m .'•:,(; ; 1 1 ' 1 MARINE BIOLOGIGAL LABORATORY. l^gg Received /TIq^ , fTr^ff T' Accession No. oLff'^T Given by •Vy». '^Vw^y Place, (^(x>«aXmJC / n^ ^ . /% /ff( LEHRBUCH DER PRAKTISCHEN VERGLEICHENDEN ANATOMIE. ERSTER BAND. ^m^- fr> im. LEHRBUCH DER PRAKTISCHEN VERGLEICHENDEN ANATOMIE VON CARL VOGT UND EMIL YUNG, Diioctor Assistent des Laboratoriums für vergleichcudo Anatomie uud Jlikroskopie der Universität Genf. ^-< £3 r^- ä y; ü CJ Ol rjl 0) ^ ä 'Ji 4) -t-i •.o ■xi ^ w >— i O -fj 22 fAj ^ 2 g 'S bJ) s ^ o 3 -ö o f* OJ ^ c QJ ^ . S bC o» ^ > s TS O J5 ja t: M w .;= bc § ^ = 0) C ^i 3 § 0) bD bß tf. 5 TT- :p bj) > OJ OJ ^ bc .-*; r^ C: QJ •— r' -^ o; ^ P G d T3 *^ OJ •5 2 13 B 3j Cß bß 3 ■ o OJ r- &H OJ (11 '^ ,0 o -ö (D ;-j r' '^ -i^ ;_, o OJ s Ei «il _- ' o CS Ü cT 0) 's o) >^ OJ a) 0 0;=: G ^ OJ >— 1 . :0 N a- i, i-1 OJ o\j- gonalen Zellen zusammengesetzt. Ihr Inhalt ist körnig. Sie be- ^) Es ist noch nicht entschieden, ob diese Schichten den drei embryonalen Blät- tern des Embryo entsprechen. 102 Zoophyten, sitzen einen Nucleus (Fig. 33 und 34) und einen Nucleolus; der Nu- cleus färbt sich rascher als das Protoplasma. Das Vorhandensein einer Scheidewand ist nicht augenscheinlich ; das Protoplasma der Zelle scheint einfach in der äusseren Schicht verdickt zu sein. Die Zellen berühren sich nicht unmittelbar. Mau bemerkt zwischen den Zellen Streifen, die ungefärbt bleiben (/, Fig. 34). Dieses Epithelium, das sich immer nur auf einer einzigen Schicht verbreitet, kann bei einzelnen Individuen mit der Pincette hinweggenommen werden; natürlich ist es sehr dünn. Man macht es sichtbarer, indem man die Spongien mit einer Fig. 33. l^s%^w: Fig. 33. Mesodermpartie von Leucandra aspera , in welcher man Granulationen *•, Sternzellen mit Vakuolen cv und spindelförmige Zellen sieht; ec Epithelzelleii des Ectoderms. (Nach Vosmaer.) Fig. 34. Von Leucandra aspera. e n al.geplattete Endodermzellen ; t helle Räume, welche die Zellen trennen; sp Kalknadeln des Mesoderm. (Nach Vosmaer.) ein- bis zweiprocentigen Lösung von salpetersaurem Silberoxyd impräg- nirt und dann der Sonne aussetzt. Es setzt sich gegen die Wände der Canäle im Mesoderm hin fort, doch mit Ausnahme der Wimper- kammern, von denen wir später sprechen werden, und es umhüllt, we- nigstens theilweise, die grossen Nadeln des Mesoderms (Fig. 35> Die Zellen der Gastralschicht sind zumeist ein wenig kleiner als die der Dermalschicht. (V o s m a e r). Schwämme. 103 Das viel dickere Mesoderm besteht aus einer Masse, die weich und krystallhell ist und in der sich Nuclei , Körnchen , sternförmige Zellenbläschen ohne Membran (cv, Fig. .33), sowie eine beträchtliche Anzahl verschieden geformter Kalknädelchen vorfinden. Das Studium dieser Masse ist erschwert durch die Anhäufung dieser verschiedenen Elemente und durch die zuweilen in bedeutender Menge vorhandenen Wimperkammern, die zu dem Canalsystem gehören, welches das Meso- derm durchzieht. Wir können diese Masse als das Resultat einer Verschmelzung membranloser Zellen betrachten, die sich in Folge ein- facher gegenseitiger Annäherung verschmolzen haben und deren Nuclei uud Absouderungsproducte man noch bemerkt. Haeckel nennt die Masse das Syncytium i). Kölliker sieht darin die erste Anlage des Bindegewebes. Fig. 35. ^sp Fio;. 36. Fiff. 37. ^euir-^.^r Fig. 35. Ltucandra uspera. Fragment einer grossen Kalknadel sp, an der man die sie belsleidenden Epithelialzellen c sieht. (Nach Vosmaer.) Fig. 36. Lcncundra asperu. Samenzelle im Mesoderm. (Nach Vosmaer.) Fig. 37. Idtm. Amoeboide Zellen im Jlesoderm, die Eier werden. (Nach Vosmaer.) Ferner findet man im Mesoderm Samenzellen vor (Fig. 36), in denen sich Zoospermen entwickeln, und Zellen mit Amoeboidbewegung, die später zu Eiern werden (Fig. 37). ■•) Nach Haeckel ist das Sijnajüum die Gesammtmasse , welche aus der Vei'- schmelzung der Geiselzellen des Ectoderms der bewimperten Larve hervorgeht ; es begreift die Sarcodine , eine glashelle, contractile Substanz ohne Structur, die dem Protoplasma der verschmolzenen Zellen entspricht , die überbleibenden Kerne der Zellen und die Scheide der Kalknadeln, die aus der Verdickung der Grundsubstanz um die Nadeln hervorgeht. Abgesehen von dem Umstände, dass Haeckel die bei- den ursprünglichen Schichten des Embryo mit einander verwechselte , besteht also sein Syncytium aus dem Ectoderm und Mesoderm zusammengenommen. 104 Zoophyten. Äi Was das im Mesoderm eingeschlosseue Kalkskelet betrifft, welches den festen und charakteristischen Theil der Spongie bildet, so finden wir dasselbe aus vier Arten von Elementen zusammeng'esetzt : a. Stacheln oder Nadeln mit drei Strahlen (& vmd c, Fig. 38), deren Aeste sich im Allgemeinen unter ungleichen Winkeln schneiden und welche ■^. oo in ihrer Länge variiren; die Ver- Fig. 38. . °. ' zweigungen sind entweder gerade oder krumm und am Ende meist zugespitzt. Wenn wir ein Stück einer Spongie von einer Stelle nehmen, wo ihre Wände dünn sind, und daraus ein Präparat mit Canadabalsam herstellen, werden wir sehen, dass die Stacheln mehr oder weniger regelmässig ver- theilt und ihre Aeste fast immer parallel sind. h. Nädelchen mit vier Strahlen (d, Fig. 38), mit dünneren und längeren Verästelungen als bei den vorigen, deren vierter oder Api- calstrahl kürzer ist und gewöhn- lich ziemlich rechtwinklig auf den drei anderen steht. Diese Spicula sind besonders zahlreich in der Nähe der Gasti'alwand. c. Grosse Nadeln (a, Fig. 38), die fast überall im Parenchym des Körpers verbreitet sind \ind der gi'ossen Axe des letzteren parallel laufen. Sie durchdringen die Dermalschicht und überragen dieselbe an einigen Punkten um die Hälfte ihrer Länge. Sie sind leicht gekrümmt, ähnlich einer Mondsichel. d. Endlich um das Osculum (Pcristom) herum lange, sehr feine, seidenartige Nädelchen, die paral- lel neben einander gestellt sind und eine Länge von 4 bis 5 mm erreichen. (Diese Nädelchen fehlen bei einigen Individuen, deren Osculum nackt ist.) Die Spicula sind mit einer structurloseu Hülle umgeben, die aus der Verdickung des Protoplasma herrührt und nach der Eutkalkung Leucandra asperu. Verscliieden geformte Kalknadeln des Skelets. a Grosse Kalk- nadel, welche aus der Körperwand hervor- steht ; h, c dreistrahlige Nadeln ; d Vierstrah- ler; e häutige Scheide der Nadel, wie mau sie nach der Entkalkung sieht; /Durch- schnitt einer grossen Kalknadcl , um die concentrischen Lagen zu zeigen, (e und f nach V 0 s m a e r.) Schwämme. 105 sichtbar bleibt (e, Fig. 38). Sie bestehen aus unregelmässigen conceu- trischen Schichten, wie man sich durch Querschnitte überzeugen kann (/, Fig. 38). Das Studium des Skelets wird durch die Behandlung der Spongie in einer Lösung von Aetzkali oder Javel'schem Wasser erleichtert, da dieselbe die organischen Stoffe vollständig zerstört, aber die minera- lischen Substanzen nicht angreift ^). Wir haben bereits erwähnt, dass die Wände der Spongie von einem ziemlich complicirten Canalsystem durchzogen sind. Das Studium derselben ist sehr wichtig, da die Eintheilung der Kalkspongien in Familien auf seiner Anordnung beruht. Wir können es nur dann untersuchen , wenn wir eine genügende Anzahl von Quer - und Längsschnitten combiuiren. Das Resultat ist kurz folgendes: Die Poren der Dennalscbiclit führen in verhältnissmässig breite Canäle (cc, Fig. 32), die in das Mesoderm eingegraben und mit abgeplatteten Zellen bedeckt sind , wie wir schon angegeben haben. Diese Canäle stehen durch kleine Oeffnungen oder engere Canälchen mit runden oder ovalen Höhlungen in Verbindung, die mit Geiselzellen ausgekleidet S. 39. ff Tis. 40. fig. 39. Frische Geiselzelleii von Leucyssa mcnistans (Nach Haeckel). ii Kern; n' Nucleolus ; c Halskrause ; / Geisel. Fig. 40. Lcucandra uspera. Geiselzellen aus den Geiselkauimern, nach einem Präpa- rat in Canadabalsam (Nach V o s m a e r ). sind; dies sind die Geiselkammern (c/, Fig. 32). Die ihre Wände bedeckenden Zellen (Fig. 39 und 40) haben die Gestalt kleiner Fläsch- chen mit weitem Halse. Diese Zellen besitzen einen Nucleus und einen Nucleolus und vom Centrum des Halses geht eine lauge Borste {ßagellum) ^) F. C. Null hat neuerdings das Javel - "Wasser (Eau de Javel) zur Zerstö- rung der organischen Substanzen der Schwämme und überhaupt aller mit Skeleteu versehenen niederen Thiere empfohlen. Ks entspricht durchaus seinem Zwecke. Carws, Anzeiger 9. Oct. 1882, p. 528. 106 Zoophyten. aus, die chircli ihre Bewegungen die Circulation des Wassers unterhält. Ihre Form variirt je nach der Zubereitung, die sie erlitten haben; die frischen Zellen haben regelmässige Form , ihr Inhalt ist körnig , aber der Hals krystallhell (c, Fig. 39). Von den Geiselkammern laufen Mündungscanäle aus, die sich zu weiteren Canälen vereinigen und in den zum Theil mit blossem Auge sichtbaren Oeffnungen der Gastral- wand enden. Das Wasser, welches beständig durch die Spongie circulirt, tritt also durch die Poren ein, dringt durch die. Zxiführungscanäle in die Geiselkammern , durchläuft letztere und tritt durch Abführungscanäle aus, die es in die Centralhöhlung geleiten, von wo es endlich durch das Osculum ausgestossen wird. Folglich ist letzteres — und dies ist wichtig zu merken — kein Mund, sondern bei allen Spongien eine AusgangsöfFnung. Die Entwicklung von Leucandra aspera ist noch nicht gänzlich beobachtet worden. Nach Keller i) enthalten die älteren Individuen Anfang April reife, aber nicht entwickelte Eier. Diese Eier sollen nach der Befruchtung eine Blastiüa hervorbringen. Wahrscheinlich bahnt sich diese Larve einen Weg durch das Mesoderm hindurch nach dem Canalsystem, von wo sie durch die Strömung des Wassers bis in die Centralhöhlung geführt und durch das Osculum ausgestossen wird, wie dies bei Sycandra raphanus der Fall ist, deren Entwicklung von F. E. S c h u 1 z e 2) studirt worden ist. Sie schwimmt hierauf wahrschein- lich eine Zeit lang mittelst der Cilien , die ihre Aussenseite bekleiden, setzt sich dann mit ihrer geschlossenen Extremität fest und entwickelt sich weiter. Wir haben bereits betont, dass die Organisation der Spongien sie so sehr von den übrigen Coelenteraten unterscheidet, dass ihre Vereinigung mit den letzteren in der Classification nur eine provisorische ist. Dass bei ihnen ein Mesodermparenchym vorhanden ist, das aus zahlreichen und sehr unterschiedlichen Elementen bestellt und mit aus Zellen bestehendem Endo- dei-m und Ectoderm bekleidet ist, rechtfertigt es indessen, dass man sie defi- nitiv zu den Metazoen rechnet. Unter diesen sind sie die einfachsten , die wir kennen. Bei den meisten Spongien führt das Knospentreiben vnid die Bildung von Colonien, deren Theilindividuen oft sehr innig vereinigt sind, zu grosser Ver- wicklung und erschwert ihr Studium ausserordentlich. In allen Spongien können wir das Vorhandensein einer aus Zellen gebil- deten Endodermschicht constatiren, welche sich auf die Wände der abführen- den Canäle fortsetzt und eine Ectodermschicht aus abgeplatteten Zellen, welche gleichfalls die Wände der Zuführungscanäle desselben Systems auskleiden. ^) C. Keller. Untersuchungen über die Anatomie und Entwicklung.sgeschichte einiger Spongien des Mittelmeeres, 4". 1876. ) F. E. Schulze. Ueber den Bau und die Entwicklung von Sycandra rapha- nus. Zeitschr. f. wissensch. Zool. t. XXIX, j.]. 8. Schwämme. 107 Bei einigen fibrösen Spongien (Chondrosiden) sind die Ectodermzelleii nicht mehr sichtbar, llir Ectoderm hat sich verdickt , eine zähe Consistenz ange- nommen und ist mehr oder weniger mit schwarzen , hraunen oder gelben Pigmenten versetzt ^). Zwisclien den eben erwähnten beiden Zellenschichten befindet sich eine dichtere Masse von verschiedener Consistenz, mehr oder weniger glashell, in welcher eine grosse Anzahl vielfach gestalteter Gewebselemente zerstreut sind : Kerne, augenscheinliche Reste einer Cellularorganisation, die durch Verschmel- zung des Protoplasma der ursprünglichen Zellen verwischt ist; ausserdem stern- förmige Zellen, die ihrer Vacuolen wegen bemerkenswerth sind (cv, Fig. 33), wodurch sie den Zellen im Mantel der Tunicateu ähnlich werden; sodann Amoeboidzellen, die sehr leicht bei Spongilla ( L i e b e r k ü h n ) zu beobachten sind, oder bei den jungen Individuen von Sycandra raphanus (Schulze); sie ändern ihre Form gleich den Amoeben und spielen höchst wahrscheinlich bei der Verdauung der Spougien eine wichtige Rolle. Endlich sind es lange spindelförmige und contractUe Zellen, die man als erste Anfänge einer Muskel- bildung ansehen kann ; sie treten besonders häufig in der Nähe der Canäle auf und können diese durch ihre Contractionen zeitweilig unsichtbar machen. Endlich finden sich noch die verschiedenen Bestandtheile des Skelets. Natur und Beschaffenheit des Skelets variiren bei den verschiedenen Spöngien unendlich. Die Myxospongien oder Halisarcen allein besitzen kein Skelet. Letzteres ist entAveder aus hornigen Fasern gebildet, die in mehr oder weniger complicirten Netzen angeordnet sind [Euspongia, Aplysina), oder es besteht aus einfachen oder strahlenförmigen Kalknadeln mit drei oder vier Aesten {Sycon, GrantiOi, Leuconia), endlich können es auch kieselige Ablage- rungen in Form von Nadeln, Pfeilen, Ankern, Sternen u. s. w. sein [Spongilla, Siiberites, Esperia, Chondrilla). Bei Euplectella erreichen diese kieseligen Ab- lagerungen eine bedeutende Länge , compliciren sich durch Verlängerungen und verstricken sich unter einander, so dass sie *ein wirklich äusserst elegan- tes Gitterwerk bilden können; bei den Liiliospongien {Corallistes) wird das Kieselskelet so dicht und compact, dass die Spongie hart und fest wie ein Stein wird. Die Knöspchen {gemmnlae) von Spongilla umgeben sich häufig mit einer festen Schale , die aus kieseligen Gebilden zusammengesetzt ist, welche Amphidisken genannt werden ; je zwei dieser gezackten Deckel sind durch eine Axe vereinigt ; das Ganze ähnelt einem doppelten Hemdknopfe. ■ Noch ist zu bemerken, dass ein und dieselbe Spongie niemals Kalk- und Kieselnadeln vermengt zeigt, was der chemischen Composition der Spicula bei der Classification eine Bedeutung ersten Ranges verleiht und auf ver- schiedene Zusannnensetzung des Protoplasma hinweist. Das Gesammtmesoderm ist zuweilen so contractu, dass es Formverände- rungen der Spongie hervorbringt und ihr gestattet, sich langsam fortzubewe- gen, Avas bei jungen Spongillen z. B. der FaU ist. Wir haben bis jetzt nur die dem Mesoderm selbst ztigehörigen Elemente besprochen, doch enthält dieses fast immer eine beträchtliche Menge fremder Körper, Sandkörnchen, Muschelstückchen u. s. w., welche durch das Wasser von Aussen dahin gebracht werden. Der Anfänger muss natürlich lernen, diese Körper richtig zu erkennen, um Irrthümer zu vermeiden. Auf diese Weise kamen, um ein Beispiel zu geben, wahrscheinlich die Nesselzellen, die bei einigen Arten von Beniera beschrieben worden sind , von Coelenteraten her, die in die Spongie eingeführt worden waren oder sie bewohnten (Spon- gicola fistularis). ^) Man sehe die Abbildungen von F. E. Schulze. XXIX, pl. 8. 108 Zoophyteii. Die Poren sind bei den Spongien so constant, dass sie zur Bezeiclmung der Gruppe gedient haben [Porifera) • indessen können sie sicli auf der ge- sammten Oberfläche gewisser Individuen scMiessen. Ihre Dimensionen sind sehr veränderlich ; an einer Stelle sieht man welche sich schliessen, anderswo wieder öffnen. Sie vermitteln den Eintritt des "Wassers in das Canalsystem, dessen Kenntniss in jeder Spongiengruppe von Wichtigkeit ist. Bei denAsconen kann man kaum von einem Canalsystem sprechen. Die Körperwände sind einfach von Löchern durchbohrt, durch welche das "Was- ser in die Centralhöhlung tritt. Aber bei den Spongien, deren Körperwände eine gewisse Dicke erreichen , können wir ein wahres Canalsystem unter- scheiden , das aus Zuführungscanälchen , höhlenartigen Erweiterungen oder Bläschen , die mit Geiselzellen ausgekleidet sind , also Geiselkammern und Ausscheidungscanälen besteht. Bei den Syconen sind die Canäle gerade und wenig verzweigt. Bei Halisarca , einer gelatinösen Spongie , sind die weit geöffneten Zuführungscanäle mit abgeplatteten und polygonalen Zellen aus- gekleidet und vei'zweigen sich in viel engere Canälchen, die in den Geisel- kammern endigen, deren Wände Zellen mit Halskrausen tragen, analog denen, die wir bei Leucandra aufgewiesen haben. "Von der Oberfläche dieser Kam- mern gehen feine Canälchen aus, die in einander münden und so allmählich weitere Canäle bilden, die in den Oeffnungen der Centralhöhlung enden. Bei den Chondrosiden [Chondrosia , Chondrilla) sind die Canälchen, die von den Poren ausgehen, zunächst eng, convergiren mit einander in der Rindenschicht und bilden so Strahlensysteme, die in weiteren Canälen endigen. Die Canäle verästeln sich ihrerseits in der zähen Mesodermmasse in eine sehr grosse Zahl kleiner Zweige , die in meist birnenförmige Geiselkammern auslavifen. "Von diesen Kammern gehen nach allen Richtungen Abfuhrcanäle aus, die in einander münden und so allmählich breitere Röhren bilden , die das Wasser direct in die Centralhöhlung führen. Bei den hornigen Spongien von der Gattung Aplysina ist die Beschaffenheit des Canalsystems fast dieselbe wie die bei den Chondrositen beschriebene. Bei dem gewöhnhchen Badeschwamm (Euspongia) fühi-en die Poren direct oder durch Vermittlung kurzer Canäl- chen in weite, länglich runde Höhlungen , die sich nahe der Rindenschicht befinden ; diese Höhlungen sind gleich den Canälen vollkommen mit einer Schicht abgeplatteter Zellen ausgekleidet. Es gehen von ihnen zahlreiche Canälchen aus, die sich in der Masse der Spongie unendhch verzweigen und auf kleine birnförmige Kammern stossen {AmpiiUae, Schulze), die mit cylindrischen Zellen bedeckt sind , welche in einem glasai'tigen Halse enden, von dessem Centrum eine Borste ausgeht. Also sind die beschriebenen Höh- lungen die Geiselkammern. Von ihrem schmälsten Ende führt ein kleiner Zuführungscanal weg, der in einen benachbarten mündet, und beide zusam- men setzen sich zu einer weiteia Höhle fort, die an der Oberfläche des Schwammes in einem Osculum ausmündet. Man sieht aus diesen wenigen Beispielen , dass die verschiedenen Spon- gien uns eine fortschreitende Entwicklung des Canalsystems darbieten , von einfachen die Körperwände durchdringenden Löchern bis zu einem complicir- ten Ganzen von Canälen und Geiselkammern. Bei den in Colonieu lebenden Spongien finden sich mehrfache Oscula. TJrsprünglich sind eben so viel Oscula als Individuen der Colonie vorhanden, doch im Laufe der Entwicklung Avird ihre Zahl gewöhnhch durch die Schlies- sung einiger oder durch die Zusammensehmelzung mehrerer Oscula zu einem einzigen reducirt. Bei der jungen Spongilla ist das Osculum nur das Ende einer contractilen Röhre, einer Art Schlauch, der nach Aussen hervorsteht und durch den das ausströmende Wasser fliesst. Bei der Mehrzahl der übrigen Scliwämme. 109 Spongien wird die Peripherie des Osculums , das Peristom , durch eine Circularmembran gebildet. Einige Spongien können durch einfache Annäherung ursprünglich isolirter Individuen Colonien bilden ; ihre Gewebe fliessen in einander und ihre beider- seitigen Canäle vereinigen sich am Berührungspunkte ; dies ist z. B. gewöhn- lich bei SiJongilla der Fall. Die Spongien pflanzen sich fort : durch Theilung (Spoiigilla), ein Indivi- duum zerlegt sich iii zwei oder drei Stücke, die unabhängig von einander zu existiren fortfahren; dui-ch Knospen (Oemmulae), d. h. durch Bildung meist kugeliger Körperchen mit fester Schale , welche Nadeln , Amphidisken und Cellularelemente einschliessen ; die Knöspchen fallen auf den Grund des Wassers und verbringen dort den Winter. Im Frühling öffnet sich die Schale, um die Weiterentwicklung ihres Inhaltes zu gestatten. Dies ist analog der Fortpflanzung durch Kj'Stenbildung, die wir schon bei den Protozoen erwähnt haben und auch bei vielen anderen Thieren wiederfinden werden. Endlich pflanzen sich die Spongien auch auf sexuellem Wege fort, durch Erzeugung von Eiern und Samenzellen. Diese Elemente resultiren aus der Differenzirung von Zellenelementen des Mesoderm. Man hat ihre Existenz zuerst bei Spon- giJla constatirt, dann allmählich bei allen Spongien, wo man sie gesucht hat. Sie sind besonders gut beschrieben von Schulze und zwar an Halisarca, wo sie während der Sommermonate inmitten des Mesoderm zwischen den Geiselkammern des Canalsystems in reichem Maasse vorhanden sind. Man findet daselbst Eier auf allen Entwicklungsstufen ; die jüngsten unterscheiden sich nicht von den Amoeboidzellen des Mesoderms. Was die Samenzellen anbelangt, so zeigen sich diese, Avenn sie reif sind, bei der Prüfung als kör- nige und dunkle Körperchen, aus denen man durch Schläge oder durch Druck ungemein bewegliche Zoospermen hervortreten lassen kann, die aus einem kleinen runden oder ovalen Kopfe und einem langen Geiselschwanze bestehen. Wir verweisen hinsichtlich der Entwicklung der befruchteten Eier auf die Darstellung von Balfour in seinem Handbüche der vergleichenden Embryo- logie. Literatur. Grant, Observatious and experiments on the structure and function of Sponges. Edinh., Philos. Journ., 1825, 1826. — Bowerbank, Zahl- reiche Abhandlungen in I'roc. Zool. Soc, 1863 bis 1876, und Phil, traus., 1858 bis 1862. — Liebevkühn, id. in Müller's Archiv, 1856 bis 1867. — Carter, id. in Ann. and Mag. of. nat. bist., 1847 bis 1880. — 0. Schmidt, Die Spongien des Adriatischen Meeres. Leipzig 1862 und Supplem. 1864 bis 1866 bis 1868. — 0. Schmidt, Gruudzüge einer Spongienfauna des Adriatischen Meeres. Leipzig 1870. — E. Haeckel, Die Kalkschwämme, 2 vol. und Atlas. Berlin, 1872. — F. E. Schulze, Eine Reihe von Abhandlungen in Zeitschr. für w. Zool. 1875 bis 1880. — Me t seh n i ko ff , Spongiologische Studien, Zeitschr. für \v. Zool. 1879. — Barroi s, Memoire sur l'embryologie de quelques Eponges de la Manche. Ann. des Sc. nat. 6 ser. t. III, 1876. — Keller, Studien über die Organisation und Ent- wicklung der Chuliuen. Zeitschr. f. w. Zool., t. XXXVIII, 1879. — Vosmaer, Porifera, in Bronn' s Thierreich, 1882. — Balfour, Handbuch der vergleichenden Embrvolocrie. Uebers. v. Vetter. 1880. 110 Cnidarier. Unterkreis der eigentlichen Coelenteraten, Nessel- thiere oder Cnidarier. Metazoen mit centralem Muude und Vei'dauungshöhle, welche iu den meisten Fällen in gastrovasculäre mündungslose Cauäle sich fort- setzt, oline After, und mit Nesselzellen (CnidobI asten) versehen. Man unterscheidet in diesem Unterkreise drei Classen: 1. Die Anthozoen oder Korallenthiere , mit einem eingestülp- ten Mundrohre, das eigene Wände besitzt, und mit Mesenterial- falten in bestimmter Zahl; 2. Die Hydromedusen oder Hydrozoen, mit einfachem, nicht eingestülptem, wandungslosem Mundrohre, und ohne Mesente- rialfalten ; 3. Die Ctenophoren oder Rippenquallen mit reihenweise ge- stellten Schwimmblättchen. Das Ectoderm kann die mannigfaltigsten Bildungen zeigen. In den einfachsten Fällen aus einer einzigen Schichte epithelialer oft wimpernder Zellen bestehend, kann es in anderen Fällen vielfache Schichten veränderter und diflferenzirter Zellen bieten, so dass man in den oberflächlichen Schichten einzellige Drüsen, Tastzellen und Cnido- blasten unterscheidet, während in den tieferen Schichten Elemente auf- treten , welche als Ganglienzellen und Nervenfäden , sowie als Muskel- fasern angesprochen werden können. DieNesselzellen , Cnidoblasten oder N em at o cysto n sind die constantesten Elemente des Ectoderms. Diese Zellen enthalten eine innere, mit dicken vind festen Wänden versehene Kapsel, welche gewöhnlich oval oder selbst länglich und senkrecht in dem dicken Ecto- derm eingepflanzt ist. Das oberflächliche Ende ist durch eine minder harte Haut geschlossen, und die Kapsel enthält ausser einem fast flüs- sigen Protoplasma einen gewöhnlich spiralförmig eingerollten Faden, den Nesselfaden oder Cnidocil. Bei der geringsten Berührung ent- rollt sich der Faden und springt wie eine steife Borste vor. Man sieht oft an der Wurzel des ausgestreckten Cnidocils kleine Härchen, welche ebenfalls steif sind; die Nesselfäden verwunden, und es ist wahrschein- lich, dass die in der Kapsel enthaltene Flüssigkeit ätzende und giftige Eigenschaften hat. Die Cnidoblasten sind sehr verschieden entwickelt; sie befinden sich hauptsächlich auf den Fühlern und den Armen, sind oft in Gruppen zusammengedi'ängt oder bilden knäuelföi'mige Batterien auf gewissen Specialorganen. Vertheilung , Grösse und Ausbildung Allgemeines. 