen. Wachtl hat für den T. acuminatus Gylt,. nebst einigen Verwandten die Gruppe der sogenannten doppelzähnigen Borkenkäfer geschatl'en [74], zu welchen er ausser einigen von uns zu den näheren Verwandten des T. Laricis Fabk. gerechneten, gleich zu erwähnenden Fui-men, namentlich den T. duplicatus Sahlb. und denT. Judeichii Kirsch zählt. T. duplicatus ist weiteren Kreisen bis jetzt eigentlich nur nach einem Exemplare, einem SAHi.BERo'schen Originale bekannt, denn die in der forstlichen Literatur vorhandenen Angaben, dass er zahlreicher in Oesterreich mit T. typographus zusammen aufgetreten sei, die im Wesent- lichen von Hlawa [34] und Pfeiffer [59] stammen, sind dadurch entstanden, dass nach den sicheren Nachweisen von Kellner [42 h], Henschel [32 a und 32 /j] und Mick [52] der weiter unten genauer zu erwähnende T. amitinus Ei( HH. tälschlich als T. duplicatus bestimmt wurde. Ein Originalexemplar von Tomicus (fliplicatus Sahlb. hat aber inzwischen Clemens Müller in Dresden für seine Sammlung erworben. Bei der dadurch nunmehr möglich gewordenen direkten Vergleichnng mit den Originalexemplaien von T. Judeichii Kirsch hat es sich herausgestellt, dass beide Formen identisch sind. T Judeichii Kirsch ist demnach als Art zu streichen und als Synonj^m zu T. duplicatus Sahlb. zu stellen, einem Käfer, welcher vorzugsweise nördlicheren Gebieten und dem östlichen Russland anzugehören seheint. Wir wenden uns jetzt zu dem vielzähnigen Kiefern- Borkenkäfer und seineu Verwandten. Tomicus acuminatus, T. Laricis und Verwandte. 499 Besclneibung-: Tomicus Laricis Fabe., Eätz. Käfer walzenförmig, nach hinten fast gar nicht, nach vorn etwas stärker verengt, pechschwarz oder -braun, etwas glänzend, dünn greis behaart. Vorderbrust nach hinten zwischen den Vorderhüften mit scharfem Fortsatz. Fühlerkeule kreisrund, erste Naht der- selben fast gerade, in der Mitte wenig, aber doch merkbar nach vorn gekrümmt, die folgenden Nähte gerade oder sehr wenig nach der Basis zu gekrümmt. Halsschild kaum länger als breit, nach vorn verengt, gekörnt, hinten ziemlich dicht punktirt, ohne deutliche Mittellinie. Flügeldecken länger als das Hals- schild, dicht und tief punktirt-gestreift, die flachen, glatten Zwischenräume mit je einer äussert feinen und weitläufigen Punkireihe, Absturz fast senkrecht, mit kreisföi-migem, punktirtem, glänzendem Ein- druck, der Aussenrand desselben gekerbt und beiderseits mit drei, bei (^ und 9 gleichgeformten, etwas nach innen gerückten Zähnen, von denen der unterste zwischen Mitte und Spitzenrand, in der Verlängerung des sechsten Zwischenraumes steht. Vorder- schienen nach vorn etwas verbreitert, mit einer Rinne für die Füsse. Länge 3'5 — 4 vim. T , • T r •••L rw -, ,1 Fig.163. Flügel- Lebens weise. In früherer Zeit wurden dem deckenabsturz T, Laricis stets mebrarmige Lotbgänj^e zugeschrieben, von T. Laricis Es scheint diese Angabe auf einer Verwechselung mit Fabr. seinen Verwandten zu beruhen; denn wie zuerst Nördlinger beob- achtete, aber als Abnormität ansah [vgl. XXIV, S. 29], Eichhofp auf die Beobachtungen Schreiner's bin, die er selbst controlirte, mit- theilt [15 «, S. 240], Altum nach eigenen vielfachen Erfahrungen bestätigt [XVI, 2. Aufl., III, 1, S. 301], und wir selbst mehrfach gesehen haben, macht der Käfer Rindenfamiliengänge. Der Mutter- gang besteht aus einem kurzen, 1 bis 3 cm langen, unregelmässigen, am Ein- gange oft mit einem stiefel- artigen Knick beginnenden, den Splint höchstens streifen- den Längsgange, der aucb Seitenarme zeigen kann. In diesem werden die Eier haufenweise abgelegt, nicht etwa regelmässig in Eier- nischen vertheilt Dieser Muttergang wird nun durch ^ig- 164. Halbschematische Zusammenstellung T jf . ^on Frassgangen des Tomicus Lancis Fabr. den Earveufrass zu einem nach Nördlinger [XXIV, S. 29] und Eichhoff keine bestimmte Formen ein- [15 «, S. 241]. a Eierhaufen, b Larven. Das haltenden Frassplatze un- Bohrloch ist schwarz angedeutet, '/o nat. Grösse, regelmässig erweitert, an dessen Rand die Larven gemeinsam weiter- nagen, hier und da auch wobl einen Einzelgang über seine Grenze hinaustreiben. Besser als Worte erläutern dies die in Fig. 164 nach Nördlinger und Eichhoff gegebenen Abbildungen. Die Generation wird von Ratzeburg sicher als doppelt angesehen, womit auch andere Angaben übereinstimmen. Er scheint ein Spätschwärmer zu sein. Als Brutbaum scheint er mit Vorliebe die Kiefer zu wählen, doch ist er auch in Fichten nicht selten und soll Lärchen und 500 I^ap- I^' I^i® Käfer. Weißstannen gleichfalls angelien [V, 1, S. 188; 15 a, S. 240; XVI, 2. Aufl., III, 1, Ö. 301]. NöBDLiNGEK will ihn auch in Pinus strobus L. und P. Halepensis Mill. gefunden liaben [XXIV, S. 30]. Er kommt sowohl in starken Bäumen als in schwächeren Stangen vor. Dagegen scheint die immer citirte Angabe Ratze- bübg'b [V, 1, S. 189], dass er junge Kiefernkulturen in Gesellschaft mit anderen Kultiu-verderbern zerstöre, neuerdings nicht bestätigt worden zu sein. Noch viel uusicherer ist alles, was wir über den Frass seiner drei näheren Verwandten wissen. Unter ihnen ist zunächst zu er- wähnen : T. suturalis Gyll. (nigritus Gyli..) Käfer dem T. Laricis sehr ähnlich. Fiihlerkeule mit nach der Basis gekrümmten Nähten. Halsschild etwas mehr nach vorn verschmälert, hinten mit deutlicher, glatter Mittellinie. Absturz der Flügeldecken nicht kreisrund, sondern schmäler als bei T. Laricis, oval, am Rande mit drei etwas nach innen gerückten Zähnclien, von denen das unterste, wie bei T. Laricis, zwischen Mitte und Spitzenrand, am Ende des sechsten Zwischen- raumes steht. Bei vollständig ausgefärbten Exemplaren sind Schienen und Schenkel dunkel. Beim (^ stehen die Zähne des Absturzes mehr am Seitenrand, beim 9 sind sie stumpf, der zweite und drifte Zahn ist noch mehr nach innen gerückt. Die Flügeldeckenspitze des Q ist hell-braunroth gefärbt. Länge 3 vim. Lebensweise. Dieser lange Zeit nur für eine Varietät von T. Laricis Fabr. angesehene Käfer unterscheidet sich von diesem nach Eichhoff [15 a, S. 244] deutlich durch seine Frassfigur, die aus mehreren von einer geräumi- gen Rammelkammer ausgehenden Lothgängen besteht, welche aber die Neigung haben, etwas schräg zu verlaufen. Die Larvengänge beginnen in deutlichen, getrennten Eiergrübclien. Er findet sich in Kiefer und Fichte und bevorzugt die höheren Stammtheile mit dünner Rinde, kommt nach Eichhoff aber auch in Stöcken vor. Judeich hat ihn einmal aus 5- bis 6jährigen Kiefernpflanzen er- zogen. Hbnschel kennt ihn auch aus der Zirbelkiefer [32 e]. T. proximus Eichh., dem T. Laricis Fabr. ebenfalls sehr ähnlich, früher wohl meist mit ihm verwechselt. Käfer walzenförmig, pechbraun oder schwarz, dünn greis behaart. Vorderbrust mit scharfem Fortsatz zwischen den Vorder- hüften. Fühlerkeule kreisrund, mit etwas welligen Nähten. Halsschild kaum länger als breit, vorn breit abgerundet, gekörnt, hinten stark, aber nicht dicht punktirt, mit etwas undeutlicher, glatter Mittellinie, auf der Scheibe in der Mitte leicht quer eingedrückt; Flügeldecken etwas länger als das Halsschild, tief punktirt-gestreift, die Punkte, namentlich hinten in die Breite gezogen, sodass die Zwischenräume querruuzlig erscheinen, letztere schmal, gereiht-punktirt. Absturz fast senkrecht, mit kreisförmigem, grobrunzlig punktirtem Eindruck, dessen Seitenraud an seiner oberen Hälfte drei oder vier Zähnchen trägt, von denen das unterste etwa in der Mitte des Randes liegt. Beim (^ sind vier deut- liche Zähne vorhanden, die drei unteren nahe beisammenstehend, beim 9 er- scheint der dritte Zahn nur als stumpfer Höcker. Vorderschienen nach vorn etwas erweitert, mit Ruinen zum Einlegen der Füsse. Länge 3 — 4 mm. Lebensweise. Der Frass dieses Käfers ist bis jetzt nur nach den von Schreiner an Kiefern gesammelten Exemplaren durch Eichhoff [15«, S. 236—238] beschrieben worden. Er frisst ganz ähnlich wie der vorhergehende, aber die von der Rammelkammer angehenden Lothgänge halten sich strenger an die Senkrechte, und die ganze Figur nähert sich daher weniger der Sterngangform. T. rectangulus Eichh. (Laricis Perris?). Käfer dem T. Laricis äusserst ähnlich. Die runde Fühlerkeule liat jedoch deutlich nach vorn gekrümmte Nähte und am Ab.sturi5 der Flügeldecken befinden sieh beiderseits beim J' als Fortsetzung des ersten, dritten, vierten und fünften Zwischenraumes stärker hervortretende Zähnehen, beim 9 nur drei, indem bei ihm der dritte Zahn nur Tomicus suturalis und T. biclentatus nebst Verwandten. 501 als stumpfer Höcker erscheint; das unterste Zähnclien befindet sich bei beiden Geschlechtern fast in der Mitte des Randes, während es bei T. Laricis etwas tiefer steht. Länge 3 — 4 vivi. Lebensweise. Ueber den Frass dieses namentlich in den verschiedeneu Südeuropäischen Kiefern formen lebenden Käfers weiss man mit wirklicher Sicherheit gar nichts, denn alle Ans;aben von Eichhoff sind begründet auf die Ver- muthung, dass der von Perris [58, S. 184 — 187] als T. Laricis aus den Kiefern- Strandwäldern der Landes beschriebene Käfer T. rectangulus sei. Seinen T. Laricis bezeichnet Perris als sehr häufig, ungemein schädlich, in abgestorbenen Stämmchen und Stämmen jeder Dimension brütend und schildert seine Frass- figur als einen mehrarmigen Lothgaug mit geschwungenen Armen. Er soll stets in Südfrankreich eine sicher dreifache Generation haben. Mehr als Kulturverderber und Feinde der strauchartigen Kiefern sind zu betrachten die hakenzähnigen Kiefern-Borkenkäfer, Tomicus bidentatus Hbst., T. quadridens Htg., T. bistridentatus Eichh. und Verwandte. Die hier genannten Kiefernkäfer bilden eine sehr gut abge- schlossene Gruppe, welche sich zoologisch dadurch charakterisirt, dass bei den c?c? am oberen Theile des Flügeldeckenabsturzes ein grosser Hakenzahn steht (Fig. 165), zu dem noch ein oder mehrere kleine Höcker kommen können, während bei den 99 nur eine Furche jederseits der Naht und keine oder höchstens kleine Zähnchen vor- handen sind. Biologisch sind sie durch meist tief in den Splint ab cd Fig. 165. Flügeldeckenabsturz der (^ (^ von a) Tomicus bidentatus Hbst. b) T. bidentatus var. ß, c) T. quadridens Htg. und d) T. bistridentatus Eichh. eindringende Sterngänge gekennzeichnet, sowie durch ihre Vorliebe für schwächeres, dünnrindiges Material. Der Hauptschaden von T. bidentatus Hbst. besteht in der Vernichtung junger Kiefernpflanzen von 5 bis 12 Jahren. T. bistridentatus Eichh. erscheint namentlich in Gebirgslagen als Feind der Krummholzkiefer. Beschreibung: Tomicus bidentatus Hbst. {hidens Fabr., Ratz.). Käfav walzenförmig, pechschwarz oder -braun, etwas glänzend, aber nicht so fettglänzend ^vie T. chalcographus L., fein behaart, nach hinten etwas lichter gefärbt. Vorder- brust ohne Fortsatz zwischen den Hüften. Fühlerkeule eiförmig mit fast geraden Nähten. Halsscliild kaum länger als breit, nach vorn verschmälert, in der Mitte beiderseits quer eingedrückt, vorn gekörnt, hinten erröber punktirt als bei T. chalcographus, mit etwas erhabener, glatter Mittellinie und einem glatten Fleckchen beiderseits. Flügeldecken meist bis zum Absturz punktirt-gestreift, die Punkte an den Seiten dichter und feiner als auf dem Rücken. Der Absturz beim (^ schräg, kreisrund, glatt, wenig vertieft, oben beiderseits mit einem grossen, nach abwärts gekrümmten Zahn, beim 9 ohne Zahn, neben der erhabenen glj2 Kap. IX. Die Käfer. Naht beiderseits gefurclit, mit g-e\völbten Seitenrändern. Stirn des Q nicht aus- gehöhlt. Bei beiden Geschlechtern Vorderscliienen nicht erweitert, Schenkel und Schienen etwas dunkler. Länge 2 — 2-3 mm. Nicht selten findet sich beim (^ dicht oberhalb des grossen Zahnes noch ein kleines Zähncheu; var. /5 Eichh. Manche Q 9 zeigen auf der Stirn ein nadelstichähnliches Grübchen; var. trepanatus Nürdl, T. quadridens Htg. Käfer dem T. bidentatus sehr ähnlich, beim (^ befindet sich aber am Abstürze unterhalb des g:rossen Hakenzalines, etwa in der Mitte des Randes, ein kleiner, kegelförmiger Zahn, beim 9 zeigt der wulstige Seitenrand neben der Furche am Absturz beiderseits zwei mehr oder weniger deutliche, kleine Höckerchen. Wenn diese sehr undeutlich sind oder fehlen, ist das 9 "^011 dem des T. bidentatus nicht zu unterscheiden. Mitunter hat das Weibchen eine dichte greise Haarbürste auf der Stirn; var. c. Eichh. Länge l'.ö - 2"3 mm. T. bistridentatus Eichh. Käfer dem vorigen sehr ähnlich, meist etwas grösser. Das (^ hat am Rande des Absturzes, ausser dem kleinen Zähnchen in der Mitte, oberhalb des Hakenzahnes noch ein kräftiges Zähnchen. T. Lipperti Henschel. Bei dieser Form kommen zu den drei jederseits bei den (^ (^ von T. bistridentatus vorhandenen Zähnen noch jederseits zwei kleinere weitere hinzu, welche zwischen dem Hakenzahn und dem unteren Zahn eingeschoben sind. Lebensweise, Die vorstehend geschilderten vier Arten, welche in ihren Körpermerkmalen, trotzdem sie sich entomologisch gut aus- einanderhalten lassen, wie Avir sahen, gewissermassen Variationen eines und desselben Grundthemas sind, haben auch eine gemeinsame Form der Frassfigur, den Sterngang, und zwar greifen, da diese Thiere im Grossen und Ganzen schwaches Material mit dünner Rinde bevorzugen, die Muttergänge sowohl, wie die Larvengänge meist tief in den Splint ein; von einer gemeinsamen, ausgebuchteten, tief ein- geschnittenen Rammelkammer gehen 3 bis 7 1 — 5 cm lange Mutter- gänge sternförmig auseinander, je nach der Stärke des Materiales mehr oder weniger dicht besetzt mit deutlichen, grossen Eiernischen. Dem entsprechend sind an stärkeren Aesten und Stämmchen die von einem Muttergange ausgehenden Larvengänge zahlreicher als an schwächeren. Nach Eichhopf sollen bei den typischen T. bidentatus Hbst. die Muttergänge mehr parallel der Schaftachse verlaufen [15 a, S. 256] und öfters geknickt sein, bei T. bistridentatus Eichh. mehr rad- speichenartig auseinanderstehen und namentlich in stärkerem Brut- holze in weiten bogenförmigen Krümmungen verlaufen [15 6], endlich bei T. quadridens Htg. weniger tief in den Splint eingreifen, also mehr in der Rinde bleiben. Nach unserer Anschauung ist die hier wiedergegebene Verschiedenheit viel weniger auf die Käferart, als auf die Stärke der befallenen Aeste oder Stämmehen und auf die mehr oder weniger dichte Zusammendrängung der Fi-assfiguren zurück- zuführen, sodass uns also eine Bestimmung der speeiellen Art nach den blossen Frassgängen kaum möglich erscheint, während für alle, ganz abgesehen davon, dass sie gewöhnlich nur an Kiefern fressen, T. chalcographus L. dagegen vorwiegend Fichteninsekt ist, eine dem •scharfen Beobachter leicht kenntliche, aber schwerer zu beschreibende Tomicus bidentatus und Verwandte. 503 charakteristische Gestalt der Gänge besteht, die eine Verwechselung mit denen des „Kupferstechers" nicht leicht gestattet. Die Puppen- wiegen gehen oft tief in den Splint. Als Brutbaum wird von allen heimischen Arten in unseren Gegen- den regelmässig die gemeine Kiefer benutzt, und zwar hauptsäch- lich au dünnberindeten Stellen, sodass also die Gipfelstücke stärkerer Stämme und Kulturen besonders von ihnen angegangen werden. Ausser- dem werden aber alle anderen Kiefernarten gern von ihnen ange- nommen; im Süden sind demge- niäss Pinus laricio PoiR. und P. pinaster Sol. vielfach befallen, und in höheren Gebirgslagen ist die so sehr variirende Berg- kiefer, P. montana Mill., ihren Angriffen ungemein ausgesetzt Namentlich kommt T. quadridens Htg. sowohl in den Gebirgsföhreu der Pyrenäen, wie in den Leg- föhren des Schwarzwaldes [XXIV, S. 32] und den Sumpfkiefern des Erzgebirges vor, und T. bistri- dentatus Eichh. ist nicht nur von Perris in den Hakenkiefern der Pyrenäen gefunden worden, son- dern auch ein ganz regelmässiger Bewohner des Knieholzes im ßieseugebirge, wo wir ihn häufig selbst beobachtet haben. Auch an Zirbelkiefern, F. cembra L., gehen diese Thiere, wie nach FiscHBACH Nöedlinger [XXIV, S. 32] für T. quadridens Htg. und Eichhoff nach Fankhauser für T. bistridentatus Eichh. [15 i] mittheilt und Henschel [32 e, S. 536] bestätigt. Kkller berichtet [41 b], dass letztgenannte Art in den Schweizer Alpen zwischen 1500 und 1800 m Meereshöhe zu finden sei und im Bündtner Oberland an der Lärche, am Buochseshorn an der Fichte, im Canton Uri an der Leg- föhre und im Canton Wallis an der Arve beobachtet wurde. T. Lipperti Hensch. wurde bis jetzt nur in der Aleppoki efer, F. Halepensis Mill., gefunden [32 (/]. T. bidentatus Hbst. ist ausserdem auch an Weymouthskiefern, die er sogar nach Altüm [XVI, 2. Aufl., III, 1, S. 306J besonders zu bevorzugen scheint, häu£g. Derselbe kennt ihn auch aus Lärche. Haktig hat ihn einmal zahlreich an Fichten beobachtet [29], und Nördlinger [XXIV, S. 32J fand T. quadridens Htg. sogar an Ficea obovata Led. {Schrenkiana Ant.) von der sibirischen Waldgrenze. Schon hieraus geht hervor, dass die geographische Verbreitung dieser Arten eine sehr weite ist. T. bidentatus Hbst. ist ein Spätschwärmer, der erst im Mai oder Juni zum ersteumale fliegt [15 a, S. 257]. Die erste Generation ist Fig. 166. Frassfiguren von Tomicus bidentatus Hbst. in stärkerem und schwächerem Materiale. Originale. 504 Kap. IX. Die Käfer. bereits im Juli fertig, es folgt der zweite Flug, und die zweite Gene- ration überwintert dann als Käfer in den Puppenwiegen oder brütet noch einmal; die letzterenfalls entstehende dritte Generation über- wintert als Larven. Dies wurde sowohl in Deutschland von verschie- denen Seiten, als auch in Südfrankreich von Perris [58, S. 190] beobachtet. Aus diesem Umstände erklärt sich auch die Angabe von Ratzeburg, dass der Käfer eine lY2fache Generation habe. Er schliesst dies nämlich aus dem Umstände, dass immer im Winter sowohl Käfer als Larven zu finden sind. Die verwandten Arten scheinen nach Allem, was man weiss, sich genau so zu verhalten. Schaden. T. bidentatus Hbst. und seine Verwandten gehören sicherlich zu den sehr schädlichen Kieferninsekten. In unseren alten Kiefernbeständen, wo sie ungemein häufig in den Aesten brüten, trägt der zweizähnige Borkenkäfer viel zur Lichtung der Kronen bei. Aus den Ostseeprovinzen meldet Willkomm [75 6], dass im Angern- schen Kronforste bei einer Menge 50- bis lOOjähriger Kiefern der Wipfel und nicht selten auch das ganze obere Dritttheil in Folge seines Angriffes dürr war, und Koppen stellt ähnliche Angaben anderer Berichterstatter aus Eussland zusammen [45, S. 259]. Dieser Käfer geht auch in den Abraum der Kiefern schlage [15 a, S. 255] und T. quadridens Htg. ist auch in Kiefernklaftern im Elsass gefunden worden [15 a, S. 260]. Seinen Hauptschaden richtet T. bidentatus Hbst. aber in unseren Kulturen an, wo er ganz gesunde Pflanzen der verschiedenen Kiefernarten, namentlich im Alter von 5 bis 12 Jahren, aber auch noch jüngere, tödtet. Er ist also ein starker Verbündeter von Pissodes notatus Fabr. Grössere Verheerungen in Kulturen waren schon Ratzeburg [V, I, S. 193] aus Oberschlesien bekannt. Auf durch Feuer beschädigte Kulturen ist besonders zu achten, da der Käfer solche nach Nördlinger [XXIV, S. 31] mit Vorliebe annimmt. Taschenberg [XVIII, S. 16l] theilt mit, dass 1872 in dem von Oberförster v. Bernuth verwalteten Reviere 10 000 7jährige Kiefern befallen waren. Ueber häufigere Verwüstungen in Weymouthskiefern- und Seekiefernkulturen berichtet Altüm [XVI, III, 1, S. 306], des- gleichen über vernichtenden, ausgedehnten Frass in Kiefernstangen- orten. In dem einzigen Falle, in welchem er aus Fichten bekannt geworden [29], hatte der Käfer in der Oberförsterei Segeberg in Schleswig-Holstein über die Hälfte der Pflanzen einer 8- bis 9jährigen Fichtenkultur, die im Schutze eines älteren Kiefernbestandes durch Saat erzogen und dann freigestellt worden war, vernichtet. T. bistri- dentatus Eichh. scheint seinen zweizähnigen Verwandten namentlich im Gebirge zu ersetzen und besonders den verschiedenen Bergkiefer- formen zu schaden. So in den Pyrenäen nach Perris, in der Schweiz nach Eichhoff und Fankhauser [15 b] dem Krummholz, und nach unseren Beobachtungen im Riesengebirge dem Knieholz. Die Vermuthun^ von Eichhoff [I5h], dass die nach Altüm im Riesen- gebirge gefundenen Exemplare des „T. chalcographus", sowie der an Altüm Tomicus bidentatus und Hylesinus miiiiraus, Fichteu-Borkenkäfer, 595 durch Henschel aus Steiermark gesendete und brieflich möglicherweise als neue Art „Bostrichus alpinus" bezeichnete, dort ganze Flächen von Legföhren ver- nichtende Käfer nichts weiter als T, bistridentatus Eichh. seien, ist uns daher sehr wahrscheinlich. Als letzter aller typischen Kiefernbewohner sei noch angeführt: Hylesinus (Carphoborus Eichh.) minimus Fabr. K'djer länglich, schwärzlich, durch dichte, schüppchenartige Behaarung grau erscheinend. Halsschild nicht länger als breit, nach vorn stark verengt und etwas eingeschnürt, oben sehr dicht und fein, etwas körnig punktirt, mit etwas undeutlicher Mittellinie und mit grauer Schüppchen bedeckt. Flügeldecken gekerbt gestreift, an der Spitze oft röthlich. Zwischenräume sehr schmal, äusserst fein gerunzelt und dicht mit grauen, wenig abstehenden Borstenhärchen besetzt. Am Absturz ist die Naht und der dritte Zwischenraum verbreitert und kielartig erhöht, und mit dem ebenfalls verbreiterten und erhöhten Seitenrande verbunden ; der zweite Zwischenraum ist dagegen ver- schmälert und vertieft. Füsse und Fühler gelbbraun. (^ auf der Mitte der Stirn mit zwei Höckerchen, 9 daselbst mit einem glänzendglatten Flecke. Länge 1*3 — 1'5 7)11)1. Lebensweise und Bedeutung. Dieser nach Eichhoff [15a, S. 130] wahrscheinlich ziemlich früh schwärmende und eventuell zweimal im Jalire brütende, kleinste Bastkäfer frisst in jungen Kiefernpflanzen, schwächerenKnüppeln bis zu 5 cm Stärke [V, 1, S. 219] und namentlich in schwächeren und schwächsten Aesten von einer Rammelkammer aus 3- bis 4armige, schmale, noch etwas in den Splint eingreifende Sterngänge mit verhältnissmässig kurzen und sparsamen Larvengängen. Er kommt nach einem unserer Sammlung von Henschel geschenk- ten Frassstücke auch an Schwarzkiefer vor. Auf seine forstliche Bedeutung hat bis jetzt nur Altüm [XVI. HI. 1, S. 2T5] aufmerksam gemacht, welcher ihn für die Kulturen, wo er mit T. bidentatus Hbst. gelegentlieh zusammen haust, nicht wesentlich schädlich hält, dagegen seinem Frasse Schuld giebt, erheblichen Antheil an dem allmählichen, unerwünschten Lichterwerden der Kronen in 40- bis 60jährigen Kieferustangenorten zu haben. Auch hier wirkt er mit T. biden- tatus undLamia(Pogonochaerus) fasciculata De Geek zusammen. Da der Käfer in den Gängen überwintert, kann man gegen ihn durch Sammeln und Verbrennen des von den Herbststürmen herabgeworfenen Reisigs vorgehen. Die zu dieser fünften biologiachen Gruppe gehörigen Fichten-Borkenkäfer im weitesten Sinne haben von jeher die grösste Beachtung unter allen ihren Verwandten gefunden und als Verursacher der grössten Verheerungen auch verdient. Allen voran steht der Buchdrucker Tomicus typographus L., dem sich in neuerer Zeit als wenigstens ebenbürtig, ja vielleicht sogar, weil sicher sehr polyphag, als noch schädlicher der früher als besondere Art nicht unterschiedene T. amitinus Eichh. zugesellt. Beide sind Bestaudes- verderber allerersten Ranges, welche oftmals in Fichtenwäldern Hunderte, ja Tausende von lia vernichtet haben und, obgleich sie unter gewöhnlichen Verhältnissen am liebsten kränkelndes Material angehen, ihr Frass daher vielfach erst als Folge von grösseren anderen Unglücksfällen, namentlich von Windbruch und Eaupenfrass verderb- lich geworden ist, doch sicher auch gesunde Bäume befallen und tödten können. Dies beweisen wohl alle grösseren Borkenkäferver- heerungen, namentlich auch die im Böhmerwalde Anfang der Siebziger- jahre dieses Jahrhunderts. Diesen beiden Arten schliesst sich eine Reihe anderer eigentlicher Borkenkäfer, sowie Bastkäfer an, von denen zwar, wie wir bei den einzelnen Arten ausführen werden, Lehrbuch d. mitteleurop« Forstinsektenkunde. 33 506 Kap. IX. Die Käfer. auch jede Art gelegentlich für sich allein schadet — es gilt dies namentlich für die schwächeres Material bevorzugenden Arten, die dann Kultur verderber werden können — , die aber im Grossen und Ganzen ihre wesentliche Bedeutung durch Ergänzung des Frasses von T. typographus L. und T. amitinus Eichh. gewinnen. Unter ihnen ist als regelmässiger Begleiter des Buchdruckers der Kupfer- stecher, T. chalcographus L , hervorzuheben, welcher sich, da er mit Vorliebe die oberen Stammtheile angeht, zu jenem verhält wie Hylesinus minor Htg. zu H. piniperda L. (vgl. S. 464). Nicht minder vergesellschaftet sich mit den vorhergehenden ebenfalls als Bestands- verderber der dop pel äugige Fichten-Bastkäfer H. poligraphus L., während die forstliche Bedeutung des noch häufigeren, ja geradezu überall sehr gemeinen H. palliatus Gyll. neuerdings geringer ange- ßchlao'en wird, da man ihn meist nur secundär auftretend findet. Seltener, aber für Gebirgsreviere immerhin beachtenswerth, ist dann sein grösserer Verwandter, H. glabratus Zett. Mehr als Verderber schwächeren Materiales treten eine Reihe anderer, bisher forstlich weniger beachteter Käfer auf, unter denen wohl T. micrographus Gyll., T. Abietis Ratz, und T. pusillus Gyll. schon hier eine vor- läufige Erwähnung verdienen. Wir behandeln zunächst die achtzähnigen Fichten-Borkenkäfer, Tomicus typographus L. (Taf. II, Fig. 7), und T. amitinus Eichh., denen wir als eine auf das engste verwandte, aber eigentlich wohl nur im Hochgebirge für die Zirbelkieferbestände wirklich beachtens- werthe Art, T. Cembrae Heer anschliessen. Diese 4 bis 5 mm langen Käfer sind von allen anderen leicht dadurch zu unterscheiden, dass sie am Rande des tief eingedrückten Absturzes der Flügeldecken jeder- seits vier deutliche Zähne tragen, von denen der dritte von oben am grössten ist. T. typographus L. ist leicht an dem reifartig getrübten Innentheile des Fig. 167. Flügel- Flügeldeckeneindruckes kenntlich, während derselbe Tomkui'T" 0 ^°'' ^^^ '^' ^""^^^""^ Eichh. vollständig glänzt. Trifi-t man phuö L. Onginal ^^^^^^ähnige Borkenkäfer in Fichte, so können beide Arten in Frage kommen; brüten sie dagegen in anderen Nadelhölzern, so spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass man es mit der zweiten Art, dem T. amitinus zu thun hat. Was die Frassfiguren betrifft, so macht T. typographus mehr reine, meist zweiarmige Lothgänge mit wenigen Luftlöchern, während die einiger- massen der Sternform sich nähernden, oft mehr als zwei Brutarme zeigenden Lothgänge von T. amitinus stets auch viel mehr Luft- löcher haben. Die achtzähuigen Fichten-Borkenkäfer, Toniicus typographus u. Verwandte. 507 Beschreibung; Tomicus typographus L. {octodentatas Gyll.). Käfer ■walzenförmig, nach vorn und hinten etwas verengt, schwarz oder braun, glänzend, lang gelblich behaart. Vorder- brust nach hinten zwischen den Vorderhüften mit scharfem Fortsatz. Fühlerkeule eiförmi.: erste Naht derselben nur wenij nach vorn gebogen, die zweite winklig gegen die Spitze vor- gezogen. Halsschild nicht länger als breit, vorn breit abgerundet, gekörnt, hinten fein zerstreut punktirt. Flügel- decken tief und grob punktirt- gestreift, mit fast glatten, nur an den Seiten und hinten punk- tirten Zwischenräumen. Absturz schräg, vertieft, nicht glänzend, sondern reifartig getrübt, zer- streut punktirt, am Aussen- rande beiderseits mit vier Zähnen, von denen der dritte am grössten und an der Spitze verdickt ist. Verschiedene Un- regelmässigkeiten dieser Zähne sind übrigens nicht selten ; bei manchen Stücken sind die Zähin weniger stark entwickelt nl- bei anderen, manchmal ist der dritte Zahn nicht grösser als die übrigen, mitunter sogar durch eine Erhöhung des Ab- sturzrandes mit dem zweiten Zahn verbunden und dergleichen mehr. Am Vorderrande der Stirn fast immer mit einem kleinen, hervorragenden Körnchen. Vorderschienen nach vorn ver- breitert, mit einer zum Einlegen der Füsse bestimmten Furche. Länge 4'5 — 5"5 mm. T. amitinus Eichh. (duplicatus Hlawa). Käfer- dem T. typographus L. sehr ähnlich, deshalb früher stets, auch von Ratzebt'rg, mit diesem verwechselt. Er ist jedoch fast immer etwas kleiner und schlanker, nach vorn etwas mehr verschmälert. An der Fühlerkeule ist nicht blos die erste, sondern auch die zweite Naht nur in schwachem Bogen nach vorn gekrümmt. Die Scliienen, Schenkel und Hüften sind meist dunkler. Auf der Stirn fehlt das erhabene Körnchen. Am leichtesten unterscheidet sich diese Art jedoch von T. typographus dadurch, dass bei ihr der Absturz der Flügeldecken niemals reifartig getrübt, sondern glänzend und weitläufig, etwas runzlig punktirt ist. Länge i — i' ö mvi. T. Cembrae Heer. Käfer dem T. typographus L. und T. amitinus Eichh. sehr ähnlich. Ersterem gleicht er fast ganz in Gestalt und Grösse, sowie bezüg- lich der Bildung der Fühlerkeule, deren zweite Nabt winkelig gegen die Spitze vorgezogen ist; er unterscheidet sich von ihm jedoch durch den glänzenden, runzlig punktirten, nie reifartig getrübten Absturz der Flügeldecken, sowie durch den Mangel des erhabenen Körnchens auf der Stirn. Von T. amitinus Eichh. unterscheiden sich typische Exemplare des T. Cembrae Heer durch grö.ssere, nach vorn weniger vei'schmälerte Gestalt, durch stärkere Behaarung und durch die der Form des T. typographus ähnlichen Nähte der Keule. Mit beiden Arten hat er gemein, dass bei regelmässiger Bildung stets der dritte Zahn am Rande des Absturzes der grösste und an der Spitze verdickt ist. Länge 4"5 bis 5-5?Ji»)t. 33* Fig. 168. Frassfigur von T. typographus L. '/, nat. Grösse. Original. 508 Kap. IX. Die Käfer. Es ist nicht zu verkennen, dass sowohl bezüglich der Gestalt, als auch der Behaarung und der Fühlerkeule Uebergangsformen zwischen T. Cembrae und T.amitinus vorkommen, welche nicht sicher zu bestimmen sind. Ein T. amitinus des Tharander AValdes ist allerdings von einem echten T. Cembrae des Hochgebirges sehr verschieden, nicht so scharf unterschieden sind aber wohl meist die in den mittleren Höhen der Alpen vorkommenden Formen beider Arten. Lebensweise. Die Frassfigur (Fig. 168) von T. typographus L. besteht aus deutlichen, ein- oder mehrarmigen, 3 bis 4 mm breiten, 10 bis 15 cm langen, den Splint meist kaum berührenden Loth- gängenmitRammelkammer. Diese liegt gewöhnlich voll- ständig in der Rinde, sodass man sie an unverletzt ab- geschälten Stücken häufig gar nicht sieht. Die ein- Fig. 169. Frassfigur von Tomicus amitinus Eichh. undzweiarmigenLothgange, 1/2 natürl. Grösse. Original. welche nur sehr sparsam mit Luftlöchern versehen sind, bilden die Regel, und wenn mehrere Gänge von einer Rammel- kammer ausgehen, so verlaufen dieselben grösstentheils parallel der Längsachse des Baumes, sodass bei Betrachtung eines stark besetzten Rindenstückes in der Quere jene zeilenartige Anordnung der Mutter- gänge auffällt, welche Linke veranlasst hat, den Käfer „Buch- drucker" zu taufen. Die von deutlichen, weitgestellten Eiergrübchen quer abgehenden Larvengänge bleiben ebenfalls in der Rinde, sind massig, meist 5 bis 10 cm lang und enden iri Rinden-Puppenwiegen. Die Frassfigur des T. amitinus Eichh. (Fig. 169) besteht gewöhnlich aus mehrarmigen Muttergängen, welche zwar im Grossen und Ganzen auch als Lothgänge bezeichnet werden können, bei denen die ein- zelnen Brutarme aber eine grössere Neigung zur Bogenbildung und zu schrägem Verlaufe zeigen, sodass Annäherung an Sterngangform vorkommt. Zugleich sind, wie uns zuerst Forstmeister Schaal, be- lehrte, und unsere sehr guten, von Oberförster Klopper gesammelten Frassstücke deutlich zeigen, die Luftlöcher viel zahlreicher als bei T. typographus L. Abnorme Frassfiguren kommen bei beiden Arten gelegentlich überall vor, namentlich z. B. in Aesten, welche auch angegangen werden. Einen scharfen Unterschied der Frassfigur von Lebensweise von Tomicus typographus und T. amitinus. 509 T. Cembrae Heek. gegenüber der von T. amitinus Eichh. können wir nach den uns durch die Freundlichkeit von Professor Henschel vorliegenden Frassstücken nicht finden. Nur ist das Kaliber der Löcher und Gänge der etwas grösseren Statur des Käfers entsprechend, gewöhnlich etwas stärker. Auch die von Keller [41 b\ gegebene Beschreibung der Frassfigur des T. Cembrae sowie die von Bischofp- Ehinger gelieferte Abbildung [81] stimmt fast ganz mit der des T, amitinus überein; auffallend ist, dass der erstere Forscher in der Arve vorwiegend vierarmige, in der Lärche vorwiegend dreiarmige Sterngänge der Käfer fand. Da bis jetzt die Frassfigur von T. amitinus Eichh. im Durclischnitt nur ziemlich schlecht abgebildet wurde, sei auf die mustergiltigen, schon 18T0 von Hlawa [34] gegebenen und im Gegensatz zu denen von T. typographus L. gestellten, photolithographischen Abbildungen hingewiesen. Allerdings werden sie dort irrthümlich dem T. duplicatus Sahlb. zugeschrieben (vgl. S. 498). Der gewöhnliche Brutbaum des T. typographus L. ist die Fichte oder gemeine Rothtanne, Picea excelsa Link, In der Literatur finden sich zwar schon von Anfang des Jahrhunderts her Angaben, dass der Käfer auch in Kiefern, Lärchen, Tannen und Arven gebrütet haben soll, die Richtigkeit dieser Angaben ist aber, ganz abgesehen davon, dass in manchen älteren Fällen, namentlich wenn es sich um Kiefer und Tanne handelt, einfach sprachliche Ver- wechselungen vorgelegen haben mögen, stark zu bezweifeln, seitdem Eichhoff den T. amitinus als eine gut unterschiedene Art nachwies, die aber dem T. typographus trotzdem so nahe steht, dass eine frühere Verwechselung beider sehr erklärlich ist. In höchstem Grade wahrscheinlich wird eine solche z. B. für die früher als besonders beweisend angesehene Mittheilung über das Vorkommen des T. typo- graphus in Kiefern von Stein auf Tharander Revier. Hier spricht die sehr deutlich [69 b, S. 274] abgebildete Sternform der Gänge für T. amitinus. Alle neueren Untersuchungen von achtzähnigen, aus anderen Holzarten als der Fichte stammenden Borkenkäfer haben denn auch fast stets ergeben, dass es sich hier um T. amitinus Eichh. oder T. Cembrae Heer handelte. T. amitinus Eichh. bevorzugt näm- lich zwar auch die Fichte, geht aber sicher gleichfalls an Kiefern, Knieholz-Kiefern [Jodeich 1888], Lärchen und Tannen. Nur ganz ausnahmsweise scheint T. typographus andere Holzarten als Fichte zu bewohnen; so liegen uns z. B. einige Exemplare dieses Käfers vor, welche Henschel in Steiermark in Lärche fand und auch Altüm hat ihn neulich in dieser Holzart beobachtet [2 g, S. 243]. In manchen Fällen kommt T. typographus L. allein vor, so z. B. war unter 3 100 an Judeich im Jahre 1884 aus dem Gouvernement Nischni-Nowgorod in Russland durch Oberforstmeister Tiedemann (vgl. S. 157) gesendeten Käfern kein einziger T. amitinus Eichh. Andererseits können beide Arten in einem und demselben Bestände und in demselben Baume vorkommen. Kellner [42 a] fand im Thüringer Walde im Sommer 1874 in demselben Stamm Y3 T. typo- 5JQ Kap. IX. Die Käfer. graphus und -/g T. amitinus. T. Cembrae Heer ist ursprünglich nur aus der Arve bekannt, dagegen liegen uns durch Prof. Henschel auch Frassstücke desselben in Lärche vor. Auch Judeich hat ihn in Lärche in der Schweiz und in Steiermark ziemlich zahlreich gefunden. Die geographische Verbreitung des T. typographus L. entspricht der- jenigen seines bevorzugten Brutbaumes, der Fichte, reicht also von Lappland bis zu den Alpen und vom Ural bis nach Frankreich. Er ist demgemäss vorwiegend ein Mittelgebirgsthier, welches jedoch auch in der Ebene vorkommt, wie z. B. die grossartigen Ostpreussi- schen und Russischen Wurmtrocknisse beweisen. Er kann andererseits in den Hochgebirgen bis zu 2000 m Höhe steigen, wie Eichhofp angiebt [15 a, S. 221]. Ueber die geographische Verbreitung von T. amitinus EicHH. ist noch wenig Genaues bekannt. Man kennt ihn hauptsächlich aus Mitteldeutschland, Oesterreich und den Alpen- ländern. T. Cembrae Heer ist nicht nur aus dem alpinen, sondern auch aus dem Sibirischen Verbreitungsgebiete der Zirbelkiefer be- kannt [45, S. 254]. Die angeblich weitere, über die Ficlitenregion liinausgelaende Verbreitung des T. typographus L. im Russischen Reiche bis nach dem Stillen Ocean und in die Kaukasusländer, wie sie uns Köpfen schildert [45, S. 252], muss aus denselben Gründen, aus denen sein normales Vorkommen in anderen Holzarten wie der Fichte vorläufig als nicht bewiesen anzusehen ist, als noch nicht fest- gestellt betrachtet werden. Die Menge der Borkenkäfer ist eine bei starkem Angriffe der- selben fast unglaublich grosse. Sie bilden bei ihrem Schwärmen, wie schon V. SiERSTORPFF [67, S. 15] weiss, mitunter geradezu kleine Wolken, und stark befallene Bäume bind so dicht von ihnen besetzt, dass kein Quadratcentimeter vorhanden ist, auf dem nicht Mutter- oder Larvengänge vorhanden wären. Cogho [II a, S. 16] berechnet die Zahl der Käfer in einem von ihm untersuchten Stamme von 28' 8 cvi mittlerem Durchmesser und 20«! Länge auf rund 34 000 Stück. Die achtzähnigen Borkenkäfer, namentlich T. typographus L., sind Spätschwärmer, deren Flug meist frühestens im April ein- tritt. Ueber die Generation derselben lassen sich, da dieselbe ganz besonders stark von den Witterungsverhältnissen beeinflusst wird, keine bestimmten Angaben machen. Es kann je nach der geographi- schen und der Höhen-Lage der einzelnen Oertlichkeit und nach ihrem Klima, sowie nach den speciellen Witterungsverhältnissen des Jahres eine einfache, lY2fache, doppelte oder dreifache Generation vorkommen. Bei mittlerer Lage und nicht allzu rauhem Klima dürfce die doppelte Generation die normale sein. Die Ueberwinterung kann sowohl als Käfer in der Bodendecke oder in Rindenritzen, als auch als Larve oder Puppe in der Rinde erfolgen. Gegenüber der von Eichhoff immer wiederholten Behauptung, dass vor ihm das Vorkommen mehrfacher Generation beim Borkenkäfer leichtsinniger- weise nicht genug gewürdigt worden sei, reproduciren wir hier wörtlich einige Angaben der letzten Ausgabe dieses Buches: „Entwickelungszeit gewöhnlich 8 bis 10 Wochen, zuweilen auch wohl über 3 Monate, je nach der Lage des Ortes und der Witterung. Oft ist also die ganze Brut schon im Juli, zuweilen Verbreitung und Generation der achtzähnigen Fichten-Borkenkäfer. 511 in Süddeutscliland schon im Juni fertig, und kann bei günstiger Witterung eine neue folgen. Eine doppelte Generation entsteht schon, -wenn — wie in Mittel- deutschland gewöhnlich — die Monate Mai bis September eine Mitteltemperatur von 13", 17t*, 19'\ 17'\ 140 C. haben. Wenn die jungen Käfer in demselben Jahre nicht mehr brüten, fliegen sie oft gar nicht aus, sondern fressen uuregel- mässige, verworrene Gänge um ihre Wiege herum .... 1814 fanden im Böhmer- wald drei Hauptflüge statt, der erste vom 21. bis 24. April, der zweite vom 4. bis 10. Juni, der dritte vom 2. bis 5. August." Beispiele davon, dass wirklich in rauhen Lagen T. typographus L. nur einfache Generation habe, sind von den zuverlässigsten Beobachtern mitgetheilt worden, z. B. durch v. Berg aus Schweden [Sc] und von Hekschel aus Wild- alpen in Steiermark an Altum [2e]. In milden Lagen findet der erste Flug zur Zeit des Ausschiagens der Buchen oder, wie Eichhoff [15«, S. 223] bemerkt, zu Ende der Auerhahnbalz statt. Die graphische Darstellung einer doppelten Generation kann also folgender- massen gegeben werden: Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept Oct. Nov. Dec. 1880 ++ ©U-l-H-l- -•9+ +++1 + ++ + +++++ 1881 -I-++ +++;+++.+++ Es wurden hierbei, soweit dies bei der Art der graphischen Darstellung angeht, die Untersuchungen über die Dauer der einzelnen Entwickelungsstadien von Fape [V, I, S. 171] und Qüensel [5 a, S. 122] berücksichtigt, welche die Zeitdauer von der ersten bis zur neuen, zweiten Eiablage auf 86, beziehungsweise 77 Tage angeben, von denen allerdings in beiden Fällen ungefähr 30 auf die Ausfiirbung und Erstarkung der Käfer gerechnet werden. Dass dies bei warmer Witterung schneller gehen kann, wie Eichhoff hervorhebt, sei aber gern zu- gegeben. Hierbei ist ferner angenommen, dass die Ueberwinterung als Imago erfolgt. Es können aber auch die im August fertig gewordenen Käfer nochmals legen, sodass dann eine dritte Generation entsteht. Wenn diese im Larvenzustand überwintert, was häufig vorkommt (vgl. auch Cogho II rf), so ist die graphische Darstelluno- folgende : Jan. Febr. März April Mai Juni Juli I Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 + + '++ + + + 1881 '+i+ Hierbei ist zu bemerken, dass, wie Cogho [II rf] genau nachweist, die Winterkälte den Larven nichts anhat, wie überhaupt die Lebenszähigkeit des Käfers in seinen verschiedenen Stadien eine solche ist, dass die Larven sogar durch 'ein kürzeres Verflössen der Stämme nicht getödtet werden, und Käfer, welche drei Wochen in geflösstem Holze eingefroren waren, späterhin ungestört zu ihrer Zeit ausgeflogen sind [v. Siekstorpf 67, S. 21]. Sogar ein Anrösten der Einde tödtet nicht immer alle in dem Stück befindlichen Käfer. gj2 Kap. IX. Die Käfer. wie eine Beobachtung' von Jddeich [38a, S. 256] beweist. So ist denn der namentlich von Cogho [II «] lebhaft geführte Kampf gegen die Lehre, dass bereits das Entrinden der Stämme mit nachfolgendem Liegenlassen der Brut in der Sonne zur Tödtung wenigstens der Larven genüge — siehe auch weiter unten in dem Abschnitte über Abwehr — ein vollberechtigter. Ob sein Widerspruch gegen die Möglichkeit eines weiteren Ueberschwärmens des Borkenkäfers [II c] es gleich- falls sei, scheint uns jedoch sehr fraglich, umsomehr als immer wieder neue Mit- theilungen hierüber kommen. Schaden. Die aebtzähnigen Fichten-Borkenkäfer sind Be- standsverderber, welche Althölzer von 80 bis 100 Jahren bevor- zugen und am liebsten in ziemlicher Höhe anfliegen, um zuerst unter der Krone ihr Brutgeschäft zu beginnen. Erst später werden all- mählich auch die unteren Stammtheile befallen. Sie kommen aber auch in Stöcken vor [Judeich 38 a, S. 76] und sind mitunter auch in Fichtenästen gefunden worden, z. B. nach Judeich's Mit- theilung durch V. OppEN auf Nassauer Revier im Erzgebirge [38 d]. Im allgemeinen gehen sie zunächst in kränkelndes Holz, welches z. B. durch Schneebruch oder Feuer beschädigt, durch Windstösse in den Wurzeln gelockert, durch Pilze befallen, oder schon primär von anderen Insekten, namentlich von der Nonnenraupe befressen worden ist. Da frisch geschlagene Stämme in ihrer Beschaffenheit dem kränkelnden, stehenden Holze sehr ähnlich sind, nehmen sie solche mit besonderer Vorliebe an und gehen auch gern in nicht zu alte, aufbereitete Meterstösse. Entrindetes Holz nehmen sie nicht an. Bei starker Vermehrung gehen sie aber auch an ganz gesundes Holz, welches sie alsdann tödten, wie nach den übereinstimmenden Beobachtungen der verschiedensten Forscher nicht nachdrücklich genug immer wieder hervorgehoben zu werden verdient. Die Lieb- lingsplätze des Käfers sind warme und trockene Lagen, kleine Blossen und Bestandsränder, natürlich gilt dies aber nur so lange, als keine allzu starke Vermehrung stattfindet. In letzterem Falle überschwemmt er alle erreichbaren Reviertheile. Er wurde auch schon, entgegen den früheren Angaben von Ratzeburg, in sumpfigem Terrain gefunden, so in Schlesien von Dommes [14], Die Wirkung des Angriffes der Borkenkäfer auf noch grüne Bäume ist nach der Jahreszeit ver- schieden. Dem Frühjahrsangriff, welcher den Nadeln den gipfelwärts aufsteigenden Saft entzieht, folgt die Röthung der Nadeln schneller als dem Sommerangriff. In dieser Zeit ist ja der Assimilationsprocess in den Nadeln in vollem Gange. Dagegen werden die in den Nadeln erzeugten, stammabwärts gehenden Nahrungssäfte bei Sommerfrass von dem Baste abgehalten und es folgt daher der Rindenabfall schneller, sodass Rindenabfall bei noch grüner Benadelung vorkommen kann [Hess, XXI, 2. Aufl., S. 278 und 279]. Der erbitterte Streit über die Frage: Geht der Borkenkäfer nur kranke oder auch gesunde Bäume an? ist so alt, als die Wahrnehmung, dass es „Wurm- trockniss" gie])t. Wer sich für die ältere Literatur hierüber interessirt, möge die betreffenden Abschnitte in Gmelin's 1787 erschienenem, ausführlichem Buche nachlesen, in welchem der besonnene Mann schliesslich [25, S. 136] zu dem Urtheile kommt, „dass die letztere Meinung mehr für sich hat als die erstere", Schaden der achtzähnigen Fichten-Borkenkäfer. Geschichtliches. 5x3 und dann fortfährt: „Wenn sie es aber auch nicht hat, so scheint es mir, solange wenigstens bis die entgegengesetzte Meinung noch nicht bis zur vollkommenen Gewissheit erwiesen ist, rathsamer, ein Verfahren ferner zu befolgen, durch welches man der Geschichte zufolge in älteren Zeiten den Wurm so oft bis zur Unschädlichkeit vermindert hat, als ein neues einzuführen, das sich auf eine so sehr widersprochene Meinung gründet. Und gesetzt auch, der Wurm falle nur liranke Bäume an, so stimmen doch alle Beobachter darin überein, dass diese Bäume, wenn sie der Wurm nicht angegriffen hätte, noch Jahre lang grün geblieben wären, und die meisten unter ihnen gutes brauchbares Holz behalten hätten, vielleicht sich wieder ganz erholt hätten, da sie hingegen, wenn sie der Borkenkäfer anbohrt, in wenigen Monaten unauflialtbar so daraufgehen, dass, wenn sie nun nicht bald gefällt Averden, auch ihr Holz ungemein an Güte ver- liert. Ist also jenes Verfahren in älteren Zeiten nicht auch aus dem Grunde rathsam, um jene kranken Bäume vor ihrem schnellen Verderben und Absterben in Sicherheit zu setzen, umsomehr, da es nach den Vertheidigern der ersten Meinung so äusserst schwer ist, kranke Bäume, ehe sie der Wurm anfällt, immer zuverlässig zu erkennen?" Diese so richtigen Worte gelten unserer Ansicht nach noch heute völlig uneingeschränkt, und nur des historischen Interesses wegen führen wir au, dass sich auch bis auf den heutigen Tag lebhafte Vertheidiger der entgegengesetzten Meinung gefunden haben. Als Beispiele vernünftiger, sachlicher Besprechung der Frage seien die Arbeiten von Blondein [7] rühmend hervorgehoben, während solche tolle Elaborate, wie die von Bauoch [3] und Reviezky [62] wohl nur als Curiositäten angeführt werden können. Auch der auf scheinbar wissenschaftlicher Grundlage unternommene Versuch von Lindemann [vgl. 28], nachzuweisen, dass der primäre Schaden den Bäumen durch Agaricus melleus zugefügt worden sei und die Borkenkäfer erst secundär zutreten, dürfte, trotzdem er in der forst- lichen Tagesliteratur Beachtung gefunden hat, namentlich in Folge der licht- vollen Erwiderung durch Sobitschewski als völlig abgethan anzusehen sein. Geschichtliches. Die Berichte über das Vorkommen der Wurm- trockniss, auch Wurmfrass, Fichtenkrebs, Sohrung, Darre, Dürrwerden genannt, in Deutschland reichen ziemlich weit hinauf. In Krebel's tabellarischer Ueber- sicht der AValdverheerungsgeschichte von 1449 — 1799 [47] ist die erste Wurm- trockniss im Harze 1649 angeführt und es folgen dann gleich die Jahre 1665 und 16TT. 1681 bis 1691 wird im Harze das Uebel durch schleuniges Nieder- liauen und Verkohlen gedämpft, die Verheerungen wiederholen sich aber schnell und nehmen von 1703 an bedenklich zu, um eigentlich das ganze Jahrhundert hindurch in den mitteldeutschen Gebirgswäldern nicht mehr aufzuhören, trotz- dem man 1707 mit rationeller Abwehr beginnt, nicht wie früher die bereits ganz dürren Stämme, sondern die „frische Trockniss", d. h. die noch mit Larven besetzten Bäume, zuerst haut und die Borke verbrennt. Die Anschauungen über die Natur des Uebels waren damals noch sehr primitiver Natur; allerdings darf man es dem Pastor Cheistian Lehmann zu Scheibenberg im Erzgebirge, einem übrigens recht gescheiten Manne, der 1699 seinen bekannten „Historischen Schauplatz derer natüi'lichen Merkwürdigkeiten in dem Meissnischen Ober-Ertzgebirge" herausgab, nicht allzuhoch anrechnen, wenn er sagt: „Ich vermeine, man müsse diesem sonderlichen Siechthum unter- schiedliche Ursachen beimessen, theils der Sideration (!) und giftigem Thau, der auf die Wälder fällt und eine grosse Fäulniss verursacht, dass allerhand schädliches Ungeziefer und Gewürme zwischen der Rinde und Holtz wachset, sich tieff in den Kern einfrisset und den balsamischen Saft vergiftet und verzehret. Wie dann viel Gewürme innefhalb der Rinde und des Holtzes gefunden wird und man ohsei-viret, dass die schwartzen Rosskäfer sich an das Gehöltze fest anhangen, mit dem Schwantz durch die Rinde bohren, und ihren Unrath liinein- schmeissen. Daher grosse Maden mit schwartzen Köpffen wachsen, die sich tieff ins Holtz hineinfressen." Hat doch noch der Verfasser der „Grundsätze der Forstökonomie", W. S. Moser 1757 nicht viel klarere Vorstellungen, trotzdem bereits R. F. von Flemming in seines „Vollkommenen Teutschen Jägers anderem Haupttheil" 1724, S. 76 und 77, eine ganz verständige Schilderung der wirk- 514 Kap. IX. Die Käfer. lieben Entwickeluug der Borkenkäferlarven giebt, die er allerdings durchaus als secundär ansieht. Aber erst gegen das Ende des 18. Jahrhunderts beginnt eine einiger- massen mit unseren heutigen Anschauungen vergleichbare Auffassung der Natur des „fliegenden schwarzen Wurmes", wie man damals den Borkenkäfer nannte, platzzugreifen, im Zusammenhang mit der allgemeinen Hebung der entomolo- gischen Kenntnisse, welche sich damals unter LiNNESchem Einflüsse vollzog. Es erscheint nun eine Unmasse kleiner, nach unseren Begrifl:en mehr oder weniger wunderbarer Schriftchen über den Borkenkäfer mit rohen Abbildungen welche aber doch zur Klärung der Anschauungen beitrugen, und unter denen einige besonders rühmlich hervorgehoben zu werden verdienen, z. B. die kleine Broschüre des herzogl. Braunschweig-Lüneburgischen Oberforstmeisters von SiERSTOKPFF [67], Während Gxielin's Abhandlung über die Wui-mtrockniss ein zusammenhängendes, gutes Bild des damaligen Zustandes der mitteldeutschen Gebirgswälder, namentlich im „Communionharz" giebt. War doch hier allerdings die Erscheinung so Besorgniss erregend, dass sie sich dem einsichtigen Beob- achter geradezu gewaltsam aufdrängte. Seit 1772 nahm die Wurmtrockniss stark überhand, erreichte 1781 bis 1783 den höchsten Grad und erlosch erst gegen 1787. Um einen Begriff von dem Umfang der Verheerung zu geben, genügt es zu sagen, dass nach Gmelin [25, S. 67 bis 69] die Anzahl aller im Communion- harz trocken gewordenen Stämme 1781: 182 451 Stück, 1782: 259 106 Stück betrug. In letzterem Jahre allein waren daselbst 3359 Waldmorgen neu abgestorben, und Ende 1786 betrug im Zellerfelder Forstdistrikte, der aus 5 Forsten bestand, die Anzahl der in Trockniss auf dem Stamme stehenden und abgeborkt liegen gebliebenen Stämme nicht weniger als 446 284 Stück, sodass man ganz gut annehmen kann, dass im Ganzen durch diesen Frass gegen 3 Millionen Fichten- stämme vernichtet wurden. Eine solche Höhe erreichen dann die Frasse, welche 1795 bis 1798 im Voigtlande, 1818 und 1828 in der Provinz Preussen und 1835 bis 1836 in Württemberg wütheten [26 a, S. 124], nicht. Von den neueren Frassen sind zwei besonders lehrreich, der Ost- preussische in den Jahren 1857 bis 1858, beziehungsweise 1862, und der im Böhmerwald in den Jahren 1871 bis 1875. Ersterer war ein secundärer Frass, welcher dem dort seit 1854 auftretenden Nonnenfrasse, über den wir noch später zu berichten haben werden, folgte. Wer die genaueren Daten kennen lernen will, ist zu verweisen auf die gründlichsten Berichte, welche Grunekt [26 a] und Willkomm [75 a] gegeben haben. Hier genüge es zu sagen, dass nach Grunekt [26a, S. 106 und 107] die Verwüstungen in dem Eegie- rungsbezirk Gumbinnen von 1854 bis Ende 18G2 sich folgendermnssen stellten : Flächeninhalt in Morgen der ganzen Reviere Menge des abgestorbenen Holzes in Massen- klaftern ä 70 Kubikfuss der verwüs- durch durch teten Flächen I Raupenf ass Käferfrass Summe Staatsforsten Privatforsten 897 823 224 244 1 609 095 966 607 2 575 702 237 350 59 000 225 000 1 135 173 283 244 1 854 095 452 500 1419 107 677 500 3 253 202 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach Forstmeister Schulz der Eaupen- frass dem Käferfrass gegenüber meist zu hoch angesprochen wurde. Von dem abgestorbenen Holze waren bis October 1862 verwerthet 2 353 566 Klaftern Derb- holz und ausserdem noch 154 470 Klaftern Stockholz iind Eeisig, die nebst jenem Derbholze gewonnen worden waren; unverwerthet blieben zu jener Zeit noch Hervorragende Verheerungen dep achtzähnigen Fichten-Borkenkäfer. 515 40 6T2 Klaftern aufbereitetes Holz. 858 964 Klaftern Holz auf dem Stamme, ausser- dem an Stockholz 432 642 Klaftern und 1396 997 Klaftern Reisig. Es wurde daher durch den nachfolgenden Borkenkäferfrass ziemlich ebensoviel Holz vernichtet wie durch den Eaupenfrass. Anders verhielt es sich mit dem grossen B^orkenkäf erfrass im Böhm er- wald und im Bayerischen Wald. Hier waren grosse Wind- und Schneebrüche die erste Ursache. Der furchtbare Sturm, welcher am 7. Decembor 1868inganzMittel- deutschland, in Böhmen, Schlesien und Mähren hauste, hatte auch den Böhmer- wald getroffen, so z. B. auf dem Kubany allein 100 Joch Urwald vernichtet und überall Borkenkäfergefahren heraufbeschworen, namentlich in Centralböhmen, wo ihm am 9. Xovember desselben Jahres ein verheerender Schneesturm voraus- gegangen war, welcher wohl 1 Million Klafter Holz, auf der 38 000 Joch grossen Domäne Zbirow allein 95 000 Klafter, geworfen und gebrochen hatte. Wäre es möglich gewesen, die mächtigen Bruchmassen rechtzeitig aufzuarbeiten, wie es anderwärts vielfach geschehen konnte, so wäre kaum die grosse Borkenkäfer- verheerung eingetreten. In der Hauptsache wurde man wohl erst 1870 damit fertig und die 1869 liegenden Bruchmassen bildeten die ersten Brutstätten für eine ungewöhnlich grosse Menge von Borkenkäfern. Zum Unglück traf nun der grossartig verwüstende, von Südwest nach Nordost laufende Sturm in der Nacht vom 26. zum 27. October 1870 den Böhmerwald, welcher viele Millionen Klaftern warf, die für den ohnehin massenhaft vorhandenen Borkenkäfer neue willkommene Brutwiegen boten. Die zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte langten zu der schwierigen Aufarbeitung der haushoch aufgethürmten Bruchmassen nicht hin, und trotz wiederholter, rechtzeitiger Gesuche, welche namentlich, insoweit sie die Bitte um Gewährung von Militäraushilfe betrafen, anfänglich abschlägig beschieden wurden, entsehloss sich die k. k. Staatsregierung erst 1873, also viel zu spät, mit Geldvorschüssen u. s. w. helfend einzuschreiten. Bei der in Folge von Arbeitermangel namentlich in den kleineren Privat- und Gemeindewaldungen, z.B. in Aussergefield, ungenügenden Bekämpfung in den Jahren 1871 und 1872 hatten sich von den älteren Herden aus die Käfer in geradezu entsetzlicher Weise vermehrt und fielen massenhaft auch gesunde Bäume und Bestände an. Hier war ihre Bekämpfung überdies noch durch das Vorhandensein ausgedehnter, im Zusammenhang liegender Komplexe von Althölzern wesentlich erschwert. Bei der durch Forstrath Swoboda 1873 unternommenen Bereisung des Böhmer- waldes [69] zeigte es sich, dass in den Bezirkshauptmannschaften Krumau, Prachatitz, Schüttenhofen und Klattau zusammen 104 100 ha Waldfläche befallen waren. Mit 1400 fremden aus Krain, Tirol u. s. w. zugezogenen und 7000 ein- heimischen Arbeitern wurden nun Gegenmassregeln energisch in Angriff genommen. Zur Herstellung der für die Abbringung der Hölzer nöthigen Strassen wurden vom böhmischen Landtage 100 000 ü. bewilligt und die gleiche Summe vom k. k. Ackerbauministerium vorschussweise gewährt. Auf den fürstlich Schwarzen- berg'schen Herrschaften waren überdies durch Krainer und Tiroler Arbeiter mehrere ausgedehnte Holzriesen gebaut worden. Die Opfer, welche die Wald- besitzer selbst bringen mussten, lassen sich nicht beziffern; es sei hier nur erwähnt, dass allein auf den Domänen Krumau, Winterberg, Stubenbach, Gross- Zdikau und Bergreichenstein im Jahre 1873 auf einer Waldfläche von 51800^« 141 000 fl. an Vertilgungskosten aufgewendet werden mussten. Im Jahre 1875 konnte die Gefahr als überwunden angesehen werden. In den oben genannten vier Bezirkshauptmannschaften waren 104 100 Äa Waldfläche befallen worden, 6 300 Aa mussten davon kahl abgetrieben werden. Im Ganzen waren mehr als 300 000 Fangbäume gefällt worden, und die Aufbereitung der befallenen Hölzer, welche durch viele Tausend Arbeiter mit einem Lohnaufwande von 1 30 0 000 fl bewirkt wurde, ergab ungefähr 2 700 000 fm. Werden die Verheerungen durch den Boi'kenkäfer von ihrem Beginn an bis Ende 1874 zusammengefasst, so erg-eben sich nachstehende Ziffern [80, S. XCVII]: cjg Kap. IX. Die Käfer. Bis 1878 3 590 ha Bestandsfläche mit 1 496 000 /«i Holzmasse, im J. 18T3 .'.*.... 2 769-2 ha „ „ 1 069 200 fm im J. 1874 2 652-8 Äa „ „ 1066 850 /m Zusammen 9 012"0 7ia Bestandsfläche mit 3 632 050 /m Holzmasse, wozu im Böhmerwaldgebiete für 1875 noch weitere 2 176 7ia mit 358 590 /ni hinzu- kommen [80, s. xcni]. Leider sind die Daten über diesen Borkenkäferfrass nicht so aktenmässig zusammeno-estellt wie die aus Ostpreussen, immerhin geben aber der Eeise- bericht von Willkomm [75c], der Bericht von Swoboda [69] und einige andere Zeitungsberichte ein allgemeines Bild über die Verheerungen. Die neueste und genaueste Zusammenstellung des Bekanntgewordenen giebt J. Beknat [80, S. XCIII— C]. Ueber den Verlauf des Frasses im Bayerischen Walde berichtet ScHWÄPPACH 166] und über die gleichzeitig in Oesterreich-Schlesien stattgefundenen Borkenkäferschäden Karbasch [40]. Eine Borkenkäferverwüstung im Gouverne- ment Moskau 1882/83 schildert neuerdings Thürmer [72]. Einer der häufigsten Begleiter des Buchdruckers ist der sechszähnige Fichten-Borkenkäfer, Tomicus chalcographus L.^ welcher sich von jenem sofort durch seine geringere, nur bis 2 mm betragende Grösse und die langgestreckte Form des Flügeldecken- eindruckes auszeichnet, der jederseits am Rande mit drei, beim c? starken, beim 9 schwachen Zähnen besetzt ist (Fig. 170). Die Frass- figur ist ein typischer Sterngang mit geschwungenen, schmalen Armen, dessen Rammelkammer fast immer in der Rinde verborgen bleibt (Fig. 171). Fig. 170. Flügeldeckenabsturz von J* und 9 von T. chalcographus L. Beschreibung: Tomicus chalcographus L. Küfer walzenförmig, pech- schwarz oder pechbraun, fettglänzend, fast unbehaart, hintere Hälfte der Flügel- decken heller gefärbt. Vorderbrust ohne Fortsatz zwischen den Hüften. Fühler- keule rund mit fast geraden, etwas welligen Nähten. Halsschild etwas länger als breit, nach vorn verschmälert, in der Mitte auf der Scheibe beiderseits quer ein- gedrückt, vorn gekörnt, hinten fein und weitläufig punktirt, die Mittellinie und ein nicht ganz deutlicher Fleck beiderseits glatt. Flügeldecken länger als das Halsschild, vorn bis gegen die Mitte sehr fein punktirt-gestreift, mit glatten Zwischenräumen, hinter der Mitte glatt. Der Nahtstreifen vorn nicht vertieft, etwa von der Mitte an eine schräge, nach hinten breiter werdende, tiefe, glatte Furche bildend, in welcher die Nath erhaben hervortritt; die Eänder des Ab- sturzes jederseits mit drei an der Spitze dunkler gefärbten Zähnchen, die beim (^ scharf und etwas nach oben und innen gerichtet sind und von denen der oberste fast in der Mitte der Flügeldecken liegt ; Stirn des ^ gewölbt. Q mit drei viel schwächeren Zähnchen, welche etwas weiter nach hinten gerückt sind, der Ab- sturz ist weniger tief und breit gefurcht; Stirn ausgehöhlt. Vorderschienen nach vorn nicht erweitert. Länge lh — 2mm. Der sechszähnige Fichten -Borkenkäfer, Tomicus chalcographus. 517 Lebensweise. Die Frassfigur von T. chalcographus L. ist ein typischer Sterngang, bei welchem eine grössere Anzahl nur 1 mm breiter, geschwungener, deutlich radiär auseinander tretender Muttergänge, welche sowohl Rinde als Splint furchen, von einer grösseren, aber meist in der Rinde liegenden Rammelkammer aus- gehen. Schält man daher ein Stück Rinde sauber ab, so sieht man weder auf der Rinden- noch auf der Holzfläche die Rammelkammer, sodass also die Muttergänge getrennt voneinander zu entspringen scheinen. Die verhältnissmässig kurzen Larvengänge stehen sehr dicht nebeneinander. Die Puppenwiegen liegen in der Rinde. Der gewöhnliche Brutbaum ist auch für den „Kupferstecher" die gemeine Fichte, Picea excelsa Link, welcher er in ihrer geographischen Verbreitung bis nach Skandinavien und zum Ural folgt [V, 1, S. 191]. Er soll aber auch in Tannen vorkommen, wie schon Ratzeburg erwähnt und Nördlinger [XXIV, S. 31] be- stätigt, der ihn auch aus der gemeinen Kiefer, der Weymouths- kiefer, der Arve und der Lärche kennt. Ä B Fig. 171. Frass von Tomicus chalcographus L. in Fichte. A. Stammabschnitt in 1/2 nat. Grösse. B. Rindenstück in -j^ nat. Grösse. Originale. Wie es sich mit dem schon von Ratzebürg [XV, I, S. 98] erwähnten Vorkommen im Knieholz des Riesengehirges und mit dem von Altum nach Henschel berichteten Vorkommen in der Steierischen Legföhre verhält, und ob hier nicht eine Verwechselung mit T. bistridentatus Eichh. vorliegt, ist augen- blicklich nicht zu entscheiden. Nach Meier [51 | ist er im Solling auch an Schwarzkiefer vorgekommen und nach Regel [vgl. 45, S, 259] hat er in den Anlagen bei St. Petersburg auch Abies Pichta Forb. {Sihirica Ledeb.) befallen.. lieber die Generation dieses Spätschwärmers, dessen Flug- zeit gewöhnlich mit der von T. typographus L. zusammenfällt, ob- r ■• Q Kap. IX. Die Käfer. gleich er nach Pault ]82] weniger wärmebedürftig ist, ist dasselbe zu bemerken, wie bei diesem seinen Verwandten. Während dieselbe früher durchgängig als einjährig angegeben wurde, bricht sich all- mählich die Ueberzeugung Bahn, dass sie in Lagen mit gemäs- sii'tem Klima wohl doppelt sein dürfte. Dies giebt nach exacten Versuchen in der allerneuesten Zeit sogar Pauly zu, der sonst ein energischer Verfechter der Anschauung ist, dass im Durchschnitt unsere Borkenkäfer nur eine einfaehe Generation haben. Zugleich zeigt dieser Forscher aber auch, wie stark die Temperaturverhält- nisse die Entwickelungsdauer unseres Käfers beeinflussen. Schaden. Der Käfer bevorzugt im Gegensatz zu T. typographus L. die dünnere Rinde und nimmt daher in älteren Beständen mit Vorliebe die oberen Stammtheile und die Aeste an, obgleich er mitunter auch starke Fichten von oben bis unten besetzt [V, 1, S. 192]. Wenn er sich noch nicht allzu sehr vermehrt hat, befällt er aber hauptsächlich kränkelnde oder durch Schneedruck beschädigte Stangenorte. Späterhin geht er an die Aeste älterer Bäume und wird im Allgemeinen für sich allein nur selten in ausgedehntem Masse schädlich, betheiligt sich aber an dem Frasse des T. typographus L. in den von diesem mehr gemiedeneu, dünnborkigen Theilen so stark und ergänzt dessen verderbliche Thätigkeit so erfolgreich, oder arbeitet ihr sogar häufig vor, dass er zu den sehr schädlichen Borkenkäfern zu rechnen ist. Von grösseren Schäden in jüngeren Dickungen kennen wir nur den von Henschel [32 b] aus Steiermark berichteten Fall, imSalzathal in Steiermark, in einer 8- bis 12jährigen, durch Äecidium abietinuni geschädigten Fichtendickung. Die erste sichere Erwähnung eines Schadens geschieht in der forstlichen Lite- ratur durch V. SiERSTOßPFF 1794 aus dem Harze, wo man diesen Käfer damals „Astkäfer" nannte [67, S. 56 bis 58]. Er wird seitdem bei jeder grösseren Wurmtrockniss als Mitarbeiter erwähnt, so z. B, in Ostpreussen durch Ahlemann [I h, S. 96], wo aufiallenderweise der Käfer nur bei dem ersten Anfluge des T. typographus L. be- theiligt war, und in Böhmen von Fleischer [17, S. 29]. Nicht minder häufiger erscheint namentlich in schwächeren Fichten der doppeläugige Fichten-Bastkäfer, Hylesinus poligraphus L., welcher etwas grösser wie T. chalcographus und als Käfer sehr leicht an den deutlich getheilten Augen, der soliden, zugespitzten Füüler- keule, der reifartigen Beschuppung und der schon bei Lupenver- grösserung sichtbaren cjlindrischen, nicht herzförmigen, Bildung des dritten Fussgliedes zu erkennen ist. Seine meist in der Rinde verlaufenden Frassgänge, welche, wenn gut ausgebildet, doppel- armige Wagegänge darstellen (Fig. 172^), sind dagegen nur selten klar und auf der Innenseite der Rinde wie auf dem Holze kann Tomicus clialeograplius und Hylesiuus iioligraphus. 519 man meist nur die alsdaun zusammenhanglos erscheinenden Enden der Larvengänge (Fig. 172^) erkennen. Beschreibung: Hyl. (Polygraphus) poligraphus L. {puhescens Bach). Käfer länglich, schwarzbraun, mit Schuppenhaaren ziemlich dicht bedeckt. Hals- schild nach vorn stark verengt, an der Spitze leicht eingeschnürt, küi'zer als an der Basis breit, oben fein und dicht punktirt, mit feiner, erhabener Mittellinie. Flügeldecken mit aufstehendem, fein gezähneltem Wurzelrande, sehr fein undeut- lich punktirt-gestreift; die breiten Zwischenräume feinkörnig, durch die Be- schuppung reifartig rauh erscheinend. Kopf und der sehr kurze, etwas ein- gedrückte Rüssel sehr feinkörnig punktirt. (^ mit gelblich behaarter Stirn und beiderseits schwach gefurchtem Absturz der Flügeldecken. 9 ™it dünn behaarter, auf der Mitte mit zwei Höckerchen besetzter Stirn und einfach gewölbtem Absturz. Länge 2 — 2"5 mm. Wir behalten hier vorläufig noch diese eine Art bei, können aber nicht umhin zu erwähnen, dass dieselbe nach Schwedischen Exemplaren neuerdings von Thomson in drei Arten getrennt wurde, den ei2:entlicheu P. puhescens Bach, den P. j:>wictifrons Thoms. und den P. suhopacus Thoms. [70, S. XI]. Inwiefern sich diese Arten halten lassen und ob sie biologische Unterschiede zeigen, konnten wir noch nicht feststellen; dagegen können wir bestätigen, dass die vierte, neuerdings von Thomson aufgestellte Art [70, S. LXI], P. grandiclava, eine gTite Art ist, welche sich von dem P. puhescens Bach durch bedeutendere Grösse, im Allgemeinen viel dunklere Färbung, schwarzbraune Beine mit helleren Tarsen und ausgesprochen hellgelbe Fühler mit sehr grosser, eiförmig zugespitzter Keule deutlich unterscheidet. Lebensweise. Ratzeburg beschreibt [V, 1, S. 223] die Frass- figur dieses Käfers ausgezeichnet: „Seine Gänge sind zweiarmige Wage- gänge. Wenn sie auch nicht immer vollkommen wagerecht laufen, so sind sie doch nie ganz lothrecht. Meist sind sie stark geschlängelt, beide von einer grossen Eammelkammer abgehende Arme messen 2*5 — 4 cm und sind fast 1"8 mm breit. Die mehr oder weniger loth- rechten Larvengänge zerstören den Bast in hohem Grade. Sehr ober- flächliche Splintwiegen." Diese Schilderung können wir im allgemeinen nach ganz vorzüglichen Präparaten, die wir vom königlich Sächsischen Staatsforstrevier Colditz erhielten, völlig bestätigen, müssen aber hinzu- fügen, dass mitunter nur ein einziger, in anderen Fällen aber auch mehr, 3 — 5, Arme vorhanden sein und auch etwas länger werden können. Die hervorragendste Eigenthümlichkeit des Frasses besteht darin, dass in beiweitem den meisten Fällen Rammelkammer und Muttergänge das Holz nicht furchen und der Anfang der Larven- gäuge völlig innerhalb der Rinde verborgen liegt. Auf der geschälten Holzfläche sieht man daher stets nur die Enden der Larvengänge und die Puppeuwiegen, höchstens hie und da einmal die Andeutung eines Mutterganges (Fig. 172 A bei a), während auf der Innenseite der Rinde ausserdem noch die bis auf das Holz gehende Rammelkammer und die Muttergänge sichtbar sind. Vollständig, wie auf Fig. 172 5 dargestellt, übersieht man die Fi-assfigur nur dann, wenn man sorg- fältig die äussere Hälfte der Rinde mit dem Messer abträgt. In schwächerem Materiale wird die Frassfigur unregelmässiger und nähert sich mehr der Sterngangform [XXIV, S. 24, untere Abbildung]. In stark besetzten Stangen wird die ganze Bastschicht so durchfressen, 520 Kap. IX. Die Käfer. dass man gar kein deutliches Bild erhält, und in dieser Form kommt der Frass in der forstlichen Praxis am häufigsten vor. ^vÄ^^ ''^Wtls^>h^ ' ^h „,Äi8iW' W -' :w^';:jiiM^i\>. 4 A B Fig. 172. A. Fichtenholz mit Larveiigang-Enden, Puppenwiegen und Muttergang (a) von Hylesinus poligraphus L. B. Ausgebildete Frassgänge desselben Käfers in Fichte durch Abtragung der oberen Rindenschicht blossgelegt. Beide Y, nat. Grösse. Originalzeichnungen. Der gewöhnliche Brutbaum des H. poligraphus L. ist die gemeine Fichte. Ausserdem ist er von Nördlinger [XXIV, S. 24] in Kiefernästen, in We ymouthskiefernästen und im „exotischen" Garten zu Tübingen in Zirbelkiefer gefunden worden. Letzteres Vor- kommen im Hochgebirge bestätigt Henschel [32 e, S. 536]. Heeger fand ihn im Park von Laxenburg bei Wien auch in Weiss tannen [31, S. 538], Einen neuen Fall von vereinzeltem Vorkommen in Kiefern, die in einem befallenen Fichtenhorst eingesprengt waren, berichtet Thüm [71]. Die Angabe von Nördlinger, dass dieser Käfer ai^ch in Kirschbaum vor- kommt, eine Beobachtung, welche auch von Jddeich nach einem Funde zu Herzogswalde in der Nähe von Tharand bestätigt wurde, ist zwar insoweit richtig, als es sich hier um einen Polygraphus handelt; indessen konnte neuer- dings wenigstens für den zweiten,Fall constatirt werden, dass dies nicht der Polygraphvs 2}nhescens Bach sei, sondern vielmehr der neue P. grandiclava Thoms. (vgl. S. 519). Hyl. poligraphus L. ist ein Spätschwärmer, der zuerst Ende April oder im Mai schwärmt. Seine Generation wird von Stein [68 a, S. 254] als „anderthalbig" angegeben. Alle neueren Angaben stimmen dagegen überein, dass dieselbe unter normalen Verhältnissen in mittlerem Klima wenigstens eine doppelte ist [37, S. 443 und 71, S. 25 und 15 a, S. 124], und dass häufig noch im Herbst zu einer dritten Eiablage geschritten wird. Hylesinus poligraj^hus und H. palliatus. 521 Mittheilungen über Schaden von H, poligraphus L. finden sich in der Literatur zahlreich; eine der älteren ist die von Stein [68a, S. 250 ff.], dass auf dem damaligen Herrndorfer, jetzigen Grillen- burger Reviere bei Tharaud die Bäume eines 20 — 4:0jährigen Fichten- bestandes in ihren unteren Theilen stark von ihm angegriffen worden seien, während die oberen Theile von H. palliatus Gyll. bewohnt wurden. Doch musste der Käferfrass hier nur als secundär angesehen werden. DöBNER [13] berichtet über einen verderblichen Frass au stärkeren und schwächeren Fichten im Schönbusch bei Aschaffenburg aus den Jahren 1859 und 1860; sogar Fichten von „mehreren Fuss Durchmesser" hatte der Käfer getödtet. Einen Fall, dass 82 Stämme von 14 — 42 cm Brusthöhendurchmesser eines in einem Buchenbestand eingesprengten Fichtenhorstes von ihm getödtet worden seien, berichtet 1877 A. Joseph aus dem Oberhessischen Revier Nidda [37J. Ahlemann theilt ferner mit, dass in der Oberförsterei Guttstadt H. poligraphus im Gefolge von T. typographus in grosser Menge zunächst in den Aesten aufgetreten ist und sich dann so vermehrt hat, dass er selbst- ständig, ohne Mithilfe des T. typographus, starke Fichten in erkleck- licher Menge getödtet habe [I a, S. 53). In der Gegend von Laubach in Hessen verwüstete er 1884 in Verbindung mit T. Abietis Ratz. die Hälfte eines 35 ha grossen, 30jährigen Fichtenbestandes,, und war in den höheren Fichtenlagen des Vogelsberges, wo er auch ältere Fichten anging, häufig [71]. Auf Tharander Wald ist er wiederholt sehr schädlich aufgetreten, und zwar theils allein, theils als Begleiter anderer Borkenkäfer. An dem furchtbaren Borkenkäferfrass, welcher im Böhmerwalde wüthete, ist er ebenfalls, wenn auch untergeordnet, betheiligt gewesen, desgleichen an dem Ostpreussischen Frasse, bei dem er aber, im Gegensatz zu Tomicus chalcographus L., meist nur den zweiten Flug des T. typographus L. begleitete [16, S. 96]. In den Siebzigerjahren hat er bei Tharand, namentlich im breiten Grunde auch horstweise in 15 — 20jährigen Fichtendickungen stark geschadet. Zu den häufigsten Erscheinungen in allen Fichtenrevieren gehört ferner der braune Fichten-Bastkäfer, Hylesinus palliatus Gyll., welcher, 3 mm lang, den H. poligraphus L. etwas an Grösse über- trifft und sich von ihm durch die einfachen Augen, das herzförmige dritte Fussglied und die feine Behaarung der Flügeldecken unter- scheidet. Seine Frassfigur besteht aus einem kurzen Lothgange mit langen, meist in der Rinde verlaufenden Larvengängen, welche aber oft so dicht gedrängt sind, dass die ganze Innenseite der Rinde in Mulm verwandelt erscheint. Beschreibung: H. (Hylastes) palliatus Gyll. Käfer länglich, etwas glänzend, Unterseite, Kopf, Rüssel und Seitenräuder der Flügeldecken schwarz oder schwarzbraun, Oberseite des Halsschildes und Flügeldecken braun- roth, niemals schwarz. Halsschild etwas breiter als lang, nach vorn verengt, vor Lehrbuch d. milteleurop. ForBtiasektenkunde. g.^ 522 Kap. IX. Die Käfer. der Spitze eingeschnürt, nacli der Basis kaum verschmälert, oben sehr dicht rnnzelig punkti'rt, mit erhabener, vorn abgekürzter, glatter Mittellinie, Flügel- decken^an der Basis einzeln abgerundet, mit nach hinten etwas tiefer werdenden Punktstreifen, Zwischenräume kaum breiter als letztere, körnig punktirt, mit kleinen Höckerchen und sehr feinen, reihig gestellten Härchen, gegen die Spitze mit feinen, gelblichen Schüppchen. Kopf fein und dicht punktirt. Rüssel von der Stirn durch einen flachen, halbkreisförmigen Eindruck, der indessen manchmal fehlt, geschieden, an der Spitze mit erhabener, feiner Längslinie, zu beiden Seiten derselben leicht eingedrückt. Fühler und Beine braunroth, Keule und Schenkel etwas dunkler. Erstes Glied der Fühlerkeule gross, die folgenden klein. Drittes Fussglied wenig breiter als die beiden ersten, zweilappig. Länge 3 mm. Lebensweise. Seine Frassfigur ist, da der Käfer meist dicht- gedrängt in Massen brütet, gewöbnlicb sehr wenig charakteristisch aus- gebildet. Die Larven verwandeln dann die ganze Bastschicht in Mulm. Wo er aber nur vereinzelt frisst, sieht man, dass, wie Henschbl IXII, 2. Aufl., S. 43] gut beschreibt, seine „lothrechten Muttergänge sehr kurz sind, nur \'h cm bis höchstens 5 cm lang, oft sehr unregel- mässige Einschnürungen und Erweiterungen haben und so ein darm- ähnliches Aussehen erhalten. Stellenweise erscheinen sie nicht selten gabelförmig getheilt. Die Larvengänge sind auffallend lang, nicht überzahlreich, laufen unregelmässig, sich oft durchkreuzend, in der Regel Widergänge oder Verästelungen bildend". Eichhofp [15 «, S. 94] bemerkt ausserdem sehr richtig, dass der Anfang der einarmigen Muttergänge meist stiefeiförmig gekrümmt ist. Die Larvengänge ver- laufen in der Regel deutlich in der Längsrichtung des Stammes oder des Astes. Ausserdem wurden von Eichhofp auch abnorme, geweih- artige Muttergangformea gefunden, von denen keine oder nur sehr wenig Larvengänge entsprangen. Sein normaler Brutbaum ist die Fichte, ausserdem kommt er häufig auch in Kiefer und Weisstanne vor, desgleichen, wie schon RatzeburCt wusste, in Lärche [V, 1, S. 221]. NöRDLiNGEK [XXIV, S. 22] kennt ihn aus Weymouthskiefer und See- kiefer; in letzterer Holzart hat ihn auch Perris [58, S. 226] wenngleich selten gefunden, und Altum [XVI. HI. 1, S. 2G7] erwähnt ihn ausserdem aus Pinie, Henschel aus Zirbelkiefer [32 e, S.^536] und Eichhoff [15a, S, 93] aus Schwarzkiefer. Der Käfer ist in ganz Europa häufig, von Sibirien bis an den Atlantischen Ocean, vom Mittelmeer bis nach Lappland verbreitet und kommt nach Eichhofp sogar in Nordamerika vor [15 a, S. 92]. Er ist ein Frühschwärmer, der schon fliegt, wenn noch Schnee liegt [V, 1, S. 221], Seine Generation wird von Perris ausdrücklich als einjährig angegeben; dagegen meint Eichhopf, dass gewöhnlich eine doppelte Generation vorkommt und die im Herbst ausgebildeten Käfer der zweiten in der Bodendecke und in Rindenritzen über- wintern. Ratzeburg fand ihn im Winter sogar unter Buchenrinde, Ausnahmsweise überwintern aber auch Larven und Puppen. Der Käfer befällt am liebsten starkrindiges Material, sowohl stehendes als geschlagenes. In ersterem kommt er vielfach nur secundär vor, in letzterem bevorzugt er im Schatten stehende, feuchte Hylesinus palliatus und H. glabratus. 