QPSK College of ^f)?öiciansf anö ^urgconö Hibrarp Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from Columbia University Libraries http://www.archive.org/details/lehrbuchderphysi1895hamm LEHRBUCH DER PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE, LEHRBUCH DER PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE VON OLOF HAMMARSTEN O. Ö. PROFESSOR DER MEDIZINISCHEN UND PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE AN DER UNIVERSITÄT UPSALA. DRITTE VÖLLIG UMGEARBEITETE AUFLAGE. MIT EINER S P E K T R A [. T A F E L. WIESBADEN. VERLAG VON j. F. BERGMANN. 1895. h 1X2 Das Recht der Ueb ersetz ung bleibt vorbehalten. Druck der kgl. Universitätsdruckorei von H. Stürtz, Würzburg. Vorwort zur zweiten Auflage.. Nach dein Erscheinen der ersten schwedischen Auflage dieses Lehr- l)uches wurde ich von mehreren Fachgenossen im Auslande aufgefordert, eine deutsche Uehersetzung derselben zu besorgen, was mir indessen aus mehreren Gründen damals nicht möglich war. Da ich nun nach dem Er- scheinen der zweiten Auflage wiederum von vielen Kollegen eine ähnliche Aufforderung erhielt, wurde es mir sehr schwer, einen solchen ^'orschlag noch ein Mal abzulehnen. Ich gab also dem ausgesprochenen Wunsche nach, fand aber nach einiger Zeit, dass es, trotz dem unermüdlichen Be- streben meines Verlegers, nicht möglich war, unter den Fachmännern einen Uebersetzer zu finden. Es blieb mir also nichts Anderes übrig als die Uebersetzung sell)st zu machen, und ich darf daher bitten, etwaige Mängel im deutschen Ausdruck und orthographische Inkonsequenzen dem Ausländer freundlichst nachsehen zu wollen. Das vorliegende Buch ist, wie der Fachmann alsbald erkennen wird, kein ausführliches Lehrbuch. Seine Aufgabe war nur die, den Studirenden und Aerzten eine kurzgedrängte, so weit möglich objektiv gehaltene Dar- stellung der Hauptergebnisse der physiologisch - chemischen Forschung wie auch der Hauptzüge der physiologisch-chemi- schen Arbeitsmethoden zu liefern. Wenn ich dabei, trotzdem das Buch als Lelirbuch der physiologischen Chemie bezeichnet wurde, in ihm auch den wichtigeren pathologisch-chemischen Thatsachen einen Platz eingeräumt habe, so bin ich einer gewöhnlichen, wie es mir scheint zweck- mässigen, wenn auch nicht ganz korrekten Praxis gefolgt. Die Anordnung des Stoffes, welche \oi\ der in dtii Lehrbüchern sonst üblichen nicht unwesentlich abweicht, hat ihren (iruiid in der Art und Weise, wie die physiologische Chemie in Schweden studirt wird. Es sind nämlich hier physiologisch- und pathologisch-chemische Uebungen im Eabo- VI Vorwort. ratorium für alle Studenten der Medizin obligatorisch: und bei der An- ordnung dieser Uebungen habe ich stets mein Augenmerk darauf gerichtet, dass sie nicht als freistehende, rein chemische oder analytisch-chemische Aufgaben aufgefasst werden, sondern stets so weit möglich mit dem Studium der verschiedenen Kapitel der chemischen Physiologie Hand in Hand gehen. Dem Studium der physiologisch-chemischen Prozesse im Thierkörper muss nämlich das Studium der Körperbestandtheile, Säfte und Gewebe voraus- gehen; und dieses letztere Studium wird nun seinerseits, nach meiner Er- fahrung, erst dann von wahrem Interesse und wirkt erst dann wirklich anregend, wenn an dasselbe das Studium der physiologischen Bedeutung dieser Bestandtheile wie auch der chemischen Umsetzungen in den Säften und Geweben auf das Engste sich anschliesst. Um indessen bei dieser Anordnung des Stoffes das Handhaben meines Buches bequemer und angenehmer für solche Leser zu machen, welche von dem analytisch-chemischen Theile desselben keine Kenntniss zu nehmen wünschen, habe ich diesen Theil durch undurchschossene Schrift besonders herausgehoben. Mit Ausnahme der in praktischer Hinsicht besonders wichtigen Harnanalyse, welche etwas ausführlicher behandelt worden ist, habe ich in diesem Theile im Allgemeinen nur die Hauptzüge der Dar- stellungsmethoden und der analytischen Methoden angegel)en. Der Lehrer, welcher die Uebungen im Laboratorium leitet und die Aufgaben auswählt, hat nämlich reichlich Gelegenheit, den Anfängern die nöthigen weiteren Eingerzeige zu geben, und für die Geübteren und die Eachmänner sind ausfülu-lichere Angaben durch die vortrefflichen Werke von Hoppe-Seyler, Huppert-Neubauer u. A. überflüssig geworden. Upsala im Oktober 1890. Olof Hammarsten. Vorwort zur clritteii Aiiflao-e. Die vorliegende Auflage weicht hinsichtlich der Anordnung des Stottes darin von der zweiten ah, dass drei neue Kapitel hinzugekommen sind. Die grossartige Entwickelung, die unsere Kenntniss von der Chemie der Kohlehydrate in der letzten Zeit erfahren hat, machte nämlich ein be- sonderes Kapitel über diese Stoti'e notlnvendig; und da hiermit den zwei Hauptgruppen organischer Nährstoffe, den Proteinstoffen und den Kohle- hydraten, besondere Kapitel gewidmet worden, blieb kaum anderes übrig, als auch die dritte Hauptgruppe, die Fette, in einem besonderen Kapitel zu besprechen. Ebenso erschien es angemessen, den ziemlich umfassenden Abschnitt über die Chemie der Respiration nicht wie vorher zusammen mit dem Blute, sondern als besonderes Kapitel zu behandeln. Eine andere Abweichung von dem den früheren Autlagen zu Grunde liegenden Plane ist ferner die, dass die vorliegende Auflage, einem von vielen Seiten aus- gesprochenen Wunsche gemäss, mit Litteraturhinweisungen versehen ist. Uebrigens ist die neue Auflage gründlich umgearbeitet und den Fort- schritten der Wissenschaft entsprechend vermehrt worden, wobei ich jedoch selbstverständlich mehrere während des Druckes erschienene oder mir zu- gänglich gewordene Aufsätze leider nicht habe berücksichtigen können. Upsala im April 1895. Olof Hammarsten. Kapitelübersicht. Seite Erstes Kapitel. Einleitung 1 ' Zweites Kapitel. Die Proteinstofl'e ... 15 Drittes Kapitel. Die Kohlehydrate ... 51 Viertes Kapitel. Das Thierfett 71 Fii uf tes Kapitel. Die thierische Zelle 77 Sechstes Kapitel. Das Blut 98 Siebentes Kapitel. Chylus, Lymphe, Transsudate und E.xsudate . . I.'i7 Achtes Kapi tel. Die Leber 181 Neuntes Kapitel. Die Verdauung 221 Z (' h n t e s K a {) i t c 1 . » Gewebe der Bindesubstanzgruppe oÖ4 Eli tes Kapitel. Die Muskeln 321 Zw(")l f t es Kapitel. Geliirn und Nerven ;>4> I ) r «• i z e li n t e .'^ Kapitel. Di(^ l'^irtpHanzungsorgiuie . 301 X Kapitelübersicht. Seite Vierzehntes Kapitel. Die Milch 377 Fünfzehntes Kapitel. Der Harn 400 Sechzehntes Kapitel. Die Haut und ihre Ausscheidungen 522 Siebzehntes Kapitel. Chemie der Athmung 532 Achtzehntes Kapitel. Der Stottwechsel bei verschiedener Xahrung und der Bedarf des Menschen au Xahrungsstoflen 555 Sachregister 611 Nachträge, enthaltend einen kurzen Bericht derjenigen Arbeiten, die erst nach dem Drucke der einzelnen Kapitel erschienen, bezw. dem Verfasser zugänglich oder be- kannt geworden sind 633 B e r i c li t i g II n g e u. Seite 123, Zeile 1 von unten liess Eisessig statt Bleiessig. , 171, , , 206, , , 258, , 331, , , 415, , , 545, , , 582, , ,, Pautz „ Pantz. ,, grünlichen ,, gräulichen. oben Drüsenzellen ,, Drüsen. 11 ,, unten .. worden ,, werden. 4 „ oben „ 72 ,, 7,2. 18 ,, unten ,, erklären ,. annehmen. 11 ,, oben ,, Zellen .. Zahlen. E r s t e s Kapitel Einleitung. Aus dem Gesetze von der Erhaltung der Materie und der Kraft ergiebt sich, dass die lebenden Wesen, die Pflanzen und Thiere, weder eine neue Materie hervorbringen, noch eine neue Kraft erzeugen können, Sie sind nur darauf hin- gewiesen, die schon vorhandene Materie von aussen aufzunehmen und zu ver- arbeiten, die schon gegebenen Kraftformen in neue umzusetzen. Aus nur wenigen, ihr als Nährstoffe dienenden, verhältnissmässig einfachen Verbindungen, hauptsächlich Kohlensäure und Wasser nebst Ammoniakverbin- dungen oder Nitraten und einigen Mineralstoffen, baut die Pflanze die ungemein mehr zusammengesetzten Bestandtheile ihres Organismus — Eiweissstoffe, Kohle- hydrate, Fette, Harze, organische Säuren u. a. — auf. Die chemische Arbeit Chemische innerhalb der Pflanze muss also, wenigstens der Hauptsache nach, eine Synthese ia^^r^ sein; aber es kommen in ihr daneben in grossem Umfange auch Reduktions- ""*'' prozesse vor. Durch die lebendige Kraft des Sonnenlichtes wird nämlich in den grünen Theilen der Pflanze aus der Kohlensäure und dem Wasser Sauer- stoff abgespalten, und dementsprechend sind auch die Hauptbestandtheile der Pflanze ärmer an Sauerstoff als die Xahrung derselben. Die lebendige Kraft der Sonne, welche diese Spaltung bewirkt, geht jedoch dabei nicht verloren; sie geht nur in eine andere Kraftform, in die potentielle Energie oder chemische Spannkraft des freien Sauerstoffes einerseits und der durch Synthese entstandenen sauerstoffärmeren Verbindungen andererseits über. Anders liegen die Verhältnisse bei den Thieren. Für ihr Dasein sind diese entweder direkt, wie die Pflanzenfresser, oder indirekt, wie die Fleisch- fresser, auf die Pflanzenwelt hingewiesen, aus welcher sie die 3 Hauptirruppen organischer Nührsubstanz, Proteinstoffe, Kohlehydrate und Fette aufnehmen. Diese Stoffe, von denen die Proteinsubstanzen und die Fette die Hauptmasse der chemischo ^ \ orcängo festen Stoffe des Thierkörpers darstellen, unterliegen nun ihrerseits in dem thieri- '■" '^hier- . kOrper. sehen Organismus einer Spaltung und Oxydation, welche als wesentlichste End- produkte gerade die obengenannten sauerstoffreichen und spann kraftannen Haupt- bestandtheile der Pflanzennahrung, Kohlensäure, Wasser und Animoniakderivate, liefern. Die chemische Spannkraft, welche theils an den freien Sauerstoff ge- Uammarsten, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 1 2 Erstes Kapitel. bunden und theils in den obengenannten, zusammengesetzten chemischen Ver- bindungen aufgespeichert ist, wird dabei in lebendige Kraft, in Wärme und mechanische Ai-beit, umgesetzt. Während in der Pflanze vorwiegend Reduktions- prozesse und Synthesen, welche mit Umwandlung von lebendiger Kraft in poten- tielle Energie oder chemische Spannkraft vei'bunden sind, verlaufen, kommen also umgekehrt vorwiegend Spaltungs- und Oxydationsprozesse, welche zu einer Ui^setzung von chemischer Spannkraft in lebendige Kraft führen, in dem Thier- körper vor. Dieser Unterschied zwischen Thieren und Pflanzen darf jedoch nicht über- schätzt oder so gedeutet werden, als bestände ein scharfer Gegensatz zwischen ihnen. Dies ist nicht der Fall. Es giebt nicht nur niedere, chlorophyllfreie Pflanzen, welche hinsichtlich der chemischen Prozesse gewissermassen Zwischen- ^greitenaer' güedcr zwischen höheren Pflanzen und Thieren darstellen, sondern es sind über- ^zwhdien*^ haupt die zwischen höheren Pflanzen und Thieren bestehenden Unterschiede ^^Thiere"'"^ "lehr quantitativer als qualitativer Art. Wie für die Thiere ist auch für die Pflanzen der Sauerstofi" unentbehrlich. Wie das Thier nimmt auch die Pflanze — im Dunkel und durch ihre nicht chlorophyllführenden Theile — Sauerstoff" auf und scheidet Kohlensäure aus, während im Lichte in den grünen Theilen der Oxydationsprozess von dem intensiveren Reduktionsvorgange verdeckt wird. Wie die Thiere setzen auch die Gährung erzeugenden Pilze chemische Spann- kraft in lebendige Kraft, in Wärme, um ; und selbst bei einigen höheren Pflanzen — wie bei den Aroideen bei der Fruchtsetzung — ist eine nicht unbedeutende Wärmeentwickelung beobachtet worden. Umgekehrt finden im Thierorganismus neben Oxydationen und Spaltungen auch Reduktionsprozesse und Synthesen statt. Der Gegensatz, welcher anscheinend zwischen Thieren und Pflanzen sich vorfindet, besteht also eigentlich nur darin, dass bei jenen vorwiegend Oxydations- und Spaltungsprozesse, bei diesen dagegen vorwiegend Reduktionsprozesse und Synthesen bisher beobachtet worden sind. Das erste Beispiel synthetischer Prozesse innerhalb des thierischen Organismus lieferte Wühler^) im Jahre 1824, indem er zeigte, dass in den Magen eingeführte Benzoesäure nach einer Paarung mit Glykokoll (Amidoessigsäure) als Hippursäure im Harne wieder erscheint. Nach der Entdeckung dieser Syn- these, welche durch die folgende Gleichung ausgedrückt werden kann CgHs . COOH -f NHg . CHg . COOK = NHrCßHg . CO) . CH^ . COOH -|- H2O Benzoesäure Glykokoll Ilipijursiiure und welche gewöhnlich als Typus einer ganzen Reihe von anderen, mit Wasser- austritt verbundenen, im Thierkörper verlaufenden Synthesen betrachtet wird, Synthesen ist die Zahl der bekannten Synthesen im Thierreiche allmählich bedeutend ver- körper. mehrt worden. Viele dieser Synthesen hat man auch ausserhalb des Organismus künstlich durchgeführt und wir werden in dem Folgenden wiederholt thierische 1) Berzeliüs, Lehrb. d. Chemie, übersetzt von Wöuler. Bd. 4. Dresden 1831. S. 37Ö. Anm. Thierische Oxydationen. Synthesen kennen lernen, über deren Verlauf wir völlig im Klaren sind. Ausser diesen näher studirten Synthesen kommen jedoch im Thierkörper auch andere solche vor, welche unzweifelhaft von der allergrössten Bedeutung für das Thier- leben sind, über deren Art wir aber nichts Sicheres wissen oder höchstens Ver- muthungen hegen können. Zu diesen Synthesen sind beispielsweise zu zählen: die Neubildung des rothen Blutfarbstoffes (des Hämoglobins), die Entstehung der verschiedenen EiweissstofFe aus dem Pepton, die Fettbildung aus Kohle- hydraten u. a. Die chemischen Prozesse im Thierkörper sind oben vorwiegend als Oxy- dations- und Spaltungsprozesse bezeichnet worden. Nun ist der Sauerstoff der eingeathmeten Luft wie auch derjenige des Blutes sogenannter neutraler, mole- kularer Sauerstoff und die alte Annahme, dass in dem Organismus Ozon vor- handen sei, hat man als aus mehrei'en Gründen unhaltbar fallen lassen. Von dem neutralen Sauerstoffe können nun überhaupt nur wenige Stoffe innerhalb des thierischen Organismus oxydirt werden, während dagegen Eiweiss und Fett, [-»^-^/lation o j ' o o f durch nen- welche die Hauptmasse der organischen Bestandtheile des Thierkörpers aus- Sauerstoff machen, dem neutralen Sauerstoffe gegenüber fast indifferent sich verhalten. Es fragt sich also, wie denn eine Oxydation dieser und anderer Stoffe im Thier- körper überhaupt möglich sei. Früher war man allgemein der Ansicht, dass die thierischen Oxy- dationen vorwiegend in den thierischen Säften verlaufen, während man heut- zutage, namentlich in Folge der Untersuchungen von Pflügee und seinen Schülern^), der Meinung ist, dass sie an die Formeleraente und Gewebe ge- ^Iftion^' bunden sind. Wie aber diese Oxydationen in den Formelementen verlaufen ^^^0',"^^"^" und durch welche Mittel sie zu Stande kommen, darüber weiss man nichts «'<""e°'«"- Sicheres. Von Pflüger und mehreren anderen Forschern wird die Ursache der thierischen Oxydationen in der besonderen Beschaffenheit des Protoplasmaeiweisses gesucht. Diese Forscher bezeichnen das Eiweiss ausserhalb des Organismus wie auch das in den Säften cirkulirende Eiweiss als „todtes Eiweiss" demjenigen Eiweiss gegenüber, welches durch die Arbeit der lebenden Zelle in lebendiges Protoplasma übergeführt worden ist und \velches sie „lebendiges Eiweiss" nennen. Man nimmt nun ferner an, dass dieses lebendige Protoplasmaeiweiss, dem „todten" Lebendisres gegenüber, durch eine grössere Beweglichkeit der Atome innerhalb des Moleküles Ei'^eiss. und somit durch eine grössere Neigung zu intramolekularer Umlagerung der Atome charakterisirt sein soll. Die Ursache dieser grösseren inneren Beweg- lichkeit hat Pflüger 2) in dem Vorhandensein von Cyau, Loew^) in dem Vor- 1) Man vergl. hierüber besonders die Aufsätze von Pflügkr in seinem Archiv Bdd. 6 und 10; die Aufsätze von Finkler, ebenda Bdd. 10 und 14, und von Oektman ebenda Bdd. 14 und 15. Verg]. auch IIoppe-Seylek in Pfll'GER's Archiv Bd. 7. 2) Pflüger's Archiv Bd. 10. 3) Loew und BOKORXV. Pflüger's Archiv Bd. 25 und Lokw Bd. 30. 4. Erstes Kapitel. handensein von Aldehydgruppen und LathamI) \^ ^^y Gegenwart einer Kette von Cyanalkoholen im Eiweissmoleküle gesucht. In dieser Verschiedenheit zwischen Eiweiss in gewöhnlichem Sinne und lebendigem Protoplasmaeiweiss sieht Pflüger eine Ursache der thierischen Oxy- dationsprozesse, welche mit der Oxydation des Phosphors in sauerstoffhaltiger Luft gewisse Aehnlichkeit zeigen. Bei dem letztgenannten Prozesse wird nicht nur der Phosphor selbst oxydirt, sondern er kann auch, indem er Sauerstoif- ^^Yu^rch''" moleküle spaltet und Sauerstoffatome (aktiven Sauerstoff) in Freiheit setzt, eine ^Kwelä^^ indirekte oder sekundäre Oxydation von anderen, gleichzeitig vorhandenen Stoffen bewirken. In analoger Weise würde auch das lebendige Protoplasmaeiweiss, welches nicht wie das todte Eiweiss dem neutralen Sauerstoffe gegenüber in- different sich verhält, Sauerstoffmoleküle zerlegen können, wodurch es einerseits selbst oxydirt werden und andererseits durch die freigewordenen Sauerstoffatome eine sekundäre Oxydation von anderen, schwer oxydablen Substanzen ermög- lichen könnte. Eine Aktivirung des Sauerstoffes kann indessen, was besonders O. Nasse 2) hervorgehoben hat, auch durch eine Hydroxylirung der Bestandtheile des Proto- plasmas unter Spaltung von Wassermolekülen zu Stande kommen. Schüttelt man Benzaldehyd mit AVasser und Luft, so findet eine Oxydation des Benz- aldehydes zu Benzoesäure statt, Avährend gleichzeitig anwesende oxydable Körper auch oxvdirt werden können. Gleichzeitig anwesende Jodkaliumstärke oder Aktivirnn- Guajaktinktur werden gebläut, indem nämlich Hydroxyl (OH) an die Stelle von stoffelX/ch H in die Aldehydgruppe eintritt und die beiden Wasserstoffatome, das aus dem Hydroxy- Aldehyde austretende und das bei der Spaltung des Wassers restirende, auf den neutralen Sauerstoff spaltend wirken. Nasse und Rösing^) haben nun ferner gefunden, dass gewisse Eiweissarten das Vermögen haben, sich bei Gegen- wart von Wasser auf Kosten desselben zu hydroxyliren, und nach Nasse muss man sich eine ganze Reihe von Oxydationen im Thierkörper von denjenigen Sauerstoffatomen abhängig denken, welche bei Hydroxylirungen ähnlich der des Benzaldehydes frei werden. Einer anderen, sehr verbreiteten Ansicht gemäss soll eine Aktivirung des Sauerstoffes in der Weise zu Stande kommen können, dass durch Zersetzungs- vorgänge in den Geweben reduzirende Substanzen entstehen, welche die neutralen Sauerstoffmoleküle spalten, mit dem einen Sauerstoffatom sich verbinden und das andere in Freiheit setzen. Die Entstehung von reduzirenden Substanzen bei Gährungs- und Fäulniss- vorgängen ist allgemein bekannt. Ein Beispiel dieser Art liefert die Butter- säuregähruDg des Zuckers, bei welcher Wasserstoff frei wird: CgHigOg =0^1180. 1) Brit. med. Journal 1886. 2) Rostocker Ztg. Nr. 534. 1891. 3) Ernst Rösing. Untersuchungen über die Oxydation von Eiweiss in Gegenwart von Schwefel. Inaug. Dissert. Rostock 1891. Thierische Oxydationen. -f- 2C0., + 2(H2). Ein anderes Beispiel ist das Auftreten von Nitraten in Folge einer Oxydation des Stickstoffes bei der Fäulniss. Dieser Vorgang wird näm- lich gewöhnlich durch die Annahme erklärt, dass bei der Fäulniss reduzirende, leicht oxydable Stoffe entstehen, welche Sauerstoffmoleküle spalten unter Frei- ^[|h^'." werden von Sauerstoffatomen, die dann an den Stickstoff sich anlagern. Wie '1^^^',^" diese niedrigen, Gährung und Fäulniss bewirkenden Organismen sollen nun, ^f^^" wie man annimmt, auch die Zellen der thierischen Gewebe und Organe solcher Spaltungsprozesse, bei welchen leicht oxydable Substanzen, vielleicht auch "Wasser- stoff in Statu nascendi (Hoppe-Seyler ') entstehen, fähig sein. Die Beobachtung Ehrlich's ^), dass gewisse blaue Farbstoffe, Alizarinblau und Indophenolblau, von den Geweben des lebenden Thieres entfärbt und bei Luftzutritt wieder blau werden, scheint auch in der That einen Beweis für das Vorkommen von leicht oxydablen Verbindungen in den Geweben zu liefern. Einen weiteren Beweis hierfür liefert die Beobachtung von C. Ludwig und x\lex. Schmidt ^j, dass in dem Blute erstickter Thiere — also bei Mangel an Sauerstoff — eine Anhäufung von reduzirenden, leicht oxydablen Substanzen stattfindet. In Uebereinstimmung mit dem nun Gesagten können — wie man an- nimmt — die Oxydationen im Thierkörper in der "Weise zu Stande kommen, dass dem Protoplasma eigenthümliche, noch unbekannte, der Wärme oder den Enzymen ähnlich wirkende Kräfte Spaltungen hervorrufen, durch welche einer- seits reduzirende, leicht oxydable, und andererseits schwer oxydable Produkte entstehen. Jene können direkt oxvdirt werden, und indem sie den neutralen '^^y^.**'""®" ' nach vor- Sauerstoff zerleo;en und einen Theil desselben aktiviren, können sie indirekt *°--®^^,^ o ' nen Spalt- auch eine Oxydation der schwer oxydablen Stoffe, also eine sekundäre Oxy- «ngen. dation^), bewirken. Die bei diesen Spaltungen und Oxydationen entstehenden Produkte können nun ihrerseits zum Theil vielleicht ohne weitere Spaltung verbrannt werden, zum Theil müssen sie aber erst weiteren Spaltungen mit darauffolgenden Oxydationen auheim fallen, bis nach wiederholter Spaltung und Oxydation die letzten Endprodukte des Stoffwechsels entstehen. Seit Alters her hat man die Oxydationen im Thierkörper als eine Ver- brennung bezeichnet und eine solche Anschauung lässt sich, wie man sieht, mit der eben besprochenen Ansicht gut vereinbaren. Bei der Verbrennung im ge- .r»'*» t^ier- wöhnlichen Sinne, wie z, B, bei der Verbrennung von Holz oder Oel, sind es «lanon eine . _, Verbrenn- ja nämlich nicht diese Substanzen als solche, welche mit dem Sauerstoffe sich o^*- verbinden. Erst wenn durch die Einwirkung der Wärme die Zersetzung dieser Stoffe bis zu einem gewissen Grade stattgefunden hat, findet die mit Feuer- erscheinung verlaufende Oxydation der Zerfallsprodukte statt. 1) PflCger's Archiv Bd, 12, 2) r. EURLICH, Das Sauerstofl'bedürfniss des Organismus. Berlin !?•>."). il) Arbeiten aus der physiol. Anstalt zu Leipzig. Jahrg. 2. ISüT. 4) Vergl. 0. Nasse, Pflügeu's Archiv. Bd. 41. 6 Erstes Kapitel. Dass die Oxydationen und Spaltungen der KörjDerbestandtheile nicht mit einem Male und plötzlich, sondern vielmehr erst durch eine stufenweise Zer- Die Zer- getzuns ZU den Endprodukten des Stoffwechsels führen, lehrt uns das Vorkommen Setzung ge- & i. schieht yQj^ zahlreichen intermediären Zersetzunssprodukten im Thierkörper. stufenweise. ... . Ein lehrreiches Beispiel einer solchen, stufenweise verlaufenden Zersetzung einer Substanz ausserhalb des Organismus hat Drechsel in seinen Untersuch- ungen über die Elektrolyse des Phenols mit Wechselströmen geliefert ^). Bei Ver- suchen mit elektrischen \yechselströmen tritt natürlich in der wässerigen Lösung einer Substanz an jeder Elektrode in schneller Folge abwechselnd Sauerstoff und Wasserstoff auf. Es müssen deshalb auch schnell abwechselnd Oxydationen und Reduktionen stattfinden, und es können hierdurch sowohl Synthesen wie Spaltungen mit Oxydation bewirkt werden. Wird Phenol in wässeriger Lösung mit solchen Wechselströmen behandelt, so entsteht durch das Zusammenwirken von Reduktions- und Oxydationsprozessen, d. h. durch Anlagerung von Wasserstoffatomen mit gleichzeitiger Lösung aller doppelten Bindungen des Benzolkernes und darauffolgende Oxydation mit Weg- nahme von Wasserstoöatomen ein neuer Körper, das Hydrophenoketon, von der H C CO Zusammensetzung CgH^nO oder tt"o| \rxki und Bovet^) nur p.-Oxyphenyl- propionsäure, Phenylpropionsäure und Skatolessigsäure. Diese drei Säuren sollen durch nascirenden Wasserstoff aus den drei entsprechenden Amidosäuren, dem Tji'osin, der Phenylamidopropionsäure und der Skatolamidoessigsäure entstehen, und diese drei letztgenannten Amidosäuren sollen also nach Nexcki in dem Ei- weissmoleküle j)räformirt enthalten sein. Bei der Fäulniss des Eiweisses wie auch bei der Zersetzung desselben mit Säuren oder Alkalien (und gewissen Enzymen) entstehen also unter anderen Produkten Amidosäuren, was mit Rücksicht auf die wahrscheinliche Entstehungs- Etitsteh- weise des Eiweisses von einer gewissen Bedeutung ist. Man betrachtet es näm ungsweise der Ei- weissstoffe ungsweise ,., ^ ii-ti i T-n-n- 1 • 1 T\n der Ei- lich als sehr w'ahrscheinlich, dass bei der Eiweisssvnthese in der Pflanze aus dem Ammoniak oder der Salpetersäure des Bodens in erster Linie Amidosäuren oder Säureamide — unter denen vor Allem das Asparagin eine wichtige Rolle spielen soll — entstehen, aus denen dann unter Einwirkung von Glukose oder anderen stickstofffreien Verbindungen die Eiweisskörper hervorgehen sollen. Bei Oxydation von Ei weiss in saurer Flüssigkeit hat man flüchtige, fette Säuren, deren Aldehyde, Nitrile und Ketone, ferner Cyanwasserstoff (bei Oxydation mittelst Chromat und Säure) Benzoesäure u. a. erhalten. Salpetersäure giebt verschiedene Nitroprodukte : VAN DER Pant's Xanthoprote'insäure, LOEW's Trinitroalbumin oder Oxynitroalbumin, Nitrobenzoe- säure u. a. Mit Königswasser erhält man Fumarsäure, Oxalsäure, Chlorazol u. a. Durch Oxj-dations- Ein^^^rkung von Brom xmter starkem Druck hat man eine Menge von Derivaten wie: Bromanil Produkte des und Tribromessigsäure, Bromoform, Leucin, Leucinimid, Oxalsäure, Tribromamidobenzoesäure, Eiweisses. Pept^jig ^jj humusähnliche StoÖ'e erhalten. Bei trockener Destillation liefert das Eiweiss eine Menge Zersetzungsprodukte von widrigem , brenzlichem Geruch und hinterlässt eine i^orüse , glänzende, stickstofi'haltige Kohle. Die Destillationsprodukte sind theils eine alkalisch reagirende Flüssigkeit von brenz- lichem Geruch, welche Ammoniumkarbonat und Acetat, Ammoniumsulfid, Cyanammonium, brenzliche Oele u. a. enthält, und theils ein aus Kohlen wasserstofien , stickstoÖ'haltigen Basen der Anilin- imd Pyridinreihen und einer Menge von unbekannten Stofl^en bestehendes, braunes Oel. Es kann hier nicht auf sämmtliche, bei der Behandlung des Eiweisses mit verschiedenen Reagenzien entstehende Produkte eingegangen werden; aus dem schon Mitgetheilten ergiebt sich jedoch, dass die bei der Eiweisszersetzung entstehenden Stoffe theils der Fettreihe und theils der aromatischen Reihe an- gehören. Ob iu dem Eiweissmoleküle nur eine oder mehrere aromatische Gruppen präformirt enthalten sind, darüber ist man nicht einig. Nach Nen'cki soll das Eiweiss die obengenannten drei aromatischen Gruppen : das Tyrosin (Oxyphenyl- araidopropiousäure), die Phenylamidopropionsäure und die Skatolamidoessigsäure enthalten. Maly^) dagegen fand es wegen des Verhaltens der von ihm dar- gestellten Oxyprotsulfonsäure nicht nothwendig, mehr als eine aromatische Gruppe im Eiweissmoleküle anzunehmen. Durch Oxydation von Eiweiss mit Kaliumpermanganat hat nämlich Maly eine Säure, die Oxyprotsulfonsäure, C 51,21 ; H 6,89; N 14,59; S 1,77; O 25,54, erhalten, welche 1) Monatshefte f. Chem. Bd. 10. 2) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. "SVien. Abth. II, 1885 und ebenda Äbth. II, 1888. Auch Monatshefte f. Chem. Bdd. 6 und 9. Eigenschaften der Eiweisskörper. 21 kein Spaltungs-, sondern ein Oxydationsprodukt ist, in welchem die Gruppe SH in SO« . < )II übergegangen ist. Diese Säure giebt nicht die, durch Gegenwart von aromati.schen Monohydroxyl- derivaten bedingte Farbenreaktion mit dem MiLLOX'schen Ptcagenze (^vergl. unten) und sie Oxyprot- liefert niclit bei ihrer Zersetzung die gewöhnlichen aromatischen Spaltungsprodukte des Ei- sulfonsäure. weisses. Trotzdem fehlt ihr nicht die aromatische Gruppe, aber diese scheint in ihr in einer anderen Bindung als in gewöhnlichem Eiweiss enthalten zu sein. Bei der Oxydation mit Chromat und Siiure tritt diese Gruppe als Benzoesäure und beim Schmelzen mit Alkali als Benzol aus. Die thierischen Eiweissstoffe sind geruch- und geschmacklo.s, gewöhnlich amorph. Die in den Eiern einiger Fische und Amphibien vorkommenden Krystalloide (Dotter plättchen) bestehön nicht aus reinem, sondern aus stark lecithinhaltigem Eiweiss, wie es scheint an Mineralstoffe gebunden. Aus meh- reren Pflanzensamen ist krystallisirendes Eiweiss ') dargestellt Avorden und auch die Darstellung von krystallisirtem thierischem Eiweiss ist in der letzten Zeit gelungen (Hofmeister-). In trockenem Zustande stellen die Eiweiss.stoffe ein weisses Pulver oder gelbliche , harte, in dünneren Schichten durchsichtige La- mellen dar. Einige Eiweissstoffe lösen sich in Wasser, andere dagegen nur in salzhaltigreu oder schwach alkalischen, bezw. saureu Flüssigkeiten, während Aiitremeine . . ... Ki--en- andere wiederum auch in solchen unlöslich sind. Alle Eiweissstoffe hinterlassen schatten «ier Eiweiss- bei ihrer Verbrennung etwas Asche, und es ist deshalb auch fraglich, ob es Stoffe, überhaupt irgend einen in Wasser ohne Beihilfe von Mineralstoffen löslichen Eiweisskörper gebe. Jedenfalls ist es noch nicht ganz sicher gelungen, einen nativen Eiweisskörper ohne Aenderung seiner Zusammensetzung oder Eigen- schaften ganz frei von Mineralstoffen zu erhalten^). Die Eiweissstoffe sind in den allermeisten Fällen von ausgeprägter kolloider ISTatur. Sie diffundiren im Allgemeinen nicht oder nur sehr wenig durch eine thierische Membran oder Pergamentpapier, und das Eiweiss hat also im Allgemeinen ein sehr hohes os- motisches Aequivalent. Die Eiweissstoffe sind optisch aktiv und drehen die Ebene des polarisirten Lichtes nach links. Beim Erhitzen einer Eiweisslösung wird das Eiweiss bei einer für ver- schiedene Eiweissstoffe verschiedenen Temperatur verändert, und bei passender Reaktion und im übrigen günstigen äusseren Bedingungen, wie z. B. bei Gegen- wart von Neutralsalzen, können die meisten Eiweisskörper dabei in fester Form Verhalten ■^ _ einer Ei- als geronnenes oder „koagulirtes" Eiweiss sich ausscheiden. Die für verschiedene ^^eississang Eiw'eisskörper verschiedenen Temperaturen, bei welchen in neutraler, salzhaltiger hit<:en. Lösung die Gerinnung erfolgt, hat mau in vielen Fällen als gutes Mittel zum Nachweis und zur Trennung verschiedener Eiweissstoffe benutzt. Lieber die Brauchbarkeit dieses Mittels sind indessen die Ansichten etwas getheilt*). 1) Vergl. Maschke, Journ. f. prakt. Chem. Bd. 74; Drechsel ebeud. (N. F.) Bd. 15); Grübler ebend. (N. F.) Bd. 23; Hittuausex ebend. (X. F.) Bd. 25; Schmiedebebü, Zeitschr. f. physiol. Chem, Bd. 1 ; Weyl ebend. Bd. 1. a) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 14 und 16. 3) Vergl. E. Harnack, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd and 11. Cor.lN A: Bkhard, Bull. Zweites Kapitel. Von allgemeinen Eiweissreaktioneu giebt es eine grosse Anzahl. Hier können nur die -wichtigsten angeführt werden. Um die Uebersicht derselben zu erleichtern, werden sie hier auf folgende 2 Gruppen vertheilt. A. Fälluiigsreaktioneii der Eiweisskörper. 1. Die Koagulationsprohe. Eine alkalische Eiweisslösung gerinnt beim Sieden nicht, eine neutrale nur theil weise und unvollständig und die Reaktion niuss deshalb etwas sauer sein. Man erhitzt die neutralisirte Flüssigkeit zum Sieden und setzt erst nach dem Aufkochen vorsichtig die passende Menge Säure zu. Es entsteht dabei ein flockiger Niederschlag und das von ihm getrennte Filtrat ist bei richtiger Arbeit wasserklar. Verwendet man zu der Probe ver- dünnte Essigsäure, so kann man zu der siedend heissen Lösung, je nach dem Eiweissgehalte, auf je 10 — 15 ccm Flüssigkeit 1, 2 bis 3 Tropfen, wenn vor dem Zusätze jedes neuen Tropfens zum Sieden erhitzt wird, zusetzen. Verwendet man dagegen verdünnte Salpetersäure, so müssen auf die obengenannte Menge Flüssigkeit, ebenfalls erst nach vorausgegangenem Aufkochen, 15 — 20 Tropfen Salpetersäure zugesetzt werden. Setzt man nur wenige Tropfen Salpeter- säure zu, so entsteht eine lösliche Verbindung von Säure und Eiweiss, welche erst von mehr Säure gefällt wird. Einer salzarmen Eiweisslösung soll man erst etwa l^^/o NaCl zusetzen, weil die Kochprobe sonst, besonders bei An- wendung von Essigsäure und Gegenwart von nur wenig Eiweiss, leicht miss- glückt. 2. Verhalten zu Mineralsäuren hei Zimmertemjjeratiir. Das Eiweiss wird von den drei gewöhnlichen ]Mineralsäuren und von Metaphosphorsäure, nicht aber von Orthophosphorsäure, gefällt. Wird Salpetersäure in einem Reagenzgläschen vorsichtig mit einer Eiweisslösung überschüttet, so tritt an die Fäiinngs- Berührungsstelle ein weisser, undurchsichtiger Ring von gefälltem Eiweiss auf deTEiwei^s^- (Heller's Eiwcissprobc). 3. FällharJceit durch Metallsalse, wie Kupfersulfat, "'^®'^' neutrales imd basisches Bleiacetat (in nicht zu grosser Menge), Quecksilber- chlorid u. a. Hierauf gründet sich die Anwendung des Eiweisses als Gegengift bei Vergiftungen mit Metallsalzen. 4. FällharJceit durch Ferro- oder Ferri- ci/an]:alium in essigsaurer Flüssiglieit, wobei jedoch die relativen Mengen des Reagenzes, des Eiweisses und der Säure nicht unwesentlich auf die Empfind- lichkeit einwirken. 5. FällharJceit durcli Neidrcdscdze, wie ]S"a2S04 oder NaCl, bis zur Sättigung in die mit Essigsäure oder etwas Salzsäure angesäuerte Flüssigkeit eingetragen. 6. FällharJceit durcJi ÄlJcoJiol. Die Lösung darf nicht alkalisch reagiren, sondern muss neutral oder sehr schwach sauer sein. Sie muss ausserdem eine genügende Menge Neutralsalz enthalten. 7. Fällhar- Jceit durch Gerbsäure in essigsaurer Flüssigkeit. Bei Abwesenheit von Neutrai- de l'Acad. roy. de Belg. 15; Hayckaft und Duggan, Brit. med. Journ. 1890 und Proc. Roy. Soc. Ed. 1889. COKIN et Ansiaux, Bull, de l'Acad. roy. de Belg. 21. L. Fredeeicq, Centralbl. f. Phvsiol. Bd. 3. Hayceaft ebend. Bd. 4. Hewlett, Journ. of Physiol. Vol. 13. Reaktionen der Eiweisskörper. 23 salz oder bei Gegenwart von freier Mineralsäure kann die Fällung ausbleiben. Nach Zusatz von einer genügenden Menge Natriumacetat kommt in beiden Fällen der Niederschlag zum Vorschein. 8. Fällhaiknt durch Fhosplioricolfram- oder FliOSpliormolijhdäHsäure bei Gegenwart von freier Mineralsäure. Kulium- CßiecJisilherjodid und Kalium ivismutlijodid fällen ebenfalls eine mit Salzsäure angesäuerte Eiweisslösung. 9. FäUharJceit durch Filcrinsäure nach Ansäuern mit einer organischen Säure. 10. Fällharlceif durch Trichloressif/säure^) in einer Konzentration von 2 — 5"/o. B. Färbuiigsreaktionen der Eiweisskörper. 1. Die MihLOv'sche BeciJäion^). Eine Lösung von Quecksilber in Sal- petersäure, welche etwas salpetrige Säure enthält, giebt in Eiweisslösungen einen Niederschlag, welcher bei Zimmertemperatur langsamer, beim Kochen dagegen rasch, rotli gefärbt wird und auch der Flüssigkeit eine stärkere oder schwächere rothe Farbe geben kann. Auch feste Eiweisskörper werden von dem Reagenze in derselben Weise gefärbt. Diese Reaktion, welche durch die Gegenwart einer aromatischen Gruppe in dem Eiweiss bedingt ist, geben auch das Tyrosin und andere Benzolderivate mit einer Hydroxylgruppe in dem Benzolkerne ^). 2. Die Xa)i(ho2>ro(p/iiS(iurercaJdio)i. Mit starker Salpetersäure geben die Eiweisskörper in der Siedehitze gelbe Flöckchen oder eine gelbe Lösung. Nach Uebersättigen mit Ammoniak oder Alkalien wird die Farbe orangegelb. 3. Die Realdion Färbon«- von Adamkiewicz. Setzt man einem Gemenge von 1 Vol. konzentrirter Schwefel- je^r^EiweNs- säure und 2 Vol. Eisessig ein wenig Eiweiss zu, so wird die Flüssigkeit, lang- ^"^v^^- saraer bei Zimmertemperatur und rascher beim Erwärmen, schön rothviolett. Der Leim giebt, zum Unterschiede vom Eiweiss, diese Reaktion nicht. 4. Die Biurd- 2)rohe. Setzt man einer Eiweisslösung erst Kali- oder Natronlauge und dann tropfenweise eine verdünnte Kupfersulfatlösung zu, so nimmt sie mit steigenden Kupfersalzmengen eine erst röthliche, dann rothviolette und zuletzt violettblaue Farbe an. 5. Von Iconzeutrirter Sidzsänre kann das Eiweiss beim Erhitzen mit violetter oder, wenn das Eiweiss erst mit warmem Alkohol ausgekocht und mit Aether gewaschen worden (Liebermann ^), mit einer schön blauen Farbe ge- löst werden. 6. Mit l^onzeidrirtcr Schn-efeJsäure und Zuclcer (in geringer Menge) können die Eiweissstoffe eine schöne rothe Farbe geben. Die Farben- reaktionen sind allen Eiweisskörpern gemeinsam. ij F. Obekmayer, Wiener med. Jahrbücher 1888, ■-) Das Reagenz erhält man auf folgende AVeise: Mau löst 1 Tlieil »Quecksilber in 2 Theilen Haipetersäure von 1,42 spez. Gewicht zunächst in der Kälte, dann unter Krwärmen. Nach vollständiger Lösung des (Quecksilbers fügt man zu 1 Vol. der L<>sung 2 Vol. Wasser, lässt einige Stunden stehen und giesst die Flüssigkeit vom Bodensätze ab. 3) Vergl. O. Nasse, Sitzungsber. d. Naturforsch. -Gesellsch. zu Halle 1879. •») Centralbl. f. d. med. Wi-ssensch. 1887. 24 Zweites Kapitel. Mehrere dieser Farbeureaktionen sind, wie Salkowski ') gezeigt hat, an die aromati- schen Spaltimgsprodulite des Eiweisses gebunden. Die MiLLON'sche Reaktion geben nur die Substanzen der Phenolgruiipe ; die Xanthoproteinreaktion die der Phenolgruppe und das Skatol, bezw. die Skatolkarbonsiiure. Die Eeaktion von Adamkiewicz geben nur die Stoffe der ludol- grui^pe, insbesondere die Skatolkarbonsiiure. Die LiEBERMAXX'sche Eeaktion giebt keines der aromatischen SiJaltungsjjrodukte. Einem und demselben Eiweissreagenze gegenüber können verschiedene Ei- weisskörper eine etwas verschiedene Empfindlichkeit zeigen, und es ist aus diesem Grunde nicht möglich, für jede einzelne Reaktion eine für alle Eiweisskörper i'^hk^^t°d' zutreffende Empfindlichkeitsgrenze anzugeben. Unter den Fällungsreaktionen Eiweiss- nimmt (Avenn man von den Peptonen und einigen Albumosen absieht) die reaktionen. ^ r o / ÜELLER'sche Probe ihrer Empfindlichkeit (wenn sie auch nicht die Empfindlichste Reaktion -ist) und leichten Ausführung wegen einen hervorragenden Platz ein. Unter den Fällungsreaktionen dürften sonst die Fällung mit basischem Blei- acetat (bei sehr vorsichtiger und korrekter Arbeit) wie auch die Reaktionen 6, 7, 8 und 9 die empfindlichsten sein. Die Farbenreaktionen 1 — 4 zeigen eine mit der Reihenfolge, in welcher sie angeführt worden, abnehmende Empfind- lichkeit. Keine Eiweissreaktion ist an und für sich charakteristisch, und bei der Untersuchung auf Eiweiss darf man deshalb auch nicht mit einer einzigen Reaktion sich begnügen. Es müssen vielmehr stets mehrere Fällungs- und Färbungsreaktionen in Anwendung kommen. Zur quantitativen Bestimmung der gerinnbaren Eiweissstoffe kann man mit Vortheil der Kochprobe mit Essigsäure sich bedienen, welche Probe bei sorg- fältiger Arbeit sehr genaue Resultate liefert. INIau setzt der eiweisshaltigen Flüssigkeit 1 — 2°/o Kochsalz zu oder man verdünnt sie bei reichlicherem Ei- weissgehalte mit einer passenden Menge Kochsalzlösung von obigem Prozent- gehalte und neutralisirt dann genau mit Essigsäure. In kleinen, abgemessenen Portionen der neutralisirten Flüssigkeit bestimmt man dann die Menge Essig- säure, die der vorher im Wasserbade erhitzten Portion zugesetzt werden muss, damit die Ausscheidung des Eiweisses so vollständig werde, dass das Filtrat mit der HELLER'schen Probe keine Eiweissreaktion giebt. Darauf erhitzt man Quantitative eine abgewogene oder abgemessene, grössere Flüssigkeitsmenge im Wasserbade, bestimmung setzt dann allmählich unter Umrühren die berechnete Menge Essigsäure zu Kochprobe^'^ ^"■'^ erhitzt noch einige Zeit. Man filtrirt nun, wäscht mit Wasser aus, extrahirt dann mit Alkohol und endlich mit Aether, trocknet, wägt, äschert ein und wägt von Neuem. Bei richtiger Arbeit darf das Filtrat keine Reaktion mit der HELEEE'schen Probe geben. Diese Methode eignet sich für die allermeisten Fälle und besonders für solche, in welchen man das Filtrat behufs der quanti- tativen Bestimmung anderer Stoffe weiter verarbeiten will. Zur quantitativen Bestimmung kann auch die Ausfällung des Eiweisses mit Alkohol benutzt werden. Die Flüssigkeit wird erst genau neutralisirt, nöthigenfalls mit etwas NaCl versetzt und darauf so viel Alkohol zugefügt, dass Quantitative ^^^ Gehalt an Avasserfreiem Alkohol 70 — 80 Vol. °/o beträgt. Der Niederschlag Eiweiss- wird auf dem Filtrura gesammelt, mit Alkohol und Aether extrahirt, getrocknet, mit Alkohol, gewogen, eingeäschert und wieder gewogen. Diese Methode ist nur brauchbar. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12. Eiweisskörper. 25 wenn die Flüssigkeit ausser Eiweiss keine in Alkohol unlöslichen Substanzen, wie z. B. Glykogen, enthält. Bei Anwendung sowohl dieser jMethode wie der vorigen können sehr kleine Eiweissmengen in dem Filtrate zurückblfiben. Diese Spuren können in der Weise bestimmt ^verdeu, dass man die Filtrate genügend kouzentrirt, etwa ausgeschiedenes Fett durch vorsichtiges Schütteln mit Aethcr entfernt und darauf mit Gerbsäurelös uug fällt. Von dem mit kaltem AVasser gewaschenen und dann getrockneten Gerbsäureniederschlage können rund 63*^/o als Eiweiss berechnet werden. Gute Resultate giebt auch die folgende jNIethode von Devoto*). Die Flüssigkeit wird auf je 100 ccm mit 80 g krystallisirtem Ammoniumsulfat ver- setzt und in einem Wasserbade bis zur Lösung des Salzes erwärmt. Alsdann setzt man das Glas mit der Flüssigkeit und dem Salze in einem lose ])edeckten Topfe 30 ä 40 ]\Iinuten bis 2 Stunden dem Dampf siedenden Wassers aus, ye^^ode sammelt den fein zertheilten Niederschlag auf einem Filtruni, wäscht mit Wasser bis zum Verschwinden der Schwefelsäurereaktion, extrahirt dann mit Alkohol und Aether, trocknet und verfährt wie gewöhnlich. Mit Blut oder bluthaltigen Flüssigkeiten giebt diese Methode nicht ganz genaue Resultate, scheint aber sonst sehr brauchbar zu sein. Die Methode, das Eiweiss behufs dessen quantitativer Bestimmung mit Kupfersulfat auszufällen, ist nicht für alle Fälle brauchbar. Dasselbe gilt von der Bestimmung mittelst des Polaristrobometers . welche ausserdem nicht hin- reichend genaue Resultate giebt. Zur Abscheidung des Eiweisses aus einer Flüssigkeit kann man in den Absciieidung meisten Fällen die KochiDrobe mit Essigsäure verwenden. Kleine , in Lösung ^eiss^es aus zurückbleibende Reste von Eiweiss können durch Sieden mit eben gefälltem öi'^f, ^j^^- Blcikarbonat oder mit Ferriacetat, wie im Kapitel 15 (über den Harn) ange- geben wird, entfernt werden. Muss man das Kochen einer Flüssigkeit ver- meiden, so kann man das Eiweiss durch sehr vorsichtigen Zusatz von Bleiacetat oder durch Zusatz von Alkohol ausfällen. Enthält die Flüssigkeit Stoffe, welche, wie das Glykogen, von Alkohol gefällt werden, so entfernt man das Eiweiss durch abwechselnden Zusatz von Kaliumquecksilberjodid und Salzsäure (vergl. Kap. 8, die Glykogenbestimmung). lebersieht der wichtigsten Eigenschaften der verschiedenen Hauptgruppen von EiAveissstoffen. Diejenigen Eiweissstoffe, die der gewöhnlichen Ansicht nach in den thieri- schen Säften und Geweben vorgebildet sind und aus ihnen mit Erhaltung ihrer ursprünglichen Eigenschaften durch indifferente chemische Mittel isolirt werden können, nennt man native Eiweisskörper. Aus den nativen Eiweisskörpern können durch Erhitzen, durch Einwirkung verschiedener chemischer Reagenzien, ' ° . , ^^ Nalive und wie Säuren, Alkalien, Alkohol u. a., wie auch durch proteolvtische Enzvme neue donaturirte . ' . Eiweiss- Eiweissmodifikationeu mit anderen Eigenschaften entstehen. Diese neuen Eiweiss- körper. Stoffe nennt man zum Unterschied von den nativen denaturirte Eiweiss- 1) Zeitschr. f. physiol. Cliem. Bd. 15. 26 Zweites Kapitel. körper. Unter den in dem Schema S. 16 aufgenommenen Gruppen von Eiweiss- stofFen gehören die Albumine, Globuline und Nukleoalbumine zu den nativen und die Acid-, resp. Alkalialbuminate, die Albumosen, die Peptone und die koagulirten Eiweissstoffe zu den denaturirten. Die nativen Eiweisskörper können ohne Aenderung ihrer Eigenschaften von hinreichenden Mengen Neutralsalz ausgefällt werden, wobei die einzelnen Eiweisskörper den verschiedenen Neutralsalzen gegenüber verschieden sich ver- halten. So werden einige schon von NaCl, andere erst von MgSO^ und andere Aussalzen wiederum erst von (NH^)2S04, welches ein Fällungsmittel für fast alle Eiweiss- Eiweiss- körper ist, gefällt. Dieses verschiedene Verhalten wie auch die verschiedene Löslichkeit in Wasser und verdünnter Salzlösung werden gegenwärtig als wich- tige charakteristische Unterscheidungsmerkmale zwischen verschiedenen Eiweiss- stoffen und Gruppen von solchen benutzt, wenn man auch zugeben muss, dass diese Unterschiede von nur relativem, oft sehr unsicherem Werth sind. Albumine. Diese Eiweissstoffe sind in Wasser löslich und werden durch Zusatz von ein wenig Säure oder Alkali nicht gefällt. Von grösseren Mengen Mineralsäure wie auch von Metallsalzen werden sie dagegen niedergeschlagen. Die Lösung in Wasser gerinnt beim Sieden bei Gegenwart von Neutralsalzen, während eine möglichst salzarme Lösung dagegen beim Sieden nicht gerinnt, schiftender "^^"^S^ "1»'^ J" d'e neutrale Lösung in Wasser NaCl oder MgSO^ bis zur Sätti- Aibumine. gung bei Zinnnertemperatur oder bei -|- 30*^ C. hinein, so entsteht kein Nieder- schlag; setzt man dagegen der mit Salz gesättigten Lösung Essigsäure zu, so scheidet sich das Eiweiss aus. Von Ammoniumsulfat in Substanz^ bis zur Sätti- gung eingetragen , wird eine Albuminlösung bei Zimmertemperatur vollständig gefällt. Die Albumine sind unter den bisher untersuchten Eiweisskörpern die schwefelreichsten (1,6 — 2,2 °/o Schwefel). Globuline. Diese Eiweisskörper sind unlöslich in Wasser, lösen sich aber in verdünnten Neutralsalzlösungen. Diese Lösungen scheiden bei genügender Verdünnung mit Wasser das Globulin wieder unverändert aus; beim Erhitzen gerinnen sie. Die Globuline lösen sich in Wasser bei Zusatz von sehr wenig Säure oder Alkali und bei Neutralisation des Lösungsmittels scheiden sie sich wieder aus. Die Lösung in Minimum von Alkali wird von Kohlensäure gefällt; Eigen- von überschüssiger Kohlensäure kann aber der Niederschlag; in der Regel wieder Schäften der ° ° ® Globuline, gelöst werden. Die neutralen, salzhaltigen Lösungen werden beim Sättigen mit NaCl oder MgS04 in Substanz bei Zimmertemperatur je nach der Art des Globulins theilweise oder vollständig gefällt. Von Ammoniumsulfat, bis zur Sättigung ein- getragen, werden sie vollständig gefällt. Die Globuline enthalten eine mittlere Menge Schwefel, nicht unter l^/o. Eine scharfe Grenze zwischen den Globulinen einerseits und den künstlichen Albu- niinateu andererseits lässt sich kaum ziehen. Die Albuminate sind zwar regelmässig unlös- lich in verdünnter Kochsalzlösung, doch kann man durch stärkere Alkalieinwirkung Albuminate darstellen, welche, vor Allem unmittelbar nach ihrer Ausfällung, in Kochsalzlösung löslich sind. Umgekehrt giebt es auch Globuline, welche mit Wasser in Berührung nach einiger Zeit in Kochsalz unlöslich werden. Nnkleoalbumine und Albuminate. Xukleoalbumine. Diese Stoffe kommen im Thier- und auch im Pflanzen- reiche sehr verbreitet vor. Sie stellen einen Bestandtheil des Protoplasmas dar, während die Albumine und zum Theil auch die Globuline vorzugsweise Bestand- theile der thierischen Säfte sind. Die Xukleoalbumine finden sich dem Gesagten entsprechend vor Allem in zellenreichen Organen, kommen aber auch in Sekreten und bisweilen in anderen Flüssigkeiten in scheinbarer Lösung als zerfallenes und umgewandeltes Protoplasma vor. Die Xukleoalbumine verhalten sich wie ^^jj^}^""^^^ ziemlich starke Säuren; sie sind fast unlöslich in Wasser, lösen sich aber leicht ^°^®i°g mit Hilfe von sehr wenig Alkali. Eine solche, neutral oder sogar schwach sauer reagirende Lösung gerinnt beim Sieden nicht. Die Nnkleoalbumine stehen bezüglich ihrer Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse den Globulinen und Albuniinaten (siehe unten) nahe, unterscheiden sich aber von jenen dadurch, dass sie von Neutralsalzen kaum gelöst werden. Der wichtigste Unterschied zwischen Xukleoalburainen einerseits und Globulinen und Albuminaten anderer- seits liegt darin, dass die Xukleoalbumine phosphorhaltig sind und dass aus ihnen durch Pepsinchlorwasserstoffsäure ein phosphorhaltiges Produkt, das Para- mildi'hi oder PseudoniiJcIe/n (vergl, Kap. 5, die Xukleine), abgespalten wird, welches nach Liebermax>' ^ j eine Verbindung von Eiweiss mit Metaphosphor- säure sein soll. Die Xukleoalbumine scheinen regelmässig etwas weniger Schwefel als die obigen Gruppen von Eiweissstoffen zu enthalten. Man findet in ihnen regelmässig etwas Eisen. Die Xukleoalbumine werden vielfach theil s mit Xukleoproteiden und theils mit phosphorhaltigen Glykoproteiden verwechselt. Von jenen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie beim Sieden mit Säuren keine Xauthinkörper liefern, von diesen dagegen dadurch, dass sie bei derselben Behandlung keine reduzirende Substanz geben. Lecithalbumine. Bei der Darstellung ge\visser Proteinsubstanzen erhält man oft stark lecithinhaltige Produkte, aus denen das Lecithin äusserst schwierig oder nur unvollständig mit Alkohol-Aetiier zu entfernen ist. Eine solche, stark lecithinhaltige Proteinsubstanz ist das Ovovitelliu, welches HOPPE-Seyler ') als eine Verbindung zwischen Eiweiss und Lecithin aufgefasst hat. Andere lecithinhaltige Eiweissküri)er hat Liebekmanx^) als unlösliche Rück- stände bei der Pepsinverdauung von Magenschleimhaut, Leber, Nieren, Lungen und Milz er- halten. Er betrachtet sie als Verbindungen von Eiweiss und Lecithin und nennt sie Lecith- albumine. Von den Nukleoalbuminen unterscheiden sie sich dadurch, dass keine Metaj)hosphor- j^bomino. säure aus ihnen abgespalten werden kann, von den Nukleoprotciden hierdurch wie auch da- durch, dass sie keine Xanthinbasen liefern. Weitere Untersuchungen über diesen Gegenstand sind indessen nothwendig. Alkali- und Aeidalbuminatc. Durch die Einwirkung von Alkalien können sämmtliohe native Eiweisskörper unter Austritt von Stickstoff, bei stärkerer Alkalieinwirkung auch unter Austritt von Schwefel, unter gleich- ^'^^%^ zeitiger Steigerung der spezifischen Drehung in eine neue Modifikation, welche ^^^^.'^;^j'^; man Alkalialbuminat genannt hat, übergeführt werden. Lässt man Aetzkali 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 21. 2) Hoppe-Seylek : Med. ehem. Untersuch. 186S; auch Zcitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13, S. 479. 3) Pflüger's Archiv. Bdd. 50 und .VI. Zweites Kapitel. in Substanz oder starke Lauge auf eine konzentrirte Eiweisslösung, wie Blut- serum oder Eiweiss, einwirken, so kann man das Alkalialbumiuat als eine feste, in Wasser beim Erwärmen sich lösende Gallerte, „LiEBERKÜirN''s festes Alkali- albumiuat", erhalten. Durch Einwirkung von verdünnter Alkalilauge auf mehr verdünnte Eiweisslösungen entstehen — langsamer bei Zimmertemperatur, rascher beim Erwärmen — Lösungen von Alkalialbuminat. Je nach der Natur des ursprünglichen Eiweisses und der Litensität der Alkalieinwirkung können diese Lösungen zwar ein etwas wechselndes Verhalten zeigen, aber es sind doch ihnen immer einige Reaktionen gemeinsam. Löst man Eiweiss in überschüssiger, konzentrirter Salzsäure oder digerirt man eine mit einer Säure, am einfachsten mit 1 — 2 p. m. Salzsäure, versetzte Eiweisslösung in der "Wärme oder digerirt man endlich Eiweiss mit Pepsinchlor- wasserstoffsäure kürzere Zeit, so erhält man ebenfalls neue Eiweissmodifikationen, welche zwar unter sich ein etwas abweichendes Verhalten zeigen können, aber auch T^ . . u gewisse Reaktionen gemeinsam haben. Diese Modifikationen , welche ebenfalls Entsteh- *= ° ' ufgsweise j^gj genügender Konzentration als eine feste Gallerte gewonnen werden können, aibuminates. i^ennt man Acidalbuminate oder Acidalbumine, bisweilen auch Syntonine, wenn man auch als Syntoiiin vorzugsweise dasjenige Acidalbuminat bezeichnet, welches aus den Muskeln bei ihrer Extraktion mit Salzsäure von 1 p. m. er- halten wird. Den Alkali- und Acidalbuminaten sind folgende Reaktionen gemeinsam. Sie sind fast unlöslich in Wasser und verdünnter Kochsalzlösung (vergl. das oben S. 26 Gesagte), lösen sich aber leicht in Wasser nach Zusatz von einer Eieptone und Hemipeptone — an. Bei der Pepsinverdauung erhält man ausser verschiedenen Albumosen ein Gemenge von Anti- und Hemipepton, welches • Gemenge von Kühne Ampliopepton genannt wird. Bei der Verdauung mit Trypsin (dem proteolytischen Enzyme der Pankreasdrüse) soll das Hemipepton 1) Pflüger's Archiv. Bd. 34. 2) Vergl. KÜHNE, Verhandl. d. naturhistor. Vereins zu Heidelberg (N. F.) 3; J. Wenz, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22; Kühne und Chittexden, Zeitsehr. f. Biologie. Bd. 22; R. Neu- JiEiSTER, ebend. Bd. 23; KÜHNE ebend. Bd. 29. 3) Bull, de la soc. chimique de Paris. 23. 4) Vergl. KÜHNE, Verhandl. d. naturhistor.-med. Vereins zu Heidelberg (X. F.) Bd. 1 und KÜHNE und Chittenden, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 19. Albumoseu uud Peptone. 31 in Leuciu , Tyrosin u, a, sich weiter spalten , während das Antipepton unver- ändert bleibt. Bei hinreichend energischer Trypsinwirkung soll zul<4zt nur ein Pepton, das sogenannte Antipepton, erhalten werden. Kühne und seine Schüler, welche die umfassendsten Untersuchungen über Albuniosen und Peptone gemacht haben, unterscheiden ferner mit Rücksicht auf die verschiedenen Löslichkeits- und Fällbarkeitsvcrhältnisse zwischen ver- schiedenen Arten von Albuniosen. Bei der Pepsinverdauung von Fibrin ') haben sie folgende Albuniosen erhalten : a) IJpferoaJhumose, unlöslich in Wasser aber löslich in verdünnter Salzlösung, b) ProfaJhi(mose, in vSalzlösung und in "Wasser löslich.' Diese zwei Albuniosen werden bei neutraler Reaktion von XaCl ge- fällt, aller nicht vollständig. Die Heteroalbumose kann durch längeres Stehen schiedenen unter Wasser oder durch Trocknen in eine, in verdünnter Salzlösung unlösliche ^°^ " Modifikation, die c) Dysalhumose übergehen, d) DeuteroaJhonose nennt man eine Albumose, die in Wasser und verdünnter Salzlösung sich löst, durch Sätti- gung mit JsaCl aber gar nicht aus neutraler, sondern erst aus saurer Lösung (unvollständig) gefällt wird. Der Niederschlag ist eine Verbindung von Albumose mit Säure (Herth)^). Nach Hertii'-) wirkt ein -wechselndes, relatives Mengenverhältniss von Säure oder Alkali, Salz, Wasser und Albumose in einer Lösung wesentlich ändernd auf die Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse ein. Xach ihm soll deshalb auch das Yorkommen von mehreren ver- schiedenartigen Albuniosen nicht bewiesen sein, indem nämlich eine und dieselbe Albumose bei Aenderung obengenannter Yariabeln ihre Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse ändern kann. Zu einer ähnlichen Auffassung ist später auch Hambtjkgek^) durch seine Untersuch- ungen gelangt. Die aus verschiedenen Muttereiweissstoffen erhaltenen Albumosen scheinen nicht identisch zu sein, sondern unterscheiden sich durch ein etwas abweichen- des Verhalten zu Fällungsreagenzien. Man hat diesen verschiedenen Albuniosen auch besondere Kamen, je nach der Muttersubstanz derselben, gegeben uud mau spricht also von GJobulosen% ViteUosen% Kaseosen% Myosinosen'*) u. s. w. Auch hier unterscheidet man dann weiter zwischen verschiedenen Arten von xVlbumosen, wie z. B. Proto-, Hetero- und DexteroJcaseosen. Alle bei der Ver- dauung von thierischem oder pflanzlichem Eiweiss entstehenden Albumosen Averden von Ciiittenden^) unter dem gemeinschaftlichen Kamen Proteosen zusammeng-efasst. 1) Yergl. KÜHNE und Chittexden, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 20. •i) Monatshefte f. Chem. Bd. 5. 3) Yergl. iLvLY's Jahresber. Bd. 16, S. 20. 4) KÜHNE und CniTTENDEN, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. 5) NeüMeistei:, ebend. Bd. 23; Chittexden and ILvktwell, .lourn. of Physiol. Bd. 11. G) Chittenden and Painter, Studies from the laborat. etc. Yale University. Bd. 2. New Haveu 1891, vergl. auch Chittenden, ebend. Bd. 3 und Seheliex, Chem. Ccntral- blatt 1890. ") KÜHNE und Chittenden, Zeit.schr. f. Biologie, Bd. 25; vergl. auch riiiTTEXiucN and GOODWIN, Journ. of Physlol. Bd. 12. i<) Vergl. Chittenden and H.vktwei.l. .Toum. of Physiol. Bd. 12. S2 Zweites Kapitel. Atmidalbumose nennt Nettmeistek ') eine durch Einwirkung gespannter Wasserdämpfe auf Fibrin von ihm erhaltene Albumose. Gleichzeitig erhielt er auch eine , gewissermassen zwischen den Albuminaten und den Albumosen stehende Substanz, das Atmidalbumin. Von eleu löslichen Albumosen bezeichnet Neumeister^) die Proto- und Heteroalbumose als ^minore Albumosen, die dem Pepton näher verwandten Deuteroalbumosen dagegen als seltindäre AJhumosen. Als wesentliche Unter- schiede zwischen beiden Gruppen hebt er folgende hervor^). Von Salpetersäure werden die primären Albumosen in salzfreier, die sekundären dagegen erst in salzhaltiger Lösung gefällt, wobei zu bemerken ist, dass einige Deuteroalbumosen, wie die Deuterovitellose und die Deuteromyosinose, von Salpetersäure erst nach Sättigung der Lösung mit NaCl gefällt werden. Von Kupfersulfatlösung (2 : 100) r, . .. , wie auch von NaCl in Substanz in neutraler Flüssigkeit werden die primären, libumo^r ^^^^^ ^^^"^ ^^^ sekundären, Albumosen gefällt. Aus einer mit NaCl gesättigten Lösung werden nach Zusatz von salzgesättigter Essigsäure die primären voll- ständig, die sekundären dagegen nur theilweise gefällt. Von Essigsäure und Ferro- cyankalium werden die primären Albumosen leicht, die sekundären erst nach einiger Zeit theilweise gefällt. Die Deuteroalbumosen sollen aus den primären Albu- mosen hervorgehen und wohl also ein geringeres Molekulargewicht haben. Dieser Ansicht gegenüber erscheint es auffallend, dass, wie Kühne*) gefunden hat, die Deuterofibrinosen weniger leicht als die Protofibi'inose diffundiren, und ferner, dass nach Sabanejew^) die Deuteroalbumose ein höheres Molekulargewicht (3200) als die Protalbumose (2467—2643) hat. Die echten Peptone sind ungemein hygroskopisch und zischen auf wie Phosphorsäureanhydrid, wenn sie in völlig trockenem Zustande mit wenig Wasser benetzt werden. Sie sind ungemein leicht löslich in Wasser, diffundiren leichter als die Albumosen und werden von Ammoniumsulfat nicht gefällt. Das reine Pepton soll weder von Pikrinsäure noch von Quecksilberjodidjodkalium und Säure tone. gefällt werden. Von Phosphorwolframsäure oder Phosphormolybdänsäure werden die echten Peptone unvollständig gefällt. Gerbsäure fällt die echten Peptone, der Niederschlag kann aber von überschüssiger Gerbsäure gelöst werden (Sebe- LiEN*^). Das Molekulargewicht des Peptons soll nach Sabanejew niedriger als 400 sein. Da die sogenannten echten Peptone bisher wohl nie in ganz reinem Zu- stande dargestellt worden sind, und da man in Folge hiervon die charakteristi- schen Eigenschaften derselben noch nicht kennt, kann vorläufig nur das Ver- halten zu Ammoniumsulfat als massgebender Unterschied zwischen Albumosen und Peptonen angesehen werden. Man kann jedoch in Zweifel darüber sein, ob das Verhalten zu einem einzigen Salze, dem Ammoniumsulfat, einen genügenden 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 20. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 24. 3) Ebend. Bd. 26. 4) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 29. 5) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 26, lief. S. 385. 6) Chem. Centralbl. 1890. All>uMiosen und Peptone. 33 Anhaltspunkt zur Charakterisirung von zwei Gruppen von Eiweissstoffen, den Albumosen und Peptonen, liefern kann, und ein solcher Zweifel ist um so mehr berechtigt, als es nach Neumeister auch Deuteroalbumose (bei der Pepsinver- dauung aus der Protalbumose entstehende Deuteroalbumose) giebt, welche von Amnioniumsulf'at nicht vollständig gefällt wird. Es hat den Anschein, als fände die Umsetzung des Eiweisses in Pepton mit einer Anzahl Zwischenstufen statt, ebenso wie die Stärke durch eine Reihe von Dextrinen in Zucker übergeht. Eine vollständige Trennung dieser, einander nahestehenden und in einander über- gehenden Zwischenprodukte wie auch die Reindarstellung eines jeden derselben dürfte eine so ausserordentlich schwierige Aufgabe sein, dass es wohl gegen- wärtig nicht möglich ist zu sagen, in wie weit eine DifFerenzirung berechtigt oder durchführbar sei. In welchem Verhältnisse stehen die Albumosen und Peptone zu demjenigen Eiweiss, aus welchem sie entstanden sind? Hertii^) hat für Fibrinalbumose und Fibrin annähernd dieselbe Zusammensetzung gefunden. Kühxe und CniTTENDEN wie auch Chittenden und seine Schüler'^) haben die verschiedenen, aus Fibrin, Globulin, Eialbumin, Myosin und Kasein dargestellten Albumosen analysirt. Sie fanden dabei in einigen Albumosen einen etwas höheren, in an- deren dagegen einen etwas niedrigeren Gehalt an Kohlenstoff, Stickstoff und feuun^des Schwefel als in dem entsprechenden Muttereiweissstoffe. Als wesentliches Re- '^nnd'^r ßultat ihrer Analysen ergiebt sich jedoch, dass — die dem Pepton am nächsten ^'*>°"'<»eu. stehenden Albumosen vielleicht ausgenommen — der Unterschied in der Zu- sammensetzung des ursprünglichen Eiweisses und der entsprechenden Albumosen bald in die eine, bald in die andere Richtung geht und jedenfalls nur unwesent- lich ist. Nach den von Maly^), Herth^) und Hexncjger^) an dem Pepton in älterem Sinne ausgeführten Analysen scheint das Pepton ebenfalls etwa dieselbe Zusammensetzung wie das Eiweiss zu haben. Nach den von Kühne und Chittenden 2) an dem „echten" Fibrinpepton, theils Amphopepton und theils mit Pankreasinfusion bereiteten Antipepton, ausgeführten Analysen soll das Pepton dagegen bei etwa demselben Wasserstoffgehalte und demselben oder einem höheren Stickstoffgehalte bedeutend ärmer an Kohlenstoff als die Albumosen sein. Bei seinen Untersuchungen an dem Kasein fand Chittenden indessen zusammen- umgekehrt in dem Antipepton einen höheren Kohlenstoffgehalt als in gewissen ej'^oIss und Kaseosen. Da die Darstellung von echtem Pepton in reinem Zustande mit ^'^p'*»"- grossen Schwierigkeiten verknüpft ist, und da das bisher analysirte Pepton (iu modernem Sinne) zu den Peptonreagenzien nicht immer wie das von Neumeister beschriebene, reine Pepton sich verhalten hat, dürfte es äusserst schwierig sein, 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 und Monatshefte f. Chem. Bd. 5. 2) Vergl. die S. 31 schon citirten Arbeiten von Kühne, Chittenden und deren Schüh'rn. 3) Pflüger's Archiv. Bdd. 9 und 20. ') Coraptes rendus. Tome 86. Hamm ars ton, Physiologische Chemie. Dritte Aufla^^e. 3 3i Zweites Kapitel. aus den bisher ausgeführten Analysen bestimmte Schlüsse zu ziehen. Es scheint jedoch, als würde im Allgemeinen das sogenannte echte Pepton vielleicht etwas ärmer an Kohlenstoff als das entsprechende Eiweiss sein. Die Elementaranalyse hat also noch keine sicheren Anhaltspunkte zur In welchem Beantwortung der Frage, in welchem Verhältnisse das Eiweiss einerseits und stehen Aibn- die Albumosen und Peptone andererseits zu einander stehen, geliefert. Nach Pe°ptone za einer von Hoppe-SeylepJ), Kühne, HexnixgePv-) und, wie es scheint, wahr- Eiweiss? schelulich den meisten neueren Forschern acceptirten Ansicht soll die Pepton- liildung eine hydrolytische Spaltung sein. Als Stütze hierfür hat man auch die Beobachtungen von Hexnixger-) und Hofmeistee ^) , nach welchen das Pepton durch Einwirkung von Essigsäuieanhydrid oder durch Erhitzen unter Austritt von Wasser in alhuminatähnliches Eiweiss übergeführt werden soll, angeführt. Kach anderen Forschern, ^NIaly^), Herth^j, Loew'') u. a. soll die Peptonbilduug eine Depolymerisation des Eiweisses sein. Einer dritten Ansicht gemäss sollen Eiweiss und Peptone isomere Körper sein, während nach einer vierten Ansicht (Geiessüayer) ') das Eiweiss aus Micellgruppen bestehen soll, welche bei der Peptonisation erst in Micelleji und dann weiter in Moleküle zer- fallen. Während eine gewöhnliche Eiweisslösung Micellen oder Micellverbände enthält, sollte also nach dieser Ansicht eine Peptonlösung Eiweissmoleküle ent- halten. Die Darstellung der verschiedenen Albumosen in völlig reinem Zustande ist sehr umständlich und mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Aus diesem Grunde wird hier nur in allgemeinen Zügen dasjenige Verfahren angeführt, durch welches die verschiedenen Albumoseniederschläge zu erhalten sind. Geht man von einer Lösung von Fibrin in Pepsinchlorwasserstoffsäure aus, so ent- fernt mau zuerst durch Neutralisation und durch Koagulation in der Hitze das Syntonin, bezw. etwa anwesendes gerinnbares Eiweiss. Das neutralisirte Filtrat wird mit NaCl gesättigt, wobei ein Gemenge der primären Albumosen sich aus- scheidet. Den mit gesättigter NaCl-Lösung gewaschenen Niederschlag presst man aus und löst ihn in verdünnter Kochsalzlösung. Ein etwa zurückbleibendei-, ^^'^der^"^"" nicht löslicher Rest wird Dysalbumose genannt. Die Lösung der primären Albumosen. Albumosen wird anhaltend und vollständig dialysirt. Es scheidet sich hierbei die Heteroalbumose aus, während die Protalbumose in Lösung bleibt und mit Alkohol gefällt werden kann. Das von den primären Albumosen getrennte, mit NaCl gesättigte Filtrat versetzt man mit Essigsäure, welche mit NaCl ge- sättigt worden ist, bis keine Fällung mehr erfolgt. Der Niederschlag, welcher ein Gemenge von primären und sekundären Albumosen ist, Avird abfiltrirt. Aus dem Filtrate entfernt man die Hauptmenge des Kochsalzes durch Dialyse und 1) Hoppe-Seylek, Physiol. Cliem. Berlin 1&81. 2) Coniptes reudus. Tome 86. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. 4) Pflügeb's Aich. Bd. 9 und 20. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1 und Monatshefte f. Chem. Bd. o. P) PFLtJGEii's Arch. Bd. 31. 7) Vergl. Malt's Jahresber. Bd. 14, p. 26. Trenuuug von Albuiuosen uud Peptonen 35 scheidet die Deuteroalbumose mit Ammoniunisulfat aus. Man kann natürlich auch erst .sämmtliche Albumoseu mit Ammouiumsultat ausfüllen, den in Wasser gelösten Niederschlag durch Dialyse von dem Ammouiumsalze reinigen und dann wie oben verfahren. Zur Darstellung von echtem Pepton kann man eine sehr anhaltende oder energische Pepsinverdauung verwenden, kommt aber bedeutend rascher durch Anwendung von der Trypsinverdauung zum Ziele. Die Albumosen müssen ganz vollständig entfernt werden, was nur durch abwechselndes Fällen mit Ammonium- sulfat bei saurer, neutraler und alkalischer Reaktion möglich ist. Nach Klji.nk') verfährt man in folirender Weise. Die hinreichend verdünnte Lösung der von „ , ,, A 11 • 1 i" 111 Ti- • p • 1-r 1 11 -1 Darstellans Albummaten und küagulal)lem Jiiiweiss ireien \ erdauungsprodukte wird zuerst aer echten .«iedend heiss mit Aramoniumsulfat bei nahezu neutraler Reaktion gefällt und ^^^P^"^^- nach dem Abkühlen von ausgeschiedenen Albumosen und auskrystallisirtem Salz getrennt. Das Filtrat wird zum Sieden erhitzt, mit Ammoniak und Ammonium- karbonat stark alkalisch gemacht, von Neuem in der Hitze mit Ammonium- sulfat gesättigt, nach dem Erkalten filtrirt, wieder erhitzt, bis der Geruch nach Ammoniak verschwunden ist, von Neuem mit Ammouiumsulfat in der Hitze gesät- tigt, darauf mit Essigsäure deutlich angesäuert und nach dem Erkalten filtrirt. Das Filtrat wird durch starkes Konzentriren unter Umrühren, Firkalten- lassen und Absaugen von einem grossen Theil des Salzes befreit. Aus dem Filtrate kann durch vorsichtige fraktiouirte Fällung mit Alkohol wieder eine grosse ]Menge Salz entfernt werden, so dass man zuletzt eine alkoholhaltige peptonreiche Lösung mit nur wenig Ammouiumsalz erhält. Diese Lösung wird durch Kochen vom Alkohol und dann durch Sieden mit Baryumkarbonat vom Ammouiumsulfat befreit. Das Filtrat wird durch vorsichtigen Zusatz von ver- dünnter Schwefelsäure von überschüssigem Baryt befreit. Das neue Filtrat, welches keine überschüssige Schwefelsäure enthalten darf, wird stark konzentrirt und aus demselben das Pepton mit Alkohol ausgefällt. Zum Nachweis von Albumosen und Peptonen in thierischen Flüssigkeiten, bezw. in wässerigen Extrakten der Organe oder Gewebe, kann man nach Devoto^) in folgender Weise verfahren. Das koagulable Eiweiss entfernt man durch Erhitzen mit möglichst reinem Ammouiumsulfat, wie oben S. 25 angegeben worden. In dem erkalteten, salzgesättigteu Filtrate kann mittelst der Biuret- probe echtes Pepton (nel)st nicht gefällter Deuteroalbumose) nachgewiesen werden. ,^'''*''''y;°'^ Die übrigen Albumosen sind in dem auf dem Filtrum gesammelten Gemenge mosea und von Niederschlag und Salzkrystallen enthalten. Bei dem Auswaschen dieses ^v^^^^- Gemenges mit Wasser werden die Albumosen gelöst und können in dem Wasch- wasser mittelst der Biuretprobe nachgewiesen werden. Ob nicht auch bei diesem Verfahren unter Umständen Spuren von Albumosen aus anderem Eiweiss ent- stehen können, ist jedoch nicht näher untersucht. Will man eine mit Ammoniumsulfat gesättigte Lösung mit der Biuret- reaktion prüfen, so muss man eine möglichst konzentrirte Natronlauge unter Abkühlung in geringem Ueberschuss zusetzen und nach dem Absitzen des Natriumsulfates der Flüssigkeit tropfenweise eine 2 prozentige Kupfersulfatlösuug zufügen. Zur quantitativen Bestimnmng der Albumosen und Peptone hat man theils die Biuretprobe (kolorimetriscli) und theils die polarimetrische Methode verwendet. Diese Methoden geben indessen keine genauen Resultate. 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 29. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. 3(J Zweites Kapitel. Koagulirte Eiweissstoffe. Das Eiweiss kann auf verschiedene Weise, wie durch Erhitzen (siehe oben S. 21), durch Einwirkung von Alkohol, besonders bei Gegenwart von Neutralsalz, und in gewissen Fällen, wie bei dem Ueber- Koagnürto g^ngc von Fibrinogen in Fibrin (vergl. Kap. 6), durch Enzyme in den ge- ^stoffe!' ronnenen Zustand übergeführt werden. Die Natur des bei der Gerinnung statt- findenden Vorganges ist unbekannt. Die geronnenen Eiweisskörper sind unlös- lich in "Wasser, Neutralsalzlösung und verdünnten Säuren, bezw. Alkalien, bei Zimmertemperatur. Von weniger verdünnten Säuren oder Alkalien werden sie besonders in der Wärme gelöst und in Albumin ate umgewandelt. Koagulirte Eiweissstoffe scheinen aber auch in den thierischen Geweben vorzukommen. Man findet wenigstens in vielen Organen, wie in der Leber und anderen Drüsen, Eiweissstoffe, die weder in Wasser, verdünnten Salzlösungen oder sehr verdünntem Alkali löslich sind und die erst unter Denaturirung von etwas stärkerem Alkali gelöst werden. Anhang. Tegetabilische Eiweissstoffe. Die pflanzlichen Eiweissstoffe scheinen dieselben wesentlichen Eigenschaften wie die thierischen zu haben, und es kommen auch in den Pflanzen dieselben drei Hauptgruppen von nativen Ei- weissstoffen wie in dem thierischen Organismus vor. Man kennt also pflanz- Vegetabiii- liehe Alhimiine, Globuline (Phyto vitellin , Pflanzenmyosin, Paraglobulin) und Weissstoffe. XuMeoülljumine (Erbsenlegumin). Ausserdem kommen als eine besondere Gruppe die koagulirten Eiweissstoffe, die sogenannten Kleberproteinstoffe vor, die zum Theil in Alkohol löslich sind. Es scheint jedoch, als hätte man bei dem Stu- dium der vegetabilischen Eiw'eissstoffe zu grosses Gewicht auf die Löslichkeits- verhältnisse derselben gelegt, und fortgesetzte, mehr eingehende Untersuchungen scheinen dringend nöthig zu sein^). Giftige Eiweissstoffe. In dem ersten Kapitel wurde die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass sowohl die höheren Pflanzen und Thiere wie auch die Mikrobien Eiweissstoffe von spezifischen, bisweilen intensiv giftigen Wirkungen erzeugen können. Fragt man nach der Natur dieser sogenannten giftigen Eiweissstoffe, so müssen wir zugeben, dass wir darüber wenig Sicheres wissen. Die bisher iso- lirten giftigen Eiweissstoffe gehören zwar bestimmten Gruppen von Eiweissstoffen an — einige sind Albumine, andere Globuline oder Proteide und die meisten, Gifti e Ei- '^^''6 es scheint, Albumosen — aber damit ist nichts Näheres über ihre chemische ■weisssioffe. j^^tur gesagt. In chemischer Hinsicht kennen wir nämlich keinen bestimmten Unterschied zwischen einem giftigen und einem unschädlichen Eiweisskörper 1) Vergl. Kjeldahl, Undersögelser over de optiske Forhold hos uogle Planteaegge- hvidestoffer. Forhandlingerne ved de skandinaviske Naturforskeres 14. Mode. Kjöbenhavn 1892. Toxalbuinine. Proteide. 37 entsprechender Art, wie z. B. zwischen einem giftigen und nicht giftigen Globuhn. Selbst die fundamentale Frage, ob dasjenige, was man als giftiges Eiweiss iso- lirt hat, in der That giftiges und nicht vielmehr von einer anderen giftigen Substanz verunreinigtes, unschädliches Eiweiss gewesen sei, kann nicht als ent- schieden angesehen werden. Sicher ist es, dass ein und dasselbe Toxalbumin bei verschiedenen Ge- legenheiten wesentlich verschiedene chemische Eigenschaften zeigen kann, trotz- dem es dieselbe spezifische Wirkung zeigt. Ein Beispiel dieser Art liefert das Tuberkulin. Dies soll nach den meisten Forschern eine Albumose sein; aber dem gegenüber hat Helman^) ein Tuberkulin isolirt, welches nicht wie eine Albumose sich verhält und überhaupt nur schwache Ei Weissreaktionen giebt. Auch die elementare Zusannnensetzung eines und desselben Toxalbumins kann bei verschiedenen Darstellungen nicht unbedeutend schwanken 2). Unter solchen Umständen kann auf die Eigenschaften der verschiedenen Toxalbumine hier nicht des Näheren eingegangen werden. Die Lehre von den ,p^y^,j,^„jj^g giftigen Eiweissstoflen befindet sich hinsichtlich der Natur dieser Stoffe an- Qni Enzyme, scheinend auf demselben Stadium wie die Lehre von den Enzymen, und es lässt sich auch nicht läugnen, dass in vielen Fällen eine unverkennbare Aehn- lichkeit in der Wirkung eines Toxalbumins und eines Enzyms besteht. IL Proteide. Mit diesem, von Hoppe-Seyler eingeführten Namen werden hier Stoffe bezeichnet, welche mehr zusammengesetzt als die Eiweissstoffe sind und als nächste organische Spaltungsprodukte einerseits Eiweissstoffe und andererseits irgend welche andere, nicht eiweissartige Stoffe, Farbstoffe, Kohlehydrate, Xanthin- körper u. dergl. liefern. Die bisher bekannten Proteide können auf drei Hauptgruppen vertheilt werden. Diese Gruppen sind die Hümoglohine, die GJylioprote'ide und die Nnhleoprotc'iäe. Von diesen dürften die Hämoglobine am passendsten in einem folgenden Kapitel (Kapitel 6 über das Blut) abgehandelt werden. Glykoproteide nennt man diejenigen Proteide, welche bei ihrer Zersetz- ung als nächste Spaltungsprodukte Eiweiss einerseits und Kohlehydrate oder Derivate von solchen andererseits liefern. Die Glykoproteide sind theils phos- proteVdö. phorfrei (Mucine, Mucinoide und Hyalogene), theils phospborhaltig (Phospho- glykoproteide). Älucinsubstiiiizen. Als Mucine hat man kolloide Substanzen bezeichnet, 1) Archives de sciences biologiques de St. Petersbourg. Tome 1, 1892. 2) Vergl. S. DziEKZ(iOWSKl und L. DK Rkkowski. Rei-herches sur la transformatioD des milieux nutritifs par les bacilles de la diphthorie etc. Archives de sciences biologiques. St. Petersburg. Tome 1, 1892. 38 ZAveites Kapitel. deren Lösungen schleimig fadenziehend sind , mit Essigsäure einen in über- schüssiger Säure unlöslichen Niederschlag geben und welche beim Sieden mit b^tanzen verdünnter Mineralsäure eine Kupferoxydhydrat reduzirende Substanz liefern. Durch diese letztgenannte, von Eichwald ^) zuerst beobachtete Eigenschaft unterscheiden sich die INIucine von anderen, ihrer physikalischen Beschaffenheit nach ihnen ähnlichen und mit ihnen lange verwechselten Stoffen. Auf der anderen Seite hat man auch als Mucine andere, durch ihre physikalische Be- schaffenheit von ihnen abweichende Stoffe bezeichnet, Avelche ebenfalls beim Sieden mit verdünnter Mineralsäure eine reduzirende Substanz geben. Die verschiedenen, als Mucinsubstanzen bezeichneten Stoffe können dem entsprechend entweder 1, echte Ifucine oder 2. Mukoide der Mncinöide sein. Alle Mucinsubstanzen enthalten Kohlenstoff, Wasserstoffe Sticlistoff,. Sclnvefel und Sauerstoff. Den Eiweissstoffen gegenüber sind sie ärmer an Stick- stoff und in der Regel auch nicht unbedeutend ärmer an Kohlenstoff. Als nächste Zersetzungsprodukte liefern sie einerseits Eiweissstoffe und andererseits Kohlehydrate oder ihnen verwandte Säuren. Beim Sieden mit verdünnten Mineralsäuren geben sie alle eine reduzirende Substanz. Die echten 3Iucine sind dadurch charakterisirt, dass ihre natürlichen oder mit einer Spur Alkali dargestellten Lösungen schleimig fadenziehend sind und mit Essigsäure einen in einem Ueberschusse der Säure unlöslichen Niederschlag geben. Die Mukoide zeigen diese physikalische Beschaffenheit nicht und haben, ^Mukoide"'^ andere Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse. Wie es Uebergangsstufen zwischen verschiedenen Eiweissstoffen giebt, so giebt es auch solche zwischen echten Mucinen und Mukoiden, und eine scharfe Grenze zwischen diesen zwei Gruppen lässt sich nicht ziehen. Echte Mucine werden von den grossen Schleimdrüsen, von gewissen so- genannten Schleimhäuten wie auch von der Haut der Schnecken und anderer Thiere abgesondert. Echtes Mucin kommt auch in dem Bindegewebe und dem Nabelstrange vor. Bisweilen, wie bei Schnecken und in der Hülle des Frosch- eies (Giacosa)^), findet sich eine Muttersubstanz des Mucins, ein Mucinogen, welches von Alkalien in jNIucin übergeführt werden kann. Mukoide Substanzen sind beispielsweise im Knorpel, in einigen Cysten, in der Kornea, dem Glas- Ter^Madn" körpcr, dem Eiweiss und in gewissen Ascitesflüssigkeiten gefunden worden. Da Substanzen, j-g Mucinfrage noch sehr wenig erforscht ist, können gegenwärtig keine ganz sicheren Angaben über das Vorkommen der Mucine und der Mukoide gemacht werden und zwar um so weniger, als unzweifelhaft in mehreren Fällen nicht mucinartige Substanzen als Mucine beschrieben worden sind. So viel ist doch sicher, dass Mucine oder ihnen nahe verwandte Stoffe innerhalb des Organismus weit verbreitet, in gewissen Geweben in reichlichen Mengen, vorkommen. Durch 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 134. 2) Zeitschr. f. physiol, Chem. Bd. 7. Vergl. auch IIammaksten. Pflüger's Archiv. Bd. 36. Echte Mucine. 39 ihre Zersetzung^produkte dürften sie auch für die Frage voü der Entstehung und der Abspaltung der Kohlehydrate oder ilnicn verwandter Stoffe (Glukuron- säure) aus anderen A.toinkomplexen von grossem Interesse sein. Kellte 3IuciiiC. Bisher sind nur wenige Mucine in, wie es scheint, reinem, durch die verwendeten Reagenzien nicht verändertem Zustande erhalten worden. Die Eiementaranalysen dieser Mucine haben folgende Zahlen gegeben. C H N S O Schneckenmucin 50,32 6,84 13,65 1,75 27,44 (Verf.)') Zusammen- Sehnenimiciu 48,30 6,44 11,75 0,81 32,70 (Loebisch)-) setzung der Submaxillarisniuciii .... 48,84 6,80 12.32 0,84 31,20 (Verf.)*) Mucino. Das dem Keratin näher stehende hinein der Schneckenhaut enthält eine grössere Menge Schwefel als die anderen [Nlucine. Der Schwefel ist übrigens, wenigstens in gewissen Mucinen, theils locker und theils fest chemisch gebunden. Bei der Einwirkung von gespannten Wa.=;serdärapfen soll angeblich aus dem Mucin ein Kohlehydrat, thierisches Gummi (Landwehr)'*), sich ab.spalten. Dies gilt indessen wenigstens nicht für alles Mucin, denn die aus dem Mucin der Submaxillarisdrüse hierbei sich abspaltende gumraiähnliche Substanz ist stick- stoffhaltig^). Beim Sieden mit verdünnten Mineralsäuren erhält man aus dem Mucin Acidalbuminat und albumose- oder peptonähnliche Stoffe nebst noch nicht näher studirten reduzirenden Substanzen. Durch Einwirkung von stärkeren Säuren erhält man unter anderen Stoffen Leucin, Tyrosiu und Lävulinsäure (Landwehr). „ ^ ' Zersptznngs- Von sehr verdünnten Alkalien, wie von Kalkwasser, werden gewisse Mucine. Produkte , '^^''^ ilocino. wie das Submaxillarismucin, leicht, andere wiederum, wie das Sehnenmucin, nicht (Loebisch) -j verändert. Lässt man eine stärkere Alkalilauge, wie z. B. von 5°/o KOH, einwirken, so erhält man aus dem Submaxillarismucin Alkali- albuminat, albumose- oder peptonähnliche Stoffe und eine oder mehrere stark reduzirende und sauer reagirende Substanzen. In der einen oder anderen Hinsicht können die verschiedenen Mucine etwas verschieden sich verhalten. So sind z. B. Schnecken- und Sehnenmucin in verdünnter Salzsäure von 1 — 2 p. m. unlöslich, während das Mucin der Sub- niaxillardrüse und des Nabelstranges darin löslich sind. Das Sehnenmucin wird von Essigsäure flockig, die anderen Mucine dagegen als mehr oder weniger faserige, zähe Massen gefällt. Abgesehen hiervon sind sämmtlichen Mucinen j(>doch gewisse Reaktionen gemeinsam. In trockenem Zustande stellt das Mucin ein weisses oder gelblich-graues Pulver dar. Feucht dagegen erhält man es als Flöckchen oder gelblich-weisse, zähe Klumpen oder Massen. Die Mucine reagiren sauer. Sie geben die Farben- 1) PFi.i-dER's Aroh. Bd. :J(J. 2) Zeitschr. f. physiol. Clieni. Bd. 10. 3) Ebend. Bd. 12. 4) Ebend. Bdd. 8 und 9, auch Pflijger's Arch. Bdd. :K) und 40. 5) Nicht veröflentlichte Untersuchung des Verf. 40 Zweites Kapitel. reaktionen der Eiweissstoffe. In Wasser sind sie nicht löslich, können aber mit Wasser und möglichst wenig Alkali neutral reagirende Lösungen geben. Eine solche Lösung gerinnt beim Sieden nicht; bei Zinimertemparatur giebt sie mit Essigsäure einen im Ueberschusse des Fällungsmittels unlöslichen Niederschlag. Eigen- Setzt man einer Mucinlösung 5 — 10 "/o jSTaCl zu, so kann sie dann mit Essig- ^"^ Muc^e.^"^ säure vorsichtig angesäuert werden, ohne einen Niederschlag zu geben. Eine solche, angesäuerte Lösung wird von Gerbsäure reichlich gefällt; mit Ferrocyan- kalium giebt sie keinen Niederschlag, kann aber bei genügender Konzentration davon dickflüssig oder zähe werden. Eine neutrale Lösung von Mucinalkali wird von Alkohol bei Gegenwart von Neutralsalz gefällt; sie giebt auch mit mehreren Metallsalzen Niederschläge. Wird das Mucin mit verdünnter Salz- säure von etwa 2^/o im Wasserbade erwärmt, so wird die Flüssigkeit allmählich gelbbraun oder schwarzbraun und reduzirt dann Kupferoxydhydrat in alkalischer Flüssigkeit. Das in grösseren Mengen am leichtesten zu erhaltende Mucin, das Sub- maxillarismucin, kann auf folgende Weise rein erhalten werden. Das von Form- elementen freie, möglichst wenig (von Blutfarbstoff) gefärbte, filtrirte Wasser- extrakt der Drüse versetzt man mit so viel Salzsäure von 25*^/0, dass die Flüssigkeit 1,5 p. m. HCl enthält. Bei Zusatz von der Säure wird das Mucin dabei sogleich gefällt, löst sich aber bei Umrühren wieder auf. Wird diese saure Darsteiiun-' Flüssigkeit unmittelbar darauf mit 2— 3 Vol. Wasser verdünnt, so scheidet sich der Macine. das Mucin aus und kann durch neues Auflösen in Säure von 1,5 p. m., Ver- dünnung mit Wasser und Auswaschen damit gereinigt werden. Auf dieselbe Weise kann man auch das Mucin des Nabelstranges darstellen^). Das Sehnen- mucin stellt man aus Sehnen, welche erst mit Wasser und Kochsalzlösung von Eiweiss befreit worden, dar. Man extrahirt sie mit Kalkwasser, fällt das Filtrat mit Essigsäure und reinigt den Niederschlag durch Wiederauflösung in ver- dünntem Alkali oder Kalkwasser, Fällung mit Säure und Auswaschen mit Wasser (Rollett^), Loebisch). Zuletzt werden die Mucine mit Alkohol und Aether behandelt. 2. Muko'i'de oder Mucinoide. Dieser Gruppe gehören beispielsweise das in Ovarialflüssigkeiten vorkommende Psendomucin, das ihm wahrscheinlich ver- Mukoide. wandte Kolloid, das im Knorpel vorkommende Chondromuko'id u. a. an. Diese Stoffe müssen später in den respektiven Kapiteln je für sich gesondert abge- handelt werden. Hyalogene. Mit diesem Namen hat Krtjkenberg^) eine Menge verschiedenartiger Stoffe bezeichnet, welche durch Folgendes charakterisirt sein sollen. Durch Einwirkung von Alkalien sollen sie — unter Abspaltung von Schwefel und etwas Stickstoff' — in lösliche, von ihm Hyaline genannte, stickstoffhaltige Produkte sich umsetzen , welche bei weiterer Zersetz- ung reine Kohlehydrate liefern sollen. Innerhalb dieser Gruppe können also sehr verschieden- artige Substanzen Platz finden. Einige dieser Hyalogene scheinen unzweifelhaft Glykoproteide zu sein. Als solche verhalten sich das Neossin*) in den essbaren chinesischen Schwalben- 1) Bisher ist dieses jedoch nicht (vom Verf.) so rein erhalten worden, dass die Ana- lysen davon in die obige tabellarische Zusammenstellung aufgenommen werden konnten. ■^) Wien. Sitzungsber. Bd. 3J), Abth. 2. 3) Verh. d. physik.-med. Gesellsch. zu Würzburg 1883 u. Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. 4) Krukenberg, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. Nukleoproteide. 41 Hyalogene. Phospho- glyko- protei'de. Helico- pioteid. nestem, die Memhranine^) der DESCEMET'schen Haut und des Linsenkapseis und das Spiro- graphin'-) in den Spirographisliülleu. Andere dagegen, wie das Hyalin'-') der Echinococcus- blasen, das Onupkin*) in den Wohnröhren von Onuphis tiihicola, scheinen keine Proteide zu sein. Zu den Ilyalugenen können auch das sogenannte Mucin der Hothurien'-'), das Chondro- sin"') der Gallertsehwämme u. a. gerechnet werden. Da die verschiedenen, von Kkukenbekg als Hyalogene bezeichneten Stoffe sehr verschiedenartig sind, dürfte es von wenig Nutzen sein, sie zu einer besonderen (irui)pe zusammen zu führen. Phos])ho;L^lykopn)tei(le. Diese Gruppe umfasst die phosphorhaltigen Glykoproteide. Diese Proteide werden bei der Pepsinverdauung zersetzt und spalten dabei wie die Nukleo- albumine ein Para- oder Pseudonuklein ab. Von den Nukleoalbuminen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie beim Sieden mit einer Säure eine reduzireude Substanz geben und von den Nukleoproteiden dadurch, dass sie keine Xanthinkörper liefern. Es sind bisher nur zwei phosphorhaltige Glykoproteide bekannt, nämlich das in Karpfen- eiern vorkommende, von ^\^\LTEK") näher studirte Ichthulin, welches eine Zeit lang als ein Vilellin aufgefasst wurde. Das Ichthulin hat die Zusammensetzung C 53,52; H 7,71; N 15,04; Ichthulin S 0,41; P 0,43; Fe 0,10'^ o. Den Löslichkeitsverhältuissen nach ähnelt es einem Globulin. Aus dem Parauukleiu des Iclithulins stellte Walter eine reduzireude Substanz dar, die mit Phenylhydrazin eine gut krystallisireude Verbindung gab. Ein anderes Phosphoglykoproteid ist das vom Verf.*) aus der Eiwelssdrüse von Helix Pomatia isolirte Helicoprote'id. Es hat die Zusammensetzung C 46,90; H 0,78; N 6,08; S 0,62; P 0,47° 0. Durch Alkalieinwirkung kann ein gummiähnliches, links drehendes Kohle- hydrat, thierisches Siniatrin abgespalten werden. Beim Sieden mit einer Säure liefert es eine rechtsdrehende reduzirende Substanz. Nukleoproteide. Mit diesem Namen hat mau zu bezeichneu diejenigen Proteide, die bei der Pepsinverdauung echtes Xuklein (vergl. Kap. 5 über die Zelle) geben und die beim Sieden mit verdünnter Mineralsäure ausser Ei weiss auch Xanthinkörper oder sogenannte Xukleinbaseu liefern. Die Nukleoproteide scheinen in dem Thierkörper weit verbreitet zu sein. Sie kommen hauptsächlich in den Zellkernen, wie es scheint aber auch oft in dem Protoplasma der Zellen vor. Durch den Zerfall der Zellen können sie auch in die thierischen Flüssigkeiten übergehen und darum hat man auch Nukleoproteide in dem Blutserum gefunden. Die Nukleoproteide können aufgefasst werden als Verbindungen von einem Eiweisskerne mit einer Seitengruppe, welche von Kossel^j als prosthetische Gruppe bezeichnet wird. Diese Seitenkette, welche den Phosphor enthält, liefert bei der Zersetzung von gewissen Nukleoproteiden , wie von dem Proteid der Hefezellen ^Oj ^nd dem der Pankreasdrüse^^), ausser Nukleinbasen auch xukieo- reduzirende Substanzen, die mit Phenylhydrazin krystallisireude Verbindungen ^™ 1) C. Th. MÖKXEB, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. 2) Krükexberg, Würzburg, Verhandl. 1883 und Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. 3) A. LÜCKE. Arch. f. pathol. Anat. Bd. 19, vergl. auch Kbckenbekg, Vergleichende physiol. Stud. Keih. 1 u. 2. 1881. ■i) ScuMiEDEBEKG, Mitth. aus d. zool. Stat. zu Neapel. Bd. 3. 1SS2. Cit. nach Hoppe- Seyler, Handb., 6. Aufl., S. 153. ä) IIilger, Pflüger's Arch. Bd. 3. 6) Krckenrerg, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. 7) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. 8) Pflüger's Arch. Bd. 30. 9) Verh. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1892 93. Nr. 1. 10) A. KossEL, Dr Bois-Reymoxd's Arch. Physiol. Abth. 1891. 11) O. IIAMMAB.STEN, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 42 Zweites Kapitel. Nukleo- proteide. geben. In wie weit aueli andere Nukleoproteide reduzirende Substanzen geben, ist noch eine offene Frage. Durch Alkalieinwirkung kann die prosthetische Gruppe als Nukleinsäure (vergl. Kap. 5) abgespalten w^erden. Je nach der Art der abspaltbaren Nukleinsäure scheinen auch die Nukleoproteide derart verschiedenartig zu sein, dass sie verschiedene relative Mengen der verschiedenen Xanthinkörper liefern. Die Nukleoproteide sind Säuren, deren neutrale Alkaliverbindungen in Wasser löslich sind und beim Erhitzen gerinnen (dies gilt wenigstens für die bisher untersuchten genuinen Nukleoproteide). Aus der Verbindung mit Alkali kann das Proteid mit Essigsäure ausgefällt werden und der Niederschlag löst sich mehr oder weniger schwer in einem Ueberschuss der Säure, Hierdurch kann eine Verwechslung mit Nukleoalbumineu und auch mit Mucinsubstanzen ge- schehen. Diese Verwechselung vermeidet man in der Weise, dass man einige Zeit mit verdünnter Schwefelsäure im AVasserbade erwärmt, nach dem Erkalten die filtrirte Flüssigkeit mit Ammoniak übersättigt und mit ammoniakalischer Silberlösung auf Xanthinkörper prüft. Ein etwa entstehender Niederschlag wird nach den im Kap. 5 angegebenen Verfahren näher untersucht. Die Eigenschaften der verschiedenen Nukleoproteide sollen in den be- treffenden Kapiteln näher besprochen werden. III. Albumoide oder Albumino'ide. Albumi- noide. Unter diesem Namen fasst man als eine besondere Hauptgruppe alle die- jenigen Proteinstoffe zusammen, welche nicht wohl irgend einer der obigen zwei Hauptgruppen zugerechnet werden können, obgleich sie unter einander wesentlich verschieden sind und in chemischer Hinsicht keine durchgreifenden Unterschiede von den eigentlichen Eiweissstoffen zeigen. Die meisten und wichtigsten der dieser Gruppe angehörenden Stoffe sind wichtige Bestandtheile des thierischen Gerüstes oder der thierischen Hautgebilde. Sie kommen im Allgemeinen in un- gelöstem Zustande im Organismus vor und sie sind in den meisten Fällen durch eine grosse Resistenz gegen die eiweisslösenden Reagenzien oder gegen chemische Reagenzien im Allgemeinen ausgezeichnet. Die KeratiiigTuppc. Keratin hat man den Hauptbestandtheil der Horn- gewebe, der Epidermis, der Haare, Wolle, Nägel, Hufe, Hörner, Federn, des Schildpatts u. s. w. genannt. Keratin findet sich auch als Neurokeratin (Kühne) ^) in Gehirn und Nerven. Die Schalenhaut des Hühnereies scheint auch aus Keratin zu bestehen. Wie es scheint, giebt es mehrere Keratine, welche eine Gruppe von Stoffen bilden. Dieser Umstand wie auch die Schwierigkeit das Keratin aus den Ge- 1) KüiiXE und Ewald, Verb. d. naturhistor.-med. Vereins zu Heidelberg. (N. F.) Bd. 1,. ferner Kt'HNE und Ciiittenden, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 20. Keratine. 43 weben in reinem Zustande ohne theilweise Zersetzung zu isoliren, dürfte eine genügende Erklärung für die Schwankungen der gefundenen elementaren Zu- sammensetzung abgeben. Es werden hier als Beispiele die Analysen einiger keratinreichen Gewebe und Keratine angeführt. C II N SO Menschenhaare . 50,G5 6,30 17,14 5,00 20,85 (v. Laak.)») Nä.sel .... 51,00 6.94 17,51 2,80 21,85 (Mrr.DER.V') Neurokeratiii . . 56,11—58,45 7,26—8,02 11,46—14,32 1,63—2,24 — (Kühne.)-') Ilorn (Mittelzahl.) 50,86 6,94 — 3,30 — (Hokb.vczewski.-*) Schildpatt . . 54,89 6,56 16,77 2,22 19,56 (Mi-ldeu.)'^) Schalenhaut , . 49,78 6,94 16,43 4,25 22,90 (Lindvai.l.)-') Der Schwefel ist wenigstens zum Tlieil locker gebunden und er tritt bei Einwirkung von Alkalien (als Schwefclalkali) oder sogar beim Sieden mit Wasser tlieilweise aus. Es können auch Kämme von Blei nach längerem Benutzen durch Einwirkung von dem Schwefel der Haare schwarz gefärbt werden. Beim Erhitzen mit Wasser in zugeschmolzencn Röhren auf 150 — 200" C. löst sich das Keratin unter Freiwerden von Schwefelwasserstoff zu einer nicht gelati- nirenden Flüssigkeit, welche Albumose (von Krukenberg'') Keratinose genannt) gersetzangs- und Pepton (?) enthält. In Alkalien kann das Keratin, besonders in der Wärme, ^J'g''(°g"^y^5 gelöst werden, und es entstehen dabei nebst Schwefelalkali Albumosen und Peptone (?). Die Zersetzungsprodukte der Keratine sind im Uebrigen dieselben wie die der echten Eiweisskörper. Beim Sieden mit Säuren hat man ausser Leucin und verhältnissmässig viel Tyrosin (1 — 5°/o) iVsparaginsäure '^) und Glutaminsäure^), Ammoniak und Schwefelwasserstoff erhalten. Hedin ^) hat aus Hornspänen ein wenig Lysin aber verhältnissmässig viel Lysatinin erhalten. Ausserdem erhielt er eine schwefelhaltige Substanz, deren Verbindung mit Chlorwasserstoff die Zusammensetzung Ci^HggN^OioSCl^ hatte, und einen Körper, der vielleicht mit dem Serin identisch ist, Dass die Keratine aus Eiweiss entstehen, ist gar nicht zu bezweifeln. Dreciisel,'") ist auch der Ansieht, dass in dem Keratin ein Theil von dem Sauerstoffe des Eiweisses gegen Schwefel und ein Theil des Leucius oder irgend einer anderen Amidosäure gegen Tyrosin ausgetauscht ist. Das Keratin giebt nämlich die Zersetzungsprodukte des Eiweisses, aber eine ver- hältnissmässig grosse Menge Tyrosin (l — 5*^/o). 1) Amial. (1. Chem. u. Pharm. Bd. 45. 2) MULHER, Versuch einer allgcni. physiol. Cheni. 13 raun schweig 1844 — 51. 3) Siehe Note 1 auf S. 42. •1) Vergl. Dhechsel in Ladenburg's Handw(ir(erhuch d. Clieiii. 3. 5) Vergl. :Malv's .Tahresber. 1881. 6) Untersuch, über d. ehem. TSau d. Eiweisskörper. Sitzungsber. d. JeDaischen Gesellsch. f. .Med. u. Naturwissensch. 1886. 7) Kkeusler, Journ. f. prakt. Chem. Bd. 107. S) IToKUACZEWSKl, Sitzungsber. d. k. k. Wien. Akad. d. Wis.'sensch. Bd. SO. 9) Kgl. fysiogr. S.ällsk. i Lund handlingar. Bd. 4. Vergl. Mai.y's Jahrcsber. über 1893. 10) Drechsel in LAnENBfRG, ]Iand\\ stanzen. jg,ij Schwefel und ihre Löslichkeitsverhältnisse steht diese Substanz den Kera- tinen nahe, während sie durch Löslichkeit in Magensaft dem Eiweiss näher steht. Eine andere, noch mehr keratinähnliche Substanz ist die, welche die Hornschicht in dem Muskelmagen der Vögel bildet. Diese Substanz ist nach J. Hedexius^) unlöslich in Magensaft und Pankreassaft und verhält sich im Gi'ossen und Ganzen wie Keratin, Sie enthält aber nur l*^/o Schwefel und giebt bei ihrer Zersetzung neben viel Leuciu nur äusserst w'enig Tyrosin, Das Keratin ist amorph oder hat die Form der zu seiner Darstellung verwendeten Gewebe. Beim Erhitzen wird es zersetzt und entwickelt einen Ge- ruch nach verbranntem Hörn. In Wasser, Alkohol oder Aether ist es unlöslich. Eigen- Beim Erhitzen mit Wasser auf 150 — 200° C. wird es gelöst. Ebenso löst es Keratins, sich allmählich in Alkalilauge, besonders beim Erwärmen. Von künstlichem Magensafte oder von Tr^^psinlösung wird es nicht gelöst. Das Keratin giebt die Xanthoproteinsäurereaktion wie auch die MiLLOx'sche Reaktion (wenn auch nicht immer ganz tyjiisch). DarsteiiuHL' Zur Darstellung des Keratins behandelt man die fein zertheilten Horn- des Keratins, ggj^jj^g erst mit siedendem Wasser, dann nach einander mit verdünnter Säure, Pepsinchlorwasserstoffsäure und alkalischer Trypsinlösung und zuletzt mit Wasser, Alkohol und Aether. Elastiii kommt in dem Bindegewebe höherer Thiere, bisweilen in so reich- Eiastin. licher ]\Ienge vor, dass es ein besonderes Gewebe bildet. Am reichlichsten findet es sich in dem Nackenbande (Ligamentum nuchae). Das Elastin ist allgemein als eine schwefelfreie Substanz betrachtet wor- den. Nach den Untersuchungen von Chittendex und Hart^) war es indessen fraglich, ob nicht das Elastiu etwas Schwefel enthält, welcher bei der Reindar- stellung in Folge der Alkalieinwirkung austritt. H. Schwarz*) hat in der That nach einer anderen Methode aus der Aorta ein schwefelhaltiges Elastin dargestellt, dessen Schwefel durch Alkalieinwirkung ohne Aenderung der Eigen- schaften des Elastins entfernt werden kann. Das Elastin ist also vielleicht Zusammen- eine Schwefelhaltige Proteiusubstanz, die nur locker gebundenen Schwefel ent- Eiastins. hält. Die zuverlässigsten Analysen von Elastin (1. und 2. aus Lig. nuchae, 3. aus Aorta) haben folgende Zahlen ergeben ; 1) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 18. 2) Skandinav. Arch. f. Physiol. Bd. 3. 3) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 2ö. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. C U N 1. 54,32 6,99 16,75 2. 54,24 7,27 16,70 3. 53,95 7,03 16,07 Elastin. 45 S U — 21,94 (horbaczewski) ') — 21,79 (Chittenden u. Hart)^) 0,38 — (H. Schwarz)'*). Die Spaltungsprodukte des Elastins sind dieselben wie die derechten Eiweiss- körper mit dem Unterschiede, dass man Glykokoll aber keine Asparagin- oder Glu- tamin.säure erhalten haf*). Tyrosin ist nur in geringer Menge erhalten worden. Schwarz konnte unter den Zersetzungsprodukten Lysatinin aber nicht sicher produkte. Lysin nachweisen. Bei der Fäulniss^) hat man kein Indol oder Phenol er- halten; bei dem Schmelzen mit Kali erhielt Schwarz dagegen aus dem Aorta- elastin Indol, Skatol, Benzol und Phenole, aber kein Methylmerkaptan. Beim Erhitzen mit Wasser in geschlossenen Gefässon, beim Sieden mit verdünnter produkte de» Säure oder bei der Einwirkung von proteolytischen Enzymen löst sich das Elastin und spaltet sich in zwei Hauptprodukte, von Horbaczewski Hemi- elastin und Elastin])epton genannt. Nach Chittenden und Hart entsprechen diese Produkte zwei Albumosen, von ihnen als Proto- bezw. DeiiU^roelastose bezeichnet. Die erstere ist in kaltem "Wasser löslich und scheidet sich beim Erwärmen aus, ihre Lösung wird von Mineralsäuren wie von Essigsäure und Ferrocyankalium gefällt. Die wässerige Lösung der letzteren wird beim Er- wärmen nicht getrübt und wird von den oben genannten Reagenzien nicht gefällt. Das reine Elastin ist trocken ein gelblich-weisses Pulver; in feuchtem Zu- stande wird es als gelblich-weisse Fasern oder Häute erhalten. Es ist unlöslich in Wasser, Alkohol oder Aether und zeigt eine grosse Resistenz gegen die Ein- wirkung chemischer Agenzien. Von starker Alkalilauge wird es bei Zimmer- Eigen- teniparatur nicht und im Sieden nur langsam gelöst. Von kalter kouzentrirter" EiasUos. Schwefelsäure wird es sehr langsam angegriffen, von starker Salpetersäure wird es beim Erwärmen verhältnissmässig leicht gelöst. Zu kalter, konzentrirter Salzsäure verhält sich Elastin verschiedener Abstammung etwas verschieden, indem das Aortaelastin darin leicht, das Elastin des Lig. nuchae, wenigstens von alten Thieren, schwer löslich ist. Von warmer konzentrirter Salzsäure wird das Elastin leichter gelöst. Das Elastin giebt die Xanthoprotein- und die MiLLON'sche Reaktion. In Folge seiner Resistenz gegen chemische Reagenzien stellt man das Elastin (bisher am öftesten aus Lig. nuchae) in folgender Weise dar. Man kocht erst mit Wasser, dann mit Kalilauge von 1" o, dann wieder mit Wasser und darnacli mit Essigsäure aus. Den Rückstand behandelt man mit kalter, 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. VA. 6. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. 4) Vergl. Drechsel iu Ladenbcrg's Handwörterbuch 3 u. Horbaczewski, Mouiits- heftc f. Chem. Bd. 6. 5) AVÄLCIILI, Journ. f. prakt. Chem. Bd. 17. 46 Zweites Kapitei. Darstelluns des Elastins. Kollagen. SpaltutiRS- produkte. 50 oiger Salzsäure während 24 Stunden, wäscht genau mit Wasser aus, kocht wieder mit Wasser und behandelt dann mit Alkohol und Aether. ScHWAEZ unterwarf zuerst das Gewebe einer unvollständigen Pepsin Ver- dauung, wusch derauf erst mit Sodalösung und dann mit Wasser nach und kochte endlich mit Wasser bis die elastische Substanz sich loslöste. Die ge- trocknete und gepulverte Substanz wurde wieder wie oben mit ]\Iagensaft u. s. w. behandelt und zuletzt so lange mit Wasser gekocht, bis die verunreinigende, retikulinähn liehe Substanz vollständig entfernt war. Kollagen oder leimgebeude Substanz kommt bei den Wirbelthieren sehr verbreitet vor. Auch das Fleisch der Cephalopoden soll Kollagen enthalten^). Das Kollagen ist der Hauptbestandtheil der Bindegewebsfibrillen und (als Ossein) der organischen Substanz des Knochengewebes. In dem Knorpelgewebe kommt es auch als die eigentliche Grundsubstanz vor, findet sich aber hier mit anderen Substanzen in einem Gemenge, welches früher Cboudrigen genannt wurde. Das Kollagen verschiedener Gewebe hat nicht ganz dieselbe Zusammensetzung und es dürfte anscheinend mehrere Kollagene geben. Bei anhaltendem Kochen mit Wasser, leichter bei Gegenwart von ein wenig Säure, geht das Kollagen in Leim über. Umgekehrt soll der Leim durch Erhitzen auf 130^ C. in Kollagen zurückverwaudelt werden können (Hofmeister)^), und dieses letztere könnte also als das Anhydrid des Leimes betrachtet werden. Das Kollagen und der Leim haben etwa dieselbe Zusammensetzung C Kollageu 50,75 Leim (aus Hirschhurn) . . . 49,31 Leim (aus Kuocheu) .... 50,00 Gereinigte Gelatiue 50,14 Der Leim enthält etwa 0,6*^0 Schwefel, der allem Anscheine nach dem Leime selbst angehört und wohl kaum von einer Verunreinigung mit Eiweiss herzuleiten ist. Die Zersetzungsprodukte des Kollagens sind dieselben wie die des Leimes. Der Leim giebt unter ähnlichen Verhältnissen wie die Eiweisskörper Amido- säureu, wie Leucin, Asparagin- und Glutaminsäure, nicht aber — was beson- ders wichtig ist — Tyrosin. Dagegen giebt er viel Glykokoll, welches in Folge dessen und seines süssen Geschmackes wegen den Namen Leimzucker erhalten hat. Lysin und Lysatinin sind von Drechsel und E. Fischer'') auch aus dem Leim erhalten worden. Bei der Fäulniss giebt der Leim, abweichend von dem Eiweiss, weder Tyrosin noch Indol oder SkatoP). Trotzdem soll nach H X S+0 6,47 17,86 24,92 (Hofmeister), 6,55 18,37 25,77 (Muldek)^). 6.50 17,50 26,00 (Feemy)*). 6,69 18,12 — (Paal)5). 1) Hoppe-Seyler, Physiol. Chem. Berlin 1877 — 81, S. 97. 2) Zeitschr. f. pliysiol. Cliem. Bd. 2. 3) AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd. 45. 4) Jahresber. d. Chem. 1854. 5) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 25, S. 1208. 6) Vergl. Drechsel, Der Abbau der Eiweisskörper. Du Bois-Reymosd's Arch. 1891. 7) Vergl. bezügl. d. Litteratur über die Spaltungsjjrodukte des Leimes: Drechsel in Ladenburg's Handwörterbuch 3. Leiui. 47 ]\Ialy^) die aromatische Gruppe in dem Leime nicht fehlen und der I^eim ver- hält sich nach ihm wie das oxydirte Eiweiss, die Oxyprotsulfonsäure, indem er Benzoesäure giebt. Das Kollagen ist unlöslich in "Wasser, Salzlösungen, verdünnten Säuren und Alkalien, quillt aber in verdünnten Säuren auf. Bei anhaltendem Sieden mit Wasser geht es in Leim über. Von Magensaft wird es gelöst und ebenso löst es sich in Pankreassaft (Trypsinlösung), wenn es vorher mit Säure behandelt sdiaf^n "des oder mit Wasser über -j- 70° C. erhitzt worden-). Bei der Einwirkung von Eisen- '^ ^'®^- vitriol, Sublimat oder Gerbsäure schrumpft es stark. Das mit diesen Stoffen behandelte Kollagen fault nicht, und die Gerbsäure ist deshalb auch von grosser Bedeutung für die Herstellung von Leder. Der Leim, auch Glutin oder Cölla genannt, ist farljlos, amorph, in dünnereu Schichten durchsichtig. In kaltem Wasser quillt er auf, ohne sich zu lösen. In warmem Wasser löst er sich zu einer klebrigen Flüssigkeit; welche bei genügender Konzentration beim Erkalten erstarrt. Hierbei ist indessen der Aschengehalt des Glutins von grosser Bedeutung, indem, wie O. Nasse und A. Krüger^) gezeigt haben, mit Abnahme des Aschengehaltes das Gelatinir- ungsvermögen der Glutinlösungen abnimmt. Leimlösungen werden nicht beim Sieden, nicht von Mineralsäuren, Essig- säure, Alaun, Bleiessig oder Metallsalzen im Allgemeinen gefällt. Von gelbem Blutlaugensalz kann eine mit Essigsäure angesäuerte Leimlösung bei vorsichtigem Zusatz des Reagenzes gefällt werden: bei Zusatz von etwas zu viel Blutlaugen- Ei^en- . , . ' . , schatten nni salz bleibt die Flüssigkeit klar. Leinilösunseu werden gefällt von Gerbsäure, R-^astionen , ■" . ^ des Leimes, bei Gegenwart von Salz, von Essigsäure und Kochsalz in Substanz, Queck- silberchlorid bei Gegenwart von HCl und 2saCl, Metaphosphorsäure, Phosphor- molybdäusäure bei Gegenwart von Säure und endlich auch von Alkohol, be- sonders wenn Neutralsalze zugegen sind. Leimlösungen diffundiren nicht. Der Leim giebt die Biuretreaktion, nicht aber die Reaktion von Adamkiewicz. Die MiLLOx'sche Reaktion und die Xanthoproteinsäurereaktion giebt er »o schwach, dass man dieselben von einer Verunreinigung mit Eiweiss hat herleiten wollen. Bei genügend anhaltendem Kochen mit Wasser geht das Glutin erst in eine nicht gelatinirende Modifikation, von Nasse (i-Glutin genannt, über. Nach Nasse und Krüger geht dabei die spezifische Drehung beträchtlicii herunter, von — 167,5 auf etwa — 136". Bei noch länger fortgesetztem Kochen mit Wasser, besonders leicht bei Gegenwart von verdünnter Säure, wie auch bei der Verdauung mit ^Magensaft oder Trypsinlösung entstehen aus dem Leime Leimalbumoseu, sogen, Gelatosen, und Leimpeptone , die mehr oder weniger leicht diffundiren. 1) Monatshefte f. Chem. Bd. 10. i) KÜHNE und Ewald, Verh. d. naturhist. med. Vereins in Heidelberg 1877. Bd. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 19, S. 29. 48 Zweites Kapitel. Nach Hofmeister^) entstehen zwei neue Stoffe, das Semiglntin und HeniicoUbi. Das erstere ist unlöslich in Alkohol von 70 — 80°/o und wird von Piatinachlorid gefällt. Das letztere, welches von Platinachlorid nicht ge- fällt wird, löst sich in Alkohol. Chittenden und Sollet^) haben ausser etwas echtem Pepton eine Froto- und eine Deuterogelatose sowohl bei der Pepsin- wie bei der Trypsin Verdauung erhalten. Die elementare Zusammensetzung dieser Geiatosen- Qelatosen unterscheidet sich nicht wesentlich von der des Leimes. Endlich hat und Leim- Peptone. p^AL^) durch Einwirkung von verdünnter Salzsäure auf Leim Chlorhydrate von Gelatinpeptoneu dargestellt. Diese Salze sind theils in Aethyl und Methyl- alkohol löslich und theils darin unlöslich. Die aus den Salzen isolirten Peptone hatten einen etwas niedrigeren Kohlenstoff- und etwas höheren Wasserstoffgehalt als das Glutin, was für eine Hydratation spricht. Das Molekulargewicht der Gelatinpeptone bestimmte Paal nach der RAOULT'schen Gefriermethode zu 200 bis 352, während er für das Glutin Zahlen von von 878—960 fand. Das Kollagen kann aus Knochen durch Extraktion mit Salzsäure (welche die Knochenerde löst) und sorgfältiges Auswachen der Säure mit Wasser ge- wonnen werden. Aus Sehnen erhält man es durch Auslaugen mit Kaikwasser Darsteiiunff oder verdünnter Alkalilauge (welche das Eiweiss und Mucin lösen) und gründ- ^nnd'Le^ur" liches Auswaschen mit Wasser. Leim erhält man dagegen durch Kochen von Kollagen mit Wasser. Die feinste, käufliche Gelatine entiiält regelmässig ein wenig Eiweiss, welches man in der Weise zu entfernen versucht, dass man die fein zerschnittene Gelatine in kaltem Wasser aufquellen lässt und mit genügend häufig gewechseltem Wasser längere Zeit auswäscht. Man löst darauf in war- mem Wasser und fällt mit Alkohol. Das Choudrin oder Knorpelleim ist nur ein Gemenge von Glutin mit den spezifischen Bestandtheilen des Knorpels und deren Umwaudlungsprodukteu. Das Retikiilin. Das Stützgewebe der Lymphdrüsen enthält eine Art von Fasern, die von Mall^) auch in Milz, Darmmukosa, Leber, Nieren und den Luftbläschen der Lunge aufgefunden worden sind. Diese Fasern bestehen aus einer besonderen Substanz, dem von Siegfried^) näher untersuchten Retikulin. Das Retikulin hat folgende Zusammensetzung: C 52,88; H 6,97; N 15,63; S 1,88; P 0,34; Asche 2,27. Der Phosphor soll in organischer Bindung vor- kommen. Bei der Spaltung mit Salzsäure liefert es kein Tyrosin. Dagegen liefert es Schwefelwasserstoff, Ammoniak, Lysin, Lysatinin und Amidovalerian- säure. Durch andauerndes Kochen mit Wasser, noch leichter mit verdünntem Alkali, wird es zu einer von Essigsäure fällbaren Substanz gelöst und dabei spaltet sich der Phosphor ab. Das Retikulin ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, Kalkwasser, 1) Zeitschr. f. physiol. Chein. Bd. 2. 2) Journ. of physiol. Bd. 12. 3) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 25. 4) Abhandl. d. math.-phys. Klasse d. Kgl. sächs. Gesellsch. d. Wiss. 1891. ö) Ueber die chemischen Eigenschaften des reticulirten Gewebes. Habilitationschrift. Leipzig 1892. SkeletJne. Amyloid. 49 kohlensaurem Natron und verdünnten Mineralsäuren. Von verdünnter Natron- lauge wird es bei gewöhnlicher Temperatur erst nach Wochen gelöst. Pepsin- Eipen- chlorwasserstofFsiiure oder Trypsin löst es nicht. Es giebt die Biuret-, Xantho- protein- und ÄDAMKiEWicz'sche Reaktion, nicht aber die MiLLON'scbe. Das Retikulin stellte Siegfried in folgender Weise dar. Darmmukosa wurde mit Trypsin und Alkali venlaut. Der Rückstand wurde ausgewaschen, mit Darsteiiune. Aether extrahirt, von Neuem mit Trypsin verdaut und mit Alkohol-Aetherlx-handelt. Durch vorsichtiges Kochen mit Wasser entfernte er dann vorhandenes KoHagen, welches entweder als Beimengung oder als eine Verbindung mit Retikulin sich vorfindet. Der vollständig ausgekochte Rückstand besteht aus Retikulin. Skeletine hat Krukenberg ^) eine Anzahl stickstoffhaltiger Substanzen ge- nannt, die bei verschiedenen Klassen der Wirbellosen die Grundlage der Stütz- skeietine oder Deckgebilde darstellen. Diese Stoffe sind: Clntin, Spoufjin, ConchioJin. Kornein und Fihroin (Seide). Von diesen gehört das Chitin nicht zu den Proteinsubstanzen und das Fibroin (die Seide) ist wohl kaum als ein Skeletin zu betrachten. Hier können nur diejenigen sogen. Skeletine besprochen werden, die wirklich der Proteingruppe angehören. Das Spongin stellt die Hauptmasse des Badeschwammes dar. Es giebt keinen Leim- Beim Sieden mit Säureu giebt es nach frühei-en Angaben Leucin und Glykokoll aber kein Tyrosii). ZalocOstas -') hat indessen auch Tyrosin und ausserdem Butalanin und Glykalanin (CsHjoNoOj) erhalten. Das ConoUiolin findet sich in den Schalen von Muscheln und Schneeken wie auch in den Eierschalen derselben Thiere. Es giebt Leucin aber kein Tyrosin. Der Byssus enthält ebenfalls eine schwerlösliche, dem Conchioliu nahestehende Substanz. Das Korne'in bildet das Aclisenskelet von An tipathes und Gorgonia. Giebt Leucin und eine krystallisirende p^P**".?"?' Substanz, das KorniknjslaUin. Das Fibroin und das Sericin sind die zwei Hauptbestand- "evssus"*' theile der Eohseide. Bei der Einwirkung von überhitztem Wasser löst sich das Sericin, wel- Körnein, ches beim Erkalten gelatiniren kann (Seidenleim), während das schwer lösliche Fibroin von ^'*"!°i°' der Form der ursprünglichen Fäden ungelöst zurückbleibt. Beim Sieden mit Säuren liefert ®''"-"'- das Fibroin Alauin (Weyl'*), Glykokoll und viel (5 — S^/'o) Tyrosin. Von kalter, konzentrirter Salzsäure wird das Fibrom unter Austritt von 1 ^'.a Stickstoff (als Ammoniak) gelöst und es geht dabei in eine andere, nahe verwandte Substanz, das Serico'i'n (Weyl) über. Das Sericin giebt kein GlykolvoU aber Leucin und Serin (Amidoäthylenmilchsäure). Die Zusammensetzung der obengenannten Stoffe ist folgende: C H N SO Conchiolin (aus Schneckeneier) 50,92 6,88 17,86 0,31 24,34 (Kkükenberg*). Spongin . . , 46,50 6,30 16,20 0,5 27,50 (Croockewitt^). do 48,75 6,35 16,40 — — (Posselt"). Korneiu 48,96 5,90 16,81 — 28,33 (Kkckexbebg'). Fibrom 48,23 6,27 18.31 — 27,19 (Ckamer»). do 48,30 6,50 19,20 — 26,00 (Vignox"). Sericin 44,32 6,18 18,30 — 30,20 (Ckameh). Amyloid hat Virchow eine unter pathologischen Verhältnissen in inneren Organen, wie JNIilz, Leber und Nieren, als Infiltrationen und auf serösen Mem- 1) Grundzüge einer vergl. Physiol. d. thier. Gcrüstsubst. Heidelberg. 1SS5. ■-) Compt. rend. Tome 107. ■i) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 21. i) Ebend. Bd. IS und Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. ä) Annal. d. Chem. u. l'liarm. Bd. 48. C) Ebend. Bd. iö. ") Ber. d. deutsch, ehem. (iosellsch. Bd. 17. ») Jouru. f. prakt. Chem. Bd. IH». 9) Compt. rend. Tome 115. llammarston, Physiologische Cheroio. Dritte Aaflag:o. 4 50 Zweites Kapitel. branen als konzentrisch geschichtete Körnchen auftretende Proteinsubstanz ge- nannt. "NVahrscheinlicli kommt es auch als Bestandtheil einiger Prostatasteine vor. Das Amj'loid ist noch nicht rein erhalten und die Zusammensetzung des- Znsaramen- selben folglich uicht sicher ermittelt worden. Fkiedreich und Kekul^.^) fanden: Amy"iwd?' C 53,6; H 7,0; N 15,0 und S-^-O 24,4 '^o (mit 1,3 ''/o Schwefel nach Kühne und RuBNEFF^). Das Amyloid ist nach den gewöhnliehen Angaben den Kohle- hydraten nicht verwandt und beim Sieden mit Säuren giebt es Leucin und Tyrosin, aber, wie man allgemein angiebt, weder Zucker noch eine andere redu- zirende Substanz. Nach Krawkow^) soll indessen das Amyloid beim Sieden mit starker Kalilauge einen dem Chitin ähnlichen Rückstand geben. Das Amyloid ist unlöslich in "Wasser. Alkohol, Aether, verdünnter Salz- säure und Essigsäure. Von konzentrirter Salzsäure oder Alkalilauge wird es gelöst und in Acid-, resp. Alkalialbuminat übergeführt. Aelteren Angaben ent- gegen soll nach Kostjurin*) das Amyloid von Magensaft gelöst werden. Das scha'ften'des Amyloid giebt die Xanthoproteinsäurereaktion und die Reaktionen von Millox Amy oids. ^^^^ Adamkiewicz. Seine wichtigste Eigenschaft ist sein Verhalten gewissen Farbstoffen gegenüber. Es wird also von Jod rothbraun oder schmutzig violett, von Jod und Schwefelsäure violett oder blau, von Jodmethylanilin roth — be- sonders nach Zusatz von Essigsäure — und von Aniliugrün roth gefärbt. Zur Darstellung des Amyloids hat man die Gewebe mit kaltem und siedendem ^Yasser und darauf mit Alkohol und Aether extrahirt. Dann hat arsteUung j^^^^^ nach Auskocheu mit salzsäurehaltigem Alkohol, mit Magensaft verdaut und Amyloids, (j^g Ungelöste als Amyloid betrachtet. Da indessen das Amyloid von Magensaft gelöst werden kann (Kostjtein), scheint die Brauchbarkeit dieser Methode etwas zweifelhaft zu sein. 1) ViECHOw's Aich. Bd. 16. 2) Ebend. Bd. 33. 3) Ceutralbl. f d. med. Wissensch. 1892. 4) "Wien. med. Jahrbücher 1886. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 16, S. 32. I ) ritt CS Kapi tel. Die Kohlehydrate. Die mit diesem Xamen bezeichneten Stoffe kommen besonders reichlich in dem Pflanzenreiche vor. Wie die Proteinstoffe die Hauptmasse der festen Theile der thierischen Gewebe bilden, so stellen nämlich die Kohlehydrate ihrerseits die Hauptmasse der Trockensubstanz des Pflanzenleibes dar. In dem Thier- der Kohle" reiche kommen sie dagegen verhältnissmässig spärlich, theils frei und theils als ^ "*^' Bestandtheile mehr komplexer ^Moleküle, der Proteide, vor. Als Nahrungs- mittel sind sie sowohl für Menschen wie für Thiere von ausserordentlich grosser Bedeutung. Die Kohlehydrate enthalten nur Kohlenstoff, "Wasserstoff und Sauerstoff. Die zwei letztgenannten Elemente finden sich in der Regel in ihnen in der- selben Relation wie im Wasser, also in der Relation 2:1; und dies ist der Grund, warum man ihnen seit Alters her den Namen Kohlehydrate gegeben hat. Dieser Name ist indessen, streng genommen, nicht ganz zutreffend, denn ^ . Definition abgesehen davon, dass es Stoffe giebt, welche, wie die Essigsäure und Milch- der Kohie- hydrate. säure, keine Kohlehydrate sind und dennoch Sauerstoff und Wasserstoff in der- selben Relation wie das Wasser enthalten, kennt man nunmehr auch Zucker (die Rharanose CoH^o^ö)' ^^'e^che die fraglichen Elemente in einem anderen Ver- hältnisse enthalten. Früher glaubte man auch die Kohlehydrate als Stoffe charakterisiren zu können, die im Moleküle 6 Atome Kohlenstoff oder ein Viel- faches davon enthalten; aber auch diese Anschauung ist nicht länger stich- haltig. Man kennt nämlich nunmehr wahre Kohlehydrate, die weniger als 6, aber auch solche, die 7, 8 und 9 Kohlenstoffatome im ^loleküle enthalten. Aeussere Eigenschaften oder Charaktere, welche allen Kohlehydraten ge- meinsam sind und sie als eine besondere Gruppe von anderen Stoffen unter- scheiden, giebt es ebenfalls nicht, denn die verschiedenen Kohlehydrate sind im Gegentheil hinsichtlich ihrer äusseren Eigenschaften in vielen Fällen sehr ver- schiedenartig. Unter solchen Umständen muss es schwierig <*'\n, eine zutreffende Definition der Kohlehydrate zu geben. In chemischer Hinsicht kann man indessen sagen, dass alle Kohlehydrate 4* 52 Drittes Kapitel. aldehyd- oder ketonartige Derivate mehrwerthiger Alkohole sind. Die einfachsten Kohlehydrate, die einfachen Zuckerarten oder Monosaccharide, sind nämlich ent- Aidehyd- -^yeder Aldehyde oder Ketone derartiger Alkohole, und die mehr zusammen- oder Keton- " ° dorivate. gesetzten Kohlehydrate scheinen durch Anhydridbildung aus jenen entstanden zu sein. Thatsache ist es jedenfalls, dass die mehr zusammengesetzten Kohle- hydrate bei der hydrolytischen Spaltung entweder je zwei oder auch mehrere Moleküle von einfachen Zuckerarten liefern können. Dem nun Gesagten entsprechend theilt man auch allgemein die Kohle- hydrate in drei Hauptgruppen ein, nämlich in Monosaccharide, Disaccharicie und Folysaccharide. Unsere Kenntniss von den Kohlehydraten und deren Strukturverhältnissen ist in der letzten Zeit, Dank den bahnbrechenden Untersuchungen von Kiliani^) und ganz besonders von E. Fischer^), höchst bedeutend erweitert worden. Da die Kohlehydrate hauptsächlich im Pflanzenreiche vorkommen, kann es selbstverständlich nicht hier am Platze sein , eine ausführliche Besprechung der zahlreichen, bekannten Kohlehydrate zu geben. Dem Plane dieses Buches gemäss wird hier nur eine kurzgedrängte Uebersicht geliefert, und es können hierbei nur diejenigen Kohlehydrate berücksichtigt werden, die entweder im Thierreiche vorkommen oder als Nährstoffe für Menschen und Thiere von be- sonderer Bedeutung sind. Monosaccharide. Sämmtliche Zuckerarten, sowohl die Mono- wie die Disaccharide, werden hinsichtlich der Nomenklatur durch die Endung „ose" charakterisirt, die an Aidosen und einen die Herkunft oder andere Beziehungen andeutenden Stamm angefügt Ketosen. y^^^A. Je nach der Anzahl der in dem Moleküle vorkommenden Kohlenstoff- atome, kann man dem entsprechend auch die Monosaccharide in Triosen, Tet- rosen, Fentosen, Hexosen, Hexitosen u. s, w. eintheilen. Sämmtliche Monosaccharide sind entweder Aldehyde oder Ketone mehr- werthiger Alkohole. Jene Zuckerarten werden Aldosen, diese dagegen Ketosen genannt. Die gewöhnliche Glukose ist also z. B. eine Aldose, der gewöhnliche Fruchtzucker dagegen eine Ketose. Diese Verschiedenheit findet in den Struktur- formeln der zwei Zuckerarten ihren Ausdruck. Glukose = Cn2(0H) . CH(OH) . CH(OH) . CH(OH) . CII(OH) . CHO Fruktose = €112(011) . CH(OII) . CH(OH) . CH(OH) . CO . CH2(0n). Auch bei der Oxydation kommt dieser Unterschied zum Vorschein. Die 1) Vergl. Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Edd. 18, 19 u. 20. 2) Vergl. besonders E. Fisciiek's Vortrag: „Synthesen in der Zuckergruppe" ebend. Bd. 23, S. 2114. Eine vorzügliche Arbeit über die Kohlehydrate (bis zum Jahre 1888) ist: „Kurzes Handbuch der Kohlehydrate" von B. TOLLENS, Breslau 1888, welche Arbeit auch eiu sehr vollständiges Litteraturverzeichniss enthält. Monosaccharide. 53 Aldosen kann mau nämlich hierbei in Oxysäuren von gleicher Kohlenstoffzahl überführen, die Ketosen dagegen nur in Säuren von niederer Kohlenstoffzahl. Bei milder Oxydation liefern die Aldosen einbasische Oxysäuren, bei kräftigerer Oxydation dagegen zweibasische. So liefert die gewöhnliche Glukose im ersteren Falle Glukonsäure und im letzteren Zuckersäure. Glukonsäure = CH2(0II) . [CH(OH)]4COOH Zuckersiiiire = COOIi . [CH(OH)]., . Cf)C)II. Die einbasischen Oxysäuren sind von grosser Bedeutung für die künst- liche Darstellung der Monosaccharide. Diese Säuren können nämlich als Lak- tone durch nascirenden Wasserstoff in die zugehörigen Aldehyde — d. h. die ^ „ ° ° •' ^ Oxysäuren. entsprechenden Zuckerarten — übergeführt werden. Andererseits können sie auch durch Erhitzen mit Chinolin, Pyridin etc. in stereoisomere Säuren über- gehen, aus denen dann durch Reduktion stereoisomere Zuckerarten hervorgehen können. Unter den Monosacchariden und besonders unter den Hexosen kommen nämlich zahlreiche Isomerien vor. In einigen Fällen, wie z. B. bei dem Trauben- zucker und dem Fruchtzucker, handelt es sich hierbei um eine verschiedene Konstitution (Aldosen oder Ketosen), in den meisten Fällen aber uui durch die Gegenwart von asymmetrischen Kohlenstoffatomen bedingten Stereoisomerien. Durch nascirenden Wasserstoff kann man die Monosaccharide in die ent- sprechenden mehrwerthigen Alkohole überführen. So geht die Arabinose, welche eine Pentose, CgHjQOg, ist, in den fünfwerthigen Alkohol Arabit, j^j^ g^j_ CgH^a^s, über. Die drei Hexosen Glukose, Fruktose und Galaktose, stechenden CgHjoOß, gehen in die entsprechenden drei Hexite Sorbit, Mannit und Dulcit, CßHj^Og, über. Umgekehrt kann man auch durch vorsichtige Oxy- dation der mehrwerthigen Alkohole die entsprechenden Zuckerarten darstellen. Ebenso wie die gewöhnlichen Aldehyde und Ketone können auch die Zuckerarten Cyanwasserstoff aufnehmen. Es werden hierbei Cyanhydrine ge- bildet. Diese Additionsprodukte sind von besonderem Interesse dadurch, dass sie die künstliche Darstellung von kohlenstoffreicheren Zuckerarten aus kohleu- stoffärmeren ermöglichen. Geht man z. B. von der Glukose aus, so entsteht aus ihr durch Anlagerung von Cyau- wasserstoff Glukocyanhydrin nach dem Schema : CIToCOII) . [CH(OH)]i . COlI + IICN = CH.,(01I). [CH(0H)]4 .CTIiOII) .CN. Durch Verseifunc; ceht aus ihm die entsprechende Oxy- säure hervor : CH.OH . [CH^OH)]^ . CII(OH) . CN + 21I,0= CllalOII) . [CHiOlI)]* . CH^OH) . COOII-|-NII,. Aus dem Lakton dieser Säure erhält man dann durch Einwirkung von nas- cirendem AVasserstott' die Glukoheptose, CjITiiO,. Mit Hydroxylamin geben die Monosaccharide die entsprechenden Oxime, die Glukose z. B. Glukosoxim CH,(OH) . [CH(OH)]i . CTI : N.OH. Diese Ver- bindungen sind von Wichtigkeit dadurch, dass sie, wie Wohl') gefunden hat, den Ausgangspunkt für den Abbau der Zuckerarten, d. h. für die Darstellung von kohlenstoffärnieren Zuckerarten aus kohlenstoffreicheren darstellen. (Vergl. Wohl a. a. 0.). 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsdi. Bd. 20, S. 730. 51 Drittes Kapitel. Eigen- schaften. Plienyl- hydrazin- reaktion. Die j\ronosaccharide sind wie die Aldehyde stark reduzirende Stoffe. Aus ammoniakalisciier Silberlösung scheiden sie metallisches Silber ab und ebenso Reduzirende reduziren sie beim Erwärmen in alkalischer Lösung mehrere Metalloxyde, wie Kupfer-, Wismuth- und Quecksilberoxyd. Dieses Verhalten ist von grosser Be- deutung für den Nachweis und die quantitative Bestimmung der Zuckerarten. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist das Verhalten der Zuckerarten zu essigsaurem Phenylhydrazin. Ihre Lösungen in Wasser geben nämlich hiermit erst Hydrazone und darauf bei hinreichend lang dauerndem Erwärmen im Wasserbade sogen. Osazone. Diese Reaktionen verlaufen nach folgenden Gleichungen, a) CH.,(OH) [CH(OH)]3 CH(OH) CHO + H,N . NH . C,.,H, = CHjiOH) [CH(0H)]3 CH(OH) CH : N . KH . CgHs + H.^O. Phenvlglukoshvdrazon. b) CHaCOH) [CH(0H)]3 CH(OH) CH : N . NH . QHä -f H„N . KH . C^H-^ = CHalOH) [CH(0H)]3 C . CH : N . XH . CgHä iST . NH . CßHä 4- H.,0 + H., Phenylglukosazon. Der Wasserstofl' wird indessen niclit frei, sondern wirkt auf ein zweites Molekül Phenyl- hydrazin ein und spaltet es in Anilin und Ammoniak. H.,N . NH . CgHj -|- H., = HoN . CgHg 4NH3. Die Osazone sind gelbgefärbte, krystallinische Verbindungen, die durch Schmelzpunkt, Löslichkeit und optisches Verhalten von einander sich unter- scheiden und die in Folge hiervon für die Charakterisirung der einzelnen Zucker- arten eine grosse Bedeutung gewonnen haben. Sie sind aber auch in anderen Hinsichten von ausserordentlich grosser Wichtigkeit für das Studium der Kohle- hydrate geworden. Sie eignen sich nämlich sehr gut zur Abscheidung der Zuckerarten aus Lösungen , in denen sie zusammen mit anderen Stoffen vor- kommen, und sie sind ferner für die künstliche Darstellung der Zuckerarten von der grössten Bedeutung. Bei der Spaltung durch kurzdauerndes gelindes Erwärmen mit rauchender Salzsäure geben sie nämlich salzsaures Phenylhydrazin und sogen. Osone, Stoffe, die Ketoaldehyde sind. CHaCOH) [CH(0H)]3 . C . CH : N . NH . C^li^ N . NH . C^H, -f 2H2O + 2HCI = 2C6H5 . NH . NH2 . HCl + CH.,(bH) . [CH^OHjjj . CO . CHO. (Oson) Aus den Osonen erhält man ferner durch Reduktion mit Zinkstaub und Essigsäure Ketosen. CHaCOH) . [CH(0H)]3 . CO . CHO -f 2H = CH.(OH) . [CH(0H)]3 . CO . CH2(0H). Geht man von einer Aldose aus, so erhält mau also nicht denselben Zucker wieder, sondern eine isomere Ketose, und in dieser Weise kann man also z. B. den Traubenzucker in Fruchtzucker überführen. Auch in anderer Weise kommt man von den Osazonen zu den entsprechen- den Zuckern (Ketosen), nämlich durch direkte Reduktion der ersteren mit Essig- säure und Zinkstaub. Hierbei entsteht zuerst das entsprechende Osamin, aus dem darauf durch Behandlung mit salpetriger Säure Ketose entsteht. Osazone. Monosaccharide. CHy OHi . 'CH(0H)]3 . C . CH : N . NH . C9H5 N . NH . CeHj + ILO + 4H = Phenvlglukosazon CHofOH) . [CH( OH) '3 . CO . CH2(XH2) + C^B^ . XH . XH. -f QH5 . XH, und Isoglukosamin CHafOH) . [CH(0H)]3 . CO . CH^lNHo) + HNO.. = CH..(OH) . [CH(OH;;3 . CO.Ca.(.OH)+ X. + H,,0. Fruchtzucker. Aus dem bisher Gesagten folgt also, dass verschiedene Wege zu der künst- lichen Darstellung von Zuckerarten führen. Man erhält nämlich die Zuckerarten durch: 1. vorsichtige Oxydation der betreöenden mehrwerthigen Alkohole, 2. Re- duktion der entsprechenden einbasischen Oxvsäuren, 3. Spaltung der Osazone mit Künstliche . ■ . . DjrsteUang Salzsäure und und Reduktion der Osone, 4. direkte Reduktion der Osazone und der Zacker- Behandlung des gebildeten Osamins mit salpetriger Säure, 5. Synthese aus kohlenstoflfärmeren Verbindungen (vergl. unten die Synthese der Hexosen). Die Monosaccharide sind färb- und geruchlose, neutral reagirende und süss schmeckende, in Wasser leicht, in absolutem Alkohol im Allgemeinen ^ Elisen- schwer und in Aether nicht lösliche Stoffe, die wenigstens zum Theil in reinem scharten der . . . Mono- Zustande gut krystallisirbar sind. Sie sind optisch aktiv, theils links- und saccharide. theils rechtsdreheud, aber es giebt auch optisch inaktive (racemische) Modifikationen, die von zwei in optischer Hinsicht entgegengesetzten Komponenten gebildet sind. Es liegt nahe zur Hand, die Kohlehydrate je nachdem sie linksdrehend, lävogyr, rechtsdrehend, dextrogyr, oder optisch inaktiv sind, mit den Buchstaben 1, d und i zu bezeichnen. Dies ist auch in der That zum Theil gebräuchlich. So wird die rechtsdrehende Glukose als d-Glukose, die linksdrehende als 1-Glukose und die inaktive als i-Glukose bezeichnet. Emil Fischer hat in- dessen diese Zeichen in einem anderen Sinne gebraucht. Er bezeichnet nämlich hierdurch nicht das optische Verhalten, sondern vielmehr die Zusammengehörig- keit verschiedener Zuckerarten unter einander. So bezeichnet er z. B. die links- drehende Fruktose nicht als 1-Fruktose, sondern als d-Fruktose, um dadurch ihre nahe Beziehung zu der rechtsdrehendeu d-Glukose zu zeigen. Diese Be- zeichnungsweise ist allgemein acceptirt worden und die oben genannten Zeichen sagen also nur in wenigen Fällen etwas über das optische Verhalten aus. Als „spez. Drehung"' bezeichnet man die Ablenkung iu Kreisgraden, welche von 1 g Substanz, in 1 ccm Flüssigkeit gelöst, bei einer Eöhrenläuge von 1 dem bewirkt wird. Die Ablesung geschieht nunmehr allgemein bei -j- 20 "^ C. und bei homogenem Xatronlicht. Die sp. Drehung, bei dieser Beleuchtung mit a (D) bezeichnet, drückt man durch die Formel j^ 7. Sp.Drehong. {'j-)T> = -r — - aus, in welcher a die abgelesene Drehung, 1 die Länge der Röhre in dem und p die Gewichtsmenge Substanz in 1 ccm Flüssigkeit bedeutet. Umgekehrt lässt sich, wenn die sp. Drehung bekannt ist, der Prozentgehalt P an Substanz nach der Formel P = 100 '/ . — p, m welchen s die bekannte sp. Drehung bedeutet, berechnen. Eiue frisch bereitete Zuckerlösung zeigt oft eine andere Drehung als wenu sie einige Zeit gestanden hat. Xinimt das Drehungsvermögen allmählich ab, so bezeichnet man dies als Birotation oder Mehrdrehung, während eiue allmähliche Zunahme des Drehungs- vermögens dagegen als Halbrotation oder Wenigerdrehung bezeichnet wird. Die Bi- oder Halbrotation kann nach C. Scnci.TZE und Toli-EXS') durch Zusatz von sehr wenig, 1 p. m., Ammoniak sogleich aufgehoben werden. 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 271. 56 Drittes Kapitel. Gährung. Mit Hefe vergähren viele aber nicht alle Monosaccharide, und es hat sich herausgestellt, dass nur die Zuckerarten mit 3, 6 oder 9 Atomen Kohlenstoff im Moleküle mit Hefe vergährbar sind. Aber auch unter den Hexosen kommen Unterschiede vor, indem nämlich einige künstlich dargestellte Hexosen mit Hefe nicht vergähren. Spaltpilze verschiedener Art bewirken verschiedenartige Gährungen, wie Milchsäure- und Buttersäuregährung und die schleimige Gährung. Die einfachen Zuckerarten kommen zum Theil in der Natur als solche fertig gebildet vor, was z. B. mit den beiden, sehr wichtigen Zuckerarten dem der Mono- Traubenzucker und dem Fruchtzucker der Fall ist. In reichlichen Mengen kommen sie ferner in der Natur als mehr zusammengesetzte Kohlehydrate (Di- und Polysaccharide) aber auch als esterartige Verbindungen mit verschiedenen Substanzen, als sogen. Glukoside, vor. Unter den bisher bekannten Gruppen von Monosacchariden sind diejenigen, welche weniger als fünf oder mehr als sechs Atome Kohlenstoff im Moleküle enthalten, zwar von hohem wissenschaftlichem Interesse aber ohne weitere Be- deutung für die Thierchemie. Von den zwei übrigen Gruppen sind die Hexosen die unverhältnissmässig wichtigsten, indem man nämlich seit Alters her eigent- lich nur die Kohlehydrate mit sechs Atomen Kohlenstoff als wahre Kohle- hydrate betrachtet hat. — Da man aber in der letzten Zeit auch die Pentosen zum Gegenstand thierchemischer Untersuchungen gemacht hat, müssen sie hier, wenn auch nur in grösster Kürze, besprochen werden. Peiitosen (CgH^oOg). Die Pentosen sind in der Regel nicht als solche in der Natur gefunden, son- dern entstehen durch hydrolytische Spaltung von mehr komplexen Kohlehydraten, den sogen. Pentosanen, besonders durch Kochen von Gummiarten mit ver- Vorkoramen dünnter Mineralsäure. Die Pentosen kommen im Pflanzenreiche sehr verbreitet Pentosen, vor und sind besonders für den Aufbau gewisser Pflanzenbestandtheile von grosser Bedeutung. Im Thierreiche sind sie bisher nur in Ausnahmefällen ge- funden worden. So haben Salkowski und Jasteowitz') in dem Harne eines Morphinisten eine Pentose gefunden. Auch das Vorkommen einer Pentose unter den Spaltungsprodukten eines Nukleoproteides aus der Pankreasdrüse ist vom Verf^) wahrscheinlich gemacht worden. Die Pentosen scheinen als Nahrungsmittel für die pflanzenfressenden Thiere von Bedeutung zu sein. Salkowski^) und Cremer ^) haben nämlich gezeigt, dass von Kaninchen und Hühnern die Peutosen Xylose, Arabinose und ßham- nose resorbirt werden und dass diese Thiere die Pentosen verwerthen und sogar 1) Centralbl. f. d. lued. Wissensch. 1892. S. 337 und 593. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 3) Zeitschr. f. ]5iologie. Bd. 29. Pen tosen und Hexosen. 57 zur Glykogenbilduiig gebrauchen können. Beim Menschen scheinen ebenfalls die Pentosen resorbirt zu werden, während über ihre Assimilation die Ansichten etwas streitig sind^). Die Pentosen sind mit Hefe nicht vergährende, reduzirende Aldosen. Beim Erhitzen mit Schwefelsäure oder Salzsäure liefern sie Furfurol aber keine Lävu- linsäure. Das bei Destillation mit Salzsäure übergehende Furfurol kann nicht nur zum Nachweis (z. B. mit Anilinacetatpapier, welches vom Furfurol schön ggu^lgn roth gefärbt wird), sondern auch zur quantitativen Bestimmung der Pentosen (bez. der Pentosane) benutzt werden. Beim Erwärmen mit phloroglucinhaltiger Salzsäure geben sie eine schön roth gefärl)te Lösung, die einen scharfen Ab- sorptionsstreifen rechts von der Natriumlinie zeigt. Die wichtigsten Pentosen sind Arabinose und Xylose. Arabiiiose (rechtsdrehende Arabinose, Pektinzucker) erhält man durch Kochen von arabischem Gummi oder Kirschgummi mit zweiprozentiger Schwefel- Arabinose. säure. Sie krystallisirt, schmeckt süss, schmilzt bei etwa 160*^' und ist stark rechtsdrehend. Ihr Osazon schmilzt bei 157 — 158° C. Sowohl die künstlich dargestellte, linksdrehende, wie die optisch inaktive Arabinose sind bekannt. Xylose (Holzzucker). Diese mit der vorigen stereoisomere Pentose erhält man aus Holzgummi durch Kochen mit verdünnten Säuren. Sie krj'stallisirt, Xylose. ist schwach rechtsdrehend und giebt ein Osazon, das bei etwa 160° C. schmilzt. Andere Pentosen sind folgende: Ribose entsteht durch Reduktion des Ribonsäure- laktons, welches durch räumliche Unilagerung aus der Arabonsäure entsteht. Rhamnose, früher Isoduleit genannt, ist eine Methylpentose, CgHijOs, welche aus ver.schiedenen Glukosiden (Quercitrin, Xanthorhamnin u. a.) erhalten wird. Hexosen (CßHiaOg). Zu dieser Gruppe gehören die wichtigsten und am besten bekannten ein- fachen Zuckerarten, und die übrigen (mit Ausnahme der Arabinose und des Inosits) seit Alters her als Kohlehydrate betrachteten Stoffe sind Anhydride der- selben. Einige Hexosen, wie der Traubenzucker und der Fruchtzucker, kommen derHe«.^1u theils als solche in der Natur fertig gebildet vor und theils entstehen sie durch hydrolytische Spaltung anderer, mehr zusammengesetzter Kohlehydrate oder Glukoside. Andere, wie die Mannose oder Galaktose, entstehen durch hydro- lytische Spaltung anderer Naturprodukte und wiederum einige, wie die Gulose, die Talose u. a. sind bisher nur künstlich gewonnen worden. Alle Hexosen, wie auch die Anhydride derselben, geben beim Sieden mit passend verdünnten Mineralsäuren neben Ameisensäure und Huminsubstanzen Lävulinsäure, CjHgO;^. Die Hexosen sind zum Theil mit Hefe vergährbar, doch vergähren die nur künstlich dargestellten Hexosen nicht oder jedenfalls nur sehr schwer und unvollständig. 1) Vcrgl. Ebstein, Virchow's Aroh. Rd. 120 und Ckemer 1. c. 58 Drittes Kaiiitel. Die Hexosen sind theils Aldosen und theils Ketoseii. Zu jeuer Gruppe gehören Mannose, Glukose, Gulose, Galaktose und Talose, zu dieser gehören die Fruktose und wahrscheinlich auch die Sorbin ose. Man unter- scheidet ferner zwischen den d-, 1- und i-Modifikationeu, also z. B. zwischen d-, 1- und i-Glukose, und die Anzahl der Isomerien ist also sehr gross. Die meisten und wichtigsten Synthesen von Kohlehydraten rühren von E. Fischer und seinen Schülern her und sie fallen hauptsächlich innerhalb der Hexosengruppe. Aus diesem Grunde muss hier die Synthese der Hexosen, wenn auch nur in grösster Kürze, besprochen werden. Die erste künstliche Darstellung von Zucker rührt von Bütleeow *) her. Bei der Be- handlung von Trioxynjethylen, einem Polymeren des Formaldehyds mit Kalkwasser erhielt er nämlich einen schwach süss schmeckenden Syrup Me thy leu i tan. Hauptsächlich dasselbe Produkt erhielt später LOEw'-) durch Kondensation von Formaldehyd bei Gegenwart von Basen und er nannte dieses Produkt Formose. E. Fischek^) hat später gezeigt, dass der Formose- syrup ein Gemenge ist, in welchem theils eine nicht gährungsfähige Zuckerart, Formose, und theils eine andere, gährungsfähige, die c.-Akrose, vorkommt. Diese letztgenannte Hexose ist der Ausgangspunkt für die weiteren Synthesen. Die a-Akrose hat ihren Namen davon erhalten, dass sie aus Akrole'inbromid dui'ch Ein- wirkung von Basen entsteht (Fischer). Man erhält sie auch neben ^'i-Akrose durch Oxy- dation von Glycerin mit Brom bei Gegenwart von Natriumkarbonat und Behandlung des hier- bei entstehenden Gemenges von Glycerinaldehyd und Dioxyaceton, CH^COII) . CH(OH) . CHO und CH./OH) . CO . CH.2(0H) mit Alkali. Hierbei findet, wie es scheint, eine Kondensation zu Hexosen statt. Die a-Akrose kann durch Umwandlung in ihr Osazon und Zurückverwandlung desselben in Zucker aus dem obigen Gemenge isolirt und rein gewonnen werden. Die 7.-Akrose ist identisch mit der i-Fruktose. Mit Hefe vergährt die eine Hälfte derselben, die linksdrehende d-Fruktose, während die rechtsdrehende 1-Fruktose zurückbleibt. In dieser Weise gelingt also die Darstellung der i- und 1-Fruktose. der^Heso^sen. Durch Reduktion der -y-Akrose entsteht 7-Akrit, welches mit dem i-Mannit identisch ist. Durch Oxydation von i-Manuit erhält man i-Mannose, von welcher bei der Gährung nur die 1-Mannose zurückbleibt. Durch weitere Oxydation liefert die i-Mannose i-Mannonsäure. Durch Ueberführung dieser Säure in Strychnin- oder Morphinsalz können durch fraktionirte Krystallisation die Salze der zwei aktiven Maunonsäuren getrennt werden. Aus diesen zwei Säuren, der d- und 1-Mannonsäure, kann man die zwei entsprechenden Mannoseu durch Picduk- tion gewinnen. Aus der d-Mannose erhält man , mit dem Osazon als Zwischenstufe, in oben S. 54 an- gegebener Weise die d-Fruktose, und es bleibt also nur noch übrig, die Entstehung der Glukose zu besprechen. Die d- und 1-Mannonsäuren gehen durch Erhitzen mit Chinolin zum Theil in d- und 1-Glukonsäuren über, und durch Reduktion dieser Säuren erhält man d-, bezw. 1-Glukose. Diese letztere stellt man indessen noch besser aus 1-Arabinose durch die Cyan- hydrinreaktion und mit der 1-Glukonsäure als näciiste Zwischenstufe dar. Aus der Verbind; ung der 1- und d-Glukonsäure zu i-Glukonsäure erhält man durch Reduktion die i-Glukose. Ein besonderes Interesse hat die künstliche Darstellung von Zucker durch Kondensation von Formaldehyd gewonnen, indem nämlich nach der Assimilationshypothese von Baeyer in der Pflanze bei der Reduktion der Kohlensäure zuerst Formaldehyd gebildet wird, aus dem darauf durch Kondensation der Zucker entstehen soll. Durch besondere Versuche an der Alge Spirogyra hat BoKORXY*) gezeigt, dass formaldehydschwefligsaures Natron von den lebenden Algenzellcu gespalten wird. Das frei gewordene Formaldehyd wird sofort zu Kohle- hydrat kondensirt und als Stärke niedergeschlagen. Unter den bisher bekannten Hexosen sind eigentlich nur die Glukose, 1) Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 120; Compt. rend. Tome 53. 2) Journ. f. prakt. Chem. 33 und Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bdd. 20. 21, 22. 3) Ebend. Bd. 21. 4) Biolog. Centralbl. Bd. 12, S. 321 und 481. Traubenzucker. 59 Fruktose und Galaktose von physlolofrisch-chemischem Interesse, weshalb auch die übrigen hier nur beiläufig erwähnt werden können. Trauliciizueker (d-Glukose), auch Glykose, Dextrose und Harn- zucker genannt, findet sich reichlich in den Trauben und kommt ferner sehr häufig zugleich mit der Lävulose (d-Fruktose) in der Natur, wie in Honig, süssen Früchten, Samen, AVurzeln etc. vor. Bei Menschen und Thieren findet er sich im Darmkanale während der Verdauung, ferner in geringer Menge in Blut und Jes'^Trauben- Lymphe und spurenweise auch in anderen thierischen Flüssigkeiten und Ge- ^"<-''^'^- weben. Im Harne kommt er unter normalen Verhältnissen nur spurenweise, bei dem Diabetes dagegen in reichlicher Menge vor. Er entsteht auch durch hydrolytische Spaltung von Stärke, Dextrin und anderen zusammengesetzten Kohlehydraten wie auch durch Spaltung gewisser Glukoside. Eigenschaften des TrauhensucJcers. Der Traubenzucker krystallisirt theils mit 1 Mol. Krystallwasser in warzigen Massen aus kleinen Blättchen oder Täfelchen und theils wasserfrei in feinen Nadeln. Der krystallwasserhaltige zacker- Zucker schmilzt schon unter lUO*^ C. und verliert das Krystallwasser bei 110" C. Der wasserfreie schmilzt bei 146° C. und geht bei 170° C. unter Wasserabgabe in Glukosan, CgH^oOg, über. Bei stärkerem Erhitzen geht er in Karamel über und wird dann zersetzt. Der Traubenzucker ist in Wasser leicht löslich. Diese Lösung, welche weniger stark süss schmeckt als eine Rohrzuckerlösung entsprechender Konzen- tration, ist rechtsdrehend und zeigt starke Birotatiou. Die sp. Drehung ist zwar von der Konzentration der Lösung etwas abhängig, dürfte aber für wässerige Lösungen von 1 — 15°/o wasserfreier Glukose bei -4- 20° C. als Mittel zu -\-h2,6^ angenommen werden können. Der Traubenzucker löst sich wenig in kaltem, E"?en- ° » ' Schäften. leichter in siedend heissem Alkohol. 100 Theile Alkohol vom sp. Gew. 0,837 lösen bei -|- 17,5° C. 1,95 und im Sieden 27,7 Theile wasserfreie Glukose (AxTHOX^). In Aether ist die Glukose unlöslich. Setzt man einer alkoholischen Glukoselösung eine alkoholische Aetzkalilösung zu, so scheidet sich ein amorpher Niederschlag von unlöslichem Zuckerkali aus. Beim Erwärmen zersetzt sieh das Zuckerkali leicht unter Gelb- oder Braunfärbung und hierauf gründet sich die folgende Reaktion. Die MooRE'sche Zucherprohe. Versetzt man eine Glukoselösuug mit etwa ^U Volumen Kali- oder Natronlauge und erwärmt, so wird die Lösung pjo jj^^^g.. erst gelb, dann orange, darauf gelbbraun und zuletzt dunkelbraun, Sie riecht ^'^''probo.^"' «rleichzeitig auch schwach nach Karamel und dieser Geruch wird nach dem An- säuern noch deutlicher. Mit NaCl geht die Glukose mehrere krystallisirende Verbindungen ein, von denen die am leichtesten zu erhaltende, (C^Hi206)o.NaCl -|- H,0, grosse, ungefärbte, sechsseitige Doppelpyraraide oder Rhomboeder mit 13,40°'o NaCI darstellt. 1) Cit. nach ToiXKNS Handbuch Jer Kchlchydrate. 60 Drittes Kajiitel. Gährang des Traaben- zuckers. Die Trom- mer'sehe Probe. Mit Bierhefe geht der Traubenzucker in neutraler oder von organischer Säure sehr schwach saurer Lösung in Alkoholgährungüber: CgHj.jOß = 2C2H50H4^ 2CO2. Die für diese Gährung geeignetste Temperatur ist nach Jodblauer ^) 34° C. Neben dem Alkohol und der Kohlensäure entstehen, besonders bei höherer Temperatur, kleine Mengen homologer Alkohole (Amylalkohol), Glycerin und Bernsteinsäure. Bei Gegenwart von saurer ]\Iilch oder von Käse geht der Traubenzucker, besonders bei Gegenwart einer Base wie ZnO oder CaCOg, in Milchsäuregährung über. Die Milchsäure kann dann ihrerseits weiter in Butter- säuresrährung übersehen: SCgH.Og: :C,H802+2C02-r4H. Die Böttger- Alm6n'sche Probe. Der Traubenzucker reduzirt in alkalischer Flüssigkeit mehrere Metalloxyde, wie Kupferoxyd, Wismuthoxyd, Quecksilberoxyd und hierauf gründen sich einige wichtigere Zuckerreaktionen. Die TROMMEPv'sche Frohe gründet sich auf der Eigenschaft des Zuckers, Kupferoxydhydrat in alkalischer Lösung zu Oxydul zu reduziren. Man ver- setzt die Zuckerlösung mit etwa ^/ö — -^/s Vol. Natronlauge und fügt dann vor- sichtig eine verdünnte Kupfersulfatlösung zu. Das Kupferoxydhydrat wird hier- bei zu einer schön lazurblau gefärbten Flüssigkeit gelöst und man fährt mit dem Zusätze des Kupfersalzes fort, bis eine sehr kleine Menge Hydrat in der Flüssigkeit ungelöst bleibt. Man erwärmt darauf und es scheidet sich dann schon unterhalb der Siedehitze gelbes Oxydulhydrat oder rothes Oxydul aus. Setzt mau zu wenig Kupfersalz zu, so wird die Probe durch das Auftreten der MooiiE'schen Reaktion missfarbig braun gefärbt, während umgekehrt bei Zusatz von überschüssigem Kupfersalz das überschüssige Hydrat beim Sieden in ein ■wasserärmeres, schwarzbraunes Hydrat sich umsetzt und dadurch die Probe stört. Um diese Unannehmlichkeiten zu vermeiden , kann man als Reagenz die sog. FEHLiNo'sche Flüssigkeit verwenden. Dieses Reagenz erhält man , weun man gleiche Volumina einer alkalischen Seignettesalzlösung und einer Kupfersulfat- lösung (vergl. bezüglich der Konzentration dieser Lösungen die quantitative Zuckerbestimmuug im Harne) eben vor dem Gebrauche vermischt. Diese Lösung wird beim Sieden nicht reduzirt oder merkbar verändert, das Tartrat hält das überschüssige Kupferoxydhydrat in Lösung und ein Ueberschuss des Reagenzes wirkt also nicht störend. Bei Gegenwart von Zucker wird diese Lösung reduzirt. Die BöTTGER-ALMi^N'sche Probe gründet sich auf der Eigenschaft der Glukose, Wismuthoxyd in alkalischer Flüssigkeit zu reduziren. Das geeignetste Reagenz erhält maji nach der, von Nylander-) nur unbedeutend veränderten Angabe Alm£n's durch Auflösen von 4 g Seignettesalz in 100 Theilen Natron- lauge von 10°/o NaOH und Digeriren mit 2 g Bismuthum subnitricum auf dem ^Yasserbade, bis möglichst viel von dem Wisrauthsalze gelöst worden ist. Setzt man einer Traubenzuckerlösung etwa ^/lo Vol. oder bei grossem Zuckergehalte 1) Citirt nach IIoppe-Seyler's Handbuch. 6. Aufl. 1893. 2) Zeitschr. f. physiol. Cheui. Bd. 8. Traubenzuckerreaktion. Ol eine etwas grössere Menge dieser Lösung zu und kocht einige Minuten, so färbt sich die Flüssigkeit erst gelb, dann gelbbraun und zuletzt fast schwarz, und nach einiger Zeit setzt sie einen schwarzen Bodensatz von Wismuth (?) ab. Beim Erwärmen mit essigsaurem Phenylhydrazin giebt eine Trauben- zuckerlösung eine in feinen gelben Nadeln krystallisirende, in Wasser fast un- phe„^.j. lösliche, in siedendem Alkohol aber lösliche und aus der mit Wasser versetzten niykosazon. alkoholischen Lösung beim Entweichen des Alkohols wieder sich aus.scbeidende Fällung von PhenylfjJijIcosazon. Diese Verbindung schmilzt in reinem Zustande bei 204-205'' C. Von Bleiz ucker lös ung wird die Glukose nicht, von ammoniakalischem Bleiessig dagegen ziemlich vollständig gefällt. Beim Erwärmen färbt sich der Niederschlag fleischfarben bis rosenroth. Reaktion von Rubxer^). Versetzt man eine wässerige Lösung von Traubenzucker mit Benzoyl- chlorid und einem L'eberschuss von Natronlauge und schüttelt, bis der Ge- Benzoyi ruch nach Benzoylchlorid verschwunden ist, so entsteht ein in Wasser und in Alkali, der Lauge unlöslicher Niederschlag von ßenzoesäureestern der Glukose (Bau- mann-). Versetzt man ','2 — 1 ccm einer verdünnten wässerigen Glukoselösung mit ein paar Tropfen einer 15prozentigen alkoholischen Lösung von a-Naphtol, so nimmt die Flüssigkeit bei Zusatz von 1 — 2ccm konzentrirter Schwefelsäure eine schöne violette Farbe an (MoLiscn^). Diese Reaktion beruht auf der Bil- dung von Furfurol aus dem Zucker durch die Einwirkung der Schwefelsäure. Diazobenzolsulfosäure giebt in einer, mit fixem Alkali alkalisch gemachten Zuckerlösung nach 10 — 15 Minuten eine rothe, allmählich etwas violett werdende Farbe. Orthouitrophenylpropiolsäure liefert mit wenig Zucker und kohlensaurem Natron beim Sieden Indigo, welcher von überschüssigem Zucker in Indigweiss übergeführt wird. Eine alkalische Traubenzuckerlösung wird beim Erwärmen xmd Zusatz von verdünnter Pikrin- säurelösung tief roth. Zu der näheren Ausführung der obengenannten Reaktionen werden wir in einem folgenden Kapitel (über den Harn) zurückkommen. Die Darstellung von reinem Traubenzucker geschieht am einfachsten durch Inversion von Rohrzucker nach der folgenden, von Soxhlet und Tollens etwas abgeänderten Methode von ScirwARZ"*). Man versetzt 12 Liter Alkohol von 90°' 0 mit 480 ccm rauchender Salz- säure, erwärmt auf 45 — 50 '^C, trägt 4 Kilo gepulverten Rohrzucker allmählich ein und lässt nach 2 Stunden, nach welcher Zeit der Zucker gelöst und inver- lirt ist, erkalten. Man rührt darauf etwas Dextroseanhydrid ein, um die Kry- j^* xranben- stallisation anzuregen, saugt nach einigen Tagen das Dextrosepulver mit der zuc^ers. Luftpumpe ab, wäscht mit verdünntem Alkohol die Salzsäure weg und krystal- 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 20. -) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 19; vergl. auch KüEXY, Zeitschr. f. physiol. ' hem. Bd. 14. S) Monatshefte f. Chem. Bd. 7 und Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1SS7. S. 34 und 49. 4) Tollens' Handbuch der Kohlehydrate. S. 39. k 62 Drittes Kapitel. Nach-sveis des Trauben Zuckers. ilannose. Frucht- zucker. lisirt aus Alkohol oder Methylalkohol um. Nach Tollens ist es hierbei am besten, den Zucker in der Hälfte seines Gewichtes an Wasser im Wasserbade zu lösen und das doppelte Volumen von 90 — 95prozentigem Alkohol hinzuzu- fügen. Zum Nachweis des Traubenzuckers in thierischen Flüssigkeiten oder Ge- websextrakten dienen die obengenannten Reduktionsproben, die optische Unter- suchung, die Gährungs- und die Phenylhydrazinprobe. Bezüglich der quanti- tativen Bestimmungsmethoden wird auf das Kapitel über den Harn verwiesen. In eiweisshaltigeu Flüssigkeiten muss zuerst das Eiweiss durch Koagulation in der Siedehitze unter Essigsäurezusatz oder durch Ausfällen mit Alkohol oder Metallsalzen entfernt werden. Hinsichtlich der Schwierigkeiten, die hierbei bei Verarbeitung von Blut und serösen Flüssigkeiten entstehen , wird auf die Ar- beiten von Schenk*), Röhmann^), Abeles^) und Seegen*) verwiesen. Die Guloseil sind dem Traubenzucker stereoisomere, künstlicli gewonnene Zuckerarten. Die d-Gulose erliiilt mau dureli Redulvtiou der d-Gulonsäure, die ilirerseits durch Reduktion der Glukuronsäure (vergl. das Kapitel Harn) entsteht. 3Iaunosen. Die d-Mannose, auch Sem in ose genannt, entsteht neben d-Fruktose bei vorsichtiger Oxydation von d-Mannit. Man erhält sie aber auch durch Hydrolj'se natür- licher Kohlehydrate wie Salepschleim und Reservecellulose (besonders aus Steinnussspähnen). Sie ist rechtsdrehend, gährt leicht mit Bierhefe, giebt ein in Wasser schwer lösliches Hydrazon und ein mit dem aus d-Glukose entstehenden identisches Osazon. Fruehtzucker (d-Fruktose), auch La vul ose genannt, kommt, wie schon oben hervorgehoben wurde, mit Traubenzucker gemengt reichlich verbreitet in dem Pflanzenreiche und auch im Honig vor. Er entsteht bei der hydrolytischen Spaltung des Rohrzuckers und anderer Kohlehydrate, wird aber besonders leicht durch hydrolytische Spaltung des Inulins gewonnen. Tn Ausnahmefällen ist auch bei Diabetes mellitus Fruchtzucker im Harne beobachtet worden. Dieser Zucker hat nunmehr als eine, auch für Zuckerkranke leicht assimilirbare Zucker- art eine besondere diätetische Bedeutung gewonnen. Der Fruchtzucker krystallisirt verhältnissmässig schwer, theils wasserfrei und theils in wasserhaltigen Krystallnadeln. In Wasser löst er sich leicht, in kaltem, absolutem Alkohol fast nicht, in siedendem dagegen ziemlich reichlich. Die Lösung in Wasser ist linksdrehend, über die sp. Drehung sind indessen die Angaben recht schwankend. Mit Hefe vergährt der Fruchtzucker; er giebt dieselben Reduktionsproben wie die Glukose und dasselbe Osazon. Mit Kalk giebt er Verbindungen , die schwerlöslicher als die entsprechenden Dextrose- verbindungen sind. Der Fruchtzucker wird, wie oben gesagt, am besten durch hydrolytische Spaltung von luulin, durch Erwärmen mit schwach säurehaltigem Wasser, ge- wonnen. Sorbinosc (Sorbin) hat man einen Zucker genannt, der aus Vogelbeersaft unter ge- wissen Bedingungen erhalten wird. Er krystallisirt, ist linksdrehend, wird durch Reduktion in Sorbit übert;eführt und scheint eine mit der Fruktose stereoisomere Ketose zu sein. 1) Pflvgee's Arch. Bdd. 46 u. 47. 2) Centralbl. f. Physiol. Bd. 4. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. 4) Centralbl. f. Phy-siol. Bdd. 4 und 8. Disaccharide. 63 Galaktose. Galaktose (nicht zu verwechseln mit Laktose oflcr ^Milchzucker) entsteht durch hydrolytische Spaltung von Milchzucker und durch Hydrolyse vieler an- derer Kohlehydrate, besonders Gummiarten und Schleimstoffen. Sie entsteht auch beim Erhitzen des aus dem Gehirne als Zersetzungsprodukt darstellbaren, stickstoffhaltigen Glukosides Cerebrin mit verdünnter Mineralsäure. Sie krystallisirt in Nadeln oder Blättchen, die bei 168" C. schmelzen. In Wasser löst sie sich etwas schwerer als Glukose. Sie ist stark rechtsdrehend und zeigt Mehrdrehung. Mit Hefe soll sie gähren (wenn auch langsamer als Glukose), doch gehen die Angaben hierüber etwas auseinander. Sie reduzirt Fehling's Lösung etwas schwächer als Glukose, und 10 ccm dieser Lösung entsprechen nach Soxiii.et 0,0511 g Galaktose in 1 prozentiger Lösung. Ihr Phenylosazon schmilzt bei 193° C. Bei der Oxydation giebt sie erst Galakton- säure und dann Schleimsäure. Die 1- und i-Galaktosen sind künstlich darge- stellt worden. Talose ist eine künstlich durch Reduktion der Talonsäure dargestellte Zuckerart. Die Talonsüure entsteht ihrerseits aus der d-Galaktonsiiure durch Erhitzen derselben mit Chinolin oder Pyridin auf 140- 150 ^ C. Disaccharide. Die zu dieser Gruppe gehörenden Zuckerarten kommen zum Theil in der Natur fertig gebildet vor. Dies ist z. B. der Fall mit dem Rohrzucker und dem Milchzucker. Zum Theil entstehen sie dagegen, wie die Maltose und die Isomaltose, erst durch partielle hydrolytische Spaltung komplizirterer Kohlehvdrate. Die Isomaltose ist ausserdem auch aus Glukose durch Reversion (vergl. unten) gewonnen worden. Die Disaccharide oder Hexobiosen sind als Anhydride zu betrachten, die aus zwei Monosacchariden unter Austritt von 1 Mol. Wasser entstanden sind. Dementsprechend ist ihre allgemeine Formel auch Ci^H^oOii. Bei der hydro- Disaccharide lytischen Spaltung liefern sie unter Aufnahme von Wasser zwei Moleküle Hexose, und zwar entweder zwei Moleküle derselben Hexose oder zwei ver- schiedene Hexosen. Es sind also: Rohrzucker -{- HoO = Glukose + Fruktose Maltose -f" HoO = Glukose + Glukose Milchzucker + H^O = Glukose -{- Galaktose. Die Fruktose dreht stärker nach links als die Glukose nach rechts, und das bei der Spaltung des Rohrzuckers entstehende Gemenge von Hexosen dreht also umgekehrt wie der Rohrzucker selbst. Aus diesem Grunde hat man dieses Gemenge Invertzucker genannt und die hydrolytische Spaltung als In- Inversion Version bezeichnet. Den Namen Inversion benutzt man indessen nicht nur Reversion. für die Spaltung des Rohrzuckers, sondern auch für die hydrolytische Spaltuns: der zusammengeselzten Zuckerarten in Monosaccharide überhaupt. Die umge- 64 Drittes Kapitel. gekehrte Reaktion, durch welche Monosaccharide zu komplizirteren Kohlehyd- raten kondensirt werden, nennt man Reversion. Unter den Disacchariden kann man zwei Gruppen unterscheiden. Die eine, zu welcher der Rohrzucker gehört, hat nicht die Fähigkeit der Mono- saccharide, gewisse j\Ietalloxyde zu reduziren, und sie reagirt nicht mit Phenyl- hydrazin. Die andere Gruppe dagegen, zu welcher die zwei Maltosen und der Milchzucker gehören, verhält sich zu den gewöhnlichen Reduktionsproben wie die Monosaccharide und sie giebt mit Phenylhydrazin Osazone. Die Zucker- arten dieser letzteren Gruppe zeigen also noch den Charakter der Aldehyd- alkohole und man legt ihnen eine Formel, wie O— CHg CH.,(OH) . [CH(0H)]4 . CH^ | bei. \ O— CH . [CH(0H)]3 CHO, Rohrzucker (Saccharose) kommt im Pflanzenreiche sehr verbreitet vor. In grösster Menge findet er sich in den Stengeln der Zuckerhirse und des Vorkommen. Zuckerrohres, den Wurzeln der Zuckerrübe, dem Stamme einiger Palmen und Ahornarten, in der Mohrrübe etc. Als Nahrungs- und Genussmittel hat der Rohrzucker eine ungemein grosse Bedeutung. Der Rohrzucker bildet grosse, farblose, monokline Krystalle, Beim Er- hitzen schmilzt er gegen 160*^ C, bei stärkerem Erhitzen bräunt er sich und bildet das sogenannte Karamel. In Wasser löst er sich sehr leicht und nach Scheibler ^) enthalten 100 Theile gesättigter Zuckerlösung bei 20'' C. 67 Theile ichaften. Zucker. In starkem Alkohol löst er sich schwer. Der Rohrzucker ist stark rechtsdrehend. Die sp. Drehung, welche durch Aenderung der Konzentration nur wenig, durch die Gegenwart anderer, inaktiver Stoffe dagegen wesentlich beeinflusst werden kann, ist: {a)D = -{- Q{i,b^. Der Rohrzucker verhält sich indifferent gegen die MoORE'sche Zuckerprobe und die gewöhnlichen Reduktionsproben und er reagirt nicht mit Phenylhydrazin. Er ist nicht direkt gährungsfähig und er vergährt erst nach der Inversion, welch' letztere indessen durch ein in der Hefe enthaltenes Enzym, das Invertin, Reaktionen, ^u Stande kommt. Eine Inversion des Rohrzuckers kommt auch im Darm- kanale vor. Konzentrirte Schwefelsäure schwärzt den Rohrzucker sehr bald, selbst bei Zimmertemperatur, wasserfreie Oxalsäure verhält sich ebenso beim Erwärmen auf dem Wasserbade. Bei der Oxydation entstehen je nach der Art des Oxydationsmittels und der Intensität der Einwirkung verschiedene Produkte, unter denen besonders Zuckersäure und Oxalsäure zu nennen sind. Hinsichtlich der Darstellung und der quantitativen Bestimmung des Rohr- zuckers wird auf die ausführlicheren Lehrbücher der Chemie verwiesen. Maltose (Malzzucker) entsteht bei der hydrolytischen Spaltung von Stärke mit Malzdiastase, Speichel oder Pankreassaft. Unter denselben Verhältnissen 1) Cit. nacli ToLLEXS, Handbuch der Kohlehydrate. S. 121. Maltose uud Isomaltose. 65 entsteht es auch aus dem Glykogen (vergl. Kap. 8), Die Maltose entsteht auch vorübergehend bei der Einwirkung von Schwefelsäure auf Stärke. Die Maltose stellt den gährungsfähigen Zucker der Kartoffel- oder Getreidebranntweininaischen und der Bierwürzen dar. Die Maltose krystallisirt mit 1 j\rol. Krystallwasser in feinen weissen Nadeln. Sie ist leicht löslich in Wasser, ziemlich leicht löslich in Alkohol und unlöslich in Aether. Die Lösung ist rechtsdrehend und zeigt Halbrotation. Die sp. Drehung ist: (o;)D=:-|- 137°. Die Maltose gährt mit Hefe leicht und vollständig und verhält sich zu den gewöhnlichen Reduktionsproben wie die Glukose. Mit Phenylhydrazin giebt sie nach IV2 stündigem Erwärmen Phenyl- maltosazon, welches bei 206" C. schmilzt. Von dem Traubenzucker unter- ^»^t^so. scheidet sich die Maltose hauptsächlich durch Folgendes. Sie ist etwas schwer- löslicher in Alkohol, dreht stärker nach rechts, reduzirt aber Feiiling's Lösung schwächer. 10 ccm FEHLma'sche Lösung werden nach Soxhlet^) von 77,8 mg wasserfreier Maltose in annähernd Iprozentiger Lösung reduzirt. Isomaltose. Diese Zuckerart entsteht, wie Fischer 2) gezeigt hat, neben dextrinähnlichen Produkten bei der Einwirkung von rauchender Salzsäure auf Glukose. Sie entsteht aber auch neben gewöhnlicher Maltose bei der Einwirk- ung von Diastase auf Stärkekleister. Auch bei der Einwirkung von Speichel igomaitose oder Paukreassaft (Külz und Vogel 3) oder von Blutserum (Rühma^jn*) auf Stärke entsteht neben Maltose Isomaltose. Sie kommt ausserdem im Biere und im technischen Stärkezucker vor. Die Isomaltose löst sich sehr leicht in Wasser, schmeckt stark süss, vergährt aber nur langsam. Sie ist rechtsdrehend und hat fast dasselbe optische Dreh- ungsvermögen wie die Maltose. Sie ist charakterisirt durch ihr Osazon. Dieses bildet feine gelbe Nadeln, die bei 140° C. zu sintern beginnen und bei 150 bis 153° schmelzen. Es ist in heissem Wasser ziemlich leicht löslich. 3Iilehzucker (Laktose). Da dieser Zucker fast ausschliesslich in dem Thierreiche, und zwar in der Milch des Menschen und der Thiere, vorkommt, wird es passender erst in einem folgenden Kapitel (über die Milch) besprochen werden. Trehalosc ist eine in Pilzen gefundene Hexobiose. Melebiose ist ebenfalls eine Saccharose, die aber neben d-Fruktose bei partieller hydrolytischer Spaltung von der in Eübeu- melasse vorkommenden Raffiuose (die eine Hexotriose ist) entsteht. Die Melebiose spaltet sich in Galaktose uud Glukose. Polysaccharide, Sieht man von den Hexotriosen und den übrigen wenigen, zuckeräholiehen Polysacchariden ab, so umfasst diese Gruppe eine grosse Anzahl von hoch- 1) at. nach TOLLKNS' Handbuch. S. 152. 2) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellseli. I5d. 23, S. 3G87. 3) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. ■1) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1893. S. 849. Hammars ton , Physiol. Chemie. Dritte Auflage. 66 Drittes Kapitel. zusammengesetzten Kohlehydraten, die nur in amorphem Zustande vorkommen oder jedenfalls nicht in Krjstallen in gewöhnlichem Sinne erhalten worden Poiy- sind. Im Gesrensatz zu den Stoffen der vorigen Gruppen haben sie keinen Baccharide. ° ... süssen Geschmack. Sie sind zum Theil in Wasser löslich, zum Theil quellen sie darin stark auf, besonders in warmem Wasser, und zum Theil endlich wer- den sie davon weder gelöst noch sichtbar verändert. Durch hydrolytische Spal- tung können sie alle zuletzt in Monosaccharide übergeführt werden. Die nicht zuckerähnlichen Polysaccharide vertheilt man gewöhnlich auf folgende drei Hauptgruppen: Stürliegruppe , Gummi- und Fflanzensclileim- gruppe und Celhdosegruppe. Die Stärkegruppe (C6Hjo05)x. Stärke. Amylum. (C6H^q05)x. Dieser Stoff kommt in dem Pflanzen- reiche sehr verbreitet in den verschiedensten Pflanzentheilen, besonders aber als Reservenährstoff in Samen, Wurzeln, Knollen und Stammorganen vor. Die Stärke ist ein weisses, geruch- und geschmackloses Pulver, welches aus kleinen Körnchen besteht, die eine geschichtete Struktur und eine bei verschiedenen Pflanzen verschiedene Form und Grösse haben. Der gewöhn- "^ "■ . liehen Annahme nach bestehen die Stärkekörner aus zwei verschiedenen Sub- stanzen, Stärkegranulose und Stärkecellulose, von denen nur die erstere beim Behandeln mit diastatischen Enzymen in Lösung geht. Die Stärke ist in kaltem Wasser so gut wie unlöslich. In warmem Wasser quellen die Körner stark auf, platzen und geben Kleister. In Alkohol und Aether ist die Stärke unlöslich. Durch Ueberhitzen mit Wasser allein, beim Erhitzen von Stärke mit Glycerin auf 190° C. oder beim Behandeln der Stärkekömer mit 6 Theilen verdünnter Salzsäure von 1,06 sp. Gew. bei ge- Eigen- wohnlicher Temperatur während 6 — 8 Wochen ^) erhält man lösliche Stärke "stärke. "(Amylodextr in, Amidulin). Lösliche Stärke entsteht auch als Zwischen- stufe bei der Verzuckerung der Stärke mit verdünnter Säure oder diastatischen Enzymen. In Kali- oder Natronlauge quellen die Stärkekörner zu einer kleister- artigen Masse auf, die weder die MooRE'sche noch die TiiOMMER'sche Probe giebt. Mit Hefe vergährt Stärkekleister nicht. Eine für Stärke besonders charakteristische Reaktion ist die Blaufärbung, die durch Jod bei Gegenwart von Jodwasserstoff oder Jodalkali ^) entsteht. Die Farbe verschwindet durch Zusatz von Alkohol oder Alkalien wie auch beim Erwärmen, kommt aber beim Erkalten wieder zum Vorschein. Beim Sieden mit verdünnten Säuren findet Verzuckerung statt und hierbei Ver- znckemng. entsteht Glukose. Bei der Verzuckerung durch diastatische Enzyme entstehen 1) Vergl. TOLLENS' Handbuch S. 187. 2) Vergl. Mylius, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 20, S. 688 und Zeitschr. f, physiol. Chem. Bd. 11. Die Stärke- und Gummigruppen. 67 dagegen in der Regel, ausser Dextxnn, Älaltose und Isomaltose neben nur sehr wenig Glukose, Ueber den hierbei stattfindenden Vorgang, namentlich über die Art und Anzahl der hierbei auftretenden Zwischenstufen, ist man nicht im Klaren (vergl. unten die Dextrine). Der Nachweis der Stärke geschieht mit dem Mikroskope und der Jod- reaktion. Die quantitative Bestinmiung geschieht in der Weise, dass man die Stärke nach Sachssk's Methode') mit Salzsäure in Zucker überführt und dann den Zucker nach üblichen Methoden bestimmt. Inuliu (CßHjf^Oj), -]- HgO findet sich in den unterirdischen Theilen vieler Compositen, besonders in den Wurzeln von Inula helenium, den Knollen der Dahlien, der Helianthusarten etc. Gewöhnlich stellt man es aus den Knollen der Dahlien dar. Das Inulin bildet ein weisses, stärkeähnliches, aus kleinen Sphärokrystallen bestehendes Pulver, das in warmem Wasser ohne Kleisterbildung leicht löslich ist. Beim Erkalten scheidet es sich laugsam ab, rascher durch Gefrieren. Die Lösung ist linksdrehend, wird von Alkohol gefällt imd von Jod nur gelb ge- färbt. Beim Sieden mit verdünnter Schwefelsäure liefert es als alleiniges Mono- saccharid liuksdrehenden Fruchtzucker. Diastatische Enzyme wirken nicht oder nur wenig auf Inulin ein*^). Licheiiill (Moos stärke) kommt in vielea Flechten, namentlich im isländischen Moose vor. Es löst sich nicht in kaltem Wasser , sondern quillt darin nur gallertartig auf. In heissem Wasser löst es sich ; die genügend konzentrirte Lösung getsteht aber beim Erkalten zu einer Gallerte. Von .Jodlösung wird es gelb gefärbt. Beim Sieden mit verdünnten Säuren giebt es Glukose. Von diastatischen Enzymen, wie S^^eichel und Pankreasdiastase, wird es nach NiLSOX*) nicht verändert. Glykogen. Dieses Kohlehydrat, welches gewissermassen zwischen Stärke und Dextrin steht, ist hauptsächlich im Thierreiche gefunden worden und soll deshalb in einem folgenden Kapitel (über die Leber) abgehandelt werden. Inoho. Lichenin. Die Gummi- und Pflanzensclileimg^ruppe (C6Hio05)x. Mit Rücksicht [auf die Abstammung und das Vorkommen dieser Stoflfe können sie auf zwei Hauptgruppen vertheilt werden, nämlich die Dextr'nuiruppe und die FtianzcnjjHmnd- oder Fßanzenschleimijruppe. Die Dextrine stehen in naher Beziehung zu der Stärke und entstehen aus ihr als Zwischenstufen beig^^^J^* der Verzuckerung mit Säuren oder diastatischen Enzymen. Die verschiedenen Arten von Pflanzengummi- oder Pflanzenschleim sind dagegen in dem Pflanzen- reiche vorkommende Naturprodukte, die theils aus gewissen Pflanzen als amorphe, durchscheinende Massen zur Ausscheidung gelangen und theils in gewissen Pflanzentheilen, wie in Holz und Samen, enthalten sind und daraus mit passen- den Lösungsmitteln ausgezogen werden können. iartea and I'flanzen- bcbleime. 1) Vergl. TOLLENs' Handbuch. S. 2) ToLLENS' Handbuch. S. 203. 3) Upsala Läkaref. förh. Bd. 28. 184. 68 Drittes Kapitel. Die Dextrine liefern als Endprodukte bei vollständiger Hydrolyse nur Hexosen, und zwar nur Glukose. Die pflanzlichen Gummiarten und die Pflanzenschleime liefern dagegen nicht nur Hexosen, sondern auch (wie z. B. arabisches Gummi und Holzgummi) häufig reichlich Pentosen, Unter den Hexosen kommt be- sonders häufig d-Galaktose vor, und in Uebereinstimmung hiermit liefern sie, zum Unterschied von den Dextrinen, in vielen Fällen Schleimsäure bei der Oxydation mit Salpetersäure. Von Alkohol werden sowohl die Dextrine wie die eigentlichen Gummiarten und Pflanzenschleime gefällt. Bleiessig fällt nur die zwei letztgenannten Gruppen, nicht aber die Dextrine. Dextrin (Stärkegummi) entsteht beim Erhitzen von Stärke auf 200 bis 210° C. (Röstgummi) wie auch beim Trocknen auf 100 — 110° C. von Stärke, die vorher mit wenig salpetersäurehaltigem Wasser angerührt wurde. Dextrine entstehen ebenfalls bei der Verzuckerung von Stärke mit verdünnten Säuren oder diastatischen Enzymen. Ueber den im letztgenannten Falle stattfindenden Vorgang ist man noch nicht ganz im Klaren, die gewöhnlichste Annahme dürfte wohl aber die folgende sein. Als erstes Produkt wird lösliche Stärke gebildet, aus der darauf durch hydrolytische Spaltung Zucker und mit Jod sich roth färbendes Dextrin, Erythrodextrin, gebildet wird. Aus dem Erythro- Dextrine. (je^t^in entsteht dann durch neue Spaltung Zucker und mit Jod sich nicht färbendes Dextrin, Achroodextrin. Aus diesem entstehen darauf durch successive Spaltungen Zucker und Dextrine von niedrigerem Molekulargewicht, bis man endlich neben Zucker ein nicht weiter sich spaltendes Dextrin, das Maltodextrin, erhält. Ueber die Anzahl der als Zwischenstufen auftretenden Dextrine gehen indessen die Ansichten ziemlich auseinander. Der gebildete Zucker ist Isomaltose, aus der darauf Maltose neben höchstens sehr wenig Glukose entsteht. Eine andere Ansicht ist die, dass durch successive Spaltungen unter Aufnahme von Wasser erst verschiedene Dextrine nach einander entstehen und dann erst durch Spaltung des letzten Dextrins Zucker entsteht i). Die verschiedenen Dextrine hat man noch nicht als chemische Individuen isoliren und von einander trennen können, und aus diesem Grunde können hier auch nur die für Dextrine im Allgemeinen charakteristischen Eigenschaften und Reaktionen angeführt werden. Die Dextrine stellen amorphe, weisse oder gelblich weisse Pulver dar, die in Wasser leicht löslich sind. Bei genügender Konzentration sind die Lösungen dickflüssig und klebend wie Gummilösungen. Die Dextrine sind rechtsdrehend; für das Maltodextrin soll a(D) = -|- 174,5° sein. In Alkohol sind sie unlös- Eigen \ / I schatten der üch oder fast ganz unlöslich , in Aether unlöslich. Von Bleiessig werden die Dextrine. ° . ^ , wässerigen Lösungen nicht gefällt. Die Dextrine lösen Kupferoxydhydrat in alkalischer Flüssigkeit zu einer schön blauen Lösung. Ob das wirklich reine 1) Hinsichtlich der neueren Theorien vergl. man: Lintner und Düll, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 2G, S. 2533 und Scheibler und Mittelmeier, ebeud. Bdd. 23, S. 3060 und 26, S. 2930. Die Cellulosegruppe. 69 Dextrin die FEHLiNG'sche Lösung reduzirt oder nicht, muss dahingestellt sein. Nach Brücke^) kann man durch Erwärmen einer Achroodextrinlüsung mit überschüssiger alkalischer Kupferlösung und nachfolgende Fällung mit Alkohol ein nicht reduzirendes Dextrin erhalten. Nach Sciieibler und Mitfelmeier 2) ist dagegen das durch Säurewirkung erhaltene Dextrin ein Polysaccharid von Aldehydnatur und es wirkt dementsprechend reduzirend. Die Dextrine sind nicht direkt gährungsfähig. Das Verhalten verschiedener Dextrine zu Jod ist schon oben erwähnt worden, und hierzu ist nur noch zu bemerken, dass nach Musculus und Meyer ^) das Erythrodextrin nur ein Gemenge von Achroo- dextrin mit ein wenig löslicher Stärke sein soll. Die Pflanzeng-ummiarteu sind in Wasser löslich zu dicklichen aber filtrir- baren Flüssigkeiten. Als PJlanzeusclileiiiie bezeichnet man dagegen solche Gummiarten, die in AVasser nicht oder nur theilweise löslich sind und darin mehr oder weniger stark aufquellen. Die natürlichen Gummiarten und Pflanzen- puanzen- schleime, zu welchen mehrere allgemein bekannte und wichtige Stoße, wie arabi- pflanzen- sches Gummi, Holzgummi, Kirschgummi, Salep- und Quittenschleim imd wahr- scheinlich auch die wenig studirten PektinstofFe gehören, können, da sie in thier- physiologischer flinsicht von untergeordnetem Interesse sind, hier nicht weiter besprochen werden. Die Cellulosegruppe (C6Hio05)x. Cellulose (Zellstoff) nennt man dasjenige Kohlehydrat oder vielleicht richtiger Kohlehydratgemenge, welches den Hauptbestandtheil der pflanzlichen Zellwandungen darstellt. Dies gilt wenigstens von der Wand der jungen Zellen, während in der Wand der älteren Zellen die Cellulose reichlich von inkrustiren- der Substanz, sogen. Lignin, durchwachsen ist. Die eigentliche Cellulose zeichnet sich durch ihre Schwerlöslichkeit aus. Sie ist unlöslich in kaltem und heissem Wasser, in Alkohol und Aether, ver- dünnten Säuren und Alkalien, üeberhaupt o:iebt es nur ein spezifisches Lös- Eigen- - . ^ Schäften, ungsmittel für Cellulose, nämlich das ScHWEiTZER'sche Reagenz oder eme Lös- ung von Kupferoxydammouiak. Aus diesem Lösungsmittel kann die Cellulose durch Säuren wieder ausgefällt und nach dem Waschen mit Wasser als ein amorphes Pulver erhalten werden. Bei der Einwirkung von konzentrirter Schwefelsäure wird die Cellulose in eine mit Jod sich blau färbende Substanz, sogen. Amyloid, verwandelt. Mit starker Salpetersäure oder einem Gemenge von Salpetersäure und konzen- trirter Schwefelsäure liefert die Cellulose Salpetersäureester oder Niti-ocellulosen, Cellulose. 1) Vorlesungen über Physiologie. Wien 1874. S. 231. 2) 1. 0. 3) Zeilsehr. f. physiol. Chera. Bd. 4, S. 451. 70 Drittes Kapitel. Ter- znckeruD" Hemi- cellulose. die äusserst explosiv sind und eine grosse praktische Verwendung gefunden haben. Wenn gewöhnliche Cellulose erst mit starker Schwefelsäure bei gewöhn- licher Temperatur behandelt und darauf nach Verdünnung mit Wasser längere Zeit gekocht wird, so tritt Verzuckerung ein und man erhält Glukose. Andere Cellulosearten zeigen indessen ein anderes Verhalten, und man kennt auch Cellulose oder eine, der gewöhnlichen Cellulose hinsichtlich der Schwerlöslich- keit in heissen verdünnten Mineralsäuren nahestehende Substanz, die bei der Verzuckerung Mannose liefert. Diese von E. Schulze^) Mannoso-Cellulose ge- nannte Substanz kommt in Kaffeebohnen , sowie in Cocos- und Sesamkuchen vor, und sie ist nicht zu der folgenden Gruppe, der Hemicellulosegruppe, zu rechnen. Hemicelluloseii nennt E. Schulze diejenigen, der Cellulose verwandten Zellwandbestandtheile, w^elche, zum Unterschied von gewöhnlicher Cellulose, beim Sieden mit stark verdünnter Mineralsäure, wie Schwefelsäure' von 1,25 ^/o, unter Spaltung zu Monosacchariden gelöst werden. Die hierbei entstehenden Zucker- arten sind verschiedener Art. Die Hemicellulose der gelben Lupinen liefert Galaktose und Arabinose, die der Roggen- und Weizenkleie Arabinose und Xylose und die der Steinnüsse — die von Reiss Reservecellulose^) genannte Substanz — Mannose. Die Cellulose fällt, wenigstens zum Theil, in dem Darmkanale des Men- schen und der Thiere einer Zersetzung anheim. Auf die Bedeutung als Nähr- stoff, welche die Cellulose hierdurch gewinnt, wird in einem folgenden Kapitel (über die Verdauung) des Näheren eingegangen werden. Ebenso werden wir in den folgenden Kapiteln wiederholt zu der grossen Bedeutung der Kohle- hydrate für den thierischen Haushalt und den thierischen Stoffwechsel zurück- kommen. 1) Zeitschr, f. physiol. Chem, Bd. 16. 2) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 22. Viertes Kapitel Das Thierfett. Die Fette stellen die dritte Hauptgruppe der organischen Nährstoffe des Menschen und der Thiere dar. Sie kommen sehr verbreitet sowohl im Thier- wie im Pflanzenreiche vor. Im Thierorganismus findet sich das Fett in allen Organen und Geweben; die Menge desselben ist aber eine so wechselnde, 'dass eine tabellarische Uebersicht über den Fettgehalt der verschiedenen Orgaue von weniff Interesse ist. Am reichsten an Fett ist das Knochenmark, mit über '^',orkommen o der Fette. 960 p. m. Die drei wichtigsten Hauptdepots des Fettes im Thierorganismus sind: das intermuskuläre Bindegewebe, das Fettgewebe der Bauchhöhle und des Uuterhautbindegewebes. Unter den Pflanzentheilen sind besonders die Samen und Früchte, in einigen Fällen aber auch die Wurzeln, reich an Fett. Die Fette bestehen fast ganz aus sogen. Xeutralfettcn mit nur sehr kleinen Mengen Fettsäuren. Die Neutralfette sind ihrerseits Ester eines dreiatomigen Alkohols, des Glycerins, mit einbasischen Fettsäuren. Diese Ester sind Tri- glyceride, d. h. es sind drei Hydroxylwasserstoffatome des Glycerins durch die cende' Radikale der Fettsäuren ersetzt, und die allgemeine Formel ist also C3H5.O3.R3. Die thierischen Fette sind regelmässig ihrer Hauptmasse nach Ester der drei Fettsäuren Stearin-, Palmitin- und Oelsäure. In dem Pflanzenreiche kommen jedoch ausserdem bisweilen reichlich auch Triglyceride von anderen Fettsäuren, wie z. B. Laurinsäure, Leinölsäure, Erukasäm'e u. a. vor. Uns interessirt hier am meisten das thierische Fett, welches regelmässig ein Gemenge von wechselnden Mengen Tristearin, Tripalmitin und Tri- oleiu ist und welches eine mittlere elementare Zusammensetzung von C 7(i,5, H 12,0 und O 11,50/0 hat. Das Fett hat nicht nur bei verschiedenen Thierarten, sondern auch in den verschiedenen Körpertheileu derselben Thierart eine wesentlich verschiedene, von den relativen Mengenverhältnissen der verschiedenen Fette abhängige Kon- sistenz. In den festeren Fetten — den Talgarten — überwiegen das Tristearin ^^^^ p^^^ ^^ und Tripalmitin, während die weniger festen Fette durch einen grösseren Reich- g/^°Jbes. thum an Palmitin und Triolein ausgezeichnet sind. Dieses letztgenannte Fett findet sich in verhältnissmässig reichlicherer Menge bei Kaltblütern, und dies ist 72 Viertes Kapitel. der Grund, warum das Fett der letzteren bei solchen Wärmegraden noch flüssig bleibt, bei welchen das Fett der Warmblüter erstarrt. Im Menschenfett aus verschiedenen Organen und Geweben sollen angeblich rund 670 — 800 p. m. dein enthalten sein. Der Schmelzpunkt verschiedener Fette wird durch die verschiedene Zusammensetzung des Gemenges bedingt, und er ist dementsprechend nicht nur für das Fett verschiedener Gewebe desselben Individuums, son- dern auch für das Fett desselben Gewebes bei verschiedenen Thieren ein ver- schiedener. Die Neutralfette sind farblos oder gelblich, in möglichst reinem Zustande geruch- und geschmacklos. Sie sind leichter als Wasser, auf welchem sie im geschmolzenen Zustand als sogenannte Fettaugen schwimmen. Sie sind unlös- lich in Wasser; in siedendem Alkohol lösen sie sich, scheiden sich aber beim Erkalten ■ — oft krystallinisch — aus. In Aether, Benzol und Chloroform sind sie leicht löslich. Mit Lösungen von Gummi- oder Eiweiss geben die flüssigen Neutralfette beim Schütteln eine Emulsion. Mit Wasser allein geben sie erst bei starkem und anhaltendem Schütteln eine, nicht dauerhafte, Emulsion. Bei Gegen- wart'von etwas Seife entsteht dagegen äusserst leicht eine sehr feine und dauer- Eigen- hafte Emulsion. Das Fett giebt nicht verschwindende Flecken auf Papier; es Schäften des . , Fettes, ist nicht flüchtig, siedet bei etwa 300° C. unter theilweiser Zersetzung und ver- brennt mit leuchtender und russender Flamme. Die Fettsäuren haben die meisten der obengenannten Eigenschaften mit den Neutralfetten gemeinsam, unterscheiden sich aber von ihnen dadurch, dass sie, in Alkohol-Aether gelöst, sauer reagiren und die Akroleinprobe nicht geben. Die Neutralfette entwickeln nämlich bei genügend starkem Erhitzen allein, noch leichter aber beim Erhitzen mit Kaliumbisulfat oder anderen, Wasser entziehenden Stoffen, stark reizende Dämpfe von Akrolein, von der Zersetzung des Glycerins herrührend : C3 H5 (0H)3 — 2H,0 = C3H/J. Die Neutralfette können unter Aufnahme von den Bestandtheilen des Wassers nach dem folgenden Schema gespalten werden C3H5(OR)3-}-3H20 = 03115(011)3 -[- 3 HÖR. Diese Spaltung kann durch das Pankreasenzym und durch gespannte Wasserdämpfe bewirkt werden. Am häufigsten zerlegt man je- kation. doch die Neutralfette durch Sieden mit nicht zu konzentrirter Alkalilauge oder noch besser (bei zoochemischen Arbeiten) mit alkoholischer Kalilösung. Bei diesem Verfahren, welches Saponifikation genannt wird, entstehen die Alkalisalze der Fettsäuren (Seifen). Geschieht die Saponifikation mit Bleioxyd, so wird Bleipflaster, fettsaures Bleioxyd, erhalten. Als Verseifung oder Saponifikation bezeichnet man indessen nicht nur die Spaltung der Neutralfette durch Alkalien, sondern die Spaltung derselben in Fettsäuren und Glycerin überhaupt. Bei längerem Aufbewahren unter Luftzutritt erleiden die Fette eine Ver- änderung; sie werden gelblich, reagiren sauer und nehmen einen unangenehmen Geruch und Geschmack an. Sie werden „ranzig", und bei diesem Ranzigwerden Börden des findet erst eine theil weise Spaltung in Glycerin und Fettsäuren und dann eine Oxydation der freien Fettsäuren zu flüchtigen, unangenehm riechenden Stoffen Stearin and Palmitin. 73 Statt. Das Ranzigwerden hängt, wie Gaffky und Ritsert^) gezeigt haben, nicht von der Gegenwart von Mikrobien ab. Dagegen scheint nach diesen For- schern das Zusammenwirken von Luft und Licht ein nothwendiges Bedingniss für das Ranzigwerden der Fette zu sein. In einigen Thierfetten, wie in dem Milchfette, kommen kleinere Mengen von Triglyceriden niederer Fettsäuren, wie der Butter:5äure , der Kapronsäure u. a. vor. Ebenso sind in einzelnen Fällen bei Thieren andere, wenig studirte Fette beobachtet worden , aber alle diese Fette sind von untergeordneter Be- deutung gegenüber den drei wichtigsten Fetten des Thierkörpers, dem Tri- stearin, Tri palmitin und Triolein. Stearin oder Tristearin , C^E.r^{CigH.^-fio)s, kommt vorzugsweise in den festeren Talgarton, aber auch in Pflanzenfetten vor. Die Stearinsäure, CigHggO^, ist in freiem Zustande in zersetztem Eiter, in dem Auswurfe bei Lungengangräu und in käsiger Tuberkelmasse gefunden worden. Als Kalkseife kommt sie in Exkrementen und Leichen wachs , in letzterem auch als Am- moniakseife vor. Als Natronseife findet sie sich vielleicht in Blut, Transsudaten und Eiter. Das Stearin ist das festeste und schwerlöslichste der drei gewöhnlichen Neutralfette. In kaltem Alkohol ist es fast unlöslich und in kaltem Aether sehr schwer löslich (in 225 Theilen). Aus warmem Alkohol scheidet es sich beim Stearin. Erkalten in rektangulären, seltener in rhombischen Tafeln aus. Bezüglich des Schmelzpunktes difFeriren die Angaben etwas. Das reine Stearin schmilzt nach Heixtz-) vorübergehend bei -l-o5*' und dauernd bei 71,5°. Das weniger reine Stearin aus dem Fettgewebe soll bei etwa -{-63^ C. schmelzen. Die Stearinsäure krystallisirt (aus siedendem Alkohol beim Erkalten) in grossen, glänzenden, länglichen rhombischen Schüppchen oder Blättern. Sie ist schwerlöslicher als die anderen Fettsäuren und hat den Schmelzpunkt 69,2 "^ C. Ilir Baryurasalz enthält 19,49 ^/o Baryum. Palmitin, Trip al mit in C3H5 . (Ci6H3i02)3, soll unter den zwei festen Fettarteu diejenige sein, welche in dem Menschenfette in vorherrschender Menge vorkommt (La>'GER-^). Das Palmitin kommt in allem thierischen Fett und auch in mehreren Arten vegetabilischen Fettes vor. Ein Gemenge von Stearin und Palmitin wurde früher Mar garin genannt. Von dem Vorkommen der Pal- mitinsäure, tnjHg^jO^, dürfte wohl etwa dasselbe wie für die Stearinsäure gelten. Das Gemenge dieser zwei Säuren wurde früher Margarinsäure ge- nannt, und dieses Gemenge kommt — in oft sehr langgezogenen, dünnen, um ihre Längenachse gedrehten, krystallinischen Blättchen — in altem Eiter, in dem Auswurfe bei Lungengangrän u. s. w. vor. Das Palmitin krystallisirt, beim Erkalten der warm gesättigten Lösung 1) Naturwissenschaft!. Wochenschr. 1890. 2) Annal. d. Cheiu. u. Pharm. Bd. 92, S. 300. 3) Monatshefte f. Cheni. Bd. 2. 74 Viertes Kapitel. Palmitin säure. Olein. in Aether oder Alkohol, in sternförmigen Rosetten von feinen Xadeln. Das, Margarin genannte Gemenge von Palmitin und Stearin krystallisirt beim Er- kalten der Lösung in Ballen oder kugeligen Massen, welche aus kürzeren oder Palmitin. längeren, dünnen Blättchen oder Nadeln, die oft grashalmähnlich gewunden er- scheinen, bestehen. Wie das Stearin hat auch das Palmitin verschiedene Schmelz- und Erstarrungspunkte, je nach der Art und "Weise, wie es vorher behandelt worden ist. Als Schmelzpunkt wird oft -)- 62° C. angegeben. Nach einer anderen Angabe i) schmilzt es bei 50,5° C, erstarrt aber wieder bei weiterem Erwärmen und schmilzt dann neuerdings erst bei 66,50° C. Die Palmitinsäure krystallisirt aus alkoholischer Lösung in Büscheln von feinen Nadeln. Der Schmelzpunkt ist -f-62°C., doch ändert die Beimengung von Stearinsäure, wie Helntz gezeigt hat, je nach dem wechselnden relativen Mengenverhältnisse der zwei Säuren, den Schmelz- bezw. Erstarrungspunkt wesentlich. Die Palmitinsäure ist in kaltem Alkohol etwas weniger schwer lös- lich als die Stearinsäure; in siedendem Alkohol, Aether, Chloroform und Benzol sind beide dagegen etwa gleich löslich. Olein, Triolein 03115(018113302)3, kommt in allem thierischen Fett und in reichlicher Menge in den Pflanzenfetten vor. Es ist ein Lösungsmittel für Stearin und Palmitin. Die Oelsäure, Elain säure C18H34O2, kommt wahrscheinlich als Seife in dem Darmkanale während der Verdauung und im Chylus vor. Das Olein ist bei gewöhnlicher Temperatur ein fast farbloses Oel von 0,914 spez. Gewicht, ohne Geruch und eigentlichen Geschmack. Bei — 5°C. erstarrt es zu krystallinischen Nadeln. An der Luft wird es leicht ranzig. Es löst sich schwer in kaltem Alkohol, leichter in warmem oder in Aether. Von salpetriger Säure wird es in das isomere Elaidin übergeführt. Die Oelsäure, welche beim Erhitzen neben flüchtigen Fettsäuren die in glänzenden Blättchen krystallisirende, bei 127° C. schmelzende Sebacinsäure, Oelsäure. CioH^gO^, giebt, und welche von salpetriger Säure in die isomere, feste, bei -|- 45° C. schmelzende Elaidin säure übergeführt wird, bildet bei gewöhnlicher Temperatur eine färb-, geschmack- und geruchlose ölige Flüssigkeit, die bei etwa -4- 4° C. krystallinisch erstarrt und dann erst bei -|-14° C. wieder schmilzt. Sie ist unlöslich in Wasser, löst sich aber in Alkohol, Aether und Chloroform. Mit konzentrirter Schwefelsäure und etwas Rohrzucker giebt sie eine prachtvoll rothe oder roth-violette Flüssigkeit, deren Farbe der bei der PETTENKOFER'schen Gallen säureprobe entstehenden ähnlich ist. Wird die wässerige Lösung der Alkaliverbindung der Oelsäure mit Blei- acetat gefällt, so erhält man eine weisse, zähe, klebrige Masse von ölsaurem Bleioxyd, welche in Wasser nicht, in Alkohol wenig, aber in Aether löslich ist (Unterschied von den Bleisalzen der zwei anderen Fettsäuren). 1) R. Benedikt, Analyse der Fette. Berlin (SpriiNGEr). 1886, S. 29. Nachweis der Fette. Eine der Oelsäure verwandte Säure, die Döglingsäure, welche bei 0° fest, bei -f- 16"^ flüssig wird und in Alliühol löslich ist, findet sich im Thrane von Balaena rostrata. Kurbatoff*) hat das Vorkommen von Leinölsäure in dem Fette von "Wels, Stör, See- hunden und einigen anderen Thieren wahrscheinlich gemacht. Zum Nachweise von Fett iu einer thierischen Flüssigkeit oder in tliieri- schen Geweben muss man erst in passender Weise das Fett mit Aetlier aus- schütteln oder extrahiren. Nach dem Verdunsten des Aethers wird der Kück- stand auf Fett geprüft, wobei die Akroleinprobe nicht unterlassen werden darf. Fällt diese Probe positiv aus, so ist Neutralfett vorhanden ; im entgegengesetzten Falle finden sich nur Fettsäuren vor, Giebt der Verdunstungsrückstand die Akroleinprobe, so löst man einen kleinen Theil davon in säurefreiem, mit Al- cannatinktur blau-violett gefärbtem Alkohol-Aether. Wird die Farbe dann roth, so liegt ein Gemenge von Neutralfett und Fettsäuren vor. Man behandelt in ^^.^f^^ ^^f diesem Falle das Fett mit Sodalösung in der Wärme und verdunstet unter Um- Neatraifett rühren auf dem Wasserbade, bis das Wasser entfernt worden ist. Die Fettsäuren °^aren. ' werden hierbei von dem Alkali als Seifen gebunden, während das Neutralfett unter diesen Umständen nicht verseift wird. Behandelt man nun dieses Ge- menge von Seifen und Neutralfett mit AVasser und schüttelt dann mit alkohol- freiem Aether, so löst sich das Neutralfett in dem Aether, während die Seifen in wässeriger Lösung zurückbleiben. Aus dieser Lösung können die Fettsäuren dann durch Zusatz von einer Mineralsäure freigemacht und ausgeschieden werden. Das vom Aether aufgenommene, von den Seifen getrennte Neutralfett ist oft von etwas Cholesterin verunreinigt, von dem es bei quantitativen Bestim- mungen durch Saponifikation mit alkoholischer Kalilauge getrennt werden muss. Das Cholesterin wird von der Lauge nicht angegriffen, während das Neutralfett prufunp auf verseift wird. Nach dem Verdunsten des Alkohols löst man in Wasser und fä®n";i, n„i schüttelt mit Aether, welcher das Cholesterin löst. Aus der wässerigen Lösung Seifen, der Seifen scheidet man die Fettsäuren durch Zusatz einer Mineralsäure aus. Hat man von Anfang an ein Gemenge von Seifen, Neutralfett und Fettsäuren, so behandelt man es mit Wasser und schüttelt mit alkoholfreiem Aether, von welchem Fett und Fettsäuren gelöst werden, während die Seifen bis auf sehr kleine ]\Iengen, welche auch von dem Aether aufgenommen werden, in Lösung bleiben. Um die verschiedenen Arten der Neutralfette zu erkennen und von ein- ander zu trennen, muss man sie erst verseifen, was sehr gut mit alkoholischer Kalilauge oder auch nach Kossel, Obermüller und Krüger-) noch besser mit Natriumalküholat gelingt. Nach dem Verdunsten des Alkohols löst man in Wasser und fallt mit Bleizucker. Das Ölsäure Bleioxyd wird dann von den prafone aaf zwei anderen Bleisalzen durch anhaltende Extraktion mit Aether getrennt. Den jen^Feu- in Aether unlöslichen Rückstand zersetzt man auf dem Wasserbade mit über- arten. schüssiger Sodalösung, trocknet ein, pulverisirt fein und extrahirt mit siedendem Alkohol. Die alkoholische Lösung wird dann mit Barvumacetat oder Baryum- chlorid fraktiouirt gefällt. In den Fraktionen bestinunt man einerseits den Ge- halt an Baryum und andererseits bestimmt man den Schmelzpunkt der mit einer Mineralsäure ausgeschiedenen Fettsäure. Die von vorne herein in thieri- schen Geweben oder Flüssigkeiten entweder frei oder als Seifen vorkonunenden Fettsäuren werden ebenfalls in Baryumsalze übergeführt und wie oben untersucht. Die Fette sind arm an Sauerstoff, aber reich an Kohlenstoff und Wasser- 1) Maly's Jahresber. Bd. 22. 2) Zeitschr. f. physiol. Chcm. Bdd. 14, 15 und 1(5. Viertes Kfipitel. "Wallrath. Cetin. Aethal. Bienen- wachs. Stoff. Sie repräsentiren also eine grosse Summe von chemischer Spannkraft, und dementsprechend liefern sie auch bei ihrer Verbrennung reichliche Mengen Wärme. In dieser Hinsicht nehmen auch die Fette unter den Nahrungsstoffen den ersten Rang ein und sie werden hierdurch von sehr grosser Bedeutung für das Thierleben. Zu dieser Bedeutung, wie auch zu der Fettbildung und dem Verhalten des Fettes im Thierkörper, werden wir in einigen der folgenden Kapitel zurückkommen. In naher Beziehung zu den Thierfetten stehen die Lecithine, welche in dem nächsten Kapitel (Xr. 5) abgehandelt werden sollen. Ali die gewöhn- lichen Thierfette schliessen sich ferner die folgenden Stoffe sehr nahe an. AVallrath. Beim Pottwalle findet sich in einer grossen Vertiefung der Sehädelknochen eine beim lebenden Thiere ölige Flüssigkeit, der Wallrath, welcher nach dem Tode beim Erkalten in einen festen, krystallinischen Antheil, den Wallrath im eigentlichen Sinne, und in einen flüssigen, das Wallrathöl, sich scheidet. Das letztere wird durch Auspressen von jenem getrennt. Der Wallrath findet sich auch bei anderen Wallfischen und bei einigen Del- phinusarteu. Der gereinigte, feste Wallrath, welcher Cetin genannt wird, ist ein Gemenge von Fettsäureestern. Der Hauptbestandtheil ist der Palmitiusäure-Cetyläther, dem geringe Mengen der zusammengesetzten Aether der Laurinsäure, Myristinsäure und Stearinsäure mit Radikalen der Alkohole Lethal, CjoH.,., . OH, Methai, C14H29 . OH und Stethai, C1SH37.OH, bei- gemengt sind. Das Cetin ist eine schneeweisse, perlmutterglänzende, blättrig krystallinische, spröde, dem Anfühlen nach fettige Masse, welche je nach der Reinheit einen verschiedenen Schmelzpunkt + 30 bis + 50° C. zeigt. Das Cetin ist unlöslich in Wasser, löst sich aber leicht in kaltem Aether, flüchtigen und fetten Oelen. Es löst sich in siedendem Alkohol, krystallisirt aber beim Erkalten aus. Von einer Lösung von Kalihydrat in Wasser wird es schwierig, von alko- holischer Kalilösung dagegen leicht verseift, und es werden dabei die obengenannten Alkohole frei gemacht. Aethal oder Cetylalkohol, C16H33 . OH, weicherauch in der Burzeldrüse von Enten und Gänsen (De Jonge') und in kleinen Mengen im Bienenwachse vorkommen soll, stellt weisse, durchsichtige, geruch- und geschmacklose Krystallinassen dar, welche in Wasser unlös- lich, in Alkohol und Aether aber leicht löslich sind. Das Aethal schmilzt bei -[-49,5° C. Das Wallrathöl soll bei der Verseif ung Valeriansäure , kleine Mengen fester Fett- säuren und Physet Ölsäure liefern. Diese Säure stellt färb- und geruchlose, nadeiförmige, in Alkohol und Aether leicht lösliche Krystalle, welche bei + 34° C. schmelzen, dar. Das BieneuM-achs dürfte auch im nächsten Anschluss an die Fette abgehandelt wer- den können. Es entliält drei Hauptbestandtheile. 1. Die Cerotin säure, CgvHj^Og, welche als Cetyläther in chinesischem und als freie Säure in gewöhnlichem Wachs vorkommt. Sie löst sich in siedendem Alkohol und scheidet sich beim Erkalteu krystallinisch aus. Der von ihr getrennte, erkaltete, alkoholische Auszug des Wachses enthält 2. das Cerolein, welches wahrscheinlich ein Gemenge mehrerer Stoft'e ist, und 3. das Myricin, welches den Haupt- bestandtheil des in Alkohol, warmem wie kaltem, unlöslichen Theiles des Wachses darstellt, Das Myricin besteht hauptsächlich aus dem Palmitinsäureäther des Melissyl-(Myricyl)-Alkohols. CaoHni'. OH. Dieser Alkohol ist ein bei -|- 85° C. schmelzender, seidegläuzender, krystalli- nischer Stoft". 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3. Fünftes Kapitel. Die thierische Zelle. Die Zelle ist die Einheit der vielfach wechselnden Formen der Organismen; sie stellt den einfachsten physiologischen Apparat dar und ist als solcher ein Herd chemischer Vorgänge. Man ist nunmehr auch allgemein der Ansicht, dass sämmtliche chemische Prozesse von grösserer Bedeutung nicht in den thierischen ^ , ° _ ° Bedentong Säften, sondern vielmehr in den Zellen, welche die eigentlichen chemischen Werk- '*®'' ^eiio für " (leo Stoff- stätten des Organismus zu sein scheinen, von statten gehen. Es sind auch haupt- Wechsel. sächlich die Zellen, die durch ihre mehr oder weniger lebhafte Wirksamkeit den Umfang der chemischen Vorgänge und damit auch die Intensität des Ge- sanimtstofFwechsels beherrschen. Es ist aus leicht ersichtlichen Gründen natürlich, dass die chemische Unter- suchung der Thierzelle in den meisten Fällen mit dem Studium desjenigen Ge- webes, dessen Hauptbestandtheil sie darstellt, zusammen fallen muss. Nur in wenigen Fällen, wie z, B. bei der Untersuchung von Eiter oder von sehr zellen- reichen Geweben, können die Zellen direkt oder durch verhältnissmässig einfache Manipulationen von anderen Gewebstheileu ziemlich rein isolirt werden. Aber ketten bei selbst in diesen Fällen kann die chemische Untersuchung keine sicheren Auf- suchunt,' der Schlüsse über die Bestandtheile der lebendigen, unversehrten Zelle liefern. Es können nämlich beim Absterben der Zelle durch chemische Umsetzungsprozesse neue Stoffe entstehen und es können dabei auch physiologische Zellbestandtheile verbraucht werden oder in die umgebende Flüssigkeit übertreten und dadurch für die Untersuchung verloren gehen. Aus diesen und anderen Gründen sind auch unsere Kenntnisse von den Bestandtheilen und der Zusammensetzung der Zelle, besonders der lebenden, äusserst dürftig. Während junge Zellen verschiedener Abstammung in der ersten Zeit ihres Daseins hinsichtlich ihrer Form und chemischen Zusammensetzung eine gewisse Aehnlichkeit zeigen, können sie bei ihrer weiteren Entwickelung nicht nur die verschiedenartigsten Formen annehmen , sondern auch in chemischer Hinsicht die grössten Verschiedenheiten darbieten. Eine Besprechung der Bestandtheile 78 Fünftes Kapitel. und der Zusammensetzung der verschiedenen, im Thierorganismus vorkommen- den Zellen würde deshalb auch einer Darlegung der chemischen Verhältnisse der meisten thierischen Gewebe fast gleichkommen, und da eine solche erst in den betreffenden Kapiteln geschehen kann, werden wir hier nur die chemischen Bestandtheile der jungen Zelle oder der Zelle im Allgemeinen besprechen. Bei dem Studium dieser Bestandtheile stösst man aber auf eine andere Schwierigkeit, indem es nämlich eine weitere Aufgabe der chemischen Forschung sein muss, zu entscheiden, welche dieser Bestandtheile als wesentliche, d. h. für das Leben der Zelle unbedingt noth wendige, und welche als mehr zufällige, d. h. als aufgespeicherte ReservestofFe oder als Stoffwechselprodukte anzusehen primsre und gind. In dieser Hinsicht ist man bisher nur so weit gekommen, dass man ge- seknndare ° '^ Zellbestand- ^yisse Stoffe kennen orelernt hat, welche in ieder entwickelungsfähio-en Zelle vor- theile. 65 ' j Bö zukommen scheinen. Solche Stoffe, welche von Kossel^) als primäre bezeichnet werden, sind, ausser dem "Wasser und einigen Mineralbestandtheilen , Eiweiss- körper, Nukleoproteide oder Nukleine, Lecithine, Glykogen (?) und Cholesterin. Diejenigen Stoffe, welche nicht in jeder entwickelungsfähigen Zelle vorkommen, bezeichnet Kossel als sekundäre. Solche Stoffe sind beispielsweise Fett, Glykogen (?), Pigmente u. a. Hierbei darf man aber nicht übersehen, einer- seits, dass es wahrscheinlich noch andere, bisher nicht bekannte, primäre Zell- bestandtheile giebt, und andererseits, dass wir noch nicht wissen, ob alle die primären Bestandtheile der Zelle auch für das Leben oder die Funktionen der- selben nothwendig oder wesentlich sind. So wissen wir z. B. nicht, ob das nie fehlende Cholesterin ein Abfallsprodukt des Stoffwechsels innerhalb der Zelle oder ein für das Leben und die Entwickelung derselben nothwendiger Stoff ist. Eine andere, wichtige Frage ist die nach der Vertheilung der verschie- denen Zellbestandtheile auf die zwei morphologischen Hauptbestandtheile der Zelle, das Protoplasma und den Kern. Diese Frage ist für viele Bestandtheile äusserst schwer zu entscheiden, aber trotzdem dürfte es, einer besseren Ueber- sicht halber, zweckmässig sein, zwischen dem Protoplasma und dem Kerne zu unterscheiden. Das Protoplasma der entwickelungsfähigen Zelle stellt während des Lebens eine halbfeste, unter gewissen Bedingungen kontraktile, leicht veränder- liche Masse dar, die sehr reich an Wasser ist und deren Hauptmasse im Ueb- rigen aus Protein Substanzen besteht. Wird die Zelle den physiologischen Lebens- Das Proto- bcdingungcn entzogen oder wird sie schädlichen äusseren Einflüssen, wie z. B. '''^ZeUe.^^'^ der Einwirkung von höheren Temperaturen, von chemischen Agenzien oder sogar von destillirtem Wasser ausgesetzt; so stirbt das Protoplasma ab. Die Eiweiss- stoffe desselben gerinnen dabei wenigstens zum Theil und es finden dabei auch andere chemische Umsetzungen in der Zelle statt. Die alkalische Reaktion der 1) Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1890 — 91. Nr. o u. 6. Das Protoplasma. 79 lebenden Zelle kann durch das Auftreten von Paraniilchsäure in eine saure übergehen, und ein in den jungen, entwickelungsfähigen Zellen anscheinend regelmässig vorkommendes Kohlehydrat, das Glykogen, kann nach dem Tode der Zelle rasch umgesetzt und verbraucht werden. Die Frage nach der Struktur des Protoplasmas ist verschieden beant- wortet worden. Nach der gewöhnlichen Ansicht enthält der Zelienleib, das Cytoplasma, ein spongiöses Netzwerk, das Spongioplasma, dessen Maschen von einer mehr homogenen, strukturlosen Substanz, dem Hyaloplasma, er- füllt sind. Man hat ferner angenommen, dass das Spongioplasma aus einer besonderen Substanz, dem später zu besprechenden Plastin, das Hyaloplasma dagegen hauptsächlich aus Eiweiss bestehe. Ausserdem enthält das Protoplasma Körnchen verschiedener Art, die, Farbstoffen gegenüber, verschieden sich ver- halten, und bisweilen auch mit Flüssigkeit gefällte Vakuolen. Die JEüveissstoffe des Protoplasmas sollen nach einer allgemein ver- breiteten Ansicht hauptsächlich Globuline sein. Neben den Globulinen hatte man auch Albumine gefunden. Dass aber in der Zelle von Albuminen nur Spuren oder jedenfalls nur unwesentliche Mengen vorkommen, darüber besteht gegenwärtig wohl kein Zweifel. Das Vorkommen von Globulinen kann wohl auch nicht geläugnet -werden, wenn auch einige, früher als Globuline bezeich- nete Zellbestandtheile bei näherer Untersuchung als Nukleoalbumine oder Xukleo- proteüde sich erwiesen haben. Dies gilt z. B, von dem aus Lymphdrüsen von Halliburton isolirten, sogen. /5-Globulin. Dagegen soll nach demselben For- scher die in allen Zellen vorkommende, bei -f- 47 — 50° C. gerinnende Sub- stanz, das sogen. Zellglobulin a, ein wahres Globulin sein'). Der Ansicht gegenüber, dass die Hauptmasse der Thierzelle aus echten Eiweissstoffen besteht, hat der Verf. 2) vor mehreren Jahren die Meinung aus- Eiweisssto«fe gesprochen, dass die Hauptmasse der Proteinsubstanzen in der Zelle nicht aus Eiweissstoffen im gewöhnlichen Sinne, sondern aus mehr zusammengesetzten, phosphorhaltigen Stoffen bestehe, und dass die Globuline und Albumine wesent- lich als Nährmaterial der Zelle oder als Zerfallsprodukte bei der chemischen Umwandlung des Protoplasmas aufzufassen seien. Diese Ansicht hat durch Untersuchungen der letzten Jahre eine wesentliche Stütze erhalten. So ist Alex. Schmidt^) durch Untersuchungen an verschiedenen Zellenarten zu der Ansicht gelaugt, dass die Zelle nur äusserst wenig Eiweiss enthält und ihrer Hauptmasse nach aus weit mehr zusammengesetzten Proteinsubstanzen besteht. Lilienfeld*) hat ferner bei einer quantitativen Analyse von Leukocyten aus 1) Vergl. Halliburton, On the chemical Thysiology of thc auiinal cell. Kiug's College London. Physiological Laboratory. Collected papers Nr. 1, 1893. 2) Pflüger's Archiv. Bd. 36, S. 449. 3) Alex. Schmidt, Zur Blutlehre. Leipzig 1892, Verlag von 0. Vogel. •J) Zeitschr. f. physiol. Chem. H<]. 18, S. 485, 80 Fünftes Kapitel. der Thymusdrüse in der Trockensubstanz im Ganzen nur 1,76 °/o Eiweiss im gewöhnlichen Sinne gefunden. Die Proteinsubstanzen der Zellen sind ihrer Hauptmasse nach Proteide, und diese Proteide gehören theils der Glykoproteid- und theils der Nukleo- proteidgruppe an. In wie weit die Zelle auch Nukleoalbumine enthält, ist gegen- wärtig nicht möglich zu sagen, da man bisher in den meisten Fällen keinen ^^\aWeo^°'^ gß^^^®^ Unterschied zwischen ihnen und den Nukleoproteiden gemacht hat. aibumme. ^^g einen regelmässigen Bestandtheil aller Protoplasmen bezeichnete Hoppe- Seyler') das VitelUn, welches man früher als ein Globulin auffasste, während es bei neueren Untersuchungen sich herausgestellt hat, dass die sogen. Vitelline Stoffe verschiedener Art sein können. Einzelne Vitelline scheinen Nukleo- albumine zu sein, und es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Zelle regel- mässig NuMeoalhumine enthält. Unter den Proteiden der Zellen nehmen die Nuldeoprote'iäe einen sehr hervorragenden Platz ein. Dieser Gruppe gehören die von verschiedenen For- schern aus thierischen Zellen isolirten und unter verschiedenen Namen, wie Geivebsfibrinogen ( Wooldeidge % Cytoglobin und FrägJohulin (Alex. Sch]viidt ^) oder KuMeohiston (Kossel und Lilienfeld ^) beschriebenen Substanzen an. Zu ihr gehört auch der in Kochsalzlösung zu einer schleimigen Masse quellende Zellbestandtheil, den man RovroAS hyaline Substanz genannt hat. Die oben genannten verschiedenen Proteinsubstanzen sind bisher nur ein- fach als Bestandtheile der Zellen bezeichnet worden. Die nächste Frage ist also die: Welche dieser Proteinsubstanzen gehören dem Protoplasma und welche dem Kerne an? Auf diese Frage können w'ir gegenwärtig keine exakte Ant- wort geben. Nach Kossel und Lilienfeld -'') enthält der Zellkern der Leuko- cyten als überwiegenden Bestandtheil ein Nukleoproteid nebst Nukleinen und bisweilen vielleicht sogar Nukleinsäure (vergl, unten), während der Leib neben anderen Substanzen vorwiegend reine Eiweisskörper und nur nebenbei ein Nukleo- Vertiieiiar.g albumin von ganz niedrigem Phosphorgehalt enthält. Diese Ansicht stimmt Substanzen' gut mit dem von Lilienfeld nachgewiesenen Verhalten des Protoplasmas und p*asma°un'd dcs Zellkernes einerseits und der Eiweisskörper und der Nukleinsubstanzen andererseits zu gewissen Farbstoffen, lässt sich aber, wie es scheint, weniger gut mit der von Lilienfeld gefundenen quantitativen Zusammensetzung der Leukocyten vereinbaren. Wenn nämlich, wie Kossel und Lilienfeld an- nehmen, das von ihnen Nuldeohiston genannte Nukleoproteid dem Kerne der 1) Physiol. Chem. Berlin 1877—1881. S. 76. 2) Vergl. L. C. Wooldridge, Die Gerinnung des Blutes. (Herausgegeben von M. v. Fbey, Leipzig 1891, Veit u. Comp.). 3) Zur Blutlehre. 4) Vergl. LlLiEXFELD, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. 5) Ueber die Wahlverwandtschaft der Zellelemente zu gewissen Farbstoffen. Verhaudl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin. Nr. 11. 1893. Proteinsubstanzeu der Zellen. 81 Leukocyten in der Thymusdrüse allein angehört, so fallen von den 79,21 Theilen Protein Stoffen , die in 100 Theilen Trockensubstanz enthalten sind, 77,45 auf den Kern und nur 1,76 auf das Protoplasma. Da die Lymphocyten der Thymus- drüse des Kalbes meistens einkernige Zellen sind, in denen die Masse des Kernes diejenige des Cytoplasmas überragt, so ist es übrigens selbstverständlich, dass das relative Mengenverhältniss der verschiedenen Proteinstoffe in diesen Zellen nicht für die Zusammensetzung anderer, an Cytoplasma reicherer Zellen massgebend sein kann. Eingehendere Untersuchungen über die Vertheilung der Proteinsubstanzeu auf Protoplasma und Kern in anderen Zellen liegen noch nicht vor; wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass auch protoplasmareiche Zellen in der Regel nur wenig echtes Ei weiss enthalten, so dürfte man wohl kaum sehr fehl gehen, „ ° ' & > Protein- wenn man es für wahrscheinlich hält, dass das Protoplasma neben Spuren von substanzon . ^ ^ des Proto- Albumin und ein wenig Globulin hauptsächlich Nukleoalbumine und Proteide p'^smas. enthält. Diese Proteide sind in einigen Fällen Glykoproteide, aber sonst Nukleo- proteide, die von den Nukleoproteiden des Kernes dadurch sich unterscheiden, dass sie arm an Phosphor sind, neben viel Eiweiss nur wenig der prosthetischen Gruppe enthalten und demnach keinen besonders ausgeprägten sauren Charakter haben. Die Nukleoproteide der Kerne sind dagegen, wie Lilienfeld und Kossel gezeigt haben, reich an Phosphor und von stark saurem Charakter. Diese Nukleo- proteide sollen zusammen mit den Nukleinen bei Besprechung des Kernes ab- gehandelt werden. In den Fällen, wo das Protoplasma von einer äusseren, verdickten Schicht oder einer Zellmembran umgeben ist, scheint diese letztere aus Albumoidsub- stanzen zu bestehen. In einigen Fällen dürfte diese Substanz dem Elastin nahe verwandt sein; in anderen Fällen dagegen scheint sie eher der Keratin- membran. gruppe zu gehören. Die chemischen Vorgänge, durch welche diese Albumoid- substanzen aus den Eiweissstoffen oder Proteiden des Protoplasmas hervorgehen, sind unbekannt. Unter den nicht eiweissartigen Substanzen der Zelle ist in erster Linie zu nennen das Lecithin, welches als unzweifelhafter Bestandtheil des Proto- plasmas anzusehen ist. In wie weit es auch dem Kerne angehört, ist schwer zu sagen. Lecithin. Dieser Stoff ist nach den Untersuchungen von Strecker*), HuNDESiiAGEN 2) und GiLSON^) eine ätherartige Verbindung der von zwei Fett- säureradikalen substituirten Glycerinphosphorsäure mit einer Base, dem Choiin. Lecithin. Es können also je nach der Art der in dem Lecithinmoleküle enthaltenen Fett- 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 148. 2) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 28. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12. Hamm urs ten, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 82 Fünftes Kapitel. säuren verschiedene Lecithine vorkommen. Ein solches ist das von Hoppe-Seyler und DiACONOW^) näher studirte Distearylleeithin. C,,H,oNP09 = HO . (CH3)3N . C,H, . 0(OH)PO . O . C3H, : (C13H35O,),. In Uebereinstimmung hiermit wird auch das Lecithin, wenn es mit Baryt- wasser gekocht wird, in Fettsäuren, Glycerinphosphorsäure und Cholin zerlegt. Zersetznnss- Von Verdünnten Säuren wird es nur langsam zersetzt. Neben kleinen Mengen Produkte des . • n • i -i-v Lecithins, von Glycerinphosphorsäure (vielleicht auch Distearylglycerinphosphorsäure) werden dabei reichliche Mengen von freier Phosphorsäure abgespalten. Die Glycerinphosphorsäure (H0)2P0 . 0 . 03X15(011)2 ist eine zwei- basische Säure, die in thierischen Säften und Geweben wahrscheinlich nur als Spaltungsprodukt des Lecithins vorkommt. Das Cholin, welches mit den Basen Sinkalin (in Senfsamen) und Amanitin (im Fliegenpilz) identisch zu sein Giycerin- scheint, hat die Formel HO . N(CH3)3 . CgH^ . HO und ist also als Trimethyl- ^säm-e°'^' äthoxyliumhydrat aufzufassen. Das Cholin ist dagegen nicht identisch mit der Neurin. von LiEBREiCH aus dem Gehirne als Sj)altungsprodukt dargestellten Base, Neurin, welches als Trimethylvinyliumhydrat HO . N(CH3)g . C2H3 aufzufassen ist. Die Verbindung des Cholins mit Chlorwasserstoff giebt mit Platinchlorid eine in AVasser leicht lösliche, in Alkohol und Aether unlösliche, in sechsseitigen orange- farbigen Tafeln krystallisirende Doppelverbindung, die zum Nachweise und zur Erkennung der Base benutzt werden kann. Das Lecithin kommt, was besonders von Hoppe-Seyler^) gezeigt worden ist, im Pflanzen- und Thierreiche weit verbreitet vor. Nach demselben Forscher soll es auch in mehreren Fällen in lockerer Verbindung mit anderen Stoffen, wie Eiweissstoffen , Hämoglobin u. a. vorkommen. Das Lecithin findet sich Vorkommen nach Hoppe-Seyler in fast allen bisher darauf untersuchten thierischen und Lecithins, pflanzlichen Zellen und ebenso in fast allen thierischen Säften. Besonders reichlich kommt es in Gehirn, Nerven, Fischeiern, Eidotter, elektrischen Or- ganen von Rochen, im Sperma und Eiter vor und es findet sich ferner in den ISIuskeln und Blutkörperchen , in Blutplasma, Lymphe, Milch und Galle, wie auch in anderen thierischen Säften oder Flüssigkeiten. Auch in den ver- schiedensten pathologischen Gew'eben oder Flüssigkeiten ist das Lecithin ge- funden worden. Durch starke Abkühlung seiner Lösung in starkem Alkohol kann das Lecithin in Körnchen oder warzigen Massen von kleinen Krystallblättchen ge- wonnen werden. In trockenem Zustande stellt es sonst eine wachsähnliche, knet- bare Masse dar, welche in Alkohol, besonders beim Erwärmen (auf 40 — 50° C.) sich löst und welche auch von Aether, obwohl weniger leicht, gelöst wird. Das Lecithin wird auch von Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzol und fetten Oelen gelöst. In Wasser quillt es zu einer kleisterähnlichen Masse auf, die unter dem 1) Hoppe-Seylek, Med.-chem. Untersuch. Heft 2 u. 3, 2) Physiol. Chem. Berlin 1S77— 1881. S. f)7. Lecithin. m Mikroskope schleiraig-ölige Tropfen und Fäden, sog. Myelinformen (vergl. Kap. 12), zeigt. Beim Erwärmen dieser gequollenen Masse oder der konzentrirten alko- holischen Lösung findet eine Zersetzung unter Braunfärbung statt. Auch beim Ei?«"- Stehen der Lösung oder der mit Wasser gequollenen Masse zersetzt sich das " --halten' Lecithin und die Eeaktion wird dabei sauer. Bei der Fäulniss entstehen aus Lecithins, dem Lecithin Glycerinphosphorsäure und Cholin, welch' letzteres sich weiter unter Büdung von Methylamin, Ammoniak, Kohlensäure und Sumpfgas (Hase- BROEK') zersetzen kann. Wird trockenes Lecithin erhitzt, so zersetzt es sich, fangt Feuer, verbrennt und hinterlässt eine phosphorhaltige Kohle. Mit Aetz- kali und Salpeter geschmolzen, liefert es Alkaliphosphat. Das Lecithin wird leicht von anderen Stoffen, wie Eiweissstoffen, bei ihrer Ausfällung mit nieder- gerissen und kann dadurch die Löslichkeitsverhältnisse der letzteren nicht un- wesentlich verändere. Das Lecithin verbindet sich mit Säuren und Basen. Die Verbindung mit Chlorwasserstoffsäure giebt mit Platinchlorid eine in Alkohol unlösliche, in Aether lösliche Doppelverbindung, welche 10,2 o/o Platin enthält. Drvro?ow2^'f ^'° >^'"" T f ?°"'' "^'^ folgendem, von Hoppe-Seyler und F wp ? angegebenem Verahren ziemlich rein gewonnen werden. Die vom ilZt^l '" r °"'' '"'''^'^ ^^'^ ^"^*^"^ ^''^''' bis dieser keine deutlich gelbe Farbe mehr annimmt, extrahirt. Darauf extrahirt man den unc.elö=ten Darsteiio« S 50 fior^'r /'-''" ^^ ''^^^ dem Verdunsten des Alkoholexf kt "^1"^ TTnil 7 T .^^^^.der ^y^^^Partige Rückstand mit Aether behandelt und das "'""" Ungelöste dann in möglichst wenig absolutem Alkohol gelöst. Beim Ibkühlen i^'T^i^^^l^l "-'T^- ^^^ -' ^'^ ~'^' ^- scheidet sieht ^e.rTpo,-t/ . A? ^'r'^r "''• ^''' ^''^'' ^^'^"^^ ^"dessen sehr viel von foi™ und f^lir" ■ ^'f "' ^'° ^''^''' "^' ^''' d^" Rückstand in Chloro- (Altmann^ aus genügend konzentrirter Lösung das Lecithin mit Aceton aus Aus dem zur Extraktion des Dotters verwendeten Aether kann man nach Aethei^ Z\71%^'f-''i'ff'''' ^^^^^^^' ^^^"^ --^ ^^- Verdünn des tschüttek Wh n P? ^.''''