1 1 1 '■o dieser Nesselzelleii variiren bedeutend; oft ausserordentlich klein auf den Fühlern der meisten Anthozoeu werden die Kapseln und die Nessel- fäden in den Nesselknöpfen gewisser Siphonophoren so bedeutend, dass man sie mit nacktem Auge sehen kann. Die einzelligen Drüsen haben im Allgemeinen die Form einer am dünnen Ende offenen Birne. Sie sondern einen klebrigen Schleim ab. Die W i m p e r z e 1 1 e n oder in ihrer Abwesenheit die Pflasterzellen, welche die oberflächliche Schicht des Ectoderms bilden, bieten keine besondere Gestaltung. Man kennt bei den Nesselthieren keine Kragen- und Geiselzellen, wie bei den Schwämmen. Die Schwimmplättchen der Ctenophoren scheinen eine besondere Modification darzustellen, welche dvirch das Zusammenkleben steifer Wimpern erzeugt wird. Man miiss bemerken, dass alle diese Zellenbestandtheile des Ecto- derms sich auf gleiche Weise im Endoderm entwickeln können , nur fehlen daselbst die Wimper- und Drüsenzellen fast niemals, während die Cnidoblasten sich seltener vorfinden und Tastzellen niemals im Endoderm vorkommen. Alle diese Zellen können auch mit feinen Faserelementen in Ver- bindung sein, welche in den tieferen Schichten des Ectoderms ent- wickelt sind. Diese Fäserchen sind ursprünglich mit blassen und deut- liche Kerne besitzenden Zellen in Verbindung, welche bald Ausläufer zeigen und das Ausehen von Nervenzellen erhalten, bald sich nur an beiden Enden in muskellose , feine Fasern verlängern (Myoblaste). In histologischer Hinsicht kann man die Entwicklung dieser beiden Arten von Zellen bis zu Gangliengruppen und wohlcharakterisirten Nerven- fasern, sowie andererseits zu Muskelfasern verfolgen, welche sogar das Aussehen gestreifter Fasern bieten können. Ganz die gleichen Bestandtheile befinden sich in den tieferen Schichten des Ectoderms. Bei den höheren Thieren der Gruppe treten als letzte Entwicklungs- stufen dieser Elemente Sinnesorgane, zerstreute oder in centralen Massen vereinigte Ganglien iind Nerven auf, und bei allen wird eine aufmerksame histologische Untersuchung die Gegenwart von länglichen Tastzellen nachweisen lassen, welche an der Oberfläche ein feines Härchen zeigen und sich mit ihrem spitzen Innenende in ein feines Nervenfädchen fortsetzen. Das M e s 0 d e r m besteht aus einer homogenen, durchsichtigen, der Dichtigkeit und Dicke nach sehr veränderlichen Substanz. In den ein- fachsten Fällen bildet dieses gleichartige Mesoderm zwischen den bei- den anderen Schichten ein dünnes Blättchen, das man die Stützlamelle genannt hat, weil sie die normale Köri^erform bestimmt. Aber in den meisten Fällen verdickt sich das Mesoderm bedeutend, sei es in mehr gleichartiger Weise, sei es nur an einzelnen Stelleu, und kann dann eine sehr bedeutende Mächtigkeit gewinnen. Man nennt es dann das 1 1 2 Cniclarier. Coenenchyin. Das Mesoderm wird ursprünglich durch eine Art Absonderung aus den beiden anderen Schiebten gebildet, enthält aber oft eingewanderte Zellen und Zellenkerne, die sich in einzelnen Fällen weiter entwickeln können, meist aber verkümmert bleiben. In dem Mesoderm bilden sich stets diejenigen Theile, welche das Skelet zusammensetzen. Die Verdichtung kann sich bis auf den Grad vermehren, dass Massen, Kelche, Hüllen, Stiele etc. gebildet werden, welche ein horniges Ansehen haben, wie z. B. bei Anüpathes , Gor- gonia etc. Aber in den meisten Fällen entstehen mineralisirte , aus kohlensaurem Kalk zusammengesetzte Bestandtheile, welche zuerst durch einzelne im Mesoderm zerstreute Nadeln {Sinciüa) gebildet werden und sich dann zu einem cousisteuten Skelet vereinigen, welches manchmal sogar vollständig compact wird. In diesem Falle kann sich das Skelet in einem. solchen Grade mineralisiren, dass es fast nur aus krystallini- schen Elementen besteht, in welchen man nur mit Mühe einen kleinen Rest von organischen Bestaudtheilen feststellen kann. Das Endoderm besteht genau aus den gleichen Bestandtheilen wie das Ectoderm, und oft kann man beide mir durch die Lagerung unterscheiden. Aber in den meisten Fällen erkennt man es leicht durch das Verhältniss und die Entwicklung der bildenden Bestandtheile. Die vei'schiedenen Entwicklungszustände der Nervenzellen und der Myoblasten fehlen daselbst oft, die Cnidoblasten ebenfalls, die ein- zelligen Drüsen sind zahlreicher, die Wimperzellen deutlicher ent- wickelt etc. Das Endoderm bekleidet alle inneren Oberflächen vom Munde an bis in die letzten Verzweigungen der gastrovasculären Canäle. Eine merkwürdige Eigenthümlichkeit der Nesselthiere besteht darin, dass die Bestandtheile der verschiedenen Schichten sich gegen- seitig durchdringen können. Auf diese Weise können die skeletogenen Bestandtheile des Mesoderms bis in das Ectoderm reichen, und in den meisten Fällen durchdringen sie dasselbe sogar in solcher Weise, dass sie es auf einem grossen Theile seiner Erstreckung ersetzen. Umge- kehrt drinsfen die muskulösen und nervösen Elemente von beiden Sei- ten, vom Ectoderm wie vom Endoderm aus in das Mesoderm ein und zwar in solcher Weise, dass oft das ganze Coenenchym von Netzen und Streifen dieser Bestandtheile, welche ihm ursprünglich fremd waren, durchsetzt ist. Bezüglich der Gestaltung der Organismen in ihrer Gesammtheit, sowie in ihren Organen selbst, haben wir sehr wenig Allgemeines zu sagen; wir versparen diese Bemerkungen für die einzelnen Classen. In einer einzigen Classe , derjenigen der Rippenquallen oder Ctenophoren, finden wir stets nur vereinzelte gleichwerthige Individuen, welche alle ihr Lebeulang frei umherschwimmen. In den anderen Classen sehen wir wohl noch vereinzelte Individuen in grosser Zahl, Allgemeines. 113 aber wir finden ausserdem sehr häufig Kolonien, welche durch Knospung erzeugt worden sind, ihr ganzes Leben hindurch vereinigt bleiben und Stöcke bilden. Wenn einerseits in vielen Fällen alle die Gesammtheit einer Art bildenden Individuen identisch sind, so sehen wir bei anderen einen manchmal aufs Aeusserste getriebenen Polymorphismus, der zuweilen in einem solchen Grade entwickelt ist, dass für jede Verrichtung sich besondere Individuen finden, welche oft gegenüber der Gesammtheit einer Kolonie nur die Rolle specialisirter Organe spielen, während man andererseits ihi'e Bedeutung als Einzel- wesen nicht läugnen kann. Nur zwei organische Systeme finden sich überall vor, die Ver- dauungs- und die Zeugungsorgane. Das Verdauungssystem besteht aus einer centralen Ver- dauungshöhle und den gastro- vasculären Kanälen. Die Verdauungs- höhle kann einfach bleiben, so dass der ganze Leib einem Sack ähnlich sieht, welcher in seiner Axe eine Centralhöhlung zeigt, die am Vorder- ende sich durch den Mund öffnet. In den meisten Fällen setzt sich diese Höhle direct in Kanäle fort, welche, wie die Höhlung selbst, innerlich vom Endoderm ausgekleidet, in der Leibesmasse eingegraben sind, und nach der Peripherie hin sich strahlenförmig fortsetzen. Diese Strahlen sind nach den Exponenten 4 und 6 oder deren Multiplen geordnet. Die strahlenförmige Anordnung geht aber, wie wir jetzt wissen , bei allen Nesselthieren ohne Ausnahme aus einer ursprüng- lichen bilateralen Symmetrie als weitere Entwicklungsstufe hervor. Sind die Thiere in Kolonien vereinigt, so communiciren die gastro-vasculä- ren Kanäle mit einander. Bei den Anthozoen allein stülpt sich die Um- gebung der Mundöffnung nach innen ein, um ein Mundrohr zu bilden, welches eigene Wände hat; bei allen anderen besitzt das ganze gastro- vasculäre System keine gesonderten Wände , sondern ist nur vom En- doderm bekleidet, welches unmittelbar dem Mesoderm anliegt. Es giebt also keine allgemeine Körperhöhle oder Coelom. Es giebt auch keinen After. Bei einigen Anthozoen und bei allen Ctenophoren findet man dem Munde entgegengesetzte Oefi'nun- gen , welche mit der gastro -vasculären Höhlung in Verbindung sind; aber diese Mündungen dienen nur zum Durchlassen von Wasser und die Ueberbleibsel der Verdauung, sowie alle anderen xlussonderungs- stofte (Eier u. s. w.) werden durch die Mundölfnung ausgestossen. Das Zeugungssystem ist nicht durch besondere Organe ver- treten. Eier oder Samenzellen können sich auf Kosten vorhandener Bildungszellen an den verschiedensten Stellen des Leibes im Ectoderm wie im Endoderm entwickeln, wenngleich der erste Fall seltener ist. In einigen noch selteneren Fällen {Hydracthiia) bilden sich die Eier im Endoderm, die Samenzellen im Ectoderm. Vogt 11. Yiing, prakt. vergloicli. Aiiatoniie. g 114 Cnidarier. C 1 a s s e der A n t h o z o e ii oder K o r a 1 1 e n t b i e r e. Nesselthiere mit eingestülptem Magenrolire, mit Mesenterialfalten und Fühlern , welche in bestimmter Zahl vorhanden sind. Thiere, welche zum Theil einzeln, öfter aber in Kolonien leben und meist fest- sitzen , ausgenommen in ihrer ersten Jugend. Monomorphe, nur sehr selten dimorphe oder aus zweierlei Individuen bestehende Kolonien. Die Zeugungsproducte werden stets auf den Mesenterialfalten , folglich im Endoderm gebildet. Die Individuen sowie die Kolonien können hermaphroditisch oder geschlechtlich getrennt sein. Man nimmt zwei Ordnungen an: 1. Die Octactinier oder Alcyonarien. Polypen, welche mei- stens in monomorphen Kolonien getrennten Geschlechtes leben, mit acht Fühlern und ebenso viel Mesenterialfalten und Scheide- wänden versehen sind. Es giebt stets Skeletbildungen, welche bald spiessförmig und zerstreut sind , bald festere Polypen- stämme bilden; die Scheidewände sind niemals verkalkt {Alcyo- nnmt, Pennafu^a, Veretülum , Gorr/onm, Corallium, Tiibipora). 2. Die Hexactinier oder Zoanthen. Einzelne oder in Kolonien lebende Polypen , oft fleischig , gewöhnlich mit festem Skelet und mit verkalkten Scheidewänden, welche sechs Fühler oder mehrfache Kreise von Fühlern in Multipeln von sechs tragen {AnUpatlies, Adinien, Cerianilms, lladrqjora, Fungia, Astroea, Maeandrina,- Caryophyllia, Turh-inolia). Die Korallenriffe bil- denden Arten gehören dieser Ordnung an. Typus: Alcyonium digitatum i). Wir haben diesen an allen felsigen Küsten Europas in einer Tiefe von einigen Metern sehr häufigen Typiis gewählt, weil er in Bezug auf die Bildung des Skelets gewissermaassen mittlere Verhältnisse bietet. Nachdem man lebende Kolonien beobachtet hat, kann man den durch die gewöhnlichen Mittel, besonders Alkohol erhärteten Polypenstock in Längs- ixnd Querschnitte zerlegen, ohne genöthigt zu sein, mittelst verdünnter Säuren zuvor das Kalkskelet aufzulösen, wie es bei anderen Korallen nöthig ist. Die verdünnte Essigsäure dient zur Dissociation ^) Die verschiedenen als A. dlgitattim, pahnatum, lohatum etc. bezeichneten Arten sind unserer Ansicht nach nur Varietäten , deren Form und F.ntwickluno; von der UnterLige, dem Reichthum an Nahrung und Baumaterial abhängig ist. Die unseren Untersuchungen zu Grunde liegenden Kxemplare stammen von Cette und Agde in der Provence. Anthozoen. IL der GeweT)e , sie ist aucli nützlich , luii die Masse zu entkalken , wenn man die einzelnen Gewebe studiren will. Wir unterscheiden in erster Reihe die Polypen und den Poly- penstock, in dessen Dicke die Polypen sitzen. Die ausgedehnten Polypen haben die Form von achtblätterigen Blumen mit verlängerten Kelchen. (Um die Zeichnung nicht zu über- laden, haben wir nur die vier oder fünf Fühler dargestellt, welche sich Fio-. 41. A-- Querschnitt eines Zweiges von einem weiblichen Alcyonium , um die allgemeine An- ordnung der Theile zu zeigen. A^ und A^ Ausgestreckte I'olypen ; B^ bis 5^ in ihre Kammern zurückgezogene Polypen, auf verschiedenen Höhen und in verschiedenen Richtungen durchschnitten; C^ und C^ gastro-vasculäre Kammern mit Eiern gefüllt; Jj^ bis l/' gastro-vasculäre Canäle mit unvollständigen Scheidewänden, deren zwei noch Eier enthalten, a Fühler, b Halskrause, c Hals, d Gastraltheil der Polvpen, e Mundrohr , / Mesenterialfalten , g Coenenchym mit Spiesschen , ii äussere Kruste, i Kragenscheide. 116 Cnidarier. auf derselben Ebene zeigen , wenn man die Polypeu unter dem Mikro- skope betrachtet). Wir unterscheiden an den Polypen die acht Fühler (Fig. 41, a) , welche kreisförmig die mittlere Mundöffnung umgeben, die Halskrause mit acht Wülsten (b), den vom Mundrohre durchsetzten Hals (c) und den Gastraltheil (d) , welcher mit acht Mesenterialfalten befestigt ist. Die Fühler zeigen im Centrum eine übrigens sehr feine Fort- setzung der gastro-vasculären Canäle. Ihre Masse wird von einem gleichartigen, sehr zarten Gewebe gebildet, welches die Fortsetzung der Stützlamelle ist. Im Epithel sind sehr kleine, aber sehr zahlreiche Cnidoblasten eingepflanzt; es bedarf einer sehr starken Vergrösserung, um sie anders als ovale Körperchen mit scharfen Umrissen zu unter- scheiden. An der Wurzel der Fühler lassen sich unter sehr starker Vergrösserung und nach Anwendung zusammenziehender Reagentien (Alkohol, verdünnte Chromsäure) feine Muskelbüudel sehen. Die Fühler besitzen eine sehr grosse Contractilität. Gewöhnlich sieht man sie auf den im Weingeiste aufbewahrten Schnitten und Kolonien gänzlich eingezogen und in das Innere der Halskrause zu- rückgeschlagen ; bei massiger Ausdehnung bieten sie die Form langer Blumenblätter mit sägeförmigen Rändern (Fig. 1), aber in gewissen Fällen verlängern sich alle Theile dermaassen, dass die Fühler Hirsch- hörnern ähneln , welche auf beiden Seiten mit sehr langen Zacken be- setzt sind, wie wir sie in Fig. 43 (a) dargestellt haben. Wir haben einige in Weingeist aufbewahrte Polypenstöcke, wo alle Polypen auf diese unmässige Weise verlängert sind, doch können wir nicht sagen, welcher Ursache wir diesen Zustand zuschreiben sollen, da diese Polypen- stöcke wie die anderen behandelt wurden, auf welchen die Polypen zu- sammengezogen sind. Die Halskrause (Fig. 41 , 6) unterscheidet sich durch ihre kelchartige Form und durch die acht länglichen von einander getrenn- ten Wülste , welche auf ihrem Umfange sich hervorheben und einer Anschwellung des Stützblättchens oder Mesoderms zuzuschreiben sind, in welchem gewöhnlich i-othgefärbte zahlreiche Nadeln eingeordnet sind. Diese Kalknadeln sind in Winkeln zu einander geneigt, deren Spitze nach den Fühlern hin gerichtet ist. Ihre Zahl ist veränderlich ; man findet Polypen, wo sie in grosser Zahl angesammelt sind, so dass die Halskrause acht rothe Streifen bietet; bei anderen Polypen sind sie seltener und farblos, aber sie fehlen niemals. Die Wülste treten auch nach innen hervor, so dass ein Querschnitt des Schlundes eine acht- eckige Figur bietet. An der Wurzel der Halskrause flachen sich die Wülste ab und die Nadeln reihen sich quer an einander. Das Ectoderm und das Endoderm bestehen aus Pflasterzellen ohne dazwischen liegende Cnidoblasten. Nach Behandlung mit verdünnter Essigsäure lassen sich die ihrer Nadeln beraubten Wülste kaum bemerken. Anthozoen. 117 Der Hals (c, Fig. 41) ist von einer gleichartigen, durchsichtigeu und elastischen Hülle umkleidet, die doppelte, sehr scharfe Umrisse und oft Querfalten zeigt, wie sie ein dicker gefalteter Stoff bilden würde. Wir haben manchmal an dieser Hülle eine äussere Bekleidung aus feinen Pflasterzellen zu sehen geglaubt, aber in den meisten Fällen ist es uns unmöglich gewesen, dieses Epithelium zu bestätigen. Im Inne- ren dieser Hülle und von ihr gänzlich unterschieden läuft der Mund- oder Schlundcanal, (e, Fig. 41; d, Fig. 43) welcher aus sehr dünnen Wänden mit Zellenbekleidung gebildet ist. Man bemerkt daselbst kaum eine Spur von einer strahligen Anordnung. Wir kommen aiif die Verhältnisse desselben zurück. Der Gastraltheil (d, Fig. 41) ist stets in den Polypeustock eingesenkt und selbst bei der grössten Ausdehnung des Polyps tritt er nie gänzlich aus der kugeligen Kammer heraus, in welcher er einge- schlossen ist. Die acht Mesenterialfalten entwickeln sich in diesem Theile so bedeutend, dass sie nur eine sehr kleine Höhlung in der Mitte übrig lassen. Sie gleichen dicken, in gedrängten Wellen stark gefal- teten Bändern. Diese Fransen sind nur Verdoj)pelungeu der inneren Wand, und bilden die directe Fortsetzung des Mundrohres. Sie zeigen eine klare gleichartige Mittelschicht, welche sich als eine bedeutende » Anschwellung der in den Wänden des Mundrohres sehr dünnen meso- dermischen Stützlamelle offenbart, und auf den freien Flächen von grossen rundlichen und mit Körnchen gefüllten Zellen bekleidet ist, deren äusserste Schicht wimpert und die oft an der Spitze der Stütz- lamelle bedeutend wuchern. Diese Zellen spielen augenscheinlich bei der Verdauung die wichtigste Rolle. Ausser ihnen finden sich noch Muskelfasern, auf die wir zurückkommen werden. Die Mesenterial- fransen zeigen sich erst dann in ihrer natürlichen Lage, wenn der Polyp gänzlich ausgestreckt ist (Ä', Fig. 41). Sie laufen dann in dem Grunde der Kammer, der Kugelform derselben gemäss, zusammen. Wenn der Polyp in seine Zelle sich zurückgezogen und zusammengefaltet hat (Fig. 42 a. f. S.), wie es gewöhnlich bei den zur Fertigung feiner Schnitte voi'bereiteten Stücken der Fall ist, so sind die Fransen so sehr in ein- ander verwickelt (/*', Fig. 42), dass man nur selten (Fig. 41, J?^) in der Mitte einen kleinen hellen Raum als die Fortsetzung der Gastralhöhle erkennen kann. Die Mesenterialfalten setzen sich in der ganzen Länge der gastro - vasculären Canäle, welche den Polypenstock durchlaufen, als unvollkommene Scheidewände fort. In diesen Cauälen selbst, wo sie auf ihr Minimum beschränkt sind, kann man am besten ihre ur- sprüngliche Structur studiren. Man sieht dann auf dünnen Quer- schnitten , dass diese rudimentären Scheidewände Vorsprünge bilden, die aus einem gleichartigen, vom Mesoderm stammenden Mittelblatte gebildet sind, welches mit einem dem Endoderm angehörigen Epithel überzogen ist, das auf dem freien Rande der Scheidewände Anschwel- 118 Cuiclarier. Fig. 42. lungen bildet, wenn der Schnitt in der Nähe des Polypen geführt wor- den ist. An der inneren Hälfte der Mesenterialfransen, da, wo sie noch in der Kammer des Polypen eiugBschlossen sind, bilden sich zunächst die Eier und die Samenzel- len, je nachdem der Poly- penstock männlich oder weiblich ist. In der That haben wir niemals in einzelnen Polypen- stöcken Polj'pen beider Geschlechter gefunden, es gab nur Eier oder Samenzellen; Alcyonium ist also getrennten Ge- schlechts. Wenn einmal die Bil- dung der Eier oder Sa- menzellen im unteren Theile der Fransen an- gefangen hat, fährt sie noch auf den unausge- bildetcn gastro-vasculä- i-en Scheidewänden bis auf eine gewisse Entfer- nung vom Polypen fort, und da diese Erzeugnisse an Umfang bedeutend zunehmen, findet man oft auf Schnitten zu Kammern erweiterte Ca- näle, welche Eier enthal- ten, die an den Scheide- wänden wie an Stie- len befestigt sind (C, Fig. 41). Die Polj'pen ziehen sich zurück, indem sie zuerst ihre aufs Kleinste zusammengezogenen Fühler ins Innere des Halskragens zurückschlagen und dann den gefalteten Hals zurückzie- hen, wodurch die Mesenterialfransen im Grunde so zusammengepresst werden, dass sie theilweise mit dem Mundrohr in die Halskrause zu- rücktreten. Die äusseren warzenförmigen Vorsprünge , welche die KammeröfFnung umgeben, schliessen sich über derselben zusammen. Läugsschuitt eines in seine Kammer zurückgezogenen Polypen bei scliwadier Vergrösserung ; a äussere mit Spiesschen bedeckte Kruste ; b Peristom bildender Theil ohne Spiesschen ; c Mundöffnung der Kammer ; d Coenenchym ; e äussere eingebogene Falte der Kam- mer;/ Einstülpung , welche die Scheide des Kragens und der Krause bildet ; g eingestülpte Fühler und Halskrause, (/^ Wand der Kammer; 7; Centraler Mund- canal ; h^ Mesenterialfalten ; i Epithelium des Endo- derms ; /.■ Fortsetzung der Kammer in einen gastro- vasculären Canal ; l Anheftungspunkt der Muskel- fasern ; m Mündung eines Nährcanals.. Antliozoen. 119 Auf gelungenen Schnitten (B\ Fig. 41) sieht man solche gänzlich zurückgezogene Polypen , welche oben nur die acht warzenförmigen, getrennten Erhöhungen zeigen und auf deren kugelförmigem Leibe man noch die Wülste der Halskrause erkennen kann. Wir haben (Fig. 42) die Zeichnung eines Längsschnittes einer in seine Kammer zurück- gezogenen Polypen ge- geben. Der Schnitt hat die Axe des Muud- rohres getroffen. Man sieht die durch die Scheide der Halskrause und des Halses gebildete Einfaltung, die quer ge- falteten Mesenterialfran- sen und die Fortsetzung der Polypenkammer in den von seinem Epithe- lium ausgekleideten Ga- stro-vasculärcanal. Wir müssen hier auf die Structur und Anord- nung des Muudrohres und der Mesenterialful- ten zurückkommen. Bei Untersuchung ei- Eutkalkte Portion eines Längsbclmittes von einem ^gg -^^qJ^] ausgedehnten Zweige, dessen Polypen sich im Zustande der hoch- j^i^^^^^j^ Polypen oder sten Ausdehnung; belanden. A ausgestreckter Polyp; /-> i -w n i'- • T7-U1 j, tr 1 1 A MiTiu^tr. ffelunffener üuerschnitte a fingertormige Fühler; 6 Halskrause , deren Wulste ö ■- & y kaum sichtbar sind; c Scheide der Halskrause und kann man sich überzeu- des Kragens; d Mundrohr; e Gastraltheil mit den gen (Fig. 44 a. f. S.), dass Mesenterialfalten ; / Scheidewände, welche die Fort- ^-^ Mundöffnuno- die Setzungen der Mesenterialfalten bilden. B^ und B^ Knospen; B' ist mehr vorgerückt; g beginnende äussere Einstülpung; h Fühler; i Mund; A- Mesen- terialfalten ; / Einstülpung der Scheide des Kragens, welche in der Differenzirung begrift'en ist; mm Sam- mclcanal der Netze von Nährcauälen , welche die Knospe 5^ umgeben ; ?i Capillarnetz der Nährcanäle im Coeneuchym ; o peripherische Kruste des Polypen- stoekes ; p Bündel muskulöser Fasern. Gestalt einer ovalen Längsspalte hat, die sich in einer queren, mit stark entwickelten Muskel- fasern versehenen Aus- breitung der Mund- scheibe öffnet. Diese \ 120 Ciiiclarier, spaltenförmige Gestalt des Mundes entspricht der Anordnung der mesenterialen Scheidewände und Falten, welche zwar im Ganzen strahlig ist, aber nicht destoweniger eine symmetrische Disposition zeigt. Die Axe der Muud- öffnuug entspricht in der That einer verticalen Längs- ebene, die den ganzen Polypen- körper in zwei symmetrische Hälften theilt, deren jede vier Scheidewände enthält. Da diese Scheidewände nicht gleich lang und auch nicht in ganz gleichen Abständen von einander geordnet sind, so kann man ein vorderes und ein hinteres Paar kürzerer Scheidewände unterscheiden, welche den beiden Rinnen ent- sprechen, die an dem Schlund- rohre durch die Fortsetzung der beiden Ecken der Mund- spalte gebildet werden. Je- derseits stehen dann ein Paar längere Scheidewände. Auf diese Weise werden acht Längsfächer durch die Scheidewände geschie- den, von welchen zwei, den Mundecken entsprechende, unpaar, die drei auf den Seiten gelegenen dagegen paarig sind. Eines der beiden unpaaren Fächei% welches man das ventrale Richtungsfach ge- nannt hat, gewinnt durch die Anordnung der Muskelbündel auf den Scheidewänden eine besondere Bedeutung; das ihm gegenüber stehende unpaare Fach heisst das dorsale Rieht ungs fach. Ausser dem eben beschriebenen, vom Endoderm stammenden Epi- thelium, zeigen die Mesenterialfalten Muskelbündel zweierlei Art; die einen der Länge nach verlaufenden sind Retractoren, während die anderen sich auf der Stützlamelle in querer Richtung ausbreiten. Diese letz- teren bilden bei Alcyonium einen so dünnen Belag der Stützlamelle, dass es schon bedeutender Vergrösserungen bedarf, um sie zu sehen, und an vielen Orten fehlen sie ganz. Die Retractoren dagegen bilden auf jeder Mesenterialfalte ein ziemlich bedeutendes Bündel, welches sich auf Querschnitten wie eine gewölbte Anschwellung zeigt, auf wel- cher die einzelnen Muskelfasern körnige Zeichnungen bilden. Man hat diese oft schief gestellten und verzweigten Faserbündel die Mus- kelfahnen genannt. Da nun diese Fahnen nur auf einer Seite der Schematischer Querschnitt eines Polypen in der Höhe des Beginnes der Mesenterialfalten. « Ectoderm ; ft Mesoderm ; c Endoderm; rf Mus- kelfahnen; eMundrohr; /Bauchrinne; jr Rücken- rinne; h ventrales Richtungsfach; i dorsales Richtungsfach (nach H e r t w i g ). Anthozoen. 