523 Äleterstösse, oder dort lagernde Stämme und Klötzer, sowie Stockliolz. Bei jedem grossen Borkenkäferfrass ist er zahlreich mitbetheiligt, und er gehört in jedem Nadelholzwalde zu den gemeinsten Insekten. Im allgemeinen •wird er aber jetzt kaum noch unter die sehr schädlichen Käfer gerechnet. Aeltere Autoren sind dagegen anderer Meinung. Wenn wirklich der Bostnchus abietiperda Beciisteix's [II, 187], wie EatzeburCt wohl mit Recht vermuthet, unser Käfer ist, so hat er Anfang des Jahrhunderts in den Rudolstädter Tannenwaldungen GO 80jährige Bäume zum Eingehen gebracht. Auch Kellner ist geneigt, ihn zu den sehr schädlichen Käfern zu rechnen. Stein [68 a, l] berichtet, dass er selbst den Käfer nur im Klafterholz gefunden und, auch in der Nähe solcher befallener Klaftern, nicht in kranken Bäumen; dagegen meldete ihm Förster Mlller, dass in einem frischesten und gesundesten Theile des Bermsgrüuer Eevieres auf einer mit 150 Stämmen bestandenen Fläche der Käfer 85 Stämme derartig angegangen hatte, dass trotz noch grüner Be- uadelung deren Eingehen unvermeidlich schien. Stein erwähnt ferner [68 a, 5] vom Herrndorfer Eevier, dass daselbst H. palliatus und H. poligraphus in 20 — 40jährigen, stehenden, vorher kranken Fichten vorgekommen sei, und zwar unten H. poligraphus, oben H, palliatus * Auf jeden Fall ist H. palliatus höchstens in Fichten- und Weiss- tannenbeständen beachtenswerth. Für Kiefernreviere hält ihn Altum [XVI, III, 1, S. 2G7] kaum für merklich schädlich, dagegen berichtet er, dass er in den Harzforsten bei Wernigerode 1876 die Neubildung von Wipfeln durch Bajonettbildiing an durch Schneebruch geschä- digten Stämmen verhindert habe. Auch in dem kaiserlichen Park zu Bjelostok, Gouvernement Grodnow, soll er 2000 Bäume getödtet haben [45, S. 243]. Mehr als Gebirgsthier tritt auf: Hylesinus glabratus Zstt. Dieser im Allgemeinen seltenere Schädling ist vor allen anderen in Frage kommenden Formen durch die bis 5 mm steigende Länge unterschieden. Auch seine aus verhältnissmässig kurzen, ge- schwungenen Lothgängen und langen, in grossen Puppenwiegen endenden Larvengängen bestehende, unregelmässige Frassfigur ist an der Stärke ihrer Gänge leicht unterscheidbar. Beschreibung: H. (Hvlastes) glabratus Zf.tt. {decumanv s Ij.). Käfer länglich, pechbraun. Halssehild nicht länger als in der Mitte breit, nach vorn stark verengt, vor der Spitze etwas eingeschnürt, nacli der Basis verschmälert, oben tief und sehr dicht punktirt, mit einer gewöhnlich deutlichen, glatten, etwas erhabenen Mittellinie. Flügeldecken an der Basis einzeln abgerundet, vorn etwas schwächer, nach hinten stärker tief punktirt-gestreift, Zwischenräume breiter als die Punkt- streifen, körnig punktirt, nach hinten mit kleinen Höckerchen und Schuppen. Rüssel von der Stirn durch eine halbkreisförmige, eingedrückte Linie geschieden, an der Spitze mit erhabener Längslinie, zu beiden Seiten derselben leicht ein- gedrückt. Kopf fein und dicht punktirt. Fühler mit Ausnalmie der dunkeln Keule braunroth, ebenso die Füsse. Erstes Glied der Fühlerkeule gross, die folgenden 34* p^QA Kap. IX. Die Käfer. klein. Drittes Fussglied wenig breiter als die beiden ersten, herzförmig, fast zweilappig. Lcänge 4:0—omm. Lebensweise und Bedeutung. Die Frassfigur dieses Käfers ist, A\ie bereits die Kürze der wenigen, liöclist unbestimmten Scliil- derungen errathen lässt, eine wenig scharf ausgeprägte. Die uns vor- liegenden Exemplare von dem königlich Sächsischen Staatsforstreviere Brunndöbra, die wir Forstingenieur Lehmann verdanken, fiaden sich au 6 — 7 cm starken Fichtenstangea und sind mehrfach ge- schwungene Lothgänge von 5 — 8 c?3i Länge und 3 w??i Breite, welche mit einer unregelmässigen Erweiterung beginnen. Die sehr wirr von ihnen abgehenden Larveugänge furchen den Splint nur stellenweise, und zwar besonders an ihren Enden, vor den zur Hälfte in den Splint eingreifenden, 7 — 9 mm langen Puppenwiegen, Sein Brutbaum scheint fast ausschliesslich die Fichte zu sein. Nur Henschel [32 d, S, lO] berichtet, dass er in Steiermark auchiu Zirbelkiefern brüte, bis 2000 wi Meereshöhe. Sein Vorkommen ist aus ganz Nord- und Mitteleuropa bekannt, ja auch in Sibirien und Nordamerika soll er gefunden worden sein [Eichhopf 15 a, S. 92]. Jedenfalls scheint er vorzugsweise Gebirgsthier zu sein, lieber seine Generation wissen wir so gut wie gar nichts. Die ältesten Angaben, die sich auf seine Forstschädlichkeit beziehen, sind die von Ratzeburg in der ersten Auflage seiner Forstinsekten [V, I. Nach- trag, S. 50]: „Nach Herrn Burkhakdt zerstörte er im Jahre 1838 theils mit H. palliatus Gyll. zusammen, theils allein eine erhebliche Anzahl guter Stämme." Kellner [42 c, S. 422] rechnet ihn im Thüringer Walde mit T, typographus L. und T. amitinus Eichh. zu den „schädlichsten Fichteuborkenkäfern", gibt aber au, dass der in den Zwanzigerjahren in den Hochlagen de£ Thüringer Waldes noch sehr häufige Käfer nunmehr in Folge rationeller Vorbeugungsmass- regeln sebr selten geworden sei. Seine Flugzeit fällt dort in den Mai. Auch bei dem grossen Borkenkäferfrass in Böhmen fand er sich zahlreich ein [17, S. 35]. Gleichfalls häufig und bei stärkerem Frass als Begleiter der vor- genannten Arten in den oberen Stammtheilen auftretend, unter ge- wöhnlichen Verhältnissen aber mehr Verderber in älteren Kulturen und Stangenhölzern, ist der furchenflüglige Fichten-Borkenkäfer, Tomicus micrograptius Gyll., der in unserer Fauna auch noch einige nähere, aber unwichtige Ver- wandte hat. Der sehr kleine, nur bis 15 mm lange Käfer, welcher hinten auf dem Flügeldeckenabsturze nur längs der Naht einen furchenartigen, nicht mit Zähnen besetzten Eindruck hat (Fig. 173^), und dessen 9 durch eine goldgelbe Stirnbürste leicht kenntlich ist, zeichnet sich dadurch aus, dass seine Frassfiguren, welche typische, mehrarmige Sterngänge darstellen, in allen Theilen, besonders aber Hylesinus glabratus und Tomicus micrographus. 525 was die Eammelkammer und die Muttergänge betrifft, sehr tief in das Holz geschnitten sind (Fig. 174). Beschreibung: Tomicus (Pityopht liorus) micrographus Gyll. (2>%o- g.raiihu3 Ratz.) Käfer langgestreckt, walzenförmig, pechbraun, etwas glänzend, fein und sparsam greis behaart. Halsschild länger als breit, wenig nach vorn verschmälert, kaum eingeschnürt, vorn auf der Scheibe mit concentrisch geord- neten Höckerchen besetzt, hinten zerstreut, sehr fein punktirt. Flügeldecken fein punktirt-gestreift, die Stärke der Punkte bei verschiedenen Exemplaren ver- .schieden, hinter der Mitte neben der Naht beiderseits mit flacher, glatter Furche, deren Seitenkanten und Naht gleichmässig erhöht und mit einer Reihe feiner, mehr oder weniger deutlicher, borstentragender Höckerchen besetzt. Die Furche selbst ist bei manchen Exemplaren stärker vertieft als bei anderen. Die Spitze der Naht springt stumpf vor. 9 mit einem goldgelben Haarbüschel auf der Stirn. Die frühere Annahme, dass das (^ die Stirnbürste trüge, ist eine irrige. Fühler und Beine bräunlichgelb. Länge 1'2 — 1-bnim. A B Fig. 173. Flügeldeckenabsturz der (^ (^ A von Tomicus micrographus Gyll. und B von T. macrographus Schrein. Lebensweise. Die Frassfigur dieses Käfers ist ein deut- licher Sterngang, bei welchem von einer tief in den Splint einge- fressenen Rammelkammer 4 — 7, mehr oder weniger geschwungene, mit massig dicht gestellten Eiergrübchen besetzte Muttergänge von 2 — 5 cm Länge und 0'5 — 0 7 wm Breite abgehen. Obgleich auch auf der ßinde deutlich sichtbar, sind sie doch stets besonders tief in das Holz eingeschnitten und mit ganz scharfen Rändern versehen. Die Muttergänge gehen, namentlich in mittelstarkem Materiale, nicht regelmässig, radspeichenartig auseinander, sondern haben mehr das Bestreben, sich querzurichten (Fig. 174 JL), während die von den Eiergrübchen entspringenden Larvengänge, soweit die Larven nicht gezwungen sind, den Muttergängen oder früheren Larvengängen aus- zuweichen, der Längsrichtung des Baumes folgen, und wenn sie so nicht weiter können, wohl auch einmal direkt umkehren. Die Puppen- lager sind längsgestellte Rindenwiegen. Der gewöhnliche Brutbaum des Käfers ist die gemeine Fichte. Er kommt aber auch, wenngleich seltener, in Kiefer, sowie nach NöRDLiNGER in Weymouthskiefer [XXIV, S. 35] und Tanne vor, und ist sogar einmal im Tharander Forstgarten in einer Schierlings- tanne, Tsuga Canadensis Carr., gefunden worden. Er bevorzugt schwaches Material, Stangen und jüngere Pflanzen von 6 — 8 Jahren an. Namentlich in Stangen stehen dann seine Gänge ungemein dicht gedrängt. Von Riegel ist er aber selbst in 15 cm starken Fichten gefunden worden [XXIV, S. 35]. Auch Fichtenreisig, Hexenbesen 526 Kap. IX. Die Käfer. „„d ausgerissene, jüngere Fichtenpaauzea gebt er an [15 a, S. 199 und 200]. Er kann horstweise in Ficbtenkultureu Schaden anrichten. im Fig. 174. Frass von Tomicus micrographus Gyll. A in Fichte mit ausgebildeten Larvengängen, B Sehierlingstanne, Tsuga Canadensis Cakk., mit blossen Eier- grübchen. nat. Grösse. Nur der Vollständigkeit wegen führen wir noch an: T. (Pityo ph thorus) macrographus Schrein., glabratus Eccau. und Lichtensteinii Ratz., welche dem micrographus Gyll. sehr ähnlich sind. Ersterer unterscheidet sich von ihm nament- lich durch eine tiefere Furche am Flügeldeckenabsturz, auf welchem die Naht oben weniger über die scharf wulstigen Seitenränder hervorragt, nach hinten aber erhabener wird und deutlich über erstere hinaustritt {Fig. ll'dB); der Nahtwinkel springt spitzig vor; Flügeldecken meist etwas stärker punktirt; Länge 1'5 — 2mm. Ob Ratzebueg's Bostr. exsculptus mit dieser Art gleichbedeutend, ist fraglich. T. glabratus Eichh. und T. Lichtensteinii Ratz, unterscheiden sich von T. micrographus durch abgerundeten Nahtwinkel, unter sieh dadurch, dass die Höckerchen auf Naht und Seitenrändern der Furche am Absturz bei T. Lichten- steinii deutlich sind, bei T. glabratus fehlen oder wenigstens undeutlich bleiben, namentlich aber dadurch, dass das Halsschild bei ersterem nach vorn nur massig, bei T. glabratus dagegen stark verengt und ausserdem vor der Mitte deutlich eingescöhürt ist. Forstliche Bedeutung hat wohl keine dieser Arten, weder die Kiefern bewohnenden T. Lichtensteinii und T. glabratus, noch der bei uns in Fichten- ästen brütende, seltene T. macrographus, welcher sich besonders durch seine Frassfigur charakterisirt. Diese stellt ausgesprochene, oft sehr lange, tief einge- schnittene Längsgänge dar, von denen nur sparsamst lange Larvengänge ab- gehen Der Frass wurde zuerst durch ScuRErNER [15 a, S. 202] an einem dünnrindigen, schwachen Fichtenstamme gefunden. Zu Tharand kennen wir den Käfer nur aus schwachen Aesten; hier sind die Muttergänge ganz besonders lang und verlaufen mitunter von einer Rammelkammer zur anderen. Zu den recht häufig in schwächerem Fichtenmateriale vorkommenden Käfern gehören noch: T. (Cryphalus) AbietisRATz. undT. asperatus Ratz. Sie sind dem T. Piceae (vergl. S. 492) an Gestalt und Grösse ähnlich, unterscheiden sich von ihm aber durch den gjinzlichen Mangel an aufgerichteten, langen Haaren auf den Flügeldecken. Letztere sind bei T. Abietis einfarbig dunkelbraun und wenigstens vor der Mitte deutlich fein puuktirt-gestreift, während T. asperatus Minder wichtige Fichten-Borkenkäfer. 527 fast unpunktirte, an der Spitze stets heller gefärbte Flügeldecken hat. Dass sie zusammen vielleicht nur eine Art bilden, sclieint immerhin möglieh. Länge 1*7 — 2 mm. Lebensweise. Die Frassfigur beider Arten besteht in einem platzweise ausgefressenen, bald mehr einem Längs-, bald mehr einem Quergange (Fig. 175) ähnelnden Muttergange, von dem die Larvengänge wohl meist in der Längs- richtung des Stämmchens oder Zweiges abgehen. Oft sind aber die Larven- gänge so verworren, dass man einen deutlichen Eindruck von irgend welcher Regelmässigkeit nicht erhält. Beide Arten bewohnen hauptsächlich die Fichte, erstere wurde jedoch auch häufig in Tanne und Kiefer, sowie Weymouths- kiefer, letztere einmal von Kellner [15a, S. 180] an einem Kiefern ästchen gefunden. Es sind Früh- schwärmer der ausgesprochensten Art, welche bereits Saxesen [V, 1, S. 198J als solche bezeichnet. Sie können schon im März erscheinen und haben wohl gewöhnlich eine doppelte, mitunter auch dreifache Generation. Sie überwintern als ausgehärtete Käfer [15 a, S. 178]. In der "Wahl ihres Brutmateriales sind sie nicht sehr eigen. Ratzebürg kennt sie an 40 cm starken Fichten in allen Höhen des Stammes eben- sogut, wie in 6 — 12jährigen Weymouthskiefern und 2 -6jährigen Fichten [V, 1, S. 198]. Eichhoff hat sie [15 o, S. 177] in 20jährigen, unterdrückten Fichten- stangen gefunden. Sie greifen gern von den Astquirlen aus den Baum an. Ratzeburg rechnet sie zu den merklich schädlichen Arten. Meist sind sie mit den vorhergehend beschriebenen Arten vergesellschaftet und kommen allein fressend wohl mehr als Kultur- verderber in Betracht. Fig. 175 Frassfigur von Tomicus Abietis Ratz, in ungewöhnlich deutlicher Ausprägung. Original. i/j nat. Grösse. sehr Als kleinster, häufigerer Ficlitenbewohner ist noch zu erwähnen Tom. (Crypturgus) pusillus Gyll. Käfer schwarz, glänzend, fast gar nicht behaart. Halsschild lang eiförmig, fein und weitläufig punktirt, mit glatter Mittellinie. Flügeldecken punktirt gestreift, mit ein- fachen, runden Punkten; Zwischenräume mit sehr weitläufig gereihten, undeutlichen Pünktchen. Länge 1 mm. Lebensweise. Die Frassfigur dieses Zwerges ist deshalb sehr schwer festzustellen, weil der meist nur innerhalb der Rinde fressende Käfer wohl gewöhnlich secundär auftritt und durch die von anderen Käfern gemachten Bohrlöcher eindringt. Nur Perris [58 S. 204] ist im Stande gewesen, nachzu- weisen, dass der Käfer einen verhältnissmässig breiten Längsgaug ohne Rammel- kammer anlegt, von dem aus den sehr dicht gestellten Eiergrttbchen stark ge- wundene Larvengänge abgehen. Er soll eine doppelte Generation haben. Ur- sprünglich Fichteninsekt und wohl nur als solches von einiger Bedeutung, wurde -er schon von Radzay [V, I, S. 196] in Tanne, von Nürdlinger [XXIV, S. 34] auch in Kiefer, Weymouths kief er, Lärche und S eekiefer, in letzterer auch von Judeich gefunden. Er kommt meist in schwachem Materiale vor, ist aber von Henschel [XII, 2. Aufl., S. 34] auch in 20 — 30jährigen Fichtenstangen beobachtet worden. Die meisten Autoren sehen ihn als unbedeutend an. Ratzebürg rechnet ihn dagegen zu den merklich schädlichen Arten, und Henschel, der ihn auch als Nachzügler anderer Arten betrachtet, bemerkt: „doch soll man sich dadurch nicht täuschen lassen. Im Gebirge kommt sehr häufig das Absterben von 12 — 15jährigen Fichten auf sein Sündenregister, und ist daher sein Schaden durchaus nicht so unbedeutend, wie man seither anzunehmen pflegte." Die Angabe aber, dass dieser Käfer im Jahre 1888 in den erzgebirgischen Forsten bei Görkau 10.000 Fichten vernichtet habe, sind vollständig aus der cog Kap. IX. Die Käfer. Luft "-eoTitfen. Wir erwähnen diese zuerst durch die „Weser-Zeitung" ver- l)reiiete, dann in viele andere politische Blätter übergegangene Nachricht nur deshalb, weil auch die „Oesterreichische Forstzeitung" 1888, S. 239, sie ab- druckte, sind aber in Folge von speciell eingezogenen Nachrichten berechtigt zu erklären, dass in der ganzen dortigen Gegend im Jahre 1888 kein bemer- kenswerther Borkenkäferfrass vorgekommen ist, am allerwenigsten ein solcher von T. pusillus. Sein nächster Verwandter, T. (Crypturgus) cinereus Hbst., der vielfach in der gemeinen Kiefer und auch in den südlichen Kiefernarten ge- funden wird, bewohnt gleichfalls oft die Ficlite, wo er nach Henscuel, dem einzigen Forscher, dem es glückte, seine Frassfigur zu entziffern, geschwungene Wagegänge machen soll [XII, 2. Aufl., S. 32 Anm.]. Er hat ihn in 15 — 30jährigen Fichtenbeständen des steierischen Hochgebirges nicht selten als Kulturverderb er gefunden. Mehr als entomologische Merkwürdigkeiten, nicht als wirklich beachtens- werthe Fichtenschädlinge seien noch folgende Nadelholzrinde bewohnende Bast- käfer erwähnt: Hylesinus(Xylechinus) pilosus Ratz, ^ä/e?- länglich, ohne Glanz, schwarz, mit braunen Flügeldecken, grau beschuppt und behaart, Halsschild kaum länger als breit, nach vorn wenig verengt, an der Basis etwas verschmälert, sehr dicht und fein runzlig punktirt, mit grauen Schuppenhärchen bedeckt und mit sehr schmaler, erhabener Mittellinie. Flügeldecken mit erhabenem, gezälmeltem Wurzel- rande, deutlich punktirt gestreift, Punkte viereckig; Zwischenräume breit, fein runzlig punktirt mit feinen, niederliegenden Haarschüppehen und mit reihenweis gestellten, aufgerichteten, kurzen Börstchen; der erste Zwischenraum längs der Naht etwas dichter behaart, daher weisslich. Kopf und Rüssel sehr fein runzlig punktirt, letzterer an der Spitze etwas eingedrückt, mit einer feinen, oft nicht ganz deutlichen Längslinie. Fühler und Beine braian. Länge 2-3 mm. Lebensweise. Die Fi-assfigur dieses Käfers, welcher durchaus nicht, wie Eichhoff [15 a, S. 121] angiebt, „in Absicht seines biologischen Verhaltens noch gar nicht genauer beobachtet zu sein scheint", ist schon von Nükdlinger [IX, S. 36] als „zweiarmiger AVagegang, wovon die eine Hälfte allerdings häufig kurz bleibt," gut bcsclnüeben und abgebildet worden. Noch bessere Abbildungen der Frassgänge giebt Lindemänn [50, S. 110 und 111]. Hieraus, sowie aus den uns vorliegenden Frassstücken ergibt sich die völlige Richtigkeit der Beschrei- bung Nördlixger's, zu der nur noch hinzuzusetzen, dass der Muttergang meist mit einer kurzen, von unten nach oben laufenden Eingangsröhre beginnt. Der Käfer, den schon Ratzeburg [V, I, S. 218] aus Fichte und Lärche kannte, ist im Erzgebirge und bei uns in Tharand ein niclit allzuseltener, aber auch nicht häufiger Bewohner von Fichtenstangen. Eine forstliche Bedeutung kommt ihm nicht zu. H. (Pliloeophthorus) rhododactylus Marsh. Käfer länglich, stark gewölbt, glanzlos, pechschwarz oder dunkelbraun. Halsschild fast so lang als breit, nach vorn etwas verschmälert, an der Basis fast gerade, fein körnig- punktirt, gelblich behaart, die feine Mittellinie etwas erhaben. Flügeldecken meist etwas heller gefärbt, breit und tief punktirt-gestreift, die Punkte vier- eckig, Zwischenräume sehr schmal, erhaben, jeder mit einer Reihe aufgerichteter Haarbörstchen und Höckerchen. Kopf und Rüssel äusserst fein körnig punktirt, dünn gelb behaart, letzterer sehr kurz, durch eiiren halbkreisfönnigen Eindruck von der Stirne geschieden. Fühler und Fussglieder rothgelb. Schenkel und Schienen pechbraun. Länge 1'7 — 2 mm. Lebensweise. Die Frassfigur dieses Käfers, die zunächst nach Russischem Materiale von Lindemann [50, S. 102-103] und nach Materiale aus Tharand und dem Erzgebirge neuerlich von Jaroschka [36] abgebildet wui-de, ähnelt ungemein der seines Verwandten aus der Besenpfrieme, dem Hyl. (Phloe- oplUhorus) Spartii Nördl. [vgl. XXIV, S. 23]. Auch er macht einen doppel- armigen Gang mit kurzer Eingangsröhre, dessen beide quer gegen die Astachse verlaufende Arme wie die Zinken einer Gabel zu einander gestellt sind. Die Abwehr der unter Nadelholzrinde brütenden Borkenkäfer. 529 Larvengänge sind längsgerichtet. Eine Bedeutung kommt diesem in Fichten- ästen häufiger, als man gewöhnlieli glaubt, vorkommenden Thiere nicht zu. Abwehr der unter Nadelholzrinde brütenden Borken- käfer im Allgemeinen. Nachdem wir auf S. 493 die Massregeln aus- führlich besprochen haben, welche durch die Verpuppung des Tannen- borkenkäfers, Tomicus curvidens Germ., im Holze selbst ausnahms- weise gegen diesen Käfer nöthig werden, wenden wir uns nun zu der Darstellung der Vorkehrungen, welche gegen die übrigen in der Rinde von Nadelholzstämmen und -Aesten brütenden Borkenkäfer zu treffen sind. Diese lassen sich fast gleichmässig auf alle zu dieser biologischen Gruppe gehörigen Borkenkäfer anwenden, ganz gleich, welche Nadelholzart befallen ist. Nur insofern variiren sie, als die einen sich mehr auf die Bewohner starken Materiales, also auf die Feinde älterer Bestände beziehen, während die anderen mehr gegen die Verderber der Stangenhölzer und Kulturen gerichtet sind. Eine sehr klare und übersichtliche Darstellung aller, namentlich auf den Buchdrucker bezüglichen Massregeln mit einsichtigster Kritik hat VON KujAWA [48] gegeben. Auch die Zusammenstellung namentlich bei dem Böhmischen Frasse gemachter Beobachtungen hierüber [791, welche 1875 in Wien erschien und unter Anderen werthvolle Bei- träge von Pompe, Smetaczek, Klose, Zenker uud J. Micklitz enthält, namentlich die „Studien, Rückblicke und Folgerungen" des letzteren sind sehr beachtenswerth. Vorbeugungs mittel sind in diesen Fällenden Vertilgungsmitteln voranzustellen, da letztere allein in ausgedehntem Massstabe nur da in Frage kommen, wo bereits namhafter Schaden eintrat, und da das wichtigste und erfolgreichste Vertilgungsmittel, das Werfen von Fangbäumen zugleich auch Vorbeugungsmittel ist. Geeignete Vor- beugungsmittel sind namentlich folgende: aj Die Erziehung gesunder Bestände ist das Wichtigste, da kränkliche Bäume von den Käfern zunächst befallen werden, und von ihnen aus ein Angriff auf die gesunden Bäume ausgehen kann. Dies bezieht sich am allermeisten auf die Fichte, da man dieser Holzart eine viel grössere Disposition für die Wurmtrockniss beimessen muss als der Kiefer. Die Fichte darf also nicht auf ganz unpassendem, etwa zu armem Boden angebaut und muss auch später stets so bewirthschaftet werden, dass frühe und regelmässige Durch- forstungen, Stehenlassen von Windmänteln u. dgl. die Stämme in Wurzel und Krone gehörig befestigen. Bei den Durchforstungen ist jede Stockrodung zu unterlassen, da namentlich in sehr dichtem Stande erzogene Fichten vielfach mit ihren Wurzeln verwachsen und in Folge dessen jede Rodung die bleibenden, dominirenden Stämme verletzt, wodurch der Borkenkäfer herbeigelockt wird. h) Begründung gemischter Bestände. Dies bezieht sich nicht nur auf die Einsprengung von Laubhölzern in Nadelholzkomplexe, eine Massregel, die allerdings sehr geeignet ist, grössere Schäden abzuwenden, da nur in verschwindend seltenen Fällen Laubholz- 530 Kap. IX. Die Käfer. borkenkäfer auf Nadelhölzer übergehen oder umgekehrt, sondern namentlich auch auf die Mischung verschiedener Nadelholzarten. Schon die Mischung von Fichten mit Kiefern ist bei der einigermassen gerino-eren Dispot'ition der letzteren für Borkenkäferfrass angezeigt, noch mehr aber die Einsprengung der verhältnissmässig am wenigsten den Boikenkäfern ausgesetzten Tannen und Lärchen. Dagegen haben sich die Hoftnungen, welche man früher häufig auf die Einführung fremder Nadelhölzer gesetzt hatte, nicht erfüllt, indem man nicht nur die Erfahrung machen musste, dass im Grossen und Ganzen die fremden Nadelhölzer von den in ihren einheimischen näheren Ver- wandten brütenden Käfern gern gleichfalls angenommen werden, sondern auch die erweiterte Kenntniss der geographischen Verbreitung der Scolytiden gelehrt hat, dass einige unserer einheimischen Borken- käferformen bis in die Heimat jener fremden Hölzer verbreitet sind; c) Reinliche, saubere Wirthschaft im Walde, die sich, soweit sie hier in Frage kommt, namentlich in rechtzeitiger Auf- arbeitung und Entfernung alles desjenigen todten und kranken Mate- riales zu äussern hat, in welchem die Borkenkäfer passende Brut- stätten finden können. Dies bezieht sich namentlich auf die Wind- und Schueebruchhölzer in älteren Beständen, sowie hier und in den Kulturen auf alle absterbenden, beschädigten, grösseren oder kleineren Stämmcheii. Auch die Fällungsmethoden kommen in Betracht; so kann das Stehenlassen hoher Stöcke nachtheilig sein, indem letztere ebenso leicht für die grösseren Arten zu Brutstätten werden können, wie ungenutzt liegen bleibendes Reisig für die kleineren. Hohe, stehengebliebene Stöcke sollten wenigstens geschält werden, eine Massregel, welche gewiss manchmal Leseholzleute gern unentgeltlich besorgen. Das nicht absetzbare Reisig ist zu verbrennen, wodurch überdies noch Schutz gegen Waldbrände erzielt wird, unter Um- ständen auch noch für den Kulturbetrieb brauchbare Asche zu Kom- posthaufen gewonnen werden kann. Das während der Schwärmzeit der Käfer gefällte oder im Walde liegen bleibende Langnutzholz ist zu schälen oder wenigstens zu benappen. Dadurch entzieht man nicht blos den Borkenkäfern Brutstätten im Walde, sondern verhindert auch, dass mit Brut besetzte Stämme aus dem Walde nach benach- barten Lagerplätzen, Holzhöfen, Sägemühlen u. s. f. abgefahren werden, von wo aus erfahrungsgemäss die dort auskommenden Käfer leicht ihren Weg nach dem Walde zurückfinden. Indessen hat man mit diesen Massregeln nicht vorschnell vorzugehen, sondern darauf zu achten, dass der zu verbrennende Abraum und die zu schälenden Stämme vorher als Fangreisig und Fangbäume ausgenutzt werden können (vgl. S. 532—534). d) Regelmässige Revision der Bestände mit besonderer Berücksichtigung der schädlichen Insekten, namentlich der Borken- käfer, erleichtert ungemein die Durchführung der vorstehend ange- rathenen Massregeln. In einem nicht schon eine ungewöhnliche Käfer- menge bergenden Wirthschaftswalde wird diese Arbeit leicht von dem Abwehr der ruiter Nadelholzrhule brütenden Borkenkäfer. 53 X Forsi personal selbst vorgenommen werden können. Ist aber die Menge des verdächtigen Materiales sehr bedeutend, sind ferner aussergewöhn- liche Naturereignisse, Windbrüche, Ueberschwemmungen u. s, f. ein- getreten, kommen auf 200 bis 300 Hektar schon mehr als 100 kranke Stämme und können die Beamten des Revieres die Eevision nicht mehr allein bestreiten, besonders in schwer zugänglichen Gebirgs- gegenden, so müssen noch zuverlässige Arbeiter angestellt werden, je nachdem das Terrain den Begang mehr oder weniger leicht ge- stattet, auf 800 bis 1000 Hektar ein Mann. Diesem darf man nichts Anderes als nur die Revision der verdächtigen Hölzer, nicht auch die Entrindung und Wegschaffung derselben auftragen. Er muss jeden Stamm, jeden Stock und jede Klafter, worin er Käfer oder Brut antraf, mit dem Datum bezeichnen, womöglich auch noch ein Ver- zeichniss der Orte aufnehmen, welche entwickelte Brut haben und das Entrinden zuerst nothwendig machen [v. Berg]. Was die Zeit der Visitationen betrifft, so müssen die ersten zur ersten Schwärmzeit der Käfer unternommen werden. Aber auch später noch ist, besonders wenn durch Witterung und. andere äussere Umstände eine schnellere Entwickelung begünstigt wurde, also eine mehrfache Generation zu erwarten steht, oder wenn Brut überwinterte, stete Aufmerksamkeit nöthig. Man hat ferner die Lieblingsplätze der Käfer besonders im Auge zu behalten. Es sind dies immer die trockensten und wärm- sten, am Rande der Schläge gegen Mittag, in Gebirgen vorzüglich an geschützten Südhängen gelegenen Stellen, ferner die kleinen Blossen in Mitte geschlossener Bestände, da wo der Sturm Lücken gemacht oder der Blitzschlag einzelne Bäume getödtet hatte. Bei stehendem Holze fliegt der Käfer am liebsten die höheren Theile an, da wo die stärksten Aesfe abgehen, an Klaftern wählt er die oberen Kloben, nur bei heissem Wetter und in Freilagen auch wohl die untersten. Für die wichtigsten Bestandsverderber sind ferner die Merk- male des erfolgten Anfluges der Käfer dem Personal besonders einzuprägen. JBeiin_ Einbohren schafft der Mutterkäfer das Bohu-....^ mehl zum Eingangsloch hinaus. Theils sieht man es vor diesem noch liegen, theils stäubt es hinunter und bleibt an allen Vorsprüngen des Schaftes, sowie an Moosen, Flechten, Spinnengeweben u. dgl. hängen. Beim Anprallen des Schaftes mit der Axt wird man das Bohrmehl noch deutlicher wahrnehmen und es sogar an einem eigen- thümlichen Gerüche erkennen können, aber nur bei trockenem Wetter, denn Regen verwischt oft alle Spur desselben. Hat man indessen die Zeit getroffen, zu welcher der Käfer mit seinem Gange noch nicht ganz fertig ist, so wird sich auch nach dem Regen Bohrmehl ■wieder zeigen. Mit den Bohr- und Luftlöchern sind aber nicht jene Löcher zu verwechseln, welche andeuten, dass eine Familie bereits den Baum verlassen hat, die Fluglöcher. Sie sind stets zahlreicher und unregelmässiger vertheilt. Ferner ist auch auf den Specht zu achten, da dieser die Aufmerksamkeit auf kränkelnde Bäume lenkt. RQ« Kap. IX. Die Käfer. Zur Untersuchung giebt man den Arbeitern eine lange, oben mit einem Eisen beschlagene Stange, damit sie mit dieser auch die höheren Gegenden der Bäume untersuchen und nachsehen können, ob die Einde sich hier schon löst und dadurch Käferbrut verräth. Unten wird mit einem Messer oder Meissel untersucht. In vielen Fällen leitet auch das, oft schon -wenige Wochen nach dem Anfluge eintretende, kränkliche Aussehen der Bäume auf den Frass, iüdem die Nadeln vom Gipfel an sich röthen. Auch kommt es vor, dass die Nadeln plötzlich hängen, ohne vorher gelb zu werden. Oft sieht man aber der Benadelung nichts an^ zumal wenn nach einer zweiten Brut im Herbste Knospen und Nadeln ganz ausgebildet sind und besonders durch feuchtes Wetter frisch erhalten werden. Die Rinde bekommt meist bald nachdem die Gänge fertig sind, ein eigenes missfarbiges, graues Ansehen [v. Berg] und blättert ab, von unten nach oben am Stamm [Ahlemakn]. Solche EeTisionen sind um so nöthiger, als ja alle diese Käferarten dauernde Bewohner unserer Wälder sind, welche nur darauf warten, dass die ihre Yermehrung normalerweise beschränkenden Ursachen (rergl. den Allge- meinen Theil, S. 158) theilweise wegfallen, um sich zu ungeheuren Schaaren zu vermehren. Sie allein werden es auch in Zukunft möglich machen, mit Sicher- heit die Frage nach dem wirkliehen Vorkommen des Ueberfliegens der Borken- käfer aus stark befallenen Beständen in verhältnissmässig unbeschädigte zu entscheiden. Wir halten, wie schon oben bemerkt, die Wirklichkeit dieser Er- scheinung für feststehend, wenngleich durchaus nicht geleugnet werden soll, dass in vielen Einzelfällen die Angabe, auf diese Weise habe eine grössere Terheerung ihren Anfang genommen, gewiss unrichtig war und nur eine Ver- tuschung der Xaehlässigkeit des Personales bezweckte. Die Revisionen geben ferner den besten Aufschluss darüber, ob und wann mit dem Werfen von Fang- bäumen begonnen, beziehentlich fortgefahren werden muss. e) Das Werfen von Fangbäumen ist ohne Zweifel das sicherste Mittel, der Borkenkäfergefahr vorzubeugen, da man durch diese Massregel auch srleichzeitio' eine Unmasse Käfer vernichtet. Man benutzt dazu zurückgebliebenes Lang- und Klafterholz, oder vom Winde gebrochene oder geschobene, oder auch unterdrückte Stämme, sie mögen stark oder schwach sein; denn an den schwachen fangen sich auch Käfer, und die geringen Mehrkosten des Entrindens der schwachen, für den Schluss des Bestandes entbehrlichen Stämme kommen nicht in Betracht. Sie werden 3 — 4 Wochen vor der Schwärm- zeit an Orten gefällt, wo man die Käfer am meisten erwartet, und sofort entastet, da das Belassen der benadelten Aeste die Aus- trocknuDg der gefällten Bäume so beschleunigt, dass sie sehr bald fast kein Käfer mehr annimmt. Man wirft sie auf untergelegte Stöcke oder Steine, damit die Käfer auch an der Unterseite anbohren können. Nur Windwürfe, welche mit einem Theile der Wurzeln in der Erde blieben, kann man als Fangbäume benutzen, ohne sie zu entasten. Die Anzahl der zu fällenden Fangbäume richtet sich nach der Grösse der Gefahr. Im ersten Frühjahr genügen wohl etwa 10 Stück für das Hektar, später bei geringer Gefahr weniger. Eine Hauptsache ist, von Zeit zu Zeit neue Fangbäume zu fällen und damit Abwebr der unter Nadelholzrinde brätenden Borkenkäfer. 533 fort zu fahren, so lange während des Sommers Käfer schwärmen. Bestimmte Vorschriften hierüber lassen sich nicht geben, da nach Lage, örtlichem Klima und Jahreswitterung die Generation der Käfer sehr verschieden ist. Man vergleiche ..hierüber auch die werth vollen Aus- einandersetzungen von NüssLix [57 a und 57 61. Unter Umständen kann man laufende Schläge als „Fangscliläge' benutzen, wie sie Hexschel sehr richtig nennt und nach seinen Erfahrungen in Oesterreich empfiehlt. Auch ist eigentlich jedes im Walde lagernde, noch nicht ab- gefahrene Holz gewissermassen als Fangbaum zu betrachten. Wo indessen keine besonders dringende Gefahr droht, darf man wohl, unter Beobachtung aller sonstigen Vorsichtimassregeln, das in Eaum- metern aufbereitete Holz unentrindet lassen. Gefällte Stämme werden dagegen bei nur irgendwie näher gerückter, grosser Gefahr stets zu Echälen sein, aber wie z B. Kellner [^42 c] sehr lichtig angiebt, nicht etwa gleich bei der Winterfällung, sondern erst im Frühjahr, wenn sich die Borkenkäfer bereits eingebohrt haben. Da indessen die Käfer, trotz der Fangbäume, auch andere stehende, ganz gesunde Stämme befallen, eo muss man stets vorsichtig sein und nicht die Aufmerksamkeit verlieren, die Käfer also auch gleichzeitig im stehenden Holze aufsuchen tnd vertilgen. Man hat dabei haupt- sächlich die in der Nähe der Fangbäume befindlichen Orte, weil die Käfer sich hier concentriren, im Auge zu behalten. Sobald man merkt, dass die !>[uttergänge in den Fangbäumen fertig, und dass die ersten Larven schon der Verpuppung nahe sind, schreitet man zum Entrinden derselben und zum Verbrennen der mit Brut besetzten Borke, gleichzeitig aber auch der inficirten Aeste. Zum Entrinden kann man sich mit Vortheil des in der neben- stehenden Figur abgebildeten, aus dem Schwarzwald stammenden Stosseisens be- dienen, das an einem ungefähr Im langen Holzstiele gehandhabt wird. Es wurde zuerst von Roth ,64] beschrieben. Unter- srele^te Tücher werden beim Entrinden Fig- verhindern, dass Larven, Puppen und einzelne, bereits frühzeitig entwickelte Käfer in das Gras und Moos fallen. Auch ist es gut, beim Verbrennen um das Feuer einen Kreis von heisser Asche zu bilden, der die etwa noch aus den aufgehäuften Rindenstücken hervorkriechenden Käfer vernichtet. Vortheilhaft ist es, wenn man bei der ganzen Ar- beit durch kühles Wetter unterstützt wird, weil bei solchem die Thiere träge sind. Aeste und Zweige müssen, wenn solche an ein- zelnen Fangbäumen zurückgeblieben sind, mit der Rinde verbrannt werden, denn sie enthalten gewöhnlich die kleineren Borkenkäterarten, die, wenn sie häufig sind, fast ebenso schädlich werden können wie die grossen. Dass beim Verbrennen grösste Vorsicht obwalten muss, um 176. Im Sckwarzwald ge- bräuchliches Schäleisen nach Roth. P^oA Kap. IX. Die Käfer. nicht Feucrsgefabr für den Wald beivorzuiufen, versteht sich von selbst. AuLEMAKN rätb, die Verbrennung in Gruben vorzunehmen, aus deren Umkreis man Streu und Moos entfernt bat [\ a, S. 52]. Katzeburg hat bis zuletzt |X, S. 84] festgehalten, dass es sich empfehle, den Fangbäumen die Aeste zu lassen. Dieses Verfahren wird aber schon 18T5 von FiscHUACH [16, S. 28] gänzlich verworfen, da er beobachtet hat, dass gerade die entasteten Stämme am besten wirken, und Judeich schloss sich bereits seit langer Zeit der richtigen Ansicht Fiscubach's ausdrücklich an [38 a, S. 75]. Wenn neuerdings Hess [XXI, 2. Aufl., S. 282] gegen diese gewiss sehr noth- wendige Massregel einwendet, dass dieselbe am Kostenpunkte scheitern dürfte, so ist einfach darauf hinzuweisen, dass es doch wohl völlig gleich viel kostet, ob die Fangbäume gleich beim Fällen, oder erst bei der Schälung, wo es absolut nicht vermieden werden kann, entastet werden. Das Bedenken, dass man mit entasteten Fangbäumen die astbrütenden Borkenkäfer nicht trifft, fällt gleichfalls nicht in das Gewicht, wenn man, wie wir im Folgenden empfehlen, Fangreisig gegen diese kleineren Feinde legt, wozu sich die von den Fang- bäumen abgehanenen Aeste rechi gut eignen. Das Verbrennen der Einde ist unumgänglich nöthig. Hier und da imterliess man es, in der Meinung, dass das blosse Auslegen der Einde an der Sonne schon hinreiche, die Brut zu tödten. Indessen ist diese, allerdings ur- sprünglich von Eatzeburg selbst getheilte, späterhin von ihm aber völlig auf- gegebene Ansicht durch die genauen Versuche von Cogho [IIa] gründlich widerlegt. Wir theilen die Ansicht dieses genauen Beobachters vollständig, um- somehr, als es bei der unregelmässigen Entvvickelung einer und derselben Brut ganz unmöglich ist, das Schälgeschaft zu vollenden, ehe sieh nicht die ersten Larven in Puppen und Käfer verwandelten. Dazu kommt noch, dass in der dickeren Einde sehr alter Fichten die Larven ihre Puppenwiegen nicht blos in der Bastschicht, sondern unmittelbar unter der äusseren Borkenschicht anlegen, so dass man sie an den losgeschälten Eindenstücken auf deren Innenseite gar nicht bemerkt, und erst findet, wenn man die Einde zerbricht. Judeicu hat diese Thatsache 1874 im Böhmerwalde wiederholt an den im Boden zurückgebliebenen Fichtenstöcken beobachtet. Das Gleiche gilt von dem Vergraben der besetzten Einde; auch dieses genügt keineswegs, da die Käfer im Stande sind, sich auf die Oberfläche durchzugraben, und die Decke der Grube dann mitunter wie ein Sieb aussieht. Dies Avird durch die Versuche von Ahlemann (la, S. 52) und Cogho deutlich bewiesen. Selbst durch Beigabe von Kalk in die Gruben werden nicht alle Käfer getödtet. 0. Grunert hat sogar nachgewiesen, dass 7 V2 Monate langes Vergraben in eine Tiefe von 63 und 40 cm dem T. typographus L. nicht schadet. f) Das Auslegen von Fangreisigbündeln ist eine Mass- regel, welche sich in gleicher Weise gegen die schwaches Material bewohnenden Borkenkäfer richtet, wie das Werfen von Fangbäumen gegen die Stammbewohner. Es ist dieselbe bis jetzt wohl kaum iu grösserem Massstabe angewendet worden. Da aber Eichhoff mit Bestimmtheit angiebt, dass er T. bidentatus Übst, jedesmal, wenn es ihm darum zu thun war, angelockt itud veranlasst habe, seine Brut an Kiefernfangreisig abzusetzen, so ist sie als Vorbeugungsmittel wenigstens für diesen Kulturverderber sicher zu empfehlen und dürfte sich wohl in sehr vielen Fällen auch gegen die anderen kleineren, namentlich Aeste bewohnenden Borkenkäfer nützlich erweisen. Natür- lich ist dann dieses Vorgehen, wie das Werfen der Fangbäume, so lange fortzusetzen, als man ein nochmaliges Schwärmen der Käfer erwarten darf. Auch muss es, wenn es nicht in sein Gegentheil umschlagen soll, mit dem rechtzeitigen Verbrennen der Fangbündel verbunden werden. Abwehr der unter Nadelholzrinde brütenden Borkenkäfer. 535 ^) Forsteinrichtungsmassregeln können insofern vorbeugend gegen Borkenkäfergefaliren wirken, als durch eine den örtlichen Ver- hältnissen entsprechende Ordnung der Hiebsfolge die Bestände gegen die Beschädigungen durch den Wind wenigstens einigermassen ge- schützt werden, namentlich aber auch dadurch, dass durch die Bildung kleiner Hiebszüge für die Zukunft das Entstehen grosser, gleichalteriger Bestandskomplexe verhindert wird, deren Vorhandensein allein derartig fürchterliche Sturmverheerungen und deren Folgen ermöglicht, wie sie z. B. 1868 und 1870 viele Deutsche und Oester- reichische Waldungen heimsuchten. Besonderes Gewicht ist aber ferner darauf zu legen, dass eine gute, durch die Bildung kleiner Hiebszüge bedingte Ordnung des Hiebes es sehr leicht macht, künftig einen oder den anderen Bestand ohne Störung des ganzen Wirthscbafts- betriebes früher abzutreiben, als man in der Gegenwart, beim Ent- wurf des Wirthschaftsplanes, voraussehen konnte. Nur so hat man es in der Hand, durch Elementarereignisse oder durch lasektenfrass gelichtete und beschädigte Bestände rasch zum Hieb zu bringen und auf diese Weise sogenannte Insektenherde rechtzeitig zu beseitigen. Schonung aller Feinde der Borkenkäfer ist natürlich auch hier eine sehr zu empfehlende Massregel, wenngleich eine Ermahnung dazu für die Praxis kaum besonders werthvoll sein dürfte. Wo man rationelle Forstwirthschaft treibt, mordet man meistens die insektenfressenden Vögel, um welche es sich hier in erster Linie handelt, überhaupt nicht; wo man dies thut (vergl. S. 240), wird man es sicher nicht mit Rücksicht auf Borkenkäferfrass unterlassen. Schonung der Borkenkäferfeinde aus der Klasse der Insekten (vergl. z. B. S. 291) in einem praktisch wirksamen Umfange ist einfach unmöglich. Es bleibt dalier hier nur zu erwähnen, dass sich, wie namentlich Ahlemann [les, S. 53] und Fleischer [17, S. 231 berichten, die Sehlupfwespen öfters an der Vernichtung der Borken- käfer betheiligen. Pteromalus multicolor und Roptocerus xylophagorum Ratz. sind aus T. typographus erzogen woi-den. Die Vertilgungsmittel, deren Anwendung, seitdem wir die Vorbeugungsmassregeln besser als ehemals zu handhaben gelernt haben, und seitdem wir von dem Glauben zurückgekommen sind, dass der Borkenkäfer nur krankes Holz angreife, Gottlob! immer seltener nöthig wird, sind zum Theil dieselben. Wir brauchen die Fang- bäume auch dann noch, wenn die Wurmtrockniss schon anfängt um sich zu greifen. Es ist das einzige Mittel, derselben noch Einhalt zu thun und den Käfer von den stehenden Bäumen etwas abzuleiten. Sie müssen daher auch zahlreich und an möglichst vielen Orten ge- worfen werden. Die Vertilgung des Borkenkäfers wurde in Ostpreussen bei dem grossen Insektenfrasse der Fünfziger- und Sechzigerjahre, so wenig Aussicht auf Erfolg auch die rapid wachsende Wurmtrockniss bot, doch mit aller Energie betrieben, und man kämpfte da, wo das Uebel noch nicht durch Naturhilfe beseitigt war, unausgesetzt gegen das Insekt durch Fangbäume und Aushiebe der beflogenen, noch grünen Stämme, besonders in mehreren einzelnen, in weiten Feldern liegenden Forstschutzbezirken, welche durch Eaupenfrass wenig ge- litten hatten. In ähnlicher Weise wurde in neuerer Zeit in den fürst- lich ScHWABZENBERG'schen uud gräflich TnuN'schen Waldungen des eop ^ap. IX. Die Käfer. Böbmerwaldes verfahren, wo dem Borkenkäfer bis 1874 allerdings Millionen von Bäumen zum Opfer gefallen sind. Ist es schon so weit gekommen, dass der Hieb im wurm- trockenen Holze geführt werden muss, so steht die Sache sehr schlimm. Es ist schon vorgekommen, z. B. am Ende des vorigen Jahrhunderts im Harze und Voigtlande, dass die Bäume überall, so weit das Auge reichte, trocken geworden waren, und dass man gar nicht Holzschläger genug bekommen konnte, um alle schnell genug fällen zu lassen. In diesem Falle ist es höchst wichtig, die alte von der frischen Trockniss sorgfältig zu unterscheiden und vor allen Dino-en in der frischen, d. h. da, wo der Käfer mit seiner Brut noch darin steckt, zuerst zu hauen. Der Käfer geht natürlich immer weiter und greift nur die frischen Bäume, gleichsam stehende Fangbäume, an. Liesse man ihn hier also hausen und räumte man nur das abgestorbene Holz weg, so würde immer mehr absterben. Es versteht sich, dass hier das Abschälen und Verbrennen der mit Brut gefüllten Einde, oder die schleuuige Abfuhr, Verflössung oder Verkohlung des ganzen Holzes ebenso wichtig ist, wie bei den Fangbäumen. Auch räth Ahlemann, nirgends mit dem Hiebe zu zögern, da auch Wurmholz, wenn es nur sofort nach dem Anfluge gefällt und geschält wird, sich recht gut hält. Hier ist auch besonders darauf zu sehen, dass nicht nur die geschälte Rinde, sondern auch das Reisig verbrannt wird. Geht ja doch sogar der Buchdrucker gelegentlich in Aeste (vgl. S. 512), und sind doch sie und die Gipfelstücke bei grösserem Frasse stets die Wohnstätten der vielen kleineren Käferarten. Viel wichtiger als bei den eigentlichen Bestaudsverderbern sind Vertilgungsmittel gegen die Feinde der Stangenhölzer und Kulturen. Besonders in letzteren wird öfters auch in gut bewirth- schafteteu Revieren, namentlich in grösseren Dickungen, au schwer zugänglichen Hängen u. s. f. ein horstweiser Frass dieser kleineren Formen vorkommen und erst dann bemerkt werden, wenn er bereits wirklich Sahaden gethan hat. Hier ist in älteren Kulturen rücksichts- losester Aushieb aller befallenen Stämmchen, in jüngeren das Aus- reissen der befallenen Pflanzen zu empfehlen. Gewinnt man hierdurch noch brauchbare Knüppel, so kann man sich mit gründlichem An- rösten derselben begnügen, namentlich dort, wo günstige Absatzver- hältuisse eine Verwerthung des so geretteten Materiales gestatten. Wo das nicht der Fall ist, muss auch hier vollständige Verbrennung eintreten, und sicher müssen alle Abraumhölzer aus solchen be- fallenen Horsten, sowie die aus jüngeren Kulturen ausgerissenen Pflanzen verbrannt werden. Durch Borkenkäf erfrass bedingte Veränderungen im ganzen Wirthschaftsbetriebe werden natürlich nur dort vor- kommen können, wo wirklich ausgedehnte Flächen verwüstet wurden. Namentlich werden dieselben bedinsrt erstens durch die Unmöglichkeit Abwehr der unter Nadelholzrinde brütenden Borkenkäfer. 537 der Verwerthung grosser, plötzlich auf den Markt gelangender Holzmassen zu normalen Preisen, zweitens durch die Schwierigkeit, die ausgedehnten Abtriebsflächen wieder schnell in Bestand zu bringen. Hier eröffnet sich dem denkenden, höheren Forstbeamten ein weites Feld der Thätigkeit. Durch passende, auf die örtlichen Verhältnisse und die Gewohnheiten der holzverbrauchenden Bevölkerung gestützte Er- leichterungen der Absatzbedingungen, durch Abschlüsse mit Gross- händlern, durch Unterstützung der Anlage holzverbrauchender, ge- werblicher Betriebe in der Nähe der verwüsteten Wälder, wird es einem solchen möglich werden, den Ertragsrückgang seiner Reviere wenigstens einzuschränken. Durch die ausnahmsweise Verwendung erheblicher Mittel auf die Erziehung einer hinreichenden Menge von Pflanzen, durch ausgedehntere Anwendung der Saat auf irgend dazu geeigneten Orten wird man meist in der Lage sein, der Verangerung und Verhaidung der grossen Schlagflächen mit Hilfe rechtzeitigen Anbaues vorzubeugen. Die rasche und gelungene Aufforstung der grossen, durch Sturm und Borkenkäfer kahlgelegten Flächen im Böhmerwald, welche mau z. B, in den fürstlich ScHWARZENBERö'schen und fürstlich HoHENZOLLERN'schen Waldgebieten findet, beweist die Möglichkeit sicherer Erfolge der sofort energisch in Angriff genom- menen Kulturmassregeln auch im grössten Massstabe. Unter besonderen örtlichen Verhältnissen kann es wohl auch möglich und rathsam sein, einige Jahre hindurch auf den kahlgelegten Flächen durch Verpachtung an eine dazu bereite, ländliche Be- völkerung Waldfeldbau zu treiben. Dadurch wird nicht blos eine beachtenswerthe Nebenuutzung gewonnen, sondern es wird bekanntlich auch durch die mit solcher Massregel verbundene Bodenlockerung der darauf folgende forstliche Anbau wesentlich erleichtert und ge- fördert. In grossartigstem Masse mussten derartige Hilfsmittel nach den furchtbaren Verheerungen der Ostpreussischeu Waldungen durch Nonne und Borkenkäfer in den Jahren 1854 bis 1862 ergriffen werden, weil es dort thatsächlich unmöglich war, die ausgedehnten, verwüsteten Flächen in kurzer Zeit wieder forstlich anzubauen. Man hat dort grosse Strecken des Waldbodens auf 2 — ^12 Jahre, einzelne grössere Partien sogar auf 50 Jahre zu Feldbau verpachtet; man hat für vorübergehende Zeit Wiesen durch die Pächter anlegen lassen, hier und da anderen Grasnutzung und Weide gestattet. Die ernstlich erwogene Frage, ob es rathsam sei, einen grösseren Theil der fraglichen Flächen bleibend der Waldwirthschaft zu entziehen und der Landwirthschaft zu übergeben, glaubte man verneinen zu müssen und zog deshalb Verpachtungen auf längere oder kürzere Zeit vor. Die Aufforstung der sofort anzubauenden und der zuerst wieder pachtfrei werdenden Flächen erfolgte ganz planmässig, indem man dabei auf die künftige Hiebsordnung Bedacht nahm, also die einst wahrscheinlich zuerst zum Abtrieb gelangenden Flächen auch zuerst anbaute. Unterstützt wurde diese Massregel durch das Ueberhalten vieler, wenn auch schwer geschädigter Bestände, deren Lehrbuch d. mittelearop. Forstinsektenkunde. 36 cog Kap. IX. Die Käfer. Beschaffenheit dies, namentlich wegen fast sicher zu erhoffender, natürlicher Besamung der darin befindlichen grossen und kleinen Bestandslücken, ermöglichte. Dass man beim künstlichen Anbau der Kahlflächen die Frage erwog, ob und inwieweit den Fichten, die einst wieder den Hauptbestand bilden sollten, Kiefern, Lärchen und Laubhölzer, wie Eichen, Eschen u. s. w., beizumischen seien, an welchen Stellen vielleicht die Kiefer überhaupt Vorzug verdiene, versteht sich von selbst. Wir empfehlen vorkommenden Falls die vor- treffliche Darstellung nachzulesen, welche Grunert [26 a] von den bei dem Ostpreussischen Nonnen- und Borkenkäferfrasse getroffenen Anordnungen giebt. Auch Willkomm [75 a] bringt in seinem Ost- preussischen Eeiseberichte viele beachtenswerthe Angaben. Im Holze selbst brütende Borkenkäfer, Diese gewöhnlich technisch schädlichen, nur selten auch das Leben jüngerer Stämme bedrohenden Käfer entziehen sich zwar der Beobachtung ihrer Ge- wohnheiten in Folge der grösseren Verborgenheit ihrer Brutstätten mehr als die Rindenbrüter, ihre Angriffe sind aber als solche leicht kenntlich, weil, abgesehen von der Zeit des allerersten Angriffes, das von den bohrenden Weibchen aus den Röhren geschaffte Bohrmehl ausschliesslich von der Holzfaser herrührt und daher durchaus weiss ist, nicht braun oder gemischt braun und weiss, wie bei den Rindenbrütern. Ausserdem lassen sich auf Spaltstücken ihre Gänge von denen anderer Holzbohrer leicht durch die schwarze Färbung der Wände unterscheiden. Sehen sie doch aus, als wären sie mit glühendem Draht in das Holz gebrannt. Es stimmt ferner die Lebensweise aller dieser Formen darin überein, dass die Nahrung ihrer Larven, wie bereits oben (vgl. S. 439) kurz auseinandergesetzt ist, nicht wie die der Rindenbrüter ausschliesslich aus den bei Er- zeugung der Larvengänge gewonnenen Nagespänen besteht, sondern in einigen Fällen wenigstens theilweise, in anderen wohl vollständig aus den in die Brutröhren austretenden Baumsäften oder aus hier wuchernden Pilzrasen. Die Anschauungen über Leben und Nahrung der Larven holzbrütender Borkenkäfer sind noch nicht völlig geklärt. Definitiv abgethan ist die ältere Ansicht, dass bei den Leitergänge machenden Formen die kurzen Leitersprossen nicht durch das Nagen der Larven, sondern durch eine im Umkreise der Larven entstehende Zersetzung des Holzes verursacht würden. Diese Aufklärung ver- danken wir Belikg [306, S. 182 und 4, S. 38 und 39]. Hier sowohl väe bei Tomicus Saxesenii Ratz, dienen also nachweisbar die von ihnen abgenagten Holztheilchen als Nahrung für die Larven. Anders liegt aber die Frage bei denjenigen Arten, bei welchen die Larven kein selbstständiges Nagegeschäft betreiben. Hier muss nothwendigervveise die Ernährung eine andere sein. Auch für die erstgenannten, namentlich für die Leitergänge machenden Formen ist es zweifelhaft, ob die abgenagten Späne ihre einzige Nahrung bilden und nicht wenigstens zu der Zeit, wo die Leitersprossen bereits fertig sind, eine andere Nahrungsquelle vorhanden ist. Die ersten Angaben hierüber rühren aus den Dreissigerjahren von Schmidberger her und beziehen sieh auf Tomicus dispar Fabr. [IV, S. 264]. Er berichtet, dass er die von den Weibchen gemachten Gänge mit einer weisslichen, einer Salzkruste ähnliehen Substanz überzogen i Im Holze selbst brütende Borkenkäfer. Nutzholz-Borkenkäfer. 539 fand, welche nach seiner Ansicht von dem Weibchen „aus dem ausg-etretenen und ins Stocken gerathenen Baumsafte mit Hinzuthun eines eigenen Saftes bereitet" wird. Diese Substanz, welche er „Ambrosia" nennt, hielt er für die Nahrung der Larven und fand sie stets in den Brutgängen, in denen ausge- wachsene Larven vorhanden waren, völlig aufgezehrt. In der ersten Auflage seiner Forstinsektenkunde bezweifelt Ratzeburg diese Angaben, bestätigt sie aber in der zweiten [V, I, S. 2011 und vermiithet, dass der in die Muttergänge austretende, in eine weinige Gährung übergehende Pflanzensaft durch Vermi- schung mit Nagespänen und Speichelsaft des Mutterthieres seine Consistenz erlange. 1844 berichtet Th. Hartig [30 a], dass diese „Ambrosia" aus einem von Nagespänen völlig freien Pilzrasen bestehe, welcher direkt der durchnagten Holzfaser, die an ihrem äusseren Ende eine dunkelbraune Färbung erhalten hat, entspringt. Er nennt den Pilz Monilia Candida und nimmt diesen Rasen, der ,,sich von den Borkenkäferlarven abgeweidet, in kurzer Zeit regenerirt", als die einzige Nahrung der Larven an. Eichhoff ist geneigt, diese ,, Ambrosia", welche er wesentlich als ausgetretenes Baumsaftgerinnsel ansieht, als die alleinige Nahrung aller holzbewohnenden Borkenkäferlarven zu betrachten, die Pilze aber als etwas Unwesentliches beiseite zu lassen, und er bezweifelt sogar, dass die von den Trypodendron-Larven abgenagten Späne wirklich gefressen werden [15a, S. 304]. Letztere Ansehauung: lässt sich aber nach den Beob- achtungen Bkling's [4, S. 39] nicht halten. Dass aber andererseits der Baumsaft hier eine wesentliche Rolle spielt, ist schon daraus ersichtlich, dass völlig aus- getrocknetes Holz von den Käfern gemieden, beziehentlich verlassen wird. Auch die schwarze Färbung der Gangwände ist noch nicht völlig erklärt. Allerdings steht fest, dass diese Färbung durch Pilzmycelien erzeugt wird, welche sich einige Zeit nach der Anlage der Gänge durch den Mutterkäfer, wenn bereits eine Zersetzimg der Säfte eingetreten, hier ansiedeln, aber durch die fort- währende Bewegung der Mutterkäfer und der Larven gestört, zu keiner richtigen Fructifieation gelangen können, sondern nur eine dünne Kruste bilden. Die Thatsache, dass sich sowohl bei Fichten wie Buchen eine ähnliche Schwarz- färbung auch auf feucht gehaltenen Spaltflächen bildet, beweist nämlich, dass diese Erscheinung nicht etwa, wie man früher meinte [30 a], von einem durch den Mutterkäfer abgesonderten Giftstoffe herrührt. Welcher Art diese Pilze aber sind, steht, obgleich Th. Hartig [30 i und 30 c] hierüber manclierlei Angaben gemacht hat und namentlich nachzuweisen sucht, dass es sich bei Fichte und Buche um verschiedene Pilze liandele, noch nicht fest. Dass in Fichte der von Willkomm aufgestellte Xenodochus ligniperda die Ursache sei, kann insofern nicht angenommen werden, als dieses Mycel gar keine selbstständige Pilzform darstellt, sondern nur eine Entwickelungsform eines Hymenomyceten ist. Hierher zälalen sämmtliclie ]\Iitglieder der Untergattungen Xyle- borus EiCHH. und Trypodendron Stph., welclie wieder zur Gattung Tomicus im weiteren Sinne gehören, und die Gattung Piatypus Hbst. Wir sehen von den selteneren ab und behandeln nur neun, nach biologischen Unterabtheilungen zusammengefasste Arten. Die erste zusammengehörige Unterabtheilung bilden die Nutzholz -Borkenkäfer, Tomicus lineatus Oliv-, T. signatus Fabr. und T. domesticus L., Diese ungefähr 3 mm langen Käfer sind leicht kenntlicli au dem stark gewölbten, vorn gekörnten Halsschilde, die fast glänzenden, gewöhnlich heller gefärbten und dunkle Längszeichnungen zeigenden Flügeldecken ohne Eindruck an dem Abstürze. Biologisch sind sie 35* e^Q Kap. IX. Die Käfer. cliarakterisirt durch die von ihnen gemachten Holz-Leitergänge, durch deren Anlage die technische Verwendbarkeit des Holzes für feinere Zwecke beeinträchtigt wird. Vertilgungsmittel sind weniger gegen sie anzuwenden, als Vorbeuguagsmittel. Beschreibung: T. (Trypodendron Stph., Xijloterus Er.) lineatus Oliv. Liniirter Nadelholz-Bohrer. Käfer walzenförmig, schwarz, Beine, Fühler, Basis des Halsschildes und Flügeldecken gelblichbraun, der Seitenrand der letzteren und die Naht, sowie ein mehr oder weniger deutlicher Längsstreifen auf der Mitte jeder Flügeldecke schwarz ; die Flügeldecken fein, nicht tief punktirt-gestreiift, mit glatten Zwischenräumen. Die Fühlerkeule ist an der Spitze stumpf abgerundet. Beim (^ ist die Stirn tief ausgehöhlt und hat vorn ein schwaches, manchmal undeutliches Längskielchen. Das Halsschild ist breiter als lang, fast viereckig mit gerundeten Seiten, vorn nur ganz flach gerundet, überdies mit feinerer Skulptur als beim 9- Beim 9 ist die Stirn gewölbt, das Halsschild nach vorn in starkem Bogen gerundet. Länge 2-8—3 mvi. Die schwarze Zeichnung auf der Oberseite des Käfers ist ziemlieh ver- änderlich und tritt oft fast ganz zurück. Die wohl unreifen Exemplare, bei welchen nur der Kopf schwarz ist, betrachtete man früher als besondere Art, Bostr. melanocej)halus Fabk. T. (Trypodendron Stph., Xyloterus Er.) signatus Fabr. {QKercus'Eicmi.). Liniirter Laubholz-Bohrer. Käfer an Gestalt und Färbung dem T. lineatus äusserst ähnlich, auch bezüglich der Unterschiede beider Ge- schlechter. Die Fühlerkeule ist jedoch viel grösser und an der inneren Ecke stumpf, etwas nach innen vorgezogen. Die Punktstreifen der Flügeldecken sind etwas gröber, _die einzelnen Punkte zum Theil nicht ganz rund, sondern etwas eckig ausgezogen, so dass die Zwischenräume stellenweise gerunzelt erscheinen. Länge 3 — 3-5 vivi. T. (Trypodendron Stph., Xyloterua Er.) domesticus L. Buchen-Laub- holz-Bohrer. Käfer seinen Gattungsverwandten sehr ähnlich, auch be- züglich der Unterschiede beider Geschlechter. Die Fülilerkeule ähnelt der des T. signatus, ist jedoch an der Spitze nach innen in ein weniger abgerundetes, deutliches Zähnclien erweitert. Die fein punktirten Flügeldecken sind an der Spitze deutlich gefurcht, mit etwas vorspringendem Nahtwinkel. Letzterer ist bei den andern beiden Arten einfach abgerundet. Typische Exemplare sind schon durch die Färbung leicht zu erkennen; die Flügeldecken sind mehr strohgelb, der schwarze Streifen auf der Mitte fehlt stets; das Halsschild ist in der Regel ganz schwarz. Farbenvarietäten, z. B. solche mit mehr oder weniger gelblich gefärbtem Halsschild, unterscheiden sich von den verwandten Arten am leichtesten durch die Gestalt der Fühlerkeule und durch den vorspringenden Nahtwinkel der Flügeldecken. Die gewöhnlieh gelben Fühler und Beine zeigen ausnahms- weise eine dunkle Färbung. Länge 3 mm. Lebensweise, Diese drei Käferarten schliessea sich insofern den bisher behandelten, rindenbrütenden Borkenkäfern noch au, als auch bei ihnen die Larven, jede für sich, einen gesonderten Gang anlegen, unterscheiden sich aber andererseits scharf von jenen dadurch, dass der zugleich in seiner gesammten Ausdehnung als Puppenwiege dienende Larvengang gerade nur so gross ist, dass die Larve ihn in jedem Stadium ihrer Eutwickelung ganz ausfüllt. Die Larven können also sicher wenigstens einen Theil ihrer Nahrung den abgenagten Holztheilchen entnehmen (vgl. S. 538). Das bereits an seiner Ge- burtsstätte von dem der gleichen Brut entstammenden Männchen be- gattete Weibchen bohrt eine senkrecht durch die Rinde in das Holz gehende Eingangsröhre und verlängert diese gewöhnlich in mehrere, in demselben Stammquerschnitt wie die Eingangsröhre verlaufende Tomicus lineatus, T. signatus und T. domesticus. 541 Brutröhren, in welchen, dem Fortschritte des Stollens entsprechend, Fig. 177. Leitergänge holzbrütender Borkenkäfer: A Frassfigur von Tomicus lineatus Oliv, auf einem Stammquersclinitte, B dieselbe im Längsschnitte des Stammes, beide nach Beling [4]. C Frassfigur von T. domesticus L. auf dem Stammquersclmitt gesehen, ab Eingangsröhren, bc Brutröhren. Original. auf der Unter- und Oberseite, nicht rechts und links, in massiger Entfernung Einischen genagt, je mit einem Ei belegt und wieder g iO Kap. IX. Die Käfer. mit Bohrmehl verschlossen werden. Die ausschlüpfenden Larven nao-en nun je nach der Lage ihrer Geburtsnische nach oben oder unten in der Eichtung der Holzfaser Larvengänge von dem gleichen Kaliber wie die Muttergänge, welche aber, wie bereits bemerkt, sehr kurz, höchstens 5 mm lang, bleiben und wie die Sprossen einer ein- baumigen Leiter zu einander stehen, weshalb die gesammte Frass- fio-ur als „Leitergang" bezeichnet wird. Die Exkremente werden von der Larve zur Verstärkung der den Larvengang gegen den Mutter- gang abschliessenden, dünnen Scheidewand benutzt. Die Puppe liegt in diesem Larvengang stets mit dem Kopfe der Brutröhre zugewendet. Die Frassfiguren der drei Arten unterscheiden sich insoweit, als der Regel nach die Eingangsröhre von T. lineatus Oliv, ver- hältnissmässig kurz bleibt und von ihrem Ende nur zwei Brutgänge, dem Laufe der Jahresringe folgend, nach rechts und links sich ab- zweigen (Fig. 141, 7, S.440), obgleich auch andere Anordnungen, welche Beling sehr gut in einer scbematischen Figur vereinigt hat (Fig. 111 A), vorkommen. Gewöhnlich bleiben diese Gänge blos im Splinte. Die Gänge der beiden anderen Arten dringen dagegen öfters tiefer ein, und die oft in der Mehrzahl vorhandenen Brutröhren gehen nicht in der Richtung der Jahresringe, sondern schräg durch dieselben (Fig. 177(7). Was die Brutbäume dieser drei Arten betrifft, so ist T. lineatus Oliv, wohl ausschliesslich Nadelholzkäfer, und zwar schon nach Ratzeburg's später öfters bestätigter Angabe mit Bevorzugung der Tanne, Abies pectinata Dec., [V, I, S. 200]. Die beiden anderen Arten sind dagegen den verschiedensten Laubhölzern gemeinsam. T. lineatus Oliv, geht sicher mitunter stehende Stämme an, dagegen scheint er ganz gesunde zu meiden. Viel häufiger findet er sich aber in Windbruchhölzern, alten Stöcken und gefälltem Nutzholze. Die beiden anderen Arten gehen meist auch nur in unterdrückte Stangen und Stöcke, jedoch auch in gefällte Stämme. Die Angabe von Rätzeburg, dass T. lineatus Oliv, aucli in Birlie vor- Ivomme, dürfte wolil, wie Eichhoff vermutliet, auf Verwechselung mit dem sehr ähnlichen, damals noch nicht unterschiedenen T. signatus Fabr. beruhen. Auch Weymoutliskief ern und Lärchen gelit er an, desgleichen nach Henschel [32e, S. 536] die Arve. Die Laubholzkäfer sind sehr polj'phag. T. signatus Fabr. wird augegeben [15a, S. 297] aus Eiche, Buche, Ahorn, Birke und Linde; T. domesticus L. ist vorwiegend ein Buchenkäfer, kommt aber auch [XXIV, S. 37] in Ahorn, Birke, Hainbuche, Akazie, Erle, Kirschbaum und Mehlbaum, (Sorbus aria Ehrh.), vor. Sämmtliche drei Arten sind Frühschwärmer, welche meist eine doppelte Generation haben. Wir stellen die Entwickelung von T. lineatus Oliv, nach den Untersuchungen von Beling, dem wir die erste Klarlegung dieser Frage [4] verdanken, dar. Dieser nimmt als normale Flugzeit im Harze den Monat April an, und verlegt den zweiten Flug in den Juli, weiss aber sehr wohl, dass bei günstiger Witterung und in wärmeren Gegenden — z. B. nach Eichhoff stets im Elsass — der Käfer auch viel früher, schon Lebensweise, Scbaden und Abwehr von T. lineatus \i. Verwandten. 543 im März, Üiegen kann. Es stellt sich daher die normale Ent- wickelung ungefähr folgendermassen: In höheren, kälteren Gebirgslagen hat er vielleicht auch nur eine einfache Generation; die betreffenden Beobachtungen Judeich's im Riesengebirge bedürfen indessen noch der Bestätigung. Der Schaden unserer Käfer ist zunächst wesentlich ein tech- nischer. Holz, welches von ihren Bohrlöchern reichlich durchsetzt wurde, ist vielfach nicht mehr brauchbar, namentlich kann das von T. lineatus Oliv, angegangene Nadelholz nicht mehr zur Fabrikation von Schachteln, Schindeln und feineren Brettern dienen. Doch macht Eichhoff mit Eecht darauf aufmerksam, dass letzterer Käfer mit seinen Gängen fast immer im Splinte bleibt und das Innenholz nicht angeht, sodass für Zwecke, bei denen der Splint keine Verwendung findet, die technische Entwerthung nicht so bedeutend ist, als die Händler zum Zwecke der Herabdrückung des Preises oft behaupten. Immerhin ist allseitig seit neuerer Zeit eine Reihe sehr bedeutender Klagen gegen ihn laut geworden. Auch die beiden anderen, wesentlich in Harthölzern lebenden Arten schaden stark, besonders weil sie tiefer in das Holz gehen und häufig starke Eichen-, Buchen-, Birken- und Ahornklötze entwerthen. Beachtenswertlie Beispiele stärkerer Scliäden sind in den Verhandlungen des Harzer Forstvereines 1869, S. 14—29 und 1871, S. 17—22 und in den Berichten des Säclisischen Forstvereines 1870, S. 15 — 25 niedergelegt, ferner in denjenigen des Elsass-Lothringischen Forstvereines 1879, S. 47, wo Oberförster Net sagt: „Ein Theil meines Wiutereinschlages lionnte in Folge starken Schnee- falles namentlich im März 1877 nicht abgezählt werden, das Holz war deshalb zur ersten Flugzeit — Mitte April — theilweise noch im Walde und wurde, obwohl entrindet, so stark von den Käfern befallen, dass man das Wurmmehl von weitem sah und ich für das Anfang Mai verkaufte Holz statt 20 nur 9 Mark pro Festmeter erhielt. In Windfalljahren sind Dielen, welche vom Käfer be- fallen sind, kaum verkäuflich. Ich schätze meinen Schaden vom Jahre 1887 im Staatswalde allein auf 30 000 Mark." Abwehr. Als Vorbeugungsmassregel gegen die Verheerungen der Käfer im Nutzholze ist namentlich die Entfernung aller kranken, unterdrückten und beschädigten Stämme, sowie vorzüglich die der Stöcke zu empfehlen, also alles Materiales, in welchem sie gern brüten, womöglich mit Verbrennung oder Ankohlung. Gegen die beiden Laubholzborkenkäfer dürfte wohl überhaupt weiter nichts zu g^^ Kap. IX. Die Käfer.- thun sein. Etwas Anderes ist es mit T. lineatus Oliv. Gegen ihn ist von jeher das Schälen der gefällten Hölzer empfohlen worden. Aber den wenigen Berichten, in denen diese Massregel schon an und für sich als wirksam geschildert wird, stehen andere gegenüber, welche ihre völlige Nutzlosigkeit in vielen Fällen erweisen. Dagegen steht fest, dass Sommerfälluog in der Saftzeit mit sofortiger Entrindung die Bäume so austrocknet, dass sie auch dann, wenn sie im "Walde bis zum nächsten Frühjahre liegen bleiben, von den im ersten Früh- jahr schwärmenden Käfern nicht mehr befallen werden. Diese Beob- achtung ist namentlich sicher durch Judeich an Tausenden von Klötzen auf der Herrschaft Hohenelbe im Eiesengebirge gemacht worden, und wvirde ihm neuerdings durch Forstmeister Bakesch da- selbst mündlich bestätigt. Auch Nördlinger theilt mit, dass gegen den Käfer die mit völliger Entrindung des Schlagmateriales ver- bundene Sommierfällung ziemlich sicher schütze. Bei geschälten Bäumen käme es „nur unter besonderen Umständen, wie schattiger Lage, nasser Witterung oder dem Boden nahe vor, dass sich der Käfer einstelle". Seit mehr als 100 Jahren sei deshalb in den Vogesen, seit den Zwanzigerjahren dieses Jahrhunderts im Schwarzwalde die genannte Massregel mit bestem Erfolge eingeführt [XXVI, S. 18'J]. Eichhoff empfiehlt das Auslegen von „Fangkloben und Stangen, welche zweck- mässigerweise mit dem unteren Ende in die Erde einzugraben sind, um sie länger frisch zu erhalten, und zwar vom Februar und März an allmonatlich bis in den Herbst hinein. Die mit Brut besetzten Fanghölzer müssen spätestens 4 — 6 Wochen nach ihrer jedesmaligen Fällung verbrannt oder wenigstens ganz dünn gespalten werden, so dass sie rasch austrocknen und die darin enthaltene Brut ver- hungert." Er empfiehlt ferner bei den nach den Holzablagen und Sägemühlen abgefahrenen Hölzern das Absägen und Vernichten der äusseren Schwartenbretter. „Besonders werthvolle Hölzer könnten allenfalls mit einem schützenden Theeranstriche versehen werden" [15 a, S. 303 u. 304]. Th. Haktig hat bei dem Harzer Forstverein 1871 die Frage angeregt, ob es nicht zweckmässig wäre, zum Schutze gegen T. lineatus Oliv, die stehenden Fichten durch Schäkmg im unteren Tlieile, welclie nach dem Frühjahrsfluge zu geschehen hätte, auf dem Stocke abzuwelken, um sie so im nächsten Frühjahr gegen den Käfer zu schützen. Berichte über die beabsichtigten Versuche liegen unseres Wissens aber nicht vor. Dagegen sollen so abgeschälte Eichen von Lyctus- und Anobium-Larven verschont werden unter Umständen, unter welchen gleiche, nicht abgewelkte, zu gleicher Zeit gehauene, andere Eichen von ihnen angegangen wurden. Th. Hartig schiebt dies auf den Mangel an abgelagerten Eeservtstoffen im Splinte der abgewelkten Bäume. Saxesen's Holzbohrer, Tomicus Saxesenii Ratz., der kleinste und im weiblichen Geschlecht auch schlankste aller Holz-Bohrkäfer bildet die zweite biologische Unterabtheilung für sich allein, ist aber forstlich wenig bedeutend. Abwehr der Nutzholz-Boi'kenkäfer. Tomicus Saxesenii. 545 Beschreibung: T. (Xvleboriis, Eicbh.) Saxesenii Katz. Pech- schwarz oder braun, dünn greis behaart, Halsschild länger als breit, vorn ab- gerundet, hinten glatt, auf der Scheibe vor der Mkte mit einem oü undeut- lichen Querwülstchen, Fühler und Beine rostgelb. O lang gestreckt, walzen- förmig. Flügeldecken fein gestreift-puuktirt, mit sehr fein gereiht-punktirten Zwischenräumen, letztere nach der Spitze zu fein gekörnt. Am schwach gewölbten Absturz die Xaht und beiderseits der Zwischenraum 3 und 4 reihenweis gekörnt. 2 glatt, eine schwach vertiefte Fxirche bildend. (^ etwas lichter gefärbt und kleiner als das 9? '^on der Spitze der verwachsenen Flügel- decken bis zum Torderrand des Halsschildes flach gewölbt, vorn und hinten niedergebeugt; Flugäügel verkümmert. Die Skulptur der Flügeldecken sehr undeutlich, am Absturz jedoch die Vertiefung des Zwischenraumes 2, sowie die Körnchen auf der Naht xmd dem Zwischenräume 3 meist deutlich zu erkennen. Auf 25 9 kommt erst ein (^. Länge des 9 1'^ — '2 mm. Lebensweise. Die Haupteigenthümlichkeit dieses Thieres liegt darin, das? an der Herstellung der Gesanimtfrassfigur zwar auch noch dieLarven theiluchmen, aber nicht in der Weise, dassjede für sich einen von der Brutröhre ausgehenden Larvengang frisst, sondern so, dass von allen zusammen eine die ganze Familie bergende Ausweitung hergestellt wird. Hier besteht also wahrscheinlich wenigstens ein Theil der Larvenuahrung aus abgenagten Holztheilen (vgl. S. 53S), Die Eingangsröhre geht radial in den Baum, von ihr frisst der Mutterkäfer nach rechts und links in demselben Stammquerschnitt Brutröhreu^ welche gewöhnlich den Jahresringen folgen und in dem weichsten Theile derselben angelegt werden (Fig. 142, ^). Mitunter gehen a'ou derselben Eingangsröhre auch in verschiedener Entfernung von der Kinde Brutröhreu ab. In den in der Richtung der Holztaser oft fingerbreiten, in radialer stets engen Fauiilieugängeu sind häufig Eier, Larven in verschiedenen Entwickeluugszuständeu, Puppen und junge Käfer vereinigt. Auch dieser Käfer seheint zeitig im Jahre zu fliegen und doppelte Generation haben zu können. T. Saxesenii Ratz, gehört zu den sehr polyphageu Thieren, da er nicht nur in Eiche, Buche, Ahorn, Linde, Birke, Pappel, Rosskastanie, Obstbäumen, z. B. Aprikosen-, Aepfel- und Kirsch- bäumen vorkommt, sondern auch Nadelhölzer, Kiefer, Fichte, Tanne, Lärche angeht, und sogar in der Koelreuteria paniculata Laxm., einem chinesischen Zierstrauche, von Nördlisger gefunden wurde. Obgleich er gern älteres Holz annimmt, vielfach Verletzungen und sogar von Rinde entblösste Stellen zum Einbohren benutzt, ja selbst durch die Bohrlöcher anderer Borkenkäfer eindringt, so ist er doch auch schon sicher ia Heistern geftindeu worden. Sein Schaden ist, wo überhaupt von einem solchen gesprochen werden kann, wohl vorwiegend technisch. Grössere Verheerungen an Heistern hat er noch nicht augerichtet, dagegen scheint er in Obst- baumschuleu ni^ht ganz ungefährlich zu sein. XöKJPLisGEK hat bis jetzt die srenauesteu Beobachtungen über ihn gemacht [XXIV, S. 3S-iO]. j. , P Kap. IX. Die Käfer. Die dritte biologische Unterabtheilung umfasst die beiden • Eichen-Bohrkäfer, Tomicus monographus Ratz, und T. dryographus Ratz., den Eichen-Kernkäfer, Piatypus cylindrus Fabr. und den Kiefern-Bohrkäfer, Tomicus eurygraphus Ratz. Von diesen Käfern ist der, mehr südliche, Eichen-Kerukäfer sofort kenntlich durch seine 6 mm erreichende Grösse, die schlanke Gestalt, den breiten Kopf mit vorspringenden Augen und die längs- gerieften Flügeldecken (Fig. 143). Die drei anderen Arten zeigen den gewöhnlichen Habitus der holzbohrenden Borkenkäfer aus der Untergattung Xyleborus, zu deren grössten Vertretern der bis 4,mm lange, gleichfalls nur im Süden beachtenswerthe Kiefern-Bohrkäfer gehört. Dagegen sind die kleinen, ungefähr 2 b mm langen, schlanken Eichen-Bohrkäfer auch bei uns wirklich technisch schädliche Baum- feinde. In der Praxis bezeichnet man sie im Gegensatz zum „grossen Wurm", der Larve des Eichen-Bockkäfers, Cerambyx cerdo L., als „kleinen schwarzen Wurm". Alle machen tief in das Holz eindrin- gende Gabelgänge und sind schwer zu bekämpfen. Beschreibung. Tomicus (Xyleborus Eichh.) monographus Fabr. Käfer walzenförmig, rothbraun, glänzend, sehr fein behaart. Halsschild länger als breit, vorn abgerundet, hinten sehr fein punktirt. Flügeldecken feiupunktirt-gestreift, mit sehr feinen Punktreihen in den Zwischenräumen. Absturz steil abschüssig, glatt, mit vier im Viereck gestellten Höckerchen, nämlich zwei zu jeder Seite der Naht, ausserdem am Rande noch mit einigen kleineren Höckerchen. Das seltenere (^ kürzer als das 9> sein Halssehild vorn ausgehöhlt mit etwas horn- artig aufgebogener Spitze des Vorderrandes, Flugflügel verkümmert. Länge des ^ 2—2-3 mm, die des 9 2-3— 32 mm. T. (Xyleborus Eichh.) eurygraphus Ratz. Käfer gestreckt, walzen- förmig, glänzend, pechschwarz, lang behaart. Halsschild fast viereckig, länglich, am Seiten- und Vorderrande fast gerade, vorn gekörnt, hinten punktirt. Flügel- decken punktirt-gestreift, die Punkte in den Streifen dicht und gross, Zwischen- räume einreihig fein punktirt. Absturz steil abschüssig, rianzelig punktirt, auf Zwischenraum 1 und 3 undeutlich gehöckert, nahe der Naht oben beiderseits gewöhnlieh mit zwei deutlichen Höckerchen, der Zwischenraum 2 ohne solche. Das seltenere (^ mit vorn ausgehöhltem, dicht punktirtem Halsschild, in der M?tte des Vorderrandes desselben mit einem zurückgebogenen Höckerchen, Flugflügel verkümmert. Länge 3*5 — 4 mm. T. (Xyleborus Eichh.) dryographus Ratz. Käfer walzenförmig, röth- lichbraun, dünn grau behaart, Fühler und Beine rothgeib. Halsschild länger als breit, vorn abgerundet, hinten sehr fein punktirt. Flügeldecken fein gestreift- punktirt mit sehr fein gereiht-punktirten Zwischenräumen, die nach der Spitze zu mit Reihen feiner Körnchen besetzt sind. Absturz abschüssig gewölbt, auf ihm die Streifen etwas tiefer eingedrückt und sämmtliche Zwischenräume mit einer Reihe feiner Höckerchen; hierdurch und durch die Punktirung des Hals- schildes ist das 9 hauptsächlich von lichter gefärbten Exemplaren des T. Saxe- Eichen- und Kiefern-Bohrkäfer, sowie Eichen-Kernkäfer. 547 senii unterschieden. (^ etwas kürzer als das 9> sein Halsschild vorn breit ausgehöhlt, mit einem zurückgebogenen Höckerehen an der Spitze. Länge des (^ 2 mm, die des 9 2'3 — 25 mm. Piatypus cylindrus Fabr. Käfer sehr lang, walzenförmig gestreckt, pechbraun, wenig glänzend, gelblich behaart. Fühler und Beine rothbraun. Hals- schild sehr fein und nicht dicht punktirt, hinter der Mitte mit kurzer, vertiefter Längslinie. Flügeldecken mit namentlich auf dem Rücken und nach hinten stark vertieften, fein und unregelmässig punktirten Längsstreifen und kielartig erhabenen Zwischenräumen. Absturz dichter gelb behaart. 