^.'T'^'^'^' ^'^'"' "°'^ diese Lösung mit Alkohol ha dem Alko n 1 ^'' ^'''^l'^f^'^^' "i^^n^t das Fett auf, während das Lecithin tZ Ol f"'' zurtickbleibt und aus ihm unter Beobachtung einiger, den kan^ ^'" '''' i^achzusehenden Kautelen ziemlich leicht gewonnen ^vor. «^chen Säfte^^n^^r'^'^'l die quantitative Bestimmung des Lecithins in thieri- 'no r? All fi^f^'f'^' basiren auf der Löslichkeit desselben (bei 50 bis ,- , od.. 1 '''.^^'f^''^^'^'' von welchem gleichzeitig anwesende phosphorsaure -^^'laTn'f.- ^S fH^'t^TT^^' "'^^f '""''^ ^''''^- ^^^^ AlkolLätilerextraki ^£- F.2IT' d'^^"^>^taml getrocknet und mit Salpeter und Soda verbrannt. 'T- Nach l '1 '" ''"" ^""•'^"•^ Pl^osphorsäure gebildet, welche zum qualitativen '"'"""^• Nachweise oder zur quantitativen Bestimmung benutzt werden kinn. Das 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd 1>> 2) 1. c. 3) Citirt uacii Hoppe-Seyler, Haudbuch, G. Aufl., S. 84. 6* 84 Fünftes Kaintel. Glykogen. Cholesterin. Distearyllecithin liefert 8,798 °/o P2O5. Diese Methode ist jedoch nicht zuver- lässig; denn es können auch andere phosphorhaltige organische Verbindungen, wie das Jekorin (vergl. Kap. 8) und das Protagon (vergl. Kap. 12), in das Alkoholätherextrakt übergehen. Zum Nachweis des Lecithins muss man auch die Platindoppelverbindung des Cholins darstellen. Den Rückstand des ver- dunsteten Alkohol-Aetherextraktes kocht man eine Stunde mit Barytwasser, fil- trirt, fällt den überschüssigen Baryt mit CO2 aus, filtrirt heiss, konzentrirt zum Syrup, extrahirt mit absolutem Alkohol und fällt das Filtrat mit alkoholischer Platinchloridlösung. Den abfiltrirten Niederschlag löst man in Wasser und lässt über Schwefelsäure krystallisiren. Zu den Bestandtheilen des Protoplasmas sind ferner wahrscheinlich zu rechnen die in Leukocyten und Eiterzellen gefundenen Profagone. Diese phos- phorhaltigen Stoffe kommen vor Allem in Gehirn und Nerven vor und sollen deshalb in einem folgenden Kapitel (12) besprochen werden. In den entwickelungsfähigen thierischen Zellen und besonders in den sich entwickelnden embryonalen Geweben findet sich ein von Gl. Bernard und Hensen entdecktes Kohlehydrat, das Ghjlogen. Nach Hoppe-Seyler scheint es in den Zellen, soweit sie amöboide Bewegungen zeigen, ein nie fehlender Bestandtheil zu sein, und er fand dieses Kohlehydrat in den farblosen Blut- körperchen, dagegen nicht in den ausgebildeten bewegungslosen Eiterkörperchen. Von Salomon und darnach von Anderen ist indessen Glykogen auch im Eiter gefunden worden^). Die Beziehung, welche zwischen Glykogenverbrauch und Muskelarbeit zu bestehen scheint (vergl. Kap. 11), legt die Vermuthung nahe, dass ein solcher Verbrauch bei den Bewegungen des thierischen Protoplasmas überhaupt stattfindet. Andererseits scheint auch das verbreitete Vorkommen des Glykogens in embryonalen Geweben wie auch sein Vorkommen in patho- logischen Geschwülsten und bei reichlicher Zellbildung überhaupt der grossen Bedeutung dieses Stofl!es für die Entstehung und Entwickelung der Zelle das Wort zu reden. Beim erwachsenen Thiere findet sich das Glykogen in den Muskeln und einigen anderen Organen, vor Allem aber in der Leber, weshalb es auch im Zusammenhange mit diesem Organe (vergl. Kap. 8) ausführlicher besprochen werden soll. Das Glykogen ist als Bestandtheil des Protoplasmas in verschie- denen Zellen direkt nachgewiesen worden. Ein anderer Stoff oder vielleicht richtiger eine Gruppe von Stoffen, welche im Thier- und Pflanzenreiche weit verbreitet sind und in den Zellen regelmässig vorkommen, ist das Cholesterin, dessen am besten bekannter Repräsentant, das gewöhnliche Cholesterin^), vorzugsweise als Hauptbestandtheil gewisser Gallen- konkremente und als ein in Gehirn und Nerven in reichlicher Menge vorkommen- der Stoff bekannt ist. Dass dieser Stoff von direkter Bedeutung für das Leben 1) Hinsichtlich der Litteratur über das Glykogen vergl. man Kaji. 8. 2) Vergl. Kap. 8. Hauptbestandtheile des Zellkernes. 85 und die Entwickelung der Zelle sei, ist kaum anzunehmen. Es dürfte viel- mehr das Cholesterin, wie dies von Hoppe-Seyler ^) angenommen wird, als ein bei dem Lebensprozesse der Zellen auftretendes Spaltungsprodukt aufzufassen sein. Ebenso sollen nach Hoppe-Seyler die Fette, welche in den Zellen nicht konstant auftreten, mit den allgemeinsten Lebensvorgängen derselben nichts zu thun haben. Dass das Cholesterin zu den Bestandtheilen des Protoplasmas ge- hört, ist nicht zu bezweifeln; ob es auch dem Kerne angehört, mag dahin ge- stellt sein. Der Zellkern hat eine ziemlich komplizirte Struktur. Er enthält näm- lich theils ein Mitoplasma^ welches aus Fäden besteht, die ein Netzwerk bilden können, und theils eine andere, weniger feste, homogen aussehende Substanz, "zeUkeroes^^ das Hyaloplasma. Das Mitoplasma zeichnet sich, dem Hyaloplasma gegenüber, durch eine starke Affinität zu vielen Farbstoffen aus. Wegen dieses Verhaltens wird jenes auch als chromatische Substanz oder Chromatin, dieses dagegen als achromatische Substanz oder AchromatiH bezeichnet. Das Hyaloplasma des Kernes betrachtet man, wie es scheint, als ein Gemenge von Eiweissstoffen. Das Mitoplasma scheint die dem Kerne mehr thefieVs spezifischen Bestaudtheile zu enthalten, nämlich die Nukleinsubstanzen. Da- neben enthält es angeblich auch eine andere Substanz, das Plastin. Dieses letztere soll schwerlöslicher sein und es hat nicht die Fähigkeit der Nuklein- substanzen, Farbstoffe zu fixiren. Als Hauptbestandtheile des Zellkernes sind jedenfalls zu bezeichnen: die Xuldeine, die Xiddeoproteide und in einzelnen Fällen die Xuldeinsünre. Nukleine. Mit dem Xamen Xuklein wurde zuerst von Hoppe-Sey'LER und MiESCHER^) der von ihnen isolirte Hauptbestandtheil der Kerne der Eiter- zelleu bezeichnet. ^Nachdem man aber durch fortgesetzte Untersuchungen gefun- den hatte, dass ähnliche Stoffe im Thier- und Pflanzenreiche, besonders in Zell- reichen Organen, sehr verbreitet vorkommen, bezeichnete mau einige Zeit als Nukleine eine Anzahl phosphorhaltiger Stoffe, welche theils als Spaltungs- produkte aus den Nukleoalbuminen gewonnen werden, theils den Hauptbestand- theil der Zellkerne darstellen. Nach Hoppe-Sey'LER können diese Stoffe auf drei Gru^ipen vertheilt werden. Die erste, zu welcher das Nuklein aus Hefe, Eiter, kernhaltigen rothen Blutkörperchen und wahrscheinlich aus Zellkernen im Allgemeinen gehört, liefert beim Sieden mit Säuren als Spaltungsprodukte Eiweissstoffe, Xanthinkörper und Phosphorsäure. Zu der zweiten Gruppe, welche als Spaltungsprodukte Eiweiss und Phosphorsäure liefert, gehört das Nuklein aus Eidotter und Kasein, d. h. aus den Nukleoalbuminen im Allgemeinen, und zu der dritten, welche als Spal- 1) Pbysiol. Chem. S. 81. 2) Hoppe-Seylek, Med. ehem. Untersuch. S. 452. 86 Fünftes Kapitel. tungsprodukte nur Phospliorsäure und Xanthinkörper giebt, gehört nur das Nuklein aus Lachssperma. Diejenigen Nukleinsubstanzen, welche bei ihrer Spaltung keine Nuklein- basen liefern, wie z. B. das Nuklein aus Kasein und Vitellin, sind von den übrigen streng zu scheiden. Für diese Nukleinsubstanzen hat Kossel^) den Para- oder & & _ i Pseudo- Namen JParamiMeme vorgeschlagen. Da aber die Paranukleine wiederum unter- nukleine. _ .... einander sehr verschiedenartige Stoffe sind, die nur eine scheinbare Aehnlichkeit mit den echten Nukleinen haben, hat Verf.^) für sie den Namen PscitdonuJdeine vorgeschlagen. Das Nuklein der Spermatozoon, welches bei seiner Spaltung kein Eiweiss liefert, zeigt eine so auffallende Aehnlichkeit mit der von Altmann aus Nuk- Nnkiein- leinen der ersten HopPE-SEYLER'schen Gruppe durch Alkalieinwirkung gewon- nenen, von jenem Forscher Nukleinsäure genannten Substanz, dass man nach Altmann ^) und Kossel'*) dieses Nuklein künftighin als Nulüeinsäure be- zeichnen möchte. Als echtes Nuklein oder schlechthin als NuMehi bleibt also nach Kossel nur das Nuklein der ersten Gruppe übrig. Dieses Nuklein, welches als Spal- NukieL. tungsprodukte mit Säuren ausser Phosphorsäure sowohl Eiweiss wie Xanthin- basen giebt, betrachtet Kossel als eine Verbindung zwischen Eiweiss und Nukleinsäure. Pseudonukleine oder Paranukleine. Diese Stoffe erhält man als unlöslichen Rückstand bei der Verdauung von Nukleoalbuminen oder Phospho- glykoproteiden mit Pepsinchlorwasserstoffsäure, wobei man indessen nicht über- sehen darf, dass das Pseudonuklein bei zu hohem Säuregehalt und zu energi- Para- oder schcr Pepsinvei'dauung allmählich gelöst werden kann. Die Pseudonukleine Pseudo- X » ö nukioine. enthalten Phosphor, welches, wie Liebeemann ^) gezeigt hat, durch Mineralsäuren als Metaphosphorsäure abgespalten werden kann. Die Pseudonukleine sind unter einander sehr verschieden. Die eine Gruppe derselben, als deren wichtigster Repräsentant das Pseudonuklein aus Kasein seit lange bekannt gewesen ist, liefert beim Sieden mit Mineralsäuren keine reduzirende Substanz, während die andere Gruppe, zu welcher das Pseudonuklein aus dem Ichthulin gehört, eine solche Substanz liefert. Die Pseudonukleine sind amorphe, in Wasser, Alkohol und Aether un- schafton. lösliche Stoffe, die von verdünnten Alkalien leicht gelöst werden. In sehr ver- dünnten Säuren sind sie nicht löslich und können dementsprechend aus ihren 1) Du Bois-Reymond's Arch. 1891. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 3) Du Bois-Reymond's Arch. 1889. 4) Ebend. Jahrg. 1891. 5) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 21 uiul Centralbl. f. d. med. "Wissensch. Bd. 27. 1889. Nukleine. 87 Lösungen in schwachem Alkali durch Ansäuren ausgefällt werden. Sie geben starke Eiweissreaktionen. Zur Darstellung eines Pseudonukle'ins löst man die fragliche Muttersuhstanz in Salzsäure von 1 — 2 p. m., filtrirt, wenn nöthig, setzt Pepsinlösung hinzu und lässt gegen 24 Stunden bei Körpertemperatur stehen. Den Niederschlag filtrirt man ab, wäscht aus mit Wasser und reinigt ihn durch abwechselndes Auflösen in äusserst schwach alkalihaltigem Wasser und Ausfällen mit Säure. Nukleine oder echte Nukleine. Diese Stoffe erhält man als unlös- lichen oder schwerlöslichen Rückstand bei der Verdauung von Xukleoproteiden mit Pepsinchlorwasserstoffsäure. Sie sind reich an Phosphor, gegen 5'Vo und darüber, und nach Liebermann ^) kann man auch aus echtem Nuklein (Hefe- . . , Kchto nuklein) Metaphosphorsäurc abspalten. Durch Alkalilauge werden die Nukleine Nukleine. in Ei weiss und Nukleinsäure zerlegt, und wie es verschiedene Nukleinsäuren giebt, so giebt es auch verschiedene Nukleine. Einige Nukleine, wie das Hefe- nuklein und das vom Verf. ^) aus dem Pankreas und der Milchdrüse isolirte Nuklein, geben beim Sieden mit verdünnten Säuren reduzirende Kohlehydrate, andere da- gegen, wie das Nuklein aus der Thymusdrüse, thun dies nicht. Alle Nukleine geben beim Sieden mit verdünnten Säuren Xanthinkörper oder Nukleinbasen, wie KossEL sie nennt. Die Nukleine enthalten Eisen in verhältnissmässig ■ reichlicher Menge. Sie verhalten sich wie ziemlich starke Säuren. Die Nukleine sind farblos, amorph, unlöslich oder nur sehr wenig löslich in Wasser. In Alkohol und Aether sind sie unlöslich. Von verdünnten Al- kalien werden einige leichter und andere schwerer gelöst. Pepsinchlorwasser- stoffsäure oder verdünnte Mineralsäure lösen sie nicht oder jedenfalls nur sehr wenig. Die Nukleine geben die Biuretprobe und die MiLLON'sche Reaktion. Eipen- Sie zeigen eine grosse Affinität zu vielen Farbstoffen, besonders basischen, und ^<^*'af^^"- nehmen solche aus wässeriger oder schwach alkoholischer Lösung begierig auf. Beim Verbrennen liefern sie eine schwer verbrennliche, sauer reagirende Kohle, welche Metaphosphorsäure enthält. Beim Schmelzen mit Salpeter und Soda geben sie Alkaliphosphat. Nach Liebermaxn '^j sind die Nukleine Verbind- ungen von Metaphosphorsäure mit Eiweiss, denen die Xanthinkörper beige- mengt sind. Zur Darstellung des Nukleins aus Zellen oder Geweben entfernt man zuerst die Hauptmasse des Eiweisses durch künstliche Verdauung mit Pepsin- chlorwasserstoftsäure, laugt den Rückstand mit sehr verdünntem Ammoniak aus, ^^^^ filtrirt und fällt mit Salzsäure. Der Niederschlag wird wieder mit Magensaft un-i Nach- verdaut, ausgewaschen und durch abwechselndes Lösen in äusserst schwach xtr^feinY. alkaliiialtigem Wasser und Fällen mit einer Säure, Auswaschen mit Wasser und Alkohol-Aetherbehandlung gereinigt. Einfacher ist es, das Nuklein durch Verdauung von einem Nukleoproteide darzustellen. Zum Nachweis von Nuklein 1) PFLiJGER's Arch. Bd. 47. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. ») Centralbl. f. d. med. Wisscnsch. Bd. 27. 1S89. Fünftes Kapitel. wird ebenfalls die geschilderte Methode benutzt und das Produkt zuletzt nach Schmelzen mit Salpeter und Soda auf einen Gehalt an Phosphor geprüft. Dabei müssen selbstverständlich zuerst mit resp. Säure, Alkohol und Aether Phosphate, Lecithine (und Jekorin) entfernt werden. Hierbei hat man übrigens sich besonders zu erinnern, wie ausserordentlich schwierig es nach Liebermann ^) ist, das Lecithin mit Alkohol-Aether zu entfernen. Eine exakte Methode zur quantitativen Bestimmung des Nukleins in den Organen giebt es zur Zeit nicht. Nukleinsäuren. Je nach den Zersetzungsprodukten , die sie liefern, unterscheidet Kossel zwischen verschiedenen Nukleinsäuren. Alle liefern sie als Spaltungsprodukte Nukleinbasen , aber die Nukleinsäure aus Stiersperma liefert ganz überwiegend Xanthin, die aus Kalbsthymus dagegen nur Adenin. Nach Kossel 2) ist es wahrscheinlich, dass es vier Nukleinsäuren giebt, deren jede nur eine der Nukleinbasen enthält, also eine Adenyl-, eine Guanylsäure u. s. w. Die bisher untersuchten Nukleinsäuren, mit Ausnahme von der Nuklein- Nuklei'Q- säoren. säure aus Kalbsthymus, der Adenylsüure, wären also nur Gemengen von meh- reren Nukleinsäuren. Ein anderer Umstand, welcher zu der Annahme von noch mehreren Nukleinsäuren nöthigt, ist der, dass einige Nukleinsäuren, wie die aus Hefe, Pankreas und der Milchdrüse, reduzirende Kohlehydrate oder Kohle- hydratgruppen geben, andei'e, Avie die Nukleinsäuren aus Kalbsthymus, Lachs- und Karpfensperma, dagegen nicht. Bei tiefgreifender Spaltung mit Schwefel- säure erhielten Kossel und Neumann ^) dagegen Lävulinsäure aus der Ade- nylsäure. Eine allgemeine Formel für die Nukleinsäuren lässt sich also nicht auf- stellen, und die Zusammensetzung der verschiedenen analysirten Nukleinsäuren ^"setzun'^!^' '^* ^^^*^ selbstverständlich eine verschiedene. Die Nukleinsäuren enthalten keinen Schwefel, aber Stickstoff und Phosphor, und zwar nach Kossel^) in der Rela- tion 3:1. Der Gehalt an Phosphor ist gross, in der von Miescher^) aus Lachssperma dargestellten Nukleinsäure von der Formel C29H49N9P3O22 über 9°/o. Kossel") vermuthet, dass in der Nukleinsäure ein Kern enthalten sei, der mehrere nach Art der Polymetaphosphorsäuren verbundene Phosphoratome enthält. Nach LlEBER- . mann') enthält die Nukleinsäure Metaphosphorsäure, wahrscheinlich die Monosäure, und er hat säure und 'i^ch, wie oben erwähnt, aus Nukle'in Metaphosphorsäure abgespaltet. Durch Einwirkung von Thymin. Alkali oder auch von kochendem Wasser entstehen aus den Nukleinsäuren andere jihosphor- reichere Säuren. Aus der Adenylsäure und später auch aus anderen Nukleinsäuren haben Kossel und Neumann **) eine von ihnen Thyminsäure genannte Säure dargestellt, die beim Sieden mit Schwefelsäure eine krystallisirende Substanz, Thymin, von der Formel C23H2,;NaO,;, giebt. Die Nukleinsäuren sind amorph, weiss, von stark saurer Reaktion. In ammoniakalischem oder alkalihaltigera Wasser sind sie leicht löslich. Aus 1) Pflüger's Arch. Bd. 54. 2) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 26. S. 2753. 3) Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wissensch. Bd. 18. 1894. (Separatabzug.) 4) Du Bois-Eeymönd's Arch. 1892. o) 1. c. C) 1. 0. Vergl. auch Centralbl. f. d. med. Wisscnscii. 1893. S. 497. 7) Pflüger's Arch. Bd. 47 und Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1893. S. 465 u. 737. 8) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 26 und Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1. c. Nukleinsäuren uml Nukleohiston. 89 dieser Lösung werden sie nicht durch überschüssige Essigsäiire, wohl aber durch einen geringen Ueberschuss von Salzsäure, besonders bei Gegenwart von Alkohol, Eigon- gefällt. In Alkohol und Aether sind sie unlöslich. In saurer Lösung geben sie mit EiweissstofTen Niederschlüge, die man als Xukleine aufgefasst hat. Ob diese Niederschläge wirkliche Nukleine sind, ist indessen noch nicht untersucht. Die Darstellung der Nukleinsäure geschieht nach Ai-t^fann ^) am besten aus Hefe. Diese wird mit 3250 ccm verdünnter Natronlauge von etwa 3°/o auf je 1000 ccm Hefe 5 Minuten lang bei Zimmertemperatur behandelt. Die Hauptmasse des Natronhydrates wird darauf mit Salzsäure neutralisirt und dann Essigsäure im Ueberschuss zugesetzt. Die von ausgefälltem Eiweiss getrennte dorNu\ieXn- Flüssigkeit wird mit Salzsäure auf den Säuregrad 3 — 5 p. m. HCl gebracht ^^^'°- und dann mit dem gleichen Volumen Alkohol von demselben Säuregehalte ver- mischt. Es scheidet sich hierbei unreine Nukleinsäure aus, die durch Auflösen in ammoniakhahigem Wasser und wiederholtes Behandeln, wie oben, mit Essig- säure, Salzsäure und Alkohol gereinigt wird. Plastin. Aus den Zellkernen gewisser Pflanzen hat mau nach Auslösung des Nukle'ins mit verdünnter Sodalösung einen , durch seine Schwerlöslichkeit gekennzeichneten Rest er- halten. Den Stoff", welcher diesen Rest bildet, hat man Plastin genannt. Dieser Stoff', aus Plastin. M-elchcm angeblich auch das Spongioplasuia des Zellcnleibes und das Kernkörperchen bestehen sollen, ist seiner Natur nach unbekannt, wird aber von einigen als eine schwerlösliche Nuklein- modiliication betrachtet. Nukleoproteide mit verhältnissmässig hohem Phosphorgehalt und aus- geprägt saurem Charakter kommen in dem Zellkerne vor. Wie die Nukleine sollen sie auch Verbindungen von Eiweiss mit Nukleinsäure sein. Sie sind in- dessen bedeutend reicher an Eiweiss als die Nukleine und unterscheiden sich von ihnen dadurch, dass ihre neutralen Lösungen beim Sieden unter Abspaltung von geronnenem Eiweiss sich zersetzen, und ferner dadurch, dass aus ihnen bei der Pepsinverdauung Nukleine abgespalten werden. Unter diesen Nukleo- proteiden ist das am genauesten studirte das Nukleohiston. Nukleohiston nennen Kossel und Lilienfeld^) das von ihnen aus Kalbsthymus isolirte Nukleoproteid. Die Zusammensetzung desselben ist C 48,4G; H 7,00; N 16,86; P 3,025; S 0,701; O 23,95^/0. Bei dem Erhitzen seiner Lösung spaltet sich geronnenes Eiweiss ab. Bei der Pepsinverdauung liefert es Nuklein. Beim Behandeln mit Salzsäure von 0,8 "/o spaltet es sich ebenfalls in Nuklein und eine, in der Salzsäure lösliche Eiwei.-^ssubstanz, die besonders durch Unlös- lichkeit in überschüssigem Ammoniak von anderen Eiweissstoffen sich unter- scheidet und von Kossel Histon genannt worden ist. Aus einer mit Alkali bereiteten neutralen Lösung wird das Nukleohiston durch Essigsäure gefällt und von überschüssiger Essigsäure nicht wieder gelöst. Die neutrale Lösung wird von Alkohol, aber nicht durch Sättigung mit MgS04, scharten gefällt. In verdünnten Alkalien und Alkalikarbonnten ist das Nukleohiston leicht löslich. Von Eisessig, konzentrirter Salz- und Salpetersäure wird es ge- Nukloo- proteVde. Nukleo- histon. Eigen- 3) Du Bois-Reymoxd's Arch. 1SS9. Physiol. Ablh. -) Zeitschr. f. physiol. Chcni. Bd. IS. 524. 90 Fünftes Kapitel. löst. Die Beziehungen des Nukleins und Histons zur Gerinnung des Blutes sollen im Kap. 6 besprochen werden. Die Darstellung geschieht in der Weise, dass man das filtrirte, von zel- ligen Elementen ganz freie Wasserextrakt der Drüse mit Essigsäure fällt und Darsteiiang. den Niederschlag durch •wiederholtes Auflösen in schwach sodahaltigem Wasser und Ausfällen mit Essigsäure reinigt. Zuletzt wird mit essigsäurehaltigem Wasser und dann mit Weingeist gewaschen, darauf mit kaltem und dann mit Avarmem absolutem Alkohol und endlich mit Aether extrahirt. Als unreineres Nukleobiston oder demselben jedenfalls sehr nahe verwandte Stoffe hat man die von anderen Forschern als Geivebeßbrinogen und Zellfibrinogen beschriebenen Pro- Gewebe- teide ') zu betrachten. Zu derselben Gruppe wie das Nukleohiston gehören auch die von Cvto"*Iobin -"^^EX. SCHMIDT") als wichtige Zellbestandtheile beschriebenen Stoffe Cytoglobin und Präylobulin, und von denen das Cytoglobin wohl als die in Wasser lösliche Alkaliverbindung des Präglobulins Präglobnlin. anzusehen sein dürfte. Den nach vollständiger Erschöpfung mit Alkohol, Wasser und Koch- salzlösung zurückbleibenden Rest der Zellen nennt Alex. Schmidt Cytin. Die Beziehungen dieser Stoffe zu der Blutgerinnung sollen im Kap. 6 besprochen ^verden. Unter den Zersetzungprodukten der Nukleinsubstanzen sind die Xanthin- körper von eiuem besonders grossen Interesse. Xaiitliinstoffe. Mit diesem Namen bezeichnet man eine Gruppe von Jiohlen- , tu asser Stoff - , sticlistojf- und in den meisten Fällen auch sanerstoff- haltigen Stoffen, welche bezüglich ihrer Zusammensetzung eine nahe Verwandt- schaft nicht nur unter einander, sondern auch mit der Harnsäure zeigen. Diese Stoffe sind: XantJiin. Hi/poxanthin, Episarlän, Guanin^ Adenin, Hetero- oianthin, Farccrantliin und Kamin. Derselben Gruppe gehören auch die im Pflanzenreiche vorkommenden Stoffe Theob romin und Theophyllin (beide Dimethylxanthine) und das Koffein (Trimethylxanthin) an. Die Zusammensetzung der fraglichen, in dem Thierreiche gefundenen Stoffe ist fol- gende: Harnsäure CäH^^iös Xanthin CnH^N^Oa Heteroxanthin (Methylxanthin) . . . C6H,;Ni02 Paraxanthin (Dimethylxanthin) . . . CjHjN^Oo än- setzuii" Zusammen- Guauin C3H5N5O Hypoxanthin C.:jH4]S"iO Adenin C5H5N-, Episarkin CiH^NgO? Karnin C;HgX403 Nachdem schon Salomon ^) das Vorkommen von Xanthinstoffen in jungen Zellen nachgewiesen hatte, ist die Bedeutung der Xanthinkörper als Zersetzungs- produkte des Zellkernes und der Nukleine besonders durch die bahnbrechenden Untersuchungen von Kossel, welcher das Adenin und das Theoi')hyllin entdeckt hat, dargethan worden. In solchen Geweben, in welchen, wie z. B. in den Drüsen, die Zellen ihre ursprüngliche Beschaffenheit bewahrt haben, finden sich die Xanthinkörper nicht als solche frei, sondern in Verbindung mit anderen Atomgruppen (Nukleinen) vor. In solchen Geweben dagegen, welche, wie die 1) Vergl. oben S. 80. 2) Zur Blutlehre. 3) Sitzuugsber. d. Bot. Vereins der Provinz Brandenburg I88O (Separatabzugl. Xantliinstofle und Nukleinbasen. 91 Muskeln, arm an Zellkernen sind, findet man die Xanthinkörper im freien Zu- stande. Da die Xanthinkörper, wie KossEL gezeigt bat, in naher Beziehung ^^^1.^^^^^^^^^^ zu dem Zellkerne stehen, ist es leicht zu verstehen, warum die Menge dieser Stoffe reichlich vermehrt wird, wenn reichliche ^Mengen von kernhaltigen Zellen an solchen Stellen auftreten, welche früher verhültnissmässig arm daran waren. Ein Beispiel dieser Art liefert das an Leukocyten äusserst reiche Blut bei Leukämie. In solchem Blute fand Kossel^) 1,04 p. m. Xanthinstoffc gegen nur Spuren davon in normalem Blute, Dass die Xantbinstoffe auch Zwischenstufen bei der Entstehung des Harnstoffes oder der Harnsäure im Thierorganismus darstellen können, ist, wie später (vergl. Kap. 15) gezeigt werden soll, wahr- scheinlich. Von den Xanthinstoffen sind einige nur im Harne oder in den ISIuskeln gefunden worden. Als Spaltungsprodukte der Nukleine hat man bisher nur die vier Xanthinbasen, Xauthin, Guanin, Hypoxanthin und Adenin erhalten. "Während hinsichtlich der übrigen Xantbinstoffe auf die bezüglichen Kapitel hin- gewiesen wird, können deshalb auch hier nur die obigen vier Stoffe, die eigentlichen Nukleinbasen, besprochen werden. Von diesen vier Stoffen bilden das Xanthin und Guanin eine besoi\dere Gruppe, das Hj^poxanthin und Adenin eine andere. Durch Einwirkung von salpetriger Säure geht das Guanin in Xauthin und das Aden in in Hypo- xanthin über. CsH^NiO . NH + HNO., = CsH^NiOo + N., -f H.,0 uud Guanin Xanthin CHiN^ . NU -f HNO, — C^H^XiO + No + ILO Adenin Hypoxanthin Bei der Fäulniss geht ebenfalls Guanin in Xanthin und Adenin in Hypo- xanthin über. Bei der Spaltung mit Salzsäure geben alle vier Stoffe Ammoniak, Glykokoll, Kohlensäure und Ameisensäure. Die Harnsäure giebt hierbei neben Ammoniak und Kohlensäure ebenfalls Glykokoll. Bei der Oxydation mit Salz- säure und Kaliumchlorat liefert das Xauthin, das Bromadenin und Brom- unter "ein-" hypoxanthin Alloxan und Harnstoff; das Guanin liefert Guanidin, Paraban- zu'cier säure (ein Oxydationsprodukt des Alloxans) und Kohlensäure. Die Harnsäure giebt bei Oxydation in saurer Lösung Harnstoff, Alloxan, und dann weiter Parabansäure. Aus diesen Verhältnissen geht die nahe Beziehung dieser Stoffe zu einander und zu der Harnsäure hervor. Das Xanthin ist von Gautier ^) durch Erhitzen von l^lausäure mit Wasser und Essigsäure synthetisch darge- stellt worden. Die Nukleinbasen bilden mit Mineralsäuren krystallisirende Salze, die mit Ausnahme von den Adeninsalzen von Wasser zersetzt worden. Von Al- kalien werden sie leicht gelöst, wälnviul sie zu Ammoniak etwas verschieden 1) Zeitschr. f. physiol. Clicm. Bd. 7. S. 22. -') Compt. icud. 98. S. 1523. 92 Fünftes Kapitel. XanthinCsH^N^O^ = ^-^^ \^^' /, ^^ >C0 (E. Fischer 3) ist in Muskeln, sich verhalten. Aus saurer Lösung werden sie alle durch Phosphorwolfram- säure gefällt, ebenso scheiden sie sieh alle nach Zusatz von Ammoniak und AUen ammoniakalischer Silberlösung als Silberverbindungen aus. Diese Niederschläge basen ge- gin^ in siedender Salpetersäure von 1,1 sp. Gew. löslich. Von FEHLiNo'scher meinsame . . , . , Eigen- Lösung (vergl. Kap. 15) bei Gegenwart von einem Reduktionsmittel, wie dem Hydroxylamin, werden, wie Drechsel und Balke^) gezeigt haben, alle Xanthin- körper mit Ausnahme des Koffeins und Theobromins gefällt. Zur Fällung kann man nach Krüger^) ebenso gut Kupfersulfat und Natriumbisulfit brauchen. Dieses Verhalten der Xanthinkörper eignet sich ebenso gut wie das zu Silber- lösung zur Abscheidung und Reingewinnung derselben. NH.CH:C.NH. CO . NH . C : N Leber, Milz, Pankreas, Nieren, Hoden, Karpfsperma, Thymus und Gehirn ge- vorkomraen fu^^cn Worden. Im Harne kommt es als physiologischer Bestandtheil in äusserst '^\*iiins°" gennger Menge vor und nur selten hat man es in Harnsedimenten oder in Blasensteinen gefunden. In einem solchen Stein wurde es zuerst (von Marcet) beobachtet. In grösster Menge findet man das Xanthin in einigen Guanosorten (Jarvisguano). Das Xanthin ist amorph oder stellt körnige Massen von Krystallblättchen dar. Es ist sehr wenig löslich in Wasser, in 14 151 — 14600 Theilen bei -|- 16° C. und in 1300—1500 Theilen bei 100« C. (Alm^n"^). In Alkohol oder Aether Eigen- ist CS uiilöslich, vou Alkalien oder Säuren wird es dagegen gelöst. Mit Chlor- iteaktionen. wasserstoffsäure giebt es eine krystallisirende, schwer lösliche Verbindung. Mit sehr wenig Natronlauge giebt es eine leicht krystallisirende Verbindung, die von mehr Alkali leicht gelöst wird. In Ammoniak gelöst, giebt das Xanthin mit Silbernitrat einen unlöslichen, gelatinösen Niederschlag von Xanthinsilber. Von Salpetersäure wird dieser Niederschlag gelöst und es entsteht dabei eine ver- hältnissmässig leicht lösliche, krystallisirende Doppelverbindung. Eine wässerige Xanthinlösung wird durch essigsaures Kupferoxyd beim Kochen gefällt. Bei gewöhnlicher Temperatur wird das Xanthin von Quecksilberchlorid und von animoniakalischem Bleiessig gefällt. Bleiessig allein fallt es nicht. Mit Salpetersäure in einer Forzellanschale zur Trockne abgedampft giebt das Xanthin einen gelben Rückstand, welcher bei Zusatz von Natronlauge erst roth und dann beim Erwärmen purpurroth gefärbt wird. Bringt man in Natron- lauge in einer Porzellanschale etwas Chlorkalk, rührt um und trägt das Xanthin ein, so bildet sich um die Xanthinkörnchen ein erst dunkelgrüner, bald aber sich braunfärbender Hof, der dann wieder verschwindet (Hoppe-Seyler). Wird das Xanthin in einer kleinen Schale auf dem Wasserbade mit Chlorwasser und 1) Zur Kenntniss der Xanthinkörper. Inaug.-Diss. Leipzig 1893. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. 3) Ännal. d. Chem. Bd. 215. 4) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 96. Guanin. 93 einer Spur Salpetersäure erwärmt und eingetrocknet, so färbt sich der Rück- stand, wenn er unter einer Glasglocke mit Ammoniakdänipfen in Berührung kommt, roth oder purpur-violett (Reaktion von Weedelj. . ^, ^^ ^. ^ NH . CH : C . NH^ r,r^ ^ r. • • . Guanin, CäHj^jO = • • >C0. Das Guanin ist in zellreichen Organen, Leber, Milz, Pankreas, Hoden und im Lachssperma ge- funden worden. Es findet sich weiter in den Muskeln (in sehr kleiner Menge), ni- 11 •• -rv-i ^ ' • ' ^ tt Vorkommen in Fischschuppen und ui der Schwimmblase einiger Jjische als irisirende Kry- des Guanins. stalle von Guaninkalk, im Retinaepithel von Fischen, in Guano und in Spinnen- exkrementen, als Hauptbestaudtheil derselben, und endlich auch im Menschen- und Schweineharn. Unter pathologischen Verhältnissen hat man es im leukämi- schen Blute und bei der Guaningicht der Schweine in deren Muskeln, Gelenken und Bündern gefunden. Das Guanin ist ein farbloses, gewöhnlich amorphes Pulver, welches indessen aus seiner Lösung in konzentrirtem Ammoniak bei der freiwilligen Verdunstung des letzteren in sehr kleinen Krystallen sich ausscheiden kann. In Wasser, Alkohol und Aether ist es unlöslich. Von Mineralsäuren und Alkalien wird es leicht, von Ammoniak sehr schwer gelöst. Nach "Wulff') lösen sich in 100 ccm kalter Ammoniaklösung von resp. 1, 3 und b^lo NH3 bezw. 9, 15 und 19 mg Guanin. In heisser Ammoniaklösung ist die Löslichkeit relativ bedeutend grösser. Das salzsaure Salz kiystallisirt leicht und ist, seines charakteristischen Verhaltens im polarisuten Lichte wegen, zur mikroskopischen Erkennung des Guanins von Kossel^) empfohlen Avorden. Von Pikrinsäure wie auch von ]Metaphosphorsäure werden selbst sehr verdünnte Guaninlösungen gefallt. Die Niederschläge können zur quantitativen Bestimmung benutzt wer- scharten und den. Die Silberverbindung wird von siedender Salpetersäure sehr schwer ge- löst und beim Erkalten krystallisirt die Doppelverbindung leicht aus. Zu der Salpetersäureprobe verhält sich das Guanin wie das Xanthin, giebt aber mit Alkali beim Erwärmen eine mehr blauviolette Farbe. Eine warme Lösung von salzsaurem Guanin giebt mit kalt gesättigter Lösung von Pikrinsäure einen aus seideglänzenden Nadeln bestehenden, gelben Niederschlag (Capkanica^). Mit einer konzentrirten Lösung von chromsaurem Kali giebt eine Guaninlösung eine krj'stallinische, orangerothe und mit einer konzentrirten Lösung vonTerricyan- kalium eine gelbbraune, krystallinische Fällung (Capranica). Die Zusammen- setzung dieser und anderer Guaninverbindungen ist von Kossel und Wulff*) näher studirt worden. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. S. 505. 2) Ueber die chem. Zusammensetzung der Zelle. Verh. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1890—1891. Nr. 5 u. 6. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1. S. 233. 4) Ebeud. Bd. 17. S. 468. 94 Fünftes Kapitel. Eigen- schaften. Hypoxanthin oder Sarkin, CjH^N^O ^ • ' ' • ' >C0 oder • \^^y A.\^ ~>C0 (Krüger^). Dieser Stofi' ist in denselben Geweben wie CH.NH.C:N ^ Vorkommen ^^^^ Xantliin gefunden worden. Besonders reichlich kommt derselbe im Sperma von 'xa.iüuns.' I^achs Und Karpfen vor. Das Hypoxanthin findet sich auch im Knochenmark, in sehr geringer Menge im normalen Harn und, wie es scheint, auch in der Milch. Im Blut und Harn Leukämischer ist es in nicht unbedeutender Menge gefunden worden. Das Hypoxanthin bildet farblose, sehr kleine Krystallnadeln. Es löst sich in 300 Theilen kaltem und 78 Theilen siedendem Wasser. In Alkohol löst es sich fast gar nicht, wird aber von Säuren und Alkalien gelöst. Die Verbindung mit ChlorwasserstofTsäure krystallisirt, ist aber weniger schwer lös- lich als die entsprechende Xanthinverbindung. In verdünnten Alkalien und Ammoniak wird es leicht gelöst. Die Silberverbindung löst sich schwer in siedender Salpetersäure. Beim Erkalten scheidet sich ein aus zwei Hypoxanthin- silbernitratverbindungen bestehendes Gemenge von nicht konstanter Zusammen- setzung aus. Behandelt man dieses Gemenge in der "Wärme mit Ammoniak und überschüssigem Silbernitrat, so entsteht eine Hypoxanthinsilberverbindung, die nach dem Trocknen bei 120° C. die konstante Zusammensetzung 2(C-H.,Ag2N40)H20 hat und zur quantitativen Bestimmung des Hypoxanthins sich eignet. Das Hypoxanthinpikrat ist schwerlöslich, bringt man aber eine siedende Lösung desselben mit einer neutralen oder nur schwach sauren Lösung von Silbernitrat zusammen, so wird das Hypoxanthin fast quantitativ ausgefällt als die Verbindung CgHgAglSr^O . C(;Ho(N02)30H. Das Hypoxanthin giebt mit Metaphosphorsäure keine schwerlösliche Verbindung. Mit Salpetersäure wie das Xanthin behandelt, giebt das Hypoxanthin einen fast ungefärbten Rück- stand, welcher von Alkali beim Erwärmen nicht roth wird. Giebt die WEroEL- sche Reaktion nicht. Nach Einwirkung von Salzsäure und Zink nimmt eine Hypoxantbinlösung bei Zusatz von überschüssigem Alkali eine erst rubinrothe und dann braunrothe Farbe an (Kossel^). NH . CH : C . NH, N . C: N N . CH : C . NH, C:N Adenin ^) ^'sHs^S Qjj >C(NH) oder ^C(NH) (Krüger"^), wurde zuerst von Kossel in der Pankreas- Es findet sich in allen kernhaltigen Zellen, kommt aber in grösster Menge im Sperma von Karpfen und in der Thymusdrüse vor. Es ist 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. S. 459. 2) Ebend. Bd. 12. 3) Vergl. KossEL, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 10 u. 12. 4) Ebend. Bd. 18. S. 459. Adenin. Nachweis der Nukleinbasen. 95 auch in leukämischem Harn gefunden worden (Stadthaoen ^j. In reichlichen Mengen kann man es aus Theeblättern gewinnen. Das Adenin krystallisirt mit 3 Mol. Krystallwasser in langen Nadeln, die allmählich an der Luft aber viel rascher beim Erwärmen undurchsichtig werden. Erwärmt man die Krystalle langsam in einer zur Lösung ungenügen- den Menge Wasser, so werden sie bei -j- 53° C. plötzlich getrübt — eine für das Adenin charakteristische Reaktion. Es löst sich in 1086 Theilen kalten Wassers, in warmem Wasser ist es viel leichter löslich. Es ist unlöslich in Aether aber etwas löjrlieh in heissem Alkohol. In Säuren und Alkalien löst es sich leicht. Von Ammoniaklösung wird es leichter als Guanin aber schwerer als Hypoxanthin gelöst. Die Silberverbindung des Adenins ist schwer löslich >;cnaften'de8 in warmer Salpetei'säure und scheidet beim Erkalten ein krystallisirendes Ge- ^<'®°'"*- menge von Adeninsilbernitraten aus. Mit Pikrinsäure giebt das Adenin eine schwerlösliche Verbindung, CjH-Nj . CgH2(N02)30H , welche leichter als das Hypoxanthinpikrat sich ausscheidet und zur quantitativen Bestimmung des Adenins benutzt werden kann. Es giebt ebenfalls ein Adeninqueeksilbcrpikrat. Mit Metaphosphorsäure giebt das Adenin, wenn die Lösung nicht zu verdünnt ist , einen im üeberschuss der Säure löslichen Niederschlag. Das salzsaure Adenin giebt mit Goldchlorid eine, theils in blattförmigen Aggregaten und theils in würfelförmigen oder prismatischen Krystallen, oft mit abgestumpften Ecken, sich ausscheidende Doppel Verbindung, die zur mikroskopischen Erkennung des Adenins geeignet ist. Der Salpetersäureprobe und der WECDEL'schen Probe gegenüber verhält sich das Adenin wie das Hypoxanthin. Dasselbe gilt auch von dem Verhalten zu Salzsäure und Zink mit darauffolgendem Alkalizusatz. Das Prinzip für die Darstellung und den Nachweis der vier oben ge- schilderten Xanthinkörper in Organen und Geweben ist nach Kossel und seinen Schülern folgendes: Die fein zertheilten Organe oder Gewebe werden 3 bis 4 Stunden mit Schwefelsäure von etwa 5 p. m. gekocht. Die abtiltrirte Flüssigkeit wird mit Bleiessig von Eiweiss befreit, das neue Filtrat mit Schwefel- wasserstoff entbleit, von neuem filtrirt, konzentrirt und nach Zusatz von über- schüssigem Ammoniak mit amraoniakalischer Silberlösung gefällt. Die Silber- verbindungen werden (unter Zusatz von etwas Harnstoff, um Nitrirung zu ver- hindern) in einer nicht zu grossen Menge siedender Salpetersäure von 1,1 sp. Gew. gelöst und die Lösung siedend heiss filtrirt. Beim Erkalten bleibt das nüd^Xach-^ Xanthinsilbernitrat in Lösung, während die Doppelverbindungen von Guanin, ^J^*^ ler Hypoxanthin und Adenin auskrystallisiren. Aus dem Filtrate von diesen Ver- " lasen, binduugen kann das Xanthinsilber mit Ammoniak ausgeschieden und aus dieser Verbindung das Xanthin mit Schwefelwasserstoff frei gemacht werden. Die oben genannten drei Silbernitratverbindungen werden in Wasser mit Schwefel- ammouium in der Wärme zersetzt; das Schwefelsilber wird abfiltrirt, das Filtrat konzentrirt, mit Ammoniak übersättigt und auf dem Wasserbade damit digerirt. Das Guanin bleibt dabei ungelöst zurück, während die zwei anderen Basen in Lösung übergehen. Ein Theil des Guanins wird jedoch von dem Schwefelsilber zurückgehalten und kann durch Auskochen desselben mit verdünnter Salzsäure 1) ViRCnow's Anh. lid. lOJ». 96 Fünftes Kapitel. und darauffolgendes Uebersättigen des Filtrates mit Ammoniak gewonnen wer- den. Beim Erkalten des obigen, von dem Guanin getrennten, adenin- und hypo- xanthinhaltigen Filtrates, welches wenn nöthig durch Verdunsten von Ammoniak weiter befreit wird, scheidet sich das Adenin aus, während das Hypoxanthin in Lösung bleibt. Nach Balke') kann man auch mit Vortheil die Xanthin- körper mit Kupfersalt und Hydroxjlamin, wie oben erwähnt, ausscheiden und dann zu der weiteren Trennung derselben geben. Die quantitative Bestimmung geschieht in den Hauptzügen nach dem oben geschilderten Verfahren. Das Xanthin wird als Xanthiusilber gewogen. Die drei Silbernitratverbindungen werden mit Ammoniak unter Zusatz von Silber- nitrat in die entsprechenden Silberverbindungen übergeführt und erst darauf lässt man Schwefelammonium auf die genau ausgewaschenen Silberverbindungen Quantitative einwirken. Das Guanin wird als solches gewogen. Das adenin- und hypo- ung. xanthinhaltige, ammoniakalische Filtrat, welches nicht mit dem salzsauren Ex- trakte des Schwefelsilbers vermischt werden darf, neutralisirt man und setzt eine kalte konzentrirte Lösung von Xatriumpikrat, bis die ganze Flüssigkeit sattgelb gefärbt ist, hinzu. Das Adenin23ikrat wird sogleich abfiltrirt, auf dem Filter mit Wasser gewaschen, bei über 100*^ C. getrocknet und gewogen. Das hypoxanthinhaltige Filtrat würd siedend heiss mit Silbernitrat allmählich ver- setzt und nach dem Erkalten mit Silbernitrat auf vollständige Ausfällung ge- prüft. Das Hypoxanthinsilberpikrat wird ausgewaschen, bei 100" C. getrocknet und gewogen. Ueber die Zusammensetzung der obigen Verbindungen vergl. oben S. 94 u. 95. Diese Trennungsmethode des Adenins und Hypoxanthins setzt voraus, dass die Flüssigkeit keine Salzsäure enthält. Wegen der nicht unbedeutenden Löslichkeit des Guanins in warmem Ammoniak kann die obige, allgemein geübte Trennungsmethode mit Ammoniak nicht zu genauen Resultaten führen. Nach Kossel und Wulff 2) kann man deshalb das Guanin aus der hinreichend verdünnten Lösung mit überschüssiger Metaphosphorsäure ausfällen und den Stickstoffgehalt des ausgewaschenen Nieder- schlages nach Kjeldahl bestimmen. Aus dem Filtrate fällt man das Adenin und Hypoxanthin mit ammoniakalischer Silberlösung aus. Die Silberverbind- ungen zersetzt man mit sehr verdünnter Salzsäure und verfährt dann zur Trenn- ung des Adenins von dem Hypoxanthin nach Beuhxs (Zeitschr. f. physich Chem. Bd. 14. S. 559 u. 560). MineraJstoffe sind nie fehlende Bestandtheile der Zellen. Diese Miueral- stoflfe sind Kalium und Natrium, Calcium, Magnesium, Eisen, Phosphorsäure und Chlor. Bezüglich der Alkalien findet im Allgemeinen im Thierorganismus Mineraistoffo das Vcrhältniss statt, dass die Natriumverbindungen vorzugsweise in den Säften, die Kaliumverbindungen dagegen oft hauptsächlich in den Formbestandtheilen, in dem Protoplasma, vorkommen. In Uebereinstimmung hiermit enthält auch die Zelle vorzugsweise Kalium, hauptsächlich als Phosphat, während die Natrium- und die Chlorverbindungen weniger reichlich in ihr vorkommen. Nach der gewöhnlichen Ansicht sollen auch die Kaliumverbindungen, besonders das Kalium- phosphat, von grosser Bedeutung für das Leben und die Entwickelung der Zelle sein, wenn auch die Art dieser Bedeutung noch unbekannt ist. 1) 1. c. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. Mineralstofife der Zellen. 97 Hinsichtlich der Phosphorsäure dürfte dagegen wohl kaum ein Zweifel darüber bestehen können, dass ihre Bedeutung zum wesentlichen Theil darin liegt, dass sie bei der Entstehung des Nukleins sich betheiligt und dadurch indirekt die von dem Zellkerne abhängigen Vorgänge des Wachsthums und der Theilung der Zellen ermöglicht. Durch Züchtungsversuche an der Alge Spirogyra hat Loew^) in der That gezeigt, dass nur bei Zufuhr von Phosphaten uer Zeiie. (in seinen Versuchen Kaliumphosphat) Ernährung des Zellkernes und damit Wachsthum und Theilung der Zellen ermöglicht werden. Ohne Phosphatzufuhr können die Zellen von Spirogyren zwar längere Zeit leben und sowohl Stärke als Eiweiss produziren , doch leidet dabei Wachsthum und Vermehrung. Die Phosphorsäure ist zweifelsohne auch von Bedeutung für die Entstehung der Lecithine. Das Eisen scheint besonders in dem Kerne vorzukommen, denn die Xu- klei'ne sind besonders reich daran. Das regelmässige Vorkommen von Erd- phosphaten in allen Zellen und Geweben, wie auch die Schwierigkeit oder fast richtiger Unmöglichkeit, diese Stoffe von den Proteinsubstanzen ohne Denatu- rirung der letzteren zu trennen, legt die Vermuthung nahe, dass diese Mineral- stoffe von einer zwar noch unbekannten aber jedenfalls grossen Bedeutung für das Leben der Zelle und die chemischen Voi^ffänge innerhalb derselben seien. 1) Biologisches Centralblatt. Bd. 11. 1891. S. 269. llammarsten, Physiol. Chemio. Dritto Auflage. k Sechstes Kapitel. Das Blut. Das Blut ist in gewisser Hinsicht als ein flüssiges Gewebe zu betrachten standtheüe ^^^ ^s besteht aus einer durchsichtigen Flüssigkeit, dem Blutplasma, in welchem des Blutes, ^j^^^ ungeheuere Menge von festen Partikelchen, die rotJien und farhlosen JBhit- liörperchen (und die Blutplättchen), suspendirt sind. Ausserhalb des Organismus gerinnt das Blut bekanntlich rascher oder langsamer, im Allgemeinen aber binnen einigen Minuten nach dem Aderlasse. Alle Blutarten gerinnen nicht mit derselben Geschwindigkeit. Die einen gerinnen rascher, die anderen langsamer; unter den bisher näher untersuchten Blutarten Gerinnunir gerinnt aber das Pferdeblut am langsamsten. Durch rasches Abkühlen kann des Blutes. ^|jg Gerinnung mehr oder weniger verzögert werden ; und wenn man Pferdeblut direkt aus der Ader in einen nicht zu weiten, stark abgekühlten Glascylinder einströmen und dann bei etwa 0*^ C. abgekühlt stehen lässt, kann das Blut mehrere Tage flüssig bleiben. Es trennt sich dabei allmählich in eine obere, bernsteingelbe, aus Plasma, und eine untere rothe, aus Blutkörperchen mit nur wenig Plasma bestehende Schicht. Zwischen beiden sieht man eine weisslich graue Schicht, welche aus weissen Blutkörperchen besteht. Das so gewonnene Plasma ist nach dem Filtriren eine klare, bernstein- gelbe, alkalische Flüssigkeit, W'elche bei etwa 0^ C. längere Zeit flüssig gehalten werden kann, bei Zimmertemperatur aber bald gerinnt. Die Gerinnung des Blutes kann auch in anderer "Weise verhindert werden. Nach Injektion von Pepton- oder richtiger Albumoselösung in die Blutmasse (an lebenden Hunden) gerinnt das Blut nach dem Aderlasse nicht (Fano^), Schmidt- Mülheim^). Das aus solchem Blute durch Centrifugiren gewonnene Plasma wird ,,Beptonplasma"^ genannt. Auch durch Injektion von einer Infusion auf die Mundtheile des offizinellen Blutegels in den Blutstrom wird die Gerinnung des 1) Du Bois Eeymönd's Arch. 1881. S. 277. 2) Ebend. Jahrg. 1880. Das Blut. 99 Blutes warmblütiger Thlere verhindert (Haycraft^). Sperrt man an Hunden die Blutzirkulation durch Leber und Gedärme ab und lässt man das Blut nur „., , ,. Mittel, die durch den Kopf und die Eintreweide der Brusthöhle strömen, so büsst es eben- Biatgennn- '■ ° ' ung 2Q Ver- falls die Gerinnungsfähigkeit ein (Pawlow, Bohr^). Lässt man es direkt aus lindem. der Ader in Neutralsalzlösung, am besten in eine gesättigte Magnesiumsulfat- lösung (1 Vol. Salzlösung und 3 Vol. Blut), unter Umrühren einfliessen, so er- hält man ein Blut-Salzgemenge, welches tagelang ungeronnen bleibt. Die Blut- körperchen, welche in Folge ihrer Klebrigkeit und Elastizität sonst leicht durch die Poren eines Papierfiltrums hindurchschlüpfen, werden durch das Salz mehr fest und steif, so dass sie leicht abfiltrirt werden können. Das so gewonnene, nicht spontan gerinnende Plasma wird ^ßalzplasma" genannt. Eine besonders gute Methode zur Verhinderung der Gerinnung des Blutes besteht darin, dass mau nach dem Verfahren von Arthus und Pagl:s^j das Blut in so viel einer verdünnten Kaliumoxalatlösung auffängt, dass das Gemenge 0,1 °/o Oxalat enthält. Die löslichen Kalksalze des Blutes werden von dem Oxalate gefällt und hierdurch verliert das Blut seine Gerinnungsfähigkeit. Bei der Gerinnung scheidet sich in dem vorher flüssigen Blute ein unlös- licher oder sehr schwer löslicher EiweissstofF, das Fibrin, aus. Wenn diese Aus- scheidung in der Ruhe geschieht, gerinnt das Blut zu einer festen Masse, welche, wenn sie am oberen Rande von der Wandung des Gefässes vorsichtig getrennt wird, allmählich unter Auspressung von einer klaren, gewöhnlich gelbgefärbten Flüssigkeit, dem JBhttseruni, sich zusammenzieht. Das feste Gerinnsel, welches die Blutkörperchen einschliesst , nennt mau JBJutliuchen (Placenta Sanguinis). Wird das Blut während der Gerinnung geschlagen, so scheidet sich das Fibrin B'Qtseram, Blutkuchen als elastische Fasern oder faserige Massen ab, und das von ihnen getrennte Cruor. dcfihrinirte Blut, bisweilen auch Cnior^) genannt, besteht aus Blutkörperchen und Blutserum. Das defibrinirte Blut besteht also aus Blutkörjierchen und Serum, das ungeronnene Blut dagegen aus Blutkörperchen und Blutplasma. Der wesentlichste chemische Unterschied zwischen Blutserum und Blutplasma liegt dagegen darin, dass in dem Blutserum die im Blutplasma vorkommende INIuttersubstanz des Fibrins — das Fibrinogen — nicht vorkommt, während das Serum verhältnissmässig reich an einem anderen Stoffe, dem Fibrinfermente (vergl. S. 102) ist. 1) Troc. physiol. Soc. 1884 p. 13 und Arch. f. exp. ralhol. und riiarm. 188-1. Bd. 18. 2) Centralbl. f. Physiol. 18SS. Nr. 11. 3) Archives de Physiol. (5.) Tome 2. 1890 und Conipt. rend. 1S91. Tome 112. Nr. 4. 4) Der Name Cruor wird jedoch in verschiedenem Sinne gebraucht. Mau versteht dar- unter bisweilen nur das zu einer rothen Masse fest geronnene Blut, in audereu Fällen da- gegen den Blutkuchen, nach der Abtrennung des Serums, und endlich bisweilen aueii den, aus detibrinirteiu Blute durch Ccntrifugiren gewonneneu oder nach einigem Stehen auftrelonden, aus rothen Blutkörperchen bestehenden Bodensatz. 100 Sechstes Kapitel. I. Blutplasma und Blutserum. Das Blutplasma. Bei der Geriunung des Blutes findet in dem Plasma eine chemische Um- setzung statt. Ein Theil von dem Ei weisse desselben scheidet sieh als unlös- Eiweiss- » Stoffe des \[q];^qi- Faserstoff ab. Die Eiweissstoffe des Plasmas müssen also in erster Linie Blut- plasmas, besprochen werden, und diese Eiweissstoffe sind — in so weit als sie bisher näher studirt worden sind — Fibrinogen, Sernmglohulin und Serumcühumin. Das Fibrinogen kommt in Blutplasma, Chylus, Lymphe und in einigen Trans- und Exsudaten vor^). Es hat die allgemeinen Eigenschaften der Glo- buline, unterscheidet sich aber von anderen Globulinen durch Folgendes. In feuchtem Zustande stellt es weisse, zu einer zähen, elastischen Masse oder Klümp- cben leicht sich zusamraeuballende, in verdünnter Kochsalzlösung lösliche Flöck- chen dar. Die Lösung in NaCl von 5 — 10*^/o koagulirt beim Erwärmen auf -T- 52 a 55° C. und die kochsalzarme, äusserst schwach alkalische oder fast Eigen- I Schäften^ des ,^g^^J.^|y Lösung gerinnt bei -]-56" C. oder ganz derselben Temperatur, bei welcher das Blutplasma selbst gerinnt. Fibrinogenlösungen werden von einem gleichen Volumen gesättigter Kochsalzlösung gefällt, und von NaCl in Substanz im Ueberschusse können sie ganz vollständig gefällt werden (Unterschied von Serumglobulin). Von dem bei etwa derselben Temperatur gerinnenden Myosin der Muskeln, wie auch von anderen Eiweisskörpern, unterscheidet es sich durch die Eigenschaft, unter gewissen Verhältnissen in Faserstoff übergehen zu können. Das Fibrinogen wirkt kräftig zersetzend auf Wasserstoffhyperoxyd 2), Durch Ausfällung mit Wasser oder mit verdünnter Säure wird es bald unlöslich. Die sp. Drehung ist nach Mittelbach 3) : a(D) = — 52,5°. Aus dem Salzplasma kann das Fibrinogen leicht durch Ausfällung mit dem gleichen Volumen gesättigter NaCl-Lösung abgeschieden werden. Zur weiteren Reinigung wird der Niederschlag ausgepresst, in Kochsalzlösung von etwa 8 °/o aufgelöst, das Filtrat mit gesättigter Kochsalzlösung wie oben gefällt Darstellung xindi, nachdem auf diese Weise 3 mal mit NaCl-Lösung gefällt worden ist, die Fibrinogens, zuletzt erhaltene, zwischen Papier ausgepresste Fällung in AYasser fein zertheilt. Das Fibrinogen löst sich dann mit Hilfe der in dem Kiederschlage einge- schlossenen kleinen Kochsalzmenge, und die Lösung kann durch Dialyse gegen äusserst schwach alkalisches Wasser salzfrei gewonnen werden. Aus Trans- sudaten erhält man gewöhnlich ein von Lecithin stark verunreinigtes Fibrinogen, welches ohne Zersetzung kaum rein zu gewinnen ist. Die Methoden zum Nach- weise und zur quantitativen Bestimmung des Fibrinogens in einer Flüssigkeit 1) Die Frage von dem Vorkommeu anderer Fibrinogene (Wooldridge) soll bei der ausführlicheren Besprechung der Gerinnung des Blutes (s. weiter unten) auch berührt werden. -) Bezüglich des Fibrinogens Anrd im übrigen auf die Aufsätze des Verf. in Pflüger's Arch. Bd. 19 und 22 verwiesen. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. Das Fibrin. 101 gründen sich auf die Eigenschaft desselben bei Zusatz von ein wenig Blut, von Serum oder Fibrinfennent Faserstoff zu liefern. Dem Fibrinogen schliesst sich das Umwandlungsprodukt desselben, das Fibrin, nahe an. Fibrin oder Faserstoff nennt man denjenigen Eiweissstoff, welcher bei der sogenannten spontanen Gerinnung von Blut, Lymphe und Transsudaten wie auch bei der Gerinnung einer Fibrinogenlösung nach Zusatz von Serum oder Fibriuferment (vergl. unten) sich ausscheidet. Wird das Blut während der Gerinnung geschlagen, so scheidet sich der Faserstoff als elastische, faserige Massen aus. Das Fibrin des Blutkuchens kann dagegen leicht zu kleinen, weniger elastischen und nicht besonders faserigen Klünipchen zerrührt werden. Der typische, faserige und elastische, nach dem Auswaschen weisse Faserstoff steht bezüglich seiner Löslichkeit den koagulirten Eiweissstoffen nahe. In Wasser, Alkohol oder Aether ist er unlöslich. In Salz- säure von 1 p. m., wie auch in Kali- resp. Natronlauge von 1 p. m., quillt er schaften des stark zu einer gallertähnlichen Masse auf, die bei Zimmertemperatur erst nach mehreren Tagen, bei Körpertemperatur zwar leichter aber jedenfalls auch nur langsam sich löst. In einer 5 — 10°/oigen Lösung von Kochsalz oder Salpeter quillt der Faserstoff auf, löst sich aber bei Zimmertemperatur nur sehr langsam, bei 40 '^ C. viel leichter. In wie weit diese Lösung durch die Gegenwart von Mikroorganismen oder verunreinigenden Enzymen bedingt ist, lässt sich gegen- wärtig nicht sicher sagen. Bei dieser Lösung des Fibrins entsteht ein oder, nach Green 1), zwei Globuline. Das Fibrin zerlegt Wasserstoffhyperoxyd, büsst aber diese Fähigkeit durch Erhitzen oder durch Einwirkung von Alkohol ein. Das oben von der Löslichkeit des Faserstoffes Gesagte bezieht sich nur auf das typische, aus dem arteriellen Blute von Rindern oder Menschen durch Schlagen gewonnene, erst mit Wasser, dann mit Kochsalzlösung und zuletzt wieder mit Wasser gewaschene Fibrin. Das Blut verschiedener Thierarten liefert einen Faserstoff von etwas abweichenden Eigenschaften, und nach FER>n^) löst sich also beispielsweise das Schweinefibrin in Salzsäure von 5 p. m. viel leichter als Rinderfibrin. Fibrine von ungleicher Reinheit oder von Blut aus verschiedenen Getässbezirken stammend, können auch eine etwas ungleiche Löslichkeit zeigen. Das durch Schlagen des Blutes gewonnene, wie oben gereinigte Fibrin ist stets von eingeschlossenen entfärbten rothen Blutkörperchen oder Resten davon und von lymphoiden Zellen verunreinigt. Rein wird es nur aus filtrirtem Plasma oder filtrirten Transsudaten gewonnen. Zur Reindarstellung wie auch oarsteiiang zur quantitativen Bestimmung des Fibrins werden die spontan gerinnenden '^^^ Fibnas. Flüssigkeiten direkt, die nicht spontan gerinnenden erst nach Zusatz von Blut- serum oder Fibrinfermentlösung mit einem Fischbeinstabe stark geschlagen, die ausgeschiedenen Gerinnsel erst mit Wasser, dann mit einer 5*^,0 igen Kochsalz- lösung, darauf wieder mit Wasser gewaschen und zuletzt mit Alkohol und Aether 1) Journal ot Physiol. Bd. 8. S. 512. ■i) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. S. 229. 102 Sechstes Kapitel. extrahirt. Lässt man das Fibrin mit dem Blute, in welchem es entstanden ist, einige Zeit in Berührung, so wird es nach Dastee^) zum Theil gelöst (Fibrino- lyse). Für eine genaue quantitative Bestimmung des Fibrins ist die Vermeid- ung dieser Fibrinolyse von Wichtigkeit (Dastre). Eine reine Fibrinogenlösung kann bei Zimmertemperatur bis zu beginnen- der Fäulniss aufbewahrt werden, ohne die Spur einer Faserstoffgerinnung zu zeigen. Wird dagegen in eine solche Lösung ein mit Wasser ausgewaschenes Fibringerinnsel eingetragen oder setzt man ihr ein wenig Blutserum zu, so ge- rinnt sie bald und kann einen ganz ty^Mschen Faserstoff liefern. Zur Umsetzung des Fibrinogens in Fibrin ist also die Gegenwart eines anderen, in den Blut- gerinnseln und im Serum enthaltenen Stoffes erforderlich. Dieser Stoff, dessen Bedeutung für die Faserstoffgerinnung zuerst von Buchanan^) beobachtet wurde, Thrombin ist später von ALEXANDER ScHMiDT^), Welcher ihn von Neuem entdeckte, als thrombin. „Filjrinferment"' bezeichnet worden. Die Natur dieses euzymartigen Stoffes ist noch nicht ermittelt worden. Während mehrere, besonders englische Forscher das Fibrinferment als ein Globulin auffassten, soll es dagegen nach neueren Untersuchungen von Pekelharing^), Weight^) und Lilienfeld ^ ein Nukleo- albumin oder vielleicht ein Nukleoproteid sein. Das Fibrinferment, welches nunmehr von Alex. Schmidt '^) Tliromhin genannt wird, entsteht nach Pekel- HARiNG unter dem Einflüsse von löslichen Kalksalzen aus einem in dem spontan nicht gerinnenden Plasma vorhandenen Zymogen. Auch Schmidt nimmt eine derartige Muttersubstanz des Fibrinfermentes im Blute an und er nennt sie Prothromhin. Das Zymogen ebenso wie das Fibrinferment ist schwerlöslicher in überschüssiger Essigsäure als die Globuline und es liefert bei der Pepsin- verdauung ein Nuklein oder ein Pseudonuklein. Mit anderen Enzymen stimmt das Thrombin darin überein , dass es schon in äusserst kleiner Menge seine Wirkung entfaltet, und ferner darin, dass es beim Erhitzen seiner Lösung un- wirksam wird. Das Optimum seiner Wirkung liegt bei ungefähr 40° C. Das Zymogen wird nach Pekelharing bei etwa -)- 65° C, das Ferment bei der- selben oder bisweilen bei einer etwas höheren Temperatur, 70 — 75° C, zerstört. Die Isoliruug des Fibrinfermentes ist auf mehrere Weise versucht worden. Gewöhnlich wird es jedoch nach der folgenden, von Alex. Schmidt^) ange- 1) Archives de Physiol. (5.) Tome 5. Nr. 3 und Tome ö. Nr. 4. S. G70. 2) London med. Gazette 1845. S. 617. Cit. nach Gamgee, Journal of Physiol. 1879. •■') Pflüger's Arch. Bd. 6. S. 413. i) Untersuch, über das Fibrinferment. Verhandl. d. Ijou. Al^ad. d. Wetensch. te Amster- dam. Deel 1. Nr. 3. 1892. 5) Proc. of Pioy. Irish. Aliad. (3.) Vol. 2 und Lecture on Tissue- or Cellfibrinogeu. The Lancet 1892. Ferner: On Wooldridge's Method etc., British Med. Journal. Sept. 1891. 6) Hämatol. Untersuch., Du Bois-ReymöN'D's Arch. 1892 und: Ueber Leukocyten und Blutgerinnung, Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin. 1892. 7) Zur Blutlehre. Leipzig 1892. 8) Pflügek's Arch. Bd. 6. Das Fibrinferment. 103 gebenen Methode dargestellt. Man fällt Serum oder defibrlnirtes Blut mit dem 15 — 20 fachen Volumen Alkohol und lässt es einige Monate stehen. Der Nieder- schlag wird dann abfiltrirt und über Schwefelsäure getrocknet. Aus dem ge- trockneten Pulver kann das Ferment mit Wasser extrahirt werden. Zur Darstellung einer globulinfreien Thrombinlösung kann man nach Verf. ') in folgender Weise verfahren. Aus liinderblutserum scheidet man die Globuline durch Sättigung mit Magnesiumsulfat vollständig aus, verdünnt das Filtrat mit Wasser und setzt dann unter Umrühren sehr verdünnte Natronlauge ^es^p^brin- liinzu, bis ein ziemlich reichliclier, flockiger Niederschlag von MgO^H^ erhalten fermentes. wird. Dieser Niederschlag, welcher viel Ferment enthält, wird gewaschen, aus- gepresst, in Wasser durch Zusatz von Essigsäure zu neutraler Reaktion gelöst und dann die Lösung durch Dialyse von Salzen befreit. Aus dieser Lösung kann man nach Pekeliiauixg"'') das Thrombin durch passenden Essigsäurezusatz ausfällen. Besser ist es jedoch nach ihm, das obige, mit MgSO.t gesättigte Filtrat zu dialysiren und darauf mit Essigsäure zu fallen. Auch aus Blutserum direkt kann man nach Fekelharing das Thrombin ge- winnen durch Verdünnung mit Wasser und Zusatz von so viel Essigsäure, dass das anfangs gefällte Serumglobulin, wenigstens grösstentheils, sich wieder löst. Durch wiederholtes Auflösen in alkalihaltigem Wasser und Ausfällen mit Essig- säure wird das Thrombin gereinigt. Wird eine, wie oben angegeben, dargestellte, salzhaltige Lösung von Fibri- nogen mit einer Lösung von „Fibrinferment" versetzt, so gerinnt sie bei Zimmer- temperatur mehr oder weniger rasch und liefert dabei ein ganz typisches Fibrin. Ausser dem Fibrinfermente ist dabei jedoch auch die Gegenwart von Neutralsalz ein noth wendiges Bedingniss, ohne welches, wie Alex. ScionoT gezeigt hat^), die Faserstoffgerinnung überhaupt nicht von Statten geht. Die Gegenwart von lös- lichem Kalksalz ist ebenfalls eine unerlässliche Bedingung für die Fibrinbildung (Artiius und Pages, Pekelharing) und das ausgeschiedene Fibrin ist stets kalkhaltig. Die Menge Faserstoff, welche bei der Gerinnung entsteht, ist stets kleiner als die Menge Fibrinogen, aus welcher das Fibrin hervorgeht, und es bleibt dabei stets eine kleine Menge Proteinsubstanz in Lösung zurück. Es Fibrinbiid- ist deshalb auch wohl möglich, dass die Faserstoffgerinuung, in Uebereinstimm- dem^Fibri- uug mit einer zuerst von Denis ausgesprochenen Ansicht, ein Spaltungs Vorgang "°''^°' sei, bei welchem das lösliche Fibrinogen in einen unlöslichen Eiweissstoff, das Fibrin, welches die Hauptmasse darstellt, und eine lösliche Proteiusubstanz, welche nur in geringer Menge gebildet wird, sich spaltet. Man findet in der That auch sowohl im Blutserum wie in dem Serum geronnener Fibrinogen- lösungen eine, bei etwa -f- ß-^^ G- gerinnende, globulinähuliche Substanz^), die vom Verf. Fibrin gl ob ulin genannt wurde. Die Frage, ob diese Substanz als Verunreinigung in der Fibrinogenlösung enthalten sei oder ob sie ein wahres 1) Pflüger's Arch. Bd. 18. S. 89. -') 1. c. 3) Pflüger's Arch. Bd. 11. S. 291—304; ebeiul. Bd. 13. S. 103. i) IIammarsten, ebend. Bd. 22. 104 Sechstes Kapitel. Spaltungsprodukt darstelle, hat man indessen noch nicht ganz sicher entscheiden können. Die Kalksalze sind, wie oben gesagt, nothwendige Bedingnisse für das Zustandekommen der Gerinnung. Nach Pekelhaklng ^) wirken sie hierbei in Theorie von folgender Weise. Das Fibrinferment, das Thrombin, ist eine Kalkverbindung Pekeiharing. (jgg Zjmogens, des Prothrombins. Bei der Gerinnung wird durch das Thrombin Kalk auf das Fibrinogen übergetragen, welches dadurch in das unlösliche, kalk- haltige Fibrin übergeführt wird. Das Thrombin wird hierbei in Prothrombin zurückverwandelt, nimmt aber von Neuem Kalk auf und geht hierdurch wieder in Thrombin über, welches seinen Kalk auf eine neue Portion Fibrinogen über- trägt u. s. w. Der Vorgang würde also eine gewisse Aehnlichkeit mit der Aetherbildung aus Schwefelsäure und Alkohol zeigen. Nach DoGLEL und Holzmann ^) soll die Faserstoffgerinnung eine Oxydation des Fibrinogens sein. Die Beziehung des Sauerstoffes zu der Gerinnung ist zwar nicht ganz klar und ein gewisser Einfluss desselben auf die Gerinnung kann nicht in Abrede gestellt werden ; da aber die Gerinnung auch bei Abwesenheit von fi'eiem Sauerstoffe von Statten gehen kann, scheint die obige Ansicht nicht genügend begründet zu sein. Wenn also der Vorgang bei der Gerinnung des Fibrinogens noch unklar ist, so besteht doch jedenfalls die Blutgerinnung zunächst darin, dass das Fibri- nogen des Plasmas in Fibrin übergeht. Die Gerinnung des Blutes ist indessen ein weit mehr verwickelter Vorgang als die Gerinnung einer Fibrinogenlösung, insoferne als bei der ersteren auch andere Fragen, wie die Ursache des Flüssig- bleibens des Blutes im Körper, der Ursprung des Fibrinfermentes^ die Bedeut- ung der Formelemente für die Gerinnung u. a. in den Vordergrund treten. Ein näheres Eingehen auf die verschiedenen Hypothesen und Theorien der Blut- gerinnung kann deshalb auch erst später geschehen. Serumglobulin, von Kühne ^) Paraglobulin, von Alex. Schmidt*) fibrinoplastische Substanz und von Panum^) Serumkasein genannt, deT'seruTQ^ kommt in Plasma, Serum, Lymphe, Trans- und Exsudaten, weissen und rothen giobuüDs. Blutkörperchen und wahrscheinlich in mehreren thierischen Geweben und Form- elementen, wenn auch in kleiner Menge, vor. Findet sich auch im Harne in mehreren Krankheiten. Das Serumglobulin ist ohne Zweifel keine einheitliche Substanz, sondern ein Gemenge von zwei oder mehreren Proteinsubstanzen, deren vollständige und 1) Untersuch, über das Fibrinferment. Verhandel. d. koniukl. Akad. d. Wettensch. te Amsterdam. Deel 1. Nr. 3. 1892. 2) Compt. rend. d. Congres internat. des sciences medicales a Copenhague 1884. Tomel. S. 135. 3) Lehrbuch d. physiol. Chera. Leipzig 18GG — 68. 4) Arch. f Anat. u. Physiol. 1861. S. 545 u. 1862 S. 428. 5) ViRCHOw's Arch. Bd. 4. Das Serumglobulin. 105 sichere Trennung von einander noch nicht gelungen ist. Bei dieser Sachlage müssen die Angaben üljer die Eigenschaften des Serumglobulins natürlich etwas unsicher sein. Nach den bisherigen Erfahrungen hat es folgende Eigen- schaften ^). Es hat die allgemeinen Eigenschaften der Globuline. In feuchtem Zu- stande stellt es eine schneeweisse, feinflockige, gar nicht zähe oder elastische Masse dar. Wesentliche Unterschiede zwischen Serumglobulin und Fibrinogen sind übrigens folgende. Serumglobulinlösungen werden von NaCl, bi.s zur g^^^f^l^'^jpg Sättigung eingetragen, nur unvollständig und von dem gleichen Volumen ge- gj^^^ms. sättigter Kochsalzlösung gar nicht gefällt. Die Gerinnungstemperatur ist bei einem Gehalte von 5 — 10 ^/o NaCl in der Lösung -|- 75^ C. Von MgSO^ in Substanz, bis zur Sättigung eingetragen, wie auch von dem gleichen Volumen gesättigter Ammoniumsulfatlösung wird eine Serumglobulinlösung vollständig gefällt. Die sp. Drehung in salzhaltiger Lösung ist für Serumglobulin aus Rinderblut, nach Fredericq^) a(D) = — 47,8°. Nach K. MüRNEE^) giebt das Serumglobulin beim Sieden mit einer ver- dünnten Mineralsäure eine reduzirende Substanz. Ob dies daher rührt, dass die bisher als Serumglobulin bezeichnete Substanz ein Glykoproteid ist, oder daher, dass sie ein Gemenge von Globulin mit einem Glykoproteid darstellt, darüber wissen wir gegenwärtig nichts Sicheres. Serumglobulin kann leicht aus Blutserum durch Neutralisation oder schwaches Ansäuren desselben mit Essigsäure und darauffolgende Verdünnung mit 10 bis 20 Vol. Wasser als eine feinflockige Fällung ausgeschieden werden. Zur weiteren Reinigung löst man den Niederschlag in verdünnter Kochsalzlösung oder in i^^fsteUang. Wasser mit Hilfe von möglichst wenig Alkali und fallt dann von Neuem durch Verdünnen mit Wasser, bezw. durch Zusatz von ein wenig Essigsäui'e. Auch mittelst Magnesium- oder Ammoniumsulfat kann das Serumglobulin aus dem Serum ausgeschieden werden; in diesem Falle ist es aber schwierig, die Salze durch Dialyse vollständig zu entfernen. Das aus Blutserum dargestellte Serum- ^ßg^^ll^^!'*' globulin ist stets von Lecithin und sogen. Fibrinfermeut verunreinigt. Ein von uni?. Fibrinferment nicht verunreinigtes Serumglobulin kann aus fermeutfreien Trans- sudaten, wie bisweilen aus Hydroceleflüssigkeiten, dargestellt werden, was also zeigt, dass Serumglobulin und Fibrinferment verschiedene Stofle sind. Zum Nachweise und zur quantitativen Bestimmung des Serumglobulins kann mau die Ausfällung mit Magnesiumsulfat bis zur Sättigung (Verf."*) oder mit dem gleichen Volumen einer gesättigten neutralen Ammoniumsulfatlösung (Hof- meister und Kauder und Fohl 5) benutzen. Der Niederschlag wird behufs der quantitativen Bestimmung auf ein gewogenes Filtrum gesammelt, mit der frag- lichen Salzlösung gewaschen, bei etwa 115° C. mit dem Filtrum getrocknet, 1) Vergl. im Uebrigen IIammakstek: Ueber Paraglobuliii, PflüGEK's Arcb. Bdd. 17 und 18. 2) Bull. Acad. Roy. de Belg. (2.) Tome 50. 3) Centralbl. f. Physiol. 1893. Nr. 20. ■i) Pflvger's Arch. Bd. 17. S. 447. •') Arch. f. e.xp. Path. u. Pharm. Bd. 20. S. 411 u. 42G. 106 Sechstes Kapitel. dann mit kochend heissem Wasser zur vollständigen Entfernung der Salze aus- gewaschen, mit Alkohol und Aether extrahirt, getrocknet, gewogen und zur Be- stimmung der Asche verbrannt. Serumalbumin findet sich in reichlicher Menge in Blutserum, Blut- plasma, Lymphe, Ex- und Transsudaten, Wahrscheinlich findet es sich auch des^ s™nm- i" anderen thierischen Flüssigkeiten und Geweben. Dasjenige Eiweiss, Avelches a umins. ^jj-^j-g^. pathologischen Verhältnissen in den Harn übergeht, besteht zu grossem, oft zum grössten Theile aus Serumalbumin. In trockenem Zustande ist das Serumalbumin eine durchsichtige, gummi- ähnliche, spröde, hygroskopische Masse oder ein weisses Pulver, welches, ohne sich zu zersetzen, auf 100*^ C. erhitzt werden kann. Die Lösung in Wasser giebt die gewöhnlichen Reaktionen der Albumine; die sp. Drehung des para- Eigen- globulinfreien , aus Transsudaten von Menschen dargestellten Serumalbumins Schäften des ö ' * afbumhis ^^'^^^^^ von Staeke ^) ZU a(D) = — 62,6 ü — 64,6" bestimmt. Die Gerinnungs- temperatur einer Serumalbuminlösuug soll nach den meisten Angaben -|- 70 ä -\- Ib^ C. sein, schwankt aber nach Starke in hohem Grade mit wechselnder Konzentration und Salzgehalt Eine Lösung von 1 — 2*^/0 Albumin kann bei Gegenwart von sehr wenig NaCl schon bei -|-50'' C. oder darunter gerinnen; bei Gegenwart von 5°/o NaCl gerinnt sie dagegen bei -|~ '^^ a -j- 90° C. Durch dene Sernm- Vorsichtigen Säurezusatz wird die Gerinnungstemperatur erniedrigt, durch Alkali- zusatz dagegen erhöht. Im Blutserum von einigen Thieren und in Transsudaten von Menschen beobachtete Halliburton 2) Gerinnungen beim Erhitzen zu folgen- den Temperaturen: -j- 70 ä 73° C; 77 ä 78*^ C. und 82 ä 85° C. Er be- trachtet deshalb auch das Serumalbumin als ein Gemenge von drei Albuminen, a, ß und y, welchen die drei ebengenannten Gerinnungen entsprechen sollen. Bei Kaltblütern fand er nur das Albumin a. Das Serumalbumin unterscheidet sich von dem Albumin des Hühner- eiweisses dadurch, dass es stärker nach links dreht, dass seine durch starke Salzsäure Unter- erzeugte Fällung in einem Ueberschusse der Säure sich leicht wieder löst, dass dem es von Alkohol weit weniger leicht unlöslich wird, und endlich dadurch, dass es innerhalb des Organismus sich anders verhält. Das Eialbumin, in die Blut- bahn eingeführt, geht nämlich in den Harn über, das Serumalbumin dagegen nicht. Eine Lösung von Serumalbumin ist noch nie mit Sicherheit ganz frei von Mineralstoffen erhalteji worden. Eine möglichst salzarme Lösung gerinnt weder beim Kochen noch nach Zusatz von Alkohol. Nach Zusatz von ein wenig Kochsalz gerinnt sie dagegen in beiden Fällen. Zur Darstellung des Serumalbumins entfernt man nach Johansson^) zu- erst das Globulin durch Sättigung mit Magnesiumsulfat bei etwa -|- 30" C. und filtrirt bei derselben Temperatur. Das erkaltete Filtrat wird von dem aus- 1) Vergl. Maly's Jahresber. ßfl. 11. 2) Journal of Physiol. Bdd. 5 u. 7. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9. S. 317. Das Blutserum. 107 H N S 0 6,90 16,66 1,25 22,26 (Hammarstek) 6,83 16,91 1,10 22,48 do. 6,98 16,06 — — do. 7,01 15,85 1,11 23,32 do. 6,85 16,04 1,80 22,25 do. 6,65 15,88 2,25 22,97 do. krystallisirten Salze getrennt und mit Essigsäure bis zu gegen 1 °/o versetzt. Der entstandene Niederschlag Avird abfdtrirt, ausgepresst, in AV^asser unter Zu- satz von Alkali zu neutraler Reaktion gelöst und die Lösung dann durch Dia- oareteiiong lyse von Salzen befreit. Man kann auch das Serunialbumin nach Starkk ') "^^/i^°^^^' aus dem mit Magnesiurasulfat gesättigten Filtrate durch Eintragen von Natrium- stimnmng. Sulfat bis zur Sättigung bei etwa -|- 40° C. ausscheiden. Der ausgepresste Niederschlag wird auch in diesem Falle in Wasser gelöst und die Lösung durch Dialyse von Salzen befreit. Aus den dialysirten Lösungen kann das Albumin in fester Form erhalten werden entweder durch Eintrocknen der Lösung in ge- linder Wärme oder auch durch Ausfällung mit Alkohol, welcher dann rasch entfernt wird. Zum Nachweise und zur quantitativen Bestimmung des Serum- albumins kann man das von dem mit Magnesiumsulfat ausgeschiedenen Globulin getrennte Filtrat zum Sieden, wenn nöthig nach Zusatz von ein wenig Essig- säure, erhitzen. Am einfachsten wird die Menge des Serumalbumins als Differenz zwischen dem Gesammteiweiss und dem Globulin berechnet. Uebersicht der elementaren Zusammensetzung der oben geschilderten und besproehenen Eiweissstofle : C Fibrinogen 52,93 Fibrin 52,08 Fibringlobulin .... 52,70 Serumglobulin .... 52,71 Serumall)umiu (1) . . . 53,00 Serumalljumin (2) . . . 52,25 Das Serumalbumin (2) rührt von einem Exsudate vom Menschen, die übrigen Präparate dagegen vom Pferdeblut her. Das Fibrin ist aus ültrirtem Kochsalzplasma dargestellt worden. Das Blutserum. Wie oben gesagt, ist das Blutserum die klare Flüssigkeit, welche aus dem Blutkuchen bei der Zusammenziehung desselben ausgepresst wird. Von dem Plasma unterscheidet sich das Blutserum hauptsächlich durch die Abwesenheit von Fibrinogen und die Gegenwart von reichlichen Mengen Fibrinferment. Im üebrigen enthalten Blutserum und Blutplasma, qualitativ genommen, dieselben Hauptbestandtheile. Das Blutserum ist eine klebrige Flüssigkeit, welche stärker alkalisch als das Blutplasma reagirt. Das spezifische Gewicht ist beim Menschen 1,027 bis 1,032, im Mittel 1,028. Die Farbe ist oft stärker oder schwächer gelblich, beim schaftea des Menschen blassgelb mit einem Stiche ins Grünliche, beim Pferde oft bernstein- gelb. Das Serum ist gewöhnlich klar; nach der Mahlzeit kann es jedoch, je nach dem Fettgehalte der Nahrung, opalisirend, trübe oder milchig weiss sein. Ausser den oben besprochenen Stoffen sind im Blutplasma oder Blutserum folgende Bestandtheile gefunden worden. Fett kommt in einer Menge von 1 — 7 p. m. bei nüchternen Tliieren vor. ° . ^ Fett. Nach Aufnahme von Nahrung hat man viel grössere Mengen gefunden. Es 1) Maly, Jahresber. Bd. 11. 108 Sechstes Kapitel. sind ferner Seifen (Hoppe-Seyler ^), Cholesterin und Lecithin gefunden worden. ZucJcer scheint ein physiologischer Bestandtheil des Plasmas zu sein, und nach den Untersuchungen von Abeles, Ewald, Külz, v. Mering^j und Seegen ^) ist dieser Zucker Glukose. In dem Plasma fand Otto'*) neben dem Zucker eine andere, reduzirende , nicht gährungsfähige Substanz. Die Menge des Zuckers im Blute beträgt etwa 1 — 1,5 p. m. Im Menschenblute fand Otto 1,18 p. m. Zucker und 0,29 p. m. der anderen, reduzirenden Substanz. Nach Zacker und Jacobsen ^) ist diese Substanz in Aether löslich und sie soll dem Jekorin Snbstaiiz im nahe Verwandt sein. Der Gehalt des Blutes an Zucker scheint von der u serum. ßggß]ij^ffgji}^git (jgr Nahrung fast unabhängig zu sein ; nach Fütterung mit grossen Mengen Zucker oder Dextrin wurde indessen von Bleile*") eine bedeu- tende Vermehrung des Zuckers beobachtet. Wenn der Zuckergehalt mehr als 3 p. m. beträgt, soll nach Gl. Bernard '^) Zucker in den Harn übergehen und also eine Glykosurie auftreten. Auf den verschiedenen Zuckergehalt des Blutes in verschiedenen Gefässbezirken wie auch unter verschiedenen Verhältnissen wird später ausführlicher eingegangen werden. Das in dem Blute gefundene Glykogen stammt, wie es scheint, nicht aus dem Plasma, sondern aus den Leuko- cyten her. Nach dem Aderlasse nimmt, wie schon Bernard ^) zeigte, der Zucker- gehalt des Blutes mehr oder weniger rasch ab. Lepine^), welcher gemeinschaft- lich mit Barral diese Abnahme der Zuckermenge besonders studirt hat, nennt Giytoiyse sie Gliiholiise. LUPINE und Barral und ebenso Arthus'°) haben gezeisit, dass im Bluto. . " '^ . . . . . die Glykolyse auch bei vollständiger Abwesenheit \'on Mikroorganismen statt- findet^^). Sie scheint durch ein lösliches Enzym bedingt zu sein, dessen Wirk- samkeit durch Erhitzen auf -j-54*' C. vernichtet wird. Dieses Enzym stammt nach den drei letztgenannten Forschern von den weissen Blutkörperchen her und nach Lupine wird es von dem Pankreas an das Blut abgegeben. Die 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8. 2) Du Bois-Eeymond's Arch. 1877. S. 379. Dieser Aufsatz enthält zahlreiche Litteraturangaben. 3) Pflügek's Arch. Bd. 40. 4) Ebend. Bd. 35. Enthält eine gute Uebersicht der Litleratur über Zucker im Blute. 5) Centralbl. f. Physiol. 1892. Heft 13. C) Du Bois-PtEYiMOND's Arch. 1879. S, 67—69. 7) Lecons sur le diabete. Deutsch von Posxer 1878. S. 75. 8) Ebend. S. 120. 'J) Bezüglich der zahlreichen Aufsätze von Lepine und Lepine et Baeral vergl. man : Lyon medical. Tome 62 und 63; Compt. rend. 110, 112 und 113; Li5pine: le ferment glyco- lytique et la pathogenie du diabete. Paris 1891 und: Ilevue analytique et critique des travaux etc. in Arch. de med. exper. Paris 1892. 10) Arch. de Physiol. Juli 1891 und April 1892. 11) Eine kritische Besprechung der verschiedenen Methoden zur Enteiweissung des Blutes bei Zuckerbestimmungen hat Seegen geliefert in Centralbl. f. Physiol. 1892. Heft 17. Serum uud Plasma. 109 Glykolyse ist nach Arthus und Colenbrander ^) nur ein postmortaler und kein vitaler Prozess. Das Blutplasma enthält ein auch in der Lymphe, nicht aber in den Form- elementen des Blutes enthaltenes, von Röhmann^) und Bial^) näher studirtes Enzym, welches Stärke und Glykogen in Zucker umsetzt. Unter den Stoffen, welche im Blute gefunden worden und welche ohne Zweifel zum kleineren oder grösseren Theile im Plasma sich vorfinden , sind ausserdem zu nennen: Harnstoff, Harnsäure (im Menschenblute von Abeles') gefunden), Kraatin, Karhaminsänre, Paramilclisüure und HippHrsäure. Der Stoffe. Gehalt an Harnstoff hängt von dem Ernährungszustande des Thiei'es ab. Bei Hunden fand Schündorff^) beim Hungern ein Minimum von 0,348 p. m. und ' im Stadium der höchsten Harnstoffbildung ein Maximum von 1,529 p. m. Unter pathologischen Verhältnissen hat man Xanthinkörper, Leucin, Tyrosin und G allen bestand theile gefunden. Die Farhstoffe des Blutserums sind nur wenig bekannt. Im Pferdeblut- serum kommt oft Gallenfarbstoff, Bilirubin, neben anderen Farbstoffen vor. Der gelbe Farbstoff des Serums scheint der Gruppe der Luteine^ welche oft auch Lipochrome oder Fettfarbstoffe genannt werden, zu gehören. Aus Rinder- blutserum konnte Krukenberg ^) mit Amylalkohol ein sogen. Lipochrom iso- liren, dessen Lösung zwei Absorptionsstreifen zeigte, von denen der eine die Linie F einschliesst und der andere zwischen F und G liegt. Die Mineralstoffe sind im Serum und im Blutplasma qualitativ, aber nicht quantitativ, dieselben. Ein Theil des Calciums, des Magnesiums und der Phos- phorsäure wird nämlich bei der Gerinnung mit dem Faserstoff ausgeschieden. Mittelst Dialyse können im Serum Chlornatrium, welches die Hauptmasse oder 60 — 70"/o sämmtlicher Mineralstoffe des Serums ausmacht, ferner Kalksalze, Natriumkarbonat nebst Spuren von Schwefelsäure, Phosphorsäure und Kalium ^g?j*'(f*'" direkt nachgewiesen werden. Ln Serum glaubt man auch Spuren von Kiesel- säure, Fluor, Kupfer, Eisen, Mangan und Ammoniak gefunden zu haben. "Wie in den thierischen Flüssigkeiten überhaupt, sind im Blutserum Chlor und Natrium vorherrschend gegenüber der Phosphorsäure und dem Kalium (dessen Vorkommen im Serum sogar angezweifelt worden ist). Die in der Asche gefundenen Säuren sind zur Sättigung sämmtlicher darin gefundener Basen nicht hinreichend, ein Verhalten, welches zeigt, dass ein Theil der letzteren an organische Substanzen, wahrscheinlich Eiweiss, gebunden ist. Farbstoffe. 1) iMALY'a Jahresber. Bd. 22. -') Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 25 und PflüGER's Arch. Bd. 52. ■^) Ueber das diastatische Ferment des Lymph- und Blutserums. Inaug.-Piss. Breslau 1892. Enthält auch die ältere Litteratur. Yergl. ferner PflvüER's Arch. Bdd. 52, 54 u. 55. •i) Wien. med. Jahrbücher 1887. 5) Pflüger's Arch. Bd. 54. C) Sitzber. d. Jen. Gesellsch. f. Med. 1885. 110 Sechstes Kapitel. Die Gase des Blutserums, welche hauptsächlich aus Kohlensäure mit nur wenig Stickstoff und Sauerstoff bestehen, werden bei Besprechung der Blutgase abgehandelt werden. Wegen der Schwierigkeit, Plasma zu gewinnen, sind nur wenige Analysen von solchem ausgeführt Avorden. Als Beispiele werden hier die für Pferdeblut- plasma gefundenen Werthe angegeben. Die Analyse Nr. 1 ist von Hoppe-Seyler ^) ausgeführt worden. Nr. 2 enthält die Mittelzahlen von drei vom Verf. herrühren- den Analysen. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Plasma. Zusammen- setzung des Plasmas. Nr. 1 Nr. 2 Wasser . . . 908,4 917,6 Feste Stoffe 91,6 82,4 Gesammteiweiss 77,G 69,5 FibriQ . . . 10,1 6.5 Globulin . . . — 38,4 Serumalbumin . — 24,6 Fett .... 1,2 '. 12,9 Extraktivstoffe . 4,0 Lösliche Salze . 6,4 Unlösliche Salze 1,7 ^ Als Beispiele der Zusammensetzung des Blutserums, mit besonderer Rück- sicht auf das Verhältniss der verschiedenen Eiweisskörper zu einander, werden folgende Analysen angeführt. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. Serum von Mensch Pferd Zusammen- Setzung des xtinu • Serums. Hund. Huhn. Frosch Aal . 92,07 85,97 89,65 54,00 76,20 31,04 72,57 45,65 74,99 41,69 58,20 20,50 39,49 7,84 25,40 21,80 67,30 52,80 45,16 26,92 33,30 37,70 31,65 3,60 14,50 oCO 3 Serumalbumin Serumglobulin 15,88 13,40 14,66 14,51 1,5 1 0,591 1 0,842 1 1,8 1 4,03 1 Hammaksten ^) de. do. Salvioli ^) Hammaksten Halliburton ''j do. Nach Halliburton ist bei Kaltblütern nicht nur die Menge des Albumins 1) Cit. nach v. Goeup-Besanez. Lehrbuch der physiol. Chem. 4. Aufl. S. 346. 2) Pflüger's Arch. Bd. 17. 3) Du Bois-Reymond's Arch. 1881. S. 275. 4) Journ. of Physiol. Bd. 7. S. 319 und 321. Miueralstoffe des Blutserums. 111 Gehalt des 2 3 0,273 0,254 4,272 4,351 3,611 3,717 0,136 0,126 0,038 0,045 0,011 0,011 derjenigen des Globulins gegenüber verhältnissmässig kleiner, sondern auch die Gesammtmenge des Eiweisses überhaupt kleiner als bei Warmblütern. Die Menge der MineralstofFe im Serum ist von mehreren Forschern be- stimmt worden. Aus den Analysen ergiebt sich, dass zwischen Menschen- und Thierblutserum eine recht grosse Uebereinstimmung besteht; und es dürfte des- halb auch genügend sein, die von C. Schmidt^) an (1) Menschenblut- und die ^M^ne^mi-'* von Bunge ^) an (2) Schweine- und (3) Rinderblutserum ausgeführten Analysen Stoffen, hier mitzutheilen. Da bei dem Einäschern durch Verbrennung von Lecithin und PZiweiss unrichtige Zahlen für die Phosphorsäure und Schwefelsäure erhalten werden, sind diese Zahlen hier nicht mit aufgenommen, Sämmtliche Zahlen- werthe beziehen sich auf 1000 Theile Serum. 1 K.,0 .... 0,387-0,401 Nä.,0. . . . 4,290—4,290 Cl" . . . . 3,565—3,659 CaO .... 0,155—0,155 MgO .... 0,101 FeoOs . . . Der Gehalt an NaCl beträgt rund 6 p, m., und es ist bemerkenswerth, dass dieser Gehalt an NaCl ziemlich konstant bleibt, so dass ein mit der Nah- rung aufgenommener Ueberschuss an KaCl mit dem Harne rasch eliminirt wird, ^^^"^Jer^*" während bei einer an Chloriden armen Nahrung der Gehalt des Blutes an solchen ^'''°"'^®- zwar zuerst etwas sinkt, dann aber durch Aufnahme von Chloriden aus den Geweben wieder steigt. Die Ausscheidung von Chloriden mit dem Harne ist dabei vermindert. Die Menge der Phosphorsäure — als Na^HPO^ berechnet — in dem von Lecithin befreiten Serum ist von Sertoli^) und Meoczkowski'') in ver- schiedeneu Serumarten zu 0,02 — 0,09 p. m, bestimmt worden. Die sehr kleine Menge Eisen, die man bisweilen in dem Serum gefunden hat, dürfte vielleicht von einer unbedeutenden Beimengung von Blutfarbstoff herrühren. II. Die Formelemente des Blutes. Die rothen Blutkörperchen. Beim Menschen und Säugethieren (mit Ausnahme des Lamas, Karaeels und deren Verwandten) sind die Blutkörperchen runde, bikonkave Scheiben ohne Membran und Kern, Bei den obengenannten Säugethieren (dem Kameele etc) wie auch bei Vögeln, Amphibien und Fischen (mit Ausnahme von den Cyclo- 1) Cit. nach Hoppe-Seylee, Physiol. Chem. 1881. S. 439. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 12. S. 206—208. 3) IIoppe-Seylek, Med. ehem. Uniersuch. S. 350, ■4) Centralbl. f. d. med. Wisseusch. 187S. Nr. 20. 112 Sechstes Kapitel. stomen) sind sie dagegen im Allgemeinen kernführend , bikonvex, mehr oder weniger elliptisch. Die Grösse ist bei verschiedenen Thieren wechselnd. Beim Menschen haben sie einen Durchmesser von im Mittel 7 ä 8 it (ii = 0,001 mm) und eine grösste Dicke von 1,9 iii. Das Volumen eines einzelnen rotheu Blut- körperchens beträgt nach Wendelstadt und L. Bleebtreu') beim Pferde 0,00000003858 cram und beim Schweine 0,0000000435 cmm. Das Gewicht Eoihe Blut- ist nach denselben Forschern beim Pferde 0,00000004307 ms. Ihr spezifisches körperchen. _ i • ""^ i Gewicht hat man zu 1,088 — 1,105 geschätzt. Sie sind also schwerer als das Blutplasma oder Serum und sinken deshalb in diesen Flüssigkeiten unter. In dem entleerten Blute lagern sie sich bisweilen mit den Oberflächen an einander und können dabei geldrollenähnliche Bildungen darstellen. Die Ursache hierzu ist unbekannt; da eine solche Geldrollenbildung aber auch in dem defibrinirten Blute zu Stande kommt, hat sie anscheinend nichts mit der Fibrinbildung zu thun. Mit dem Mikroskope gesehen hat jedes Blutkörperchen eine blassgelbe Farbe und erst in etwas dickerer Schicht ist die Farbe etwas röthlich. Die Anzahl der rothen Blutkörperchen ist im Blute verschiedener Thier- arten wesentlich verschieden. Beim Menschen kommen gewöhnlich in je 1 cmm, beim Manne 5 Millionen und beim Weibe 4 ä 4,5 Millionen vor. Beim Verdünnen des Blutes mit Wasser, beim abwechselnden Gefrieren- lassen und Wiederaufthauen desselben wie auch beim Schütteln desselben mit Aether oder bei Einwirkung von Chloroform oder Galle auf das Blut findet eine merkbare Veränderung statt. Der Blutfarbstoff, welcher in den Blutkörper- chen wohl kaum frei, sondern vielmehr in Uebereinstimmung mit der Ansicht Verhalten von Hoppe-Seyler an irgend eine andere Substanz, vielleicht das Lecithin, kötperche'n gebunden ist, wird hierbei aus dieser Verbindung frei gemacht und geht in Aether^etc.' Lösung über, während der Rest eines jeden Blutkörperchens eine gequollene Masse darstellt. Bei Durchleitung von Kohlensäure, bei vorsichtigem Zusätze von Säure, sauren Salzen, Jodtinktur oder einigen anderen Stoffen verdichtet sich dieser eiweiesreiche Rest wieder und kann in mehreren Fällen die Form des Blutkörperchens wieder erhalten. Diesen Rest hat man das Stronia der rothen Blutkörperchen genannt. Zur Isolirung der Stroniata der Blutkörperchen wäscht man zuerst die Blutkörperchen in der Weise, dass man das Blut mit 10 — 20 Vol. Kochsalz- lösung von 1 — 2^/o verdünnt und dann das Gemenge centrifugirt oder bei nied- Darsteiiung riger Temperatur stehen lässt. Dieses Verfahren wird einige Male wiederholt, stromata. bis die Blutkörperchen vom Serum befreit worden sind. Die so gereinigten Blutkörperchen werden nach Wooldredge mit dem 5 — 6 fachen Volumen Wasser vermischt und dann ein wenig Aether zugesetzt, bis anscheinend vollständige Lösung eingetreten ist. Die Leukocyten setzen sich allmählich zum Boden, was durch Centrifugiren beschleunigt werden kann, und die von ihnen getrennte 1) Pflüger's Arch. Bd. 52. Rothe Blutkörperchen. 113 Flüssigkeit wird dann sehr vorsichtig mit einer 1^/oigen Lösung von KHSO^ versetzt, bis sie etwa so dickflüssig wie das ursprüngliche Blut wird. Die aus- geschiedenen Stromata werden auf Filtrum gesammelt und rasch ausgewaschen. Als Bestandtheile des Stromas fand Wooldridge^) Lecithin, Cholesterin, XHldcoaJhumin und ein GJohuJin, welches von Halliburtox als Zfllglohidin bezeichnet wurde und wahrscheiidich ein Xukleoproteid ist. Sonst konnten aber von Halliburtox und Friend^j keine Nukleinsubstanzen, ebenso wenig wie Serumalbuniin und Albuniosen , nachgewiesen werden. Die kernhaltigen rothen Blutkörperchen der Vögel enthalten nach Pl(')SZ und Hoppe- Seyler^) Nulcle'in und einen in Kochsalzlösung von 10 ",o zu einer schleimigen Masse aufquellenden Eiweisskörper, welcher der in den lymphoiden Zellen vorkommen- den hyalinen Substanz {]ii/aline Substanz von Rovm.v vergl. S. 80) nahe ver- wandt zu sein scheint. Die kernfreien rotheu Blutkörperchen sind im Allge- meinen sehr arm an Eiweiss und reich an Hämoglobin ; die kernhaltigen sind reicher an Eiweiss und ärmer an Hämoglobin als die kernfreien. Gallertartige, dem Aussehen nach fibrinähnliche Eiweissstoffe können unter Umständen aus den rothen Blutkörperchen erhalten werden. Derartige, fibrin- ähnliche Massen hat man beobachtet nach Gefrierenlassen und Wiederaufthauen des Blutkörperchensedimentes, bei starken elektrischen Entladungen einer Leyd euer Flasche durch das Blut, beim Auflösen der Blutkörperchen einer Thierart in dem stroma- Serum einer anderen (Landois', „Stromafihrin"^) u. s. w. In keinem von diesen Fällen ist es jedoch bewiesen, dass es hier in der That um eine, auf Kosten des Stromas stattfindende Fibrinbildung sich gehandelt hat. Nur für die rothen Blutkörperchen des Froschblutes scheint es bewiesen zu sein, dass sie Fibrinogen enthalten (Alex. Schmidt und Semmer^). Die 3IineraI Stoffe der rothen Blutkörperchen sind hauptsächlich Kalium, Phosphorsäure und Chlor; in rothen Blutkörperchen von Menschen, Hund und Rind ist indessen auch Natrium gefunden worden. Der in physiologischer Hinsicht wichtigste Bestandtheil der Blutkörperchen scheint der rothe Farbstoff" zu sein. Blutfarbstoffe. In den rothen Blutkörperchen kommt nach Hoppe-Seyler's ^) Ansicht der Farbstoff" nicht frei, sondern an eine andere Substanz gebunden vor. Der krystallisirende Farbstoff", das Hämoglobin, bezw. Oxvhämoglobin, welches aus 1) Du Bois-Reymoxd's Arch. 1881. S. 387. 2) Jouru. of Physiol. Bd. 10. 3) Hoppe-Seylek, Med. chcin. Untersuch. S. 510. 4) Centralbl. f. d. med. Wisseusch. 1S74. S. i2l. ö) Alex. Schmidt in Pflüger's Arch. Bd. 11. S. 550 — 559. 6) Zeitschr. f. physiol. Chera. Bd. 13. Uammarsten, Physiologische Chemie. Driito Aufiago. IIJ- Sechstes Kapitel. dem Blute isolirt werden kann, ist nach ihm als ein Spaltungsprodukt dieser Verbindung aufzufassen, und es verhält sich in mehreren Hinsichten anders als die fragliche Verbindung selbst. So ist z. B. letztere in "Wasser unlöslich und nicht krystallisirbar. Sie wirkt stark zersetzend auf WasserstofThyperoxyd, ohne dabei selbst oxydirt zu werden; sie zeigt einigen chemischen Reagenzien (wie Kaliumferricyanid) gegenüber eine grössere Resistenz als der freie Farbstoff Farbstoffe ^^f[ endlich soll sie wesentlich leichter als dieser an das Vakuum ihren locker der Blut- körperchen, gebundenen Sauerstoff abgeben. Zum Unterschiede von den Spaltungsprodukten, dem Hämoglobin und dem Ox3'hämoglobin, könnte man nach Hoppe-Seyler ^) die Blutfarbstoffverbindung der venösen Blutkörperchen PJiJehin und die der arteriellen Arterin nennen. Da indessen die obengenannte Verbindung des Blut- farbstoffes mit einem anderen Stoffe, wie z. B. dem Lecithin, wenn sie überhaupt existirt nicht näher studirt worden ist, beziehen sich die folgenden Angaben nur auf den freien Farbstoff, das Hämoglobin. Die Farbe des Blutes rührt theils von HümogJohin, bezw. Psendohämo- glohin (s. unten), und theils von einer molekularen Verbindung desselben mit Sauerstoff, dem Ox}/Jiä))iogIohi)i, her. In dem Erstickungsblute findet sich fast ausschliesslich Hämoglobin und Pseudohämoglobin, im arteriellen Blute unver- des Hämo" hältnissmässig überwiegend Oxyhäraoglobin und in dem venösen Blute ein Ge- giobins. jj^gDge der genannten Farbstoffe. Blutfarbstoff findet sich atisserdem in quer- gestreiften wie auch in einigen glatten Muskeln und endlich auch in Lösung bei verschiedenen Evertebraten. Die Menge des Hämoglobins im Menschenblute kann zwar unter verschiedeneu Verhältnissen etwas seh wanken, beträgt aber im ^Mittel etwa 14°/o oder, auf 1 kg Körpergewicht berechnet, 8,5 g. Das Hämoglobin gehört zu der Gruppe der Proteide und als nächste Spaituns>- Spaltungsprodukte liefert es, nebst sehr kleinen Mengen von flüchtigen fetten ^"mmo ^°^ Säuren und anderen Stoffen, hauptsächlich Eiiveiss (gegen 96 ^/o) und einen giobins. eisenhaltigen Farbstoff, Hämochromogpn (gegen 4°/o), welches bei Gegenwart von Sauerstoff* leicht zu Hämatin oxydirt wird. Das aus verschiedenen Blutarten dargestellte Hämoglobin hat nicht ganz dieselbe Zusammensetzung, was auf das Vorkommen von verschiedenen Hämo- globinen hinzudeuten scheint. Leider stimmen jedoch nicht immer die von ver- schiedenen Forschern ausgeführten Analysen von Hämoglobin derselben Blutart gut untereinander, was vielleicht von der etwas abweichenden Darstellungs- methode herrühren kann. Als Beispiele von der Zusammensetzung verschiedener Hämoglobine werden folgende Analysen hier angeführt. Hämoglobin von C H N S Fe O V.,(\ Hund 53,85 7,32 16,17 0,39 0,43 21,84 — (Hoppe-Seyler^) do 54,57 7,22 16,38 0,568 0,336 20,93 — (Jacqcet^*) 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13. S. 495. ■i) Med. ehern. Untersuch. S. 370. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. Hämoglobine. 115 Hämoglobin von C H N S Fe O P.O.-, Pferd 54,87 6,97 17,31 0,050 0,470 19,73 — (Kossel ') do 51,15 6,76 17,94 0,390 0,335 23,43 — (ZixofK:^ky-') Rind 54,66 7,25 17,70 0,447 0,400 19,543 — (Hüfser'; Scliwein .... 54,17 7,38 16,23 0,660 0,430 21,300 — (Otto*; Zasammen- do 54,71 7,38 17,43 0,479 0,-399 19,602 — fllÜFXERj ^^HaHio*^^ Meerschweinchen . 54,12 7,30 16,78 0,580 0,480 20,080 — (Hoppe-Seyleu) e«obi"s Eichhörnchen . . 54,09 7,39 10,09 0,400 0,590 21,440 — (do.) GaiLS 54,20 7,10 10,21 0,540 0,430 20,090 0,77 (do ) Huhn 52,47 7,10 16.45 0,857 0,335 22,500 0,197 (Jacqcet). Ob der Gehalt de.s Vogelbluthämoglobins an Plio.«phor von einer Ver- unreinigung herrührt oder nicht, ist schwer zu entscheiden. Xach Inoko'') i.«t das Gänsebluthiimoglobin eine Verbindung zwischen Nukleinsäure und Hämo- globin. In dem Hämoglobin vom Pferde (Zen'OFRSky) , Schweine und Rind (HCfxer) kommen auf je 1 Atom Eisen 2, in dem Hundehämoglobin dagegen (Jacquet) 3 Atome Schwefel. Aus den elementaranalytischen Daten wie auch aus der Menge des locker gebundenen Sauerstoffes hat Hüfner*^) für das Hunde- bluthämoglobin das Molekulargewicht 14129 und die Formel CgggHjQ.jsNjg^FeSgOigj berechnet. Das Molekulargewicht ist also jedenfalls sehr hoch. Das Hämo- globin der verschiedenen Blutarten hat nicht nur, wie oben gezeigt, eine ver- schiedene Zusammensetzung, sondern auch eine verschiedene Löslichkeit und Krystallform und einen verschiedenen Krystallwassergehalt. was gewöhnlich ^*P^' i^5 durch die Annahme, dass es mehrere verschiedene Hämoglobine gebe, erklärt S8^<=''«- wird. Die.se Annahme hat in der letzten Zeit in Bohr') einen eifrigen Ver- treter gefunden. Durch fraktionirte Krystallisation von Hunde- und Pferdeblut- oxyhämoglobin ist es nämlich Bohe gelungen, Hämoglobinpräparate von un- gleicher sauerstoff'bindender Fähigkeit und ein wenig verschiedenem Eisengehalte darzustellen. Aus dem Pferdeblute hatte schon früher Hoppe-Seyler*) zwei verschiedene Formen von Hämoglobinkrystallen erhalten, und aus sämmtlichen diesen Beobachtungen zieht Bohr den Schluss, dass das gewöhnliche Hämo- globin ein Gemengre verschiedener Hämoglobine sei. Diesen Anoraben gegen- über hat indessen Hüfner^) gezeigt, dass im Rinderblute nur ein Hämoglobin vorhanden ist und dass Aehnliches wahrscheinlich auch füi- das Blut mehrerer anderer Thiere gilt. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. S. 150. 2) Ebend. Bd. 10. 3) Beitr. z. Physiol., Festschr. f. C. Ludwig. 1887. S. 74—81. 4) Zeit.schr. f. physiol. Chem. Bd. 7. S. 61. ä) Ebend. Bd. 18. 6) Jouru. f. prakt. Chem. Bd. 22. ') BOHK: 8ur los corabinaisons de Ihemoglobine avec l'oxygene. E.xtrait du Bulletin de l'Academie Roj"ale Danuise des sciences. S. 249. 8) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. 9) Du Bois-Reymond's Arch. 1894. 1890. Vert;!. auch Centralbl. f. Phvsiol. 1890. 116 Sechstes Kapitel. Oxyhämn- globin. Verschie- dene Oxy- hämo globine. Menge des SaaerstofFcs in dem Oxy hämo globin. Oxyhämo- glohill- krystallo. Oxyhämoglobin , früher auch Hämatoglobulin oder Hämato- krvstallin genannt, ist eine molekulare Verbindung von Hämoglobin und Sauerstoff. Auf je 1 Molekül Hämoglobin kommt nach der gewöhnlichen An- nahme 1 ]\rol. Sauerstoff; und die ISIenge locker gebundenen Sauerstoffes, welche von 1 g Hämoglobin (von Rindern) gebunden wird, ist von Hüfner^) zu 1,34 ccm (bei 0° C. und 760 mra Hg berechnet) bestimmt worden. Nach Bohk'-) liegt die Sache indessen anders. Er unterscheidet je nach der absorhirten Sauerstoffmenge vier verschiedene Oxyhämoglobiue, nämlich a-, '(j-, y- und o-Oxhyhämoglohin, welche alle dasselbe Absorptionsspektrum zeigen, von denen aber 1 g Hämoglobin resp. circa 0,4; 0,8; 1,7 und 2,7 ccm Sauerstoft" bei Zimmertemperatur und einem Sauerstoffdruck von 150 mm Quecksilber bindet. Das Oxyhämoglobin y ist das gewöhnliche, welches nach der üblichen Darstelluugsmethode erhalten wird. Als a-Oxyhämoglobin bezeichnet Bohr das durch Lufttrocknung des -i-Oxyhämoglobins erhaltene Krystallpulver. "Wird dieses 7-Oxyhämo- globin in "Wasser gelöst, so geht es unter Erhöhung des Eisengehaltes (ohne Zersetzung?) in '^-Hämoglobin über. Eine in einer zugeschmolzenen E.öhre aufbewahrte Lösung von )-Oxy- hämo^lobin kann unter nicht näher bekannten LTmständen iu '"-Oxyhämoglobin übergehen. Xach Hüfner') handelt es sich indessen hier nur um Gemengen von genuinem und theilweise zersetztem Hämoglobin. Die Fähigkeit des Hämoglobins, Sauerstoff aufzunehmen, scheint eine Funktion von dem Eisengehalte desselben zu sein, und wenn dieser letztere zu etwa 0,33 — 0,40*^/0 berechnet wird, wuirde also 1 Atom Eisen iu dem Hämo- o-lobin am nächsten etwa 2 Atomen = 1 Moleküle Sauerstoff entsprechen. Die Verbindung des Hämoglobins mit Sauerstoff ist, wie gesagt, eine lockere, dis- sociable, und die Menge des von einer Hämoglobinlösung aufgenommenen Sauer- stoffes hängt also von dem bei jeder Temperatur herrschenden Sauerstoffparti ar- drucke ab. Dementsprechend kann auch aus einer Oxyhämoglobinlösung säramt- licher Sauerstoff mittelst des Vakuums, besonders beim gelinden Erwärmen, oder mittelst Durchleitung von einem indifferenten Gase ausgetrieben werden, so dass die Lösuno- nur Hämoglobin enthält. Umgekehrt nimmt das Hämoglobin ausser- ordentlich begierig Sauerstoff auf und geht in Oxyhämoglobin über. Das Oxy- hämoglobin wird allgemein als eine schwache Säure aufgefasst. Das Oxyhämoglobin ist aus mehreren Blutarten in Krystallen erhalten worden. Die Krystalle sind blutroth, durchsichtig, seideglänzend und können 2 3 mm lang sein. Das Oxyhämoglobin des Eichhörnchenblutes krystallisirt in sechsseitigen Tafeln des hexagonalen Systems, die übrigen Blutarten dagegen liefern Nadeln, Prismen, Tetraeder oder Tafeln, welche dem rhombischen Systeme angehören. Der Gehalt an Krystallwasser ist in verschiedenen Oxyhämoglobinen ein verschiedener, 3 — lO^/o. Bei niedriger Temperatur über Schwefelsäure voll- ständig getrocknet, können die Krystalle ohne Zersetzung auf 110 — 115*^ C. erhitzt werden. Bei höherer Temperatur, etwas über 160*^ C, zersetzen sie sich, geben einen Geruch nach verbranntem Hörne ab und hinterlassen nach voll- ständiger Verbrennung eine aus Eisenoxyd bestehende Asche. Die Oxyhämo- globinkrystalle der schwer krystallisirenden Blutarten, wie Menchen-, Rinder- 1) De Bois-Reymon'd's Arch. 1894. 2) 1. c. Oxyhänioglobin. 1 1 7 und Schweineblut, sind in Wasser leicht löslich. Schwerer löslich sind in fol- gender Ordnung die leicht krYstallLsirenden Oxyhämoglobine aus Pferde-, Hunde-, Eichhörnchen- und Meerschweinchenblut. In sehr verdünnter Lösung von Al- kalikarbonat löi^t sich das Oxyhäinoglobin leichter als in reinem AVasser und jene Lösung seheint etwas haltbarer zu sein. Bei Gegenwart von ein wenig zu LOsiichkeit. viel Alkali wird das Oxyhämoglobin jedoch rasch zersetzt. In absolutem Alkohol können die Krystalle ohne Entfärbung unlöslich werden. Nach Nencki*) sollen sie dabei in eine isomere oder polymere Modifikation, von ihm Parahämofjlohin genannt, übergehen. In Aether, Chloroform, Benzol und Schwefelkohlenstoff ist das Oxyhämoglobin unlöslich. Eine Lösung von Oxyhämoglobin in Wasser wird von vielen Metallsalzen, nicht aber von Bleizucker oder Bleiessig gefällt. Beim Erwärmen der wässerigen Lösung zersetzt sich das Oxyhämoglobin bei 60 h 70*^ C, und es spalten sich Vorhalten zu Eiweiss und Hämatin ab. Ebenso wird es leicht von Säuren, Alkalien und mehreren ]\Ietallsalzen zersetzt. Es giebt auch mit mehreren Eiweissreagenzien die gewöhnlichen Eiweissreaktioneu, wobei erst eine Zersetzung mit Abspaltung von Eiweiss stattfindet. Das Oxyhämoglobin kann, wenn es selbst allmählich oxydirt wird, durch Verlegung von neutralem Sauerstoffe den Sauerstoff aktiviren und also wie ein ^ .^ » o Ozonuber- „Ozonerreger" wirken (Pflüger ^). Es hat indessen auch eine andere Be- träger. Ziehung zu dem Ozon, indem es nämlich als sogen. „Ozon über träger" die Fähigkeit besitzt, die Einwirkung des in gewissen Reagenzien (Terpentinöl) ent- haltenen Ozons auf Ozonreagenzien (Guajactinktur) zu vermitteln. Eine genügend verdünnte Lösung von Oxyhämoglobin, bezw. von arteriellem Blute zeigt in dem Spektrum zwei Absorptionsstreifen zwischen den Frauex- HOFER'schen Linien D und E. Der eine Streifen a, welcher weniger breit, aber dunkler und schärfer ist, liegt an der Linie D, der zweite, breitere aber weniger scharf begrenzte und weniger dunkle Streifen ß liegt bei Ji. Diese Streifen g ,^]^ijam sind noch bei einem Gehalte von 0,1 p. m. Oxyhämoglobin in einer Flüssig- ^g^obins" keitsschicht von 1 cm Dicke sichtbar. Bei stärkerer Verdünnung verschwindet erst der Streifen ß. Bei zunehmender Konzentration der Lösung werden die zwei Streifen breiter, der Zwischenraum zwischen ihnen wird kleiner oder schwin- det ganz, und gleichzeitig werden die blauen und violetten Theile des Spektrums mehr verdunkelt. Durch sein Verhalten zu reduzirenden Stoffen (vergl. unten) kann das Oxyhämoglobin, zum Unterschiede von anderen Farbstoffen mit ähn- lichem Absorptionsspektrum, noch w-eiter erkannt werden. Zur Darstellung der Oxyhämoglobinkrystalle ist eine grosse Zahl von ver- schiedenen Verfahrungsweisen angegeben worden, welciie indessen in den Haupt- zügen mit dem folgenden, von Hoppe-Seyler 3) angegebenen Verfahren über- 1) Nkncki und Sieher. Her. d. deutsch, chcui. Gesellsch. Bd. 18. 2) ri-'LiGEK's Arch. Bd. 10. S. 252. 3) Med. ehem. Untersuch. S. 181. 118 Sechstes Kapitel. einstimmen. Die gewaschenen Blutkörperchen (am besten aus Hunde- oder Pferdeblut, werden mit 2 Vol. AVasser ausgerührt und dann mit Aether ge- schüttelt. Nach Abgiessen des Aethers und Verdunstenlassen des von der dunkel lackfarbigen Blutlösung zurückgehaltenen Aethers in offenen Schalen an der Luft kühlt man die filtrirte Blutlösung auf 0° C. ab, setzt ^ji Vol. ebenfalls abgekühlten Alkohols unter Umrühren zu und lässt einige Tage bei — 5° bis de/oxyhä? — 10° C- Stehen. Die abgeschiedenen Krystalle können durch Auflösung in mcgiobin- "VVasser von etwa 35 "^ C, Abkühlen und Zusatz von abgekühltem Alkohol, wie lirvstall©. o ' oben, wiederholt umkrystallisirt werden. Zuletzt werden sie mit abgekühltem alkoholhaltigem Wasser ('/-i Vol. Alkohol) gewaschen und im Vakuum bei O^C. oder einer niedrigeren Temperatur getrocknet. Nach Gsciieidlens ') Erfahrung können aus schwer krystallisirenden Blutarten Oxyhämoglobinkrystalle erhalten ■werden, wenn man das Blut erst in zugeschmolzenen Röhren ein wenig faulen lässt. Nach dem Schütteln mit Luft, wodurch das Blut wieder arteriell wird, kann man dann wie oben verfahren. Zur Darstellung von Oxyhämoglobinkrystallen im Kleinen aus leicht krystallisirenden Blutarten ist es oft genügend, ein Tröpfchen Blut auf dem Objektglase mit ein wenig Wasser anzurühren und das Gemenge dermassen ein- trocknen zu lassen, dass der Tropfen von einem eingetrockneten Ringe umgeben ist. Nach dem Auflegen des Deckgläschens treten dann allmählich, von dem getrockneten Ringe ausgehend, Krystalle auf. Noch sicherer kommt man zum Ziele, wenn man ein wenig mit etwas Wasser vermischtes Blut in einem Reageuz- glase mit Aether schüttelt und dann einen Tropfen der unteren dunkelgefärbten Flüssigkeit wie oben auf dem Objektglase behandelt. Hämoglobin, auch reduzirtes Hämoglobin oder pourple . Cruorin (Stokes^) genannt, kommt nur in sehr geringer Menge in dem arteriellen, in grösserer Menge in dem venösen Blute und als überwiegender Blutfarbstoff in dem Erstickungsblute vor. Das Hämoglobin ist viel leichter löslich als das Oxyhämoglobin und es kann deshalb nur schwierig in Krystallen erhalten werden. Diese Krystalle» sind in der Regel den entsprechenden Oxyhämoglobinkrystallen isomorph, sind aber dunkler, haben einen Stich ins Bläuliche oder Purpur und sind bedeutend stärker pleochromatisch. Die Lösung in Wasser ist, einer Oxyhämoglobinlösung von derselben Konzentration gegenüber, dunkler, mehr violett oder purpurfarbig. SpeMruni Sie absorbirt weniger stark die blauen und violetten Lichtstrahlen im Spektrum, "^^gioWn™."' absorbirt aber stärker das Licht in den zwischen C und D gelegenen Theilen desselben. Bei passender Verdünnung zeigt die Lösung im Spektrum einen einzigen, breiten , nicht scharf begrenzten Streifen zwischen I) und E. Dieser Streifen liegt jedoch nicht mitten zwischen I) und E, sondern ist nach dem rothen Theile des Spektrums etwas über die Linie I) verschoben. Eine Hämoglobin- lösung nimmt begierig Sauerstoff aus der Luft auf und geht in eine Oxyhämo- globinlösung über. 1) Pflügek's Arch. Bd. 16. 2) Philos. Magazin. Vol. 28. Nr. 190. Nov. 1864. Cit. nach Centralbl. f. d. med. Wissensch. Bd. 3. S. 230. Pseudo- nnd Methänioglobin. 119 Eine Lösung von Oxyhänioglobin kann leicht durch Anwendung von dem Vakuum, durch Hindurchleiten von einem indifferenten Gase oder durch Zusatz von einer reduzirenden Substanz, z B. einer a^unoniakali^■chen Ferrotartratlösung (die .SxOKEs'sciie Reduktlon.sflü.s.sigkeit), in eine Lö.-ung mit dem Spektrum des Darstelinng Hämoglobins übergeführt werden. Wird eine Oxyhämoglobiiilö.sung oder arterielles ''tfi„^in"*'' Blut in einem zugeschmolzenen Glasrohre aufbewahrt, so findet auch allmählich eine Sauerstoffzehrung und Keduktion des Oxyhäraoglobins zu Hämoglobin statt. Hat die Lösung eine genügende Konzentration, so kann dal)ei , bei niedriger Temperatur, eine Krvstallisation von dem Hämoglobin in dem Rohre stattfinden (HÜFNEIl •). Pseudohätnoglobin. Luuwig und Siegfried^) haben die Beobach- tung gemacht, dass Blut, welches mit Hydrosulfit bis zum vollständigen Ver- schwinden des Oxyhämoglobinspektrums und Auftreten eines reinen Hämoglobin- spektrums reduzirt worden, noch reichliche Mengen Sauerstoff an das Vakuum abgiebt. In derselben Weise verhält sich auch Blut, welches mittelst Durch- leitens von einem Wasserstoffstrome zum Verschwinden des Oxyhänioglobin- hämogiobiD. Spektrums reduzirt worden ist. Es giebt also eine lockere Verbindung zwischen Hämoglobin und Sauerstoff, welche das Spektrum des Hämoglobins zeigt, und diese Verbindung haben Ludwig und Siegfried Pseudohämoglobin genannt. Das Pseudohämoglobin, dessen Gegenwart im Erstickungsblute von Hunden nachgewiesen wurde, betrachten die Verff. als eine Zwischenstufe zwischen dem Hämoglobin und dem Oxyhämoglobin bei der Reduktion des' letzteren. Methämoglobin nennt man einen Farbstoff, welcher leicht aus dem Oxyhämoglobin alsUnisetzungS2:»rodukt entsteht, und welchen man dementsprechend in bluthaltigen Transsudaten und Cvstenflüssigkeiten, im Harne bei Hämaturie Methämo- ... ." ö' . ^ . . Klobin. oder Hämoglobinurie, wie auch im Harne und Blute bei Vergiftungen mit Kaliumchlorat, Amylnitrit oder Alkalinitrit und mehreren anderen Stoffen ge- funden hat. Das Methämoglobin enthält keinen Sauerstoff in molekularer oder disso- ciabler Bindung, aber dennoch scheint der Sauerstoff für die Enstehuug des Methämoglobins insoferne von Bedeutung zu sein, als das Methämoglobin zwar aus Oxyhämoglobin, nicht aber aus Hämoglobin bei Abwesenheit von Sauer- stoff oder oxydirenden Agenzien entsteht. Wird arterielles Blut in ein Rohr eingeschmolzen, so verbraucht es allmählich seineu Sauerstoff, es wird venös Enistehnng , des MethA- und bei dieser Sauerstoffzehrung wird ein wenig Methämoglobin gebildet. Das- mogiobins. selbe findet bei Zusatz von sehr wenig Säure zu dem Blute statt. Bei der spontanen Zersetzung des Blutes wird etwas ^lethämoglobin gebildet und bei Einwirkung von Ozon, Kaliumpermanganat, Ferricyankalium, Chloraten, ^Nitriten, Nitrobenzol, Pyrogallol, Brenzkatechin, Acetanilid und vielen anderen Stoffen auf das Blut findet ebenfalls eine reichliche Methämoglobinbildung statt. ■1) Zeitschr. f. physiol. Cheui. Bd. i. 3) Du Bois-Reymond's Arch. 1890. Tliysiol. Abth. S. 185. Vergl. nucli Ivo Xovi, Pflügeh's Arch. Bd. 56. 120 Sechstes Kapitel. Nach den Untersuchungen von Hüfxer, Külz und Otto^) soll das Hämo- globin eben dieselbe Menge Sauerstoff wie das Oxyhämoglobin, aber fester ge- Sauerstoff Kunden, enthalten. Nach Jäderholm^) und Saarbach ^l wird eine Methämo- des Motha- ' ' ' mogiobins. globinlösung von reduzirenden Stoffen erst in eine Oxj^hämoglobin- und dann in eine Hämoglobinlösung übergeführt; nach Hoppe-Seyler und Araki^) geht sie direkt in eine Hämoglobinlösung über. Das Methämoglobin hat dieselbe Zusammensetzung wie das Oxyhämo- globin (HüFNER und Otto). Es krystallisirt, was zuerst von Hüfner und Otto gezeigt w'urde, in braunrothen Nadeln, Prismen oder sechsseitigen Tafeln. Das Methämoglobin löst sich leicht in Wasser; die Lösung ist braun gefärbt und wird durch Alkalizusatz schön roth. Die Lösung der reinen Substanz wird nicht von Bleiessig nllein, wohl aber von Bleiessig und Ammoniak gefällt. Das Absorptionsspektrum einer wässerigen oder angesäuerten Lösung von Methämo- globin ähnelt nach Jäderholm und Bertin-Sans^) sehr demjenigen des Häma- tins in saurer Lösung, unterscheidet sich aber leicht von diesem dadurch, dass es bei Zusatz von wenig Alkali und einer reduzirendeii Substanz in das Spek- trum des reduzirten Hämoglobins übergeht, während eine Hämatinlösung unter Spektrum . . . des Methä- denselben Umständen das Absorptionsspektrum einer alkalischen Hämochromogen- moglobias. lösung (s. unten) giebt. In alkalischer Lösung zeigt das jMethämoglobin zwei Absorptionsstreifen, welche den zwei Oxyhämoglobinstreifen ähnlich sind, von diesen aber dadurch sich unterscheiden , dass der Streifen ^ stärker als a ist. Neben dem Streifen a und mit ihm wie durch einen Schatten verbunden liegt ein dritter, schwacher Streifen zwischen C und D, nahe bei D. Nach anderen Forschern, Araki und Dittrich^), zeigt indessen eine neutrale oder schwach saure Methämoglobinlösung nur einen charakteristischen Streifen a zwischen C und JJ und die zwei Streifen zwischen D und E sollen nur bei Verunreini- gung mit Oxyhämoglobin zu sehen sein. Methämoglobin erhält man leicht in Krystallen, wenn eine konzentrirte Lösung von Oxyhämoglobin mit nur so viel einer konzentrirten Ferricyankalium- Darsteiiung lösung versetzt wird, dass die Mischung porterbraun wird. Nach dem Abkühlen des Melhä- oi mogiobins. auf 0° C. setzt man V* Vol. abgekühlten Alkohols zu und lässt einige Tage kalt stehen. Die Krystalle kann man leicht aus Wasser durch Zusatz von Alkohol umkrystallisireu und reinigen. Kohlenoxydhämoglobin^) nennt man eine molekulare Verbindung 1) Vergl. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7. 2) Nord, med Arkiv. Bd. 16 und Zeitschr. f. Biologie. Bd. 16. a) Pflügee's Arch. Bd. 28. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. 5) Corapt. rend. 106. 6) Arch. f. exp. Path. u. Bharm. Bd. 29. "Wichtige Litteraturaugaben über Methämo- globin findet man übrigens bei Otto, Pfügek's Arch. Bd. 31. ') Hinsichtlich des Kohlenoxydhämoglobins vergl. mau besonders: Hoppe-Seyler, Med. chem. Untersuch. S. 201. Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1804 uud 18G5 und Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 1 u. 13. Kohlenoxydhämoglobin. 121 zwischen 1 Mol. Hämoglobin und 1 Mol. CO. Diese Verbindung ist fester als die Sauerstoffverbiudung des Hämoglol)ins. Der Sauerstoff wird in Folge hier- Kohienoxyd- von leicht aus dem Oxyhämoglobin durch Kohlenoxyd verdrängt und hierdurch ''''""°^*°*'"'' erklärt sich die giftige Wirkung des Kohlenoxyds, welches also durch Austreiben des Blutsauerstoffes tödtet. Das Kohlenoxydhämoglobin entsteht beim Sättigen von Blut oder einer Hämoglobinlösung mit Kohlenoxyd, und es kann nach demselben Prinzipe wie das Oxyhämoglobin in Krystallen gewonnen werden. Diese Krvstalle sind den Oxyhämoglobinkrystalleu isomorph, sind aber schwer löslich, beständiger und mehr ins Blauroth gefärbt. Für den Nachweis des Kohlenoxydhämoglobins ist dessen Absorptionsspektrum von grosser Bedeutung. Dieses Spektrum zeigt zwei Eigen- Streifen, welche denjenigen des Oxyhäraoglobins sehr ähnlich, aber etwas mehr Abs^oq "iol,". nach dem violetten Theile des Spektrums verschoben, sind. Diese Streifen ver- ^p®^^™™- ändern sich nicht merkbar durch Zusatz von reduzirenden Stoffen, was ein wich- tiger Unterschied von dem Oxyhämoglobin ist. Enthält das Blut gleichzeitig Oxyhämoglobin und Kohlenoxydhämoglobin, so erhält man nach Zusatz von reduzirender Substanz (ammoniakalischer Ferrotartratlösung) ein von Hämoglobin und Kohlenoxydhämoglobin herrührendes, gemischtes Spektrum. Zum gerichtlich-chemischen Nachweise von Kohlenoxydhämoglobin ist eine Menge von Proben, bezüglich derer auf ausführlichere Handbücher verwiesen werden muss, vorgeschlagen worden. Eine solche, ebenso einfache wie bewährte Probe ist die HopPE-SEYLER'sche Xatronprobe. Das Blut wird mit dem dop-„ ^ '■ ^ Hoppe- Sey- pelten Volumen Natronlauge von 1,3 spezifischem Gewicht versetzt. Gewöhn- i^rsNatron- . .... probe. liches Blut wandelt sich dabei in eine schmutzig braune Masse um, welche, auf einen Porzellanteller aufgestrichen, braun mit einem Stiche ins Grünliche ist. Kohlenoxydblut giebt dagegen unter ähnlichen Verhältnissen eine schöne rothe Masse, welche, auf Porzellan auf gestrichen, eine schöne rothe Farbe zeigt. Mehreie Modifikationen dieser Probe sind vorgeschlaeren worden. Külilen<>xy schatten des- Aether und CJhloroform ist es unlöslich, löst sich aber ein wenig in warmem Hiimatins. Bleiessig. In angesäuertem Alkohol oder Aether löst es sich. In Alkalien, 1) Nord. med. Arkiv. Bd. 1«. '^) Med. ehem. Untersuch. S. 525, •') Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bdd. 18 und 20; auch l>cr. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 18. 124 Sechstes Kapitel. selbst in sehr verdünntem Alkali, löst es sich leicht. Die alkalischen Lösungen sind dichroitisch ; in dickeren Schichten erscheinen sie in durchfallendem Lichte roth, in dünneu Schichten grünlich. Von Kalk oder Barytwasser, wie auch von Lösungen der neutralen Salze der Erdalkalien werden die alkalischen Lös- ungen gefällt. Die sauren Lösungen sind stets braun. Eine saure Hämatinlösung absorbirt am schwächsten den rothen und am stärksten den violetten Theil des Spektrums. Die Lösung zeigt zwischen C und D einen recht scharfen Streifen , dessen Lage jedoch mit der Art des sauren Lösungsmittels etwas wechseln kann. Zwischen D und i^ findet sich ein zweiter, viel breiterer, weniger scharf begrenzter Streifen, welcher bei passender Verdünnung "" speSrum^' "1 zwei Streifen sich auflöst. Der eine, zwischen h und F neben F gelegene, tins. ' ist dunkler und breiter, der andere, zwischen D und F nahe an F gelegene, ist heller und weniger breit. Endlich beobachtet man auch bei einer passenden Verdünnung einen vierten, sehr schwachen, zwischen D und F neben 7) ge- legenen Streifen. Das Hämatin kann also in saurer Lösung vier Absorptions- streifen zeigen; gewöhnlichenfalls sieht man aber recht deutlich nur den Streifen zwischen C und D und den breiten dunklen Streifen — bezw. die zwei Streifen — zwischen D und F. In alkalischer Lösung zeigt das Hämatin einen breiten Absorptiousstreifen , welcher zum unverhältnissmässig grössten Theile zwischen C und D gelegen ist, sich aber ein wenig über die Linie F nach rechts in den Raum zwischen F und F hinein erstreckt. Hämin , H ä m i n k r y s t a 1 1 e oder Teichmann's K r y s t a 1 1 e. Das Härain ist nach Hoppe-Seyler eine Verbindung zwischen Hämatin und Chlor- wasserstoffsäure von der Formel Cg^HgjN^FeOg . HCl. Als Härain bezeichnen Nencki und Sieber dagegen (vergl. S. 123) einen Stoff von der Formel C32H3yN4Fe03, Avelcher Stoff als das Anhydrid des Hämatins, also als ^32H32^4^^^4 — ^2^ betrachtet werden kann. Die Häminkrystalle sind nach der letzteren Ansicht eine Verbindung zwischen dieser Substanz, Hämin, und HCl nach der Formel Cg.jHg^N^FeOg . HCl. Zu derselben Formel führen auch die Analysen von Hüfner und Küster^) von dem Chlorwasserstoff- und broni- wasserstoffsauren Hämatin. Nach Nencki und Sieder siud die Häminkrystalle Doppelverbindungen mit demjenigen Lösungsmittel, Amylalkohol oder Essigsäure, welches zu ihrer Darstellung benutzt worden ist, während nach Hoppe-Seyler das Lösungsmittel nur mechanisch von den Krystallen zurück- gehalten sein soll. Die Formel der mit Amylalkohol dargestellten Häminkrystalle ist nach Nencki und Sieber (CaaNaoN^FcOa . HCIJ4 . CjHioO. Die Häminkrystalle stellen in grösserer Menge ein blau-schwarzes Pulver dar, sind aber so klein, dass sie nur mit dem Mikroskope erkannt werden können, Sie bestehen aus dunkel braungefärbten oder fast braun-schwarzen, krystaiiö isolirten oder zu schiefen Kreuzen, Rosetten oder sternförmigen Bildungen grup- pirten, länglichen , rhombischen oder spulförmigen Kryställchen. Sie sind un- Hämin- krystalle. Eigen- schalten der Härain- 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. zu Berlin. Bd. 27. S. 572. Häminkrystalle. 121 löslich in "Wasser, verdünnten Säuren bei Zimmertemperatur, Alkohol, Aether und Chloroform. Von Eisessi;.'' werden sie in der Wärme etwas gelöst. In säurehaltigem Alkohol wie auch in verdünnten kaustischen oder kohlensauren Alkalien lösen sie sich und im letzteren Falle entsteht neben Chloralkalien lös- liches Hämatinalkali, aus welchem das Hämalin dann mit einer Säure ausge- fällt werden kann. Die Darstellung der Häminkrystalle bildet stets den Ausgangspunkt für die Darstellung von reinem Hämatin. Nach Hoppe-SeylkpJ) schüttelt man die mit Kochsalzlösung (wie oben S. 112) gewaschenen Jjlutkörperchen mit Wasser und Aether, filtrirt die Blutfarbstoffiösung ab, konzentrirt sie stark, mischt mit 10 — 20 Vol. Eisessig und erhitzt dann im Wiisserbade 1 — 2 Stunden, Nach Verdünnung mit mehreren Volumen Wasser lässt man die Flüssigkeit einige Tage stehen. Die ausgeschiedenen Krystalle werden dann mit Wasser gewaschen, mit Essigsäure ausgekocht und dann wieder mit Wasser, Alkohol und Aether deTmimin- gewaschen. Nach Nen'CKI und Sieber koagulirt man das Blutkörperchensedi- *'f>'*'^"^ ment mit Alkohol, lässt das Koagel in der Luft unvollständig eintrocknen, zer- iiümatins. reibt es fein und kocht es dann mit Amylalkohol nach Zusatz von ein weni«' ChlorwasserstoH'säure aus. Die aus dem Filtrate nach dem Erkalten sich ab- setzenden Krystalle werden dann mit Wasser, Alkohol und Aether gewaschen. Löst man die Häminkrystalle in verdünnter Alkalilauge, so kann man durch Zusatz von einer Säure das Hämatin ausfällen und von diesem Hämatin können dann durch Erwärmen mit Eisessig und ein wenig Kochsalz reine Häminkrystalle dargestellt werden. Zur Darstellung von Häminkrystallen im Xleinen verfährt man auf folgende Weise. Das Blut wird nach Zusatz von sehr wenig Kochsalz einfe- trocknet oder auch wird das schon trockene Blut mit einer Spur Kochsalz zer- rieben. Das trockene Pulver wird auf ein Objektglas gebracht, mit Eisessig befeuchtet und nun das Deckgläschen aufgelegt. Mit einem Glasstabe setzt man nun am Rande des Deckgläschens mehr Eisessig zu, bis der Zwischenraum davon Darsteiiacg vollständig ausgefüllt worden ist. Hierauf erwärmt man über einer sehr kleinen ^k°jstaiien°" Flamme mit der Vorsicht jedoch, dass der Eisessig nicht ins Sieden geräth und '°* i^i^'^o"- mit dem Pulver an der Seite des Deckgläschens austritt. Sollten nach dem ersten Erwärmen in dem erkalteten Präparate keine Krystalle sichtbar sein, so erwärmt man von Neuem, wenn nöthig nach Zusatz von etwas mehr Eisessig. Nach dem Erkalten sieht man bei richtigem Arbeiten in dem Präparate eine Menge von schwarz-braunen öder fast schwarzen Häminkrystallen von wech- selnden Formen. Von konzentrirter Schwefelsäure wird das Hämatin bei Gegenwart von Luft zu einer purpurrothen Flüssigkeit gelöst. Es wird hierbei das Eisen ab- gespaltet, und der neue Farbstoff, von Hoppe-Se yler 2) HüDiatoporplnirin ge- nannt, ist eisenfrei. Bei gehindertem Luftzutritt liefert das Hämatin mit kon- zentrirter Schwefelsäure einen anderen, ebenfalls eisenfreien Farbstoff, das Hinua- tolin (Hoppe-Seyler). Das Hämatoporphyrin kann am besten diu-ch Einwir- 1) ^[ed. ehem. Untersuch. S. 379. •-') Ebeml. S. 528. 126 Sechstes Kapitel. kung von mit Bromwasserstoff gesättigtem Eisessig auf Häminkrystalle darge- stellt werden (Nencki und Sieber^). Hämatoporphyrin, CigHigN^O.^. Dieser Farbstoff kommt nach Mac MuNN-) als physiologischer Farbstoff bei gewissen Thieren vor. Auch im Menschenharne ist es in den letzten Jahren wiederholt, besonders nach dem Gebrauche von Sulfonal, beobachtet worden (vergl. Kap. 15 über den Harn). Dieser Farbstoff ist nach Nencki und Sieber dem Gallenfarbstoffe Bili- rubin isomer und seine Entstehung aus dem Hämatin kann durch folgendes Schema veranschaulicht werden: CggHggN^O^Fe -f 2H2O — Fe = 2CJ6HJ8N2O3. Durch Einwirkung von Reduktionsmitteln hat man aus dem Hämatoporphyrin purph'ydn. einen, dem Harnfarbstoffe Urobilin nahestehenden Farbstoff erhalten (Hoppe- Seyler^), Nencki und Sieber*), Le Nobel ^), Mac Munn^). Durch Versuche an Kaninchen haben Nencki und Rotschy'^) festgestellt, dass das eingeführte Hämatoporphyrin im Thierkörper z.um Theil zu einer Urobilinsubstanz reduzirt Averden kann. Die Verbindungen des Hämatoporphyrins mit Na und HCl wurden von Nencki und Sieber in Krystallen gewonnen. Die sauren alkoholischen Lös- ungen haben eine prachtvolle Purpurfarbe, die bei Zusatz von grösseren Säure- mengen violettblau wird. Die alkalischen Lösungen sind ebenfalls, wenigstens Farbe der bei nicht ZU grosscm Alkaligehalte, von einer schön rothen Farbe. Die nach Losungen. ° ^ verschiedenen Methoden dargestellten Hämatoporphyrinpräparate können zwar bezüglich der Löslichkeit und der Farbe der Lösungen etwas verschieden sein; hinsichtlich der charakteristischen Absorptionsspektra stimmen sie jedoch alle im Wesentlichen mit einander überein. Eine von Salzsäure oder Schwefelsäure saure, alkoholische Hämatopor- phyrinlösung zeigt zwei Absorptionsstreifen, von denen der eine, welcher schwächer und weniger breit ist, zwischen C und D, nahe an D gelegen ist. Der zweite, welcher viel dunkler, schärfer und breiter als iener ist, liegt etwa in der Mitte SpeTjtrum . / . . ■* . dos iiämato- zwischen J) und J'J. Von diesem Streifen erstreckt sich rothwärts eine Ab- porphyi-iHs. Sorption, die mit einem dunkleren Rande endet, welcher als ein dritter Streifen zwischen den beiden anderen aufgefasst werden kann. Eine verdünnte alkalische Lösung zeigt vier Streifen, einen zwischen C und D, einen zweiten breiteren um D herum mit dem grössten Theile zwischen D und U, einen dritten, zwischen 7) und ]^ fast an i? und endlich einen vierten, breiten und dunklen Streifen zwischen h und F. Nach Zusatz von 1) Monatshefte f. Cheni. IM. 9. 2) .Tourn. of Physiol. Bd. 7. 3) Med. ehem. Untersuch. S. 533. 4) 1. c. 5) PflÜGEK's Arch. Bd. 40. 6) Proc. Roy. Soc. 1880. Nr. 208. Journ. of Thysiol. Bd. 10. 7) Monatshefte f. Chem. Bd. 10. Häraatoidin. Nachweis der Blutfarbstoffe. 127 Uluifarb- stoffen. alkalischer Chlorzinklösung verändert sich das Spektrum mehr oder weniger rasch ^) und zuletzt erhält man ein Spektrum mit nur zwei Streifen, den einen um J) lierum und den anderen zwischen J) und 7i. Hämatoidin hat Virciiow einen in orangefarbigen rhombischen Tafeln krystallisirenden Farbstoff genannt, welcher in alten Blutextravasaten vorkommt und dessen Ursprung aus dem Blutfarbstoffe sichergestellt zu sein scheint (Lang- ITANS, CoRDUA, QUINCKE u. A.^). Eine Lösung von Hämatoidin zeigt keine "^''"='»o'J'"- Absorptionsstreifen, sondern nur eine starke Absorption von Violett bis Grün (Ewald ^). Nach den meisten Forschern soll das Hämatoidin mit dem (jallen- farbstoffe Bilirubin identisch sein. Mit dem krystallisirenden Lutei'n aus den Corpora lutea der Kuhovarien ist es dagegen nicht identisch (PiccOLo und Lieben"*), Kühne und Ewald). Zum Nachweise der oben geschilderten verschiedenen Blutfarbstoffe ist das Spektroskop das einzige, ganz zuverlässige Hilfsmittel. Handelt es sich nur um den Nachweis von Blut im Allgemeinen, gleichgültig ob der Farbstoff als Hämoglobin, Methämoglobin oder Hämatin vorhanden ist, so liefert die Dar- von Blut und Stellung von Häminkrystallen, bei positivem Erfolge, einen absolut entscheiden- den Beweis. Bezüglich des näheren Verfahrens zum Nachweise von Blut in gerichtlich chemischen Fällen niuss übrigens auf ausführlichere Handbücher ver- wiesen werden, und es dürfte genügend sein, hier nur die Hauptzüge der Unter- suchung anzuführen. Sollen Flecke auf Kleidern, Leinwand, Holz u. s. w. auf die Gegenwart von Blut untersucht werden, so ist es, wenn thunlich, am einfachsten, von dem Flecke so viel als möglich abzukratzen oder abzuschaben, mit Kochsalz zu zer- reiben und dann hiermit die Häminprobe anzustellen. Bei positivem Erfolge ist die Anwesenheit von Blut nicht zu bezweifeln. Kann auf die obengenannte oerichtiich- Weise keine nennenswerthe Menge Material erhalten werden, so laugt man den ci>einischer Xachwei« Fleck mit einigen Tropfen Wasser in einem Uhrgläscheu aus. Wird hierbei von Biof. eine gefiirbte Lösung erhalten, so entfernt man, so weit thunlich, Fasern, Holz- späne und dergleichen und lässt die Lösung in einem Uhrglase eintrocknen. Der eingetrocknete Rückstand kann theils mit dem Spektroskope direkt geprüft werden und theils kann man ihn zur Darstellung von Häminkrystallen ver- wenden. Er eignet sich auch gut, nach vorgängiger Alkalibehandlung und Zu- satz von reduzirender Substanz, zum Nachweise von Hämochromogen in alkali- scher Lösung. Erhält man nach dem Auslaugen mit Wasser keine gefärbte Lösung oder sitzen die Flecke auf rostigem Eisen, so laugt man mit einer schwachen Alkali- lauge (5 p. m.) aus. Bei Gegenwart von Blut giebt diese Lösung nach der Neutralisation mit Salzsäure beim Eintrocknen einen Rückstand, welcher mit Eisessig Häminkrystalle geben kann. Ein anderer Theil der alkalischen I^ösung zeigt nach Zusatz von der SroKEs'schen Reduktionsflüssigkeit die Absorptious- streifen des Hämochromogen s in alkalischer Lösung. 1) Vergl. Hammarstex, Skand. Arcli. f. Physiol. ]m1. :}. '-) Eine reichhaltige Litteraturübersicht über das llämatoidin findet mau bei Stadel- MANN: Der Icterus etc. Stuttgart 1891. S. 3 und 45. 3) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. S. 475. ■l) Citirt nach Göiutp-Besanez: Lehrbuch d. piiysiol. Chcm. 4. Aufl. 1878. 128 Sechstes Kapitel. Zur quantitativen Bestimmung der Blutfarbstoffe sind verschiedene, theils chemische und theils physikalische Methoden vorgeschlagen worden. Unter den chemischen Methoden ist zu nennen die Einäscherung des Blutes mit der Bestimmung des Eisengehaltes, aus welchem dann die Hämoglobinmenge berechnet wird. Eine andere Methode besteht darin, dass man erst das Blut vollständig mit Sauerstofi' sättigt, dann den letzteren vollständig auspumpt und aus der Sauerstoffmeuge die Hämoglobinraenge be- rechnet (Grehant*) und QuiXQUAt'D-). Keine dieser Methoden ist jedoch zuverlässig. Die phvsikalischen Methoden bestehen entweder in einer koloriraetrischeu oder einer spektroskopischeu Untersuchung. Das Prinzip der l;olorimetrisc}ien Methode von Hoppe-Seyler besteht darin, dass eine abgemessene ]\Ienge Blut mit genau abgemessenen Mengen Wasser verdünnt wird, bis die verdünnte Blutlösung dieselbe Farbe wie eine reine Osyhämoglobinlösung von bekannter Stärke angenommen hat. Aus dem Grade der Verdünnung lässt sich dann der Farbstoffgehalt des unverdünnten Blutes berechnen. Zu der kolorimetrischen Prüfung benutzt man Glasgefässe met'ri'fcho mit plan parallelen Wandungen und einer Flüssigkeitsschicht von 1 cm Dicke Methode von ^jjj^j-,-,jjj ij^Qjj^gf gj. y^j^ Hoppe-Seylek). Die Methode ist gut und die Un- Seyier. aunehmüchkeit , dass die Normallösung von Oxyhämoglobin nicht längere Zeit ohne Zersetzung aufbewahrt werden kann, lässt sich dadurch vermeiden, dass man die Normallösung in zugeschmolzenen Röhren aufbewahrt. Die Oxyhämo- globinlösung wird dabei allmählich zu einer Hämoglobinlösung reduzirt, die jahrelang haltbar ist und die vor dem Gebrauche durch Schütteln mit Luft in eine Oxyhämoglobinlösung übergeführt wird. Nach einer von Hoppe-Seyler verbesserten Methode^) ist es viel besser, als Normallösuug eine Kohlenoxyd- hämoglobinlösung zu verwenden. Die Blutlösung wird in diesem Falle eben- falls mit Kohlenoxyd gesättigt und der Vergleich beider Lösungen geschieht mittelst einer besonders konstruirten kolorimetrischen Doppelpipette (vergl. die Originalabhandlung). Der Vorschlag einiger Forscher, die Oxyhämoglobinlösung durch eine Lösung von Pikrokarmin zu ersetzen, ist nach Hoppe-Seyler zu verwerfen. Die quantitative Bestimmung des Blutfarbstoffes mittelst des Spektroskops kann auf verschiedene Weise geschehen, wird aber nunmehr wohl ausschliesslich nach der speldrophotometrisclien 3Ietho(le, welche überhaupt die zuverlässigste von allen zu sein scheint, ausgeführt. Diese Methode'^) basirt darauf, dass der Pri^^'P ""ör Extinktionskoeffizient einer gefärbten Flüssigkeit für einen bestimmten Spektral- photomotiio. bezirk der Konzentration direkt proportional ist, so dass also C : E = Cj : Ej, wenn C und C^ verschiedene Konzentrationen und E und E-^ die entsprechen- C C den Extiuktionskoeffizienten bezeichnen. Aus der Gleichung -r^ = -- folgt also, L L, dass für einen und denselben Farbstoff diese Relation, welche das ,.AI)Sorptions- verliältnis's'' genannt wird, eine konstante sein muss. Wird das Ab=orptioas- verhältniss mit Ä, der gefundene Extinktionskoeffizient mit E und und die 1) Compt. rend. 75. 2) Compt. rend. 76. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16 und Lehrbuch d. physiol. u. iiathol. ehem. Ana- lyse. 6. Aufl. 1893. 4) Man vergl. Vieuordt: Die Anwendung des Spektialapparates zu Photometrie etc. Tübingen 1873 und die Aufsätze von Hüfner; Zeitschr. f. i>hysiol. Chem. Bd. 3; v. Noorden : ebend. Bd. 4; Otto: ebend. Bd. 7 und PflIjger's Arch. P)dd. 31 und 36. Spektrophotometrie. 129 Konzentration (der Gehalt an Farbstoff in Gm in 1 ccm) mit C bezeichnet, so ist also C = A . E. Zur Bestimmung des Extinktionskoeffizienten, welcher dem negativen Lo- garithmus derjenigen Lichtstärke, welche nach der Passage des Lichtes durch eine absorbinnde Flüssigkeitsschicht von 1 cm Dicke übrig bleibt, gleich ist, sind verschiedene Apparate von Vierordt und HüfnepJ) konstruirt worden. Beziehentlich derselben muss auf ausführlichere ILindbücher verwiesen werden. Der Kontrolle halber wird der Extinktionskoeffizient in zwei verschiedenen Spektral- bezirken, nämlich D?j2E — D'AE und DdSE — DSAE, bestimmt. Die Konstanten oder die Ab- sorptionsverhältnisse für diese zwei Bezirke werden von IICf-'NEF? mit A, bezw. A' bezeichnet. t«ftnoiri-'cho Vor der Bestimmung muss das Blut mit Wasser verdünnt werden, und wenn man das Ver- Methode, dünnungsverhältniss des Blutes mit F bezeichnet, wird also die Konzentration oder der Gehult des unverdünnten Blutes an FarbstotT in 100 Theilen sein: C = lOO.V. A.E und C = 100 . V . A' . E'. Die Absorptionsverhältuisse oder die Konstanten in den zwei obengenannten Spektral- bezirken sind für Oxyhämoglobin , Hämoglobin, Kohlenoxydhämoglobin und ifethämoglobin bestimmt worden. Für die fraglichen Farbstoffe aus Ilundeblut sind diese Zahlen folgende: Oxyhämoglobin Ao = 0,001330 und A'o = 0,001000 Hämoglobin J^t = 0,001091 „ A'r = 0,001351 Absorptions- Kohlenoxydhämoglobin . . . . Ac = 0,00113 „ A'c = 0,001000 doVßlXX Methämoglobin Am = 0,003696 „ A'm = 0,002798 Stoffe. Auch in Gemengen von zwei Blutfarbstoffen kann die Menge eines jeden nach dieser Methode bestimmt werden, was von besonderer Bedeutung für die Bestimmung der Menge des gleichzeitig anwesenden Oxyhämoglobins und Hämoglobins im Blute ist. Bezeichnet man mit E und E' die Extinktionskoeffizienten des Gemenges in den oben genannten zwei Spektral- bezirken, mit Ao und A'o und Ar und A'r die Konstanten für Oxyhämoglobin, bezw. redu- zirtes Hämoglobin und mit V den Verdünnungsgrad des Blutes, so wird der Prozentgehalt an Oxyhämoglobin Ho und au (reduzirtem) Hämoglobin Hr sein: TT mr. xr AoA'„(EAr-E'A'r) , Ho = 100 . V . --;— — — — - und A o Ar — Ao A r Hr^ioo.v.AL^:!^^:^:^^^^ A'o Ar — Ao A'r . Unter den vielen, für klinische Zwecke konstruirten Apparaten zur quanti- tativen Hämoglobinbestimmung hat das Hämometer von Flei.^chl^j einen hervorragenden Platz eingenommen. Der xVpparat hat eine kolorimetrische Be- .stimmung zur Aufgabe und diese Bestimmung wird in der Weise ausgeführt, dass die Farbe des mit Wasser verdünnten Blutes mit der Farbe eines keil- ^*'°°"'^*®'"' förmigen, verschiebbaren Prismas aus rothem Glase verglichen wird. Zeigt die Blutprobe dieselbe Farbe wie das Glasprisma, so kann der Gehalt des Blutes an Hämoglobin auf der Skala direkt abgelesen werden. Die Häraoglobinmenge wird dabei in Prozenten von der physiologischen Hämoglobinmenge ausgedrückt. In dem Blute der Evertebraten sind ausser dem oft vorkommenden Hämoglobin mehrere andere Farbstoffe gefunden worden. Bei einigen Arachniden, Crustaceen, Gastro- p i, toff poden und Cephalopoden hat mau einen, dem Hämoglobin analogen, kujiferhahiiren, von niederer Fredericq') Hämocyanin genannten Stoff gefunden. Unter Aufnahme von locker gebundenem Thiere. Sauerstoff geht dieser Stoff in blaues Otyhämocyanin über und wird durch das Entweicheu l) Man vergl. Vierordt: Die Anwendung des Spektralapparates zu Photometrie etc. Tübingen 1873 und die Aufsätze von HÜFNER, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3; v. Noorden, ebend. Bd. 4; OttO, ebend. Bd. 7 und Pklüger's Arch. Bdd. 31 und 36. -) Vergl. V. J.vksch: Klinische Diagnostik. 3. Aufl. S. 15. 3) Extrait des Bulletins de l'Academie Roy. de Belgique. (2.) Tome 46. 1878. Hamm ars ten. Physiologische Chemie. Dritte Auflage. g 130 Sechstes Kapitel. des Sauerstoffes wieder entfärbt. Ein von Lankester*) Chlorokruorin genpnnter Farbstoff findet sich bei einigen Chsetopoden. Hdmerythrin") hat Krukenberg einen, zuerst von Schwalbe beobachteten , rothen Farbstoff bei einigen Gephyreen genannt. Neben dem Hämocyanin findet sich in dem Blute einiger Crustaceen auch der im Thierreiche weit ver- breitete rothe Farbstofl' Tetroncrythrin (Halliburton^). Echinochrom hat Mac Munn*) einen braunen, in der Perivisceralflüssigkeit einer Echinusart vorkommenden Farbstoff genannt. Die quantitative Zusammensetzung der rothen BlutMrperclien ist schwer zu bestimmen und es giebt überhaupt nur wenige vollständige, zuverlässige Ana- lysen derselben. Ihr Gehalt an Wasser schwankt in verschiedenen Blutsorten zwischen 570 und 630 p. m., mit einem entsprechenden Gehalte von 430 bezw. 370 p. m. festen Stoffen. Die Hauptmasse besteht aus Hämoglobin, etwa ^/lo der Trockensubstanz (im Menschen- und Hundeblute). Nach den Analysen von Hoppe-Seyler und seinen Schülern^) sollen die rothen Blutkörperchen auf je 1000 Theile Trockensubstanz enthalten. Zusammen- setzung der Menschenblut rothen Blut- Hundeblut . körpeichen. Gänseblut . lämoglobin Eiweiss Lecithin Cholesterin 808—943 122—51 7,2-3,5 2,5 865 126 5,9 3,6 627 364 4,6 4,8 467 525 Schlangenblut . . . Von besonderem Interesse ist das verschiedene Verhältniss zwischen dem Hämoglobin und dem Eiweisse in den kernführenden und nicht kernhaltigen Blutkörperchen. Diese letzteren sind nämlich bedeutend reicher an Hämoglobin und ärmer an Eiweiss als jene. Wenigstens bei gewissen Thieren, Pferd und Schwein, scheint der Stick- stoffgehalt der rothen Blutkörperchen nach M. und L. Bleibtreu und Wendel- stadt ^) annähernd konstant zu sein. Der aus dem Stickstoffgehalte berechnete mittlere Eiweissgehalt (inklusive Hämoglobin) der feuchten Blutkörperchen ist nach den genannten Forschern beim Pferde 468,5 und beim Schweine 443,6 p. m. Der Gehalt an Mineralstoffen beträgt, insoweit er bisher bestimmt werden konnte, in den feuchten Blutkörperchen verschiedener Thiere etwa 4,8 bis 8,9 p. m. Die Hauptmasse besteht aus Kalium, Phosphorsäure und Chlor. Die Stoffe "^dor Blutkörperchen des Rinderblutes enthalten indessen nach Bunge mehr Natrium körperchen. Und Chlor uls Phosphorsäurc und Kalium. Die Blutkörperchen des Schweine- und Pferdeblutes enthalten nach Bunge'') kein Natrium. Die Blutkörperchen des Menschenblutes enthalten nach Wanach^) etwa 5 mal so viel Kalium als Natrium, als Mittel 3,99 bezw. 0,75 p. m. 1) Journal of Anat. and Physiol. 1868. S. 114 und 1870 S. 119. 2) Vergl. ])hysiol. Stud. Reihe 1. Abth. 3. Heidelberg 1880. Verlag von AVinter. 3) Journal of Physiol. Bd. 6. 4) Quart. Journ. Microsc. science 1885. 5) Med. ehem. Untersuch. S. 390 und 393. 6) Pflüger's Arch. Bdd. 61 und 52. 7) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 12. S. 206, 207. 8) Maly's Jahresber. Bd. 18. S. 88. Farblose Blutkörperchen. 131 Die farblosen Blutkörperchen und die Blutplättchen. Die farblosen Blutkörperchen, auch Leukocyten oder Lymphoid- zellen genannt, \velche bekanntlich von verschiedener Form und Grösse in der Blutflüssigkeit vorkommen, stellen im ruhenden Zustande kugelige Klümpchen eines klebrigen, stark lichtbrechenden, bewegungsfähigen, hüllenlosen Proto- Farblose plasmas dar, in welchem nach Zusatz von Wasser oder Essigsäure 1 — 4 Kerne körperchon. zu sehen sind. In dem Menschen- und Säugethierblute sind sie grösser als die rothen Blutkörperchen. Sie haben auch ein niedrigeres spezifisches Gewicht als diese, bewegen sich in dem cirkulirenden Blute näher an der Gefasswand und bewegen sich auch langsamer. Die Zahl der farblosen Blutkörperchen schwankt bedeutend nicht nur in verschiedenen Gefässbezirken, sondern auch unter verschiedenen physiologischen Verhältnissen. Als jNIittel kommt auf 350 — 500 rothe Blutkörperchen je ein farbloses. Nach den Untersuchungen von Alex. Schmidt ') und seinen Schülern sollen unmittelbar nach dem Entleeren des Blutes vor und während der Ge- rinnung Leukocyten massenhaft zu Grunde gehen, so dass das entleerte Blut erheblich ärmer an solchen als das kreisende ist. Die Richtigkeit dieser Angabe •wird jedoch von anderen Forschern geläugnet. Vom histologischen Gesichtspunkte aus unterscheidet man bekanntlich verschiedene Arten von farblosen Blutkörperchen; in chemischer Hinsicht sind jedoch noch keine sicheren Unterschiede zwischen ihnen bekannt. Mit Rück- „ •^ Verschie- sicht auf ihre Bedeutung für die Faserstoffgerinnung unterscheidet Alex. Schmidt dene Anon luid seine Schüler zwischen solchen Leukocyten, welche bei der Gerinnung zu cyten. Grunde gehen, und solchen, welche dabei nicht zerstört werden. Die letzteren geben mit Alkalien oder Kochsalzlösung eine schleimige Masse; die ersteren zeigen ein solches Verhalten nicht. Das Protoplasma der Leukocyten ist während des Lebens amöboider Be- wegungen fähig, welche theils Wanderungen der Zellen und theils die Aufnahme kleiner Körnchen oder Fremdkörperchen ins Innere derselben ermöglichen. Aus diesem Grunde hat mau auch das Vorkommen von Mjiosin in ihnen ange- nommen, ohne indessen irgend welche Beweise hierfür liefern zu können. In den mit eiskaltem Wasser ausgewaschenen Leukocyten des Pferdeblutes glaubt Alex. Schmidt 2) SenonglohuUn gefunden zu haben. Es geben ferner, wie oben gesagt, wenigstens gewisse Leukocyten mit Alkalien oder Kochsalzlösung eine schleimig aufquellende Masse, welche mit der in den Eiterzellen vorkonunen- den sog. hyalinen Suhstanz von Rovida identisch zu sein scheint Bei tlem Auslaugen der Leukocyten mit Wasser hat man eine durch Essigsäure fällbare Prote'insubstanz erhalten, welche der Hauptbestand theil der Leukocyten zu sein 1) PflCger's Arch. Bd. 11. a) 1. c. 9* 132 Sechstes Kapitel. scheint. Diese Substanz, welche in unzweifelhafter Beziehung zu der Blutge- rinnung steht und welche unter verschiedenen Namen beschrieben worden ist (vergl. Kap. 5, S. 80), besteht wenigstens der Hauptsache nach aus Nukleo- histon. Glykogen ist in den Leukocyten von Hoppe-Seyler^), Salomon^), Gabritschewsky ^) und anderen Forschern gefunden worden. Von den Leuko- cyten stammt wahrscheinlich das von Huppert^), Czerny^) und Anderen im Blute nachgewiesene Glykogen. Die Bestandtheile der Leukocyten sind im üebrigen die schon im Kap. 5 besprochenen Bestandtheile der Zellen über- haupt. Die Blutplättchen (Bizzozero's), Hämatoblasten (Hayem), über deren Natur und physiologische Bedeutung man viel gestritten hat, sind blasse, farb- lose, klebrige Scheibchen von runder Form, welche im Allgemeinen einen 2 bis 3 mal kleineren Durchmesser als die rothen Blutkörperchen haben. Nach den meisten Forschern sind die Blutplättchen in dem kreisenden Blute vorkommende, präformirte Gebilde, was dagegen von Anderen bestritten wird. Nach Löwrr '') «lut- sollen die Blutplättchen durch Austreten von Globulinsubstanz aus den farblosen Blutkörperchen entstehen, weshalb er sie auch GlolmÜnplättclien nennt. Nach MosEN sind indessen diese Globulinplättcheu gar nicht identisch mit den echten Blutplättchen, und jene dürften vielmehr aus diesen entstehen. Bei Anwendung der verschiedensten Reagenzien tritt eine Trennung der Blutplättchen in zwei Substanzen ein, die eine ist homogen und wenig lichtbrechend, die andere stark lichtbrechend und körnig. Die Blutplättchen kleben leicht zusammen und haften auch leicht Fremdkörpern an. Nach den wichtigen Untersuchungen von Kossel und Lilienfeld') be- stehen die Blutplättchen aus einer chemischen Verbindung zwischen Eiweiss und Nuklei'n, und dementsprechend werden sie auch von Lilienfeld Nuhlein- plällclwti genannt. Nach Lilienfeld sind sie Derivate des Zellkernes, eine Ansicht, welche mit den Angaben Hlavas im Einklänge ist. Dass die Blut- plättchen in bestimmter Beziehung zu der Blutgerinnung stehen, scheint sicher zu sein; und nach Lilienfeld ist die Faserstoffgerinnung sogar eine Funktion des Zellkernes. Zu der Bedeutung dieser Gebilde für die Blutgerinnung werden wir übrigens bald zurückkommen. 1) Physiol. Chem. Berlin 1878-1881. S. 82. •i) Deutsch, med. Wochenschr. 1877. Nr. 8 und 35. 3) Arch. f. exp. Path. und Pharm. Bd. 28. 4) Centralbl. f. Physiol. 1892. Heft 14. ä) Arch. f. exp. Path. und Pharm. Bd. 31. fij Bezüglich der Litteratur über die Blutplättchen vergl. man: Liuenfeld, Hämato- logische Untersuchungen. Du Bois-RkymOnd's Arch. 1892 und R. MosEN, ebend. Jahrg. 1893. "i ) I.e. Vergl. auch: Lilienfeld, Leukocyten und Blutgerinnung. Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin. 1892. Allgemeine Eigenschaften des Blutes. 133 III. Das Blut als ein Gemenge von Plasma und Blutkörperchen. Das Blut als solches ist eine dicke, klebrige, heller oder dunkler rothe, selbst in dünnen Schichten undurchsichtige Flüssigkeit von salzigem Geschmacke und schwachem , bei verschiedenen Thierarten verschiedenem Gerüche. Nach Zusatz von Schwefelsäure zum Blute tritt der Geruch deutlicher hervor. Das spezifische Gewicht zeigt beim gesunden, erwachsenen Menschen Schwankungen von 1,045 bis 1,075. Beim erwachsenen Manne beträgt es als Mittel etwa Aiitromeino 1,058. Beim Weibe ist es etwas niedriger. Nach Sciierrexziss ^) hat das scharten, fötale Blut ein niedrigeres spez. Gewicht als das Blut Erwachsener. Nach Lloyd Jones 2) ist das spez. Gewicht am höchsten bei der Geburt, am niedrigsten da- gegen bei Kindern bis zum zweiten Jahre und bei Schwangeren. Aus den Be- stimmungen von Lloyd Jones, Hammerschlag ^) und anderen Forschern geht es übrigens hervor, dass die bei gesunden Personen beobachteten, von dem Alter und dem Geschlechte abhängigen Schwankungen des spez. Gewichtes mit den Schwankungen der Hämoglobinmenge zusammenfallen. Die Bestimmung des spez. Gewichtes wird am genauesten mit dem Pykno- meter ausgeführt. Wenn es um kleine Blutmengen, wie für klinische Zwecke, sich handelt, so kann man mit Vortheil eines von Hammerschlag angegebenen Verfahrens sich bedienen. Nach diesem Verfahren bereitet man sich ein Ge- Bostimman^ mencre von Chloroform und Benzol, von etwa dem spez. Gewichte 1,050, und «ifs/pez- o ^ GcwichlGS. bringt einen Tropfen des Blutes in dieses Gemenge hinein. Steigt der Tropfen, so wird Benzol, sinkt er, so wird dagegen Chloroform zugesetzt, bis der Tropfen in der Mischung gerade schwebt, und darauf wird das spez. Gewicht der Misch- ung durch ein Aräometer bestimmt. Die Reaktion des Blutes ist alkalisch. Der Gehalt au Alkali, als Na^COg berechnet, beträgt beim Plunde etwa 2 (ZuNTZ*), beim Kaninchen etwa 2,5 (Lassar ^) und beim Menschen 3,38 — 3,90 p. m. (v. Jaksch^). Die alkalische Reaktion nimmt ausserhalb des Körpers an Intensität ab und zwar um so schneller, je grösser die ursprüngliche Alkalescenz war. Dies rührt von einer in dem gelassenen Blute stattfindenden Säurebildung her, an welcher die rothen Blutkörperchen in irgend einer Weise betheiligt zu sein scheinen. Nach starker j^^ 'oimo,, Mu.skelthätigkeit soll die Alkalescenz, -wahrscheinlich in Folge der dabei im Muskel stattfindenden Säurebildung, abnehmen (Peiper'), Cohnstein^) und 1) Cit. nach Maly, Jahresber. Bd. IS. S. 85. 2) Journ. of Physiol. Vol. 8. 3) Wien. kliu. Wochenschr. 1890 und Zcitsehr. f. klin. Med. Bd. 20. •1) Centralbl. f. d. med. Wissensch. Bd. .5 S. 531 und 801. 5) Pflügek's Arch. Bd. 9. P) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 13. S. 350. 7) YiRcnow's Arch. Bd. 116. 8) Ehcnd. Bd. 130, wo anch die Arbeiten von Mi.nkowski und von ZlNTZ und Gep- PEKT citirt sind. 134 Sechstes Kapitel. ebenso nimmt sie nach anhaltender Einnahme von Säure ab (Lassar, Freud- berg ^). Die Farbe des Blutes ist roth, hell scharlachroth in den Arterien und dunkel blauroth in den Venen. Das sauerstofFfreie Blut ist dichroitisch, in auffallendem Lichte dunkelroth, in durchfallendem grün. Der Blutfarbstoff findet sich in den Blutkörperchen. Das Blut ist aus diesem Grunde in dünnen Schichten undurchsichtig und verhält sich also als „Deckfarbe". Wird auf irgend eine der obengenannten Weisen (vergl, S. 112) das Hämoglobin von dem Stroma getrennt und von der Blutflüssigkeit gelöst, so wird das Blut durch- sichtig und verhält sich somit als „Lackfarbe". Es wird nun weniger Licht Deckfarbe aus seinem Inneren heraus reflektirt, und das lackfarbene Blut ist deshalb in und Lack- farbe, dickeren Schichten dunkler. Werden umgekehrt durch Zusatz von Salzlösung die Blutkörperchen zum Schrumpfen gebracht, so wird mehr Licht als vorher reflektirt und die Farbe erscheint heller. Ein grösserer Keichthum an rothen Blutkörperchen macht das Blut dunkler, wogegen es durch Verdünnung mit Serum oder bei grossem Gehalte an farblosen Blutkörperchen heller wird. Die verschiedene Farbe des arteriellen und venösen Blutes rührt von dem verschie- denen Gasgehalte dieser zwei Blutarten, bezw. von ihrem verschiedenen Gehalte an Oxyhämoglobin und Hämoglobin her. Die auffallendste Eigenschaft des Blutes besteht darin, dass es binnen mehr oder weniger kurzer Zeit, im Allgemeinen aber sehr bald nach dem Ader- lasse gerinnt. Verschiedene Blutarten gerinnen mit verschiedener Geschwindig- keit; in dem Menschenblute treten aber die ersten deutlichen Zeichen einer Ge- rinnung nach etwa 2—3 Minuten auf, und binnen 7 — 8 Minuten ist das Blut «ies"Biatos ^^^rch und durch in eine gallertähnliche Masse umgewandelt. Bei mehr lang- samer Gerinnung gewinnen die rothen Blutkörperchen Zeit, vor der Gerinnung mehr oder weniger stark nach unten zu sinken, und der Blutkuchen zeigt dann eine obere, mehr oder weniger mächtige, gelb-graue oder röthlich-graue, aus FaserstoflT mit eingeschlossenen hauptsächlich farblosen Blutkörperchen bestehende Schicht. Diese Schicht hat man Crnsta wflammutoria oder 2)hhgistica genannt^ weil sie besonders bei inflammatorischen Prozessen beobachtet und als für solche Speckhant. charakteristisch angesehen worden ist. Diese Crusta oder „SpecWiaut" ist in- dessen für keine besondere Krankheit charakteristisch und sie kommt überhaupt dann vor, wenn das Blut langsamer als sonst gerinnt oder die Blutkörperchen rascher als gewöhnlich heruntersinken. Eine Speckhaut beobachtet man des- halb auch oft in dem langsam gerinnenden Pferdeblute. Das Blut der Kapillaren soll gerinnungsunfähig sein. Die Gerinnung wird verzögert durch Abkühlen, durch Verminderung des Sauerstoff- und Vermehrung des Kohlensäuregehaltes, weshalb auch das venöse 1) ViRCHOw's Arch. Bd. 125. Enthält Angaben über die ältere Litteratur. Bezüglich der Methoden zur Bestimmung der Blutalkalescenz wird auf v. Jaksch : Klinische Diagnostik. 3. Aufl. 1892. S. 2 verwiesen. Gerinnung, des Blutes. 135 ülut und in noch höherem Grade das Erstickungsblut langsamer als das arterielle Blut gerinnt. Durch Zusatz von Säuren, Alkalien oder Ammoniak selbst in geringen Mengen, von konzentrirten Lösungen neutraler Salze der Alkalien und alkalischen Erden, von Alkalioxahiten oder Fluoriden, ferner von Hühnereiweiss, Zucker- oder Gummilösung, Glycerin oder viel Wasser, wie auch durch Auf- fangen des Blutes in Oel kann die Gerinnung verzögert oder verhindert werden. Durch Einspritzen in das cirkulirende Blut von Albumoselösung oder Blutegel- Vorzögert© ^ ... ^^^^ verhin- infus, welch' letzteres auch auf das eben gelassene Blut einwirkt, kann die Ge- «ierio Gorin- ' ° _ nung. rinnung verhindert werden (vergl. S. 98). Beschleunigt wird dagegen die Ge- rinnung durch Erhöhung der Temperatur, durch Berührung mit fremden Kör- pern, an welchen das Blut adhärirt, durch Umrühren oder Schlagen desselben, durch Luftzutritt, durch Verdünnung mit kleinen Mengen Wasser, durch Zusatz von Platinmohr oder fein gepulverter Kohle, Zusatz von lackfarbenem Blute, ßescuieu- welches jedoch nicht durch den gelösten Blutfarbstoff, sondern durch die Stro- °'=^^j,^"*"' mata der Blutkörperchen wirkt (AVooldridge^), und ferner durch Zusatz von Lymphdrüsenleukocyten oder einem kochsalzhaltigen Wa^serextrakte auf Lymph- drüsen, Hoden oder Thymus. Der wirksame ßestandtheil eines solchen Wasser- extraktes ist das oben besprochene, Gewebefibrinogen oder Nukleohiston genannte Nukleoproteid. Eine wichtige Frage ist die, warum das in den Gefässen kreisende Blut flüssig bleibt, während das gelassene Blut der Gerinnung rasch anheimfällt. Wenn das Blut die Ader verlassen hat, kommt es unter neue, abnorme Verhältnisse. Es kühlt sich ab, es kommt mit der Luft in Berührung, seine Bewegung hört auf und es wird dem Einflüsse der lebenden Gefässwaud ent- zogen. Dass die Abkühlung nicht die Ursache der Gerinnung sein kann, geht Die Gerin- einfach daraus hervor, dass die Abkühlung gerade ein gutes Mittel ist, die Ge- halb des ■I--. T-r-ii •TTP-ii ATT 1-1 j. Oriranismas, rmnung zu verzögern. Dass die Berührung mit der Lutt nicht das \N esentlichste sein kann, ist daraus ersichtlich, dass das Blut, wenn es über Quecksilber auf- gesammelt wird — wobei weder eine Aufnahme noch eine Abgabe von Gas stattfindet — ebenfalls gerinnt. Dass das Aufhören der Bewegung nicht die Gerinnung hervorruft, folgt daraus, dass das über Quecksilber aufgesammelte Blut, gleichgültig ob es geschüttelt wird oder nicht, gerinnt, und weiter daraus, dass Bewegung, wie z. B. das Schlagen des Blutes, die Gerinnung desselben beschleunigt. Den Grund, warum das gelassene Blut gerinnt, hat man deshalb in dem Umstände gesucht, dass es dem Einflüsse der lebendigen, unverletzten Gefäss- waud entzogen wird. Für diese Ansicht sprechen auch die Beobachtungen meh- rerer Forscher. Durch Beobachtungen von Hewson^), Lister^) und Fredericq*) 1) Die Gerinnung des Blutes (herausgegeben von ,M. v. Fkkv, Leipzig 1891). ■-) IIkwson's Works, ed. by Gdlliver, London 1876. Citirt nach Gamgee. Text Book of physiol. Chemistry. Vol. 1. 1880. 3) Proc. Roy. Soc. Vol. 12. 4) Recherches sur la Constitution du i)lasnia sanguin CJaud 1878. 136 Sechstes Kapitel. weiss man, dass wenn eine an zwei Stellen unterbundene, mit Blut gefüllte Vene herauspräparirt wird, das in ihr enthaltene Blut längere Zeit flüssig bleiben Bedeutung ]jann. BRÜCKE ') liess ein ausgeschnittenes, mit Blut gefülltes Schildkrötenherz der (jefass- ' o ' o '^^""^.f"?' "^^^bei Ü° C. arbeiten und er fand das Blut nach mehreren Tagen ungeronnen. Flussig- " ° bleiben des j)a^g ^ug einem anderen Herzen entleerte, über Quecksilber aufgesammelte Blut gerann dagegen rasch. In einem todten Herzen wie auch in todten Blutge- fässen gerinnt das Blut bald, und ebenso gerinnt es, wenn die Gefässwand durch pathologische Prozesse verändert worden ist. Welcher Art ist nun dieser, von der Gefässwand ausgehende Einfluss auf das Flüssigbleiben des kreisenden Blutes? Freund ^j hat gefunden, dass das Blut flüssig bleibt, wenn es durch eine gefettete Kanüle unter Oel oder in mit Vaselin ausgegossene Gefässe aufgefangen wird. Wird das in ein eingefettetes Gefäss aufgefangene Blut mit einem eingeölten Glasstabe geschlagen, so gerinnt es nicht, gerinnt aber rasch beim Schlagen mit einem uneingefetteten Glasstabe oder wenn es in ein nicht eingefettetes Gefäss gegossen wird. Die Nichtgerin- der^Adhäi?on ^'^ng des Blutes beim Auffangen desselben unter Oel ist später von Haycraft ^"riunnn-'^' """-^ Carlier^) bestätigt Worden. Freund fand durch weitere Versuche, dass die Austrocknung der obersten Blutschichten oder die Verunreinigung mit ge- ringen Staubmengen sogar im Vaselingefäss die Gerinnung hervorrief. Nach Freund ist es also das Vorhandensein von Adhäsion zwischen dem Blute oder zwischen dessen Formelementen und einer Fremdsubstanz — und als solche wirkt auch die krankhaft veränderte Gefässwand — welches den Anstoss zur Gerinnung giebt, während der Mangel an Adhäsion das Blut vor der Gerin- nung schützt. Bei dieser Adhäsion der Formelemente des Blutes an irgend einem Fremdkörper scheinen jene gewissen Veränderungen zu unterliegen, welche in einer bestimmten Beziehung zu der Gerinnung zu stehen scheinen. Ueber die Art dieser Veränderungen gehen die Ansichten leider sehr aus- einander. Nach Alex. Schmidt*) und der Dorpaterschule findet bei der Ge- rinnung ein massenhafter Zerfjill von weissen Blutkörperchen statt, und dabei nng'en'der sollen für die Faserstoffgerinnung wichtige Bestandtheile derselben in das Plasma Leukocyten. j^],jgj.ggj^gjj_ Nach LöwiT^) und anderen Forschern ist dagegen das Wesentliche nicht ein Zerfall der weissen Blutkörperchen, sondern vielmehr ein Austritt von Bestaudtheilen aus den Zellen in das Plasma, ein Vorgang, der von LöwiT als .Plasmoschise bezeichnet worden ist. 1) ViRCHOw's Arch. Bd. 12. £) Wien. med. Jahrb. 1886. 3) Journal of Anat. and Physiol. Bd. 22. 4) Pflüger's Arch. Bd. 11. Die Arbeiten Alex. Sciimidt's finden sich sonst im Arch. f. Anat. und Physiol. Jahrg. 18G1 und 1862; Pflüger's Arch. Bdd. 6, 9, 11, 13. Vergl. besonders Alex. Schmidt: Zur Blutlehre. Leipzig 1892, wo auch die Arbeiten seiner Schüler referirt sind. y) Wien. Sitzuugsbcr. Bdd. 81) und 90 und Prager med. Wocheuschr. 1889. Referirt in Centralbl. f. d. med. Wissensch. Bd. 28 (1890). S. 265. Fornielemente und Bliitgerinniiiig. 137 Nach BizzozORO^) u. A. soUeu indessen nicht die Leukocyten, sondern die Blutplättchen den Ausgangspunkt für die Fibrinbildung darstellen, eine Ansicht, die mit den neuesten Untersuchungen von Lilienfei.d und Mosen^) in gutem Einklänge ist. Nach Lilienfkld sind (vergl. oben S. 132) die Blut- plättchen als Derivate des Zellkernes anzusehen und nach ihm soll die Faser- veränder- stoffgerinuung sogar eine Funktion des Zellkernes sein. Dieser Ansicht tritt ""[j^ut.^'^ indessen Griesbacii^) entschieden entgegen, indem er stark hervorhebt, dass die p''^''*^*'®''- Kerne zwar bei der Gerinnung betheiligt sein können, dass es al)er hei der Gerinnung in erster Linie ein Theil des Zellenleibes ist, welcher durch Plasmo- schise zerfällt und dies sogar während der Kern noch intakt bleibt. Eine ganz besondere Stellung zu dieser Frage hatte Wooldkidge'*) ein- genommen, indem er nämlich den Formelementen nur eine sehr untergeordnete Bedeutung für die Gerinnung zuerkannte. Wie er gefunden hatte, kann nämlich ein Peptonplasraa, welches durch Centrifugiren von sämmtlichen Formbestand- theilen befreit worden ist, reichliche Mengen von Faserstoff liefern, wenn es nur nicht von einer beim Abkühlen ausfallenden Substanz getrennt wird. Diese Substanz, welche von Wooldridge A-Fibrinogen genannt wurde, scheint mit „ ,, den Globulinplättchen Löwit's identisch zu sein; und sie besteht allem An- ridgo's An- i ' Sicht. scheine nach aus einem Nukleoproteid , welches seinerseits vielleicht mit dem von Pekelhaeing^) isolirten Prothrombin identisch ist. Da dieses Nukleo- proteid indessen nach der einstimmigen Ansicht mehrerer Forscher von den Formelementen des Blutes, sei es den Blutplättchen oder den Leukocyten, stammt, so widersprechen wie es scheint die Erfahrungen Wooldridge's nicht der allgemein acceptirten Ansicht von der grossen Bedeutung der Formelemente des Blutes für die Gerinnung desselben. Ueber die Art derjenigen Stofl'e, welche aus den Formelementeu des Blutes vor und bei der Gerinnung austreten, sind die Ansichten ebenfalls sehr ge- theilt. Nach Alex, Schmidt'') enthalten die Leukocyten, wie die Zellen über- haupt, zwei Hauptgruppen von Bestandtheilen , von denen die einen beschleu- nitrend, die anderen dao;efren verlangsamend oder hemmend auf die Gerinnung Schmidts wirken. Jene können aus den Zellen mit Alkohol extrahirt werden, diese dagegen nicht. Das Blutplasma enthält nach Schmidt höchstens Spuren von Thrombin, ent- hält aber die Vorstufe desselben, das Prothrombin. Die gerinuungsbeschleuuigenden 1) ViRCnow's Arch. Bd. 90. Ceutralbl. f. d. med. Wisseusch. 1882. S. 17, 161, 353, 5G3; ebend. 1883. Viiicnow-Festschrift 1891. 2) 1. c. 3) Vergl. Pfi.ügkk's Arch. l!d. ÖO und Ceutralbl. f. d. med. Wissenseh. 1892. S. 497. 4) Die Gerinnung des Blutes (herausgegeben von M. v. Frkv. Leipzig 1891). &) Ueber das Fibriuferment. Vcrhandl. d. kon. Akad. van Wetensch. te Amsterdam. Deel 1. Nr. 3. 1892. li) Zur Blutlehre. ]38 Sechstes Kapitel. Stoffe sied selbst weder Thrombin noch Prothrombin und sie wirken in der Weise, dass sie das Thrombin aus dem Prothrombin abspalten. Aus diesem Grunde werden sie von Alex. Schmidt zynwpJastisclie Suhstanzen genannt. Die Natur dieser Stoffe ist unbekannt — nach Liliexfeld^) findet sich jedoch unter ihnen KHgPO^ — und namentlich über ihre Beziehung zu den von anderen Forschern als zymoplastisch wirksam anerkannten Kalksalzen hat Schmidt keine Mittheilungen gemacht. Die in Alkohol- Aether unlöslichen, gerinnungshemmenden Bestandtheile der Zellen sind Proteide, die Schmidt Cytoglobin und Präglobulin genannt hat. Die gerinnungshemmende Wirkung dieser Stoffe kann durch Zusatz der zymo- plastischen Substanzen aufgehoben werden, und bei der nun stattfindenden Ge- rinnung wird die Ausbeute an Fibrin bedeutend grösser als bei Abwesenheit der gerinnungshemmenden Proteide. Diese letzteren liefern also das stoffliche „. . Material, aus welchem zuletzt der Faserstoff hervorgeht. Der Vorgang ist nach Theorie von ' o o o sli^^dt Schmidt hierbei folgender. Aus dem Präglobulin spaltet sich erst Serum- globulin und aus diesem letzteren darauf das Fibrinogen ab, aus welchem dann das Fibrin entsteht. Die Aufgabe des Thrombins soll zweierlei Art sein. Das Thrombin soll nämlich erst das Fibrinogen aus dem Paraglobulin abspalten und dann das Fibrinogen in Fibrin umsetzen. Alex. Schmidt ist also nun- mehr mit den meisten anderen Forschern darin einig, dass das Fibrin durch eine enzymatische Umwandlung des Fibrinogens entsteht, und den von ihm beobachteten Einfluss des Serumglobulins auf die Menge des gebildeten Faser- stoffes erklärt er nunmehr durch die Annahme, dass das Fibrinogen durch Spaltung des Serumglobulins entstehe. Während des Lebens ist nach Schmidt die gerinnungshemmende Wirkung der Zellen die vorherrschende, während ausserhalb des Körpers oder bei der Berührung mit Fremdkörpern die gerinnungsbeschleunigende Wirkung vorzugs- weise zur Geltung kommt. Die Parenchymmassen der Organe und Gewebe, durch welche das Blut in den Kapillaren fliesst, sind auch diejenigen mächtigen Zellenmassen, welche in erster Linie das Flüssigbleiben des Blutes im Leben bedingen (Alex. Schmidt). Für die Ansicht, dass in den Formelementen des Blutes sowohl gerinn- ungshemmende wie gerinnungserregende. Stoffe vorkommen, hat Lilienfeld^) weitere Beweise geliefert. Bezüglich der Natur dieser Stoffe weicht er indessen Theorie von bedeutend von Alex. Schmidt ab. Während nach dem letztgenannten For- scher die Gerinnungserreger in Alkohol lösliche Stoffe sind und die mit Alkohol erschöpften Proteide nur gerinnungshemmend wirken, soll nach Lilienfeld da- gegen sowohl die gerinnungserregende als die gerinnungshemmende Substanz 1) Weitere Beiträge zur Kenntniss der Blutgerinnung. Berlin 1893. '^) Vergl. LiLiEN'KELD : lieber Leukocyten und P.lutgerinnung. Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin. Nr. 11. 1^92: Ueber den flüssigen Zustand des Blutes etc. ebend. Nr. 16. 1892 und: Weitere Beiträge zur Kenntaiss der Blutgerinnung, ebend. Juli 1893. (Separatabzug.) Kalksalze und Blutgerinnung. 139 in einem Nukleoproteide, dem Nukleohiston, enthalten sein. Das Nukleohiston spaltet sich leicht in Leukonuklei'n und Histon , von denen jenes als Gerinn- ungserreger wirkt, während dieses sowohl intravaskulär, dem Blutgefiisssystem einverleibt, als extravaskulär dem Blute seine Gerinnungsfähigkeit raubt. In das Blutgefässsystem gebraclit, spaltet sich das Nukleohiston im Thierkörper in seine beiden Komponenten. Es ruft deshalb einerseits ausgedehnte Gerinn- ungen hervor und andererseits macht es den Rest des Blutes ungerinnbar. Lilienfeld ist der Ansicht, dass das Fibrinogen als ein im Plasma ge- löster Stoff nicht im kreisenden Blute vorhanden ist. Es soll bei der Zerstör- ung der Leukocyten in das Plasma übergehen und es stammt aus der Zellkeru- substanz der Leukocyten. Das Nukleohiston soll nach Lilienfeld unmittelbar in Fibrin umgewandelt werden können. Schon vor längerer Zeit hat Brücke gezeigt, dass der Faserstoff eine calcium-phosphathaltige Asche liefert. Dass die Kalksalze die Gerinnung be- schleunigen oder in fermentarmen Flüssigkeiten sogar hervorrufen können, ist eine durch die Untersuchungen vom Verf ^), von Green 2), Ringer und Sainsbury^) Bedentnng seit mehreren Jahren bekannte Thatsache; aber erst durch die wichtigen L"nt€r- Kaiksaizo. suchungen von Artiius und Pages'*) ist die Nothwendigkeit der Kalksalze für die Gerinnung sicher bewiesen worden. Ueber die Art und Weise, wie die Kalksalze hierbei wirken, hat mau indessen erst in der letzten Zeit Aufschlüsse zu geben versucht. Für die Wirkung der Kalksalze hatte Freund =) folgende Erklärung ge- geben. Aus den Formelementen geht Alkaliphosphat in das an Kalksalzen reichere Plasma über und es wird Calciumphosphat gebildet. Ist die Menge des letzteren in dem Plasma oder einer anderen gerinnbaren Flüssigkeit so_, ° ° Theorie von gross geworden, dass sie von ihr nicht vollständig in Lösung gebalten werden Freund, kann, so wird nach Freund die Ausscheidung des Ueberschusses eine Ursache zum Unlöslichwerden eines Theiles der Eiweissstoffe, d. h. eine Ursache zur Gerinnung. Gegen diese Ansicht können indessen schwerwiegende Einwände ge- macht werden und sie ist auch von Latschenberger ^) und Strauch^) wider- legt worden. Nach Pekelharing ^) verhält sich die Sache in folgender Weise. Das Prothrombin geht durch die Einwirkung löslicher Kalksalze in Thrombin über, und eine sonst gerinnungsfähige Flüssigkeit, welche nur Prothrombin, aber kein 1) Nova Acta reg. Soc. Scient Upsal. Ser. III. Vol. 10. 1879. 2) Journal of PhysioJ. Bd. 8. 3) Ebend. Bdd. 11 uud 12. 4) M. Artius, Recherchcs sur la Coatriilation du sang. Paris 1S90; .\KTiirs et P.\GbS: Nouvelle Theorie etc. Arch. de Physiol. (5.) Bd. 2. 1890. 5) Wien. med. Jahrb. 1888. S. 259. 6) Ebend. 1888. S. 479 und Wien. med. Wochenschr. 1889. ') Dlssert. Dorpat. 1889. 1 Citirt nach Maly, Jahresber. Bd. 19. «) ViRCHÖw-Festschrift. Bd. 1. IsOl. 140 Sechstes Kapitel. Thrombin enthält, kann deshalb durch alleinigen Zusatz von löslichen Kalksalzen zum Gerinnen gebracht werden. Das Thrombin ist nach Pekelharing eine Kalkverbindung des Prothrombins, und das Wesen der Gerinnung soll nach ihm darin bestehen, dass das Thrombin Kalk auf das Fibrinogen überträgt, Theorie von ^yelches dadurch in die unlösliche Kalkverbindung Fibrin übergeführt wird. Pekelhanng. o '^ Das Thrombin wird hierbei in Prothrombin zurück verwandelt, nimmt aber von Neuem Kalk auf und geht dadurch in Thrombin über, welches seinen Kalk auf eine neue Portion Fibrinogen überträgt u. s. w. Diese Erklärung des Vor- ganges ist selbstverständlich nur eine Hypothese, aber die Entstehung des Thrombins aus einer Muttersubstanz durch die Einwirkung löslicher Kalksalze ist dagegen eine sicher festgestellte Thatsache. Es fragt sich also, ob das Prothrombin in dem Plasma des cirkulirenden Blutes enthalten ist, oder ob es einer der Stoffe ist, welche vor der Gerinnung aus den Formelementen heraustreten. Alex. Schmidt scheint der Ansicht zu sein, dass das cirkulirende Plasma das Prothrombin enthält; nach Pekelharing Prothrombin ist dem aber nicht so. Das durch Blutegelinfus flüssig erhaltene Blutplasma ™ ■ gerinnt nicht nach Zusatz von Kalksalzen, wohl aber nach Zusatz von Pro- thrombinlösung. Von solchem Plasma werden ferner die Formeleraente, vor allem die Blutplättchen, besonders gut konservirt, und es ist also nach Pekel- haring wahrscheinlich, dass das cirkulirende Plasma keine nennenswerthen Mengen von Prothrombin enthält und dass dieser Stoff vor der Gerinnung aus den Formelementen, vielleicht den Blutplättchen, heraustritt. Gegenüber der Ansicht von Alex. Schmidt, der zu Folge die Faserstoff- gerinnung ein enzyraatischer Prozess sein soll, hatte Wooldridge ^) die Ansicht ausgesprochen, dass das Fibrinferment nicht eine Ursache der Gerinnung, sondern ein Produkt der dabei verlaufenden chemischen Prozesse sei. Nach Woold- RIDGE sind dagegen Lecithin und lecithinhaltige Proteinsubstanzen von der grössten Bedeutung für die Gerinnung. Dies gilt in erster Linie von der oben- genannten, beim Abkühlen des centrifugirten Peptonplasmas sich ausscheidenden Theorie von Substanz, welche von Wooldridge yl-Fibrinogen genannt wurde. Das Plasma Wooidridge. g^jj nsLch WoOLDRiDGE sämmtliche Bedingungen für das Zustandekommen der Gerinnung in sich selbst enthalten und die Formelemente sind nur von unter- geordneter Bedeutung. Centrifugirtes Peptonplasma, welches von Formelementen ganz frei ist aber das ^l-Fibrinogen noch enthält, gerinnt bei Verdünnung mit Wasser, beim Durchleiten von Kohlensäure oder nach Zusatz von ein wenig Essigsäure, und hierbei soll das Fibrinferment entstehen. Als C-Fibrinogen be- zeichnete Wooldridge das gewöhnliche, nach der oben S. 100 angegebenen Methode isolirbare Fibrinogen. Dieses Fibrinogen kommt zwar in Transsudaten vor, soll aber in dem Peptonplasma nur in sehr geringer IMenge vorkommen. 1) Eine Zusamnienstellurif; der Beobachtungen von Wooldridge findet sich in dem oben citirten Werke : Die (Jerinnung des Blutes (M. v. Fufa', 1891). Intravaskuläre GcrinDung. 141 In grüsster Menge kommt in dem Peptonplasma ein drittes Fibrinogen vor, welches eine Muttersubstanz des C-Fibrinogens sein soll und von Wooldrldge jB-Fibrinogen genannt wurde. Das i^-Fibrinogen soll von Lecithin und Lymph- drüseuleukocyten, nicht aber von Fibrinfennent oder Blutserum in Faserstoff übergeführt werden. Nach vorausgegangener Einwirkung von Serum oder Fibrin- ferment liefert jedoch das l/-Fibrinogeu beim Verdünnen mit Wasser Fibrin. Das Wesentlichste der Faserstoffgerinnung würde nach Wooldridge eine Wechsel- wirkung zwischen A- und J5-Fibrinogen sein. Es soll dabei eine Abgabe von Lecithin von dem ^l-Fibrinogen und eine Aufnahme desselben durch das B- Fibrinogen stattfinden. Gegen diese Theorie sind von Halliburton ^) wichtige Bedenken erhoben worden. Es ist in der That auch schwierig, in den Abhandlungen von Woold- rldge bindende Beweise füi- die obige Ansicht finden zu können, und diejenigen Experimente, auf welchen sie sich stützen soll, sind, wie es scheint, sehr schwierig zu deuten. In Anbetracht der gegenwärtig sehr verwickelten Lage der Ge- linnungsfrage dürfte es auch nicht möglich sein, über die Tragweite der Beo- bachtungen von Wooldridge bestimmte Schlüsse zu ziehen. Intrafcishidüre Gerinnung. Durch die Untersuchungen von Alex. Schmidt und seinen Schülern, wie auch von Wooldridge, Wright^) u. A. wissen wir, dass eine intravaskuläre Gerinnung durch intravenöse Injektion einer reichlichen Menge Thrombinlösung, wie auch durch Injektion von Leukocyten oder von Gewebefibrinogen (unreinem Nukleohiston) in das kreisende Blut zu Stande kommen kann. Beim Kaninchen kann diese Gerinnung über das ganze Gefässsystem sich erstrecken, Avährend sie beim Hunde gewöhnlich auf das Portal- gebiet beschränkt ist. In den übrigen Theileu des Gefässsystems beim Hunde hat das Blut dagegen regelmässig eine verminderte Gerinnungsfähigkeit. Wird von den genannten Stoffen zu wenig injizirt, so beobachtet man nur eine be- ^"1^^*^^^ deutend herabgesetzte Gerinnungsteudenz des Blutes. Nach Wooldridge kann '■'""<*"s- ■man im Allgemeinen behaupten, dass nach einem kurz dauernden Stadium ge- steigerter Gerinnungsfähigkeit, welches zu totaler oder partieller intravaskulärer Gerinnung führen kann, ein zweites Stadium herabgesetzter oder sogar aufge- hobener Gerinnungsfähigkeit des Blutes folgt. Jenes Stadium wurde von Wooldridge als „positive" und dieses als „negative Phase" der Gerin- nung bezeichnet. Diese Angaben sind von mehreren Forschern bestätigt worden. Dass die positive Phase durch das reichlich eingeführte Thrombin, bezw. durch eine rasche und reichliche Bildung desselben zu Stande kommt, ist wohl nicht zu bezweifeln. Bei diesem Prozesse sind nach Alex. Schmidt die alkohol- löslicheu zymoplastischen Substanzen wirksam, während man nach den Unter- 1) Journal of Physiol. Bd. 9. -) A Study of the iatravuscular Coagulation etc. Proceed. of the Roy. Irish. Acad. (3.) Vol. 2; vergl. auch \VkI(.;iit: Lecture ou tissue or Cellfibrinogen , The Laucet 1&92, und: On Wooldkidge's Metbod of producing iuimunity etc. British Medic. Journal. Sept. 1891. 142 ' Sechstes Kapitel. Intra- vaskuläre Geriununfr. suchungeii Lilienfeld's diese Wirkung wohl eher dem aus dem Nukleohiston abgespaltenen Leukonuklein zuschreiben dürfte. Nach Wooldredge ruft in- dessen sein Gevvebefibrinogen keine intra vaskuläre Gerinnung hervor, wenn es mit Alkohol von verunreinigenden Stoffen befreit worden ist, was mit den An- gaben von Alex. Schmidt stimmt, und weitere Untersuchungen sind also hier uöthig. Für das Zustandekommen der negativen Phase hat man zunächst an dem, aus dem Nukleohiston abgespaltenen gerinnungshemmenden Histon zu denken. Nach Wright und PEKELHARmG soll indessen die gerinnungshemmende Sub- stanz Albumose sein, welche bei der Zersetzung des Nukleoproteides im Körper entsteht. Die genannten Forscher haben nämlich theils im Blute von Thieren während dieser Phase und theils im Harne von Hunden nach intravenöser Injektion von Gewebefibrinogen Albumose nachweisen können. Nach Pekel- HARiNG soll die Albumose dabei derart wirksam sein, dass sie den Kalk des Blutes bindet und dadurch die Gerinnung verhindert. Der Grund, warum beim Hunde die intra vaskuläre Gerinnung gewöhnlich auf das Portalgebiet beschränkt bleibt, liegt nach Wright in dem grösseren Kohlen- säuregehalte des fraglichen Blutes. Ein vermehrter Kohlensäuregehalt des Blutes begünstigt nämlich das Auftreten der positiven Phase, und bei Hunden, welche durch Zuklemmen der Trachea asphyktisch gemacht worden, kann durch Injektion von Gewebefibrinogen (unreinem Nukleohiston) eine allgemeine, über das ganze Gefässsystem sich erstreckende, intravaskuläre Koagulation erzeugt werden. Die Gase des Blutes sollen in dem Kap. 17 (Ueber die Respiration) abgehandelt werden. IV. Die quantitative Zusammensetzung des Blutes. Die quantitative Blutanalyse kann nicht das Blut als Ganzes allein gelten. Sie muss einerseits das Verhältniss von Plasma und Blutkörperchen zu einander und andererseits auch die Zusammensetzung eines jeden dieser zwei Hauptbe- standtheile für sich zu ermitteln haben. Die Schwierigkeiten, welche einer solchen Aufgabe im Wege stehen, sind besonders mit Rücksicht auf das lebende, noch nicht geronnene Blut noch nicht überwunden worden. Da nun weiter die Zu- sammensetzung des Blutes nicht nur in verschiedenen Gefässbezirken, sondern auch in demselben Bezirke unter verschiedenen Umständen eine verschiedene sein kann, aus welchem Grunde auch eine Menge von Blutanalysen erforderlich sind, so dürfte es wohl kaum auffallend erscheinen, wenn unsere Kenntniss von der Zusammensetzung des Blutes noch verhältnissmässig dürftig ist. Das relative Volumen der Blutkörperchen und des Serums im defibri- nirten Blute kann man nach L. und M. Bleibtreu') nach verschiedenen Me- 1) PflüGER's Arch. Bd. 51. Quantitative Blntanalyse. 143 thoden ermitteln, wenn man defibrinirtes Blut in verschiedenen Verhältnissen mit Kochsalzlösungen von 6 p. m. vermischt (doch so, dass auf 1 Vol. Blut höchstens 1 Vol. Kochsalzlösung kommt) die Blutkörperchen sich zum Boden senken lässt oder durch Centrifugiren abtrennt und die darüber stehende klare Mischung von Serum und Kochsalzlösung abhebt. Die Methoden sind folgende: 1. Man bestimmt nach K.teldaiils Methode den Stickstoffgehalt in mindestens zwei solchen verschiedenen Mischungen von Serum und Kochsalzlösung, berech- net daraus durch Multiplikation mit 6,25 den entsprechenden Eiweissgehalt und findet dann das relative Volumen der Blutflüssigkeit x und damit auch das Volumen der körperlichen Elemente (1 — x) nach folgender Gleichung: Q S (e^ — e.,)x = """e.j — i^ ^i- I" dieser Gleichung bedeuten (für Mischungen 1 und 2) 2 1 bj bezw, bg das zu der Mischung verwandte Blutvolumen, s^ bezw. s., das Vo- lumen der Kochsalzlösung und e, bezw. Cg den Gehalt eines bestimmten Vo- lumens jeder Mischung an Eiweiss. Methode von . . Üleibtren. 2. Durch Bestimmungen mit dem Fyknometer ermittelt man das sp. Ge- wicht des Blutserums, der Kochsalzlösung und mindestens einer in der obigen AVeise erhaltenen Mischung von Serum und Kochsalzlösung. Man findet in diesem Falle das relative Volumen des Serums x nach folgender Gleichung: x=~.^ =-. In dieser Gleichung bedeuten s und b die mit einander ge- mischten Volumina Salzlösung und Blut. S bedeutet das sp. Gewicht der nach Absetzen der Blutkörperchen gewonnenen Serum-Kochsalzmischung, Sq das sp. Gewicht des Serums und K dasjenige der Kochsalzlösung. Für das Pferdeblut können noch zwei andere, abgekürzte Methoden zur Anwendung kommen (vergl. das Original). Gegen die obigen Methoden sind von Hamburger^) prinzipielle Ein- wendungen erhoben worden, die indessen nach Bleibtreu ohne praktische Be- deutung zu sein scheinen , wenn man das Blut mit nicht mehr als höchstens dem gleichen Volumen Kochsalzlösung verdünnt^). Für klinische Zwecke hat man versucht, das relative Volumen der kör- perlichen Elemente des Blutes durch Anwendung einer kleinen, von Blix kon- struirten und von Hedix^) näher beschriebenen und geprüften, Hämatokrit ge- nannten, Centrifuge zu bestimmen. Eine abgemessene Menge Blut wird mit einer ebenfalls genau abgemessenen Menge, am besten dem gleichen Volumen, einer die Geriniiuno; verhindernden Flüssigkeit gemischt, die Mischung in die . . I)0r Röhren eingeführt und dann centrifugirt. Als Verdünnungsflüssigkeit verwen- u.Timatokrit. dct Hedix die MüLLER'sche, Daland"^) dagegen eine 2,5prozentige Lösung von Kaliumbichromat. Nach beendetem Centrifugiren liest man die Höhe der Blutkörperchenschicht in den gradirten Röhren ab und berechnet daraus das Vo- lumen, welches die rothen Blutkörperchen (richtiger die Blutkörperchenschicht) in 100 Vol. des fraglichen Blutes einnehmen. Durch vergleichende Zählungen haben Hedin und Daland gefunden, dass unter physiologischen Verhältnissen 1) Centralbl. f. Thysiol. I5d. 7 (1893). S. 161. -) Vergl. M. BLEiisTKKr, Pfi.iger's Arch. Bd. 55. 3) Skandinav. Arch. f. Thysiol. Bd. 2. S. 134 und 301. '») Fortschritte d. Med. Bd. 9. 1891. 144 Sechstes Kapitel. eine annähernd konstante Relation zwischen dem Volumen der Blutkörperchen- schicht und der Anzahl der rothen Blutkörperchen besteht, so dass man also aus dem Volumen diese Anzahl berechnen kann. Dass eine solche Berechnung auch in Krankiieiten, wenn die Grösse der rothen Blutkörperchen nicht wesent- lich von der Norm abweicht, zu annähernd richtigen Zahlen führen kann, hat Daland gezeigt. Bei gewissen Krankheiten, wie z. B. bei der perniciösen Anämie, kann die Methode dagegen so fehlerhafte Resultate hinsichtlich der Anzahl der Blutkörperchen geben , dass sie ganz unbrauchbar wird. Die Un- brauchbarkeit der Methode für genauere Bestimmungen des Volumens der Blut- körperchen ist von L. Bleibtreu ^) dargethan worden^). Kennt man das Verhältniss zwischen den körperlichen Elementen und der Blutflüssigkeit dem Volumen nach, so kann man durch Feststellung des sp. Gewichtes des Blutes und des Serums dieses Verhältniss auch dem Ge- wichte nach bestimmen. Bei direkter Bestimmung des Gewichtsverhältnisses geht man sonst von den folgenden Erwägungen aus: Findet sich in dem Blute irgend eine Substanz, welche dem Plasma aus- schliesslich angehört und in den Blutkörperchen nicht vorkommt, so lässt sich der Gehalt des Blutes an Plasma berechnen, wenn man die Menge der frag- Bestiramuns liehen Substanz in 100 Theilen Plasma, bezw. Serum einerseits und in 100 Theilen des Plasmas. Blut andererseits bestimmt. Bezeichnet man die Gewichtsmenge dieser Sub- stanz in dem Plasma mit p und in dem Blute mit h, dann wird also die Menge x des Plasmas in 100 Theilen Blut x^ sein. Als solche Substanz, welche in dem Plasma allein vorkommen soll, ist von Hoppe- Seyler-^) das Fibrin, von Bunge*) das Natrium (in gewissen Blutarten) und von Otto-") der Zucker bezeichnet worden. Von diesen Sub- stanzen ausgehend haben auch die genannten Forscher die Menge des Plasmas, bezw. der Blutkörperchen, dem Gewichte nach in verschiedenen Blutarten zu bestimmen versucht. Eine andere, von Hoppe-Seyler ^) angegebene Methode besteht darin, dass man einerseits die Gesammtmenge Hämoglobin und Eiweiss in einer Blut- portion und andererseits die Menge Hämoglobin und Eiweiss in den mit Koch- salzlösung durch Centrifugiren genügend gewaschenen Blutkörperchen einer an- deren, gleich grossen Portion desselben Blutes bestimmt. Die zwischen den bei diesen zwei Bestimmungen erhaltenen Zahlen sich vorfindende Differenz ent- Anaiytischo Spricht derjenigen Eiweissmenge, welche in dem Serum der ersten Blutportion Methoden, enthalten war. Wird nun in einer besonderen Portion Serum desselben Blutes das Eiweiss bestimmt, so lässt sich leicht die Menge des Serums in dem Blute bestimmen. Die Brauchbarkeit dieser Methode ist durch Kontrollversuche mit Natriumbestimmungen von Bunge bestätigt worden. Ist die Menge von Serum und Blutkörperchen in dem Blute bekannt, und bestimmt man dann die Menge der verschiedenen Blutbestandtheile in dem Blutserum einerseits und dem Ge- sammtblute andererseits, so lässt sich die Vertheilung dieser verschiedenen Blut- 1) Berl. klin. Wochenschr. 1893. Nr. 30. ^) Vergl. auch Bternacki, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 3) Handb. d. physiol. und pathol. chem. Analyse. .'5. Aufl. 4) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 12. ö) PFLiJGER's Arch. Bd. 35. S. 480—482. 6) 1. c. Quantitative Zusammensetzung des Blutes. 145 bestandtheile auf die zwei Hauptkoniponenten , Blutkörperchen und Plasma, ermitteln. Nach dem nun besprochenen Verfahren sind die folgenden Analysen von Schweineblut und Rinderblut ausgeführt worden (Bunge). Die Analysen von Menschenblut sind vor läniiercr Zeit von C. Schmidt^) nach einer anderen Methode ausgeführt worden, die vielleicht ein wenig zu hohe Werthe für die Gewichtsraenge der Blutkörperchen geliefert hat. Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Blut. Schweineblut Blntkrpch. 436,8 Wasser .... Feste Stofte . . Hämoglobin und Ei weiss . . . Uebrige org. Stoffe Anorgan. Stoffe . KoO Na.,0 .... CaO MgO Fe.Os .... Cl r.,0, 276,100 160,700 151,600 5,200 3,900 2,421 0,069 0,657 0,903 Seram 563,2 Blntkrpch. 318,7 Rinderblut 517,900 45,300 38,100 2,800 4,300 I 0,154 2,406 0,072 0,021 0,006 2,034 0,106 191,200 127,500 123,600 2,400 1,500 0,238 0,667 0,005 0,521 0,224 Sernm 681,3 622,200 59,100 49,900\ 3,800/ 5,400 0,173 2,964 0,070 0,031 0,007 2,532 0.181 Menschenblut (Mann) Menschenblut (Weibj Blntkrpch, 513,02 349,690 163,330 159,590 3,74.0 1,586 0,241 0,898 0,695 Sernm 486,98 rlntkrpch. 896,24 Sernm 603,76 439,020 47,960 43,820 4,140 0,153 1,661 1,722 0,071 272,560 123,680 120,130 3,550 1,412 0,648 0,862 0,643 551,990 51,770 Zasammen- 46,700 Setzung des Blntes. 5,070 0,200 1,916 0,144 2,202 Im Pferdeblut fanden Hoppe-Seyler, Sachaejin^) und Otto^) 584,9 bis 693,5 p. m. Plasma und 415,1 — 306,5 p. m. Blutkörperchen. Bunge'*) da- gegen fand in einer Analyse 468,5 p. m. Serum und 531,5 p. m. Blutkörperchen, also mehr Blutkörperchen als Serum. Für Menschenblut hat Arkoket^) als ]\Iittel von 9 Bestimmungen beim Manne 478,8 p. m. Blutkörperchen und 521,2 p. m. Serum (in defibrinirtem Blute) gefunden. Beim Weibe fand Schneider") bezw. 349,6 und 650,4 p. m. Die Relation zwischen Blutkörperchen und Plasma schwankt also; im Menschenblute dürfte aber das Plasma beim Manne etwa 50*^/0 und beim Weibe etwas mehr von dem Gewichte des Blutes betragen. Bei Thiereu ist die Menge des Plasmas oft bedeutend grösser und in einzelnen Fällen beträgt sie reichlich ^/s von der Gewichtsmenge des Blutes. Die Relation zwischen Relation zwischen Blutkörper- chen nnd l'hl^ln.-.. 1) Citirt und zum Theil umgerechnet nach v. GorüP-Besaxez : Lehrb. der physiol. (-hem. 4. Aufl. S. 345. 2) Vergl. Hoppe-Seyler: Physiol. Chem. 1877— ISSl. S. 447. j') PflijGER's Arch. Bd. 35. ■i) ]. c. 5) Citirt nach M.MA-'s Jalircsber. Bd 17. S. 139. 6) Centralbl. f. Physiol. Bd. 5. S. 362. Hiimmarstcn, Physiologische Chomio. Dritte Auflage. 10 146 Sechstes Kapitel. dem Volumen der körperlichen Elemente und dem des Plasmas zeigt auch bedeu- tende Schwankungen. Im defibrinirten Pferdeblute fanden L. und AI. Bleibtreu in 10 Versuchen für das relative Volumen der Formelemente Zahlen, die zwischen 261,4 und 409,5 p. m. schwankten. Das relative Volumen der Blut- flüssigkeit, bezw, der körperlichen Elemente schwankt indessen je nach der Art und Weise, wie das Blut dem Thiere entnommen wird. L. und M. Bleibtreu ^) fanden also das Schlachtblut regelmässig reicher an Blutkörperchen als das Aderlassblut. — Das Wasser findet sich zum unverhältnissmässig grössten Theil im Plasma oder Serum, welch' letzteres gewöhnlich zu mindestens ^/lo aus Wasser besteht, während die Blutkörperchen nur zu etwas mehr als zur Hälfte oder zu etwa 2/3 aus Wasser bestehen. Das Eisen dürfte wohl fast ausschliesslich in den Blutkörperchen vorkommen. Chlor und Natrium kommen im Allgemeinen vorwiegend in dem Plasma, Kalium und Phosphorsäure dagegen vorwiegend in den Blutkörperchen vor. In einigen Blutarten (Schweine- und Pferdeblut) Zusammen- findet sich das Natrium ausschliesslich im Plasma oder Serum, das Kalium Setzung des Blutes, vorwiegend in den Blutkörperchen (Buxge^). Im Hunde- und Rinderblut sind die Blutkörperchen jedoch reicher an Natrium als an Kalium (Bunge). Beim Menschen ist das Kalium zum grössten Theil in den Blutkörperchen und nur zu geringem Theil in dem Plasma enthalten (C. Schmidt^), Wanach^). Die alkalischen Erden kommen überwiegend in dem Plasma vor. In dem Blute sind auch Mangan sowie Spuren von Lithium, Kupfer, Blei und Silber gefun- den worden. Das Blut als Ganzes enthält in gewöhnlichen Fällen 770 — 820 p. m. Wasser mit 180 — 230 p. m. festen Stoffen; unter diesen sind 173 — 220 p. m. organische und 6 — 10 p. m. anorganische. Die organischen bestehen, mit Abzug von 6 — 12 p. m. Extraktivstoffen, aus Eiweiss und Hämoglobin. Der Gehalt des Blutes an diesem letztgenannten Stoffe ist beim Menschen 130 — 150 p. m. Beim Hunde ist der Hämoglobingehalt etwa derselbe; im Schweine- und Rinderblut fand Bunge^) bezw. 114 und 89,4 p. m. Hämoglobin. Der Gehalt an Zucker beträgt als Mittel 1 — 1,5 p. m. Die Menge des Harnstofl!es ist nach Aufnahme von Nahrung grösser als im Hunger (Gr^hant Extraktiv- ^^^ QuLNQUAUD ^), ScHüNDORFF^) und sie Schwankt zwischen 0,2 und 1,5 p. m. ^^"^ °' Die Menge der Harnsäure kann im Vogelblute 0,1 p. m, betragen (v. Schröder^), Milchsäure wurde zuerst von Salomox und dann von Gaglio, Berlikerblau und Irisawa^) im ]Menschenblute gefunden. Ihre Menge kann sehr bedeutend schwanken. Berlixerblau fand als Maximum 0,71 p. m. 1) 1. c. 2) 1. c. a) 1. c. 4) Citirt nach Mai.y's Jahresber. Bd. 18. 5) Journal de l'anatomie et de la physiol. Bd. 20 und C'ompt. rend. 98. 6) Pflüger's Arch. Bd. 54. V) LuDwiG-Festschrift 1887. S. 89. 8) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 17, v,-o auch die ältere Litteratur sich findet. ZusaiumensetzuDg des Blutes. 147 Die Zusammensetzung^ des Blutes in verschiedenen Gefässbezirken und unter verschiedenen pliysiologischen Verhältnissen. Arterielles und venöses Blut. Der augenfälligste Unterschied dieser zwei Blutarten ist die von einem verschiedenen Gasgehalte und einem verschiedenen Gehalte an Oxyhämoglobiu und Hämoglobin herrührende verschiedene Farbe. Das arterielle Blut ist hellroth; das venöse ist dunkelroth, dichroitisch. in dünnen Schichten in durchfallendem Lichte grünlich. Das arterielle Blut gerinnt rascher als das venöse. Dieses letztere soll nach älteren Angaben in Folge der in den Arterielles Kapillaren stattfindenden Transsudation etwas ärmer an Wasser, aber reicher an ""'^bIu"'*^* Blutkörperchen und Hämoglobin als das arterielle Blut sein, was indessen von neueren Forschern geleugnet wird. Nach den Untersuchungen von Krüger^) und seinen Schülern ist der Gehalt an Trockensubstanz und Hämoglobin im Blute der Art. carotis und der Ven. jugularis (bei Katzen) der gleiche. Auch hinsichtlich des Fettgehaltes konnten RörorAxx und Mühsam ^j keinen Unterschied zwischen arteriellem und venösem Blut konstatiren. Pfortader- und Lehervenetiblut. Das Blut der Lebervene soll ärmer an gewöhnlichen rothen Blutkörperchen , dagegen aber reicher an farblosen und sogen, jungen rothen Blutkörperchen sein. Es haben einige Forscher hieraus den Schluss gezogen, dass in der Leber eine Neubildung, andere dagegen, dass daselbst umgekehrt ein Zerfall von rothen Blutkörperchen von statten geht. In Anbetracht der, im Verhältniss zu den gleichzeitig gebildeten kleinen ^Mengen Galle und Lymphe, in der Zeiteinheit durch die Leber cirkulirenden grossen Blutmenge kann man kaum hoffen , durch die chemische Analyse be- stimmte Unterschiede in der Zusammensetzung des Pfortader- und des Leber- venenblutes sicher nachweisen zu können. Die Angaben über solche Unter- schiede sind in der That auch widersprechend. Es hat also beispielsweise Drosdoff^) mehr, Otto*) dagegen weniger Hämoglobin in dem Leberven en- pforuder- als in dem Pfortaderblute gefunden. Nach Krüger^) ist der Hämoglobingehalt vene^bkt." wie der Gehalt an festen Stoffen im Blute der zu- und abführenden Gefässe der Leber meistens nachweisbar verschieden, ohne dass indessen ein konstantes Verhältniss zu Gunsten des einen oder anderen Gefässes sich feststellen lässt. Die streitige Frage von dem verschiedenen Zuckergehalte des Pfortader- und Lebervenen blutes soll in einem folgenden Kapitel (vergl. Kap. 8 über die Zucker- bildung in der Leber) abgehandelt werden. Nach einer kohlehydratreichen Mahlzeit kann das Pfortaderblut nicht nur reicher an Glukose als sonst werden, 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 26. Hier finden sich auch die LitternturaDgaben über die Zusammensetzung des Blutes in versciiiedeneu Gefässbezirken. 2) PflCger's Arch. Bd. 46. 3) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 1. 4) Christiania Videnskabs Selskabs Forliandlinger 1886. Nr. 11. Vorgl. M.\i.y. .lahres- berlcht. Bd. 17. 10* 148 Sechstes Kapitel. Jlilzvenen- blut. Driisenblnt. Muskelblut. Menstrual- blut. Blut ver- sehioilener Ge- schlechter. sondern es kann auch Dextrin und andere Kohlehydrate enthalten (v. Mering^), Otto^). Der Gehalt an Harnstoff soll nach Gr^hant und Qüinquaud^) in dem Lebervenenblute grösser als in anderem Blute sein. Das Milzvenenblut ist bedeutend reicher an Leukocyten als das Blut der Milzarterie. Die rothen Blutkörperchen des Milzvenenblutes sind kleiner als die gewöhnlichen, weniger abgeplattet und zeigen eine grössere Resistenz gegen Wasser. Das Milzvenenblut soll angeblich reicher an Wasser, Faserstoff und Albumin als gewöhnliches Venenblut sein (Bj^clard*). Nach v. Middendorff ^) ist es reicher an Hämoglobin als arterielles Blut. Krüger*^) und seine Schüler fanden ebenfalls , dass das Blut der vena lienalis meist hämoglobinreicher ist und mehr feste Stoffe als das arterielle Blut enthält; doch trafen sie auch das entgegengesetzte Verhalten an. Das Milzvenenblut soll langsam gerinnen. Das DräsenvenenhlKt. Das Blut kreist mit grösserer Geschwindigkeit durch eine Drüse während der Arbeit (Absonderung) als in der Ruhe, und das abäiessende , venöse Blut hat in Folge dessen während der Arbeit eine mehr hellrothe Farbe und einen grösseren Gehalt an Sauerstoff. In Folge der Ab- sonderung wird auch das venöse Blut etwas ärmer an AVasser und reicher an festen Stoffen. Das Muskelvenenhlut zeigt insoferne ein entgegengesetztes Verhalten, als es während der Arbeit in Folge der dabei gesteigerten Sauerstoffaufnahme des Muskels und der noch mehr gesteigerten Kohlensäureproduktion eine dunklere, mehr venöse Beschaffenheit als in der Ruhe hat. Das MenstrHalhliit soll, einer alten Angabe zufolge, gerinnungsunfähig sein. Diese Angabe ist jedoch irrig und die scheinbare Gerinnungsunfähigkeit rührt theils von einem Zurückhalten der Blutgerinnsel in der Gebärmutter und der Scheide, so dass nur flüssiges Cruor zeitweise entleert wird, und theils von einer die Gerinnung störenden Beimengung von Vaginalschleim her. Das Blut verschiedener GeschlecJiter. Das Blut des Weibes gerinnt etwas rascher, hat ein etwas niedrigeres spezifisches Gewicht, einen grösseren Gehalt an Wasser und einen niedrigeren Gehalt an festen Stoffen als dasjenige des Mannes. Der Gehalt an Blutkörperchen und Hämoglobin ist etwas kleiner beim Weibe. Der Gehalt des Blutes an Hämoglobin ist im Mittel 146 p. m. beim Manne und 133 p. m. beim Weibe. Bei Schwangeren hat Nasse') eine Abnahme des spezifischen Gewichtes, bezw. eine Zunahme des Wassergehaltes bis gegen Ende des 8. Monats beob- 1) Du Bois-Reymond's Arch. Jahrg. 1877. S. 412 und 413. a) Siehe Note 4 auf S. 147. 3) Journal de Tanatomie et de la physiol. Bd. 20 und Compt. rend. 98. 4) Arch. generale de medecine. Tome 18. 5) Citirt nach Centralbl. f. Physiol. Bd. 2. S. 753. 6) Zeitsehr. f. Biologie. Bd. 26. 7) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 7. S. 129. Zusammensetzang des Blutes. 149 achtet. Von da an stieg das spezifische Gewicht wieder und bei der Geburt war es wieder normal. Die Faserstoffmenge soll etwas vermehrt sein (Becquerel und RoDiKR^), Nasse). Die Zahl der Blutkörperchen scheint etwas abzunehmen. ßiat Bezüglich des Hämoglobingehaltes sind die Angaben etwas widersprechend. Bei " ?4re"r' trächtigen Schafen fand Cohnstein^) eine niedrigere Zahl von rothen Blut- kTirperchen als bei nicht trächtigen. Dagegen waren bei jenen die rothen Blut- körperchen grösser und der Gehalt des Blutes an Hämoglobin ebenfalls grösser. Das Wut in den verschiedenen Lebensperioden. Das fötale Blut ist bedeutend ärmer an Blutkörperchen und Hämoglobin als das Erwachsener. Das fötale Blut im Momente der Geburt hat nach iSciiEKKEXZiss-^) ein niedrigeres spezifisches Gewicht, einen bedeutend niedrigeren Gehalt an Hämoglobin und etwas weniger Fibrin, aber einen grösseren Gehalt an Mineralstoffen, besonders verhältnissmässig mehr Natrium (aber weniger Kalium), als das Blut Erwachsener. Bald nach der Geburt hat das Blut des Neugeborenen denselben oder einen höheren Hämoglobingehalt wie das Blut der Mutter (Cohksteen und Zuntz'*), Otto^). Nach der Geburt steigt der Gehalt an Hämoglobin und Blutkörperchen rasch; doch nehmen nicht beide gleichmässig zu, indem der Hämoglobingehalt nphait an bedeutend rascher ansteigt. Zwei bis drei Tage nach der Geburt hat der ^^^^'f^^^^ Hämoglobingehalt ein Maximum (20 — 21 "/o) erreicht, welches grösser als in ^''Aitera.^" irgend einer anderen Lebensperiode ist. Auf diesem Verhalten beruht auch der von mehreren Forschern beobachtete grössere Reichthum an festen Stoffen in dem Blute Neugeborener. Von diesem ersten Maximum sinkt der Gehalt an Hämoglobin und Blutkörperchen allmählich zu einem Minimum von etwa 11 ^/o Hämoglobin herab, welches Minimum beim Menschen zwischen dem 4. und 8. Jahre auftritt. Dann steigt der Hämoglobingehalt wieder, bis bei etwa 20 Jahren ein zweites Maximum von 13,7 — 15*^/o erreicht wird. Auf dieser Höhe bleibt der Hämoglobingehalt nun bis gegen das 45. Jahr stehen und nimmt dann langsam und allmählich ab (Leichtenstern 0), Otto'^}. Im höheren Alter soll nach älteren Angaben das Blut ärmer an Blutkörperchen und Albumin- stoffen, aber reicher an Wasser und Salzen sein. Die EintcirliDH/ der Ernülirunfi auf das Blut. Bei vollständigem Hungern findet keine Verminderung der Menge der festen Blutbestandtheile inan^non.*"^ statt (Panum**) u. A.). Der Gehalt an Hämoglobin ist ein wenig vermehrt 1) Traite de chimie pathol. Paris 1854. S, 59. ■i) Pflügeu's Arch. Bd. 34. S. 233. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 18. 4) PFLtJGER's Arch. Bd. SM. S. 173. ft) Vergl. Maly's Jahresber. Bdd. 15 und 17. 6) I'ntersuoh. über den Hämoglobingehalt des Blutes im gesunden und kranken Zu- stande. Ivcipzig 1878. 7) Vergl. M.VLY's Jahresber. Bd. 17. 8) ViRCHOw's Arch. Bd. 29. 150 Sechstes Kapitel. (Sübbotin'), Otto), und ebenso nimmt die Zahl der rothen Blutkörperchen zu (WoRM Müller^), Buntzen^), was wahrscheinlich daher rührt, dass die Blut- körperchen weniger rasch als das Serum umgesetzt werden. Als Nachwirkung ruft die Inanition einen anämischen Zustand hervor. Nach einer reichlichen Mahlzeit kann die relative Zahl der Blutkörperchen, je nachdem vorzugsweise eine Sekretion von Verdauungssäften oder eine Re- sorption von Ernährungsflüssigkeit stattfindet, vermehrt bezw. vermindert werden (BuNTZEN, Leichtenstern). Die Zahl der farblosen Blutkörperchen kann nach einer an Eiweiss reichen Mahlzeit dermassen vermehrt werden, dass eine wahre Verdauungsleukocytose auftritt (Hofmeister und Pohl*). Nach einer fettreichen Mahlzeit wird das Plasma schon nach kurzer Zeit mehr oder weniger milchig Wirkung der ^ygigs wie eine Fettemulsion. Die Beschaffenheit der Nahrung wirkt auch wesent- >ianrun{;s- o aufnähme jj^jj ^^f ^qj^ Hämoglobingehalt des Blutes ein. Das Blut der Pflanzenfresser auf die s ° Zusammen- jgj jj^^ Allgemeinen ärmer an Hämoolobin als dasjenige der Fleischfresser, und Setzung dos * » j o Blutes, bgj Hunden beobachtete Subbotin bei einseitiger Fütterung mit kohlehydrat- reicher Nahrung ein Herabsinken des Hämoglobingehaltes von dem physiologi- schen Mittelwerthe 137,5 p. m. zu 103,2 — 93,7 p. m. Nach Leichtenstern findet eine allmähliche Zunahme des Hämoglobingehaltes im Blute des Menschen bei Verbesserung der Nahrung statt, und nach demselben Forscher soll bei mageren Personen das Blut im Allgemeinen etwas reicher an Hämoglobin als bei fetten desselben Alters sein. Einen grossen Einfluss auf die Anzahl und vor Allem auf den Hämoglobingehalt der Blutkörperchen übt ein Zusatz von Eisensalzen zu der Nahrung aus. Wie die Eisensalze hierbei wirken, ist unklar. Nach Bunge ^) wirken sie indessen wahrscheinlich in der Weise, dass sie in dem Darmkanale den Schwefelwasserstoff binden und dadurch das in resorptions- fähigen Proteinverbindungen der Nahrung enthaltene Eisen vor der Ausscheid- ung als Schwefeleisen schützen. Die Zusammensetzung des Blutes unter abnormen Verhältnissen kann entweder derart verändert werden, dass fremde Bestandtheile in dem Blute auftreten, oder auch derart, dass die Menge irgend eines oder irgend welcher Blutbestandtheile eine abnorme Vermehrung, bezw. Verminderung erfährt. Ver- änderungen letztgenannter Art kommen am häufigsten vor. Eine Vermehmng der Zahl der rothen Blutkörperchen, eine wahre Vermehrung »^^®*'^^''^ poly cy thaem i ca", findet nach Transfusion von Blut derselben **^'Biut-^" Thierart statt. Nach Beobachtungen von Panum*^) und Worm Müller 2) wird korperchen. j^ diesem Falle die Blutflüssigkeit rasch eliminirt und umgesetzt — das Wasser 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 7. 2) Transfusion und Plethora. Christiania 1875. •5) Om Ernjeringeus og Blodtabets Indflydelse pä Blodet Kjöbenhavn 1879. Vergl. auch Maly's Jahresber. Bd. 9. ■1) Arch. f. exp. Path. und Pharm. Bd. 25. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9. 6) ViKCHOW's Arch. Bd. 29. Zusammensetzung des Blutes. 151 wird vorzugsweise durch die Nieren eliminirt und das Eiweiss wird zu Harn- stoff etc. verbrannt — während die Blutkörperchen länger sich erhalten und eine Polycythämie also zu Stande kommt. Eine relative Vermehrung der rothen Blutkörperchen findet nach reichlichen Transsudationen aus dem Blute, wie in der Cholera und bei Herzfehlern mit bedeutenden Stauungen, statt. Eine Verminderung der Zahl der rothen Bhdliörperchen kommt bei Anämie aus verschiedenen Ursachen vor. Jede grössere Blutung hat eine akute Anämie oder richtiger Oligämie zur Folge. Schon während der Blutung wird das rückständige Blut durch verminderte Se- und Exkretion wie auch durch eine reichliche Aufnahme von Parenchymflüssigkeit reicher an Wasser, etwas ärmer an Eiweiss und bedeutend ärmer an rothen Blutkörperchen. Die Oligämie geht also bald in eine Hydrämie über. Der Gehalt an Eiweiss nimmt dar- nach allmählich wieder zu; aber die Neubildung der rothen Blutkörperchen geht „^J^°^^|®^ langsamer von Statten und nach der Hydrämie folgt also eme Oligocythämie. ^^^-^(^^^^ Nach einiger Zeit ist die Zahl der rothen Blutkörperchen wieder auf's Normale ^örperchen. gestiegen; aber die Neubildung des Hämoglobins hält der Neubildung der Blut- körperchen nicht gleichen Schritt, und es kann also ein chlorotischer Zustand eintreten. Eine bedeutende Verminderung der Zahl der rothen Blutkörperchen kommt auch bei chronischer Anämie und Chlorose vor; doch kann in solchen Fällen eine wesentliche Abnahme des Hämoglobingehaltes ohne eine wesentliche Abnahme der Zahl der Blutkörperchen vorkommen. Für die Chlorose kenn- zeichnend ist also eher eine Verminderung des Hämoglobingehaltes als eine ver- minderte Anzahl der rothen Blutkörperchen. Eine höchst bedeutende Abnahme der Anzahl der rothen Blutkörperchen (auf 300000 — 400000 in 1 cmra) und Verminderung des Hämoglobingehaltes (auf Vs — ^/lo) kommt bei der perniciösen Anämie vor (Hayem, Laaciie^). Da- gegen sollen dabei die einzelnen rothen Blutkörperchen grösser und reicher an Pemiciöse Hämoglobin als gewöhnlich sein. Nach Hayem steht ihre Anzahl in einem umgekehrten Verhältniss zu ihrem Hämoglobingehalte. Ausserdem zeigen die rothen Blutkörperchen bei perniciöser Anämie oft, aber nicht immer, diese eigen- thümlichen und ausserordentlichen Verschiedenheiten an Form und Grösse, welche von Quincke^) als FoiJciJocyiose bezeichnet worden sind. Die Zusammensetzung der rothen Blutkörperchen. Abgesehen von den ebengenannten Aenderungen des Hämoglobingehaltes kann die Zusammensetzung der Blutkörperchen auch in anderer Weise verändert werden. Bei reichlichen sotznnp^der Transsudationen, wie in der Cholera, können die Blutkörperchen Wasser, Kalium kfTporchon. und Phosphorsäure an das konzentrirtere Plasma abgeben und dementsprechend reicher an organischer Substanz werden (C. Schmidt^). Bei einigen anderen 1) Die Anämie. Ciiristiania 1883. 2) Deutscli. Arcli. f. Iclin. Med. Bdd. 20 und 25. 3) Citirt nach IIoppk-Seyelr, Pliysiol. Cliem. 1S77— 1881. 152 Sechstes Kapitel. Transsudationsprozessen , wie bei Dysenterie und Hydrops mit Albuminurie, treten nicht unbedeutende ^Mengen Eiweiss aus dem Blute heraus; das Plasma wird wasserreicher und die Blutkörperchen können Wasser aufnehmen und da- durch ärmer an organischer Substanz werden (C. Schmidt). Die Anzahl der Lenhocyten kann, wie oben genannt, unter physiologi- schen Verhältnissen, wie nach einer eiweissreichen Mahlzeit, bedeutend vermehrt werden (physiologische Leukocytose). Unter pathologischen Verhältnissen kann Leukocyten. ßi'^ö hochgradige Leukocytose auftreten, und nach Virchow^) findet eine solche bei allen pathologischen Prozessen, an welchen die Lymphdrüsen sich betheiligen, statt. Von der Leukocytose unterscheidet man als besondere Krankheit die Leukämie, welche durch einen sehr grossen Reichthum des Blutes an Leuko- cyten charakterisirt ist. Die Anzahl der Leukocyten ist in dieser Krankheit stark vermehrt und zwar nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnisse zu der Anzahl der rothen Blutkörperchen, welche in der Leukämie bedeutend ver- mindert ist. Das Blut der Leukämischen hat ein niedrigeres spezifisches Ge- wicht als das gewöhnliche (1,035 — 1,040) und eine hellere Farbe, als ob es sches BiQt. ^^ Eiter vermischt wäre. Die Reaktion ist alkalisch, nach dem Tode aber oft sauer, wahrscheinlich von einer Zersetzung des oft bedeutend vermehrten Leci- thins herrührend. Im leukämischen Blute hat man ferner flüchtige Fettsäuren, Milchsäure, Glycerinphosphorsäure, grössere Mengen von XanthinstofFen (Salo- MON^), KossEL^) und sog. CHARCOT'sche Krystalle (vergl. den Samen, Kap. 13) gefunden. Die Menge des Wassers im Blute ist vermelirt bei allgemeiner Wasser- sucht, mag dieselbe mit oder ohne Nierenleiden verlaufen, bei den verschiedenen Formen von Anämie, bei Skorbut und bei fieberhaften Krankheiten. Dagegen Menge des . ' . . . * ° . Wassers, wird der Gehalt au Wasser durch reichliche Transsudationen, durch kräftig wirkende Abführmittel, durch Diarrhoeen und besonders in der Cholera herab- gesetzt. Die Menge des Eiiveisses im Blute kann in der Cholera und nach Ein- wirkung von Laxantien relativ vermehrt werden (Hyperalbuminose). Eine Verminderung der Eiweissmenge (Hypalbuminose) kommt nach direkten Ei- weissverlusten aus dem Blute, wie bei Blutungen, Albuminurie, eiweissreichen des E^^^ Darmentleerungen (Dysenterie), reichlicher Eiterbildung u. s. w. vor. Die Menge weisses. ^^^ Faserstoffes soll bei entzündlichen Krankheiten, Pneumonie, akutem Gelenk- rheumatismus und Erysipelas, in welchen das Blut wegen der langsameren Ge- rinnung eine „Crusta phlogislica" zeigt, vermehrt sein (Hyperinose). Die Angaben über das Vorkommen einer Hyperinose bei Skorbut und Hydrämie scheinen einer weiteren Bestätigung bedürftig zu sein. Eine Verminderung der 1) ViRCHöw: Gesammelte Abhandl. zur wisseasch. ]\Ied. Bd. 3. 2) Arch. f. Anat., Physiol. und wisseusch. Med. Jahrg. 1876. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 7. S. 22. Zusammensetzung des Blutes. 153 Fibrinmenge (Hypinose) ist bisher kaum mit Sicherheit in irgend einer be- stimmten Krankheit beobachtet worden. Vermehrumj des Fettgehaltes im Blute (Lipämie) kommt^ abgesehen von der vorübergehenden Vermehrung desselben nach einer fettreichen Mahlzeit, bei Säufern, bei fettsüchtigen Individuen, nach Verletzungen der Knochen und des Fettmarkee und auch im Diabetes vor. In diesem letztgenannten Falle soll die Fettvermehrung nach Hoppe-Seyler') daher rühren, dass solche Kranke ^®''^®''™'^ » ' > des Fett- fast immer in der Verdauung sich befinden. Eine Vermehrung der Menge des gehaites. Fettes im Blute ist auch angeblich bei Leberkrankheiten, Morbus Brightii, Tuber- kulose, Malaria und Cholera beobachtet worden. Flüchtige Fettsäuren im Blute (Lipacidämie) hat v. Jakscii^) in Fieberkrankheiten, Leukämie und bisweilen auch bei Diabetes beobachtet. Die Meuije der Sähe soll bei Hydrops, Dysenterie und in der Cholera unmittelbar nach dem ersten heftigen Anfalle vermehrt, in der Cholera später, nach dem Anfalle, bei Skorbut und in entzündlichen Krankheiten dagegen ver- mindert sein. Die Abnahme der Alkalisalze, vor allem aber des Kochsalzes, Menge der ist jedoch sogar in der Pneumonie, w-enn das Kochsalz fast vollständig aus st(fffe.' dem Harne verschwunden ist, nur eine geringe. Eine Abnahme der Alkalescenz ist in vielen Fällen, wie im Fieber, bei Urämie, Kohlenoxydvergiftung, Leber- krankheiten, Leukämie, perniciöser Anämie und Diabetes beobachtet worden. Die Menge des Zuclicrs ist in der Zuckerharuruhr vermehrt (Mellit- ämie). In einem Falle wurde von Hoppe-Seyler^) sogar 9 p. m. Zucker im Blute gefunden, Nach Claude Bernard "^j soll Zucker in den Harn über- gehen, wenn die Menge desselben im Blute mehr als 3 p. m. beträgt. Die Menge des Harnsto'ffes soll im Fieber und überhaupt bei vermehrtem Eiweiss- umsatze und darauf beruhender vermehrter Harnstoffbilduug etwas vermehrt sein. Eine weit bedeutendere Vermehrunir der Harnstoffmeno-e im Blute kommt „ , . . , Zucker, bei gehemmter Harnausscheidung, wie in der Cholera, auch der Cholera infantum iiamstoff u. (K. Mörner)^), und l)ei Affektionen der Nieren und der Harnwege vor. Nach Unterbindung der Ureteren oder nach Exstirpation der Nieren bei Thieren findet eine Anhäufung von Harnstoff in dem Blute statt. Bei Urämie soll in dem Blute auch Ammoniak vorkommen können, welches von einer Zersetzung des Harnstoffes hergeleitet wird. Harnsäure ist in vermehrter Menge im Blute bei der Gicht gefunden worden (Garrod^), Salomon'); in derselben Krankheit wurde auch von Garrod Oxalsäure im Blute gefunden. Nach v, Jakscii 1) Physiol. Chem. 1877—1882. S. 433. 2) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 11. ;i) Physiol. Chem. S, 430. 4) Lef;ons sur le diabete. Deutsch von PosNER. 1878, S. 75. 5) Vergl. ^[AiA-'s .laliiesber. Bd. 17. S. 453. C) Med. Chirurg, transactious. Bdd. 31 und 37. ScuMiDT's Jalirbücher. 1801. "i) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. 154 Sechstes Kapitel. führen fieberhafte Prozesse an und für sich niemals zur üricacidämie. Dagegen kommt Harnsäure in verhältnissmässig bedeutender Menge, bis zu 0,08 p. m., bei Nierenaffektionen, Anämien und besonders bei solchen Zuständen, welche zu den Symptomen der Dyspnoe führen, im Blute vor. Auch Nukleinbasen kommen nach v. Jaksch bisweilen in sehr kleinen Mengen vor. Unter den fremden Stoffen, welche im Blute gefunden worden sind, mögen folgende hier erwähnt werden: GaUensänren und Gallen farhsto ff e (welche letztere jedoch in einigen Blutarten auch unter physiologischen Verhältnissen vorkommen) bei Ikterus; Leticin und Tyrosin bei akuter gelber Leberatrophie; Aceton besonders im Fieber (v. Jaksch^)). In der Melanämie, besonders nach anhaltendem Malariafieber, kommen in dem Blute schwarze, weniger oft Stoffe im hellbraune oder gelbliche Pigmentkörnchen vor, welche nach der gewöhnlichen Annahme von der Milz in das Blut hineingelangt sein sollen. Nach Ver- giftungen mit Kaliumchlorat ist im Menschen- und Hundeblute Methämoglobin beobachtet worden (Marchand^) und Cahn^); in dem Blute des Kaninchens dagegen soll dabei keine Methämoglobinbildung stattfinden (Stokvis'*) und Kimmyser)^). Eine Methämoglobinbildung auf Kosten des Hämoglobins kann auch durch Einathraung von Amylnitrit, wie auch durch Einwirkung einer Menge von anderen Arzneistoffen (Hayem^), Dittrich'') u. A.) hervorgerufen Averden. Die ^leiige des Blutes ist zwar bei verschiedenen Thierarten und bei verschiedenen Körperzuständen etwas schwankend; im Allgemeinen wird aber die ganze Blutmenge bei Erwachsenen zu etwa ^/is — Vi 4 und bei Neugeborenen BUitmenge. 2u etwa ^/i9 von dem Körpergewichte angeschlagen. Fette Individuen sind relativ blutärmer als magere. Während der Inanition nimmt die Blutmenge weniger rasch als das Körpergewicht ab (Panum^) und sie kann deshalb auch verhältnissmässig grösser bei hungernden als bei gut genährten Individuen sein. Durch vorsichtige Aderlässe kann die Blutmenge ohne gefahrdrohende Symptome bedeutend vermindert werden. Ein Blutverlust bis zu ^U der nor- ßiut- malen Blutmenge hat kein dauerndes Sinken des Blutdruckes in den Arterien zur Folge, weil nämlich die kleineren Arterien dabei durch Kontraktion der kleineren Blutmenge sich anpassen (Worm Müller^). Blutverluste bis zu ^/s der Blutmenge setzen dagegen den Blutdruck erheblich herab, und Erwachsenen 1) Ueber Acetonurie und Diaeeturie. Berlin 1885. 2) ViRCHOw's Arch. Bd. 77 und Areh. f. exp. Path. und Pliarm. Bd. 22. 3) Arch. f. exp. Path. und Pliarm. Bd. 24. 4) Ebend. Bd. 21. 5) Vergl. Maly's Jalireslier. Bd. 14. 6) Conipt. rend. 102. 7) Arch. f. exp. Path. und Pharm. Bd. 29. 8) ViRcnow's Arcli. Bd. 29. 9) Transfusion und Plethora. Christiauia 1875. Menge des Blutes. 155 kann ein Verlust von der halben Blutmenge lebensgefährlich werden. Je schneller die Blutung erfolgt, um so gefährlicher ist sie. Neugeborene sind gegen Blutverluste sehr empfindlich, und ebenso sind fette Personen, Greise und Schwächlinge gegen solche weniger widerstandsfähig. Frauen ertragen Blutver- luste besser als Männer. Die Blutmenge kann auch durch Injektion von Blut derselben Thierart bedeutend vermehrt werden (Panum^), Landois^), Worm Müller^), Pokfick*). Nach WoRM Müller kann sogar die normale Blutraenge bis zu 83*^/0 ver- mehrt werden, ohne dass ein abnormer Zustand oder ein dauernd erhöhter Blut- druck eintritt. Eine Vermehrung der Blutmenge bis zu 150°; o kann jedoch unter beträchtlichen Blutdruckschwankungen direkt das Leben gefährden (Worm fasion. IMüller). Wird durch Transfusion von Blut derselben Thierart die Blutmenge eines Thieres vermehrt, so findet eine reichlichere Lymphbildung statt. Das überschüssige Wasser wird durch den Harn ausgeschieden; und da das Ei weiss des Blutserums rasch zersetzt wird, während die rothen Blutkörperchen weit langsamer zerfallen (Tscherjew 0) , Förster ß), Panum''), Worm Müller 3), kommt allmählich eine Polycythämie zu Stande. Wird Blut einer anderen Thierart transfundirt, so können unter Um- ständen, je nach der eingeführten Blutmenge, mehr oder weniger bedrohliche Symptome eintreten. Dies tritt z. B. ein, wenn die Blutkörperchen des Em- pfängers von dem Serum des übergeleiteten Blutes leicht aufgelöst werden, wie z. B. die Blutkörperchen des Kaninchens bei Transfusion von fremdartigem „ , . ^ o Transfusion Blute, oder umgekehrt, wenn die Blutkörperchen des transfundirten Blutes von fremdartigen dem Blute des Empfängers aufgelöst werden, wie z. B. wenn einem Hunde Kaninchen- oder Lammblut oder einem Menschen Lammblut transfundirt wird (Landois-). Vor der Auflösung können die Blutkörperchen dabei zu zäh an- einander geklebten Häufchen sich vereinigen, welche die feineren Gefässe verstopfen (Laxdois). Andererseits können auch die Stromata der aufgelösten Blutkörper- chen zu umfangreichen intravaskulären, tödtlich wirkenden Gerinnungen Ver- anlassung geben. Die Transfusion soll also, wenn möglich, mit Blut derselben Thierart aus- geführt werden, und für die wiederbelebende Wirkung des Blutes ist es dabei gleichgültig, ob es den Faserstoff, bezw. die Muttersubstanzen desselben enthält oder nicht. Die Wirkung; des transfundirten Blutes rührt nämlich von den 1) Nord. med. Ark. Bd. 7; Virchow's Arch. Bd. 63. 2) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1875 und: Die Transfusion des Blutes. Leipzig (Vogel). 1875. i*) Transfusion und Plethora. Christiania 1875. i) ViBCHOw's Arch. Bd. 62. 5) Arbeiten aus der physiol. Anstalt zu Leipzig. 1874. S. 292. 6) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 11. V) ViKcnow's Ard). Bd. 29. 