121 Mesenterialfaltea entwickelt sind, so ergeben sich dadurch besondere Anordnungen, die bei Alcyonium folgender Art sind. In dem ventralen Richtungsfach sind die Muskelfahnen einander zugekehrt, springen also in dasselbe vor; in den Seiteufächern stehen sie auf der dem ventralen Richtungsfach zugewandten Seite und auf den Scheidewänden des dor- salen Richtungsfaches sind sie von einander abgewendet, so dass dieses Fach keine Fahnen enthält. Diese Orientirung der Fahnen ist bei allen Polypen nicht die gleiche, und namentlich bei denjenigen, wo die Scheidewände sich vervielfältigen, oft verschieden. Auf den Fortsetzungen der Mesenterialfalten in die unvollständigen Scheidewände der gastro-vasculären Canäle fehlen die Muskelfahnen durchaus. Der Polypens tock besteht seiner ganzen Masse nach aus einem klaren, gleichartigen, durchsichtigen Coenenchym (^, Fig. 41), ohne die mindeste Spur von Structur, welches im Ganzen dem Bindegewebe höhe- rer Thiere ähnelt. Dieses Gewebe wird von den gastro-vasculären Canälen durchlaufen (D, Fig. 41) , welche überhaupt eine mit den Achsen des Stengels und der Zweige parallele Richtung befolgen; es enthält ausserdem Kalknadeln von verschiedenen Formen, Zellenzüge, kleinere, in Gestalt von Capillarnetzen verzweigte Canäle und Bündel von Muskel- fasern. Die Anordnung der gastro-vasciilären Canäle ist im Grunde sehr einfach. Auf einem Querschnitte des Stiels sieht man, dass die durchschnittenen Canäle ein Lumen von mehreren Millimetern besitzen, von einander durch dünne festhäutige Zwischenwände getrennt und nur durch wenige Quercanäle mit einander verbunden sind. Man sieht im Inneren dieser Canäle (D, Fig. 41) die acht unvollkommenen Scheide- wände, wie häutige, gefaltete Vorsprünge mit freiem, dickerem Rande. Auf einem Längsschnitte sieht man ausserdem, dass die Wände des Canals quer gefältelt sind, so dass man schon mit naktem Auge quere, an einander gedrängte Linien erblickt, welche abwechselnd schattige und helle Streifen bilden. Wenn die Schnitte in den Verzweigungen des polypentragenden Stammes gemacht sind, so zeigen sich die freien Ränder der Scheidewände dicker, wie angeschwollen und krausig ge- faltet ; sie gehen ohne Unterbrechung in die Mesenterialfalten und Fransen über. In den sprossenden Zweigen des Polypenstammes (Fig. 43, 45, 46, 47, 48) sieht man oft auf Querschnitten viel kleinere Canallöcher, deren Wände von einem dichtgedrängten Epithelium bekleidet sind, in welchem die grosse Zahl von Kernen und Körnchen eine grosse innere Thätigkeit bekundet. Wir nennen diese Canäle die Nähr canäle. Manchmal füllt diese ursprünglich zellige, flockenartige Masse des Epi- thels den ganzen Canal vollständig aus. Auf Längsschnitten kann man sich überzeugen, dass diese kleinen Canäle an ihrem peripherischen 122 Ciiiclarier. Eude bliiidgeschlossen siud, während sie anderseits mit den von den Kammern der Polypen ausgebenden Cauäleu in Verbindung stehen. Untersucht man entkalkte Schnitte genauer mit stärkeren Vergrös- serungen, so gewahrt man in der Masse des Coenenchms ein Netzsystem, c a Eia Theil der Fig. 43, der Nähe der Kuospe BP- entnommen, unter stai-ker Vergrösse- rung. a Bildangszellen der Knospe, stark mit Körnchen behulen; b Sammelcanal ; c Verbindungen dieses Canals mit der Knospe ; ä Capillarnetz der Nährcanäle ; e Bündel von Muskelfasern. welches bei schwächeren Vergrösserungen den Anblick eines maschigen Gefässnetzes gewährt, das von bedeutenderen Stämmen ausgeht, welche wir die Sammelcanäle (m w, Fig. 43 ; b, Fig. 45) nennen und schliess- lich sich in ein grobes Maschennetz auflöst, das den Capillarnetzen auf dem Bluthofe eines Embryos ähnlich sieht {d, Fig. 45). Mit stärkerer Vergrössei'ung (Fig. 46) scheint dieses Netz aus Zügen von gewöhnlich ovalen Zellen mit Körnchen und Kernen zu bestehen, welche wie Rosen- kränze an einander gereiht sind, und oft dünnere sternförmige Verzwei- gungen zeigen. In den dicken Sammelcanälen, welche in einiger Entfernung die gastro-vasculären Canäle, die Knospen und die Polypen umgeben, häufen sich diese Zellen (a, Fig. 45) dermaassen, dass sie nur noch verwirrte Massen bilden; in den gefässartigen Maschennetzeu sind Antliozoen. 123 sie vereiuzelter, und man glaubt dann oft an ihnen Wände zu sehen, welche aber nur die Umrisslinien der Höhlungen des Coenenchyms Fiff. 46. Quersclinitt sprossender Nährcanäle ; auu in der Knospung begriffene Canäle, welche das sie auskleidende Epilhelium c und das centrale Lumen zeigen ; c c Verbindungen ■mit feineren Canälen ; d Querschnitte von feinen Canäleu. Fig. 47. Längsschnitt, der einen sprossenden Canal enthält ; a peripherische Kruste des Stockes ; b Nährcanäle der Peripherie des Coenenchyms ; c sprossender Sammelcaual mit An- schwellungen; d capillare Netze, welche mit diesem Canale in Verbindung stehen; e Kammerwand eines benachbarten Polypen ; / Epitheliura des Endoderms dieses Poly- pen ; g Verbindung des Epitheliums mit dem sprossenden Canal ; h Muskelbündel, 124 Ciiidarier. sind, in welchen die Zellen stecken (d, Fig. 46), Diese Zellen und die Körnchen, die sie füllen, färben sich weit stärker als die Masse des Coenenchyms. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese in den Nährcanälen enthaltenen Zellen directe Erzeugnisse oder vielmehr Fortsetzungen des Endoderms sind, welches die gastro- vasculären Canäle auskleidet und die Knospen bildet. Man kann (c, Fig. 46) die directe Fortsetzung Durchschnitt einer vorgerückten Knospe : a a a Umrisse von drei Kammern benach- barter Polypen ; h Kruste des Polypenstockes ; c Vertiefung, welche die Ränder der warzenförmigen Erhöhung umschreibt, auf vrelcher der zukünftige Polyp durchbricht; d beginnende Einstülpung der äusseren Oeffnung; e Mund der Knospe: / Füliler, in der Bildung begriffen ; g Wülste der Halskrause mit noch rudimentären Spiesschen ; h Sammelcanäle , welche in Verbindung mit der Knospe stehen; i Capillarnetz von Nährcanälen im Coenenchym. des Epitheliums, welches einen Knospencanal auskleidet, in eine solche Zellenmasse sehen (Fig. 45 e, wo wir unter starker Vergrösserung einen Theil der Umgebung der Knospe (.B^^ pig. 41) mit den zahlreichen Berührungspunkten zwischen den Zweigen des Netzes und den mit Körnchen dicht gefüllten Zellen, der Bauchwand der Knospe, abgebildet haben). Die gleichen Fortsetzungen gewahrt man auf Längsschnitten der gastro-vasculären Canäle {g, Fig. 47), wo die Nährcanäle mit ihren Zellen sich von den Einfaltungen der Mesenterialfalten her in die Masse des Coenenchyms fortsetzen. Das Coenenchym ist also bis an den Rand von diesen Nährcanälen durchsetzt, welche mit Zellenzügen des Endoderms gefüllt sind, die ohne Zweifel mit dem Austausch der Stoffe und der Ernährung beauftragt sind. Diese Zellenzüge gehen bis zu der äusseren Kruste des Polypen- Antliozoen. 125 Stockes heran, wo sie blind zu enden scheinen. Man sieht oft Ver- zweigungen mit zugespitzten Enden, welche das Netz nicht erreichen; aber da die Canäle sich nach allen Richtungen hin verzweigen, kann man im Zweifel sein, ob diese Enden nicht schief durchschnittene Canäle sind. Diese Nährungscanäle bringen alle Polypen und alle Sprossen mit einander und mit der ganzen Masse des Coenenchyms in Verbindung. Wir kommen auf dieselben zurück, wenn wir von der Knospung sprechen. Man trifft zweitens im Coenenchym Bündel von Muskelfasern (p, Fig. 43; e, Fig. 45). Es sind sehr feine, glatte, etwas wellige, wenig angedeutete Fasern, deren Bündel überhaupt parallel der Axe des Polypenstockes angeordnet scheinen und die sich meistens in der Nähe der äusseren Rinde des letzteren finden. Auf gelungenen Schnitten sieht man strahlende Bündel dieser Fasern, welche vom Coenenchym aus gegen die Basis des Polypen hin verlaufen, indem sie sich um die von der Hülle des Kragens gebildete Falte herumbiegen (Fig. 42, Z). Schliesslich wird der letzte im Coenenchym sowie in den Polypen sich vorfindende Bestandtheil von den Kalkspies sehen gebildet. In der Halskrause der Polypen sieht man die bedeutendsten Spiesschen (Fig. 49), welche, wie wir oben sagten, auf den Wülsten in Winkeln gegen einander geneigt, am Grunde der Halski'ause dagegen quer ge- lagert sind. Diese Spiesschen sind sehr stark und lang, etwas ge- krümmt, und enden auf beiden Seiten mit wurzelähnlichen Verlänge- rungen. Sie sind mit warzenfönnig abgerundeten Unebenheiten ganz bedeckt und roth oder gelb gefärbt. Die im Innern des Coenenchyms sich befindenden Spiesse sind auch mit Warzen bedeckt, aber sie sind meist farblos, schlanker und enden mit abgestumpften Spitzen auf bei- den Seiten. Endlich bilden in der Peripherie der Polypenstöcke zer- brochene Spiesschen und andere mineralisirte Elemente in Form unregelmässiger Sterne oder krystallinischer Körperchen ohne bestimmte Gestalt eine mehr oder minder dicke Kruste (Fig. 50), welche durch Fig. 50. Fig. 49 Fig. 49. Warzige Spiesschen von bedeutender Grösse in den Wülsten der Halskrause der Polypen. Fig. 50. Peripherische Kruste des Polypenstockes unter starker Vergrösserung mit zerbrochenen, gesternten und krystalloiden Spiesschen. 126 Cnidarier. organische Substanz zusammengeklebt ist, die vermittelst Carmins sieb ziemlich lebhaft färbt, aber keine ausgebildeten Formbestandtheile sehen lässt. Ausser in der Halskrause der Polypen sind die Spiesschen im Coeneuchym ohne Ordnung zerstreut, aber gegen die Peripherie hin mehr aufgehäuft und in den Theilen des Coenenchyms seltener, welche die Canäle trennen. Es erübrigt uns noch, von den Fortpflanzungsweisen zu sprechen, insofern man sie in den Polypenstöcken beobachten kann: von der Bildung der Geschlechtsproducte und von der Erzeugung der Knospen. Wir haben schon gesagt, dass die Zoosperm Zellen sowie die Eier sich im Epithelium entwickeln, welches die Mesenterialfalten be- deckt. Man sieht (Fig. 51) dieses Epithelium anschwellen, warzen- förmige, rundliche Haufen bilden und sich dergestalt verdichten, dass man nur noch dunkle Körner und Kernmassen erblickt und die Zelleu- greuzen nicht mehr unterscheiden kann. In einem jeden solcher Haufen erscheint nun eine grössere hellere Zelle mit hellem Kern, um welchen herum einige rundliche Körperchen mit sehr deutlichen Umrissen ge- ordnet sind. Diese Zellen werden grösser, während die Körperchen sich bedeutend vermehren, und bald sieht man dicke Zellen mit helleren Centren, deren Peripherie wegen der grossen Zahl der Körperchen, welche augenscheinlich die Köpfe der Zoospermen sind (Fig. 52) und T?- n I'ig- 5-2. Fio-. 51. *= Fig. 51. Portion einer der Länge nach durchschnittenen Mesenterialüilte. Sechshundert- fache Vergrösserung. a Unverändertes Epithelium ; b Stützlamelle (Mesoderm) ; c Samenzelle inmitten einer Aufwulstung von epithelialen moditicirten Zellen d. Fig. 52. Reife Samenzellen, Vergrösserung 300 Durchm. wegen eines Ueberzuges von ejjithelialen Wimpei'zellen dunkel erscheint. Wir haben die Befreiung der Zoospermen nicht weiter verfolgen können; dieselben treten wohl durch den Bruch der Zellenwand in die gastro- vasculären Canäle um so leichter über, als das Epithelium, welches sie umgab, bis auf den einschichtigen Ueberzug von Wimperzellen , den wir erwähnten, vollständig resorbirt ist. Die Eier (Fig. 41, C) sind einer ähnlichen Entwicklung unter- worfen. Die ursprünglichen Eizellen haben das gleiche Aussehen und die gleiche Anordnung wie die Samenzellen, aber später wird der Dotter Anthozoen, 127 undurcbsiclitig und verdeckt auf diese Weise deu Kern und das darin enthaltene runde Kernkörperchen fast vollständig, während die Zellen- wand sich gleichzeitig verdickt und eine wahre Eischale bildet, in welcher wir sogar mineralisirte Körnchen zu sehen glauben (Fig. 41). Wir haben schon gesagt, dass durch die Entwicklung der Zeugungs- stoffe sich in dem Coenenchym zu ihrer Aufnahme Seitenhöhlungen bilden. Die Eier bleiben noch ziemlich lang an einem Stiel befestigt, der eine Fortsetzung des Coenenchyras ist und sich direct in die Ei- schale fortsetzt; wir haben manchmal zu sehen geglaubt, dass am Insertionspunkte dieses Stieles auf der Eischale sich ein klarer Raum befindet, welcher vielleicht ein Micropyle für den Eintritt der Zoospermen bildet. Kern und Kernkörperchen (Keimbläschen und Keimfleck) liegen stets in der Nähe dieses Insertionspunktes. Die Knospenbildung geschieht nicht unmittelbar durch die Polypen, sondern mittelbar durch die Nährcanäle. In denjenigen Theilen des Polypenstockes, wo keine Knospen- bildung stattfindet, sieht man die Canäle in der Art, wie wir sie unter einer kleinen Vergrösserung in Fig. 43 und unter einer stärkeren Ver- grösserung in Fig. 45 dargestellt haben. Sie bilden grössere Sammel- canäle, welche sowohl die Kammern des Polypen umgeben und mit einander in Verbindung setzen, als auch die dünneren Canäle der Netze, welche keine sehr scharf angedeutete Umrisse haben, sammeln. Aber in den knospenden Theilen der Zweige bemerkt man auf Querschnitten (Fig. 46, a) scharf umrissene Hohlräume, in welchen die Zellen sich oft dermaassen vermehren, dass sie den Raum gänzlich füllen. Auf Längsschnitten (Fig. 47, c) sieht man knotige Sammelcanäle stellen- weise geschwollen, so dass sie Rosenkränzen ähnlich sehen, und Erweite- rungen mit Zellen angefüllt, die in lebhafter Vermehrung begriffen sind. Es hält nicht schwer zu bestätigen, dass diese knotigen Canäle in directer Verbindung mit dem endodermischen Epithelium der Kam- mer und der Mesenterialfalten der Polypen stehen und dass sie direct oder durch die Vermittelung dünnerer Nährcanäle die Kammern aller benachbarten Polypen unter einander verbinden (a, Fig. 48). In diesen Erweiterungen der dickeren Nährcanäle, welche sich im Coenenchym in einiger Entfernung von der Peripherie finden, bilden sich die Knospen durch Difterenzirung der Zellenmassen, welche die Erweiterungen fül- len. Die Masse vermehrt sich und die Erweiterung wird eine runde Kammer, welche einfach im Coenenchym ausgehöhlt ist. Allmählich sieht man die strahligen Theile, den Mund, die Mesenterialscheidewände angedeutet und in dem Maasse, wie diese Diflfereuzirung sich ausspricht, rückt die Knospe nach der Peripherie vor (Fig. 43, B^ und i?-). Man sieht in Fig. 48 die Knospe in ihrer noch geschlossenen Kammer mit den Wülsten der Halskrause, welche durch die noch sehr kurzen in Bildung begriffenen Spiesscheu angedeutet sind, mit dem die Mund- 128 Cuidarier. Öffnung anzeigenden Räume und mit den herumliegenden Zellenanhäu- fungen, welche die eingeschlagenen Fühler werden. Diese Knospe ist durch zwei stark mit Zellen gefüllte Nährungscanäle mit zwei seitwärts befindlichen Polypenkammern und durch dünnere Canäle mit einer dritten Kammer verbunden. Endlich sieht man an der Peripherie inmitten einer Warze eine Vertiefung entstehen, welche durch allmäh- liche Einstülpung nach innen eine Falte des Coenenchyms hervorgehen lässt, welche in den ausgebildeten Polypen die Scheide der Halskrause und des Kragens bildet. Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass die Knospen sich aus dem gemeinsam von der Gesammtheit der Nährungscanäle zusammen- gesetzten Behälter bilden, dass sie nicht von einem einzigen Polypen erzeugt werden und dass alle Organe des Polypen, die Scheide der aus- streckbaren Theile ausgenommen, sich auf Kosten der Zellen des endo- dermalen Epitheliums differenziren, welches die gastro-vasculären Näh- rungscanäle auskleidet. Die Polypen der Anthozoen sind in der Eegel irfsofern homomorph, als nur eine einzige Art von Individuen sich auf einem Stock befindet. Die Pennatuliden und einige Alcyouiden allein bieten dimorphe Individuen, ge- schlechtliche, die mit Fühlern und acht Mesenterialfalten versehen sind, und ausserdem von Kölliker Zooiden genannte Individuen , die weder Ge- schlechtsorgane noch Fühler und nur zwei einander entgegengesetzte Mesen- terialfalten besitzen. Die ursprüngliche Symmetrie aller Anthozoen erhält sich bei diesen Zooiden durch das ganze Leben. Die Organisation der P0I3'- pen ist wesentlich dieselbe bei allen Octactiniern, jedoch Avird bei vielen die Sclieide des Kragens steifer, so dass sie sich nicht mehr in ihre Kammern zurückziehen können. Die Mesenterialfalten sind verschieden entwickelt; bei vielen unter ihnen bilden sich freie Verlängerungen derselben, sogenannte Mesenterialfilamente. Die Zwischenwände der Octactinier sind nie- mals verkalkt und meistens unvollständig, insofern sie nur Vorsprünge gegen den Hohlraum der gastro-vasculären Canäle bilden , ohne in dem Centrum zusammenzustossen. Die Beziehungen dieser Canäle zu den Polypen und üiren Kammern variiren sehr. Bei den einen bilden die Canäle wie bei un- serer typischen Art directe Fortsetzungen der Kammern, so dass die Mesen- tei'ialfalten sich auch in das Lumen der Canäle fortsetzen, bei den anderen sind die Kammern mehr geschlossen imd verkehren mit dem Coenenchym nur durch Nährcanäle, in welchen man keine Spvir von Mesenterialfalten mehr findet. Die Nährcanäle vai'iiren auch sehr in ihrem Verhalten. In der rothen Edelkoralle {CoralUum rubrum) wie überhaupt bei Gorgoniden und Isideen umgeben die Sammelcanäle der Länge nach an einander gedrängt die Axe des Skelets; bei den Pennatuliden sind diese Sammelcanäle in sehr geringer 'Zahl vorhanden und laufen parallel mit der Axe. Es giebt nur wenige Gattungen von Octactiniern, welche vereinzelt bleiben (Haimea)'; bei allen anderen geht aller "Wahrscheinlichkeit nach die Knospenbildung, welche die Organisation der Kolonie bedingt, von den Nahrungscanälen und niemals dii-ect von den Polypen aus. In der Regel sind alle einen Stock bildenden Individuen gleichen Geschlechts ; doch hat man bei der Edelkoralle (La c'aze - Duthiers) Stöcke, welche aus Individuen verschiedenen Geschlechtes bestehen und selbst in sehr seltenen Fällen hermaphroditische Individuen Anthozoen. 129 gefunden. Die Qctactinier sind vivipar; die Eier werden von den durch die männlichen Stöcke in das Meer gelassenen Zoospermen befruchtet, indena sie mit dem Wasser in die gastro - vasculären Canäle der weiblichen Stöcke und dort in Berührung mit den Eiern kommen. Die aus den Eiern hervorgegan- genen Embryonen sind Planulen mit Wimperbedeckung, welche durch den Mund der Polypen ausgestossen werden und eine Zeitlang frei im Meere herumschwimmen, ehe sie sich, um Polypen zu werden, festsetzen. Die Skeletbildungen fehlen bei den Octactinianern niemals , aber sie können in verschiedener Weise gestaltet sein. Bei einigen (Virgularia , Cor- nularia) findet man nur Verhärtungen des Coenenchyms, welche ein horniges Aussehen annehmen, und dieses hornige Skelet kann entweder ein Büchschenj eine Theca bilden, welches die Wurzelstöcke und die Polypen in Form von Kelchen {Cornularia) umhüllt, also rein peripherisch ist, oder es kann eine mehr oder minder solide und centrale Axe gebildet werden, die vom weicheren Coenenchym wie von einer Einde umhüllt ist, in welcher die Polypen sitzen. Diese in den meisten Fällen aus concentrischen Schichten bestehenden axia- len Skeletbildungen führen zu denjenigen der Gorgoniden, wo die Axe hornig bleibt, während das Coenenchym mit Kalkspiesschen beladen ist, und zu den Isideen und der Edelkoralle, wo die Axe kalkig wird, entweder nur stellen- weise oder auf ihrer ganzen Länge. Bei der Edelkoralle ersetzt die fast homogen gewordene Kalkmasse schliesslich fast gänzlich die hornige Grund- substanz. Bei aUen anderen finden wir im- Coenenchym Kalkspiesschen von sehr verschiedenen Fennen, cylindrische, warzige, gesternte u. s. w. , welche bald mehr zerstreut sind, bald durch das verhärtete Coenenchym zusammen- gelöthet werden. Diese Spiesschen können sich auch mehr oder minder auf die Gewebe des Polypen ausdehnen. Je mehr die Spiesschen sich in dem Coenenchym anhäufen , desto härter wird letzteres und je nachdem sie sich in den verschiedenen Theilen der Stöcke verschmelzen, werden Axen (Coral- liu7n) , neben einander hegende Eöliren {TuMpora) oder steinige Massen mit pseudokrystallinischer Gestaltung [Hdiopora) gebildet. Bei den HexacHaiern , mit Ausnahme der Malacodermen , gelangen die Skeletbildungen zu grösserer Wichtigkeit durch den Umstand, dass ursprüng- liche Krystallisationen, welche sich im Mesoderm bilden, steinige Massen mit krystaUinischem Bau erzeugen ; diese Bildung lässt sich schon bei den Tuhi- poriden bemerken, wo die Wände der Röhren sowie die Querwände aus krystallinischen zusammengefügten Stücken bestehen. Bei allen Madrepori- den entstehen die Skelettheile nicht durch die Verschmelzung ursprihiglich isolirter Spiesschen, sondern sind von ihrem ersten Erscheinen an von solchen krystallinischen Stücken gebildet, in deren Anordnung man zwei Hauptrich- tungen unterscheidet : strahlige Anlagen , welche Figuren wie Federn oder Federbüsche bilden , und zweitens unregehnässige Anlagen ohne bestimmte Ordnung. Um die Anordnung näher zu untersuchen, muss man Schnitte anfertigen, die in ähnlicher Weise wie Dünnschliffe von Mineralien abge- nutzt und geschlift'en werden. Wenn die trockene, in dünne Stücke zersägte Koralle beim Dünnschleifen zu zerbröckeln droht, so kann man sie eine Zeit- lang in geschmolzenes Paraffin tauchen , das man nachher, nach Vollendung des Schliffes, durch irgend ein auflösendes Mittel entfernen kann. Eine andere bedeutende Verwicklung entsteht aus der Verkalkung fast aller Theile, welche entweder die Polypen oder den Stock in seiner Gesammt- heit bilden. In den äussersten Fällen sind es nur die rückziehbaren Fühler mit den ihrer Grundlage näheren Theilen, welche von der Verkalkung nicht ergriffen werden , alles Uebrige , Scheidewände mit den Mesentei'ialfalten, Coenenchym, Rinde werden mehr oder minder versteinert. Aus diesen Ver- kalkungen entstehen die verschiedenen von den Zoologen unterschiedenen Vogt u. Yung, prakt. vergleich. Anatomie. Q 130 Cnidarier. Theile der Korallen , die poröse oder solide Mauer oder äjissere Hülle , die Scheidewände oder S t r a li 1 e n , welche sich oft im Centrum der Kammern der Polj'pen , in Pfählchen, d. h. senkrechten von einander getrennten Stäben oder in einer centralen, gewöhnlich poi-ösen Columella vereinigen. Die verschiedenen Abänderungen dieser Theile , zu welchen sich zuweilen noch horizontale Böden oder Dissepimente gesellen , haben eine bedeu- tende Wichtigkeit für die beschreibende Zoologie. Wir haben nur beizufü- gen, dass alle diese Theile sich im Mesoderm bilden und dass es nicht zwei verschiedene Weisen für ihre Bildung giebt , wie man bis in die neuere Zeit geglaubt hat. Die Untersuchung der Heoctactinier mit Skelet ist sehr schwierig. Um einige Resiütate zu erlangen, muss man die Beobachtungen an Theilen, die von lebenden Polypenstöcken im Augenblicke ihrer grössten Ausdehnung ab- geschnitten wurden, wie z. B. Fühler, mit denjenigen, welche an entkalkten, dann gehärteten und in Schnitte zerlegten Polypenstöcken gemacht Avurden, sowie endlich mit Untersuchungen von Dünnschliffen des von den organi- schen Theilen befreiten nnd nachher getrockneten Polypenstockes combini- ren. Man kann auch diese beiden Methoden vereinigen (v. Koch), indem man Dünnschliffe von gehärteten und in Paraffin eingeschlossenen Polypen- stöckeii anfertigt, welche man nur oberflächlich mit verdünnten Säui'en an- ätzt. Aber um genügende Resultate über die weichen Theile zu erlangen, wird man sich an die Malacodermen und in erster Linie an die Actinien wenden müssen , welche an allen Küsten und in allen Seeaquarien so häufig sind. Hier bieten sich nun Schwierigkeiten anderer Art. Die Actinien ziehen sich so sehr zusammen, und ihre äusseren und inneren Theile kleben so innig durch häufige Schleimabsonderungen im Augenblicke des Todes zusammen, dass Alles unkenntlich wird. Wir verweisen bezüglich der zu ergreifenden Vorsichtsmaassregeln und der Untersuchungsmethoden auf das ausgezeichnete Werk der Brüder Hertwig (Jenaer Zeitschrift Bd. 13 imd 14), indem wir nur die Hauptzüge dieser Methoden hier angeben. Um die Actinien im aus- gestreckten Zustande zu tödten , bläst man Tabaksrauch in eiia die Actinie enthaltendes und mit Seewasser gefülltes Glas , welches in ein anderes eben- falls Seewasser enthaltendes Gefäss umgestülpt ist, und fährt damit so lange fort, bis die Actinie beim Kneifen der Fühler nicht mehr reagirt. Man öffnet sie dann, um die fixirenden oder dissocirenden Reagentien, die man gebrauchen will, in das Innere einzuspritzen und taucht hierauf den ganzen Körper in die Flüssigkeit ein. Als dissocirendes Mittel gebraucht man eine Mischung von Essigsäui-e zu 0,2 Proc. und Osmiumsäure zu 0,04 Proc. mit vielem Seewasser. Man lässt die Theile während 3 bis 10 Minuten darin und wäscht sie dann gehörig mehrere Stunden lang mit reiner Essigsäure zu 0,2 Proc. aus. Man zerzupft mit Nadeln und fährt mit der Zerzupfung unter dem Mikroskop -fort, indem man leicht mit einem Stäbchen auf das Deckgläschen klopft, unter welches man ein Haar gelegt hat, um eine zu starke Pression zu vermeiden. Man färbt, sei es vor, sei es nach dieser Operation, mit Pikrocarminat oder B e a 1 e ' s Carmin und bewahrt die Präparate in mit einer gleichen Menge Wasser vermengtem Glycerin auf, dem man einige Tropfen concentrirter Carbolsäure beifügt, \\m das Verschimmeln zu verhüten. Um feine Schnitte anzufertigen, härtet man in Alkohol oder Osmiumsäure zu 0,5 Proc. und färbt mit Pikrocarminat oder auch mit Grenacher's Carmin. Aber um zu schneiden, muss man die Objecte in einer Mischung von Glycerin und Gummi einschliessen. Solche Stoffe, wie Paraffin etc., welche erst durch Hitze flüssig werden, können zu diesem Zwecke nicht gebraucht werden. Da die Actinien , mit Ausnahme weniger Gattungen , keine colonialen Anthozoen. 