9 auf dem Hals- schild hinter der Mitte mit einem rundlichen, ziemlich scharf abgegrenzten, äusserst dicht und fein punktirten, daher mattglänzenden Fleck, welchen die vertiefte Linie durchschneidet; Absturz der Flügeldecken gekörnt. Beim (^ ist das Halsschild ohne solchen Fleck, zu beiden Seiten der vertieften Linie in unbestimmter Ausdehnung fast gar nicht punktirt, daher glänzend glatt; auf dem Absturz befindet .sich beiderseits in der Mitte am Ende des dritten Zwischen- raumes ein kleines Zähnchen, seitlich etwas tiefer, am Ende des letzten Zwischenraumes ein grosser, nach rückwärts vorstehender Zahn. Länge 5 mm. Larve von der der übrigen Borkenkäfer dadurch unterschieden, dass sie hinten senkrecht abschüssig und eben ist. Kopf stark gewölbt, desgleichen die Vorderblust, die mit feinen brauneu Hornleistcheu versehen ist. Luftlöcher und Unterwülste mit einem Härchen und mit deutlichen dunkler gefärbten Knöpfchen, welche wiederholten Luftlochreihen ähneln. Kopf und letzter Eing behaart, sonst nackt. Lebensweise. Die gemeinsame Eigenthümlichkeit des Frasses aller dieser Käfer beruht darin, dass sie primäre Gabelgänge machen. Die Mutterkäfer bohren eine radial in den Baum eindringende Eingangs- röhre, von welcher feie seitlich einfache oder verästelte Brutröhren in demselben Stammquerschuitt anlegen. In diesen Röhren werden die Eier in kleinen Häufchen abgelegt. Die ausschlüpfenden Larven ordnen sich in ihnen reihenweise und vollenden hier ihre Metamorphose, ohne irgend etwas selbstständig zu der Erweiterung oder Verlängerung der Gänge beizutragen. Ihre Nahrung kann also nur aus Baumsaft oder Pilzrasen (vgl. S. 538) bestehen. Bei T. monographus Katz. ist die Eingangsröhre meist etwas geschwungen, 1 — 8 cm lang, also mit- unter nur im Splinte verlaufend, oder aber bis in den Kern ein- dritigend; die geschwungenen Brutarme gehen demgemäss auch mehr oder weniger tief in das Innere des Baumes (Fig. 142, 9). Bei T. dryo- graphus Ratz, sind die Eingangsröhren dagegen meist vollständig gerade, dringen in der Richtung der Markstrahlen bis 15 cm tief in das Holz ein, und die von ihnen schräg nach dem Innern des Baumes zu abgehenden Brutröhren sind gleichfalls meist vollständig gerade [EiCHHOFP 15a, S. 284 u. 287]. Nach den nur wenig ausführlichen, von Perris [58] gegebenen BeschreibuDgeu der Frassgänge des T. eury- graphus Ratz, scheinen dieselben denen des T. dryographus Ratz. zu gleichen, mit dem einzigen Unterschiede, dass öfters zwei Brut- röhren von einem und demselben Punkte der Eingangsröhre nach rechts und links abgehen. Noch weniger Sicheres weiss man von der Frassfigur des PJatypus cylindrus Fabr., die aber im Allgemeinen der des T. monographus Ratz, ähnlich zu sein scheint, obgleich Georg [61a, S. 139) aus einer Beobachtung im Solling schliessen will, dass ;- ) Ueber einige Borkenkäferarten. Daselbst X, 1854, S. 270 — 280. 69. SwoBODA, A. Auszug aus dem Jahresberichte des k. k. Forst- rathes S\v. über seine Thätigkeit während des Jahres 1873. Mittheilung des k. k. Ackerbauministeriums IV, 1874, Wien, 4. Heft X. — 70. Thomson, M. C. G. Ueber Polygraphus. Annales de la soci^t^ entomologique de France. Q'*"^^ s^rie, VI, 1886; Bulletin entomologique S. XI und S. LXI und LXII. — 71. Thüm. Käferfrass in der Gegend von Laubach. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung LXI, 1885, IS. 24 und 25. — 72. Thürmer. Die Borkenkäfercalamität in Euss- land in den beiden Sommern 1882/83. Daselbst LXI, 1885, S. 389 bis 392. — 73. Ulrici. Beobachtungen über das Auftreten des Hyle- sinus micans in der Oberförsterei Thale. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen VI, 1873, S. 150— 161. — 74. Wachtl, F. A. Die doppel- zähnigen europäischen Borkenkäfer. Mittheilungen aus dem forstlichen Versuchswesen Oesterreichs, XI. Heft, Wien 1884. — 75. W^illkomm, M. a) Die Insektenverheerungen in Ostj)reussen und die durch dieselben herbeigeführte Umgestaltung der ostpreussischen Forsten und ihrer Bcwirthschaftung. Tharander Jahrbuch XVI, 1864, S. 160 — 215. h) Ueber Insektenschäden in den Wäldern Liv- und Kurlands. Vor- trag, gehalten vor der Dorpater Naturforschergesellschaft^ 14. Sep- tember 1871. c) Eine Ferienreise durch das böhmisch-bayerische AValdgebirge. Forstliche Blätter 1876, S. 10 — 16, 70—77, 97—114. — 76. F. B. Bostrychus curvidens Germ, als Schädling der Balsam- tanne (Abies balsamea). Centralblatt für das gesammte Forstwesen XI, 1885, S. 187. — 77. S. H. Einiges über den Eichenkernkäfer, Piatypus cyliudrus Hbst. Oesterreichische Vierteljahresschrift für das Forst- wesen I, 1851, S. 36—43. — 78 Käferfrass in Weisstannen- beständcn. Schweizerisches Forstjournal II, 1851, S. 16 — 22. — 79 Der Kampf gegen den Fichtenborkenkäfer. Gesammelte Erfahrungen aus der forstlichen Praxis. Centralblatt für das gesammte Forstwesen 1875, Supplement I, Wien 1875. Faesy und Frick. 8. 48 S. — 80. Beiträge zur Forststatistik von Böhmen. Herausgegeben vom Comit^ für die Land- und Forstwirthschaftsstatistik u. s. f. gr. 8. Prag 1885. — 81. Bischoff-Ehinger. Beobachtungen über die Lebens- weise und Minirarbeiten des Tomicus (Bostrichus) Cembrae in den Alpen Graubündtens. Mittheilungea der Schweizerischen entomologischen Gesellschaft IV, 1877, S. 160 — 162 mit Tafel. — 82. Pauly, A. Ueber die Generation der Bostrychiden. Allg. Forst- und Jagdzeitung 1888, Novemberbeft. Literaturnachweise, Die Bockkäfer, 557 Die Bockkäfer. Die Bockkäfer, Cerambycidae, sind langgestreckte, mittelgrosse bis sehr grosse, tetramere Käfer, welche ihren schlanken, den Körper oft an Länge übertreffenden und vielfach an der Spitze der einzelnen Glieder etwas verdickten, geknoteten Steinbockhörnern ähnlichen Fühlern ihren Namen verdanken. Die Käfer leben meist auf Stämmen und Laub, einige auch auf Blüthen. Ihre weisslichen Larven fressen stets Ptlanzen- theile, leben meist im Linern von Holzgewächsen und nähern sich in ihrer Gestalt insofern denjenigen der Prachtkäfer, als auch sie einen grossen, stark chitinisirten Kopf mit sehr kurzen Fühlern besitzen, der gewöhnlich zum grössten Theil in dem ersten Brustring derartig zurück- gezogen ist, dass kaum sein vorderes Dritttheil hervorragt. Dagegen sind sie im Durchschnitt weniger abgeflacht und die Brustringe tragen wenig- stens bei der grösseren Anzahl wirkliche, aber kleine, wenig entwickelte Beinpaare. Die forstliche Bedeutung der Bockkäfer, welche nicht allzu- hoch anzuschlagen ist, beruht, wenigstens in Europa, stets auf dem Larvenfrass. Die genaueren Kennzeichen der Käfer (vgl. Taf. II, Fig. 12 und Fig. 179) sind folgende: Kopf geneigt oder mit senkrechter Stirn, nie rüsselartig verlängert. Fühler 11-, selten I2gliederig, borsten- oder fadenförmig, mitunter gesägt oder geschuppt, gegen die Spitze verdünnt, aber stets mit sehr grossem ersten und sehr kleinem zweiten Gliede. Sie sind auf der Stirn, oder in oder bei einer fast immer vorhandenen Ausrandung der Augen eingefügt, gewöhnlich länger als der halbe, oft viel länger als der ganze Körper. Oberlippe deutlich. Mundwerkzeuge scharf. Flügeldecken flach, mitunter abge- kürzt. Flugflügel meist ausgebildet. Beine gewöhnlich lang und schlank, au den Seiten des Körpers vorragend, Schenkel häufig keulenförmig verdickt. Füsse tetramer oder richtiger gesagt crypto- pentamer, d. h. mit gering entwickeltem vierten Gliede (vgl. S. 284). An der Unterseite der Füsse eine deutliche behaarte Sohle, nament- lich an dem dritten, zweilappigen Gliede. Färbung sehr verschieden, theils matt und dann entweder ganz dunkel oder mit helleren, oft sogar schreienden Zeichnungen, oder glänzend bis zu den schönsten Metallfarben. Man darf aber nicht übersehen, dass im Gegensatz zu den anderen Familien tetramerer Käfer die Grösse der Böcke oft eine so bedeutende ist, dass auch das vierte, rudimentäre Glied der Füsse leicht ohne stärkere optische Hilfsmittel erkannt werden kann, z. B. bei Spondylis. Puppen namentlich an den langen, der Bauchseite ange- schmiegten Fühlern leicht kenntlich (vgl. Taf. II, Fig. 12 P). 558 Kai^. IX. Die Käfer. Larven (vgl. Taf. II, Fig. 12 L und fig. 180\ wie alle dem- Lichte entzogen lebenden, weisslich, mit stark chitinisirtem Kopfe, der kleine, dreigliederige Fühler und derbe ^Mundwerk zeuge trägt; im Gegensatze zu den ähnlichen Buprestidenlarven finden sich aber auch stets am dritten Kieferpaare Taster, also Lippentaster. Punkt- au "-en fehlend oder jederseits neben den Fühlern bis zur Fünfzahl vorkommend. Die drei Brustsegmente, von denen die kragenartig meist den o-rössten Theil des Kopfes einschliessende, häufig oben und unten mit Chitiuplatten bekleidete Vorderbrust am grössteu ist, sowie die neun Hinterleibsriuge unter sich sehr ähnlich und durch scharfe, tiefe Einschnitte voneinander getrennt. After am letzten Hinterleibsringe kegelförmig vortretend, ein eigenes Scheinsegment (Fig. ISO A, 0^) bildend, meist Y- förmig, seltener quer gespalten. Die beiden hinteren Brust- und die sieben vorderen Hinterleibsringe oben und unten mit je einer Haftscheibe, d. h. einem queren, sebeiben- oder warzenartig vortretenden Höcker, welcher den Larven die Be- wegungen in den Gängen erleichtert. Stigmata oval, im Gegensatz zu den halbmondförmigen der Buprestidenlarven. Beine entweder sehr klein und seitlich au den Brustringen angebracht, oder sogar ganz fehlend. Nur einige wenige, z. B. die Larven der Gattung Dorcadion, leben nach Engerlingsart im Boden und können dann, beiläufig gesagt, landwirthschaftlich schädlich werden, namentlich die von Dorcadion carinatum Fall, in ßussland durch Befiesseu der Getreide- wurzeln [Köpfen II, S. 266—270]. Eine andere, ebenfalls kleinere Anzahl lebt in den Stengeln nicht holziger Pflanzen, z. B. „l'Aiguil- lonnier", die Larve von Calamobius gracilis Creutz., im südlichen Frankreich als wirklicher Schädling in den Getreidehalmen [vgl. VIII, 2. Aufl., S. 246]. Beiweitem die meisten Larven leben aber im Innern von Holzgewächsen, und zwar von diesen wiederum die grössere Anzahl in kränkelnden oder abgestorbenen Theilen^ die geringere, aber dafür desto schädlichere und hier am genauesten zu besprechende, in lebenden und gesunden Stämmen. Fast alle Holz- bewohner fressen als junge Larven an der Grenze zwischen Rinde und Holz unregelmässige, mäandrische, mit Nagemehl dicht voll- gepfropfte Gänge und verpuppen sich in einer hakenförmigen, mit ovaler Eingangsöffnung in das Holz dringenden Puppenwiege, aus der die Käfer wieder nach der Rinde zu steigen und diese in ovalen Fluglöchern durchbohren. Wir geben als Typus dieser gemeinsten Frassform die Abbildung derjenigen von Callidium variabile L. (Fig. 183). Abweichend ist die Form der Puppenwiegen bei einigen Lepturini, z. B. bei dem sehr häufigen Rhagium inquisitor L., welches, ohne in das Holz einzudringen, eine mit langen, kranzartig ^^eordneteu Naget^pänen eingefasste, ovale Puppenwiege unter der Rinde von Nadelhölzern macht. Acmaeops collaris L. geht sogar zur Verpuppung in die Erde [14 6, S. 533 — 539], Anders verhaken sich dagegen manche Formen der Lamiini, welche, wie z. B. Saperda Allgemeines über Bockkäfer. Sybtematik. 559 oculata L., die Maikröbien Ton Aesten mit langgestreckten Gängen durchsetzen. Diese Käfer scheinen stets ein rundes Flugloch zu machen. Ueber die Generation der Bockkäfer lassen sich keine allge- meinen Angaben machen. Allerdings wird sie gewöhnlich als zwei- jährig angegeben, andererseits haben aber manche Formen sicher eirjähiige Generation, andere dürften, wie Cerambyx cerdo L., viel länger brauchen, und es variiren sogar mitunter bei ein und derselben Art die Angaben der verschiedenen Forscher ganz erheblieh. So soll Callidium (Gracilia) pymaeum Fabr. nach vonHeyden [XXIV, S. 41] eine doppelte Generation haben, während Hartig einen Fall von vierjähriger Dauer berichtet. Sehr wahrscheinlich ist die Generation je nach der Temperatur und nach der Beschaffenheit, namentlich Feuchtigkeit der bewohnten Hölzer eine sehr wechselnde. Genaue Untersuchungen hierüber wären in hohem Grade wünschenswerth. Systematik. Die Bockkäfer können in zwei grosse Unterfamilien getrennt werden, die folgende Kennzeichen haben: Cerambycitae: nach vorn g-eneio^t Kopf: Lamiitae ; vorn senkrecht abfallend Endglied der Taster: abgestutzt | zugespitzt Innenseite der Vorder schienen: ohne Furche | mit Furche g^ Figur 179 links Cerambyx cerdo L., rechts Saperda carcharias L. A Käfer in natürlicher Grösse im Profil. B Innenseite des linken Vorderbeines, um die Sohlenbilduug und bei Saperda die Furche der Schiene zu zeigen. C rechter Kiefer des zweiten Paares mit Taster, von unten. 7i ^^^- Crr. Originale. Diese schon am Habitus kenntlichen Hauptgruppen sind um so natürlicher, als auch ihre Larven sich leicht unterscheiden. Bei den Cerambycitae erscheint nämlich die feste Chitinkapsel des Kopfes, 5nn Kap. IX. Die Käfer. Avenn man sie aus dem Vorderbrustringe befreit, quergeformt, also breiter als lang (Fig. ISO C,D, E), und es sind stets deutliche Füsse vorhanden, während bei den Lamiitae (Fig. 180 i^J der Kopf länglich, viel länger als breit erscheint, und die Beine entweder völlig fehlen oder kaum mit dem Mikroskope als verschwindende Stummel zu er- kennen sind. Fig. 180 A. und B. Larve von Cerambyx cerdo L. in -j^ natürlicher Grösse von der Seite und von oben. Bei Ä Füsse und Stigmata erkennbar. Original. C — F, schematische Darstellungen der Kopfkapsel und deren Verhältniss zu den punktirt angedeuteten Brustringen, C von Rhagium Inquisitor L., D von Cerambyx cerdo L., E von Prionus coriarius L., F von Saperda car- charias L. Diese Schemata sind, ohne Rücksicht auf das natürliche Grössen- verhältniss der einzelnen Larven, so gezeichnet, dass alle Kopfkapseln die gleiche Breite haben. Nach der Natur mit Berücksichtigung der Abbildungen von SCHIÜDTE [16]. Die Lamiitae zerfallen nicht in kleinere Gruppen, die viel zahlreicheren Cerambycitae dagegen in drei Hauptgruppen mit fol- genden Kennzeichen: Lepturini: hinten halsartig verengt Cerambycini : Prionini : Kopf: hinten nicht halsartig vei'ergt Halsschild: ohne scharfen Seitenrand Vorderbrust: nicht bis hinter die Vorderhüften als breiter Fortsatz verlängert mit scharfem Seitenrand zapfenförmig vorragend Vorderhüften: meist kugelig und nicht vorragend bis hinter die Vorderhüften als breiter Fortsatz ver- längert quer Auch diese Gruppen sind nach Schiödte und Ganglbäuer [16 und 7] fast noch besser, als durch die Kennzeichen der Käfer, durch diejenigen der Larven charakterisirt. Wenn wir nämlich an der chitinisirten Kopfkapsel das durch die Gabellinie vornüber der Oberlippe abgetheilte Dreieck als Mittelstück, die beiden nach hinten von der Gabellinie gelegenen als Seitenstücke bezeichnen, so stossen diese Seitenstücke bei den Lepturini (Fig. 180 C) blos in einem Punkte zusammen, bei den Cerambycini (Fig. 180 D) in einer Linie und bei den Prionini (Fig. 180 E) gleichfalls in einer Linie; bei letzteren sind sie ab^r über diese Linie hinaus jedes für sich verlängert, so dass die hintere Begrenzung des Systematik der Bockkäfer. Bestinimungstafel. 561 Kopfes eineu einspringenden Winkel bildet. Es ist ferner bei den Lepturini der Kopf nur sebr wenig von dem grossen Vorderbrustringe eingeschlossen, ragt also fast ganz frei vor (Fig. 180 C), während dies bei den Cerambycini und den Prionini nur sein Vorderrand thut. Wir unterscheiden also die gesammten Cerambycidenlarven in vier Typen. Die unterschiede der wichtigeren Gattungen, welche wir aus Gründen der praktischen Bequemlichkeit und der Naraensvereinfachung etwas weit fassen, und denen wir die kleineren Gattungen als Unter- gattungen unterordnen, sind aus der folgenden Tafel zu ersehen: I. Unter familie: Cerambycitae. 1. Gruppe : Lepturini. Gattung : Untergattung : ^■1. Flügeldecken nicht verkürzt. I. Fühler kurz, wenig über das Halsschild zu- rückreichend, Glied 1 der Hintertarsen, wie die beiden folgenden, breitsöhlig entwickelt . . . Rhagium II. Fühler länger, weit über das Halsschild zu- rückreichend, Glied 1 der Hintertarsen mehr zusammengedrückt, nicht breitsöhlig entwickelt Leptura i. weit. Sinne a) Die halsartige Verengung des Kopfes nicht stark abgeschnürt. 1. Halsschild mit spitzem Seitendorn Toxotus 2. Halsschild mit stumpfem Seiten- dorn oder ohne solchen Pachyta b) Die halsartige Verengung des Kopfes scharf abgeschnürt, Halsschild ohne Seitendorn Leptura i. eng. Sinne B. Flügeldecken verkürzt Necydalis 2. Gruppe: Cerambycini. A. Flügeldecken verkürzt, nicht bis zur Mitte des Hinterleibes reichend Molorchus B. Flügeldecken nicht verkürzt, den Hinterleib höch- stens an der Spitze freilassend. I. Halsschild ohne Seitendorn. a) Aussenrand der Schienen gezähnelt, Ende der Vorderschienen löffeiförmig ausgezogen, Fühler sehr kurz, Körper fast walzenförmig Spondylis b) Aussenrand der Schienen nicht ge- zähnelt, Körper mehr abgeflacht. 1. Flügeldecken bei allen forstlich wichtigen Arten ohne helle, scharf abgesetzte Zeichnungen . . . Callidium i. weit. Sinne u) Augen deutlich zweigetheilt. a') Halsschild doppelt so lang als breit, sehr kleine Käfer Graeilia h') Halsschild eben so lang als breit, mittelgrosse Formen Tetropium gg2 Kap. IX. Die Käfer. Gattung: Untergattung: ß) Augen nur nierenförmig ausge- schnitten. a'J Vorderbrust zwischen den Yorderhüften zugespitzt, sie garnicht od. nur als schmälste Lamelle trennend Callidium i. eng. Sinne l') Vorderbrust zwischen den Vorderhüfteu schmal, nach hinten abgerundet, sie wenig trennend Khopalopus c') Vorderbrust zwischen den Vorderhüften breit, sie stark auseinandertreibend Hylotrupes 2. Flügeldecken stets mit hellen, scharf abgesetzten, gewöhnlich Querbinden darstellenden Zeich- nungen Clytus II. Halsschild mit Seitendorn Cerambyx i. weit. Sinne a) Seitendorn auf die Oberseite des Halsschildes heraufgerückt Rosalia b) Seitendorn an der Grenze von Ober- und Unterseite frei hervorragend. 1. Halsschild gekörnt, Färbung matt roth und schwarz Purpuricenus 2. Halsschild stark quer gerunzelt, Färbung dunkel, etwas glänzend Cerambyx i. eng. Sinne 3. Halsschild höchstens schwach ge- runzelt und grob punktirt,Färbung glänzend metallisch Aromia 3. Gruppe: Prionini. Einzige hier zu erwähnende Gattung .... Prionus i. weit. Sinne A. Halsschild mit drei spitzen, starken Seilendorneu Prionus i. eng. Sinne B. Halsschild am Seitenrande gezähnelt, mit einem stärkeren Seitendorn hinter der Mitte Ergates IL L^nterfamilie : Lamiitae. A. Halsschild mit Seitendorn. I. Käfer ohne Flugflügel, Larven in der Erde nach Engerlingsart lebend; forstlich unwichtig. Dorcadion II. Käfer mit Flugflügeln, Larve im Innern von Pflanzen lebend Lamia i. weit. Sinne a) Schenkel an der Spitze plötzlich keulen- artig verdickt. 1. Fühler sehr viel länger als der Körper, 9 mit dauernd vorragen- der Legscheide . . Acanthocinus (^Asft/no7iuis) 2 Fühler nur wenig länger als der Körper. Flügeldecken mit er- habenen Längsrippen Pogono chaerus Bestimmungstafel. Forstliche Bedeutung der Bockkäfer. 5^3 Gattung: Untergattung: h) Schenkel an der Spitze nicht keulen- förmig verdickt. 1. Fühler dünn, länger als der Körper, Fäi-bung dunkel metallisch Monochammus 2. Fühler dick, kürzer als der Körper, Färbung dunkel, aber matt Lamia i. eng. Sinne B. Halssehild ohne Seitendorn Saperda i. weit. Sinne I. Fussklauen nicht gezähnt, Fühler eilf- gliedrig, Flügeldecken über zweimal so lang als breit Saperda i. eng. Sinne II. Fussklauen stark gezähnt, Augen nur nierenförmig ausgeraudet, nicht doppelt, Hinter- schenkel kurz, nur bis zum Ende des zweiten Hintei'leibsringes reichend Oberea Die forstliche Bedeutuug der Bockkäfer ist eine viel geriügere, als die der Rüssel- und Borkenkäfer; immerhin dürfen aber einige ihrer Arten als Schädlinge nicht unterschätzt werden. Die Käfer als solche sind stets gleichgiltig, dagegen können ihre Larven manche Holzarten theils physiologisch, theils technisch schädigen, und zwar sind diesen Angriffen sowohl Nadelhölzer wie Laubhölzer ausgesetzt. Unter den letzteren haben von den physiologischen Schädigungen wieder am meisten die weichen Holzarten zu leiden, während der technische Schaden in den harten Holzarten am bedeutendsten ist. Auch giebt es einige Arten, welche nicht die Hölzer im Walde an- greifen, sondern erst auf den Lagerplätzen oder am Ort ihrer Ver- wendung. Wir unterscheiden daher: 1. Physiologisch schädliche Nadelholz-Bockkäfer. 2. Physiologisch schädliche Laubholz-Bockkäfer, 3. Das stehende Holz technisch schädigende Bockkäfer. 4. Das geschlagene und verarbeitete Holz technisch schädigende Bockkäfer. Ausserdem werden wir im Anschlüsse an die einzelnen bio- logischen Abtheilungen kurz einige Arten erwähnen, die man eigentlich nicht als schädlich bezeichnen kann, welche aber doch als im Walde sehr auffallende und gewöhnliche Käferformen eine kurze Betrachtung verdienen. Physiologisch schädliche Nadelholz-Bockkäfer. Es sind hier ausführlicher zu erwähnen : Der zerstörende Fichtenbock, Callidium luridum L., der Schneider- und der Schusterbock, Lamia sartor Fabr. und L. sutor L. und der Kiefernzwei gbock, Lamia fasciculata De Gker. 5g4 K'''P- I^- D^^ Käfer. Die ersten drei Formen sind Verderber von alten Ficbten- beständen, in welcben sie nicbt nur kränkelnde, sondern aucb gesunde Stämme angeben und vielfach allein oder in Vereinigung mit den gewöhnlichen Fichtenborkenkäfern, z. B. Tomicus typographus L., zum Eingehen bringen. Der zerstörende Fichtenb ock, ein 1 — 15 cm langer Käfer mit abgerundetem Haieschild, verbältniesmässig kurzen Fühlern und zwei- getheilten Augen, -welcher in der Färbung sehr variirt und entweder ganz schwarz ist oder anders gefärbte Gliedmassen und in einer Spiel- art auch gelbbraune Flügeldecken hat, ist wolilder wichtigste unter ihnen. Man kann seinem Schaden durch Einschlag und rechtzeitige Entfernung der befallenen Hölzer aus dem Walde, sowie durch Werfen von Fangbäumen im Juni, die man vor Herbst, solange die Larve noch unter der Kinde lebt, zu schälen hat, mit Erfolg bekämpfen. Genauere Angaben über die Ausdehnung der Schäden und die mögliche Bekämpfung des Schneider- und Schusterbockes, zweier 15 — Sem langer, dunkler Gebirgskäfer mit senkrecht stehendem Kopfe, grossen, langgliedrigen Fühlern, seitlich mit einem Dorn ver- sehenem Halsschilde und undeutlich braun metallglänzenden, flecken- weise hell behaarten Flügeldecken, fehlen noch. Der Frass des kleinen, ungefähr nur 6'5mm langen Kiefern- zweigbockes, ist eine der vielen Ursachen, weshalb bei älteren Kiefern die Kronen licht werden und Wipfeldürre eiiitriit. Gelegentlicli brütet er auch in Kiefernkulturen. Eine Bekämpfung desselben ist schwielig und wohl meist auch nicht einmal nötbig. Wir behandeln zunächst den zerstörenden Fichtenbock. Beschreibung. Callidium (Tetropium Kirb., Criomorplms Muls.) luridum L. {castaneum L.) Käfer: Auuen vollständig in zwei Hälften getheilt. Fühler länger als das Halsschild, nahe der Basis der Mandibeln eingelenkt. Halsschild an den Seiten ohne Dorn oder Zähne, etwas breiter als lang, an den Seiten stark gerundet, auf der Scheibe nur sparsam punktirt, daher glänzend, an den Seiten fein und dicht gekörnt, seine Mittellinie, sowie die des Schild- chens leicht vertieft. Flügeldecken äusserst fein und dicht punktirt, mit einigen mehr oder weniger deutlichen, erhabenen Längslinien. Schienen glatt, Schenkel keulenförmig verdickt. Färbung sehr veränderlich, Kopf und Halsschild schwarz, Fühler und Beine wenigstens theilweise röthlich, Flügeldecken braun, bei var. fulcratum Fabr. schwarz. Der ganze Käfer ist schwarz bei var. aulicum Fabr. Länge 10 — 16 mm. Lnroe nach dem Cerambycinen-Typus gebaut, nur unbedeutend nieder- gedrückt. Kopf fast herzförmig, Mitteltheil mit tiefer Mittelfurche und zwei rund- lichen Eindrücken neben derselben. Clvpeus viermal so lang als breit. Oberlippe halbkreisförmig, so breit als der Clypeusrand. Punktaugen verschwindend. Fühler äusserst klein, kaum über den Stirnrand vorragend. Vorderkiefer am Innenrande mit 2 Zähnen. Vorderbrust nicht sehr breit, etwas halbmondförmig, oben etwas stärker cliitinisirt, mit ausgesprochener Mittellinie. Füsse klein, li/jmal so lang als die Kiefertaster. Klaueuglied mit feinen Dornen. Haftscheiben der Hinterleibs- nnge mit einer Querfurche. Körper sehr fein und kurz behaart, am Hinterende oben mit 2 sehr kleinen Chitinspitzen. Länge 15—25 mm fV, L S. 237 und 16, S. 398 und 399J. Zugleich mit diesem Käfer und unter ganz ähnlichen biologischen Verhält- nissen kommt eine andere Art vor, welche lange nur als Abart angesehen wurde, nämlich Physiologisch schädliche Nadelholz-Bockkäfer. Callidiura luridum. 565 Cal. (Tetr.) fuscum Gyll. Käfer; Halssehild an den Seiten weniger erweitert, auf der Scheibe dicht runzelig punktirt, daher matt. Kopf und Hals- schild schwarz, letzteres am Vorder- und Hinterrand röthlich. Flügeldecken gelbbraun. Länge 10 — 14 7?i??i. Larve von der der vorigen Art kaum zu iinter- schciden [16, S. 400). Lebensweise. Diese beiden bier gemeinsam zu besprechenden Arten sind gevrölinl ich Bewohner der gemeinen Fichte, doch kommt Cal. luridum L. auch in Lärche und Kiefer vor. Sie lieben stärkere Rinde und gehen daher vorzugsweise Fichtenstämme von 60 bis 100 Jahren an, während sie in Lärchenbeständen [Döbner XIV, 2, S. 18!» Anm.] bereits 30 — 40jährige Stämme befallen. Sie beginnen den Stamm von unten her mit Eiern zu belegen, gehen dann auf der zuerst angegriffenen Seite in die Höhe, und erst wenn diese vollständig mit Eiern belegt ist, w^ird auch die andere Seite angenommen. An gefällten Bäumen, die nur auf einer Seite angenommen werden, findet man im Winter unten am Stamme die Larven ausgewachsen und tief im Holze, während dieselben nach dem Wipfel zu immer kleiner werden und noch unter der Rinde sitzen [Ahlemann I, S. 100]. Die beiden Arten kommen theils gemischt miteinander vor, theils überwiegt die eine oder die andere Art, und in manchen Fällen ist wesentlich nur eine einzige der oben geschilderten Abarten des Cal. luridum L. an dem Frasse betheiligt gewesen. NöRDLiNGER [XXIV, S. 41] fand den Käfer zuerst in Lärche und Döbner [XIV, S. 189] bestätigte dies dann durch ausführliche Mittheilung. Desgleichen Altum nach den Mittheilungen von Beling [XVI., IIL, 1., S. 339]. Auch auf den königl. Sächsischen Staatsforstreviereu Tharand und Höckendorf bei Tharand kam der Käfer in Lärche vor. In Kiefern ist er, so viel uns bekannt, in Deutschland nur von Ahlemann gefunden worden, wie Eatzeburg [XV, S. 165] mittheilt, da- gegen kommt er, wie Kuppen [II, S. 264] auf die Autorität von Lindemann hin be- richtet, in Russland, wo er von Lappland bis zur Krim und bis zur Mündung des Amur gemein ist, in Kiefer häufiger als in Fichte vor. Die aus den unter Rindenschuppeu oder in Riadenritzen abge- legten Eiern schlüpfenden Larven fressen zunächst an der Grenze von Rinde und Holz unregelmässige, allmählich sehr breit werdende, gebuchtete, flache Gänge, die mit wurstförmigen Bast- und Splint- nagespänen dicht gefüllt sind und meist auch in den Splint eingreifen. Ist die Larve ausgewachsen, so geht sie gewöhnlich in das Holz, wo sie einen gekrümmten, anfänglich schwach aufwärts, später aber ab- wärts gerichteten Hakengang nagt, der im Bogen gemessen oft 5 bis 6 cm und mehr lang ist. Den absteigenden Schenkel verstopft sie hinter sich mit Nagemehl und verpuppt sich schliesslich daselbst. Der Eingang zu dieser Splint-Puppenwiege ist oval und seine Längs- achse läuft in der Richtung der Baumachse. Da uns ein geignetes Object fehlte, konnten wir den Frass nicht abbilden, aber der in Fig. 183 gegebene von Cal. variabile L. kann zur Erläuterung dienen. Die Puppe ruht in derselben mit dem Kopfe nach oben; der Käfer nagt sich zuerst dur,;h den Wurmmehlpfropf und dann durch die Rinde in das Freie. Die Flugzeit des Insektes fällt ungefähr in die nn Kap. IX. Die Käfer. Zeit der Sommersonnenwende, die einzelnen speciellea Angaben über sie variiren von Juni bis August. In selteneren Fällen, die zum Beispiel Ahlemann [I] nie beobachtet hat, welche aber bereits Katzeburg [V. 1. S. 237] erwähnt und Pauly [13] bestätigt, findet die Yerpuppung in einer nicht in das Holz dringenden Rinden-Puppenwiege statt. Die Angabe von Dubner [XIV, II, S. 189] und Hlawsa [9], dass die Kindenwiegen dem Cal. fuscum Fabr., die Splintwiegen dem Cal. luridum L. zukämen, bedürfen der Bestätigung. Die Generation des Insektes ist höchst wahrscheinlich ein- jährig, und zwar verläuft sie in der Art, dass die im Laufe des Sommers schnell heranwachsenden Larven im Herbste als ausge- wachsene Thiere den Hakengang in das Holz nagen, hier als Larven überwintern, sich im Frühjahr verpuppen und im nächsten Sommer wieder zu Käfern werden. Wir stützen uns bei dieser Darstellung zunächst auf die Angaben von Ahlemann [I, S. 101] als desjenigen Forschers, der unsere Thiere am gründ- lichsten beobachtet zu haben scheint und dem auch Eatzeburg [X, S. 80] zu- stimmt. Ferner spricht Lindemann nach Küppen [II. S. 265] ganz bestimmt von einjähriger Generation. Hierzu passen auch die allgemeinen Anschauungen von Perkis [vgl. namentlich 14 b, S. 563 — 569], und der direkte Beweis durch Zucht ist neuerdings von Pault [13] beigebracht worden, nach dessen Versuchen es soo'ar vorkommen kann, dass die Käfer bereits in demselben Kalender- jahre ausschlüpfen, in welchem die Eier abgelegt wurden. Die Exemplare, die sich so entwickelt hatten, waren aber schmächtige, die erst im nächsten Jahre zum Vorschein kommenden normale Exemplare. Beiläufig sei bemerkt, dass diese Zucht mit allen wünschenswerthen Vorsichtsmassregeln ausgeführt und so eingerichtet wurde, dass ein Pärchen des Käfers einen frisch geschlagenen Fichtenkloben, dessen Schnittflächen man zur Verhinderung der Verdunstung mit Paraffin getränkt hatte, als Brutmaterial erhielt und letzteres alsdann in einem Leinwandsäckchen eingeschlossen in einem den Witterungseinflüssen ausgesetzten Lattenzwinger überwintert wurde. Aehnliche Versuche, an im Freien auf natür- liche Weise von Cal. luridum L. besetzten Fichtenklötzern die ausschlüpfenden Käfer in einer Zeugumhüllung abzufangen, hat schon Hlawsa gemacht [9]. Die Angabe, dass die Generation zweijährig wäre, ist bei Taschenberg [XVIII, S. 192] ausgesprochenermassen nur eine Verniuthung, und die genauere Darstellung von Altum [XVI, III, 1, S. 339 und 340], dem offenbar auch Hess [XXI, 2. Aufl., S. 330] folgt, beruht wohl theils darauf, dass jener Forscher überhaupt ver- schiedene Arten der Arbeit einer iind derselben Insektenlarve, also hier das Plätzen unter der Einde und die Herstellung des Hakenganges, gewöhnlieh als in verschiedenen Jahren erfolgend ansieht, während er anderntheils Mittheilungen von ScHAAL folgt. Eine völlige Sicherheit ist also hier noch nicht erreicht, und ist es sehr wohl möglich, dass auch hier Temperatureinflüsse die Dauer der Generation wesentlich verändern können. Schaden. Die Käfer gehen mit Vorliebe, wie wir schon oben bemerkten, an ältere, starkborkige Bäume, und wenngleich auch hier kränkelnde Stämme von ihnen bevorzugt werden mögen, wie dies namentlich Hlawsa [9, S. 19] daraus schliessen will, dass in dem Splint der befallenen häufig grössere, mit flüssigem Harze gefüllte Hohlräume vorkommen, und auch dadurch wahrscheinlich wird, dass die Käfer sehr oft als Begleiter des Tomicus typographus L. erscheinen, so sind es doch stets noch mit frischer Benadelung- versehene Stämme, welche sie annehmen; in wirklich abgestorbenes Holz gehen sie Lebensweise, Schaden und Abwehr von Callidium luridum. 557 niemals. Dagegen befallen sie sehr häufig ganz gesund erscheinende Bäume, die dann sicher getödtet werden, sodass die Käfer zu den recht schädlichen gerechnet werden müssen. Zeichen des Anfluges sind anfänglich kaum wahrzunehmen, erst im Früjahr, wenn der Saft Stammauf wärts zu steigen beginnt und nun durch die Larvengänge die Circulation unterbrochen wird, also erst dann, wenn die Larven, — vorausgesetzt, dass unsere Annahme einer eiujährigen Generation richtig ist — ihr Zerstörungswerk bereits vollendet haben, tritt ein Herunterhängen der Nadeln und zugleich bereits meist auch Los- lösung der Rinde an der zuerst befallenen Seite des Stammes von unten nach oben fortschreitend auf. Erst später röthen sich die Nadeln. Unangenehm ist, dass auch die technische Brauchbarkeit mancher Sortimente beeinträchtigt wird. "Wir folgen in der voranstehenden Darstellung wiederum Ahlemanx [I, S. 98 — 100], wollen dagegen nicht unterlassen zu erwähnen, dass Schaal [XVI, III, 1, S. 340] anderer, nämlich der Ansicht ist, dass bald nach dem Angehen starker Harzausfluss eintrete und bereits nach 10 — 14 Tagen die Nadeln welk werden. Auch über diese Frage müssen noch genauere Untersuchungen ent- scheiden. Berichte über stärkere Frässe sind folgende: Ahlemann [I] meldet zu- nächst das Auftreten dieser Käfer in der Oberförsterei Guttstadt, Regierungs- bezirk Königsberg in Ostpreussen, im Gefolge von Xonne und Borkenkäfer in den Sechzigerjahren. Allein im Frühjahre 1862 mussten auf diesem Reviere 1200 Klaftern nur von diesem Käfer getödtete Stämme zum Einschlag kommen. Auf dem königlich Sächsischen Staatsforstrevier Hirschberg im Erzgebirge war namentlich 1870 der Schaden nach Schaal iu einigen etwa 100jährigen Beständen sehr bedeutend, weil diese Orte in empfindlicher Weise gelichtet wurden. Gleich- falls von 1870 an trat der Käfer in den städtisch Bergreichensteiner Forsten im ,. Schlosswalde"' nach Hlawsa [9] stärker auf. Einen grösseren Frass an Lärche berichtet Döbner [XIV, 2, S. 180] aus den Jahren 1854/55 im Reviere Frammersbach im Spessart, wo 30 —40jährige Srämme getödtet wurden. Es war hier Cal. luridum L., var. fulcratum Fabr., während auf dem Bergreichensteiner Revier mehr Cal. fuscum Fabr., vertreten war. Aus Russland berichtet nur LiNDEMANx über einen grösseren, in den Seehzigerjahren bei Moskau stattgehabten Frass [15, S. 264]. Abwehr. Die Bekämpfung dieser Käfer besteht zunächst in dem Einschlagen und Wegschaff cju der vom Monat Februar an als besetzt erkannten Stämme. Letzteres ist unerlässlich, denn sonst kommt, bei einjähriger Generation, der Käfer doch noch zum Aus- schlüpfen. Schälung solcher Bäume ist im Frühjahre überflüssig, da die Larven dann schon meist im Holze sitzen. Ausserdem hat Ahlk- MANN [I, S. 102] mit grossem Erfolge Fangbäume angewendet. Dieselben müssen zur Flugzeit des Käfers, also spätestens im Juni geworfen sein. Entastete und dicht auf die Erde gelegte Fangbäume werden nament- lich gern an der Unterseite angenommen. Diese müssen natürlich geschält werden, und zwar vor dem Herbst, solange noch die juuge Larve unter der Rinde lebt; eine genaue Revision der Stämme an der Unterseite ist nöthig, damit der richtige Zeitpunkt nicht versäumt wird. Der einmal in das Holz gegangenen Larve kommt man nicht mehr bei. Auch Nördlinger fand Cal. luridum L, in einem Lärclien- faugbaume [XXIV, S. 41]. 568 Kap. ]X. Die Käfer. Wir wenden unsnim zu dem Schneider- und Schuster bock. Beschreibung. Lamia (Monochammus La.tr.) sartor Fabr. Käfer: Halsschild breiter als lang, fein querrunzelig, an den Seiten mit einem Dorn. Fühler lang und dünn, deren erstes Glied verdickt, viel kürzer als das dritte, beim ^ einfcärbig, viel länger als der Körper, beim 9 kaum länger als letzterer und vom dritten Glied an die Wurzel der einzelnen Glieder grau behaart. Schild- chen dicht Aveiss oder gelblich behaart. Flügeldecken viel breiter als das Hals- schild, mehr als doppelt so lang wie zusammen breit, vorn grob, nach hinten feiner runzelig oder körnig punktirt, schwarz mit braunem Metallglanz, beim (7 weniger, beim 9 mehr fleckig behaart, hinter dem ersten Drittel mit einem deutlichen, seichten Quereindruck, Gelenkhöhlen der Vorderfüsse nach hinten offen. Schenkel nicht keulenförmig verdickt, Fussklauen einfach. Länge 2(3— 32?nn). Larve nach dem Lamiiten-Typus' gebaut, sehr gross, glänzend, sparsam behaart. Kopfkapsel nach hinten verengt, Clypeus den ganzen Stirnrand ein- nehmend, dreimal so breit als lang. Lippe am Vorderrande beborstet, doppelt so breit als lang. Zwei kleine Punktaugen. Füsse nicht wahrnehmbar, weil [16, S. 435] sechsmal kleiner als das Endglied der Kiefertaster. Haftseheiben der Brustringe und der sieben ersten Hinterleibsringe oben mit drei Längs- und zwei Querfurchen und in viele kleinere, reihenweis stehende und wieder gekörnelte Höcker zerfallend, unten nur mit einer Querfurche. After quer gestellt mit kurzer Mittelfurche in der unteren Klappe. L. (Mon.) sutor L. (pe//jo Germ.), Käfer dem vorigen sehr ähnlich, Flügel- decken jedoch ohne Quereindruek und etwas gleichmässiger punktirt, Schildchen mit nackter Mittellinie. Länge IG — 25 mm Larve derjenigen der vorigen Art sehr ähnlich. Sie wird abgebildet durch V. Gernet, Horae societatis entomologicae Rossicae V, 3. 1867. Lebensweise. Der Schneider- und. der Schusterbock sind wesentlich Bewohner starker Fichtenstämme in Gebirgsrevieren. Ueber ihren Frass und ihre Generation finden sich fast gar keine positiven Angaben in der Literatur, nur Fleischer [6, S. 39] bemerkt, dass ihre Larven „ähnliche, jedoch viel breitere Gänge" wie Cal. luridum L. machen. Ihr Frass wird, daher ähnlich sein dem von Perris [14 a, S. 467 u. 468] beschriebenen, ihrer südlichen und westlichen, in der Seekiefer lebenden Verwandten, der L. (Mon.) Galloprovincialis Oliv., deren Larve zuerst starke, platzende, in Rinde und Holz eingreifende Gänge nagt und sich später in einem Hakengange verj)uppt, aus dem schliesslich der Käfer durch ein kreisrundes, nur mit den Fluglöchern von Sirex zu verwechselndes Rinden- flugloch hervorkommt. Seine Generation ist einjährig. Während aber diese südliche Art nach Perris wesentlich nur in bereits ab- gestorbenen Kiefernstämmen lebt, gehen seine östlicheren Ver- wandten auch an stehende, gesunde Fichtenstämme und sollen hier nicht unbeträchtlicben Schaden thun. Die einzige uns bekannte positive Angabe über Schaden von L. sutor L. ist die von Wachtl herrührende in dem Kataloge der Ausstellung des Erzherzogs Albrecht in der Wiener Weltausstellung, welche wir nach Altum [XVI, III^ 1, S. 845] wiedergeben: „Für die Fichtenbestände des Gutes Saybusch in Galizien einer der grössten Schädlinge. Das Insekt geht die Bäume bis in die Gipfelspitzen an. Ich liess einst eine Fichte fällen, die von dem Thiere vollständig zugrunde gerichtet und mit Fluglöchern besetzt war". Der Stamm war 20 m lang, mit 20c?h Brusthöhen- durchmesser bei einem Alter von 110 Jahren. Lamia sartor, L. sutor imd L. fascieulata. 509 Einschlag und rechtzeitige Entferaiing der befallenen Stämme dürfte vorläufig die einzige zu empfehlende Abwehrmassregel sein. Altum hat ferner diese Käfer in der B ayerisehen und Tiroler Alpen bis 1500 m Seehöhe zahlreich gefangen, und Fleischer [6, S. 39] berichtet, dass dieselben bei dem grossen Böhmischen und Bayerischen Käferfrasse der Siebzigerjahre gleichfalls in beachtenswerther Menge aufgetreten und von ihm namentlich im Bayerischen Walde zu Finsterau zahlreich gefangen ^vorden seien. Nördlinger [XXIV, S. 42] fand dieselben in eopula und beim Eierlegen im Juni und Juli in auffallender Menge auf Fichtenstämmen in Tirol. Hess [XXI, 2. Aufl., S. 331] erwähnt ihn aus dem Thüringerwalde. Diesen Fichtenverderbern ist als wirklich beachtenswert!! nur ein Kiefernfeind, der Kiefernzweigbock, anzureiben. Beschreibung. Lamia [Pogonochaerus Latb.) fascieulata De Geer (fascicularis Panz.). Käfer: Halsschild an den Seiten in der Mitte mit einem Dorn, auf der Scheibe jederseits mit einem sehwachen, kahlen Höckerchen. Scheitel mit zwei dunklen Borstenhöckerchen. Füliler nicht oder wenig länger als der Körper, auf der Unterseite gewimpert, ihre Glieder an der Wurzel weiss behaart, das dritte Glied etwas kürzer als das vierte, Flügeldecken an der Spitze einfach abgestutzt, jede mit drei erhabenen Längsrippen und 2—4 schwarzen Borstenbüscheln, übrigens scheckig grau und braun behaart, hinter der Basis mit einer weisslichen, schrägen, nach rückwärts dunkel begrenzten Querbinde. Die ganze Oberseite des Käfers lang abstehend behaart. Vorder- hüften voneinander getrennt, ihre Gelenkhöhlen seitlich geschlossen. Schenkel keulenförmig verdickt. Ersies Glied der Hinterfüsse kaum länger als das zweite. Fussklauen einfach. Länge 5 — &-b mm. Larve noch nicht näher bekannt, aber natürlich nach dem Lamiiten- Typus gebaut. Lebensweise. Dieses kleine Böckchen, mit wahrscheinlich einjähriger Generation und überwinternden Larven, ist im Wesentlichen ein Kieferninsekt, welches in geringem Materiale brütet und nament- lich schwache Aeste von 1 — b cm Durchmesser in den Kronen alter Kiefern bewohnt. Hier verübt die Larve ihren Frass, bestehend „in einem sehr flachen, scharfrandigen Splintgange, welcher, kaum sichtbar beginnend und sich allmählich gegen sein Ende zu 3 mm Breite erweiternd, in den mannigfachsten Windungen den Zweig ver- folgt, ja ihn gar oft bald mehr, bald weniger vollständig umwickelt, bis er mit einem kurzen Hakengange im Holze endigt" [Ältüm, 2/", S. 26]. Der Käfer nimmt dürres Material nicht an, da sich an noch frisch mit Larven besetzten Zweigen häufig letzte Triebe, Knospen und Nadeln normal entwickelt finden. Es ist bei dieser Lebensweise nicht auffallend, dass er auch in jungen Kiefernpflanzen brütet, Judeich erzog ihn aus 5 — Gjährigen Kiefern, aber auch aus Fiehten- stangen [XI, S. 66]. Altum fand ihn in 12 — 15jährigen Kiefern, die in Folge des Frasses abgestorben waren [XVI, III, I, S. 347j. Nörd- linger [XXIV, S, 42] hat ihn ferner aus Weymouthskiefer und sogar aus Edelkastanie erzogen. Er ist in seiner Thätigkeit häufig vergesellschaftet mit Magdalis violacea L., Tomicus bidentatus Hbst., Hylesinus minimus Fabr. und, wie der genannte Tomicus, sowohl Kultur-, als auch Bestandsverderber, da er in unerwünschter Weise sich an der Lichtung der Kronen älterer Kiefern betheiligt und öfters die Wipfeldürre der Kiefern üb erhälter mit verschuldet. Hier- Lehrbach d. mitteleurop. Forstinsektenkunde. 37 pi-Q Kap. IX. Die Käfer. auf hat zuerst Altum [2 a und 2/] aufmerksam gemacht. Eine wirkliclie Abwehr dieses letzteren Schadens giebt es nicht, höchstens kann man durch Verbrennen des von den Herbststürmen in alten Kiefernbeständen herabgeworfenen Reisigs, von dem ein Theil stets mit Larven des Käfers besetzt ist, eine Verminderung desselben anstreben. In Kulturen von ihm angefallene Pflanzen werden ausgerissen und verbrannt. Unter den blos abgestorbene Nadelhölzer bewohnenden Bockkäfern ist seines typischen Larvenfrasses, sowie seiner Puppenwiegen wegen am auffal- lendsten Rhagium (Stenocorus Geoff.) inquisitor L. {inriigator Fabr.). Käfer: Halsschild an den Seiten mit scharfem Dorn, an der Spitze lang abgeschnürt, Hinterecken stmnpf. Äugen nur schwach ausgerandet. Fühler kurz, die Basis des Halsschildes wenig überragend. Schildchen mit kahler Mittellinie. Flügel- decken bräunlich, mit drei schwarzen Querbinden, jede mit drei Längsrippen, von denen zwei scharf erhaben, eine schwächer ist. Die ganze Oberseite des Käfers dicht scheckig grau behaart. Yorderhüften durch einen hohen, ziemlich breiten Fortsatz der Vorderbrust getrennt. Das erste Glied der Hinterfüsse kurz und breit. Fussklauen einfach. Länge 12— 14 »inj. Larve zu den Formen des Lepturineu- Typus (vgl. S. 560 und Fig. 180 C) gehörig, also mit kleinen Füssen versehen und mit breitem, querem Kopfe: sie ist vor allen anderen gemeineren Nadelholzbocklarven durch den stai'k abge- flachten, an den Rändern fast sehneidenden Kopf zu unterscheiden. Sie lebt in allen Nadelhölzern iinter der Rinde, wo sie, ohne den Sj^lint zu furchen, 1 — 2 cm breite, gewundene Gänge nagt, welche dicht mit braunem, festem, bei Entfernung der Rinde oft auf dem Splint haftenbleibendem Bohrmehl erfüllt sind. Die Verpuppung erfolgt in einer grossen, flachen, ovalen Puppen- wiege, welche 3 — 4 cm Länge hat und von einem zierlichen, ungefähr b mm breiten Kranze langer Holznagespäne umgeben ist, eine Eigenthümlichkeit, welche allen Rhagien zukommt. Eine forstliche Bedeutung besitzt der Käfer trotzdem wohl nicht, doch wollen wir es nicht unterlassen, anzuführen, dass Ahlemann annimmt, der Käfer brüte vorzüglich in noch lebendem, allerdings kränklichem Holze und frischen Stöcken, welche erst im Laufe der Entwickelung des Käfers trocken würden [I, S. 104 und 10.5] ; aber auch er nimmt an, dass dieser Bock nicht im Stande sei, für sich allein einen Baum zu tödten. Auch eine andere gemeine Art derselben Gattung, Rh. bifasciatum Fabk.. lebt ähnlich im Nadelholz, während Rh. mordax De Geer {inquisitor Fabr.) und Rh. sycophanta Schrk. {mordax Fabr., scru'ator Oliv., grandiceps Thoms.) mehr in Laubhölzern, namentlich auch in Eichen vorkommen. Weniger wegen ihres Larvenfrasses, wie als häufige, grosse Käfer in Nadel- holzrevieren sind noch einige Formen zu nennen. Zuerst der grosse, flache, gedrungene, ia Mitteldeutschland erst Ende Juli und im August fliegende Prionus coriarius L. Küfer pechbraun. Das scharf gerandete, jederseits mit drei Zähnen versehene Halsschild doppelt so breit als lang, runzelig punktirt. Flügeldecken grob gerunzelt mit zwei bis drei angedeuteten, erhabenen Längs- linien. Die dicken Fühler beim (^ stark gesägt, länger als der halbe Körper, beim 9 schwach gesägt, etwas kürzer. Die neun letzten Glieder derselben kaum doppelt so lang als bi-eit. Länge 25 — 40 mm. Larve sehr gross, bis 50 ??im lang, nach dem dritten Tj-pus (vgl. S. 561 imd Fig. 180 jE) gebaut, also mit Füssen versehen, hinten mit tief ausgeschnittener Kopfkapsel, durch die breiten, in der Mittellinie ungetheilten, dagegen auf dem Rücken mit je zwei, auf dem Bauche mit je einer tiefen Querfurche versehenen Haftscheiben der vorderen Hinterleibsringe gekennzeichnet, Vorderbrust mit stark chitinisirter Rückenplatte. Sie lebt namentlich in alten, mulmigen Nadelholzstöcken. Gleichfalls in Stöcken, und zwar meist in Kiefern brütet Spondylis buprestoides L. Käfer ganz mattschwarz. Die kurzen, fast schnurförmigeu Fühler nahe an der Basis der Mandibeln eingelenkt. Halsschild Minder wichtige Nadelliolz-Bockkäfer. 571 fast kugelförmig, an den Seiten i;nbewaft'net, so breit wie die Flügeldecken und wie diese dicht runzelig pimktirt. Flügeldecken in der Mitte mit zwei erhabenen Xfängslinien. Schienen am Aussenraiade gezähnelt. Länge 12 — 22m7n. Larve nach dem Cerambycinen-Typus gebaut, mit etwas vorstehendem Kopfe, zugespitzten, schneidenden Vorderkiefern, verhältnissmässig langen Beinen. Vorderbrustschild stark punktirt, Hinterbrustschild fein und dicht gekörnt, des- gleichen die Haftscheiben. Afterspitze mit zwei kegelförmigen Dornen [146, S. 416]. Länge ungefähr 34 mm. In abgestorbenen Kiefern, geschlagenem Holze und Stöcken brütet ferner diejenige sehr gemeine und im Frühjahre zeitig fliegende Bockküferform, welche das gerade Gegentheil des ebenerwälmten Sp. buprestoides, der unter allen Böcken die kürzesten Fühler hat, insofern darstellt, als sie die längsten Fühler unter allen einheimischen Formen besitzt. Es ist dies Lamia (Acanthocinus und A^tynomus Stph.) aedilis. L. S"«/«?-: Fühler beim 9 lV2"^is 2-, beim (^ ömal so lang als der Körper, das erste Glied an der Spitze und an der Aussenseite, die übrigen Glieder an der Spitze dunkel. Hals- schild an den Seiten mit einem Dorn, auf der Scheibe vor der Mitte mit vier kleinen, dicht gelb behaarten Höckerfleckchen. Flügeldecken nur mit imdeutlich erhabenen Längsrippen, vorn etwas gröber, hinten feinkörnig punktirt, grau behaart, hinter der Mitte mit einer dunklen, schrägen Querbinde. Gelenkhöllleu der kugeligen Vorderhüften seitlicli fast ganz geschlossen, Schenkel keulen- förmig. Erstes Glied der Hinterfüsse so lang als die übrigen Glieder zusammen. Fussklauen einfach. Legröhre des Q weit vorgestreckt. Länge 13 — 19 m?«. Larve nach dem vierten Typus gebaut, also lang-, beziehungsweise klein- köpfig und fusslos, glatt und glänzend, mit Ausnahme der mit feinsten Dörn- «hen besetzten Haftscheiben, dünn rötlilich behaart. Augenpunkte sehr deutlich. After dreispaltig. Länge bis 30 mm. Gleichfalls unschädlich, aber doch wegen der Abnormität seiner Er- scheinung, die in Folge der verkürzten, die Flugtlügel nicht bedeckenden Flügeldecken etwas an eine grosse Schlupfwespe erinnert, erwähnenswerth, ist Molorchus minor L. (cerainhoides De Geer, dimidiatus Fabr.). Käfer braun. Halsschild ohne Dornen an den Seiten, kaum breiter als der Kopf, dieser hinter den Augen nicht eingeschnürt. Die langen Fühler auf der Stirn eingelenkt, ihr erstes Glied kürzer als das dritte, beim (^ zwölfgliedrig. Die fein facettirten Augen stark ausgerandet. Flügeldecken stark verkürzt, wie bei den Staphylinen, die Flügel können jedoch nicht darunter zusammengefaltet werden; jede Decke mit einem schrägen, weissen Längsfleck. Vorderhüften stark vorragend, ihre Gelenkhöhlen nach hinten geschlossen. Schenkel keulenförmig, verdickt. Laroe nach dem Cerambycinen-Typus gebaut, mit verhältnissmässig langen Fühlern, ohne Funktaugen und fein genetzten, in der Mitte läugsgetheilten Haft- scheiben [16, S. 414-415]. Die Larve dieses namentlich in Fichten, und zwar in schwächereu Stämmen, Knüppeln und Aesten brütenden, aber nach Altum [XVI, III, 1, S. 341] auch Tannen angehenden Käfers macht unter der Rinde und im Holze scharf ausgenagte, mit braun und weiss gemischtem Bohrmehle gefüllte, flache und breite, äusserst geschlängelte Gänge, geht dann durch eine ovale Oeffnung in das Holz, um sich im Splinte in einem Hakengange zu ver- puppen. Gewöhnlieh lebt dieser Bock in abgestorbenen Hölzern, nach den Mit- theilungen von Saxesen [V, 1, S. 240] vmd einer schriftlichen Notiz von Forst- meister Götz geht er aber auch an frisches Holz. Wir finden Larven und Käfer nicht selten in dem Brennholze unserer Akademie. Auch an Einfriedigungsstangen sind seine charakteristischen Gänge häufig. Beiläufig sei erwähnt, dass die zu den Lepturinen gerechnete Gattung Necydalis L. der Gattung Molorchus Fabr. durch die stark verkürzten Flügeldecken sehr ähnlich ist. Die Gelenkhöhlen der Vorderhüften sind jedoch nach hinten oöen, und der Kopf ist hinten etwas eingeschnürt. Die beiden bräunlich gefäi'bten Arten, mit goldgelber Behaarung auf dem Halsschild und an den Seiten, N. major L. undN. abbreviatus Panz. {Panzeri Harold), gehören zu den grössten Europäi- 37* r.-} Kap. IX. Die Käfer. sehen Bockkäfern, ihre Länge beträgt 2b—3Smm. Sie bewohnen in unschäd- licher Weise verschiedene Laubhölzer. Hier in Tharand wurden beide aus an- brüchigem Buchenholze erzogen. Physiologisch schädliche Laubholzhöcke sind vornehmlich der grosse Pappelbock, Saperda carcharias L. [Taf. 11, Fig. 12)^ der kleine Aspenbock, S. populnea L., der kleine Haselbock, S. linearis L., der rothhalsige Weidenbock, S. oculata L., und der Weberbock, Lamia textor L. Der grosse Pappelbock, ein bis 3 cm langer Käfer, welcher seinen lateinischen Namen dem Umstände verdankt, dass die Skulptur der gelbgrauen, mit schwarzen Punkten besäten Obsrselte lebhaft an Haifischhaut erinnert, sowie der kaum halb so grosse, gcüalich-graue, oben gelb gezeichnete Aspenbock sind Bewohner der Pappelarten, namentlich der Aspe, und zwar brütet der erstere in den Stämmen, letzterer in den jungen Zweigen, die an dem Sitze der Larve zu kleinen Gallen anschwellen. Beide sind Hiadernisse für die Erziehung gesunder Pappeln und werden ersterer namentlich an Alleebäumän, letzterer in Niederwaldschlägen öfters lästig und sogar schädlich. Der kleine schwarze, durch hellgelbe Beine gekennzeichnete Haselbock bringt Haselzweige zum Absterben, dürfte aber im Ganzen weniger Bedeutung haben, als sein grösserer Verwandter, der rothhalsige Weidenbock mit grauen Flügeldecken und schwarzem Kopfe, der seinen lateinischen Namen zwei schwarzen Punktea ver- dankt, die sich wie Augen auf dem gelbrothen Halsschilde scharf abheben. Er brütet in Weidenzweigen und kann daher in Weiden- hegern recht unangenehm werden. Ebenfalls in Weideaanlagen kann der Weberbock schaden, dessen Larve die älteren, stärker über den Boden vorragenden Stöcke durchfrisst und zum Eingehen bringt. Sie ist unter dem Namen der „Holzwurm" von den Weidenzüchtern gefürchtet. Wir behandeln zunächst den grossen Pappelbock. Beschreibung. Saperda carcharias L. {punctata De Gerr). Käfer: Stirn zwischen den Fühlern tief gefurcht. Halsschild walzenförmig, an den Seiten ohne Dorn oder Höcker. Fühler mit Wimperhaaren, so lang als der Körper, ihr drittes Glied länger als das vierte, gelblich grau behaart, die einzelnen Glieder mit Ausnahme der letzten mit schwarzer Spitze. Flügeldecken breiter als das Halsschild, mit vorragenden Schultern, grob und tief, an der Basis etwas körnig punktirt, mit dichter, gelblicher Behaarung, welche die Punkte frei lässt, so dass diese schwarz hervortreten, nach hinten beim J* stark, beim 9 wenig ver- schmälert, hinten mit etwas ausgezogener Spitze, Epi,ternen der Hinterbrust nach hinten verschmälert. Schenkel in der Mitte am dicksten, nicht keulenförmig. Fussklauen einfach. Länge 22—28 mm. Physiologisch schädliche Laubholz-Bockkafer. Saperda carcharias. 573 Larve nach dem Lamiiten-Typus gebaut, Kopf nur sehr wenig aus der fast doppelt so breiten Yorderbrust hervorsehend, sein versteckter Theil nach hinten nur wenig verschmälert (Fig. 180 F.). Oberlippe halbkreisförmijr, hinten vertieft und nackt, vorn etwas gewölbt und beborstet. Fühler sehr klein. Jeder- seits ein deutliches Punktauge. Vorderbrust oben mit einem stark chitinisirten, braunen Schilde, dessen äusserste Seitentheile jederscits durch eine klammer- artig von hinten bis zur Mitte eintretende Furche abgetrennt werden und nach aussen einen flachen Eindruck zeigen. Der mittlere Theil hinten deutlich ge- Icörnt, Unterseite der Yorderbrust jederseits mit einem kleinen, chitinisirten, braunen Schilde, Mittelbrust in der Mitte der Seitentheile stärker chitinisirt. Küsse nicht wahrnehmbar, Leib glatt und glänzend, nur sparsam behaart. Haft- scheiben oben von dem Hinterbrustringe an bis zum siebenten Hinterleibsringe ffcin chagrinirt, durch eine mittlere und zwei seitliche Längsfurchen, sowie je zwei Querfurchen in acht Abschnitte getheilt, von denen die beiden mittleren -einen Rhombus bilden. After dreigespalten, Y-förmig. Länge bis 38 mm. Lebensweise. Dei- grosse Pappelbock, ein durch ganz Mitteleuropa bis nach Skandinavien, Sibirien und dem Kaukasus ver- breitetes Insekt, ist ein Pappelbewohner, der zwar wohl am häufigsten in Aspe vorkommt, aber auch alle anderen einheimischen und fremden Pappelarten angeht. Er fliegt im Juni und Juli und belegt lebende Stämme mit glatter Rinde einzeln mit Eiern, gewöhnlich erst vom fünften Jahre an. Aeltere als zwanzigjährige Stämme mit stärkerer borkiger Kinde meidet er dagegen. Auch in Aesten kommt er vor, desgleichen nach Altum in Baum weiden [XVI, III, 1,8.349 und 350]. Der erste Frass der auskommenden Larve geschieht unregelmässig platzend in den letzten Jahresringen, später 'dringt sie jedoch in die tiefergelegenen Holzschichten und macht hier, aufwäits fressend, im Querschnitt ovale, oft recht langgestreckte Gänge, in welchen lange, grobfaserige Nagespäne liegen und von hier aus oft auch durch eine untere Auswurfsöffnung nach aussen gebracht werden. Hierdurch, sowie an jungen Stämmchen durch eine stärkere Anschwellung des unteren Endes ist der Frass leicht zu erkennen. Vergesellschaftet ist dieser Käferlarvenfrass häufig mit dem der Raupen des Weiden- bohrers, Cossus ligniperda L., und des Hornissen Schwärmers, Sesia apiformis L., deren Anwesenheit aber an dem eigenthümlichen Raupen- kothe unterschieden werden kann. Ist diese Gesellschaft vereinigt, so wird oft das Pappelholz arg durchwühlt. Ganz junge, etwa bis 3 cm starke Stämmchen sterben häufig in Folge der Angriffe des Pappel- bockes völlig ab, namentlich wenn mehrere Larven in einem Stamme fressen, Aeltere halten den Frass dagegen lange aus. Während der Käfer in letzteren also wesentlich technisch nachtheilig ist, wird er in jenen physiologisch schädlich und kann namentlich da, wo Pappelalleen angelegt werden sollen, recht unangenehm werden, um so mehr, als auch von ihm nicht direkt getödtete Stämme leichter vom Winde gebrochen werden. Er ist ferner ein Haupthinderniss der ja ohnedies in unseren Forsten selten gut gelingenden Erziehung gesunder, älterer Aspen. Die Generation wird bestimmt als zweijährig angegeben, so dass also die gestürzt in dem Frassgange liegende Puppe im dritten Frülijahre den Käfer liefert. F^jA Kap. IX. Die Käfer, Eine Abwehr ist nur durch Einschlag und Verbrenne» der befallenen Stämme, sowie durch Sammeln des grossen, im Früh- jahre leicht von den Stämmen herabzuklopfenden Käfers zu erreichen. Werthvolle Stämmchen, namentlich in Baumschulen und Alleen, kann man durch einen dünnen, zur Flugzeit des Käfers an den Stämmen bis zu l-5m Höhe anzubringenden Lehmanstrich schützen [V,I, S. 235]. Noch sicherer dürfte aber ein Anstrich mit der bei Hylesinus micans KuG. erwähnten LEiNWEBER'schen Schutzmasse wirken (vgl. S. 461). Sein nächster Verwandter ist der Aspenbock. Beschreibung. Saperda populnea L. Käfer in den plastischen Kenn- zeichen der S. carcharias ähnlich, aber kleiner. Stirn zwischen den Fühlern nicht vertieft, vor den Fühlern etwas gewölbt. Flügeldecken dicht mit groben Punkten besetzt, welche durch die fleckige Behaarung nicht verdeckt werden, walzenförmig mit stumpfer Spitze. Die ganze Oberseite schwarz, fein und spar- sam grau behaart, Kopf und Halsschild mit längeren Borsten; 3 Längsliuien auf dem Halsschild, von denen die mittlere oft undeutlich, und 4 — 5 in unregel- mässiger Längslinie stehende Fleckchen auf jeder Flügeldecke dicht gelb behaart. Fühler schwarz, die einzelnen Glieder an der Wurzel behaart. Länge 8 — 13 mm. Larve nur durch ihre geringere Grösse von der des grossen Pappelbockes verschieden. Lebensweise. Der Aspenbock ist, wie sein Name besagt, meist ein Bewohner von Populus tremula L., kommt aber auch in Silberpappel, P. alba L. [Nördlingbr XXIV, S. 42] und in anderen Pappeln mitunter vor. Neuerdings ist er von Czech auch in Weiden, xmd zwar in Salix alba L. und S. fragilis L., brütend gefunden worden. Sein angeblich von Bechstein berichtetes Brüten in Birken wird von Eatzeburg geleugnet [V, I, S. 235], von Dübnek [XIV, 2, S. 195] als wahrschein- lich angesehen. Wir haben die eben angeführte Behauptung bei Bechstein übrigens nicht finden können, vielmehr berichtet derselbe [I 1, S. 201] nur, dass der Käfer im Juni auf Aspen und Birken gefunden werde. Ganz vereinzelt steht die von Döbner [XIV, 2, S. 195] berichtete Thatsache, dass Bach ihn aus . der Anschwellung einer Brombeerstaude erzogen habe. Der Käfer bevorzugt schwaches Material und befällt am liebsten junge, zwei- bis sechsjährige Stämmchen und Stockausschläge, an älteren Bäumen schwache Aeste von 0"5 — 2 cm Stärke, am häufigsten solche von ungefähr 1 cm. Mitunter ist ein Zweig oder Ast dicht hintereinander mit mehreren Larven besetzt, und an manchen Stellen ist der Käfer so gemein, dass kaum ein gesundes Stämmchen zu finden ist. Seine Flugzeit fällt nach dem Laubausbruche der Aspen, auf deren Blättern man ihn im Mai und Juni häufig in Begattung findet. Das Weibchen legt dann die Eier einzeln in Rinden- ritze oder eigens hierzu genagte, später wulstig überwallende, kleine Rindenlöcher; die ausgeschlüpfte Larve frisst sich bis in den Splint durch und nagt zunächst in diesem, und zwar so, dass sowohl die äussersten Splintschiahten als die Markröhre unversehrt bleiben, einen mit feinem Bohrmehl gefüllten Hohlraum, der ungefähr in der Form eines Cylindermantels die Hälfte der Markröhre umgreift. Auf diesen Frass reagiren die Pappelarten durch Bildung einer gallenartigen Anschwellung, welche die Stämmchen und Zweige knotenartig auf- Lebensweise und Schaden des Aspenbockes, Saperda populnea. 575 treibt, während dies nach Czech [4] bei den Weiden nicht stattfindet. Diese oft dicht aneinandergereihten Knoten lassen den Angriff leicht erkennen, und unter ihrem Einflüsse nimmt die Höhlung des ersten Frasses häufig die Gestalt einer Halbkugel au fFig. 181). Späterhin wendet sich die Larve tiefer in das Innere und frisst nun nach oben in der Markröhre einen 2 — 5 cm langen Gang aus, in welchem sie schliesslich umkehrt und sich, nachdem sie denselben unten noch bis dicht an die Einde fort- gesetzt hat, gestürzt, den Kopf nach unten, verpuppt. Der Käfer nagt schliesslich ein kreisrundes Flugloch, welches immer auf der Anschwellung liegt. Schneidet man die Galle der Länge nach durch, so dass man das Flugloch halbirt, so erscheint der Markröhrenfrass als eine Art Hakengang, und nach aussen von diesem wird der Splintfrass ein- oder zwei-^ mal durch den Schnitt getroffen. Die genaueste und zutreffendste Schilderung des Frasses giebt Altum [XVI, HL 1, S. 351]. Fig. 181. Frass von Saperda Allgemein nimmt man an, die populnea L. an Aspe. A eine Larve n,aehe den peripherischen F-- ;'::;frit"'Sl '1 teile.'",?,; im ersten, den centralen im zweiten ^g^. ^jg^. Larvenfrass ausging, Sommer ihres Lebens und verpuppe sich b peripherer Larvenfrass, c cen- im dritten Frühjahre, um im Juni des- traler Larvenfrass, d Flugloch. selben den Käfer zu liefern. Die Generation wäre also zweijährig und könnte dann folgendermassen dargestellt werden: Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 + ++_ 1 i i ^gJÜ^ 1881 1 1 i_ """ j 1 — ""l 1 1 1 1882 1 O..L-^-ua. 1 1 1 1**** 1 1 • i 1 1 Wir haben aber in sicher einjährigen Aspen-Stockausschlägen, welche also erst in demselben Jahre mit Eiern besetzt sein konnten, im Herbste so- wohl den peripherischen, wie den centralen Frass gefunden, so dass also hier sicher beide Frässe aus demselben Jahre stammten. Da die in diesen Gallen r,-jQ Kap. IX. Die Käfer. eiitlialtenen Larven klein und auch ihre Frassgänge demgemäss von kleinem Kaliber waren, so ist trotzdem wohl möglich, dass sie noch ein weiteres Jahr zur vollen Eutwickelung brauchen. In diesen Gallen kommt, wahrscheinlich secundär, mitunter auch eine Sesienraupe vor, und von dieser rührt dann der Koth her, der an ihnen äusserlich anklebt. Einen Ausgang, durch den die Nagespäne der Aspenboeklarve regelmässig herausgeschafi't würden, haben wir dagegen nicht finden können. Die Innenfläche der Frassgänge bräunt sich häufig tief. Schaden und Abwehr. Dicht mit der Brut dieses Bockes besetzte Aspen, Stämmchen oder Ausschläge gehen sicher ein, während solche, welche nur ein oder einige Gallenknoten zeigen, höchstens kümmern oder verkrüppeln und schliesslich das Flugloch, sowie eventuell von dem grossen Buntspecht, der nach den Larven sehr lüstern ist, gehackte andere Löcher doch wieder überwallen. Solche Stämmchen oder solche Wurzelbrutschösslinge können aber keine gesunden Bäume geben, und es ist daher der Frass des Aspenbockes wie der seines grösseren Vetters, des Pappelbockes, eine der Ur- sachen, warum es uns so schwer fällt, in Mitteldeutschland ältere, gesunde Aspen zu erziehen. Der Käfer kann also im Allgemeinen zu den merklich schädlichen Insekten gerechnet werden. Wo das Aspengebüsch dagegen mehr als Forstunkraut betrachtet wird, ist der Käfer als gleichgiltig, ja sogar unter Umständen als nützlich anzu- sehen. Seine Bekämpfung kann an jungen Stämmen undStockausschlägeu dort, wo sie überhaupt nöthig wird, dadurch erfolgen, dass man die leicht sichtbaren Gallen vor dem Ausschlüpfen des Käfers ausschneiden und verbrennen lässt. Auch könnte man den Käfer zur Flugzeit von den Bäumen klopfen und sammeln lassen. Auf älteren Stämmen, wo sein Astfrass gänzlich unschädlich bleibt, ist ihm im Larveozustand natürlich schwieriger beizukommen. Noch geringer ist die Bedeutung der beiden zur Untergattung Überea Muls. gehörigen Saperda- Arten. Beschreibung. Saperda (Oberea Mdls.) oculata L. Käfer: Halsschild seitlich ohne Dorn oder Höcker, rothgelb mit zwei schwarzen Punkten auf der Scheibe. Augen tief ausgei-andet, Kopf und Fühler schwarz, letztere mit einigen abstehenden Wimperhaaren, nicht so lang als der lange, walzenförmige Körper. Fh'igeldecken schwarz, vorn schmal gelb gesäumt, fein grau behaart, mit tiefen, gereihten Punkten, an der Spitze abgestutzt. Hinterleib länger als Kopf und Brust zusammen. Leib, Brust, Schildchen, Taster und Beine gelbroth. Schenkel nicht keulenförmig verdickt, die hinteren reichen nicht über das zweite Leibes- segment hinaus. Fussklauen mit einem wenigstens bis zur Mitte reichenden Zahn. Länge 16 — 20 mm. Larve nach dem Lamiiten-Typus gebaut, sehr schmalköpfig, gänzlich äugen- und fusslos. Jede Haftscheibe mit zwei schmalen, geschwungenen Qaer- hinden von feinen röthlicheu Chitinspitzchen, von denen die vordere in der Mitte unterbrochen. Länge 25— 30 ?uwi [14 i, S. 509 und 510]. Sap, (Ob.) linearis L. Käfer in seiner Gestalt der Sap. oculata L. ganz ähnlich, aber mit Ausnahme der gelben Taster und Beine und des gewöhnlich gelben vorderen Theiles des Seitenraiides der Flügeldecken, ganz schwarz, ausserdem nur äusserst fein und sparsam grau behaart. Länge 11 — lö mm. Larve der des Weidenbockes ähnlich, aber kleiner, nur 20 mm lang [vgl. auch Taschexbekg XXII, H, S. 260]. Saperda populuea, S. oculata und S. linearis. 577 Lebensweise. Die beidcD soeben bescbriebenen Käfer stimmen biologisch insoweit überein, als ihre Larven die Markröhre, beziehungs- weise die inneren Holzlagen junger Laubholztriebe durch lange Gänge aushöhlen, au deren Ende sie sich verpuppen. Hierdurch gehen die Triebe ein und kennzeichnen sich durch ihre vertrockneten Blätter. Die auskommenden Käfer nagen dann ein kreisrundes Flugloch. Da- gegen sind beide auf verschiedene Holzarten angewiesen. ^ Der rothhalsige Weidenbock, Sap, oculata L., nimmt namentlich Weiden an, und zwar werden besonders Salix Caprea L., S. babylonica L,, S. alba L. [14 b, S. 510], S. viminalis L. und S. daphnoides Vill. {caspica) [XVI, III, 1, S. 353] angeführt. Er fliegt zur Sommerszeit, im Juni oder Juli, und belegt gesunde Weidentriebe an von ihm ausgenagten Rindenstellen mit einzelnen Eiern; die Larven dringen, ohne sich lange im Splint aufzuhalten, direkt in das Innere des Holzes und machen hier aufwärts oder abwärts fressend [14 6, S. 510] bis 30cm lange und 3 bis 4tmm breite, fast drehrunde Gäuge. Zuerst werden an der Einbohrungs- stelle frische, später vertrocknete Nagespäne ausgestossen, während die zuletzt abgenagten einfach in der Köhre selbst verbleiben und sie verstopfen. Die Generation wird von Perkis als eirjährig ange- geben. Der Frass, den z. B. Ratzeburg und Taschenberg gar nicht erwähnen, ist erst von Altum [XVI, III, 1, S. 353] als unter Um- ständen ernstlich schädlich nachgewiesen worden. Er fand nämlich, dass in den Weidenanlagen des Eberswalder Stadtbruches die freien Spitzen der Stecklinge mit je einem Ei belegt wurden, von wo aus die ausgekommene Larve in die zweijährigen Weidenruthen hinauf- stieg, dieselben auf 20 — 25 cm, aushöhlte, um sich in diesem Falle an dem obersten Ende des Frasskanales zu verpuppen. Oberhalb dieser Puppenwiege sterben die Ruthen ab. Eine Abwehr des Käfers ist nur durch Abschneiden und Verbrennen der befallenen Ruthen möglich. Als Vorbeugungsmass- regel gegen seine Angriffe empfiehlt Altum [XVI, III, 1, S. 353] bei Ne'uanlage von Weidenhegern tiefes Einsetzen der Stecklinge, deren Spitzen mit Erde bedeckt werden müssen. Diese Mahnung, der man allerdings nur bei leichtem Boden Folge leisten kann, ist um so beherzigeuswerther, als sich dieselbe auch aus anderen wald- baulichen Gründen empfiehlt [vgl. Krähe, 12, S. 154]. Der schwarze Haselbock, Sap, linearis L., ist dagegen schon durch Ratzeburg [V, 1, S. 336 und XV, II, S. 346] in die Forst- insektenkunde eingeführt. Er ist, wie sein Name besagt, zunächst ein Feind der Ha selnuss- Sträucher, und zwar sowohl der Corylus avellana L., als der C. colurna L. Er geht aber nach Altum [2e] auch ausnahmsweise an Hainbuche, Erle und Korkrüster, sowie nach Taschenberg [XXII, II, S. 261] an die ge- meine Hopfenbuche, Ostrya carpinifolia Scop. {vulgaris Willd). Der Käfer fliegt im Mai und Juni und belegt die vorjährigen Ruthen etwas unterhalb der Spitze an einer angenagten Stelle mit g-yg Kap. IX. Die Käfer. je einem Ei. Die Larve frisst nun nach allen Angaben ausschliesslich abwärts, im ersten Sommer in der vorjährigen Ruthe, im zweiten Sommer dringt sie aber in die vorvor jährige vor, wo sie sich schliesslich o-estürzt verpuppt, um im dritten Jahre den Käfer zu geben. Die Generation soll also zweijährig sein. Die angefressenen, jungen Triebe verrathen durch zeitiges Welken der Blätter den Angriff, ihre Knoppen veikümmern und sie bleiben daher im nächsten Frühjahre blattlos. Die Larve findet man alsdann aber schon tiefer. Dass eine reichliche Triebzerstörung den Ertrag beeinträchtigen kann, ist un- zweifelhaft, doch sind bis jetzt grössere Verheerungen durch diesen Käfer in der Praxis unbekannt. Ein sehr beachtensweither Feind der Weidenheger ist dagegen der Weberbock. Beschreibung. Lamia textor L. {nif/7-oruf/osa De Geer). Käfer schwarz, glanzlos, von sehr gedrungener Gestalt. Das runzelige Halsschild beiderseits mit einem Dorn. Fühler nicht länger als der Körper, ihr verdicktes erstes Glied so lang -wie das dritte. Hinterbrust kurz. Schildchen fein behaart, mit kahler Mittellinie. Flügeldecken fein und dicht körnig punktirt, sparsam fein behaart, häufig mit gelb behaarten Flecken. Schenkel dick, aber nicht keulenförmig. Fussklauen einfach. Länge 14 — 2Ü invi. Larve gedrungen, nicht abgeflacht, mit abgerundet sechseckigem Querschnitt in dem mittleren Theile. Derjenigen von Saperda carcharias L. sehr ähnlich, aber leicht von ihr zu unterscheiden durch den äusserst schmalen Clypeus, die Skulptur des grossen Chitinschildes der Vorderbrust, welches vorn glatt und hinten gerunzelt, aber nicht gekörnt ist, den Mangel der Körnelung auf den Haftscheiben, welche ebenso glatt sind wie der übrige Leib, und den querge- spaltenen, nicht Y-förmigen After. Länge bis 40 mm, Breite 8 — -10 7)im. Die Lebensweise dieses Käfers ist noch wenig aufgeklärt. Seine Larve bewohnt sicher die weichen Laubhölzer, und zwar nicht nur Aspen [Ratzeburg, V, I, S. 240], sondern auch Weiden, und wurde hier sowohl in S. vitellina L. [3, S. 586], als in S. daph- noides Vill. (crtspica Fall.) [Altum, 2 (?, S. 19] gefunden. Sie dürfte wohl in allen stärkeren Weiden vorkommen. Die Angaben, dass sie namentlich in Weidenmulm lebe, scheint auf Irrthum zu beruhen, da die genaueren Angaben stets ihr Vorkommen in lebendem Holze berichten, wo auch wir sie in den Serkowitzer Korbweidenhegeru bei Dresden gefunden haben. In den starken Stecklingsstöcken kann sie nun recht schädlich werden, weil in Folge ihresFrasses die treibenden Ruthen absterben, wie zunächst Altum [2 e, S. 19] in einem Weiden- heger des Schlesischen RevieresCosel 1874 fand, und wir aus Serko- witz bestätigen können. Zweifellos dürften auch die „Holzwürmer", Avelche der so gewiegte Weidenzüchter Krähe irrthümlicherweise als Larven verschiedener Bostrychus Avten ansieht, hierher gehören, und es ist daher sehr bemerkenswerth, wenn er sagt, dass es aus- schliesslich die über der Erde stehenden Stöcke sind^ welche vom Holzwurm heimgesucht werden, der, wenn er einmal in einer Anlage ist, sie bald zugrunde lichtet [12, S. 154], und wenn er später erwähnt, dass man diesem Schaden „hauptsächlich durch Anhöhen der Stöcke, sodass diese in der Erde bleiben", vorbeugen könne r|2, S. 193]. Der Weberbock, Lamia textor und minder ■uichtige Laubholzböcke. 57i> Dass in Weidenhegern, die bereits von dem HolzM'urm befallen sind, Rodung und Verbrennen der angegangeneu Stöcke, sowie Sammeln der grossen, leicht kenntlichen Käfer zweckmässige Mass- regeln sind, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden. Beiläufig sei erwähnt, dass ein seines auftallenden Geruches wegen Mo- schusbock genannter, grosser, blaugrüner Bockkäfer, welcher gewöhnlieh nur in anbrüchigen, starken Weidenstämmen lebt, auch in den alten Stöcken der W^eidenheger vorkommt und seine Larve hier den Frass derjenigen von Lamia textor L. verstärken kann, wie wir selbst in Serkowitz gefunden haben. Wir geben deshalb kurze Diagnosen von Käfer und Larve. Beschreibung. Cerambyx (Aromia Serv.) moschatus L. Käfer metall- glänzend, dunkelgrün oder blaugriin. Halsschild beiderseits mit starkem Dorn, seine Scheibe schwach gerunzelt und punktirt. Die blauen Fühler des (^ länger, die des 9 kürzer als der Körper, ihr viertes Glied länger als das erste. Schild- chen spitzig dreieckig. Flügeldecken dicht gerunzelt, an der Wurzel doppelt so breit als der Hinterrand des Halsschildes, dreimal so lang als zusammen breit, gegen die Spitze etwas verengt. Schenkel der langen, blauen Beine wenig verdickt. Fussklauen einfach. Skulptur und Farbe des Halsschildes variiren; so kommt z. B. in Südeuropa die var. ambrosiaca Stev. mit ganz oder zum Theil rothem Halsschild voi'. Länge lo—'o-i: mm. Larve nach dem zweiten Typus gebaut, also mit Füssen versehen und derjenigen von Cerambyx cerdo L. (Fig. 180 .4 und B) sehr ähnlich, aber kleiner, 30 — 35 mm lang, mit nur einem undeutlichen Augenpunkte jederseits und durch die geringe Chitinisirung der grob längsgerieften Vorderbrustplatte, die äusserst scharfe Längstheilung der sehr erhabenen Haftscheiben, deren Hälften wieder durch secundäre Furchen gegliedert sind, und die fast voll- ständige Haarlosigkeit gut gekennzeichnet. Wir erwähnen ferner eine Angabe von Eichhoff [5], dass ein anderer, im Ganzen seltener Bockkäfer, Clytus tropicus Pänz., in der Oberförsterei Hart-Nord im Ober-Elsass krankhafte, auf ungünstigem Standort erwachsene Eichen-Oberständer und Lassreidel im Mittelwalde zuweilen in grosser Zahl besetzt und ihr Absterben sehr beschleunigt habe. Von seinen Gattungsver- wandten unterscheidet sich Cl. tropicus Panz. hauptsächlich durch folgende Kennzeichen: Küfer schwarz oder dunkelbraun, I''ühler, Beine und Wurzel der Flügeldecken röthlichgelb, Schenkel in der Mitte dunkel. Zeichnungen auf Halsschild und Flügeldecken gelb, ersteres mit einer in der Mitte unterbrochenen Binde am Vorderrande, zwei Makeln an der Basis und zwei kleineren Makeln auf der Unterseite. Die besonders langen Flügeldecken mit einer schiefen Makel hinter der Schulter und drei Querbinden. Die erste beginnt am Schildchen, ver- läuft neben der Naht weit nach rückwärts und krümmt sich angeiförmig kurz vor der Mitte nach aussen und nach vorn, die zweite Binde bildet über beide Flügeldecken einen nach vorn gekrümmten, gemeinschaftlichen Bogen, die dritte ist auf jeder Decke nach rückwärts gekrümmt, an der Naht nach vorn gezogen. Spitze der Flügeldecken dunkelbraun. Länge 10 — IQ mm. Zahlreiche, andere, mittelgrosse, durch ihre bunte Färbung, gelbe oder weisse Binden auf dunklem Grunde, ausgezeichnete Arten der Gattung Clytus, schwärmen auf Holzlagerplätzeu bei warmer, sonniger Witterung lebhaft umher. Meist sind es wohl Laubholzbewohner, die sich in forstlich unschädlicher Weise unter der Rinde entwickeln, so z. B. die gelbgezeichneten, häufigen Arten Cl. arietis L., arcuatus L. und der weissgezeichnete Cl. mysticus L., dessen Flügel- decken auf der vorderen Hälfte braun gefärbt sind. Aelmliche Zeichnungen kommen unter den einheimischen Böcken nur bei wenigen, forstlich ganz unwichtigen Callidium-Art&n vor. 580 Kap. IX. Die Käfer. Das stehende Holz techuiscli schädigende Bockkäfer. Hierher ist vor allen Dingen zu rechnen der grosse Eichenbock, Cerambyx cerdo L., ein Bewohner starker, alter Eichen, dessen Larven diese Bäume, ohne sie zu tödten, mit daumenstarken, gewundenen, anfänglich unter der Rinde verlaufenden, bald aber in das ganz gesunde Holz ein- drino-enden, geschwärzten Gängen durchsetzen und für technische Zwecke völlig entwerthen (Fig. 182). Ausserdem leben aber in den verschiedenen Laubhölzern noch die Larven einer grossen Anzahl mehr oder weniger häufiger Bock- käfer, welche fast sämmtlich wohl gelegentlich technisch schädlich weiden können, weil sie einmal die Oberfläche des Holzes mit Larvengängen furchen, andererseits zur Verpuppung hakenförmige, tiefer in das Holz dringende Puppenwiegen machen. Wer sich über diese Formen orientiren will^ muss die schönen biologischen Notizen von NöRDLiNGER [XX|V, S. 40 — 43] und namentlich die genauesten Schilderungen von Perris [VI 5, S. 416 — 570] vergleichen. Wir können ausser dem Eichenbock nur einige wenige, gelegentlich in der forstlichen Literatur berührte Arten erwähnen. Beschreibiin er. Cerambyx (Hama/ichervs R-edtb.) cerdo L. [luros Scop.). Käfer schwarz, ohne Metallglanz. Halsschild mit groben Querrunzeln und beider- seits mit einem starken Dorn. Die ausgerandeten Augen ziemlich grob facetlirt. Fühler an der Basis verdickt, ihr viertes Glied nicht länger als das erste, die des J* viel länger als der Körper. Flügeldecken am Nahtwinkel mit einem kleintn, spitzen Dorn, nach hinten verengt, vorn fast schwarz, hinten roth- braun, vorn grob, hinten feiner runzelig punktirt. Gelenkhöhlen der Vorder- hüfteii nach aussen ganz, nach hinten bis auf einen Spalt geschlossen. Schenkel nicht keulenförmig verdickt. Fussklauen einfach. Länge 20 — 50 mm. Larve nach dem zweiten Typus gebaut, sehr gross, bis 80 mm lang [Fig. 180^, B und D] mit einer senkrecht stehenden Reihe von drei Punktaugen nach aussen von den sehr kleinen Fühlern. Vorderrand des Kopfes braun- schwarz, eine Binde auf dem Vorderrande der Vorderbrust braun. Chitinschild derselben wenig fest, vorn quer-, hinten längsgerunzelt, mit durch Furchen abgegrenzten Söitentheilen. Füsse sehr klein. Haftscheiben mit mittlerer Furche, jede Hälfte wiedor weiter quer- und längsgetheilt, ausserdem fein gehöckert. After Y-förmig. Lebensweise, Schaden und Abwehr. Dieser grösste aller Europäischen Bockkäfer ist vornehmlich ein Bewohner starker alter Eichen^ obgleich er nach den neuesten Angaben von Keller [10] im vSüden auch in Esche und Nuss bäum vorkommt. Wenngleich er in Kussland fehlen, in Skandinavien selten sein soll, dagegen in Ungarn und Italien zu den sehr häufigen Käfern gehört, kommt er doch auch bei uns in Deutschland überall da in ziemlicher Menge vor, wo sich ältere Eichenbestände finden. Wir selbst kennen ihn am besten aus den Mulde-Auen bei Dessau, wo er in den 100 — 200jähngen, einzeln- stehenden Eichen zahlreich lebt. Der grosse Eiclieubock, Cerambyx cerdo. 