156 Sechstes Kapitel. Blutkörperchen desselben her, und es wirkt deshalb das defibriniite Blut nicht anders als das nicht defibrinirte (Panum '), Landois^). Die Fähigkeit des Blutserums einer bestimmten Thierart, die Blutkörperchen einer anderen aufzulösen oder zu zerstören hat man die globulicide Wirkung des Serums genannt. Nach den Untersuchungen von Daremberg^), Buchner'') u. A. steht diese Fähigkeit in einer AVirkün'"^ bestimmten Beziehung zu der bakterientödtenden oder sog. mikrobiciden Wirkung des Blut- serums, und diese beiden Wirkungen, welche miteinander Vieles gemeinsam haben, können durch Erhitzen des Blutserums auf 55— öS^C. aufgehoben werden. Die mikrobicide Wirkung ist au der Gegenwart von theils gewissen enzymartig wirkenden Proteinstotfen, sogen. Alexinen, und theils gewissen Mineralstoft'en, Chlornatrium und Alkali, gebunden; und auch für die globulicide Wirkung dürfte wohl etwas Aehnliches gelten. Maragliano*) hat gefunden, dass das Blutserum in vielen Krankheiten, wie Pneumonie, Malaria, Typhus, Leukämie, Krebs- kachexien u. a. eine zerstörende Wirkung auf die rothen Blutkörperchen ausübt. Den Chlor- natriumgehalt fand er in solchem Serum vermindert und ein Zusatz von NaCl. wodurch der Gehalt an diesem Salz normal wurde, hob die globulicide Wirkung des Serums auf. Die Blutmenge der verschiedenen Organe hängt wesentlich von der Thätig- keit derselben ab. Während der Arbeit ist der Stoffwechsel in einem Organe lebhafter als während der Ruhe, und der regere Stoffwechsel ist mit einem reich- licheren Blutzufluss verbunden. Während die Gesammtblutmenge des Körpers iiing der konstant bleibt, kann also die Blutvertheilung in den verschiedenen Organen bei verschiedenen Gelegenheiten eine verschiedene sein. Im Allgemeinen dürfte jedoch der Blutgehalt eines Organes einen ungefähren Massstab für den mehr oder weniger lebhaften Stoffwechsel in demselben abgeben können und von diesem Gesichtspunkte aus dürfte es von Interesse sein, die Blutvertheilung in den verschiedenen Organen und Organgruppen kennen zu lernen. Nach Ranke ^), dem wir besonders unsere Kenntniss von der Beziehung des Blutfüllungswechsels zum Thätigkeitswecbsel der Organe zu verdanken haben, soll von der gesammten Blutmenge (beim Kaninchen) etwa ^U auf sämmtliche Muskeln in der Ruhe, ^ji auf das Herz und die grossen Blutgefässe, V* auf die Leber und ^ji auf sämmt- liche übrige Organe kommen. 1) Siehe Note 1 auf S. 154. 2) Siehe Note 2 auf S. 154. 3) Sem medic. 1891. Nr. 51. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. '22. 4) Arch. f. Hygiene. Bd. 10. Münchener med. Wochenschr. 1892. Nr. 8 und Berl. klin. Wochenschr. 1892. Nr. 19. 5) Berl. klin. Wochenschr. 1892. Nr. 31. 6j Die Blutvertheilung und der Thätigkeitswecbsel der Organe. Leipzig (Engelmanu). 1871. Siebentes Jv u p i t e 1 . Chylus, Lymphe, Transsudate und Exsudate. I. Chylus und Lymphe. Die Lymphe vermittelt den Austausch von Bestandtheilen zwischen Blut und Geweben. Aus dem Blute treten in die Lymphe die zur Ernährung der Gewehe nöthigen Stoffe über, während die Gewebe ihrerseits an die Lymphe Wasser, Salze und Stoffwechselprodukte abgeben. Die Lymphe stammt also theils von dem Blute und theils von den Geweben her. Vom Standpunkte rein theoretischer Erwägungen kann man folglich mit HEroEXHAEsr je nach dem Crsnrnng Ursprünge der Lymphe zwischen Blutlyraphe und Gewebelymphe unterscheiden. Lymphe. Es ist allerdings noch nicht möglich, was der einen und was der anderen Quelle entströmt, vollständig zu sondern ; aber nunmehr stehen uns jedoch — dank der bahnbrechenden Untersuchungen HEiDENnAiN's — besondere !^[ittel zu Gebote, um die eine oder andere dieser Quellen zum reichlicheren fliessen anzuregen. Die Wirkung dieser Mittel, der Lymphagoga Heedenhain's, werden wir unten des näheren kennen lernen. Nach den früher gang und gäben A^orstellungen betrachtete man die Lymphe nur als ein Filtrat der Blutflüssigkeit. Seit den Untersuchungen HErDEXHAiN'sM und H.vmburger's^) dürfte indessen eine solche Anschauung , . T . D'ö Lymphe nicht mehr in dem Umfancre wie früher aufrecht zu erhalten sein. Nach die- z. Theii ein . . . • 1 • Sekret. sen Forschern ist nämlich die Lymphe unter physiologischen Verhältnissen, wenigstens zum Theii, als das Produkt einer aktiven, sekretorischen Thätigkeit der Zellen der Blutkapillaren zu betrachten. In chemischer Hinsicht verhält sich indessen die Lymphe wie das Plasma und sie enthält, qualitativ^ dieselben Stoffe wie dieses. Der wesentlichste Unterschied ist auch quantitativer Natur und besteht darin, dass die Lymphe ärmer an Eiweiss ist. Zwischen Lymphe und Chylus von nüchternen Thieren 1) PfiX'Ger's Arch. Bd. 40. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. S. -259 und Bd. 30. S. 143, Vergl. besonders ZlEG- i.KR's Beitr. z. pathol. Anat. etc. Bd. 14. S. 443. 158 Siebeutes Kapitel. bat man keinen wesentlichen chemisclien Unterschied gefunden. Nach fett- Ueberein- j-eicher Nahrung- unterscheidet sich der Chylus dagegen von der Lymphe durch Stimmung ° j o o ^ x zwischen seinen Reichthum au äusserst fein vertheiltem Fett, welches ihm ein milchähn- Lympno und Biatpiasnic-i. ijches Aussehen giebt und zu dem alten Namen „Milchsaft" Veranlassung gegeben hat. Chylus und Lymphe enthalten wie das Plasma Serumalhiimin , Sernm- glohuJin^ Fibrinogen und Fihrinferment. Besonders die zwei letztgenannten . Stoffe finden sich jedoch nur in geringer Menge in diesen Säften, welche deshalb Stoffe. auch nur langsam („spontan") gerinnen und nur eine kleine Menge Fibrin geben. AVie andere, an Fibrinferment arme Flüssigkeiten gerinnen Chylus und Lymphe nicht auf einmal vollständig, sondern es treten in ihnen wiederholt neue Gerinnungen auf. Die Extraktivstoffe scheinen dieselben wie in dem Plasma zu sein. Zucker kommt in etwa derselben Menge wie in dem Blutserum, aber in grösserer Menge als in dem Blute vor, was daher rührt, dass die Blutkörperchen keinen st^ffo^uiTd Zucker enthalten. Wie das Blutplasma enthält auch die Lymphe nach RÖH- Enzyme. jyj^j^j^ ^j^^j BiAL ^) ein diastatisches Enzym, und der Chylus eines verdauenden Hundes besitzt nach Lepine ^) eine grosse glykolytische Fähigkeit. Der Ge- halt an Harnstoff beträgt nach Wurtz^) bei verschiedenen Thieren 0,12 — 0,28 p. m. Die Mineralstoffe scheinen dieselben wie in dem Plasma zu sein. Als Formelemente sind für Chylus und Lymphe gemeinsam: Leuliocyten und rotlie BhttJcörperchen. Der Chylus enthält, wenn er die Darrazotten noch nicht verlassen hat, nur äusserst spärliche Leukocyten, aber schon in den an Formeie- ^^^ peritonealen Seite des Darmes verlaufenden Gefässen ist der Chylus reicher ciTvius^und ^" solchen. Die grösste Menge von Leukocyten findet man in dem Chylus Lymp e. 2wischen den grossen Mesenterialdrüsen und der Cisterna Chyli. In dem Ductus thoracius ist der Chylus ärmer an Leukocyten, wahrscheinlich in Folge einer Beimengung von an Formbestandtheilen ärmerer Lymphe aus anderen Körper- theilen. Rothe Blutkörperchen kommen in Chylus und Lymphe nicht oder nur in sehr geringer Menge vor. In diesen, allem Anscheine nach ganz sauerstoff- freien Flüssigkeiten sind die Blutkörperchen dunkler gefärbt und erst, wenn sie mit der Luft in Berührung kommen, nehmen sie die hellrothe Farbe des Oxy- härnoglobins an und ertheilen der Oberfläche des Fibringerinnsels ein schön hellrothes Aussehen. Man hat jedoch auch diese rothe Farbe von Uebergangs- formen zwischen rothen und weissen Blutkörperchen, in welchen erst durch die Wirkung des Sauerstoffes Blutfarbstoff gebildet werden soll, herleiten wollen. Bei nüchternen Thieren hat der Chylus das Aussehen der Lymphe. Nach Aufnahme von Fett oder einer fettreichen Nahrung ist er dagegen milchig trübe, 1) Pflüger's Arch. Bdd. 52, 53 und 55. 2) Compt. rend. Tome 110. 3) Ebend. Tome 40. Chylus und Lymphe. 159 theils von kleineren Fettkügelchen wie in der Milch, theils, und zwar haupt- sächlich, aber von staubförmig fein vcrtheilteni Fett. Die Natur des im Chylus vorhandenen Fettes hängt von der Art des Fettes in der Nahrung ab. Zum ^"1^®" ^®s ° *= Lnylus. unverhältnissmässig grössten Theile besteht es aus Neutralfett, und selbst nach Fütterung mit reichlichen Mengen freien Fettsäuren hat man im Chylus haupt- sächlich Neutralfette mit nur kleinen Mengen Fettsäuren oder Seifen gefunden (MUNK^). Die Gase des Chylus sind noch nicht untersucht worden, und bisher scheint man noch nicht die Gase einer völlig normalen menschlichen Lymphe untersucht zuhaben. Die Gase der Hundelymphe ^) enthalten höchstens Spuren von Sauerstoff' und bestehen aus 37,4 — 53,1 °/o CO., und 1,6 "/o N bei 0° und Die Gase der 760 mm Hg-Druck berechnet. Die Hauptmasse der Kohlensäure in der Lymphe Lymphe, scheint fest chemisch gebunden zu sein. Vergleichende Analysen von Blut und Lymphe haben gezeigt, dass die Lymphe mehr Kohlensäure als das arterielle, aber weniger als das venöse Blut enthält. Die Tension der Kohlensäure ist nach Pflüger und Strassbukö^) in der Lymphe geringer als in dem venösen aber grösser als in dem arteriellen Blute. Die quantitative Zusammensetzung des Chylus kann selbstverständlich nicht unbedeutend wechseln. Die meisten der bisher ausgeführten Analysen beziehen sich ausserdem nur auf dasjenige Gemenge von Chylus und Lymphe, welches in dem Ductus thoracicus enthalten ist. Das spez. Gewicht schwankt zwischen 1,007 und 1,043. Als Beispiele von der Zusammensetzung des Chylus von Menschen werden hier zwei Analysen mitgetheilt. Die erste ist von Owen-Rees"*) am Chylus eines Hingerichteten und die zweite von Hoppe- Seyler^) in einem Falle von Ruptur des Ductus thoracicus ausgeführt worden. In dem letzten Falle war der Faserstoff" vorher abgeschieden. Die Zahlen be- ziehen sich auf 1000 Theile. Nr. 1 Nr. 2. Wasser 904,8 940,72 Wasser Feste Stofle 95,2 59,28 Feste Stoffe Fibrin Spuren — Albumin 70,8 36,67 Albumin Fett 9,2 7,23 Fett Zusammen- o o- cj -e Setzung des 2,30 Seifen Chylus. f 0,83 Lecithin TT , . • 1 OL a- ^^^o • 1,32 Cholesterin Uebnge organische Stofle. . . 10,8 . glßs Alkoholextraktstoffe I 0,.")8 Wiisserextraktstoffe Salze 4,4 | ^'-^^ ^'^'^''^'^ *"''-" 0,35 Unlösliche Salze 1) Viucnow's Arch. Bdil. 80 und 12:J. 2) Hammakstkn: Die (iase der lluiulclyiiiiihe. Arbeit, aus d. physiol. Anstalt zu Leipzig. Jahrg. 1871. 3) Pfi.iger's Arch. Bd. G. S. 85. 4) Cit. nach Hoppk-Seyler, Physiol. Cheni. S. 595. 5) Ebend. S. 597. 16() Siebentes Kapitel. Die Menge des Fettes wechselt sehr und kann nach Einnahme von grossen Fettmengen mit der Nahrung bedeutend vermehrt werden. J, Munk und A. E.OSENSTEIN ^) haben Lymphe bezw. Chylus aus einer Lymphfistel am Ende des oberen Drittels vom Unterschenkel eines 18-jährigen 60 kg schweren Mäd- Foitgehait. chcns untersucht, und der höchste von ihnen nach Fettgenuss beobachtete Fett- gehalt der chylösen Lymphe war 47 p. m. In der Hungerlymphe derselben Patientin war der Fettgehalt dagegen nur 0,6 — 2,6 p. m. Die Menge der Seifen war stets gering und nach Aufnahme von 41 g Fett war die Menge derselben nur etwa ^/20 von der des Neutralfettes. Analysen des Chylus von Thieren sind auch zu wiederholten Malen aus- geführt worden. Da aber aus diesen Analysen als hauptsächlichstes Resultat die Thatsache hervorzugehen scheint, dass der Chylus eine Flüssigkeit von sehr wechselnder Zusammensetzung ist, welche dem Blutplasma am nachten steht und von ihm hauptsächlich durch einen grösseren Fettgehalt und einen geringeren Gehalt an festen Stoffen unterschieden ist, dürfte es genügend sein, bezüglich dieser Analysen auf ausführlichere Lehr- oder Handbücher, wie z. B. das Lehr- buch der physiologischen Chemie von v. Gorup-Besanez, 4. Auflage, hinzu- weisen. Die Zusammensetsung der Lymphe ist auch eine sehr wechselnde und das spezifische Gewicht zeigt etwa dieselben Schwankungen wie das des Chylus. Von den hier unten angeführten Analysen beziehen sich Nr. 1 und 2 (von GuBLER und QuEVENNE^) auf Lymphe aus dem Oberschenkel einer 39jährigen Frau und Nr. 3 (v. Scheker^) auf Lymphe aus den sackartig ausgedehnten Lymphgetässen des Samenstranges. Nr. 4 ist eine von C. Schmidt*) ausgeführte Analyse von Lymphe aus dem rechten Halslymphstarame eines Füllen. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. 12 3 4 Wasser 939,9 934,8 957,6 955,4 Feste Stoffe 60,1 65,2 42,4 44,6 Zusammen- Fibrin 0,5 0,6 0,4 2,2 setzuns der Albumin 42,7 42,8 34,7] Lymphe. Fett, Cliolesterin, Lecithin . 3,8 9,2 — ) 35,0 Extraktivstoffe 5,7 4,4 — j Salze 7,3 8,2 7,2 7,5 Die Menge der Salze in der von C. Schmidt untersuchten Pferdelymphe^ ebenfalls auf 1000 Theile Lymj^he berechnet, war folgende: Chlornatrium 5,67 Natron 1,27 Kali 0,16 Schwefelsäure 0,09 An Alkalien gebundene Phosphorsäure . 0,02 Phosphorsaure Erden 0,26 1) ViRCHOW's Arch. Bd. 123. 2) Cit. nach TIoppe-Seyler, Physiol. Chem. S. 591. 3) Ebend. S. 591. 4) Ebend. S. 592. Lymphe. Menge derselbeu. 161 In dem von Munk und Rosenstein ') untersuchten Falle schwankte die Menge der festen Stoffe in der Lymphe im nüchternen Zustande der Patientin zwischen 35,7 und 57,2 p. ni. Diese Schwankungen hängen wesentlich von der Sekretionsgrösse ab, so dass die niedrigeren Werthe mit einer lebhafteren Sekretion zusammenfielen und umgekehrt. Die Hauptmasse der festen Stoffe bestand aus Ei weiss, und die Relation zwischen Globulin und Albumin war gleich 1 : 2,4 bis 4. Die MineralstoflTe in 1000 Theilen (chylöscr) Lymphe waren NaCl 5,83; Na^COg 2,17; K2HPO4 0,28; Ca3(P04), 0,28; Mg3(P04),, 0,09 und Fe(P0.j)2 0,025. Unter besonderen Verhältnissen kann die Lymphe so reich an fein ver- theiltem Fett werden, dass sie dem Chylus ähnlich wird. Solche; Lymphe ist von Hensen^) in einem Falle von Lymphfistel bei einem 10jährigen Knaben logische und von Lang'^) in einem Falle von Lymphfistel am linken Oberschenkel eines ^"^^ °' 1 7jährigen Mädchens untersucht worden. In der von Hexsex untersuchten Lymphe schwankte die Menge des Fettes in 19 Analysen zwischen 2,8 und 36,9 p. m.; die von Lang untersuchte Lymphe enthielt als Mittel 24,85 p. m. Fett. Die Mengen der abgesonderten Lymphe können selbstverständlich unter verschiedenen Verhältnissen bedeutend wechseln und wir haben kein Mittel sie zu messen. Die Mächtigkeit des Lymphstromes ist nämlich, wie HEroENHAiN*) hervorhebt, kein Maass für die Ergiebigkeit der Zufuhr von Ernährungsmaterial zu den Organelementen, und die Lymphröhren spielen nach ihm „die Rolle von Drainröhren, dazu bestimmt, überschüssige Flüssigkeit aus den Lymphspalten abzuführen, sobald der Druck in den letzteren eine gewisse Höhe überschreitet". Die Menge der aus dem Ductus thoracicus ausfliessenden, 24 stündigen Lymph- menge hat man indessen an Thieren zu bestimmen versucht. Diese Menge be- trägt für einen 10 Kilo schweren Hund nach HEroENHAiN als Mittel 640 ccm Menge der Bestimmungen der Lymphmenge an Menschen liegen ebenfalls vor. Aus ^™^ dem durchtrennten Ductus thoracicus eines 60 Kilo schweren Kranken konnte Noel-Paton^) als Mittel pro 1 Minute 1 ccm Lymphe gewinnen. Aus dieser Menge kann indessen die Menge pro 24 Stunden nicht berechnet werden. In dem Falle von Munk und Rosenstein wurden innerhalb 12 — 13 Stunden nach der Nahrungsaufnahme im Ganzen 1134 — 1372 g Chylus aufgefangen. Auch im nüchternen Zustande oder nach 18 stündigem Hungern fanden sich noch 50 bis 70 g pro Stunde, zuweilen 120 g und darüber besonders in der ersten Stunde nach vorausgegangener kräftiger Bewegung. Auf die Grösse der Lymphabsonderung üben mehrere L^mstäude einen merkbaren Einfluss aus. Während des Hungerns wird weniger Lymphe als 1) 1. c. ■-') PflÜGER's Arch. Bd. 10. 3) Nord. med. Arkiv. Ikl. ({. Vergl. ^[aly's Jabresber. IUI. 4. S. 128. 4) 1. c. ■') .Tournal of Physiol. Vol. 11. H ammiirs t 011 , Physiol. Chomio. Dritte Auflage. 11 \Q2 Siebentes Kapitel. nach Aufualime der Nahrung gebildet. Bei Versuchen an Hunden beobachtete Ein^ss^der-jv^^ggj,!^^ dass bei Fütterung mit Fleisch etwa 36*^*/o mehr Lymphe als nach Fütterung mit Kartoffeln und etwa 54°/o mehr als nach 24 stündigem Hungern gebildet wurden. Vermehrung der gesammten Blutmenge, wie z. B. durch Transfusion von Blut, besonders aber vei'hinderter Abfluss des Blutes durch Unterbindung der Venen hat eine Vermehrung der Lymphmenge zur Folge. Sogar sehr erheb- Wirkung des liehe Aenderungen des Aortendruckes beeinflussen dagegen nach HEroENHAm-) und anderer die Ergiebigkeit des Lymphstromes nur wenig. Durch kräftige aktive und passive Bewegungen der Glieder kann man die Lymphmenge steigern (Lesser^). Unter dem Einflüsse der Curarevergiftung findet eine Vermehrung der Lymph- absonderung statt (Paschutes'*), Lesser) und es nimmt hierbei auch die Menge der festen Stoffe in der Lymphe zu. Von besonderem Interesse sind die lymphtreibenden JMittel, die Lj/mph- agoga. Solche Mittel giebt es nach HEroENHAm zweierlei Art, Die Lymphagoga erster Reihe sind ihrer Natur und Zusammensetzung nach noch unbekannte Stoffe, welche durch Extraktion mit Wasser aus den Muskeln der Krebse, dem Kopfe und dem Leibe des Blut- und Pferdeegels, dem Körper der Anodonten, dem Darme und der Leber von Hunden gewounen werden können. Als Lymphagoga dieser Reihe wirken ausserdem Pepton (HEroENHAiN^) und Starling'') und bisweilen auch Hühnerei weiss. Diese Stoffe rufen, wenn sie in wässeriger Lösung in das Blut injizirt werden, eine reichliche Steigerung agopfTerster der Lymphabsonderung hervor und dabei wird die abgesonderte Lymphe reicher an organischer Substanz, während ihr Gehalt an Salzen fast unverändert bleibt. Das Blut wird durch Austritt von Plasma konzentrirter, das zurückbleibende Plasma dagegen weniger konzentrirt, d. h., näher bestimmt, ärmer an Eiweiss als vorher. Diese Lymphagoga erzeugen also hauptsächlich Blutlymphe und ihre Wirkung wird nicht durch Aenderungen in dem Blutdrucke bedingt. Da ferner die Zusammensetzung der Lymphe und des Blutplasmas im entgegen- gesetzten Sinne wie bei einer unter erhöhtem Druck stattfindenden Membran- filtration sich ändert — indem nämlich die Lymphe reicher und das Blutplasma ärmer an Eiweiss wird — so kann nach HEroENHAm die vermehrte Lymph- bildung nicht nach der mechanischen Filtrationstheorie erklärt werden. Nach ihm müssen vielmehr die Kapillarzellen selbst in aktiver, sekretorischer Weise hierbei betheiligt sein. Die Lymphagoga zweiter Reihe sind dagegen krystalloide Substanzen, wie 1) Cit. nach Hoppe-Seyler, Physiol. Chem. S. 593. 2) 1. C. 'i) Arbeiten aus der physiol. Anstalt zu Leipzig. Jahrg. 6. S. 94. 4) Ebend. Jahrg. 7. S. 216. 5) 1. c. 6) Journal of Physiol. Bd. 14. Diu Lymphagoga. 16:3 Reihe. Absonde- rung der Lymphe. Zucker, Harnstoff, Chlornatrium und andere Salze. Diese Stoffe rufen ebenfalls, in das Blut injizirt, eine sehr reichliche Ly'nphab.sonderung hervor; aber hier- bei werden sowohl Blut wie Lymphe reicher an Wasser und ärmer an festen Bestandtheileii. Dieser vermehrte Gehalt der Lymphe und des Blutes an Wasser, welcher zu einer reichlichen Harnabsonderung führt, kann nur von einer reichlicheren Wasserabgabe der Gewebselemente herrühren, und die unter diesen Umständen abgesonderte Lymphe ist also nicht Blutlvmphe sondern ^y^iP^^^S' '-' •• •>• .1 zweiter hauptsächlich Gewebelymphe. Durch Diffusion, zum Theil auch — was wenigstens für den Zucker gilt — durch sekretorische Thütigkeit der Kapillarwand, treten diese lymphtreibenden Stoffe aus dem Blute in die Lymphräume über und wirken hier anziehend auf das Gewebewasser der Zellen, Fasern u. s. w. Das diesen entzogene Wasser geht dann theils durch Diffusion in das Blut und darauf in den Harn üi)er und fiiesst zum anderen Theile durch die Lymphkanäle ab, HErDENHAiN hat beobachtet, dass wenn der arterielle Blutdruck auf Null oder auf nahezu Null herabgesetzt wird, der Lymphstrom trotzdem noch eine bi.'i zwei Stunden fortdauern kann, und er fand ferner, dass Aenderungen des Aortendruckes zwischen den Grenzen von 10 — 20 mm einerseits und 150 bis 200 mm andererseits die Ergiebigkeit des Lymphstronies nur wenig beeinflussen. Diese Thatsachen, wie auch die Wirkung der lymphtreibenden Mittel, sind nach ihm nicht mit der gewöhnlichen Anschauung, der zu Folge die Lymphe nur ein Filtrat und Diffusat der Blutflüssigkeit sein soll, in Einklang zu bringen. Nach HELDExnAiN niuss man vielmehr annehmen, dass bei der Lymphbildung daneben auch die Zellen der Kapillarwand in sekretorischer Weise direkt be- theiligt sind. Zu einer ähnlichen Anschauung über die Bedeutung des Kapillarendothels für die Lymphbildung ist unabhängig von Heedenhain und auf einem ganz anderen Wege Hamburger^) gelangt. Den Anschauungen HEiDExnAiN's gegenüber hat Starling-) in der letzten Zeit einige Versuchsreihen mitgetheilt, durch welche er zu der Ansicht geführt wurde, dass die Lymphbildung nur von zwei Faktoren, nämlich von der Permea- bilität der Gefässwand und dem Blutdruck abhängig ist, und er erklärt die Wirkung der lymphtreibenden Mittel in anderer Weise als HEroEXiiAix. Die Lymphagoga der ersten Reihe rufen nach Starling eine so reich- liche Lymphbildung in der Leber hervor, dass fast der ganze Zuwachs des Lyraphstromes in diesem Falle durch die Bildung von Leberlymphe bedingt ^'J''"?'»''"'^- •' ^ o / r ö ung nach ist. Diese Lymphe ist sehr reich an festen Stoffen und daher rührt die grössere starling. Konzentration der jetzt abfliessenden Lymphe, während das Blutplasma theils durch die reichlichere Bildung konzentrirter Leberlymphe und theils durch Bei- 1) Vergl. Hamburger, Zcitschr. f. Biologie. Bd. 27. S. 250 uml Bd. ;J0. S. 143. Vergl. besonders PlAMBURGEit : Hydrops von inikrobiellem Ursprung, in Beitr. zur path. Anat. und zur allg. Pathol., herausgegeben von Zieglkk. Bd. 14. S. 443. -) Journal of Physiol. Bdd. 1<» u. 17. 11» IQ^ Siebentes Kapitel. mengung von an festen Stoffen ärmerer Lymphe aus anderen Körpergegenden ärmer an festen Stoffen als früher wird. Die von HEroENHAiN gefundene Aenderung in der Konzentration der Lymphe und des Blutplasmas ist also nach Starling kein Beweis für eine besondere sekretorische Thätigkeit der Kapillarendothelzellen. Die reichliche Absonderung der konzentrirten Leber- lymphe kann nicht durch geänderte Druckverhältnisse allein erklärt werden und sie rührt nach Starling wesentlich von einer vermehrten Permeabilität der Leberkapillaren her. Die Einwirkung dieser Lymphagoga auf die Zellen ist nämlich nach ihm nicht eine physiologische, die Sekretion anregende, sondern eine pathologische, giftige, durch welche die Permeabilität der Kapillarwand vermehrt wird. Die Lymphagoga zweiter Reihe bewirken nach Starling in erster Linie durch Osmose einen reichlichen Uebertritt von Wasser in das Blut, und der hierdurch gesteigerte Druck in den Kapillaren ruft seinerseits eine stärkere Filtration hervor. Der reichlichere Lymphstrom aus dem Ductus thoracicus rührt in diesem Falle von dem stärkeren Drucke in den Abdominalkapillaren her. IL Transsudate und Exsudate. Die serösen Häute werden normalerweise von Flüssigkeit feucht erhalten, deren Menge jedoch nur an w^enigen Orten, wie in der Perikardialhöhle und den Arachuoidealräumen, so gross ist, dass sie der chemischen Analyse zugäng- lich gemacht werden kann. Unter krankhaften Verhältnissen dagegen kann ein reichlicherer Uebertritt von Flüssigkeit aus dem Blute in die serösen Höhlen, Transsudate in das Unterhautzellgcwebe oder unter die Epidermis stattfinden und in dieser sudate. Weise können pathologische Transsudate entstehen. Dergleichen, der Lymphe nahe verwandte, echte Transsudate sind im Allgemeinen arm an Formelementen, Leukocyten, und liefern nur wenig oder fast gar kein Fibrin, während die ent- zündlichen Transsudate, die sog. Exsudate, im Allgemeinen reich an Leukocyten sind und verhältnissmässig viel Fibrin liefern. In dem Maasse, wie ein Trans- sudat reicher an Leukocyten ist, steht es dem Eiter näher, während es mit ab- nehmendem Gehalte an solchen den eigentlichen Transsudaten oder der Lymphe ähnlicher wird. Es wird gewöhnlich angenommen, dass für die Entstehung der Trans- sudate und Exsudate die Filtration von grosser Bedeutung sei. Für diese An- schauung spricht auch in der That der Umstand, das diese sämmtlichen Flüs- t teh- sigkeiten die im Blutplasma vorkommenden Salze und Extraktivstoffe in etwa ung^eis^e (Jersclbcn Menge wie das Blutplasma selbst enthalten, während der Gehalt an r^it**ati!."n Eiweiss regelmässig kleiner als in dem Blutplasma ist. Während die ver- schiedenen, zu dieser Gruppe gehörenden Flüssigkeiten etwa denselben Gehalt an Salzen und Extraktivstoffen haben, unterscheiden sie sich von einander hauptsächlich durch einen verschiedenen Gehalt an Eiweiss und Formelementen Transsudate und Exsudate. IGL wie auch durch einen verschiedenen Gehalt an den Urasetzungs- und Zerfalls- produkten der letzteren -^ verändertem Blutfarbstoffe, Cholesteiin u. s. w. Da$8 die Cirkulations- und Druckverhältnisse einen wesentlichen Einfluss auf die Menge und Zusammensetzung der Transsudate ausüben müssen, liegt auf der Hand, wenn auch ihre Wirkungen nur wenig studirt sind, Erhöhung des Venendruckes bewirkt nach Senator^) eine Zunahme der Menge des Trans- sudates und seines Eiweissgehaltes, während der Gehalt an Salzen sich nicht wesentlich ändert. Ueber Veränderungen des Eiweissgehaltes bei einfacher arterieller Hyperämie ist nichts Sicheres bekannt. Als ein zweites wichtiges Moment für das ZustandekommeD einer Trans- sudation nimmt man allgemein nach dem Vorgange Coilnheim's ^) eine krank- haft veränderte Permeabilität der Kapillarwände an. Durch diese Annahme erklärt man oft den Umstand, dass der grösste Gehalt an Eiweiss in den Transsudaten bei entzündlichen Vorgängen vorkommt, wobei man indessen auch dem reichlicheren Gehalte solcher Transsudate an Formelementen gebührende nngsweise Rechnung trägt. Aus dem grossen Gehalte an zerfallenden Formclementen er- sudate. Per- klärt sich auch zum grossen Theil der hohe Eiweissgehalt der Transsudate bei der'oefäss- formativer Reizung überhaupt. Durch die Gegenwart von Formelementen ist wohl auch die von Paijkull^) gemachte interessante Beobachtung zu erklären, dass in solchen Fällen, in welchen eine entzündliche Reizung stattgefunden hat, die Flüssigkeit Nukleoalbumin (oder Xukleoproteide?) enthält, während diese Sub- stanz in den Transsudaten bei Abwesenheit von entzündlichen Prozessen zu fehlen scheint. Nachdem die sekretorische Bedeutung des Kapillarendothels durch die Untersuchungen von HEroENHAix und Hamburger wahrscheinlich geworden ist, könnte mana priori als dritte Ursache der Transsudation auch eine abnorm gesteigerte Sekretionsfähigkeit dieses Endothels erwarten. Für die Richtigkeit einer solchen Voraussetzung sprechen vielleicht einige Beobachtungen von Ham- nngvweise BURGER, der sogar einen Fall von Hydrops veröffentlicht haf*), in welchem die fcho^Vo"- Transsudation anscheinend durch die lymphtreibende Wirkung der von einem s^^- Bacterium erzeugten Stoffwechselprodukte zu Stande kam. Als dritte Ursache einer Transsudation bezeichnet deshalb auch Hamburger Reizung des Kapillar- endothels mittelst einer der Krankheit eigenthümlichen lymphtreibenden Substanz, wobei es indessen vorläufig dahingestellt sein muss, ob diese Substanz sekretorisch, im Sinne Heideniiain's, oder die Permeabilität vermehrend, im Sinne Star- ling's, wirkt. Durch eine verschiedene Sekretionsfähigkeit des Kapillarendothels hat 1) ViRcnow's Arch. IM. 111. 2) Coiiniikim: Vorlesungen ül)er allg. rathol. J. Autl. Tlieil 1. 3) Upsala Läkarefs. Förhandl. Bd. 27 und Mai.y's Jahresber. Bd. 22. 4) Vergl. Zikgler's Beiträge. Bd 14. 166 Siebentes Kapitel. man vielleicht zum Theil auch die von C. Schmidt^) geraachte Beobachtung zu erklären, dass die Beschaffenheit der Blutkapillaren in den verschiedenen Gefässbezirken ebenfalls einen Einfluss auf den Eiweissgehalt ausübt. So ist beispielsweise der Eiweissgehalt der Perikardial-, Pleura- und Perit'oneal- flüssigkeit bedeutend grösser als derjenige der sehr eiweissarmen Flüssigkeiten der Arachno 'idealräume, des Unter ha utzellgewebes oder der vor- Eiweiss- deren Au2;enkammer. Einen grossen Einfluss übt auch die Beschaffenheit gehalt der ° '^ Transsudate, fjeg ßiutes aus ; SO ist bei Hydrämie der Eiweissgehalt des Transsudates niedrig. Mit zunehmendem Alter eines Transsudates, wie z. B. einer Hydroceleflüssigkeit, kann der Gehalt desselben an Eiweiss, wahrscheinlich durch Resorption von Wasser, ansteigen und es können sogar seltene Ausnahmefälle vorkommen, bei welchen ohne vorausgegangene Blutungen der Eiweissgehalt sogar grösser als in dem Blutserum ist. Die Eiweissstoffe der Transsudate sind hauptsächlich Serumalbumin, Serum- globulin und ein wenig Fibrinogen. Die nichtentzündlichen Transsudate ge- rinnen in der Regel nicht spontan oder nur äusserst langsam. Nach Zusatz von Blut oder Blutserum gerinnen sie. Die entzündlichen Exsudate gerinnen Eiweiss- dagegen regelmässig spontan. Die letztei'en enthalten oft, wiePAUKULL^) gezeigt stoffo (Igf Transsudate, hat, Nukleoalbumin. Mukoide Substanzen, welche zuerst vom Verf. ^) bei As- cites ohne Komplikation mit Ovarialtumoren in einigen Fällen beobachtet wur- den, scheinen nach Paijkull regelmässige Bestandtheile der Transsudate zu sein. Die Relation zwischen Globulin und Serumalbumin schwankt in verschiedenen Fällen sehr, ist aber, wie Hoffmakn^) und Pigeaud^) gezeigt haben, in jedem Falle dieselbe wie in dem Blutserum des fraglichen Individuums. Das spez. Gewicht geht dem Eiweissgehalte ziemlich parallel. Man hat auch versucht, das verschiedene spez. Gewicht als UnÄrscheidungsmerkmal zwischen Transsudaten und Exsudaten zu benutzen (Reuss*"), indem nämlich Spez. Ge- . . . ... wicht, jene oft ein sp. Gewicht unter 1015 — 1010 zeigen, während bei diesen das sp. Gewicht bis 1018 oder darüber steigen soll. Diese Regel trifft allerdings in vielen, aber nicht in allen Fällen zu. Die Gase der Transsudate bestehen aus Kohlensäure nebst nur kleinen Mengen von Stickstoff und höchstens Spuren von Sauerstoff. Die Kohlensäure- spannung ist in den Transsudaten grösser als in dem Blute. Beimengung von Eiter setzt den Gehalt an Kohlensäure herab. Die Extraldiv Stoffe sind, wie oben gesagt, dieselben wie in dem Blut- plasma; aber es kommen auch in den Transsudaten bisweilen Extraktivstoffe, 1) Cit. nach Hoppe-Seyler, Physiol. Chem. S. 607. •i) 1. c. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. 4) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 16. 5) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 16. 6) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 28. Transsudate. Perikardialflüssigkeit. 167 wie z. B. Allantoin in Ascitesflüssigkeiteu (Moscatelli^), vor, welche noch nicht im Blute nachgewiesen worden sind. Harnstoff scheint in sehr wechselnder Menge vorzukommen. Zuclcer oder jedenfalls gührungsfähige, Kupferoxyd in alkalischer Flüssigkeit reduzirende Substanzen kommen in den meisten Trans- sudaten vor. Bernsteinsäure ist in einigen Fällen in Hydroceleflüssigkeiten Stoffe.^" gefunden worden, während man sie in anderen Fällen gänzlich vermisst hat. Leu- cin und Tijrosin hat man bei Leberleiden und in eiterigen , in Zersetzung übergegangenen Transsudaten gefunden. Unter anderen in Transsudaten ge- fundenen Extraktivstoffen sind zu nennen: Harnsäure^ Allantoin, Xanthin, Kreatin, Inosit und Brenxhatechin. Da, wie oben gesagt, von einem verschiedenen Gehalte an Formelementen abgesehen, ein verschiedener Gehalt an Eiweiss den wesentlichsten chemischen Unterschied in der Zusammensetzung der verschiedenen Transsudate darstellt, so können dementsprechend auch die quantitativen Analysen hauptsächlich nur iusoferne von Bedeutung sein, als sie auf den Eiweissgehalt Bezug nehmen. Aus diesem Grunde wird auch in der Folge bezüglich der quantitativen Zu- sammensetzung das Hauptgewicht auf den Eiweissgehalt gelegt. Perikardiallliissigkeit. Die Menge dieser Flüssigkeit ist auch unter physiologischen Verhältnissen so gross, dass man von Hingerichteten eine für die chemische Untersuchung genügende Menge derselben hat erhalten können. Diese Flüssigkeit ist citronengelb, etwas klebrig und liefert mehr i^fl^er^/o^Perikardiai- als andere Transsudate. Der Gehalt an festen Stofien war in den von v. Gorup- '"^'^ ®' ■ Besanez^), Wachsmüth^), und Hoppe-Seyler*) ausgeführten Analysen 37,5 bis 44,9 p. m. und der Gehalt an Eiweiss 22,8 — 24,7 p. m. In einer vom Verf. unternommenen Analyse einer frischen Perikardialflüssigkeit von einem hingerichteten jungen Manne war die Zusammensetzung folgende, auf 1000 Ge- wichtstheile berechnet: Wasser . . . 960,85 Feste Stoffe . . 39,15 r Fibrin . -J Globulin . [Albumin . . 0,31 Eiweiss . . . 28,60 5,95 . 22,34 Lösliche Salze . 8,60 [NaCl . . 7,28 Unlösliche Salze 0,15 Extraktivstoffe . 2,00 Fast dieselbe Zusammensetzung hatten die von Friend^) analysirten Perikardialflüssigkeiten von Pferden, mit der Ausnahme jedoch, dass diese Flüs- sigkeiten relativ reicher an Globulin waren. Die gewöhnliehe Angabe, dass 1) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 13. 3) V. GOkup-Besaxez: Lehrb. d. physiol. Clioni. 1. Aull. S. 401. 3) ViRCUOw's Arch. Bd. 7. 4) Physiol. Chenj. S. 605. '>] IlALunrRTOX: Text-Book of ehem. Tliysiol. etc. London 1891. S. 347. 168 Siebentes Kapitel. die Perikardialflüssigkeit reicher an Fibrinogen als andere Transsudate ist, dürfte kaum genügend begründet sein. In einem Falle von Chyloperikardium, bei welchem es wahrscheinlich um Berstung eines Chylusgefässes oder um einen kapillaren Austritt von Chylus in Folge von Stauung sich handelte, enthielt die von Hasebroek^) analysirte Flüssigkeit in 1000 Theilen 103,61 feste Stoffe, 73,79 Albuminstoffe, 10,77 Fett, 3,34 Cholesterin, 1,77 Lecithin und 9,34 Salze. Die Pleuraflüssigkeit kommt unter physiologischen Verhältnissen in so geringer Menge vor, dass man eine chemische Analyse derselben noch nicht hat ausführen können. Unter pathologischen Verhältnissen kann diese Flüssig- keit eine sehr wechselnde Beschaffenheit zeigen. In einigen Fällen ist sie fast ganz serös, in anderen wieder serofibrinös und in anderen endlich eiterig. In Uebereinstinimung hiermit schwanken auch das spezifische Gewicht und die Pleura- Eigenschaften im Uebrigen. Ist ein eiteriges Exsudat längere Zeit in der Pleura- höhle eingeschlossen gewesen, so kann eine mehi; oder weniger vollständige Maceration und Auflösung der Eiterkörperchen stattgefunden haben. Die ent- leerte, gelblich-braune oder grünliche Flüssigkeit kann dann ebenso reich an festen Stoffen als das Blutserum sein, und bei Zusatz von Essigsäure kann man einen reichlichen, grobflockigen, in überschüssiger Essigsäure sehr schwer lös- lichen Niederschlag von einem Nukleoalbumin oder Nukleoproteid (dem Py'm älterer Autoren) erhalten. Hinsichtlich der quantitativen Zusammensetzung der Pleuraflüssigkeiten unter pathologischen Verhältnissen liegen zahlreiche Analysen von mehreren Forschern^) vor. Aus diesen Analysen geht hervor, dass bei Hydrothorax das spez. Gewicht niedriger und der Gehalt an Eiweiss geringer als bei Pleuritis ist. Im ersteren Falle ist das spez. Gewicht meistens niedriger als 1015 und der Gehalt an Eiweiss 10 — 30 p. m. Bei akuter Pleuritis ist das spez. Gewicht Quantitative "meistens höher als 1020 und der Gehalt an Eiweiss beträgt 30 — 65 p. m. Setzung."' Der Gehalt an Fibrinogen, welcher beim Hydrothorax meistens kaum 0,1 p. m. beträgt, kann bei Pleuritis mehr als 1 p. m. betragen. Bei Pleuritis mit reich- licher Eiteransammlung kann das spez. Gewicht nach den Beobachtungen des Verf, sogar auf 1030 steigen. Der Gehalt an festen Stoffen ist oft 60 — 70 p. m., kann aber auch 90 — 100 p. m, betragen (Verf.) Mukoide Substanzen sind von Paijkull auch in Pleuraflüssigkeiten nachgewiesen worden. Auch Fälle von chylöser Pleuritis sind bekannt; in einem solchen Falle fand Mehu^) bis zu 17,93 p. m, Fett und Cholesterin in der Flüssigkeit, Die Menge der Peritoiiealflüssigkeit ist unter physiologischen Verhält- 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12. 2) Man vergl. die Arbeiten von Mehu, Runeberg, F. Hoffmann, Reüss, NErEN- KIRCHEN, welche alle von Bernheim in seinem Aufsatze in Yirchow's Arch. Bd. 131, S. 274 citirt sind. Vergl. ferner Paijkull 1. c. und Halliburton: Text-Book S. 346. 3) Arch. gen. de med. 1886. Tome 2. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 16. Ascitesflüssigkeit. 169 nissen sehr gering. Die Untersuchungen beziehen sich nur auf die Flüssigkeit unter krankhaften Verhältnissen {AscitesiUissigheit). Diese kann hinsichtlich ii^*^iL*^|Jt ihrer Farbe, Durchsichtigkeit und Konsistenz grosse Schwankungen darbieten. Bei kachektischen Zuständen oder hydrämischer Blutbeschaffenheit ist die Flüssigkeit wenig gefärbt, milchig opalescirend, wasserdünn, nicht spontan gerinnend, von sehr niedrigem spez. Gewicht, 1005—1010—1015 und fast frei von Formelementen. Auch bei Portalstase oder allgemeiner venöser Stase hat die Ascitesflüssigkeit ein niedriges spez. Gewicht und gewöhnlich weniger als 20 p. m. Eiweiss, wenn auch in einzelnen Fällen der Eiweissgehalt auf 35 p. m. steigen kann. Bei karcinomatöser Peritonitis kann die Flüssigkeit durch Reich- thum an Formelementen verschiedener Art ein trübes, schmutzig-gräuliches Aus- gehen erhalten. Das spez. Gewicht ist dann höher, der Gehalt an festen Stoffen grösser und die Flüssigkeit gerinnt oft spontan. Bei entzündlichen Prozessen ist sie Stroh- oder citronengelb, von Leukocyteu nebst rothen Blutkörperchen etwas trübe oder röthlich und bei grösserem Reichthum an ersteren mehr eiter- ähnlich. Sie gerinnt spontan und kann verhältnissmässig reich an festen Stoffen Qj^si^keUin sein. Sie enthält regelmässig 30 p. m. Eiweiss oder darüber (wenn auch Aus- „eTKrank- nahmefälle mit niedrigerem Eiweissgehalt vorkommen) und sie kann ein spez. ^^eiten. Gewicht von 1,030 oder mehr haben. Durch Berstung eines Chylusgefässes kann die Ascitesflüssigkeit reich an sehr fein emulgirtem Fett werden (chylöser Ascites). In solchen Fällen hat man in der Ascitesflüssigkeit 3,86 — 10,30 ji. ra. (GüiNOCHET ^) , Hay") oder sogar 17 — 43 p. ra. Fett (Meskowsky) gefunden. Durch Beimengung von Flüssigkeit aus einem Ovarialkystome kann die Flüssig- keit bisweilen pseudomucinhaltig werden (vergl. Kap. 13). Es giebt jedoch auch andere Fälle, in welchen in Ascitesflüssigkeiten Mukoide vorkommen können, die man nach der Entfernung des Eiweisses durch Koagulation in der Siedhitze aus dem Filtrate mit Alkohol fällen kann. Solche Substanzen, welche nach dem Sieden mit Säuren eine reduzirende Substanz liefern, sind vom Verf. bei tuberkulöser Peritonitis und bei Cirrhosis hepatis syphilitica auch bei Männern gefunden worden. Nach den Untersuchungen von Paijkull-^) scheinen sie oft, vielleicht regelmässig, in den Ascitesflüssigkeiten vorzukommen. Da der Gehalt an Eiweiss in Ascitesflüssigkeiten von denselben Umständen wie in anderen Trans- oder Exsudaten abhängig ist, dürfte es genügend sein, als Beispiel folgende, der Abhandlung von Bernheim*) entlehnte Zusammen- stellung mitzutheilen. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Flüssigkeit: 1) Vergl. Stkaus: Arcli. de physiol. Tome IS. Cit. nach Mai.y's Jahresber. IJ.l. IG. 2) Vergl. Maly's .lahresber. Bd. 16. S. 475. 3) 1. c. 4) 1. c. Da es nicht gestattet ist, aus den von B. angeführten, von verschiedenen For- schern erhaltenen Mittelzahlen neue Mittelzahlen zu ziehen, habe ich hier die Maxiina und Minima der Mittelzaiilen Bernheim's angeführt. 170 Siebentes Kapitel. Cirrhosis hepatis. Eiweiss- Morbus Brightii . ^'®^^^*- Peritonit. tuberculos. u idiopathic . . . Peritonit. carcinomatos Maximum Minimum Mittel 34,5 5,6 9,69—21,06 16,11 10,10 5,6 —10,36 5,5,8 18,72 30,7 -37,95 54,20 27,00 35,1 - 58,96 In Ascitesflüssigkeiten hat man auch Harnstoff, bisweilen nur in Spuren, bisweilen in grösserer Menge (4 p. ni. bei Albuminurie), ferner Harnsäure, Allantoin bei Lebercirrhose (MosCATELLi ^), Xantkin, Kreatin, Cholesterin und Zucker gefunden. Hydroeele- uud Spennatoeelefliissig-keiteii. Diese Flüssigkeiten unter- scheideu sich in verschiedener Hinsicht wesentlich von einander. Die Hydrocele- flüssigkeiten sind regelmässig gefärbt, heller oder dunkler gelb, bisweilen bräun- lich mit einem Stich ins Grünliche, Sie haben ein verhältnissmässig hohes spez. Gewicht, 1,016 — 1,026, mit einem wechselnden, aber im Allgemeinen ver- hältnissmässig hohen Gehalt an festen Stoffen, in Mittel 60 p. m. Sie ge- rinnen bisweilen spontan, bisweilen erst nach Zusatz von Fibriuferment oder Blut. Als Formbestandtheile enthalten sie hauptsächlich Letd'ocyten. Bis- weilen enthalten sie auch eine kleinere oder grössere Menge von Cholesterin- Hydroeele- krijstajjeu . und Sperma- toceieflüs- ]3ie Spermatoceleüü-ssigkeiten dagegen sind in der Regel farblos, dünnflüssig, trübe, wie ein mit wenig Milch vermischtes Wasser. Bisweilen reagiren sie schwach sauer. Sie haben ein niedriges spez. Gewicht, 1006 ä 1,010, einen nur geringen Gehalt an festen Stoffen — im Mittel etwa 13 p. m. — und gerinnen weder spontan noch nach Zusatz von Blut. Sie sind in der Regel arm an Eiweiss und enthalten als Formbestandtheile Spermatozoen , Zell- detritns und Fettlörnchen. Um die ungleiche Zusammensetzung dieser zwei Arten von Flüssigkeiten zu zeigen, werden hier die Mittelzahlen (auf 1000 Theile Flüssigkeit berechnet) der vom Verf. 2) ausgeführten Analysen von 17 Hydrole- und 4 Spermatoceleflüssigkeiten mitgetheilt. Hydroeele Spermatocele Wasser 938,85 986,83 Feste Stoße .... 61,15 13,17 Fibrin 0,59 — Globulin 13,25 0,59 Serumalbumin . . 35,94 1,82 Aetherextraktstofte . . 4,02 1 Lösliche Salze . . . 8,60 \ 10,76 Unlösliche Salze . . 0,66 J In den Ilydroceleflüssigkeiten sind Spuren von Harnstoff und einer reduzirenden Sub- stanz, in einigen Fällen auch Bernsteinsäure und Inosit gefunden worden. Eine Ilydrocele- flüssigkeit kann bisweilen auch nach einer Angabe von Devillakd^) Paralbumin oder Met- albumin (?) enthalten. Auch Fälle von chylöser Hydroeele sind bekannt. Cerebrospinalflüssig-keit. Diese Flüssigkeit ist bisher eher als ein Se- Cerebrospi- ^^^^ ^^^ ^^'^ G^" Transsudat aufgefasst worden. Nachdem man aber nunmehr "*'keu.'^" wahrscheinlich nicht nur die Lymphe, sondern auch die Transsudate zum Theil i> 1. c. 2j Upsala Läkaref. Förh. Bd. 14 und Malv's Jahresber. Bd. 8. S. 347. 3) Bull. soc. chim. Vol. 42. S. 617. Transsudate. 171 als Sekrete zu betrachten hat, kann ein solcher Unterschied zwischen dieser Flüssigkeit und den anderen kaum streng aufrecht erhalten werden. Die Cere- brospinalflüssigkeit ist dünnflüssig, wasserhell, von niedrigem spez. Gewicht 1Q07— 1008. Die Spina bifida-Flüssigkeit ist sehr arm an festen Stoffen, 8 — 10 p. m. mit nur 0,19 — 1,6 p. m. Eiweiss, Die Flüssigkeit von chronischem Hydrocephalus ist etwas reicher an festen Stoffen (13 — 19 p. m.) und Eiweiss. Nach Halliburton^) ist das Eiweiss der Cerebrospinalflüssigkeit ein Gemenge von Globulin und Albumosf' , seilen kommt daneben etwas Pepton und nur in besonderen Fällen etwas Serumalburain vor. Man hat in dieser Flüssig- keit auch einen optisch inaktiven, gährungsfühigen , Kupferoxyd reduzirenden Stoff* beobachtet, welcher nach Halliburton Br(m.zlcatecliin zu sein scheint. Die alte Angabe, derzufolge die Cerebrospinalflüssigkeit durch einen grösseren Reichthum au Kalisalzen von den Transsudaten sich unterscheiden würde, ist durch die neueren Untersuchungen von Yvox^) und Halliburton nicht be- stätigt worden. Nach Cavazzani^) soll die Cerebrospinalflüssigkeit morgens stärker alkalisch und reicher -an festen Stoffen als abends sein. Humor aqueus. Diese Flüssigkeit ist klar, alkalisch, von 1,003 — 1,009 spez. Gewicht. Der Gehalt an festen Stoffen ist im Mittel 13 p. m. und der Gehalt an Eiweiss nur 0,8 — 1,2 p. m. Das Eiweiss besteht aus Serumalhumin, „ ' '^ Uamor Glohulin und sehr wenig Fibrinogen. Nach Grüenhagen*) enthält der Humor aquons. aqueus Paramilchsänre, eine andere rechtsdrehende Substanz und einen redn- zirenäen, nicht zucker- oder dextrinähnlichen Stoff". Im Humor aqueus von Ochsen fand Pantz") Harnstoff und Zucker. Hautblaseiiflüssigkeit. Der Inhalt der Brand- und Vesikatorblasen und der Blasen des Femphifjus chronicus ist im Allgemeinen eine an festen Hautbiason- Stoffen und Eiweiss (40—65 p. m.) reiche Flüssigkeit. Besonders gilt dies oft fl"ssigkeit. von dem Inhalte der Vesikatorblasen, welcher auch eine Kupferoxyd reclu- zirende Substanz enthalten soll. Die Flüssigkeit des Pemphigus soll alkalisch reagireu und schleiraiff sein. Anasarkaflüssigkeit. Diese ist dagegen in der Regel sehr arm an festen Stoffen, rein serös, d. h. nicht fibrinogenhaltig, von dem spez. Gewichte 1,005 — 1,013. Der Gehalt an Eiweiss ist in den meisten Fällen geringer als 10 p. m., 1 — 8 Anasarka- p. m. (Hoffmann), und ein Eiweissgehalt von weniger als 1 p. m. soll auf ""ssigkeit. schwere Nierenaffektionen, meist mit amyloider Degeneration, hinweisen (Hoff- mann ^j. Die Anasarkaflüssigkeit soll regelmässig Harns/off, 1 — 2 p. m., und auch eine reduzirende SnhsUuiZ enthalten. 1) Halliburton: Text-Book S. 355—361. -) Journ. de pharm, et de chim. (4 Ser.) Vol. 2G. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 22. S. 34G. •1) Pfllger's Arch. Bd. 43. 5) Zeitschr. f. Biologie. Bd. :J1. 6) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 44. 172 Siebentes Kapitel. Den eiweissarmen Transsudaten verwandt ist die Flüssigkeit der Echinokokkus- cvstensäcke, welche dünnflüssig, farblos und vom spez. Gewichte 1.0Ö5 — 1.015 ist. Die kokkn*" ^ienge der festen Stoffe ist 1-1 — 20 p. m. Die chemischen Bestandtheile sind angebüch Zucker, flüssigkeit. bis zu 2.5 p. m , Inosit, Spuren von Harnstoff, Kreatin, Bcmsteinsänre und Salze, 8.3 — 9,7 p. m. Von Eiweiss finden sich nur Spuren, es sei denn, dass eine entzündliche Reizung stattgeftmden hätte. In dem letztgenannten Falle hat man bis zu 7 p m. Eiweiss gefanden. Synovia und Sehnenseheideiiflüssigkeit. Die Synovia ist wohl eigent- lich kein Transsudat; sie wird aber oft als Anhang zu den Transsudaten ab- gehandelt Die Synovia ist eine alkalische, klebrige, fadenziehende, gelbliche, von Zellkernen und Ueberbleibseln von zerfallenen Zellen getrübte aber auch bis- weilen klare Flüssigkeit. Sie enthält ausser I^iiceiss und Salzen auch eine, in physikalischer Hinsicht dem Jlucin ähnelnde Substanz. Die Xatur dieses Synovia, mucinähnlichen Bestandtheiles der physiologischen Svnovia ist noch nicht er- mittelt worden. In pathologischer Synovia fand Verf. ^) eine mucinähnliche Substanz, die indessen kein Mucin war. Sie verhielt sich nämlich wie ein Nukleoalbumin oder ein Xukleoproteid und gab beim Sieden mit Säure keine reduzirende Substanz. Auch Salkowski^j fand in pathologischer Synovia eine mucinähnliche Substanz, welche indessen weder Mucin noch Xukleoalburain war. Er nennt diese Substanz „Synovin". Die Zusammensetzung der Synovia ist nicht konstant, sondern wechselt je nach Ruhe und Bewegung. Im letzteren Falle ist ihre Menge geringer und ihr Gehalt an dem mucinähnlichen Stoffe, an Eiweiss und Extraktivstoffen grösser, während der Gehalt an Salzen vermindert ist. Dieses Verhalten wird aus den folgenden, von Freeichs^j ausgeführten Analysen ersichtlich. Die Zahlen beziehen sich auf lOÜO Theile. 1. Synovia eines im Stall n. Synovia eines auf die gemästeten Ochsen Weide getriebenen Ochsen Wasser 969,9 948,5 Feste Stoffe 30,1 51,5 Mucinälinlicher Stoff ... 2,4 5,6 Albumin uud Extraktivstoffe 15,7 35,1 Fett 0,6 0,7 Salze 11,3 9,9 Die Svnovia Neugeborener soll mit der von ruhenden Thieren überein- stimmen. Die Flüssigkeit der Bursae mucosae wie auch der Sehnenscheiden soll in qualitativer Hinsicht der Synovia ähnlich sein. m. Der Eiter. Der Eiter ist eine gelbgraue oder gelbgrüne, rahmähnliche Masse von schwachem Geruch und einem faden, süsslichen Geschmack, Er besteht aus 1) TJpsala Läkaref. Förhandl. Bd, 17. 2) ViKCHOw's Arch. Bd. 131. 3) Wagxek's Handwörterbuch Bd. 3, Abth. I, S. 463. Der Eiter. 173 einer Flüssigkeit, dem EiterserKin, und den in ihr aufgeschwemmten festen Partikelcheu, den EiterzeUen. Die Menge dieser Zellen schwankt so bedeutend, dass der Eiter das eine Mal dünnflüssig, das andere dagegen so dick ist, dass kaum ein Tropfen Serum erhalten werden kann. Diesem Verhalten entsprechend ^^.««>e'ie schwankt auch das spez. Gewicht sehr, zwischen 1,020 und 1.040, ist aber ^'^ii!""* **^® •^ j j > titers. gewöhnlich 1,031 — 1,033. Die Reaktion des frischen Eiters ist regelmässig alkalisch, kann aber durch Zersetzung unter Bildung von freien Fettsäuren, Gh'cerinphosphorsäure und auch Milchsäure, neutral oder sauer werden. Durch Fäulniss mit Ammoniakentwickelung kann sie umgekehrt stärker alkalisch werden. Bei der chemischen Untersuchung des Eiters müssen das Eiterserura und die Eiterkörperchen gesondert analysirt werden. Das Eiterserum. Der Eiter gerinnt weder spontan, noch nach Zusatz von defibrinirtem Blut. Die Flüssigkeit, in welcher die Eiterkörperchen aufge- schwemmt sind, ist also nicht mit dem Plasma, sondern eher mit dem Serum zu vergleichen. Das Eiterserum ist blassgelb, gelblich-grün oder bräunlich-gelb und reagirt alkalisch. Es enthält hauptsächlich dieselben Bestandtheile wie das Blutserum, daneben aber bisweilen, wenn nämlich der Eiter längere Zeit senm in dem Körper verweilt hat, ein wie es scheint durch Maceration der Eiterzellen aus der hyalinen Substanz derselben entstandenes Nukleoalbumin oder Nukleo- proteid, welches von Essigsäure gefällt und von überschüssiger Säure nur sehr schwer gelöst wird {Pyin älterer Autoren). Das Eiterserum enthält ferner, wenigstens in mehreren Fällen, auffallender Weise kein Fibrinferment. In den Analysen Hoppe-Seyler's ^) enthielt das Eiterserum in ICOO Theilen: I n Wasser 913,7 905.65 Feste Stofife 86.3 94.35 Eiweissstofle .... 63.23 77.21 Lecithin ...... 1,.50 0.56 Fett 0.26 0,29 Cholesteria 0.53 0,87 Alkoholextraktstofle . . 1,52 0J3 Wasserextraktstofte . . 11.53 6.92 Anorganische Stoße . . 7.73 7,77 Die Asche des Eiterserums hat folgende Zusammensetzung, auf 1000 Theile Serum be- rechnet: I II NaCl 5.22 5,39 Na.,S04 . Na.,HP04 NaXOs . Castro,), Mg3(P0,), 0,40 0,31 0,98 0,46 0,49 1,13 0,49 0.31 0.19 0,12 PO^ (zu viel gefunden) 0,05 Die Eiterkörperchen sollen nach der allgemeinen Ansicht, der Emi- grationshypothese, zum allergrössten Theil ausgewanderte farblose Blutkörperchen sein, und ihre chemische Beschaffenheit ist damit auch in der Hauptsache au- 1) Med. ehem. Untersuch. S. 490. 174 Siebentes Kapitel. gegebeu. Als mehr zufällige Formelemente des Eiters sind Molekularkörnchen, Fettkügelchen und rothe Blutkörperchen anzusehen. Die Eiterzellen können von dem Serum durch Centrifugiren oder Dekan- Eiterzeiien. tation, direkt oder nach Verdünnung mit einer Lösung von Glaubersalz in "Wasser (1 Vol. gesättigter Glaubersalzlösung und 9 Vol. Wasser), getrennt und dann mit derselben Lösung in analoger Weise wie die Blutkörperchen gewaschen werden. Die Hauptbestandtheile der Eiterkörperchen sind Eiweissstoffe, unter denen ein in Wasser unlösliches Nukleoproteid, welches mit Kochsalzlösung von 1 0 ®/o zu einer zähen, schleimigen Masse aufquillt, in grösster Menge vorzukommen scheint. Diese Proteidsubstanz, welche auch in verdünntem Alkali sich löst, Eiweiss- ^^^'0^ ^^^^ rasch verändert wird, nennt man die Injaline Suhstanz Ro^^DA's EUer^euIn ^^^ ^ °" ^^^ rührt die Eigenschaft des Eiters, von einer Kochsalzlösung in eine schleimähnliche Masse umgewandelt zu werden, her. Ausser dieser Substanz hat man auch in den Eiterzellen gefunden: ein bei 48 — 49 "C. gerinnendes Globulin, ferner SerumgJohuUn (?), Serumalhumin, eine dem geronnenen Eiweisse nahestehende Substanz (Miescher^) und endlich auch Pepton oder Albumose (Hofmeister 2). Ausser dem Eiweisse sind in dem Protoplasma der Eiterzellen auch Leci- thin, Cholesterin, Xanfhinstofe, Fett und Seifen gefunden worden. Als Zer- setzungsprodukt einer protagonähnlichen Substanz (vergl. Kapitel 12) fand Extraktiv- . \ o j. Stoffe. Hoppe-Seyler im Eiter Cerehrin. Kossel und Freytag ^) haben aus Eiter zwei andere, zu der Cerebringruppe (vergl. Kapitel 12) gehörende Stoffe, das Pi/osin und das Pyogenin isolirt. Glykogen soll nach Hoppe-Seyler^) nur in der lebenden, kontraktilen weissen Blutzelle, nicht aber in den todten Eiter- körperchen vorkommen. Salomox^) und nach ihm mehrere andere Forscher haben indessen auch im Eiter Glykogen gefunden. Die Zellkerne enthalten NiiTdein und Nukleoproteide. Die Mineral Stoffe der Eiterkörperchen sind Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium und Eisen. Ein Theil des Alkalis findet sich als Chloride, der Rest, wie auch die übrigen Basen, als Phosphate. Die quantitative Zusammensetzung der Eiterzellen war in den Analysen Hoppe-Seyler's die unten folgende. Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Trockensubstanz. Auch die Zahlen für die Mineralstoffe sind auf 1000 Theile Trockensubstanz berechnet. 1) Hoppe-Seyler: Med. ehern. Untersuch. S. 441. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4. 3) Ebend. Bd. 17. S. 452. 4) Physiol. Chem. S. 790. 5) Deutsch, med. Wochenschr. 1877. Nr. 8. Lymph- und Blutgefässdrüsen. 176 Ei Weissstoffe Nuklein . Unlösliche Stoffe Lecithin . . . Fett .... Cholesteiin . . Cerebrin . . . Extraktivstoffe . I 137,02 j 342,.57 1 205,66 j 143,83 74,0 51,99 \ 44,33 i 685,85 II Mineralstoffe NaCl 4,35 73,69 Ca3(P04)2 2,05 Mg.VPO,), 1,13 75,64 FePO, 1,06 75,00 PO, 9,16 72,83 Na 0,68 n9 R4 K Spuren (?) Abnorme Bestand- theile. MlESCilEK hat dagegen andere Zahlen für die Alkaliverbindungen gefunden. Er fand nämlich: Kaliumphosphat 12, Nairiumphosphat 6,1 , Erdpiiosphate und Eisenphosphat 4,2, Chlornatrium 1,4 und Phosphorsäure in organischer "Verbindung 3,14 — 2,03 p. m. In, längere Zeit in Kongeslionsabscessen stagnirtem Eiter hat man Pepton, Leucin und Tyrosin, freie fette Säuren und JliicJdige FcttsäKroi, wie Ameisen- säure, Buttersäure und Valeri an säure, gefunden. Im Eiter sind auch bisweilen angeblich Chondrin (?) und Glutin {?), Harnstoff, Trauhenzuclcer (bei Diabete.«), GaUenfarhstoffe und GaUensäuren (bei katarrhalem Ikterus) gefunden worden. Als mehr spezifische aber nicht konstante Bestandtheile des Eiters sind folgende Stoffe angegeben worden: Fißn, welches ein von Essigsäure fällbares ^gJ^"^' ^y^°; Nukleoalbumin oder Nukleoproteid zu sein scheint, und ferner Pi//nsäi(re und '■'*°"^'°^'^^^- Clilorrhodinsäure, welche jedoch als gar zu wenig studirte Stoffe hier nicht weiter abgehandelt werden können. Man hat in mehreren Fällen eine blaue, seltener eine grüne Farbe des Eiters beobachtet. Dies rührt von der Gegenwart einer Art Vibrionen her (Lücke), aus welcher Fordos-) und Lücke"^) theils einen krystallisirenden, blauen und theils einen gelben Farbstoff — Pt/oci/anin und Pyoxanthose isolirt haben. Blaaer Eiler. Anhang. Lymph- und Blutgefäss-Drüsen. Die Lymplidrüseii. In den Zellen der Lymphdrüsen finden sich die schon oben (Kapitel 5, S. 79u. 80) besprochenen, in Zellen überhaupt vorkommen- den Proteinsubstanzen. Als Produkte einer postmortalen Zersetzung können auch Albumosen und Peptone vorkommen. Ausser den übrigen, gewöhnlichen Gewebsbestandtheilen, wie Kollagen Retikulin, Elastin und Nuklein, hat man dr(Uen." in den Lymphdrüsen auch Cholesterin, Fett. Gli/kogen, Fleisclnuilclisäurc, Xanthinstoff'e und Leucin gefunden. In den Inguinaldrüsen einer alten Frau fand OiDTMANN^) 714,32 p. m. Wasser, 284,5 p. m. organische und 1,10 p. m. anorganische Substanz. Die Älilz. Die Milzpulpe kann nicht von Blut befreit werden. Diejenige 1) Compt. rend. Tome 51 und 56. 2) Arch. f. klin. Chirurg. Vol. 3. 3) V. Goiht-Bksanez, Lehrbuch. 4. Aufl. S. 732. 176 Siebentes Kapitel. Masse, welche man von der Milzkapsel und dem Balkengewebe durch Aus- pressen trennen kann und welche in gewöhnlichen Fällen das Material der chemischen Untersuchung darstellt, ist deshalb auch ein Gemenge von Blut- Proteiji- ^-^Jy^ Milzbestandtheilen. Aus diesem Grunde sind auch die Eiweisskörper der Stoffe der ^ Milzpulpe. ]\iii2 nicht iiäher bekannt. Als wahre Milzbestandtheile bezeichnet man jedoch eisenhaltige Älhuminate und besonders eine, in der Siedehitze nicht gerinnende, von Essigsäure fällbare Proteinsubstanz, welche beim Einäschern viel Phosphor- säure und Eisenoxyd liefert^). Die Milzpulpe reagirt in frischem Zustande alkalisch, wird aber bald sauer, was wenigstens zum Theil von der Entstehung freier Fleischmilclisäure^ zum Theil auch vielleicht von Glycerinpliosplior säure, herrührt. Ausser diesen Extraktiv- zwei Säuren sind in der Milz auch flüchtige Fettsäuren^ wie Ameisensäure, Essigsäure und Buttersäure, ferner Bernsteinsätire, Neutralfette, Cholesterin,. Spuren von Leucin, Inosit (in der Ochsenmilz), Scyllit, ein dem Inosit ver- wandter Stoff (in der Milz der Plagiostomen), Gh/liogen (in der Hundemilz), Harnsäure, Xanthinl'öijJer und Jelvrin (Baldi^) gefunden worden. Von besonderem Interesse sind unter den Bestandtheilen der Milz die von H. Nasse näher studirten eisenreichen Ablagerungen, welche aus eisen- reichen Körnchen oder Konglomeraten von solchen bestehen. Diese, durch eine Umwandlung der rothen Blutkörperchen entstandenen Eisenkörner, welche auch in alten Thromben vorkommen, entstehen überhaupt wenn stockende Blutkörperchen nicht gelöst werden und sie können entweder extrazellulär oder 'lt,"a^er5® intrazellulär — wenn die Blutkörperchen von farblosen Zellen aufgenommen ""^Ji'iiz" ^"^ werden — entstehen. Diese Ablagerungen kommen nicht in gleicher Menge, in der Milz aller Thierarten vor; besonders reichlich finden sie sich in der Milz der Pferde. Die von Nasse ^) analysirten Körner (aus Pferdemilz) enthielten 840 — 630 p. m. organische und 160 — 370 p. m. anorganische Substanz. Diese letztere bestand aus 566 — 726 p. m. FegOg, 205—388 p. m. PgOg und 57 p. m. Erden. Die organische Substanz bestand hauptsächlich aus Ei weiss (660 — 800 p. m,), Nuklein, 52 p. m. (als Maximum), einem gelben Farbstoffe, Extraktiv- stoffen, Fett, Cholesterin und Lecithin. Hinsichtlich der Mincralhestandtheile ist zu bemerken, dass der Gehalt an Eisen bei Erwachsenen gross ist, und weiter, dass, dem Natrium und der Mineral- Phosphorsäure gegenüber, der Gehalt an Kalium und Chlor gering ist. Die Stoffe. Menge des Eisens ist bei neugeborenen und jungen Thieren klein (Lapicque*), Krüger und Pernou^), bei Erwachsenen grösser und bei alten Thieren bis- 1) V. Goeup-Besanez, Lehrb. S. 717. 2) Du Bois-Reymond's Arch. 1887. Suppl. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 19. S. 315. 4) Ebend. Bd. 20. S. 2G8. 5) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. Die Milz. 177 weilen sehr bedeutend. So fand H. Nasse *) in der trockenen Milzpulpe alter Pferde nahe an 50 p. m. Eisen, Quantitative Analysen der Milz vom Menschen .sind von Oidtmann'^) aus- geführt worden. Bei Männern fand er 750 — 694 p. ni. Wasser und 250 bis Q"«"'*'***^® 306 p. m. feste Stoffe. Bei einer Frau fand er 774,8 p. ni. Wasser und sctaung. 225,2 p. ni. feste Stoffe. Die Menge der anorganischen Stoffe war bei den Männern 4,9 — 7,4 p. m. und bei der Frau 9,5 p. m. Bezüglich der in der Milz verlaufenden pathologischen Prozesse ist be- sonders an die reichliche Neubildung von Leukocyten bei der Leukämie und (las Auftreten der Amyloidsubstanz (vergl, S. 49) zu erinnern. Die physiologischen Funktionen der Milz sind ausser ihrer Bedeutung für die Neubildung der Leukocyten wenig bekannt. Man hat die Milz als ein Einschmelzuugsorgan der rothen Blutkörperchen betrachten wollen, und das Vor- kommen der obengenannten eisenreichen Ablagerungen scheint wohl auch un- „, . zweifelhaft dieser Ansicht dao Wort zu reden. Andere Forscher dagreeen be- •opjsc'ie ° ° Funktion. trachten die Milz als ein Blutbildungsorgan. • Auch das Vorkommen von kern- haltigen Vorbildungsstufen der rothen Blutkörperchen in der Milz oder von jüngeren rothen Blutkörperchen in dem Milzvenenblute ist von mehreren Forschern behauptet word(>n. Auch zu der Verdauung hat man die Milz in eine bestimmte Beziehung bringen wollen. Die Milz schwillt bekanntlich einige Zeit nach der jMahlzeit an und diese Anschwellung ist von Schiff^) und Herzen^) mit einer Ladung des Pankreas mit Enzym in Zusammenhano- gebracht worden. Nach den ge- ßp'-'e'jnng ~ ^ "ZU der nannten Forschern soll nämlich das Pankreas nach der Milzexstirpation kein "^'••rdaunnir. ei weiss verdauendes Enzym erzeugen können, eine Angabe, welche jedoch Heiden- HAiN^) und Ewald '^) nicht bestätigen konnten. Nach neueren Untersuchungen von Herzen '') soll während der Milzanschwellung in diesem Organe ein eiweiss- verdauendes Enzym entstehen. Eine Vermehrung der ausgeschiedenen Harnsäuremenge kommt nach der einstimmigen Erfahrung vieler Forscher (vergl. das Kapitel 15 über Harn) bei der lienalen Leukämie vor, während umgekehrt eine Verminderung der Harn- „ . , säure im Harne unter dem Einflüsse grosser Dosen des Milzabschwellung be- ^" ''f ^'^'"- wirkenden Chinins stattfinden soll. Man hat hierin einen Wahrscheinliehkeits- »'i'dnng. beweis für eine nähere Beziehung der Milz zu der Harnsäurebildung sehen wollen. Diese Beziehung ist in der letzten Zeit von Horbaczewski ^j näher studirt 1) Cit. nach Hoppe-Seylek, Pliysiol. riieni. S. 720. 2) Cit. nach v. Gorup-Besaxez, Lehrbuch. 4. Aufl. S. 719. 3) Arch. f. lleilkiuule. Bd. 3. Schweiz. Zeitschr. f. wiss. Med, 1862, Cit. nach llKüZEN. 4) Herzen, Pflüger's Ardi. Bd. 30. S. 295 u. 308. 5) L. Hermann's Handb. d. Physiol. Bd. 5. Absonderuugsvorgäugc S. 20G. 6) Verhandl. d. physiol. Ges. in Berlin. 1878. Okt. 7) Maly's Jahresber. Bd. 18. S. 192. 8) Monatshefte f. Chem. 1889 und Wien. Sitzungsber. 1891. Math. Natur«. Klasae. Abth. 3. Hammarston, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 1- 178 Siebentes Kapitel. worden. Er hat nämlich gefunden, dass, wenn man Milzpulpe und Blut von Kälbern bei einer bestimmten Versuchsanordnung bei Bluttemperatur und Gegen- wart von Luft aufeinander einwirken lässt, erhebliche Mengen von Harnsäure gebildet werden. Bei anderer Versuchsanordnung erhielt er aus der Milzpulj^je zwar Xanthinkörper aber keine oder fast keine Harnsäure. Horbaczewski hat ferner gezeigt, dass die Harnsäure aus dem Nuklein der Milz stammt, welches also je nach der Versuchsanordnung Harnsäure oder Xanthinkörper giebt. Wie die Leber hat auch die Milz die Fähigkeit, fremde Stoffe, Metalle und Metalloide, zurückzuhalten. Die Thymus. Ausser den schon im Kapitel 5 besprochenen Protein- substanzen und den zu der Biudesubstanzgruppe gehörenden Stoffen hat man in der Thymus kleine Mengen Fett^ Leiicin, Bernsteinsäure, Milchsäure und Zucker gefunden. Bemerkenswerth ist der grosse Gehalt an X^antlimstoffen, hauptsächlich Ädenin, deren Menge nach Kossel und Schindler^) 1,79 p. m. DieThymus. jjj ^jg^ frischen Drüsc, oder 19,19 p. m. in der Trockensubstanz beträgt. Li den Zellen der Thymusdrüse fand Lilienfeld ^) Inosit und Protagon. Die quantitative Zusammensetzung der Lymphocyten aus der Thymus vom Kalbe ist nach Lilienfeld's ^ ) Analyse folgende. Die Zahlen sind auf 1000 Theile Trocken- substanz berechnet. Eiweissstoife Leiikonuklein Histon . Lecithin Fette Cliolesterin Glykogen 17,6 687,8 86,7 75,1 40,2 44,0 8,0 Die Trockensubstanz der Leukocyten betrug im Durchschnitt 114,9 p.m. Unter den Mineralstoffen der Drüse scheinen Kalium und Phosphorsäure vor- herrschend zu sein. Lilienfeld fand unter den alkohollöslichen Stoffen KH^PO^. In der Drüse eines 14 Tage alten Kindes fand Oidtmann^) 807,06 p. m. Wasser, 192,74 p. m, organische und 0,2 p. m. anorganische Stoffe. Die Schilddrüse. Die chemischen Bestandtheile dieser Drüse sind wenig bekannt. Bubnow^) hat durch Extraktion mit Kochsalzlösung oder sehr schwacher Kalilauge aus der Drüse einige Protein Substanzen, von ihm „Thyreoproteine" Die Schild- genannt, erhalten, welche etwa denselben Stickstoffgehalt, aber einen niedrigeren ^^^ Kohlen- und Wasserstoffgehalt als das Eiweiss im Allgemeinen haben. Die in den Blasen enthaltene Flüssigkeit enthält, wenigstens bisweilen, eine von über- schüssiger Essigsäure fällbare, mucinähnliche Substanz. Gourlay'') konnte in- 1) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 13. 2) Ebend. Bd. 18. S. 473. 3) 1. c. 4) Cit. nach V. Gorüp-Besanez, Lehrb. d. physiol. Cheni. 4. Aufl. S. 732. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8, wo auch die einschlägige Littcratur sich vorfindet. 6) Journal of Physiol. Bd. 16. Schilddrüse und Nebennieren. 179 dessen in der Schilddrüse von Rindern kein INIucin, sondern nur Nukleoalbumin finden. In dem Drüsenextrakte hat man ausserdem Lf^ucin, Xanthin, lliipo- ccmithin, Milch- und Bernsteinsäure gefunden. In der Schilddruse einer alten Frau fand Oidtmann') 822,4 p. m. Wasser, 17ß,G p. m. orj^anische und 0,9 p. ra. anorganische Stoffe. Bei einem 14 Tage alten Kinde fand er: Wasser 772,1, organische Stoffe 223,5 und anorganische Stoffe 4,4 p. m. Bei „Struma cystica" fand Hoppe-Seyler in den kleinen Drüsen- riiumeu fast kein Eiweiss, sondern vorzugsweise Mncin; in den grösseren da- gegen fand er viel Eiiceiss, 70—80 p. m.^) In solchen Cysten kommt regel- mässig Cholesterin vor, bisweilen in so grosser Menge, dass der gesaramte Inhalt einen dünnen Brei von Cholesterintäfelchen darstellt. Auch Krystalle von f^\^_ Calcimnoxalat kommen nicht selten vor. Der Inhalt der Strumacysten hat bisweilen eine von zersetztem Blutfarbstoffe, 3Iethümoylohin (und Hämatin?), herrührende, braune Farbe. Auch Gallenfarbstoffe sind in solchen Cysten ge- funden worden. (Bezüglich des Faraihnniins und des Kolloids, welche man bei Struma cystica und Kolloidentartung gefunden haben soll, vergl. Kap, 13.) Ueber die Funktionen der Schilddrüse ist nur wenig bekannt. Vom chemischen Gesichtspunkte aus dürfte die Ansicht der Erwähnung werth sein, derzufolge das sogenannte Myxödem, d. h. eine schleimige Infiltration oder reichliche Wucherung des Bindegewebes in dem subkutanen Zellgewebe besonders ^^d'Myx-^ am Kopf und Hals (nebst anderen Störungen) mit dem Ausfalle der Thätigkeit ^^^'^' der Thyreoidea in Verbindung stehen soll. Hoesley und Halliburton^) fimden auch in der That bei Affen, nicht aber bei Schweinen einen vermehrten ]\Iucingehalt in den Geweben nach Exstirpation der Schilddrüse. Eine Erklärung für die Wirkungsweise der Drüse in diesen Fällen fehlt noch. In Anbetracht der sehr günstigen therapeutischen Erfolge, die man in vielen Fällen von Myxödem durch Injektion von Wasser- oder Glycerinextrakten der Drüse oder durch Verabreichung der Drüse von Schafen erzielt hat, liegt aber die Vermuthung nahe, dass es bei dem Myxödem um eine Intoxikation mit Stoffwechsel Produkten sich handelt, welche sonst von der Drüse vernichtet oder unschädlich gemacht werden. Die Nebennieren. Ausser Eiweiss, Substanzen des Bindegewebes und Salzen hat man in den Nebennieren gefunden: Inosit, PaJmitin, Lecithin, Neurin und Glycerinphosphorsünre, welche letztere die giftigen AVirkuugen eines Die Neien- wässerigen Extraktes der Drüse bedingen sollen (Maresto-Zuco und Guarnieri*). Das von einigen Forschern gefundene Lencin dürfte vielleicht nur ein Zer- setzungsprodukt sein. Die Angaben über das Vorkommen von Benzoisüure, 1) Siehe Note 4 auf S. 178. 2) Hoppe-Seylek, rhysiol. Chem. S. 721. ;i) Brit. med. .Journ. 1SS5. Vergl. auch Maly's Jahresber. Hd. 18. S, 324. i) Maly's Jahresber. I3d. 18. S. 231. 12« 180 Siebentes Kapitel. Hippursäure und GalJensänren konnte Stadelmann ^) nicht bestätigen. In der Marksubstanz hat mau ein Chroniogen oder mehrere solche gefunden, welche durch Einwirkung von Luft, Licht, Wärme, Haloiden oder Metallsalzen in rothe FarbstofTe umgesetzt werden (Vulpian, Krukenbeeg) ^). Wahrscheinlich kommt auch Srenzliatechin vor. Auf Grund des Gehaltes der Nebennieren an Chromogon hat man oft einen Zusammenhang zwischen der abnormen Pigraent- ablagerung der Haut, welche die ÄDDisON'sche Krankheit charakterisirt, und den krankhaften Veränderungen, welche dabei in den Nebennieren häufig vor- kommen,^ sehen wollen. Ueber die Funktionen der Nebennieren weiss man nichts Sicheres. Doppel- seitige Ausrottung der Nebennieren ist nach Langlois eine für Hunde immer tödtliche Operation. Der Eintritt des Todes wird beschleunigt, wenn man dem Thiere Blut von einem in Folge derselben Operation gestorbenen Thiere injizirt, der°Neben'^ während dasselbe Blut auf gesunde Thiere keine Wirkung ausübt. Vielleicht meren. ]iandelt es sich also hier um eine Intoxikation durch StofFwechselprodukte, welche unter normalen Verhältnissen von den Nebennieren unschädlich gemacht oder vernichtet werden. Für eine solche Ansicht sprechen besonders die von Abelous und Laxglois und anderen Forschern ausgeführten Versuche. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18, wo auch die eiaschLägige Litteratur sich findet. 2) ViRcnow's Arch. Bd. 101. Achtes Kapitel. Die Leber. Den blutbereitenden Drüsen schliesst sich die grösste aller Drüsen des Organismus, die Leber, nahe an. Die Bedeutung dieses Organes für die physio- logische Zusammensetzung des Blutes ist schon daraus ersichtlich, dass das vom Verdauungskanale kommende, mit den daselbst resorbirten Stoffen beladene Blut die Leber erst dm-chströmen muss, bevor es durch das Herz in die ver- schiedenen Organe und Gewebe getrieben wird. Dass eine Assimilation der mit dem Pfortaderblute der Leber zugeführten, resorbirten Nährstoffe in diesem Organe wirklich stattfindet, ist wenigstens für die Kohlehydrate sicher bewiesen, und es ist nicht daran zu zweifeln, dass hierbei synthetische Prozesse auftreten. Das Vorkommen synthetischer Prozesse in der Leber ist übrigens durch be- chemische sondere Beobachtungen ganz sicher gestellt. Es können nämlich in der Leber ^erTeber" gewisse Ammoniakverbindungen in Harnstoff, bezw. Harnsäure (bei Vögeln), übergehen (vergl. Kap. 15), während auch einige Produkte der Darmfäulniss, wie z. B. die Phenole, in der Leber durch eine Synthese in Aetherschwefel- säuren übergeführt werden können (Pflüger und Kochs ^). Die Leber hat ferner die Fähigkeit, heterogene Stoffe aus dem Blute aufzunehmen und zurückzuhalten, und dies gilt nicht nur von den verschiedenen Metallen, sondern auch, wie von Schiff und Lautenberger, Jaques, Heger und besonders von Roger ^) gezeigt worden ist, von Alkaloiden, welche vielleicht zum Theil auch in der Leber umgesetzt werden. Auch Toxine werden von der Leber zurückgehalten, und dieses Organ übt also, den Giften gegenüber, eine Schutzwirkung aus-). Wenn also die Leber von assimilatorischer Bedeutung ist und wenn sie reinigend auf das vom Verdauungskanale kommende Blut wirkt, so ist sie jedoch 1) Pfügek's Arch. Bd. 20 u. Bd. 23. S. 169. -) Vergl. Roger: Action du foie sur les poisons. Paris ISST, wo mau auch die altere Litteratur findet. Vergl. feruer : Bouciiard: Let-ons sur les autointoxications daiis les Maladies. Paris 18S7 und E. Kotliak iu Archives des scicnees biologiques de St. Petorsbourg. Tome 2. Nr. 4. S. 587. 182 Achtes Kapitel. Zellen. gleichzeitig auch ein sekretorisches Organ, welches ein spezifisches Sekret, die. Galle, absondert, bei deren Entstehung rothe Blutkörperchen zu Grunde gehen oder jedenfalls ein Bestandtheil derselben, das Hämoglobin, umgesetzt wird. Dass die Leber umgekehrt während des Fötallebens ein Organ für die Neu- bildung von rothen Blutkörperchen ist, wird allgemein angenommen. Dass die chemischen Vorgänge in diesem Organe von mannigfacher Art sind und von grosser Bedeutung für den Organismus sein müssen, ist wohl also nicht zu bezweifeln; aber leider müssen wir gestehen, dass wir über die Art Vo^^gänge^'L und den Umfang dieser Vorgänge nur sehr wenig wissen. Unter ihnen giebt der Leber. ^^ indessen vorzugsweise zwei, welche nach einer vorausgeschickten kurzen Be- sprechung der Bestandtheile und der chemischen Zusammensetzung der Leber in diesem Kapitel ausführlicher abgehandelt werden müssen. Der eine scheint assimilatorischer Art zu sein und betrifft die Glykogenbildung, der andere be- trifft die Bereitung und die Absonderung der Galle. Die Keaktion der Leberzelle ist während des Lebens alkalisch, wird aber nach dem Tode sauer, wahrscheinlich in Folge einer Milchsäurebildung. Dabei Die Leber- scheint auch eine Gerinnung des Protoplasmaeiweisses der Zelle stattzufinden. Ein bestimmter Unterschied zwischen den Eiweissstoffen des todten und des noch lebenden, nicht geronnenen Protoplasmas ist jedoch nicht beobachtet worden. Die Eiweissstoffe der Leber sind zuerst von Plosz^) näher untersucht worden. Er fand in der Leber eine in das wässerige Extrakt übergehende, bei -[- 45" C. gerinnende Eiweisssuhstans , ferner ein bei -f- 75 '^' C. koa- gulirendes Glohulin, ein bei -|- 70° C. koagulirendes Nuldeoalbumin und endlich einen, dem geronnenen Eüveisse nahestehenden, bei Zimmertemperatur in ver- dünnten Säuren oder Alkalien unlöslichen, in der Wärme dagegen in Alkali unter Umwandlung in Albuminat sich lösenden Eiweisskörper. Halliburton^) fand in den Leberzellen zwei Globuline, von denen das eine bei 68 — 70° C, das andere dagegen bei -]- 45 ä 50° C. koagulirte. Er fand ferner neben Spuren von Albumin ein Nukleoalbumin (Nukleoproteid ?) mit einem Gehalte von 1,45 °/o Phosphor und einer Gerinnungstemperatur von 60° C. Ausser diesen Eiweissstoffen enthalten indessen die Leberzellen, wovon man sich leicht überzeugen kann, in reichlicher Menge schwerlösliche Proteinstoffe (vergl. Plosz). Die Leber enthält auch, Avie St. Zaleski^) gezeigt hat, eisenhaltige Eiweiss- hörper, in welchen das Eisen in mehr oder weniger fester Bindung vorkommt. In welcher Beziehung diese zu den obengenannten Eiweisskörpern stehen, ist noch unbekannt. Das Fett der Leber kommt theils als sehr kleine Kügelchen und theils. Das Fett der _ '^ Leber, besonders bei säugenden Kindern und Thieren wie auch nach einer fettreichen Eiweiss- stoffe der Leber. 1) Pflüger's Arch. Bd. 7. 2) Journal of Physiol. Bd. 13. Suppl. 1892. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10. S. 486. Die Leber. 183 Nahrung, als etwas grössere Fettröpfchen vor. Diese Fettinfiltration, welche bei passender Nahrung so reichlich werden kann, dass sie den höchsten Graden pathologischer Fettleber ähnlich wird, fängt an der Peripherie der Acini au und schreitet von da gegen das Centrum hin. Wird die Menge des Fettes in der Leber durch eine Fettinfiltration vermehrt, so nimmt das Wasser entsprechend ab, während die Menge der übrigen festen Stoffe verhältnissmässig wenig ver- ändert bleibt. Anders verhält es sich bei der Fettdegeneration. Bei diesem Prozesse findet die Fettbildung auf Kosten des Protoplasmas der Zelle statt, und die Menge der übrigen festen Stoffe wird in Folge dessen vermindert, während der Gehalt an Wasser nur wenig verändert wird. Um das nun Ge- sagte zu beleuchten, werden hier theils einige Zahlen für die normale Leber und theils die von Perls ^) bei Fettdegeneration und Fettinfiltration gefundenen Werthe angeführt. Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf lOOÜ Theile. Wasser Fett Uebr. feste Stoffe. Normale Leber .... 770 20-35 207—195 Fettdegeneratiou .... 816 87 97 Fettinfiltiation .... 616—621 195—240 184—145 Unter den Extroläivstoffen hat mau, abgesehen von dem Gli/Jcoyen, welches später abgehandelt werden soll, in der Leber Xaufhinslofe in ziemlich reichlicher Menge gefunden. In 1000 Theilen Trockensubstanz fand KosSEL^) 1,97 Guanin, 1,34 HijpoxantMn und 1,21 Xanthin. Auch Adenin findet sich in der Leber. Ferner hat man in der normalen Leber Harnstoff und Extraktiv- Harnsciure (besonders in der Vogelleber) und zwar in grösserer Menge als im ^^J^ber*"^ Blute, ParamÜclisänre, Leucin, JeJcorhi und Cystin nachgewiesen. In patho- logischen Fällen hat man in der Leber Inosit und Tyrosin gefunden. Das Vorkommen von GaUenfarhstoffen in den Leberzellen unter normalen Ver- hältnissen ist angezweifelt worden; bei Retention der Galle können die Zellen dagegen den Farbstoff aufnehmen und von ihm gefärbt werden. Das Jekorin ist eiu zuerst von Drechsfx^) in der Pferdeleber und später von Baldi*; in Leber und Milz von anderen Thieren, in Muskeln und Blut vom Pferde und im Meuschen- gehirn gefundener, seiner Zusammensetzung nach noch nicht sicher bekannter, schwefel- und . phosphorhaltiger Stoff. Das Jekorin löst sich in Aether, wird aber aus der Lösung von Alkohol gefällt. Es reduzirt Kupferoxyd und nach dem Sieden mit Alkali erstarrt es beim Abkühlen wie eine Seifengallerte. Durch seine Löslichkeitsverhältnisse und seinen Gehalt an Phosphor kann es bei der Untersuchung von Organen oder Geweben auf einen Gehalt an Lecithin zu Fehlern Veranlassung geben. Die Mineralstoff'e der Leber bestehen aus Phosphorsäure, Kalium, Natrium, alkalischen Erden und Chlor. Das Kalium herrscht dem Natrium gegenüber vor. Eisen ist ein regelmässiger Bestandtheil, dessen Menge sehr zu wecliseln stoffo. scheint. St. Zale>ki^) fand bei verschiedenen Thierarten 0,3 — 11,8 p. m. Eisen. ij Centralbl. f. d. med. Wisscnsch. Bd. 11. S. 801. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8. S. 408. ■^) Ber. d. sächs. Ges. d. Wissensch. 1886. S. 44. I) Du Bois-Rey.monu's Arch. physiol. Abth. 1887. Suppl. S. 100. '■>) 1. c. S. 464-479. 184 Achtes Kapitel. auf die Trockensubstanz der Leber berechnet. Bunge ^) fand in den blutfreien Lebern von Katzen und Hunden, meistens von jungen Thieren, 0,01 — 0,355 p. m. Eisen, auf die fiische mit einprozentiger Kochsalzlösung durchgespülte Leber- substanz berechnet. Auf 10 Kilo Körpergewicht berechnet, betrug die Eisen- menge in den Lebern 3,4 — 80,1 mgm. Von besonderem Interesse ist der Reichthum der Leber der neugeborenen Thiere an Eisen, ein Verhalten, welches schon aus den Analysen St. Zaleski's hervorgeht, besonders aber von Krüger, Meyer und Pernou-) studirt worden ist. Bei Ochsen und Kühen fanden sie 0,246 — 0,276 p. m. Eisen (auf die Trockensubstanz berechnet) und bei Eindsföten etwa 10 Mal so viel. Die Leber- zellen des ca. eine Woche alten Kalbes haben noch einen etwa siebenmal grösseren Eisengehalt als die erwachsener Thiere; dieser Gehalt sinkt aber im Laufe der vier ersten Lebenswochen so weit herab, dass nahezu derselbe Werth wie beim erwachsenen Thiere erreicht wird. Ebenso hat Lapigque^) gefunden, Eisengehalt ^-^g^gg j^gjj-,^ Kaninchen der Gehalt der Leber an Eisen in der Zeit von acht Tagen der Leber. _ bis drei Monaten nach der Geburt stetig abnimmt, nämlich von 10 bis zu 0,4 p. m., auf die Trockensubstanz berechnet. „Die fötalen Leberzellen bringen also einen Reichthum an Eisen mit auf die Welt, um ihn dann innerhalb einer gewissen Zeit zu einem, noch näher zu untersuchenden Zweck anderweitig abzugeben." Das Eisen findet sich in der Leber theils als Phosphat und theils — und zwar zum allergrössteu Theile — in den eisenhaltigen ProteinstofFen (St. Zaleski). Kupfer scheint ein physiologischer Bestandtheil zu sein. Fremde Metalle, wie Blei, Zink u. a., (auch Eisen) werden leicht von der Leber aufgenommen und lange Zeit in ihr zurückgehalten. In der Leber eines jungen, des plötzlichen Todes verstorbenen Mannes fand v. Bibra^) in 1000 Theilen: 762 Wasser und 238 feste Stoflfe, darunter 25 Fett, 152 Eiweiss, leimgebende und unlösliche Substanz nnd 61 Extraktivstoffe. Das Glykogen und die Glykogenbildung. Das Glykogen ist ein von Bernard und Hensen^) fast gleichzeitig entdecktes, den Stärkearten oder Dextrinen nahe verwandtes Kohlehydrat von ^'"''d°oT^° tler allgemeinen Formel C^U^^^O^, nach E. Külz und Bornträger ^'j vielleicht Glykogens. ß^Q^HjüGg) -j- H2O. Bei erwachsenen Thieren kommt es in grösster Menge in der Leber, in kleinerer Menge in den Muskeln vor (Bernard, Nasse'). Es 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. fe. 78. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. S. 439. 3) Maly's Jahresber. Bd. 20. S. 2G8. 4) Vergl. v. Gokcp-Besanez, Lehrb. d. physiol. Chem. 4. Aufl. 1878. S. 711. ö) Cl. Bernard, Compt. rend. Bd. 44. S. 578 und Mensen, Virchow's Arch. Bd. 11. S. 395. 6) Pflüger's Arch. Bd. 24. S. 19. V) Ebend. Bd. 2. S. 97. Das Glykogen. 185 findet sich übrigens in den allermeisten Geweben des Thierkörpers, wenn auch nur in geringen Mengen. Sein Vorkommen in lymphoiden Zellen, Blut und Eiter ist schon in dem vorigen Kapitel besprochen worden und es scheint ein regelmcässiger Bestandtheil aller entwickelungsfähigen thierischen Zellen zu sein. In den embryonalen Geweben ist es, wie Beknard und Kühne ^) zuerst gezeigt haben, reichlich vorhanden und es scheint überhaupt ein Bestandtheil solcher Gesvebe zu sein, in welchen eine lebhafte Zellneubildung und Zdlentwickelung stattfinden. So kommt es auch in rasch sich entwickelnden pathologischen Ge- schwülsten vor (Hoppe-Seyler 2). Einzelne Thiere, wie gewisse Muscheln, sind nach Bizio^) sehr reich an Glykogen. Auch im Pflanzenreiche, besonders in vielen Pilzen, ist das Glykogen gefunden worden. Die Menge des Glykogens in der Leber w^ie auch in den Muskeln hängt wescntlicli von der Nahrung ab. Beim Hungern schwindet es fast vollständig nach einiger Zeit, rascher bei kleineren als bei grösseren Thieren. Nach älteren Angaben soll es dabei früher aus den Muskeln als aus der Leber verschwinden. Nach neueren, von Aldehoff'^) an Hühnern, Tauben, Kaninchen, Katzen und Pferden gemachten Bestimmungen, welche von KÜLZ und Hergenhahn ^) u. A. nachgeprüft und bestätigt wurden, leistet dagegen das Muskelglykogen der Karenz einen grösseren Widerstand als das Leberglykogen. Nach Aufnahme von Nahrung, besonders wenn diese reich an Kohlehydraten ist, wird die Leber gehait der wiederum reich an Glykogen und die grösste Menge davon soll dieses Organ nach KüLZ*") im Allgemeinen 14 — 16 Stunden nach der Nahrungsaufnahme enthalten. Durch Versuche an Hühnern hat Hergenhahn gefunden, dass das Auftreten des Maximums an Glykogen in der Leber auch von der Menge des eingeführten Kohlehydrates abhängig ist. Das Maximum an Leberglykogen trat also nach Zufuhr von 10 gm Rohrzucker in der 12. und nach 30 gm in der 20. Stunde auf. Das Maximum des Muskelglykogens tritt dagegen unabhängig von der Grösse der Rohrzuckerzufuhr nach 20—24 Stunden auf. Der Gehalt der Leber an Glykogen kann nach Aufnahme von reichlichen Mengen Kohle- hydraten 120 — 160 p. m. betragen. Gewöhnlich ist er bedeutend niedi-iger, 12—30 bis 40 p. m. Der Glykogengehalt der Leber (wie auch der Muskeln) hängt jedoch auch von der Ruhe und der Arbeit ab, indem er nämlich während der Arbeit ab- 1) Yergl. KÜHNE, Lehrb. d. pliysiol. Chem. 1SG8. S. 307. 2) Pfligek's Arch. Ed. 7. S. 409. 3) Conipt. rend. Tome (>2. S. 675. (Cit. nach Henle und ilElSSNEK, Her. über die Fort- schritte der Anat. u. Physiol. 1866.) ■1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. S. 137. liier tiudeu sich an.-li /:ililr.l.li.' I iit, r;uur- angabeu. '>) Ebend. Bd. 27. S. 214. G) Pflügeu's Arch. Bd. 24. S. 1—114. Diese wiciitige Abhandlung enthält zahlreiche Angaben über die Littcratur der (ilykogenfrage. Achtes Kapitel. nimmt. Angestrengte Bewegung kann, wie KüLZ *) gezeigt hat, den Glykogen- gehalt der Leber in wenigen Standen (bei Hunden) auf ein Minimum reduziren. Wirkung der Das Muskelgljkogen nimmt hierbei weniger stark als das Leberglykogen ab. Bei Kaninchen gelang es indessen Külz durch geeignete Strychnin Vergiftung sowohl das Leber- wie das Muskelglykogen schon in 3 — 5 Stunden zum völligen Schwund zu bringen. Das Glykogen stellt ein amorphes, weisses, geschmack- und geruchloses Pulver dar. Mit Wasser giebt es eine opalisirende Lösung, die beim Verdunsten auf dem Wasserbade mit einer, nach dem Erkalten wieder verschwindenden Haut sich überzieht. Die Lösung ist dextrogyr, («) D = -[- 196,63 nach Huppert^). Die spez. Drehung wird jedoch von verschiedenen Forschern etwas verschieden angegeben. Von Jod wird die Lösung, besonders nach Zusatz von etwas NaCl, Eigen- weinroth gefärbt. Das Glykogen kann Kupferoxydhydrat in alkalischer Flüssig- Reaktionen. keit in Lösung halten, reduzirt dasselbe aber nicht. Eine Lösung von Glykogen in Wasser wird nicht von Quecksilberjodidjodkalium vuid Salzsäure, wohl aber von Alkohol (nöthigenfalls nach Zusatz von etwas NaCI) oder von ammoniakalischem Bleiessig getällt. Mit Benzoylchlorid und Natronlauge giebt es einen weissen körnigen Niederschlag von benzoylirtem Glykogen. Bei anhaltendem Sieden mit verdünnter Kalilauge wird das Glykogen nicht zersetzt, scheint aber ein wenig verändert zu werden (ViNTSCHGAU und Dietl^). Von diastatischen Enzymen wird das Glykogen, ie nach der Natur des Enzymes, in Maltose oder Glukose übergeführt. Verdünnte Mineralsäuren führen es in Glukose über. Die Reindarstellung des Glykogens (am einfachsten aus der Leber) ge- schieht gewöhnlich nach der von Brücke angegebenen Methode, deren Haupt- züge die folgenden sind. Unmittelbar nach dem Tode des Thieres wird die Leber in siedendes Wasser geworfen, fein zertheilt und mehrmals mit neuem Wasser ausgekocht. Die filtrirten Extrakte werden genügend stark konzentrirt, jjgijj^j^^gtgi. abgekühlt und durch abwechselnden Zusatz von Quecksilberjodidjodkalium und iiuifc des Salzsäure von Eiweir-s befreit. Aus der abfiltrirten Flüssigkeit wird das Gly- y ogens. j^^^^j^ durch Zusatz von Alkohol, bis das Gemenge 60 Vol. Prozent davon enthält, gefällt. Das Glykogen wird auf dem Filtrum erst mit 60°/oigem und dann mit 95"/oigem Alkohol ausgewaschen, mit Aether behandelt und über Schwefelsäure getrocknet. Es ist hierbei stets von Mineralstoßen verunreinigt. Um aus der Leber und besonders aus Muskeln und anderen Gewel)en sämmt- liches Glykogen extrahiren zu können — was besonders bei quantitativen Be- stimmungen nothwendig ist — muss man erst einige Stunden mit verdünnter Kalilauge, etwa 4 g KOH auf je 100 g Organ und 400 gm Wasser, kochen. Die quantitative Bestimmung geschieht am besten nach der nun beschrie- benen ßuücKE-KÜLz'schen^) Methode. Hierbei ist zu beachten, dass ein Er- liitzen mit Kalilauge nothwendig ist, und zwar bei Verarbeitung: von der Leber 1) PflüGER's Arch. Bd. 24 und Beiträge zur Kenntniss des Glykogens. Fe.stschrift, C. Ludwig gewidmet. Marburg 1891. '^) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. 3) PflüGER's Arch. Bd. 13. S. 253. 4) Vergl. E. KÜLZ, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. S. 161. Das Glykogen. 187 während 2 — 3, bei Muskeln 4 — 8 Stunden. Die Flüssigkeit darf nicht stärker konzentrirt werden als bis sie höchstens etwa 2"lo Kalihydrat enthält. Man neutralisirt mit Salzsäure und fällt wie oben abwechselnd mit Salzsäure und Quecksilberjodidjodkalium. Den Niederschlag muss man wenigstens 4 Mal vom Filter nehmen, mit Wasser unter Zusatz von einigen Tropfen Salzsäure und Kaliumquecksilberjodid zum Brei anrühren und abfiltriren, um alles Glykogen *^°B"g\'^'7® in den Filtraten zu erhalten. Man fällt darauf mit dem doppelten Volumen mong. Alkohol, filtrirt nach 12 Stunden, löst den Niederschlag in wenig warmem Wasser, versetzt nach dem Erkalten mit Salzsäure und Kaliumquecksilberjodid, filtrirt und fällt von Neuem mit Alkohol. Zuletzt wäscht man auf dem Filtrum mit Alkohol und Aether genau, trocknet, wägt und verbrennt, um die Menge etwa vorhandener Mineralstoffe zu bestimmen. Bisweilen ereignet es sich, dass die Flüssigkeit nach vollständiger Aus- fällung des Eiweisses mit Salzsäure und Kaliumquecksilberjodid trübe und un- filtrirbar ist. In diesem Falle setzt man nach PFL(.ifJER's ^) V^orschrift 2 — 2\'2 Vol. Pflfijrer's 95 "/o igen Alkohols hinzu. Nachdem die Flüssigkeit sich geklärt und der Nieder- ^®^'*'*f^"- schlag sich abgesetzt hat, wii'd filtrirt. Den Niederschlag löst man in 2"/oiger Kalilauge und fällt von Neuem mit Salzsäure und Kaliumquecksilberjodid. Darauf verfährt man wie oben. Die von Fränkel^) angegebene neue Methode, nach welcher das Glykogen aus den Geweben mit einer 3 — 4°/oigen wässerigen Lösung von Trichloressig- säure extrahirt wird, scheint nach Weidexbaum^) nicht zuverlässig zu sein. Die Frage nach dem Ursprünge des Glykogens im Thierkörper ist Gegen- stand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Durch die einstimmigen Beobacht- ungen zahlreicher Forscher^) ist es sicher festgestellt worden, dass unter allen bisher untersuchten Stofi*en in erster Linie die Zuckerarten und deren An- „, , Glykogen- hydride, Dextrine und Stärke, die Fähigkeit haben, den Glykogengehalt biWang. des Körpers zu vermehren. Ueber die Wirkung der Pentosen sind dagegen die Angaben etwas streitig. Cremer^) fand, dass verschiedene Pentosen, wie Rham- nose, Xylose und Arabinose bei Kaninchen und Hühnern die Glykogenbildung positiv beeinflussen und zu ähnlichen Resultaten kam Salkowski*') bei Fütter- ungsversuchen mit Arabinose bei Kaninchen und einem Huhn. Frextzel^) da- gegen hat bei durch Strychnineinwirkung sicher glykogenfrei gemachten Kaninchen bei Verfütterung von Xylose keine Glykogenbildung nachweisen köinien. Die Hexosen und die von ihnen hergeleiteten Kohlehydrate besitzen indessen nicht alle die Fähigkeit einer Glykogenbildung oder Glykogenanhäufnng in gleich 1) Pfiäger's Areh. Bild. 53 u. 55. 2) Ebend. Bdd. 52 u. 55. 3) Ebend. Bdd. 54 und 55. 4) Bezüglich der umfangreichen Litteratur über diesen Gegenstand können auf die Ar- beiten von E. KÜLZ, PflÜgkk's Arch. Bd. 24 und Lrowir.-Festschrift 1891; WOLFKBEBG, Zeitsclir. f. Biologie. Bd. 12 und C. VoiT, ebend. Bd. 28. S. 245 verwiesen werden. y) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 20. i!) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1893. Nr. 11. V) PflÜgkk's Anb. Bd. 50. 188 Achtes Kapitel. hohem Grade. So hat nach C. VoiT-^) und seinen Schülern der Traubenzucker eine kräftigere Wirkung als der Rohrzucker, während der Milchzucker unver- hältnissmässig schwächer (bei Kaninchen und Hühnern) als Dextrose, Lävulose, Rohrzucker oder Maltose wirkt. Zu den Stoffen, welche, in den Körper ein- geführt, den Glykogengehalt der Leber vermehren können, sind ferner zu rechnen: Glycerin, Leim, Arbutin und endlich nach den Untersuchungen von KÜLZ^): Erythrit, Quercit, Dulcit, Mannit, Inosit, Aethylen- und Propylengl y k ol, Glykuronsäurean hy drid, Zucker säure, Schleim- säure, weinsaures Natrium, Saccharin, Isosaccharin und Harn- stoff. Auch Ammoniumkarbonat, Gly kokoll und Aspa ragin können nach RöHMANN^) einen vermehrten Glykogengehalt der Leber hervorrufen. Nach Nebelthau^) können auch andere Ammoniaksalze und einige Ami de, ferner gewisse Narcotica, Hypnotica und Antipyretica eine Vermehrung des Glykogengehaltes in der Leber bewirken. Für die Antipyretica (besonders das Antipyrin) ist dasselbe schon früher von Lepine und Porteret ^) gezeigt worden. Das Fett soll, trotz der obengenannten Wirkung des Glycerins, nach den Angaben der meisten Forscher auf den Glykogengehalt der Leber nicht ein- wirken. Bezüglich der Wirkung des Eiweisses gingen die Ansichten früher etwas auseinander. Aus mehreren Beobachtungen scheint jedoch unzweifelhaft hervorzugehen, dass auch das Eiweiss eine Vermehrung des Leberglykogens be- ^oTvktn'en"'^ ^^ '^'^^"^ kann. Zu diesen Beobachtungen sind zu rechnen einige Fütteruugs- biiduDg. versuche mit ausgekochtem Fleisch (Naunyn) oder Blutfibrin (v. Mering) und besonders die sehr sorgfältigen Fütterungsversuche von E. KüLZ^) an Hühnern mit reinen Eiweisskörpern, wie Kasein, Serumalbumin und Eialbumin. Wolff- berg') hat auch gezeigt, dass man durch Fütterung mit Eiweiss und Kohle- hydraten in passenden Mengenverhältnissen eine reichlichere Glykogenanhäufung als durch eine einseitige kohlehydratreiche Nahrung mit nur wenig Eiweiss erreichen kann. Fragt man demnächst, in welcher Weise diese verschiedenartigen Stoffe bei der Glykogenanhäufung in der Leber wirksam sind, so hat man sich zu- nächst zu erinnern , dass in der Leber sowohl eine Neubildung von Glykogen wie auch ein Verbrauch von solchem stattfindet^). Eine Anhäufung von Gly- kogen kann also durch eine vermehrte Glykogenbildung aber auch durch einen herabgesetzten Glykogenverbrauch oder durch Beides zu Stande kommen. 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. 2) E. KÜLZ, Festschrift 1891. 3) Pflüger's Arch. Bd. 39. 4) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. S. 138. 5) Compt. rend. Tome 106. S. 1023. 6) Citirte Festschrift. Hier linden sich auch vollständige Litteraturangaben hinsichtlich der Glykogenbildung aus Eiweiss. 1) Zeitschr. f. Biologie., Bd. 16. S. 266. 8) Vergl. WOLFFBERG. 1. C. Die Glykogenbildung IR'J AVie alle die obengenannten, verschiedenen StoHc m dieser Hinsiciit wirlveii, wissen wir noch niciit. Einige üben anscheinend eine lienimende Wirkung auf die Umsetzung des Glykogens in der Leber aus, während andere vielleicht als leichter verbrennlich das Glykogen vor der Verbrennung schützt-n. Einige regen vielleicht die Leberzellen zu einer lebhafteren Glykoirenbildunir an. während G'ykogfln- ■' " o > bil'lang. andere das Material liefern, aus dem das Glykogen gebildet wird und also Ghjhocjenhildner im eigentlichen Sinne des Wortes sind. Für die Frage nach dem Ursprünge des Glykogens im Thierkörper ist gerade die Kenntniss dieser letztgenannten Stoffe von der allergrössten Bedeutung und das Hauptinteresse knüpft sich hierbei an die Frage, ob und in welchem Umfange die zwei Haupt- gruppen von Nährstoffen, die Eiweisskörper und die Kohlehydrate Glykogen- bildner sind. Die grosse Bedeutung der Kohlehydrate für die Glykogenbildung hat zu der Ansicht geführt, dass das Glykogen in der Leber durch eine Synthese mit Wasseraustritt, also durch eine Anhydridbildung, aus anderen Kohlehydraten (Zucker) entstehe (LucHSiNGER u. A.). Gegen diese Theorie (die Änlujdrid- theorie) ist jedoch eingewendet worden, dass sie weder die Entstehung des Gly- kogens aus so verschiedenen Stoffen wie Eiweiss, Kohlehydraten, Leim u. a. erklärt, noch den Umstand, dass das Glykogen, unabhängig von den Eigen- schaften der eingeführten Kohlehydrate, ob sie rechts- oder liuksdrehend sind, stets dasselbe ist. Viele Forscher waren deshalb auch früher der Ansicht, dass alles Glykogen aus Eiweiss entstehe und dass dieses dabei in einen stickstoff- haltigen und einen stickstofffreien Antheil sich spalte, welch' letzterer zu Glv- kogen werden sollte. Die Kohlehydrate sollten nach dieser Ansicht nur in der Weise wirksam sein', dass sie das Eiweiss und das aus ihm entstandene Gly- kogen sparten {Erspamisstheorie von Weiss, Wolffberg u. A.'). Dieser letzteren Ansicht gegenüber haben indessen E. V-'oiT^) durch Fütter- ungsversuche mit stickstoffarmem Reis und C. VoiT^) und seine Schüler durch Versuche mit Dextrose, Lävulose, Maltose und Rohrzucker gezeigt, dass nach Aufnahme von grossen Kohlehydratmengen die im Körper aufgespeicherte Gly- kogenmenge bisweilen so gross ist, dass sie lange nicht durch das in der gleichen Zeit zersetzte Eiweiss gedeckt werden kann. In diesen Fällen muss man also b^i'aQ,?|^aus eine Glykogenbildung aus einer Zuckerart annehmen. Die Untersuchungen von bydrattn. C. VoiT sprechen ferner dafür, dass die Dextrose direkt, die Lävulose entweder direkt oder nach vorheriger Umwandlung zu Dextrose, in der Leber in Gly- kogen übergeht. Die Maltose und der Rohrzucker müssen dagegen wahrscheinlich erst im Darmkanale in Dextrose, bezw. Invertzucker umgesetzt werden. Auch Milchzucker und Galaktose scheinen nach Kaiscii und SociN"*) entgegen den 1) Vergl. hinsichtlich dieser zwei Theorien besonders WOLFFBEKG 1. c. -\) Zeitschr. f. Bioh)gic. Bd. 25. S. 543. H) Ebeud. Bd. 2S. •t) Arch. f. exp. Path. u. rharin. Bd. .*J1. 190 Achtes Kapitel. Beobachtungen Voix's direkte GlykogenbiWner zu sein, wenn nur die Resorption derselben aus dem Darme eine genügend reichliche ist. Dass auch die Verfütterung von reinem Eiweiss zu einer Aufspeicherung von Glykogen führen kann, ist unzweifelhaft, und gegenwärtig dürfte man wohl allgemein der Ansicht sein, dass das Glykogen sowohl aus Eiweiss wie aus Kohlehydrate entstehen kann. In welcher Weise die Glykogenbildung aus Eiweiss zu Stande kommt, weiss man nicht. Die von einigen Forschern vertretene Ansicht, dass aus ge- bnd^n?"an's nuinen Eiweissstoffen Kohlehydrate direkt abgespalten werden, ist nicht genügend Eiwciss. jjegi-üj^fjet^ und Diaii sucht deshalb oft die Glykogenbildung nach der Pflüger- schen Ansicht^) zu erklären. Xach dieser Ansicht würde nämlich das Glykogen durch eine mit tiefgreifenden Spaltungen des Eiweisses verknüpfte Synthese entstehen. Wie die Kohlehydrate im Allgemeinen, so hat auch das Glykogen ohne Zweifel eine grosse Bedeutung für die Wärmebildung oder die Krafteutwickelung überhaupt im Thierkörper. Ebenso dürfte die Möglichkeit einer Fettbildung aus dem Glykogen nicht in Abrede zu stellen sein. Das Glykogen betrachtet man auch allgemein als einen in der Leber aufgespeicherten ReservenährstofF, der in den Leberzellen gebildet wird. Woher stammt nun aber das in anderen UrsijmnR Organen, wie in den Äluskeln vorkomtneude Glykogen? Wird das Muskel- gc-ns iii an- glykogen an Ort und Stelle gebildet oder wird es den Muskeln mit dem Blute Organen, zugeführt? Diese Fragen können noch nicht sicher beantwoitet werden und die von verschiedenen Forschern 2) über diesen Gegenstand ausgeführten Unter- suchungen haben zu widersprechenden Resultaten geführt. Auch die letzten Ver- suche von KÜLZ^), in denen er die Glykogenbildung an mit rohrzuckerhaltigem Blute künstlich durchbluteten Muskeln studirte, führten zu keinem entscheidenden Resultate. Wenn man in Erwägung zieht, dass in Blut und Lymphe ein diastatisches P^nzym vorkommt, welches Glykogen in Zucker überführt, und ferner, dass das Glykogen regelmässig nicht in den Säften gelöst, sondern in den Formelementen eingelagert vorkommt, so dürfte es indessen wohl wahrscheinlich sein, dass das Glykogen nicht in dem Blute gelöst den Organen zugeführt wird, sondern viel- mehr, insoferne als nicht die Leukocyten den Trausport desselben besorgen, an Ort und Stelle aus dem Zucker entsteht. Die Glykogenbildung scheint nämlich eine allgemeine Funktion der Zellen zu sein, wenn auch beim Erwachsenen die Leber dasjenige zellreiche Organ ist, dem in erster Linie in Folge seiner anatomischen Lage die Aufgabe zukommt, grössere Mengen von Zucker in Glykogen umzuwandeln. 1) Pflüger's Arch. Bd. 42. 2) Vergl. Minkowski und Laves, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 23. 3) Zeitachr. f. Biologie. Bd. 27. ZuckerbJIdung in der Leber. 191 Es fragt sich nun demnächst, ob man irgend einen Grund für die An- nahme hat, dass das Leberglykogen in Zucker umgesetzt wird. In einer todten Leber setzt sich, wie zuerst Berxard und nach ihm mehrere Forscher gezeigt haben, das Glykogen allmäldich in Zucker um, und diese Zuckcrbildung wird, wie Bernard vermuthete und Artiils und IIlher^) neuerdings zeigten, durch ein diastatis.ches Enzym vermittelt. Diese postmortale Zuckerbildung führte Berxard zu der Annahme von einer Zuckerbildung aus Glykogen in der Leber auch im Leben. Als Umstünde, welche einer solchen Ansicht das Wort reden, führte Bernard ^l folgende an: die Leber enthält unter j^"*^''?'*'''' ' " dan^ in der physiologischen Verhältnissen stets etwas Zucker und das Lebervenenblut ist Leber, stets etwas reicher an Zucker als das Pfortaderblut. Die Richtigkeit dieser zwei Angaben ist indessen von mehreren Forschern bestritten worden. Pavy, Ritter, Schiff, Eulenburg, Lussana, Abeles u. A. läugneten das Vorkommen von Zucker in der Leber im Leben, und auch der grössere Gehalt des Leber- venenblutes an Zucker wurde von denselben und einigen anderen Forschern in Abrede gestellt. Einige Forscher gaben zwar zu, dass ein grösserer Zuckergehalt im Lebervenenblute unter Umständen vorkommen kann, sie betrachteten ihn aber in diesen Fällen als eine Folge des operativen Eingriffes. Die Lehre von einer physiologischen Zuckerbildung in der Leber hat in Seegex einen energischen Vertheidiger erhalten. Seegex^) behauptet auf Grund zahlreicher Experimente, dass die Leber regelmässig Zucker in nicht unbe- deutender Menge enthält. In der durch arterielles Blut überlebend erhaltenen Leber des Hundes hat er ferner ein Ansteigen des Zuckergehaltes bis auf 3° o beobachtet, und endlich hat er auch in einer sehr grossen Anzahl von Ver- suchen an Hunden gefunden, dass das Blut der Lebervenen stets mehr, sogar doppelt so viel Zucker wie das in die Leber einströmende Pfortaderblut enthält. Wenn Seegex also für die BERXARD'sche Lehre von einer vitalen Zucker- bildung in der Leber energisch eintritt, so Aveicht er jedoch darin wesentlich von Berxard ab, dass er den gebildeten Zucker nicht aus Glykogen entstehen Zackerbii- . o dnng aas lässt. Nach Seegex soll nämlich der Zucker aus Pepton und Fett «rebildet i'epton nnd fett- werden. Diejenigen Beobachtungen, auf welchen er diese Ansicht begründet hat, scheinen indessen nach den von vielen Forschern unternommenen Nach- prüfungen kaum richtig zu sein*). Auch die Angabe Lepixe's"'') von dem Vor- kommen eines Pepton in Zucker umwandelnden Enzyms im Blute konnte (von BiAL nicht bestätigt werden. Seegen's Untersach- nneon. 1) Arch. de physiol. (5.) Bd. 4. ■-) Bezüglich der Littcratur über Zuckerbildung iu der Leber vergl. man Berxard, Lecons sur le diab&te. Deutsch von PosxER. 1878. Seegen, Die Zuckerbildung im Thier- kürper. Berlin 1890. M. Bial, Pfi.üger's Arch. Bd. 55. S. 434. •^) Vergl. Seegen, Die Zuckerbildung im Thierkörper. 4) Eine Zusammenstellung dieser Nachprüfungen findet man bei Biai- in PflÜGER's Arch. Bd. 55. 5) Compt. rend. Tome 115 u. IKJ. 192 Achtes Kapitel. Für eine vitale Zuckerbild ung in der Leber spricht der Umstand, dass der Blutzucker, wenn man die Leber aus dem Kreislaufe ausschaltet, rasch auf 1/2 — 1/3 seiner ursprünglichen Menge sinkt oder sogar verschwinden kann (Seegen, Bock und Hoffmann*). Bei Gänsen, denen die Lebern aus dem Kreis- laufe ausgeschaltet waren, fand sich schon nach einigen Stunden -kein Zucker im Blute mehr (Minkowski^). Wir werden unten auch gewisse Gifte und Vitale onerative EinerifFe kennen lernen, die eine reichliche Zuckerausscheidung be- Zuckerbil- 1 c> ^ ^ " ^ düng in der ^yij-jjgj^ können, die aber eine solche nur in dem Falle hervorrufen, dass die Leber. Leber glykogenhaltig ist. Erinnert man sich endlich, dass nach Röhmann und BiAL^) sowohl das Blut wie die Lymphe ein diastatisches Enzym enthält, so sprechen also mehrere Gründe für die Ansicht Bernard's, dass die portmortale Zuckerbildung aus Glykogen in der Leber die Fortsetzung eines vitalen Vor- ganges sei. Während man darüber einig ist, dass die portmortale Zuckerbildung durch ein diastatisches Enzym zu Stande kommt, sind aber mehrere Forscher, wie Dastre und Noel-Paton*), der Ansicht, dass die Zuckerbilduug im Leben nicht durch -ein Enzym, sondern durch die vitalen Prozesse des Zellprotoplasmas bewirkt wird. An die nun abgehandelte Frage knüpft sich eine andere an, nämlich die, in welcher Beziehung die unter verschiedenen Verhältnissen, wie beim Diabetes mellitus, bei gewissen Vergiftungen, Läsioneu des Nervensystemes u. s. w., auf- tretende Zuckerausscheidung mit dem Harne zu dem Leberglykogen steht, eiykosuri c gg entspricht weder dem Plane noch dem Umfange dieses Buches auf Diabetes, ^[q verschiedenen Ansichten über Glykosurie und Diabetes hier des näheren einzugehen. Das Auftreten von Traubenzucker im Harne ist nämlich ein Symptom, welches bei verschiedenen Gelegenheiten wesentlich verschiedene Ur- sachen haben kann. Es können hier nur einige der wichtigeren Gesichtspunkte ganz kurz besprochen werden. Das Blut enthält stets etwas Zucker, als Mittel 1,5 p. m., während der Harn höchstens Spuren von Zucker enthält. Wenn aber der Zuckergehalt des Zucker im ^ _ _ '^ _ Blute und Blutcs auf 3 p. m. oder darüber steigt, so geht Zucker in den Harn über. Die Harne. '^ ^ .... Nieren haben also bis zu einem gewissen Grade die Fähigkeit, den Uebergang des Blutzuckers in den Harn zu verhindern; und hieraus folgt also, dass eine Zuckerausscheidung durch den Harn ihre Ursache theils darin haben kann, dass die obige Fähigkeit der Nieren herabgesetzt, bezw. aufgehoben ist, und theils darin, dass der Zuckergehalt des Blutes abnorm vermehrt wird. Das erste scheint nach v. Mering und Minkow.^ki bei dem sogenannten Phlorhizindiabetes '") der Fall zu sein. v. Mering hat gefunden, dass bei Menschen 1) Vergl. Seegen. 1. c. S. 182—184. 2) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 21. 3) Vergl. S. 109 u. 158 dieses Buches. 4) Vergl. NOel-Paton, On hejjatic Glycogenesis. Philos. Trans, of the Roy. Soc. London. Vol. 185. B. 1894. 5) Bezüglich der Litteratur über Phlorhizindiabetes vergl. man : v. Mering, Zeitschr Hyperglykämie und Glykosurie. 193 und Thieren nach Verabreichung von dem Glukoside Phlorhiziu eine starke Glykosurie auftritt, und dabei ist der Zuckergehalt des Blutes nicht vermehrt, Phiorhizin- diabetos. sondern eher etwas herabgesetzt. Bei dieser Form von Diabetes soll es also nach MixivOAVSKi um abnorme Vorgänge in den Nieren sich handeln. Alle andere Formen von Glykosurie oder Diabetes rühren dagegen , soweit be- kannt, von einem vermehrten Zuckergehalte des Blutes, von einer Hyper- glykämie, her. Eine Hyperglykämie kann aber ihrerseits auf verschiedene Weise zu Stande kommen. Sie kann also z. B. daher rühren, dass dem Körper von aussen mehr Zucker zugeführt wird als er zu bewältigen vermag. Die Fähigkeit des Thierkörpers, die verschiedenen Zuckerarten zu assimiliren, Alimentär© (ilykosDrie. ist selbstverständlich keine unbegrenzte. Wenn man auf einmal eine so grosse Menge Zucker in den Darmkanal einführt, dass man die sogen. Assimilations- grenze (vergl. Kap. 9 über die Resorption) überschreitet, so geht der im Ueber- schuss resorbirte Zucker in den Harn über. Man bezeichnet diese Form von Glykosurie als alimentäre^) und sie rührt daher, dass auf einmal mehr Zucker in das Blut hineingelangt als die Leber und die anderen Organe be- wältigen können. Wie die Leber bei der alimentären Glykosurie all den ihr zugeführten Zucker nicht in Glykogen umzuwandeln vermag, so lässt es sich auch denken, insafüzienz diiss sogar bei einer massigen, von einem Gesunden leicht zu bewältigenden Kohlehydratzufuhr, eine Glykosurie dadurch zu Stande kommen könne, dass die Fähigkeit der Leber, den Zucker in Glykogen umzusetzen, krankhaft ver- ändert und herabgesetzt sei. In wie weit es solche Formen von Glykosurie giebt, ist schwer zu sagen; nach Seegen aber würde die leichtere Form von Diabetes hierher zu rechnen sein. Man unterscheidet bekanntlich leichte und schwere Formen von Diabetes. In jenen enthält der Harn Zucker nur in dem Falle, dass Kohlehydrate in i.ojehto und der Nahrung vorkommen; in diesen dagegen ist der Harn auch bei ganz kohle- Käiie^von hydratfreier Nahrung zuckerhaltig. Nach der Ansicht von Seegex^) soll nun die Leber in den leichteren Formen von Diabetes unfähig sein, die eingeführten Kohlehydrate in Glykogen umzuwandeln oder das letztere in normaler Weise zu verwerthen, und die Leistungsfähigkeit der Leberzelleu soll also in diesen Fällen herabgesetzt oder verändert sein. Diese Ansicht ist indessen wohl kaum als hinreichend begründet anzusehen. Eine Hyperglykämie, welche zu einer Glykosurie führt, kann auch da- Diabetes. f. kliii. Med. Bdd. 14 u. 16. Minkowski, Berl. klin. Wochenschrift. 1892. Nr. 5 und Areh. f. exp. Path. u. rhann. Bd. 31. MORITZ und Praisnitz, Zeitschr. f. Biologie. Bdd. 27 u. 29. KvLZ und Wright, ebend. Bd. 27. S. 181. Cremer und Ritter, ebend. Bdd. 28 u. 29. 1) Vergl. Moritz, Arch. f. klin. Med. Bd. 46. 1890, wo auch die frühen« Litieratur sich findet. '") Die Zuckerbilduug etc. Vorlesung. 15. Hanimarsten, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 13 194 Achtes Kapitel. durch zu Stande kommen, dass innerhalb des Thierkörpers eine übermässige Zuckerbildung auf Kosten des Glykogens stattfindet. Zu dieser Gruppe von Glykosurien gehört die Glykosurie nach dem sogen. Zuckerstiche und wahrscheinlich auch diejenige Glykosurie, welche nach anderen Gl kosurie Verletzungen des Nervensystemes auftritt. Hierher gehört auch die Glykosurie ^^ehrtir' "äc^ Vergiftungen mit Kohlenoxyd, Curare, Strychnin, Morphin u. a. Dass ^'n^sjft?"' "^ diesen Fällen die Glykosurie von einer gesteigerten Umsetzung des Glykogens herrührt, geht dai'aus hervor, dass die genannten Eingriffe keine Glykosurie hervorrufen, wenn die Leber vorher durch Hungern oder in anderer Weise glykogenfrei gemacht worden ist^). Eine Hyperglykämie mit Glykosurie kann aber endlich auch dadurch zu Stande kommen, dass die Fähigkeit des Thierkörpers den Zucker zu verbrennen oder zu zerstören herabgesetzt ist. Auch in diesem Falle muss der Zucker im Blute sich anhäufen können, und durch einen solchen Vorgang erklärt man nunmehr allgemein die Entstehung der Zuckerharnruhr oder des Diabetes mellitus. Die Unfähigkeit des Diabetikers, den Zucker zu zerstören oder zu ver- arbeiten, scheint indessen nicht an eine verminderte Oxydationsenergie der Zellen gebunden zu sein, denn die beiden Zuckerarten, die Dextrose und Lävulose, welche beide etwa gleich leicht oxydirt werden, verhalten sich im Körper des Diabetikers verschieden. Die Lävulose wird nämlich nach KüLZ ^) und anderen Forschern im Gegensatz zu der Dextrose zum grossen Theil im Organismus verwerthet, und bei Thieren mit Pankreasdiabetes (vergl. unten) kann sie nach Minkowski^) sogar eine Glykogenablagerung in der Leber bewirken. Bei dem Diabetes ist es also die Fähigkeit der Zellen besonders den Traubenzucker zu verarbeiten, welche Noth leidet, und die Schwächung dieser Fähigkeit scheint in irgend einer Weise von der Pankreasdrüse abhängig zu sein. Die Unter- suchungen von Minkowski und v. Merixg, Domenicis und später auch von anderen Forschern^) haben nämlich gezeigt, dass man bei mehreren Thieren und besonders beim Hunde durch totale Pankreasexstirpation einen wahren Diabetes der schwersten Art hervorrufen kann. Wie beim Menschen in den schwersten Formen des Diabetes, so findet auch bei Hunden mit Pankreas- diabetes eine reichliche Zuckerausscheidung auch bei vollständigem Ausschluss der Kohlehydrate aus der Nahrung statt, und die Zuckerbildung geschieht in Diabetes mellitus. t) Vergl. Dock in Pflüger's Arch. Bd. 5. Bock und Hoffmann, Experimental- studien über Diabetes. Berlin 1874. Cl. Berxard, Le^-ons sur le diaböte. Deutsch von POSNRR, Vorlesungen. 15 und IG. T. Araki, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. S. 351 und folg. 2) Beiträge zur Pathologie und Therapie des Diabetes mellitus. Marburg 1874. Bd. 1. 3) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 31. 4) Vergl. O. Minkowski, Untersuchungen über Diabetes mellitus nach Exstirpation des Pankreas, Leipzig 1893 und das Kapitel über Diabetes in VON Noordens, Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels. Berlin 1893, wo man ein sehr reichhaltiges Litteraturverzeichuiss findet. Hinsichtlich des Diabetes vergl. man übrigens: Cl. Beknakd, Le^ons sur le diabcte. Deutsch von Posner und : Seegen, Die Zuckerbildung im Thierkörper. Berlin 1890. Galle und Gallenabsonderang. 195 diesen Fällen auf Kosten der Proteinsubstanzen. Beim Menschen scheint bei dem Diabetes -die Fähigkeit der Zuckerzerstörung nie ganz aufgehoben zu sein; bei Hunden mit Pankreasdiabetes haben aber Minkowski und v. Merixg wie auch Hedox') wenigstens in einzelneu Fällen nachweisen können, dass die gesammte mit der Nahrung eingeführte Zuckermenge in den Harn übergegangen war. Der künstliche Pankreasdiabetes kann übrigens auch in anderer Beziehung ganz das Bild des Diabetes beim Menschen zeigen, und während man früher dfabeu;^ allgemein die Ursache des Diabetes in der Leber suchte, hat man in der letzten Zeit immer mehr die Aufmerksamkeit auf die Pankreasdrüse gerichtet. Welcher Art die Beziehung des Pankreas zu dem Diabetes ist, kennen wir noch nicht. In einem folgenden Kapitel (Kap. 9) werden wir aber zu dieser Frage zurück- kommen. Die Galle und die Gallenbereitung. Durch das Anlegen von Gallenfisteln, eine Operation, welche zuerst von Schwann 2) im Jahre 1844 ausgeführt wurde und welche in der letzten Zeit besonders von Dastre^) vervollkommnet worden ist, wird es möglich die Ab- sonderung der Galle zu studiren. Diese Absonderung geht kontinuirlich aber ... . Gallonab- mit wechselnder Intensität vor sich. Sie findet unter einem sehr geringen Drucke sondcrnog. statt, weshalb auch ein anscheinend sehr geringfügiges Hinderniss für den Ab- fluss der Galle — ein Schleimpfropf in dem Ausführungsgange oder die Ab- sonderung einer reichlichen Menge dickflüssiger Galle — eine Stagnation und Resorption der Galle durch die Ljmphgefässe (Resorptionsikterus) herbei- führen kann. Die Menge der im Laufe von 24 Stunden abgesonderten Galle lässt sich nunmehr bei Hunden genau bestimmen. Diese Menge scheint bei verschiedenen Individuen ungemein schwankend zu sein, und als Grenzwerthe hat man bisher 2,9 — 36,4 g Galle pro Kilo Thier und 24 Stunden beobachtet*). Die Angaben über die Grösse der Gallenabsonderung beim Menschen sind spärlich und unsicher. Ranke ^) fand (nach einer nicht ganz einwurfsfreien Grösse der Bestimraungsmethode) eine Absonderung von 14 g Galle mit 0,44 g festen absonder- StofTen pro Kilo und 24 Stunden. Nüel-Paton^) beobachtete eine 51 Jahre ""^' alte Frau mit Gallenfistel während 23 Tajie und fand als ^Mittel 638 ccni mit 1) Arch. de Physiol. (5.) Bd. 5. 2) Arch. f. Anat. und Physiol. 1844. 3) Arch. de Physiol. Bd. 22. 4) Hinsichtlich der Grösse der Gallenabsonderung bei Thieron vcrgl. man: llKinK.NHAix, Die Gallenabsonderung in Hkkmann's Handbuch der Physiologie. Bil. 5 und Stadei.maxn» Der Icterus und seine verschiedenen Formen. Stuttgart 1891. 5) Die Blutvertheiluug und der Thätigkeitswechsel der Orgaue. Leipzig 1871. P) Eep. Lab. Roy. Coli. Phys. Eilinb. Bd. 3. 13* 196 Achtes Kapitel. 8,S78 g festen Stoffen jiro 24 Stunden. Mayo-Rob^^ox^), dessen Beobachtungen an einer 42jährigen Frau mit Gallenfistel über 15 Monate sich erstreckten, fand als Mittel eine 24 stündige Gallenmenge von 862 ccm. Verf.^) fand als Maxiraum bei einem Manne 650 und bei einer Frau 950 ccm. Derartige Bestimmungen sind indessen von zweifelhaftem Werth, weil es aus der Zusammensetzung der aufgesammelten Galle in den meisten Fällen deutlich hervorgeht, dass es nicht um die Absonderung einer normalen Lebergalle sich gehandelt hat. Die Grösse der Gallenabsonderung ist übrigens, was besonders Stadel- mann ^) hervorgehoben hat, selbst unter physiologischen Verhältnissen so grossen Schwankungen unterworfen, dass das Studium derjenigen Umstände, welche dieselbe beeinflussen, sehr schwer und unsicher wird. Hieraus erklären sich wohl auch die oft ganz widersprechenden Angaben verschiedener Forscher. Beim Hungern nimmt die Absonderung ab. Nach LuKJA^■o^v*) und Al- BERTOXi^) sinkt hierbei die absolute Menge der festen Stoffe, während deren relative Menge ansteigt. Nach der Nahrungsaufnahme steigt die Absonderung Wirkung der Avieder an. Hinsichtlich des Zeitpunktes nach der Nahrungsaufnahme, in welchem ^ufoXme' das Maximum der Absonderung auftritt, gehen die Angaben sehr auseinander. Nach einer genauen Durchsicht und Zusammenstellung aller vorhandenen An- gaben ist Heidenhaix •*) indessen zu dem Schlüsse gekommen, dass bei Hunden die Kurve der Absonderungsgeschwindigkeit zwei Maxiraa zeigt, das erste um die 3. bis 5., das zweite um die 13. bis 15. Stunde nach der Nahrungsaufnahme. Nach älteren Angaben ruft unter den verschiedenen Nährstoffen vor Allem das Eiweiss eine vermehrte Gallenabsonderuug hervor, während die Kohlehydrate die Absonderung herabsetzen oder jedenfalls viel weniger als das Eiweiss an- regen sollen. Sicher ist es jedenfalls, dass bei anhaltender überreicher Fleisch- ^schiedener' diät eine Steigerung der Gallenabsonderung stattfindet. Hinsichtlich der Wirkung Nahrung. ^^^ Fettes ist man lange nicht einig. Während mehrere ältere Forscher keine Steigerung der Gallenabsonderung, sondern eher das Gegentheil nach Fett- fütterung beobachteten, hat in neuerer Zeit Rosexberg'') zu zeigen versucht, dass die Fette einen mächtigeren Reiz für die Absonderung der Galle abgeben als ' die anderen Nährstoffe und dass das Olivenöl ein starkes Cholagogum sei. Diese Angabe scheint indessen nach den Untersuchungen von Maxdelstamm ^) nicht genügend begründet zu sein. 1) Proc. Roy. Soc. Bd. 47. 2) Nova Acta Reg. Soc. Scient. Upsal. Ser. 3. Vol. 16. 1893. 3) Der Icterus. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16. 5) Recherches sur la s§cretJon biliaire. Turin 1893. 6) Hermann's Handb. Bd. 5, und Stadelmann, der Icterus. 7) Pflüger's Arch. Bd. 46. 8) Ueber den Einfluss einiger Arzneimittel auf Sekretion und Zusammensetzung der Galle. Dissert. Dorpat 1890. Hinsichtlich der Einwirkung A'erschiedeuer Nährstoffe auf die Absonderung der Galle vergl. man übrigens IIeidenhain in Hekmann's Handb. und Stadel- MANN, Der Icterus. Die Galle. 197 Die Frage, ob es besondere medikamentöse Stoffe, sogen. Cholagoga, giebf, die eine spezifisch anregende Wirkung auf die Gallenabsonderung ausüben, ist auch sehr verschieden beantwortet worden. Es haben nämlich mehrere, besonders ältere Beobachter eine vermehrte Gallenabsonderung nach dem Gebrauche von gewissen Arzneimitteln, wie Kalomel, Rhabarber, Jalappe, Terpentinöl, Olivenöl, Natriumsalicylat u. a. beobachtet, während andere, besonders neuere Forscher zu ganz entgegengesetzten Resultaten gelangt sind. Allem Anscheine nach rühren diese Widersprüche von den grossen Unregelmässigkeiten der normalen Sekretion her, die bei Versuchen mit Arzneimitteln leicht zu Täuschungen führen können. Dagegen kann wohl nunmehr die Angabe Sghiff's^), dass die vom Darni- kanale aus resorbirte Galle eine Steigerung der Gallenausscheidung bewirkt und demgemäss als ein Cholagogum wirkt, als eine durch die Untersuchungen mehrerer Forscher"^) sicher gestellte Thatsache angesehen werden. Die Galle ist ein Gemenge von dem Sekrete der Leberzellen und dem sog. Schleim, welcher von den Drüsen der Gallengänge und von der Schleim- haut der Gallenblase abgesondert wird. Das Sekret der Leber, welches regel- mässig einen niedrigeren Gehalt an festen Stoffen als die Blasengalle hat, ist dünnflüssig und klar, während die in der Blase angesammelte Galle, in Folge i^borgaiie einer Resorption von Wasser und der Beimengung von „Schleim", mehr zähe '^"'^J^^®''" und dickflüssig und durch Beimengung von Zellen, Pigmentkalk und dergleichen trübe wird. Das spez. Gewicht der Blasengalle schwankt bedeutend, beim Menschen zwischen 1,01 und 1,04. Die Reaktion ist alkalisch. Die Farbe ist bei verschiedenen Thieren wechselnd, goldgelb, gelbbraun, olivenbraun, braun- grün, grasgrün oder blaugrün. Die Menschengalle, wie man sie von Hinge- richteten unmittelbar nach dem Tode erhält, ist gewöhnlich goldgelb oder gelb mit einem Stich ins Bräunliche. Doch kommen auch Fälle vor, in welchen die frische Blasengalle des Menschen eine grüne Farbe hat. Die gewöhnliche Leichengalle hat eine wechselnde Farbe, Die Galle einiger Thiere hat einen scheEf^*- eigenthümlichen Geruch. So hat z. B. die Rindergalle, besondere beim Er- ®*^**^yp/" wärmen, einen Geruch nach Moschus. Der Geschmack der Galle ist ebenfalls bei verschiedenen Thieren ein verschiedener. Die Menschen- und Rindergalle schmecken bitter mit einem süsslichen Nachgeschmack, Die Galle von Schweinen und Kaninchen hat einen intensiven, rein bitteren Geschmack. Beim Erhitzen zum Sieden gerinnt die Galle nicht. Die Rindergalle enthält nur Spuren von echtem Mucin, und ihre schleimige Beschaffenheit rührt nach P.mjkill-') haupt- 1) Pflüger's Arch. Bd. 3. -) Vergl. Stadklmann, Der Icterus und die Dissertationen seiner Schüler, namentlich WiNTELER, Experimentelle Beiträge zur Frage des Kreislaufes der (ialle. Inaug.-Diss. Dorpat 1892 und Gkutner, Experimentelle Beiträge zur Biiysiol. und Talliol. der (iallcnsekretiou. Inaug.-Diss. Jurjew 1893. 3) L. Paijküll, Zeitschr. f. pliysiol. Clicni. Hd. 12. 198 Achtes Kapitel. sächlich von einem mucinähnlichen Nukleoalbumin her. In der Menschengalle hat Verf.*) dagegen echtes Mucin gefunden. Als spezifische Bestandtheile ent- hält die Galle: Gallensäuren, an Alkalien gebunden, Gallenfarhstoffe und im übrigen kleine Mengen Lecithin, Cholesterin, Seifen, 'Neutral fette, Harnstoff und Mineral Stoffe, hauptsächlich Chloride und daneben Phosphate von Calcium, Magnesium und Eisen. Spuren von Kupfer kommen auch vor. Galleusaure Alkalien. Die bisher am besten studirten Gallensäuren können auf zwei Gruppen, die GlyliOchol- und die Taurocholsäuregrnppe, ver- theilt werden. Wie Verf. ^) gefunden hat, kommt indessen bei Haifischen und wahrscheinlich auch bei anderen Thieren eine dritte Gruppe von Gallensäuren vor, die reich an Schwefel sind und wie die Aetherschwefel säuren beim Sieden gruppen^von °^^^ Salzsäure Schwcfelsäurc abspalten. Alle Glykocholsäuren sind stickstoff- "f^'!.!"' haltitr, aber schwefelfrei und können unter Wasseraufuahme in Glykokoll (Amido- essigsaure) und eine stickstoflffreie Säure, die Cholalsäure, gespalten werden. Alle Taurocholsäuren enthalten Stickstofl^ und Schwefel und werden unter Wasser- aufnahme in schwefelhaltiges Taurin (Amidoäthansulfonsäure) und Cholalsäure gespalten. Dass es verschiedene Glykochol- und Taurocholsäuren giebt, liegt also daran, dass es mehrere Cholalsäuren giebt. Die verschiedenen Gallensäuren kommen in der Galle als Alkalisalze, bei Seefischen als Kalium-, aber sonst allgemein als Natriumverbindungen vor. In der Galle einiger Thiere findet sich fast nur Glykocholsäure, in der anderer nur Taurocholsäure und bei anderen Thieren ein Gemenge von beiden (vergl. unten). Sämmtliche gallensaure Alkalien sind löslich in Wasser und Alkohol aber unlöslich in Aether. Ihre Lösung in Alkohol wird deshalb von Aether gefällt, und diese Fällimg ist bei hinreichend vorsichtiger Arbeit für fast alle bisher untersuchten Gallen in Rosetten oder Ballen von feinen Nadeln oder ... 4 — 6seitigen Prismen krystallisirt erhalten worden (Plattner's krystallisirte Galle), sine Galle. Auch die frische Menschengalle krystallisirt leicht. Die Gallensäuren und deren Salze sind optisch aktiv und rechtsdrehend. Von konzentrirter Schwefelsäure werden die Gallensäuren bei Zimmertemperatur zu einer rothgelben, prachtvoll in grün fluorescirenden Flüssigkeit gelöst. Bei vorsichtigem Erwärmen mit kon- zentrirter Schwefelsäure und ein wenig Rohrzucker geben die Gallensäuren eine prachtvoll kirschrothe oder rothviolette Flüssigkeit. Auf diesem Verhalten gründet sich die PETTENKOFER'sche Reaktion auf Galleusäuren. Die PETTENKOFER'sche Gallensäureprohe führt man in folgender Weise Die Fetten- ^us. In einer kleinen Porzellanschale löst man eine ganz kleine Menge Galle Gallonsäure- in Substanz direkt in wenig konzentrirter Schwefelsäure und erwärmt, oder man probe. " mischt ein wenig der gallensäurehaltigen Flüssigkeit mit konzentrirter Schwefel- 1) Nova Acta reg. soc. scient. Upsal. Ser. 3. Vol. 16. ^) Noch nicht veröffentlichte Untersuchung. GalleDsäurereaktionen. 199 säure unter besonderem Achtgeben darauf, dass in beiden Fällen die Temperatur nicht höher als -j- 00 — 70° C. steigt. Dann setzt man unter Umrühren vor- sichtig mit einem Glasstabe eine 10°/oige Rohrzuckerlösung tropfenweise zu. Bei Gegenwart von Galle erhält man nun eine prachtvoll rothe Flüssigkeit, deren Farbe bei Zimmertemperatur nicht verschwindet, sondern gewöhnlich im Laufe eines Tages mehr blau-violett wird. Die rothe Flüssigkeit zeigt in dem Spektrum zwei Absorptionsstreifen, den einen bei F und den anderen zwischen I) und E, neben E. Diese ausserordentlich empfindliche Reaktion missglückt jedoch , wenn man zu stark erwärmt oder eine nicht passende Menge — besonders zu viel — Zucker zusetzt. In dem letztgenannten Falle verkohlt der Zucker leicht und die Probe wird missfarbig, braun oder schwarzbraun. Wenn die Schwefelsäure schweflige Säure oder die niedrigen Oxydatiousstufen dss Stickstoffes enthält, missglückt die Reaktion leicht. Mehrere andere Stoffe als die Gallensäuren, wie Eiweiss, Oelsäure, Amylalkohol, Morphin u. a., können eine ähnliche Reaktion geben, und man darf daher in zweifelhaften Fällen die spektroskopische Unter- suchung der rothen Lösung nicht unterlassen. Die PETTEXKOFEPi'sche Gallensäureprobe beruht wesentlich darauf, dass aus dem Zucker durch die Schwefelsäure Furfurol gebildet wird, und dieser Stoff kann deshalb statt des Zuckers zu der Probe benutzt werden (Mylius). Nach Mylius^) und v. Üdranszky^) wendet man am besten eine Furfurollösung von 1 p. m, an. Man löst die Galle in Alkohol, welcher jedoch erst miti^'fi^^^iion Thierkohle von Verunreinigungen befreit werden muss. Zu je 1 ccn> der alko- Forfiroi. holischen Gallenlösnng in einem Reagenzgläschen setzt man 1 Tropfen Furfurol- lösung und 1 ccm konzentrirter Schwefelsäure und kühlt dann wenn nöthig ab, damit die Probe sich nicht zu sehr erwärme. In dieser "Weise ausgeführt soll die Reaktion noch 1/20=^30 mg Cholalsäure anzeigen (v. Udranszky). Auch andere Modifikationen der PETTENKOFER'schen Probe sind vorgeschlagen worden. Glykocholsäure. Die Zusammensetzung der in der Menschen- und Riudergalle vorkommenden am meisten studirten Glykocholsäure wird durch die Formel CgßH^gNOe ausgedrückt. In der Galle der Fleischfresser fehlt die üiykochoi- Glykocholsäure ganz oder fast ganz. Beim Sieden mit Säuren oder Alkalien wird die Glykocholsäure, der Hippursäure analog, in Cholalsäure und Glyko- koU zerlegt. Die Glykocholsäure krystallisirt in feinen, fiirblosen Nadeln oder Prismen. Sie löst sich schwer in Wasser (in etwa 300 Tlieilen kalten und 120 Thcilen siedenden Wassers) und wird daher leicht durch Zusatz von einer verdünnten «c!'«'»^"^'^^ Miueralsäure zu der Lösung des Alkalisalzes in Wasser ausgefällt. Sie löst sich leicht in starkem Alkohol, aber sein- schwer in Aethcr. Die Lösungen 1) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 11. S. 492 2) Ebend. l?d. 12. S. 370. 200 Achtes Kapitel. haben einen bitteren, gleichzeitig süsslichen Geschmack. Die Salze der Alkalien und alkalischen Erden sind in Alkohol und Wasser löslich. Die Salze der schweren Metalle sind meistens unlöslich oder schwer löslich in Wasser. Die Lösung des Alkalisalzes in Wasser wird von Bleizucker, Kupferoxyd- und Ferrisalzen und Silbernitrat gefällt. Die Reindarstellung der Glykocholsäure kann auf verschiedene Weise gesehen. Man kann also z. B. die mit Alkohol von sogenanntem Schleim befreite Galle, nach Verdunstung des Alkohols, mit Bleizuckerlösung fällen. Den Niederschlag zersetzt man dann mit Sodalösung in der Wärme, verdunstet zur Trockne und extrahirt den Rückstand mit Alkohol, welcher das Alkali- dereiyko? glykocholat löst. Von der filtrirten Lösung wird der Alkohol abdestillirt, der choisäure. Rückstand in Wasser gelöst, die Lösung mit Thierkohle entfärbt und die Gly- kocholsäure durch Zusatz einer verdünnten Mineralsäure aus der Lösung gefällt. Die Säure kann entweder aus kochendem Wasser beim Erkalten oder aus starkem Alkohol durch Zusatz von Aether krystallisirt erhalten werden. Hin- sichtlich der anderen Darstellungsmethoden wird auf ausführlichere Handbücher hinge v.iesen. Hyoglykocholsäure, C27H43NOg, hat man die krystallisirende Glykocholsäure der Schweinegalle genannt. Sie ist sehr schwerlöslich in AVasser. Die Alkalisalze, deren Lösungen Säuren der gj^g^ intensiv bitteren Geschmach ohne süsslichen Nebengeschmack haben, werden von CaCJ2, galle. BaCl2 und MgCl, gefällt und können von NagSO^, in hinreichender Menge zugesetzt, wie eine Seife ausgesalzen werden. Neben dieser Säure kommt in der Schweinegalle noch eine andere Glykocholsäure vor (JOLlN^). Das Glykocholat in der Galle der Nager wird auch von den obengenannten Erd- salzen gefällt, kann aber wie das entsprechende Salz der Menschen- oder RindergaDe durch Sättigung mit einem Neutralsalz (Na2S04) nicht ausgeschieden werden. Glianogallensänre ist eine der Glykocholsäuregruppe vielleicht angehörige, in Peruguano gefundene, nicht näher untersuchte Säure. Taurocholsäure. Die in der Galle von Menschen, Fleischfressern, Taurochoi- Rindern und einigen anderen Pflanzenfressern , wie Schafen und Ziegen , vor- kommende Taurocholsäure hat die Zusammensetzung C26H45NSO7. Beim Sieden mit Säuren und Alkalien spaltet sie sich in Cholalsäure und Taurin. Die Taurocholsäure kann, wenn auch nur schwierig, in feinen, an der Luft zerfliessenden Nadeln erhalten werden (Parke ^). Sie ist in Wasser sehr leicht löslich und kann ihrerseits auch die schwer lösliche Glykocholsäure in Lösung halten. Dies ist der Grund, warum ein Gemenge von Glykocholat mit Eigen- einer genügenden Menge von Taurocholat, wie es oft in der Rindergalle vor- ^Verhaiten" kommt, nicht von einer verdünnten Säure gefällt wird. Die Taurocholsäure ist leicht löslich in Alkohol, aber unlöslich in Aether. Die Lösungen haben einen bitter-süsslichen Geschmack. Die Salze sind im Allgemeinen leicht löslich in Wasser und die Lösungen der Alkalisalze werden nicht von Kupfersulfat, Silbernitrat oder Bleizucker gefällt. Bleiessig erzeugt dagegen einen in sieden- dem Alkohol löslichen Niederschlag. Zur Darstellung der Taurocholsäure geht man am besten von der ent- färbten, krystallisirten Hundegalle, welche nur Taurocholat enthält, aus. Die 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 12 u. 13. 2) Hoppe-Seyler, Med. chem. Untersuch. S. IGO. Cholalsäure. 201 Lösung solcher Galle wird mit Bleiessig und Ammoniak gefällt und der ge- waschene Niederschlag in siedendem Alkohol gelöst. Das Filtrat behandelt ?g'^^g|^5 man mit HgS, das neue Filtrat wird in gelinder Wärme bis auf ein kleines choUäure. Volumen verdunstet und mit einem Ueberschuss von wasserfreiem Aether ver- setzt, da die Säure bisweilen theilweise krystallisirt. Chenotauroeholsiiurc hat man eine in der Gänsegalle als die wesentlichste Gallen- säure derselben vorkommende Säure von der Formel C2siIl49NSO,) genannt. Diese, wenig studirte Säure ist amorph, löslich in Wasser und Alkohol. Wie oben mehrmals gesagt worden, spalten sich die zwei Gallen.säuren beim Sieden mit Säuren oder Alkalien in stickstofffreie Cholalsäure und Glykokoll, bezw. Taurin. Es folgt also zunächst, diese Spaltungsprodukte zu besprechen. Cholalsäure. Die gewöhnliche als Zersetzungsprodukt der Menschen- und Rindergalle erhaltene Ciiolalsäure, welche in dem Darminhalte reeelmässig und im Harne bei Ikterus vorkommt, hat nach Sthecker') und den meisten neueren Forschern die Zusammensetzung Co4H^o05. Nach Myliu.s^) ist die Cholalsäure eine einbasische Alkoholsäure mit einer sekundären und zwei primären rCTIOH Alkoholgruppen. Ihre Formel kann deshalb auch CjoHg^ | (CHoOH), geschrie- ICOÖH ben werden. Bei der Oxydation kann sie erst Dehydrocholahäm'e (Verf.^) und dann BiJiansäure (Cleve^) liefern. Die Formeln dieser Säuren sind (wenn man Cg^ in der Cholalsäure annimmt) C24Hg40g und C24H34O8. Durch Reduktion (bei der Fäulniss) kann aus der Cholalsäure die Desoxi/cJtoh(lsäi(re C.j4H4oO^ (Myliüs^) entstehen. Die Cholalsäure krystallisirt theils mit 1 Molekül Wasser in rhombischen Tafeln oder Prismen und theils in grossen rhombischen Tetraerlern oder Okta- edern mit 1 Mol. Krystallalkohol (Mylius). Diese Krystalle werden an der Luft l)ald undurchsichtig, porzellanweiss. Sie lösen sich sehr schwer in Wasser Rrystaiii- (in 4000 Theilen kaltem und 750 Theilen kochendem), ziemlich leicht in Alkohol, "^"^ säure'! aber sehr schwer in Aether. Die amorphe Cholalsäure ist weniger schwerlöslich Die Lösungen haben einen süsslich-bitteren Geschmack. Die Krystalle verlieren den Krystallalkohol erst bei langdauerndem Erhitzen auf 100 — 120" C. Die Wasser- und alkoholfreie Säure schmilzt bei -{-195*^ C. Die Alkalisalze sind leicht löslich in Wasser, können aber von konzen- trirten Alkalilaugen oder Alkalikarbonatlösungen wie eine ölige, beim Erkalten krystallinisch erstarrende Masse ausgeschieden werden. In Alkohol sind die Salze der Alkalisalze weniger leicht löslich und beim Verdunsten der Lösung können sie krystallisiren. Die spez. Drehung des Natriurasalzes ist: (a) D = -]- 31,4'^. 1) Die wichtigen Untersuchungen von Strkcki-k über die Gallcnsäurcn finden sich in Ann. d. Chem. u. Pharm. Bdd. 05, 67 u. 70. -') Ber. d. deutseh. chem. Gesellsch. Bd. 19. S. 3G9-379 und 2000-2009. ■i) Ebend. Bd. 14. S. 71. ■1) Bull. Soc. ("bim. Bd. Ilö. 202 Achtes Kapitel. Darstellung. Die Lösung der Alkalisalze in Wasser wird, wenn sie nicht zu verdünnt ist, von Bleizucker und von Chlorbaryum sogleich oder nach einiger Zeit gefällt. Das Baryumsalz krystallisirt in feinen, seideglänzenden Nadeln ; es ist ziemlich schwer löslich in kaltem, etwas leichter löslich in warmem Wasser. In warmem Alkohol ist das Baryumsalz, wie auch das in Wasser unlösliche Bleisalz, löslich. Die Darstellung geschieht am besten aus Rindergalle nach folgendem, von Mylius^) herrührendem Verfahren, Man kocht die Galle 24 Stunden lang mit dem 5. Theil ihres Gewichtes SO'^/oiger Natronlauge unter Erneuerung des verdampfenden Wassers. Darauf sättigt man die Flüssigkeit mit COg und ver- dunstet fast zur Trockene. Den Rückstand zieht man mit 96^/oigem Alkohol aus, darauf verdünnt man die alkoholische Lösung mit Wasser, bis höchstens 20*^/0 Alkohol in der Lösung sich befinden, und fällt darauf mit BaCl,-Lösung vollständig aus. Der Niederschlag, welcher neben Fettsäuren die Choleinsäure enthält, wird abfiltrirt und aus dem Filtrate die Cholalsäure mit Salzsäure aus- gefällt. Nachdem die Säure allmählich krystallinisch geworden ist, krystallisirt man sie wiederholt aus Alkohol oder Methylalkohol um. Choleinsäure hat Latschinoff^) eine andere Cholalsäure— von der Formel C24H4QO4 nach Lassar-Cohn^) ■ — genannt. Diese Säure, welche in wechselnder, aber stets geringer Menge in der Rindergalle vorkommt, ist vielleicht identisch mit der Desoxycholalsäure. Die Choleinsäure giebt bei ihrer Oxydation erst Dehydrocholeinsäure Cg^Hg^O^ und dann Cholcmsänre C24H3^08. Aus dem, bei Darstellung der Cholalsäure erwähnten Baryumniederschlage Darstoiiunjr erhält man Choleinsäure, wenn mau erst die Baryumsalze mit Natriumkarbonat in Natriumsalze überführt, dann durch fraktionirte Fällung mit Baryumacetat die Fettsäuren ausfällt, aus dem Filtrate die Choleinsäure mit Salzsäure aus- scheidet und aus Eisessig wiederholt umkrystallisirt. Fellinsäure, C^gH^ßO^, nennt Schotten'^) eine Cholalsäure, welche er neben der gewöhnlichen aus Menschengalle dargestellt hat. Die Säure krystal- Feiiinsäure. üsirt, ist unlöslich iu Wasser und liefert sehr schwer lösliche Baryum- und Magnesiumsalze. Sie giebt die PETTENKOFER'sche Reaktion weniger leicht und mit einer mehr rothblauen Farbe. Die gepaarten Säuren der Menschengalle sind nicht näher untersucht. Allem Anscheine nach enthält aber die Menschengalle bei verschiedenen Gelegen- heiten verschiedene gepaarte Gallensäuren, denn in einigen Fällen werden die gallensauren Salze der Menschengalle von BaCl^ gefällt, in anderen dagegen nicht. Nach den neuesten Angaben von Lassar-Coiin ^) konnte er aus Menschen- galle drei Cholalsäuren darstellen, nämlich gewöhnliche Cholalsäure, Choleinsäure und Fellinsäure. Cholein- säure. 1) Zeitschr. f. physiol. Chcm. Bd. 12. 2) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bdd. 18 u. 20. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. S. G06. 4) Ebend. IM. 11. S. 2ü8. 5) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 27. S. 1339. GlykokoU und Taurin. 203 Der Hyoglykochol- und Chenotaurocholsäure wie auch der Glykocholsäure der Galle der Nager entsprechen besondere Cholalsäuren. Beim Sieden mit Säuren, bei der Fäulniss im Darme und beim Erhitzen verlieren die Cholalsäuren Wasser und gehen in Andydride, sogen. Di/slj/sine, über. Das, der gewöhnlichen Cholalsäure entsprechende Dyslysin, C.,.iH3e03, undchoioi- welches in den Exkrementen vorkommt, ist amorph, unlöslich in Wasser und Alkalien. Cholcfidinsäure , C24H39O4, hat man ein erstes Anhydrid oder eine Zwischenstufe bei der Dyslysinbildung genannt. Beim Sieden mit Alkalihiuge werden die Dyslysine in die entspreclienden Cholalsäuren zurückverwandelt. Glykokoll, C2H5NO2, oder A midoessigsäure, NHo.CHa-COOH, auch Glycin oder Leimzucker genannt, ist in den Muskeln von Pecten irra- Glykokoll. di ans gefunden worden, hat aber sein hauptsächlichstes Interesse als Zersetzungs- produkt gewisser ProteiustofFe — Leim und Spongin — wie auch der Hippur- säure oder Glykocholsäure bei deren Spaltung durch Sieden mit Säuren. Das Glykokoll stellt farblose, oft grosse, harte Krystalle von rhombo- edrischer Form oder 4seitige Prismen dar. Die Krystalle schmecken süss und lösen sich leicht in kaltem (4,3 Theilen) Wasser. Li Alkohol und Aether sind sie unlöslich; in warmem Weingeist lösen sie sich schwer. Das Glykokoll verbindet sich mit Säuren und Basen. Unter den letztgenannten Verbindungen schatten and ... Verbinü- sind ZU nennen die Verbindungen mit Kupfer und Silber. Das Glykokoll löst ungen. Kupferoxydhydrat in alkalischer Flüssigkeit, reduzirt es aber nicht in der Siede- hitze. Eine siedend heisse Lösung von Glykokoll löst eben gefälltes Kupfer- oxydhydrat zu einer blauen Flüssigkeit, aus welcher nach genügender Konzen- tration beim Erkalten blaue Nadeln herauskrystallisiren. Die Verbindung mit Chlorwasserstoffsäure ist in Wasser und in Alkohol löslich. Die Darstellung des Glykokolls geschieht am besten aus Hippursäure durch Sieden derselben 10 — 12 Stunden hindurch mit 4 Theilen verdünnterSchwefelsäure, . j T->i iJarstellung 1:6. Nach dem Erkalten trennt man die Benzoesäure ab, konzentrirt das i'iltrat, des Giyko- entfernt den Rest der Benzoesäure durch Ausschütteln mit Aether, entfernt die ^°^'''- Schwefelsäure mit BaC03 und verdunstet das Filtrat zur Krystallisation. Taurin,CoH7NS03,oder Amidüäthansulfonsäure,NH2.C^,H4.S020H. Dieser Stoff ist vorzugsweise als Spaltungsprodukt der Taurocholsäure bekannt T^arin. und kann in geringer Menge in dem Darminhalte vorkommen. Man hat das Taurin ferner in Lungen und Nieren von Rindern und im Bhite und ^luskeln kaltblütiger Thiere gefunden. Das Taurin krystallisirt in farblosen, oft sehr grossen, glänzenden, 4 — 6- seitigen Prismen. Es löst sich in 15 — 16 Theilen Wasser von gewöhnlicher Temperatur, bedeutend leichter in warmem Wasser. Li absolutem Alkohol und in Aether ist es unlöslich; in kaltem Weingeist löst es sich wenig, leichter in schalten und 1 . T- • 1 1 n- Votbind- warmem. Beim Sieden mit starker Alkalilauge liefert es Essigsäure und scliwenige ungon. Säure, nicht aber Schwefelalkali. Der Gehalt an Schwefel kann als Schwefel- säure nach dem Schmelzen mit Salpeter und Soda nachgewiesen werden. Das Taurin verbindet sich mit Mctalloxvdcn. Die Verbindung mit Quecksilberoxyd 204 Achtes Kapitel. ist weiss, unlöslich und entsteht wenn eine Taurinlösung mit eben gefälltem Quecksilberoxyd gekocht wird (J. Lang^). Diese Verbindung kann zum Nach- weis von Taurin verwerthet werden. Das Taurin wird von Metallsalzen nicht geföllt. Die Darstellung des Taurins aus Galle ist sehr leicht. Man kocht die Galle einige Stunden mit Salzsäure. Das von Dyslysin und Choloidinsäure getrennte Filtrat konzentrirt man stark auf dem Wasserbade und filtrirt warm von auskrystallisirtem Kochsalz und anderer Fällung ab. Dann verdunstet man zur Trockne und behandelt den Rückstand mit starkem Alkohol, von welchem salz- saures Glykokoll gelöst wird, während das Taurin zurückbleibt. (Die alkoholische Lösung von salzsaurem Glykokoll kann auf Glykokoll derart verarbeitet werden, voifTa^irin ^ass man nach dem Verdunsten des Alkohols den Rückstand in Wasser löst, '^"*^lfif'^°' ^^^ Lösung mit Bleioxydhydrat zersetzt, filtrirt, die Lösung des Glykokollblei- oxydes mit HoS entbleit und das neue Filtrat stark konzentrirt. Die ausge- schiedenen Krystalle werden dann gelöst , mit Thierkohle entfärbt und die Lösung zur Krystallisation verdunstet.) Der obige, das Taurin enthaltende Rückstand wird in möglichst wenig warmem Wasser gelöst, warm filtrirt und mit überschüssigem Alkohol versetzt. Der unmittelbar hierbei entstehende, ksystallinische Niederschlag wird schleunigst abfiltrirt, und es scheidet sich nun das Taurin während des Erkaltens in sehr langen Nadeln oder Prismen aus. Die Krystalle werden leicht durch Umkrystallisirung aus wenig warmem Wasser rein weiss erhalten. Da das Taurin keine positiven Reaktionen zeigt, erkennt man es haupt- sächlich an der Krystallform, der Löslichkeit in Wasser und Unlöslichkeit in Alkohol, ferner an der Verbindung mit Quecksilberoxyd, der Nichtfällbarkeit durch Metallsalze und vor allem dem Schwefelgehalte. Nachweis der Gallen säuren in thierischen Flüssigkeiten. Um die Gallensäuren dermassen rein erhalten zu können, dass die PETTENKOFER'sche Reaktion angestellt werden kann , muss zuerst alles Eiweiss und Fett entfernt werden. Um das Eiweiss zu entfernen, macht man die Flüssigkeit erst neutral und fügt dann einen so grossen Ueberschuss von Alkohol zu, dass das Ge- menge mindestens 85 Vol. Prozent wasserfreien Alkohol enthält. Man filtrirt, extrahirt das gefällte Eiweiss von Neuem mit Alkohol, vereinigt sämmtliche Filtrate, destillirt den Alkohol ab und verdunstet zur Trockne. Der Rückstand Nachweis wird mit starkem Alkohol vollständig erschöpft, filtrirt und aus dem Filtrate der säuren. Alkohol Vollständig verdunstet. Der neue Rückstand wird in Wasser gelöst, wenn nöthig filtrirt und die Lösung mit Bleiessig und Ammoniak gefällt. Den gewaschenen Niederschlag löst man in siedendem Alkohol, filtrirt warm und setzt einige Tropfen Sodalösung zu. Dann verdampft man zur Trockne, extra- hirt den Rückstand mit absolutem Alkohol, filtrirt und setzt Aether im Ueber- schuss zu. Der nun entstehende Niederschlag kann zu der PETTENKOFER'schen Probe verwendet werden. Es ist nicht nöthig, die Krystallisation abzuwarten, vor allem aber darf man nicht eine in der Flüssigkeit auftretende Krystalli- sation ohne weiteres für krystallisirte Galle halten. Es können nämlich auch Nadeln von Alkaliacetat sich ausscheiden. Ueber den Nachweis von Gallen- säuren im Harne vergl. Kap. 15. 1) Vergl. ^r.XLY's Jahresber. Bd. 6. S. 73. Gallen farbstofte. 205 Galleiifarbstoffe. Die bisher bekannten Gallenfarbstoffe sind verhältniss- niässig zahlreich, und allem Anscheine nach giebt es deren noch mehrere. Die Mehrzahl der bekannten Gallenfarbstoffe kommt indessen nicht in der normalen Galle, sondern entweder in alter Leichengalle oder auch und zwar vorzugsweise in Gallenkonkrenienten vor. Die unter physiologisclien Verhältnissen vor- konnnenden Farbstoffe sind das rothgelbe HÜirahiu, das grüne liiliverdin und bisweilen auch in der frischen Meuschengalle ein dem HudrohUirnhin nahe- r'''.vsioio- ^ '^' gische und stehender Farbstoff. Die in Gallensteinen gefundenen Farbstoffe sind (ausser pa|i>"'«-. ...... gische Gal- dem Biliruhin und dem Biliv&rdin) Büifuscin, Biliprasin, BÜihuniin, J?//?- »enfarbstoffe. cyanin (und Cliolek'Jin'i). Ausserdem sind von einigen Forschern auch andere, noch weniger studirte Farbstoffe in der Galle von Menschen und Thieren be- obachtet worden. Die zwei obengenannten physiologischen Farbstoffe, das Bili- rubin und Biliverdin, sind es auch, welche die goldgelbe oder oraugegelbe, bezw. grüne Farbe der Galle bedingen. Sind, wie dies am öftesten in der liinder- galle der Fall ist, beide Farbstoffe gleichzeitig in der Galle anwesend, so können sie die verschiedenen Nuancen zwischen rothbraun und grün hervorrufen. Bilirubin. Dieser, von verschiedenen Forschern mit verschiedenen Namen, wie Cholepyrrhin, Biliphäin, ßilifulvin und Hämatoidin bezeichnete Farbstoff hat nach der gewöhnlichen Ansicht die Formel CieHjgNgOg (Maly ^) Das Bilirubin kommt vorzugsweise in den Gallensteinen als Bilirubinkalk vor. Es findet sich ■weiter in der Lebergalle wohl aller Yertebraten, in der Blasengalle besonders beim Menschen und bei den Fleischfressern , welche jedoch bisweilen im nüchternen Zustande oder beim Hungern in der Blase eine grüne Galle haben. Es kommt auch in dem Dünndarniinhalte, im Blutserum der Pferde, in alten Blutextra vasaten (als Hämatoidin) und beim Ikterus in dem Harne Vorkommen . des und in den gelbgefärbten Geweben vor. Das Bilirubin stammt allem Anscheine Bilirubins, nach von dem Hämatin her, welchem es nahe steht. Von "Wasserstoff in Statu nascendi wird es in Hydrohüiruhin Cg^H^.i^^iOy (Maly^) übergeführt, welches von mehreren Forschern sowohl mit dem Harnstoffe Urohilin wie mit dem im Darminhalte gefundenen Stercobilin (Masius und Vanlair^j identisch sein soll. Dass eine grosse Aehnlichkeit zwischen diesen Farbstoffen besteht, ist auch un- zweifelhaft, die Identität wird aber von Mac Mu.\.\"*j geleugnet. Durch Oxydation entstehen aus dem Bilirubin Biliverdin und andere Farbstoffe (vergl. unten). Das Bilirubin ist theils amorph und theils krystallinisch. Das amorphe Bilirubin ist ein rothgelbes Pulver von fast derselben Farbe wie amorpiies Biiirubin- Schwefelantimon ; das krystallisirende hat fast die Farbe der krystallisirten Chromsäure. Die Krystalle, welche leicht durch spontane Verdunstung einer 1) Wien. Sitzungsber. Bdd. 57 u. 70. 2) Ann. d. Chem. Bd. 163. 3) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1871. S. 3G9. 4) Journal of Physiol Bd. 10. S. 71. 206 Achtes Kapitel. Lösung von Bilirubin in Chloroform erhalten werden können, sind rothgelbe, rhombische Tafeln, deren stumpfe Winkel oft abgerundet sind. Das Bilirubin ist unslöslich in Wasser, wenig löslich in Aether, etwas löslicher in Alkohol, leicht löslich in Chloroform, besonders in der Wärme, weniger leicht löslich in Benzol, Schwefelkohlenstoff, Amylalkohol, fetten Oelen und Glycerin, Seine Lösungen zeigen keine Absorptionsstreifen, sondern nur eine kontinuirliche Absorption von dem rothen zu dem violetten Ende des Spektrums, und sie haben noch bei starker Verdünnung (1:50Ü000) in einer 1,5 ccm dicken Schicht eine deutlich gelbe Farbe. Setzt man einer verdünnten Lösung von Bilirubin alkali in Wasser Ammoniak in Ueberschuss und darauf Schafte^" d Chlorzinklösung hinzu, so wird die Lösung erst tiefer orange gefärbt, ändert Bilirubins, ^^j^gj, allmählich ihre Farbe und wird zuerst olivenbraun und darauf grün. In dem Spektrum, dessen violetter und blauer Theil erst stark verdunkelt wird, sieht man nun die Streifen des alkalischen Cholecyanins (vergl. unten) oder jedenfalls den Streifen dieses Farbstoffes in Roth zwischen C und D, nahe an C. Dies ist eine gute Reaktion auf Bilirubin. Die Verbindungen des Bili- rubins mit Alkali sind unlöslich in Chloroform, und durch Schütteln mit ver- dünnter Alkalilauge kann man das Bilirubin aus seiner Lösung in Chloroform entfei'nen (Unterschied von Lutein). Lösungen von Bilirubinalkali in Wasser werden von den löslichen Salzen der alkalischeu Erden wie auch von Metall- salzen gefällt. Lässt man eine alkalische Bilirubinlösung mit der Luft in Berührung stehen, so wird allmählich Sauerstoff aufgenommen und grünes Biliverdin ge- bildet. Auch unter anderen Verhältnissen entsteht durch Oxydation aus dem Bilirubin Biliverdin. Dem Aussehen nach ähnliche, grüne Farbstoffe entstehen auch bei Einwirkung von anderen Reagenzien, wie Cl, Br und J. In diesen Fällen scheint es jedoch nicht um Biliverdin, sondern um Substitutionsprodukte des Bilirubins sich zu handeln (Thudichum '), Maly^). Die GMELix'sche Gallenfarhsfofreaktion. Ueberschichtet man in einem Reagenzglase Salpetersäure, welche etwas salpetrige Säure enthält, vorsichtig mit einer Lösung von Bilirubinalkali in Wasser, so erhält man an der Be- rührungsstelle beider Flüssigkeiten nach einander eine Reihe von farbigen Schichten, welche von Oben nach Unten gerechnet, folgende Reihenfolge ein- Die Graoiin'- neij,^-,en : grün, blau, violett, roth und rothgelb. Diese Farbenreaktion, die sehe Reak- & > ' ' o ^'""- GüELiN'sche Probe, ist sehr empfindlich und gelingt noch bei Gegenwart von 1 Theil Bilirubin in 80000 Theilen Flüssigkeit. Der grüne Ring darf nie fehlen; aber auch der rothviolette muss gleichzeitig vorhanden sein, weil sonst eine Verwechslung mit dem Lutein, welches einen blauen oder gräulichen Ring giebt, geschehen kann. Die Salpetersäure darf nicht zu viel salpetrige Säure enthalten, weil die Reaktion dann so rasch verläuft, dass sie nicht typisch wird 1) Journal of Chem. Soc. (2.) Bd. 13. 2) Wien. Sitzungsber. Bd. 72. GallenfarbstoflFreaktionen. 207 Alkohol darf nicht zugegen sein, weil er bekanntlich mit der Säure ein Farben- spiel in grün oder blau hervorrufen kann. Die HuppERT'sche Healction. Wird eine Lösung von Bilirubinalkali mit Kalkmilch oder mit Chlorcalcium und Ammoniak versetzt, so entsteht ein aus Bilirubinkalk bestehender Niederschlag. Bringt man diesen Niederschlag nach r>- ,, ^ '^ o o Uie unppert- dein Auswaschen mit, AVasser noch feucht in ein Reagenzgläschen, füllt dieses sciieReak- bis zur Hälfte mit Alkohol, welcher mit Schwefelsäure angesäuert worden ist, und erhitzt genügend lange zum Sieden, so nimmt die Flüssigkeit eine smaragd- grüne oder blaugrüne Farbe an. Die HuppERT'sche Probe ist eine gute und leicht auszuführende Reaktion auf GallenfarbstofFe. Bezüglich einiger Modifikationen der GMELix'schen Probe und einiger anderen Gallenfarbstoffreaktionen wird auf das Kap, 15 (Harn) verwiesen. Das, die GwELiN'sche Probe charakterisirende Farbenspiel wird der allge- meinen Ansicht nach durch eine Oxydation hervorgerufen. Die erste Oxydations- stufe stellt das grüne Biliverdin dar. Dann folgt ein blauer Farbstoff, welcher von Heinsius und Caäipbell^) Bilicyanin, von Stokvis^) Cliohcyanin genannt worden und ein charakteristisches Absorptionsspektrum zeigt. Die neutralen Lösungen dieses Farbstoffes sind nach Stokvis blaugrün oder stahlblau mit prachtvoller rother Fluoresceuz. Die alkalischen Lösungen sind grün und produktedes fluoresciren unbedeutend. Die neutralen und alkalischen Lösungen zeigen drei "™ ""• Absorptionsstreifen, einen, scharf und dunkel, in Roth zwischen C und D nahe an C, einen zweiten weniger scharf, D deckend, und einen dritten, nur einen schwachen Schatten darstellend, im Grün gerade in der Mitte zwischen D und E- Die stark sauren Lösungen sind violettblau und zeigen zwei, von Jaffe be- schriebene Streifen zwischen den Linien C und E, durch einen schmalen, nahe bei D befindlichen Zwischenraum von einander getrennt. Als nächste Oxydations- stufe nach diesem blauen Farbstoffe tritt ein rothes Pigment auf und endlich erhält man als letztes Oxydatiousprodukt ein gelblichbraunes, von Maly^) CJioJc\ telin genanntes Pigment, welches in neutraler, alkoholischer Lösung keinen, in saurer Lösung dagegen einen Streifen zwischen h und F zeigt. Die Darstellung des Bilirubins geschieht am besten aus Gallensteinen von Rindern, welche Konkremente sehr reich an Bilirubinkalk sind. Die fein gepulverten Konkremente werden (hauptsächlich zur Entfernung von Cholesterin und Gallensäuren) erst mit Aether und dann mit siedendem Wasser erschöpft. Darsteiinng Dann behandelt man das Pulver mit Salzsäure, welche das Pigment frei macht, ^^rob^'i'" wäscht vollständig mit AVasser und Alkohol aus, trocknet und extrahirt an- haltend mit siedendem Chloroform. Nach dem Abdestilliren des Chloroforms aus der filtrirten Lfisung behandelt man den gepulverten Rückstand mit absolutem Alkohol zur Entfernung des Bilifuscins, löst das rückständige Bilirubin in 1) Pflüger's Arch. Bd. 4. S. 529. 2) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1872. S. 785. 3) Wien. Sitzungsber. Bd. 59. Vergl. auch Jaff^, Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1868 und IIeinsius und Campuell, PFLtJGEK's Arch. Hd. 4. 208 Achtes Kapitel. Biliverdin wenig Chloroform, fällt es aus dieser Lösung mit Alkohol, wiederholt dieses Verfahren wenn nöthig, löst das Bilirubin zuletzt in siedendem Chloroform und lässt es beim Erkalten auskrystallisiren. Die quantitative Bestimmung des Bili- rubins kann auf spektrophotometrischem Wege, nach den für den Blutfarbstoff angegebenen Gründen geschehen. Biliverdin. CigH^glS^yO^. Dieser Stoff, welcher durch Oxydation des Bili- rubins entsteht, kommt in der Galle mehrerer Thiere, in erbrochenem Magen- inhalt, in der Placenta der Hündin (?), in Vogeleierschalen, im Harne bei Ikterus und bisweilen in Gallensteinen, w^enn auch nur in untergeordneter Menge, vor. Das Biliverdin ist amorph, es ist wenigstens nicht in gut ausgebildeten Krystallen erbalten Avorden. Es ist unlöslich in Wasser, Aether und Chloro- form (dies gilt wenigstens für das aus Bilirubin künstlich dargestellte Biliverdin, während der grüne Farbstoff der Ochsengalle nach Mac Munn^) in Chloroform löslich sein soll), löst sich aber in Alkohol oder Eisessig mit schön grüner Farbe. Von Alkalien wird es mit braungrüner Farbe gelöst und es wird aus Eitren- dieser Lösung von Säuren, wie auch von Calcium-, Baryum- und Bleisalzen Reaktionen, gefällt. Das Biliverdin giebt die HupPERT'sche Reaktion und die GjiELiN'sche Reaktion mit der blauen Farbe anfangend. Von Wasserstoff in statu nascendi wird es in Hydrobilirubin übergeführt. Beim Stehen der grünen Galle, wie auch durch Einwirkung von Ammoniumsulfhydrat, kann das Biliverdin zu Bilirubin reduzirt werden (Hayciraft und Scofield^j. Die Darstellung des Biliverdins gelingt am einfachsten, wenn man eine alkalische Bilirubinlösung in dünner Schicht in einer Schale an der Luft stehen Darsteiiuns? ^ässt, bis die Farbe braungrün geworden ist. Die Lösung wird dann mit Chlor- wasserstoffsäure gefällt, der Niederschlag mit Wasser ausgewaschen, bis keine HCl-Reaktion mehr erhalten wird, in Alkohol gelöst und durch Zusatz von Wasser der Farbstoff wieder ausgeschieden. Etwa verunreinigendes Bilirubin kann mit Chloroform entfernt werden. BlUfuscin hat Städeler^) einen amorphen, braunen, in Alkohol und Alkalien löslichen, in Wasser und Aether fast unlösliebeu und in Chloroform (wenn nicht gleichzeitig Bilirubin zugegen ist) sehr schwer löslichen Farbstoff genannt. In reinem Zustande giebt das Bilifuscin die GMELlN'sche Reaktion nicht. Es ist in alter Leichengalle und in Gallensteinen gefunden worden. Biliprasin ist ein grüner, von Städeler aus Gallensteinen dargestellter Farbstoff, welcher jedoch vielleicht nur ein Gemenge von Biliverdin und Bilifuscin sein diirfte. Als Bllihnmin bezeichnete der genannte Forscher den braunen, amorphen Rückstand, M^elcher nach dem Ausziehen der Galleusteine mit Chloroform, Alkohol und Aether zurückbleibt. Er giebt die GMELlN'sche Probe nicht. Das BiUcyanin ist auch in Gallensteinen (vom Menschen) ge- funden w(n-den (Heinsius und Campbell). Gkolohämatin nennt Mac Münn*) einen in Schaf- und liindergalle oft vorkommenden, durch vier Absorptionsstreifen gekennzeichneten Farbstofif, welcher auch aus dem Hämatin durch Einwirkung von Natriumamalgam entstehen soJt. In trockenem Zustande, durch Verdunstung der Chloroformlüsung gewonnen, ist er grün, in alko- holischer Lösung olivenbrs'un. Zum Nachweis der Gallenfarbstoffe in thierischen Flüssigkeiten oder Ge- des Bill verdins Sonstige Gallenfarb- stoffe. 1) Journal of Physiol. Bd. 6. 2) Centralbl. f. Physiol. 1889. S. 222 und Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. 3) Vierteljahrschr. d. naturf. Gesellsch. in Zürich. Bd. 8. Cit. nach Hoppe-Seyler, Physiol. und path. chem. Analyse. G. Aufl. S. 225. 4) Journal of Physiol. Bd. 6. Die Galle. 2"!* weben benutzt man gewöbnlich die G-MELix'.sche oder die HuppERT'sche Reaktion. Die erste kann in der Regel direkt ausgeführt werden, und die Gegenwart von Eiweiss stört nicht, sondern lässt im Gegentheil das Farbenspiel noch deutlicher hervortreten. Bei gleichzeitiger Anwesenheit \on Blutfarbstoff" kann man die Gallcnfarbstoffe erst durch Zusatz von !N'atriumdiphos[)hat und Kalkn)ilch aus- Nachweis fällen. Den, die Gallenfarbstoffe enthaltenden Niederschlag kann man dann direkt - ^Jaiien- zu der HuprEiix'schen Reaktion verwenden oder man kann auch, nach Zusatz von Wasser und etwas Salzsäure, mit alkoholfreiem Chloroform ausschütteln und die Chloroformlösung zur weiteren Prüfung auf Gallenfarbstoff" benutzen. Im Blute weist man nach HedemüS^) das Bilirubin in der Weise nach, dass man mit Alkohol die Proteinstoffe ausfällt, das Filtrat mit Salzsäure oder Schwefelsäure ansäuert und kocht. Die Flüssigkeit nimmt dabc-i eine grüne Farbe an. Serum und seröse Flüssigkeiten können nach Zusatz von Alkohol und ein wenig Säure direkt gekocht werden. Ausser den Gallensäuren und den Gallenfarbstoffen kommen in der Galle auch Cholesterin, LecitJiin, Falmitin, Stearin, Olein und die Seifen der ent- sprechenden Fettsänren vor. In der Rindergalle hat Lassar-Comx 2) auch 3Ii/ristinsüi(re gefunden. Wenigstens bei einigen Thieren enthält die Galle ein diastatisches Etizym. Cholin und Glycerinphosphorsäure dürften wohl, wenn sie vorhanden sind, als Zersetzungsprodukte des Lecithins zu betrachten sein. Harnstoff kommt, wenn auch nur spurenweise, als physiologischer Be- y-^^^^.^ standtheil der Menschen-, Rinder- und Hundegalle vor. In der Galle von }ini?h''-t Haifischen und Rochen kommt der Harnstoff in so grosser Menge vor, dass er einen der Hauptbestandtheile der Galle darstellt^). Als Mineralhestandlheile enthält die Galle ausser dem Alkali, an welches die Gallensäuren gebunden sind, Chlornatrium und Chlorkalium, Calcium- und Magnesiuniphosphat und Eisen — in der Menschengalle 0,04—0,115 p. m. Eisen (Yol'xg'^) — vorzugsweise an Phosphorsäure gebunden. Spuren von Kuj^fer scheinen regelmässig und Spuren von Zink nicht gerade selten vorzukommen. Sulfate fehlen gänzlich oder kommen nur in sehr kleinen Mengen vor. Die Menge des Eisens in der Galle wechselt sehr. Nach Novi^) hängt sie von der Art der Nahrung ab und bei Hunden soll sie am geringsten bei Brodnahrung und am grössten bei Fleischkost sein. Nach Dastre^ ) ist dies dagegen nicht der Fall. Trotz konstanter Ernährung schwankt nach ihm der Gehalt an Eisen in der Galle und er hängt vor allem von den blutbildenden scheidong und blutzersetzenden Faktoren ab. Die Frage, in wie weit das in den Körper "oaiie.'" eingeführte Eisen durch die Galle ausgeschieden wird, ist verschieden beant- wortet worden. Dass die Leber die Fähigkeit hat, das Eisen ebenso wie andere 1) Upsala Lükaref. Fürh. Bd. 2». 2) Zeitschr. f. i)liysiol. Cheui. IIa. 17. 3) Nicht veröfl'entlichte Untorsuchung des Verf. 's. 4) Journal of Anat. and Tliysiol. Bd. 5. S. 158. ä) Vergl. Maly's Jaliresber. Bd. 20. 6) Arcii. de physiol. (5.) Bd. 3. H a m mar s ten, rhysiologischo Chemie. Dritte Auflage. 14 \ 210 Achtes Kapitel. Metalle aus dem Blute aufzunehmen und dann zurückzuhalten, unterliegt keinem Zweifel. Während aber einige Forscher, wie Novi und Kunkel^), der Ansicht sind, dass das eingeführte und vorübergehend in der Leber abgelagerte Eisen durch die Galle ausgeschieden wird, leugnen dagegen andere, wie Hamburger^), CtOTTLIEB^) und Anselm*) eine solche Eisenausscheidung durch die Galle. Quantitative Znsamivensetzung der Galle. Ausführliche Analysen von Menschengalle sind von Hoppe-Seyler und seinen Schülern ausgeführt worden. Die Galle wurde der Blase von Leichen, deren Lebern keine bemerkenswerthen Veränderungen zeigten, möglichst frisch entnommen. Die unten angeführten Zahlen Sogoloff's^) sind Mittel werthe aus sechs und die Hoppe-Seyler's^) aus fünf Analysen. Das Verhältniss zwischen Glykocholat und Taurocholat wurde in der Weise ermittelt, dass der mit Aether in dem alkoholischen Extrakte erzeugte, aus gallensauren Alkalien bestehende Niederschlag mit Salpeter und Soda ge- schmolzen wurde. Durch Bestimmung des Schwefelsäuregehaltes der Schmelze wurde dann die Menge der Taurocholsäure berechnet. 100 Theile BaSO^ ent- sprechen 220,86 Theilen Taurocholsäure. Die Zahlen sind auf 1000 Theile berechnet. TRIFANOWSKI ') SOCOLÖFF HOPPE- Seyler 1 2 Mucin 24,8 13,0\ 07 pn ^^'^ Uebrige in Alkohol unlösliche Stoli^ . 4,5 14,6/ ' 1,4 Znsammen Taurocholat 7,5 19,2 15,67 8,7 Setzung der Glykocholat 21,0 4,4 49,04 30,3 ^^^M^"' Seifen 8,1 16,3 14,60 13,9 ^ ■ Cholesterin 2,5 3,3 — 3,5 Lecithin l f; 9 0,2 — 5,3 Fett ^ 0.^ 3^6 _ 73 Ferriphosphat — — — 0,166 Aeltere, weniger ausführliche Analysen der Blasengalle von Menschen sind von Frerichs und v. Gorup-Besanez ausgeführt worden. Die von ihnen analysirten Gallen stammten von ganz gesunden Personen, welche hingerichtet oder durch Unglücksfälle verstorben waren. Die zwei Analysen von Frerichs beziehen sich: Nr. 1 auf einen 18jährigen und Nr. 2. auf einen 22jährigen Mann. Die Analysen von v. Gorup-Besanez beziehen sich: Nr. 1 auf einen 49jährigen Mann und Nr. 2 auf eine 29jährige Frau. Die Zahlen sind, wie gewöhnlich, auf 1000 Theile berechnet. 1) Pflüger's Arch. Bd. 14. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 2 u. 4. 3) Ebend. Bd. 15. 4) Ueber die Eisenausscheidung der Galle. Inaug.-Diss. Dorpat 1891. 5) Pflüger's Arch, Bd. 12. 6) Physiol. Chem. S. 301. 7) Pflüger's Arch. Bd. 9. Zusammensetzung der Galle. 211 FBF'iCHS*) V. GORÜP-BeSANEZ '') 1 ~" 2 1 2 Wasser 860,0 S59,2 822,7 898,1 Feste Stoffe 140,0 140,8 177,3 101,9 Gallensaure Alkalien . . 72,2 91,4 107,9 56,5 Schleim und Farbstoff . . . 26,6 29,8 22,1 14,5 Cholesterin 1,6 2,6 ) Fett 3,2 9,2 | 7,3 I 47,3 \ 30.9 Anorganische Stoffe .... 8,5 7,7 10,8 6,2 Die Lebergalle des Menschen ist ärmer an festen Stoffen als die Blasen- galle. In mehreren Fällen hat man nur 12 — 18 p. m. feste Stoffe gefunden; aber in diesen Fällen ist die Galle kaum als normal anzusehen. .Jacobse.n^) fand in einer Galle 22,4 — 22,8 p. m. feste Stoffe. Der Verf. ^), welcher Ge- Z'i>-,-iramen- legenheit hatte, in sieben Fällen von Gallenfisteloperation die Lebergalle zu Lebonjaiie analysiren, hat wiederholt einen Gehalt von 25 — 28 p. m, feste Stoffe beob- Menschen, achtet. In einem Falle, bei einem kräftig gebauten Weibe, schwankte der Gehalt der Lebergalle an festen Stoffen im Laufe von 10 Tagen zwischen 30,10 und und 38,6 p. m. Die Menschengalle enthält bisweilen, aber nicht immer, Schwefel in ätherschwefelsäureähnlicher Bindung. Die Menge dieses Schwefels kann sogar ^,'4 — ^/s der gesammten Schwefelmenge betragen. Die Menschengalle ist regel- , , massig reicher an Glykochol- als an Taurocholsäure. In sechs vom Verf. ^^. analysirten Fällen von Lebergalle schwankte das Verhältuiss von Taurochol- zu Glykocholsäure zwischen 1 : 2,07 und 1 : 14,36. Die von Jacobsex analysirte Galle enthielt gar keine Taurocholsäure. Als Beispiele von der Zusammensetzung der Lebergalle des Menschen folgen hier die Analysen von drei, vom Verf. ^) analysirten Gallen. Die Zahlen sind auf 1000 Theile berechnet. Feste Stoffe 25,200 35,260 25,400 Wasser 974,800 964,740 974,600 Mucin und Farbstoff . . . 5,290 4,290 5,150 Gallensaure Alkalien . . . 9,310 18,240 9,040 Taurocholat 3,034 2,079 2,180 Glykocholat 6,276 16,161 6,860 Fettsäuren aus Seifen . . 1,230 1,360 1,010 Cholesterin 0,630 1,600 1,500 Lecithin | „ „p„ 0,574 0,650 Fett j ^''^^ 0,956 0,610 Lösliche Salze 8,070 6,760 7,250 Unlösliche Salze .... 0,250 0.490 0,210 Unter den Mineralstoffen kommen in allergrösster Menge Chlor und Natrium vor. Die Relation zwischen Kalium und Natrium schwankt in ver- 1) Cit. nach HOppe-Seyleb, Physiol. Chem. S. 299. 2) Ebend. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. G. 4) Nova Acta Reg. See. Scient. Upsal. Vol. 16. 5) 1. c. 14* 212 Achtes Kapitel. schiedenen Gallen recht bedeutend. Schwefelsäure und Phosphorsäure kommen nur in sehr geringen Mengen vor. Der Gehalt an Eisen in der Lebergalle war in drei vom Verf. untersuchten Fällen 0,018 — 0,044 p. m., auf die frische Galle berechnet. Der Farbstoffgehalt der Menschengalle ist in einem Falle von Gallenfistel von Noel-Paton^) nach einer vielleicht doch nicht ganz zuverlässigen Methode Farbstoff- ^^^ 0,4 — 1,3 p. m. bestimmt worden. Für die Hundegalle liegen genauere, nach gehait. ^^^, speJiti-ophotometrischeu Methode ausgeführte Bestimmungen vor. Nach Stadelmann ^) enthält die Hundegalle als Mittel 0,6 — 0,7 p. m. Bilirubin. Pro 1 Kilo Thier werden in 24 Stunden höchstens 7 mgni Farbstoflf secernirt. Bei den Thieren ist das relative Mengenverhältniss der Glykochol- und Taurocholsäure sehr wechselnd. Durch Bestimmungen des Schwefelgehaltes hat man gefunden, dass, soweit die bisherige Erfahrung reicht, die Taurocholsäure bei fleischfressenden Säugethieren , bei Vögeln, Schlangen und Fischen die vor- herrschende Säure ist. Unter den Pflanzenfressern haben Schafe und Ziegen Relatives eine überwiegend taurocholsäurehaltige Galle. Die Rindergalle enthält bisweilen hä^tnfsrdo'r überwiegend Taurocholsäure, in anderen Fällen überwiegend Glykocholsäure und ^"^sUMen.^" "^'iederum in einzelnen Fällen fast ausschliesslich die letztgenannte Säure. Die Gallen des Kaninchens, des Hasen und des Känguruhs enthalten überwiegend, die • des Schweines fast ausschliesslich Glykocholsäure. Irgend einen bestimmten Einfluss verschiedener Nahrung auf das relative Mengenverhältniss der zwei Gallensäuren hat mau nicht nachweisen können. Nach Ritter^) soll jedoch bei Kälbern, wenn sie von der Milch- zu der Pflanzennahrung übergehen, die Menge der Taurocholsäure abnehmen. Zu der obengenannten Berechnung der Taurocholsäure aus dem Schwefel- gehalte der gallensauren Salze ist indessen zu bemerken, dass diese Berechnung zu keinen sicheren Schlüssen führen kann, so lange man noch nicht untersucht hat, ob nicht auch die Gallen anderer Thiere ebenso wie die der Haifische und des Menschen Schwefel in anderer Bindung wie als Taurocholsäure ent- halten können. Die Gase der Galle bestehen aus einer reichlichen Menge Kohlensäure, welche mit dem Alkaligehalte zunimmt, höchstens Spuren von Sauerstofi* und einer sehr kleinen Menge Stickstoff". Ueber die Beschaffenheit der Galle bei Krankheiten ist nur wenig belcannt. Die Menge des Harnstoffes hat man in der Urämie bedeutend vermelirt gefunden. Leiicin und Tyrosin sind bei akuter gelber Leberatrophie und bei Typhus beobachtet worden. Spuren von Eiweiss DieGalle bei ^^^jggggjjgj^ von dem Nukleoalbumin) hat man einige Male in der Menschengalle gefunden, heilen. Sogenannte picjmentäre Acholie, d. h. die Absonderung einer, Gallensäuren aber keine Gallen- farbstoffe enthaltenden Galle hat man auch mehrmals beobachtet. In allen solchen, von ihm beobachteten Fällen, fand Kitter*) dabei eine Fettdegeneration der Leberzellen, wogegen sogar 1) Rep. Lab. Roy. Soc. Coli. Phys. Edinb. Bd. 3. 2) Der Icterus etc. Stuttgart 1891. 3) Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 6. S. 195. 4) Compt. rend. Tome 74 und Journ. de lanat. et de la physiol. (par Robin.) 1872. Chemismus der Galleobereitang. 213 bei hochgradiger Fettinfiltration eine normale , pigmenthaltige Galle abgesondert wird. Die Absonderung einer an Gallensäuren sehr armen Galle ist von Hopfe-Seyler'; bei Amylnid- degeneration der Leber beobachtet worden. Bei Tliieren , Hunden und besonders Kaninchen, hat man den Uebergang von Blutfarbstoff in die Galle in Folge von Vergiftungen oder an- deren, zu einer Zerstörung der Blutkürperchen führenden Einflüssen wie auch nach intra- venösen Häraoglobininjektionen beobachtet (Weiitiieimek und Meyek'-), Filehne'j, Steks*). In der Gallenblase findet man in pathologischen Fällen bisweik-u statt der Galle eine mehr oder weniger dickflüssige oder fadenziehende fast farblose Flüssigkeit, diePseudomucine oder andere eigen thümliche Proteinsubstanzen enthält Chemismus der Gallenbereitung. Die Frage, welche hier in erster Linie beantwortet werden niuss, ist folgende: Enstehen die spezifischen Bestand- theile der Galle, die Gallensäuren und Gallenfarbstoffe, in der Leber und, wenn dies der Fall ist, entstehen sie ausschliesslich in diesem Organe oder werden sie auch anders wo gebildet? Die Untersuchung des Blutes und besonders die vergleichende Unter- suchung des Pfortader- und Lebervenenblutes unter normalen Verhältnissen hat noch keine Beiträge zur Aufklärung dieser Frage geliefert, und es ist deshalb zur Entscheidung derselben nöthig gewesen, bei Thieren die Leber zu exstirpiren oder aus dem Kreislaufe auszuschalten. Werden die Gallenbestandtheile nicht iu der Leber oder jedenfalls nicht in diesem Organe allein gebildet, sondern Prinzip der vielmehr nur mittelst der Leber aus dem Blute eliminirt, so muss man nach sachnng. der Exstirpation oder der Ausschaltung dieses Organes aus dem Blutkreislauf eine Anhäufung von Gallenbestandtheilen in Blut und Geweben erwarten können. Werden die Gallenbestandtheile dagegen ausschliesslich in der Leber gebildet, so können die fraglichen Operationen selbstverständlich keinen solchen Erfolg haben. Unterbindet man dagegen den Ductus choledochus, so müssen die Gallenbestandtheile, gleichgültig ob sie in der Leber oder anderswo gebildet werden, in Blut und Geweben sich ansammeln. Nach diesem Prinzipe hat Kübxer^) an Fröschen den Beweis für die Entstehung der GallensÜHren ausschliesslich in der Leber zu liefern versucht Während man nämlich nach ..der Exstirpation der Leber bei diesen Thieren keine Gallensäuren in Blut und Geweben hat nachweisen können, gelang es KöBXER dagegen nach Unterbindung des Ductus choledochus diesen Nachweis » ° ° ,11 Entstehung ZU führen. Dass beim Hunde die Gallensäuren in der Leber entstehen, geht der Qaiien- -v i_ TT \ • A säoron ia de aus einer Untersuchung von Ludwig und Fleischl^) hervor. Nach Unterbindung Leber. des Ductus choledochus beobachteten sie, dass die Gallenbestandtheile von den Lymphgefässen der Leber aufgesaugt und durch den Ductus thoracicus dem 1) Physiol. Chem. 1877 — 1881. S. 317. 2) Compt. rend. Tome 108. 3) ViKcnow's Arch. Bd. 121. 4) Ebend. Bd. 123. 5) Vergl. Heidenhain, Physiologie der Absonderungsvorgänge in Hebmann'b Hand- buch. Bd. 5. 6) Arbeiten aus der physiol. Anstalt zu Leipzig. Jaiirg. 9. 214 Achtes Kapitel. Blute zugeführt wurden. Nach einer solchen Operation können in dem Blute Gallensäuren nachgewiesen werden, während sie im normalen Blute nicht nach- zuweisen sind. Wurden dagegen der Ductus choledochus und der Ductus thoracicus zugleich unterhunden, so fanden sich keine nachweisbaren Spuren von Gallensäuren im Blute, was doch der Fall hätte sein müssen, wenn sie auch in anderen Organen oder Geweben in nennenswerther Menge gebildet worden. Auch in anderer Weise hat man die Bildung von Gallensäuren in den Leberzellen zu beweisen versucht. Alex. Schmidt und Kallmeyer^) haben (j^,gjjggjjj.g nämlich gezeigt, dass die isolirten, mit physiologischer Kochsalzlösung ausge- biidang. vvaschenen überlebenden Leberzellen bei Gegenwart von Hämoglobin und Gly- kogen ihren Gehalt an in Alkohol löslichen, in Aether unlöslichen Stoffen bis auf mehr als das Doppelte vermehren können, was für eine Bildung von gallen- sauren Alkalien sprechen würde. Nach älteren Angaben von Cloez und Vulpian wie auch von Virchow sollen Gallensäui'en auch in den Nebennieren vorkommen. Diese Angaben sind indessen durch neuere Untersuchungen von Stadelmaxx und Beier^) nicht be- stätigt worden. Man hat also gegenwärtig keinen Grund, eine Bildung von Gallensäuren anderswo als in der Leber anzunehmen, Dass die Gallenfarhstoffe auch in anderen Organen als in der Leber entstehen können, dürfte dagegen unzweifelhaft bewiesen sein, wenn nämlich, wie dies allgemein angenommen wird, der in alten Blutextravasaten vorkommende Farbstoff Hämatoidin mit dem Gallen farbstoff, dem Bilirubin, identisch ist g V on Gallen- (vergl. S. 127). Von Latschexberger ^) ist auch bei Pferden unter pathologischen farbstoffen in ^ ^ '^ _ ^ . den Ge- Verhältnissen eine Entstehung; von Gallenfarbstoff aus dem Blutfarbstoffe in den ■weben. ° Geweben beobachtet worden. Auch das Vorkommen von Gallenfarbstoff in der Placenta dürfte von einer Gallenfarbstoffbildung daselbst herrühren, während das Vorkommen von geringen Mengen Gallenfarbstoff in dem Blutserum einiger Thiere vielleicht von einer Resorption desselben herrühren könnte. Wenn aber Gallenfarbstoffe in anderen Organen als in der Leber ent- stehen können, so fragt es sich demnächst, welche Bedeutung dieses letztge- nannte Organ für die Ausscheidung und die Entstehung des Gallenfarbstoffes hat. In dieser Hinsicht ist zuerst daran zu erinnern, dass die Leber ein Aus- Farbstoff- Scheidungsorgan für den im Blute kreisenden Gallenfarbstoff ist, Tarchaxoff^) hat ansscheid- o o / nng durch nämlich an Gallenfistelhuden die Beobachtung gemacht, dass intravenöse In- die Galle. _ & & ' jektion von Bilirubin eine sehr bedeutende Steigerung der Gallenfarbstoffaus- scheidung zur Folge hat. Diese Angaben sind durch spätere Untersuchungen von Vo.5Sius^) bestätigt worden. 1) Kallmeyek. Ueber die Entstehung der Gallensäuren etc. Inaug.-Diss, Dorpat 1889. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18, wo man auch die ältere Litteratur findet. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 16 und Monatshefte f. Chem. Bd. 9. 4) Pfltjgee'b Arch. Bd. 9. ä) Cit. nach Stadelmann, Der Icterus etc. Entstehung der Gallenfarbstofie. 215 Zur Entscheidung der Frage, ob der Gallenfarbstoff' nicht nur durch die Leber ausgeschieden, sondern in derselben auch gebildet wird, sind zahlreiche Versuche angestellt worden. Bei Experimenten an Tauben konnte Sterx^) nach Unterbindung der Gallengänge allein schon nach fünf Stundc-n Gallen- farbstofT in dem Blutserum nachweisen , während er nach Unterbindung aller Entstehung von Gallon- Gefässe der Leber und zugleich der Gallengänge weder im Blute noch in den farbstoffenin 1 **"' Lober. Geweben der 10 — 24 Stunden nach der Operation getödteten Thiere etwas Gallenfarbstoff nachweisen konnte. Es haben ferner Minkowski und Nauxyx^) gefunden, dass die Vergiftung mit Arsen Wasserstoff, welche bei vorher ge- sunden Gänsen eine reichliche Bildung von Gallenfarbsfoff und Entleerung schon nach kurzer Zeit von einem biliverdinreichen Harn zur Folge hat, bei entleberten Gänsen in dieser Hinsicht ohne Wirkung ist. Bei Säugethieren hat man keine derartigen, beweisenden Versuche aus- führen können , weil die Thiere zu kurze Zeit die Operation überleben ; aber trotzdem dürfte wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass auch bei ihnen die Leber dasjenige Organ ist, in welchem unter physiologischen Verhältnissen der Gallenfarbstoff fast ausschliesslich gebildet wird. Bezüglich des Materials, aus welchem die Gallensäuren entstehen, lässt sich mit vSicherheit sagen, dass die zwei Komponenten, das Glykokoll und das Taurin, welche beide stickstoffhaltig sind, aus den Proteinstoffen entstehen. Gaiicnsäor Ueber die Abstammung der stickstofffreien Cholalsäure, welche man früher ohne '' genügende Gründe von dem Fette herleiten wollte, kennt man nichts Sicheres. Als Muttersubstanz der Gallenfarbstoffe betrachtet man den Blutfarbstoff. Wäre die Identität des Hämatoidins und des Bilirubins über jeden Zweifel er- haben, so könnte auch eine solche Ansicht schon durch diesen Umstand als bewiesen betrachtet werden. Unabhängig von dieser, nunmehr wohl allgemein anerkannten Identität der beiden Farbstoffe scheint jedoch die obige Ansicht genügend begründet zu sein. Es ist von mehreren Forschern bewiesen worden, dass aus dem Blutfarbstoffe in den Geweben gelbe oder gelbrothe Farbstoffe 0*^"^*^^' entstehen können, welche die GjiELiN'sche Farbstoffreaktion geben und welche, '^'offbe™'»- wenn sie auch noch nicht fertige Gallenfarbstoffe sind, jedoch Vorstufen der- selben darstellen (Latschexbekger ^). Einen weiteren Beweis für die Entstehung der Gallenfarbstoffe aus Blutfarbstoff hat man darin sehen wollen, dass aus dem Häraatin durch Reduktion das angeblich mit dem Hydrobilirubin identische Urobilin entstehen kann (Hoppe-Seyler u. a.). Nach einigen Forschern (Xexcki und Sieber und Le Nobel'*) soll die so erhaltene Substanz zwar kein echtes Urobilin sein, aber sie scheint dem letzteren jedenfalls so nahe verwandt zu 1) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 19. •■i) Ebend. Bd. 21. 3) 1. C. ^) Vergl. oben Kap. 6 über das Blut, S. 12G. 21 G Achtes Kapitel. sein, dass diese Verwandtschaft als ein Beweis für die Entstehung des Bili- rubins aus Blutfarbstoff gelten könnte. Es soll weiter das Häniatoporphyrin (vergl. S. 126) nach Nengki und Sieber dem Bilirubin isomer und nahe ver- wandt sein. Für die Entstehung des Bilirubins aus dem Blutfarbstoffe spricht endlich besonders der Umstand, dass nach der einstimmigen Erfahrung mehrerer Forscher^) das Auftreten von freiem Hämoglobin in dem Plasma — nach Zer- störung von rothen Blutkörperchen durch die verschiedenartigsten Einflüsse (vergl. unten) oder durch Injektion von Hämoglobinlösung — eine vermehrte Bildung von Gallenfarbstoff zur Folge haben kann. Es wird dabei nicht nur der Pigment- gehalt der Galle bedeutend vermehrt, sondern es kann sogar unter Umständen Gallenfarbstoff in den Harn übei'gehen (Ikterus). Nach Injektion von Hämo- globinlösung au einem Hunde, subkutan oder in die Peritonealhöhle, beobachteten Stadelmann und Gorodecki') eine mehr als 24 Stunden andauernde und in einem Falle sogar um 61 "/o gegenüber der Norm erhöhte Farbstoffausscheidung durch die Galle. Wenn also das eisenfreie Bilirubin aus dem eisenhaltigen Hämatin ent- steht, so muss dabei Eisen abgespalten werden. Dieser Vorgang könnte in Uebereinstimmung mit der Ansicht von Nengki und Sieber ^) nach folgendem Schema verlaufen : CggHgoN^O^Fe + 2HoO — Fe= 2CieHi8N203, obwohl jedoch der Verlauf mehr komplizirt sein dürfte. Von besonderem Interesse ist die Frage, in welcher Form oder Verbindung das Eisen abgespalten wird, und des Eisens ferner, ob es mit der Galle eliminirt werde. Das letztere scheint nicht der Fall lenfarbstoif- ZU Sein. Auf je 100 Theilc Bilirubin, welche mit der Galle ausgeschieden werden, enthält die letztere nach Kunkel^) nur 1,4 — 1,5 Theile Eisen, während 100 Theile Hämatin etwa 9 Theile Eisen enthalten. Es haben ferner Minkowski und Baserin^) gefunden, dass die reichliche Gallenfarbstoffbildung, welche bei der Vergiftung mit Arsen Wasserstoff vorkommt, nicht von einer Vermehrung des Eisengehaltes der Galle begleitet ist. Die Menge des Eisens in der Galle scheint also nicht der Menge des Eisens in dem zersetzten Blutfarbstoffe zu entsprechen. Dagegen scheint es, als würde das Eisen wenigstens in erster Linie von der Leber als eisenreiche Pigmente zurückgehalten werden. Ein derartiges, ^*®"*^^'^se eisenhaltiges Pigment, welches bei der Zersetzung des Hämoglobins entstanden der Leber. y.g^Y, beobachteten Naunyn und Minkowski-'') in den Lebern von Vögeln bei Arsenwasserstoffikterus. Nach Latschenberger ^) entstehen (vergl. S. 214) aus dem Blutfarbstoffe, als Vorstufen bei der Gallenfarbstoffbereitung, gelbe oder gelbrothe Farbstoffe, „Choleglohine'''' , und daneben treten auch dunkle Köi'ner 1) Vergl. Stadelmann, Der Icterus. Stuttgart 1891. ü) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 24. 3) Pflüger's Arch. Bd. 14. S. 353. •i) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 23. 5) 1. c. 6) 1. c. Der Ikterus. 217 eines eisenhaltigen, von ihm als Melanin bezeichneten Stoffes auf. Auch in Blutextravasaten und Thromben hat Neumann ^) neben dem Hämatoidin das Auf- treten von einem eisenreichen Pigmente, für welches er den Namen Hämosiderin vorgeschlagen hat, beobachtet. In welcher Beziehung steht die Bildung der Gallensäuren zu derjenigen des Gallenfarbstoffes? Entstehen diese beiden Hauptbestandtheile der Galle gleichzeitig aus demselben Materiale und kann man also einen bestimmten Zu- sammenhang zwischen Bilirubin- und Gallensäurebildung in der Leber nach- f^^^^\^^ weisen? Die Untersuchungen von Stadelmaxx ^) lehren, dass dies nicht tlt-r '*^^*^"j|yjg^ Fall ist. Bei gestei>{erter Gallenfarbstoff bildung nimmt nämlich die Gallen- v??."^' o c o üuaiuig. säurebildung ab, und die Zufuhr von Hämoglobin zur Leber bewirkt zwar eine stark vermehrte Bilirubinbildung, setzt aber gleichzeitig die Gallensäureproduktion stark herab. Die Gallenfarbstoff- und die Gallensäurebildung haben also nach Stadelmann gesonderten Zellthätigkeiten ihren Ursprung zu verdanken. Eine Resorption von Galle aus der Leber durch die Lymphgefässe und ein Uebergang von Gallenbestandtheilen in Blut und Harn kommt bei gehindertem Abfluss der Galle und überhaupt in den verschiedenen Formen von heiKitogenem Iläerus vor. Gallenfarbstoffe können jedoch auch unter anderen Umständen in den Harn übergehen, und besonders in den Fällen, in welchen bei Thieren durch Injektion von Wasser oder einer Lösung von gallensauren Salzen, durch Ver- giftung mit Aether, Chloroform, Arsen Wasserstoff, Phosphor oder Toluylendiamin u. a., wie auch bei Menschen in schweren Infektionskrankheiten, eine Auflösung oder Zerstörung von rothen Blutkörperchen stattfindet. Man hat deshalb auch uene Formen eine zweite Form von Ikterus, in welcher die Umwandlung des Blutfarbstoffes in Gallenfarbstoff anderswo als in der Leber, namentlich in dem Blute statt- finden würde — einen hämatogenen oder anhepatogenen Ilderus — annehmen zu können geglaubt. Das Vorkommen eines hämatogenen Ikterus ist indessen durch die wichtigen Untersuchungen von Minkowski und Nauxyn, Afanassiew, Silbermann und besonders von Stadelman'N ^) überhaupt sehr unwahrscheinlich geworden, und für einige der obengenannten Fälle, wie nach Vergiftung mit Phosphor, Toluylendiamin und Arsenwasserstoff, ist diese Annahme durch Ex- perimente direkt widerlegt. Der Ikterus ist auch in diesen Fällen hepatogen; er rührt also von einer Resorption von Gallenfarbstoff aus der Leber her, und diese Resorption scheint in den verschiedenen Fällen in etwas verschiedener Weise zu Stande kommen können. So kann die Galle eine zähe Beschaffenheit annehmen, die dem niedriizen Hopatogonor iktcras. Sekretionsdrucke entgegenwirkt und also eine Stauung herbeiführt. In anderen Fällen können vielleicht die feinsten Gallenwege durch krankhafte Schwellung 1) ViRCHOw's Arch. Bd. 111. 2) Der Icterus. 3) Die hierher gehörige Litteratur findet mau bei Stadelmann, Der Icterus. Stutt- gart 1891. 218 Achtes Kapitel. der Leberzelleu komprimirt werden oder es kann ein Katarrh der Gallenwege auftreten, der zu einer Stauung der Galle führt (Stadelmann). In anologer Weise ist man nunmehr auch geneigt die anderen Formen von sogen, häma- togenem Ikterus zu erklären. Anhang zur Galle. Gallenkonkremente. Die in der Gallenblase vorkommenden Konkremente, deren Grösse, Form und Anzahl sehr bedeutend wechseln können, sind je nach der Art und Be- schaffenheit desjenigen Stoffes, welcher ihre Hauptmasse bildet, dreierlei Art. Die eine Gruppe von Gallensteinen enthält als Hauptbestandtheil Pigmentkalk, donrArten die andere Cholesterin und die dritte Calciumkarbonat und Phosphat. Kon- ^Tteinen." kremente der letztgenannten Gruppe sind beim Menschen sehr selten. Die sogen. Cholesterinsteine sind bei ihm die am meisten vorkommenden, während die beim Menschen weniger oft vorkommenden Pigmentkalksteine bei Rindern die häufigsten sind. Die Piymentsteine sind beim Menschen im Allgemeinen nicht gross; bei Rindern und Schweinen dagegen findet man bisweilen Gallensteine, welche die Grösse einer Wallnuss haben oder noch grösser sind. In den meisten Fällen bestehen sie überwiegend aus Bilirubinkalk mit nur wenig oder fast keinem Biliverdin. Bisweilen findet man jedoch auch kleine, schwarze oder grünschwarze steine.' metallglänzeude Steine, welche überwiegend Bilifuscin nebst Biliverdin enthalten. Eisen und Kupfer scheinen regelmässig in Pigmentsteinen vorzukommen. Auch Mangan und Zink sind einige Male in ihnen gefunden worden. Die Pigment- steine sind regelmässig schwerer als Wasser. Die Cholesterinsteine, deren Grösse, Form, Farbe und Struktur sehr wechselnd sein können, sind oft leichter als Wasser. Die Bruchfläche ist radiär krystallinisch oder auch zeigt sie, was sehr gewöhnlich ist, krystallinische kon- zentrische Schichten. Die Schnittfläche ist wachsglänzend und ebenso nimmt die Bruchfläche beim Reiben gegen den Nagel Wachsglanz an. Durch Reibung gegeneinander in der Gallenblase werden sie oft facettirt oder erhalten andere Cholesterin- eigenthümliche Formen. Die Oberfläche ist bisweilen fast weiss, wachsähnlich, steine, meistens hat sie aber eine sehr wechselnde Farbe. Sie ist bisweilen glatt, in anderen Fällen rauh oder höckerig. Der Gehalt der Konkremente an Chole- sterin schwankt von 642 bis 981 p. m. (Futter ^). Neben dem Cholesterin ent- halten die Cholesterinsteine bisweilen auch wechselnde Mengen Pigmentkalk, was ihnen ein sehr wechselndes Aussehen ertheilen kann. Cholesterin, C^gH^^O oder nach Obermiller C27H4ßO. Gewöhnlich wird das Cholesterin als ein einwerthiger Alkohol von der Formel CagH^gOH be- trachtet. Nach den Untersuchungen von Obermüller ^), welcher mehrere Chole- sterinverbindungen analysirt hat, scheint die Formel indessen eher C27H45OH 1) Journal de l'anat. et de la physiol. (par Robin). 1872. ^) Du Bois-ReymOnd's Arch. 1889 und Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. Das Cholesterin. 219 zu sein. Mit konzentrirter Schwefelsäure liefert es gefarbfe Kohlenwasserstoffe, CholesteriUne, und diese Kohlenwasserstoffe sollen nach Weyl^) in naher Be- ziehung zu der Terpengruppe stehen. Auch zu der Cholalsäure hat man das Cholesterin. Cholesterin in nahe Beziehung stellen wollen. Das Cholesterin kommt in geringer Menge in fast allen tliierischen Säften und Flüssigkeiten vor. Im Harne ist es nur sehr selten und immer nur in sehr geringer Menge gefunden. Es findet sich auch in den verschiedenen Geweben und Organen — besonders reichlich in dem Gehirne und dem Nervensysteme — ferner in Eidottern, Sperma, Wollfett (neben Isocholesterin), in der Hautsalbe, in dem Darrainhalte, den Exkrementen und dem Mekonium. Pathologisch kommt „ ^ Vorkommen es besonders in Gallensteinen, ferner in Atherombälgen, Eiter, Tuberkelmasse, des ^ Cholo- alten Transsudaten, Cystenflüssigkeiten , Auswurf und Geschwülsten vor. Im Sterins. Pflanzenreiche scheinen mehrere Arten von Cholesterin vorzukommen. Das Cholesterin, wie es aus warmem Alkohol heim Erkalten auskrystallisirt oder in alten Transsudaten u. dgl. vorkommt, enthält ein Mol. Krystallwasser, schmilzt bei 145° C. und stellt ungefärbte, durchsichtige Tafeln dar, deren Ränder und Winkel nicht selten ausgebrochen erscheinen und deren spitze Winkel oft 76° 30' oder 87° 30' betragen. In grösserer Menge gesehen, er- sterin- scheint es als eine weisse, perlmutterglänzende, aus fettig sich anfühlenden Blätt- chen bestehende Masse. Das Cholesterin ist unlöslich in Wasser, verdünnten Säuren und Alkalien Von siedender Alkalilauge wird es weder gelöst noch verändert. In siedendem Alkohol löst es sich leicht und krystallisirt bei Erkalten aus. Es löst sich leicht in Aether, Chloroform und Benzol und löst sich ferner auch in flüchtigen und fetten Gelen. Von gallensaureu Alkalien wird es auch in geringer Menge gelöst, s^'ff®"^ Unter den vielen, besonders von Obermüller ^) studirten Verbindungen des Cholesterins ist vor allem zu nennen der Propiousäureester, C2H5.CO.O.C27H45, welcher wegen des Verhaltens der geschmolzenen Verbindung beim Erkalten zur Erkennung des Cholesterins benutzt werden kann. Zur Erkennung des Cholesterins ist sonst sein Verhalten zu konzentrirter Schwefelsäure von grosser propion- Wichtigkeit, indem hierbei farbige Produkte gebildet werden. Lässt man ein Gemenge von fünf Theilen Schwefelsäure und einem Theil Wasser auf Cholesterinkrystalle einwirken, so werden die letzteren von den Rändern aus erst lebhaft karminroth und dann violett gefärbt. Dieses Ver- halten eignet sich gut zur mikroskopischen Erkennung des Cholesterins, Ein anderes, ebenfalls sehr gutes Verfahren zum mikroskopischen Nachweis des ^Mikro- ' o 1 chemische Cholesterins besteht darin, dass man erst die wie oben verdünnte Schwefelsäure Reaktionen, und dann etwas Jodlösung zusetzt. Die Krystalle werden nach und nach violett, blaugrün und schön blau gefärbt. 1) Du Bois-Reymond's Arch. 1886. S. 182. 2) 1. c. 220 Achtes Kapitel. Salkowski's Real'tion^). Löst man Cholesterin in Chloroform und setzt dann ein gleiches Volumen konzentrirter Schwefelsäure zu, so wird die Chole- Eeaktion sterinlösung erst blutroth und dann allmählich mehr violettroth, während die Saikwski. Schwefelsäure duukelroth mit grüner Fluorescenz erscheint. Giesst man die- selbe Chloroformlösung in eine Porzellanschale, so wird sie violett, ferner grün und zuletzt gelb. Likbermanx-Burchard's^) BeaJäion. Man löst das Cholesterin in etwa 2 ccm Chloroform und setzt darauf erst 10 Tropfen Essigsäureanhydrid und dann Liebermann- tropfenweise konzentrirte Schwefelsäure hinzu. Das Gemenge wird erst schön Reaktion, roth, dann blau und zuletzt, wenn man nicht zuviel Cholesterin oder Schwefel- säure zugesetzt hat, dauernd schön grün. Bei Gegenwart von sehr wenig Chole- sterin kann die Grünfärbung direkt auftreten. Keines, trockenes Cholesterin in einem trockenen Probirröhrchen mit 2 bis 3 Tropfen Propionsäureanhydrid über kleiner Flamme geschmolzen, liefert eine Masse, die beim Abkühlen zuerst violett, dann blau, grün, orange, karminroth und zuletzt kupferroth erscheint. Am besten ist es , die Masse an einem Glasstab bis zum neuen Schmelzen zu erhitzen und dann den Glasstab während des Abkühlens vor einem dunklen Hintergrunde zu betrachten (Ober- MtJLLER^). Schiff's Reaktion. Bringt man ein wenig Cholesterin mit ein paar Tropfen eines Gemenges von 2 bis 3 Vol. konzentrirter Salzsäure oder Schwefelsäure und einem Volumen massig verdünnter Eisenchloridlösung in eine Porzellanschale und dampft vorsichtig über einer kleineu Flamme zur Trockne ein, so erhält man einen erst rothvioletten und dann blau- violetten Rückstand. Verdunstet man eine kleine Menge Cholesterin mit einem Tropfen konzentrirter Salpeter- säure zur Trockne, so erhält man einen gelben Fleck, welcher von Ammoniak oder Natron- lauge tief Orangeroth wird (nicht charakteristische Reaktion). Isocholc- sterin. Isocholcstcrin hat Schulze*) ein, mit dem gewöhnlichen isomeres Cholesterm ge- nannt, welches im Wollfett vorkommt und in Folge dessen in reichlicher Menge in dem so- genannten Lanolin enthalten ist. Giebt die Reaktion von Salkowski nicht. Schmelzpunkt 138—138,5". Zur Darstellung des Cholesterins benützt man am besten die sogenannten Cholesterinsteine. Das erst mit Wasser ausgekochte Pulver wird wiederholt mit Alkohol ausgekocht. Das aus der warm filtrirten Lösung beim Erkalten aus- Darsteiiung krystallisirte Cholesterin kocht man mit einer Lösung von Kalihydrat in Alkohol, ^sterins.^ um das verunreinigende Fett zu verseifen. Nach dem Verdunsten des Alkohols extrahirt man aus dem Rückstande das Cholesterin mit Aether, wobei die Seifen ungelöst zurückbleiben, filtrirt, dunstet den Aether ab und reinigt das Cholesterin durch Umkrystallisiren aus Alkohol-Aether. Aus Geweben und Flüssigkeiten extrahirt man das Cholesterin erst mit Aether und reinigt es dann wie oben. Nach demselben Prinzipe wird es auch in Geweben etc. nachgewiesen und quantitativ bestimmt. In Transsudaten und pathologischen Gebilden erkennt man es ge- wöhnlich leicht mit dem Mikroskope. 1) Pflüger's Arch. Bd. 6. 2) C. Liebermann, Ben d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 18. S. 1804. IL Buechakd, Beiträge zur Kenntniss der Cholesterine. Rostock 1889. 3) 1. c. 4) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 6. Journal f. prakt. Chem. N. F. Bd. 25. S. 458 und Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. S. 522. Vergl. auch E. Schulze und J. Barbieri Journal f. prakt. Chem. N. F. Bd. 25. S. 159. Neuntes Kapitel, Die Verdauung. Die Verdauung hat zur Aufgabe, die zur Ernährung des Körpers brauch- baren Bestandthcile der Nahrung von den unbrauchbaren zu trennen und jene in eine Form überzuführen, welche die Aufnahme derselben aus dem Darm- kanale ins Blut und ihre Verwendung für die verschiedenen Zwecke des Organis- mus ermöglicht. Hierzu ist nicht nur eine mechanische, sondern auch eine chemische Arbeit erforderlich. Jene Art von Arbeit, welche wesentlich durch die physikalischen Eigenschaften der Nahrung bedingt ist, besteht in einem ^"J/^a^^Qn^'g' Zerreissen, Zerschneiden, Zerquetschen oder Zermalmen der Nahrung, während diese dagegen hauptsächlich das Ueberführen der NahrungsstofTe in eine lös- liche, resorbirbare Form oder die Spaltung derselben in für die thierische Syn- these brauchbare, einfachere Verbijidungeu zur Aufgabe hat. Die Auflösung: der Nährstoffe kann in einigen Fällen mit Hilfe von Wasser allein geschehen; in den meisten Fällen dagegen ist eine chemische, durch die sauren oder alkalischen von den Drüsen abgesonderten Säfte vermittelte Umsetzung und Spaltung hierzu erforderlich. Eine Besprechung der Verdauungsvorgänge vom chemischen Ge- sichtspunkte aus muss deshalb auch vor Allem die Verdauungssäfte, ihre quab*- tative und quantitative Zusammensetzung wie auch ihre Wirkung auf die Nahr- ungs- und Genussmittel gelten. Die Speicheldrüsen und der Speichel. Die Speicheldrüsen sind theils Euveissdrüsen (Parotis bei Menschen und Säugethieren, Submaxillaris beim Kaninchen), theils Scliloimdrnsen (ein Albumin- Theil der kleinen Drüsen in der Mundhöhle, die Glandula sublingualis und "driuon."" ßubmaxillaris bei vielen Thieren) und theils gemischte Drüsen (Glandula sub- maxillaris beim Menschen). Die Alveolen der Albumindrüsen enthalten Zellen, 222 Neuntes Kapitel. welche reich an Eiweiss sind, aber kein Mucin enthalten. Die Alveolen der Mucindrüsen enthalten mucinogen- oder mucinreiche, eiweissarme Zellen ; daneben kommen aber in der Submaxillaris und Subungualis auch eiweissreiche Zellen vor, welche in einigen Fällen eine halbmondförmige Zone (Lunula nach Glanuzzi) zwischen den Schleimzellen und der Membrana propria einnehmen, in anderen Fällen dagegen die mucinreichen Zellen wie ein Ring umgeben und bisweilen endlich auch einzelne Alveolen gänzlich ausfüllen können. Bei anhaltender Sekretion scheinen die Mucinzellen ihr sämmtliches Mucin abzugeben (Ewald, Stöhr), so dass nur Eiweisszellen zu sehen sind (Heidenhain ^). In der Ruhe soll das Mucin neugebildet werden. Nach den Analysen von Oidtmann^) ent- halten die Speicheldrüsen beim Hunde rund 790 p. m. Wasser, 200 p. m. organische und 10 p. m. anorganische Substanzen. Unter den festen Stoffen hat man Mucin und Eiweiss, darunter ein NuMeoalhmnin oder NuMeoproteid, NuMein, diastatisches Enzym und das Zymogen^) desselben, Extraktivstoffe, Leucin, Xantliinhörper und Mineralstoffe gefunden. Der Speicliel ist ein Gemenge von den Sekreten der obengenannten Drüsengruppen ; und es dürfte deshalb auch passend sein, erst ein jedes der ver- schiedenen Sekrete für sich und dann den gemischten Speichel zu besprechen. Der Submaxillarisspcicliel kann beim Menschen leicht durch Einführung einer Kanüle durch die Papillaröffnung in den WHARTON'schen Ausführungs- gang aufgefangen werden. Der Submaxillarisspeichel hat nicht immer dieselbe Zusammensetzung oder Beschaflenheit, was wesentlich von den Verhältnissen, unter welchen die Sekretion stattfindet, abhängig ist. Die Absonderung ist nämlich theils — durch in der Verschie- 5 & ö d done Arten (jhorda tympani verlaufende Facialisfasern — von dem cerebralen, theils — durch von Sud- - ^ maxiiiaris- jj^ ^[q Drüse mit den Gefässen hineintretende Fasern — von dem sympathischen SpBlCÜOi. Nervensysteme abhängig. In Uebereinstimmung hiermit unterscheidet man auch zwei verschiedene Arten von Submaxillarissekret, nämlich CJtorda- und Sym- pathicusspeichel. Hierzu kommt noch eine dritte Art von Speichel, der sogen. paralytische Speichel, welcher nach Vergiftung mit Curare oder nach Durch- schneidung der Drüsennerven abgesondert wird. Der Unterschied zwischen Chorda- und Sympathicusspeichel (beim Hunde) bezieht sich häuptsächlich auf die quantitative Zusammensetzung und er besteht darin, dass der weniger reichlich abgesonderte Sympathicusspeichel mehr dick- flüssig, zähe und reicher an festen Stoffen, besonders Mucin, als der reichlich 1) Hinsichtlich dieser Verhältnisse vergl. man die Lehrbücher der Histologie und den Artikel: Absonderungsvorgänge von ß. Heidenhain in Hermann's Handbuch der Physiologie. Bd. 6. S. 57 und folg. 2) Cit. nach v. Gokup-Besanez' Lehrb. d. physiol. Chem. 4. Aufl. S. 732. Die da angeführten Zahlen: bezw. 790,30, 204,50 und 15,14 geben zusammen nicht 1000, sondern 1010 Theile. 3) Vergl. besonders Warken, Central bl. f. Physiol. Bd. 8. S. 211. Speichel und Mundschleim. 223 abgesonderte Chordaspeichel ist. Nach Eckhard ^) hat der Chordaspeichel des Hundes ein spez. Gewicht von 1,0039—1,0056 und einen Gehalt von 12 bis ^ Unter- 14 p. ra. festen Stoffen. Der Sympathicusspeichel dagegen hat ein spez. Ge- Bchiede wicht von 1,0075 — 1,018 mit 16 — 28 p. m. festen Stoffen. Die Gase des Chorda und Sympalhi- Chordaspeichels sind von PflCger^) untersucht worden. Er fand 0,5 — 0,8 ''/q cQsspoiche'. Sauerstoff: 0,9— l,0°/o Stickstoff und 64,73— 85,1 3 ''/o Kohlensäure bei 0^ und 760 mm. Die Hauptmasse der Kohlensäure ist fest chemisch gebunden. Beim Menschen hat man bisher die zwei obengenannten Arten des Sub- maxillarissekretes nicht gesondert studiren können. Die Absonderung wird bei ihm durch psychische Vorstellungen, durch Kaubewegungen und durch Reizung der Mundschleimhaut, besonders mit sauer schmeckenden Stoffen, hervorgerufen. Der Submaxillarisspeichel des Menschen ist gewöhnlich klar, ziemlich dünn- submaiiJ- flüssig, ein wenig fadenziehend und leicht schäumend. Die Reaktion ist alkalisch. ^^^J^g"' ^ Das spez. Gewicht 1,002—1,003 und der Gehalt an festen Stoffen 3,6 — 4,5 p. m.^'. ^«■^^«°- Als organische Bestandtheile hat man Mucin , Spuren von Eiweiss und diasta- tischem Enzym, welches dagegen bei mehreren Thieren fehlt, gefunden. Die anorganischen Stoffe sind Alkalichloride, Natrium- und Magnesiumphosphat neb?t Bikarbonaten von Alkalien und Calcium. Auch Rhodankalium, nach Gehl*) 0,036 p. m., kommt in diesem Speichel vor. Der Subliugualisspeichel. Die Absonderung dieses Speichels steht eben- falls unter dem Einflüsse des cerebralen und des sympathischen Nervensystemes Der nur in spärlicher Mensre abgesonderte Chordaspeichel enthält zahlreiche Subiinsua- .i-jii-r^ . lisspeichel. Speichelkörperchen , ist aber sonst durchsichtig und sehr zähe. Er reagirt al- kalisch und hat nach Heidenilux^) 27,5 p. m. feste Bestandtheile (beim Hunde). Das Sublingualissekret des Menschen ist von Gehl'") untersucht worden. Es war klar, schleimähnlich, stärker alkalisch als der Submaxillarisspeichel und enthielt Mucin, diastatisches Enzym und Rhodanalkali. Der Mundschleim kann nur von Thieren nach dem von BroDEK und Schmidt angewendeten Verfahren (Unterbindung der Ausführungsgänge sämmt- licher grossen Speicheldrüsen und Absperrung ihres Sekretes von der ^lund- höhle) rein gewonnen werden. Die Menge der unter diesen Verhältnissen ab- g^gfä. gesonderten Flüssigkeit ist (beim Hunde) so äusserst gering, dass die genannten Forscher im Laufe einer Stunde nicht mehr als etwa 2 g Mundschleim erhalten konnten. Der Mundschleim ist eine dicke, fadenziehende, sehr zähe, mucin- haltige Flüssigkeit, welche reich an Formelementen, vor Allem Plattenepithel- 1) Cit. nach Kühxe, Lehrb. d. physiol. Chem. S. 7. 2) Pflügek's Arch. Bd. 1. 3) Vergl. Maly, Chemie der Verdauungssäfte uud der Verdauung in IIermann's llaud- buch, Bd. 5. Th. 2. S. 18. In diesem Artikel findet man auch die einschlägige Litteratur. 4) Cakstatt's Jahresbericht, d. Med. 1865. 1. S. 120. 5) Studien d. physiol. Instituts zu Breslau. Heft 4. G) 1. c. 224 Neuntes Kapitel. Zellen, Schleimzellen und Speichelkörperchen ist. Die Menge der festen Stoffe in dem Mundschleime des Hundes beträgt nach BroDER und Scpimidt^) 9,98 p. m. Der Parotisspeichcl. Auch die Absonderung dieses Sekrets wird theils von dem cerebralen Nervensystem (N. glossopharyngeus ) und theils von dem sympathischen vermittelt. Die Absonderung kann durch psychische Einflüsse und durch Reizung der Drüsennerven, sei es direkt (bei Thieren) oder reflektorisch Speiche], durch mechanische oder chemische Reizung der INIundschleimhaut, hervorgerufen werden. Unter den chemischen Reizmitteln nehmen die Säuren den ersten Rang ein, während Alkalien und scharf schmeckende Stoffe wenig wirksam sein sollen. Süss schmeckende Stoffe, wie Honig, sollen angeblich unwirksam sein. Das Kauen übt auch einen starken Einfluss auf die Absonderung des Parotissekretes aus, was besonders deutlich bei einigen Pflanzenfressern zu sehen ist. Parotisspeichel vom Menschen kann durch Einführen einer Kanüle in den Ductus Stenonianus leicht aufgesammelt werden. Der Speichel ist dünnflüssig, schwächer alkalisch als der Submaxillarisspeichel (die ersten Tropfen sind bisweilen neutral oder sauer), ohne besonderen Geruch oder Geschmack, Er enthält ein wenig Eiweiss, aber — was aus dem Baue der Drüse zu er- sDoichei des Warten ist — kein Mucin. Er enthält auch ein diastatisches Enzym, welches dagegen bei mehreren Thieren fehlt. Der Gehalt an festen Stoßen schwankt zwischen 5 und 16 p. m. Das spez. Gewicht ist 1,003 — 1,012. ^^hodaoalkali scheint, wenn auch nicht konstant, vorzukommen. In menschlichem Parotis- speichel fand KüLZ^) in Maximo 1,46*^/0 Sauerstoff, 3,8 °/o Stickstoff und im Gaöizen 66,7 '^/o Kohlensäure. Die Menge der fest gebundenen Kohlensäure war 62°/o. Der g^emischte Mundspeicliel ist beim Menschen eine farblose, schwach opalisirende, ein wenig fadenziehende, leicht schäumende Flüssigkeit ohne be- sonderen Geruch oder Geschmack. Er ist von Ei:)ithelzellen, Schleim- und Speichelkörperchen, oft auch von Residuen der Nahrung getrübt. Wie der Sub- maxillaris- und der Parotisspeichel überzieht er sich an der Luft mit einer, aus Calicumkarbonat mit ein wenig organischer Substanz bestehenden Haut oder ^Mund^'*"^ wird allmählich etwas trübe. Die Reaktion ist alkalisch, bisweilen aber auch Speichel, gr^ygi. Nach Sticker ^) kann der frische Speichel einige Stunden nach den Mahlzeiten sauer sein. Zwei bis drei Stunden nach dem Frühstück und vier bis 5 Stunden nach dem Mittagsessen können Maxima der Acidität vorkommen, und ebenso kann der Speichel nach Mitternacht bis zum Morgen schwach sauer sein. Das spez. Gewicht schwankt zwischen 1,002 und 1,008 und die Menge der festen Stoffe zwischen 5—10 p. m. Die festen Stoße bestehen, abgesehen von den schon genannten Formbestandtheilen, aus Ehveiss, Mucin, Ftyalin 1) Die Verdauungssäfte und der Stofi'wechsel. Mitau und Leipzig 1852. S. 5. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 23. 3) Deutsch, med. Zeitung 1889. Cit. nach Centralbl. f. Physiol. Bd. 3. S. 237. Der Speichel und das Ptyalin. 225 und Mineralstoffen. Auch Harnstoff^ soll ein normaler Bestandtheil des SpeicheLs sein. Die Mineralstoffe sind Chloralkalien, Bikarbonate von Alkalien und Calcium, Phosphate, Spuren von Sulfaten und Rhodanalkali. Der Nachweis des Rhodanalkalis, welches, wenn auch nicht ganz kon- stant, in dem Speichel des Menschen und einiger Thiere vorkommt, kann leicht in der Weise geführt werden, dass der Speichel mit Salzsäure angesäuert und dann mit einer sehr verdünnten Lösung von Eisenchlorid versetzt wird. Der Kontrole halber muss dabei jedoch, bei Gegenwart von sehr kleinen Mengen, Nachweis eine andere Probe mit derselben Menge angesäuerten Wassers und Eisenchlorid ^®^ Hbodan- damit verglichen werden. Ein anderes, einfaches, von GscrnsiDLEX ^) empfohlenes Verfahren besteht darin, dass man mit einer salzsüurehaltigen Eisenchlorid- lösung von bernsteingelber Farbe getränkte und getrocknete Filtrirpapierstreifen mit Speichel betupft. Jeder Tropfen rhodanhaltigen Speichels erzeugt dann einen röthlichen Fleck. Ist die Menge Rhodanakali so gering, dass sie nicht direkt nachgewiesen werden kann, so konzentrirt man den Speichel nach Zu- .■?atz von ein wenig Alkali stark, säuert mit Salzsäure an, schüttelt wiederholt mit Aether aus, verdunstet nach Zusatz von alkalihaltigem Wasser den Aether in gelinder Wärme und prüft die rückständige Flüssigkeit. Ptyalin oder Speicheldiastase nennt man das amylolytische Enzym des Speichels. Dieses Enzym findet sich in dem Speichel des Menschen aber nicht in dem aller Thiere. Es kommt nicht nur bei Erwachsenen, sondern ^*^- auch bei neugeborenen Kindern vor. Nach Zweifel 2) soll das Ptyalin bei Neugeborenen nur in der Parotisdrüse, nicht aber in der Submaxillarisdrüse vorkommen. In dieser letzteren tritt es erst zwei Monate nach der Geburt auf. Beim Pferde enthält der Speichel (Parotisspeichel), wie H. Goldschmidt^) gezeigt hat, nicht fertiges Ptyalin, sondern das Zymogen desselben, während bei anderen Thieren und beim Menschen das Ptyalin bei der Sekretion aus dem Zymogen entsteht. Beim Pferde wird das Zymogen beim Kauen der Speisen in Ptyalin übergeführt, und der Anstoss hierzu scheint von Bakterien auszu- gehen. Durch Ausfällung mit Alkohol geht das Zymogen ebenfalls in Ptyalin über. Das Ptyalin ist bisher nicht in reinem Zustande isolirt worden. Am reinsten erhält man es nach der Methode von Coiinheim ■*) , weiche darin besteht, dass man es erst mit Calciunitriphosphat mechanisch niederreisst, dann den Nieder- schlag mit Wasser auswäscht, wobei das Ptyalin vom Wasser gelöst wird, und steuäng^des endlich mit Alkohol tällt. Zum Studium oder zur Demonstration der Wirkungen ^'y*'^^- desselben kann man einen Wasser- oder Glycerinauszug der Speicheldrüsen oder einfacher den Speichel selbst benutzen. Das Ptyalin ist wie andere Enzyme durch seine Wirkung charakterisirt. Diese besteht darin, dass es Stärke in Dextrine und Zucker überführt, Ueber den hierbei stattfindenden Vorgang ist man nicht ganz im Klaren; im Allge- meinen stellt man sich aber die Sache folgendermassen vor. In dem ersten 1) Maly's Jahresber. Bd. 4. S. 91. '^) Untersuchungen über den Verdauungsapparat der Xeugebnronen. Berlin 1S74. 3) Zeitschr. f. physiol. Cheiu. Bd. 10. - •1) ViRCHOw's Arch. Bd. 28. Uammarsteu, Fhysiol. Cbemie. Dritte Auflage. 15 226 Neuntes Kapitel. Stadium tritt lösliche Stärke, Amidulin, auf. Aus dem Amidulin entsteht durch hydrolytische Spaltung Erythrodextrin und Zucker. Das Erythrodextrin spaltet sich dann in ein Achroodextrin a und Zucker. Aus diesem Achroodextrin ent- steht durch Spaltung das Achroodextrin ß und Zucker, und endlich spaltet sich das letztgenannte Achroodextrin in Zucker und Achroodextrin y. Nach einigen Forschern ist indessen die Anzahl der als Zwischenstufen entstehenden Dextrine eine andere. ;, Bezüglich der Art des hierbei entstehenden Zuckers ist man erst in der letzten Zeit zur Klarheit gelaugt. Während man längere Zeit den aus Stärke und Glykogen entstehenden Zucker als Traubenzucker bezeichnete, zeigten erst Seegen ^) und O. Nasse 2), dass diese Annahme nicht richtig war. Musculus , ^p^?"^'i,g und V, Merlng^) zeigten darauf, dass die bei der Einwirkung von Speichel, auf Stärke. Pankreasfemient und Diastase auf Stärke und Glykogen gebildete Zucker zum allergrössten Theil aus Maltose bestand, was später von Brown und Heron*) bestätigt wurde. Endlich haben in der letzten Zeit E. KüLZ und J. Vogel ^) den Beweis geliefert, dass bei der Saccharifikation der Stärke und des Gly- kogens Isonialtose, Maltose und etwas Dextrose in je nach der Fermentmenge und der Versuchsdauer etwas wechselnden Mengen entstehen. Da nach Tebb^) sowohl die Speicheldrüsen wie das Pankreas ein invertirendes Enzym enthalten, ist es noch unentschieden, ob die Entstehung der Dextrose durch das diasta- tische Enzym oder durch das Invertin allein bewirkt wird. Das Ftyalin ist nicht mit der Malzdiastase identisch. Während jenes am kräftigsten bei etwa -|- 40° C. wirkt, liegt dagegen nach Chittenden und Martin '^), Lintner und Eckhard ^) das Optimum für die Wirkung der Malz- diastase bei -{-hOsibb^ C. Ueber die Wirkung des Ptyalins bei verschiedener Heakiion liegen zahl- reiche Untersuchungen vor^). Natürlicher, alkalisch reagirender Speichel wirkt kräftig, aber nicht so kräftig wie neutralisirter. Noch kräftiger kann der Speichel unter Umständen bei äusserst schwach saurer Reaktion wirken, und 1) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1876. S. 851 und PflÜGEk's Arch. Bd. 19. •i) Pflüger's Arch. Bd. 14. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. ■i) LiEBiG's Annalen. Bdd. 199 und 204. 5) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. 6) Journ. of Physiol. Bd. 15. 7) Studies from the Laborat. of physiol. Chem. of Yale College. Vol. 1. 1885. New Haven, S. 117; auch Maly's Jahresber. Bd. 15. S. 263. 8) Journ. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 41. 9) Vergl. Hammaesten, Maly's Jahresber. Bd. 1. Chittenden und Gkiswöld, Ebend. Bd. 11. Langley, Journal of Physiol. Bd. 3. Nylen, Maly's Jahresber. Bd. 12. S. 241. Chittenden und Ely, ebend. S. 242. Langley und Eves, Journal of Physiol. Bd. 4. Chittenden und H. Smith, Yale College. Studies. Vol. 1. New Haven 1885. S. 1. John, Centralbl. f. klin. Med. 12. Schlesinger, Virchow's Arch. Bd. 125. Shieebeck, Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 3. Ebstein und C. Schulze, Virchow's Arch. Bd. 134. Wirkung des Speichels. 221 nach CinTTENDEX und Smith wirkt er besser, wenn man so viel Salzsäure zusetzt, dass das vorhandene Eiweiss damit gesättigt wird, als wenn man ein- fach neutralisirt. Wenn aber das so gebildete Säureeiweiss einen gewissen Gehalt übersteigt, so wird die diastatische Wirkung abgeschwächt. Zusatz von Alkali zu dem Speichel setzt die diastatische Wirkung herab, durch Neutrali- sation mit einer Säure, auch Kohlensäure, wird aber die verzögernde oder hemmende Wirkung des Alkalis aufgehoben. Nach Sciiierbeck wirkt die Kohlensäure auch in neutralen Flüssigkeiten befördernd, nach Ebstein dagegen in der Regel hemmend ein. Sowohl organische wie anorganische Säuren können, in genügender Menge zugesetzt, die Wirkung der diastatischen Enzyme voll- ständig hemmen. Derjenige Säuregrad, bei welchem diese Wirkunor eintritt. istE'"fl"** der . , • r, TU Keichel6. Stärke in Zucker umzusetzen, kommt nicht dem Speichel aller Thiere zu und sie hat bei verschiedenen Thieren eine ungleiche Intensität. Beim Menschen, 1) ViRCHOw's Arch. Bd. 53. -) Pflügek's Arch. Bd. 17. 3) Ebend. Bd. 38. 4) Proc. roy. Soc. Tome 4ö, und besonders Philos. traus. roy. Soc. Londou T. 180. 5) Du Bois-Reymond's Arch. 1888. 