131 Formen bieten, so kann auch von gastro - vasculären oder Nährungscanälen nicht die Rede sein. Der Körper stellt sich als ein doppelter, durch Einstül- pung des Mundrohres gebildeter Sack dar und letzteres ist in seinerLage durch die zahlreichen Scheidewände erhalten. Die Scheidewände erster Ordnung sind stets vollständig und verbinden das Mundrohr mit dem äusseren Sacke, während die secundären Scheidewände oft unvollkommen sind, aber in diesem Falle stets von der Peripherie ausgehen, ohne das Mundrohr zu erreichen. Die Scheidewände, welche sich mit letzterem verbinden, sind stets von wenig- stens einer Queröfifnung durchbohrt, oft von zweien, welche auf diese AVeise die zwischen den Zwischenwänden abgegrenzten Räume zusammen verkehren lassen. Da der äussere Sack nicht von einem Skelet gestützt wird, ist er sehr dick und muskulös ; man unterscheidet an ihm die peripherische Wand, die Mauer genannt, und oft eine verdichtete Fussscheibe. Der Sack ist nach innen eingebogen, iim die Mundscheibe zu bilden, in welcher Muskeln und Nerven ihre bedeutendste Entwicklung zeigen, und auf deren pheripherischem Rande die stets hohlen Fühler sitzen , welche verschiedene Formen haben und oft in concentrischen, stets mit einander abwechselnden Kreisen angelegt sind. Der im Centrum der Scheibe angelegte Mund zeigt sich stets mehr oder minder in Gestalt einer ovalen Spalte. Das Mundrohr endet in der Nähe der Fussscheibe mit einem freien Rande. Die bei den Larven sj'mme- trisch angelegten Scheidewände nehmen oft sehr an Zalü zu: sie tragen die Zeugungsorgane, die Mesenterialfalten und in einigen Gattungen {Sagartia , Adamsia) die sogenannten Acontien, lange, mit zahlreichen NesselzeUen versehene Fäden, welche von den freien Rändern der Scheidewände ausgehen , und durch im Mauerblatte angebrachte Oeffnungen , welche man Cincliden genannt hat, hinausgeschneUt werden können. Diese Acontien dienen als Vertheidigungswaflfen. Das Ectoderm und das Endoderm bieten durchaus die gleichen Bestand- theile wie bei den anderen Anthozoen. Man findet in beiden Wimper -, Nessel- und DrüsenzeUen ; man findet ausserdem im Ectoderm und besonders auf den Fühlern und der Mundscheibe fadenförmige sensitive Zellen mit sehr feinem, äusserem Haare, welche durch sehr zarte Nervenfädchen sich bis zu einer Schichte von im Grunde des Epitheliums gelegenen Nervenzellen fortsetzen. Feine Fasern und Zellen nervöser Bildung sind überaU vertheilt, letztei'e sind vorzüglich multipolar ; man findet sie besonders in den Fühlei'n und der Mundscheibe entwickelt. An dem Mesoderm sind dem Ectoderm sowie deni Endoderm angehörige, dünne Muskelausbreitungen angelagert; besondere Bündel bilden die Muskelfasern der Scheidewände, welche bei eini- gen Actinien auf verschiedene Weise orientirt sind. Die Zeugungsorgane bieten keine besonderen, von den Gestaltungen, die sich bei den Octactiuiern vorfinden, abweichenden Eigenthümlichkeiten. Literatur. Milne-Edwards et J. Haime, Eeclierches sur les Poly- piers, Annal. Scienc. nat. 1842 bis 1852. — Id., Histoire naturelle des Coralliaires, 3 Vol., Paris 1857 bis 1860. — De Lac az e -D uth i er s , Histoire naturelle du Corail, Paris 1864. — Id., Memoire sur les Antipathaires, Ann. Scienc. nat 1864. — Id., Ibid. 1865. — Id., Developpement des Coralliaires Arch. Zool. e.vperim. Tome I et II, 1872 bis 1875. — Kölliker, Icones histol. Vol. II, Leipzig 1865. — Id., Die Pennatuliden. Abhandlung. Senkenberg. Gesellsch. Frankfurt. Bd. VII und VIII, 1872. — Semper, Generationswechsel bei Steinkorallen. Zeitschrift wissensch. Zool. Bd. XXII, 1872. — A. von Heider, Sagartia troglodytes. Sitzungsb. Academ. Wien 1877. — Id., Cerianthus membranaceus. Ibid. 1879. — J.D.Dana, Corals and Coral Islands. New -York 1879. — O. und R. Hertwig, Die Actinien. Jenaer 9* 132 Cnidarier. Zeitschr. für Naturwiss. Bd. 13 und 14, 1879 bis 1880. — G. von Koch, Anato- mie der Orgelkoralle. Jena 1874. — Id., Verschiedene Abhandlungen über: Isis na- politana, Gorgonia, Skelet der Alcyonarien, Korallen etc. in Gegenbaur, Morphol. Jahrbuch. Bd. 4 bis 8, 1878 bis 1882. Classe der Hydromedusen (Hydromedusa). Coelenteraten mit in der Körpersubstanz ausgehöhltem Mundrohre, das nur vom Endoderm bekleidet ist und keine freien Wände besitzt. Zwei verschiedene Grundformen kommen vor: die polypoide, welche gewöhnlich festsitzt, und die medusoide, welche in ihrer definitiven Ausbildung frei wird. In den meisten Fällen gehen die beiden angegebenen Formen aus einander hervor und vervollständigen auf diese Weise den Cyclus einer und derselben Art durch Generationswechsel. Aber diese Regel bietet Ausnahmen; wir kennen in der That einerseits Arten, welche ganz auf eine einzige polypoide Form beschränkt sind, wie die Gattung Hydra des süssen Wassers, während Pelagia anderseits nur in Medusenform vorkommt. Wenn die Polypen grösstentheils auf dem Boden fest- gewachsen sind, so kennen wir doch einerseits auch die schwimmen- den Kolonien der Siphon ophoren, die grösstentheils aus Polypen be- stehen, und wiederum trennen andererseits eine, Menge medusoüler Knospen sich niemals vom Polypen, welcher sie erzeugt hat, während die vollkommenen Medusen frei im Meere herumschwimmen. Die Polypen bilden, mit wenig Ausnahmen, Kolonien, aber diese Kolonien sind in den meisten Fällen polymorph und bestehen aus wenigstens zwei, durch Gestaltung und Function verschiedenen Foi'men von Individuen. In gewissen Fällen wird dieser Polymorphismus so weit getrieben, dass fast alle Functionen, welche einem Organismus zukom- men können , auf specialisirte Individuen vertheilt sind. Die Medusen im Gegentheil bleiben stets vereinzelt als Individuen und in den Fäl- len, wo sie Knospen treiben, trennen sich diese Knospen vollständig in der Zeit ihrer Reife und bleiben niemals mit dem mütterlichen Indivi- duum in- kolonialer Verbindung, Wenn die medusoide Form unstreitig in morphologischer Hinsicht die vollkommenste ist und eine höhere Organisation bietet, so folgt daraus nicht , dass die polypoide , hinsichtlich der Organe und der Gewebe sehr untergeordnete Form die Urform sei, aus welcher sich die Medusenform durch fortschreitende Ausbildung entwickelt hätte. Die festsitzenden Formen sind stets im ganzen Thierreiche secundäre , aus freien und schwimmenden Typen hervorgegangene Formen. Wir fin- den bei allen sessilen Thieren jugendliche Larvenformen, welche sich frei bewegen. Die Anpassung an das festsitzende Leben geschieht stets Hydromedusen. 133 durch die Verringerung gewisser Organe und durch die mehr oder minder bedeutende Rückbildung des ganzen Organismus. Wenn wir diesen Grundsatz auf die Classe der Hydromedusen anwenden, so müssen wir anex'kennen, dass die Meduse die Urform sei, aus welcher sich durch Rückbildung die polypoide Form entwickelt hat. Die Pelagien und die ihnen nahe stehenden Medusen haben die ursprüngliche Generations- form beibehalten, bei welcher die Meduse unmittelbar Medusen erzeugt ; bei den anderen haben sich polypoide Formen im Laufe der Ausbildung der Art eingeschaltet. Die gegenwärtig geltende Classification, deren zoologischen Werth wir nicht verringern wollen, kann uns für die anatomische Untersuchung nicht maassgebend sein. Die drei angenommenen Ordnungen: die Hydrarpolypen, welche craspedote Medusen erzeugen, die Siphonop boren und die acraspeden Medusen bieten stets die beiden Grundformen der Medusen und Polypen, freilich in verschiedenen Graden entwickelt und mit einander verkettet dar; die beiden Endglie- der sind durch eine Reihe von Zwischenformen mit einander verbunden, die mannigfache Uebergänge bilden. Wir studiren die beiden Grund- formen Meduse und Polyp anatomisch jede für sich, indem wir uns vorbehalten, die Zwischenformen ihren wesentlichen Gi'undzügen nach in den Noten am Schlüsse zu charakterisiren. M e d u s 0 i de F o r m. Typus: Aurelia aurita. L. Cosmopolite Form. Sehr gemeine Art in der Ostsee, der Nordsee, im Canal, im Ocean und in einigen Orten am Mittelmeer, wie Cette und Triest. Der eher flache, nur bei der Zusammenziehung gewölbte Schirm erreicht bis 2 dem Durchmesser. Herrschende Zahl = 4. Ränder des Schirmes mit einem ausgezackten Velarium, lanzettförmigen Schutz- blättchen und sehr zahlreichen Fühlern besetzt. Vier einfache Arme. Centraler kreuzförmiger Mund an der unteren Körperseite zwischen den Pfeilern der Arme. Genitalrosette aus vier zuerst hufeisenför- migen, später fast kreisförmigen Bändern bestehend. Präparation. Da das Thier ganz durchsichtig ist und nur eine leichte, diffuse, röthlichviolette Färbung besonders an den Fühlern und den Genitalrosetten zeigt, so kann man junge Tbiere unmittelbar unter dem Vergrösserungsglase beobachten, während die grossen Exemplare lebendig unter dem Wasser zerschnitten werden. Die Kleinenberg' - sehe Pikrinschwefelsäure ist für die Untersuchung sehr nützlich. Einige Tropfen, welche der Flüssigkeit eine hellgelbliche Färbung verleihen, 134 Cnidarier. tödten das Thier und ziehen die häutigen Ausbreitungen der Subum- brella und die Wände der Canäle ein wenig zusammen, so dass sie auf der ganz durchsichtigen Masse des Leibes viel sichtbarer werden. Sehr schwache Osmiumsäure leistet die gleichen Dienste, hat aber den Nach- theil, dass sie die Gewebe bald zu sehr schwärzt. Um die Thiere so zu härten, dass man Schnitte machen kann, muss man die Methode der Brüder Hertwig anwenden, welche darin besteht, dass man die Thiere in Osmiumsäure zu 0,5 Proc. während 5 bis 15 Minuten, je nach ihrer Grösse, legt, sie sodann unmittelbar mit Pikrocarminat oder Beale's Carmin färbt und die Stücke nach- her in verdünntem Spiritus härtet. Um die gehärteten Theile zu schneiden, bettet man sie in entsprechend ausgehöhlte Leberstücke ein Fig. 53. ' J f ,h' Erwachsene Anrelia aiirita in halber Grösse. Um die Figur nicht zu überladen, sind die gastro-vasculären Strahlencanäle der SubumbreUa weggeLassen. a Mund; öArme; b^ Manschetten der Arme ; h^ gefranzte Ausbreitungen an den Armen ; h° Armstiel ; c Dicke der Umbrelhi ; d eingebogenes Vclarhim; e Randcanal; y Tentakeln : g rand- ständige Sinneskörperchen ; h^ äussere Oeftnung der Genitalhöhle ; A^ Genitalrosette ; A"* Rand der Genitalhölile. Hydromedusen. 135 und kittet sie vermittelst Glyceringummi fest. Paraffin und andere durch Hitze flüssig werdende Massen können nicht zur Einbettung ver- wendet werden. Die fixirten Stücke werden in verdünnten Spiritus gelegt, um das Gummi zu härten. Für die Zerzupfung gebraucht man die früher angegebene Mischung von Osmium- und Essigsäure. Man unterscheidet zwei grosse Haupttheile des Körpers, den Schirm, welchen das Thier in gutem Gesundheitszustande stets so trägt, dass die Wölbung nach oben oder nach vorne gerichtet ist, und die Arme, welche im Ceutrum der hohlen Fläche des Schirmes augeheftet sind. Der Schirm zeigt an seinem äusseren Rande und zwar auf der gewölbten oder aboralen Fläche acht durchsichtige Körperc-hen mit far- bigem Centrum, welche kleine Vorsprünge bilden und mit acht gleich- weitig abstehenden Strahlen in Verbindung stehen. Diesen Sinnes- körperchen entsprechend ist der nach innen eingebogene, auf seinem Umkreise wellige und mit sehr zahlreichen Fühlern besetzte Schirm- rand (Fig. 53) tief eingeschnitten und im Grunde dieser Einschnitte springen die mit durchsichtigen Kapuzen bedeckten Körperchen vor. Im Centrum der hohlen Fläche des Schirmes sind die vier sehr beweglichen Arme befestigt, welche bei mittlei'er Ausdehnung kaum den Rand des Schirmes überragen und im Centrum ihrer Vereinigung eine kreuz- förmige Oeffnung zeigen, den Mund, deren Ecken sich als Rinnen auf den Armen fortsetzen. Zwischen den Armen sieht man im Grunde des Schirmes vier ovale oder fast kreisförmige Räume, in welchen die um- gebogenen und lebhaft roth gefärbten Geuitalbänder durchscheinen. Die Gipfel dieser vier Höhlungen entsprechen vier sensitiven Rand- körperchen, während die vier anderen den Mundwinkeln und den En- den der Arme entsprechen. Man bemerkt ausserdem auf der Fläche des Schirmes selbst die radiär verlaufenden gastro- vasculären Canäle (Fig. 54 a. f. S.). Um diese allgemeine Anlage der Theile zur Anschauung zu bringen, genügt es, die Meduse auf die gewölbte Fläche des Schir- mes in ein Gefäss zu legen, das Wasser genug enthält, um sie gerade zu decken, aber nicht genug, dass sie sich umwenden könnte. Einige Tropfen von Osmium- oder Pikrinschwefelsäure genügen, um sie un- mittelbar unbeweglich zu machen. Der Schirm besteht in seiner Gesaramtheit aus einer ganz durch- sichtigen, ziemlich festen Substanz, in welcher man während des Lebens keine Formelemente nachweisen kann. Selbst unter den stärksten Vergrösseruugen erscheint diese Substanz durchaus homogen ; man sieht sie im Wasser, wie ein Stück Glas, nur wegen des etwas stärkeren Brechungsvermögens des Lichtes. Die Fasern oder vielmehr Streifen- züge, welche man in dieser Substanz nach dem Gebrauch von wasser- absorbirenden Reagentien entdeckt, könnten wohl nur das Ergebniss unregelmässiger Gerinnungen sein. Diese an der oberen Seite etwas gewölbte, auf der untei'en Seite 136 Cnidarier. hohle Schirmsubstanz, in welcher die Genitalhöhlen ausgegraben sind, setzt sich im Centrum in eine vierseitige Säule fort, welche in der Fig. 54. OL -K' Ansicht eines juugeu Individuums von unten , um die Anordnung der Gastrovasculär- canäle zu zeigen. Rechts ist das Velarium nach innen eingeschlagen , links ist es nach aussen gewendet. Die BuchstaLen a bis h haben dieselbe Bedeutung wie in der vorigen Figur, i grosser vasculärer Randcanal ; h gerade unverzweigte Canäle ; l ver- zweigte Canäle ; l^ Stämme ; P' besenartige Aeste der verzweigten Canäle. Mitte von der kreuzförmigen Mageuhöhle durchbohrt ist und in die vier Arme ausläuft, deren Grundlage die Substanz bis ans Ende bildet. Auf der gewölbten Seite, der Exumbrella, ist der Schirm von einem sehr dünnen einschichtigen Pflasterepithelium überdeckt, in welchem Gruppen von sehr kleinen Nesselzellen zerstreut sind. Die Ränder des Schii'mes verdienen eine besondere Aufmerksam- keit. Man bemerkt daselbst viererlei Theile von besonderer Form : die Decklamellen, die Fühler, das Velarium und die Sinnesorgane. Die homogene Substanz des Schirmes, welche nach den Rändern zu dünner wird, ist daselbst in eine grosse Anzahl länglicher zungen- förmiger Plättchen zerlegt , welche von dem gleichen Epithelium (Fig. 55a) mit Gruppen von Nesselkapseln («') bedeckt sind, wie es die gewölbte Seite des Schirmes besitzt. Die schmale tutenförmig einge- rollte Basis dieser etwas geschweiften und dachziegelförmig über ein- ander liegenden Deckblättchen ruht auf dem gastro - vasculären Randcanale (^), welcher an der Peripherie des Schirmes verläuft und umfasst je die Wurzel eines Fühlers. Hydro medusen. Die Raudfühler (Fig. 55&) sind sehi- zahlreich und können so ausdehnen, dass sie fast die gleiche Länge wie der Durchmesser Fig. 55. .t 137 sich des f 3 Aurelia aurita, vergrösserter Theil des Schirmrandes, u über einander liegende Deck- lamellen ; a' Gruppen von Nesselzellen; b Randfühler; c Rand des Velarium; d gastro- vasculärer Randcanal ; e nach innen verlautender Strahlencanal ; / Oeffnungen der Höhlen der Fühler in den Randcanal; rj Faserzüge zwischen diesen Oeffnungen. Schirmes erreichen. Die Aurelia schleppt sie beim Schwimmen gewöhn- lich wie einen Kranz von feinen Fädchen nach. Sie sitzen unmittelbar auf dem Randcanale auf und man sieht beim Untersuchen des Schirm- randes von der unteren Seite her ganz gut die Oeffnungen, durch welche ihre inneren Höhlungen mit diesem Canale communiciren, während von der oberen Fläche her, wie sie unsere Fig. 55 darstellt, man ihre Oeff- nungen nur wie Schattenflecken sieht, die man für solide Anhäufungen halten könnte. Die Fühler sind in der That hohle, am Ende geschlossene und aus ziemlich dicken Wänden gebildete Röhren, in welchen man nach Behandlung durch Reagentien zwei Lagen gekreuzter Muskelfasern unterscheidet, von denen die einen der Länge nach verlaufen, während die anderen um den Cylinder eng au einander gedrängte Windungen bilden. Wenn sich die Fühler zusammenziehen, rollen sie sich wie Korkzieher ein. Ihre ganze Oberfläche ist mit Nesselkapseln bedeckt, welche in Querbinden geordnet sind und den Fühlern bei mittlerer Ausdehnung ein geringeltes Aussehen geben. 138 Cniclarier. Das VeLarlum (Fig. 55 c) ist elier eiue Fortsetzung der Subum- Lrella, einer sehr muskulösen Membran, in welcher man schon ohne Präparation die kreisförmigen Muskelfasern an den Wellenformen er- kennen kann, welche sie bei ihren Zusammenziehungen beim Schwim- men erzeugen. Es ist in den Orten, wo sich die Sinnesorgane finden, tief eingeschnitten und in diesen Einschnitten stellen sich zwei Deck- lamellen so zusammen, dass sie zwei längliche SchutzlajDpen bilden, welche , von der Seite gesehen , zwei aufgerichteten Fledermausohren ähneln, während beim Blick von vorne diese Plättchen zwei Züngelchen gleichen, deren S^Ditzen nach der Pheripherie zu gerichtet sind (Fig. 56). Die acht Sinnesorgane oder Randkörperchen sind auf der gewölbten Seite des Schirmes in einer kleinen Entfernung vom Rande Fig. 56. /, Aurelia aurita. Sinneskörperchen mit seiner Umgebung im Profil bei einer Vergvösse- rung von 110 Durchmessern. « Theil des Schirmes mit Nesselzellen; h Stellen ohne Nesselzellen; c Schutzhelm; f^ innere Lippe; c^ äussere Lippe des Helmes; d Siunes- körper ; d^ Otocyste ; d'^ Augenfleck ; d'' oberes Nervengrübchen ; d'^ unteres Nerveu- gi-übchen; d^ hohler Stiel; e halbmondförmige Hörner des Gastrovasculärcanals ; 1^ Oeflnung des Hornes in den. Canal des Stieles ; e^ Gastrula einer Aurelia , die in dem Home umherschwimmt; e^ das andere Hörn des Halbmondes durch das durch- sichtige Gewebe hindurch gesehen; / Gastrovasculärcanäle , die mit den vorigen und den Canäleu der Fühler communiciren ; // Üecklamellcn; h Fühler. Hydromedusen. 139 augelegt. Man sieht sie mit blossem Auge (Fig. 54 g) als kleine weisse, in der Mitte einen rothbraunen Fleck tragende Punkte, die von einem dvirchsichtigeu Helme überwölbt sind, welcher auf der Oberfläche des Schirmes vorspringt. Ihre directe Umgebung sowie der Schirm , der sie überragt, zeigen keine Nematocysten. Sie sind aus einem kurzen und hohlen Stiele (Fig. 56 d^ bis d^) mit ziemlich dicken Wänden gebildet und ihre Höhlung mündet un- mittelbar in den kreisförmigen gastro-vasculären ßandcanal gegenüber der Mündung des Stammes eines verzweigten, strahligen Hauptcanals. Der Verbiudungscanal y sendet, bevor er in den Stiel des Organes ein- tritt, zwei seitenständige Blindsäcke e^ e^ aus, welche in der Weise gekrümmt sind, dass der Stiel, von vorne gesehen, wie in einem Halb- monde aufgestellt erscheint, dessen Sicheln mit ihren Spitzen nach der Peripherie zu gewendet sind. Das Innere des Stieles und des Halb- mondes ist, wie das ganze System der gastro-vasculären Canäle, von einem feinen Wimperepithelium bekleidet und man sieht oft von dieser Wimperbewegung getriebene Körperchen in diesen Theileu hin und her fahren. Man findet auch (wenigstens in Cette sehr häufig im Monat März) in diesen Höhlungen junge Aurelien im Gastrula-Stadium, welche sich in diesen Canälen herumtreiben und auf diese Weise einen Beweis von ihrem Zusammenhange liefern. Am peripherischen Ende ist die Höhlung des Stieles durch eine feine quere Scheidewand geschlossen, welche von einer Kugel mit sehr dünnen Wänden überragt ist (?i, in der sich eine Druse prismatischer Ki'ystalle mit spitzen Enden vorfindet, welche durch einen gallert- artigen Stoff zusammengehalten werden. Auf der Aussenfläche sieht man noch an der Uebergangsstelle zwischen Stiel und Endkapsel einen braunen mehr oder minder ausgedehnten, von diffusem Pigment gebil- deten Fleck d'K FJs ist der Augenfleck; hinter diesem Flecken zeigt sich eine eingebogene, von einem dickeren Epithelium bekleidete Falte, die wir mit Schaefer das obere Nervengrübchen nennen d^. Diesem Grübchen entspricht ein anderes unteres Nervengrüb- chen #, welches etwas weiter zurück an der entgegengesetzten Seite des Stieles sich befindet. Die Krystalldruse sitzt mit ihrem hohlen Stiel in dem Ausschnitte zweier helmförmiger Wölbungen (Fig. 56 c^ und c-), welche eine ober- halb der allgemeinen Oberfläche des Schirmes vorspringende durch- sichtige Warze bilden. Man sieht diese Bildung sehr gut, wenn man das ausgeschnittene Organ so stellt, dass man es von der Seite sieht. Die nach dem Centrum hin sich findende Lippe des Helmes c^ ist be- deutender als diejenige, welche nach der Peripherie hinschaut C^. Letz- tere passt in die obere Lippe wie ein Unterschnabel in einen Ober- schnabel. Auf diese Weise ist die Krystalldruse mit ihrem Stiele gut geschützt und dennoch dem Seewasser unmittelbar zugänglich. 140 Cnidarier. Das ist Alles, was man mit Vergrösserungen bis auf 100 Durct- messer und ohne Gebrauch von Reagentien sehen kann. Um eine vollständigere Kenntniss des Organes zu erlangen, muss man an gehärteten Objecten gemachte Schnitte unter stärkeren Ver- grösserungen untersuchen. Diese Beobachtungen fügen dem nicht viel hinzu , was wir über Fig. 57. /• X Längsdm-chschuitt des Randkörperchens mit seiner unmittelbaren Umgebung. Ver- grösserung 400 Durchmesser, a a durchsichtiges Mesoderm des Schirmes , das sich in den Helm und das Sinneskörperchen fortsetzt ; h Gastrovasculärcanaldes Sinneskörpers ; b^ blindes Ende desselben; c Durchschnitt der äusseren Helmlippe ; rfOtolithen; e obe- res Nervengrübchen ; / unteres Nervengrübchen ; (j pigmentirter Augenfleck ; h Pflaster- epithelium des Ectoderms ; i sensitives Wimperepithelium des Ectoderms ; k Nerven- und Muskelschicht des Ectoderms; / Wimperepithelium des Endoderms, das den Gastro- vasculärcanal auskleidet. Hydromedusen. 141 die Gestaltung der inneren Höhlung wissen, welche überall von einem Wimperepithelium bekleidet ist, das zwar eine Fortsetzung desjenigen der gastro - vasculären Canäle ist, aber dennoch im Inneren des Organs aus höheren, palissadenartig an einander gedrängten Zellen besteht. Dieses Epithelium hört bei der Krystalldruse d auf, welche das knopf- förmige Ende des Organs füllt. Jeder einzelne Otolith ist in einer Zelle eingeschlossen, und bietet die Form eines Dodecaeders ; die Zellen sind an der Peripherie der Drüse länger, so dass sie eine sti'ahlige An- lage bieten. Die mit den Otolithen gefüllte Endkapsel ist von einem ausser- ordentlich dünnen Mesoderm gebildet , welches äusserlich von einem Pflasterepitheliura überdeckt ist. Das auf dem Stiele des Organs dickere Mesoderm setzt sich an der Basis desselben unmittelbar in das mesodermische Gewebe des Helmes fort. Durch die Einfügungen der Lippen des Helmes sind in diesem Mesoderm die beiden Vertiefungen gebildet, welche wir mit Schaefer die oberen (e) und unteren (/) Nervengrübchen genannt haben. Diese beiden Gruben, sowie der ganze freie Theil des Stieles des Sinnesorganes sind von einem einschichtigen Ephithelium i bekleidet, das aus sehr langen, spindelförmigen, zusammengedrängten Zellen be- steht, welche ihre grösste Länge in der Oberfalte zwischen dem Helme und dem Stiele, sowie auch in den beiden Nervengruben haben. An diesen Punkten haben die Zellen eine gewisse Aehnlichkeit mit den Halskrausen tragenden Geiselzellen der Schwämme. Sie bieten in der That eine lange, aus einem schmalen auf der Oberfläche trichterförmig erweiterten Kragen heraustretende Geisel, einen angeschwollenen pro- toplasmischen Theil, welcher den Kern enthält, und enden nach innen mit sehr feinen wurzeiförmigen Fäserchen , welche das Aussehen von feinen Nervenfäserchen haben , und wohl Beziehungen zu einer aus Ganglien und Fasernetzen nervöser Natur bestehenden Schicht haben könnten, welche unmittelbar dem Mesoderm anliegt. An den Grenzen der genannten Punkte nehmen diese Zellen all- mählich in Höhe ab, verlieren schliesslich ihre Wimpern und ihre läng- liche Form gänzlich und gehen so in das Pflasterepithelium Je über, welches alle Theile des Schirmes überdeckt. An dem oberen Theile des Sinnesorganes und an den Rändern der Otolithendruse sind diese Zellen mit einem braunrothen diffusen Pig- mente g erfüllt, welches besonders in den Kragen angesammelt ist, aus welchen die Geiseln heraustreten, aber sich noch in die Pflasterzellen fortsetzt, welche die Kapsel der Druse bedecken. Man kann augenscheinlich den verschiedenen Theilen dieses un- zweifelhaften Sinnesepitheliums keine besondere Functionen zuschrei- ben. Die den Kragen der Otolithenkapsel umgebenden Zellen haben durchaus die gleiche Gestaltung wie diejenigen , welche die beiden 142 Cnidarier. Nervengruben auskleiden oder überhaupt den Stiel des Sinnesorganes überziehen. Die Anwesenheit des Pigments in einem Theile dieser Zellen bildet noch kein Sehorgan. In anderen Gattungen freilich fin- det die Differenzirung statt; das Sehorgan und das obere Nerven- grübchen treten dann deutlicher als besondere Organe hervor ; und das erste zeigt für die Wahrnehmung des Lichtes geeignete Anpas- sungen , aber bei Äurelia findet diese Differenzirung noch nicht statt. DieSubumbrella. Wir verstehen unter diesem Ausdrucke die auf der hohlen Seite des Schirmes ausgebreiteten Gebilde. Diese Seite ist in erster Hand von einem Pflasterepithelium bedeckt, welches die Fort- setzung desjenigen der Oberseite ist, und sich niir durch die Seltenheit der Nematocysten unterscheidet, die sogar gegen die Mitte des Schirmes hin gänzlich fehlen. Aber unter diesem Epithelium findet sich eine sehr dünne und dennoch selbst bei dem lebenden Thiere sichtbare Schicht von in allen Richtu.ngen gekreuzten Nervenfasern, welche in ihrem Laufe spindelförmige Anschwellungen vom Protoplasma mit Kernen und Kernkörperchen zeigen. Es sind also bipolare Nerven- zellen, welche gemäss der Beschreibung Schaefer's, der ihnen ein eingehendes Studium gewidmet hat, sich nur selten verzweigen, und in ausserordentlich dünnen Fäserchen enden. Man findet sehr selten tripolare Zellen und man hat noch nicht grössere Anhäufungen oder Stränge von Nervenfasern oder Ganglien unterscheiden können, welche die Rolle von centralen Organen spielen könnten. Alle Versuche, einen peripherischen Nervenring nachzuweisen, wie er bei den Craspedoten besteht, sind bis jetzt gescheitert; es scheint im Gegentheil, dass gegen den Rand des Schirmes hin diese Nervenfasern seltener und minder gefilzt sind als in der Nähe der Genitalorgane und der Arme. Diese Nervenschicht setzt sich ununterbrochen in die nervöse Schicht fort, welche das sensitive Randkörperchen umgiebt, und bildet die Grundlage des umgeänderten nervösen Epitheliums , welches sich dort findet. Sie setzt sich ebenfalls auf die Arme fort, wo sie sehr zart wird und schwer zu beobachten ist. Zwischen dieser Nerveuschicht und dem Bindegewebe des Meso- derms, welches den Kern des Schirmes bildet, finden sich Muskelfasern, die zweierlei Art sind. Die einen bilden Wülste oder ringförmige, ziemlich starke Bündel, die an dem Rande des Schirmes besonders entwickelt sind. Man sieht sie schon mit blossem Auge, wenn die auf die Wölbung des Schirmes gelegte Meduse sich lebhaft zusammenzieht. Es sind, wie Brücke nachgewiesen hat, quergestreifte Muskelfasern und in dieser Hinsicht den willkürlichen Muskelfasern der höheren Thiere zwar ähnlich, aber dadurch verschieden, dass die Ueberbleibsel der ursprünglichen Zellen, von welchen diese Fasern abstammen, noch in Form eines, einen Kern enthaltenen Protoplasmaballens ihnen anhangen. Hydromeclusen, 143 Fig. 58. Ausser diesen gestreiften Ringfasern finden sich andere spindel- förmige, platte, mit zahlreichen Granulationen und Kernen versehene Fasern, welche eher eine strahlige Richtung haben. Die Bündel dieser Fasern gehen von dem Grund der Arme aus und an den Wurzeln der Fühler und Armfransen angelangt, theilen sie sich in der Weise, dass sie ihren Rändern Bündel liefern. Diese Bündel kreuzen sich mit ande- ren ähnlichen, aber ring- förmig gelagerten Fa- sern. Die Anlage ist die gleiche auf den befranz- ten Rändern der Arme, wo einerseits Längs- fasern verlaufen und an- derseits gabelförmig ge- spaltene Bündel sich zu den kleinen Fühlern be- geben, welche auf diesen befranzten Räudern sit- zen. Wir haben (Fig. 58) ein derartiges Bündel abgebildet, welches einer jeden der. beiden Sei- ten der einander gegen- über stehenden Fransen ein secundäres Bündel liefert. V erdauungs- System. Dieses System fängt mit den vier Ar- men an, welche, wie wir früher gesagt haben, kreuzförmig angelegt sind und im Centrum ihrer Vereinigung die Mundöffnung enthalten. Die Arme sind schliesslich nur die vier rinnenförmig ausgezogenen Mundecken, welche von einer starken Säule aus Bindegewebe, einer Fortsetzung des Bindegewebes des Schirmes, unterstützt sind. Diese Säule ist einfach, fast abgerundet, und zeigt an der Spitze des Armes ein abgestumpftes Ende. Die Rinne ist von zwei häutigen, gefalteten Blättern gebildet, deren Aussenseite mit den Pflasterzelleu der feineu Nervenschicht und den oben beschi'iebenen Muskelfasern des Ectoderms, welche zu den Fransen übergehen, bekleidet ist, während die innere Seite der Rinne gänzlich mit den Wimperzellen des Endoderms über- zogen ist. Die Stützlamelle zwischen den beiden Epithelien ist ausser- ordentlich dünn und zart. DieFi-ansen, welche die Ränder der beiden die Rinne bildenden Blättchen besetzen, sind kurz, wurmförmig, voll und gehr beweglich. Glatte Mu.skeltasern an der Basis der Armfransen. Osmiumsäui-epräparat. a Rand der rechts gelegenen Franse; b Rand der Franse zur Linken; c glatte Längs- fasern ; d gegabeltes Radialbündel; e recbter, y linker Zweig der Gabel. 