581 :4k '\W] i\ Seine Flugzeit fällt ia die Monate Juni und Juli, zu Zeit er an warmen Abenden zahlreich schwärmt, während bei Tage meist in den Frassgängen seiner Larve versteckt hält, aus denen er sich mit Gewalt, namentlich an den herausgestreckten Fühlern, kaum herausziehen lässt, während eingeblasener Tabaksrauch ihn leichter heraustreibt. Er belegt wahrscheinlich haupt- sächlich die anbrüchigen Stellen alter Eichen mit Eiern; Die erwachsenen, fast zeige- fingergrossen Larven bleiben aber durchaus nicht etwa, wie die des Hirschkäfers, in den mulmigen Theilen^ sondern durchwühlen zuerst in flachen, oberflächlichen Gängen den gesunden Splint, um später in das ganz feste Holz, mitunter bis auf den Kern einzu- dringen. Das Larvenleben scheint 3 — 4 Jahre zu dauern, und der Käfer bereits in dem seinem Flugjahre vorausgehenden Winter die Puppenhülle, in welcher er in glattgenagter Wiege in der Tiefe des Holzes schlummerte, abzustreifen. Wir haben z. B. bereits im Januar aus Dessau frische, noch weiche Käfer erhalten. Seinen Ausgang sucht er dann durch die grossen Larvengänge. Die Wände der im Querschnitt gewöhnlich ovalen, fingerslarken, mit festem, braunem Nage- mehl gefüllten Gänge schwärzen sich bald unter dem Einflüsse parasitischer Pilz- wucherungen. (Fig. 182). Die Praktiker sagen alsdann, das Holz seivondem „grossen schwarzen Wurm" befallen, wie sie unseren Käfer im Gegensatz zu dem „kleinen schwarzen Wurm", dem Tomicus mono- graphus Ratz., nennen (vgl. S. 546). Ob- gleich starke Eichen den Frass, welcher bei der Rauhigkeit der alten Eichenrinde häufig erst dann bemerkt wird, wenn letztere, völlig morsch geworden, sich ablöst, äusserst lange aushalten, so kann doch kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass durch solchen Riesen- frass auch eine gewisse physiologische Schädigung der Stämme eintritt. Eine wirkliche forstliche Bedeutung hat der Käfer aber nur in technischer Beziehung, da die von seinen Larven durchfressenen Stämme als Nutzholz völlig werthet und namentlich zu Fassdaubea unbrauchbar werden. In welcher er sieb i\^ ■ n ^ .*! W ^^ Fig. 182. Frass von Cerambyx cerdo L.inEichenholz. 1/3 nat. Grösse. Original. ent- den f-QC) Kap. IX. Die Käfer. Oberitalienischen Sagemühlen wird dieser Frass noch dadurch lästig, dass in den Gängen sich häufig die Kiesenameise, Formica ligniperda Latr., ansiedelt und nicht nur die Gänge erweitert, sondern auch die Arbeiter so empfindlich belästigt, dass sie die Ameisen häufig durch Eino-iessen von heissem Wasser vertreiben müssen [10]. Eigentliche Abwehrmassregeln sind gegen diesen Käfer wohl fast unmöglich, höchstens könnte man den Käfer selbst zur Flugzeit an schönen Abenden wegfangen lassen. Die gewöhnliche Annahme, dass die von Plinius unter dem Namen „Coss^ts" ancreführte, von Hieronymus als „^vÄöcpuyov'" bezeichnete, in Eichen lebende und von den Alten als Leckerbissen betrachtete Insektenlarve diejenige von Cerambyx cerdo L. gewesen sei, wird neuerdings von Keller [10] verworfen und vielmehr angenommen, dass sich diese Angabe auf die häufigere Hirsch- käfcrlarve beziehe. Cerambyx Scopolii Laichart, (cerdo Scop.), sein nächster Verwandter, der liänüg wenigstens dem Namen nach mit dem Riesenbocke verwechselt wurde, aber durch geringere Grösse, 18—29 mm Länge, sowie durch den Mangel des Dornes am Nahtwinkel der nach hinten nicht verengten und ganz schwarzen FliigeldeckeJ leicht unterschieden werden kann, ist, obgleich er häufig in Buchen und auch in anderen Laubhölzern, namentlich in Edelkastanie, Apfel- und Birnbaum, sowie Ulme vorkommt [XXVI, S. '205], noch niemals forstlich bedeutungsvoll geworden, wenn auch die ziemlich grossen Gänge seiner Larve als technisch einigermassen schädlich angesehen werden könnten. Dasselbe gilt nach unserer Ansicht von zwei weiteren nahen Verwandten, welche, obgleich in den Sammlunojen noch immer als selten sehr gesucht, doch in die Forstinsektenkunde eingeführt warden. Bereits durch Eatzebürg [XV, II, S. 299 — 302] geschah dies mit dem Ahornbock. Beschreibung. Callidium (Rhopalopus Muls.) Hungaricum Hbst. Küfer schwarz. Halsschild ohneDornen, in der Mitte glatt, fein zerstreut-punktirt, an den winklig erweiterten Seiten grob runzlig punktirt. Vorderhüften durch einen schmalen, abgerundeten Fortsatz der Vorderbrust getrennt, Mittelbrust zwischen den Mittelhüften ausgerandet. Flügeldecken hinter den Schultern nach der Mitte 7.a etwas verengt, grün erzfarbig, an der Basis grob, nach hinten allmählich feiner gerunzelt. Schenkel gegen die Spitze stark keulenförmig verdickt. Fuss- klauen einfach. Länge 18 -24 mm. Larve bis jetzt nicht näher beschrieben. Von Ratzeburg ist der Ahornbock allerdings Ceramhyx dz7ato/!?w genannt worden, hier liegt aber offenbar eine Verwechselung vor. Einerseits ist nämlich das früher CaUidum dUafatum Payk. genannte, jetzt in den Katalogen als Cal. aeneum De Gei'r aufgeführte Thier, welches allerdings in Form und Farbe dem Cal. Hungaricum ähnlich ist, aber zu einer granz anderen Untergattung, zu Callidium im engeren Sinne gehört, nach den übrigen Mittheilungen, z. B. den sehr genauen von Heeger [8], ein Buchenthier. Andererseits versichert Altum [26], dessen Exemplare aus derselben Waldherrschaft stammen, aus denen Ratzf.burg die seinigen bezog, bestimmt, dass es sich um Callidium insuhricum Gkrm. liandle, einer Varietät des Cal. (Rhopalopus) Hungaricum Hbst., 'die neuerdings aber wieder durch Ganglbauer [7] als gute eigene Art betrachtet wird. Wir wählen den Namen Cal. Hungaricum, weil nach letzterem Autor dies die weiter nördlich vordringende Form ist, während sein Cal. (Rh.) insubricum Germ, mehr südlich von den Alpen angetroffen wird. Im Allgemeinen scheint uns aber die Speciesfrage noch etwas unklar zu sein. Der Grund, M^arnm sowohl Ratzeburg wie Altum den Ahornbock behan- deln, ist ein und dasselbe lokale Vorkommen. Er ist nämlich von Anfang der Sechzigerjahre an in den im südöstlichen Westfalen, zwischen Lahn und Eder gelegenen fürstlich WiTTGENSTEiN-BERLEBURG'schen Revieren im Bergahorn, Acer Pseudoplatanus L., aufgetreten, und zwar namentlich in zopftrockenen, Ahorn- und Alpenbock. Verarbeitetes Holz schädigende Böcke. 583 älteren Stämmen, die theilweise von oben bis unten mit seinen Gängen besetzt sind. Der Käfer fliegt dort Ende Mai, Anfang Juni, legt seine Eier an die Rinde der Ahornstämme, die auskommende Larve platzt im ersten Jahre unter der Rinde, macht nach der Ueberwinterung einen charakteristischen, abwärts- gehenden Hakengang, in dem sie den zweiten Winter verbringt, um im dritten Frühjahre sich hier zu verpuppen und den Käfer zu liefern. Die Generation ist also hiernach zweijährig. Die Stämme sollen den Frass sehr lange aushalten, sodass sich vielfach überwallte Frassgänge vorfinden. Dagegen entwerthet der Käfer angegriffenes Holz völlig für Dreh- und Schnifzwaaren, sodass z. B. im Frühjahre 1869 5') — 60 Stämme, die besonders stark angegriffen waren, verkohlt werden mussten. Das Vorkommen im Berleburg'schen scheint aber lokal zu sein, da bereits im Bergischen und im Westerwalde der Käfer sich nicht mehr finden soll [Altum 2 b]. Im Allgemeinen ist er so selten, dass er in den Verkaufs- katalogen noch mit 80 Pfennig das Stück angeboten wird und oft gar nicht im Handel zu haben ist. Der zweite Käfer wurde erst in der neueren Zeit von Altum etwas genauer forstlich behandelt. Es ist dies der Alpenbock. Beschreibung. Cerambyx (Rosalia Serv.) alpinus L. Käfer dicht fein bläulich grau behaart. Halsschild mit flacher, runzlig punktirter Scheibe, beiderseits mit hoch hinaufgerücktem Seitendorn und am Vorderrande mit einem sammtschwarzen Flecke. Fühler nicht dick, ihr viertes Glied länger als das erste, einige Glieder an ihrer Spitze mit schwarzen Borstenbüscheln. Auf den Flügeldecken eine an der Naht unterbrochene, breite Querbinde hinter der Schulter, eine nicht unterbrochene solche Binde etwas hinter der Mitte und gewöhnlich ein Fleck vor der Spitze schön sammtschwarz. Gelenkhöhlen der Vorderhüften nach aussen mit einem ziemlich langen, offenen Schlitz. Schenkel nur massig verdickt, Fussklauen einfach. Länge 2() — 36 vim. Larve vorläufig nicht näher beschrieben. Dieser in den Alpen am häufigsten vorkommende, aber auch in Ungarn, Skandinavien, in der rauhen Alp, am Rhein [XXIV, S. 41] u. s. w. in an- brüchigen Buchen brütend gefundene, zierlichst gekleidete Käfer erregte durch sein eine Zeitlang häufiges Auftreten in dem königlich Preussischen Staatsforstrevier Mühlenbeck, Regierungsbezirk Stettin, wo ein früherer Förster ihn zu Handels- zwecken in grosser Anzahl gesammelt hat, die Aufmerksamkeit Altum's [2 c]. Jetzt ist er dort bereits äusserst selten geworden, woraus Altum mit Recht schliesst, dass bei einem so grossen, auffallenden Käfer, wenn er einmal wirklich schädlich werden sollte, consequent durchgeführtes Sammeln als Abwehr an- wendbar und erfolgreich sei. Einen direkten Schaden konnte ihm übrigens auch Altüm nii'ht nachweisen. Geschlagenes und verarbeitetes Holz tecliniscli schädigende Bockkäfer. Als Typen dieser biologischen Gruppe wählen wir den Hausbock, Callidium bajulus L., und Cal. variabile L., denen sich noch einige Verwandte anschliessen. Es sind dies Thiere, welche zwar ebensowenig wie manche Anobien den Forstmann bei der Ausübung seines eigentlichen Berufes stören, wohl aber die Pro- ducte der Forstwirthschaft schwer zu schädigen im Stande sind. Cal- variabile L., ein im Durchschnitte ungefähr 12 mm langer, wie schon sein Name besagt, in der Färbung äusserst veränderlicher, meist einen schwarzen Kopf, rothgelbes Halsschild und blaue Flügel- decken zeigender Bock, schliesst sich der vorhergehenden biologischen Gruppe nebst einigen Verwandten noch insofern an, als er berindetes 84 Kap. IX. Die Käfer. Laubholz nach der Fällung angeht, mit Eiern belegt und seine Larve die Rinde durch flache Gänge unterhöhlt und sich schliesslich in einem in das Holz eindringenden Hakengange verpuppt. Der Hausbock, ein ungefähr 15—20 mm langer, dunkelbrauner, fein weisslich behaarter Käfer mit zwei glatten, glänzenden Höckerchen auf dem Halsschilde, ist dagegen im Wesentlichen auf bereits ent- rindetes und bearbeitetes Nadelholz angewiesen, dessen Splint seine Larven in tief eindringenden Gängen, bei Schonung der Oberfläche, im Inneren so vollständig durchwühlen, dass es alle Festigkeit ver- liert. Die Verheerungen der Larven sind öfters Ursache des Zu- sammenbrechens von Balken. In ähnlicher Weise zerstören Cal. lividum Rossi und Cal. pygmaeum Fabr. die Reifen von Weinfässern, Abwehrmassregeln von wirklich durchgreifender Wirkung giebt es gegen diese Thiere kaum. Wir wenden uns zunächst zu den berindete Hölzer angreifenden Formen. Beschreibung'. Cal. {Phymalodes MuLS.) variabile L. Käfer: Vorderhüften aneinanderstehend. Halsschild mit einigen glatten, glänzenden Erhabenheiten. Flügel- decken fein, weitläufig, etwas rauh punktirt. Fühler des (^ länger als der Körper. Färbung äusserst veränderlich, Körper rothgelb, Flügeldecken blau, mitunter theil- weise oder ganz rothgelb, Halsschild bis- weilen dunkel, ebenso Stirn und Brust. Diese JlÄ^Kr'^tij ■ V Farbenvarietäten haben viele Synonyme -ÄT'lP^tr* 1 hervorgerufen, so fennicum L., testaceum F ABn., praeustum Fabr., similare Küst., anale Redtb., Sellae Kraätz. Länge 8 — 14 mm. Larve nach dem Cerambyeinen-Typus gebaut, also beintragend, mit zwei grösseren Augenpunkten, Haftscheiben in der Mitte wenig gefurcht, leicht genetzt, der ganze Leib kurz behaart. Aftersegment ohne Aus- zeichnung. Länge 10 — 13 mm. Cal. sanguineum L. Käfer schwarz oder schwarzbraun, die Flügeldecken, sowie häiifig auch die Spitzen und die Seiten des Hintertheiles roth. Die g.mze Oberseite mit feurigrothen, sammetartigeu Härchen dicht bedeckt. Länge 9 — 11 mm. Larve der vorigen sehr ähnlich, aber mit fein chagrinirten Haftscheiben [14 i., S. 429]. Lebensweise. Beide Arten leben in abgestorbenem Laubholze, am liebsten wohl in Buchen, Hainbuchen, Eichen, ^-^«,.; Edelkastanien, aber auch in Obst- Fi"-. 183. Frass von Callidium bäumen und den verschiedensten anderen variabile L. in Buchenliolz, rechts Holzarten. Der Frass ihrer Larven besteht ist eine Puppenwiege sichtbar, i/j^at. i'i Aachen, geschlängelten, Rinde und Holz Grösse. Original. furchenden, mit Nagemehl vollgestopften Gängen, von denen sie späterhin durch längsgestellte, ovale Oefinungen in die Tiefe des Holzes eindringen, um sich hier ia i Callidium variabile u. Cal. bajulus, der Hausbock. 585 3 — 6 cjn langen, hakenartig herabgebogenen Puppenwiegen zu verpuppen (Fig. 183). Da diese Thiere häufig an gefälltes Holz gehen und auch sehr ausge- trocknetes nicht scheuen, so findet man sie leider nur zu oft in Holzsammlungen, wo sie unvergifteten (vgl. S. 260), berindeten Laubholz-Abschnitten ebenso schädlich werden, wie Anobium molle L. (vgl. S. 346) den berindeten Nadelholz- Abschnitten. Weit beachtenswerther für die Praxis sind dagegen die aacb entrindete Hölzer und namentlich verarbeitetes Nadelholz angehenden Formen, besonders der Hausbock. Beschreibung. Callidium (Hylotrupes Sekv.) bajulus L. Käfer: Fühler auf der Stirn entfernt von den Kiefern eingelenkt. Augen tief ausgeranlet. Halssclüld an den Seiten stark gerundet und erweitert, breiter als der Kopf und als seine eigere Länge, unbewaffnet, mit zwei glänzenden flachen Höcker- chen auf der Scheibe. Gelenkhöhlen der Vorderhüften nach hinten offen, letztere durch einen breiten Fortsatz der Vorderbrust getrennt. Hinterschenkel kürzer als der Leib, pechschwarz oder braun, Flügeldecken mit einigen weissbe'.iaarten, nicht scharf begrenzten Flecken. Länge 8 — 20 mm. Larve nach dem Cerambyeinen-Typus gebaut und namentlich den Larven der Untergattung Callidium im engeren Sinne nahe verwandt, aber durch eine jeder- seits ausserhalb von den Fühlern stehende, senkrechte Reihe von drei Äugen- punkten, wenig festes, glänzendes, schwach längsgeritztes Vorderbrustschild mit deutlicher Mittellinie und zwei kurzen Seitenfurchen sowie in feine Wärzchen zertheilte, in der Mitte etwas lätigsgefurchte Haftscheiben unterschieden. Körper sparsam behaart, After Y- förmig, keine hinteren Chitinspitzen. Länge 20 —22 ttiot. Cal. violaceum L. Käfer: Halsschild flach, dicht und grob gleichmässig punktirt. Flügeldecken grob gerunzelt und gekörnt. Oberseite dunkelblau. Vor- derhüften aneinanderstossend, Fühler bei ^J und 9 kürzer als der Körper. Länge 10 — 15 mm. Larve nicht näher bekannt. Lebensweise. Diese ist eigentlich nur bei dem Hausbocke etwas genauer beobachtet. Derselbe ist ein Nadelholzinsekt, welche? im Freien in Stöcken, Planken, Brettzäunen u. s. f. lebt, aber namentlich auch bearbeitete und in Gebäuden verbaute Nadelholzbalkea, sowie Möbel aus Kiefern-, Fichten- und Tannenholz aufsucht. Das Weibchen belegt die Ritzen mit Eiern, und die Larven durchfressen, wenn sie ungestört bleiben, wenigstens so weit der Splint reicht, das Holz mit der Faser folgenden, im Querschnitt elliptischen Gängen dermassen, dass häu6g nur ganz dünne Scheidewände zwischen den mit Nage- spänen dicht erfüllten Hohlräumen übrig bleiben. Dieser Schaden ist deshalb schwer zu entdecken, weil die Larven, wie die der ähnlich lebenden Anobien (vgl. S, 346), die äussere Oberfläche völlig ver- schonen, und sogar die Käfer sich häufig nicht einzeln durchfressen, sondern nacheinander durch ein und dasselbe Flugloch das Holz ver- lassen, so dass also ein anscheinend ganz gesunder Balken völlig morsch sein kann. Ja es scheint nach den Schilderungen von Perris [10 a, S. 456 — 459], dem wir hier vorzugsweise folgen, dem aber NöRDLiNGFR [XXIV, S. 4l] widerspricht, nicht unmöglich, dass sich die Käfer, ohne das Holz zu verlas5en, im Inneren wieder weiter fortpflanzen. Wenigstens kamen in dem Hause dieses französischen Forschers neun Jahre lang aus einem eingt^gipsten Kiefernbalken immer wieder Käfer hervor. Auch Altum [XVI, UI, 1, S. 339] kennt Lehrbach d. mittelenrop. Forstinsektenkunde. 38 CD/. Kap. IX. Die Käfer. einen Fall, in welcbem aus einem Hausgerätb, das vor acht Jahren augefertigt war, sich ein Käfer herausuagte. Es ist aus diesem Grunde auch sehr schwer, die Generation festzustellen. Die Larve soll nach einer von Stephens herrührenden, von Westwood mitgetheilten Beobach- tun"- so feste Kiefer haben, dass sie sogar durch Bleiplatten, mit denen ein Balken beschlagen war, zahlreiche Löcher frass. Am ge- fährlichsten wird dieser Käfer wohl dort, wo er Gebälk angeht; einen Fall; in welchem im Laufe von 25 Jahren der Dachstuhl eines Hauses in Marburg völlig zerstört wurde, berichtet Altum [XVI, III, 1, S. 339], und uns selbst ist im Jahre 1886 ein ähnlicher Fall aus Franken- berg in Sachsen bekannt geworden. Aehnlich, Avenn auch minder grossartig ist der Schaden, den Cal. violaceum L. anrichtet, welches ausser in Nadelhölzern auch in Laubhölzern lebt, z. B. von Nördlinger [XXIV, S. 41] aus Erle erzogen wurde. Abwehr. Ist einmal Holz von den Larven angegangen, so sind Vertilgungsmittel gegen sie wohl nicht anwendbar. Als wesentlichstes Vorbeugungsmittel ist die Vermeidung der Ver- wendung von Splintholz anzurathen, welches viel mehr wie Kernholz den Angriffen unterliegt. Wie Altum ferner sehr richtig bemerkt, dürfte „Theer- oder Kreosotölanstrich" einen neuen Holzbau gleich- falls schützen. Im Uebrigen verweisen wir auf die von uns bei Be- sprechung der Anobien (S. 347) berichteten Versuche von NördlInger, Holz durch verschiedene Imprägnationsflüssigkeiten zu schützen. Als Feinde aller Gewerbe, welche hölzerne Fassreifen brauchen, sind noch folgende zwei Formen anzuführen: Beschreibung. Callidium (Gracilia Seev.) pygmaeum Fabr. {Saperda minuta Fabr., Cal, 2}usillum Fabr., Cal. vini Panz.). Käfer: Äugen grob facettirt, deutlich getheilt. Fühler auf der Stirn eingelenkt. Letztes Glied der Kiefertaster klein, nicht länger als das vorletzte. Halsscliild unbewaffnet, länger als breit, kaum breiter als der Kopf, nach hinten verengt, sehr fein und dicht punktirt. Gelenkhöhlen der Vorderhüften nach aussen geschlossen, nach hinten weit otl'en. Flügeldecken schmal, ziemlich flach, weitläufig seicht punktirt. Ober- seite braun, fein behaart. Länge 4-5 — Gjjjwi. Larve nach dem Cerambycinen-Typiis gebaut, schlank und weiss, sparsam behaart, mit nicht ganz kurzen Fühlern, jederseits mit einem, nach Schiödte aus fünf Einzelaugen bestehenden Punktaugenflecke, sehr kurzen Beinen und in der Mitte getheilten, fein genetzten Haftscheiben. Länge 6— 7wim [14 c, S. 464 und 16, ö. 413]. ^ Cal. (Phymatodes Muls.) lividum Rossi (melancholimm Fabr., hrevicolle ScuöNu., thoraciaim Com.). Käfer: Flügeldecken dicht und tief runzelig punktirt, braun mit blauem Schimmer oder violett, Halsschild weitläufig tief punktirt, mit drei Längsschwielen, rothgelb oder braun, mit violettem Schimmer und nur die Mittellinie gelb. Unterseite braun, Fühler hellbraun, ihr drittes Glied länger als das vierte. "Vorderhüften aneinander stossend. Beine gelb, theilweise bräunlich. Länge 7—10 mm. Larve nach dem Cerambycinen-Typus gebaut, 9— 11mm lang. Lebensweise. Beide Arten stimmen darin überein, dass sie in den ab- gestorbenen oder abgeschnittenen Aesten verschiedener Laubhölzer brüten. Cal, pygmaeum Fabr. ist polyphag, doch scheint es bei uns hauptsächlich die Birke [Öcumitt 17], in Frankreich die Edelkastanie [146, S. 4651 zu bewohnen. Hausbock ii. Fassreifen zerstörende Böcke. Literaturnaclivveise. 587 kommt aber auch in Weide, Eiche, Weissdorn, Pfaffenhütchen, Rose und Brombeere vor, und ist von uns selbst aus Buche und Hainbuche gezogen worden. Cal. lividum Rossi ist dagegen mehr auf Eiche und im Süden namentlich auf Edelkastanie angewiesen. Der Frass beider — wir kennen den der zweiten Art nur aus der Beschreibung von Peeeis [146, S. 432] — scheint sehr ähnlich zu sein. Cal. pygmaeum Fabr. belegt die Basis der Ast- ansätze mit einer Reihe von Eiern, und die auskommenden Larven fressen nun bald nach unten, bald nach oben in Rinde und Holz, bei ihrem späteren Wachs- thum hauptsächlich in letzterem, tiefe, scharfe, allmählich sich verbreiternde, anfangs parallel verlaufende, später unregelmässig gekrümmte Längsgänge. Nach Vollendung des Wachsthums wenden sie sich von der Richtung ihres Ganges nur so weit ab, dass sie schräg in das Innere des Holzes dringen und hier eine Puppenwiege mit ovalem Eingange nagen, aus welcher dann das Insekt durch ein gleichfalls ovales Flugloch sich befreit. Die Generation scheint zweijährig, vielleicht sogar mehrjährig zu sein (vgl. aber S. 559). Da immer nur bereits abgestorbene oder eingeschlagene Stangen mit Eiern belegt werden, so kann von einem physiologischen Schaden nicht die Rede sein, und der technische Schaden ist auch nur in dem einen, aber, wie es scheint, recht häufigen Falle wirklich namhaft, wenn nämlich zu Fassreifen verwendetes Material angegriffen wird. Die Fassreifen werden dann häufig so geschwächt, dass sie platzen oder wenigstens ersetzt werden müssen. Diese Thiere sind daher namentlich in Frank- reich, wo besondeis Edelkastanienreifen zu Weinfässern verwendet werden, von den Weinbauern und -Händlern sehr gefürchtet, und es ist oft vorgekommen, dass in Folge durch sie verdorbener Reifen Fässer während der Gährung ge- sprungen sind. Als Vorbeugungsmittel wird von Peeris die Lagerung der Fässer in völlig dunklen Kellern empfohlen. Uebrigens können nach Peeris [\^h, S. 465 und 466] und Nördlinger [XXIV, S. 41] auch berindete Weidenruthen, namentlich aus solchen hergestellte Körbe geschädigt werden. In dem Falle von Perris war allerdings der Haui)t- schädling Leptidea brevipennis Muls. Sollte wirklich einmal ein Schaden an Weidenruthenvorräthen bei uns eintreten, so könnte dies nur an ungeschälten Ruthen der Fall sein, und es wäre dem Insekt durch Dörren oder Schälen der Ruthen beizukommen, Literafuriiacliweise zu dem Abschnitte „die Bockkäfer". I. Ahlemann. Der Insektenfrass in der Oberförsterei Guttstadt u. s. f. Orunert's forstliche Blätter, Heft 6, 1863, S. 89—111. — 2. Altüm, B, a) Cerambyx fascicularis, Bostrichus bidens und Hylesinus minlmus nach einem Herbststurm im Kiefernwalde. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen VII, 1875, S. 126 — 128. h) Der Ahornbockkäfer, Callidium insubricum Germ. Daselbst VII, 1875, S. 129 — 134. c) Der Alpen- bockkäfer. Daselbst X, 1879, S. 402 — 404. d) Die den Weidenhegern schädlichen Insekten. Daselbst XI, 1879, S. 17—22. e) Der Hasel- bockkäfer. Daselbst XI, 1879, S. 328. /) Wipfeldürre der Kiefern- überständer. Daselbst XVI, 1884, S. 21 — 29. — 3. Chapuis, M. T. et Candkze, M. E. Catalogue des Larves des Coleopteres etc. Me- moires de la Soc. Koy. de Liege, VIII, S. 341 — 653. — 4. Czech, J. Saperda populnea in Weiden. Centralblatt für das gesammte Forst- wesen IV, 1878, S. 433 und 434. — 5. Eichhopp, W. Tecbnisch schädliche Forstiusekten. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen XV, 1883, S. 221. — 6. Fleischer, A. B. Der Fichtenborkenkäfer im Böhmerwalde, seine Mithelfer an dem Zerstörungswerke u. s. f. Vereins- schrift des Böhm. Forstvereins, Heft 99, S. 1 — 42. — 7. Gangl- 38* r gg Kap. IX. Die Käfer. BAUEK, L. Bestimmungstabellen der europäischen Coleopteren VII und VIII. Cerambycidae. Verhandl. der Zoolog.-botan. Gasellschaft in Wien 1881 und 1883. — 8. Heeger, E. Bjiträge zur Naturgeschichte der Insekten. Sitzungsber. der math.-naturw. Classe der kais. Akad. d. Wiss. z. Wien IX, S. 927, 1853, Decemberheft. — 9. Hlawsa, A. Tetropium luridum et fascum. 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Eatwickelungs- geschichte von Gracilia pygtnaea. Stettiner entom alogische Zeitung IV, 1843, S. 105—107. Die Blattkäfer. Die Blattkäfer, Chrysomelidae, umfassen eine gröisere Reihe kleiner, bis mittelgrosser, blattfressender, häufig lebhaft und besonders metallisch gefärbter, tetramerer Käfer, von einer im ganzen cylindrischen oder halb- kugeligen, gedrungenen Leibesform, mit rüssellosem Kopfe und kurzen, ungebrochenen Fühlern, deren meist ausgesprochen gefärbte, mit kurzen, aber gut entwickelten Beinen versehene Larven gewöhnlich äusserlich an denselben Nährpflanzen wie die Käfer selbst leben, und zwar manchmal in einem aus ihrem Kothe erbauten, sackförmigen Gehäuse. Die Eier werden gewöhnlich direkt an die Blätter der in den meisten Fällen krautartigen Nährpflanzen abgelegt, und die Larve hängt sich zum Zweck d°r Verpuppung entweder mit der Hinterleibspitze an ein Blatt, oder geht in die Erde oder in die Bodendecke. Ihr im ganzen nicht allzu hervorragender forstlicher Schaden setzt sich in den meisten Fällen aus dem Larven- und Käferfrass zusammen und wird eigentlich nur in den Weidenhegern wirklich empfiudlich. Systematik. Die Chrysomeliden werden in den entomologischen ^peclalwerken in vier grosse Unterfamilien getrennt und diese wieder in kleinere Gruppen und zahlreiche Gattungen getheilt. Wir behalt :!n Literaturnachweise über Bockkäfer. D'e Blattkäter. 589 hier die Unterfamilien bei und sehen die sie zusammensetzenden Gruppen als Gattungen an, während wir die gewöhnlichen Gattungen als Untergattungen betrachten. Diese Unterfamilien reihen sich so aneinander, dass sich ein allmählicher Uebergang von länger gestreckten, sich im allgemeinen Habitus den Bockkäfern nahe anschliessenden Formen, den Eupoda, durch die gedrungeneren, aber noch walzigen Gestalten der Campto- sonaata, zu den fast halbkugelförmigen, typischen Chrysomeliden, den Cyclica, und schliesslich zu den meist ganz abgeplatteten, mit ab- wärts gewendeter Stirn und rückwärts verborgenen Mundtheilen versehe- nen Cryptostomata, ergiebt. Wirthschaftlich sind Vertreter aller vier Unterfamilit n beachtenswertb, forstlich kommen aber, sogar wenn man eehr streng rechnet, nur die beiden mittleren Unterfamilien in Betracht, und wirklich bedeutenden Schaden haben nur Vertreter der Cyclica gemacht. Die drei ersten Unterfamilien, die Eupoda, Camptosomata und Cyclica, stimmen darin überein, dass die Käfer den Kopf mit der Stirn nach vorn geneigt oder senkrecht tragen, die Mundwerkzeuge daher ihre normale Lage liaben, während bei der vierten Unterfamilie, den Cryptostomata, die Stirn plötzlich nach unten und hinten gebogen ist, sodass auch die Mundwerkzeuge nach hinten gedrängt erscheinen. Die 1. Unterfamilie, Eupoda, ist ausgezeichnet durch den läng- lichen Umriss des Leibes, den hinter den Augen eingeschnürten Kopf und das schmale, der scharfen Seitenränder entbehrende, gegen die breiteren Flügeldecken scharf abgesetzte Halsschild. Sie zerfällt in drei grosse Gattungen, Sagra Fabr., Donacia Fabr. und Crioceris Geoff. Erstere, durch die weit auseinanderstehenden Vorderhüften gekennzeichnet, in der Deutschen Fauna nur durch die Untergattung Orsodacna vertreten und sonst im Wesentlichen aus tropischen Formen bestehend, ist wirth- schaftlich ebenso unwichtig als die zweite, deren Mitglieder, wie schon der Name Donacia, „Rohrkäfer", andeutet, auf den verschiedensten Wasserpflanzen, theilweise sogar unter Wasser leben. Diese letzteren erinnern in ihrem Habitus so sehr an die Bockkäfer, dass sie früher geradezu als solche angesehen und den Gattungen Leptura oder Rhagium beigezählt wurden, von denen sie sich aber scharf durch die Lebensweise ihrer stets unter Wasser bleibenden und dort an Pflanzen fressenden Larven unterscheiden. Die nahe bei einander eingelenkten Fühler und die bedeutende Länge des ersten Hinterleibsringes unterscheiden die Gattung Donada wieder von der Gattung Crioceris, bei welch letzterer die Fühler durch die ganze Breite der Stirn getrennt und der Hinterleibsring 1 höchstens so lang, wie 2 und 3 zusammengenommen, wird. Auch diese Gattung ist forstlich unwichtig, dagegen gärtnerisch beachtenswertb, da Cr. Lilii Scop., d. h. die schwarzbeinige Verwandte von Cr. merdigera L , als Larve und Käfer die Gartenlilien an Blättern und Stengeln arg befrisst und Cr. i2-punctata L., sowie Cr. Asparagi L. in beiden Lebenszuständen unsere Spargelanptlanzungen schädigen. Die 2. Unter familie, Camptosomata, ist charakterisirt durch den der vorigen gegenüber abgekürzten Umriss des walzenförmigen, also fast einen kreis- runden Querschnitt besitzenden Körpers, den Mangel einer Halseinschnürung am Kopfe, der sich unmittelbar an das mit scharfen Seitenrändern versehene Hals- schild anschliesst und durch die Verwachsung der beiden Hinterleibsringe 4 und 5. Ihren Namen verdankt die Unterfamilie aber den Larven, weil diese mit ihrem bauchwärts „eingekrümmten Hinterleibe" in einem mehr oder weniger festen, aus ihrem Kothe gebauten Gehäuse sitzen, welches sie, Kopf und Brust hervoi-- .streckend, mit sich herumschleppen, Sie zeigen also eine etwas höhere Kunst- 590 Kap. IX. Die Käfer. fertigkeit als die Lilien-Crioceriden, deren Larven sich einfach mit ihren schmie- ricen Excremeuten überdecken. Wir unterscheiden zwei Gattungen. " Die erste, Clytra Laichart., ist als Käfer durch gesägte Fühler, genäherte Vorderhüften und ein von den Flügeldecken bedecktes Pygidium, als Larve durch die o-ewölbte Stirn und den dünnen, zerbrechlichen Larvensack, sowie durch ihre halbparasitische Lebensweise in Ameisenhaufen ausgezeichnet und forstlich nur insoweit erwähnenswerth, als sie eine Reihe ziemlich gleichgiltiger Laubfresser an verschiedenen Holzarten umfasst. Die Gattung Cryptocephalus Geoff. ist dagegen als Käfer durch fadenförmige Fühler, getrennte Vorderhüften und freies Pygidium, als Larve durch flach gedrückte Stirn und dicken, festen Larvensack kenntlich. Sie ist zwar sehr artenreich, es kommt aber nur eine einzige Form, und zwar als ziemlich unbedeutender Nadelholz-Kulturverderber in Betracht. Die 3. Unterfamilie, Cyclica, ist der neueren, etwas engeren Anfassung nach charakterisirt durch die allgemeine Leibesform, welche bei den typischen Gattungen eine etwas in die Länge gezogene Halbkugel darstellt, deren flache Seite die Bauchseite des Käfers bildet. Die Oberseite von Kopf, Halsschild und Flügeldecken ist also in die gemeinsame Wölbung einbegriffen, der Kopf zeigt keine Halsverdünnung, und das sich meist luimittelbar an die Flügeldecken anschliessende Halsschild ist an seiner Basis ebenso breit, wie letztere. Die Hinterleibsringe sind sämmtlich frei, und das letzte Fussglied ragt weit aus dem dritten, verbreiterten Gliede hervor. Die gewöhnlich freilebenden, seltener Blätter minirenden Larven sind meist lebhaft gefärbt. Wir trennen diese Unterfamilie in vier Hauptgattungen, Eumolpus Fabr., Chrysomela L., Galeruca Geoff. und Haltica Geoff., von denen die beiden ersten und die beiden letzteren wieder enger miteinander verwandt sind. Die Gattungen Eumolpus und Chrysomela stimmen darin überein, dass ihre Fühler an der Basis weit getrennt, üljer den Wurzeln der Vorderkiefer ein- gefügt sind. Dagegen sind bei Eumolpus die Gelenkhöhlen der kugeligen Vorder- hüften rund und das vorletzte Fussglied immer tief zweilappig, während bei Chrysomela die Gelenkhöhlen der queren Vorderhüften quergezogen sind und das dritte Fussglied entweder ganz oder an der Spitze blos ausgerandet, nur bei wenigen Arten zweilappig ist. Bei Galeruca und Haltica sind dagegen die Fühler an der Basis genähert, meist auf der Stirn zwischen den Augen eingelenkt, und Galeruca hat gewöhn- liche Hinterbeine, während die von Haltica in Springbeine verwandelt erscheinen. Alle vier Gattungen enthalten wirthschaftlich beachtenswerthe Mitglieder, forstlich sind aber nur solche der drei letzteren erwähnenswerth. Ausser diesen werden wir aber auch noch kurz den in unserem Sinne zu der Gattung Chrysomela zu rechnenden Kartoffel- oder Coloradokäfer erwähnen. Die 4. Unterfamilie, Cryptostomata, ist ausser durch die oben bereits erwähnte Umbiegung des Kopfes nach hinten und unten, welche die Rückwärtsdrängung der wenig entwickelten Mundtheile bedingt, noch dadurch charakterisirt, dass die Fühler einander an der Basis noch viel mehr angenähert sind als bei Galeruca und Haltica. Sie zerfällt in zwei grosse Gattungen. Von diesen ist Hispa L. wesentlich aussereuropä seh und bei uns nur durch drei kleine, aber sehr sonderbar aussehende Arten vertreten, während die Gat- tung Cassida L. charakterisirt wird durch die starke Verbreiterung der Hals- schildränder, welche sich immittelbar an die ebenfalls nach aussen sehr er- weiterten Flügeldecken anschliessen, sodass eine schildkrötenähnliche, Kopf, Brust und Hinterleib überdeckende Schale entsteht. Sie enthält eine grössere Reihe von Europäern. Auch in ihrer Larvenform sind beide Gattungen insoweit unterschieden, als die Hispa-Larven farblose, schlanke, blattminirende Foi'men darstellen, während die breiten und häufig langbedornten Cassida-Larven äusserlich an ihren Nährpflanzen leben und sich mit Hilfe einer Aftergabel mit einer aus ihrem Kothe gebildeten Hülle decken. Alle Cryptostomata sind forstlich unbe- deutend, dagegen enthält die Gattung Cassida einige landwirthschaftlich schäd- liche Arten, von denen Cassida nebulosa L. als Runkelrübenfeind am meisten gefürchtet ist. Systematik der Blattkäfer. Bestimmung-stafel. 59 j Wir geben nunmehr eine Tafel zur Bestimmung der von uns angenommenen Gattungen. Familie: Clirysomelidae. Unterfamilie : Gatttmg: A. Stirn nach vorn geneigt oder senkrecht, Mund- öftnung nach vorn oder unten gerichtet. I. Kopf hinter den Äugen halsartig einge- schnürt, Halsschild ohne scharfen Seitenrand, Flügeldecken viel breiter als der Grund des Halsschildes, allgemeine Körpergestalt gestreckt Eupoda aj Vorderhüften breit voneinander ge- trennt Sagra bj Vorderhüften kaum auseinanderste- (Untergattung hend. Orsodacna) 1. Grund der Fühler einander ge- nähert, Hinterleibsring 1 sehr lang. Wasserpflanzenbewohner Donacia 2. Grund der Fühler von einander entfernt, Hinterleibsring 1 nur so lang wie Hinterleibsring 2 und 3 zusammen. Landpflanzen- bewohner Crioceris II. Kopf hinter den Äugen rieht halsartig eingeschnürt, Halsschild mit scharfem Seiten- rande, Flügeldecken nicht oder nur wenig breiter als der Grund des Halsschildes. aJ Körpergestalt walzenförmig. Hinter- leibsring 4 und 5 verwachsen. Lai-ven bauchwärts eingekrümmte Sackträger Camptosomata 1. Flügeldecken das Pygidium be- deckend Clytra 2. Flügeldecken das Pygidium frei- lassend Cryptoce- hj Körpergestalt einer etwas langgezo- phalus genen, planconvexen Linse ähnlich. Larven freilebend Cyclica 1. Fühler am Grunde von einander entfernt. a) Vorderhüften kugelig, Fuss- glied 3 tief gespalten, zwei- lappig Eumolpus ß) Vorderhüften quer, Fuss- glied 3 ganz oder vorn nur au.sgerandet, meist nicht zweilappig Chrysomela 2. Fühler am Grunde genähert. «) Beinpaar 3 einfach Galeruca ß) Beinpaar 8 Springbeine Haltica B. Stirn nach unten gerichtet, Mundölfnung nach hinten zm-ückgedräng-t Cryptostomata I. Rand des Halsschildes und der Flügel- decken nicht seitlich erweitert. Larven minirend Hispa H. Rand des Halsschildes und der Flügel- decken erweitert, zusammenstossend und in ein Kopf, Brust und Hinterleib weit über- ragendes Schild verwandelt. Larven freilebend, bedornt und eine Kothhülle tragend Cassida ggg ^^V- '^- ^^® Käfer. Die Diagnosen der forstlich beachtenswerthen und daher im Folgenden aufgeführten Gattungen und Untergattungen — die zahl- reichen anderen für uns nicht in Frage kommenden müssen wir übergehen — sind folgende: Gattung: Cryptocephalus. Käfer: Fühler fadenförmig, weit auseinander- stehend, am inneren Theile des Vorderrandes der Augen eingelenkt, Kopf nach hinten nie halsförmig verengt, in das Halsschild eingezogen, mit senkrechter Stirn. Vorderhüften durch einen mehr oder weniger breiten Fortsatz der Vorder- brust getrennt, Hinterschenkel weit auseinanderstehend. Pygidum frei. Fuss- glied 3 tief gespalten, zweilappig. Die 99 besitzen auf dem letzten Bauchring eine grosse, tiefe, verschiedenartig begrenzte Grube, in welcher sie jedes Ei, ehe sie es an der Nährpflanze befestigen, lange herumtragen, um es mit Koth zu überziehen. Diese fehlt den (^(^ der meisten Arten. Larve: Allgemeine Färbung weisslich, Kopf ziemlich gross, fest chitinisirt, braun, flach und plattgedrückt, jederseits mit 6 Punktaugen und mit dreigliede- rigen, kegelförmigen Fühlern. Der erste Brustring oben mit einer halbmond- förmigen braunen Chitinplatte, die beiden anderen den Hinterleibsringen gleich, ohne feste Platte. Die drei Beinpaare ziemlich lang, letztes Glied eine sehr lange, scharf gebogene, braune Klaue darstellend. Die neun Hinterleibsringe oben stark gewölbt und mit Querfurchen durchzogen. After quergespalten, 9 Stigmenpaare. Die Larven stecken, den Hinterleib gegen die Brust gekrümmt, in einem festen, aus ihrem Kothe gebauten, cyliudrischen, nach vorn verengten Sacke, den sie an der schmalen Oeftnung nur bis zum Hinterleibsring 1 ver- lassen können und bei ihrem ruckweisen Fortkriechen aufgerichtet mit sich schleppen [20, S. 84, 139]. Diese Hauptgattung zerfällt nach Weise in 3 Gattungen oder Unter- gattungen in unserem Sinne, von denen wir nur eine anfahren. Untergattung: Cryptocephalus Geoff. im engeren Sinne. Käfer länglich, stark gewölbt, von fast cylindrischer Gestalt. Kopf in das Halsschild eingezogen, mit senkrechter Stirn. Augen gross, nierenförmig ausgerandet, Fühler fadenförmig. Halsschild nach vorn verengt, vorn und an den Seiten stark ab- wärts gewölbt, Hinterrand geg^n das Schildchen etwas erweitert, der Vorder- rand von vorn betrachtet einen den Kopf umfassenden Halbkreis bildend, Seiten- ränder scharf gerandet. Das deutliche Schildchen gewöhnlich nicht in einer Ebene mit den Flügeldecken, sondern nach rückwärts schräg aufsteigend. Drittes Fussglied zweilappig. Ueber 1.50 europäische Arten. Gattung: Chrysomela. Käfer gewölbt, länglich oder eiförmig, bis halb- kugelförmig, oft metallisch gefärbt. Flugflügel meist entwickelt, Kopf gerundet, niemals halsförmig verengt, bis zu den Augen in das Halsschild eingezogen, mit senkrechter oder schräg vorgestreckter Stirn. Fühler weit auseinandergerückt, etwas unter der Mitte des Innenrandes der Augen eingelenkt, nicht so lang wie der Körper, die letzten Glieder etwas erweitert. Halsschild meist quer, an den Seiten oft wulstig, fast so breit wie die Flügeldecken. Letztere mit wenig ent- wickelten Schultern. Schildchen dreieckig. Vorderhüften quer, durch einen Fort- satz der Vorderbrust getrennt. Hinterhüften auseinanderstehend. Fussglied 3 an der Spitze ganzrandig oder nur ausgerandet, meist nicht zweilappig. Larven nach vorn und hinten verschmälert, in der Mitte gewölbt und am breitesten, mit deutlich abgesetztem, chitinisirtem Kopfe, kleinen drei- oder vier- gliedrigen Fühlern, zweigliedrigen Lippentastern und deutlichen Augenpunkten, drei gut gesonderten Brustringen, von denen der erste gewöhnlich ein stärkeres Chitinschild hat, drei gedrungenen, ein hakenartiges Endglied tragenden Bein- paaren und einem neunringeligen Hinterleibe mit wulstigem, quergespaltenem, im Leben nach unten gerichtetem After, der als Nachschieber dient. Gewöhnlich mit zahlreichen, deutlichen, behaarten, dunkleren Warzen besetzt und im Allge- meinen der freien Lebensweise auf der Oberfläche der Nährpflanzen entsprechend entschieden gefärbt, nicht weisslich. Die liier gegebene Schilderung bezieht sich aber nicht allein auf die Larven der Gattung Chrysomela, sondern ebensogut Systematik der Blattkäfer. 593 auf alle freilebenden Formen der gesammten Unterfamilie der Cyclica, also auch auf die Gattung Galeruca und soweit sie hier in Betracht kommt, auch auf die Gattung Haltica, da wir die in Blättern minirenden Larven, welche vielen Untergattungen der letzteren zukommen, hier nicht zu erwähnen haben werden. Wir beziehen uns daher weiter unten immer auf diese Larvenform, welche wir als typische warzentragende Chrysomelidenform bezeichnen. Nach Weise [20] zerfällt unsere Hauptgattung in 17 Gattungen, welche wir als Untergattungen betrachten, von denen aber nur die folgenden 4 forst- liche Bedeutung haben. Untergattung: Phytodeeta Kirb. (Gonioctena Redtb.). ^«/er länglich- eiförmig, geflügelt. Färbung veränderlich, meist roth oder gelbroth. Kopf geneigt. Augen oval, weit voneinander entfernt. Letztes Glied der Kiefertaster verbreitert und abgestutzt. Die kurzen, das Halsschild nur mit zwei bis drei Gliedern über- ragenden Fühler vom sechsten Gliede an gegen die Spitze allmählich verdickt. Halsschild viel breiter als lang, an der Basis fast so breit wie die Flügeldecken, nach vorn etwas verengt, ohne gewulstete Seitenränder, gleichmässig gewölbt, an den Seiten meist grob punktirt. Flügeldecken punktirt-gestreift, mit scharfem Nahtwinkel. Gelenkhöhlen der Vorderhüften nach hinten offen. Schenkel in der Mitte verdickt. Schienen nach der Spitze verbreitert, die der vier Hinterbeine am Aussenrande vor der Spitze mit einem starken Zahn. Fussklauen am Grunde gezähnt. 1.3 Europäische Arten. Untergattung. Phyllodecta Kirb. {Phratora Redtb.). Käfer sehr lang, eiförmig, geflügelt, metallisch grün oder blau, violett oder messinggelb variirend. Kopf geneigt. Fühler ungefähr so lang wie der halbe Körper, nur schwach verdickt, schwarz, die beiden ersten Glieder unterseits röthlich. Hals- schild quer viereckig, nach vorn etwas verengt, schmäler als die Flügeldecken, an den Seiten fein gerandet. Flügeldecken ziemlich parallel, am Ende gemein- schaftlich abgerundet, gereiht-punktirt, die Punktreihen nach der Spitze zu ver- worren. Vorderbrust zwischen den Hüften verengt, ihre Gelenkhöhlen nach hinten off"en. Letzter Bauchring am Hinterende röthlich. Schenkel wenig ver- dickt, Schienen nach der Spitze nur schwach erweitert. Fussglied 2 klein, 3 dagegen gross, breit, fast bis zum Grunde in zwei Lappen gespalten. Klauen am Grunde gezähnt. 8 Europäische Arten. Untergattung: Plagiodera Redtb. Käfer rundlich, eiförmig, oben massig gewölbt, unten abgeflacht, geflügelt. Kopf klein, fast bis zur Mitte der gewölbten Augen in das Halsschild eingezogen. Fühler kurz, den Hinterrand des Halsschildes kaum überragend, vom sechsten Gliede an nur massig er- weitert. Halsschild viel breiter als lang, ringsum fein gerandet, nach vorn stark verengt, am Grunde fast so breit wie die Flügeldecken. Diese verworren punktirt, in der Mitte am breitesten, mit ziemlich vorragender Schulterbeule. Vorderhüften durch einen nur schmalen Fortsatz der Vorderbrust getrennt, ihre Gelenk- höhlen nach hinten ofl"en. Schenkel massig dick, mit einer Rinne zum Anlegen der Schienen, letztere aussen mit einer schwachen Rinne, welche die Basis nicht erreicht. Fussglied 3 zweilappig, Klauen einfach. Nur 1 Europäische Art. Untergattung: Melasoma Stpii. (Lina Redtb.). Käfer lang eiförmig, massig gewölbt, Kopf bis zur Mitte der lang-ovalen Augen in das Halsschild eingezogen. Fühler kurz, den Hinterrand des Halsschildes kaum überragend, vom siebenten Gliede an etwas erweitert. Halsschild viel breiter als lang, mit scharfen Hinterwinkeln, nach vorn verengt, wenig gewölbt, ringsum fein ge- randet, schmäler als die Flügeldecken. Diese mit stark vortretenden Schultern, hinter ihnen leicht eingeschnürt, dann verschieden verbreitert, hinten breit ab- gerundet, verworren punktirt. Vorderhüften durch einen ziemlieh breiten Fortsatz der Vorderbrust getrennt, ihre Gelenkhöhlen nach hinten oft'en. Schienen am Hinterrande mit einer fast bis zur Basis reichenden Rinne. Fussglied 2 schmäler als 1 und 3, letzteres bei einigen Arten zweilappig, bei anderen nur aus- gerandet. Klauen einfach. 8 Europäische Arten. )94 Kap. IX. Die Käfer. Gattung: Galeruca. Käfer mehr oder weniger eiförmig, ziemlich weich. Kopf klein, schmäler als das Halsschild, mit ovalen, mitunter stark gewölbten Augen. Nur bei den (^ ^ einiger Luperus-Arten ist der Kopf mit den Augen so breit oder breiter wie das Halsschild. Die fadenförmigen Fühler halb so lang als der Körper oder länger, in runden Gruben einander genähert eingefügt, entweder in einer Linie zwischen dem Unterrand der Augen, oder etwas höher auf der Stirn; zwischen den Fühlergruben befindet sich ein Längskiel, über dem fast immer zwei kleine Beulen stehen. Das viereckige Halsschild meist breiter als lang, schmäler als die Flügeldecken, häufig mit grubenförmigen Ein- drücken. Flügeldecken nach hinten erweitert, selten fast gleichbreit, mit deut- liehen Schultern, hinten einzeln oder gemeinschaftlich abgerundet. Schildcheu deutlich, Vorderhüften zapfenförmig vorragend, sich einander berührend. Beine einfach, Hinterschenkel nicht verdickt. Fussglieder massig breit, ihre Sohle filzig oder bedornt, meist ist Glied 1 das längste, 2 das kürzeste. Klauen einfach oder gezähnt oder gespalten. Diese Hauptgattung zerfällt in 12 Untergattungen in unserem Sinne, von denen aber nur die vier folgenden forstlich wichtige Arten enthalten. Untergattung: Agelastica Redtb. Käfer breit, geflügelt, oben kahl, o-länzend blau, Fühler länger als der halbe Leib. Der durch die hohen Ränder der Fühlergruben gebildete Längskiel zwischen den Fühlern mit tiefer Rinne. Halsschild viel breiter als lang, an den Seiten ziemlich breit, am Vorder- und Hinterrand fein gerandet. Flügeldecken am Grunde etwas breiter als das Hals- schild, nach hinten bauchig erweitert, den Hinterleib bedeckend, ihr umgeschlagener Seitenrand vorn massig breit, nach rückwärts ganz fein, auf dem vorderen Drittel rinnenförmig vertieft. Gelenkhöhlen der Vorderhüften hinten ofi^en. Schienen mit deutlichem Enddorn, ihre Aussenkante glatt, nur an den Seiten mit Borsten- härchen. Fussglied 1 so lang wie 2 und 3 zusammen, fast so breit wie das zwei- lappige Glied 3. Klauen am Grunde zahnartig erweitert. Nur 1 Europäische Art. Untergattung: Luperus Geoff. Käfer weich, mehr oder weniger gestreckt, schwach gewölbt, geflügelt. Kopf klein, mit den grossen gewölbten Augen zuweilen so breit oder breiter als das Halsschild. Fühler dünn, faden- förmig, beim 9 fast so lang, beim (^ länger als der Körper. Zwischen den Fühlern ein erhabener Längskiel. Halsschild breiter als lang, ringsum fein gerandet, an den Seiten und am Grunde etwas gerundet. Flügeldecken am Grunde breiter als das Halssehild, nach hinten kaum erweitert, unregelmässig punktirt, den Hinterleib ganz bedeckend, ihr Seitenrand nur vorn deutlich um- geschlagen. Beine schlank. Schienen cylindrisch, mit kaum sichtbarem Enddorn. Glied 1 und 2 der Fussglieder schlank, etwas schmäler als das zweilappige Glied ?>, Glied 1 etwas länger als 2 und 3 zusammen. Klauen kurz, am Grunde mit einem spitzen Zahn. Diese Gattung enthält einige 30, aber noch nicht ganz sichergestellte. Europäische Arten. Untergattung: Lochmaea Weise. {Adimonia Läichart.) Käfer etwas gewölbt, geflügelt. Oberseite fast kahl, ohne Metallschimmer. Fühler des (^ länger, die des 9 kürzer als der halbe Körper. Zwischen den Fühlern ein durch die wulstigen Ränder der Fühlergruben gebildeter Längskiel. Halsschild breiter als lang, ohne Querfurche am Grunde, nahe den Hinterecken ausgerandet und mit grosser Grube jederseits auf der Scheibe. Flügeldecken unregelmässig punktirt, nach hinten etwas erweitert ; ihr Seitenrand, etwas verdickt und abgesetzt, verläuft bis zum abgerundeten Nahtwinkel als feiner, glatter Längswulst, der umgeschlagene Theil dieses Randes ist wenigstens unter den Schultern Ibreit und deutlich. Schienen ohne Enddorn. Gelenkhöhlen der Vorderhüften hinten offen. Drittes Fussglied zweilappig. Klauen gespalten. 8 Europäische Arten. Untergattung: Galerucella Crotch. Käfer länglich, geflügelt, die Oberseite dicht mit kurzen, feinen, anliegenden Härchen bedeckt, daher etwas seidenglänzend. Fühler ungefähr halb so lang wie der Körper, in der Höhe des Unterrandes der Augen eingefügt, voneinander so weit, wie von den Augen abstehend, Glied 2 am kürzesten. Zwischen den Fühlern bilden die wulstigen Ränder der Fühlergruben eine Rinne, deren Fortsetzung nach oben zwei meist Systematik und forstliclie Bedeutung der Blattkäfer. 595 deutliche Querbeulen der Stirne trennt. Halsschild breiter als lang, nahe den Hinterecken leicht ausgerandet. Flügeldecken unregelmässig punktirt, breiter als das Halsschild, nach hinten kaum erweitert, den Hinterleib ganz bedeckend, ihr umgeschlagener Seitenrand wenigstens unter den Schultern deutlich und breit, letztere vorragend. Schienen ohne Enddorn. Geleukhöhlen der Vorderhüften hinten ofieu. Drittes Fussglied breit zweilappig. Klauen geispalten oder mit einem kleinen, scharfen Zahn. 10 Europäische Arten. Gattung: Haltica. Käfer meist ziemlich klein, sehr verschieden gestaltet und gefärbt, meist geöügelt. Kopf bis zu den Augen oder ganz in das Halsschild eingezogen. Hinter und zwischen den Augen sehr verschieden gebogene Rinnen. Stirn gewöhnlich mit 2 Beulen, zwischen den Fühlern mit oder ohne Längskiel. Fühler 10-. 11-, selten auch 9 gliedrig, schlank und fadenförmig oder nach der Spitze etwas verdickt, am Grunde einander genähert. Halsschild breiter als laug, nach vorn verengt, mit oder ohne Eindrücke, verworren punktirt, an den Seiten mit abgesetztem Rand. Schildchen dreieckig. Flügeldecken hinter den Schultern etwas erweitert. Hüften quer. Die vier vorderen Beine einfach, an den hinteren sind die Schenkel etwas verlängert und stark verdickt, Springbeine. Die Hinter- schienen ebenfalls etwas verlängert, mit verschieden gestaltetem Enddorn. Fuss- glied 1 am längsten, Glied 2 klein, 3 breit zweilappig oder hei'zförmig. Klauen dünn und kurz, meist mit zahnförmiger Erweiterung am Grunde. Die über 350 Europäische Arten umfassende Gattung wird von Weise [20] in 25 Untergattungen getheilt, von denen aber nur eine bisher forstlich beachtens- wertb wurde. Untergattung: Haltica Geoff. im engeren Sinne. Käfer länglich, gestreckt, grün, blau oder bronzefarbig, glänzend, geflügelt. Taster, Fussglieder und Fühler schwarz, die ersten Glieder der letzteren mit grünlichem Anfluge. Stiruhöcker gross, ein starker Längskiel endet nach oben zwischen ihnen in einer Spitze. Fühler 11-gliedrig, unter sich weiter entfernt als von den Augen, beim 9 merklich länger als beim (^. Halsschild hinten fein, an den Seiten breiter gerandet, beiderseits neben dem Schildcben leicht aiisgebuchtet, seine Oberfläche gewölbt, vor dem Hinterrande mit einer Querfurche, welche an den Seiten durch keine Längsfalte abgegrenzt ist. Flügeldecken verworren punktirt, bis hinter die Mitte etwas erweitert und dann gemeinschaftlieh abgerundet, dicht vor der Spitze an der Naht etwas eingedrückt, Hinterschenkel spindelförmig verdickt. Gelenk- höhlen der Vorderhüften hinten offen. Schienen seitlich behaart, die hinteren an der Spitze mit einem kurzen, einfachen Dorn. Füsse an der Spitze der Schienen eingelenkt, Glied 1 kürzer als die halbe Schiene, Glied 3 breit, zweilappig. Klauen an der Basis zahnartig erweitert. 12 Europäische Arten. Forstliche Bedeutung der Clirysomelideu. Eio Theil derselben ist auf Holzgewächse angewiesen, deren Blattorgane sowohl Käfer als Larven äusserlichbefressen. Es ist daher erklärlich, dass in den verschiedenen Forstinsektenkunden, namentlich in den älteren, z. B. beiBECHSTEiN [I], eine grosse Anzahl von Arten aufgeführt wurden. Wir müssen uns hier auf diejenigen beschränken, denen bereits eine wirkliche Schädi- gung in grösserem Masse, namentlich durch den stets schädlicher als der Käferfrass wirkenden Larvenfrass, nachgewiesen wurde, und können ausserdem nur noch solche Formen berücksichtigen, die mit Jenen, leicht verwechselt werden können oder irgend eine auffällige Beson- derheit in ihrer Lebensweise zeigen. Bei der grossen Gleichförmigkeit des Chrysomelidenfrasses können wir diese nur nach den Frasspflanzen gruppiren und behandeln nach- einander die Weiden- und Pappel-, Eichen-, Erlen-, Ulmen- und Kiefern-Schädlinge. ^gg Kap. IX. Die Käfer. Die Weiden- und Pappelschädlinge sind unter allen Chryso- meliden die einzigen, welche man forstlich mit Recht als sehr gefähr- lich bezeichnen kann. Aus der grossen Menge der an Weiden fressenden Artfnkommen für uns aber nur einige grosse rothe, einige mittlere gelbe und einige kleine dunkel-metallisch gefärbte Arten in Betracht. Als Hauptvertreter der rothen Formen ist zu bezeichnen der rothe Weiden-Blattkäfer, Chrysomela Tremulae Fabr. Es ist dies ein fast 1 cm langer Käfer, dessen einfarbig rothe Flügeldecken scharf gegen die schwärzlich-blauen übrigen Theile und Glieder, namentlich gegen Halsschild und Kopf abstechen. Viel- leicht in Verbindung mit seinen, häuög mit ihm verwechselten beiden nächsten Verwandten, Chr. Populi L. und Chr. longicollis Süffr., welche allerdings mehr Fappelkäfer zu sein scheinen, befrisst er die Blätter, namentlich der Puipurweiden in so ausgedehntem Masse, dass öfters seine Bekämpfung durch Abklopfen und Einsammeln der Käfer nothwendig erscheint. Beschreibung. Wir gehen hierbei von der als Typus der Unterga'tung aufgestellten gemeinsten, aber, wie es scheint, für den Weidenzüchter weniger bedeutsamen Form aus. Chr. (Melasoma) Populi L. Käfer schwärzlich- oder grünlich-blau. D'e rothen Flügeldecken nach iiinten etwas verbreitert, ihre äusserste Spitze schwarz. Halssfhild kurz, nach vorn etwas verengf, . auf der gehwach gewölbten Scheibe fast glatt, äusserst fein punktirt, beiderseits mit einem nach vorn breiter werden- den, nicht sehr hohen Längswulst, welcher wie der ihn nach innen begrenzende, ziemlich flache, nach vorn ebenfalls etwas verbreiterte und gekrümmte Längs- eindruck stark punktirt ist; die Seiten selbst sind entweder gleichmässig gerundet oder vom Grunde aus fast parallel, und erst im vorderen Drittel gerundet ver- engt. Drittes Fussglied zweilappig. Das Klauenglied an der Spitze des inneren Randes in eine sehr kleine Kante vorgezogen. Länge 9 — 12 mm (Taf. II, Fig. 3 F.). Puppe bräunlich -gelb und schön bunt gefäibt durch sehr regelmässig symmetrisch gestellte, schwarze, eckige Flecke und Punkte. Mit der Hinterleibs- spitze an ein Blatt angeheftet, gestürzt hängend. Larve an beiden Enden verschmälert, auf dem Rücken wenig gewölbt, weisslich, mit schwaizem Kopf und Gliedmassen, sowie regelmässig gestellten, glänzend schwarzen Schildern und Wärzchen, Kopf mit dreigliedrigen, kurzen Fühlern, zweigliedrigen Lippentastern und jederseits 6 Augenpunkten, von denen die 4 inneren, im Viereck gestellten, grösser sind als die beiden äusseren. Brust- ring 1 mit grossem, querem, schwarz gerändertem Chitin? cbilde und zwei schwaizen Warzen. Brustring 2 und 3 mit je vier schwarzen Warzen und je einem seit- lichen, schneewelfsen Seitenhöcker. Die 8 ersten Hinterleibsringe oberwärts mit 8 Reihen schwarzer Zeichnungen, sodass jederseits der der Mittellinie zunächst stehenden, aus kleinen, queren Schildern zusammengesetzten Reihe sich nach • aussen je eine Reihe kegelförmiger Warzen, Stigmenplatten und rundlicher Borsten- warzen anschliessen. Die Mittelplatten verschmelzen auf den vier letzten Ringen. Unterseite der Hinterleibsringe mit 5 Reihen schwarzer Punkte. Aus den kegel- förmigen Warzen auf der Oberseite der Hinterleibs) inge sind Drüsenschläuche vorsti eckbar, rie einen scharf riechenden Saft absondern. Länge ungefähr 14 mm [2, S. 610 und 611, und V, I, S. 245]. (Tau II, Fig. 3 L.). Eier gelblich, langoval, aufgerichtet, haufenweise und gedrängt der Unter- st ite der Biälter angeklebt. Weiden- und Pappelschädlinge. Chr. Tremulae und Verwandte. 597 Chr. (Melasoma) Tremulae Fabr., Suffr. {saliceti Weise). Käfer der Chr. Populi L. in Gestalt und Färbung sehr ähnlich, aber kleiner. Halsschild mit etwas stärkeren, nach innen ebenfalls verflachten, stark punktirtea Längs- eindrücken und etwas stärker hervortretenden Seitenwiilsten; seine Sditen sind bis zum ersten Drittel entweder gleichbreit odir bis dahin unmerklich verengt, nach vorn gerundet-verengt, mit ziemlich spitzigen Vorderecken, manchmal vor den Hintereckea etwas eingezogen. Flügeldecken ohne schwarze Spitze. Drittes Fassglied nur ausgerandet. Klauenglied an der Spitze der Unterseite jederseits nur mit einem ganz schwachen, nicht leicht sichtbaren Z-ihnchen. Länge 1-b — 9ni??i. Larve derjenigen von Chr. Populi äusserst ähnlich, aber etwas kleiner, mi: ganz schwarzem Chitiusjhilde auf Brustring 1 und schwärzlichem Auflag über den ganzen Körper [Klingelhöffer 17]. Chr. (Melasoma) longicoUis Süffr. {Tremulae Weise). Käfer der Chr. Populi L. und Chr. Tremulae Fabr. nach Gistilt imd Färbung sehr ähnlich, so grois wie letztere. Halsschild etwas kürzer als bei dieser, vor den nach aassen etwas vorspringenden Hinterecke.i zuerst etwas eingezogen, dann all- mählich schwach erweitert, sodass seine gröbste Breite in oder dicht vor dem ersten Drittel lie^t, hierauf nach vorn in starker Rundung vereng!-., mit dicken, stumpfen Vorderecken; der grob punktirte Seitenwulst von einem tiefen, grob punktirten Eindrucke begrenzt, welcher gleich tief und gleichmässig in flachem Bogen gerundet von der Basis bis zum Vorderrande verläuft. Flügeldecken ohne schwarze Spitze. Drittes Fussglied nur stark ausgerandet Klauenglied an der Spitze der Unterseite jederseits in e'nen ziem'ich grossen Zihn ausgezogen. Länge 7-5 — 10m?>i. Larve nicht näher beschrieben. Lebensweise und Schaden. In dieser Beziehung stimmen wohl alle hier genannten rothen Arten überein. Die überwiaternden Käfer er scheinen bei dem Laubausbruche und belegen die Blätter auf der Unterseite mit kleinen, gelblichen, langgestreckten Häufchen aufrechtsteheoder Eier. Die Käfer und die bald ausschlüpfenden Larven vereinigen sich nun zur Skeletirung und Durchlöcherung der Blätter; namentlich die Skeletirung geht häufig so weit, dass das Blattfleisch ganz ver- schwindet und nur die Rippen übrig bleiben. Die Verpuppung, zu welcher sich die Larven mit dem Kopfe nach abwärts aufhängen, geschieht an den Blättern, an welchen die Puppen, gestürzt, fest anhängen. Die jungen Käfer erscheinen im Hochsommer und können nun unter günstigen Verhältnissen noch eine zweite Generatioa er- zeugen, welche dann entweder, wie auch Ta.schenberg [XVIII, S. 200] beobachtet hat, bereits im September zum Abschluss kommt, oder sich auch bis kurz vor Eintritt der Herbstfröste hinziehen kann. Auf jeden Fall überwintern schliesslich die Käfer in den verschiedensten Boden- verstecken. Als Frasspflanzen werden im Allgemeinen meist die ver- schiedenen Pappelarten, namentlich die Aspen, angegeben, und man kann sich sehr häufig davon überzeugen, wie stark namentlich die Blätter der Aspenstockausschläge befallen werden. Die unter Um- ständen zweimal im Laufe eines Sommers sich wiederholende Blatt- vernichtung kann da, wo man auf Erziehung von Aspen Werth legt, einen merklichen Zuwachsverlust mit sich bringen. Wirklich als sehr schällich betrachtet man die rothen Blattkäfer aber erst, seitdem man gefunden hat, dass sie auch Weiden, namentlich die Purpurweiden, angehen und hierbei die Entwickelung der Ruthen so r.C)Q Kap. IX. Die Käfer. wesentlicli beeinträchtigen, dass oft nur ganz wertbloses Material o-eerntet wird. Es ist aber hervorzulieben, dass man bei der nicht ganz unbeträchtlichen Schwierigkeit, die drei Arten .a,useinander zu halten, noch nicht sicher weiss, ob alle drei Arten gleichmässig an den Weiden fressen oder ob nicht vielleicht hauptsächlich die, neuerdings von Wkise ja auch in Chr. saliceti umgetaufte, von ihm auf Salix triandra L. gefundene Chr. Tremulae Fabr. den Hauptschaden verursacht. Letztere Art fand auch Altum [XVI, III, 1, S. 362] schon vor längerer Zeit auf Weidengebüsch am Emsufer, und derselbe Autor berichtet ferner, dass sie 1882 in den Weidenhegern des Freiherrn von Milkau zu Trieb-Nassanger in Franken an Salix purpurea in verheerender Weise auftrat [1^, S. 608]. Ferner berichtet Kkahe [13, S. 195 und 244], dass in seinen Weidenhegern zu Prummern bei Aachen von diesem Käfer ausschliesslich die Purpurweiden und ihre Bastarde angegangen würden. Nach diesem genauen Beobachter ver- schont das Thier die eigentliche Spitze der jungen Euthe und hält sich nur an die zarteren Blätter, welche der Käfer nur am Rande zackig ausfrisst, während die Larve sie skeletirt. Einen Fall, dass auch Chr. Populi sich auf Weiden schädlich gezeigt habe, berichtet Altum [I h, S. 21] nach Oberförster Moebes aus dem Revier Züllsdorf, wo von Mitte Mai an die ersten, die besten Ruthen gebenden Ausschläge von Salix purpurea nach und nach so verstümmelt wurden, dass sie entweder ein- gingen oder nur gerin gwerthiges Material lieferten. Das Gleiche trat nach Altum [I c, S. 219] in der Weidenschule zu Brück bei Erlangen ein, wo ausser der Purpurweide auch Salix pentandra, pentandra alba und pentandra fragilis, sowie die Varietäten von S. rubra und S. viminalis geschädigt wurden. Das- selbe kam vor in den berühmten Weidenhegern zu Messdunk [I d, S. 482]. Als wichtigste Vertreter der mittleren, gelben, unsere Weiden- heger schädigenden Blattkäfer sind zu betrachten der Sahlweiden-Blattkäfer, Galeruca Capreae L. (Taf. II, Fig. l) und Gal. lineola Fabr. Diese 4 — 6 mm langen, oberwärts matt ledergelben Käfer mit schwarzem Kopfe und kleinen, ebensolchen Zeichnungen auf dem Halsschilde und wohl auch auf den Schultern sind für den Nicht- entomologen unter den Weideninsekten höchstens noch mit der ebenfalls zur Noth als gelb zu bezeichnenden, gelbrothen Chrysomela viminalis L. zu verwechseln, welche sich aber bei genauerer Be- trachtung sofort durch die gewölbtere Form, röthlichere Färbung, stärkeren Glanz und häufig weit grössere schwarze Fleckung, nament- lich auf den Flügeldecken, unterscheidet. Auch ist diese letztere Form, wenngleich sie auf Weiden oft massenhaft angetroffen wird, in der Praxis noch beiweitem nicht so schädlich geworden, wie ihre beiden Vorgänger, und wird deshalb hier nur beiläufig erwähnt. Gal. Capreae und Verwandte sind zwar nicht monophage Insekten, sondern gehen an verschiedene Laubhölzer, wurden aber erst in neuerer Zeit wirklich beachtenswerth, seitdem man nämlich weiss, dass sie in Weidenhegern die Ruthenernte wesentlich beeinträchtigen können. Chrysomela Tremulae u. Verw. Galeruca Capreae u, Verw. 599 Beschreibung. Gal. (Lochmaea, Ädimonia) 'Capreae L. Käfer auf der Unterseite mit schimmernden Härchen besetzt. Die einfarbig ledergelbeu Flügeldecken ohne Eippen, diclit punktirt. Halsschild ledergelb, an de.i Seiten winkelig erweitert, sein Hinterrand an den Hinterwinkeln schräg nach vorn ab- geschnitten, auf der Scheibe einige dunkel gefärbte Grübchen. Kopf, Brust, Bauch, Schenkel und Schildcheu schwarz. Stirn dicht runzelig punktirt. Schienen, Füsse und die ersten Fühleiglieder gelb. Länge 4 — 6 mm. Larve. Derjenigen von Chr. Fopuli sehr ähalich und nur verschieden durch geringere Grösse, etwas kürzere Beine, weiter voneinander entfernte Warzen und Rückenschilder, Avelche auch kleiner sind. Auf dem sechsten Hinterleibsringe bleiben die Mittelplatten noch uuverschmolzeu [V, I, S. 248 und 17, S. 90—92]. Gal. (Galerucella) lineola Fabr. Käfer auf der Oberseite leder- oder röthlichgelb, fein seidenglänzend behaart. Kopf kurz mit schmalen, vertieften Wangen. Flügeldecken ziemlich grob, nicht dicht punktirt, mit abgerundetem, rechteckigem Nahtwinkel; die den umgeschlagenen Seitenrand begrenzende innere Randlinie ist scharf und verbindet sich vor der Spitze etwas undeutlich mit der äusseren Linie. Halsschild schmäler als die Flügeldecken, an den Seiten in der Mitte winkelig erweitert, undeutlich grob punktirt, mit abgekürzter Mittel- linie und jederseits mit einer grossen, flachen Grube. Die Spitze der einzelnen Fülllerglieder, die Stirn über den Beulen, ein Fleck auf dem Halsschild, Schildchen, Mittel- und Hinterbrust, Schulterbeulen und Bauch, mit Ausnahme der Spitze, schwärzlich. Beine rothgelb. Länge 5 — 6mm. Larve nicht genauer bekannt. Chr. (Phytodecta, Gonioctena) viminalis L. Käfer auf der Oberseite rothgelb, mehr oder weniger schwarz gefleckt, selten ganz schwarz. Alle Schienen am Aussenrande mit einem grossen Zahn. Flügeldecken regelmässig fein punktirt- gestreift, mit fein punktirten Zwischenräumen. HaLschild in der Mitte fein, an den Saiten grob punktirt, bei schwarzen Stücken ganz schwarz, sonst nur mit schwarzer Quermakel an der Basis, seine Seiten stark gerundet. Unterseite schwarz. Schienen oft braun. Fühlerglied 3 kaum länger als 5. Länge 5 — Iwn. Larve im Allgemeinen nach dem gewöhnlichen Typus der warzigen Chrysomelidenlarven gebaut, gelblich mit schwarzem Kopfe, Warzen, Schildern und Beinen. Genauere Beschreibungen geben Letzner [14, S. l09l und Cornelius [3, S. 165]. Lebensweise und Schaden. Die einzigen genaueren Angaben macht Krähe [13, S. 193 und 243]. Wir geben sie hier fast wörtlich wieder. Beide Arten der Galeruca verheeren in manchen Jahren Hunderte von Morgen der Weidenheger von Prummern bei Aachen, und zwar erscheint G. lineola früher als ihr Verwandter. Anfangs April sind beide schon da, befressen die erst fingerlangen Triebe, legen an die Unterseite der Blätter ihre Eier in Häufchen von un- gefähr 20 Stück und sterben dann. In 8 — 14 Tagen kriechen aus den Eiern kleine, braunschwarze Larven aus und fallen über die neu entstandenen Seitensprossen her, diese in derselben Weise ver- zehrend, wie ihre Eltern es mit den Hauptspitzen gethan haben. Sie skeletiren die Blätter von der Unterseite her und sollen, im Gegensatz zu den gleich zu erwähnenden, metallfarbenen Blattkäfern, zuerst die Triebspitzen und dann erst die tiefer sitzenden Blätter augehen. Die reife Larve begiebt sich in den Bodea zur Verwandlung, und bald ist eine zweite Generation der Käfer vorhanden. In einzelnen Jahren wurde eine viermalige Verwandlung wahrgenommen. Die so oft beschädigten Euthen sind fast werthlos, sie haben nicht die ge- hörige Länge und sind zu ästig. Die Käfer überwintern sehr wahr- gQQ Kap. IX. Die Käfer. scheinlicli in der Bodendecke, Erscheinen sie bei ungünstiger Witterung später, etwa im Juni, so ist der Schaden minder gross. Ihre Lieb- lingäfrassbäume siud der Eeihenfolge nach: Mandelweide, Salix trianda L. (amygdalina h.), Hanfweide, S. viminalis L., und Sahl- weide, S. Caprea L., sowie deren Bastarde. Auf Purpurweide, S. purpurea L., und deren Bastarden mit S. viminalis hat Krähe sie gleichfalls gefunden, ohne dass sie dort viel Schaden gethan hätten. Gal. Capreae ist aber auch auf anderen Laubhölzern vlelfacli beob- achtet worden. 1832 wurde sie von Eatzeburg an jungen Birken bei Bra'in- schwende im Harz in solcher Menge gefunden, dass infolge ihres Fiasses das Eingehen der jungen Bestände auf weite Streiken mit Sicherheit zu er- warten war" [17]. 1838 soll sich dieser Frass nach Pfeil [V, I, S. 244] wieder- holt und viele junge Birken ^gänzlich zerstört" haben. Auch Nökdlinger [XXIV, S. 44] berichtet Aehnliches. Die ihm gemachte Mittheilung, dass Ziegen in Folge des Genusses von Aspenblättern mit Larven der Gal. Capreae eingegangen wären, dürfte wohl auf Missdeutung beruhen. Die kleineu, dunkelmetallischen Weidenblattkäfer, Chrysomela Vitellinae L., Ctir. vulgatissima L., Chr. Viennensis Schrk. und Chr. versicolora Laichart., sind trotz ihrer geringen Dimensionen in neuerer Zeit am wichtigsten geworden^ namentlich die beiden ersteren Arten. Sie verhindern durch den Blattfrass ihrer Käfer und Larven die richtige Eatwicke- lung der Korbweidenruthen ebenso wie die rothen und gelben Weiden- Blattkäfer. Während die Klagen über letztere aber bis jetzt nur vereinzelt sind, haben diejenigen über ihre kleineren, erzgrünen oder blauen Verwandten bereits einen ziemlichen Umfang erreicht und die Praktiker angespornt, auf ihre Abwehr zu sinnen, die man durch Abklopfen der Käfer von den Ruthen und Vernichten, sowie durch Sammeln derselben in künstlich angelegten Winterverstecken erreichen kann. Am verbreitetsten und auch am meisten gefürchtet ist die gewöhnlich nur 4 mm lange, erzgrüne Ghrysomala Vitellinae L., welche sich von ihren beiden anderen, etwas grösseren und in der Regel mehr blauen Verwandten dadurch unterscheidet, dass sie einen weniger gestreckten Umriss hat, also im Verhältniss zur Länge breiter ist. Chr. Viennensis Schrk. unterscheidet sich von der ihr äusserst ähn- lichen Chr. vulgatissima L. durch die tieferen Eindrücke auf dem Halsschilde und, wenigstens bei den typisch gefärbten Exemplaren, durch gelbe Schienen. Die bis jetzt von Seiten der praktischen Forstleute noch nicht direkt grösserer Verwüstungen beschuldigte, aber eicher auch vielfach in Masse auf Weiden fressende Chr. versicolora Laichart. ist durch ihren fast kreisförmigen Umriss leicht zu unterscheiden. Beschreibung. Chr. (Phyllo decta, Phratora) Vitellipae L. Käfer länglicheiförmig, nicht ganz doppelt so lang als breit, glänzend messinggelb, bald mehr, bald weniger mit grünlichem Schimmer, oder ganz erzgrün, seltener blau. Flügeldecken mit starken, hier und da geschlängelten Punktreihen und äusserst fein und sparsam punktirten Zwischenräumen, von denen nur der achte so starke Punkte hat, wie die Reihen, An den ziemlich kurzen Fühlern Glied 2 kürzer Galeruca Capreae. Chrysomela Vitellinae u. Verwandte. gQl als 3. Schienen stets von der Farbe des Körpers. Länge 4 — 5 »im. Diese Art zeigt bezüglich des Körperbaues und dar Punktirung an verschiedenen Fund- orten wesentliche Abweichungen. Larve nach dem Typus der warzigen Chrysomelidenlar^en gebaut. Grund- farbe trübweiss, auf der Mitte der Oberseite aber schwärzlich. Fester chitinisirte Theile, Kopf, Schilder, Warzen u. s. w. dunkelschwarz. Letztere bilden auf der Oberseite des Leibes von der Mittelbrust an 8 Eeihen. Auch auf der Unterseite, in der Mitte jedes Ringes, findet sich eine schwarze Zeichnung [3, S. 39 i und 14, S. 1C6). Länge 5 — 7 mvi. Chr. (Phyllodecta, Phratora) Viennensis Schrk. {lihialis Suffr). Käfer länglichoval, doppelt so lang als breit, glänzend metallischgrün oder blau, auch messinggelb. Halsschild stark punktiit, mit deutlichen Eindrücken, ein rund- licher, flacher, beiderseits nahe der Mitte des Seitenrandes, und ein länglicher, quer- liegender, schmaler, am Hinterrande zu jeder Seite des Schildchens. Punktreihen der Flügeldecken ziemlich stark, Zwischenräume äusserst fein punktirt, nur der achte mit so grossen Punkten, wie die Reihen. Fühlerglied 2 kürzer als 3. Schienen und Fussglieder bei der typischen Form röthlich gelbbraun, Schienen mitunter theilweise oder ganz bläulich- oder metallgrün mit kupferigen Knieen, Fussglieder dann mitunter schwarz. Länge 5 — 6mw. Larve der der Chr. Vitellinae sehr ähnlich, aber etwas schmäler und mit fast durchaus russfarbiger, glanzloser Oberseite, die von einer helleren, gelblichen Mittellinie durchschnitten wird, und trübgelber Grundfarbe der Bauchseite. Die Spitzen der Seitenwarzea am Hinterleibe, sowie die Haare sind heller, ali bei der vorigen Larve, mit welcher sie aber die Fleckung der Unterseite gemein hat [3]. Chr. (Phyllodecta, Pliratora) vulgatissima L. {Vitellinae Gyll., coerulescens Küst.). Käfer langgestreckt, doppelt so lang als breit, glänzend metallisch grünlich-blau, d*e Färbung ändert ab in reines Grün, Blau, Violett, Schwarz mit oder ohne Kupferschimmer. Auf den Flügeldecken die fünf inneren Punktreihen ziemlich regelmässig, fein, etwas geschlängelt, mit äusserst fein punktirten Zwischenräumen, die vier äusseren Punktreihen stärker, verworren. An den Fühlern Glied 2 so lang oder etwas länger als 3, Schienen und Füsse stets dunkel gefärbt. Länge 4 — bmm. Larve von denen der vorhergehenden Arten wenig verschieden. Abgesehen von den stärker chitinisirten Theilen, anfänglich heller, später aber sehr dunkel, mit olivengrüner Mittellinie. Bauchränder und Behaarung weiss. Die Unterseite ist im Gegensatz zu den beiden vorigen ganz ungefleckt [3], Chr. (Plagiodera) versicolora Laichart, (iärmoraciae Fabr., Salicis Thoms.) Käfer ausgezeichnet durch seine rundliche Gestalt. Halsschild sehr fein, zerstreut punktirt, fast dreimal breiter als lang. Flügeldecken viel stärker als das Halsschild, verworren, stellenweise etwas gereiht-punktirt, mit einem schwachen Längswulst neben dem Seitenrande und deutlicher Schulterbeule. Die ersten fünf oder sechs Fühlerglieder und die Fussglieder dunkelbraun oder röthlich. Ober- seite blau, bald nach Grün oder Violett hinneigend; Kopf und Halsschild meist etwas dunkler, a's die Flügeldecken. Unterseite schwarzgriin oder schwarz. Länge 2*5 — i'dmm. Larve nach dem gewöhnliehen warzigen Chrysomelidentypus gebaut, aber mit grünlicher Grundfarbe. Die Lebensweise ist, wenigstens was den forstlichen Schaden betriflft, bis jetzt genauer nur von Chr. Vitellinae L. beschrieben worden, indessen dürfte kaum ein Zweifel darüber bestehen köanen, dass vielfach in den Berichten die ersten drei zur Untergattung Phyllodecta gehörigen Arten untereinander geworfen wurden, und dass die meisten Angaben, soweit sie überhaupt richtig, für alle drei gelten. Lehrbnch d. mittelenrop. Forstinaektenkande. 