6) Vergl. Heidenhain in Hermann's Ilaudb. Bd. 5. Th. 1. S. 64 u. f. 230 Neuntes Kapitel. dessen Speichel kräftig verzuckernd wirkt, kann eine Zuckerbildung aus (ge- kochter) Stärke unzweifelhaft schon in der Mundhöhle stattfinden. In wie weit aber diese Wirkung, wenn der Bissen in den Magen gelangt ist, fortwährend zur Geltung kommen kann, hängt von der Geschwindigkeit, mit welcher der saure Magensaft in die verschluckten Speisen hineindringt und mit denselben sich vermischt, wie auch von dem Mengenverhältnisse des Magensaftes und der Speisen in dem Magen ab. Die reichlichen Mengen Wasser, die man mit dem Speichel verschluckt, müssen wieder resorbirt werden und in das Blut über- gehen und sie müssen also in dem Körper einen intermediären Kreislauf durch- machen. In dem Speichel besitzt also der thierische Organismus ein kräftiges Mittel, während der Verdauung einen vom Darmkanal zum Blute gehenden, die gelösten oder fein vertheilten Stoflfe mitführeuden Plüssigkeitsstrom zu unter- halten. — Speichelkonkremente. Der sog. Zahnstein ist gelb, grau, gelbgrau, braun ocJer schwarz und hat eine geschichtete Struktur. Er kann mehr als 200 p. ni. organische Sub- stanz, darunter Mucin, Epithel und Leptothrixketten , enthalten. Die Hauptmasse der anor- Speichel- ganischen Bestandtheile besteht aus Calciunikarbonat oder Phosphat. Die Speichel steine, kremente. deren Grösse sehr, von der Grösse kleiner Körnchen bis zu derjenigen einer Erbse oder noch mehr (man hat einen Speichelstein von 18,6 g Gewicht gefunden) wechseln kann, enthalten ebenfalls eine wechselnde Menge, 50 — 380 p. m., organische Sulastanz, welche bei der Ex- traktion der Steine mit Salzsäure zurückbleibt. Der Hauptbestandtheil der anorganischen Substanz ist Calciumkarbonat. IL Die Drüsen der Magenschleimhaut und der Magensaft. Seit Alters her unterscheidet man zwei verschiedene Arten von Drüsen in der Magenschleimhaut, Die einen, welche in grösster Verbreitung vorkommen und besonders im Fundus die bedeutendste Grösse haben, nennt man Fundus- Magen- drüsen, auch Labdrüsen oder Pepsin drüsen. Die anderen, welche nur in ■ der Umgebung des Pylorus vorkommen, werden Pylorusdrüsen, bisweilen auch, obzwar unrichtig, Schleimdrüsen genannt. Die Magenschleimhaut ist sonst in ihrer ganzen Ausdehnung mit einem einschichtigen Cylinderepithel bekleidet, welches durchgehends als aus Schleimbechern bestehend betrachtet wird und durch eine schleimige Metamorphose des Protoplasmas Schleim produziren soll. Die rundiisdrüseii enthalten zwei Arten von Zellen: adelomorphe oder Hauptzellen und delomorphe oder Belegzellen, die letzteren früher allgemein auch Labzellen, Pepsinzellen, genannt. Diese zwei Arten von Zellen bestehen aus einem eiweissreichen Protoplasma; ihr Verhalten zu Farb- ^^en' ^*'Offen scheint aber darauf hinzudeuten, dass die Eiweissstoffe beider nicht identisch sind. Die Kerne dürften wohl hauptsächlich aus Nuklein bestehen. Neben den nun genannten Bestandtheilen enthalten die Fundusdrüsen, ausser ein wenig Fett und Cholesterin, als mehr spezifische Bestandtheile zwei Zymogene, welche die MutterstofTe des Pepsins und Labs sind. Die Pylorusdrüsen enthalten Zellen, welche im Allgemeinen als den Der Magensaft. 231 oben genannten Hauptzellen der Fundusdrüsen nahe verwandt betrachtet werden. Früher glaubte man in diesen Drüsen einen grösseren Gehalt an Muciu an- nehmen zu können, aus welchem Grunde sie auch Schleimdrüsen genannt wurden. Nach Heideniiaix betheiligen sie sich jedoch, abgesehen von dem Cylinder- ^^^IfJ^I,'' epithel der Ausführungsgänge, in keiniim nennenswerthen Grade an der Schleim- bihhuig, welche, seiner Ansicht gemäss, von dem die Schleimhaut auskleidenden Epithel vermittelt werden soll. Auch die Pylorusdrüsen scheinen die zwei oben genannten Zi/mogene zu enthalten. Von Mineralstoffen sind in der Magen- schleimhaut Alkalichloride, Alkaliphosphat undCalciumphosphat gefunden worden. Bei der Yerdaiuing der Miiüenschleinihaat mit Pepsinclilorwasserstoflsäure hat Likbfck- MANx') einen sauer reagirenden Ilückstand erhalten, der aulfallender Weise kein Nukleia enthalten, sondern nur aus lecitliinhaltigeni Eiweiss, Lecithalbuni in , bestehen sull. Diesem Leeithalbuniin schreibt er eine grosse Bedeutung für die Absonderung der Salzsäure zu (vergl. unten). Der Magensaft. Durch die Beobachtungen von Helji^) und Beaumont^) an iMenschen mit Magenfisteln wurde der Anstoss zum Anlegen von Magen- fisteln an Thieren gegeben und diese Operation wui'de auch zum ersten Male 1842 von Bassow*) an einem Hunde ausgeführt. An einem Menschen führte Verneuil^) im Jahre 1876 diese Operation mit glücklichem Erfolge aus. In dem Aulegen von Magenfisteln an Thieren hat man nunmehr ein vorzügliches Mittel, die Absonderung des Magensaftes wie auch die Verdauung im Magen zu Studiren. Im nüchternen Zustande ist die Magenschleimhaut wenigstens oft fast trocken, bisweilen, besonders bei einigen Pflanzenfressern, mit einer Schicht von zähem sogenanntem Schleim überzogen. ^Verden in den Magen Nahrungsmittel eingeführt oder wird die Schleimhaut in irgend einer \Yeise gereizt, so findet eine Absonderung von einer dünnen, sauren Flüssigkeit, dem eigentlichen Magen- safte statt. Diese Absonderung kann durch mechanische oder thermische Reizung (Einführen von kaltem Wasser oder Eisstückcheu in den Magen) oder durch ung des chemische Reizmittel hervorgerufen werden. Zu den letzteren gehören Alkohol sattes, und Aether, w-elche jedoch in zu grosser Konzentration keine phy.-iologische Sekretion, sondern eine Transsudation von einer neutralen oder schwach alkali- schen, eiweisshaltigen Flüssigkeit hervorrufen. Es gehören ferner hierher Kohlen- säure und Salzsäure, welch' letztere besonders die Absonderung von Pepsin ver- mehren soll (Jaworsky^), Gewürze, Fleischextrakt, Neutralsalze, wie z, B, NaCl 1) Pflüger's Areh. Bd. 50. •^) Helm, Zwei Krankengeschichten. Wien 1803. Cit. nadi M.\LV in Hermann's Handbuch. Bd. 5. Th. 2. S. 39. !l) Neue Versuche und Beobachtungeu über den Magensaft. Uebcrsetzuug von Lidex. Leipzig 1834. 4) Bull, de la soc. des natur. de Moscou. Tome 16. Cit. nach Mai.y a. a. O. S. 38, 5) Vergl. Ch. Richet, Du suc gastrique chez rhouime et les auiniaux. Paris 1878, S. 158. 6) Deutsch, med. Wochenschr. 1887. 232 Neuntes Kapitel. (welches jedoch bei zu grosser Konzentration wie Alkohol wirkt) und kohlen- saure Alkalien. Die kohlensauren Alkalien sollen nach den Angaben mehrerer Forscher zwar zuerst den sauren Magensaft neutralisiren , dann aber eine an- haltende Sekretion von saurem Magensaft hervorrufen. Die Angaben von der Einwirkung verschiedener Stoffe auf die Magensaftabsonderung sind jedoch leider ziemlich unsicher und einander oft widersprechend. Die Absonderung des Magensaftes kann auch von der Mundhöhle aus reflektorisch erregt werden. Nach dem Einführen von Wasser in den Magen tritt eine verhältnissmässig spärliche und wenig anhaltende Sekretion auf; werden ^hrai"? auf '^^''^S^ö®'^ verdauliche Nahrungsmittel eingeführt, so findet eine mehr reichliche "^deron""' uud anhaltende Absonderung statt (Schiff i), Heidenhaest ^j. Selbst in diesem Falle kommt jedoch die Absonderung nicht sogleich sondern erst nach einiger Zeit, wenn lösliche, der Resorption zugängliche Stoffe gebildet worden sind, zu Stande. Dieses Verhalten spricht für die Richtigkeit der gewöhnlichen Sitte, die Mahlzeit mit der flüssigen Nahrung, der Suppe, anzufangen. Die qualitative tind quantitative Zusammensetsmig des Magensaftes. Der Magensaft, welcher beim Menschen nur sehr selten rein und frei von Re- siduen der Nahrung oder von Schleim und Speichel gewonnen werden kann, ist eine klare oder nur sehr wenig trübe, beim Menschen fast farblose Flüssigkeit, von einem faden, säuerlichen Geschmack und stark saurer Reaktion. Als Form- elemente enthält er DrüsenseUen oder deren Kerne, Sclileimhörperchen und mehr oder weniger veränderte Cylinderepithel seilen. Die saure Reaktion des Magensaftes rührt von freier Säure her, welche, wie die Untersuchungen von C. Schmidt^), Richet'*) u. A. gelehrt haben, wenn der Magensaft rein und frei von Nahrungsmitteln ist, ausschliesslich oder fast ausschliesslich aus Salzsäure besteht. In dem reinen Magensafte von nüchternen Hunden hat indessen Contejean^) regelmässig Spuren von Milch- Sänreii des säure gefunden. Nach der Aufnahme von Nahrung, besonders nach einer saiies. kohlehydratreichen Mahlzeit, kommen dagegen Milchsäure in reichlicherer Menge, bisweilen auch Essigsäure und Buttersäure vor. Der Gehalt des Magensaftes an freier Salzsäure beträgt beim Schafe etwa 1,2 und beim Hunde nach den gewöhnlichen Angaben gegen 2 — 3 p. m. Schoumow-Simanowsky ^) hat in- dessen in ganz reinem, frischem Hundemagensaft einen auffallend hohen Säure- grad, 4,6 — 5,8 p. m., beobachtet. Als Mittel von 80 Bestimmungen fand 1) Legons sur la physiol. de la digestion. Tome 2. 1867. 2) Pflüger's Areh. Bd. 19. 3) BiDDER und Schmidt, Die Verdauungssäfte etc. S. 44 u. f. 4) I. c. 5) ContributioDs ii l'fetude de la physiologie de l'estomac. ThSses prJsentees k la faculte des Sciences de Paris 1892. (Felix Alcan.) G) Areh. f. exp. Path. und Pliarm. Bd. 33. ZusammensetzuDg des Magensaftes. 233 Rktiet*) im Magensafte des Menschen 1,7 p. ni. freie Säure mit Schwankungen von 0,5 — 3 p. m. Nach Szabo^), Ewald ^) u. A. enthält der menschliche Magen- saft im Allgemeinen 2 — 3 p. m, HCl. Riciiet hat gezeigt, dass der saure Magensaft in mehreren Hinsichten sich anders verhält als freie Salzsäure der- selben Konzentration, und er hat daraus den Schluss gezogen, dass die Salz- säure im Magensafte nicht frei, sondern an organischen Substanzen (Leucin) ge- bunden sei. Derselben Ansicht ist auch Conte.tean, der gefunden hat, dass von dem Magensafte Kobalthydrokarbonat weit schwieriger und langsamer als von einer Salzsäure derselben Konzentration gelöst wird. Der ganz frische Magensaft scheint ein wenig gerinnbares Eiweiss zti enthalten, nach einigem Stehen enthält er dagegen nur Feptone oder Alhnmosen. thoiioTos Unter den organischen Stoffen findet sich ein wenig hinein und weiter, wenig- stens beim Menschen, zwei Enzyme, das Fepsin und das Lah. Das spez. Gewicht des Magensaftes ist niedrig, 1,001 — 1,010. Dem ent- sprechend ist der Magensaft auch arm an festen Stoffen. Als Beispiele von der Zusammensetzung verschiedener Arten von Magensaft werden hier die Ana- lysen von C. Schmidt'*) angeführt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der analysirte menschliche Magensaft mit Speichel und Wasser verdünnt war und demnach nicht als normal anzusehen ist. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. Bestand- AVasser Feste Stoffe . . . Organische Substanz NaCl CaCl2 KCl NH4CI Freie Salzsäure (HCl) Ca3(PO,)2 .... Mg3(P04)2 .... FeFO^ Mit Spoichel vormischter Mapeiisiift vom Menschen Hundemagen- saft. Speichel- frei Hundemagen- saft. Speichel- haltig 994,40 5,60 3,19 1,46 0,06 0,55 0,20 0,12 973,0 27,0 17,1 2,5 0,6 1,1 0,5 3,1 1,7 0,2 0,1 971,2 28,8 17,3 3,1 1,7 1,1 0,5 2,3 2,3 0,3 0,1 Magensaft vom Schaf 986,15 13,85 4,05 4,36 0,11 1,52 0,47 1,23 1,18 0,57 0,33 Zasammen- setzung de;- Magensäfte:,. Die neben der freien Salzsäure physiologisch wichtigsten Bestandtheile des Magensaftes sind das Pepsin und das Lah. 1) 1. c. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1. 3) C. A. Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiien. 1890. 4) Cit. nach v. Göküp-Bksanez, Lehrbuch d. physiol. Cheni. 4. .\ufl. S. 494. 234 Neuntes Kapitel. Das Pepsin. Dieses Enzym findet sieb , mit Ausnahme von einigen Fischen, bei allen bisher darauf untersuchten Eückgratsthieren. Das Pepsin kommt bei erwachsenen Menschen und neugeborenen Kindern vor. Bei neugeborenen Thieren ist dagegen das Verhalten etwas verschieden. Vorkommen . . . ^ des Pepsins. Während bei einigen Pflanzenfressern, wie dem Kaninchen, das Pepsin schon vor der Geburt in der Schleimhaut vorkommt, fehlt dieses Enzym dagegen bei der Geburt gänzlich bei den bisher untersuchten Fleischfressern, dem Hunde und der Katze. Bei mehreren Evertebraten sind auch Enzyme, welche in saurer Lösung proteolytisch wirken, gefunden worden. Dass diese Enzyme indessen wenigstens nicht bei allen Thieren mit dem gewöhnlichen Pepsin identisch sind, dürfte unzweifelhaft sein. Dakwin u. A. haben weiter gefunden, dass von gewissen insektenfressenden Pflanzen ein saurer, eiweissiösender Saft abgesondert wird; aber es dürfte jedoch mindestens zweifelhaft sein, ob bei diesen Pflanzen etwas Pepsin vorkommt. Aus Wickensamen hat v. Gorup-Besakez ') ein wie das Pepsin wir- kendes Enzym isolirt, dessen Identität mit Pepsin jedoch zweifelhaft ist. Das Pepsin ist ebensowenig wie andere Enzyme mit Sicherheit in reinem Zustande isolirt worden -). Am reinsten war das von Brücke und Sundberg dargestellte Pepsin, welches den meisten Fiweissreagenzien gegenüber negativ sich verhielt. Das Pepsin scheint also keine echte Eiweisssubstanz zu sein. Das Pepsin ist, wenigstens in unreinem Zustande, löslich in Wasser und Glycerin. Von Alkohol wird es gefällt, aber nur langsam zerstört. In wässeriger Lösung Eigen- wird CS beim Erhitzen zum Sieden rasch zerstört. Nach Biernacki^) wird das Schäften des t^.. it.- i-ii-i-nz-i •• n • /-^ uadratwurzelu aus den Pepsiumengeu sich verhält. Dieses Gesetz gilt indessen nur für hinreichend verdünnte Pepsinlösungen. Auf die Geschwindigheit der P&psinverdammg wirken mehrere Umstände ein. Es wirken also verschiedene Säuren ungleich kräftig, und wie es scheint zeigt die Salzsäure eine kräftigere Wirkung als irgend eine andere, sei es eine A 1 P ^'2 P ^li P 'la P '/iß P V32 P 1) Determination du pouvoir fermcatatif des liquides etc. Arch. des sciences biol. de St. Petersbourg. Tome 2. S. G99. -) Cit. nach S.x.MOJLOFF, 1. c. a) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9. S. 577. 238 Neuntes Kapitel. anorganische oder organische Säure. Der Säuregrad ist auch von grosser Be- deutung. Für die Salzsäure ist der günstigste Säuregrad für verschiedene Eiweissstoffe nicht derselbe. Für Fibrin ist er 0,8 — 1 p. m. ; für Myosin, Kasein und pflanzliches Eiweiss etwa 1 p. m. : für hartgesottenes Eiweiss da- gegen etwa 2,5 p. m. ]\Iit dem PepsingeluiJte wächst die Verdauungsgeschwindig- keit wenigstens bis zu einer gewissen Grenze, wenn nicht das zugesetzte Pepsin Pepsinver- V"" grösseren Mengen Verdauungsprodukten, Avelche hinderlich wirken können, kende^ Um-" verunreinigt ist. Anhäufung von Verdauungsproduläen wirkt nämlich auf die Verdauung verlangsamend ein, während dagegen nach Chittenden und Amer- MAN^) das Wegdialysiren der Verdauungsprodukte keinen wesentlichen Einfluss auf die Relation zwischen Albumosen und echten Peptonen hat. Bei niedriger Temperatur wirkt das Pepsin langsamer als bei höherer. Selbst bei nahe 0*^ C. ist es indessen noch wirksam; die Verdauung« geht aber bei dieser Temperatur sehr langsam von statten. Mit steigender Temperatur wächst dagegen die Ge- schwindigkeit der Verdauung und sie ist bei etwa 40*^ C. am grössten. Nach den Untersuchungen von Flaum ^) ist es wahrscheinlich, dass die Relation zwischen Albumosen und Peptonen dieselbe bleibt, gleichgültig ob die Verdauung bei niedriger oder bei höherer Temperatur geschieht, wenn sie nur in ersterem Falle hinreichend lauge fortgesetzt wird. Verhindert man die Äufquelhmg des Etweisses, was durch Zusatz von einem Neutralsalz, wie z.- B. NaCl, in ge- nügender Menge oder von Galle zu der sauren Flüssigkeit geschehen kann , so wird die Verdauung mehr oder weniger verhindert. Fremde Stoffe verschiedener Art können eine verschiedene Wirkung ausüben, wobei selbstverständlich auch die wechselnden Mengenverhältnisse, in welchen der Zusatz geschieht, von grosser Bedeutung sind. So wirken beispielsweise Salicylsäure und Karbolsäure auf die Verdauung hemmend ein , während die arsenige Säure dieselbe befördert (Chittenden) und die Cyanwasserstoffsäure verhältnissmässig indifferent ist. Alkohol stört in grösserer Menge (10 ^/o und darüber) die Verdauung, w^ährend Wirkung kleine Mengen davon indifferent sich verhalten. Metallsalze können zwar bis- Stoffeaufdie"\veilen in sehr kleinen Mengen die Verdauung beschleunigen, verlangsamen sie dauuDg!^ aber sonst im Allgemeinen. Die Wirkung der Metallsalze kann dabei in ver- schiedenen Fällen in verschiedener Weise erklärt werden, oft aber scheinen sie mit dem Eiweiss unlösliche oder schwerlösliche Verbindungen einzugehen. Auch Alkaloidverbindungen können die Pepsinverdauung verlangsamen (Chit- tenden und Allen 3). Ueber die Einwirkung fremder Stoffe auf die künst- liche Pepsinverdauung liegt übrigens eine sehr grosse Menge von Beobachtungen vor. Da aber diese Beobachtungen keine direkten Schlüsse bezüglich der Ein- 1) Journ. of Physiol. 1893. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. 3) Yale College Studies. Vol. 1. S. 76. Vergl. auch Chittenden und Stewart, ebend. Yol. 3. S. 60. Produkte der Pepsinverdau nng. 239 Verdau- wirkung derselben Stoffe auf die natürliche Verdauung, bei welcher auch die Einwirkung auf die Absonderung und die Aufsaugung sich geltend macht, ge- statten, so kann hier nicht weiter auf sie eingegangen werden. Die Frodulde der Eiiveissverdauunfj mitteht Pepsin und Säure. Bei der Verdauung von Nukleoproteiden oder Nukleoalbuminen bleibt stets ein ungelöster Rest von Nuklein, bezw. Pseudonuklein zurück. Durch Versuche mit Kasein hat indessen Salkowski ^) gezeigt, dass das aus dem Kasein zuerst abgespaltene Paranuklein, welches nach C. Willdenow^) Phosphor in organischer Bindung enthält, bei anhaltender Verdauung sich lösen kann. Hierbei spaltet sich zwar etwas Orthophosphorsäure ab, aber es wird besonders eine organische, phos- phorhaltige Säure gebildet. Der Faserstoff giebt ebenfalls einen ungelösten Rest, welcher wenigstens zum wesentlichen Theil aus Nuklein besteht, welches von in den Blutgerinnseln eingeschlossenen Formelementen herrührt. Dieser, bei der Verdauung gewisser Eiweissstoffe zurückbleibende Rest ist von ^Ieissnek Dyspeptou genannt worden. Die nach beendeter Verdauung filtrirte Lösung giebt bei der Neutralisation eine, in verschiedenen Fällen mehr oder weniger "»J?^ reichliche Fällung von Acidalbuminat oder einem Geraenge von Albuminaten, von jMelssxer^) Parapepton genannt. Nach dem Abfiltriren dieser Fällung scheidet sich bei der Konzentration des Filtraies in der Wärme oft wiederum etwas Eiweiss aus. Wird auch dieser Niederschlag abfiltrirt, so enthält das neue Filtrat nunmehr AJhumosen und Peptone in gewöhnlichem Sinne, wogegen das sogenannte echte Pepton Kühxe's bisweilen fast ganz fehlt und überhaupt erst bei mehr anhaltender und intensiver Verdauung in nennenswerther Menge er- halten wird. Auch das Verhältniss zwischen Albumosen und Peptonen in ge- wöhnlichem Sinne wechselt sehr in verschiedenen Füllen und bei der Verdauung verschiedener Eiweisssstoffe. So erhält man z. B. eine grössere Menge von primären Albumosen aus dem Fibrin als aus hartgesottenem Hühnereiweiss oder aus dem Ei weisse des Fleisches. Bei der Verdauung von ungekochtem Fibrin kann als Zwischenprodukt in einem früheren Stadium ein bei -f-55°C. koagu- lirendes Globulin erhalten werden (Hasebkoek^). Bezüglich der verschiedenen Albumosen und Peptone, welche bei der Pepsinverdauung entstehen sollen, wird auf das oben (S. 29 — 33) Gesagte hingewiesen. Wirhung der PepsincMorivasserstqf säure auf andere Stoße. Die leim- gehende Substanz des Bindegewebes, des Knorpels und der Knochen, aus welch' letzteren die Säure allein nur die anorganische Substanz herauslöst, wird von dem Magensafte verdaut und in Leim übergeführt. Dieser letztere wird dann weiter 1) Ccntralbl. f. d. med. Wissensch. 1893. S. 3S5 und 4G7. Vergl. auch Szoxtag. ebend. S. 419 und die abweichenden Angaben von Moraczewski, Zeitschr.f. physlol.Chem. Bd. 20. 2) Zur Kenntniss der peptischen Verdauung des Kaseins. Inaug.-Diss. Bern. 1893. 3) Die Arbeiten von Meissner über die Pepsinverdauung findet man in Zeitschr. f. rat. Med. Bdd. 7, 8, 10, 12 u. 14. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11. 240 Neuntes Kapitel. umgewandelt, so dass er die Fähigkeit zu gelatiniren einbüsst und in sogen. Leim- pepton (S. 47) umgesetzt wird. Echtes Mucin (aus der Submaxillarisdrüse) wird vom Magensafte gelöst und es liefert dabei theils peptonähnliche Substanzen und theils, wie nach dem Sieden mit einer Mineralsäure, reduzirende Substanz. Elastin wird langsam gelöst und liefert dabei die oben (S. 45) genannten Sub- stanzen. Das Keratin und die Epidermisgebilde sind unlöslich. Das NnJclein wird nicht gelöst und die Zellkerne sind deshalb auch unlöslich in Magensaft. Die thierische Zellniemhran wird in dem Maasse, wie sie dem Elastin näher steht, leichter, und in dem Maasse, wie sie dem Keratin näher verwandt ist, schwieriger gelöst. Die Membran der FßanzenzeJle wird dagegen nicht gelöst, virkunfr ties Das Oxyliämo(jJol)in wird in Hämatin und Acidalbuminat zerlegt, welch' letzteres a^^andere dann Weiter verdaut wird. Das Blut wird in Folge hiervon in dem Magen in eine schwarzbraune Masse umgewandelt. Auf Fett wirkt der Magensaft nicht, dagegen wirkt er auf das Fettgewehe, indem er die Zellmembranen auflöst, so dass das Fett frei wird. Der Magensaft ist ohne Wirkung auf die Stärke und die einfachen Zuckerarten. Ueber die Fähigkeit des Magensaftes, den Rohr- zucker zu invertiren, lauten die Angaben etwas verschieden. Eine solche Wirkung kommt jedenfalls dem Magensafte nicht konstant zu, und wenn sie vorhanden ist, dürfte sie wohl, wie VoiT^) behauptet hat, wenigstens zum Theil nur eine Säurewirkung sein. Das Pepsin allein ist, wie oben gesagt, ohne Wirkung auf Eiweiss, und ebenso kann eine Säure von dem Säuregrade des Magensaftes bei Körpertem- peratur nicht oder nur äusserst langsam das geronnene Eiweiss lösen. Pepsin und Säure wirken dagegen zusammen nicht nur rasch, sondern auch qualitativ ^zwtschen'^ anders als die Säure allein. Wird flüssiges Eiweiss mit Chlorwasserstoffsäure ^un^^uiui' ^°° ^ P* ™* "3Iewicz resecirt, am einen Ende blindsackförmig zusammengenäht und mit dem anderen Ende in die Bauch wunde eingenäht. Aus der so angebrachten Pylorusfistel konnte das Pylorussekret lebender Thiere gewonnen werden. Dieses Sekret ist alkalisch, dickflüssig, fast wie eine dünne Gallerte, reich an Mucin, mit einem spez. Ge- wichte von 1,009 — 1,010 und einem Gehalte von 16,5 — 20,5 p. m. festen Stoffen. D»ß ^yi«»»- Sekret. Es wirkt nicht auf Fett ein, wirkt, wenn auch sehr langsam, verzuckernd auf Stärke und enthält regelmässig, was auch Heidexhaix' durch Beobachtungen an permanenten Pylorusfisteln konstatirt hat, Pepsin, bisweilen in nicht unbe- deutender Menge. Coxtejeax ^) hat indessen in anderer Weise das Pvlorus- sekret untersucht und er hat gefunden, dass es sowohl Säure wie Pepsin ent- hält. Die alkalische Reaktion des von Heidexhaes" und Kle>lexsiewicz untersuchten Sekretes rührt nach ihm von einer in Folge des oj)erativen Ein- griffes krankhaft veränderten Sekretion her, denn der Magen liefert unter ab- normen Verhältnissen leicht einen alkalischen Saft statt eines sauren. vTno- srene. 1) Leyons sur la phvsiol. de la digestion 1867. Tome 2. Le<;oDs 25 — 27. 2) Langley und Edkins, Journ. of Phvsiol. Bd. 7. 3) 1. C. 16' 244 ■ Neuntes Kapitel. Chyntus, Die AbsouderuDg des Magensaftes ist in hohem Grade von dem Reize ab- hängig, welcher auf die Magenschleimhaut einwirkt, und es folgt hieraus, dass die Menge des Sekretes unter verschiedenen Verhältnissen nicht unbedeutend wechseln muss. Die Angaben über die Mengen des in einem bestimmten Zeit- räume abgesonderten Magensaftes sind deshalb auch so unsicher, dass sie hier ohne Schaden weggelassen werden können. Der Chymus und die Verdauung im 3Iagen. Durch die mechanische Reizung der Magenschleimhaut durch die Speisen, wie auch durch die chemische Reizung, welche die Speisen und der Speichel ausüben, findet eine reichliche Absonderung von Magensaft statt. Die Speisen werden hierdurch im Magen reichlich mit Flüssigkeit vermischt und nach und nach in eine breiige Masse, Der den Chymus, umgewandelt. Diese Masse reagirt sauer, und mit Ausnahme von den inneren Theilen grösserer Fleischstücke oder anderer fester Nahrungsmittel nimmt der Chymus allmählich durch und durch eine saure Reaktion an. In dem Chymus lassen sich Umsetzungsprodukte von der Verdauung des Eiweisses und der Kohlehydrate regelmässig nachweisen; daneben finden sich aber auch, und zwar als die Hauptmasse der Chymusbestandtheile, mehr oder weniger ver- änderte unverdaute Reste der verschluckten Nahrungsmittel. In dem Chymus findet man also mehr oder weniger veränderte Fleischstück- ehen, welche, wenn ungekochtes Fleisch verzehrt worden ist, stark gequollen und schlüpfrig sein können. Stark gequollen und schlüpfrig sind oft auch Sehnen und Knorpel, während Knochenstücke bei mehr vorgeschrittener Ver- dauung bisweilen eine rauhe und unebene Oberfläche zeigen,' was daher rührt, dass die leimgebende Substanz rascher als die Knochenerde von dem Magen- safte angegriffen worden ist. Die Milch gerinnt in dem Magon durch die v^erhaiten kombinirte Wirkung des Labenzymes und der Säure, in einigen Fällen wohl ungsmittei auch durcli die Wirkung der Säure allein. Je nach der Menge der ver- Chymifi- schluckten Milch im Verhältniss zu den übrigen Speisen und der Menge des Magensaftes entstehen dabei entweder grosse und feste Käseklumpen oder auch kleinere Klümpchen oder Körner, die in der übrigen breiigen Masse ver- theilt sind. Die Kuhmilch liefert regelmässig grössere feste Massen oder Klümpchen; die Menschonmilch giebt dagegen feine lockere Gerinnsel oder eine feine Fällung, die theilweise in der sauren Flüssigkeit sogleich sich wieder löst. Der Milchzucker kann in Milchsäuregährung übergehen, und dies ist nach Richet der Grund, warum, wie er beobachtet hat, die saure Reaktion des Mageninhaltes gegen Ende der Verdauung einer an Milch reichen Mahlzeit zunehmen kann. Das Brod wird, besonders wenn es nicht zu frisch ist, verhältnissmässig leicht im Magen in eine breiige Masse übergeführt. Andere vegetabilische Nahrungsmittel, wie z. B. die Kartoffeln, können, wenn sie nicht hinreichend fein gekaut werden, oft mehrere Stunden nach einer Mahlzeit als ziemlich feste und wenig veränderte Stückchen in dem Mageninhalte wieder gefunden werden. Die Stärke wird von dem Magensafte nicht in Zucker übergeführt; ia Der Chymus. 215 der ersten Phase der Verdauung, bevor nocli eine grössere Menge Salzsäure sich angesammelt hat, scheint jedoch die Wirkung des Speichels zur Geltung zu kommen , und dementsprechend lassen sich auch Zucker und Dextrin in dem Mageninhalte nachweisen. Ausserdem können auch die Kohlehydrate im Magen zum Theil einer durch Mikroorganismen vermittelten Milch.säuregährung an- heimfallen. Nach den Untersuchungen von Ellenberger und Hofmeister*) am Pferde und Schweine soll nach einer amylumreichen Mahlzeit in der ersten Phase der Verdauung eine Amylolyse mit Milchsäurebildung stattfinden; erst dann wird salzsäurehaltiger Magensaft abgesondert, und nun folgt eine zweite Phase, in welcher die Proteolyse stattfinden soll. In dem ]Maasse, wie die Ab- sonderung der Salzsäure zunimmt, nimmt die Milchsäurebildung ab. Nach Ewald und Boas ^) sollen ähnliche Verhältnisse auch beim Menschen obwalten. d<^oThilt«n Bei ihm soll man ein erstes Stadium mit überwiegend Milchsäure, ein zweites vo'daraa^ mit gleichzeitigem Vorkommen von Milch- und Salzsäure und ein drittes mit fast nur Salzsäure in dem Mageninhalte unterscheiden können. Zu einer ähn- lichen Ansicht ist auch Kjaergaard ^) durch seine Untersuchungen an Kindern und robusten Erwachsenen gekommen. Bei älteren Leuten mit senilen Ver- änderungen der Blutgefässe konnte er dagegen überhaupt nur Milchsäure in dem Mageninhalte nachweisen. Solche Leute verdauen auch grosse Mengen Kohlehydrate, während die Verdauung von EiweissstofFen bei ihnen herabse- setzt ist. Das bei Zimmertemperatur nicht flüssige Fett schmilzt bei Körpertemperatur im Magen und wird flüssig. In derselben Weise verhält sich auch das Fett des Fettgewebes, welches nach der Verdauung der Zellmembran durch den Magensaft im Magen frei wird. Der Magensaft selbst scheint ohne Wirkung auf das Fett zu sein^). Die löslichen Salze der Nahrung finden sich selbst- verständlich in der Flüssigkeit des Mageninhaltes einfach gelöst; aber auch die in Wasser unlöslichen Salze derselben können durch die Säure des ]Magensaftes in Lösung gebracht werden. Diejenigen Gase, welche in dem Magen vorkommen, dürften wohl, da die Salzsäure des Magensaftes den mit Gasentwickelung verbundenen Gährungen des Mageninhaltes hinderlich ist, wenigstens zum grössten Theil von der verschluckten m/Mai^e..- Luft und dem verschluckten Speichel einerseits und von den durch den Pförtner aus dem Darme zurückgetretenen Darmgasen andererseits herrühren. Planer-^) (•inse Inhalte. 1) Vergl. Maly's Jahresber. Bdd. 15 u. 1({. 2) ViKcnow's Arch. B.l. 101. 3) Kjaergaard, Om Ventrikclfordöjelsen lios siiude Mennesker. Kjöbenhavn 1888. Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 19. 4) Vergl. CONTEJEAN, Sur la digestion gastriiiue de la graisse. Arch. de Physiologie. (5.) Bd. 6. 5) Wien. Sitzungsber. Bd. 42. 1860. 246 Neuntes Kapitel. fand in dem Gasgemeuge des Ventrikels beim Hunde 66 — 68°/o N, 25— 33°/o COo und nur wenig, 0,8 — 6,1 °/o, Sauerstoff, Hinsichtlich der Kohlensäure hat indessen Schikrbeck^) gezeigt, dass dieses Gas zum Theil von der Magen- schleimhaut geliefert wird. Die Tension der Kohlensäure im Magen entspricht nach ihm im nüchternen Zustande 30 — 40 mm Hg. Sie steigt nach Aufnahme Die Kohlen- yQjj Nahrung unabhängig von der Art derselben und kann während der Ver- im Maten. dauung auf 130 — 140 mm Hg ansteigen. Die Kurve der Kohlensäuretension im Magen hat denselben Verlauf wie die Kurve der Acidität in den verschie- denen Phasen der Verdauung und Schierbeck hat ferner gefunden, dass die Kohlensäuretension durch Pilokarpin bedeutend gesteigert, durch Nikotin da- gegen sehr herabgesetzt werden kann. Nach ihm ist dem entsprechend die Kohlensäure im Magen ein Produkt der Thätigkeit der secernirenden Zellen. Je nach der feineren oder gröberen Zertheilung der Speisen können sie früher oder später durch den Pförtner in den Darm übergehen. Nach Beobacht- ungen von Busch 2) an einer menschlichen Darmfistel gelangt fast unverdaute Nahrung, wie Fleischstückchen, regelmässig 15 — 30 Minuten nach dem Essen in den obersten Theil des Dünndarmes. In einem von Kühne ^) beobachteten Falle von Duodenalfistel beim Menschen sah er schon zehn Minuten nach dem Essen ungeronnene, aber noch gerinnbare Milch und kleine Fleischstückchen aus der Fistel heraustreten. Die Zeit, innerhalb welcher der Magen seines In- haltes sich entbürdet, hängt jedoch auch von der Geschwindigkeit ab, mit welcher die Salzsäuremenge zunimmt, indem nämlich die Salzsäure wie ein die Wieian-e Eröffnung des Pylorus bedingender Reiz wirkt. Es kommen jedoch hier auch bleiben die ijieijj.ere andere Umstände , wie die Wirksamkeit des Magensaftes , die Menge opoison ini Magen y ^^^ Beschaffenheit der Nahrung u. s. w. in Betracht, und die zur Entleerung des Magens erforderliche Zeit muss also wesentlich wechseln können. Richet^) beobachtete in einem Falle von Magenfistel, dass beim Menschen in den ersten drei Stunden die Menge der Speisen im Magen nicht wesentlich sich verändert, dass aber dann im Laufe von einer Viertelstunde fast alles ausgetrieben wird, so dass nur kleinere Reste zurückbleiben. Etwas Aehnliches hat auch Kühne ^) an Hunden und Menschen beobachtet. Er fand zwar beim Hunde, dass in der ersten Stunde alle zehn Minuten Entleerungen kleinerer Fleischmengen in den Darm erfolgten, beobachtete aber auch, dass beim Hunde durchschnittlich etwa fünf Stunden nach dem Fressen, beim Menschen etwas früher eine mächtige Entleerung in den Darm stattfand. Nach anderen Forschern soll beim Menschen die Entleerung des Magens nicht plötzlich, sondern allmählich 1) Skand. Arch. f. Physiol. Bdd. 3 u. 5. 2) ViRCHOw's Arch. Bd. 14. 3) Lehrb. d. physiol. Chem. S. 53. 4) 1. C. 5) 1. C. Verdaulichkeit der Nahrungsmittel. 247 erfolgen. In seinen zahlreichen Beobachtungen an dem kanadischen Jäger St. Martin fand Beaumont^), dass der Magen im Allgemeinen, je nach der verschiedenen Beschaffenheit der Nahrung, 1 ^'2 — 5 '/2 Stunden nacli der Mahl- zeit leer geworden war. Auf die Geschwindigkeit, mit welcher verschiedene Nahrungsmittel den Magen verlassen, übt auch deren Verdaulichkeit einen wichtigen Einfluss aus. Mit Rücksicht auf eine ungleiche Verdaulichkeit im Magen muss man jedoch bezüglich der eiweissreichen Nahrungsmittel, welche ja den eigentlichen Gegen- stand der Wirkung des Magensaftes darstellen, einen Unterschied machen zwischen der Geschwindigkeit einerseits, mit welcher das Eiweiss in Albumosen und Peptone übergeführt wird, und der Geschwindigkeit andererseits, mit welcher die Nahrungsmittel in Chymus übergeführt oder überhaupt derart verarbeitet werden, dass sie in den Darm leicht übergehen können. Dieser Unterschied ist besonders von praktischem Gesichtspunkte aus von Bedeutung. Wenn es z. B. um die Wahl einer passenden Nahrung bei herabgesetzter Verdauungsfähigkeit im Magen teit der sich handelt, ist es also von Wichtigkeit gerade solche Nahrungsmittel zu wählen, mittoTmi \velche — gleichgültig ob ihr Ei weiss etwas leichter oder schwieriger peptonisirt wird — möglichst leicht und rasch den Magen verlassen und die Wirksamkeit dieses Organes also möglichst wenig in Anspruch nehmen. Von diesem Ge- sichtspunkte aus sind selbstverständlich im Allgemeinen diejenigen Nahrungs- mittel die verdaulichsten, welche schon von vorne herein flüssig sind oder in dem Magen leicht verflüssigt werden; aber diese Nahrungsmittel sind nicht immer die verdaulichsten in dem Sinne, dass ihr Eiweiss am leichtesten pep- tonisürt wird. So wird z. B. hartgesottenes Eiweiss bei einem Säuregrade von 1—2 p. m. HCl leichter peptonisirt als flüssiges 2); aber nichtsdestoweniger be- trachtet man, und gewiss mit Recht, ein ungekochtes oder weichgekochtes Ei als leichter verdaulich als ein hartgesottenes. Ebenso kann das ungekochte Fleisch, wenn es auch von dem Magensafte, sobald es nicht sehr fein zerhackt worden ist, nicht rascher, sondern eher langsamer als das gekochte peptonisirt wird, bei genügend feiner Zertheilung oft dem gekochten vorzuziehen sein. Die grössere oder geringere Leichtigkeit, mit ^velcher die verschiedenen eiweissreichen Nahrungsmittel von dem Magensafte peptonisirt werden, ist ver- hältnissmässig wenig studirt worden, und die mit künstlichem Magensafte ge- wonnenen Resultate sind, da die Verhältnisse im Magen viel komplizirter sind, oft gar nicht und jedenfalls nur mit grosser Vorsicht für die ärztliche Praxis zu verwerthen. Unter solchen Umständen kann auf diesen Gegenstand hier nicht des Näheren eingegangen werden, sondern es muss bezüglich der hierher gehörenden Fragen auf die Handbücher der Diätetik und der Nahrungsmittel- lehre hingewiesen werden. 1) 1. c. 2) WAWRiNSKy, Upsala Läkarefs Förh. Bd. 8. Vergl. auch Maly's Jahresber. Bd. 3. 248 Neuntes Kapitel. "Wie unsere Kenntniss von der Verdaulichkeit der verschiedenen Kahr- ungsmittel im Magen überhaupt gering und unsicher ist, so sind auch unsere Kenntnisse von der Ein\Yirkung anderer Stoffe, wie der alkoholischen Getränke, der Bitterstoffe, der Gewürze u. a. auf die natürliche Verdauung sehr unsicher und mangelhaft. Die Schwierigkeiten, welche Untersuchungen dieser Art im Wege stehen, sind auch sehr gross, und in Folge dessen sind auch die bisher Wirktmi gewonnenen Resultate oft zweideutig oder einander direkt widersprechend. So fremder . -p, . . , . . Stoffe aui haben, um nur em Beispiel anzuführen, einige Forscher keine hemmende, son- ne Ma?en- • i i • t t i ' o » Verdauung, dem vielmehr eine die Verdauung fördernde Wirkung von kleinen Mengen Alkohols oder alkoholischer Getränke gesehen. Von anderen sind wiederum nur störende Wirkungen beobachtet worden, während andere Forscher dagegen gefunden haben, dass der Alkohol in erster Hand zwar etwas störend wirkt, dann aber in dem Maasse, wie er resorbirt wird, eine reichliche Sekretion von Magensaft hervorruft und dadurch im Grossen und Ganzen der Verdauung förderlich wird (Glüzinski ^), Chittekden ^). Die Verdauung der verschiedenen Nahrungsmittel ist nicht an ein einziges Organ gebunden , sondern auf mehrere vertheilt. Schon aus diesem Grunde ist es also zu erwarten, dass die verschiedenen Verdauungsorgane sich in der Verdauungsarbeit w'enigstens bis zu einem gewissen Grade vertreten können, und dass dementsprechend die Arbeit des Magens zum kleineren oder grösseren Theil von dem Darme übernommen werden könne. Dem ist in der That auch so. Man hat nämlich an Hunden den Magen fast vollständig exstirpirt (Czerny^), Antheü des Carvallo und Pachon "*) oder auch dessen Antheil an der Verdauungsarbeit ■^*^\f° durch Tamponade der Pylorusöffnung eliminirt (Ludwig und Ogata°), und in ^Mbeir beiden Fällen ist es gelungen, die Thiere wohl ernährt und kräftig am Leben zu erhalten. In diesen Fällen ist offenbar der Antheil des Magens an der Ver- dauungsarbeit von dem Darme übernommen worden. Dass der Magen trotzdem während normaler Verhältnisse einen wesentlichen Antheil an der Verdauungs- arbeit haben kann, geht daraus hervor, dass Produkte der Proteolyse regelmässig und sogar kurze Zeit nach der Mahlzeit in dem Mageninhalte des Menschen nachgewiesen werden können. Bei Versuchen an Hunden, welche Fleischpulver erhalten hatten, fand Cahn^) reichliche ]\[engen Pepton im Ventrikel, und dies trotzdem die Aufsaugung, wie ScHMiDT-MtJLHEiM '') gezeigt hat, der Verdauung ziemlich ffleichen Schritt hält. 1) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 39. 2) Centralbl. f. d. med. Wiss. 1889. S. 435. 'i) CZERNY, Beiträge zur operativen Cliirurgie. Stuttgart 1878. Citirt nach dem Lehr- buche von Bunge. S. 150. 4) Arch. de physiol. (5.) Bd. 7. S. 106. ö) Du Bois-Reymond's Arch. 1883. 6) Zeitschr. f. klin. Äled. Bd. 12. 7) Du Bois-Reymond's Arch. 1879. S. 39 u. f. Aufgabe des Mageus. 249 Es ist indessen eine ziemlich verbreitete Annahme, dass eine nennens- vverthe Peptonisirung des Eiweisses in dem Magen nicht vorkommt und dass die eiweissreichen Nahrungsmittel vielmehr in dem Magen hauptsächlich nur für die eigentliche Verdauungsarbc-it in dem Darme vorbereitet werden. Dass der Magen in der That in erster Linie als Vorrathskammer dient, geht schon aus der Form dieses Organes hervor, und diese Funktion kommt besonders bei einigen neugeborenen Thieren, Hunden und Katzen, zur Geltung. Bei diesen Thieren enthält das Sekret des Magens nur Salzsäure aber kein Pepsin, und das Kasein der Milch wird von der Säure allein zu festen Klümpchen oder einem festen, den Magen ausfüllenden Gerinnsel ausgefiillt. Von diesem Ge- ,)^*^Ma^en^s rinnsei gehen erst nach und nach kleinere Mengen in den Darm über und ein '"jauänM^'' Ueberbürden des Darmes wird hierdurch verhindert. Bei anderen Thieren, «•>«'*• wie bei Schlangen und einigen Fischen, welche ganze Thiere verschlucken, kann man sich jedoch davon überzeugen, dass der Löwenantheil der Yerdauungsarbeit auf den !Magen trifft. Die Bedeutung des Magens für die Verdauung kann also nicht ein für alle Mal festgeschlagen werden. Sie ist bei verschiedenen Thieren eine verschiedene; und selbst bei einem und demselben Thiere kann sie, je nach der feineren oder gröberen Zertheilung der Nahrung, der grösseren oder geringeren Geschwindigkeit, mit welcher die Peptonisirung stattfindet, dem rascheren oder langsameren Anwachsen der Salzsäuremenge u. s. w. eine ver- schiedene sein. Es ist eine längst bekannte Thatsache, dass der von Salzsäure saure Ventrikelinbalt ziemlich lange Zeit ohne Zersetzung aufbewahi-t werden kann, während er dagegen, wenn die Salzsäure neutralisirt wird, bald einer Gährung, bei welcher Milchsäure und andere organische Säuren auftreten , anheimfällt. Die Salzsäure des Magensaftes hat also unzweifelhaft eine antifermentative^) und, wie die verdünnten Mineralsäuren überhaupt, eine antiseptische Wirkung. Diese Wirkung ist insoferne von Bedeutung, als dadurch mehrere krankheits- _, Antifennen- erregende ^likroorganismen von dem Magensafte getödtet werden können. Es tative and wird also z. B. der Kommabacillus der Cholera von dem normal sauren Magen- tische wir- jy . _.,."' kang des safte getödtet, während er, wenn man ihn nach vorhergegangener Injektion von m iL-en<^aftes. Sodalösung in den Magen einführt, noch wirksam bleiben kann. Auch wund- infizirende Streptococcusarten und der Staphylococcus pyog. aureus werden von dem sauren Magensafte getödtet. Doch wirkt der Magensaft nicht auf alle Mikroorganismen ein, und besonders können die letzteren im Sporenstadium seiner Wirkung widerstehen. So wird z. B. der Tuberkelvirus von dem Magen- safte nicht zerstört, und die Sporen der Milzbraudbakterien scheinen wenigstens nicht konstant von der Salzsäure des Magensaftes zerstört zu werden^). 1) Vergl. KChxe, Lehrbuch. S. 57. Böge, Lehrbuch. S 142 u. 132. F. COHS, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 14. HiRSCHFELD, PflCger's Arch. Bd. 47. ■-) Bezüglich der 'Wirkung des Magensaftes auf pathogeue Mikrobien vergLmau: Falk, ViBCHOw's Arch. Bd. 93. E. Fkank, Deutsch, med. Wochenschr. 1884. Nr. 24. R. Koch, ebend. 1884. Nr. 45. 250 Neuntes Kapitel. Selbstver- dauung des Magens Abnormi- täten der Magensaft- absonder- ung. Fremde Stoffe im Magen- inhalte. Dieser Wirkung des Magensaftes wegen hat man ^) in der letzten Zeit die Annahme gemacht, dass die Hauptbedeutung des Magensaftes in der anti- septischen Wirkung desselben zu suchen sei. Dem gegenüber haben indessen Carvallo und Pachon gezeigt, dass ein Hund, dem der Magen exstirpirt worden ist, ohne Störungen der Verdauung faules Fleisch verzehren kann. Nach dem Tode, wenn der Ventrikel noch Speisen enthält, kann während der nur langsam stattfindenden Abkühlung der Leiche eine „Selbstverdauung" nicht nur des Magens, sondern auch der angrenzenden Organe stattfinden. Es hat dies zu der Frage geführt, warum denn der Magen nicht im Leben sich selbst verdaue. Seitdem von Pavy^) gezeigt worden, dass nach Unterbindung kleinerer Blutgefässe des Magens beim Hunde die entsprechenden Theile der Magenschleimhaut verdaut werden, hat man die Ursache in einer Neutralisation der Säure des Magensaftes durch das Alkali des Blutes gesucht. Dass die Ursache der Nichtverdauung im Leben in der normalen Blutcirkulation zu suchen ist, kann nicht in Abrede gestellt werden ; aber die Ursache dürfte wohl am nächsten darin zu suchen sein, dass die von dem alkalischen Blute nutriirte, lebendige Schleimhaut, wie dies schon längst von Ranke ^) gezeigt worden ist, ganz andere Imbibitions-, Diffusions- und Filtrationsverhältnisse als die todte Schleimhaut zeigt. Unter pathologischen Verhältnissen können Abnormitäten der Sekretion wie auch der Aufsaugung und der motorischen Arbeit des Magens vorkommen. Das Pepsin dürfte wohl nur äusserst selten fehlen, wogegen ein Fehlen des Labenzyms, wie oben erwähnt, in mehreren Fallen vorkommen kann (BoAS, JOHNSOH, Klemperer*). Die Säure betreffend ist zu erwähnen, dass die Sekretion derselben theils vermehrt, so dass ein abnorm saurer Magensaft ab- gesondert wird, und theils derart vermindert sein kann, dass wenig oder fast keine Chlorwasserstoffsäure secernirt wird. Auch eine Hypersekretion von saurem Magensaft kommt bisweilen vor. Bei Absonderung von zu wenig Salz- säure treten dieselben Verhältnisse wie nach Neutralisation des sauren Ventrikel- inhaltes ausserhalb des Organismus ein. Es treten jetzt Gährungsprozesse auf, bei welchen neben Milchsäure auch flüchtige fette Säuren, wie Buttersäure, Essigsäure u. a., und Gase, wie Wasserstoff, auftreten. Diese Gährungsprodukte finden sich deshalb auch oft im Magen bei chronischem Magenkatarrh, wobei sie zum Aufstossen, Sodbrennen und anderen Symptomen Anlass geben können. Unter den im Mageninhalte gefundenen fremden Stoffen sind zu nennen : Harnstoff oder daraus entstandenes Ammoiiiumkarbonat bei der Urämie, Blut, welches meistens durch die Wirkung des Magensaftes eine, durch die 1) Bunge, 1. c. 2) Philos. Transactions. Vol. 153. Part. 1 und GuY's Hospital Reports. Vol. 13. 3) Vergl. Ranke, Grundzüge der Physiol. 3. Aufl. 1875. S. 111—120. 4) Vergl. Fussnote S. 241. Untersuchuag des Mageninhaltes. 251 Anwesenheit von Humatin schwarzbraune Masse darstellt, Galle, welche be- sonders beim Erbrechen leicht durch den Pylorus in den Magen hineinkommt, deren Anwesenheit jedoch ohne Bedeutung zu sein scheint. Will man Magensaft oder INFageninhalt auf die Anwesenheit von Pepsin prüfen, so kann man hierzu Fibrin verwenden. Wird dieses unmittelbar nach dem Schlagen des Blutes vollständig ausgewaschen, stark ausgepresst und in Glycerin eingelegt, so kann es fast beliebig lange aufbewahrt werden und zu Prüfung aar der Pepsinprobe brauchbar sein. Der Magensaft oder der, wenn nöthig, vorher ^^^"^' mit Salzsäure von 1 p. m. verdünnte Mageninhalt wird filtrirt und bei Zimmer- temperatur mit Fibrin geprüft, wobei man nie unterlassen darf, eine Kontrolle- probe mit Säure allein und einer anderen Portion desselben Fibrins anzustellen. Ist der Faserstoff innerhalb einer oder ein paar Stunden nicht merkbar verdaut, so findet sich kein Pepsin oder höchstens nur unwesentliche Spuren von solchem. Zur Prüfung auf das Lahenzyni muss man die Flüssigkeit erst genau neutralisiren. Zu 10 ccm ungekochter, amphoter (nicht sauer) reagirender Kuh- milch setzt man dann 1 — 2 ccm der filtrirten, neutralen Flüssigkeit; aber man hüte sich, zu viel von der Magenflüssigkeit zuzusetzen, weil die Gerinnung dann durch die Verdünnung der Milch verlangsamt oder verhindert werden kann. ^"^"Lab *"* Bei Gegenwart von Lab soll die Milch bei Körpertemperatur innerhalb 10 — 20 Minuten ohne Aenderung der Reaktion zu einer festen Masse gerinnen. Ist die Milch durch den Zusatz von Magenflüssigkeit etwas zu viel verdünnt worden, so erhält man nur gröbere Flöckchen und kein festes Gerinnsel. Zusatz von Kalksalzen ist zu vermeiden, weil die letzteren, wenn von ihnen etwas zu viel zugesetzt worden, eine partielle Koagulation auch bei Abwesenheit von Lab hervorrufen können. In mehreren Fällen ist es besonders wichtig, den Säuregrad des Magen- saftes zu bestimmen. Dies kann durch Titration nach gewöhnlichen Methoden geschehen. Als Indikator darf man dabei nicht das Phenolphthalein verwenden, weil man damit bei Gegenwart von etwas grösseren Eiweissmengen zu hohe Werthe erhält. Dagegen kann man mit empfindlichem Lackmuspapier gute Resultate erhalten. Obzwar nun die saure Reaktion eines Mageninhaltes von Pg^A^idiuf mehreren Säuren gleichzeitig bedingt sein kann, wird jedoch hier wie in anderen Fällen der Säuregrad nur durch eine einzige Säure, z. B, HCl, ausgedrückt. Im Allgemeinen zieht man es jedoch vor, die Acidität durch die Anzahl ccm N Natronlauge, welche zur Neutralisation sämmtlicher Säure in 100 ccm Magen- flüssigkeit erforderlich sind, auszudrücken. Eine Acidität von beispielsweise 43°/o bedeutet also, dass zur Neutralisation von 100 ccm Mageuflüssigkeit 43 ccm N — Natronlauge erforderlich sind. 10 ^ Die saure Reaktion kann indessen theils von freier Säure, theils von sauren Sakzen (Monophosphaten) und theils von beiiien herrühren. Nach Leo ^) kann man auf saure Phosphate mit kohlensaurem Kalk prüfen, von dem die Methode von freie Säure, nicht aber die Monophosphate neutralisirt werden. Reagirt der ^°- Magensaft nach dem Schütteln mit Calciumkarbonat und dem Austreiben der 1) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1889. S. 481, und Diagnostik der Krankheiten der Verdauungsorgane. Berlin 1890. Auch PflÜGEr's Arch. Bd. 48. S. 614. 252 Neuntes Kapitel. Kohlensäure durch einen Luftstrom neutral, so enthielt er nur freie Säure, reagirt er sauer, so enthielt er saure Phosphate, und wenn er weniger stark sauer als anfänglich reagirt, so enthielt er sowohl freie Säure wie saure Phosphate. Diese Methode kann auch zur Bestimmung der freien Säure benutzt werden (vergl. unten). Von Wichtigkeit ist es auch, die Natur der im Mageninhalte vorkom- menden Säure, bezw. Säuren, ermitteln zu können. Zu dem Zwecke und besonders zum Nachweis von freier Salzsäure sind zahlreiche Farbenreaktionen vorge- schlagen worden, welche sämmtlich darauf basiren , dass die genannten Farb- stoffe schon mit sehr kleinen Mengen Salzsäure eine charakteristische Färbung geben, während sie von Milchsäure und anderen organischen Säuren nicht oder ^erst bei einer Konzentration der letzteren, welche in dem Mageninhalte kaum frefe Salz- vorkommen kann , den charakteristischen Farbenwechsel zeigen. Solche Rea- MUchsäure. genzien sind: ein Gemenge von Ferriacetat- und Rhodankaliumlösung (das MoHR'sche, von mehreren Forschern modfiizirte Reagenz), Methy lani li n- violett, Tropäolin 00, Congoroth, Malachitgrün, Phloroglucin - Vanillin, Benzopurpurin 6 Bu. a. Als Reagenzien auf freie 3IiIchsäHre sind dagegen von Uffelmann eine stark verdünnte, amethystblaue Lösung von Eisenchlorid und Karbolsäure oder auch eine stark verdünnte, fast unge- färbte Lösung von Eisenchlorid vorgeschlagen worden. Diese Reagenzien geben mit Milchsäure, nicht aber mit Salzsäure oder mit flüchtigen fetten Säuren eine gelbe Farbe. Ueber den Werth dieser Reagenzien auf freie Salzsäure oder Milchsäure ist jedoch viel gestritten worden ^). Unter den Reagenzien auf freie Salzsäure scheinen jedoch das MoHR'sche Reagenz (wenn auch nicht sehr empfindlich), die GüNZBURG'sche Phloroglucin-Vanillinprobe und die Probe mit Tropäolin 00, in der "Wärme nach Boas ausgeführt, am meisten sich bewährt zu haben. Fallen diese Reaktionen positiv aus, so dürfte wohl auch die Anwesenheit von ^rschie-'^ Salzsäure bewiesen sein. Ein negatives Ergebniss schliesst dagegen nicht die denen Gegenwart von Salzsäure aus, weil die Empfindlichkeit dieser Reaktionen einer- lonen. ^^j^^ ^j^^^ begrenzte ist und andererseits auch durch gleichzeitige Gegenwart von Eiweiss, Pepton und angeblich auch anderen Stoffen mehr oder weniger beeinträchtigt werden kann. Die Milchsäurereaktionen können ihrerseits auch negativ ausfallen bei Gegenwart von einer, der Milchsäuremenge gegenüber, verhältnissmässig grossen Menge von Salzsäure in der zu untersuchenden Flüssig- keit. Auch Zucker, Rhodan und andere Stoffe sollen diesen Reagenzien gegen- über wie Milchsäure sich verhalten können. Um den Werth der verschiedenen Reagenzien auf freie Salzsäure richtig beurtheilen zu können , ist es selbstverständlich in erster Linie von der aller- grössten Wichtigkeit, darüber im Klaren zu sein, was man unter dem Begriff"e freie Salzsäure zu verstehen hat. Es ist eine allbekannte Thatsache, dass die Salzsäure von Eiweissstoffen gebunden werden kann, und nach einer eiweiss- reichen Mahlzeit kann also ein bedeutender Theil der Salzsäure in Verbindung mit Eiweiss in dem Mageninhalte sich vorfinden. Diese, an Eiweiss gebundene Salzsäure wie auch diejenige, welche an Amidosäuren gebunden ist, kann nicht 1) Hinsichtlich der umfangreichen Litteratur über diese Fragen wird auf das Buch von V. Jaksch, Klinische Diagnostik innerer Krankheiten, 3. Aufl., 1892, Abschnitt 5, ver- wiesen. Untersuchung des Mageninhaltes. 253 als frei angesehen werden , und aus diesem Grunde betrachten einige Forscher als weniger brauchbar alle solche Methoden, die, wie die unten zu besprechen- den Methoden von Leo oder Sjöqvist, sämmtliche an anorganische Baseu nicht gebundene Salzsäure anzeigen. Dem gegenüber ist indessen zu bemerken, dass" nach den einstimmigen Erfahrungen vieler Forscher die an Eiweiss ge- bundene und ebenso, nach Salkowski und Kumagawa^). die an Amidosäuren ^'hylio""^ gebundene Salzsäure physiologisch wirksam ist. Diejenigen Reaktionen (Färb- *•'"**=*' ^'"^' stofFreaktionen), welche nur die wirklich freie Salzsäure angeben, zeigen also säuxo. " nicht sämmtliche physiologisch wirksame Salzsäure an. Der Vorschlag, statt der „freien" die „physiologisch wirksame" Salzsäure zu bestimmen, scheint also prinzipiell richtig zu sein; und da die Begriffe freie und physiologisch wirk- same Salzsäure sich gegenseitig nicht decken, muss man bei Beurtheilung des Werthes einer bestimmten Reaktion stets damit im Klaren sein, ob man die wirklich freie oder die physiologisch wirksame Salzsäure bestimmen will. Da die obengenannten Reaktionen auf Salzsäure und organische Säuren den Anforderungen einer exakten Untersuchung nicht genügen, während sie in mehreren Fällen für klinische Untersuchungen von Nutzen sein können, dürfte es genügend sein, betreffs ihrer Ausführung und ihres relativen Werthes auf aus- führlichere Handbücher und besonders auf das Buch: ,.KHmsche Diagnostik innerer KranJiheiten^' von R. v. Jaksch, 3. Auflage 1892, hier hinzuweisen. Unter den vielen, zur quantitativen Bestimmung der gesammlen, an an- organische Basen nicht gebundenen Salzsäure vorgeschlagenen Methoden haben die zwei folgenden am besten sich bewährt. Die 3Ietliocle von K. ]\Iörner und Sjöqvist gründet sich darauf, dass beim Eintrocknen von Magensaft mit Baryumkarbonat und Verkohlen des Rückstandes die organischen Säuren verbrannt werden und unlösliches Barvumkarbonat geben, während die Salzsäure lösliches Baryumchlorid liefert, aus dessen Mencre die Menge der ursprünglich vorhandenen Salzsäure berechnet werden kann. 10 ccm des filtrirten Mageninhaltes werden in einer kleinen Platin- oder Silberschale mit einer Messerspitze reinem, chlorfreiem Baryumkarbonat versetzt und ein -Lösung. Als Indikator benutzt man Tetramethylparaphenylendiaminpapier, welches von Bichroniat in essigsaurer Lösung blau gefärbt wird. Bei der Titrirung setzt man Chromatlösuug so lange zu, bis der aus Baryumchromat bestehende Niederschlag anscheinend nicht weiter sich vermehrt, dann prüft man nach jedem Zusatz mit Tetrapapier und hört 1) VlRCHOW's Arch. Bd. 122. 254 Neuntes Kapitel. mit dem Zusätze auf, wenn das Papier innerhalb einer Minute sich deutlich blau färbt. Da der Titre der Chromatlösung mit einer — BaClg-Lösung bestunmt worden ist, lässt sich die jedem Kubikcentimeter Chromatlösung entsprechende Menge Salzsäure und also die Menge HCl in 10 ccm Magensaft leicht berechnen. Bestimmt man in einer zweiten Portion Magensaft die Totalacidität, so kann also die Menge der Milchsäure oder anderer organischer Säuren, in HCl ausgedrückt, berechnet werden. Anstatt der Titration kann man nach v. Jaksch das Baryum mit Schwefelsäure auställen und als Sulfat wägen. Andere Modifikationen dieser Methode sind von Salkowski und Fawitzki^), Boas 2) und Bourget^) vorgeschlagen worden. Die Methode von Mörner-Sjüqvist giebt bei Gegenwart von Phosphaten, wie Leo*) und Kossler^) gezeigt haben, zu niedrige Werthe, ist aber sonst sehr gut. Methode von Leo % 10 ccm filtrirten Magensaftes werden mit etwa 5 ccm N Chlorcalciumlösung versetzt und die Gesammtacidität mit — - Lauge (Lackmus als Indikator) bestimmt. Darauf schüttelt man 15 ccm desselben Magensaftes mit reinem, sehr fein gepulvertem Calciunikarbonat, filtrirt durch ein trockenes Filtrum, befreit das Filtrat durch einen Luftstrom von Kohlensäure, misst w ., , genau 10 ccm der Flüssigkeit ab, setzt 5 ccm Chlorcaleiumlösuns: und Lackmus- Leo. tmktur hmzu und titrirt von JNeuem. Die Diöerenz zwischen den zwei iitrir- ungen zeigt die von freien Säuren herrührende Accidität an. Etwa vorhandene Fettsäuren werden in einer anderen Portion mit Aether ausgeschüttelt und nach der freiwilligen Verdunstung des Aethers deren Acidität bestimmt. Andere Methoden sind von Cahn und v. Mering, Hoffmann, Winter und Hayem und Braun angegeben worden. Nach Kossler'''), der die drei letztgenannten Methoden geprüft hat, sind diese Methoden indessen nicht ganz brauchbar. Zur Prüfung anf ßiichtige Fettsäuren soll der Ventrikelinhalt nicht direkt destillirt werden, weil bei der Zersetzung von anderen Stoffen, wie Eiweiss und Hämoglobin, auch flüchtige Säuren entstehen können. Man fällt deshalb den neutralisirten Mageninhalt mit Alkohol bei Zimmertemperatur, filtrirt rasch, presst aus und extrahirt wiederum mit Alkohol. Die alkoholischen Extrakte Prüfang aaf werden mit Soda schwach alkalisch gemacht und der Alkohol abdestillirt. Der Fettsäuren. Rückstand wird dann mit Schwefel- oder Phosphorsäure angesäuert und destil- lirt. Das mit Soda neutralisirte, neue Destillat wird im Wasserbade zur Trockne verdunstet. Den Rückstand extrahirt man mit absolutem Alkohol, filtrirt, destillirt den Alkohol ab und löst den neuen Rückstand in wenig Wasser. Diese Lösung kann mit Schwefelsäure oder Alkohol oder mit Eisenchlorid direkt auf Essigsäure geprüft werden. Auf Ameisensäure kann man mit Silber- 1) ViRCHOw's Arch. Bd. 123. 2) Centralbl. f. klin. Med. Bd. 12. 3) Schmidt's Jahrbücher 1891. Bd. 229. (Referat.) 4) 1. c. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. c) 1. c. 7) 1. c. Vergl. auch Mizerski und L. Nencki, Arch. des sciences biologiques. St. Peters- bourg. Tome 1. Der Darnisaft. 255 nitrat, welches eine rasch sich schwärzende Fällung giebt, und auf Buttersäure durch den Geruch nach Zusatz von einer Säure prüfen. Bezüglicli der Methoden zur ausführlichen Untersuchung auf die verschiedenen flüchtigen fetten Säuren muss auf ausführlichere Handbücher verwiesen werden. III. Die Darmschleimhautdrüsen und ihre Sekrete. Das Sekret der Brunner'sclieii Drüsen. Diese Drüsen sind theils als kleine Pankreasdrüsen und theils als Schleim- oder Speicheldrüsen aufgefasst worden. Ihre Bedeutung dürfte auch bei verschiedenen Thieren eine verschiedene sein. Beim Hunde sind sie nach Grützxer^) den Pvlorusdrüsen am meisten '?'^"""?'^" ' ' sclio Drusen. verwandt und sollen Pepsin enthalten. Die Angaben über das Vorkommen eines diastatischen Enzyms sind streitig und die Schwierigkeiten, mit welchen das Aufsammeln eines von Verunreinigungen freien Sekrets dieser Drüsen ver- knüpft ist, machen die Angaben überhaupt etwas unsicher. Das Sekret der Lieberküliu'sclien Drüsen. Das Sekret dieser Drüsen ist mit Hilfe von am Darme, nach den Methoden von Thiry^) und Vellä.^), angelegten Fisteln studirt worden. Bei nüchternen Thieren (Hund) findet, wenn die Schleimhaut nicht gereizt wird, keine oder fast keine Absonderung statt. In der ersten Stunde nach Aufnahme von Nahrung beginnt die Sekretion; das Maximum derselben schwankt aber, der Zeit nach, mit der Menge und Be- ung des schaffenheit der aufgenommenen Nahrung^). Mechanische, chemische oder elek- trische Reizung ruft eine Sekretion hervor oder vermehrt die schon bestehende Absonderung (Thiry). Laxantien sollen die Sekretion nicht vermehren, wogegen das Pilokarpin eine sehr reichliche Sekretion hervorrufen soll (Masloff^) und Vella). Die Menge des im Laufe von 24 Stunden abgesonderten Sekretes hat man nicht genau bestimmen können. Im oberen Theile der Dünndärme ist das Sekret beim Hunde spärlicher, schleimig, gallertähnlich; in dem unteren dagegen mehr dünnflüssig mit gallert- ähnlichen Klümpchen oder Fleckchen (Röhmann*'). Der Darmsaft reagirt stark alkalisch, entwickelt nach Säurezusatz Kohlensäure und enthält (beim Hunde) Dor Darm- eine fast konstante Menge NaCl und Na2C03, bezw. 4,8 — 5 und 4 — 5 p. m. ^* (GuMiLEWSKi '), Röhmann). Er enthält Eiweiss (TniRY fand 8,01 p.m. davon), dessen Menge mit der Dauer der Absonderung abnehmen soll. Die Menge der festen Stoffe ist schwankend. Sie beträgt bei Hunden 12,2 — 24,1 p. m. und 1) PFLtJGER's Arch. Bd. 12. 2) Wien. Sitzungsber. Bd. 50. 3) Moleschott's Untersuch. Bd. 13. 4) Vergl. Heidenhain in Hermann's Handbuch. Bd. 5. Th. 1. S. 170. 5) Cit. nach Heidkniiain, ebend. S. 171. 6) Pflüger's Arch. Bd. 41. 7) Ebeud. Bd. 39. 256 Neuntes Kapitel. beim Schafe 46 — 47 p. m. Das spez. Gewicht des Hundedarmsaftes war nach Thiry's Beobachtungen 1,010—1,0107. Die Wirkungen des Darmsaftes sind von vielen Forschern studirt worden, die Angaben darüber sind aber streitig. Nach einigen Forschern soll er Stärke in Zucker überführen, nach anderen dagegen nicht. Dagegen scheint man darüber einig zu sein, dass, wie Paschutin^), Brown und Hekon^), Bastianelli ^) u. A. gezeigt haben, der Darmsaft oder eine Infusion der Schleimhaut inver- Darmsafies. tirend auf Rohrzucker oder Maltose wirkt. Milchzucker scheint dagegen bei Abwesenheit von Mikroorganismen nicht invertirt zu werden^). Die Wirkung auf die Kohlehydrate soll in den oberen Theilen des Darmes vorzugsweise rasch und in grösserem Masstabe vor sich gehen, und dementsprechend soll auch die Re- sorption von Stärke und Zucker eine raschere in den oberen als in den unteren Abschnitten des Darmes sein (Lannois und Lepine^), Röhmann). Auf Neutralfett wirkt der Darmsaft nicht spaltend ein, wogegen er wie jede andere alkalische Flüssigkeit die Fähigkeit haben soll, das Fett mi emul- giren. Bezüglich der Wirkung auf Eiweissstoffe scheinen die meisten Forscher darüber einig zu sein, dass der Darmsaft fast ohne Wirkung auf gekochtes Eiweiss oder Fleisch ist, während er nach Thiry Faserstoff lösen soll. Alhumosen werden nicht in Pepton umgesetzt (Wenz^), Bastianelli). Abweichend von Wirkung aui anderen Forschern behauptet Sbhiff'^), dass der Saft nach gut gelungener Nährstoffe. Fisteloperation nicht nur geronnenes Eiweiss und Kaseinklümpchen, sondern auch ungekochtes und gekochtes Fleisch verdauen soll. Der Mangel an eiweissver- dauender Wirkung, welcher von anderen Forschern beobachtet worden, soll nach Schiff daher rühren, dass diese Forscher mit einem in Folge des operativen Eingriffes abnormen Saft gearbeitet haben. Aus der Fistel nach weniger gut gelungener Operation erhielt auch Schiff einen Saft, welcher ebensowenig wie der von Thtry und anderen Forschern studirte auf Eiweiss und Fleisch einwirkte. Darmsaft vom Menschen ist von Demant^) in einem Falle von Anus prseternaturalis untersucht worden. Dieser Saft erwies sich als völlig unwirksam Darmsaft ^^^ Eiweisskörper, selbst auf Faserstoff, und auf Fette. Nur auf gekochte Menschen Stärke zeigte er eine allerdings sehr schwache Wirkung. Tueby und Manning ^j haben ebenfalls Darmsaft vom Menschen , aus einem isolirten Dünndarmstück, findet. 1) Centralbl. f. d. med. Wissenseh. 1870. S. 561. 2) Annal. d. Cliem. u. Pharm. Bd. 204. 3) Moleschott's Untersuch, zur Naturlehre. Bd. 14, wo man auch die ältere Litteratur 4) VoiT und LüSK, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. 5) Arch. de Physiol. (3.) Tome 1. 6) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22, wo auch die ältere Litteratur sich findet. V) Centralbl. f. d. med. Wisseusch. 1868. S. 357. 8) ViRCHOw's Arch. Bd. 75. 9) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1892. S. 945. Das Pankreas. 257 untersucht. Das spez. Gewicht war als Mittel 1,0069. Die Reaktion war alkalisch und mit Säuren fand eine reichliche Kohlensäureentwiekeluntr statt. Eiweiss wurde nicht verdaut; Stärke wurde erst sehr langsam saccharitizirt, wogegen Rohrzucker und Maltose von dem Safte invertirt wurden. Das Fett wurde sowohl emulgirt wie verseift. Diejenigen Versuche über die Wirkungen Darmsaft des Darmsaftes, welche an isolirten Darmschlingen bei Thieren oder am mensch- .Menschen, liehen Darme in Fällen von Anus praeternaturalis mit in deu Darm einge- führten Nahrungsmitteln angestellt worden sind, haben, wegen der im Darme regelmässig verlaufenden Fäulnissprozesse, im Allgemeinen keine zuverlässigen Resultate geben können. Das Sekret der Drüsen im Dickdarme und Enddarme scheint haupt- sächlich Schleim zu sein. Auch an diesem Theile des Darmes, welcher wohl hauptsächlich wenn nicht ausschliesslich als Resorptionsorgan anzusehen ist, Dickdarms, sind Fisteln angelegt worden. Die Untersuchungen über die Wirkung des Sekretes auf Nahrungsmittel haben jedoch keine entscheidenden Resultate geliefert. IV. Die Pankreasdrüse und der Pankreassaft. Bei den Evertebraten, welchen eine Pepsindigestion fehlt und bei welchen auch keine Gallenbereitung vorkommt, scheint das Pankreas oder wenigstens ein damit analoges Organ die wesentlichste Verdauungsdrüse zu sein. Umge- kehrt fehlt bei einigen Vertebraten, wie bei einigen Fischen, ein anatomisch wohl charakterisirtes Pankreas. Diejenigen Funktionen, welche diesem Organe sonst zukonimen, scheinen bei diesen Thieren von der Leber, die also mit Recht als Hepatopankreas bezeichnet werden kann, übernommen zu werden. Beim Menschen und den meisten Vertebraten ist dagegen die Bereitung der Galle und die Absonderung gewisser, für die Verdauung wichtiger Enzyme auf zwei getrennte Orgaue, Leber und Pankreas vertheilt. Die Pankreasdrüse ist in gewisser Hinsicht der Parolisdrüse ähnlich. Die absondernden Elemente derselben bestehen aus kernführenden Zellen, deren Grundsubstanz eine in Wasser stark aufquellende eiweissreiche Masse darstellt, in welcher wenigstens zwei verschiedene Zonen zu unterscheiden sind. Die äussere Zone ist mehr homogen, die innere durch eine Menge von Körnchen trübe. Ungefähr an der Grenze zwischen den zwei Zonen liegt der Kern, dassrn dci- Pan- Lage jedoch mit der wechselnden relativen Grösse der zwei Zonen w'th'^eln kann. Nach Heidenhain ^) soll nämlich in einem ersten Stadium der Ver- dauung, in welchem die Absonderung lebhaft ist, der innere Theil der Zellen an Grösse abnehmen, indem er zu Sekret wird, während gleichzeitig die äussere Zone durch Aufnahme von neuem Material sich vergrössert. In einem späteren 1) Pflüger's Arch. Bd. 10. II a in iiia rsto n , P)\ysiologischo Chemie. 17 258 Neuntes Kapitel. Stadium, in welcliem die Sekretion abgenommen und die Resorption der Nahrungs- stoffe stattgefunden hat, soll die innere Zone wiederum auf Kosten der äusseren sich vergrösseren, indem die Substanz der letzteren in die Substanz der ersteren sich umwandelt. Unter physiologischen Verhältnissen sind also die Drüsen einer stetigen Veränderung unterworfen, einem Verbrauche nach innen und einem Zuwachse nach aussen. Die körnige, innere Zone soll in das Sekret umgewandelt werden, und die äussere, mehr homogene Zone, welche das Ersatz- material enthält, soll dann in körnige Substanz sich umsetzen. Neben bedeutenden Mengen von Eiweiss, GlohuUn, NuMeoproteiä (vergl. Kap. 2) und Albumin, finden sich in der Drüse mehrere Enzyme oder richtiger Zymogene, von denen unten die Rede sein wird. In der Drüse hat man ferner Bestand- NnTiMn, Lencin (Butalanin), Tyrosin (nicht in der ganz frischen Drüse), XantJiin ^Ss?' 1 — 8 p. m., HypoxantMn 3 — 4 p. m., Gnanin 2 — 7,5 p. m.. sämmtliche Zahlen auf Trockensubstanz bezogen (Kossel i). Adenin, Inosit, Milchsäure, flüchtige fette Säuren, Fdte und Miner alsto ff e gefunden. Nach Bestimmungen von OiDTMANN^) enthielt das Pankreas einer alten Frau 745,3 p. m. Wasser, 245,7 p. m. organische und 9,5 p. m. anorganische Stoffe. Die Pankreasdrüse hat zur Aufgabe, gewisse für die Verdauung sehr wichtige Enzyme zu erzeugen; aber ausserdem hat sie auch eine andere, sehr wichtige Funktion. Wie schon in einem vorigen Kapitel erwähnt wurde, hat sie nämlich eine grosse Bedeutung für den Stoffwechsel, namentlich für den Funktionen ° ° ^®^ Umsatz des Traubenzuckers im Thierkörper. In dieser Hinsicht steht es fest, Pankreas. dass bei Hunden und einigen anderen Thieren (nicht aber bei Tauben und Enten) die Ausrottung der Drüse wenigstens in den allermeisten Fällen einen schweren Diabetes zur Folge hat. Wie aber dieser Diabetes zu Stande kommt, weiss man noch nicht. Nach den Gebr. Cayazzani^) kommt der Pankreasdiabetes nicht durch eine verminderte Verbrennung des in normaler Menge gebildeten Zuckei's son- dern durch eine abnorm gesteigerte Zuckerbildung in der Leber zu Stande, und die Ausrottung des Pankreas soll nach ihnen durch Verletzung des Plexus coeliacus wirken. Sie haben gefunden, dass Reizung dieses Plexus zu einer Beziehungen gesteigerten Zuckerproduktion in der Leber führt, und sie nehmen an, dass die des Pan- & o -^ kreas zum Ausrottung des Pankreas eine degenerative Reizung des Plexus herbeiführt, welche derjenigen ähnlich ist, die in den Speicheldrüsen die paralytische Ab- sonderung hervorruft. Dieser Ansicht gegenüber ist indessen hervorzuheben, dass nach den Untersuchungen von Minkowski, Hi^don, Lancereaux, Thiro- LOix^) u. A. ein subkutan transplantirtes Drüsenstück die Funktion des Pan- 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8. 2) V. Gorüp-Besanez, Lehrbuch. 4. Aufl. S. 732. 3) Yergl. Centralbl. f. Physiol. Bd. 7. S. 217. 4) Vergl. Minkowski, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 31. Pankreas und Diabetes. 259 Pankreas und kreas, dem Zuckerurasatz oder der Zuckerbildung gegenüber, vollständig erfüllen kann. Nach Entfernung des intraabdominalen Drüseuresten werden die Thiere in diesem Falle nicht diabetisch. Wird aber das subkutan eingeheilte Pankreas- stück nachträglich entfernt, so tritt die Zuckerausscheiduug .sofort mit grosser Intensität auf. Chauveau und Kaufmann ') sind ebenfalls der Ansicht, dass nach Pan- kreasausrottuug eine krankhafte Vermehrung der Zuckerbildung in der Leber stattfindet. Das Pankreas regulirt nach ihnen die Zuckerbildung in der Leber durch Vermittelung zweier nervöser Centren, eines Hemniungs- und eines Reiz- ungscentrums. Das Pankreas reizt das Hemmungscentrum und hemmt das Reizungscentrum der Leber, und es wirkt also in zweifacher Weise auf die Zuckerproduktion hemmend ein. Nach Ausrottung des Pankreas fällt die ^^"'''®'®''- Reizung des Hemraungscentrums fort, die Thätigkeit des Reizungscentrums wird dagegen erhöht und die Folge wird eine starke Hyperglykämie. In Anbetracht des oben von der Wirkung eines transplantirten Pankreasstückes Gesagten, hat man wohl in diesem Falle anzunehmen, dass die unter normalen Verhältnissen auf die fraglichen Centren wirkende Reizung von irgend welchen noch unbe- kannten inneren Sekretionsprodukten der Drüse ausgeübt wird. Die gewöhnlichste Ansicht über das Zustandekommen des Diabetes ist indessen, wie oben (Kap. 8) gesagt wurde, die, dass es hierbei nicht um eine vermehrte Zuckerproduktion, sondern vielmehr um einen verminderten Umsatz des Zuckers im Thierkörper sich handele. Man muss hierbei also annehmen, dass die Pankreasdrüse in irgend einer Weise die Fähigkeit hat, den Zuckerverbrauch im Körper zu reguliren; welcher Art aber diese Wirkung ist, weiss man nicht. Einen Versuch, diese Wirkung zu erklären, hat L:ßpiNE ^) gemacht. Nach ihm findet (vergl. Kap. 6) im Blute regelmässig eine Glykolyse statt und das hier- bei wirksame Enzym soll von dem Pankreas in das Blut hinein abf^esondert werden. Nach Ausrottung des Pankreas fällt selbstverständlich diese Funktion der Drüse weg, und eine Hyperglykämie wird die Folge. Gegen diese Hvpo- these sind indessen von anderen Forschern ^) wichtige Einwände erhoben worden und die Wirkung der Pankreasdrüse auf die Zuckerausscheidung harrt noch ihrer Erklärung. Der Paiikreassaft. Dieses Sekret kann durch Anlegen einer Fistel an xom rar« dem Ausführungsgange nach den von Bernard •*), Ludwig^) und Heldeniiafn ^) """^ pe«"™»- gegebenen Vorschriften gewonnen werden. Wird die Operation mit hinreichender ^'*'®'°- 1) Mem. Soc. Biol. 1893. S. 29. Cit. nach Ceutralbl. f. Physiol. Bd. 7. S. 317. 2) Vergl. Fussuote Nr. 9. S. 108. Kap. G. 3) Vergl. Minkowski, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 31. S. 174. 4) Leyons de Physiologie. Tonie 2. S. 190. ä) Vergl. Bernstein, Arbeiten a. d. physiol. Anstalt zu Leipzig. Jahrg. 4. 1869. S. 1. G) Pflügeu's Arch. Bd. 10. S. 604. 260 Neuntes Kapitel. Geschwindigkeit und Geschicklichkeit an einem Thiere ausgeführt, welches wenige Stunden vorher reichliche Nahrung aufgenommen hat, so erhält man in der Regel unmittelbar nach der Operation aus der Fistel (temporäre Fistel) ein an festen Stoffen reiches, dickflüssiges, kräftig wirkendes Sekret, welches wohl als der normale Pankreassaft aufgefasst werden kann. Gewöhnlich wird jedoch die Drüse einige Stunden oder Tage nach der Operation krankhaft verändert, und das Sekret, welches dann aus der Fistel (permanente Fistel) ausfliesst, ist mehr dünnflüssig, ärmer an festen Stoffen und in einigen anderen Beziehungen ab- weichend von dem unmittelbar nach der Operation erhaltenen Sekrete. Jedoch können auch permanente Fisteln bisweilen längere Zeit ein normales Sekret liefern (Heidenhain), während die temporären Fisteln bei unvorsichtiger Operation keinen oder nur einen abnormen Saft geben. Bei Pflanzenfressern, welche, wie das Kaninchen, ununterbrochen verdauen, ist die Absonderung des Pankreassaftes eine kontinuirliche. Bei den Fleisch- fressern scheint sie dagegen intermittent und von der Verdauung abhängig zu sein. Beim Hungern hört die Absonderung fast ganz auf, fängt aber nach Auf- nahme von Nahrung bald wieder an. Die Nahrung scheint dabei in zweifacher Weise zu wirken. Einerseits kann sie nämlich mit der während der Verdauung reichlicheren Blutzufuhr, welche durch eine mehr rothe Farbe der Drüse sich kundgiebt, der Drüse eine grössere Menge von Nahrungsmaterial zuführen und dadurch die Absonderung eines an festen Nahrungsstoffen reicheren Saftes er- vvfl I möelichen. Andererseits kann aber auch die Nahrung durch den Reiz, welchen ü-iriiiuss der ö *^ ^^Aie^lC^^ ^^^ auf der Schleimhaut des Magens und des Duodenums ausübt, reflektorisch sonderuiig. ^jj^g vermehrte Sekretion hervorrufen. Dass die Nahrung in der That auf diese zwei Weisen wirkt, ist daraus ersichtlich, dass auch andere Stoffe, z. B. Aether, von der Magen- oder Darmschleimhaut aus reflektorisch eine Absonderung von Pankreassaft hervorrufen können, dass aber hierbei beim Hungern das dünnflüssige, nach Aufnahme von Nahrung dagegen das dickflüssige Sekret abgesondert wird. Nach Beobachtungen von Bernstein, Heidenhain und Anderen nimmt die Absonderung nach Aufnahme von Nahrung rasch zu, und innerhalb der drei ersten Stunden erreicht sie ein Maximum. Darnach nimmt die Sekretion wieder ab, kann aber in der 5.-7. Stunde, in welchen gewöhnlich grössere Mengen Nahrung aus dem Ventrikel in den Darm übergehen, wieder ansteigen. Dann nimmt sie von der 9. — 11. Stunde an ununterbrochen wieder ab und hört nach 15 bis 16 Stunden ganz auf Hinsichtlich der Einwirkung verschiedener Stoffe auf die Absonderung hat Becker ^) gefunden, dass die Einführung von 1 — 2 g Chlornatrium oder Natriumbikarbonat in den Magen eines Hundes die Menge des abgesonderten Saftes und die proteolytische Wirkung desselben herabsetzt, während dagegen die Einführung von destillirtem und noch mehr von kohlen- säurehaltigem Wasser die Absonderung steigert. Pilokarpin vermehrt nach 1) Arch. des Sciences biol. de St. Petersbourg. Tome 2. Nr. 3. 1393. S. 433. Der Pankreassaft. 261 Gottlieb 1) die Absonderung beim Kaninchen, Ebenso bewirkt nach ihm die Einführung von reizenden Stoffen, wie Senföl, von Säuren und Alkalien in Duo- denum reflektorisch eine vermehrte Sekretion. Die Angaben von der Menge des im Laufe von 24 Stunden abgesonderten Pankreassaftes sind sehr wechselnd und wenig zuverlässig. Dass die permanenten Fisteln eine bedeutend grössere Sekretmenge als die temporären liefern, scheint jedoch sicher festgestellt zu sein. Während also die Menge des aus jenen ab- saftes.** gesonderten Saftes von Kefersteix und Hallwachs und von Schmidt und Kroger zu 45 — 100 g pro Kilo während 24 Stunden geschätzt wurde, ist von BiDDER und Schmidt und Bidder und Skrebitzky die Menge des Saftes aus temporären Fisteln zu 2,5 — 5 g pro Kilo in derselben Zeit angegeben worden 2). Bezüglich der Bestandtheile imd der Zusammensetmmg des Pankreassaftes muss man zwischen dem Sekrete der temporären und der permanenten Fisteln unterscheiden. Der aus jenen ausfliessende Saft ist beim Hunde eine klare, farblose, fast syrupöse, geruchlose Flüssigkeit von alkalischer Reaktion, sehr reich an Eiweiss und bisweilen so reich daran, dass sie beim Erhitzen fast wie p^^g sekret Eierweiss gerinnt. Neben Eitveiss enthält der Saft auch mindestens drei '^"'^rären'^' Enzyme — ein diastatisches, ein fettspaltendes und ein, eiweissl äsendes. Dem ^'^'^i'»- letztgenannten hat Kühne den Namen Trypsin gegeben. Ausser den nun ge- nannten Stoffen, enthält der Pankreassaft regelmässig ein wenig Lendn, Fett und Seifen. Als Mineralbestandtheile enthält er vorzugsweise Chloralkalien und daneben auch ziemlich viel Alkalikarbonat, etwas Phosphorsäure, Kalk. Bittererde und Eisen. Das Sekret der permanenten Fisteln ist stets ärmer an festen Stoffen, besonders Eiweiss und Enzym, als dasjenige der temporären. Längere Zeit nach der Operation ist es mehr dünnflüssig, stärker alkalisch und es fehlt ihm oft die eiweissverdauende Fähigkeit des temporären Fistelsaftes, oder das Sekret ^*/j^f^f* zeigt diese Fähigkeit doch nur in geringem Grade. Als Beispiel von der un- p?"^ gleichen Zusammensetzung des Saftes von temporären und permanenten Fisteln werden hier die Analysen C. Schmidt's angeführt^). Die Zahlen beziehen sich wie gewöhnlich auf lOÜO Theile. Saft aus temporären Fisteln Saft aus permanenten Fisteln ab a b c Wasser 900,8 884,4 976,8 979,9 984,6 Feste Stoffe 99,2 115,6 23,2 20,1 15,4 Organische Substanz . . 90,4 — 16,4 12.4 9,2 Asche 8,8 — G,8 7,5 6,1 Die Mineralbestandtheile des temporären Fistelsaftes bestanden hauptsächlich aus NaCl, 7,4 p. m. 1) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 33. 2) Sämmtliche diese Angaben sind Citate aus dem Lchrl)uche Kl'HNK's. S. 114. •'') Cit. nach Maly, Chemie der Verdauungssäfte in IIkrmann's Handbuch. Bd. 5. Theil 2. S. 189. 262 Neuntes Kapitel. In dem Pankreassafte des Kaninchens liat man 11 — 26 p. m. feste Stoffe gefunden und in demjenigen des Schafes 14,3 — 36,9 p. m. In dem Pankreassafte des Pferdes und der Taube hat man bezw. 9 — 15,5 und 12 — 14 p. m. feste Stoffe gefunden. Pankreassaft vom Menschen ist von Herter') in einem Falle, in welchem durch Druck eines Carcinoms eine Stauung des Saftes in dem Ausführungsgange stattgefunden hatte, analysirt worden. Der Saft, welcher wohl kaum als normal anzusehen ist, war klar, alkalisch, ohne Geruch und enthielt die drei Enzyme. Er enthielt Pepton aber kein anderes Eiweiss. Die Menge der festen Stoffe war 24,1 p. m. Von diesen waren 6,4 p. m. in Alkohol löslich. Von Pepton (und Enzymen) enthielt er 11,5 und von Mineralstoffeu 6,2 p. m. Zawadsky^), der ebenfalls menschlichen Pankreassaft aus einer Fistel an einer jungen Frau analysirt hat, fand 864,05 p. m. Wasser, 132,51 p. m. org- und 3,44 p. m. anorganische Substanz. Der Gehalt an Prote'instoffen war 92,05 p. m. Unter den Bestandtheilen des Pankreassaftes sind die obengenannten drei Enzyme die wichtigsten. Die Pankreasdiastase, welche nach Korowin^) und Zweifel*) nicht bei Neugeborenen, sondern erst bei mehr als einen Monat alten Kindern sich vorfindet, scheint wenn auch mit dem Ptyalin vielleicht nicht identisch jedoch diesem Enzyme nahe verwandt zu sein. Die Pankreasdiastase wirkt sehr energisch auf ^ia^tasT gekochte Stärke, besonders bei 37 — 40"^ C, ein und dabei entsteht, wie bei der Einwirkung von Speichel, neben Dextrin hauptsächlich Isomaltose und Malto.se neben nur sehr wenig Glukose (Musculus und v. Mereng^), Külz und Vogel ^). Auch hier entsteht wahrscheinlich die Glukose durch die Wirkung eines in der Drüse und dem Safte vorkommenden Invertins'). Steht natürlicher Pankreassaft nicht zur Verfügung, so kann man die Drüse, am besten wenn sie erst einige Zeit (24 Stunden) an der Luft gelegen hat, mit Wasser oder Glycerin infundiren. Das Infus oder das mit Wasser verdünnte Glycerinextrakt (wenn man ein Glycerin , welches nicht reduzirend wirkt, verwendet hat) kann direkt mit Kleister geprüft werden. Sicherer ist es jedoch, das Enzym mit Alkohol erst aus dem Glyeerinextrakte auszufällen und den mit Alkohol ausgewaschenen, über Schwefelsäure getrockneten Niederschlag mit Wasser zu extrahiren. Das Enzym wird von dem Wasser gelöst. Der Nachweis der Zuckerbildung geschieht wie beim Speichel. Das Steapsin oder fettspaltende Enzym. Die Wirkung des Pan- kreassaftes auf Fett ist von zweierlei Art. Einerseits spaltet er Neutralfette in Fettsäuren und Glycerin, was ein enzymatischer Vorgang ist, und andererseits hat er auch die Fähigkeit, das Fett zu emulgiren. Die fettspaltende Wirkung des Pankreassaftes kann auf folgende Weise gezeigt werden. Man schüttelt Olivenöl mit Natronlauge und Aether, hebt die Aetherschicht ab und filtrirt sie wenn nöthig, schüttelt den Aether wiederholt mit Wasser und verdunstet ihn dann bei gelinder Wärme. In dieser Weise steapsin. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4. 2) Centralbl. f. Physiol. Bd. 5. 1891. S. 179. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 3. 4) Untersuchungen über den Verdauungsapparat der Neugeborenen. Berlin 1874. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. 6) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. 7) Vergl. Tebb, Journal of Physiol. Bd. 15 und Abelous, C. R. Sog. de biol. 1891. Wirkung des Steapsins. 263 erhält man als Rückstand ein völlig neutrales, von Fettsäuren freies Fett, wel- ches, in säurefreiem Alkohol gelöst, Alkannatinktur nicht roth färbt. Wird solches Fett mit ganz frischem, alkalischem Pankreassaft oder mit einer frisch- bereiteten, mit ein wenig Alkali versetzten Infusion der ganz frischen Drüse oder auch mit einem schwach alkalischen Glycerinextraktc der ebenfalls ganz frischen Drüse (9 Theile Glycerin und 1 Theil Sodalösung von 1 ^/o auf je 1 g Drüsenmasse) gemischt, etwas Lackmustinktur zugesetzt und dann das Ge- menge auf -f- 37° C. erwärmt, so sieht man die alkalische Reaktion nach und nach abnehmen und zuletzt in eine saure umschlagen. Diese saure Reaktion rührt daher, dass das Neutralfett von dem Enzyme in Glycerin und freie Fett- säure zerlegt wird. Die Spaltung des Neutralfettes kann man auch in der folgenden . mehr exakten Weise zeigen. Das bei Körpertemperatur digerirte Gemenge von (ab- solut fettsäurefreiem) Neutralfett und Pankreassaft oder Pankreasinfusion ver- setzt man mit etwas Soda und schüttelt wiederholt mit neuen Mengen Aether aus, bis alles ungespaltene Neutralfett entfernt worden ist. Dann säuert man mit Schwefelsäure an, schüttelt die saure Flüssigkeit mit Aether aus, verdunstet den Aether und prüft den Rückstand auf Fettsäuren. Ein anderes, einfaches Verfahren zur Demonstration der fettspaltenden Wirkung der Pankreasdrüse ist nach Gl. Berxard folgendes. Eine kleine Portion der ganz frischen, fein zerhackten Drüsensubstanz wird erst mit Alkoliol (von PO"/o) entwässert. Durch Auspressen zwischen Fliesspapier wird dann der Alkohol möglichst entfernt, und darnach werden die Drüseustückchen mit einer Lösung von neutralem Butterfett (durch Schütteln von Milch mit Natronlauge tomio^"wi'r- uud Aether erhalten) in Aether übergössen. Nach dem Verdunsten des Aethers {^."„"jf^as* werden die mit Butterfett übergossenen Drüsenstückchen zwischen zwei Uhr- gläschen gepresst und dann in dieser Lage mit den Uhr^läschen bis gegen Ji? bis 40 '^ C. erwärmt. Nach einiger Zeit tritt ein deutlicher Geruch nach Butter- säure auf. Die fettspaltende Wirkung des Pankreassaftes ist ein der Saponifikation analoger Vorgang, und es werden hierbei die Neutralfette unter Aufnahme der Bestandtheile des Wassers in Fettsäuren und Glycerin nach dem folgenden Schema zerlegt: C3H5 . O3 . R3 (Neutralfett) -f 3K,0 = C3H5 . O3 . Hg (Glycerin) + 3(H..0.R) (Fettsäure). Es handelt sich also hier um eine hydrolytische Spal- tung, welche zuerst von Bernard') und Bertiielot^) sicher dargethan wurde. Wie auf Neutralfette wirkt das Pankreasenzym auch auf andere Ester zer- legend ein (Nencki^), Baas"^). Das fettzerlegende Pankreasenzym ist weniger als die anderen Pankreasenzyme studirt worden , und mau hat sich sogar ge- fragt, ob doch nicht die Zerlegung der Neutralfette im Darme einfach durch niedere Organismen bewirkt werde. Aus den Untersuchungen von Nencki scheint jedoch hervorzugehen, dass das Pankreas wirklich ein fettzerlegendes Enzym enthält. Dieses Enzym, welches noch sehr wenig bekannt ist, scheint 1) Ann. de chim. et physique (3. Sur.). Tome 25. 2) Jahresber. d. Chem. 1855. S. 733. 3) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 20. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14. S. 416. 264 Neuntes Kapitel. gegen Säuren sehr empfindlich zu sein und es fehlt oft in der nicht ganz frischen, sauren Drüse. Wird eine kalt bereitete, wässerige Infusion der Drüse mit gebrannter Magnesia versetzt, so wird das fragliche Enzym nach Danilewski ') von der Magnesiafällung zurückgehalten. Die Fettsäuren, welche durch die Wirkung des Pankreassaftes abgespalten worden sind, verbinden sich im Darme mit Alkalien zu Seifen, welche auf das Fett kräftig emujgirend wirken, und der Pankreassaft soll hierdurch von grosser Bedeutung für die Emulgirung und die Aufsaugung des Fettes sein. Das Trypsin. Die von Bernard beobachtete, vor Allem aber von CoRViSART^) bewiesene, eiweissverdauende Wirkung des Pankreassaftes rührt von einem besonderen, von Kühne Trypsin genannten Enzym her. Dieses Enzym _, . .. konmit jedoch eigentlich nicht in der Drüse selbst vor. In ihr findet sich viel- mehr ein Zymogen, aus welchem das Enzym bei der Sekretion wie auch bei der Einwirkung von Wasser, Säuren, Alkohol und anderen Stoffen abgespaltet oder gebildet wird. Nach Albertoni ^) findet sich dieses Zymogen in der Drüse im letzten Drittel des intrauterinen Lebens. Das bisher am reinsten erhaltene, von Kühne ^) isolirte Trypsin ist lös- lich in Wasser, aber unlöslich in Alkohol oder Glycerin. Das weniger reine Enzym löst sich dagegen in Glycerin. Wird die Lösung des Enzyms in Wasser unter Zusatz von ein wenig Säure zum Sieden erhitzt, so zerfällt es in ge- ronnenes Eiweiss und Pepton (Kühne). Nach den Untersuchungen von Bier- NACKi^) wild das reine Trypsin in 0,25 — 0,5 °/o Sodalösung nach 5 Minuten Eigeii- sfchaften des bei -\~ ÖO^ C. zerstört. In neutraler Lösung wird es bei -(-45° C. vernichtet. TrypsiDS. Gegenwart von Albumosen oder gewissen Aramoniaksalzen wirkt bis zu einem gewissen Grade schützend bei dem Erhitzen einer alkalischen Trypsinlösung. Von Magensaft soll das Trypsin zerstört werden. Wie andere Enzyme wird es durch seine physiologische Wirkung charakterisirt, und diese Wirkung besteht darin, dass es bei alkalischer, neutraler und sogar äusserst schwach saurer Reaktion Eiweiss, besonders leicht Fibrin, zu lösen vermag. Die Reindarstellung des Trypsins ist von verschiedenen Forschern ver- sucht worden. Am reinsten scheint das von Kühne^) nach einer ziemlich kompli- Darsteiiun-f s^irten Methode dargestellte Präparat gewesen zu sein. Um die Wirkungen des desTrypsins. Xrypsins ZU studireu , kann man sich oft mit einem weniger reinen Präparate begnügen, und zur Darstellujig eines solchen sind eine Menge von Methoden, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, vorgeschlagen worden. Zur Darstellung eines Glycerinextraktes soll man nach Heidenhain ^) die Drüse mit 1) VlKCHOw's Arch. Bd. 25. 2) Gaz. hebdomadaire. 1857. Nr. 15, 16, 19. Cit. nach Bunge, Lehrbuch. S. 174. 3) Vergl. Mai.y's Jahresber. Bd. 8. S. 254. 4) Verh. d. uaturh.-med. Vereins zu Heidelberg. (N. F.) Bd. 1. Heft 3. ö) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. C) Pflügkk's Arch. Bd. 10. Das Trypsiii. 265 Glaspulver oder reinem Quarzsand zerreiben, die zerriebene Masse mit l^/oiger Essigsäure (1 ccm auf je 1 g Drüse) genau mischen, dann auf je 1 Theil Drüsenmasse 10 Theile Glycerin zusetzen und nach etwa drei Tagen filtriren. Durch Fällung dos Glycerinextraktes mit Alkohol und Auflösung des Nieder- schlages in Wasser erhält man eine kräftig verdauende Lösung. Eine wässerige Infusion der Drüse soll erst dann bereitet werden, wenn die letztere zuvor etwa 24 Stunden an der Luft gelegen hat, und man nimmt passend 5 — 10 Theile nai^teiiung Wasser auf je ein Gewichtstheil der Drüsenmasse. Nach Kühne ^) kann man ksungea. auch das unreine Trypsin mit 0,2 °/o Soda bei Gegenwart von Tiiymol der Selbstverdauung unterwerfen und dann, nach der Umwandlung der Alhumosen in Peptone, das Trypsin mit Ammoniumsulfat ausfällen. Eine kräftig wirkende, aber unreine Infusion erhält man nach einigen Tagen, wenn man die fein zer- schnittene Drüse mit Wasser, welches auf je 1 Liter 5 — 10 ccm Chloroform (Salkowski^) enthält, infundirt. Ein sehr kräftig wirkendes Trypsin erhält man endlich, wenn man die fein zerschnittene Drüse von Rindern mit Wasser von Blut befreit und darauf mit Wasser, welches 0,01 — 0,05 '^/oNHg enthält extrahirt. Das filtiirte Extrakt giebt mit Essigsäure einen Niederschlag, der äusserst kräftig verdaut und weiter gereinigt werden kann. (Nicht veröffentlichte Untersuchung des Verf.'s). Die Wi7^]vung des Trypsins auf Eiiveiss ist am leichtesten bei Anwen- dung von Faserstoff zu demonstrireu. Von diesem Eiweisskörper werden näm- lich bei 37 — 40° C. sehr bedeutende Mengen schon von äusserst wenig Trypsin gelöst. Hierbei ist es jedoch nöthig stets eine Kontrolleprobe mit Fibrin allein, mit oder ohne Alkalizusatz, zu machen. Das Fibrin wird von dem Trypsin ohne Fäulnisserscheinungen gelöst; die Flüssigkeit riecht nicht unangenehm , etwa Trypsins auf nach Bouillon. Un) die Fäulniss vollständig auszuschliessen, muss man jedoch -'^'■®'*s- der Flüssigkeit etwas Thymol, Chloroform oder Aether zusetzen. Die Trypsin- verdauung unterscheidet sich wesentlich von der Pepsinverdauung dadurch, dass jene vorzüglich bei neutraler oder alkalischer Reaktion, dagegen nicht bei den für die Pepsin verdauung günstigen Säuregraden 1 — 2 p. m. HCl von statten geht, und weiter dadurch, dass das Ei weiss bei der TryjDsin verdauung ohne vor- heriges Aufquellen gelöst oder gleichsam angefressen wird. Auf die Geschiüindiglieit der Trypsinverdmmng üben mehrere Umstände einen merkbaren Eifiuss aus. Mit zunehmendem Enzymgehcdt wird, wenigstens zu einem gewissen Grade, die Verdauung beschleunigt, und dasselbe gilt von zunehmender Temper (dnr , wenigstens bis etwa -1-40'' C, wobei das Ei weiss ^2^^^^^ sehr rasch von dem Trypsin gelöst wird. Die MeaJciion ist auch von grossem g"^,^^,,^^"', Einfluss. Das Trypsin wirkt kräftig bei neutraler aber noch besser bei alkali- «^^^^ J^>p*'^i- scher Reaktion und am besten bei einem Gehalte von 3 — 4 p. m. Na^COg. Freie INIineralsäuren , selbst in sehr kleinen Mengen, hemmen die Verdauung gänzlich. Ist die Säure dagegen nicht wirklich frei, sondern an Eiweiss ge- bunden, so kann die Verdauung, wenn diese Säureverbindung nicht in grösserer 1) Centralhl. f. d. nu'.l. Wissensch. 1886. S. 629. ^) Deutsch, ineil. Wocliciischr. 1888. Xr. 16. 266 Neuntes Kapitel, Menge vorhanden ist, rasch von statten gehen (Chittendex und CuM>nNS^). Organische Säuren wirken weniger störend, und bei einem Gehalte von 0,2 p. m. Milchsäure bei gleichzeitiger Anwesenheit von Galle und Kochsalz kann die Verdauung nach Lln'dberger ^j sogar rascher als in einer schwach alkali- schen Flüssigkeit verlaufen. Die Kohlensäure wirkt nach Scheerbeck^) bei saurer Reaktion hemmend, in einer alkalischen Flüssigkeit dagegen fördernd auf die Trypsinverdauung ein. Fremde Stoffe können theils, wie z. B. Borax und Cyankalium, fördernd und theils, wie Quecksilber-, Eisen- und viele andere Salze (Chittenden und Cummins) oder wie Salicylsäure in grösserer Menge, störend wirken. Die BescJiafenJieit des Eiweisses ist auch von Bedeutung. Unge- kochtes Fibrin wird in Verhältniss zu den meisten anderen EiweissstofFen so ausserordentlich rasch gelöst, dass die Verdauungsversuche mit rohem Fibrin fast eine unrichtige Vorstellung von der Fähigkeit des Trypsins geronnene Eiweisskörper im Allgemeinen zu lösen geben. Die Anhäufung von Verdau- ungsproduMen wirkt hemmend auf die Trypsinverdauung. Die ProduMe der Trypsinverdammg. Bei der Verdauung von unge- kochtem Fibrin kann als Zwischenprodukt ein bei -|-55ä60° C. gerinnendes Globulin erhalten werden (Herrmaxx*). Sonst entstehen aus dem Fibrin, wie aus anderen Eiweissstoffen , Alhumosen und Peptone, Lencin, Tyrosin und Asparagmsäure , ein wenig Lysin, Lysatinin (Hedin -'') und Ammoniak (HiRSCHLER^) und ferner das sogen. Proteinochromogen"') oder Tryptophan^ eine ihrer Natur nach unbekannte Substanz, die mit Chlor oder Brom ein röth- lich- violettes Produkt, das sogen. Proteinochrom, giebt. Bei nicht ganz ausge- Trypsin- schlossener Fäulniss treten auch zahlreiche andere Stoffe auf, die erst später im verdauunt:. Zusammenhange mit den Fäulnissvorgängen im Darme näher besprochen werden können. Bei der Trypsinverdauung soll, im Gegensatz zu der Pepsinverdauung, verhältnissniässig leicht und rasch echtes, von Ammoniumsulfat nicht fällbares Pepton entstehen. Das Pepton soll nach Kühne zuletzt nur aus Antipepton bestehen, und die obengenannten Zersetzungsprodukte, Leucin u. a., sollen aus einer Zersetzung des Hemipeptons hervorgehen. Unter den durch Trypsin- wirkung entstandenen Zersetzungsprodukten des Eiweisses müssen hier besonders das Leucin und das Tyrosin abgehandelt werden. Leucin, CgHigNOg, Amidokapron säure, oder, näher bestimmt, a-Amido- isobutylessigsäure, (CH3)äCH.CH,.CH(NH2).COOH '). Das Leucin entsteht, 1) Studies from the laborat. of Yale College. New-Haven 1885. Vol. 1. S. 100. 2) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 13. S. 280. 3) gkand. Arch. f. Physiol. Bd. 3. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11. 5) Vergl. Drechsel in Du Bois-Reymond's Arch. 1891. G) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10. S. 302. "<) Stadelmanx, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 26. 8) NErMEiSTER, ebend. Bd. 26. S. 329. Das Leucin. 267 abgesehen von der Trypsinverdauung von Eiweiss, aus den Proteinsubstanzen bei deren Zersetzung durch Sieden mit verdünnten Säuren oder Alkalien, durch Schmelzen mit Alkalihydrat und bei der Fäulniss. Wegen der Leichtigkeit, mit welcher Leucin und Tyrosin bei der Zersetzung der Proteinstoffe entstehen, ist es schwierig sicher zu entscheiden, in wie weit diese Stoffe, wenn sie in Ge- weben gefunden werden, als Bestaudtheile des lebenden Körpers oder als nach dem Tode entstandene Zersetzungsprodukte anzusehen sind. Das Leucin ist j^"" L^^u^ns. indessen in Pankreas und dessen Sekret, Milz, Thymus und Lymphdrüsen, in der Schilddrüse, in Speicheldrüsen, Nieren, Gehirn und Leber (jedoch meist bei Krankheiten) gefunden worden. In der Schafwolle, im Schmutze auf der Haut (gefaulter Epidermis) und zwischen den Zehen kommt es auch vor und trägt durch seine Zersetzuugsprodukte wesentlich zum üblen Gerüche des Fussschweisses bei. Pathologisch ist es in Atherombälgen, Ichthyosisschuppen, Eiter, Blut und Harn (bei Leberkrankheiten) gefunden worden. Auch im Pflanzenreiche kommt das Leucin vor. Das Leucin ist synthetisch von Hüfner^) aus Isovaleraldehydammoniak und Cyanwasserstoffsäure dargestellt worden. Dieses Leucin ist optisch inaktiv. Ebenso erhält man, wie E. Schulze, Bakbieri und Bosshard^) gefunden haben, inaktives Leucin bei Spaltung des Eiweisses mit Baryt bei 160" C. oder beim Erhitzen von gewöhnlichem Leucin mit Barytwasser bei derselben Temperatur. Durch Einwirkung von Penicillum glaucum entsteht aus inaktivem Leucin die linksdrehende Modifikation. Das bei der Pankreasverdauung entstandene wie , Verschie- auch das durch Spaltung von Eiweissstoffen mit Salzsäure erhaltene Leucin dene scheint regelmässig rechtsdrehend zu sein^). Cohx^) hat indessen bei der Trypsin- verdauung von Fibrin ein von dem gewöhnlichen vex'schiedenes Leucin erhalten. Aus Monobromkapronsäure und Ammoniak hat Hüfjster ein isomeres Leucin dar- gestellt. Ob es aber der Normalkapronsäure entsprechende natürliche Leucine giebt, steht noch dahin. Bei der Oxydation geben die Leucine die entsprechen- den Oxysäuren (Leucinsäuren). Beim Erhitzen zersetzt sich das Leucin unter Entwickelung von Kohlensäure, Ammoniak und Amylamin. Beim Erhitzen mit Alkali wie auch bei der Fäulniss liefert es Valeriansäure und Ammoniak. Das Leucin krystallisirt in reinem Zustande in glänzenden, weissen, ausser- ordentlich dünnen Blättchen. Gewöhnlich erhält man es jedoch als runde Knollen oder Kugeln, die entweder hyalin erscheinen oder auch abwechselnd hellere oder dunklere, konzentrische, aus radial gruppirten Blättchen bestehende Schichten zeigen. Das Leucin, wie es aus thierischen Flüssigkeiten und Geweben Leacine. 1) Vergl. ScillLZE uud Likiecnik, Zcitschr. f. physiol. Chcin. B«]. 17 und Gmelin, ebend. Bd. 18. 2) Jouru. f. prakt. Chem. N. F. Bd. 1. 3) Vergl. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 0 u. 10. •♦) Bezüglich abweichender Angaben vergl. Hoppe-Seyi.er's Handbuch. 6. Aufl. S. 134. y) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bil, 20. 268 Neuntes Kapitel. gewonnen wird, löst sich leicht in Wasser und ziemlich leicht in Alkohol. Das reine Leucin ist schwerlöslicher; nach einigen Angaben löst es sich in etwa 29, nach anderen in etwa 46 Theilen Wasser von Zimmertemperatur oder etwas höherer Temperatur, Die Verschiedenheiten dürften nach Gmelin^) daher • rühren, dass die optisch aktiven Leucine wechselnde Gemengen der rechts- und Krystaiie linksdrehenden Modifikation sein können. Das inaktive Leucin ist bedeutend und Löslich- i^ö't- schwerlöslicher. Die spez. Drehung des gewöhnlichen, in Salzsäure gelösten Leucins ist in den meisten Fällen zu etwa (a)D = -|- 17,5° bestimmt worden. Von Alkalin und Säuren wird das Leucin leicht gelöst. Bei langsamem Er- hitzen auf 170** C. schmilzt es und sublimirt in weissen wolligen Flocken, welche dem sublirairten Zinkoxyde ähnlich sind. Gleichzeitig entwickelt es auch einen deutlichen Geruch nach Amylaniin. Die Lösung des Leucins in Wasser wird im Allgemeinen von Metallsalzen nicht gefällt. Die siedend heisse Lösung kann jedoch von einer ebenfalls siedend Verhalten heissen Lösung von Kupferacetat gefällt werden. Kocht man die Lösung des ^lösu^gen." Leucins mit Bleizucker und setzt dann der abgekühlten Lösung vorsichtig Ammoniak zu, so können glänzende Krystallblättchen von Leucin bleioxyd sich absetzen. Das Leucin löst Kupferoxydhydrat ohne es beim Kochen zu re- duziren. Das Leucin erkennt man an dem Aussehen der Kugeln oder Knollen unter dem Mikroskope, durch das Verhalten beim Erhitzen (Sublimationsprobe) und durch die ScHERER'sche Probe. Diese letztere besteht darin, dass das Leucin bei vorsichtigem Verdampfen desselben mit Salpetersäure auf Platinblech Lencin- einen fast ungefärbten Rückstand giebt, der mit einigen Tropfen Natronlauge ^'^ ' erwärmt mehr oder weniger gelb bis braun (je nach der Reinheit des Leucins) sich färbt und beim weiteren Konzentriren über der Flamme sich bald zu einem ölartigen Tropfen zusammenzieht, welcher auf dem Platinbleche, ohne dasselbe zu benetzen, herumrollt. Tyrosin, C9H11NO3 oder p-Oxyphenylamid opropionsäure, HO.CgH^ . C.,H3(NH2).COOH, entsteht aus den meisten Proteinsubstanzen (nicht aus Leim) unter denselben Verhältnissen wie das Leucin, welches es regelmässig begleitet. Besonders findet es sich, neben Leucin, in reichlicher Tyrosin. Menge in altem Käse (TvQog), wovon der Name hergeleitet ist. Das Tyrosin ist nicht mit Sicherheit in ganz frischen Organen, mit Ausnahme vielleicht von Milz und Pankreas bei Rindern, gefunden worden. Es findet sich aber im Darme bei der Verdauung von Eiweissstoffen und es hat physiologisch wie pathologisch etwa dieselbe Verbreitung wie das Leucin. Das Tyrosin ist von Erlenmeyer und Lipp^) aus p-Amidophenylalanin durch Einwirkung von .salpetriger Säure dargestellt worden. Beim Schmelzen 1) 1. c. 2) Ber. d. deutscli. ehem. Gesellsch. zu Berlin. Bd. 15. Das Tvrosin. 269 mit Aetzkali liefert es p-Oxybenzoesäure, Essigsäure und Ammoniak. Bei der Fäulniss kann es p-Hydrokumarsäure. Oxyphenylessigsäure und p-Kresol liefern. Das Tyrosin kann in selir unreinem Zustande leucinähnliche Kugeln bilden. Das gereinigte Tyrosin stellt dagegen farblose, seideglänzende, feine Nadeln dar, welche oft zu Büscheln oder Ballen gruppirt sind. Es ist sehr schwer löslich. Es wird von 2454 Theilen Wasser bei -}-20^C. und 154 Theilen siedendem Wasser gelöst, scheidet sich aber beim Erkalten in Büscheln von Nadeln aus. Bei Gegenwart von Alkalien, Ammoniak oder einer Mineralsäure schatten, löst es sich leichter. In Essigsäure ist es schwer löslich. Aus einer ammoni- akalischen Lösung scheidet es sich bei der spontanen Verdunstung des Ammoniaks in Krystallen aus. Die Lösung des aus Protein Stoffen mit Säuren erhaltenen Tyrosins ist regelmässig schwach linksdrehend. Das durch Zersetzung mit Baryl oder synthetisch dargestellte Tyrosin ist optisch inaktiv^). Von Alkohol und Aether wird das Tyrosin nicht gelöst. Man erkennt es an der Krystallform und an folgenden Reaktionen. Piria's Probe. Man löst das Tyrosin in konzentrirter Schwefelsäure unter Erwärmen auf, wobei Tyrosin schwefelsaure entsteht, lässt erkalten, verdünnt mit Wasser, neutralisirt mit BaC03 und filtrirt. Das Filtrat giebt bei Zusatz von piria«; Tyro- Eisenchloridlösuug eine schöne violette Farbe. Die Reaktion wird durch Gegen- ^'°P'^ ^^ wart von freier Mineral säure und durch Zusatz von zu viel Eisenchlorid gestört. Hofmann's Frohe. Uebergiesst man eine kleine Menge Tyrosin im Reagenz- glase mit etwas Wasser, fügt einige Tropfen der MiLLON'schen Reagenzflüssig- keit zu und kocht die Probe einige Zeit, so färbt sich die Flüssigkeit schön "■^fmann'B ° o rrobe. roth und giebt dann einen rothen Niederschlag. Man kann auch erst Mercuri- nitrat zusetzen, darauf zum Sieden erhitzen und dann Salpetersäure, welche etwas salpetrige Säure enthält, zufügen. Scherer's Frohe. Wird das Tyrosin vorsichtig mit Salpetersäure auf Platinbloch zur Trockene abgedampft, so erhält man einen schön grelben Rück- . . ° ^ Scheror's Stand (Nitrotyrosmnitrat), welcher mit Natronlauge eine tief rothgelbe Farbe ^'to\>B. annimmt. Diese Probe ist jedoch nicht charakteristisch, denn es geben auch andere Stoffe eine ähnliche Reaktion. Die Darstellung des Leucins und Tyrosins in grösserem Massstabe ge- schieht gewöhnlich durch Kochen von Eiweissstoffen oder Albuminoülen mit ver- dünnter Mineralsäure. Gewöhnlich verwendet man Hornspähne (2 Theile). welche mit verdünnter Schwefelsäure (5 Theilen konzentrirter Säure und 13 Tlieilen Wasser) während 24 Stunden gekocht werden. Die nach boendetem ,f^*'^|^',',""^g Kochen mit Wasser verdünnte Lösung wird noch warm mit Kalkmilch neutrali- "'>'' Tyro- sirt und von dem Gypse filtrirt. Der letztere wird wiederholt mit Wasser aus- gekocht, sämmtliche Filtrate vereinigt und konzcntrirt. Aus der konzenfrirten 1) Vergl. Maüthner, Wiener Sitzuiigsber. Bd. 85 und E. Schulze, Zeitschr. f. physio- logische Chemie. Bd. 9. 270 Neuutes Kapitel, Darstelluns Flüssigkeit wird der Kalk mit Oxalsäure ausgefällt, der Niederschlag abfiltrirt, wiederholt mit Wasser ausgekocht, sämmtliche Filtrate vereinigt und zur Krystal- lisation verdunstet. Das zuerst auskrystallisirende besteht hauptsächlich aus Tyrosin mit nur wenig Leucin. Durch Konzentration können aus der Mutter- lauge neue Krystallisationen, welche hauptsächlich aus Leucin mit etwas Tyrosin bestehen, gewonnen werden. Um das Leucin und das Tyrosin von einander zu trennen, kann man bei ihrer Darstellung in grösserem Massstabe von ihrer ungleichen Löslichkeit in Wasser ausgehen; am sichersten aber kommt man nach folgendem, von Hlasiwetz und Habermann ^) angegebenen Verfahren zum Ziele. Die Krystallmassen werden mit viel Wasser unter Zusatz von der zu ihrer Lösung nöthigen Menge Ammoniak gekocht. Dieser, siedend heissen Lösung setzt man dann soviel Bleiessig zu, bis der entstehende Niederschlag fast weiss erscheint, filtrirt, erhitzt das hellgelbe Filtrat zum Sieden, neutralisirt mit Schwefelsäure und filtrirt siedend heiss. Nach dem Abkühlen ist fast alles Tyrosin ausgefällt, während das Leucin in Lösung geblieben ist. Das Tyrosin kann dann durch Umkrystallisiren aus siedendem Wasser oder aus ammoniaka- lischem Wasser gereinigt werden. Die obengenannte, leucinreiche Mutterlauge wird mit HgS entbleit, das Filtrat konzentrirt und mit eben gefälltem Kupfer- oxydhydrat im Ueberschuss gekocht. Ein Theil des Leucins wird dabei nieder- geschlagen, der Rest bleibt aber in Lösung und krystallisirt beim Erkalten theilweise als Kupferverbindung aus. Aus dem Niederschlage einerseits und der Lösung andererseits wird nun das Kupfer mit H2S entternt, die Filtrate, wenn nöthig, mit Thierkohle entfärbt, stark konzentrirt und zur Krystallisation hingestellt. Das aus dem Niederschlage erhaltene Leucin ist sehr rein, das aus dem Filtrate ist unreiner. Arbeitet man mit kleineren Mengen, so kann man die aus einem Ge- menge der beiden Stoffe bestehenden Krystallisationen in Wasser lösen und diese Lösung dann mit Bleiessig fällen. Das Filtrat wird mit H^S entbleit, das neue Filtrat zur Trockne verdunstet und der Rückstand mit warmem Nachwois Alkohol , von welchem das Leucin, aber nicht das Tyrosin, gelöst wird, be- des Leucins handelt. Das rückständige Tyrosin wird durch Umkrystallisiren aus ammoniak- '^'^tins!'^"" haltigem Alkohol gereinigt. Das Leucin reinigt man durch Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol oder auch durch Ausfällen desselben als Leucin- bleioxyd. Zersetzen des in Wasser aufgeschwemmten Niederschlages mit H2S nnd Verflunsten der filtrirten Lösung zur Krystallisation. Zum Nachweise von Leucin und Tyrosin in thierischen Flüssigkeiten oder Geweben entfernt man erst das Eiweiss durch Koagulation mit Essigsäurezusatz und fällt dann mit Bleiessig. Das Filtrat wird mit HgS behandelt, das neue Filtrat zum Syrup oder zur Trockne verdunstet, in dem Rückstande die zwei Stoffe mit warmem Alkohol getrennt und dann, wie eben angegeben, gereinigt. Asparaginsäure , C^H^NO^, oder Amidobern steinsäure C2H3(NH2).(COOH)2. Diese Säure hat man bei der Trypsinverdauung von Fibrin und Glutin erhalten. Sie kann auch durch Zersetzung von Eiweissstoffen säure. oder Albuminoiden mit Säuren (vergl. Kap. 2) erhalten werden. In Rüben- melasse hat man sie auch gefunden; und endlich ist sie im Pflanzenreiche sehr verbreitet als das Amid Asparagin (Amidobernsteinsäureamid), welches für 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 169. S. 160. Wirkung des Trypsins. die Entwickelung der Pflanze und die Entstehung der Eiweisstoffe von grosser Bedeutung zu sein scheint. Die Asparaginsäure löst sich in 256 Thl. Wasser von -[- 10*^ C. und in 18,6 Thl. siedendem Wasser und sie krystallisirt beim Erhalten in rhombischen Prismen. Die aus ProteinstofFen dargestellte Säure ist optisch aktiv, in von Salpetersäure stark saurer Lösung ist sie dextrogyr, in wässeriger Lösung da-sc'iaften der gegen linksdrehend. Mit Kupferoxyd geht sie eine, in siedend heissem Wasser säure. lösliche, in kaltem Wasser fast unlöslicke, krystallisirende Verbindung ein, welche zur Reindarstellung der Säure aus einem Geraenge mit anderen Stoffen verwendet werden kann- Bezüglich der Darstellungsmethode vergl. man Hlasiwetz und Habermann ^j und E. Schultze^). Die Wirhimj des Trypsins auf andere Stoffe ist noch nicht genügend studirt worden. In der Pankreasdrüse vom Schweine und einigen Pflanzenfressern hat man ein mit dem Trypsin jedoch gewiss nicht identisches Enzym gefunden, welches neutrale oder alkalische iH/ij/c/i zum Gerinnen bringt (Kühne und Roberts ^). Leim wird von dem Pankreassafte gelöst und in Leimpepton umgesetzt. Nach Kühne und Ewald*) entsteht hierbei weder Glykokoll noch Leucin. Die leimgebende Substanz des Bindegewebes wird nicht direkt, sondern erst wenn sie zuvor durch Säuren gequellt oder durch Wasser von -|- 70 '^ C. zum Schrumpfen gebracht worden, von dem Trypsin gelöst. Bei der Einwirkung des Trypsins auf hyalinen Knorpel lösen sich die Zellen und die Kerne bleiben wirkang zurück. Die Grundsubstanz erweicht und zeigt ein undeutlich konturirtes auf andere* Netzwerk von koUagener Substanz (Kühne und Ew^ald). Die elastische Substanz, die struldurlosen Membrane und die Membran der Fettzellen werden el)enfalls gelöst, Farenchymatöse Organe, wie die Leber und die Muskeln, werden bis auf Kerne, Bindegewebe, Fettkörnchen und Reste des Nerven- gewebes gelöst. Sind die Muskeln gekocht, so wird das Bindegewebe ebenfalls gelöst. Mucin und wenigstens gewisse Nukleine werden gelöst und gespalten. Auf Chitin und Hornsubstanz scheint das Trypsin ohne Wirkung zu sein. Oxyhümoglobin wird von dem Trypsin unter Abspaltung von Hämatiu zersetzt. Das Hämoglobin soll dagegen, wenn der Zutritt von SauerstoflF gänzlich ver- hindert wird, von dem Trypsin nicht zersetzt werden (Hoppe- Seyler)^). Auf Ft'tt und Kohlehydrate wirkt das Trypsin nicht. In dem Obigen wurde schon hervorgehoben, dass das Trypsin nicht als solches vorgebildet in der Drüse vorkommt, sondern dass diese vielmehr, wie 1) 1. c. S. 150. 2) Zeitschr. f. physiol. Clieni. Bd. {). 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 9. S. 224. Vergl. auch Sidkey Edkins, Journal of Physiol. Bd. 12, wo man mich Litteraturaugaben findet. ■1) Verh. d. naturh.-nied. Vereins zu Heidelberg. (N. F.) Bd. 1. 5) Physiologische Chemie. S. 2ö7. 272 Neuntes Kapitel. besonders Heedenhain ^) gezeigt hat, ein entsprechendes Zymogen enthält. Der Maximalgehalt der Drüse an solchem Zymogen kommt 14 — 16 — 18 Stunden und der Minimalgehalt 6 — 10 Stunden nach einer reichlichen Mahlzeit vor. Das Zymogen wird nicht von Glycerin, leicht aber von Wasser und von Säuren umgewandelt, sodass aus ihm Trypsin gebildet wird. Sodalösung von 1 — l,5'*/o Zymogen des verhindert dagegen die Umwandlung des Zymogens fast gänzlich. Lässt man rjpsi s. ^.^ Drüse an der Luft liegen, so wird sie allmählich sauer, und dieses Sauer- werden führt zu einer Enzymbildung, bei welcher, wie überhaupt bei der Um- wandlung des Zymogens in Trypsin, der Sauerstoff wirksam zu sein scheint. Dass auch die zwei anderen Enzyme aus entsprechenden Zymogenen entstehen, ist sehr wahrscheinlich, und es ist dies besonnders bezüglich des diastatischen Enzymes von Liversidge^) wahrscheinlich gemacht worden. Nach einer reichlichen Mahlzeit in dem ersten Stadium der Verdauung in welchem die Absonderung von Pankreassaft am lebhaftesten ist, werden, wie -J HEroENHAEsr an Hunden gefunden hat, die Drüsenzellen durch Verbrauch der ^ inneren, körnigen Zone verkleinert, während die äussere Zone gleichzeitig neues Material aufnimmt und vergrössert wird. In diesem Stadium ist der Zymogen- m gehalt am kleinsten. In einer späteren Periode, 12 — 20 Stunden nach der Te/Vl!f-" Mahlzeit, wird die innere Zone auf Kosten der äusseren neugebildet, und je beiTJ!^' Ab- grösser jene Zone ist, um so grösser scheint der Zymogengehalt in der Drüse s onderuii-/. ^^ Sein. Das Zymogen würde also der inneren Zone angehören, und die Ab- sonderung würde also, wenigstens zum Theil, in einem Zerfalle oder Zerfliessen dieser Zone bestehen, wobei die Drüsensubstanz selbst in das Sekret umge- wandelt werden sollte (Heidenhain). Dieser Ansicht widerspricht jedoch eine Beobachtung von Lewaschew^), dass bei Thieren, welche gehungert hatten und deren Pankreasdrüsen fast zymogenfrei waren, die innere körnige Zone ebenso stark ausgebildet wie unter normalen Verhältnissen bei reichlichem Zymogengehalt war. Die Art der bei der Umsetzung des Zymogens in das Enzym stattfindenden chemischen Vorgänge ist noch vollständig in Dunkel frehüllt. V^ Die chemischen Vorgänge im. Darme. Die Wirkungen, welche einem jeden Verdauungssekrete an sich zukommen, können unter Umständen durch Beimengung von anderen Verdauungsflüssig- keiten wesentlich verändert werden; und hierzu kommt noch, dass den in den Darm sich ergiessenden Verdauungsflüssigkeiten noch eine andere Flüssigkeit, 1) PFLtJGER's Arch. Bd. 10. 2) Journal of Physiol. Bd. 8. 3) Pflüger's Arch. Bd. 37. Chemische Vorgänge im Darme. die Galle, sich beimengt. Es ist also im Voraus zu erwarten, dass das Zu- sammenwirken dieser sämmtlichen Flüssigkeiten die im Darme verlaufenden chemischen Vorgänge kompliziren wird. Da die Säure des Älagensaftes auf das Ptyalin zerstörend wirkt, dürfte wohl dieses Enzym, selbst nachdem die Säure des Magensaftes im Darme neutralisirt worden, keine weitere diastatische Wirkung entfalten können. Die Galle hat wenigstens bei einigen Thieren eine schwach diastatische Wirkung, die wohl an und für sich von keiner wesentlichen Bedeutung sein dürfte die al)er jedoch zeigt, dass die Galle nicht einen hinderlichen, sondern eher einen förderlichen Einfluss auf die energische, diastatische Wirkung des Pankreas- saftes ausübt. Es haben in der That auch Martin und Williams') in ihren Versuchen eine fördernde Wirkung der Galle auf die diastutischc Wirkung von Pankreasinfusen beobachtet. Hierzu kommt noch die Wirkung der im „ , , ® V erhalten Darme regelmässig und in der Nahrung bisweilen vorkommenden ortranisirten ^®'; Kohie- , , , ■-' hydrate im Fermente, welche theils eine diastatische Wirkung entfalten und theils eine Darme. Milchsäure- und Buttersäuregährung hervorrufen können. Die aus der Stärke entstandene Maltose scheint im Darme in Glukose umgesetzt zu werden. Ebenso wird der Rohrzucker invertirt^ wärend dagegen nach den Beobachtungen von VoiT und Lusk^) au Kaninchen der Milchzucker im Darme nicht in- vertirt wird. Dass die Cellulose, besonders die feinere und zartere, im Darme zum Theil gelöst wird, ist unzweifelhaft; die Produkte, welche aus ihr entstehen, sind dagegen nicht genügend bekannt. Dass die Cellulose im Darme durch die Einwirkung von Mikroorganismen einer Gährung unter Bildung von Sumpf- gas, Essigsäure und Buttersäure unterliegen kann, ist besonders von Tappeiner ge- zeigt worden; dagegen weiss man aber nicht, wie gross der in dieser Weise zerfallende Theil der Cellulose ist^). Die Galle hat nur in sehr geringem Grade die Fähigkeit das Fett zu lösen , und diese Fähigkeit dürfte Avohl auch kaum von neunenswerther Be- deutung sein. Von grösserer Bedeutung dürfte es vielleicht sein, dass die Galle, wie Nencki^) und Rachford^) gezeigt haben, die fettspaltende Wirkung WirkunR der des Pankreassaftes befördert. Diese Spaltung des Fettes in Fettsäure und Fett. Glycerin ist nach der gewöhnlichen Ansicht von der grössten Bedeutung für die Resorption des Fettes. Die Fettsäuren verbinden sich nämlich mit dem Alkali des Darm- und Pankreassaftes zu Seifen, welche theils in geringer 1) Proeeed. of roy. Soc. Tom. 45 u. 48. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. S. 275. 3) Ueber die Verdauung der Cellulose vergl. man Hexn'EBEKG und Stohmann, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 21. S. 613. v. Kxiekikm, ebeud. S. G7. V. IIokmeistek, Arch. f. wiss. u. prakt. Thierhfilkunde. Bd. 11. Weiske, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. S. 373. Tappeiner, ebend. Bdd. 20 u. 24 und Mallevre, Pflüger's Arch. Bd. 40. i) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 20. ^') Journ. of Physiol. Bd. 12. Hammarsten, Physiol. Chem. Dritte Aufl. 1° 274 Neuntes Kapitel. Menge als solche resorbirt werden können, theils und vor Allem aber auf die Resorption des Fettes eine kräftige Wirkung ausüben. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Hauptmenge des Fettes in der Nahrung als eine feine Emulsion resorbirt wird, und für das Zustandekommen dieser Emulsion sollen die Seifen von der allergrössten Bedeutung sein. Setzt man einer Sodalösung von etwa 2 p. m. NagCOg reines, wirklich neutrales Olivenöl in nicht zu grosser Menge zu, so erhält man erst bei kräf- tigem Schütteln eine, nicht dauerhafte Emulsion. Setzt man dagegen zu einer anderen, gleich grossen Quantität derselben Sodalösung dieselbe Menge von gewöhnlichem, käuflichem Olivenöl (welches stets freie Fettsäuren enthält), so braucht man nur das Gefäss vorsichtig umzustülpen, so dass die beiden Flüssig- des^ f e't°es^ keiten gemischt werden, um sogleich eine, von einer äusserst feinen und dauer- haften Emulsion milchähuliche Flüssigkeit zu erhalten. Die freien Fettsäuren des stets etwas ranzigen, käuflichen Oeles verbinden sich mit dem Alkali zu Seifen, welche ihrerseits die Emulgirung bewirken (Brücke^), Gad^). Diese emulgirende Wirkung der durch den Pankreassaft abgespaltenen Fettsäuren soll durch das regelmässige Vorkommen von freien Fettsäuren in der Nahrung wie auch durch die Abspaltung von fetten Säuren aus dem Neutralfette bei der Fäulniss im Darme unterstützt werden. Diese Fettsäuren müssen nämlich eben- falls mit dem Alkali im Darme zu Seifen sich verbinden. Diese Emulgirung des Fettes mittelst der durch die Wirkung des Pankreas- saftes oder in anderer Weise entstandenen Seifen kann jedoch nur bei alkalischer Reaktion stattfinden. In dem Darniinhalte, so lange er noch sauer reagirt, dürfte wohl also eine solche Emulsion kaum vorkommen können. Dagegen kommt sie wohl unzweifelhaft an den Stellen vor, wo das Fett mit der von einem alkalischen Sekrete überzogenen Schleimhaut in Berührung kommt, oder überhaupt da, wo es mit dem zur Emulsionsbildung nöthigen Alkali zusammen- trifft. In dem sauren Darminhalte von Hunden, W'elche fettreiche Nahrung d.'s Fettes erhallen hatten, beobachteten Ludwig und Cash^) in der That keine Fett- emulsion. Nach Unterbindung von den zwei Pankreasausführungsgängen bei Hunden fanden sie auffallenderweise in den Chylusgefässen eine feine Emulsion, trotzdem das Fett im Darminhalte nicht emulgirt war. In diesem letzteren Falle ist es denkbar, dass die freien Fettsäuren, die wohl niemals in dem Fette der Nahrung fehlen und die auch bei der Fäulniss im Darme entstehen können, mit dem Alkali der Darmschleimhaut die Seifenbildung und die in den Chylus- gefässen sichtbare Emulsion zu Stande gebracht hätten. Uebrigens darf man nicht übersehen, dass nach mehreren Beobachtungen eine Emulgirung des Fettes durch Eiweiss unabhängig von der Reaktion stattfinden kann. In dieser Hinsicht 1) Wien. Sitzungsber. Bd. Gl. Abth. 2. 2) Du Bois-Reymond's Arch. Jahrg. 1878. 3) Ebend. Jahrg. 1880. Chemische Vorgänge im Darme. 275 ist an die Angabe von Kühne ^) zu erinnern, derzufolge der eiweissärmere Pankreassaft der permanenten Fisteln die eniulgirende Fälligkeit in geringerem Grade als der eiweissreichere Saft der temporären Fisteln zeigen soll. Ferner ist daran zu erinnern, dass nach Kühne die emulgirende Fähigkeit dem Alkali nicht zuzuschreiben ist, indem nämlich auch schwach angesäuerter Saft diese Fähigkeit besitzt. Schon längst hat Claude Bernard bei Versuchen an Kaninchen, bei welchen Thieren der Ductus choledochus in den Dünndarm oberhalb des Pankreas- ganges einmündet, gefunden, dass nach fettreicher Nahrung die Chylusgefasse des Darmes oberhalb des Pankreasganges durchsichtig, unterhalb desselben aber milchig weiss sind und dass also die Galle allein ohne den Pankreassaft das Fett nicht emulgirt. Dastre^) hat an Hunden den umgekehrten Versuch aus- ^''''IV'K ^ ' o von Galle a. geführt, indem er nämlich den Ductus choledochus unterband und eine Gallen- P^ni^feas. " ' saft aut die fistel anlegte, durch welche die Galle in den Darm unterhalb der Mündung E">"iif'"n& * ' & des Fettes. des pankreatischen Ganges einfliessen konnte. Da die Versuchs thiere nach einer fettreichen Mahlzeit getödtet wurden, waren die Chylusgefasse erst unterhalb der Einmündung der Gallenfistel milchig weiss. Hieraus zieht Dastre den Schluss, dass für die Resorption des Fettes ein Zusammenwirken von Galle und Pankreassaft nothwendig sei, eine Annahme, welche mit den obengenannten Beobachtungen von Nencki und Rachford im Einklänge ist. Die Bedeutung der Galle und des Pankreassaftes für die Resorption der Fette soll übrigens weiter unten (vergl. die Resorption) ausführlicher besprochen werden. Die Galle kann zwar bei künstlichen Verdauuugsversuchen die Pepsin- verdauung vollständig verhindern, indem sie das Aufquellen des Eiweisse.s ver- hindert. Ein Eindringen von Galle in den Magen während der Verdauung scheint dagegen, wie mehrere Forscher, namentlich Oddi^) und Dastre^), ge- zeigt haben, zu keinerlei Störungen Veranlassung zu geben. Die Galle hat bei neutraler oder alkalischer Reaktion keine lösende Wirkung auf das Fiweiss, aber dennoch kann sie auf die Eiweissverdauung im Darme Einfluss üben. Der wirkonirder saure, eiweissreiche Mageninhalt giebt nämlich mit der Galle einen Niederschlag Eiw^iss-'* von Eiweiss und Gallensäuren. Dieser Niederschlag reisst das Pepsin theilweise ^^^ *""^8- mit und hierdurch, wie auch durch die theilweise oder vollständige Neutrali- sation der Säure des Magensaftes durch das Alkali der Galle und des Pankreas- saftes. kann die Pepsinverdauung im Darme nicht weiter von statten gehen. Dagegen stört die Galle hierdurch nicht die Eiweissverdauung mittelst des Pankreassaftes im Darme. Die Wirkung dieses Verdauungssekretes wird näm- lich, wie oben genannt, von der Galle nicht gestört, besonders nicht bei der 1) Lehrb. d. physiol. Chem. 1868. S. 122. •-') Arch. de physiol. (5.) Bd 2. S. 315. 3) Ref. in Ceutralbi. f. Physiol. 1887. S. 312. «) 1. c. 18* 276 Neuutes Kapitel. von organischen Säuren herrührenden, schwach sauren Reaktion, welche regel- mässig in den oberen Theilen des Darmes zu herrschen pflegt. Der gallehaltige, schwach saure Darminhalt von während der Verdauung getödteten Hunden zeigt in der That auch regelmässig eine kräftig verdauende Wirkung auf Eiweiss. Der beim Zusammentreffen des sauren Mageninhaltes mit der Galle ent- stehende Niederschlag löst sich wieder leicht — zum Theil schon bei saurer Reaktion ■ — ■ in einem Ueberschuss von Galle wie auch in dem bei der Neu- tralisation der Salzsäure des Magensaftes entstandenen NaCl auf. Es ist übrigens zweifelhaft, ob beim Menschen, bei welchem die Ausführungsgänge der Galle und des Pankreassaftes neben einander einmünden und bei welchem in Folge dessen der saure Mageninhalt wahrscheinlich sogleich beim Zutritte der Galle zum grössten Theil iieutralisirt wird, überhaupt eine Ausfällung von Eiweiss durch die Galle im Darme vorkommt. Neben den in dem Vorigen besprochenen, durch Enzyme vermittelten Prozessen verlaufen jedoch in dem Darme auch Prozesse anderer Art, die von Mikroorganismen vermittelten Gährungs- und Fäulnissvorgänge. Diese verlaufen weniger intensiv in den oberen Theilen des Darmes, nehmen aber gegen den unteren Theil desselben an Intensität zu, um endlich in dem Dickdarme und Enddarme in dem Masse, wie das Wasser durch die Resorption entfernt wird, wieder an Stärke abzunehmen. In dem Dünndarme kommen, so lange der Inhalt noch stärker sauer reagirt, zwar Gährungs-, aber keine Fäulnissprozesse vor. Macfadyen, M. Nencki und N. Sieber ^) haben einen Fall von Anus Dün^^arm- praeternaturalis beim Menschen untersucht, in welchem gerade das in das Coecum iuhalt. einmündende Ende des Ileum excidirt worden war, und sie konnten also den aus der Fistel ausfliessenden Inhalt, nachdem er der Einwirkung der ganzen Dünndarmschleimhaut unterworfen war, untersuchen. Der von Bilirubin gelb bis gelbbraun gefärbte Speisebrei reagirte sauer und hatte bei gemischter aber vorwiegend animalischer Kost einen Säuregrad, der, auf Essigsäure bezogen, als Mittel etwa 1 p. m. betrug. Der Inhalt war in der Regel fast geruchlos, von etwas brenzlichem und an flüchtige Fettsäuren erinnerndem, seltener von schwach fauligem, an Indol erinnerndem Geruch. Die wesentlichste Säure war Essigsäure, neben ihr kamen aber auch Gährungsmilchsäure und Paramilchsäure, flüchtige Fett- säuren, Bernsteinsäure und Gallensäuren vor. Koagulables Eiweiss, Peptone, Mucin, Dextrin, Zucker und Alkohol waren vorhanden. Leucin und Tyrosin konnten dagegen nicht aufgefunden werden. Nach den genannten Forschern wird im menschlichen Dünndarm das Eiweiss gar nicht oder ausnahmsweise in ganz geringer Menge durch Mikrobien zersetzt. Die im Dünndarm vorhandenen Mikrobien zersetzen vorzugsweise die Kohlehydrate unter Bildung von Aethylalkohol und den obengenannten or- 1) Arch. f. exp. Path. u. rharm. Bd. 28. Fäulnissvorgänge im Darme. 277 ganischen Säuren. Freie Salzsäure kommt im Darme nicht vor, und die organi- ^^ ^ sehen Säuren sind es, die im Darnie die Eiweissfäuluiss verhindern und auch Vorgänge, die Zersetzung der Kohlehydrate einschränken. Weitere Untersuchungen von Jakowsky') führen ebenfalls zu dem Schlüsse, dass beim Menschen die Eiweissgährung nicht im Dünndärme, sondern im Dick- darme stattfindet. Diese Eiweissfäulniss ist etwas ganz anderes als die Pankreas- verdauung, und diese zwei Prozesse sind durch die Produkte, welche sie liefern, wesentlich von einander verschieden. Bei der Pankreasverdauung entstehen, so weit bisher bekannt, neben Albumosen und Peptonen, Lysin, Lysatinin, Proteinocbrom, Amidosäuren und Ammoniak. Bei der Fäulniss des Eiweisses entstehen zwar an- fänglich dieselben Produkte, aber die Zersetzung geht bedeutend weiter und es entstehen eine Menge von Produkten, welche man durch die Untersuchungen zahl- Eiweiss- reicher Forscher, vor A llem Nencki, Baumann, Briegek, H. und E. Salkoavski '^'''°*^^- und deren Schüler kennen gelernt hat. Die bei der Fäulniss von Eiweiss ent- stehenden Produkte sind (ausser Alhmnosen, Peptonen, Amidosäuren und Ammoniah) Indol, SJcatol, Parakresol, Phenol, Phemßpropionsänre und Phenijless'tgsünre, ferner Paraoocijphenylessigsänre und Hudroparaliumarsünre (neben Parakresol durch die Fäulniss von Tyrosin entstanden), ßncldige fette Säuren, Kohlensäure, Wasserstoffgas , Sumpfgas, Methylmerlaiptan und Schivefehvasserstoff\ Bei der Fäulniss von Leim entstehen weder Tyrosin noch Indol, wogegen Ghjholwll dabei gebildet wird. Von diesen Zersetzungsprodukten sind einige von besonderem Interesse ihres Verhaltens innerhalb des Organismus wegen, indem sie nämlich nach ge- schehener Resorption in den Harn übergehen. Einige, wie die Oxysäuren, gehen hierbei unverändert in den Harn über. Andere, wie die Phenole, gehen direkt und andere wiederum, wie Indol und Skatol, erst nach erfolgter Oxyda- üebergang ' ' _ ° -^ der Fäulniss- tion durch eine Svnthese in Aetherschwefelsäuren über, welche mit dem Harne Produkte in den Harn. ausgeschieden werden (vergl. bezüglich der weiteren Details Kap. 15). Die Menge dieser Stoffe im Harne wechselt auch mit dem Umfange der Fäulniss- vorgänge im Darme, wenigstens gilt dies von den Aetherschwefelsäuren. Mit stärkerer Fäulniss wächst ihre Menge im Harne, und umgekehrt können sie, wie Baumann 2) durch Experimente an Hunden gezeigt hat, wenn der Darm mit Kalomel desinfizirt wird, aus dem Harne verschwinden. Unter den nun genannten Fäulnissprodukten im Darme dürften hier die folgenden zwei, das Indol und das Skatol, des näheren besprochen werden müssen. P TT Indol, Q^^;^ = C^YL^'( ^CH, und Skatol oder Metli vi indol, \NH-' .C.CHg CyHgN = CßH^ "======- CH , sind zwei zu den Indigosubstanzen in naher \ NH/' 1) Areh. des scieuces biologiqiies d. St. Petersbourg. Tome 1. 4. 1892. 2) Zeitschr. f. pliysiol. Chem. Bd. 10. 278 Neuntes Kapitel. Beziehung stehende Stoffe, welche aus den Eiweissstoffen bei deren Fäulniss indoi und oder beim Schmelzen mit Aetzkali entstehen. Sie kommen deshalb auch regel- Skatoi. massig im Darrakanale des Menschen vor und gehen, wenigstens zum Theil, nach geschehener Oxydation zu Indoxyl, resp. Skatoxyl als die entsprechenden Aetherschwefelsäuren, aber auch als Glukuronsäuren in den Harn über. Diese zwei Stoffe sind auf mehrfache Weise synthetisch dargestellt worden. Es können beide aus Indigo, durch Reduktion desselben mit Zinn und Salz- säure und Erhitzen des Reduktionsproduktes mit Zinkstaub, gewonnen werden (Baeyer '). Das Indol entsteht auch aus dem Skatol beim Durchleiten desselben durch ein glühendes Rohr. In Wasser suspendirtes Indol wird von Ozon zum Theil zu ludigblau oxydirt (Nexcki^). Indol und Skatol kry stall isiren in glänzenden Blättchen, deren Schmelz- punkte bei -|- 52, bezw. 95° C. liegen. Das Indol riecht eigenthümlich exkre- mentähnlich, das Skatol hat einen intensiven fäkalen Geruch (das Skatol aus Indigo soll jedoch geruchlos sein). Beide Stoffe sind mit Wasserdämpfen leicht flüchtig, das Skatol jedoch leichter als das Indol. Aus dem wässerigen Destillate können beide mit Aether ausgeschüttelt werden. In siedendem Wasser ist das Skatol bedeutend schwerlöslicher. Beide sind in Alkohol leicht löslich. Beide geben mit Pikrinsäure eine in rothen Nadeln kryslallisirende Verbindung. Wird ein Gemenge von den zwei Pikraten mit Ammoniak destillirt, so gehen die beiden Stoffe unzersetzt über; destillirt man dagegen mit Natronlauge, so wird das Indol zersetzt, das Skatol nicht. Die wässerige Lösung des Indols giebt schaffen und tnit rauchender Salpetersäure eine rothe Flüssigkeit und dann einen rothen Niederschlag von Nitrosoindolnitrat (Nencki^), Man kann noch besser erst ein paar Tropfen Salpetersäure zufügen und dann tropfenweise eine 2°/oige Lösung von Kaliumnitrit zusetzen (Salkowski^). Das Skatol giebt nicht diese Reaktion. Eine mit Salzsäure versetzte alkoholische Lösung von Indol färbt einen Fichtenspahn kirschroth. Das Skatol giebt diese Reaktion nicht. In konzentrirter Salzsäure löst sich das Skatol mit violetter Farbe. Beim Er- wärmen mit Schwefelsäure giebt Skatol eine prachtvoll purpurrothe Färbung (CiAMiciAN und Magnanini^). Die zum Nachweis und zur Reindarstellung von Indol und Skatol aus Darstellung Exkrementen oder faulenden Gemengen übliche Methode ist in ihren Haupt- und Nach- zügcn folgende. Man destillirt nach dem Ansäuern mit Essigsäure, versetzt weis von . , , o ' Indol und das Destillat mit Alkali (um etwa gleichzeitig anwesende Phenole zu binden) und destillirt von Neuem. Aus dem neuen, zweiten Destillate werden die beiden 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 140 und Supplbd. 7, S. 56, Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bdd. 1 u. 3. 2) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 8. S. 727. a) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 8. S. 722 u. 1517. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8. S. 447. 5) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 21. S. 1928. Darmgase. 279 Stoffe mit Pikrinsäure nach Zusatz von Salzsäure ausgefällt. Die Pikratfällung •wird dann mit Ammoniak destillirt. Aus dem Destillate werden die beiden Stoffe mit Aether wiederholt ausgeschüttelt und sämmtliche Aetherauszüge ver- dunstet. Der, Indol und Skatol enthaltende Rückstand wird in sehr wenig ab- solutem Alkohol gelöst und mit 8 — 10 Volumen Wasser versetzt. Dabei wird das Skatol gefallt, das Indol dagegen nicht. Bezüglich des' zur weiteren Trennung und Reinigung nöthigen Verfahrens wird auf ausführlichere Hand- bücher verwiesen. Die bei den Zersetzungsvorgängen im Darme entstehenden Gase werden im Verdauungskanale mit der mit Speichel und Speisen verschluckten atmo- sphärischen Luft gemischt. Da die Gasentwickelung bei der Zersetzung ver- schiedener Nälirstoffe eine verschiedene ist, so muss das Gasgcmenge nach ver- schiedener Nahrung voraussichtlich eine verschiedenartige Zusammensetzung haben. Dies ist in der That auch der Fall. Von Sauerstoff finden sich in den Gedärn)en höchstens Spuren, was zum Theil von bei den Gährungsprozessen entstandenen reduzirenden Substanzen, welche Sauerstoff binden können, und theils und wahrscheinlich hauptsächlich von einer Diffusion des Sauerstoffes durch die Gewebe der Darmwand herrühren dürfte. Dass diese Vorgänge zum grössten Theil schon im Magen stattfinden, dürfte aus dem oben (S. 245) über die Zusammensetzung der Magengase Gesagten ersichtlich sein. Sticlcstof findet sich dagegen regelmässig im Darme und er dürfte wohl hauptsächlich von der verschluckten Luft, zum Theil jedoch auch vielleicht, wie Bunge ^) annimmt, ^^^^ von einer Diffusion aus den Geweben der Darmwand in den Darm herrühren. Die Kohlensäure stammt theils von dem Mageninhalte, theils von der Eiweiss- fäulniss, theils von einer Milch- und Buttersäuregährung der Kohlehydrate und theils von einem Freiwerden von Kohlensäure aus dem Alkalikarbonate des Pankreas- und Darmsaftes, bei deren Neutralisation durch die Salzsäure des Magensaftes und die bei der Gährung entstandenen organischen Säuren her. Wasserstoff' kommt in grösster Menge nach Milchuahrung und in kleinster Menge bei reiner Fleischnahrung vor. Dieses Gas scheint zum grössten Theil bei der Buttersäuregährung der Kohlehydrate zu entstehen, obgleich es jedoch auch bei der Eiweissfäulniss unter Umständen in reichlicher Menge auftreten kann. Die Abstammung der im Darme normalerweise vorkommenden Spuren von Methyhnerhaptan und ScJuvefelwasserstoff aus dem Eiweiss ist unzweifel- haft. Auch das Sumpfgas kann unzweifelhaft von der Eiweissfäulniss her- rühren. Hierfür sprechen besonders die grossen Mengen, 26,45 "^/o, Sumpfgas, welche von RuGE^) im Darme des Menschen nach Fleischkost gefunden wurden. Noch grössere Mengen von diesem Gase fand er jedoch nach einer Hülsen- früchte enthaltenden Nahrung, was gut mit der Beobachtung stimmt, dass das Sumpfgas durch eine Gährung von Kohlehydraten, besonders aber von Cellulose 1) Lehrb. 1. Aufl. S. 2C8. 2) Wieu. Sitzungsber. Bd. 44. 280 Neuutes Kapitel. (Tappeiner ^), entstehen kann. Besonders bei den Pflanzenfressern dürfte wohl auch ein solcher Ursprung des Sumpfgases gewöhnlich sein. Ein kleiner Theil des Sumpfgases wie auch der Kohlensäure kann auch von einer Zersetzung des Lecithins herrühren (Hasebroek^). Einer Fäulniss im Darme unterliegen indessen nicht nur die Bestandtheile der Nahrung, sondern auch die eiweisshaltigen Sekrete und die Galle. Unter den Bestandtheilen der Galle werden dabei nicht nur die FarbstoflFe — aus dem Bilirubin entstehen, wie man allgemein annimmt, Hydrobilirubin und braune Farbstoffe — sondern auch die Gallensäuren, vor Allem die Taurocholsäure umgewandelt oder zersetzt. Die Glykocholsäure ist beständiger und sie findet der Galle im sich deshalb bei einigen Thieren in den Exkrementen zum Theil unzersetzt wieder, während die Taurocholsäure der Zersetzung regelmässig so vollständig anheimfällt, dass sie in den Darmausleerungen gänzlich fehlt. Beim Fötus, in dessen Verdauungskanal keine Fäulnissprozesse vorkommen, findet man da- gegen im Darminhalte unzersetzte Gallensäuren und Gallenfarbstoffe. Die Re- duktion des Bilirubins zu Hydrobilirubin findet nach Macfadyen, Nencki und Sieber ^) beim Menschen nicht im Dünn-, sondern im Dickdarme statt. Dass die eiweissreichen Sekrete ebenfalls der Fäulniss anheimfallen, folgt daraus, dass die Fäulniss auch bei vollständigem Hungern fortbesteht. Bei seinen Beobachtungen an Cetti fand Müller^), dass beim Hungern die In- dikanausscheidung rasch abnahm und nach dem 3. Hungertage nicht mehr zu beobachten war, wogegen die Phenolausscheiduug, welche erst herabging so dass sie fast minimal wurde, von dem 5. Hungertage ab wieder anstieg und ^^e^krete im' ^^ ^- ^^^^ ^' Tage 3 — 7 Mal so gross wie beim Menschen unter gewöhnlichen Darme. Verhältnissen war. Bei Hunden ist dagegen während des Hungerns die Indikan- ausscheidung bedeutend, die Phenolausscheiduug dagegen minimal. Unter den im Darme faulenden Sekreten dürfte wohl der Pankreassaft, Welcher sehr leicht in Fäulniss übergeht, den hervorragendsten Plalz einnehmen. Bei seinen Experi- menten an Hunden hat in der That auch Pisenti^) gefunden, dass die Indikan- ausscheidung mit dem Harne nach Unterbindung des pankreatischen Ganges stark abnimmt, dass sie aber, wenn die Thiere Pankreaspepton oder Pankreas- saft erhalten haben, wieder zunimmt. Aus dem in dem Vorigen Gesagten ergiebt sich, dass die bei der Fäulniss im Darme entstehenden Produkte zum Theil dieselben sind, welche bei der Verdauung entstehen. Insoferne als bei der Fäulniss solche Produkte wie Albu- moseu und Peptone und vielleicht auch gewisse Amidosäuren gebildet werden, 1) 1. c. 2) Zeitschr. f. pliysiol. Cliem. Bd. 12. 3) 1. C. 4) Berlin, klin. Wochenschr. 1887. Nr. 24. 5) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 17. S. 277. Fäulnissvorgänge im Darme. 281 kann also die Fäulniss zum Nutzen des Organismus wirksam sein. Dagegen ist das Auftreten von weiteren Spaltungsprodukten als ein Verlust von werth- vollem Material für den Organismus zu betrachten, und es ist darum auch von Wichtigkeit, dass die Fäulniss im Darme innerhalb gebührender Grenzen ge- Intensität halten wird. Tödtet man ein Thier, während die Verdauung im Darme im fäulniss." Gange ist, so hat der Inhalt der Dünndärme einen eigenthümlichen, aber nicht fauligen Geruch. Auch der Geruch des im Dickdarme befindlichen Inhaltes ist lange nicht so stinkend wie der einer faulenden Fankreasinfusion oder eines eiweissreichen, faulenden Gemenges. Schon hieraus kann man schliessen, dass die Fäulniss im Darme gewöhulichenfalls lange nicht so intensiv wie ausserhalb des Organismus wird. Unter physiologischen Verhältnissen scheint also dafür gesorgt zu sein, dass die Darmfäulniss nicht zu weit geht, und diejenigen Faktoren, die hier in Betracht kommen können, dürften verschiedener Art sein. Die Resorption ist unzweifelhaft von grosser Bedeutung und es ist durch direkte Beobachtungen sicher gestellt, dass die Fäulniss stärker zunimmt in dem Maasse, wie die Re- . . . . . . Fäalniss- sorption gehemmt ist und flüssige Massen in dem Darme sich anhäufen. Die hemmende ° . . . Momente im Beschaffenheit der Nahrung übt auch einen unverkennbaren Einfluss aus, und Darme. es scheint, als ob eine grössere Menge von Kohlehydraten in der Nahrung der Fäulniss entgegenwirken würde (HmscHLER^). Eine besonders stark fäulniss- hemmende AYirkung üben nach den Erfahrungen von Pohl, Biernacki, Rovighi, "WiNTEKNiTZ und SCHMITZ") auch Milch und Kefir aus. Diese Wirkung rührt nach Schmitz nicht von dem Kasein her und sie dürfte hauptsächlich durch den Milchzucker, zum Theil auch durch die Milchsäure bedingt sein. Eine besonders stark fäulnisshemmende Wirkung hat man auch schon längst der Galle zuschreiben wollen. Diese antiputride Wirkung kommt jedoch nicht der neutralen oder schwach alkalischen Galle, welche selbst bald in Fäulniss übergeht, sondern den freien Gallensäuren, besonders der Taurochol- säure zu (Maly und Emich^), Lixdberger*). Dass die freien Gallensäuren eine stark fäulnisshemmende Wirkung ausserhalb des Organismus ausüben können, unterliegt keinem Zweifel und es dürfte deshalb auch schwierig sein, ihnen eine solche Wirkung in dem Darme abzusprechen. Nichtsdestoweniger wird die antiputride Wirkung der Galle im Darme von einigen Forschern (Vorr^), RöHMANN*^) in Abrede gestellt. Um die Bedeutung der Galle für die Verdauung kennen zu lernen, hat •1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10. S. 306. 2) Ebend. Bd. 17. S. 401, wo man auch ältere Litteraturangaben findet, und Bd. 19. Vergl. auch Salkowski, Centralbl. f. d. med. Wiss. 1893. S. 467. 3) Monatsheft f. Chcin. Bd. 4. ■1) Vergl. Maly's Jaliresber. Bd. 14. S. 334. 5) Beitr. z. Biologie. Jubiliiuiusschrift. Stuttgart. (COTTA.) 1882. 6) PflCger's Arch. Bd. 29. 282 Neuntes Kapitel. man sie durch Anlegen von Gallenfisteln nach aussen abgeleitet (Schwann '), Bloni^lot^), Bidder und Schmdt^) u. A.). Als Folgen eines solchen Ein- griffes hat man regelmässig bei fetthaltiger Nahrung eine mangelhafte Resorption des Fettes und eine von dem grösseren Fettgehalte der Exkremente bedingte, hellgraue oder blasse Farbe derselben beobachtet. In wie weit sonstige Ab- weichungen von dem Normalen nach der Gallenfisteloperation auftreten oder nicht, hängt wesentlich von der Beschaffenheit der Nahrung ab. Füttert man die Thiere mit Fleisch und Fett, so muss man nach der Operation die Menge des Futters bedeutend vermehren, weil die Thiere sonst stark abmagern und sogar unter den Symptomen des Verhungerns zu Grunde gehen. In diesem Falle werden auch die Exkremente aashaft stinkend, was man früher als einen Beweis für die fäulnisshemmende Wirkung der Galle angeführt hat. Die Ab- magerung und das gesteigerte Nahrungsbedüifniss rühren selbstverständlich von der mangelhaften Resorption des Fettes her, dessen hoher Verbrennungswerth Verhalten hierbei Wegfällt und durch Aufnahme von grösseren Mengen anderer Nährstoffe der Gallen- o b o . fisteithiere. ersetzt Werden muss. Vermehrt man die Menge des Eiweisses und des Fettes, so muss das letztere, welches ja nur sehr unvollständig resorbirt werden kann, jn dem Darme sich anhäufen. Dieses Anhäufen des Fettes im Darme soll nun seinerseits die Eiwirkung der Verdauungssäfte auf das Eiweiss erschweren, und dieses letztere fällt nun in grösserer Menge als sonst der Fäulniss anheim. Hierdurch erklärt man das Auftreten von stinkenden Fäces, welche ihre blasse Farbe eigentlich nicht dem Mangel an Gallenfarbstoffen, sondern dem Reichthume an Fett zu verdanken haben sollen (Röhmann, Voit). Füttert man dagegen die Thiere mit Fleisch und Kohlehydraten, so können sie sich ganz normal verhalten, und das Ableiten der Galle hat keine gesteigerte Fäulniss zur Folge. Die Kohle- hydrate können nämlich ungehindert in so grossen Mengen resorbirt werden, dass sie das Fett der Nahrung ersetzen, und dies ist der Grund, warum die Thiere bei einer solchen Diät nicht abmagern. Da nun ferner bei dieser Nahrung die Fäulniss im Darme trotz der Abwesenheit der Galle nicht stärker als unter normalen Verhältnissen ist, könnte es ja den Anschein haben, als übte die Galle im Darme keine fäulnisshemmende Wirkung aus. Wenn man sich indessen vergegenwärtigt, dass die Anwesenheit von freien Säuren der Fäulniss entgegenwirkt, und ferner, dass die Kohlehydrate durch Wirkung der i^fiure Gährung im Darme freie Säuren liefern, so ist es jedoch denkbar, dass hydrateauf die Kohlehydrate, welche ja überdies nach Hirschler ohne in saure Gährung überzugehen die Fäulniss hemmen können, sozusagen die fäulnisshemmende Wirkung der Galle übernehmen. Dass die Galle unter gewöhnlichen Verhält- 1) Müller's Arch. f. Anat. u. Physiol. 1844. 2) Essai sur les fonctions du foie et de ses annexes. Paris 184G. (Cit. nach Biddkr und Schmidt.) 3) Die Verdauungssäfte und der Stoffwechsel. S. 98. Darmfäulniss. Exkremente. 283 nissen bei gemischter, nicht sehr kohlehydratreicher Kost im Darme eine fäul- nisshemmende Wirkung ausübt, dürfte wohl also noch nicht ganz in Abrede zu stellen sein. Dass sie in dem Siune antiseptisch wirkt, dass sie dem Zer- falle des Eiweisses in einfachere, für den Organismus weniger werthvolle oder vielleicht sogar schädliche Produkte entgegenwirkt, hat Limbourg^) gezeigt. Wenn also die Frage, wie die Fäulnissvorgänge im Darme unter physio- logischen Verhältnissen innerhalb gebührender Grenzen gehalten werden, noch nicht sicher zu beantworten ist, so lässt sich jedoch darüber wenigstens so viel sagen, dass in den oberen Theilen der Gedärme die saure Reaktion und in den unteren die Resorption von Wasser dabei von grossem Belange ist. Dass namentlich die saure Reaktion in dem Darme einen wesentlich hemmenden Einfluss auf die Fäulnissvorgänge ausübt, geht auch aus den zwischen dem Säuregrade des Magensaftes und der Darmfäulniss bestehenden Beziehungen hervor. Nachdem nämlich durch die Untersuchungen und Beobachtungen von Käst, Stadelmann, Wasbutzki, Bieenacki und Mester das Auftreten einer gesteigerten Darniftiulniss bei verringertem Salzsäuregehalt des Magensaftes oder bei Mangel an Salzsäure festgestellt worden war, hat neulich Schmitz ^j gezeigt, dass beim Menschen durch Salzsäureeinnahrae erzeugte Hyperacidität des Magen- saftes umgekehrt die Darmfäulniss einschränken kann. Die Exkremente. Es ist einleuchtend, dass der Rückstand, welcher nach beendeter Verdauung und Resorption im Darme zurückbleibt, je nach der Art und Menge der Nahrung qualitativ und quantitativ ein wesentlich verschiedener sein muss. Während die Menge der Exkremente beim Menschen bei gemischter Kost gewöhnlich 120— 15ü g, mit 30 — 37 g festen Stoffen, pro 24 Stunden nen-e und beträgt, war nach Voit^) dagegen bei einem Vegetarier ihre Menge 333 g mit der Exkre- 75 g festen Stoffen. Bei einseitiger Fleischnahrung sind die Exkremente spär- lich, pechähnlich, von Hämatin und Schwefeleisen fast schwarz gefärbt. Ein ähnliches Aussehen haben die spärlichen Exkremente beim Hungern. Eine reichliche Menge von gröberem Brod liefert eine reichliche Menge hellgefärbter Exkremente. Bei einem grösseren Fettgehalte nehmen sie ein helleres, thon- farbiges Aussehen an. Zu der normalen Farbe der Fäces scheinen die Zer- setzungsprodukte der Gallenfarbstoffe nur wenig beizutragen. Die Bestandtheile der Exkremente sind der verschiedensten Art. Es kommen also in den Exkrementen verdauliche oder resorbirbare Bestandtheile der Nahrung, wie Muskelfasern, Bindegewebe, Kaseinklümpchen, Stärkekörner und Fett vor, welche während des Aufenthaltes im Darmkanale nicht die zur vollständigen Verdauung oder Resorption nöthige Zeit gefunden haben. Es 1) Zeitschr. f. pliysiol. Cheni. Bd. 13. 2) E1)cik1. Bd. 10 S. 401, wo iiuui auch die eiusehlügige Litteratur findet. H) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. S. '2Ü4. 284 Neuntes Kapitel. enthalten die Exkremente ausserdem unverdauliche Stoffe, wie Pflanzenreste, Keratinsubstanzen, Nuklein u. A.; ferner Formeleraente, von der Schleimhaut „ , ^ und den Drüsen stammend; Bestandtheile der verschiedenen Sekrete, wie Mucin, | Bestand- ' ' '.■ theiie der Cholalsäure, Djslysin und Cholesterin ; Mineralstoffe der Nahrung und der Se- krete und endlich Produkte der Fäulniss oder der Verdauung, wie Skatol, Indol, flüchtige fette Säuren, Kalk- und Magnesiaseifen. Bisweilen kommen auch Parasiten verschiedener Art vor, und endlich enthalten die Exkremente Mikroorganismen, Spaltpilze verschiedener Art bisweilen in so reichlicher Menge, dass ihre Hauptmasse aus derartigen Mikroorganismen zu bestehen scheint (v. Jaksch '). Dass die Dannschleimhaut selbst durch ihr Sekret und die in reichlicher Menge abgestossenen Epithelzellen sehr wesentlich zur Bildung der Exkremente beiträgt, geht aus der zuerst von L. Hermann ^j gemachten Beobachtung hervor, dass in reingespülten, isolirten, ringförmig durch eine Darmnath in sich vereinigten Darmschlingen kothähnliche Massen, der sogen. „Ringkoth", sich ansammeln. Die Reaktion der Exkremente ist sehr wechselnd. Sie ist oft in den inneren Theileu sauer, Avährend die an der Schleimhaut liegenden äusseren Schichten alkalisch reagiren. Bei Säuglingen soll sie regelmässig sauer sein (Wegschelder^), Der Geruch wird wohl hauptsächlich von dem Skatol bedingt, welches zuerst von Brieger in Exkrementen gefunden wurde und nach ihnen seinen Namen erhalten hat. An dem Gerüche haben jedoch auch Indol und andere Substanzen Theil. Die Farbe ist gewöhnlich heller oder dunkler braun und hängt vor Allem von der Natur der Nahrung ab. Medi- Reaktion u. kamentöse Stoffe können den Fäces eine abnorme Farbe geben. Die Ex- Exkremente kremente werden also von Eisen- und Wismuthsalzen schwarz, von Rha- barber gelb und von Kalomel grün. Diese letztgenannte Farbe erklärte man früher durch die Entstehung von ein wenig Schwefelquecksilber. Nun- mehr erklärt man sie dagegen allgemein dadurch, dass das Kalomel die Darmfäulniss und die davon abhängige Zei'setzung der Gallenfarbstoffe hemmt, so dass ein Theil des Gallenfarbstoffes als Biliverdin in die Fäces übergeht. Eine grüne Farbe der Exkremente bei Kindern soll ausserdem nach Lesage*) theils von Biliverdin und theils von einem anderen, von einem Bacillus erzeugten Pigmente herrühren können. In den eigelben oder grüngelben Exkrementen der Säuglinge kann man Bilirubin nachweisen. Bei Erwach- senen dagegen scheint unter normalen Verhältnissen in den Exkrementen weder Bilirubin noch Biliverdin vorzukommen. Dagegen findet man das Ster- 1) Klin. Diagnostik. 3. Aufl. S. 302. 2) Pflügek's Arch. Bd. 46. Vergl. ferner Ehrenthal, ebend. Bd. 48, Bernstein, ebend. Bd. 53, Klecki, Centralbl. f. Physiol. 1893. S. 736 und F. VoiT, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 29. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 6. S. 482. 4) Vergl. ebend. Bd. 18. S. 336. Exkremente und Mekonium. 285 cobilin (■Masius und Vanlair), welches nach einigen Forschern mit dem aus Bilirubia durch einen Reduktionsprozess hervorgegangenen Hydrobilirubin (Maly) und dem Urobilin (Jaff£) identisch sein soll, eine Ansicht, welche jedoch von Mac Munx bekämpft wird*). In pathologischen Fällen kann auch bei Erwachsenen Bilirubin in den Fäces vorkommen, Krystallisirt (als Häma- toidin) ist es in den Fäces sowohl bei Kindern wie bei Erwachsenen beob- achtet worden (Uffelmann ^), v. Jaksch^). Bei Abwesenheit von Galle (sog. acholischen Darmentleerungen) haben die Exkremente, wie oben gesagt, eine von dem grossen Fettgehalte herrührende graue Farbe, welche jedoch wohl auch zum Theil von der Abwesenheit von Gallenfarbstoff herrühren dürfte. In diesen Fällen hat man auch in den Ex- ^'^^oiischo Uarmaas- krementeu eine reichliche Menge von Krystallen beobachtet (Gerhardt, v. Jaksch) ''^^'■""t'®'^- welche überwiegend aus Magnesiaseifen (Oesterlen) oder Natronseifen (Stadel- MANNj bestehen '^). Blutungen in den oberen Abschnitten des Verdauungskanales liefern, wenn sie nicht zu reichlich waren, von Hämatin schwarzbraune Exkremente. Exkretin hat Marcet') einen in Menschenexkrementen vorkommenden krystallisiren- den Stoff genannt, welcher jedoch nach Hoppe-Seylek vielleicht nichts Anderes als unreines Cholesterin ist. Exk ret oli nsäure^hat Marcet einen ölähnlichen Stoflf von exkrementiellem Gerüche genannt. In Anbetracht der sehr wechselnden Zusammensetzung der Exkremente, sind quantitative Analysen derselben von geringem Werth und sie können deshalb hier bei Seite gelassen werden. Das Mekonium oder Kindspech ist eine dunkel braungrüne, pech- ähnliche, meistens sauer reagirende Masse ohne stärkeren Geruch. Es enthält grüngefärbte Epithelzellen, Zelldetritus, zahlreiche Fettkörnchen und Cholesterin- täfelchen. Der Gehalt an Wasser und festen Stoffen ist resp. 720 — 8UÜ und 280 — 200 p. m. Unter den festen Stoffen hat man Mucin, Gallenfarbstoffe Mekoniom. und Gallensäuren, Cholesterin, Fett, Seifen, Calcium- und Magnesiumphosphat gefunden. Zucker und Milchsäure, Eiweissstoffe (?) und Peptone wie auch Leucin und Tyrosin und die sonst im Darme vorkommenden Fäulnissprodukte sollen darin fehlen. Das Mekonium kann unzersetzte Taurocholsäure, Bilirubin und Biliverdin enthalten, enthält aber kein Hydrobilirubin, was als ein Beweis für das Nichtvorhandensein von Fäulnissprozessen in dem Verdauungskanale des Fötus betrachtet wird. In gerichtlich-chemischen Fällen handelt es sich bisweilen darum, zu ent- scheiden, ob Flecken auf Leinwand oder anderem Stoff von Mekoniun» herrühren oder nicht. Für einen solchen Fall hat man folgende Anhaltspunkte. Die von Mekonium herrührenden Flecken haben eine braungrüne Farbe und lösen sich 1) Vergl. Kap 8 über die Galle. S. 205. 2) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 24 3) 1. c. S. 234. ■1) Die Litteratur iiber Fettkrystalle in den Faces findet man bei v. Jakscu. 1. c. S. 234. ^) Annal. de chim. et de phys. Tome 59. 286 Neuntes Kapitel. leicht von dem Stoffe ab, welchen sie auf Grund der zähen Beschaffenheit des „ Mekoniums kaum durchnässen. Mit Wasser angefeuchtet, entwickeln sie keinen m Nachweis besonderen Geruch, beim Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure riechen sie .. , '"'? daseien etwas fäkal. Mit Wasser geben sie eine schleimige, grünlich gelbe Mekoniums. ^,*' °. , . . , -r^i.. i , ?^- t .. • i • ■• i i •■ • t? • Flüssigkeit mit braunen r lockchen. Die Losung giebt mit überschüssiger Essig- säure eine unlösliche Fällung von Mucin ; beim Sieden gerinnt sie aber nicht. Der filtrirte, wässerige Auszug giebt die GMELiN'sche, aber noch besser die HupPERx'sche Reaktion auf Gallenfarbstoffe. Die mit überschüssiger Kalk- milch gefällte Flüssigkeit giebt ein fast entfärbtes Filtrat, welches nach der Konzentration eine recht schöne PETTENKOFER'sche Reaktion geben kann. Der DarminhaJt unter abnormen Verhältnissen wird wohl gewöhnlich weniger Gegenstand einer chemischen Analyse als einer Inspektion oder einer mikroskopischen Untersuchung.'' Aus diesem Grunde kann auch die Frage von der Beschaffenheit des Darminhaltes bei den verschiedenen Krankheiten hier nicht des näheren abgehandelt werden. Von einem gewissen Interesse ist jedoch die Frage nach den verschiedenen Prozessen, welche — insoferne als sie von der Sekretion und Absorption abhängig sind — eine abnorme Konsistenz, eine dünnflüssige Beschaffenheit der Darmausleerungen hervorrufen können. Eine solche Beschaffenheit kann theils von einer aus irgend welcher Ursache ge- hemmten Resorption von Flüssigkeit aus dem Darme und theils von einer ge- steigerten Absonderung oder einer Transsudation von Flüssigkeit in den Darm herrühren. Eine herabgesetzte Resorption (von Wasser) soll von einer lebhafteren Darmbewegung, in Folge welcher der Inhalt den Darm zu rasch passirt, her- rühren können, und auf diese Weise sucht man oft die Wirkung der abführenden Mittel zu erklären. Eine verminderte Resorption könnte jedoch auch von einer herabgesetzten Thätigkeit der resorbirenden Zellen selbst herrühren. Bei der Resorption sind, wie man heutzutage wohl allgemein annimmt, die Zellen der Laxantien. Schleimhaut aktiv betheiligt, und alles, was auf das Protoplasma dieser Zellen störend einwirkt, muss also auch die Resorption beeinflussen können. Dieses Ver- balten ist mit Rücksicht auf die Wirkung der Laxantien besonders von Hoppe- Seyler') betont worden. Nach ihm ist es auch wahrscheinlich, dass solche Laxantien, die höchstens spurenweise zur Resorption gelangen, durch eine direkte Einwirkung auf das Darmepithel — sei es dass sie hierdurch die Resorption erschweren oder eine Transsudation ermöglichen oder gleichzeitig auf diesen beiden Weisen einwirken — die dünnflüssigen Ausleerungen erzeugen. Durch eine herabgesetzte Resorptionsthätigkeit sollen auch nach Röhmann^) die kon- zentrirten Salzlösungen wirken. Auch durch eine vermehrte Ausscheidung von Flüssigkeit in den Darm können dünnflüssige Därmen tleerungen zu Stande kommen, und es scheinen 1) Physiol. Chem. S. 359 u. 361. 2) Pflüger's Arch. Bd. 41. DarmkonkremeDte. 287 viele Forscher es als etwas ganz Sichergestelltes zu betrachten, dass durch die Wirkung der salinischen Abfülirmittel eine Transsudation von Flüssigkeit in den Darm erfolgt. Für das Zustandekommen einer solchen Transsudation ist wiederum die Beschaffenheit des Darmepithels zweifelsohne von der grössten Bedeutung, und wenn die salinischen Abführmittel eine Transsudation erzeugen, so kommt diese wahrscheinlich durch eine Wirkung auf das Epithel zu Stande. Mit Hoppe- Seyler') und anderen For-cherii nmss man nämlich in dem Darmepithel den wichtigsten Regulator für die Flüssigkeitsströmung durch die Darmschleimhaut Tram-soda- sehen. Das Epithel ist es, welches einen Flüssigkeitsstrom den Gesetzen der den Dam. Osmose entgegen ermöglicht und w^elches unter normalen Verhältnissen eine Transsudation in den Darm verhindert. Stoffe, welche das Epithel affiziren, können deshalb eine Transsudation hervorrufen, und besonders reichlich findet die Transsudation nach Abstos~ung des Darmepithels statt. Das schlagendste Beispiel hiervon liefert die asiatische Cholera, in welcher Krankheit das Epithel massenhaft abgestosseu wird und eine ausserordentlich reichliche Transsudation stattfindet. Anhang. Darmkonkremente. Im Darme des Menschen oder der Fleischfresser kommen Konkremente weniger oft vor; bei den Pflanzenfressern dagegen sind sie gewöhnlicher. Fremde Stoffe oder unverdaute Reste der Nahrung können, wenn sie aus irgend einer Ursache im Darme längere Zeit zurückbleiben, niil Salzen, besonders mit Am- moniummagnesiumphosphat oder Magnesiumphosphat sich inkrustiren, und diese Salze stellen in der That auch oft den eigentlichen Hauptbestamitheil der Konkremente dar. Beitn Menschen kommen bisweilen rundliche oder ovale, gelbe, gelbgraue oder braungraue Konkremente von wechselnder Grösse vor, Darmkon- welche aus konzentrischen Schichten bestehen und welche hauptsächlich Am-^^^JJJ^^|^' moniummagnesiumphosphat und Calciumphosphat nebst ein wenig Fett oder Pigment enthalten. Der Kern ist gewöhnlich ein fremder Körper, z. B. Kerne von Steinobst, ein Knochenfragment oder ähnliches. In den Gegenden, in welchen Brod aus Haferkleie ein wichtiges Nahrungsmittel ist, findet man nicht selten im Dickdarm des Menschen Ballen, die den sogen. Haarballen ähnlich sind (vergl. unten). Solche Konkremente enthalten Calcium- und Magnesium- phosphat (gegen TO^/o), Haferkleie (15 — IS'^ o), Seifen und Fett (etwa lU°,'o). Konkremente, welche sehr viel (gegen 74*^/0) Fett enthalien, kommen selten vor und ebenso sind Konkremente, die aus mit Phosphaten inkruslirlen Fibrin- gerinnseln, Sehnen oder Fleischstückchen bestehen, weniger gewöhnlich. Bei den Thieren, besonders bei mit Kleie gefütterten Pferden, kommen 1) 1. c. 288 Neuntes Kapitel. Darmkonkremeiite öfter vor. Diese Konkremente, welche eine sehr bedeutende Grösse erreichen können, sind sehr hart und schwer (bis zu 8 Kilo) und be- stehen zum grössten Theil aus konzentrischen Schichten von Ammonium- magnesiumphosphat. Eine andere Art von Konkrementen, welche bei Pferden Darmkon- 1-1"^ Rindern vorkommen, besteht aus graugefärbten, oft sehr grossen aber verhält- "^Thieren. ^^ nissmässig leichten Steinen, welche Pflanzenreste und Erdphosphate enthalten. Eine dritte Art von Darmsteinen sind endlich die bisweilen cylindrischen, bis- weilen sphärischen, glatten, glänzenden, an der Oberfläche braungefärbten, von zusamraengefilzten Haaren und Pflanzenfasern bestehenden Haarhallen. Zu dieser Gruppe gehören auch die sogenannten ,,A egagropilae", welche an- geblich von Antilope rupicapra stammen sollen, am öftesten aber wohl nichts anderes als Haarbalien von Rindern sein dürften. Zu den Darmkonkrementen gehören endlich auch die sogenannten orientali- schen S ezoar steine , welche wahrscheinlich aus dem Darmkanale von Capra Aegagrus und Antilope Dorcas stammen. Die Bezoarsteine können zweierlei Art sein. Die einen sind olivengrün, schwach glänzend mit konzentri- schen Schichten. Beim Erhitzen schmelzen sie unter Entwickelung von aromati- schen Dämpfen. Sie enthalten als Hauptbestandtheil eine der Cholalsäure ver- wandte Säure, die Lifchofellinsäure, CgAHggO^, und daneben auch eine andere Gallensäure, die Li thobil i nsäure. Die anderen dagegen sind fast schwarz- braun oder schwarzgrün, stark glänzend mit konzentrischen Schichten und schmelzen beim Erhitzen nicht. Sie enthalten als Hauptbestandtheil die Ellag- säure, ein Derivat der Gerbsäure von der Formel Cj^HßOg, welche mit einer Lösung von Eisenchlorid in Alkohol eine tiefblaue Farbe giebt. Diese letzt- genannten Bezoarsteine stammen allem Anscheine nach von der Nahrung der Thiere her. Die Ambra ist nach der allgemeinen Ansicht ein Darmkonkrenient des Pottwalles. Ihr Ambra. Hauptbestandtheil ist das Ambra'in, welches eine stickstofffreie, dem Cholesterin vielleicht verwandte Substanz ist. Das Ambrain ist unlöslich in Wasser und wird von siedender Alkali- lauge nicht verändert. In Alkohol, Aether und Oelen löst es sich. Bezoar- steine. VI. Die Resorption. Die Aufgabe der Verdauung bestand zum Theil darin, die für den Orga- nismus werthvollen Bestandtheile der Nahrung von den werthlosen zu trennen und jene zu lösen oder überhaupt derart umzuwandeln, dass sie den Auf- saugungsvorgängen zugänglich werden. Bei einer Besprechung der Resorptions- vorgänge handelt es sich also hauptsächlich theils um die Form, in welcher die verschiedenen Nährstoffe zur Aufsaugung gelangen, theils um die Wege, welche die zu resorbirenden Stoffe einschlagen und endlich um die Kräfte, welche bei diesen Prozessen wirksam sind. Das Pepton ist das Endprodukt der Verdauung der Eiweisskörper, wenn man nämlich nur die eiweissartigen Endprodukte in's Auge fasst. Da nun Resorption des Eiweisses. 289 das Pepton eine sehr leichtlösliche und verhältnissmässig leicht difFundirende Eiweissmodifikation ist, so lag gewiss die Annahme nahe zur Hand, dass das Eiweiss in Pepton umgewandelt werden müsse, damit es leicht aufgesaugt werde. Für diese Ansicht sprachen in der That auch einige Beobachtungen Funkes') an Thieren. Er fond nämlich, dass aus einer abgebundeneu Darmschlinge des lebenden Thieres das Pepton (im älteren 8inne) bedeutend rascher als anderes Eiweiss resorbirt wurde. Dass aus dem Darmkanale stets Resorption ein Theil des Eiweisses als Pepton oder richtiger vielleicht als Albumose und dos Pepton resorbirt wird, ist wohl auch unzweifelhaft. Ebenso sicher dürfte es aber durch Untersuchungen von Brücke 2), Bauer und Voit^), Eichhorst*), Czerny und LATSCnENT5ERGER'') festgestellt sein, dass auch nicht peptonisirtes Eiweiss, Kasein, Myosin und Alkalialbumicat, aus dem Darme aufgesaugt werden kann, eine Beobachtung, welche besonders mit Rücksicht auf die ernährenden Klystire von praktischer Bedeutung ist. Wenn also das Eiweiss theils als solches und theils als Pepton, bezw. als Albumosen resorbirt werden kann, so fragt es sich demnächst, inwieweit es überwiegend in der einen oder der anderen Form re- sorbirt werde. Diese Frage kann noch nicht sicher beantwortet werden. Es liegen zwar mehrere Untersuchungen über diesen Gegenstand vor, aber es dürfte kaum er- laubt sein, ganz bestimmte Schlüsse aus ihnen zu ziehen. Bei Fütterungs- versuchen an Schweinen fanden Ellenberger und Hofmeister*'), dass das verfütterte Fleisch nur langsam verdaut wurde, und die Menge der im Darm- kanale vorhandenen Albumosen urd Peptone war stets nur sehr geringfügig. Zu ähnlichen Resultaten hinsichtlich der Peptonmenge im normalen menschlichen Resorption Mageninhalte nach Fleischgenuss sind auch Ewald und Gumlich'^) gekommen. Eiweisses. Wenn aber die Albumosen und Peptone ziemlich leicht, vielleicht leichter als anderes Eiweis', resorbirt werden, so liegt es auf der Hand, dass man aus der in einem bestimmten Darraabschnitte gefundenen rückständigen kleinen Albumose- oder Peptonmenge keine bestimmten Schlüsse über die Ausgiebigkeit der Pepton- bilduug ziehen kann. Bei Untersuchungen des Magen- und Darminhaltes von HnndcMi, die zu verschiedenen Zeiten nach einer aus gekochtem Fleisch bestehenden Mahlzeit getödtet wurden, fand ausserdem ScnMiDT-MüLnEiM ^) die Menge des Peptons im Darmkanale bedeutend grösser als die des einfach gelösten Eiweisses, 1) Vergl. KiliiNE's Lehrb. d. pliysiol. Cheiu. S. 145. 2) Wien. Sitzungsber. ßdd. 37 u. 59. '^) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 5. 1) PflCger's Arch. Bd. 4. 5) ViRCHOW's Arch. Bd. 59. 6) Du Bois-Reymond's Arch. 1890. 7) Berl. kliu. Wochenschr. 1890. Nr. 44. 8) Du Bois-llEYMOsn's Arch. 1879. Hammarsten, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 19 290 Neuntes Kapitel. was darauf hinzudeuten scheint, dass in diesen Fällen die grösste Menge des Eiweisses als Pepton (oder Albumose) resorbirt wurde. Auf welchem Wege werden die Albuniosen und Peptone resorbirt und den Geweben zugeführt? Ludwig und Schmidt-Mülheim^) unterbanden an Hunden die Hals- und Armvenen und Lymphgefässe beider Seiten, so dass, wie die Sektion später zeigte, eine vollkommene Absperrung des Chylus von der Blutbahn erzielt wurde. Sie fanden nun, dass die Eiweissresorption aus dem Darme hierdurch gar nicht beeinträchtigt wurde; und es folgt hieraus, dass das Eiweiss nicht durch die Lymphgefässe, sondern durch die Wandungen der Darmkapillaren eher ins Blut gelangt. Zu derselben Auffassung führen die des^Pepions. Beobachtungen von Munk und Rosenstein 2) an einer Patientin mit einer Lymph- fistel, Sie beobachteten nämlich, dass der Eiweissgehalt des Chylus nach einer eiweissreichen Mahlzeit keine merkbare Steigerung erfährt. In dem Chylus findet sich ferner nach einer eiweissreichen Mahlzeit weder Albumose noch Pepton. Wenn nun aber das Pepton (die Albuniosen mit einbegriffen) nicht in die Lymphe übergeht, so könnte man erwarten, in dem Blute während oder nach der Verdauung Pepton in Lösung zu finden. Dies ist indessen nicht der Fall. Schmidt- Mülheim 3) und Hofmeister'*) fanden nur Spuren davon im Serum oder Blute, und nach Neumeister ^) finden sich im Blute nicht einmal Spuren davon. Wo bleibt also das aus dem Darme resorbirte Pepton ? Wird Pepton in Lösung in das kreisende Blut eingeführt, so wird es rasch aus dem Blute mit dem Harne eliminirt (Plösz und Gyergyai^), Hofmeister'^), Schmidt-Mül- heim^), Dasselbe geschieht auch nach subkutaner Injektion von Pepton, Der normale Harn enthält nun aber kein Pepton, und die Abwesenheit dieses Stoffes Resorption des Peptons, im Blute nach der Verdauung lässt sich also nicht durch die Annahme einer Ausscheidung desselben durch die Nieren erklären. Da das direkt in das Blut eingeführte Pepton rasch durch die Nieren eliminirt wird, während von dem im Darme gebildeten Pepton nichts in den Harn übergeht, könnte man vielleicht denken, dass das Pepton normalerweise in der Leber zurückgehahen und ver- arbeitet werde, und dass nur dasjenige Pepton, welches mit Umgehung von diesem Organe in das kreisende Blut hineinkommt, in den Harn übergehe. Auch dieser Versuch einer Erklärung scheint jedoch unhaltbar zu sein, Neu- 1) Du Bois-Reymond's Arch. Jahrg. 1877. S. 549. 2) ViRCHOw's Arch. Bd. 123. 3) Du Bois-Reymond's Arch. 1880. 4) Zeilschr. f. physiol. Chem. Bdd. 5 u. 6. 5) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 24. S. 272. 6) Pflüger's Arch. Bd. 10. 7) Zeitschr. f physiol. Chem. Bd. 5. 8) Du BOis-Reymond's Arch. 1880. I Umwandlung der Albumosen und Peptone. 291 MEISTEPJ) hat das Pfortaderblut eines Kaninchens, in dessen Magen reichliche Mengen von Albumosen und Peptonen eingeführt worden, untersucht, ohne Spuren der fraglichen Stoffe darin zu finden. Andererseits hat er auch gezeigt, dass, wenn man der Leber eines Hundes mit dem Pfortaderblute Pepton (Ampho- pepton) zuführt, dieses von der Leber nicht zurückgehalten, sondern mit dem Harne eliminirt wird. Zu ähnlichen Resultaten hinsichtlich der Bedeutung der Leber ist neulich auch Shore^) gelangt und er fand ferner, dass auch die Resorption des Pepton». Milz nicht das Pepton umzuwandeln vermag. Das Pepton scheint also als solches weder in die Blut- noch in die Chylusgefässe überzugehen und diese Anschauung steht auch mit den folgenden Beobachtungen von Ludwig und Salvioli^) im Einklänge. Die genannten Forscher brachten nämlich in eine doppelt abgebundene, herausgeschnittene Dünndarmschlinge, welche mittelst Durchleitens von defibrinirtem Blute am Leben erhalten wurde, eine Pepton- lösung hinein und beobachteten dann, dass das Pepton zwar aus der Darni- schlinge verschwand, dass aber in dem durchgeleiteten Blute kein Pepton sich vorfand. Alle Beobachtungen sprechen also dafür, dass die Albumosen und Pep- tone schon im Darme oder in der Darmwand in irgend einer Weise umge- wandelt werden. Einige Forscher, v. Ott^), Nadine Popoff^) und Julia Brixck^) sind der Ansicht, dass die Albumosen und Peptone der Magen Verdauung noch vor ihrem Eintritt in die Wand des Verdauungskanales in Serumalbumin umge- Re?enera- wandelt werlen. Diese Umwandlung soll sowohl durch die Vermittelung der Eiweisses. Epilhelzellen wie auch durch die Lebensthätigkeit eines Pilzes, den Julia Brinx'K Micrococcus restituens genannt hat, zu Stande kommen. Für diese Ansicht sind indessen strenge bindende Beweise nicht beigebracht worden. Besser begründet ist die Ansicht, dass die Umwandlung der Albumosen und Peptone erst nach deren Aufnahme in die Schleimhaut geschieht. Hierfür spricht ausser dem obengenannten Experimente von Ludwig und Salvioli auch folgende Beobachtung. Hofmeister ''), nach welchem die Magen- und die Resorption Darmwaiid die einzigen Körpertheile sind, in welchen Peptone während der *"" ®P **"*■ Verdauung konstant vorkommen, hat nämlich die Beobachtung gemacht, dass das Pepton bei Körpertemperatur aus der ausgeschnittenen, anscheinend noch 1) VergL Neümeister, Sitzungsber. d. phys.-nied. Gesellsch. zu Würzburg 1889 und Zeitachr. f. Biologie Bd. 24. a) Journ. of Physiol. Bd. 11. 3) Du Bois-Reymond's Arch. 1880. Suppl. 4) Ebend. 1883. 5) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. G) Ebend. Bd. 25. S. 453. 7) Zeitschr. f. physiol. Cheru. Bd. (5. 19* 292 Neuntes Kapitel. lebenden Schleimhaut des Magens nach einiger Zeit verschwindet. Das Pepton scheint also schon in der Mukosa des Verdauungskanales eine Umwandlung zu erleiden. Wenn aber das Pepton schon in der Schleimhaut oder jedenfalls in der Wand des Verdauungskanales verschwindet, so fragt es sich demnächst, was denn aus dem Pepton in der Schleimhaut werde. Durch Untersuchungen ^m^aji^d- mehrerer Forscher, wie Maly^), Plösz und Gyergyai^), Adamkiewicz ^j, Züntz^) Peptons in ^^^ POLLITZER^) dürfte CS wohl sichergestellt sein, dass die Albumosen und Eiweiss. ' ^ Peptone anderes Eiweiss in der Nahrung vertreten und also wahrscheinlich in gewöhnliches Eiweiss umgesetzt werden können. Man muss also annehmen, dass das Pepton schon in der Schleimhaut des Verdauungskanales zu Eiweiss re- generirt wird. Nach Hofmeister^) findet während der Verdauung eine bedeutende Ver- mehrung der Leukocyten in dem adenoiden Gewebe statt, eine Angabe, die von mehreren Seiten bestätigt worden und welche mit der Beobachtung Pohl's'), dass beim Hunde nach einer eiweissreichen ]\[ahlzeit das venöse Blut des Darmes reicher an Leukocyten als das arterielle ist, im besten Einklänge steht. Nach Hofmeister sollen nun gerade die Leukocyten von grosser Bedeutung für die Resorption und Assimilation des Peptons sein. Sie können nämlich einerseits Bez^hnng^ das Pepton aufnehmen und das Transportmittel desselben im Blute sein, und cyien zu der j^jj^gj,gj,ggjj-g j^önnen sie durch ihr Wachsthum, ihre Neubildung und Vermehrung resorption. j^ inniger Beziehung zu der Umwandlung und Assimilation des Peptons stehen. Heidenhain ^) dagegen, welcher gleichfalls eine Umwandlung des Peptons in Eiweiss schon in der Schleimhaut als sichergestellt betrachtet, will indessen, hauptsächlich auf Gi'und einer vergleichenden Schätzung der Menge des resor- birten Peptons und der Leukocyten, den letzteren keine so grosse Bedeutung für die Resorption des Peptons wie Hofmeister beimessen. Er findet es am wahrscheinlichsten, dass die Rückverwandlung des Peptons in Eiweiss schon in der Epithelschicht stattfindet. Diese Anschauung ist durch die Untersuchungen von Shore'-*) w'eiter erhärtet worden. Die Ausgiebigkeit der Eiweissresorption hängt wesentlich von der Art der eingeführten Nahrung ab, indem nämlich in der Regel die Proteiusubstanzen aus animalischen Nahrungsmitteln weit vollständiger als aus den vegetabilischen 1) Pflüger's Arch. Bd. 9. 2) 1. c. 3) Die Natur uud der Nährwertti des Peptons. Berlin 1877. 4) PFLtJGER's Arch. Bd. 37. S. 313. ^) Ebend. Bd. 37. S. 301. 6) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bdd. 19, 20 u. 22. 7) Ebend. Bd. 25. 8) Pflüger's Arch. Bd. 43. 9) 1. c. Resorption des Eiweisses. 293 resorbirt werden. Als Belege hierfür mögen folgende Beobachtungen angeführt werden. In seinen Versuchen über die Ausnutzung einiger Nahrungsmittel im Darmkanale des Menschen fand Rubner^) bei ausschliesslich animalischer Kost bei Aufnahme von als Mittel 738 — 884 g gebratenem Fleisch oder 948 g Eier pro Tag einen Stickstoffverlust mit den Exkrementen, der nur 2,5 — 2,8 °/o von dem gesammten, eingeführten Stickstoff betrug. Bei ausschliesslicher Milch- nahrung war das Resultat etwas ungünstiger, indem nach Aufnahme von 4100 g Milch der Stickstoffverlust sogar auf 12°/o anstieg. Ganz anders liegen die ^^^^^^^' Verhältnisse bei vegetabilischer Nahrung, indem in den Versuchen von Meyer 2), ^^'^^{j*" Rubner'), HultgrEN und Landergrex •^) bei Ernährungsversuchen mit ver- schiedenen Arten von Roggenbrod der Verlust an Stickstoff durch die Fäces 22 — 48 ''/o betrug. Zu ähnlichen Ergebnissen haben auch die Versuche mit anderen vegetabilischen Nahrungsmitteln wie auch die Untersuchungen von Schuster*), Gramer^), ^Meinert^), Mori'') u. A. über die Ausnutzung der Nahrungsstoffe bei gemischter Kost geführt. Ueberall zeigt es sich, dass der Stickstoffverlust diu-ch die Exkremente mit einem reichlicheren Gehalte der Nahrung an vegetabilischen Nahrungsmitteln steigt. Der Grund hierzu ist ein vielfacher. Der oft recht grosse Gehalt der vegetabilischen Nahrungsmittel an Gellulose erschwert die Resorption des Eiweisses. Der stärkere Reiz, den die vegetabilische Nahrung an sich und durch die bei den Gähruugen im Darmkanale entstehenden organischen Säuren ausübt, regt eine stärkere peristaltische Bewegung an, durch welche der Darminhalt rascher als sonst durch den Darmkanal getrieben wird. Endlich kommt noch, und zwar als wichtigster Grund, hierzu der Umstand, dass ein Theil der stickstoff- haltigen pflanzlichen Proteinsubstanzen unverdaulich zu sein scheint. Bei Besprechung der Funktionen des Magens wurde hervorgehoben, dass nach Entfernung oder Ausschaltung dieses Organs eine hinreichend ausgiebige Verdauung und Resorption des Eiweisses noch bestehen kann. Es ist deshalb von Interesse, zu erfahren, wie die Verdauung und Resorption des Eiweisses „ .... . . Bedeatnng nach der Ausrottuno; des zweiten und, wie man annimmt, wichtigsten eiweiss- des Pankreas * ' . . f'jr die verdauenden Organes, des Pankreas, sich verhält. In dieser Hinsicht fanden Eiweiss- . resorption. Minkowski und Abelmaxn^) nach Totalexstirpation der Drüse bei Hunden eine Auswerthung des Eiweisses von im Mittel 44 •^/o und nach partieller 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 15. 2) Ebend. Bd. 7. 3) Nord. med. Arkiv. Bd. 21. Nr. 8. 4) Bei VoiT, Untersuch, d. Kost etc. S. 142. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 6. 6) üeber Massenernährung. Berlin 1885. 7) Kellner und Moni, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. 8) Ueber die Ausnutzung der Nahrungsstoft'e nach Pankreasexstirpadon etc. luaug.-Diss. Dorpat 1890. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 20. 294 Neuntes Kapitel. Exstirpation 54 ''/o. Sandinieyer^) fand bei Hunden nach Exstirpation des Pankreas auf '/g oder ^,'5 und zwar bis auf Stücke, die nicht mehr mit dem Darme zusammenhingen, eine Ausnutzung des Ei weisses von 62 — 70°/o. Die genannten drei Forscher fänden ausserdem, dass nach Zulage von rohem Rinder- pankreas zur Nahrung die Auswerthung der Eiweisskörper wesentlich verbessert wurde, und bei Hinzufügung von genügend viel fein zerhacktem Pankreas beob- achtete Saxdmeyer sogar eine Eiweissresorption, die von der normaler Hunde nicht wesentlich sich unterschied. Es scheint also, als wäre die zerstörende Wirkung des Magensaftes auf das Trypsin unter diesen Verhältnissen nicht oder nur in geringem Umfange zur Geltung gekommen. Die Kohlehydrate werden wie es scheint hauptsächlich als Monosaccharide resorbirt. Die Glukose, Lävulose und Galaktose werden wohl als solche re- resorbirt. Die zwei Disaccharide, der Rohrzucker und die Maltose, erliegen da- gegen gewöhnlichenfalls in dem Darmkanale einer Inversion , durch welche Glukose und Lävulose gebildet werden. Der Milchzucker soll nach Voit und ßesorption ... der Kohle- LusK^) im Darme nicht invertirt werden und er dürfte wohl folglich, insoferne hydrate. ... . , als er nicht in Milchsäuregährung übergeht, als solcher zur Resorption gelangen. Die Polysaccharide werden ebenfalls zuletzt in Monosaccharide übergeführt, wobei indessen, wenigstens für gewisse Fälle, auch eine Resorption von Dextrin nicht ganz auszuschliessen ist. Nach den Beobachtungen von Otto^) und V. Merestg*) kann nämlich das Pfortaderblut nach einer kohlehydratreichen Mahlzeit neben Zucker auch dextrinähnliche Kohlehydrate enthalten. Ein Theil der Kohlehydrate fällt endlich im Darme einer Gährung anheim, durch welche Milchsäure und Essigsäure gebildet werden. Die verschiedenen Zuckerarten werden mit verschiedener Schnelligkeit resorbirt, die Resorption ist aber im Allgemeinen eine sehr rasche. Bei Ver- suchen an Hunden fand Albertoni''), dass im Laufe der ersten Stunde von Resorption _ ' verschiede- ^QO ^ eingeführten Zuckers resorbirt waren : von Glukose 60, von Maltose und ner Zucker- *= " arten. Rohrzucker 70 — 80 und von Milchzucker nur 20 — 40 g. Aus verdünnten Lösungen wird nach ihm der Milchzucker relativ leichter als aus konzentrirteren resorbirt. Beim Einführen von Stärke, selbst in bedeutend grossen Mengen, in den Darmkanal geht kein Zucker in den Harn über, was wohl daher rührt, dass Giykosurle. i^ diesem Falle die Resorption und die Assimilation der langsamen Verzuckerung gleichen Schritt halten. Werden dagegen auf einmal grössere Zuckermengen eingenommen, so findet leicht eine Zuckerausscheidung durch den Harn statt, 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. 2) Ebend. Bd. 28. 3) Christiauia Vidensk. Selskabs Forh. 1886. Nr, 11; und Maly's Jahresber. Bd. 17. 4) Du Bois-Reymond's Arch. 1877. ä) Maniere de se comporter des Sucres etc. Arch. ital. de Biol. Tome 15. Eesorption der Kohlehydrate. 29o und man bezeichnet diese Zuckerausscheidung als alini en tä re Gly ko s u rie. In diesem Falle hält die Assimilation des Zuckers der Resorption desselben nicht gleichen Schritt, was daher rühren kann, dass die Leber und die übrigen Organe nicht die zur Fixirung oder Verwerthung des Zuckers nöthige Zeit finden. Zum Theil kann diese Glykosurie wohl auch daher rühren, dass bei Zufuhr von reichlicheren Zuckermengen der Zucker bei der Resorption nicht allein den gewöhnlichen Weg durch die Blutgefösse zur Leber (vergl. unten) einschlägt, sondern auch zum Theil mit Umgehung der Leber durch die Lymph- gefässe in die Blutbahn gelangt. Diejenige Zuckermenge, bis zu welcher mau die Aufnahme steigern niuss, damit alimentäre Glykosurie erfolge, giebt nach Hofmeister') die Assimila- tionsgrenze für denselben Zucker an. Diese Grenze ist für verschiedene Zuckerarten eine verschiedene; sie wechselt aber für einen und denselben Zucker nicht nur bei verschiedenen Thieren, sondern auch für verschiedene Individuen , . j TT .. 1 Assimila- derselben Art wie auch für dasselbe Individuum unter verschiedenen Umstanden. tionsgrenze. Im Allgemeinen dürfte man indessen sagen können, dass bezüglich der ge- wöhnlichsten Zuckerarten, Glukose, Lävulose, Rohrzucker, Maltose und Milch- zucker, die Assimilationsgrenze am höchsten für die Glukose und am tiefsten für den Milchzucker liegt. Dass bei einem überreichen Gehalt an Zuckerarten in dem Darminhalte die Disaccharide die zur vollständigen Invertirung nöthige Zeit nicht finden können, ist anzunehmen, und dementsprechend kann es nicht auffallen, dass man in Fällen von alimentärer Glykosurie mehrmals auch Disaccharide im Harne gefunden hat^). Bezüglich der Wege, auf welchen die Zuckerarten in den Blutstrom hinein- gelangen, weiss man durch die Untersuchungen von LuD^^^G und v. ^NIering ) u. A. dass die Zuckerarten ebenso wie die wasserlöslichen Stoöe überhaupt gewöhnlichenfalls nicht in nennenswerther Menge in die Chylusgefässe über- R«so^t^ons- treten, sondern zum allergrössten Theil von dem Blute in den Kapillaren der Villi aufgenommen werden und auf diesem Wege in die Blutmasse hinein- gelangen. Diese an Thieren gewonnene Erfahrung ist auch für den Menschen durch die Beobachtungen von J. Munk und Rosenstein*) bestätigt worden. Der Grund, warum der Zucker wie andere gelöste Stoffe nicht in nennens- werther Menge in die Chylusgefässe übergeht, ist nach Heldenhain -'j in den anatomischen Verhältnissen, in der Anordnung der Kapillaren dicht unter der 1) Arch. f. exp. l'atli. u. l'hanii. F.dd. *25 u. 2S'2,07"/o vor. Beim Sieden mit einer verdünnten Mineralsäure wird aus diesem Mukoid eine reduzirende Substanz erhalten. Die von anderen Forschern in der Kornea gefundenen Globuline rühren nach Mörner nicht von der Grundsubstanz, sondern von der Epithelialschicht her. Die DESCEMET'sche Haut besteht nach Mörner aus einem Memhyanin (vergl. Kap. 2 S. 41) welches 14,7 7 ''/o iV^und 0,90^/0 yS" enthält. In der Kornea des Ochsen fand His^) 758,3 p. m. Wasser, 203,8 p. m. leimgebende Substanz, 28,4 p. m. andere organische Substanz nebst 8,1 p. m. löslichen und 1,1 p. m. unlöslichen Salzen. Kornea. III. Das Knochengewebe. Das eigentliche Knochengewebe, wenn es von anderen in den Knochen vorkommenden Bildungen, wie Knochenmark, Nerven und Blutgefässen frei ist, besteht aus Zellen und Grundsubstanz. 1) Cit. nach KÜUNK: Lehrb. d. physiol. Cheni. 1868. S. 387. 2) Centralbl. f. Physiol. Bd. (>. S. 735. 3) Journ. f. prakt. Chem. (N. F.) Bd. 7. 4) Upsala Lükaref. Förh. Bd. 24. Vergl. Maly's .lalnesber. Hd. 15». S. 325. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. G) Cit. nach GAMf.KK: Physiol. chemistr.-. 1880. S. 451. 310 Zehntes Kapitel. Knoehen- zellen. Ossein. Knochen- erde. Die Zellen sind hiusichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung nicht näher untersucht. Beim Sieden mit Wasser liefern sie keinen Leim. Sie ent- halten kein Keratin, welches überhaupt in der Knochensubstanz nicht vor- kommen soll (Herbert Smith ^), enthalten aber vielleicht eine elastinähnliche Substanz. Die Grimdsuhstanz des Knochengewebes enthält zwei Hauptbestandtheile, nämlich eine organische Substanz, das Ossein, und die hi ihr eingelagerten oder mit ihr verbundenen Kalksalze, die sog. Knoclieneräe. Behandelt man Knochen bei Zimmertemperatur mit verdünnter Salzsäure, so werden die Kalksalze heraus- gelöst und das Ossein bleibt als eine elastische Masse von der Form der Knochen zurück. Dieses Ossein betrachtet man allgemein als mit dem Kollagen des Bindegewebes identisch. Das Ossein in den Knochen einiger Wasservögel und Fische dürfte jedoch vielleicht damit nicht identisch sein (Fremy^). Der anorganische Bestandtheil des Knochengewebes, die sog. Knochenerde, welche nach dem vollständigen Verbrennen der organischen Substanz als eine weisse, spröde Masse zurückbleibt, besteht überwiegend aus Calcium und Phos- phorsäure, enthält aber auch Kohlensäure nebst untergeordneten Mengen Mag- nesium, Chlor und Fluor. Alkalisulfat und Eisen, welche man in der Knochen- asche gefunden hat, gehören, wie es scheint, wenigstens zum Theil nicht der eigentlichen Knochensubstanz, sondern der Ernährungsflüssigkeit oder den übrigen Bestandtheilen der Knochen an. Nach Gabriel 3) sind Kalium und Natrium indessen wesentliche Bestandtheile der Knochenerde. Bezüglich der Art und Weise, wie die Mineralstoffe des Knochengewebes an einander gebunden sind, gehen die Ansichten etwas auseinander. Das Chlor soll in apatitähnlicher Bindung vorkommen (CaCla.BCagPgOg). Sieht man von dem Magnesium, dem Chlor und dem nach Gabriel nur spuren weise vorkommenden Fluor ab, so kann man sich denken, dass die übrigen Mineralstoffe die Verbindung 3(Ca3P20g)CaC03 darstellen. Nach Gabriel findet die Zusammensetzung der Knochen- und Zahnasche ihren einfachsten Ausdruck in der Formel (Ca3(P04)2 -j- Ca.HP30i3 -|- aqu), in welcher 2 — 3°/o Kalk durch Magnesia, Kali und Natron und 4 — 6°/o Phosphorsäure durch Kohlensäure, Chlor und Fluor ver- treten sind. Analysen der Knochenerde haben gelehrt, dass die Mineralbestandtheile in einem ziemlich konstanten Mengenverhältniss, welches auch bei verschiedenen Thieren ziemlich dasselbe ist, zu einander stehen. Als Beispiele von der Zu- sammensetzung der Knochenerde werden hier folgende Analysen von Zalesky*) angeführt. 1000 Theile Knochenerde enthielten: 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 19. 2) Annal. de Chim. et de phys. (3.) Tome 43 und (Jompt. rend. Tome 39. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18, avo auch die einschlägige Litteratur sich findet. •1) Hoppe-Seyleü, Med. ehem. Untersuch. S. l'J. ZusaramensetzuDg der Knochen. 311 Menschen Ochsen Schildkröten Meerschweinchen Calciurnpbosphat CasP^O« 838,9 860,9 859,8 873,8 Magnesiuniphosphat MgaP.O, . 10,4 10,2 13,6 10,5 ZQ<=ammen- Calciuni. an CO,, Fl und Cl gebumlcn . 76,5 73,6 63,2 /0,3 cetzang der C0.> 57,3 62,0 52,7 ~ Knochen- Chlor 1,8 2,0 — 1,3 erde. Fluor 2,3 3,0 2,0 — Bei dem Veraschen entweicht jedoch stets etwas CO^, so dass die Knochenaische nicht die gesamnite CO^ der Knochensubstanz enthält. Ad. Carnot*) fand für die Asche der Knochen von Mensch, Ochs und Elephant folgende Zusammensetzung: Mensch <^chs Elephant P'emur (Kürjier) Femnr (Kopf) Fcmur Feranr Calciumphosphat . . 874,5 878,7 857,2 900,3 Magnesium phosphat 15,7 17,5 15,3 19,6 Calciumfluorid 3,5 3,7 4,5 4,7 Caiciumchlorid . . . 2,3 3,0 3,0 2.0 Calciumkarbonat . . 101,8 92,3 119,6 72.7 Eisenoxyd 1,0 1,3 1,3 1,5 Die Menge der organischen Substanz der Knochen , als Gewichtsverlust beim Glühen berechnet, schwankt etwa zwischen ^00 — 520 p. m. Diese Schwankungen erklären sich theils aus der Schwierigkeit, die Knochensubstanz durch Trocknen ganz wasserfrei zu erhalten, und theils durch den sehr wechseln- den Gehalt verschiedener Knochen an Blutgefässen, Nerven, Marksubstanz u. dgl Von einem wechselnden Gehalte an diesen Bildungen hängt wahrscheinlich auch der ungleiche Gehalt an organischer Substanz, welchen man in den kompakten ^^eni:e der und spongiösen Theilen desselben Knochens, wie auch in Knochen von ver- s^*^*^^^®* schiedenen Entwickelungsperioden derselben Thierart gefunden hat, ab. Das ee'^ebes. Dentin, welches verhältnissraässig reines Knochengewebe ist, enthält nur 260 bis 280 p. m. organische Substanz, und Hoppe-Seyler^) findet es deshalb auch wahrscheinlich, dass die ganz reine Knochensubstanz eine konstante Zusammen- setzung hat und nur etwa 250 p. m. organische Substanz enthält. Die Frage, ob diese Substanz mit der Knochenerde chemisch verbunden oder nur innig gemengt vorkomme, ist nicht entschieden. Die Erniihrungsfiüssigkeit, welche die Masse des Knochens durchtränkt, hat man nicht isoliren können und man weiss nur, dass sie etwas Eiweiss und au.sserdem auch etwas NaCl und Alkalisulfat enthält. Das gelbe Knochenmark entiiält überwiegend Fett, welches aus . Oleiu, Palmitin und Stearin besteht. Eiweiss hat man besonders in dem sogen, rotlien Mark * ^^j^ d'or^" der spongiösen Knochen gefunden. Nach FORKEST^) besteht das Eiweiss aus einem bei 47 Knochen, bis SO** C. gerinnenden Globulin und einem Nukleoalbumin nebst Spuren von Albumin. Ausser- dem enthält das Knochenmark sogen. Exlraktivstofle, wie Milchsäure, Hypoxanthin uml Chole- sterin, meistens aber StofVe unbekannter Art. Die verschiedene quantitative Zusammensetzung der verschiedenen Knochen des Skc'lets rührt wahrscheinlich von einem verschiedenen Gehalte derselben an anderen Bildungen, wie Knochenmark, Blutgefässen u. a. her. Dor-'lbe Un>- 1) Compt. rend. Tome lll ■i) Physiol. Chem. S. 102—104. 3) Journal of Physiol. Bd. 17. 312 Zehntes Kapitel. Zusammen- setznnt: der verschiede- nen Knochen des Skelets. Knochen verschiede- ner Thiere. Stoffwechsel der Knochen. stand bedingt auch allem Anscheine nach den grösseren Gehalt der spongiösen KnochenjDartien an organischer Substanz, den kompakten gegenüber. Schrodt^) hat an einem und demselben Thiere (Hund) vergleichende Analysen der ver- schiedenen Theile des Skelets ausgeführt und dabei wesentliche Unterschiede gefunden. Der Wassergehalt der frischen Knochen schwankte zwischen 138 und 443 p. m. Die Knochen der Extremitäten und des Schädels enthielten 138 bis 222, die Rückenwirbel 168 — 443 und die Rippen 324 — 356 p. m. Wasser. Der Fettgehalt schwankte zwischen 13 und 269 p. m. Die grösste Fettmenge, 256 — 269 p. m., wurde in den langen, rohrformigen Knochen gefunden, während in den kleinen, kurzen Knochen nur 13 — 175 p. m. Fett gefunden wurden. Die Menge der organischen Substanz, auf die frischen Knochen berechnet, war 150—300 p. m. und die Menge der Mineralbeständtheile 290 — 563 p. m. Die grösste Menge Knochenerde wurde nicht, wie sonst allgemein angenommen worden ist, in dem Femur, sondern in den drei ersten Halswirbeln gefunden. Bei der Gans hat man die grösste Menge Knochenerde in dem Humerus gefunden (Hiller 2). Ueber die Zusammensetzung der Knochen in verschiedenen Altern liegen nur spärliche Angaben vor. Durch Analysen von E. Voit ^) an Knochen von Hunden und von Brubacher*) an Knochen von Kindern weiss man indessen, dass das Skelet mit zunehmendem Alter ärmer an Wasser und reicher an Asche wird, Graffenberger ^) fand, dass bei Kaninchen höheren Alters, nämlich von 6^/2 — 7^/2 Jahren, die Knochen nur 140 — 170 p. m. Wasser enthalten, während der Gehalt an Wasser der Knochen ausgewachsener Kaninchen im Alter von 2 — 4 Jahren 200—240 p. m. beträgt. Die Knochen älterer Kaninchen sollen auch mehr kohlensaures und weniger phosphorsaures Calcium enthalten. Die Zusammensetzung der Knochen verschiedener Tliierklasseu ist nur wenig bekannt. Die Knochen der Vögel sollen im Allgemeinen etwas mehr Wasser als die der Säugethiere enthalten und die Knochen der Fische sollen die wasserreichsten sein. Die Knochen der Fische und Amphibien enthalten umgekehrt eine grössere Menge organische Substanz. Die Knochen der Pachydermen und der Cetaceen sollen viel Calci umkarbonat enthalten ; die der körnerfressenden Vögel enthalten stets Kieselsäure. Die Knochenasche der Amphibien und Fische enthält Natriumsulfat. Die Knochen der Fische scheinen im Allgemeinen mehr lös- liche Salze als die anderer Thiere zu enthalten. Um den Stoffwechsel der Knochen zu studireu, hat man eine Menge Fütterungsversuche mit kalkreicher, bezvv. kalkarmer Nahrung ausgeführt. Die Ergebnisse sind aber oft zweideutig oder widersprechend gewesen. Auch die Versuche, den Kalk der Knochen durch andere alkalische Erden oder durch Thonerde zu substituiren, haben widersprechende Resultate geliefert. Nach dem Eingeben von Krapj) hat man die Knochen der Versuchsthiere nach einigen 1) Landwirthsch. Versuchsstat. Bd. 19. Cit. nach ^Ialy's Jahresber. Bd. 6. 2) Ebend. Bd. 31. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 14. 3) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 16. 4) Ebend. Bd. 27. 5) Landwirthsch. Versuchsstat. Bd. 39. Cit. nach M.\ly's .Jahresber. Bd. 21. Rachitis und Oateomalacie. 313 Tagen oder Wochen roth gefärbt gefunden ; aber auch diese Versuche haben zu keinen sicheren Aufschlüssen über das Wachsthum der Knochen oder den Stoffwechsel derselben geführt. Unter pathologischen Verhältnissen, wie bei der Rachitis und der Knochen- erweichung, hat man angeblich in den Knochen ein Ossein gefunden, welches beim Sieden mit Wasser keinen typischen Leim gab. Sonst scheinen die patho- logischen Verhältnisse hauptsächlich auf die quantitative Zusammensetzung der Knochen und besonders auf das Verhültniss zwischen organischer und anorgani- scher Substanz einzuwirken. Bei Exostosen und Osteosklerosen ist der Gehalt an organischer Substanz gewöhnlich vermehrt. In der Rachitis und der Osteo- malacie ist die Menge der Knochenerde bedeutend vermindert. Durch Fütterung mit kalkarmer Nahrung hat man versucht, die Thiere rachitisch zu machen. Bei Versuchen an erwachsenen Thieren hat man hierbei einander widersprechende Versuchsergebnisse erhalten. Bei jungen, noch im AVachsthum begriffenen Thieren hat ER^nN Voit^) dagegen durch i\Iangel an Kalksalzen in der Nahrung wirkontj rachitisähnliche Veränderungen hervormfen können. Bei erwachsenen Thieren arm^r N^r- wurden die Knochen zwar auch in Folge des i\Iangels an Kalksalzen nach ""^^ längerer Zeit verändert, aber sie wurden nicht weich, sondern nur dünner, osteo- porotisch. Die Versuche, durch Zusatz von Milchsäure zu der Nahrung die Kalksalze aus den Knochen zu entfernen (Heitzaiaxn ^j, Heiss^), Bagixsky*), haben ebenfalls zu nicht ganz eindeutigen Resultaten geführt. Dagegen hat Weiske ^) durcli Beigabe von verdünnter Schwefelsäure oder von Mononatrium- phosphat zu dem Futter (vorausgesetzt das dieses selbst nicht eine alkalische Asche liefert) beim Schafe und Kaninchen den Mineralstoffgehalt der Knochen herabsetzen können. Einige Forscher sind auch der Ansicht, dass in der Rachitis und ebenso in der Osteomalacie eine Auflösung der Kalksalze durch Milch- säure in den Knochen geschehe. Man beruft sich hierbei auf den Umstand, dass 0. Weber und C. Schmidt^) in der cystenartig veränderten Knochen- substanz der osteomalacischen Knochen Milchsäure gefunden haben. Gegen die Möglichkeit, dass bei der Osteomalacie Kalksalze von der Milch- säure gelöst und aus den Knochen weggeführt werden , haben hervorragende Forscher sich ausgesprochen. Sie haben nämlich hervorgehoben, dass die von der Milchsäure gelösten Kalksalze bei der Neutralisation der Säure durch das alkalische Blut sich wieder ausscheiden müssen. Ein solcher Einwand ist jedoch von keiner grösseren Bedeutung, weil das alkalische Blutserum in hohem Grade • 1) 1. e. 2) Maly's Jabresber. Bd. 3. S. 229. 3) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 12. 4) ViKCHOw's Arcb. Bd. 87. 5) Landwirthsch. Versuchsstat. Bdd. 39 u. 40. Cit. nach M.m.y's Jahresber. Btl 2*2. 6) Cit. nach v. GoRrP-BESANEZ: Lehrb. d. physiol. Chcni. 1. .\ufl. S. 636. 314 Zehntes Kapitel. die Fähigkeit hat, Erdphosphate in Lösung zu halten, wovon man sich leicht überzeugen kann. Gegen die Annahme einer Lösung der Kalksalze durch Milch- säure bei der Osteomalacie sprechen dagegen entschieden die neuesten Unter- suchungen vonLE\'^'^). Er hat nämlich gefunden, dass das normale Verhältniss Osteo- 6PO4 : 10 Ca auch bei der Osteomalacie in allen Theilen der Knochen erhalten geblieben ist, was natürlich nicht der Fall sein könnte, wenn eine Lösung der Knochenerde durch eine Säure stattfände. Die Abnahme der Phosphate erfolgt in demselben quantitativen Verhältnisse wie die der Karbonate, und bei der Osteo- malacie geschieht also nach Levy der Knochenabbau nach Art einer wirklichen Entkalkung, indem ein Molekül des Phosphatkarbonates nach dem anderen ent- fernt wird. In der Eachitis hat man eine zwischen 664 und 811 p. m. schwankende Menge orga- nischer Substanz gefunden. Die Menge der anorganischen Stoffe war 189—336 p. m. Diese Zahlen beziehen sich, wie leicht ersichtlich, auf wasserfreie Substanz. Nach Brübachek^) sind rachitische Knochen reicher an Wasser und ärmer an Mineralstoffen, insbesondere Calcium- phosphat, als die Knochen gesunder Kinder. Der Eachitis gegenüber zeichnet sich die Osteo- malacie nicht selten durch einen bedeutenden Fettgehalt der Knochen, 230—290 p. m., aus; im Uebrigen scheint aber die Zusammensetzung so sehr zu schwanken, dass die Analysen nur wenig belehrend sind. Das Zahngewebe schliesst sich in chemischer Hinsicht an das Knochen- gewebe nahe an. Von den drei Hauptbestandtheilen der Zähne, dem Dentin, dem Schmelze und dem Cement, ist der letztgenannte Bestandtheil , das Cement, als echtes Knochengewebe zu betrachten und als solches gewissermassen schon besprochen worden. Das Dentin hat, der Hauptsache nach, dieselbe Zusammensetzung wie das Knochengewebe, ist aber etwas ärmer an Wasser. Die organische Substanz giebt beim Kochen Leim; dabei werden aber die Zahnröhren nicht gelöst und sie können demnach nicht aus Kollagen bestehen. In dem Dentin hat man 260—280 p. m. organische Substanz gefunden. Der ScJmeJs ist eine Epithelial- ^gewobl"' bildung mit grossem Reichthum an Kalksalzen. Der Natur und Abstammung des Schmelzes entsprechend liefert die organische Substanz desselben keinen Leim, Der vollständig ausgebildete Schmelz ist das wasserärmste, härteste und an Mineralstoffen reichste Gewebe des Körpers. Bei erwachsenen Thieren ent- hält er fast kein Wasser, und der Gehalt an organischer Substanz beträgt nur 20 — 40 p, m. Das Mengenverhältniss des Calciums und der Phosphorsäure ist nach Hoi'PE-Seyler's Analysen etwa dasselbe wie in der Kuochenerde. Der Gehalt an Chlor ist nach Hoppe-Seyler^) ein auffallend hoher, 0,3— 0,5°/ü. (Jaknot*), welcher das Dentin des Elephantcn untersucht hat, fand in der Asche des- selben 4,3 p. m. Calciumfluorid. In dem Elfenbein fand er nur 2,0 p. m. Das Dentin des |Elephanten ist reich an Magnesinniphosphat, was in noch liöherem Grade von dem Elfenbein gilt. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. 3) 1. c. 4) 1. c. Das Fettgewebe. 315 Der Gehalt an Fluor ist nach Gabuikl sehr gering und beträgt in Rinder- zähnen höchstens 1 p. m. Er ist weder in den Zähnen überhaupt noch in dem Schmelze grösser als in den Knochen. Nach Gabriel ist ferner in dem Phosphate im Schmelze eine auffällig geringe, im Zahnbein eine auffallig grosse Menge von Kalk durch Magnesia ersetzt. IV. Das Fettgewebe. Die Membran der Fettzellen widersteht der Einwirkung von Alkohol und Aether. Sie wird weder von Essigsäure noch von verdünnten Mineralsäuren gelöst, löst sich aber in künstlichem Magensaft. Vielleicht besteht sie aus einer dem Elastin nahe verwandten Substanz. Der Inhalt der Fettzellen ist während des Lebens flüssig, erstarrt aber nach dem Tode und wird je nach der Be- Fett- schaffenheit des Fettes mehr oder weniger fest. Neben dem Fette enthalten ^®^® ^' die Fettzellen auch einen gelben Farbstoff, welcher beim Abmagern weniger rasch als das Fett schwindet, weshalb auch das Unterhautzellgewebe sehr magerer Leichen eine dunkel orangerothe Farbe hat. Die nach vollständigem Verschwinden des Fettes zurückbleibenden fettarmen oder fast fettfreien Zellen, die „serum- haltigen Fettzellen", haben wie es scheint ein eiweisshaltiges, wasserreiches Protoplasma. Das Fettgewebe enthält um so weniger Wasser je reicher an Fett es ist. Schulze und Reixecke^) fanden in 100 Theilen Wasser Membrane Fett Fettgewebe vom Ochsen 99,7 16,6 883,7 „ Schaf 104,8 16,4 878,8 „ Schwein 64,4 13,6 922,0 Das in den Fettzellen enthaltene Fett besteht hauptsächlich aus Trigly- ceriden der Stearin-, Palmitin- und Oelsäure. Ausserdem konnnen, besonders in den weniger festen Fettarten , Glyceride der Kaprousäure , Valeriansäure und einiger nicht näher untersuchten Fettsäuren vor. In allcMu Thierfett kommen ausserdem, wie Hofmann ^) besonders gezeigt hat, auch freie, nicht flüchtige Fettsäuren, obgleich nur in geringer Menge, vor. Die festeren Fettarten des Fettgewebes bestehen, wie oben (Kap. 4) gesagt, grösstentheils aus Stearin und Palmitin, während die weniger festen Fette einen grösseren Gehalt an Olein haben. Das ^^ensc]lenfett soll im Allgemeinen reich an Olein sein; besonders reichlich koiunif aber dieses Neiitralfett in dem Fett- gewebe der kaltblütigen Thiere vor. 1) Ann. (l. ("hem. ii. IMiarni. ]!) PflCger's Arch. Bd. 51, wo auch die wichtigsten Littcraturangaben über Fettbil- bildung aus Eiweiss sich vorfinden. 7) Liebig's Annal. Suppl. Bd. 2. und Zeitschr. f. Biologie. Bdd. 5, 6. 7. 8) 1. c. 318 Zehntes Kapitel. Fettbildung aus Eiweiss beweisen. Gegen diese Untersuchungen macht er be- sonders geltend, dass die genannten Forscher von einer falschen Annahme über die Elementarzusammeusetzung des Fleisches ausgegangen sind und dass der Fettbiidnng Qehalt an Stickstoft' von ihnen zu niedrig, der Gehalt an Kohlenstoff dageofen aus Eiweiäs. -^ ' ob ZU hoch angenommen wurde. Das Verhältniss von Stickstoff zu Kohlenstoff im fettarmen Fleische wurde nämlich von VoiT gleich 1 : 3,68 angenommen, während es nach Pflüger für fettfreies Fleisch nach Abzug des Glykogens gleich 1 : 3,22 und nach Rubner ohne Abzug des Glykogens gleich 1 : 3,28 ist. Durch Umrechnung der Versuche mit diesem Koeffizienten kommt Pflügee zu dem Schluss, dass die Annahme einer Fettbildung aus Eiweiss in ihnen keine Stütze findet. Diesen Einwendungen gegenüber glaubt indessen Erwds Voit^) bei seiner Umrechnung dieser älteren Versuche gefunden zu haben , dass wenigstens in einigen von ihnen ein Ansatz von aus dem Eiweiss stammendem Kohlenstoff im Körper stattgefunden hat. Er hat ferner neue Versuche angestellt, die nach seiner Ansicht zeigen, dass bei Zufuhr von überschüssigem Fleisch ein Theil des Kohlenstoffe.^ als eine stickstofffreie Verbindung (wahrscheinlich Fett) im Körper zurückbleiben kann. Einen anderen, mehr direkten Beweis für eine Fettbildung aus Eiweiss hat Hofmann ^) zu liefern versucht. Er experimentirte mit Fliegenmaden. Einen Theil derselben tödtete er und bestimmte deren Gehalt an Fett. Den Rest liess er in Blut, dessen Gehalt an Fett ebenfalls bestimmt worden, sich entwickeln, tödtete sie nach einiger Zeit und analysirte sie dann. Er fand dabei in ihnen 7 bis 11 Mal so viel Fett als die anfangs analysirten Maden und das Blut Fettbildung zusammen enthalten hatten. Gegen die Beweiskraft dieser Versuche hat in- ans Eiweiss. dessen Pflüger ^), wie es scheint mit Recht, die Einwendung gemacht, dass in dem Blute unter diesen Verhältnissen ungeheuere Mengen von niederen Pilzen sich entwickeln, welche den Maden als Nahrung dienen und welche in ihren Zellenleibern Fette und Kohlehydrate aus den verschiedenen Bestandtheilen des Blutes und dessen Zersetzungsstoflfen gebildet haben können. Hinsichtlich der Beweiskraft derjenigen Versuche, die man zu Gunsten der Ansicht von einer Fettbildung aus Eiweiss angeführt hat, sind die An- sichten also sehr getheilt. Die Möglichkeit einer Fettbildung aus Eiweiss dürfte wohl dagegen kaum von irgend einem Forscher geleugnet werden. Wenn man aber die Möglichkeit einer Bildung von Fett aus Eiweiss zu- giebt, so muss man doch auch zugeben, dass man über die hierbei verlaufenden chemischen Prozesse noch nichts Sicheres weiss. An diejenigen Produkte er- 1) Münch. med. Wochenschr. 1892. Nr. 2G. Cit. nach Maly's .Jahresber. Bd. 22. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 8. 3) 1. c. Fettbildung aus Kohlehydraten. 319 iuneriid, welche bei der Zersetzung des Ei weisses mit Baryunihydroxyd entstehen, hat Drechsel^) die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass im Eiweissmoleküle wahrscheinlich ursprünglich keine Radikale mit mehr als sechs oder neun Kohlen- stoffatomen enthalten sind. AVenn überhaupt Fett aus Eiweisa im Thierkörper entsteht, so muss also in Folge hiervon nach Dreciisel bei der Fettbildung es nicht um eine Abspaltung von Fett aus dem Eiweiss, sondern vielmehr um eine Synthese aus primär entstandenen, kohlenstoffiirmeren Spaltungsprodukten des Eiweisses sich handeln. Eine Feithildung aus Kohlehydraten im Thierkörper wurde zuerst von LiEßiG angenommen. Diese Ansicht wurde aber eine Zeit lang bekämpft, und man war bis vor einiger Zeit allgemein der Meinung, dass eine direkte Fett- bildung aus Kohlehydraten aiicht nur unbewiesen, sondern auch unwahrschein- lich sei. Den von Liebig beobachteten und bewiesenen, unzweifelhaft grossen Einfluss der Kohlehydrate auf die Fettbildung suchte man durch die Annahme zu erklären, dass die letzteren statt des resorbirten oder aus dem Eiweiss ge- bildeten Fettes verbrannt wurden und also eine das Fett ersparende Wirkung haben würden. Durch eine Menge von Fütterungsversuchen mit einseitig kohle- hydratreicher Nahrung, von Law'es und Gilbert 2), Soxhlet^), Tscherwtn'sky*), Meissl und Stro.ver^) (an Schweinen), B. Schui.tze ^), Chanlewski '^), E. Voit «"» Kohie- und C. Lehmann S) (an Gänsen), J. Munk^) und M. Rubner^^) (an Hunden), scheint es indessen nunmehr ganz sicher bewiesen zu sein, dass eine direkte Fettbildung aus Kohlehydraten wirklich vorkommt. Die Art und Weise, wie diese Fettbildung zu Stande kommt, ist jedoch unbekannt. Da in den Kohle- hydraten keine so vielgliederigen Kohlenstoffketten wie in den Fettarten enthalten sind, muss die Fettbildung aus den Kohlehydraten eine Synthese sein, bei welcher, da die Gruppe CHOH hierbei in CH^, übergeführt wird, auch eine Reduktion stattfinden muss. Bei sehr fettreicher Nahrung werden reichliche Mengen Fett in das Fett- gewebe abgelagert, um bei unzureichender Nahrung rasch verbraucht zu werden. Es giebt wohl auch kaum irgend eines der verschiedenen Gewebe, welches während Bodeutang des Hungerns so rasch abnimmt wie das Fettgewebe. In diesem Gewebe hat also d« Fett- . . cowobes. der Organismus em Depot, m welches ein für die Entwickelung von Wärme 1) Artikel: Eiweisskörper in Ladenbürg's Handwörterbuch der Cheni. 15d. 3. S. r)43. 2) Philos. Transact. 1859. Part. 2. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 11 S. 51. 4) Landwirthsch. Versuchsstat. Bd. 29. Cit. nach M.vly's .Jahrcslicr. Bd. 13. 5) Wien. Sitzungsber. Bd. 88. Abfh. 3. 6) Maly's Jahresber. Bd. 11 S. 47. 7) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 20. 8) Vergl. C. V. VoiT, Sitzungsber. d. k. bayer. .Vkad. d. Wissensch. 1885. 9) ViRCHOw's Arch. Bd. 101. 10) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 22. 320 Zehntes Kapitel. und lebendiger Kraft überhaupt äusserst wichtiger Nährstoff bei reichlicher Nahrungszufuhr abgelagert und von welchem er bei unzureichender Nahrung, in dem Masse wie es nöthig wird, wieder abgegeben wird. Dass das Fett- gewebe, abgesehen von dieser Bedeutung, auch als schlechter Wärmeleiter ein wichtiges Mittel zur Regulirung der Wärmeverluste des Körpers darstellt, ist ebenso einleuchtend, wie es offenbar ist, dass das Fettgewebe als Ausfüllungs- mittel gewisser Höhlen und als Schutzmittel gewisser innerer Organe von der grössten Bedeutung sein muss. Elftes Jv a p i t c 1 . Die Muskeln. Quergestreifte Muskeln. Beim Studium der Muskeln muss die Hauptaufgabe der physiologischen Chemie die sein, die verschiedenen morphologischen Elemente des Muskels zu isoliren und jedes Element für sich zu untersuchen. Des komplizirten Baues des- Muskels wegen ist dies jedoch bisher fast gar nicht möglich gewesen, und bis auf einige wenige mikrochemische Reaktionen hat man sich bisher mit der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der Muskelfaser als Ganzes begnügen müssen. Jedes Muskelrohr oder jede Muskelfaser besteht aus einer Hülle, dem Sarkolemma, welches aus einer elastinähnlichen Substanz zu bestehen scheint, und einem eiweissreichen Inhalt. Dieser letztere, welcher im Leben kon- traktionsfähig ist, reagirt bei dem lebenden, ruhenden Muskel alkalisch oder richtiger amphoter mit vorherrschender Wirkung auf rothes Lackmuspapier. RöHMAXN ^) hat gefunden, dass der frische, ruhende Muskel für rothes Lackmoid eine alkalische und für braunes Curcumapapier eine saure Reaktion zeigt. Aus inhait der dem Verhalten dieser Farbstoffe zu verschiedenen Säuren und Salzen zieht er rö^n. ferner den Schluss, dass in dem frischen Muskel die Alkalescenz für Lackmoid durch saures kohlensaures Natrium, Diphosphat und wahrscheinlich auch durch die Alkaliverbindungen von Eiweisskörpern, die saure Reaktion für Curcuma dagegen hauptsächlich durch Monophosphat bedingt ist. Der todte Muskel reagirt sauer, oder richtiger; die Acidität für Curcuma nimmt beim Absterben des Muskels zu, die Alkalescenz für Lackmoid dagegen ab. Der Unterschied 1) Die Angaben über die Reaktion des Muskels und die Ursache der8ell>en sind htreitii;. Man vergl. hierüber: RÖHMANN, Pflüger's Arch. Rdd. 50 u. 55, und IlEFFTKR, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 31. In diesen Aufsätzen findet man auch die einschlägige Litteratur. Hammnrsten, Physiol. Cliomic. Dritte Auflage. -1 322 Elftes Kapitel. rührt von einem grösseren Gehalte des todten ]\[uskels an Monophosphat her, und nach Röhmann findet sich weder in dem einen noch in dem anderen Falle freie Milchsäure vor. Sieht man von den noch etwas streitigen Angaben über die feinere Struktur des Muskels ab, so kann man in den quergestreiften Muskelröhren zwischen zwei Hauptbestandtheilen unterscheiden, der doppeltbrechenden, anisotropen, und der einfach brechenden, isotropen, Substanz. Behandelt man die Muskel- verhaiten fascr mit eiweisslösenden Reagenzien, wie verdünnter Salzsäure, Sodalösung oder Tasern zu Magensaft, so quillt sie stark und zerfällt in Querscheibchen „Bowmans Discs." eagenzien. ^^. ^^^ Einwirkung von Alkohol, Chromsäure, siedendem Wasser oder im All- gemeinen von solchen Reagenzien, welche eine Schrumpfung hervorrufen, zer- fällt die Faser der Länge nach in Fibrillen; und diese Verhältnisse zeigen also, dass in den Bau der Muskelfasern mehrere, chemisch differente Substanzen ver- schiedener Löslichkeit eingehen. Als Hauptbestandtheil der aus doppeltbrechender Substanz bestehenden Querscheibchen giebt man gewöhnlich einen Eiweisskörper, das Myosin, an, während die isotrope Substanz die Hauptmasse der übrigen Eiweissstoffe des Muskels wie auch wenigstens die Hauptmasse der Extraktivstoffe desselben enthalten soll. Nach einer Beobachtung Danilewsky's ^) , die neulich von J. HoLMGREN^) bestätigt wurde, kann man indessen mit einer 5 °/o igen Salmiak- lösune das Mvosin vollständig aus dem Muskel extrahiren, ohne die Struktur Beziohnngen b ^ o der Eiweiss depselbeu ZU verändern, was der obigen Annahme widerspricht. Nach Danileavsky Stoffe zu der ' :> o x ^ Struktur des gQij (jjg Struktur des Muskels wesentlich an die Gegenwart einer anderen, eiweiss- Muskels. " artigen, in Salmiaklösung nur quellenden aber nicht löslichen Substanz gebunden sein. Für den Bau des Muskels dürften jedenfalls unter allen Umständen die Eiweisskörper desselben, welche auch die Hauptmasse seiner festen Stoffe dar- stellen, von der grössten Bedeutung sein. Ei-weisskörper des Muskels. Wie das Blut eine spontan gerinnende Flüssigkeit, das Blutplasma, ent- hält, welches unter Abscheidung von Fibrin eine nicht gerinnbare Flüssigkeit, das Blutserum, liefert, so enthält auch der lebende Muskel, wie dies zuerst von Kühne gezeigt worden, eine spontan gerinnende Flüssigkeit, das Muskelplasma, M kei ^velches unter Abscheidung eines Eiweisskörpers, des Myosins, rasch gerinnt piasma und ^j^^j dann ebenfalls ein Serum liefert. Dieienige Flüssigkeit, welche durch Muskel- j n o seram. Auspressen aus dem noch lebenden Muskel erhalten wird, nennt man Muslicl- plasma, diejenige dagegen, welche man aus dem todten Muskel erhält, wird MusJcelsertim genannt. Diese zwei Flüssigkeiten enthalten also verschiedene Eiweisskörper. 1) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 7. 2) Upsala Läkaref. Fürh. Bd. 28, und Maly's Jahresber. Bd. 23. .Miiskclplasnia und Myosiii. 323 Das Muskelplasma wurde zuerst von Kühne ') aus Frosebmuskeln und später nach derselben Methode von Halliburton' 2) aus Muskeln warmblütiger Thiere, besonders Kaninchen, dargestellt. Das Prinzip der Methode ist folgendes. Unmittelbar nach dem Tödten des Thieres wird aus den Muskeln das Blut mittelst Durchleitens einer stark abgekühlten Kochsalzlösung von ö bis 6 p. m, ausgewaschen. Dann lässt man die schleunigst zerschnittenen Muskeln schnell durchfrieren, so dass sie in gefrorenem Zustande zu einer feinen Masse, „Muskel- schnee" zerriel)eii werden können. Diese Masse wird nun in der Kälte stark Maskd- plasma. gepresst, und die dabei abtropfende Flüssigkeit, das Muskelplasma, welches schwach gelblich gefärbt und alkalisch ist, gerinnt langsam spontan bei etwas über 0'' C., sehr rasch dagegen bei Körpertemperatur. Dabei wird — in dem Frosch muskelplasma jedoch nicht gleichzeitig mit der Gerinnung, sondern erst nach und nach — die Reaktion derart geändert, dass die alkalische Reaktion in eine saure umschlägt. Die aus dem Gerinnsel ausgepresste Flüssigkeit, das Muskelserum, reagirt schwach sauer. Denjenigen Eiweisskörper, welcher das Gerinnsel bildet, nennt man Myosin. Neben ihm soll jedoch auch ein anderer Eiweissstoff, das Muskulin oder Paramyosinogen (Halliburton), in dem Ge- rinnsel enthalten sein. Das Myosin, welches zuerst von Kühne entdeckt wurde, stellt in den meisten Fällen die Hauptmasse der Eiweisskörper des todten Muskels und, nach einigen Forschern, die Hauptmasse des kontraktilen Protoplasmas über- Myu,in. haupt dar. Die Angaben über das Vorkommen von Myosin in anderen Organen als den Muskeln scheinen indessen einer weitereu Prüfung bedürftig zu sein. Die Menge des Myosins in den Muskeln verschiedener Thiere soll nach Damlewsky^) zwischen 30 — 110 p. m. schwanken. Das Myosin ist ein Globulin, dessen elementare Zusammensetzung nach Chittexden und Cujlmins *) im Mittel die folgende ist: C 52,82; ^7,11; N 16,11; S 1,21 und O22,03°/o. Scheidet sich das Myosin in Fasern aus oder lässt man eine mit einer minimalen Alkalimenge bereitete ^lyosinlösung auf dem Objektglase zu einer Gallerte eintrocknen, so kann das Myosin doppeltbrechend erhalten werden. Es hat die allgemeinen Eigenschaften der Globuline und ist schnfteii. dementsprechend unlöslich in Wasser aber löslich in verdünnten Salzlösungen wie auch in sehr verdünnten Säuren oder Alkalien. Es wird von Na Gl, bis zur Sättigung eingetragen, wie auch von MgSO^, bei einem Gehalte der Lösung von 94*^/0 krystallwasserhaltigem Salz, vollständig gefällt (Halliburton-). Wie das Fibrinogen gerinnt es in kochsalzhaltiger Lösung bei -f" bG^ C, unter- scheidet sich aber von jenem dadurch, dass es unter keinen Umständen in Faser- 1) Untersuchungeil über das Protoplasma. Leipzig 1864. S. 2. 