144 Cnidarier. Die beiden Blätter der Rinne nähern sich oft so sehr an ihrer Einfügungslinie längs des Armes, dass sie daselbst einen geschlossenen Canal zu bilden scheinen. Wir haben diese Ansicht Fig. 53 dargestellt. Sie ist trügerisch, und es genügt, einen Querschnitt an dem Arme eines lebenden Thieres anzufertigen, wie wir einen solchen Fig. 59 gezeichnet Fig. 59. l Abgeschnittenes Ende eines Armes in natüi'licher Grösse, a Solide Axe des Armes; h durch die beiden Fransen- lamellen gebildete Rinne ; c die eifie Lamelle entwickelt; ä die andere ein- gerollt. haben, oder unter einer schwachen Vergrösserung das Ende eines Armes selbst zu untersuchen, um zu sehen, dass ein geschlossener Canal nicht besteht, dass die Blätter sich um die mesodermische Axe des Armes her- umbiegen und dass am Ende dieser Axe die auf ihren Rändern mit Fran- sen besetzte Rinne beginnt. In der Nähe des Mundes bilden die Blätter der Rinne anmuthig um- gebogene Ausbreitungen wie die Blätter eines krausen Kohls, welche wir die Krause nennen (Fig. 53 'b^'). Die" tausend Falten dieser Krausen verändern jeden Augenblick ihre Form und dienen dazu, den Ein- gang des Mundes zu verstecken und zu decken. Durch ihre Vereinigung bilden die Grundlagen der vier Arme einen vierseitigen sehr festen Pfeiler, welcher in den Grund des Schirmes sich fortsetzt und dessen Winkel in der Weise orientirt sind, dass sie die Zwischenräume zwischen den vier Geschlechtshöhlen einnehmen. Die kreuzförmige Mundhöhle, welche sich im Inneren dieses Pfeilers befindet, ist zuerst im Augenblicke der Vereinigung der Rinnen ziem- lich schmal , so dass sie nur eine sehr enge Kreuzspalte bildet. Um diese Gestaltung zur Anschauung zu bringen, muss man die Meduse auf die Wölbung des Schirmes legen , die Arme abschneiden und nach einander durch horizontale Schnitte den Pfeiler bis zu dem Niveau der Subumbrella abtragen. Einwirkung sehr verdünnter Pikrinschwefelsäure erleichtert diese Präparation sehr; das innere Epithelium der Canäle wird etwas undurchsichtig und trübe, während zugleich das Binde- gewebe des Mesoderms vollkommen klar und durchsichtig bleibt. Der von uns dargestellte oberflächliche Querschnitt (Fig. 60), welcher den Grund der Armrinne streift, zeigt die Kreuzspalte des Mundes und lässt zu gleicher Zeit erkennen, dass die vier Winkel sich in die gastro-vasculären verzweigten Canäle ersten Ranges fortsetzen. Ein tieferer Schnitt zeigt eine mittlere Höhlung, welche in dem Pfeiler ausgegraben ist und in ihren Umrissen mit denjenigen des Pfeilers selbst übereinstimmt, die Magenhöhle. Diese Höhlung ist nicht so Hyclromedusen. 145 tief als sie breit ist, und man sieht, wenn die Schnitte auf den Grund gelangt sind, aus der Mitte jeder Seite des Vierecks einen gastro-vasculären Fig. 60. e Das Centrum der Subumbrella nach Abtragung der Arme, natürliche Grösse, a Arm- stiel; h abgeschnittene Arme ; c kreuzförmiger Mund ; cZ verzweigte Canäle; e mittlerer Secundärcanal; / Kranzcanal der Genitaltaschen; g Genitalcanäle ; ä Genitalrosette; i Eintrittsöffnungen der Genitalhöhlen; h abnorm gestaltetes Genitalorgau ; l gerade Secundärcanäle, die von demselben ausgehen. Canal abgehen, welcher unmittelbar zu der dieser Seite gegenüber- stehenden Generationstasche führt. Endlich zeigt ein letzter unter dem Grunde der Magenhöhle geführter Schnitt (Fig. 61) den Äeiler wieder als festes Viereck, von dessen Umkreise 16 gastro - vasculäre Canäle ausgehen, nämlich vier von den Ecken und drei von jeder Seite des Vierecks, welche sich direct zu der Subumbrella begeben. Aus dieser Anordnung folgt, dass die Canäle vom Inneren des Pfeilers nach der Peripherie hin verlaufen. Auf der Subumbrella selbst sind sie aussen von den Nerven und Muskelschichten, sowie vom Epi- thelium des Ectoderms bekleidet und ihr Lauf wird von schwachen in der Oberfläche des Mesoderms eingegrabenen Rinnen angezeigt. Alle inneren Oberflächen der Armrinnen , der Wände der Magen- höhle u.nd der gastro-vasculären Canäle sind von einem sehr feinen Wimperepithelium überzogen. Gastro-vasculäre Canäle. Wir haben gesagt, dass man im Ganzen 16 Hauptcanäle zählt, welche von dem vierseitigen Pfeiler der Arme ausgehen. Diese Canäle haben verschiedenen Verlauf. Vogt u. Yung, i)rakt. vergleich. Anatomie. iq 146 Cnidarier, VierCanäle, welche wir die Genitalcanäle (Fig. 61, a) nennen, gehen von der Mitte einer jeden Seite des Vierecks aus, durchfahren in schiefer Richtung den Geschlechtspfeiler des Mesoderms (1c, Fig. 61) Fig. 61. Stück des Centraltheiles der Subumbrella von einem grossen Exemplar. Natürliche Grösse. Der Armstiel ist im Niveau der Subumbrella abgetragen, a Genitalcanäle ; b Winkelcanäle ; c Zwischencanäle ; d seitliche, gerade Secundärcanäle ; e mittlerer Secundärcanal ; // Aeste dieses Canals, die bei dem abgebildeten Exemplare abnormer Weise vom Kranzcana) ^ abgrenzen; h Genitalband; i Einlassöftnung zur Genitalhöhle J k Genitalpfeiler, vom Genitalcanal a durchsetzt. und enden mit der Geschlechtstasche selbst, welche so zu sagen nur eine Erweiterung des Canals ist. Bei grossen Exemplaren von Aurelia kann man leicht eine Sonde durch diese Canäle einführen und auf diese Weise in die Höhlung der Geschlechtstaschen eindringen. Vier andere Canäle, welche wir Win k elc anale (Z>, Fig. 61) nen- nen, gehen von den Ecken des Vierecks aus und bilden durch Gabel- theilungen eine Art Besen, gewöhnlich mit mittlerem Stamme. Dieser mittlere Stamm, welcher rechts und links Gabelzweige aussendet, be- giebt sich in der Regel direct nach der Peripherie, mündet in den gastro - vasculären Ringcanal und setzt sich in den Stiel eines Sinnes- körpers fort, in dem er blind endet {g, Fig. 54). Die acht anderen Canäle, welche wir die Zwischencanäle nen- HyJromedusen, " 147 nen (c, Fig. 61), entspringen auf jeder Seite der Geschlechtscanäle zwischen diesen und den Winkelcanülen und umbiegen die Geschlechts- tasche, indem sie hier einen Kranzcanal bilden (g,Fig. 61). Aus diesen die Geschlechtstaschen umgebenden Canälen entspringen die secundären Canäle {d,e,f, Fig. 61). Unter diesen secundären Canälen muss man die Seltene anale und die mittleren Canäle unterscheiden. Von jeder Ecke der Geschlechtstasche geht in der That ein gerader Seitencanal (Je, Fig. 55); (dd, Fig. 61) aus, welcher unmittelbar nach der Peripherie hinzieht, um daselbst in den Ringcanal zu enden. Diese Canäle enden stets in den Zwischenräumen zwischen zwei Randkörpern auf einem kleinen Ausschnitt oder einer Einbuchtung des Velariums bei einem Fühler, welcher bei den jungen Individuen etwas dicker ist. Bei den erwachsenen Medusen haben wir manchmal unausgebildete Sinneskörperchen an diesen Stellen sitzen sehen, so wie sie Schaefer beschrieben hat, und bei einer erwachsenen Aurelia haben wir bis drei solcher rudimentärer Sinneskörper gezählt. Die secundären Mittele anale (e, Fig. 61) entspringen auf den Gipfeln der vier Geschlechtstaschen. Ihr Stamm verläuft in gerader Linie auf das entsprechende Sinneskörperchen hin, in dessen Keule er endet. Auf ihrem Wege geben sie stets zweigabelige Verzweigungen nach links und rechts ab, welche den Raum zwischen den beiden secun- dären nicht verzweigten Seitencanälen einnehmen. Im Ganzen genommen besteht das System des Schirmes aus acht geraden, nicht verzweigten secundären und aus acht verzweigten Canä- len, von welchen je vier unmittelbare und vier mittelbare oder secundäi'e sind. Alle diese Canäle begeben sich in den kreisförmigen am Rande des Schirmes verlaufenden Sammelcanal (?', Fig. 54), welcher seiner- seits den Fühlern und den randständigen Sinneskörperchen Zweige abgiebt. Die Höhlungen der letzteren sind nur unmittelbare Fort- setzungen der Stämme der acht verzweigten Canäle. Die vorstehende Beschreibung bezieht sich besonders auf junge Individuen, wie wir eines in Fig. 54 gezeichnet haben. Bei älteren Medusen findet man zahlreiche Abweichungen, abnorme Verbindungen und Verästelungen , die wahrscheinlich erlittenen Verwundungen zu- zuschreiben sind und von welchen .wir einige Beispiele in den Figu- ren 60 und 61 gegeben haben. Diese Abänderungen bestehen gi^össten- theils darin, dass die ersten Verzweigungen, welche im normalen Zustande von den secundären Mittelstämmen abgehen sollten, unmittel- bar aus dem Kranzcanal der Genitaltaschen ihren Ursprung nehmen (//und//", Fig. 61). Der peripherische Sammelcanal lässt oft Divertikel sehen, welche von diesem Canal aus nach dem Centrum hin gerichtet sind, und in spitze Enden auslaufen. Es scheint also, dass wenigstens ein Theil der 10* 148 ' Cnidarier. besenförmigen Verzweigungen der gastro-vasculären Canäle ursprüng- lich aus dem peripherischen Canal entspringt und nur später mit den betreffenden Stämmen sich vereinigt. Die Zeugungsorgane. Wenn man eine Äurelia von der oberen oder unteren Seite des Schirmes aus beobachtet, so sieht man stets, aber deutlicher von der unteren Seite aus, vier lebhaft rothgefärbte, mehr oder minder wie ein Hufeisen gekrümmte und in Abwechselung mit den Armen angelegte Bändchen, deren Krümmung mit ihrem Gipfel nach der Peripherie zu gerichtet ist. Diese gefalteten und gedrehten Bändchen besetzen bei den jüngeren Exemplaren nur den gewölbten Grund einer in dem durchsichtigen Gewebe des Schirmes ausgegrabenen Höhlung, aber bei den erwachsenen Individuen nehmen sie den ganzen Umkreis der Höhlung ein und berühren sich mit ihren dem Pfeiler der Arme zugewendeten Enden. Um die Verhältnisse der in der Dicke der Gewebe ausgegrabenen Höhlungen näher zu untersuchen, ist es zweckmässig, den Stiel der Arme nach und nach durch Querschnitte abzutragen, wie wir es Fig. 60 und 61 dargestellt haben. Man sieht alsdann, dass dieser Stiel, dessen vier abgeschnittene Arme zwischen den Geschlechtstaschen ausstrahlen (&, Fig, 60), mit der Centralmasse des Schirmes durch die Fortsetzung (?, Fig. 61) des Stieles und durch vier secnndäre abgerundete Pfeiler (k, Fig. 61) zusammenhängt, welche je einer Seite des Vierecks gegen- überstehen und in schräger Richtung von dem gastro - vasculären Genitalcanal durchkreuzt sind (k, Fig. 61). Ein jeder dieser von sehr durchsichtiger Substanz gebildeter Genitalpfeiler hängt mit dem Schirm und mit der ziemlich dünnen Ausbreitung zusammen, welche die Geschlechtshöhlung von unten her deckt. Diese ist also eine ganz unabhängige, in dem Mesoderm ausge- grabene Höhlung, die mit der Aussenwelt nur vermittelst eines runden oder ovalen , in der Mitte der Lamelle , welche die Höhlung von der Subumbrella aus deckt (i, Fig. 60 und 61), angebrachten Loches in Verbindung steht. Man kann mittelst einer in dieses Loch eingeführ- ten Sonde leicht die Höhlung umkreisen und sich überzeugen, dass der Geschlechtssack, welchen sie*enthält, ganz frei ist und nur durch einige an seinen Rändern angebrachte Fasern an den Wänden der Höhlung haftet. In dieser Höhlung liegt der Geschlechtssack, welcher von allen Seiten geschlossen ist und nur von dem gastro-vasculären Geschlechts- canale aus zugänglich ist {g, Fig. 60; a, Fig. 61). Wir haben schon gesagt, dass man bei grossen Exemplaren leicht eine Sonde in diesen Canal einführen und auf diese Weise in die Höhlung des Ge- schlechtssackes dringen kanu. Dieser verkehrt also durch den Canal nur mit der Magenhöhle und ist nur äusserlich vom Wasser umspült» Hydromedusen. 149 welches frei iu die Geschlecbtshöhle durch deren mittleres Loch ein- dringt. Welches auch seine Erzeugung und sein Ursprung bei den Larven der Aurelien, den sogenannten Ephyren, sein mögen, so ist der Ge- schlechtssack in Wirklichkeit bei den erwachsenen Thieren nur eine Erweiterung eines gastro- vasculären Canals und kein Nebensack der Mageuhöhle. Diese communicirt mit dem Geschlechtssack nur durch den erwähnten gastro- vasculären Canal. Wir wollen nicht leugnen, dass bei den jungen Ephyren diese Canäle nur als Verengerungen be- stehen, welche zu einem Blindsacke der Magenhöhle fübren, der später sich als Geschlechtssack differenzirt; aber in dem Bildungsstadium, wo diese Gestaltung bei den Ephyren existirt, bestehen auch alle, anderen gastro-vasculären Canäle noch nicht, und es finden sich an ihrer Stelle nur acht breite Blindsäcke der Magenhöhle, welche ohne Verzweigungen unmittelbar nach den acht randständigen Sinneskörperchen hinlaufen und noch nicht durch einen peripherischen Sammelcanal verbunden sind. Das ganze gastro-vasculäre System, wie wir es bei dem erwach- senen Thiere finden, differenzirt sich erst schrittweise und Hand in Hand mit den Umwandlungen, welchen die Ephyren unterliegen, und wenn diese Differenzirung vollendet ist, verkehren die Geschlechtssäcke mit dem Magen nur durch Canäle, welche durchaus in gleicher Weise ge- bildet sind, wie alle übrigen gastro-vasculären Canäle. Die Geschlechtstasche ist auf ihrem ganzen Umkreise von dem Geschlechtsbändchen umsäumt, welches aus zwei verschiedenen Orga- nen besteht, den Gastralfilamenten und den eigentlichen Geschlechts- organen. Die ersteren finden sich in jeder Altersstufe, die zweiten treten erst dann hervor, wenn die Meduse ein gewisses Alter er- reicht hat. Die Gastralfilam ente B (Fig. 62 a. f. S.) sind im Grunde nur winzige Fühler, kleine hohle, mit der Höhlung des Geschlechtssackes in Verbindung stehende Röhren , die von einer dicken Schicht Binde- gewebe gebildet sind, auf welcher die Reagentien epitheliale Zellen und eine ziemlich mächtige neuromusculäre Schicht entdecken lassen. Diese Fühlerchen sind ausserordentlich contractu und beweglich. Was sie von den Randfühlern des Schirmes ausser ihrer Grösse unterscheidet, ist einerseits die Seltenheit der Nematocysten, von welchen man ge- wöhnlich nur einige wenige in ihrem freien Ende zerstreut findet und anderseits ein sehr feines, ihre Oberfläche überziehendes Wimperepi- thelium, welches eher durch seine Wirkung und durch die Erzeugung von Strömen auf der Oberfläche sich zu erkennen giebt. Das eigentliche G es chlechtsb ändchen ist von einef dicken, wahrscheinlich dem Mesoderm angehörenden Haut gebildet, welche mit Epithelium bedeckt und in Guirlanden gefaltet ist. Mit den Gastral- filamenten ist dieses Band am inneren Rande der häutigen Tasche in 150 Cnidarier. />. der Weise angeheftet, dass die Falten und Guirlanden, sowie die Fila- mente in die innere Höhlung der Geschlechtstasche hineinragen. In Fig. 62. A B Theile des Genitalbändchens einer männlichen Anrelia. A Rand mit Samenfollikeln, die reife Zoospermen enthalten, bei schwacher Vergrösserung. 5 Optischer Durch- schnitt eines Gastralfilamentes. « innere Höhle mit Wimperbekleidung ; h Stützlamelle ; c Nesselzellen ; d äusseres Wimperepithelium. Starke Vergrösserung. Nach dem Leben. der Dicke dieses Bändchens und gewiss auf Kosten des dem Endoderm zugehörigen Epitheliums bilden sich nun Zellen, welche Eier oder Samenfollikel werden. Während die ersten ganz rund bleiben und mit grosser Deutlichkeit die Keimbläschen und Keimflecke zeigen, werden die Samenfollikel A (Fig. 62) birnförmig mit nach aussen gewendeter Basis, drängen sich an einander und erzeugen auf diese Weise ein Aus- sehen wie von Zellen, die man anfänglich mit dem Aussehen der Eier verwechseln kann. Später, wenn diese Täschchen mit Zoospermen ge- füllt sind, ist kein MissgrifiP mehr möglich. Die Zeugungsproducte, Eier und Zoospermen gelangen durch Dehi- scenz in die Höhlung der Geschlechtstasche und kommen von da aus entweder in die Mundhöhle und die Armrinnen oder in die anderen gastro-vasculären Canäle. Wir haben schon gesagt, dass wir fast stets in Cette am Ende des Monats März in den Hörnern des gastro-vascu- lären Halbmondes am Grunde der Sinneskörperchen Junge im Gastrula- stadium gefunden haben, welche sich dort herumtummelten. Im ersten Augenblicke glaubten wir, als wir diese Objecte bei einer schwachen Vergrösserung sahen, dass wir mit Schmarotzern zu thun hätten, und aus diesem Grunde geben wir davon eine unter 400maliger Vergrösse- rung gemachte Zeichnung. Es sind Gastrulen im Stadium, wo der ursprüngliche Mund geschlossen ist, während die innere Höhlung be- steht. Diese Gastrulen haben an einem der Pole, welchen sie nach vorne tragen, eine kleine Vertiefung; sie sind von einem Wimperepi- Hydromedusen. 151 thelium mit sehr langen und thätigen Wimpern bedeckt und mit steif- fadigen Nematocysten über und über besetzt. Sie gingen von den Seitenhörnern in den centralen Caual des Sinneskörperchens hin und her und betrugen sich, als ob sie sich an einem normalen Aufenthaltsorte befänden. Wir erwähnen nur, dass aus diesen Gastrulen die Sci/pMstoma genannten Polypen entstehen, welche durch axiale Sprossung und Quertheilung die Larven der - Aurelien, die sogenannten Ephy- ren erzeugen. B. Polypoide Form. Typus. Hydra grisea. Die verschiedenen Arten von Hydra finden sich überall in den Süss- wassern an untergetauchten Pflan- zen. Man sammelt diese Pflan- zen , Wasserlinsen oder andere, und lässt sie ruhig in einem mit Wasser gefüllten Gefässe stehen; die Hydren entfalten sich dann, strecken ihre Arme aus und werden leicht sichtbar. Man kann sie lebend in einem Uhrglase beobachten. Um Schnitte zu machen, übergiesst man sie plötzlich mit Osmiumsäure zu 0,5 Proc, in welcher man das Thier, welches meist ausgestreckt bleibt, so lange lässt, bis es eine graue Färbung angenommen hat; man wäscht sorgfältig mit viel Wasser aus, färbt mit Pikrocarmiuat, härtet mit Alkokol und schliesst in Paraffin ein. Um die Gewebselemente zu isoliren, bedient man sich der früher angegebenen Mischung von Osmium- und Essigsäure. Die Arten der Süsswasserhydren {H. grisea, communis, auranfiaca, viridis) sind nur durch geringe Einzelheiten in ihrer Structur ver- schieden. Für das anatomische Studium kann man, abgesehen von diesen Einzelheiten, die einen an Stelle der anderen gebrauchen. Wir haben diesen Typus gewählt, weil er sich überall vorfindet, und weil er zu gleicher Zeit ausser einigen seltenen marinen Formen (Frotohydra) den letzten Grad der Verkümmerung der polypoiden Form bietet, und sich also gewissermaassen an einem Ende einer Reihe be- findet, deren anderes Ende Aurelia einnimmt. Man kann sich die Hydra (Fig. 64) unter der Form eines ver- Gastrula einer Aurelia, wie sie in den Ga- stro - vasculärcanälen vorkommt, a vordere Einstülpung für den Mund ; b geschlossene innere Höhle. 152 Cnidarier. Fig. 64. Schematischer Längsdurchschnitt einer Hydra mit den Fortpflanzungsorganen. a Arm mit feinem, in die Magenhöhle mündenden Centralcanal und den drei constituirenden Schichten Ectoderm, Stütz- lamelle und Endoderm ; h Mund ; c Endoderm ; d reifer Hode, zur Samenentleerung bereit ; e in der Bildung begriffener Hode ; /Stützlamelle ; g Ecto- derm ; h Magenliöhle ; i Ei im Ectoderm in der Bildung begriffen ; h fast reifes Ei ; l Arm der Knospe, in Bildung begriffen; in noch geschlossene Mundwarze ; « Magenhöhle der Knospe, mit der- jenigen der Mutter in Verbindung stehend; o Kleb- zellen der Fussscheibe. längerten Sackes mit dicken Wänden vorstellen, auf dessen Rändern um die Oeff- nung herum sehr contrac- tile, der Zahl nach wech- selnde Arme sich befinden. Der Grund des Sackes ver- längert sich in Form eines kurzen cylindrischen , mit einer Fussscheibe endenden Stieles, vermittelst dessen der Polyp sich zeitweise festsetzt. Die Oeffnung des oben ein wenig zusammen- gezogenen Sackes ist die MundöfFnung; sie führt in die weite Magenhöhle, de- ren Grund, in Ueberein- stimmung mit der Form des Stieles, ein wenig enger ist und welche oben mit den engen Centralhöhlen der Arme verkehrt. Die eingeführten Nahrungsbe- standtheile werden beson- ders in dem erweiterten Theile der Magenhöhle ver- daut ; der zusammengezo- gene Basaltheil der Höhle enthält hauptsächlich den ausgearbeiteten Nahrungs- stoff. Die unverdaulichen Ueberbleibsel werden durch den Mund ausgestossen, da die Höhlung nach dem Fusse zu geschlossen ist. Der ganze Körper ist ausseror- dentlich contractu; so dass er nur eine kleine Anhäu- fung gallerartiger Substanz bietet, wenn die Hydra sich gänzlich zusammengezogen hat. Daher der vorhin ge- gebene Rath, dass man liydromedusen. 153 einige Stunden warten soll, bevor man die Pflanzen untersucht, auf welchen die Polypen sich festgesetzt haben. Wenn sie ausgestreckt sind, sieht man sie leicht mit nacktem Auge und kann sich überzeugen, dass sie oft langsam den Ort wechseln , indem sie vermittelst der Fussscheibe gleiten. Ausser den Fällen, wo Knospen und Fort- pflanzungsorgane entwickelt sind, kann man kaum andere Theile der Hydra unterscheiden, als die Ai-me, den hohlen Leib und den kur- zen Stiel mit seiner Scheibe; es giebt keine eigentlichen differenzirten Organe und die anatomische Untersuchung muss sich also auf die histologische Beobachtung beschränken. Wir werden in dieser Unter- suchung der ausgezeichneten Arbeit Jickeli's folgen (Gegenbaur, MoriDhol. Jahrb. Bd. VIII, S. 373, 1882). Alle Theile der Hydra bestehen aus einem Zellenectoderm g (Fig. 64), welches alle äusseren Flächen bedeckt, aus einem ebenfalls zelligen Endoderm c, welches die Magenhöhle und ihre Fortsetzungen aus- kleidet, und aus einer ziemlich dünnen Stützlamelle /, welche zwischen diesen beiden Schichten eingeschlossen ist und das Mesoderm darstellt. Je nach den Arten kann man noch mehr oder minder leicht eine äussere homogene Cuticula nachweisen, welche von den Nematocysten ent- sprechenden Poren durchlöchert ist und das Ergebniss einer Aus- schwitzung zu sein scheint. Bei Hydra aurantiaca ist dieses Häutchen fest genug, um durch mehrere Reagentien, besonders Palladium- chlorür, in Lappen abgetrennt werden zu können. E c 1 0 d e r m. Es besteht aus mehreren Arten von Zellen. a. Nesselzellen oder Ne- matocysten (Fig. 65). Man sieht sie in Thätigkeit, wenn die Hydra eine Beute fasst. Die Arme bedecken sich mit Kapseln, wel- che ihre Fäden herausgeschnellt haben, die von allen Seiten das gefasste Thier umfassen, es verwunden und bald unbeweg- lich machen. Die Nematocysten bestehen aus einer protoplasmi- schen Zelle c mit einem Kern (?, welche nach dem Inneren sich durch mehrere feine, oft dicho- tome Fäserchen fortsetzt h, die mit den Längsmuskelfasern und auch mit den Nervenfasern des Nesselzellen: 1. geladen; 2. im Augen- blicke des Losschnellens ; 3. nach Ausstos- sung der Kapsel und des Fadens, a Cnidocil der Zelle ; b Zelle mit dem Protoplasma- polster c, dem Kerne d mit seinem Kern- körperchen und dem nach innen verlängerten Basalfaden h ; e Nesselkapsel ; f aufgeroll- ter ; g ausgestossener Nesselfadeu. (Nach J i ekel i). 