3^ /.Q9 K;ip. IX. Die Käfer. Diese Thiere überwintern als Käfer, und zwar in der Regel nicht am Boden oder in der Bodeniecke, sondern in der Hölie an niö"'liclist geschützten Stellen, zwischen zusammengeknäulten Blättern, den Spitzenknospen junger 2 — S7n hoher Kiefern, in hohlen Pflanzen- stäii'^eln, unter lockeren Baumrinden und sogar in Borkenkäfergängen. Das3 andererseits auch viele schliesslich in das am Boden liegende Laub und zwischen die Ruthenstümpfe gelangen, versteht sich von selbst. Diese wichtigen Thatsachen sind namentlich durch Altum bekannt ge- geworden, welchem hierüber zuerst Berichte aus der Weidenschule zu Brück bei Erlangen [I v, S. 2Ul], vind Oberförsterei Züllsdorf, Regierungsbezirk Merseburg ||fZ, S. 483], zugingen. Er selbst beobachtete dann 1880 auf dem Revier Grün- walde, Regierungsbezirk Magdeburg, dass der Käfcr in grosser Menge die Bohr- gänge von Hylesinus crenatus an zwei alten Eschen bereits im August zu Verstecken gewählt hatte, utid fand im Nachbarrevier Lödderitz ein ähnliches Verkriechen unter Kopfweiden- und Eichenrinde [1/, S. 275]. Die riugzeit der Käfer, in welcher sie mitunter sogar in grösseren Schwärmen die Luft durchziehen, fällt gewöhnlich in den April. Sie begeben sich dann Iq die Weidenanlagen, wo sie sowohl die jungen Ausschläge, wie die Blätter der zwei- oder mehijährigen Wüchse angehen, und zwar nach Krähe [13], im Gegensatze zu den gelben Weidenblattkäfern, die tiefer stehenden Blätter vor den höherstehenden. Sie legen nun ihre kornförmigen Eier in mit den Spitzen zusammenstossenden Doppelreiben von circa 20 Stück flach auf die Unterseite der Blätter, und die auskriechenden Larven fressen in dichtgedrängten Colonnen, Leib neben Leib reihenweise fortschreitend das Blattfleisch der Unterseite auf. Zur Verpuppung begeben sie sich in den Boden. Es können einander drei Generationen in einem Sommer folgen. Dass die Generation dieser Weidenfeinde wirklich eine mehrfache ist, dafür sprechen alle Beobachtungen, namentlich äid von Letzner [14] und Cok- NELius [3]. Ja sogar bei Petersburg ist durch Koppen [12, S. 276] eine doppelte Generation direkt constatirt worden. Es fiel hierbei die erste Puppenruhe von () Tagen in den Juli, die zweite von 12 Tagen in den Anfang des September. Schwer lässt sich mit diesen positiven Angaben die oben erwähnte Beobachtung von Altum vereinigen, dass die Käfer bereits im warmen August ihre Winter - verstecke beziehen. Sämmtliche Arten sind in Europa weit verbreitet und gehen auch in den Gebirgen und im Norden hoch hinauf. Namentlich ist Ghrysomela Yitellinae [12, S. 276] von Lappland bis Transkaukasien und von Frankreich durch Sibirien bis zur Amurmündung verbreitet. Fr asspflanzen sind für sie ausser den gleichfalls von ihnen an- gegriffenen Pappelarten, namentlich die Weiden. Jedoch nicht alle Korbweidenarten werden gleichmässig befallen. In der Weidenschule zu Brück waren es nach Altum [I c, S. 217] die zarteren Arten, namentlich Salix vlminalis L. mit ihren Abarten, S. purpurea L. und ihre Bastarde, unter ihnen wieder /S. ruhra Huds., die angegangen wurden. Bei Knappwevden des Futters nahmen wohl die Käfer, aber nicht die Larven, auch die Bastarde von S. triandra L. an. Letztere selbst blieb in Züllsdorf völlig verschont. Diese Beobachtung bestätigt Cliiysom »la Vite'liuae u. Yerw. Abwehr der Weiden-Blattkäfer. 603 Krähe [13, S. 243] beziiglicli der Vorliebe für S. viminalis, erwähnt flauu aber als nächstbeliebte Futterpflanze die Sahl weide, S. Caprea L. In neuerer Zeit, 1884, glaubt nun aber Altum [I h, S. 188] in den Weidenliegern des Eberswalder Stadtforstes gefanden zu haben, dass ein Unterschied in dem Geschmacke der einzelnen Arten insofern bestehe, als Chr. Yitellinae die S. purpurea, Chr. vulgatissima hingegen die S. viminalis fast ausschliesslich annimmt. Wie riesig die von Chrysomela Vitellinae augerichteten Schäden sein können, geht daraus hervor, dass Krähe [13, S. 204] einmal seine Weidenbeger so stark besetzt fand, dass er die Zahl der Larven für jede einzelne Ruthe auf mindestens 100 Stück ansetzen konnte, Tvas also bei 200 000 Sträuchern zu je 4 Ruthen 4 X 100 X 200 000 = 80 Millionen auf das Hektar ergiebt. Oberförster Moebes [I d S. 483] berichtet an Altum 1880 aus Züllsdorf, dass eine Fortdauer der Calamität die Existenz der dortigen Weidenanlagen ernstlich in Frage stellen würde, der Ertrag habe sich bereits auf ein Drittel des früheren verringert. Aehnliche Angaben sind aus verschiedenen Gegen- den bekannt geworden. Chr. versicolora trat 1888 in einer kleinen Weidenanlage an dem Schloss- teiche za Tharand als arger Fresser auf, während Chr. Vitellinae hier weniger häufig war, Abwehr der Weiden-Blattkäfer im Allgemeinen. Das seit längster Zeit empfohlene und wohl auch wirksamste Abwehrmittel ist gegen die Käfer selbst gerichtet und besteht in der Anpassung dei bekannten Sammelmethode der Entomologen, des „Abklopfens", an die Bedürfnisse der Praxis, also darin, dass die Käfer durch leise Schläge von den Ruthen auf untergehaltene Gegenstände herabgeworfen, dort gesammelt und vernichtet werden. Bei der grossen Ausdehnung, -die häufig die gefährdeten Weidenanlagen haben, handelt es sich aber vornehmlich um die Anwendung geeigneter Werkzeuge, die ein schnelles und sicheres Arbeiten gestatten. Die Art und Weise, wie die Weidenstöcke in den Hegern vereinigt sind, also der Pflanzenverband und die strauchartige Form verbieten von selbst das Unterlegen von Tüchern oder das Unterhalten von Schirmen. Dagegen hat sich in der Weidenschule zu Brück hierzu ein niedriger, viereckiger Kasten ^us verzinntem Blech mit umgebogenem Rande bewährt, dessen Boden mit einer dünnen, die Käfer am Entweichen hindernden Aschenschicht bedeckt wird [I d, S. 484]. Krähe [13, S. 203] versieht dagegen mit Vortheil die Arbeiter mit einer Art einräderiger Schiebkarre, die einen niedrigen, 1 m langen und 30 cm breiten Kasten hat. Diese wird mit ihren Bäumen in den Gürtel des Arbeiters eingeschoben, der sie so vor sich her zwischen den Pflanzenreihen hinschieben kann und doch die beiden Hände, in denen er Stöcke führt, zum Abklopfen frei behält. Diese Methode bewährt sich aber nur da, wo die Weiden noch nicht hoch und nicht durcheinander gewachsen sind. Wo dies der Fall ist, versieht Krähe Frauen mit um den Hals zu hängenden Körben, in welche Tücher gelegt und beim Durchgehen durch die 39* PQA Kap. IX. Die Käfer. Weidenreihen die Käfer hineingeklopfc werden. Sowolil aus der Schieb- karre wie au5 den Tüchern läset Krähe die Käfer von Zeit zu Zeit in einen Eimer voll Wasser, auf welches vorh3r eine Petroleumschicht gegossen wurde, ausschütten. Mit Hilfe dieser Mittel konnte Krähe z. B. in acht Tagea durch 15 Personen täglich 21 l Käfer fangen lassen,, was also, 1 l zu 52 000 Stück gerechnet, im Ganzen 8 736 000 Käfer beträgt. Auch g<''gen die Larven kann man ähnlich vorgehen. Es ist dies aber schwieriger, well die Larven fester sitzen als die Käfer. Eineu „Bürstenapparat", den Krähe zu diesem Zwecke aa der er- wähnten Schiebkarre anbrachte und der gut gewirkt haben soll^ beschreibt er leider nicht näher. Bji den rothea Weidenkäfern, die etwas grössere Larven habeo, kann man in kleioeren Verhältnissen vielleicht auch durch direktes Larvensammelu etwas ausrichten. Als Abwehrmittel gegen die Larven hat sich ferner in der Weidenschule zu Brück [I c, S. 218] eine „ziemlich scharfe Lauge aus guter Holzasche" bewährt. Die Arbeiterianen mussten aber, da ein Uebersprühen der PHanzen mittelst einer Art Giesskanne nicht* half, die Käthen durch die rechte, in die Lauge getauchte Hand ziehen. Weil sie die:3e Arbelt aber höchstens zwei Tage lang aus- halten, wäre in Zukunft zu überlegen, ob man nicht zu diesem Zwecke mit Vortheil zwei welche, langhaarige Bürsten verwenden könnte, zwischen denen die Ruthen ebensogut durchgezogen werden können, wie durch die Hand. Die wiederholt gemachten Versuche, die Käfer durch dauernde Beunruhigung aus den Weidenhegern zu vertreiben, oder ihre Larven durch Bestreuen der Pflanzen mit für sie giftigen Pulvern zu tödten, haben in der Praxis wohl keine Zukunft. Vertreiben kann man den Käfer aus Weideahegeru, indem man alle Viertelstunden über die Anlage eine mit Strohwischen behaugene Leine durch zwei Knaben hiuübeiziehen lässt. Sind die Ruthen schon höher geschossen, so beschwert man die Leine noch mit einigen Steinen. Die dauernd gestörten Käfer wandern aus und legen ihre Eier ausserhalb d^s Hemers ab Als rationell kann dieses von ScHULZE-Messdunk angewendete Verfahren [I g, S. 6')7] aber kaum angesehen werden, da durch d isselbe nur ein zeitweiliger Schutz einer bestimmten Oertlichkeit, keine Verminderung der Schädlinge erreicht wird. Versuch % die Larven durch Bestreuen der Blätter mit arseniksaurem Kupferoxyd [Altüm 16, S. 20] oder Bestauben mit Schwefelpulver [Dochnal 5] zu tödten, sind wjhl dem Geda iken en'sprangen, diese zur Zerstörung von Gartenschädlingen empfohlenen, und zur Bekämpfung der Welnstockpilze verwen- deten Mittel auf die Forstwirthschaft zu übertragen. In neuester Zeit hat Altum empfohlen [1/], in oder in der Nähe der Weidenheger künstliche Winterverstecke anzubringen^ aus denen man nach Eintritt der kälteren Jahreszeit die erstarrten Käfer herauszunehmen und zu vernichten hätte. Dieses theoretisch gewiss ganz richtig ausgesonnene Mittel hat aber, soviel uns bekannt^ die Probe der praktischen Anwendung noch nicht bestanden. Er sagt: „In den Hegern selbst oder in der nächsten Umgebung derselben würden eingegrabene, entborkte Stammabschn'tte splitterig eingehauen und ge- spalten und dann wieder mit Rinde umbunden od^r benagelt, ohne Zweifel wesentliche Dienste leisten und jahrelang Verwendung ünd-n können". Bereit» Abwehr der "Weiden-Blattkäfer. Der Eichen-Erdfloli. 605 in der Nähe vorhandene Kopfweiden möchte er gleichfalls diesem Zwecke anpassen, iird er empfiehlt auch mit Rücksicht auf das von ihm beobachtete Eindringen der Chr. Vitellinae L. in die Frassgänge von Hylesinus crenatus das Durchlöchern der umzubindenden oder lose anzunagelnden Rinden mit einem Drillbohrer. Eiclienfeillde. Von den übrigen sehr zahlreichen, auf Laubholz- blätter angewiesenen Blattkäfern sind nur wenige bis jetzt wirklich forstschädlich geworden. Veihaltnissmässig noch am häußgsten findet man Klagen über den Eichen-Erdfloh, Haltica erucae Oliv., einen kleinen, metallisch-grünen oder blauen, springenden Käfer, der sammt seiner Larve in unseren jüngeren Eichenbeständen die Blätter zerfrisst und skeletirt. Beschreibung. Haltica erucae Oliv, {qnercetorum Foudr.). Käfer metallisch grün, manchmal mit blauem Schimmer. Stirnhöcker gross, quer drei- eckig oder rund, und wie der von ihnen durch eine Querrinne geschiedene Scheitel fast ganz glatt und glänzend. Halsschild beim (^ etwa um die Hälfte, beim 9 doppelt so breit als lang, seine Oberfläche stark gewölbt, so dass man von oben den schmal abgesetzten Seitenraud nicht sieht, vor der Mitte am breitesten, nach vorn und hinten nur in leichter Rundung verengt. Vor den Hinterecken oft etwas ausgeschweift, die abgerundeten Vorderecken verdickt, etwas nach aussen vortretend, oben fein punktirt, mit einigen grösseren Punkten jederseits auf der vorderen Hälfte, Querfurche vor dem Hiiiterrande nicht sehr tief. Flügeldecken dicht und deutlich verworren punktirt, au der Wurzel breiter als das Halsschild, nach hinten bis über die Mitte etwas erweitert, von der Basis aus etwas ansteigend, daher mit dem Halsschild nicht in einer Ebene gewölbt. Schultern stark vortretend; von ihnen zieht sich bis zur Spitze eine erhabene Längsfalte, die in der Mitte manchmal undeutlich wird, vor der Spitze aber oft rippenartig hervortritt. Länge 4 — 5?7i7u. Lcuve von dem gewöhnlichen Habitus der warzigen Chrysomelidenlarven, schwärzlich, mit glänzendem, grob punktirtem und dünn behaartem Kopfe und kurzen Fühlern. Vorderbrubt mit stärker chitinisirtem Schilde auf dem Rücken Mittel- und Hinterbrust mit einer doppelten Qnerreihe grosser, hellere Haare tragender Warzen besetzt, jederseits über der Einlenkung der starken Beine eine besonders grosse. Die Hinterleibsringe gleichfalls mit Warzenquerreihen, welche auf den letzten schwächer werden. Länge ungefähr 5 — 7 wtni. Puppe gedrungen, schmutzig gelb, mit schwarzen Augen und zwei schwarzen Enddornen [Taschenberg XVIII, S. 206]. Die in Gemüsegärten sehr häufige, gefürchtete, etwas kleinere Art, der Kohl-Erdfloh, H. oleracea L., unterscheidet sich von H. erucae Oliv, als Käfer vorzüglich durch den Mangel der Längsfalte an den Seiten der Flügel- decken, während die Larve entschieden mehr braun und an dem Rücken kantiger ist [XVIII, S. 206]. Lebensweise und Schaden. Halt, erucae ist im Wesentlichen auf unsere einheimischen Eichen angewiesen, soll aber nach Altuh die Stieleiche vor der Traubeneiche bevorzugen undgeht gelegentlich auch wohl andere Laub- hölzer, namentlich Hasel und Schwarzerle, an [V, 1, S. 242 und \a, S. 26]. Der Käfer überwintert in der Bodendecke oder in Rindenritzen, erwacht im Frühjahre beim Laubausbruche aus dem Winterschlaf, und die Weibchen legen nun ihre Eierhaufen an die Unterseite der jungen Blätter, welche alsbald von den jungen Larven befressen werden. Anfangs lassen diese die Epidermis der Ober- fläche noch stehen, in vorgerückteiem Älter wird aber auch sie zerstört, und es bleiben dann nur noch die Blattrippen übrig. Die so mitunter vollständig skeletirten 606 Kap. IX. Die Käfer. Blätter bräunen und kräuseln sieh, und bei staikem Frasse erhält der Bestand alsdann das Ansehen , eines durch die Flammen eines Lauffeuers versengten Eichenortes" [\a, S. 27]. Dieser Frass dauert ungefähr bis zum Juli, zu welcher Zeit die erwachsenen Larven sich in der Bodendecke oder in Eindenritzen ver- puppen und nach etwa 14 Tagen die Käfer liefern, welche nun vom August bis zum Eintritt der Fröste das Frassgeschätt der Larven fortsetzen und sich endlich in die Winterverstecke zurückziehen. Die einjährige Generation kann man also folgendermassen graphisch darstellen : Jan. jFehr. März April Mai Jumi Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 +++ 1 •++++++++ ++++++ 1881 ' ' 1 ++ + Eingeführt wurde dieser Käfer in die Forstinsektenkunde durch Kellnek [10] und etwas später durch Ratzebüeo, der seinen Schaden [V,l, S. 243] sehr gut beschreibt, jedoch in dem Irrthum befangen bleibt, der von ihm be- schriebene Eichenfeind sei mit dem gemeinen Kohl -Erdfloh, Haltica oleracea L., identisch. Die ersten neueren Nachrichten über durch diesen Käfer verursachten, ausgedehnten Schaden stammt n von Taschexberg, welcher ihn Anfangs der Sieb- zigerjahre in den Revieren um Halle a/S. in grosser Menge in den Eichen- stangenhölzern und auf Eichenunterholz antraf; da gegen den Frass nicht ein- geschritten wurde, ging er auch auf die alten Eichen über, und an anderen Stellen schadete er den jungen Pflanzen bedeutend [XVIIi, S. 206]. 1876 berichtet Altum [I, a] ausgedehnte, i—\0 ha umfassende Massenfrässe im Wildpark zu Potsdam, im königlich Preuss'schen Staatsforstrevier Diebzig hei Aken an der Elbe und aus Zütfen bei Arnheim in Holland. 1877 fand ein grösserer Frass auf dem königlich Sächsischen Staatsforstrevier Dit'ersdorf statt, über welchen wir durch den damaligen königlichen Förster Francke unterrichtet wurden. Zwei Jahre später wurden die etwa 50jährigen Eichen an „Cotta's Grabe" bei Tharand stark befressen. Abwehr dieses Schadens dürfte für die wirkliche Praxis ziemlich schwer sein, da das Abklopfen der Käfer, welches von verschiedenen Seiten empfohlen wird, bei ihrer grossen Beweglichkeit und dem nicht unbedeutenden Spring- vermögen nur an trüben und rauhen Herbsttagen, an denen sie träger sind, einigen Erfolg versprechen dürfte. Taschenberg [XVIII, S. 209] empfiehlt, den Arbeitern in die linke Hand ein zwischen Stäben ausgespanntes Tuch zu geben, welches unter die Sträucher gehalten wird, während die rechte Hand den klopfenden Stock fülirt. Von Zeit zu Zeit werden die so erbeuteten Käfer dann in eine Flasche, in welche man einige Tropfen Terpentinöl gefüllt hat, in Sicher- lieit gebracht. Vielleicht würde es passend sein, statt des Taches den oben bei Abwehr der Weidenkäfer beschriebenen, mit einer A.^chenschicht versehenen Blech- kasten zu verwenden. Die gegen die im Garten so häufig schädlichen, verwandten Arten immer angepriesenen Mittel, namentlich das Begiessen der Pflanzen mit Wer- muthaufguss oder das Bestreuen derselben nach einem stärkeren Thaafalle oder Eegen mit Kalkstaub oder Asche [vgl. XXII, II, S. 295] dürften wohl nur auf Saatbeeten oder in Pflanzgärten in Frage kommen, im Forste selbst aber nicht durchführbar sein. Haltica erucae. Die Erlen-Blattkäfer. 007 Als Ellenfeind ist zu erwähnen der blaue Erlen-Blattkäfer, Galeruca Alni L. (Taf. 11, Fig. 2). Dieser 5 — 6 mm lange Käfer tinterscLeidet sich durch seine stets tief stahlblaue Färbung und die, wie bei allen Galeruca- Arten, nahe beisammen, zwischen den Augen eingelenkten Fühler leicht von der ebenfalls Erlen bewohnenden Chrysomela aenea L., die einen ausgesprochenereu metallischen Glanz, eine von Grün durch Blau bis zu Schwarz wechselnde ITärbung und an der Wurzel weiter auseinanderstellende Fühler hat. Er duichlöchert und befrisst als Larve und Käfer die Erlenblätter. Doch scheint er einen ernsteren Schaden bis jatzt überhaupt nur in Pflanzgärlen an jungen Samen- pflanzen gemacht zu haben. Ueber die nur wegen der möglichen Verwechslung hier angeführte und weiter unten auch näher be- schriebene, ähnlich lebende Chrysomela aenea sind bis jetzt wirkliche Klagen von Seiten der Forstmänneir noch nicht eingelaufen, Beschreibung. Gal. (Agelastica) Alni L. Käfer auf der Obeiseite glänzend blau, selten gi unlieb, Unterseite schwätz oder schwarzblaii, lialsschiM viel breiter als lang, nach vorn stark verschmälert, wie die Flügeldecken ziemlich grob, veiworren punktirt. Länge 5 — Qmm. Puppe sehr weich, zait und hellgelb. Larve von dem allgemeinen warzigen Typus der Chrysomelidenlarven, dunkelschwarz, ins Grünliche stechend, mit ziem- lich starker Behaarung. Kopf ziemlich flach, mit etwas vertiefter Stirn. Dicht hinter den kurzen Fühlern jederseits ein kleines Punktauge. Die drei, die starken Beine tragenden Brustringe sowohl, wie die Hinterleibsiinge jeder mit einer sehr deutlichen Qiierfurche, vor und hinter welcher zwei glänzende, aus zwei länglichen ^\^är/.chen bestehende, behaarte Querleisten erscheinen. Luftlöcher am Grunde von aus- und einziehbaren Kegelwarzen, unter denen sich noch eine behaarte Warze befindet, so dass der Rand des Leibes von oben gesehen wie gezähnt erscheint. Letzter Ring mit einer grünen, den After umschliessenden Haftscheibe. Länge bis 12 «im [V, 1, S. 244]. Chr. (Melasoma) aenea L. Käfer oben blau, goldgrün, kupferfarbig oder schwarz, mit metallischem Schimmer, unten dunkler, schwärzlich grün, in der Färbung sehr veränderlich. Von allen verwandten Arten dadurch leicht zu unterscheiden, dass die Hinterbrust zwischen den Mittelhüften hoch gerandet ist, und dass das an den Seiten stark, in der Mitte feiner pnnktirte Halsschild an den Seiten keine Längseindrücke hat. Flügeldecken etwas gröber punktirt als das Halsschild. Mundtbeile schwarz. An den Fühlern ist Glied 1, mit Ausnahme der röthlichen Spitze, an seiner Oberseite von der Farbe des Körpers, Glied 2—4 oder 6 sind röthlich, die Endglieder schwarz. Fussglied 3 nur stark ausgerandet, 4 an der Spitze der Unterseite jederseits mit einem spitzigen Zähnchen, Länge 6'5 — 8"5 mm. Lebensweise, Schaden und Abwehr. Galeruca Alni überwintert als Käfer und erscheint nach Entwickelung des Erlenlaubes, um sich zu begatten. Das befruchtete 9 schwillt sehr stark an, so dass die Flügeldecken den Hinler- leib nur nnvollständig bedecken. Die gelben Eier werden pariienweise ab- gelegt. Die Larven brauchen zu ihrer Entwickelung etwa 4 Wochen und begeben sich dann zur Verpuppung flach in die Erde. Larven und Käfer skeletiren die Blätter. Die ganz jungen Lärvchen benagen nur die Oberhaut. Im August und September erscheint der junge Käfer, frisst nochmals an den Blättern und begiebt sich dann unter das abgefallene Laub zur Ueberwinterung. Die Generation ist also einfach, doch findet man nicht selten Eier, Larven und Käfer gleichzeitig, weil das 9 ziemlich lange Zeit zum Ablegen der Eier braucht. 608 Kap. IX. Die Käfer. Dieses äusserst gemeine Tbier ist durch ganz Europa verbreitet uud dringt iu Kussland bis natb Transkauliasien und Tur Icestau [Köpfen 12, S. 279], Es frisst sowohl auf Alnus glutinosa Gäbtn., wie auf A. incana Willd. uud ver- schont auch die fremden Erlenarten nicht. Die Larven scheinen ausschliesslich auf die Erle angewiesen zu sein, während Ratzeburg [V, I, S. 244] den Käfer im ersten Frühjahre auch auf Weiden und Pappeln fressend fand. Wo Erlen häufig sind, kann man alljährlich die Verheerungen des Käfers sehen, auch ziemlich weit im Norden. So fand ihn z. B. Koppen [12, S. 279] 1851 und 1855 in derartig kolossaler Menge bei St. Petersburg, und zwar hier besonders auf Alnus incana Willd., dass kaum ein Blättchen ausgedehnter Erlen- gebiische verschont wurde. Wenngleich natürlich eine so ausgedehnte Zerstörung der Blätter auch an älteren Erlenstämmen und Gebüschen des Zuwachsverlustes wegen unangenehm ist, so tritt ein wirklich beachtenswerther Schaden doch nur dort ein, wo in Saatbeeten und Saatkämpen junge Pflanzen angegriffen und dann häufig so beschädigt werden, dass sie eingehen [Ratzebukg V, I, S. 245]. Das jüngste Beispiel einer solchen Verheerung berichtet Revierförster Douse aus dem Mecklen- burg-Schwerin'schen Forstrevier Kneese; daselbst gingen von stark befressenen, stehengebliebenen, zweijährigen Schwarzerlenpflänzchen die Larven im Juli auf die Erlensämlinge desselben Jahres über und tödteten sie schnell. Der noch nicht befallene Theil der Sämlinge wurde daher durch Stichgräben isolirt und so gerettet, dagegen kehrten nun die Larven zu den zweijährigen Pfiänzcheu zurück, welche sie aus Mangel an Laub mit Ausschluss des direkt bis 4 — 5 cm hoch über der Erde liegenden Theiles so vollständig von der Rinde entblössten, dass nunmehr sämmtliche eingingen. Bei sehr starkem Frasse suchen sich die Bäume durch Bildung von Ersatz- trieben zu helfen, bringen es aber häufig nur zu Halbtrieben oder einzelnen Blättern [Ratzebükg XV, II, S. 250, mit Abbildung des letzteren Falles]. Als Abwehr hat man bis jetzt immer nur das Abklopfen und Tödten der Käfer empfohlen. Vielleicht könnte man aber noch mehr erreichen, wenn man unter den Sträuchern und Bäumen die Erde zu der Zeit lockerte, wo die Puppe im Boden ruht. Hierbei würden gewiss sehr viele der zarten Thierchen zerquetscht werden. Als Feilld der Rüsteru ist hier wohl nur zu Hennen der Küstern-Blattkäfer, Galeruca xanthomelaena Schrk., ein ungefähr 7 vim langer, gestreckter, gelbbrauner Käfer, der sich leicht durch die schwarze Doppelschwiele auf der Stirn, durch eine breite, schwarze Längsbinde nahe am Seitenrande der Flügeldecken und besonders durch schwarze Unterseite der letzteren unterscheidet. Im Süden mehr verbreitet als im Norden, hat er weniger den Forst- leuten als den Parkbesitzeru durch Ulmenentblätterung Anlass zur Xlage gegeben. Beschreibung. Gal. (G alerucella) xanthomelaena Scurk. [C'alma- riensis Fabr., C'rataegl Bach). Käfer auf der Oberseite gelb oder gelbbraun, nur dünn behaart. Kopf kurz, mit schmalen vertieften Wangen. Augen gross. Flügeldecken etwas querrunzlig punktirt, mit fast rechtwinkliger Nahtecke; ihr umgeschlagener Seitenrand reicht bis zur Spitze. Halsschild an den Seiten wenig, fast gleich- massig gerundet, ziemlich glänzend, etwas stärker als der Kopf punktirt, mit breiter, oft nur aus zwei kleinen Eindrücken bestehender Mittellinie und beider- seits mit einer flachen, hinten mehr als vorn vertieften Grube. Die Fühlerglieder sind an der Oberseite pechbraun oder schwarz, die glänzenden Stirnhöcker, eine Längsmakel auf der Stirn, 3 oder 4 kleine Makeln auf dem Halsschild, eine kurze Längslinie neben dem Schildchen, eine breite Längsbinde nahe dem Seiten- Galeruca Alui. Rüstern- und Schneeball-Blattkäfer. 609 xande der Flügeldecken, Unterseite der letzteren, Hinterbrust und theihveise der Bauch schwarz. Beine gelbbraun. Länge 6 — 8 mvi. Larve nach dem gewöhnlichen Chrysomeliden-Typus gebaut. Sie ist bis zur zweiten Häutung schwarzbraun und bekommt nach dieser zwei gelbe Längs- striche auf dem Kücken und einen breiteren an jeder Seite. Vorderbrust mit einem doppelten Chitinschilde. Die beiden anderen Brustriuge, sowie die Hinterleibs- ringe mit drei Längsreihen querer Chitinschildchen, welche auf jedem Ringe wieder zwei Querreiheu bilden, zu denen seitlich noch Haarwärzchen hinzutreten [Heeger 9J. Lebensweise, Schaden und Abwehr. Dieser, sowohl auf Ulmus campestris L., wie auf U. effusa Willd. lebende Käfer ist in Nord- und Mittel- deutschland selten, kommt dagegen weiter südlich bis Transkaukasien und Turkestan [Koppen 12, S. 278] sehr häufig vor und wird hier durch Entblätterung namhaft schädlich. Das Weibchen belegt die Unterseite der Blätter, welche es zugleich durchlöchert, im Frühjahr mit Eiern, und bald betheiligeu sich auch die ausschlüpfenden Larven, welche nur die Epidermis der Blattoberseite stehen lassen, an dem Frass, der so stark werden kann, dass kein Blatt unversehrt bleibt. Die Verpuppung geschiebt in der Erde. Die Anzahl der Generationen soll nach Heeger in einem Jahre bis auf 4 steigen können. Ob Puppe oder Käfer überwintert, ist noch nicht feststehend. Grössere Frässe, aber wohl immer nur in Parkanlagen, nicht in Beständen, werden erwähnt bei Wien durch Lein- weber [XVII, S. 535], Heeger [9] und Nürdlinger [XXIV, S. 44], von Dävall [4] bei Genf, von Nördlinger [XXIV, S. 44] im Rhonedelta und von Jakowlew bei Astrachan [12, S. 278]. Da namentlich grössere Parkbäume befallen werden , dürfte als Abwehr irgend welches Abklopfen oder Sammeln der Käfer unaus- führbar sein. Dagegen ist der bei Genf nach Davall gemachte und gelungene Versuch, den zur Verpuppung in den Boden gehenden Larven einen 20 cm breiten, auf dem Boden um den Baum herum gelegten Ring von frischem Moose als bequemen %rsten Schlupfwinkel darzubieten, und sie dann mit diesem zusammen zu verbrennen, beachtenswerth. Indessen ist zu bemerken, dass einmal diese Vorkehrung bei mehrfacher Generation auch mehrmals im Jahre — Davall selbst nimmt nur eine einjährige Generation an und verlegt den Abstieg in den August — wiederholt werden müsste, und dass die richtigen Zeitpunkte dann schwer zu trefifen wären, andererseits doch wohl auch nur die wenigsten Larven, wie Davall annimmt, wirklich am Stamm herunterkriechen, die meisten sich einfach herabfallen lassen dürften. Diese letztere Vermuthung spricht auch gegen das von demselben Autor vorgeschlagene Abfangen der herabsteigenden Larven an einer Art complicirten Theerringes, dessen Herstellung er genau beschreibt, der aber in der Praxis noch kaum versucht sein dürfte. Beiläufig sei hier noch wegen seiner, von derjenigen der übrigen Blatt- käfer abweichenden Art der Eierablage erwähnt der Schneeball-Blattkäfer, Galeruca (Galerucella) Viburni Payk., ein der eben genauer beschriebenen Gal. xanthomelaena Schrk. ähnlicher, brauner Käfer, der sich von dieser Art durch den grossen Kopf, den Mangel der schwarzen Doppelschwiele auf der Stirn, die Abwesenheit der dunklen Längs- binde auf den Flügeldecken und deren dichte gelbe Behaarung leicht unter- scheiden lässt. Er lebt häufig auf Viburnum Opulus L., V. Lantana L. und im Süden wohl auch auf dem immergrünen V. Tinas L., wird in den Gärten mit- unter durch seinen Kahlfrass, in Folge dessen nach Koppen [12, S. 279] sogar die jungen Triebe vertrocknen können, auffällig, ist aber forstlich nicht beachtens- werth. Er legt seine Eier im Herbst zu 4—12 Stück in eigens dazu an den jungen Trieben bis auf das Mark genagte und mit Nagespänen verklebte Löcher, "WO sie überwintern. Es sind bis vierundzwanzig solche Löcher in einer Reihe beobachtet worden. Diese zuerst von Hartig in seinem Conversationslexikon, Ä. 333 beschriebene Eigenthümlichkeit wurde erst neuerdings wieder durch gl Q Kap. IX. Die Käfer. Kawall [vgl. Küppen 12, S. 279] bestätigt und verdient deshalb Beaclitnng, weil sie doch vielleicht auch noch bei anderen Verwandten vorkommen könnte. Kiefern beschädigende Blattkäfer giebt es nur sehr wenige, und ihre Bedeutung ist eine untergeordnete. Es sind dies der schwarzbraune und der gelbe Kiefern-Blattkäfer, Galeruca pinicola Duft, und Cryptocephalus Pinl L. Ersterer ist ein ungefähr 3 mm langer, etwas abgeplatteter ,^ pechbrauner Käfer mit meist gelbem Halsechilde; letzterer dagegen mehr walzenförmig^ lehmgelb und bis 4 mm lang. Beide befressen als Käfer Einde und Nadeln der jungen Kieferntriebe und können bei stärkerer Vermehrung dadurch merklich schädlich werden. Ab- wehrmassregeln sind gegen sie umsoweniger anwendbar, als man bis jetzt ihr Larvenleben noch kaum kennt. Beschreibung. Gal. (Luperus Geoff.) pinicola Duft. iifZ/er gestreckt, wenig gewölbt. Kopf mit Ausnahme der gelben Kiefer und Wangen, Flügel- decken, Brust und Bauch schwara oder pechschwarz. Halsschild etwa doppelt so breit als lang, mit gerundeten Seiten und Ecken, glänzend, äusserst fein, nur bei starker Vergrösserung .'ichtbar punktirt, rothgelb, bisweilen braun gefleckt oder ganz pechschwarz. Flügeldecken etwas deutlicher punktirt als das Halsschild. Fühler braun, die ersten vier Glieder gelb, Glied 3 und 2 gleich- lang. Schenkel mit Ausnahme der röthlichgelben Spitze braun, Schienen und Füsse röthlichgelb. Erstes Glied der Hinterfüsse so lang wie die folgenden zu- sammen. Länge .3 mm. Larve bis jetzt noch unbekannt. Cryptocephalus Pini L. (Ahietis Süffr.). Käfer glänzend lehmgelb, die Schulterbeule und ein verwaschener Längsstreifen auf den Flügeldecken bis- weilen dunkler. Halsschild dicht punktirt, rothbraun. Flügeldecken verworren, weniger dicht, aber gröber punktirt als das Halsschild. Schildchen liegt mit den Flügeldecken in einer Ebene. Beine kurz und kräftig, Schenkel dick, Schienen zusammengedrückt, gegen die Spitze stark erweitert, namentlich die vorderen des (^. Fiissglieder kurz und breit. Unterseite mit Ausnahme der stets roth- gelben Beine meist etwas dunkler, gelbbraun, bisweilen sogar sch^.'ärzlich. Letzter Bauchring des 9 ™it einer tiefen, runden Grube. Länge 3*5 — 4 mm. Larve in einem aus ihren Exkrementen verfertigten Sacke lebend und von denen der übrigen Cryptocephalen (vgl. S. 592) nicht wesentlich unterschieden. Lebensweise. Der schwarzbraune Kiefernblattkäfer wurde 1832 durch Thiersch [19 a und 19 6, S. 27] in die Forstinsektenkunde eingeführt und auf die Angaben dieses Forschers hin von Katzebürq [V, 1, S. 245] er- wähnt. Er hatte nämlich auf dem königlich Sächsischen Staatsforstrevier Auers- berg im Erzgebirge an einer beiläufig 650 vi über dem Meere gelegenen, 10jährigen Kiefernsaat im Frühjahre die Rinde der Maitriebe iTud späterhin die Nadeln benagt. Indessen scheint das angeblich durch iiin veranlasste Absterben von vielen hundert Zweigen, theils Gipfeln, theils Seitenästen, sowie die massen- hafte Bildung von Scheidentrieben nicht allein auf seine Rechnung zu kommen. Es ist dieser Schaden nach Thierscu nämlich nicht blos in Folge äusser- lichen Frasses, sondern auch des Brutgeschäftes eingetreten, bei welchem an- geblich das Weibchen die Knospen mit Eiern belegen, die Larve unter dem Schutze des austretenden Harzes die Knospen ausfressen und sich hier auch ver- puppen soll. Es liegt nun hier — obgleich eine ähnliche Unterbringung der Eier im Inneren von Holzpflanzen sicher bei Galeruca Viburni Payk. (vgl. S. 609) nachgewiesen ist — wahrscheinlich eine Verwechslung mit dem Schaden von Kleinschmetterrngslarven, vielleicht von Wicklerraupen, wie schon Ratzeburq Kiefern beschädigende Blattkäfer. QU hervorhebf, oder mit dem von Anthonomus varians Payr. (vgl. S. 400) vor.. "Wenigstens ist eine Bestätigung dieser Angaben bis jetzt avisgeblieben, T?ie denn überhaupt neuere Beobachtungen über sein Larvenleben völlig fehlen. Alle späteren Mittheilungen beziehen sich auf den Käferfrass. Die stärkste Beschädigung berichtet Oberförster von Pannewitz [15] 1850 aus dem königlich Preussiscben Staatsforstrtvier Hoyerswerda, Regierungsbezirk Liegnitz, wo der Käfer in Masse auf einer allerdings nicht zusammenhängenden Fläche von etwa 150 Äa in 10 — 20jährigen Kiefernschonungen Bast und Nadeln der Maitriebe so stark befrass, dass diese rolh wurden und die am meisten befallenen Prianzen. eingingen. Im August waren die Käfer plötzlich verschwunden. An dem Frasse betheiligte sich später auch Brachyderes incanus L. (vgl. S. 406). Ende der Sechzigerjahre beobachtete dann Judeich [XI, S. .'^l] einen grösseren Frass aut dem königlich Sächsischen Staatsforstrevier Höckendorf bei Tharand, ferner Elias [7] 1880 auf der gräflich Dohna-Schlodien'schen Herrschaft Kotzenau, Regierungsbezirk Liegnitz, Letztere Beschädigung, über welche auch Ai.tum [le] berichtet, fand in 12 — 17jährigen Kiefernsaaten auf Boden vierter Classe statt,^ und es wurden hierbei auf zusammenhängenden Flächen von V2 — 1 ^^'^ Grösse- die noch nicht verholzten Mail riebe an Rinde und Nadeln geschädigt. Die Nadeln waren meist nur in der oberen Hälfte abgestorben. Die besserwüchsigen Kiefern auf ehemaligen Meilerstellen blieben verschont. Der Käfer fiel bei der geringsten Berührung der Triebe zu Boden. Auch aus dejr neueren Zeit ist uns mehrfaches Auftreten des Käfers in Sachsen bekannt, so z. B. 1886 in einem Privaiforste zu Bischheim. Dass der Käfer sich nicht auf die gemeine Kiefer beschränkt, geht av.» einer Mittheilung von Nükdlixger [XXIV, S. 44] hervor, der ihn im Juni I8t9 den handlangen Schossen der Weymouthskiefer durch Benagen des Schosses wie der Nadeln stark zusetzend fand. Die Schosse hatten durch Harzaustritt gelitten, die Nadeln sich geröthet, als ob Feuer darüber ge^rangen wäre. Der gelbe Kiefernblattkäfer i~t als Forstschädling genauer vor- nehmlich an der Seekiefer in den südfranzösischen Landes durch Perris [16] beobachtet worden. Hier treten die Käfer im October und November in 6— 15jäh- rigen Kiefernbeständen auf, und zwar am liebsttn in sonnigen, lückigen, schlecht- wüchsigen Schonungen und au Randbänmen. Bei der geringsten Berührung lassen sich die Käfer sofort herabfallen. Sie begatten sich zu der ge- nannten Zeit, und in der Gefangenschaft legen die Weibchen dann auch ihre Eier ab. Diese Zeitangabe stimmt gut mit derjenigen von Rosekhauer [18, S. 31], dass in Bayern die Eiab'age im September erfolge. Der Frass betrift't fast ausschliesslich die Unterseite der Nadeln, an welcher durch den Käfer eine oder zwei lange Rinnen ausgefressen werden. Sind alle Nadeln eines Stämmchens in dieser Weise angegrifi'en, so sehen die Pflanzen mit- unter bös aus. Perris kennt jefioch kein Beispiel, dass sie eingegangen wären. Auch in Tirol hat Nördlinger [XXIV, S. 43] den Käfer auf Kiefern gefunden. Obgleich ihn schon Beckstein [I, 1, S. 146] erwähnt, wird aus Deutschland doch nur einmal über einen durch den Käfer verursachten Schaden berichtet, und zwar von Oberförster v. Pannewitz [15]. Als nämlich bei dem obenerwähnten Frasse von Galeruca pinicola Duft, zu Hoyerswerda dieser Käfer im August verschwunden war, trat im September Cryptocephalus Pini L. auf und setzte die Beschädigung fort. Er nagte „an den äussersten Spitzen im und am Quirl der Kiefern, veranlasste das Rothwerden der Spitzen und das Abfallen der Nadeln an diesen Stellen, sowie endlich eine bedeutende Harzau- seh witzung- an den Knospen der Maitriebe". 5 — 20jährige Kiefern auf allen Bodenarten wurden angegangen. Auch hier fand die Begattung Anfangs September statt. Ueber den Ort der Eierablage weiss v. Pannewitz ebensowenig etwas zu berichten, wie Perris und Rosenhacer, und von den Larven ist nur durch letzteren bekannt, dass deren Kopf und das Chitinschild auf der Vorderbrust dunkel- braun und glatt sind und dass die Säcke, in denen sie leben (vgl. S. 592), ziemlich regelmässige Längsrippen zeigen. Ueber ihre Lebensweise im Freien. ^j2 Kap. IX. Die Käfer. fehlen aber alle Angaben, und nur nach Analogie kann man schliessen, dass auch bei ihnen die Generation wahrscheinlich zweijährig ist [17, S. 12 und 13]. In Betreff der etwa wünschenswerthen Abwehr sind keine positiven Angaben möglich, dagegen ist darauf hinzuweisen, dass bei der grossen Furcht- samkeit beider Kiefern- Blattkäfer ein Abklopfen und Sammeln derselben un- thunlich erscheint. AnmerkuDg über den Coloradokäfer. Wenn wir hier diesem neuerdings so gefürchteten Kartoffelfeinde einige Seiten widmen, trotzdem er in keiner Weise zu den forstschädliclien Insekten gezählt werden kann, so geschieht dies schon deshalb, weil dort, wo es sich in Deutschland um seine Bekämpfung handelte, Forstleute als Leiter der Vernichtungsarbeiten mit grossem Erfolge zugezogen wurden. Wichtiger ist uns aber der Umstand, dass es uns hierbei möglich wird, in kurzen Zügen ein Beispiel zu geben, wie der Staat zu verfahren hat, wenn es sich darum handelt, dem ersten Ein- dringen eines ausländischen Schädlings ohne Rücksicht auf die Kosten so kräftig zu begegnen, dass seine Einbürgerung vermieden und einer ernstlichen Schädigung wirklich vorgebeugt wird. Trotzdem nämlich die nachweisslich in neuerer Zeit bei uns eingeschleppten, schädlichen Insekten im Wesentliclien nur Feinde der Landwirthschaft waren, so liegt doch keiu Grund vor, warum Europa nicht auch einmal von der Einschleppung eines fremden Forstschädlings bedroht werden könnte. In diesem Falle müsste nach denselben Grundsätzen verfahren werden, welche die Deutschen Regierungen bei der Bekämpfung des Coloradokäfers mit Erfolg zur Geltung gebracht haben. Der Coloradokäfer, Chrysomela (Doryphora, Leptinofarsa) decem- lineata Say., ist ein in seiner Körpergestalt der bekannten Chr. Populi L. un- gemein ähnlicher Käfer von elfenbeingelber, strohgelber oder orangeröthlicher Grundfarbe mit schwarzen Zeichnungen. Die schwarze Färbung tritt besonders stark hervor in der Endhälfte der Fühler, einer zweitheiligen, häufig Y-förmigen Längszeichnung in der Mitte des Halsschildes, je 5 — 6 kleinereu Zeichnungen ^u beiden Seiten der letzteren und zehn deutlichen, ungefähr durch ebenso breite, gelbe Zwischenräume getrennten, nach hinten spitz zulaufenden Längs- streifen auf den Flügeldecken. Die Kniee derBeine, sowie einige grössere Flecke auf der Unterseite der Brust, und zahlreiche kleinere auf den Bauchringen sind gleichfalls schwarz. Länge 9 — ll?)i??i. Die Puppe ist einfach gelbröthlich mit schwärzlichem Dorn am letzten Leibesringe. Länge 9 — lOmwj. Die Larve ist nach dem Chrysomeliden-Typus gebaut, mit deutlich ab- gesetztem Kopfe, allmählich an Breite zunehmenden Brustringen mit kräftigen Beinen and einem hochgewölbten, nach hinten wieder zugespitzten, neungliedrigen Hinterleibe. Ihre Grundfarbe ist in der Jugend ein dunkleres, im Alter ein helleres, mennigartiges Roth, von dem sich die stärker chitinisirten Theile als schwarze Zeichnungen scharf absetzen. Schwarz sind der Kopf, die einzelnen Beinglieder, auf der hinteren Hälfte der Vorderbrust ein quei-es, in der Mitte getheiltes Schild, jederseits an der Mittel- und Hinterbrust über der Einlenkung derBeine, sowie auf den sieben ersten Hinterleibsringen je zwei, an jeder Seite zwei übereinanderstehende Längsreihen bildende, flache Warzen, von denen die obere die grössere ist, auf der Oberseite des achten und neunten Hinter- leibsringes ein kleines queres Schild. Neben dem After jederseits ein Nach- schieber. Länge bis 12 mm. Anmerkung über den Coloradokäfer. 613 Eine Verwechselung dieser Larve mit irgend einer einheimischen, auf dem Kartoffelkraute lebenden Larve ist völlig unmöglich, dagegen sind er- fahrungsgemäss die ungemein zahlreichen falschen Gerüchte über ein Auftreten des Coloradokäfers in Deutsehland dadurch hervorgebracht worden, dass man die auf dem Kartoffelkraute um die Mitte des Sommers sehr häufig vorkommenden, ebenfalls rothgelb und schwarz gezeichneten Puppen des siebenpunktigen Marienkäferchens oder Herrgottssehäfchens, Coccinella septempunctata L., für die Larve des Coloi-adokäfers gehalten hat. Indessen ist eine Verwechselung für den nur einigermassen in der Entomologie Bewanderten leicht zu vermeiden, da es sich hierbei um eine mit dem Hinterende an dem Kartoffelblatte sitzende wirkliche Puppe handelt. Die allerdings in der Form eine gewisse Aehnlichkeit mit einer Chrysomelidenlarve zeigende, auf dem Kartoffelkraute von Blattläusen lebende, also nicht schädliche, sondern nützliche Marienkäferchenlarve kann für einen aufmerksamen Beobachter gar nicht in Betracht kommen, da sie schiefer- grau ist mit drei Paaren vereinzelt stehender korallenrother Eückenflecke. Die Eier des Coloradokäfers haben die Gestalt eines Langbleies und sind dottergelb. Lebensweise. Die Käfer überwintern entweder in der Erde in ihrem Puppenlager oder in der Bodendecke. Das begattete Weibchen belegt im Früh- jahr die Unterseite der jungen Kartoffelblätter mit Packeten von 15—80 Stück aufrecht und dicht gedrängt nebeneinander stehender Eier und vertheilt diese Packete, von dem ersten Orte der Eierablage geradlinig fortschreitend, auf eine ganze Anzahl verschiedener Kartoffelpflanzen. Im Ganzen soll ein Weibchen 500 - 1000 Eier ablegen können. Käfer sowohl wie ausschlüpfende Larven zer- fressen das Kartoffelkraut. Die erwachsene Lai've begiebt sich in die Acker- krume, wo sie in einer Tiefe von 4 — 15 cm sich in einer kleinen Erdhöhle ver- puppt und in den Käfer verwandelt. Der Eizustand dauert ungefähr 8, der Larvenzustand 20, die Puppenruhe 16 und das Käferleben bis zur neuen Eiab- lage 14 Tage; es nimmt also rund gerechnet die einfache Generation 8 — ^ Wochen in Anspruch. In Amerika tritt erfahrungsgemäss regelmässig alljährlich eine dreifache Generation ein, wobei die Käfer der letzten den Boden gewöhnlich nicht mehr verlassen. Bei der etwas kürzeren Vegetationsperiode der Kartoffeln in unseren Gegenden dürfte trotzdem mitSicherheit immerauf eine doppelte Generation zu rechnen sein. Der Schaden des Coloradokäfers besteht in einer, und zwar bei wieder- holtem Frasse oft vollständigen Zerstörung des Kartoffelkrautes. Die häufig in Folge des Frasses auftretende völlige Missernte wird also nicht etwa, wie man im Publikum fälschlich oft annimmt, durch ein Zerfressen der Kartoft'elknollen, sondern dadurch hervorgebracht, dass die ihrer Assimilationsorgane beraubte Kartoffelstaude ihre Knollen nicht ausbilden kann. Der Schaden ist ein so sehr beträchtlicher, weil die Vermehrung des Käfers bei den mehrfachen Ge- nerationen innerhalb eines Sommers unter der Einwirkung günstiger Verhältnisse eine geradezu kolossale ist, denn ein Weibchen, das im Frühjahre z. B. 700 Eier ablegte, kann in der zweiten Generation schon über 200000, in der dritten schon über 80 Millionen Nachkommen haben. Heimat und Verbreitung. Der Coloradokäfer, der seinen Namen von dem amerikanischen Staate Colorado trägt, ist daselbst und überhaupt in dem Gebiete des Felsengebirges einheimisch, wo er auf einer unserer Kartoffel verwandten Nachtschatten-Art lebt. Als sein Wohngebiet besiedelt und daselbst der Kartoffelbau eingeführt wurde, ging er plötzlich auf die Kartoffelstaude über imd rückte nun allmählich den Kartoffelfeldern ostwärts nachgehend seit 1859 bis an die Küsten des Atlantischen Oceans vor, die er 1874 erreichte, legte also in 15 Jahren einen Weg von etwa 3000 km zurück und beherrscht zur Zeit seines ersten Auftretens in Europa im Jahre 1877 in Amerika bereits einen Flächenraum von ungefähr 3 850 000 qkm, ja wohl noch mehr, da wie erst neuerdings bekannt geworden, bereits in den Siebzigerjahren auch Mexiko von ihm inficirt war. Er hatte sich in den östlichen Staaten der Union, die in regem Schifffahrtsverkehr mit Europa stehen, 1876 in solcher Menge an den Küsten ^■,1 Kap. IX. Die Käfer. ein"-efuiiden, dass in den Hafenstädten und den Häfen selbst die Käfer massen- liaft vorkamen und bei günstigem Winde auf die Schiti'e übergingen. Einschleppung in Deutschland. Bei so bewandten Umständen und bei der Lebenszähigkeit des Käfers war es kein Wunder, dass, trotz der recht- zeiti"- bereits im Jahre 187.5 seitens der Europäischen Staaten erlassenen Ein- fuhrverbote Amerikanischer Kartoffeln 1876 ein lebender Coloradokäfer in Bremen o-efunden wurde und alsbald auch die ersten Fälle einer wirklichen Ein- bürgerung in Deutschland vorkamen. Diese w^urde zuerst im Juni 1877 auf einem Kartoffelfelde zu Mühlheim am Rhein, also in der unmittelbaren Nähe von Köln entdeckt, wo die Käfer und Larven sich auf einem Kartoffelfelde von circa 30— 40 a verbreitet hatten. Die sofort und vielleicht etwas übereilt eingeleiteten Yertilgungsmassregeln hatten keinen vollen Erfolg, denn bereits Ende Juli desselben Jahres wurden in der Nähe der ersten Frassstelle neue junge Larven gefunden. Die nunmehr völlig sachgemäss vorgenommene Be- kämpfung hat so vollständig durchschlagend gewirkt, dass bis heute an dieser Stelle kein neuer Frass vorgekommen ist. Der zweite, von diesem ganz unabhängige Frassherd wurde im August des- selben Jahres 1877 auf der Flur der südlich von Torgau, in der Nähe der Grenze des Königreichs Sachsen gelegenen Stadt Schildau gefunden. Hier war die Infection eine bedeutend stärkere, da nach und nach in den Feld- marken Probsthain, Langenreichenbach und Schildau nicht weniger als 17 in- ficirte Felder aufgefunden wurden. Die unter Leitung von Professor Dr. Gerst- ÄCKEK — dessen lichtvoller Darstellung wir bisher im Wesentlichen gefolgt sind [8] — und Oberförster Passow vorgenommene Vertilgung hatte trotzdem vollständigen Erfolg, da der Feind verschwand. Erst zehn Jahre später, also im Juli 1887, trat in der Nähe von Torgau auf der Feldmark Mahlitzsch bei Dommitzsch der Käfer wieder auf, eine Erscheinung, die unbedingt auf eine neue Infection zurückzuführen ist. Es waren hier — wir folgen nunmehr, so wie bei der folgenden Darstellung der Vernichtungsmassregeln den amtlichen, von dem königl. Sachs. Ministerium des Innern \xns gütigst zur Beiuitzung überlassenen Schriftstücken — im ganzen 4 ha inficirt. Die letzte bekannt gewordene Infection wurde im August desselben Jahres 1887 auf der Feldmark Lohe bei Meppen in Ostfriesland gefunden, wo circa 49 a sich als inficirt erwiesen. Aber auch in diesen neuesten Fällen ist die gegründete Hoffnung vorhanden, dass die Gefahr als beseitigt anzusehen ist. Im übrigen Europa ist eine Einschleppung des Coloradokäfers nicht bekannt geworden. Abwehr, Die klare Erkennfniss, dass die dauernde Einbürgerung eines so gefährlichen Kartoffelfeindes für die weit mehr als die Bewohner der Ver- einigten Staaten von Nord-Amerika an Kartoffelnahrung gewöhnte und vielfach lediglich auf dieselbe angewiesene Bevölkerung Deutschlands einer der schwersten überhaupt denkbaren Unglücksfälle sein würde, veranlasste die königlich Preussische Regierung, sofort mit aller Energie gegen den Feind aufzutreten und die Vertilgung von amtswegen zu veranlassen, ohne Rücksicht auf die Kosten, w-elche bei dem eingeschlagenen, radicalen Verfahren so hoch sind, dass der einzelne Feldbesitzer dieselben zu tragen gar nicht im Stande wäre. Die Re- gierung entschädigte vielmehr die Feldbesitzer für den durch die Vernichtungs- arbeiteu auf ihrem Felde entstandenen Ernteausfall. Die Schwierigkeit der Vertilgung beruht wesentlich auf dem Umstände, dass die Larve zur Ver- puppung tief in den Boden geht und auch der ausschlüpfende Käfer länger in demselben verweilen kann. Das Vertilgungsverfahren, welches bei der Mühlheimer Infection angewendet wurde, bestand bei der zweiten, völlig gelungeneu Bekämpfung darin, dass man nach sorgfältiger Constatirung der Ausdehnung der Infection durch genaues und wiederholtes Absuchen der ersten Fundstelle und ihrer weiteren Umgebung die der Vernichtung preisgegebene Fläche Kartofteilandes zur Ver- hinderung des Eutweichens von Käfer und Larven mit einem 50 cm tiefen und 40 cm breiten Graben umgab, Sohle und Wände des Grabens mit Rohbenzol Anmerkung über den Coloradokäfer. Literaturnacliweise. 6 15 besprengte, das griine Kraut abscluiitt und durch Feuer vernichtete, wobei als Brennstoff mit Benzol getränkte Sägespäne dienten, demnächst die abgebrannten Flächen sein- sorgfältig umgrub, um etwa vorhandene Puppen aufzufinden und zu vernichten, sodann die Ackerkrume des ganzen Feldes mit Benzol tränkte, zweimal tief grubberte und schliesslich scharf eineggte. Bei der ersten nicht ganz gelungenen Vernichtung war man insofern verschieden verfahren, als man als flüssigen Brennstoff das schlechter brennende und dazu noch theurere Petro- leum und zur Desinfection des Bodens eine Lauge, aus Pottasche und Kalkmilch bereitet, anwendete. Für die Anwendung des Benzols auch zur Desin- fection des Bodens im zweiten Falle war die Rücksicht massgebend, dass die Lauge die Puppen nur bei direkter Berührung tödten kann, während das flüchtige Benzol in dampfförmigem Zustande die gesammte Bodeudecke durchdringt und so leichter allen Puppen verderblich wird. Bei Schildau verfuhr man anfänglich in gleicher Weise, sah aber später von dem Verbrennen des Kartoffelkrautes ab, stampfte dasselbe vielmehr in tiefen Gruben mit Benzol ein und deckte die Gruben 70 an hoch mit Erde. Das Abbrennen der Fläche wurde deshalb, und ■wie uns scheint mit vollem Rechte aufgegeben, weil sich bald herausstellte, dass die durch dasselbe erzeugte, einmalige Hitze dui'chaus nicht lief genug in den Boden eindringt, um die in ihm ruhenden Puppen zu vernichten. Auch ist das Verfahren ein ungemein gefährliches und in der Nähe bewohnter Gebäude fjchlechterdings nicht anwendbares. Schlägt doch die Flamme von einem mit Benzol getränkten Sägespänen bedeckten Feldstücke im Momente des Anzündens kirchthurmhoch auf, wie Nitsche bei Schildau beobachtete. Bei den Infectionen des Jahres 1887 in Mahlitzsch und Lohe hat man denn auch fast vollständig von dem Verbrennen abgesehen, dagegen ein Aveit grösseres Gewicht als früher auf das sorgfältigste, am besten durch geschickte Kinder ausgeführte Absuchen des Feldes nach den Schädlingen gelegt. Zur Ver- wahrung der gefundenen Käfer, Larven und Eier dienten Fläschchen mit Spiritus. Erst als man nach mehrtägigem Absuchen gar keine Schädlinge mehr fand, schnitt man die Pflanzen so tief als irgend möglich ab, transportirte sie in mit Sackleinwand gefütterten Körben in die Gruben zur Einstampfung mit Benzol und übererdete sie schliesslich. Dann schritt man zum Umpflügen des Feldes mit gleichzeitiger Absuchung der hierbei zu Tage geförderten Larven und Puppen, und erst wenn nach wiederholtem Durchsuchen des mehrfach neu übereggten Feldes keine Schädlinge mehr gefunden wurden, begann die Begiessung der Ackerkrume mit Benzol, und zwar wurden auf je 40 qni 700 kg verwendet. Es hat sich übrigens ergeben, dass die verwendeten Benzolsorten einander nicht gleichwerthig waren und die dunkelbraunen, Naphthalinkrystalle enthaltenden, mit höherem Siedepunkte sich als brauchbarer erwiesen als andere. Die inficirt gewesenen Flächen unterstehen auch nach Zerstörung der Kartoffelstauden längere Zeit einer sacliverständigen Aufsicht. Von den Verwaltungsbehörden sind ferner strenge Verordnungen erlassen, welche Jedermann bei Strafe verpflichten, die Auffindung von Coloradokäfern sofort an Amtsstelle anzuzeigen, und die sofortige Einleitung einer sachver- ständigen Untersuchung der Meldung und eventueller Bekämpfung regeln. Diese Massregeln stechen gewaltig von den in Amerika gegen den Käfer gebräuchlichen ab, welche sich auf ein Behandeln der inficirten Kartoffelpflanzen mit arsenikhaltigen Verbindungen, nämlich mit „Paris green" oder „London purple" beschränken. Sicher zu ergründen, welche Verbindungen mit diesen Namen gemeint werden, war uns nicht möglich, dagegen ist es in hohem Grade wahrscheinlich, dass unter dem Namen „Paris green" das bekannte „Schwein- furter Grün", d. h. arsenig-essigsaures Kupfer oxyd gemeint ist. Diese Stoffe werden entweder im Verhältniss von 1 : 30 mit Gyps gemischt auf die bethauten Pflanzen gestreut oder in Wasser vertheilt mit Pinsel oder Giesskanne auf dieselben gebracht. Eine durchschlagende Wirkung haben sie nicht. Literaturnachweise zu dem Abschnitte „Die Blattkäfer". I. Altum. a) Der Eichenerdfloh Haltica erucae Ol. Zeitschrift f. Forst- u. Jagdwesen IX, 1878, S. 24—27. h) Die den Weiden- Ol f. Kap. IX. Die Käfer. lipgern Bcbädlichen Insekten. Daselbst XI, 1879, S. 17 — 22, c) Lebensweise der Chrysomela (Pbratora) vitellinae und Gegenmittel gegen dieselbe. Daselbst XII, 1880, S. 217—210. d) Ueber Weiden- insekten, besonders Cbrysomela vitellinae L. Daselbst XII, 1880, g_ 482 — 85. ej Cbrysomela (Luperus) pinicola Duftscbm. Daselbst XII, 1880, S. 639. f) Neue Winterverstecke der Cbrysomela vitellinae. Daselbst XIII, 1881, S. 274 — 76. g) Neue Erfahrungen über scbädlicbe Weideninsekten. Daselbst XIV, 1882, S. 605—610. h) Cbrysomela vitellinae L. und vulgatissima L. Daselbst XVII, 1885, S. 187 u. 188. — 2. Chapuis et Candkze. Catalogue des larves des Col^opteres. — 3. Cornelius. Ernäbrung und Entwicke- lung einiger Blattkäfer. Stettiner Entomolog. Zeitung XVIII, 1857, S. 162 — 171 u. 392—405. — 4. Davall, A. Schädlicbes Insekt auf der Ulme. Schweizer. Zeitschrift f. d. Forstwesen 1878, S, 18] — 183. — 5. DocHNAL SEN., F. J. Die Band- und Flecbt- weiden und ihre Kultur. 8, Frankfurt a. M. 1881. — 6. Dohse» Schaden durch Cbrysomela alni. Allg. Forst- u. Jagdzeitung LXI, 1885, S. 179. — 7. Elias über Luperus pinicola. Jahrbuch des Scbleßiscben Forstvereins 1880, S. 41 u. 42. — 8, Gerstäcker, A. Der Coloradokäfer (Dorypbora decemlineata) und sein Auftreten in Deutschland. 8. mit 1 Tafel u. einer Karte, Kassel 1877. — 9. Heeger. Beiträge zur Naturgeschichte der Insekten. Fortsetz, 17. Sitzungsberichte der Wiener Akademie; matbemat.-naturw. Classe CLXXIX, 1858, S. 100-120, mit 6 Tfln. — 10. K. (Kellner). Ein den Waldungen scbädlicber Käfer. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung V, 1829, S. 247. — II. Klingelhöffer. lieber die ersten Zustände der Lina populi und tremulae Fabr. Stettiner ento- molog. Zeitung IV, 1843, S. 85 u. 86. — 12. Koppen, Fr. Th. Die schädlichen Insekten Rusdands. 8. Petersburg 1880. — 13. Krähe, J. A. Lehrbuch der rationellen Korbweidencultur. 8. 4. Aufl., Aachen 1886. • — 14. Letzner, K. Stände der Cbrysomela (Pbratora) vitellinae L. und der Cbrysomela (Gonioctena) viminalis Gyl. Jahresbericht d. Schles. Gesellschaft f. Vaterl. Cultur 1855,^ 5. 106—111 u. 1856. S. 106. — 15. v. Pannewitz. Ueber Cbryso- mela pini (pinicola u. Trichius octopunctatus). Verhandl. d. Schles. Forstvereins. 1852, S. 165—167. — 16. Perris, E. Histoire de& Insektes du Pin maritime. Annales de la soci^te entomolog. de France 3'^^'°« s^r., V, 1857, S. 341—343. — 17. Ratzeburg. Forst- lich-natuvhistorische Bemerkungen u. s. f. im Herbste 1832. Pfeil's kritische Blätter VII, Heft 1, 1833, S. 68—93. — 18. Rosenhauer. Ueber die Entwickelung und Fortpflanzung der Clythren und Cryptocephalen. 8. mit 1 Tfl., Erlangen 1852. — 19. Thiersch, E. a) Wieder ein schädliches Forstinsekt mehr in unseren deutschen Ge- birgsforsten. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, V, 1829, S. 246. &) Die Forstkäfer etc. 4. mit 2 Kupfertafeln, Stuttgart u. Tübingen, 1830. — 20. Weise, J. Chrysomelidae. Naturgeschichte der Insekten Deutschlands von W. F. Erichson u, Genossen VI, Heft 1 — 5, 1882—1888. KAPITEL X. Die Haiitflügier oder Immen. Die Hautflüg'ler, Hymenoptera, sind Insekten mit kauenden oder kauenden und zugleich saugenden Mundwerkzeugeu, "wenigstens dorsal dem Mesotliorax verwachsenem Prothorax, zwei Paar häutigen, verhältnissmässig sparsam geäderten Flügeln und vollkommener Metamorphose. Fig. 184. Männliche Hornisse Vespa crabro L. K Kopf, B Brust, H Hinterleib. F Fühler, NA Netzauge, pa Funktaugen, Fl^ und Fl"^ Vorder- und Hinterflügel. Die in diese Ordnung gehörigen Insekten werden im gewöhnlichen Leben mit den Namen Wespen, Hummeln, Bienen und Ameisen be- zeichnet. Ihre allgemeine Körperform (Fig. 184, Taf. I, Fig. 6 — 8 und und Taf. VI, Fig. 1 — 4) ist bedingt durch den Umstand, dass bei ihnen Kopf, Brust und Hinterleib stets deutlich geschieden erscheinen, die Brust einen in sich geschlossenen Abschnitt darstellt, beide Flügelpaare nackt, häutig und dem Fluggeschäft angepasst, daher im Gegensatz zu denen Lehrbuch d. mitteleurop. Foretinsektenkande. Ar\ gjg Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. der Käfer auf den ersten Blick als solche erkennbar sind. Die Flug- beweildung, wohl auch in Statur und Färbung aussprechen, und häufig bei den Weibchen als Anpassungen an die Brutpflege auftreten. Letztere ist auch bei den einsam lebenden Arten häufig sehr ausgesprochen, z. B. bei Grabwespen, Wespen und Bienen, und äussert sich in der Herstellung mehr oder weniger kunstvoller Bauten, in welche die Eier abgelegt werden, nachdem vorher Nahrung für die ganze Entwickelungs- dauer der Larven eingetragen ist. Am stärksten entwickelt ist aber die Brutpflege bei den in Staaten zusammen lebenden Formen, den Ameisen, sowie manchen Wespen iind Bienen, welche nicht nur für die Brut, sondern auch für alle Mitglieder des Staates Wohnungen der verschiedensten Art anlegen. Diese Gruppen sind dann geschlechtlich polymorph, d. h. es gibt in dem Staate neben den Männchen und normalen, fortpflanzungsfähigen AVeil)chen, gewöhnlich Königinnen genannt, noch mehr weniger ver- kümmerte Weibchen, welche als kleine Weibchen, Arbeiter iind Soldaten bezeichnet werden, denen wesentlich der Wohnungsbau, die B>rutpflege und der Schutz der Kolonie zufällt. Parthenogenesis spielt hier häufig eine grosse Rolle, und zwar in der Form der Arrenofokie (vgl. S. 123). Aber auch Thelytokie kommt vor bei manchen Gall- Avespen, von denen man überhaupt keine Männchen kennt. Wenn regel- mässig thelytoke Parthenogenesis mit Gamogenesis abwechselt, tritt Heterogonie ein. Dies ist der Fall bei den meisten Gallwespen (vgl. S. 127). J Allgemeines. Systematik. 623 Die meist weisslichen, glatten, oft laugg-estreckt ovalen Eier werden von den Weibchen stets so abgelegt, dass die Larven nach ihrem Aus- schlüpfen passende Nahning finden. Abweichende Eiformen finden sich bei den Gallwespen (vgl. S. 83, Fig. 66 K). Die Larven der Hpnenopteren zeigen keine einheitliche Gestalt. Man kann vielmehr zAvei extreme Formen unterscheiden, von denen die niedrigere eine weisse, fusslose Made darstellt, an welcher aber, ab- weichend von den Verhältnissen, wie wir sie bei vielen Zweiflüglern linden, stets ein vorderster Abschnitt durch mehr oder weniger reducirte, aber auf die Miindwerkzenge des erwachsenen Thieres zurückführbare Mundtheile als Kopfabschnitt charakterisirt wird. Bei vielen Formen ist dieser Kopfabschnitt durch eine stärkere Chitinisirung deutlich als solcher hervorgehoben. Bei den Holzwespen treten auch deutliche, aber stummelartige Brustfüsse hinzu. Die zweite Form ist die der After- raupen, wie sie sich bei den Blattwespen findet. Es sind frei auf inid von den Blattorganen lebende, meist bunt gefärbte, den Schmetterlings- raupen ähnliche Larven mit deutlichem, chitinisirtem Kopfe, der Fühler und gut ausgebildete, beissende Mundwerkzeuge trägt. Die drei Thoracal- ringe haben stets drei Paar deutliche Beine, und an den Abdominal- segmenten sind stets Bauchfüsse angebracht, bei der Gattung Lyda allerdings nur an dem letzten Segmente. Sehr abweichende Larven- formen kommen mitunter bei den Schlupfwespen vor. Die Puppe ist stets eine freie Puppe, bei welcher alle Glied- massen des späteren Lisektes frei vom Rmupfe abstehen. Sie ist meist in einen von der Larve gesponnenen Cocon eingehüllt. Zwischen das Larven- und das eigentliche Puppenstadium ist gewöhnlich noch das Stadium der Halbpuppe, semipupa, eingeschoben (vgl. S. 106, Fig. 83). Systematik. Zur Abgrenzung der Hauptgruppen der Hjauens- pteren benutzen wir die Bildung des Schenkelringes (vgl. S. 621), als ein in beiden Geschlechtern gleichmässig vorhandenes und leicht kenntliches Merkmal. Bei der Abgrenzung der Familien nehmen wir aber, ausser auf die körperlichen Merkmale, auch auf die biolo- gischen Momente und den allgemeinen Habitus Rücksicht, Auf diese Weise erhalten wir folgendes System: A. Hymenoptera ditrocha. 1. Familie Tenthredinidae, Blattwespen. 2. „ Uroceridae, Holzwespen. 3. „ Cynipidae, Gallwespen. 4. ,, Entomophaga, Schlupfwespen im weiteren Sinne. B. Hymeuoptera monotroclia. 5. Familie Chrysididae, Goldwespen. 6. „ Raplentia, Eaubwespen. 7. „ Formicariae, Ameisen. 8. „ Yespariae, Faltenwespen. 9. „ Anthophila, Blumenwespen. g24 K^P- ^- ^'6 Hautflügler oder Immen. Es ist diese Anordnimg ans einer Yevsehmelznng der beiden von Th. Hastig und von Gebstäckek angenommenen Systeme entstanden, mit be- sonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse der Praxis; Th. Haktiq theilt die Hymenopteren folgendennassen ein [22a. S. 30] : A. Hymenoptera ditrocha. 1. Familie Hymenoptera pbyllophaga, Blattwespen. 2. „ HjTiienoptera xylophaga, Holzwespen. 3. ^ Hymenoptera parasitica, Schlupf- und Gallwespen. B. Hymenoptera monotrocha. 4. Familie Hymenoptera rapientia, Raubwespen. 6. „ Hymenoptera anthophila, Blumenwespen. Gebstäckek dagegen fasst die Familien theilweise kleiner und kommt daher zu folgender Eintheilung: A. Hymenoptera aculeata 1. Familie Apiariae. 2. „ Yespariae. 3. „ Crabronina. 4. „ Pompilidae. 5. „ HeterogjTia. 6- „ Chrysididae. 7. _ Fonnicariae. B. Hymenoptera entomophaga. 8. Familie Ichneumonidae. 9. „ Proctotrjiiidae. 10. „ Chalcididae. 11. „ Cynipidae. C. Hymenoptera phytophaga. 12. Familie Tenthredinidae. 13. „ Uroceridae. Beide Systeme verhalten sich folgendermassen zu einander: Hartig's Familie 1 = GerstIckers Familie 12 . 2 = „ „13 „ „ 3 = „ „ 8, 9, 10 und 11 „ 4 = „ „2, 3, 4, 5, 6 und 7 Unsere Familien 1, 2, 3, 5, 7, 8 und 9 entsprechen vollständig den gleich- namigen Familien 12, 13, 11, 6, 7, 2 und 1 von Gersthäcker, während unsere Familie 4 sich aus den GERSTÄCKER^schen Familien 8, 9 und 10, sowie Tinsere Familie 6 aus den GERSTÄCKER'schen Familien 3, 4 und .5 zusam- mensetzt. Die BlatU^espen. Die Blattwespen, Tenthredinidae, sind ditroclie Hymenopteren mit 3- bis 36gliedrigen, ungebrochenen Fühlern, verhältnissmässig vollkommen geäderten, eine Lancettzelle besitzenden Vorderflügeln, mit zwei Enddornen an den Vorderschienen und achtringeligem, seiner ganzen Breite nach der Hinterb.'mst angefügtem, also festsitzendem Hinterleibe. Die Weibchen be- sitzen eine kurze, zu einem sägeartigen' Organe umgewandelte Legscheide, mit welcher sie die Eier meist im Innern von weichen Pflanzentheilen unterbringen (Taf VT, Fig. 1, 2, 3). Die Larven sind pflanzenfressende, meist äusserlich auf ihren Nähr- pflanzen lebende, daher häufig lebhaft gefärbte und alsdann Schmetterlings- raupen ungemein älmlichsehende Afterraupen (Taf VI, Fig. 2 und 3 L). Hinter den stets vorhandenen 3 Paar chitinisirten Brustfüssen, tragen sie an Systematik. — Allgemeines über Blattwespen. 625 den Hiuterleibsving-en entweder 6 — 11 Paar weiclie Banchfüsse (Fig. 3 L)j oder nur 1 Paar cliitinisirte Naclischieber an dem letzten Hinterleibsringe (Fig. 2 L). Ausser diTi'ch diese niemals bei Scbmetterlingsraiipen vorkom- menden Fiisspaarzalilen sind sie von letzteren auch noch dadurch unter schieden, dass sie jederseits am Kopfe an Stelle des den Schmetterlings- raupen eigenen Punkt äugen hatifens nur ein einziges, grosses Punktauge tragen (vgl. Fig. 78, S. 97). Iln-e Verwandlung machen sie meist in einem Cocon, seltener in einer einfachen Erdhöhlung durch. Forstliche Bedeutung haben die Blattwespen fast ausschliesslich durch ihren Larvenfrass gewonnen, auf Grund dessen man diese Familie als die fiir den Forstmann wichtigste Hautflüglergruppe bezeichnen muss. Die genaueren Kennzeichen der "Wespen sind folgende: Der Kopf, welcher gewöhnlich der Brust dicht ansitzt, erscheint als flacher Kugelabschnitt und trägt seitlich die runden, öfters vom leicht eingebuchteten, wenig vorspringenden Xetzaugen, sowie auf dem Scheitel drei Punktaugen. Die Fühler (vgl. die Abbildungen auf S. 631) sind meist borsten- oder fadenförmig, oder nach vorn verdickt, seltener gesägt oder gekämmt und dann auch fast nur bei den c?o. Sie haben meist 9 Glieder, nur in Avenigen Griippen sinkt ihre Zahl bis auf 3, 4 oder 8 oder steigt andererseits auf 12, 14, 18 bis 36. An den Mtmdwerkzeugen ist die Oberlippe, von Th. Härtig „Anhang" genannt, gewöhnlich deutlich ausgebildet. Die kräftig chitinisirten Vorderkiefer sind nur selten ungezähnt oder mit 1 — 2, vielmehr gewöhnlich mit 3 Zähnen versehen. Die häutigen Mittelkiefer haben getrennte, verschieden entwickelte Laden und tragen 6-, selten 7gliedrige Kiefertaster. Die zu einer Unterlippe mit dreilappiger Zunge verwachsenen Hinterkiefer tragen 4-, selten 3gliedrige Lippentaster. Die Brust (Fig. 186) ist sehr verwickelt gebaut. Der erste Brustring besteht aus einem kleinen, mit der Mittelbrust fest verwach- senen Rückentheile, P, dem der die Vorderbeine tragende Bauch- theil beweglich angelenkt ist. Die Mittelbrust ist gross und zerfällt in einen wieder aus zwei seitlichen Theilen bestehenden, dreieckigen Mittel- lappen, M Sj und zwei Seitenlappen, denen sich hinten das Schildchen, ^ ■^ sehen en 1 lugel (Fig. 186 und 187) sind für die Abgrenzung der Gattungen und daher auch für die Bestimmung von besonderer AYichtigkeit. Beachtenswerth ist namentlich an den meist ein deutliches Flügelmal {st imd x) tragendeu Yorderflügeln die Anzahl der Eadialzellen (r und R\ von 1 — 2 wohl auch 3 wechselnd, die Anzahl der Cubitalzellen (c und C), von 2—4 wechselnd, die Gestah der Lancettzelle il mid L) und der Ursprung der rücklaufenden Adern {6a und 6b). Wir geben zur Erläutenmg der Bezeichnung der Flügeladern und -Zellen- (Fig. 187) eine schematische Darstellung der Flügel einer Blatt^vespe. Den Yor- derrand der Flügel nimmt die Eandader, Jf, radius, ein. Sie schwillt in den Vordei-flügeln zu dem Flügelmale, Stigma, x. an. Hir zunächst verläuft, direkt oder durch Querader mit dem Flügelmale sich verbindend, die Unter ran d- ader,/(7, subradius; die zwischen 1 und la gelegenen Zellen heissen ^\-urzel- Fig. 187. Schematische Darstellung des Geäders eines Blattwespenflügels Die Längsadern 1—4 sind ganz schwarz ausgezogen, die Queradern nur in Umrissen gezeichnet und von ihnen nur die wichtigsten 5 und 6 numerirt. Die Zellen sind mit grossen Buchstaben bezeichnet und die gleichnamigen von der Flügelwurzel nach der Spitze zu mit römischen Zahlen numerirt; vgl. im übrigen den Text. Orio;inalzeichnung. Allgemeines über Blattwespen. 627 wärts Siibradial-Zellen, SB, spitzenwärts Radial-Zell en. S. Bleibt zwi- schen Eandader und Flügelrand an der Flügelspitze noch ein freier Raum A, so nennt man diesen Anhangs-Zelle. Ton der Flügelwiirzel ans verläuft der Unterrandader zunächst und mit dieser diirch eine Querader, die Basalader, 5 verbunden, die Mittelader, 3. In der Spitzenhälfte des Flügels ist zwischen Unterrandader la und Mittelader 5 die Cubit ala der 2 eingeschoben. Zwischen der Spitzenhälfte der Unterrandader und der Cubitalader liegen die Cubital- z eilen, C, zwischen der Wurzelhälfte der Unterrandader und'^der Wurzelhälfte der ]Mittelader liegt die vordere Schulter- oder Humeral-Zelle. RA. Zwi- schen der mehrfach geknickten Cubitalader und der gleichfalls mehrfach ge- knickten Spitzenhälfte der Mittelader liegen die Disco idalzellen. B, ge- trennt von einander durch die rücklaufenden Adern, 6a und 6b. Zwischen der Mittelader 3 und der ffinterador fliegen die mittleren Humeralzellen SM. Die im vorliegenden Falle fast in ihrer ganzen Länge in 2 Aeste. 4 und 4a, gespaltene Hinterader umschliesst die Lancettzelle. L, welche, obgleich im gezeichneten, häufigen Falle durch eine gerade Querader in zwei getrennt, doch bei der Beschreibung stets als eine Einheit aufgefasst wird. Der im Vorder- flügel hinter dem Aste 4a gelegene Eandtheil des Flügels heisst hintere Schulterz'elle, ^P. In dem Hintertlügel enthält dieselbe gewöhnlich noch eine überschüssige Hinterader, 4b. An dem dem Stigma der Vorderflügel entsprechenden Funkte der Hinterflügel y stehen feine Häkchen, welche in einen Umschla»- des Hinteri-andes der Vorderflügel eingreifen. ° Wie bereits oben erwähnt, ist die Form der durch mehr oder weniger starke Längssjtaltung der Längsader 4 entstehenden Lancettzelle äusserst ^ e ^ Fig. 188. Formen der lancettförmigen Zelle Nach Th. Hartig [22a, Taf. 2]. wichtig. Sie ist entweder gestielt a. stark, b, oder schwach zusammeno-ezoo-en c mit gerader Querader versehen, d, oder mit schräger, e, oder o.;,„z often /".' ' Viel weniger wichtig ist das Geäder der Hintei-flügel, irei welchen 'man aber im Allgemeinen dieselben Längsadern findet, wie auf den Vordei-flüo-eln In Jbig 18/ sind die entsprechenden Längsadern beider Flügel mit denselben arabischen Ziftern bezeichnet. Da aber die Queradern der Hintei-flüo'el viel si.ar samer sind, ist auch die Anzahl der Zellen eine geringere. Streng genommen kann man die zwischen den entsprechenden Adern liegenden Zellen mit den- selben Namen bezeichnen, wie auf den Vordei-flügeln. Gewöhnlich kommen sie aber gar niciit in Frage, und man bezeichnet der Einfachheit weo-en die inneren Cubital- und Discoi-dalzellen der Hinterflügel, auf die es allein ankommt, als Mittelzellen, M. Der ncach unserer Anftassimg Sringelige Hinterleib (vgl. S. 625 unten) ist stets gedrungen, drelirund oder abgeflacht und" sitzt mit seiner ganzen Breite der Brust an, wenn er auch bei manchen Arten oberwärts von ihr durch eine nur mit weicher Gelenkhaut Ijedeckten „Blosse" deutlich abgegrenzt ist. Die Unterseite der Hinterleibsspitze (Flg. 189) wird bei den schmächtigeren j^j'^^ von einer gcAvölbten Chitin- platte bedockt, über deren Hinterrand das Begattungsglied sich vor- schieben kann. Bei den 99 trägt dagegen diese Stelle eine in der 3htte getheilte Platte, aus deren Längsspalte die bei dieser Familie einen Sägeapparat darstellende, seitlich zusammen gedrückte, o-q. 6-28 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. krümmte, geAvöhnlicli zurückgezogene Legscheide (Fig. 190) bei der Ei- ablao-e liervorgeklappt werden kann. Diesem Umstände verdanken die Blatt'wespen aucli den Namen „Sägewespen." Der Sägeapparat wird in der Rnhe von einer aus zwei seitlichen Hälften bestehenden Sägescheide (Fig. 190 o), der Stachelscheide der übrigen Hymeno- i.teren entsprechend, umfasst und besteht selbst wieder aus zwei häufig garten- messerähnlich gekrümmten, seitlichen Hälften, die jede in einen oberen und einen unteren Abschnitt zerfallen. Der obere, von Th. Hartig sehr unglücklich als Eileiter bezeichnet, heisst die Schienenrinne (Fig. 1906), und auf ihr gleitet der untere, den Stechborsten der übrigen Bienen homolog, die eigentliche Säge (Fig. 190c), niittelstei ner erhabenen, in einen Falz eingelassenen Leiste hin •ct. Fig. 189. Unterseite der Hinterleibs- spitze des 9 und (^ von Lophyrus Pini L. Fig. 190. Seitliche Ansicht der Hinter- leibsspitze des 9 von Cimbex variabilis Kl. a Sägescheide, h Schienenrinne, c eigentliche Säge. und her. Die Säge ist an ihrem Unter- und Vorderrande entweder mit mehr oder weniger scharfen Sägezähnen besetzt, denen sowohl auf den Seitenflächen, wie auf der Schienenrinne mitunter Querrippen entsprechen, oder sie ist einfach glatt und schneidend. Die beiden seitlichen Hälften der Schienenrinne sind auf ihrer Oberseite meist völlig von einander getrennt und nur an der Basis ver- einigt, oder aber vei"wachsen, z. B. bei Lophyrus. Im ersten Falle besteht der Sägeapparat aus vier, im zweiten Falle nur aus drei Stücken. Die Sägen, welche parallele Längsschnitte erzeugen, dienen meist zur Unterbringung der gewöhnlich länglichen Eiei* im Innern, der zur Eiablage gewählten Pflanzentheile. Nur selten wird mit ihrer Hilfe das Ei blos äusserlich angeklebt, z. B. bei Lyda. Manchen in die Pflanzen abgelegten Eiern wird eine Kittsubstanz beigegeben. Bei einigen Nematus-Formen reagirt die Pflanze auf die Ei- ablage durch Bildung einer Galle, in der dann die ausschlüpfenden jungen Larven leben. Die meisten Larven leben aber äusserlich an ihren Nährpflanzen. Es sind gefärbte, quergerunzelte, mitunter gekörnte, V)ehaarte oder gedornte Afterraupen mit rundem, brodförmigem, stark chitinisirtem Kopfe, sowie 12 Aveiteren weichen Ringen, 3 Brust- und 9 Hinterleibsringen. Der Kopf trägt jederseits ein einfaches Punktauge, unter dem gewöhnlich die sehr kurzen, rudimentären Fühler stehen; nur bei Lyda sind letztere 8gliedrig und stehen oberhalb der Augen. Die Mundwerkzeuge der Larven sind kauend und gut ausgebildet, am besten bei Lophyrus; am dritten Kieferpaar findet sich die Mündung der Spinndrüsen. Die drei Brustringe tragen 3 Paar deutlich ögliedrige, stark chitinisirteBrustfüsse. Die Hinterleibsringe, vom zweiten angefangen, tragen gewöhnlich je ein Paar, also im Ganzen 8 Paar warzige, weiche, nicht mit Haken oder Dornen versehene Afterfüsse, die am Allgemeines über Blattwespen und Systematik derselben. 629 letzten Hinterleibsringe zu sogenannten Nacliscliiebern werden. Die ge- Avöhnliclie Zahl sämmtliclier Fiisspaare beträgt also 11, kann aber tladurcli, dass die Fusspaare auf dem achten oder auf dem siebenten und achten Hinterleibsringe fehlen, auf 10 oder 9 zurückgehen. Bei manchen, namentlich den im Innern der Nährpflanzen lebenden Larven, werden die Füsse überhaupt rudimentär. Bei den sehr abweichend gebauten, in Gespinnsten lebenden Lyda-Larven ist der erste Biaist- und der letzte Hinterleibsring stark chitinisirt, und es fehlen sämmtliche Hinterleibsfüsse mit alleiniger Aus- nahme des letzten Paares, der Nachschieber, die hier aber zu deutlich Sgliedrigen, chitinisirten Extremitäten werden. Ausser durch die einfachen Punktaugen ist also jede Bh^tt- Avespenraupe durch die Anzahl ihrer Beinpaare von den Schmetterlings- raupen unterscheidbar. Entweder sind mehr Fusspaare vorhanden, als bei den gewöhnlich im Ganzen nur 8 Fusspaare zeigenden Schmetter- lingsraupen, nämlich 9 — 11, oder weniger, als bei den Spannerraupen, die immer noch 5 Fusspaare im Ganzen aufweisen, nämlich bei Lyda nur 4. Charakteristisch ist ferner für viele Larven, dass sie sich spiralig einrollen und namentlich während sie sich mit den hinteren Füssen festhalten, schlagende Bewegungen mit dem Vorderkörper ausführen. Sie machen 4 — 5 Häutungen durch, bevor sie sich verpuppen, Avas meist in einem gewöhnlich festen Cocon geschieht. Nur Lyda verpuppt sich in einer einfachen Erdhöhle. Die Larve liegt aber oft sehr lange, ja jahrelang hindurch, in dem Cocon oder der Erdhölile, ehe wirklich die Yerpuppung eintritt. Die Puppen sind stets frei, also mit deutlich abstehenden Glie- dern. Beim Ausschlüpfen nagt die Wespe von dem Cocon einen Deckel ab. Systematik. Wir trennen die einheimischen Blattwespen in 18 Hauptgattuugen, deren Kennzeichen vornelimlich der Flügeladerung und der Fühlerbildung entnommen und aus der illustrirten Tabelle (S, 630 u. 631) leicht zu ersehen sind. Zur Erleichterung der Bestimmung bringen wir aber bei den forstlich beachtenswerthen Gattungen ausser deren Diagnose auch noch die der Untergattung. Die beste ältere Bearbeitung sämmtliclier deutscher Blattwespen ist die 1837 erschienene von Th. Habtio [22 o]. Derselbe theilt die Familie in 13 Gattungen und zerfällt eine Anzahl derselben wieder in Untergattungen, so dass im Ganzen 24 grössere Gruppen gebildet werden. Von diesen trennt er wieder viele in Sectionen und Tribus, wodurch im Ganzen 50 kleinere Gruppen entstehen. In der ausführlichsten neueren Arbeit von Andbe [3], welche 1879 zu erscheinen begann, werden nun zwar einige dieser kleineren Gruppen, und wohl mit Eecht, zusammengezogen, sowie etliche erst jüngst bekannt gewordene hin- zugefügt, die meisten aber als getrennte Gattungen behandelt, so dass im Ganzen 47 entstehen, die wieder in 13, sich mit den 13 Hauptgattungen Hartig's nicht vollständig deckende Unterfamilien vertheilt verden. Wir knüpfen im Folgenden wesentlich an die HARTio'sche schöne Arbeit an, die theilweise auf den Untersuchungen Klug's und Dahlbom's beruht, trennen aber, ohne alle ANDRE'chen Gattungen anzunehmen, einige der alten Habtig- schen, uns zu gross erscheinenden Gruppen noch etwas weiter, so dass nunmehr 18 Hauptgattungen entstehen, deren Hauptkeimzeichen wir in der folgenden Tabelle zusammenstellen. Farn i 1 i e < m-* o » p 1 Sü m » cn? N m '~~' 3 Vorderflügel mit 4 Cubitalzellen, rücklfd. Ader 1 aus Cubitalzelle b, rücklfd. Ader 2 aus Cubitalzelle 3 entspringend, z. B Vorderöügel mit 2—4 Cubitalzellen, beide rücklfd. Adern aus Cubitalzelle 2 entspr. . ^s W iS <1 Si o sS* a. o nT T Ol n ^ (D oq' S 05 s c-^ ■ i- Nematus Jür. im weiteren Sinne. Wespe: Fühler 9glie(lrig, borstenförmig. ^ilied 1 kurz kegelfömiig, 2 ringförmig sehr kurz, 3—9 lang- o-estreckt. Yordei-tlügel mit 1 Kadial- und 2 — 4 Cubitalzellen, von denen 2 stets die beiden rücklaufenden Adem entsendet. Lancettzelle meist gestielt. Untergattung Craesus Lkach. Wespe: An den Hinterbeinen ist das Ende der Schienen und Fussglied 1 stark erueitert, alles übrige der folgenden Untergattung gleichgebildet. 