2) Journal of PhysioL Bd. 8. 3) Zeitsclir. f. physiol. Cheni. Bd. 7. 4) Studies from Yale College. New Haven. Vol. 3. 1889. S. 11.5. •21 • 324; Elftes Kapitel. Stoff übergeht. Die Gerinnungstemperatur soll übrigens nach Ghittenden und Cummins nicht nur für Myosin verschiedener Abstammung, sondern auch für ein und dasselbe Myosin in verschiedenen Salzlösungen eine etwas verschiedene sein. Die Darstellung des jNIyosins kann (nach Halliburton ^) in der Weise geschehen , dass der Muskel erst mit einer 5 *^/oigen Lösung von Magnesiura- sulfat extrahirt wird. Das filtrirte Extrakt versetzt man dann mit so viel Magnesiumsulfat in Substanz, dass auf je lOOccm Flüssigkeit etwa 50 g Salz .los Myosins. kommen. Hierbei scheidet sich das sogenannte Paramyosinogen oder Muskuli n aus. Die hiervon abfiltrirte Flüssigkeit wird nun mit so viel Magnesiumsulfat versetzt, dass in je 100 ccm Flüssigkeit 94 g Salz gelöst sind. Das nun sich ausscheidende Myosin wird abfiltrirt, in Wasser mit Hilfe des rückständigen Salzes gelöst, durch Verdünnung mit Wasser gefällt und, wenn nöthig, durch Auflösung in verdünnter Salzlösung und Ausfällung mit Wasser gereinigt. Die ältere, vielleicht gewöhnlichste Darstellungsmethode besteht darin, dass man nach Danilewsky-) den Muskel mit Salmiaklösung von 5 — 10 ^jo extrahirt, durch starkes Verdünnen mit Wasser das Myosin aus dem Filtrate fällt, den Niederschlag wieder in Salmiaklösung auflöst und das Myosin aus dieser Lösung entweder durch Verdünnung mit Wasser oder dm'ch Entfernung des Salzes mittelst Dialyse fällt. Wie die Gerinnung des Blutplasmas von den meisten Forschern als ein enzymatischer Vorgang betrachtet wird, so scheinen auch gewisse Beobachtungen der Auffassung, dass die Gerinnung des Muskelplasmas ein analoger Vorgang sei, das Wort zu reden. Aus Muskeln, welche längere Zeit der Einwirkung von Alkohol ausgesetzt worden waren, hat Halliburton durch Extraktion der Myosin- mit Alkohol koagulirten Masse mit Wasser eine lösliche, von Albumose ver- fement. y^j-gi^igte, mit dem Fibrinfermente nicht identische Substanz erhalten, welche die Fähigkeit, die Gerinnung des Muskelplasmas zu beschleunigen, besass. Dieser Substanz hat er den Namen ,.Myosmferment'^ gegeben. Durch die Untersuchungen von Cavazzani ^) ist es wahrscheinlich geworden, dass die Kalk- salze wie für die Blutgerinnung so auch für die Gerinnung des Muskelplasmas- von Bedeutung sind. Wie in dem Blutplasma eine Muttersubstauz des Fibrins, das Fibrinogen, vorkommt, so hat man auch in dem Muskelplasma eine Muttersubstanz des Myosins, ein Myosinogen, annehmen wollen. Eine solche Substanz ist jedoch bisher nicht mit Sicherheit isolirt worden. Halliburton hat gefunden,- dass Myosin und ^jj^g Lösung von gereinigtem Myosin in verdünnter Salzlösung (z. B. 5 °/o MgS04), mit Wasser passend verdünnt, nach einiger Zeit gerinnt unter Sauerwerden der Flüssigkeit und unter Abscheidung von einem typischen Myosingerinnsel. Diese Gerinnung, welche durch Erwärmen wie auch durch Zusatz von Myosinferment beschleunigt wird, soll nach Halliburton ein mit der Gorinnung des Muskel- 1) 1. c. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5. S. 158. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 22. S. 333. Eiweisskörper des Muskels. 325 plai^rna.s analoger Vorgang sein. Nach diesem Forscher soll auch das Myosin, wenn es in AVasser mit Hilfe von einem Xeutralsalz gelöst wird, in Myosinogcn zurückverwandelt werden, während nach Verdünnung mit Wasser aus dem >ryosinogen wieder Myosin hervorgehen soll. Es lassen sich indessen diese Jjeobachtungen vielleiclit auch in anderer Weise erklären. In diesen Fällen geht nämlich die Ausscheidung des Myo.sins offenbar mit einem Sauerwerden der Flüssig- keit Hand in Hand, während die Ausscheidung des Myosius aus dem Muskel- plasma, wenigstens aus dem Muskelplasma des Frosches, unabhängig von dem Sauerwerden und bevor noch das letztere eintritt, von statten gehen kann. Die Frage von der Mutter.substanz des Myosins und dem chemischen Verlaufe der Myosingerinuung dürfte auch noch nicht als erledigt anzusehen sein. Das Muskulin, von H.\lliburtox Paramy osinogen genannt, ist ein Globulin, welches durch seine niedrige Gerinnungstemperatur, etwa -\- 47*^0., welche jedoch bei verschiedenen Thiergattungen etwas wechseln kann (-j- 45° bei Fröschen, -— 51" C. bei Vögeln), charakterisirt ist. Es wird leichter als das Myosin von NaCl oder ^IgSO^ (50 "/ o krystallwasserhaltigem Salz ) voll- ständig gefällt. Das Muskulin wird bei der Gerinnung des Muskelplasmas Maskulin, gleichzeitig mit dem Myosin ausgeschieden luid findet sich deshalb auch in dem Gerinnsel. Eine Lösung, welche nur Muskulin aber kein Myosin enthält, ge- rinnt dagegen nicht nach Zusatz von dem Myosinfermeute (Halliburton). Ex- trahirt man den todten Muskel mit Wasser, so geht das Muskulin zum Theil auch in Lösung über. Das Muskulin kann durch fraktionirte Fällung mit Magnesiumsulfat (50 g auf je 100 ccm Flüssigkeit) isolirt und durch seine niedrige Gerinnungstemperatur erkannt werden. MiiogJohnlin. Nach dem Entfernen des Muskulins und des Myosins aus dem salzhaltigen Auszuge der ^luskeln mittelst MgSO^ kann das Myoglobulin durch Sättigung des Filtrates mit dem Salze ausgefällt werden. Es ist dem Serumglobulin ähnlich, gerinnt aber bei -\- 63° C. (ETalliburton). Das Myo- _, ,, . Sonstige £i alhitmin oder iNIuskelalbumin scheint mit dem Serumalbumin (Serumalbunun a -weissstoffe , r. . T . , . 1.1 11 11 Ti • • ■ desMnskeN nach HALLiBUinox) identisch zu sein und wird nach demselben Frinzipe wie dieses dargestellt. WlyoaJbumose (eine Deuteroalbumose) findet sich in geringer Menge in den Muskeln und kann aus ihnen durch Extraktion der fein zer- hackten, durch langdauerndes Aufbewahren unter Alkohol koagulirten ^luskel- masse mit Wasser erhalten werden (Halliuurtox). Nach dem vollständigen Entfernen sämmtlicher in Wasser und Salmiak- lösung löslicher Eiweisskörper des Muskels bleibt nach Damlkwsky M ein un- jj^^^^j löslicher, in Salmiaklösung nur aufquellender Eiweisskörper zurück, welcher stroma. >ammt den übrigen unlöslichen Bestandtheileu der Muskelfaser das ,,Mushe1- droma'' darstellt. Die Menge solcher Slromasubstanz wird von Danii.f.wskv 1) Zeitschr. f. pliysiol. Clieiii. Htl. 7. 320 Elftes Kapitel. mit der Art und Weise, wie die Muskeln arbeiten, in Verbindung gebracht. Er glaubt nämlich gefunden zu haben, dass die Muskeln eine grössere Menge dieser Substanz, der Menge des Myosins gegenüber, enthalten in dem Masse, wie ihre Kontraktion und Wiederausdehnuug rascher geschieht. Nach den Untersuchungen von J. Holmgren^) gehört die Stromasubstanz weder der Nukleoalbumin- noch der Nukleoproteidgruppe an. Ebenso wenig ist sie als ein Glykoproteid anzusehen, denn sie giebt ' beim Sieden mit verdünnten Mineralsäuren keine reduzirende Substanz. Sie ähnelt am meisten den geronne- nen EiweissstofFen und löst sich in verdünntem Alkali zu Albuminat auf. Die elementare Zusammensetzung ist fast dieselbe wie die des Myosins. Das Mushelsyntonin, welches durch Extraktion von Muskeln mit Salz- säure von 1 p, m. HCl gewonnen wird und welches nach K. Mörner eine geringere Löslichkeit, bezw. grössere Fällbarkeit als anderes Acidalbumiuat zeigt, scheint nicht in dem Muskel präformirt vorzukommen. Mtislielfarhstoffe. Dass die rothe Farbe der Muskeln, selbst wenn die letzteren von Blut vollständig befreit worden, wenigstens zum Theil von Hämo- globin herrührt, dürfte wohl trotz etwas widersprechender Angaben nicht zu bezweifeln sein. Nach Mag Munn^) soll indessen in den Muskeln auch ein anderer Farbstoff, welcher dem Blutfarbstoffe nahe verwandt ist und dessen Spektrum demjenigen des Hämochromogens sehr ähnelt, vorkommen. Dieser Stoffe. Farbstoff ist von ihm 3Lyohämatin genannt worden. Nach Levy^) ist das Myohämatin jedoch nichts anderes als Hämochromogen , welches durch Zer- setzung und Reduktion aus dem Oxyhämoglobin entstanden ist. Dem gegen- über hält indessen Mag Munn^) seine Ansicht, dass das Myohämatin ein selb- ständiger Farbstoff sei, aufrecht und er hebt unter anderem als Stütze hierfür den Umstand hervor, dass das Myohämatin auch in den Muskeln von Insekten, bei welchen kein Hämoglobin vorkommt, sich vorfindet. Der rothgelbe Farbstoff in den Muskeln des Lachses ist nur wenig studirt. Spuren von Enzymen, wie Pepsin und diastatisehem Enzym, hat man in den Muskeln gefunden Es findet sich in ihnen ferner das sogen. „Myosinferment" und, wie es scheint, auch ein Milch- säuregährung erzeugendes Enzym. Extraktivstoffe des Muskels. Die stickstoffhaltigen Extraktivstoffe bestehen hauptsächlich siw?, Kr eatin, Stickstoff- im Mittel 1 — -4 p. m. in dem frischen, wasserhaltigen Muskel und ferner aus haltlKO Ex- ^ . ' . ° . iraktivstotro. den Xanthinstoffen , HypoxanÜiin und XantMn nebst Guanin und Kamin. l)l.c. •i) Phil. Trans, of Roy. Soc. Part. 1. 1886, und Journal of Pliysiol. Bd. 8. 3) Zeitschr. f. physich Chem. Bd. 13. 4) Ebend. Bd. 13. S. 497. ICxtraktivstoiTf. Kreatin. 327 Die Menge des Hypoxanthins, Xanthins und Guanin.~ lK'trä) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 21. ü) Arch. de Physiol. {:>.) Tome «. 7) Maia-'s .Jahrcsber. Bd. 19. S. 2i)G. ^) Proc. Roy. Soc. Cit. nach Mai.v's .lahresber. Bd. 22. 328 Elftes Kapitel. löst es sich leichter. Die Wasserlösung reagirt neutral. Von Aether wird es nicht gelöst. Kocht man eine Kreatinlösung mit gefälltem Quecksilberoxyd, so wird letzteres, besonders bei Gegenwart von Alkali, zu Hg reduzirt und es ent- stehen Oxalsäure und das widrig riechende Methyl uramin (Methylguanidin). Die Lösung von Kreatin in Wasser wird nicht von Bleiessig gefällt, giebt aber mit Quecksilberoxydnitrat, wenn man die saure Reaktion abstumpft, einen weissen, flockigen Niederschlag. Kocht man das Kreatin eine Stunde lang mit ver- dünnter Salzsäure, so setzt es sich in Kreatinin um und kann durch die Reak- tionen desselben erkannt werden. Die Darstellung und der Nachweis des Kreatins geschehen am häufigsten nach der folgenden, von Neubauer^) zur Darstellung von Kreatin aus Muskeln angegebenen Methode. Das fein zerhackte Fleisch extrahirt man mit der gleichen Gewichtsmenge Wasser bei -|- 55 ä 60° C. während 10 — 15 Minuten, presst aus und extrahirt von Neuem mit Wasser. Aus den vereinigten Auszügen ent- fernt man das Eiweiss so weit als möglich durch Koagulation in der Siedehitze, derxfeati'ns fällt das Filtrat durch vorsichtigen Zusatz von Bleiessig, entbleit das neue aus Fleisch. Fütrat mit HgS und konzeutrirt dann vorsichtig auf ein kleines Volumen. Das nach einigen Tagen auskrystallisirte Kreatin sammelt man auf dem Filtrum, wäscht mit Alkohol von 88^/0 nach und reinigt, wenn nöthig, durch Um- krystallisiren. Die quantitative Bestimmung des Kreatins geschieht in der Haupt- sache nach demselben Prinzip. Karnin, C^HgN^Og -|- H^O, hat Weidel-) eine von ihm in amerikani- schem Fleischextrakt gefundene Substanz genannt. Das Karnin ist von Kruken- Karnin. BKRG und Wagner^) auch in Froschmuskeln und Fischfleisch, von Poughet*) im Harne gefunden worden. Das Karnin kann durch Oxydationsmittel in Hypoxanthin übergeführt werden. Das Karnin hat man in weissen krystallinischen Massen erhalten. Es ist sehr schwerlöslich in kaltem AVasser, leicht löslich dagegen in warmem. In Alkohol und Aether ist es unlöslich. Von warmer Salzsäure wird es gelöst und liefert ein in glänzenden Nadeln krystallisirendes Salz, welches mit Platin- schaften und chlorid eine Doppelverbindung giebt. Von Silbernitrat wird seine wässerige Lösung gefällt, der Niederschlag löst sich aber weder in Ammoniak noch in warmer Salpetersäure. Das Karnin giebt nicht die sogenannte WciDEL'sche Xanthinreaktion. Die wässerige Lösung wird von basischem Bleiacetat gefällt; beim Sieden kann jedoch die Bleiverbindung gelö.st werden. Die Methode zur Darstellung des Karnins ist in den Hauptzügen folgende. Das mit Wasser verdünnte Fleischextrakt wird mit Barytwasser vollständig ge- fällt. Das Filtrat fällt man mit Bleiessig, den Bleicssigniederschlag kocht man mit AVasser aus, filtrirt heiss, leitet Schwefelwasserstoff ein, filtrirt vom Schwefel- 1) Zeitschr. f. anal. Chem. Bdd. 2 u. 6. 2) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 158. 3) Sitzungsber. d. Würzb. phys.-med. Gesellsch. 1883. ■1) Cit. nach NEüUArER-IIrpPEKT, Analyse des Harns. 9. Aufl. S. 202. Kxtraktivstott'e des Mnskcls. 329 Kleisch- sBnre l>lei ab und konzentrirt stark. Die konzenüirre Lösung wird mit Silbernitrat voll- ständig gefällt, der gewaschene Niederschlag mit Ammoniak von Chlorsilber befreit und darauf das Karninsilberoxyd in hcisseni Wa-.-or mit Schwefelwasser- stoff behandelt. Flcijschsülire Imt J^JKüfkikd ' i ciue von ihui aus Fleischixtrakt uinl aus dem Wasst-r- extrakte der Muskeln isolirte Säure von der Formel C,oTI,r,N:,0-, genannt. Hie Säure ist leicht löslich in Wasser. Aus warmer, alkoholischer L<>sunn; scheidet sie sich beim Krkalten in Individuen uiit undeutlichen KrystallHächen aus. Sie giebt mehrere krj-stallisirende Salze, unter denen besonders das Silbersalz mit 42,6 *',o Ag von ^Vichtigkeit ist. Die Säare giebt die Biuret-, nicht aber die MiM.ON'sche Reaktion und sie ähnelt so sehr dem .\ntipepton (von dem sie sich indessen durch Abwesenheit von Schwefel im Moleküle unterscheidet^, dass sie von SlEGFitlKD als damit identisch betrachtet wird. SchwefelwasserstolV winl von ihr bei Gegen- wart von Luft zu Tiiioschwefelsäurc oxydirt; mit Chlorwassersfoffsäure giebt sie durch Addition eine sehr feste Verbindung und sie verbindet sich mit Pliosphorsäure zu einer gepaarten Säure, der Phosphorfleischsäure. Diese letztgenannte Säure giebt mit Calcium und Magnesium l<>s- liche Salze, und Siegfkikd betrachtet die Fleisdisäure als eine Substanz, welche den gleich- zeitigen Transport von Phosphorsäurc, Kalk, Magnesia und auch Eisen im Organismus er- möglicht. Die Phosj)horfleischsäure giebt nämlich auch mit Eisen Verbindungen, die in .\1- kalien und Alkalikarbonaten löslich sind. Eine derartige Verbindung n)it Eisen nennt SlKG- i'UlEl) .jCarniferrin'". Die Fleischsäure kommt im Muskele.xtrakte als Phosphorfleisclisäure vor; da man al)er bisher in frischen Muskeln kein echtes Pepton hat nachweisen können, so ist es fraglich, ob die Fleischsäure ein physiologischer Bestandtheil des Muskels oder nur ein Laborationsprodukt sei. Zur Darstellung der Fleischsäure wird das enteiweisste Extrakt mit Barytwasser bei gewöhnlicher Temperatur unter Vermeidung eines Ueberschusses gefällt. Das Filtrat enthält das Baryumsalz der Phosphortleischsäure, die durch Fällung mit Eisenchlorid im Sieden als Darstellang. Carniferrin ausgefällt wird. Das Carniferriu wird bei -j- 'jO'^ i'. mit Barythydrai zersetzt. Aus dem Filtrate entfernt man den überschüssigen Baryt mit Schwefelsäure, liltrirt . konzeutrirt und fällt die Fleischsäure mit Alkohol aus. Durch wiederholtes Ausfällen mit .\lkohol wird die Säure gereinigt. Zu den stickstoffhaltigen Extraktivstofi'ou sind auch zu rechnen die von Gautieu^) entdeckten, nur iti äusserst geringer ]Menge vorkommenden sogen. Leukomaiue: XanthoJireaimin, C5H10N4O, Crusuhreatinin, CjHgN^O, Attiphi- h-eafin, C9HigN704, und Psendoxanthhi, C4H5N5O. Zur Analyse des Flei.sches und besonders zum Nachweis und zur Tren- nung der verschiedenen Extraktivstoffe desselben ist eine systematische Methode von Gautier'') ausgearbeitet worden, bezüglich deren indessen auf die Original- arbeit verwiesen werden muss. Die stickstofffreien Extraktivstoffe des Muskels sind liiosil. (iliil,<>ii<)>. Zuchr und Milchsäitn'. Inosit, C'ijHj^O^; -[- HgO. Dieser, von ISchehkh entdeckte Stoff ist kein Kohlehydrat, sondern gehört der aromatischen Reihe an und schi-int Hexa- hydroxybenzol zu sein (M.\(,)UENNE'*). Mit Jodwasserstoff liefert er Benzol und Trijodphenol. Der Inosit ist in Muskeln, Leber, Milz, Nieren, Nebennieren, Lungen, Gehirn und Hoden, im pathologischen und spurenweise auch im nor- malen Harne gefunden worden. Im Pflanzenreiche kommt der Inosit sehr ver- Leako- maVne. Inosit. 1) Du Bois-Rey.MüNO's Arch. Physiol. Abtli. 1894. 2) Vergl. Mai.y's .Jahresber. Bd. 16. S. .-)23. •■>) Ebeud. Bd^ 22 S. 33.",. I) Bull, de r^^^c. chim. \-2.) Tome 47 u. 4S: Compt. reml. Tome 104. 330 Elftes Kapitel. breitet vor, besonders iu unreifen Früchten der grünen Schnittbohnen (Phaseolus vulgaris), weshalb er auch Phaseomannit genannt worden ist. Der Inosit krystallisirt in grossen, farblosen, rhomboedrischen Krystallen des monoklinoedrischen Systems oder, in weniger reinem Zustande und wenn nur kleine Mengen krystallisiren, in blumenkohlartig gruppirten feinen Krystallen. Das Krystallwasser entweicht bei llü'* C, wie auch beim längeren Liegen der Krystalle an der Luft. Die letzteren verwittern dabei, werden undurchsichtig und milchweiss. Die Krystalle schmelzen bei 217'^ C. Der Inosit löst sich in Eii^en- schaften und 7 5 Theilen Wasser von Zimmertemperatur; die Lösung schmeckt süsslich. In Verhalten. ' '■ starkem Alkohol wie in Aether ist der Inosit unlöslich. Er löst Kupferoxyd- hydrat in alkalischer Flüssigkeit, reduzirt es aber beim Sieden nicht. Der MoüRE'schen oder der BüTTGER-ALMEx'schen Wismuthprobe gegenüber verhält er sich negativ. Mit Bierhefe vergährt er nicht, kann aber in Milchsäure- und Buttersäuregähruug übergehen. Die hierbei auftretende Milchsäure soll nach HiLGER^) Fleischmilchsäure, nach VoriL^) dagegen Gährungsmilchsäure sein. Von überschüssiger Salpetersäure wird der Inosit zu Rhodizon säure oxydirt und hierauf beruhen folgende Reaktionen. Dampft man etwas Inosit mit Salpetersäure auf einem Platinblech zur Trockne ein, versetzt den Rückstand mit Ammoniak und einem Tropfen Chlor- calciumlösung und dampft von Neuem vorsichtig zur Trockne ein , so erhält man einen schön rosarothen Rückstand (Inositprobe von Sgherer). Verdunstet ^küonen "^^^ ^''^^^ Inositlösung bis fast zur Trockne und befeuchtet den Rückstand mit ein wenig Mercurinitratlösung, so erhält man beim Eintrocknen einen gelblichen Rückstand, welcher bei stärkerem Erhitzen schön roth wird. Die Färbung ver- schwindet beim Erkalten, kommt jedoch bei gelindem Erwärmen wieder zum Vorschein (Gallois' Inositprobe). Um den Inosit aus einer Flüssigkeit oder aus dem wässerigen Auszuge eines Gewebes darzustellen, entfernt man erst das Eiweiss durch Koagulation in der Siedehitze. Das Filtrat wird mit Bleizucker gefällt, das neue Filtrat mit Bleiessig gekocht und dann 24 — 48 Stunden stehen gelassen. Der so er- haltene Niederschlag, welcher sämmtlichen Inosit enthält, wird in AVasser mit H^.S zerlegt. Das Filtrat wird stark konzentrirt, mit 2 — 4 Vol. heissem Alkohol versetzt und die Flüssigkeit von den dabei gewöhnlich sich ausscheidenden, Darstellung zähen oder flockigen Massen rasch getrennt. Scheiden sich nun innerhalb des Inosits. , . . . , 24 Stunden aus der Flüssigkeit keine Krystalle ab, so setzt man Aether bis zur milchigen Trübung zu und lässt stehen. Bei Gegenwart von einer genügen- den Menge Aether scheiden sich Inositkrystalle innerhalb 24 Stunden aus. Die so gewonnenen Krystalle, wi(; auch die, welche aus der alkoholischen Lösung etwa direkt sich abgesetzt haben, werden durch Auflösung in sehr wenig sieden- dem Wasser und Zusatz von 3 — 4 Vol. Alkohol umkrystallisirt. 1) Aunal. d. Cheni. u. Pharm. Ed. KJO. 2) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 9. Glykogen und Milchsäuren. 331 Das Glyhoycn ist ein regelmässiger Bestandtheil des lebenden Muskels, während es in dem todten fehlen kann. Die Menge des Glykogens ist in den verschiedenen Muskeln desselben Thieres eine verschiedene. Bei Katzen hat Böhm') bis zu K) p.m. Glykogen in den Muskeln gefunden und er fand eine kleinere Menge davon in den Muskeln der Extremitäten als in denjenigen des Rumpfes. Die Nahrung übt auch einen grossen P^influss aus. Bei nüchternen Thieren fand B(")I1M 1 — 4 p. m. Glykogen in den Muskeln, nach Aufnahme Moskei- i. J o ' i,'lykoi:eD. von Nahrung dagegen 7 — 10 p. m. Während man, in Uebereinstimniung mit der Ansicht LucHSiNGERS, früher allgemein der Meinung gewesen ist, dass beim Hungern oder bei Mangel an Kohlehydraten in der Nahrung das Glykogen früher aus den Muskeln als aus der Leber schwindet, soll es nach Aldehoff gerade umgekehrt sich verhalten. Nach ihm soll nämlich das Glykogen nicht nur bei Hühnern, wie schon Weiss beobachtet hatte, sondern auch bei anderen Thieren, wie Tauben, Kaninchen, Katzen und Pferden beim Hungern rascher aus der Leber als aus den Muskeln schwinden ^j. Der Mushelzuclier, welcher höchstens spuren weise in dem lebenden Muskel vorkommt und welcher wahrscheinlich nach dem Tode des Muskels aus dem Muskelglykogen entsteht, scheint nach den Untersuchungen von Paxormoff ^) ^l'^^l]' Traubenzucker zu sein. Als eine Zwischenstufe bei dieser Zuckerbildung dürfte wohl auch das bisweilen in den Muskeln gefundene Dextrin aufzufassen sein, wenn nicht überhaupt dieser Befund auf einer Verwechselung von Dextrin mit Glykogen beruht. Milchsäuren. Unter den pxypropionsäureu der Formel CgHgOg ist eine, die Hydrakrylsäure, CH^ (OH) . CH, . COOHi im Thierkörper nicht ge- funden werden und sie hat überhaupt kein physiologisch-chemisches Interesse. Ein solches knüpft sich nur an die a-Oxypropionsäure, die Aethylidenmilch- säure, CHo . OH (OH) . COOH, an, von der es drei physikalische Isomerien .,..,,., ., , .. -IT , T 1 . 1 • 1 • Milchsauren. giebt. Diese drei Aethylidenmilchsauren sind die gewöhnliche, optiscli maktwe Gährungsmilchsäure, die rechtsdrehende Paramilchsäure oder Fleisch- milchsäure und die von Schardinger*) durch Gähruug von Rohrzucker mittelst einer besonderen Art von Bacillen erhaltene Linksmilchsäure. Diese letztere, welche Blachstein^) in Kulturen des GAFFKY'schen Typhusbacillus in einer Lösung von Zucker und Pepton nachweisen konnte, kann hier nicht des nähereu besprochen werden. Die (iährungsmilchsäure, welche aus dem Milchzucker beim Sauerwerden 1) Pflügkk's Arch. Bd. 23. S. 44. -) Vergl. Kap. 8, S. 185 uud im Uebrigeu diu in jenem Kapitel angeführte Litteralur über Glykogen 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. •») Monatshefte f. Chem. Bd. 11. •t) Arch. d. soiences biol. de St. Pcter-slwurg. Turne 1. S. r.".t. 332 Elftes Kapitel. der Milch und bei saurer Gähruiig anderer Kohlehydrate entsteht, glaubt man in kleiner Menge in den Muskeln (Heintz^), in der grauen Gehirnsubstanz (GsGHEiDLEX^) und im diabetischen Harne gefunden zu haben. Während der Verdauung findet sich diese Säure auch im Magen- und Danninhalte und, als Alkalilaktat, im Chylus. Die ParamiJclislhire ist jedenfalls die eigent- der Milch" üche Säure des Fleischextraktes und sie allein ist in todten Muskeln sicher '' "°' gefunden worden. Diejenige Milchsäure, welche in Milz, Lymphdrüsen, Thymus Thyreoidea, Blut, Galle, pathologischen Transsudaten, osteomalacischen Knochen, im Schweisse bei Puerperalfieber und im Harne nach anstrengenden Märschen, bei akuter gelber Leberatrophie, bei Phosphorvergiftung und besonders nach Exstirpation der Leber — bei Gänsen nach Minkowski^), bei Fröschen nach Marcuse'^) und Werther '^) — gefunden worden ist, scheint Paramilchsäure zu sein. Den Ursprung der Paramilchsäure im Thierkörper haben mehrere Forscher, besonders auf Grund der Arbeiten von Gaglio^), Minkowski'') und Araki*), in einer Zersetzung von Eiweiss in den Geweben suchen wollen. Gaglio kon- statirte eine Milchsäurebildung bei Durchströmungsversuchen mit Blut durch überlebende Nieren und Lungen. Er fand ferner im Blute von Hunden nach Eiweissnahrung 0,3 — 0,5 p. m. Milchsäure, nach 48stündigem Fasten dagegen nur 0,17 — 0,21 p. m. Nach Minkowski steigt bei entleberten Thieren die mit dem Harne ausgeschiedene Menge Milchsäure mit reichlicherer Eiweissnahrung, Milchsäure!' während sie von der zugeführten Kohlehydratmenge unabhängig ist. Araki hat ferner gezeigt, dass wenn man bei Thieren (Hunden, Kaninchen und Hühnern) Sauerstoffmangel in dem Blute durch Vergiftung mit Kohlenoxyd, durch Ein- athmenlassen einer sauerstoff*armen A.tmosphäre oder in anderer Weise erzeugt, dies eine recht bedeutende Ausscheidung von Milchsäure (neben Zucker und oft auch Eiweiss) mit dem Harne zur Folge hat. Da, der gewöhnlichen Annahme zu- folge, Sauerstofifmangel einen gesteigerten Eiweisszerfall im Körper zur Folge hat, dürfte man wohl die vermehrte Milchsäureausscheidung in diesen Fällen theils von einem gesteigerten Eiweisszerfalle und theils von einer herabgesetzten Oxydation herleiten können. Einen solchen Schluss hat indessen Araki selbst aus seinen Versuchen nicht gezogen und er leitet vielmehr die von ihm beobachtete reichliche Milch- säurebilduug von einer Spaltung des aus dem Glykogen gebildeten Zuckers her. Er fand nämlich, dass unter allen Umständen, wo Milchsäure und Zucker im 1) Annal. d. Chein. u. Pharm. Bd. 157. 2) Pflüger's Arch. Bd. 8. S. 171. 'A) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 21. S. 41. 4) Pflügek's Arch. Bd. 31). 5) Ebend. Bd. 46. 6) Du Bois-Eeymönd's Arch. 188ü. ') Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 21. H) Zeitschr. f. physiol. Chcm. Bdd. 15, 16, 17 u. 11). Milchsäuren. 3ä5 Harne auftraten, .stets eine Abnahme des Glykogengehaltes in der Leber und den Muskeln erfolgte. Er erinnert ferner daran , dass die Entstehung von Rechtsmilchsäure aus Glykogen von Ekuxixa ^) direkt beobachtet worden ist, und er lenkt die Aufmerksamkeit auf die zahlreichen Beobachtungen über Milch- säurebildung und Glykogenverbrauch bei der Muskelarbeit. Ohne die Möglich- keit einer Milchsäurebildung aus Eiweiss zu läugnen , spricht er die Ansicht Ursprtuijjder aus, dass es bei Sauerstoffmangel um eine unvollständige Verbrennung der Milchsäare. durch Spaltung des Zuckers entstandenen Milchsäure sich handle. Auch lioi'i'E- Seyleii^) vertritt entschieden die Ansicht von einer Milchsäurebildung aus Kohle- hydraten. Er ist der Ansicht, dass die Milchsäure aus den Kohlehydraten nur bei Sauerstoffmangel, durcli Spaltung des Zuckers, entsteht, während letzterer bei genügender SauerstofTzufuhr zu Kohlensäure und Wasser verbrannt wird. Die Bildung von Milchsäure bei Abwesenheit von freiem Sauerstoff und bei Gegenwart von Glykogen oder Glukose ist nach Hoi'PE-Seyler höchst wahr- scheinlich eine Funktion alles lebendigen Protoplasmas. Es liegen also wich- tige Gründe für die Annahme einer Bildung von Milchsäure sowohl aus Eiweiss wie aus Kohlehydraten vor. Die Milchsäuren sind amorph. Sie haben das Aussehen eines farblosen oder schwach gelblichen, sauer reagirenden Syrups, welcher in allen Verhält- nissen mit Wasser, Alkohol oder Aether sich mischen lässt. Die Salze sind löslich in Wasser, die meisten auch in Alkohol. Die zwei Säuren unterscheiden sich durch ihr verschiedenes optisches Verhalten — die Paramilchsäure ist dextrogyr, die Gährungsmilchsäure optisch inaktiv — wie auch durcli die ver- schiedene Löslichkeit und den verschiedenen Krystallwassergehalt der Kalk- und •' " _ Salze der Zinksalze. Das Zinksalz der Gährungsmilchsäure löst sich bei 14 — 15*^ C in -Miichsänren. 58 — 63 Theilen Wasser und enthält 18,18 Prozent Krystallwasser. entsprechend der Formel Zn(C3H503)2 -|- 3H2O. Das Zinksalz der Paramilchsäure löst sich bei der obigen Temperatur in 17,5 Theilen Wasser und enthält regelmässig 12,9 °/ü H2O, entsprechend der Formel Zn(C3H503)2 + 2H2O. Das Kalksalz der Gährungsmilchsäure löst sich in 9,5 Theilen Wasser und enthält 29,22 °/0 (= 5 Mol.) Krystallwasser, während das Calciumparalaktat in 12,4 Theilen Wasser sich löst und 24,83 oder 26,21 «/o (=4 oder 4 V2 Mol.) Krystallwasser enthält. Beide Kalksalze krystallisiren dem Tyrosin nicht unähnlich in Kugeln oder Büscheln von sehr feinen mikroskopischen Nadeln. Der Nachweis der Milchsäuren in Organen und Geweben geschieht nach folgendem Prinzip. Nach vollständiger Extraktion mit Wasser entfernt man das Eiweiss durch Koagulation in der Siedehitze unter Zusatz von einer kleinen Menge Schwefelsäure. Die Flüssigkeit wird darauf mit Aetzbarvt im Sieden 1) Journal f. prukt. Cheiu. (N. F.) Rd. 20. -) Festschrift zu ViRCnow's Jubiläum, auch. Her. d. deutsch, cheui. (jesellsch. Bd. 25. Referatb. S. G85. 334 Elftes Kapitel. Xaohweis der Milch- säure. Fott und Lecithin. «■enau ueutralisirt und nach der Filtration zum Syrup eingedampft. Der Rück- stand wird mit absolutem Alkohol gefällt und der Nieder-schlag mit Alkohol vollständig erschöpft. Aus den vereinigten alkoholischen Extrakten wird der Alkohol vollständig abdestillirt und der neutrale Rückstand mit Aether zur Entfernung des Fettes geschüttelt. Dann nimmt man den Rückstand in Wasser auf, setzt Phosphorsäure zu und schüttelt wiederholt mit neuen Mengen Aether, welcher die INIilchsäure aufnimmt. Aus den vereinigten Aetherextrakten wird der Aether abdestillirt, der Rückstand in Wasser gelöst und diese Lösung auf dem Wasserbade, um den etwa zurückgebliebenen Aether und flüchtige Säuren zu entfernen, vorsichtig erwärmt. Aus der filtrirten Lösung wird dann durch Kochen mit Zinkkarbonat eine Lösung des Zinklaktates dargestellt, welche zu beginnender Krystallisation eingedampft und dann über Schwefelsäure stehen gelassen wird. Zum sicheren Nachweis ist eine Analyse des Salzes unbedingt nothwendig. Fett fehlt nie in den Muskeln. In dem intermuskulären Bindegewebe kommt stets etwas Fett vor; aber auch die Muskelfaser selbst soll Fett ent- halten. Der Gehalt der eigentlichen Muskelsubstanz an Fett ist stets gering, gewöhnlichenfalls beträgt er gegen 10 p. ra. oder etwas darüber. Einen be- deutenderen Fettgehalt der Muskelfasern findet man nur bei der Fettdegeneration. Lecithin soll auch regelmässig in den Muskeln vorkommen. Die Mineralstqfe des Muskels. Vollständige Analysen der Mineralstoffe in der reinen, blutfreien ^Nluskelsubsfcanz giebt es nicht. Die bei der Verbreu- rumg von Muskeln zurückbleibende Asche, deren Menge etwa 10 — 15 p. m., auf den feuchten ^luskel berechnet, beträgt, reagirt sauer. In grösster Menge findet man in ihr Kalium und Phosphorüäure. Darnach kommen Natrium und Magnesium und endlich Calcium, Chlor und Eisenoxyd. Sulfate finden sich Mineraistoffo nur spurenweisc in dem Muskel , entstehen aber bei dem Einäschern aus dem der Muskeln. iiii- -iti -»«- -i Muskeleiweiss und kommen deshalb m reichlicherer Menge m der Asche vor. Von Kalium und Fhosphorsäure enthält der Muskel so reichliche Mengen, dass das Kaliumphosphat unbedingt das im Muskel vorherrschende Salz zu sein scheint. Von Chlor finden sich dagegen so unbedeutende Mengen, dass man sie vielleicht von einer Verunreinigung mit Blut oder Lymphe herleiten könnte. Der Gehalt an Magnesium ist etwa doppelt so gross wie an Calcium. Diese zwei StoflTe kommen wie das Eisen nur in geringer Menge vor. Die Gase des Muskels bestehen aus grösseren Mengen Kohlensäure nebst Spuren von Stickstoflf. Die Todteiistarre des Muskels. Wird ein Muskel dem Einflüsse des cirkulirenden, sauerstoffhaltigen Blutes entzogen, wie nach dem Tode des Thieres oder nach Unterbindung der Aorta oder der Muskelarterien (SxENSON'scher Ver- Die Todteii- guch), SO fällt er rascher oder langsamer der Todtenstarre anheira. Die unter diesen Verhältnissen auftretende, gewöhnliche Starre wird die spontane, aber auch die fermentative Starre genannt, weil man ihre Ursache wenigstens zum Theil in Enzymwirkungen hat sehen wollen. Ein Muskel kann jedoch auch in anderer Weise starr werden. So tritt die Starre momentan ein beim Er- Die Todtenstarre. 335 wärmen des Muskels auf 40^ bei Fröschen, auf 48 — 50'' bei Säugethieren und auf" 53^ C. bei Vögeln (Wärniestarre). Destillirtes Wasser kann auch den Muskel starr machen (Wasserstarre). Säuren, selbst sehr schwache wie die Kohlensäure, können rasch die Starre hervorrufen (Säureslarre) oder das Auftreten derselben beschleunigen. In ähnlicher Weise wirken auch eine Menge chen)isch difFerenter Substanzen, wie Chloroform, Aether, Alkohol, ätherische Oele, Koffein und mehrere Alkaloide. Diejenige Starre, welche durch Säuren oder andere Agenzien, welche wie der Alkohol das Eiweiss koaguliren, hervorgerufen wird, dürfte je- doch wohl ein ganz anderer Vorgang als die spontane Starre sein. Auf die Schnelligkeit, mit welcher die spontane Starre eintritt, wirkt die Temperatur in der Weise ein , dass niedere Temperaturen verlangsamen und höhere das Auftreten derselben beschleunigen. Auch die Muskelarbeit übt insoferne einen unverkennbaren Einfluss aus, als vorausgegangene kräftige Kon- traktionen das Starrwerden des Muskels beschleunigen. Auf dieselbe Weise wirken auch mechanische Insultationen des Muskels verschiedener Art. Das Auftreten der spontanen Starre steht unter dem Einflüsse des Centralnerven- systemes, und ein ^Muskel, dessen Nerv durchschnitten worden, erstarrt lang- samer als ein anderer, dessen Kontinuität mit dem Centralnervensystem noch Die Maskel- erhalten ist (Hermann und seine Schüler v. Eiselsberg ^), v. Gendre-) und Bier- starre. FREUND^). Einen ähnlichen Einfluss scheint auch das Nervensystem auf die postmortale Säuerung des ^Muskels auszuüben (Gross'*). Nach einigen Forschern (Hermann und seinen Schülern^) soll die Todtenstarre als eine, ihrer Art nach mit der gewöhnlichen identische, langsam verlaufende letzte Muskelkontraktion aufzufassen sein. Gotschligh^) hat sogar den Satz ausgesprochen, dass Ruhe. Thätigkeit und Erstarrung des Muskels prinzipiell identische Prozesse seien. Vom chemischen Gesichtspunkte aus lässt sich dieser Satz gegenwärtig weder strenge beweisen noch widerlegen. Bei dem Uebergange des Muskels in Todtenstarre wird er kürzer und dicker, fester, trübe, undurchsichtig und weniger dehnbar. Der saure Antheil der amphoteren Reaktion wird stärker, ein Verhalten, welches von den meisten Forschern durch die Annahme einer Milchsäurebildung erklärt wird. Dass diese Zunahme der sauren Reaktion wenigstens zum Theil durch eine Umsetzung eines Theils des Diphosphates in Monophosphat durch ^Milchsäure bedingt ist, lässt sich wohl auch kaum bezweifeln. Die Angaben darüber, ob in dem todten- starren Muskel daneben auch freie Milchsäure sich vorfindet oder nicht, sind 1) Pflüg ER's Arch. Bd. 24. 2) Ebend. Bd. 35. S. 45. 3) Ebend. Bd. 43. 4) Vergl. Centralbl. f. IMiysiol. I5d. 2. S. 91, 5) Vergl. BlKRFUEUND 1. c. 6) PflÜGER's Areli. 13d. 50. 336 Elftes Kai)itel. dagegen streitig i). Die chemischen Vorgänge, welche bei dem Starrwerden des Muskels in ihm verlaufen, sollen nach den gewöhnlichen Angaben ausser der Säurebildung folgende sein. Bei der Gerinnung des Plasmas entsteht ein Myosin- gerinnsel, welches die grössere Härte und die verminderte Durchsichtigkeit be- Se!' '^'^^S^^ ^0^^- ^^^ Auftreten dieses Gerinnsels kann durch die gleichzeitig statt- findende Milchsäurebildung beschleunigt werden. Es wird ferner Kohlensäure gebildet, die indessen nicht aus einer direkten Oxydation, sondern aus Spaltungs- vorgängen hervorgeht. Ein ausgeschnittener Muskel produzirt nämlich nach Hermann-) auch bei Abwesenheit von Sauerstoff Kohlensäure, wenn er in Todten- starre übergeht. Da viele Forscher eine vermehrte Bildung von ]Milchsäure bei dem Auf- treten der Todtenstarre annehmen, so entsteht zunächst die Frage, aus welchem Muskelbestandtheil diese Säure gebildet wird. Am nächsten liegt hier gewiss die Annahme zur Hand , dass die Milchsäure aus dem Glykogen entstehe, und es ist in der That auch eine Abnahme des Glykogens bei der Starre von einigen Forschern, wie von Nasse 3) und Werther ^) beobachtet worden. Auf der anderen Seite bat jedoch Böhm 5) Fälle beobachtet, in welchen gar kein Glykogenver- surre'^und ^rauch bei der Starre stattgefunden hatte, und er hat ferner gefunden, dass die «fich' ^lenge der entstehenden IMilchsäure dem Glykogengehalte nicht proportional ist. Es ist also wohl möglich, dass der Glykogenverbrauch und die Milchsäurebll- dung im ■Muskel zwei von einander unabhängige Vorgänge sein können, und dem oben von der Entstehung der Fleischmilchsäure Gesagten gemäss könnte die Milchsäure im Muskel wohl ein Produkt der Eiweisszersetzung sein. Auch der Ursprung der Kohlensäure ist vielleicht nicht in einer Zersetzung des Glykogens (oder des Zuckers) zu suchen. Pflüger und Stixtzixg*^) haben nämlich gefun- den, dass in dem Muskel eine Substanz vorkommt, die beim Sieden mit Wasser reichlich Kohlensäure liefert und die wahrscheinlich dieselbe ist, welche unter Bddung von Kohlensäure bei Tetanus und wohl auch bei der Starre zersetzt wird. Wenn die Muskelstarre einige Zeit gedauert hat, wird sie wieder gelöst °ltärre.^' Und der Muskel wird weicher. Dies kann theils von einem stärkeren Sauer- werden mit einer Lösung des Myosingerinnsels durch die Säure, theils, und wahrscheinlich am häufigsten, von beginnender Fäulniss herrühren. 1) Es ist hier nicht möglich, auf die streitigen Angaben über die Reaktion des Muskels und die sie bedingenden Stofie des Näheren einzugehen. Es wird deshalb hier auf die Ar- beiten von Heffter und Röhmann (dies. Kap., S. 321) verwiesen. In diesen Arbeiten sind auch die Untersuchungen früherer Forscher mehr oder weniger vollständig besprochen worden. 2) Untersuchungen über den Stoffwechsel der Muskeln etc. Berlin 1867. 3) Beitr. z. Physiol. der kontraktil. Substanz, Pflüger's Arch. Bd. 2. 4) Pflüger's Arch. Bd. 46. 5) Ebend. Bdd. 23 u. 46. e) Ebend. Bd. 18. Der StoiFwechsel im Muskel. 337 Der Stoffwechsel im ruhemlen und arbeiteiKloi Muskel. Von einer Reihe hervorragender Forscher, Pflügkh und (:(jla>a.\ti '), Zlmz und Röhrk;-) u. A ist es dargethaii worden, dass der Stoffwechsel im .Muskel von dem Nerven- systeme regulirt wird. Selbst in der Ruhe in gewöhnlicliem Sinne, wenn also keine mechanische Arbeit geleistet wird, beHndet sich der Muskel in einem Zu- stande, welcher von ZrxT/ und Rönru(; als „chemischer Tonus" bezeichnet wurde. Dieser Tonus scheint ein Reflextonus zu sein, und dementsprechend chemischer kann er durch Aufheben der Verbindung zwischen den :Muskeln und den '^°'""'- nervösen Centralorganen — sei es durch Durchschneiden des Rückenmarkes oder der :\ruskelnerven oder durch Erlahmung derselben durch Curarevergiftung — herabgesetzt werden. Er kann auch centripetal durch Ausgleichung der Temperaturdiftereuz zwischen der Haut und dem umgebenden Medium herab- gesetzt oder gehemmt und umgekehrt durch Reizung der Hautnerven durch Abkühlung gesteigert werden. Die :\[öglichkeit, auf irgend einer der oben- genannten Weisen, besonders aber durch Einwirkung von Curare, den chemi- schen Tonus des Muskels herabsetzen zu können, liefert ein wichtiges Hilfs- mittel zur Entscheidung der Frage, welchen ümfauges und welcher Art die in dem Muskel in der Ruhe in gewöhnlichem Sinne verlaufenden chemischen Pro- zesse seien. Behufs einer vergleichenden chemischen Untersuchung der in dem arbeitenden und dem ruhenden :\ruskel verlaufenden Prozesse hat man sonst Methoden in verschiedener Weise verfahren. Man hat nämlich theils ausgeschnittene, s^hnÄs gleichnamige, arbeitende und ruhende Muskeln, theils das arterielle und venöse weÄfs" im Muskelblut in der Ruhe und bei der Arbeit verglichen, und endlich hat mau "^'"'''^'" auch den Gesammtstoffwechsel , d. h. die Einnahmen und Ausgaben des Orga- nismus, in diesen zwei verschiedenen Zuständen untersucht. Durch die nach diesen verschiedenen Methoden ausgeführten Untersuch- ungen hat man gefunden, dass der ruhende Muskel aus dem Blute Sauerstoff aufnimmt und an dasselbe Kohlensäure abgiebt, und ferner, dass die Menge des aufgenommenen Sauerstoffes grösser als diejenige Sauerstoffmenge ist, welche die gleichzeitig abgegebene Kohlensäure enthält. Der Muskel hält also in irgend einer Verbindung einen Theil des in der Ruhe aufgenommeii Sauerstoffes zu- rück. Während der Arbeit ist der Stoffwechsel und damit auch der Gaswechsel im Muskel gesteigert. Der Thierorganismus ninmit während der Arbeit bedeutend mehr Sauerstoff als in der Ruhe auf und scheidet auch bedeutend mehr Kohlen- säure aus. Die .Alenge Sauerstoff, welche als Kohlensäure den Körper verlässt, Oaswechse. ist jedoch während der Arbeit bedeutend grösser als die in derselben Zeit auf- ^'L^HZT' genommene Sauerstoffraenge, und das venöse Muskelblut ist während der Arbeit ärmer au Sauerstoff und reicher an Kohlensäure als in der Ruhe. Der Oas- 1) Vergl. die Arbeiteu von iliiii 1111. 1 s.'inon Scliiiloni in seinem Vreliivo Hd.l X VI, U, IG, 18. . , •-') PflüGEr's Arch. Bd. 4. S. 57. Vergl. ancii ZiXTZ, cbeu.l. Bd. 12. S. :,:-2. Ilammarston, Physiologische Chemie. Dritte Aufl. 01 338 Elftes Kapitel. Wechsel im Muskel verhält sich also bei der Arbeit umgekehrt wie in der Ruhe, indem nämlich der arbeitende Muskel eine Kohiensäuremenge abgiebt, welche der gleichzeitig aufgenommenen Sauerstoffmenge nicht entspricht, sondern be- deutend grösser ist. Es folgt hieraus, dass bei der Muskelarbeit nicht nur Oxy- dations-, sondern auch Spaltungsprozesse verlaufen , was auch daraus hervor- geht, dass ausgeschnittene blutleere jMuskeln einige Zeit in einer sauerstofFfreien Atmosphäre arbeiten können und dabei auch Kohlensäure abgeben (Hermann^). Während der Muskelruhe in gewöhnlichem Sinne findet ein Glykogen- verbrauch statt. Dies geht daraus hervor, dass nach den Beobachtungen meh- rerer Forscher die Menge des Glykogens vermehrt und dementsprechend der Glykogenverbrauch herabgesetzt ist in solchen Muskeln, deren chemischer Tonus in Folge Nervendurchschneidung oder in anderer Weise herabgesetzt worden ist (Bernard ^), Ghandelon ^), Way ■*) u. A. Bei der Arbeit ist dieser Glykogen- verbrauch gesteigert, und durch die Untersuchungen mehrerer Forscher (Nasse^), Weiss ^), Külz '^), Marcuse^), Manche^), Morat und Dufour ^'^) ist die Thatsache sicher festgestellt worden, dass die Menge des Glykogens in den Mukeln bei der Arbeit rasch und stark abnimmt. Durch Untersuchungen an Muskeln in situ, besonders am Levator Labii superioris beim Pferde, haben Chauveau und Kaufmann ^^) nicht nur die obigen Angaben bezüglich des Gaswechsels bei Ruhe und Arbeit bestätigt, sondern zudem auch gefunden, dass der Muskel aus dem yo^^ßfy^^. Blute Zucker aufnimmt und zwar bedeutend mehr bei der Arbeit als in der Zucker "bei ^^^^^- ^'^^ fanden (wenn die von ihnen pro 1 g Muskel und 1 Minute ge- der Arbeit, fmijgnen Zahlen auf 1 Kilo und 1 Stunde umgerechnet werden), dass von 1 Kilo Muskel aus dem Blute pro 1 Stunde in der Ruhe 2,186 und während der Arbeit 8,416 g Zucker aufgenommen wurden. Gegen die Beweiskraft dieser Versuche sind zwar von Seegen '^) schwerwiegende Einwendungen erhoben worden; aber selbst wenn diese Versuche nicht ganz beweiskräftig sind, dürfte jedoch die Be- hauptung, dass während der Arbeit ein vermehrter Zuckerverbrauch stattfindet, nicht zurückzuweisen sein. Auch von anderen Forschern, wie Quinquaud ^"^), findet. 1) 1. c. 2) Conii^t. rend. Tome 48. S. 673. '^) Pflüger's Arch. Bd. lo. 4) Arch. f. e.xp. Path. u. Pharm. Bd. 34, wo man auch die einschlägige Litteratur ö) Pfliger's Arch. Bd. 2. C) "Wien. Sitzungsber. Bd. 04. Abth. 1. 7) Vergl. nameutlich KÜLZ in der LuDWlo-Festsclirift. Marburg 1891. 8) Pflüger's Arch. Bd. 39. 9) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. 10) Arch. de Physiol. (5) Bd. 4. 11) Compt. rend. Tome 103, 104, 105. 12) Centralbl. f. Physiol. Bd. 8. S. 417. 13) Maly's .Tahresber. Bd. 1(». S. 321. Muskelarbeit und Milehsiiurebildiiiiü:. 339 MoRAT und DuFOLR, Ut ein Verbrauch von aus dem Blute stammendem Zucker bei der Arbeit beobachtet worden und endlich ist in diesem Zusammenhange daran zu erinnern, dass Seeoex ^) schon noch früher als Chauveau durch eigene Untersuchungen zu ähnlichen Schlüssen gelangt ist. Nach Seegen ist näm- lich der Blutzucker die Quelle zur Wärmebildung und Arbeitsleistung überhaupt. Die amphotere Reaktion des ruhenden Muskels schlägt während der Ar- beit in eine stärker saure um (Du Bois-Reymond u. A.) und diese saure Reak- tion nimmt wenigstens bis zu einer gewissen Grenze mit der Arbeit zu. Die rascher sich kontrahirenden blassen Muskeln sollen auch nach Gleis.s^) während der Arbeit mehr Säure als die langsamer sich kontrahirenden rothen produziren. Die bei der Arbeit auftretende saure Reaktion leitete man früher allgemein von einer Milchsäurebildung her, eine Ansicht, die indessen später von A.sta5GHE\v>ky^), (Pflüger und Warren*), welche in den tetanisirten Muskeln weniger Milchsäure als in den ruhenden fanden, bekämpft worden ist. Auch Monari^j fand eine Abnahme der Milchsäure im Muskel in Folge der Arbeit und nach Heffter*') Siiurobiid- unp im soll durch Tetanus erzeugende Gifte der Milchsäuregehalt des Muskels ver- arbeitenden mindert werden. Dem gegenüber haben aber Marcuse ^) und Werther ^j eine wie es scheint unzweifelhafte Milchsäurebildung bei der Arbeit konstatiren können, und die Angaben sind also sehr streitig. Für eine Milchsäurebildung während der Arbeit sprechen aber andere Beobachtungen. Spiro ^j fand einen vermehrten Milchsäuregehalt im Blute nach der Arbeit. Colasanti und MosCATELLi ^°) fanden kleine Mengen Milchsäure im Harne von Menschen nach angestrengten Märschen und Werther beobachtete endlich em reichliches Ueber- treten von Milchsäure in den Froschharn nach Tetanus. Nach Hoppe-Seyler^') soll dagegen, in Uebereinstimmung mit seiner Ansicht über die Entstehungs- weise der Milchsäure überhaupt, bei der Arbeit Milchsäure in den Muskeln nicht regelmässig, sondern nur bei nicht ausreichender SauerstofTzufuhr gebildet werden. Zillesen^-) hat in der That auch gefunden, dass bei künstlicher Ab- sperrung der Sauerstoffzufuhr zu den Muskeln während des Lebens mehr Milch- -äure als unter normalen Verhältnissen gebildet wird. Es ist einleuchtend, dass die Versuche mit Muskeln in situ, also mit von 1) Die ZuokerbiUhmg im Tliiorkörper. Berlin 1890, und PFl.iGElt's Arcli. Bd. 50. 2) Pflüger's Ärch. Bd. 41. ■i) Zeitschr. f. pbysiol. Chem. Bd. -4. 4) Pflüger's Arch. Bd. 24. ä) Maly's Jahresber. Bd. 10. S. 303. ö) Arcb. f. exp. Path. und Fiiarm. Bd. 31. 7) 1. c. 8) Pfliger's Arch. Bd. 4«. 9) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 1. 10) Mai.y's Jahresber. Bd. 17. S. 2V2. 11) 1. e. und Zeitsclir. f. physiol. Chem. 15.1. V.i. S. 470. i-i) Ebend. Bd. 15. 340 Elftes Kapitel. Blut durchströmten Muskeln, für die vorliegende Frage aus dem Grunde nicht entscheidend sein können, weil die bei der Arbeit vielleicht gebildete Milchsäure mit dem Blute den IMuskeln entführt wird. Gegen diejenigen Versuche, in welchen man nach übermässiger Arbeit Milchsäure im Blute oder im Harne gefunden hat, wie auch besonders gegen die Versuche mit ausgeschnitteneu arbeitenden Muskeln lässt sich dagegen der Einwand erheben, dass in diesen Fällen die Sauerstoffzufuhr zu den Muskeln nicht ausreichend gewesen sei, und dass die in Folge hiervon stattgefundene IMilchsäurebildung, der Ansicht von Hoppe-Seyler entsprechend, keinem ganz normalen Vorgange entspricht. Die Frage nach einer Milchsäurebildung im arbeitenden Muskel unter ganz physio- logischen Verhältnissen ist also noch eine oftene. Nach Weyl und Zeitler ^) enthält der arbeitende Muskel eine grössere Menge Phosphorsäure (zum Theil von zersetztem Lecithin herrührend) als der ruhende. Wie in dem todten rührt in dem arbeitenden Muskel die etwas stärker saure Reaktion wahrscheinlich zum Theil von einem grösseren Gehalte an Mono- phosphat her. Der Gehalt ausgeschnittener Muskeln an Eiweiss soll nach den Angaben älterer Forscher in Folge der Arbeit abnehmen. Die Richtigkeit dieser Angabe wird jedoch von anderen Forschern bestritten. Ebenso sind die älteren An- gaben über die Menge der stickstoffhaltigen Extraktivstoffe im Muskel in der Ruhe und bei der Arbeit unsicher. Nach neueren Untersuchungen von Monari ^) soll indessen die Gesammtmenge des Kreatins und Kreatinins bei der Arbeit Verhalten gi^h vermehren und zwar bei einem Uebermasse von Muskelarbeit besonders des Ei- weissos undfiie Kreatiniumense. Das Kreatinin entsteht dabei im Wesentlichen aus dem der stick- ° Stoffhaitigen Krcatin. Bei übermässiger Arbeit findet sich nach Monari im Muskel auch Extraktiv- *= Stoffe. Xanthokreatinin, dessen Menge ein Zehntel von der Menge des Kreatinins be- tragen kann. Die Menge der Xanthinkörper soll dagegen nach Monari unter dem Einflüsse der Arbeit abnehmen. Dass der arbeitende Muskel eine geringere Menge wasserlösliche und eine grössere Menge in Alkohol lösliche Stoffe als der ruhende enthält, scheint sicher dargethan zu sein (Helmholtz ^). Die Frage nach dem Verhalten der stickstoffhaltigen Bestandtheile des Muskels in der Ruhe und während der Arbeit hat man auch durch Bestimm- ungen der Gesammtstickstoffausscheidung in diesen verschiedenen Körperzustän- ausscheid- ^^^^ ^^ entscheiden versucht. Während man früher, in Uebereinstimmung mit Odernach der ^6'' Ansicht LiEBKi's, CS als feststehend betrachtete, dass die Stickstoffausschei- Arbeit. f]y„g durch den Harn in Folge der Arbeit sich vermehre, haben Untersuch- ungen von mehreren Forschern, besonders von Vorr^) an Hunden und von Petten- 1) Zeitschr. f. physiol. Cheiu. Bd. 0, S. 557. 2) Maly's Jahresber. Bd. 19. S. 296. 3) Arch. f. Anat. u. Physiol. 1845. i) Untersuch, über den Einfluss des Kochsalzes, des Kaffees und der Muskelbeweg- uucren auf den Stoffwechsel. München 1860 und Zeitschr. f. Biologie. Bd. 2. Muskelarbeit iiiul Stickstoftausscheidunjr. 3il KOFEH und VoiT^) an Menschen, zu einem t^anz anderen Resultat getülut. .Sie haben nämlich gezeigt, was auch andere Forscher, wie neuerdings Hiii.sciifELD^), bestätigt haben, dass während der Arbeit keine oder nur eine sehr unbedeutende Steigerung der Stickstoffausscheidung stattfindet, ^[an darf indessen nicht ver- schweigen, dass es auch Versuchsreihen giebt, in welchen eine nicht unbedeutende Steigerung des Eiweissumsatzes während oder nach der Arbeit beobachtet worden ist. Es haben also z, B. Flint^) undPAVY^) an einem Schnellläufer, v. Wolff, V. Funke, IvRErziiAGE und Kellner^) an einem Pferde und neuerdings auch Arhutinsky^) und Krumälacher^j an sich selbst Beobachtungen gemacht, welche eine unzweifelhafte Steigerung der Stickstoffausscheidung während oder nach der Arbeit zeigen. Auf die Grösse der Stickstoffausscheidung wirken indessen viele, er.st später (in Kapitel 18) zu erwähnende Faktoren, wie die Menge und Zusammen- setzung der Nahrung, der Fettbestand des Körpers, die Wirkung der Arbeit auf den Respirationsmechanisraus u. s. w. ein, welche nicht alle in den zuletzt erwähnten Arbeiten genügend berücksichtigt worden sein dürften^). Die Be- weiskraft der sehr sorgfältigen Versuche von VoiT, Pettenkofer und Vorr und Hirschfeld ist wohl auch kaum durch diese Arbeiten erschüttert worden, wenn „ . , ^ Stick stoff- auch zugegeben werden niuss, dass die Frage noch etwas streitig ist. Aber ausscheid- » " ' ® . , un? bei der selbst wenn man die Ansicht, dass die Muskelarbeit an sich keine vermehrte Arbeit. Stickstoffausscheidung zur Folge hat, als ganz sicher bewiesen betrachtet, wäre damit jedoch nicht die Möglichkeit eines gesteigerten Eiweissumsatzes in dem Muskel ganz ausgeschlossen. Es wäre nämlich denkbar, dass in Folge der besonders von Ranke ^) studirten funktionellen Wechselwirkung der Organe eine vermehrte Umsetzung von Eiweiss in den Muskeln von einer gleichzeitig herab- gesetzten Umsetzung von Eiweiss in anderen Organen kompensirt werden könnte. Sei dem nun wie ihm wolle; die herrschende Ansicht ist jedenfalls die, dass der Eiweissumsatz im Muskel bei der Arbeit nicht vermehrt ist. Ein Mass für die Grösse des Eiweissumsatzes liefert auch die Menge der ausgeschiedenen schwefelhaltigen Stoffwechselprodukte, welche Menge durch Bestimmung des Schwefels in dem Harn ermittelt wird. Eine Vermehrung der Schwefelsäureausscheidunc: nach der Arbeit ist schon vor längerer Zeit von 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 2. •i) ViKCHOw's Arch. Bd. 121. 3) Journal of Auat. and Physiol. Bdd. 11 u. 12. ■i) The Lancet 187G uud 1877. 5) Cit. uach VölT iu Hkrmann's IFaiull). Bd.«. S. 197. 6) ri-i.ÜGKu's Arch. Bd. 4(5. V) Ebend. Bd. 47. 8) Vergl. VoiT iu Hkkmann's Ilaudb. Bd. (». Kap. o. Absclin. 'J. .1. .MiNK, Dr Bois-Reymond's Arch. 1890 uud Hirschfei.d 1. c. 9) Die Blutvorthcilung und der Tliiitigkcitswochscl der Orgaue. Leipzig 1871. 342 Elftes Kapitel. Engelmanx'), wie auch von Flint^) und Pavy^) beobachtet worden. Da aber mit dem Harn nicht nur Schwefelsäure, sondern auch nicht oxydirter Schwefel ausgeschieden wird, ist es uothwendig, das Verhalten des gesammten ausgeschie- deneu Schwefels während und nach der Arbeit zu erforschen. Untersuchungen dieser Art haben Beck und Benedikt*) ausgeführt und diese Untersuchungen führten zu dem Ergebniss, dass die Schwefelausscheidung durch die Arbeit ver- mehrt, nach derselben aber herabgesetzt wird, was also für eine gesteigerte Ei- weissumsetzung während der Arbeit spricht. Die Untersuchungen über den Fettgehalt ausgeschnittener Muskeln in der Ruhe und während der Arbeit haben zu keinen entscheidenden Resultaten ge- Verhalten • i o, «> i i , 17 des Fettes führt. Dagegen giebt es Stoiiwechselversuche, von \ oit an einem hungernden der Ar- beit. Hunde und von Pettexkofer und Von an einem Menschen, welche, wie es scheint, einer vermehrten Fettzersetzung während der Arbeit das Wort reden. Fasst man die Resultate der bisherigen Untersuchungen über die chemi- schen Vorgänge im arbeitenden und ruhenden Muskel zusammen, so findet man die Arbeit durch Folgendes charakterisirt. Der arbeitende IMuskel nimmt mehr SauerstoflT auf und giebt mehr Kohlensäure ab als der ruhende; doch ist die Kohlensäureabgabe in bedeutend höherem Grade als die SauerstofFaufnahme ge- steigert. Es findet also regelmässig in Folge der Arbeit eine Erhöhung des respiratorischen Quotienten, ~^, statt; doch scheint diese Erhöhung — wie in einem folgenden Kapitel über den Stoffwechsel näher auseinandergesetzt wer- den soll — kaum durch die Art der im Muskel bei genügender SauerstoflT- zufuhr während der Arbeit verlaufenden Prozesse bedingt zu sein. Bei der Arbeit „, . ^ findet ein Verbrauch von Kohlehydraten , Glvkogen und Zucker, statt. Ein Chemische *' ^ . o Vorgänge im Yg,.][)i.auch von Zucker scheint iedoch nur für den mit Blut noch gespeisten arbeitenden •" 01 und Muskel bewiesen zu sein, während ein Glykogen verbrauch auch in ausge- ruhenden .0 o Muskel, schnittenen Muskeln beobachtet worden ist. Bei der Arbeit wird die Reaktion mehr sauer als vorher. In wie weit dies durch eine Neubildung von Milch- säure bedingt ist, darüber gehen die Ansichten auseinander. Ueber das Ver- halten des Fettes im ausgeschnittenen Muskel ist nichts Sicheres bekannt, wo- gegen ein vermehrter Fettverbrauch im Organismus während der Arbeit in gewissen Fällen beobachtet ist. Eine Vermehrung der stickstoffhaltigen Ex- traktivstoffe der Kreatingruppe scheint auch vorzukommen. Ueber das Ver- halten der Eiweissstoffe gehen die Ansichten auseinander; aber eine vermehrte Stickstoffausscheidung als unzweifelhafte, direkte Folge der Muskelarbeit ist wohl kaum bisher sicher beobachtet worden. 1) Du Bois-Reymond's Arch. 187 1. •i) Journal of Anat. and Physiol. Vol. 11 11. 12. 3) The Lancet 1876. 4) Pfi.lger's Arch. Bd. 7A. Quelle der Muskelkraft. 343 An das nun Angeführte knüpft sich die Frage nach dem materiellen Sub- strate der Muskelarbeit, insoferne als diese letztere in chemischen Umsetzungen ihren Grund hat, auf das innigste an. Früher suchte man mit Liebig die Quelle der Muskelkraft in einer Umsetzung von Eiweissstoffen; heutzutage ist man aber ziemlich allgemein einer anderen Ansicht. FicK und Wi>r.it:ENUS^) bestiegen den Berg Faulhorn und berechneten die Grösse der von ihnen dabei geleisteten mechanischen Arbeit. Mit ihr verglichen sie dann das mechanische Aequivalent der in derselben Zeit umgesetzten, aus der Stickstott- ausscheidung mit dem Harne zu berechnenden Eiweissmenge, und sie fanden dabei, dass die thatsächlich geleistete Arbeit lange nicht durch den Eiweiss- verbrauch gedeckt werden konnte. Es war hiermit also bewiesen, dass das Quellen der . Muskel kraft. Eiweiss allein nicht das materielle Substrat der Muskelarbeit gewesen war und dass diese letztere vielmehr zum allergrössten Theil von dem Umsatz stickstoff- freier Substanzen herrührte. Zu ähnlichen Schlüssen führen auch mehrere andere Beobachtungen, vor Allem die Stoifwechselversuche von VoiT, von Pettexkofer und VoiT und anderen Forschern , welche Versuche zeigen , dass während die Stickstoffausscheidung unverändert bleibt die Kohlensäui-eausscheidung während der Arbeit höchst bedeutend vermehrt ist. Man beti'achtet es wohl auch ziem- lich allgemein als sicher bewiesen , dass die Muskelarbeit zum grossen Theil durch den Umsatz stickstofffreier Substanzen bedingt sein kann. Dagegen ist die Annahme nicht berechtigt, dass die Muskelarbeit ausschliesslich auf Kosten der stickstofffreien Substanzen geschehe und dass die Eiweissstoffe als Kraft- quelle ohne Belang seien. In dieser Hinsicht sind namentlich die neuen Untersuchungen von PflÜ(;er-) von grossem Interesse. Er ernährte eine Dogge während mehr als 7 Monate mit Fleisch, dessen Gehalt an Fett und Kohlehydraten so gering war, dass er Quellen der für die Erzeugung der Herzarbeit allein nicht genügte, und er Hess das Thier während Perioden von 14, 35 oder sogar 41 Tagen schwere Arbeit ausfuhren. Das unzweifelhafte Resultat dieser Versuchsreihen war, dass „volle Muskelarbeit bei Abwesenheit von Fett und Kohlehydrat in vollendetster Kraft sich vollzieht"', und die Fähigkeit des Eiweisses, als Quelle der ^luskelkraft zu dienen, lässt sich also nicht leugnen. Unter den als Kraftquellen in Betracht kommenden sickstofflfreien Stoffen sind in erster Linie die Kohlehydrate, das Glykogen und der Zucker zu nennen, Dass aber auch die Fette als Kraftquelle in Betracht kommen können, dürfte schon an sich sehr wahrscheinlich sein, und eine solche Annahme findet in den Versuchen von Vorr^) an hungernden arbeitenden Hunden eine Stütze. Dit* 1) Vierteljahrschr. d. Züridi. naturf. Gesellsch. IUI. 10. <'it. nach CentrnlM. f. il. meNi(i, Chemie der niensciilieheri Xahriinsjs- iiiul (ienussmittel, ;5. Aull., verwiesen. 346 Elftes Kapitel. Analysen Almens^) enthalten die Muskeln von mageren Ochsen 15 p. m. Fett und 767 p. ni. Wasser; das Fleisch des Hechtes enthält dagegen nur 1,5 p. m. Fett und 839 p. m. Wasser. Für gewisse Zwecke und namentlich für die Ausführung der StofFwechsel- versuche ist es von Wichtigkeit, die elementare Zusammensetzung des Fleisches zu kennen. Bezüglich des Stickstofigehaltes hat man in dieser Hinsicht für das frische, magere Fleisch nach dem Vorschlage VoiTS") die Zahl 3,4*^/o als Mittel angenommen. Nach Nowak ^) und Huppert*) kann jedoch diese Zahl um 0,6 "i'o schwanken und bei genauen Versuchen ist es deshalb nothwendig, besondere StickstofFbestimmungen auszuführen. Vollständige Elementaranalysen des Fleisches sind in der letzten Zeit mit grosser Sorgfalt von Argutinsky^) ausgeführt worden. Als Mittel für das im Vacuo getrocknete, entfettete Ochsen- fleisch, nach Abzug des Glykogens, erhielt er dabei folgende abgerundete Zahlen. C 49,6; H 6,9; N 15,3; O + S 23,0 und Asche 5,2 «/o. Das Verhältniss von Kohlenstofi' zu Stickstoft', welches Argutixskv „Fleischquotient" nennt, ist im Mittel deich 3,24: 1. Glatte Muskeln. Die glatten Muskeln reagiren in der Ruhe neutral oder alkalisch (Du Bois-Reymoxd*'). Während der Arbeit reagiren sie sauer, wie aus der Beob- achtung Bernsteins'^), dass der fast beständig kontrahirte Schliessmuskel von Anodonta im Leben sauer reagirt, hervorgeht. Auch die glatten Muskeln können, wie Heidenhain ^) undKiTHNE^) gezeigt haben, in Tod ten starre übergehen körpofder ^"^ dabei sauer werden. Wegen dieses Verhaltens hat man geglaubt, dass ifuskdn. unter den Eiweisskörpern der glatten Muskeln auch eine myosinbildende Sub- stanz sich vorfinden würde. Ein spontan gerinnendes Plasma hat man jedoch nicht erhalten , es sei denn , dass man als solches den bei Zimmer- temperatur erst innerhalb 24 Stunden, bei -|- 45° C. aber sogleich, koaguliren- den, ausgepressten Saft der Muskeln von Anodonta betrachten wollte. Eben so wenig hat mau aus den glatten Muskeln Myosin erhalten. Dagegen haben aber Heidenhain und Hellwig ^°) aus glatten Muskeln vom Hunde einen , dem 1) Nova Act. reg. 8oc. Scient. Tpsal. Vol. extr. ord. 1877. Auch Maly's .lahrcsber. Bd. 7. S. 307. ^) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 1. 3) Wien. Sitzungsber. Bd. &i. Abtli. 2. 4) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 7. ö) Pflügeu's Arch. Bd. 55. c) Cit. nach Nasse iu Hermann"« Ilaudb. Bd. 1. S. 339. 7) Ebend. 8) Ebend. S. 340. 9) Lehrb. d. physiol. Cheni. S. 331. 10) Nasse 1. c. S. 339. Glatte Muskeln. 347 FNtraktiv- Muskulin analogen, bei -j- 45 — 49^^ C. gerinnenden Eiwoisskörper erhalten. Die glatten Muskeln sollen angeblich reichliche ^Nfengen Alkaiialbuniinat nebst einem bei -\- 75° C. gerinnenden Albumin enthalten, Hämoylohin kommt bei gewissen Tliieren in den glatten Muskeln vor, fehlt aber bei anderen. Krcatin hat Lehmann') gefunden. Tanrin soll neben Kreatinin (Kreatin?) nach Fremy und Valenciennes'') in den Muskeln der Cephalopoden vorkommen. Von stickstofffreien Stoffen sind mit Sicherheit (r/ij- Stoffe. ko(jc)i und J\lilchi ist. Etwa dieselben Zahlen erhielten später BauxMSTARK^) undRuppEL^), während Liebreich') als Mittel 2,80 «/o N und 1,23 "/o P fand. Kossel und Freytag 8), welche noch höhere Zahlen für den Stickstoff, nämlich 3,25 °/o, und etwas niedrigere Zalilen für den Phosphor, 0,97 ^/o, erhielten, fanden regelmässig in dem Protagon etwas Schwefel, als Mittel 0,51 "^/o. Ruppel fand ebenfalls etwas Protagon. Schwefel, aber so wenig, dass er ihn von einer Verunreinigung herleitet. Beim Sieden mit Barytwasser liefert das Protagon die Zersetzungsprodukte des Leci- thins, d. h. fette Säuren, Glycerinphosphorsäure und Cholin (Neurin?) und da- neben auch, wie man früher sagte, Cerebrin. Kossel und Freytag fanden in- dessen, dass das Protagon bei seiner Zersetzung nicht nur Cerebrin, sondern zwei und vielleicht sogar drei Cerebroside (vergl. unten) liefert, nämlich Cere- brin, Kerasin (Homocerebrin) und Enkephalin. Wegen dieses Verhaltens wie auch infolge der trotz grosser Sorgfalt bei der Darstellung wechselnden elemen- taren Zusammensetzung, finden die letztgenannten Forscher es sehr wahrschein- lich, dass es mehrere Protagone giebt. 1) Du BöiS-Reymönd's Arch. 1890. 2) Ebend. 1887. Supplbd. 3) Brieger, Ueber Ptomaine. Berlin 1885 u. 188G. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3. 5) Ebend. Bd. 9. 6) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. 7) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 134. 8) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. Protagon. 351 Beim Sieden mit verdünuteii Minenilsilun-n liel'crt tlas Protagon unter anderen Substanzen auch reduzirendes Kohlehydrat. Bei der Oxydation mit Salpetersäure giebt es höhere Fettsäuren. Protagon stellt in trockenem Zustande ein weisses, lockeres Pulver dar. In Alkohol von 85 Vol. "/o bei -]- 45 '^ C. gelöst, scheidet es sich beim Er- kalten als eine schneeweisse, flockige, aus Kugeln oder Gruppen von feinen Eigen- Krystallnadeln bestehende Fällung aus. Beim Erhitzen zersetzt es sich schon *v|ff,au^ unter 1Ü(J® C. In kaltem Alkohol oder Aether ist es kaum löslich, löst sich aber in warmem. !Mit wenig Wasser quillt es auf und zersetzt sich theilweise. Mit mehr Wasser quillt es zu einer gallort- oder kleisterähnlichen Masse auf, die mit viel Wasser eine opalisirende Flüssigkeit giebt. Beim Schmelzen mit Salpeter und Soda giebt es Alkaliphosphat. Zur Darstellung des Protagons verfährt man auf folgende Weise. Mög- lichst frisches Ochsengehirn, von Blut und Häuten sorgfältig befreit, zerrührt man fein und extrabirt dann mehrere Stunden lang mit Alkohol von 85 Vol. °/o bei -}- 45° C. Man filtrirt bei derselben Temperatur und laugt den Rückstand so lange mit warmem Alkohol aus, bis das Filtrat bei 0" C. keinen Nieder- des Prota schlag mehr absetzt. Sämmtliche aus den auf 0° C. abgekühlten Filtraten "°"'^" ausgeschiedene Niederschläge vereinigt man und extrabirt sie vollständig mit kaltem Aether, welcher Cbolesterin und lecithinähnliche Stoffe löst. Das un- gelöste presst man zwischen Papier stark aus und lässt dann über Schwefel- säure oder Phosphorsäureanhydrid austrocknen. Man pulverisirt dann, digerirt mit Alkohol bei -\- 45° C, filtrirt und kühlt langsam auf 0" C. ab. Die ausgeschiedenen Krystalle können, wenn nöthig, durch Umkrystallisiren gereinigt werden. Nach demselben Prinzipe verfährt man, wenn es um den Nachweis von Protagon sich handeln würde. Bei der Zersetzung des Protagons oder der Protagone durch gelinde Ein- wirkung von Alkalien entstehen als Spaltungsprodukte, wie oben gesagt, ein oder mehrere Stoffe, die von Thudichum') unter dem Namen der Cerehroside zu- sammengefasst worden sind. Die Cerehroside sind stickstoffhaltige, phosphor- ^^^^^j^^^^j^^ freie Substanzen, die beim Sieden mit verdünnter Mineralsäure eine reduzirende Zuckerart (Galaktose) geben. Beim Schmelzen mit Kali oder bei der Oxydation mit Salpetersäure liefern sie höhere Fettsäuren, Palmitinsäure oder Stearinsäure. Die aus dem Gehirne isolirten Cerehroside sind Cerebrin , Kerasiu und Enke- phalin. Zu den Cerebrosiden gehören auch die von Kosski, und Fhf,yta(^ aus Eiter isolirten Stoffe Pyosin und Pyogenin. Cerebrin. Unter dem Namen Cerebrin beschrieb zuerst ^V. Mri.LKU-) eine stickstoffhaltige, phosphorfreie Substanz, die er durch Extraktion der ccrei.rin. mit Barytwasser gekochten Gehirnmasse mit siedendem Alkohol erhalten hatte. Nach einer in der Hauptsache ähnlichen, aber jedoch etwas abweichenden 1) TliUDlcniM, Gruudzügc der .inatomisclicii viud klinischen Ciiemie. Berlin 1886. -) Anna!, d. Cheni. u. riiann. Bd. 105. 352 Zwölftes Kaiiitel. Methode hat später Geoghegax ^) aus dem Gehirne ein Cerebrin mit denselben Eigenschaften wie das MüLLER'sche aber mit einem niedrigeren Stickstoffgehalte dargestellt. Nach den Untersuchungen von Pargus^) soll indessen sowohl das von Müller wie das von Geoghegax isolirte Cerebrin ein Gemenge von drei Stoffen, „Cerebrin", „Homocerebrin" und „Enkephalin" sein. Kossel und Freytag ^) konnten aus dem Protagon zwei Cerebroside isoliren, die mit dem Cerebrin und Homocerebrin von Parcl'S identisch waren. Nach denselben Forschern scheinen die zwei von Thudicrum beschriebenen Stoffe Phrenosin und Kerasin mit dem Cerebrin, bezw, Homocerebrin identisch zu sein. Das Cerebrin hat nach Parcus folgende Zusammensetzung: C 69,08, H 11,47, N 2,13, O 17,32, was mit den Analysen von Kossel und Freitag stimmt. Die Formel desselben ist noch nicht festgestellt worden. In trockenem Zustande stellt es ein rein weisses, geruch- und geschmackloses Pulver dar. Beim Erhitzen schmilzt es, zersetzt sich allmählich, riecht nach verbranntem Fett und brennt mit leuchtender Flamme. In AVasser wie auch in verdünnter Alkali- Eigen- schaften, lauge oder Barytwasser ist es unlöslich. In kaltem Alkohol und in kaltem oder heissem Aether ist es ebenfalls unlöslich. Dagegen löst es sich in siedendem Alkohol und scheidet sich beim Erkalten als ein flockiger Niederschlag aus, welcher bei mikroskopischer Untersuchung als aus lauter Kügelchen oder Körn- chen bestehend sich zeigt. Mit Baryt bildet es eine in Wasser unlösliche Ver- bindung, die unter der Einwirkung von Kohlensäure zerfällt. In konzentrirter Schwefelsäure löst es sich und beim Erwärmen wird die Lösung blutroth. Die beim Sieden mit Mineralsäuren sich abspaltende Zuckerart, der sogen. Gehirn- zucker, ist, wie Tiüerfelder'^) zuerst gezeigt hat, Galaktose. Das Kerasin (nach Thidichum) oder Homocerehrin (nach Pargus) hat die Zusammensetzung C 70,06, H 11,60, N 2,23 und O 16,11 "/o. Das EnhephaUn hat die Zusammensetzung C 68,40, H 11,60, N 3,09 und O 16,91 °/o. Beide Stoffe bleiben nach dem Ausfallen des unreinen Cerebrins aus warmem Alkohol in der Mutterlauge zurück. Diese Stoffe haben die Neigung, als gallert- artige Massen sich auszuscheiden. Das Kerasin ist dem Cerebrin ähnlich, EnkophaUn'* löst sich aber leichter in warmem Alkohol und auch in warmem Aether. Es kann als äusserst feine Nadeln erhalten werden. Das Enkephalin soll nach Parcus ein Umwandlungsprodukt des Cerebrins sein. In ganz reinem Zustande krystallisirt es in kleinen Blättchen. In warmem Wasser quillt es zu einer kleisterähnlichen Masse. Wie das Cerebrin und das Kerasin giebt es ])eira Sieden mit verdünnter Säure eine reduzirende Substanz (wahrscheinlich Galaktose). 1) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 3. ~) Pakcus, Ueber einige neue Gehirnstoffe. luaug.-Diss. Leipzig 1881. 3) 1. e. 4) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 14. Cerebrin. 353 Die Darstellung des Cerebrins geschieht meistens nach der Methode von ^lÜLLER. Die Gehirnraasse wird mit Barytwasser zu einer dünnen ^lilch aus- gerührt und dann aufgekocht. Das ungelöste trennt man ab, presst aus und^^^^^j^jj kocht es wiederholt mit Alkohol aus, welcher siedend heiss abfiltrirt wird. Das des beim Erkalten sich ausscheidende unreine Cerebrin wird mit Aether von Chole- sterin und Fett befreit und dann durch wiederholtes Auflösen in warmem Alkohol gereinigt. Nacli P.arcus soll man das Auflösen in warmem Alkohol wieder- holen, bis keine gallertartigen Ausscheidungen (von Homocerebrin oder Enke- phalin) mehr auftreten. Nach der Methode von Geoghegan extrahirt man das Gehirn erst mit kaltem Alkohol und Aether und kocht es dann mit Alkohol aus. Den beim Erkalten des alkoholischen Filtrates sich ausscheidenden Niederschlag behandelt man mit Aether und kocht ihn dann mit Barytwasser. Der ungelöste Rück- stand wird durch wiederholtes Auflösen in siedendem Alkohol gereinigt. Nach den oben angegebenen Methoden kann das Cerebrin auch in anderen Organen aufgesucht werden. Die quantitative Bestimmung, wenn eine solche in Frage kommt, kann in derselben Weise geschehen. KosSEL und Freytag stellen das Cerebrin aus Protagon dar durch Ver- seifung des letzteren in methylalkoholischer Lösung mit einer heissen Lösung von Aetzbaryt in Methylalkohol. Den abfiltrirten Niederschlag zerlegen sie in Wasser mit Kohlensäure und extrahiren aus dem ungelösten Rückstaude das Cerebrin oder die Cerebroside mit heissem Alkohol. Das Xeiiridiu, C5H14X2, ist ein von Biueger entdecktes, nicht giftiges Diamin, welches von ihm bei der Fäulniss von Fleisch und Leim wie auch in Kulturen des Typhusbacillus erhalten wurde. Es kounnt nach ihm unter physiologischen Verhältnissen in dem Gehirne und spuren weise auch im Eidotter vor. Das Neuridin löst sich in Wasser und liefert beim Sieden mit Alkalien ein Gemenge vun Dimethyl- und Trimethylamin. Es löst sich schwierig in Amylalkohol. In Aether oder absolutem Alkohol ist es unlöslich. In freiem Zustande hat es einen eigenthümlichen , an Sperma erinnernden Geruch. Mit Salzsäure giebt es eine in langen Xadeln krystallisirende Verbindung. Mit Platinchlorid oder Goldchlorid giebt es krystallisirende, für seine Darstell- ung und Erkennung verwerthbare Doppel Verbindungen. Die sogen. Corpuscula amylacea, welche an der Oberfläche des Gehirnes und ia der Glandula pituitaria vorkommen, werden von Jod mehr oder weniger rein violett und von Schwefelsäure und Jod mehr blau gefärbt. Sie bestehen vielleicht aus derselben Substanz wie gewisse Prostatakoukremente, sind aber nicht näher untersucht. Quantitative Zusammensetzung des Gehirnes. Die Menge des Wassers ist grösser in der grauen als in der weissen Substanz und grösser bei Neu- geborenen oder bei jüngeren Individen als bei Erwachsenen. Beim Fötus enthält das Gehirn 879 — 926 p. m. Wasser. Nach Beobachtungen von Wei.sbach ^) ist der Gehalt an Wasser in den verschiedenen Theileu des Gehirnes (und des ver- längerten Markes) in verschiedenen Altern ein verschiedener. Die folgenden Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile, und zwar A bei Männern und 7? bei Weibern : 1) Cit. nacl) K. B. Hofm.vnn's Lchri». d. Zoochcmio. Wien 1876 S. 121. 11 am m ars te n , Physiologische Chemie. Dritte Auflage. -3 Neuridin. 354 Zwölftes Kapitel. 20—30 Jahre 50-50 Jahre 50—70 Jahre 70—94 Jahre Wasser- gehalt des Gehirnes. Analysen des Gehirnes. Weisse Substanz des Gehirnes 695,6 Graue „ ,. „ 833,6 Gyri 784,7 Kleinhirn 788,3 Pons Varoli . . . . . 734,6 Medulla oblongata . . . 744,3 B 682,9 826,2 792,0 794,9 740,3 740,7 A 683,1 836,1 795,9 778,7 725,5 732,5 B 703,1 830,6 772,9 789,0 722,0 729,8 A 701,9 838,0 796,1 787,9 720,1 722,4 B 689,6 838,4 796,9 784,5 714,0 730,6 A 726,1 847,8 802,3 803,4 727,4 736,2 B 722,0 839,5 801,7 797,9 724,4 733.7 Quantitative Analysen von dem Gehirne im übrigen sind von Petrowsky') am Ochsengebirne und von Baumstark^) am Pferdegebirne ausgeführt worden. In den Analysen Petrowsky's ist jedoch nicht das Protagon berücksichtigt worden und sämratliche organische, pbosphorhaltige Substanzen wurden als Le- cithin berechnet. Aus diesem Grunde sind diese Analysen in gewisser Hinsicht nicht brauchbar. In den Analysen Baumstark's, in welchen die graue und die weisse Substanz nicht genügend getrennt werden konnten und welche Analysen in Folge dessen theils auf überwiegend weisse und theils auf überwiegend graue Substanz sich beziehen, hat etwa die Hälfte der organischen Stoffe, hauptsäch- lich aus in Aether löslichen Stoffen bestehend, nicht näher analysirt werden können. Auch diese Analysen liefern also keine genügende Aufklärung über die quantitative Zusammensetzung des Gehirnes. Aus den bisher ausgeführten Analysen ergiebt sich indessen die schon in dem Obigen angegebene ungleiche Vertheilung der organischen Bestandtheile auf graue und weisse Substanz. In den Analysen Petrowsky's betrug die Menge des Eiweisses und der Leimbildner in der grauen Substanz etwas mehr als die Hälfte und in der weissen etwa ^/4 der festen organischen Stoffe. Die Menge des Cholesterins betrug in der weissen etwa die Hälfte und in der grauen Substanz etwa ^J5 der festen Stoffe. Von löslichen Salzen und Extraktivstoffen finden sich grössere Mengen in der grauen als in der weissen Substanz (Baumstark). Die Menge der wichtigsten der bekannten Gehirnbestandtheile, auf lOOüTheile des frischen, wasserhaltigen Gehirnes berechnet, war in den Analysen Baumstark's folgende. Ä bedeutet überwiegend weisse und B überwiegend graue Substanz. Quantitative Zusammen- sei/.ung des Gehirnes. A Wasser 695,35 Feste Stoffe 304,65 Protagon 25,11 Unlösliches Eiweiss und Bindegewebe . 50,02 Cholesterin, frei 18,19 „ gebunden 26,96 Nuklein 2,94 Neurokeratiu 18,93 Mineralstoffe 5,23 B 769,97 230,03 10,80 60.79 6,30 17,51 1,99 10,43 5,62 Der Rest der festen Stoffe dürfte wohl hauptsächlich aus Lecithin und anderen phosphorhaltigen Stoffen bestanden haben. Von dem gesammten Phqs- phorgehalte kommen nämlich 15 — 20 p. m. auf das Nuklein, 50 — 60 p. m. 1) Pflüger's Arch. Bd. 7. 2) ]. c. Neurokeratin. Retina. 355 auf Protagon, 150 — 160 p. m. auf die Asche und 770 p. m. auf Lecithin und andere phosphorhaltige, organische Substanzen. Die Menge des Neurokeratins in den Nerven und in verschiedenen Theilen des Ceutralnervensystenis ist von Klüxl; und (Iiiittenük.x^) näher bestimmt worden. Sie fanden in dem Plexus brachialis 3,10 p. m., in der Kh-inhirnrinde 3,12 p. ni., in der weissen Substanz des Grossbirnes 22,434, in der weissen Substanz des Voriheiinng . dos Neuro- Corpus callosum 25,72 — 29,02 p, ra. und in der grauen Substanz der Gross- keratins. hirnrinde (möglichst frei von weisser Substanz) 3,27 p. m. Neurokeratin. Die weisse Substanz ist also sehr bedeutend reicher an Neurokeratin als die peri- pherischen Nerven oder die graue Substanz. Nach Griffiths^) vertritt bei In- sekten und Crustaceen das Neurochitiu das Neurokeratin. Die Menge des ersteren betrug 10,6 — 12 p. m. Die Menge der Mineralbestandtheile in dem Gehirne beträgt nach Geoghegan^) 2,95 — 7,08 p. m. In 1000 Theilen frischem wasserhaltigem Gehirne fand er Cl 0,43—1,32, PO^ 0,950—2,016, CO3 0,244—0,796, SO^ 0,102 bis 0.220, FeoCPOJo 0,01— 0,098, Ca 0,005-0,022, Mg 0,016— 0,072, K 0,58 bis 1,778, Na 0,450 — 1,114. Die graue Substanz liefert eine alkalische, die weisse eine saure Asche. Anhang. Die Gewebe und Flüssigkeiten des Auges. Die Retina enthält als Ganzes 865 — 899,9 p. m. Wasser; 57,1 — 84,5 p. m. ProteinstofFe — Myosin, Albumin und Muciu (?); 9,5 — 28,9 p.m. Lecithin und D'» R«tina. 8,2 — 11,2 p. m. Salze (Hoppe-Seyler und Cahn)"^). Die MineralstofTe ent- halten 422 p. m. NaoHPO^ und 352 p. m. NaCl. Diejenigen Stoffe, welche die verschiedenen Segmente der Stäbchen und Zapfen bilden, sind nicht näher erforscht und das grösste Interesse knüpft sich au die Farbstoffe der Retina an. Sehpurpur, auch Rhodopsiu, Erythropsin oder Sehroth genannt, nennt man den Farbstoff der Stäbchen. Im Jahre 1876 beobachtete Boll-''), dass die Stäbchenschicht der Retina im Leben eine purpurrolhe Farbe bat, »♦»P"*''?"'"- welche durch Lichteinwirkung erblasst. Küiine^) hat später gezeigt, dass diese 1) 1. c. 2) Compt. rciul. Tome 115. 3) I. c. 4) Zeitschr. f. pliysiol. Cheiii. 13d. 5. 5) Mouatsschr. d. Berl, Akad. 12. Nov. 187G. 6) Die Uutersuchungeu über Selipurpur von KÜHNE uiul soineii Schülern Ew.m.i» und Aykes finden sich in : Untersuchungen aus dem physiol. Institut der Universität Ileidel- bcrg. Bd. 1 u. 2. 23* 356 Zwölftes Kapitel. rothe Farbe nach dem Tode des Thieres, wenn das Auge vor 'dem Tageslichte geschützt oder im Natriumlichte untersucht wird , längere Zeit bestehen kann. Durch dieses Verhalten wurde es auch möglich, diese Substanz zu isoliren und näher zu studiren. Das Sehroth (Boll) oder der Sehpurpur (Küecne) ist hauptsächlich durch die Untersuchungen Kühne's bekannt geworden. Der Farbstoff kommt aus- schliesslich in den Stäbchen und nur in dem äussersten Theile derselben vor. Vorkommen des Bei solchen Thieren, deren Retina keine Stäbchen hat, fehlt der Sehpurpur welcher selbstverständlich auch in der Macula lutea fehlt. Bei einer Art Fleder- maus (Rhinolophus hipposider os), wie auch bei Hühnern, Tauben und neugeborenen Kaninchen hat man in den Stäbchen keinen Sehpurpur gefunden. Eine Lösung von Sehpurpur in Wasser, welches 2 — 5 °/o krystallisirte Galle, welche das beste Lösungsmittel des Sehpurpurs ist, enthält, ist purpur- roth, ganz klar, nicht üuorescirend. Beim Eintrocknen dieser Lösung in Vacuo erhält man einen, karminsaurem Ammoniak ähnlichen Rückstand, welcher violette oder schwarze Körner enthält. Dialysirt man die obige Lösung gegen Wasser, so difFundirt die Galle weg und der Sehpurpur scheidet sich als eine violette Eigen- Masse aus. Unter allen Verhältnissen, selbst wenn er sich noch in der Retina scharten des Sehpurpurs, vorfindet, wird der Sehpurpur von direktem Sonnenlichte l'asch und von zer- streutem Lichte der Intensität desselben entsprechend gebleicht. Dabei geht er durch roth und orange in gelb über. Das rothe Licht bleicht den Sehpurpur langsam, das ultrarothe Licht bleicht ihn nicht. Eine Lösung von Sehpurpur zeigt keinen besonderen Absorptionsstreifen , sondern nur eine allgemeine Ab- sorption, welche etwas nach der rotheu Seite von D anfängt und bis zu G sich erstreckt. Die stärkste Absorption findet sich bei E. Der Sehpurpur wird auch beim Erwärmen, bei 52 — 53 '^ C. nach einigen Stunden und bei -j- 76" fast momentan, zerstört Durch Alkalien, Säuren, Alkohol, Aether und Chloroform wird er ebenfalls zerstört. Dagegen widersteht er der Einwirkung von Ammoniak oder Alaunlösung. Da der Sehpurpur im Lichte leicht zerstört wird, muss er auch im Leben regenerirt werden können. Kühne hat in der That auch gefunden, dass die Retina des Froschauges, wenn sie starkem Sonnenlichte längere Zeit ausgesetzt wird, erbleicht, ihre Farbe aber allmählich wieder erhält, wenn man die Thiere im Dunkeln lässt. Diese Regeneration des Sehpurpurs ist eine Funktion der Regene- lebenden Zellen in der Pigmentepithelschicht der Retina. Dies geht unter Sehpurpurs, anderem daraus hervor, dass in einem abgelösten Stücke der Retina, welches vom Lichte erbleicht worden ist, der Sehpurpur wieder regenerirt werden kann, wenn man das abgelöste Retina.stück vorsichtig auf die der Chorioidea anhaftende Pigmcntepithelschicht legt. Mit dem dunklen Pigmente, dem Melanin oder Fuscin, in den Epithelzellen hat die Regeneration, wie es scheint, nichts zu thun. Eine theihveise Regeneration scheint übrigens nach Kühne auch in der Sehpurpur. Der Glaskilrper. 357 vollständig lospräparirten Retiuii >(attfin(leii zu können. Infolge der Higi-n.schalt des Sehpurpurs, auch im Leben vom Lichte gebleicht zu werden , kann man, wie Kühne gezeigt hat, (unter besonderen Verhältnissen und bei Beobachtung von besonderen Kautelen) nach einer intensiven oder mehr anhaltenden Licht- wirkung nach dem Tode auf der Retina zurückbleibende helle Bilder von Fenster- öffnungen u. dergl-, sogenannte Optogramme. erhalten. Die physiologische Bedeutung des Sehpurpurs ist unbekannt, Dass der Sehpurpur für das Sehen nicht direkt nothwendig sein kann, geht daraus her- vor, dass er bei einigen Thiercn und ebenso in den Zapfen fehlt. Die Darstellung des Sehpurpurs muss stets bei ausschliesslicher Natrium- belcuchtung geschehen. Aus den freipräparirten Netzhäuten wird der Sehpurpur mit einer wässerigen Lösung von krystallisirter Galle extrahirt. Die filtrirte Lösung wird in Vacuo eingetrocknet oder der Dialyse unterworfen, bis der Seh- purpur sieh ausscheidet. Die Farbstoffe der Zai>fen. lu dem inneren Segmente der Zapfen findet sich bei Vögeln, p i, , « Eeptilien und Fischen ein kleines Fetfkügelchen von wechselnder Farbe. Aus diesem Fette jer Zapfen, hat KÜUNi:') einen grünen, gelben and rothen Farbstoff — bezw. Chlorophan, Xantophan und Hhodophun — isolirt. Das dunkle Pigment in den Epitbelzellen der Netzhaut, welches früher Melanin ge- nannt wurde, von Kühxe und Mays^) aber Fuscin genannt wird, ist eisenhaltig, löst sich in konzentrirten Alkalilaugen oder konzentrirter Schwefelsäure beim Erwärmen, ist aber wie die' Poscin. Melanine im Allgemeinen (vergl. Kap. IG) wenig studirt. Das in den Pigmentzellen der Chorioidea vorkommende Pigment scheint mit dem Fuscin der Pelina identisch zu sein. Der (jrlaskörper wird oft als eine Art Gallertgewebe betrachtet. Die Häute desselben bestehen nach C. Mörner^) aus leimgebender Substanz. Die Glasflüssigkeit enthält ein wenig Eiweiss und ausserdem, wie Mörxf.r gezeigt hat, ein durcli Essigsäure fällbares Mukoid, das Hy alomuk oid, welches 12,27 °/o N und 1,19 °/o S enthält. Unter den Extraktivstoffen hat man ein Der Glas- wenig Harnstojj' — nach Picard'*) 5 p. m., nach Räiilm.vnn''i 0,64 p. m. — nachgewiesen. Pautz*") hat — ausser etwas Harnstoff — Paramilchsäure und, in TJebereinstimmung mit den Angaben von Chabbas, Jesner und Kuhn, Glukose im Glaskörper des Ochsen nachweisen können. Die Reaktion des Glaskörpers ist alkalisch und der Gehalt an festen Stoffen beträgt etwa 11 p. m. Die Menge der Mineralstoffe ist etwa 9 p. m. und die der Protein Stoffe 0,7 p. m. Bezüglich des Humor a(iueus vergl. S. 171. Die Krystallliiise. Diejenige Substanz, welche die Linsenkap.'^el darstellt. 1) KülINK, Die nichtbeständigen Farben der Nerziiaut. Untersuch, aus dem phvsiol. Institut Heidelberg. Bd. 1. S. 341. 2) Ebend. Bd. 2. S. 324. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. IS. Heft 3 n. 4. •*) Cit. nach Gamgek, Physiol. Chem. S. 454. 5) Maly's Jahresber. Bd. G. S. 210. •j) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. Hier liiidcl nuui auch selir vollständige Lilteratur- an gaben. 358 Zwölftes Kapitel. ist erst in der letzten Zeit von C. Mörxer untersucht worden. Sie gehört nach ihm einer besonderen Gruppe von Proteinstoffen an, die er 3Iembranine genannt hat. Die Membranine sind bei gewöhnlicher Temperatur in Wasser, Salzlösungen, verdünnten Säuren und Alkalien unlösliche Stoffe, die wie die Mucine beim Sieden mit einer verdünnten Mineralsäure eine reduzirende Substanz geben. Sie Die Linsen- i i i • t kapsei. enthalten bleischwärzenden Schwefel. Von dem MiLLON'schen Reageuze werden sie sehr schön roth gefärbt, geben aber mit konzentrirter Salzsäure oder dem Reagenze von Adamkiewt^cz keine charakteristische Färbung. Von Pepsin chlor- wasserstoffsäure oder Trypsinlösung werden sie sehr schwer gelöst. In der Wärme werden sie von verdünnten Säuren und Alkalien gelöst. Das Membranin der Linsenkapsel enthält 14,10 ",o N und 0,83 °/o S und es ist weniger schwerlös- lich als dasjenige der DESCEMET'schen Haut. Die Hauptmasse der festen Stoffe der Krystalllinse besteht aus Eiweiss- stoffen, deren Natur durch die Untersuchungen von C. Mörner ^) näher ermittelt worden ist. Diese Eiweissstoffe sind theils in verdünnter Salzlösung unlöslich und theils darin löslich. Das unlösliche Ehoeiss. Die Linsen fasern bestehen aus einer in Yf asser und Salzlösung unlöslichen Eiweisssubstanz, die von Mörner Albumoid ge- nannt wird. Das Albumoid löst sich leicht in sehr verdünnten Säuren oder Alkalien. Die Lösung in Kalilauge von 0,1 "/o ähnelt sehr einer Alkalialbuminat- lösung, gerinnt aber nach fast vollständiger Neutralisation und Zusatz von 8 °/o NaCl bei gegen 50 '^ C. Das Albumoid hat folgende Zusammensetzung: C 53,12; H 6,8, N 16,62 und S 0,79 "/o. Die Linsenfasern selbst enthielten 16,61 °/o N und 0,77 ^'/o S. Die inneren Theile der Linse sind bedeutend reicher an Albumoid als die äusseren. Die Menge des Albumoids in der ganzen Linse beträgt als Mittel etwa 48 °/o von dem Gesammtgewichto der Eiweissstoffe der Linse. Das lösliche Eiiveiss besteht, abgesehen von einer sehr geringen ]SIenge Albumin, von zwei Globulinen, dem a- und /?-Kry stall in. Diese zwei Globuline unterscheiden sich von einander durch Folgendes. Das a-Krystallin enthält 16,68 "^/o N und 0,56 ''/o S; das /J-Kry stal lin dagegen bezw. 17,04 und 1,27 °/o. Jenes gerinnt bei etwa -j- 72° C, dieses bei -\- 63 °C. Ausser- fasera." flem ^ird das /J-Krystallin aus salzfreier Lösung weit schwieriger und unvoll- ständiger von Essigsäure oder Kohlensäure gefällt. Keines der beiden Globuline wird von NaCl im Ueberschuss, sei es bei Zimmertemperatur oder bei -|- 30° C gefällt. Dagegen fällen Magnesium- oder Natriumsulfat in Substanz bei der letztgenannten Temperatur die beiden Globuline vollständig. Diese zwei Globu- line sind nicht gleichförmig in der Linsenmasse vertheilt. Die Menge des 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. Heft 1. ilier findet man auch die einschlägige Litteratur. Krystalllinse. 359 a-Krystallins nimmt nämlich in der Linse von aussen nach innen ab, die des I?-Krv.stallin3 dagegen umgekehrt von aussen nach innen zu. A. Bechamp*) unterscheidet in dem Wasserextrakte der Krystalllinse folgende zwei Eiweissstoffe. Die Phacozymane , welche bei -\- 'jö'^ gerinnen soll, ein diastatisches Enzym enthält und die spez. Drehung (7) j = — 41 '' hat, und das Kryntalbumin mit der spez. Drehung {7)j = — 80,3". Aus dem in Wasser unlöslichen Rückstand der Linse konnte BivCH.VMP mit Salzsäure einen Eiweisskörper von der spez. Drehung ('i) j = — 80,2", das Krysiallfibrin, extrahiren. So weit die bisherigen Erfahrungen reichen, scheint die Linse keinen wie das Fibrinogen spontan gerinnenden Eiweisskörper zu enthalten. Diejenige Trübung, welche nach dem Tode auftritt, rührt nach Kühne-) von ungleich- massigen Veränderungen in der Konzentration des Inhaltes der Linsenröhren . . -Ol Trübungen her, welche Veränderungen durch veränderte Diffusionsverhältnisse zu Stande der Linse, kommen. Auch im Leben kann durch rasche Wasserentziehung, indem man z. B. Frösche in Salz- oder Zuckerlösungen setzt, eine Trübung der Linse er- zeugt werden (Kuxde^). Auch die bei Diabetes auftretende Trübung hat man diu^ch Wasserentziehung zu erklären versucht. Die Ansichten über diese Frage gehen jedoch auseinander. Als Mittelzahlen von vier Analysen hat Laptsciiixskv^) für die Linse von Rindern folgende Zusammensetzung, auf 1000 Theile berechnet, gefiuiden: Eiweissstoffe .... 349,3 Lecithin 2,3 Cholesterin 2,2 Zusammen- Fett 2,9 setznng der Lösliche Salze ... 5,3 ^'"*®- Unlösliche Salze . . . 2,3 Beim Katarakt soll der Gehalt an Eiweiss vermindert und die Menge des Cholesterins vermehrt sein. Der Gehalt der frischen, wasserhaltigen Linse von Rindern an den ver- schiedenen Eiweissstoflen ist nach Mörner^) folgender: Albunioid (Linsenfasem) . 170 p. m. ,3-Krystallin 110 „ ,, 7.-Krystallin 68 „ „ Albumin 2 „ „ Das Koriiealgewebe ist schon früher abgehandelt worden (S. 309). Die Sclerotica ist noch nicht näher untersucht und die Chorioidea ist hauptsäch- lich nur durch ihren Gehalt an Farbstoff, Melanin (vergl. Kap. 16), von Interesse. Die Thränen bestehen aus einer wasserhellen, alkalisch leagirenden pj^^^^jj^j^^j^ Flüssigkeit von salzigem Geschmack. Nach den Analysen von Lerch^) ent- 1) Compt. rend. Bd. 90. 2) Lehrb. d. physiol. Chem. S. 405. 3) Cit. nach KÜHXE 1. c. 4) Pflüger's Arch. Bd. 13. •i) 1. c. '!) Cit. nach v, G0UL'P-Be.s.\ni:z' Lehrb d. i)hysiol. Clicni. 4. Aufl. S. 401. 360 Zwölftes Kapitel. halten sie 982 p. in. Wasser, 18 p. m. feste Stoffe mit 5 p. m. Albumin und 13 p. m. NaCl. Die Flüssigkeiten des inneren Ohres. Die Peri- und Endolymphe sind alkalische Flüssigkeiten, welche nebst Salzen — in derselben Menge wie in den Transsudaten — Spuren von Eiwciss und bei gewissen Thieren (Dorsch) angeblich auch Mucin enthalten. Die Menge des Mucins soll grösser in der Peri- als in der Endolymphe sein. Die Otliolitheii enthalten 745 — 795 p. m. anorganische Substanz, haupt- sächlich krystallisirtes Calciumkarbonat. Die organische Substanz soll dem Mucin am meisten ähnlich sein. 1 ) r c i z c li 11 1 e s Kapitel, Die Fortpflanzungsorgane. a) Männliche Geschlechtsabsonderungen. Die Hoden sind chemisch wenig untersucht. In den Hoden von Thieren hat man Eiweissstoffe verschiedener Art, Serumallnimin, AllaiUaJhuminat (V) und einen der hyalinen Siihstanz RovroA's verwandten Eiweisskörper, ferner Die Hoden. Leucin, Tyrosin, Kreatin, Xanthinlcörper^ Cholestmin, Lecithin, Liosii nnd Fell gefunden. Bezüglich des Vorkommens von Glykogen sind die Angaben etwa? widersprechend. In den Hoden von Vögeln hat Daeeste^) stärkeähnliche Körn- chen gefunden, die mit Jod, obgleich nur schwierig, blau gefärbt werden können. Der Samen ist als ejakulirte Flüssigkeit weiss oder weisslich gelb, dick- flüssig, klebrig, von milchigem Aussehen mit weisslichen, undurchsichtigen Klümpchen. Das milchige Aussehen rührt von den Samenfäden her. Der Samen ist schwerer als Wasser, eiweisshaltig, von neutraler oder schwach alkali- scher Reaktion und eigenthümlichem spezifischem Geruch. Bald nach der ''er Samen. Ejakulation wird der Samen gallertähnlich, als ob er geronnen wäre, wird dann aber wieder dünnflüssig. Mit Wasser verdünnt, setzt er weis.se Flöckchen oder Fetzen ab (Henle's Fibrin). Nach den Analysen von Vauquelix^) soll der Samen des Menschen 900 p. m. Wasser und 100 p. ra. feste Stofle, mit 60 p. m. organische und 40 p. ra. anorganische Substanz, darunter 30 p. ra. Calciumphosphat, enthalten. Unter den Eiweisskörpern kommt nach Posxer') Propeplon, auch beim Fehlen der Samenfäden, vor. Der Samen in dem Vas deferens unterscheidet .. d. physiol. Chcn». I^ipzig IS.'iS. Bd. 2. S. .30.1. 3) Berlin, klin. Wücliensclir. 1S8S. Nr. 21, und CeutralM. f. d. med. Wissensoh. 1890. 407. 362 Dreizehutes Kapitel. Das Pro- statasekret. letztere rührt nämlich von der Beimengung des Prostatasekretes her. Das Sekret der Prostata, welches nach Iversen^) ein milchiges Aussehen und gewöhnlich eine alkalische, nur sehr selten eine neutrale Reaktion hat, enthält kleine Mengen Eiweiss und Mineralstoffe, besonders NaCl. Ausserdem enthält es eine krystalli- sirende Verbindung von Phosphorsäure mit einer Base, C2H5N. Diese Verbindung nennt man die BöTTCHER'schen Spvrmal'rystaUe , und der spezifische Geruch des Samens soll von einer theilweisen Zersetzung derselben herrühren. Diese, beim langsamen Eintrocknen der Sperma auftretenden Krystalle, welche übrigens auch an in Alkohol aufbewahrten anatomischen Präparaten und in eingetrocknetem Hühnereiweiss beobachtet worden sind, sollen nach krystaife. ScHREENER mit den in Blut und Lymphdrüsen bei der Leukämie gefundenen C'HARCOT'schen Krystalleu identisch sein. Sie stellen nach Schreiner^) eine Verbindung von Phosphorsäure mit einer von ihm entdeckten Base, CoH-N, dem Spermin, dar. Das Spermin. Ueber die Natur dieser Base ist mau nielit eiuig. Nach den Unter- suchuugen von Ladenbüeg und Abel^) war es nicht unwahrscheinlich, dass das S2)ermiu mit dem Aethylenimin identisch sei, aber diese Identität wird von Majert und A. Schmidt*) wie auch von Poehl*) geleugnet. Die Verbindung des Spermins mit Pbosphorsäure — die Spermin. BÖTTCHEK'schen Spermakrystalle — ist unlöslich in Alkohol , Aether und Chloroform , sehr schwer löslich in kaltem, leichter löslich in heissem Wasser und leicht löslich in verdünnten Säuren oder Alkalien, auch kohlensauren Alkalien und Ammoniak. Die Base wird gefällt von Gerbsäure, Quecksilberchlorid, Goldchlorid, Platinchlorid, Kaliumwismuthjodid und Phos- phorwolframsäure. Das Spermin hat eine tonisirende Wirkung und nach Poehl*) hat es eine ausgesprochene Wirkung auf die Oxydationsvorgäuge im Thierkörper. Die Samenfäden (Spermatozoon) zeigen eine grosse Resistenz gegen chemische Reagenzien überhaupt. Sie lösen sich nicht vollständig in konzentrirter Schwefel- säure, Salpetersäure, Essigsäure oder siedend heisser Sodalösung. Von einer siedend heissen Lösung von Aetzkali werden sie jedoch gelöst. Sie widerstehen ^'^jy^g"'®"" der Fäulniss und nach dem Eintrocknen können sie mit Erhaltung ihrer Form von einer l"/o igen Kochsalzlösung wieder aufgeweicht werden. Bei vorsichtigem Erhitzen kann man nach dem Glühen eine Asche erhalten, in welcher die Formen der Spermatozoon noch zu erkennen sind. Die Menge der Asche ist etwa 50 p. m. und sie besteht zum grössten Theil, ^/4, aus Kaliumphosphat. Die Samenfäden zeigen bekanntlich Bewegungen, deren Ursache indessen noch nicht aufgeklärt ist. Diese Bewegungen können sehr lange, unter Um- föhT^keit der ^^^"^^" ^" ^^^ Leiche mehrere Tage nach dem Tode und in dem Sekrete des Samenfäden. j_Jterus länger als eine Woche andauern. Saure Flü.-^sigkeiten heben die Be- wegung sofort auf und durch stark alkalische, besonders ammoniakalische 1) Nord. med. Ark. Bd. 6, auch Maly's Jahresber. Bd. 4. S. 3.08. -) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 194. 3) Ber. d. deutsch, chem. Gesellschaft, Bd. 21. i) Ebend. Bd. 24. ä) Compt. rend. Tome 115. ) Zeitsehr. f. physiol. Cliem. Bdd. 14 u. 1(1. G) Ebend. Bd. lö. 7) Ebeud. Bd. 19. 8) Bull, de la soc. chim. Tome 14. 9) Ebend. Tome 21. 10) 1. c. 24* 372 Dreizehntes Kapitel. 55,5 — 56" C. gerann. Die elementare Zusammensetzung des Ovalbumins ist ebenfalls noch nicht sicher festgestellt worden. Bondzynski und Zoja fanden für vier verschiedene Fraktionen C 52,07—52,44; H 6,95 — 7,26; N 15,11 bis 15,58 und S 1,61 — 1, 70*^/0, welche Zahlen mit der vom Verfasser gefun- denen Zusammensetzung C 52,25, H 6,90; N 15,25, S 1,67— 1.93 "/o gute Uebereinstimmung zeigt. Hofmeister') fand dagegen höhere Zahlen, 53,28 *^/o, Eigen- für den Kohlenstoff und niedrigere, bezw. 15,0 und 1,09 °/o, für den Stickstoff Znsammen- und Schwefel. Die spez. Drehung des Ovalbumins wurde von Starke^) zu a(D) = — 38" bestimmt. Bondzynski und Zoja fanden für verschiedene Fraktionen 25,8°~26,2", 29,16", 34,18" und 42,54". Das Ovalbumin hat die Eigenschaften der Albumine im Allgemeinen, unterscheidet sich aber von dem Serumalbumin durch Folgendes: Die spez. Drehung ist niedriger. Es wird von Alkohol bald unlöslich. Von einer genügenden Menge Salzsäure wird es gefällt, löst sich aber in einem Ueberschuss der Säure ungemein schwieriger als das Serumalbumin. Ovalbumin in Lösung, in die Blutbahn eingeführt, geht in den Harn über, was mit dem Serumalbumin nicht der Fall ist. Das Ovalbumin oder, wohl richtiger, das Gemenge von Albuminen erhält man nach Starke durch Ausfällung des Globulins mit MgSO^ bei -|- 20" C. und Sättigung des Filtrates mit NagSO^ bei derselben Temperatur. Das hier- bei sich ausscheidende Eiweiss wird abfiitrirt, ausgepresst, in Wasser gelöst und durch Dialyse von den Salzen befreit. Die dialysirte Lösung wird dann im Vakuum oder bei -|- 40 — 50" C. eingetrocknet. Fällt man mit Alkohol, so wird das Albumin bald unlöslich. Zur Darstellung von krystallisirtem Eialbumin mischt man das geschlagene, von dem Schaum getrennte Eiereiweiss mit dem gleichen Volumen gesättigter Ammoniumssulfatlösung, filtrirt von dem Globulin ab und lässt das Filtrat in nicht zu dünner Schicht bei Zimmertemperatur laugsam verdunsten. Die nach Darstellung, einiger Zeit ausgeschiedene Masse löst man in Wasser, setzt Ammoniumsulfat- lösung zur beginnenden Trübung hinzu und lässt stehen. Nach wiederholtem Umkrystallisiren behandelt man entweder die Masse mit Alkohol, wobei die Krystalle unlöslich werden, oder man löst in Wasser und reinigt durch Dialyse. Aus dieser Lösung krystallisirt indessen das Eiweiss beim spontanen Verdunsten nicht wieder. Ovomukoid. Diese, zuerst von Neumeister ^) beobachtete, von ihm als ein Pseudopepton aufgefasste und dann ferner von Salkowski*) studirte Sub- stanz ist nach C. Tu. Mörner^) ein Mukoid, welches 12,65 "/o Stickstoff und Ovomukoid. t ■ i 2,20 "/o Schwefel enthält. Beim Sieden mit verdünnten Mmeralsäuren giebt das Ovomukoid eine reduzirende Substanz. Das Ovomukoid findet sich in reichlicher 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16. 2) Upsala Läkarefs Förh. Bd. 16, auch Maly's Jahresber. Bd. 11. S. 17. iJ) R. Neümeister, Zur Physiologie der Eiweissresorption etc. Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. S. 369. 4) Ceutralbl. f. d. med. Wiss. 1893. Nr. 31 u. 43. ä) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. Hühnereiweiss. 373 Menge im Hühnereiweis^s, indiün es iiäinlich ruiifl etwa lo - n v«mi den festen Stoffen desselben beträgt. Eine Lösung von Ovomukoid wird weder von Mineralsäuren noch von organischen Säuren, mit Ausnahme von Phosphorwolframsäure und Gerbsäure, gefällt. Von Metallsalzen wird sie ebenfalls nicht gefällt, doch giebt Bleiessig bei Ammoniakzusatz einen Niederschlag. Von Alkohol wird die Lösung gefällt« Chlornatrium , Natriumsulfat und Magnesiumsulfat geben weder bei Zimmer- ^^'8^^^ temperatur, noch bei -p 30" C, bis zur Sättigung eingetragen, Niederschläge. Von dem gleichen Volumen gesättigter Ammoniumsulfatlösung wird die Lösung nicht gefällt, wohl aber durch Eintragen von mehr Salz. Durch Sieden wird die Substanz nicht gefällt, umgekehrt wird aber die nach dem Eintrocknen in kaltem Wasser unlöslich gewordene Substanz in siedendem AVa.sser gelöst. Zur Darstellung des Ovomukoids kann man sämmtliches Eiweiss durch Sieden unter Essigsäurezusatz entfernen und das massig konzentrirte Filtrat mit Daisteiiane. Alkohol fällen. Durch wiederholtes I^ösen in Wasser und Fällen mit Alkohol wird die Substanz gereinigt. Die Mineralstofe des Eiweisses sind von Poleck und Weber') analysirt worden. Sie fanden jn 1000 g Asche: 276,6— 284,5 g Kali, 235,6—329,3 Natron, 17,4_29Kalk, 16—31,7 Bittererde, 4,4—5,5 Eisenoxyd, 238,4—285,6 Chlor, 31,6—48,3 Phosphorsäure (P.O5), 13,2—26,3 Schwefelsäure, 2,8—20,4 Kiesel- ^^de«"^*^^ säure und 96,7 — 116 g Kohlensäure. Auch Spuren von Fluor hat man gefunden. (NiCKLES^). Die Asche des Eiweisses hat also, derjenigen des Eidotters gegen- über, einen grösseren Gehalt an Chlor und xVlkalien, aber einen geringeren Ge- halt an Kalk, Phosphorsäure und Eisen. Die Schalenliiiut und die Eierschaleii. Die Schalenhaut besteht, wie oben (S. 42) gesagt worden, aus einer Keratinsubstanz. Die Schalen bestehen Schaienhant nur zum kleinen Theil, 36 — 65 p. m., aus organischer Substanz. Die Haupt- schalen, masse, mehr als 900 p. m., besteht aus Calciumkarbonat nebst sehr kleinen Mengen Magnesiumkarbonat und Erdphosphaten. Die verschiedene Färbung verschiedener Yogeleierschalen rührt von mehreren ver- schiedenen Farbstoflen her. Unter diesen findet sich einer von rother oder rothbrauner Farbe, Farbstoffe von SORBY^) „Oorode'in" genannt, welcher vielleicht mit dem Ilämatoporphyrin identisch ist. schalen. Der grüne oder blaue Farbstofl", da.s Oocyan Sorby's, scheint nach C. Liebkrmann*) und Kri'KEN- berg'") theils Biliverdin und theils ein blaues Gallcnfarbstoffderivat zu sein. Die Vogeleier enthalten an ihrem stumpfen Pole einen mit Gas gefüllten Raum, dessen Sauerstoffgehalt nach Hüfner*') 18,9 — 19,9 °/o beträgt 1) Cit. nach Hoi'I'E-Skyi.kh, Physiol. Chem. S. 778. 'i) Compt. rend. Tome 4vJ. 3) Cit. nach Kbukenberg, Verh. d. phys.-med. Gesellsch. in Würzburg. Bd. 17 4) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 11. ä) 1. c. 6) Dr Bois-Reymonp's Arch. 1892. 374 Dreizehntes Kapitel. Das Gewicht eines Hühnereies schwankt zwischen 40 — 60 g und kann sogar bisweilen 70 g betragen. Die Schale und die Schalenhaut zusammen haben in sorgfältig gereinigtem, aber noch feuchtem Zustande ein Gewicht von 5 — 8 g. Das Eigelb wiegt 12 — 18 und das Eiweiss 23 — 34 g, d. h. etwa doppelt so viel. Das Eiweiss der Eier von Knorpel- und Knochenfischen enthält augeblich nur Spuren von wahrem Eiweiss, und die Hülle des Froscheies soll nach Giacosa') aus Mucin bestehen. Die krystallinischen Gebilde (Dotterplättchen) , welche man in den Eiern von Schildkröten, Fröschen, Rochen, Haien und anderen Fischen beobachtet hat und welche von Valenciennes '^rpjji^jQ^'^®'^ und Fremy-) unter den Namen £'mi/c/m, Ichthin, Ichthidin und /c/t. 378 Vierzehntes Kapitel. chen von dem Aussehen der Milchkügelchen in dem Protoplasma beobachtet werden. Die Extraktivstoffe der Milchdrüse sind wenig erforscht, es kommen unter ihnen aber nicht unbedeutende Mengen von Xanthinkörpern vor. Da die Milch des Menschen und der Thiere im Wesentlichen von der- selben Beschaffenheit ist, scheint es am besten zu sein, zuerst die am gründ- lichsten untersuchte Milch, die Kuhmilch, und dann erst die wesentlichsten Eigen- schaften der übrigen, wichtigeren Milchsorten zu besprechen. Die Kuhmilch. Die Kuhmilch stellt wie alle Milch eine Emulsion dar, welche sehr fein vertheiltes Fett in einer hauptsächlich Eiweissstoffe, Milchzucker und Salze ent- Aii^emeine haltenden Flüssigkeit suspendirt entbält. Die Milch ist undurchsichtig, weiss, Schäften, weisslich gelb oder in dünneren Schichten etwas bläulich weiss, von schwachem, fadem Geruch und mildem, schwach süsslichem Geschmack. Das spez. Gewicht bei + 15 '^ C. ist 1,028 bis 1,0345. Die Keaktion der ganz frischen Milch ist regelmässig amphoter. Die Stärke des saureu, resp. des alkalischen Antheiles dieser araphoteren Reaktion ist von verschiedenen Forschern, wie Thörxer'), Sebelien^) und Coueant^) bestimmt worden. Die Zahlen fallen bei Anwendung verschiedener Indikatoren etwas verschieden aus und ausserdem sind sie für die Milch verschiedener Thiere wie auch zu verschiedenen Zeiten während der Laktationsperiode etwas schwankend. Auch die erste und letzte Fortion derselben Melkung haben eine etwas ver- Kahmiich. schiedenc Reaktion. Courant hat den alkalischen Antheil mit — Schwefelsäure N unter Anwendung von blauem Lacknioid und den sauren mit ^ Natronlauge unter Anwendung von Phenolphthalein als Indikator bestimmt. Er fand, als Mittel für die erste und letzte Portion der Melkung bei 20 Kühen, dass 100 ccm Milch für blaues Lackmoid ebenso alkalisch wie 41 ccm — Lauge und für 10 ^ N Phenolphthalein ebenso sauer wie 19,5 ccm ^ Schwefelsäure reagiren. An der Luft verändert sich die Milch nach und nach und ihre Reaktion wird mehr sauer, indem nämlich durch die Einwirkung von Mikroorganismen der Milchzucker allmählich in Milchsäure übergeführt wird. 1) Chem. Ztg. Bd. 16. S. 1469. a) Ebend. Bd. 16. S, 597. 3) Ueber die Reaktion der Kuh- uiul Fraueumilch etc. luaug.-Diss. Boun 1891 , auch PflüGER's Arch. Bd. 50. Die Kuhmilch. 379 Ganz frische, amphoter reagirende Milch gerinnt beim Sieden nicht, sondern liefert höchstens eine aus geronnenem Kasein und Kalksalzen bestehende Haut, welche nach dem Entfernen rasch sich erneuert. Selbst nach dem Durchleiten eines Kohlensäurestroraes durch die frische Milch gerinnt diese beim Sieden nicht. In dem Masse, wie die Milchsäurebildung vorschreitet, ändert sich indessen dieses verhalten Verhalten und es kommt bald zu einem ersten Stadium, in welchem die Milch beim sieden, nach vorausgegangener Kohlensäurebehandlung beim Sieden gerinnt. In einem zweiten Stadium gerinnt sie beim Sieden allein, dann gerinnt sie durch Kohlen- säure allein ohne Sieden und endlich, wenn eine genügende Menge Milchsäure sich gebildet hat, gerinnt sie bei Zimmertemperatur spontan zu einer festen Masse. Es kann dabei, besonders in der Wärme, das Kaseingerinnsel sich zusammen- ziehen und eine gelbliche oder gelblich-grüne, saure Flüssigkeit (saure Molken) sich absondern. Wird die Milch durch Erhitzen sterilisirt und der Zutritt von Mikro- organismen dann verhindert, so kann die Milchsäurebildung gänzlich ausbleiben. Ebenso kann das Sauerwerden wenigstens einige Zeit von mehreren Antisepticis, wie Salicylsäure (1:5000), Thymol, Borsäure und anderen Stoffen verhindert werden. Wird frisch gemolkene, amphoter reagirende Milch mit Lab versetzt, so gerinnt sie, besonders bei Körpertemperatur, rasch zu einer festen Masse (Käse), . aus welcher allmählich eine gelbliche Flüssigkeit (süsse Molken) ausgepresst wird, der Milch » SV ,' n X durch Lab. Diese Gerinnung der Milch geschieht ohne Aenderung der Reaktion und hat folglich mit der Säuregerinnuug nichts zu thun. Die Milch unterliegt bisweilen einer besonderen, eigenthümlichen Art von Gerinnung, indem sie in eine dicke, zähe, schleimige Masse (dicke Milch) umgewandelt wird. Diese Um- wandlung rührt nach SCHMIDT-MÜI.HEIM ') von einer eigenthümlichen Umsetzung des Milch- zuckers her, bei welcher dieser eine schleimige Umwandlung erfährt. Diese T'rn Wandlung soll durch besondere organisirte Fermente bewirkt werden. In der Kuhmilch findet man zwar als Forrabestandtheile spärliche Colos- trumkörperchen (vergl. das Colostrum) und einzelne blasse, kernhaltige Zellen. Die Zahl dieser Formbestandtheile ist indessen verschwindend klein gegenüber der ungeheuren Menge des wesentlichsten Formbestandtheiles, der Milchkügelchen. Die Milchkügelchen. Diese bestehen aus äusserst kleinen Fetttröpfchen, deren Anzahl nach Woll^) 1,03 — 5,75 Millionen in 1 cmm betragen soll, und deren Diameter nach ihm 0,0024—0,0046 mm und als Mittel für Thiere ver- ' ' Die Milcn- schiedener Rassen 0,0037 mm beträgt. Dass die Milchkügelchen Fett enthalten, kügeichen. ist unzweifelhaft, und man betrachtet es als feststehend, dass sämmtliches Milch- fett in ihnen sich vorfindet. Eine andere, streitige Frage ist dagegen die, ob die 1) Pflügek's Arch. IUI. 27. '■i) F. W. WOLL, On the Conditions influenciug the number and size of fat globules in cows milk. AVisconsin e.xperiment st;ition, agrlc. science. Vol. G. 1892. 380 Vierzehntes Kapitel. Milchkügelchen ausschliesslich aus Fett bestehen oder daneben auch Eiweiss ent- halten. Nach einer Beobachtung Ascherson's ^) sollen Fetttröpfchen in einer al- kalischen Eiweisslösung mit einer feinen Eiweisshülle, einer sogen, Haptogen- memhran, sich überziehen. Da nun die Milch beim Schütteln mit Aether nicht oder, bei einem grossen Ueberschuss von Aether, nur sehr langsam ihr Fett an den Aether abgiebt, während dies nach vorherigem Zusatz von Säuren oder Alkalien, welche das Eiweiss lösen, leicht geschieht, war man früher der An- sicht, dass die Fettkügelchen der Milch von einer Eiweisshülle umschlossen sein sollten. Eine wahre Membran ist indessen nie nachgewiesen worden; und da das Fett unter Umständen , bei welchen kein eiweisslösendes Mittel zugesetzt Haben die ... Miichküffei- worden ist, wie z. B. Avenn die Milch nach Zusatz von sehr wenig Essigsäure chen eine • i i Eiweiss- niit Kohlensäure gefällt oder wenn sie durch Labzusatz koagulirt wird, sehr hülle?' '=' 1 , T 4 , leicht aus der Milch mit Aether extrahirt werden kann, hat man die Annahme von einer besonderen Eiweissmembran der Fettkügelchen in der Milch nunmehr wohl fast allgemein fallen lassen. Im Anschlüsse an die Beobachtungen Quincke's^) über das Verhalten der Fettkügelchen in einer mit Gummi bereiteten Emulsion, nimmt man wohl auch heutzutage allgemein an, dass in der Milch jedes Fettkügelchen durch Molekularattraktion von einer Schicht Kaseinlösung umgeben sei, welche das Zusamraenfliessen der Kügelchen verhindere. Alles, was die physikalische Beschaffenheit des Kaseins in der Milch verändert oder die Ausfällung desselben bewirkt, muss folglich die Lösung des Fettes durch den Aether ermöglichen, und in dieser Weise soll ein Zusatz von Alkalien, Säuren und Lab wirken. Acceptirt man diese weiter zu prüfende Ansicht, so darf man jedoch nicht übersehen, dass die Fettkügelchen unverändert bleiben, wenn man die Milch unter Umrühren mit Lab koagulirt. In diesem Falle findet man nämlich eine ungeheuere Menge von unveränderten Milchkügelchen in den Molken ; und wenn man eine, von der Molekularattraktion herrührende Eiweissschicht der Fettkügelchen annehmen will, so muss man sie also nicht ausschliesslich von dem Kasein, sondern von dem Eiweiss überhaupt herleiten. Filtrirt man die Fettkügelchen ab und wäscht sie auf einem Filtrum aus, so erhält man (Radexhausen und Danilewsky'^) nach ihrer Behandlung mit Aether stets einen aus Eiweiss- Eiweiss bestehenden liest. Aus diesem Verhalten hat man den Schluss ziehen wollen, dass ^^Shlch*^^"^ die Fettkügelchen, wenn sie auch keine eigentliche Membran enthalten, jedenfalls aus Fett kügelchen. und Eiweiss bestehen. Die ausserordentlich grossen Schwierigkeiten, welche einem vollständigen Entfernen der Eiweisskörper der Milch durch Auswaschen des Fettes auf dem Filtrum im Wege stehen, fordern jedoch zu sehr grosser Vorsicht beim Ziehen der Schlüsse auf. Die Frage nach der Zusammensetzung der Milchkügelchen und namentlich nach ihrem etwaigen (Jehalte an Eiweiss dürfte auch noch lange nicht entschieden sein. Das Milchfett hat ein ziemlich schwankendes spez. Gewicht, welches nach BoHR^) bei -f 15" C. 0,949—0,990 beträgt. Das Milchfett, wie es unter dem 1) Arch. f. Anat. u. I'hysiol. 1840. 2) Pflüger's Arch. l'.d. 19. 3) Forschungen auf dem Gebiete der Viehhaltung. Bremen 1880. Heft 9. 4) Studier over Maelk. Kjöbenhavn 1880, auch Maly's .Tahresber. Bd. 10. S. 182. Das Milchfett. 381 Namen Butter erhalten wird, besteht zum grössten Theil aus den Keutralfetten Palmitin, Olein und Stearin. Daneben enthält es auch als Triglyceride Myridinsänre, kleine Mengen von Butler säure und Kaproiisünre nebst Spuren von Kapryl- und Kaprinsänre, Laurinsüure und Arachinsäure. Butter, welche Das Miich- der Einwirkung des Sonnenlichtes ausgesetzt worden ist, soll auch Ameisensäure enthalten (DucLAUX). Das Milchfett enthält auch ein wenig Lecithin und Cholesterin nebst einem gelben Farbstoffe. Die Menge der flüchtigen Fett- säuren in der Butter beträgt nach Duclaux') im Mittel gegen 70 p. m., darunter 37—51 p. m. Buttersäure und 20 — 33 p.m. Kapronsäure. Das nicht flüchtige Fett besteht zu "^/lo bis */io aus Olein und im Uebrigen aus einem Gemenge von Palmitin und Stearin. Nach anderen Forschern hat das Milchfett eine andere Zusammensetzung. lu aus Jütland stammender Butter fand KoEFOEü'-) ausser Oelsäure zwei nicht zur Reihe CnHj^O^ gehörende Fettsäuren von den Formeln Ci-.HjjjO^ und (wahrscheinlich) C.^rjH.s^O.r,. In 100 Theilen Fettsäuren fanden sich GG Theile Säuren der Reihe C„H2„0.2 vor, nämlicii Stearinsäure 2, Palmitinsäure 28, Myristinsäure 22, Laurinsüure 8, Buttersäure 1,5, Kapronsäure 2, Kaprin- jjas Batter- säure 2 und Kaprylsäure 0,5. Nach Wanklyx^) soll in der Butter keine Palmitinsäure feit, vorkommen. Statt ihr enthält die Butter eine von ihm Aldepalmüinsäure genannte Säure von der Formel (CjßHgoO.jJn, die nicht zur Oelsäurereihe gehört. Das relative Mengenverhält- niss der verschiedenen Fettsäuren scheint übrigens nicht konstant zu sein und es wechselt mit den verschiedenen Zeitabschnitten der Laktationsperiode. Der Gehalt des Butterfettes an flüchtigen Fettsäuren ist von grosser praktischer Be- deutung mit Rücksicht auf die Methoden zum Nachweis von fremden Fetten in der Butter. Dieser Nachweis wird gewöhnlich nach der von Hehneb und AXGEI.L begründeten Reiciiert'- schen Methode geführt. Das Fett wird mit alkoholischer Kalilauge verseift und der .\lkohol verdunstet. Die Seifen löst man in Wasser und destillirt dann nach Zusatz von üljcrschüssiger Phosphorsäure. Den Gehalt des Destillates an flüchtigen Fettsäuren bestimmt man durch N Fremde Titration mit -——Alkali. Bei richtiger Beschaffenheit der Butter sollen 2,5 g davon ein Fette in der 10 Balter. Destillat geben, welches zur Neutralisation 14 — 13 ccm und jedenfalls nicht weniger als 12 ccm N . . ' —-Alkali erfordert. In dem Masse, wie die Butter eine grössere Menge fremden Fettes enthält, wird der Alkaliverbrauch des Destillates kleiner. Auf die verschiedenen Modifikationen dieses Verfahrens wie auch auf die neueren Untersuchongsmethoden kann hier nicht einge- gangen werden. Das Milchplasina oder diejenige Flüssigkeit, in welcher die Milchkügel- chen suspendirt sind, enthält wenigstens drei verschiedene Eiweisskörper, Kasein. ^ stand- LaJäoglobuIin und LaldaJhumin, und zwei Kohlehydrate, von denen jedoch *^v,')ch!.^' nur das eine, der Milchzucker, von grösserer Bedeutung ist. Das Milchplasma flüssigkeit. enthält ferner Extraktivstoffe, Spuren von Harnstoff, Kreaiin, Kreatinin, Hypo- xanthin (?), Lecithin, Cholesterin, Citronenmure (Soxhlet und Henkel-*) und endlich auch Mineralstoff'e und Gase. Kasein. Diese Protei'nsubstanz, welche bishei- mit Sicherheit nur in der 1) Compt. rend. Tome 104. •■i) Bull, de l'Acad. Roy. Danoise 1891. 3) Chem. News. Vol. 63 Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 21. S. 143. 4) Cit. nach F. Söldner, Die Salze der Milch etc. Landwirthscb. Versucbsstation. Bd. 35. Separatabzug S. 18. 382 Vierzehntes Kapitel. Milch nachgewiesen ist, gehört der Nukleoalbumingruppe an und unterscheidet sich von den Albuminaten vor Allem durch ihren Phosphorgehalt und durch Zusammen ihr Verhalten zu dem Labenzyme. Das Kasein der Kuhmilch hat folgende setzunff des Kaseins. Zusammensetzung C 53,0, H 7,0, N 15,7, S 0,8, P 0,85 und 0 22,6b^lo. Die spez. Drehung desselben ist nach Hoppe-Seyleb ^) etwas schwankend; in neutraler Lösung soll jedoch a(D) = — 80 '^ sein. In wie weit das Kasein der verschiedenen Milchsorten identisch sei, bezw. in wie weit es mehrere verschiedene Kaseine gebe, steht noch dahin. Das Kasein stellt trocken ein staubfeines, weisses Pulver dar, welches nach dem Erhitzen auf 100° C. oder etwas darüber die Eigenschaften und Löslichkeitsverhältnisse des eben ausgefällten, noch feuchten Kaseins zeigt. Das Kasein ist in Wasser oder in Lösungen der gewöhnlichen Neutralsalze nur äusserst schwer löslich. Von einer l*^/oigen Lösung von Fluornatrium, Am- monium- oder Kaliumoxalat wird es dagegen nach Arthus^) ziemlich leicht gelöst. Es verhält sich wie eine ziemlich starke Säure, löst sich leicht in Wasser bei Zusatz von sehr wenig Alkali zu einer neutralen oder sauren Flüssigkeit Ei.ron- ^"^"^^ ^ö^*- ^'^^ endlich auch in Wasser bei Gegenwart von Calciumkarbonat, aus ^Veriiaiten*^ Welchem es die Kohlensäure austreibt. Löst man das Kasein in Kalkwasser des Kaseins. y,^j g^^^t dann dieser Lösung vorsichtig stark verdünnte Phosphorsäure bis zu neutraler Reaktion zu, so kann das Kasein anscheinend in Lösung bleiben, ist jedoch wahrscheinlich wohl nur stark gequollen wie in der Milch , und gleich- zeitig enthält die Flüssigkeit reichliche Mengen Calciumphosphat, ohne dass irgend eine Fällung oder irgend welche suspendirten Partikelchen in ihr zu sehen sind. Die kalkhaltigen Kaseinlösungen sind opalisirend und nehmen beim Erwärmen das Aussehen der fettarmen Milch an. Es ist deshalb auch kaum zu bezweifeln, dass die weisse Farbe der Milch zum Theil auch von Kasein und Calciumphosphat herrührt. Söldner hat zwei Calciumverbindungen des Kaseins mit bezw. 1,55 und 2,36 °/o CaO dargestellt und diese Verbindungen werden von Courant^) als Di-, resp. Tricalciumkasein bezeichnet. Kaseinlösungen gerinnen beim Sieden nicht, überziehen sich aber dabei wie die Milch mit einer Haut. Von sehr wenig Säure werden sie gefällt, aber gleichzeitig anwesende Neutralsalze wirken der Ausfällung entgegen. Eine salz- dM^Kasrt^- ^^^tige Kaseinlösung oder gewöhnliche Milch erfordert deshalb auch zur Fällung lösungen. mehr Säure als eine salzfreie Kaseinlösung derselben Konzentration. Das ge- fällte Kasein löst sich sehr leicht wieder in einem kleinen Ueberschuss von Salzsäure, weniger leicht aber in überschüssiger Essigsäure. Von Mineralsäuren im Ueberschuss werden diese sauren Lösungen gefällt. Von Kochsalz oder 1) Haudb. d. physiol. u. pathol. ehem. Analyse. 6. Aufl. S. 259. 2) M. Arthus, Thöses presentSes k la faculte des sciences de Paris, 1. thSse Paris (Paul Dupont) 1893. 3) 1. c. Das Kasein. 383 Magnesiunisulfat in Substanz wird das Kasein mit unveränderten Eigenschaften aus der neutralen Kaseinlösung oder aus der Milch gefällt. Metallsalze, wie z. B. Kupf'ersulfat, fällen eine neutrale Kaseinlösung vollständig. Dasjenige, was das Kasein am meisten charakterisirt, ist seine Eigen- schaft, bei Gegenwart von einer hinreichend grossen Menge Kalksalz mit Lab zu gerinnen. In kalksalzfreier Lösung gerinnt das Kasein nicht mit Lab; aber es wird hierbei derart verändert, dass die Lösung nunmehr (selbst wenn das zugesetzte Enzym durch Erhitzen zerstört wird) bei Zusatz von Kalksalzen eine^'j'"*"*'*®* geronnene Masse von den Eigenschaften des Käses giebt. Die Einwirkung des Labenzymes, des Chymosins, auf das Kasein findet also auch bei Abwesenheit von Kalksalzen statt und die letzteren sind nur für die Gerinnung, d. h. für die Ausscheidung des Käses noth wendig. Diese, zuerst vom Verf. ^) festgestellten Thatsachen sind später wiederholt, in der letzten Zeit namentlich von Arthus und Pages 2) bestätigt worden. Der bei der Gerinnung der Milch gebildete Käse enthält reichliche ^Mengen von Calciumphosphat. Nach Soxhlet und Söldner^) sind trotzdem nur die löslichen Kalksalze von wesentlicher Bedeutung für die Gerinnung, während das Calciumphosphat bedeutungslos sein soll. Nach Courant^) kann das Calciumkasein bei der Gerinnung, wenn Dicalciumphosphat in der Lösung ent- halten ist, einen Theil desselben als Tricalciumphosphat mit niederreissen, wobei in dem Labserum Monocalciumphosphat in Lösung bleibt. Der chemische Ver- Bedeutung der lauf l)ei der Labgerinnung ist noch Jiicht genügend erforscht worden ; es sprechen Kaiksaize. aber mehrere Beobachtungen für die Annahme, dass das Kasein dabei theils in einen schwerlöslicheren, seiner Zusammensetzung nach dem Kasein nahe- stehenden Stoff, das ParaJcasein (oder Käse), welches das Hauptprodukt bildet, und theils in eine leichtlöslichere, kohlen- und Stickstoff ärmere (50,3 °/o C und 13,2''/o N Küster^), albumoseartige Substanz, das 3folJienehveiss, welches nur in sehr geringer Menge entsteht, sich spaltet. Das Parakasein^) wird von dem Labenzyme nicht weiter verändert und es hat nicht in demselben Grade wie das Kasein die Fähigkeit, das Calciumphosphat in Lösung zu halten. 1) Vergl. Maly's Jahresber. Bdd. 2 und 4; ferner Hammarstkn : Zur Kenntniss des Kaseins und der Wirkung des Labfernientes. Nova Acta Reg. Soe. Scieut. Upsal. 1877. Festschrift. •^) Arch. de Physiol. (5.) Bd. 2 und Mem. Soc. biol. Bd. 43. ■^) 1. c. •1) 1. c. 5) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 11. S. 14. G) Man hat in der letzten Zeit vorgcschlagcu, das gewülinlidie Kasein als Ka.scinogen und den Kiise als Kasein zu bezeichnen. Wenn auch ein solclier Vorsclihig theoretisch be- rechtigt ist, so dürfte er jedoch in der Pra.xis zu einer selir bcdnucrliclieu Verwirrung führen. Aus diesem Grunde hat Verf. sich ihm nicht anschliessen können und er hat den Käse nach dem Vorgange von Sciiui.ZK und llösK (Landwirthsch. Versuchsstat. Bd. 31) Parnkasein genannt. 384 Vierzehntes Kapitel. Bei der Verdauung des Kaseins mit Pepsinchlorvvasserstoffsäure spaltet sich Pseudonuklein ab. Die Menge des so abgespaltenen Pseudonukleins schwankt, wie MoRACZEWSKi^) gezeigt hat, je nach der Versuchsanordnung sehr bedeutend, . von 1,29 bis 21,10*'/o des verdauten Kaseins. Auch der Phosphorgehalt des dauunp^des Pseudouukleins schwankte sehr, von 0,88 — 6,8ü"/o, und von dem Kaseinphos- phor waren wechselnde Mengen, 6 — 60°/o, in dem Pseudonuklein enthalten. Nie fand sich aber in diesem sämmtlicher Kaseinphosphor, und Moraczewski zieht aus seinen Untersuchungen den Schluss, dass das Pseudonuklein von Anfang an nicht den ganzen Phosphor des Kaseins enthält. Die Darstellung des Kaseins kann in folgender Weise geschehen. Die Milch wird mit 4 Vol. Wasser verdünnt und das Gemenge mit Essigsäure bis Darstellung zu 0,75 bis 1 p. m. Versetzt. Das hierbei sich ausscheidende Kasein wird durch des Kaseins. ^jg^gj,j^Qj^pg Auflösen in Wasser mit Hilfe von möglichst wenig Alkali, Fil- tration, Ausfällung mit Essigsäure und gründliches Auswaschen mit AVasser gereinigt. Die Hauptmasse des Milchfettes wird bei der ersten Filtration von dem Filtrum zurückgehalten, und die das Kasein verunreinigenden Spuren von Fett werden zuletzt durch Alkohol-Aetherbehandlung entfernt. LaMogJohHlin stellte Sebelien^) aus der Kuhmilch durch Sättigung der- selben mit Kochsalz in Substanz (wobei das Kasein ausgefällt wird) und Sättig- ■^lobuHii. "°g dßs Filtrates mit Magnesiumsulfat dar. Soweit es bisher untersucht worden ist, hat es die Eigenschaften des Serumglobulins, mit dem es vielleicht identisch sein dürfte. Laktalbumin ist ebenfalls zuerst von Sebelien^) aus derMilch in reinem Zustande dargestellt worden. Seine Zusammensetzung ist nach Sebelien folgende: C 52,19, H 7,18, N 15,77, >S' 1,73, 0 23,13^/o. Das Laktalbumin min. hat die Eigenschaften der Albumine. Es gerinnt je nach der Konzentration und dem Salzgehalte bei -|- 72 bis -\- 84° C. Es steht dem Serumalbumin nahe, unterscheidet sich aber von ihm durch eine bedeutend niedrigere spez. Drehung a(D) = — 37°. Das Prinzip für die Darstellung des Laktalbumins ist dasselbe wie für Darstellung ^i© Darstellung des Serumalbumins aus dem Serum. Das Kasein und das des Lakt- Globulin scheidet man mit MgSO. in Substanz aus und behandelt dann das albumins. . i Filtrat wie oben (S. 107) angegeben. Das Vorkommen anderer Eiweisskörper, wie Albumosen und Peptone, in der Milch ist nicht bewiesen. Dagegen entstehen solche Stoffe leicht als Laboratiousprodukte aus den anderen Andere Ei- Eiwejssstoffen der Milch. Ein solches Laborationsprodukt ist das Laktoprotetn von MiLLON und COMAILLE, ein Gemenge von wenig Kasein mit verändertem Albumin und durch die chemischen Operationen entstandener Albumose*). Milchzucker, Laktose C^oHyaOii -|- H^O. Dieser Zucker kann unter 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20. 2) Ebend. Bd. 9. 3) 1. 0. 4) Vergl. Hammaksten, Ueber das Laktop rote'in. Nord. med. Arkiv. Bd. 8. Nr. 10. Vergl. auch Maly's Jahresber. Bd. 6. S. 13. Milchzucker. 385 Aufnahme von Wasser in zwei Glukosen — Dextrose und Gulaldose — sich spalten. Bei der Einwirkung von verdünnter Salpetersäure giebt er ausser anderen organischen Säuren Schleimsäure. Bei stärkerer Einwirkung von Säuren Milchzucker, entsteht neben Ameisensäure und Häminsubstanzen Lävulinsäure. Durch Alkali- einwirkung können unter anderen Produkten Milchsäure und Pyrokatechin ent- stehen. Milchzucker kommt in der Regel nur in der Milch vor, doch hat man ihn auch im Harne der Wöchnerinnen bei Milchstauung gefunden. Nach einer Angabe von Pappel und Richmond^) soll die Milch des ägyptischen Büffels nicht Milchzucker, sondern eine andere, von ihnen „Tjufikose" genannte Zucker- art enthalten. Der Milchzucker kommt gewöhnlich als farblose, rhombische Kr}'Stalle mit 1 Mol. Krystallwasser, welches bei langsamem Erhitzen auf 100 °C., leichter bei 130 — 140° C. entweicht, vor. Bei 170 — 180° C. geht er in eine braune, amorphe Masse, Laktokaramel , CgHioOj, über. Der Milchzucker löst sich in sechs Theileu kaltem und in 2,5 Theilen siedendem Wasser: er schmeckt nur Schäften des schwach süss. In Aether oder in absolutem Alkohol löst er sich nicht. Die zackers. Lösungen sind dextrogyr. Das Drehungsvermögeu, welches durch Erhitzen der Lösung auf 100° C. konstant wird, ist: a(D) = -j- 52,5°. Der Milchzucker verbindet sich mit Basen; die Alkaliverbinduug ist unlöslich in Alkohol. Von reiner Hefe wird Milchzucker nicht in Gährung versetzt. Von ge- wissen Schizomyceten wird er dagegen in Alkoholgährung versetzt und hierbei GUhranp des wird auch Milchsäure gebildet. Auf diesem Verhalten gründet sich die Be- Miich- reitung von Milchbranntweiu , „Kumys", aus Stutenmilch und „Kephir" aus Kuhmilch. Mikroorganismen können den Milchzucker in Milchsäuregährung versetzen und hieraus erklärt sich das gewöhnliche Sauerwerden der Milch. Der Milchzucker verhält sich den später (vergl. Kapitel 15 über den Harn) zu besprechenden Traubenzuckerreaktionen (der MoORE'schen oder der TROMMER'schen Reaktion und der Wismuthprobe) gegenüber positiv. Er redu- zirt auch Quecksilberoxyd in alkalischer Lösung. Xach dem Erwärmen mit essigsaurem Phenylhydrazin giebt er beim Erkalten eine gelbe, krystallisirende Reaktionen. Fällung von Phenyllaktosazon C.^HjgN^Og. Von dem Rohrzucker unterscheidet er sich durch positives Verhalten zu der MooRE'schen Probe, der Kupfer- und der Wismuthprobe, wie auch dadurch, dass er beim Erhitzen mit entwässerter Oxalsäure auf 100° C. sich nicht schwärzt. Von Traubenzucker und Maltose unterscheidet er sich durch andere Löslichkeit und Krystallform, besonders aber dadurch , dass er mit Hefe nicht vergährt und mit Salpetersäure Schleim- säure giebt. Zur Darstellung des Milchzuckers benutzt man die als Nebenprodukt bei 1) Maly's Jahresber. Bd. 20. S. IGG. Ilamoiarsten, Physiologische Chenoie. Dritte Aaflage. -^ 386 Vierzehntes Kapitel. der Käsebereitung erhaltenen süssen Molken. Das Eiweiss entfernt man durch Koagulation in der Hitze und das Filtrat verdunstet man zum Syrup. Die nach einiger Zeit sich ausscheidenden Kryslalle krystallisirt man , nach Ent- j. .. färbung mit Thierkohle, aus Wasser um. Aus käuflichem Milchzucker kann des Milch- man durch wiederholtes Umkrystallisiren ein reines Präparat erhalten. Die zuc-ers. quantitative Bestimmung des Milchzuckers kann theils mit dem Polaristrobometer und theils durch Titration mit Fehling's Flüssigkeit geschehen. 10 ccm der FEHLENG'schen Lösung entsprechen 0,0676 g Milchzucker in 0,5 — l,5"/oiger Lösung bei 6 Minuten langem Kochen (bezüglich der Reagenzlösuug und der Titration auf Zucker vergl. Kapitel 15). E.ITTHAUSEN ') hat iu der Milch eiu anderes, in Wasser lösliches, nicht krystallisirendes Kohlehydrat gefunden, welches zwar direkt schwach reduzirend wirkt, nach dem Sieden mit einer Säure aber eine grössere Reduktionsfähigkeit erlangt. Von Landwehr-) wird es als thierisches Gummi, von Bechamp^) als Dextrin betrachtet. Nach J. Herz*) kommen in der Milch auch Körnchen vor, die gegen Jod wie Stärke sich verhalten nnd vielleicht thierisches Amyloid sind. Die Mineral Stoffe der Milch sollen im Zusammenhange mit der quanti- tativen Zusammensetzung abgehandelt werden. Die Methoden zur quantitativen Analyse der Milch sind sehr zahlreich und da sie nicht alle hier abgehandelt werden können , werden hier nur die Hauptzüge einiger der zuverlässigsten und am meisten geübten Methoden an- gegeben. Zur Bestimmung der festen Stoffe mischt man die genau abgewogene Menge Milch mit einer ebenfalls gewogenen Menge ausgeglühten Quarzsandes, ^^||:'fg"g"° feinen Glaspulvers oder Asbests. Das Eintrocknen der Milch geschieht zuerst Stoffe, im Wasserbade und dann in einem Kohlensäure- oder AVasserstofFstrome bei nicht über 100" C. Zur Bestimmung der Mineralstoff^e äschert man die Milch unter Beob- achtung der in den Handbüchern angegebenen Kautelen ein. Die für die Phos- phor.säure erhaltenen Zahlen werden jedoch durch die Verbrennung der phos- Bestimmung pi^oj-l^altigen StoflTe , des Kaseins und Lecithins, dabei unrichtig. Man muss der Mineral- -^ o ' «-^ _ Stoffe. deshalb nach Söldner^) von der gesammten Phosphorsäuremenge der Milch rund 25 ^/o abziehen. Ein Gehalt der Asche au Sulfat rührt ebenfalls von dem Einäschern (Verbrennung des Eiweisses) her. Zur Bestimmung des Gesammteiweisses empfiehlt man oft die Methode Ritthausen's ^), die Milch mit Kupfersulfat zu fällen. Diese Methode giebt je- Methode von ^^^^'^ unrichtige Zahlen aus dem Grunde, dass das Kupferoxydhydrat nicht Biithausen sämmtliches Hydratwasser bei dem Trocknen des Niederschlages , sondern erst bei dem Einäschern desselben abgiebt. Die Zahlen für das Eiweiss fallen aus diesem Grunde etwas zu hoch aus. J. Munk'') hat diese Methode in der Weise modifizirt, dass er sämmtliches Eiweiss mittelst aufgeschlemmten Kupferoxyd- 1) Journal f. prakt. Chem. N. F. Bd. 15. 2) Pflüger's Arch. Bdd. 39 u. 40. 3) Bull. 600. chim. (Ser. 3.) Tome 6. 4) Chem. Ztg. Bd. 16. S. 1594. 5) Laudwirthsch. Versuchsstat. Bd. 35. 6) Journal f. prakt. Chem. N. F. Bd. 15. 7) ViRCHOw's Arch. Bd. 134. Bestininiung der Kiweissstoft'e. 387 hydrates in der Siedehitze ausfällt und den Stickstoffgehalt des Niederschlages nach Kjeldahl bestimmt. Diese Modifikation giebt genaue Resultate. Die Methode von Puls') und Stenberg^) besteht darin, dass die neu- tralisirte Milch erst mit Wasser etwas verdünnt und dann mit so viel Alkohol versetzt wird, dass der Gehalt des Gemenges an Alkohol 70 — 85 Vol. Prozent beträgt. Der Niederschlag wird auf einem Filtrum gesammelt, mit warmem Alkohol von 70"/o gewaschen, mit Aether extrahirt, getrocknet, gewogen, ein- geäschert und der Rückstand wieder gewogen. Die Spuren von P^iwciss, welche puis**-iften-" in Filtrat und Waschflüssigkeit zurückbleiben, werden mit Gerbsäure gefällt. '^'"''•'■ Von dem Gerbsäureniederschlage werden rund 63°/o als Eiweiss berechnet und der direkt gefundenen Menge zugezählt. Die Methode giebt genaue und gute Resultate, ist aber umständlich. Nach der Methode von Sebeliex^) verdünnt man 3 — 5 g Milch mit einigen Vol. Wasser, setzt ein wenig Kochsalzlösung zu und fallt mit Gerbsäure im Ueberschuss. Der Niederschlag wird mit kaltem Wasser gewaschen und endlich der Gehalt desselben an Stickstoff nach Kjeldahl bestimmt. Die ge- Methode von fundene Stickstoffmenge mit 6,37 multiplizirt (Kasein und Laktalbumin ent- Sebeüen. halten beide 15,7 "/o Stickstoff") giebt die Gesammtmenge der Eiweissstoffe an. Diese leicht ausfülirbare Methode giebt sehr gute Resultate. J. Munk hat die Zu- verlässigkeit derselben auch für die Analyse von Frauenmilch dargethan. In diesem Falle multiplizirt man den gefundenen Eiweiss-N mit 6,34. Nach den Analysen von J. Munk entfallen von dem gesammten Stickstoff der Kuhmilch knapp ^/ic und von dem der Frauenmilch ^/ii auf den Extraktivstickstoff*. Zur getrennten Bestimmung des Kaseins und AJhumitis kann man das zuerst von HorPE-SEYLER und Tolmatscheff^) geübte Verfahren, das Kasein mit Magnesiumsulfat auszufüllen, verwenden. Nach Sebeliex^) verdünnt man erst die Milch mit einigen Vol. gesättigter Magnesiumsulfatlösung, sättigt dann mit dem Salze in Substanz, filtrirt und wäscht den Niederschlag mit gesättigter Gesonderte Magnesiumsulfatlösuug aus. In dem Niederschlage bestimmt man den Stick- Resummang stoflT nach Kjeldahl und erfährt durch Multiplikation mit 6,37 die Kasein- nndAibamin. menge. Die IMenge des Laktalbumins kann als Differenz zwischen Kasein und Gesammteiweiss berechnet werden. Man kann aber auch das Laktalbumin in dem von dem Kaseinniederschlage getrennten, mit Wasser verdünnten, inagnesium- sulfathaltigen Filtrate mit Gerbsäure fällen, den Stickstoff^gehalt des Nieder- schlages nach Kjeiildahl bestimmen und die gefundene Zahl mit 6,37 multi- pliziren. Die Menge des Glohidins in der Milch kann nicht genau bestimmt werden. Einen Minimalwerth erhält man jedoch, wenn man erst das Kasein vollständig mit NaCl in Substanz und dann aus dem Filtrate das Globulin mit Magnesium- Bestimmung sulfat fällt (Sebeliex). Man kann auch das Kasein aus der verdünnten Milch oiobnUns. mit Essigsäure fällen und aus dem Filtrate nach der Neutralisation das Globulin 1) PFLtJGER's Arch. Bd. 13. -') Nord. med. Arkiv. Bd. 9, auch Mai.y's .Talircsber. Hd. 7. S. IG'j. ;!) Zeitschr. f. physioL Chem. Bd. 13. •1) IIOPrK-SKYLKii, Med. cliem. Uuti'r.sufh. Heft 2. r.) 1. c. 388 Vierzehntes Kapitel. mit MgSO^ ausfällen. In diesem Falle erhält man indessen, wegen Beimengung der in Lösung gebliebenen Spuren des Kaseins, etwas zu hohe Werthe. Das Fett kann man gewichtsanalytisch, durch erschöpfende Extraktion der eingetrockneten Milch mit Aether, Verdunsten des Aethers aus dem Ex- trakte und Wägung des Rückstandes bestimmen. Auf aräometrischem Wege kann die Menge des Fettes durch Alkalizusatz zu der Milch, Schütteln mit Aether und Bestimmung des spez. Gewichtes der Aetherfettlösung mit dem Apparate von Soxhlet bestimmt Averden. Zur Ausführung von Fettbestimm- ungreii in grösserem Massstabe eignet sich vorzüglich der Laktokrit von De des Fettes. Laval. Man mischt die Milch mit dem gleichen Volumen eines Gemenges von Eisessig imd konzentrirter Schwefelsäure, wärmt im Wasserbade 7 — 8 Minuten und centrifugirt dann die Mischung in gradirten Röhren bei -(- 50'' C. Die Höhe der Fettschicht giebt den Fettgehalt an. Die zahlreichen, sehr genauen Analysen von Nilson^) haben gezeigt, dass die für niedere Fettmengen — ■ unter 1,5 '^/o — früher nöthigen Korrektionen überflüssig werden und dass diese Methode ausgezeichnete Resultate giebt, wenn man statt des obengenannten Ge- menges von Eisessig und Schwefelsäure eine mit ö^/o Chlorwasserstoffsäure ver- setzte Milchsäure verwendet. Zur Bestimmung des Milchzuchers entfernt man zuerst das Eiweiss. Zu dem Ende fällt man entweder mit Alkohol, welcher dann aus dem Filtrate durch Verdunstung entfernt wird, oder man verdünnt mit Wasser, scheidet das Kasein durch Zusatz von wenig Säure aus und entfernt das Laktalbumin durch Koagulation in der Siedehitze. In dem Filtrate bestimmt man dann den Bestimmung Zucker durch Titration mit Fehling's oder Knapp's Flüssigkeit (vergl, Kap. 15, Zuckers.'" Zucker im Harne). Das Prinzip der Titrirung ist dasselbe wie für die Zucker- titrirung im Harne. 10 ccm der FEHLiNG'schen Flüssigkeit entsprechen 0,0676 g Milchzucker. Von der KNAPP'schen Flüssigkeit entsprechen 10 ccm 0,0311 bis 0,0310 g Milchzucker, wenn die zuckerhaltige Flüssigkeit etwa ^/2 — 1 °/o Zucker enthält. Bezüglich der Ausführung der Titrirung muss auf ausführlichere Hand- bücher und auf das Kapitel 15 hingewiesen werden. Anstatt der volumetrischen Bestimmung kann man auch folgendes Ver- fahren benutzen. Man versetzt eine abgemessene Menge des Milchhltrates mit FEHLiNG'scher Lösung im üeberschusse , kocht auf, filtrirt das Kupferoxydul ab, reduzirt es im Wasserstoffstrome und wägt das metallische Kupfer. In einem Aufsatze (Journal für praktische Chemie 1880) hat Soxhlet eine Tabelle mit- getheilt, welche die Berechnung in solchen Fällen erleichtert. Der Zucker kann auch mit dem Polariskope bestimmt werden, und zwar um so eher, als die milchzuckerhaltigen Filtrate regelmässig farblos sind. Die Resultate werden jedoch nicht hinreichend genau. Die quantitative Zusammensetzung der Kuhmilch kann selbstverständlich nicht unbedeutenden Schwankungen unterliegen. Im Mittel enthält die Kuh- milch jedoch nach König 2) in 1000 Theilen: Wasser Feste Stoffe Kasein Albumin Fett Zucker Salze 871,7 128,3 30,2 5,3 36,9 48,8 7,1 35,5 1) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 21. S. 142. '^) Chemie der menschlichen Nahrungs- und Genussniitfel. 3. Aufl. Mineralstofle. Colostmm. 389 Die Menge der MineraJstoffe in 1000 Theilen Kuluuilch war in SOldsek's') Analysen folgende: KgO 1,72; NagO 0,51; CaO 1,98; MgO 0,20; P2O5 1,82 (nach Korrektion für das Pseudonuklein); Cl 0,98 g. Bunge 2) fand 0,0035 g FcgOg. Nach Söldner finden sich K, Na und Cl in derselben ^lenge in der ganzen Milch wie in dem Milchseruni. Von der Gesamintphosphorsäure sind Menge der 36 — 56°/o und von dem Kalk 53 — 72''/o nicht einfach in der Flüssigkeit gelöst. Itoffe.* Ein Theil dieses Kalkes ist an Kasein gebunden; der Rest findet sieh an Phos- phorsäure gebunden als ein Gemenge von Di- und Tricalciumphosphat, welches von dem Kasein gelöst oder suspendirt gehalten %vird. In dem Milchserum überwiegen die Basen über die Mineralsäuren. Der üeberschuss der ersteren ist an organische »Säuren , welche einer Menge von 2,5 p. m. Citronensäure entsprechen (Söldner^), gebunden. Die Gase der Milch bestehen hauptsächlich aus C0.> nebst ein wenig N Die MUch- und Spuren von 0. Pflüger 4) fand 10 Vol. »/o CO, und 0,6 Vol. «/o K, ^"°' bei 0° C. und 760 mm Hg-druck berechnet. Die Schwankungen der Zusammensetzung der Kuhmilch rühren von mehreren Umständen her. Das Colostrum oder die Milch, welche vor dem Kalben und in den nächsten Tagen nach demselben abgesondert wird, ist gelblich, bisweilen alkalisch aber oft auch sauer, von höherem spez. Gewicht, 1,046 — 1,080, und einem grösseren Gehalte an festen Stoffen als gewöhnliche Milch. Nebst Fettkügelchen enthält das Colostrum zahlreiche Colostrumkörperchen — kernhaltige, granulirte Zellen von 0,005 — 0,025 mm Durchmesser mit zahlreichen Fettkörnchen und Fettkügelchen. Das Fett des Colostrums hat einen etwas höheren Schmelzpunkt und ist ärmer an flüchtigen Fettsäuren als das Fett der gewöhnlichen Milch (NiLSON^). Der Gehalt an Cholesterin und Lecithin ist regelmässig grösser. Der augenfälligste Unterschied von gewöhnlicher Milch liegt jedoch darin, dass das Colostrum wegen seines absolut und relativ grösseren Gehaltes an Globulin und Albumin beim Erhitzen zum Sieden gerinnt. Die Menge eines jeden dieser zwei Eiweissstoffe kann sogar mehrere Prozente betragen (Sebellen ''). Die Zu- sammensetzung des Colostrums ist sehr schwankend. Als Mittel giebt König') folgende Zahlen für 1000 Theile au: Colostrum. Wasser Feste Stolle Kasein Albumin u. Globulin Fett Zucker Salze 74G,7 253,3 40,4 136,0 35,9 2G,7 15,6 1) 1. c. 'i) Zeitsch r. f. Biologie. Bd. 10. 3) 1. c. 4) Pflüger's Arch. I5d. 2. 5) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 17. S. 1G9. 6) Ebend. Bd. 18. S. 102. 7) 1. c. 390 Vierzehntes Kapitel. iweiss Fett Zucker Milchsäure Salze 31,1 7,4 47,5 — 7,4 36,1 •267,5 35,2 — 6,1 ■10,6 9,3 37,3 3,4 6,7 8,5 2,3 47,0 3,3 6,5 Mit der Dauer der Laktation ändert die Milch angeblich ihre Beschaffen- heit, so dass sie reicher an Kasein, aber ärmer an Fett und auch an Milch- Veränder- ungen wäh- zvicker wird. Die Abendmilch scheint nach den Analysen mehrerer Forscher rend der •' Laktation, ju t|er Regel reicher an Fett als die iSIorgenmilch zu sein (Alex. Müller und Elsenstuck, Nilson u. A.^). Die Rasse der Thiere übt auch einen grossen Einfluss aus. Die Frage von dem Einfluss der Nahrung auf die Zusammensetzung der Milch soll im Zusammenhange mit der Frage von dem Chemismus der Milch- sekretion abgehandelt werden. Im nächsten Anschluss an die Zusammensetzung der Milch werden Mittelzahlen für die abgerahmte Milch und einige andere Milchpräparate hier angeführt. Wasser Abgerahmte Milch . . 906.6 Rahm 655,1 Buttermilch .... 902,7 Molken 932,4 Kumys und Kephir erhält man, wie oben erwähnt, durch Alkohol- und Milchsäure- gährung des Milchzuckers, im ersteren Falle aus Stutenmilch, im letzteren aus Kuhmilch. Es werden dabei reichliche Mengen Kohlensäure gebildet, und die Eiweisskörper der Milch sollen dabei angeblich theilweise in Albumosen und Peptone übergehen, wodurch die Verdau- lichkeit erhöht werden soll. Der Gehalt an Milchsäure in diesen Präparaten kann etwa 10 bis 20 p. m. betragen. Der Gehalt an Alkohol schwankt recht bedeutend, von 10 — 35 p. m. Milch anderer Thierarten. Die Ziegenmilch hat eine mehr gelbliehe Farbe und einen anderen, mehr spezifischen Geruch als die Kuhmilch. Die mit Säure oder Lab er- haltenen Gerinnsel sollen fester und härter als die der Kuhmilch sein. Die Schafmilch steht der Ziegenmilch nahe, hat aber ein höheres spez. Gewicht und einen grösseren Gehalt an festen Stofien. Die Stutenmilch reagirt alkalisch uud enthält ein Kasein, welches von Säure nicht in Klümpchen oder festeren Massen, sondern wie das Kasein der Frauenmilch als feine Flöck- Stuteu- und ^^en gefällt werden soll. Vou Lab wird dieses Kasein nur unvollständig koagulirt und es Eselinnen- ähnelt übrigens auch in anderer Hinsicht sehr dem Kasein der Menschenmilch. Nach Biel'^) milch. soll indessen das Kasein der Kuh- und der Stutenmilch dasselbe sein , und das in gewisser Hinsicht verschiedene Verhalten der zwei Milchsorten soll nur durch einen versc^iiedenen Salzgehalt und eine verschiedene Relation zwischen Kasein und Albumin bedingt sein. Die Eselinnen milch soll der Menschenmilch ähnlich sein. Milch der Die Milch der Fleischfresser, der Hündinnen und Katzen, soll sauer reagiren und Fleisch- sehr reich an festen Stoffen sein. Die Zusammensetzung der Milch dieser Thiere schwankt jedoch mit der Zusammensetzung der Nahrung sehr. Um die Zusammensetzung der Milch einiger Thiere näher zu beleuchten, werden liier einige, zum Theil den Zusammenstellungen König's entlehnte Zahlen mifgetheilt. Da die Milch jeder Thierart eine wechselnde Zusammensetzung haben kann, sind indessen diese Zahlen mehr als Beispiele wie als allgemeingiltige Ausdrücke für die Zusammensetzung der ver- schiedenen Milchsorten zu betrachten. Kumys and Kephir. Ziegenmilch und Schaf- milch. fresser. Zusammen- setzung der Milch ver- schiedener Thierarten. Milch von Wasser Feste Stofte Eiweiss Fett Zucker Salze Hund . . 754,4 245,6 99,1 95,7 31,9 7,3 Katze . . 816,3 183,7 90,8 33,3 49,1 5,8 Ziege . . 869,1 130,9 36,9 40,9 44,5 8,6 Schaf . . 835.0 165,0 57,4 61,4 39,6 6,6 Kuh . . . 871,7 128,3 35,5 36,9 48,8 7,1 Pferd . . 900,6 99,4 18,9 10,9 66,5 3,1 Esel . . . 900,0 100,0 21,0 13,0 63,0 3,0 1) Vergl. hierüber KÖNIG 1. c. Bd. 1. S. 313, und NiLSON 1. c. 2) Studien über die Eiweiss-stoffe des Kumys und Kefir. St. Petersburg 1886. (RiCKER.) Menschenniilch. 391 Milch von Wasser Feste Stoffe Eiweiss Fett Zucker Salze Schwein . . 823,7 1G7,3 60,9 64,4 40,4 10,6 Elefant . . . 678,5 321,5 30,9 195,7 88,4 6,5 Delphin') . . 486,7 513,3 437,6 4,6 Menschenmilch. Die Frauenmilch reagirt amphoter. Nach Couraxt ^j reagirt sie relativ stärker alkalisch als die Kuhmilch, zeigt aber dieser gegenüber einen niedrigeren absoluten Grad sowohl der Alkalescenz wie der Acidität. Courant fand für die Zeit zwischen dem 10. Tage und 14. Monate nach der Entbindung in der Milch ziemlich konstante Zahlen, die sowohl für die Alkalescenz wie für die Reaktion. Acidität nur wenig niedriger als im "Wochenbett waren. 100 ccm Milch reagirten N . N als Mittel alkalisch wie 10,8 ccm — Lauge und ebenso sauer wie 3,6 ccm -- Säure. Die Relation zwischen Alkalescenz und Acidität war also in der Frauen- milch gleich 3:1, in der Kuhmilch dagegen gleich 2,1 : 1, Die Frauenmilch soll ferner eine geringere Menge von Fettkügelchen als die Kuhmilch enthalten, wogegen jene in der Frauenmilch grösser sein sollen. Das spez. Gewicht der Frauenmilch schwankt zwischen 1026 und 1036, meistens jedoch zwischen 1028 und 1034. Gesunde, kräftige Fi-auen liefern nach Monti^) eine Milch vom spez. Gewicht 1030 — 1035. Bei gut genährten Frauen findet man übrigens die höchsten, bei schlecht ernährten dagegen die niedrigsten Werthe. Das Fett der Frauenmilch ist vonRupPEL^) untersucht worden. Es stellt eine gelblich weisse, der Kuhbutter ähnliche Masse dar, deren spez. Gewicht bei -j- 15" C. 0,966 betrug. Der Schmelzpunkt lag bei 34,0*^ und der Erstarrungs- punkt bei 20,2 ^ C. Aus dem Fette konnten folgende Fettsäuren in Substanz dargestellt werden, nämlich Buttersäure, Kapronsäure, Kaprinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure und Oelsäure. Das Fett der Frauenmilch ist nach RupPEL verhältnissmässig arm an flüchtisren Säuren. Die nicht flüchtitjen be- stehen fast zur Hälfte aus Oelsäure, während unter den festen Fettsäuren die INEyristin- und Palmitinsäure gegenüber der Stearinsäure vorherrschen. Der wesentlichste qualitative Unterschied zwischen Frauenmilch und Kuh- milch betrifft, wie es scheint, das Eiweiss oder näher bestimmt das Kai^cin. Eine Fett. 1) 2sach einer Analyse von Fka>'KLAXL>, The ehem. News 1890. Bd. Gl. CiL nach Maly's Jahresber. Bd. 20. S. 126. ■^) 1. c. 3) Arch. f. Kinderheilkunde. Bd. 13. •«) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. 392 Vierzehntes Kapitel. Menge von älteren und jüngeren Forschern^) haben hervorgehoben, dass das Kasein der Frauenmilch andere Eigenschaften als das Kase'in der Kuhmilch hat. Die wesentlichsten Unterschiede sind folgende. Das Frauenmilchkasein ist schwieriger mit Säuren oder Salzen auszufällen ; es gerinnt nicht regelmässig in der Milch nach Labzusatz; es kann freilich von Magensaft gefällt werden, löst sich aber leicht vollständig in einem Ueberschusse davon; der durch Säure er- zeugte Kaseinniederschlag löst sich leichter in überschüssiger Säure, und end- lich stellen die aus Frauenmilchkasein bestehenden Gerinnsel nicht so grosse und derbe Massen wie die aus Kuhkasein dar, sondern sind mehr locker und feinflockig. Diesem letztgenannten Umstände niisst man, und zwar mit Recht, Unter- eine grosse Bedeutung bei, indem man hierdurch die allgemein angenommene sehen dem leichtere Verdaulichkeit des Frauenmilchkaseins erklären will. Die Frage, in Kasein der ... Frauenmilch wie weit die eben genannten Unterschiede von einem bestimmten Unterschiede und der _ '^ Kuhmilch, der zwei Kaseine oder nur von einer ungleichen Relation zwischen Kasein und Salzen in den zwei Milchsorten, bezw. von anderen Umständen herrühren, ist erst in der letzten Zeit näher untersucht werden. Nach Szontagh-) soll das Kasein der Menschenmilch bei der Pepsinverdauung kein Pseudonuklein liefern und demnach kein Nukleoalbumin sein. Zu demselben Resultate gelangte neuer- dings auch Wr(5blewski^), der ausserdem fand, dass die beiden Kaseine ver- schiedene Zusammensetzung haben. Für das Frauenkasein fand er nämlich folgende Zusammensetzung: C 52,24; H 7,32; N 14,97; P 0,68; *S' 1,117; 0 23,66 °/o. Neben dem Kasein enthält die Frauenmilch auch Laktalbumin und eine andere, sehr schwefelreiche (4,7 ^/o) und verhältnissmässig kohlenstoff- arme Proteinsubstanz (Weöblewski). Die Angaben über das Vorkommen von Albumoseu oder Peptonen sind hier, wie in so vielen anderen Fällen, streitig; ein sicherer Nachweis von solchen in der frischen Milch ist indessen noch nicht geliefert worden. Die quantitative Znsammensetsimg der Frauenmilch ist, selbst wenn man von denjenigen Differenzen absieht, welche von der Unvollkommenheit der angewendeten analytischen Methoden herrühren, in so hohem Grade schwankend, dass es nicht möglich ist, irgend welche brauchbaren Mittelzahlen für dieselbe anzuführen. Mit Weglassung einiger älteren, offenbar unrichtigen Analysen können deshalb auch hier nur als Beispiele die von einigen neuereit Forschern, bisweilen aus einer sehr grossen Anzahl von Analysen (Pfeiffer) erhaltenen Mittelzahlen angeführt werden. Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Milch. 1) Vergl. hierüber Biedert, Untersuchungen über die chemischen Unterschiede der Menschen- und Kuhmilch. Stuttgart 1884. Langgaard, Yirciiow's Arch. Bd. 65, und Makris, Studien über die Eiweisskörper der Frauen- und Kuhmilch. Inaugural-Dissertation. Strass- burg 1876. 2) Mäly's Jahresber. Bd. 22. S. 168. 3) Beiträge zur Kenntniss des Frauenkaseins. Inaug.-Diss. Bern. 1894. Menschenmilch. Zusammensetzung. 393 876,0 891,0 872,4 892,9 890,6 877,90 124,0 109,0 127,6 108,0 109,4 122,1 22,10 23,60 17,90 19,00 16,13 17,24 25,30 38,10 60,90 2,90 25,60 0,32 55,60 — 33,00 — 53,90 4,20 43,20 — 59,70 2,80 32,28 — 57,94 1,65 29,15 — 59,92 2,09 ;! 38,90 — 55,40 2,50 ! i BlEL ') TOLMATSCHi;i'l'-( Gekijek') Christenx *) Frauen 20—30 Jahre | Frauen 30—40 Jahre I Mendes de Leon*) QaantitatiT9 Zasammen- setznng der Frauen- milch. Pfeiffer"') Obwohl die Zusammensetzung der Frauenmilch recht bedeutend wechseln kann und trotzdem in neueren Analysen auch in einzelnen Fällen hohe Werthe (etwa 40 p. m.) für die Eiweissstoffe erhalten wurden, scheint jedoch die Frauen- milch im Allgemeinen ärmer an Eiweiss und reicher an Zucker als die Kuhmilch zu sein. Die Menge des Kaseins ist nicht nur absolut, sondern auch relativ — im Verhältniss zu der Menge des Albumins — kleiner in der Frauenmilch als in der Kuhmilch. Citronensäure kommt nach Scheibe ') in geringerer Menge als in der Kuhmilch vor. Eine weitere Verschiedenheit zwischen Frauenmilch und Kuhmilch ist die, dass jene reicher an Lecithin aber ärmer an Mineralstoffen, vor allem an CaO und P..O5, ist (sie enthält nur ^/(; resp. ^/4 von den entsprechenden Mengen dieser Mineralstofie in der Kuhmilch). Ueber die Menge der Mineralstoffc in der Frauenmilch liegen Analysen vonBuJiGE^) vor. Er analysirte die Milch derselben Frau, theils 14 Tage nach der Geburt nach einer 4tägigen Periode von sehr kochsalzarmer Nahrung {A), theils 3 Tage später nach einem täglichen Zusätze von 30 g NaCl zu der Nahrung (J5). Bunge fand folgende Zahlen, auf 1000 Theile Milch berechnet. A B KoO . . 0,780 0,703 NaaO . . 0,232 0,257 CaO . . 0,328 0,343 MgO . . 0,064 0,065 FeaO, . . 0,004 0,006 P2O5 . . 0,473 0,469 Cl . . . 0,438 0,445 Die Mineral- Stoffe der Frauen- milch. 1881. 1) Maly's Jahresber. Bd. 4. S. 16S. 2) Hoppe-Seyler, Med. ehem. Untersuch. Heft 2. ^) Bull, de la soc. chim. Tome 23. ») M.\LY's Jahresber. Bd. 7. S. 171. ä) Jahrb. f. Kinderheilkunde. Bd. 20, aucii Maia's Jahresber. Bd. 13. 6) Ueber die Zusammensetzung der Frauenmilch. Inaug.-Diss. der liiiv. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 12. ") Landwirthsch. Versuchsstat. Bd. 39. 8) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 10. Heidelberg 394 Vierzehntes Kapitel. Colostrum. Das Verhältniss der zwei Stoffe, des Kaliums und des Natriums, zu einander kann nach den Bestimmungen Bunge's recht bedeutend schwanken (1,3 — 4,4 Aeqv Kali auf je 1 Aeqv Natron). Durch Zusatz von Kochsalz zu der Nahrung steigt der Gehalt der Milch an Natrium und Chlor , während ihr Gehalt an Kalium abnimmt. Die Gase der Frauenmilch sind noch nicht untersucht. In wie weit die Kuhmilch durch Verdünnung mit Wasser und passende Zusätze geeignet gemacht werden kann, die Frauenmilch als Nahrung für den Säugling zu ersetzen, ist nicht sicher zu entscheiden, bevor die Verschiedenheiten des Eiweisses dieser zwei Milchsorten eingehender studirt worden sind. Das Colostrum hat ein höheres spez. Gewicht, 1,040 — 1,060, einen grösseren Reichthum an koagulablem Eiweiss und eine mehr gelbliche Farbe als gewöhn- liche Frauenmilch. Schon einige Tage nach der Entbindung wird jedoch die Farbe mehr weiss und der Albumingehalt kleiner, und ebenso nimmt die An- zahl der Colostrumkörpercheu ab. Clemm ^) hat das Colostrum zu verschiedenen Zeiten vor und nach der Entbindung analysirt und dabei folgende Zahlen für 1000 Theile erhalten: 4 Wochen vor 17 Tage 9 Tage 24 Stunden 2 Tage der Entbindg. vor der vor der nach der nach der 1 2 Entbindung Entbindung Entbindung Entbindung Wasser .... 945,2 1 852,0 i 851,7 858,6 843,8 867,9 Feste Stoffe . . . 54,8 148,0 ! 148,3 141,5 157,0 132,1 Kasein .... — — — — — 21,8 Albumin .... 28,8 69,0 74,8 80,7 — — Fett 7,1 41,3 30,2 23,5 — 48,6 Milchzucker . . 17,3 39,5 43,7 36,4 — 61,0 Salze 4,4 4,4 4,5 5,4 5,1 — Die Gesammtmenge des Eiweisses scheint mit der Dauer der Laktation abzunehmen. So fand z. B. Pfeiffer ^) während resp. der zwei ersten Tage, der 1. Woche, der 2. Woche, des 2. Monats und des 7. Monats folgende Mittelzahlen, veränder- nämlich resp. 86,04, 34,42, 22,88, 18,43 und 15,21 p. m. Gesammteiweiss. Die mich yräh- Behauptung Simon's, dass die Menge des Kaseins in der ersten Zeit der Lak- Laktation. tation kleiner ist und dann bedeutend zunimmt, ist nach Pfeiffer unrichtig, und es verhält sich nach ihm gerade umgekehrt. Die Menge des Fettes zeigt keine regelmässigen und konstauten Schwankungen während der Laktation. Nach Vernois und Becquerel^) soll die Menge des Milchzuckers in dem ersten 1) Cit. nach Hoppe-Seyi.ek, Physiol. Chem. S. 734. '0 1. c. 3) Die Frauenmilch. Berlin 1838. •1) Compt. rend. Tome 36 und M. VeenoiS et A. BecqüEREI., Du lait chez la fennue dans l'^tat de sante etc. Paris 1853. Menschenmilch. 395 Monate abnehmei], in dem achten bis zehnten Monate dagegen zunehmen. Nach Pfeiffer nimmt dagegen die Menge des Zuckers von der Entbindung bis zum dritten bis vierten Monate regelmässig zu und ist dann etwas schwankend. Die beiden Brüste derselben Frau künnen, wie Sot'EDAT*) und später auch Brcnner-) .gezeigt Laben , eine etwas verschiedene Milch liefern. Ebenso können verschiedene Milch- portionen derselben Melkung eine abweichende Zusammensetzung haben. Die zuerst austretende Portion wird regelmässig ärmer an Fett gefunden. . Nach L'HEniTiEK^), Vebnois und Becqueeel soll die Milch der Blondinen weniger J^^'^^}^' Kasein als die der Brünetten enthalten, ein Unterschied, den TOLMATSCHEFF *) indessen nicht ^^^^^^ ^ hat konstatiren können. Frauen von zarterem Bau sollen eine an festen Stoßen , besonders die Zasam- an Kasein, reichere Milch als Frauen kräftigerer Konstitution liefern (V. und B.j menseizung ' ° ^ der Fraaea- Das Alter der Frau soll nach V. und B. derart auf die Zusammensetzung der Milch milch. einwirken, dass man bei Frauen von 15 — 20 Jahren den grössten Eiweiss und Fettgehalt und den kleinsten Zuckergehalt findet. Der kleinste Eiweiss- und der grösste Zuckergehalt sollen in dem Alter von 20 oder vou 25 — 30 Jahren vorkommen. Nach V. und B. soll die Milch von Erstgebärenden wasserreicher — mit einer gleichförmigen Verminderung des Kasein-, des Zucker- und Fettgehaltes — als die von Mehrgebärenden sein. Die Einwirkung der Menstruation soll nach V. und B. in einer geringen Verminder- ung des Milchzuckers und einer unbedeutenden Vermehrung des Fettes und des Kaseins bestehen. Hexeumilch nennt man das Sekret der Brustdrüsen bei Neugeborenen beider Ge- schlechter unmittelbar nach der Geburt. Dieses Sekret hat in qualitativer Hinsicht dieselbe Beschaffenheit wie die Milch, kann aber in quantitativer Hinsicht bedeutende Abweichungen imd Schwankungen zeigen. Von Schlossbeeger und Hauff^j, Gublee und Qcevesne*» und V. Gensek'j ausgeführte Analysen der Hexenmilch von Kindern haben für dieselbe einen Gehalt von 10,5—28 p. m. Eiweiss, 8,2 — 14,6 p. m. Fett und 9—60 p. m. Zucker ergeben. Da die ^Milch während einer bestimmten Periode des Lebens ein für Menschen und Säugethiere ausreichendes Nahrungsmittel ist, so muss sie auch sämratliche für das Leben nothwendige Nährstofie enthalten. Dem entsprechend findet man aucli in der Milch Repräsentanten der drei Hauptgruppen organischer Nälir- oje Mineral- -ubstanz, Eiweiss, Kohlehydrate und Fette, und ausserdem scheint auch alle Milch thetie der etwas Lecithin zu enthalten. Auch die Mineralstoffe müssen in ihr in einem d. Gesammt- passenden Mengen verhältniss vorkommen , und von diesem Gesichtspunkte aus des Säu^ ist es von besonders grossem Interesse, dass, wie Büxge für Hunde nachgewiesen "^' hat, die Milch die Mineralstoffe in ziemlich demselben relativen Verhältniss ent- hält, in weldiem sie in dem Körper des säugenden jungen Thieres vorkommen. Es kommen nach Bunge ^) auf ICOO Gewichtstheile Asche in dem neugeborenen Hunde (A) und in der Hundemilch (B) 1) Compt. rend. Tome 71. -) Pflüger's Arch. Bd. 7. 3) Traite de chim. pathol. Paris 1842. Cit. nach IIopfe-Sevler, Physiol. Chem. <. 738. ■i) Hoppe-Seyleb, Med. chem. Untersuch. lieft 2. S. 272. 5) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 96. 6) Gaz med. de Paris 1856. Cit. nach Hofpe-Sevleb, Physiol. Chem. S. 723. 7) Ebend. «) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13. 396 Vierzehntes Kapitel. A B K,0 114,2 149,8 NaaO .... 106,4 88,0 CaO 295,2 272,4 MgO .... 18,2 15,4 Fe.203 .... 7,2 1,2 PoO, .... 394,2 342,2 Cl 83,5 1G9,0 Dass die Milchasche etwas kalireicher und natronärmer als die Asche des neugeborenen Thieres ist, findet nach Bu>'GE eine teleologische Erklärung darin, dass in dem wachsenden Thiere die kalireiche ^luskulatur relativ zunimmt und die natronreichen Knorpel dagegen relativ abnehmen. Auch den höheren Chlor- gehalt der Milchasche sucht Bunge teleologisch zu erklären, und zwar durch die Annahme, dass die Chloride nicht nur zum Auf bau der Gewebe dienen, sondern auch bei der Nierensekretion unentbehrlich seien. Nur bezüglich des Eisen- gehaltes findet man ein unerwartetes Verhalten, indem nämlich jener in der Milch- asche sechsmal geringer als in der Asche des Säuglings ist. Dieses Verhalten erklärt Bunge durch die von ihm und Zalesky gefundene Thatsache, dass der Eisengehalt des Gesammtorganismus und der Organe bei der Geburt am höchsten ist. Der Säugling hat also seinen Eisenvorrath für das Wachsthum der Organe schon bei der Geburt mit auf den Lebensweg erhalten. Der £i)ißi(ss der Nahrung auf die Zusammensetzung der Milch ist aus mehreren Gesichtspunkten von Interesse und er ist auch Gegenstand vieler Unter- suchungen gewesen. Aus diesen Untersuchungen ergiebt sich, dass beim ^lenschen wie bei Thieren unzureichende Nahrung die Menge der Milch und den Gehalt derselben an festen Stoffen herabsetzt, während reichliche Nahrung beide vermehrt. Nach den Beobachtungen von Decaisne ^) an stillenden Frauen Einflnss der ^^'^hrend der Belagerung von Paris 1871 nimmt bei unzureichender Nahrung die ^en™^Md ^ ]\Ienge des Kaseins, des Fettes, des Zuckers und der Salze, vor Allem aber die fe'tzun^der ^^^ Fettes, ab, während der Gehalt an Laktalbumin meistens etwas vermehrt MUch. gefunden wurde. Reichlicher Ei weiss geh alt der Nahrung vermehrt die Menge der Milcli und ihren Gehalt an festen Stoffen, vor Allem an Fett. Die Menge des Zuckers in der Frauenmilch fanden einige Forscher nach eiweissreicher Nahrung vermehrt, andere dagegen vermindert. Reichlicher Fettgehalt der Nahrung kann (bei Schafen) eine Vermehrung des Fettgehaltes der Milch her- vorrufen. Bei Kühen hat man jedoch nur nach einer vorausgegangenen unzu- reichenden, nicht aber nach einer genügenden oder reichlichen Nahrung eine Vermehrung des Fettgehaltes der Milch als Folge eines Fettzusatzes zu dem Futter beobachtet. Nach Fütterung mit Palmkuchen ist eine einseitige Ver- mehrung des Fettes in der Kuhmilch beobachtet. Die Gegenwart von grösseren Mengen Kohlehvdraten in der Nahruns: scheint keine konstante, direkte 1) Gaz. med de Paris 1871. S. 317. Cit. nach HorrE-SEVLER 1. c. S. 739. Chemismus der Milchabsonderung. 397 Einwirkung auf die Menge der Milchbestandtheile auszuüijeu ^). Bei Fleisch- fressern findet, wie Ssubotin ''^) gezeigt hat, die Absonderung von Milchzucker selbst bei ausschliesslicher Fütterung mit magerem Fleisch ununterbrochen statt. Wasserreiche Nahrung giebt eine wasserreiche, weniger werthvolle Milch. In der Milch von Kühen, welche mit Schlempe gefüttert worden, fand Commaille^) 906,5 p. m. Wasser, 2(5,4 p. m. Kasein, 4,3 p. m. Albumin, 18, 2 j). m. Fett und 33,8 p. m. Zucker. Solche Milch hat einen eigenthümlichen , säuerlichen, scharfen Nebengeschmack. Chemismus der MilchabsonderHiKj. Dass die in der Milch vorkommenden, wirklich gelösten Bestandtheile nicht durch eine Filtration oder Difiusion allein in das Sekret übergehen , sondern vielmehr durch eine spezifisch sekretorische Chemismos Wirksamkeit der Drüsenelemente abgesondert werden, geht schon daraus hervor, der Miich- absonder- dass der Milchzucker, welcher in dem Blute nicht gefunden worden ist, allem ung. Anscheine nach in der Drüse selbst gebildet wird. Ein weiterer Beweis liegt darin , dass das Laktalbumin nicht mit dem Serumalbumin identisch ist und endlich darin, dass, wie Bunge ^) gezeigt hat, die mit der Milch abgesonderten Mineralstoffe in ihr in ganz anderen Mengenverhältnissen als in dem Blutserum sich vorfinden. Ueber die Entstehung und Absonderung der spezifischen Milchbestand- theile ist nur wenig bekannt. Die ältere Angabe, dass das Kasein aus dem Laktalbumin durch die Einwirkung eines Enzymes entstehe, ist unrichtig und rührt zum Theil von einer Verwechselung von Alkalialbuminat und Kasein her. Besser begründet ist die Ansicht, dass das Kasein aus dem Protoplasma ° ' ^ Entstehang der Drüsenzellen, welches aus Kasein oder einer ihm verwandten Substanz zu des Kaseins. bestehen scheint, abstamme. Das oben (S. 377) besprochene Nukleoproteid der Drüsenzellen dürfte dem Kasein verwandt sein und es könnte vielleicht die Muttersubstanz desselben darstellen. Dass das Protoplasma der Zellen au der Sekretion in der Weise betheiligt ist, dass es selbst zu Sekretbestandtheilen wird, scheint wohl auch ausser Zweifel gesetzt zu sein. Nach HEiDENn.viN-'') enthalten die Alveolen eine einfache Schicht von Zellen, welche iu der un- 1) Litteraturangaben über die Einwirkung verschiedener Nahrung auf die Frauenmilch findet man bei Zalesky : Ueber die Einwirkung der Nahrung auf die Zusammensetzung und Nahrhaftigkeit der Frauenmilch , Berl, klin. Wochenschr. 1888. Nr. 4 und 5, wo man auch viele Litteraturaugaben über die Bedeutung der Nahrung für die Zusammensetzung anderer Milch findet. Hinsichtlich der umfangreichen Litteratur über den EinSuss verschiedener Nah- rung auf die Milchproduktiou bei Thicren wird auf das Buch von KÖNIG : Chem. d. menschl. Nahrungs- und Genussraittel, ?j. AuQ., Bd. 1, S. 298 u. f. verwiesen. •i) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 18G6. S. 337. a) Cit. nach König. Bd. 2. 235. •1) Lehrb. 1. Aufl. S. 98. ■>) Hermann's Handbuch. Bd. 5. Thl. 1. S. 380. 398 Vierzehntes Kapitel. thätigen Drüse flach, polyedrisch uud einkernig, in der thätigeu hingegen oft mehrkernig, eiweissreicher, höher und cylinderförmig sind. In dem inneren, dem Hohlräume des Aeinus zugewendeten Theile dieser Zellen bilden sich bei der Sekretion einzelne Fettkörnchen , welche nebst dem Zellrande abgestossen werden. Die bei der Sekretion abgestossene oder zerfallene Zellsubstanz löst sich in der das Lumen des Aeinus erfüllenden Milch auf, während die Zelle durch ihren äusseren Theil Nahrung aufnimmt, nachwächst und Ersatz für die bei der Sekretion verbrauchten inneren Theile liefert. Es erinnert also dieses Verhalten an das der Pankreaszellen bei der Absonderung des Pankreas- saftes. Die Colostrumkörperchen sind nach Heidenhain keine fettdegenerirten Zellen, sondern von dem Epithel stammende kontraktile Elemente, welche fein vertheiltes Fett aufgenommen und dadurch ihren Gehalt an Fettkügelchen er- halten haben. Dass das Milchfett durch eine Fettbildung im Protoplasma entsteht und dass die Fettkügelchen bei dem Zerfalle desselben frei werden, ist eine allge- mein verbreitete Ansicht, welche jedoch die Möglichkeit nicht ausschliesst, dass das Fett auch zum Theil von der Drüse aus dem Blute aufgenommen und mit dem Sekrete eliminirt werden kann. Eine Fettbildung aus Kohlehydraten im Thierorganismus ist wohl heutzutage als sicher erwiesen zu betrachten , und es ist also wohl möglich, dass die Milchdrüse auch Fett aus Kohlehydraten, welche def Milch-' ^^^ ^^^"^ Blutc ihr zugeführt werden, erzeugen könne. Dass ein Thier während fettes, längerer Zeit täglich mit der Milch eine bedeutend grössere Menge Fett als die, welche es mit der Nahrung aufnimmt, abgeben kann, ist eine allgemein be- kannte Thatsache, welche sicher beweist, dass wenigstens ein Theil des mit der Milch ausgeschiedenen Fettes aus Kohlehydraten oder Eiweiss(?) oder vielleicht aus beiden gebildet worden ist. In wie weit dieses Fett in der Milchdrüse selbst direkt entsteht oder aus anderen Organen und Geweben mit dem Blute der Drüse zugeführt wird, lässt sich noch nicht entscheiden. Der Ursprung des Milchzuckers ist nicht bekannt. Müntz^) erinnert daran, dass eine Menge in dem Pflanzenreiche sehr verbreiteter StoflTe — Pflanzen- schleim, Gummi, Pektinstoflfe — als Zersetzuugsprodukt Galaktose liefern, und er glaubt deshalb, dass der Milchzucker bei den Pflanzenfressern durch eine Synthese aus Dextrose und Galaktose entstehen könne. Diese Eutstehungsweise Ursprung trifft aber jedenfalls für die Fleischfresser nicht zu', weil diese auch bei aus- schliesslicher Fütterung mit magerem Fleisch Milchzucker produziren können. Die Beobachtungen von Bert und Thierfelder ^), dass in der Drüse eine Muttersubstanz des Milchzuckers, ein Saccharogeu, vorkommen soll, können, da die Natur dieser Muttersubstanz noch unbekannt ist, keine weiteren Auf- schlüsse über die Entstehungsweise des Milchzuckers geben. Ob das oben 1) Compt. rend. Tome 102. 2) 1. c. des Milch- zackers üebergang fremder Stoffe. 399 (S. 377) besprochene Proteid, welches beim Sieden mit verdünnter Säure eine reduzirende Substanz giebt, zu der Milchzuckerbildung in irgend einer Beziehung steht, kann ebenfalls erst durch eingehendere fortgesetzte Untersuchungen er- mittelt werden. Im nächsten Anschlüsse an die Frage von den chemischen Vorgängen der Milchabsonderung steht die Frage von dem Uebergange fremder Stoffe in die Milch. Dass die Milch einen fremden, von dem Futter der Thiere herrührenden Geschmack annehmen kann, ist eine allbekannte Thatsache, welche schon an und für sich ein Zeugniss von dem Uebergange fremder Stoffe in die Milch ablegt. Von besonderer Bedeutung sind jedoch vor Allem die Angaben über den Üebergang solcher schädlich wirkenden Stoffe in die Milch, die mit der Milch dem Säuglinge zugeführt werden können. Unter solchen Stofien sind zu nennen : Opium und Morphin, welche nach grösseren Gaben in die Milch übergehen und auf das Kind einwirken sollen, ^fre^er^ Auch Alkohol soll in die Milch übergehen können, obwohl doch wahrscheinlich ^'"5^1^^ ^^ nicht in so grosser Menge, dass er eine direkte Wirkung auf den Säugling aus- üben könne ^). Nach Fütterung mit Schlempe glaubt man ebenfalls das Auf- treten von Alkohol in der Milch beobachtet zu haben. Unter den anorganischen Stoffen hat man Jod, Arsen, Wismuth, Antimon, Zink, Blei, Quecksilber und Eisen in der Milch gefunden. Bei Ikterus gehen weder Gallensäuren noch Gallenfarbstoöe in die Milch über. Unter krankhaften Verhältnissen hat man keine konstanten Veränderungen der Frauen- milch gefunden. In einzelnen Fällen hat man (Schlossberger-), Joly und FlLUOL^) zwar eine wesentlich aVjweichende Zusammensetzung beobachtet, aber es lassen sich hieraus keine bestimmten Schliisse ziehen. Auch die Veränderungen der Kuhmilch bei Krankheiten sind wenig studirt. Bei Tuberkulose des Euters fand Storch^) Tuberkelbacillen in der Milch und er fand ferner, dass die Milch im Verlaufe der Krankheit immer mehr mit einer serösen , dem Blutserum P'^ Milch ähnlichen Fliissigkeit verdünnt wird, so dass die Drüse zuletzt statt der Milch nur Blutserum heiten. oder eine seröse Flüssigkeit liefert. Die Milch an Rinderpest erkrankter Kühe fand HüSSON-') reich an Eiweiss aber bedeutend ärmer an Fett und (in schwereren Fällen) Zucker als nor- male ^lilch. Durcli die Eutwickelung von Mikroorganismen kann die Milch eine blaue oder rothe Farbe annehmen. . Konkremente in den Ausführungsgängen des Kuheuters sind nicht selten beobachtet. Sie bestehen überwiegend aus Calciumkarbonat oder aus Karbonat und Phosphat mit nur einer geringen Menge organischer Substanz. 1) Vergl. Klingemann, Vircuow's Arch. Bd. 126. 2) Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 96. 3) Cit. nach v. Gorüp-Bksanez, Lehrb. 4. Aufl. S. 438. 4) Die fraglichen Aiuilyscn linden sich in einem Aufsatze von Bang : Om Tuberkulose i Koens Yver og om tuberkulös Mälk. Nord. med. Arkiv. Bd. 16, auch Maly's .lahrcsber. Bd. 14. S. 170. ä) Compt. rend. Tome 73. Fünfzehntes Kapitel, Der Harn. Für die stickstoffhaltigen Stoffwechselprodukte wie auch für das Wasser und die gelösten Mineralstoffe ist der Harn das wichtigste Exkret des menschlichen Organismus und er muss also in vielen Fällen wichtige Aufschlüsse über den Ver- lauf des Stoffwechsels, seine Abweichungen in quantitativer und, beim Auftreten von fremden Stoffen im Harne, auch in qualitativer Hinsicht liefern können. Es muss ferner der Harn durch die chemischen oder morphologischen Bestand- theile, welche er aus Nieren, Harnleitern, Blase und der Harnröhre aufnehmen der Harn- kann , in mehreren Fällen uns gestatten , den Zustand dieser Organe zu be- urtheilen, und endlich giebt uns die Harnanalyse auch ein ausgezeichnetes Mittel in die Hände, die Frage zu entscheiden, in wie weit gewisse Heilmittel oder andere in den Organismus eingeführte fremde Substanzen resorbirt und inner- halb desselben chemisch umgewandelt worden sind. Besonders von dem letzt- genannten Gesichtspunkte aus hat die Harnanalyse sehr wichtige Aufschlüsse über die Natur der chemischen Prozesse innerhalb des Organismus geliefert, und die Harnanalyse ist deshalb auch nicht nur für den Arzt ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel, sondern sie ist auch für den Toxikologen und den physiologischen Chemiker von der allergrössten Bedeutung. Bei dem Studium der Se- und Exkrete sucht man gern die Beziehungen zwischen dem ehemischen Bau des absondernden Organes und der chemischen Zusammensetzung des von ihm abgesonderten Produktes zu erforschen. Mit Rücksicht auf die Nieren und den Harn hat die Forschung jedoch bis jetzt in dieser Hinsicht nur äusserst wenig geleistet. Ebenso fleissig wie die anato- mischen Verhältnisse der Nieren studirt worden sind, ebenso wenig ist ihre chemische Zusammensetzung Gegenstand mehr eingehender, chemischer Unter- suchungen gewesen. In den Fällen, in welchen eine chemische Untersuchung der Nieren unternommen wurde, hat sie sich auch im Allgemeinen mit dem Organe als solchem und nicht mit dessen anatomisch verschiedenartigen Theilen NicrfMi iii;il irari). -101 beschäftigt. Eine Aufzählung der bisher gefundenen chemischen Bestandtheile der Nieren kann also nur einen untergeordneten Werth haben. In den Nieren finden sich Eiweisskörper verschiedener Art. Nach Halli- jiURTOX^) enthält die Niere kein Albumin, sondern nur Glohidin und NnJdeo- albumin. Das Globulin gerinnt bei etwa -f- 52*^0. und das Nukleoalburain bei -|-63<'C. Der Gehalt des letzteren an Phosphor ist 0,37 ^/o. Nach L. LiEBERMAXN 2j enthält die Niere Lvcifhulhumln, und' er schreibt diesem Stoffe eine besondere Bedeutung für die Absonderung des sauren Harnes zu, indem er nämlich annimmt, dass das wie eine Säure wirkende Lecitlialbumin in den Zellen eine theil weise Zerlegung der alkalischen Salze des Blutplasmas unter Bindung des Alkalis bewirkt. Ausser den obigen Proteinsubstanzen und den . , . . . . Chemische Albumoiden der Bindesubstanzerruppe enthalten die Nieren auch einen mucin- Besund- . y. thcile der (iknJichen Stoff. Ob echtes Mucin in den Nieren vorkommt, ist dagegen noch Nieren, nicht sicher entschieden. Der mucinähnliche Stoff, welcher nach Lönnberg'*) ein Nukleolalbumin ist und beim Sieden mit Säuren keine reduzirende Substanz giebt, gehört hauptsächlich dem Papillartheile an, während die Kortikalsub- stanz reicher an einem nicht mucinähnlichen Nukleoalbumin ist. Fett kommt nur in geringer Menge in den Zellen der gewundenen Harnkanälchen vor. Unter den Extraktivstoffen der Nieren hat man ^antliinlcörper , ferner Harn- stoff und Harnsäure (spuren weise), GJylcoyen, Leucin, Inosit, TaHrin und Ci/stin (in der Ochsenniere) gefunden. Die bisher ausgeführten quantitativen Analysen der Nieren haben nur untergeordnetes Interesse. Oidtmann"*) fand in der Niere einer alten Frau 810,94 p. m. Wasser, 179,16 p. m. organische und 0,99 p. ra. anorganische Substanz. Die unter iiathologischen Verhilltuissen, bei der Hydrouephrose , sich ansaninielnde Flüssigkeit ist dünnflüssig, von schwaniieudem, aber im Allgemeinen niedrigem spez. Gewicht. Sie ist gewöhnlich strohgelb oder blasser, bisweilen fast farblos. Am häufigsten ist sie klar oder nur schwach trübe von weissen Blutkörperchen und Epitlielzeilen; in einzelnen Fällen Flüssiekeit ist sie aber so reich an Fornieleuienten, dass sie dem Eiier ähnlich wird. Eiweiss kommt bei Hydro- meistens in nur geringer Menge vor. Bisweilen fehlt es ganz, in einzelnen, selteneren Fällen r.ephrose. aber ist seine Menge fast ebenso gross wie im Blutserum. HarnstotF kommt, wenn das Paren- chym der Niere nur zum Theil atropliisch geworden ist, bisweilen in bedeutender Menge vor ; bei vollständiger Atrophie kann er gänzlich felilen. I. Physikalische Eigenschaften des Harnes. Konsistenz, Durclisichtig;keit, Gerucli und (ieschniack des Harnes. Der Harn ist unter physiologischen Verhältnissen dünnHüssig und giebt, wenn er mit Luft geschüttelt wird, einen bald vcr^r-hwindenden Schaum. Der Harn 1) Jourii. of Physiol. Vol. 13. Suppl. -) Pflügkk's Arch. Bdd. 50 u. 51. 3) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 20. S. 11. 1) Cit. nach v. Gorüp-Besanez, Lchrb. 4. Aufl. S. 732. H a mmarst 0 n , Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 26 402 Fünfzehntes Kapitel. des Menschen und der Fleischfresser, welcher regelmässig sauer reagirt, erscheint unmittelbar nachdem er gelassen ist klar und durchsichtig, oft schwach fluorescirend. Wenn er einige Zeit gestanden hat, enthält der Menschenharn ein leichtes Wölkchen (NuhecuJa), welches aus sogenanntem „Sehleim" besteht und meistens auch ein- zelne Epithelzellen, Schleimkörperchen und Uratköruchen enthält. Bei Gegen- wart von grösseren Mengen Uraten (harusauren Salzen) kann der Harn — wegen der grösseren Schwerlöslichkeit der letzteren bei Zimmer- als bei Körpertemperatur — beim Erkalten sich trüben und einen lehmgelben,, gelbgrauen, rosafarbigen oder oft ziegelrothen Niederschlag {Sedimentum Jatentium) absetzen. Diese Trübung Klarheit und verschwindet wieder bei gelindem Erwärmen. Bei neugeborenen Kindern ist Durchsich- ° . .1. tipkeit oder (1er Harn in den ersten 4—5 Tagen regelmässig von Epithelieu, Schleimkörper- Trübung des 11 ^ n o Harnes, chen, Harnsäure oder harnsauren Salzen getrübt. Der Harn der Pflanzenfresser, welcher regelmässig eine neutrale oder alkalische Reaktion hat, ist von Kar- bonaten der alkalischen Erden stark getrübt. Auch der Harn des Menschen kann bisweilen unter physiologischen Verhältnissen alkalisch sein. In diesem Falle ist er auch von Erdphosphaten trübe, und diese Trübung verschwindet zum Unterschiede von dem Sedimentum lateritium beim Erwärmen nicht. Der Harn hat einen durch Chlornatrium und Harnstoff bedingten salzigen und schwach bitterlichen Geschmack. Der Geruch des Harnes ist eigenthümlich aromatisch; die Stoffe, welche denselben bedingen, sind aber unbekannt. Die Farbe des Harnes ist normalerweise bei einem sp. Gewicht von 1,020 hellgelb. Sie hängt sonst von der Konzentration des Harnes ab und schwankt von blass strohgelb, bei geringem Gehalte an festen Stoffen, zu dunkel rothgelb Konten^ oder rothbraun bei sehr starker Konzentration, Von der Regel, dass die In- tration. j.gjjgjj.j^j. ^^^ Farbe mit der Konzentration parallel läuft, kommen unter patho- logischen Verhältnissen Ausnahmen vor, und eine solche Ausnahme bildet der diabetische Harn, welcher bei grossem Gehalte an festen Stoffen und hohem spez. Gewicht oft eine blassgelbe Farbe hat. Die Reaktion des Harnes hängt wesentlich von der Beschaffenheit der Nahruno- ab. Die Fleischfresser sondern einen sauren, die Pflanzenfresser einen Reaktion des neutralen oder alkalischen Harn ab. Setzt man einen Fleischfresser auf Pflanzen- kost, so kann sein Harn weniger sauer oder neutral werden, während umgekehrt der Pflanzenfresser beim Hungern, wenn er also auf Kosten seiner eigenen Fleisch- masse lebt, einen sauer reagirenden Harn absondern kann. Der Harn des gesunden Menschen hat bei gemischter Kost eine saure ReaUion, und die Summe der Säureäquivaknte überwiegt also in ihm die Summe der Basenäquivalente. Dies rührt daher, dass bei der physiologischen Reaktiondes Verbrennung innerhalb des Organismus aus neutralen Substanzen (Eiweiss u. a.) Harnes beim ° it-.ii i • i Menschen. Säuren vor allem Schwefelsäure, aber auch Phosphorsäure und organische Säuren wie Hippursäure, Harnsäure, Oxalsäure, aromatische Oxysäuren u. a. entstehen. Hieraus folgt dann weiter, dass die saure Reaktion nicht von einer Säure allein bedingt sein kann. Bis zu welchem Grade die eine oder andere Jleaklioii des Harnes 403 Säure an der sauren Reaktion sich i)etheiligt, weiss man nicht; da aber die Summe der Basenäquivalente die Summe der Aequivalente der anorganischen Säuren übertrifft oder iiir wenigstens gleich ist, dürfte die saure Reaktion zum allergrössten Theil von organischen Säuren und sauren Salzen herrühren. Am häufigsten begegnet man der Angabe, dass die saure Reaktion des Menscheu- liarnes von zweifach saurem Alkaliphosphat (Monophosphatj herrühren soll. Die Menge der sauer reagirenden Stoff'e oder Verbindungen , welche im Laufe von 24 Stunden mit dem Harne eliminirt werden, beträgt, wenn man sie als Oxalsäure oder Chlürwasserstoli':>äure berechnet, resp. 2 — 4 und 1,15 — 2,3 g. Die Beschaffenheit der Nahrung ist indessen nicht das einzige Moment, welches beim Menschen auf den Säuregrad des Harnes einwirkt. So kann z. B. nach der Aufnahme von Nahrung im Beginn der Mageuverdauuug, da eine grössere Menge von salzsäurehaltigem Magensaft abgesondert wird, der Harn neutral oder sogar vorübergehend alkalisch werden. Ueber den Zeitpunkt, wo die Maxima und Minima der sauren Reaktion auftreten, gehen die Angaben der verschiedenen Forscher leider ziemlich auseinander, was wohl auch zum Theil von verschiedener weich© den Individualität und verschiedenen Lebensverhältnissen der untersuchten Individuen beeinflassen. herrühren dürfte. Bei ganz gesunden Personen beobachtet man nicht selten, dass in den Vormittagsstunden ein neutraler oder sogar alkalischer, von Erd- phosphaten trüber Harn abgesondert wird. Die Wirkung der Muskelarbeit auf den Säuregrad des Harnes ist ebenfalls nicht ganz sicher festgestellt worden. Nach J. HoFFMAXN ') und Ringstedt"^) soll Muskelarbeit den Säuregrad er- hüben, nach Aducco'^) dagegen erniedrigen. Starke Schweissabsonderung soll den Säuregrad herabsetzen (Hoffmann). Beim Menschen und bei den Fleischfressern scheint der Säuregrad des Harnes nicht über eine bestimmte obere Grenze hinaus gesteigert werden zu können, selbst dann nicht, wenn Mineralsäuren oder schwerverbrennliche organische Säuren in grösserer Menge aufgenommen werden. Wenn nämlich der dem Organismus zu diesem Zwecke zur Verfügung stehende Vorrath an Karbonaten der fixen Alkalien nicht mehr ausreicht, um den Säureüberschuss zu binden, so wird aus von's»^ dem Eiweisse oder dessen Zersetzungsprodukten Ammoniak abgespaltet, welches den Säureüberschuss bindet und in den Harn als Ammoniaksalz übergeht. Bei den Pflanzenfressern scheint eine derartige Ammoniakabspaltung und Bindunc' des Säureüberschusses au Ammoniak nicht stattzufinden, und die Pflanzenfresser gehen deshalb auch bei Säurezufuhr bald zu Grunde. Dagegen kann tler Säure- grad des Menschenharnes leicht herabgesetzt werden, so dass die Reaktion neutral oder alkalisch wird. Dies findet nach Aufnahme von Karbonaten tier 1) Zur Semiologie des Harns. Inaiig.-Diss. ISerliu 1884. Vergl. Mai.y's Jahresber. Bd. 14. S 213. ■i) Vergl. JIaly's Jahresbcr. Bd. 20. S. 19G. ■i) Ebend. Bd. 17. S. 179. 26* 404 Fünfzehntes Kapitel. fixen Alkalien oder vou solchen pflanzensauren Alkalien — weinsauren, citronen- saureii und äpfelsaureu Alkalien — welche in dem Organismus leicht zu Kar- bonaten verbrannt werden, statt. Unter pathologischen Verhältnissen, wie bei der Resorption alkalischer Transsudate, kann der Harn alkalisch werden (Quincke^). Die Bestimmwu) des Säuregrades des Harnes kann nicht in gewöhnlicher Weise acidimetrisch geschehen, weil der Harn zweifach saures Phosphat, MHgPO^, neben einfach saurem Phosphat, Mg HPO4, enthält. Bei der Titration wird das zweifachsaure Phosphat nach und nach in M2HPO4 umgesetzt, und man erhält also eine Zeit lang ein Gemenge in wechselnden Verhältnissen von den zwei Phospiiaten, welches Gemenge nicht neutral sondern amphoter reagirt. Da mau nun fast allgemein dahin übereingekommen ist, die saure Reaktion des Harnes dem in ihm vorhandenen zweifach sauren Phosphate zuzuschreiben , so liegt es gewiss am nächsten , den Säuregrad des Harnes in Mengen des vorhandenen zweifach sauren Phosphates auszudrücken. Will man also den Säuregrad des Harnes als zweifach saures Phosphat oder noch einfacher als in diesem Salz enthaltenes Phosphorsäureanhydrid, P2O5, berechnen, so führt man die Titrirung nach dem von Maly und Hoffmann '^) angegebenen Prinzipe in folgender Weiseaus. Man versetztden Harn (100 — 200 ccm) mit einer genau abgemesseneu Menge Viertelnormalnatronlauge, welche mehr als hinreichend ist, um alle Phosphate in basische überzuführen, d. h. mit so viel Natronlauge, dass der Harn stark alkalisch reagirt. Dann setzt man eine ungefähr dreiviertelnormale BaCU-lösung (142,8 BaCl2,2H20 im Liter) in genau abgemessener Menge zu, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Auf diese Weise des Säure-" ist also sämmtliche Phosphorsäure aus dem Harne ausgefällt worden. Man grades. ßi^^-irt y^^x\ durch ein trockenes Filtrum, misst von dem Filtrate eine, 50 oder 100 ccm des ursprünglichen Harnes entsprechende Menge ab und titrirt unter Verwendung von Lackmuspapier mit Vierteluormalschwefelsäure bis zu neutraler Reaktion zurück. Zieht man die bei dieser Resttitrirung gefundene, restirende Menge Lauge von der dem fraglichen Harnvolumen ursprünglich zugesetzten Menge Lauge ab, so findet man als Diff*erenz diejenige Menge Lauge, welche erforder- lich war, um das vorhandene zweifach und einfach saure Phosphat in normales Phosphat überzuführen. Bezeichnet man diese Menge mit a und die Menge des in später anzugebender Weise bestimmten gesammten P2O5, in mg, in der fraglichen Harnmenge mit g, so findet man die auf das zweifach saure Phosphat entfallende Menge PgOg in mg s nach der Formel s = 11,1b a — g. Wenn z. B. in einem Falle zur Ueberführung der beiden Phosphate in normales Phosphat für je 100 ccm Harn 20 ccm Lauge erforderlich waren, während die Gesammtmenge des PyOg in 100 com Harn 275 mg war, so ist also s = 17,75 X 20 — 275 = 80 mg. Die Menge des P20g im einfach sauren Phosphate war also 195 mg. Nach LiEBLKiN-'^) giebt diese Methode etwas zu hohe Zahlen für das zweifach saure Phosphat. In Folge der Bildung von basischem Baryumphosphat 1) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 7. Suppl. 1884. ^) Maly, Zeitschr. f. anal. Cheni. Bd. 15. und F. TIofmanx, Arch. d. Heilkunde. Bd. 17. :?) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20. Bestimmung des Säaregradeß. 406 wird nämlich der Verbrauch an Lauge etwa? zu gro.ss. Lieblein empfiehlt auf Grund seiner Untersuchungen die folgende, von Freund') angegebene Methode, deren Prinzip folgendes ist. Man bestimmt in einer Harnprobe zuerst die Ge- sammtphosphorsäure durch Titration mit Uranlösung, fällt darauf in einer anderen Portion die Phosphorsäure des einfach sauren Salzes mit Chlorbaryum aus und bestimmt in einem Bruchtheil des Filtrates die in I^'isung zurück- gebliebene Phosphorsäure des Monophosphates durch Titration mit Uransalz. Zur Ausfällung der Phosphorsäure des einfach sauren Salzes verwendet man nach Lieblkin auf je KiO mg Gesaramtphosphorsäure 10 ccm einer Normalchlorbaryumlösung (122 g BaCl.j,2H.^0 im Liter), ergänzt darauf das Volumen zu lOU ccm und ninunt von dem Filtrate 50 ccm zur zweiten Phosphor- säurebestimmung. Bei der Fällung des Harnes mit BaClg bleiben etwa3^/o der„y^ , Phosphorsäure des einfach sauren Salzes als zweifachsaures Salz in Lösung und Freand und man muss also, um die richtigen Zahlen zu erhalten, die entsi^rechende Kor- rektion machen. Da ein Drittel der Phosphorsäure im zweifach sauren Phosphat an fixe Basis gebunden ist, so ist Lieblein, hinsichtlich der Berechnung der Acidität, der Ansicht, dass man nur zwei Drittel dieser Phosphorsäure für die Acidität des Harnes in Rechnung zu setzen hat. Freund undTOEPFER-) haben in der letzten Zeit eine Methode angegeben, welche die Bestimmung sowoiil der Acidität wie der Alkalinität des Harnes durch Titration mit — Natron- N lauge, bezw. — Salzsäure unter Anwendung von Phenolphthalein, alizarinsulfonsaurem Natron oder Poiriersblaulösung als Indikatoren ermöglicht. Die Unteisuchungen von LiEBLEIN'*! sprechen nicht zu Gunsten dieser Methode. Ein Harn, dessen alkalische Reaktion durch fixe Alkalien bedingt ist, hat in diagnostischer Hinsicht eine andere Bedeutung als ein Harn, dessen alkalische Reaktion von der Gegenwart von Ammoniurakarbonat herrührt. Im letzteren Falle handelt es sich nämlich um eine durch Mikroorganismen be- wirkte Zersetzung des Harnstoffes im Harne. Will man entscheiden, ob die alkalische Reaktion eines Harnes von Am- moniak oder fixen Alkalien herrührt, so taucht man ein rothes Lackmuspapier pj.j|f^jjj ^^ in den Harn ein und lässt es dann direkt an der Luft oder in gelinder Wärme Harnes auf eintrocknen. Rührte die alkalische Reaktion von Ammoniak her, so wird das Ammoniak. Papier wieder roth; rührte sie dagegen von fixen Alkalien her, so bleibt es blau. Das spezifische tiewicht des Harnes, welches von dem Verhalten der abgesonderten Wassermenge zu der Menge der festen Harnbestandtheile, vor allem des Harnstoffes und Kochsalzes, bedingt ist, kann sehr bedeutend g^^g^j^^ schwanken, ist aber gewöhnlich 1,017 — 1,020. Nach reichlichem Wassertrinken °®^J^^^®* kann es auf 1,002 herabsinken, während es nach reichlicher Schweissabsonde- rung oder nach Aufnahme von nur sehr wenig Wasser auf 1,035 — 1,040 an- steigen kann. Bei Neugeborenen ist das spez. Gewicht niedrig, 1.007 — 1,005. 1) Centralbl. f. d. med. Wisscnsch. 1892. S. 089. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. S. 84. 3) 1. C. 406 Fünfzehntes Kapitel. Die Bestimmung des spez. Gewichtes hat ihre grösste Bedeutung als Mittel die Menge der festen Stoffe, welche mit dem Harne den Organismus verlassen, kennen zu lernen, und aus diesem Grunde wird diese Bestimmung auch erst dann von wahrem Werth, wenn man gleichzeitig die während einer bestimmten Zeit abgesonderte Harnmenge genau bestimmt. Man soll also die zu verschie- denen Zeiten im Laufe von 24 Stunden gelassenen Harnportionen aufsammeln, zusammenmischen , die gesammte Tagesmenge messen und dann das spez. Ge- wicht bestimmen. Die Bestimmung des spez. Geivichtes geschieht am genauesten mittelst des Pyknometers. Für gewöhnliche Fälle kann das spez. Gewicht jedoch mit hinreichender Genauigkeit mittelst des Aräometers bestimmt werden. Oft sind die im Handel vorkommenden Aräometer, Urometer, von 1,000 — 1,040 gradirt; bei genaueren Arbeiten ist es jedoch besser, zwei Urometer zu benutzen, von Urometer. (^gnen das eine von 1,000 — 1,020 und das andere von 1,020—1,040 gradirt ist. Ein besonderes Urometer ist das HELLER'sche, welches in BAUME'schen Graden von 0 — 8 getheilt ist. Jeder solcher Grad entspricht sieben Graden des gewöhnlichen Urometers, und da der Nullpunkt des HELLER'schen Urometers der Zahl 1,000 auf dem gewöhnlichen entspricht, müssen also 1, 1,5, 2, 2,5, 3 u. s. w. Grade des HELLER'schen Urometers den spez. Gewichten von bezw. 1,007, 1,0105, 1,014, 1,0175, 1,021 u. s. w. entsprechen. Bei der Ausführung einer Bestimmung giesst man den klaren, nöthigen- falls filtrirten Harn, welcher, wenn er ein Uratsediment enthält, erst zur Lösung des Sedimentes gelinde erwärmt wird, in einen trockenen Glascylinder mit der Vorsicht jedoch, dass kein Schaum sich bildet. Luftblasen und Schaum müssen, wenn sie vorhanden sind, mit einem Glasstabe und Fliesspapier entfernt werden. Der Cylinder, welcher zu etwa '^Ib mit Harn gefüllt wird, soll so weit sein, dass das Urometer frei in der Flüssigkeit schwimmt und an keiner Stelle die \Yand berührt. Cylinder und Aräometer sollen beide trocken oder vorher mit dem Harne aus-, bezw. abgespült worden sein. Bei dem Ablesen bringt man das Auge in eine Ebene mit dem unteren Flüssigkeitsrande — was erreicht ist, sobald man den hinteren Rand der Flüssigkeitsoberfläche gerade nicht mehr sieht — und liest dann die Stelle ab, wo diese Ebene die Skala schneidet. Bei nicht richtiger Ablesung, sobald das Auge zu tief oder zu hoch liegt, erscheint die Oberfläche der Flüssigkeit in der Form einer Ellipse. Vor dem Ablesen drückt man das Urometer mit dem Finger um einige Theilstriche tiefer in den Harn herab, lässt es wieder aufsteigen und wartet mit dem Ablesen bis es ruhig steht. Ist die zur Verfügung stehende Harnmenge nicht genügend, um den Cvlinder bis zur nöthitjen Höhe zu füllen, so kann man, ie nach Umständen, stiTniunntr *^ , des spez. mit dem gleichen oder einem mehrfachen Volumen Wasser verdünnen. Dieses Gewichtes. Ygj.fahren giebt jedoch leicht nicht ganz genaue Resultate und bei kleinen Harnmengen bestimmt man das spez. Gewicht am besten mit dem Pyknometer. Jedes Urometer ist bei einer bestimmten Temperatur gradirt, welche auf dem Instrumente, wenigstens auf besseren Instrumenten, angegeben ist. Kann man nun mit der Ausführung der Bestimmung nicht warten, bis der Harn diese Temperatur angenommen hat, so muss man folgende Korrektion für die abweichende Temperatur machen. Für je drei Temperaturgrade über der Normal- temperatur muss man dem abgelesenen Werthe einen Aräometergrad zuzählen und Der Harostoff. 407 I für je drei Temperaturgrade unter derselben muss man von dem abgelesenen Werthe einen Aräometergrad abziehen. Wenn beispielsweise ein für -j- 15^ C. gradirtes Urometer in einem Harne von -|- 24*^ C. ein spez. Gewicht von 1,CH7 anzeigt, ist also das spez. Gewicht bei -f 15*^ C. = 1,017 -j- 0,003 = 1,020. II. Organische, physiologische Harnbestandtheile. Der Harnstoff, Ur, welcher gewöhnlich als Karbamid C0(NH2)o auf- gefasst wird, kann synthetisch auf verschiedene Weise, wie aus Karbonychlorid oder Kohlensäureäthyläther und Ammoniak: COCl^ + 2 NH3 = CO(NH2)2 -f 2 HCl, resp. (aH5),.0,,.C0 -\- 2 NH3 = 2 (C.^^.OH) -^- CO(NH.,)„ ferner ^^^n^' durch nietamere Umsetzung des Ammoniumcyanats (NH4).0.CN = C0(NH2);, (Wühler 1828) und auf viele andere Weisen erhalten werden. Er entsteht auch bei Zersetzung oder Oxydation von gewissen im Thierkörper gefundenen Stoffen, wie Kreatin und Harnsäure. Der Harnstoff kommt am reichlichsten im Harne des Fleischfressers und des Menschen, in geringerer Menge in dem der Pflanzenfresser vor. Die Menge desselben im Menschenharne ist gewöhnlich etwa 20 — 30 p. m. Er ist auch im Harne einiger Vögel und Amphibien in geringer Menge gefunden worden. Im Schweisse kommt Harnstoff in kleiner Menge und im Blute und den meisten des Harn- stoffos. thierischen Säften spuren weise vor. In Blut, Leber, Muskeln (v. Schroeder^) und Galle 2) von Haifischen kommt er doch sehr reichlich vor. Er findet sich ferner bei Säugethieren in gewissen Geweben oder Organen, vor Allem in der Leber und der Milz, in kleiner Menge auch in den Muskeln. Unter pathologischen Verhältnissen, bei gehinderter Exkretion, kann der Harnstoff in vermehrter Menge in thierischen Säften und Geweben auftreten. Die Menge Harnstoff, welche bei gemischter Kost p. 24 Stunden ab- gesondert wird, beträgt für erwachsene Männer ungefähr 30 g, für Frauen etwas weniger. Kinder sondern absolut weniger aber relativ, auf das Körper- gewicht berechnet, mehr Harnstoff als Erwachsene ab. Die physiologische Be- deutung des Harnstoffes liegt darin, dass dieser Stoff bei Menschen und Fleisch- fressern in quantitativer Hinsicht das wichtigste stickstofflialtige Endprodukt pischo"*!^'. der Umsetzung der Froteinstoffe darstellt. Aus diesem Grunde schwankt auch '|®^^"jofl^^^ die Grösse der Harnstoffausscheidung in hohem Grade mit der Grösse des Ei- weissumsatzes und in erster Linie mit der Menge des mit der Nahrung auf- genommenen, resorbirten Eiweisses. Die Harnstoffausscheidung ist am grössten nach einseitiirer Fleischnahruns; und am geringsten, sogar kleiner als beim Hungern, nach einseitiger Zufuhr von stickstoöYreien Stoffen, weil diese den Um- satz des Körperei weisses herabsetzen. 1) Zeitsclir. f. physiol. Chein. Hd. 14. 2) Nicht verüflentliclite Uiitersuchuug des Verf. 's. 408 Fünfzehntes Kapitel. Fällt das Eiweiss des Körpers einem gesteigerten Verbrauche anheim, so wird die HarnstofFbilduiig, wie z. B, in gewissen mit Fieber verlaufenden Krank- heiten, regelmässig vermehrt. Auch in anderen Fällen von gesteigerter Stick- stoffausscheidung, wie nach Vergiftungen mit Arsen, Antimon und Phosphor, bei verminderter Sauerstoffzufuhr — wie bei starker und anhaltender Dyspnoe, Vergiftung mit Kohlenoxyd, Blutungen u. s. w. — nahm man früher ohne Weiteres eine vermehrte Harnstoffausscheidung an, indem man nämlich keinen genauen Unterschied zwischen der Harnstoffmenge und der Gesammtstickstoff- menge machte. Die Unzulässigkeit eines derartigen Vorgehens ist durch die Unter- suchungen der letzteren Zeit völlig dargethan worden. Nachdem nämlich Pflüger und BoHLAND ') gezeigt hatten, dass diejenige Stickstoffmenge, welche im Harne Vermehrte in anderen Verbindungen als im Harnstoff vorkommt, unter physiologischen Stickstoff- , ° ' l J h ansscheid- Verhältnissen sogar 16°/o des gesammten Harnstickstoffes betragen kann, hat lüg. ^ _ O ' man seine Aufmerksamkeit immer mehr den relativen Mengenverhältnissen der verschiedenen stickstoffhaltigen Harnbestandtheile zugewendet und dabei ge- funden, dass dieses Verhältniss unter pathologischen Zuständen sich sehr be- deutend zu Ungunsten des Harnstoffes ändern kann. Ueber das Mischungs- verhältniss der Stickstoffsubstanzen im normalen Harne Erwachsener liegen zahl- reiche Bestimmungen von verschiedenen Forschern, wie Bohland^), E. Schtjltze^), Camerer*), Voges^), Mörner und SjöQvist^), Gumlich^) u. A. vor. Bei neu- geborenen Kindern in dem Alter von 1 — 7 Tagen hat SjöQVIST^) ähnliche Be- stimmungen ausgeführt. Aus allen diesen Analysen resultiren folgende Zahlen, A für Erwachsene und B für neugeborene Kinder. Von dem Gesaramtstick- stoffe kommen, in Prozenten, auf: X, AB Mengenver- tt . „• oi (,i -o -r- hältniss der HarnstoU 84 -Ül /3— (b Stickstoff- Ammoniak .... 2 — b 7,8 — 9,6 ^^^}^^_'' Harnsäure 1—3 3,0— 8,5 bestand- Uebr. N-haltige Subst. theile. (Extraktivstofte) . . 7—12 7,3-14,7 Auffallend ist die wesentlich verschiedene Relation zwischen Harnsäure- Ammoniak- und Harn Stoffstickstoff bei Kindern und Erwachsenen, indem nämlich der Harn jener bedeutend reicher an Harnsäure und Ammoniak und bedeutend ärmer an Harnstoff als der Harn dieser ist. In Krankheiten kann die Misch- i) Pfliger's Arch. Bcld 3<»nat. unter Bildung von Ammoniak zerfallen, und er nahm ferner an, dass das Am- niouiumkarbonat darauf durch Synthese in Harnstoff übergehe. Die Richtig- keit dieser letzteren Behauptung ist auch in der letzten Zeit vielfach bestätigt worden. Es liegen iiäinlieli von vielen Forschern, wie v. KxiERlEM*), Sal- 1) Zeitschr. f. Hidlogie. Hd. N. 'i) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 4 •■') Zeitschr. f. Biologie. Bd. 10. I) Ehend. Bd. 10. 410 Fünfzehntes Kapitel. KOWSKi^), Feder 2), J. Munk^), Coranda'*), Schmiedeberg und Fr. Walter^) und Hallerworden ^) Untersuchungen über das Verhalten der Ammoniaksalze im Thierkörper und die Ausscheidung des Ammoniaks unter verschiedenen Ver- hältnissen vor, und diese Untersuchungen haben gelehrt, dass Ammoniumsalze mit starken Säuren zwar im Organismus des Fleisch- und Pflanzenfressei's ver- schieden sich verhalten, dass dagegen das Ammoniumkarbonat oder solche Am- Harnstoff moniumsalze, die im Organismus zu Karbonat verbrannt werden, sowohl beim Ammoniak- Fleisch- wie beim Pflanzenfresser in Harnstoff sich umsetzen, Ueber das Or- gan, in welchem diese Harnstoffbildung stattfindet, haben die Untersuchungen V. Schröder's '^) Aufschluss gegeben. Beim Durchleiten von mit Ammonium- karbonat oder Ammoniumformiat versetztem Blut durch überlebende Huudelebern fand er nämlich eine sehr bedeutende Harnstoffbildung, und die Richtigkeit dieser, unter Beobachtung von genügenden Kautclen gemachten Beobachtungen ist durch weitere Untersuchungen von Salomon^) bestätigt worden. Die Harnstoff- bildung aus Ammoniumkarbonat ist als eine unter Austritt von Wasser statt- findende Synthese zu betrachten. Die Entstehung des Harnstoffes aus den Amidosäuren hat man indessen auch in anderer Weise zu erklären versucht. Schultzen und Nencki^) haben vor längerer Zeit die Ansicht ausgesprochen , dass die Amidoi^äuren im Thier- körper Karbaminsäure liefern, die dann in Harnstoff übergehen soll, und diese An- sicht ist später durch mehrere wichtige Beobachtungen gestützt worden. Drechsel*'') hat nämlich gezeigt, dass Amidosäuren bei ihrer Oxydation in alkalischer Flüssig- Hamstoff keit ausserhalb des Organismus Karbaminsäure liefern, und aus dem Ammonium- aus Amido- _ 1 1 1 1 1 1 1 /-\ säuren, karbamate hat er durch elektrische Wechselströme, also durch abwechselnde Oxy- dation und Reduktion, Harnstoff darstellen können. Der Nachweis von Karb- amat in geringer Menge im Blute ist Drechsel ebenfalls gelungen und er hat später zusammen mit Abel^^) die Karbaminsäure in alkalischem Pferdeharn nachgewiesen. Drechsel nimmt deshalb die Entstehung des Harnstoffes aus Ammoniumkarbamat an, und nach ihm kann man sich den Verlauf in folgender Weise, durch abwechselnde Oxydation und Reduktion, vorstellen. 1) Zeitschr. f. physiol. Ohein. Ij<1. 1. ^) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 13- :i) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. 4) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 12. y) Ebend. Bd. 7. (i) Ebend. Bd. 10. 7) Ebend. Bd. 15. 8) ViRCiiow's Arch. Bd. 5)7. •>) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 8. 10) Ber. d. sächs. Gesellsch. d. Wisseusch. 1875. Vergl. auch Journ. f. prakt. Cliem. (N. F.) Bdd. 12, 16 u. 22. n) Dn Bois-Reymond's Arch. .Jahrg. 1891. S. 236. Karbamat. Entstehung des HarnstofTes. 411 H4N . O . CO . NU, + O = HoN . O . CO . XH, + lUO und Amnion iuuikarbaniat lIoN . O . CO . NIF, + H, — ir,N . CO . Nil,, -j- IL.O IlarnstofV Abel und MuiRiiEAD ') haben später ein reichlicheres Auftreten von Karb- aminsäure im Menschen- und Hundeharn nach Einnahme von grösseren Mengen Kalkmilch beobachtet, und endlich ist das regelmässige Vorkommen dieser Säure in normalem, sauer reagircndem Menschen- und Hundeharn von M. Nencki und Hahn 2) sehr wahrscheinlich gemacht worden. Die zwei letztgenannten Forscher haben ferner durch Beobachtungen an Hunden mit EcK'schen Fisteln eine wichtige Stütze für die Ansicht von einer Harnstoffbildung aus Ammonium- karbanuit geliefert. Bei der EcK'schen Fisteloperation wird die Vena portae nahe am Leberhilus untergebunden, an die Vena cava inferior festgenäht und eine Oeffhung zwischen beiden Venen etablirt, so dass das Pfortaderblut mit Um- Entetehung gehung der Leber direkt in die Vena cava fliesst. Bei in dieser Weise von sfoffes"ao» Pawlow und Massen operirten Hunden beobachteten Nencki und Hahn heftige Vergiftungssymptome, die fast ganz identisch mit denselben waren, die nach Einführung von Karbamat in das Blut zum Vorschein kamen. Diese Sytnptome traten auch nach Einführung von Karbamat in den ]\Iagen auf, während das in den Magen normaler Hunde eingeführte Karbamat wirkungslos blieb. Da die Verff. ferner die Harne der operirten Hunde reicher an Karbamat als die der normalen fanden, leiten sie die beobachteten Symptome von der Nichtum- wandlung des Ammoniumkarbamates in Harnstoff in der Leber her, und sie betrachten das Ammouiumkarbamat als diejenige Substanz, aus welcher in der Säugethierleber der Harnstoff entsteht. Die Ansicht von der Entstehung des Harnstoffes aus AmmoniunikarbamaL steht übrigens nicht im Widerspruch mit der obigen Ansicht von der Umwand- lung des Karbonates in Harnstoff; denn man kann sich auch vorstellen, dass das Karbonat erst durch Austritt von einem Molekül Wasser in Karbamat sich umsetzt, welches dann durch Austritt von einem zweiten Wassermoleküle in Harnstoff übergeht. Ausser den nun genannten giebt es übrigens auch andere Theorien für die Harnstoffbildung, auf die indessen hier nicht näher eingegangen werden kann, denn das Einzige, was bisher ganz sicher bewiesen wurde, ist eine Harnstoffbildung aus Ammoniakverbindungen in der Leber. Die Frage, in welchem Organe der Harnstoff gebildet wird, i.-^t aucli Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Durch die Arbeiten zahlreicher 1) Areh. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 31. -) M. IT.VHN, V. Masskn, U. Nkncki ot .1. P.vwi.ow, I^i listulo d'Kok de hi voiuc cave inforieur et de hi vcinc i)orte ete. .Vreh. des sciences biol. de St. Petcrsbourg. Tome 1. Nr. 4. 1892. 412 Fünfzehntes Kapitel. Forscher, Prevost und Dumas, Meissner, Voit, Gr^iiant, Gsoheidlen, Sal- KOWSKi und V. Schröder^) weiss man, dass die Exstirpation der Niereu eine bedeutende Vermehrung der Harnstoffnienge in dem Blule zur Folge hat und dass die Niere also, wenn sie überhaupt Harnstoff produzirt, jedenfalls nicht Ort der das einzige Organ der Harnstoff bildung sein kann. Durch an überlebenden Harnstoff- o o o bildung. Organen angestellte Versuche, welche den obengenannten Versuchen an über- lebenden Lebern analog sind, hat v. Schröder ferner gezeigt, dass weder die Nieren noch die Muskeln oder die übrigen Gewebe der unteren Extremitäten beim Hunde die Fähigkeit haben, Harnstoff aus Ammouiumkarbonat zu erzeugen. So weit bisher bekannt, ist also die Leber das einzige Organ, in welchem eine Harnstoffbildung aus Ammoniumverbindungen von statten geht, und es fragt sich also, welche Bedeutung diese, in der Leber stattfindende Harnstoff- synthese hat. Wird aller Harnstoff oder die Hauptmenge desselben aus Am- moniakverbindungen in der Leber gebildet? Auf diese Frage kann man gegenwärtig keine befriedigende Antwort geben. Wenn der Harnstoff' in der Leber aus Aniraoniuraverbindungen entsteht, so hat man zu erwarten, dass bei Verödung oder Ausschaltung der Leber eine ver- Harnstoff- minderte oder aufgehobene Harnstoffbildung und dementsprechend eine gesteigerte der Leber" Ammoniakausscheidung vorkommen soll. Die normale Relation zwischen Am- moniak und Harnstoff im Harne muss in diesen Fällen also wesentlich ver- ändert werden. Um zu prüfen, inwieweit dies der Fall sei, hat man theils Ver- suche an Thieren und theils Harnuntersuchungen bei leberkranken Menschen ausgeführt. Die an Thieren nach verschiedenen Methoden von Nencki und Hahn 2), Slosse^) und Lieblein*) angestellten Au^schaltungs- oder Verödungsversuche haben gelehrt, dass zwar bisweilen eine ziemlich stark vermehrte Ammoniak-, bezw. etwas verminderte Harnstoffausscheidung als Folge der Operation auftritt, dass es aber auch Fälle giebt, in welchen trotz ausgedehnter Leberverödung noch eine reichliche Harnstoffbildung stattfindet und keine oder wenigstens keine namhafte Aenderung in dem Verhältnisse des Ammoniaks zum Gesammtstick- stoff und Harnstoff zum Vorschein kommt. Zu ähnlichen Resultaten führten auch die an Menschen mit Leberkrank- heiten gewonnenen Erfahrungen. Es liegen in dieser Hinsicht zahlreiche Unter- suchungen von vielen Forschern, wie von Hallerworden ^) , Stadelmann''), 1) Arch. f. exp. l'atli. u. rhariii. Bdd. 15 u. 19. Hinsichtlieh der hier oben citirten Forscherund der älteren Litteratur über diesen Gegenstand kann auf die Arbeit v. Scheöder's wie auch auf VoiT, Zeitschr. f. lUologie. Bd. 4, hingewiesen werden. 2) 1. c. 3) Du Bois-Rkymond's Arch. Jahrg. 1890. 4) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 32. 5) Ebend. Bd. 12. ß) Deutsch. Arcl). f. klin. Med. Bd. :J3. HarnstofiFbildung. Eigenschaften. 413 Fkänkel^), Fawitzki^), Mörnek und Sjöqvist^), Gumlich^), v. Noorden^j, Weintkaud^), Münzer') und Winterberg ^) u. A., über den Harn bei Leber- cirrhose, akuter gelber Leberatrophie und Phosphorvergiftuug vor. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, dass in einzelnen Fällen die Mis^chung der Stick, stoff'substanzen derart verändert wird, dass der Harnstoff nur 50 — 60"/o des Gesammtstickstoffes beträgt, während in anderen Fällen dagegen selbst bei sehr umfangreicher Verödung der Leberzellen eine nicht herabgesetzte HarnstofTbild- ung n)it nicht wesontlicli veränderter Relation zwischen Gesammtstickstoff, Harn- Harnstoff- . . bilduni; und Stoff und Atnraoniak fortbestehen kann. Und selbst in den Fällen, in welchen Leberkrank- heiton. die Harnstoti'biiduiig relativ herabgesetzt und die Ammoniakausscheidung be- deutend vermehrt ist, darf man nicht ohne Weiteres eine herabgesetzte harnstoff- bildende Fähigkeit des Organismus annehmen. Die vermehrte Ammoniakaus- scheidung kann nämlich , wie besonders Münzer für die akute Phosphorver- giftung dargethan hat, einfach daher rühren, dass in Folge des abnorm verlaufenden Stoffwechsels Säuren in abnorm grosser Menge gebildet werden, die dann, dem später zu erwähnenden Gesetze der Ammoniakausscheidung gemäss, zu ihrer Neutralisation eine grössere Ammoniakmenge in Anspruch nehmen. Man ist also gegenwärtig nicht zu der Annahme berechtigt, dass die Leber das einzige Organ der Harnstoffbildung sei, und über den Umfang und die Bedeutung der Harnstoff bildung aus Ammoniakverbindungen in der Leber müssen fortgesetzte Untersuchungen weitere Aufschlüsse geben. Eigenschaften mid lieaktionen des Harnstojfes. Der Harnstoff krystallisirt in Nadeln oder in langen, farblosen, vierseitigen, oft innen hohlen, wasserfreien, rhombischen Prismen von neutraler Reaktion und kühlendem, salpeterartigem Geschmack. Er schmilzt bei 130 — 132° C., zersetzt sich aber schon etwas bei 100° C. Bei gewöhnlicher Temperatur löst ersieh in der gleichen Gewichts- Eipen- ^ i- o Schäften und menge Wasser und in fünfTheilen Alkohol. Von siedendem Alkohol erfordert Reaktionen dos Harn- er einen Theil zur Lösung; in wasser- und alkoholfreiem Aether ist er unlöslich, Stoffes. ebenso in Chloroform. Erhitzt man Harnstoff in Substanz in einem Reagenzrohre, so schmilzt er, zersetzt sich, giebt Ammoniak ab und hinterlässt zuletzt einen undurchsichtigen, weissen Rückstand, welcher unter anderem auch Cyanursäure, und Biiiret enthält und welcher, in Wasser gelöst, mit Kupfersulfat und Alkali 1) Berlin, kliii. Wochensclir. .lahrrr. 1878 und 1892. 2) Deutseli. Arch. f. klin. Med. Bd. iö. 3) Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 2, vergl. auch S.IÖQVIST, Nord. med. Arkiv. .lalirg. ' c . aoKen mit Diese Verbindung liegt der LiEBio'schen Titrirmethode zu Grund. Der Harn- Salzen. Stoff verbindet sich auch mit Salzen zu meist krystallisirenden Verbindungen, so mit Chlornatrium, den Chloriden schwerer Metalle u. s. w. Von Queck- silberchlorid wird eine alkalische, nicht aber eine neutrale Harnstofflösung gefällt. Die ^[ethode zur Darstellung des Harnstoffes aus dem Harne ist in den Hauptzügen folgende. 'Man konzentrirt den, nöthigenfalls sehr schwach mit Schwefelsäure angesäuerten Harn bei niedriger Temperatur, setzt dann Salpeter- säure im Ueberschuss unter Abkühlen zu, presst den Niederschlag stark aus, zerlegt ihn in Wasser mit eben gefälltem Baryumkarbonat, trocknet im Wasser- bade ein, extrahirt den Rückstand mit starkem Alkohol, entfärbt wenn nöthig mit Thierkohle und filtrirt warm. Der beim Erkalten auskrvstallisireude Harn- ^ars'eiinDg *■. . "®s Harn- stoff kann durch Umkrystallisiren aus warmem Alhohol gereinigt werden. Aus btotfes. der Mutterlauge kann man weitere Mengen Harnstoff durch Konzentriren u. s. w. erhalten. Von verunreinigenden Mineralstoffen reinigt man den Harnstoff durch Auflösung in Alkohol-Aether. Handelt es sich nur um den Nachweis des Harn- stoffes im Harne, so i.st es genügend, eine kleine Menge Harn auf einem Uhr- gläschen zu konzentriren und nach dem Erkalten mit überschüssiger Salpeter- säure zu versetzen. Man erhält dann einen Krystallbrei von salpetersaurem Harnstoff. Quantitative Bestimmung des Harnstoffes im Harne. Die zu diesem Zwecke ersonnenen Methoden sind theils solche, welche, wie die LiEBio'sche Titrirmethode und die Methoden von Heln'tz und Ragsky, bezw. von Kjehldahl, eigentlich Methoden zur Bestimmung des Gesammtstickstoffes sind, und theils „ .. . solche, welche, wie die Methoden von Buxsen, Kxop-Hüfxer und ^Iökner- "^®L"*™" SjöQvist eine gesonderte Bestimmung des Harnstoffes bezwecken. Unter diesen ™°°5- Methoden können hier nur die LiEBio'sche Methode, welche von dem Arzte vielleicht noch viel angewendet wird, und die MoRXER-SjöQvisx'sche Methode ausführlicher abgehandelt werden. Bezüglich der anderen, welche nur in den Hauptzügen hier besprochen werden können, wird auf ausführlichere Hand- bücher hingewiesen. Die LiEBio'sche Titrirmethode gründet sich darauf, dass eine ver- dünnte Lösung von Merkurinitrat unter günstigen Verhältnissen allen Harn- stoff als eine Verbindung mit konstanter Zusammensetzung ausfällen kann. Als Indikator wird dabei eine Sodalösung oder auch ein dünner Brei von mit ^""^IP ,**®'' o ^ Liebte - Wasser aufge>chlämmtem Natriumbikarbonat benutzt. Ein Ueberschuss von schon Titrir- Merkurinitrat giebt hiermit eine gelbe oder gelbbraune Verl)indung, während "'^ die Harnstoffquecksilberverbindung weiss ist. Die näheren Betiingungen für die volle Brauchbarkeit der Methode sind von Pflüger') angegeben worden, unti 1) PflCger und Pfiager und Roul.vnd in l'rr.i ckk's .Vrch. IMd. 21, .*J0. .'}7 n. -k). _j.lg Fünfzehutes Kapitel. es wird deshalb hier auch nur die PPLÜGER'sche Modifikation der LiEBiG'schen Methode beschrieben. Von der Merkurin itratlösung wird auch die Phosphorsäure gefällt und diese letztere muss deshalb vor der Titrirung durch Zusatz einer Barytlösung zum Harne entfernt werden. Es muss ferner während der Titrirung nach Zu- satz der Quecksilberlösung die saure Reaktion durch Zusatz einer Sodalösung in der von Pflüger näher angegebenen Weise abgestumpft werden. Die zu der Titrirung erforderlichen Lösungen sind also folgende: 1. Merkurinitratlösung. Diese Lösung ist für eine 2 "/oige Harii- stofFlösung berechnet, und es sollen 20 ccm der ersteren 10 ccni der letzteren ent- sprechen. Jedes ccm der Quecksilberlösung entspricht also 0,010 g Harnstoff. Die Merkuri- püj. (j^s Auftreten der Endreaktion (mit Alkalikarbonat, resp. Bikarbonat) ist nitratosung.