154 Cnidarier. Ectoderms in Verbindung treten. Die Verbindungsfäserchen sind von einer feinen, durchsichtigen und gleichartigen Scheide h umgeben, welche sich jenseits der kernhaltigen protoplasmischen Masse fortsetzt, um eine Art offenen, die Fadenkapsel enthaltenden Kelches zu bilden. Die OefFnung des Kelches ist ziemlich eng und lässt auf einer Seite eine steife Borste, das Cnidocil a sehen, welches bei H. grisea sich in eine Art Streifen längs des Kelches fortsetzt. Die Fadenkapsel i'uht unmittelbar auf dem Kissen von Protoplasma, welches den runden, mit einem Nucleolus versehenen Kern enthält. Diese Kapsel enthält den Faden /, welcher bald spiralförmig eingerollt, bald einfach in mehrere Schlingen eingefaltet ist. Bei der Reizung wird die ganze Kapsel mit ihrem losgeschnellten Faden ausgestossen , während der leere Kelch (3, Fig. 65) in der Epidermis sitzen bleibt. Man unterscheidet ins- besondere zwei Arten Nematocysten : grosse, welche zum Haschen der Beute losgeschnellt werden, und kleinere, welche besonders in der Nähe des Mundes liegen und in grosser Zahl im Augenblicke des Verschlin- gens auf die Beute gepflanzt werden. Der Nutzen dieser letztei'en ist noch nicht hinlänglich erörtert. Man findet stets in Bildung begriffene Nematocysten. Die Kapsel hat zuerst in gewissen Stadien die Form eines Kolbens, der Faden ist nach aussen gestreckt und erst später faltet er sich im Inneren der Kapsel zusammen. b. Muskelzellen (Fig. 66): Sie bilden die bedeutendste Schicht des Ectoderms. Es sind grosse Blasenzellen, welche meistens eine, selten zwei eiförmige mit Kernchen versehene Kerne enthalten und je nach den Contractionszustäuden sehr verschiedene Gestalten zeigen, aber einander stets so berühren, dass sie die äussere Fläche des Ectoderms bilden. In ihren Zwischenräumen sind die anderen Zellen eingelagert. Nach dem Inneren zu werden diese Zellen etwas dünner , und setzen sich meistens in eine ziemlich dicke, manchmal in mehrere Fasern fort, die schliesslich in Längsmuskel- fasern übergehen, welche in der Tiefe des Ectoderms eine fast un- unterbrochene Schicht bilden, die unmittelbar der Stützlamelle anliegt. Die Fasern erscheinen etwas knotig und nicht glatt, wie diejenigen der Nervenzellen. Dieser Muskel- sc hiebt ist unstreitig vorzugsweise die Contractilität des Leibes zu- zuschreiben. Fij?. 66. Muskelzellen mit Kernen und Muskel- laden. (Nach Jickeli). Hyclromediisen. 155 Kleinenberg glaubte, dass diese Muskelfasern der Epithelial- zellen zugleich nervöser Natur seien. Daher die Theorie der neuro- musculären Fasern, welche einige Zeit angenommen wurde, heute aber nicht mehr stichhaltig ist, seitdem man besondere Nervenzellen ent- deckt hat. c. Nervenzellen (Fig. 67). Sie lassen sich bei den Hydren nur sehr schwer nachweisen; man muss andere Polypen, z. B. Euden- drium, wo sie besser charakterisirt sind, studirt haben, um sie leicht erkennen zu können. Es sind blasse, wenig körnige, polygonale Zellen mit grossen eiförmigen Kernen und deutlichen Kernkörperchen, welche mehrere, bis auf sieben, in ausserordentlich feine secundäre Fäserchen endende Fortsetzungen aussenden. Diese multipolaren Ganglienzellen sind oft in Zusammenhang mit in Bildung begriffenen Nematocysten und Fig. 67. Fig. 68. a Durchschnitt durch die Fussscheibe. a I^ndoderinzellen mit Kernen und Va- cuolen, b Klebzellen. (Nach Jickeli). Multipolare Nervenzellen mit Kern, Kernkörperchen und fadenförmigen Aus- läufern. (Nach Jickeli). mau hat bestätigen können , dass die Nervenfäserchen mit den Nema- tocysten in Verbindung bleiben. Anderseits hat Rouget innere Endungen der Fäserchen nachweisen können, welche zweifellos Geflechte bilden und sich zu der Muskelschicht begeben. d. Drüsenzellen (Fig. 68, &). Man könnte sie auch Kleb- z eilen nennen. Sie sind hauptsächlich in der Fussscheibe entwickelt, und sind augenscheinlich eine Veränderung der Muskelzellen, was durch die Thatsache bewiesen wird, dass die Muskelzellen der Arme ein ähn- liches Aussehen annehmen, wenn man die Hydra zwingt, sich mit den Armen anzuheften, indem man sie verhindert, sich mit dem Fusse fest- zusetzen. Diese Klebzellen sind länglich, fast cylindrisch, enden nach innen in Muskelfasern und sind mit einem klebrigen Protoplasma ge- füllt, das dicht gedrängte Körnchen enthält, die sich in längliche Reihen ordnen und dem Inhalt ein streifiges Aussehen geben. Diese Körnchen verhüllen den wie in den Muskelzellen gebildeten Kern. Die Streifung des Protoplasmas geht bis zur Trennung in Fäserchen , welche an der Glasscheibe anhängen, auf der eine Hydra sich festgesetzt hat, und da- 156 Cnidarier. selbst theilweise kleben bleiben, so dass man dann die Faserung und die an einander gereihten Körnchen sehen kann. e. Interstitielles Gewebe. Ganz kleine körnige Zellen sind oft gruppenweise in den Zwischenräumen zwischen den anderen Be- standtheilen vereinigt und zeigen oft Sprossungsvorgänge. Sie sind augenscheinlich der Mutterboden für die anderen Zellen. Mesoderm. Es ist in Form einer dünnen glasartigen Stütz- lamelle entwickelt, an welcher auf beiden Seiten die Muskelschichten angeschmiegt sind. Feine Muskelfasern durchziehen in querer Rich- tung diese Lamelle und setzen auf diese Weise die Muskelschichten des Ectoderms und des Endoderms mit einander in Verbindung. Endoderm. Es besteht gleichfalls aus mehreren Arten Zellen. a. Nematocysten wie im Ectoderm gebildet, aber viel seltener. Man hat behauptet, dass diese seltenen Nematocysten von den Armen herrühren, welche die Hydren manchmal in ihre Magenhöhle zu stecken pflegen; aber man kann sich überzeugen, dass sie sich im Endoderm bilden. b. Muskelzellen (Fig. 69). So wie diejenigen des Ectoderms gestaltet, nur höher, körniger, mit dickeren Kernen und mit einer oder Fig. 69. Fig. 70. Endodermzellen mit Nährstoffen gefüllt. Sie zeigen den Wimperbesatz der Ober- fläche. (Nach J i c k e 1 i ). Amoebenartiges Ei. «, Kern. mehreren Wirapercilien versehen, welche in der ganzen Leibeshöhle eine rotatorische Bewegung der feinen Theilchen unterhalten, die Wim- pern sind sehr zart und lassen sich nur bei dem lebenden Thiere zur Anschauung bringen. Die Zellen endigen wie im Ectoderm mit knoti- gen Muskelfasern, die eine feine, an der inneren Fläche des Mesoderms angelagerte Schicht bilden. Sie enthalten oft von der Nahrung her- rührende Granulationen. Man hat keine Nervenzellen im Endoderm bemerkt. c. Drüsen Zellen. Es giebt deren zwei Arten. Erstens grosse längliche, conische Zellen, in kurze Fasern am Grunde endend, die an Hydromedusen. 157 der freien Oberfläche sich ausweiten. Sie finden sich besonders am Eingang der Magenhöhle, unmittelbar unter dem Munde. Sie sind von einem schwammigen Protoplasma gefüllt und ziemlich regelmässig zwi- schen den Muskelzellen angelegt. Sie nehmen gegen den Grund der Magenhöhle allmählich an Zahl und Umfang ab und gehen hier in die zweite Form über. Die Drüsenzellen des Grundes der Magenhöhle (a, Fig. 68) sind eiförmig und enthalten ausser dem Kern ein dichtes und feinkörniges Protoplasma und meist eine klare und gut umschriebene Vacuole, in welcher sich eine kleine Anhäufung von Concretionen findet. Wahr- scheinlich werden diese Concretionen zuweilen ausgestossen. Aus dieser histologischen Analyse geht hei-vor, dass Endoderm und Ectoderm wesentlich aus den gleichen Formelementen bestehen, welche nur in gewissen Stellen verändert und specialisirt sind, was auch das berühmte Experiment Trembley's erklären würde, welcher, nachdem er eine Hydra wie einen Handschuh umgewendet hatte, sie noch fortleben und sich ernähren sah. Zeugungsorgane. Diese Organe entwickeln sich in unbe- stimmten Epochen; bei unserer Art vorzugsweise im Herbst. Die Hoden sitzen an dem Vordertheile des Leibes, fast unmittelbar unter der Ansatz- stelle der Fühler, in einer Zahl von 2 bis 20; die Eierstöcke in viel geringerer Zahl, gewöhnlich nur zwei oder drei bei unserer Art, bilden sich ungefähr in der Mitte des Leibes. Diese beiden Organe erscheinen zwar stets zu gleicher Zeit bei dem gleichen Individuum ; doch ent- wickeln sich die Hoden ein wenig vor den Eierstöcken. Die Hoden {cd, Fig. 64) werden auf Kosten der Zellen des inter- stitiellen Gewebes des Ectoderms gebildet , welche an beschränkten Stellen zu knospen beginnen , sich durch Theilung vervielfältigen und schliesslich in kleine, körnige und amoebo'ide Zellen von unregelmäs- siger Form übergehen. Diese Zellen vereinigen sich zu einer scheiben- förmigen Anhäufung mit unregelmässigen Umrissen, welche auf der Aussenfläche eine flache Erhöhung in Form eines Schildes von weisser Farbe bildet (c, Fig. 64). Diese Erhöhung nimmt durch Ansammlung von Flüssigkeit im Inneren zu und schliesslich nimmt der reife Hoden {d, Fig. 64) die Form einer konischen Warze an, welche in eine oder zwei Spitzen endet. Die Muskelzellen, welche ursprünglich den scheibenförmigen Kuchen deckten, verschwinden durch den Druck bis auf einen solchen Grad, dass schliesslich von denselben nur eine dünne plasmatische Schicht übrig bleibt, in welcher man die Wände der Zellen nicht mehr erkennt. — Während dieser Zeit sind die sper- matogenen Zellen wichtigen Veränderungen unterworfen worden. Es bilden sich an ihnen einige stark lichtbrechende Körperchen. Der In- halt, zuerst körnig, wird hell und die Zelle verwandelt sich, indem sie 158 Cnidarier. eine Geisel ausbildet, in ein Samenkörperchen mit lichtbrechendem, kugelartigem Kopf, und langem, beweglichem Schwänze. Der Hoden entleert sich durch eine am Gipfel der Warze ange- brachte Oeffnung. Die Auslassung der Zoospermen geschieht nicht mit einem Male, sondern in wiederholten Ausbrüchen, in deren Zwischen- zeit die Oeffnung sich wieder schliesst. Die Eierstöcke (ik, Fig. 64) entwickeln sich wie die Hoden auf Kosten der Zellen des interstitiellen Gewebes des Ectoderms. Bei unserer Art bilden sich gewöhnlich mehrere zugleich. Die Zellen pro- liferiren, ihre Kerne werden bedeutend grösser, sind nur von einer schwachen Protoplasmaschicht umgeben und durch Vereinigung der Zellen bildet sich ein länglicher, aus einer einfachen Schicht von Zellen bestehender Kuchen. Der Kuchen wächst, besonders an den beiden Enden ; die in der Mitte befindlichen Zellen werden bedeutend grösser, nehmen eine strahlige Anordnung an und lassen sich schon mit nacktem Auge durch ihr weisses und milchiges Aussehen bemerken. Der Kuchen, in der Mitte dünner, hat in diesem Stadium ungefähr 1 mm Länge und 0,25 mm Breite und hebt die Muskelzellen in Form eines Schildes (^, Fig. 64). Bis dahin lässt sich das Ei noch nicht unterscheiden; aber von dem Augenblicke an geht eine der centralen Zellen den anderen in ihrer Entwicklung voraus, erhebt sich gegen die Oberfläche hin in Form eines Keiles und treibt unregelmässige , protoplasmatische Aus- läufer, die sich erweitern und zwei lappenförmige Ausdehnungen bil- den, welche im Centrum durch eine den klaren Kern und das sehr licht- brechende Kernkörperchen enthaltende Masse vereinigt sind (Fig. 70). Augenscheinlich fettartige Körperchen häufen sich im Protoplasma, andere mit dicken Wänden und mit einer Art hervorragenden Stöpsel versehen, bilden sich ebenfalls und schliesslich, wenn es etwa einen Durchmesser von 1 mm erreicht hat, sieht das Ei wie eine grosse Amoebe mit gelappten, zweitheiligen Pseudopodien aus, die einen hellen Kern enthält und mit Nährstoffen gefüllt ist. Nun tritt eine Periode der Concentration ein. Die Pseudopodien verschwinden nach und nachj das Ei bildet eine Halbkugel, deren Wölbung nach der Oberfläche hin gerichtet ist; es trennt sich immer mehr ab, während seine von ver- schmolzenen und abgeplatteten Muskelzellen gebildete Hülle sich ver- dünnt, und schliesslich bildet es ein vorspringendes Ovoid, welches auf einem ziemlich dicken durch die Fortsetzung der äusseren Schichte des Ectoderms gebildeten Stiele sitzt (k, Fig. 64). Von dieser Zeit an wird die Hülle stets dünner auf der Wölbung des Eies, es bildet sich daselbst eine Oeffnung, durch welche die Zoo- spermen eintreten; die Dotterklüftung vollzieht sich und nachher folgt die Gestaltung des kugelförmigen Embryos in zwei Schichten, Endo- derm und Ectoderm, dessen äussere Schichten nach Kleinenberg die Schale mit ihren verschiedenen Häuten bilden werden, welche Bil- Hydromedusen, 159 düng erst nach dem Austritt des Eies vor sich geht. Die weitere Ent- wickhing gehört der Embryogeuie an. Ausser der sexuellen Zeugung vermehren sich die Hydren noch durch Knosp ung (Imn, Fig. 64), Auf irgend einem Punkte des gastralen Theiles des Körpers bildet sich eine zuerst abgerundete und nachher cylindrische Ausstülpung der Leibeswand, in welcher die Ge- webe dieser Wände keineswegs verändert sind. Es ist ein Blindsack der Magenhöhle. Wenn diese Ausstülpung einen gewissen Grad der Entwicklung erreicht hat, treibt sie auf ihrem freien und geschlossenen Ende allmählich mehrere hohle Zweige Z, welche sich verlängern und Fühler oder Arme werden. Die Höhlung der Knospe n verkehrt frei mit der Leibeshöhle der Mutter, aber ihr freies Ende ist noch geschlos- sen, m. Sie öffnet sich durch Dehiscenz , indem sie den Mund bildet. Der Verbindungspunkt zwischen den beiden Leibeshöhlen der Mutter und der Knospe verengt sich ; eine ringförmige Furche bildet sich, auf deren Fläche die beiden Höhlungen sich abschliessen und schliesslich trennt sich die Knospe durch den Fortschritt der Trennungsfurche. Gleich nach der Trennung ist die Leibeshöhle der Knospe auf der Seite des Fusses gänzlich geschlossen. Die Zeugung von Knospen steht in directem Verhältnisse zu der Ernährung der Hydra. Wenn diese sehr reichlich ist, können sich in kurzen Zwischenräumen bis auf fünf Knospen zu gleicher Zeit bilden, welche vor ihrer Trennung mit der Mutter eine wahre Kolonie bilden, die man ziemlich lange in diesem Zustande auf- bewahren kann, indem man die Hydren ohne Nahrung lässt. Bei gut genährten Thieren vollzieht sich der ganze Cyclus der Knospung in zwei oder drei Tagen. Aiirelia aurita, welche von uns als Typus der Meduseuform gewählt wor- den ist, gehört der Ordnung der Acraspeden oder phanerocarpen Medusen an, die von derjenigen der Craspedoten oder cryptocarpen Medusen unterschieden ist durch die Bildung von Lappen auf den Rändern der Umbrella oder des Schirmes, in der Zahl von vier oder deren Multiplen, durch die Anwesenheit von Gastralfilanieuten, welche in den gedeckten Höh- lungen liegen , wo sich die vom Endodemi herrührenden Zeugungsorgane finden, durch die Anwesenheit von raudständigen Sinneskörpern, welche mei- stens von besonderen Deckbüdungen überwölbt sind , durch die Abwesenheit eines differenzirten Nervenringes und eines eigentlichen Volums und durch ihre Abstammung, indem sie sich entweder direct aus Eiern entwickeln oder indirect von stets vereinzelten und Strobilen bildenden, Scyphistouien genann- ten Polypen ei'zeugt werden. Der Schirm der Acraspeden ist in den meisten Fällen schwach ge- wölbt , nur manchmal ziemlich erhaben , so dass er eher eine tiefe Glocke bildet [Cuho-medusen, Chanjbdaea). Die stets aus glasartigem Stoffe gebildete Scheibe des Schirmes kann bei den grossen Arten (RJiizostoma) die Dichtig- keit des Knorpels annehmeu, und in den meisten Fällen findet man in dieser Masse zerstreute Fasernetze , verschieden geformte, vei'zweigte oder proliferi- rende Zellen, welche das Ergebniss einer Einwanderung, besonders vom En- doderm her zu sein scheinen. Die Theilung des Randes in Lappen, zwi- 160 Cnidarier. sehen welchen die Sinneskörper angelegt sind , ist allen Acraspeden gemein ; sie ist indess bei den Cubosomen gänzlich verwischt , indem die vier , acht oder sechszehn ursprünglichen Lappen des Schirmes durch Zusammeufliessen und Wachsen in die Länge eine vollständig zusammengezogene Glocke bil- den , welche einem contractilen Velum gleicht , wie es bei den Craspedoten vorkommt. Um diese gewöhnlich von Zweigen der gastro-vasculären Canäle durchzogene Bildung von dem eigentlichen Velum der Craspedoten zu unter- scheiden, in welchem sich niemals solche Canäle finden, hat man sie Velarium genannt. Indessen entspricht das durchsichtige, vorspringende und gefässlose, ringförmige Velarium der Aurelien, welches freilich nicht wie das Velum der Craspedoten entwickelte Muskelfasern besitzt, gänzlich durch seine Lage unterhalb der Fühler einem unvollständigen Velum , so wie die Schutz- lamellen der Aurelien durch ihre Lage den Kragenlappen gewisser Cras- pedoten entsprechen. Die Zahl der Lappen variirt sehr ; in den meisten Fällen findet mau acht, aber diese Zahl kann bedeutend durch die Multiplication der ursprünglichen Zahl vermehrt werden. Die Fühler, ursprünglich in der Zahl von acht bei den meisten Acraspeden mit Ausnahme einiger (Cubo- medusen), können sich bedeutend vervielfältigen oder auch gänzlich verschwin- den {Rhizostomen). In den meisten Fällen sind die Fühler vollkommen randständig; sehr selten wandern sie auf die Subumbrella {Cyanea) und noch seltener auf die Eückenfläche des Schii-mes, die Exumbrella, wie dies in un- serem Typus Aurelia der Fall ist. Sie sind stets einfach und hohl bei allen Acraspeden; ihr Canal ist eine Foi-tsetzung des gastro-vasculären Systems und mündet in den meisten Fällen unmittelbar in den ringförmigen Eaud- canal. Sie sind stets sehr zusammenziehbar und zeigen im Ectoderm Epi- thelialzellen, Nesselzellen, eine starke Muskelschicht aus Längsfasern gebildet, eine dünne Stützlamelle und die vom Endoderm herrührende Wimperbeklei- dung des inneren Canals. Die Nematocysten sind auf sehr verschiedene vVeise vertheilt; in ring- oder warzenförmigen Gruppen, in Endsträussen oder zerstreut. Eine gleiche Vertheilung findet auf der Exumbrella statt, wo die Nematocysten oft Warzen, strahlenförmige Flecken bilden u. s.w. Die rand- ständigen Sinneskörper bieten zahlreiche Variationen , sind aber doch stets nach dem gleichen Grundtypus gebaut, welcher ohne Zweifel, wie es der centrale gastro-vasculäre Canal beweist, von einem umgewandelten Fühler herzuleiten ist. Sie sind gewöhnlich in der Zahl von acht; einige haben deren zwölf (Polyclonia), andere sogar 16 (Phacellophora). Die Schutz- organe , Lappen , Helme u. s. w. haben sehr verschiedene und charakteristi- sche Formen und können zuweilen in solchem Grade zusammenwachsen {Pelagia), dass sie eine nach aussen geöffnete Tasche bilden, in derem Grunde das Sinneskörperchen in Form einer Keule liegt. In der Gestaltung des raudständigen Sinneskörpers ist der Otolithensack , bis zu welchem der Bliud- sack des gastro-vasculären Canals reicht, das beständigste Organ, er findet sich immer vor ; die Otolithen selbst sind es nur , welche ihrer Form , Dicke und Vereinigung nach variiren. In gewissen Fällen sind sie zu einer krystaUini- schen, runden und glatten Kugel vereinigt; in anderen FäUen bilden sie einen mit Krystallspitzen besetzten Haufen. Das Sehorgan im Gegentheil zeigt stufenförmige Umwandlungen, von dem Zustande eines zerstreuten Pigmentsfleckens, wie wir es bei der Aurelia finden, bis zu einem mehr con- centrirten Flecken, der von einem lichtbrechenden Körper, einer Linse, über- wölbt (Naiisithoe), von der otohthischen Keule getrennt und auf ein beson- deres Nervenpolster gelagert ist, und schliesslich bis zur Ausbildung von sechs Augen {Charybdaea), deren zwei, grösser als die anderen und mit einer Krystall- linse, einem Glaskörper, einer pigmentirten Choroidea und einer von Nerven- stäbchen gebildeten Netzhaut versehen sind. Diese Augen sind auf der glei- Hydromedusen. IGl clien angescliwolleuen Kevile augebracht, welche auch den mit einem kugeligen Otolitheu versehenen Gehörsack trägt. Das Nervenepithelium , welches die beiden Grübchen der Aurelia deckt, ist auch sehr veränderlich. Oft ist es nur in dem oberen Grübchen entwickelt; in anderen Fällen {Charyhdea) fehlt es gänzlich und wird vou einem einfachen Pflasterepithelium ersetzt. Die Suhamhrella der Acraspeden zeigt stets die Muskelfasern am Eande zu einem Muskelring vereinigt, welcher sehr bedeutend werden und sich in das Mesoderm so einsenken kann, dass er auf demselben durch seine Bündel ringfürmige Eunseu und Rinneu erzeugen kann. Das Nerven- system lässt nur in einem einzigen Falle (C/mj-i/örZea) einen wählten, in dem Umkreise des Schirmes entwickelten Nervenring sehen , w^elcher den rand- stäudigen Körperchen und den vier Fühlern gegenüber gauglienartige An- häufungen bietet, was einen offenbaren Uebergaug zu den Craspedoten dar- stellt. Bei den anderen Acraspeden scheint das Nervensystem stets zerstreut und nähert sich durch seine netzartige Anlage dei'jenigen , welche bei der Aurelia beschrieben worden ist. Die Arme offenbaren sich überall als Fortsetzungen der vier Winkel des Mundes. Sie können gänzlich fehlen , so dass der kreuzförmige INIund kaum von einer vorspringenden Lippe [Charyhdea) umgeben ist, in deren Winkeln, die Gastralfilainente sitzen, oder sich übermässig entwickeln , indem sie sich an ihrer Basis vereinigen, um einen sehr dicken Stiel zu bilden, wel- cher nur an seinem Ende lappenförmige Ausdehnungen bildet (Moscztia). Wenn in den meisten Fällen die Arme die einfache Organisation wie bei Aurelia zeigen , so uuterabtheilen sie sich in anderen Fällen , vei'zweigen sich und werden breite, auf ihren Rändern gefaltete Blätter, wie Krautblätter (Cyanea). Die grösste Complication der Arme zeigt sich bei den Rhizostomiden, wo, in Folge der Umbildung ihrer Rinnen in Canäle , sowie des Verschlusses des Mundes und des Zusammenwachsens der sie durchlaufenden gastro - vasculä- ren Canäle, sie eine Menge secundärer Saugmündungen zeigen. Bei den Rhizostomiden giebt es auch oft secundäre , an der Basis zusammengewach- sene Armzweige. Die Bewaffnung der Ai-me ist sehr veränderlich. Bald sind die Nematocysten daselbst ziemlich selten , in anderen Fällen im Gegentheil giebt es Anhäufungen , Wülste und mit Nesselorganen besetzte Knöpfe und in gewissen Fällen findet man Verlängerungen oder besondere mit Nemato- c3-sten bewaffnete Seitenfäden. Die Ränder der auf der Bauchfläche der Arme gebildeten Rinnen sind gewöhnlich mit kleinen Fühlern versehen, welche man mit dem Namen Digitellen bezeichnet hat, um sie von den Fühlern des Randes des Schirmes zu unterscheiden, und welche oft bis in die Mundwinkel und sogar in die Mundhöhle sich fortsetzen. Der Mund ist stets kreuzförmig bei den Acraspeden und setzt sich in eine mehr oder minder verlängerte , manchmal sehr enge Magenhöhle fort- Er ist stets einfach bei den jungen Thieren , aber er ist bei den Rhizosto- miden einer merkwüi-digen Umwandlung unterworfen, indem die Ränder der zweitheiligen Arme stellenweise allmählich mit einander verwachsen , um kurze Canäle zu bilden , welche sich trichterförmig nach aussen öffnen. Da der ursprüngliche Mund sich zu gleicher Zeit durch Verwachsung schliesst, so wird er durch dieses mit vielfachen Mündiingen versehene Röhrensystem der Arme ersetzt. Oft bilden bei dieser Umbildung die distalen Enden der Arme noch secundäre , offene Taschen , welche eine Verdauungsvorrichtung zu haben scheinen und in welche eine gewisse Anzahl von Oeffnungen ein- münden. Die Magenhöhle, welche stets vierwiuklig ist, kann die Form eines verlängerten Prismas oder einer abgeflnchten Linse haben. Vogt 11. Yiuifi, ]iral), welche sich transversal zur Rippenaxe verlängern, geben letzterer, da sie ein wenig über ihre Ränder hinausragen, das Aussehen eines auf zwei Seiten gekerbten Stabes. Die Zellen, welche die Polster bilden, sind etwas in die Länge gezogen und auf den beiden Seiten der Basis des Schwimmplättchens angereiht; bei schwacher Ver- grössei'ung und im Profil gesehen (Fig. 77) erscheinen sie als Bündel von Fasern, deren inneres Ende ein wenig verdickt ist. Dieses Aus- sehen erhalten sie durch den nach ihrer Basis zurückgeschobenen Nucleus. Man könnte sie leicht mit Muskelfasern verwechseln und ihre Einrichtung würde dann mit den auf- und niedergehenden Be- 12* besen ; /, Rippencanal ; ff, Aus- buchtungen desselben. 18Ö Cnicl arier. wegungen der Scliwimmplättchen harmoniren. Die wivkliclien Muskel- fasern (c, Fig. 78) ziehen sich in der Längsrichtung der Rippe zwischen den Querpolstern hin. Diese einfachen Fasern verleihen der inneren Rippenfläche das Aussehen, als wäre sie gestreift. Sie laufen, ohne Unterbrechung, von einem Zelleupolster zum anderen. Unter dieser Muskelschicht liegt in der Mitte, zwischen zwei Polsterchen, ein starkes Bündel Qnerfasern (d). Diese Fasern bilden infolge ihrer Zusammenstellung Doppelbesen. In dem von der Rippe Fig. 78. Kippenstück, von innen bei 60faclier Vergrösserung gesehen, a, b, d, f, g haben die- selbe Bedeutung wie in Fig. 77. Ausserdem: c, Längsmuskelfasern ; e, Wimperrinne; e', Erweiterungen derselben an den Zellenpolstern ; h, Genitalkappen ; i, reife, im Canal befindliche Eier; k, Wimperrosetten. in Anspruch genommenen Räume sind sie zu einem Stiele vereinigt; in der Körper masse zwischen den Rippen zertheilen sie sich strahlen- förmig. Betrachtet man die Rippe von der Fläche aus, so sieht man die Fasern so, wie wir sie eben beschrieben haben (Fig. 78) ; beschaut man dagegen die Rippen im Profil (Fig. 77), so zeigen die Fasern den zwischen den Schwimmplättchen an die Oberfläche reichenden Stiel, während die Strahlen nach innen laufen und den unter den Rippen befindlichen Canal umsäumen. Chun glaubt, dass diese Bündel aus Muskelfasern zusammengesetzt sind; wir gestehen, dass wir uns darüber einiger Zweifel nicht erwehren können. Sie sind viel Rippenquallen. 