4 europäische Arten. Untergattung Nematus im engereu Sinne. Wespe : Ohne ungewöhn- liche Verbreiterung an den Hinterbeinen. Vorderflügel mit 4 oder 3 Cubitalzellen, in letzterem Falle sind die ursprünglichen Zellen 1 und 2 zu einer verschmolzen. Ueber 200 europäische Arten. Puppe in einfachem, aber dichtem Cocon. Larve eine drehrunde, bald frei, bald in Gallen lebende, 20füssige, mikro- skopisch kurz behaarte Afterraupe. Zwischen den Bauchfüssen Haftwarzen, die eine klebrige Ausschwitzung erzeugen. Vorderkiefer mit breiter, vertiefter, am Eande gezähnter Kaufläche. Untergattung Cryptocampus Htg. Wespe: Ohne ungewöhnliche VerbreiteiTing an den Hinterbeinen. Vorderflügel gewöhnlich mit 3 Cubitalzellen in Folge des Wegfalles der Querader zwischen den bei Nematus im engeren Sinne stets getrennt bleibenden Zellen 2 und 3. Mitunter auch noch Zelle 1 nicht abgetrennt und dann nur zwei Cubitalzellen. 7 europäische Arten. Puppe in einem braunen, im Innern der Frassjjflanze liegenden Cocon. Larve 22füssig(?) mit sehr kurzen Brust- und nur durch Wülste angedeu- teten Bauchfüssen, unbehaart-, mit zugespitzten platten, in der Mitte nur einen einzigen kleinen Zahn zeigenden Vorderkiefem. In der Markröhre junger Triebe lebend und mitunter eine Galle erzeugend. Gattung Seiandria Leach im weiteren Sinne. TTespe: Fühler neungliedrig meist fadenförmig, selten länger als Kopf und Bmst zusammen. Vordeiüügel mit 2 Radial- und 4 Cubitalzellen; es entspringen die rücklaufenden Adern 1 aus Cubitalzelle 2, 2 aus Cubitalzelle 3. Hinterflügel verschieden gebildet, ohne oder mit 1 oder mit 2 Mittelzellen. Puppe in einem im Boden liegenden Cocon. Larve recht verschieden gebildet, entweder 20- oder 22füssig. Viele der 22füssigen und einige 20füssige haben die gewöhnliche Afterraupengestalt. Er- stere aber häufig mit Querreihen von Chitinwärzchen oder mehr weniger aus- gebildeten einfachen oder warzigen oder zwei- oder dreispitzigen Domen. An- dere sind mit Fäden einer wolligen Ausscheidung von Hautdrüsen bedeckt. Am abweichendsten sind einige i;ndeutlich 20füssige, schneckenförmige Larven, Avelche am ganzen Leibe mit einem klebiigen Schleim bedeckt sind, mit hinter dem etwas eingezogenen Kopfe stark angeschwollener Brustregion, die allmählich in den nach hinten sich zuspitzenden Hinterleib verläuft. Untergattung Blennocampa Htg. Lancettzelle der Vordei-flügel gestielt. 42 europäische Arten. Untergattung Hoplocampa Htg. Lancettzelle in der Mitte zu- sammengezogen. 11 europäische Arten. Untergattung Eriocampa Htg. Lancettzelle mit schräger Querader. Untergattung Seiandria im engeren Sinne. Lancettzelle ohne Quer- ader, einfach in die Schulter mündend. 12 europäische Arten. Gattung Lyda Fabr. Wesj^e: Fühler 18 — 36gliedrig, borstenförmig ; Basal- glied sehr klein, Glied 2 verdickt und ziemlich lang, Glied 3 kurz, Glied 4 cylindrisch und gewöhnlich am längsten. Flügel mit 2 Eadial- und 4 Cubital- zellen. Subradialzelle in zwei oder drei kleinere getheilt, und zwar durch eine von der Flügelwurzel entspringende, vorn mitunter wieder gegabelte Längsader. "\'orderschienen zwei- oder dreidornig, Hinterschienen fünfdornig. Hinterleib breit, flach und scharfkantig. 40 europäische Arten. Puppe frei ohne Gespinnst in einer Erdhöhle liegend. Systematik der Blattwespeii. Kiefernfeinde. 635 Larve walzig-, in einem Gespinnst lebend. Kopf mit langen, Sgliedrig-en, übei' den Angen stehenden Fühleni. Bnistring 1 mit einem grossen mittleren Nackenscliilde nnd zwei kleinen seitlichen Chitinscliildern. Biustfüsse 6gliedrig mit gerader, zngespitzter Klane. An den Hinterleibsringen keine Bauchfüsse der gewöhnlichen Form. Nur an dem in eine obere und untere Klappe zerfallenden „hechtkopfähnlichen", letzten Hinterleibsringe zwei Sgliedrige, zugespitzte, fhitinisirte Bauchfüsse, die ihrer abweichenden Gestalt wegen besonders als Kach- schieber bezeichnet werden. Oberseite des letzten Hinterleibsringes stark chitini- sirt, namentlich an zwei seitlichen, ovalen, vorn weiter auseinanderstehenden, hinten enger zusammentretenden Stellen; hier an der äussersten Spitze in einer besonderen, mittleren Vertiefung ein sehr kleines, nach vorn umgebogenes Häkchen. Eier langgestreckt, in Form eines Kümmelkornes, äusserlich der Frass- pflanze angelegt. Forstliche Bedeutang der Blattwespen. Wirklich scliädlicli sind an Forstgewäclisen nur die Larven geworden, nnd zwar meist dnrcli die ZerstrJrung der Blattorgane. Bedeutende Verheerungen derselben sind aber nur an den gegen Kahlfrass bekanntlich sehr empfindlichen Nadelhölzern bemerkt "worden. Blattzerstörungen an Laubhölzern werden zwar auch vielfach berichtet, haben aber dem Walde noch wenig Schaden gebracht, während manche Arten sowohl an Obstbäumen wie an Blumengewächsen mitunter recht unangenehm werden. Es ist ferner sicher, dass die Larven einiger Arten durch Ausfressen der Markröhre den Weidenruthen schädlich werden, und an verschiedenen Waldbäumen haben die Wespen die Rinde der Zweige geringelt. Sowohl der Mark- röhrenfrass der Larven, wie die Ringelung der Wespen ist aber bis jetzt für die Praxis so wenig wichtig geblieben, dass es sich nicht lohnt, die diese Schäden verursachenden Arten in besondere biologische Gruppen zu vereinigen. Wir behandeln daher die hier zu besprechen- den Formen nach den Holzarten und unterscheiden demnach Kiefern-, Fichten-, Lärchen- und Laubholz-Feinde. Die wichtigsten Kiefernfeinde iinter den Blattwespen gehören zu der Gattung Lophyrus, von deren Arten die Mehrzahl auf Kiefern frisst. Unter diesen sind aber nur einige wenige Arten bis jetzt fin- den Forstmann beachtenswerth geworden, und ihr Frass ist in allen wesentlichen Zügen so gleichmässig, dass wir sie zusammenfassend be- handeln können als die Kiefern-Buschhornwespen Lophyrus Pin iL. (Taf. VI, Fig. 3), L. rufus Retz., L. pallidus Kl- und L. similis Htg. Die Buschhornwespen werden so genannt, weil die Männchen federbuschähnliche, lang doppelt gekämmte, nur bei einer Untergattung einfach gekämmte, Fühlhörner haben, während diese bei den Weibchen kurz gesägt bleiben. Die kurze, gedrungene und im Gegensatz zu der Gattung Lyda, den Gespinnstblattwespen, geringe Grösse der Arten hat E ATZEBURG Veranlasst, die forstlich wichtigen Arten als „kleine Kiefernblattwespen" zu bezeichnen. Nur zwei Arten fressen auf Fichte 41* ^Qg Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. uiul eine auf Wachholder. Die den Weibchen an Grösse nachstehenden :>rännchen sind durchweg schwarz, nur bei einzelnen Arten mit ge- ringer röthlicher Zeichnung. Die Weibchen sind meist gelb, mit mehr oder weniger stark entwickelten schwarzen Zeichnungen, die bei ein- zelnen Arten so vorherrschen, dass die Wespen obenvärts ganz sclnvarz erscheinen. Wenige Arten sind im weiblichen Geschlecht fast ganz röthlich. Die Flugzeit fällt entweder in den Frühling oder in den Spät- sommer, Obgleich namentlich die Weibchen sehr träge sind und leicht bei Erschütterung von den Zweigen abfallen, so liegen doch anderer- seits sichere Beobachtungen vor, dass diese Wespen auch in grossen Bchaaren schwärmen und alsdann unter dem Einfluss stärkerer Winde den Frass in bisher verschont gebliebene, von ihrem Entstehungsort abgelegene Gegenden tragen können [V, 3, S. 96, 39, S. 85 u. 33]. Xach Begattung durch das lebhaftere Männchen, sucht sich das Weibchen eine passende, völlig entwickelte Nadel — im Frühjahr eine alte, im Herbst eine diesjährige — , welche sie mit den Hälften der Säge- scheide umfasst, vermittelst der zwischen diesen hervortretenden eigent- lichen Säge der Länge nach aufschlitzt und mit einer Reihe von Eiern belegt. Diese in die Tiefe der Furche versenkten Eier werden mit einer kittartigen, mit Sägespänen untermischten Substanz befestigt, die über den einzelnen, mit geringen Zwischenräumen an einander gereihten Eiern bald in Form kleiner Ehomben auftrocknet. Es werden von einem 9 an verschiedenen Nadeln bis 120 Eier abgelegt. Das Ausschlüpfen der Räupchen erfolgt nach 2 — 3 Wochen. Ihr Kopf ist brotförmig und gvit chitinisirt, mit sehr kurzen, unterhalb der einfachen Augen stehenden Fühlern. Sie sind 22füssig, d. h. sie haben viergliedrige Brustfüsse an den Brustringen und 8 Paar Bauchfiisse an den Hinterleibsringen 2 — 7 und 9. Ihre Farbe ist weiss-grünlich in verschiedenen Schattirungen, mit Längsstreifen (Taf. VI, Fig. 3, L) und mitunter kleineren dunkleren Zeichnungen. Nur die Larve von Lophyrus similis Htg. ist ganz abweichend bunt gefärbt. Sehr merkwürdig ist, dass einerseits die aus sehr verschiedenen Larven entstehenden Wespen zum Verwechseln ähnlich sein können, so bei Lophyrus similis Htg. und L. Pini L., während andererseits aus nicht untersclieidbaren Larven sehr verschiedene Wespen entstehen, so bei L. virens Kl. und L. Lari- cis. JUB. In ihrer Jugend verzehren die Larven nur die Ränder der Nadeln, indem sie die Mittelrippe fadenförmig stehen lassen. Diese vertrockneten Fäden sind sehr charakteristisch für ihren Frass. Später fressen sie, von oben anfangend, die ganzen Nadeln, doch meist nicht bis auf die Scheide. Sie ziehen die älteren Nadeln entschieden den jüngeren vor, gehen aber unter Umständen auch an den Maitrieb, an dem sie dann wohl auch die junge Rinde benagen. Selbst an älteren Zweigen ver- zehren sie die Rinde platzend. Die älteste MüLLER'sche Beobachtung über den Kindenfrass [39, S. 33] wurde von Habtig [22 a, S. 150] und Willkomm [596, S. 13] wiedergegeben, und auch Ratzebürg bringt sie anfänglich [V, III, S. 98], ist aber später geneigt, an einen Blattvvespen. Kiefernfeinde, Gatt. Lophyrus. 637 Irrthum zu glauben [XV, I, S. 188, Anm.]. Dem gegenüber ist hervorzuheben, dass auch bei sehr vielen süddeutschen Verlieerungen stets das plätzeweise Benagen der Kinde erwähnt wird und Jddeich bei einem Frasse von Lophyrus rufus Kl. auf dem königl. Sächsischen Staatsforstrevier Wendischkarsdorf in dem Vorholze bei Hainsberg deutlichst diese Kindenbeschädigung wahrnahm. Die Larven sitzen bei stärkerer Vermeln-ung in grossen Klumpen, in Pommern „Bulken" genannt, an den Zweigen zusammen. Seltenere Arten fressen natürlich mehr einzeln, aber auch solche, die anfänglich blos als einsam lebend beobachtet wurden, sind später in grossen Ver- einigungen angetroffen worden, z. B. L. similis Hxa. auf den Krumm- holzkiefern des Riesengebirges. Im Allgemeinen sind die Lai-ven träge, bleiben gern zusammen und zerstreuen sich nur, wenn sie den Ast, den sie zuerst angegriffen, entnadelt haben. Auch brauchen die Larven wenig Nahrung, in der Jugend eine Nadel für drei Tage, erwachsen 6 — 12 Nadeln im Tage [39, S. 32]. Es werden daher bei massigem Frasse von ihnen nur einzelne Aeste der vorjährigen Nadeln beraubt. Bei starker Vermehrung, wobei sie dann auch die Maitriebe angehen, können sie aber auch ganze Bestände entnadeln [4, S. 245]. Nahrungsmangel zwing-t sie alsdann sogar zu grösseren Wanderungen. Sie haben meist eine Vor- liebe für kränkelndes und frei liegendes Holz; denn man findet sie im Anfange nur auf unterdrücktem, jungem Holze oder aiaf sogenannten Kusseln, in freien jungen Feldhölzern mit schlechtem Boden und an den Rändern, Wegen und Gestellen. Entweder verschwinden die Raupen hier bald wieder, oder sie gehen, unter begünstigenden Verhältnissen, auf die übrigen, benachbarten Stämme über. Aber auch dann halten sie sich zuerst noch auf den Randbäumen, besonders an Sonnenseiten, und dringen später erst in das Lmere der Bestände ein, wo sie jedoch auch wieder die schlechtwüchsigen Orte vorziehen, und mir wenn sie sich sehr vermehren, auch die besseren Orte mit mittelwüchsigem Holze und in Samenschlägen die freigestellten Samenbäume angehen. Dass sie, "wie anfangs behauptet wurde, die kräftigen, jüngeren Altersklassen be- hairlich verschonen, hat sich aber nicht immer bewährt; vielmehr kennt man auch Frass auf gutwüchsigen Schonungen. Bei ihrem Frasse halten sich die Larven mit dem um die Nadel gewickelten Hinter- leibsende fest. Von Zeit zu Zeit führen sie mit dem Vorderleib schlagende Bewegungen in die Höhe aus: sie „schnippen". Halten sie sich mit den mittleren Bauchfüssen fest, so kann dies gleichzeitig auch mit dem Hinterleib geschehen. Bei der geringsten Erschütterung führen sie diese BeAvegungen aus und verrathen dadurch leicht ihre Anwesen- heit. Auch der unter den Bäumen liegende Koth verräth in dem Auge nicht erreichbarer Höhe Fressende leicht, da derselbe mit keinem anderen Kothe zu verwechseln ist. Er besteht nämlich aus rhom- boedrischen Körperchen, in welchen die einzelnen Nadelspänchen parallel an einander geklebt sind (Taf. VI, 3 K). Die Larven, welche allerdings bei unregelmässigem Frasse vom Frühjahr bis in den Spät- herbst auf den Bäumen angetroffen worden sind, fressen in der Regel, G38 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. je naclulom die elterlichen Wespen im Frühjahr oder im Sommer flogen, in zwei hegrrenzten Perioden: im Vorsommer, im Mai mid Juni, oder im Herbst, im August und September. Sie machen im Ganzen fünf bis sechs Häutungen durch. Ausgewachsen, verfertigen sie sich aus Spinn- faden einen eiförmigen, je nach der Art festeren, pergamentartigen oder weicheren, papierdünnen, braunen oder weisslichen Cocon. Die Sommerraupen befestigen diese Cocons an Zweigen imd machen in ihnen ihre Verwandlung binnen 14 Tagen durch. Die Herbstraupen gehen in die Bodendecke, verfertigen hier ihre Gespinnste, verpuppen sich in ihnen aber nicht sofort, sondern ziehen sich blos zusammen und bleiben so bis zum nächsten Frühjahr liegen, um dann erst, kurz vor der Flugzeit der "Wespe, wirklich zur Puppe zu werden (Fig. 84). Nach der auch in den überwinternden Cocons nur ungefähr 14 Tage bis drei Wochen dauernden Puppenruhe, fressen sich die Wespen aus dem Cocon heraus, indem sie an dem einen Ende einen mehr oder weniger regelmässigen Deckel abschneiden. Cocons, aus denen Ichneu- monen auskamen, sind dagegen an dem unregelmässig rundlichen Flug- loche zu erkennen (Taf. VI, Fig 3 C). Unter günstigen Umständen kommt, wie es scheint, bei allen Arten eine doppelte Generation vor, welche sich graphisch folgender- massen darstellen lässt: Jan. Febr. März April Mai Jimi Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 + + 1881 eeeeeeee« «++ E.S sind alsdann die im Sommer schwärmenden Wespen die Kinder derer, die im Frülijahr geflogen sind. Indessen kann in Folge der bei diesen Thieren, wie überlianpt bei den Blattwespen sehr hänfig eintretenden, in ihi-en Ursachen noch unerklärten Erscheinung des Ueberliegens auch nur ein Theil der aus den Frühjahrseiern entstandenen Larven bereits im Sommer wieder zu Wespen werden und eine zweite Generation erzeugen. Die anderen bleiben dann den Winter über als eingesponnene Larven liegen und fliegen erst im nächsten Frühjahre zugleich mit den Kindern ihref bereits im vorigen August schwär- menden Geschwister, wie dies in dem folgenden Schema dargestellt ist: Jan. Feb. ! März I April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 {:: ■oo© ■••4- ©©©€>©© + B ©©©!©©© ©©©!©©© 1881 ©©©!©©© ©©©'©©© ©©« ©©< ►++1 A ►++ B' lilattwespen. Kiefernfeinde, Gatt. Lopliyrus. 639 Dieses Uebeiliegen kann dann auch bei einer ganzen Generation vor- kommen nnd länger danern, so dass z. 13. ans gleichzeitig gesponnenen Cocons die Wespen zu ganz verschiedenen, unbestimmten Zeiten' im Laufe der folgen- den Jahre auskommen. Hartig [22 a, S. 102] und Ratzebukg [V, III, S. 95] führen hiefür schöne Beispiele an. Andererseits sind sichere Fälle bekannt, in denen LIos ein ein- maliger Flug im Jahre vorkam, und dieser kann dann entAveder einen Sommer- oder einen Herbstfrass zxxv Folge haben. Von den oben angeführten vier Arten gehören Lophyrus Piai L. lind L. similis Htg., Avelche als Wespen namentlich im Aveib liehen Geschlechte kaum zu unterscheiden sind, zu den Formen mit fast ganz mattschwarzen Männchen und gelblichen, scliAvarz gezeichneten AVeibchen. Dagegen ist die Larve der beiweitem Avichtigsten Art, des L. Pini L., braunköpfig mit grünem Leibe und schwarzen Semicolonflecken, Avährend die von L. similis Htg. schAvarzköpfig mit scliAvarzem, dottergelb ge- flecktem Leibe ist. Die beiden anderen Formen gehören zu den Arten, bei deren Weibchen die röthliche Färbung vorherrscht, und zwar ist das Weibchen von Lophyrus rufus Rbtz. fast einfarbig rothgelb, Avährend das von L. pallidus Kl. auf Brust und Hinterleib rothbraune Zeichnungen hat. Die Männchen sind scliAvarz, bei L. rufus Eetz. glänzend, Vorderhälfte des Bauches und Beine rotli, bei L. pallidus Kl. der ganze Bauch roth, und die Beine gelb. Auch die Larven sind deutlich zu unterscheiden, bei L. rufus Eetz. scliAvarzköpflg, Leib grau- grün mit helleren Längsstreifen, bei L. pallidus Kl. braunköpfig, Leib grün mit dunkleren Streifen. Nach L. Pini L. folgt in der Wichtig- keit zuerst L. rufus Retz., dann L. pallidus Kl. und schliesslich L. similis Htg. Beschreibung. Lophyrus Pini L. Wespe mit 18- bis 20gliedrigen Fühlern, (^ sclnvarz, Unterseite des Hinterleibsringes 1 jederseits mit einem weissen Flecke. Beine gelblich mit sclnvarzen Schenkeln, Hinterflügel an der Spitze dunkel getrübt. 9 blassgelb, der Kopf mit Ausnahme des Kopfschildes, ein A^orderer mittlerer, zAvei seitliche Flecken auf der Mittelbrust, und die Hinterbrust, soAvie die mittleren Einge des Hinterleibes schwarz. Abänderungen kommen häufig vor. Länge (^ G'5 7nm, 9 ^"^ ""'*i Fülgelspannung' (^ ^^ ^'''*' 9 18 mm. Cocon sehr hart und braun. Larve mit feinen Dornenquerreihen und Warzen, braunem, mehr oder weniger schwarz gezeichnetem Kopfe. Körper gelblichgrün, mitunter stärker gelb oder grän. Ueber jedem Bauchfusse ein schwarzer Semicolonfleck, «»n •»- •»> und an den \^orderen Brust- und hinteren Leibesringen Aveiter oben noch jederseits ein anderer sclnvarzer Fleck. Länge 25 iimi. L. similis Htg. Wespe: (^ scliAvarz mit Ijraun und sclnvarz quergezeich- netem Bauche. Oberlippe, Taster und Beine gelbbraun. Hinterflügel durcliAveg- hell. 9 A'on dem der vorigen Art nicht zu unterscheiden. Masse Avie bei voriger Art. Larve mit feinen Dornenquerreihen und Warzen, Kopf und Brustfüsse schwarz, Körper mit schmutzig Aveisser Rückenlinie, der sich jederseits ein ab- Avechselnd aus schAvarzen und hochgelben, schmalen Querstreifen bestehender Längsstreif anschliesst; Seitentheile des Körpers sclnvarz mit hochgelben Flecken. Bauchüäche gelb. L. rufus Retz. Wespe: (^ glänzend schwarz, nur die ersten Bauchsegmente und Beine, mit Ausnahme der sclnvarzen Klauen, roth. Fühler mit 23 — 25 Kamm- strahlen. Körper langgestreckter, als der der verAvandten Arten; 9 etAvas grösser, mit 23gliedrigen Fühlern, einem ziemlich langgestreckten, rothgelben Körper cAQ Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. und rothen Beinen. Dunklere Zeiclmnngen wenig auffallend, nur Aussenränder der Seitenlappen des Thorax, da, wo sie sich zur Flügelbasis hinabsenken, der Hinterrand des bisweilen gelben Schildchens schwarz. Metathorax schwarz mit o-elben Rückenkömehen. Hinterleib auf dem Rücken bis zum fünften oder sechsten Segment etwas dunkler, als die rothe Grundfarbe, manchmal erstes und zweites Segment dunkelbraun. 9 Länge 8-5 vim, Flügelspannung 19 7nm. Cocon hell und wenig fest. Laj-ve mit feinen Dornenquerreihen und Warzen, Kopf und Brustfüsse glänzend schwarz. Kollier schmutzig dunkel graugrün mit hellem Rückenstreif und jederseits zwei helleren Seitenstreifen, die einen tiefer gninen Streif ein- fassen. Afterring ganz schwarzgilin. Länge 19 mm. L. pallidus Kl. Wespe : (^ schwarz, Taster, Oberlippe Yorderrand des Kopfschildes. Ränder der Yorderbrast und Beine gelb, Bauch roth, Flügelmal glashell. Fühler 17- bis 20gliedrig. 9 Rothgelb, Bnist rothbraun gefleckt Hinterleib mit rothbraunen Binden, Fühler ISgliedrig, braun, die drei ersten Glieder blass, Hinterschienen mit lappigem Dom. Länge (^ 8 7?im, 9 9 ''nm. Flügelspannung (^ 19 mm, Q 22 mm. Cocon hell und wenig fest. Larve mit feinen Dornenquerreihen und Wai-zen. Kopf braun mit schwarzen Zeichnungen. Körper blassgrün mit dunklerem Rücken- und Seitenstreifen; über den Bauchfüssen auf jedem Ringe jederseits zwei dunklere giiine Punkte. Länge 20 mm. Da von den etwa vorkommenden anderen, selteneren Arten es stets wohl die Lai-ven sein werden, welche dem praktisclien Forstmanne zunächst auffallen und die Wespen selbst schwer zu bestimmen sind, wollen wir in Nachahmung des von Altum [XVI, HI, 2, 2. Aufl. S. 272] gegebenen Beispieles wenigstens die Erkennung anderer möglich machen durch eine Bestimmungstabelle für die bekannteren Lophyrus-Larven nach Hartig IIa, S. 93). A. Kopf schwarz und rund. Dornraupen. a) Leib schwarz mit scharfen, leuchtend dotter- gelben Zeichnungen L. similis Htg, h) Leib grüngiau mit helleren Längsstreifen L. rufus Kl. B. Kopf bunt und rund. a) Dornraupe. Kopf schwarz mit braunem Kopf- schilde. Leib hell, grüngelb mit dunkleren Längsstreifen, Ringe mit hochgelber Um- gebung der Luftlöcher und Querreihe kleiner schwarzer Sammtflecke L. nemorum Fabk. h) Glattraupe. Kopf oberhalb der Augen braun mit dunklen Punkten, unterhalb derselben gelb. Zwischen den Augen eine schwarze Binde auf dem Kopfschilde; Leib oben gmn mit 3 milchweissen Längsstreifen, unten dunkel fleischroth . . \ L. polytomus Htg. C. Kopf braun, mitunter mit einzelnen dunkleren Zeichnungen. a) Leib schmutzig grün mit Semicolonzeichnung. Dornraupen. 1. Semicolonzeichnung schwarz . . L. Pini L. 2. Semicolonzeichnung griin. Leib mit dunklerem Rücken- und Seitenstreifen . . . L. pallidus Kl. Blattwespen. Kiefernfeinde, Gatt. Loplijniis. g 4 1 bj Leib gmn, ohne Semicolonzeicbnung. 1. Leib blasssaftgrün mit dunkleren Längsstreifen, Luftlöcher in einer helleren Linie gelegen, mit schwarzen Sammtfleckchen in den Eückenlinien. Dornen stark entwickelt L. socius Kl. 2. Leib grün mit dunklerem Rücken und Seitenstreifen. Glattraupe L. variegatus Htg. D. Kopf grün und eiförmig. Glattraupen. a) Leib mit einfachem dunklerem Rückenstreifen . L. frutetorum Fabr. h) Leib mit doppeltem dunkleren Rücken- streifen L virens Kl. und L. Laricis Jük. Der direkte 8cliaclen eines Lophyrus-Frasses besteht in den meisten Fällen lediglich in einer Verminderung des Zuwachses. Das wh-kliche Absterben einzelner Bäume oder ganzer Bestände ist selten und kommt nur dann vor, wenn bei Massenvermehrung Kahl- frass eintritt. Ein solcher findet gewöhnlich nur bei dem Herbstfrasse statt, der also gefahrlicher ist als der Sommerfrass, wenngleich bei diesem mitunter die Maitriebe verletzt Averden. Schlechte Bestände auf schlechten Böden leiden mehr als gesunde. Am empfindlichsten wird der Schaden immer dort sein, wo, wie in den Dünenanpflanzungen und Bergkieferbeständen an abschüssigen Lehnen es aus anderAveitigen Rück- sichten, also in den gewählten Beispielen wegen der Festlegung der Dünen und der Verhinderung von Schneeabrutschungen, darauf an- kommt, die einmal vorhandenen und schwer neu anzupflanzenden Be- stände zu erhalten. Indirekten Schaden verursachen die Blatt- wespen dadurch, dass sie die Widerstandsfähigkeit der Bäume gegen nachfolgenden anderweitigen Insektenfrass vermindern. Die Thatsache, dass in beiweitem den meisten Fällen nur ältere Nadeln angegangen Averden und die Raupen Aerhältnissmässig Avenig Nahrung bedürfen, vermindert aber die Schädlichkeit dieser Thiere um ein Beträchtliches; desgleichen der Umstand, dass in vielen Fällen die Nadeln nicht bis auf die Scheide abgefressen werden, so dass meist die Terminal- und Scheidenknospen unA-ersehrt, die Reproductions- organe also bestehen bleiben. Die Larven sind ferner gegen Witterungs- einflüsse durcliAveg empfindlicher als die Schmetterlingsraupen. Kurz nach einer Häutung und kurz A^or dem Einspinnen Averden die Larven durch Frost, niedrige Temperatur und Regengüsse massenhaft A-er- nichtet. Man kennt Beispiele, dass solche plötzlich eintretende schlechte Witterung dem Larvenfrasse auf weite Strecken hin mit einem Schlage Einhalt gethan hat. luAvieweit hierbei Pilzepidemieen mitspielen, ist noch nicht festgestellt. Die Insektenfresser unter den Vögeln und Säugern stellen ihnen avich stark nach, und zAvar sOAVohl den Wespen wie den Larven und den Cocons. Letztere werden nach Müller |39, S. 57j in grosser Masse durch Spechte, Spechtmeisen, Mäuse und namentlich Eichhörnchen, nach Ratzeburg [V, III, S. 99] auch A^om Fuchs ver- zehrt. Ein starker SchwarzAvildbestand kann unter Umständen das Auf- kommen eines Lophyrus-Frasses verhindern [68, S. 77]. Aus allen nA2 Kap. X. Die Hautflüo-ler oder Immen. diesen Grüudeu folgert Eatzeburg mit Recht, „class mau bei dem Lophyrus-Frass unter fünf Fällen immer nur einen rechnen kann, welcher einigermassen nachtheilige Folgen hat" [V, III, S. lOl]. Eine Abwehr des Schadens Avird daher nur in seltenen Fällen und bei sehr starkem Frasse nbthwendig sein. Andererseits ist zu berück- sichtigen, dass \inter Verhältnissen, in welchen man eine rasche Ver- mehrung eines kleinen Frasses als Avahrscheinlich ansehen muss, also dort, wo aiif weite Ausdehnung hin schlechte, kusselige Bestände in Avarmer Lasre auf srerinsrem Boden stehen, sich die leichter durclizuführende Bekämpfung eines solchen kleinen Anfanges empfiehlt. Die Vertilgungsmittel AA'erden sich in diesen Fällen zunächst stets gegen die Lai-ven zu richten haben. In niedrigen Beständen kann man die LarA^en direkt A'on den Bäumen absammeln lassen. Die Ar- beiter haben dann die familienweise, in ,,Bulken" zusammensitzenden Eaupen in untergehaltene Körbe oder ähnliche Behältnisse, die am besten xim den Hals gehängt AA^erden oder in zusammengeraffte Schüi-zen mit der Hand abzustreifen oder abzuklopfen. Es Avird auch empfohlen, gleich die ganzen Zweige, an AA^elchen die Larven sitzen, abziibrechen, oder besser noch mit der Gartenschere abzixschneiden. In älteren Be- ständen, in denen man die Kronen nicht direkt erreicht, kann das Sammeln nur auf dem Boden nach vorhergegangenem Anprellen der Bäume geschehen. Unterlegen A-on Planen und Tüchern ist dann angezeigt. Ein blosses Herabschlagen der Raupen durch Peitschen der befalleneu Aeste mit abgebrochenen Z^veigen oder Anprallen der Bänme mit nachfolgendem Zertreten am Boden und Einsammebi der etwa noch übrigbleibenden Larven an im Bestand ausgestreuten grünen Z^veigen, Avie MtJLLER [39, S. 92] es empfiehlt, scheint uns ebensoM-enig zweckmä.ssig, wie die Vorschrift von Koresnik, man solle die Lai-ven zu einer Zeit, wo sie noch nicht zum Einspinnen reif sind, herabschlagen und dann einfach sich selbst überlassen. Wir bezweifeln nämlich dass die Eaupen dann wirklich zugrande gehen, denn trotz ihrer Trägheit diirften die meisten doch Avohl wieder aufljäumen, namentlich dort, wo jüngere Unter- wüchse A-orhanden sind. Auch leidet der zuletzt erwähnte Aufsatz an dem Mangel bestimmter Angaben. "Werden doch nicht einmal die EeA'iere mit Namen genannt, in denen der Betreffende einen a-ou 1847 an 20 Jahre lang dauernden, schliesslich über 7 Quadratmeilen A'erbreiteten luul 2.^000 Gulden Baarauslagen tür Yertilgimgsmittel beanspruchenden Lophyrus- und Lyda Frass beobachtet hat. Es scheint dies übrigens das RoA-ier Zabrzeg in Oesterreichisch-.Schlesien ge- wesen zu sein [66]. Von anderer Seite Avird das Tödten der Raupen an den ZAveigen selbst, durch Zercj[uetsclien empfohlen. In Pommern im königl. Preus- sischen Staatsforstrevier Grünau bei Treptow a. d. R. bediente sich Oberförster Sprengel einer von ihm construirten Quetschschere von Eisen mit hölzernem Griffe (vgl. die Abbildung S. 209) und konnte mit diesen vom August bis gegen Ende des Octobers circa neun Millio- nen Afterraupen, Avelche die zur Strandbefestigung so wichtigen Kiefern vernichtet hätten, tödten: errechnete pro Mann täglich 14000—56000 Afterraupen, Avenn etAva 50 Stück für eine Familie angenommen Avürden ^XV, I, S. 190j. Uns scheinen die Vorschläge von Th. Hartig, die Blattwespen. Kielernfeinde, Gatt. Lophyriis. 643 zu diesem Zerquetschen verwencleten Arbeiter einfach mit Fausthand- schuhen [22 a, S. 155] zu versehen, sowie die von Altum [2y S. 182], die Quetschschere durch zwei etwa 20 cm im Durclnnesser grosse Holz- scheiben mit je einem passenden HandgriflP, einer Lederschleife oder einem Pflock in der Mitte, zu ersetzen, praktischer zu sein. Haben sich die Raupen so vermehrt, dass sie nach vollständigem Kahlfrass auf den Boden heral)kommen und massenhaft wandern, so wird das von Müller [39, Ö. 87] angewendete Zusammenrechen und Verbi-ennen der Larven sich sicher empfehlen. Bei so starker Ver- mehnmg dürfte es dann aber vor allen Dingen darauf ankommen, die noch nicht ]>efallenen Bestände gegen die auf dem Boden ein- wandernden Raupen zu schützen, Avas man bei geeignetem Boden durch Raupengräben, anderenfalls durch Aufschütten lauger Streifen grünen Reisigs (vgl. S. 214) im Umkreise der Infectionsherde erreichen kann. Selbstverständlich müssen die Larven in den Gräben und an dem Reisig vernichtet werden. Bei einem Heib.stfia.sse kann Sclnvoineeiiitriob zu der Zeit, wenn die Laiven von den Kiinmon herabkommen, nm sich im Boden zu verpuppen, nütz- lich wirken. Ausser der schon fiüher erwähnten Öchwierif^keit, zu diesem Zwecke geeignete Schweine zu erhalten, dürfte aber hier der Umstand hinderlich sein, dass der Zeitraum in welchem diese Massregel mit Erfolg vorgenommen werden kann, ein äusserst beschränkter ist. Die Schweine nehmen nämlich erfahrungsgemäss nur die imversponnenen Raupen, verschmähen dagegen die bereits in die Cocons (angesponnenen dvirchaus. Ueberhaupt ist ein Vorgehen gegen die in der Bodeu- decke oder an dem Haidekraut eingesponnenen, in den Cocons liegenden Raupen, trotzdem dieser Zustand verhältnissmässig am längsten dauert und daher als am geeignetsten zur Voiiiahme von Yeitilgungsmassregeln scheinen könnte, kaum durcliführbar. Sanmieln der Cocons ist zu theuer und unsicher, und ein Entfernen der gesammten 8tr(Mi oder des Haidekrautes verbietet sich in gut Ijewirthschafteten ForstcMi wegen der bekannten, mit jeder Streunutzung verbundenen Nachtheile. Desgleichen dürfte das von Mütxer |39, S. 9H] empfohlene Sammeln der Blatt- wespen selbst uiul der mit Eiern belegten Nadeln durch Kinder, sowie das Auf- stellen mit Theer bestrichener Scliwaiteii, Pfähle u. s. f. auf der Sonnenseite der Bestände zum Abfangen der AVespen, das Koresnik voischlägt [33, S. 188], für die Praxis kaum Werth haben. Dass als Vorbeugungsmittel gegen einen Frass natürlich die Erziehung gesunder Kiefernbestände inid die Schonung der insekten- fressenden Thiere zu empfehlen ist, v(>rsteht sich hier, wie überall, von selbst. Die wichtigsten Beobachtungen über die einzelnen Arten geben wir in der folgenden Zusammenstellung. Am liäufig'sten, verbreitetsten und auch am längsten bekannt sind die von Lophyrus Pini L. verursachten Beschädigungen. Dieses Thier ist mit seinem Frasse ausschliesslich auf die gemeine Kiefer beschränkt, verschmäht in der Freiheit andere verwandte Arten [V, III, S. 89], scheint der Kiefer aber durch ihr ganzes Verbreitungsgebiet zu folgen. Von Schweden durch die Ostsee- provinzen und einen grossen Theil von Russland wie durch ganz Deutschland, Oesterreich und Frankreich bis zu den Alpen. Es ist bis 1300 m hoch fressend beobachtet worden [XII, 2. Aufl., S. 73 Anm.]. Die ältesten, sicher bekannten Verheerungen fanden in den Jahren 1781 — 1789 in Pommern und Brandenburg statt. Desgleichen 1788, 1794 und 1795 [39, S. 51 und 151]. Die genauesten Mittheilungen haben wir dann über den sehr starken Frass, der in den Jahren g^^ Kap. X. Die Haiitflügler oder Imnien. 1819 und 1820 in den fränkischen Kiefenvaldungen wüthete [39]. In den aus Staats- und Gemeindewaldungen zusammengesetzten Revieren Reupelsdorf, Kirch- schönbach und Albershofen wurden circa 500 ha die zur grösseren Hälfte aus Gemeindewald, zur kleineren aus Staatswald bestanden, befressen. Hiervon starben im Ganzen 851/2 ^m in Folge Kahlfrasses völlig ab. Der Schaden, welcher hier durch Qualitäts- und Quantitätsverlust, Preisrückgang, Wiederanbau- und Ver- tilgungskosten entstand, wird nrnd auf 9000—10000 Mark berechnet. Die schlecht bewirthschafteten Gemeindewaldungen litten bedeutend mehr, als die Staats- waldung. In einzelnen Gemeindewaldungen erreichte die Vermehrung eine geradezu unglaubliche Höhe; die Raupen frassen noch bis in den November hinein, er- zeugten Kahlfrass, fielen haufenweis zu Boden, wo sie kopfgrosse Haufen bil- deten und zu den noch nicht entnadelten Bäumen wanderten, deren Stämme sie nun so stark bedeckten, dass man keine Rinde mehr sah. Aus einem anderen Bestände wanderten die nahningslosen Raupen in der Richtung nach ziemlich weit entfernten, gesunden Kiefembeständen, die sie aber nicht erreichten, weil dazwischen ein kleiner Bach lag, in welchen die Raupen hineinfielen und er- tranken. „Der Bach schien in den wenigen Tagen, wo die Wanderungen am stärk- sten waren, lebendig zu sein; eine lange Strecke sah man ihn mit Afterraupen übersät" [39, S. 80]. Ein weiteres sehr starkes Frassjahr war 1834, in welchem nach Habtig diese Thiere in fasst allen Preussischen Forsten rechtsseits der Elbe stark frassen, und er selbst die Verheerungen in dem Revier Pütt bei Stettin kennen lernte. Die Jahre 1840 — 1843 brachten nach Ratzeburg [V, IH, S. 96] wieder starken Frass in den Revieren der Ostseeküsten, der Ukermark imd der Altmark, namentlich bei Ruppin. Von 1838 — 1848 war die Vermehrung in den verschiedensten Theilen Russlands ganz besonders gross, 1839 frassen z. B. die Larven im Gouvernement Kiew auf emer Fläche von circa 15000 ha [32, S. 289 — 293]. 1856 wüthete ein starker Frass in dem Königreich Sachsen und der Provinz Sachsen zwischen Riesa und Jüterbogk. Bei dem Herbstfrasse im königlich Sächsischen Staatsforstreviere Gohrisch wurden hierbei „in einer Aus- dehnung von 800 — 1100 ha die Bestände aller Altersklassen im ganzen östlichen Theile des Revieres überzogen, so dass der grösste Theil derselben im October fast ganz entnadelt war" [v. Berg 4]. Trotzdem starben nur wenig Stämme ab. Das Jahr 1857 war für Süddeutschland verhängnissvoll. So erschien in diesem Jahre das Thier plötzlich Ende August auf 1900 /i« Staats- und Gemeindewal- dungen des Württembergischen Revieres Tettnang, wobei sich im Laufe der folgenden Jahre die jüngeren, bis 70jährigen Bestände erholten, die älteren zu Vs abstarben [67 und 69]. Gleichzeitig fand ein ähnlicher Frass im Badischen auf der zwischen den Überlinger- und tjntersee genannten Ausläufern des Boden- sees gelegenen Landzunge statt, wobei ungefähr 5—600 ha befallen wurden. 3 Pro- cent der Stämme gingen hierbei ein, 2 Procent kränkelten, 95 Procent erholten sich vollständig [29]. Von einem neueren Frasse in Süddeutschland im Forst- bezirke Schwetzingen in Baden in den Jahren 1877 und 1878 berichtet Ober- förster Köhler [31]. Es wurden hierbei 720 Äa beschädigt, davon 73 Aa kahl und 207 ha stark befressen. Der dauernde Schaden war gering. Diese Art ist nach einer schriftlichen Mittheilung von H. Bobries in Kopenhagen in Verbindung mit L. rufus Retz, L. virens Kl. imd L. pallipes Fall, zum ersten Male 1872 m Seeland eingewandert und hat 1887—1890 in Jütland zum ersten Mal ge- fressen, hier mit L. rufus Retz. zusammen. Von dem Frasse von Lophyrus rufiis Retz., wird in den Lehrbüchern ver hältnissmässig wenig berichtet. Diese Wespe scheint aber nach Hartig [22a, S. 165], Ratzebdrg [V, m, S. 110] und Xördlinger [XXIV, S. 57] stets nur einen Frass zu machen, und zwar einen Frühjahrsfrass, was auch mit den übrigen Mittheilungen in Zeitschriften stimmt. Dagegen bedarf die Vennuthung von Hartig. dass sie vielleicht im Eizustande übenvintere, noch sehr der Bestätigung. Sie frisst so- wohl auf gemeiner Kiefer, wie auf Schwarz- imd Sumpfkiefer. Letzterer I all ist uns aus dem königlich Sächsischen Staatsforstrevier Reitzenhain bekannt. Sie ist sehr weit verbreitet, auch in Russland, wo sie nach Koppen von Petersburg bis Kasan vorkommt [32, S. 293 und 294]. Wirklich ausgedehnten Frass kennt Specielles über den Frass der Lophyrus-Arten. 645 man aber nur aus Süddeutschland sowie aus Oesterreich. Aus dem Jahre 1833 meldet Kollar [IV. S. 358) einen Fras.s, welcher sich ohne dauernden Schaden anzurichten auf der Hohenleithen bei Wolkersdorf unweit Wien auf 4 ha lOjäli- rige „Weisstannen" (?) mit Schwarzföhren untermischt erstreckte. Im Jimi 1860 frass sie nach Vonhausen [56] auf Kiefern jedes Alters in den Waldungen \\n\ Bensberg, Regierungsbezirk Köln. Die Cocons wurden in Moos, Haide und Gras gesponnen. In demselben Jalire, sowie 1801 war nach Döbner [73] ein bedeutender Frass auch bei Aschatfenburg und im Spessart. Der stärkste Frass hat, mit nur geringer Beihilfe von L. Pini L., im Jahre 1861 in den südöstlich von Heilbronn gelegenen Württembergischen Staats- und fürstlich Löwenstein- schen Waldungen stattgefunden [68] in einer Gesammtausdehnung von 1575 ha. Der Boden war sehr geringer Qualität, und es wurden 3- bis 20jährige Kiefern mit Bevorzugung der 6- bis lij ährigen Orte befallen. An südlichen Rändern und Hängen war der Frass am stärksten, desgleichen in einzelnen in andere Holz- arten eingesprengten Kiefenihorsten. Der Frass begann Mitte Mai und endete Anfang Juli. Er fing gewöhnlich im Gipfel an und schritt nach unten fort. Oft wurde das Holz selbst platzweise in der Grösse „eines halben Silberkreuzers'' angegangen und an ganz kahlgefressenen Stämmchen auch Nadeln und Rinde der Maitriebe. lieber die speciellen Verhältnisse der Lebensweise von Lophyrus pallidus Kl. ist nur wenig bekannt. Hartig [22 a, S. 130] erwähnt, dass diese Art Mitte der dreissiger Jahre an den Verheerungen betheiligt war, welche L. Pini L. bei Cöslin, auf den Revieren Pütt und Liepe, sowie in den Neumärkischen Revieren verursachte. Die Entwickelung der Wintercocoiis stellte sich nach seinen Untersuchungen mehrfach so, dass ein Theil bereits im Frühjahr auskam und diese Wespen eine zweite Generation erzeugten, also einen Sommer- und einen Herbstfrass veranlassten, während andere Cocons länger überlagen und die Nacli- kommen der aus ihnen auskommenden Wespen blos einen Herbstfrass verur- sachten, der gleichzeitig mit dem der Kinder ihrer Geschwister stattfand. Graphisch lässt sich dieses Verhältniss folgendermassen ausdrücken : 1835 Jan. i Feb. März April Mai Jimi i Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. eee ©©©!©©© r ©©I l© tt-!--.t ©©©©•++ ———:——©©©©©©© 1 — ©©©©©,©©© ©©© ©o© Nach Ratzebürg fanden ferner nur von dieser Art herrührende Beschädi- gungen bei Arnsberg in Westfalen und in Ostpreussen statt [V, III, S. 114]. Genauer berichtet er nur über einen Fall nach den ilittheilungen von Sprengel [XV, I, S. 189 — 190]. Letzterer beobachtete den Frass in dem königl. Preussischen Staatsforstrevier Grünau bei Treptow an der Rega in den sechziger Jahren, und zwar auf den schlechfrvvüchsigsten, kusseligen Kiefern der Dünen, während damals L. Pini L. diese letzteren mied und die besserwüchsigen an- ging. Der Frass war ganz ähnlich, wie der von L. Pini L.; die Nadeln w^irden entweder zu Fäden abgenagt oder theilweise oder ganz abgefressen. Auch Maitriebe wurden angegangen. Die Larve sass gewöhnlich fester am Zweig imd war weniger gegen Witterungseinflüsse empfindlich, als die der gemeinen Art. Die Larve von Lophyrus similis Htg. ist früher entweder nur vereinzelt aufgefunden worden, so bei ihrer Entdeckung bei Berlin auf 30— 40jährigen Kiefern, oder als Begleiter von L. Pini L., z. B. bei einem Herbstfrasse im Jahre 1834 auf dem königl. Preussischen Staatsforstrevier Pütt, Regienmgs- Bezirk Stettin. Hier machte sie 4—5 Procent der Raupenmenge in Althölzern und Stangenhölzern aus [22 a, S. 163]. Auf demselben Revier erscliien das In- sekt für sich allein wieder im Jahre 1867 und machte einen Herbstfrass in den geringen Stangenorten. Die jüngeren Larven erfroren, die älteren spannen sich 646 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. raassemveis im Haidekraut ein. Ein erhebliclier Schaden scheint nicht geschehen zu sein [37]. Weit gefährlicher war der Massenfrass, welcher im Jahre 1881 an den Krummholzkiefern auf dem Kiesengehirgskarame stattfand. An demselben nahmen noch theil zu .5 — 10 Procent der Gesammtmasse die grüuköpfige Larve von L. Laricis, Jur., eineLyda und besonders Cecidomyia brachyntera Bchwäg. Die sonst einsam lebenden Larven sassen hier in dichten Klumpen, und an einem cinzio-en, 77 cm langen Zweige konnten 210 Cocons gezählt werden. Der erste Flug'^der Wespe fand Anfang Mai, der zweite Anfang August statt. Ein Eanh- frost tödtete die Raupen der zweiten Generation zum grossen Theil. Im Jahre 1882 erlosch daher allmählich der Frass, der sich stellenweise über den ganzen Kamm des Kiesengebirges sowohl auf Preussischer als auf Oesterreichischer Seite verbreitet hatte, vom Eeifträger über die Elb- und Panschewiesen bis zur Stunn- haube und zum Hochwiesenberg. Ueberall gingen, da Vorkehrnngsmittel nicht anwendbar waren, grössere Knieholzflächen ein, so z. B. auf der Herrschaft Starkenbach um den Platten und Falkenstein 45 ha [18 und 49]. Judeich fand Anfang der sechziger Jahre die Larven in grosser Menge auf Weymouths- kiefern im Schlossgarten zu Hohenelbe ; dieselben spannen ihre Cocons Mitte Juli an Aesten und Nadeln. Ausser diesen Arten ist bisher noch gesellig fressend angetroffen worden Lophyrus socius Kl., die auf feuchten Lagen und im Hochgebirge auf den Bergkiefern mitunter stärker auftritt [XII, 2. Aufl. S. 77]. Ob diese Art wirklich 1879 in dem Gouvernement Waldimir in Russland arg schädigend aufgetreten, wie vermuthet wird [32, S. 291], muss vorläufig dahingestellt bleiben. Die Gattung Ly da Fabr., ziemlich grosse und durch die borsten- förmige Gestalt ihrer vielgliedrigen Fühler leicht erkennbare Blatt- wespen umfassend, enthält von forstlich beachtenswerthen Arten Kie- fern-, Fichten- und wohl auch wenig bedeutende Laubholzschädlinge, von denen die Nadelholzverderber eine ziemlich gleichmässige Lebens- weise haben. Die im Vorsommer fliegenden, grossen, durch die Breite ihres Hinterleibes leicht von den schmächtigeren Männchen zu unter- scheidenden Weibchen belegen äusserlich die Nadeln mit länglichen Eiern. Die Larven sind von den übrigen Blattwespenlarven scharf aus- gezeichnet durch die Länge ihrer Fühler, den Mangel der eigentlichen Bauchfüsse und durch die feste, an zwei seitlichen Stellen gewöhnlich stärker werdende Chitinisirung des zwei, gleichfalls chitinisirte Nach- schieber tragenden, letzten Hinterleibsringes. Sie haben ein bedeutendes Spinnvermögen, welches ihnen gestattet, sich trotz des Mangels der Bauchfüsse mit Hilfe röhrenförmiger Fadenhüllen an ihren Frassstellen zu iixiren und fortzubewegen. In diesen entweder nur von einer ein- zelnen oder von mehreren Larven gemeinsam bewohnten Gespinnsten, in denen letzter enfalls jede Larve eine eigene Röhre hat, klettern und bewegen sie sich sehr geschickt und lebhaft, verlassen können sie dieselben aber nur, indem sie allmählich feine Gespinnstbrücken nach ihrem Ziele hinspinnen. Auf eine ebene Fläche lose gelegt, können sie sich nur dadurch fortbewegen, dass sie bogenartig Spinnfäden an die Unterlage befestigen und sich unter diesen hinschieben. Diese Eigenthümlichkeit verschaffte ihnen den Namen Gespinnstwespen. Da bei verschiedenen Arten der anfangs grüne, bald aber sich bräunende Koth im Gespinnste hängen bleibt, so nennt man diese Kothsack-Ge- spinnstvvespen. Auf ihrem Larvenfrasse beruht ihre Forstschädlichkeit, welche aber dadurch einigermassen herabgemindert Avird, dass der Frass Blattwespen. Kiefernfeinde, Gatt. Lyda. 647 höchstens drei JNIonate, Juni, JnH nncl «August, dauert. Die Larve begibt sich alsdann im Schirm der Frasspflanze durch die Bodendecke hin- durch in die obersten Erdschichten, um hier ohne Cocon, frei in einer eiförmigen Höhle liegend, den Herbst des Frassjahres und die ganzen beiden folgenden Kalenderjahre unverändert zu ruhen. Erst im Früh- ling des dritten Jahres verpuppt sie sich gewöhnlich und liefert nach wenig Wochen die Wespe, so dass also, vorausgesetzt, dass nicht mehrere Generationen nebeneinander laufen, höchstens alle drei Jahre derFrass wiederkehrt. Einfache einjährige Generation scheint verhältnissmässig selten vorzukommen. Unter den Kiefern- Gespinnstblattwespen, welche Ratzebürg den kleineren Lophyrus-Formen gegenüber als die „grossen Kiefern-Blatt- w^espen" bezeichnet, haben wir sowohl Kultur- Avie Bestandsverderber. Behufs leicliteier Bestimmung aller forstlich in Frage kommenden Lyda- Arten geben wir hier zunächst ein- für allemal die von Zaddach [9] aufgestellte Haupteintheilung der Imagines. A. Scheitel flach, von den Seitentheilen des Kopfes kaum merklich abgesetzt. I. Subradialzelle durch eine aus der Flügelwurzel entspringende, an der Spitze getheilte vollständige Gabelader in drei kleinere Zellen getheilt (Fig. 9, der Tafel auf S. 630j. a) Vorderschienen mit mittlerem Seitendorn, also dreidornig; hierher gehören z. B. L. campestris L., L. erythrocephala L. und L. stellata Christ. h) Yorderschienen ohne mittleren Seitendorn, also zweidornig; hierher gehören z. B. Lyda hypotrophica Htg. und L. arvensis Panz. II. Subradialzelle durch eine iinvollständige Gabelader in nur zwei kleinere Zellen getheilt; hierher gehört z. B. L. flaviventris Eetz, B. Scheitel gewölbt, von den Seitentheilen des Kopfes durch starke Furchen deutlichst abgesetzt; hierher gehört z. B. L. Betulae L. Wir behandeln zunächst die gelbe oder Kiefernkultur-Gespinnstwespe Lyda campestris L. (Ta£ VI, Fig. 2). Diese ziemlich grosse, durch die von der blauschwarzen Allgemein- färbung scharf abstechende rothgelbe Mitte des Hinterleibes und durch die gelben, an den Malen mit einem blauen Fleck gezeichneten Flügel leicht kenntliche Wespe lebt als grünliche Larve meist vereinzelt an dem mittleren Maitriebe drei- bis vierjähriger Kiefern in einem wnirst- förmigen Kothgespinnste (Taf. VI, Fig. 2 L). Ihr Schaden ist, da sie meist kräftige Pflanzen angeht, trotz ihrer stellenweisen Häiifigkeit gewöhnlich nur gering. Besehreibung. Lyda campestris L. Wespe glänzend blauschwarz; Mitte des Hinterleibes röthlich-gelb; Mund, Fühler, Augenfleck, Schildchen, Ivniee, Schienen und Füsse gelb. Flügel gelblich mit gelben Adern und blauem Fleck an der Basis des gelben Mals. Fühler 34- bis 36gliedrig. Fühlerglied 4 länger als der Schaft, Glied 2 dreimal so lang als 5. Lauge (^ 13 mm, 9 14-5 mm. Flügel- .spannung 22 — 34 mm. CAo Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. Larve schmutzig grün mit bräunlichem Kopfe, grünem, brama gerändertem Nackenschilde, dunklem Rücken- und Bauchstreif, jung mit Querreihen dunkler Fleckchen, welche später verschwinden. Länge bis 26 mm (Taf. VI. Fig. 2 L). Es ist sehr auffallend, dass Th. Hartig [22 a] und Andrä [3] diese Art zu denjenigen Formen stellen, welche keinen Seitendom an den Vorderschienen haben, während Eatzebürg [V, III] und Zaddach [9] sie zu den mit Seitendomen zählen. Da das einzige Exemplar unserer Sammlung wirklich Seitendomen hat, desgleichen das RATZEBUBG'sche Exemplar der Eberswalder Sammlimg, so folgen wir den letzteren Autoren. Lebensweise und Schaden. Das Insekt ist ein Kiefernthier, welches ausser der gemeinen Kiefer auch noch auf Weymouthskiefer [V, III 76] und Schwarzkiefer [XVI, 2. Aufl., III 2, S. 278] frisst. Nach Henschel [XII, 2. Aufl., S. 69] geht sie bis in die sonnigen Berglehnen der Oesterreichischen Hochgebirge hinauf. Die Wespe fliegt im Juni imd belegt den mittleren Maitrieb junger kräftiger, zwei- bis vierjähriger Pflanzen gewöhnlich nur mit eiiiemEi; die Larve baut sich ein röhrenförmiges Gesjjinnst, welches, da sie ihren Koth nicht herauswirft, bald zu einem wurstförmigen Kothsacke wird (Taf. VI, Fig. 2 L). Sie verzehrt, allmählich weiter abwärts spinnend, die sämmtlichen Nadeln des Triebes und geht schliesslich auch die unteren Nadeln des ersten Seitentriebquirles an. Ende Juli oder Anfang August ist der Frass beendet, und die Larve geht in die Erde, wo sie bis zu der kurz vor der Flugzeit eintretenden Veii:)uppung nilit. Auch für sie ist ein Ueberliegen durch Eatzebürg [V, III, S. 75] als möglich nach- gewiesen, während im Allgememen einjährige Generation die Eegel zu sein scheint. Ausnahmsweise kommt es vor, dass zwei Larven an einem Maitriebe fressen, der Kothsack ist dann gedoppelt. Gleichfalls mehr ausnahmsweise kommt die Lai-ve an den Seitentrieben und auf älteren, kusseligen Pflanzen vor. Ein Beispiel von starker Anhäufung auf einer acht- bis zehnjährigen Kiefer berichtetEcK- STEiN [13 S. 211]. ScHiNDOwsKY [9c, S. 125] will sie nur auf kränklichen Pflanzen gefimden haben. Ein ernstlicher Schaden ist durch sie noch nicht geschehen, wenigstens nicht nachgewiesen worden. Gewöhnlich an etwas älteren Stämmchen lebt die rothköpfige oder Kief ernschonung-Gespinnstwespe Lyda erythrocephala L. Diese Wespe, an der stahlblauen Farbe ihres Leibes, den rauchbraun getrübten Flügeln und die rothe Kopffärbung der Weibchen leicht erkennbar, fliegt sehr zeitig, gewöhnlich im April. Die Larven leben meist in schlechten lückigen Schonungen an ungefähr zehnjährigen Kiefern und Weymouthskiefern gesellig und machen an dem vorjährigen Mitteltriebe und den Quirltrieben ein gemeinsames, wenig Koth ent- haltendes Gespinnst. Sie gehen gewöhnlich schon im Juni in den Boden. Ernster Schaden ist durch sie noch nicht angerichtet worden^ Beschreibung. Lyda erythrocephala L. Wespe stahlblau, Flügel rauchbraun getrübt, nach der Spitze zu etwas heller werdend. Knie und Schienen der Vorderbeine röthlich. ^ Kopf stahlblau, vor der Einfügung der Fühler strohgelb; Füsse der Vorderbeine röthlich. 9 Kopf roth, nur die Stelle, auf welcher die Punktaugen liegen, mehr oder weniger ausgedehnt stahlblau. Länge 12 — 13 mm, Flügelspannung ungefähr 26 vim. Larve grünlich grau oder olivengrün, mit schmutziggelbem, braunfleckigem Kopfe, Nackenschild schwarz. Jeder Ring durch Einschnitte in fünf Querrimzeln getheilt, von denen drei auf der Eückenseite bis zur seitlichen Hautfalte mit Querreihen dunklerer Flecke besetzt sind. Diese Flecke fehlen der L. stellata. Oberseite des Körpers mit drei bräunlichen Längsstreifen. Letzter Eing ungefleckt. Länge ungefähr 25 mm. Lyda erythmcephala und L. .stellata. (349 Diese Art ist liöclistens mit Lyda flaviceps Eetz. zu voiwechseln, welche aber durcli die glashellen Flügel deutlich imterschieden ist. Lebensweise und Schaden. Dieses Kieterninsekt, welches bei uns ge- wöhnlich auf der gemeinen Kiefer lebt, in den Oesterreichischen Aljsen auch auf der Bergkiefer [9 c. S. 121] vorkommt, scheint ausserdem eine besondere Vorliebe für die fünfnadeligen Kiefern zu liabeii, da es häufig auf der gemeinen W e y m o u t h s k i e f e r, sowie gelegentlich auch auf der N e p a 1- W e y m o u t h s k i e f e r, Pinus excelsa Wall., und auf der Arve [IV, S. H61 und XXIV, 8. 50J beobachtet wurde. Von Lappland bis zu den Alpeu verbreitet, kommt die Larve zwar sowohl an jimgen Pflanzen, wie an alten Bäumen vor, erscheint aber am häufigsten in ungefähr zehnjährigen soimigen, lückigen, verbissenen oder von Tortrix buoliana S. V. mitgenommenen, verkusselten Kulturen [XVI, 2. Aufl., III, 2, iS. 282]. Die Wespe fliegt, da sie zur Eierablage nicht auf die frischen Maitriebe angewiesen ist, sehr zeitig, in den mittleren Lagen ihres Verbreitungsbezirkes, also z. B. in der Mark ruid Schlesien, im April, ist aber auch schon im März und Mai, ja in der Gegend von Künigsberg in Preussen durch Schindowsky [9 c, S. 120] sogar im Jimi beol)achtet worden. Sie legt mehrere anfangs dottergelbe, später schmutziggelbe Eier hinter einander, nach Ratzeburo gewöhnlich drei bis sieben [XV, I. 8.184], nach Nördlingek |XXIV, S.öG] sechs bis zwölf in eine Reihe auf die Mitte der platten Seite einer älteren Nadel. Die ausschlüpfenden Larven spinnen dann an dem vorjährigen Mitteltriebe in der Nähe des vorjährigen Quirles ein aussen glattes, innen in enizelne Röhren abgetheiltes, stets mir wenig- Koth enthaltendes Gespinnst, in welchem sie zwar gesellig, aber jede Larve in ihrer eigenen Röhre, leben. Sie fressen von hier aus nicht imr die alten Nadehi des Mitteltriebes, sondeni auch die der Seitentriebe. Stärkeren Frass an gemeiner Kiefer keimt man nur von dem königlich Preussischen Staatsforstrevier Liepe bei Eberswalde, wo in den Jahren 1852 und 1853 20 — 25 ha stark befressen wui-den, femer 1850 aus dem Revier Neubrück, Regierungsbezirk Frankfurt a. d. O. [XV, I, S. 184]. Hier flog die Wespe aber bald auf die Weymouthskiefern eines ziemlich weit entfernten Gartens über. Der stärkste, aber nur auf ^/^ha sich er- streckende, überhaupt bekannt gewordene Frass, der im botanischen Garten zu Breslau [55] im Jahre 1828, fand ausschliesslich auf AVeymouthskiefem statt. In mittleren Lagen ist der Frass gewölmlich schon Mitte Juni zu Ende, in nördlicheren dauert er bis in den Juli. Die Larven liegen dann in bekannter Weise im Boden. Ob einjährige Generation oder mehrjähriges Ueberliegen die Regel, ist vorläufig unbekannt. Der Schaden ist selbst bei grösserer Ausdehnung des Frasses nicht sehr empfindlich. Die befallenen Kiefernschonungen im Liei)er Revier haben sich voll- ständig erholt, im botanischen Garten zu Breslau blieben die Maitriebe des Frassjahres etwas zurück, die Bäume gingen aber nicht ein. Beiweiteni am beaclitenswertliesten imter allen Kiefern-Lyden ist die bunte oder Kiefernbestands-Gespinnstwespe, Lyda stellata Christ. (Tafel VI, Fig. 1.) Die Wespe, welche ihren lateinischen Namen „gestirnt" nach den vielen hellgelben, von dem schwarzen Grinide des Kopfes und der Brust scharf abstechenden Fleckchen erhalten hat, wird ausser hierdurch, durch die röthlichen E ander des Hinterleibes gekennzeichnet. Ihre Larve ist, Avährend sie im Gespinnste lebt, an dem durcli dicht- stehende braune Punkte theilweise dunkler gefärbten Kopf und die von dem schmutzig grünen Grunde sich abhebenden, rothbraunen Längs- zeichnungen kenntlich. Nachdem die Wespe im späteren Frühjahr geschwärmt hat, findet man die Larven in den Kronen der Bäume von 40 — 100jährigen Kiefernbeständen, welche sie, in ihrem Frass Lehrbuch d. mitteleurop. Forstinsekten. ^2 650 Kap. X. Die Havitflügler oder Immen. von unten nach oben fortscln-eitend, entnadelt und mit dichten Ge- spinnsten bedeckt. Wenn die in letzteren hängen bleibenden Nadeln und Koththeilchen vertrocknen, so erscheinen die Baumkronen geröthet. Jede Larve lebt in einem besonderen Gespinnste und nährt sich von den einjährigen und älteren Nadeln. Der Frass dauert gewöhnlich bis August, worauf die Larven in der bereits beschriebenen Weise ihre Winterquartiere in der Erde beziehen. So wenig bezweifelt werden kann, dass die Generation unter Umständen einjährig ist, so haben doch ältere wie neuere Beobachtungen sicher nachgewiesen, dass meist ein zweijähriges Ueberliegen vorkommt, man im Allgemeinen also auf eine Wiederkehr des Frasses erst im dritten Jahre rechnen kann. Die durch sie hervorgebrachte Entnadehmg kann ungemein schädlich wirken und das Absterben vieler Stämme veranlassen, sodass alsdann eine stärkere Entnahme nothwendig -SAird. Beschreibung-. Lyda stellata Christ (pratensis Fabk.). Wespe: Kopf sparsam punktirt, mit wiilstfönnig langgestreckter, von der Mitte der Stim nach dem unteren Augenrande verlaufender Erhabenheit. Füliler 33gliedrig, wenig länger als der Hinterleib, roth, Glied 1 schwarz. Grandfarbe schwarz, Kopf und Brast gelbgefleckt, Ränder des Hinterleibes röthlich. Flügel hell, mitunter an der Spitze etwas gebräunt mit braunen Adern und hellerem Flügelmal und Vor- derrandader. Beine rothgelb, Oberseite aller Schenkel, Schenkelringe und Hüften schwarz. i ■ t-h i (^: Am schwarzen Kopfe Untergesicht, Wangen, Stimrand und em 1^ leck am Scheitelrande der Augen gelb. Erstes Glied der Fühler unten gelb, diese nach der Spitze nicht dunkler. Am Thorax Brustrücken, manchmal der ganze Rand des Halskragens, Hinterecken des Mittellappens und Rückenkömchen gelb. 9:AmKopfeTaster,Oberlippe,Kopfschildchen, zwei Flecke über denFühlem, zwei grössere seitliche im Gesicht, Unter- und Aussenrand der Augen, Wangen, Grenze des Hinterhauptes mit dem Scheitel und einige Linien gelb. Fühler an der Spitze dunkler. Am Thorax Rand des Halskragens, Hinterecken des Mittel- lappens, zwei Striche vor dem Schildchen, dieses und das Hinterschildchen gelb. Brust vorherrschend gelb. Am Hinterleib Bauehfläche schmutziggelb, letztes Segment braun. Länge J* 11 mwi, Q 13 mm, Flügelspannung J* 20 mm, 9 24 mm. Larve: Kopf gelbbraun, mit dunklen Punkten und Fresswerkzeugen und schwarzen, gelbgermgelten Fühlern. Letzter Ring fein behaart. Grundfarbe theils blassgrün, theils gelb, je nach Verschiedenheit des Häutungszustandes ; die grüne Farbe herrscht bei den älteren Larven vor. Der am Bauche lichtere Kollier hat über dem Rücken und an jeder Seite einen rothbraunen oder dunkleren Längs- streifen, ausserdem auch an der Seite eine gelbe Längslinie. Nackenschild dunkel. In der Mitte jedes Segmentes gewöhnlich ein brauner Fleck. Bauchfüsse imd Nachschieber braunschwarz imd gelb geringelt. Länge 27 — 28 mm. Lebensweise und Schaden. Wir haben es auch hier mit einem typischen Kieferninsekt zu thun, welches besonders die gemeine Kiefer vom Stangen- bis zum Altholzalter bewohnt und nur unter ungewöhnlichen Verhältnissen an jüngere Kulturen geht, z. B. wenn die Larven vom Winde herabgeweht wurden. Dass letztere auch Weymouthskiefer annehmen, wurde nur im Zwinger von Schwäg- RiCHEN [25, S. 29] beobachtet. Entsprechend der einsamen Lebens- weise der Larve an älteren Nadeln, werden die Eier von der Wespe auch vereinzelt an solche abgelegt. Nur in der Noth werden auch junge Nadeln der Maitriebe angegangen [XV, II, S. 185]. Die Nadeln werden von der Larve tief abgebissen, in das Gespinnst gezogen und Lyda stellata; Leben und Schaden. 651 dann ganz oder theilweise verzehrt. Ihre Reste in Verbindung mit dem, namentHch wenn die einzehien Gespinnste gedrängt sitzen, gleichfalls hängenbleibenden Kothe, lassen bald die Gespinnste rotli erscheinen. Sind die Gespinnste vereinzelt, so scheinen sie stets kothleer zu sein. Die Larve verräth ihre Anwesenheit durch diese sonderbaren Gespinnste und auch von weitem schon durch die Gewohnheit, ihren Frass sowohl an der ganzen Krone, wie an einzelnen Zweigen von unten her zu beginnen. Ein halb abgefressener Stamm ist oft in der Spitze ganz unversehrt, unten aber vollkommen kahl. Die Flugzeit der Wespe fallt je nach Oertlichkeit und Witterung von Anfang Mai bis Anfang Juli [2&, S. 284]. Nach Koresnik [33] soll sie bei Massenvermehrung in grossen Schaaren meilenweit überfliegen. Der Frass dauert gewöhnlich nur bis Ende Augiist; nur selten kommen noch im October Larven von den Bäumen herab. Sie fallen hierbei entweder einfach ab oder lassen sich an Spinnfäden herunter. Dort, wo sie den Boden erreichen, also im Schirm des Baumes, bleiben sie liegen, um sich erst nach einigen Tagen ihre Erdhöhle zu bereiten [Stosch 2 6, S. 284]. In der Ge- fangenschaft Avurde beobachtet, dass sie sich sehr schnell eingraben können [25, S. 29]. Die in der Erde liegenden Larven sind auch bei dieser Art anders gefärbt, als die im Gespinnst lebenden, und zwar theils grünlich, theils gelb. Dass die Generation eine einjährige sein kann, ist fest- gestellt durch die Beobachtungen von Hopf. Aber schon die an Ratze- bürg durch Oberförster Muss und Förster Klossmann aus dem königlich Preussischen Staatsforstrevier Crossen, Regierungsbezirk Frankfurt a. d. 0., gemachten Mittheilungen aus den vierziger und fünfziger Jahren lassen eine deutliche Dreijährigkeit der Frassperioden erkennen und sprechen also dafiir, dass ein zwei Jahre lang dauerndes Ueberliegen der Larven im Boden die Regel ist. Auch die neueren von Altum und Eckstein [2b, 2d, 23] mitgetheilteu Angaben über stärkeren Frass in der Mark und Schlesien in den achtziger Jahren deuten klar hierauf hin. Wenn wir als Zeichen für die ohne Cocon im Boden ruhende, unvei-puppte Larve e auAvenden, so stellt sich graphisch die dreijährige Generation in folo-ender merkwürdisrer Weise dar: Jan. Febr. März April Mai Juni Juli | Aug. Sept. Oct. Nov. Dec. 1880 + ++ + ■ ee ©eo ©©© 1881 ©©©,©©© ©©© ©©©©©©©©©,©©©©©© ©Q© ©©© ©©©;©©©, 1882 ©©©©©© ©©©©©© ©©© ©©© ©©© I ©©©©©© 1883 ©©©e©©©©© 42 * «KO Kap. X. Die Hautflüg-ler oder Immen. „Mitunter erlischt der Frass in einzelnen Eevieren in den Zwi- schenjahren allerdings nicht, sondern dauert als schwacher oder starker Lichttrass fort, und die Hauptfrassjahre schieben sich zusammen, z. B. in Tauer. Letztere Erscheinung lässt sich aber nach Eckstein mit der in anderen Revieren, z. B. in Börnichen, deutlich nachweisbaren drei- jährigen Periodicität der Hauptfrassjahre sehr gut vereinigen, Avenn man eine Reihe neben einander herlaufender, dreijähriger Grenerationen an- nimmt. Für das Revier Tauer stellt sich die Sache z. B. so, dass wahr- scheinlich drei Generationen Ä, B, C neben einander herliefen und in den fett iredruckten Jahren frassen A 1879 — — 1882 — 1885 — — 1888 B — 1880 — — 1883 — — 1886 — — C — — 1881 — — 1884 — — 1887 — Der Angriff der Larven dieses von Lappland bis zu den Alpen und bis in das Innere von Eussland weit verbreiteten Insektes ist namentlich gegen kränkliche, schlechtwüchsige Kiefern gerichtet. Vorhergegangener Frass anderer Insekten, namentlich von Kiefernspinner, Nonne und Lophyrus, scheint die Ge- fährlichkeit desselben stark zu erhöhen. Um einen stark betVessenen Ort zieht sich stets eine Zone, in welcher der Frass nach aussen allmählich schwächer wird [13, S. 216]. Kahlfrass verursacht vielfach ein völliges Absterben der Be- stände, und in den Folgejahren sterben auch in Aveniger starlc ergriffenen viele Stämme ab. Der ältest beschriebene [25] und wohl zugleich grösste Frass ist der, welcher in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts im Bezirk Mulkwitz der Standesherrschaft Muskau in Schlesien vorkam. Er begann in schlechten, durch Plenterwirthschaft beschädigten, 40- bis 80jährigen Kiefernbeständen im Jahre 1821, nachdem Lophyren und Kiefernspinner von 1819 bis 1820 vorgearbeitet hatten. 1825 war völliger Kahlfrass, und es mussten 6000 Klaftern eingeschlagen werden. 1826 schwärmten die Wespen so stark, dass die Klaftern von ihnen schwarz bedeckt waren, sie wurden aber grösstentheils im Mai und Juni durch Sturm und Regen vernichtet. Trotzdem dauerte der Frass noch fort und ging nach fast vollständigem Abtrieb der älteren Bestände in jüngere Schonungen über. 1882 war ein starker Frass in Schlesien, der Mark imd Sachsen, nämlich in der Umgegend von Grünberg und in den königlich Freussischen Staatsforst- revieren Hoyerswerda imd Reichenau, Regierungsbezirk Liegnitz, Börnichen, Jänschwalde, Reppen und Tauer, Regierungsbezirk Frankfurt a. d. O., sowie Anna- burg, Regiermigsbezirk Merseburg. Dieser Frass setzte sich bis zum Ende des Jahrzehntes mit den oben erwähnten Pausen fort. Wemi letztere durch das Ueberliegen auch vielfach den Beständen Gelegenheit zur Erholung gaben, so ist der Schaden stellenweise doch sehr gross. Eckstein sagt von Börnichen: „In diesem Revier ist der Schaden ein ganz enoi-mer, die kahlgefressenen, kränkeln- den imd absterbenden Stämme des lückigen Bestandes, dessen Boden fast aus- schliesslich mit vertrocknetem, graugrünem Mose, Dicranum glaucum Hedw. bedeckt ist, gewähren einen betrübenden Anblick." Von zwei daselbst befind- lichen Probetiächen musste die eine als total zerstört aufgegeben werden, während die Beibehaltung der anderen sehr in Frage gestellt ist [13, S. 212]. 1881 waren in Reppen 108 ha, 34 ha der I. Periode, 74 ha der II. Periode angehörig, befallen. Es wurden in drei Jagen auf 23-2 ha 4900 /wi Derbholz und ausserdem noch auf der übrigen Fläche zahlreiche einzelne Stämme, zusammen 5250 fm, ein- geschlagen [2 6, S. 286]. Lj'cla stellata; Abwehr der Lyda-Arten im Allgemeinen. 353 -Abwehr. Wir besprechen hier im Zusammenhang- nicht nur die gegen die Kiefern-, sondern auch die gegen alle anderen Xadelholz- Ljden etwa möglichen Massregeln. Als Vorbeugung gegen eine Verschlimmerung des Frasses in den Folgejahren ist die Bekämpfung der Lar-ven anzusehen. Wenn dieselben, wie dies bei Lyda campestris L. imd L. erythrocephala L. gewöhnlich der Fall, ihre Gespinnste an niedrigen Pflanzen in bequem erreichbarer Höhe anbringen, wird man diese mitsammt ihren Insassen leicht durch Arbeiter, namentlich diu'ch Kinder oder Frauen, abstreifen und vernichten lassen können. Es ist hierbei nur zu beobachten, dass diese Arbeit vorgenommen wird, so lange die Larven noch in den Gespinnsten sind. Für Lyda campestris L., die spät schwärmt, dürfte meist Ende Juni, Anfang Juli, für die zeitig fliegende L. erythro- cephala L. Mai, Anfang Juni der geeignete Zeitpimkt sein. Gegen die in den Kronen älterer Bestände liansendeu Lyden, namentlich gegen L. stellata Chbist und L. hypotrophica Htg., ist dagegen eine solche Massregel nicht anwendbar, luid anch der Versuch, die Laiven etwa durch An- prallen der Stämme erst herabschütteln und dann auflesen zu lassen, verspricht in Althölzern Aveniger Erfolg. Eatzeburg empfiehlt allerdings auch Abklopfen und Anprallen nach der Methode, bei welcher auch die Bäume bestiegen und die Aeste erschüttert werden. Die Laiven sitzen nach ihm zwar im Gespinnste, aber sie werden doch gegen Ende des Frasses so gross imd fett, dass sie leicht durch das Gespinnst fallen. In Stangenhölzern wurde das Anprallen einmal mit Erfolg angewendet von Oberförster Muss [44 a, S. 199]. In der Praxis dürfte sich auch der Vorschlag des Oberförsters Stosch [2 L, S. 290] kaum bewähren, welcher die von den J5äumen herabgekommenen und noch nicht in die Erde ebigedmngenen Larven durch Kinder sanmieln lassen will. Abgesehen davon, dass alle solche Sammelmassregeln sehr kostspielig sind und die Genauigkeit ihrer Ansfühi-ung schwer zu übenvachen ist, kommt hier noch die Schwierigkeit hinzu, m dem richtigen, liöchstens wenige Tage dauernden Zeitpunkte die nöthige Menge Arbeiter zur Absuchung grösserer Flächen verfügbar zu haben. Auch ein Zer- walzen oder Zerstampfen der noch oberirdisch liegenden Laiven kann im Allge- meinen }iicht empfohlen Averden. Das Aufsuchen der Larven im Boden durch Arbeiter ist anch viel zu theuer und unsicher, und Entnahme der Streu oder gar der ganzen Bodendecke [Probst 42, S. 249] hilft nichts, da die Larven ihre Euhestätte im Boden selbst suchen, ^'on der Nutzlosigkeit letzterer Massregel gegen Lyda hypotrophica Htg., hat Kitsche sich in dem Wald der Stadt Geyer im Erzgebirge 1889 überzeugt, wo die Wegnahme der Bodendecke allerdings nicht als Abwehr, sondern behufs Abgabe zu Streuzwecken erfolgt Avar. Will man direkt durch IMenschenarbeit gegen die im Boden lie- genden Larven vorgehen, so kann dies nur beim Wiederanbau kahl abgetriebener Flächen durch Umbrechen derselben mit dem Wald- pfliige geschehen [2d, S. 252]. Die hierdurch frei gelegten Larven dürften zum grössten Theil zur Beute der insektenfressenden Säuger und Vögel werden, und auch die übrigbleibenden, Avie Zuchtversuche d(>utlich gezeigt haben, gegen jede Störung ihrer Lagerstätte sehr em- pflndlichen Larven Averden durch diese Massregel vielfach mit getrofi'eu Averden. Natürlich ist dieselbe aber niu- in o-eeio-neten Böden imd LakiM., L. annulata Htg., L. saxicola Htg., L. ahietina Htg., L. Klvg'd Htg., in eine Art zusammen, die aber nicht, wie Ratzebuisg wollte, den Namen L. alpina Htg. erhalten kann, sondern den ältesten Namen, Lyda arvensis Panz., l)ehalten muss. Sie steht der vorigen Art so nahe, dass Saxesen beide vereinigen wollte, aber die schwächere Entwickelung des Kopfes nnd seiner Punktirung, die mehr schwärzliche Färbung der Rücken- körnchen vmd, wie iins scheint, vornehmlich die beiden hellgelben Flecken anf der Unterseite der schwarzen Mittelbrust lassen auch wenige imter einer grösseren Menge von L. hypotrophica Htg. mit gefangene Exemplare sofort als beson- dere Art erkennen [41 i, S. 287]. Im übrigen „variiren wenige Blattwespen so sehr, Avie diese Art. Von einem lichten Rothbraun geht die Grundfarbe durch die verschiedensten Abänderungen allmählich in ein tiefes Schwarz über, während zugleich die helleren Zeichnungen sich aus einem schmutzigen Gelb in ein reines Weiss v^erwandeln" [9 c, S. 128]. Hire Larven sind noch nicht genau beschrieben. Wer Genaueres wissen will, muss die soeben citirte Arbeit von Zaddach nachlesen. Neue Beobachtungen und Züchtungsversuche sind dringend envünscht. Lebensweise, Frass und Scliaclen. Die Wespe fliegt in älteren, 60 — 120jährigen Ficlitenbeständen von Mitte April bis Juni, und es scheint in den rauheren Gebirgslagen die erste Hälfte des Juni die Hauptschwärmzeit zu sein. Die Weibchen, w^elche viel seltener sind als die Männchen und nach Hochhäussler höchstens 6 — 7^0 fiHt'i' Individuen ausmachen [2&, 8. 287], werden, bald nachdem sie der Bodendecke entstiegen, niedrig sitzend, von mehreren der stets in massiger Höhe über dem Boden im Sonnenschein schwärmenden Märni- chen nacheinander begattet, begeben sich dann in die Wipfel der Fichten und legen dort ihre kahnförmigen Eier einzeln oder in Längs- reihen äussevlich an die Nadeln, und zAvar gewöhnlich an die voijährigen. Die Angabe von Hochhäussler, dass sie die Eier in die Nadeln ablegten, .scheint auf einer Venvechselung derselben mit denFructificationen vonChrysomyxa, Lyda liypotrophica und arvensis. gcy eines Pilzes, zu beruhen. Auch ist seine Angabe, dass die Eier erst im Ucächsteu Jatire auskämen, sehr unwahrscdieiiilich [2 b, S. 287]. Die auskommenden jungen Larven machen sich nun an den vor- jährigen und vorvorjährigen Trieben kleine Gespinnströln-en, in denen der grüne Koth hängen bleibt. In einem solchen Kothballen lindet man mitunter nur eine einzelne Larve, meist aber mehrere, bis zehn geuiein- schafthch, jede in einer besonderen Röhre. Antanghch sind diese" Ballen äusserst schwer zu erkennen, bald aber ziehen sich die wachsenden Larven in grösserer Menge zusammen, und machen nun grosse deutlich sichtbare Clespinnstballen, die wursttormig die Zweige umgeben und bei Austrocknung des Kothes ein braunrothes Ansehen erhalten. Von hier aus gehen die Larven an die älteren Xadeln und rücken von oben nach unten am Baume vor, so dass zunächst die oberen Quirle, mit Ausnahme iluer Endtriebe, kahlgefressen werden. Bei starkem Frasse u'crden einzelne Bäume ganz entnadelt, dagegen scheinen die Knospen unversehrt zu bleiben. Ein stark befressener l^estand, um den gewöhn- lich eine Zone herumläuft, in welcher nur einzelne Bäume, angegriffen sind, sieht, namentlich wenn die Sonne auf die rothen Kodiballen scheint, geradezu al)scla-eckend aus. Angegangen werden geAvöhnlich ähere Ficliten von 60—90 Jahren, aber in stark befallenen Be- ständen werden auch unterdrückte jüngere Bäume, tmd in benachbarten Kulturen sogar vereinzelte junge Pflanzen angenommen. Ende August nach der letzten Häutung, verlieren die Larven ihr Spinuvermögen, L^sen sich zu Boden fallen und gehen 10— 25 c/?i tief in die Bodendecke, um schliesslich in den oberen eigentlichen Erdschichten sich einzeln in ovalen, innen geglätteten Höhlungen zur Winterruhe zu begeben, ohne einen Cocon zu spinnen. kSIc sind hier so zahlreicli, dass mitunter auf 1 qm bis 1100 Stück kommen JPkobst 42, S. 249, Hochhäussler 2b. S.287|. NiTSCiiE fand unter einer starken Fichte im Kreise von 1 m Halb- messer um den Stamm 350 Stuck [416, S. 289j. Die im Boden liegenden Larven sind zu circa 907^ grün, zu 107o '^oUV^olh, was darauf hin- weist, dass Avahrscheinlich die letzteren weibliclie, erstere männliche Larven sind. Auch die Puppen sind theils grün, theils gelb. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass die AVrwandlung in die Puppe im nächsten l^rühjahr eintritt und die Wespe bereits "im nächsten Jahre fliegt, also eine einjährige Generation vorkommt, Avie dieses Th. Hartig und Probst |42, S. 250) direkt beobaclitet haben. Li vielen Fällen liegen al)er nach den übereinstimmenden Mittheilungen von Altüm \2b nm\2cl] und Nitsche [41a und 41 &] die Larven völlig unverändert nicht nur während des auf das Frassjahr folg-enden Winters, sondern auch im nächsten Sommer und den zweiten Winter hindurch, ja unter Umständen noch länger. ]\Ieist dürfte also eine dreijährige Dauer der (leneration vorkommen, ohne darum Regel zu sein. Dreijälirige Wiederkehr des Frasses, beziehungsweise des Schwärmens. wurde '"\ ?ooT'? ■^"''■''*'^'''*''^ «taatsforstrevier Alt-Reielienau in Schlesien 1«80, 1«83 und 1886 beobachtet [13, S. 216], desgleichen im Walde der Stadt Gever 1884 und Ibh, [41 o, S. 62]. Dagegen folgte in Geyer 1888 und 1889, wie Kitsche teststelien konnte, wiederum ehi heftiges Schwärmen bei geringem Frasse und 658 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. gleichzeitigem Ueberliegen vieler Lai-ven in denselben Beständen, und im königlich ■Preussischen Staatsforstrevier Lautenthal im Harz folgte auf einen Frass 1882 starkes Schwärmen 1883, aber kein Frass [2 d, S. 248], dann erst 1887 ein neues Schwärmen. Ob hier ähnlich, wie wir oben nach Eckstein ( S. 652) in Betreff der Lyda stellata Christ auseinandersetzten, mehrere gleichzeitig neben einander laufende Generationen diese Zusammenrückung der Schwäiinzeiten verursachten, ist vor- läufio- nicht festzustellen. Entdeckt wurde die Wespe von Th. Hartig im Berliner Thiergarten und 1834 beschrieben [21, S. 932]. Auf seinen Schilderungen beruhen ausschliesslich die Mittheilungen von Ea.tzeburg [V, III, S. 81]. Erst 1862 wurde in dem Stadtwalde zu Waldsee in Württemberg, in der Nähe des Bodensees, ein stärkerer Frass auf einem 7 ha grossen, mit Buchen gemischten Fichtenbestande durch Oberförster Probst beobachtet und von Nördlingee be- schrieben [42]. In neuerer Zeit trat die Wespe im Erzgebirge und Voigtlaude auf. Trotz des absclu'eckenden Atissehens der befressenen Bestände wurden weder durch Nördlinger, noch Altum, noch Xitschb sehr starke Schädigungen der betreffenden Orte beobachtet. Am stärksten ist der Schaden in Reichenan geAvesen, wo in den Folge] ahren der Zuwachs abnahm und 15 — 20 ^/^ der kahlgefressenen Bäume abstarben. In Geyer starben gleichfalls einzelne Bäiime ab, an den meisten stark befressenen Stämmen entwickelten sich aber die Maitriebe im Folgejahre gut, bei einzelnen allerdings verspätet. Von einem stärkeren Auftreten der Lyda arvensis Panz. berichtet nur Borries [72, S. 87 u. 88]. Sie hat in den Jahren 1868 — 1874 aufPalsgaard in Jütland einen Fichten-Hochwald getödtet. Erst in zweiter Linie kommt als Fichtenschädling die Gattung Nematus in Betracht. Da es aber noch sehr unsicher ist, wie viele Arten derselben sich an den bekannten, der "Wirkung eines Spätfrostes an den jungen Fichtentrieben ähnelnden Schäden betheiligen, da ferner auch die Synonymik der als Thäter aufgeführten Arten und die Frage, ob wir es in ihnen Avirklich mit guten Arten oder theilweise nur mit Varietäten zu th\m haben, iinklar ist, so bezeichnen wir nach Ratzeburg's Vorgang [XV, I, S. 254] die Urheber des genannten Schadens als die kleine Fichten-Blattwespe, Nematus Abietum Htg. Beschreibung. Hierbei müssen wir, um künftige Klärung zu enuög- lichen, genauer sein. Wir wenden uns zunächst zu drei durch kielartige Zusammen- drückmig der Hinterleibssintze bei den Weibchen und fehlende Trennungsader zwischen Cubitalzelle 1 und 2 ausgezeichnete Formen. Nematus (Xematus i. e. S.) Abietum Htg. W&spe.