^^^^^^ stets ein kleiner Ueberschuss von HgO in dem Harngemenge nothwendig, und in Folge dessen muss jedes ccm der Quecksilberlösung 0,0772 statt 0,0720 g HgO enthalten. Die Quecksilberlösung enthält also im Liter 77,2 g HgO. Man kann die Lösung aus reiuem Queciisilber oder aus Quecksilberoxyd durch Auf- lösen in Salpetersäure bereiten. Die von überschüssiger Säure soweit möglich befreite Lösung verdünnt man durch vorsichtigen Zusatz von Wasser unter Umrühren bis das spez. Gewicht bei -f 200 C. 1,10 oder eiu wenig höher ist. Mau bestimmt daun den Titer der Lösung mittelst eii'.er 2prozentigen Lösung von reinem, über Schwefelsäure getrocknetem Harnstott" Darstellung und verfährt dabei in der unten bei Besprechung des Titrirverfahrens anzuführenden Weise, der Merknri- Man korrigirt darauf die Lösung, wenn sie zu konzeutrirt ist, durch vorsichtigen Zusatz der nitratlösung. erforderlichen Menge Wasser, wenn dies ohne Ausscheidung von basischem Salz geschehen kaun, und titrirt von Neuem. Die Lösung ist richtig, wenu nach Zusatz in einem Strahle von 19,8 ccm zu 10 ccm der Harnstoft'lösung und unmittelbar darnach folgendem Zusatz der zur fast voll- ständigen Neutralisation erforderlichen Menge Normal-odalösung (es sind hierzu zwischen 11 und 12 ccm oder nur wenig mehr erforderlich) die Eudreaktion (nach Zusatz von je '/lo ccm nach dem andern ohne darauffolgende Neutralisation mit Sodalösung) gerade nach Zusatz von 20 ccm Quecksilberlösung zum Vorschein kommt. Baryt- 2. Barytlösung. Diese soll aus 1 Vol. Baryumnitrat- und 2 Vol. lösnng. Barythydratlösung, beide bei Zimmertemperatur gesättigt, bestehen. 3. Normalsodalösung. Diese Lösung soll im Liter 53 g wasserfreies, reines Natriumkarbonat enthalten. Nach Pflüger ist es genügend, eine solche Lösung von der Dichte 1,053 zu bereiten. Man be.stimmt darauf durch Titration Normalsoda- mit einer reinen, 2'^/oigen Harnstofflösung diejenige Menge Sodalösung, welche °^""^' zur fast vollständigen Neutralisation der beim Titriren freiwerdender Säure er- forderlich ist. Der Bequemlichkeit halber kann man die so für je 10 — 35 ccm Quecksilberlösung gefundenen Mengen Sodalösung tabellarisch aufzeichnen. Bevor man zur Ausführung der Titrirung geht, muss man Folgendes be- achten. Die Chlorverbindungen des Harnes wirken dadurch störend auf die Titrirung ein, dass sie mit einem Theil der Merkurinitratlösung zu Quecksilber- chlorid sich umsetzen, von welchem der Harnstoff nicht gefällt wird. Man entfernt deshalb die Chloride aus dem Harne mit Silbernitratlösung, und das- Auf die Ti- selbe gilt auch von im Harne etwa vorhandenen Brom- und Jodverbindungen. sVSd Enthält der Harn Eiweiss in nennenswerther Menge, so muss dieses durch '''rkendo Koagulation mit Essigsäurezusatz entfernt werden, wobei jedoch darauf zu achten ist, dass die Konzentration und das Volumen des Harnes hierdurch nicht ge- ändert werden. Enthält der Harn in Folge einer alkalischen Gährung Am- moniumkarbonat in nennenswerther Menge, so kann diese Titrirmethode über- haupt nicht in Anwendung kommen. Ebenso darf der Harn nicht Leucin, Tyrosin oder von Merkurinitrat fällbare, medikamentöse Stoffe enthalten. Titriruug auf Harnstoif. 417 In den Fällen, in welchen der Harn frei von Eiweiss oder Zucker und nicht besonders arm an Chloriden ist, lässt sich aus dem sp. Gewichte des Harnes der Gehalt desselben an Harnstoff und also die zurTitrirung erforder- liche ungefähre Menge Merkurniitratlösung ziemlich annähernd abschätzen. Ein sp. Gewicht von 1,010 entspricht also etwa 3 0 p. m., das sp. Gewicht 1,015 spez. Ge- nieist etwas weniger als 15 p. m. und das sp. Gewicht 1,015 — 1,020 etwa wicht und 15—20 p. m. Harnstoff. Bei einem sp. Gewichte, welches höher als 1,020 ist, Harnstot enthält der Harn wohl regelmässig mehr als 20 p. m, Harnstoff, und oberhalb dieser Grenze steigt der Harnstoffgehalt viel rascher als das sp. Gewicht, so dass jener bei einem sp. Gewichte von 1,030 über 40 p. m. betragen kann. In einem Fieberharne mit einem sp. Gewichte von mehr als 1,020 finden sich bisweilen 30 — 40 p. m. Harnstoff oder mehr. Vorbereitungen zur Titrirung. Ist wegen des gefundenen, hohen spezifischen Gewichtes des Harnes ein grosser Harnstoffgehalt desselben anzu- nehmen, so verdünnt man erst den Harn mit einer genau abgemessenen Menge Wasser, so dass der Gehalt an Harnstoff jedenfalls unter 30 p. ra, liegt. Li einer besonderen Portion desselben Harnes bestimmt man dann nach irgend einer der später anzuführenden Methoden den Gehalt an Chlor und annotirt die hierzu erforderliche Anzahl ccm Silbernitratlösung. Darauf mischt man eine grössere Menge Harn, z.B. 100 ccm, mit dem halben oder, falls dies zur voll- ständigen Ausfällung der Phosphorsäure und Schwefelsäure nicht hinreichend voibereit- sein sollte, dem gleichen Volumen Barytlösung, lässt einige Zeit stehen und ont'enßrdie filtrirt dann durch ein trockenes Filtrum den Niederschlag ab. Von dem Fil- '^"™°^- träte misst man nun eine passende, etwa 60 ccm des ursprünglichen, bezw. mit Wasser verdünnten Harnes entsprechende Menge ab und neutralisirt genau mit Salpetersäure, welche aus einer Bürette zugesetzt wird, damit die zur Neutrali- sation erforderliche Menge Säure genau gemessen werden könne. Das neutra- lisirte Harnbarytgemenge versetzt man darauf mit der zur vollständigen Aus- fällung der Chloride erforderlichen, aus der obigen Bestimmung bekannten Menge Silbernitratlösung. Das Gemenge, dessen Volumen also fortwährend genau be- kannt ist, filtrirt man nun durch ein trockenes Filtrum in eine Flasche hinein und von dem Filtrate misst man zu jeder Titrirung eine, 10 ccm des ursprüng- lichen (bezw. mit Wasser verdünnten) Harnes entsprechende Menge ab. Ausführung der Titrirung. Von der Quecksilberlösung lässt man in einem Strahle fast die gesammte Menge, welche nach dem sp. Gewichte zu urtheileu als Minimum zugesetzt werden darf, zufliessen und fügt unmittelbar darauf die nach der empirischen Tabelle erforderliche Menge Sodalösung zu. Nimmt das Gemenge dabei eine gelbliche Farbe an, so ist zu viel Quecksilber- lösung zugesetzt worden, und man muss eine neue Bestimmung machen. Wenn die Probe dagegen weiss bleibt und wenn ein herausgenonunener Tropfen, wenn man ihn auf einer Glasplatte mit schwarzer Unterlage mit einem Tropfen eines AnsfuhruDg dünnen Breies von Natriunibikarbonat anrührt, keine gelbliche Farbe annimmt, '^"'uni*"'^' so fährt man mit dem Zusätze der Quecksilberlösung fort, indem man erst je einen halben und später je 0,1 ccm zusetzt und nach jedem Zusatz in folgender Weise prüft. Auf eine Glasplatte mit schwarzer Unterlage bringt man einen Tropfen des Gemenges und neben ihn einen kleinen Tropfen des Bikarbonat- breies. Ist die Farbe nach dem Zusanunenfliessen und dem Unu-ühren beider Tropfen nach einigen Sekunden noch weiss, so muss mehr Quecksilberlösung zugesetzt werden ; ist sie dagegen gelblich, so ist man — wenn man nicht durch unvorsichtige Arbeit schon zu viel zugesetzt hat — dem richtigen Werthe bis Hammarston, Physiologische Chemie. IJritte Auflage. o~ 418 Fünfzehntes Kapitel. auf einige Zehntel com nahe gekommen. Durch diese annähernde Bestimmung, welche wohl in vielen Fällen für praktische Zwecke genügend sein könnte, hat man also erfahren, wie viel Quecksilberlösung im Minimum der fraglichen Menge Harnfiltrat zugesetzt werden muss, und man schreitet nun zu der endgiltigeu Bestimmung. Man misst also wieder eine, lOccmdes ursprünglichen Harnes entsprechende Menge Filtrat ab, lässt dieselbe Menge Quecksilberlösung, welche im vorigen Versuche bis zur Endreaktion verbraucht wurde, in einem Strahle zufliessen und setzt unmittelbar darnach die entsprechende Menge Sodalösung zu, wobei die Mischung nicht direkt die Endreaktion zeigen darf. Von der Quecksilber- lösung setzt man dann je 0,1 ccm nach dem andern ohne Neutralisation mit Normalsodalösung zu, bis ein aus der Mischung genommener Tropfen in Be- Ausfiihrung rührung mit Sodalösung gelb wird. Erhält man schon nach Zusatz von 0,1 — 0,2 ccm TitriruDK diese Endreaktion, so kann man die Titrirung als beendet betrachten. Ist da- gegen eine grössere Menge erforderlich, so muss man mit dem Zusätze der Quecksilberlösung fortfahren, bis die Endreaktion mit einer Lösung von ein- fachem Karbonat erhalten wird, und dann eine neue Titrirung mit Zusatz in einem Strahle von der zuletzt verbrauchten gesammten Menge Quecksilberlösung wie auch der entsprechenden Menge Normalsodalösung machen. Ist man auf diese Weise so weit gekommen, dass zur Erhaltung der Endreaktion nur noch ^/lo ccm erforderlich ist, so kann man die Titrirung als fertig betrachten. Misst man zu jeder Titrirung eine Menge Harnbarytfiltrat ab, welche 10 ccm Harn entspricht, so wird die Berechnung (da 1 ccm Quecksilberlösung 10 ragm Harnstoff entspricht) sehr einfach. Da indessen die Quecksilberlösung auf eine 2^lo\ge Harnstoff lösung gestellt ist, das Harnbarytfiltrat dagegen in der Regel ärmer an Harnstoff ist (wenn man von Anfang an einen konzen- trirten Harn mit Wasser verdünnt, so kann man den Fehler, welcher aus einem grösseren Harnstoffgehalt als 2 ^lo in dem Filtrate erwächst , leicht ver- ^er*^Resui^ meiden), so entsteht hierdurch ein Fehler, den man jedoch nach Pflüger in täte der folgender Weise korrigiren kann. Man addirt zu dem für die Titrirung ab- I nrung. ggjj^ggggygjj Volumcn Harnfiltrat (Harnbarytfiltrat nach Neutralisation mit Sal- petersäure, Fällung mit Silbernitrat und Filtration) die verbrauchte Menge Normalsodalösung und zieht von dieser Summe das Volumen der verbrauchten Quecksilberlösung ab. Den Rest raultiplizirt man mit 0,08 und zieht das Pro- dukt von den verbrauchten ccm Quecksilberlösung ab. Wenn man z. B. in einem Falle von dem Filtrate (Plarnbarytfiltrat -[- Salpetersäure -f" Silber- nitratlösung) 25,8 ccm abgemessen und bei der Titration 13,8 ccm Soda- lösung und 20,5 cc Quecksilberlösung verbraucht hatte, so erhält man also: 20,5 — {(39,6 — 20,5) X 0,08} = 20,5 — 1,53 = 18,97, und die korrigirte Menge der Quecksilberlösung ist also = 18,97 ccm. Entsprachen in diesem Falle wie gewöhnlich die abgemessenen ccm des Harnbarytfiltrates (in diesem Falle 25,8 ccm) 10 ccm des ursprünglichen Harnes, so war die Harnstoffmenge: 18,97 X 0,010 = 0,1897 g = 18,97 p. m. Harnstoff. Von der Quecksilberlösung werden nicht nur der Harnstoff, sondern auch andere stickstoffhaltige Harnbestandtheile gefallt. Durch die Titrirung findet man also eigentlich nicht die Menge des Harnstoffes, sondern vielmehr, wie Pflüger gezeigt hat, die Gesammtmenge des Harnstickstoffes, in Harnstoff' ausgedrückt. Da der Harnstoff' 4G,07 *^/o N enthält, kann man also aus der gefundenen Harnstoffmenge die Gesammlmeiige des Harnstickstoff'es berechnen. Harnstoff bestimm ung nach BCNSEX. 419 Die nach der LiERiG-PFLÜGER'schen Titrirmethodc gefundenen Zahlen für den Gesammtstickstoff stimmen, wie Pflügkr gezeigt hat, gut mit denjenigen Zahlen ühcrein, welche man nach der für Harn.~tofi"i)e>timmungen zuerst (1860) von Almen ') angewendeten, von PflCgeh und Boiiland-) etwas abgf-änderten KjEHLDAiiL'schen Methode'^) erhält. Diese Methode besteht darin, dass man j't.Nu'' TT • • (-• 1 • 1 1 oani scno den Harn emige btunden mit überschüssiger konzentrirter oder rauchender Methode. Schwefelsäure (5 ccra Harn und 40 ccm Schwefelsäure) erhitzt, bis aller Stickstx)ff in Ammoniak übergeführt worden ist, darauf nach Zusatz von überschüssiger Katronlauge das Ammoniak in eine titrirte Schwefelsäure überdestillirt und durch Resttitrirung die Menge des gebildeten, überdestillirten Ammoniaks be- stimmt. Harnstoffbestimmung nach Bunsen*), Das Prinzip dieser Methode besteht darin, dass man den Harn oder die HarnstofTlösung in einem zuge- geschmolzenen Rohre bei höherer Temperatur mit einer alkalischen Chlorbaryum- lüsung erhitzt. Der Harnstoff spaltet sich dabei in Kohlensäure und Ammoniak, welche je für sich gesondert bestimmt werden können. Diese Methode ist von Pflüger und seinen Schülern, Bohlaxd und Bleibtreu ^), sehr genau geprüft und wesentlich verbessert worden. Es hat dabei sich herausgestellt, dass die Methode sehr genaue Resultate geben kann, wenn man erst die übrigen stick- Hamstoff- stofThaltigen Harnbestandtheile mit einem Gemenge von Salzsäure und Phos- bestimmong phorwolframsäure fällt, dann mit Kalkmilch das Filtrat schwach alkalisch uansen. macht und zuletzt im zugeschmolzenen Rohre mit alkalischer Chlorbaryndösung erhitzt. Man kann nun theils die Kohlensäure und theils das Ammoniak (durch Destillation mit Magnesia, Auffangen des Ammoniaks in Säure und Rest- titrirung) bestimmen. Im letzteren Falle muss man jedoch eine Korrektion für das (nach Schlösing's Methode) in einer besonderen Harnportion bestimmte präformirte Ammoniak machen. Pflüger und Bleibtreu haben diese Methode in folgender Weise wesentlich verändert. Sie fällen die übrigen stickstoffhaltigen Harnbestandtheile mit Salzsäure und Phosphorwolframsäure aus, machen das Filtrat mit Kalkmilch schwach alkalisch, bestimmen in einem Theile des neuen Filtiates das präformirte Ammoniak nach SchlÖses'G (unter Beobachtung gewisser von'pflugor Kautelen), führen dann einen anderen Theil desselben Filtrates (etwa 15 ccm) ßie°"tren in einen grossen Kolben über, welcher etwa 10 g krystallisirte Phosphorsäure enthält, und erhitzen bei 230 — 260^ C. etwa drei Stunden. Dabei wird aller Harnstoff zersetzt und das abgespaltene Ammoniak von der Phosphorsäure ge- bunden. Nach dem Erkalten setzen sie Natronlauge in Ueberschuss zu, destilliren das Ammoniak in eine titrirte Säure über, welche dann zurücktitrirt wird. Nach Abzug des präformirten Ammoniaks erhält man auf diese Weise sehr genaue Zahlen für das aus dem Harnstoff (und vielleicht aus einem in dem Harne vorkommenden, unbekannten Ure'id) entstandene Ammoniak. 1) Are. Almkn, Om urinafsöndriu!,' och l'rainie. Dissert. Upsahi 1860. 2) Pfiäger's Arch. Bdd. 35, 36 u. 44. ■i) Kjeldahi., Zeitschr. f. anal. Chem. Bd. 22, vergl. ferner Wii.i'arth, Chem. Centnilbl. 1885, und Argutinsky, rri.ÜGPni's Arch. Bd. 46. 4) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. ({.">. ij) PflOger's Arch. Bdd. US, 4.*J u. 44. 420 Fünfzehntes Kapitel. Knop- Hüfner. Esbachs Die Kisrop-HüFNER'sche Methode^) gründet sich darauf, dass der Harn- stofi' durcii Einwirkung von Bromlauge (Natriumhypobrorait) in Wasser, Kohlen- säure (welche von der Lauge absorbirt wird) und Stickstoff, dessen Volumen Methode von gemessen wird, sich spaltet (vergl. oben S. 414). Diese Methode ist weniger genau als die vorige, durch welche sie auch bei wissenschaftlichen Arbeiten ent- behrlich geworden ist. Wegen der Leichtigkeit und Geschwindigkeit, mit welcher sie sich ausführen lässt, ist sie dagegen für den Arzt und überhaupt für prak- tische Zwecke, wenn es nicht auf sehr genaue Resultate ankommt, von nicht zu unterschätzendem Werth. Für i:)raktische Zwecke ist auch eine Menge von verschiedenen Apparaten, welche die Anwendung dieser Methode erleichtern, konstruirt worden^). Unter diesen Apparaten verdient besonders das Ureometer von EsBACH beachtet zu werden. Bezüglich der Handhabung dieses Apparates Ureometer. ^^.j^ jjuch bezüglich der zur Ausführung einer Harnstoffbestimmung erforderlichen Reagenzien kann auf die Gebrauchsanweisung, welche dem von Brewer Fr^res Paris, zu beziehenden Apparate beigelegt ist, hingewiesen werden. Für reine Harnstoff lösungen kann die EsBACH'sche Methode ganz exakte Resultate geben. Bei Harnstoffbestimmungen im Harne erhält man nach dieser Methode stets etwas zu niedrige Zahlen, als Mittel erhält man jedoch im Allgemeinen nur um etwa 0,1 °/o niedrigere Zahlen als nach der LiEBiG'schen Titrirmethode. Methode von Mörner-Sjöqvist^). Nach dieser Methode scheidet man erst, nach Zusatz von einer Chlorbaryum-Barytlösung, die übrigen stick- stoffhaltigen Harnbestandtheile mit Ausnahme von dem Harnstoff und dem Ammoniak mit Alkohol- Aether aus und bestimmt dann in dem eingeengten Filtrate, nach dem Austreiben des Ammoniaks, den Harnstoff nach der Kjeldahl'- schen Stickstoff bestimmungsmethode. Das Verfahren ist folgendes. 5 ccm des Harnes werden in einem Kolben mit 5 ccm einer gesättigten BaCla-lösung, in welcher man 5"/o Baryumhydrat auf- gelöst hat, gemischt. Dann werden 100 ccm eines Gemisches von zwei Theilen Alkohol (97 "/o) und einem Theil Aether zugesetzt und bis zum folgenden Tage in verschlossenem Gefässe aufbewahrt. Der Niederschlag wird dann abfiltrirt Mömer und und mit Alkohol-Aether ausgewaschen. Aus dem Filtrate wird der Alkohol- Sjoqvist. ^gt_ijg^. ijei einer Temperatur von etwa 55 ° C. (gar nicht über 60°) abdestillirt. "Wenn die Flüssigkeit bis auf etwa 25 ccm eingeengt ist, wird ein wenig Wasser und gebrannte Magnesia zugefügt und das Abdampfen fortgesetzt, bis die Dämpfe keine alkalische Reaktion mehr zeigen, was im Allgemeinen, ehe die Flüssig- keit auf 15 — 10 ccm eingeengt ist, geschieht. Die eingeengte Flüssigkeit wird, unter Nachspülen mit Wasser, in einen passenden Kolben übergeführt, mit einigen Tropfen konzentrirter Schwefelsäure versetzt und auf dem Wasserbade stark eingeengt. Es werden darauf 20 ccm reine, konzentrirte Schwefelsäure zu- gesetzt und im Uebrigen nach Kjeldahl verfahren. Nach Bödtker*) ist der Zusatz von Magnesia überflüssig und wird am besten ganz vermieden, weil er 1) Knop, Zeitschr. i. analyt. Chem. Bd. 9, HÜFNER, Journal f. prakt. Chem. (N. F.) Bd. 3; im Uebrigen wird auf die reichhaltigen Litteraturangaben bei Huppert-Neübauek, 9. Aufl., verwiesen. 2) Ein Verzeichniss einer gros.sen Anzahl derartiger Apparate findet man bei Huppept- Neubauer, S. 532. 3) Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 2. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. Kreatinin. 421 leicht einen kleinen Verlust an Harnstoff bedingt. Diese exakte Methode ist sehr zu empfehlen. Kai'baminsäure H.jN.COOII. Diese Säure ist nicht in freiem Zustande, sondern nur als Salze bekannt. Das Animoniumkarbamat entstellt bei Einwirkung von trockenem Ammoniak auf trockene Kohlensiinre. Bei der Einwirkung von Kaliumpermanganat auf Ei- weiss und mehrere andere stickstollhaltige organische Körper entsteht ebenfalls Karbarninsiiure, lieber das Vorkommen von Karbaminsüure im Menschen- und Thierharn ist schon oben bei der Besprechung der ilarnstoflbildung berichtet worden. Für die ilrkennung der Säure ist am wichtigsten das in Wasser und Ammoniak lösliche, in Alkohol unlösliche Kalksalz. Die Karbamin- Lösuug desselben in Wasser trübt sich beim Stehen, weit rascher aber beim Kochen, und en säare. scheidet sich hierbei Calciumkarbonat aus. Karbaminmurcäthylcuter {UrcÜvdn) kann, wie Jaffk') gezeigt hat, bei der Verarbeitung grösserer Harnniengen durch die gegenseitige Einwirkung von Alkohol und Harnstofi" in den alkoholischen Extrakten übergehen. /■KT TT PO Kreatinin, C4H7N3O oder NH:C^ . , wird allgemein als das Anhydrid des in den Muskeln vorkommenden Kreatins (vergl. S. 327) aufge- fasst. Es kommt in dem Harne des Menschen und einiger Säugethiere vor. Auch in Rinderblut, Milch, obgleich in äusserst kleiner Menge, und in dem Kreatinin. Fleische einiger Fische hat man es gefunden. Nach St. Johnson^) kommt in dem frischen Fleische vom Rind ein Kreatinin vor, welches von dem im Harne vorkommenden verschieden sein soll und aus welchem das Kreatin des Muskels durch Bakterienwirkung entsteht. Die Menge des Kreatinins im Menschenharne beträgt nach Neubauer^) für einen erwachsenen Mann bei normaler Harnmenge in 24 Stunden 0,6 — 1,3 g oder im Mittel 1 g. Die Menge ist von der Nahrung abhängig und beim Hungern nimmt sie ab. Säuglinge sollen im Allgemeinen kein Kreatinin ab- sondern, und erst wenn die Milch durch andere Nahrung ersetzt worden ist, soll es im Harne auftreten. Die Menge des Kreatinins im Harne hält im Menge des Allgemeinen der Menge des Harnstoffes gleichen Schritt; doch soll sie von im Hame. Fleisch (wegen des Gehaltes des Fleisches an Kreatin) mehr als von Eiweiss vermehrt werden Nach Muskelarbeit soll nach Grocco*) und Moitessier^) die Kreatininausscheidung vermehrt sein. Das Verhalten des Kreatinins in Krankheiten ist wenig bekannt. Bei gesteigertem Stoffwechsel soll die Menge jedoch angeblich vermehrt und bei herabgesetztem Stoffwechsel, wie bei Anämie und Kachexie, vermindert sein. Das Kreatinin krystallisirt in farblosen, stark glänzenden, monoklinischen Prismen, welche zum Unterschied von den Kreatinkrystallen bei 100*^0. nicht 1) Zeitschr. f. physiol. t'hem. Bd. 14. 2) G. Stillingflkkt Johnson, Proc. Roy. Soc. Vol. 50. Cit. nacli M.m.y's Jnhrcsber. Bd. 22. i) HrpPEUT-NEUUAiiiK, Harnanalyse. 9. Autl. S. 228. 4) Vergl. M.VLY's Jahresber. Bd. 16. S. 199. 5) Compt. rend. soc. biol. Tome 4»l. Cit. nach M ai.v's .laiircsber. Bd. 21. 422 Füüfzehutes Kapitel. Eigen- schaften. Kreatinin- chlorzink. Eedazirende Wirkung dos Kreatinins. durch Wasserverlust weiss werden. Es löst sich in 11,5 Theilen kaltem Wasser, leichter in warmem. Von kaltem, absolutem Alkohol erfordert es zur Lösung etwa 100 Theile'), in warmem Alkohol ist es leichter löslich. In Aether ist es fast ganz unlöslich. In alkalischer Lösung wird das Kreatinin, besonders leicht in der Wärme, in Kreatin übergeführt. Mit Chlorwasserstoffsäure giebt das Kreatinin eine leichtlösliche, krystalli- sirende Verbindung. Mit Mineralsäure angesäuerte Krealininlösungen geben mit Phosphormolybdän- oder Phosphorwolframsäure krystallinische Niederschläge, welche selbst bei starker Verdünnung (1 : 10000) auftreten (Kerner 2), Hof- meister^). Von Merkurinitratlösung wird das Kreatinin wie der Harnstoff gefällt. Unter den Verbindungen des Kreatinins ist diejenige mit Chlorzink, das Kreatiuinchlor.zinli , (C^H7N30)2ZnCl2 , von besonderer Bedeutung. Diese Verbindung erhält man, wenn man eine genügend konzentrirte Lösung von Kreatinin in Alkohol mit einer konzentrirten, möglichst schwach sauren Lösung von Chlorzink versetzt. Freie Mineralsäure, welche die Verbindung löst, darf nicht zugegen sein; ist dies der Fall, so setzt man Natriumacetat zu. In un- reinem Zustande, wie es gewöhnlich aus dem Harne erhalten wird, stellt das Kreatininchlorzink ein sandiges, gelbliches Pulver dar, welches unter dem Mikroskope gesehen aus feinen Nadeln besteht, welche, konzeutri.sch gruppirt, meistens vollständige Rosetten oder gelbe Kügelchen bilden oder auch zu Büscheln oder mit den kurzen Stielen an einander gelagerten Pinseln gruppirt sind. Bei langsam stattfindender Krystallisation und bei grösserer Reinheit können mehr deutlich prismatische Krystalle erhalten werden. Die Verbindung ist schwer löslich in Wasser. Das Kreatinin wirkt reduzirend. Quecksilberoxyd wird zu metallischem Quecksilber reduzirt, und es entstehen dabei Oxalsäure und Methylguanidin (Methyluramin). Das Kreatinin reduzirt auch Kupferoxydhydrat in alkalischer Lösung zu einer farblosen löslichen Verbindung, und erst bei anhaltendem Kochen mit überschüssigem Kupfersalz soll freies Oxydul entstehen. Das Kreatinin stört also die TROMJiER'sche Zuckerprobe , theils weil es reduzirend wirkt und theils weil es das Kupferoxydul in Lösung halten kann. Die Ver- bindung mit Kupferoxydul ist in gesättigter Sodalösung nicht löslich, und wenn man in einer kalt gesättigten Sodalösung ein wenig Kreatinin löst und darauf einige Tropfen FEHLiNG'scher Lösung zusetzt, scheidet sich deshalb auch nach dem Erwärmen auf 50 — 60° C. beim Erkalten die weisse Verbindung flockig aus (Reaktion von Maschke^). Eine alkalische Wismuthlösung (vergl. die Zucker- proben weiter unten) wird dagegen von dem Kreatinin nicht reduzirt. 1) Diese Angabe ist dem Buche von Hupi'Ekt-Neubauer entnommen. In IIöppe- Seyler's Handb., 6. Aufl. S. 144, findet man ganz andere Zahlen. 2) Pflüger's Arch. Bd. 2. S. 220 u. f. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5. 4) Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 17. Kreatinin. 423 Setzt man einer verdünnten Kreatininlösung (oder auch dem Harne) einige Tropfen einer frisch bereiteten, stark verdünnten Nitroprussidnatriumlösung (sp. Gewicht 1,003) und dann einige Tropfen Natronlauge zu, so wird die Flüssig- keit rubinroth, aber binnen kurzem wieder gelb (Reaktion von AVeyl '). Ver- wendet man zu der Reaktion statt der Natronlauge Ammoniak, so kommt die rothe Farbe nicht zum Vorschein (Unterschied von Aceton und Acetessigsäure Lr: Nobel ^). Versetzt man die gelb gewordene Lösung mit überschüssiger Farbeo- Essigsäure und erhitzt, so färbt sie sich erst grünlich und dann blau (Salkowski^). ,. <*?s ^ _ ° ^ ' Kreatinins. Zuletzt entsteht ein Niederschlag von Berlinerblau. Versetzt man eine Lösung von Kreatinin in Wasser (oder auch Harn) mit etwas wässeriger Pikrinsäure- lösung und einigen Tropfen verdünnter Natronlauge, so tritt sogleich schon bei Zimmertemperatur eine, mehrere Stunden anhaltende rothe Färbung auf, welche durch Säurezusatz in Gelb übergeht (Reaktion von Jaff£*). Aceton giebt eine mehr rothgelbe Farbe. Traubenzucker giebt mit dem Reagenze erst in der Wärme eine rothe Färbung. Zur Darstellung des Ki'eatinins aus dem Harne stellt man erst Ivreatinin- chlorzink nach der Methode von Neubauer^) dar, welche Methode auch zur quantitativen Bestimmung benutzt wird. Behufs einer solchen Bestimmung misst man von einem eiweissfreien (bezw. durch Sieden mit Säurezusatz von Eiweiss befreiten) und zuckerfreien (bezw. mit Hefe vergährten) Harne 200 — 300 ccm ab, welche mit Kalkmilch zu alkalischer Reaktion und mitCaCU-lösung, bis alle Phosphorsäure ausgefällt worden ist, versetzt werden. Man filtrirt, wäscht den Niederschlag mit Wasser, vereinigt Filtrat und Wasch wasser und verdunstet diese Flüssigkeit nach schwachem Ansäuern mit Essigsäure zum Syrup. Dieser letztere wird noch wann mit 50 ccm 95 — 97 *^/oigen Alkohol gemischt. Das Gemenge führt man in ein Becherglas über, in welches auch das in der Ab- n^^n^jt^y^g dampfschale zurückgebliebene sorgfältig und vollständig übergeführt wird. Das Bestimmung Becherglas lässt man dann mit einer Glasplatte bedeckt mindestens acht Stunden Kreatinins, kalt stehen. Dann filtrirt man durch ein kleines Filterchen, wäscht den Nieder- schlag mit Alkohol aus, verdunstet das Filtrat wenn nöthig, bis das Volumen wieder 50 ä 60 ccm beträgt, lässt erkalten, setzt ^'2 ccm einer säurefreien Chlor- zinklösung von dem sp. Gew. 1,20 zu, rührt um und lässt das Becherglas mit einer Glasplatte bedeckt zwei bis drei Tage an einem kühlen Orte stehen. Den Niederschlag sammelt man auf einem kleinen, trockenen, vorher gewogenen Filtrum, wobei das Filtrat zum Nachspülen der Krystalle benutzt wird. Nach vollständigem Abtropfen aller Flüssigkeit wäscht man mit ein wenig Alkohol, bis das Filtrat keine Chlorreaktien mehr giebt, und trocknet bei 100° C. 100 Theile Kreatininchlorzink enthalten 62,44 Theile Kreatinin. Da der Nieder- schlag nie ganz rein ist, muss man bei genauem Arbeiten den Gehalt an Zink durch Verdunsten mit Salpetersäure, Glühen, Extraktion des Zinkoxydes mit ') Bcr. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 11. •2) Maly's .Jahresber. Bd. 13. S. 238. 3) Zeitschr. f. physiol. Chcin. Bd. 4. S. 133. •1) Ebend. Bd. 10. ;'>1 Ann. <1. Ch.'m n. rb;»riii IM. 110. 424 Fünfzehntes Kapitel. Wasser (um etwa anwesendes NaCl zu entfernen), Trocknen, Glühen und Wägen genau bestimmen. 22,4 Tbeile Zinkoxyd entsprechen 100 Theilen Kreatinin- chlorzink. Auf dieselbe Weise verfährt man in der Hauptsache bei Darstellung des Darsteiinn Kreatininchlorzinks im Grossen aus dem Harne. Aus dem Kreatininchlorzink des Kreati- kann man das Kreatinin erhalten durch Sieden mit Bleioxydhydrat, Filtriren, "'"Harne.^"^ Entfärbung des Filtrates mit Thierkohle, Eintrocknen, Extraktion des Rück- standes mit starkem Alkohol (welcher das Kreatin ungelöst lässt). Verdunsten zur Krystallisation und Umkrystallisiren aus Wasser. Hinsichtlich einiger Abänderungen der NEUBAUER'schen Methode zur quantitativen Bestimmung des Kreatinins vergl. man Salkowski's Aufsätze in Zeitschrift für physiol. Chemie Bdd. 10 und 14. Xanthokreatinin, C^HioN^O. Diesen, zuerst von Gautier') aus Fleiseliextrakt dar- gestellten Stoft' hat Monaei") im Hundeharne nach Injektion von Kreatinin in die Leibeshöhle kreatin^n ""'^ ebenso im Harne von Menschen nach mehrere Stunden anhaltenden, anstrengenden Mär- schen gefunden. Nach Colasanti^) kommt es in verhältnissmässig reichlicher Menge im Löwenharne vor. Stadthagen ■*) hält das aus Menschenharn nach Muskelanstrengung isolirte Xanthokreatinin für unreines Kreatinin. Das Xanthokreatinin stellt schwefelgelbe, cholesterinähnliche, dünne Plättchen von bitterem Geschmack dar. Es löst sich in kaltem Wasser und in Alkohol, liefert eine krystal- lisirende Verbindung mit Salzsäure und giebt Doppelverbinduugen mit Gold- und Platinchlorid. Mit Chlorzink giebt es eine in feinen Nadeln krystallisirende Verbindung. Es wirkt giftig. Harnsäure, Ur, Ci-,H4N40.^. Die Strukturformel dieser Säure ist NH.C.NH\ nach Medicus CO/ C.NH- und die Harnsäure kann in Folge NH.CO ihrer Konstitution als Abkömmling der Akrylsäure, als Akrylsäurediureid, betrachtet werden. Die Harnsäure ist von Horbaczewski ^) auf mehrfache Weise synthetisch dargestellt worden. Beim Zusammenschmelzen von Harnstoff und Glykokoll wird Harnsäure nach der Gleichung: SCON^H^ + C^HsNOg = CgH^N^Og + 2H2O -f- 3NH3 gebildet, und bei dieser Reaktion sollen Hydantoin und Biuret Harnsäure- ^^^ intermediäre Produkte entstehen. Beim Schmelzen von Methylhydantoin mit syn esen. jjarnstoff und von Methylhydantoin mit Biuret oder Allophansäureamylester erhielt Horbaczewski Methylharnsäure. Endlich erhielt er auch Harnsäure durch Erhitzen von Trichlormilchsäure oder noch besser Trichlormilchsäureamid mit überschüssigem Harnstoff. Sieht man von den reichlichen Nebenprodukten (Cyanursäure, Kohlensäure etc.) ab, so lässt sich dieser Prozess durch die 1) Bull, de l'Acad. de med. (2.) Tome 15, und I^ull. de la soc. chim. (2.) Tome 4S. 2) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 17. S. 182. 3) Arch. ital. de Biologie. Tome 15. Fase. 3. 4) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 15. :'') Monatshefte f. Chem. Bdd. 6 u. 8. Vergl. auch Bkhüend und EOOSEN, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 21. S. 099. Harnsäure. 425 Gleichung: CgClgH^O.N + 2CON,H4 = C5H4N4O3 -1- H,0 -f- NH^Cl + 2HC1 darstellen. Bei starkem Erhitzen zersetzt sich die Harnsäure unter Bildung von Harnstoff, Cyanwasserstoff, Cyanursäure und Ammoniak. Beim Er- hitzen mit konzentrirter Salzsäure im zugeschmolzenen Rohre auf 1 70 ** C. spaltet sie sich in Glykokoll, Kohlensäure und Ammoniak. Bei Einwirkung oxydirender Agenzien findet eine Spaltung und Oxydation statt, und es ent- stehen dabei entweder Mono- oder Diureide. Bei der Oxydation mit Bleihyperoxyd entstehen Kohlensäure, Oxalsäure, Harnstoff und Allantoin, welch' Zorsetzungs- . . . . . 1"'* '5*y- letzteres Glyoxvldiureid ist (vergl. unten). Bei der Oxydation mit Salpetersäure dations- . ' '■ Produkte. entstehen zunächst in der Kälte Harnstoff und ein Monoureid, der Mesoxalyl- harnstoff oder das Alloxan: C5H4N4O3 -f O + HgO = QHgN.O^ + (NH.,)2C0. Beim Erwärmen mit Salpetersäure liefert das Alloxan Kohlensäure und OxalylharnstofT oder Par abansäure, CgH^NgOg. Durch Aufnahme von Wasser geht die Parabansäure in die in dem Harne spurenweise vorkommende Oxalursäure, CgH^N.jO, , über, welche ihrerseits leicht in Oxalsäure und Harnstoff sich spaltet. Die Harnsäure kommt am reichlichsten in dem Harne der Vögel und der beschuppten Amphibien vor, bei welchen Thieren die Hauptmasse des Stick- stoffes in dieser Form im Harne erscheint. Im Harne der fleischfressenden Säugethiere kommt die Harnsäure häufig vor, fehlt aber bisweilen vollständig. Im Harne der Pflanzenfresser kommt sie regelmässig, obwohl nur spuren weise, in dem Harne des Menschen dagegen in zwar grösserer, aber jedenfalls nur gerinjjer und schwankender Menge vor. Die Harnsäure ist auch spurenweise f * * . . '■ Vorkommen in mehreren Organen oder Geweben, wie Milz. Lungen, Herz, Pankreas, Leber der Ham- (besonders bei Vögeln) und Gehirn gefunden worden. Im Vogelblute soll sie nach Meissner^) regelmässig vorkommen. Im Menschenblute kommt sie unter normalen Verhältnissen nach Abeles^) spurenweise vor. Unter pathologischen Verhältnissen ist sie in vermehrter Menge im Blute — von v. Jakscii^) bei Pneu- nionie, aber sonst besonders bei Leukämie und Arthritis gefunden worden. Harnsäure kommt übrigens in reichlicherMenge in Gichtknoten, gewissen Harn- konkrementen und im Guano vor. Im Harne der Insekten und einiger Schnecken ist sie auch nachgewiesen worden. Die Menge der mit dem Harne ausgeschiedenen Harnsäure ist beim Men- schen bedeutenden individuellen Schwankungen unterworfen, beträgt aber bei gemischter Kost im Mittel 0,7 g pro 24 Stunden. Das Verhältniss der Harn- säure zum Harnstoff bei gemischter Kost schwankt sehr bedeutend, wird aber 1) Zeitschr. f. rat. Med. (3.) Bd. 31. Cit. nach Hoppe-Seyler, Physiol. Chem. P. 432. ■•i) Wien. med. Jalirbiicher 1887. ("it. nacli M.M-Y's .lahresbcr. Bd. 17. 3) lieber die klin. Bedeutiing des Vorknnimeiis der Harnsäure etc. I'raiier Fe.stschrift. rn-rlin 1890. S. 79. 426 Fünfzehntes Kapitel. gewöhnlich als Mittel gleich 1 : 50 a 1 : 70 gesetzt^). Bei Neugeborenen und in den ersten Lebenstagen ist die Harnsäureausscheidung nach Mares^) ver- mehrt und die Relation zwischen Harnsäure und Harnstoff etwa wie 1 : 13 — 14. SjöQVIST^) fand bei Neugeborenen die Relation 1 : 6,42—17,1. Hinsichtlich der Wirkung der Nahrung weiss man durch die Beobacht- ungen von Ranke*), Mares^) und Camerer*"), dass die Harnsäureausscheidung im Hungerzustande gering ist und nach Aufnahme von Nahrung, besonders eiweissreicher Nahrung, rasch ansteigt. jNIares fand das Minimum etwa in der ^ .. j 13. Stunde nach der letzten Nahrungsaufnahme und ein starkes Ansteigen etwa (jrosse der ^ '^ ^'^^^heid- ^ — ^ Stunden nach Fleischnahrung. Dieses Ansteigen nach einer eiweissreichen "^"S- Mahlzeit bringt Horbaczewski '^) in Verbindung mit der dabei regelmässig auf- tretenden Verdauungsleukocytose (s. unten). Uebrigens giebt mau ziemlich all- gemein an, dass die Menge der ausgeschiedenen Harnsäure bei vegetabilischer Nahrung kleiner als bei Fleischnahrung ist, wo ihre Menge bis auf 2 g und darüber pro 24 Stunden ansteigen kann^). Ueber den Einfluss anderer Umstände wie auch verschiedener Stoffe auf die Harnsäureausscheidung sind die Angaben recht widersprechend, was theils daher rührt, dass die älteren Untersuchungen nach einer ungenauen Methode Wirkung (der Methode von Heintz) ausgeführt wurden, und theils daher, dass, wie be- verschiede- ^ / o . ner Um- sonders Mares und Salkowski^) hervorgehoben haben, die Grösse der Harn- stände auf I to ..,,.. die Harn- säureausscheiduug in erster Linie von individuellen Verschiedenheiten abhängig Säureaus- Scheidung, ist. Wassertrinken übt nach Schöndorff '"), im Gegensatz zu älteren Angaben, keinen Einfluss aus. Alkalien vermehren nach Clar^^) und Haig^^) die Harn- säureausscheidung, während sie nach Salkowski dieselbe herabsetzen und nach Hermann ^^) auf dieselbe ohne Einfluss sind. Nach Einnahme von Glycerin 1) In dem vortreft'lichen Lebrbuche der Patliologie des Stoöwechsels von v. Noorden, S. 54, findet man eine sehr gute tabellarische Uebersieht über die Schwankungen in der Harnsäureausscheidung und der Eelation Gesammtstickstoff: Harnsäurestickstoff. 2) Vergl. Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1888. S. 2. 3) Nord. med. Arkiv. Jahrg. 1894. Nr. 10. 4) J. Eanke, Beobachtungen und Versuche über die Ausscheidung der Harnsäure etc. München 1858. 5) 1. c. 6) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 26. 7) Wien. Sitzungsber. Bd. 100. Abth. 3. 1891. 8) Rücksichtlich der Wirkung verschiedener Kost vergl. man ausser den oben citirten Verif. besonders A. Hermann , Abhängigkeit der Harusäureausscheidung von Nahrungs- und Genussmitteln etc. Arch. f. klin. Med. Bd. 43. 9) ViRCHOW's Arch. Bd. 117. 10) Pfllger's Arch. Bd. 46. Entliält Litteraturangaben. 11) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1888. Nr. 25. 12) Journ. of Physiol. Bd. 8. 13) Vergl. Fussnote 8. HarnsäureausscheiduDg. 427 beobachteten Horbaczewski und Kanera ^) eine vermehrte Harnsäureausscheid- ung, wogegen dieselbe durch Einnahme von akrylsaurem Natron nicht vermehrt wurde (HoRBACZEW'SKi^). Gewisse Arzneimittel, wie Chinin und Atropin, ver- mindern, andere dagegen, wie das Pilokarpin , vermehren die Harnsäureaus- scheidung. Nach Horbaczewski^) und seinen Schülern führen jene zu einer Verminderung und dieses zu einer Vermehrung der Menge der Leukocyten im Blute. Ueber das Verhalten der Harnsäureausscheidung in Krankheiten ist wenig bekannt. Die in den Organismus eines Hundes eingeführte Harnsäure wird, wie Frerichs und Wöiiler*) zeigten, zum grossen Theil in Harnstoff umge- wandelt, und da bei der Einwirkung oxydirender Agenzien auf die Harnsäure ausserhalb des Organismus auch Harnstoff entsteht, hat man oft die Harnsäure als eine Vorstufe des Harnstoffes im Organismus betrachten wollen. Eine solche Ansicht ist jedoch nicht genügend begründet, und die Annahme, dass in Krank- heiten bei mangelhafter Sauerstoffzufuhr und herabgesetzter Oxydation eine ver- mehrte Harnsäurebildung stattfinden würde, ist nicht hinreichend bestätigt worden. Mit Rücksicht auf die pathologischen Verhältnisse kennt man eigent- lich auch nur zwei Zustände, in welchen die Ausscheidung der Harnsäure ver- mehrt ist, nämlich das Fieber und die Leukämie. Im Fieber soll die Harn- ung der säure nach stattgefundener Krise in vermehrter Menge ausgeschieden werden, in Knmk- wogegen es noch unentschieden ist, ob ihre iNienge auf der Fieberhöhe gegen- über der Norm vermehrt ist-^). In der Leukämie ist die Ausscheidung sowohl absolut wie im Verhältniss zu der des Harnstoffes gesteigert (Ranke ^), Sal- KowsKi''), Fleischer und Pentzoldt^), Stadthagen 9), Sticker ^*^), Bohland und Schurz ^^) u. A.), und das Verhältniss zwischen Harnsäure und Harnstofi" (Gesammtstickstoff" in Harnstoff umgerechnet) kann dabei sogar auf 1 : 9 herab- gehen, während es im normalen Zustande nach den Angaben verschiedener Forscher gleich 1 : 40 ä 66 ä 100 ist. Vermindert soll die Harnsäureaus- scheidung dagegen bei der Gicht kurz vor und während des Anfalles sein, weil, wie man annimmt, die Harnsäure dabei im Körper zurückgehalten wird. Die Entsteliumj der Harnsäure im Organismus. Durch die Zufuln- von 1) Wieu. Sit/uugsber. Bd. 97. -') Mouatsliefte f. Chem. Bd. 10. 3) Wien. Sitzungsber. Bd. 100. 4) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. G5. 5) Vergl. v. NOORDEN, Lehrb. S. 211 u. 212. 6) Vergl. ScHMiDT's Jahrb. 1859. 7) ViKcnow's Arch. Bd. 50. 8) Areh. f. kliu. Med. Bd. 2«. 9) ViKcnow's Arch. Bd. 109. 10) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 14. 11) Pflüger's Arch. Bd. 47. heiten. 428 Fünfzehntes Kapitel. Ammoniaksalzen wird die Harnsäurebildung bei Vögeln vermehrt (v. Schröder^). In derselben Weise wirkt bei ihnen auch der Harnstoff (Meyer und Jaffe^), während umgekehrt im Säugethierorganismus die eingeführte Harnsäure mehr I oder weniger vollständig in Harnstoff umgesetzt wird. Nach Exstirpation der Leber bei Gänsen beobachtete Minkowski ^) eine sehr bedeutende Abnahme der Harnsäureausscheidung, während die Ausscheidung des Ammoniaks in ent- sprechendem Grade vermehrt war. Es spricht dieses für eine Betheiligung des Ammoniaks an der Harnsäurebildung bei Vögeln; und da Minkowski ferner nach der Leberexstirpation auch reichliche Mengen Milchsäure im Harne der d^r Harn- Thiere fand, wird es wahrscheinlich, dass bei den Vögeln die Harnsäure in Organfsmus. der Leber, vielleicht durch eine Synthese aus Milchsäure und Ammoniak, ent- steht. Amidosäuren — Leucin, Glykokoll und Asparaginsäure — vermehren ebenfalls die Harnsäureausscheidung bei Vögeln (v. Knieriem^), ob aber die Amidosäuren dabei zuerst unter Abspaltung von Ammoniak zerfallen, ist noch unbekannt. Für die Annahme einer Harnsäurebildung aus Ammoniaksalzen in der Menschen- und Säugethierleber liegen noch keine Gründe vor. Dass ein kleiner Theil der Harnsäure bei Vögeln von dem Hypoxanthin abstammen kann, hat v. Mach^) gezeigt, und nach Minkowski ist ein ähnlicher Ursprung der Harnsäure auch bei Säugethieren sehr wahrscheinlich. Die Xanthinkörper leiten, wie oben Kap. 5 erwähnt wurde, ihren Ursprung von dem Nuklein her und denselben Ursprung hat nach Horbaczewski^) auch die Harnsäure. Die letztere entsteht indessen nach ihm nicht aus dem Nuklein Beziehung i • i i der Harn- mit den Xanthinkörpern als Zwischenstufen, sondern es entstehen vielmehr aus säure zu den Nuklein- demselben Mutterstoffe, den Nukleinsubstanzen, je nach Umständen Harnsäure oder Xanthinkörper. Jene entsteht, wenn der Spaltung eine Oxydation voran- geht, diese entstehen dagegen durch Spaltung ohne Oxydation. Für diesen Ursprung der Harnsäure im Organismus sprechen nun in der That mehrere Umstände. Aus nukleinreichen Geweben, wie z. B. Milzpulpa, und aus dem Milz- nuklein selbst hat Horbaczewski durch schwache Fäulniss, nachherige Oxy- dation mit Blut und darauf folgende Spaltung durch Sieden Harnsäure darge- stellt. Wurde die Oxydation unterlassen, so erhielt er eine äquivalente Menge Xanthinkörper. Das aus der ^Milzpulpa dargestellte Nuklein bewirkt nach Ein- verleibung in den Thierkörper eine vermehrte Harnsäureausscheidung, die Horbaczewski indessen nicht direkt von einer Umsetzung des Nukleins her- 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. 2) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 10. 3) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 21. 4) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 13. 5) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 24. 6) Wien. Sitzungsber. Bd. 100. Ursprung der Harnsäure. 429 leitet. Sie kann nämlich nach ihm indirekt von der durch das Nuklein her- vorgerufenen Leukocytose herrühren. Nach Horbaczew.ski .stammt nämlich die Harnsäure hauptsächlich von dem Nuklein der zerfallenden Leukocyten her, und je grösser der Gehalt des Blutes an solchen Formelementen ist, um so reichlicher muss der Zerfall derselben und dementsprechend auch die Harn- säureausscheidung werden. Mit dieser Annahme stehen auch viele Erfahrungen über die Harnsäureausr^cheidung im besten Einklänge. So scheiden z. B. neu- ^®^'%''°"?™ geborene Kinder, in Folge der bei ihnen stattfindenden Leukocytose, mehr Harn- cyten. säure als Erwachsene aus. Durch die Leukocytose nach eiweissreicher Nahrung erklärt sich das Ansteigen der Harnsäureausscheidung nach der Mahlzeit wie auch die reichlichere Harnsäurebildung nach animalischer als nach vegetabilischer Kost. Die Leukämie, bei welcher die Harnsäureausscheidung stark vermehrt ist, zeichnet sich durch einen abnorm grossen Gehalt des Blutes an Leukocyten aus. Solche Arzneimittel, welche die Leukocytenzahl vermehren, steigern im Allgemeinen *) auch die Harnsäureausscheidung. Dass eine bestimmte Beziehung zwischen Harnsäureausscheidung und Ge- halt des Blutes an Leukocyten besteht, scheint also sicher festgestellt zu sein, und die Ansicht von Horbaczewski, dass die Harnsäure ein Produkt des Zer- falles der Leukocyten sei, ist eine sehr zusagende. Der stringente Beweis, dass die Harnsäure wirklich aus dem Zerfalle der Leukocyten hervorgeht und nicht in irgend einer anderen Weise bei deren Neubildung oder als Stoffwechselprodukt derselben entsteht, ist indessen, wie Maees-) hervorhebt, noch nicht geliefert. Hinsichtlich des Organes oder derjenigen Organe, in welchen die Harn- säurebildung geschieht, lässt sich wenig Sicheres sagen. Nach der Exstirpation der Nieren bei Sehlangen (Zalesky^) und Vögeln (v. Schröder*) hat man eine Anhäufung von Harnsäure in Blut mid Geweben beobachtet. Dass die Niere bei diesen Thieren also jedenfalls nicht das aus- schliessliche Organ der Harnsäurebildung sein kann, ist hiermit bewiesen, und Ob' > Organ© der irgend welche direkten Beweise für eine Hamsäurebildung in den Nieren hat HamsÄure- ° _ _ _ ° bildons- man zur Zeit noch nicht erbracht. Eine direkte Beziehung der Milz zu der Harnsäurebildung, auch beim Menschen, haben dagegen mehrere Forscher wahr- scheinlich zu machen versucht. Nach den Untersuchungen Horbaczewski 's 1) Ueber die Erklärung des abweichenden Verhaltens des Autifebrius und ^Vntipyrins vergl. man Hokbacsjewski 1. c. 2) Wien. Sitzungsber. Bd. 101. Abth. 3; und: Zur Theorie dir Hamsäurebildung im Süugethierorganismus. Prag 1892. (Carl Bellman). Hinsichtlich der Theorie von Maues wird ebenfalls auf diese Aufsätze hingewiesen. 3) Untersuchungen über den urämischen Prozess. Tübingen 1865. Cit, nach Hermann's Handb. Bd. 5. Thl. 1. S. 305, wo man auch weitere Litteraturangabeu findet. ^) Du Bois-Reymond's Arch. 1880. Suppl. Bd. and LiDwiG-Festschrift 1887. 430 Fünfzehntes Kapitel. scheint indessen diese Beziehung mehr indirekter Art zu sein, indem sie näm- lich wohl in nahem Zusammenhange mit der Bedeutung der Milz für die Neu- bildung der Leukocyten stehen dürfte. Wenn die Harnsäure bei Menschen und Säugethieren hauptsächlich von dem Nuklein herrührt, dürfte ihre Ent- stehung wohl auch überall, wo ein Zerfall nukleinhaltiger Gewebe geschieht, zu suchen sein, wenn sie auch nach Horbaczewski in erster Linie aus dem Zer- falle der Leukocj'ten hervorgeht. Für die Annahme einer Harnsäurebildung in der Leber des Menschen und der Säugethiere liegen noch keine stichhaltigen Gründe vor, wogegen eine Harnsäurebildung in der Leber bei Vögeln durch die Untersuchungen Minkowski's im höchsten Grade wahrscheinlich geworden ist. Eigenschaften mid BeaJcHonen der Harnsäure. Die reine Harnsäure ist ein weisses, geruch- und geschmackloses, aus sehr kleinen rhombischen Prismen oder Täfelchen bestehendes Pulver. Die unreine Säure erhält man leicht in etwas grösseren, gefärbten Krystallen. Bei rascher Krystallisation entstehen kleine, nur mit dem Miksoskope sichtbare, anscheinend ungefärbte, dünne, vierseitige rhombische Tafeln, welche durch Abrundung der stumpfen Winkel oft spulförmig erscheinen. Bisweilen sind die Täfelchen sechsseitig, unregelmässig ausgezogen ; in anderen Fällen sind sie rektangulär, mit theils geraden, theils gezackten Seiten und in anderen Fällen Harnsäure- wiederum Zeigen sie noch mehr unregelmässige Formen , sogen. Dumbbells etc. ^^ * ■ Bei langsam stattfindender Krystallisation, wie z. B. wenn der Harn ein Sedi- ment absetzt oder mit einer Säure versetzt worden ist, scheiden sich grössere, stets gefärbte Krystalle aus. Mit dem Mikroskope betrachtet, erscheinen diese Krystalle stets gelb oder gelbbraun gefärbt. Die gewöhnlichste Form ist die Wetzsteinform, entstanden durch Abrundung der stumpfen Winkel der rhombi- schen Tafel. Die Wetzsteine sind vielfach, zu zweien oder mehreren sich kreu- zend, mit einander verwachsen. Ausserdem kommen auch Rosetten von pris- matischen Krystallen, unregelmässige Kreuze, braun gefärbte, rauhe, in Nadeln oder Prismen zerfallende Krystallmassen nebst verschiedenen anderen For- men vor. Die Harnsäure ist unlöslich in Alkohol und Aether, ziemlich leichtlöslich in siedendem Glycerin, sehr schwerlöslich in kaltem (14 000 — 15 000 Theilen) und schwerlöslich in siedendem Wasser (in 1800—1900 Theilen). Von einer Löslichkeit ^^eissen Lösung von Natriumdiphosphat wird die Harnsäure gelöst, und bei Gegenwart von überschüssiger Harnsäure entstehen dabei Monophosphat und saures Urat. Das Natriumphosphat soll nach der gewöhnlichen Ansicht auch ein Lösungsmittel für die Harnsäure im Harne sein. Ein wichtiges Lösungs- mittel ist nach Rudel') der Harnstoff. 1000' ccm einer 2*^/oigen HarnstofF- 1) Arch. f. exi). Path. u. Pharm. Bd. 30. Salze. Itligenscliaften diT llanisüuic. 431 lösung können nämlich im Mittel 0,529 g Harnsäure lösen, und bei einer täg- lichen Harnmeuge von 1500 — 2000 ccm und einem Harnstoffgehalte von 2°/o würde also der Harnstoff allein im Stande sein, die Lösung fast der gesammten ausgeschiedenen Harnsäuremenge zu bewirken. Auch das Piperazin, das Di- äthylendiamin, C^HjqN^, ist ein gutes Lösungsmittel für Harnsäure. Von kon- zentrirter Schwefelsäure wird die Harnsäure ohne Zersetzung gelöst. Von Pikrin- säure wird sie nach Jaffi5^) sehr vollständig aus dem Harne gefallt. Die Harnsäure ist zweibasisch und bildet dementsprechend zwei Keiheu von Salzen, neutrale und saure. Nach Bence Jones -j sollen auch übersaure Verbindungen, Quadurate, von der allgemeinen Formel (MHU-j-HgU) vor- kommen. Von den Alkaliuraten lösen sich die neutralen Kalium- und Lithiumsalze am leichtesten, das saure Ammonsalz am schwersten. Die sauren Alkaliurate sind sehr schwerlöslich und scheiden sich aus konzentrirteren Harnen beim Er- kalten als Sediment (Sedimentum lateritium) aus. Die Salze mit alkalischen Erden sind sehr schwerlöslich. Wh'd ein wenig Harnsäure in Substanz in einer Porzellanschale mit ein paar Tropfen Salpetersäure versetzt, so löst sich die Harnsäure unter starker Gasentwickelung beim Erwärmen, und nach dem vollständigen Eintrocknen auf dem Wasserbade erhält mau einen schön rothen Rückstand, welcher bei Zusatz Mnrexid- von ein wenig Ammoniak eine (aus purpursaurem Amraon oder Murexid her- rührende) schön purpurrothe Farbe annimmt. Setzt man statt des Ammoniaks ein wenig Natronlauge (nach dem Erkalten) zu, so wird die Farbe mehr blau oder blauviolett. Diese Farbe verschwindet rasch beim Erwäi*men (Unterschied von gewissen Xanthinstoffen). Die nun beschriebene Reaktion nennt man die Mnrexidprobe. Wird die Harnsäure durch vorsichtige Salpetersäureeiu Wirkung in Alloxau übergeführt und die überschüssige Säure vorsichtig verjagt, so erhält man mit Von einigen Tropfen konzentrirter Schwefelsäure und käuflichen (thiophenhaltigen) Benzols eine blaue Färbung (Reaktion von Denigks^). Die Harnsäure reduzirt eine alkalische Wismuthlösung nicht, reduzirt da- gegen eine alkalische Kupferoxydhydratlösung. Bei Gegenwart von nur wenig Kupfersalz erhält man dabei einen aus harnsaurem Kupferoxydul bestehenden, ^"Eigen-'**' weissen Niederschlag. Bei Gegenwart von mehr Kupfersalz scheidet sich rothes **^''"f*®"- Oxydul aus. Auf der Unlöslichkeit des harnsauren Kupferoxyduls basirt eine von Arthaud und Butte*) angegebene Methode zur titrimetrischen Bestimm- J) Zeitschr. f. physiol. Cheiii. Bil. 10. 2) Cit. nach Haixibüuton und Kaiser, Lehrb. d. ehem. I'hysiol. u l'atliol. S. 759. 3) Journal de Pharm, et de Cliim. Tome 18. Cit. nach Mai.y's .lahresber. Hd. IS. S. 24. 1) Conipt. reud. soc. biol. Tome 41. Cit. nadi M.m.y's .Tahresber. Hd. 20. S. 180. 432 Fünfzehutes Kapitel. Schiff's Darstellung er Hai säure unw der Harnsätire und ebenso eine neue Bestimmungsmethode von Krüger und Wulff 1). Bringt man auf Filtrirpapier, welches man vorher mit Silbernitratlösung benetzt hat, einen Tropfen einer Lösung von Harnsäure in kohlensaurem Natron, Reaktion. gQ entsteht durch Reduktion des Silberoxydes ein braunschwarzer oder, bei Anwesenheit von nur 0,002 mg Harnsäure, ein gelber Fleck (Schiff's Reaktion 2). Darstellung der Harnsäure aus dem Harne. Normalen, filtrirten Harn versetzt man mit Salzsäure, 20 — -30 ccm Salzsäure von 25*^/o auf je 1 Liter Harn. Nach 48 Stunden sammelt man die Krystalle und reinigt sie durch Auflösung in verdünntem Alkali, Entfärbung mit Thierkohle und Ausfällung der Harn-' niit Salzsäure. Grössere Mengen Harnsäure erhält man leicht aus Schlangen- exkrementen'durch Kochen derselben mit verdünnter Kalilauge, bis kein Am- moniak mehr entweicht, Li das Filtrat leitet man Kohlensäure, bis es kaum noch alkalisch reagirt, löst das ausgeschiedene und gewaschene saure Kalium- urat in Kalilauge und fällt die Harnsäure durch Eingiessen des Filtrates in überschüssige Salzsäure, Quantitative BestimmiitKj der Harnsäure im Harne. Die ältere, von Heesttz herrührende Methode giebt selbst nach der neueren Modifikation der- selben ungenaue Resultate und wird deshalb hier nicht weiter besprochen. Die Methode von Salkowski^) und Ludw^ig*) besteht in den Haupt- zügen darin, dass man die Harnsäure mit Silbernitratlösung aus dem mit Methode von ]\Xacrnesiamixtur versetzten Harne fällt und die aus der Silberfällung freigemachte SäilcowsKi ^ cj CD und Ludwig. Harnsäure wägt. Bei Harnsäurebestinmiungen nach dieser Methode arbeitet man oft nach folgendem, von E. Ludwig herrührenden Verfahren, welches fol- gende Lösungen erfordert, 1. Eine ammoniakalische Silbernitratlösung, welche im Liter 26 g Silber- nitrat und eine zur vollständigen Wiederauflösung des bei Ammoniakzusatz zuerst entstandenen Niederschlages erforderliche Menge Ammoniak enthält. 2. Magnesiamixtur. Man löst Erforder- \qq g krystallisirtes Chlormagnesium in Wasser, setzt erst so viel Ammoniak hinzu, dass die linncfon Flüssigkeit stark darnach riecht, und dann eine zur Auflösung des Niederschlages erforderliche Menge Chlorammonium und füllt zuletzt zum Liter auf. 3. Eine Lösung von Schwefel- natrium. Man löst 10 g Aetznatron , welches frei von Salpetersäure und salpetriger Säure ist, in 1 Liter Wasser. Von dieser Lösung wird die Hälfte mit Schwefelwasserstoff vollständig gesättigt und dann mit der anderen Hälfte wieder vereinigt. Die Konzentration der drei Lösungen ist so gewählt, dass je 10 ccm der- selben für 100 ccm Harn vollständig ausreichen. Von dem filtrirten, eiweissfreien — bezw. durch Aufkochen nach Zusatz einiger Tropfen Essigsäure von Eiweiss befreiten — Harne giesst man in ein Becherglas, je nach der Konzentration des Harnes, 100 — 200 ccm. In einem anderen Gefässe mischt man dann 10, bezw. 20 ccm Silberlösung mit 10, bezw, 20 ccm Magnesiamixtur und setzt Ammoniak, wenn nöthig auch etwas Chlor- LSsongen. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20. 2) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd, 109. 3) ViRCHOw's Arch. Bd. 52 und PFLtJGER's Arch. Bd. 5. 4) Wien, med, Jahrb, 1884 und Zeitschr. f. analyt. Chem. Bd. 24. Bestimmung der Harnsäure. 433 ammonium, bis das Gemenge wieder klar L'^eworden ist, zu. Die.^e Lösung mischt man nun unter Umrühren mit dem Harne und lässt das Gemenge eine halbe bis eine Stunde ruhig stehen. Dann sammelt man den Niederschlag auf einem Saugfiltrum, wäscht mit ammoniakhaltigem Wasser aus und bringt ihn dann mit Hilfe eines Glasstabes und der Spritzfiasche, ohne das Filtrum zu beschädigen, in dasselbe Bccherglas zurück. Nun erhitzt njan 10, bezw. 20 ccm der Schwefel- alkalilösung, welclie vorher mit ebensoviel Wasser verdünnt worden, zum Sieden, lässt diese Lösung durch das oben erwähnte Filtrum in das Becherglas, welches die Silberfällung enthält, einfliessen, wäscht mit heissem Wasser nach und er- wärmt, unter Umrühren des Inhaltes, das Becherglas einige Zeit in dem Wasser- Methode yod bade. Nach dem Erkalten filtrirt man in eine Porzellanschale, wäscht mit Qnj j^JJ^ig heissem Wasser nach , säuert das Filtrat mit etwas Salzsäure an, dampft auf etwa 15 ccm ein, setzt noch einige Tropfen Salzsäure zu und lässt 24 Stunden stehen. Die nach dieser Zeit auskrystallisirte, auf einem kleinen, gewogenen Filtrum gesammelte Harnsäure wäscht man mit Wasser, Alkohol, Aether und Schwefelkohlenstoff aus, trocknet bei 100 — 110° C. und wägt. Für je 10 ccm des wässerigen Filtrates muss man der direkt gefundenen Harnsäuremenge 0,00048 g zuzählen. Statt des gewogenen Papierfilters kann man eines, von Ludwig konstruirten, mit Glaswolle beschickten, in ausführlicheren Handbüchern beschriebeneu Glasrohres sich bedienen. Zu starkes oder zu langdauerndes Er- wärmen mit dem Schwefelalkali ist zu vermeiden, weil sonst ein Theil der Harn- säure zersetzt wird. Groves^) empfiehlt statt des Schwefelalkalis eine Lösung von Jodkalium, weil dadurch das Waschen mit Schwefelkohlenstoff überflüssig wird. Cameki:r^) hat das Verfahren in gewissen Hinsichten modifizirt und er bestimmt den Stickstoff des Silberniederschlages einerseits (von Xanthiukörpern unreine Harnsäure = a-Harnsäure) und der nach Salkowski-Lvdwig isolirten Harnsäure (= b-Harnsäure andererseits). Die Methode von Haycraft. 2) 25 ccm Harn werden erst mit 1 g Bikarbonat versetzt, dann mit Ammoniak stark alkalisch gemacht und zuletzt mit ammoniakalischer Silberlösung gefällt. Den genau gewaschenen Nieder- schlag löst man in Salpetersäure von 20—30*^/0 und in dieser Lösung titrirt N man dann nachVoLHARD auf Silber mit einer Rhodanalkalilösung. Jedes 100 " ccm dieser Lösung entspricht 0,00168 g Ur. Diese, in einigen Punkten von Herrmann*) abgeänderte Methode ist von Czapek^) derart verändert worden, **®*^^^«Jj°" dass man nach Zusatz von einem bestimmten Volumen ammoniakalischer Silber- lösung bekannter Stärke mit Schwefelalkali die in dem Harngemenge nach Fällung mit Silbersalz restirende gelöste Menge des Silbersalzes titrirt. Die Methode von Haycraft zeichnet sich durch die leichte und rasche Ausführung aus, weshalb sie auch für klinische Zwecke empfohlen worden ist. Für exakte Be- stimmungen soll sie dagegen nicht ganz brauchbar sein , weil die Harnsäure- silberfällung keinen konstanten Gehalt an Silber hat (Salkowski^). In reinen 1) .lourn. of Pliysiol. Bd. 12. -) Zeitschr. f. Biologie. Bdd. 27 u. 2)S. 3) Zeitsciir. f. analyt. Ciiem. Bd. 25. •*) Zeitsciir. f. physiol. Cliem. Bd. 12. 5) Ebend. Bd. 12. S. 502. fi) Pfi.ügkr's Arch. Bd. 5, aucli S.m.köwski und .foi.ix, Zeit.sclir. f iiliysioj. Clieiu. IM. 14. og II nra 1)1 a rs 1 0 II , l'liysiolo^'ischo Clioinic DriUo Aufl.igo. 43^ Fünfzehntes Kapitel. Harnsäurelösungen giebt die HAYCRAFT'sche Methode dieselben Wertbe wie die Methode Salkowski-Ludwig's. Im Harne giebt jene Methode dagegen höhere Werthe, was wenigstens zum Theil daher rührt, dass aus dem Harne von der Silberlösung ausser der Harnsäure auch andere Stotfe, wie die Xanthinkörper, gefällt werden. Da der Werth dieser Methode übrigens eine sehr verschiedene Beurtheilung erfahren hat, kann hier nicht ausführlicher auf sie eingegangen werden ^). Bezüglich der Methode von Fokker^) wird auf ausführlichere Hand- bücher hingewiesen. Die Methode von Hopken's^) basirt auf der vollständigen Fällbarkeit der Harnsäure als Ammoniumurat aus dem Harne beim Sättigen desselben mit Ammoniumchlorid. Der Harn wird mit Chlorammonium (auf je 100 Harn 30 g) gesättigt und nach zwei Stunden wird filtrirt. Man wäscht mit gesättigter X^pkrüs"^^"" Chlorammoniumlösung aus, bringt den Niederschlag mit siedendem Wasser in ein kleines Becherglas über und zersetzt in der Wärme mit Salzsäure. Die ausgeschiedene Harnsäure wird gewogen oder durch Titration mit Kaliumper- manganat bestimmt. Diese einfache Methode soll ebenso gute Resultate wie die SALKOWSKi-LuDWiG'sche geben. Die jNIethode von Krüger und Wulff soll bei Besprechung der Xanthinstoffe im Harne abgehandelt werden. OxallU'Sänre, C3H4N2O4 = (CONoHg) . CO . COOH. Diese Säure, deren Beziehung zu der Harnsäure und dem Harnstofie schon oben besprochen worden ist, kommt nur spurenweise als Ammoniunisalz im Harne vor. Dieses Salz wird von CaCIg und ISTHs nicht direlit, wohl Oxalarsäare. ^^^j. „j^^j^ (jg^ Sieden, wobei es in Harnstoff und Oxalat sich zerlegt, gefällt. Zur Darstellung der Oxalursäure aus dem Harne wird dieser letztere durch Thierkohle filtrirt. Das von der Thierkohle zurückgehaltene Oxalurat kann mit siedendem Alkohol aus- gezogen werden . COOH Oxalsäure, CgH^O^ oder • kommt als physiologischer Bestand- theil im Harne in sehr geringer Menge, bis zu 0,020 g in 24 Stunden (FüR- BRiNGER^), vor. Nach der gewöhnlichen Anschauung findet sie sich im Harne Oxalsäure, als Calciumoxalat, welches von dem sauren Phosphate des Harnes in Lösung gehalten werden soll. Oxalsaurer Kalk ist ein häufiger Bestandtheil von Harn- sedimenten und kommt auch in gewissen Harnsteinen vor. Die Abstammung der Oxalsäure des Harnes ist nicht genügend bekannt. Die von aussen aufgenommene Säure wird wie es scheint wenigstens zum Theil mit dem Harne wieder unverändert ausgeschieden; und da mehrere vegetabilische AbStamm- *= Oxäfsä^uYe Nahrungs- oder Genussmittel, wie Kohlarten, Spinat, Spargel, Sauerampfer, Aepfel, Trauben u. s. w., Oxalsäure enthalten, könnte man annehmen, dass die Oxalsäure im Harne wenigstens zum Theil von der Nahrung direkt stammte. 1) Hinsichtlich der diese Frage berührenden Litteratur bis zu 1890 vergl. man HüPPERT- Nefbauer's Harnanalyse. Vergl. ferner IJSOWSKI, Maly's Jahresber. Bd. 20, Deroipe, ebend. Bd. 21. S. 172, Groves 1. c. und H.wcraft, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15. 2) Pflüger's Arch. Bd. 10. 3J Journal of Pathol. and Bacteriology 1893, auch Proceedings of Royal Soe. Vol. 52. 4) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 18. Oxalsäure. Allantoin. 435 Nach Abeles^) soll dies indessen nicht der Fall si^n. Eine alimentäre Oxal- urie, d. h. eine Ausscheidung von Oxalsäure in Folge des Genusses unserer ge- wöhnlichen, oxalsäurehaltigen Nahrungs- und Genussmittel, existirt nach ihm Abstamm- nicht, und die löslichen Oxalate der Nahrung setzen sich aller Wahrscheinlich- oxafsslfre. keit nach im Verdauungskanale in unlösliches Kalksalz um. Dass Oxalsäure im Thierkörper aus Eiweiss oder Fett entstehen kann, geht daraus hervor, dass sie nach Mills-) bei ausschliesslicher Ernährung mit Fleisch und Fett beim Hunde noch in dem Harne ausgeschieden wird. !Man hat auch ihre Entstehung durch unvollständige Verbrennung der Kohlehydrate angenommen, und endlich hat man auch — aber ohne genügende Gründe — die Oxalsäure des Harnes als ein Oxydationsprodukt der Harnsäure betrachtet. Eine vermehrte Oxalsäureausscheidung kann bei der Zuckerharnruhr vor- kommen. Ob sie auch als selbständige Krankheit {O.raJnrie , Oxalsäure- diathese) vorkommen kann, darüber gehen die Angaben etwas auseinander. Die Eigenschaften und Reaktionen der Oxalsäure und des Calciumoxalates sind aus den Lehrbüchern der Chemie genügend bekannt. Das Calciumoxalat als Bestandtheil der Harnsedimente soll später ausführlicher besprochen werden. Nachweis und quantitative Bestimmung der Oxalsäure im Harne. Die im Harne in Lösung sich vorfindende Oxalsäure weist man nach Neubauer^). in der \Yeise nach, dass man 500 — 600 ccm Harn mit CaCU-lösung versetzt, mit Ammoniak alkalisch und darauf mit Essigsäure wieder sauer macht. Nach 24 Stunden bringt man den Niederschlag auf ein kleines Filtrum, wäscht mit o*°^^®'^ "• Wasser nach, behandelt mit Salzsäure (wobei die Harnsäure auf dem Filtrum der Oxai- ungelöst zui'ückbleibt) und wäscht nochmals mit Wasser. Das saure Filtrat, ein- schliesslich des Wasch Wassers, überschichtet man mit Ammoniak in einigem Ueberschusse und lässt 24 Stunden stehen. Es scheidet sich dann das Calcium- oxalat in Quadratoktaedern aus. Nach demselben Prinzipe bestimmt man die Oxalsäure quantitativ. Das Oxalat wird durch Glühen in Aetzkalk übergeführt und als solcher, gewogen. Allantoin oder Gly oxyldiureid, C^HgN^Og oder CO -KTTT Ar\ ' " ^> kommt im Harne von Kindern innerhalb der ersten \NH.CO acht Tage nach der Geburt und in sehr kleiner ^lenge auch im Harne Er- wachsener (GussEROW^), Ziegler und Hermann^) vor. In etwas reichlicherer Menge findet es sich in dem Harne Schwangerer (Gusserow). Das Allantoin ist auch in dem Harne saugender Kälber (Wöhler^) und Insweilen auch im 1) Wien. klin. Wochenschr. 1892. ■i) ViRcnow's Arch Bil. 91. 3) Zeitschr. f. analyt. Chom. Bd. 8. S. 521. ■I) Areh. f. Gyniikol Bd. 3 5) Bei GussEROW ebeud. Beides cit. nach HüPPERT-NEun.viKK, S. 210. 6) Nachr. d. k. Gesellsch d. Wissensoh. zu Göttingeu 1849. Cit. nach Hori'K -^evi.ki;, l'hysiol. Chcin. S. 810. '2S^ Aoc Fünfzehntes Kapitel. Harne anderer Thiere (Meissner i) gefunden y\orden. Es findet sich ferner im Kinds wasser und, wie zuerst Vauquelin2) und Lassaigne^) zeigten, in der Allantoisflüssigkeit der Kühe (woher der Name). Das Allantoin entsteht, wie vorkommen oben erwähnt, aus der Harnsäure bei der Oxydation derselben. Die vermehrte 'lofn"'" Allantoinausscheidung, welche Salkowski*) bei Hunden nach Einführung von Harnsäure beobachtet hat, macht auch eine Entstehung des Allan toins aus dieser Säure im Thierkörper nicht unwahrscheinlich. Nach Vergiftung mit Diamid J beobachtete BoRissow^) bei Hunden eine reichliche Ausscheidung von Allantoin. Das Allantoin ist eine in farblosen, oft zu sternförmigen Drusen ver- einigten Prismen krystallisirende, in kaltem Wasser schwer, in siedendem leicht und auch in heisseni Alkohol, nicht aber in kaltem oder in Aether lösliche Substanz. Es verbindet sich mit Säuren zu Salzen. Eine wässerige Allantoin- lösung giebt mit Silbernitrat allein keinen Niederschlag; bei vorsichtigem Zusatz von Ammoniak entsteht dagegen ein in überschüssigem Ammoniak löslicher, schSfen'und,,,eisser flockiger Niederschlag, QHgAgN^Og, welcher nach einiger Zeit aus Reakfonen. ^^^^ ^^^,^^^ ^ durchsichtigen mikroskopischen Tröpfchen besteht. Der Gehalt des getrockneten Niederschlages an Silber ist 40,750/o. Eine wässerige Allan- toinlösung wird von Merkurinitrat gefällt. Bei anhaltendem Kochen reduzirt das Allantoin die FEHLiNG'sche Lösung. Es giebt die ScHiFF'sche Furfurol- reaktion weniger schnell und weniger intensiv als der Harnstoff". Die Murexid- probe giebt es nicht. Das Allantoin stellt man am einfachsten aus Harnsäure durch Oxydation derselben mit Bleihyperoxyd dar. Zur Darstellung des Allantoins aus Kalber- harn konzentrirt man den letzteren im Wasserbade zum Syrup und lasst ihn mehrere Tage kalt stehen. Die durch Schlämmen von dem übrigen Nieder- schlage getrennten Krystalle löst man in siedendem Wasser unter Zusatz von Da,stoiiun. etwas Thierkohlc, filtrirt heiss, macht das Filtrat mit Salzsäure schwach sauer Auins. (wodurch das in Lösung gegangene Phosphat in ^Ö^^^S^ ^f'^f .^\7;,^^ ^""; lässt krystallisiren. Im Menschenharne weist man das Allantoin nach einer zuerst von Meissner <^) angegebenen Methode nach. Die Hauptzüge dieser Methode sind folgende. Man fällt den Harn mit Barytwasser, filtrirt, scheidet den Baryt mit Schwefelsäure aus, filtrirt, fällt das Allantoin mit HgCl, bei alkalischer Reaktion, zerlegt den Niederschlag mit Schwefelwasserstoff", konzentrirt stark reinigt die ausgeschiedenen Krystalle durch Umkrystallisiren und stellt zuletzt die Silberverbindung dar. Xanthinstoffe. Die im Menschenharne angeblich regelmässig vorkom- 1) Zeitschr. f. rat. Med. (3.) Bd. 31. 2) Annal. d. Cheni. Bd. 33. 3) Annal. de chim. et de phys. Tome 17. 4) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 9. 5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 6) 1. c. Xanthinstoffe. 437 Kamin (Pouchet), FaraxcmtJiin (Thudichum 3) , Salomon*), Ueteroxanthin Salomon^) und Episarldn (Balke*^). Die Menge dieser Stoffe im Harne ist ÜLisserst gering. Vermehrt ist die Menge der Xanthinkörper im Harne besonders Xanthin- bei der Leukämie, bei welcher Krankheit auch Adi-nin im Harne gefunden worden ist (Stadthagen''). Auch im Fieber und bei Affektionen des Nerven- systems ist eine vermehrte Ausscheidung gewisser Xanthinkörper von Polthkt beobachtet worden. Das Xanthin tritt auch als Bestandtheil einer selten vor- kommenden Art von Harnsteinen auf (Marcet). Als Bestandtheil von Harn- sedimenten ist es auch zuweilen beobachtet worden (Bence Jones). Das Paruxantliin, C;HhN402 (Diinethylxanthin), und das Hetcroxanthiii, CaH^N^O., ( Metliylxanthin) gebeu eicht die Xanthinreaktion mit Salpetersäure und All. Vcrgl. auch Au. MorF.M.VNN, ebend. Bd. 7 und Kochs, Pflijgek's Arch. Bd. 20. 440 Fünfzehntes Kapitel. Eigenschaften und BeaJdionen der Hijipürsäure. Die Säure krystallisirt in halbdurchsichtigen, milchweissen, langen, vierseitigen rhombischen Prismen oder Säulen oder, bei rascher Ausscheidung, in Nadeln. Sie löst sich in 600 Krystall- ... form und Tbeilen kaltem Wasser, bedeutend leichter in heissem. Von Alkohol wird sie Lüsiichkeit. leicht, von Aether schwerer gelöst. Von Essigäther wird sie leicht, etwa 12 Mal leichter als von Aethyläther gelöst. In Petroleumäther löst sie sich dagegen nicht. Beim Erhitzen schmilzt die Hippursäure zuerst bei 187,5" zu einer öligen Flüssigkeit, die beim Erkalten hrystallinisch erstarrt. Bei fortgesetztem Erhitzen zersetzt sie sich; die Masse wird roth, giebt ein Sublimat von Benzoesäure und Eisen- entwickelt anfangs einen eigenthümlichen, angenehmen Heugeruch und später Reaktfonen. einen Geruch nach Blausäure. Durch dieses Verhalten wie auch durch die Krystallform und die Unlöslichkeit in Petroleumäther unterscheidet sich die Hippursäure leicht von der Benzoesäure. Mit dieser Säure hat sie dagegen die Reaktion von Lücke gemeinsam; d. h. nach Eindampfen mit starker Salpeter- säure zur Trockne und Erhitzen des Rückstaudes entwickelt sie einen intensiven, bittermandelähnlichen Geruch von Nitrobenzol. Die Hippursäure giebt mit Basen in den meisten Fällen krystallisirende Salze. Die Verbindungen mit Alkalien und alkalischen Erden sind in Wasser und Alkohol löslich. Die Silber-, Kupfer- und Bleisalze sind in Wasser schwer löslich, das Eisenoxydsalz ist unlöslich. Die Darstellung der Hippursäure geschieht am besten aus frischem Pferde- oder Kuhharn. Man kocht den Harn einige Minuten mit überschüssiger Kalk- Darsteiiun" müch. Aus der warm filtrirten, konzeutrirten und dann abgekühlten Flüssigkeit der Hippur- f^Ht man die Hippursäure durch Zusatz von überschüssiger Salzsäure. Die stark gepressten Krystalle löst man in Kalkmilch unter Aufkochen, verfährt dann wie oben und fällt die Hippursäure zum zweiten Male aus dem stark konzeu- trirten Filtrate mit Salzsäure, Die Krystalle werden durch Umkrystallisiren und (wenn nötbig) Entfärben mit Thierkohle gereinigt. Die quantitative Bestimmung der Hippursäure im Harne kann in folgen- der Weise (Bungk und Schmiedeberg ^) geschehen. Man macht den Harn erst schwach alkalisch mit Soda, verdunstet ihn dann fast zur Trockne und laugt den Rückstand gründlich mit stärkstem Alkohol aus. Nach der Verdunstung des Alkohols löst man in Wasser, säuert mit Schwefelsäure an und extrahirt vollständig durch Schütteln (wenigstens 5 Mal) mit neuen Portionen Essigäther, Den abgehobenen Essigäther wäscht man darauf wiederholt mit Wasser, welches mittelst eines Scheidetrichters entfernt wird, verdunstet ihn dann bei massiger Temperatur und behandelt den eingetrockneten Rückstand wiederholt mit Petro- leumäther, welcher Benzoesäure, Oxysäuren, Fett und Phenole löst, während die Hippursäure ungelöst zurückbleibt. Diesen Rückstand löst man nun in wenig warmem Wasser und verdunstet bei 50 — 60*^ C, zur Krystallisation. Die Krystalle werden auf einem kleinen gewogenen Filtrum gesammelt. Die abfiltrirte Mutterlauge schüttelt man wiederholt mit Essigäther aus. Dieser letztere wird dann abgehoben und vertlunstet ; den Rückstand bringt man auf das obige, die ausgeschiedenen Krystalle enthaltende Filtrum, trocknet und wägt. Plienacetursäure, CioHnNOa = CeHs.CHa.CO.NH.CHa.COOH. Diese Säure, welche J) 1. c. Aetherschwef elsäu ren . 441 im Thierkörper durch eine Paarung der bei der Eiweissfäulniss entstehenden Phenylessigsäure, C'bII, . CIL, . COOK, mit Glykolcoll entsteht, ist von S^i.KOWSKl') aus J'ferdeharn dargestellt worden, kommt aber wahrscheinlich auch im Menschenharne vor. Benzoi'.siilire. 0711^0.2 oder C'bH, .COOH, ist im Kaninchen- und zuweilen auch in geringer Menge im ITundeliarne (Wkyi, und v. ANKEP-') beoJuichtet worden. Von .Iaaksvei.d und Stokvis^) und von KiioNKCKliK*) wurde sie auch im Meuschenharne bei Nierenleiden gefunden. Das Vorkommen von Benzoesäure im Harne scheint von einer fermentativen Zer- setzung der IIi])pHrsäure herzuleiten sein. Eine solche Zersetzung findet nämlich in einem alkalischen oder eiweisshaltigeu Harne sehr leicht statt (Vax de Vei.de und SroKVls*). Bei gewissen Thieren — Schwein und Hund — sollen die (Jrgane 'die Nieren) nach SciI.MlEDE- kekg"j und Minkowski') ein besonderes Enzym, das Hintozym ScuMiEDEUEr.fi's, tnthalten, welches die Hipjiursäure unter Abscheidung von Benzoesäure spalten soll. Aetherschwefelsäuren. Bei der Eiweissfäulniss im Darme entstehen Phenole, als deren Multersu])stanz das Tyrosin zu lietrachten ist, und ferner auch Iiidol und Skatol. Diese Stoffe, die zwei letztgenannten nachdem sie zu Indoxyl-, bezw. Skatoxyl oxydirt worden, gehen nach einer Paarung mit Schwefel- säure als Aetherschwefelsäuren in den Harn üljer. Die wichtigsten dieser Aether- säuren sind PltenoJ- und Kresohclujcefdsüure — früher auch phenolbildende Substanz genannt — Indoxyl- und Slcatoxylschivefelsäiire. Zu derselben Gruppe sthwefei- gehören auch die im Menschenharne nur in sehr geringer Menge vorkommende *^'"'®°- lh'en.i1;atecliinschivefelsüure, die nach Vergiftung mit Phenol auftretende H/fdro- chinonscliivefdsimre und wahrscheinlich auch andere im Harne physiologisch vorkommende, noch nicht isolirte Aethersäuren. Die Aetherschwefelsäuren des Harnes sind von Baumann ^) entdeckt und besonders studirt worden. Die Menge dieser Säuren im Menschenharne ist gering, der Pferdeharn enthält dagegen reichlichere Mengen davon. Nach den Bestimmungen von v. D. Velden'-') schwankt die Menge der gepaarten Schwefelsäure im Menschenharne pro 24 Stunden zwischen 0,094 und 0,620 g. Das Verhältniss der Menge der Sulfat- schwefeisäure A zu der Menge der gepaarten Schwefelsäure jE> bei Gesunden nimmt man gewöhnlich durchschnittlich gleich 10 : 1 an Es zeigt aber, wie schon Baumann und Hertek^O) und nach ihnen viele andere Forscher gefunden ^nssL-rSsM haben, so grosse Schwankungen, dass es kaum erlaubt ist, eine Mittelzahl als *^ gp^^e'fe?-" die normale anzusehen. Nach Einnahme von Phenol und gewissen anderen s^""*"- aromatischen Substanzen, wie auch bei reichlicher Fäulniss innerhalb des Or- ganismus nimmt die Ausscheidung der Aetherschwefelsäuren stark zu. Umge- 1) Zeitschr. f. pliysiol. (.'liein. IJd. *.). \ergl. aucii K. und 11. .Sai.Kuw.sk I. cbund. IM. 7. ■i) Ebend. Bd. 4. 3) Arch. f. e.xp. Patli u. Pliarui. IM. 1(K 1) Ebend. Bd. 16. 5) Ebend. Bd. 17. ö) Ebend. Bd. 14. S. 37'J. 7) Ebend. Bd. 17. 8) PiaÜGER's Arch. Bdd. 12 u. l:l. ») ViRCHOw's Arch. IM. 70. 1") Zeitschr. f. physiol. Phcm. Rd. 1. 442 Fünfzehntes Kapitel. kehrt wird sie herabgesetzt durch alles, was die Eiweissfäulniss im Darme hemmt oder herabdrückt. Aus diesem Grunde kann sie durch Kohlehydrate und einseitige Milchnahrung ^) stark herabgedrückt werden. Auch durch gewisse Arzneimittel, die eine antiseptische Wirkung haben, ist es in einzelnen Fällen gelungen , die Darmfäulniss und die Aetherschwefelsäureausscheidung herabzu- drücken , doch sind die Angaben hierüber nicht einstimmig ^). Für das Studium der Intensität der Darmfäulniss unter verschiedenen V^erhältnissen hat man im Allgemeinen grosses Gewicht auf die Relation zwischen Gesammtschwefelsäure und gepaarter Schwefelsäure oder zwischen der letzteren und der Sulfatschwefelsüure gelegt. Mit Recht haben indessen mehrere Forscher, F. Müller^), Salkowski*) und v. Nooeden ^) scharf hervorgehoben, dass diese Relation von untergeordnetem Werthe ist und dass man vielmehr die absoluten Werthe zu beachten hat. Hierzu ist indessen zu bemerken, dass auch die ab- soluten Werthe für die gepaarte Schwefelsäure so stark schwanken, dass wir gegenwärtig keine, sei es obere oder untere Grenze für die normalen Werthe sicher angeben können. Phenol- und p-Kresolschwefelsäure, CgH-.O.SOg.OH und C7H7.O.SO2.OH. Diese Säuren finden sich als Alkalisalze im Harne des Menschen, in welchem auch Orthokresol nachgewiesen worden ist. Die Menge der Kresolschwefelsäure ist bedeutend grösser als die der Phenolschwefelsäurc. Bei quantitativen Bestimmungen wurden indessen bisher die zwei aus den Aethersäuren frei gemachten Phenole nicht gesondert, sondern gemeinschaftlich , als Tribromphenol bestimmt. Die Menge Phenole, welche aus den Aetherschwefel- rheuol- und ^ ° ' Schwefel- ^^urcu des Harnes sich abscheiden lässt, beträgt nach Munk^) pro 24 Stunden säure. ^7 — 5^ ^g^ j)jg bisher geübte quantitative Bestimmungsmethode giebt indessen nach Rumpf'') wie nach Kossler und Penny^) so ungenaue Resultate, dass neue Bestinmiungen sehr wünschenswerth erscheinen. Bei Pflanzen nahrung ist die Menge dieser Aetherschwefelsäuren grösser als bei gemischter Kost. Nach Einnahme von Karbolsäure, welche zum grossen Theil innerhalb des Organismus «lurch eine Synthese in Phenolätherschwefelsäure, daneben aber auch in Brenz- 1) Veif;!. lIiKSCULKK, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10. ßlEKNAOKi, Deutsch. Arch. f. kliu. Med. I5d. 49. Rovighi, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 16. Winternitz ebend. und Schmitz, ebend. Bdd. 17 u. 19. 2) Vergl. Baumanx und Mokax, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10; Steifk, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 16; RoviGHi 1. c; Stern, Zeitschr. 1". Hygiene. Bd. 12 und Bartosche- wiTSCH, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. :t) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 12. 4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12. 5) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 17. e) Pflügee's Arch. Bd. 12. 7) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 16. 8) Ebend. Bd. 17. Äetherscbwefelsäuren. 443 katechiu- und Hydrocliinonschwefelsäure') wie auch, wenn die zur Bindung der Phenole verfügbare Schwefelsäure nicht ausreicht, in Phenolglukuronsäure-) über- geht, wird die Menge des Phenols und der Äetherscbwefelsäuren im Harne auf Kosten der Sulfatschwefelsäure bedeutend vermehrt. Eine vermehrte Ausscheidung der Phenolätherschwefelsäuren kommt bei lebhafterer Darmfäulniss bei Stauungen des Darmiuhaltes, wie bei Ileus, difluser Peritonitis mit Atonie des Darmes oder tuberkulöser Enteritis, nicht aber bei Phenoiaus- einfacher Obstruktion vor. Ebenso ist die Ausscheidung bei der Resorption ^ Kranir- von Fäulnissprodukten aus eiterigen Geschwüren oder Abscessen anderswo im Körper vermehrt. Bei verschiedenen anderen Krankheitszuständen hat man auch in einzelnen Fällen holie Werthe für die Phenolausscheidung gefunden '). Die Alkalisalze der Phenol- und Kresolschwefelsäuren krystallisiren in weissen, perlmutterglänzenden Blättchen, welche in "Wasser ziemlich leicht löslich sind. Sako dor Sie werden von siedendem, nur wenig aber von kaltem Alkohol gelöst. Beim schwefei- Sieden mit verdünnten Mineralsäuren werden sie in Schwefelsäure und die ent- ''^"'■®"- sprechenden Phenole zerlegt. Die Pheiiolschwefelsäuren sind von Baumanx synthetisch aus Kalium- pyrosulfat und Phenol-, bezw. p-Kresolkalium dargestellt worden. Bezüglich ihrer Darstellung aus dem Harne, welche nach einer ziemlich komplizirten Methode geschieht, kann auf ausführlichere Handbücher verwiesen werden. Zur quantitativen Bestimmung dieser AetherschwefelsäureJi bestimmte mau bisher durch Wägung die Menge Phenol, welche aus dem Harne als Tribromphenoi abgeschieden werden kann. Zu der Bestimmung verwendete man, wenn der Harn nicht besonders reich an Phenolen war, etwa ^U des gesammten Tagesquanturas, säuerte mit konzentrirter Salzsäure — 5 ccm auf je 100 ccm Harn — an und destil- lirte so lange, bis eine Probe des Destillates mit dem MiLLON'schen Reagenze oder mit Bromwasser nicht die geringste Reaktion auf Phenole mehr gab. Das Quantitative D(!stillat neutralisirte man nun genau mit Sodalösung (welche Benzoesäure u. s. w. der^Phonoil^ l)indet) und destillirte von Neuem, bis eine Probe des Destillates mit den oben- genannten Reagenzien als phenolfrei sich erwies. Das neue Destillat versetzte man mit Bromwasser bis zur bleibenden Gelbfärbung, Hess es etwa 24 Stunden kalt stehen , brachte dann den krystallinischen Niederschlag auf ein kleines, gewogenes Filtrum, wusch mit schwachem Bromwasser nach, trocknete über Schwefelsäure ohne Anwendung des Vakuums und wägte. 100 Theile Tribrom- phenoi entsprechen 28,4 Theilen Phenol. Das Parakresol würde, wie man an- nahm, bei diesem Verfahren von dem Bromwasser erst in Tribromkresolbrom und dieses dann allmählich unter Abgabe von Kohlensäure in Tribromphenoi übergeführt werden. Diese Voraussetzung triflft indessen, wie besonders Rujipf*) 1) Vergl. Bai'mann, PFLÜüKlts Arcli. Jiiiti. 12 n. Vi, wn.l J?.\i mann uud Pbkusse, Zeitsclir. f. physiol. Chem. Bd. 3. S. 156. ■-) SCHMUCDEBERG, Arch. f. exp. Patli. u. l'liann. IUI. 14. ^) Vorgl G. IIorrK-Sini.KR, Zcitechr. f. physiol. C'heni. Hd. 1*2, wo man mucIi Littcnitiir- augabeu findet. 1) Zeitschr. f. physiol. Chcui. Bd. 1(>. 444 Fünfzehntes Kapitel. gezeigt hat, nicht zu, indem nämlich hauptsächlich Dibromkreosol entsteht. Aus diesem und anderen Gründen ist diese Methode nicht brauchbar. Unter den anderen vorgeschlageneu Methoden scheint die folgende die brauchbarste zu sein. Methode von Kossler und Penny *). Diese Methode ist eine Modifikation des von Messinger und Vortmann-) ausgearbeiteten, titrimetrischen Verfahrens zur Bestimmung des Phenols. Das Prinzip dieses Verfahrens ist folgendes. N Man setzt zu der^phenolhaltigen Flüssigkeit erst —-- Natronlauge bis zu ziem- lich stark alkalischer Reaktion hinzu, erwärmt die Flüssigkeit in einer mit N einem Glasstöpsel verschliessbaren Flasche im Wasserbade und lässt dann -— Methode von J°^^^^^"S ^^ überschüssiger genau abgemessener, Menge zufliessen. Es entsteht Kossior und hierbei zuerst Jodnatrium und Natriumhypojodit, welch letzteres dann mit ^""'^' dem Phenol nach folgendem Schema Trijodphenol giebt: CßHjOH -4- 3 NaOJ = CgH., Jg . OH -f- 3 NaOH. Nach dem Erkalten wird mit Schwefelsäure an- gesäuert, und man bestimmt darauf das überschüssige, nicht verbrauchte Jod durch N Titration mit Natriumthiosulfatlösung. Dieses Verfahren eignet sich ebenso 10 * N gut zur Bestimmung des Parakresols. Von der verbrauchten — Jodlösung zeigt 1 ccm 1,5670 mg Phenol oder 1,8018 mg Kresol an. Da die Bestimmung keinen Einblick in die wechselseitigen Mengenverhältnisse der zwei Phenole gewährt, muss natürlich die verbrauchte Jodmenge auf eines der beiden Phenole berechnet werden. Hinsichtlich der näheren Details und der besonderen Vor- sichtsmassregeln wird auf die Originalabhandlung von Kossler und Penny hin- gewiesen. Die Methoden zur gesonderten Bestimmung der gepaarten Schwefelsäure und der Sulfatschwefelsäure sollen später, bei Besprechung der Methoden zur Bestimmung der Schwefelsäure des Harnes, abgehandelt werden. Brenzkatechinschwefelsäin'e (und Breuzkatechin). Von Baumann'*) ist diese Brenz- Säure im Pferdeharne in ziemlich reichlicher Menge gefunden worden. Im Menschenharne katechin- j-oßj^f gje ^m- jy äusserst geringer Menge und vielleicht nicht konstant vor ; in reichlicherer säure. Menge findet sie sich im Harne nach Einnahme von Phenol, Brenzkatechin oder Proto- katechusäure. Bei ausschliesslicher Fleischkost kommt diese Säure nicht im Harne vor und sie dürfte deshalb aus dem Pflanzenreiche stammen. Wahrscheiulieh rührt sie von der Protokatechu- säure her, welche nach Preusse*) zum Theil als Brenzkatechinschwefelsäure in den Harn übergeht. Zum Theil kann die Säure auch vielleicht von innerhalb des Organismus oxydirtem Phenol herrühren (Baümann und Preüsse^). Brenzkatechin oder o-Dioxybeuzol, C,;H4(OII)2, wurde zum ersten Male von Ebstein und Miller**) in dem Harne eines Kindes beobachtet. Der zuerst von Bödeker') 1) Zeitachr. f. physiol. Chem. Bd. 17. '^) Ber. d. deutsch, ehern. Gesellsch. Bd. 22. 3) Baumann und Hertek, Zeitschr. f physiol. (hem. Bd. 4) Ebend. Bd. 2. 5) Ebend. Bd. 3. 6) ViBCHOw's Arch. Bd. G2. ') Zeitschr. f. rat. Med. (3.) Bd. 7. Dioxybenzole. Indoxylschwefelsäure. 445 Brenz- kalecbiD. Hydro- chinon. im Menscheiiliarnc f,'efundene, reduzirende Stoff AI kapton, welcher lange Zeit als mit dem Brenzkatechin identisch Vjetrachtet wurde, dürfte iu den meisten Fällen Homogentisi u - säure oder Uroleucinsäure gewesen sein (vergl. unten). Das Brenzkatechin krystallisirt in Prismen, die in Alkohol, Aether und Wasser lös- lich sind. Es schmilzt bei 102 — 104" C. und sublimirt in glänzenden Blättehen. Die wässerige Lösung nimmt bei Gegenwart von Alkali Sauerstofl' aus der Luft auf, wird grün, braun und schliesslich schwarz. Versetzt man eine sehr verdünnte Eisenchloridhisung mit Weinsäure, macht sie darauf mit Ammoniak alkalisch und setzt dann dieses Reagenz zu einer wässerigen Brenzkatechinlösung, so erhält man eine violette oder kirschrothe Flüssigkeit, die beim Ueber- sättigen mit Essigsäure grün wird. Das Brenzkatechin wird von Bleiacetat gefällt. Es reduzirt eine ammoniakalische Silberlösung bei Zimmertemperatur und re) PflÜgkr's Arch. Bd. 33. C') Bcr. d. deutsch, ehem. tiesellscli. Bd. \'l , und Zoilsciir. f. physiol. Choui. Bd. 414. 448 Fünfzehntes Kapitel. worden. Das Indol und das Skatol zeigen jedoch insoferne ein verschiedenes Verhalten, als, wenigstens beim Hunde, das Indol reichliche Mengen Aether- schwefelsäure, das Skatol dagegen nur unbedeutende Mengen davon giebt (Mester^). Das Skatol scheint theilweise in den Harn als eine SJcatoxifl- gluhuronsäiire überzugehen. Das Kaliumsalz der Skatoxylschwefelsäure krystallisirt ; es löst sich in Wasser, schwerer in Alkohol. Von Ei^euchlorid wird die wässerige Lösung tox 1 ^^^^^ violett, von konzentrirter Salpetersäure roth. Von konzentrirter Salzsäure Schwefel- ^yjj.(| (j^s Salz unter Abscheidung von einem rothen Niederschlage zersetzt. Dio sauies Kall. '^ ° Natur der bei der Zersetzung der Skatoxylschwefelsäure entstehenden rothen Farbstoffe wie auch die Beziehungen der letzteren zu anderen rothen Harnfarb- stoffen sind jedoch leider nur wenig bekannt. Bei der Destillation mit Zinkstaub geben die Skatolfarbstoffe Skatol. Bei der jAFFto'schen Indikanprobe färben sich skatoxylhaltige Harne schon bei Zusatz von Salzsäure dunkelroth bis violett; mit Salpetersäure färben sie sich kirschroth, mit Eisenchlorid und Salzsäure beim Erwärmen roth. Der Farbstoff, welcher mit Zinkstaub Skatol liefert, kann dem Harne mit Aether entzogen werden. Skatoxylreiche Harne dunkeln beim Stehen an der Luft von der Oberfläche aus stark nach und können dabei röthlich, violett oder fast schwarz werden. Rosin ^) scheint der Ansicht zu sein, dass beim Menschen keine Skatolfarbstoffe vorkommen und dass die hierher gehörenden Beobacht- ungen auf Verwechselung mit Indigoroth oder Urorosein beruhen. Das Vorkommen der bei der Fäulniss ebenfalls auftretenden Skatolknrbonsäure, CsHgN.COOH, im normalen Harne ist von Salkowski^) sehr wahrscheinlich gemacht worden. Aromatische Oxysäureii. Bei der Eiweissfäulniss im Darme ent- stehen, aus dem Tyrosin als Zwischenstufe, die Paraoxyplienylessigsäure C(;H4(OH).CH2.COOH, und die PamoxijphouijlpropionsÜHre, Q^YiJyOYL).C.^^. COOH, welche beide zum allergrössten Theil unverändert in den Harn über- gehen und daselbst zuerst von Baumann*) nachgewiesen worden sind. Die Menge dieser Säuren ist gewöhnlich sehr klein. Sie wird aber unter denselben Verhältnissen wie die der Phenole vermehrt und namentlich bei der akuten Phosphorvergiftung soll sie bedeutend vermehrt sein. Ein geringer Theil dieser Oxysäuren ist auch an Schwefelsäure gebunden. Ausser diesen beiden im Menschenharn regelmässig vorkommenden Oxy- säuren kommen im Harne bisweilen auch andere Oxysäuren vor. Hierher ge- Verlialten skatol- haltiger Harne. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 12. 2) 1. c. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9. 1) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bdd. 12 u. IM, und Zeitschr. f. i)bysiol. Chem. Bd. 4. Aromatische 0.\ys;iiireii. 449 hören die Honiogentisinsüurii und die Uroleucinsäure, welche in den meisten Füllen von Alkaptonurie den spezitischen Bestandtheil des Harns darstellen, ferner die bei akuter Leberatrophie von Schultzen und Riess^) im Harne ge- r-k 77' T-rT-'ii ITT/» m« Ariimatische lundene Oxymancielsaurc, die im Kaninchenharn nach Verfütterung von lyrosm oxysäurtn. von Blendekmann^) gefundene Oxiihiidropardknmürsiuire, die nach Bau3Ianx^) zuweilen im Pferdeharn auftretende (jrallussäHre und die bisher nur im Hunde- harn gefundene Kynurensätire (Oxychinolinkarbonsäure). Von diesen sollen hier nur die obigen zwei Oxysäuren, wie auch die Homogentisin- und die Uroleucin- säure, abgehandelt werden. Die Paraoxyphenylessigsäure und die p-Oxyphenylpropion- Säure krystallisiren und sind beide in Wasser und in Aether löslich. Jene schmilzt bei 148'', diese bei 125'' C. Beim Erwärmen mit dem Mn^LON'schen Reagenze geben beide eine schön rothe Farbe. Zum Nachweis dieser zwei Oxysäuren verfährt nuiu nach JJvlmaxn in folgender Weise. Mau erwärmt den Harn , zur Vertreibung der lliichtigeu Phenole, nach Zusatz von Salzsäure einige Zeit im AVasserbade. Xach dem Erkalten schüttelt man dreimal mit Aether aus und schüttelt darauf den Aetherauszug mit schwacher Sodalösung, welche die Oxysäuren aufnimmt, während der Rest der Phenole im Aether gelöst zurückbleibt. Die alkalische I/Jsung der Nachweis Oxysäuren säuert mau darauf schwach mit Schwefelsäure an, schüttelt abermals mit Aether °änre?'" aus, hebt den Aether ab, lässt ihn verdunsten, löst den Rückstand in wenig Wasser und prüft diese Lösung mit dem MiLLON'schen Reagenze. Die zwei Oxysäuren lassen sich am sichersten durch ihren verschiedenen Schmelzjiunkt unterscheiden. Bezüglich des zur Isolirung und Trennung der zwei Oxysäuren von einander dienenden Verfahrens wird auf ausführlichere Handbücher verwiesen. Homogentisinsäure, C^YL^O^ oder C6H3(OH)..CH2.COOH. Diese Säure ist von Wolkow und Bau:mann^) entdeckt worden. Sie isolirten dieselbe aus dem Harne in einem Falle von Alkaptonurie (vergl. weiter unten) und sie zeigten, dass die Eigenthümlichkeiten des sogen. Alkaptonharnes in diesem Falle von (iieser Säure herrührten. Dieselbe Säure ist später von Ejibden^) wie jj^^^^^ jj_ von Garnier und VoiurN^) und Ogdkn'') in anderen Fällen von Alkaptonurie ^i"«*""^- gefunden worden. Auch die von Marshall*^) und neuerdings von Geygek^) aus Alkaptonharn isolirte Glyhosursmire scheint mit der Homogentisinsäure identisch zu sein. Als nächste Muttersubstanz der Säure ist das Tyrosin zu betrachten. Nach Eingabe dieses Stoffes nimmt nämlich nach Woi.kow und I) Chem. Centralbl. 1869. -) Zeitschr. f. physiol. Chem. I>d. (>. S. 257. :i) Ebend. Bd. 6. S. 193. i) Ebend. Bd. 15. •') Ebend. Bdd. 17 u. 18. d. 47. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 2. 3) Ebend. Bdd. 11 u. 12. 4) HopPE-SKVi.iii;, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 18, und v. Udk.4nszky, /.eitechr. f. physiol. Chem. Bd. 13. ö) Heller's Arch. (2.) Bd. 1. Cit. nach Hi i'ri:in-Xi:rr..\iKi: S 32(>. 6) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8. 7) Brit. med. Journal. Vol. 201 (1864), und .l..urnai f. prakt. (hcin. Bd. 104 8) Cit. nach IIi:i'I-ei:t-Xeihai;kr. S. 328. 9) Ebend. S. 89 u. 90. 10) Ueber diese und andere rothe FarbstoHe siehe ebend. S. 339. 11) Journal f. prakt. Chem. (2.1 Bd. 2<). 29« 452 Fünfzehntes Kapitel. üiübiline. sind, kann nur das bisher am eingehendsten untersuchte Harnpigment, das Uro- biliu. hier ausführlicher besprochen werden. Das Urobilin ist zuerst von Jaffe ') aus Harn dargestellt worden. Der von ihm dargestellte Farbstoff kommt besonders im Harne von Fieberkranken vor und wird deshalb von Mac Munn 2) als febriles Urobilin bezeichnet. Das im normalen Harne vorkommende Urobilin soll in optischer Hinsicht von dem vorigen etwas verschieden sein und wird von Mac Munn normales Urobilin genannt. Wie schon erwähnt, kommt in dem Harne eine Mutter- substanz des Urobilins , ein Urobilinogen, vor, aus welchem das Urobilin durch Einwirkung der Luft entsteht. Nach der Ansicht vieler Forscher soll das Urobilin mit dem Hydrobilirubin (Maly) identisch sein vind dementsprechend die Zusammensetzung CggH^oN^Oj haben. Nach derselben Ansicht soll das Urobilin durch eine Reduktion des Behauptete Bilirubins im Darme entstehen. Die Richtigkeit einer solchen Ansicht wird in- dem Hydro- desscn von anderen Forschern (Mac Munn, Le Nobel) bestritten ^). Nach Mac Munn sollen das Hydrobilirubin und das Harnurobilin nicht identische Stoffe sein, wogegen es ihm gelungen ist, durch Einwirkung von Wasserstoffhyperoxyd auf eine Lösung von Hämatin in schwefelsäurehaltigem Alkohol normales Uro- bilin zu erhalten. Den Urobilinen ähnliche, wenn auch mit ihnen nicht identische Farb- stoffe hat man theils aus den Gallen- und theils aus den Blutfarbstoffen erhalten. Ausser dem von Maia' aus Bilirubin dargestellten Hydrobilirubin ist auch von Stokvis*) aus einem Galleufarbstoffe, dem Cholecyanin, mit Chlorzink und Jod- tinktur oder durch Kochen mit wenig Bleihyperoxyd ein Choletelin erhalten worden, welches wie das Urobilin sich verhielt (das mit Salpetersäure aus Bili- dw^e^teme ""^^^"^ ^-^^^^^^^^ ^^^^^^^^^'^ verhält sich dagegen anders). Urobilinähnliche Körper ^'■■.°¥''- haben ferner Hoppe-Seyler ^) bei der Reduktion von Hämatin und Hämoglobin durch Zinn und Salzsäure, Le Nobel ß) beim Behandeln einer sauren alko- holischen oder einer alkalischen Lösung von Hämatoporphyrin mit Zinn oder Zink und endlich auch Nencki und Sieber '') durch Behandeln von Hämatoporphyrin mit Zinn und Salzsäure erhalten. Dass diese, aus dem Blutfarbstoffe künstlich dargestellten Farbstoffe mit dem Harnurobilin nicht identisch sind, wenn sie 1) 1. c. 2) Proc. of lloy. Soe. Ikkl. 31 ii. Hö: 15cr. d. deutsch, cheiu. Gescllsch. Bd. 14; Journal of Physiol. Bdd. ft u. 10. lieber verschiedene Urobiline vergl. ferner P.oc.omolOFF, Maly's .lahresber. Bd. 22, und EiciiHOLZ, .Journal of Pliysiol. Bd. 14. '^) Vergl. hierüber Kap. 8, die Gallenfarbstoflf'e. 4) Vergl. Kap. 8. ä) Ber. d. deutsch, chem, Gesellscli. Bd. 7. 6) Pflügeii's Arch. Bd. 40. ') Monatshefte f. Cheni. Bd. 9, und Arcli. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 24. Urobilin. 453 auch in optischer Hinsicht ihm sehr nahe stehen, geht aus den Beobachtungen von Le Nobkl und Nencki und Sieher hervor. Es muss liierhei dahingesteUt bleiben, ob diese Stoffe untereinander und mit dem Harnurobilin wirklich nichl identisch sind, oder ob die beobachteten rnterscliicde nur von Verunreinigungen mit anderen Stoffen herrühren. Ueber die Ausscheidung von Urobilin in Kraukiieiten liegen zahlreiche Beobachtungen von JaffiS, Disque, Dkevkuss-Brissac, Geriiakdt, G. Hoppe- Seyleh ^) u. A. vor. Wegen unserer mangelhaften Kenntniss des Harnurobilins und der Urobilin oidine (den Namen Urobiiinoidin hat Le Nouee seiner kün.stlich dargestellten urobilinähnlichen Substanz gegeben) ist es indessen schwierig, etwas ganz Sicheres über das Vorkommen des Urobilins im Harne bei Krank- heiten auszusagen. Während der Resorption grösserer Blutextravasate, wie auch Lrobiiinau'.- " X o ^ ^ schoidunp in bei mit Zerstörunfr der Blutkörperchen verbundenen Krankheiten oder bei dem Krank- '^ ^ . , hoiten. Auftreten von Methämoglobin im Blutplasma nimmt der Harn eine dunkle Farbe an , welche allgemein von einem vermehrten Urobilingehalte hergeleitet wird. Ob es hier um die vermehrte Ausscheidung des Harnurobilins und nicht vielmehr um die eines aus dem Blutfarbstoffe entstandenen Urobilinoidins sich handelt, ist jedoch sehr fraglich. Beim Ikterus ist eine vermehrte Urobilinaus- scheidung ebenfalls oft beobachtet worden, und es kommen sogar Fälle vor, in welchen das Urobilin fast der einzige, im ikterischen Harne nachzuweisende Farbstoff ist (Urobilinikterus). In diesen Fällen handelt es sich allem Anscheine nach um eine urobilinoide Substanz, die im Darrakanale durch Re- duktion aus dem Bilirubin hervorgegangen ist. Das aus Fieberharn dargestellte Urobilin ist nach JafeE amorph, je nach der Darstellungsmethode roth, schmutzig roth oder rothgelb. Es löst sich leicht in Alkohol, Amylalkohol und Chloroform, weniger leicht in Aether. In Wasser ist es wenig löslich, die Löslichkeit wird jedoch durch die Gegenwart von Neutral- salzen erhöht. Aus einer mit Ammoniumsulfat gesättigten Lösung kann es durch Zusatz von Schwefelsäure gefällt werden (Mehy ^). Von Alkalien wird es gelöst und durch Säurezusatz aus der alkalischen Lösung unvollständig gefallt. Aus der sauren (wässerig-alkoholischen) Lösung wird es von Chloroform theil- weisc aufgenommen; Alkalilösungen entziehen aber dem Chloroform das Uro- bilin. Die alkalischen Lösungen geben mit Salzen der schweren Metalle, wie Zink und Blei, unlösliche Verbindungen. Das Urobilin giebt die GMEJ-iN'sche Galleufarbstoffreaktion nicht. Eigen- schaften. Die neutralen alkoholischen Urobilinlösuuiren sind bei grösserer Konzeii- 1) Hezüt;lich der hierher gehürendeu Litteratur wird auf die Dissertation von 1». 0er- hakdt, Ueber Hydrobilirubin und seine Beziehungeu zum Ikterus, T>erlin ISSü, wie nueh auf (1. IIoppe-Skyluk, ViRCiiow's Areh. Bd. 1*24. verwiesen. -) Journal de idiarni. et de cliiiii. 1S7S. dt. nneli M\i.\'s .laliresher. M. H. S. "269. 454: Fünfzehntes Kapitel. tration braungelb, bei grösserer Verdünnung gelb oder rosafarbig. Sie zeigen eine starke grüne Fluorescenz. Die säurehaltigen alkoholischen Lösungen sind je nach der Konzentration braun, rothgelb oder rosenroth. Sie fluoresciren nicht, zeigen aber einen schwachen Absorptionsstreifen y zwischen h und F , welcher an F angrenzt oder bei stärkerer Konzentration auch über F hinausreicht. Verhaken. Die alkalischen Lösungen sind je nach der Konzentration braungelb, gelb oder (die ammoniakalischen) gelblich »grün. Setzt man der ammoniakalischen Lösung etwas Chlorzinklösung zu, so wird sie roth und zeigt eine prachtvolle grüne Fluorescenz. Diese Lösung wie auch die mit fixem Alkali alkalisch ge- machten Lösungen zeigen einen dunkleren und schärfer begrenzten Streifen d zwischen h und F, ziemlich in der Mitte zwischen h und F. Die von Mac Munx in etwas anderer Weise als nach dem Verfahren von Jaffe aus dem Harne gewonnenen zwei Urobiline unterscheiden sich von einander hauptsächlich durch Folgendes. Eine Lösung von normalem Urobilin wird durch Natron stärker roth, eine solche des febrilen gelb. Der Streifen y des normalen Urobilins verschwindet auf Zusatz von Alkali, der entsprechende und"^febrHes Streifen des febrilen rückt dabei nach links. Die ätherische Lösung des febrilen nach Mac Urobilius zeigt zwei schwächere Absorptionsstreifen zu beiden Seiten von D, welche weder in der wässerigen Lösung noch in dem Harne zu sehen sind. Das febrile Urobilin bildet ein braunrothes, das normale ein gelbbraunes Pulver. Durch Kaliumpermanganat soll nach Mac Munn das febrile Urobilin in nor- males übergeführt werden können. Zur Darstellung des Urobilins aus normalem Harn fällt man nach Jaff£: den Harn mit Bleiessig, wäscht den Niederschlag mit Wasser aus, trocknet ihn bei Zimmertemperatur, kocht ihn dann mit Alkohol aus und zersetzt ihn mit kaltem, schwefelsäurehaltigem Alkohol. Die abfiltrirte, alkoholische Lösung ver- dünnt man mit Wasser, übersättigt mit Ammoniak und setzt Chlorzinklösung zu. Der neue Niederschlag wird mit Wasser chlorfrei gewaschen, mit Alkohol Darstellung ausgckocht, getrocknet, in Ammoniak gelöst und diese Lösung mit Bleizucker des Urobilins „gf^Hj^ Diesen, mit Wasser gewaschenen und mit Alkohol ausgekochten Nieder- aas dem n ' , ts _ i-iTni- Harne, schlag zerlegt man mit schwefelsäurehaltigem Alkohol, mischt die nltrirte alko- holische Lösung mit V2 Vol. Chloroform, verdünnt mit Wasser und schüttelt wiederholt aber nicht zu kräftig. Das Urobilin wird von dem Chloroform auf- genommen. Dieses letztere wird ein- bis zweimal mit nur wenig Wasser ge- waschen und dann abdestillirt, wobei das Urobilin zurückbleibt und mit Aether von einem verunreinigenden rothen Farbstoffe gereinigt wird. Aus urobilinreichem Fieberbarue kann man nach Jaffk den Farbstoff' direkt mit Am- moniak und Chlorzink ausfällen und diesen Niederschlag wie oben behandeln. Mehy säuert den Harn mit Schwefelsäure (1 — 2 g auf je 1 Liter) schwach an, sättigt darauf mit Ammonium- sulfat, wäscht den Niederschlag auf dem Filtrum mit einer angesäuerten gesättigten Amnionium- _ .. Sulfatlösung, presst das Filtrum aus und zieht den Farbitoft' unter Zusatz einiger Tropfen des^Uro"?^ Ammoniak mit absolutem Alkohol in gelinder Wärme aus. Mag Munn fällt den Harn mit lins. Bleizucker und Bleiessig, zerlegt die Niederschläge mit säurehaltigem Alkohol, verdünnt die Lösung mit Wasser, schüttelt mit Chloroform, verdunstet das letztere und löst den Rückstand wiederholt in Chloroform. Die Darstellungsmethode ist nach ihm dieselbe für beide Urobiline, das normale und das febrile. Zum Nachweis des Urobilins dienen: die Farbe der sauren, bezw. alka- Ilarnfarbstofie. 455 lischen Lösungen, die schöne Fluorescenz der ammoniakalischen, mit Chlorzink versetzten Ijösung und die Absorptionsstreifen im Spektrum. Im Fieberharne kann das Urobilin bisweilen direkt oder nach Zusatz von Ammoniak und Chlorzink mit dem Spektroskope nachgewiesen werden. Ebenso gelingt der Nachweis zuweilen in dem normalen Harne, entweder direkt oder nachdem der Harn an der Luft gestanden hat, bis das Chromogen in Urobilin umgesetzt worden ist. Gelingt der Nachweis mittelst des Spektroskopes nicht in dem Harne, so kann man den letzteren mit einer Mineralsäure versetzen und mit Aether ausschütteln. Die Nachweis ätherische Lösung kann man direkt oder nach genügender Konzentration mit des Urobi- dem Spektroskope untersuchen. Noch besser ist es oft, den nach Verdunsten des Aethers erhaltenen Rückstand in absolutem Alkohol zu lösen und zu der spektroskopischen Untersuchung zu verwenden. Nach Salkowski kann man auch dem Harne direkt durch sanftes Schütteln mit alkoholfreiem Aether das Urobilin entziehen. Wenn der Nachweis nach den nun beschriebenen Verfabr- ungs weisen nicht gelingt, so fallt man den Harn mit Bleiessig, zerlegt den Niederschlag mit säurehaltigem Alkohol, untersucht diese Lösung oder entzieht ihr den Farbstoff durch Verdünnung mit Wasser und Schütteln mit Chloroform. Zur quantitativen Bestimmung des Urobilins verfährt G. Hoi'i'K-Spn'LER ') in folgender Weise. 100 ccm Harn werden mit Schwefelsäure angesäuert und mit Ammoniumsulfat gesättigt. Der, erst nach längerer Zeit abfiltrirte Nieder- schlag wird auf dem Filtrum mit gesättigter Ammoniumsulfatlösung gewaschen und, nach dem Abpressen, mit gleichen Theilen Alkohol und Chloroform wieder- holt extrahirt. Die filtrirte Lösung wird im Scheidetrichter mit Wasser versetzt, ^'^^'tj^l^® bis das Chloroform sich gut abscheidet und ganz klar wird. Die Chloroform- mung. lösung wird dann in einem gewogenen Becherglas auf dem Wasserbade verdunstet, der Rückstand bei 100° C. getrocknet und darauf mit Aether extrahirt. Das Aetherextrakt wird filtrirt, der Rückstand auf dem Filtrum in Alkohol gelöst, wieder in das Becherglas gebracht und eingedampft, worauf getrocknet und gewogen wird. Nach dieser ]\Iethode fand er im Tagesharn Gesunder 0,08 — 0,14, im Mittel 0,123 g Urobilin. Der eigentliche gelbe Farbstoff des Harnes ist nur wenig untersucht worden. Diesen Farbstoff nennt Garrod^) Urochrom, welchen Namen Thudicuum schon früher einem Gemenge von dem Farbstoffe und anderen Substanzen ge- urochrom. geben hatte. Der von Garrod nach einem ziemlich umständlichen Verfahren isolirte Farbstoff war amorph, braun, sehr leicht löslich in Wasser und Weingeist, schwerer löslich in absolutem Alkohol und unlöslich in Aether, Chloroform und Benzol. Er zeigt keine Absorptionsstreifen und fluorescirt nicht nach Zusatz von Ammoniak und Chlorzink. Uroi'rijthrin hat man denjeuigen Stoff genannt, welcher die oft schön rothe Farbe des Harnsedimentes (Sedinientum lateritium) bedingt. Es kommt besonders beim Fieber und an- thrin. deren Krankheiten vor, findet sich aber auch im Harne ganz gesunder Personen. Die Lös- ^ ungen desselben werden von Alkalien grün gefärbt und zeigen nacli Zoj.v^) eine starke Ab- 1) ViRCHOw's Arch. Bd. 124. •i) Proc. of Roy. 8oc. Vol. 55. 1894. Vergl. auth TurnicniM. Urit. med. .loumal 186-1. Vol. 2; Journal f. prakt. Chem. Bd. 104. 3) Arch. itül. di clinica med. 1893: auch Ccntralhl. f. d. med. Wissensch. 1892. 456 Fünfzehntes Kajtitel. Flüchtige Fettsäuren Milchsanre. Kohle- hydrate. Sorption des Spektrums, die zwischen D und E anfängt und etwa bis zum F sich erstreckt. Diese Absorption besteht aus zwei Streifen , von denen der bei F gelegene der stärkste ist. Das Uroerythrin löst sich leicht in Amylalkohol. Flüchtige Fettsäuren, wie Ameisensäure, Essigsäure und vielleicht auch Buttersäure kommen unter normalen Verhältnissen in dem Harne des Menschen (v. Jaksch^) wie auch in dem des Hundes und der Pflanzenfresser (Schotten'-) vor. Die au Kohlenstoff ärmeren Säuren, die Ameisensäure und die Essigsäure, sind im Körper mehr beständig als die kohlen- stoffreicheren und sie gehen deshalb auch zu verhältnissmässig grossem Theil unverändert in den Harn über (Schotten). Normaler Mcnschenharu enthält ausserdem auch Stoffe , welche bei der Oxydation mit Kaliumchromat und Schwefelsäure Essigsäure geben (v. Jaksch). Die Menge der flüchtigen Fettsäuren im normalen Harne beträgt nach v. Jaksch 0,008 — 0,009, nach V. EOKITANSKY^) 0,054 g pro 24 Stunden. Die Menge ist vermehrt bei ansschliesslicher Ernährung mit Mehlspeisen (Rokitansky), ferner im Fieber und bei gewissen Leberkrank- heiten (v. Jaksch). Sie ist auch vermehrt bei Leukämie und in vielen Fällen bei Diabetes (V. Jaksch). Bei der alkalischen Gährung des Harnes entstehen grosse Mengen flüchtiger Fettsäuren, und der Gehalt an solchen kann H — 15 Mal so gross wie im normalen Harne werden (Salkowski*). Paramihhsäure soll im Harne Gesunder nach sehr anstrengenden Märschen vorkommen (COLASANTI und Moscatelli ^). In grösserer Menge ist sie im Harne bei akuter Phosphor- vergiftung und akuter gelber Leberatrophie (Schultzen und RiESS**) gefunden worden. Nach den Untersuchungen von HorPE-SEVLER und Aeaki') geht Milchsäure neben Zucker in den Harn über, sobald in irgend einer Weise Sauerstoffmangel im Thierkörper entsteht. Nach Exstirpation der Leber bei Vögeln geht sie, wie Minkowski**) gezeigt hat, in den Harn reich- lich über. Die Glycerinphosphor!<äure kommt spurenweise in dem Harne vor und sie dürfte wohl ein ZersetzuDgsprodukt des Lecithins sein. Das Vorkommen von Bemsteinsäure im normalen Harne ist Gegenstand streitiger Angaben gewesen. KoliJeliyclrate und reduzirende Sid)stanzen im Harne. Das spurenweise Vorkommen von Trauhenzucker im Harne wurde diu'ch die Untersuchungen von Brücke, Abelks und Udranszky, welch' letzterer das regelmässige Vor- kommen von Kohlehydraten im Harne gezeigt hat, im höchsten Grade wahr- scheinlich gemacht, und es ist durch die Untersuchungen von Baumann und Wedexski, vor Allem aber von Balsch, wohl endgültig bewiesen worden. Ausser der Glukose enthält der normale Harn nach Baisch eine andere, nicht näher bekannte Zuckerart, wahrscheinlich Isomaltose, und ausserdem enthält er, wie namentlich Lan^dwehr, Wedenski und Baisch^) gezeigt haben, ein dextrin- artiges Kohlehydrat (thierische? Gummi). Ausser Spuren von Zucker und den oben besprochenen reduzirenden Stoffen, Harnsäure und Kreatinin, enthält der Harn jedoch auch andere redu- 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 10. 2) Ebend. Bd. 7. 3) Wien. med. Jahrb. 1887; cit. nach Mai.y's Jahresber. Bd. 17. i) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13. ä) Moleschott's Untersuch, zur Naturlehre. Bd. 14. 6) Chem. Centralbl. 1869. 7) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 15, IG, 17 u. 1J>. Irisawa, ebend. Bd. 17. 8) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bdd. 21 u. 31. 9) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 18, 19 u. 20. Hier, wie auch in dem .\ufsat-/e von Trkupei-, ebend. Bd. 16, sind die Arbeiten anderer Forscher referirt worden. Glukuronsäure. 457 zireiide Substanzen. Diese letzteren sind wahrscheinlich (Flückigkk ') gepaarte Verbindungen mit der dem Zucker nahestehenden (jhikurousäurt^, CßHj^O;. sn»>^tjmMii.^ Die ReduktioDsfähigkeit des normalen Harnes entspricht nach den Bestimmungen verschiedener Forscher 1,5 — 5,96 p. m. Traubenzucker^). Glukuronsäure, C.jHjoO, oder CHO.rCH.OH),COOH. Diese Säure kann durch Einwirkung von Brom in Zuckersäure, C,;HjyOjj, übergeführt werden (TjiiERKKLDKir^), und sie scheint einf intermediäre Stellung zwischen dieser Säure und der Glukonsäure, Q^Hj^O^, einzunehmen. Sie ist ein Derivat der Glukose und von Fisciiku und PilotV*) ist sie durch Reduktion der Zuckerlaktonsäure synthetisch dargestellt worden. Weitere Reduktion liefert Gulonsäurelakton (Tiiierfelder). Die Glukuronsäure ist ein intermediäres Stoffwechselprodukt und sie tritt nur dann im Harne auf, wenn sie durch Paarung mit anderen Stoffen vor der Verbrennung im Thierkörper geschützt wird. Derartige gepaarte Ver- bindungen mit Indoxyl, Skatoxyl und Phenolen dürften wie es scheint nor- malerweise in sehr geringen Mengen im Menschenharnc vorkommen. In reich- licheren Mengen kann die Säure als gepaarte Glukuronsäuren in den Harn übergehen nach Verabreichung: von verschiedenen Arzneimitteln oder gewissen oiakoron- "■ , sSare und anderen Substanzen. So geht, wie Schmiedebekg und Meyer °) fanden, nach eepaarte Glaknron- Verabreichung von Kampher die Kamphoglukuronsäure in den Harn über; sauren, nach Verabreichung von Chloralhydrat enthält, wie v. Mering^) zeigte, der Harn Urochloralsäure u. s. w. (vergl. unten : zufällige Harnbestandtheile). Nach Schmiedeberg '') scheint die Glukuronsäure im Knorpel vorzukommen , indem sie nämlich in dem Chondrosin, einem Spaltungsprodukte der Chondroitiuschwefel- säure enthalten zu sein scheint, Sie findet sich auch reichlich in der !Maler- farbe „Jaune indien", welche das Magnesiurasalz der Euxanthinsäure (Euxan- thonglukuronsäure) enthält. Beim Erhitzen mit Wasser auf 120 — 125" C. spaltet sich die Euxanthinsäure in Exanthin und Glukuronsäure und sie ist das geeignetste Material zur Darstellung der Glukuronsäure (Thierfeldek). Es ist auch in gewissen Fällen eine mit der gewöhnlichen isomere Glukui'onsäun- im Harne gefunden worden (vergl. unten: zufällige Harnbestandtheile). Die Glukuronsäure ist nicht in Krystallen, sondern nur als Syrup erhalten worden. Sie löst sich in Alkohol und ist in Wasser leicht löslich. Wird die wässerige Lösung eine Stunde gekocht, so seht die Säure zum Theil (20*',o) I) Zeitsclir. f. pliysiol. Chem. Hd. 9. ■^) Vergl. hierüber lIiiM-KKT-NKruAiEK. S. 39. :5) Die Arbeiten TniEi:FEM)i:R's über Glukuronsäure lindet man iu Zeitschr. f. physiol. Oben.. Bdd. 11, 13 u. 15. •1) Ber. d. deutsch, chcni. Gesellsch. IUI. 24. S. .'«^l. 3) Zeitschr. f. physiol. Chein. Bd. 3. «) Ebend. Bd. (>. ') Arch. f. exp. l'ath. u. Pharm. Bd. 28. 458 Fünfzehntes Kapitel. in das kiystallisirende, in Wasser lösliche und in Alkohol unlösliche Anhydrid Glukuron, CßHgOg, über. Die Alkalisalze der Säure krystallisiren. Das neutrale Baryumsalz ist amorph, in Wasser löslich, kann aber mit Alkohol ausgefallt werden. Sättigt man eine konzentrirte Lösung der Säure mit Barythydrat, so scheidet sich basisches Baryumsalz aus. Das neutrale Bleisalz ist in Wasser schalten der löslich, das basische dagegen unlöslich. Die Säure ist rechtsdrehend, sie reduzirt saure' Kupfer-, Silber- und Wismuthsalze. Sie gährt nicht mit Hefe. Sie giebt die Furfurolreaktion und verhält sich auch der Phloroglucinsalzsäureprobe gegenüber wie die Pentosen. Bei der Phenylhydrazinprobe giebt das glukuronsaure Kali nach Thierfelder eine flockige, gelbe, aus mikroskopischen Nadeln bestehende Fällung, deren Schmelzpunkt bei 114 — 115'^ C. liegt. Die Angaben über das Verhalten der Glukuronsaure bei dieser Probe sind indessen streitig^). Die gepaarten Glukuronsäuren drehen alle die Ebene des polarisirten Lichtes nach links, während die Glukuronsaure selbst rechtsdrehend ist. Unter Auf- nahme von Wasser können sie in Glukuronsaure und die zugehörigen Paar- GiukMon- l'"g® gespalten werden. Einige der gepaarten Glukuronsäuren, wie z. B. die säuren. Urochloralsäure, reduziren Kupferoxyd und gewisse andere Metalloxyde in al- kalischer Lösung und können in Folge hiervon bei Untersuchung des Harnes auf Zucker zu Verwechselungen Veranlassung geben. Die Glukuronsaure kann man aus Urochloralsäure oder Kamph ©glukuron- saure durch Sieden mit einer Mineralsäure darstellen. Leichter erhält man sie durch Erhitzen der Euxanthinsäure mit Wasser im PAPiN'schen Digestor bei Darsteiiun ^"^ — ^^^° ^- ^^^hrend einer Stunde und die Verdunstung der Wasserlösung derGiaku- bei -[- 40 "^ C. Das nach und nach auskrystallisirende Anhydrid trennt man ronsäure. ^^^ verdünnt die Mutterlauge mit Wasser, kocht einige Zeit, um eine neue Portion der Säure in Anhydrid überzuführen und verdunstet bei etwa -j- 40 "^ C. In dieser Weise verfährt man, bis fast alle Säure in Anhydrid übergeführt worden ist. Das Anhydrid kann dann weiter gereinigt werden. Schwefelhaltige organische Verbindungen unbekannter Art, welche jedoch wenigstens zum kleineu Theil aus Rhodanalkali, 0,04 (Gscheidlen ') — 0,11 p. m. (J. MUNK^), Cystin oder dem Cystin verwandten Substanzen und Prote'instoffen bestehen können, finden sich sowohl in Menschen- wie in Thierharnen. Der Schwefel dieser meistens unbekannten Verbindungen Neutraler ^^.j^.^^ ^,^^ Salkowski*) als „neutraler" zum Unterschiede von dem „sauren" Schwefel der "schwefel. Sulfate und der Aetherschwefelsäureu bezeichnet. Den neutralen Schwefel im normalen Harne bestimmte Salkowski zu 15<'/'o, Stadthagen 5) zu 13,3 — 14,5°/o und Lepine") zu 20*'/o des Gesammtschwefels. Beim Hungern nimmt die Menge nach Fk. Müllek^) absolut und relativ zu. Bei Broddiät ist nach IIefftek'*) die Menge grösser als bei Fleischkost. Starke Muskel- 1) Vergl. hinsichtlich der Litteratur: Hajimaksten, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 30, und Eoos, ebend. Bd. 15. S. 525. 2) Pflügek's Arch. Bd. 14. 3) ViRCHOw's Arch. Bd. 69. 4) Ebend. Bd. 58, und Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 9. 5) ViRCHOw's Arch. Bd. 10(). 6) Compt. rend. Tomes 91 u. 97. 7) Berlin, klin. Wochenschr. 1887. 8) Pfi.üger's Arch. Bd. 38. Verschiedene org. Harnbestandtheile. 459 Schwofel- arbeit vermehrt die Ausscheidung sowohl des sauren wie des neutralen Schwefels, docli tritt nach Beck und Benedikt ') die vermehrte Ausscheidung des letzteren früher ein. Einge- führter Schwefel vermehrt nach PuESCli'-') die Ausscheidung des neutralen Schwefels und zwar so, dass etwa '/'* des in elementarer Form resorbirten Schwefels in organische, durch Salpetersäure allein nicht oxydirbare Verbindungen übergeht. Nach den Untersuchungen von W. Smith ■*) ist es wahrsclieinlich, dass der am schwersten oxydirbare Theil des neutralen Schwefels als Sulfosäuren vorkommt. Eine vermehrte Ausscheidung des neutralen Schwefel« ist bei verschiedenen Krankheiten, wie bei Pneumonie, Ikterus und Cystinurie beobachtet worden. Die Gesammtmenge des Schwefels im Harne bestimmt man durch Schmelzen des festen Harnrückstandes mit Salpeter und Aetzkali. Die Menge des neutralen Schwefels dagegen be- stimmt man als Ditterenz zwisciien dem Gesammtschwefel einerseits und dem Schwefel der Sulfat- und Aetherschwefelsäuren andererseits. Schwefelwasserstoff kommt im Harne nur unter abnormen Verhältnissen oder als Zer- setzuugsprodukt vor. Der Scliwefelwasserstott" kann durch Einwirkung bestimmter Bakterien aus den schwefelhaltigen organischen Substanzen des Harnes (aus dem neutralen Schwefel) entstehen (Fk. Müllek*), Salkowski''). Als die (Quelle des Schwefel wasserstotles hat man wassarstoff, jedoch auch die unter.sehweßigsauren Salze bezeichnet. Das Vorkommen von Ilyposulfiten im normalen Menschenharne, welches von Heeftek^) behauptet wurde, wird indessen von SalkowskP) und Presch**) bestritten. Im Harne von Katzen kommen dagegen Hyposulfite konstant und in dem der Hunde in der Regel vor. Phosphor haltige organische Verbindungen (Glycerinphosphorsäure u. a.), welche beim halti« Schmelzen mit Salpeter und Aetzkali Phosphorsäure geben, finden sich auch im Harne I^Lepixe, organische EymoNNET und Aubert'-'). SubsUnzen. Enzyme verschiedener Art hat man aus dem Harne isolirt. Als solche sind zu nennen: Pepsin (Brücke'") u. A.) und diastatisches Enzym (Cohxheim") u. A.). Das Vorkommen Enzyme, von Chymosiu und Trypsin im Harne ist zweifelhaft '-|. Mucindhnliche Substanz (Xukleoalbumin?), von den Harn wegen und der Blase her- rührend, scheint regelmässig wenn auch in sehr kleiner Menge in dem Harne vorzukommen. ProteVn- Ebenso soll nacli Tuehreren Forschern der normale ^lenschenharn Sj)uren von Eiiveiss ent- *" ^ nzen. lialten. Ploma'ine und Lcukoma'Cnc oder giftig wirkende Substanzen unbekannter Art, welche oft als alkaloidähnliche Substanzen bezeichnet werden, sollen im normalen Harne vorkommen (PotJCHET, BOUCHARD, Aducco u. A.). Unter pathologischen Verhältnissen kann die Menge dieser Stoffe vermehrt sein (BoucnARD, Lepixe und GVERIN, Villieks u. A.). In der letzten ptomaino Zeit hat besonders Bouchard die giftigen Eigenschaften des Harnes zum Gegenstand mehr und Leako- eingehender Untersuchungen gemacht. Er hat dabei gefunden , dass der Xachtharn weniger uiaine. giftig als der Tagesharn ist und dass die giftigen Bestandtheile im Tages- und Xachtharue nicht dieselben Wirkungen haben. Um die Giftigkeit des Harnes unter verschiedenen Ver- hältnissen vergleielicn zu kiinnen , bestimmt Boucir.vRD den urotonschcn Koeffizienten und 1) Maly's .Jahresber. Bd. 22. S. 223. 2) ViRCHOw's Arch. Bd. 119. •1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 17. ■1) Berlin, klin. Wochen.schr. 1887. 5) Ebend. 1888. «) Pflüger's Arch. Bd. *^. 7) Ebend. Bd. 39. «) ViRCHOw's Arch. Bd. 119. 9) Compt. rend. Tome 98, und Compt. rend. de la soc. de Biol. 1SS2 und 1S84. Cit. nach HuPPERT-NErBAiER, S. 129. 10) Wien. Sitzungsber. Bd. ^V 11) ViRCHOw's Arch. Bd. 2S. i-J) Hinsichtlich der Litterutur über Kii/.ym.' im lliirn wird auf lliri'KKT-NKritArEi;. S. 34.S. verwiesen. _ 460 Fünfzehntes Kapitel. als solchen bezeichnet er das Gewicht der Kaninchen in Kilo, welches durch die vom Kilo Körpergewicht des Versuchsiudividuums in 24 Stunden entleerte Harnmenge getödtet wird '). Dass unter pathologisclien Verhältnissen Ptomaine in dem Harne vorkommen können, ist von Baumann und v. Udkanszky-) gezeigt worden. In dem Harne eines an Cystinurie und Blasenkatarrh leidenden Patienten wiesen sie nämlich die zwei von Brieger entdeckten und zuerst isolirteu Ptomaine, das Putrescin, C^HioNo (Tetramethylendiamin), und das Kada- verin, C5H14N.2 (Pentamethylendiamiu), nach. Das letztgenannte ist dann auch von Stadt- hagen und Brieger^) in zwei Fäljen von Cystinurie gefunden worden. Dass dagegen weder diese noch andere Diamine unter physiologischen Verhältnissen im Harne vorkommen, haben Brieger, v. Udranszky und Bai mann und Stadthagen gezeigt. Das Vorkommen im nor- 7iialen Harne von irgend einem Harngifte überhaupt wird übrigens von einigen Forschern, wie von Stadthagen''). verneint. Die giftigen Wirkungen des Harnes sollen nach ihnen zum Theil von den Kalisalzen und zum Theil von der Summe der Giftwirkungen der anderen, für sich wenig giftigen normalen Harnbestandtheile (Harnstofi", Kreatinin u. a.) herrühren. In Thierharuen hat man mehrei^e, in Menschenharnen nicht gefundene Stoffe beobachtet. Zu diesen gehören: die im Hundeharne vorkommende Kynurensäure, CioHjNOs, welche eine Oxychinolinkarbonsäure ist; die im Hundeharne einmal gefundeue Urocaninsätirc, die aus ihierhaino. J^^jJlJ.^^.^ j^gj ^j^^,,. Destillation erhaltenen Säuren, Damalur- und Damohäure — nach Schotten'') wahrscheinlich ein Gemenge von Benzoesäure mit flüchtigen Fettsäuren — und die in Harn- konkrementen gewisser Thiere gefundene Lithursäure. III. Anorganische Bestandtheile des Harnes. Chloride. Das im Harne vorkommende Chlor ist zweifelsohne auf sämnit- liche in diesem Exkrete enthaltene Basen vertheilt; die Hauptmasse desselben ist jedoch an Natrium gebunden. In Uebereinstimmung hiermit drückt man auch allgemein die Menge des Chlors im Harne in NaCl aus. Der Gehalt des Harnes an Chlorverbindungen unterliegt bedeutenden Schwankungen. Im Allgemeinen berechnet man jedoch denselben für einen gesunden, erwachsenen Mann bei gemischter Kost zu 10 — 15 g NaCl pro 24 Stunden. Auf die Menge des Kochsalzes im Harne wirkt vor Allem der Salz- Chiornatri- g^^^^lt ^^^r Nahrung ein, mit welchem die Chlorausscheidung zu und abnimmt. Harne" Reichliches Wassertrinken steigert auch die Chlorausscheidung, welche angeblich während der Arbeit grösser als in der Ruhe (während der Nacht) sein soll. Gewisse organische Chlorverbindungen^ wie z. B. Chloroform, können die Aus- scheidung von anorganischen Chloriden durch den Harn steigern (Zeller ^), Mylius, Käst''). 1) Ausführlicheres über Ptomaine und Leukoma'inc im Harne bei Huppert-Neubadek, S. 241 u. f., wo man auch die einschlägige Litteratur findet. Vergl. auch die Untersuch- ungen von Griffiths, Compt. rend. Tomes 113, 114 u. 115, über Ptomaine im Harne bei verschiedenen Infektionskrankheiten. ^) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13. 3) VirchOw's Arch. Bd. llö. 4) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 15. 1880. ^) Zeitschr. f. physiol. (■hcm. Bd. 7. 6) Ebend. Bd. S. 7) Ebend. Bd. 11, S. 277. ( hloridc. 461 Bei Diarrhöen, bei schneller Bildung von grösseren Transsudaten unfcd. l>(i. Vi. Nr. 3S. Cit. nach .NfAl.Ys Jahresber. Bd. 22. 462 Füufzehutes Kapitel. verdünnt 5 oder 10 cm Harn mit 25 ccm Wasser, setzt 2,5 ccm einer Lösung von Essigsäure und essigsaurem Natron (3 ^jo Säure, 10 °/o Salz) hinzu und titrirt nach Zusatz von Kaliumchromat. Eine andere Modifikation ist neulich von BöDTKER ^) angegeben worden. Die Methode von Volhard. Statt der vorhergehenden kann man die VoLHARD'sche Methode, welche im Harne direkt zur Verwendung kommen kann, benutzen. Das Prinzip dieser' Methode ist folgendes. Aus dem mit Salpeter- Voihard'- säure angesäuerten Harne fällt man alles Chlor mit überschüssigem Silbernitrat ^methode."^' aus , iiltrirt ab und bestimmt in einem abgemessenen Theil des Filtrates mit Rhodanalkalilösung die Menge des überschüssig zugesetzten Silbersalzes. Dieses letztere wird von der Rhodanlösung vollkommen gefällt, und als Indikator be- nützt man dabei eine Lösung von Ferrisalz, welches bekanntlich mit der klein- sten Menge Rhodan eine von Eisenrhodanid rothgefärbte Flüssigkeit giebt. Zu dieser Titrirung sind erforderlich: 1. Eine Silber nitratlösung, welche 29,075 g AgNOg im Liter enthält und von welcher also 1 ccm 0,010 g NaCl oder 0,00607 g Cl entspricht; 2. eine bei Zimmertemperatur gesättigte Erforder- Lösung von chlorfreiem Eisenalaun oder Ferrisulfat; 3. chlor freie '"aneen'.'* Salpetersäure von dem spez. Gewichte 1,2 und 4. eine Rhodankalium- lösung, welche 8,3 g KCNS im Liter enthält und von welcher 2 ccm also 1 ccm der Silbersalzlösung entsprechen. Man löst etwa 9 g Rhodankalium in Wasser und verdünnt zum Liter. Den Gehalt dieser Lösung an KRh bestimmt man darauf mit der Silbernitratlösung in folgender Weise. Von der Silbersalzlösung misst man 10 ccm ab, setzt dann 5 ccm Salpetersäure und 1 — 2 ccm Ferri.salzlüsung zu und verdünnt mit Wasser zu etwa 100 ccm. Hierauf liisst man unter stetigem Umrühren die Rhodanlösung aus der Bürette zufliessen , bis eine nach Umrühren Bereitung nicht verschwindende schwache Rothfärbuug der Flüssigkeit eintritt. Dem in dieser Weise j"'^Du"j""" sefundeuen Gehalte an Rhodanalkali ents])rechend wird die Rhodanlösung darauf mit Wasser der Knodan- ■- ,.. -, . . , ■ ^ . ^ ^ . ^t^ i ii--tt-.ii lösuiiK. verduunt. Man titnrt noch einmal mit 10 ccm AgNOglösuug und komgirt die Rhodan- lösung durch vorsichtigen Wasserzusatz, bis 20 ccm derselben genau 10 ccm der Silberlösung entsprechen. Bei Chlorbestimmungen im Harne nach dieser Methode verfährt man auf folgende Weise. In einen Kolben, welcher bis zu einer bestimmten Marke am Halse 100 ccm fasst, lässt man erst genau 10 ccm Harn einfiiessen, fügt dann 5 ccm Salpstersäure dazu, verdünnt mit etwa 50 ccm Wasser und lässt dann genau 20 ccm der Sibernitratlösung hinzufliessen. Man schliesst nun den Kolben mit dem Daumen, schüttelt stark um , streicht den Daumen an der Mündung ab, spritzt ihn mit destillirtem Wasser über den Kolben ab und füllt diesen letzteren mit destillirtem Wasser bis zur Marke. Man verschliesst nun wieder mit dem Daumen , mischt sorgfältig durch Schütteln und filtrirt durch Titrirung im ein tfockenes Filtrum. Von dem Filtrate misst man mit einer trockenen Pipette Voniard'V 50 ccm ab, setzt 3 ccm der Ferrisalzlösung zu und lässt dann die Rhodan- Metiiodo. lösung vorsichtig zufliessen, bis die über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit eine bleibende röthliche Farbe angenommen hat. Die Berechnung ist sehr ein- fach. Wenn z.B. zur Erzeugung der Endreaktion 4,6 ccm Rhodanlösung ver- braucht wurden, so sind also für 100 ccm Filtrat (= 10 ccm Harn) 9,2 ccm derselben Lösung nöthig. 9,2 ccm Rhodanlösung entsprechen aber 4,6 ccm Silberlösung, und es waren also zur vollständigen Ausfällung der Chloride in 10 ccm Harn 20 — 4,6 = 15,4 ccm Silberlösung erforderlich = 0,154 g NaCl. 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20. Phosphate. 463 Der Gehalt des fraglichen Harnes an Chlornatriuni war also 1,54 °/o oder 15,4 "/oo. Wenn man zu der ]jestinimuug stets 10 com Harn nimmt, immer 20 com AgNO.j-lüsung zusetzt und zu 100 ccm mit Wasser verdünnt, so findet man, wenn man die auf 50 ccm Filtrat verbrauchten ccm Rhodanlösung (7^) von 20 abzieht, direkt den Gehalt des Harnes an NaCl in 1000 Theilen. Der Gehalt an NaCI in p. ra. ist also unter diesen Bedingungen = 20 — R., und der Prozentgehalt NaCl also Vr~ Zur approximativen .Schätzung der Monge der Chloride im Harne (welcher frei von Eiweiss sein muss) macht man den letzteren stark sauer mit Salpeter- säure und lässt dann in ihn einen Tropfen einer konzentrirten Silbernitratlösuns: . . ^ Approxi- (1 : 8) hineinfallen. Bei normalem Chlorgclialte sinkt der Tropfen als ein ziem- mative lieh kompaktes käsiges Klümpchen zum Boden. Je geringer der Chlorgehalt ist, der Men"o um so weniger fest und cohärent wird die Fällung, und bei Gegenwart von <*®'" ^'''°''''*®- nur sehr wenig Chlor erhält man einen weissen, feinkörnigen Niederschlag oder auch nur eine Trübung, bezw. Opalisirung, Phosphate. Die Phosphorsäure kommt im sauren Harne theils als zwei- fach saures, MH2PO4, und theils als einfach saures, M^HPO^, Phosphat vor, welche beide Phosphate jedoch gleichzeitig im sauren Harne sich vorfinden können. A. Ott') fand im Mittel 60 °/o der Gesaramtphosphorsäure als zwei- fach saures und 40 °/o als einfach saures Phosphat. Die totale Phosphorsäure- menge ist sehr schwankend und sie hängt von der Art und Menge der Nahrung ab. Im Mittel wird sie zu rund 2,5 g P^Og, mit Schwankungen von 1— 5 g, pro 24 Stunden angeschlagen. Zum kleinen Theil rührt die Phosphorsäure des Harnes von innerhalb des Organismus verbrannten organischen Verbindungen, Nuklein, Protagon und Lecithin her. Die Hauptmasse stammt jedoch von den . , ,-11 Ausscheid- Phosphaten der Nahrung:, und die Menge der ausgeschiedenen Phosphorsäure unir von • 1 *i, 1^ 1 1 • Phosphaten ist am grössten, wenn die Nahrung reicht an Alkaliphosphaten im Verhältniss Jurcn den zu der Menge des Kalkes und der Magnesia ist. Enthält die Nahrung viel Kalk und Magnesia, so können reichliche Mengen von Erdphosphaten mit den Exkrementen ausgeschieden werden, und trotz einer nicht un])edeutenden Menge Phosphorsäure in der Nahrung wird in diesem Falle der Phosphorsäuregehalt des Harnes gering. Ein solches Verhalten kommt bei den Pflanzenfressern, deren Harn regelmässig arm an Phosphaten ist, vor. Die Grösse der Phosphor- säureausscheidung durch den Harn hängt also nicht nur von der Totalmenge der Phosphorsäure der Nahrung, sondern auch von dem relativen Mengenver- hältnisse der alkalischon Erden und der Alkalisalze in der Nahrung ab. An- gestrengte i\ruskelarl)eit scheint nach Preysz^), Olsavszky und Klug^) die Phosphorsäureausscheidung bedeutend zu vermehren. Je nachdem die Umsetzung der eiweissreichen Gewebe oder der phosphor- ') Zeitschr. f. physiol. Chcm. Bd. 10. -) Vergl. Maly'.s Jahrcsber. Bd. 21. ■'] l'FLÜOEü's Arch. Bd. 54. 404 Fünfzehnses Kapitel. reichen Nervensubstanz im Körper gesteigert ist, könnte man vielleicht eine un- gleiche Relation zwischen Stickstoff und Phosphorsäure im Harne erwarten. Untersuchungen hierüber sind auch von mehreren Forschern avxsgeführt worden; da aber alle diejenigen Verhältnisse, welche auf die Phosphorsäureausscheidung einwirken, noch nicht genügend bekannt sind, so ist es schwierig, aus den bis- her gemachten Beobachtungen ganz bestimmte Schlüsse zu ziehen. Da die Grösse der Phosphorsäureausscheidung am meisten von der Be- schaffenheit der Nahrung und der Resorption der Phosphate aus dem Darme abhängt, so ist es offenbar, dass die Relation zwischen Stickstoff und Phosphor- säure im Harne nur bei einer bestimmten gleichmässigen Ernährung annähernd Ausscheid- konstant sein kann. Dies ist z. B. der Fall bei ausschliesslicher Fütterung mit ,,.""*'' r°iL Fleisch, wobei, wie Voit i) an Hunden beobachtet hat, wenn der Stickstoff und 1 iiospiiuion ' ' ' """^su>ft^''' ^'6 Phosphorsäure (P2O5) der Nahrung genau im Harn und Koth wieder- erscheinen, die obige Relation gleich 8,1 : 1 ist. Beim Hungern wird diese Re- lation derart verändert, dass relativ mehr Phosphorsäure ausgeschieden wird, was darauf hindeutet, dass hierbei ausser Fleisch und verwandten Geweben auch ein anderes phosphorsäurereiches Gewebe reichlich zerfällt. Dieses Gewebe ist, wie die Hungerversuche lehrten, das Knochengewebe. Ueber die Phosphorsäureausscheidung in Krankheiten ist wenig Sicheres bekannt. In fieberhaften Krankheiten soll nach mehreren Beobachtungen die Menge der Phosphorsäure, derjenigen des Stickstoffes gegenüber, bedeutend herab- gesetzt sein. Bei Nierenleiden kann die Fähigkeit der Nieren die Phosphate Dio i'hos- '^"^ eliminiren bedeutend vermindert sein (Fleischer '^). Bei der Meningitis soll aussehet- dagegen angeblich eine bedeutende Vermehrung der Phosphate im Harne vor- ?v"ank- kommen. Von Teissier ist eine besondere Form von Polyurie beschrieben '"^'^*'"- worden, in welcher reichliche Mengen von Erdphosphaten, 10 — 20 — 30 g pro 24 Stunden, abgesondert werden können. Diese Polyurie ist von Teissier Phosphatdiabetes^) genannt worden. Die Angaben über die Menge der Phosphate im Harne bei der Rhachitis und der Osteomalacie sind etwas streitig*). (-Quantitative Bestimmung der Phosphorsäure im Harne. Diese Bestim- mung geschieht am einfachsten durch Titrirung mit einer Lösung von essig- Priii/ip der suurem Uranoxyd. Das Prinzip dieser Titrirung ist folgendes. Eine warme, Tiirin.ng. ^r^^^jg Essigsäurc enthaltende Lösung eines phosphorsauren Salzes giebt mit einer Lösung eines Uranoxydsalzes einen weissgelben oder grünlichgelben Niederschlag von phosphorsaurem Uranoxyd. Dieser Niederschlag ist unlöslich in Essigsäure, ij Physiologie des iillgemeinen Stoffwechsels uiul der Ernährung in \j. JIermann's Handbuch. l!d. «. Tbl. 1. S, 79, 2) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 29. ;!) C-entralbl. f. d, med. Wissenech. 1877. 4) Ueber die Phosphatausscheidung in Krankheiten vergl. man übrigens: NküiJAHEi:- IIijm'krt-Thomas' Harnanalyse, 9. Aufl. Semiotiseher Theil S. 255 — 267. Phosphorsäurebestimmung. 465 winl aber von Mineralsäuren gelöst, und aus diesem Grunde :-fetzi man bei der Titrirung immer Natriumacetatlösung in bestimmter Menge zu. Als Indikator benutzt man gelbes Blutlaugensalz, welches nicht auf den Uranphosphatnieder- schhiK einwirkt, mit der geringsten Menge eines löslichen üranoxyd-alzes da- „ o o ö o ^ j Prinzip der gegen eine rothbraune Fällung oder Färbung giebt. Die zu der fraglichen Titrinmg. Titrirung erforderlichen Lösungen sind also: 1. Eine Lösung eines Uran- oxydsalzes, von welcher Lösung je 1 com 0,005 g P2O5 entspricht, und welche also 20,3 g Uranoxyd im Liter enthalten muss. 20 ccm dieser Lösung entsprechen also 0,10(J g ^^^r^', 2. Eine Lösung von Xa tr i umacetat und 3. eine frisch bereitete Lösung von Ferrocyankalium. Die Uraulösung bereitet man sieb aus Urannitrat oder L'ranacetat. Man lost etwa \ 35 g essigsaures Uranoxyd in Wasser, setzt etwas Essigsäure zu, um vollständige Lösung zu erzielen , und verdünnt zum Liter. Den Gehalt der Lösung ermittelt man durch Titration mittelst einer Xatriumphosphallösung von genau bekanntem Gehalte (10,085 g krystallisirtes Boreiiun?^ Salz im Liter, was einem Gehalte von 0,100 g l'oO.-, in 50 ccm gleich ist). Man verfäiirt lösung. hierbei in derselben Weise Mie bei der Titrirung im Harne (vergl. unten i und korrigirt die T.ösung durch Verdünnung mit Wasser und neues Titriren, bis 20 ccm der Uranlösung genau 0 ccm der obigen Phosphatlösung entsprechen. Die Natriumacetatlösung soll in 100 ccm 10 g Natriumacetat und 10 g Aciduni aceticum concentratuni enthalten. Zu jeder Titrirung nimmt man von dieser Lösung 5 ccm auf je 50 ccm Ilarn. Bei der Ausführung der Titrirung misst man in ein Becherglas 5U ccm des filtrirten Harnes ab, setzt 5 ccm der Natriumacetatlösung zu, bedeckt das Becherglas mit einem Uhrgläschen und erwärmt im Wasserbade. Hierauf lässt man die Uranlösung aus der Bürette zufliessen, und wenn der Niederschlag lucht mehr sich merkbar vermehrt, lässt man einen herausgenommenen Tropfen auf einer Porzellauplatte mit einem Tropfen Blutlaugensalzlösung zusammen- fliessen. So lange noch zu wenig Uranlösung zugesetzt worden ist, bleibt die . „, Farbe hierbei nur blassgelb, und mau muss mehr Uranlösung zusetzen; sobald der man aber den geringsten Ueberschuss von Uranlösung zugesetzt hat, wnrd die '^'"■""f^- Farbe schwach röthlich braun. Hat man diesen Punkt erreicht, so erwärmt man von Neuem und wiederholt die Prüfung mit einem neuen Tropfen. Erhält man auch diesmal eine Färbung von derselben Stärke wie die Endreaktion bei der Titerstellung, so ist die Titration beendigt. Widrigenfalls setzt man die Uranlösuug tropfenweise zu, bis eine nach erneuertem Erwärmen bleibende Färbung hervortritt, und wiederholt dann den Versuch mit neuen 50 ccm des Harnes. Die Berechnung ist so einfach, dass es überflüssig ist, dieselbe durch ein Beispiel zu beleuchten. Auf die nun angegebene Weise bestimmt man die Gesammtmengo der Phosphorsäure im Harne. Will man dagegen die an alkalische Erden und die an Alkalien gebundene Phosphorsäure gesondert kennen lernen, so bestimmt man erst die gesammte Phosphorsäure in einer Harnportion und scheidet dann in einer anderen Portion die Erdphosphate mit Ammoniak aus. Den Nieder- f^osonderto II 1 c ■ t-\-t 11 Hestiinmnng schlag sammelt man auf emem J^iltrum, wäscht ihn aus, spült ihn mit Wasser der an ai- in ein Becherglas hinab, setzt Essigsäure zu und löst ihn durch Erwärmen. &don p«- Diese Lösung verdünnt man darauf mit Wasser zu 50 ccm, setzt 5 ccm ^'^n) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 10. S. 213. G) Arbeiten des pluirm. Instit. zu Dorpat. Bd. 7. Stuttgart IMM. ') Ber. d. deutsch, chcm. Gcscllsch. Bd. 7. ») Arch. f. cxp. Path. n. Pliarm. 11.1. '2Vt. 470 Fünfzehntes Kapitel. IX. Menge und quantitative Zusammensetzung des Harnes. Eine direkte Betheiliguug der Xierensubstauz an der Bildung der Harn- bestandtheile ist wenigstens für einen Bestandtheil des Harnes, nämlich die Hippursäure, bewiesen. Dass die Nieren, wie die Gewebe überhaupt, einen ge- Anfg:abe der wissen Antheil an der Bildung auch anderer Harnbestandtheile haben können, ist wohl nicht zu bezweifeln; dass aber ihre Hauptaufgabe darin besteht, die im Blute gelösten , aus anderen Organen und Geweben aufgenommenen Harn- bestandtheile auszusondern und auszuscheiden , scheint wohl eine ganz sicher- gestellte Thatsache zu sein. Dass diese Ausscheidung des Wassers und der übrigen Harnbestandtheile nicht durch einfache Diffusion und Filtration allein zu Stande kommt, ist durch die Untersuchungen zahlreicher Forscher, wie Heidenhaix, v. Wittich, NussBAUiM, Neisser, Ustimowitsch, J. Munk u. A. gezeigt worden ^). Man ist auch darüber einig, dass die Vorgänge der Harnsekretion im Wesentlichen auf einer spezifischen Zellenthätigkeit der Epithelien der Harnkanälchen beruhen, neben welcher jedoch Filtratious- und Diffusionsprozesse unzweifelhaft auch verlaufen. Den Vorgang der Harnabsonderung beim Menschen und den höheren Die Vor- Xhieren stellt man sich auch allgemein in den Hauptzügen in folgender Weise gänL'ebeider ° r » & Harnab- ^qj. j)^^ Wasser soll nebst einer kleinen INIenge der Salze durch die Glomeruli sondemnir. ° hindurchgehen, während die Hauptmasse der festen Stoffe durch das Epithel der Harnkanälchen ausgeschieden werden soll. Eine Absonderung der festen Stoffe ohne eine gleichzeitige Ausscheidung von Wasser lässt sich jedoch nicht denken, und es muss deshalb auch ein Theil des Wassers durch die Epithel- zellen der Harnkanälchen ausgeschieden werden. Den Durchgang der Haupt- masse des Wassers durch die Glomeruli betrachtet man ziemlich allgemein als eine von dem Blutdrucke abhängige Filtration. Nach Heidexiiain soll indessen der dünnen Zellenschicht der Glomeruli eine sekretorische Wirkung zukommen. Die Menge und Zusammensetzung des Harnes sind grossen Schwankungen unterworfen. Diejenigen Umstände, welche unter physiologischen Verhältnissen auf dieselben den grössten Einfluss ausüben, sind jedoch folgende: Der Blut- Menge und druck und die Geschw'indigkeit des Blutstromes in den Glomerulis; der Gehalt Setzung des des Blutcs an Harnbestandtheilen, besonders an Wasser, und endlich auch der •«•irkende Zustand der secernirenden Drüsenelemente selbst. Vor Allem hängen selbst- verständlich die Menge und die Konzentration des Harnes von der Grösse der Wasserausscheidung ab. Dass diese letztere bei einem bestimmten Wasser- 1) Vergl. hierüber IIkidkniiain, Die Ilarnabsonderung in Hekmann's Ilandb. Bd. 5. Thl. 1. S. 279 u. ff. Ifarniii(-ni.'e und feste Stofie. 471 gehalte des Blutes mit veränderten Blutdrucks- und Cirkulatiousverhältnissen schwanken kann, ist offenbar; unter gewöhnlichen Verhältnissen hängt aber die Grösse der Wasserausscheidung durch die Nieren im Wesentlichen von der Wassermenge ab, welche dem Blute zugeführt wird, bezw. den Körper auf anderen Wegen verlässt. Es wird also die Ilarnabsonderung durch reichliches Wasser- trinken oder verminderte Wasserabfuhr auf auderen Wegen vermehrt und um- gekehrt Ijei verminderte)" Wasserzufuhr, bezw. grösserem Wasser Verluste auf anderen Wegen vermindert. Gewöhnlich Avird beim Menschen durch die Nieren ebenso viel Wasser wie durch Haut, Lungen und Darm zusammen ausgeschieden. Bei niedriger Temperatur und feuchter Luft, unter welchen Verhältnissen die Wasserausscheidung durch die Haut herabgesetzt ist, kann die Harnabsonderung i^'o Menge (105 11 Arnos dasegeu bedeutend zunehmen. Verminderte Wasserzufuhr oder vermehrte Aus- unter vor- f » »chiedenen Scheidung von Wasser auf anderen Wegen — wie bei heftigen Diarrhöen, hef- i mswnden. tigern Erbrechen oder reichlicher Öchweissabsonderung — vermindern dagegen ilie Harnabsonderung stark. Es kann also z. B. bei starker Sommerhitze die tägliche Harnmenge auf 500 — 400 ccm herabsinken, während man nach reich- lichem Wassertrinken eine Harnausscheidung von 3000 ccm beobachtet hat. Die im Verlaufe von 24 Stunden entleerte Harnmenge muss also bedeutend schwanken können; gewöhnlich wird sie jedoch beim gesunden erwachsenen Manne durchschnittlich zu 1500 ccm und beim Weibe zu 1200 ccm berechnet. Das ^linimum der Absonderung fällt in die Nacht, etwa zwischen 2 — 4 Uhr. Maxinia fallen in die ersten Stunden nach dem Erwachen und in die Zeiträume von 1 — 2 Stunden nach den Mahlzeiten. Die Menge der im Verlaufe von 24 Stunden abgesonderten festen Stoffe ist, selbst bei schwankender Harnmenge, ziemlich konstant und zwar um so mehr, ie gleichmässiger die Lebensweise ist. Dagegen verhält sich selbstver- -All- ^^^ lages- ständlich der Prozentgehalt des Harnes an festen Stoffen im Allgememen um- mene:o der gekehrt wie die Harnmenge. Die ^Menge der festen Stofie pro 24 Stunden wnxl bostand- gewöhnlich durchschnittlich zu 60 g berechnet. Die Menge derselben kann man mit annähernder Genauigkeit aus dem spez. Gewichte in der Weise berechnen, dass man die zweite und dritte Decimalstelle der das spez. Gewicht angebenden Zahl mit dem HÄSER'schen Koeffizienten 2,33 raultiplizirt. Das Produkt giebt die ]\Ienge der festen Stoffe in 1000 ccm Harn an, und wenn die Menge des in 24 Stunden abgesonderten Harnes gemessen wird, lässt sich also die Menge der in demselben Zeiträume abgesonderten festen Stoffe leicht berechnen. Wer- , ^ _ 1 ioreclmong den z. B. im Laufe von 24 Stunden 1050 ccm Harn von dem spez. Gewichte 'ler festen Moffe aas 1,021 abgesondert, so ist also die Menge der festen Stoffe: 21 X 2,33 = 48,9, -iom so«*. und — — — = 51,35 g. Der Harn enthielt also in diesem Falle 48,9 ]). ni. feste Stoffe, und die Tagesmenge der letzteren war 51,35 g. Diejenigen Stoffe, welche unter physiologischen Verhältnissen auf die Dichte des Harnes besonders einwirken, sind das Kochsalz und der Harnstofl". Da 472 Fünfzehntes Kapitel. das spez. Gewicht des ersteren 2,15, das des letzteren dagegen nur 1,32 beträgt, so ist es einleuchtend, dass, wenn das relative ^Meugenverhältniss dieser zwei Fohler- Stoffe wesentliche Abweichungen von dem Normalen zeigt, die obige, auf dem quellen Lei ° & ' & ' der obigen gpez. Gewichte gegründete Berechnung weniger genau werden muss. Dasselbe 1 Berechnung. o o o ■ muss auch der Fall sein, wenn ein an normalen Bestandtheilen ärmerer Harn reichlichere Mengen von fremden Stoffen, Eiweiss oder Zucker, enthält. Wie oben erwähnt, nimmt im Allgemeinen der Prozentgehalt des Harnes au festen Stoffen mit einer grösseren abgesonderten Harnmenge ab, und bei einer reichlichen Harnabsonderung (einer Poli/iirie) hat deshalb auch in der Regel der abgesonderte Harn ein niedriges spez. Gewicht. Eine wichtige Aus- * Konten"'^ nähme hiervon macht jedoch die Zuckerharnruhr (Diabetes mellitus), bei uarnes\n?lr welcher in Sehr reichlicher Menge ein Harn abgesondert wird, dessen spez. Ge- VMhäff" "^^'icht, des hohen Zuckergehaltes wiegen, sehr hoch sein kann. Bei Absonder- mssen. ^j-^g ^,qjj ^^^^, ^yg^jg Harn {Oligurie), wie bei starkem Schwitzen, bei Diarrhöen und beim Fieber, ist das spez. Gewicht in der Regel sehr hoch, der Prozent- gehalt an festen Stoffen gross und die Farbe dunkel. Zuweilen, wie z. B. in ge- wissen Fällen von Albuminurie, kann jedoch umgekehrt der Harn trotz der Oligurie ein niedriges spez. Gewicht haben, blass gefärbt und arm an festen Stoffen sein. Wegen der grossen Schwankungen, welche die Zusammensetzung des Harnes zeigen kann, ist es schwierig, eine tabellarische Uebersicht über die Zusammensetzung desselben zu liefern. Zu einigem Nutzen dürfte jedoch viel- leicht die folgende tabellarische Zusammenstellung werden können, wobei jedoch nicht übersehen werden darf, dass die Zahlen nicht auf 1000 Theile Harn sich beziehen, sondern nur annähernd diejenigen Mengen der wichtigsten Haupt- bestandtheile angeben, welche im Laufe von 24 Stunden bei einer durchschnitt- lichen Harnmenge von 1500 ccm abgesondert werden. Tagesmeuge der festen Stoffe = CO g. Organische Bestandlheile = 35 g. Anorganische Bestaudtheile = 25 g. Harnstoff 30,0 g Chloruatriuni (NaCl) . . 15,0 g Itl^lSl Harnsünre 0,7 „ Schwefelsäure (H.SO^) . * 2,5 „ denen Harn- Kreatinin 1,0 ,, Phosphorsilure (P2O5) . . 2,5 ,, bestand- Hippursäure 0,7 ,, Kali (KoO) 3,3 „ theilo. Uebrige org. Stoffe ... 2,6 „ (Ammoniak (NH^) ... 0,7 „ Magnesia (MgO) .... 0,5 „ Kalk (CaO) 0,3 „ Uebrige anorgan. Stoffe . 0,2 „ Der Gehalt des Harnes an festen Stoffen ist durchschnittlich 40 p. m. Die jNIenge des Harnstoffes ist etwa 20 und die des Kochsalzes etwa 10 p. m. V. Zufällige Harnbestandtheile. Das Auftreten zufälliger, von Arzneimitteln oder von in den Körper ein- geführten fremden Stoffen herrührender Harnbestandtheile kann aus praktischen Zufällige Harnbestandlheile. 473 Rücksicliteu von Bedeutung werden, weil derartige Bestandtheile eiiiei-eits hei gewissen Harnuutersucliungen störend wirken und andererseits ein gutes Mittel zur Entscheidung, ob gewisse Stoffe eingenommen worden sind oder nicht, ab- geben kön)ien. Von diesem Gesichtspunkte aus werden auch einige solche Stoffe in einem folgenden Abschnitte (über die pathologischen Harnbestandtheilej be- sprochen werden. Von einem besonders grossen, physiologisch chemischen Inter- „ ^,^^.■ , esse ist jedoch das Auftreten zufiillisrer oder fremder Stoffe im Harne in den ."'\^''®; ^ Fianatneile. Fällen, in welchen sie die Art der chemischen Umsetzungen gewisser Sub- stanzen innerhalb des Körpers zu beleuchten geeignet sind. Da die anorgani- schen Stoffe, welche im Allgemeinen den Körper unverändert verlassen, von diesem Gesichtspunkte aus von geringerem Interesse sind, muss die Hauptajuf- gabe hier die sein, die Umsetzungen gewisser, in den Thierkörper eingeführter organischer Substanzen zu besprechen, insoferne als diese Umsetzungen durch Untersuchung des Harnes der Forschung zugänglich geworden sind. Die der Fettreihe angehörenden Stoffe fallen meistens, wenn auch mehrere Ausnahmen von der Regel vorkommen, einer zu den Endprodukten des Stoff- wechsels führenden Verbrennung anheim, wobei jedoch oft ein kleinerer oder grösserer Theil des fraglichen Stoffes der Oxydation sich entzieht und in dem Harne unverändert erscheint. In dieser Weise verhält sich ein Theil der dieser Reihe angehörenden Säuren, welche sonst im Allgemeinen zu Wasser und Kar- Verhalten der organ. bonaten verbrannt werden und den Harn neutral oder alkalisch machen können. Säurer.. Die an Kohlenstoff ärmeren Jiäcldiyen F, und ViiiciKiw'.s Areh. ]]d. ÖS. -) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 20. 3) Jaffe und R. Cohn, ebend. Bd. 21. S. .3401. 4) Ebend. Bd. 21. S. 3458. 5) Vergl. Maly's Jahresber.'-Bd. 16. S. 7ü. '■') Ber. d. deutsch, ehem. (Jesellsch. Bd. 8; ferner v. ^Ikking, Zeitselir. f. physiol. Chem. Bd. 6, und K. Kfi.z, Pri.foEK's Arch. Bd. 28. Zufällige Ilarnbestandtheile. 475 hydrat oder Diniethylkarbinol dargereicht wurden, traten gepaarte Glukuronffäuren im Harne auf (Tnii:ui'KLiJi:K ^). Wegen dieses Verhaltens glaubt man den Ursprung der Glukuronsäure von den Eiweisskörpern herleiten zu können. Wahr- scheinlich stammt sie jedoch eher von solchen, im Körper weit verbreiteten Proteiden ab, aus welchen Kohlehydrate oder diesen verwandte Säuren abge- spalten werden können. Uebrigens sind die fraglichen Hungerversuche vielleicht nicht ganz einwandsfrei^). Die aromatiselieii AerbiiHliing-eii gehen soweit die bisherigen Erfahr- ungen reichen — in der Regel nach vorausgegangener theihveiser Oxydation oder Aromatische nach einer Synthese mit anderen Stoffen — als aromatische Verbindungen in den nngen. Harn über. Dass der Benzolkern selbst im Körper zerstörbar ist, dürfte wenig- stens für gewisse Fälle mindestens sehr wahrscheinlich sein. Dass das Benzol ausserhalb des Organismus zu Kohlensäure, Oxalsäure und flüchtigen Fettsäuren oxydirt werden kann, ist lange bekannt, und es mag hier an die im ersten Kapitel besprochenen Untersuchungen von Drechsel er- innert werden, nach welchen dieser Forscher durch Elektrolyse des Phenols Normalkaiironsäure und dann immer kohlenstoflärmere Substanzen bis zu den Endprodukten des tbierischeu Stoffwechsels erhielt. Wie in diesen Versuchen vor der Entstehung von Körpern der Fettreihe eine Sprengung des Benzolringes stattfand, so muss auch, wie man annimmt, wenn eine Verbrennung der aroma- Verhalten des Beozol- lischen Substanzen im Thierkörper zu Stande kommen soll, dabei zuerst eine keines. Sprengung des Benzolringes unter Bildung von Fettkörpern stattfinden. Ge- schieht dies nicht, so wird der Benzolkeru als eine aromatische Verbindung der inen oder anderen Art mit dem Harne eliminirt. Wie der schwer verbrenn- liche Benzolkern eine der Fettreihe angehörende, mit ihm gepaarte Substanz vor dem Zerfalle schützen kann, was z. B. mit dem Glykokoll der Hippursäure der Fall ist, so scheint auch der aromatische Kern selbst durch Synthese mit anderen Stoffen vor dem Zeifalle im Organismus geschützt werden' zu können. Ein Beispiel dieser Art liefern die aromatischen Aetherschwefelsäuren. Die Schwierigkeit der Entscheidung, ob der Benzolkern selbst im Körper zerstört wird, liegt darin, dass man noch nicht alle die verschiedenen aromati- schen Umwandlungsprodukte kennt, welche aus irgend einer in den Körper ' ingefübrten aromatischen Substanz entstehen können, und welche man dement- -precliend in dem Harne zu suchon hat. Aus demselben Grunde ist es auch Verhalten .,,..,.,,, . . T^ . . , , . de» Benzol- nicnt moglicli, durch genaue quantitative Bestimmungen zu ermittein, ob eine kemos. eingenommene und resorbirte aromatische Substanz in dem Harne vollständig wieder erscheint oder nicht. Gewisse Beobachtungen machen es jedoch wahr- scheinlich, dass der Benzolkern wie oben angedeutet wurde wenigstens in ge- 1) Zeitschr. f. i.liysiul. Cheiii. IM. 10. 2) Vergl. Xi:nKT.TllAi-, Zeitschr. f. Biologie. IM. 28. S. 130. 476 Fünfzehntes Kapitel. wissen Fällen im Körper zerstörbar ist. Es haben also Schotten^), Baumann 2) u. A. gefunden, dass gewisse Amidosäuren, wie Phemilamidopropionsünre, Amidozimmtsäurc und das Tyrosin, in den Thierkörper eingeführt keine Ver- mehrung der Menge der bekannten aromatischen Substanzen im Harne herbei- führen, was eine Zerstörung dieser Amidosäuren im Thierkörper wahrscheinlich macht. Es hat ferner Juyalta ^) Versuche mit der Fhtalsäure gemacht und dabei Verhalten gefunden, dass beim Hunde von der in den Körper eingeführten Säure bedeu- ^säQie.^ tende Mengen, 57,5 — •68,76°/o, verschwinden oder richtiger nicht wiedergefunden werden können. Nach Juvai.ta soll diese Säure im Thierkörper weder Syn- thesen eingehen noch irgend welche aromatischen Umsetzungsprodukte liefern, und wenn diese Voraussetzungen richtig sind, würde also hier ein Beweis für die Zerstörung des Benzolkernes in einem Theile der in den Hundeorganismus eingeführten Fhtalsäure liegen. Eine Oxi/dation aromatischer Verbindungen findet oft in einer Seitenkette statt, kann jedoch auch in dem Kerne selbst geschehen. Es wird also z. B. das Benzol erst zu Oxybenzol (Schultzen und Naunyx^) und dieses dann Oxydation Weiter zum Theil zu DioxyhenzoJen oxydirt (Baumann und Preusse^). Das Benzo°- Nai)lücdin scheint in OxymiplitaHn und wahrscheinlich zum Theil auch in Di- oxynaphtalin überzugehen (Lesnik und M. Nencki^). Das Anilin, CgHg.NHg, geht in ParamidophenoF) über, welches als Aetherschwefelsäure, HgN.CgH^. O.SO,,. OH, in den Harn übergeht (F. Müller S). Hat die aromatische Substanz eine der Fettreihe angehörige Seitenkette, so wird dieselbe im Allgemeinen oxydirt. So werden beispielsweise ToluoJ, CßHj.CHg, (Schultzen und Naunyn^), AetlinIhensoJ, CgHg.CaH^, und Fropyl- henzoJ, CgHj.CgHy, (Nencki und Giacosa^"), wie auch viele andere Stoffe zu ^1n''dor°" Benzoesäure oxydirt. Hat die Seitenkette mehrere Glieder, so können die Ver- Seitenkette. Jiäitnisse etwas verschieden sich gestalten. DiePÄcj^v/^ess^V/sä/rre, CgHj.CH^^.COOH, in welcher hur ein Kohlenstoffatom zwischen Benzolkern und Karboxyl einge- 1) Zeitsehr. f. physioL Cliein. Ikld. 7 u. 8. 2) Ebenol, ßd. 10. S. 130. Bezüglich des Verhaltens des Tyrosins vergl. man besonders Blendermann, Zeitsehr. f. physiol. Cheni. Bd. (», Schotten, ebend. Bd. 7, Baas, ebend. Bd. 11, und ß. COHN, ebend. Bd. 14. 3) Zeitsehr. f. physiol. Cliem. Bd. 13. 4) Reichert's und Du Bois-Reymond's Arch. 1867. ö) Zeitsehr. f. physiol. Cheni. Bd. 3. S. 150. Vergl. auch Nencki und GlACOSA, ebend. Bd. 4. S. 33G. G) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 24. Vergl. auch Edlefsen, Maly's Jahresber. Bd. 18. S. 116. 7) Schmiedeberg, Arch. f. cxp. Path. u. Pharm. Bd. 8. 8) Deutsch, med. Wocheuschr. 1887. Cit. nach Maly's .Tahresber. Bd. 17. S. 87. 9) Eeuhert's und Du Bois-EevmOnd's Arch. 1867. 10) Zeitsehr. f. physiol. Clicni. Bd. 4. Zufällige Harnbestandtheile. 477 schaltet ist, wird nicht oxydirt, sondern nach der Paarung mit Olykokoll als Phenacetnrsünre ausgeschieden (Salkowski '). Die P/(r)tt//jjiojjio)i.'>ät(r(\ CßHj.CH^.CHa.COOH, mit zwei Kohlen Stoffatomen zwischen Benzolkern und Karboxyl wird dagegen zu Benzoesäure oxydirt ^j. Aromatische Amidosäuren mit drei Kohlenstoffatomen in der Seitenkette, von denen das mittlere die Gruppe NHg bindet, wie z. B. das Tyrosin, a-Oxyphenylamidopropion- säure, C6H^(OH).CH2,CH(NH2).COOH, und die a-FlKmiihnnidopropionsiiure, C6H5.CH^.CH(NH2).COOH scheinen zum grössten Theil im Körper verbrannt zu werden (vergl, oben). Die PJieni/lamidoess^igsÜHre, welche nur zwei Kohlen - .-rtofFatome in der Seitenkette hat, CüH5.CH(NH^,).C00H, verhält sich dagegen anders, indem sie zum Theil in Mcüulehänre . Phenylglykolsäure, C,;H,- . CH(OH).COOH, übergeht (Schotten 3). Sind am Benzolkern mehrere Seitenketten vorhanden, so wird stets nur Substanzen «ine derselben zu Karboxyl oxydirt. Es werden also z. B. KtjloJ, Cp,H^(CH3).,, mit meh- zu Tolui/Isäure, CgH^lCHgl.COOH (Schultzen und Naunyn*), Mesiti/Ieu. ketten. C(;H3(CH3)3, zu Mesitylensüure, CeH3(CH3)2.COOH (L. Nencki^) und Cymol zu Knminsänre (M. Nencki und Ziegler^) oxydirt. Synthesen aromatischer Substanzen mit anderen Atomgruppen kommen sehr oft vor. Hierher gehört in erster Linie die von Wühler entdeckte Paar- ung der Benzorsü/iyc mit GlykokoU zu Hippursäure. Alle die zahlreichen aromatischen Substanzen, welche im Thierkörper zu Benzoesäure sich umsetzen, werden also wenigstens zum Theil als Hippursäure ausgeschieden. Dieses Ver- halten gilt jedoch nicht für alle Thierklassen. Nach den Beobachtungen von Jaff£') geht nämlich die Benzoesäure bei Vögeln nicht in Hippursäure, son- Paarung mit . ' °. o rr ' Glvkokoll. dern in eine andere stickstoffhaltige Säure, die Ornitluirsäure, CJ9H20N2O4, über. Als Spaltungsprodukt giebt diese Säure ausser Benzoesäure das schon oben S. 474 be^iprochene Ornitliin. Einer Paarung mit GlykokoU zu ent- sprechenden Hippursäuren unterliegen wie die Benzoesäure nicht nur die O,///- henzoesänren und die suhstituirten Benzoesäuren (Bertagxini^), sondern auch die obengenannten Säuren, ToJuyl-, MesityJen-, Kuniin- und Phenyhssiysätiri'. Diese Säuren werden als bezw. Tolnr-, Mesitylenur-, Knininnt- und l'ln'na- letursüure ausgeschieden. Hinsichtlich der Oxybenzoesäuren ist indessen zu bemerken , dass eine 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 7 u. 9. -) Vergl. E. und H. Salkowski. Her. d. deutsch, ehem. tJesellsch. lld. 12. 3) Zeitschr. f. physiol. ("heui. Hd. S. 4) Reichekt's und Dr Bois-Kkymoxd's Arch. iSßT. 3) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 1. 6) Her. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. 5; vert,'l. aucli <>. J.\C0BSEX, ebend. Bd. 12. V) Ebend. Bdd. 10 u. 11. 8) €it. nach KCnxE'.s Lehrb. S. Ol. 478 Füufzehutcs Ka])itel. Osy- und Amido- benzce- sänren. Paarung mit Glykokoll nur für die Salicylsäure und p-Oxybenzoesäure sicher bewiesen ist (von Bertagnixi, Baumann und Herter^) u, A.), während sie für die m-Oxybenzoesäure von Baumaxx und Herter nur sehr wahrscheinlich gemacht wurde. Die Oxybenzoesiiuren werden auch zum Theil als gepaarte Schwefelsäuren ausgeschieden, was besonders von der ra-Oxybenzoesäure gilt-). Bezüglich der Amidobenzoesäuren liegen Untersuchungen über die m-Amido- benzoesäure vor. Diese Säure geht, wie Salkowski^) fand und R. Cohn*) später bestätigte, zum Theil in Uramidoherhzol'sänre, HaN.CO.HN.CßB^.COOH, über. Zum Theil wird sie auch als Amidohippursäure ausgeschieden. Unter denjenigen Substanzen, welche einer Paarung mit Glykokoll unter- liegen können, sind die substituirten Aldehyde von besonderem Interesse. Nach den von R. Cohn^) über diesen Gegenstand ausgeführten Untersuchungen geht beim Kaninchen der o-Xitrohen.Z(ddehiid nur zu einem sehr geringfügigen Theil in Nitrobenzoesäure über, und die Hauptmasse, ca. 90°/o, wird im Körper zer- stört. Der m-Nitrohe)iZ'cdd('h}/d geht bei Hunden nach Sjeber und Smirnow^) in m-Nitrohippursäure, nach Cohn in m-nitrohippursauren Harnstoff über. Bei Kaninchen ist das Verhalten nach Cohn dagegen ein ganz anderes. Es findet Verhalten . * * ^ der Nitro- hier nicht nur eine Oxvdation des Aldehyds zu Benzoesäure statt, sondern es benz- ' _, _ !• 1 aidehyde. wird auch die Nitrogruppe zu einer Amidgruppe reduzirt und endlich lagert sich unter Austritt von Wasser Essigsäure an die Amidgruppe an, so dass als Endprodukt m-Acetylamidobenzoesäure, CHg.CO.NH.CgH^.COOH, entsteht. Der Vorgang ist also dem Verhalten des Fm-furols analog, und die Reduktion findet nicht im Darme, sondern in den Geweben statt'). Der p-Nitrobenzaldehyd verhält sich beim Kaninchen zum Theil wie der m-Aldehyd und geht also zum Theil in p-AcetiiJamidohenzollsäure über. Ein anderer Theil setzt sich in p-Nitrobenzoesäure um und der Harn enthält eine chemische Verbindung glei- cher Theile dieser zwei Säuren. Bei Hunden giebt nach Sieber und Smirnow der p-Nitrobenzaldehyd nur p-nitrohippursauren Harnstoff^). Eine andere sehr wichtige Synthese der aromatischen Substanzen ist die- süaiVn* jenige der Aetlierschwefel säuren . Als solche werden, wie Baumann und Herter Aellier schwefel- 1) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 1, wo auch die Arbeit von Bektagnini citirt ist. 2) Vergl. Baumaxn und Hekteh I. e., und ferner Dautzenberg in Maly's Jahresber. Bd. 11. S. 231. 3) Zeitschr. f. physiol. Cheni. ßd. 7. 4) Ebend. Bd. 17. S. 292. 5) Ebend. Bd. 17. 6) Monatshefte f. Chem. Bd. 8. V) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 18. 8) Hinsichtlich der umfangreichen Litteratur über GlykokoUpaarungen kann auf den Aufsatz von O. Küiii.ixf;, Ueber Stoflwechselprodukte aromatischer Körper. Inaug.-Diss. Berlin 1887, verwiesen werden. Zufällige IlarDbestandlheile. 479 u. A. gezeigt haben, Phenole wie überhaupt die ht/droj i//ii/i // (tiO)ii(((isc/tr)i Kohlenivasserstojje und deren Derivate aui^geschieden ^). Eine Paarung aromatischer Substanzen mit Glukuronsäure, welche letztere dadurch vor der Verbrennung geschützt wird, kommt auch recht oft vor. Kumphcy, Q^qH^qO, einem Hunde gegeben, geht durch Oxydation in Kampherol, CioHj5(OH)0, über, und aus diesem entsteht die gepaarte Glukurousüure, die KamplioyluhKronsänre (Schmiedeberg 2). Die Phenole gehen, wie oben 8. 443 angegeben, zum Theil als gepaarte Glukuronsäuren in den Harn über, oräkafo™' Dasselbe gilt von den Homologen der Phenole, von einigen substituirten Phe- nolen, den Naphtolen, Borneol, Menthol, Terpentinöl und vielen anderen aro- matischen Substanzen 3). Das o-Xitrotoluol geht beim Hunde nach Jaffe'*) iu o-Nitrobenzylalkohol und dann in eine gepaarte Glukuronsäure, die Uro- nitrotoluolsäure , über. Die aus dieser gepaarten Säure abgespaltene Glukuron- säure ist linksdrehend und also nicht mit der gewöhnlichen Glukuronsäure iden- tisch, sondern isomer. Das Indol und SJiatol scheinen, wie oben erwähnt (S. 447 u. 448), auch zum Theil als gepaarte Glukuronsäuren mit dem Harne ausgeschieden zu werden. Eine Synthese, bei welcher schwefelhaltige Verbindungen, Merhaptur- ^änren, entstehen, die mit Glukuronsäure gepaart ausgeschieden werden, kommt nach Einführen von Chlor- oder Bromderivaten des Benzols in den Organismus des Hundes vor (Baumann und Preusse^), JaffjS^). Es verbindet sich also Merkaptur- z. B. das Chlorhcnsol mit dem Ci/ste'm, einem intermediären Zersetzuugsprodukte des Eiweisses, welches dem Cystin nahe verwandt ist (vergl. unten), zu Chlor- phenylmerlcaptursmire, C^Hj^ClSNOg. Beim Sieden mit einer Mineralsäure zerfällt diese Verbindung in Essigsäure und Chlorphenylcystein, CgH^Cl .CgH^jNSOo. Ein besonderes Verhalten zeigt das Pi/ridin, C5H5N, welches weder mit Glukuronsäure noch mit Schwefelsäure nach vorausgegangener Oxydation sich verbindet. Es nimmt, wie von His'') gefunden und von Cohn^) später bestätigt p^^^^.^ ^^ wurde, eine Methylgruppe auf und bildet eine Aramouiumverbindung, Mefhi/l- Äikaiotde. pyridijlammoniumhiidroxid, HO.CH3.NC5H-. Das Methylpyridin (a-Picolin) geht dagegen nach R. Cohn^) beim Kaninchen zum Theil in a-Pipidin/carbon- 1) Hinsichtlich der Litteratur vcrgl. man (). Kini.iNd, i. c 2) Schmiedeberg und Meyeb, Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 3. 3) Vergl. O. KÜIILIXG, wo man auch die Litteratur his zum Jahre 1SS7 findet; I'. Ki i./. Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. •1) Zeitschr. f. physiol. Chcni. Hd. 2. 5) Ebend. Bd. 5. S. 309. 6) Bcr. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 12. 7) Arch. f. exp. Path. und Pharm. Bd. 22. 8) Zeitschr. f. physiol. Chcm. Bd. iS. S. l IC. 9) 1. c. 480 Fünfzehntes Kapitel. säure über, die dann mit Glykokoll gepaart als a-Pijridimir säure ausgeschie- den wird. Mehrere Alkaloide, wie Chinin, Morpliin und Strychnin, können in den Harn übergehen. Nach Einnahme von Terpentinöl, Kopaivcibalsam und Harzen können Harzsäuren in dem Harne auftreten. In den Harn gehen auch Farbstoffe verschiedener Art, wie der Krappfarhstoff, die Crysoplicmsüure nach Gebrauch von Rheum oder Senna, der Farhstojf der Heidelbeeren u. s. w. über. Nach Einnahme von Wieum, Senna oder Santonin nimmt der Harji eine gelbe oder grünlich gelbe Farbe an, welche durch Alkalizusatz in eine schön rothe Farbe übergeht. Das Phenol ertheilt, wie schon oben erwähnt, dem Harne eine dunkelbraune oder schwarzgrüne Farbe, w'elche grösstentheils von Zersetzungsprodukten des Hydrochinons, aber auch von Huminsubstanzen Farbstoife herrühren dürfte. Nach NaphtaUn-Gehxa.\xch. wird der Harn ebenfalls dunkel gefärbt, und es können auch mehrere andere Arzneistoffe dem Harne eine be- sondere Färbung geben. So wird er z. B. von Kairin oft gelbgrün und dun- kelt an der Luft nach; von Thallin wird er grünlich braun, in dünner Schicht deutlicher grün, und von Änfipijrin wird er gelb bis blutroth. Nach Einnahme von Kopaivahalsam wird der Harn, wenn man ihn mit Salzsäure stark an- säuert, allmählich rosa- und purpurroth (H. Quincke '). Nach dem Gebrauche von Naplitalin oder NapJitoI giebt er mit konzentrirter Schwefelsäure (l ccm konzentrirte Säure und einige Tropfen Harn) eine schön smaragdgrüne Farbe (Penzoldt^), welche wahrscheinlich von der Naphtolglukuronsäure herrührt. Riechende Stoffe gehen auch in den Harn über. Nach dem Genüsse von Spargeln erhält der Harn einen ekelhaft widrigen Geruch, der nach M. Nencki^) wahrscheinlich von Methylmerkaptan herrührt. Nach Einnahme von Terpentinöl kann der Harn einen eigenthümlichen, veilchenähnlichen Geruch annehmen. VI. Pathologische Harnbestandtheile. EiAveiss. Das Auftreten geringer Spuren von Eiweiss in dem Harne anscheinend ganz gesunder Personen ist von mehreren Forschern in vielen Fällen beobachtet worden, wobei man jedoch nicht verschweigen darf, dass andere Forscher Eiweiss im diese Eiweissspuren als das erste Zeichen einer, wenn auch äussert gelinden Erkrankung des uropoetischen Apparates oder als Zeichen einer rasch vorüber- gehenden Cirkulationsstörung betrachten. Sehr gewöhnlich ist es, in dem Harne Spuren einer mit dem Mucin leicht zu verwechselnden, nukleoalburainähnlichen 1) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 17. 2) Ebend. Bd. 21. 3) Ebend. Bd. 28. Eiweissprobeu im Harne. 481 Substanz zu finden, welche wahrscheinlich mit dem von Lönnberg^) aus dem Papillartheile der Nieren und aus der Blasenschleimhaut isolirten Nukleoalbumin identisch ist. In krankhaften Zuständen kommt Eiweiss im Harne in den ver- schiedensten Fällen vor, und diejenigen Eiweissstoffe, welche dabei besonders oft vorkommen, sind das Serumglobulin und das Serumalbumin. Zuweilen kommen auch Albumosen oder Peptone vor. Der Gehalt des Harnes an Eiweiss ist in den meisten Fällen kleiner als 5 p. m,; verhältnissmässig selten ist er 10 p. m. und nur sehr selten beträgt er gegen 50 p. m. oder darüber. Unter den vielen, zum Nachwels von Eiweiss im Harne vorgeschlagenen Reaktionen mögen folgende hier Erwähnung finden. Bie Kochprohe. Man filtrirt den Harn und prüft dann die Reaktion desselben. Ein saurer Harn kann in der Regel ohne weiteres gekocht werden, und nur bei besonders stark saurer Reaktion ist es nöthig, dieselbe erst mit Alkali ein wenig abzustumpfen. Einen alkalischen Harn macht man vor dem Erhitzen neutral oder nur äusserst schwach sauer. Ist der Harn arm an Salzen, so setzt man ihm vor dem Aufkochen ^/lo Vol. gesättigter Kochsalzlösung zu. Darauf erhitzt man zum Sieden, und wenn dabei keine Fällung, Trübung oder Opalescenz erscheint, so enthält der fragliche Harn kein koagulables Eiweiss, probe^ " kann aber Albumosen oder Peptone enthalten. Entsteht dagegen beim Sieden ein Niederschlag, so kann dieser aus Eiweiss oder aus Erdphosphaten oder aus beiden bestehen. Das einfach saure Calciumphosphat zersetzt sich nämlich beim Sieden und es kann normales Phosphat sich ausscheiden. Um einerseits eine Verwechselung mit den Erdphosphaten zu verhindern und andererseits um eine bessere, mehr flockige Ausscheidung des Eiweisses zu erzielen, muss man nun der Harnprobe eine passende ^Nlenge Säure zusetzen. Verwendet jnan hierzu Essigsäure, so setzt man auf je 10 ccm Harn 1, 2 — 3 Tropfen einer 2.5 *^,'o igen Säure zu und kocht nach Zusatz von jedem Tropfen wieder auf. Bei Anwendung von Salpetersäure muss man von einer 25'^/oigen Säui'e, je nach dem Eiweiss- gehalte, 1 — 2 Tropfen auf je 1 ccm des siedend heissen Harnes zusetzen. Bei Anwendung von Essigsäure kann, wenn der Gehalt an Eiweiss sehr gering ist, das letztere, besonders wenn der Harn ursprünglich alkalisch war, bei Zusatz von der obigen Essigsäuremenge bisweilen \n Lösung bleiben. Setzt man dagegen weniger Essigsäure zu, so läuft man Gefahr, dass ein in dem araphoter oder nur sehr schwach sauer reagirenden Harne entstandener, aus Calciumphosphat bestehender Niederschlag nicht vollständig sich löst und zur Verwechselung mit einem Eiweissuiederschlage Veranlassung geben kann. Ver- wendet man zu der Kochprobe Salpetersäure, so darf man nie übersehen, dass nach Zusatz von nur wenig Säure eine beim Sieden lösliche Verbindung zwischen probe, ihr und dem Eiweisse entsteht, welche erst von überschüssiger Säure gefällt wird. Aus diesem Grunde mus.s die obige grössere Menge Salpetersäure zugesetzt werden, aber hierbei läuft man nun wiederum die Gefahr, dass kleine Eiweiss- niengen von der überschüssigen Säure gelöst werden können. Wenn man, was unbedingt nothwendig ist, die Säure erst nach vorhergegangenem Aufkochen zusetzt, so ist die Gefahr zwar nicht sehr gross, allein sie ist jedoch vorhanden. Schon aus diesen Gründen ist also die Kochprobe, welche zwar in der Hand 1) Vergl. oben S. 401. Hammarsten, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 3« 482 Fünfzehntes Kapitel. des Geübteren sehr gute Dienste leistet, nie dem Arzte als alleinige Eiweiss- pi'obe zu empfehlen. Eine Verwechselung mit Mucin , wenn solches vielleicht im Harne vorkommt, würde bei der Kochprobe mit Essigsäure leicht dadurch zu vermeiden sein, dass man eine andere Probe bei Zimmertemperatur mit Essigsäure ansäuert. Es scheiden sich hierbei Mucin und mucinähnliche Nukleoalburaiusubstanzen aus. Entsteht bei Ausführung der Kochprobe mit Salpetersäure der Nieder- schlag erst beim Erkalten oder wird er dabei merkbar vermehrt, so deutet dies auf die Gegenwart von Albumose in dem Harne, entweder allein oder mit koagulablem Eiweiss gemengt. In diesem Falle ist eine weitere Untersuchung nöthig (vergl. unten). In einem uratreichen Harne scheidet sich nach dem Er- kalten ein aus Harnsäure bestehender Niederschlag aus. Dieser Niederschlag ist jedoch gefärbt, körnig-sandig und kaum mit einer Albumose- oder Eiweiss- tällung zu verwechseln. Die HELLER'scÄe Probe führt man in der Weise aus (vergl. S. 22), dass man in einem Reagenzglase die Salpetersäure sehr vorsichtig mit dem zu prü- fenden Harne überschichtet. Bei Gegenwart von Eiweiss tritt dabei ein weisser Ring an der Berührungsstelle beider Flüssigkeiten auf. Bei der Ausführung dieser Probe erhält man regelmässig auch im normalen Harne einen von den Indigofarbstoffen herrührenden, rothen oder rothvioletten durchsichtigen Ring, welcher mit dem weissen oder weisslichen Eiweissringe kaum verwechselt werden kann, und welcher auch mit einem von Gallenfarbstoffen herrührenden Ringe nicht verwechselt werden darf. In einem uratreichen Harne kann dagegen eine Verwechselung mit einem von ausgefällter Harnsäure herrührenden Ringe ge- schehen. Der Harnsäurering liegt jedoch nicht wie der Eiweissring an der Be- rührungsstelle beider Flüssigkeiten, sondern etwas höher. Aus diesem Grunde kann man auch in einem uratreichen und nicht zu viel Eiweiss enthaltenden Harne oft gleichzeitig zwei Ringe sehen. Die Verwechselung mit Harnsäure sehe Probe. Vermeidet man am einfachsten durch Verdünnung des Harnes, vor der Aus- führung der Probe, mit 1 — 2 Vol. Wasser. Die Harnsäure bleibt nun in Lös- ung und die Empfindlichkeit der HELLER'scheu Eiweissprobe ist eine so grosse, dass nur bei Gegenwart von bedeutungslosen Eiweissspuren die Probe nach einer solchen Verdünnung negativ ausfällt. In einem an Harnstoff sehr reichen Harne kann auch eine ringförmige Ausscheidung von salpetersaurem Harnstoff auftreten. Dieser Ring besteht jedoch aus glitzernden Kryställchen und er tritt in dem vorher mit Wasser verdünnten Harne nicht auf. Eine Verwechselung mit Harzsäuren, welche bei dieser Probe ebenfalls einen weisslichen Ring geben, ist leicht zu vermeiden, denn die Harzsäuren sind in Aether löslich. Man rührt um, fügt Aether hinzu und schüttelt in einem Probirröhrchen leise um. Bestand die Trübung aus Harzsäuren, so klärt sich der Harn allmählich und der Aether hinterlässt beim Verdunsten einen aus Harzsäuren bestehenden, klebrigen Rück- stand. Eine Flüssigkeit, welche echtes Mucin enthält, giebt bei dieser Probe keine Fällung, sondern einen mehr oder weniger .stark opalisirenden Ring, wel- cher beim Umrühren verschwindet. Die Flüssigkeit enthält nach dem Umrühren keine Fällung, sondern ist höchstens etwas opalisirend. Erhält man bei der HELLEß'schen Probe in dem unverdünnten Harne erst nach einiger Zeit eine schwache, nicht ganz typische Reaktion, während der mit Wasser verdünnte Harn fast sogleich eine deutliche Reaktion giebt, so deutet dies nach K. Mörnek^) Die Heller'- 1) Hygiea. Bd. 53. Yergl. Maly's Jahresbcr. Bd. 22. S. 241. Eiweissproben iia ITarne. 483 auf die Gegenwart von einer Nukleoalbuminsubf-tanz hin, deren Ausfüllung durch den Salzgehalt des unverdünnten Harne.s verhindert wird. In diesem Heiierscbe Falle verfährt man wie unten, behufs des Nachweises von Nukleoalbumin, an- gegeben wird. Erinnert man sich der nun besprochenen möglichen Verwechselungen und der Art und Weise, wie sie vermieden werden können, so dürfte es kaum irgend eine andere Probe auf Eiweiss im Harne geben, welche gleichzeitig leichter aus- zuführen, empfindlicher und zuverlässiger als die HioLLER'sche Probe ist. Mit dieser Probe können nämlich noch 0,U2 p. m. Eiweiss ohne Schwierigkeit nach- gewiesen werden. Indessen sollte man nie mit dieser Probe allein sich be- gnügen, sondern immer mindestens noch eine andere, wie z. B. die Kochprobe, ausführen. Bei der Ausführung der HELLER'schen Probe werden auch die (primären) Albumosen gefällt. Die Bealdion mit Metaphosphorsäure (vergl. S. 22) ist sehr bequem und jietapi.os- leicht auszuführen. Sie ist aber nicht ganz so empfindlich und zuverlässig wie phorsuaxe- die HELLEPv'sche Probe. Von dem Reagenze werden auch Albumosen gefällt. '"*' °' Die Ilealäion mit Essifjsüure und Ferrocijankalinm. Man versetzt den Harn mit Essigsäure bis zu etwa 2°/o und setzt dann tropfenweise eine Ferro- cyankaliumlösung (1 : 20) mit Vermeidung eines Ueberschusses zu. Diese Probe ist sehr gut und in der Hand des geübten Chemikers sogar fast ebenso empfind- Die Probe lieber als die HELLER'sche. Bei Gegenwart von sehr kleinen Eiweissmengen ^'^ Essis- erfordert sie jedoch mehr üebung und Geschicktheit als diese, weil das relative Ferrocyan- Mengenverhältniss des Reagenzes, des Eiweisses und der Essigsäure auf das *">™- Resultat einwirkt. Auch der Salzgehalt des Harnes scheint nicht ohne Einfluss zu sein. Das Reagenz fällt auch die Albumosen. ReaJdion von Spiegler^). Als besonders empfindliches Reagenz auf Ei- weiss im Harne empfiehlt Spiegleu eine Lösung von 8 Theilen Quecksilber- chlorid, 4 Theilen Weinsäure, 20 Theilen Glycerin und 200 Theilen Wasser, ^gj^j^jj^^^ Man füllt ein Probirröhrchen bis zur Hälfte mit dem Reagenze und lässt den vonSpiepier. Harn aus einer Pipette Tropfen für Tropfen längs der Wand des Röhrchens herabfliessen. Bei Gegenwart von Eiweiss tritt an der Berührungsstelle beider Flüssigkeiten ein weisser Ring auf. Die Empfindlichkeitsgrenze soll bei 1 : 350000 liegen. Die Anwendung der Fällungsreagenzien setzt voraus, dass der zu unter- suchende Harn, besonders bei Gegenwart von nur sehr wenig Eiweiss, ganz klar ist. Man muss also den Harn zuerst filtriren. Dies gelingt nicht ohne weiteres mit bakterienhaltigem Harn; man kommt aber in solchen Fällen zum Ziele, wenn man nach dem Vorschlage von A. Jolles^) den Harn zuvor mit Kieseiguhr schüttelt. Die verschiedenen Farhenreulctionen können, besonders in einem stärker gefärbten Harne, welcher nur wenig Eiweiss enthält, im Allgemeinen nicht direkt zur Verwendung kommen. Auf die MiLLON'sche Reaktion wirkt ausserdem das ,eak\ionen. Kochsalz des Harnes störend ein. Dagegen kann man, um die Gegenwart von Eiweiss noch sicherer zu zeigen, den bei der Koehprobe erhaltenen, abfiltrirten 5) Wien. klin. Wochenschr. 1892. Nr. 2, uml Centralbl. f. klin. Med. 1893. Nr. 3. ■i) Zeitschr. f. anal. Cheni. Bil. 20. 31* 48i Fünfzehntes Kapitel. und ausgewaschenen Niederschlag mit dem MiLLOx'schen Reagenze prüfen. Man kann auch den Niederschlag in verdünntem Alkali lösen und mit der Lösung die Biuretprobe anstellen. Mit dieser letztgenannten Probe prüft man jedoch auch den Harn direkt auf die Gegenwart von A.lbumosen oder Peptonen. Bei der Untersuchung des Harnes auf Eiweiss darf man übrigens nie mit einer Reaktion allein sich begnügen, sondern man muss wenigstens die Kochprobe einerseits und die HELLER'sche Probe oder die Ferrocyankaliumprobe anderer- seits ausführen. Bei Anwendung der Kochprobe allein kann man nämlich leicht die Albumosen übersehen, welche dagegen mit der HELLER'schen Probe entdeckt werden. Begnügt man sich dagegen mit dieser letzteren Probe oder der Ferro- cyankaliumprobe allein, so findet man keine genügende Andeutung von der Art des vorhandenen Eiweisses, ob es aus Albumosen oder koagulablem Eiweiss oder aus beiden besteht. Für praktische Zwecke hat mau mehrere trockene Eiweissreagenzien empfohlen. Ausser der Metaphosphorsäure sind unter diesen zu nennen : die STÜTz'schea oder FÜKBKiNGER'scheu Trockeue Gelatinekapseln'), welche Quecksilberchlorid, Chlornatrium und Citronensäure enthalten, und reagenzien. das GElssLER'sche Eiweissveagenzpapier, welches aus Filtrirpapierstreifen besteht, welche theils mit einer Citronensäurelösung und theils mit Quecksilberchlorid- und Jodkaliumlösung ge- tränkt und dann getrocknet sind. Hat man durch die obigen Reagenzien von der Gegenwart von Eiweiss .sich überzeugen können, so handelt es sich zunächt darum, zu zeigen, welcher Art das im Harne enthaltene Eiweiss ist. Der Nachweis von Glohulin und Albumin. Zum Nachweis von Serum- globulin neutralisirt man den Harn genau, filtrirt und setzt Magnesiumsulfat in Substanz, bis zur vollständigen Sättigung bei Zimmertemperatur, oder auch das gleiche Volumen einer gesättigten neutral reagirenden Lösung von Am- röiAiiobuiin moniumsulfat zu. In beiden Fällen entsteht bei Gegenwart von Globulin ein u. Albumin, yyeisser, flockiger Niederschlag. Bei Anwendung von Ammoniumsulfatlösung kann in einem uratreichen Harn ein aus Ammoniumurat bestehender Nieder- schlag sich ausscheiden. Dieser Niederschlag kommt jedoch nicht sogleich, sondern erst nach einiger Zeit zum Vorschein, und er dürfte wohl kaum mit einem Globulinniederschlage verwechselt werden können. Zum Nachweis des Serumalbumins erhitzt man das vom Globulinniederschlage getrennte Filtrat zum Sieden oder setzt ihm bei Zimmertemperatur gegen l"/o Essigsäure zu. AJhumosen und Pej^lone sind angeblich wiederholt im Harne bei ver- schiedenen Krankheiten gefunden worden, lieber das Auftreten von Albumosen Albumosen Hegen unzweifelhaft ganz sichere Beobachtungen vor. Die Angaben über das '^"^)M^^' -^^iftreten von Peptonen 2) stammen dagegen zum Theil von einer Zeit her, wo man noch die Begriffe Albumosen und Peptone anders als gegenwärtig auf- J) Man vergl. über dieses Reagenz und einige andere: HuppERT-NErBAUER, 9. AuH. S. 268. -) Hinsichtlich der Litteratur über Albumosen und Peptone im Harne vergl. man: HuppERT-NEUBArER-THöMAS, Harnanalyse. 9. Aufl. Thl. 1. S. 282 und 290 und Tbl. 2. S. 33 — 37; ferner A. Stoffregen, Ueber das Vorkommen von Pepton im Harn, Sputum und Eiter. Inaug.-Diss. Dorpat 1891; H. Hikschfeldt, Ein Beitrag zur Frage der Peptonurie. Inaug.-Diss. Dorjiat 1892, und besonders Stadei.mann, Untersuchungen über die Peptonurie. (Verlag von Bergmann, Wiesbaden). 1894. Nachweis von Albuinosen uud Peptonen. 485 fasste, und theils basiren sie auf nach unzureichenden Methoden ausgeführten Untersuchungen. Es ist also schwor, über da? Vorkommen von sogen, echtem Pepton im Harne etwas Bestimmtes auszusagen, und die Lehre von der Pej)- tonurie scheint einer gründlichen Durcharbeitung bedürftig zu sein. Zum Nachweis von A/hionosen entfernt man zuerst durch Sieden unter Essigsäurezusatz alle koagulable Eiweisskörper, wenn solche überhaupt vor- handen sind. Das Filtrat prüft man dann mit der Biuretprobe und, wenn diese positiv ausfällt, darauf mit den drei oben (S. 29) erwähnten Albumosen- j^y*^^if„'! reagenzien: Salpetersäure, Essigsäure mit Ferrocyankalium und Sättigung mit mosen und Kochsalz und Säurezusatz. Die Albumosen können auch durch Sättigung mit °^ *'"*'' Ammoniumsulfat in Substanz ausgefällt werden, und verhältnissmässig am sichersten wird der Nachweis von sowohl Albumosen wie echten Peptonen mit Hilfe von diesem Salze geführt. Nach Devoto^) verfährt man in folgender Weise. Devoto's Methode. In der oben (S. 25) angegebenen Weise scheidet man mit Ammoniumsulfat das koagulable Eiweiss aus. Der Niederschlag ent- hält auch die Albumosen. Falls echtes Pepton vorhanden war, findet sich dies in dem salzgesättigten Filtrate, in welchem es mittelst der Biuretprobe nach- uevoto's gewiesen werden kann. Der Niederschlag wird mit gesättigter Ammoniumsulfat- i^ethode. lösung gewaschen und dann mit Wasser behandelt. Das koagulirte Eiweiss bleibt ungelöst, während die Albumosen sich lösen und mit der Biuretprobe nachgewiesen werden können. Die Deuteroalbumose wird indessen bei diesem Verfahren nicht vollständig von dem Ammoniumsulfate gefällt, und eine Ver- wechselung von echtem Pepton mit ihr ist also nicht ausgeschlossen. Zur Prüfung auf Pepton im älteren Sinne kann man folgende von Sai.KOWski') ange- gebene Modllikiition der Methode IIOKJfKiSTER's'*) verwenden. 50 ccni des zu untersuclienden Harnes werden mit 5 com Salzsäure angesäuert, mit Phosphorwolframsäure gefällt und auf dem Drahtnetz erwärmt. Sobald der Niederschlag in eine harzige Masse verwandelt worden ist, giesst man die Flüssigkeit so vollständig als' möglich ab und spült die Masse zwei Mal i^°['"®'®v^rg mit destillirtem Wasser ab. Man löst sie darauf in etwa 8 ccm Wasser unter Zusatz von Methode. 0,5 ccm Natronlauge von 1,16 spez. Gewicht und erwärmt bis die blaue Lösung entfärbt (d. h. graugelb oder gelb) geworden ist. Diese Ixisung verwendet man nach dem Erkalten zu der Biuretprobe durch tropfenweisen Zusatz von Kupfersulfatlö.sung (1 — 2'^io). Eine ganz zuverlässige Methode zur »(uantitativen Restimnuing der Albumo.«on und Peptone im Harne giebt es gegenwärtig nicht. Quantitative Bestimmung des Eiweisses im Harne. Unter allen bisher vorcreschlacrenen Methoden giebt die Koagulationsmethode (Sieden unter Essigsäurezusatz), wenn sie mit genügender Sorgfalt ausgeführt wird, die besten Resultate. Der durchschnittliche Fehler braucht nicht mehr als 0,01 ^/o zu be- tragen und er ist regelmässig kleiner. Bei Anwendung dieser ^Fethodc verfährt man am besten so, dass man erst in kleineren, abgemessenen Harnportionen Quantitative 111 1 • iir 1 j i • nestimnujD? die Menge Essigsäure bestimmt, welche dem vorher im \N asserbade erhitzten des Ge- Harne zugesetzt werden muss, damit die Ausscheidung des Eiweisses so voll- J^ifs«?. ständig werde, dass das Filtrat mit der HELLKR'schen Probe keine Eiweiss- reaktion giebt. Darauf koagulirt man 20—50 —100 ccm Harn in einem Becher- glasc im Wasserbade, setzt dann allmählich und unter Umrühren die berechnete 1) Zeitschr. f. physiol. Cheni. Bd. 15. ■i) Centralbl. f. d. med. Wisseusch. 1804. Nr. 7. 3) Zeitschr. f. physiol. Chcm. P>d. 4. 486 Fünfzehntes Kapitel. Menge Essigsäure zu und erhitzt noch einige Zeit. Dann filtrirt man warm, wäscht erst mit Wasser, darauf mit Alkohol und Aether aus, trocknet, wägt, äschert ein und wägt von Neuem. Bei richtigem Arbeiten darf das Filtrat keine Reaktion mit der HEi>LER'schen Probe geben. Die oben genannte Methode von Devoto kann auch zur quantitativen Bestimmung des koagulablen Eiweisses benutzt werden. Der aus der Fällbarkeit der Harnsäure und anderer Harnbestandtheile durch Ammoniumsulfat herrührende Fehler ist nämlich, wie Redelius^) gezeigt hat, in gewöhnlichen Fällen bei sorg- fältigem Auswaschen so klein, dass er belanglos wird. Bei Gegenwart von nur wenig Eiweiss in einem harnsäurereichen Harn kann er dagegen recht erheblich werden. Zur getrennten Bestimmung des Globulins und Albumins neutrali- sirt man den Harn genau und fällt ihn mit MgSO^ zur Sättigung (Verf.) oder, noch einfacher, mit dem gleichen Volumen gesättigter, neutral reagirender Am- Getrennte moniumsulfatlösung (Hofmeister und Pohl 2). Den aus Globulin bestehenden Bestimmung ]^ig(jgj.g(.jjlgg ^yäscht man vollständig mit gesättigter Magnesiumsulfat-, bezw. lins und halbgesättigter Ammoniumsulfatlösung aus, trocknet ihn anhaltend bei 110° C, Albumins, jj^^^^^ ^^^ j^^jj. ^'"asser aus, extrahirt mit Alkohol und Aether, trocknet, wägt, äschert ein und wägt nochmals. Die Menge des Albumins berechnet man aus der Differenz zwischen der Menge des Globulins und des Gesammteiweisses. Äpiwoximative Bestimmung des JEüveisses im Harne. Unter den zu diesem Zwecke vorgeschlagenen Methoden hat wohl bisher keine eine grössere Verwendung gefunden als die Methode Esbacii's. Die Methode von Esbach^) besteht darin, dass man in ein besonders gradirtes Reagenzrohr den sauer reagirenden, bezw. mit Essigsäure angesäuerten Harn bis zu einer bestimmten Marke giesst, dann bis zu einer zweiten Marke die Reagenzlösung (eine Lösung von 2*^/o Citronensäure und 1 °/o Pikrinsäure in Wasser) zusetzt, das Rohr mit einem Kautschukstopfen schliesst und den Inhalt vorsichtig ohne Schaumbildung umschüttelt. Man lässt nun das Rohr 24 Stunden bei Seite stehen und liest nach dieser Zeit die Höhe des Nieder- schlages in dem gradirten Rohre ab. Die abgelesene Zahl giebt direkt die Ei- weissmenge in 1000 Theilen Harn an. Eiweissreicher Harn muss erst mit Wasser verdünnt werden. Die nach dieser Methode erhaltenen Zahlen sind jedoch von der Temperatur abhängig, und eine Temperaturdifferenz von 5 bis 6,5*^ C. kann bei einem mittleren Eiweissgehalte einen Fehler von 0,2 — 0,3°/o Eiweiss zu wenig oder zu viel im Harne bedingen (Christensen und Mygge). Diese Methode ist also nur brauchbar, wenn man über ein Zimmer zu verfügen hat, in welchem die Temperatur ziemlich konstant gehalten werden kann. Dem Apparate ist eine Gebrauchsanweisung beigelegt. Methode von Christensex und Mygge ^). 5 ccm Hai-n werden nach Esbach's Methode. 1) Upsala Läkarefs Fürh. Bd. 27, und Malys .Jaliresber. Bd. 22. S. 241. 2) Areh. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 20. 3) Hinsichtlich der Litteratur über diese Methode pnd ,II,obN„Ooh, zeigt kein charakteristisches Spektrum ; es löst sich in Alkalien mit brauner Farbe. Ob diese zwei Farbstorte in irgend welcher Beziehung zu dem (unreinen) Ilämatojiorphyrin stehen, muss dahingestellt sein. Melanin. Bei Gegenwart von melanotischen Geschwülsten werden bisweilen dunkle FarbstotTe mit dem Harne ausgeschieden. Aus solchem Harne hat K. Mörner^) zwei Farb- stoffe isolirt, von denen der eine in warmer Essigsäure von 50 — 75°/o löslich, der andere Melanin im dagegen unlöslich war. Der eine Farbstoff' scheint Phymatorhusin gewesen zu sein (vgl. Kap. 16). Harne, Gewöhnlicher ist es vielleicht, dass der Harn kein fertiges Melanin, sondern ein Chromogen desselben, ein Melanogcn, enthält. In soleheu Fällen giebt der Harn die EiSELT'sche Eeaktion, d. h. er wird von Oxydationsmitteln, wie konzeutrirter Salpetersäure, Kaliumbichromat und Schwefelsäure sowie von freier Schwefelsäure, dunkel gefärbt. Melanin- oder melanogenhaltiger Harn färbt sich mit Eisenchloridlösung schwarz (v. Jaksch*). UroroseiU hat Nkncki'') einen bei verschiedeneu Krankheiten auftretenden Harnfarb- 1) Journal of Physiol. Bdd. 13 (enthält el)enfalls eine gute Litteraturübersicht) u. 17. 2) PFLiJGER's Arch. Bd, 9. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11. 4) Ebend. Bd. 13. ä) Nencki und Sieber, .Journal f. prakt. Chem. (N. F.) Bd. 2(). Eiter und Gallensäuren iui Ifarnc. 491 Stoff genannt, welcher nach dem Ansäuern des Harnes mit einer Mineralsäure zum Vorschein kommt und von Amylalkohol l)eim Schütteln damit aufgenommen wird. Die I^Jsung zeigt einen Absorptionsstreifen zwischen D und E. Der Farbstoff, welcher von (liloroforni oder Aether nicht gelöst wird, ist mit Indigroth nicht identisch. Alkalien entfärl)en die DJsung sofort und am Uroroseü» Lichte erblasst der Farbstoli" verJiältnissmässig rasch. Nach Z.wv.xDSKi ') entsteht das ^^''^''t'sein ,. ..^"t. . durch Oxydation aus dem Urobilin. Das Uroörylhrin, welches besonders in fieberhaften Zu- ständen dem Ilarnsedimente eine rosarothe Farbe ertheilt, scheint auch im Harne unter physio- logischen Verhältnissen vorzukommen. Eiter kommt im Harne bei ver.sohiedenoii entzündlichen Affektionen, be- Eit„ j^ sonders aber beim Katarrh der Harnbhise und bei Entzündungen des Nieren- Hame. beckens oder der Harnrühre vor. Der Nacltirei^ des Kiters geschieht am einfachsten mit dem Mikroskope. Im alkalischen Harne werden jedoch die Eiterzellen ziendich leicht zerstört. Zum Nachweis des Eiters bedient man sich auch der Doxxt'schen Eiterprobe, Die Donne'- welche auf folgende Weise ausgeführt wird. Man giesst den Harn möglichst ''^p°obe!*'^ vollständig von dem Sedimente ab, legt in letzteres ein Stückchen Aetzkali ein und rührt um. Wenn die Eiterkörperchen nicht schon vorher wesentlich verändert worden sind, verwandelt sich das Sediment dabei in eine stark schleimige, zähe ^Nlasse. Im alkalischen Harne quellen die Eiterkörperchen stark, lösen sich auf oder werden jedenfalls so verändert, dass sie nicht mit dem Mikroskope zu er- kennen sind. Der Harn ist in diesen Fällen mehr oder weniger schleimig, .. fadenziehend und er wird von Essigsäure grobflockig gefällt, so dass eine Ver- dos Eiters, wechselung mit Mucin möglich wird. Die nähere Untersuchung des mit Essig- säure erhaltenen Niederschlages und besonders das Auftreten resp. Nichtauftreten einer reduzirenden Substanz nach dem Sieden desselben mit einer ]\Iineralsäure geben Aufschluss über die Natur der fällbaren Substanz. Eiterhaitiger Harn ist stets eiweisshaltig. Gallensäuren. Die eingaben über das Vorkommen von Gallensäuren im Harne unter physiologischen Verhältnissen sind streitig. Nach Dragendori-t und HöNE sollen Spuren von solchen im Harne vorkommen; nach Mackay sunren. und Udraxszky^) dagegen nicht. Pathologisch kommen sie im Harne bei hepatogenem Ikterus, obwohl nicht immer, vor. Nachiceis der G(dJensäuyen im Harne. Die entscheidende Reaktion ist immer die PETTENKOFEii'sche Probe; da aber auch andere Stoffe eine ähnliche Farbenreaktion geben, muss man wenn nöthig auch die spektroskopische Unter- suchung zu Hilfe nehmen. Den Harn direkt auf die Gegenwart von Gallen- säun^n zu prüfen, gelingt zwar leicht nach absichtlichem Zusatz von selbst Nachweis Spuren von Galle zum normalen Harne. In gefärbtem ikterischem Harne ist ^!^uren°" dagegen ein solcher direkter Nachweis eine sehr missliche Aufgabe und man muss deshalb auch immer die Gallensäuren aus dem Harne zu isolireu ver- suchen. Dies kann nach der folgenden, hier nur unwesentlich geänderten ^[ethode von HorPE-SEYr>Ei: geschehen. Die Methode Hopi'E-Seyler's. Man konzentrirt den Haru stark und 1) Arch. f. «'Xp. i'ath. u. rharrn. I!d. 2S. ■-) Tit. nach NKrn.MKK-HiprFarr, Harnanalyse. AI)th. 1. S. 140. 492 Fünfzehntes Kapitel. extrahirt den Rückstand mit starkem Alkohol. Das Filtrat wird durch Ver- dunsten von dem Alkohol befreit und darauf mit Bleiessig und Ammoniak ge- fällt. Den ausgewaschenen Niederschlag behandelt man mit siedendem Alkohol, filtrirt heiss, setzt dem Filtrate einige Tropfen Sodalösung zu und verdunstet zur Trockne. Den trockenen Rückstand extrahirt man mit absolutem Alkohol, filtrirt und setzt Aether im Ueberschuss hinzu. Mit dem aus gallensaureu Alkalien bestehenden amorphen oder nach längerer Zeit krystallinischeu Nieder- schlage stellt man zuletzt die PETTENKOFER'sche Probe an. Gallenfarbstoife kommen im Harne bei den verschiedenen Formen von Ikterus vor. Ein gallenfarbstofl'haltiger Harn ist stets abnorm gefärbt, gelb, gelbbraun, gesättigt braun, rothbraun, grünlich gelb, grünlich braun oder fast rein ^ „ , , grün. Beim Schütteln schäumt er, und die Blasen sind deutlich gelb oder gelb- Oallenfarli- ° ' ^ o Stoffe. lic}^ grün gefärbt. In der Regel ist der ikterische Harn etwas trübe, und das Sediment ist häufig, besonders wenn es Epithelzellen enthält, von Gallenfarb- stoffen ziemlich stark gefärbt. Ueber das Vorkommen von Urobilin im ikteri- schen Harne vergl. oben S. 453. Nachtveis der Galhnfarhstojfe im Harne. Zum Nachweis der Gallen- farbstoffe sind mehrere Proben vorgeschlagen worden. Gewöhnlich kommt man jedoch mit der GMELiN'schen oder der HupPERT'schen Probe zum Ziele. Die GMELix'sche Frohe kann mit dem Harne direkt angestellt werden; besser ist es jedoch, die RosENBACu'sche Mo(lifihatio)i derselben anzuwenden. Man filtrirt den Harn durch ein sehr kleines Filtrum, welches von den zurück- gehaltenen Epithelzellen und dergl. dabei stark gefärbt wird. Nach dem voll- ständigen Abtropfen aller Flüssigkeit betupft man die Innenseite des Filtrums mit einem Tropfen Salpetersäure, welche nur sehr wenig salpetrige Säure ent- Gmeiin hält. Es entsteht dabei ein blassgelber Fleck, welcher von farbigen Ringen seife "prob'ö "'"S^^®'^ wird, welche von innen nach aussen gelbroth, violett, blau und grün erscheinen. Diese Modifikation ist sehr empfindlich und eine Verwechselung mit Indikan oder anderen Farbstoffen ist kaum möglich. Mehrere andere Mo- difikationen der GMELiN'schen Probe in dem Harne direkt, wie mit konzeutrirter Schwefelsäure und Nitrat u. a., sind zwar vorgeschlagen worden, sie sind aber weder einfacher noch zuverlässiger als die RosENBACH'sche Modifikation. Die HuppERx'sche liealdion. In einem dunkelgefärbten oder indikan- reichen Harne kommt man nicht immer zu guten Resultaten mit der Gmelin- scheu Probe. In solchen Fällen, wie auch wenn der Harn gleichzeitig Blut- fie farbstoff enthält, setzt man dem Harne Kalkwasser oder erst etwas Chlorcalcium- eche'''proi'o. lösung und dann eine Lösung von Soda oder Ammoniumkarbonat zu. Den Niederschlag, welcher die Gallenfarbstoffe enthält, filtrirt man ab und verwendet ihn zu der HuppERT'schen Probe (vergl. S. 207). Den aus Pigmentkalk bestehenden Niederschlag kann man auch nach dem Auswaschen in Wasser vertheilen, mit Essigsäure ansäuern und mit Chloro- form ausschütteln. Das Bilirubin wird von dem Chloroform, welches davon Modifikatio- gelb gefärbt wird, aufgenommen, während die essigsaure Flüssigkeit von Bili- Gnioiin^- vcrdin grün wird. Beide Lösungen können dann zu der GMELiN'schen Reaktion sehen Probe, verwendet werden (Hoi'PE-Seyler), und in dieser Weise kann man selbst sehr kleine Mengen von Gallenfarbstoff nachweisen. Man kann auch nach Hilger den Pigmentkalkniederschlag in folgender Weise direkt zu der GMELiN'schen ^'*®f" Seignettesalzlösung bereitet man durch Auflösung von 173 g des Salzes in etwa L^sansen. 350 ccm Wasser, Zusatz von 600 ccm Natronlauge von dem spez. Gewichte 1,12 und Verdünnung mit Wasser bis zu 1 Liter. Nach Worm Müller soll man eine jede dieser drei Flüssigkeiten — Seignettesalzlösung, Natronlauge und Wasser — gesondert aufkochen, bevor man sie miteinander mischt. Zu jeder Titrirung misst man in einer kleinen Kochflasche oder in einer Porzellan- schale 10 ccm der Kupferlösung und 10 ccm alkalische Seignettesalzlösung genau ab und setzt dann 30 ccm Wasser zu. Der eiweissfreie Harn ist vor der Titrirung mit Wasser so zu verdünnen, dass zur Reduktion von 10 ccm Kupferlösung zwischen 5 und 10 ccm des ver- dünnten Harnes verbraucht werden, was einem Zuckergehalte von zwischen ^„"i^^^l^^ 1 und ^2°/o entspricht. Einen Harn von dem spez. Gewichte 1,030 kann der man gewöhnlich auf das fünffache, einen konzentrirteren aut das zehnfache ver- dünnen. Mit dem so verdünnten Harne beschickt man eine Bürette. Aus dieser Bürette soll man nun den verdünnten Harn der siedenden Titrirunir. 1) PflCger's Arch. Bild. IG u. 2^1. .Tournal f. prakt. Chcm. (N. F.") Bd. iHi. 3-2 • 500 Fünfzehntes Kapitel. Kupfer-Seignettesalzlösung zusetzen, bis das Kupferoxyd geradeauf reduzirt worden ist. Dies hat stattgefunden, wenn die Mischung unmittelbar nach dem Kochen gerade nicht mehr blau ist. Diesen Punkt genau zu bestimmen, ist, wenn das Kupferoxydul sich schlecht absetzt, sehr schwierig 'und erfordert jeden- falls etwas Uebung. Zur Beurtheilung der Farbe wartet man, bis aus der obersten, unter dem Meniscus befindlichen Schicht das Kupferoxydul sich ge- senkt hat, und wenn man so weit gekommen ist, dass diese Schicht gar nicht blau ist, während nach Zusatz von 0,1 ccm Harn weniger die Mischung noch bläulich erschien, so ist die Titrirung beendet. Wegen der Schwierigkeit, diesen Punkt genau zu treflTen, hat man auch eine andere Endreaktion vorgeschlagen. Diese besteht darin, dass man unmittelbar nach dem Kochen einen kleinen Theil der Probe durch ein kleines Filtrum in ein Reagenzröhrchen eintropfen lässt, welches eine kleine Menge mit Essigsäure angesävierten und mit ein paar der End- Tropfen Ferrocyaukalivunlösung versetzten Wassers enthält. Die kleinste Menge reaktion. Kupferoxyd macht sich hierbei durch eine röthliche Färbung der Probe kund. Wenn man rasch arbeitet, damit keine Oxydation des Oxyduls zu Oxyd statt- findet, ist diese Endreaktion brauchbar in solchen Harnen, welche reich an Zucker und arm an Harnstoff* sind, und welche man stark mit Wasser verdünnt hat. In zuckerarmen Harnen, welche etwa den normalen Gehalt an Harnstoff haben und welche weniger stark mit Wasser zu verdünnen sind, findet bei dem Sieden der alkalischen Flüssigkeit eine ziemlich starke Ammoniakbildung aus dem Harnstoffe statt. Dieses Ammoniak löst einen Theil des Oxyduls, welches dadurch sehr leicht in Oxyd übergeht, und ausserdem giebt auch das gelöste Oxydul, welches durch das Filtrum geht, mit dem Ferrocyankaliura eine röth- liche Farbe. Gerade in den Fällen, in welchen die Titrirung am schwierigsten auszuführen ist, kann man also diese Endreaktion am wenigsten brauchen. Bei einiger Uebung ist sie auch überflüssig, und es ist am besten als Endreaktion einfach das Aussehen der Flüssigkeit zu benutzen. Um die Abscbeidung des Kupferoxyduls und damit die Klärung der Flüssigkeit zu erleichtern, kann man der letzteren nach Munk') ein wenig Chlorcalciumlösung zusetzen und noch einmal aufkochen. Es entsteht hierbei ein Niederschlag von weinsaurem Kalk, welcher das suspendirte Kupferoxydul mit niederreisst, wodurch die Farbe der Flüssigkeit leichter zu sehen ist. Dieser Kunstgriff führt in vielen Fällen zum Ziele; leider giebt es aber bisweilen Harne, Modifi- in welchen in keiner Weise die direkte Titrirung nach Fehling exakte Resultate ^ Methodo'*''^ S'®^^- ^^^ diesen Fällen, in welchen es um nur kleine Zuckermengen in einem an physiologischen Bestandtheilen reichen Harne sich handelt, verfahrt man am besten so, dass man eine grössere, sehr genau abgewogene Menge reinen Traubenzuckers oder Traubenzuckerchlornatriums in dem Harne löst. Man kann nun den Harn stark mit AVasser verdünnen, die Titration gelingt gut und die Differenz zwischen der zugesetzten und der durch Titration gefundenen Zucker- menge giebt die Reduktionsfähigkeit des ursprünglichen Harnes, auf Glukose bezogen, an. Noth wendige Bedingnisse für das Gelingen der Titrirung sind nach SoxiiLET-) unter allen Umständen folgende. Die Kupfer-Seignettesalzlösung 1) ViRCHOW's Aldi. Bd. 105. '^) Vergl. die wichtige Arbeit von Soxiii.et in .Tonrn.nl f. prakt. Cheni. (N. F.) Bd. 21. Titriiunc des Zuckers im ITarin-. 501 niU8s wie oben mit Wasser auf 50 com venlüniit werden; der ilarii darf nur zwischen 0,5 — l"/o Zucker enthalten, und die gcsaninite zur Reduktion erforder- ungen^mV liehe Harnmenge muss auf einmal der Titrirflüssigkeit zugesetzt und damit ge- %"|sUmm'-* kocht werden. Aus diesem letzteren Umstände folgt also, dass die TitriruuL' nn^'. sehr umständlich wird und jedesmal mehrere Bestimmungen erfordert. Wie die Titrirung auszuführen ist, dürfte am besten aus einem Beispiele ersichtlich werden. Das obige Gemenge von Kupforsulfat-Seignettesalzlösung und Wasser (Gesammlvolumen = 50 ccm) erhitzt man in einem Kölbchen zum Sieden, wobei es klar bleiben nmss. Dem siedend heissen Gemenge setzt man nun den (z. B. auf das fünffache) verdünnten Harn von 1 zu 1 ccm zu, indem man nach jedem Zusatz wieder einige Sekunden kocht, und beobachtet das Eintreten der Endreaktion. Findet man nun z. B., dass 3 ccm eine zu kleine, Aasführung a])er 4 ccm eine zu grosse Menge ist (die Flüssigkeit wird gelblich, so ist der Thrininj,'. Harn mit zu wenig Wasser verdünnt worden, denn es sollen nach dem Vorigen zur Reduktion zwischen ö und 10 ccm Harn verbraucht worden. Man verdünnt nun den Harn auf das zehnfache, und es müssen nun also zwischen 6 und 8 ccm erforderlich sein. Man macht nun 4 neue Proben, Avelche übrigens zur Zeit- ersparniss gleichzeitig gekocht werden können, und setzt ihnen auf einmal, resp. je (3, 6V2, 7 und 7V-' ccm zu. Findet man nun, dass die Endreaktion zwischen 6V2 und 7 ccm liegt, so macht man 4 neue Proben, welchen man resp. (3,6, (3,7, 6,8 und 6,9 ccm zusetzt. Würde in diesem Falle die Probe mit 6,7 ccm noch etwas bläulich, die mit 6,8 ccm dagegen völlig entfärbt sein, so betrachtet man die Mittelzahl 6,75 ccm als die richtige. Die Berechnung ist einfach. Die verbrauchten 6,75 ccm enthalten 0,050 g Zucker, und der Prozentgehalt des verdünnten Harnes an Zucker ist also 5 (6,75 : 0,0ö = 100 : x) = . = 0,74, Da aber der Harn auf das zehn- '^> ' '-' Boreclumngf 5 X 10 , , ^^^ Zucker- fache verdünnt war, enthielt also der unverdünnte Harn --— =^ 7,4 °,o Zucker, mensjo. 6,75 Die allgemeine Formel, bei Anwendung von 10 ccm Kupfersulfatlösung, ist also , in welcher n angiebt, wieviel mal der Harn verdünnt war, und k die k zur Titrirung verbrauchte Anzahl ccm des verdünnten Harnes bedeutet. Die Titrirung nach Knapp beruht darauf, dass Quecksilbercyanid in alkalischer Lösung von dem Traubenzucker zu metallischem Quecksilber reduzirt wird. Die Titrirflüssigkeit soll im Liter 10 g chemisch reines, trockenes Queck- Titrirun^r silbercyanid und 100 ccm Natronlauge von dem spez. Gewicht 1,145 enthalten, nach Knapp. Von dieser Lösung sollen, wenn man die Titrirung in der unten anzugebenden Weise ausführt (nach Worm Müller und Otto), 20 ccm gerade 0,050 g Traubenzucker entsprechen. Verfährt man in anderer Weise, so ist der Wirkungs- werth der Lösung ein anderer. Auch bei dieser Titrirung soll der Zuckergehalt des Harnes nicht höher als zwischen '/2 und 1 Prozent liegen, und man hat also auch hier, wenn nöthig, durch einen Vorversuch den erforderlichen Verdünnungsgrad festzustellen. Zur Feststellung der Endreaktion wird in der unten anzuführenden Weise auf über- schüssiges Quecksilber mit Schwefelwasserstort' gt-prüft. Zur Ausführung der Titrirung lässt man in eine KochHasche 20 ccm der KNAPP'schen Flüssigkeit einfliessen und verdünnt darauf mit 80 oem Wasser 502 Fünfzehntes Kapitel. oder, wenn man Ursache hat, weniger als 0,5 ^/o Zucker im Harne zu ver- muthen, mit nur 40 — 60 com. Darauf erhitzt man zum Sieden und lässt dann zu der heissen Lösung den verdünnten Harn anmählich zufliessen, anfangs von 2 zu 2, nachher von 1 zu 1, von 0,5 zu 0,5, von 0,2 zu 0,2 und zuletzt von 0,1 zu 0,1 com. Nach jedem Zusätze lässt man wieder ^J2 Minute kochen. Wenn man der Endreaktion sich nähert, so fängt die Flüssigkeit an, sich zu klären, und das Quecksilber scheidet sich mit den Phosphaten ab. Die End- reaktion führt man in der Weise aus, dass man mit einem Kapillarröhrchen Ausführung gii^gn Tropfen der obersten Flüssigkeitsschicht aufsaugt und dann durch Auf- Titrirang. blasen auf rein weisses schwedisches Filtrirpapier fallen lässt. Den feuchten Flecken hält man darauf erst über eine Flasche mit rauchender Salzsäure und dann über eine andere mit starkem Schwefelwasserstoffwasser. Bei Gegenwart von nur minimalen Mengen Quecksilbersalz in der Flüssigkeit wird der Flecken gelblich, was am sichersten zu sehen ist, wenn man ihn mit einem zweiten Flecken vergleicht, welcher dem Schwefelwasserstoff nicht ausgesetzt gewesen ist. Die Endreaktion wird noch stärker, wenn man einen kleinen Theil der Flüssig- keit abfiltrirt, mit Essigsäure ansäuert und mit Schwefelwasserstoff prüft (Otto ^). Die Berechnung ist ebenso einfach wie bei der vorigen Methode. Diese Titrirung kann zum Unterschied von der vorigen nicht nur bei Tageslicht, sondern auch bei künstlicher Beleuchtung ausgeführt werden. Vor der FEHLiXG'schen Methode soll die KNAPP'sche folgende Vorzüge haben. Sie Vorzüge der ist brauchbar selbst wenn der Zuckergehalt des Harnes sehr klein und der Ge- Methode. ^^^^ ^^ Übrigen Harnbestandtheilen normal ist. Sie ist leichter auszuführen und die Titrirflüssigkeit kann ohne Zersetzung lange Zeit aufbewahrt werden (WoRM Müller und seine Schüler 2). Die Ansichten der verschiedenen Forscher über den Werth dieser Titrirmethode sind jedoch etwas streitig. Bestimmung der Zuckermenge durch Gähruug. Diese Bestinnuung kann auf verschiedene Weise geschehen; am einfachsten und zugleich für ge- wöhnliche Fälle hinreichend genau kann man sie jedoch nach der Methode von Roberts^) ausführen. Diese Methode besteht darin, dass man das spez. Ge- wicht vor und nach der Gährung bestimmt. Bei der Gährung entstehen aus dem Zucker als Hauptprodukte Kohlensäure und Alkohol, und theils durch das sehe Gähr- Verschwinden des Zuckers, theils durch die Entstehung des Alkohols fällt das methode. ^^^^ Gewicht. Roberts hat nun gefunden, was später mehrere andere Forscher bestätigt haben (Worm Müller'*) u. A.), dass ein Herabsinken des spez. Ge- wichtes um 0,001 einem Zuckergehalte von 0,230*^/0 entspricht. Hatte also beispielsweise ein Harn vor der Gährung das spez. Gewicht 1,030 und nach derselben 1,008, so war also der Zuckergehalt 22 X 0,230 = 5,06 ^/o. Bei der Ausführung dieser Probe rauss das spez. Gewicht bei derselben Temperatur des Harnes vor und nach der Gährung bestimmt werden. Der Ausführung Harn rauss schwach sauer sein und wird deshalb nöthigenfalls mit ein wenig u" ^^'b' Weinsäurelösung schwach angesäuert. Die Wirksamkeit der Hefe muss wenn nöthig durch eine besondere Probe kontrollirt werden. In einen Kolben, welcher 1) Journal f. prakt. Chem. Bd. 26. 2) Pfi.üger's Arch. Bdd. 16 u. 23. 3) Edinburgh med. Journal. Oct. 1861; The Lancet. Vol. 1. 1862. 4) Pflüger's Arch. Bdd. 33 u. 37. Quantitative Bestimmung des Zuckere. 503 zur Hälfte von dem Harne gefüllt wird, giesst man etwa 200 ccm Harn, setzt ein etwa bohneugrosses Stück Presshefe zu, zertheilt die Hefe in der Flüssig- keit durch Unischütteln, vcr>chliesst den Kolben durch einen mit einem fein ausgezogenen, offenen Glasrohre versehenen Stopfen und lässt die Probe bei Zimmertemperatur oder noch besser bei -f~ 20 — 25° C. stehen. Nach 24 bis 48 Stunden ist die Gährung gewöhnlich beendet, wovon man sich übrigens durch die WismuthprObe überzeugen muss. Nach beendeter Gährung filtrirt man durch ein trockenes Filtrum, bringt das Filtrat auf die irwünschte Temperatur und bestimmt das spez. Gewicht von Neuem. Wenn man das spez. Gewicht mit einem guten, mit Thermometer und Steigrohr versehenen Pyknometer bestimmt, soll diese Methode, wenn der Gehalt an Zucker nicht weniger als 4 — 5 p. m. beträgt, nach Worm Müi.leü ganz exakt sein, was dagegen von Budde^) bestritten wird. Für den Arzt ist aber die Methode in dieser Form nicht recht brauchbar. Bestimmt man dagegen das spez. Gewicht mit einem empfindlichen Aräometer, welches die Dichte bis auf wenh der die vierte Decimalstelle abzulesen gestattet, so erhält man zwar, wegen der iieti.oao. prinzipiellen Fehler der Methode (Budde), nicht ganz exakte Werthe; aber die Fehler sind regelmässig kleiner als die, welche der nicht ganz besonders Geübte bei den Titrirungen macht. Unter den zur quantitativen Bestimmung des Zuckers vorgeschlagenen und näher geprüften Methoden giebt es auch keine, welche gleichzeitig leichter auszuführen ist und in der Hand des nicht besonders geübten Arztes zuverlässigere Resultate giebt. Wenn der Gehalt des Harnes an Zucker kleiner als 5 p. m. ist, so kann man jedoch diese Methode nicht gebrauchen. Ein so niedriger Gehalt an Zucker kann übrigens, wie schon oben erwähnt wurde, wegen der Reduktionsfähigkeit g^^^ij^^jj^^ des normalen Harnes, welche 4 — 5 p. ra, Zucker entsprechen kann, auch nichtsehr kleiner durch Titrirung direkt bestimmt werden. Für solche Fälle muss man nach mengen. Worm Müller erst die Reduktionsfähigkeit des Harnes durch Titrirung nach Knapp bestimmen, dann den Harn nach Hefezusatz vergäbren lassen und darauf wiederum nach Knapp titriren. Die bei diesen zwei Titrirungen gefundene Differenz, als Zucker berechnet, giebt den wahren Zuckergehalt an. Bestimmung der Zuckermenge durch Polarisation. Diese Methode setzt voraus, dass der Harn klar, nicht zu stark gefärbt ist und vor Allem neben der Glukose keine anderen, optisch wirkenden Substanzen enthält. Bei Anwendung von einem sehr vorzüglichen Instrumente und bei genügender Uebung nestimmung CO«- iiTirch 1 olan- können mit dieser Methode sehr genaue Resultate erhalten werden. Für den sation. x\rzt ist jedoch die Gährungsprobe nach Roberts, welche keine theueren Apparate und keine besondere Uebung erfordert, vorzuziehen. Unter solchen Umständen, und da die Bestimmung durch Polarisation mit Vortheil nur von besonders ge- schulten Chemikern ausgeführt werden kann, dürfte bezüglich dieser Methode und der zu ihrer Anwendung erforderlichen Apparate auf ausführliclure Hand- bücher verwiesen werden können. Lävnlose. Linksdrehende, zuckcrhaltise ITarne sind von Vk.nt/.kk, Zimmkk und Czapek, Sekgkx u. A.-) beobachtet worden. Die Natur der hierbei vorkommenden t>ubst«n/. ist schwierig genau anzugeben, dass alxr der Harn wenigstens in gewissen Fällin, wie in dt-in 1) Ugeskrift for Laeger. (4.) r.il. 5); IMi.iViKU's Arcii. ßd. 40: Zeiischr. f. physiol. Chem. Bd. 13. -} Vergl. hierüber IIiPPERT-NErBAVKn, Harnanalyse. 9. .\ufl. Abth. 1. S. 64. 504 Fünfzehntes Kapitel. Lävulose. Laiose. von Seegen beobachteten, Lävulose enthalten hat, ist wohl kaum zu bezweifeln. Durch KÜLZ '), welcher Gelegenheit hatte, den Harn der von Seegen beobachteten Patientin zu untersuchen, ist nämlich das Vorkommen von Lävulose im Harne in diesem Falle sehr wahrscheinlich ge- macht worden. Die Anwesenheit von Lävulose in einem zuckerhaltigen Harne ist nur dann wahrschein- lich, wenn der Harn links dreht oder ojitisch inaktiv ist, oder wenn er eine der Reduktions- fähigkeit nicht entsi^rechende (schwächere) Eechtsdrehung zeigt und wenn er nachweislich keine anderen linksdrehenden Substanzen (j-Oxybuttersüure, gepaarte Glukuronsäuren, Protein- stofi'e oder Cystin) enthält. Die Lävulose gährt mit Hefe und liefert dasselbe Osazon wie die Glukose. Laiose hat Huppeet eine von Leo'-) in diabetischen Harnen in einigen Fällen gefun- dene Substanz genannt, die Leo als einen Zucker betrachtet. Die Substanz ist linksdrehend, amorph und schmeckt nicht süss, sondern scharf und salzartig ; sie wirkt reduzirend auf Metall- oxyde, gährt nicht und giebt mit Phenylhydrazin ein nicht krystallisirendes, gelbbraunes Oel. Irgend welche Beweise dafür, dass diese Substanz eine Zuckerart ist, liegen bis jetzt nicht vor. Nachweis des Milch- zuckers. Milchzucker. Das Auftreten von Milchzucker im Harne bei Milch- Miichzu k ^''^u^ing 'St besonders durch die Untersuchungen von De Sestety und F. Hof- im Harne. MEISTER 3) bekannt geworden. Nach dem Genüsse von grösseren Mengen Milch- zucker kann, wie oben (Kap. 9 über die Resorption) angegeben wurde, derselbe zum Theil in den Harn übergehen. Der sichere Nachweis des Milchzuckers im Harne ist schwierig, indem nämlich dieser Zucker wie die Glukose rechtsdrehend ist und die gewöhnlichen Reduktionsproben giebt. Enthält der Harn einen rechtsdrehenden, die Wismuth- lösung reduzirenden, nicht gährenden Zucker, so ist dieser sehr wahrscheinlich Milchzucker. Hierbei ist zu beachten, dass die Gährungsprobe auf Milchzucker nach der Erfahrung von Lusk und Voit*) am sichersten mit rein gezüchteter Hefe (Saccharomyces apiculutus) ausgeführt wird. Von dem letztgenannten Hefepilze wird nämlich nur die Glukose nicht aber der Milchzucker zersetzt. Ganz gesichert wird jedoch der Nachweis des Milchzuckers erst durch Isolirung desselben aus dem Harne. Dies geschieht nach dem folgenden, von F. Hof- meister^) angegebenen Verfahren. Mau fällt den Harn mit Bleizucker, filcrirt, wäscht mit Wasser aus, vereinigt das Filtrat und das Waschwasser und fällt mit Ammoniak. Die von dem Niederschlage abfiltrirte Flüssig- keit fällt man abermals mit Bleizucker und Ammoniak, bis das letzte Filtrat optisch inaktiv geworden ist. Sämmtliche Niederschläge, mit Ausnahme von dem ersten, welcher keinen Zucker enthält, vereinigt man und wäscht sie mit Wasser aus. Die gewaschenen Niederschläge znciers ans zerlegt man in der Kälte mit Schwefelwasserstoflf, filtrirt, treibt das überschüssige Schwefel- dem Harne, wasserstolfgas durch einen Luftstrom aus, befreit die Flüssigkeit von den freigewordenen Säuren durch Schütteln mit Silberoxyd, filtrirt, scheidet das in der Flüssigkeit gelöste Silber mit Schwefelwasserstoft' aus, setzt Baryumkarbonat, um etwa vorhandene freie Essigsäure zubinden, zu und konzentrirt. Bevor der Abdampfungsrückstand syrupös geworden ist, wird er mit so viel 90 "/o igem Alkohol versetzt, dass ein flockiger, sich schnell absetzender Niederschlag ent- steht. Das hiervon getrennte Filtrat setzt im Exsiccator Krystalle von Milchzucker ab, welche Isolirung des Milch- 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. 