181 ausgeprägter iiud mit weit festeren Contouren versehen , als die ge- wöhnlichen Muskelfasern; sie sehen eher hornig oder wenigstens sehnig aus, und selbst bei sehr starker Vergrösserung haben wir an ihnen keine anderweitige Structur entdecken können. Vielleicht dienen sie zur Anheftung der longitudinalen Muskelfasern. Jedes Polster hätte, dieser Annahme zu.folge , eine apicale und eine zweite orale Scliicht von Läugsfasern; die Fasern würden sich einerseits an das Querbündel, anderseits an das Polster heften und die abwechselnden Zusammen- ziehungen der Fasern würden so die auf- und abgehenden Bewegungen der Schwimmplättchen hervorbringen. In der Axe der Rippe und auf der Aussenseite derselben läuft die Rippenrinne hin, die unmittelbar auf der Oberseite des Gastro- vascularcanals aufliegt und nur in der Vorderansicht der Rippe er- kennbar ist (e, Fig. 78). Sie ist mit Wimperzellen ausgekleidet, die im Längssinne der Rippe angeordnet sind, stellt sich, wie es die Figur zeigt, wie ein gerader Faden von gewisser Stärke dar, und zeigt an jedem Polster eine Verdickung von körnigem Aussehen (e). Läuft hier ein Nerv? Chun scheint die Rinne für einen Rippennerv zu halten; Hertwig ist nicht dieser Ansicht und beschreibt feine Nerven- fäserchen, die vereinzelt laufen und Längsmaschen bilden. Jedenfalls giebt es hier keine Ganglien , die Nerven aussenden; und was Milne- Edwards in seiner Abhandlung über Lesueuria für solche ansieht, scheinen uns die Querbesen zu sein, welche wir oben beschrieben haben. Der Gastrovascularcanal (/, Fig. 77 u. 78), der jeder Rippe im Inneren ihrer ganzen Länge nach folgt und fast ihre ganze Breite ein- nimmt, ist merkwürdig wegen der Verdickung seiner Wände, in denen sich die Geschlechtsproducte bilden. Bei den Bolina, die wir in Beziehung hierauf untersucht haben, war die Weite des Canals fast übei-all dieselbe und zeigte nur unbedeutende Erweiterungen {g)-, die der Lage der Polster entsprachen. Dagegen zeigten die Wände beträchtliche Verdickungen, die sich in transversalem Sinne erstreckten (/i, Fig. 78). Man weiss, dass bei den meisten Rippenquallen der Canal seitliche, verästelte Erweiterungen hat, und dass diese oft ansehnlichen Blinddärme eine Art verdickter Hauben tragen, in welchen sich die Geschlechtsproducte dergestalt entwickeln, dass die Hauben der einen Seite männlich, die der entgegengesetzten dagegen weiblich sind. Diese beiden Seiten sind nicht auf blindes Ungefähr hin vertheilt, vielmehr stehen sich die Organe so gegenüber, dass sich in jedem Zwischenrippenraume eine Reihe männlicher und eine Reihe weib- licher Organe vorfinden. Das verschiedene Aussehen, welches wir an dem Ende Juli von uns beo'bachteten Bolina wahrnahmen, steht wahrscheinlich mit der Entwickelung der Geschlechtsproducte in Ver- bindung. In einem der Exemplare (Fig. 78) waren die Wände des 182 Cnidarier. Canals mit einer körnigen Masse gefüllt (oj, deren Körnchen ein fettiges Aussehen hatten, während sich im Canal selbst, in der Flüssigkeit schwebend, reife Eier (e) vorfanden, die an ihrer Grösse und an dem doppelten Umriss der Schale und des Dotters erkennbar waren. In dem anderen Exemplare, dessen Profil wir in Fig. 77 gegeben haben, bemerkte man kleine, glänzende Zellen, die noch nicht weit genug entwickelt waren, als dass man hätte erkennen können, ob es Eier oder in der Bildung begriffene Samenzellen waren. Man weiss, dass die Rippenquallen der nördlichen Meere nur eine kurze Zeit des Jahres über fortpflanzungsfähig sind, und dass man in der Zwischen- zeit ausserordentliche Schwierigkeiten hat, die während der Aus- bildung sehr gleichartigen Producta zu unterscheiden. Zur Zeit unserer Untersuchung war die Periode des Eierlegens fast beendet und die Organe befanden sich bereits in Unthätigkeit. Die Streifen der Geschlechtsorgane, die zur Zeit ihrer Thätigkeit sichtbar sind, bilden zwei Reihen kleiner weisslicher Blinddärmchen, die über die Ränder der Rippen emporragen , und setzen sich bei Bolina bis zu den Anheftungsstelleu der Lappen fort. Sie verliei^en an Wichtigkeit in dem Maasse als die Schwimmplättchen kleiner wer- den. Aber die Rippen selbst setzen sich weiter fort und wandeln sich dabei um. Wir haben lange (/, Fig. 70 bis 76) und kurze Rippen (e) untei'schieden. Die ersteren nennt Chun subventrale Rippen, doch könnte man sie auch Lappenrippen nennen; sie beginnen in der Nähe des aboralen Poles fast in gleicher Höhe des Otolithen auf einem gekrümmten Ge- fässe, das aus dem Trichter entsteht und laufen in gerader Linie auf den Kanten der schmalen Körperseite bis zur Basis der liappen. Hier verkleinern sich die Plättchen nach Verhältniss, aber die Linie setzt sich auf der gewölbten Fläche des Lappens durch die Wimperfurche und immer schmäler werdende Plättchen fort, die schliesslich in starre, hornige, aber sehr bewegliche Cilien übergehen. Auf diese Art setzen sich die Linien auf der Wölbung der Lappen selbst bis nach dem Rande zu fort, wo sie dann vollständig verschwinden. An der von uns untersuchten Art haben wir die reizenden Arabesken, in welche jene Linien, die nur durch das Vorhandensein des Gefässes angedeutet waren, auf der Oberfläche der Lappen anderer Arten auslaufen, nicht constatiren können. Diese Coutouren, bei denen schliesslich von der Rippe nur das des gesammten Wiraperapparates beraubte Gefäss noch existirt, sind bei den jungen Bolina schön sichtbar; wenn die Lappen bis zur Hälfte ihrer Entwickelung vorgeschritten sind, sieht man sie, nachdem sie das carrirte Feld des Lappens umsäumt haben , sich nach dem Munde zu vereinigen und in das Gastralgeffiss öffnen. In älteren Exemplaren ist es uns aber nicht gelungen, sie mit Sicherheit zu con- Rippenquallen. 183 statireu, währeud man sie an anderen Gattungen der Ordnung der Lobateu leicht sehen kann. Die kurzen Rippen nennt Chun subtentaculäre; man könnte sie mit vollem Rechte auch Auricularrippen nennen. Sie beginnen an dem hervorstehenden Ende der aboralen Erhöhungen und gehen hier beträchtlich weiter, als die langen Rippen. Sie laufen auf den Kanten der Breitseite des Körpers hin, schweifen erst ein wenig ab, nähern sich dann aber wieder, um die Anhaftungsstelle der Aurikeln zu er- reichen. Hier hören plötzlich die Schwimmplättchen , Geschlechts- organe und Polster auf, während sich die Rippe auf den Rändern der Aurikeln bis an deren gekrümmte Spitze in einer Reihe horniger, starrer Haare fortsetzt, die beständig in Bewegung sind. Die Aurikeln au sich sind ziemlich unbeweglich; man sieht sie fast immer in den Lagen, in denen sie in Figur 72 und 73 dargestellt sind; zuweilen legen sie ihre Spitze langsam zurück, wie dies Figur 71 zeigt. Auch die Muskelfasern sind hier wenig entwickelt, und da die Aurikeln nur mit gewöhnlichem Epithelium bedeckt sind, kann iBan diese Theile nicht als Tastorgane betrachten. Wir stimmen mit Chun überein und glauben, dass die contiuuirliche Bewegung der starren Wimpern, welche die Aiirikelu fortlaufend umsäumen, dazu dient, eine beständige Bewegung des in dem Mundvorhofe enthaltenen Wassers herbeizuführen. Durch diese Bewegung können sogar kleine schwimmende Körperchen nach dem Munde geführt werden , und hierbei ist die Ersetzung des Wassers durch die Oeffuungen hindurch nicht ausgeschlossen , die an der Anhaftungsstelle der Lappen beim Schliessen derselben gebildet werden und die man wohl Erneuerungsöffnungen nennen könnte. Die genaue Structur der Rippengefässe werden wir später besprechen. Die Tentakeln oder Fangfäden (o, Fig. 75, 79 bis 81) haben einen sehr complicirten Bau, von dem wir uns am besten eine Vor- stellung machen können, wenn wir uns zunächst an junge Larven halten, an denen die ursprünglichen Verhältnisse noch keine Aenderung erlitten haben. Betrachtet man diese Larven vom Mundpole aus (Fig. 75), so sieht man rechtwinkelig auf der durch die Mundöffnung bezeichneten Ebene und in ziemlich grosser Entfernung vom Munde selbst, zwei ein wenig ovale, fast runde Kapseln (o^), die mittelst eines kurzen Ge- fässes mit einem der Hauptäste des Gastrovascularsystemes in Verbin- dung stehen. Auf dem nach der Oberfläche zu gedrehten Ende haben diese Kapseln eine kleine, vollkommen runde Oeffnung. Sieht man näher hin, so findet man, dass die Gefässstämme (o^) dieser beiden Kap- seln von den secundären Aesten der Canäle ausgehen; und zwar in der Weise, dass bei der Stellung der Larve, wie unsere Figur sie giebt, also bei verticaler Richtung der Mundspalte, der Stamm der linken Kapsel von dem linken oberen Aste, der Stamm der rechten Kapsel aber von dem rechten unteren Aste ausgeht. Indem nun die Stämme 184 Cnidarier. eine etwas schräge Richtung annehmen, en-eichen sie den Grund der Kapseln, welche genau in der, die Mundspalte kreuzenden, Transversal- ebene liegen. Die Gefässstämme, die zugleich aus der Tiefe nach der Oberfläche aufsteigen, scheinen in der abgezeichneten Lage die Basen der Kapseln zu durchdringen; betrachtet man aber die Larve halb von der Seite, so sieht man 'genau, dass der Gefäss- stamm sich unterhalb der Basis der Kapsel becherförmig erweitert, so dass die Kapsel mit wenigstens der Hälfte ihres Umfanges in die Erweiterung eingesenkt erscheint (Fig. 84). Die Kapsel steckt also in dem von allen Seiten geschlossenen Ende des Ge- fässstammes etwa wie eine Eichel in ihrem Napfe. Die Kapsel selbst hat ziemlich dicke Wände, und von ihrem Grunde läuft, in einer Art Polster befestigt, ein fester cylindrischer Faden aus (Fig. 75, o), auf welchem zwei Reihen wechselständiger secundärer Stielchen stehen, die an ihrem Ende Knospen tragen, welche bei schwacher Vergrösserung Nessel- knöpfen ähnlich sehen. So erscheint der entwickelte Tentakel; er kann sich aber voll- ständig in die Kapsel zurückziehen und ähnelt in diesem Zustande, den wir auf der rechten Seite der Fig. 75 dargestellt haben, einem Blumenkohlkopfe, der auf einem Stiele sitzt. BoUna norvegica. Tentakel- Durch das Wachsen zieht sich der kapsei mit dem darin zurück- Körper von Bolina allmählich in die Länwe gezogenen Fangfaden. und plattet sich zugleich mehr ab. Diese a Wimperrinne; L, Lippen i^^iden Bewegungen erklären uns die Ver- der Kapsel, die sich m deren .. i i i • -, .„ Wände fortsetzen; c, Be- Änderungen, welche wir an dem Tentakel- festigungsaxe des Fangfadens; apparate der älteren Exemplare beobachten, d, befestigte Wurzel desselben ; Die KapselöfFnung hat sich dem Munde so e, Muskelkissen mit strahlen- genähert, dass sie auf beiden Seiten den förmigen Fasern; f. freier, j. n -.tt- t t ^ -n/r ^ ■, , zurückgeschlagener Theil des stumpfen Winkel der Mundspalte einnimmt Fangfadens; g, Tantakelgefäss. (^5 Fig. 73); die beträchtlich in die Länge ge- zogene Kapsel hat jetzt die Form einer Blumenknospe, und das Gefäss, welches nach oben steigt, heftet sich mit einem hohlen Stiele an sie an, ohne selbst die Basis vollständig zu um- geben (g, Fig. 79). Die Kapselöffnung wird von einigen stumpfen Erhöhungen umgeben, wie ein noch geschlossener Kelch von seinen Blättchen (b), und überragt ein wenig, gleich einer Knospe, die Wimper- rinne (a), die sich von den stumpfen Winkeln des Mundvierecks nach Rippenquallen. 185 den spitzen hinzieht. Wenn der Tentakel eingezogen ist (/, Fig. 79), sieht man ihn im Inneren der Kapsel wie eine behaarte Raupe zusammen- gefaltet, und bemerkt zu gleicher Zeit eine feste Axe (c), die nament- lich gut sichtbar ist, wenn man die Kapsel in der Richtung der ge- nannten Rinne betrachtet. Die Axe ist mit dem Grunde der Kapsel verwachsen und steckt hier in einer Art Polster von noch festerer Substanz , aus welchem Muskelfasern (e) nach der Basis des Tentakels hin strahlen. Der Tentakel selbst hat namhafte Veränderungen erlitten. Wir haben ihn nie mehr entfaltet gesehen, als wie wir es in Fig. 80 veranschaulicht haben. Er hat daun die Form einer Keule oder einer Fig. 80. Ausgestreckter Fangludcu. rt, Wimperrinne des Mundes; b, längere, in der Wimper- rinne liegende Seitent'äden ; c, Büschel von Seitenfäden; d, Kapsel; c, deren Basis; /, Axe des Fangfadens; g, Tentakelgefäss. Spindel, deren Ende mit einer Menge unregelmässig gewundener und körniger Fäden von gleicher Stärke besetzt ist (c), die aber die bei den Larven so ausgeprägten Endknöspchen uicht aufweisen. Zwei dieser Fäden (?>), die weit länger als die übrigen sind und der Basis der her- ausragenden Keule am nächsten stehen, legen sich immer in die Mund- rinnen («), während die übrigen, kürzeren, Büschel zu bilden scheinen, die aus der Rinne heraustreten. In Wirklichkeit aber sind diese Fäden streng von einander geschieden. In diesem Zustande der Ausdehnung füllt die Keule die Kapsel so vollständig aus {d), dass man am leben- den Thiere die Wände nicht von ihr unterscheiden kann; man sieht nur die Fortsetzung des Gefässes, die von der Keule durch eine starke Zwischenwand mit doppelter Contour (e) geschieden ist, auf welcher 186 Cnidarier. die erwähnte feste Achse (/) angewachsen ist. Pfaden und Tentakel sind von gelblicher Färbung und lassen sich sehr leicht erkennen. Es ist kaum möglich, mehr an dem lebenden Individuum zu unter- scheiden; eine weitere Untersuchung mit Hülfe von Reagentien und Schnitten liefert jedoch noch eine Menge interessanter Einzelheiten. Stärkere Vergrösserungen lassen uns den Bau der Greifzellen erkennen, mit denen die Seukfäden besetzt sind. Wir haben jedoch vorgezogen, unsere Beschreibungen nach massig vergrösserten Theilen zu machen, um den Anfänger bei seinen Studien anzuleiten. Längs- und Querschnitte zeigen uns fei'ner, dass das auf dem Grunde der Kapsel befindliche und aus dicken Zellen gebildete Tentakel- kissen noch durch die Wände des Tentakelgefässes verstärkt ist, die nach der Kapsel hin verdickt sind, und dass dieses Kissen selbst, indem es sich auf der dem Magen gegenüberliegenden Kapselwand emporhebt, jene Axe bildet, die wir am lebenden Exemplare hervorgehoben haben. Auf einem Querschnitte erscheint diese Axe in Form eines Halb- mondes mit hervorspringendem Mittelpvinkte , dessen Hörner von den ungemein dünnen Fortsätzen des Tentakelgefässes gebildet sind. Die Axe zeigt ferner noch zwei fächerförmige Muskelbündel (e, Fig. 79), welche nach ihrer Vereinigung den Tentakelstiel bilden und sich bis in die secundären Senkfäden fortsetzen, die übrigens in ihrem Inneren noch durch einen festen Cylinder von gallertartiger Substanz Halt be- kommen. Die Tentakel sowohl wie die secundären Senkfäden sind bei den ausgebildeten Bolinen mit einem Epithelium von eigenthümlichen Zellen bedeckt, welche Chun Greifzellen genannt hat. Sie sind gallert- Fig. 81. cc Greifzellen der Fangfäden. «, Seitenansicht; h, Ansicht von unten mit eingei'oUtem Faden; c, Ansicht von oben mit den Klebkörnern (nach Chun). artig (Fig. 81) und haben die Form einer gewölbten Scheibe, eines Kugelsegments, ähnlich wie der Kopf jener Nägel, die man zu Polster- möbeln verwendet. Die gewölbte Oberfläche (c) ist mit kleinen Vor- Rippenquallen. 187 Sprüngen besetzt, welche so klebrig sind, dass sie sofort an Glas oder dem polirten Stahl der Instrumente haften bleiben, mit denen man den Tentakel berühren würde. Sie halten auch die kleinen Crustaceen, von denen sich die Rippenquallen nähren, sofort fest und rauben ihnen die Bewegung. Im Mittelpunkte der Wölbung haftet auf der Innenseite ein anscheinend muskulöser Faden (fZ), der sich spiralförmig in die Gallert- masse zusammenwindet, wenn die Scheibe auf der Tentakelfläche auf- liegt, wo sie eine Art Warze bildet, der sich aber aufrollt (rt), sobald jene an einem fremden Körper klebt. Der an sich ziemlich starke Faden verdünnt sich plötzlich beim Eintritte in die Tentakelsubstanz; er lässt sich dann als ein sehr feines Fädchen in den Muskelschichten verfolgen, wo er mit einer der Fasern verschmilzt; er scheint also selbst muskulöser Natur zu sein, unterscheidet sich aber durch seine Elasti- cität von den wirklichen Muskelfasern. Wir betrachten diese Greif- zellen als besonders eigenthümliche Modificationen der Nematocysten, die übrigens auch Fortsätze nach innen zeigen, durch welche sie mit den Muskeln verbunden sind. Ausser diesen Greifzellen findet man bei gewissen Rippenquallen noch Sinnes- oder Tastzellen mit steifen Endhärchen, die gleichfalls nach innen in dünne Fäden auslaufen. Diese Zellen sind spärlich vor- handen, aber namentlich an den secundären Tentakelfäden leichter sichtbar. Das Centralorgan. — Um uns mit dem Bau des Central- organes vertraut zu machen, nehmen wir zunächst wieder die Larven zu Hülfe, bei denen es noch nahe an der Oberfläche liegt und nur durch eine wenig hervortretende Erhöhung bedeckt ist. Betrachtet man eine Larve vom aboralen Pole aus (Fig. 76), so sieht man im Centrum des nahezu kugelrunden Körpers ein dunkles Körperchen (y), das aus kleinen krystallinischen Körnchen besteht und, wie eine Seitenansicht zeigt, in eine vollkommen durchsichtige Glocke eingeschlossen ist. Dies ist der Otolith. Die Glocke, von der mau nur den fast kreisrunden Umriss sieht, scheint zwei Gefässstämme auszu- senden, die sich ein erstes und ein zweites Mal gabeln und so die acht Rippengefässe bilden. Auf zwei Aesten der ersten Gabelung sitzen, genau so wie die Tentakelkapseln an der gegenüberliegenden Seite (o\ Fig. 75), zwei hohle Bläschen mit weiten OefFnungen, den sogenannten Ex- cr etions öf f n un gen (y, Fig. 76). Unmittelbar neben der Oto- lithenglocke bemerkt mau zwei kleine kolbenförmige Körper, deren convexe Seite nach dem Otolithen zu gewendet ist und die sich in je einer kleinen Mündung nach dem Zwischenrippenraume öffnen, der noch nicht von einer Excretionsöffnung besetzt ist. Wir nennen diese Organe die Excretionsfl äschchen (x). Hinter jenen Fläschchen sieht man zwei stark hervortretende polsterartige Streifen von ellipti- scher Form, die einen hellen centralen Raum umgeben; dies sind die 188 Cnidarier. Polfelder (w), auf denen mau eine sehr lebhafte Wimperbeweguug bemerkt. Eine durch den Otolithen und die beiden Polfelder gelegte Ebene würde mit der Gastralebene zusammenfallen und auf der Tentakelebene senkrecht stehen, wenn ihr nicht die Polfeder eine etwas schräge Richtung ertheilten. Der "Winkel, den diese Ebene der Polfelder mit der Gastralebene bildet, ist allerdings sehr klein, doch haben wir ihn an allen von uns untersuchten Larven constatiren können; also ist er normal. Diese Ablenkung ist auch noch an älteren Individuen, aber weit weniger deutlich, sichtbar. Ueberhaupt haben sich an den älteren Thieren die ursprünglichen Verhältnisse infolge des bedeutenden Wachsthums der das Centralorgan umgebenden Körpertheile und durch die ausgesprochene Abplattung des Körpers selbst ganz beträchtlich geändert. Die Polfelder haben sich in die Länge gezogen und die Erhebungen, auf denen die Rippen endigen, sind stärker hervorgetreten, so dass das Centralorgan auf dem Grunde einer Spalte liegt, die im Sinne der Gastralebene lang aus- gezogen und durch die Verlängerung der kurzen Rippen nach dem aboralen Pole zu in zwei rautenförmige Spalten getrennt ist. Betrachtet man das Thier vom genannten Pole aus (Fig. 74), so sieht man also nur diese Apicalspalte (c) mit zwei Oeffnungen; die Enden der Rippen weisen nach dieser Spalte hin, auf deren Grunde man trotz der Durchsichtigkeit der Gewebe die Umrisse der darunter liegenden Theile nicht scharf erkennen kann. Die weitere Untersuchung wird noch durch das Vorhandensein von ziemlich starken Muskelfaserbündeln erschwert, die namentlich in älteren Individuen sehr entwickelt auf- treten, und sich vom Centralorgan in die Körpermasse und nach den eben erwähnten Erhebungen hin erstrecken. Infolge ihres Zusammen- ziehens ändert das Centralorgan beständig seine Lage, so dass es sich bald in der Nähe des Magens, bald nahe der Oberfläche befindet; seine Contouren wechseln gleichfalls ununterbrochen, und jene Spalte zeigt sich einmal geschlossen, ein anderes Mal wieder weit offen stehend oder wird ganz unkenntlich. Die Reagentien (Osmiumsäure u. s. w.) wii'ken auf die Formen der einzelnen Theile zusammenziehend und verun- staltend. Nur mit grosser Geduld kann man befriedigende Ei'gebnisse erlangen. Unsere Figur 82 vergegenwärtigt die wechselseitigen Be- ziehungen der Organe. Die Lippen der Spalte stehen gespreizt offen, so dass diese eine Art Trichter bildet, auf dessen Grunde man das Centralorgan mit seiner Glocke (c), den Otolithen (ä) und seine Um- gebung sehen kann; die Contouren der seitwärts gezogenen Erhebungen sind gleichfalls bemerkbar; die Erhebungen selbst zeigen sich als Vor- sprünge im Inneren des Trichters, auf dessen Rändern sich die dünnen Fortsätze der Rippen befinden (?>), welche nach dem Centralorgane convergiren. Ril^penquallen. 189 Abgesehen von den umgebenden Erhöhungen ist das Centralorgan durch eine Art Glocke geschützt, die durch das Auseinanderziehen der übrigen Theile an ihrer Grundfläche ein Rechteck mit abgestumpften Ecken bildet, das an den der Tentakelebene entsprechenden Wänden ein wenig eingeschnürt ist. Diese Glocke (c, Fig. 82 und 83) besteht, wie es der abgebildete Schnitt zeigt, aus verwachsenen Wimperhärchen vom Rande des zum Sinnesorgane gehörigen Kissens, und ist an ihrer Basis mit vier den Rippen entsprechenden und zwei anderen OefFnungen versehen, welche letzteren von den bei der Larve sichtbaren Bläschen herrühren und in Beziehung auf die Polfelder schief stehen. Die Rippen, die in der Larve vom Centralorgane völlig getrennt waren, Piff. 82. Ansicht des in die geöffnete Scheitelspalte zurückgezogenen Centralorganes. rt, Höhle der Scheitelspalte ; i, Fortsetzungen der Rippen, die über die Scheitelwülstc nach dem Centralorgane hin laufen; c, Glocke; <^, Otolith; e, Krystallkörper, die sich im Central- kissen bilden;/, Polfelder im Profil gesehen; g, Sinnespolster. haben sich ihm jetzt, dem Laufe der Gastrovasculargefässe folgend, ge- nähert und reichen sogar fast bis an den Otolithen, wobei sie, wie auf den Lappen und Aurikeln, an Stärke verloren haben. Sie stellen sich als wenig erhabene, mit einfachen Cilien besetzte Linien dar, vereinigen sich paarweise und dringen in die Basis der Glocke durch vier Ein- schnitte ein, durch welche auch das Meerwasser freien Zutritt hat. Schliesslich laufen sie dem Centrum des Otolithen zu; an dessen Rän- dern angelangt, richten die kreuzweise stehenden Doppellinien ihre Wimpern empor, welche zusammenkleben und so vier S förmig gekrümmte Federn (c) bilden, die an der Basis breit sind, sich mit einer ziem- lich feinen Spitze an den Otolithen anheften und diesen wie einen Globus auf vierfüssigem Gestell frei schwebend tragen (Fig. 83, a. f. S.) 190 Cnidarier. Ausser den zitternden Bewegungen, die dem Otolithen durch die Wim- percilien des unter ihm liegenden Kissens mitgetlieilt werden, erleidet er noch beträchtlichere Ortsveränderungen durch das Zusammenziehen jener Federn. Der Otolith (d, Fig. 83) besteht aus kleinen krystallartigen Körpern, welche durch eine ziemlich dichte Gallertsubstanz zusammen- gehalten werden und sich schon in den schwächsten Säuren auflösen. Auf Präparaten und Schnitten erscheint also der Otolith als ein kugel- förmiges dichtes Maschengewebe ^' ' mit zahlreichen, von den aufge- lösten Krystallen besetzt gewese- nen Löchern. Diese krystall- artigen Körperchen bilden sich augenscheinlich in dem Basal- kissen; so sieht man z. B. bei Bolina stets einige vorräthige Otolithenkrystalle (e, Fig. 82) zwischen den Zellen des Kissens nahe der Oberfläche liegen. Das Sinnespolster (g, Fig. 82; ?, Fig. 83), auf welchem der Otolith so lange direct auf- liegt, als bei den Larven jene Federn noch nicht entwickelt sind, ist nur eine eigenthüm- liche Umformung der Epithelium- zellen des Körpers, die hier Fortsetzung des Sinneskissens nach dem gelir lang und fadenförmig wer- Ansicht der Hälfte eines Durchschnittes des Centralorganes von Callianira bialata. a, Contour der Korperwand ; b, seitliehe Polfelde hin; c, Otolithenglocke; d, Otolith; e, Feder, die den Otolithen stützt; /, Wimpercilien; g, Cuticula? /«, Strahlen- zellen des Sinnespolsters; i, Begrenzungs- haut. (Nach H e r t w i g.) den (//), sehr ansehnliche spindel- förmige Kerne besitzen und auf ihrer freien Obex'fläche mit Wimpercilien (/) besetzt sind, deren Basis vom Zellkörper durch eine scharfe Contour ge- trennt erscheint, die vielleicht das Vorhandensein einer Cuticula ver- räth (g). Das Polster stellt sich als ziemlich dicke, gewölbte Scheibe dar, deren concave Seite nach dem Otolithen hin gewendet ist. Auf einem Schnitte (Fig. 83) sieht man die Zellen als Fäden, zwischen denen die Kerne sehr gut sichtbar sind; ausserdem kann man sich davon überzeugen, dass die Glocke und Federn aus verwachsenen Cilien bestehen. Die Polfelder (Fig. 76) bestehen stets aus zwei Theilen: aus dem Polpolster (i'), das eine mit dem Sinnespolster in unmittelbarer Ver- bindung stehende Schlinge bildet und aus einer inneren ebenen, einge- Rippenquallen. 