-fJ blassbraun, Scheitel, Oberseite der Fühler, Rücken des Thorax und des Hinterleibes braunschwarz. Q braunschwarz, Mund, Halskragen, Brustfleck, Bauch imd Beine blassbraun, Hinterschienen und Füsse schwarz, erstere mit weisslicher Basis, Schenkel mit schwarzem Innenrande. Länge J* 4-5 — ömm,<$ 5-5 — Qmm. Spannweite J' 10 — 11mm, 9 13-5 — li-bmm. Larve grün, genau von derselben Farbe wie die jungen Fichtennadeln, auf denen sie frisst. Augen schwarz, der Fühlei-fleck imd die Vorderkiefer braiui, Kopfschild gerade begrenzt, Oberlippe klein, halbkreisförmig vorn eingebuchtet. Haftwarzen am Bauche sehr klein. Ringe mikroskopisch fein behaart, über jedem Bauchfusse ein kleiner Haufen Dornwarzen in wenig dunlderem, grünem Feld. Länge 1.5 — 16 mvi. N. (N. i. e. S.) Saxesenii Htg. We-^pe: 9 röthlich blassbraun, Stimfleck, Hinterhaupt, Brustriicken, Mitte des Hmterleibrückens, an den Hinterbeinen ein Fleck vor den Knien, die Spitze der weisslichen Schienen und die Füsse schwarz. Nematus Abietum und Verwandte. 659 (^ mit stärkereu, etwas zusammengredrückten, auf der Unterseite braunen Fühlern, Stirnfleck grösser, kein Fleck vor den Knien der Hinterschenkel. Länge 9 6"2 mm. Spannweite 17 mm. Lai-ve unbekannt. Der von Hartig hervorgehobene Unterschied dieser Form von der vorigen ivnd folgenden besteht in der bei (^ und $ einfarbigen Bnist und den nicht schwarz gerandeten Schenkeln. N. (N. i. e. S.) compressus Htg. Wepse: ^ schwarz, Untergesicht, Rücken, Schenkelringe tmd Schienen weiss, Vorderbnist, Vorderrand der Mittelbiiist, Bauch und Beine röthlichbraun; Innenrand der Sclienkel, Spitze der Hiiüerschienen und Hinterfüsse schwarz. $ schwarz, Mund, Halskragen, Bauch und Beine blass- braun, Hinterschenkel und Schienen an der Spitze, Hinterfüsse ganz schwarz, Schenkel mit schwarzem Innenrande. Länge 6-7 mm, Spannweite 17-5 mm. Larve unbekannt. Die Unsicherkeit, welche in Bezug auf diese drei Arten hen-scht, von denen nur die erste gezogen, die anderen beiden an Fichten schwärmend gefangen wurden, zeigt sich darin, dass Saxesen geneigt war, alle drei zusammenzuziehen [V, m, S. 124 und 12.5], während Andrk [3, 26*, Nr. 206 und 207] nur die beiden letzteren unter dem Namen N. Saxesenii vereinigt, N. Abietum aber als Synonym zu N. Pini Ratz, stellt. Es ist ferner hervozuheben, dass die Abbil- dungen, welche Ratzeburg [XV, II, Tat". II, Fig. .3 und 4] von den beiden ersten Arten gibt, in keiner Weise mit der HARTiG'schen Beschreibung stimmen. Ferner ist es sehr auffällig, dass aus den bei N. Abietum beschriebenen grünen Larven Hartig, ohne zu ahnen, dass er die Jugendformen zweier verschiedener Arten einzwingerte, ausserdem noch eine ganz verschiedene Blattwespenart zog, nämlich N. (N. i. e. S.) parvus Htg. [ambiguus Faix.). IFespe schwarz, Untergesicht, Vorderbrust, Bauch und Beine zum Theile lichtbraun, Fühler fadenförmig, Hinter- leib des 9 nicht zusammengedrückt, die Scheiden des Legstachels nicht wie bei der vorigen Abtheiluug abgestutzt eckig, sondern in eine Spitze auslaufend. Länge (^ 2"75 mm, 9 ^"25 mm. Spannweite 7 — *j mm. Bei allen diesen Beschreibungen sind wir Hartig [22«, S. 208—214] gefolgt. Lebensweise', Schaden und Abwehr. Das Insekt ist ausschliess- lich Ficht enschädlino-. Die Wespe legt im zeitigen Frühjahre, Ende April, Anfangs ^Mai ihre Eier an die sich entwickelnden Triebe, und zwar gewöhnhch die Wipteltriebe 10 — 20jähriger, mitunter auch jüngerer und älterer, Fichten. Nach drei bis vier Tagen kriechen die wegen der Gleich- farbigkeit mit den Nadeln sehr schwer zu entdeckenden Larven aus und benagen zuerst in Gesellschaft die jungen Nadeln, so dass diese bald roth Averden und herabhängen; später fressen die Larven auch mitunter einzeln und verzehren die ganzen Nadeln bis auf einen kleinen Stumpf. Nach vier bis fünf Wochen geht die Larve nicht sehr tief in die Erde, fertigt sich einen dichten Cocon, in welchem sie Avährend des ganzen Sommers und Winters ruht iind sich etwa 14 Tage vor der ScliAvärmzeit verpuppt. Die Generation ist also einjährig und lässt sich graphisch fol- gendermassen ausdrücken : 1880 1881 Jan. Febr. Märzi April j Mai Juni +1+ I eo© ' '+ + Juli Aug. ; Sept. &&&,&&& Oct. ©©© Nov. Dec. ©©©©©© 660 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. Der Beiladen besteht gewöhnlicli darin, dass die Gipfeltriebe und die jungen Seitentriebe kahlgefressen Averden, ohne dass die Knospen ano-eo-ano-en AA^irden. Die Triebe, Avelche bereits im Sommer nnd Herbste des Frassjahres häufig völlig kahl dastehen, bringen aber trotzdem im nächsten Frühjahr geAvöhnlich neue Triebe. Wird aber der Frass arg, so vertrocknen audi die Gipfel- und Seitentriebe, so dass dann eine neue Wipfelbildung durch Qiiirltriebe eintreten muss. Ein solcher Fall wird von Eatzeburg abgebildet [XV, I, Taf. 28, Fig. 4]. Das Eingehen ganzer Stämmchen ist luiseres Wissens noch nicht beobachtet worden, sondern nur ein ZuAvachsverlust. Der Frass scheint mehr im Innern der Schonuno-en als am Rande stattzufinden. Ein einmal aufgetretener Frass nimmt gewöhnlich einige Jahre zu, imi dann gänzlich zu verschwinden. [2/, S.248.] Diese Darstellung der Lebensweise und des Frasses ist die in neuerer Zeit überall, ancli von uns selbst beoljachtete. Etwas anders laviten die ersten Angaben von Haktig [21, 8. 984 und 985], „das 2 . . . legt seine Eier in die eben aufbrechenden Knospen ab. Schon nach acht Tagen findet man die Eanpe im Innern der Knospe, die zartesten Theile derselben zerstörend, wodurch der Trieb für immer zerstört ist. Sehr selten entwickelt er sich, nnd zwar nur dann, Avemi die Gemmnla der Knospe verschont blieb . . . Ich habe junge Rothtannen gefunden, an denen über 80'^/q der Knospen zerstört waren". Von einer solchen starken Knospenbeschädignng ist in den späteren Berichten nicht mehr die Rede. Grösserer Frass wird zunächst vom königlich Sächsischen Staatsforstrevier Wennsdorf nach den Beobachtxmgen von Zinkeknagel durch Rossmässler [46, S. 197] und Stein [51, S. 247] in den Jahren 1842 — 1850 gemeldet, dann vom königlich Säch- sischen Staatsforstrevier Grillenburg durch Willkomm [59 a] aus dem Jahre 1857 und durch Judeich [28] von den A'erschiedensten Sächsischen und Altenburgischen Revieren im Jahre 18G8. Ratzeburg berichtet nach Wachtel über einen Frass in Oesterreich 18G0 und nach eigenen Beobachtungen über solche im Harz 1862, desgleichen in der Mark und in Pommern [XV, I, S. 254 — 256], Altum aus dem königlich Preussischen Staatsforstreviere Eberswalde von 1875 an, 1877 aus dem ReA'ier Grünhaus, Regierungsbezirk Stettin, Abtshagen, Regierungsbezirk Stral- simd, 1879 in der Provinz Hannover luid 1880 im Regierungsbezirk Königsberg [XVI, III, 2, 2. Aufl. S. 265]. In der Aveiteren Umgebung von Tharand sind alljährlich einzelne Frassbeschädigungen zu sehen, und 1884 fanden Avir einen Frass an den Gipfeln älterer, ungefähr 30j ähriger Fichten im Jnni in dem königlich Sächsischen Staatsforstrevier Pillnitz. Die AbAvehr, Avelche übrigens nur sehr selten notlnv endig Averden dürfte, kann sich nur gegen die LarA-en richten, Avird aber dadurch sehr erscliAvert, dass man dieselben Avegen ihrer schützenden grünen Färbung sehr scliAver sieht und an der Röthung der Triebe den Frass häufig erst dann erkennt, Avenn die Larven bereits in die Erde gegangen sind. Hier gegen die Cocons durch Beharken und Aufsammeln A'orzugehen, ist in den Schonungen meist völlig unmöglich. Altum [XVI, III, 2, 2. Aufl., S. 265], l)ringt in Anregung, ob nicht vielleicht ein Bestreichen der befressenen Triebe mit einer aus 1 Theil Benzin und 100 Theilen Wasser bestehenden Flüssigkeit, die mit je ZAvei langhaarigen, den Triel) beiderseits umfassenden Stielbürsten aufgetragen Avürde, A^orgegangen Averden könnte. Den einzigen bekannten Fall einer Avirklich A-orgenom- menen Abwehr citirt Altum: In Abtshagen Avurden 1877 nnd 1878 die Larven auf untergehaltene Tücher abgeschüttelt und abgebürstet nnd auf diese Weise 30 l gesammelt und vertilgt. Nematu.s • Abietum. Lärclieu-UIattwespen. 661 Als bisliei- ganz unliefleuteude Fichteiiinsekten seien hier nocli kurz erwähnt Lophyrus Hercyniae Htg. und L. polytomus Htg. Die Larve der letzteren, häurigeren Artist auf S. 040 beschrieben. L. (Monoctenusj Juniperi L. frisst als Larve auf Wachholder. Die Lcärcheilfeinde unter den Blattwespen sind viel unbedeu- tender als die Ficlitenfeinde. Es sind liier lediglich zu nennen die grosse, die kleine schwarze und die kleine gelbbäucliige Lärclien-Blattwespe, Nematus Erichsonii Htg.; N.Laricis Htg. und N. Wesmaeli Tische. Die grauen Larven der ersten Art geben vornehmlich an die Nadelbüschel, Avährend gleichzeitig die grünen Larven der beiden letzteren mehr^ die einzeln stehenden Nadeln der jungen Triebe bevorzugen. Sie sind in Kulturen bis zehnjährigen Alters gewöhnlich. Wir besitzen ver- einzelte Angaben über merklichen, von ihnen verursachten Kahlfrass, wissen aber keinen Fall, in welchem sich eine, höchstens durch Abklopfen der Lar^'en durchzufiihrende, Bekämpfung nothwendig gemacht hätte. Beschreibung. Nematus (Nematus i. e. S.) Erichsonii Htg. Wespe: Grundfarbe schwatz, Unterseite der Fühler, Mundwerkzeuge, die beiden vor- deren Beinpaare mit Ausnahme der Hüften, sowie die oberen drei Viertel der Schenkel der Hinterbeine rothgelb, desgleichen die Hinterleibsringe 1—4, sowie Eing 5 mit Ausnahme zweier schwarzer Rückenfiecke. die zuweilen in der Mitte verschmelzen. 8chulterecken der Vorderbrust, Rückenkörnchen und die obere Hälfte der Hinterschienen gelblich. Länge (^ 10 vim. Spannung 22 mm. Larve: Grundfarbe des Körpers auf dem Rücken graugrün, an den Seiten heller, am Bauch gelblich. Schwarz sind der behaarte Kopf, die Brustfüsse, sowie Querreihen von Haarwarzen auf den Leibesringen. Länge 18—22 mm. Eier länglich, reihenweise an und in den iungen Lärchentrieben [V, 3, S. 121]. L > > N. (N. i. e. S.) Laricis Htg. Wespe: 9 schwarz. Oberlippe roth- braun, Beine bräunlich weiss, Basis der Hüften, Innenrand der Schenkel schwarz, Schienenspitzen und Füsse an den Hinterbeinen bräunlich. Flügelmal der glashellen, an der Spitze wenig getrübten Flügel bräunlich. Länge 6 mm Spannung Ib mm [22a, S. 203J. Larve: Grundfarbe des Körpers rein grasgrün, Kopf grünlich-braun, nach jeder Häutung ganz hellgrün. Ringe mit Querreilren von dunklen Haarwärzchen. Länge bis 15 mm. N. (N. i. e. S.) Wesmaeli Tische. Wespe: Beim J* sind schwarz : Kopf mit Ausnahme von Fühlern, Mundwerkzeugen, Kopfschild, Umkreis der Fühler- einlenkung und der Augen, die Oberseite dei^ Brust mit Ausnahme von Vorderbrust, Flügelschüppchen und Rückenkörnchen, und die Oberseite des Hinterleibes. Alles übrige weisslich oder mehr weniger dunkelgelb. Flügel wasserklar, 9 wie das ^, aber bei ihm meist ausserdem schwarz: Oberseite der Fühler, ein grosser Fleck jeder- seits auf der Unterseite der Brust, sowie die Spitzen der Hinterschienen und der Hniterfüsse. Länge c? ö mvi, $ 0 vim. Spannung (^ 11 mm, $ 13 mm. Larve: Grundfarbe des Kölners hellgrün, unten etwas lichter. Kopf grün bis graubraun. Ringe mit zwei Querreiheu dunkler Punkte, die weiter nach hinten undeutlicher werden. Länge 11 — 13 mm. Lebensweise und Schaden. Die grosse Lärchen-Blattwespe, Nematus Erichsonii Htg., fliegt nach Beobachtungen in Holstein Mitte Jmii, m südlicheren Gegenden wohl zeitiger, und belegt die jüngsten Lärchentriebe 662 Kap. X. Die Haiitflügler oder Immen. mit Eiern in ein bis zwei Längsreihen in mit der Legscheide gemachte Rinden- ritze. Der Frass der auskommenden Eäupchen geht aber sehr bald auf die Nadelbüschel der Kurztriebe über, deren Nadeln sie je nach Nahrungsmangel oder -Uebei-fluss bis auf die Basis oder nur theilweise abfressen. Das Larvenleben dauert bis August. Ende dieses Monates geht die Larve unter die Bodendecke in die Erde und spinnt dort einen pergamentartigen, aussen erhaben genetzte/i, innen glatten, fast cylindrischen Cocon mit halbkugelfönnig abgewölbten Enden. Die Wespe ist aus dem Harze, dem Posen'schen [V, III, S. 122], besonders aber auch aus Holstein bekannt, avo nach Tischbein [54 a] in den Jahren 1835 und 1839 sämmtliche dem Berichterstatter bekannte Lärchenpflanzungen befallen und einige derartig entnadelt waren, dass die Lan-en an Nahrungsmangel zu- grunde gingen. Die kleine schwarze Lärchen-Blattwespe, N. Lands Htg., fliegt zeitiger als die vorige, wahrscheinlich schon Ende April und Mai. Sie scheint die Knospen, welche sich in demselben Jahre zu Trieben entwickeln sollen, mit Eiern zu belegen. Die auskommenden Eäupchen befressen die Nadeln dieser iungen Triebe" zunächst einseitig von der Mitte bis zur Spitze, dann rückläufig "von der Spitze bis zur Mitte, hierauf erst den unteren Theil [V, HI, S. 123]. Im Juni oder Juli hört der Frass auf, und die Larven spinnen sich in der Boden- decke ein. Der Bemerkung Ratzebükg's, dass die Eäupchen ausschliesslich die Einzelnadeln der jungen Triebe frässen, steht schon die von ihm selbst [V, III, S. 123] citirte Beobachtung Kellnek's gegenüber, dass 1836 im Thüringer Walde eine achtjährige Lärchenkultur vollständig entnadelt worden sei. Ebenso berichtet Eossmässler nach der Beobachtung des Eevierjägers Girardet, dass 1843 und 1844 auf dem königlich Sächsischen Staatsforstrevier Eabenstein fünf- bis sechsjährige Lärchensaaten so vollkommen kahlgefressen seien, dass sie wirklich eingingen [46]. Ein weiterer Frass wird 1850 von Jägeb aus dem Limpurger Walde in Württemberg berichtet [26]. Die kleine gel bbäuchige Lärchen-Blattwespe, N.Wesmaeli Tische,, hat unseres Wissens ein einzigesmal an 5— 10jährigen Kulturen gefressen, und zwar zu Herrstein im Oldenburgischen Fürstenthume Birkenfeld im Juni und Juli, bei welcher Gelegenheit sie von Tischbein entdeckt und beschrieben wurde. Sie geht zur Yenvandlung in die Erde [54 i]. Die Lanbholzfeiude ixuter den Blattwespen haben nur eine sein- geringe Bedeutung. Yerliältiiissmässig am beaclitenswerthesten sind die Keulen-Blattwespen, Cimbex variabilis KlüG, C. lucorum L. und C. Amerinae L., sein- grosse, als Wespen durch die keulenförmig verdickten Enden ihrer weniggliedrigen Fühler leicht kenntliche Formen, deren 22flissige, meist grünlich gefärbte, grosse Afterraupen aus seitlich an den Körper- ringen gelegenen Oeffnungen einen übelriechenden Saft auszuspritzen vermögen. Die beiden ersteren sind als Larven verschiedenemale durch Entblätterung von Laubholzbeständen und Alleebäumen, wenn auch nicht schädlich, so doch lästig geworden, und C. Amerinae L. hat sich neuerdings durch Blätterft-ass in Weidenhegei-n bemerkbar gemacht. Es ist ferner wenigstens ftlr C. variabilis Klug nachgewiesen, dass die Wespe selbst im Stande ist, jimge Laixbholzzweige zii ringeln. Beschreibung. Cimbex (Cimbex Leach) variabilis Klug. Wespe: Wir fassen, da nach der übereinstimmenden Aussage aller neueren Autoren weder die Kennzeichen der Wespen, noch diejenigen ihrer Larven eine feste Unterschei- dung gestatten und vielfach nur die Frasspflanzen der Larven bei der Bildung von „Arten" beobachtet wurden, unter diesem Namen alle Fomien, die über- haupt in Europa zu der Untergattung Cimbex im engeren Sinne gehören, zu- Lärchen-Blattwespen. Laubholz-Blattvvespen. 6ß3 samnien, und bemerken nur, ilass Klug [30, S. 252 — 264,) dem sich Th. Hartig [22 a] anschliesst, zwei Arten annimmt, C variahiUs und C. axillaris, Zaddach [9, S. 48 — 55] dagegen fünf, nämlicli C. Betulae, C. Fagi, C. saliceti, C. connata imd C. humeralis Foübc, welch letztere mit der KLUQ'sclien C. axillaris synonym ist, Avährend Andrk [3, S. 24 — 26] drei Arten abzugrenzen versucht, nämlich ausser der C. humei-alis Fourc, noch C. femorata L. und C. connata Schrk. Am übereinstimmendsten ist aber die Ajmahme, dass C. humeralis FovRC. = axillaris Panz. eine eigene bessere Art ist, was wohl daher kommen mag, dass sie am wenigsten verbreitet und am seltensten beobachtet ist. Charakteristisch für sie soll sein die schwefelgelbe Färbung von Kopfschild und Seiten der Yorderbrast, sowie die braune Trübung der Spitzenhälfte der Flügel. Die übrigen Fonnen sind entweder ganz schwarz, oder schwarz mit rothbrauner Färbimg der mittleren Hinterleibsringe, var. sylvarum Fabr., oder Kopf und Bnist schwarz oder braun mit schwarzen Zeichnungen, Hinterleib schwarz, oder gelb und schwarz oder braun, kurz behaart oder glatt. Auch die Färbimg der Flügel variirt sehr; sie sind entweder ganz glashell oder mit schwarzem oder braunem Hinterrande, oder noch mit einem dunkleren Flecke an dem Flügelmale. Die von Ratzebubg [V, ni, S. 135] beschriebene C. Huviboldtii wird von Andre als sjnionym mit der ganz schwarzen Form seiner C. femorata L. angesehen, während Zaddach sie zu C. connata Schbk. zieht. Länge 15 — 32 mm; letztere Riesengrösse zeigt ein (^ der Tharander Sammlung. Die Larven, welche Stigmen haben, deren chitinisirte Einfassung jederseits oben zugespitzt, unten abgerundet zusammen einer Hirschfährte i\ ähnelt, sind am genauesten von Brischke [9] beschrieben worden. Er unterscheidet a) die Birkenform, Kopf beingelb, Körper lebhaft griin mit dunklem, heller grün ge- randetem Eückenstreif. b) Die Buchen form, Kopf gelbgrün, Körper blaugrün, mit hellblauem oder violettem Eückenstreif. c) Die Form der glattblättrigen Weiden, namentlich von Salix alba L., der Birkenform ähnlich, aber mehr blaugrün und der Rttckenstreif erst auf dem ilittelbrustringe beginnend, d) Die Sahl weiden- form, Kopf ockergelb oder röthlich, Köi-per ockergelb, orange- oder Üeischroth mit gelblichen Queriimzeln und dunkelviolettem Rückenstreifen, e) Die Erlenform, Kopf grünlich, Köqjer hellgrün mit schwarzblauem, unterbrochenem Rücken- streifen, der nach aussen jederseits von einem dunkelgrünen Streifen und einer scharfen gelben Linie eingefasst wird, jederseits der letzteren auf jedem Ringe, mit Ausnahme des letzten, ein schwarzblauer iimder Fleck. Alle sind mit weissen Wärzchen besetzt. Constante Formunterschiede kommen aber auch bei den aus verschiedenen Raupen erzogenen Thieren nicht vor [Zaddach 9 a, S. 41]. C. (Trichiosoma) lucorum L. Wespe mattschwarz mit gelber oder grauer, namentlich an Kopf und Biiist sehr langer Behaarung. Fühler dunkel- braun, in der Mitte heller, Hüften und die oben hell behaarten Schenkel schwarz, Tarsen und wenigstens der grösste Theil der Schienen hellbraun. Flügel rauchig getrübt mit dunklerem Spitzenrande. Länge 12 — 20 mvx. Flügespannung 30 bis 40 vim. Larve: Stigmen mit oben und unten zugespitzter Chitin-Umrandung (). Kopf beingelb, Körper schön gelb oder bläulich grün mit vielen Quer- rimzeln und kleinen Warzenpunkten. Angeblich kein Rückenstreif, nach unseren Beobachtungen kann aber auch dieser vorkommen. Länge 20 mm. Unter diesem Namen sind fi-üher auch alle Europäischen Trichiosoma- Formen zusammengefasst worden. Jetzt sind aber abgetrennt: C. (Tr.) Vitellinae L., metallisch schwarz mit rothbraunem Aussenrande der Hinterleibsringe, sowie Bauche; C. Sorbi Htg., metallisch schwarz mit rothbrauner Hinterleibsspitze beim (^ , schwarzen, obenvärts schwarz behaarten Schenkeln und gelbbraunen Schienen und Tarsen, sowie die sehr ähnliche, ganz metallisch schwarze oder violette, grau behaarte C. betuleti Klug {Crataegi Zadd.). C. (Clavellaria) Amerinae L. Wespe schwarz, Kopfschild und Oberlippe gelb, Hinterleibsspitze röthlich, (^ mit röthlichem Bauche ohne hellere Binden auf der Oberseite und dunklen Schienen, mit gelbem, schwarz quergestreiftem 664 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. Bauche, vier hellgelben Binden auf der Oberseite des Hinterleibes, von denen die erste in der Mitte unterbrochen ist, und hellei'en Schienen und Tarsen. Länge 16 — 20 mm, Flügelspannung 30 — 4:0 mm. Larve mit Stigmen, deren Chitin-Umrandung einer Hirsclifälute gleicht, Kopt'hell bläulicligrün, mit schwarzen Augen, Körper blänlichgrün, oder schmutzig graugrün, cpiergerunzelt inid fein weiss bestäubt, durchaus warzenlos. Länge 40 bis 50 mm. Lebensweise. Die Wespen dieser Arten fliegen im Frühjahr, im April oder Mai, je nach der Temperatur wohl auch später, und belegen die Blätter ihrer Frassjjflanzen mit Eiern, die wahrscheinlich einzeln mit Hilfe der Legsäge unter die Blattepidermis geschoben werden. Die ausgekommenen Larven, welche tagsüber gewöhnlich schneckenförmig eingerollt ruhen, befressen gegen Abend und in der Nacht, mit den Bauchfüssen sich am Blattrande festhaltend und mit den Brustfüssen das Blatt zwischen die Kiefer bringend, die Blätter, indem sie sich rückwärts vom Blattstiel bis zur Spitze bewegen, und schliesslich nur die mnnittelbare Umgebung der Mittelrippe stehen lassen. Bereits im Anfange des Herbstes spinnen sie sich in einem grossen Cocon ein, in welchem sie fast den ganzen Winter hindurch als zusammengezogene Kaupen liegen, um sich erst einige Wochen vor der Schwärmzeit in die wirk- liche Puppe zu verwandeln. Die Wespe nagt ziim Ausschlüpfen von innen heraus euien kleinen Deckel am Ende des Cocons ab. Die Generation ist also gewöhn- lich Ijährig und lässt sich folgendermassen darstellen. Jan. Febr.; März April Mai I Juni Juli ' Aug. ! Sept. I I Oct. Nov. Dec. 1880 ++ + ++ © ©o© ©©©;©©© 1881 ©©©©©© ++ + ++ Es kommt aber auch ein Ueberliegen vor. Schaden. Derselbe kann zweierlei Art sein, entweder Larvenfrass oder Wespenfrass, Der Larvenfrass, obgleich, wie wir schon oben bemerkten, nur selten dem Forstmanne wirklich empfindlich, ist doch der bedeutendere. Am auffallendsten sind bis jetzt die Entblätterungen durch C. lucorum L. geworden, deren Larve in der Literatur als auch auf Weiden und Erlen fressend, angegeben wird, wohl am meisten aber auf Birke vorkommt. So ^\iirden, Avie Altum [2a und VI, IH, 2, S. 261] mittheilt, 1878 die Birkenstreifen beider- seits der Berlin-Charlottenburger Chaussee kahl gefressen. Der grösste uns bekannte Frass fand aber von 1875 — 1878 nach den Mitfheilungen des damaligen Tharander Akademikers KIrnkr in einigen Feldgehölzen des Rittergute;: Paims- dorf bei Leipzig statt. 1875 wurden daselbst circa 13 ha kahl gefressen mid die Eaupen waren so zahlreich, dass trotz vollständiger Entblätterung die vielen Raupen den kahlen Zweigen noch ein grünliches Aussehen gaben nnd ihr fort- währendes Herabfallen bei der Kaninchensuche direkt belästigte. Zuerst wurden die Birken kahl gefressen, dann das Aspenunterholz, Haseln nnd Eichen wurden mehr verschont. Li den folgenden Jahren frass die Raupe daselbst etwas weniger, im Winter 187G— 1877 waren die Zweige aber reichlich mit Cocons besetzt und 1877 war wieder der südliche Theil des Holzes stark befressen. Li diesem Sommer gingen die Wespen aber zur Yerpuppimg auch vielfach in ein benachbartes Roggenfeld ; bei dem Ausdreschen des auf letzterem stehenden Getreides wurden die Cocons dadurch imangenehm, dass ihr zerquetschter Lihalt die Siebe der Dreschmaschine verschmierte. Da sie zum Theil auch von der Maschine heraus- geworfen wurden, konnten sie oft schaufelweise in die Locomobilenfeuerung Laubholz-Blattwespen. 665 il geworfen werden. Aber avich im Holze waren sie so häufig', dass im Winter 1877 bis 1878 eine Arbeitsfrau in wenigen Stunden für die Akademie Tharand ^/^ .Schetlel einsammeln konnte. Aus diesen Cocons schlüpften die Wespen im April 1878 aus, ausser ihnen aber auch viele Schlupfwespen. Interessant war, dass die Raupen oft in alte leere Cocons krochen und innerhalb derselben einen zweiten inneren, der Wand des alten dicht anliegenden, neuen Cocou, spannen. Auch 1879 und 1881 frass die Afterraupe noch, verschwand aber später. Ein ähnlicher Frass an gleicher Stelle soll schon in den Vierzigerjahren stattgefunden haben. In zweiter Linie ist die, nach Brischke [9, S. 64] an Populus tremula L. und P. dilatata Ait. fressende, Larve von C. Amerinae L. auf glattblättrigen Weiden unan- genehm geworden. Dies geschah namentlich in den Weiden- hegern zu Malowitz bei Mies in Böhmen, wie Altüm nach den Mittheilungen des dortigen Oberförsters »Schulze [2 c, S. 605] berichtet. Sie trat 1881 in erschreckender Menge auf. „Ihr Frass verschonte das untere Drittheil sowie auch die äusserste Spitze der befallenen Ruthen ; der übrige Theil, also etwa zwei Drittel der Ruthenlänge, wurde völlig entlaubt." Die Frasszeit fiel in den Juni und Juli, und es wurden namentlich ange- nommen S. purpurea L., deren Bastarde mit S. viminalis L., S. acutifolia Willd. und S. triandra (amygdalina) L. Am geringsten sind die Klagen über den Lai'venfrass von C. variabiiis Klug, obgleich diese so sehr veränderliche Art an sehr verschiedenen Laubhölzern frisst, namentlich, wie wir oben sahen, an Birke, Buche, Weiden und Erle. Ueber einen einzigen grösseren Deutschen Frass wird in der Literatur berichtet durch Bechstein [I, III, S. 838], welcher mittheilt, dass die Larve von C. femorata im Jahre 1801 die Birkenwälder in Mecklenburg verwüstet, dabei aber die in der Nähe von Kiefern stehenden Birken verschont habe. Ausserdem ist diese durch das ganze nördliche und mittlere Russland bis Sibirien verbreitete Form, die nach Eveksmann daselbst auch auf Ulmus effusa Willd. und U. campestris L. fressen soll, einmal im Jahre 1855 bei St. Petersburg den Birken schädlicli geworden [Koppen 32, S. 287 und 288]. Beling hat die Buchenform in den Jahren 1868 imd 1869 häufig als Begleiter der Raupe von Orgyia pudibunda L. in entblätterten Buchenbeständen [5 b, S. 174] gefimden. Fig. 191. Ringelung von Cimbex varia- biiis Klug au einem Buchen- zweige. aj Ueberwallte, h) frische Ruige- lung. Nach Be- LiNG [5a, S. 10]. Der Wespenfrass besteht in schmaler Ringehmg junger Zweige, und zwar nach Beling [5a, S. 1.3] in der Regel dreijähriger, niemals älterer Bviehen-, Hainbuchen- und Birkentriebe. Esche und Aspe wurden bei Seesen am Harz nur vereinzelt angegangen, während nach Altdm [XVI, III, S. 262] bei Eberswalde die Pappeln, namentlich Populus canadensis Desf., häufig geringelt werden, und wir selbst bei Tharand einmal eine solche Ringelung an E])eresche beobachteten. Die Beschädigung (Fig. 191) erfolgt stets von ]Mai bis .Tuli und besteht aus emem feinen, geraden, quer um den Trieb herumgehenden Einschnitt in die Rinde, von 0*5-^1 mm Breite, der zwar bis auf das Holz geht, aber nur wenig Rindensubstanz entfernt. Er umgreift entweder nur einen Tlieil des Triebes, oder er bildet einen geschlossenen Ring, oder eine kurze Spirale, deren Ränder, frei endend, etwas übereinander greifen. Sehr bald bilden sich an den beiden Wundrändern Ueberwallungswulste, welche in der Mitte des Ringes zusammentretend, daselbst eine mittlere Vertiefimg oder Furche, von Beling Mittenring genannt, bilden. Die überwallte Ringelung ist anfänglich heller als die übrige Rinde und tritt im nächsten Jahre, breiter und höher werdend, als deutlicher Wulst an dem Zweige auf. Im Laufe der Jahre verschwindet aber allmählich diese Erhöhung und die Verletzung ist, wenn die Rinde borkig zu Lehrbuch der mitteleurop. Forstiivsekten. 4o 66Ü Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. werden beginnt, völlig ansgegliclien. Diese feine Kiugelung, die sich namentlich durch ihr Vorkommen an dünnen, auch die Last des kleinsten einheimischen Kletternagetliieres nicht anshaltenden Trieben, durch den Mangel von Zahnspuren am Eande und geringe Breite leicht von den wirklichen Nagerringelungen imter- scheiden lässt, wurde zuerst 1852 von Th. Hartig in seiner Naturgeschichte der forstlichen Kulturpflanzen Deutschlands als „Eingelkrankheit" der Kothbuchen beschrieben. Die Ursache derselben erörtert Hartig nicht, und wirft wohl sicher Nager- und Insektenringelung zusammen. Erst Beling [5 a] unterscheidet diese Begriffe scharf, hatte aber zuerst nach einer unvollkommenen Beobachtung einer arif der That betroffenen, aber schnell wegfliegenden Wespe die Hornisse, Vespa crabro L., als Thäter angesehen. Erst später constatirte er den wirklichen Sach- verhalt. Wie schon Habtig weiss, hat diese häufig, z. B. nach Altum sehr zahl- reich im Elm bei Braiuischweig auftretende Beschädigimg keinen nachtheiligen Einfluss auf die Triebe, die sich wieder völlig ausheilen. Höchstens ist die Nei- guno- bei Schneedruck abzubrechen, an den geringelten Stellen grösser als an anderen, und es soll solcher Bruch nach Ai-tüm [XVl, HI, 2, S. 261] auch wirk- lich beobachtet worden sein. Dieser Frass Avird, wie Beling sicher constatirt hat, durch Cimbex variabilis verursacht. Das am 14. Juni 1877 von ihm an einem 6 mm starken, zweijährigen Buclientriebe bei der Arbeit beobachtete und ein- gefaugene Weibchen, welches übrigens in 2^/^ Stunden einen einzigen Umgang fertig brachte, gehörte nach Zaddach's eigener Bestimmung zu der Form C. connata Schkk. [56]. Da das Insekt sitzen blieb, konnte Beling sicher mit der Lupe sehen, dass es den austretenden Saft aufleckte, womit auch überein- stimmt, dass nach der langsamen Vollendung des Einschnittes der Ring bei wiederholtem, schnellerem Kundgange noch gewissermassen ausgewischt wurde. Ob auch andere Keulen-Blattwespen ringeln, ist vorläufig unbekannt. Aus der Gattung Hylotoma ist bis jetzt eine einzige Art forstlich beacli- tenswerth geworden, die blauschwarze Birken-Blattwespe, Hylotoma pullata Zadd., und zwar durch einen 1874 — 1876 dauernden Larvenfrass in den königlich Preus- sischen Oberföi"stereien Stepenitz iind Falkenwalde, sowie in den benachbarten Stettiner Stadtförstereien Ai-menhaide und Wolfshorst, bei welchem alle älteren wie jüngeren Birken kahl gefressen und viele trocken wurden. Die Flugzeit der Wespen fiel in den Mai und Juni. Altüm, Avelcher hierüber nach den Mitthei- lungen von Feldjägerlieutenant Hempel kurz berichtet, spricht sich anflinglich nicht bestimmt über die in Frage kommende Art aus, da ihm die Zucht nicht gelang [XVl, 111,2, S. 266], bezeichnet sie aber neuerdings sicher als ,,Hylofoma enodi^'' [2/, S. 112]. Ganz abgesehen davon, dass der Mangel einer Autoren- )>ezeichnung bei dem Namen, der von den verschiedenen Forschern auf ver- schiedene Tliiere angewendet wurde, diese Artbestimmung unsicher macht, können wir dieselbe schon dai"um nicht für richtig halten, weil die gegebene Larven- beschreibung weder völlig auf Hyl. coeruleipennis Eetz. (enodis Fabr.), noch auf die wirkliehe Hyl. enodis L. passt, von denen erstere ein Weiden-, letztere ein Roseninsekt ist [Andre 3, S. 38 und 39]. Dagegen stimmt Altum's Beschrei- bung und Abbildung der Lai-ve sehr gut mit der Beschreibung imd Abbildung, welche Zaddach und Brischke [60, S. 5, Fig. 1 o und 9 b, S. 87] von der gleich- falls auf Birken fressenden Larve von Hyl. pullata Zadd. geben. Wir nehmen daher letzteren Namen an. Beschreibung. Hylotoma pullata Zadd. Wespe blauschwarz, glänzend, mit ebensolchen Flügeln. Die Vorderflügel an den langen Rändern fast ebenso dunkel Avie der Körper, nach aussen vor dem Flügelmale etwas aufgehellt; Hiuterflügel gleichmässig gefärbt. Die die Cubitalzellen 3 und 4 trennende Ader nach der Flügelspitze zu convex. Länge ^J 9-7 mwi, 9 11mm, Spannweite 5 25 mm. La?-ye .• Gnmdfarbe gelb, Kopf und Brustfüsse stahlblau, desgleichen reich- liche Zeichnungen auf den Leibesringen, nämlich auf dem Rücken 6 Längslinien, n erst einige Zeit nach seiner Ablage zu Stande. Da, wo die Eiscliale der Pflanzenoborfläche anliegt, bleibt nämlich deren Wachsthum zurück, wird aber im Umkreise stark vermehrt, so dass das Ei schliesslich durch eine anfänglich ringförmige, späterhin über dem Ei gewissermassen zusammenschlagende und zur Galle sich schliessende Ueberwalhmgszone allmählich eingebettet wird. Die Innenauskleidung der Galle wird also hier durch Epidermiszellen gebildet, des- gleichen der Verschluss des anfänglich noch bestehenden Kammerloches. In allen diesen Fällen hat die Venvundung eines Pflanzentheiles, auch wenn sie vorkommt, mit der Gallonbildung nichts zu schaffen. Dies ist bei den meisten Knospengallen und den sich in ganz specifischer Weise, etwas abweichend entwickelnden, mit den eigentlichen (ialläpfehi verwandten Gallen der Fall. Anders ist es bei den meisten HIatt-, Stengel- U7ul Wurzelgallen, sowie bei den Knospengallen von Cynips terminalis Fabr. Hier legt das Mutterthier seine Eier in das Innere eines pflanzliclien (Jewebes. Aber auch hier wird schliesslich die endliche Lage der Larvenkanunei- nicht durch die Verwundung bestimmt, sondern durch eine Wucherung der die ursprünglich von der Wespe zur Unterbringung der Eier gemachte Höhlung begrenzenden Gewebe. Auch hier überwallen diese das ein- Lebensweise der Gallwespen. Die Gallen. 685 zelne Ei oder die einzelne, bereits ansgescbliipfte Larve. Li diesem Falle ent- steht aber natürlich das Kammergewebe aus inneren Zellen der Nährpflanze. Bei der Eiablage passirt das Ei die enge, von Schienenrmne und !>teehborsten ge- liildete Röhre, und zwar mit dem dicken Ende voran. Hierbei tritt der eigent- liche Eiinhalt in den IStiel über, und erst dann, wenn bereits der weiteste Tlieil der Eischale aus der Spitze des Legbohrers hervortritt, gleitet derselbe allmählich wieder an seinen ursprünglichen l'latz zurück [6, S. 24]. Kein Pflanzentlieil wird von dem Angriff der Gallwespen ver- schont. Man kann nach ihrem Entstehuugsorte Wurzel-, Rinden-, Stengel-, Knospen-, Blatt-, Blüthen- und Fruchtgallen unter- scheiden. Beiweitem die meisten und Avichtigsten Gallwespengallen ünden sich auf den verschiedenen Eichenarten, dann auf Rosen, sowie auf einigen krautartigen Pflanzen, Die Form der Gallen ist, namentlich auch mit Rücksicht auf ihre verschiedenen Entstehungsorte, eine so mannigtaltige, dass sich im Allgemeinen über sie nur sagen lässt, dass sie stets eine, und zAvar mitunter sehr bedeutende, Ansch-wellung des betreffenden Pflanzen- theiles darstellen, der vielfach einen gesonderten, nur an einer Stelle mit seinem Mutterboden verbundenen Anhang- bildet. Auch der innere Bau der Cpiipidengallen ist ein sehr Avechselnder. Man unterscheidet, je nachdem im Inneren, abgesehen von denen der Einmiether, nur eine oder mehrere Larven sich entwickeln, ein- oder mehrkammerige Gallen. Der gewöhnliche Gallapfel der Eichenblätter ist ein Beispiel der ersten, der „Schlafapfel" oder Bedcguar an unseren Rosen ein Beispiel der zweiten Art. Was den geweblichen Aufbau der Gallen betrifft, so stimmen sie nur insofern überein, als stets die eigentliche Larvenkammer von einer der Larve zur Nahrung dienenden, viel Stärke, Eiweiss und Oel enthaltenden Gewebsmasse, dem N ahrungsgewebe, ausgekleidet ist, und das äussere Galleng^vebe Ge- fässbündel enthält. Dieses äussere Gallengewebe kann sich unmittelbar an das Nahrungsgewebe anschliessen. In den meisten Gallen wird aber das Nahrungs- gewebe nach aussen durch eine Steinzellenschicht abgegrenzt. Diese zusammen mit der Nahrungsschicht kann man, als Innengalle, der Gesammtheit der äusseren Gewebe, die man dann Gallen rinde nennt, gegenüberstellen. Gewölui- licli spricht man bei der Gallenbeschreibung aber nur dann von Innengalle, wenn letztere sich bei Reifung der Gallen durch einen mehr oder weniger grossen Spalt von der Gallenrinde deutlich trennt, wie man dies gut bei den Knoppern sehen kann. Auf die sehr mannigfache Difterenzirung der Gallenrinde kann hier nicht emgegangen werden. Hat die Larve den Höhepunkt ihrer Entwickelung erlang-t, so verpuppt sie sich in der Larvenkammer. Die späterhin ausschlüpfende Imago frisst sich mit ihren scharfen Kiefern aus der Galle heraus. Sehr interessant und in "\delen Fällen äusserst verwickelt wird aber die Biologie der Gallwespen dadurch, dass bei ihnen Partheno- g-enesis und Heterogonie(vgl. S. 125 und 127) eine ganz hervorragende Rolle spielen. Schon seit langer Zeit weiss man, dass aus vielen Gallen, z. B. aus allen Knoppern und „orientalischen Galläpfeln", wenn wir von ihren Einmiethern absehen, ausschliesslich Weibchen aus- schlüpfen. Dies führte zu der Annahme, dass viele echte Gallwespen sich ausschliesslich parthenogenetisch fortpflanzen. Diese Yermuthung ist auch direct durch das Experiment von Adler [I] bestätigt worden. pQß Kap. X. Die Hautflüg'ler oder Immen. z. 1>. bei Cynips (Andricus) seminationis Adl. und Yenvandten. An- dererseitswiegen bei vielen anderen Formen die Weibchen der Zahl nach so \ing-eheiier vor, dass man nnmöglich annehmen kann, es würden hier alle Weibchen begattet. Dass bei diesen Arten, z. B. bei Cynips (Rhodites) Rosae L., auch nnliefruchtete Eier sich entwickeln können, hat wiederum besonders Adler gezeigt. Derselbe Forscher Avies ferner, nachdem allerdings bereits die Thatsache durch Walsh in Amerika festgestellt war, ganz selbständig nach, dass die meisten einheimischen Gallwespenarten sich durch Heterogonie in einem complicirten Genera- tionscyklus fortpflanzen, in Avelchem immer zwei verschiedene Genera- tionen, eine z-«eigeschlechtliche, aus ei den anderen Schlupfwespen tief unten, angefügten Hinterhnbe. Bei uns sind sie liauptsäcliHch in der durch die starke Verdickung- iluer Hintersclnonen gekennzeichneten Gattun- Foenus Fabk. vertreten, deren Arten aher, el.eiisn wie die der zwei übrigen Europäischen Gattung-Pn keinerlei forst- iK-lio Hedentung: hahen. Die der Gruppe ihren Xamen g-ebende Gattung Evania i^Äxn. schmarotzt in Blatta-Arten .Schlupfwespen. Evaniideit und Iclineumoniflen. 699 Die Unterfamilie H, die Ichiieumoiiideii oder echten Schlupf- wespeu, ist cla_ü-(\i;eu eiuo sehr zalilreiche und wenigstens tlieoretiscli tilr den F(n-stiuauii äusserst wichtige Gruppe. Wir deiiuireu sie tblgeudermasseu : Die Ichneumonidae im engsten »Sinne sind mittelgrosse bis grosse, parasitisclie, ditroehe Hvmenopteren mit geraden, borsten- oder taden- tonnigen, vielgliedrigen Fühlern, reicdi geäderten Flügeln, an deren vorderem Paare die erste der drei Cubitalzellen mehr oder Aveniger vollständig mit der Discoidalzelle 1 verschmilzt, Avährend die zweitf^ am kleinsten ist oder schwindet und zwei rücklaufende Adern die drei Discoidalzellen trennen. Der sitzende oder gestielte Hinterleib ist dem Hinterrücken unten, dicht über den Hüften angetugt. Die Weibchen liaben oft einen langen Legbohrer. ^"on den Pflanzenwespen unterscheiden sich die Ichneumoniden, ausser durch die Flügel, durch die langgestreckte, schlanke Körperform, welche durch den in der Regel gestielten Hinterleil) bedingt ist. Dieser ist am Metathorax meist tief angeheftet, er ist deprimirt oder com- i»rimirt. Seine Gestalt, namentlich auch die des Btielii'liedes, ist wesent- Fig. 205. Lmker Flügel einer echten Schlupfwespe, Paniscus glaucopterus L., aus Cimbex lucorum L. Die beiden rücklaufenden Adern sind zwischen zwei punktirte, in der Natur nicht vorkommende Linien eingeschlossen, um sie kennt- lich zu machen. ^', nat. Grösse. Original. lieh für die Bestimmung. Der Thorax hat meist eine eitormige Gestalt. Den verschiedenen Feldern des Hinterrückens gab Wesmael besondere Bezeichnungen, deren specielle Betrachtung hier zu weit fuhren würde. Die geraden Fühler haben mehr als 14 Glieder, die Kiefertaster sind 5 Ggliedrig, die Lippentaster 3 4gliedrig. Der Aderverlauf der Hinterflügel, welche zwei Wurzelzellen liaben, ist für die Unterscheidung wenig von Bedeutung. Der der Vordefflügel ist viel einfacher, als bei den Pflanzenwespen und ziemlich constant, so dass er für die Gattungs- bestimmung weniger Wertli hat (Fig. 205). Bei den typischen Formen sind stets 3 Cubitalzellen vorhanden, wobei aber zu beachten, dass die- jenige Zelle, welche man gewöhnlich als Cubitalzellc 1 bezeichnet, eigentlich eine Versclnnelzung derselben mit der Discoidalzelle 1 dar- stellt, so dass die gewöhnlich als Discoidalzelle 1 bezeichnete in Wahr- heit der Discoidalzelle 2 ,der übrigen Hymenopteren entspricht. Von den ihnen verAvandten Familien unterscheiden sich die Ichneumoniden am leichtesten durch das Yorhandensein der vorderen rücklaufenden 45* ^Q Kap. X. Die Hautfliig-ler oder Immen. A(U'r. 1>'h' mittlere ('iil.italzelle, die Spiegelzelle, areola, fehlt inanolinial ^»•anz ' oder ist nicht vollkominen geschlossen; stets ist sie die kleinste. Ihre 'Gestalt ist wichtig, sie ist fünfeckig, quadratisch, dreieckig oder rhombisch, manchmal fast rund. Mau nennt die areola gestielt, wenn sie sich nicht unmittelbar an die Kadialzelle anschliesst, sondern durch eine kurze, senkrechte Ader mit ihr verbunden ist. Mehreren Arten fehlen die Flügel ganz. Die Beine sind ohne besondere Merkmale; Schienen hiichstens mit 3 Enddornen; Klauen einfach oder an der Innenseite gekämmt. Die Larven (Fig. 208) schmarotzen in anderen Insekten, sind fusslos, sehr weich, kahl, meist weiss, seltener gelb, in der Mitte ziemlich Avalzenfih-mig gestreckt. Sie haben oft keinen eigentlich chitinisirten Kopf. Jvopftheil" nennt daher Eatzeburg diesen vordersten Abschnitt, der ungewidinlich klein ist, fast dieselbe Farbe wie der übrige Körper hat, und an der Stelle des Mundes oft bräunliche Streifen und Flecken zeio-t. Der Mimd hat deutliche Oberkiefer und Andeutungen von Mittel- und Hinterkiefer, also von Unterkiefer und Unterlippe. Hierdurch iinterscheiden sich die Ichneumonenlarven von den gleichfalls fuss- losen Larven anderer Schmarotzer, der Tachinen. Die Puppen sind sehr weich, zeigen alle Gliedmassen der Wespe und liegen meist in Cocons. Die Eier sind wenig bekannt, mitunter zeigen sie manche Eigenthümlich- keiten, wie z. B. Stielchen, mittelst deren sie einige Zeit unter dem Bauche der Mutter befestigt bleiben. Manche entwickeln sich dort schon zu Larven. Sie werden theils äusserlich an die Haut des Wirthes gelegt, theils in das Innere desselben. Die sehr zalilieichen echten .Sohhipfwespen müssen wieder in kleinere Ab- theilung-en getlieilt werden. Taschenbebg [52], an den wir uns hier anscliliessen, hält deren sechs fest. A. Hinterleib gestielt, depriniirt; Spiegelzelle fünfeckig', nie gestielt, nur bei Alomya dreieckig ; 9 i'iit kaum vorragendem Bohrer. ;i4 Gattungen, darunter Ichneumon Gav., welche Gattung der ganzen Familie den Namen gegeben hat. Nach dem Tode bilden die Kinge 2 — 4 des Hinter- leiljes l)ei lieiden Geschlechtern eine kielartige Mittelfalte am Bauche. Viele Arten bewohnen Forstinsekten; so werden z. B. I. nigritarius Grv. (Taf. I, Fig. 8^'.) und I. annulator Fabr. aus Puppen der Kieferneule und des Kiefernspanners erzogen. B. Hinterleib gestielt, deprimirt; der Bohrer beim 9 weit vorstehend, oder wenn kaum sichtbar, die fünfeckige Spiegelzelle oder äussere Cubitalzelle durch Verkümmerung einer *'•"■• "- vollständig. Flügel bisweilen stummelhaft oder gan Ader un- f e h 1 e n d. » V^ Jl I .-» L U 11 »l 1 J^. J. 1 LI J^ C 1 PJ 1 ö >V ^^ 1 i tr J-l ö t LI lUL IL-l CTllltllL L^LICI ^tllizj jv.xii^ai.^-.. liO Gattungen. In Forstinsekten leben verschiedene Arten, z. B. Cryptus filicornis h*ATZ. und Cr. seticornis Ratz, in Puppen der Kieferneule, ebenso Cr. leuco- stomus Grv., Cr. cyanator Grv. u. a. in Raupen des Ringelspinners, sowie einige Arten der Gattung Phygadeuon Grv. vi. s. w. Hierher gehört auch die Gattung Pezomachus Grv., welche ungeflügelte oder nur mit Flügelstum- nieln versehene Arten enthält; diese meist sehr kleinen Thiere schmarotzen grossen- theils in anderen Schlupfwespen, z. B. in Microgaster. C. Hinterleib sitzend, deprimirt, mit vorragendem, zumTheil sehr langem Bohrer. 20 Gattungen, welche die Gruppen der Pimplariae und Xorides Grv. bilden. Eine der häutigsten Arten ist die in den Raupen uiul Puppen der verschiedensten Schmetterlinge, Spinner, Eulen, Siianner, Wickler und Motten, sowie auch in Holzinsekten schmarotzende Pimpla instigator Schlupfwesi^en. Ichneumoniden. 701 Fabr. (Taf. I, Fig. 7). Ebenfalls sehr häufig in den Ranpen des Kiefernspinners ist P. Mussii Htg. (Taf. III, Fig. S' Cocons.) Hievher gehören auch die durch ihre Grösse ausgezeichneten, schlanken Thiere der Gattungen Rhyssa Grv. und Ephialtes Grv. ; sie sind auf im Holze leidende Insekten angewiesen, die sie mit ihrem langen Leghohrer erreichen. Die grösste Art ist Ephialtes manife- stator L , 15 — 30 mm lang; Bohrer l^amal so lang als der ganze Körper; bis auf die rothbraunen Beine fast ganz schwarz, Metathorax stark runzelig-punktirt mit deutlicher Mittellinie. Ebenso gross, oder nur wenig kleiner, ist die schöne Rhyssa persuasoria L., von Nurdi^-ingkh aus Sirex spectrum gezogen; schwarz, mit zahlreichen weissen Binden und Flecken am ganzen Körper, Bohrer li/^mal so lang als letzterer, Metathorax stark quergerunzelt. Man sieht diese Rhyssa nicht selten emsig an alten Stöcken und Stämmen herum suchen, in welchen sie Wirthe vermuthet. D. Hinterleib sitzend oder gestielt, deprimirt oder d rehrimd, meist vor der Sjjitze am stärksten, mit kurz vorstehendem, selten etwas längerem Bohrer. Meist kleine und mittelgrosse Wespen, welche die Familie Tryphonidae Grv. bilden. Taschexbkrg nennt 30 Gattungen. Exochus mansuetor Grv. und E. gravipes Grv. schmarotzten in Hyponomeuta padella L. Namentlich bei den Tiyplionen hat man das Heraustreten gestielter Eier aus dem $ beobachtet, an dessen Bauch sie traubenförmig gedrängt sitzen, und sich oft schon hier zu Larven entwickeln, die sich manchmal gegenseitig verzehren sollen. U. Hinterleib gestielt und comprimirt, letzteres nicht immer vollständig. Diese Abtheilung enthält zum Theil grosse Arten, welche sich auf 23 Gattungen vertheilen und die Gruppe Ophionidae Grv. bilden. Als Repräsentant ist die Gattung Ophion Fabr. anzusehen; Hinterleib stark com- primirt, so dass der Rücken kielartig erscheint; Bohrer sehr kurz; Fussklauen gekämmt; die erste Cubitalzelle mit beiden rücklaufenden Adern; ohne Spiegel- zelle. Eier gestielt. Die Arten le'ljen vorzüglich in nackten, seltener in behaarten Raupen, O. merdarius Grv., 14 — 20 nwi lang, braungelb gefärbt, ist eine der häufigsten Arten in der Kieferneule; man findet ihre mit hellerer Zone umge- benen dunklen Tönnchen unter dem Moose. Der sehr ähnliche O. luteus Grv. schmarotzt auch im Kiefernspinner. Eine andeie forstlich wichtige Gattung ist Anomalon Grv.; von der vorigen ist sie hauptsächlich durch nicht gekämmte Klauen und dadurch unterschieden, dass scheinbar nur eine rücklaufende Ader in die erste Cubitalzelle einmündet, weil nämlich Cubitalzelle 1 und Discoidal- zelle 1 hier ganz vollständig miteinander verschmolzen sind. Das 20 — 30 mm grosse A. circumflexum L. (Taf. I, Fig. GF, Taf. III, Fig. S") mit dunklem Kopfe und Thorax, sowie gelbrothem Hinterleib, ist einer der wichtigsten Bewohner des grossen Kiefernspinners, dessen Lebensweise Ratzeburg gründlich beobachtet hat. Ferner gehört hierher die Gattung Campoplex Grv., deren Arten vielfach airs Forstinsekten, Raupen und Afterraupen, namentlich aus den kleineren er- zogen worden siiid. F. Hinterleib sitzend und comprimirt. 3 Gattungen mit mittelgrossen und grossen Arten. Den Typus der Familie gibt die Gattung Banchus Fabb. Grv.; Spiegelzelle dreieckig, fast rhombisch, zweite rücklaufende Ader schwach gebogen, Klauen gekämmt; Legbohrer nicht vortretend. Sehr häufig schmarotzt in der Raupe der Kieferneule B. compressus Fabr.; 10 — 14 nun lang; Kopf, Thorax und Hinterleib vorherrschend schwarz, Hinterränder der Ringe gelb oder bräunlich; Schildchen mit bräunlichem Dorn; Kopf gelb und schwarz; Fühler dunkel; Beine schwarz und gelb. Die dunklen Tönnchen mit heller Zone über- wintern imter dem Moose. Die Larve des Schmarotzers bohrt sich aus der Raupe heraus, ehe sich dieselbe verpuppt. Die Unterfaiuilie III, die Bracoiiiden, bildet die letzte Grnppe der Schlupfwespen mit ausgebildetem Flügelgeäder (Taf, III, S.). Ihre Kennzeichen sind foljrende: ro: Kap. X. Die Ilaiitfliig'ler oder Iiimieii. Di,. Braconidae sind meist kleine, parasitische, ditroche Hyme- nr.ptei-en, mit lan-en, liorsten- oder fadenförmigen, vielgliedrig-en Füh- lern, nicht sehr reich geäderten Flügeln, an deren vorderem Paare die ( ■iihltalzelle 1 v.m der Discoidalzelle 1 getrennt ist und nur eine rück- laufeu.leAder vi.rkommt. Der Hinterleib ist dem Hinterrücken tief unten angefügt. Sie stehen den Ichneumoniden in Gestalt und LehensM'eise sehr nahe. Die VorderÜügel haben nur eine rücklaufende Ader (Fig. 206). IXas Flügelgeäder bietet viel mehr Verschiedenheiten, als bei den Ich- neumoniden" ilit Ausnahme der Aphidini haben sie zwischen dem^ 2. und 3. Hinterleibsringe kein bewegliches Gelenk, beide Segmente sind entweder ohne .Spur einer Naht verwachsen, oder diese ist nur durch eine (^)uerfurche angedeutet. Die Braconiden enthalten meist kleine, 1 — 6nm, wenige 10 — 13 mm grosse Arten. Nach dorn Kau der Mundtheile hat man die äusserst zahh-eicheii, schwer zu bestimmenden Arten in drei Gruppen zerlegt. A. Exodontes. Sie haben Kiefer, die ganz abweichend von denen aller anderen Insekten gebildet sind, nämlich so kurz bleiben, dass sie sich gegen- .seitig nicht borüliren. und verkehrt gekrümmt, mit der concaven Seite nach aussen, Fig. 2()G. Flügel von Microgaster nemorum Htg. aus der Kiefernspiimerraupe. Die rücklaufende Ader ist der Deutlichkeit halber zwischen zwei in Wirklich- keit nicht vorkommeiulc, punktirte Linien eingeschlossen, '"/j nat. Grösse. Ori- ginal. mit der convexen gegen den unteren Kand des Kopfes gewendet sind. Forstlich meist unwichtig, leben sie sämmtlich in Dipterenlarven. 1.3 Gattungen. IJ. Cj-clostomi. Ihr Kopfschild ist unten tief ausgebuchtet, die Ober- lippe nach innen zurückgeklappt und die Kiefer .sind so kuiz, dass .sie sich nur mit der Spitze Iterühren. Tfev ganze Mund erscheint als eine kreisförmige Oett'nung. Sie leben vielfach in Ilolzinsekten, haben aber keine hervorragende, forstliche Wichtigkeit. Die Gattung Bracon Fabr. zählt allein über 200 Arten. O. Clidostomi. Hier ist das Kopfschild gerundet, zugespitzt oder sehr seicht ausgebuchtet, und die Kiefer greifen weit übereinander, so dass die Mund- ört'nung l)e(leckt ist. öl Gattungen. Hierher gehören die in Blattläusen schma- rutzendeiiApliidini. Ferjier zählt hierher die forstlich wichtige, artenreiche Gattung iWicrogaster Latb. Ilue Larven leben in den Kanpen der Schmetterlinge, bohren slfli vor der A'erj)uppung nach Aussen und spinnen weissliche, gelbe oder grane Coeons, die der Ungebildete häufig für von den lvaui)eu gelegte Eier hält. Am inei.sten bekannt sind die gelben Coeons des M. glomeratus Latr., welche man in grosser Menge auf ^huiern, Zäunen etc. an den Raupen des grossen Kohl- Avei.s.slings, Pieris brassicae L. , findet. Als wichtigster Feind des grossen Kiefern- .spinners i.st forstlicli beachtenswerth M. globatus Ratz., dessen weisse Tönnchen (laf HI Fig. S.'"), die an den Stämmen sitzenden, todten Spinnerraupen massenhaft bedecken; dieser ^glola/ii.s'' umfasst wohl drei Arten, nämlich M. ne- Schlupfwespen, Braconiden und Chalcididen. 703 morum Htg., M. Ordinarius Ratz, und M. reconditus Nees. Auch in anderen «•rossen und kleinen Schmetterlingsraupen der verscliiedensten Familien leben verschiedene der sclnver zu bestimmenden Arten. Andere Microgaster-Arten spinnen nach dem Verlassen ihres Wirtlies nicht jede Larve für sich einen besonderen Cocon, sondern ein gemeinsames, seidio-es, bis haselnussgrosses Gespinnst. Solche Gespinnste findet man sehr häufig im Sommer an Gräsern und Heidekrautstengeln, und es wurden dieselben von Kätzeburg nach einer oljerfiächlichen Aehnlichkeit irrthümlich als von Micro- gaster inficirte Eierballen von Spinnen angesprochen [VI, I, S. G7]. Schon der Umstand, dass ohne jede Ausnahme nur Schlupfwespen, nie auch eine oder die andere Sphine, aus diesen Ballen auskommen, hätte ihre Natur als Spiiuien- eierballen verdächtig erscheinen lassen sollen. Doch erst Brischke [10] wies sicher nach, dass dieselben in Menge dann auftreten, wenn die Raupen der Gold- eule, Plusia gamma L., zahlreich von Braconiden besetzt sind. Mitunter findet man noch im Grunde des Gespinnstes die Reste der ursprünglichen Wirthsraupe. Die Unterfamilie IV, die Chalcididen, bildet die erste Gruppe der durcli ihre Kleiiilieit und die geringe Entwickelung ihres Flügel- geäders sich auszeichnenden Pteromalini im Sinne Katzeburg's. Die Chalcididae sind parasitische, kleine bis kleinste, häufig bunt oder metallisch gefärbte, ditroche Hymenopteren mit kxxrzen gebrochenen Fühlern, die Flügehvnrzel seitlich nicht erreichender Vorderbrust, und Flüo-eln, an deren erstem Paare meist nur die Vorderrandsader deutlich Fig. 207. Megastigmus strobilobius Ratz. A. Flügelgeäder der Yordei-flügel, ai° Unterrandader, bc Randader, '/j nat. Grösse. B. Kiefer der Larve. 60/^ nat. Grösse. Originale. aiTSgeprägt ist. Der Legbohrer der Weibchen entspringt aus der Bauch- seite vor der Hinterleibsspitze. Die Larven spinnen bei ihrer Verwand- lung keinen Cocon. Die Chalcididen, sonst nach der Hauptgattung Pteromalus Swed. auch häufig für sich allein als Pteromalini bezeichnet, haben ihren Namen von dem schönen Metallglanze. Am Kopfe haben sie stets drei Nebenaugen, die Zahl der Fühlerglieder schwankt zwischen 6 und 14. Zwischen Schaft und Geissei sind 1 — 2 kleinere Ringglieder eingefügt. Das letzte Geisseiglied zeigt oft noch eine Zusammensetzung aus mehreren verwachsenen Gliedern. Der Bau der Vor- derflügel (Fig. 207 A) ist sehr charakteristisch. Es ist lediglich eine grössere Ader am Vorderrande entwickelt, welche anfänglich ein Stück von dem Vorder- rande entfernt als Unterrandader verläuft, sich dann mit dem Vorderrand ver- bindet, dort Doppelader heisst und sich nach der Spitze am Rande zu in die Randader fortsezt, nachdem sie vorher die kurze, an der Spitze mitunter zu einem Knopfe erweiterte Radialader abgegeben hat. Wir folgen hierbei der Namengebung Ratzeburg's [VI, Taf. I, Fig. 2]. Die Beine haben meist 5glie- drige, einzelne auch 4- oder Sgliedrige Tarsen. Die Anzahl ihrer Gattungen beträgt allein für die Deutsche Fauna gegen 200. Auf eine genauere Charak- teristik können wir hier nicht eingehen, da eine wirkliche Kenntniss derselben nur dem durch lange Studien belehrten Specialisten möglich ist. -Q< Kap. X. Die Hautflttgler oder Immen. Was ihre Lebensweise betrifft, so entwickehi sich die meisten als Para- siten der Jugendfornien anderer Insekten. Viele Formen sind daher als f erst nützlich anzusehen, namentlich jene, welche in den verschiedenen Scolytus-, Tomicus- und Hylesinus-Larven schma- rotzen, ebenso wie die Parasiten der Rüsselkäfer. Die meisten Arten leben wohl in Kinden- und Holzkäfern, sehr viele in Gallwespen, aus deren Gallen man sie dann häufig massenhaft zusammen mit deren wirklichen Erzeugern und den Einmiethern erzieht. Viele kommen auch in Blattwespen, Schild- und Blatt- läusen vor, in Schmetterlings-Raupen, -Puppen und -Eiern, in Dipterenlarven i\. s. f. Viele sind wieder Parasiten von Parasitenlarven, z. B. Parasiten der selbst wieder in SchmetterUngsraupen schmarotzenden Braconidenlarven u. s. f. Viele sind ferner durch iln-e Polyphagie ausgezeichnet. Am häufigsten ist Pteromalus puparum L., ein 2 — 3 mm langes Thierchen mit grünem Hinterleilie und grünen Hüften, welches Inder Puppe des bekannten „grossen Fuchses", Vanessa polychloros L., oft bis zu 100 Stück schmarotzt. Forstlich am wichtigsten ist Eulophus xanthopus Nees., ein glänzend bräunlich schwarzes, nur 1-5 mm langes Inselvt mit gelbbraunen Beinen, welches oft zu GOO — 700 Stück aus einer Kiefernspinnerpuppe auskommt. Wie aber die Cynipiden nicht bloss Gallenerzeuger, sondern auch Parasiten umfassen, so kommen andererseits unter den Chalcidiern auch pflaiizen- bewohnende Schmarotzer vor. . Schon im Alterthume wusste man, dass in den Früchten der wilden wie kultivirten Feigen Schmarotzerinsekten leben, und glaubte, dass die von ihnen bewohnten kultivirten Feigen grösser und saftiger würden, als nicht bewohnte, weshalb mau die Feigeninsekten des wilden, „Caprificus" oder Gaisfeige genannten Feigenbaumes künstlich auf die kultivirten Feigenbäume übertrug, indem man insektenbesetzte Fruchtzweige oder Früchte jener auf diesen aufliing. Dieser Kunstgriff', der übrigens in der neueren Zeit nur noch wenig geübt wird, heisst „Caprification". Die diese besorgenden Insekten wurden früher zu den (Jallwespon gerechnet, sind aber wohl sicher etwas abweichend gebaute Chal- cidier. Ihre Hauptgattung ist Blastophaga Guv. Ferner hat man neuerdings in der Gattung Eurytoma Ili-. eine Reihe von Arten kennen gelernt, welche in Stengeln von Gräsern leben und an diesen Gallen selbst erzeugen. Namentlich in Nordamerika sind einige dieser Arten, die dort unter dem Namen „joint-worms" bekannt sind, als Getreideverwüster gefürchtet. Anfänglich hatte man fälschlich angenommen, es seien Gallmücken- larven die Eizeuger der Gallen und Eurytoma sei erst wieder ein Parasit der letzteren, da allerdings eine grosse Menge anderer Eurytoma-Arten wirkliche Insektenschmarotzer darstellen. Neuerdings hat Wachtl [57 h und c] nachgewiesen, dass einige Arten der Gattung Megastigmus Dalm., die man aus Hagebutten zieht, nicht, wie noch Ratzeburg glaubte, Schmarotzer einer die Hagel)utten bewohnenden Bohrtliegen- lai-ve seien, sondern sich in den Nüsschen der Hagebutten selbst als Pflanzen- fresser entwickeln. Nitsche fand ferner, dass die zuerst von Boas in Kopenhagen in Weisstannensamen aufgefundenen Schlupfwespenlarven nicht Parasiten einer anderen in diesen Samen lebenden Insektenlarve sind, dass sie vielmehr einfach selbstständig den stark ölhaltigen Sameniulialt verzehren, also Pflanzenfresser sind. Es sind die Larven von Megastigmus strobilobius Ratz., eines im weiblichen Gesdilcchte ungefähr 4 mm langen Chalcidiers von dunkelbrauner Grundfarbe, mit gelbem Gesichte und gelben Beinen, welchen Ratzeburg schon aus Fichten- zapfen gezogen hatte, aber fälschlicli als Parasit der gleichfalls in Fichtenzapfen fressenden Raupe von Grapholitha strobilella L. ansah. Auch in den grossen Samen der californischeu Abies amabilis Dougl. kommt, wie Nitsche zuerst fand, die Larve einer grossen sehr bunt gezeichneten, bisher wohl noch imbeschrie- beneu Megastigmus- Art vor. Der Schaden, den diese Larven anrichten, ist gar nicht unbedeutend, da mitunter ein grosser Theil des Saatgutes von ihnen ver- nichtet wird. Schlupfwespen. Ch.nlcididen und Proctotrypiden. 705 Die Gattvino- Megastigmus gehört zu der Gruppe der Torymidae und ist ausser durch den langen Legbohrer der Weihchen, durch die besonders starke knopfartige Verdickung des Radiusendes ausgezeichnet. Die weissliche, fusslose, bauchwärts eingekrümmte Laive ist unter dem Mikroskope leicht dadurch zu erkennen, dass sie an dem selbst nicht fest chitinisirten Kopfabschnitte zwei sichelförmige, auf der concaven Seite mit spitzen, grossen Zähneu versehene, wohl den Yorderkiefern entsprechende Zangen trägt (Fig. 207 B). Die Uiiterfamilie V, die Proctotrypiden, bildet die letzte Gruppe der liier unter dein Xamen 8clilupt\\'espcu vereinigten Formen. Die Proctotrypidae sind parasitische, kleinste, nicht metallisch gefärbte, sondern dunkle, ditroche Hymenopteren mit geraden oder gebrochenen Fühlern, die Flügehvurzel seitlich nicht erreichender Yorderbrust und kaum geäderten Flügeln, an deren vorderem Paare meist nur das Flügelmal deittlich erkennbar ist. Der Legbohrer des \Yeibchens entspringt aus der Spitze des Hinterleibes selljst, und die Larven spinnen zu ihrer Verwandlung einen Cocon. Diese geradezu wiiizigen Hymenopteien, von welchen allein in der deut- schen Fauna ungefähr 1.50 Gattungen vorkommen, sind wiederum in ihien ein- zelnen Abtheilungen so verschieden, dass eine genauere allgemeine Schilderung als die in der vorstehenden Diagnose gegebene, hier unthunlich erscheint. Einige Arten dürften durch den Bau ihres Hinterleibes sich den Goldwespen nähern. Es sind sehr lebhafte Thierchen, deren Larven in Gallmücken-, Gallwespen- und Schmetterlingslarven, sowie in Blattläusen häufig schmarotzen. Am interessantesten ist für den Forstmann, dass eine ßeihe von Formen sich in Sehmetterlingseiern entwickelt. Sie gehören zu der sehr kleinen, nicht über 1-5 vim messenden Gattmig Teleas Latk. Linke hat alle diese Arten unter dem Xamen T. oi-ulonnn zusammengefässt, die Ratzebürg zunächst nach den von ihnen aufgesuchten Wirthen in vier verschiedene trennt: T. laeviusculus (pha- laenarum) aus den Eiern des Kiefernsjiinners, T. punctatulus aus denen des Weidenspinne; s, Liparis Salicis L., T. terebrans aus denen des Ringelspinners, Bombyx neustria L. und T, punctatissimus avis denen des Mondvogels, Phalera bucephala L. Er glaubt dieselben auch durch die Skulptur sicher trennen zu können. Neuerdings sind noch andere Arten unterschieden worden. Ihre Landen sind so klein, dass in einem einzigen grösseren Schmetter- lingsei bis ein Dutzend Larven zusammen leben können. Die Eier, aus welchen Teleas ausgekommen sind, lassen sich von denen, die wirkliche Schmetterlings- raupeii lieferten, leicht unterscheiden, da letztere beim Ausschlüpfen die Eischale unregelmässig zerfressen, während die Schlupfwespchen nur ein kleines rundes Loch nagen. Der forstliche Wertli der Schlnpfwespen im weiteren Sinne. Wie wir bereits auf freite 182 — 186 auseinandersetzten, ist die Menge der Schlupfwespen in Verbindung mit den übrigen, in anderen Kerfen lebenden Schmarotzerinsekten eine der Hauptursachen, warum sich viele gemeine und fruchtbare Insektenarten nicht in das L'ngemessene vermehren können. Sie bilden ein wesentliches Hinderniss dagegen, dass die auf Nutz- gewächse des Menschen als Xahrung angcAviesenen Formen die Pflan- zungen und Saaten regelmässig zerstören. Sie sind also vom Avirth- schaftlichen Standpunkte aus sicher nützlich. Als am Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrliunderts eine solche Erkenntniss aucli in den Kreisen der Forstleute sich Bahn brach, und namentlich (Jberforstmeister a. D. v. Bülow-Eieth dies in ver- -Qg K.-ip. X. Die Hautflügler oder Imiiieu. schictlcneu Scliriften |ll) lietoiite, liuffte man, diese Thätigkeit der SchlupfVcspeu auch direct praktiscli verwertlien zu können und suchte zunächst nach Mitteln, ihre Zahl derartig zu vermehren, dass überhaupt in den AValdungen ein Insektenfrass nicht mehr stattünden könne. Der erste directe Vorschlag hierzu rührt von G. L. Hartig [20, S, 28] her, welcher glaubte, ein solches Mittel, um wenigstens die Schmetterlings- raupcu unschädlich zu machen, in der Anlage von Eaupenzwingern zu finden. Die erste praktische Ausführung eines solchen Zwingers geschah durch Förster C. Lehmann [34]. Das Wesentliche dieser Massregel besteht darin, dass man auf durch Gräben isolirten Garten- oder Wald- orten eine möglichst grosse Menge von Eaupen vereinigt, in der Hoff- nung, dass an solchen künstlich gebotenen Brutstätten sich die Schlupf- wespen alsbald in Menge zusammenfinden, luid so stark ver- mehren Avürden, dass diese, wenn sie ausflögen, den benachbarten "Wald oder Garten von Raupen säuberten. Indessen hat sich sehr bald gezeigt, dass die Schwierigkeiten, die Raupen in solchen Zwingern wirklich festzuhalten und zu ernähren, zu bedeutende sind, um einen wirklichen Erfolg zu erreichen. Dies betont namentlich Ratzeburg in klarer Dar- stellung [V, II, S. 33 — 39]. Aber auch das von ihm als rationeller bezeichnete Verfahren der Uebertragung von mit Ichneumonen besetzten Eiern, Raupen und Puppen in solche Reviertheile, in welchen die Raupen bisher von Ichneumonen verschont geblieben sind, verspricht für die grosse Praxis Avenig Erfolg, da die Sclnvierigkeit, die wirklich mit Schmarotzern besetzten und daher zur Uebertragimg geeigneten Stücke zu erkennen, sehr bedeutend ist. Wenn wir aber auch Ratze- burg's Anschauung, es würden überhaupt nur kranke, so wie so ein- gehende Raupen von Ichneumonen befallen, nicht theilen können (vgl. S. 185), so stimmen wir andererseits völlig mit ihm überein, dass Massregeln zur directen Vermehrung imd Zucht der Ichneumoniden in der Praxis kaum durchführbar sind. Dagegen erscheint es gewiss richtig, etAva angezeigte Vertilgungsmassregeln gegen forstschädliche Insekten womöglich derartig einzurichten, dass die in ihnen enthaltenen Schmarotzer möglichst verschont bleiben. Dies kann meist nur bei den Formen geschehen, die in Puppen leben, inid zwar derartig, dass man die ge- sammelten Puppen nicht direct vertilgt, sondern am besten unter Netzen oder Drahtgittern von solcher Maschenweite aufbewahrt, dass durch letztere zwar die auskriechenden Schlupfwespen, nicht aber die gesund auskommenden Wirthe, d. h. meist die Schmetterlinge, ins Freie ge- langen können. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass im allgemeinen die ^lassregel des Puppensammehis Avegen ihrer Kostspieligkeit und der Schwierigkeit, ihre gründliche Ausführung zu überwachen, nur noch selten angewendet wird. Wo sie aber noch am Platze ist, sollte auf die Ichucumonenerhaltung immerhin Rücksicht genommen werden (vgl. S. G71). Dagegen sind die Ichneumonen für uns darum sehr Avichtig, Aveil sie, um mit Ratzeburg zu reden |VI, I. S. 32], „das Barometer ab- geben, nach Avelchem Avir auf das Ende eines Raupenfrasses mit Sicher- Forstlicher Wertli der Schlupfwespen. 707 lieit seliliessen köuueu". Imuc starke lufVcticni der IJaiipou mit lolmciunonideularveu oder das scliwannweise Auftreten der Iclineu- iiionideu in den raupenfrässigen Beständen weist darauf hin, dass sich die Frassperiode ihrem Ende näliert. Xamentlicli aus diesem Grunde hat auch die Untersuchung der Kaupen mid Puppen auf in ihnen vor- handene Ichneunionidenhirven eine grosse Wichtigkeit für den prakti- schen Forstmann. Die Frkenntniss, dass ein grosser Procentsatz der liaupen und Puppen mit Schmarotzern besetzt ist, kann ferner auch einen directeu Eintiuss auf die zu ergreifenden Abwehrmassregehi haben. Es ist dies namentlich bei den 8chmetterhngen der Fall, die als Puppen im Boden überwintern. Bei diesen, wie z. B. bei Kieferu- eule und Kiefernspanner, wird man, wenn 50*^/^ imd mehr der liaupen und Puppen von kSchmarotzern besetzt sind, von dem einzig gegen die Fortdauer des Frasses möglichen Yorbeugungsmittel, der Vernichtung der Puppen im Winterlager, sei es durch das allerdings unzweckmässige Streurechen oder durch tSchweineeintricb, A'öllig absehen können. Anders verhält es sich mit den Grossschmetterlingen, welche als Eaupen über- -wintern, namentlich beim Kiefernspinner. Denn auch dann, wenn bei diesem ein sehr starker Procentsatz von inficirten Paupen im Winterlager nachgewiesen werden kaini, ist doch von der Leimung der Bestände nicht abzusehen, wenn die Anzahl der beim Probesammeln über- haupt auf den Einzelstamm kommenden Paupen so stark ist, dass man im nächsten Frühjahr und Sonimer einen Kahlfrass erwarten darf. Es fressen ja, wie zuerst Patzeburg [VI, I, Ö. 16 — 18j nachwies, die von kSchmarotzern besetzten Eaupen fast ebensoviel und sogar die als Paupen in Folge der Infection zugrunde gehenden auch ebenso lange als die gesunden. Dagegen hat die Untersuchung der Winterlagerraupen für die Vorhersage des Verlaufes des Frasses stets ein bedeutendes Interesse, und die Schwierigkeiten dieser Untersuchung sind durch- aus nicht so gross, Avie Altum dies neuerdings [2/, S. 212 — 214 1 schildert. Wenn man allerdings diese Untersuchung in der dort geschilderten Weise vornimmt, so nämlich, dass man jede Raupe einzeln tödtet u. s. f., so wird man für die Eiiizelunteisuchung fünf Minuten brauchen. Tödtet man aber, wie dies Ratzebubg tliat, und wie dies auch in Tharand geschieht (vgl. S. 223), immer eine grössere Menge zugleich, und erneuert man das Wasser im Untersuchungs- gefäss nur dann, wenn es zu schmutzig geworden, so braucht man bei einiger Uebung im Durchschnitt auf die Raupe wohl nur eine Minute zu rechnen. Dies stimmt sogar, wenn man sich nur bei den grösseren Raupen mit der makro- skopischen Untersuchung begnügt und die kleinen und kleinsten Winterraupen mit dem einfachen Mikroskop, d. h. mit einer feststehenden, mit Spiegel ver- sehenen Präparirlupe untersucht. Letztere Untersuclmng, deren Methode in der letzten Zeit von Nitsche ausgebildet wurde, ist aber wichtig, weil, was Ratzeburg noch nicht wusste (vgl. S. 224), gerade von diesen kleinen Winterraupen mit- unter ein sehr grosser Theil durch nur mit bewaffnetem Auge sichtbare Schmarotzerlarven besetzt ist. Es sind dies Larven von ungefähr 0-5 vim Länge, welche meist in Knäueln von 5 — 20 Stück zwischen den Eingeweiden der Raupen frei liegen und die in Fig. 208 d gezeichnete Gestalt besitzen. Die Bestimmung der Art, zu welcher sie gehören, ist vorläufig noch nicht möglich gewesen. Um diese Larven zu finden, nimmt man den Kopf der getödteten Raupe in die linke Hand, schneidet ihr Schwanzende al) iind streicht den gesanmiten Leibesinhalt 708 K;ii). X. Die Hautflügler oder Immen. dadurch in ein auf dem Jisch der Präparirlupe stehendes, vorher mit etwas Wasser aus einer .SpritzflaSche versehenes Uhrschälclien, dass man den Körper zwischen den beiden Aesten einer hinter dem Kopfe quetschend angesetzten l'incette liindurchzieht. In seinem im Wasser flottirenden Inlialte kann man nun die Larven leiclit von den allein mit ihnen zu verwechselnden Muskelbriich- stücken unterscheiden. Im Zweifelsfalle gibt ein zusammengesetztes Mikroskop, unter das man das Uhrschälclien direct bringt, die nöthige Aufklärung. Nach der Untersuchung jeder Kaupe muss das Uhrschälchen in einem Gefäss mit Wasser ausgeschwenkt und dann abgetrocknet werden. Auch bei diesem complicirteren "S'erfahren kann man 30 — öO Raupen in der Stunde bequem untersuchen. Sind .grösseio Mengen zu bewältigen, so findet sieh in Tharand stets als Hilfsarbeiter die nöthige Anzahl studirender Herren, die sich sehr bald hierauf gut einrichten. Da ein näheres Eingehen auf die Larvenformen der Schlupfwespen im Allge- meinen hier nicht thnnlich ist, obgleich dieselben vom zoologischen Standpunkte sehr viel Interessantes darbieten, und namentlich die Proctotrj-jjidenlarven nach den Untersuchungen von Gänin [15] eine geradezu überraschende Formen- mannigfaltigkeit zeigen, so begnügen wir uns, bildlich in Fig. 208 diejenigen Larvenformen von Schlupfwespen darzustellen, welche bei der so häufig unter- nommenen Untersuchung von Kiefernspinnerraui^en aus dem Winterlager regel- mässig vorkommen. Es sind dies zunächst zwei mit gut chitinisirtem Kopfe ver- Fig. 208. Die häufiger in den Winterlagerraupen des Kiefernspinners vorkom- menden Larven von schmarotzenden Hj-mnopteren. a und h ältere und jüngere Anomalon-Larve, die eistere in einen Sack eingeschlossen, gewöhnlich vereinzelt voi-kommend. c Microgaster-Larve, gewöhnlich in grösserer Anzahl, bis 100 in emer Kaupe. d mikroskopisch kleine, vorläufig unbestimmte Larve, in den Jüngeren Kaupen in Mehrzahl, bis 20 Stück zusammenlebend. Die nebenstehenden Striche geben die ungefähre Grösse der drei ersten Larven an. Original. sehene Formen, welclie von Ratzebdrg auf Anomalen circumflexum L. bezogen werden eine jüngere, lang geschwänzte, spindelförmige Larve, die frei zwi- sclien den Eingeweiden lebt, und eine grössere, gedrungene, die in einen feack eingeschlossen ist. Beide kommen meist vereinzelt, sehr selten in der Mehr- ^•'^.j /.", ^"' "'"1 derselben Kaupe vor. Ihnen stehen gegenüber die beiden ge- wohnlicli in der Mehrzahl zusammenlebenden Formen, von denen die eine kleine m den Kleinen Winterraupen häufig von Nitsche aufgefunden wurde, ohne «lass iure Zugehörigkeit, wie bereits oben bemerkt, hätte ermittelt werden können, ualireiul die zweite, grössere in Schaaren mitunter die Leibeshr.hle sogar stärkerer Kaupen vollständig ausfüllende, wohl sicher auf Microgaster bezogen werden kann. Hierzu kommen noch als fünfte Form die Tachineniarven mit Ihren mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Mundhaken. Die Goldwespen, Chrysldldae fFi- 209), bilden in unserem bystom die fünfte o-rnsse Fauiilio. Es sind einsam lebende, bei drohender Uctahr sich enirollende, in den lebhaftesten Metallfarben glänzende, monotroche Hymenopteren, mit gebrochenen, 1 Sgliedrigen Fühlern, Raupeimntersucliung. Goldwespen und Raubwespeu. 709 selir unvollständig- geäderten Flügeln und anhängendem, halbcylindriscliem llinterleibe, der meist in beiden CTescblecli#rn nur aus drei sichtbaren Eingen besteht, während die übrigen bei den Weil)chen einen fernrohr- artig ausstreckbaren, aber gewöhnlich eingezogen getragenen Leg- und Wehrstachel bilden. Die durchschnittlich kleinen, aber durch ihre herrliche Färbung- ungemein auffallenden Wespen sind echte Sonnenthiere. In den heissen Sommermonaten besuchen sie entweder Blumen, namentlich Umbelliferen, oder treiben sich in der Nähe der Brutstätten anderer Hymenopteren, namentlich Bienen, Faltenwespen und Graljwespen herum, um bei gün- stiger Gelegenheit in deren Zellen ihre Eier abzulegen. Ihre Larven leben alsdann als lufpiilinen, welche die Larven der rechtmässigen Bewohner tödten \nid von ihnen oder ihrem Nahrungsvorrathe leben. Nur wenige Arten entwickeln sich als Schmarotzer von Blattwespen- raupen. Die bekannteste Gattung ist Chrysis L., ihre gemeinste Art Chr. ignita L. Zur genaueren Orientirung ist ausser dem Taschen- BERG'schen „Wegweiser" [52j die Arbeit von Schenck [48&J zu em- pfehlen. Als Raobwespe» vereinigen wir in unserer sechsten Familie alle diejenigen Formen, welche Wesmael als „Grabwespen" zusammengelasst hat, ein Xame, den wir darum nicht in diesem Sinne anwenden, weil Avir ihn für eine ihrer beiden Haiiptgruppen aufheben wollen. Wir clefiniren diese Gruppe folgendermassen: Raub Wespen, Rapientia (Fig. 210), sind nicht staatenbildende, nicht metallisch glänzende, mononotroche Hvmenopteren, mit beim J 13-, Fig-. 209. Halbschema- beim 9 12o-liedrigen Fühlern, vollständig g-e- tische Umrisszeiclmung , .'-, '^ ,^11 1-11.. 