2) ViKCHOw's Arch. Bd. 107. 3) Zeitschr. f. physich Chem. Bd. 1. S. 101, wo auch die einschlägige Litteratur sich findet. 4) Cari. Voit, Über die Glykogenbildung naoli Aufnahme verschiedener Zuckerarten. Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. 5) 1. c. Inosit. Aceton und Acetessigsäure. ö05 durch Umkrystallisireu, Eutfürbuug luit Thit-rkohle uud Auskochen mit Alkohol von tiO — TO'' <■ gereinigt M'erden. Pentosen. Salkowski und JastiiOWITZ ') halien in dem Harne ein.s Morphinisten eine Zuckerart gefunden, die eine Pentose war und ein Osazon mit ()em Schmelzpunkte lö9''C. lieferte. Zur orientirenden Prüfung auf Pentosen kann man mit Pliorogluein gesättigte kou- zentrirte Salzsäure verwenden. Man setzt zu der Säure ' j des zu prüfenden Harnes und er- wärmt. Bei Gegenwart von Pentosen tritt die oben S. 57 erwähnte rothe Färbung auf. Ent- scheidend ist diese Probe nicht, denn die Glukuronsäure giebt dieselbe Reaktion, und eine weitere Untersuchung ist also nothwendig. Inosit kommt jmr selten, und zwar nur in geringer Menge, im Harne bei Albuminurie und bei Diabetes mellitus vor. Nach übermässiger Zufuin- 'nosit. von Wasser ist der Inosit auch im Harne gefunden worden. Nach H(jim'i;- Seyler^) kommen Spuren von Inosit in jedem nornuilen Harne voi'. Zum Nachweis des Inosits wird das Eiweiss zuerst aus den» Harne abgeschieden. Darauf konzentrirt man den Harn im AVasserbade auf ^'4 und fällt ihn mit Bleizucker. Das Filtrat wird erwärmt und so lange mit Bleiessig versetzt, als nocli ein Niederschlag entsteht. Der erst nach 24 Stunden gesammelte Bleiessigniederschlag wird ausgewaschen, in Wasser suspen- dirt und mit Schwefelwasserstoli" zerlegt. Aus dem Filtrate scheidet sieh nach einiger Zeit Nachweis ein wenig Harnsäure aus. Man Hltrirt die Flüssigkeit davon ab, konzentrirt sie zum Syrup ^^ nosiis. und versetzt sie kochend mit 3 — 4 Vol. Alkohol. Der Niederschlag wird rasch abgetrennt. Die nach Zusatz von Aether zu dem erkalteten Filtrate nach einiger Zeit sich ausscheidenden Krystalle reinigt man durch Entfärbung und Umkrystallisireu. Mit den Krystallen stellt man die S. 330 erwähnten Proben au. Aceton und Acetessigsäure. Diese Stoffe, über deren Auftreten im Harne uud Entstehung im Organismus zahlreiche Untersuchungen von vielen Forschern, in erster Linie von R. v. Jaksch^), vorliegen, sind zuerst im Harne ^^^^^^ j bei Diabetes mellitus beobachtet worden (Petters, Kaulich, v. Jaksch, Ger- '^';^'®r|'^' hardt). Das Aceton kann dem diabetischen Harne wie auch der Exspiration sluft einen Geruch nach Aepfeln oder Obst ertheilen. Das Aceton ist nach v. Jakscii und anderen ein normaler, wenn auch nur in sehr kleiner Menge (etwa 0,01 g pro Tag) vorkommender Harnbestandtheil. Das Aceton kann, wie v. Jaksch gefunden hat, als Nebenprodukt bei der Milchsäuregährung entstehen ; in wie weit aber ein solcher Ursprung der im Harne normal ausgeschiedenen Spuren von Aceton anzunehmen ist, muss dahingestellt sein. Es kann jedenfalls keinem Zw'eifel unterliegen, dass für das Abhängig- Auftreten sowohl des Acetons wie der Acetessigsäure das Wesentliche ein ver- Eiweiss- mehrter Eiweisszerfall ist. Dies geht besonders aus dem sehr starken Ansteigen der Aceton- und Acetessigsäureausscheidung während der Inanition hervor (v. Jaksch"*), Fr. Müller^). Es steht auch in gutem Einklänge mit der Be- 1) Centralbl. f. d. med. "Wissensch. 1892. Nr. lU u. 32. ■-) Handb. d. physiol. u. jiathol. ehem. Analyse. 0. Aufl. S. 19(5. 3) Hinsichtlich der umfangreichen Litteratur über Aceton und Acetessigsäure wird auf UuiM'KiiT-NKruArKi:, Harnanalyse. 9. .\uH., und V. Nooüdkn, Lehrb. d. Pathol. des StoH- wechsels, Berlin 1893, verwiesen. 4) Ucber Acetonurie und Diaceturie. Merlin 1885. &) Bericht über die Ergebnisse des an <^KTTI ausgeführten llungerversuehes. lierlin. klin. Wochenschr. 1887. 506 Fiinfzehutes Kapitel. obachtung von Wkight ^), dass beim Diabetes keine Beziehung zwischen Aceton- und Zuckerausscheidung, wohl aber zwischen Aceton- und StickstofFausscheidung besteht, und zwar derart, dass an den Tagen, an denen am meisten Stickstoff ausgeschieden wurde, auch die höchsten Zahlen für das Aceton gefunden wurden . , , und umgekehrt. Reichliche Eiweissnahrung vermehrt auch die Acetonausscheidunsr, Aceton uhq o " •^' ^erfau^ wie es scheint (Honigmann 2) und v. Noorden ^) jedoch nur in dem Falle, dass bei einseitiger Eiweissnahrung eine ungenügende Kalorienzufuhr stattfindet, die zu einer Einschmelzung von Körpereiweiss führt. Nach dieser Anschauung, die noch weiter zu prüfen ist, würde also die Grösse der Aceton- und Acet- essigsäureausscheidung nicht von der absoluten Grösse des Eiweissumsatzes über- haupt, sondern von der Menge des zerfallenden Körpereiweisses abhängig sein- Nach dieser x\nschauung wird es auch verständlich, dass eine reichliche Ausscheidung von Aceton und Acetessigsäure besonders in solchen Krankheiten, wie Fieber, Diabetes, Digestionsstörungen, Geisteskrankheiten mit Abstinenz, Kachexien, in welchen eine reichlichere Einschmelzung des Körpereiweisses vor- kommt, u. a. beobachtet worden ist. In wie weit die von Lustig*) durch Läsion der Rautengrube oder durch Abtragung des Plexus solaris experimentell erzeugte Acetonurie von dem gestörten Allgemeinbefinden der Thiere oder von anderen Umständen herrührt, mag dahin gestellt sein. Die Acetessigsäure ist nicht als physiologischer Harnbestandtheil beob- achtet worden. Sie tritt überhaupt unter denselben Verhältnissen wie das Aceton im Harne auf, doch giebt es Fälle, wo nur Aceton und keine Acetessigsäure auftritt. Wie das Aceton tritt die Acetessigsäure häufig bei Kindern, nament- lich bei hohem Fieber, akuten Exanthemen u. dergl., auf. Die Acetessigsäure zerfällt leicht und liefert dabei Aceton. Nach Araki^) entsteht sie wahrschein- lich als Zwischenstufe bei der Oxydation der |?-Oxybuttersäure im Organismus. Es stehen also die drei im Harne auftretenden Stoffe, Aceton, Acetessigsäure und Oxybuttersäure in naher Beziehung zu einander. Acetessig- säare. Das Aceton, Dimethylketon, CgHgO oder CO . (CHg)^, ist eine dünn- flüssige, wasserhelle, bei 56,5° C. siedende, angenehm nach Obst riechende Aceton. Flüssigkeit. Sie ist leichter als Wasser, mit welchem, wie auch mit Alkohol und Aether, sie in allen Verhältnissen sich mischt. Die wichtigsten Acetou- reaktionen sind folgende. 1) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 21. S. 404. 2) Zur Entstehung des Acetons. Dissertation. Lehrb. S. 177. 3) 1. c. S. 178. *) Centralbl. f. Physiol. Bd. 6. ä) Zeitschr. f. physiol. Phem. Bd. 18. Breslau 188G. Cit. nach v. Nookden, Aceton reaktiooen. 507 Die Jodoformprohe nach Lieben '), Wenn mau eine wässerige Lösung von Aceton mit Alkali und darauf mit etwas Jod-Jodkaliumlosung versetzt und gelinde erwärmt, so entsteht ein gelber Niederschlag von Jodoform, welcher an dem Gerüche und dem Aussehen der Kryställchen (sechsseitige Täfelchen oder Sternchen) bei der mikroskopi.schen Untersuchung zu erkennen sind. Diese Reaktion ist zwar sehr empfindlich, aber für das Aceton nicht charakteristisch. Die GuNXLN'G'sche^) Modiiihation der Jodoform prohe besteht darin, dass man Die JoUo- ' ' -iiii-iTi formprobe. statt der Jod-Jodkaliuralüsung und des Alkalihydrates eine alkoholische Jod- lösung und Ammoniak verwendet. Es tritt in diesem Falle neben Jodoform ein schwarzer Niederschlag von Jodstickstoff auf, welcher jedoch beim Stehen der Probe allmählich verschwindet, wobei das Jodoform sichtbar wird. Diese Modifikation hat den Vorzug, dass sie mit Alkohol kein Jodoform liefert. Da- gegen ist sie etwas weniger empfindlich, zeigt jedoch noch 0,01 mg Aceton in 1 ccm au. Die QuecJisilberoxi/djyrohe nach Reyxold^) gründet sich auf der Fähig- keit des Acetons frisch gefälltes HgO zu lösen. Man fällt eine Quecksilber- chloridlösuDcr mit alkoholischer Kalilauge, setzt die auf Aceton zu prüfende DieReynoid- ° ® '■ bcho Probe. Flüssigkeit zu, schüttelt tüchtig und filtrirt. Bei Gegenwart von Aceton ent- hält das Filtrat Quecksilber, welches mit Schwefelammonium nachgewiesen werden kann. Diese Probe hat etwa dieselbe Empfindlichkeit wie die Gunning' sehe Probe. Die Nitroprussidnatriumprohe nach Legal ^). Versetzt man eine Aceton- lösung mit einigen Tropfen frisch bereiteter Nitroprussidnatriumlösung und dar- auf mit Kali- oder Natronlauge, so färbt sich die Flüssigkeit rubinroth. Das Die Xiuo- Kreatinin giebt dieselbe Farbe; wenn man aber mit Essigsäure übersättigt, so natrium- wird die Farbe bei Gegenwart von Aceton karminroth oder purpurroth, bei ^^^ " Gegenwart von Kreatinin dagegen zunächst gelb und dann allmählich grün und blau. Stellt man die Probe mit Ammoniak statt mit Alkalilauge an (Lk Nobel), so gelingt die Probe ebenfalls mit Aceton, dagegen angeblich nicht mit Kreatinin^). Die LEGAL'sche Probe reagirt noch für 0,1 mg Aceton. Die Indigoprohe nach Pexzoldt^) beruht darauf, dass Orthonitrobenzal- dehyd in alkalischer Lösung mit dem Aceton Lidigo giebt. Eine warm gesättigt»* und darauf erkaltete Lösung von dem Aldehyde versetzt man mit der auf '"»^'s-'^'P''»''^- Aceton zu prüfenden Flüssigkeit und darauf mit Natronlauge. Die Flüssigkeit wird bei Gegenwart von Aceton erst gelb, dann crün und scheidet endlich ij Aunal. d. Cheni. u. riiarm. Siippl. Bd. 7. 1870. 2) GUNNING, bei Bardy, Jourii. de pharin. et de cliim. (5.) Bd. 4. Cit. nach HrpPF.in Neubauer. Abth. 1. S. 33. 3) Git. nach Hüppert-Necbacer. S. 34. 4) Breslaucr ilrztl. Zeitschr. 1883. Nr. 3 u. 4. Cit. nach HcprEKT-NECBAiFr. 1 • 5) Nach der Erfahrung des Verf.'s ist diese Angabe nicht zutreffend. ;iajJALEU, ] Liu-iiiiual ysc. 'J. Autl. Abth. 1. S. 470 — 175, wo aiu-li .lit schreibuug der aoderea Methodeu und die Litteraturnugabcu sicli liiuk-n. •-') Arch. f. exp. Patli. u. Phurni, Bdd. IS u. W). ■■'•) Zeitschr. f. Biologie. Bdd. 20 u. '23. i) Ai-cli. f. exp. I'atli. 11. I'harm. IM. 17. 510 Fünfzehntes Kapitel. die Säure als Silbersalz zu isoliren, wird auf Schmiedeberg's Arch. Bd. 18, S. 35, oder Fresenii Zeitscbr. Bd. 24, S. 153, verwiesen. Die Harnprobe Ehrmch's'). Von einer Lösung, welche im Liter 50 ccm Salzsäure und 1 g Sulfanilsäure enthält, mischt man 250 ccm mit 5 ccm einer ','2 "/o igen Lösung von Natriuninitrit (wobei also nur wenig des wirksamen Stoffes, des Sulfodiazobenzols, gebildet wird). Bei der Ausführung der Probe versetzt man den Harn mit dem gleichen Volumen dieser Mischung und übersättigt darauf mit Ammoniak. Normaler Harn wird hierbei gelb oder nach Zusatz von Ammoniak orange (aromatische Oxysäuren können zuweilen nach einiger Die Ehrlieh- 2eit lothe Azokörper geben, welche die oberste Schiebt des Phosphatsedimentes färben). In *^ Tirobcf"' pathologischen Harnen tritt dagegen bisweilen (und dies ist die charakteristische Diazoreaktion) primäre Gelbfärbung mit exquisiter, sekundärer Eothfärbung oei Ammoniakzusatz und Roth- färbung des Schaumes auf. Die oberste Schicht des Sedimentes wird dann grünlich. Der Stoff, welcher diese Reaktion giebt, ist unbekannt, er soll aber besonders in dem Harne Typhuskranker vorkommen (Ehrlich). Ueber die Bedeutung dieser Reaktion sind jedoch die Ansichten sehr getheilt. Die sogen. RosENB.\CH"sche Harnprobe, bei welcher der Harn beim Sieden unter Zu- Eosenbach's gatz Tropfen um Tropfen von Salpetersäure burgunderroth wird und beim Schütteln einen Harnprobe, i^imirothea Schaum zeigt, beruht auf der Entstehung von Indigosubstanzen, besonders Indig- roth-), Fett im Harne. Chylurie nennt mau die Absonderung eines Harnes, welcher durch Cl lie ^^'" -aussehen und seinen Fettreichthum dem Chylus ähnlich ist. Er enthält ausserdem regel- und LipiJVie. massig Ei weiss, oft auch Fibrin. Die Chylurie kommt am häufigsten in den Tropenländern vor. Lipurie, d. h. die Ausscheidung von Fett mit dem Harne, kann theils mit, theils ohne Albuminurie bei anscheinend gesunden Personen, bei Schwangeren und ferner bei gewissen Krankheiten, wie bei Diabetes, Phosphorvergiftung und Fettentartung der Nieren vorkommen. Das Fett erkennt man gewöhnlich leicht mit dem Mikroskope. Man kann es auch mit Aether ausscliütteln, und unter allen Umständen kann man es durch Eindampfen des Harnes zur Trockne und Extraktion des Rückstandes mit Aether nachweisen. Cholesterin ist auch mitunter bei Chylurie und in einigen anderen Fällen im Harne gefunden worden. Leucin und Tyrosin. Diese Stoffe sind im Harne besonders bei akuter Leucin und gelber Leberatrophie, bei akuter Phosphorvergiftung, schwerem Typhus und Tyrosin. « t. 1 ^ ^ 1 P ö S» /P schweren rocken geiuuaen worden, Nachweis von Leucin und Tyrosin. Das als Sediment vorkommende Tyrosin kann mit dem Mikroskope erkannt werden; zum sicheren Nachweis ist jedoch das Umkrystallisiren desselben aus Ammoniak oder ammoniakhaltigem Alkohol nothwendig. Zum Nachweis der beiden Stoffe, wenn sie im Harne in Lösung vorkommen, verfährt man auf folgende Weise. Den eiweissfreieu Harn fällt man mit basischem Bleiacetat, entbleit das Filtrat mit Schwefelwasserstoff und konzentrirt möglichst stark. Den Rückstand zieht man zur Entfernung des Harnstoffes mit kleinen Mengen absoluten Alkohols aus. Das Unge- Nachwois löste kocht man mit schwächerem, ammoniakalischem Alkohol aus, filtrirt, dampft das Filtrat u TvTOsm"^ ""'^ ein kleines Volumen ein und lässt zur Krystallisation stehen. Werden hierbei keine Tyrosin- ' krystalle erhalten, so verdünnt man mit Wasser, fällt noch einmal mit Bleiessig und verfährt dann wie oben. Scheiden sich zuletzt Tyrosinkrystalle ab , so werden sie abfiltrirt und das Filtrat zur Gewinnung von Leucinkrystallen noch weiter konzentrirt. Cystin, (CaHßNSO^,);,. Dieser Stoff ist nach Baumann 3) als das Disulfid, t^ystin H,C V,/ COOK HOOCX^/CHo , , , /o .nQx .., . n . ■■ u^-Kj C \ o c ^ XTH ' ^^ schon oben (b. 479) erwähnten Cysteins, 1) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. ö. 2) Vergl. Rosin, Virciiow's Arch. Bd. 123. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 8. Hinsichtlich der Litteratur über Cystiu vergl. man Beenzinger, ebend. Bd. 16. S. 552. Oystin. 511 CoH-NSO.,, aufzufassen. Das C\'stein selbst, tt^xt C v ^^rxTT. ist a-Amido- "* ' - "^ ' HgN/ \COOH thiomilchsäure. Das Cystin geht durch Wasserstoff in statu nascendi in Cystein über, welches seinerseits durch Oxydation wieder in Cystin übergeht. Im normalen Harne soll nach Bauman>' und Goldmaxn ') eine dem Cystin ähnliche Substanz in sehr kleiner Menge sich vorfinden. In grösseren Mengen kommt diese Substanz im Hundeharn nach Vergiftung mit Phosphor vor. Das Cystin selbst ist dagegen mit Sicherheit nur, und zwar sehr selten, in Harnkonkrementen und im pathologischen Harne, aus welchem es als Sedi- ment sich ausscheiden kann, gefunden worden. Die Cystinurie kommt öfter bei Männern als bei Weibern vor und das Cystin scheint ein abnormes Spal- tungsprodukt des Eiweisses zu sein. In dem Harne bei Cystinurie haben Bau- mann und Udranszky^) die zwei Diamine, das Kadavei'in (Pentamethylendiamin) (^ystimme. und das Piitrescin (Tetramethylendiarain), welche bei der Eiweissfäulniss ent- stehen, gefunden. Dieselben Diamine fanden sie bei der Cystinurie in dem Darminhalte, während Diamine in demselben unter normalen Verhältnissen nicht vorkommen. Die Verfasser nehmen deshalb an, dass zwischen der Diamin- bildung im Darme durch eine eigenthümliche Fäulniss bei der Cystinurie und dieser letzteren selbst vielleicht ein gewisser Zusammenhang bestehe. Auch von Stadthagen und Brieger^) ist das Kadaverin im Harne bei Cystinurie ge- funden worden. Ausser im Harne und Harnsteinen ist das Cystin in der Rinds- niere, in der Pferdeleber, (Drechsel^) und in der Leber eines Säufers in Spuren gefunden worden. Bei der Verdauung von Fibrin mit Pankreas beobachtete KüLZ^) ein Mal das Auftreten von Cystin. Das Cystin krystallisirt in dünnen, farblosen, sechsseitigen Täfelchen. Es löst sich nicht in Wasser, Alkohol, Aether oder Essigsäure, löst sich aber in Mineralsäuren und Oxalsäure. Es löst sich ferner in Alkalien, auch in Am- moniak, nicht aber in Ammoniumkarbonat. Das Cystin ist optisch aktiv, und zwar stark linksdrehend. Kocht man Cystin mit Alkalilauge, so zersetzt es sich und liefert unter anderen Produkten Schwefelalkali, welches mit ßleiacetat oder Nitroprussidnatrium nachgewiesen werden kann. Beim Behandeln des Cystins scharten und mit Zinn und Salzsäure entwickelt es nur wenig Schwefelwasserstoff und geht in Cystein über. Schüttelt man eine Lösung von Cystin in überschüssiger Natronlauge mit Benzoylchlorid, so entsteht ein voluminöser Niederschlag von Benzoylcystin (Baumann und Goldmann''). Beim Erhitzen auf einem Platin- 1) Zeitschr. f. phvsiol. Chem. Bd. 12. 2) Ebend. Bd. 13. 3) Berl. klin. Wochenschr. 1889. 4) Du Bois-Reymoxd's Arch. 1891. 5) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 27. 6) Zeitschr. f. phy.siol. Chem. Bd 12. 512 Fünfzehntes Kapitel. Cystein. bleche schmilzt das Cystin nicht, fängt aber Feuer und verbrennt mit blaugrüner Flamme unter Entwickelung eines eigenthümlichen scharfen Geruches. Mit Salpetersäure erwärmt, löst sich das Cystin unter Zersetzung und hinterlässt beim Verdunsten einen rothbraunen Rückstand, der die Murexidprobe nicht giebt. Das salzsaure Cystein giebt mit Quecksilberchlorid einen in Wasser fast ganz unlöslichen Niederschlag von der Zusammensetzung 2(C3H7NS02)-|-3HgCl2. Auf diesem Verhalten haben Baumann und Borissow ^) eine Methode zur quan- titativen Bestimmung des Cystins nach vorausgegangener Reduktion mit Zink und Chlorwasserstoff gegründet. Aus Cystinsteinen stellt man das Cystin leicht dar durch Lösung in Al- kalikarbonat, Ausfällung mit Essigsäure und Wiederauflösung in Ammoniak.. Bei der spontanen Verdunstung des letzteren scheidet sich das Cystin krystal- linisch aus. Das im Harne gelöste Cystin weist man bei Abwesenheit von Eiweiss und Schwefelwasserstoff durch Sieden mit Alkali und Prüfung mit Blei- salz oder Nitroprussidnatrium nach. Zur Isolirung des im Harne gelösten Cystins „ . ,, säuert man den Harn mit Essigsäure stark an. Den nach 24 Stunden gesam- und Nach- melten, cystmhaltigen Niederschlag digeru-t man mit Salzsaure, von welcher Cvsüns^ Cystin und Calciumoxalat, nicht aber die Harnsäure, gelöst werden. Man fil- trirt, übersättigt das Filtrat mit Ammoniumkarbonat und behandelt den Nieder- schlag mit Ammoniak, welches das Cystin löst, das Calciumoxalat dagegen un- gelöst hinterlässt. Man filtrirt wiederum und fällt mit Essigsäure. Das gefällte Cystin erkennt man mit dem Mikroskope und an den obengenannten Reaktionen. Als Sediment erkennt man das Cystin mit dem Mikroskope. Man muss es jedoch durch Auflösung in Ammoniak und Ausfällung mit Essigsäure reinigen und näher untersuchen. Spuren von gelöstem Cystin kann man durch Darstell- ung von Benzoylcystin nach Baumann und Goldmann isoliren. VII. Harnsedimente und Harnkonkremente. llarn- sediinento. Als Harnsediment bezeichnet man den mehr oder vveniger reichlichen Boden- satz, welchen der gelassene Harn nach und nach absetzt. Dieser Bodensatz kann theils organisirte und theils nicht organisirte Bestandtheile enthalten. Die ersteren, welche Zellen verschiedener Art, Hefepilze, Bakterien, Spermatozoon, Harncylinder u. dergl. sind, müssen Gegenstand der mikroskopischen Untersuch- ung werden, und die folgende Darstellung kann also nur auf die nicht organi- sirten Sedimente sich beziehen. Wie schon oben (S. 402) erwähnt, kann der Harn gesunder Individuen zuweilen schon beim Harnlassen von Phosphaten trübe sein oder nach einiger 1) Zeitschr. f. physiol. Clieni. Bd. 19. S. 511. Die Hariü^ährun-^. 513 Zeit durch ausgeschiedene Urate trübe werdeu. In der Regel ist der eben gelassene Harn klar und nach dem Erkalten zeigt er nur ein leichtes Wölk- chen (Nubecula), welches aus sogen. Schleim, einzelneu Epithelzellen, Schleini- körperchen und Uratkörnchen besteht. Lässt man den sauren Harn stehen, so wird er jedoch nach und nach verändert; er wird dunkler und .setzt ein aus Harnsäure oder harnsauren Salzen und bisweilen auch aus Calciumoxalatkrvstallen bestehendes Sediment ab, in welcliem auch Hefepilze und Bakterien zuweilen zu sehen sind. Als Ursache dieser Veränderung, welche von früheren Forschern „saure Harngährung" genannt wurde, betrachtete Schereu^) den Schleim, welcher wie ein Enzym oder Ferment wirken und eine Essigsäure- oder Milch- voränder- säurebildung mit Ausfällung von freier Harnsäure und sauren Uraten hervor- '"^®" **" rufen würde. Nach Neubauer 2) soll zwar eine wirkliche saure Gährung im' "*"^'^- (zuckerhaltigen) Harne vorkommen können, aber dies scheint jedenfalls nur .sehr selten vorzukommen, und eine saure Harngährung im Sinne Scherer's existirt nach RöiiMAXN-^) als normales Vorkommniss nicht. Nunmehr erklärt man auch oft die obige Veränderung des Harnes in anderer Weise. Nach Voit und Hof- mann*) kann nämlich ohne eine Zunahme der sauren Reaktion eine Ausscheid- ung von freier Harnsäure und sauren Uraten zu Stande kommen, nämlich durch eine Umsetzung des zweifach sauren Alkaliphosphates mit den Alkaliuraten nach dem Erkalten und bei dem Stehen des Harnes. Es sollen hierbei einfach saures Phosphat und, je nach Umständen, saure Urate oder freie Harnsäure entstehen. Eine allmähliche Ausfällung von Harnsäure kann also nach diesen Saore Gähr- Forschern nicht nur ohne eine Zunahme der sauren Reaktion sondern — wegen «">!='• der alkalischen Reaktion des einfach sauren Alkaliphosphates — sogar bei gleichzeitiger Abnahme derselben geschehen. Gegen diese Angabe sind indessen von RüHirANX Einwände erhoben worden. Eine stetige Abnahme der sauren Reaktion, ohne Neubildung von Ammoniak, in Folge der oben angegebenen Umsetzung von Phosphaten und Uraten findet nach ihm nicht statt. Erst mit Zunahme des Ammoniaks nimmt die saure Reaktion ab. Nach Bence Jones ^) hat die Ausfällung der Harnsäure und der sauren Urate eine andere Ursache. Nach ihm enthält der Harn überharnsaure Salze, sogen. Quadurate (vergl. oben S. 431), die allmählich in Harnsäure und Biurate sich spalten. Früher oder später, bisweilen erst nach mehreren Wochen, verändert sich jedoch die Reaktion des ursprünglich sauren Harnes ; sie wird neutral oder al- kalisch. Der Harn ist nun in die „alkalische Gährung" übergegangen, 1) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 42. (1842.) 2) NErBATEK Und VOGEL, Aualyse des Harns. 187G. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem, Bd. 5. ■*) SJtzungsber. d. k. b. Akad. d. Wissenseh. 18G7. Bd. 2. .<. 270. Cit. nach RÖH- MANN 1. c. 5) Vergl. IlALLiBirKTON und K.\iskk, Lehrb. tl. clicni. Pliysiol. u. I'athol. S. 759. H ammars ton, Physiologische Cheraio. Dritte Auflage. oq 514 Fünf zehntes Kapitel. welche darin besteht, dass der Harnstoff durch niedere Organismen, den Micro- coccus ureae, das Bacterium ureae und auch andere Bakterien in Kohlensäure und Ammoniak zersetzt wird. Aus dem Micrococcus ureae hat Musculus ^) ein in Wasser lösliches, Harnstoff spaltendes Enzym isoliren können. Während der Alkalische alkalischen Gährung können auch flüchtige Fettsäuren, besonders Essigsäure, hauptsächlich durch eine Gährung der Kohlehydrate des Harnes entstehen (Salkowski^). Eine Gährung, durch welche Salpetersäure zu salpetriger Säure reduzirt wird, und eine andere, bei welcher Schwefelwasserstoff- entsteht, kommen auch bisweilen vor. Ist die alkalische Gährung nur so weit vorgeschritten, dass die Reaktion neutral geworden ist, so findet man in dem Sedimente oft Reste von Harnsäure- krystallen, bisweilen mit prismatischen Krystallen von Alkaliurat besetzt, dunkel- gefärbte Kügelchen von Ammoniumurat, oft auch Calciumoxalatkrystalle und Die aika- zuweilcu auch krystallisirtes Calciumphosphat. Besonders charakteristisch für die ''®*j|j^® H^*^"^- alkalische Gährung sind Krystalle von Ammoniummagnesiumphosphat (Trippel- phosphat) und die Ammoniurauratkügelcheu. Bei der alkalischen Gährung wird der Harn blasser und oft mit einer dünnen Haut überzogen, welche amorphes Calciumphosphat mit glitzernden Trippelphosphatkrystallen und zahllose Mikro- organismen enthält. Nicht organisirte Sedimente. Harnsäure. Die Harnsäure kommt im sauren Harne als gefärbte Kry- stalle vor, welche theils an ihrer Form und theils an ihrer Eigenschaft, die Murexidprobe zu geben, erkenntlich sind. Beim Erwärmen des Harnes werden Harnsäure, sie nicht gelöst. Bei Zusatz von Alkalilauge zu dem Sedimente lösen sich die Krystalle dagegen, und wenn man einen Tropfen dieser Lösung auf dem Objekt- glase mit Salzsäure versetzt, so erhält man die mit dem Mikroskope leicht zu erkennenden kleinen Harnsäurekrystalle. Saure Urate. Dieses, nur im sauren oder neutralen Harne vorkommende Sediment ist amorph, lehmgelb, ziegelroth, rosafarbig oder braunroth. Von anderen Sedimenten unterscheidet es sich dadurch, dass es beim Erwärmen des Harnes sich löst. Es giebt die Murexidprobe und scheidet nach Zusatz von Urate Salzsäure mikroskopisch kleine Harnsäurekrystalle ab. Krystallisirtes Alkali- urat kommt selten im Harne vor und in der Regel nur in solchem, welcher in Folge der alkalischen Gährung neutral, aber noch nicht alkalisch geworden ist. Die Krystalle sind denen des neutralen Calciumphosphates ziemlich ähn- 1) Pfltjger's Arch. Bd. 12. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13. Harnsedimente. 515 lieh, werden aber von Essigsäure nicht gelöst, sondern geben damit eine Trübung von kleinen Harnsäurekrystallen, Ämmoniu7nurat kann zwar bei neutraler Reaktion, bei der alkalischen Gährung eines vorher stark sauren Harnes, in dem Sedimente vorkommen, ist aber eigentlich nur für den ammoniakalisch reagirenden Harn charakteristisch. . Das Sediment besteht aus gelb- oder braungofärbten, runden, häufig mit Stachel- "'**• förmigen Prismen besetzten und in Folge hiervon steohapfelähnlichen, ziemlich grossen Kugeln. Es giebt die ^lurexidprobe. Von Alkalien wird es unter Ammoniakentwickelung gelöst und nach Zusatz von Salzsäure scheiden sich au.s der Lösung Harnsäurekrystalle ab. Ccdciumoxalat kommt als Sediment am häufigsten als kleine, glänzende, stark lichtbrechende Quadratoktaeder vor, welche bei mikroskopischer Besich- tigung an die Form eines Briefcouvertes erinnern. Die Krystalle können wohl nur mit kleinen, nicht völlig ausgebildeten Krystallen von Aramoniummagnesium- phospbat verwechselt werden. Von diesen unterscheiden sie sich jedoch leicht durch Unlöslichkeit in Essigsäure. Das Oxalat kann auch als platte, ovale oder fast kreisrunde Scheiben mit centraler Grube vorkommen, welche, von der Seite gesehen, sanduhrförmig sind. Oxalsaurer Kalk kann als Sediment in »-'aic>Qui- ° ' ° Oxalat. saurem sowohl wie in neutralem oder alkalischem Harne vorkommen. Die Menge des im Harne als Sediment sich ausscheidenden Calciuraoxalates hängt nicht nur von dem Gehalte des Harnes an diesem Salz, sondern auch von dem Säure- grade desselben ab. Das Lösungsmittel des Oxalates im Harne scheint das zweifach saure Alkaliphosphat zu sein, und mit einem grösseren Gehalte an solchem Salz kann auch mehr Oxalat in Lösung gehalten werden. Wenn, wie oben (S. 513) erwähnt, beim Stehen des Harnes aus dem zweifach sauren ein- fach saures Phosphat gebildet wird, kann demnach ein entsprechender Theil des Oxalates als Sediment sich ausscheiden. Calciumkarhonat kann in reichlicher Menge als Sediment im Harne der Pflanzenfresser auftreten. Im Harne des Menschen kommt es als Sediment nur in orerincer Menge vor, und zwar nur im alkalisch reagirenden Harne. Es hat o >^ t^ > » Calcium- entweder fast dasselbe Aussehen wie das amorphe Calciumoxalat oder es kommt karbonat. in etwas grösseren, konzentrisch gestreiften Kugeln vor. Es löst sich, zum Unterschied von dem Oxalsäuren Kalk, in Essigsäure unter Gasentwickelung. Es ist nicht gelb oder braungefärbt wie das Ammoniumurat und giebt nicht die Murexidprobe. Calciumsulfat kummt sehr selteu als Sedimeut iu stark saurem Harne vor. Es tritt in langen, dünnen, farblosen Nadeln oder meist zu Drusen vereinigten, schief abgeschnittenen Tafeln auf. Calciumpliosphat . Das nur im alkalischen Harne sich vorfindende C'al- ciumtriphosphat, Ca3(POj)2, ist stets amorph und kommt thoils als ein farb- loses, sehr feines Pulver und theils als eine aus sehr feinen Körnchen bestehende ;;3* 516 Fünfzehntes Kapitel. Calcium- phosphate. TrippelphoS' pnat and Magnesium- phosphat. Kyestein. Seltenere Harnsedi- mente. Haut vor. Von amorphen Uraten unterscheidet es sich dadurch, dass es un- gefärbt ist, in Essigsäure sich löst, beim Erwärmen des Harnes aber ungelöst bleibt. Das Calci umdiphosphat, CaHP04 -j- 2H2O, kommt in neutralem oder nur sehr schwach saurem Harne vor. Man findet es theils in der den Harn überziehenden, dünnen Haut und theils in dem Sedimente. Es krystallisirt in einzelnen oder sich kreuzenden oder zu Drusen angeordneten, farblosen, keil- förmigen, an dem breiten Ende schief abgeschnittenen Krystallen. Von krystal- lisirtem Alkaliurat unterscheiden sich diese Krystalle am leichtesten dadurch, dass sie in verdünnten Säuren ohne Rückstand löslich sind und die Murexid- probe nicht geben. Ammoniummagnesiumphosphat, T r i p p e 1 p h 0 s p h a t , phosphorsaure Ammon-Magnesia, kann zwar in amphoter reagirendem Harne bei Gegenwart einer genügenden Menge Ammonsalze sich ausscheiden, ist aber sonst für den durch alkalische Gährung ammoniakalisch gewordenen Harn charakteristisch. Die Krystalle sind so gross, dass sie mit unbewaffnetem Auge als farblose, ■glitzernde Punkte in dem Sedimente, an der Wand des Gefässes und in der Haut an der Oberfläche des Harnes leicht gesehen werden können. Das Salz stellt grosse, prismatische Krystalle des rhombischen Systemes (Sargdeckel) dar, welche in Essigsäure löslich sind. Amorphes Magnesiumtripliospliat, Mg3(POjt)2, kommt neben Calciumtriphosphat in einem, durch fixe Alkalien alkalischen Harne vor. In seltenereu Fällen hat man auch krystallisirtes Magnesiumphosphat, ]\Ig3(P04).j -(- 22H2O als stark lichtbrechende, längliche rhombische Tafeln im Menschenharne (auch im Pferdeharne) beobachtet. Kyestel'n hat man eine Haut genannt, welche nach einiger Zeit auf der Oberfläche des Harnes auftritt. Diese Haut, welche früher als für den Harn Schwangerer charakteristisch angesehen wurde, enthält allerlei Elemente, wie Pilze, "Vibrionen, Epithelzellen u. s. w. Oft enthält sie auch Erdphosphate und Trippelphosjjhatkrystalle. Als seltenere Sedimente sind zu bezeichnen: Cystin, Tyrosin, Hippursäure, Xanthin, Hämato'idin. In alkalischem Harne können auch durch eine Zersetzung der Indoxylglukuron- säure blaue Kryställchen von Indigo auftreten. Harnkonkremente. Ausser gewissen pathologischen Harnbestand theilen können an der Ent- stehung der Harnkonkremente sämmtliche diejenigen Harnbestandtheile sich be- theiligen, welche überhaupt als Sedimente im Harne vorkommen können. Als Harngries einen Wesentlichen Unterschied zwischen einem amorphen oder krystallinischen und Harn- '■ '' konkre- Harn.«edimente einerseits und Harngries oder grösseren Konkrementen anderer- mente. ° _ seits giebt jedoch Ebstein^) das Vorkommen eines organischen Gerüstes in diesen 1) Ebstein, Die Xatur und Behandlung der Harnsteine. Wiesbaden 1884. HamkoDkremente. 51 7 letzteren an. Wie die in einem normalen, sauren, und die in einem gährenden, alkalischen, Harne auftretenden Sedimente verschiedenartig sind, so sind auch die unter entsprechenden Verhältnissen auftretenden Harnkonkremente ebenfall- verschiedenartig. Findet die Entstfhung eines Konkrementes und der weitere Zuwachs des- selben in einem unzersetzten Harne statt, so nennt man dieses primäre Stcin- bildung. Wenn der Harn dagegen in alkalische Gährung übergeht und das primär ond dabei gebildete Anmioniak dui'ch Ausfällung von Amraoniumurat, Trippelpho.s- "^^siein^^ phat und Erdphosphaten zu einer Steinbildung Veranlassung giebt, so nennt '"'''°"'?- man dies sekundäre Steinbildung. Eine solche findet z. B, statt, wenn ein Fremdkörper in der Blase zum Katarrh mit alkalischer Gähmng des Harnes führt. Man unterscheidet zwischen dem Kerne oder den Kernen, wenn solche zu sehen sind, und den verschiedenen Schichten eines Konkrementes. Die Kerne können in verschiedenen Fällen wesentlich verschiedenartig sein, nicht sehr selten bestehen sie aber aus in die Blase hinein gelangten fremden Körpern. Die HamsVine. Steine können ein- oder mehrkernig sein. In einer von Ultzmaxn gemachten Zusammenstellung von 545 Fällen von Blasensteinen bestand der Kern in 80,9% sämmtlicher Fälle aus Harnsäure (und üraten), in 5,6 ^/o aus Calcium- oxalat, in 8,6°/'o aus Erdphosphaten, in 1,4% aus Cystin und in 3,3 '^o aus einem fremden Körper. Während des Zuwachses eines Konkrementes ereignet es sich oft, dass durch irgend eine Ursache statt der ursprünglich steinbildenden Substanz eine andere als eine neue Schicht sich ablagert. Ausserhalb dieser kann dann eine neue Schicht der früheren Substanz sich ablagern und so weiter. Auf diese Einfache Weise können aus einem ursprünglich einfachen Steine Konkremente mit ab-_^^5™^nj wechselnden Schichten verschiedenartiger Substanz , sogen, zusammengesetzte '^hM^te' Steine, entstehen. Solche Konkremente entstehen immer, wenn eine primäre Harnsteine. Steinbildung in eine sekundäre umschlägt. Durch anhaltende Einwirkung eines alkalischen, eiterhaltigen Harnes können in einem ursprünglich primären Harnsteine die primären Bestandtheile zum Theil ausgelöst und durch Phos- phate ersetzt werden. Auf diese Weise entstehen sogen, metaraorphosirt»- Tlarn- -reine. Harnsmirelionkremente sind sehr häufig. Sie haben eine sehr wechselnde Grösse und Form. Die Grösse der Blasensteine schwankt von der einer Erbse Uarns&iuo- oder Bohne zu der eines Gänseeies. Die Harnsäuresteine sind stets gefärbt, konkre- mentc. am häufigsten sind sie graugelb, gelbbraun oder blass rothbraun. Die Ober- fläche ist zuweilen ganz eben und glatt, zuweilen dagegen rauh oder klein- höckerig. Nächst den Oxalatsteinen sind die Harnsäuresteinc die härtesten. Die Bruchfläche zeigt regelmässig konzentrische, ungleich stark gefärbte Solilrlit. n. 518 Fünfzehntes Kapitel. welche oft schalenartig sich ablösen. Diese Steine entstehen primär. Schichten von Harnsäure wechseln bisweilen mit anderen Schichten primärer Steinbildung, am häufigsten mit Schichten von Calciumoxalat, ab. Die nicht zusammen- gesetzten Harnsäuresteine hinterlassen beim Verbrennen auf dem Platinbleche fast keinen Rückstand. Sie geben die Murexidprobe, zeigen aber bei Einwirk- ung von Natronlauge keine nennenswerthe Ammoniakentwickelung. Ammoniumnratsteine sollen als primäre Steine bei neugeborenen oder säugenden Kindern, selten bei Erwachsenen, vorkommen. Als sekundäre Ab- lagerung kommt das Ammoniumurat weit häufiger vor. Die primären Steine uratsteine. sind klein mit einer blassgelben oder mehr dunkelgelben Oberfläche. Feucht sind sie fast teigig weich; in trockenem Zustande sind sie erdig, leicht zu einem blassen Pulver zerfallend. Sie geben die Murexidprobe und entwickeln mit Natronlauge viel Ammoniak. Calci umox(datlionlirc'}uente sind nächst den Harnsäurekonkrementen die häufigsten. Sie sind entweder glatt und klein (H an f s a m en s tei n e) oder grösser, bis zur Grösse eines Hühnereies, mit rauher, höckeriger oder selbst mit Zacken besetzter Oberfläche (M a u 1 b e e r s t e i n e). Diese Konkremente rufen leicht Blutungen hervor, und aus diesem Grunde haben sie oft eine aus zer- (aiciamoxa- sctztem Blutfarbstoff dunkelbraun gefärbte Oberfläche. Unter den beim Men- schen vorkommenden Konkrementen sind diese die härtesten. Sie werden von Salzsäure ohne Gasentwickelung, nicht aber von Essigsäure, gelöst. Nach mas- sigem Erhitzen des Pulvers löst es sich dagegen in Essigsäure unter Auf- brausen. Nach hinreichend starkem Glühen reagirt das Pulver von gebildetem Aetzkalk alkalisch, Phospliatsteine. Diese, welche meist aus einem Gemenge der normalen Phosphate der alkalischen Erden mit Trippelphosphat bestehen, können sehr gross werden. Sie sind in der Regel sekundär und enthalten ausserdem auch etwas Ammoniumurat und Calciumoxalat. Aus einem Gemenge dieser drei Be- staudtheile, Erdphosphate, Trippelphosphat und Ammoniumurat, bestehen gewöhn- lich die um einen Fremdkörper als Kern entstandenen Konkremente. Die Farbe steine*, ist Wechselnd, weiss, schmutzig weiss, blassgelb, bisweilen violett oder lilafarbig (aus Indigroth). Die Oberfläche ist stets rauh. Steine aus Trippelphosphat allein sind selten. Sie sind gewöhnlich klein mit körniger oder strahlig krystal- linischer Bruchfläche. Steine aus einfach saurem Calciumphosphat sind selten. Sie sind weiss und besitzen ein schön krystalliuisches Gefüge. Die Phosphat- steine sind nicht verbrennlich, das Pulver löst sich in Säuren ohne Aufbrausen und die Lösung giebt die Reaktionen der Phosphorsäure und der alkalischen Erden. Die trippelphosphathaltigen Konkremente entwickeln nach Alkalizusatz Ammoniak. Steine aus Konkremente aus kohlensaurem Kalk koiuuien Iniuptsächlich bei Ptlauzeul'ressem vor. ka*bonat' ^^i™ Menschen sind sie selten. Sie besitzen zuniei>^t eine kreideartige Beschaftenheit und Harnkonkremente. 519 Cystin - ateioe. Dro- stealithe. sind gewöhnlich weisslich gefärbt. Von Säuren werden sie unter Aufbrausen fast Tollständig oder jedenfalls zum grössten Theil gelöst. Die Cystinsleine sind selten. Sie entstehen primär, sind von wechselnder Grösse, können aber die Grösse eines Hühnereies erreichen. Sie haben eine glatte oder höckerige Oberfläche, sind weiss oder mattgelb, auf dem Bruche krystallinisch. Sie sind wenig hart, verbrennen auf einem Platinbleche fast vollständig mit bläulicher Flamme und geben die obengenannten Cystinreaktionen. Die Xanthinsteine sind sehr selten. Sie sind ebenfalls primär, von der (irös-se einer Erbse bis zu der eines Hühnereies. Sie sind mattweiss, gelbbraun oder zimmtbraun, massig hart, auf dem Bruche amorph und nehmen beim Reiben Wachsglanz an. Auf dem Platin- bleche verbrennen sie vollständig. Sie geben die (mit der Murexidprobe nicht zu verwechselnde) Xanthinprobe mit Salpetersäure und Alkali. Die Urostealithe sind nur wenige Male beobachtet worden. In feuchtem Zustande sind sie bei Körpertemperatur weich, elastisch ; getrocknet sind sie dagegen spröde mit amorpher Bruchfläche und Wachsglanz. Auf dem Platinbleche verbrennen sie mit leuchtender Flamme und entwickeln dabei einen Geruch nach Harz, Schellack oder dergleichen. Ein solches, von Krvkexbekg ') untersuchtes Konkrement bestand aus Paraffin, von einer, von dem Patienten zum Sondiren benutzten Paraftinbougie herrührend. Vielleicht sind auch in anderen Fällen beobachtete Urostealithe eines ähnlichen Ursprunges gewesen, obwohl diejenige Substanz, aus welcher sie bestanden, nicht näher untersucht worden ist. Von Horbaczewski -j sind indessen neuerdings in einem Falle Urostealithe analysirt worden , die allem Anscheine nach in der Blase selbst gebildet waren. Die Steine enthielten 25 p. m. Wasser, 8 p. m. anorg. Stoße, 117 p. m. in Aether unlösliche und 850 p. m. in Aether lösliche organische Stoffe, darunter 515 p. m. freie Fettsäuren, 335 p. m. Fett und Spuren von Cholesterin. Die Fettsäuren bestanden aus einem Gemische von Stearinsäure, Palmitinsäure und wahrscheinlich Mj-ristin- säure. Hokbaczewski -') hat ferner auch einen Blasenstein analysirt, welcher 958,7 p. m. Chole- sterin enthielt. Fibrinkonkremente kommen zuweilen vor. Sie bestehen aus mehr oder weniger _.. . . veränderten Fibriukoageln. Bei dem Verbrennen entwickeln sie einen Geruch nach ver- kremente. brannten! Hörn. Die chemische Untersuchung dei' Harnsteine ist von grosser praktischer Bedeutung. Damit eine solche Untersuchung wirklich belehrend werde, ist es jedoch nothwendig, die verschiedenen Schichten, welche ein Harnkonkrement zu- sammensetzen, gesondert zu untersuchen. Zu dem Zwecke sägt man das mit Papier umwickelte Konkrement mit einer feinen Säge so durch, dass auch der Kern durchgesägt und zugänglich wird. Darauf schält man die verschiedenen Schichten ab oder man schabt — wenn der Stein aufbewahrt werden soll — von jeder Schicht eine für die Unter.'?uchung genügende Menge Pulver ab. chemische Dieses Pulver prüft man darauf durch Erhitzen auf dem Platinbleche, wobei üntersuch- nian jedoch nicht übersehen darf, dass einerseits wohl nie ein Konkrement ganz Harnsteine, vollständig verbrennlich ist, und andererseits ein Konkrement wohl nie dermassen frei von organischer Substanz ist, dass es beim Erhitzen gar nicht verkohlt. Mau legt also kein zu grosses Gewicht auf einen sehr unbedeutenden unver- brennlichen Rückstand oder einen sehr unbedeutenden Gehalt an organischer Substanz, sondern man sieht das Konkrement im ersteren Falle als vollständig verbrennlich, im letzteren als unverbrennlich an. Wenn das Pulver zum grossen Theil verbrennlich ist, dabei aber einen S. 422. 1) Chem. Untersuch, z. wissensch. Med. Bd. 2. Cit. nach M.vLv's Jahresber. Bd. 19. ■-) ZeJtschr. f. physiol. Cheni. Bd. 18. 520 Fünfzehntes Kapitel. nicht unbedeutenden, unverbrennlichen Rückstand hinterlässt, so enthält das fragliche Pulver in der Regel harnsaure Salze mit anorganischen Stoffen ge- mengt. In einem solchen Falle zieht man die Urate mit kochendem Wasser ^uÄ^^ ^"^ ""'^ untersucht darauf das Filtrat auf Harnsäure und die zu erwartenden suchung der Basen. Den Rückstand prüft man nach dem folgenden Schema von Heller, arnsteine. ■^yelches Überhaupt, wenigstens zur orientirenden Untersuchung von Harnsteinen^ sehr zweckmässig ist. Bezüglich der mehr detaillirten Untersuchung wird auf ausführlichere Handbücher hingewiesen. Harnsteine. Untersuchung. 521 Beim Erhitzen auf dem Platinbleche ist das i'ulver Nicht verbrennlich Verbrennlich Das Pulver, mit Salzsäure behandelt, Mit Flamme Ohne Flamme braust nicht Oi S 08 1 2 a a a 0 Ö 5 fi 2 Das Pulver giebt a V hl •s S 1 1 " die Äfurexidprobe Das massig verglimmte Pulver mit Salzsäure behandelt a *3 >. hl V 2 1 _^ 5 is 1 § Das native Pulver Das native Pulver giebt mit wenig Kalilauge befeuchtet Ol s hl 0 ^ < .1 a 'S 1 5 *" QO 3 a < ä •g w giebt kalt mit wenig Kalilauge versetzt .yj-l .=; « "3 ^3 •5 a ^ ^ M « ^ "o ü rt> 03 ■fi "^ ^ 1 F = CQ DO 4) g S ü .22 5 « :3 >■ 'S g CO 0 s 3 .S 'x £ 03 5 a .S a [^ ■jr § a ~ W a V w tu a § •3; » ^ •< C .ä .60 ;q ^ s a 5 1 - •~ -^ .1 'i ■ji a « a 3 "p 1 ^ 0 es |l 0 r^ 3 § 0 a tu ^ a < eS a 1 hl V. - 'S a 93 g -g -3-1 "S 1 ■- ■< b a « 1 c 1 1 "o 0) ;ü 'o a g N *3 00 rQ ^ 1 0 .a 3 hl ■1^ u ~" .£ ^ a sc ü 3 «)a a ^ ^ 's 3 t5 JZ :3 '53 .2ä S tc __ 0 ■^ :S i es -? Ol imouiak. Die Lösuu S a Oi CS 1 1 "5 'S c: CD ^-t a 0 -5 3 J -^ 3 .2 -2 ä i£ 5 .^ _ « to - [f 5 '!? CK 0, a a ö i s S 2 ^ .^ ^ 4) « « 0 - .iÄ ^ s 5 0 1 a' 3- .:^ a g 2 ^ 'S i CO 'S 0 09 a ^ "^ c -'• •CT" -*-j a *— H "i ;_^ Sech zehntes Kapitel. Die Haut und ihre Ausscheidungen. In dem Bau der Haut des Menschen und der Wirbelthiere gehen mehrere verschiedenartige, schon in dem Vorhergehenden abgehandelten Gewebe und Ge- websbestandtheile, wie die Epidermisbildungen, das Binde- und Fettgewebe, die Nerven, Muskeln u. s. w.- ein. Von besonderem Interesse sind unter diesen die verschiedenen Horngebilde, Haare, Nägel u. s. w., deren Hauptbestandtheil, das Keratin, schon in einem vorigen Kapitel (Kap. 2) besprochen worden ist. Die Zellen der Horngebilde zeigen je nach dem Alter derselben eine ver- schiedene Resistenz gegen chemische Reagenzien, besonders fixe Alkalien. Je jünger die Hornzellen sind, um so weniger widerstehen sie der Einwirkung von Alkalien; mit zunehmendem Alter werden sie dagegen resistenter, und die Zell- membranen vieler Hornbildungen sind in Alkalilauge fast unlöslich. Das Keratin y . , kommt in den Horngebilden mit anderen Stoffen, von denen es schwer zu isoliren • ^P-^j®"^' ist, gemensrt vor. Unter diesen Stoffen nehmen die Mineralbestandtheile in meh- isgebilde. ' » " reren Fällen durch ihre Menge einen hervorragenden Platz ein. Die Haare hinterlassen bei ihrer Verbrennung 5 — 70 p. m. Asche, welche in 1000 Theilen 230 Theile Alkalisulfat, 140 Theile Calciumsulfat, 100 Theile Eisenoxyd und sogar 400 Theile Kieselsäure enthalten kann. Die dunklen Haare scheinen im Allgemeinen, aber nicht immer, bei der Verbrennung mehr Eisenoxyd als die blonden zu liefern. Die Nägel sind reich an Calciumphosphat und die Federn reich an Kieselsäure. Die in dem Stratum granulosum der Haut vorkommenden Körnchen be- stehen aus einer Substanz, die man Eleidin genannt hat und die man als eine Zwischenstufe bei der Umbildung des Protoplasmas in Keratin betrachtet. Die chemische Natur dieser Substanz ist indessen unbekannt. Die Haut der Evertebraten ist in einzelnen Fällen Gegenstand chemischer der Ttuiicin. Chitin. 523 Untersuchung gewesen, und auch bei diesen Thieren hat man mehrere Sub.>^tanzen gefunden, welche einer, wenn auch weniger eingehenden Besprechung werth sein dürften. Unter diesen Stoffen sind besonders das im Mantel der Tunicaten ge- fundene Tunicin und das in den Kutikulargebilden der rückgratslosen Thiere sehr verbreitete Chitin hervorzuheben. Tunicin. Nach den Untersuchungen von Ambronn ') scheint die Cellulose in dem Thierrciche bei Arthropoden und Mollusken ziemlich verbreitet vorzukommen. Als Bestand- theil der Mäntel der Tunicaten ist sie schon lange bekannt, und diese auinialisclie (,'ellulose wurde von Bkktuklot'-) Tunicin genannt. Nach den neuesten Untersuchungen von Wintek- STEIN^) scheint kein bestimmter Unterschied zwischen Tunicin und vegetabilischer Cellulose zu bestehen. Beim Sieden mit verdünnter Säure liefert das Tunicin, wie Fi:ancuim<»nt^) behauptete und Winterstein später konstatirte, Traubenzucker. Chitin ist bei Wirbeltliieren nicht gefunden worden. Bei den Everte- braten soll das Chitin angeblich bei mehreren Thierklassen vorkommen; mit Sicherheit dürfte jedoch das echte, typische Chitin nur bei den Gliederthieren» bei welchen es den organischen Hauptbestandtheil der Schalen u. s. w. darstellt, Chiuu. gefunden sein. Nach den Untersuchungen von Krawkow^) scheint das Chitin in Schalen u. s. w. nicht frei, sondern in Verbindung mit einer anderen, wahr- scheinlich eiweissartigen Substanz vorzukommen. Die Zusammensetzung des Chitins ist nach Sundwik^) wahrscheinlich ^GD-^ioo^s^as ~h"(H-'^)' ^^'obei n zwischen 1 und 4 wechseln kann, und es ist nach ihm wahrscheinlich ein Aminderivat eines Kohlehydrates von der allge- meinen Formel n(CioH2oOio). Nach Krawkoav') zeigt Chitin verschiedener Ab- stamnmug ein ungleiches Verhalten zu Jod, und er nimmt deshalb eine ganze Gruppe von verschiedenen Chitinen an, die Aminderivate verschiedener Kohle- hydrate, wie Glukose, Glykogen, Dextrine u. s. w. sein sollen. Das Chitin wird beim Sieden mit Mineralsäuren zersetzt und liefert dabei, wie Leddekhose ^) setzam; des gezeigt hat, Glukosamin und Essigsäure. ScH]\nEDEBERG ^) findet es deshalb sehr wahrscheinlich, dass das Chitin eine AcetylessigsäureverbinduJig des Glu- kosamins sei. AVcun, wie oben S. 307 angegeben wurde, die Chondroitinschwefel- säure, wie es durch die Untersuchungen Schmiedeberg's wahrscheinlich gewor- den ist, ebenfalls eine Glukosamingruppe enthält, so würde also, wie Schmiede- berg hervorhebt, das Glukosamin die Brücke herstellen, die von dem Chitin der niederen Thiere zum Knorpel der höher organisirten Geschöpfe hinüberleitet. 1) Maly's Jahresber. Bd. 20. S. 318. 2) Annal. de chim. phys. Bd. 56, Compt. rend. Tome 47. •1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 18. ■•) Ber. d. deutsch, ehem. tiescllsch. Bd. \i ä) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 29. ö) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5. 7) 1. c. 8) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bdd. 2 n. 4. ••') Arch. f. e.\p. Patli. u. riiarni. Bd. 2S. I 524 Sechzehutes Kapitel. In trockenem Zustande ist das Chitin eine weisse, spröde Masse von der Form der ursprünglichen Gewebsbestandtheile. In siedendem Wasser, in Alko- hol, Aether, Essigsäure, verdünnten Mineralsäuren und verdünnten, Alkalien ist | es unlöslich. Von konzentrirten Säuren wird es gelöst. Von kalter konzen- Eigen- trirter Salzsäure wird es ohne Zersetzung gelöst, von siedender Salzsäure wird es zersetzt. Wenn man das Chitin in konzentrirter Schwefelsäure löst, die Lös- ung in siedendes Wasser eintröpfelt und dann wieder kocht, so erhält man eine Substanz (Glukosamin oder Glukose), welche Kupferoxydhydrat in alkalischer Lösung reduzirt. Zu Jod oder zu Schwefelsäure und Jod verhalten sich die Chitine nach Krawkow verschieden, indem einige davon rothbraun, bezw. blau oder violett, andere dagegen nicht gefärbt werden. Das Chitin kann aus Insektenflügeln oder aus Hummer- und Krebspanzern, aus den letzteren nach vorgäugiger Extraktion der Kalksalze mit einer Säure, leicht hergestellt werden. Man kocht die Flügeln oder Schalen mit Alkalilauge, Darstellung. ^^^^ ^'^ weiss geworden sind, wäscht dann mit Wasser, darauf mit verdünnter Säure und Wasser aus und extrahirt zuletzt mit Alkohol und Aether. Löst man das so gewonnene Chitin in kalter, konzentrirter Schwefelsäure und ver- dünnt mit kaltem Wasser, so scheidet sich das aus der Verbindung mit dem anderen Stoffe (Eiweiss) frei gemachte, reine Chitin aus (Krawkow). Hyalin neunt man deu organischen Hauptbestandtheil der Wand der Echiuokokkus- cysteusäcke. In chemischer Hinsicht steht es dem Chitin nahe oder zwischen ilim und dem Hyalin. Eiweiss. In den älteren, mehr durchsichtigen Blasen ist es ziemlich frei von Mineralstoffeo, in jüngeren Blasen soll es dagegen eine grössere Menge (16 "/o) Kalksalze (Karbonate, Phos- phate und Sulfate) enthalten. Die Zusammensetzung ist nach Lücke') C II N O Für ältere Blasen 45,3 G,5 .5,2 43,0 Für jüngere Blasen 44,1 6,7 4,5 44,7 Durch die Abwesenheit vou Schwefel wie auch durch seine Eigenschaft, beim Sieden mit verdünnter Schwefelsäure eine reduzirende, gährungsfähige, rechtsdrehende Zuckerart in grösserer Menge (50 "/o) zu geben, unterscheidet es sich von dem Keratin einerseits und dem Eiweiss andererseits. Durch die Eigenschaft, von Kali- oder Natronlauge oder von verdünnten Säuren allmählich gelöst zu werden, wie auch durch Löslichkeit beim P3rhitzen mit Wasser auf 150" C. unterscheidet es sich von dem Chitin. Die Farhstoffe der Haut imä der HorngehiJde sind verschiedener Art, aber nur wenig studirt. Die im MALPiGiii'schen Schleimnetz, besonders bei Negern, und in den Haaren vorkommenden schwarzen oder braunen Pigmente gehören zu der Gruppe von Farbstoffen, welchen man den Namen Melanine gegeben hat. Melanine. Mit diesem Namen hat man mehrere verschiedenartige, in Haut, Haaren, Epithelzellen der Retina, Sepia, gewissen pathologischen Neu- bildungen, Blut und Harn bei Krankheiten vorkommende, amorphe, schwarze oder braune Pigmente bezeichnet, welche in Wasser, Alkohol, Aether, Chloro- 1) ViRciiow's Arch. Bd. 19. Mclanini'. 525 form und venlünnten Säuren unlü.slich siiul. Von diesen Pigmenten sind einige, wie das Melanin des Auges und das der melanotischen Geschwülste von Pferden, das Hippomelanin (Nencki, Sieber und Berdez ^), in Alkalien schwer löslich, andere dagegen, wie das Pigment der Haare und der FarbstoH" gewisser patho- logischer Geschwülste beim Menschen, das l'lnihnilorlnisiu (Ni:n) Zeitsclir. f. Biologie. Bd. 2(J. 526 Sechzehutes Kapitel. Kencki und SiEBER haben übrigens gezeigt, dass in Melanosarkomen von Menschen auch andere, mit dem Phymatorhusin nicht identische Melanine vor- kommen können. Zu einem ähnlichen Schlüsse führen, wie es scheint, auch die Untersuchungen von Brandl und Pfeiffer. Der Farbstoff oder die Farbstoffe der Menschenhaare haben einen nied- rigen Stickstoffgehalt, 8,5 ^/o (Sieber^), und einen wechselnden aber hohen Farbstoffe Schwefclgehalt, 2,71 — 4,10°/o. Die reichlichen Mengen Eisenoxvd, welche bei der Haare. o j ■> der Verbrennung der Haare zurückbleiben, scheinen nicht den Farbstoffen zu gehören. Im Anschlüsse an die Farbstoöe der Meusclienhaut mögen auch einige, in Haut oder Epidermisbildungen von Thieren gefundene Pigmente hier abgehandelt werden. Die prachtvolle Farbe der Federn mehrerer Vögel rührt in gewissen Fällen von rein physikalischen Verhältnissen (Interferenzphenomenen), in anderen dagegen von Farbstoflen Farbstoffe 'verschiedener Art her. Ein solcher, amorpher, rothvioletter Farbstoft' ist das l^jo Kupfer der Vogel- enthaltende Turacin, dessen Spektrum an dasjenige des Oxyhümoglobins erinnert. In den federn. Vogelfedern hat Keukenberg'-) eine grosse Anzahl von Farbstoffen, wie Zoonerythrin, Zoo- ßdvin, Turacoverdin, Zoorubin, PsiUacofulvin und andere, die hier nicht alle aufgezählt wer- den können, gefunden. Tetronerythrin hat Wukm^) den rothen, amorphen, in Alkohol und Aether löslichen Farbstoff genannt, welcher in dem rothen warzigen Flecke über dem Auge des Auerhahns und Birkhahns vorkommt, und welcher auch Ijei den Evertebraten sehr verbreitet sein soll Tetronery- (Hallibukton*), De Mere.ikowski'^), Mac Munn''). In den Schalen der Krebse und Hum- thrin. mern findet sich ausser dem Tetronerythrin (Mac Munn) ein blauer Farbstoff, das Cyano- krystallin, welcher von Säuren wie auch von siedendem AVasser roth wird. Hämatoporphyrin soll auch nach Mac Munn') in den Integumenten gewisser niederer Thiere vorkommen. Im Anschluss an die nun genannten Farbstoffe mögen auch einige andere, bei gewissen Thieren (wenn auch nicht in den Hautbilduugen) gefundene Farbstoffe hier besprochen werden. Die Karminsäure oder der rothe Farbstoff der Cochenille soll die Zusammensetzung CjyHjsOio haben. Beim Sieden mit Säuren soll sie angeblich Zucker geben, was indessen nicht mit neueren Angaben (von C. Liebermann*) übereinstimmt. Die prachtvoll purpurfarbige Lösung des karminsauren Ammoniaks hat wie das Oxyhämoglobin zwei Absorptionsstreifen säure nnd ^^^ischen D und E. Diese Streifen liegen jedoch näher an E und näher aneinander und sie Purpur, sind weniger scharf begrenzt. Purpur nennt man das eingetrocknete, durch die Einwirkung des Sonnenlichtes purpur-violett gefärbte Sekret der sogen. ,, Purpurdrüse" in der Mantelwand einiger Murex- und Purpuraarten. Seine chemische Natur ist noch nicht erforscht worden. Unter den übrigen, bei Evertebraten gefundenen Farbstoffen sind hier zu nennen: Blaues Stentorin, Actiniochrom, Bonellin, Polyperythrin, Pentacrinin, Antedonin, Crusta- eeorubin, Janthinin und Chlorophyll. Der Uauttalg^ ist, frisch abgesondert, eine ölige, halbflüssige Masse, welche 1) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 20. 2) Vergl. physiol. Studien. Abth. 5 u. 2 Reih. Abth. 1. S. 151. Abth. 2. S. 1 und Abth. 3. S. 128. 3) Zeitschr. f. wisscnsch. Zool. 1871. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 1. S. 52. 4) Journal of Physiol. Bd. 6. 5) Compt. rend. Tome 93. 6) Proc. Roy. Soc. 1883. 7) Quart. Journ. of Micr. Sc. 1877, und Journal of Pliysiol. Bd. 7. 8) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 18. Hautsekrete. 527 auf der Hautoberfläche zu einem schmierigen Talg erstarrt. Die Menge ist bei verschiedenen Personen eine sehr verschiedene. Hoppe-Seyler ^) hat in dem Hauttalge einen kaseinähnlichen Stoff nebst Albumin und Fett gefunden. In „ . , diesem Fette findet sich auch Cholesterin, welches besonders in der „Vernix caseosa" in reichlicher Menge vorkommen soll. Die festen Stoffe der Haut- salbe bestehen überwiegend aus Fett, Epithelzellen und Proteinstoffen ; die der Vernix caseosa bestehen überwiegend aus Fett. Daran erinnernd, dass nach einer allgemein verbreiteten Ansicht das der Pflanzenepidermis zugehörige Wachs als Schutzmittel für die inneren Theile der Früchte und Pflanzen diene, hat Liebreich 2) die Vermuthung ausgesprochen, dass gerade die Verbindung der fetten Säuren mit einatomigen Alkoholen als Grund der Resistenzfähigkeit des Wachses gegenüber den Glycerinfetten anzu- sehen sei. In ähnlicher Weise glaubt er, dass die Cholesterinfette im Thier- ciioiosterin- reiche die Rolle eines Schutzfettes übernehmen, und es ist ihm auch gelungen, ^ Haut. ^^ in der menschlichen Haut und den Haaren, in Vernix caseosa, Fischbein, Schild- platt, Kuhhorn, Federn und Schnäbeln mehrerer Vögel, Stacheln vom Igel und Stachelschwein, Huf und Kastanien der Pferde etc. Cholesterinfett nachzuweisen. Er zieht hieraus den Schluss, dass die Cholesterinfette stets in Verbindung mit der keratinösen Substanz auftreten und dass das Cholesterinfett, wie das Wachs bei den Pflanzen, zum Schutz der thierischen Oberfläche dient. Coromen. Das Ceruiiieii ist ein Gemenge des Sekretes der im knorpeligen Theile des äusseren Gehörganges vorkommenden Talg- und Schweissdrüsen. Es ent- hält vorwiegend Seifen und Fett und enthält ausserdem einen rothen, in Alkohol löslichen, bitterschmeckenden Stoff. Das Präputialsekret, Smeguia praeputii, enthält überwiegend Fett, femer Cholesterin und angeblich auch Ammoniakseifen, die vielleicht von zer- setztem Harne herrühren. Desselben Ursprunges sind vielleicht auch die im Smegma des Pferdes gefundenen Stoffe: Hippursäure, Benzoesäure und Calcium- oxalat. Zu dem Prüputialsekrete kann auch das aus zwei eigenthümlichen Drüsensäckcheu in das Präputium des Bibers ausgeschiedene Bibergeil, Castoreum, gerechnet werden. Dieses ist ein Gemisch von Eiweiss, Fett, Harzen, Spuren von Phenol (flüchtigem Oel) und einem Biboreoil stickstoÖfreieu, seiner Zusammensetzung nach nicht näher bekannten, aus .Vlkohol in vierseitigen Nadeln krystallisireuden, in kaltem Wasser unlöslichen, in siedendem dagegen etwas löslichen Stoff', dem (Mstorin. Das Wollfelt oder der sogen. Fett seh weiss der Schafe ist ein Gemenge der Sekrete der Talg- und Schweissdrüsen. In dem Wasserextraktc findet sich eine reichliche Menge von Kalium, welches an organische Säuren, flüchtige und nicht flüchtige Fettsäuren, Benzoesäure, Wollfett. Phenolschwefelsäure, Milchsäure, Aepfelsäurc, Rernsteinsäure u. a. gebunden ist. Das Fett enthält unter anderen Stofl'eu auch reichliche Mengen Aetherarten von Fettsäuren mit Chole- sterin und Isocholesteriu. 1) Physiol. Cliem. S. 760. •i) ViRcnow's Arch. Bd. 121. 528 Sechzehntes Kapitel. Das Sekret der Burzeldrüse der Enten und Gänse enthält einen kaseinähnlichen Stoß', ferner Albumin, Xuklei'n, Lecithin und Fett, aber keinen Zucker (De Jonge '). In dem Hautsekrete von Salamandern und Kröten hat man giftige StoÖe , bezw. das Samandarin (Zalesky-) und das Bufidin (Joknara und Casali^) gefunden. Der Sclnveiss. Der unverhältnissmässig grösste Theil der durch die Haut ausgeschiedenen Stoffe, deren Menge als Mittel etwa Vg4 des Körpergewichtes beträgt, besteht aus Wasser. Nächst den Nieren ist auch die Haut der für die Ausscheidung des Wassers beim Menschen wichtigste Apparat. Da die Drüsen der Haut und die Nieren bezüglich ihrer Funktionen in gewisser Hin- sicht einander nahe stehen, können sie auch bis zu einem gewissen Grade Stell- vertreter für einander sein. Die Umstände, welche auf die Schweissabsonderung einwirken, sind sehr zahlreich, und die Menge des abgesonderten Schweisses muss dementsprechend sehr bedeutend wechseln können. Auch an den verschiedenen Stellen der Haut ist die Schweissabsonderung ungleich stark, und man hat angegeben, dass sie an den Wangen, der Innenseite der Hand und dem Unterarme Avie 100:90:45 sich verhalten soll. Aus der ungleichen Stärke der Sekretion au verschiedeneu Körperstellen folgt auch, dass man aus der von einem kleineren Theile der Die Körperoberfläche in einem bestimmten Zeiträume abgesonderten Schweissmenge absonder- keine Schlüsse auf die Grösse der Sekretion der ganzen Körperoberfläche ziehen "'^ kann. Bei den Versuchen, die Grösse der Schweissabsonderung zu bestimmen, sucht man ausserdem im Allgemeinen eine starke Sekretion hervorzurufen, und da die Drüsen wohl schwerlich längere Zeit mit derselben Energie arbeiten können, dürfte es wohl kaum berechtigt sein, aus den während einer kurz- dauernden, stärkereu Sekretion abgesonderten Mengen die Menge des Sekretes pro 24 Stunden zu berechnen. Der Schweiss, wie mau ihn zur Untersuchung erhält, ist nie ganz rein, sondern enthält abgestossene Epidermiszellen wie auch Zellen und Fettkügel- chen aus den Talgdrüsen. Der filtrirte Schweiss ist eine klare, ungefärbte Flüssigkeit von salzigem Geschmack und einem an verschiedenen Hautpartien verschiedenen Geruch. Die physiologische Reaktion soll nach den meisten schaften'des Angaben sauer sein. Unter gewissen Verhältnissen kann jedoch auch ein al- schweisses. j^j^jjgß}^ reagirender Schweiss abgesondert werden (Trümpy und Luchsinger*), Heuss^). Eine alkalische Reaktion kann auch von einer Zersetzung unter Ammoniakbildung herrühren. Nach einigen Forschern soll die physiologische Reaktion die alkalische sein, und eine saure Reaktion leiten diese Forscher 1) Zeitschr. f. i^hysiol. Chem. Bd. 3. 2) HOppe-Seyler's Med. ehem. Untersuch. S. 85. 3) Riv. di Bologna 1873. Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 3. S. 64. 4) Pflügeu's Arch. Bd. 18. 5) Monatshefte f. prakt. Dermat. Bd. 14. Cit. nach Mai.y's Jahre.sber. Bd. 22. S. 193. Der Schweiss. 529 von einer Beimengung von fetten Säuren aus der Hautsalbe her. Moriggia') fand den Schweiss der Pflanzenfresser gewöhnlich alkalisch, den der Fleisch- fresser dagegen meistens sauer. Der Pferdesch weiss reagirt nach Smitii^) stark alkalisch. Das spez. Gewicht des Seh weisses beim Menschen beträgt 1,003 bis 1,005. Der Schweiss enthält 977,4 — 995,6 p. m., im Mittel 988,2 p. m., Wasser und 4,4 — 22,6, im Mittel 11,80 p. m., feste Stoffe. Die organischen Stoffe sind Neutralfette^ Cholesterin, Jlächtiye Fettsäuren, Spuren von Eiweiss — beim Pferde regelmässig nach Leclerc^) und Smith*); beim Menschen regelmässig nach Gaube^) und nach Leube^) bisweilen nach heissen Bädern, bei Morbus Brightii und nach Pilokarpingebrauch — ferner Kreatinin (Capranica '^), aronudistche Oxy- säurcn, AetherschivefeJsäure)i von Phenol und Slcatoxyl (Kast*^), nicht aber von Indoxyl, und endlich Harnstoff. Die Menge des Harnstoffes ist von Argutinsky ^) näher bestimmt worden. In zwei Dampfbadversuchen, in welchen im Laufe von V2, resp. ^U Stunden eine Menge von 225 bezw. 330 ccm Schweiss abgesondert wurden, fand er bezw. 1,61 und 1.24 p. m. Harnstoff. Auf den „ '■ Bestand- Harnstoff kamen in den zwei Versuchen von dem Gesammtstickstoff des Seh weisses ^^^^^ ^^^ Seh weisses, bezw. 68,5 und 74,9 "/o. Aus den Versuchen von Argutixsky, wie auch aus denen von Cramer^'^), geht übrigens hervor, dass mit dem Schweisse ein gar nicht zu vernachlässigender Antheil des Gesammtstickstoffs zur Ausscheidung gelangen kann. Dieser Antheil betrug in einem Versuche von Cra:mer bei hoher Temperatur und kräftiger Arbeitsleistung sogar 12°/o. Gramer fand auch Ammoniak in dem Schweisse. Bei Urämie und bei Anurie in der Cholera kann Plarnstoff durch die Schweissdrüsen in solcher Menge abgesondert werden, dass Krystalle davon auf der Haut sich absetzen. Die Mineralstoffe bestehen hauptsächlich aus Chlornatrium mit etwas Chlorkalium, Alkalisulfat und Phos- phat. Das relative Mengen verhältniss derselben ist in dem Schweisse ein ganz anderes als in dem Harne (Favre 1^), Käst). Das Verhältniss ist nämlich nach Käst folgendes: 1) MOLESCnoTT, Untersuch, zur Xaturlehre. Bd. 11. auch >[.\i.y's Jahresber. Bd. 3 S. 12G. ^) Journal of Physiol. Bd. 11. Ilinsichtlioh der älteren Litteratur über deu Schweiss vergl. man Hermann's Ilandb. Bd. 5. Thl. 1. 8. 421 u. 543. 3) Conipt. rend. Tome 107. i) 1. c. 5) Maly's Jahresber. Bd. 22. S. 193. 6) Levbe's Untersuchungen über den Schweiss findet mau in Vincnow's Arch. Bdd. 48 u. 50, und Arch. f. klin. Med. Bd. 7. ') Maly's Jaliresber. Bd. 12. S. 190. 8) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 11. S. 501. 9) Pflüger's Arch. Bd. 4C. 10) Arch. f. Hygiene. Bd. 10. 11) Compt. rend. Tome 35, und Arch. gener. de nitd. 1853. (Scr. ä.'l Vol. 2. II a in niarste n , Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 01 530 Sechzelmtes Kapitel. Chlor : Phosphate : Sulfate im Schweisse 1 : 0,0015 : 0,009 im Harne 1 : 0,1320 : 0,397 Aether- ^^ ^^^ Sclivveisse fand Käst das Verhältniss der Aetherschwefelsäure s\^ure^und ^^ ^^^' Sulfatschwefelsäure = 1 : 12. Nach Einführung von aromatischen Sub- sdiwefei- stanzen nimmt die Menge der Aetherschwefelsäuren in dem Schweisse nicht in saure. demselben Grade wie in dem Harne (vergl. Kap. 15) zu. Zucker kann bei Diabetes in den Schweiss übergehen ; der Uebergang von Gallenfarb- Fremde stofleu in dieses Sekret ist dagegen nicht sicher bewiesen. Benzoesäure, Bernsteinsäure, Wein- Stoffe. säure, Jod, Arsen, Quecksilberchlorid und Chinin gehen in den Schweiss über. In dem Schweisse hat man ferner Harnsäure bei Gicht und Gystin bei Cystinurie gefunden. Chromhidrose hat man die Absonderung von gefärbtem Schweisse genannt. Bisweilen Farbiger '^^t man den Schweiss von Indigo (Bizio'), von Pyocyanin oder von Ferrophosphat (Koi.L- Schweiss. mann'^) blaugefiirbt gesehen. Wahres Blutschwitzen, bei welchem Blutkörperchen durch die Drüsenmündungen austreten, ist auch beobachtet worden. Der Gasiceclisel durch die Haut ist beim Menschen, dem Gaswechsel in den Lungen gegenüber, von sehr untergeordneter Bedeutung. Die Sauer- stoffaufnahme durch die Haut, zuerst von Regnault und Reiset bewiesen, ist äusserst gering. Die Menge der durch die Haut ausgeschiedenen Kohlensäure wächst mit zunehmender Temperatur (Aubert^), Rührig*), Fubini undRoxcHi^). Gaswechsel gje soll ferner im Lichte grösser als im Dunkel sein. Während der Verdau- durch die Haut. ung ist sie grösser als im nüchternen Zustande und nach vegetabilischer Nahr- ung grösser als nach animalischer (Fubini und Ronchi). Die von verschie- denen Forschern für die ganze Hautoberfläche pro 24 Stunden berechneten Mengen schwanken zwischen 2,23 und 32,8 g^). Bei gewissen Thieren, wie bei dem Frosche, ist der Gaswechsel durch die Haut bekanntlich von grosser Be- deutung. Da der Gaswechsel durch die Haut beim Menschen und Säugethieren sehr gering ist, so folgt hieraus, dass die schädlichen und lebensgefährlichen Wirkungen des Ueberziehens der Haut mit Firniss, Oel oder dergleichen schwerlich von dem gehinderten Gaswechsel herrühren können. Nach dem Ueberfirnissen der Ueber- Haut können die Thiere rasch unter beträchtlichen Wärmeverlusten zu Grunde firnissen der t i mi • ^• ■nr- i i . i Haut, gehen. Wird das ihier gegen diesen Warmeverlust geschützt, so kann es ge- rettet oder jedenfalls längere Zeit am Leben erhalten werden. Man hat früher angenommen, dass es hier um eine durch Zurückhalten eines oder einiger Per- spirationsstoffe (perspirahile retentum) hervorgerufene , von Fieber und ge- 1) Wien. Sitzungsber. Bd. 39. 2) Würzb. med. Zeitschr. Bd. 7. S. 251. Cit. nach V. Gorup-Be.sanez' Lehrb. 4. Aufl. S. 555. 3) Pflügkr's Arch. Bd. 6. 4) Deutsch. Klin. 1872. S. 209. ö) MoLESCiiOTT, Untersuch, zur Naturlehre. Bd. 12. 6) Vergl. Hoppk-Seyler, Physiol. Chem. S. 580. Ueberfirnissen der Haut. 531 steigerten! Wärmeverlust durch die Haut begleitete Vergiftung sich handeln würde; aber diese Annahme hat nicht als richtig sich erwiesen. Die Erscheinung scheint ganz andere Ursachen zu haben, und wenigstens bei gewissen Thieren (Kanin- chen) scheint der Tod die Folge einer durch das Firnissen hervorgerufc^nen Er- lahmung der vasomotorischen Nerven zu sein. Durch die Erweiterung der Haut- gefässe scheint nämlich die Wärmeausstrahlung durch die Flaut dermassen ge- steigert zu werden, dass die Thiere durch das Sinken der Körpertemperatur zu Grunde gehen. Siebzelintes Kapitel. Chemie der Athmung, Während des Lebens findet ein stetiger Austausch von Gasen zwischen dem Thierkörper und dem umgebenden Medium statt. Sauerstoff wird aufge- nommen und Kohlensäure abgegeben. Dieser Austausch von Gasen, welchen man als Respiration bezeichnet, wird beim Menschen und den Wii'belthieren von den im Körper cirkulirenden Nahrungssäften, Blut und Lymphe, vermittelt, indem nämlich diese in stetigem Verkehr mit dem äusseren Medium einerseits und den Gewebselementen andererseits sich befinden. Ein derartiger Austausch von orasförmigen Bestandtheilen kann überall da stattfinden, wo die anatomischen Die *= ° Respiration. Verhältnisse kein Hinderniss dafür abgeben, und sie kann beim Menschen im Darmkanale, durch die Haut und in den Lungen von statten gehen. Dem Gaswechsel in den Lungen gegenüber ist jedoch der schon in dem Vorigen be- sprochene Gaswechsel im Darmkanale und durch die Haut sehr geringfügig. Aus diesem Grunde wird in diesem Kapitel nur der Gaswechsel zwischen Blut und Lungenluft einerseits und Blut, bezw. Lymphe, und Geweben andererseits besprochen. Jenen bezeichnet man oft als äussere, diesen als innere Re- spiration. Dem nun Gesagten entsprechend müssen wir in diesem Kapitel erst die Gase des Blutes und der Lymphe und demnächst den Gasaustausch in den Lungen und Geweben besprechen. Die quantitativen Verhältnisse des Gas- wechsels stehen dagegen in so naher Beziehung zu dem Stoffwechsel überhaupt, dass sie passender in dem letzten Kapitel über die Einnahmen und Ausgaben des Körpers unter verschiedenen Verhältnissen abgehandelt werden. Nur die Hauptzüge der zur Messung des Gaswechsels geübten Methoden werden anhangs- weise hier eine kurze Erwähnung finden. I. Die Gase des Blutes. Seit den bahnbrechenden Untersuchungen von Magnus und Lothar Meyer sind die Gase des Blutes wiederholt Gegenstand sorgfältiger Untersuchungen Die Blutgase. 533 hervorragender Forscher gewesen, unter denen vor Allem C. Ludwig und seine Schüler und E. Pflügek und seine Schule zu nennen sind. Durch diese Unter- suchungen ist nicht nur die Wissenschaft mit einer Fülle von Thatsachen be- reichert worden, sondern es haben auch die Methoden selbst eine grössere Ver- vollkommnung und Zuverlässigkeit erlangt. Bezüglich dieser Methoden wie auch bezüglich der Gesetze für die Absorption der Gase von Flüssigkeiten, der Dissociation und anderer hierher gehörigen Fragen muss jedoch, da es hier nur um eine kurzgefasste Darstellung der wichtigsten Thatsachen sich handeln kann, auf ausfiihrlichere Lehrbücher der Physiologie, der Physik und der gasanalyti- schen Methoden hingewiesen werden. Die im Blute unter physiologischen Verhältnissen vorkommenden Gase sind Sauerstoffe Kohlensäure und Sficlsfoff. Das letztgenannte Gas findet sich in uur sehr kleiner Menge, im Mittel zu 1,8 Vol. Prozent, die 3Ienge hier wie überall in dem Folgenden bei 0° C. und 760 mm Hg-Druck berechnet. Der gSlfoffes. Stickstoff scheint im Blute, wenigstens zum unverhältnissmässig grössten Theil, einfach absorbirt zu sein. Er scheint keine direkte Rolle in den Lebensvor- gängen zu spielen und seine Menge scheint in dem Blute verschiedener Gefäss- bezirke annähernd dieselbe zu sein. Anders verhält es sich mit dem Sauerstoffe und der Kohlensäure, deren ]\Ieugen bedeutenden Schwankungen unterliegen nicht nur in dem aus ver- schiedenen Getässbezirken stammenden Blute, sondern auch in Folge mehrerer Verhältnisse, wie einer verschiedenen Cirkulationsgeschwindigkeit, einer verschie- denen Temperatur, Ruhe und Arbeit u. s. w. Der am meisten hervortretende Unterschied im Gasgehalte betrifft das arterielle und das venöse Blut. Die Menge des Sauerstoffes im arteriellen Blute (von Hunden) beträgt im ^Mittel 22 Vol. Prozent (Pflüger). In Menschenblut fand Setschenow etwa dieselbe Menge, 21,6 Vol. Prozent. Für das Blut von Kaninchen und Vögeln hat man niedrigere Zahlen gefunden, bezw. 13,2 und 10 — 15"/o (Walter, Jolvet). Das venöse Blut hat einen sehr wechselnden Gehalt an Sauerstoff. In dem venösen Blute ruhender Muskeln fanden Ludwig und Sczelkow 6,8 °/o ^jen^g j^s Sauerstoff und eine noch kleinere Menge in dem venösen Blute arbeitender Si^nerstoffes Muskeln. In dem Erstickungsblute fehlt der Sauerstoff gänzlich oder kommt nur spurenweise vor. Das venöse Blut der Drüsen scheint dagegen während der Absonderung etwas reicher an Sauerstoff als gewöhnliches venöses Blut zu sein. Durch Zusammenstellung einer grossen Anzahl von Analysen verschie- dener Forscher hat Zuntz berechnet, dass das venöse Blut des rechten Herzens als Mittel 7,15°/o Sauerstoff weniger als das arterielle Blut enthält. Die Menqe der Koldensäim' in dem arteriellen Blute (von Hunden) ist 3()-_40 Vol. Prozent (Ludwig, Setschenow, Pflüger, P. Beut u. A.), am häufigsten gegen 40°/o. In dem arteriellen Blute vom Menschen fand Setsche- Now 40,3 Vol. Prozent. Der Gehalt des venösen Blutes an Kohlensäure schwankt 534 Siebzehutes Kapitel. noch mehr (Ludwig, Pflüger und deren Schüler, P. Bert, Mathieu und Urbain u. A.). Nach den Berechnungen von Zuntz soll das venöse Blut vom rechten Menge der jjerzen etwa 8,2 "/o Kohlensäure mehr als das arterielle enthalten. Die mittlere Kohlen- saure. ]\lenge dürfte zu 48 Vol. Prozent angeschlagen werden können. In dem Er- stickungsblute fand Holmgren sogar 69,21 Vol. Prozent Kohlensäure^). Der Sauerstoff ist nur zu einem kleinen Theil absorbirt von dem Plasma oder Serum, in welchem Pflüger nur 0,26 °/o Sauerstoff fand. Die Haupt- menge, d. h. fast sämmtlicher Sauerstoff, ist von dem Hämoglobin locker ge- bunden. Die Menge Sauerstoff, welche in dem Hundeblute enthalten ist, stimmt auch thatsächlich gut mit derjenigen Meng(^ überein, welche man, nach der Bindung des _ . . . Sauerstoffes sauerstoff bindenden Fähigkeit des Hämoglobins und der Menge des letzteren in dem Hundeblute zu urtheilen, darin zu erwarten hätte. In wie weit das kreisende arterielle Blut mit Sauerstoff gesättigt sei, ist schwierig zu entscheiden, weil stets unmittelbar nach dem Aderlasse eine Sauerstoffzehrung in demselben stattfindet. Dass es im Leben nicht ganz vollständig mit Sauerstoff gesättigt ist, scheint jedoch unzweifelhaft zu sein. Die Frage, ob Ozon im Blute vorhanden sei, ist entschieden verneinend zu beantworten. Es ist nicht nur noch nie gelungen, Ozon in dem Blute und den Geweben nachzuweisen, sondern die Möglichkeit des Vorkommens von Ozon in den Säften und Geweben ist schon a priori zu verneinen. Das Ozon wirkt wie nascirender Sauerstoff, und da im Organismus leicht oxydable Substanzen Ob Ozon im Vorhanden sind, welche den nascirenden Sauerstoff binden, würde das Ozon, handeln \^h wenn überhaupt eine Bildung von solchem stattgefunden hätte, augenblicklich wieder zerstört werden. Aber selbst eine Entstehung von Ozon im Thierkörper ist überhaupt nicht anzunehmen. Das Ozon kann zwar bei langsamen Oxy- dationen in der Weise entstehen, dass der dabei nascireude Sauerstoff mit neu- tralem Sauerstoffe zu Ozon zusammentritt; in dem thierischen Organismus rauss aber der nascirende Sauerstoff von den oxydablen Substanzen gebunden werden, bevor es zu einer Ozonbildung kommen kann. Man hat früher behauptet, dass das Hämoglobin als „Ozonerreger" wirke^ dass es also den inaktiven Sauerstoff der Luft in Ozon überzuführen vermöge. Die rothen Blutkörperchen können iu der That auch für sich allein die Guajaktinktur bläuen, was besonders deutlich zu sehen ist, wenn man die Guajaktinktur auf Fliesspapier eintrocknen lässt und hierauf einen Tropfen von dem 5— 10 fach verdünnten Blute giebt. Nach Pflüger^) handelt es sich jedoch 1) Sämmtliche hier oben angeführte Zalilen findet man in dem Artikel von N. ZüNTZ, „Die Gase des Blutes" in L. IIermann's Handb. d. Physiol. Bd. 4. Thl. 2. S. 33—43, wo man auch ausführliche Detailangaben und die einschlägige Litteratur findet. 2) Pflüger's Arch. Bd. 10. S. 252. Die Kohlensäure der Blutkörperchen. 535 hierbei (vergl. S. 117) um eine Zersetzung und allmähliche Oxydation des Hämo- globins, bei welchem Vorgange der neutrale Sauerstoff unter Freiwerden von Sauerstoffatomen gespalten wird. Die Kohlensäure des Blutes findet sich theils, und zwar nach den Unter- Vertheiiang der Kohlen- suchuu'fen von Alex. Schmidt M, Zuntz^i und L. Fredericq^) zu mindestens ^/a, ^«"^ ">' in den Blutkörperchen und theils, und zwar zum grössten Theil, in dem Plasma «^hen nnd ^ ° l'lasraa. bezw. dem Serum. Die Kohlensäure der Blutkörperchen ist locker gebunden und der kohlen- säurebindende Bestandtheil derselben scheint einerseits das an Phosphorsäure, Oxyhämoglobin, bezw. Hämoglobin und Globulin gebundene Alkali und anderer- seits das Hämoglobin selbst zu sein. Dass in den rothen Blutkörperchen Alkali- phosphat in solcher Menge enthalten ist, dass es für die Kohlensäurebindung von Bedeutung sein kann, ist wohl nicht zu bezweifeln, und man muss annehmen, dass aus dem Diphosphate bei einem grösseren Partiardrucke der Kohlensäure Monophosphat und Alkalibikarbonat entstehen, während bei einem niedrigeren Partiardrucke der Kohlensäure die Massenwirkung der Phosphorsäure wieder zur Geltung kommt, so dass, unter Freiwerden von Kohlensäure, eine Rück- bildung von Alkalidiphosphat stattfindet. Dass der Blutfarbstoff, besonders das Oxyhämoglobin, welches aus kohlensaurem Natron Kohlensäure im Vakuum •' . * ' ^ Bindang der austreiben kann, wie eine Säure sich verhält, ist alicemein ansenommen, und Kohlensaure ^ "^ inJenrothea da die Globuline ebenfalls wie Säuren sich verhalten (vergl. unten), dürften ß'ot- ^ ° ' körperchen. auch diese Stoffe in den Blutkörperchen als Alkaliverbindungen vorkommen. Das Alkali der Blutkörperchen muss also nach dem Gesetze der Massenwirkung zwischen der Kohlensäure, der Phosphorsäure und den anderen als Säuren wir- kenden Bestandtheilen der Blutkörperchen — unter diesen vor Allem dem Blut- farbstoffe, da das Globulin seiner geringen Menge wegen kaum von Bedeutung sein dürfte — sich vertheilen. Bei grösserer Massenwirkung oder grösserem Partiar- drucke der Kohlensäure muss auf Kosten des Diphosphates und der anderen Alkaliverbindungen Bikarbonat entstehen, während bei erniedrigtem Partiardrucke desselben Gases unter Entweichen von Kohlensäure das Alkalidiphosphat und die übrigen Alkaliverbindungen auf Kosten des Bikarbonates zurückgebildet werden müssen. Das Hämoglobin soll jedoch, wie die Untersuchungen von Setschenow^) 1) Ber. d. k. sächs. Gesellsch. d. AVissensch. Jlath.-phys. Klasse. Bd. 19. 1867. 2) Centralbl. f. d. med. Wisseusch. 18G7. S. 529. 3) Recherches sur la Constitution du Plasma sanguin. 187S. S. 50, 51. 4) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1877. Vergl. auch Zi'NTZ in Ukrmann's Hand- buch. S. 76. 536 Siebzehntes Kapitel. und ZuNTZ^), vor Allem aber von Bohr 2) und Toeup^) gezeigt haben, selbst bei Abwesenheit von Alkali die Kohlensäure locker binden können. Bohr hat auch gefunden, dass die Dissociationskurve des Kohlensäurehämoglobins mit der Kurve der Kohlensäureaufnahme, resp. Kohlensäureabgabe des Blutes wesentlich übereinstimmt, aus welchem Grunde Bohr und Torup dem Hämoglobin selbst und nicht seiner Alkaliverbindung eine wesentliche Bedeutung für die Kohlen- säurebindung des Blutes zuerkennen. Bezüglich dieser Frage sind indessen die Verhältnisse noch nicht ganz klar. Lässt man Kohlensäure auf Hämoglobin einwirken, so verbindet sie sich wie es scheint (Bohr, Torup) mit der gefärbten des Hämo? Atomgruppe des Hämoglobins unter Abspaltung von Eiweiss, und aus dem so d^e° ^hien- zersetzten Hämoglobin kann durch Einwirkung von Sauerstoff nicht das Oxy- Wndung. hämoglobin regenerirt werden. Nach Bohr sollen ferner bei -\- 18,4° C. und einem Drucke von 30 mm von je 1 g Hämoglobin 2,4 ccm Kohlensäure ge- bunden werden; und wenn man bedenkt, dass in dem ai'teriellen Blute fast sämmtliches Hämoglobin als Oxyhämoglobin vorkommt, so ist es schwierig zu verstehen, wie dem Hämoglobin eine grosse Bedeutung für die Bindung der Kohlensäure in dem Blute zukommen könne. Nach neueren Untersuchungen von BoHR^) erklärt sich die Sache indessen durch die Fähigkeit des Hämo- globins, die beiden Gase, Kohlensäure und Sauerstoff, unabhängig von einander und gleichzeitig aufzunehmen. Es soll hierbei, wie Bohr nunmehr annimmt, der Sauerstoff wahrscheinlich von dem Farbstoffkerne und die Kohlensäure von dem Eiweisskompouenten gebunden werden. Die Hauptmenge der Blutkohlensäure findet sich in dem Blutplasma oder dem Blutserum, was schon daraus erhellt, dass das Serum reicher an Kohlen- säure als das entsprechende Blut selbst ist. Bei Auspumpungsversuchen an j. _ Blutserum hat man nun gefunden, dass die Hauptmenge der in demselben ent- säure im^^ haitenen Kohlensäure an das Vakuum direkt abgegeben wird, während ein Serum, kleinerer Theil erst nach Zusatz von einer Säure ausgepumpt werden kann. Wie eine Säure wirken auch die rothen Blutkörperchen, weshalb auch aus dem Blute alle Kohlensäure mittelst des Vakuums entfernt w^ei'den kann. Ein Theil der Kohlensäure ist also in dem Serum fest chemisch gebunden. Bei Absorptionsversuchen mit Blutserum hat man weiter gefunden, dass Bindungs- ^'^ auspumpbarc Kohlensäure zu grossem Theil locker chemisch gebunden ist, ^°Kohien-^' und aus dieser lockeren Bindung der Kohlensäure folgt dann weiter mit Notli- ^*"®" wendigkeit, dass das Serum auch einfach absorbirte Kohlensäure enthalten muss. Für die Bindungsform der in dem Serum, bezw. dem Plasma, enthaltenen Kohlen- 1) I. c. S. 76. 2) Vergl. Maly's Jahresber. Bd. 17. S. 115. 3) Ebend. S. 115. 4) Vergl. Fussnote 4. S. 121. Die KobleoBäure des Blutserums. 537 säure finden sich also die folgenden drei Möglichkeiten: 1. Ein Theil der Kohlen- säure ist einfach absorbirt, 2, ein anderer Theil ist locker chemisch gebunden und 3. ein dritter Theil ist fest chemisch gebunden. Die ]\Ienge der einfach al)sorbirten Kohlensäure hat man nicht genau be- stimmen können. Ihre Menge wird von Setsciienow') in dem Hundeblutserum Absorbirte 1 ( 1 Tr 1 1 •• 1 T»i 1 Kohlon- zu etwa Vio von der gesammten Kohlensauremenge des Blutes angeschlagen. hSure. Nach der Tension der Kohlensäure im Blute und dem Absorptionskoeffizienten derselben zu urtheilen, scheint jedoch ihre Menge noch kleiner zu sein. Die Menge der fest chemisch gebundenen Kohlensäure in dem Blutserum fällt mit dem Gehalte des.selben an Alkalikarbonat zusammen. Diese Menge ist indessen nichf bekannt und sie kann weder aus der durch Titrirung gefun- denen Alkalcscenz noch aus dem nach Einäscherung gefundenen Alkaliüber- schusse berechnet werden, weil das Alkali nicht nur an Kohlen.säure, sondern Fest Kobnn- auch au andere Stoffe, besonders Eiweiss, gebunden ist. Die Menge der fest *°saore.^" chemisch gebundenen Kohlensäure kann auch nicht als Rest nach dem Aus- pumpen im Vakuum ohne Säurezusatz ermittelt werden, weil allem Anscheine nach gewisse wie Säuren wirkende Bestandtheile des Serums dabei Kohlen.'^äure aus dem einfachen Karbonate austreiben. Die Menge der durch das Vakuum allein, ohne Säurezusatz, nicht austreibbaren Kohlensäure des Hundeblutserums betrug in den von Pflüger^) ausgeführten Bestimmungen 4,^ — 9,3 Vol. Prozent. Aus dem Vorkommen von einfachem Alkalikarbonat in dem Blutserum folgt selbstverständlich, dass ein Theil der auspumpbaren, locker gebundenen Kohlensäure des Serums als Bikarbonat vorkommen muss. Das Vorkommen dieser Verbindung in dem Blutserum ist auch direkt nachgewiesen worden. Bei Auspurapungs- wie auch bei Absorptionsversuchen verhält sich indessen das Serum in anderer Weise als eine Lösung von Bikarbonat, bezw. Karbonat ent- sprechender Konzentration, und nur aus dem Vorkommen von Bikarbonat in dem Serum kann also das Verhalten der locker gebundenen Kohlensäure des Serums nicht erklärt werden. Mit dem Vakuum lässt sich aus dem Serum stets ^bunden^' reichlich mehr als die Hälfte der Kohlensäure desselben entfernen, und es folgt ^^^^' hieraus, dass es bei der Auspumpung nicht nur um eine Dissociation des Bi- kar])onates, also nicht nur um einen Uebergang des doppelt kohlensauren Natrons in das einfach kohlensaure Salz sich handeln kann. Da man nun weiter ausser dem Bikarbonate keine Kohlensäureverbindung in dem Serum mit Sicherheit kennt, aus welcher die Kohlensäure bei dem Evakuiren durch einfache Disso- ciation freigemacht werden kann, so wird man zu der Annahme genöthigt, dass in dem Serum nel)en der Kohlensäure auch andere schwache Säuren enthalten 1) Ceutralbl. f. d. med. Wissenscli. 1877. Xr. 35. 2) E. PFLtJGER, Ueber die Kohlensäure des Blutes. Bonn 1864. S. 11. C'it nach ZrNTZ in Hermann's Handbuch. S. 6.5. 53S Siebzehntes Kapitel. sein müssen, welche mit ihr um den Besitz des Alkalis kämpfen und im Vakuum aus einfachem Karbonate die Kohlensäure verdrängen können. Die durch Aus- pumpen aus dem Blutserum austreibbare Kohlensäure, welche, abgesehen von der einfach absorbirten Menge, gewöhnlich als ,, locker chemisch gebundene Kohlensäure" bezeichnet wird, ist also nur zum Theil in dissociirbarer lockerer Bindung enthalten; zum anderen Theil stammt sie von dem einfachen Karbonate her, aus welchem sie beim Evakuiren dui'ch andere schwache Säuren des Serums ausgetrieben wird. Als solche schwache Säuren hat man theils die Phosphorsäure und theils die Globuline bezeichnet. Die Bedeutung des Alkalidiphosphates für die Kohlen- säurebindung ist durch die Untersuchungen von Ferxet dargethan worden; aber die Menge dieses Salzes in dem Serum ist jedoch, wenigstens in gewissen Blut- arten, wie z. B. im Rinderblutserum, so gering, dass sie wohl fast ohne Bedeu- tung sein dürfte. Bezüglich der Glol:)uline ist Setschenow der Ansicht, dass sie zwar nicht selbst wie Säuren wirken, dass sie aber mit der Kohlen- säure eine Verbindung, die Karboglobulinsäure, eingehen, welche das Alkali der Giobn- binden soll. Nach Sertoli^), dessen Ansicht in Torup einen Vertheidiger ge- KoUen- funden hat, sollen dagegen die Globuline selbst Säuren sein, die in dem Blut- bindnog. serum an Alkali gebunden sind. In beiden Fällen würden also die Globuline, indirekt oder direkt, denjenigen Hauptbestandtheil des Plasmas oder des Blut- serums darstellen, welcher nach dem Gesetze der Massenwirkung mit der Kohlen- säure um den Besitz des Alkalis kämpfen würde. Bei einem grösseren Partiar- drucke der Kohlensäure entnimmt diese letztere dem Globulinalkali einen Theil des Alkalis und es entsteht Bikarbonat; bei niedrigem Kohlensäurepartiardrucke entweicht Kohlensäure und es wird dem Bikarbonate durch das Globulin Alkali entnommen. In dem Obigen ist also das Alkali als der wesentlichste und wichtigste kohlensäurebindende Bestandtheil sowohl des Blutserums wie des Blutes über- haupt bezeichnet worden. Für eine solche Auffassung spricht auch der Um- stand, dass der Gehalt des Blutes an Kohlensäure mit abnehmendem Alkali- gehalte desselben stark abnimmt. Ein solches Verhalten findet z. B. bei Ver- Kohieusäure giftung mit Mineralsäuren statt. So fand Walter^) im Blute von Kaninchen, ^"ehalt des welchen er Salzsäure in den Magen eingeführt hatte, nur 2 — 3 Vol. Prozent Kohlensäure. In dem komatösen Stadium der Zuckerharnruhr (Diabetes mellius) scheint auch das Alkali des Blutes zum grossen Theil durch saure Verbind- ungen (/J-Oxybuttersäure) gesättigt zu sein (Stadelmann ^), Minkowski), und 1) Hoppe-Seyi.eb, Med. ehem. Untersuch. 3. 1868. 2) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 7. 3) Ebend. Bd. 17. Gase der Lymphe und der Sekrete. 539 dem entsprechend fand Minkowski') auch in dem Blute eines komatösen Dia- betikers nur 3,3 Vol. Prozent Kohlensäure. In dem Vorhergehenden ist betont worden, dass der Sauerstoff in dem Blute in einer dissociirbaren Verbindung mit dem Hämoglobin sich vorfindet, und für das Bestehen dieser Verbindung, des Oxyhämoglobins, ist also bei jeder Temperatur ein bestimmter Partiardruck des Sauerstoffes erforderlich. Auch die Kohlensäure des Blutes, diejenige, welche in den Blutkörperchen ebenso wie die, welche in dem Plasma enthalten ist, kommt grösstentheils in Verbindungen vor, welche in hohem Grade von dem Partiardrucke der Kohlensäure abhängig sind. Für die Lehre von dem Gasaustausche zwischen dem Blute und der Alveolar- luft einerseits und dem Blute und den Geweben andererseits rauss es also mit besonderer Rücksicht auf die Frage, in wie weit dieser Gasaustausch nach den Gesetzen der Diffusion erfolgt und in wie weit auch andere Kräfte dabei be- theiligt sind, von grosser Bedeutung sein, die Spannung des Sauerstoffes und der Kohlensäure im Blute zu kennen. Aus eben diesem Grunde dürfte es aber auch am besten sein, diese Fragen in einem folgenden Abschnitte dieses Kapitels, im Zusammenhange mit dem Gaswechsel in den Lungen und Geweben, zu be- sprechen. Die Gase der Lymphe und Sekrete. Die Gase der Lymphe sind dieselben wie im Blutserum und jene Flüssig- keit steht bezüglich sowohl der Giengen der verschiedenen Gase wie auch der Art der Kohlensäurebindung dem Blutserum sehr nahe. Ueber die Gase der Menschenlymphe liegen Untersuchungen von Daenhardt und Hensex^) vor, wobei es indessen fraglich bleibt, ob die untersuchte Lymphe als eine ganz Gase der normale zu betrachten war. Die Gase normaler Hundelymphe sind zum ersten Male vom Verf.^) untersucht worden. Diese Gase enthielten höchstens Spuren von Sauerstoff und bestanden aus 37,4— 53,1 •'/o CO., und 1,6^/0 X, bei O^C. und 760 mm Hg Druck berechnet. Die Kohlensäure war etwa zur Hälfte fest chemisch gebunden. Ihre Menge war in der Lymphe grösser als im Serum des arteriellen, aber kleiner als in dem des venösen Blutes. Die auffallende Beobachtung von Buchner*), dass die nach der Erstickung aufgefangene Lymphe ärmer an Kohlensäure als die des athmenden Thieres 1) Mittheil. a. d. med. Klinik in Königsberg. 1888, und Arch. f. cxp. Path. u. Pharm. Bd. 18. •i) ViRCHOw's Arch. Bd. 87. 3) Ber. d. k. sächs. Gesellsch. d. Wissensch., math.-phys. Klasse. Bd. 23. 1S71. •*) Arbeiten a. d. physiol. Anstalt zu Leipzig. 1870. 540 Siebzehntes Kapitel. Gase der ist, erklärt Zuntz^) durch die alsbald nach dem Tode in den Geweben und speziell in den Lymphdrüsen beginnende Säurebildung, durch welche ein Theil des Alkalikarbonates in der Lymphe zersetzt wird. Die Sekrete sind mit Ausnahme des Speichels, in welchem von Pflüger^) und KüLZ^) beziehungsweise 0,6 und 1 °/o Sauerstoff gefunden wurden, fast sauerstofffrei. Die Menge des Stickstoffes ist dieselbe wie im Blute und die Hauptmasse der Gase bildet die Kohlensäure. Die Menge der letzteren hängt hauptsächlich von der Reaktion, d. h, von der Menge des Alkalis ab. Dies geht namentlich aus den Analysen von Pflüger*) hervor. In einer stark al- kalischen Galle fand er 19 °/o auspumpbare und 54,9 °/o fest gebundene, in einer neutralen Galle dagegen 6,6 °/o auspumpbare und 0,8 ^lo fest gebundene Kohlensäure. Der alkalische Speichel ist ebenfalls sehr reich an Kohlensäure, Sekrete, ^jg Mittel aus zwci vou Pflüger ^) ausgeführten Analysen ergab sich für den Submaxillarisspeichel des Hundes ein Gehalt von 27,5 ^/o auspurapbarer und 47,4 °/o chemisch gebundener oder im Ganzen von 74,9 ^lo Kohlensäure. In dem Parotisspeichel des Menschen fand Külz^) in maximo 65,78 ^/o Kohlen- säure, von denen 3,31 ^/o auspumpbar und 62,47 ^io fest chemisch gebunden waren. Aus diesen und anderen Angaben über die Mengen der auspumpbaren und der chemisch gebundenen Kohlensäure in den alkalischen Sekreten folgt, dass in ihnen wenigstens nicht in merkbarer Menge irgend welche, den Eiweiss- körpern des Blutserums analog, d, h. als schwache Säuren, wirkende Stoffe vor- kommen. Die sauren oder jedenfalls nicht alkalischen Sekrete, Harn und IMilch, enthalten dagegen bedeutend weniger Kohlensäure, die fast ihrer ganzen Menge nach auspumpbar ist und die zum Theil von dem Natriumphosphate locker gebunden zu sein scheint. Die von Pflüger in Milch und Harn für die Ge- sammtkohlensäure gefundenen Zahlen waren bezw. 10 und 18,1 — 19,7 ^/o CO^. Ueber den Gasgehalt pathologischer Transsudate liegen besonders Unter- suchungen von Ewald") vor. Er fand in diesen Flüssigkeiten von Sauerstoff der^ivans- nur Spuren oder jedenfalls nur sehr geringfügige Mengen, von dem Stickstoffe sudate. aber etwa dieselben Mengen wie im Blute, Der Gehalt an Kohlensäure war grösser als in der Lymphe (von Hunden) und in einigen Fällen sogar grösser 1) Hermann's Handb. Bd. 4. Tbl. 2. S. 85. 2) Pflüger's Arch. Bd. 1. 3) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 23. 4) Pflüger's Arch. Bdd. 1 u. 2. 5) 1, c, 6) 1. c. Es scheint, als wären die Zahlen von KÜLZ nicht bei 760 mm Hg, sondern bei 1 m berechnet worden. 7) C. A. Ewald, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1873 u. 1876. Der respiratorische Gasweciisel. 541 als in dem Erstickungsblute (Huiuleblut). Die .Si)aiuiung der Kölileu^äure war grösser als im venü.--eii Blute. In den Exsudaten nimmt der Gehalt an Kohlen- säure, namentlich an fest gebundener, mit dem Alter der Flüssigkeit zu, wo- gegen umgekehrt die Gesammtraenge Kohlensäure und besonders die Menge der fest gebundenen mit dem Gehalte an Eiterkürperchen abnimmt. IL Der Gasaustausch zwischen dem Blute einerseits und der Lungenluft und den Geweben andererseits. In der Einleitung (Kap. 1. S. 3) ist schon hervorgehoben wonlen, dass man heutzutage, namentlich in Folge der Untersuchungen von Pfi-lger und seinen Schülern, der Ansicht ist, dass die Oxydationen im Thierkörper nicht in den Flüssigkeiten und Säften verlaufen, sondern an die Formelemente und ort der Oxy- Gewebe gebunden sind. Es ist freilich, besonders durch Alex Scpimidt^) und Pflüger-), gezeigt worden, dass im Blute selbst Oxydationen, wenn auch in geringem Umfange verlaufen; aber diese Oxydationen rühren, wie es scheint, von den Formelementen des Blutes her und sie widersprechen nicht dem obigen Satze, dass die Oxydationen ausschliesslich in Zellen und der Hauptsache nach in den Geweben verlaufen. Der Gaswechsel in den Geweben, den man auch als „innere Athmung" bezeichnet hat, muss also hauptsächlich darin bestehen, dass aus dem Blute in den Kapillaren Sauerstoff in die Gewebe hinein überwandert, während um- gekehrt die Hauptmasse der Blutkohlensäure aus den Geweben stammt und „„^"fnnere aus ihnen in das Blut der Kapillaren übergeht. Der Gaswechsel in den Lungen, '^^""^^• den man als „äussere Athmung" bezeichnet hat, muss umgekehrt, wie ein Ver- gleich der ein- und ausgeathmeten Luft lehrt, darin bestehen, dass das Blut aus der Lungenluft Sauerstoff aufnimmt und an dieselbe Kohlensäure abgiebt. Welcher Art sind nun die bei diesem doppelten Gaswechsel sich ab- spielenden Prozesse? Ist der Gasaustausch einfach die Folge der ungleichen Spannung der Gase im Blute einerseits und Lungenluft, bezw. Geweben an- dererseits? Gehen die Gase also, den Gesetzen der Diffusion entsprechend, von dem Orte des höheren Druckes zu dem des niedrigeren über oder sind hierbei auch andere Kräfte und Prozesse wirksam? Diese Fragen fallen der Hauptsache nach mit einer anderen, nämlich 1) Ber. (1. k. sächs. Gesellscli. d. Wissenscli. Math -pliys. Klasse. Bd. 19. 1867; und Centralbl. f. d. med. Wisseusch. 1867. S. 356. 2) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1867. S. 722. 542 Siebzehntes Kapitel. mit der nach der Spannung des Sauerstoffes und der Kohlensäure im Blute, bezvv. in Lungenluft und Geweben zusammen. Der Sauerstoff kommt zum unverhältnissmässig grössten Theil als Oxy- hämoglobin im Blute vor, und für die Lehre von der Spannung des Sauer- stoffes im Blute müssen also die Gesetze der Dissociation des Oxyhämoglobins von fundamentaler Bedeutung sein. Wenn mau sich erinueit, dass nach BoilR dasjenige, was man allgemein Oxyhämoglobin nennt, ein Gemenge von Hämoglobinen ist, die bei einem und demselben Sauerstoffdrucke ver- schiedene Sauerstoffmengeu binden können, und ferner, dass es nach Siegfried ausser dem Oxyhämoglobin noch eine andere, dissoeiable Sauerstoffverbindung des Hämoglobins, nämlich das Pseudohämoglobiu, giebt, so könnte es scheinen, als wären mehrere wichtige Vorfragen Triebkräfte gi-gt ^u lösen, bevor man zu einer Diskussion der Dissociationsverhältnisse des Oxyhämoglobins wechseis. übergehen könne. Da indessen die eben genannten Angaben zum Theil bestritten und zum Theil noch nicht eingehend nachgeprüft worden sind, und da ferner nach Hüfner gar kein Unterschied zwischen einer Oxyhämoglobin- und einer Blutkörperchenlösung hinsichtlich der Sauerstoffabgabe besteht, so dürfte es wohl berechtigt sein, in der folgenden Darstellung von den obigen Angaben vorläufig abzusehen und an die übrigen, allgemein als zuverlässig und massgebend angesehenen Angaben sich zu halten. Für das Verständniss der Gesetze, nach welchen die Sauerstoffaufnahme von dem Blute in den Lungenalveolen geschieht, müssen unter den bisher aus- geführten Untersuchungen über die Dissociation des Oxyhämoglobins besonders diejenigen von grossem physiologischen Interesse sein, welche auf die Dissociation bei Körpertemperatur sich beziehen. Solche Untersuchungen sind von mehreren Forschern und besonders von G. Hüfner^) ausgeführt worden. Er hat in erster Linie die wichtige Thatsache festgestellt, dass eine Lösung frisch dar- gestellter reiner Oxyhämoglobinkrystalle in Bezug auf die Dissociation des Oxyhämoglobins durchaus nicht anders sich verhält als frisches defibrinirtes Blut. Er hat ferner gezeigt, dass die Dissociation auch von der Konzentration °de^s° üxy-" «^^ei'^i't abhängig ist, dass bei einem gegebenen Drucke eine verdünntere Lösung giobins. stärker als eine mehr konzentrirte dissociirt wird. Für Lösungen, deren Gebalt an Oxyhämoglobin 14 °/o war, fand er, dass bei + 35 0 q ^^^ einem Sauer- stoffpartiardruck von 75 mm Hg die Dissociation überhaupt nur sehr unbe- deutend und nur wenig stärker als bei einem Partiardrucke von 152 mm ist. In jenem Falle waren nämlich von dem gesammten Farbstoff 96,89 ^lo als Oxyhämoglobin und 3,11 "/o als Hämoglobin vorhanden, während in diesem Falle dagegen, also bei 152 mm Druck, die entsprechenden Zahlen 98,42 und 1,58 "/o waren. Erst von einem Sauerstoffpartiardrucke von etwa 75 mm Hg nach abwärts an fängt die Dissociation an stärker zu werden und dem ent- sprechend die Menge des reduzirten Hämoglobins anzuwachsen; aber selbst bei einem Sauerstoffpartiardruck von 50 mm Hg betrug die Menge des Hämoglobins nur 4,6 °/o von dem gesammten Farbstoffgehalte. 1) Du Bois-Reymond's Arcli. 1890, wo Hüfner auch seine früheren Arbeiten über diesen Gegenstand citirt. Der respiratorische Gaswechsel. 543 Aus diesen und älteren Versuchen von Hüfner^), die bei 35 oder 39° C. angestellt wurden, folgt also, dass der Sauerstoffpartiardruck auf die Hälfte des in der atmosphärischen Luft herrschenden Druckes sinken kann, ohne dass der Sauerstoffgehalt eines Blutes oder einer entsprechend konzentrirten Oxy- hämoglobinlösung dadurch wesentlich beeinflusst wird. Andererseits kann man £, ° ° Sauorstoff- auch aus dem Sauerstoffgehalte, bezw. dem OxyhämoglobinKehalte des arte- ^p*""!*"- "» ° JOB artenolleo riellen Blutes den Schluss ziehen, dass die Spannung des SauerstofTes in '*'"*®- dem arteriellen Blute eine verhältnissmässig hohe sein muss. Auf Grund der Untersuchungen mehrerer Forscher, wie P. Bert'^), Herter^) und HCfxer, die theils an lebenden Thieren und theils mit Blut oder Hämoglobinlösungen experimentirt haben, setzt man auch allgemein die Spannung des Sauerstoffes im arteriellen Blute bei Körpertemperatur gleich einem Sauerstoffpartiardrucke von 75 — 80 mm Hg. Mit diesen Zahlen hat man nun die Spannung des Sauerstoffes in der Lungenluft zu vergleichen. Ueber die Zusammensetzung sowohl der inspirirten atmosphärischen Luft wie auch der Exspirationsluft liegen zahlreiche Untersuchungen vor, und man kann sagen, dass diese zwei Luftarten bei 0" C. und einem Drucke von 760 mm Hg. als Mittel folgende Zusammensetzung in Volumprozenten haben. Atmosphärische Luft Exspirationsluft . Der Partiardruck des Sauerstoffes in der atmosphärischen Luft entspricht also bei dem mittleren Barometerstände von 760 mm einem Drucke von 159 mm Hg. Der Verlust au Sauerstoff", den die Inspirationsluft in Folge der Respiration erfährt, beträgt also etwa 4,93 °/o, während die Exspirationsluft etwa hundertmal so viel Kohlensäure wie die Inspirationsluft enthält. Die Exspirationsluft ist indessen bekanntlich ein Gemenge von Alveolar- luft mit den in den Luftwegen zurückgebliebenen Resten von inspirirter Luft; und für den Gasaustausch in den Lungen kommt also in erster Linie die Zu- sammensetzung der Alveolarluft in Betracht. Ueber die Zusammensetzung der DioAWeoiar- letzteren beim Menschen liegen keine direkten Bestimmungen, sondern nur uu- getähre Berechnungen vor. Aus dem von Vierordt'*) bei normaler Respiration gefundenen mittleren Kohlensäuregehalte der Exspirationsluft, 4,63 *'/o, hat ZuNTZ^) den wahrscheinlichen Wcrth des Kohlensäuregehaltes in der Alveolar- 1) 1. c. .2) Paul Bert, La pressioD barometrique. Paris 187S. 3) Zeitschr. f. physiol. Chetu. Bd. 3. •i) Vergl. ZiNTZ in IIermann's Ilauab. IUI. 4. Thl. J. S. 105. •>) Ebeud. S. lOG. Sauerstotr Stickstoff Kohlensäure Zas.-immen- setzung der 20,96 79,02 0,03 Respira- 16,03 79,59 4,38 tionslaft. 544 Siebzehntes Kapitel. luft gleich 5,44^/0 berechnet. Wollte man, von diesem Werthe ausgehend, unter der Voraussetzung, dass der StickstofFgehalt der Alveolarluft nicht wesent- lich von dem der Exspirationsluft abweicht, den Mindergehalt der Alveolarluft an Sauerstoff, der Inspirationsluft gegenüber, gleich 6 °/o annehmen, so würde also die Alveolarluft noch 14,96*^/0 Sauerstoff" enthalten, was einem Partiar- drucke von 114 mm Hg. entspricht. Ueber die Zusammensetzung der Alveolarluft beim Hunde liegen dagegen direkte Bestimmungen vor, aus denen hervorgeht, dass die Alveolarluft in der That nicht bedeutend reicher an Kohlensäure als die Exspirationsluft ist. Mittelst eines, von Pflüger zu dem Zwecke besonders konstruirten Appa- rates, des Lungenkatheters, haben seine Schüler Wolffberg ^) und Nuss- BAUM^) die Zusammensetzung der Alveolarluft bei Hunden untersucht. Das Prinzip ihres Verfahrens ist folgendes. Durch Einführung eines Katheters von besonderer Konstruktion in einen Ast des einen Bronchus kann der entsprechende Lungenlappen luftdicht abgesperrt werden, während in dem anderen Lappen derselben Lunge und in der anderen Lunge die Ventilation ungehindert vor sich geht, so dass keine Kohlensäurestauung im Blute zu Stande kommt. Wenn die Absperrung so lange gedauert hat, dass ein vollständiger Ausgleich zwischen . den Gasen des Blutes und der abgesperrten Lungenluft anzunehmen ist, wird sirung der durch den Katheter eine Probe dieser Lungenluft herausgenommen und analysirt. Lunge. e £3 j In der so gewonnenen Lungenluft fanden Wolffberg und Nussbaum im Mittel 3,6 '^/o CO". ^Nussbaum hat in einem Falle gleichzeitig mit der Katheterisation der Lunge auch die Kohlensäurespannung in dem Blute aus dem rechten Herzen bestimmt. Er fand hierbei fast identische Zahlen, nämlich eine Kohlensäure- spannung von 3,84 bezw. 3,81 °/o einer Atmosphäre, was also zeigt, dass voll- kommenes Gleichgewicht zwischen Blut- und Lungengasen in der abgesperrten Lungenpartie sich hergestellt hatte. Nach diesen Untersuchungen würde also in den Lungenalveolen ein bedeutend höherer Sauerstoffpartiardruck als im Blute herrschen, und die Sauerstoffaufnahme aus der Lungenluft könnte also einfach nach den Gesetzen der Diffusion geschehen. Nach Bohr ^) verhält sich indessen die Sache ganz anders und die Lunge soll nach ihm bei der Sauerstoffaufnahme aktiv wirksam sein. Er experimentirte an Hunden und er liess das Blut, dessen Gerinnung durch Injektion von PeptonlösuDg oder Blutegelinfus verhindert wurde, durch einen, von ihm Hämatae[ro- meter genannten Apparat aus der einen durchschnittenen Karotis in die andere zurück oder aus der Arteria cruralis in die entsprechende Vena cruralis zurückfliessen. Der Apparat, welcher eine Modifikation der Lunwio'schen Stromuhr darstellt, gestattet nach BOHR einen vollständigen Austausch zwischen den Gasen des durch ihn cirkulirenden Blutes und einem 1) Pflüger's Arch. Bdd. 5. u. 6. 2) Ebend. Bd. 7. 3) Skand. Arch. f. Pliysiol. Bd. 2. Sauerstoffspannung im Blute. 545 iu dem Apparate eingeschlossenen Gasgemenge, dessen Zusammensetzung am Anfange des Ver- suches bekannt war und nach eingetretenem Dittusionsgleichgewicht zwischen Blut und Gas- mischung durch Analyse ermittelt wurde. In dieser Weise wurde die Spannung des Sauer- stoffes wie der Kohlensäure im cirkulirenden arteriellen Blute bestimmt. Während der Ver- suche wurde aucli die Zusammensetzung der Ein- und Ausathmungsluft bestimmt, die Zahl der Athemzüge annotirt und die Grösse des respiratorischen Gaswechsels gemessen. Um einen versn h Vergleich zu ermöglichen zwischen den Gasspannungen im Blute und in einer K.\si)iration8luft, von Bohr, deren Zusammensetzung der unbekannten Zusammensetzung der Alveolarluft jedenfalls näher als der der gewöhnlichen E.xspirationsluft stand, wurde durch besondere Rechnung die Zu- sammensetzung der ausgeathmeten Luft in dem Augenblicke ermittelt, in welchem dic^elliC die Bifurcatur der Trachea passirte. Mit der Tension der Gase in dieser „Bifurcaturluft" konnte also die Tension der Gase im Blute verglichen werden und zwar so, das.s der Vergleich in beiden Fällen denselben Zeitraum betraf. Als Ma.s5 für die Sauerstoffspannung im arteriellen Blute erhielt Bohr bei dieser Versuchsanordnung auffallend hohe Zahlen, die in den verschiedenen Versuchen zwischen 101 und 144 mm Hg-Druck sclnvankten. In den Versuchen sanerstoff- mit Einathmung von atmosphärisclier Luft war in 8 Fällen von Jj und in den na^lfßohr Versuchen mit Einathmung von kohlensäurehaltiger Luft in 4 Fällen von 5 die Sauerstoffspannung im arteriellen Blute höher als in der Bifurcaturluft. Die grösste Differenz, um welche die Sauerstoffspannung höher im Blute als in der Lungenluft war, betrug 38 mm Hg. Nach Bohr kann man also nicht einfach die Sauerstoffaufnahme aus der Lungenluft in das Blut durch den höheren Partiardruck des Sauerstoffes in derselben annehmen. Die Spannungsdifferenz an den zwei Seiten derAlveolar- waud kann folglich nach ihm jedenfalls nicht die einzige Kraft sein, welche die Wanderung des Sauerstoffes durch das Lungengewebe bedingt, und die Lunge selbst muss nach Bohr bei der Sauerstoffaufnahme eine noch unbekannte spezifische Wirkung ausüben. Gegen diese Anschauungen von Bohr hat schon Hüfner ^) die Einwendung gemacht, dass unter den von Bohr eingeführten Versuchsbedingungeu voll- ständiges Gleichgewicht zwischen der Luft in dem Apparate und den Gasen im Blute wahrscheinlich nicht eingetreten sei. Zu derselben Deutung der Bohr'- schen Versuchsergebnisse ist auch FriSdericq-) gelangt, indem er durch Ver- suche mit gerinnungsunfähigem, lebendigem, arteriellem Hundeblut, welches er durch Aerotonometerröhren (vcrgl. unten die Tension der Kohlensäure) strömen Einwend- liess, von der äusserst langsamen Herstellung des Diffusiousgleichgewichtes'i"'^'"«,"«'»® zwischen den Gasen des strömenden Blutes und der in den Tonometerröhreu abgesperrten Luft sich überzeugte. Wenn der anfängliche Partiardruok des Sauerstoffes in der Tonometeratmosphäre sehr niedrig oder sehr hoch war, wurde Diffusionsgleichgewicht nicht immer nach einer ganzen Stunde eiTeicht FR^DERict^ fand zudem, dass die Sauerstofftension im arteriellen Peptonblute des Hundes 1) Du Bois-ßEYMOND's Arch. Abth. Physiol. 1890. S. 10. 2) Centralbl. f. Physiologie. Bd. 7. S. 33. Hammarsten, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 35 546 Siebzehntes Kapitel. Spezifische Sauerstoff- menge. Wirkung eines ge- steigerten Sauerstoff- druckes. immer um mehrere Prozente einer Atmosphäre unterhalb des Parti ard ruck es des SauerstoflFes in der Lungenalveolenluft bleibt. Mau hat also nocli keine genügenden Gründe, die gegenwärtig allgemein aceeptirte Ansicht zu verlassen, der zufolge die Sauerstoffaufnahme in den Lungen einfach durch Diffusion ge- schehen soll. Wie das aus verschiedenen Blutproben dargestellte Hämoglobin nach Bohr nicht immer auf jedes Gramm gleichgrosse Sauerstoft'mengen aufnimmt, so kann nach ihm auch das Hämo- globin innerhalb der Blutkörperchen ein ähnliches Verhalten zeigen. Als spezifische Sauer- stoffmenge bezeichnet BOHR^) deshalb die Sauerstotfmenge (bei 0° C. und 760 mm Hg- Druck gemessen), welche pro 1 g Hämoglobin von dem Blute bei -f- 15" C. und einem Sauer- stofFdrucke von 150 mm Hg aufgenommen wird. Diese Menge kann nach Bohr eine ver- schiedene sein nicht nur bei verschiedenen Individuen, sondern auch in verschiedeneu Gefäss- gebieten desselben Thieres, und sie kann auch experimentell — durch Aderlässe, Einathmung von sauerstoffarmer Luft oder Vergiftungen — verändert werden. Es ist nun einleuchtend, dass eine und dieselbe Menge Sauerstoff" im Blute — sonst Alles gleich — eine verschiedene Spannung haben muss, je nachdem die spezifische Sauerstoßmenge grösser oder kleiner ist. Die Spannung des Sauerstoffes würde also nach Bohr ohne Aenderung der Sauerstoffmenge im Blute verändert werden können, und der Thierkörper muss also nach Bohr über Mittel verfügen, durch welche in den Geweben ohne Aenderung der im Blute vorhandenen Sauer- stoft'menge die Spannung des Sauerstoffes innerhalb ganz kurzer Zeiträume variirt werden kann. Die grosse Bedeutung einer solchen Fähigkeit der Gewebe für die Respirationsvorgänge ist ohne weiteres einleuchtend; aber es dürfte noch zu früh sein, über diese Angaben und Unter- suchungen von Bohr ein bestimmtes Urtheil abzugeben. Nach dem oben von der Tension und der Dissociation des Sauerstoffes im Blute Gesagten lässt sich erwarten, dass der Sauerstoffgehalt des Blutes wenigstens innerhalb gewisser Grenzen von dem Sauerstoffgehalte der Luft nicht wesentlich abhängig sein soll. Dies ist in der That auch der Fall. Dass die Steigerung des Sauerstoffdruckes sogar bis zum Drucke einer Atmosphäre keinen wesentlichen Einfluss auf die Menge des aufgenommenen Sauerstoffes und der ausgeschiedenen Kohlensäure ausübt, ist schon längst be- kannt (Lavoisier, Reginault und Reiset) ^j. Weitere Untersuchungen in dieser Richtung hat Paul Beet^) ausgeführt. Er fand, dass in reinem Sauer- stoff bei einem Drucke von 3 Atmosphären oder in gewöhnlicher Luft bei einem Drucke von 15 Atmosphären Thiere rasch unter Konvulsionen zu Grunde gehen. Vor und während der Krämpfe tritt hierbei eine Erniedrigung der Temperatur ein, und der Sauerstoffverbrauch wie auch die Kohlensäure- ausscheidung und die Verbrennung des Zuckers im Blute sollen dabei herab- gesetzt sein. Bei Steigerung des Sauerstoffdruckes der Luft bis zu 3 Atmosphären nimmt auch der Gehalt des Blutes an Sauerstoff etwas zu. Es scheint die Menge Sauerstoff, welche hierbei mehr aufgenommen wird, derjenigen Menge, welche von dem Blute bei dem fraglichen Drucke einfach absorbirt wird, zu entsprechen. 1) Centralbl. f. Physiol. Bd. 4. S. 254. 2) Vergl. Hoppe-Seyler, Physiol. Chem. S. 545. ■^) La pression baromi'trique. Paris 1878. Atbmen bei vermindertem Saoerstoffdruck. 547 Von besonderem Interesse ist es zu erfahren, bis zu welcher Grenze der Sauerstoff'partiardruck der Luft erniedrigt werden kann, ohne schädliche Wirk- ungen hervorzurufen oder für das Leben gefahrdrohend zu werden. Es liegt hierüber eine grosse Anzahl von Beobachtungen theils an Menschen und tbeils an Thieren vor. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass diese Grenze bedeutenden Schwankungen unterliegt. Beim ^Menschen scheint sie etwas höher dls'^eroud" als bei gewissen Thieren, wie z. B. dem Kaninchen, zu liegen. P. Bert^) fand Tt^dVackes.' bei Selbstversuchen in verdünnter Luft, einem Gasgemische mit 1 1,3 '^/o Sauer- stoff entsprechend, ernstliche Beschwerden. Leblanc-) empfand in einer Luft von 15,3 "/o Sauerstoff keine eigentliche Behinderung der Athmung; bei einem SauerstofTgehalte von 9,8 °/o dagegen Schwindel, Uebelkeit und Ohnmachts- gefühl. Die Luftschiffer Sivel und Croci^-Spinelli 3) starben bei einem Luft- drucke von 260 mm Hg, entsprechend einem Sauerstoffgehalte von 7,2 °/o. Von besonderem Interesse sind die Angaben Loewy's^j über das Athmen bei vermindertem Sauerstoffdruck. Bei seinem Versuchsindividuum war die für den normalen Ablauf der Stoffwechselprozesse noch zureichende minimale alveo- lare Sauerstoffspannung gleich 40 — 45 mm Hg, was nach der Tabelle von HüFXER über die Dissociation des Oxybämoglobins einem Gemenge von etwa 94 °,'o Oxyhämoglobin und 6 °/o Hämoglobin entspricht. Diese minimale Al- veolarsauerstoffspannung kann nach Loewy bei verschiedenem Sauerstoffgehalt der inspirirten Luft durch Aenderung der Athemmechanik erreicht werdeji. Durch eine mit Vertiefung der Athemzüge einhergehende, starke Vermehrung der in der Zeiteinheit geathmeten Luftmeuge kann nämlich beim Sinken der Sauerstoffspannung der inspirirten Luft die alveolare Sauerstoffspannung kon- Verminder- stant bleiben oder sogar eine Steigerung erfahren. So beobachtete Loewy in stoffdrnck. einem Versuche bei einem Sauerstoffgehalte der Inspirationsluft von 12,2°,o und einem Athemvolumen von 6,14 Liter pro Minute, bei einem Volumen jedes einzelnen Athemzuges von 292,6 ccm, eine alveolare Sauerstoffspannung von 41,2 mm Hg. In zwei anderen Versuchen, wo das Athemvolumen pro Minute 31,4, bezw. 35,9 1 bei einer Athemtiefe von 785, bezw. 972 ccm betrug, war bei einem Sauerstoffgehalte der Inspirationsluft von nur 7,522 resp. 7,32 ®/'o die alveolare Sauerstoffspannung 43,9 bezw. 43,4 mm. Sinken der alveolaren Sauerstoffspannung bis zu der Grenze 40 — 45 mm ul)te keinen Einfluss auf die Athemmechanik aus und änderte dem entsprechend auch den respiratorischen Quotienten nicht. Unterhalb dieser Grenze änderte sich dagegen der Gaswechsel so, dass die Kohlensäureausscheidung der Sauerstoffaufnahme gegenüber stieg und dem entsprechend auch der respiratorische Quotient erhöht wurde. 1) 1. c. 2) Cit. nach P. BlCRT, la Pression liaromC'trir|ue. 3) Cit. nach Hoppe-Skylek, Pliysiol. Cheni. S. 9 u. 549. 4) PflÜGER's Arcli. Rd. öS. 548 Siebzehntes Kapitel. Bei gewissen Thiereii scheint die Grenze niedriger als beim Menschen zu liegen. So beim Kaninchen nach W. Müller i), Friedländer und Herter 2). Bei einem Sauerstoffgehalte der Inspirationsluft von 7 — 5 °/o trat in den Ver- suchen von Friedländer und Herter zwar starke Dyspnoe auf, aber die ^^dos'vef-'^ Thiere, welche in einer grossen abgeschlossenen Glocke athmeten, starben erst siüerstoff- nach 1^2—2 Stunden, nachdem der Sauerstoffgehalfc auf 2,1—3,8 °/o gesunken druckes. ^y^j.^ Hoppe-Seyler Und Stroganow ^) fanden, dass bei Hunden die Athem- bewegungen aufhörten, wenn der Sauerstoffgehalt in der eingeathmeten Luft bis auf 3,542 ^jo gesunken war, und endlich hat Bert durch Versuche an verschiedenen Thieren, auch Fröschen und Vögeln, gefunden, dass der Tod bei einem Gehalte von 1,3 (bei Fröschen) bis 4,4 "/o Sauerstoff eintritt. Ueber den Sauerstoffgehalt des Blutes bei erniedrigtem Luftdrucke liegen Beobachtungen von Fränkel und Geppert*) an Hunden vor. Bei einem Luftdrucke von 410 mm Hg war der Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes normal, bei ^inem Luftdrucke von 378 — 365 mm war er ein wenig herabgesetzt und erst bei einer Erniedrigung des Druckes auf 300 mm wurde eine bedeutende Verminderung desselben beobachtet. An die nun besprochene Frage schliesst sich eine andere sehr nahe an, nämlich die, wie es für Menschen und Thiere möglich ist, in hochgelegenen Regionen bei einem niedrigen Sauerstoffdrucke dauernd leben zu können. Mit Rücksicht liierauf hat Viault^) die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass die Anzahl der rothen Blutkörperchen bei solchen Individuen eine grosse ist. So hat nach ihm z. B. das Lama etwa 16 Millionen Blutkörperchen im cmm. Durch Beobachtungen an sich selbst und anderen Personen, wie auch an Thieren, fand ViAULT als ersten Effekt des Aufenthaltes auf hochgelegenen Orten eine w rk 'd ^^^^ bedeutende Zunahme der Anzahl der rothen Blutkörperchen, bei ihm selbst kifm'^^'anf ^^^ 5 — SMillionen. Die Hämoglobinmenge ist dagegen nach Viault bei dauerndem das Blut. Aufenthall auf Beigen nur in engen Grenzen vermehrt, aber das Hämoglobin ist auf viel zahlreichere Blutkörperchen vertheilt und somit in einer viel grösseren Oberfläche mit Sauerstoff in Berührung, Dieser Angabe von Viault gegenüber hat indessen Müntz^) gefunden, dass unter den oben genannten Verhältnissen eine bedeutende Vermehrung des Eisen- und des Häraoglobingehaltes im Blute stattfindet. Egger "^j fand unter dem Einflüsse des Höhenklimas eine bedeutende 1) Wien. Sitzungsber. Bd. 33, und Aunal. d. Chem. u. Pliarm. Bd. 108. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 3. 3) Pflüger's Arch. Bd. 12. 4) Ueber die Wirkungen der verdünnten Luft auf den Organismus. Berlin (Hirsch- wald). 1883. ä) Compt. rend. Tomes 111, 112 u. 114. C) Ebend. Tome 112. 7) Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 23. KohlensäurespannuDg im Blute. 549 Vermehrung sowohl der Blutkörperchenzahl wie des Hämoglobin {rehaltes, wäh- rend Koeppe^) dagegen eine Verminderung des letzteren neben einer starken Ver- mehrung der Blutkörperchenanzahl beobachtete. Regkard^) hat endlich eine bedeutende Vermehrung des Hämoglobingelialtes bei einem Meerschweinchen beobachtet, welches einen ganzen Monat hindurch unter einer Glocke abgesperrt und einer Druckverminderung, die einer Höhe von 3000 m entsprach, ausgesetzt worden war. Die Spannung der Kohlensäure im Blute ist auf verschiedene Weise von PflügePv und seinen Schülern, Wolffijerg ^), Strassburg*) und Nussbaum^) bestimmt worden. Nach der aerotonometrischen Methode lässt man das Blut direkt aus der Arterie oder Vene durch ein Glasrohr fliessen, welches ein Gasgemenge von bekannter Zusammensetzung enthält. Ist die Spannung der Kohlensäure in dem Blute grösser als in dem Gasgemenge, so giebt das Blut an letzteres Kohlensäure ab, während es in entgegengesetztem Falle Kohlen- Dieaerotono- säure aus dem Gasgemenge aufnimmt. Durch Analyse des Gasgemenges nach Methode, beendeter Blutdurchleitung lässt sich also feststellen, ob die Spannung der Kohlensäure im Blute grösser, resp. kleiner als in dem Gasgemenge gewesen ist; und durch eine hinreichend grosse Anzahl von Bestimmungen, besonders wenn der Kohlensäuregehalt des Gasgemenges von Anfang an der wahrschein- lichen Tension dieses Gases im Blute möglichst genau entsprechend gewählt wird, kann auf diese Weise die Spannung der Kohlensäure im Blute ermittelt werden. Nach dieser Methode ist die Kohleusäurespannung im arteriellen Blute im Mittel zu 2,8 ^W einer Atmosphäre, einem Drucke von 21 mm Hg entsprechend, von Strassburg^) bestimmt worden. In dem Blute aus dem rechten Herzen fand NUSSBAUM'') eine Kohlensäurespannung von 3,81 °/'o einer Atmosphäre, xension der einem Drucke von 28,95 mm entsprechend, Stras.sburg, welcher an nicht saare*?m tracheotomirten Hunden experimentirte, bei welchen die Ventilation der Lungen also weniger lebhaft war und die Kohlensäure folglich weniger leicht aus dem Blute entfernt wurde, fand in dem venösen Herzblute eine Kohlensäurespannung von 5,4 °/o einer Atmosphäre, was einem Partiardrucke von 41,04 mm Hg gleichkommt. Eine andere ]Methode besteht in der schon oben S. 544 besprochenen 1) Cit. nach M.vi.y's Jahresber. Bd. 2:{. 2) Corapt. rend. Soc. de Biologie 1892. Cit. nach reutrall-l. f. Pliysiol. Bd. 7. 1893. 3) Pflüger's Art-h. Bd. G. 4) Ebend. Bd. 6. 5) Ebend. Bd. 7. 6) 1. c. 7) 1. C. 550 Siebzehntes Kapitel. Katheterisation eines Lungenlappens. In der nach diesem Verfahren gewonnenen Lungenluft fanden Wolffberg und Nussbaum im Mittel 3,6 ''/o COg. Nuss- BAUM, der, wie oben erwähnt wurde, in einem Falle gleichzeitig mit der Kathe- terisation der Lunge auch die Kohlesäurespannung in dem Blute aus dem rechten Herzen bestimmte, fand die fast identischen Zahlen 3,84 bezw. 3,81 ^/o. Auch hinsichtlich der Kohlensäurespannung ist indessen Bohr in seinen oben S. 544 u. 545 erwähnten Versuchen zu anderen Zahlen gelangt. In elf Versuchen mit Einathmung von atmosphärischer Luft schwankte die Kohlensäurespannung im arteriellen Blute von 0 — 38 mm Hg und in fünf Versuchen mit Einathmung von kohlensäurehaltiger Luft von 0,9— 57,8 mm Hg. Ein Vergleich der Kohlen- Kohlen- Säurespannungen in dem Blute und der Bifurcaturluft ergab in mehreren Fällen säurespann- r & o ^^Sg^j^^ einen grösseren Kohlensäuredruck in der Lungenluft als in dem Blute, und als Maximum betrug die Differenz zu Gunsten der Lungenluft in den Versuchen mit Einathmung von atmosphärischer Luft 17,2 mm. Da die Alveolenluft reicher an Kohlensäure als die Bifurcaturluft ist, so beweisen nach Bohr diese Versuche unzweifelhaft, dass in ihnen die Wanderung der Kohlensäure dem höheren Drucke entgegen stattgefunden hat. Diesen Untersuchungen gegenüber hat indessen Fr^dericq in seinen oben erwähnten Versuchen ^) für die Kohlensäurespannung im arteriellen Feptonblute dieselben Zahlen erhalten, die Pflüger und seine Schüler für normales Blut des Pepton- fanden. Auffallend erscheinen auch die von Bohr erhaltenen niedrigen Zahlen für die Kohlensäurespannung, wenn man sich erinnert, dass Grajsidis^) in dem Feptonblute, welches, wie Lahousse^) und Blachstein^) gezeigt haben, arm an Kohlensäure ist, eine hohe Kohlensäurespannung gefunden hat. Für die Ausscheidung der Kohlensäure in den Lungen hat man auch dem Sauerstoffe eine gewisse Bedeutung zuerkennen wollen , indem man ihm nämlich eine austreibende Wirkung auf die Kohlensäure aus ihren Verbindungen im Blute zugeschrieben hat. Diese, zuerst von Holmgren ^) gemachte Annahme hat in letzter Zeit in Werigo ^) einen Vertreter gefunden. Dieser Forscher Sauerstoffe^s^ hat an lebenden Thieren sinnreich ausgedachte Experimente angestellt, in denen Kohieif- 6r die beiden Lungen des Thieres gesondert athmen Hess, die eine mit Wasser- ^^'^'^ung^'^" Stoff und die andere mit reinem Sauerstoff oder einem sauerstoffreichen Gas- gemisch. Er fand hierbei in der aus den Lungen herausgesaugten Luft stets eine grössere Kohlensäurespannung bei Gegenwart von Sauerstoff, und er zieht aus seinen Versuchen den Schluss, dass der aus den Lungenalveolen in das 1) Vergl. Note 2. S. 545. 2) Du Bois-Reymond's Arch. 1891. S. 499. 3) Ebend. Jahrg. 1889. S. 77. 4) Ebend. Jahrg. 1891. S. 394. ö) Wien. Sitzuugsber. Math. Nat. Kl. Bd. 48. 6) Pflüger's Arch. Bdd. 51 u. 52. Inuere AthmuDg. 551 Blut übergehende Sauerstoff die Kohlensäurespannung erhöht. Durch diese Wirkung wird nach Werigo der Sauerstoff' ein mächtiger Hilfsfaktor für die Kohlensäureausscheidung, und nach ihm ist es also nicht nöthig, eine spezifische Wirkung der Lunge selbst bei diesem Prozesse anzunehmen. Gegen die Untersuchungeu von Werigo sind indessen von Zux'rz^) schwerwiegende, durch Experimente noch nicht zurückgewiesene Einwendungen erhoben worden, und die Frage ist also noch eine offene. Auch hinsichtlich der Kohlensäureausscheidung in den Lungen hat man Kohien- also noch keine dringenden Gründe, die gang und gäbe Ansicht zu verlassen, ^cheidang in der zufolge die Kohlensäure einfach nach den Gesetzen der Diffusion aus dem Blute in die Lungenluft übergeht. Nach dem oben S. 541 von der inneren Athmung Gesagten muss diese hauptsächlich darin bestehen, dass in den kapillaren Sauerstoff aus dem Blute in die Gewebe hinein überwandert, während umgekehrt Kohlensäure aus den Geweben in das Blut übergeht. Die Behauptung von Estoe und Saint Pierre ^j, dass der Sauerstofi*- gehalt des Blutes in den Arterien mit der Entfernung vom Herzen abnehme, ist von Pflüger ^) als irrthünilich erwiesen worden, und die Sauerstoffspannung im Blute bei dessen Eintritt in die Kapillaren muss also eine hohe sein. Dem innere gegenüber sind die Gewebe als fast oder ganz sauerstofffrei anzusehen, und es ■^^'^'»"s- muss also hinsichtlich des Sauerstoffes eine bedeutende Druckdifferenz zwischen Blut und Geweben bestehen. Die Möglichkeit, dass dieser Druckunterschied hinreichend ist, um den Geweben die nöthige Menge Sauerstoff zuzuführen, unterliegt wohl auch keinem Zweifel. Bezüglich der Kohlensäurespannung in den Geweben muss man a priori annehmen, dass sie höher als in dem Blute sein muss. Dem ist auch so. In dem Harne von Hunden und in der Galle fand Strassburg*) eine Kohlen- säurespannung von 9 bezw. 7 "^ o einer Atmosphäre. Derselbe Forscher hat weiter einem lebenden Hunde atmosphärische Luft in eine abgebundene Darm- schlinge injizirt und nach kurzer Zeit eine herausgenommene Luftprobe analysirt. KohVenrtl^ Er fand eine Kohlensäurespannung von 7,7 °/o einer Atmosphäre. Die Kohlen- ,,^^0^^^ Säurespannung in den Geweben ist also bedeutend grösser als in dem venösen Blute, und es steht also nichts der Auffassung im Wege, dass die Kohlensäure einfach nach den Gesetzen der Diffusion aus den Geweben in das Blut hiuüber- diffundire. 1) Pflüger's Arcli. r.tl. .Vi. ^) JourD. (1. l'auat. de la jiliysiol. Tome 2. 1865. 3) PflÜGEK's Arch. Bd. 1. 4) FJicnd. IUI. (5. 552 Siebzehntes Kapitel. Dass Ijei Thieren indessen auch eine wahre Sekretion von Gasen vorkommen kann, geht aus der Zusammensetzung und dem Verhalten der Gase in der Schwimmblase der Fische hervor. Diese Gase bestehen aus Sauerstotf und Stickstoff' mit höchstens nur kleinen Mengen . Kohlensäure. Bei Fischen, die in geringen Tiefen leben, ist der Sauerstoffgehalt zwar gewöhn- Schwimm" ^^'^'^ nicht höher als in der Atmosphäre; bei Fischen, die in grösseren Tiefeo leben, kann er blase der dagegen nach BlOT U.A.') sehr beträchtlich werden und sogar über 80 "/o betragen. MOREAU^) Fische. Jiat ferner gefunden, dass nach Entleerung der Schwimmblase mittelst Troicart nach einiger Zeit in ihr neue Luft sich ansammelt, die viel reicher an Sauerstoff' als die atmosphärische ist und deren Gehalt daran sogar auf 85*^','o ansteigen kann. Bohr^), der diese Angaben weiter geprüft und bestätigt hat, fand ferner, dass diese Gasansammlung unter dem Einflüsse des Nervensystems steht, indem sie nämlich nach Durchtrennung gewisser Zweige des Nervus vagus ausbleibt. Dass es hier um eine Sekretion und nicht um eine Diff'usion von Sauerstoff sich handelt, ist offenbar und wird wohl auch nicht bestritten. Für das Studium der quantitativen Verhältnisse des respiratorischen Gas- wechsels sind mehrere Methoden ersonnen worden. Hinsichtlich der näheren Details derselben muss auf ausführlichere Handbücher hingewiesen werden und es können hier nur die wichtigsten dieser Methoden in den Hauptzügen eine kurze Erwähnung finden, Methode von Regnault und Reiset. Nach dieser Methode lässt man das Thier oder die Versuchsperson in einem geschlossenen Raum athmen. Die Kohlensäure entzieht man in Methode von dem Masse wie sie gebildet wird der Luft mittelst starker Lauge, wodurch ihre Menge auch und^ßeiset '^^^^i™™^ werden kann, während der zu ersetzende Sauerstoff in genau gemessenen Mengen ' kontinuirlich zugeführt wird. Diese Methode, welche also eine direkte Bestimmung sowohl des verbrauchten Sauerstoffes wie der produzirten Kohlensäure ermöglicht, ist später von an- deren Forschern, wie Pflüger und seinen Schülern, Seegen und Nowak und Hoppe-Seyler*) modifizirt worden. Methode von Pettenkofer^j Nach dieser Methode lässt man das Versuchsindividuum in einem Zimmer athmen, durch welches ein Strom atmosjihärischer Luft geleitet wird. Die Methode von -^^^^S^ ^^^ durchgeleiteten Luft wird genau gemessen. Da es nicht möglich ist, die ganze Pettenkofer. durchgeleitete Luft zu analysiren, so wird während des ganzen Versuches durch eine Neben- leitung em kleiner Bruchtheil dieser Luft abgeleitet, genau gemessen und bezüglich des Ge- haltes an Kohlensäure und Wasser analysirt. Aus der Zusammensetzung dieser Luftpurtion wird der Gehalt der grossen durchgeleiteten Luftmenge an Wasser und Kohlensäure berechnet. Der Sauerstoffverbrauch kann dagegen nach dieser Methode nicht direkt, sondern indirekt als Differenz berechnet werden, was ein Mangel dieser Methode ist. Methode von Speck"). Für mehr kurzdauernde Versuche an Menschen hat Speck Methode von folgendes Verfahren angewendet. Er athmet bei durch eine Klemme geschlossener Nase durch P®'^ • ein Mundrohr mit zwei Darmventileu in zwei Spirometerglocken, die ein sehr genaues Ablesen der Gasvolumina gestatten. Durch das eine Ventil wird aus dem einen Spirometer Luft ein- geathmet und durch das andere geht die Exspirationsluft in das andere Spirometer hinein. 1) Vergl. Hermann's Ilandb. d. Physiol. Bd. 4. Thl. 2. S. 151. 2) Compt. rend. Tome 57. S. 37 u. BIG. 3) Journ. of Physiol. Bd. 15. Vergl. auch HÜFXER, Du Bois-Reymond's Arch. 1892. 4) Bezüglich dieser Methode vergl. man ZuNTZ in Hermann's Ilandb. Bd. 4. Thl. 2, und Hoppe-Seylek in Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19. 5) Vergl. ZuNTZ 1. c. C) Speck, Physiologie des menschlichen Athmens. Leipzig 1892. Luiigen und Auswurf. 553 Durch einen von dem Ausathinungsrohre abgezweigten Gurumischlauch kann ein genau ge- messener Theil der Ausathmuugsluft in ein Absorptionsrohr übergeleitet und analysirt werden, Methode von Zun'tz und Geppert'). Diese von Zuxrz und seinen .Schülern im I^nfe der Zeit immer mehr vervollkommnete Methode besteht in Folgendem. Das Versuchsindivi- duum iusi)irirt durch eine ins Freie führende, sehr weite Zuleitung frische atmosphärische Luft, wobei die in- und exspirirte Luft durch zwei Darmventile getrennt wird (Menschen athmcn bei verschlossener Nase mittelst eines aus weichem Gummi gefertigten Mundstückes, Thiere durch eine luftdicht schliessende Trachealkanüle). Das Volumen der exspirirten Luft wird durch eine Gasuhr gemessen, ein aliijuoter Theil dieser Luft wird aufgefangen und deren Ge- halt an Kohlensäure und Sauerstolt' bestimmt. Da die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft innerhalb der hier in Betracht kommenden Grenzen als konstant anzusehen ist, so lässt sich sowohl die Kohlensäureproduktion wie der Sauerstoffverbrauch leicht berechnen (vergl. hierüber die Arbeiten von ZUNTZ und seinen Schülern). Die Methode von Haneiöt und Hichet-) zeichnet sich durch ihre Einfachheit aus. Diese Forscher lassen die gesammte Athemluft nach einander durch drei Gasuhren gehen. Die erste misst die Menge der inspirirten Luft, deren Zusammensetzung als bekannt und konstant angenommen wird. Die zweite Gasuhr misst die Menge der exspirirten Luft und die dritte die Menge derselben Luft, nachdem sie durch einen geeigneten Apparat ihres Kohlensäure- gehaltes beraubt worden ist. Die Mengen der produzirten Kohlensäure und des verbrauchten Sauerstoffes lassen sich also leicht berechnen. Metbcxlc von Zantz and Oeppert. Melhcxle von lianriot und Rithet. Anhang. Die Lungen und der Auswurf. Ausser Eiweissstoffm und den Alhummden der Bindesubstanzgruppe hat man in den Lungen Lecithin. Taurin (besonders in der Ochsenlunge), Harn- säure und Inosif gefunden. Poulet^) glaubt eine besondere, von ihm „Pulmo- weinsäure" genannte Säure in dem Lungengewebe gefunden zu haben. Glykogen kommt in der l^unge des Embryo reichlich vor, fehlt aber in der Lunge Er- wachsener. Das schwarze oder schwarzljraune Pigment in den Lungen von Menschen und Ilaus- thieren besteht vorzugsweise aus Kohle, die aus russhaltiger Luft stammt. Das Pigment kann aber auch zum Theil aus Melanin bestehen. Ausser der Kohle können auch andere eingeath- mete staubförmige Stoffe, wie Eisenoxyd, Kieselsäure und Thonerde in den Lungen sich ab- lagern. Unter den in den Lungen bei pathologischen Zuständen gefundenen Stoffen sind besonders zu nennen : Albumosen und Peptone (bei der Pneumonie und bei Eiterung), Glykogen, ein von PorciiET^) bei Phthisikern gefundenes, von dem Glykogen verschiedenes, schwach rechtsdrehendes Kohlehydrat und endlich auch Cellulose, die nach Freund^) in Lungen, Blut und Eiter von Tuberkulösen vorkommen soll. Bestand- theiJe. Pigmente. 1) PFLtJGEK's Arch. Bd. 42. Vergl. auch Magscs-Levv in Pflügeb's .\rih. Bd. .w. S. 10, wo die Arbeiten von ZuXTZ und seinen Schülern citirt sind. '■i) Compt. rend. Tome 104. a) Cit. nach Mai.y's Jahre.sber. 15d. iS. S. 248. •1) Compt. rend. Bd. 1M>. ä) Wien. med. Jahrb. 1886. Cit. nach M.M.v's .Tahresbcr. Bd. 16. S. 471. 554 Siebzehntes Kapitel. In 1000 g Mineralstoffen der normalen Mensehenlunge fand C. W. Sckmedt ^) NaCl 130, K2O 13, Na.^0 195, CaO 19, 3IgO 19, Fe^O^ 32, P.^0^ 485, Mineral- SO^ 8 und Saticl 134 g. Die Lungen eines 14 Tage alten Kindes enthielten nach OiDTMANN^]: Wasser 796,05, org. Stoffe 198,19 und anorg, Stoffe 5,76 p. m. Der Auswurf ist ein Gemenge von den schleimigen Sekreten der Respira- tionswege, dem Speichel und dem ^Nlundschleime. In Folge hiervon ist seine Zusammensetzung eine sehr- verschiedene, namentlich unter pathologischen Ver- hältnissen, wo verschiedenartige Produkte sich ihm beimengen. Die chemischen uswur . ßggtandtheile sind, ausser den Mineralstoffen, vor Allem Mucin mit ein wenig Eiweiss und Nukleinsubstanz. Unter pathologischen Verhältnissen hat man Albumosen und Peptone, flüchtige Fettsäuren, Glykogen, CHAECOT'sche Krystalle und ferner Krystalle von Cholesterin, Hämatoidin, Tyrosin, Fett und Fettsäuren, Trippelphosphat u. a. gefunden. Die Formbestandtheile sind unter physiologischen Verhältnissen Epithel- zellen verschiedener Art, Leukocyten, bisweilen auch rothe Blutkörperchen und Formbe- Verschiedene Arten von Pilzen. Bei pathologischen Zuständen können elastische Fasern, spiralige, aus einer mucinähnlichen Substanz bestehende Bildungen, Fibringerinnsel, Eiter, pathogene Mikrobien verschiedener Art und die oben- genannten Krystalle vorkommen. 1) Cit. nach v. Gorup-Besanez' Lehrbuch. 4. Aufl. S. 727. 2) Ebend. S. 732. Acht z e li n t e s Kapitel. DerStoifwechselbeiverschiedenerNahrungund der Bedarf des Menschen an Nahrungsstoffen. Der Umsatz chemischer Spannkraft in lebendige Kraft, welcher das Thier- lebeu charakterisirt, führt, wie schon in der Einleitung hervorgehoben wurde, zu der Entstehung von verhältnissmässig einfachen Verbindungen, Kohlensäure, Harnstoff u. a., welche den Organismus verlassen und welche übrigens sehr arm an Spannkraft sind und aus diesem Grunde von keinem oder nur unter- geordnetem Werthe für den Körper sein können. Für das Bestehen des Lebens " keiT der und des normalen Verlaufes der Funktionen ist es deshalb auch unumgänglich aufnähme, nothwendig, dass zum Ersatz dessen, was verbraucht wird, neues Material dem Organismus und seinen verschiedenen Geweben zugeführt wird. Dies geschieht durch die Aufnahme von Xahrungsstoffen. Als Nahriingsstoff bezeichnet man nämlich jeden Stoff, welcher, ohne auf den Organismus eine schädliche Wirkung auszuüben, die in Folge des Stoffwechsels verbrauchten Körperbestandtheile er- setzen, bezw. ihren Verbrauch verhindern oder vermindern kann. Unter den zahlreichen, verschiedenartigen Stoffen, welche der Mensch und die Thiere mit den Nahrungsmitteln aufnehmen, können nicht alle gleich noth- wendig sein oder denselben Werth haben. Einige können vielleicht entbehrlich, andere wiederum unentbehrlich sein. Durch direkte Beobachtungen und eine reiche Erfahrung weiss mau nun, dass, ausser dem für die Oxydation iioth- wendigen Sauerstoffe, die für die Thiere im Allgemeinen und den Menschen insbesondere nothwendigen Nahrungsstoffe Wasser, 3Iineralstoffe, Proteinstoffe, KoMeliydrate und Fette sind. Es liegt jedoch auf der Hand, dass auch die verschiedenen Hauptgruppen der nothwendigen Nährstoffe für die Gewebe und Organe eine verschiedene Be- deutung haben müssen, dass also beispielsweise das Wasser und die Mineral- stoffe eiiie andere Aufgabe als die organischen Nährstoffe haben und diese 556 Achtzehntes Kapitel. wiederum unter einander eine verschiedene Bedeutung haben müssen. Für die Frage von dem Bedarfe des Körpers an Nahrung unter verschiedenen Verhält- nissen wie auch für viele andere, die Ernährung des gesunden und kranken Menschen betreffende Fragen muss deshalb auch die Kenntniss der Wirkung der verschiedenen Nahrungsstoffe auf den Stoffwechsel in qualitativer wie in quantitativer Hinsicht von fundamentaler Bedeutung sein. Zu einer solchen Kenntniss führen nur systematisch durchgeführte Beob- achtungsreihen, in Avelchen, unter Beobachtung von dem Verhalten des Körper- gewichtes, die Menge der in einem bestimmten Zeiträume aufgenommenen und resorbirten Nahrungsstoffe mit der Menge derjenigen Endprodukte des Stoff- Untersuch- wechscls, wclchc in derselben Zeit den Organismus verlassen, verglichen wird. ung "■ Untersuchungen dieser Art sind von mehreren Forschern, vor Allem aber von Bischoff und Voit, von Pettenkofer und Voit und von Voit und seinen Schülern ausgeführt worden. Es ist also bei Untersuchungen über den Stoffwechsel unbedingt noth- wendig, die Ausgaben des Organismus aufsammeln, analysiren und quantitativ bestimmen zu können, um damit die Menge und Zusammensetzung der aufge- nommenen Nahrungsmittel zu vergleichen. In erster Linie muss man also wissen, welche die regelmässigen Ausgaben des Organismus sind und auf welchen Wegen die fraglichen Stoffe den Organismus verlassen. Man muss ferner auch zuverlässige Methoden zur quantitativen Bestimmung derselben haben. Der Organismus kann unter physiologischen Verhältnissen zufälligen oder periodischen Verlusten von werthvollem INIaterial ausgesetzt sein. Solche Ver- oder^pefio- l^stc, Welche nur bei gewissen Individuen oder bei demselben Individuum nur ^'^''aben°^' ^^^ bestimmten Zeiten auftreten, können durch die Milchabsonderung, die Pro- duktion von Eiern, die Ausleerung des Samens oder durch Menstrualblutungen bedingt sein. Es liegt auf der Hand, dass solche Verluste nur in besonderen, speziellen Fällen Gegenstand der Untersuchung und Bestimmung werden können. Von der allergrössten Bedeutung für die Lehre von dem Stoffwechsel sind dagegen die regelmässigen und beständigen Ausgaben des Organismus. Zu diesen gehören in erster Linie die eigentlichen Endprodukte des Stoffwechsels — Kohlensäure, Harnstoff (Harnsäure, Hippursäure, Kreatinin u, a. Harn- „ , . bestandtheile) und ein Theil des Wassers. Es gehören zu den beständigen Aus- Regelmas- -' . sitce und orabcn ferner der Rest des Wassers, die Mineralstoffe und diejenigen Sekrete beständige '^ j o Ausgaben. Q(]er Gewebsbestandtheile — Schleim, Verdauungssäfte, Hauttalg, Seh weiss und Epidermisbil düngen — welche entweder in den Darmkanal sich ergiessen oder auch von der Körperoberfläehe abgesondert oder abgestossen werden und demnach für den Körper verloren gehen. Zu den Ausgaben des Organismus gehören auch die, mit einer wechseln- den Beschaffenheit der Nahrung ihrer Menge und Zusammensetzung nach be- deutend wechselnden, theils unverdaulichen, theils verdaulichen aber unverdauten, Ausgaben des Thierköri»ers. 557 in den Darmausleerungen enthaltenen Reste der Nahrungi^mittel. Wenn auch diese Reste, welche nie resorbirt worden und folglich nie Bestandtheile der thierischen ^^^^^ ^^^ Säfte oder Gewebe gewesen sind, nicht zu den Ausgaben des Organismus im ^''|',^°rm^e '"' eigentlichen Sinne gerechnet werden können, so ist jedoch ihre quantitative Bestimmung bei Stoffwechselversuchen für gewisse Fälle unumgänglich noth- wendig. Die Bestimmung der beständigen Verluste ist zum Theil mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Die durch abgestossene Epidermisbildungen, durch die Absonderung des Sekretes der Talgdrüsen u. s. w. bedingten Ausgaben lassen sich schwerlich quantitativ genau bestimmen und sie müssen deshalb auch — was in Anbetracht ihrer geringen Menge ohne nennenswerthen Schaden ge- schehen kann — bei quantitativen Stoffwechselversuchen ausser Acht gelassen ^e^^n"el werden. Ebenso wenig können die im Darminhalte vorkommenden, mit den ** "ung^der ' Exkrementen den Körper verlassenden Bestandtheile des Schleimes, der Galle, '',t*ns"abrn" des Pankreas- und Darmsaftes u. s. w. von dem übrigen Darminhalte getrennt und gesondert quantitativ bestimmt werden. Die Unsicherheit, welche, der nun angedeuteten Schwierigkeiten wegen, den bei Stoffwechselversuchen gefundenen Zahlen anhaftet, ist jedoch denjenigen Schwankungen gegenüber, welche durch verschiedene Individualität, verschiedene Lebensweise, verschiedene Nahrung u. s.w. bedingt werden, sehr gering. Für die Grösse der beständigen Ausgaben des Menschen können deshalb auch keine allgemein giltige, sondern nur ungefähre Werthe angegeben werden. Durch Zusammenstellung der von verschiedenen Forschern gefundenen Zahlen kann man jedoch für einen erwachseneu Mann von 60 — 70 Kilo Körper- gewicht bei gemischter Kost pro 24 Stunden etwa folgende Ausgaben berechnen. Wasser 2500—3500 g Salze (mit dem Harne) 20— 30 „ Grösse der Kohleusilure 750— 900 „ ^S Harnstoff 20 — 40 „ Menschen. Sonstige stickstoffhaltige Harubestandtheile . 2 — 5 „ Feste Stoffe in den Exkrementen 30 — 50 ,, Diese Gesammtausgaben vertheilen sich auf die verschiedeneu Exkretions- wege in folgender ungefährer Weise, wobei jedoch nicht zu übersehen ist, dass diese Vertheilung unter verschiedenen äusseren Verhältnissen in hohem Gradi' wechseln kann. Durch die Athmung werden etwa 32°/o, durch die Haut- ausdünstung 170/0, mit dem Harne 46— -47 °/o und mit den Exkrementen diVcIo"-"^ 5 — 9°/o ausgeschieden. Die Ausscheidung durcli Haut und Lungen, die man ^jiat'on Tuf unter dem Kamen „Perspiratio insensibilis" bisweilen von den sichtbaren jJilo'T.^rs'ane. Ausscheidungen durch Nieren und Darm unterscheidet, würde also im Mitt*l etwa 50 "/o der gesammten Ausscheidungen betragen. Diese, nun angeführten relativen Mengenverhältnisse können jedoch in Folge des bei verschiedenen Ge- legenheiten sehr wechselnden Wasserverlustes durch Haut und Nieren sehr be- deutend schwanken. 558 Achtzehntes Kapitel. Stoff. Stickstoff Von dem Wasser werden bei den Fleischfressern ungefähr 90®/o durch die Nieren ausgeschieden. Bei den Pflanzenfressern dagegen können mit den Exkrementen, welche bei ihnen 30 — bO^jo der Gesammtausgaben betragen, so- gar 60°/o des Wassers eliminirt werden. Beim Menschen wird nur ein kleiner Bruchtheil des Wassers (etwa 5"/o) mit den Exkrementen ausgeschieden und die Hauptmasse vertheilt sich also auf Nieren, Lungen und Haut. Die stickstoffhaltigen Exkretbestandtheile bestehen hauptsächlich aus Harn- stofll', bezw. Harnsäure bei gewissen Thieren, und den übrigen stickstoffhaltigen Harnbestandtheilen. Der Stickstoff verlässt also zum unverhältnissmässig grössten Harnstick- Theil den Körper durch den Harn; und da die stickstoffhaltigen Harnbestand- theile Endprodukte der Eiweissumsetzung im Organismus sind; so lässt sich, wenn man den Gehalt des Eiweisses an Stickstoff zu rund 16°/o annimmt, durch Multiplikation des Harnstickstoffes mit dem Koeffizienten 6,25 (^*^"/i6 = 6,25) die entsprechende, im Körper umgesetzte Eiweissmenge berechnen. Eine andere Frage ist jedoch die, ob der Stickstoff den Körper nur mit dem Harne oder auch auf anderen Wegen verlässt. Dieses letztere ist regel- mässig der Fall. Die Darmausleerungen enthalten stets etwas Stickstoff, welcher der Darm- eine zweifache Abstammung haben kann. Ein Theil dieses Stickstoffes rührt ausleer- _ ungen. nämlich von unverdauten oder nicht resorbirten Resten der Nahrung und ein anderer Theil von nicht resorbirten Resten der Verdauungssekrete — Galle, Pankreassaft, Darmschleim — und von Epithelzelleu der Schleimhaut her. Dass ein Theil des Stickstoffes der Exkremente diesen letzteren Ursprung hat, folgt daraus, dass Darmausleerungen auch bei vollständiger Inanition vorkommen. Handelt es sich darum, zu entscheiden, wie viel stickstoffhaltige Stoffe bei einer gewissen Ernährungsweise oder nach Aufnahme einer bestimmten Menge Nahrung resorbirt worden sind, so muss selbstverständlich von der mit der Nahrung aufgenommenen, gesammten Stickstoffmenge die von der Nahrung stammende, mit den Exkrementen entleerte Stickstoffmenge abgezogen werden. Um diese letztere kennen zu lernen, ist es nun wiederum nothwendlg, von der gesammten Stickstoffmenge der Exkremente diejenige Stickstoffmenge abzuziehen, welche von dem Verdauungskanale selbst und dessen Sekreten stammt, und diese letztere Grösse muss also bekannt sein. Es ist offenbar, dass der vom Verdauungskauale und den Verdauungs- säften stammende Theil des Stickstoffes in den Exkrementen nicht durch eine, ein für allemal giltige, exakte Zahl angegeben werden kann. Er muss vielmehr Von dem & & ' & ö Vordaunngs- nicht nur bei verschiedenen Individuen, sondern auch bei demselben Individuum kanale und den Ver- ig nach der mehr oder weniger lebhaften Sekretion und Resorption wechseln dauun^s- •' o x Säften her- können. Man hat indessen diesen Theil des Exkremeutstickstoffes zu bestimmen rührender Stickstoff, versucht, und man hat dabei gefunden, dass er bei stickstofffreier oder fast stickstofffreier Nahrung beim Menschen pro 24 Stunden in abgerundeter Zahl Stickstoffausscbeidung. 559 etwas weniger als 1 g beträgt (Rieder ^), Rubner^). Beim Hungern, wobei eine geringere Menge Verdauungssekrete abgesondert wird, ist er kleiner. Bei Beobachtungen an dem Hungerkünstler Cetti fand Müller^) in 24 Stunden nur 0,2 g aus dem Darmkanale stammenden Stickstoff. Der Stickstoff verlässt indessen auch dt-n Körper durch die Horngebilde. Die Menge Stickstoff, welche auf diesem Wege verloren geht, ist jedoch, wenn man sie auch nicht hat genau bestimmen können, nur äusserst geringfügig. Durch Haare und Nägel verliert der ^Mensch täglich nur etwa 0,03 g (Mole- ^'^g^'f*"''" SCHOTT*) und mit der abgeschuppten Haut etwa 0,3—0,5 g Stickstoff. Die "^Xide^uJid' Menge Stickstoff, welche unter gewöhiilicheu Verhältnissen durch den Schweiss """*• den Körper verlässt, dürfte wohl so gering sein, dass sie wie der Stickstoff- verlust durch die Horngebilde bei Stoffwechselversucheu ausser Acht gelassen werden kann. Nur beim starken Schwitzen muss die Stickstoffausscheidung auf diesem Wege auch mit berücksichtigt werden. Man ist früher der Ansicht gewesen, dass beim Menschen und bei Fleisch- fressern eine Ausscheidung von gasförmigem Stickstoff durch Haut und Lungen Stickstoff- dofizit stattfinde und dass in Folge hiervon bei einem Vergleiche des Stickstoffes der Nahrung mit dem des Harnes und des Kothes ein Sticlißtoffdefisit in den sicht- baren Ausscheidungen sich vorfinden würde. Diese Frage ist Gegenstand streitiger Ansichten und zahlreicher Unter- suchungen gewesen. Aus den Respiratiousversuchen von Regxault und Reiset^) hat man den Schluss gezogen, dass auch eine Stickstoffexhalation stattfinde, eine Ansicht, deren Richtigkeit in der letzten Zeit besonders Seegex und Nowak ^) zu beweisen versucht haben. Die Ausführung derartiger Versuche dofizitund ist jedoch mit so grossen Schwierigkeiten und so vielen Fehlerquellen verbunden, glL*ich^-' dass die Versuche nur schwierig überzeugend werden, und die Fehlerhaftigkeit ^^'^ ' der Experimente von Seegex und Nowak ist in der That auch von Petten- KOFER und Vorr') dargethan worden. Auf der anderen Seite haben Pflüger und Leo^) bei Kaninchen keine nennenswerthe Stickstoffexhalation finden können^). Es haben ferner mehrere Forscher, vor Allem Pettexkofeu und 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 20. 2) Ebend. Bd. 15. 3) Bericht über die Ergebnisse des an Cetti ausgeführten Ilungerversucbes. Berl. kliu. Wochenschr. 1887. •t) Untersuch, zur Naturlehre. Bd. 12. 5) Annal. d. Chim. et Phys. (3.) Tome 27, und Annal. d. Chom. u. IMiarni. Bd. 73. 6) Wien. Sitzungsber. Bd. 71, und Pfi.igek's Areh. Bd. 25. 7) Zeitschr. f. Biologie. Bd. KJ. 8) Pfllgek's Arch. Bd. 26. 9) Die Beobachtungen von ZiNTZ und Tacke (vergl. Maly's Jahresber. Bd. 16. S. 361) ändern hieran in der Hauptsache niciits. 560 Achtzehntes Kapitel. VoiT^), durch Beobachtungen an Menschen und Thiereu gezeigt, dass man durch passende Menge und Beschaffenheit der Nahrung den Körper in SficJc- sfofgleichgeivicht, d. h. in den Zustand versetzen kann, in welchem die Menge , des im Harn und Koth erscheinenden Stickstoffes der Menge des Stickstoffes in der Nahrung gleich oder fast gleich ist. Besonders beweisend scheinen in dieser Hinsicht die von Gruber in Voit's Institut ausgeführten Versuche zu sein. Gruber ^) fütterte 17 Tage hindurch einen Hund mit Fleisch, dessen Gesammlgehalt an Stickstoff 368,53 g betrug, und er fand in derselben Zeit in dem Harne und den Exkrementen des Thieres 368,28 g Stickstoff wieder. In späteren Versuchsreihen^) fand er eine Differenz, die nur zwischen — 0,21 und -1- 1,0 ^/o schwankte. Auf Grund dieser und Stickstoff- . T n 1 1 1 - VT defizit exi- anderer Versuchsreihen dürfte man wohl auch mit V oit annehmen können, stirt nicht. dass ein Stickstoffdefizit nicht existirt oder jedenfalls so geringfügig ist, dass man es bei Stoffwechseluntersuchungen ausser Acht lassen kann. Bei Unter- suchungen über den Eiweissumsatz im Körper hat man also gewöhnlich nur nöthig, den Stickstoff in Harn und Koth zu berücksichtigen, wobei zu beachten ist, dass der Harnstickstoff ein Mass der Grösse der Eiweisszersetzung im Körper ist, während der Kothstickstoff (nach Abzug von etwas weniger als 1 g bei gemischter Kost) ein Mass des nicht resorbirten Antheiles des Nahrungs- stickstoffes abgiebt. Bei der Oxydation des Eiweisses im Organismus wird der Schwefel des- selben zu Schwefelsäure oxydirt, und daher rührt es, dass die Schwefelsäure- ausscheidung durch den Harn, welche beim Menschen nur in geringem Grade von den Sulfaten der Nahrung herrührt, der Stickstoffausscheidung durch den Harn ziemlich gleichen Schritt hält. Berechnet man den Gehalt des Eiweisses Schwefel- ^^ Stickstoff und Schwefel zu rund 16, bezw. 1 °/o, so wird das Verhältniss 54^g"^^,^°g'j„ zwischen dem Stickstoffe des Eiweisses und der bei der Verbrennung des letz- EiweTsszer- teren entstehenden Schwefelsäure, HgSO^, = 5,2 : 1 oder etwa dasselbe wie im Setzung, jjarne (vergl. S. 466). Die Bestimmung der durch den Harn ausgeschiedenen Menge Schwefelsäure liefert also ein wichtiges Mittel, die Grösse der Eiweiss- zersetzung zu kontrolliren, und eine solche Kontrolle ist besonders wichtig in den Fällen, in welchen man die Einwirkung gewisser anderer stickstoffhaltiger, nicht eiweissartiger Stoffe auf die Eiweisszersetzung studiren will. Eine Be- stimmung des Stickstoffes allein kann nämlich in solchen Fällen selbstverständ- lich, nicht genügend sein. Findet man bei einem Vergleiche zwischen dem Stickstoffe der Nahrung einerseits und dem des Harnes und Kothes andererseits einen Ueberschuss auf 1) Vergl. VoiT in Herman'n's Handbuch. Bd. Ct. Thl. 1, 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 16. 3) Ebeud. Bd. 19. Berechnung der Grösse des Umsatzes. 561 der Seite des ersteren, so bedeutet dies, dass der Körper seinen Vorrath an stickstoffhaltiger Substanz vermehrt hat. Enthalten dagegen Harn ujid Koth eine grössere Menge Stickstoff' als die in derselben Zeit aufgenoniiuene Nahrung, so bedeutet dies, dass der Körper einen Theil seines Stickstoffes abgegeben, d. h. einen Theil seines eigenen Eiweisses zersetzt hat. Aus der Menge des Stick- stoffes kann man, wie oben augegeben, dureh Multiplikation mit 6,25 die ent- sprechende Menge Eiweiss berechnen. Gebräuchlich ist es auch, nach dem Vor- schlage Voit's, den Harnstickstoff" nicht in zersetztes Eiweiss, sondern in zer- setzte Muskelsubstanz, in Fleisch, umzurechnen. Man berechnete hierbei bisher stoff ai» den Gehalt des mageren Fleisches an Stickstoff" zu im Mittel 3,4 "/o, in welchem Eiwoiöszer- Falle je 1 g Harnstickstoff" in abgerundeter Zahl etwa 3U g Fleisch entsprechen würde. Die Annahme von 3,4*^/o Stickstoff' im mageren Fleisch i^t indessen, wie besonders Pflüger ^) hervorhebt, eine willkürliche, und die Relation N:C im Eiweiss des trockenen Fleisches, welche für gewisse Stoff"wechselversuche von grosser Bedeutung ist, wird von verschiedenen Forschern verschieden, gleich 1 : 3,22 — l : 3,68, augegeben. Argütinsky^) fand in dem vollständig entfetteten Ochsenfleische nach Abzug des Glykogens die Relation gleich 1 : 3,24. Der Kohlenstoff" verlässt zum unverhältnissmässig grössten Theil den Körper als Kohlensäure, welche hauptsächlich durch Lungen und Haut ent- weicht. Der Rest des Kohlenstoffes wird in organischen, kohlenstoff'haltigen Ver- bindungen durch Harn und Koth ausgeschieden, in welchen die ^leuge des Kohlenstoff"es elementaranalytisch bestimmt werden kann. Die Menge der gas- förmig ausgeschiedenen Kohlensäure bestimmt man mittelst des Pettenkofer- schen Respirationsapparates oder nach den anderen in dem vorigen Kapitel an- ^stoff^der"' gegebenen Metboden. Durch Multiplikation der gefundenen Menge Kohlen- säure mit 0,273 kann man dann daraus die Menge des als COo ausgeschiedenen Kohlenstoff"es berechnen. Vergleicht man die Gesammtmenge des auf verschie- denen Wegen ausgeschiedenen Kohlenstoff"es mit dem Kohlenstoff'gehalte der Nahrung, so gewinnt man einen Einblick iu den Umsatz der kohlenstoff'haltigen Verbindungen. Ist die Menge des Kohlenstoff'es grösser in der Nahrung als in den Exkreten, so ist der entsprechende Kohleustoff^betrag zum Ansatz ge- kommen, während die Differenz, wenn sie in eutKeffen gesetzter Richtuncr aus- fällt, einen entsprechenden Verlust an Körpersubstauz anzeigt. Zur Ermittelung der Natur der hierbei zum Ansatz gekommenen, resp. verloren gegangenen Substanz, ob sie aus Eiweiss, Fett oder Kohlehydraten bestehe, geht man von der Gesammtstickstoffnienge der Ausscheidungen aus. Aus dieser Stickstott'menge lässt sich die entsprechende Menge Eiweiss berechnen, und da der mittlere Kohlenstoffgehalt des Eiweisses ebenfalls bekannt ist, so kann 1) Pfll-ger's Arch. Bd. 51. S. 229. -') Ebend. Bd. 55. Hain m ars ton . Physiologische Chemie. Driito Auiiago. 36 562 Achtzehntes Kapitel. die unsefähre Kohlenstoffmenge, welche dem zersetzten Eiweiss entspricht, er- mittelt werden. Ist die so gefundene Menge Kohlenstoff kleiner als die Menge des Gesammtkohlenstoffes in den Exkreten, so ist es offenbar, dass ausser dem Eiweiss auch irgend eine stickstofffreie Substanz verbraucht worden ist. Wird der Gehalt des Eiweisses an Kohlenstoff zu rund 53*^/o angeschlagen^), so ist also die Relation zwischen Kohlenstoff (53) und Stickstoff (16) im Eiweiss gleich 3,3 : 1. Man multiplizirt also die Menge des Gesamratstickstoffes der Ausscheidungen mit 3,3, und der Ueberschuss an Kohlenstoff' in den Ausscheid- ungen, welcher mehr als das gefundene Produkt vorhanden ist, repräsentirt den Kohlenstoff der zerfallenen stickstofffreien Verbindungen. Wenn also in einem Falle eine Versuchsperson im Laufe von 24 Stunden 10 g Stickstoff und 200 g Borechnung Kohlenstoff ausgeschieden hätte, so würde dies 62,5 g Eiweiss mit 33 g Kohlen- der Grosse » ' > o o des Um- gfQfj^ entsprechen; und die Differenz 200— (3,3 X 10) = 167 würde also die Menge Kohlenstoff in den zerfalleneu stickstofffreien Verbindungen angeben. Gebt mau ferner von dem einfachsten Falle, dem Hungerzustande aus, wobei der Körper auf Kosten seiner eigenen Körpermasse lebt, so dürfte man, da die Menge der Kohlehydrate im Körper derjenigen des Fettes gegenüber nur äusserst gering ist, in einem solchen Falle ohne nennenswerthen Fehler die Annahme machen können, dass die Versuchsperson hauptsächlich nur Fett neben Eiweiss verbraucht habe. Da das thierische Fett im Mittel 76,5 °/o Kohlenstoff enthält^ so kann man also die Menge des umgesetzten Fettes durch Multiplikation des Kohlenstoffes mit = lj3 berechnen. In dem als Beispiel gewählten Falle 76,5 würde also das Versuchsindividuum im Laufe von 24 Stunden von seiner eigenen Körpermasse 62,5 g Eiweiss und 167 X 1,3 = 217 g Fett verbraucht haben. Von der Stickstoffbilanz ausgehend, kann man auf dieselbe Weise be- rechnen, ob ein Ueberschuss an Kohlenstoff in der Nahrung im Vergleich zu der Menge Kohlenstoff in den Exkreten als Eiweiss oder Fett oder als Beides im Körper zurückgehalten wird. Ebenso kann man umgekehrt bei einem Ueber- schuss an Kohlenstoff in den Exkreten berechnen, in wie weit der Verlust an Körpersubstanz von einem Verbrauch an Eiweiss oder Fett oder diesen beiden Stoffen herrührt. Die INIenge des mit Harn und Exkrementen ausgeschiedenen Wassers und der ausgeschiedenen Mineralstoffe lässt sich leicht bestimmen. Das durch Haut ßestimmun? und Lungen ausgeschiedene Wasser kann mittelst des PETTENKOFER'schen der Salze Apparates direkt Ijestimmt werden. Die Menge des aufgenommenen Sauerstoffes Sauerstoffes, wird bei Anwendung dieses Apparates als Differenz zwischen dem Anfangs- 1) Diebc Zahl dürfie doch vielleicht eiu wenig zu hoch sein. Respiratorischer Quotient. 563 gewichte des Versuohsindividuums plus allen seinen direkt bestimmbaren Ein- nahmen einerseits und dem Eudgewichte plus allen Ausgaben andererseits be- rechnet. Der Sauerstoff kann aber auch nach den im vorigen Kapitel angegebeneu Methoden direkt bestimmt werden und eine solche Bestimmung ist, bei gleich- zeitiger Bestimmung der in derselben Zeit ausgeschiedenen Kohlensäure, von grosser Bedeutung für das Studium des Stofiwechsels. Ein Vergleich der ein- und ausgeathmeten Luft lehrt, dass, wenn beide Luftvolumina trocken bei derselben Temperatur und demselben Drucke gemessen werden, das Volumen der exspirirteu Luft kleiner als das der inspirirten ist. Dies rührt daher, dass nicht aller Sauerstoff als Kohlensäure in der Exspira- Rospiraton- tionsluft wieder erscheint, indem er nämlich nicht allein zur Oxydation des tient. Kohlenstoffes, sondern zum Theil auch zur Bildung von Wasser, Schwefel.'iäure und anderen Stofi'en verwendet wird. Das Volumen der exspirirten Kohlen- säure ist also regelmässig kleiner als dasjenige des inspirirten Sauerstoffes und die Relation _^'' ^^'^ "^''^^^ ^^^ respiratorischen Quotienten nennt, erreicht also regelmässig nicht die Grösse 1. Die Grösse des respiratorischen Quotienten hängt von der Art der im Körper zerfallenden Stoffe ab. Bei der Verbrennung von reinem Kohlenstoff liefert ein Volumen Sauerstoff ein Volumen Kohlensäure, und der Quotient ist in diesem Falle gleich 1. Dasselbe muss auch bei Verbrennung von Kohle- hydraten der Fall sein, und bei vorwiegender Kohlehydratzersetzung im Thier- körper muss also der respiratorische Quotient der Grösse 1 sich nähern. Bei re>piratori- vorwiegendem Eiweissumsatz nähert er sich der Zahl 0,73 und bei vorwiegender tienten. Fettzersetzung der Grösse 0,7. Im Hungerzustande, da die Thiere vom eigenen Fleisch und Fett zehren, muss er sich folglich dem letzteren Werthe nähern. Der respiratorische Quotient giebt also wichtige Aufschlüsse über die Qualität des im Körper zersetzten Materiales, natürlich unter der Voraussetzung, dass nicht durch besondere Einflüsse, wie durch Aenderung der Athemmechanik, die Kohlensäureausscheidung unabhängig von der Kohlensäurebildung beeinfiussl wird. Es ist ferner bei geeigneter Versuchsanordnung möglich, die Stoflwechsel- versuche derart zu leiten, dass wenigstens innerhalb kürzerer Zeiträume das sauoratoir- Zersetzungsmaterial im Körper — wie der respiratorische Quotient zeigt — "^^is ' m "^s.' qualitativ dasselbe bleibt. Bei solcher Versuchsanordnung kann mau, wie nament- **^,'",p^®^^^" lieh ZuxTZ und seine Schüler^) gezeigt haben, die Grösse des Sauersloffver- "" ^^^' brauches als Mass für die Einwirkung verschiedener Einflüsse auf die Grosse des Stoffwechsels verwerthen. Diese Möglichkeit basirt auf der namentlich von 1) Vergl. Kap. 17. Fussuote 1. S. 553, 36- 564 Achtzehntes Kapitel. Kalorien. Pflüger ^) und seinen Schülern und von Voit^) festgestellten Thatsache, dass der Sauerstoffverbrauch innerhalb weiter Grenzen von der Sauerstoffzufuhr un- abhängig ist und ausschliesslich durch das Sauerstoffbedürfniss der Gewebe bedingt wird. Aus gewissen Gründen^) ermöglicht sogar der Sauerstoffverbrauch einen besseren Schluss auf die Grösse des Stoff- und Kraftwechsels als die Kohlensäureausscheidung; da aber dieselbe Menge Sauerstoff (100 g) verschiedene ^Mengen von Fett, Kohlehydraten und Eiweiss — nämlich bezw. 35, 84,4 und 74,4 g — im Körper verbrennt, muss, wie oben gesagt, zur Ermittelung der Natur der im Körper verbrannten Stoffe durch gleichzeitige Bestimmung der Kohlensäureausscheidung der respiratorische Quotient ebenfalls bestimmt werden. I. Die potentielle Energie und der relative Nährwerth der verschiedenen organischen Nährstoffe. Mit den organischen Nährstoffen wird dem Organismus ein Vorrath an potentieller Energie zugeführt, die dann im Körper in lebendige Kraft umge- setzt wird. Diese potentielle Energie der verschiedenen Nährstoffe kann be- kanntlich durch die Wärmemenge ausgedrückt werden, die bei ihrer Verbrennung frei wird. Diese Wärmemenge drückt man in Kalorien aus und man bezeichnet als die kleine Kalorie diejenige Wärmemenge, welche zum Erwärmen von 1 g Wasser von 0 ° auf 1 ^ C. erforderlich ist. Die grosse Kalorie ist die zum Er- wärmen von 1 kg Wasser um 1 *^ C. erforderliche Wärmemenge. Hier und in tiem Folgenden wird stets mit grossen Kalorien gerechnet, lieber den Kalorien- werth der verschiedenen Nährstoffe liegen zahlreiche Untersuchungen verschiedener Forscher, wie Frankland, Danilewski, Rubner^), Berthelot ^), Stohmann^) u. A., vor. Die folgenden Zahlen, welche den Kalorienwerth einiger Nahrungs- mittel bei vollständiger Verbrennung ausserhalb des Körpers bis zu den höchsten Oxydationsprodukten repräsentiren , sind der letzten Arbeit von Stohmann') entnommen. 1) Vergl. Pflügek in seinem Arch. Bdd. (J, 10 u. 14, FiNKLEK, ebend. Bd. 10, Finkler und Oektmaxn ebend. Bd. 14. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bdd. 11 u. 14. 3j Vergl. Ad. Magnus-Levy, Pflüger's Arch. Bd. 55. S. 7. 4) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 21, wo auch die Arbeiten von Fkaxkland und Danilewski citirt sind. 5) Couipt. rend. Tomes 102, 104, 110. 6) Vergl. namentlich : Ueber den Wärmewerth etc. Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31. 7) 1. c. Kalorienwerth der Nährstoffe. 565 Kaseia 5,86 Kai. Eieralbumin 5,74 , Konglutin 5,48 , Eiweisstoffe (Mittelzahl; . 5,71 „ Kalorien- Thierisches Gewebefett . . 9,50 , werth eini- Butterfett 9,23 , o^nwmittei Eohrzucker 3,96 , Milchzucker 3,95 , Glukose 3,74 , Stärkemehl 4,19 , Fette und Kohlehydrate werden im Körper vollständirr verbrannt, und man kann darum auch im Grossen und Ganzen deren Verbrennungswerth als ein Mass der von ihnen innerhalb des Organismus entwickelten lebendigen Kraft betrachten. Als Mittelzahlen für den physiologischen Wärraewerth der Fette und der Kohlehydrate bezeichnet man auch allgemein die Werthe 9,3 bezw. 4,1 Kalorien für je l g Substanz. Anders als die Fette und Kohlehydrate verhält sich das Eiweiss. Es wird nur unvollständig verbrannt und es liefert gewisse, mit den Exkreten den Körper verlassende Zersetzungsprodukte, welche eine bestimmte Menge poten- tieller Energie, die für den Körper verloren geht, noch repräsentiren. Die Ver- brennungswärme des Eiweisses ist also innerhalb des Organismus kleiner als ausserhalb desselben und sie muss demnach besonders bestimmt werden. Zu dem Zwecke hat Rubner^) Hunde mit ausgewaschenem Fleisch gefüttert und nn^swirme er zog dann von der Verbrennungswärme des letzteren die Verbrennungswärme weisses, des Harnes und der Exkremente, welche der aufgenommenen Nahrung ent- sprachen, plus die zur Quellung der EiweissstoÖe und zur Lösung des Harn- stoffes erforderliche Wärmemenge ab. Ebenso hat Rubner die Verbrennungs- wärme des im Körper des Kaninchens beim Hungern zersetzten Eiweisses (Muskeleiweiss) zu bestimmen versucht. Nach diesen Untersuchungen ist die physiologische Verbrennungswärme in Kalorien für je 1 g Substanz folgende. 1 g Trockensubstanz Kalorien Eiweiss aus Fleisch 4,4 Muskel 4,0 Eiweiss beim Hungern 3,8 Fett (Mittelzahl für verschiedene Fette) 9,3 Kohlehydrate (berechneter Mittel werth) 4,1 Die physiologische Verbrennungswärme der verschiedenen, zu derselben Gruppe gehörenden Nährstoffe ist nicht ganz dieselbe. So ist sie beispielsweise für einen vegetabilischen Eiweisskörper, das Konglutin, 3,97 und für einen animalischen, das Syntonin, 4,42 Kalorien. Als Normalzahl kann man nach RuBNEK die Verbrennungswärme, pro 1 g, für animalisches P^iweiss zu 4,23 und für vegetabilisches Eiweiss zu 3,96 Kalorien berechnen. — Wenn der Mensch bei gemischter Kost etwa 60°/o des Eiweisses aus animalischen und 1) Zeitschr. f. Biologie. T.d. 21. 566 Achtzehntes Kapitel. etwa 40 "/o aus vegetabilischen Nahrungsmitteln aufnimmt, so kann man den Nutzeffekt von 1 g Eiweiss der Nahrung zu rund etwa 4,1 Kalorien be- rechnen. Der physiologische Nutzeffekt einer jeden der drei Hauptgruppen or- ganischer Nährsubstanz bei deren Zersetzung im Körper wird also in abge- rundeten Zahlen : Physiolo- Kalorien erische Ver- < -n- • i < brennunps- 1 S Eiweiss =4,1 wärme der 1 g Fett = 9,3 Nährstoffe. 1 g Kohlehydrat . . . =4,1 Wie in dem Folgenden gezeigt werden soll, können Fette und Kohlehydrate den Eiweissumsatz im Körper herabsetzen, während umgekehrt auch die Menge des Eiweisses im Körper oder in der Nahrung auf den Fettumsatz im Körper einwirkt. Bei der physiologischen Verbrennung können also die verschiedenen Nährstoffe bis zu einem gewissen Grade sich vertreten, und es ist also von Wichtigkeit zu wissen, in welchen Mengenverhältnissen sie zum Ersatz für ein- ander eintreten können. Von Rubner ausgeführte Untersuchungen haben nun gelehrt, dass dies, wenn es um die Kraft- und Wärmeerzeugung im Thierkörper sich handelt, in Verhältnissen geschieht, welche den resp, Zahlen für die Ver- brennungswärme derselben entsprechen. Dies ist auch aus der folgenden Tabelle ersichtlich. In dieser findet man nämlich diejenigen Gewichtsmengen der ver- schiedenen Nährstoffe, welche mit 100 g Fett gleichwerthig sind, und zwar theils wie sie bei Versuchen an Thieren gefunden worden und theils wie. sie aus den Zahlen der Verbrennungswärme sich berechnen lassen. Tab. I. 100 g Fett sind gleichwerthig oder isodynaui mit: Xach Thierversuchen Nach der Verbrennungswärme Differenz ("/q) Isodvname Syntoniu 225 213 + 5,6 Werthe der Muskelfleisch (trocken) . 243 235 + 4,3 Nährstoffe. gj^rke 232 229 + 1,3 Rohrzucker 234 235 — 0 Traubenzucker .... 256 255 — 0 Aus den hier mitgetheilteu iäodynanum Wertheti der verschiedenen Nähr- stoffe ergiebt sich also, dass diese Stoffe im Körper einander fast genau nach Massgabe ihres Inhaltes an potentieller Energie vertreten. Es sind also als Kraftquellen für den Thierkörper im Mittel 227 g Eiweiss oder Kohle- hydrate und 100 g Fett gleichwerthig oder isodynam, denn bei ihrer Verbrenn- ung im Körper liefert jede dieser Grössen 930 Kalorien. Durch neue, sehr wichtige kalorimetrische Untersuchungen hat Rubner ^) ferner gezeigt, dass die von einem Thiere in verschiedenen, über 45 Tage sich erstreckenden Versuchsreihen produzirte Wäi-nie bis auf nur 0,47 °/o der aus 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 30. Der Stoffwechsel beim Hungern. 567 den zersetzten Körper- und Nahrungsstoffen berechneten physiologischen Ver- bren nun gswiirrae vollkommen entsprach. Das Gesetz der Isodynamie ist von fundamentaler Bedeutung für die Lehre von dem Stoffwechsel und der Ernährung. Durch dieses Ge.setz eröffnet sich die ^löglichkeit, die Vorgänge des Stoffwechsels mehr einheitlich zu be- trachten. Der Energieinhalt der Nahrungsstoffe kann als Mass für den Ge- sammtenergieverbrauch benutzt werden, und die Kenntniss von dem Energie- inhalt der Nährstoffe muss auch die Grundlage für die Berechnung des Kost- inasses des Menschen unter verschiedenen Verhältnissen sein. II. Der Stoffwechsel beim Hungern. Beim Hungern finden die Zersetzungen im Körper ununterbrochen statt; da sie aber auf Kosten der Körpersubstanz geschehen, können sie nur eine be- grenzte Zeit fortfahren. Wenn das Thier einen bestimmten Bruchtheil seiner Körperraasse verloren hat, tritt der Tod ein. Dieser Bruchtheil schwankt mit •lern Zustande des Körpers am Anfange der Hungerperiode. Fette Thiere er- liegen erst, wenn das Körpergewicht auf etwa ^'2 des Anfangsgewichtes gesunken ist. Sonst sterben Thiere nach Chossat^) im Allgemeinen, wenn das Körper- gewicht auf ^'5 des ursprünglichen Gewichtes gesunken ist. Der Zeitpunkt, Eintritt des bei welchem der Hungertod eintritt, schwankt nicht nur nach dem verschiedenen todes. Ernährungszustande am Anfange der Hungerperiode, sondern auch nach dem mehr oder weniger lebhaften Stoffwechsel. Dieser ist bei kleinen und jüngeren Thieren reger als bei grösseren und älteren, aber auch bei verschiedenen Thicr- klassen zeigt er eine ungleiche Lebhaftigkeit. Kinder sollen schon nach 3 — ö Tagen, nachdem sie etwa ^U ihrer Körpennasse eingebüsst haben, dem Hunger- tode erliegen Erwachsene können, wie die Beobachtungen au Succi'-) gelehrt haben, ohne nachhaltige Schädigung 20 Tage hungern; und es liegen sogar Angaben über ein 40 — 50tägiges Hungern vor. Hunde sollen 4 — 8 Wochen, Vögel 5 — 20 Tage, Schlangen mehr als ein halbes Jahr und Frösche mehr als ein Jahr hungern können. Beim Hungern nimmt das Körpergeiciclit ab. Der Gewichtsverlust ist am grössten in den ersten Tagen und nimmt dann ziemlich gleichmässig ab. y^^^^j^,^ Bei kleinen Thieren ist der absolute Gewichtsverlust pro Tag selbstverständlich «los^KOrpor. kleiner als bei grossen Thieren. Der relative Gewichtsverlust — d. h. der Ge- jj^'^™^^ wichtsverlust auf die Einheit des Körpergewichtes, 1 kg, bezogen — ist dagegen 1) Cit. nach VoiT in IIeiimann's llaudhuch. 15.1. «J. Tlil. 1. S 100. -) Vergl. Lici.vNl. Pas lluni.'ern. llanibun; und I.«ipzig 1S90. 568 Achtzehntes Kapitel. grösser bei kleinen als bei grossen Thieren. Der Grund hierzu liegt darin, dass die kleinen Thiere eine im Verhältnis? zu ihrer Körpermasse grössere Körper- oberfläche als die grösseren Tbiere haben und den hierdurch bedingten grösseren Wärmeverlust durch einen regen StofTverb rauch ersetzen müssen. Aus der Abnahme des Körpergewichtes folgt, dass die absolute Grösse des Umsatzes beim Hungern abnehmen muss. Bezieht man dagegen die Grösse des Umsatzes auf die Einheit des Körpergewichtes, d. h. auf 1 kg, so findet man, dass diese Grösse während des Hungerns fast unverändert ist. Die Untersuchungen Gas- von ZuNTZ, LEHMANN u. A.^) an dem Hungerkünstler Cetti ergaben also z. B. am 3. — 6. Tage des Hungerns einen Sauerstoffverbrauch pro kg und Minute von durchschnittlich 4,65 ccm und am 9. — 11. Tage von durchschnittlich 4,73 ccm. Der Kalorienumsatz, als Mass des Stoffwechsels, fiel vom 1. — 5. Hungertage von 1850 auf 1600 Kai. oder pro kg von 32,4 auf 30, und er war also, auf die Einheit des Körpergewichtes bezogen, fast unverändert. Da der Stoffwechsel beim Hungern also auf Kosten der eigenen Körper- bestandtheile geschieht, so muss er im Wesentlichen in derselben Weise bei Fleisch- und Pflanzenfressern verlaufen. Da indessen die Nahrung des Pflanzen- fressers gewöhnlich relativ reicher an Kohlehydraten oder stickstofffreien Nähr- rflanzen- u. stoflfen überhaupt als die des Fleischfressers ist, so wird beim Hungern der Fleisch- ^ ^ > to fresser. Körper des Pflanzenfressers relativ reicher an Eiweiss. In Folge hiervon kann auch in der ersten Zeit der Hungerperiode die Stickstoffausscheidung bei dem Pflanzenfresser vermehrt werden. Beim Fleischfresser nimmt dagegen die Stick- stoffausscheidung gleich von Anfang der Hungerperiode an in der Regel ab, und in den späteren Perioden der Hungerzeit wird sowohl bei Pflanzen- wie bei Fleischfressern nur eine geringe Menge Stickstoff abgesondert. Die Grösse des Ein-eissmnsakes oder als Mass desselben die Stickstoff- ausscheidung mit dem Harne zeigt jedoch beim Fleischfresser keine während der ganzen Hungerperiode gleichförmige Abnahme. Während der ersten Hunger- tage ist die Stickstoffausscheidung am grössten und die Grösse derselben hängt wesentlich von dem Eiweissgehalte des Organismus und der Beschaffenheit der vorher aufgenommenen Nahrung ab. Je reicher an Eiweiss der Körper durch die vorher aufgenommene Nahrung geworden ist, um so grösser ist der ^sjuz'bo^m Eiweissumsatz, resp. die Stickstoffausscheidung, am ersten Hungertage. Die Ge- Hungern. gchwiudigkeit, mit welcher die Stickstoffausscheiduug in den ersten Tagen ab- nimmt, hängt nach VoiT auch von dem Eiweissbestande des Körpers ab. Sie nimmt rascher ab, d. h. die Kurve ihrer Abnahme ist in den ersten Hunger- tagen steiler, in dem Masse wie die vor dem Hungern aufgenommene Nahrung reicher an Eiweiss gewesen ist. Diese Verhältnisse sind aus der folgenden tabellarischen Zusammenstellung ersichtlich. Die Tabelle enthält drei verschiedene. 1 1) Berlin, klin. "NVochenschr. 188' Der Stoffwechsel beim Hungern. 569 von VoiT^) an demselben Hunde ausgeführte Hungerversuche. Der Versuchs- hund hatte vor der Versuchsreihe I täglich 2500 g Fleisch, vor der Reihe H täglich 1.500 g Fleisch und vor der Reihe IH eine gemischte, verhältnissmässig ßtickstoffarme Nahrung erhalten. Tab. II. Harnstoirausscheidung in g in 24 St. Hungertag Ser. I Ser. II Ser. HI. 1 60,1 2C,5 13,8 2 24,9 18,6 11,5 3 19,1 15,7 10,2 4 17,3 14,9 12,2 5 12,3 14,8 12,1 6 13,3 12,8 12,6 7 12,5 12,9 11,3 8 10,1 12,1 10,7 Auf die Geschwindigkeit, mit welcher die StickstofFausscheidung in den ersten Hungertagen abnimmt, üben jedoch auch andere Umstände, wie ein ver- schiedener Fettgehalt des Körpers, einen Einfluss aus. Nach Verlauf der ersten Hungertage wird jedoch, wie aus der obigen Tabelle ersichtlich, die Stickstoff- ausscheidung gleichmässiger, und im weiteren Verlaufe der Hungerperiode nimmt _. sie in der Regel sehr langsam und gleichmässig ab. Es kommen indessen [ji' *>«'"> auch Fälle vor, in welchen in diesem Stadium der Hungerperiode die Stick- stofFausscheidung konstant wird, und gegen Ende derselben kann sogar ein An- steigen der StickstofFausscheidung eintreten. Dieses sogen, prämortale Ansteigen tritt jedesmal ein, sobald der Fettbestand am Körper unter eine gewisse Grösse gesunken ist, und es rührt daher, dass, sobald das Fett verbraucht worden ist, für die Entwickelung der Wärme und anderer Formen lebendiger Kraft eine entsprechend gesteigerte Eiweisszersetzung noth wendig wird. Das im Körper neben dem Eiweiss sich vorfindende Fett wird beim Hungern auch zersetzt. Da das Fett indessen einen den Eiweisszerfall be- schränkenden Einfluss hat (vergl. weiter unten), so wird die Stickstoffausscheidung ^ ° ' ^ W irkuni;des beim Hunsern kleiner bei fetten als bei mageren Individuen. Während man Fettes auf f " ... >i^'* Eiwei>s- also beispielsweise bei gutgenährteu und fetten Geisteskranken für die spätere umsuu. Zeit des Hungerns eine HarnstofFausscheidung von nur 9 g pro 24 Stunden be- obachtet hat, fand J. Munk bei dem schlecht genährten Hungerkünstler Cetti*) eine tägliche HarnstofFausscheidung von 20 — 29 g. Wie der Eiweisszerfall geht während des Hungerns auch die Fcffzersetzunfi ^. ^^ ununterbrochen fort. Die Fettzersetzung zeigt jedoch nicht immer in den ersten boim Hungertagen eine so rasche und starke Abnahme wie der Eiweisszerfall. So 1) Physiol. des Stoflwechsels etc. in Hekmakn's Handbuch. Bd. 6. Tbl. 1. S. 89. 2) 1. C. 570 Achtzehutes Kapitel. fanden beispielsweise Pettenkofer und VoiT bei einem hungernden Hunde an den verschiedenen Hungertagen folgende Verluste an Körpereiweiss und Körperfett. Tab. III. gertag Verlust an Verlust an Fleisch (Kalorien ') Fett (Kalorien) 2 . . 341 297,3 86 799,8 5 . . . . 167 145,0 103 957,9 8 . . . 138 120,1 99 920,7 Kalorien- umsat^. Der Fettverbrauch war also am zweiten Tage, an welchem die Eiweiss- zersetzung bedeutend war, sogar geringer als in den folgenden Tagen. Der Grund hierzu war der, dass das Thier vorher mit reichlichen Mengen Fleisch (2500 g) gefüttert worden war. Drückt man den Umsatz in Kalorien aus, so findet man für den fünften und achten Hungertag, dass von den Gresammt- kalorien nur 18,2, bezw. ll,5*^/o durch die Zersetzung von Eiweiss und 86,8 bezw. 88,5 ^/o durch die Zersetzung von Fett gedeckt waren. Andere Beob- achtungen sowohl an Thieren wie an Menschen haben zu äholichen Ergebnissen geführt, und man kann behaupten, dass beim Hungern gewöhnlichenfalls der grösste Theil der Ausgaben durch Zersetzung von Fett und nur ein kleiner Theil durch Zersetzung von Eiweiss gedeckt wird. Die Untersuchungen über den Gaswechsel beim Hungern haben, wie schon oben erwähnt wurde, gelehrt, dass die absolute Grösse desselben dabei zwar abnimmt, dass aber, wenn Sauerstoffverbrauch und Kohlensäureaus- scheidung auf die Einheit des Körpergewichtes — 1 kg — berechnet werden, diese Grösse zwar rasch auf ein Minimum herabsinkt, dann aber unverändert heim bleibt oder im weiteren Verlaufe des Hungerns sogar eher ansteigt. Es ist ungern. ^^^^,^ gjjjg allgemein bekannte Thatsache, dass die Körpertemperatur hungernder Thiere während des allergrössten Theiles der Hungerperiode sich ziemlich kon- stant erhalten kann, ohne eine nennenswerthe Abnahme zu zeigen. Erst wenige Tage vor dem Tode sieht man die Eigenwärme der Thiere absinken, und bei etwa 3y — 30*^ C. tritt der Hungertod ein. Aus dem in dem Vorigen von dem respiratorischen Quotienten Gesagten folgt, dass er beim Hungern etwa derselbe wie bei ausschliesslicher Fett- und Fleischnahrung werden und also um die Grösse 0,7 sich bewegen muss. Dem Respiratori- '^ . scher Quo- ist auch oft so: aber er kann auch, wie in den Beobachtungsreihen an Cetti tient. ° . und Succi, sogar niedriger, 0,65 — 0,50, werden. Zur Erklärung dieses uner- warteten Verhaltens ninmit man eine Aufspeicherung unvollkommen oxydirter Substanzen im Körper während des Hungerns an. 1) Die Kalorien des zersetzten Eiweisses sind vom Verf. unter der gewöhnlichen An- nahme von 3,4"/o P^i Weissstickstoff im Fleische berechnet worden. Stofi Wechsel beim Hungern. 571 Wasser wird beim Hungern ununterbrochen von dem Körper abgegeben, selb.>^t wenn kein Wasser ihm zugeführt wird. Wird der Gehalt der eiweiss- Ausscheid- ° ung des reichen Gewebe an Wasser zu 70 — 80 "/o und der Gehalt derselben an Eiweiss "«'assers. zu rund 20*^/0 angenommen, so müssen also für je 1 g zerfallenes Eiweiss etwa 4 g Wasser frei werden. Ein besonders gesteigertes Bedürfiiiss an Wasser scheint auch bei hungernden Thieren nicht vorzukommen. Die Miner ahtofl'p verlassen ebenfalls bis zum Tode ununterbrochen den Ivörper beim Hungern, und bei ihrer Ausscheidung ist der Einfluss der zer- fallenden Gewebe deutlich erkennbar. Wegen des Zerfalles der kalireichen Ge- ^ , , '^ Verhalten webe ändert sich beim Hungern die Relation zwischen Kalium und Natrium *«'' Mi''erai- ö Stoffe. in dem Harne derart, dass, dem normalen Verhalten entgegen, das Kalium in verhältnissmässig grösserer Menge ausgeschieden wird, Munk hat ferner an Cetti^) eine, von einem gesteigerten Umsatz der Knochensubstanz herrührende, relative Vermehrung der Phosphorsäure und des Calciums im Harne beim Hungern beobachtet. Von besonderem Interesse ist die Frage nach der Betheiligung der ver- schiedenen Organe an dem Gewichtsverluste des Körpers während des Hungerns. QeT»i-ichu Um diese Frage zu beleuchten, werden hier die Resultate der von Chossat'*) veriuste der Orpane und an Tauben und von Voit-) an einem Kater ausgeführten Untersuchungen über Oewet^. den Gewichtsverlust der verschiedenen Organe mitgetheilt. Die Zahlen geben nge seiner festen Bestauti- theile nimmt, wie Panum^) gezeigt hat, in dem.selben Verhältnisse wie das Körper- gewicht ab. Hinsichtlich des Verlustes der verschiedenen Organe an Wasser 1) 1. c. •-') Cit. nach VoiT in Hek.mann's Handl-ueh. IM. 6. ThI. 1. S. 96 luul 97. 3) ViRCHOw's Arch. Ikl. 2f). 572 Achtzehntes Kapitel. sind die Angaben etwas streitig; nach Lukjanow^) scheinen jedoch in dieser Hinsicht die verschiedenen Organe sich etwas verschieden zu verhalten. Die oben mitgetheilten Zahlen können nicht als Mass des Stoffwechsels der verschiedenen Organe im Hungerzustande dienen. Wenn also beispielsweise das Nervensystem, den anderen Organen gegenüber, nur eine geringe Gewichts- abnahme zeigt, so darf dies nicht so gedeutet werden, als würde der Stoffwechsel Stoffwechsel Jq diesem Organs5'stem am wenigsten lebhaft sein. Das Verhalten kann ein derverschie- o j o denen Cr- ganz anderes sein; das eine Organ kann nämlich während des Hungerns seine Nahrung von dem anderen beziehen und auf Kosten desselben leben. Der Ge- wichtsverlust der Organe beim Hungern kann also keine sicheren Aufschlüsse über die Lebhaftigkeit des Stoffwechsels in jedem einzelnen Organe geben. Die Kenutniss des Stoffwechsels beim Hungern ist von grosser Bedeutung für die ganze Lehre von der Ernährung und sie bildet gewassermassen den Aus- gangspunkt für das Studium des Stoffwechsels unter verschiedenen physiologischen und pathologischen Zuständen. Zur Beantwortung der Frage, ob der Stoff Wechsel eines Menschen in einem speziellen Falle abnorm gesteigert, bezw. herab- gesetzt ist, muss es natürlich auch sehr wichtig sein, die mittlere Grösse des Stoffwechsels bei gesunden Menschen unter für den Vergleich geeigneten Um- ständen zu kennen. Als solche Grösse, kann man den sogen. Nüchternwerth, Nüchtern- d. h. die Grösse des Stoffwechsels bei absoluter körperlicher Ruhe und Unthätig- ^*^stoff-^^ keit des Darmkanales benutzen. Als Mass dieser Grösse bestimmt man nach wec se s. Qj^ppjjß.p.2uj^-P2 die Grösse des Gas wechseis und besonders des Sauerstoffver- brauches bei ruhig liegenden, am besten schlafenden Personen morgens früh und mindestens 12 Stunden nach einer letzten, an Kohlehydraten nicht reichen, kleinen Mahlzeit. Die Gasvolumina, auf 0° C. und 760 mm Hg-Druck redu- zirt, berechnet man dann auf 1 kg Körpergewicht und 1 Minute. Die gefun- denen Zahlen schwanken für den Sauerstoffverbrauch zwischen 3 und 4,5 und für die Kohlensäure zwischen 2,5 und 3,5 ccm. Als Mittel kann man die Zahlen 3,81 ccm Sauerstoff und 3,08 ccm Kohlensäure annehmen-). Die Grösse des Eiweisszerfalles kann natürlich nicht in kurzdauernden Versuchsreihen ermittelt werden und aus oben angeführten Gründen sind nur die nach dem Verlaufe von den ersten Hungertagen gefundenen Werthe brauch- bar. In den Hungerversuchen an Cetti und Succi war die Stickstoffabgabe pro kg in den 5 — 10 Hungertagen 0,150—0,202 g N. III. Der Stoffwechsel bei unvollständiger Nahrung. Die Nahrung kann quantitativ unzureichend sein und der höchste Grad hiervon ist die absolute Inanition oder Carenz. Die Nahrung kann jedoch auch 1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13. 2) Diese Zahlen sind dem Lehrbuche v. Noorden's, S. 94, entlehnt. Mangel an Wasser und Mineralstofl'en. 573 qualitativ unzureichend oder, wie man auch sagt, unvollständig sein. Dies findet unza- statt, wenn irgend einer der nothwendigen Nährstoffe in der Nahrung fehlt, und* unvoii- während die übrigen in sonst genügender oder vielleicht sogar überschüssiger Nahran|. Menge darin vorkommen. Mangel au Wasser in der Nahrung. Die Menge des Wassers im Or- ganismus ist am grössteu während des Fötallebens und nimmt dann mit zu- nehmendem Alter ab. Sie ist selbstverständlich auch in verschiedenen Organen wesentlich verschieden. Das wasserärmste Gewebe des Körpers ist der Zahn- schmelz, welcher fast wasserfrei (2 p. m. Wasser) ist. Arm an Wasser sind jje„^„ ^^ ferner: das Zahnbein mit gegen lüO p. m. und das Fettgewebe mit 6Ü — 12U p. m. ^j^',".'" Wasser. Reicher an Wasser sind die Knochen mit 140 — 440 und das Knorpel- ^o'"'"- gewebe mit 540 — 740 p. m. Noch wasserreicher sind Muskeln, Blut und Drüsen mit 750 bis mehr als 800 p. m. In den thierischen Säften ist der Wasser- gehalt (vergl. die vorigen Kapitel) noch grösser und der erwachsene Körper als Ganzes enthält rund 630 p. m. Wasser^). Erinnert man sich, dass der Thier- organismus also zu ^/s aus Wasser besteht, dass das Wasser von der aller- physioio- grössten Bedeutug für die normale, physikalische Beschaffenheit der Gewebe ist, j^^ung*^s dass ferner alle Saftströmung, aller Stoffumsatz, alle Zufuhr von Nahrung, aller '^^a''»«"- Zuwachs oder Zerfall und alle Abfuhr der Zerfallsprodukte an die Gegenwart von Wasser gebunden ist, welches ausserdem durch seine Verdunstung zu einem wichtigen Regulator der Körpertemperatur wird, so ist es ohne weiteres ersicht- lich, dass das Wasser ein nothwendiges Lebensbedingniss sein muss. Wird der Wasserverlust nicht durch Zufuhr von Wasser ersetzt, so muss deshalb auch der Organismus früher oder später zu Grunde gehen. Mangel an Mineralstofen in der Nahrung. Es ist hauptsächlich das Verdienst Liebig's, den Nachweis geführt zu haben, dass die Mineralstoffe für die normale Zusammensetzung der Gewebe und Organe wie auch für den nor- malen Verlauf der Lebensvorgänge ebenso nothwendig wie die organischen Körperbestandtheile sind. Diese Bedeutung der Mineralbestaudtheile erhellt schon daraus, dass es kein thierisches Gewebe und keine thierische Flüssigkeit giebt, in welchen nicht Mineralstoffe enthalten sind, und ferner daraus, dass Bedoutunfc .,.,., und Menpo gewisse Gewebe oder Gewebselemente regelmässig vorwiegend gewisse und nicht der Mineral- andere Mineralstoffe enthalten, was durch die ungleiche Vertheilung der Kalium- und Natriuraverbindungen auf Gewebe und Flüssigkeiten beleuchtet wird. Mit Ausnahme von dem Skelet, welches gegen 220 p. m. Mineralstoffe enthält (Volkmann 2), sind die thierischen Flüssigkeiten oder Gewebe arm an anorgani- schen Bestandtheilen und ihr Gehalt an solchen beträgt im Allgemeinen nur etwa 10 p. m. Von der Gesammtmenge der Mineralstoffe im Organismus kommt 1) Vergl. VoiT in Uer.mann's Handbuch. Dd. 6. Tbl. 1. S. 345. 2) Ebend. S. 353. 574 Achtzehntes Kapitel. der allergrösste Theil, 830 j). m., auf das Skelet uud demnächst die grösste Menge, etwa 100 p. m., auf die Muskeln (Volkmann). Die Mineralstofte scheinen zum Theil in den Säften gelöst und zum Theil an die organische Substanz gebunden zu sein. In Uebereinstimmung hiermit hält der Organismus auch bei Salzmangel der Nahrung hartnäckig einen Theil der Mineralstoffe zurück, auch solche, welche wie die Chloride dem Anscheine nach einfach gelöst sind. Bei der Verbrennung der organischen Substanz werden die an die letztere gebundenen Mineralstoffe frei und können eliminirt werden. Man hat jedoch auch angenommen, dass sie zum Theil von neugebildeten Ver- brennungsprodukten gebunden werden, zum Theil auch von salzarmen oder fast salzfreien, aus dem Darmkanale resorbirten organischen Nahrungsstoffen in Be- schlag genommen und dadurch zurückgehalten werden können (Voit, Förster^). Wenn diese Annahmen richtig sind, so lässt es sich denken, dass eine stetige Zufuhr von Mineralstoffen mit der Nahrung nicht absolut nothwendig sei, und dass die Menge anorganischer Stoffe, welche zugeführt werden muss, B d f jeflöi^fälls nur eine sehr geringfügige sein dürfte. Wie dem sei, ist besonders an Mineral- fQj. (jgjj Menschen noch nicht genügend erforscht wox'den ; im Allgemeinen be- trachtet man aber den Bedarf des Menschen an Mineralstoffen als sehr gering. Sicher dürfte es jedenfalls sein, dass der Mensch gewöhnlich mit der Nahrung einen bedeutenden Ueberschuss von !Mineralstoffen aufnimmt. Ueber die Wirkung einer ungenügenden Zufuhr von INIineralstoffen mit der Nahrung sind von mehreren Forschern, besonders von Forster, Unter- suchungen an Thieren ausgeführt worden. Bei Versuchen an Hunden und Tauben mit einer an Mineralstoffen möglichst armen Nahrung beobachtete Forster sehr bedenkliche Störungen der Funktionen der Organe, besonders der Muskeln und des Nervensystemes, und er sah dabei den Tod nach einiger Zeit, sogar noch früher als bei vollständigem Hungern, eintreten. Diesen Beobach- ^^'^""l*^^* tun gen gegenüber hat jedoch Bunge ^) hervorgehoben, dass das frühe Eintreten toffoifinder*'^*^ Todes in diesen Fällen nicht durch den Mangel an Mineralstoffen im All- Nahrnng. gemeinen hervorgerufen wurde, sondern vielmehr durch den Mangel an den- jenigen Basen, die zur Neutralisation der bei der Verbrennung des Eiweisses im Organismus entstandenen Schwefelsäure erforderlich sind und welche also den Geweben entnommen werden mussten. Dieser Ansicht gemäss fanden auch Bunge und Lunin^) bei Versuchen an Mäusen, dass Thiere, welche eine im Uebrigen fast aschefreie Nahrung mit Zusatz von Natriumkarbonat erhielten, doppelt so lange am Leben erhalten werden konnten wie Thiere, welche die- selbe Nahrung ohne Zusatz von Natriumkarbonat erhalten hatten. Besondere 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 9. Vergl. auch Voit's 1. c. S. 354. 2) Lehrbuch d. physiol Chem. 1. Aufl. S. 103. 3) Ebend. und Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 5. Maugel an Mineralstofll-n. 575 Experimente zeigten ferner, dass das Karbonat nicht durch eine äquivalente Menge Kochsalz ersetzt werden konnte, und dass es also allem Anscheiue nach durch Neutralisation der im Körper gebildeten Säuren gewirkt halte. Zusatz von Alkalikarbonat zu dem sonst fast salzfreien Futter konnte jedoch zwar den Eintritt des Todes verzögern, ihn aber nicht verhindern, und selbst bei Gegen- wart von der erforderlichen Menge Basen trat also der Tod bei Mangel an jSIineralstoffen in der Nahrung ein. In den obigen Versuchsreihen Bunge's bestand das Futter der Thiere aus Kasein, Milchfett und Rohrzucker. Während nun Milch allein für die Thiere eine vollständige und genügende Nahrung war, fand Bunge ferner, das? die Thiere bei einer aus den obengenannten Milchbestandtheilen und Rohrzucker mit Zusatz von sämmtlichen MineralstofTen der Milch bestehenden Nahrung nicht länger als in den obengenannten Versuchen mit Zusatz von Alkalikarbonat Beobacht- nnf^n von zur Nahrung am Leben erhalten werden konnten. Ob dieses Resultat dadurch Bungo. zu erklären sei, dass die Mineralstoffe der Milch an die organischen Bestand- theile derselben chemisch gebunden und nur in solcher Verbindung assimilirbar seien, oder ob es von anderen Umständen herrühre, lässt Bunge dahingestellt sein. Unter allen Umständen dürften diese Beobachtungen jedenfalls zeigen, wie schwierig es ist, aus den bisher mit salzarmer Nahrung ausgeführten Ver- swihen ganz sichere Schlüsse zu ziehen. "Weitere Untersuchungen über diesen Gegenstand scheinen auch dringend nöthig zu sein. Bei ungenügender Zufuhr von Chloriden mit der Nahrung nimmt die Chlorausscheidung durch den Harn stelig ab und zuletzt kann sie fast ganz aufhören, während die Gewebe noch hartnäckig die Chloride zurückhalten. Auch diese letzteren sind also im Organismus wenigstens zum Theil an die organische Substanz gebunden, von welcher sie zurückgehalten werden. Wenn man sich Mangel an erinnert, dass das NaCl nicht nur ein Lösungsmittel für gewisse Eiweissstoffe * "'•''"''•■' oder ein Material für die Bereitung des Magensaftes ist, sondern auch als ein sogenanntes indifferentes Salz für das Erhalten der normalen Konsistenz und der physiologischen Imbibitionsverhältnisse der Gewebe von der allergrössten Wichtigkeit ist, so dürfte die grosse Bedeutung eines solchen Zurückhaltens der Chloride von den Geweben auf der Hand liegen. Bei relativem Mangel an Natrium, dem Kalium gegenüber, wie auch bei einem Ueberschuss von Kaliumverbindungen in anderer Form als KCl in der Nahrung setzen sich diese Kaliumverbindungen innerhalb des Organismus mit NaCl derart um, dass neue Kalium- und Natriumverbindungen entstehen, welche mit dem Harne ausgeschieden werden. Der Organismus wird also ärmer an keit desX«ci NaCl, welches in Foke hiervon in vermehrter Menge von aussen aufgenommen reicii« werden muss (Bunge). Diese Verhältnisse finden regelmässig bei Pflanzen- fressern und beim Menschen bei kalircicher Pflanzennahrung statt Für den Menschen und besonders für die ärmeren Volksklassen, welche hauptsächlich 576 Achtzehntes Kapitel. von Kartoffeln und anderen kalireichen Nahrungsmitteln leben, wird das Koch- salz also unter diesen Verhältnissen nicht ein Genussmittel allein, sondern ein nothvvendiger Zusatz zu der Nahrung (Bunge ^). Mangel an AUcalikarhonateii oder Basen in der Nahrung. Die chemischen Vorgänge im Organismus sind an die Gegenwart von alkalisch reagirenden Gewebssäften gebunden, deren alkalische Reaktion durch Alkalikarbonate be- dingt ist. Die Alkalikarbonate sind überdies von grosser Bedeutung nicht nur als Lösungsmittel gewisser Eiweissstoffe und als Bestandtheile gewisser Sekrete, wie des Pankreas- und des Darmsaftes, sondern auch als Transportmittel der Kohlensäure im Blute. Es ist also leicht verständlich, dass ein Herabsinken der Menge der Alkalikarbonate unter eine gewisse Grenze für das Leben ge- Bedentung fahrdrohend werden muss. Ein solches Herabsinken findet nicht nur bei Mangel und \er- " '^ Aik"!*^^"^ an Basen in der Nahrung, wobei die relativ zu grosse Säureproduktion bei der karbonate. Verbrennung des Eiweisses das Eintreten des Todes beschleunigt (vergl. oben: Bunge und Lunin), statt, sondern es tritt auch ein, wenn man einem Thiere während einiger Zeit verdünnte Mineralsäuren giebt. Bei den Pflanzenfressern werden dabei die fixen Alkalien der Gewebe von den Mineralsäuren gebunden und die Thiere gehen nach einiger Zeit zu Grunde. Die Fleischfresser (und der Mensch) dagegen halten die Basen der Gewebe hartnäckiger zurück; die Mineralsäuren werden bei ihnen von dem bei der Zersetzung des Eiweisses oder dessen Spaltungsprodukte entstandenen Ammoniak gebunden, und der Fleisch- fresser kann in Folge hiervon länger am Leben erhalten werden. Mangel an Erdphosphaten. Abgesehen von der Bedeutung, welche die alkalischen Erden als Karbonate und vor Allem als Phosphate für die physi- kalische Beschaffenheit gewisser Gewebe, wie des Knochen- und Zahngewebes, haben, ist ihre physiologische Bedeutung fast ganz unbekannt. Das Vorkommen von Erdphosphaten in allem Eiweiss und die grosse Bedeutung derselben für „ . den Uebergang des Eiweisses aus dem gelösten in den geronnenen, festen Zu- E-t^v^os- stand macht es wahrscheinlich, dass die Erdphosphate eine wichtige Rolle bei der Organisation des Eiweisses spielen. Bezüglich der Wirkung, welche eine ungenügende Zufuhr von alkalischen Erden oder deren Verbindungen mit der Nahrung ausübt, knüpft sich, obzwar alle Organe an dem Kalkmangel in ver- schiedenem Grade Theil nehmen, jedoch das grösste Interesse gegenwärtig an die Frage von der Wirkung einer solchen ungenügenden Zufuhr auf das Knochen- gewebe. Diese Wirkung wie auch die verschiedenen Resultate, welche bei Ver- suchen an jüngeren und älteren Thieren erhalten worden sind, wurden schon in einem vorigen Kapitel (10) besprochen. Mangel an Eisen. Als integrirender Bestandtheil des für die Sauerstofi"- 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 9. Unvollstündige Nahrung. 577 zufuhr unentbehrlichen Hämoglobins scheint das Eisen auch ein unentbehrlicher Bestandtheil der Nahrung zu sein. Bei Eisenhunger wird Eisen fortwährend ausgeschieden, wenn auch in etwas verminderter Menge (Dietl^) und v. Höslin-) u. A.). Dass eine unzureichende Zufuhr von Eisen mit der Nahrung zu einer unzureichenden Hämoglobinbildung führt, scheint auch au> den Beobachtungen V. HöSLix's an Hunden hervorzugehen. Eine besondere Wirkung des Eisen- hungers, welche der Arzt oft zu bekämpft-n hat, ist die Chlorose, bei deren Ent- stehung eigentlich nicht der Mangel an Eisen in der Nahrung, sondern vielmehr Mantrei an ° >= » . . ^ Eisen in der eine unvollkommene Ausnutzung oder Resorption der eisenhaltigen Nährstoffe NabruDg. das Wesentliche sein dürfte (Buxge). Aus dem Darmkanale scheinen die Eisen- salze als solche entweder gar nicht oder nur in so geringer Menge aufgenommen zu werden, dass es fraglich ist, ob ihre Resorption von irgend welcher nennens- werthen Bedeutung sei. Die Resorption des Eisens dürfte vielmehr in der Form eisenhaltiger Proteinstoffe der Nahrung (Nukleoalbumine) geschehen (Buxge); und die Bedeutung der Eisensalze als ^Mittel gegen- Hämoglobinmangel soll nach Bunge ^) hauptsächlich darin bestehen, dass diese Salze im Darme einer Zersetzung der eisenhaltigen Proteinstoffe mit Abspaltung des Eisens als Schwefel- eisen entgegenwirken. Bei Abwesenheit von Proteinstoffen in der Nahrung nmss der Organismus von seinen eigenen Proteinsubstanzen zehren, und bei einer solchen Ernährung muss er deshalb auch früher oder später zu Grunde gehen. Durch die ein- seitige Zufuhr von Fett und Kohlehydraten wird iedoch in diesem Falle der Abwosen- ° •' •> heil von Pro- Eiweissverbrauch herabgesetzt, denn bei einseitig fett- und kohlehvdratreicher temstoffen Kost kann der Eiweissumsatz sogar kleiner als beim vollständigen Hungern Nahrung, werden ( Hirschfeld ^), Kumagawa^), Klemperer^), Munk'), Rosenheim^) u. A.). Dem entsprechend können auch die Thiere bei einer nur stickstofffreie Stoffe enthaltenden Nahrung länger als bei vollständigem Hungern am Leben erhalten werden. Bei Abwesenheit von Fdten und Kohleliydratoi in der Nahrung verhalten sich Pflanzen- und Fleischfresser etwas verschieden. Ob ein Fleischfresser mit ,,^,1 vorpeti einer ganz fett- und kohlehydratfreien Nahrung dauernd am Leben erhalten ""dra^en'fn werden könne, ist nicht bekannt. Dagegen ist es sicher dargethan, dass er bei '*''^^'•''^""^• ausschliesslicher Fütterung mit einem möglichst fettarmen Fleisch lange Zeit bei 1) Wien. Sitzungsber. Bd. 71. Abtli. 8. 1875. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bil. 18. '■'>) Zeitschr. f. phy.siol. Chcm. BJ. J). 4) ViRCHOw's Areh. Bd. 114. 5) Ebend. Bd. 11(». 6) Zeitschr. f. kliri. Med. Bd. 1(>. 7) Du Böis-Ri:y.moni)'s Arch. Jahrg. 1S91. 8) Kbcnd. S. 341 und Pfi.üger's Arch. Bd. 54. Uli m Q) arsten , Physiologische Chemie. Dritte Auflage. ot 578 Achtzehntes Kapitel. voller Leistungsfähigkeit am Leben erhalten werden kann (Pflüger ^). Da- gegen scheint weder der Mensch noch der Pflanzenfresser längere Zeit von einer solchen Nahrung leben zu können. Einerseits fehlt ihnen nämlich die Fähig- keit, die erforderlichen grossen Fleischmassen zu verdauen und zu resorbiren, und andererseits tritt bei ihnen bald Widerwillen gegen die übergrossen Mengen Fleisch oder Eiweiss ein. IV. Der Stoffwechsel bei verschiedener Nahrung. Für den Fleischfresser kann, wie oben erwähnt, ein möglichst fettarmes Fleisch eine vollständige und völlig hinreichende Nahrung sein. Da das Eiweiss ausserdem durch seinen Stickstoffgehalt eine ganz besondere Rtellung unter den organischen Nahrungsstoffen einnimmt, dürfte es am passendsten sein, hier zu- erst den Stoffwechsel bei ausschliesslicher Fleischfütterung zu besprechen. Der Stoffwechsel bei eiweiss reicher Nahrung', d. h. bei ausschliess- licher Fütterung mit möglichst fettarmem Fleisch. Mit steigender Eiweisszufuhr werden der Eiircisszerfall und die Stick- stoffausscheidung gesteigert, und zwar der Eiweisszufuhr ziemlich proportional. Hat man einen Fleischfresser täglich als Nahrung eine bestimmte Menge Fleisch gegeben und vermehrt man nun plötzlich die Fleischration, so hat dies in erster Linie einen gesteigerten Eiweisszerfall, resp. eine vermehrte Stickstoff"- ausscheidung zur Folge. Füttert man ihn nun einige Zeit mit derselbeii täg- lichen, grösseren Fleischmenge, so findet man, dass ein Theil des verfütterten Eiweisses zwar im Körper verbleibt, dass aber dieser Theil fast von Tag zu Tag „ , „ abnimmt, während die Stickstoffausscheidung; eine entsprechende tägliche Steige- Stickstoff- ' & i ö o aasscheid- rung erfährt. Auf diese Weise bringt man es zuletzt dahin, dass Stickstoff"- gleichgewicht eintritt, dass also die Gesammtmenge des ausgeschiedenen Stick- stoffes der Stickstoff'menge des resorbirten Eiweisses oder Fleisches gleich ist. Wenn man umgekehrt einem, in Stickstoffgleichgewicht befindlichen, mit grösseren Fleischmengen gefütterten Thiere plötzlich eine kleinere Fleischmenge pro Tag giebt, so muss das Thier eine von Tag zu Tag abnehmende Menge seines eigenen Körpereiweisses abgeben. Stickstoffäusscheidung und Eiweisszerfall nehmen stetig ab und auch hier kann das Thier in Stickstoffgleichgewicht übergehen oder diesem Zustande sich nähern. Diese Verhältnisse werden durch folgende Tabelle (von YoiT^) beleuchtet. 3) Pi-i.L-GEi:'s Aldi. Bd. .jO. 2) IIermann's Haüdbuch. VA. G. Thl. 1. S. 110. Stoffwechsel bei eiweissreicher Nahrung. 579 Tab. Y. Fleisch der Xahruni; in g pro Tacj Fleisciiumsutz im K'Tj.c-r in g pi'' T.i Vor dem Versuelu; \\';ilireiid des Versuches 1. 2. 3. 4. 5. G. 7. 1. 500 lüOO 1222. 1310. 1390. 1410. 1440. 1450. 1500. 2. 1500 1000 1153. 108G. 1088. 1080. 1027. Im ersten Falle (1) war der Fleischum?atz vor dem Anfange der eigent- lichen Versuchsreihe, bei Verfütterung von 500 g Fleisch, 447 g und er nahm also schon am ersten Versuchstage, nach Verfütterung von 1500 g Fleisch, höchst bedeutend zu. In dem zweiten (2) dagegen, in welchem das Thier vor- her mit 1500 g Fleisch in StickstofTgleichgewicht war, nahm umgekehrt der Fleischumsatz am ersten Versuchstage, mit nur lUOO g Fleisch, bedeutend ab stickstoff- und am fünften Tage war Stickstoffgleichgewicht nahezu eingetreten. Während '^"'ung^*'^' dieser Zeit gab das Thier von seiner eigenen Fleischmasse täglich Eiweiss ab. Von einer unteren Grenze an, unterhalb welcher das Thier von seinem eigenen Körpereiweiss verliert, und bis zu einem Maximum, welches von der Verdauungs- und Resorptionsfähigkeit des Darmkanales abhängig zu sein scheint, kann auch ein Fleischfresser mit den verschiedensten Eiweissmengen der Nahrung in Stick- stoffgleichgewicht sich versetzen. Auf die Grösse des Eiweisszerfalles wirkt ausser der Grösse der Eiweiss- zufuhr auch der Eiweissbestand des Körpers ein. Ein durch vorausgegangene, reichliche Fleischnahrung eiweissreich gewordener Körper rauss, um einen Ei- weissverlust zu verhüten, mit der Nahrung mehr Eiweiss als ein eiweissarmer Körper aufnehmen. Ueber den Fettumsat.z bei einseitiger Eiweissnahrung sind von Pettex- KOFER und VoiT Untersuchungen ausgeführt worden. Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass mit steigenden Mengen Eiweiss in der Nahrung der tägliche Fettumsatz abnehmen kann, und die Verff. zogen, wie oben Kap. 10 ausgeführt worden, aus ihren Untersuchungen den Schluss, dass sogar eine Neubildung von Fett aus Eiweiss unter Umständen geschieht. Die, namentlich von Pflüg ek gegen diese Versuche gemachten Einwendungen sind ebenfalls in dem fraglichen Kapitel erwähnt worden, aber es ist ausserdem in der allerletzten Zeit eine neue wichtige Untersuchung über diesen Gegenstand von Ki'.m.\<;.\wa ') veröfientlicht worden. KüMAGAWA liess zwei Hunde von gleicher Abstammung über 20 Tage fasten, um das Körperfett zu entziehen. Der eine Hund (das Kontrollethier) (.ettbiidan^ wurde dann getödtet und das Gesammtfett desselben bestimmt. Das andere ""* t-'^eus. Thier erhielt darauf fettarmes Fleisch (von bekanntem Gehalte an Actherextrakt, 1) Zur Frage der Fettbildung aus Eiweiss im Tiiierki'lrper. Aus den Miiili.il. d.r imil. "akultät der kaiserl. japau. Universität zu Tokio. Bd. 3. Nr. 1. 1894. 580 Achtzehntes Kapitel. Glykogen, Stickstoff, Wasser und Asche) in so grosser Menge als es überhaupt vertragen konnte, und mit dieser Fleischfütterung wurde so lange fortgesetzt (etwa 50 Tage), als noch eine merkliche Zunahme des Körpergewichtes stattfand. Der ausgeschiedene Stickstoff in Harn und Fäces während der Fütterangsperiode wurde ebenfalls bestimmt und zuletzt wurde der Hund getödtet und sein Ge- sammtfett bestimmt. Das Ergebniss war, dass das während der Fütterungs- periode neugebildete Fett genau derjenigen ISIenge entsprach, die theils in dem gefütterten Fleische präformirt war und theils aus dem Glykogen des Fleisches hätte gebildet werden können. Es war also in diesem Falle keine Fettbildung aus Eiweiss zu konstatiren und nach Kumagawa hat der Thierkörper unter normalen Verhältnissen keine Fähigkeit, Fett aus Eiweiss zu bilden. Nach der Lehre Pflüger's, die in diesen Untersuchungen eine Stütze erhalten hat, kann das Eiweiss nur in indirekter Weise die Fettbildung beein- flussen, nämlich dadurch, dass es statt der stickstofffreien Stoffe verbrannt wird Fetterspar- ^i^cl hierdurch Fett und fettbildende Kohlehydrate erspart. AVird so viel Eiweiss ^Efwe^s.^ in der Nahrung zugeführt als zur Befriedigung des gesammten Nahrungsbedürf- nisses nothwendig ist, so hört die Fettzersetzung auf; und Avenn nebenbei auch stickstofffreie Nährstoffe aufgenommen W'erden, so werden diese nicht verbrannt, sondern im Thierkörper aufgespeichert — das Fett als solches und die Kohle- hydrate wenigstens zum allergrössten Theil als Fett. Als „Nahrungsbedürfniss" bezeichnet Pflüger hierbei die kleinste Menge magersten Fleisches, welche Stickstoffgleichgewicht erzeugt, ohne dass nebenbei Fett oder Kohlehydrate zu Zersetzung gelangen. In Ruhe und bei mittlerer Temperatur Avurden für Hunde gefunden pro 1 kg Fleischgewicht (nicht Körper- gewicht, weil das Fett, welches oft einen bedeutenden Bruchtheil des Körper- Nahrongs- gewichtes ausmachen kann, als gleichsam todte Masse Nichts verbraucht) 2,073 g undEi>eiTs- Stickstoff (im gefütterten Fleisch). Selbst wenn die Eiweisszufuhr dieses Nahr- ungsbedürfniss überschreitet, steigt noch der Eiweisszerfall wie Pflüger ge- funden hat mit steigender Zufuhr bis zur Grenze des Verdauungsvermögens, welche Grenze bei einem Hunde von 30 kg ungefähr bei 2600 g Fleisch liegt. Hierbei wurde in den Versuchen Pflüger's nicht sämmtliches in Ueberschuss zugeführtes Eiweiss vollständig zersetzt, sondern es wurde ein Theil davon im Körper zurückgehalten. Pflüger vertritt deshalb auch den Satz, „dass auch ohne Fett oder Kohlehydrat ausschliessliche Eiweisszufuhr eine Eiweissmästung nicht ausschlies.se." Aus dem oben von der Eiweisszer,setzung beim Hungern und bei ein- seitiger Eiweissnahrung Gesagten folgt, dass die Eiweisszersetzung im Thierkörper nie aufhört, dass ihre Grösse in erster Linie von der Grösse der Eiweisszufuhr abhängt und dass der Thierkörper die Fähigkeit hat, innerhalb weiter Grenzen die Eiweisszersetzung der Eiweisszufuhr anzupassen. Diese und einige andere Eigenthüralichkeiten der Eiweisszersetzung haben zerfall. Organeiweiss und cirkuliicudes Eiweiss. 581 VoiT ZU der Ansicht geführt, dass nicht alles Eiweiss im Körper gleich leicht zersetzt werde. Vorr unterscheidet das in den Gewebselementen fixirte und so zu sagen •organisirte Eiweiss, das Organeiweiss, von demjenigen Eiweiss, welches mit dem Säf'testrome im Körper und dessen Geweben cirkulirt und von den leben- den Gewebszellen aus der sie umspülenden interstitiellen Flüssigkeit aufgfnommcn Organ- und zum Zerfall gebracht wird. Dieses cirhuUrerulc Eiweiss soll ferner nach oiwoiss und VoiT leichter und schneller als das Organeiweiss zerfallen. Wenn also bei des Eiweiss. ■einem hungernden Thiere, welches vorher mit Fleisch gefüttert worden ist, in den ersten Hungcrtagen ein reichlicher, rasch abnehmender Eiweisszerfall vor- kommt, während im weiteren Verlauf der Hungerperiode der Eiweisszerfall kleiner und mehr glcichmässig ist, so soll dies daher rühren, dass in den ersten Hungertagen hauptsächlich der Vorrath an cirkulirendem Eiweiss und in den späteren hauptsächlich Organeiweiss unter die Bedingungen des Zerfalles geräth. Die Gewebselemente sollen Apparate verhältnissmässig stabiler Natur sein, welche die Fähigkeit haben, Eiweiss aus der umspülenden Gewebsflüssigkeit auf- zunehmen und zu verarbeiten, während von ihrem eigenen Eiwoiss, dem Organ- eiweiss, gewöhnlich nur eine kleine Menge, nach VoiT täglich etwa 1 ^'o, der Zerstörung anheimfallen soll. Mit gesteigerter Eiweisszufuhr wird auch, wenig- stens zu einem gewissen Grade, die Lebensthätigkeit der Zellen und ihre Fähig- keit, Nahrungseiweiss zu zersetzen, gesteigert. Wenn nach gesteigerter Eiweiss- zufuhr Stickstoffgleichgewicht erreicht worden ist, w'ürde dies also bedeuten, dass die eiweisszei'setzende Fähigkeit der Zellen dahin gesteigert worden, dass durch sie gerade ebenso viel Eiweiss umgesetzt als mit der Nahrung dem Körper zu- geführt wird. Wird durch gleichzeitige Zufuhr von anderen, stickstofffreien Nahrungsmitteln (vergl. unten) der Eiweisszerfall herabgesetzt, so kann ein Theil des cirkulirenden Eiweisses gewissermassen Zeit finden, von den Geweben fixirt und organisirt zu werden, und die Fleiscliraasse des Körpers nimmt in diesem Falle zu. Während des Hungerns oder beim Mangel an Eiweiss in der Nahr- ung würde umgekehrt ein Theil des Organeiweisses in cirkulirendes Eiweiss über- gehen und umgesetzt werden, und in diesem Falle würde also die Fleischmasse des Körpers abnehmen. Diese Lehre Voit's ist von Pfiatger') heftig angegriffen worden. Pi'LrcKR spricht — dabei zum Theil auf einer Untersuchung von seinem Schüler Sciiüx- dorff'-^) sich stützend — die Ansicht aus, dass die Grösse des Eiweisszerfalles nicht von der Menge des cirkulirenden Eiweisses, sondern von dem jeweiligen eiwo'S"änd Ernährungszustande der Zellen abhängt, eine Ansicht, die indessen mit der Lehre /p" ¥.\^^iU. Voit's, wenn der Verf. dieselbe nicht missverstanden hat, wohl kaum in scharfem Widerspruche stehen dürfte. Vorr •') hat bekanntlich schon längst den Satz aus- 1) rFl.ÜcEK's Arc'h. Bd. 54. -') Ebcnd. Bd. 54. •■5) Verul. Zeitschr. f. Biologie. I?d. 11. 582 Achtzehntes Kapitel. gesprochen, dass die Bedingungen des Zerfalles der Stoffe im Körper in den Zellen sich vorfinden, und auch das cirkulirende Eivveiss wird wohl also nach VoiT erst dann dem Zerfalle anheimfallen, wenn es vorher von den Zellen aus der sie umspülenden Flüssigkeit aufgenommen worden ist. Der Kernpunkt der J Yoix'schen Lehre dürfte wohl auch der sein, dass nicht alles Eiweiss gleich leicht im Körper zerfällt. Das orgauisirte Eiweiss, welches von den Zellen fixirt und in den Bau desselben eingefügt worden ist, zerfällt nach Voit's Ansicht weniger leicht als das von den Zellen aus der Nährflüssigkeit aufgenommene Eivveiss, welches als Material für den chemischen Aufbau des viel mehr kom- plizirten organisirten Eiweisses dienen soll. Dieses Nahrungseiweiss, welches mit den Säften cirkulirt, bevor es von den Zahlen aufgenommen worden ist,. und welches dementsprechend nach der Ansicht Voit's sowohl in den Säften wie in den Zellen vorräthig vorkommen kann, hat er cirkulirendes Eiweiss oder Vorrathseiweiss genannt. Es ist wahr, dass diese Namen zu Missverständnissen Veranlassung gegeben haben, und man dürfte deshalb auch nicht zu viel Ge- wicht auf sie legen. Das Wesentlichste der Voix'schen Lehre dürfte nämlich wohl die Annahme sein, dass das Nahrungseiweiss von den Zellen leichter als das organisirte, eigentliche Protoplasmaeiweiss zerstört werde, und diese Annahme lässt sich wohl gegenwärtig ebenso wenig strenge widerlegen als exakt beweiseu. Diese Frage hängt übrigens auf das innigste mit einer anderen zusammen,, mit der nämlich, ob das von den Zellen aufgenommene Nahrungseiweiss als solches zerfällt oder ob es vorerst organisirt werden muss. Auf diese Frage werfen die von Panum^) und Falck^) ausgeführten Untersuchungen über den zeitlichen Verlauf der Harnstoffausscheidung nach einer eiweissreichen Mahlzeit einiges Licht. Aus diesen, an Hunden ausgeführten Untersuchungen ergiebt sich nämlich, dass die Harnstoffausscheidung fast unmittelbar nach einer eiweiss- reichen Mahlzeit ansteigt und ihr Maximum in etwa der sechsten Stunde er- resorption reicht, ZU Welcher Zeit etwa die Hälfte der dem verzehrten Eiweisse entspre- stofFaus- chenden Stickstoffmenge ausgeschieden worden ist. Erinnert man sich nun ferner, dass, nach einer Beobachtung von Schmidt-Mülheim 3) an einem Hunde, in den ersten zwei Stunden nach der Mahlzeit etwa 37*^/0 und am Ende der sechsten Stunde etwa 59 ^/o des verzehrten Eiweisses resorbirt worden sind, so ist es wohl nicht unwahrscheinlich, dass die vermehrte Stickstoffausscheidung nach der Mahlzeit durch eine Zersetzung von verdautem und resorbirtem, nicht vorher organisirtem Nahrungseiweiss bedingt ist. Wollte man annehmen, dass das zerfallende Eiweiss vorher organisirt gewesen sein müsste, so würde die nach einer eiweissreichen Mahlzeit enorm gesteigerte Stickstoffausscheidung einen in kurzer Zeit verlaufenden, so raschen und umfassenden Zerfall und Wieder- 5) Nord. med. Arkiv. Bd. 6. 2) Cit. nach VoiT in IIerm.xnn's Handb. Bd. 6. Till. 1. S. 107. 3) Du Bois-Eeymond's Arch. .lahrg. 1879. Nährwerth des Leimes. 583 aufbau der Gewebe voraussetzen, dass ein solclier kaum aiizuiiehineu und jeilen- falls nicht bewiesen ist. Oben ist angedeutet worden, dass andere NahrungsstofTe den Eiweisszerfall herabsetzen können, und ein solcher Xahrungsstofi" ist der Leim. Der Leim und die Lamlnldiicr scheinen im Körper nicht in Eiweiss übergehen zu können, und dieses letztere kann in der Nahrung nicht ganz durch Leim ersetzt werden. Füttert man z. B. einen Hund mit Leim und Fett, so verliert er an Körper- eiweiss, selbst wenn die Menge des Leimes so gross ist, dass das Thier mit d«^^'!efme« ebenso viel Fett und einer Fleischmenge, welche gerade ebenso viel Stickstoff Lo"m1)ndner. wie die fragliche ]Menge Leim enthält, in Stickstoffgleichgewicht verharren können würde. Dagegen hat der Leim, wie zuerst Voix ^) und Faxcm und Oeuum^) gezeigt haben, einen grossen Werth als Eiweiss ersparendes Nahrungsmittel, und er kann sogar in noch höherem Grade als Fett und Kohlehydrate die Eiweiss- zers(!tzung herabsetzen. Dies ist aus folgendem tabellarischen Auszug aus den Versuchen Voit's an einem Hunde ersichtlich. Tab. VI. Nahrung pro Tag Fleisch zersetzt am K ..ri.er 450 — 50 439 — 39 256 + 44 Fleisch Leim Fett Zucker 400 0 200 0 400 0 0 250 400 200 0 0 Zu ähnlichen Ergebnissen ist später J. Muxk-^) durch noch mehr ent- scheidende Versuche gelangt. Er fand beim Hunde, dass bei gemischter Kost, die etwa 3,7 g Eiweiss pro Körperkilo enthielt, wovon knapp 3,6 g zerstört xahrwenh wurden, volle ''/i; durch Leim ersetzt werden konnten. Derselbe Hund zersetzte Leimes, am zweiten Hungertage reichlich drei Mal so viel Eiweiss wie bei Leimfütterung. !MuNK konstatirte ebenfalls, dass der Leim eine bedeutend viel grössere eiweiss- ersparende AVirkung als das Fett und die Kohlehydrate hat. Diese Fähigkeit des Leimes, Eiweiss zu ersparen, erklärt Voit durch die Annahme, dass der Leim statt eines Theiles des cirkulirendcn Eiweisses zei-setzt v/ird, wodurch ein Theil des letzteren organisirt \verden kann. Der Leim kann auch den Fettverbrauch ein wenig ht-rabsetzen, wenn er auch in dieser Hinsicht lange nicht einen so hohen Werth wie die Kohle- hydrate hat. In naher Beziehung zu der Frage von dem Nährwerthc des Kiweisses und des Leimes steht auch die Frage von dem Nährwerthe des 7V^>/o/^s•. Die 1) 1. c. S. 123. 2) Nord. med. Arkiv. Bd. 11. 3) Pflügeu's Arch. Cd. öS. 584 Achtzehntes Kapitel. vou früheren Forschern, Maly, Plos'z und Gyergyay und A.damkiewicz i) ausgeführten Untersuchungen hatten es wahrscheinlich gemacht, dass ein Thier mit einer Nahrung, welche kein anderes Eiweiss als Pepton enthält, nicht nur in StickstofFgleichgewicht verharren, sondern sogar seinen Eiweissbestand ver- mehren kann. Durch neuere, mehr exakte Versuche von Pollitzer, Zuntz') und MuxK-) ist dann der Beweis geliefert worden, dass die Albumosen und Xährworth Peptone wenigstens in kurzdauernden Versuchsreihen den vollen Nährwerth des der _ Peptone. Eiweisses haben können. Nach Pollitzer gilt dies sowohl für verschiedene Albumosen wie für echtes Pepton. Dieser Anschauung gegenüber ist VoiT^) dagegen der Ansicht, dass die Albumosen und Peptone zwar für kürzere Zeit, nicht aber auf die Dauer das Eiweiss ersetzen können. Nach VoiT können die Albumosen und Peptone zwar wie der Leim durch ihre Fähigkeit, das Ei- weiss zu ersparen, den Eiweissverbrauch vollständig oder fast vollständig auf- heben, nicht aber in Eiweiss übergehen. Nach Versuchen, welche von Weiske u. A.^) an Pflanzenfressern ausge- führt worden, scheint das Asparagin bei solchen Thieren das Eiweiss ersparen Nährwerth ZU können. Beim Fleischfresser (J. MuxK^) und bei Mäusen (VoiT und Politis*^) Asparagirs. scheint jedoch das Asparagin keine oder jedenfalls eine nur sehr geringe Ei- weiss ersparende Wirkung zu haben '^). Wie es beim Menschen wirkt, ist nicht bekannt. Der Stoffwechsel bei einer aus Eiweiss mit Fett oder Kohlehydraten bestellenden Nalirung-, Das Fett kann den EiireisszerfaU nicht aufheben oder verhindern; dagegen kann es ihn herabsetzen und das Fett kann also eiweissersparend wirken. Dies wird aus folgender Tabelle nach VoiT*) ersichtlich. A o-iebt die INIittelzahlen für drei und B für sechs Tage an. Tab. VII. Nahrung F 1 e i .s c h Fleisch Fett Uuige.setzt am Körper A 1500 0 1512 — 12 P, 1500 150 1474 + 24 Wie das Fett der Nahrung wirkt nach VoiT auch das Körperfett, und 1) Vergl. die Citate S. 292. 2) Vergl. Maia-'s Jahresber. Bd. 10. S. 352 u. 402. 3) I. c. S. 394. 4) Zeitschr. f. Biologie. Bdd. lö u. 17, und Ceutralbl. f. d. med. Wissensch. 1890. S. 045. 5) ViKCiiOw's Arcli. Bdd. 94 u. 98. fi) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 28. 7) Vergl. Mauthner, ebeud. Bd. 28, Gabkiel, ebeud. Bd. 29, und YoiT, ebend. S. 125. ö) VoiT in Heiimaxn's Handb. Bd. 6. S. 130. Stoffwechsel bei geiniscliter Xaliniii!. 585 die Eiweiss ersparende Wirkung des letzteren kann derjenigen des Nahrungs- fettes sich zuaddiren, so dass ein fettreicherer Körper nicht nur in Stickstoft- gleichgewicht verbleiben, sondern sogar seinen Vorrath an Körperei weiss ver- mehren kann bei denselben Eiweiss- und Fettmengen der Nahrung, bei welchen in einem mageren Körper ein Verlust an Eiweiss stattfindet. In einem fett- reichen Körper wird also durch eine bestimmte Fettmenge eine grössere Menge Eiweiss vor dem Zerfalle geschützt als in einem mageren. Wegen der Eiweiss ersparenden Wirkung des Fettes kann, wie aus der Tabelle ersichtlich ist, ein Thier, welches einen Zusatz von Fett zur Nahrung erhält, seinen Eiweissbestand vermehren bei Fütterung mit einer Fleischmenge, welche an sich zur Erhaltung des Stickstoffgleichgewichtes unzureichend ist. Wie die Fette haben auch die Koiilehydrate eine Eiweiss ersparende Wirkung. Bei Zusatz von Kohlehydraten zu der Nahrung kann der Fleisch- fresser nicht nur in Stickstoffgleichgewicht verharren, sondern es kann bei ihni diesell)e Fleischmenge, welche an und für sich unzureichend ist und ohne Kohle- hydrate zu einem Verluste von Körpereiweiss führt, bei gleichzeitiger Aufnahme von Kohlehydraten einen Ansatz von Eiweiss erzeugen. Diese Verhältnisse sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich M. Eiweiss- orKparendo Wirkuntfiles Fottos. Tab. YIII. Na h r u n g Fle i s c h Fleisch Fett, Zucker Stärke Umgesetzt am Körper 500 500 250 300 — 558 466 — 58 + 34 Eiweiss- rr-ipnrende AVirkunjder 500 800 — 200 250 505 745 — 5 + 55 Kohle- hydrate. 800 200 — — 773 + 27 2000 — — 200—300 1792 -f 208 2000 250 — — 1883 + 117 Die Ersparung von Eiweiss durch Kohlehydrate ist, wie die Tabelle zeigt, grösser als durch Fette. Nach Voit betrug jene als Mittel 9*^/0 und diese 7°/o des vorher ohne Zulage von stickstofffreien Stoffen gegebenen Eiweisses. Stei- gende Mengen Kohleh3'drate in der Nahrung setzen auch nach Voit mehr regel- mässig und konstant als steigende Fettmengen den Eiweissumsatz herab. Wegen dieser grösseren Eiweiss ersparenden Wirkung der Kohlehydrate setzen die Pflanzenfresser, die im Allgemeinen reichliche Älengen Kohlehydrate aufnehmen, leicht Eiweiss an (Voit). Das Gesetz von dem Ansteigen des Eiweisszerfalles mit steigender Eiweiss- zufuhr kommt aucli bei einer aus Eiweiss mit Fett und Kohlehydraten bestoheu- (len Nahning zur Geltung. Auch in diesem Falle ist der Körper bestrebt, seine Ei Weisszersetzung der Zufuhr anzuschmiegen: und wenn der tägliche Kalorien- 1) Vcnr in Hkümann's iraiulb. Bil. ('» S. 1 t;;. 586 Achtzehntes Kai^itel. bedarf durch die Nahrung vollständig gedeckt wird, kann der Organismus innerhalb weiter Grenzen mit verschiedenen Eiweissmengen in StickstofFgleich- gewicht sich setzen. Die oberste Grenze der möglichen Eiweisszersetzung pro kg und Tag ist nur für den Fleischfresser ermittelt worden. Für den Menschen ist sie noch unbekannt und ihre Bestimmung ist auch in praktischer Hinsicht von unter- geordneter Bedeutung. Um so wichtiger ist es dagegen, die untere Grenze kennen zu lernen, und hierüber liegen mehrere Untersuchungsreihen sowohl an Menschen wie an Hunden vor (Hirschfeld, Kumagaava, KIemperer, Munk, Rosenheim ^) u. A.). Aus diesen Untersuchungen ergiebt sich, dass die untere Grenze^'des Grenze des Eiweissbedürfnisses beim Menschen für einen Zeitraum von einer i^edarfe*' Woche oder darunter bei mittlerem Körpergewicht bei etwa 30^ — 40 g Eiweiss oder bei 0,4 — 0,6 g, pro kg berechnet, liegt. Als untere Grenze (Schwellen- werth des Eiweissbedürfnisses) bezeichnet v. Noorden^) 0,6 g Eiweiss (resor- birtes Eiweiss) pro kg und Tag. Die obengenannten Zahlen gelten zwar nur für kürzere Versuchsreihen ; aber es liegt auch eine Beobachtungsreihe von E. VoiT und CoNSTANTiNiDi ^) über die Kost eines Vegetariers vor, in der auch längere Zeit der Eiweissbestand mit etwa 0,6 g Eiweiss pro kg, annähernd aber nicht ganz vollständig, aufrecht erhalten werden konnte. Nach den unten zu besprechenden Normalzahlen Voit's für den Nahr- ungsbedarf des Menschen beträgt derselbe für einen massig arbeitenden Mann von etwa 70 kg Körpergewicht bei gemischter Kost rund 40 Kalorien pro kg {Reinkalorien oder Nettokalorien, d. h. also der Verbrennungswerth der resor- birten Nährstoffe). In den obigen Versuchen mit sehr eiweissarmer Nahrung „ , . war indessen der Kalorienbedarf bedeutend grösser, indem er in einigen Fällen Kalorien- o ' ° bedarf bei 51 (Kumagawa) oder sogar 78,5 Kalorien (Klemperer) betrug. Es scheint eiweiss- ^ / ö ' V ; b armer Nähr- also, als Avürde die obige, sehr niedrige Eiweisszufuhr erst bei grosser Ver- schwendung von stickstofffreien Nährstoffen möglich sein; aber dem gegenüber ist daran zu erinnern, dass bei dem von Voit und Constantinidi untersuchten Vegetarier, der seit Jahren an einer sehr eiweissarmen und kohlehydratreichen Nahrung gewöhnt war, der Kalorienumsatz pro kg nur 43,7 betrug. In wie weit Stickstoffgleichgewicht auch bei sehr stickstoffarmer Kost bestehen kann, wenn der Kalorienbedarf durch die Gesamratzufuhr nur eben gedeckt wird, ist also noch eine off*ene Frage. In den Versuchen von Munk und Rosenheim an Hunden musste ebenfalls bei eiweissarmer Nahrung die Gesammtkalorienzufuhr höchst bedeutend gestei- 1) Vergl. Fussnoten 4—8. S. 577. -) Grundriss einer Methodik der Stoffwechseluntersuchungen. Berlin 1892. (Ilirsch- wald.) S. 8. 3) C. VoiT, Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. Fl.M«.-!ini;i«t. 587 gert werden. Diese Versuche lehren ferner, dass bei Hunden eine, lange Zeit fortgesetzte Darreichung von eiweissarmer Nahrung gesundheitsschädliche Wirk- ungen herbeiführt, die sogar ziuu Tode des Thieres führen können. In der Wirkung letzten, von Rosenheim veröffentlichten Versuchsreihe, die über zwei Monate amer Kahr- sich erstreckte, waren 2 g Eiweiss pro Körperkilo nicht liinreichend, um das Versuchsthier gesund zu erhalten, trotzdem der Wärmewcrth der aufgenoinnieneu Nahrung 110 Kalorien pro kg betrug. In nächster Beziehung zu dem oben von einer aus Kiweiss und stickstoff- freien Nährstoffen bestehenden Nahrung Gesagten steht die wichtige Frage von den Bedingungen für Fett- und Fleischniast im Körper. In dieser Hinsicht ist in erster Linie daran zu erinnern, dass alle Mast eine Ueberernährung voraus- setzt, d, h. eine Zufuhr von Nährstoffen, die grösser als die in derselbi-n Zeit stattfindende Zersetzung ist. Beim Fleischfresser kann, wie die Versuche von Voir und Pfligeii lehren, eine wenn auch im Verhältniss zu der zersetzten Eiweissmenge sehr un- bedeutende Fleischmast bei ausschliesslicher Fleischfütterung stattfinden. Beim ^'°'''*='""'**'- Menschen und den Pflanzenfressern dagegen kann der Kalorienbedarf nicjit durch Eiweiss allein gedeckt werden, und es handelt sich also vor Allem um die Bedingungen der Fleischmast bei gemischter Nahrung. Diese Bedingungen sind auch am Fleischfresser studirt worden und hier- bei ist, wie VoiT gezeigt hat, die Relation zwischen Eiweiss und Fett (bezw. Kohlehydraten) von grosser Bedeutung. Wird im Verhältniss zum Eiweiss der Nahrung viel Fett gegeben, wie bei mittleren Fleischmengen mit reichlichem Fettzusatz, so wird Stickstoffgleichgewicht nur langsam erreicht und der pro Tag ^'°be|'^'^' zwar nicht sehr grosse aber ziemlich konstante Fleischansatz kann im Laufe ^^^^^' der Zeit zu einem bedeutenden Gesammtfleischansatz führen. Wird dagegen viel Fleisch neben verhältnissmässig wenig Fett gegeben, so wird der Ansatz von Eiweiss unter Steigerung der Zerstörung von Tag zu Tag geringer und in wenigen Tagen ist das Stickstoffgleichgewicht erreicht. Trotz dem pro Tag etwas grösseren Ansätze wird in diesem Falle der Gesammtfleischansatz nicht bedeu- tend. Als Beispiel mögen folgende Versuche von Vorr dienen. Tab. IX. N a li r u n g Anzahl Versuchstage Fleisch g Fett g Totalfleischansatz Floischansatz pro Tag StidssioffgloichROwicht 32 500 250 1792 56 nicht erreicht 7 1800 250 854 122 erreicht Der absolut grösste Fleischansatz im Körper wurde in diesem Falle mit nur 500 g Fleisch und 250 g Fett erreicht, und selbst nach 32 Tagen war Stickstoffgleichgewicht noch nicht eingetreten. Bei Fütterung mit 1800 g Fleiscli und 250 g Fett trat Stickstoflgleichgewicht dagegen schon nach sieben Tagen ein, und wenn dabei auch der Fleischansal/, pro Tag grösser war, so wurde o88 Achtzehntes Kapitel. jedoch der absolute Fieischansatz nicht halb so gross, wie in dem vorigen Falle. Insoferne als die Eiweissmenge nicht unter eine bestimmte Grösse herabgeht, scheint man also den reichlichsten und am längsten andauernden Fleischansatz durch eine Nahrung, welche im Yerhältniss zu dem Fette nicht zu viel Eiweiss enthält, zu erhalten. Dasselbe dürfte auch für eine aus Eiweiss und Kohle- hydraten bestehende Nahrung gelten. Ueber die ]Möglichkeit einer Fleischmast beim Menschen liegen unter V. NoORDEx's Leitung ausgeführte Selbstversuche von Krug^) vor. Bei reich- licher Nahrung (2590 Kai. = 44 Kai. pro kg) stand Krug sechs Tage lang annähernd in StickstofFgleichgewicht. Dann vermehrte er 15 Tage lang durch Zulage von Fett und Kohlehydrat die Nahrungszufuhr bis auf 4300 Kai. = 71 Kai. pro kg und es wurden nun während dieser Zeit im Ganzen 309 g Eiweiss, entsprechend 1455 g Muskelfleisch gespart. Von den im Ueberschuss Fleischmast zugeführten Kalorien wurden in diesem Falle nur 5°/o für Fleischmast und Menschen. 95°/o für Fettmast verwendet. Da die grossen, überschüssig zugeführten Nahr- ungsmengen nur vorübergehend und mit Ueberwindung zu geniessen waren, stellt dieser Versuch, wie v. Noorden mit Recht hervorhebt, die Schwierigkeit der Fleischmast in ein helles Licht. ]Man wird wohl auch v. Noorden darin Recht geben, dass Fleischmast beim i\Ienschen durch Ueberernährung auf die Dauer nicht möglich ist und dass man einen jNIenschen durch übermässige Er- nährung nicht muskelstark machen kann. Fleischmast ist nach v. Noordex in viel höherem Grade eine Funktion der spezifischen Wachsthumsenergie der Zellen und der Zelienarbeit als des Nahrungsüberschusses. Darum sieht man attch nach y, Noordex „ausgiebige Fleischmast 1. bei jedem wachsenden Körper, 2. bei dem nicht mehr wachsenden, aber an erhöhte Arbeit sich gewöh- nenden Körper (Arbeitshypertrophie der Muskeln), 3. Jedesmal, wenn durch vorausgegangene ungenügende Ernährung oder Krankheit der Fleisch bestand des Körpers sich vermindert hatte und nunmehr reichlichere Nahrung den Ersatz ermöglicht." Der Fleischansatz ist in diesem Falle ein Ausdruck der Regenerationsenergie der Zellen. Auch die Erfahrungen der Viehzüchter lauten dahin, dass bei den Schlapht- thieren eine Fleischmast durch Ueberernährung nicht gelingt oder jedenfalls nur unbedeutend ist. Für die Fleischmast sind in erster Linie die Individualität und die Rasse der Thiere von Bedeutung. Da eine direkte Fettbildung aus Eiweiss geleugnet wird und jedenfalls. 1) Cit. nach v. Nooiidex, Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels. Berlin 1893. S. 120. Fettmast. Fottiiiast. Fpttnmst. Wiikuiii,' iles Wassers. 589 wenu sie überhaupt vorkommt, nur ilu.sserst gering ist, muss das wesentlichste Bedingiiiss für eine Fettmast Uel)erernährung mit stiekstoffTreion Nährstoffen sein. Die Grösse der Fettmästung wird hierl)ei «iurch den üeberschuss der Kalorieu- zufuhr über den Verbrauch bestimmt. Wird ein grösserer Theil des Kaiorion- bedarfes durch Eiweiss gedeckt, so wird ein grösserer Theil der gleichzeitig ge- gebenen stickstofffreien Nährstoffe gespart, d. h. zur Fettmast verwendet, und umgekehrt. Da aber Eiweiss und Fett, den Kohlehydraten gegenüber, theuere Nahrungsmittel sind, so wird besonders die Zufuhr von grösseren Mengen Kohle- hydraten von Bedeutung für die Fettmast. In der Ruhe wird im Körper weniger Stoff" zersetzt als während der Arbeit. Körperruhe nebst einer passenden Kora- bination der drei Hauptgruppen organischer Nährstoflfe sind deshalb auch wesent- liche Bedingnisse für eine reichliche Fettmästung. Das bei Fettmast neugebildete Fett stammt, wie oben gesagt, nach der PpLÜGER'schen Lehre ausschliesslich von den Kohlehydraten her. Bei dieser Fettbildung findet, wie Hanriot^) und Pflügee^) annehmen, eine Abspaltung von Kohlensäure aus den Kohlehydraten statt. Diejenige Kohlensäure, welche bei überwiegender Ernährung mit Kohlehydraten ausgeathmet wird, hat also (nach Pflügeh) einen doppelten Ursprung. Sie ist nämlich zum Theil Ijei der Fettbildung abgespaltene Kohlensäure und zum Theil rührt sie von der Ver- brennung der Kohlehydrate her. Dieses Verhalten erklärt den Umstand, dass nach Aufnahme von reichlichen Mengen Kohlehydrat der respiratorische Quo- tient, wie zuerst Hankiot und dann auch M. Bleibtkeu^) gefunden haben, unter Umständen sogar auf 1,2 — 1,3 steigen kann. AVirkung- eiiiig^er anderen Stoffe auf den Stoffwechsel. W'asb-er. Führt man dem Organismus eine, das Bedürfniss übersteigende Menge "Wasser zu, so wird der Üeberschuss rasch und hauptsächlich mit dem Harne eliminirt. Die hierdurch vermehrte Harnausscheidung hat bei hungernden Thieren (Vüit^), (Förster^), nicht aber in nennenswcrthcm Grade bei Thieren, welche N'ahrung ^^^[^^^*^ aufnehmen (Seegen % Salkowski und Mixk'), ^Mayer^), Dubelik''), eine '^''^^J*''^'^- vermehrte Harnstoffausscheidung zur Folge. Als Ursache dieser vermehrten Harustoftausscheitlung hat man eine durch die reichlichere Wasseraufuahme be- dingte vollständigere Ausspülung des Harnstofltes aus den Geweben augenonimeu. 1) Compt. rcnd. Tonic 114. 2) PflÜGER's Arch. r.d. Ö'2. S. 1."). 3) Ebeud. Bd. ÖG. 4) Untersuch, über den Eiufluss des Kochsalzes etc. Müuchea 1860. 5) Cit. nach VoiT in HiiU.MAXx's Ilaodb. S. 153. n 40,4 , . . 2106 52,1 14491 1452 Mann „ 67,0 , . . 2843 42,4 20305 1399 Stoffamsatz und Körner- oberfl&che. Sieht man von den kleinsten, lebhaft wachsenden Kindern, für welche besondere Verhältnisse obwalten, ab, so findet man, dass bei den Uebrigen die Wärmeproduktion für die Einheit der Körperoberfläche mit nur wenigen Pro- zenten um einen Mittelwerth von 1447 Kai. schwankt. 'Man sieht ebenfalls, wie die relative Oberflächengrösse mit zunehmender Körpermasse abnimmt. Dem- entsprechend nimmt auch die Zersetzung pro 1 kg Körpergewicht ab und sie ist beim erwachsenen Manne am kleinsten. Zu ähnlichen Ergebnissen führten auch die Untersuchungen von Riciikt^) ülier die Kohlensäureausscheidung bei Hunden verschiedener Grösse. Folgende Tabelle ffiebt hierüber Aufschluss. 1) Zeitschr. f. Biologie. Bdd. 21 u. 19. 2) Arch. de Physiol. (5.) Bd. 2. Hamraarsten, Physiologische Chemie. Dritto Auflage. 38 594 Achtzehntes Kapitel. Tab. XI. Kohlon- säureans- scheidung und Körper- oberflache. Mittleres Körpergewicht in kg CO.>-ausscheid- ung in g pro kg und 1 St. Körperoberfläche in Quadrat- ceutimeter C02-ausscheid- ung in g pro 1000 Quadrat- centimeter 24,0 1,026 9296 2,65 13,5 1,210 6272 2,60 11,5 1,380 5656 2,81 9,0 1,506 4816 2,81 6,5 1,624 3920 2,69 5,0 1,688 3282 2,57 3,1 1,964 2341 2,71 2,3 2,265 1926 2,70 Die Steigerung des Stoffwechsels, die zur Deckung der, in Folge der relativ grösseren Körperoberfläche, bei kleineren Thieren grösseren Wärmeverluste nöthig ist, wird nach Richet durch Einflüsse des Nervensystems vermittelt, die durch Chloralhydrat aufgehoben werden können. Im letzteren Falle ist nämlich die von Hunden verschiedener Grösse pro 1 kg produzirte Kohlensäuremenge fast dieselbe. In wie weit der regere Stoffwechsel bei jüngeren Thieren auch davon her- rühren kann, dass bei ihnen die Zersetzung in den Zellen vielleicht an und für sich lebhafter als bei älteren Thieren ist, mag noch dahingestellt sein. Da der Gesammtkalorienurasatz pro kg Körpergewicht bei jüngeren Thieren grösser als bei älteren ist, so muss dieser Unterschied sowohl bei Mes- sung des Gaswechsels wie der Stickstoffausscheidung zum Ausdruck kommen. Dem ist auch so, und als Beispiel von dem Verhalten der Harnstoffausscheid- ung bei Kindern mögen folgende Zahlen von Camerer^) dienen. Eiofluss des Alters auf die Harn- stoSans- scheidung. Tab. XII. Alter Körpergewicht in kg Harnstoff in g pro Tag pro kg 1 '/2 Jahre 10,80 12,10 1,35 3 13,30 11,10 0,90 5 16,20 12,37 0,76 7 18,80 14,05 0,75 9 25,10 17,27 0,69 12 V2 , 32,60 17,79 0,54 15 , . 35,70 17,78 0,50 1) Zeitschr. f. Biologie. Bdd. 16 u. 20. Stoffwechsel bei Kühe uud Arbeit. 595 Bei Erwachsenen von etwa 70 kg Gewicht werden pro Tag etwa 30 bis 35 und pro kg gegen 0,5 g Harnstoff ausgeschieden. Erst gegen 15 Jahre ist also der Eiweisszerfall pro kg etwa derselbe wie bei Erwaciisenen, Die Ursache des relativ grösseren Eiweissunisatzes bei jüngeren Individuen ist theils darin zu suchen, dass der Stoffumsatz im Allgemeinen bei jüngeren Thieren lebhafter ist, und theils darin, dass die jüngeren Thiere im Allgemeinen ärmer an Fett als die älteren sind. Da der Stoffwechsel seinen untersten Stand bei absoluter Körperniho und Unthätigkelt des Darmkauales inne hält, so i^t es offenbar, dass sowohl die Arbeit wie auch die Aufnahme von Nahrung auf die Grösse des Stoffwechsels mächtig einwirkende Faktoren sein müssen. Huhe und Arheit. Bei der Arbeit wird eine grössere Menge von Spann- kraft in lebendige Kraft umgesetzt, d. h. der Stoffwechsel wird in Folge der Arbeit mehr oder wenig stark gesteigert. Auf die Stickstoffausscheidung übt die Arbeit, wie schon in einem vorigen Kapitel (11) näher auseinandergesetzt worden ist, nach der gegenwärtig allge- mein herrschenden Ansicht an und für sich keinen nennenswerthen Einfluss aus. Es ist allerdings wahr, dass einige Forscher in besonderen Fällen eine gesteigerte Stickstoffausscheidung beobachtet haben; man hat aber diese Beob- achtungen in anderer Weise erklären zu können geglaubt. So kann z. B. die Arbeit, wenn sie mit heftiger Körperbewegung verbunden ist, leicht zur Dyspnoe führen, und diese letztere kann, wie Fränkel^) gezeigt hat, wie jede Verringe- 3^[J®J""^g'r rung der Sauerstoffzufuhr eine Steigerung des Eiweisszerfalles und dadurch eine -^*>®'*- vermehrte Stickstoffausscheidung zur Folge haben. In anderen Versuchsreihen ist wiederum die Menge der Kohlehydrate und des Fettes in der Nahrung nicht völlig hinreichend gewesen ; der Fettvorrath des Körpers hat in Folge hiervon abgenommen und dementsprechend ist auch der Eiweisszerfall gesteigert worden. Endlich kann auch die Arbeit den Appetit erhöhen, und das in Folge hiervon in grösserer JNIenge aufgenonnnene Eiweiss führt eine vermehrte Stickstoffaus- scheidung herbei. An sich soll dagegen nach der gewöhnlichen Ansicht die Muskel thätigkeit kaum einen Einfluss auf den Eiweissumsatz ausüben. Dagegen übt die Arbeit einen sehr bedeutenden Einfluss auf die Kohlen- säureausscheidung und den Sauerstoffverbrauch aus. Diese Wirkung, welche zuerst von Lavoisiek beobachtet wurde, ist später von einer Menge von For- '^^^'^®e'»^^i Sehern bestätigt worden. So sind z. B. von Pkttenkofer und Voit-) an einem ^'<"t- erwachsenen Manne Untersuchungen über den Umsatz sowohl der siickstofl- haltigen wie der stickstofffreien Stoffe in der Ruhe und wäluviul dir Arl)eit. 1) ViRCHOw's Areh. BJd. G7 u. 71. 2) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 2. 38* 596 Achtzehntes Kapitel. theils beim Hungern und theils bei gemischter Kost ausgeführt worden. T>ie Resultate sind in folgender Tabelle enthalten. Tab. XIII. Verbrauch von Eiweiss Fett Kohlehydraten Beim f Ruhe 79 209 — Hungern. \ Arbeit 75 380 — Gemischte f Ruhe 137 72 352 Kost. \ Arbeit 137 173 352 716 761 1187 1071 912 831 1209 980 Auf den Eiweisszerfall übte also in diesem Falle die Arbeit keinen Ein- fluss aus, während der Gaswechsel bedeutend gesteigert war. Nach der ZuNTZ-GEPPERT'schen Methode (vergl. S. 553) sind von Zuntz und seinen Schülern Lehmann^) und Katzenstein 2) sehr wichtige Untersuch- ungen über die Grösse des Gaswechsels als Mass der Zersetzungen während und in Folge der Arbeit ausgeführt worden. Diese Untersuchungen nicht nur konstatiren den mächtigen Einfluss der Muskelarbeit auf die Stoffzersetzung, sondern sie zeigen auch in sehr lehrreicher Weise die Beziehungen zwischen Grösse der Stoffzersetzung und nutzbarer Arbeit verschiedener Art. Auf diese wichtigen Untersuchungen, die vorwiegend physiologisches Interesse haben, kann indessen hier nur hingewiesen werden. Die Wirkung der Muskelarbeit auf den Gaswechsel kommt nicht bei starker Arbeit allein zum Vorschein. Durch die Arbeiten von Speck ^), der ebenfalls um das Studium des Gaswechsels beim Menschen unter verschiedenen Beding- GäswGclisöl und Arbeit, ungen sich sehr verdient gemacht hat, weiss man nämlich, dass sogar sehr kleine, anscheinend ganz unwesentliche Bewegungen die Kohlensäureproduktion derart steigern können, dass bei Nichtbeachtung derselben, wie in zahlreichen älteren Versuchen, sehr bedeutende Fehler sich einschleichen können. Die während einer Arbeitsperiode ausgeschiedene Kohlensäuremenge ist regelmässig grösser als die gleichzeitig aufgenommene Menge Sauerstoff, und dement.sprechend hat man auch allgemein früher ein Ansteigen des respiratori- schen Quotienten in Folge der Arbeit beobachtet. Dieses Ansteigen scheint indessen nicht in der Art der bei der Arbeit verlaufenden chemischen Prozesse begründet zu sein, denn es liegen Versuchsreihen von Zuntz, Lehmann und Katzenstein vor, in denen der respiratorische Quotient trotz der Arbeit fast unverändert blieb. NachLoEAVY^) verlaufen die Verbrennungsprozesse im Thier- körper in derselben Weise bei Arbeit wie in der Ruhe, und ein Ansteigen des 1) Maly's Jahresber. Bd. 19. S. 412. 2) Pflüger's Arch. Bd. 49. 3) Speck, Physiologie des menschlichen Athmens. Leipzig 1892. 4) Pflüger's Arch. Bd. 49. Stoftwechsel bei Kube und Arbeit. 597 respiratorischen Quotienten findet (abgesehen von vorübergehenden Aenderungen der Atheramechanik) nach ihm nur bei ungenügender Sauerstoffzufuhr zu den Muskeln, wie bei anhaltender ermüdender oder kurzdauernder übermässiger Arbeit wie auch bei lokalem Sauerstoffmangel in Folge übermässiger Arbeit gewisser Muskelgruppen statt. Das wechselnde Verhalten des resp. Quotienten hat man nach Katzexstein ^) in der Weise zu erklären, dass bei der Arbeit zwei Arten von chemischen Prozessen neben einander verlaufen. Die einen bedingen die tionsquo- Arbeit, die mit Kohlensäureproduktion auch bei Abwesenheit von freiem Sauer- Arbeit. Stoff verbunden ist, die anderen vermitteln die unter Sauerstoffaufnahme statt- findende Regeneration. Wenn diese zwei Hauptarten von chemischen Prozessen gleichen Schritt halten, kann der resp. Quotient während der Arbeit unverändert bleiben; wird durch starke Arbeit die Zersetzung der Regeneration gegenüber vermehrt, so findet ein Austeigen des resp. Quotienten statt. Beim Schlafe nimmt der Stoffumsatz dem Wachen gegenüber bedeutend ab und der wesentlichste Grund hierzu ist die Muskelruhe während des Schlafes. Wirknngdes Schlafes. Die Untersuchungen von Rubner^) an einem Hunde und von Loewy^) am Menschen lehren nämlich, dass, wenn nur die Muskelarbeit ausgeschlossen wird, die Zersetzung im Wachen nicht grösser als im Schlafe ist. Die Einwirkung des Lichtes steht auch in naher Beziehung zu der Frage von der Wirkung der Muskelarbeit, Dass der Stoffwechsel unter dem Einflüsse des Lichtes gesteigert wird, scheint sicher zu sein. Die meisten Forscher leiten, j^jn^ikong wie Speck^), Loeb°) und Ew^^ld*^), diese Steigerung voji durch das Licht be- '^^^^ Uchtes. dingten Bewegungen oder einem gesteigerten Muskeltonus her. Fubfni und Bex'edicenti'') nehmen dagegen auf Grund ihrer Untersuchungen an winter- schlafendeu Thieren eine Steigerung des Stoffwechsels durch das Licht, unab- hängig von den Bewegungen, an. Geistige Arbeit scheint keinen durch unsere jetzigen Hilfsmittel sicher zu konstatirenden Einfluss auf den Stoft'wechsel auszuüben. Wirkung der Aussentempemtnr. Bei den Kaltblütern nimmt die Kohlen- säureproduktion mit der Umgebungstemperatur zu, resp. ab. Bei Warmblütern ist das Verhalten dagegen ein anderes. Die Untersuchungen von Ludwig und Sanders-Ezn, Pflügek und seinen Schülern, von Herzog Carl Theodok in Bayern u. A.^) sprechen nämlich dafür, dass bei Warmblütern Aenderungen in der 1) Pflüger's Arch. Bd. Vd. 2) LüDWiG-Festschrift. 1887. 3) Berlin, kliu. Wocbenschr. 1891. S. 434. 4) 1. c. enthält Litteraturangabeu. 5) Pflüoer's Areli. I?d. 42. *j) Journal of I'bysiol. Bd. 13. 7) Cit. nach Maly's Jahresber. Bd. 22. S. :'.0:.. 8) Die hierher gehörige Litteratur findet mnii l)vi Vörr in lli r.M\NN'.< Hnn.il>. Bd. ü uud auch bei Speck 1. c. 598 Achtzehntes Kapitel. Wirkung Aussentemperatur einen verschiedenen Erfolg haben, je nachdem die Eigenwärme des Thieres dabei die nämliche bleibt oder sich ändert. Sinkt die Eigentem- peratur, so sinkt auch die Kohlensäureausscheidung; steigt dagegen jene, so steigt auch diese. Bleibt die Eigen temperatur dagegen unverändert, so steigt die Kohlensäureausscheidung mit niederer und nimmt dagegen mit höherer Aussentemperatur ab. Dieses Verhalten erklärte man nach Pflüger und Zuntz durch die Annahme, dass die niedere Temperatur durch Reizung der sensiblen Hautnerven reflektorisch einen gesteigerten Umsatz in den Muskeln mit einer vermehrten, die Körpertemperatur regulirenden Wärmeproduktion erzeugte, wäh- rend es bei höherer Aussentemperatur umgekehrt sich verhielt. Die Thierver- einer ver- guche sind indessen aus mehreren Gründen etwas unsicher, aber die von Speck ^) Aussen-^ uud LoEWY^) an Menschen ausgeführten Bestimmungen sowohl der SauerstofT- aufnahme wie der Kohlensäureausscheidung zeigen , dass die Kälte beim Men- schen keine wesentliche Steigerung des Stoffwechsels erzeugt. Der Kältereiz kann zwar reflektorisch ein forcirtes Athmen mit dessen Wirkungen auf den Gaswechsel herbeiführen und ferner können schwache reflektorische Muskel- bewegungen wie Zittern, Schaudern u. a. eine unerhebliche Vermehrung der Kohlensäureausscheidung erzeugen; bei völliger Muskelschlaffheit scheint aber die Kälte keine gesteigerte Sauerstoffaufnahme, resp. gesteigerten Stoffwechsel zu bedingen. Nach Loewy soll auch das Wesentlichste der Wärmeregulirun g unter dem Einflüsse der Kälte nicht eine vermehrte Wärmeproduktion, sondern eine verminderte Wärmeabgabe durch Kontraktion der Haut und ihrer Gefässe sein. Durch Nahrtingsaufnahme wird der Stoffwechsel erhöht und Zuntz ^) hat berechnet, dass beim Menschen nach einer mittelstarken Mahlzeit der Sauer- stoffverbrauch etwa sechs Stunden lang um durchschnittlich 15°/o über den Ruhewerth sich erhebt. Diese Steigerung des Stoffwechsels wird, wie man wohl Wirkung der nunmehr allgemein mit Speck annimmt, wahrscheinlich fast nur durch die nach aufnähme, der Nahrungsaufnahme gesteigerte Arbeit des Verdauungsapparates bedingt. FiCK^) hat als Ursache des gesteigerten Stoffwechsels die Oxydation von cirku- lirendem verbrennungsfähigem Material (Eiweiss) angenommen. Diese Anschau- ung ist zwar, wie Magnus-Levy^j gezeigt hat, nicht richtig; aber Levy selbst neigt jedoch zu der Ansicht, dass ausser der Verdauungsarbeit möglicherweise doch hierbei auch eine spezifisch anregende Wirkung des Eiweisses auf den Stofi'wechsel betheiligt sein könne. 1) 1. c. 2) Pflüger's Arch. Bd. 46. 3) Zuntz und Lew, Beitrag zur Kenutniss der Verdaulichkeit etc. des Brodes. Ebeud. Bd. 49. 4) Sitzungsber. d. Würzb. phys.-iued. Gesellsch. 1890. ö) Pflüger's Arch. Bd. 55. Enthält die einsclilägigen Litteraturaugal)en. Der Bedarf des Menschen an Nahrung. 599 VI. Der Bedarf des Menschen an Nahrung unter verschiedenen Verhältnissen. Die Grösse des täglichen Bedarfes des Menschen an organischen Nahrungs- mitteln hat mau auf verschiedene Weise zu bestimmen versucht. Einige Forscher haben für eine grosse Anzahl gleichmässig ernährter Individuen, Soldaten, Schifls- volk, Arbeiter u. a. , den täglichen Verbrauch von Nahrunysmittelii berechnet , ° MethMon und daraus das Mittel der pro Kopf entfallenden Nährstoffmengen gezogen, zur u<,--.: . Andere haben aus der Menge dos Kohlenstoffs und des Stickstoffs in den Ex- «trüchen • 111 Nanninifs- kreten den täglichen Bedarf an Nahrungsmitteln berechnet. Andere wiederum be-iürfnisscs. haben die Menge der Nährstoffe in einem Kostmass berechnet, mit welchem für einen oder für mehrere Tage die fraglichen Individuen im Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Ausgabe des Kohlenstoffs und Stickstoffs sich befan- den. Endlich haben andere die von Personen verschiedener Gewerbe und Be- schäftigungen täglich nach Belieben verzehrten Speisemengen , bei welchen sie sich wohl befanden und vollkommen arbeitstüchtig waren , während mehrerer Tage festgestellt und deren Gehalt an organischen Nährstoffen bestimmt. Unter diesen Methoden sind einige nicht ganz vorwurfsfrei und andere noch nicht in genügend grossem Masstabe zur Anwendung gekommen. Trotz- dem bieten die bisher gesammelten Erfahrungen, theils wegen der grossen An- ^verth der zahl derselben und theils weil die Methoden zum Theil einander kontrolliren ^''''''°^«"- und komplettiren, in vielen Fällen, wenn es um die Feststellung der Kostration verschiedener Klassen von Menschen und dergleichen Fragen sich handelt, gute Anhaltspunkte dar. Rechnet man die Menge der täglich aufgenommenen Nährstoffe in die An- zahl Kalorien um, welche sie bei der physiologischen Verbrennung liefern, so erhält man einen Einblick in die Summe von chemischer Spannkraft, welche unter verschiedenen Verhältnissen dem Körper zugeführt wird. Hierbei darf dige Resorp- man jedoch nicht übersehen, dass die Nahrung nie ganz vollständig resorbirt Nährstoffe, wird und dass stets unverdaute oder nicht resorbirte Reste derselben mit den Darmausleerungen den Körper verlassen. Die Bruttozahlen der aus der auf- genommenen Nahrung zu berechnenden Kalorien müssen deshalb auch nach RuBNER^) um mindestens etwa 8°/o vermindert werden. Die folgende tabellarische Zusammenstellung enthält einige Beispiele von den Nahrungsmengen, welche von Menschen aus verschiedenen Volksklassen wie unter verschiedenen Verhältnissen aufgenommen werden. In der letzten Kolonne findet man auch die mit oben angedeuteter Korrektion in Kalorien berechnete Menge lebendiger Kraft, welche den fraglichen Nahrungsmengen enf- 1) Zeitschr. f. Biologie. Bd. 21. S. 370. 600 Achtzehntes Kapitel. spricht. Die Kalorien sind also Nettozahleu, während die Zahlen für die Nähr- stoffe Bruttozahlen sind. Tab. XIV. Eiweiss Fett Kohle- hydrate. Kalorien Soldat im Frieden . . . 119 40 529 2784 (Playfair '). ^ , leichter Dienst . 117 35 447 2424 (Hildesheim). „ , im Felde . . . 146 46 504 2852 ^ Arbeiter 130 40 550 2903 (Moleschott). „ , in Ruhe . . . 137 72 352 2458 (Pettenkofer und Voit). Schreiner (40 J.) . . . 131 68 494 2835 (Forster'''). Junger Arzt .... 127 89 302 2602 ^ Kostmass 134 102 292 2476 verschie- dener Arbeiter, Dienstmann (36 J.' 133 95 422 2902 T Menschen. Englischer Schmied . . 176 71 666 3780 (Playfair). y, Preisfechter . 288 88 93 2189 V Bayerischer Waldarbeiter 135 208 876 5589 (Liebig). Arbeiter in Schlesien 80 16 552 2518 (Meinert^). Näherinneu in London . 54 29 292 1688 (Playfair). Schwedische Arbeiter 134 79 485 3019 (Hultgren und Lander gren *). Studenten (Japan) . . . 83 14 622 2779 (Eijkman^). Ladendiener (Japan) . 55 6 394 1744 (Tawara^). Es ist einleuchtend, dass Personen von wesentlich verschiedenem Körper- gewicht, welche unter ungleichen äusseren Verhältnissen leben, einen wesentlich verschiedenen Bedarf an Nahrungsmitteln haben müssen. Es ist also zu er- warten, was auch durch die Tabelle bestätigt wird, dass nicht nur die absolute Menge der aufgenommenen Nahrungsmittel, sondern auch das relative Mengen- verhältniss der verschiedenen organischen Nährstoffe bei verschiedenen Menschen recht bedeutende Schwankungen zeigen werden. Allgemein giltige Zahlen für das tägliche Nahrungsbedürfniss des Menschen lassen sich also nicht angeben. Für bestimmte Kategorien von Menschen, wie für Arbeiter, Soldaten u. s. w, lassen sich dagegen Zahlen aufstellen, welche für die Berechnung der täglichen Kostration sich einigermassen verwerthen lassen. Auf Grundlage seiner Untersuchungen und einer sehr reichen Erfahrung hat Voit mittlere Zahlenwerthe für das tägliche Kostmass des Erwachsenen aufgestellt. Als solches berechnet er für Männer Eiweiss 118 g Fett 56 g Kohlehydrate 500 g Kalorien 2810 1) Hinsichtlich der in dieser Tabelle citirten älteren Arbeiten kann auf VoiT in Her- mann's Handbuch, S. 519, hingewiesen werden. 2) Ebend. und Zeitschr. f. Biologie. Bd. 9. 3) Armee- und Volksernährung. Berlin 1880. 4) Untersuchung über die Ernährung schwedischer Arbeiter bei frei gewählter Kost. Stockholm 1891. 5) Cit. nach Kellner und MORi in Zeitschr. f. Biologie. Bd. 25. NahruDgsbedürfniss des Menschen. 601 WOZU jedoch zu bemerken ist, dass diese Angaben auf einen Mann von 70 bi.> 75 kg Körpergewicht, welcher 10 Stunden täglicli mit nicht zu anstrengender Arbeit beschäftigt ist, sich beziehen. Das Nahrungsbedürfniss massig arl)eitender Frauen dürfte auf etwa ■* ä des arbeitenden Mannes zu veranschlagen sein, und man kann also als täg- liches Kostmass bei massiger Arbeit fordern Eiweiss Fett Kohlehydrate Kalorien für Frauen 94 g 45 g 400 g 2240 Das Verhältniss des Fettes zu den Kohlehydraten ist hier wie 1 : 8 — 9. Ein solches Verhältniss dürfte auch oft in der Nahrung der ärmeren Volk— klassen vorkommen, während das Verhältniss in der Kahrung der Wohl- habenderen meistens 1 : 3 — 4 sein dürfte. Die maximale Menge der Kohle- Verhaitniss hydrate in der Kahrung darf nach Vorr nicht 500 g übersteigen; und da die den Kohle- Kohlehydrate ausserdem hauptsächlich in den oft sehr voluminösen, vegetabili- J ™ °- sehen Nahrungsmitteln vorkommen , so ist es aus den nun angeführten und anderen Gründen wünschenswerth, dass in den obigen Kostrationen die Menge des Fettes auf Kosten der Kohlehydrate vermehrt wird. Wegen des höheren Preises des Fettes lässt sich jedoch leider eine solche Abänderung nicht immer durchführen. Bei Beurtheilung der obigen Zahlen des täglichen Kostmasses darf man übrigens nicht übersehen, dass die Zahlen für die verschiedenen Nährstoffe Bruttozahlen sind. Sie repräsentiren folglich die Menge von Nährstoffen, welche aufgenommen werden muss, und nicht diejenige, welche thatsächlich zur Re- r^orption gelangt. Die Zahlen für die Kalorien sind dagegen Nettozahlen. Die verschiedenen Nahrungsmittel werden bekanntlich nicht gleich voll- ständig verdaut und resorbirt, und im Allgemeinen wird die vegetabilische Nah- rung weniger vollständig ausgenutzt als die animalische. Dies gilt besonders von dem Eiweiss. Wenn also Voit, wie oben erwähnt, den täglichen Eiweiss- bedarf eines Arbeiters zu 118 g berechnet, so geht er dabei von der Voraus- Men^e de« Setzung aus, dass die Kost eine gemischte, animalische und vegetabilische ist, ^j und ferner, dass von den obigen 118 g Eiweiss etwa 105 g thatsächlich resor- birt werden. Mit dieser letztgenannten Zahl stimmen auch — wenn das un- gleiche Körpergewicht der verschiedenen Versuchspersonen genügend berück- sichtigt wird — die Zahlen gut überein, welche PfiXger und seine Schüler, Bohland') und Bleibtreu 2), für die Grösse des Eiweissumsatzes bei Männern bei hinreichender, frei gewählter Kost fanden. rosorbirten iweisses. 1) Pflügek's Arch. Bd. 36. •^) Ebend. Bd. 38. 602 Achtzehntes Kapitel. In dem Masse, wie man eine mehr einseitig vegetabilische Nahrung auf- nimmt, wird auch regelmässig der Gehalt derselben an Eiweiss kleiner. Die einseitig vegetabilische Kost einiger Völker — wie der Japaner — und der sog. Vegetarier ist deshalb auch schon an sich ein Beweis dafür, dass der Mensch, wenn er überhaupt eine genügende Menge Nahrung erhält, unter Um- ständen mit bedeutend kleineren Eiweissmengen als den von Vorr vorge- schlagenen auskommen kann. Dass bei genügend reichlicher Zufuhr von stick- stoffreien Nährstoffen fast vollständiges oder sogar vollständiges Stickstoffgleich- gewicht mit verhältnissmässig sehr kleinen Eiweissmengen erreicht werden kann, geht ausserdem aus den oben besprochenen Untersuchungen von Hirschfeld, KuJiAGAW'A und Klemperer (vergl. S. 586) hervor. "Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Nahrung verschiedener Völker eine sehr verschiedenartige ist und dass der Mensch also, den äusseren Lebens- bedingungen und dem Einflüsse des Klimas gemäss, in verschiedenen Ländern eine wesentlich verschiedene Nahrung aufnimmt, so ist es wohl eigentlich nicht auffallend, wenn auch der an gemischte Kost gewöhnte Mensch einige Zeit mit einer einseitig vegetabilischen aber nicht besonders schwerverdaulichen, eiweiss- armen Kost auskommen kann. An der Fähigkeit des Menschen , einer ver- schiedenartig zusammengesetzten Nahrung sich anzupassen, wenn die letztere nur nicht zu schwerverdaulich und überhaupt zureichend ist, hat wohl Niemand gezweifelt; wegen dieser Fähigkeit aber die von Voit aufgestellten Zahlen wesent- lich abändern zu wollen, dazu liegen wohl, wie es scheint, noch keine genügen- bedarf, den Gründe vor. Wenn nämlich der Mensch auch unter Umständen mit einer niedrigeren Eiweissmenge als der von Voit berechneten sich begnügen kann, so folgt jedoch daraus nicht, dass eine solche Nahrung auch die zweckmässigste ist. Die Zahlen Voit's sind übrigens nur für bestimmte Fälle oder bestimmte Kategorien von Menschen aufgestellt. Dass für andere Fälle andere Zahlen massgebend sein müssen, wird von Niemandem geleugnet, und es ist ja offenbar, dass das von Voit, wohl zunächst mit Rücksicht auf die in Mitteleuropa ob- waltenden Verhältnisse, für den Arbeiter geforderte tägliche Kostmass in anderen Ländern kleine Abänderungen erfahren muss. So haben z. B. die sehr sorg- fältigen Untersuchungen von Hultgren und Landergren gezeigt, dass die Arbeiter Schwedens bei massiger Arbeit und einem mittleren Körpergewicht von 70,3 kg bei frei gewählter Kost täglich rund 134 g Eiweiss, 79 g Fett und 522 g Kohlehydrate aufnehmen. Die hier bei frei gewählter Kost aufgenommene Eiweissmenge ist also höher als die von Voit geforderte. Vergleicht man die Zahlen der Tabelle XIV mit den von Voit für das tägliche Kostmass Arbeitender vorgeschlagenen Normalmittelzahlen, so hat es wohl in erster Hand den Anschein, als würde die aufgenommene Nahrung in gewissen Fällen den täglichen Bedarf bedeutend übersteigen, während sie in anderen Fällen dagegen , wie z. B. für die Näherinnen in London, ganz unzu- reichend sein würde. Einen bestimmten sicheren Schluss in dieser Richtung Nahrungübedürfniss des Menschen. 603 kann man indessen nicht ziehen, wenn man nicht sowohl das Körpergewicht, wie die von den fraglichen Personen geforderten Leistungen und die übrigen Lebensverhältnisse kennt. Es ist freilich wahr, dass das Nahruugsbedürfniss dem Körpergewichte nicht dinkt proportional ist, denn ein kleinerer Körper setzt KOrporge- relativ mehr Substanz als ein grösserer um, und es kann auch ein verschiedener Nabnmg:«- Fettgehalt Verschiedenheiten bedingen; aber es setzt jedoch ein grösserer Körper, welcher eine grössere Masse zu unterhalten hat, eine absolut grössere Stoffmenge als ein kleinerer um, und bei Beurtheilung des Nahrungsbedürfnisses nmss man deshalb auch stets der Grösse des Körpergewichtes Rechnung tragen. Nach dem von VoiT für einen Arbeiter vorgeschlagenen Kostmasse kommen, bei einem Körpergewicht von 70 kg, auf je 1 kg rund 40 Kalorien. Wie oben mehrfach erwähnt wurde, muss das Nahrungsbedürfniss bei verschiedenen Körperzuständen ein verschiedenes sein. Von solchen Zuständen sind es besonders zwei, welche von grösserer praktischer Bedeutung sind, näm- lich Ruhe und Arbeit. In einem vorigen Kapitel, in welchem die Muskelarbeit besprochen wurde, haben wir gesehen, dass, der allgemeinsten Ansicht nach, die stickstoffreien Nahrungsstoffe wenn nicht als die ausschliessliche jedoch als die wesentlichste Quelle der Muskelkraft angesehen werden. Als eine natürliche Folgerung hieraus ist zu erwarten, dass bei der Arbeit vor Allem die Menge der stickstoffreien Nährstoffe in der Tagesration vermehrt werden muss. Dieser Forderung scheint jedoch die tägliche Erfahrung nicht zu ent- sprechen. Es ist nämlich eine allgemein bekannte Thatsache, dass angestrengt arbeitende Individuen — j\Ien sehen wie Thiere — einer grösseren Menge Ei- weiss in der Nahrung als weniger stark arbeitende bedürfen. Dieser Wider- spruch ist indessen nur scheinbar und er rührt, wie Voit gezeigt hat, daher, Eiwoiss- dass angestrengt arbeitende Individuen regelmässig eine stärker entwickelte beitonder. Muskulatur, eine grössere Fleischmasse zu unterhalten haben. Aus diesem Grunde muss ein kräftiger Körperarbeiter mit der Nahrung eine grössere Ei- weissmeuge als eine weniger angestrengt arbeitende Person aufnehmen. Eine andere Frage ist dagegen die, wie die absolute und relative Menge der Nähr- stoffe zu verändern sei, wenn man von einer und derselben Person eine ge- steigerte Arbeitsleistung fordert. Auf der Erfahrung gegründete Aufklärungen hierüber könnte mau er- warten aus den Angaben über die Verpflegung der Soldaten im Frieden und im Felde. Solche Angaben liegen auch in reichlicher Menge vor. Bei einer Prüfung derselben findet man jedoch, dass in der Kriegsration nur ausnahms- weise die Menge der stickstoflfreien Stoffe, derjenigen des Eiweisses gegenüber, VcrpnoKung vermehrt ist, während in den meisten Fällen das Umgekehrte der Fall ist. Auch soidaton. in diesen Fällen entsprechen also die thatsächlichen Verhältnisse den theoreti- schen Anforderungen nicht, worauf indessen kein zu grosses Gewicht zu legen 604 Achtzehntes Kapitel. ist, weil Ijei der Verpflegung der Soldaten im Felde mehrere andere Umstände, wie das Volumen und das Gewicht der Nahrung u. dergl., auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann, in Betracht kommen müssen. Um die Ver- pflegung der Soldaten im Kriege und im Frieden zu beleuchten, werden hier folgende aus den Detailangaben für mehrere Länder^) berechnete Mittelzahlen angeführt. Diesen Mittelzahlen sind auch die Zahlen für Schweden beigefügt Tab. XV. A. Friedensportion. B. Kriegsportion. Eiweiss Fett Kohleh. Eiweiss Fett Kohleh. Kostmass Minimum 108 22 504 126 38 484 der Maximum 165 97 731 197 95 688 Soldaten. Mittel 130 40 551 146 59 557 Schweden (vorgeschlagen) . 179 102 591 202 137 565 Sieht man von der für die Soldaten in Schweden vorgeschlagenen , sehr reichlichen Kostration ab und hält man sich nur an die obigen Mittelzahlen, so erhält man folgende Zahlen für die tägliche Kostration Eiweiss Fett Kohlehydrate Kalorien Im Frieden 130 40 551 2900 „ Kriege 146 59 557 3250 Rechnet man das Fett in die äquivalente Menge Stärke um, so wird die Relation des Eiweisses zu den stickstofffreien Nährstoffen. Im Frieden = 1 : 4,97 „ Kriege = 1 : 4,79. Die Relation ist also in beiden Fällen fast dieselbe; der kleine Unter- schied, welcher sich vorfindet, zeigt jedoch eine geringe relative Vermehrung des Eiweisses in der Kriegsportion an. Dagegen ist, was besonders aus der Anzahl der Kalorien ersichtlich wird, die Gesammtmenge der Nahrungsstoffe grösser in der Kriegs- als in der Friedensportion. Wie eine grössere Arbeit eine Vermehrung der absoluten Nahrungsmenge erfordert, so muss umgekehrt die Menge der Nahrung, wenn man auf die Leistungsfähigkeit geringere Ansprüche stellt, herabgesetzt werden können. Die Frage, in wie weit dies geschehen kann, ist mit besonderer Rücksicht auf die Kostsätze in Gefängnissen und in Altersversorgungsanstalten von Bedeutung. Als Beispiele solcher Kostsätze werden hier folgende Angaben mitgetheilt. Tab. XVI. Kostsätze in Eiweiss Fett Kohlehydrate Kalorien Gefäng- nissen und Gefangene (nicht arbeitende) 87 22 305 1667 (Schuster 2) Versorg- , „ ^ 85 30 300 1709 (Voit) stIlteS* Pfründner 92 45 332 1985 (Förster 3) Pfründnerinuen 80 49 266 1725 1) Deutschland, Oesterreich, Schweiz, Frankreich, Italien, Ilussland und die Vereinigten Staaten Nordamerikas. 2) Vergl. Voit, Untersuchung der Kost. Müuchen 1877. S. 142. 3) Ebend. S. 186. Iluncerkuren. ()05 Die in der Tabelle angeführten Zahlen von Voit sind von ihm als niederste Sätze für nicht arbeitende Gefangene gefordert worden. Alp unterste Kost«ätze für alte, nicht arbeitende Leute fordert er: Eiweiss Fett Kohlehydrate Kalorien Für Mänuer 90 40 350 2200 , Frauen 80 35 300 1733 Bei Berechnung der täglichen Kostsätze gilt es in den meisten Fällen zu ermitteln, wie viel von den verschiedenen Nährstoffen dem Körper täglich zu- geführt werden muss, damit er auf seinem stoft'lichen Bestände für die Dauer erhalten werde und die von ihm geforderte Arbeit leisten könne. In anderen Fällen kann es sich darum handeln, den Ernährungszustand des Körpers durch eine passend gewählte Nahrung zu verbessern; aber es giel)t auch Fälle, in welchen man umgekehrt durch unzureichende Nahrung eine Abnahme der Körper- niasse und des Körpergewichtes erzielen will. Dies ist besonders bei Bekämpfung der Fettsucht der Fall, und sämmtliche zu diesem Zwecke vorgeschlagene Diät- kuren sind thatsüchlich auch Hungerkuren. Die älteste der mehr allgemein bekannten Diätkuren gegen Korpulenz ist die von Harvey^), welche gewöhnlich die BANTixokur genannt wird. Das Prinzip dieser Kur besteht darin, dass man durch eine möglichst stark einge- schränkte Zufuhr von Fett und Kohlehydraten bei gleichzeitig verstärkter Zu- fuhr von Eiweiss den Verbrauch des aufgespeicherten Körperfettes möglichst zu steigern sich bemüht. Die zweite Kur, die EßSTEiN'sche^), geht von der (nicht richtigen) Annahme aus, dass in einem fettreichen Körper das aufgenommene Nahrungsfett nicht zum Ansatz kommen kann, sondern vollständig verbrannt gegea*" wird. In dieser Kur sind deshalb auch verhältnissmässig reichliche Mengen °'^ ^"^ Fett in der Nahrung zulässig, während die ]Menge der Kohlehydrate stark be- schränkt ist. Die dritte Kur, die OERTEL'sche 3), geht von der jedenfalls richtigen Anschauung aus, dass eine bestimmte Menge Kohlehydrate für den Fettansatz von keiner grösseren Bedeutung als die isodyname Fettmenge ist. In dieser Kur sind deshalb auch sowohl die Kohlehydrate wie die Fette zulässig, unter der Voraussetzung jedoch, dass die Gesammtmenge derselben nicht so gross ist, dass sie eine Abnahme des Fettbestandes verhindert. Zu der OERXEL'scheu Kur gehört auch, besonders in gewissen Fällen, eine stark beschränkte Zufuhr von Wasser. Die in diesen drei Kuren dem Körper zugeführten mittleren Giengen der verschiedenen Nährstoffe sind folgende, wobei des Vergleiches halber in derselben Tabelle auch das für einen Arbeiter von Voit geforderte Kostma.ss aufgeführt worden ist. 1) Banting, Letter on corpuleuce. London 1804. 2) Ebstein', Die Fettleibigkeit und ihre Behandlung. 1882. 3) Oertel, Handbuch der allg. Tlierapio der Kreislaufstörungcu. 1884. 606 Achtzehntes Kapitel. Diätkuren gegen Korpulenz. Diätkuren. Eiweiss Fett Kohlehydrate Kalorien Kur von Hakvey-Banting . 171 8 75 1066 „ , Ebstein 102 85 47 1391 , „ Oertel 156 22 72 1124 , , , Maximum. . 170 44 114 1557 Arbeiter (nach VoiT) .... 118 56 500 2810 Wird das Fett überall in Stärke unigereclinet , so wird die Relation Ei- weiss: Kohlehydrate = Kur von Haevey-Banting . = 100 : 54 , „ Ebstein = lOO : 246 „ ^ Oertel = 100 : 80 „ „ ^ (Maximum) . = 100 : 129 Arbeiter = 100 : 540 In allen drei Kuren gegen Korpulenz ist also die Menge der stickstoff- freien Stoffe, der Eiweissmenge gegenüber, herabgesetzt; vor Allem ist aber, wie die Anzahl der Kalorien zeigt, die Gesammtmenge der Nahrung bedeutend ver- mindert. Die HARVEY-BANTiNG'sche Kur zeichnet sich vor den anderen durch einen relativ sehr grossen Eiweissgehalt aus, während die Gesammtzahl der zugeführten Kalorien in ihr die kleinste ist. Aus diesen Gründen wirkt diese Kur sehr rasch; sie wird aber hierdurch auch mehr gefährlich und schwieriger durchzu- führen. In dieser Hinsicht ist die EßSTEiN'sche und besonders die ÜERTEL'sche Kur, welche die grösste Abwechselung in der Wahl der Nahrung gestattet, besser. Da das Körperfett eine eiweissersparende Wirkung ausübt, hat man bei Anwendung dieser Kuren, besonders der BANTiNokur, darauf zu achten, dass nicht mit der Abnahme des Körperfettes der Eiweisszerfall im Körper derart gesteigert wird, dass ein Verlust an Körpereiweiss stattfindet, und man muss deshalb die Stickstoffausscheidung durch den Harn sorgfältig überwachen. Sämmtliche Diätkuren gegen Korpulenz sind übrigens, wie oben erwähnt, Hungerkuren; und wenn man den täglichen Nahrungsbedarf des erwachsenen Mannes, in Kalorien ausgedrückt, zu rund nur 2500 Kai, (nach den von. Forster für Aerzte als Mittel gefundenen Zahlen) anschlagen will, so sieht man sogleich, welch' einen bedeutenden Theil seiner eigenen Masse der Körper in den obigen Kuren täglich unter Umständen abgeben muss. Es mahnt dies gewiss zu grosser Vorsicht bei der Handhabung dieser Kuren, welche nie schablonenmässig, sondern mit Berücksichtigung in jedem speziellen Falle von der Individualität, dem Körpergewichte, der Stickstoffausscheidung im Harne und dergl., stets unter strenger Kontrolle und nur von Aerzten, nie von Laien angeordnet werden dürfen. Ein näheres Eingehen auf die vielen, hierbei zu berücksichtigenden Verhältnisse entspricht jedoch nicht dem Plane und dem Umfange dieses Buches. Tab. I. Nahrungsmittel- 1000 Theile enthalten Verhältnis» von 1 : ■: ■• I. Animalische Nahrungs- mittel. ! , 2 3 4 o T3ta © c o et O ^ 1 a) Fleisch ohne Knochen Fettes Rindfleisch-) 183 166 11 640 100 90 0 MittelfeUes Rindfleisch^) .... 196 98 18 688 100 50 0 Rindfleisch (Beaf-) ; 190 120 18 672 100 63 0 :MitteIfettes gesalzenes Rindfleisch . | 218 115 117 550 100 53 0 Kalbfleisch '! 190 ! 318 80 65 13 125 717 492 100 100 42 20 0 Pferdefleisch gesalzen u. geräuchert 0 Geräucherter Schinken . . . . ' 255 365 100 280 100 143 0 Schweinefleisch gesalzen und ge- räuchert^) 100 660 11 40 12 130 744 100 100 660 5 0 Fleisch von Hasen i 233 0 p von fetten Haushühneru . ; 195 93 11 701 100 48 0 . von Rebhühnern .... 253 14 14 719 100 6 0 . von Wildenten .... 246 31 12 711 100 13 0 b) Fleisch mit Knochen. Fettes Rindfleisch 2) 156 141 9 544 150 100 90 0 Mittelfettes Rindfleisch ^1 . . : 167 83 15 585 150 100 49 0 SchM-ach gesalzenes Rindfleisch 175 93 85 480 167 100 53 0 Stark gesalzenes Rindfleisch j 190 100 100 430 180 100 53 0 Hammelfleisch, sehr fett . . : 135 332 8 437 88 100 246 0 mittelfett . . 160 160 10 520 150 100 100 0 Schweinefleisch, frisch, fett . 100 460 5 365 70 1 100 460 0 „ gesalzen, fett 120 540 60 200 80 100 450 0 Geräucherter Schinken . . 200 300 70 340 90 100 150 0 c) Fische, Flussaal, frisch (ganze Fische) . . 89 220 6 352 333 100 240 0 Lachs , , , . . 121 67 10 469 333 100 56 0 Strömling , . , . . 1 128 39 11 489 333 100 31 0 Scholle „ 1 145 14 11 580 250 100 9 0 1) Die in dieser Tabelle aufgeführten Zahlen sind der Hauptsache nach theils den Zu- sammenstellungen von Ai.MKN und theils den von Koxio entlehnt. Als ,, Abfülle" werden hier diejenigen Theile der Nahrungsmittel bezeichnet, welche bei der Zubereitung der Speisen ver- loren gehen oder überhaupt vom Körper nicht ausgenutzt werden. Als solche sind also z. B. Knochen, Haut, Eierschalen und bei den vegetabilischen Nahrungsmitteln die Cellulose zu nennen. ^) Fleisch wie es in Schweden gewöhnlich auf dem Markte gekauft wird. 3) Rindfleisch wie es in Schweden bei grösseren Lieferanten für öftentliclie Anstalten erhalten wird. 4) Schweinefleisch, hauptsächlich von Brust- und Baut litht iltii. wie es in der ..Trot-k.n- portion" der Soldaten in Schweden vorkommt. 608 Animalische Nahrungsmittel. 1000 Theile enthalten Verhältniss von 1:2:3 Flussbarseh, frisch (ganze Fische) Dorsch „ „ „ Hecht „ „ , Häring, gesalzener _ „ Strömling, gesalzener „ „ Lachs (Seitenstücke) gesalzen Kabeljau (gesalzener Schellfisch) Stockfisch (getrockneter Leng) . „ (getrockneter Dorsch) Fischmehl von Gadusarten . . d) Innere Organe (frisch). Gehirn Leber von Rindern Herz von Eindern Herz und Lungen von Hammeln . Niere von Kälbern Zunge von Ochsen (frisch) . , . Blut verschiedener Thiere (Mittel- zahlen) e) Andere animalische Nahr- ungsmittel. Mettwurst (sog. Soldatenmettwurst) Mettwurst (zum Braten) .... Butter Schweineschmalz ...... Fleischextrakt Kuhmilch (volle Milch) .... „ (abgerahmte Milch) . . Buttermilch Rahm Käse (Fettkäse) „ (Magerkäse) Molkenkäse (Mysost) mager . Hühnereier (ganze Eier) .... „ (ohne Schalen . . . Eidotter Eierweiss 2. Vegetabilische Nahrungs- mittel. Weizen (Samen) Weizenmehl (fein) , (sehr fein) . . . , Weizenkleie Weizenbrod (frisch) Nudeln Roggen (Samen) Roggenmehl Roggenbrod (trocken) Roggenbrod (frisch, gröberes) . . 100 2 8 440 450 100 2 86 1 8 455 450 100 1 82 1 6 461 450 100 1 140 140 100 280 340 100 100 116 43 107 334 400 100 37 200 108 132 460 100 100 54 246 4 178 472 100 100 1 532 5 106 257 100 100 1 665 10 59 116 150 100 1 736 7 87 170 100 1 116 103 11 770 100 89 196 56 11 17 720 100 28 184 92 10 714 100 50 163 106 10 721 100 65 221 38 13 728 100 17 150 170 10 670 100 113 182 2 9 807 100 1 190 150 50 610 100 79 220 160 55 565 100 73 7 850 7 15 119 100 12100 3 990 7 100 33000 304 175 217 35 35 50 7 873 100 100 35 7 50 7 901 100 20 41 9 38 7 905 100 22 37 257 35 6 665 100 695 230 270 40 60 400 100 117 334 66 50 50 500 100 19 89 70 456 56 329 100 79 106 93 4 8 654 135 100 88 122 107 5 10 756 100 88 160 307 13 520 100 192 103 7 7 8 875 100 7 123 17 676 18 140 26 100 14 110 10 740 8 120 12 100 11 92 11 768 3 120 6 100 12 150 39 439 50 130 192 100 26 88 10 550 17 330 5 100 11 90 3 768 8 131 100 3 115 17 688 18 140 22 100 15 115 15 720 20 110 20 100 13 114 20 725 15 110 16 100 18 77 10 480 16 400 17 100 14 Vegetabilische Nahrungsmittel. 609 1000 Tbeile enthalteu Verhältnißs von 1:2:3 Koggenbrod (frisch, feineres) Gerste (Samen) Gerstengraupen Hafer (Sameuj Hafergraupen Mais Reis (entscliälter Kochreis) . . . Schminkbohnen Erbsen (gelbe oder grüne, trocken) . Erbsenmehl (fein) Kartoffeln Kohlrüben Möhren (gelbe Rüben) .... Blumenkohl Weisskraut Schnittbohnen Spinat Kopfsalat Gurken Radischen Essbare Pilze, frisch (Mittelzahlen) , , lufttrocken (Mittel- zahlen) .... Aepfel und Birnen Verschiedene Beeren (Mittelzahlen) Mandeln Cacao 80 111 110 117 140 101 70 232 220 270 20 14 10 25 19 27 31 14 10 12 32 219 4 5 242 140 14 21 10 60 60 58 7 21 15 15 2 2 2 4 2 1 5 3 1 1 4 25 537 480 514 654 720 563 660 656 770 537 530 520 200 74 90 50 49 66 33 22 23 38 60 412 130 90 72 180 11 26 7 30 20 17 2 36 25 25 10 7 10 8 12 6 19 10 4 7 9 61 3 6 29 50 370 140 146 130 100 140 146 137 150 125 760 893 873 904 900 888 908 944 956 934 877 160 832 849 54 55 11 j 48 ' 7 100 20 28 5 37 60 45 8 10 15 9 18 12 8 7 6 8 18 123 31 50 66 95 100 100 100 100 100 100 100 100 18 19 9 51 43 57 10 9 100 i 7 1 ! 100 6 1 100 10 100 14 100 20 i; 100 16 i 100 11 1 100 4 ; 100 16 100 21 100 10 100 8 100 12 i 100 12 i 100 i 100 100 222 100 343 634 589 G54 481 471 662 1100 231 240 192 1030 529 900 200 258 244 106 157 230 317 188 188 3250 1800 30 129 Tab. IL ^I a 1 z 2 e t r ä n k e. 1000 Gewichtstheile enthalten o ^ ö ,_, 4^ M ^ - — ^ o l O .j1 U & 1 1 o 1 :? -? ^ 3 S! •j^ Porter Bier (Schwedisches „Sötöl") . Bier (Schwedisches E.xportbier) Schenkbier Lagerbier Bockbier . Weissbier .■Schwedisches „Svagdricka'" Hammarsten, Physiologische Chomio. Dritte Aaflago. 871 2 54 70 7 887 28 — 15 885 32 — 7 911 2 35 55 8 903 2 40 58 4 ' 881 2 47 72 6 916 3 25 59 5 945 — 22 — ~ 13 G5 73 10 I 31 13 ! — — — o - — , 3 2 I 2 4 39 610 Tab. III. W e i u e u u d andere alkoholische Getränke. 1000 Gewichtstheile enthalten < > Bordeauxweine . Eheingauweissweine Champagner . . . . Rheinwein, moussirend Tokayer Sherry Portwein Madeira Marsala Schwedischer Punsch . Branntwein . . . . Französischer Cognac . Liqueure 863 776 801 808 795 774 791 ! 790 479 94 23 115 23 90 134 94 105 120 72 170 35 164 62 156 53 164 46 263 460 550 442—590 0 4 115 87 51 15 40 33 35 332 260—475 5,9 2,0 5,0 2,0 6,0 1,0 1,0 6,0 1,0 2,0 7,0 9,0 3,0 5,0 6,0 5,0 4,0 2,0 3,0 5,0 3,0 3,0 5,0 4,0 4,0 160—70 Sach-Register. Aal; Blutserum 110, Fleisch 345. Abführmittel s. Laxantien. Abrussamen 13. Absorptionsverhültniss 128, der Blutfarbstoffe 129. Acetessigsäure 508, im Harne 505. 506. Aceton 506, im Blute 154, im Harne 505. Acetonurie 505, 506. Acetylamidobenzoesäuren 478. Acetylen ; Verbindung mit Hämoglobin 122. Acholie, pignientäre 212. Achromatin 85. Achroodextrin 68, 226. Acidalbuminate 16, Eigenschaften 27, 28; Entstehung bei dev Pepsinverdauung 23'.', 240. Acidität, des Harnes 403 — 405, des Magen- inhaltes 251, der Muskeln 321, 335. Actiniochrom 526. Adenin 90; Eigenschaften, Verhalten und Vorkommen 94, im Harne 437. Adenylsäure 88. Aderlässe; Wirkung auf das Blut 146, 154. Adhäsion, Bedeutung für die Blutgerinnung 136. Adipocire :-!l6. Aegagropilae 283. Aerotonometer 545, 549. Aethal 76. Aether; Wirkung auf Blut 112. auf Magen- saftabsonderung 231, auf Muskeln 335, auf PanUreassaftabsonderung 260. Aetherische Oele : Wirkung auf Muskeln 335. AetherschwefelsJiuren ; in der Galle 211, im Harne 277, 444 — 448,475,478. im Schweisse 529. Aetliylalkohol ; Entstehung im Darme 270, Kesorption 301, Uebergang in die Milch 399, Verhalten im Organismus 590, 591, Wirkung auf Magensaftabsonderung 231, auf Muskeln 335, auf den Stoffwechsel 591, auf die Verdauung 238, 248. Aetliylbenzol; Verlialten im Organismus 476. Aethylenimin, s. tjpermin. Aethylenglykol ; Beziehung zur Glykogen- bifdung 188. Aethylidenmilchsäure 331 , s. im I'ebrigen Milchsäuren. Akrit 58. Akrolein 72. Akroleinprobe 72, 75. Akrosen 58. Akrylsäui'e ; Wirkung auf Harnsäureaus- scheiduDg 427. Akrylsäurediureid s. Harnsäure. Alanin 49. Albumin; Nachweis im Harne 481, quam. Bestimmung 485, s. im Uebrigen die Ei- weissstofi'e. Albuminate 16, Eigenschaften und Verhalten 27, 28, eisenhaltige Albuminate in der Milz 176. Albumine 16, allgemeines Verhalten 26. s. im Uebrigen die verschiedenen Albumine. Albuminoide 16, 42. Albumoide 16, 42: im Knorpel 44, 308, in den Linsenfasern 358. Albumosen 16, allgemeines Verhalten 29 — 35, Entstehung bei der EiweissfUulniss 277, bei der Pepsinverdauung 239 , bei der Trypsinverdauung 266, Nälirwerth 583, 584, Resorption 289. Umwandlung in Ei- weiss 291, 292, Vorkommen im Blute 29ü, im Harne 484. Aldepalmitinsäure 381. Aldosen 52, 54. Aleuronkrystalie 368. Alexine 14, 156. Alimentäre Glvkosurie 193, 295, Oxalurie 43.J. Alizarinblau; Verlialten in den Geweben 5. Alkalialbuminat 16, Eigenschaften und Ver- halten 27, 28, Vorkommen im Eidotter 369, im Gehirne 348, in glatten Muskeln 347, LlEBERKinx'fl Alkalialbuminat 28. Alkalikarbonate: physiol. Bedeutung 567, Einwirkung auf Magensaftabsonderung 232, Vorkommen, s. die verschiedenen Gewebe und SHfte. Alkaliphosphate: im Harne 403. 404, 430, 463, Vorkommen, s. die verschiedenen Gewebe. 39* 612 Sach-Eegister. Alkalische Erden ; im Harne 469 , in den Knochen 310, unzureichende Zufuhr 313, 576. Alkalische Harngährung 513. Alkaliurate 402, 431, in Konkrementen 517, 518, in Sedimenten 402, 514, 515. Alkaloide; Einwirkung auf Muskeln 335, Uehergang in den Harn 480, Zurückhaltung von der Leber 181. Alkapton und Alkaptonurie 445, 449, 451. Alkohol s. Aethylalkohol. Alkoholgährung 8, 60, im Darme 276, in der Milch 385. Allantoin; Eigenschaften und Vorkommen 435, in Transsudaten 167, 170, 376, Ent- stehung aus Harnsäure 425. Allantoisflüssigkeit 436. Alloxan 425, 431. ALMEX-BöTTGER'sche Zuckerprobe 60, 495. ALMEx'sche Guajak-Blutprobe 488. Amanitin 82. Ambra 288. Ambrain 288. Ameisensaurer Kalk ; enzymatische Zersetzung 10. Ameisensäure; in Butter 381, im Magenin- halte 254, Uehergang in den Harn 456, 473. Amidoäthansulfonsäure, s. Taurin. Amidoäthylenmilchsäure, s. Serin. Amidobenzoesäuren; Verhalten im Thier- körper 478. Araidobernsteinsäure, s. Asparaginsäure. Amidoessigsäure, s. Glykokoll. Amidokapronsäure. s. Leucin. Amidophenylessigsäure; Verhalten im Or- ganismus 477. Amidophenylpropionsäure; Entstehung bei der Eiweissfäulniss 20, 439, Verhalten im Or- ganismus 476, 477. Amidosäureu; Beziehung zur Harnsäurebild- ung 428, zur Harnstoffbildung 409, 473, Entstehung bei der Fäuluiss 20, 277, aus Proteinsubstanzen 18 — 20, 43, 45, 46, 48, 49, 266, 277, bei der Trypsinverdauung 266. Amidozimmtsäure; Verhalten im Organis- mus 476. Amiduliu 66, 226. Ammoniak; Entstehung bei der Eiweissfäul- niss 277, aus Proteinsubstauzen 17, 18, 266, 277, bei der Trypsinverdauung 266, Vorkommen im Blute 153, im Harne 403, 408, 412, 413, 428, 467, 468, Ammoniakausscheidung; nach Eingabe von Mineralsäuren 467, 468, bei Leberkrank- heiten 409, 413, nach Leberexstirpation oder Leberverödung 412, 428. Ammoniakbestimmung im Harne 469. Ammoniaksalze; Beziehung zur Glykogeu- bildung 188, zur Harnsäurebildung 428, zur Harnstoffbildung 410, 412. Ammoniummagnesiumphosphat ; in Harn- konkremeuten517; 518, in Harnsedimenten 514, 516. Ammoniumurat; in Harnkonkrementen 516, in Sedimenten 515. Amniosflüssigkeit 376. Amphikreatin 329. Amphopepton 30. Amylnitritvergiftung 154. Amylodextrin 66. Amyloid 49, 386, vegetabilisches 09. Amyloiddegeneration ; Galle dabei 213, Chondroitinschwefelsäure in der Leber 306. Amylolytische Enzyme 11, 225, 262. Amylum s. Stärke. Anämie, perniciose 151. Anasarkaflüssigkeit 171. Anhydridtheorie der Glykogenbildung 189. Anilin; Verhalten im Organismus 476. Anisotrope Substanz 322, Antedoniu 526, Anthraxprotei'u 17. Antialbumose 30. Antimon; Uehergang in die Milch 399, Wirkung auf Stickstoftausscheidung 408. Antipepton 30, im Fleischextrakt 329, Antipyrin; Beziehung zur Glykogenbildung 188, Einwirkung auf Harn 480, Anurie, bei Cholera 529. Apatit, in Knochenferde 310. Approximative Eiweissbestimmung im Harne 486. Arabinose 53, 56, 57, 70, Beziehung zur Glykogenbildung 187. Arabit 53. Arachinsäure; in Butter 381. Arachnoidealfliissigkeit 166. Arbeit; Einwirkung auf Chlorausscheidung 460, PhospliorSHure -Ausscheidung 463, Schwefelausscheidung 341, 459, auf das Nahrungsbedürfniss 603, 604, auf den Stoff- wechsel 337, 341 — 344, 595—597. Arbeiter, Kostmass 600 — 604. Arbutin ; Beziehung zur Glykogenbildung 188, Verhalten im Thierkörper 445. Aromatische Verbindungen; Verhalten im Thierkörper 475—480. Arsen; Uehergang in die Milch 399, in Schweiss 530, Wirkung auf die Stickstoff- ausscheidung 408. Arsenige Säure; Einwirkung auf Pepsinver- dauung 238. Arsenwasserstoß'; Vergiftung damit 215 —217, 488. Arterin 114. Ascitesflüssigkeiten 169. Asparagin; Beziehung zur Eiweisssynthese 20, zur Glykogenbildung 188, Nährwerth 584. Asparaginsäure; Beziehung zur Harnsäure- bildung 428, zur Harnstoffbildung 409, Entstehung aus Eiweiss 18, 266, 270, Ver- halten im Organismus 409, 428, 473. Assimilationsgrenze 193, 295. Athmung; äussere 532, 541, 543 — 551, innere 532, 551; bei erhöhtem Luftdruck 546, bei erniedrigtem 547, s. im Uebrigeu den Sach-Kegister. 613 Gaswecbsel unter veiscbiedenen Verhält- nissen. Atmidalbumin 32. Atmidalbumose 32. Atropiu ; Wirkung auf IlarnsUureausscheid- ung 427, auf 8peicbelabsonderuug '22'J. Aufsaugung, s. Kesorption. Auge 355, 3G0. Ausgaben des (Organismus 55G — 504 , Vei'- tbeilung auf die E.xkretiouswege 557. Ausnutzung der Nahrungsmittel 293, 295, 299. Auswurf 553, 554. Autointoxikation 13. Autoxydation 7. Bacterium ureae 514. Bakterieide Stoffe 14, 156. Bantingkch 605, 006. Basen; stickstoffhaltige aus Eiweiss 18, 19. Bauchspeichel, s. Pankreassaft. ßebrütung des Eies 374, 375. Belegzellen 230, 241, 243. Beuzaldebyd ; Oxydation 4; substituirle Al- dehyde, Verhalten im Thierkörper 478. Benzoesäure; Entstehung aus Proteiusub- stanzen 20, 21, 47, 439, Uebergaug in den Schweiss 530 , Verhalten im Organismus 2, 439, 477, Vorkommen im Harne 441, Wirkung auf den Stoffwechsel 590, sub- stituirte, Verhalten im Thierkörper 477. Benzol; Verhalten im Thierkörper 475, 476. Benzoylamido-Essigsäure s. Hippursäure. Benzoylchlorid; Verhalten zu Kohlehydraten 61, 186, zu Cystiu, 511. Benzoylcystin 511. Bernsteinsäure; im Darme 276, in der Milz 176, in Transsudaten 167, 170, in der Thy- reoidea 170; Uebergaug in Harn 456, in Schweiss 530. Bezoarsteine 288. Bibergeil 527. Bieneuwachs 76. Bifurcaturluft 545, 550. Biliausäure 201. Bilicvaniu 205, 207, 208, 493. Bilifulvin 205. Bilifuscin 205, 208, 218, Bilihumin 205, 208. Biiiphäin 205. Biliprasin 205, 208. Bilirubin 205; Beziehung zu dem Blutfarb- stoß'e 127, 215, 216, zu dem Hämatoidiu 127, 205, 215, Eigenschaften 205; Vor- kommen 205, in den Corp. lutea 364, im Harne 492, in der Placenta 375. Bilirubinkalk 205, 218. Biliverdin; Eigenschaften 208; Vorkommen 208, in Eierschalen 373, in Exkrementen 285, im Harne 492, in der Placenta 375. Bindegewebe 304. Birotation 55. Biuret 413, 414. Biuretreaktion 23. 414. Blasensteine 510 — 521. Blaues Stentorin 520. Blei; im Blute 140, in der Leber 184, Ueber- gaug in die Milch 390. Blondinen; Milch 395. Blut 98 — 157; allgemeines Verhalten 98. ISS, 134, Analysen, quantitative 143 — 147, arterielles und venöses 114, 147, 533.534, 545, 549, defibriuirtes 9'.', t^rstickungsblut 5, 114, 135, 534, Menge im Körper 154, Nachweis, gerichtlich chemisciier 127, Ver- halten beim Hungern 140, 571, Zusammen- setzung unter abnormen Verhältnissen 150 — 154, unter physiologischen 147 — 150; Blut im Harne 4^7 — -159, im Magenin- halte 250. Blutanalyse, Methodisches 143. Blutcylinder 488. Blutfarbstoffe 113—130; in der Galle 213, im Harne 487, 489. Blutflecken 127. Blutgase 532—539. Blutgerinnung 98, 99, 102—104, 134—142, 147, 148, 152. Blutkörperchen; farblose 131, 132, 152, Verhallen bei der Blutgerinnung 131, 130 — 139, Beziehung zurHarusäurebildung 429; rothe 111 — 113, im Harne 488, Zu- sammensetzung 130, 146, 151. Blutkuchen 99, 134. Blutplasma loO — 107, Zusammensetzung 110, 145. Blutplättchen 131, 132, Bedeutung für die Gerinnung 137. Blutschwitzen 530. Blutserum 99, 1U7 — 111: globulicide Wirk- ung 156, Zusammensetuzng lln, 145. Bluttransfusion 150, 155. Blutverluste 154. Blutvertheilung der Orgaue 156. Bonellin 520. Borax ; Wirkung auf den Stoffwechsel 590, auf die Trypsiuverdauung 260. Borneol, Verhalten im Thierkörper 479. BüTTCiiEK'sche Spermakrystalle 302. BöTTGEK-ALMKNscho Zuckerprobe 60, 495. BowMANx's Discs 322. Brenzkatechiu 444 ; Vorkommen im Harne 444, in Nebennieren 180, in Transsudaten 167, 171. Breuzkatechinscliwefelsäure 441, 444. Brod; Verhalten im Magen 244, Exkremente nach Brodnahruug 283. Eiomadeuin 91. Bromauil 20. Bromoform 20. Bromliypi'xanthin 91. Broniverbinduugen, Uebergaug in den Speiche) 220. Brünetten, Milch 395. BKiNNER'sche Drüsen 255. Butidiu 528. Bursae mucosae, Inhalt 172. Burzeldrüse 528. 614 Sach-Register. Butalanin 49. Butterfett 381, 391; Kalorienwerth 565, Re- sorption 298. Buttermilch 390. Buttersäure ; im Mageninhalte 2oO, 255, im Magensafte 232, im Milchfett 381, 391. Buttersäuregährung 4, 6, 34 J, im Darme 279. Butylalkohol, Verhalten im Organismus 474. Butylchloralhydrat, Verhalten im Organis- mus 474. Byssus 16, 49. Calcium; Mangel daran in der Nahrung 313, 576, Vorkommen, s. die verschiedenen Ge- webe und Säfte. Calciumkarbonat ; im Harne 402 , in Harn- konkremeuten 518, in Harusedimeuten 515, in Knochen 311, 312, 314, in Zahnstein 230. Calciumoxalat; im Harne 434, 435, in Harn- sedimenten 434, 515, in Harnsteinen 518. Calciumphosphat; Beziehung zur Fibriuogen- gerinnung 103, 104, 139, zur Kaseiuge- rinnung 383 : Vorkommen in Darmsteineu 287, im Harne 402, 463, 465, 469, in Harnsedimenteu 5l5, in Harnsteinen 518, in Speichelsteineu 230. Calciumsulfat, in Harnsedimenten 515. Carniferrin 329. Castoreum 527. Castorin 527. Cellulose 69, Gährung derselben 273, 279, Vorkommen bei Tuberkulose 553, Wirkung auf Resorption der Nährstoffe 293. Cemeut 314. Cerebrin 63, 351, Eigenschaften und Ver- halten 351, 353, im Eiter 174. Ctirebroside 350, 351. Cerebrospinalflüssigkeit 170. Cerolein 76. Cerotinsäure 76. Cerumen 527. Cetin 76. Cetylalkohol 76. Chälazae 370. CliAKCOT'sche Krystalie 152, 362, 554. Chenotaurocholsäure 201. Chinasäure, Verhalten im Thierkürper 438. Chinin; Uebergang in Harn 480, in Öchweiss 530; Wirkung auf Harusäureausscheiduug 427, auf die Milz 177. Chitin 49, 50, 523, Verhalten bei der Ti-ypsin- verdauung 271. Chloralhydrat; Resorption 301, Verhalten im Thierkürper 457, 474. Chlurate, Vergiftung damit 119, 488. Chlorazol 20. Chlorbeuzol, Verhalten im Thierkürper 479. Chloride; Ausscheidung durch Harn 111, 460, 461, durch Schweiss 529, 530, Einwirkung auf den Eiweissumsatz 590, ungenügende Zufuhr 575, s. im Uebrigen die verschie- denen Säfte und Gewebe. Chlornatrium; Ausscheidung durch Harn 111, 460, 461, durch Schweiss 529, 530; Be- deutung, physiologische 575 ; Bestimmung, quantitative 461 — 463; Eiufluss auf Haru- menge 590, auf Harnstoffausscheidung 590, auf Mageusaftabsonderuug 242, auf Pan- kreassaftabsonderung 260, Resorption 302; Verhalten bei kalireiclier Nahrung 575, bei unzureichender Zufuhr 111, 242, 575; Wirkung auf die Pepsinverdauuug 238, auf die Trypsiiiverdauung 266. Chloroform; Wirkung auf Chlorausscheidung 460, auf Muskeln 335. Chlorokruorin 130. Chlorophan 357. Chlorophyll 2. Chlorphenylcystein 479. Chlorphenylmerkaptursäure 479. Chlorrhodinsäure 175. Chlorose 151. Chlorvvasserstoti'säure; Absonderung im Magen 232, 242, 245, 250, antifermentative Wirkung 249; Einwirkung auf Pepsinab- sonderung 231, auf Pylorus 246, Menge im ^Magensäfte 232, quant. Bestimmung im Mageuinhalte 253, Reagenzien auf freie Chlorwasserstoßsäure in demselben 252, 253, Wirkung auf Eiweiss 18, 23, 28, 236, '-'40. Cholagoga 197. Cholalsäure 201, Bez. zu Cholesterin 219. Cholansäure 202. Cholecyauiu 206, 207. Choleglobiuo 216. Choleinsäure 202. Cholepyrrhin 205. Cholera; Blut 151, 152, 153, Darmiuhalt 287, Schweiss 529, Ptoma'ine l2. Cholerabacillen, Verhalten zum Magensaft 249. Cholesteriline 219. Cholesterin 218; im Auswurf 554, in der Galle 209, 210, 211, in Gallensteinen 218, im Gehirne 349, 354. im Harne 510, Be- deutung für die Lebensvorgänge der Zellen 84, 85. Cholesteriufette, als Schutzmittel 527. Cholesteriupropionsäureester 219. Cholesterinsteine 218. Choletelin 205, 207, Beziehung zum Urobilin 452. Choliu 13, 82, 209. Cholohiimatin 208. Choloidinsäure 203. Cholsäure s. Cholalsäure. Chondrigen 305. Chondrin 48, 305, im Eiter 175. Chondrinballen 308. Chondroitiu 306. Choudroitinschwefelsüure 306, 457, 523. Chondroitsäure 306. Chondromukoid 40, 306. Chondrosin ; aus Chondroitinschwefelsäure 307, 457, aus Gallertschwämmen 41. Sach-Register. 615 Chordaspeichel 222. Chorio'idea '6bi\ Pigment 525. CillilSTKNftiiX uud MvGGK Appioxiiiiativo Ei- weissbestiaimuug 480. (Jlu-omaf.iu 85. Clii'omhidrose 530. Cliiuuiügeue ; im Harn 451, iu deu Neben- nieren IbÜ. Chrysuphansäure, Einwirkung auf Harn 480. Chyloperikardium JGy. Chylurie 510. Chylus 157— IGO. Chymosin 11, 240, 383, im Harne 459. Cliymus 244, Untersuchung 251 — 255. Citrouensäure, iu der Milch 382, 389, 393. Cochenille 52(5. (Jolla s. Leim. Colostrum ; der Frauenmilch 394 , der Kuh- milch 3b9. Colostrunikörpercheu 389, 398. Conchiuliu 16, 49. Conglutin, Kaluricuwerth 565. Corpora lutea 364. Corpuscula amylacea 353, 361. Cruor 99. Crusokreatiniu 329. Crusta inüammatoria s. phlogistica 134, 152. Crustaceorubiu 526. Curarevergil'tung ; Einwirkung auf Muskel- tonus 337, auf Zuckerausscheiduug 194. Cyau im Eiweissmoleküle 3, 4. Cyaumethämoglobiu 122. Cyauokrystalliu 374, 526. Cyauurin 451. Cyanursäure 413, 425. Cyanwasscrstotisäure ; Einwirkung auf Pep- sinverdauuug 238, auf Trypsiuvcrdauung 266. Cymol, Verhalteu im 'J'hierkörper 477. Cystein 479, 511, Paarung im Thierkörper 479. Cysten; Echiuokokkuscysten 172, Cysten der Ovarieu 364—367, der Schilddrüse 179. Cysiin; Eigenschaften 511 ; Vorkommen, im Harne 458, 460, 510, in Harnkonkremeuten 519, iu Harnsedimeuten 516, im Schweisse 530, bei der Trypsiuvcrdauung 511. Cystiuurio 12, 460, 511. Cytiu 90. Cytoglobiu 16, 80, 90, 138. Cytoplasma 79. Damalursäure 460. DamolsHure 460. Darm; Fäulnissvorgilnge 276 — 2b3, Resorp- tion 281, 283, 289 — 303, Verdauuugsvor- gänge 272 - 276. Darmauslecrungeu, s. E.xkremente. Darmfistel 255. Darmgase 277, 279. Darminlialt 272 — 287. Darmkoukremente 287. Darmsaft 255 — 257. Darmschleimhautdrüseu 255. Dchydrocholalsüure 2Ul. Deliydrociioleinsiiure 2U2. Deuaturirte Eiweieskörper 25. Dkmgiis, Reaktion auf Harnsäure 431. Dünsimotrische Eiweissbeblimmung 487, Dentin 311, 314. Di>iCK.MKT'sche Haut 41, 309. DesoxycholalsJlure 201, 202. Deuteroalbumose 31, 35, 485. Deuterogelatose 48. Devotos Eiweissbestimmungsmetbode 25, 485, 480. Dextrine C7, 68 ; Entstehung aus Stärke 68, 226, Ladung des Mageus durch De.xtriu 243, Vorkommen im Mageninlialte -45, in ^luskeln 331, im Pl'ortaderblutö 148, 294. Dextriurihulicho Substanz im Harne 456. Dextrose s. Glukose. Diabetes mellitus 192, 193, 194, 258, 259, 494, Ammouiakausscheidung durch deu Harn 486, Beziehung der Leber 192 — 194 und des Pankreas 194, 258, 259 zur Zucker- ausscheidung, Blut im Diabetes 153, 194, Zuckergehalt desselben 153, 192, Harn im Diabetes 402, 472, 494, Kohlensäure im Blute 538, Oxybuttersäure im Blute 538, im Harne 468, 509. Diacetsäure, s. Acetessigsäure. Diätkuren gegen Korpulenz 605. Diamid, Vergiftung damit 436. Diamidoessigsäure 19. Diamidokapronsäure l9. Diamidovaleriansäure 474. Diamine; im Harne 12, 460, 511, im Darm- inhalte 12, 511. Diarrhoeeu 286, 296; Einwirkung auf das Blut 151, 153, auf Harumenge 472. Diastatisches Enzym 10, 226,262, s. übrigens die Enzyme. Dicalciumkase'in 382. Diuiethylkarhinol, Verhalteu im Thierkörper 475. Dimethylketon s. Aceton. Dioxyacetou 58. Diüxybenzole 476. Dioxynaphtaliu 476. Disaccharide 63, im Harne 295, 504! Distearyllecithiu 82. Döglingsäure 75. iJOXNiische Eiterprobe 491. Dotter des Hühnereies 368. Dotterplättcheu 21, 368. Drehung, spezifische 55. Dulcit 53, Beziehung zur Glykogeubildung 188. Dysalbumose 31. Dysiysiue 203. Dyspeptou 239. Dyspnoe; Einwirkung auf den Kiu.-is^nmsaiz 4U8, 595. KusTEis'sche Diätkur 605, 606. Echiuocbrom 130. 616 Sach-Register. Echinokokkuscysten ; Cysteuwand 524, In- halt 172. ECK'sche Fistel 411. EHRLiCH'scheGallenfaibstoffprobe 493, Harn- probe 510. Ei 367; Hühnerei 368 — 375, Ausnützung im Darme 293, Bebrütung 374. Eialbumin, s. Ovalbumiu. Eidotter 368. Eierschalen 373. Eierstöcke 364, Eierweiss, s. Eiweiss des Hühnereies 370, Kalorienwerth 565. Eigelb, s. Eidotter. Eiglobulin 371. EiSELT"sche Reaktion 490. Eisen; im Blute 109, 145, 146, in Blutfarb- stoffen 115, 123, 125, 128, 216, in der Galle 209, 212, im Harne 469, in der Leber 184, 209, 216, in der Milch 389, 393, 399, der Milz 176, 177, den Muskeln 334, bei Neugeborenen 176, 184, 396, in Prote'insubstanzen 15, 17, 27, 87, 176, 182, iu Zellen überhaupt 97, Ausscheidung des Eisens 209, 216, 229, 469; Eisengehalt der Hundemilch und neugeborener Hunde 396, Resorption des Eisens 150, 577. Eisenhuuger 57 7. Eisenreiche Körnchen der Milz 176. Eisensalze; Ausscheidung durch Harn 469; Einwirkung auf Blut 150, auf die Trypsin- verdauuug 266, Resorption 150, 577. Eiter 84, 172 — 175; blauer Eiter 175, Eiter im Harne 491. Eiterserum 173. Eiterzellen 173, 174. Eiweiss; Abscheidung aus Flüssigkeiten 25, approximative Bestimmung im Harne 486, cirkulir^ndes und Orgaueiweiss 581, Ein- wirk ang auf Glykogenbildung 188, 189, 190,. lebendiges und todtes 3; Nachweis 22, 23, im Harne 481—487; quant. Be- stimaiung 24, im Harne 485 — 487, iu der Mibh 386 — 388, Resorption 289 — 294, l.'ebergang in den Harn 332, 458, 480, VerbrennuDgswärme 565, 566, Verdaulich- keit in Magensaft 238, 247—249, in Pau- kreassaft 265, 266. Eiweiss des Hühnereies 370. Eiweissstoffe; Allgemeines darüber 15 — 25, giftige Eiweissstoffe 13, 36, Uebersicht der verschiedeneu Eiweissstofl"e 15 , 25—37, vegetabilische Eiweissstoffe 36 , siehe im Uebrigeu die verschiedenen Eiweisskörper der Gewebe und Säfte. Eiweissdrüsen 221. Eiweissfäulniss 11, 12, 19, 277—283, 439, 441—448. Eiweissmästung 580. Eiweissumsatz ; bei Arbeit und Ruhe 340 bis 344, 595, 596, beim Hungern 568, 569, in verschiedenen Altera 594, 595' bei verschiedener Nahrung 577 — 589. Elaidin 74. Eladinsäure 74. Elastin 16, 44; Verhalten zu Magensaft 240, zu Trypsin 271. Elastinalbumosen 45. Elastinpepton 45. Eleidin 522. Elektrosynthesen 6. Elephant: Knochen 311, Milch 391, Zähne 314. Elfenbein 314. EUagsäure 288. Emulsin 10. Emydin 374. Endolymphe 360. Energie, potentielle der Nabrungsstoffe 564 bis 567. Enkephalin 350, 352. Enzvme ; Allgemeines 9 — 11 ; diastatische, im Bäuchspeichel 261, 262, Blut 109, 190, Galle 209, 273, Harn 459, Leber 191, 192, Lymphe 158, Muskeln 326, Sekreten der Darmschleimhaut 255, 256, Speichel 225; eiweisslösende Enzyme, in der Darm- schleimhaut 256, im Harne 459, im Magen 230, 233, 234, im Pankreas 261, 264, im Pflanzenreiche 234, bei niederen Thieren 234; fettspaltendes Enzym 11, 262, 263; Gerinnung erzeugende Enzyme, s. Fibrin- ferment und Lab ; Harnstoff' spaltendes Enzym 514. Episarkin 90, 437. Erbsen, Ausnutzung im Darme 296. Erbsenlegumin 36. Erdphosphate; Ausscheidung durch den Harn 463, 469, Löslichkeit in eiweissreichen Flüssigkeiten 3 14; Vorkommen, in Knochen- erde 310—311, in Konkrementen 218, 230, 287, 288, 518, in Sedimenten 514, 516, s. im Uebrigeu die verschiedenen Erd- phospbate. Ersparuisstheorie 189. Erukasäure; Resorption 297, Synthese zu Erucin 297. Erythrit, Beziehung zur Glykogenbildung 188. Erythrodextrin 68, 226. Erythropsin s. Sehpurpur. EsBACH, Eiweissbestimmung 486, Harnstoft- bestimmung 420. Eseliunenmilch 390. Essigsäure; im Darminhalte 276, im Magen- safte 232, im Mageninhalte 232, 250, 254, Uebergang in den Harn 456, 473. Ester, Verhalten zu Pankreassaft 263. Euxauthiu 457. Euxanthinsäure 457. Exkremente 283 — 287; bei Gallenfistelhunden 282, beim Hungern 559, Wasserausscheid- ung durch die Exkremente 558. Exkretin 285. Exkretolinsäure 285. Exostosen 313. Exsudate 164—172. Extinktionskoeffizient 128, 129. Extrazelluläre Enzymwirkung 9, Sach'Register. 617 Fäces s. Exkremente. Farbstoffe; des Auges 355—357, des Blutes 113—130, des Blutserums 109, 369, der Cörp. lutea 304, der Eierschalen 373, der Eettzellen 315, der Galle 197, 205 — 209, 212, 214, des Harnes 451—456. der Ilaut- Ijildungen 524 — 526, der Hummerschalen 374, 526, der Muskeln 326, niederer Tliiere 526, der Vogelfedern 526, medikamentöse Farbstoffe iui Harne 480, 493. Fasern ; elastische im Auswurf 554, retiku- lirte 304. Faserstoff, s. Fibrin. Faserstoögerinuung 102—104, 134—141. Füuluissvorgäuge 5, 11, 19, im Darme 276 bis 2S-d, 430, 441—449. Federn 42, 526. FEHLiXG'sche Lösung (;0, 498 — 501. Fellinsäure 202. Fermente; Allgemeines 9, s. im Uebrigen die verschiedenen Ezyme. Fette; Abstammung im Thicrkörper 316 — 319, 579, 580, allgemeine Eigenschaften, Nach- weis und Vorkommen 71 — 76, Emulgiruug 256, 262, 264, 274, 296, 298—300; Fett im Blutserum 107, 150, 153, im Chylus 160, im Eidotter 369, Eiter 174, Exkre- menten 298, 300, Fettgewebe 315, Galle 209, 210, 211, Gehirn 349, Harn 510, Knochen 310, Milch 379, 381, 388, 389, 391, 398; Kalorien werth 565, Nährwerth 564 — 567, 569, 584 — 589, Ranzigwerden 73, Resorption 296, 297, 303; Verhalten zu Darmsaft 256, zu Magensaft 245, Pan- kreassaft 262, 299, Verseilung 72, 75, 263, 273, 300, Wirkung auf Gallenabsonderung 196. Fettdegeneration 183, 317. Fettinfiltration 183. Fettgewebe 315, Verhalten zu Magensaft 24U, 245. Fettreihe, Verhalten der hierher gehörenden Stoffe im Thicrkörper 473. Fettsäuren, allgemeine Eigenschaften, Nach- weis und Vorkommen 72 — 76, Resorption '^97, 298, Synthese zu Neutralfett 297, 316. Fettschweiss 527. Fetlumsatz; bei Arbeit und Ruhe 342, 343, beim Hungern 569, 570, Ijei verschiedener Nahrung 577, 579, 584-591. Fettzellen 315. Fibrin 16,99; Eigenschaften 101, Vorkommen in Transsudaten 164, 167—171, Hexle's Fibrin 361. Fibrinbildung, s. Faserstoffgerinnung 102 — 104, 134—141. Fribrine soluble 8. Serumglobulin. Fibrinferment 11, 101, 1U2 — KM, 137—141. Fibringlobulin 103, 107. Fibrinkonkremcnte 287. Fibrinogen 16, 80, 90, 100, 139, 141, 158, 166. Fibrinolyso 102. Fibrinoplastische Substanz, s. Scrumglobuliu. Fibrinverdauung 236, 239. FibroiQ 10, 49. Fieber; Ausscheidung; tod Ammoniak 468, von Harnsäure 427, von Harnstotf 408, von Kalisalzen 407, Eiweissumsatz 408, 427. Filtration, Beziehung zur Resorption 302. Fische; Eier 21, 374, Knochen 312, SchuppfO 93, Schwimmblase 93, 552. Fleisch ; Ausnutzung im Darme 293, Kalorien- werth 505, 500, Verdaulichkeit 247, Zu- sammensetzung 318, 344 — 346, siehe im Uebrigen die iMuskeln. Fleischaiisatz bei verschiedener Nahrung 578, 580. 581, 583. 585 — 588. Fleischmilchsäurc 332; im Blute 109, 146, Beziehung zur Harusäurebilduug 428, Eiginschaften und Vorkommen 331 ; Ent- stehung, aus Glykogen 333, 336. in osteo- malacischen Knochen 313, im Muskel bei der Arbeit 339, 342 und bei der Starre 335, 336, bei Sauerstoffmangel 332, 339, 456, bei entleberteu Thieren 332, 456, Uebergang in den Harn 4>>. 450. Fleischsäure 327, 329. Fleischquotient 340. Fleischumsatz; beim Hungern 509, bei ver- schiedener Nahrung 578 — 589. Fliegeumaden, Fettbildung 318. Fluor; in Knochen 310, 311, im Schmelze 315. Fluornatrium, antiseptische Wirkung 9. Formaldehyd, Zuckerbildung 58. . Fürmose 58, Fortpflanzungsorgane 361 — 377. Frauenmilch, s. Mecschenmilch. Froscheier, Hülle derselben 38. Fruchtzucker 53, 54, 55, 58, 62, 67, im Harue, s. Lävulose 503. Fruktose, s. Fruchtzucker. Fumarsäure 20. Fundusdrüsen 230, 241. Flkbrixger's Eiweissreagenz 484. Furfurakrylursäure 474. Furfurol . aus Glukuronsäure 458, aus Pen- toseu 57 , Beziehung zu rETTKNKOFER'R Gallensäureprobe 199, Reagenz auf Harn- stoff 414, Veriialten im Thieikörper 474 Fuscin 356, 357. Gäliruiig 4, 9, 56, 60; im Darme 270, dei« Harnes 456, 513, 514, des .Ma;;euiuhaltes 245, 249, 250, ö. im Uebrigen die ver- schiedenen GUbrungen.Alkoholgllhruug etc. GährungsmilchsUure; Eigenschaften, Vor- kommen etc. 331, 333, im Gehirne 350, im Mageninhalte 245. im Magensäfte 232. Entstehung beim Sauerwerdeu der Milch 379. bei der Harngilhrung 513, Nachweis im Mageninhalte 252. Gährungsprobe im Harue 496, 502. Gänsefett, Resorption 2.'". Galaktonsäure G3. f)18 Sach-Eegister. Galaktose 53, öl, 58, 63, 70,385; aus Cere- briu 352, aus Pflauzeustofi'eu 398, lieüieh- uug zur Glykogeobilduiig 189. Galle 195 — 221 ; allgemeiues clieniisches Ver- lialteu 197, Analysen derselben 210—211, autiseptiscLe Wirkung 281, 282, Bestand- tbeile 198,209, in Krankheiten 212, diasta- tische Wirkung 209, 273; Einwirkung auf Eivveissverdauuug 275, 276, auf Eniulgir- uug der Fette 275, auf Gallenabsunderung 197, auf Uesorptiun des Fettes 275, 298, 299, auf tepaltuug des Neutralfettes 273, auf Trypsinverdauung 'Züö , 275, Menge der Galle 195, liesurptiou derselben 197, oOl, üebergaug fremder iStofi'e iu die Galle 212, 213; \'ürliümmen von Galle im Harne 301, 491 — 493, im Mageninhalte 251, 275, iu Mekonium 285, Zusammensetzung 210, 211. Gallenabsouderung 195. Gallunbereitung, Chemismus 213 — 218. Galleufarbstolfe 205 — 209; Abstammung und Entstehung 214 — 217, Ueaktionen 206, 207, 492, 493, Üebergaug in den Harn 492, 493; Vorkommen im Blutserum 109, 154, in Eierschalen 373. Gallentisteln 195; Einfluss auf die Darm- fäulniss 282, auf das Xahruugsbedürfuiss 282. Gallenkonkremente 218. Galleusaure Alkalieu 198. Gallensilureu 198 — 203; in Blut 154, 213, iu Eiter 175, iu Harn 301, 491, liesorp- tiou 301. Gallensäureprobe von FETTENKOi'EE 198, 391. Gaüenschleim 197, 198. Gallertgewebe 305. Gallois" luositprobe 330, Gallussäure im Harne 449. Gase; des Blutes 532 — 539, des Darmiubaltes 279, der Galle 212, 540, des Harnes 469, 540, des Hühnereies 373, 375, der Lymphe 159, 539, der .Milch 389, 540, der Muskelu 334, 336, 337, 342, der Transsudate 166, 540. Gaswechsel ; in verschiedeneu Altern 593, 594, durch die Haut 530, beim Hungern 563, 570, 572, bei verschiedenen Kürper- zuständen 342, 570, 572, 5^9, 591, in den Muskeln 336, 337, 342, bei verscliiedeuer Xahrung 589, 591, JNüchteruwerth des Gas- wechsels 572, 592. Gefangene, Kostsätze derselben 604. Gehirn 348 — 355. Gelatinpepton 48. Gentisiualdehyd 450. Geutisiusäurc 450. Gerinnung; desBlutes99, 102— 104, 134— 142, 152, intravaskuiäre 141, der Milch 379, 383, 392; des Muskelplasmas 322, 324, 336. Gewebefibriuogene 6i), 90, 141. Gicht, HarnsJlureausscheidung 425, 427. Giftlestigkeit 14. Glaskörper 305, 357. Glatte Muskeln 346. Glaubersalz; Resorption 302, Wirkung auf den Eiweissumsatz 590. Globin 122. Globulicide Stoffe im Serum 155, 156. Globuline 16; allgemeine Charaktere 26; im Harne 484, im Protoplasma 79, s. im Uebrigen die verschiedenen Globuline. Glübuliuplättcheu 132. Globulosen 31. Glukocyauhydrin 53. Glukohtptose 53. Glukonsäure 53, 457. Glukoprote'ine 18. Glukosaniiti; aus Chitin 523, im Knorpel 307. Glukosau 59. Glukose s. Traubenzucker. Glukosoxim 53. Glukurou 458. Glukuronsäure; Beziehung zur Glykogen- bildung 188, Eigenschaften 457, gepaarte Glukuronsäuren 443, 445, 448, 457, Paar- ungen im Thierkürper 4 74, 479, Ursprung 475. Glutaminsäure 18. Glutin, s. Leim. Glycerin; Beziehung zur Glykogeubilduug 188, Einwirkung auf Harnsäureausscheid- ung 426, Lösungsmittel für Enzyme 10. Glyceriualdehyd 58. Glyceriuphüspliorsäure 82, 152, 176. 209; im Harne 456, 459. Glycin, s. Glykokoll. Glykocholsäure 198, 199, 211 ; Eigenschaften 199, Menge in Exkrementen 280, in ver- schiecienen Thiergallen 212, Resorption 301, Verhalten bei der Darmfäulniss 280. Glykogen 67, 78, 184 — 192; Abstammung 187 — 190, allgemeines chemisches Ver- halten 186; Beziehung zur Muskelarbeit 338, 342, zur Muskelstarre 336, zur Zucker- bilduug 191 — 194; Vorkommen, im Aus- wurf 554, in Muskeln 331, in der Lunge 553, im Protoplasma 78, 84, 132, 174. Glykokoll; Eigenschaften 203; Entstehung aus Leim 46, 277, aus anderen Prote'in- substanzen 46, 49; Verhalten zur Haru- säurebildung 424, 428, zur Harnstofibild- ung 409, 473, Syutheseu mit Glykokoll 2, 438, 439, 474, 477. Glykolyse 108, 158, 259. (ilykolytisches Enzym 1U8. Glykoproteide 16, 27, 37, 81. Glykosuriü 108, 192, 193, 494, alimentäre 285. Glykosursäure 449. Glyoxyidiureid, s. AUantoiu. GMELlN'sche Gallenfarbstüilprobe 206, im Harne 492. GiiAAF'scher Follikel 364. Guajakblutprobe 4 88. Guanin; Eigenschaften und Vorkommen 93, im Harne 437; ileuge in der Leber 183, im Pankreas 258, im Sperma 363. Guaningicht 93. Sach-Ilegister. 619 Guauinkalk 93. Guauo 'J3, 425. GuaüOLjalleusäure '200. Guauovulit '614. liulüusiluvelakton 457. Gulose 57, 58, 02. Gummi; thierisches o'j, Guiumiarteu 56. im ilaiuu -15G. Haarballen 288. Haare 42, 522; Asche 522, Pigmeute 525, 5-'ü. llümataerometer 544. Humatin 12Ü; liezieliung zu Bilirubin 21G, zu Urobilin 215, 216, 452, Eigenscbal'teu 123. Ililmatinometcr 128. Ililmatoblasteu 132. Hämatochbjrin 375. Hämatogen 368, 374. Hümatoglubulin s. O.xybämoglobiu. Hämatu'idiu 127; Beziehung zu Bilirubin 127, 205, 214, 215, Eigenschaften 127; Vorkommen, im Auswurf 554, im Corp. lutea 364, in Exkrementen 285, in Sedi- menten 516. lliimatokrit 143. iliimatokrystalliu s. O.xyhämoglobiu. Ilämatolin 125. Hümatoporphyrin; Beziehung zu Bilirubin 126, 216, zu Urobilin 452, Eigenschaften 126, Vorkommen im Harne 489, bei nie- deren Thieren 526. Hämaturie 487. Hämerythrin 130. Ilämiu 123, 124. Hämiiikrystalle 124, 125, 489. liämucliromugen 114; Eigenschaften 122, ^'urkummen in Muskeln 326. Hämocyanin 129. Hämoglobin 37, 118; Eigenschaften und Verhalten 118, Menge im Blute 114, 147 bis 152, quantitative Bestimmung 129, Verhalten bei der Trypsinverdauuug 271, s. im üebrigeu Oxyhämoglobin und die Verbindungen des Hämoglobins mit an- deren Gasen. Hämoglobinurie 488. Hämouieter 129. llämosiderin 217. H.VKSEXi'sehe Koeffizient 471. Haifische; Galle 198, 209, Harustoll bei ihnen 407. Halbrotation 55. Hammelfett; Fütterung damit 316, Resorp- tion 297, 298. Hanfsameusteiue 518. Haptogenmembran 380. Harn 40o — 522; Absonderung 470, 471; Be- standtheile, anorganische 46Ü — 470, giftige 459, 460, organische, pathologische 480 bis 512, physiologische 407 — 460, zntnllige 472—480, Farbe 402, 451, 472, 480, 487, 490, 492, 494. Feste Stoffe, Berechnung deren Monge 471, Gehalt an Bulcheu 472; Gührung, alkalische 414, 450, 513, saure 513, Gase 409, Menge 470 — 472, physi- kalische Eigeuschufteu 401 — 407, Keukiiuu 402—405, 513, 514, Säuregrad 403, Be- stimmung de.s8elben 404, 4ipochrome 100, 369. Ivipurie öH». Litliiiim, im Blute 146. Ivitbiumurat 431. l^ifliol)ilins:lure 28^. Lithofellinsilure 2^8. Ijithiirfijlnre 460. Ijöwenliarn 424. Lungen .'>53. Jjungenkatlieter 544. Luteine 369; in Corp. lutea 364, im Eidotter 3(j9, im I^erum 109, Beziehung zum Häma- toidin 127, 364. Lympliagoga 157, 162, 163. ].rymp!ie 157 — li".4. Ijymplidriisen 175. Lymplifihrinogen; s. Gewebsfibrinogen. Lymphzellen ; quantitative Zusammensetzung 178, s. im Uebrigeu die farblosen Blut- körperchen. Lysatin 18, 19, 409. Lysatinin 18, 19, 43, 45, 46, 48, 266, 277. Lysin 18, 19, 43, 45, 46, 48, 266, 277,409. Magen, Bedeutung desselben für die Ver- dauung 248, 249: Selbstverdauung 250; Verdauung im Mageu 244 — 250. Magendrüseu 230. Magenfistel 231. Mageninhalt, p. Chymus. Magenkatarrh 250. Magensaft 231; Absonderung 231, 232, Be- stimmung des Öäuregrades 251, 253, 254, Beziehung zur Darmfäulniss 283, künst- licher Magensaft 235, Wirkung 30, 235 — 241, 244—250, 384, 392. Magenschleimhaut 230. Maguesiaseifen, in Exkrementen 285. Älagnesium; im Jlarne 4ii3, 4(59, 472, in Knochen 310, 311, in Muskeln 334, 344. Siehe im l'ebrigen die verschiedenen Ge- webe und Säfte. Magnesiumphosphat; in Darmkonkrementen 287, im Harne 463, 4i'>9, in Ilarnkoukre- menten 517, 518, in 1-iarnsedinienten 516, in Knochen 310, 311. Makrele, Fleisch 345. Malaria 154. Mai.erba, Acetonreaktion 508. Maitodextrin 68V Maltose fi4; Entstehung aus Stärke 68, 226, 262 , Resorption "294 , ^'erhalten bei der (ilykogenbildung 189, zu Darmsaft 25<'>, 273, 294. Malzdiastaso 226. MandelaHure 477. Mannit 53, 58; Beziehung zur Glvkogen- bildung 188. Mannose 5H, 62. Mannoso-t'ellulose 70. Margariu und Margarinsäure 73. Maulbeersteine .'.18. JK-hrdrehung .55. Mekonium 2>>5. Melanämie 154. Melanin; Beziehung zum Blutfarbstoffe 217; Eigenschaften und Vorkommen 524 — .'■2«'., im Auge 357, im Harne 490. Melanogen, im Harne 490. Melanotische Geschwülste; Farbstoffe darin 525, 526. Melebiose 65. Melissylalkohol 76. Mellitämie 153. Membranine 41, 309, 358. Älenschenmilch 39l — 395, Verhalf?» im Magen 244, 392; Zusammensetzung 393. Menstrualblut 148. Menthol. Aerhalten im Thierkörper 479. ^Merkaptursäuren 479. Mesitylen, A'erhaltcu im Thierkörper 477. Mesitylensäure 477. Mesitylenursäure 477. Metalbnmin 365, 366. Metaphosphorsäure, Bestandteil der Nukleine 86, 87; Eiweissreagenz 22, 483. Metlial 76. Methan, Entstehung bei der Füulniss 19. 277, 280. Methämoglobin 119; im Blute bei Vergift- ungen 154, im Harne 488. Methylenitan 58. Methylglykokoll, p. Sarkosin. Methylgiianidin 328, 422. Methylguanidinessigsäure, s. Kreafin. Methylharnsiiure 424. Methyl hydantoiu 424. Methyl liydanto'üisjlure 473. Methylindol, s. Skatol. Methylmerkaptan, bei der Eiweissfäulniss 19, 277", 279; im Harne 480. Methylpyridin: Verhalten im Organismus 479. Metliyl]iyridylammouiumhydroxyd 479. Methyluramiu 328, 422. Mierococcns restituens 291. Micrococcus ureae 514. Mikroorganismen im Darmkanale 1 1 , 249, 276, 284. Milch 377 — 100; Absonderung 397—399, Ausnutzung im Darme 2'.»3, 299, 300, blaue oder rothe Milch 399, flinlnissbem- mende Wirkung 281, 442. Milch in Krank- heiten 39'.», lobergang fremder Stoffe 399. Verhalten im .Magen 244, 249, 392. Siehe im l'ebrigen die verschiedenen >Ulcii8orten. Milchdrüsen :;77, 397. 398. Milchfett 380, 391: Anal vse 381, Entstehung 39S. Milchkügelchen der Kuhmilch 379. 380. der Menschenmilch 391. 624 Sach-Register. Milcbplasma 08I. Milchsäuregähmng 50, 60, 244, 245, 250, 294, 332, 379, 385; im Darme 273, 294, im Harne 513, im Magen 244, 245, 250, in der Milch 379, 385. Milchsäuren 331; im Darme 270, im Harne 339, 45G, in Knochen 313, im Magensaft 232, Beziehung zur Harnsäurebildung 428. Siehe im Uebrigen Fleischmilchsäure und Gährungsmilchsäure. Milchsaft, s. Chylus. Milchsaure Salze 333. Milchzucker 63, 384; Beziehung zur Gly- kogenbildung 189, Eigenschaften 385, Gährung 244, 379, 385, Inversion 256, 293, 294, 385, Kalorienwerth 565, quan- titative Bestimmung 388, Resorption 294, Uebergang in den Harn 385, 504, Ur- sprung 377, 398. MiLLOx's Reagenz 23. Milz 175 — 178; Beziehung zur Blutbildung 177, zur Harnsäurebildung 177, 429, 430, zur Verdauung 177; Blut der Milz 148, Milzbrandsporen, Verlialten zu Magensaft 249. Milzpulpe 428. Miueralsäuren, Alkalientziehende Wirkung 403, 468, 538, 574: antifermeutative Wirkung 249, Wirkung auf Ammoniak- ausscbeiduug 468, 576. Mineralstoffe, Ausscheidung beim Hungern 571; unzureichende Zufahr 573, Verhalten im Organismus 574. Siehe im Uebrigen die verschiedenen Flüssigkeiten, Gewebe und Säfte. Mischung der Stickstoffsubstanzen im Harne 408, 426, 427. Mitoplasma 85. MÖRNER und Sjöqvist, Harustoffbestim- mungsmethode 420 ; Säurebestimmungs- methode 253. Mohr, Titrirmethode zur Chlorbestimmung 461. Molken 379. Mülkeneiweiss 383. Monosaccharide 52. MooRE'sche Zuckerprobe 59. Morphin, Uebergang im Harn 480; in Milch 399. Mucin 16, 39; im Auswurf 554, im Binde- gewebe 304 , im Harne 459 , 487 , in Speicheldiüsen 38, 222, Nachweis im Harne 487. Mucinähnliche Substanzen; in Galle 198, Harn 459, 487, Nieren 401, Schilddrüse 179, Synovia 172. Mucinogen 38, 222. Mucinoide 16, 40. Mucinpepton 240. Mukoide 16, 40; in Ascitesflüssigkeiten lt)6, 169, im Glaskörper 305, 357; in Kornea 309. Mundschleim 223. Murcxidprobe 431. Muscheln, Glykogen 185. Muskelarbeit, chemische Prozesse im Muskel 337 — 344; Einwirkung auf den Harn 403, 421, 424, 459, auf den Stoffwechsel 337— 344. Muskelfarbstoffe 326. Muskelfasern 321. Muskelkraft, Ursprung 343. iNIuskeln, glatte 346, quergestreifte 321 — 346 ; Blut derselben 148, 337, 338, 342, 533; chemische Vorgänge bei Arbeit und Ruhe 337 — 344, bei der Starre 336, Ei- weissstoffe 332-326, Extraktivstoffe 326 —334, Farbstoffe 326, Fett 334, 342, 345, Gase 334, 336, 337, 342, Kalorienwerth 565, Mineralstofi'e 334, 344, Wassergehalt 345, Zusammensetzung 344. Muskelplasma 323 ; Geriuuung desselben 323, 324, 336, 346. Muskeiserum 323. Muskelstroma 325. Muskelsyntonin 326. Muskclzucker 331. Muskuliu 16, 325. Myeline 349. Myelinformen 83, 349. Mygge und Chkistensen, Eiweissbestimm- ung 486. Mykoprote'iu 17. Myoalbumln 325. Myoalbumose 325. Myoglobulin' 325. Myohämatin 326. Myosin 323 ; in farblosen Blutkörperchen 131. M3'osinferment 324. Myosinogeu 324. Myosiuosen 31. Myricin 76. ^lyricylalkohol 76. Myristiusäure; in Butter 381, 391, in der Galle 209. Myxödem 179, 305. Nabelstrang, Mucin desselben 39, 40, 305. Nägel 43, 522. Nager, Gallensäuren 200, 212. Nahrung; Eiufluss auf die Absonderung von Darmsaft 255, Galle 196, Magensaft 231, 232, Pankreassaft 260; auf die Ausscheid- ung von Ammoniak 467, Harnsäure 426, Harnstoff 407, 569, Kohlensäure 563, 571, Miueralstoffen 460, 463, 467; auf dgn Stoffwechsel 572 — 589 ; verschiedene Nahr- ung, eiweissreicho 578 — 584, gemischte Nahrung 584 — 589, unvollständige 572 — 578. Nahrungsbedürfniss 580, des Menschen 599 —605. Nahrungsstoflfe, nothwendige 555; Verbrenn- ungswärme 564 — 567. Naphtalin, Einwirkung auf Harn 480 ; Ver- halten im Thierkörper 476. Naphthol, Reagenz auf Zucker 61, 498; Ver- halten im Thierkörper 479, 480. Naphtolglukurousäure 479, 480. Sach-Register. 625 Narcotica, Beziehuug zur Glvkogenbildung 188. Native Eiweisskörper 25. Natiiumalkoholat als Verseifungsmittel 75. Natriumbikarbonat , Einwirkung auf Pan- kreassaftabsonderung 200. Natriumphospbat, im Harne 403, 463; Ein- wirkung auf den Stoffwechsel 590. Natriumverbindungen, Ausscheidung durch den Harn 467, Verthelluug auf Formele- mente und Säfte 00. Sieheim Uebrigen die verschiedenen Gewebe und Säfte. Nebennieren 179; Gallensäuren darin 214. N'eossin 40. Nerven 348, 355. Neuridin 350, 353, 308. Neurin82; in Nebennieren 179, in Protagon 350. Neurochitin 355. Neurokeratin 43, 349, 355. Neutralfette, s. Fett. Nieren 401 ; Beziehung zur Bildung der Harnsäure 429, des Harnstofifes 412, der Hippursäure 439. Nikotin, Wirkung auf den Kohlensäuregebalt des Magens 246. Nitrate im Harne 407. Nitrobeuzaldehyd, Verhalten im Thierkörper 478. Nitrobenzoesänre 20, 478. Nitrobeuzylalkohol 479. Nitrocellulose 09. Nitrohippursäure 478. Nitrophenylpropiolsäure, Reagenz auf Zucker Ol, 498; Verhalten im Thierkörper 445, 447. Nitrosoindolnitrat 278. Nitrotoluol, Verhalten im Thierkörper 479. Nitrotyrosinnitrat 209. Nubecula 402, 513. Nukleinbasen 87, Ol ; im Sperma 363, 364. Nukleine 41, 80, 85, 86, 87; Beziehung zur Harnsäurebildung 428. Nukleinplättchen 132. Nukleinsäure 42, 80, 85, 86, 88 ; Verbindung mit Hämoglobin 115, mit Protamin 363. Nukleoalbumine 16, 27; in der Galle 198, im Harne 459, 487, in Nieren 401, im Protoplasma 27, 80, in Synovia 172, in Transsudaten 165, 160, 108, Verhalten bei der Pepsinverdauung 27, 239, 384. Nukleohiston 16, 80, 89; Beziehung zur Blut- gerinnung 139, 142. Nukleoproteide 10, 27, 37,41; in der Älilch- drüse 377, im Pankreas 41, 258, im Proto- plasma 80, im Zellkern 85, 89, Verhalten zur Pepsiuverdauung 41, 89, 239. Nylander's Reagenz, s. ALMKN-BörroEK'sche Zuckerprobe. Obermayer's Indikanprobe 447. Okekmüller's Cholesterinreaktion 220. Oelsäure 74. Oertel, Diätkur gegen Korpulenz 605, 606. Olein 71, 74. Oligämie 1.01. Oligocythämie 151. Oligurie 472. Olivenöl, Resorption 297; Wirkung auf die Gallenabsonderung 196. Onuphin 41. Oocyan 373. Oorhodein 373. Opium, Uebergang in die Milch 399. Optogramme 357. Organe, Gewichtsverlust beim Hungern 571. Organei weiss 581, 582. Organische Säuren, Verhalten im Thier- körper 456, 468, 473. Ornithin 19, 474, 477. Orthonitrophenylpropiolsäure, s. Nitrophenyl- propiolsäure. Osazone 54. Osmose, Beziehung zur Resorption 302. Osone 54. Ossein 40, 310, 313. Osteomalacie 313, 314; Milchsäuie im Harne 332. Osteosklerose 313. Otholithen 360. Ovalbumin 16, 371; Verhalten im Thier- körper 106, 372. Ovarialcysten 364 — 367. Ovomukoid 372, 374. Ovovitellin 16, 368. Oxalat, Wirkung auf Blutgerinnung 99. Oxalatsteine 518. Oxalsäure; im Blute 153, im Harne 434, 435, Verhalten im Thierkörper 434, 473. Oxalsäurediathese 435. Oxalsäuren Kalk, s. Calciumoxalat. Oxaluric 435. Oxalursäure 425, 434. Oxamid 18. Oxybenzoesäure, Verhalten im Thierkörper 477, 478. Oxybenzole 476. Oxybuttersäure, im Blute 538; Uebergang in den Harn 408, 509. Oxydationen 1—8, 117, 194, 205, 277, 409, 410, 427, 441, 445, 451, 473, 475, 476, 470, 534. Oxydationsferment 8. Oxyhämatin 123. (Jxyhämocyanin 129. Oxyhämoglobin 110; Dissociation 110, 542, 543, Eigenschaften und Verhalten 110, 117; Menge im Blute 114, 147 — 152, in Muskeln 320, l'ebergang iu den Harn 488; Ver- halten zu Magensaft 240, zu Trypsin 271. ( •xyhydroparakumarsäure 449. Oxynaphtalin 470. Oxynitroalbumin 20. Oxyphenylamidopropionsänre, s. Tyrosin, Oxyplienylessigsäure 20t», 277, 448, 449. OxyphenylpropionsÄure 20, 277. 44S. 449. OxyprotsulfoDSfture 20, 21. Hammarsten, Physiologische Chemie. Dritte Auflage. 626 Sach-Eegister. Oxysäuren, Entstehung Lei der Fcäulniss 277 ; Uebergang in den Harn 277, 448, in Schweiss 529. Ozon 3, im Blute 534. Ozonerreger 117, 534. Ozonüberträger 117. Palmitin 73. Palmitinsäure 73. Palmitinsäureäther 76. Pankreas 257, 258 ; Beziehung zur Glykolyse 108, 259; Exstirpation, Wirkung auf Ke- sorption 203, 294, 296, auf Zuckeraus- scheidung 194, 258; Ladung 177 ; Veränder- ungen während der Sekretion 257, 272. Pankreaslab 271. Pankreasproteid 41. Pankreassaft 259; Absonderung 260, 261, 272, Enzyme 10, 262—266, Wirkung auf Nährstoffe 262—266, 271, 274, 275, 294, 299, 300. Parabansäure 91, 425. Paraglobulin, s. Serumglobulin. Parahämoglobin 117. Parakasein 383. Parakresol, Entstehung bei der Fäulniss 217, 441. Paralbumin 365, 366. Paramidophenol 476. Pavamilcbsäure, s. Fleischrailchsäure. Paramyosiuogen 323, 325. Paranukle'in 27, 86. Paraoxyphenylessigsäure 269, 277, 448, 449. Paraoxyphenylpropionsäure 20, 277, 448, 449. Parapepton 239. Paraxanthin 90, 437, im Harne 437. Parotis 221. Parotisspeichel 224. Parovarialcysten 367. Pemphigus chronicus 171. Penicillum glaucüm 267. Pentacrinin 526. Pentamethylendiamin, s. Kadaverin. Pentosane 56. Pentosen 56 ; Beziehung zur Glykogenbildung 187 ; im Harne 56, 505, in Pankreas 56, 68. Pepsin 233, 234—236; Eigenschafton 234, Nachweis im Mageninhalte 251, Quanti- tative Bestimmung 237; Vorkommen im Harne 301, 459, in Muskeln 326, Wirkung auf Eiweiss 236, auf andere Stoffe 239, 240. Pepsinchlor wasserstoflfsäure 240. Pepsindrüsen 230. Pepsinogen 230, 243. Pepsinprobe 236. Pepsinverdauung 236, 238—240, 247; Pro- dukte derselben 29—35, 239, 240. Peptochondrin 308. Peptone 29 — 36; bei der Eiweissfäulniss 19, 277, bei der Pepsinverdauung 29 — 35, 239, bei der Trypsinverdauung 29 — 35, 266, Assimilation 290 — 292. Beziehung zur Amylolyse 227, Darstellung 35, Nährwerth 292, 584, Resorption 290—292, Uebergang in den Harn 290, 485. Peptonplasma 98, 137, 140; Kohlensäure- spannung 550. Peptouurie 485. Perikardialflüssigkeit 166, 167, Perilymphe 360. Peritonealflüssigkeit 166, 168, 169. Perspiratio insensibilis 557. PETTEXKOFER'sche Gallensäureprobe 198; Re- spirationsapparat 552. Pferdemilch 390. Pflanzen; chemische Vorgänge in denselben 1, 2. Pflauzengummi 67, 69. Pflanzenmyosin 36. Pflanzensaure Alkalien; Verhalten im Organis- mus 404. Pflanzenschleim 67, 69. Pflanzliche Eiweissstofle 36. Pflaumen ; Einfluss auf Hippursäureausscheid- ung 438. Pfortaderblut 147, 191, 291. Pfründner; Kostsätze 604. Phacozymase 359. Phaseomannit 330. Phenacetinsäure 440, 477. Phenole; Ausscheidung durch den Harn 277, 441—445, 479, beim Hungern 280, Be- stimmung im Harne 443, 444, Einwirkung auf den Harn 445, 480, Elektrolyse des Phenols 6, 475, Entstehung bei der Fäul- niss 19, 277, 441, 442, 479, Verhalten im Thierkörper 277, 441. , Phenolglukuronsäure 443, 479. ■ Phenolschwefelsäure; im Harne 441 — 444, J 479, im Schweisse 529. Phenylamidoessigsäure; Verhalten im Thier- körper 477. Phenylamidopropionsäure 20 ; Verhalten im Thierkörper 476, 477. Phenylessigsäure ; Entstehung bei der Faul, niss 19, 277, Verhalten im Thierkörper 441, 476, 477. Phenylglukosazon 54. Phenylhydrazinprobe 61; im Harne 458, 497. Phenyllaktosazon 385. Pheuylpropionsäure; Entstehung bei der Fäulniss 19, 20, 277, 439, Verhalten im Thierkörper 439, 477. Philothion 7. Phlebin 114. Phlorhizin 193. Phlorhizindiabetes 193. Phloroglucin als Reagenz 252, 458. Phosphatdiabetes 464. Phosphate; imHarne463— 466,481,514— 516. Siehe im Uebrigen die verschiedenen Phos- phate. Phosphatsteine 518. Phosphoglykoprote'ide 41. Phosphorfleischsäure 329. Phosphorhaltige Verbindungen im Harne 459. Phosphorsäure; Ausscheidung durch den Sach-Register. R2: Harn 463 — 466, Entstehung bei Muskel- arbeit 340, Physiol. Bedeutung 97. IMiosphorvergiftung; Einwirkung auf Ammo- niakaussclieiduiig 413, 4G8, llarnstoflaus- scheidung413,468,Milcbsäureau88clieidung 4ÜG; Fettdegeneration als Folge davon 317, Veränderungen des Harnes 413, 456, 510. Phrenosin 352. Phtalsäure; Verhalten im Thierkörper 476. Phymatorliusin 525, 526; im Harne 400. Physetülsilure 76. Phytovitellin 36. a-Picolin; Verhalten im Thierkörper 470. Pikrinsäure; Iteagenz auf Eiweiss 23, 486, auf Kreatinin 4'_';j, auf Zucker 61, 423. Pilokarpin; Einwirkung auf Absonderung von Darmsaft 255, auf Kohlensäurcaus- scheidung im Magen 246; auf Absonder- ung von Paukreassaft 261, von Schweiss 529, von Speichel 229, Wirkung auf Harn- säureaus.scheidLing 427. Pilze; Glykogen darin 185. Piperazin ; Lösungsmittel für Harnsäure 430. Piria's Tyrosinprobe 269. Placenta 375. Plasma, s. Blutplasma. Plasmoschise 136. Plastin 79, 85, 89. Pi.ATT.NEU; krystallisirte Galle 198. Plethora polycythaemica 150. Pleuraflüssigkeit 166, 168. Plexus coeliacus ; Beziehung zur Acetonuric 506, zur Zuckerbildung 258. Poikilocytose 151. Polaristrobometer 25. Polycytiiämie 151, 155. Polypevythrin 526. Polysaccharide 65. Polyurie 464, 472. Pourple Cruorin 118. Präglobulin «0, 90, 138. Präputialsekret 527. Propepsin 243. Propylbenzol ; Verhalten im Thierkörper 476. Propylenglykol ; Beziehung zur Glykogen- bildung 188. Prostatakonkremente 364. Prostatasekret 362. Prostethische Gruppe 41. Protagon 84, 174, 349, 350, 354. Protamin 363. Proteide 16, 37; im Protoplasma 80, 89, 258, 377. Proteinochromogen 19, 266, 267. Proteinstoüe 15 — 50. Siehe die verschiedenen Proteiustoffe. Proteosen 29, 31. Prothrombin 102, 137, 139, 140. Protogelatoso 48. Protokatechusäure; \'erhalteu im Thierkörper 444. Protoplasma 78. Protsäure 327. Pseudohämoglobin 114, 119. Pseudomucin Uj, 366, in .Vscitegflüssigkeiten 169; in der Gallenblase 211. Pseudonukleine 27, 86; aus Kaseia 384,392, aus Vitellin 368, 369. Pseudoxanthin 329. Psittacofulvin 526. Ptomaine 12, 19; im Harne 459, 511. Ptyalin 225; Verhalten zu Salzsäure 227, 245, 273, Wirkung auf Stärke 225—228. Pulmo Weinsäure 553. Purpur 526. Putresciu 12; im Darme 511, imHarne460. 511. Pyin 168, 173, 175. Pyinsäure 175. Pylorusdrüseu 230, 241. Pylorussekret 243. Pyocyanin 175; im Schweisse 530. Pyogenin 174, 351. Pyosin 174, 351. Pyoxanthose 175. Pyridin; Verhalten im Thierkörper 479 a-Pyridinkarbonsäure 479. a-Pyridinsäuro 480. Pyromucinornithiirsäurc 474. Pyromukursäure 474. Pyroschleimsäure 474. Quadurate 431, 513. Quecksilbersalze; Uebergaug in Milch 399, in Schweiss 530; Wirkung auf l'tyalin •_'27, auf Trypsin 266. Quelle der Muskelkraft 343. Quercit; Beziehung zur Glykogenbildung 188. Querscheiben des Muskels 322. Quotient; respiratorischer 342, 547. Rachitis; Knochen 313, 314. Raffinose 65. Rahm 390. Reduktionsprozesse 1, 2, 5, 6, 205,279, 319, 438, 452, 474. Reduzircnde Substanzen ; Entstehung bei der Fäulniss und Gährung 5, 279; Vorkommen im Blute 5, 108, im Darme 279, 452, im Harne 456, in Transsudaten 167, 171. Reservecellulose 62, 70. Resorption 288 — 303; Bedeutung von Zellen für dieselbe 292, 302, 303, Einwirkung auf Fäulnissvorgänge im Darme 283. Respiration , des Hüiuiereies 375, der Pliauze» 2. Siehe im Uobrigen die Chemie der Athmung, Kap. 17 und der Gaswecbsel. Respiratorischer Quotient 342, 547. Rctikulin 16, 48, 304. Retina 356. Reversion 64. Rhamnose 51, 56, 57; Beziehung zur Giy- kogeul)ildung 187. Rhüum; Einwirkung auf den Haru 4Mt». 49 '.. Rhodaukalium ; im Hämo 45S, im Speicbvi 223, 224. Rhodizousäure 330. Rhodophan 357. 40" 628 Sach-Register. Ehodopsin 355. Ribose 57. Ricinussameo 13, Riechstoffe im Harne 480. Ringkoth 284. Rippeuknorpel 309. Robert's Methode zur Zuckerbestimmung 502. Roggenbrod; Ausnutzung im Darme 293, 296. Rohrzucker 63, 64; Inversion 256, 273, 294, Kalorienwerth 565, Resorption 301, Ver- halten zu Darmsaft 256, zu Magensaft 240. Rosenbach's Harnprobe 447. Rovida's hyaline Substanz 80, 113, 131, 174, 361. Rübül ; Fütterung damit 316. Ruhe; Stoffwechsel 337, 344. Saccharin, Beziehung zur Glykogenbildung 188. Saccharogen ; in der Milchdrüse 398. Säuereamide; Verhalten im Thierkürper 473. Säuren, organische; Verhalten im Thierkörper 404, 456, 468, 473. Säurestarre 335. Salicylsäure ; Einwirkung auf Pepsinverdau- ung 238, auf Stoffwechsel 590, auf Tryp- sinverdauung 266, Verhalten im Thier- körper 478. Salicylsaures Natron; Wirkung auf Gallen- absonderung 197. Salmiak ; Beziehung zur Harnstoffbildung 468, Wirkung auf Stoffwechsel 590. Salpeter; Einwirkung auf den Stoffwechsel 590. Salze; Resorption 300. Siehe im Uebrigen die verschiedenen Salze. Salzplasma 99. Salzsäure, siehe Chlorwasserstoffsäure. Samandarin 528. Samen 361. Samenfäden 362, 363. Santonin; Einwirkung auf den Harn 480, 493. Saponifikation der Neutralfette 72, 75, 263, 273, 300. Sarkin, siehe Hypoxanthin. Sarkolemma 321. Sarkosin 327 ; Verhalten im Thierkörper 473. Sauerstoff; Aktivirung desselben 4, 7, 117, 534; im Blute 533, 534, 543, 545, 546, 548, im Darme 279, in der Lymphe 159, 539, im Magen 246, in der Schwimmblase der Fische 552, in Sekreten 539 — 540, in Transsudaten 540; Bindung des Sauer- stoffes im Blute 116, 534, 542, 546; Ten- sion desselben im Blute 542 — 546, in der Exspirationsluft 543, 544; Wirkung auf die Tension der Kohlensäure 550. Sauerstoffaufuahme; bei Arbeit und Ruhe 337, 342, beim Hungern 570, 572, durch die Haut 530. Sauerstoffmangel; Wirkung auf Eiweisszerfall 332, 408, 595, auf Milchsäureausscheidung 332, 456, auf Zuckerausscheidung 332,456. Sauerstoffmenge, spezifische 546. Sauerstoffüberträger 7, 117. Sauerstoffzehrung, im Blute 119, 534. Schafmilch 390. Schalenhaut, der Hühnereier 43, 373. Schilddrüse 178. Schildkröte, Knochen 311. Schildpatt 43. Schlaf; Stoffwechsel 597. Schlangengift 13. Schleim, der Galle 197, 198, des Harnes 402, 459, 482, 487, der Synovia 172. Schleimdrüsen 38, 221. Schleimgewebe 305. Schleimsäure 63, 68, 385; Beziehung zur Glykogenbildung 188. Schleimstoff, siehe Mucin. Schmalz; Resorption 298. Schmelz 314. Schueckenmucin 39. ScHREiNER'sche Base 362. Schwefel; in Eiweissstoffen 17, im Harne 458, 459, Ausscheidung von Schwefel bei der Arbeit 342, 458, neutraler und saurer Schwefel im Harne 458, Verhalten im Organismus 459. Schwefelraethämoglobin 121. Schwefelsäure ; Aetherschwefelsäure und Sulfatschwefelsäure im Harne 441, 442, 466; Ausscheidung bei der Arbeit 341, 342, durch den Harn 402, 466, durch den Schweiss 529, 530, Bestimmung 466, Ver- halten zur Stickstoffausscheidung 466, 560. Schwefelwasserstoff; bei der Darmfäulniss 277, 279, im Harne 459. Schweinefett, Resorption 297. Schweinemilch 391. Schweiss 528 — 530; Absonderung 528; Ein- wirkung auf den Harn 403, 405, 471. Schweitzer's Reagenz 69. Schwimmblase der Fische; Gase 552, Gua- nin 93. Sclerotica 359. Scyllit 176. Sebacinsäure 74. Sedimente, siehe Harnsedimente. Sediraentum lateritium 402, 431, 455. Sehnenmucin 39, 304. Sehneuscheidenflüssigkeit 172. Sehpurpur 355. Sehroth 355. Seidenleim 49. Seifen; im Blutserum 108, Chylus 159, 297, Eiter 198, 209, Exkrementen 284, 285, 300, Galle 198, 209; Bedeutung für die Emulgirung der Fette 264, 274, 300. Semiglutin 48. Seminose, s. Mannose. Senföl ; Wirkung auf Pankreassaftabsonder- ung 261. Senna, Einwirkung auf den Harn 480, 493. Sericin 16, 49. Sericoin 49. Serin 49. Seröse Flüssigkeiten 164 — 172. Sach-Register. fi29 Serum, s. Blutserum. Serumalbumin IG, lOtJ; Nachweis im Harne 484, Quantitative liestiinmung 107, 48G, Verhalten im Thierkürper lOG, 372. Serumglobulin 16, 104; Bedeutung für die Blutgerinnung 138, Nachweis im Harne 484, quantitative Bestimmung lOö, 486. Serumkasein, s. Serumglobulin. Sinistrin, thierisches 41. Sinkalin 82. Skatol 19, 277, 278; Entstehung bei der Füulniss 10, 277, 441, 447, Verhalten im Thierkürper 277, 441, 447, 448, 479. Skatolamidoessigsäure 20. Skatolessigsüure 20. Skatolfarbstofte 448. Skatolkarbousäure 448. Skatoxyl 278, 447. Skatoxylglukuronsäure 448, 479. Skatoxylschwefelsäure 441, 447 ; imSchweisse 529. Skeletine 49. Skelett in verschiedenen Altern 312. Smegma präputii .527. Soldaten, Verpflegung 604. Spaltungsprozesse; Allgemeines 1, 2, 8, siehe die verschiedenen Enzyme und Fermente. Spargeln, Riechstoffe im Harne 480. Speckhaut 134. Speichel 222—230; Absonderung 228, 229, gemischter Speichel 224 , physiologische Bedeutung 229, Verhalten im Magen 230, 245, 273, verschiedene Arten von Speichel 222, 223, Wirkung 227, Zusammensetzung 228. Speicheldiastase, s. Ptyalin. Speicheldrüsen 221. Speichelkonkremente 230. Spektrophotometrie 128, 129. Sperma 360. Spermakrystalle 362. Spermatin 241. Spermatoceleflüssigkeit 170. Spermatozoon 362. Spermin 362. Spiegleu's Keagenz 483. Spinnengift 13. Spiuuenexkremente, Guanin darin 93. Spirographin 41. Spirogyra, Züchtungsversucho 97. Spongin 16, 49. Spongioplasma 79. Stäbchen der Retina, Farbstolle 355, 356. Staphylococcus, Verhalten zu Magensaft 249. Stärke 66; hydrolytische Spaltung durch Darmsaft 256, l'ankreassaft 262, Speichel 226, 227, Kalorienwerth 565, Resorption 294, 296, Verhalten im Magen 244. Stävkecellulose 6i>. Stärkegranulose (>6. Steapsin 262. Stearin 73 ; Resorption 297. Stearinsäure 73. Stercobilin 205, 284, 285. I Stethai 76. j Stickoxydliämoglobin l'J'J. , Stickstoff; IVcier, im Blute 5:)3, im Darme I 279, im Magen 24i'i, in Sekreten 539, 540, in Transsudaten 540 ; gebundener StickstofT, Menge desselben in Darmausleerungen 558, 559, im Fleische 346, 5i'il, im Harne 4(i8; Bestimmung im Harne 41.'», 419. Stickstoflausschcidung; tici Arbeit und Kühe 340—342, 595; beim Hungern 568—570, bei verschiedener Nahrung 57« — 589, Aus- scheidung durch Darmausleerungen 558, 559, durch Harn 408, 464, 466, 558, 560, durch Horngebilde 559 , durch Schweiss 529, 559 ; Beziehung zur Phoßphorsäure- ausscheidung 464, zur Schwefelsüureaus- scheidung 466. Stickstofl'defizit 559. Stickstoffgleichgewicht 559; bei verschiedener Nahrung 578 — 588. Stier, Spermatozoon 363. Stoffwechsel, Abhängigkeit von der Aussen- temperatur 397, 598; in verschiedeneu Altern 592, 593, bei Arbeit und Ruhe 337 — 344, 595, bei verschiedenen Ge- schlechtern 592, beim Hungern 567 — 572, bei verschiedener Nahrung 578 — 589, im Schlafe und Wachen 597, Berechnung der Grösse des Stoffwechsels 560 — 564, 572. Streptococcus, Verhalten zu Magensaft 249. Stroma, der Blutkürperchen 112, des Muskels 325. Stromafibrin 113. Struma cystica 179. Strychniu, Uebergang in den Harn 480. Stutenmilch 390. Sublingualisdrüse 221. Sublingualisspeichel 223. Subma.xillarisdrüse 221. Submaxillarismucin 'MK Submaxillarisspeichel 222. Sulfonalintoxikation, Harn dabei 489. Sumpfgas; im Darme 277, 279; bei der Fäulniss 19, 277, 279, bei der Gährung der Cellulose 279, bei Zersetzung des Lecithins 83, 280. Sympathicusspeichel 222. Synovia 172. Synovin 172. Synthesen 1, 2,6: von Aetherschwefelsäureu 277, 441, 445, 447, 479, von gepaarten Glukuronsäuren 443, 447, 457, 474, 479, von Harnsäure 424, 425, 428, von Harnstoff 407, 410, von Hippursäure 2, 438, von Zuckerarteu 55, 58 ; Synthesen in der Leber IM, 189, 410, 428.' Syntonin 28, 326, Kalorienwerth 5t'>5. Talonsfture 63. Talose 57, 58, 63. Tataeiwciss 371. Taurin 203, 204; Verholten im Thierki.rpcr 474. TaurocholsRure 200 ; Menge in verschiedenen G30 Sach-Register. Gallen 211, 212, Vorkommen in Mekonium 285, Zersetzung im Darme 280. Taurokarbaminsäure 474. TElCH5lANN"sche Krystalle 124, 489. Tension der Kohlensäure; im Blute .549 — 551, in Geweben 551, in der Lymphe 159; des Sauerstoffes im Blute 542, 543, 545, 546. Terpenglukuronsäure 479. Terpentinöl ; Einwirkung auf Gallenabsonder- ung 197, auf den Harn 479, 480, Verhalten im Thierkörper 479. Tetauin 12. Tetronerythrin 130, 526. Thätigkeitswechsel der Organe 156. Thallin, Einwirkung auf deu Harn 480. Thee, Einwirkung auf deu Stoffwechsel 592. Theobromin 90. Theophyllin 90. Thränen 359. Thrombin 102, 103, 137, 139, 140. Thymin 88. Thyminsäure 88. Thymus 178. Thyreoidea 178. Thyreoproteiue 178. Tiopheu 474. Tiophensäure 474. Tiopheunursäure 474. Tjufikose 385. Todtenstarre des Muskels 334, 346. Toluhydrochiüon 450. Toluol, Verhalten im Thierkörper 438, 476. Tolursäure 477. Toluylendiaminvergiftung 217. Toluylsäure 477. Tonus, chemischer der Muskeln 337. Toxalbumin 14, 37. Toxine 12, 181. Transsudate 157, 164—172, 540. Transsudation in den Darm 286, 287. Traubenmolen 376. Traubenzucker 59 — 62; im Blute 108, 147, 19], 192—194, im Harne 108, 192, 494— 503, in der Lymphe 158, in Muskeln 331 ; Darstellung 61, Kalorienwerth 565, Nach- weis 62, 494—498, Reaktionen 59—61, Resorption 301, 302, quantitative Bestim- mung im Harne 498 — 503. Trehalose 65. Tribromamidobenzoesäure 20. Tribomessigsäure 20. Tricalciumkasein 382. Trichloräthylglukuronsäui'e , s. Urochloral- säure. Trichlorbutylalkohol, Verhalten im Thier- körper 474. Trichlorbatylglukurousäure 474. Trichloressigsäure, Reagenz 23, 187. Trinitroalbumin 20. Triolein 74. Tripalmitin 73. Trippelphosphat; in Harnsedimenten 514,516, in Harnsteinen 518, 517. Tristearin 73. TKOMMER'sche Zuckerprobe 60, 495; Ver- halten zu Glukuronsäure 458, zu Harn- säure 431, zu Kreatinin 422. Trypsin 261, 264; Einwirkung auf Eiweiss 265, auf andere Stoffe 271. Trypsinverdauung 19, 265; Einwirkung ver- schiedener Umstände auf dieselbe 265, 266, Produkte 266. Trypsinzymogen 264, 272. Tryptophan 19, 266, 269.. Tuberkelvirus, Verhalten au Magensaft 249. Tuberkulin 37. Tubo-ovarialcysien 367. Tunicin 523. Turacin 526. Turacoverdin 526. Typhotoxin 12. Tyrosin 268; im Harne 510, in Sedimenten 510, 516, Nachweis 269, 510, Ursprung 18, 19, 266, 277, Verhalten bei der Fäul- niss 277, 439, 441, 450, Verhalten im Thierkörper 476, 477. Tyrosinschwefelsäure 269. Ueberfirnissen der Haut 530, 531. Unterschweflige Säure im Harne 459, 474. Urämie; Blut 153, Galle 212, Mageninhalt 250, Scliweiss 529. Uramidobenzoesäuren 478. Uramidosäuren 473. Urate 431; in Sedimenten 402, 513, 514. Ureide 18, 424, 425, 435. Ureometer, nach Esbach 420. Urethan, s. Karbarainsäureäthylester 421. Uricacidämie 154. Urobilin 451, 452 — 455; Beziehung zu Bili- rubin 205, 215, 452, zu Choletelin 452, zu Ilämatiu 215, zu Hämatoporphyrin 452, zu Hydrobilirubin 205, 285, 452. Urobilinikterus 453. Urobilinogen 451, 452. Urobilino'idin 453. Urocaninsäure 46(i. Urochloralsäure 457, 474. Urochrom 455. Urocyanin 451. Uroerythrin 455, 491. Urofuscohämatin 490. Uroglaucin 451. Urohämatin 451. Uroleucinsäure 449, 450. Uromelanine 451. Urometer 406. Uronitrotoluolsäure 479. Urophaein 451. Urorosein 448, 490. Urorubin 451. Urorubrohämatin 490. Urostealithe 519. Uroxauthin 445. Urrhodin 451. Uterinmilch 375. Sach-Register. »;3i Valeriansäure 18, 315, Vegetarier ; Ernährung 586, 602, Exkremente 283. Verbrennung, physiologisclie 5. Verljreiinungswärme der Xährstoflfe 565 — 567. Verdaulichkeit der Nährstoffe 247, 248, 293, 296, 297. Verdauung 221—303. Verdauungsleukocytose 150, 426, 429. Vernix caseosa 527. Verseifung der Fette, s. Saponifikation. Vesikatorblasen, Inhalt 171. Vitellin 16; im Eidotter 3G8, im ProtoplasmaSO. Vitellolutein 370. Vitellorubin 370. Vitellosen 31. Wachs 76 ; bei Pflanzen 527. Wärme; Einwirkung auf den Stoffwechsel 592, 593, 597, 598. Würmeentwickelung bei Pflanzen 2. Wärmeverluste durch die Haut 531, 568, .092, 593. Wallrath 76. Wallrathül 76. Wasser ; Ausscheidung durch den Harn 470 bis 472,557,558, durch die Haut 528, 558, beim Hungern .J71, Bedeutung für den Thierkörper 573, Gehalt der Organe an Wasser 573, Mangel darau in der Nahrung 573, Resorption 300. Wasserstoff ; bei Fäulniss- und Gährungsvor- gängen 5, 277, 279. Wasserstoffhyperoxyd im Harne 469, Zer- setzung durch Enzyme 10. Wassertrinken ; Einwirkung auf iVusscheidung von Chloriden 460, von Harnsäure 426, von Harnstoff 589, auf Fettansatz 590, auf Harnabsonderung 471, 472. Weinsäure; Beziehung zur Glykogenbildung 188, Uebergang in den Schweiss 530. Weizenbrod ; Resorption 29G. Wenigerdrehung 55. Wismuth; Uebergang in die Milch 399. Wollfett 220, 527. Xanthin 92; im Harne 437, in Harnsedi- menten 516, Menge in der Leber 183, in Pankreas 258, Nachweis und quantit. Be- stimmung 95, 90, 437. Xanthinsteine 519. Xanthinstoffe ; Allgemeines über dieselben 90, Beziehung zur llarnsäurebildung 178, 428, Verhalten bei der .Muskelarbeit 34m; Vor- kommen, im Blute '.U, 152, im Harne 437. Xanthokreatiuin 329, 340, 424. Xanthophan 357. Xanthoproteinsäure 20. Xanthoproteinsäurereaktion 23. Xylol ; Verhalten im Thierkörper 477. Xylose 56, 57, 70; Beziehung zur Glykogen- bildung 187. Zähne 314. Zahugewebc 314, 573. Zahnstein 23o. Zapfen der Retina, Farbstoffe 357. Zelle, thierische 77 — 97. Zellbestandtheile, primäre und sekundäre 78. Zellfibrinogen 90. Zellglobuline 79, 113. Zellkern 85 ; Beziehung zur Faserstoffgerinn- ung 132, 137. Zellmembran 81. Ziegenmilch 390. Zimmtsäure; Verhalten im Thierkörper 438. I Zink; in der Galle 209, der Leber 184, Ueber- gang in die Milch 399. Zoonerythrin 526. Zoonibin 526. Zoofulvin 526. Zucker; Entstehung bei Sauerstoffmangel 332, 456, Resorption 294—296, 302, Syn- thesen der Zuckerarten 55, 58, Verhalten bei der Muskelarbeit 338, 339, 342, siehe im Uebrigeu die verschiedenen Zuckerarten. Zuckerbildung; in der Leber 191, r."2, 258, 259, nach Pankreasexstirpation 194, 258, 259. Zuckerharnruhr, s. Diabetes. Zuckerproben im Harne 494 — 49!S. Zuckersäure 53, 457; Beziehung zur (Jly- kogenbildung 188. Zuckerstich 193. Zymogene, s. die verschiedeneu Enzyme. Zymoplastische Substanzen 138, 141. Erklärung der Spektraltafel. Fig. 1. Absorptiousspektrum einer Lösung von Oryhämoglobin. „ 2. „ einer LösungvonifämojfZoiira, durchEinwirkungeinerammouiakali- schen Ferrotartratlösung auf eine Oxyhämoglobinlösung erhalten. „ 3. „ einer sciiwacli alkalisehen Lösung von Methämoglobin. „ 4. „ einer Lösung von Hämatin in oxalsäurehaltigem Aetlier. „ 5. ,, einer alkalischen Lösung von Hämatin. „ G. ,, einer alkalischen Lösung von Hämofhromogen, durch Einwirkung einer aniruoniakalischen Ferrotartratlösung auf eine alkalische Hämatinlösung erhalten. „ 7. „ einer sauren Lösung von Hämatoporphyrin. ,, 8. „ einer . ammoniakalischen Lösung von Urobilin nach Zusatz von Chlorzinklüsung. „9. ,, einer Lösung von Lufetn (Eigelb, Aetherextrakt). i Nachträge.' Ad S. 8. RöHMAXN und Spitzkij (Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. zu Berlin Bd. 28 und Spitzer: Die zuckerzerstürende Kraft des Blutes etc. Pflüger's Archiv Bd. 60) haben den Nachweis geführt, dass in den Zellen und Geweben des Thicrkörpers Oxydatiousfermente im Sinne Trauhe's, d. h. organische SauerstofFerreger, vorhanden sind. Diese Stoffe, deren Wirksamkeit diu-ch Erhitzen vernichtet wird, wirken erregend nicht nur auf Wasserstoff'hyper- oxyd, sondern auch auf neutralen Sauerstoff", was die Verfasser durch besondere Farbstoffsynthesen gezeigt haben. So kann z. B die Synthese von Indophenol aus a-Naphthol und Paraphenylendianiin, die an der Luft bei Gegenwart von "°r^.e°. ' Alkali nur sehr allmählich erfolgt, vermittelst einer sehr geringen ^lenge frischen Organbreies unter Aktivirung des Sauerstoffes in wenigen Minuten bewirkt werden. Durch Sauerstofferregung konmit auch die Oxydation des Traubenzuckers im Blute, die sogen. Glykolyse, zu Stande. Die Verfasser sind indessen nicht der Ansicht, dass alle Oxydationen schwer verbrenulicher Stoff'e im Organismus auf Wirkung von Sauerstofferregern beruhen. Die Sauerstofferreger sind nicht identisch mit den autoxydablen Stoffen, die nicht — wie Hoppe- Seyler annimmt — die Ursache der Oxydation sind, sondern stets nur redu- zirend wirken. Hinsichtlich der als wahrscheinlich angenommenen Wirkungs- weise dieser Sauerstofferreger wird auf die Originalaufsätze hingewiesen. Ad S. 11. Von der Voraussetzung ausgehend, dass, wenn bei der Wirkung der Enzyme freie Jonen in Betracht kommen, das elektrische Leitungsvermögen des Wassers in Folge der Einwirkung eines Enzyms auf dessen Substrat erhöht werden muss, hat 0. Nasse (Rostocker Zeitung 1894) »ei»«' der ' " . En/yme. in Versuchen mit löslicher Stärke und theils gekochter, theils ungekochter Diastase Widerstandsbestimmungen nach Koiilrauscii ausgeführt und dabei in der That eine bedeutende Zunahme der Leitfähigkeit in den wirksamen Diastaselösungen beobachtet. Von Fekmi und Pernossi liegt eine Arbeit (Zeitschrift f. Hygiene Bd. 18) über die Wirkung verschiedener Einffüsse auf die Et./.yme vor, auf die indessen hier nur hingewiesen werden kann. Ad S. 19. M. V. Nencki (Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. zu Berlin Bd. 28) hat gefunden, dass bei Bromzusatz zu der. Proteinochromogen ent- ^j[~|^^|^; haltenden Verdauungsflüssigkeit mindestens zwei verschiedene Körper von 1) Diese Nachträge entlialten einen kurzen Bericht derjenigen Arbeiten, die erst na«-h dem Druciie der einzelnen Kapitel erschienen, hezw. dem Verfasser zugänglich o<'- Wirkung von Salzsäure und Zinnchlorür entstehenden Spallungsprodukten hat Hedln (Zeitschr. f. physjol Chem. Bd. 20) eine, mit dem von Schulze und Steiger aus Lupinen und Malzkeinilingen isolirten ^r^m/w, CgHj^N^O^, wahr- scheinlich identische Base gefunden. Ad S. 50. A. TsciiERMAK (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20) fan.l das Amyloid aus Leber und ^Filz leicht löslich in Alkalien, weniger gut in organischen Säuren und Mineralsäuren, sowie bei der Pepsin- oder Trypsinver- dauung und beim Erhitzen mit Wasser im zugeschmolzenen Rohre. Es .soll hier- bei anfangs gelöstes, unverändertes Amyloid entstehen, welches dann in .Ml)u- minate, Albumosen und Peptone übergehen kann. Alle diese Produkte geben die Farbenreaktionen der Muttereubstanz. Tscuermak rechnet das Amyloid zu den koagulirten Eiweissstoften. Ad S. 88. KossEL und Nkumann (Du Buis-Rey.mond's Archiv. phy.siol..j.^^^j^ ,,„j Abth. 1894. S. 551) haben durch fortgesetzte Untersuchungen festgestellt, dass 41* » Vli'Mll 636 Nachträge. des Fibrins. Gerinnung des Fibri- nogens. die Formel des Thyrains nicht die S. 88 angegebene, sondern die folgende, C-HeN2 02, ist. Ausser dem Thymin erhielten sie als neues Spaltungsprodukt eine Base, das Ci/tosin, von der wahrscheinlichen Formel Cg^HgoNje O^-j-öHgO. Ad S. 99. Die Angabe von Bohr über die Nichtgerinnbarkeit des Biuteerinn- ßlutes nach Ausschaltung der Leber und der Baucheingeweide hat Contejean (Arch. de Physiol. Ser. 5, Tome 7) nicht bestätigen können. Ad S. 101. Nach Untersuchungen von Arthus und Huber (Arch. de Physiol. Ser. 5, Tome 5) wie auch neuerdings von Dareste (Ebnd. Ser. 5 Lösiiehkeit Tome 7) kann nunmehr kein Zweifel darüber bestehen, dass das Fibrin von verdünnten Neutralsalzlösungen auch ohne Mitwirkung von Mikroorganismen ge- löst werden kann. Ad S. 104. Lilienfeld hat in einem grösseren Aufsatze (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20) seine Versuche ausführlicher beschrieben und seine Ansichten genauer formulirt. Das Fibrinogen kann nach ihm sowohl durch Essigsäure wie durch die Nukleinsubstanzen der Leukocyten (letztere Stoffe wirken auch in alkalischer Lösung) in einen leicht fällbaren Eiweissstoff, das Thromhosin, und eine die Biuretreaktion gebende, gerinnungshemmend wirkende, alburaoseähnliche Substanz gespalten werden. Das Thrombosin geht bei Gegen- wart von löslichem Kalksalz ohne weiteren Zusatz in Fibrin über, denn das Fibrin ist nichts anderes als die Kalkverbindung des Thrombosins. Die obige Spaltung des Fibrinogens in Thrombosin und eine lösliche Eiweisssubstanz findet auch bei Abwesenheit von Kalksalzen statt, und diese letzteren sind nur für die Ausscheidung der Kalkverbindung des Thrombosins, d. h. des Fibrins, nothwendig. Das Fibrinferment, welches nach Lilienfeld ein Globulin ist, soll kein Vorläufer, sondern ein Produkt der Gerinnung sein. Der Gerinnungs- vorgang wird also von Lilienfeld wie von den meisten anderen Forschern als eine Spaltung des Fibrinogens aufgefasst, und der wesentlichste Unterschied ist der, dass er als Gerinuungserreger nicht das Fibrinferraent, sondern ein Nuk- leoproteid, das bei der Spaltung des Nukleohistons entstehende Leukonuklein, betrachtet. Gegen die Annahme Pekelharing's von der Identität des Fibrinfer- mentes mit einem in dem Blutplasma vorkommenden Nukleoproteid oder dessen Kalkverbindung sind auch von Halliburton und Brodie (Journal of. Physiol. Bd. 17) Einwendungen erhoben worden, die indessen in einem späteren Aufsatze von Pekelharing (Centralbl. f. Physiol. 1895 Hft. 3) zurückgewiesen werden. Pekelharing hat, den Angaben von Halliburton und Lilienfeld gegen- über, gezeigt, dass das Fibrinferment bei der Pepsinverdauung, bei genügend vorsichtiger Arbeit, Nuklein liefert und demnach ein Nukleoproteid ist. In einer nach dem Tode des Verfassers erschienenen Arbeit (Weitere Beiträge zur Blut- lehre, Wiesbaden 1895) hat ferner Alex. Schmidt seine Stellung zu den Ar- beiten anderer Forscher auf diesem Gebiete angegeben; da aber diese umfang- reiche Arbeit überwiegend kritischer Natur ist, kann hier nur auf dieselbe hin- gewiesen werden. Fibrin- ferraent. I NM.1..-..P. 637 Ad 8. 106. Es ist Gükbku (Öitzber. d. Würzb. phys. med. Gesellsch, Krysiaiii- 1894) gelungen, aus Pferdeblutserum krystalli.sirtes Eiweis^s darzu.stelli-n, welches aibumin. drei verschiedeueu Serumalbuniinen zu entsjjrechfn scheint. Ad S. 108. Nach Lupine (Conipt. rend. Tome 120) s(j11 in dem Pankreas ein Zymogen des im Blute vorkommenden glyk(jlyti»ehen Enzyme« enthalten sein. Dieses Zymogen, welches durch Einwirkung von 2 p. m. SchwefeLsäure bei 88° C. in das Enzym übergeht, soll nichts Andere.s als das diastatische Enzym sein. Köiimann und Spitzku (Bor. d. deutlich, chcn). Ge- ^, , , sellsch. zu l^erliu Bd. 2S und SrrrzKU, Pfia'ceu's Archiv Bd. 00), weiche das Vorkommen einer Glykolyse unter dem Einflüsse nicht nur des Blutes, sondern auch verschiedener Gewebe konstatirt haben, nehmen dagegen an, dass dieser Prozess, wie schon Kraus (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 21) angenommen hatte, eine Oxydation ist. Diese Oxydation erfolgt unter dem Einflüsse einer Er- regung des Sauerstoffes durch in den Formelementen vorkommende Oxydations- fermente (SauerstofTerregor). Ad S. 109. Der in dem Blutserum durch Enzymwirkung entstellende Zucker ist theils Maltose, bezw. Isomaltose, und theils Glukose. Diese ver- schiedenen Zucker entstehen in verschiedener Menge in den verschiedenen Phasen des enzymatischen Prozesses, ein Verhalten, welches nach neueren Untersuchungen oiasiase und von RöHMANx und C. Hamburger (Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 27 1^ bi^w" und PflüGEr's Archiv Bd. (>0) durch die Gegenwart von zwei verschiedenen Enzymen im Blute zu erklären ist. Das eine Enzym ist Diastase, welche Stärke und Glykogen in Maltose überführt. Das andere ist ein von dem In- vertin verschiedenes, nach Rühmann vielleicht mit der im Pflanzenreiche ge- fundenen Glukase identisches Enzym, welches die Maltose in Glukose spaltet. Ad S. 121. HCfner (Du Bois-Reymond's Archiv, physiol. Abth. 1895) hat die Dissociationskonstaute des Kohlenoxydhämoglobins bestimmt und die- selbe für Lösungen von einem durchschnittlichen Gehalte von 11 g in 100 com Jj'^|*<|^'»'i';;^'_ bei einer mittleren Temperatur von 32,7", gleich 0,074 gefunden. Die Disso- *"'g^i^|;f^ " ciationskonstante des Kohlenoxydhämoglobins ist also etwa 33 mal kleiner als diejenige des Oxyhämoglobins unter nahezu den gleichen Bedingungen (K für Oxyhämoglobin = 2,44). Ad S. 123. Von Bertin-Sans und Moitessier (Compt. rend. Tome 110) liegt eine Arbeit über Blutfarbstoffe vor, in welcher sie über eine Zwischenstufe i{<>Ju"rtee o .... Hamatin. zwischen dem Oxyhämatin und dem Hämochromogen, ein reduzirles Ilämatin, berichten. Dieser Farbstoff* zeigt einen Streifen, dessen Mitte auf D liegt. Ad S. 135. Nach Dastre (Compt. rend. d. soc. biol. Tome 45 und Arch. de physiol. Ser. 5 Tome 5) kann man durch eine Reihe von A«lerlässen w.rkun^- und Wiedereiuspritzung des defibrinirten Blutes beim Hunde allmählich das \Asl«a. ganze Blut gerinnungsunfähig machen. Die Ursache der Nichtgerinnung liegt in dem Mangel an Fibrinogen. Ad S. 139. Die Theorie Lii.iiiINKELd's (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20) v>:y~z^':\uu- ist nunmehr folgende. Im Aderlassblut erfolgt ein Zerfall der Leukocyten, 638 Nachträge. bezw. eine Abgabe von Nukleinsubstanz an das Plasma. Diese Nukleinsub- stanz spaltet das Fibrinogen in Thrombosin und eine die Biuretreaktion gebende Substanz. Das Thrombosin verbindet sich mit den gelösten Kalksalzen zu Fibrin. Das Leukonuklein ist der eigentliche und echte Gerinnungserreger (also nicht das Fibrinferment); das aus dem Nukleohiston abspaltbare Histon wirkt dagegen gerinnungshemmend. Da die Blutplättchen Nukle'in enthalten, kommt auch ihnen neben den Leukocyten ein aktiver Antheil an der Faser- stoffgerinnung zu. Ad S. 142. Grosjean (Travaux du laboratoi.re de L. Frederiq. Tome 4 Liege 1892) hatte gefunden, dass das Blut, wenn es etwa 24 Stunden nach einer Albumoseinjektion seine Gerinnbarkeit wieder gewonnen hat, durch neue Injektionen von Albumose nicht wieder gerinnungsunfähig wird und also gegen Albumoseinjektion immun geworden ist. Er schloss ferner aus seinen Versuchen, dass die Albumose, um die hemmende Wirkung überhaupt ausüben zu können, Aibumosen erst im Organismus eine Veränderung erleiden müsse. Diese Verhältnisse hat gerfnnung. CoNTEJEAN (Arch. de Physiol. Ser. 5. Tom 7) weiter verfolgt und er kam zu dem Schlüsse, dass im Thierkörper — wie es scheint durch Vermittelung der Leber und der Gedärme — unter dem Einflüsse der injizirten Albumose eine besondere Substanz abgesondert wird, welche die Gerinnung verhindert. Man kann auch einem Hunde Immunität gegen die gerinnungshemmende Wirkung der Albumose verleihen, wenn man ihm vorher in die Gefässe eine kleine Menge „Peptonblut" injizirt Der Thierkörper verliert hierdurch die Fähigkeit unter dem Einflüsse der AI bumoseeinsp ritzung die fragliche, gerinnungshemmende Sub- stanz zu produziren. Ad S. 143 u. 144. Gegen die Methode von Bleibtreu haben in neuerer Zeit Eykman {Pflüger's Archiv Bd. 60) und Hedin (Ebend. und Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 5) wichtige prinzipielle Einwendungen erhoben. Wie schon früher H. J. Hamburger (ein Verzeichniss der von Hamburger veröffentlichen Ar- beiten über die osmotische Spannung der Blutkörperchen und die Isotonie- verhältnisse von Salzlösungen und Serum findet man in einem Aufsatze von Hamburger in Virchow's Archiv Bd. 140 S. 505) haben sie nämlich nach verschiedenen Methoden gezeigt, dass die rothen Blutkörperchen nur in solchen Blutkörper- Salzlösungen ihr Volumen nicht verändern , die mit dem Plasma oder Serum men und isotonisch sind. Eine solche Lösung ist aber für Menschen-, Rinder- und Pferde- ungen. blut iiicht eine Lösung von 6 p. m. NaCl — was übrigens auch Lackschewitz (vergl. Pflüger's Arch. Bd. 51)) gezeigt hat — sondern vielmer eine, die rund 9 p. m. NaCl enthält. In einer Lösung von 6 p. m. NaCl quellen die Blut- körperchen auf und es findet in Folge hiervon ein so reichlicher Austausch von Bestandtheilen zwischen ihnen und der Salzlösung statt, dass die Methode Bleibtreu's prinzipiell unrichtig ist. Hedin konnte auch in der That eben so wenig wie vor ihm Biernacki (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 19) die von BiyEiBTREU gefundene gute Uebereinstimmung der aus den Stickstoffbestim- mungen berechneten Blutkörperchenvolumina wiederfinden. Nachträge. (j39 Es fragt sich denn, ob die Melliode niciil doci» hei Anwenduu},' einer isotonischen Salzlösung ganz brauchbar werden könne. Nach Hkdi.v ht dies nicht zu erwarten, denn er hat gefunden, dass die rothen Blutkörperchen sogar aus der isotonisclien Kochsalzlösung - ohne ihr Volumen zu verändern — ^dll"B^t"^ reichliche Mengen von Plasmaeiweiss in sich aufuehnim können. Diese An- ''vo^mOT».' gäbe wird indessen, wenigstens in dem von Hedin behaupteten Umfange, von ^I. Bi-i:iBTREU (Pflüüer's Archiv Bd. (>()) bestritten, unewy (Ebend. S. 402) hat ferner werthvolle Untersuchungen über die Alkalescenz- bestimraung in dem Blute ausgeführt, auf die hier hingewiesen wird. Ad. S. 158. Dastre (Arch. d. Physiol. Ser. 5. Tome 7) hat die glyko- lytische Fähigkeit der Hunde- und Kuhlymphe studirt und dabei gifunden, djiss nö/ «iijko- sie durch Gegenwart von Kaliumoxalat, 2 p. m., verhindert wird. In der Lymph«. Kuhlymphe konnte er ferner Glykogen nachweisen, welches nicht in dem Pla.-*mn sondern in den Formelementen enthalten ist. Ad S. 163, Ueber die Frage von der Resorption aus serösen Höhlen lUsorption und der Bildungsweise der Transsudate liegen weitere Lntersuchungeu von Star- «aiuuoo. 640 Nachträge. LiNG und Leathes (Journal of Physiol. Bd. IS), Orlow (Pflüger's Archiv Bd. 59) und Cohnstein (Virchow's Archiv Bd. 135 und Pflüger's Archiv Bd. 59) vor. In diesen Arbeiten, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, wird die Bedeutung der Osmose und der Filtration für Resorption und Transsudat- bezw. Lymphbildung stark hervorgehoben. Ad. S. 148. F. Krüger (Zeitschr. f. Biologie. Bd. 31) hat den Cal- ciumgehalt der Leberzellen des Rindes in den verschiedenen Entwickelungs- stadien desselben bestimmt und dabei gefunden, dass dieser Gehalt im Mittel bei ausgewachsenen Rindern nur 0,71 p. m., bei Kälbern dagegen 1,23 p. m. der Trockensubstanz beträgt. Bei Rindsföten ist er niedriger als bei Kälbern, "der^Lebei-^ ^*^^§*' ^^^^ während der Fötalperiode zwei Maxima, von denen das erste auf den üoUen. fünften und das zweite auf den zehnten Monat der Tragzeit fällt; zu diesen Zeiten enthalten die Leberzellen etwa 45 ''/o mehr Calcium als bei ausgewach- senen Rindern. Während der Tragzeit sind Eisen und Calcium Antagonisten derart, dass beim Ansteigen des Calciumgehaltes ein Sinken des Eisengehaltes stattfindet und umgekehrt. In den Leberzellen von erwachsenen Menschen fand Krüger (Ueber den Schwefel- und Phosphorgehalt der Leber- und Milzzellen in verschiedenen Lebensaltern, ebend. S. 400) 23,8 p. m. Schwefel, 12,8 p. m. Phosphor und 0,55 p. m. Eisen; in denjenigen der Neugeborenen dagegen bezw. 35,6, 15,4 und 3,14 p. m. Ad S. 186. Zur Reindarstellung eines eiweissfreien Glykogens kann man nach Huizinga (Pflüger's Archiv. Bd. 61) das Lebergewebe mit einer Darstellung Mischung von gleichen Volumina gesättigter Sublimatlösung und EsBACn'schem gens. Reagenz (10 g. Pikrinsäure und 20 g Citronensäure im Liter) extrahiren. Das Glykogen wird mit Alkohol gefüllt und mit Alkohol- Aether behandelt. Ad S. 188. MiURA (Zeitschr. f. Biologie. Bd. 32) hat an hungernden Kaninchen Versuche über die Rolle des Inulins als Glykogenbildner ausgeführt. Es wurde dabei in einigen Fällen der Glykogengehalt der Leber wesentlich er- höht, in anderen dagegen gar nicht. Die Inkonstanz der Versuchsresultate Glykogen- kann daher rühren , dass das eingeführte Inulin entweder nur zum Theil oder auch nur so langsam in Lävulose übergeht, dass die resorbirten Zuckermengeu nicht immer eine Glykogenanhäufung bewirken können. MiURA bespricht auch die Versuchsresultate früherer Forscher und die ältere Litteratur. Ad S. 193. Levene (Journal of Physiol. Bd. 17) ist durch seine Versuche zu der Ansicht gelangt, dass es bei der Phlorhizindiabetes nicht um eine gesteigerte Elimination des Zuckers durch die Niere, sondern vielmehr um eine gesteigerte Zuckerbildung in diesem Organe sich handelt. Er fand im Phiorhizin- Allgemeinen mehr Zucker in dem venösen als in dem arteriellen Nierenblute und id etes. j^ ^^^ Nieren fand er nach Phlorhizininjektion bedeutend mehr Zucker als unter normalen Verhältnissen. In Uebereinstimmung mit den Beobachtungen anderer Forscher, wie Prausnitz, Cremer und Ritter nimmt er beim Phlo- rhizindiabetes eine Entstehung des Zuckers aus Proteiusubstanzen an. Nachträge. fjjl Ad S. 203. Zur Darstellung und quantitativen Bestimmung des Glyko- kolls aus Gelatine gicbt Goxnkijmann (Pri.rGKFi's Archiv. Bd. 59) folgende Modifikation des von Cir. Fischku (Zeitschr. f. physiol. Ciieni. Bil. UM anycL'e- „ . ^ ' •' .' b tJ liosUmman? benen Verfahrens an. Die Gelatine wird mit Schwefelsäure zersetzt, die Schwefel- fe bosiimmung Salzsäure hinzu und titrirt auf Jod mit Hyposulfitlösung. Die Reaktionen ver- sjöavist. laufen nach folgendem Schema: 4 HCl + 2 BaCOg = 2 BaCl, + 2HO2 4- 2 CO,; 2BaCl, -f- 2 (NHJaCrO^ = 2 BaCrO^ -[- 4 NH^ Cl;" 2 BaCrO^ -f 16 HCl -f 6 KJ = 2 BaCl, -f CrgClg 1- 8 H^O + 6 KCl + 3 J, und 3 J2 -|- 6 NagSyOg = 6 NaJ -\- 3 Na2S40g. Von der Hyposulfitlösung entspricht je 1 ccm 3 mgm HCl. Durch Bestimmung des elektrischen Leitungswiderstandes hat SjöQVIST ferner bestinmit, wie gross die Menge der wirklich freien und der an Alkali gebundenen Salzsäure in Gemengen von Salzsäure und Alkalimonophosphat ist, und er hat ge- ,, .. funden, dass die nach der MöRNER-SjöoviST'schcn Methode bestimmte Menge JSestiinmung ' ^ ° der ireien Salzsäure der Menge der in solchen Mischungen wirklich vorhandenen freien balzsilure. ° o Salzsäure sehr genau entspricht. Der Methode von Leo gegenüber, die nach SjöQVIST keine richtigen Zahlen für die freie Säure giebt, hält Sjöqvist also den Werth seiner Methode aufrecht. Nachträge. 643 Ad S. 256. Die Fähigkeit der Düiindarmschleinilmut, Rohrzucker und inrer«ion im Maltose zu invertiren, ist von Mr'ra, Paitz und V<)(;kl (Zcit.^chr. f. Hiolofrie ^"""* Bd. 32) weiter bestätigt worden. Ad S. 259. Nach Chauveau und Kaufmann (vergl. Kaufmann, Afcb. de Physiol. Ser. 5, Tome 7) findet in der Leber eine ZuckerbiMung .statt, und zwar theils aus dem Glykogen und theils aus anderen Sioflen - Kohleliydraten, Ei Weissstoffen und Fetten — die bei dem Gewebszerfälle, der „liistolytte", von dem Blute aufgenonmieu, der Leber zugeführt und dort zu Zucker ver- arbeitet werden. Sowohl auf die Zuckerproduktion in der Leber wie auf die Histolyse übt das Pankreas eine hemmende Wirkung aus vermittels eines noch unbekannten Produktes der inneren Sekretion , welches Produkt an da.s Blut „ . . abgegeben wird. Alle drei Faktoren, sowohl die Zuckerproduktion in der Leber ''„„j^^'^ wie die innere Sekretion des Pankreas und die Histolyse werden nach Kauf- '''»"''J®** •^ za der MANN in doppelter Weise von dem Nervensysteme beeinflusst, indem nämlich ^"''^J.'"''*" dieses theils excitirend und theils hemmend wirkt. Die excitiremle Wirkung auf die Leber und auf die Histolyse wirkt gleichzeitig henmiend auf die innere Sekretion des Pankreas ein und sie bewirkt also in dreifacher Weise eine ver- mehrte Zuckerbildung. Die henunende Einwirkung auf die Leber und auf die Histolyse bewirkt gleichzeitig eine Excitation der inneren Sekretion des Pankreas und die Zuckerbildung wird also unter diesen Verhältnissen aus drei- fachem Grunde herabgesetzt. Marcüse (Du Bois-Reymond's Archiv 1894) hat gefunden, dass bei ,j^„^,^_.^,. Fröschen, die sonst, wie Aldehoff gezeigt hat, durch Pankreasausrottung dia-'*'*J^^^V^.^"' betisch gemacht werden können, wenn ihnen auch die Leber möglichst voll- ständig exstirpirt wird, kein Diabetes auftritt. Ad S. 271. Die Verdaulichkeit des Kaseinpseudonukleins in Tryp.sinlösung ist neuerdings von Sebelien (Zeitschr. f. physiol. Chen). Bd. 20) dargethan venUuunj: worden. Für die Nukleine der Thymusdrüse hatte schon früher Popoff j,.y^,o^„, (Ebend. Bd. 18) dasselbe gefunden. Die wenigstens theilweise Ausnützung der Nukleine im Darme ist übrigens von GuMLiCH (Ebend.) und von Weintil^ud (Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1895) bewiesen worden. Ad S. 300. V. Harley (Journal of Physiol. Bd. 18) hat an Hunden, denen das Pankreas exstirpirt worden, Versuche über die Resorption des Fettes (Milch) angestellt. Der Uebergang des Fettes aus dem Magen in den Darm ist bei den operirten Thieren verlangsamt und Hakley konnte im Darmkanale nicht nur ebenso viel Fett wie das eingenonnnene wiederfinden, sondern dazu ,ion. noch ein wenig, welches von einer Sekretion oder Exkretion im Darme herrührte. Die Versuche ergaben also ein ganz anderes Resultat als diejenigen von Anv.L- mann, was Harlky dadurch erklärt, dass die Wirkung der Darmbakterien in Abelmann's Versuchen nicht ausgeschlossen oder auf ein Minimum (wie in den Versuchen von Harley) reduzirt war. Ad S. 312. H. Weiske (Zeitschr. f. Biologie. Bd. M) hat durch Ver- suche an theils noch nicht ganz ausgewachsenen und theils ganz jungen, noch 644 Nachträge. Vertretung i» Starkem Wachsthum befiudliclien Kaniuclien gezeigt, dass bei Fütterung mit duTch^stron- Hafer, also mit einem sogenannten sauren und kalkarmen Futter, gleichzeitig Magnesia. Verabreichte Magnesia oder Strontiumkarbonat zwar zum Theil in das Skelett überzugehen vermögen , dass es aber von einer physiologischen Vertretung des Kalkes durch Strontian oder Magnesia nicht die Rede sein kann. Ad S. 329. Nach Siegfried (Ber. d. deutsch, ehem. Gesellsch. Bd. 28) giebt die Phosphorfleischsäui'e als Spaltungsprodukte Fleischsäure (Antipepton), Phosi^hor- i'hosphor- säure und ein Kohlehydrat. Sie steht also in naher Beziehung zu den Nuk- ■ leinen und Siegfried bezeichnet sie als ehi ParanuMeon, um damit anzuzeigen, dass sie bei ihrer Spaltung nicht wie die Paranukleine Eiweiss, sondern eine Peptonsubstanz liefert. Ad S. 333. Hoppe-Seyler und Araki (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20) welche die optischen Eigenschaften der Milchsäuren und Laktate genau studirt Lithium- haben, heben als ein für die Darstellung und quantitative Bestimmung der a ^>ito. Milchsäuren sehr geeignetes Salz die Lithiumsalze hervor. Die Lithiumsalze enthalten 7,29'Vo Li. Sie sind leicht löslich in Wasser und krystallisiren sehr leicht rein und wasserfrei aus siedendem Alkohol. Ad S. 386. Im ausgeschnittenen Muskel findet nach TissoT (Arch. de Physiol, Ser. 5, Tome 7) eine wahre Respiration statt, indem nämlich der Muskel unabhängig von den Fäulnissvorgängen, der Behauptung Hermann's Gaswechsel . . ^ ö & ' r fe im Muskel, entgegen, Sauerstoff aufnimmt und Kohlensäure ausscheidet. Die abgegebene Kohlensäure stammt indessen von zwei Quellen her. Zum Theil ist sie nämlich im Muskel präformirte, nur physikalisch abgegebene Kohlensäure, und zum Theil ist sie im ausgeschnittenen Muskel gebildet worden. Ad S. 339. Seegen (Centralbl. f. Physiologie Bd. 8 und Du Bois- Reymond's Archiv 1895) hat den Zuckergehalt des arteriellen und venösen Muskelblutes in der Ruhe und bei direkter oder indirekter Reizung bestimmt, ohne konstante Resultate zu erhalten. Dagegen konnte er in den arbeitenden Kohiehyd- Muskeln einen, meistens sehr bedeutenden Glykogenverbrauch konstatiren. Muskel- Seegen berechnet, dass in seinen Versuchen — unter Voraussetzung, dass das arbeit. ' * ' Glykogen vollständig oxydirt worden — das Glykogen zum grössten Theil der Wärmebildung und nur zum kleinen Theil, in den meisten Fällen zu 5 — 10°/o seines Energievorrathes, zur mechanischen Arbeit gedient habe. Der ganze Gly- kogengehalt des Thierkörpers war nach Seegen nur für einen kleinen Bruch- theil der mechanischen Arbeitsleistung desselben ausreichend, und die wichtigste Quelle für mechanische Arbeitsleistung, wie für Wärmebildung, ist nach ihm der Blutzucker, Ad S. 342. Durch Beobachtungen an ruhenden und arbeitenden Per- sonen hat J, MuNK (Verhandl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin 1894 — 95) Schwefel- Weitere Beweise dafür geliefert, dass die Ausscheidung von Stickstoff und Schwefel "slofT^be^ra (^uch Phosphorsäure und Kali) dem Eiweissumsatze parallel läuft. Die ge- ^orfan!' steigerte Schwefelausscheidung betraf jedoch nicht den neutralen, sondern fast ausschliesslich den oxydirten Schwefel. Nachträge. 645 Ad S. 344. ZuNTZ hat gemeinschaftlich mit Frkntzel und Loeb (Du Bois-Rkymond's Archiv 1894) Versuche an Hunden angestellt, aus welchen hervorgeht, dass wenigstens in diesen Versuchen (theils heim Hungern und Qooiia «lor theils bei so reichlicher Mastkost, dass selbst nach Bestreitung schwerer Arbeit ein Stickstoft'ansatz stattfand) die Thien; von den ihnen zur Bestreitung der Arbeit zu Gebote stehenden Stoffen die stickstofffreien bevorzugten. Zuntz zeigt ferner, dass die Nährstoffe sich annähernd im Verhältniss ihres Sauerstoff- verbrauchs und ihrer Verbrennungswärme für die Arbeitsleistung vertraten. Ad S. 346. In Prozenten von dem Gesammtstickstoffe des Fh-isches kamen in den Bestimmungen Salkowki's (Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1^94)^*1,5,^*^11^"° im Rindfleisch: auf unlösliches Eiweiss 77,4, auf lösliches Eiweiss 10,08 und auf übrige lösliche Stoffe 12,52 "/o Stickstoff. Ad S. 357. Um einen ganz hämoglobinfreien Sehpurpur darzustellen, kann man nach Kühne (Zeitschr. f. Biologie Bd. 32) entweder den Sehpurpur aus seiner Lösung in Galle mit MgS04 in Substanz ausfällen oder auch die ** puT" nach der Alaunhärtung isolirte Retina nach dem Auslaugen mit Wasser und 10°/o NaCl-Lösung mit Galle behandeln. Ad S. 366. MiTJUKOFF (Ueber das Paramuciii, Inauguraldissertation Berlin 1895. Drechsel's Laboratorium, Bern) hat aus einer Ovarialcyste ein Kolloid isolirt und untersucht. Diese Substanz, deren Zusammensetzung T 51,76, Paramocin. Hl,16, iYlO,7, /S'1,09 und 028,69 war, unterscheidet sich von jNIucin und Pseudomucin unter anderem besonders dadurch, dass sie schon vor dem Sieden mit einer Säure die FEHLiNo'sche Lösung reduzirt. Sie wurde Farnmucin genannt. Ad S. 383. R. Peters (Unters, über das Lab und die labähnlichen Fermente. Preisschrift, Rostock 1894) glaubt gefunden zu haben, dass das Parakasein, wenn es in Kalkwasser gelöst wird, wiederholt mit Lab gerinnen ^j^^ kann. Nach Peters soll übrio:ens das Lab Lösungen in Kalkwasscr von Alkali- von ui.- ~ '^ _ enzymen. albuminat, wie auch von vegetabilischen, mit Säuren fällbaren Eiweissstotfen (wie aus Weizen und Erbsen) zum Gerinnen bringen können. Aehnlich wie Lab wirken auch mehrere im Pflanzenreiche vorkommende Enzyme. Ad S. 384. Sai.kowski und Haiin (PFLÜciER's Archiv. Bd. 51>) und Sebelien (Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 20) haben ebenso wie Moraczewj^ici , ^ jy •■ V. \t. Vordnunn«: gefunden, dass die Menge des bei der Pepsinverdauung des Kaseuis abgespaltenen dos Kuso.ns. P.seudonukleins eine sehr schwankende ist. SEnEi-iEN konnte ebenso wenig wie WiLLDENOW und MüRACZEWSKi duioli Mnlialtciidc V.'iclauung alles Psoudonukh-in wieder in Lösung bringen. Ad S. 391. Laves (Zeitsdu-. f. physiol. Chom. VA. 11)) fand wie RUPPEL das Frauoninilchfctt arm an llüchtigen Fettsäuren. Butt«-rsäure fand ^'.^JJ^». er nur in Spuren. Den Schmelzpunkt fand w bei 30 — 31", den der freien Fett- säuren bei 37 — 39" C. 646 Nachträge. Ad S. 394. Die Gase der Frauenmilch sind von E. Külz (Zeitschr. f. Gase der '^ Frauen- Biologie Bd. 32) untersucht worden. Er fand in 100 ccm Milch 1,07 — 1,44 ccm im ich. Ol Sauerstoff, 2,35 — 2,87 ccm Kohlensäure und 3,37 — 3,81 ccm Stickstoff. Ad S. 407. Durch ein Versehen ist das Reaktionsschema für die Um- wandlung des Ammoniumcyanates in Harnstoff unrichtig geschrieben. Der biidung. Harnstoff entsteht aus Ammoniumisocyanat nach dem Schema CO : N. NH^ = CO(NH2)2. Ad S. 424. Kolisch (Ceutralblatt für innere Medizin 1895) hat für die Kreatininbestimmung im Harne eine neue Methode angegeben, die darin besteht, dass man aus dem alkoholischen Extrakte das Kreatinin bei von Essigsäure Kreatininbe- t-, , . . ,. . Stimmung, saurer Reaktion mit Sublimat in alkoholischer Lösung fällt. In dem genau ausge- waschenen Niederschlage wird der Stickstoff nach Kjeldahl bestimmt. Als Fällungsmittel benutzt Kolisch eine Lösung aus Sublimat 30, Natriumacetat 1, Acid, acetic glacial 3 Tropfen und Alcohol absolutus 125 Theilen. Ad S. 425. Ein zuverlässiges Verfahren zur Darstellung von Uroxan- Uroxan und gäure und Oxonsäure aus Harnsäure hat Sundyik (Zeitschr. f. phvsiol. Chem. Üxonsäure. ^ ^ '' Bd. 20) angegeben. Ad S. 437. In dem Harne von Irrenkranken hat M. Krüger (Du Bois- Reymond's Archiv 1894) zwei neue Xanthinbasen gefunden, von denen die eine, deren Löslichkeitsverhältnisse am meisten an die des Guanins erinnern, Epiguanin. Epiyuanin genannt wurde und die Formel C^QHjgNyOa hat. Die zweite Base konnte bisher nicht in einer zu der Analyse hinreichenden Menge erhalten werden. Ad S. 456. Garrod (Journal of Physiol. Bd. 17) giebt ein Verfahren zur Gewinnung des Uroerythrins an und liefert weitere Beiträge zur Kenntniss Uroirythnn.jjggggjijgj-j^ Besonders hervorzuheben ist die allgemein bekannte Eigenschaft dieses Farbstoffes vom Lichte bald entfärbt zu werden. Ad S. 458. Lang (Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 34) hat gezeigt, dass die Nitrile der Fettreihe mit Einschluss der Blausäure im Thierkörper in Rhodanverbindungen übergehen und durch den Harn ausgeschieden werden. Rhodan im Dieses Rhodan stammt, wie es scheint, von dem leicht abspaltbaren, nicht Harne. _ _ ^ -^ oxydirten Schwefel der Eiweisskörper her, welcher wie Pascheles (ebend.) ge- zeigt hat, bei alkalischer Reaktion und Körpertemperatur Cyanalkali leicht in Rhodanalkali überführt. Wahrscheinlich werden die Amidosäuren der Fettreihe im Körper zu Nitrilen oxydirt, die dann durch den Schwefel des Eiweisses in Rhodan übergehen. Ad S. 490. Das pathogenetische Moment der Hämatoporphyrinurie ist Humatopor- '^^^^^ Stokvis (Zeitschr. f. klin. Medic. Bd. 28) eine Resorption und Aus- phyrmune. scheidung von im Digestionstraktus ergossenem oder vorhandenem und daselbst zu Hämatoporphyrin verändertem Blute. Ad S. 505. Salkowski (Berliner klin. Wochenschr. 1895) hat zwei neue Fälle von Pentosurie beobachtet. Die Harnpentose scheint mit der von Ham- MARSTEN durch Spaltung eines Pankreasproteids dargestellten Pentose identisch zu sein. E. Klt.z und J. Vogel (Zeitschr. f. Biologie Bd. 32) haben in Harnen Xa<;litriiL'i', 017 sowohl von Diabetikern wie auch von Hunden mit Pankreas- oder Phlorhiziu- diabetes das Vorkommen von Penlosen nachgewiesen. Bei Salkcjw.ski findet man auch die nöthigcn Vorschriften behufs der Prüfung eines Harnes auf Pen tose. Ad S. 508. Zum Nachweis von Acelessigsäure im Harne versetzt man nach K. MöKXKU (Skand. Arch. f. Physiol. Bd. 5) den Harn mit ein wenig KJ ua. — . Inhalt: Billrotb und Fick, Versuche über die Temperaturen bei Tetanus. — Fick und Wislicenus, Ueber die Entstehung der Muskelkraft. — Fick, Experimenteller Beitrag zur Lehre von der Erhaltung der Kraft bei der Muskel- zusammenziehung. — Dybkowsky imd Fick, Ueber die Wiirmeenlwickeluug beim Starrwerden des Muskels. — Fick und Böhm, Ueber die Wirkung des Veratrins auf die Muskelfaser. — Fick, Ueber die Wärmeentwickeluug bei der Zusammenziehung des Muskels. — Fick, Ueber die Wärmeentwiekelung bei «1er Muskelzuckung. — Danilewsky, Versuch, die Cültigkcit des Prinzips der Er- haltung der Energie bei der ^luskelarbeit e.xperimentell zu bewciseu. — Dani- lewsky, Ergebnisse weiterer thermodyuamischer Untersuchungen der Muskeln. — Blix, Zur Beleuchtung der Frage, ob Wärme bei der Muskelkontraktion aich in mechanische Arbeit umsetze. — Fick, Myothermische Fragen und Versuche. — Fick, Mechanische Untersuchung der Wärmestarrc des Muskels. — Fick, Ver- suche über Wärraeentwickelunt; im Muskel bei verschiedenen Tenipernturen. J. F. Bergmann und C. W KreideFs Verlag in Wiesbaden. Archiv für Augenheilkunde in deutscher und englischer Sprache. Heraus- gegeben von Prof. Dr. H. Knapp in New-York und Geh. Med.-Rath Prof. l)r. C. Schweigger in Berlin, für den Litteraturbericht C. Horstmann in Berlin. (Bis jetzt erschienen 30 Bände.) Preis pro Band von 4 Heften M. 16.— Ungarisches Archiv für Medizin. Kedigirt von Prof. Dr. A. Bökai, Prof. Dr. F. Klug, Prof. Dr. 0. Per tik und Privatdozent Dr. W.Gold zieh er in Budapest. Erscheint in zwanglosen Heften von 4 — 5 Bogen Stärke. Vier Hefte bilden einen Band. Preis pro Band M. 16. — Anatomische Hefte. Herausgegeben von Fr. Merkel, Professor der Anatomie in Güttingen und R. Bonnet, Professor der Anatomie in Giessen. Er- scheinen in zwanglosen Heften. (Bis jetzt erschienen 16 Hefte.) 3 Hefte bilden einen Band. Ergebnisse der Anatomie und Entwickelungsgeschichte. Unter Mit- wirkung von Karl von Bardeleben, Jena; D. Barfurth, Dorpat; R. Bonnet, Giessen; G. Born, Breslau; J. Disse, Halle; C. Eberth, Halle; W. Flemniiug, Kiel; C. Go Igi , Pavia; F.Hermann, Erlangen; C. von Kupffer, München; F. Merkel, Güttingen; H. F. Osborn, New-York; W. Roux, Innsbruck; H. Strahl, Marburg; H. Strasser, Bern; K. Toldt, Wien; W. Waldeyer, Berlin; K. Weigert, Frankfurt; E. Zucke rkandl, Wien, herausgegeben von Fr. Merkel in Göttingen und R. Bonne t in Giessen. Jährlich e-rscheint ein Band. (Bis jetzt er- schienen 3 Bände.) Jahresbericht über die Fortschritte der Geburtshilfe und Gynäkologie. Unter der Mitwirkung von Fachgenossen und unter der Redaktion von Prof. Dr. E. Bumm in Basel und Prof. Dr. J. Veit in Berlin. Herausgegeben von Prof. Frommel in Erlangen. Jährlich ein Band. (Bis jetzt erschienen 7 Bände.) Maly's Jahresbericht über die Fortschritte der physiologischen und pathologischen Chemie. Begründet von weil. Prof. R. Maly (Prag), fortgesetzt von Prof. v. Nencki (Petersburg) und Prof. Andreasch (Wien). Jährlich ein Band. (Bis jetzt erschienen 23 Bände.) Therapeutische Leistungen. Ein Jahrbuch für praktische Aerzte. Heraus- gegeben von Dr. Arn. Pollatschek in Karlsbad. Jährlich ein Band. (Bis jetzt erschienen 6 Bände.) Zeitschrift für analytische Chemie. Herausgegeben von Geh. Hofrath Prof. Dr. C. R. Fresenius und Prof. Dr. H. Fresenius in Wiesbaden. (Bis jetzt erschienen 33 Bände.) Jährlich ein Band von 6 Heften. Preis pro Band M. 18.— Zeitschrift für Ohrenheilkunde in deutscher und englischer Sprache. Heraus- gegeben von Prof. Dr. H. Knapp in New-York und Prof. Dr. S. Moos in Heidelberg. (Bis jetzt erschienen 26 Bände.) Preis pro Band von 4 Heften M. 16.- Verhandlungen des Kongresses für Innere Medizin. Herausgegeben von Geh. Rath Prof. Dr. E. Leyden in Berlin und San.-Rath Dr. Emil Pfeiffer in Wiesbaden. XII. Kongress , gehalten zu Wiesbaden vom 12. — 15. April 1893. M. 11.— Zeitschrift für vergleichende Augenheilkunde. Herausgegeben von Prof. Dr. Jos. Bayer in Wien, Prof. Dr. R. Berlin in Rostock, Prof. Dr. O. Eversbusch in Erlangen und Prof. Dr. Schleich in Stuttgart. (Bis jetzt erschienen 7 Bde. ä 2 Hefte) ä Heft M. 2. — Um den neu eintretenden Abonnenten die Aiischaffiing der früher erschienenen Bände zu erleichtern, erklärt sich die Verlafisbnrhhundlinig bereit, bei Bezug einer grösseren Reihe ron Bänden von obigen Zeitschriften ganz besondere Vorthcile ZV. gewähren. Verlag von J. F. Bergmauu in W'ic-l.iid.n. A n 1 (j i t u n k' t-> Pharmaeeutisch- medizinisch-chemischen Uebungen. Von Dr. Rieh. Maly, nnd Dr. K. Brunner, weil. Professor f. Chemie a. d. deutschen Professor a. d. deutschen Steatsrealuchnle Universität in Pragr. in Karolinenthai und UniversitäUdozent in Prag. Preis: M. 2.50. „Der Inhalt und die Anweisungen zur Untersuchung der einzelnen Arznei- substanzen sind in sehr zweckmässiger Weise angeordnet und die Prüfuugsan- weisungen in präciser Form gegeben, so dass diesem Werke auch für den phar- makologischen Unterricht für den Mediziner ein erweiterter Gebrauch zukommen dürfte. Jeder Arzt, der sich für die Eigenschaften der Arzneisubstanzen, d. h. für die chemischen Reaktionen ausserhalb des Organismus interessirt und der selber eine Prüfung auf die Reinheit von Medikamenten vorzunehmen beabsichtigt, wird dies Werk ebenfalls als eine sehr willkommene Hülfe begrüssen." Prof. Dr. Liebreich in „Therapeut, Monatshefte. Die Methoden der praktischen Hygiene. Anleitung zur Untersuciiung und Beurtheilung von Aufgaben des täglichen Lebens. Von Dr. K. B. Lehmann, Professor der Hygiene und Vorstand des Hy-ienischen Instituts der Universität Würzbari.-. Preis M. 16.—, geb. M. 17.60. „Wenn jemals ein Buch einem dringenden Bedürfnisse abgeholfen und alles geleistet hat, was es verspricht, so ist es dieses. Dass der Verfasser zu seinem Werke wirklich berufen ist, wissen wir aus vielen seiner Spezialarbeiten; was aber diesem Buche einen ganz besonderen Werth verleiht, ist die wisseuscbaft- iche Genauigkeit und zugleich die praktische Brauchbarkeit . . ." Corrcspondcnz- Blatt /. Schrcizcr Acrstt. „Hier ist zum ersten Male mit strenger Consequenz die Beurtheilung der Untersuchungsobjekte auf Gesuudheitsschiidlichkeit durchgeführt. Der unter- suchende Chemiker und prüfende Arzt erhalten eine bislier in diesem Maasse nicht gegebene sichere Grundlage für Abgabe des l'rtheiles." Bicdcnrinnn's tech.-ehcm. Jahrbwh. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Anleitung zur chemischen Analyse des Weines. Von Professor Dr. E. Borgmann. Mit Vorwort von Prof. Dr. C. R. Fresenius. Mit 2 Tafeln in Farbendruck und 3 Holzschnitten im Text. M. 3.—, geb. M. 4.—. Die Milch , ihre häufigeren Zersetzungen und Verfälschungen , mit spezieller Berücksichtigung ihrer Beziehungen zur Hygiene. Von Hermann Scholl, Assistent am hygien. Institut d. deutschen Universität zu Prag. Mit einem Vorwort von Dr. Ferd. Hueppe, Professor d. Hygiene a. d. deutschen Universität zu Prag. Mit 17 Abbildungen, M. 3.60. Die Ptomaine oder Cadaver-Alkaloide. Vou Dr, H. Oeffinger, Gross- herzogl. Badischer Bezirksarzt. M. 1.60. Die Gicht und ihre erfolgreiche Behandlung. Von Dr. Emil Pfeifer, Sanitätsrath in Wiesbaden. Zweite Aufla£re. M. 2.80. Die Verdaunngsfermente beim Embryo und Neugeborenen. Von Dr. med. Friedr. Krüger, Privatdozeut a. d. Universität Dorpat. M. 3.60- Die acuten Lungenentzündungen als Infektionskrankheiten. Nach eigenen Untersuchungen bearbeitet von Prof. Dr. D. Finkler, Leiter der medicin. Universitäts-Poliklinik, dirigireuder Arzt am Friedrich-Wilhelms- Hospital zu Bonn. M. 13.60. Beiträge zur Struktur und Entwickelnng des Carcinoms. Von E. Noeggerath, M. D. Prof. emer. d. New York Med. College. Mit 108 Ab- bildungen auf 3 Tafeln in Farbendruck. M. 15. Die Zuckerharnruhr. Von Prof. Dr. W. Ebstein, Geh. Med.-Rath u. Direktor d. med. Klinik in Göttingen. M. 7.60. Die nervösen Störungen sexuellen Ursprungs. Von Dr. L. Loewenfeld, Spezialarzt für Nervenkrankheiten in München. M. 2.80. Die moderne Behandlung der Nervenschwäche (Neurasthenie), der Hysterie und verwandter Leiden. Von Dr. L. Loewenfeld, Spezial- arzt für Nervenkrankheiten in München. Dritte vermehrte Auflage. M. 2.80. Verlag von .J. F. Dergiuaim in Wiebbudeu. Griindriss der chiriii;i,n'sch-topo<^raph. Anatomie. Mit Eiiischluss der üu t eisuchungen am Lcbeudeu. Vou Dr. O. Hilde- brand, Professor der Cliirurgio au der UuiversitUt Güttingen. Mit t-iuen» Vorwort von Dr. Franz König, ord. Professor der Chirurgie, üeli. Med.-Katli, Direktor der Chirurg. Klinik iu Güttingen. Mit 92 theilweise farbigen Abbildungen. M 7—, ;.m It \f ^ Klinischer Leitfaden der Augenheilkunde. VonDr.jui.v.Michei. o. ü. Prof. der Augeulieilkuiide an der l'niversität Wiirzburg. geb. M. 0. — Grundriss der pathologischen Anatomie, von Dr. Hans Schmaus, 1. Assistent am pathologischen Institut u. Privatdozent an der Universität München. Zweite vermehrte Auflage. Mit 205 Abbildungen im Text. M. 12. — Abriss der pathologischen Anatomie, von Dr. g. Fotterer. vorm. 1. Assistent am patliolog.-anatom. In.stitut der Universität Wiirzliurg, z. Z. Professor der pathoiog. Anatomie und Medicin in Chicago. Zweite Auflage. .M. -l.'.o Schema der Wirkungsweise der Hirnnerven, von Dr. j. Hei- berg, weil, l'rofessor au der Universität Christiauia. Zweite Auflage. M. 1.20 Die officincllen Pflanzen und Pflanzenpräparate, von Dr. Hugo Schulz, 0. 0. Professor an der Universität Greifswald. Mit 94 Illu- strationen. M. 4.60 Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns. Von Dr. C. Neubauer und Dr. Tul. Vogel. Neunte um- gearbeitete und vermehrte Auflage von Professor Dr. H. Huppert und Professor Dr. L. Thomas. M. 15.20, geb. M. 16.C0 Anleitung zur Darstellung physiologisch -chemischer Präparate. Von Professor Dr. Drechsel in Kern. geb. M. l.ou Vorlesungen über Pathologie und Therapie der vene- rischcn Krankheiten. Von Prof. Dr. Eduard Lang in Wien. I. Thcil : Pathologie und Therapie der Syphilis. Zweite umgearbeitete und erweiterte Autlage. M. 14. — II. Theil I. Hälfte: Das venerische Geschwür. M. 1.60 II. Theil II. Hälfte: Der venerische Katarrh. M. 4.80 Complot in einen Hand geheftet M. 20.40 Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie- Dargestellt Von Dr. L. Löwenfeld, Spocialarzt für Nervenkrankheiten i^ München. •^' ' - "'' C. W. Kreidel's Verlag in Wiesbaden. Vorlesungen über die Zelle und die einfaehen Gewebe des tliierischen Körpers. Mit einem Anhang: Technische Anleitung einfachen histologischen Untersuchungen. Von Dr. R. S. Bergh, Dozent der Histolopie and Embryologie an der Universität Kopenhagen. Mit 138 Figuren im. Texte, Preis M. 7.—. Als ein grosser Vorzug dieses Buches erscheint die vergleichend-histologische Betrachtungsweise; sie führt dazu, bei allen Gewebsformen das zur Funktion Wesentliche hervorzuheben und so zur physiologischen Betrachtung der Gewebe hinzuleiten. Ein weiterer Vorzug ist, dass der Verf. zwar blosse Hypothesen darzustellen möglichst vermeidet, aber auch die neuesten Beobachtungen und auf sie gegründete Anschauungen würdigt. Besonders tritt dies in dem Kapitel über das Nervengewebe hervor, in welchem nicht nur die Forschungen von Golgi, Ramön y Cajal, His, Kölliker, van Gebuchten die Grundlage der Darstellung bilden, sondern auch schon die Entdeckungen Leuhosseks und Ketzius' über das Nervensystem des Regenwui'ms und über die Neuroglia dargestellt und durch Wiedergabe ihrer Zeichnungen erläutert werden. Der Anhang zeichnet sich dadurch aus, dass er auf die Behandlung und Untersuchung mancher sonst weniger beachteter Objekte hinweist. Aber auch solchen wird das Buch sehr nützlich sein, die, nicht in der Lage selber die zahl- losen neuen Arbeiten über tierische Histologie zu verfolgen, sich orientieren wollen über die neuen Anschauungen, welche in einigen Kapiteln sich von den vor nicht zu langer Zeit noch herrschenden sehr entfernt haben. Biolog. Centralblatt. Verlag von J. F. IV'rgiiiaiin in Wi'-l'iiil^n. Soeben erschien : Lehr Ij u c li • ii-r Histologie des Menschen einsclili'.sslicli der mikroskopischen Technik vou A. A. Böhm und M. von Davidoff Prosektor vormals Assistent am Anatomischen Institut zu München. Mit 246 Abbildungen Preis M. 7. — , geb. M. S. — . Der Autor der vor Kurzem in zweiter Aoilage erschienenen „Mikroskopischen Technik" (A. Böhm und A. Oppei) lenkt abermals durch sein gemeinsam mit iJr v. DuridoO verfasstcs Lehrbuch der Histologie die Aufmerksamkeit auf sich. Das Gebiet der all^-emcincn und spociellen >listolo|j;ie befindet sich noch immer im Stadium der rapiden Entwicklung und wird noch lange ein reiches Material für wissenschaftliche Bearbeitungen abgeben. Deshalb ist stets Oefahr vor- handen, dass die Lehrbücher der Histologie , wenn sie nicht rasch genue durch neue Auflagen ersetzt werden, in kurzer Zeit veralten. Dieses Schicksal wird in Bälde bis zum gewissen Grade das bekannte grosse Sammelwerk der Histologie von f.atrdouslcy und Oirsumnihow treffen . wenn auch der historische "Werth desselben ein dauernder bleibt. Ganze Abschnitte dieses Huchos be- dürfen schon jetzt nicht nur vieler Veränderungen, sondern gänzlicher Umarbeitung; das üodürfnis.s nach einer neuen Auflage wird jeden Tag fühlbarer. Auch wäre es wünschenswerth, wenn solche Werke im Interesse der Wissenschaft gleichzeitig in zwei verschiedenen Sprachen erscheinen würden. Eine so umfangreiche Aufgabe wie die des ebenerwähnten Sammelwerkes verfolgt das vorliegende Lehrbuch, wie schon aus seinem Umfange hervorgeht, nicht. Dafür giebt es aber den Bedürfnissen des Studenten sich in bester Weise anpassend, den neuesten Stand der Histo- logie des Menschen und der histologischen Technik wieder. In vielen Abscnnitton übrigens stossen wir auf ganz neue , bisher noch nirgends beschriebene Thatsachen. Der wesentliche Charakter des Werkes aber, wie es die Autoren selbst in der Vorrede andeuten, besteht darin, dass die Verfasser bei der Ausarbeitung des Lehrbuches denjenigen Methoden dos Unterrichts der praktischen und theoretischen Histologie gefolgt sind, welche in dem berühmten histologischen Institute von C. v. Kupffor in München geübt werden. Beide Autoren sind offiziell angestoUto, wissenschaftliche Beamte der erwähnton Anstalt und wurden bei ihrer dem Herrn l'rof. v. Kupffer gewidmeten Arbeit durch letzteren in sachlicher und formeller Hinsicht unterstützt. Dadurch ist für den Docenten eino höchst interessante Möglichkeit geboten, mit Nutzen die Methoden der Münchner histologischen Anstalt mit denen anderer Institute zu vergleichen. Den an und für sich viel Schwierigkeiten bietenden Stoff setzen die Verfasser mit anor- kennenswerther Klarheit auseinander. Ebenfalls sehr beachtenswerth erscheinen die Abbildungen; sie sind von ireübter Hand nach Musterpräparaten des Münchner histologischen Laboratoriums angefertigt. Die Schönheit der Mehrzahl dieser für das Studium der Histologie so wichtigen , ja unentbehrlichen Zeichnungen, muss sogar das Auge des Kenners erfreuen. Der Plan, nach welchem die Verfasser das Material ausarbeiteten, sieht man ans Folgendem : Im Abschnitt ,,EinführungindiemikroskopischeTechnik" wird 1. Mikroskop und 2. das mikroskopische Präparat beschrieben. Der folgende „Allgemeine Theil" enthält: 1. Die I,ohre von der Zelle (der Zellkörper, der Kern, Zelltheilang, Bofmchtunp, Chromatol yse) ; 2. Die Lehre von den Geweben (Epitholien , Bindesuhstanzon , Mnskolgowobo, Nervengewebe). Der ,, Spezielle Theil" endlich enthält dio Lehre von den Organen iBlut und blnt- bildende Organe; Verdaunngs- und Respirationsorgane; Harn- und Geschlechtsorgane; dotls*- system ; Nervensystem ; Sinnesorgane). Der Druck und dio allgemeine Ausstattung des Baches sind, dank den Bemühung«!! de« Verlegers, sehr elegant. Es wäre zu wünschen, dass die Verfasser auch fUr eine Ueboraotzong Ihres Lehrbnekes ins Russische Sorge tragen möchten. Prof. A. Rauher ,n ■i,r .,Mrdi:in" JaJkr.r. 7 \- ■ Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Jahresbericht über die Fortschritte der Thier-Chemie oder der Physiologischen und pathologischen Chemie. Begründet von weil. Prof. Dr. Rieh. Maly. XXIII. Band: Ueber das Jalir 1893. Herausgegeben und redigirt von Prof. Dr. M. v. Nencki q„^ Prof. Rud. Andreasch in St. Petersburg. in Wien. Unter Mitwirkung von Dr. John J. Abel, Univ. -Prot', in Baltimore ; Dr. H an s Bu ebner, Univ.-Prof. in München; Dr. Olof Hammarsten, Univ.-Prot. in Upsala; Dr. Erw. Herter, Univ.-Docent in Berlin; Dr. J. Ho rbaczewski, Univ.-Prof. in Prag; Dr. Leo Lieber mann, Prof. in Budapest ; Dr. O. L o e w , Univ.-Prof. in Tokio; Dr. J. Pruszy i'i ski in Warschau; Di-. G. Rosenfeld in Breslau ; Dr. A. Samoj- loff in Moskau ; Dr. E. Wein, I. Assistent an der kgl. bayer. landw. Central- Versuchsstation in München; Dr. H. Zee hülsen, Militärarzt 1. Kl. in Amsterdam. Mark 22.—. (Band XXIV über das Jahr 1894 erscheint im Oktober d. J.) Inhalt: Eiweisstolfe und verwandte Körper. — Fett, Fettbildun^ und Fettresorption. — Kohlehydrate. — Verschiedene Körper. — Blut. — Milch. — Harn und Eiweiss. — Verdauung. — Leber und Galle. — Knochen und Knorpel. — Muskel und Nerven. — Verschiedene Organe. — Niedere Thiere. — Oxydation, Respiration, Perspiration. — Ge- samn3tsloffwechsel. — Pathologische Chemie. — Enzyme, Ferraentor- ganisnien, Fäulniss, Desinfektion. — Toxine, Toxalbumie, Bakterien- protei'ne, Alexine, Antitoxine, Immunisirung, Heilung. — Sachregister. — Autorenregister. Ungarisches Archiv für Medizin. Unter Mitwirkung von Fachgenosseu herausgegeben von ' Dr. A. Bökai, Dr. F. Klug, Dr. O. Pertik, Professoren und Dr. W. Goldzieher, Privatdozent an der Universität Budapest. Dritter Band. Heß I. — Preis Mk. 4.—. Inhalt: Die Statistik des dritten Jahres am Budapester Pasteur-Institut. Von Professor Dr. Högyes. — Ueber die Gewebsveränderungen der Nervenzelle in der Hirnrinde bei Geisteskranken. Von Dr. B. Nagy. — Aus dem path.- anat. lustitut der Universität Budapest: Ein Fall von Darmstrangulation verur- sacht durch ein MeckePsches Divertikel. — Ein Fall von multipler Dünndarm- atresie. Von Dr. K. Min ich. — Drei Fälle von Quecksilbervergiftung. Von Dr. J. Donath. — Neuere Beiträge zum chemischen Antagonismus zwischen Cyaukalium und Kalium hypermanganicum. Von Dr. J. Kossa. — Ueber die Funktion des Magens nach Entfernung der narbigen Pylorusstenose durch Resektion. Von Dr. B. Imredy. — Ueber die Innervation und Funktion des Musculus crico-thyreoideus. Von Dr. A. Onodi. — Dr. Gustav Scheuthauer. — Von Dr. Hugo Preisz. C. W. KreiJers Verlag in Wiesbaden. Anleitung zur qualitativen iiiul quantitativen ANALYSE DES HARiNS. Zum Gebrauche für Mediciner, Chemiker und Pharmaceutcn von Dr. C. Neubauer und Dr. Jul. Vogel. Neunte umgearbeitete und vermehrte Aufjage von Dr. H. Huppert, und Dr. L. Thomas, o. ö. Professor der Medic. Chemie an der o. ;;. Professor der Heilmittellehre n. der Med. k. k. deutschen Univorsitiit zu Praf. Poliklinik an der Univorsit.it zn Freibarg. Mit 3 lithographirten Tafeln und 48 HolzschniUen. Preis: 31. 1.5.20, ^elmmleii M. 10. «;o. J. Abtheilung : M. 71.20. II. Ablhcilunfj : M. I.—. Diese neunte Auflage hat durch die Forschungs-ErgebnisBe der letzten neun Jahre nicht bloss wesentliche Bereicherungen erfahren, sondern die Fülle der neuen Thatsachen, welche Aufnahme in das Werk finden mussten, nüthigten zn einer vollständigen Umarbeitung desselben. Im analytischen Theile haben mclir als dreissig völlig neue Artikel Aufnahme gefunden, und es haben die meisten der bereits in der achten Auflage enthaltenen einer Umarbeitung unterzogen werden müssen. Die physiologische Chemie umfasst nur einige wenige Küi-per und einige specielle Methoden mehr als die Chemie des Jlarns. Die Besclireibung der im Harn vorkommenden Verbindungen, die allgemeinen und viele .specielle auf die Untersuchung des Harns angewandte Methoden sind gleicli mit denen der physio- logischen Chemie überiiaupt. Es wird das Buch daher auch denjenigen Forschern von Nutzen sein, welche sich nicht bloss mit der Untersuchung des Harns, sondern auch mit physiologisch-chemischen Untersuchungen überiiaupt befassen. Beide Herren Bearbeiter sind auch diesmal bestrebt gewesen, das Buch im Geiste seiner Verfasser zeitgemäss fortzuführen, um sowohl dem AnfHnger mit zuverlässigem Rath an die Hand zu gehen, als auch dem selbstAndigen Forscher die methodologisch richtigen Nachweise zu liefern. Es wird daher auch die neunte Auflage in allen .\uforderungcii dienen welche an den praktischen Arzt, den Chemiker und riiarmazeuteu herantreten, wie sie zugleich den Studirendeu ein übtTsichtlicher Leitfaden für die Einführung auf diesem Gebiete sein wird in BewHlirung des vordicnien Kufe des Werkes — ein Buch zu sein, nach dem man arbeiten l > mi X^'erlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Gesammelte Abhandlungen aus der medicinischen Klinik zu Dorpat. Herausgegeben von Prof. Dr. H. Unver rieht, ehemaligem Direktor der Klinik, jetzigem Director des Krankenhauses Magdeburg-Sudenburg. K. K.- Staatsrath. Mit 7 Tafeln. M. 16. — Inhalt: Kusik, Experimentelle Studien über die corticale Innervation der Rumpfmuskulatur. — Wieting, Zur Physiologie der intracorticalen Ganglien und über die Beziehungen derselben zum epileptischen Anfall. — Tochter mann, Ueber die Circulationsstöruugen im epileptischen Anfall. — Vier hu ff, Ueber absteigende Degeneration nach einseitigen Hirn- und Rückenmarksverletzungen. — Lunin, Zur Diagnostik der Trans- und Exsudate mit Hilfe der Bestimmung des spec. Gewichts. — 8pehl- mann, Ein Beitrag zur Kenntniss der Lingua geogi'aphica. — Radomski, Die Harncylinder im eiweissfreien Urin. — Bruttan, Ein Beitrag zur Casuistik der centralen Gliose des Rückenmarks (Syringomyelie). — Gotard, Ueber die Auslösung von Reflexen durch Summation elektrischer Hautreize. — Szupak, Experimentelle Untersuchungen über die Resorption der Pneumothoraxluft. — Krebs, Ueber die Athmungsbewegungen bei den verschiedenen Formen des Pneumothorax. — Orlowski, Ein experimen- teller Beitrag zur Kenntniss der Einwirkung des Atropins auf die Respi- ration. — Ost, Beiträge zur Bestimmung der Capacität des Magens. Zur Theorie der Harnsäurebildung im Säugethierorganismus. Vou Dr. J. Horbaczewski, Professor au der böhmischen Universität Prag. M. —.80. Die Verdauungsfermente beim Embryo und Neugeborenen. Vou Dr. med. Fr. Krüger, Privatdozent an der Universität Dorpat. M. 3.60. Die Zuckerharnruhr. Von Prof. Dr. W. Ebstein, Geh. Med.-Rath u. Director der med. Klinik in Göttingen. M. 7.60. Die acuten Lungenentzündungen als Infectionskrankheiten. Nach eigenen Untersuchungen bearbeitet von Prof. Dr. Finkler, Leiter der medicin. Universitäts-Poliklinik, dirigirender Arzt am Friedrich-Wilhelms-Hospital zu Bonn. M. 13.60. Beiträge zur Struktur und Entwickelung des Carcinoms. Von e. Noeggerath, M. D. Prof. emer. d. New-York ]\Ied. College. Mit 108 Ab- bildungen auf 3 Tafeln in Farbendruck. M. 15. — Die Ptomaine oder Cadaver-AlkaloTde. Von Dr. h. Oeffinger, Gross- herzogl. Badischer Bezirksarzt. M. 1.60. Beiträge zur Reinisoiirung, quantitativen Trennung und chemischen Charakteristik von Alkaloiden und glycosidartigen Körpern in forensen Fällen, mit besonderer Rücksicht auf den Nachweis derselben in verwesenden (Jadavern. Von Dr. Karl Kippenberger, Privatdocenten am eidgenössischen Polytecimikum in Zürich. M. 1.60. C. W. Kreider« Verlag iu Wiesbaden. Soeben ist erschienen: Vorlesungen über allgemeine Embryologie voll Dr. R. S. Bergh, Dozent der Histologie und Embryologie an der Universität Kopenhagen. Mit 126 Figuren im Text. Preis 7 Mk. Aus dem Vorwort: Der Zweck des Buches ist eine Eiuführung iu das verwickelte embryologische Studium zu bieten, welches sich nacli und nach zu einer centralen Stelle in den biologischen Disciplinen emporgearbeitet hat. Ich versuchte es, die allgemeinen, hierher ge- hörigen Begriffe und Erscheinungen zu sammeln und durch Beispiele und Illustrationen zu erläutern. — In den letzten Jahren liat eine starke Weiterentwicklung der Embryologie stattgefunden. Ganz neue Forschungsrichtungeu sind auf- gekeimt oder sind noch im Keimen begriffen. Diese Forschungsrichtungen, namentlich die experimentelle Richtung liabe ich in diesem Buche möglichst eingehend berücksichtigt. Denn wenn und wo in einem Wissenschaftszweig experimentell gearbeitet werden kann, sollte das immer gescliehen. Wie viel man sich von dieser Richtung in der Embryologie erwarten darf, lässt sich zur Zeit noch schwer sagen; dass sie schon Wichtiges zu Tage gefördert hat, ist sicher. Und gerade für die Erziehung zu wissenschaftlichen Arbeiten ist es bedeutungsvoll, so viel als möglich auf die richtige Anwendung der experimentellen Methode hinzuweisen. Genaues Beobachten und Experimentieren, das sind die Wege, die dem angehenden Forsclier anzuweisen sind. In einem Anliang habe ich einige Methoden des embryologischen Arbeitens — leichtere und schwierigere — zu- sammengestellt. Der Anfänger tliäte wohl daran, dio. ^" Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Kurzer Leitfaden der Refractions - und Accommodations -^Anomalien. Eine leicht fassliche Anleitung znr Brillenhestimmung. Für praktische Aerzte und Studirende bearbeitet von H. Schiess, Professor der Augenheilkunde an der Universität Basel. Preis cart. M. 2.50. „Der bekannte Baseler Ophthalmolog hat ein recht branchbares, einfach und fasslich ge- schriebenes Buch, das vollständig das leistet, was der Titel verspricht, geboten. Die vorzüglich ausgeführten Holzschnitte unterstützen wirksam das V'erständniss desTextes." „Äerztl. Rundschau." Die Bestimmung des Brechzustandes eines Auges durcli Scliattenprobe (Skiaskopie). Von Dr. A. Eug. Fick, Privatdozent für Augenheilkunde in Zürich. Gebunden. Preis M. 4. — . Das Buch giebt die Schattenprobe ohne mathematische Formeln mit Hülfe einiger anschaulichen Zeichnungen. Es ist ganz besonders den Militärärzten zu empfehlen, die beim Aushebnngsgeschäft die Refractionsbestimmungen aasführen müssen. Die Harnuntersuchungen und ihre diagnostisclie Verwertliimg. Von Dr. B. Schürmayer. Preis cart. M. 2. — . Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie. Dargestellt von Dr. L. Löwenfeld, Spezialarzt für Nervenkrankheiten in München. Preis: M. 12.65. Neubauer und Vogels Analyse des Harns. N*»nnte umgearbeitete und vermehrte Auflage von H. Huppert, ^^^ L. Thomas, Professor an der Universität zu Prag Professor an der Universität zu Freibnrg. Mit Tafeln und Holzschnitten. Preis: M. 15.20. Die nervösen Störungen sexuellen Ursprungs. Von Dr. L. Löwenfeld in München. M. 2 80. Schema der Wirkungsweise der Hirtinprvpn. Von Dr. J. Heiberg, weil. Trotessor an der Universität Cliristiauia. Zweite Auflage. M. 1.20. f r Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Lehrbuch Almung'sgymnastik Anleitung zur Behandlung Lungen-, Herz- und Unterleibsleiden. Mit 47 Abbildungen. Von Dr. med. Henry Hughes. Arzt in Bad Soden a. T. Preis M. 3.—. -Eine Reihe von guten Abbildungen ist in den Text eingefügt. Das Büchlein ver- dient eine gute Empfehliiug und wird sich auch in Laienkreisen Eingang verschafleu. Cen'rniblaU für i.',...w^?- U. ..-,,■. „ . . . Jedenfalls ist die Anregung, die Verfasser durch sein Buch gegeben, durch- aus zeitgemäss und es wäre zu wünschen, dass das Gute der Atemgymnastik sorgsam festgestellt und dann Gemeingut aller Aerzte wurde. Schmidt' s JahrbUchrr f. d. rjesammU Medizin. „ Verfasser hat die Atmungs- gymnastik in ein System gebracht, dessen Grundzüge er in vorliegender Schrift zur Darstellung bringt Verfasser gibt übrigens nicht nur die Indikationeu, sondern auch die Kontraindikationen dieser Therapie an. Um über ihren Wert ein Urteil zu haben, sind die mit ihr gemachten Erfahrungen noch zu gering; es ist uns nicht bekannt, ob über mit ihr erzielte Heilerfolge irgendwo eine ausführliche Statistik vorhanden ist. Vielleicht wird 'iurch die vorliegende Dar- stellung der eine oder andere der Kollegen veranla>st, eingehende Versuche in seiner Privatpraxis anzustellen ; erleichtert hat das der Herr ^'erfasser in ausgiebigster Weise, indem er nicht nur fast alle Uebungen der Atmungsgymnastik dureh Holzschnitte er- läutert, sondern auch am Schlüsse der Schrift eine Anzahl von Uecepffnrmen nebst In- dikation zusammengestellt hat. welche, nach Art der gewöhnlichen Kecepte abgefasst, Kombinationen der im tlieoretischeu Teil enthaltenen Einzeiübungen sind." Aligemetne med. Centraluitung. ^^ ■~ '^" Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Soeben erschien: Grundriss der pathologischen Anatomie. Von Dr. Hans Schmaus, erster Assistent am pathol. Institut und Privatdozeiu an der Universität München. Zweite vermehrte Auflage. Mit 205 Holzschnitten. — Preis M. 12.— . Von den Urtheilen der Presse über die erste Auflage seien u. a. nachfolgende wiedergegeben : . . . . Schmaus hat sich der dankenswerthen Aufgabe unterzogen, einen „Grundriss der pathologischen Anatomie" zu verfassen und man muss anerkennen, dass ihm die Lösung dieser Aufgabe auch in trefflicher Weise gelungen ist. In kurzer und gedrängter Form entwickelt der Verf. die Lehren der pathologischen Anatomie, ohne deshalb in eine oberflächliche Dar- stellungsweise zu verfallen. .... Der Grundriss ist dazu bestimmt, dem Studirenden es zu ermöglichen, das Wichtigere von dem, was er in den Vorlesungen gehört und gesehen hat, sich jederzeit ins Gedächtniss zurückrufen und in übersichtlicher Form rekapituliren zu können. Diese Aufgabe erfüllt der Grundriss um so mehr, als derselbe sich nicht allein durch präcise Darstellung, sondern auch durch grosse Uebersichtlichkeit in der Anordnung des Stoffes auszeichnet , welche durch Marginalien und Anwendung ver- schiedenen Druckes noch besonders erhöht wird. Älihich. med. Wochenschrift. .... Das Buch soll die !Mitte einhalten zwischen den grösseren Lehr- büchern der pathologischen Anatomie und den kleinen Abrissen. Es ist in erster Linie für den Anfänger bestimmt und soll ihm in compendiöser Form neben einer Uebersicht über Inhalt und Zusammenhang des Gesammtgebietes auch die Möglichkeit bieten, sich die wichtigsten Detailkenntnisse anzueignen. .... Alles in Allem ist daher nicht zu bezweifeln, dass das Buch in den Kreisen, für die es bestimmt ist, viele Anhänger gewinnen wird. Deutsche med. Wochenschrift. .... Der Inhalt zeigt in der That bei aller Kürze und doch angenehmen Darstellung eine ausreichende Vollständigkeit Die zahlreichen Illustra- tionen sind meist nach Originalzeichnungen sauber und schön wieder- gegeben und werden dem Anfänger das Verständniss ausserordentlich erleichtern. Das Werk kann also dem jungen Mediziner in jeder Beziehung auf's An- gelegentlichste empfohlen werden. Es ist ein sehr glücklicher Mittelweg von dem Verf. geliefert worden zwischen den umfangreichen Lehr- büchern und den meist nichts weiter als Definitionen enthaltenden Compendien. Berliner klin. Wochenschrift. .^ u. 7^ Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. GrundrisS der Au,2:enheilkunde. unter besonderer Berücksichtigung der tJediirluisse der btudireudeii uud praktischen Aerzte. Von l>r. Max Knies. Professor a, d. Universität Freiburg. Dritte Auflage. M Die Bcziehuni^^en des Sehor£jans und .seiner Hrkrank- un2:en ZU den übrigen Krankheiten des Korpers und seiner Frei bürg. Ori^^ane Von Dr. Max Knies, Professor an der üniversil&t M. 9.—. Die Methoden der praktischen Hy.yiene. von Dr. k. b. Leh- mann, Frolessor am Uygieu. Institut der Universität WQrzburg. M 10.—. Taschenbuch der Medizinisch -Kh'nischen Diagnostik. Von Dr. Otto Seifert, l'rivaiduzcnt in NVürüburg uud Dr. Friedr. Müller, Professor in Marburg. A c \\ te Auöage. In englischem Einband. M. 3. 20. Rezepttaschenbuch für Kinderkrankheiten, von Dr. otto Seifert, Privatdozent in Wiirzburg. Zweite unveränderte Auflage. M. 2.80. Lehrbuch der physiologischen Chemie. Von o. Hammarsten, Prof. der med. u. phys. Chemie a. d. Universität Upsala. M. ^.i'.n. Lehrbuch der inneren Medizin für studirende und Aerzte. Vuu Dr. R. Fleischer, Professor au der Universität Erlangen. Bd. I M. 5.40. Bd. II. 1. Hälfte M. 5.60. Die Methoden der Bakterien-Forschung. Handbuch der gesamniteu Metiiodeu der Mikrobiologie. Von Professor Dr. Ferd. Hueppe in Prag. Fünfte Auflage. Mit 26 Abbild, und 2 Tafeln. M. 10.65, geb. M. 12.—. Lehrbuch der Augenheilkunde, von Professor Dr. j. Michei »n VVürzburg. Zweite umgearbeitete Auflage. M. 20. — , geb. M. 21.60. Die Unterleibsbrüche. Vorlesungen aber deren Weseu undBe b a n d 1 u n g. Von Dr. E. Graset, Prof. a. d. Universität Erlangen. M. 6.40 Kurzer Leitfaden der Refraction-^- u. .Accommodations- Anomanen. Eine leicht fassliche Anleitung zur Briilenbestimmung. Be- arbeitet von H. Schiess, Professor der Augenheilkunde an der Universität Basel. M. 2.50. Die Harnuntersuchungen und ihre diagnostische Verwerth- ung. \on Dr. B, Schürniayer. -+ 4- '^" Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Grundriss der chirurgisch -topo2:raph. Anatomie. Mit Eiuscbluss der Unter suchungeu am Lebeuden. Von Dr. O. Hilde- brand, Privat- Dozent der Chirurgie au der Universität Göttingen. Mit einem Vorwort von Dr, Franz König, ord. Professor der Cliiriugie, Geh. Med.-Kath, Direktor der Chirurg. Klinik in Göttingen. Mit 92 theilweise farbigen Abbildungen. M. 7. — , geb. M. 8. — . Klinischer Leitfaden der Augenheilkunde. vonOr. jui. Michei, 0. ö. Prof. der Augenheiikuude an der Universität Wiirzburg. geb. M. 6. — . Grundriss der pathologischen Anatomie, von Dr. Hans Schmaus, I- Assistant am pathologischen Institut u. Privatdozent an der Universität München. Mit 191 Abbildungen im Text. M. 12. — . Abriss der pathologischen Anatomie, vou Dr. g. Fütterer, vorm. I. Assisteut am patbolog.-auatom. Institut der Universität Würzburg, z. Z. Professor der patholog. Anatomie und Medicin in Chicago. Zweite Auflage. M. 4.6Ü. Schema der Wirkungsweise der Hirnnerven. VonOr. j.Hei- berg, weil. Professor an der Universität Christiania. Zweite Auflage. M. 1.20. Die officinellen Pflanzen und Pflanzenpräparate, von Dr. Hugo Schulz, 0. 0. Professor au der Universität Greifswald. Mit 94 Illu- strationen. M. 4.60. Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns. Von Dr. C. Neubauer und Dr. Jul. Vogel. Neunte um- gearbeitete und vermehrte Auflage von Professor Dr. H. Huppert und Professor Dr. L. Thomas. M. 15.20, geb. M. 16.60. Anleitung zur Darstellung physiologisch- chemischer Präparate. Von Professor Dr. Drechsel in Bern. geb. M. 1.60. Vorlesungen über Pathologie und Therapie der vene- rischen Krankheiten. Von Prof. Dr. Eduard Lang in Wien. 1. Theil : Pathologie und Therapie der Syphilis. M. 16. — . II. Theil I. Hälfte: Das venerische Geschwür. M. 1.60, II. Theil 11. Hälfte: Der venerische Katarrh. M. 4.80. Complet in einen Band geheftet 'M. 22.40. Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie. Dargestellt Von Dr. L. Löwenfeld, Spccialarzt für Nervenkrankheiten in München. M. 12.65. .k„ > f Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Soeben erschien: Lehrbuch der Histologie des Menschen einschliesHiich der mikroskopischen Technik A. A. Böhm M. von DavidoflF Prosektor vormals Assistent am Anatomischen Institut zu M ii n c li e n . 3Iit 246 Abbildungen Preis 31. 7.—, geb. M. S.—. Blutirefiisse a h ^^^•'^" ;^^^^^^'l-- <._->--;■' Ik-^^-^^^ ■ ,->^v-- Trabekel Schnitt durch eine mesenteriale Lymphdrüse einer Katze mit injicirten Blutgelässen. oO mal vergr. a Marksuljstanz; l> Eiiidensubstanz mit Bmdonknoton. Die Autoren waren bestrebt in diesem Lehrbuche das umfang- reiche Material auf Grund eigener Erfahrungen zu sichten und dasselbe in möglichst knapper Form dem Studirondeu vor- zuführen. Die Abbildungen sind grösstentheils Originale und sind Präparaten entnommen, welche die reichhaltige histologische Sammlung zu München zu diesem Zwecke den Verfassern zur Verfügung stellte. Trotz der Kürze des Ganzen ist dem Studirenden die Möglich- keit gegeben, sich in das Studium der Histologie noch weiter zu ver- tiefen, da jedes Kapitel Verweise auf ein sorgfältig ausgeführtes Litteraturverzeichniss hat. Dem ganzen Unternehmen hat Herr Professor Dr. von Kupffer hilfreiche Hand geboten. ^ '^- Verlag von J. F. Bergmanu iu Wiesbaden. Illustrationsproben aus: Böhm - v. Davidoff, Lehrbuch der Histologie. ^: SJ nk M ' ('i^j f V - — Riesenzello .--' Markzelle kernhaltige rothe Blut- zelle Mitose ~'^~ Markzelle t-W.r"-. Eine Lücke, in der Fett- gewebe vor- handen war. .(^ f Au.s einem Schnitt durch das rothe Knochenmark des Älenschen. CSOmal ai0- \n ' ' • : •VT'; \\VHUMttTTrrTi 2 >K- Nerv 7 Sohlen- platte ■ Hirsch- geweih Mu'kel- faser A Pigmentzelle aus der Kopfhaut des Hechtes. GöOma, vorgr. ^Sf mSÄ« von. M^S^^S^! ^. Soeben erschien: Die Therapeutischen Leistuno-en (los Jahres 1893. Ein Jahrbuch für praktische Aerzte bt-iirbeitet und Iieraiisgegeben von Dr. Arnold Pollatschek, Brunnen- and prakt. Arzt iq Karlsbad. V. Jahrgang. — Preis: Mark 7. — . Ueber die früher erschieneneu Bünde liegen u. A. folgende Aeusserungen der Fachpresse vor : Wir halten Gelegenheit, bei der Besprechung des I. Bandes darauf hinzu- weisen, dass der Verf. es sich zur Aufgabe gestellt hat, der Therapie, dem wechscl- vollsten und unbestäudigsten unter den medicinischen Gebieten, ein nie veraltendes, weil sich alljährlich stets auf's Neue verjüngendes Werk zu widmen, in welchem einmal das Brauchbare aus den vorangegangenen Jahren auf Grund erneuter Em- pfehlung wieder aufgeuommen, und dann das Neue, falls es nur wissenschaftlieh einigermassen gesichert und gestützt ist, mit eiuer auch in die entlegensten Winkel der Litteratur dringenden Spürkraft zusammengetragen und in systematischer, über- sichtlicher und fasslicher Form aufgeführt wird. Das Buch, welches von grossem Fleisse nicht minder wie von kritischem Blicke und von Zuverlässigkeit allerorten Zeuguiss ablegt, hat sich bereits einen ausgedehnten Freundeskreis errungen. Der Praktiker kann sich mitLeiciitigkeit jederzeit über alle neueren therapeutischen Fragen eingehend orientireu und auch das Wie und Warum einer jeden neu angeführten Medikation daraus ersehen. Aber auch der Theoretiker, der bereits einen festen therapeutischen Standpunkt sich gesichert hat, wird es werthvoll und interessant finden, einen Ueberblick und ein ansciiauliches Bild des jeweiligen Standpunktes der Tiierapie zu erhalten. So zweifeln wir nicht, dass auch der neue, stattliche und dabei sehr preiswürdige Band sich neue Freunde zu den alten gewinnen wird. Ccntralbtatl /. klinixehe Mcdiein. Pol lat schek's Jahrbuch hat bereits das Bürgerrecht auf dem Schreibtische des praktischen Arztes errungen. Es ist das Ver- dienst des Hera usgebers, dass er mit Vorsicht nur das in der Praxis Brauchbare sammelte, minder wichtige oder un verlässl iche Daten in sei n Nachsch lagebuch niclit aufnahm. Seine Referate sind kurr und klar gehalten, nur wenige sind länger ausgefallen, dies sind aber solche, welche den praktischen Arzt besonders interessiren. So werden z. B. die Antipyrese, Darnikrankheiten, Dipiitlierie, Gallenleiden, Geburtshülfliches, Herzkrankheiten, Nierenkrankheiten, Syphilis, therapeutische Methoden und Tuberculose eingehend besprochen. Therapeut. MonaUhrJte. Vorliegendes Buch, das jetzt zum dritten Male ersclieint, reprä&entirt sich immer mehr als ein Sammelwerk ersten Charakters und dürfte als solches jedem viel- beschäftigten Praktiker, dessen Zeit es n icht gestattet , die ver- schiedeneu Zeitschriften nach dem Wissen s wert hen zu durch- forschen, unentbehrlich werden. Dass jidera .Vrtikel die Litteratur beiire- fügt ist, giebt dem Werke einen erhöhten Wert!». Wenn der Vcrfii^cr die neuesten und alierncuestcn Heilmittel, die sicii in der Praxis nocl) nicht bewährt und viel- leicht nur dem Entdecker gute Itesultate geliefert haben, bei Seite lü»t, »o werden wir siciierlich darin keinen Fehler des sonst so reichhaltigen Buches erblicken können. Reichs- Medieinal-Anteiger. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Pathologie und Therapie der Neurasthenie und Hysterie. Dargestellt von Dr. L. Löwenfeld, Spezialarzt für Nervenkrankheiten in München. 744 Seilen. — M. 12.65. Aus dem Inhaltsverzeiclmiss: Aetiologie, — Symptomatologie der Neurasthenie. — Störungen der psychischen Sphäre. — Schwindel und Betäubungszustände. — Schlafstörungen. — Störungen im Be- reiche des Gefühlssinnes. — Störungen im Bereiche der höheren Sinne. — Störungen auf motorischem Gebiete. — Mechanische und elektrische Erregbarkeit der Nerven. — Reflexe. — Störungen der Sprache und Schrift. — Nervöse Herzschwäche. — Störungen im Bereiche des Respirationsapparates. — Störungen im Bereiche des Verdauungsapparates. — Störungen der Sexualsphäre. — Anomalien der SchAveiss-, Speichel- und Thränensekr etion. — Harnveränderungen. — Idiosynkrasien. — Witterungsempfind- lichkeit. — Klinische Einzelformen der Neurasthenie. — Verlauf und Prognose der Neurasthenie. — Theorie der Erkrankung. — Diagnose der Neurasthenie. — Symptomatologie der Hysterie. — Störungen der Empfindung. — M otalitätss törungen. — Stö- rungen des Sehapparates. — Störungen im Bereiche des Res- pirationsapparates, — des Cirkulationsapparates, — des Verdau- ungsapparates, — des Harnapparates, — der Sexualorgane. — Sekretionsstörungen. — Hysterisches Fieber. — Hysterische Sprachstörungen, — die hysterischen Anfälle. — Hypnose und Hysterie. — Hysterische Imitationen. — Verlauf und Pro- gnose der Hysterie. — Diagnose der Hysterie. — Hystero- neurasthenie. — Prophylaxe der Neurasthenie und Hysterie. — Therapie. fl . . . . Alles in allem geht unser ürtheil dahin, dass das Buch in hohem Maasse geeignet ist, ein tieferes Ver- ständniss für die Zustände, die es abhandelt, in weitere Kreise zu tragen, und dass es insbesondere auch im Punkte der Therapie ein vortrefflicher Rat h gebe r genannt werden darf. ...'' Frof. Vierordt in den Fortschritten der Medizin. .)^ Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaflen. Taschenbuch Medicinisch-Klinischen Diacrnostik Dr. Otto Seifert, Pnvatdocent in Würzburij, Von ond Dr. Friedr. Müller, h'rofessor in Mariiorr. Achte verbesserte und vermehrte Auflage. Afii Abbildungen. In englischem Einband. Preis: M. 3.G0. G«k4rntfT CyllnJ» Hyaliner C;lta-hrteii Lelirei nn'l Chef, G^-biimraUi Profe^üor Gerhardt, veiaiihiKSt worden. — L>assilb ■ soll dc-ni Bi-rttirfni-is ent>pieclifn, rine k urzge d i ft n gir l>«r- stelluiiK der ünterNUCliun>;sni>-thod>?ii >owit «-ine Sanimlun'.; derj.-nig n Patt-n und Zahlen zur Hai.d zu haben, deren Ken ntni-.s dem l'nter8ucbendcnaD.Kianken- b'ite stets t;i:t;e II wärt ig sein soll. — Diese L)Hteii köiin--n eiuer8«>i s wt^neii IlTer M'ii;;e und Ve 8chi>-d-n:irti!:kfit nur schwer mit der nütl'ig> n < >inatiii:keit im Gi-dachtijst b*hit.-n lassen, die wir bei drr Abl»l >iog TOD Kursen zu .->aiiimeln Gei< genlieit lia'len, uml haben uns bi Diüiil, d«-m praktiachvn Be- dürfnis > d'-r Klinikbesuclier uod Aerzte Rechnnn'.: zu tragen, nur sarerlAsaige Air- Kabe.i zu brii gen, Neben^achliclius und äelii8trerscandliciit.8 we^za lassen.'* Rezept-Taschenbuch für Kinderkrankheiten. Vnn Dr. O. Seifert, Privatdozent an dor UniversitUt Würiburg:. Zweite Auflage. Gebunden. Preü: ML: 2.80. „Das vorlieg.-ndo Werk ist nicht ein einficho-^ Koi p n ' '"' *•''■ A-^rrlrnfttpftrli-«. rir das Kindesalter, vi Im. hr liegt der Wertli d.s Buche» legten AuKobuii beruhen auf ileu Erfahrungen, di. 8 c h a f 1 1 i c h b e w ä h r t e II B e o b .1 c h t e r u n e i u e 111 g r Der anhebende Praktiker wird iu diesem Werke ein«- Kicbl-c uur «uJ e.i»»i* Anlialt ftir seine t he rapeu t i s c hu >i Kingrltfe finden, abei au- h dem ErfahrmeB wird es b i der Berucksichti-uiig, weir' >> '' • •< ■ »l«« Ar«u«i- Stoffe gefunden haben, ein worthvollei. " -4 4 Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Die Beziehungen des Sehorgans und seiner Erkrankungen zu den ül)rigeii Krankheiten des Körpers und seiner Organe. Von Dr. Max Knies, Professor an der Universität Freiburg' i. B. Zugleich Ergänzungsband für jedes Hand- und Lehrbuch der inneren Medizin und der Augenheilkunde. Preis: M. 9.—. „Es ist ein unbestreitbares Verdienst des Verfassers, dem Bedürfiiiss nach einer neuen, die wichtigen Fortscliritte der letzten Decennien berücksichtigen- den Bearbeitung des Themas Rechnung getragen zu haben Der reiche Stoff ist sehr übersichtlich angeordnet, die Daistelluiig ist klar und leiclit verständ- lich, so dass keine specialistischen Kenntnisse dazu gehören, um dem Verfasser jederzeit zu folgen. Ivein Zweifel, dass dieses schöoe Werk zur Förderung der Einheitsbestrebungen in der medicinischen W'isseuschaft wesentlich beitragen wird. Es ist für jeden Arzt, ob Specialist oder nicht, ein unent- behrliches Handbuch." Berliner klin. Wochenschrift. „Fassen wir kurz zusammen: Der Stil des Ganzen ist kurz und prägnant, die Kritik scharf und sachlich, der Inhalt reich und erschöpfend, die Darstel- lung interessant und zum Studium anregend, so dass demnach das Werk auf das beste Nichtspecialisten und Specialisten empfohlen werden kann." Deutsche Medicinal- Zeitung. Die Methoden der praktischen Hygiene. Anleitung zur Untersuchung und Beurtheilung von Aufgaben des täglichen Lebens. Von Dr. K. B. Lehmann, Professor der Hygiene und Vorstand des Hygienischen Instituts der Universität Würzburg. Preis M. 16.—, geb. M. 17.60. „Wenn jemals ein Buch einem dringenden Bedürfnisse abgeholfen und alles geleistet hat, was es verspricht, so ist es dieses. Dass der Verfasser zu seinem Werke wirklich berufen ist, wissen wir aus vielen seiner Spezialarbeiten; was aber diesem Buche einen ganz besonderen Werth verleiht, ist die wissenschaft- liche Genauigkeit und zugleich die praktische Brauchbarkeit . . ." Correspondenz- Blatt f. Schweizer Aerzte. „Man wird in Büchern ähnlicher Art so offene und bestimmte Aufklärung selten finden und ganz besonders aus diesem Grunde kann das Buch dem Fach- genossen, welcher nicht regelmässig und häufig Untersuchungen ausführt, em- pfohlen werden." Pharmaceiit. Centr'alhalle. -^ ^. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Die Unterleibsbrüche. (Anatomie, Pathologie und Therapie.) Nach \'ürlesungen bearbeitet ^- Dr. Ernst Graser, Professor an der Universitilt Erlangen. Mit 62 Abbildungen. — Preis: M. 6.40. „ . . . . Das Kapitel der Heruien ist eines der wichtigsten der Chirurgie und gleichzeitig eines der schwersten, da sein Verstllndniss eine gute anatomisclie und pathologiscli -anatomische Vorbildung des Arztis voraussetzt, üiu gntes liuch, das dem Studierenden die bezüyliciien V'erliiiltnisse anschaulich darstellt, wird daher von den letzteren gewiss sehr willkommen getieisseu werden. Ein solches VC rtret f 1 i ch es Buch ist aber das vorliegende Graser's, das seinen Zweck, die Anatomie, Pathologie und Therapie der Heruien dem heutigen Stand der Wissen- schaft entsprechend klar darzulegen, in jeder Ilinsiclit ej füllt. Die einzelnen Theile des Buches sind so geschrieben, da^s sie den Studierenden sehr gut in den Gegenstand einführen, dem Arzte aber in seiner Pra.xis den erwünschten Kath in zweckmässiger Weise geben. Wir können also das Buch bestens emplehlen. Alles in allem verdient das Grase r'sclie Buch die weitr. Hoffa i. d. Deutsehen Lilleralurzeüung. Abriss der pathologischen Anatomie. Nach Ferienkursen bearbeitet von Dr. Gustav Fütterer, vormalipem I. Assistenten am patholog.-anatomifchon Institut der Univer=itUt AVürzbnrg, z. Zt. Professor der patliolog. Anatomie und Modizin der ChicaL'O- Polikhnik, Arzt am Üontschon Hospital und Couniy- Hospital in Chicago. Mit 52 Abbildungen. Zweite Auflage. Preis: geb. M. 4.60. Muskolnfa?er _ t> i. w »-* Das Bach bietet Interstitielles jem Stadirenden ° einen Ueberblick über das Gebiet ' \ der speziellen pathologischen ' Anatomie, welcher ihn zum Studium der grösseren Lehrbücher besser befähigt und ihn spater in den Stand sPtzt, das auf der UnivorsitAt Er- lernte ohno grosso Mühe in sein Gedflcht- niss zurückzurufen. Zur Vorbrrtituni Jür da3 Staat'-Ezamtn hat das Buch *ich als auasrrordentlii-h jtraktitch und trerlfi- Psoudohypenrophia musculorum lipomatosa. ,.oli irteitten. iy Nephritis parenchy- niatusa. (TrOboSchwollunR der Epi- thclien eines cowaodencn Hamkanllcbon.) 4 *^' Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Klinischer Leitfaden der Äugenlieilkunde Dr. Julius Michel, o. ö. Professor der AugenheiLkunde an der Universität "Würzburg. Gebunden M. 6. — . A well-printed, very handy, small octavo volume of 310 pages, with a good iudex. TLis little book is well arranged, remarkably eomplete, presenting the wliole ränge cif ophthalmology in the most cumprehensive mauner, especially tbe connoctiou of oplitbalmic with general diseases. There are no figures in this otherwise very recümineudable compeiid. Archives of Ophthalmology vol. XXIII, 2^r. 112. Es giebt grosse, mittlere, kleine und kleinste Lehrbücher. Die ersten sind zu kostbar und zu urnfaugreich für den Studirenden, sowie für den praktischen Arzt, die letzten sind uu brauchbar für jeden Zweck, ausser dein Einpauken, die zweiten und dritten liefern für die Älehrzahl der angehendtn Aerzte den Quell der Belehrung. Michel's Lelirbiich j^ebört zu den besten und neuesten. Centralblatt für praktische Augenheilkunde. Der bekannte Würzburger Professor der Augenheilkunde, dessen im gleichen Verlage er.>ichieneues Lehrbuch mit Recht eine.-? der verbreitetsten geworden ist, hat im vorliegenden, sehr gut ausgestatteten Buche für .Studirende und Aerzte einen orieutireuden Leitfaden gegeben, welcher an der Hand der bereits ge- sehenen Einzelfälle eine Gesainmtübersicht über die Augenheilkunde erniöglicht und, was als ganz besonderer Vorzug hervorgehoben zu werden verdient, überall auf die Beziehungen zwischen allgemeiner Medizin und Augen- heilkunde Bezug nimmt. Das Werkeben verdient die beste Em- pfeiiluug. Aerztliche Pamdschau, IV. Jahrgang, Nr. 15. Dieses Compendium will nicht Lehrbuch der Augenheilkunde sein, und Michel, von dem wir ja ein grösseres ausgezeichnetes Lehrbuch besitzen, über- giebt diesen Leitfaden den Studirenden zur Wiederholung des in der Klinik Gelernten und dem Arzte, damit er darin rasch das Neueste finden könne. Der ausgesprochene Zweck ist in dem vorliegenden Compendium er- reicht, das bei möglichster Kürze doch alles Nöthige in klarster Kürze enthält. Druck und Ausstattung ist sehr gut. Schmidt' s medizin. Jahrbücher. Der „Klinische Leitfaden der Augenheilkunde" von J. Michel hat den Zweck, eine wissenschaftliche geordnete Darstellung des Gesammtgebietes der Augenheilkunde den Studirenden in möglichst gedrängter Form zu bieten. Mit seiner Hülfe und Führung soll der Studirende das, was er in der Klinik und in den praktischen Kursen an einer Reibe von Einzelfällen beobachtet und ge- lernt hat, zu einer Gesammtüber sieht über die ganze Ophthalmologie und zugleich sich der vielfachen Beziehungen zur allgemeinen Medizin bewusst werden. Dem praktischen Arzte soll die Möglichkeit geboten werden, an der Hand der früher erworbenen Kenntnisse sich rasch über den jetzigen Stand der Augenheilkunde zu unterrichten. Diesen Anforderungen genügt das V\erk. das in gedrängter Form kein wichtigeres Kapitel der Atigenbeilkuude vernachlässigt, in vollem Masse. Deutsche medizin. Wochenschrift. u. o-«*^ 0 '/ I COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES This book is due on the date indicated below, or at the expiration of a definite period after the date of borrowing, as provided by the Ubrary rules or by special arrangement with the Librarian in Charge. DATE BORROWED DATE DUE DATE BORROWED DATE DUE C28(842)MSO QP514 H182 1895 Hajnmarsten Lehrbuch der physiologischen chemie