1 ■^on Chrysis ignita h. äderten, nicht zusammeniaitbaren Jb iugem, ge- g 4/ nat Grösse. Oi-io-. wohnlich gebildeten, nicht erweiterten Fersen der Hinterbeine, xmd einem gewöhnlich anhängenden, seltener gestielten, beim cT 7-, Ijeim 9 6gliedrigen und einen Wehrstachel tragenden llinterleibe. Soweit sie nicht Einmiether in den Wohnungen anderer Hymenopteren oder in selteneren Fällen directe Schmarotzer sind, tragen die Weibchen vor der Eiablage in einfache Höhlen andere durch einen Stich betäubte Arthropoden als Nahrung für die auskommende Larve ein. Die stets einsame Lebensweise iinterscheidet diese Thiere von den Ameisen imd einigen Faltenwespen und Bienen. Die vollstän- dige Aderung der Yorderflügel, die vollkommenere Eingelung des Hinterleibes und die nicht metallische Färbung trennt diese Thiere scharf von den Goldwespen. Die unfaltbaren Vorderflügel trennen die äusserlich theilweise den Faltenwespen sehr nahestehenden Formen scharf von diesen letzteren, und die einfache Bildung der Fersen der Hinterbeine entfernt sie auch von den einsam lebenden Bienen. Eine forstliche Bedeutung haben diese Formen nur insofern, als einige von 10 Kaji. X. Die Hautfiüg-ler oilev Immen: ilnion aucli forstschädllclie Insekten oder deren Jug-endstände als Xali- niiig für iln-e Larven benutzen. Zu näherer Orientirung über diese (uuiiite sind dem sich weiter fortl)iklen wollenden Praktiker ausser dem bereits oben erwähnten TASCiiENBERG'schen „Wegweiser" [52j die Arbeiten von 8chenck zu empfehlen [48|. Wir theiien die R.aubwespen nach der Bildung- ihrer Brust in zwei grosso Unterfamilien. Als Pompiliformia oder Wegwespenartige bezeichnen wir alle Formen, bei denen die Vorderbrust bis an die Fliigelwurzel heranreicht, während wir Crabroniformia oder Grabwespen alle diejenigen nennen, bei denen die Yorderbrust nicht bis an die Flügelwurzel heranreicht. Die ünlerfamiÜe I, die Pompiliformia, vereinigt in sich wieder vier, ge- wiihnlich seil)st als Familien bezeichnete Gruppen die Mutillidae, Scoliadae, Sapygidae und Pompilidae. Die zwei ersten derselben sind dadurch ausge- zeichnet, dass an der Baucliseite des Hinterleibes zwischen dem Hinterleibs- ringe 1 und 2 ein tiefer Einschnitt ist, welcher den beiden anderen, deren Bauchtläche also gleichmässig gewölbt ist, fehlt. Die Mutillidae oder Spinneji am eisen sind dadurch leicht kenntlich, dass die Hüften des mittleren Beinpaares einander genähert und die an Zahl fhe (^ (^ bedeutend übertreft'enden 99 stets ungeflügelt sind, also den Ameisen ähneln. Von diesen unterscheiden sie sich aber sofort durch die dichte, anlie- Fig. 210. Halbschematische Umrisszeichnungen der 99 von A Pompilus viaticus L., •'/, nat. Grösse; B Ammophila sabulosa L., 2y, nat. Grösse. Der Köijici- ist schraftiit, die Vorderbrust dabei bedeutend dunkler gehalten, um ihr Verhältniss zur Flügelbasis klar darzustellen. Original. gende, häufig bunt gefärbte Piehaarung und die haarigen und stacheligen Beine. Die meisten Formen dieser Abtheilung sind tropische Thiere, nur wenige Gat- tungen gehören unserer Fauna an. Die bei uns am zahlreichsten vertretene Gattung Mutilla L., deren häufigste Art M. Europaea L. ist, entwickelt sich als Einmiether oder Schmarotzer in Hummelnestern. Forstlich sind alle Formen gleichgiltig. Noch gloichgiltiger sind die Scoliadae ode«- Dolchwespen, die gleich- talls wesentlich ti-opische Formen enthalten und bei uns nur sparsam vertreten sind. Bei ihnen sind die Hüften der Mittelbeine voneinander entfernt und alle Beine haarig uiul stachelig. Beide Geschlechter sind geflügelt. Auch sie scheinen durchweg Einmiether oder Schmarotzer zu sein. Erwähnt sei aus der Gattung Scolia L. die Sc. quadripunctata Fabr. Sehr formenarm, den gemässigten Zonen angehorig und Avirthschaftlich völlig unwichtig ist die Gruppe der Sapygiden, Sapygidae, bei welcher gleichfalls beide Geschlechter geflügelt sind. Sie zeichnet sich vor den nächst verwandten rompiliden durch die kurzen, glatten, nicht liestachelten Beine und die an die Spitze der Vorderflügel lierangerückte Eadialzelle aus. Sapyga repanda Spin, wurde aus den Zellen von Xylocopa violacea L. er- Kaubwespen inid Ameisen. 711 Ueber die ganze Erde verbreitet, auch in nuserer Fauna mit einer grösseren Reihe von Gattungen und Arten vertreten, am reichsten jedoch in den Tropen ausgebildet, sind die Wegwespen im engeren Sinne, die Pompilidae (Fig. 210 A). Sie unterscheiden sich von den ihnen am nächsten stehenden Sapy- giden dadurch, dass ihre sehr verlängeiten Beine stets dornig-, stachelig oder bezahnt sind, und die Kadialzelle ihrer Vordertlügel weit von der Flügelspitze absteht. Auch bei ihnen sind beide Geschlechter im Wesentlichen gleichgebildet. Die gewöhnliche Farbe der Arten ist schwarz oder schwarz mit gelbrother Hinter- leibsbasis. Gellie oder weisse Flecken am Hinterleibe sind selten. Die Lebens- weise dieser Thiere ist eine wesentlich räuberische. Die $$ graben für ihre Brut in der Erde oder in morschem Holze Gänge, in welche sie durch einen Stich oder Biss gelähmte Spinnen oder Insektenlarven, namentlich Raupen schleppen, damit sie der aus dem beigelegten Ei schlüpfenden Larve als Nahrung dienen. Als gemeinste und deshalb von iins abgebildete Form nennen wir Pom- pilus viaticus L. Die Unterfamilie II, die Crabroniformia oder Grabwespen im engeren Sinne, ist beiweitem reicher an Gattungen und Arten als die Pompiliformia. Auch sie kann man in eine Anzahl kleinerer Gruppen theilen, und zwar werden gewöhnlich acht solche angenommen, welche wir aber hier bloss nennen, nicht charakteri- siren, weil ihre Unterschiede nicht so in die Augen springen, wie die Gruppen- kennzeichen der Pompiliformia und wesentlich auf die Verhältnisse der ^lund- werkzeuge und des Flügelgeäders gegründet sind. Es sind die Larridae, Sphecidae, Mellinidae, Bembecidae, Nyssonidae, Philanthidae, Pemphredonidae und Crabronidae. In ihrer Färbung sind sie entweder wie die Pompiliden schwarz oder schwarz und gelbrotli, oder sie ähneln durch gelbe Zeichnungen auf schwarzem Grunde sehr den Faltenwespen. Auch einige ihrer Gattungen sind Schmarotzer oder Einmiether, beiweitem die meisten graben aber in der Erde oder im trockenen Holze oder in Pflanzeustengeln Gänge, in welche sie durch einen Stich gelähmte Insekten oder Spinnen als Nahr«ng für die Larve eintragen. Die gesammte nothwendige Nahrung wird entweder jedem Ei auf einmal bei- gegeben und dann die Zelle geschlossen, oder es wird dieselbe in der nicht dauernd geschlossenen Zelle von der Mutter von Zeit zu Zeit erneut. Als sehr gemeine Form haben wir Ammophila sabulosa L. abgebildet (Fig. •21Q B) und weisen noch darauf hin, dass wir auf S. 410 Cerceris variabilis Schrk. und C. labiata Fabk. als Feinde von Metallites mollis Germ, und Strophosomus Coryli Fabr. anführen. Die Ameisen. Die Ameisen, Formicariae, sind Staaten Inldende, nionotroclie Hyme- nopteren mit gebroclienen, 10- bis 13ii-liedrigenFülilerumid beiniMännclien 7-, beim AVeibclien (igliedrigem Hinterleibe, an welcliem Eing 1 oder die Kinge 1 und 2 zn einem, aus einer Schuppe oder 1 bis 2 Knoten liestebenden Stiel verwandelt sind. Neben den gesclileclitlicli ent-\vickelten Männchen und Weibchen, die au ihrer starken Brust uufaltbare, bei den Weibchen später abfallende Flügel tragen, bilden geschlechtlich verkümmerte, flügellose Weibchen mit seitlich zusammengedrückter Brust, sogenannte Arbeiter, die Hauptmenge der Mitglieder eines jeden Staates. Ihre Larven sind fusslos, weisslich, mit stärker chitinisirtem Kopf, und viele von ihnen verspinnen sich zur Verpuppung in einem seidigen ( 'ocon, der im Volksmunde fälschlich „Ameisenei" heisst. -10 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. IliiT forstliche Bedeutinii;- l)ostelit zunächst darhi, dass sie viele schädliche Insekten vernichten und daher nützlich sind. Doch schaden einige durch Benag-en zarterer Pflanzentheile, durch Wühlen in Hügel- ntlanzuuucu und durch Aushöhlung ihrer Wohnungen in stehenden Stämmen. Allgemeines. Für diese Familie bildet das g-esellschaftliche Leben, dessen Hauptträger die stets ungeflügeUen Arbeiter sind, den wesent- lichen Charakter; nur bei einer einzigen Art, Anergates atratulus ScHENCK, fehlen sie, und hier ist auch das c? ungeflügelt. An dem stets vertical getragenen Kopfe, der häufig nur bei cS und 9 Ocellen trägt, und dessen meist am Ende gekeulte Fühler bei den ^fj oft ein Glied mehr haben als bei den 9? und Arbeitern, sind die Vorderkiefer zu mächtigen Beisszangen entwickelt, Avelche mit- initer die einzigen Waffen bilden, während die unter dem grossen Kopfschilde entspringende Oberlippe die unter sie einfaltbaren Mittel- uud Hinterkiefer bedeckt (vgl. Fig. 1854, S. 620). An der Brust ist bei cf inul 9, entsprechend der Entwickelung der Flügel, Mittel- luid Hinterl)rust am stärksten ausgebildet, während bei den flügellosen Ar])eitern die Vorderbrust am stärksten ist. Die nicht faltbaren, wenig geäderten Flügel haben stets ein llandmal, nur eine nach der Spitze häufig offene Radialzelle und eine, selten zwei ganz geschlossene Cubital- zellen. Das ^ behält seine Flügel während des ganzen Lebens, das 9 entledigt sich derselben nach geschehener Begattung. Von den stets flüg(dlosen Arbeitern ist es aber auch dann leicht durch die Form der Brust, an der stets die Ansatzstellen der Flügel kenntlich bleiben, zu unterscheiden. Für die Arbeiter ist die seitlich comprimirte Gestalt der Brust bezeichnend. Die stets mit ögliedrigen Füssen versehenen Beine -zeigen keine Besonderheiten. Der Hinterleib ist stets gestielt. Der Stiel besteht aus dem ersten oder den beiden ersten Eingen, so dass der eigentliche Hinterleib bei den 99 5 oder 4, bei den (^(^ Q oder 5, mitunter schwer zu unterscheidende Ringe zählt. Der eingliedrige Stiel bildet mitunter ein Knötchen, meist aber eine aufrecht stehende, nur mit ^'iuem kleinen Thoil ihrer Vorder- und Hinterfläche der Brust und dem eigentlichen Hinterleibe verbundene Schuppe. Ist der Stiel zwei- gliedrig, so ist sein erster Ring vorn verschmälert, hinten zu einem Knoten verdickt, der zweite einfach knotenförmig. Die Geschlechtsorgane der 99 und Arbeiter gehen in einen mit einer Giftblase versehenen Wehrstachel aus; während derselbe aber b;n der Unterfamilie der Myrmiciden, gut ausgebildet, wirklich als "\\ ehr dient, wird er bei der anderen, den Formiciden, durch Ver- küunnerung der Schienenrinne imd eines Theiles der Stechborsten als Waffe unbrauchbar. Dagegen ist die Ameisensäure absondernde Gift- drüse, IteziehentHch die Blase, bei den letzteren sehr gross und wird gebraucht, mn die von den scharfen Vorderkiefern beigebrachten Biss- wm\den zu vergiften, oder den Feind durch Anspritzen mit diesem ätzenden Stofl'c aus der Ferne zu vertreilien. TasciienberCt hat die Arl)citcr v(.u Formica rufa L. die Säure bis 60 cm hoch spritzen sehen. Allgemeines über Ameisen. 713 Die Eier der Ameisen sind liellgefarbt, länglich, anch liei den grössten einheimisclien Arten, z. B. bei Formica ligniperda Latr., nnr gegen 1 mm lang. Die Larven sind fnsslos, weisslicli, leicht behaart nnd bestehen ans 1 2 Ixingen, sowie einem härteren, chitinisii'ten, angenlosen Kopfe. Die der Arbeiter sind am kleinsten, die der 29 am grössten. Sie werden von den Arbeitern gefüttert, gereinigt nnd hernmgetragen. Eigene "Wohnzellen für die Einzellarven werden nicht gebant. Die reife Larve, welche sich verpiippen will, verspinnt sich entweder in einen seidigen Cocon — im gewöhnlichen Leben fälschlich oft als „Ameisenei" bezeichnet — oder häntet sich ohne den Schntz eines solchen. Die in einem Cocon eingeschlossenen Pnppen werden hänfig nach der Verwandlnng in die Imago ans demselben von den Arbeitern befreit. Die Ameisen leben in besonderen Wohnungen, welche im ein- fachsten Falle blosse Erd- oder Mauerspalten sind, im complicirtesten Avirklich ans versclüedenen Materialien zusammengekittete oder aufge- mauerte Bauten darstellen. Bei uns sind am häufigsten die in der Erde und unter Steinen ausgegrabenen, labyrinthischen Xester, die vielfach auch von einem mitunter sehr gross werdenden, von den Arbeitern zusammen- geschleppten Haufen lockerer oder fester verbiindener Materialien, der selbst wieder vielfache Gänge enthält, überwölbt werden, z. B. die von Formica rufa L. in unseren Kiefernwäldern gebauten „Ameisenhaufen". La anderen Fällen nagen die Arbeiter in faulem oder gesundem Holze, oder in der Einde sehr complicirte und grosse Höhlungen, z. B. Formica ligniperda Latr. Einzelne verstärken auch die stehen geblie- benen Holztheile durch Bedeckung mit einer aus zerkauten und durch Speichel wieder zusammengekitteten Holzstückchen bestehenden Masse, z. B. Formica fuliginosa Latr. Lidessen kann dieselbe Ameisenart je nach den localen "Wohnnngsverhältnissen verschiedene Bauten aiisführen. Li jedem Staate findet man das ganze Jahr hindurch Arbeiter und meist einige flügellose ?2, häufig auch die verschiedenen Entwickelungs- stadien. Im Hoclisommer treten in den meisten Colonien cTcT nnd geflügelte 92 in grosser Anzahl auf. Sobald diese gehörig ausgebildet sind, verlassen sie das Nest und begatten sich zum Theil in der un- mittelbaren Nähe desselben, worauf einige der begatteten 99 von den Arbeitern mit Gewalt ihrer Flügel beraubt und wieder in das Xest zurückgeschleppt werden. Der grössere Theil steigt aber in grossen, oft aus mehreren (Julonien vereinigten Schwärmen in die Luft, und hier erfolgen nun zahlreiche Begattungen. Besonders im südlichen Deutsch- land bilden hierbei häufig Milliarden geflügelter Ameisen wolkenälm- liche Züge, welche die Luft verfinstern und mitunter bei ruhigem Wetter wie Rauchsäulen über Thurni- oder Bergspitzen schweben. Die so ausgeschwärmten Geschlechtsthiere kehren nie in das Xest zurück: die (S (S werden die Beute der Vögel oder anderer insektenfressender Thiere, während vim den zu Boden gefallenen, begatteten 99, die sich selbst ihrer Flügel entledigen, wenn sie den Xachstellungen ihrer Feinde entgehen, nach den alten klassischen Untersuchungen von Huber und Lehrbucb d. mitteleurop. Forstinsekten. 4G •y-i^ Kap. X.. Dio Haiitflüg-ler oder Immen. (loren neixcrcii Bestätigiiug durch Blochmann jedes für sich allem den Grund zu einem neuen Staate zu legen im Stande ist, und zwar wohl ziemlich genau in der Art und Weise, wie wir dies weiter unten bei den Faltenwespen schildern, deren Leben in dieser Bezielmng genauer erforscht ist. Die Arl)eiter können hmerhalb einer und derselben Species, ja in derselben Colonie in der Grösse, besonders auch in der Stärke des Kopfes, sehr variiren, z. B. bei Formica herculeana L., so dass man, wenn man nur extreme Formen vor sich hat, leicht glauben kann, es kämen bei diesen Arten verschiedene Sorten von Arbeitern, also eigent- liclu! Arbeiter und grossköpfige Soldaten, wie bei den Termiten (vgl. S. 2761 vor. Indessen sind bei den meisten Arten diese Formen durch allmähliche Uebcrgänge verbunden. Unter den Europäischen Formen ist ('S nur die südliche Gattung Pheidole Westw., welche wirklich dimorphe, durch keine Uebergangsformen verbundene Arbeiter besitzt. Den Arbeitern fällt der Bau der Xester, die Beschützung der- selben, das Eintragen der Xahrnng, welche übrigens bei den einhei- mischen Arten nicht für den Winter aufgespeichert wird, meist auch die Fütterung und Eeinigung der Geschlechtsthiere und die Brutpflege zu. Jedoch gibt es auch Formen, bei welchen die Arbeiter zu faul sind, um alle Geschäfte der Colonie selbst zu besorgen, imd deshalb Ar- beiter und Brut anderer, bestimmter Arten rauben, um sie als Sklaven in ilirem eigenen Haushalte zu verwenden. So verfährt Formica san- guinea Latr. mit Formica ounicularia ScHENCK und F. fusca L. Die Arbeiter einer anderen Art, Formica (Polyergus) rufescens Latr., sind vermöge ihrer nur zur Welir eingerichteten spitzen Yorder- kiefer gar nicht im Stande, Nestbau und Brutpflege zu besorgen, ja si(! können nicht einmal selbstständig fressen, so dass sie darauf angewiesen sind, die Arbeiter und die Brut von Formica ounicularia ScHENCK und F. fusca L. zu rauben. Diese Sklaven besorgen also die gesammte Ernähiimg ihrer Herren, sowie die Brutpflege, während diesen sell)st nur die Vertheidigung und die Ausführung der Baubzüge zukommt. Andere, seltene Arten bauen gar keine eigenen Xester, sondern leben stets als Gäst(? in den Bauen anderer, bestimmter Arten. Aber nicht allein fremde xVmeisenarten sind häutige Gäste in Ameisenhaufen, sondern auch andere Arthropoden. Man hat hier oft Kellerasseln, Poduren, Lepismen etc. beobaclitet. Myrmecophila acervo- rum Banz, ist eine nicht seUene, kleine Grillenart, die ausschliesslich Anu'isciuiester, besonders die von Formica sanguinea Latr. bewohnt. Am zahlreichsten sind aber die Coleopteren, welche entweder als Imagines oder als Larven ausschliesslich in Ameisenuestern leben, oder häutig darin vorkonnnen. Zu den als Lnagines dort lebenden Thieren gehören viele Pselaphiden, Scydmaeniden und Staphylinen, als Larven leben dann z.B. Cetonia floricola deGEERund Clythra quadripunctata L. (vgl. S. 590). Viele der kleinen Käfer und Larven sollen von den Ameisen wirklich gepflegt imd gefüttert werden. Die Cetonia- und Clythra- Allgemeines über Ameisen und Systematik. 7 15 Larven jedoch, welclio sich hauptsäclilich in eleu aus losen ^ilaterialieu zusauimeugetrag-eueu Haufen vorhuden, nähren sich, wohl von den dort aufgehäuften pflanzlichen Abfällen. Dass diese Einmiether von den Ameisen aus irgend welchen besonderen Gründen gehalten werden, ist vorläufig nicht mit Sicherheit uacliAveisbar, dagegen ist der von den Ameisen bei der häufig vorkommenden Haltung von Blattläusen in ihren unterirdischen Gängen verfolgte Zweck klar; sie füttern diese, um den aus deren Honigröhren fliessenden, süssen Saft aufzulecken. Auch die fr^i auf den Zweigen und Blättern lebenden Aphiden werden ja stark von den Ameisenarbeitern zur Gewinnung süssen Saftes besacht. Ueberhaupt soll nach allen genaueren Beobachtern die Nahrung der Ameisen eine ausschliesslich flüssige sein. Dass sie ausfliessenden Baum- säften und den Säften süsser Früchte nachgehen, ist längst bekannt; aber auch alle die zahlreichen Insekten und Jugendzustände derselben, welche von den Ameisen getödtet werden, dienen nicht als feste Nahrung, sondern werden nur mit den Beisszangen zerrissen, und der ausfliessende Saft wird aufgeleckt. Systematik. Die einheimischen Ameisen können nach der Form ihres Hmterleibes in drei Unterfamilien gebracht werden: Hinterleibsstiel 2gliedrig, aus zwei Knoten bestehend : M y r na i c i d a e. Hinterleibsstiel Igliedrig, der eigentliche Hinterleib zwischen Eing 1 und 2 eingeschürt: '. . . . Poneridae. Hinterleibsstiel Igliedrig, eigentlicher Hinterleib nirgends einge- schnürt: Formieidae. Die nur in einer Gattung, Ponera Latr., bei uns vorkommenden Poneriden können ausser Acht gelassen werden. Die übrigen beiden Unterfamilien zerfallen in eine grössere Anzahl von Gattungen, die wir hier aber lediglich als Untergattungen betrachten, während wir für alle Myrmiciden den Gattungsnamen Myrmica, tur alle Formiciden den Namen Formica beibehalten. GuteAVegweiser zum genaueren Studium der Ameisen sind die Arbeiten von ^Iayr [36 «, b] und Andbe [3, Hj, letztere grösste neuere Bearbeitung in französischer Sprache. Als forstlich beachtenswertli erwähnen wir von der Gattung Formica im weiteren Sinne : Untergattung Camponotus Mayr, mit über dem Hinterrande des Kopf- scliildes hoch eingelenkten, 12gliedrigen Fühlern. Arbeiter ohne Nebenaugen. Untergattung Formica L. im engeren Sinne. Die 12gliedrigen Fühler sitzen bei Arbeitern und 99 ^" ^^^ Hinterecken des Kopfschildes. Die ersten Glieder der fast fadenfönnigen Geissei länger, als die letzten. Nebenaugen deut- lich. Beim (-^ Fühler ISgliediig-. Schaft lang, Geissei fadenförmig, ihr Glied 1 um 1/3 kürzer als das zweite. Untergattung Lasius Fabr. Die fast senkrechte Schuppe viereckig und .schmal. Arbeiter mit undeutlichen Nebenaugen. Beim Q Geisselglieder 2 — 10 gleich gross, die letzteren dicker. Aus der f^attung Myrmica im weiteren Sinne nennen wir: Untergartung Tetramorium Mayr. Bei den Arbeitern bilden die drei letzten Glieder der l'2gliedrigen Fülder eine dicke Keule, welche so lang oder länger als die übrigen Geisseiglieder ist; Endglied viel länger als das vorletzte. Kopfschild zwischen Stirnleiste und Kiefereinlenkung aufgebogen, als erhabene Leiste die Fühlergrube vorn begrenzend. Vorderrand nicht aufgebogen. $, Fühler 46* m^f, Kap. X. Die Hautflttgler oder Immen. l->o-lio(ln..-. Körper 2— .3mal grösser als der der Arbeiter. (^.Fühler lOgliedrig, der .Schaft kürzer als das lange, zweite Geisseiglied. Flügel bei $ und ^ mit unge- theilter Cubitalzelle. Schienensporen einfach. Die einzige unter Steinen lebende, sehr gemeine Art ist Myrmica (T.) caespitum L. nfit 2-3— .3-5 wim messenden Arbeitern und 6— 8 wim langen (^ (^ Ujitergattung Myrmica Latr. im engeren Sinne. Bei den Arbeitern sind die drei letzte'ii Fühlerglieder kürzer, als die übrigen Geisseiglieder. Kiefertaster Ggliedrig, Lippentaster 4gliedrig. Stirnfeld hinten spitz. Schenkel keulenförmig. Schienensporen kammzähnig. $ und J mit halbgetheilter Cubitalzelle; Schienen- .sporen kammzähnig. (^, Oberkiefer gezälint; Geisselglied 1 der 13gliedrigen Fühler sehr kurz. Die Arten miniren in der Erde und finden sich unter Steinen, bauen aVier keine Hügel. M. rubida Latk. Grösste deutsche Art. Arbeiter: Metanotum ohne Dornen, röthlich gelb oder bräunlich roth, Hinterleib in der Mitte schwärzlich, 7 — 8 mm. 2, Metanotum mit 2 sehr stumpfen Zähnen; röthlich braun, Oberkiefer, Grenzen des Scliildchens, Oberseite des Kopfes und die obere, hintere Hälfte des ersten Hinterleibsringes dunkel; 10-5— 12mm. J', die vorn 2zähnigen Oberkiefer sehr lireit; schwarz, Endhälfte der Geissei, Gelenke der Beine rothbraun, Spitze des Hinterleibes und Tarsen bräunlich gelb; 8-.5— 10 7)i7;i. M. laevinodis IN'yl. Arbeiter, Metanotum mit zwei Dornen; rothjafelb. Oberseite des Kopfes Ijräuulich, Mitte des Hinterleibes oben braun; iö—ömm, 9, Dornen des ^Metanotum kurz, so lang wie am Grunde breit; rothgell) mit dunkleren Stellen; (rö — 7 mm. (^, Fühlerschaft gekrümmt; schwarzbraun, Ober- kiefer, Geissei und Taster gelb; Mittel- und Hiiiterschienen lang behaart; ö-ö mm. Die forstliche Bedeutung der Ameisen. Als directeu, aber uu- bedeuteudcn Nutzen der Ameisen kann man die Lieferung- von Ameisensäure und „Ameiseneiern" nennen. Der durch Lieferung der medicinisch, besonders in Form von Ameisen- spiritus angewendeten Ameisensäure verursachte Nutzen ist sehr gering anzuschlagen, da heutzutage diese Säure meist künstlich durch Behandlung von Oxalsäure mit Glycerin hergestellt wird. Auch die Gewinnung der zur Fütterung Insekten fressender Vögel häufig benutzten Cocons, der „Ameiseneier", ist wirth- schaftlich weder sehr bedeutsam, noch vortheilhaft, da die Ameiseneier ganz gut durch den sogenannten Weisswurm, d. h. die gesammelten iind getrockneten imagines und Subimagines von Palingenia (vgl. S. 27Gj ersetzt werden können und ausserdem durch ihre Gewinnung die Staaten der Ameisen sehr stark geschädigt werden. Die Ameisenfänger raften nämlich ganze Haufen Ameisen nebst Brut und Geniiste in Säcke und bringen diese nach einem freien, womöglich sandigen Platze. Nachdem sie diesen geebnet, etwa 10 — 15 Quadrat- meter mit einem kleinen Walle umgeben und auf dem Platze einige kopfgrosse, mit Kiefernreisern überdeckte Löcher angelegt haben, schütten sie zwischen diesen ihre Säcke aus. Kaum haben sich dann die Arbeiter A'on der ersten Ver- wirrung erholt, so greifen sie nach den Larven und Puppen und tragen diese emsig nach den Löchern, wo sie sie geschützt glauben. Der Sammler, welcher ruhig zusieht, wie ihm die kostbare Waare zubereitet wird, hat nachher nichts weiter zu thun, als sie aus den Erdlöchern zu holen und nach Hause zu tragen. Die Ausdehnung des hierdurch namentlich an der Hügelameise, Formica rufa L., verübten Massenmordes wird am besten durch die Angabe Henschel's [24] er- läutert, dass allein in dem kleinen Dörfchen Hinterwildalpen in Steiermark bei seinem Amtsantritte als Oberförster jährlich 50—70 Jd getrocknete Cocons in den Handel gebracht Avurden, was nach seinen Zählungen einer Vernichtung von 96 — 13-i Millionen Puppen gleichkommt, während dafür der Forstkasse jährlich nur 4 — 5 Gulden zuflössen. Dieser Nutzen verkehrt sicli aber direct in Schaden, Avenn man bedenkt, dass gerade die Hügelameise, Formica rufa L., welche an trockenen Stellen, namentlich in unseren Kiefernwäldern, bis 1 m hohe und Ameisen. Svsteniatik und forstliche Bedeutuncr. 717 mehrere Meter in Umtang haltende Haufen aias allerhand trockenen Strenbestandtheilen aufbaut, sehr viel furstschädliche Insekten vertilgt. Sie trä,2:t nicht allein, wie Hexschel beobachtete, von den bei der Entrindung- der Borkeukäferstämme abgelösten Rinde die darin noch Ijelindiichen jungen Käfer sanimt ihren Ent^\■ickelungsstadien weg und vernichtet dieselben, sondern hält auch bei Eaupenfrass A-ielfach die Bäume, an deren Fusse oder in deren Nähe sie ihre Xester gebaut hat. von den Schädlingen frei. Letzteres ist nicht nur von Ratzebcrg und vielen neueren Forschem bei Kiefernspinnerfrass beobachtet worden, sondern auch von Kollar [XI. S. 463] bei Frostspaunerfrass und von Luxd- STRÖM an raupenbesetzten Pappeln [65j. Es ist daher vollständig be- rechtigt, wenn einsichtsvolle Forstmänner dem Treiben der Ameisenjäger, das ausserdem den Yorwand zu überllüssigem Herumstreichen im Walde liefert, in den Ländern auf eigene Hand ein Ziel setzen, in denen nicht Avie in Preussen und in Brauuschweig i vgl. S. 242 und 243 i das Ameiseneiersammeln rationeller- Aveise überhaupt gesetzHch verboten ist. Der auf Ratzeurg"s Anregung gemachte Versuch- die Ameisen durch künstliche Ableger von alten Haufen zu vermehren, kann theoretisch niu- als durchaus verständig angesehen werden, wenngleich nicht zu leugnen ist, dass die mit dieser Massregel gewonnenen Resultate vorläufig nur gering sind [XV. II S. 429 und 430 und 44 c]. Zum Gedeihen eines solchen Ab- legers scheint es nöthig, dass er aiich wirklich die gehörige Menge Brut enthält, weit vom Mutterhaufen entfernt an einer trockenen, sonnigen Stelle angelegt wird, und zwar an einem alten, morschen Baumstiimpf. dessen Umgebung noch gehörig gelockert wird, damit die Ameisen bald in die zur Uebei-wintenmg nöthige Tiefe von ungefähr 1 m eindringen können. Ein Aveiterer Xutzen verschiedener Arten Aon Ameisen besteht darin, dass sie die alten Stöcke durch Anlea-nug ihrer Wohnunor inner- halb derselben schneller zerstören und in nutz- bare Bodenbestandtheile AerAvandeln. als dies Fig. 211. Alter Xadelholz- ohne ihre Beihilfe -eschehen Avürde. Fi-. 211 stock von Ameisen behufs -.,.'- , . ^ . Anle^une ihrer \N ohnunsr zeigt em btuck emes aou Ameisen zu einem dvuchfressen. i' nat. Gr. mehligen, morschen sehr bald zusammenfallenden Original. Maschenwerke zusammengefressenen Stockes. Andererseits ist in manchen Fällen ein durch Ameisen verur- sachter Schaden nicht zu leugnen. Die wirklich als forstschädlich nach gewiesenen Formen sind: die Riesenameisen. Formica ligniperda Latr. und F. herculeana L.. zwei sehr nahe A'erwandte Arten. Avelche starke, stehende und wohl auch gelegentlich bereits aefällte Xadelholzstämme angehen und zum 718 Kap. X. Die Hantflügler oder Immen. Zwecke der Anlage ihrer AVoliuunucii von unten lier in der Kichtung der Jahresringe concentrisch aushöhlen, so dass sie bedeutend ent- werthet werden (Fig. 212). ]?eschreilMing. Formica (Campono tus) ligniperda Latr. Arbeiter 7 14 771HI lano-, scliwa'z, Fühlergeissel, Stiel, Beine und last immei- die vordere Hälfte des ersten llinterleibsringes rothbraun. 9 16—18 »»i7?i, glänzend, Thorax mit Ausnahme des Mittelrückens und Schildchens, Schuppe und Schenkel, Vor- (lerhält'te des ersten, zuweilen auch die des zweiten Segmentes rothbraun. Flügel bräunlich gelb mit dunklen Adern. Das (^ hat dieselbe Färbung, aber Flügel gelblich, Gelenke derBeineundTarsen, Fühlergeissel und Kieferspitzen röthlich gelb. F. (C; herculeana L. Der vorigen Art sehr ähnlich. Arbeite'-, erstes Seg- ment nur mit rothem Fleck; jedes Segment nach A hinten mit kurzen, anliegenden Härchen, glanzlos ; 15 — n mm. 1^, Flügel etwas heller als bei voriger Art, von dieser schwer zu unterscheiden. l)ie Bauten dieser Formen und namentlich diejenigen von F. ligniperda Latr. werden vorzugsweise in Fichten, gelegentlich auch in Tannen angelegt, und zwar in alten, stehenden Stämmen, die an und für sich gesund, doch eine solche Beschädigung aniFnsse haben, dass den Ameisen ein Angriftspunkt gegeben B Fig. 212. Von ßiesenamöisen, Formica ligniperda Latb., zu Wohnungsanlagen B Querschnitt. 1/4 nat. Grösse. ausgehöhlte Nadelholzstämme. A Längsschnitt. Originale. ist. Diese fressen alsdann einen oder mehrere Jahresringe concentrisch aus, indem sie dünne, aus hartem Herljstholz !)estehende Ringwände, sowie die llornäste stehen lassen. Der Stamm Avird hierdurch in seinem Innern melir oder weniger vollständig in concentrisch ineinander steckende, dünne llohlcylinder zerlegt, die schliesslich nur noch durch die durchgehenden Hornäste zusammengehalten sind. Die Angabe von Altum [XVI, 111,8. 234], dass sie dem Avoicheren Herbstholze folgten, dürfte ein Schreibfehler sein. Diese Beschäditiunü-, welche in eanz o-esundem Holze verübt wird Eiesenameisen iiud andere forstsehädliclic Arten. 719 und bis 10m Höhe liinaiifreiclit [XVI, III, 2, S. 233 und 234|, ver- rätli sich zunächst durch das iinten herausgeschaffte XageniehL Sie gibt ferner vielfach dazu Veranhissung, dass der Schwarzspecht diese Stämme anschlägt und letztere secundäre Beschädigung ist dann häufig so stark, dass sie ohneweiters auffällt. Noch unangenehmer wird der Fall, wenn, yvie Altum dies an Tannen beobachtet hat, bereits ge- fällte Stämme auf den Holzablagen angegangen und zerstört Averden. Abwehr eines solchen Schadens ist im Allgemeinen kaum möglich. Sogar nach Fällung solcher Stämme vermögen sich die Ameisen in den- selben Jahre lang zu halten, wie wir an einem für die Tharander Sammlung gefällten sahen. Eine Verminderung der Nachtheile ist daher nur durch rasches Aufarbeiten des Holzes möglich. Aehnliche Fälle hat man auch an Ei dienst ämmen beobachtet (vgl. S. 582), ferner in Linden und Robinien. Formica lierculeana L. scheint mehr einzeln bei uns in Stöcken zu leben, ebenso F. (Camponotus) pubescens Fabr. in Südfrankreich in Seeföhrenstöcken [XXIV, S. 56]. Oft -werden noch weitere Schäden von meist nicht genaner der Art nach bestimmten Formen berichtet. Ein grosser Theil dieser Angaben beruht sicher auf ungenauer Beobachtung, namentlich die Beschwerden der Gäi-tner, welche sich über Verletzung von Knospen der Zierpflanzen oder Anfressen süsser Früchte beklagen. In vielen Fällen thun sie dies sicher mit Unrecht, indem sie die Zerstörungen anderer verborgener lebenden Knospenfeinde, den die Pflanzen nur behufs „Melkung" der Blattläuse besuchenden Ameisen zur Last legen. Andererseits sind von verläss- licher Seite wirkliche Beschädigung constatirt worden, namentlich nach Altüm durch Friese, welcher fand, dass Formica rufa L. in der königl. Preussischen Oberförsterei Heteborn, Keg.-Bez. Magdeburg, die Ivnospeu von Ahornheistern ausfrass [XVI, III, 2., S. 235 und 236], In solchen Fällen können dauernd fängisch gehaltene Leimringe helfen. Ferner wird wohl derselben Art zur Last gelegt, dass in Tonia in Ungarn eine Kiefernsaat durch sie zerstört wurde, weil sie die Kronen der Kiefernsämlinge als Baumaterial für ihren Haufen be- nutzte [63]. Dagegen erscheint der Verdacht, dass im königl. Preussischen Revier Beneckenstein, Reg.-Bez. Erfurt, eine Ameise, Formica (Lasius) mixta NvL., dreijährige Fichteni)flanzen geschält haben sollte, nach Altum als unbe- gründet. Wahrscheinlich rührte diese Beschädigung von einem Rüsselkäfer her. Höchstens könnten die Ameisen insofern zum Emgehen der Pflänzchen beige- tragen haben, als sie durch ihre Woluumgsanlage die Wurzeln derselben hohl gestellt hätten. Es sind nämlich schon wirklich Ameisen auf diese Weise als Kultur- verderb er schädlich geworden. Man hat in Sachsen, wo namentlich im Wirkungskreise des Oberforstmeisters v. Manteüffel viele Hügelpflanzungen ausgeführt wurden, wiederholt die Zerstörung der letzteren durch Ameisen be- obachtet, welche die Hügel als halb vorbereitete Wolmungen aufsuchten und durchwühlten. Ob die Pflanzen bloss durch diese allzuweit gehende, fortgesetzte Lockerung des Bodens in der Nähe ihrer Wurzeln eingingen, ob vielleicht die Ameisensäure nachtheilig auf sie einwirkte, ist nicht bekannt. Mechanische Ver- letzmigen der Wurzeln mögen auch mitgewirkt haben, allein wohl kaum tödtlieh. Aehnliche Erfahrungen hat man auch anderwärts gemacht. Die Missethäter waren hier wahrscheinlich mehrere häufige Arten der Mynuiciden, vielleicht auch einige Formiciden, sie wurden aber leider nicht genauer bestimmt; man begnügte sich, von gellien Ameisen zu reden, deren es sehr viele gibt. Nöthigenfalls würde man wohl hier anstatt der Hügel- gewöhnliche Löcherpflanzung anzu- wenden haben. Auch in Häusern werden die Ameisen mitunter dadurch sehr unangenehm, dass sie sich in den Wänden und Böden ebenerdiger Räume einnisten und dann im Sommer mitunter massenhaft daselbst schwärmen. Ausgiessen ^20 Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. iliror A\'nlinuiig-en mit lieissem Wasser, Petroleum, Beschmieren mit Theer u. s.w. kann hier evenüiell zur Vertreibung führen. Manche ältere Angaben über Ameiseu- schadcn bemhen wohl auf unvollkommener Beobachtung [64]. Die eigentlichen Wespen oder Faltenwespen. Die Faltenwespen, Vespariae, sind mittelgrosse bis sehr grosse, gelb luul braun oder sclnvarz gezeichnete, einsam lebende oder Staaten bil- dende, monotroche Hymenopteren mit beim Männchen 13-, beim Weibchen I2gliedrigen Fühlern, der Länge nach faltbaren VorderflUgeln und einfach gestalteten, weder abgeplatteten, noch stark behaarten Hinterschienen und -Fersen, mit einem anhängenden oder gestielten, beim Männchen Tgliedrigen, beim Weibchen 6gliedrigen Hinterleibe (Fig. 184, S, 617). Ihre Aveissen, fusslosen Larven, mit deutlich abgesetztem Kopfe, leben in eigens zu diesem Zwecke von den Weibchen aus Lehm oder Pflanzenfasern gebauten Wohnungen und nähren sich von anderen, durch die Weibchen erbeuteten Lisekten. Die Staaten bildenden Formen können durch den Stich der Weibchen lind durch das Benagen süsser Früchte unangenehm werden. Forstlich beachtenswerth ist nur die Hornisse, die grösste einheimische Falten- wespenart, welche die verholzten Triebe verschiedener Laubhölzer, namentlich der Eschen und Erlen schält. Allgemeines. Die in der Ruhe der Länge nach einmal gefalteten und horizontal getragenen Vorderflügel bilden den wesentlichen mor- phologischen Charakter dieser Gruppe. Die meist deutlich geknieten Fühler sind zwischen den auf der Innenseite nierenförmig ausgeschnittenen Augen angebracht. Die Mund- werkzeuge sind ausschliesslich kauende. Die Vorderkiefer sind kräf- tige Beisszangen, Mittel- und Hinterkiefer niemals zu einem Saugrüssel umgeAvandelt, erstere mit 6-, letztere mit 3 4gliedrigen Tastern, welche die normale Form der Hymenopterentaster zeigen. Die Zimge ist ge- Avöhnlich kurz und nur bei einigen einsam lebenden Formen mitunter lang gestreckt. Die Flügel (Fig. 213) sind bei fast allen einheimischen Formen sehr einfach gebaut, indem sie eine grosse, fast bis an die Flügelspitze reichende Radialzelle haben und 3 oder 4 Cubitalzellen, deren zweite beide rücklaufende Adern aufnimmt. In den gewöhnlichen Beschreibungen wird allerdings nur von 2 — 3 Cubital- zellen gesproclien, es beruht dies aber darauf, dass dann nur die ringsum von Adem geschlossenen gezählt werden, eine Zählung, der wir uns hier nicht an- schliessen können, weil sie mit der bei den Blattwespen befolgten im Wider- spruch steht, bei denen auch die äusserste, nach aussen nur vom Flügelrande begrenzte Zelle mitgezählt wurde. Die Faltung der A'orderflügel geschieht so, dass ihre hintere, an die Hinterflügel stossende Längshälfte unter die Vorder- hälfte geklappt wird imd ihre obere Seite auf die Oberseite der Hinterflügel zu liegen kommt (Fig. 213 B). Allgemeines über tlie Faltenwespen. 721 Die Beine haben nie Sammelapparate. Der Hinterleib der 99 trägt einen mit Giftblase versehenen AVelirstachel, der aber beim Sticli in der Wunde nicht abbricht. Sehen wir von den in den Xestern anderer Hymenopteren schma- rotzenden Masariden, von denen in Deiitschland nnr eine Art vorkommt, ab, so banen sämmtliche Wespen für ihre Briit Nester. Dieser Nestbau ist jedoch verschieden bei den einsamen und bei den geselligen Formen, Avelche als die Unterfamilien der Eiimenidae imd Yespidae getrennt werden. Die $9 der paarweise zusammenlebenden Eumeniden bauen aus speichel- befeuchtetem Lehm in alte Mauern, sowie in oder an Pflanzentheile Nester, von denen sie jedes mit einer Anzahl durch einen Stich betäubter Insektenlarven oder Spinnen und einem einzigen Ei belegen. Der aus- schlüpfenden Larve dienen die Lisekten zur Nahrung. Die 99 der Vespiden im engeren Sinne bauen hingegen zur Unterbringung der Brut aus zerkauten iind durch Speichel zu einer Art Papier oder Pappe zusammen- geleimten Pflanzenstoflfeu, Holz, Bast etc., zusammengesetzte Nester mit Waben aus sechseckigen, regelmässigen Zellen, welche aber im Gegensatz zu den Wachswaben der Honigbiene nur einen Sommer hindurch benutzt werden. Bei diesen gesellig in grösseren, im Herbst eingehenden Fig. 213. Ä Flügel A'on Vespa, '^ \ nat. Grösse. B schematischer Querschnitt dnrcli die ruhenden linken Flügel einer Wespe; d Yorderrand des Yordei-flügels, d e Yorderhälfte, ef Hinterhälfte des Yorderflügels, fg Hinterflügel, der durch den Hakenapparat dem Yorderflügel angehangen ist. Originale. Staaten lebenden Wespen ist ein Dimorphismus der 99 vorhanden; man unterscheidet grosse und kleine 99, die gewöhnlich Weibchen oder Königinnen und Arbeiterinnen genannt werden. Dies ist aber falsch, da die sogeuannten Arbeiterinnen sich ausser durch die Grösse nach den L^ntersuchungen von Huber, E. Leuckart und v. Siebold [50] in keiner Weise, besonders nicht durch irgend welche Differenz in den Geschlechtsorganen von den grossen Weibchen unterscheiden. Die nach Zerstreuung des Staates im Herbste allein übrigblei- benden, grossen, befruchteten 99 überwintern an irgend einem ge- schützten Orte unter Moos, in Rindenritzen u. s. f. Jede solche Königin beginnt nun im Frühjahr ein eigenes Nest zii bauen und den Grund jeder Zelle mit einem keulenförmigen, befruchteten Ei zu belegen. Aus den Eiern schlüpfen bald die Larven, welche nun von der Königin mit zerkauten Lisekten, Spinnen etc. ganz allein aufgezogen werden. Bei der grossen Arbeitslast, welche die Fütterung vieler Larven aber ver- ursacht, erhalten sie nur spärliches Futter und verwandeln sich daher nach ihrer Verpuppung in einem anfänglich silberfarbenen, die Zelle mit ^22 l"^'"'l'- ^- ^i^ Hantflügler oder Immen. <;-cwiillitc'm Deckel scliliessenden Gcspiunste nur in körperlich zurück- bleibende, kleine, aber geschlechtlich völlig ausgebildete 9$. Diese helfen der Stockgründerin bei der ErAveiterung des Nestes und der Pflc-e der aus den von der Königin weiterliin abgesetzten, befruchteten Eiern ausschlüpfenden Brut, welche nun, bei der grösseren Zahl der Ptl(>gerinnen reichlicher gefüttert wird und grössere Weibchen liefert, zuletzt solche, welche der Königin gleichkommen. In der Mitte des Sommers erscheinen auch JJ>, und zwar entstehen diese aiis unbefruchteten Eiern, welche von den den ersten Brüten entstam- menden, kleineren und mittleren Weibchen, die sich bei dermaligem, gänzlichem INlangel an JJ* nicht begatten konnten, gelegt werden. Die gegen Schluss des Sommers entstehenden grossen Weibchen be- theiligen sich entweder unbefruchtet noch am Eierlegen, vermehren so die Zahl der c?c5' und sterben im Herbst ebenso wie alle kleinen 9g mid alle cTc?, oder sie lassen sich begatten und ziehen sich dann als befruchtete, zu neuem Nestbau im künftigen Frühjahre bestimmte 99 in die Winterquartiere zurück. Systematik. Die Faltenwespen zerfallen, wie bereits oben er- wähnt, in drei Unterfamilien, welche sich folgendermassen unterscheiden : 1. Yorderflügel mit nur 3 Cubitalzellen . , , Masarid ae. 2. A^orderflügel mit 4 Cubitalzellen. a) Klauen gezähnt Eumenidae. bj Klauen ungezähnt Yespidae. Bei Benutzung dieser kurzen Tabelle bitten wir aber die oben bei der Besprechung der Flügelordnung über die Zählung der Cubitalzallen gemachten Bemerkungen zu berücksichtigen. Zu genauerer Orieiitirung über die einheimischen Vesparien kann eine schöne Arbeit ron Schenck [48 c] dienen. Die Masariden können hier ganz vernachlässigt werden. Von den Eumeniden sind folgende Gattungen und Arten einigermassen für den Forstmann beachtenswerth : Gattung, Eumenes Fabr. Hinterleib gestielt. Hinterleibsring 1 trichter- förmig, an der Basis sehr verdünnt. Ring 2 kurz und glockenförmig aufgetrieben. Thorax ebenso lang als breit. E. pomiformis Spin. Baut rundliche, geschlossene Lehmzellen au Zweige, riankcn, Mauern. Gattung. Odynerus Latr. Hinterleib anhangend, an der Grenze zwischen erstem und zweitem Hiuterleibsring eingeschnürt. Hinterkiefertaster 4gliedrig. Es gibt zahlreiche deutsche Arten, von denen wir nur erwähnen O. parietum L. Gräbt in Mauern und Pfosten Höhhmgen, die anfänglich mit einer nach unten gebogenen, angeklebten, später nach Belegung der Zelle zur Gewinnung von Verschlussmaterial wieder abgebrochenen Eingangsröhre aus geknetetem Lehm versehen werden. Die-Vespiden im engeren Sinne, d. h. also die geselligen, staatenbildenden Faltenwespen, bestehen überhaupt nur aus zwei Gattungen: Polistes l'^ABB. Hinterleib anhangend, Eing 1 desselben kurz kegelförmig, nach der Aulieftungsstelle an dem ebenfalls nach hinten verjüngten Metathorax , .sich allmählich zuspitzend. Der Stock besteht aus einer einzigen, nicht von einer äusseren Hülle umgebenen, mit einem Stiel an Mauern, Planken u. s. w. befestigten Walje. P. gallica L. Einzige Mitteleuropäische Art, welche bei uns gewöhnlich m der weniger gelbe Zeichnungen zeigenden var. diadema Latk. vorkommt. Forstlich bedeutungslos. Faltenwespen. Allgemeines; Systematik; die Hornisse. 723 Vespa L.. Hinterleib anhangend. Hinterrücken hinten, der Hinterleib vorne gerade abgestutzt, beide daher durch eine enge, tiefe Spalte getrennt. Kopt- schild oben imd unten ausgerandet. Basis der ersten Cubitalzelle merklich länger, als die beiden folgenden zusammengenommen, die zweite bihlet mit der ersten einen rechten, mitimter etwas stumpfen, inneren Winkel. Oberkiefer wenig länger, als breit, A'om merklich breiter. Klauen ungezähnt. Sie bauen mit einer mehr- fachen äusseren papierartigen Hülle umgebene, horizontal übereinander stehende, durch Stielchen miteinander verbundene Waben aus sechseckigen, mit der Oeff- nung nach unten gerichteten Papierzellen. Die Hülle hat ein Flugloch, und wird auch dami hergestellt, wenn das Nest in Erdlöchern steht, während sie bei in Baimihöhlen angebrachten Nestern mitunter weggelassen wird. Die einzige, wirklich forstlicli Aviclitige Art ist, wie sclion oben bemerkt, die Hornisse, Vespa crabro L. (Fig. 184, S. ßl7), die grösste einlieimische, bis 3 cm lange, scbwarz, gelb luid braunrotli ge- zeiclniete, Avegen ilires Stiches mit Recht gefürchtete Art. Sie schält an verschiedenen Lanbhölzern, namentlich an Eschen die Rinde platzend ab, eine Yerletznng, welche je nach Stärke und Ausdehnung ein Ab- sterben der Krone oberhalb der Schälstelle oder doch wenigstens De- formation der Zweige durch Ueberwallung zur Folge hat. Beschreibung. Wespe: Kopf, Prothorax, 2 mittlere Streifen auf dem Mesothorax, Schildchen und Flügel, sowie der grösste Theil der Beine braunroth. Augen, Eest des Thorax, sowie mittlerer Gürtel des ersten und breiter, auf Bauch und Rücken dreispitzig ausgezackter Yordergürtel der übrigen Hinterleibsringe braunschwarz. Oberlippe, schmaler Hinterrand der ersten und breiter aller übrigen Hinterleibsringe rothgelb. Auf dem Kücken wird der dunkle Vorder- rand der Ringe durch Uebergreifen des gelben Hinterrandes der vorhergehenden Ringe bis auf 2 seitliche dunkle Punkte meist völlig verdeckt. Kopf der (^ ^^ kleiner als der der 99) dagegen die Fühler der (^ (^ lang und stark, aber mit sehr kurzem Schaft und daher ungebrochen aussehend. (^ (^ 28 nt?H, grosse 92 über 30 mm, kleine 9? ^^is 25 mvi lang. Die Hornissen bauen ihr oft 30 cm im Durchmesser haltendes Nest meist in alte, hohle Bäume, sonst aber auch in ruhige, verlassene Gebäude, Erdlöcher u. s. w. Der StoiF zu Hülle und "NVaben ist gröber und spröder wie bei den übrigen einheimischen Formen und besteht aus f:\ulem Holze, sowie aus anderen Pflanzenfasern. Der Eingang zu den Baumhöhlen wird mit ihm bis auf ein Flugloch verschlossen. Steht, was auch vorkommen kann, das Nest frei, so ist es ringsum von einer Hülle umgeben. Die Hornissen schälen in der weiteren Umgebung ihrer Nester Stämmchen der jüngeren, und jüngere Zweige der älteren Laubbäume, indem sie mit ihren scharfen Oberkiefern die Rinde bis auf den Splint Avegnehmen. Ganz frischer Frass soll sich nach Altum leicht an den, bei Anwendung der als seitliche Beisszangen wirkenden Oberkiefer auf dem Splint der Nagefläche zurückbleibenden, in Querreihen stehen- den Basttheilchen erkennen lassen. Dieses „Nagedessin" darf aber nicht verwechselt werden mit den zickzackförmigen, hellen Bändern ähneln- den Frassfiguren, welche Schnecken atxf den grösseren Schälstellen 724 Kap. X. Die Hautflügier oder Immen. (Inrc'li Absclmbeu des eingetrockneten Saftes erzeugen, und wclclie, Avie Frassstüeke der Tliarander Sammlung lehren, häufig an Eschenwundeu zu sehen sind. Wenngleich Kinde und S2:)lint weggenommen Avird, so werden doch zunächst die äusseren Kindenschichten entfernt, und später erst der Bast, dessen Gefässbündel mehr abgerissen als zerschnitten Averden; es ist daher der Ober- und Unterrand frischerer NageAvunden Avie gefranzt. Der Frass kann als unregelmässiges Plätzen (Fig. 214) bezeichnet werden, AA'ohei die Schälstellen mit- unter kleiner bleiben, häufiger aber als lange, die Peripherie des ZAA^eiges halb oder ganz umgreifende Ent- blössiingen erscheinen. An einem Exemplare der Tliarander Sammlung ist eine solche Schälstelle fast 50 cm lang. Die Holzart, Avelche haupt- sächlich angegriffen wird und auch am meisten leidet, ist die Esche. Am häufigsten sind es 5 20jährige, bis 7 oder 8 m hohe Stämmchen, die angegangen Averden, aber auch ältere starke Bäume Averden an den Seiten- ästen beschädigt. Ratzeburg [XV, II, S. 17G— 203] und Altum [XVI, III, 2, S. 225—227] berichten mehr- fach über grössere Schäden. In zAveiter Linie werden die Erlen (Fig. 214 A) angenommen, und zAA^ar nicht, wie man anfänglich glaubte [43], nur Weisserlen, sondern auch ScliAvarzerlen. Wir bilden daher beistehend auch einen Frass an ScliAvarzerle vom königl. Sächsischen StaatsforstrcA'ier Würschnitz ab (Fig. 214 liund C). Ferner berichtet Altum V'^\ '^^'r. t^ornissenschälung, A an über einen grösseren Frass an Birken. lösche, B und (J an ScliAvarzerle. ^4 i'at. Grösse. Original. ^on anderen Holzarten Averden noch genannt durch Altum [XVI, III, 2, S. 226] Linde, Sy ringe und Weide, Salix viminalis L., von Hartig [XV, II, S. 277] ausserdem Pappel und von Eatzeburg Saalweide, S. caprea L., Rosskastanie, Lcärche und Eichen, einmal auch Quercus coccinea L. Die tenien, schmalen Eingelungen, die man auch vielfach an Buche und anderen Holzarten gefunden hat, rühren dagegen sicher von Cimbex variabilis Klug her (vgl. S. 665). Ob die Hornissenschälungen zur Gewinnung von Baumaterial verübt werden oder wegen des aufzuleckenden Saftes ist noch nicht völlig entschieden. .NÖRDLiNGER [VIII, S. 502] uud bis 1852 auch Ratzebürg [V, III, S. 49 und 43] suid ersterer Meinung. Später wendet sich letzterer Forscher [XV, II, S. 279] Die IIoniis.se und ihr Frass. 725 aber der EEAUMUR'sclien Ansieht zu, dass die Saftgewinnung die Hauptsaelie sei, und zwar aus dem Grunde, weil die Beschädigungen lebender Ptianzentheile meist erst im Juni oder Juli einzutreten ptiegen, während der Nestbau schon früher beginnt. Altum möchte beide Zwecke als nebeneinander herlaufend an- sehen, was wohl auch das Wahrscheinlichste sein dürfte. Die Folgen dieser Beschädigung- an Esclien sind genauer be- obachtet -worden. Ist eine vollständige Ringelung des Stammes oder Zweiges erfolgt, so stirbt der über der Schälstelle liegende Theil nach längerem oder kürzerem Kümmern ab. Bei jungen Stämmchen wird dann von den unter der Verletzung gelegenen Seitenzweigen ein buschiger oder zw^ieseliger Neuwipfel gebildet, oder ein unterer, kräftiger Neben- ast wird zum Hauptwipfel. Aber auch wenn die Verletzungen den Stamm nicht umgreifen, bilden sie hässliche, nur langsam überwallende Wunden, welche allerhand anderen Schädlingen Zutritt zum Stamm gew\ähren und schliesslich als faule Stellen den crw^achsenen Stamm oder Ast schänden. Bei Erlen soll häutig Wi])felbruch die Folge der Hornissenschälung sein. Die Abwehr schädlich werdender Hornissen kann dxirch Fang der Wespen in an der Frassstelle aufgestellten, langhalsigen Flaschen mit Honig oder Zuckerwasser geschehen. Auch kann man nach Ent- deckung des Nestes, wobei die Eichtxuig der abfliegenden Wespen als Wegweiser dient, in früher Morgenstunde oder an kalten Tagen, avo man weniger leicht den Angriffen der Bewohner ausgesetzt ist, dieses ausschwefeln, sowie, Avenn es in hohlen Bäumen steht, durch feste Ver- mauerung der Eingänge die Insassen tödten. Auch durch iliren selir sclimerzliaften Stich können die in der Nähe des Nestes leicht gereizten Hornissen dem Menschen nicht nur unangenehm, sondern auch g-efährlich werden, besonders da mitunter plötzliche Wuthsausbrüche des ganzen Stockes vorkommen, bei welchen ein Thier oder Mensch von vielen Wespen gemeinsam angegriffen wird. V. vulgaris L., sowie die in den kleinen $9 kaum von ersterer zu unterscheidende V. germanica Fabk., sind sehr häutige, ihre Nester in Erd- höhlungen bauende, schwarz und gelb gezeichnete, kleinere Formen, welche durch ihre A'orliebe für süsse Fruchtsäfte, zu deren Gewinnung sie das reife Obst und die Weintrauben annagen, dem Obstzüchter iind Weinbauer häufig sehr schädlich werden. Der Stich ist gleichfalls schmerzhaft. Die BlumeuAvespen oder Bienen. Die Bienen, Anthophila, sind mittelgrosse bis grosse, oft behaarte, einsam lebende oder Staaten bildende, monotroche Hymenopteren mit beim Männchen 13-, beim Weibchen 12gliedrigen Fühlern, nicht faltbaren Vorderflügeln, meist abgeplatteten und wenigstens an der Innenseite behaarten Schienen und Fersen der Hinterbeine, sowie äussert kurz gestieltem, beim Männchen 7-, beim Weibchen 6gliedrigem Hinterleibe. -op K;ip. X. Die Haiitliügler otler Immen. Ihre fusslosen Larven mit deutlichem Kopfe leben, mit Aus- nahme einiger weniger Einmiether in Nestein anderer Hymenopteren, von durch die Weibchen eingetragenem Blüthenetaube und Honig in eigens zu dieser BrutpBege gebauten Wohnungen. Die forstliche Bedeutung der Blumenbienen, deren Rolle im Haus- halte der Natur hauptsächlich in der Kreuzbefruchtung der Blüthen tragenden Gewächse besteht, ist sehr gering, da die wichtigsten Holz- arten meist Windblüthler (vgl. S. 133) sind. Auch die Honigbiene, welche früher, als die wilde Bienenzucht in unseren Gegenden noch be- stand eine der -bedeutendsten Nebennuizungen des Waldes bedingte, hat seit der Ausbreitung der rationellen Waldwirthschaft an Wichtigkeit für den Forstmann sehr verloren, dagegen ist für ihn in vielen Fällen die neuerdings so sehr vervollkommnete künstliche Bienenzucht eine ebenso interessante wie lohnende Nebenbeschäftigung. Allgemeilies. Der wesentliche Charakter der Grcppe ist ein biologischer: die Lebensweise der auf Blumennahrung angewiesenen Larven. Dieser Zug hat auf das tiefste auch den morphologischen Bau der Imagines dieser in ihren einfachsten Formen, z. B. Prosopis Fabr., sich den Grabwespen noch eng anschliessenden Familie beeinflusst. An dem die gebrochenen Fühler, deren Schaft allerdings mitunter sehr klein werden kann, tragenden Kopfe stehen zunächst als Mund- werkzeuge die grossen Vorderkieferzangen, welche wesentlich zum Bau der Wohnungen dienen, und mit der Nahrungsgewinnung nur wenig zu thun haben, llittel- und Hinterkiefer zeigen alle möglichen Uebergänge von den einfach zum Auflecken der Blüthensäfte dienen- den Mundwerkzeugen bis zu jenen hochentwickelten und gestreckten, zum wirklichen Honigsaugen dienenden Rüsseln, wie wir sie bei den Hummeln, Honigbienen und anderen finden. Die Umwandlung der beiden hinteren Kieferpaare zu einem Saugrüssel geschieht stets durch eine starke Verlängerung aller Theile dieser beiden Kiefer- paare (vgl. Fig. 185 Z? auf S. 620). Angel und Stamm des Mittelkiefers strecken sich, die Lade wird zu einer messerförmigen Platte und die Mittelkiefertaster vei - kümmern. Das Kinn der Unterlippe, d. h. die verwachsenen Stammtheile der beiden Ilinterkiefer strecken sich, die ligula, d. h. die verwachsenen inneren Laden der beiden Hinterkiefer werden zu einer von Haarquirlen umgebenen, in der Mitte von einem Capillarrohr durchbohrten Zunge, an deren Basis die äusseren Laden als Nebenzungen sich zeigen. Die viergliedrigen Taster des Hinterkiefers werden zu langen Gebilden, bei denen nur die oberen beiden Glieder die Function des Tastens behalten, während die unteren als schmale Platten, zugleich mit den Laden der Mittelkiefer, zusammengelegt eine Scheide um die behaarte Zunge bilden. In dem Zwischenraum der so gebildeten Röhre und der in ihr tich frei bewegenden Zunge wird durch abwechselndes Auf- richten lind Senken der Haarquirle der Zunge der Honig, mit dem die Zungen- .spitze befeuchtet wurde, nach der Mundöffnung zugeschoben. Dieser Vorgang wird durch Erweiterung und Verengerung der Mundhöhle, also durch wirkliche Saugwirkung unterstützt und die Capillarröhre in der Zunge dient nur zum Vorkosten des zu saugenden Honio^s. Allgemeines über die Bienen. 727 Die Brust trägt die beiden Flügelpaare, von denen die Vordeiflügel 2 — 3 ganz geschlossene, nach unserer Zählung (vgl. S, 7~0) also 3 oder 4 Cubitalzellen haben (Fig. 215). Die Beine, deren Eigenthümlichkeit wesentlich in der Abplattung der Hinterschienen und -Fersen besteht, zeigen bei vielen 99 der nicht schmarotzenden Formen, denen allein die Brutpflege obliegt, eine ganz hervorragende Anpassung an das PoUensammelgeschäft, Es sind dies also Bein- sammler. Der einfachste Sammelapparat wird durch eine starke Behaarung der Hinterbeine von der Hüfte bis zur Ferse herab gebildet. Auch der Metathorax ist häufig noch mit Sammelhaaren versehen, z. B. bei Andrena Fabr. Zwischen diesen Haaren häuft sich nun beim Herumkriechen in den Blüthen zum Zweck der Honiggewinnung ohne weitere Mühe des betreffenden Insektes der Pollen an. Diese Formen werden Schenkel samraler genannt. Bei anderen beschränkt sich die Bekleidung mit Sammelhaaren auf Schiene und Ferse, d. h. auf diejenigen Theile, aus denen in den Zellen der Pollen am leichtesten wieder entfernt werden kann, z. B. bei Anthophora Latr. während zugleich die Sammelhaare eine ganz kolossale Länge und also die Fähig- keit zur Aufnahme sehr bedeutender Pollenmengen erhalten können, z. B. bei Dasypoda Latr. (vgl. S. 34, Fig. 24 E). Diese Formen können Schienen- sammler genannt werden, oder eigentlich Scbienenfersensaramler. Zu der grössten Sammelleistung sind aber die Körb c hens ammler be- fähigt, d. h. die §5 ^^^ Gattungen Apis L. und Bombus L., welche den mit Honig durch- tränkten Pollen in Klümpchen, den sogenannten „Höschen", an eine glatte, von ttarren, ge- krümmten Haaren umstellte, auf der Aussen- seite der Hinterschienen angebrachte Aus- höhlung, „Körbchen" genannt, festkleben, und so nach Hause tragen (vgl. S. 34, Fig. 24: F). Ausserdem ist die Ferse der Fig. 215. Die Flügel der Honig Hinterbeine bei ihnen an der Basis löffelartig biene. Arbeiterin. ^/, nat. Grösse erweitert und dabei nur in einem Punkte der Original. Schiene angelenkt. So entsteht die sogenannte AVachszange, ein zum Ergreifen der zwischen den Bauchringen abgesonderten Wachsplättchen geeignetes Inslnment. An dem Hinterleibe, welcher beiden 99 aller Formen einen mit einer Giftblase und Widerhaken versehenen, in der Wunde ab- brechenden Wehrstachel trägt, finden wir bei manchen Formen gleichfalls Sammelapparate. Es ist dies bei den Bauchsammlern der Fall, welche die Unterseite des Abdomens mit reihenweise ge- stellten, zum Abkehren und Festhalten des Pollens geeigneten Haaren besetzt haben, z. B. Megachile Latr. und Chalicodoma Lep. Es gibt aber auch Blumenwespen, welche gar keinen Sammelapparat haben und keinerlei Brutpflege üben, da sie ihre Eier in die Wohnungen anderer Bienen legen und ihre Larven auf Kosten der Brut dieser letzteren sich ernähren lassen, die sogenannten Kuckucksbienen. Diese sind zwar oft als eigene Gruppe von den übrigen getrennt worden, stehen aber vielfach sammelnden und bauenden Formen so nahe, z. B. die Gattung Psithyrus Lep., die Schmarotzerhummeln, der Gattung Bombus L., den eigentlichen Hummeln, dass sie besser diesen angereiht werden. »g Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. Neben diesen Scbmarotzerbienen kann man biologisch noch einsame, d. b. nur paarweis, ^ und 5 zusammen lebende, und gesellige Bienen unterscheiden. Bei ersteren baut das 9 alle zur Unterbringung ihrer Brut erforderlichen Zellen selbst und versorgt auch die Larven ganz allein mit Nahrung. Die Zellen werden entweder in Höhlungen des Erdbodens, in alten Mauern oder Holz- stücken und Pflanzenstengeln angelegt und mit verschiedenen, durch Speichel zusammengeleimten Materialien, z. B, Blättern etc., ausge- kleidet, oder aus Erde und anderen Stoffen äusserlich an fremde Gegenstände angebaut. Die geselligen Bienen zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen regelmässig ein Dimorphismus der 99 eintritt. Bei den Hummeln, der Gattung Bombus L., ist dieser Dimorphiomus genau dem bei den Faltenwespen (vgl. S. 721) vorkommenden gleich: es gibt grosse und kleine 99, von denen auch die letzteren völlig ausgebildete Geschlechts- tbeile besitzen und sich regelmässig am Eierlegen betheiligen. Bei der Honigbiene treten ausser dem völlig entwickelten, in jedem Stock nur in der Einzahl vorkommenden 9, Königin oder Weisel genannt, dem ausschliesslich das Geschäft des Eierlegens normalerweise bleibt, sehr zahlreiche kleinere Weibchen mit wenig Eiröhren und verkümmerter Samenblase auf, denen Bau und Erhaltung des Stockes, sowie die Brutpflege ausschliesslich zufällt, die Arbeiter. Legen dieselben ausnahmsweise einmal Eier, so bleiben diese natürlich un- befruchtet und entwickeln sich ausschliesslich zu (S (S . Die regelmässig im Sommer auftretenden c?ci* entstehen aber aus von der Königin abgelegten, absicbtlich nicht befruchteten Eiern. Die Männchen heissen Drohnen. Systematik. Die Deutschen Arten dieser Familie bilden jetzt etwa 32 Gattungen. Wir erwähnen als Eepräsentanten der verschie- denen biologischen Gruppen nur wenige Hauptformen. Zu weiterer Orientiruug sind die Arbeiten von A. Schenck [48 a] zu empfehlen. Man kann zwei Abtheilungen unter den Bienen machen, solche, hei denen beide Tasterpaare wesentlich gleichgestaltet sind und den gewöhnlichen Typus der Hymenopterentaster zeigen, die Andre- netae Latr., und solche, bei denen sie verschieden gestaltet sind, die Ai^iariae Latr. A. Unterfamilie Andrenetae Latu. HiDterkiefertaster den Unterkiefer- tastern in der Form älinlicb. Gattung Prosopis Fabr., Maskenbiene. Radialzelle lanzettlieh, ihr spitzes Ende vom FHigelende entfernt. .S Cubitalzellen, davon nur zwei voll- ständig und 1 viel grösser als 2. Hinterschienen und Ferse bei ^ und 9 kurz und spärliih behaart. Zunge sehr kurz und breit. Kleine schwarze, meist, und zwar besonders h.äufig auf dem Gesieht mit weissen Zeichnungen versehene Arten, welche keine Sammelapparate haben, aber doch nicht parasitisch sind, sondern den Futterbrei für die Larven aus der selbst genossenen Nahrung durch Wiederausspeien gewinnen. Fliegen häufig mit ähn- lichen Grabwespen um alte Pfosten. P. communis Nyl. häuficr. Allgemeines über die Bienen und Systematik. 729 Gattung Andrena Fabr., Erdbiene. Radialzelle lang und lanzettlicb zugespitzt, weit vom Flügelende entfernt bleibend, 4 Cubitalzellen, davon nur drei geschlossen und 1 am grössten, 2 am kleinsten. Medialqueradern an der Basis nur schwach gebogen. Analader der Hinterflügel bis zum Hinterrand reichend. 2 mit ausgeprägtem Schenkelsammelapparat, besonders mit langer Sammel- flocke am Hinterscheukelring. Kiefertaster lang, sechsgliedrig. Meist im Früh- jahre fliegende, ihre Röhren in losem Erdreich anlegende Bienen. A. cine- raria L. häufig. Gattung Dasypoda Latr., Hosenbiene. Radialzelle lang, zugespitzt. 3 Cubitalzellen, von denen nur zwei vollständig und 1 etwas grösser als 2. Hin- terschenkel und -Ferse lang behaart, beim § mit langen, rothgelben Sammel- haaren. D. hirtipes Fabr. Auf Cichorium im Spätsommer häufig, legt ihr Nest in der Erde an. B. Unterfamilie Apiariae Latr. Hinterkiefertaster mit zwei flachen, langen Basal- und zwei runden, kurzen Endgliedern. Mittelkiefertaster mit lauter drehrunden Gliedern. Gattung Nomada Fabr., Wespenbiene. Radialzelle lang, zugespitzt, das Flügelende nicht erreichend. 4 Cubitalzellen, davon nur drei geschlossen und 1 bedeutend grösser als die unter sich ziemlich gleichen 2 und 3. Hinter- schienen und -Fersen kurz behaart, ohne Sammelapparat. Hinterleib kahl, glänzend, mehrfarbig, häufig wespenartig gezeichnet. Kiefertaster 6gliedrig. Häufige, sehr artenreiche, die Nester von Andrena Fabr. mit ihren Eiern belegende Schmarotzerbienengattung. N. ruficornis L. Kopf und Thorax matt- schwarz, Hinterleib waehsgelb mit braunen Querbinden und ziegelrother Basis. Beine hochroth. Hinterschenkel oberhalb schwarz. Gattung Megachile Latr., Blattschneiderbiene. Radialzelle ab- gerundet, den Flügelrand nicht erreichend. Cubitalzellen 1 und 2 ziemlich gleich. Rücklaufende Ader 2 mündet nahe am Ende der Cubitalzelle 2. Hinterleib breit, beim 9 ^uf dem Rücken ziemlich flach, nach oben stehend, mit deutlichem Bauchsammelappai-at, beim f^ gewölbt, mit den 2 Endsegmenten nach unten gekrümmt. Oberkiefer sehr stark. Die hierher gehörigen Arten bauen in der Erde, in morschem Holze u. s. f. fingerhutförmige, zu einer walzigen Röhre vereinigte Zellen aus abgeschnittenen Blättern, jede einzelne mit einem runden Deckel geschlossen, M. centuncularis L. schwarz, aschgrau behaart; (^ mit fast halbkugelförmigem Hinterleibe, $ mit einem fast herzförmigen, unten rothbraun behaarten, oben fast kahlen Hinter- leibe. Seitenränder der Segmente weiss behaart. Sehneidet besonders künstlich Blätter, namentlich Rosenblätter ab und baut ihr Nest in alten Pfosten. Gattung Chalicodoma Lep., Mörtelbiene. Von der vorigen Gattung durch die Vergrösserung der Cubitalzelle 1 ausgezeichnet. Bauchsammler. Ch. muraria Fabr. baut ungemein feste, wie angeworfene Kothklumpen aussehende Nester an sonnige Mauern und Felsen aus mit Speichel vermischter Erde. Gattung Anthophora Latr., Pelzbiene. Radialzelle weit vor der Fliigelspitze endend, eigentlich 4 Cubitalzellen, davon aber nur drei geschlossen und unter sich ziemlich gleich, nicht durch eine kleine Falte getheilt. Rüssel lang. Mittelkiefertaster 6gliedrig. Die aussen gewölbten Hinterschienen und -Fersen des 9 dicht mit Sammelhaaren besetzt. Mittelfussglieder des ^ oft verlängert. Körper pelzig. In weichen Wänden nistende, zahlreiche Deutsehe Arten. A. retusa L. {(^ pilipps Fabr.); 9 unserer gewöhnlichen Honigbiene in der Färbung ähnlich, mit gelbgrauer Behaarung, Kopf schwarz. (^ mit gelbem Kopfschild, gelber Stirn und lang gefranzten Mittelfussgliedern. Im Frühjahr auf Saalweiden. Gattung Bombus L., Hummel. Radialzelle weit vor der Flügelspitze endend, am Ende verschmälert, 4 Cubitalzellen, davon nur drei geschlossen und Lehrbuch d. mitteleurop. Forstinsekteu. 47 -OQ Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. ziemlich gleich gross, 1 mit einem Querfältchen, 3 gegen den Cubitus zu am breitesten. Augen nackt. Nebeuaugen in gerader Linie. Hinterschienen aussen o-länzeud, ' Körper dicht behaart, zum Theil bunt. Man unterscheidet Männchen, grosse und kleine Weibchen, letztere gewöhnlich Arbeiterinnen genannt. Der Sammelapparat der Weibchen besteht aus einem Körbchen an der Hinter- schiene; Wachszange vorhanden. Die Hummeln bauen in der Erde und unter Moos einfache Xester, in denen meist nur Verhältnis smässig wenige Bewohner, 40—50, sind. Die Eier werden zu mehreren, aber getrennt, in grosse, teigartiore Pollenklumpen abgelegt, in denen die ausschlüpfenden Larven gerundete Höhlungen fressen. Sie verpuppen sich in ovalen, locker nebeneinander liegenden, äusserlich, wahrscheinlich durch die Weibchen, mit einer gelben, wachsähnlichen Masse überzogenen Cocons, die keine zusammenhängenden Waben bilden. Ausserdem sind in den Nestern noch einfache Honigbehälter, sogenannte „Honigtöpfe'' vorhanden. Die Colonien überdauern den Winter nicht. Diesen ertragen bloss die grossen, im Herbst be- fruchteten Weibchen, von denen im Frühjahr jedes eine neue Colonie anlegt. Am häufigsten sind: B. terrestris L. ; schwarz, After weiss, der Thorax vorn und eine breite Binde auf dem 2, Hinterleibsringe gelb, 13—20 mm. B. hortorum Latr, ; schwarz, After weiss, der Thorax hinten und erster Leibring gelb; 13 - 20 mm. B. muscorum L. ; schwarz, Thorax und Basis des Hinterleibes roth- gelb, letzterer grösstentheils hellgelb, 9— 20j?i7». B. lapidarius L. ; $ schwarz mit rothem After, beim (^ sind ausserdem Kopf, Vordertheil des Thorax, oft auch das Schildchen gelb, \S— 20 mm. Galtung Psithyrus Lf.p, {Apathus Newm,), Schmarotzerhummel, Voriger Gattung ähnlich. Hinterschienen ohne Sammelapparat, aussen bei J' und 9 behaart; Nebenaugen in flachem Bogen gestellt. Bauen und sammeln nicht, legen ihre Eier in andere Hummelnester. Häufig Ps. rupestris Fabr. Zeichnung ähnlich dem B, lapidarius L,, J aber grösser; Flügel schwarzbraun; (^ mit einem schwarzen, an allen Kändern grau behaarten Thorax. Gattung Apis L., Honigbiene. Radialzelle fast bis an die Flügel- spitze reichend, sehr langgestreckt und schmal. Vier Cubitalzellen, davon drei ge- schlossen und unter sich fast gleich, 2 nach dem Radius zu verschmälert, 3 schief rhombisch. Augen behaart, Nebenangen im Dreieck gestellt. Hinter- schienen aussen glänzend. Man unterscheidet: (;^(^, Drohnen, 2, Königin und verkümmerte 9 9> ^'"b ei terinnen. (^(5^ durch die grossen, auf dem Kopfe bei- nahe zusammenstossenden Augen von den 99 unterschieden; die Königin unter- scheidet sich durch ihre Grösse und das Fehlen des Sammelapparates von den Arbeiterinnen, die Körbchen, Wachszauge und eine aus reihenweis gestellten Borsten auf der Innenseite der Hinterferse gebildeten Bürste haben. Das Nest, aus vertical gestellten, aus zweiseitig geordneten, sechseckigen Zellen bestehenden Wachswaben gebaut, wird imFreien in irgend einer Höhle angelegt. In jedem Staate finden sich dauernd eine langlebige Königin und viele Arbeiter. Hierzu kommen im Sommer noch die aus unbefruchteten Eiern sich entwickelnden, vor dem Winter aber sterbenden oder in der Drohnenschlacht von den Arbeitern ge- tödteten Drohnen. Von den aus den befruchteten Eiern hervorgehenden Larven werden einige in grossen, unregelmässigen Zellen, den sogenannten Weiselwiegen, durch besonders gutes Futter zu Königinnen herangezogen, während die Ar- beiterinnen in kleineren, gewöhnlichen Zellen bei spärlicher Kost aufwachsen. Die Begattung der Königin geschieht im Fluge. Die begattende Drohne verliert hierbei ihr Leben. Die Vermehrung der Stöcke geht durch das Schwärmen vor sich, indem entweder die alte befruchtete Königin oder eine junge, unbefruchtete mit einer grösseren Anzahl Arbeitsbienen den Stock verlässt und eine neue passende Stelle zur Gründung eines solchen aufsucht, oder vom Imker ge- fangen und in einen neuen Stock eingeschlossen wi'-d. Nur bei ungünstigen, winterlichen Temperaturverhältnissen gehen die Stöcke ein, können aber viele Jahre dauern. Systematik der Bienen. Die Honigbiene, 731 Die einzig wirtbschaftlicb wichtige Blumenbiene ist die Honigbiene, Apis melliflca L., welche, jetzt gewöhnlich domesticirt, in mehreren Spielarten vorkommt. Die gewöhnliche Form ist schwärzlich pecbbraun, am Scheitel russ- schwarz, sonst gelbgreis behaart, der Hinterleib mit greis bestäubten Querbinden. Sehr häufig ist bei uns kultiviit A. mellifica var. ligus- tica Spin., die Italienische Biene, bei welcher die Ringe 1 — 3 des Hinterleibes in grösserer oder geringerer Ausdehnung orange sind. Die Bienenzucht, die wilde Waldbienenzuclit sowohl, als die Imkerei, war bis zur Entdeckung von Amerika und bis zur Zeit der Reformation ein äusserst lohnendes, aber zugleich in primitivster Form betriebenes Gewerbe, da der Honig bis dahin das einzige Mittel zur Süssung der Speisen, sowie den Grundstoff zur Bereitung des früher beliebten Getränkes Metli, das Wachs aber das einzige zur Herstellung besserer Kerzen geeignete Material bildeten. Die Einführung des Amerikanischen Rohrzuckers und die sinkende Bedeutung der Kerzen für den Gottesdienst, späterhin die Erfindung der Rübenzucker-, Stearin- und Paraffin- bereitung machte aber die altvaterische Imkerei nur noch wenig lohnend, so dass im Anfang unseres Jahrhunderts dieser Erwerbszweig sehr herabgekommen war. Erst die 1845 geschehene Einführung der künstlichen Stöcke mit beweg- lichen Waben durch Pfarrer Dzierzon zu Karlsmarkt in Schlesien, der so- genannte „Mobilbau", welcher bald durch A. v. Berlepsch nnd Andere eine weitere Verbreitung fand, gab Anstoss zu einer erneuten Hebung dieses Ge- werbes und ermöglichte zugleich ein tieferes wissenschaftliches Eindringen in den Haushalt der Bienen, deren für die Praxis so wichtige Parthenogenesis von Dzierzon entdeckt und bald durch C. Th. v. Siebold und R. Leückart wissen- schaftlich begründet wurde. Die Imkerei hob sich hierdurch mit einem Schlage auf den Standpunkt einer ernsten Kunst, welche heutzutage von hunderten von Vereinen gepflegt und vielfach auch staatlich begünstigt, ein lohnendes Neben- gewerbe für eine grosse Anzahl von Mensehen abgibt. Auf dessen Praxis einzu- gehen, verbietet uns der Rahmen dieses Buches, wir begnügen uns daher mit der Aufführung der besten neueren Werke über dieses Fach, deren Nachweisung wir Herrn Pastor Sadppe zu Lückendorf, dem officiellen Vertreter der Bienen- zucht im Königreich Sachsen, verdanken. Wir ordnen dieselben alphabetisch: V. Berlepsch, A. Die Biene und ihre Zucht. 3. Aufl. 8. XXXVIII, 584 S. Mannheim, Schneider, 1873. Busch. Die Honigbiene, eine Darstellung ihrer Naturgeschichte in Briefen. 8. VII, 282 S. Gotha, Schenke, 1855. Derselbe. Die Bienenzucht in Strohwohnungen u. s. f. 8. XIV, 204 S. Leipzig, Weber, 1862. Dathe. Lehrbuch der Bienenzucht. 3. Aufl. 8. VIII und 305 S. Bensheim, 18T5. Derselbe. Anleitung zur Zucht fremder Bienenracen. 2. Aufl. 8. VIII, 104 S. Bensheim, Ehrhardt und Comp., 1877. Gravenhorst, C. J. B. Der praktische Imker. 8. 96 S. Braunschweig, Meyer sen., 1873. Günther, W. Praktischer Rathgeber zum Betriebe einträglicher Bienen- zucht. 8. VIII und 279 S. Leipzig, Thomas, 1886. Lehzen, G. H. Hauptstücke aus der Betriebsweise der lüneburgischen Bienenzucht. 8. VII und 108 S. Hannover, Brandes, 1880. Sadppe. der deutsche Bienenvater. 2. Aufl. Leipzig-Eutritzsch, Verlag der Leipziger Bienenzeitung, 2. Aufl., 1890. Schulz O. und Gühler H. Zeitgemässe Anleitung zum lohnenden Betriebe der Bienenwirthschaft. 8. VI, 188 S. Leipzig, Gracklauer, 1886. 47* -Ort Kap. X. Die Hautflügler oder Immen. Die Waldbienenzucht, welche früher auch in Deutschland sehr wichtig, sowie durch besondere gesetzliche Verordnungen geregelt war [vgl, 38] und noch am Ende des vorigen Jahrhunderts in manchen Wäldern einen Ertrag brachte, der dem Holzertrage derselben fast gleich kam (vgl. S. 136), ist heute eigentlich nur noch in Kussland beachtenswerth [62], wo sie in den mittleren uird südwestlichen Gouvernements blüht. Sie wird zum Theil in kleinen, den Bauern gehörigen, mitten im Felde gelegenen Gruppen von Laubbäumen, die eben nur dazu benutzt und „Paseka" genannt werden, getrieben, oder in den gutsherr- lichen Wäldern, in denen die Aufstellung der Bienenstöcke vielfach zu einer Art Servitut geworden ist. Nur selten wird liier von dem einzelnen Bienen- stocke eine Abgabe an die Gutsverwaltung gezahlt, und die Waldbienenzucht ist daher häufig ungern gesehen, da sie den Landleuten den Vorwand zu dem mit allerhand Forstfreveln verbundenen Umhertreiben im Walde liefert. Die älteste Form, diejenige, bei welcher die Bienen in den eigentlichen Beuten, d. h. an stehenden Bäumen künstlich ausgehölilten und vorn wieder mit einem Brette verschlossenen Löchern leben (vgl. S. 136), ist nur noch selten. Sie ist sehr irrationell, weil die Stöcke im Winter meist zugrunde gehen. Häufiger schon wird die Zucht in beweglichen Beuten getrieben, d. d. in sehr grossen Ab- schnitten gefällter Stämme, welche in ähnlicher Weise wie die stehenden Stämme zu Bienenwohnungen hergerichtet und dann auf Gerüsten zwischen den Aesten und in der Krone älterer Kiefern und Eichen, oft zu vielen an einem Baume, aufgehangen werden. Werden diese Beuten im Herbste herabgenommen und passend in geschützten Orten überwintert, was allerdings durchaus nicht überall geschieht, so ist dieses Verfahren schon viel rationeller und sichert den Fortbestand der Stöcke über Winter. Die rationellste Methode der Waldbienen- zucht besteht aber darin, dass dieselbe in Stülpstöcken getrieben wird, d. h. in kleineren, meist aus kernfaulen Kiefernstämmen hergestellten, von der Stirn- seite her zu Cylindern ausgehöhlten Stöcken, welche mit einem Flugloche ver- sehen und oben mit einem Brette vernagelt, mit der anderen offenen Seite aber auf ein Brett gestülpt werden. Diese Stöcke werden in eigenen Bienenhäusern im Dorfe überwintert und nach dem Weggange des letzten Schnees meist in grösserer Menge zusammen, bisweilen zu 300 bis 600 Stück, auf eine Wald- blösse gebracht, auf der kleinere Bäume das Niederlassen und Einfangen der Schwärme begünstigen. Hier werden sie unter Obhut eines besonderen, dort in einer Hütte wotmenden Wächters bis zum Juni belassen, und dann in eine mitten in den Feldern gelegene „Paseka" gebracht, namentlich zur Ausnutzung der Buchweizenbliithe. Nach der Fruchtreife werden sie in den Wald der Heide- blüthe wegen zurückgebracht und erst bei Beginn des Frostes wieder in die Ueberwinterungshäuser genommen. Besonders die mit Eichen gemischten Linden- wälder sind es, in denen die Waldbienenzucht viel getrieben wird. Literaturnachweise zu dem Kapitel X: „Die Hautflügler oder Immen". I. Adler, H. Ueber den Generationswechsel der Eichen- Galhvespen. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie XXXV, 1881, S. 151—246, Taf. 10—12. — 2. Altum. a) Kahlfrass von Birken durch Cimbex lucorum. Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen XI, 1879, S. 140. h) Das Auftreten der Gespinnstblattwespen Lvda pratensis F. und hypotrophica in den letzten Jahren. Daselbst XIV, 1882, S. 281 bis 291. c) Neue Erfahrungen über schädliche Weideninsekten. Daselbst XIV, 1882, S. G05— 607. d) Ueber die Gespinnstblattwespen, Lyda pratensis und hypotrophica. Daselbst XVI, 1884, S. 246—252. e) Tenthredo cingulata Fab. (linearis Klug), eine „täuschende" Blatt- wespenart. Daselbst XXI, 1889, S. 271—274. f) Waldbeschädigungen diirch Thiere und Gegenmittel. 8. Berlin 1889. — 3. Andre, Ed. Species des Hymenopteres d'Europe et d'Algerie. 8. Beaune. I, 1879, Waldbienenziicht. Literaturnachweise. 733 11, 1881, mit vielen Tafeln. — 4. v. Berg. Das Auftreten des Kiefern- trieb Wicklers (Tortrix Buoliana) und der Kiefernblattwespe (Tenthredo pini) auf dem Gobrisch. Tbarander Jahrbucb XII, 1857, S. 244 — 247. — 5. 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Beschreibung neuer oder wenig ge- kannter Blattwespen aus dem Gebiete der Preussischen Fauna. Pro- gramm des Friedrich-Collegiums zu Königsberg i. Pr. 1859. 4. mit 1 Tafel. — 61. F. Künstliche Vermehrung der Grallwespe. Central- blatt tÜr das gesammte Forstwesen IX, 1883, S. 578—582. — 62. F. L. Die "Waldbienenzucht in Kussland. Oesterreichische Forstzeituug I, 1883, fS. 32G imd 327. — 63. F. W. Die Ameisen als Waldschädlinge. Oesterreichische Forstzeitung 1884, S. 244. — 64 Die Ameise als Forstfrevlerin auf der That betroffen. Xiemann, Vaterländische AValdberichte H, 2, 1821, S. 196—199. — 65 Ameisen als Beschützer von Waldbäumen. Oesterreichische Forstzeitung 1888, S. 231. — 66 Verhandlungen über die Blattwespe. Verhandlungen der Forstsection für Mähren und Schlesien, Heft 18, 1855. S. 19—26 und Heft 22, 1856, S. 87 — 94. — 67 Tenthredo pini, die Kiefern- blattwespe in Oberschwaben im Sommer 1857. 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