191 drückten Fläche, der Polfläche (w), die mit einem Pflasterepithelium bekleidet ist, dessen Zellen je eine lange, aus mehreren an einander klebenden Cilien bestehende Borste tragen. Auf diesen Flächen liegen bei der Larve die Oeffnungen der Excretionsfläschchen. Die Polster- zellen selbst sind dagegen grösser, walzenförmig und mit mehreren gesonderten und kürzeren Wimpercilien besetzt. Noch kein Beobachter hat in diesen Organen Nervenfäden oder Ganglienzellen nachweisen können. Die nach den Rippen hin strahlen- den und von Chun als acht Nerven beschriebenen Theile sind seinem eigenen Geständnisse nach nur aus polygonalen oder auch spindel- Fig. 84. Junge Larve von BoUna norrecjicu in Drcivieitelansicht , um die ursprünglichen Be- ziehungen der Gefässcaiiäle zu den übrigen Organen zu zeigen. a, Centralorgan ; cc, Rippen in der Entstehung begriffen; d, Trichter; e, Magenwände; /, Mageuhöhle; g, Mund; h, Magengefäss; o, Fangfaden; o^, dessen Kapsel; o^, Tentakelgeiass; s, Get'ässstamm. förmigen Zellen mit sehr dünnen Wänden gebildet, deren Kerne man für gewöhnlich, nicht zu erkennen vermag. Diese Gebilde setzen sich in den Mittelrinnen der Rippen fort, die derselbe Forscher als Nerven zu bezeichnen scheint. Die bis jetzt angestellten Untersuchungen lassen also hier eine beträchtliche Lücke, aufweiche die physiologischen Untersuchungen hindeuten, nach welchen die Bewegungen der Schwimm- plättchen zweifellos von Erregungen des Centralorganes abhängen. Gastrovascularsystem. — Um uns über die Einrichtung dieses Canalsystemes klar zu werden, wollen wir zunächst die noch kugeligen Larven zu Hülfe nehmen, an denen die Lappen noch nicht entwickelt sind. Wenn man eine solche Larve vom apicalen Pole (Fig. 76), oder vom Mundpole (Fig. 75) aus, oder auch schief von oben 192 Cnidarier, her betrachtet (Fig. 84, a. v. S.), so sieht man, rechtwinklig zur Mundebene ausgehend, zwei Gefässstämme (s, Fig. 75), die sich in geringer Entfernung gabeln. Aus zweien dieser secundären Gabeläste, dem unteren rechten und dem oberen linken, geht ein kui-zer Vertical- ast hervor, der auf der Mundseite an der Tentakelbasis endet (o-), während er auf der aboralen Seite in ein Bläschen ausgeht {z, Fig. 76), die Excretionsflasche, welches mit einer Absonderungsöffnung versehen ist. Diese beiden ampullenförmigen Organe, die Tentakelkapseln und die Excretionsflaschen, entsprechen sich also genau in Bezug auf ihre Lage, und wie man auch das Thier drehen mag, immer wird man sie auf demselben secundären Ast und mit den Enden in der Tentakelebene liegen sehen. In diesem Stadium zeigen sich die Rippen noch wie kurze Meridiankreise an dem Aequator des kugelai'tigen Körpers und erreichen keinen der Pole. Je nach der Entwickelung der Rippen nun haben die secundären Aeste eine mehr oder weniger lange Strecke zu durchlaufen, gabeln sich dann von Neuem, und jedes der so entstandenen Aestchen wendet sich nach dem apicalen Ende einer Rippe, die es ihrer ganzen Länge nach begleitet. Dieser Weg führt die Gefässe nach dem Mundpole zurück, und die Aeste eines jeden aus einer langen und einer kurzen Rippe zusammen- gesetzten Rippenpaares (m^, Fig. 75) vereinigen sich zu einem Secundärstamme (t^), welcher sich nach dem spitzen Winkel des Mund- spaltes hinzieht, wo sich diese Stämme im Gastralgefässe vereinigen. Nachdem letzteres diese Zweigstämme aufgenommen hat (t^), läuft es längs des Magens auf der Breitseite hin, so dass man beim Betrachten des Thieres vom Mundpole aus die Oeffnungen wie runde Löchelchen sieht (r). Um die Darstellung dieser Circulation zu vervollständigen, haben wir in Fig. 84 das halb von oben gesehene Bild einer ganz jungen Larve gegeben. Der Magen, der am apicalen Ende noch ge- schlossen, imd dessen künftige Abplattung nur durch eine kleine Ver- zerrung des Mundes angedeutet ist,' taucht mit diesem aboralen Ende in ein weites Reservoir (d), den künftigen Trichter, von welchem die Hauptstämme (s) nach den noch sehr kurzen Rippen hinlaufen. Das Reservoir setzt sich auf den dicken Magenwänden (e) fort und umgiebt den Magen auf ungefähr drei Viertel seiner Länge. Die Fortsätze der Rippencanäle nach dem Magen hin existiren noch nicht, aber in den Larven, wo sie bereits vorhanden sind (Fig. 75 und 76), bilden Trichter und Gastralcanäle zusammen eine senkrechte Gefässaxe, von welcher nach dem aboralen Pole hin die beiden Hauptstämme ausgehen, welche durch zweimalige Theilung die Rippengefässe bilden, die auf der Mundpolseite nach der Axe zurücklaufen. Durch Abplattung des Körpers und Magens, Herantreten der Tentakeln und AbsonderungsöfFnungen an die Körperaxe, Entwickelung der Lappen und Aurikeln und durch den Umstand endlich, dass die Rippenquallen. 193 dem aboralen Pole nahe liegenden Theile in die Länge gezogen werden, ändern sich die Beziehungen der Gastrovascularcanäle beträchtlich. Untersucht man ein älteres Thier von der Breitseite her (Fig. 85), so findet man folgende Anordnung des Gastrovascularsystemes. Der Magen überragt mit seinen seit- lichen Wimpersäcken (&) das Re- servoir, welches die Form eines breitgedrückten Kegels angenom- men und welches man Trich- ter genannt hat (c). Die Magenhöhlung, in wel- cher wir die Seitenwülste er- kennen, öffnet sich in den Trich- ter durch zwei Spalten (d), die in Uebereinstimmung mit der Breitseite gelegen sind. Wir haben oft kleine Körj^erchen aus einer dieser Spalten in die andere, in den Magen und in die Gefässe übertreten sehen, und zwar wur- den sie durch die ganz beträcht- liche Wimperbewegung fortge- stossen, welche von den platten Wimperzellen herrührt, mit denen der Magen und die ganze Innenfläche der Gefässe ausge- kleidet sind. Vom Trichter gehen alle Gastro- vascularcanäle aus, um sich entwe- der nach dem aboralen Pole oder, an die Magenwände angefügt, nach dem Munde hinzuwenden. Es giebt zwei Magencanäle (g), die auf den Breitseiten des Magens hinlaufen und, wie man in unserer Zeichnung sieht, sich so decken, dass man nur einen davon bemerkt; diese Canäle sind nach dem Ti-ichter zu weit, werden aber immer enger, je näher sie dem Munde kommen. Schon bei jungen Larven ohne Lappen sieht man sie an dem Magen angeheftet (r, Fig. 75). 13 Der Scheitelpol einer erwachsenen Bolina, von der breiten Seite gesehen, um die Ver- theilung der gastrovasculären Canäle zu zeigen, a, Scheitelspalte; b, Seitenhöhlen des Magens; c, Trichter; d, Verbindungs- spalte zwischen der Magenhöhle und dem Trichter; e, kurze Rippen ; /, lange Rippen; ff, Magengefäss; Ä, Tentakelgefäss; i, Seiten- canäle; k, innerer Ast; /, äusserer Ast; m, Centralgefäss des Trichters; n, Zweig für eine kurze Rippe; o, Fortsetzung der Rippen zum Centralorgan p. Vogt u. Yung, prakt. vergleich. Anatomie. 194 Cnidarler. An Larven, deren Lappen im Entstehen begriffen waren, haben wir constatiren können, dass sie sich auf die Ränder dieser Organe fortsetzen und mit den von den Rippencanälen gebildeten Schlingen in Verbindung stehen; doch ist es uns nicht gelungen diese Fortsetzungen auch an älteren Exemplaren zu beobachten. Bei letzteren stehen anf denselben Breitseiten des Magens die Tentakelcanäle {h, Fig. 85), die sich nach der Basis der Tentakeln hinziehen und in der oben be- schriebenen Weise enden. Wie bei den Larven die Tentakeln in gewisser Entfernung vom Magen wurzeln (Fig. 75 und 84), so stehen auch bei ihnen die Tentakelcanäle vom Magen ab; eine Bildung, die sich bei vielen anderen Rippenquallen mit Faugfäden erhalten hat. In aboraler Richtung gehen vom Trichter fünf Canäle aus: vier seitliche und ein mittlerer. Jeder Seitencanal (i, Fig. 85) gabelt sich auf der Höhe des Centralorganes. Der innere Ast (k, Fig. 85) wendet sich direct einer kurzen Rippe zu (e), die er unterhalb ihres Anfangs erreicht, wo er sich mit dem aus dem Mittelgefässe kommenden Canale dieser Rippe vereinigt. Der äussere Ast dagegen läuft bis an den Anfang der langen Rippe (/), macht hier plötzlich eine Biegung und begleitet die Rippe ihrer ganzen Länge nach. Das Mittelgefäss, auch Trichtergefäss genannt (m, Fig. 85), wendet sich direct nach dem Centralorgane hin. In der Nähe der Basis des letzteren theilt es sich in vier Aeste (w), die längs der Scheitelspalte nach dem oberen Theile der Erhöhung steigen, dort plötzlich umbiegen und die kurzen Rippen bis an ihr Ende begleiten. An jungen Exemplaren haben wir die Fortsätze dieser Aeste auf die Aurikeln constatiren können, aber an älteren waren sie nicht bestimmt zu erkennen. Die Canäle der kurzen Rippen nehmen also zwei Zu- flüsse auf, deren erster aus dem Trichtergefäss, der zweite aus dem Seitencanale kommt, während die langen Rippen nur von einem Aste aus dem Seitengefässe gespeist werden. An der Basis des Centralorganes erweitert sich das Mittelgefäss ein wenig, und aus dieser Erweiterung entspringen vier sehr kurze Aeste, welche die vier Excretionsöffnungen tragen, nämlich die zwei weiten Mündungen der Excretionsflaschen, die bei der Larve entfernt von einander stehen (2, Fig. 76), und die zwei engeren Oeffnungen (x^) der Excretionsfläschchen, die bei der Larve auf den Polfeldern selbst stehen. Alle diese Canäle sind gleich dem Magen mit Wimperzellen aus- gekleidet. Letztere sind indessen auf der ätisseren Seite der Rippen- canäle durch dickere cylindrische Zellen ersetzt, während sich auf der der Körpersubstanz zugekehrten Seite des Canales andere Gebilde zeigen, die unter dem Namen der Wimperrosetten bekannt sind (k, Fig. 78). Diese Rosetten (Fig. 86) sind unregelmässig, aber sehr zahlreich auf der Innenwand der Rippeucanäle vertheilt; sie bestehen Rippenquallen. 195 aus zwei Kreisen von Zellen, die einen grossen Nucleus enthalten und mit ziemlich festen, aber sehr beweglichen Cilien besetzt sind. Die Rosetten bilden nach dem Parenchym hin eingesenkte und geöffnete Trichter. In der ziemlich engen, kreisrunden Oefifnung ihres Centrums bewegen sich die Cilien zum Theil nach dem Canal, zum Theil nach dem Parenchym hin, und nach der Behauptung Chun's durchwühlen die letztgenannten, nach innen gewendeten Cilien das Parenchym. Man könnte vielleicht diese Piosetten mit den bei den Würmern so verbreiteten Wimpertrichtern vergleichen. Fig. 86. A. B. C. cL Wimperrosetten von Beroii ovuta. A, Seitenansicht; B, Ansicht von oben; C, optischer Durchschnitt. a, in den Canal ragende Wimperhaare; 6, peripherische Zellen; c, innerer Zellencyklus; d, in das Parenchym ragende Wimperhaare; e, Centralöifnung des Trichters. [A und B nach Chun; C nach Hertwig.) Im Ganzen genommen siud die anatomischen Unterschiede bei den tentakeltragenden Rippenquallen wenig ausgeprägt; letztere bilden eine eng zusammengeschlossene Gruppe , die den Beroiden oder Eurystomen gegenüber- steht, welche bemerkenswerthe Unterschiede des Baues aufweisen. Bei den Tentaculiferen kann der Körper die ursprüngliche kugelige, ovale oder ein wenig in die Länge gezogene Gestalt beibehalten {Hormiphora, Euplo- kamis); er kann in der Richtung der Gastralebene zusammengedrückt {Euchlora, Charistephane) oder noch öfter im Sinne der Tentakelebene comprimirt sein {Eucharis , Bolina, Cestus). Bei den Cestiden geht diese Compression so weit, dass der Körper einem breiten Baude gleicht , in desseu Mitte die Körperaxe durch den Mund, den Magen, den Trichter und das Centralorgau angedeutet wird, die in einer Linie liegen, welche von einem Rande des Bandes nach dem anderen geht. Bei dieser Compression werden die Rippen immer ungleich- massiger und schliesslich bleiben bei den Cestiden nur vier übrig, die auf den Rändern des Bandes hinlaufen, während von den Zwischenrippen nur noch geringe Ueberbleibsel existiren. Bei den nicht comprimirten Formen zeigt also der Körper acht entschieden ausgesprochene Strahlen, bei den com- primirten dagegen wird diese Strahlung nach und nach so wenig auffällig, dass man au ihnen vier Strahlenpaare unterscheidet, von denen zwei Paare stets kürzer werden, bis mau endhch zu einem zweistraliligen Körper gelangt, desseu Strahlen zwei einander sehr nahestehende Rippen tragen. Die Tentakeln, die bei allen Formen vorhanden sind, können bei den eineu ungemein gross werden, während sie bei anderen kürzer bleiben (Bolina, Lesueuria) ; in ersterem Falle 13* 196 Cnidarier. können sie wieder einfach sein {Euchlora) oder Seitenfäden tragen [Hornii- phora, Pleiorobrachia). Die Lobaten {Eucharis, Bolina) sind nur eine höhere Entwickeluugsstufe der Lappenloseu; ihre jungen Larven ähneln auch, wie wir gesehen haben, den letzteren. Alle Lobaten tragen zugleich mehr oder weniger bewegliche Aurikeln, die den übi-igen fehlen. Bau und Anordnung der Organe sind augenscheinlich die gleichen ; die Entwickelung von Fühl- wärzchen bei Eucharis, von Zellen mit fluctuirenden Farben bei den Cestiden, von Pigmentzellen bei vielen anderen sind nur unwesentliche Abweichungen. Die Anordnung der Gefässe erscheint in dem Sinne verschieden, als bei den Cydippiden die Rippen- und Gastralgefässe isolirt endigen, ohne, wie bei den Lobaten und Cestiden, mit einander zu anastomisiren ; wir haben uns an unseren erwachsenen Boliuen nicht durch den Augenschein von dieser Zu- samnienmündung überzeugen können, die indessen bei den Larven ersichtlich und uns ohne Zweifel nur der Durchsichtigkeit der Gewebe wegen entgangen ist. In Bezug auf Einzelunterschiede, welche in der Bildung der GeAvebe und ihrer Elemente vorwalten, müssen wir auf die eingehenden Monographien von R. H e r t w i g und von C h u n verweisen. Die Structur der Beroiden weicht sehr ab. Der Körper ist so zu sagen von der ungeheuren Magenhöhle absorbirt, deren Wände am aboralen Pole ein wenig verdickt scheinen. Auf diesem Körper laufen die in Bezug auf ihre Länge sich kaum unterscheidenden Rippen hin; der Körper selbst ist tonnenförmig und im Sinne der Tentakelebene leicht comprimirt. Die Gefässe, welche die Rippen begleiten, vereinigen sich sowohl unter einander, als aiich mit den Gastralgefässen; sie senden ausserdem Aeste nach dem Parenchym, die oft in Säckchen endigen, oft auch sich verzweigen und in der Substanz ein Netz mit weiten Maschen bilden, das einem groben Capillargefässnetze ähnelt. Tentakeln und Lappen fehlen vollständig; die ersteren scheinen in Bezug auf ihre Function durch Endodermzellen ersetzt zu sein , welche die Mundhälfte der Gastralhöhle auskleiden und eine säbelartige Verlängerung tragen, die fast hornig und im Stande ist, die Beute zu verwunden und fest zu halten, welche das Thier verschluckt. Trichter und Centralorgan sind auf eine minimale Länge reducirt; die vier Hauptstämme , sowie ihre Verästungen in acht Rippeugefässe, entspringen auf gleicher Höhe. Das Centralorgan liegt frei, es wird nur in der Mitte von einer verkümmerten Glocke bedeckt. Die Polfelder sind stark in die Länge gezogen und auf den Rändern mit verzweigten und durch Pigmentzellen lebhaft roth gefärbten Fransen umsäumt. Solche Pigmentzellen sind über den ganzen Körper ver- breitet, dessen Epidermis ebenso ausgeprägte Unterschiede aufweist. Obgleich die Rippenquallen offenbar strahlige Cölenteraten sind, muss man doch zugestehen, dass sie von ihrer ersten Entwickelung im Ei an Unterschiede darbieten, welche bedeutend genug sind, um diese Thiere nicht als Nachkömmlinge eines ihnen und den übrigen Cölenteraten gemeinsamen Stammes betrachten zu können. Namentlich das Vorhandensein des Trichters und Centralorganes, sowie die embryogene Entwickelung des Mesoderms und der Gastrovascularcanäle widerstreben der unmittelbaren Vereinigung dieser verschiedenen Typen. Die Rippenquallen bilden demnach einen Stamm für sich, der sich, wie Lang auf höchst sinnreiche Art nachzuweisen versucht hat, wohl in die Turbellarien und im Besonderen in die PolycJaden fortsetzen könnte, welche Lang für Rippenquallen ansieht, die sich zu Kriechthieren umge- wandelt haben. Weitere Forschungen sind ohne Zweifel noch nothAvendig, um Licht in die Fragen zu bringen, die sich an diese Ansicht knüpfen. Literatur. 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Gleich im Eingange müssen wir darauf hinweisen , dass dieser Kreis nur durch negative Merkmale definirt werden kann, und dass bis jetzt weder die vergleichende Anatomie noch die Ontogenie positive und allgemeine Merkmale haben liefern können, nach welchen man die Würmer unterscheiden könnte. Wir können unter den unendlich ver- schiedenen Formen, welche diesem Kreise angehören, keinen im Grunde identischen Organisationsplan aufstellen, wäre er auch bei den einen ent- wickelt, bei den anderen verkümmert durch verschiedene Anpassungen, auf den man die vorhandenen Gebilde zurückführen könnte. Wir wollen gern zugeben, dass alle Würmer seitlich symmetrisch sind; dass sich ihr Körper durch eine verticale Längsebene in zwei symmetrische Hälften theilen lässt, aber diese Körperbeschaffenheit ist keineswegs charakteristisch, da sie sich sogar bei allen Sti'ahlthieren findet und überhaupt den meisten ausgebildeten Thieren gemeinsam ist. Es giebt einfache Würmer, die ein einziges Ganzes bilden; sodann giebt es welche, deren Körper nur an der Oberfläche geringelt ist, während andere aus mehr oder weniger homonomen Segmenten oder Metameren zusammengesetzt sind, die aus einander entstehen und für die inneren Organe von geringerer oder grösserer Bedeutung sein können. Man kann aber die allmähliche Entwickelung dieser mehr und mehr speciali- sirten Segmentation bis zu den Arthropoden verfolgen, ohne dass man 198 Würmer. eine Grenzlinie ziehen könnte. Ausserdem beruft man sich noch auf das Vorhandensein eines Hautmuskelschlauches; aber abgesehen davon, dass diese Bildung auch anderwärts vorkommt, zeigt sie so verschiedene Stufen von Specialisirung und Einrichtung, dass man aus ihr keinen grossen Nutzen als allgemeines Merkmal ziehen kann. Das Vorhanden- sein von Excretionscanälen oder von paarigen Wassergefässen , d. h. Canälen, welche in den meisten Fällen eine Verbindung zwischen den inneren Organen und Kammern und den umgebenden Medien herstellen, scheint ziemlich allgemein zu sein ; aber ausser dass sie eben bei weitem nicht überall constatirt werden können, finden sich diese Organe auch mehr oder weniger modificirt in anderen Kreisen. Alle anderen Systeme, Assimilations-, Bewegungs-, Circulations-, Athmungs-, Nerven- und Fortpflanzungsorgane bieten so grosse und tiefgehende Abweichungen, dass es kein Mittel giebt, sie auf einen gemeinsamen Typus zurück- zuführen. Die Embryogenie endlich legt uns eine Menge ursprüng- licher Formen vor Augen, die, wenigstens unserer Ansicht nach, nicht auf einander zurückgeführt werden können. Eine begründete und vollständige Classification ist bei dem jetzigen Standpunkte unserer Kenntnisse um so weniger möglich , als wir in den meisten Fällen an den zu einem halbwegs bestimmten Typus gehörenden Würmern unverkennbare Anzeichen fortschreitender Ent- wickelung oder rückläufiger Verkümmerung bemerken. Auch nähern sich in vielen Fällen diese Formen gegenseitig dergestalt, dass man über den Platz, den man ihnen anzuweisen hat, sehr verschiedener Meinung sein kann. Wir wollen als Beispiel nur die Hirudineen nennen, die wir als Plattwürmer betrachten, die aber durch die Entwickelung ihres Nerven- und Circulationssystemes eine so hohe Organisationsstufe erreicht haben, dass die meisten Zoologen sie zu den Gliederwürmern rechnen. Gegenwärtig setzt man den Kreis der Würmer aus folgenden Classen zusammen: Platoden oder Plattwürmer, Nematelmen oder Faden- würmer, Rotiferen oder Rädei'thiere, Gephyreen oder Sternwürmer und Anneliden oder Gliederwürmer. Aber für die meisten dieser Classen finden wir sogenannte aber r ante Formen, welche die Uebergänge zu anderen Würmergruppen oder selbst zu anderen Kreisen bilden. Von diesen abirrenden Formen liefern Beispiele : die Dermoscoleciden, Chae- tosomiden, Chaetognathen und Acanthocephalen, die man zu den Faden- würmern stellt ; die Echinoderen und Gasti'otrichen, die man den Roti- feren zugesellt, die Balanoglossen, welche viele Forscher den Gephyreen, andere den Echinodermen anreihen, und endlich die Myzostomen, die man den Anneliden anschliesst. Beispiele von fortschreitenden und rückschreitenden Formen man- geln ebenfalls nicht. Die Trematoden und Cestoden sind sicher Tur- bellarien, auf welche der Parasitismus beträchtlich eingewirkt hat, Platoden. 199 ganz wie der sedentäre Zustand anderseits die Röhrenanneliden hat zurückgehen lassen. Durch die Anfangsformen der Embryonen und Larven endlich sind mehr oder weniger ersichtliche Verwandtschaften festgestellt worden, entweder unter den verschiedenen Classen oder mit ganz anderen Kreisen. Die Enteropneusten haben Larven, die im Allgemeinen denen gewisser Echinodermen ähneln ; die Larven gewisser Nemertinen nähern sich denen der Bryozoen; die Anfangsformen einiger Anneliden können mit denen gewisser Mollusken verwechselt werden, und eine Menge Züge in der Organisation weisen auf die Echinodermen, Mollusken, ja selbst auf die Wirbelthiere hin. Wir stellen also offenbar in diesem Kreise eine Menge abweichen- der Typen zusammen , die von den verschiedensten ursprünglichen Formen herrühren; demnach können wir diesen Kreis auch nicht, wie man in letzter Zeit oft gethan hat, als einen gemeinsamen Stamm betrachten, von dem durch Weiterentwickelung alle die Kreise aus- gegangen wären, mit denen wir uns in dem Folgenden zu beschäftigen haben werden. Wir haben vielmehr ein Conglomerat von Formen vor uns, die von verschiedenen Stammformen herrühren , deren ursprüng- liche Typen sich vielfältig entwickelt haben, entweder complicirtere Organismen geworden , mehr oder weniger stationär geblieben , oder selbst auch unter dem Einflüsse verschiedener Anpassungen zurück- gegangen sind. Bei der Wahl der Typen , auf welche wir unsere Beschreibungen stützen, sind wir einestheils durch die Erwägungen, die sich aus den genannten Thatsachen ergeben, anderentheils durch die Wichtigkeit der Gruppen geleitet worden, die in den Classen vereinigt sind. In einigen Classen haben wir bis zu den Ordnungen hinabsteigen müssen, in anderen uns auf die Wahl eines einzigen Typus beschränken können. Classe der Platoden oder Platlielmintlien. Der meist stark abgeplattete Körper zeigt eine Rückenfläche, die einer Bauchfläche gegenüber steht; er ist in vielen Fällen einfach, ohne weitere Theilung. Dies ist das allgemeinste Merkmal dieser Classe, in der fortschreitende und rückscbreitende Entwickelungeu zu gleicher Zeit zu Tage treten, wovon letztere dem mehr oder minder ausge- prägteren Parasitismus zuzuschreiben sind. Im Allgemeinen ist bei den beständig frei lebenden Formen oder bei den Embryonen der Parasiten , so lange sie noch frei sind , der Körper mit Wimpercilien bedeckt, die das hauptsächlichste Bewegxmgs- organ ausmachen. Dies ist bei den Turbellarien und Nemertinen der 200 Platoden. Fall, die mit Hülfe der Cilien kriechen und gleiten, während die Embryonen gewisser Trematoden und Cestoden sich ihrer zum Schwim- men bedienen. Bei den Hirudineen sind die Wimpercilien vollständig auf die inneren Organe beschränkt. Bei keinem Plattwurm existirt ein eigentliches Coelom , eine Leibeshöhle, in welcher, wenigstens zum Theile, die Eingeweide frei aufgehängt sind. Die Organe sind unmittelbar vom Parenchym des Kör- pers umgeben, in welchem die aus dem Hautmuskelschlauch hervorgehen- den Muskeln sich vertheilen, sodann die Nerven, die Gefässe und die verzweigten Drüsen. Wenn in diesem Parenchym oft Vacuolen existiren oder ein besonderes Darm-Endothelium auftritt, so sehen wir darin nur eine Stufe zur Entwickeluug eines Coeloms und eines gesonderten Darmes. Auch giebt es trotz des Aussehens der Cestoden einerseits und der Hirudineen anderseits keine wirkliche Segmentation. Bei den letzteren ist zweifellos ein Anfang zur Bildung von Segmenten und Metameren vorhanden und einerseits durch die äusserliche Ringelung des Körpers, anderseits durch die Einrichtung des Nerven- und Darmsystems, sowie der Absonderungs- und Geschlechtsorgane ausge- drückt. Aber diese beiden Segmentationen entsprechen sich nicht, um Segmente zu bilden, welche homonome Stücke der Organe enthalten; auch findet sich immer eine weit beträchtlichere Anzahl äusserer Ringe, die man eher als mehr oder weniger constante Hautfalten ansehen kann. Anderseits ist die Segmentation der Cestoden auf der Bildung zweier Arten von Theilen begründet, die sogar selbständig werden können und deren einer ein geschlechtsloses Individuum ist, welches durch Knospenbildung geschlechtliche Individuen erzeugt. Auf diese Weise bildet sich ein Generationswechsel, demjenigen ähnlich, welchen man bei vielen anderen Thieren antrifft. Die Organe des Körpers erscheinen unter bedeutenden Modifica- tionen , die den verschiedenen Gruppen eigenthümlich sind. Bei den niederen Formen ist das Nervensystem auf einen einzigen, aus zwei Hälften zusammengesetzten Centralknoten reducirt; es steigt allmählich zu einer Organisation auf, wie wir sie bei den Anneliden finden; der Kreislauf, der den niederen Formen ebenfalls abgeht, bildet sich bei den höher stehenden auf mehr oder weniger vollkommene Weise aus ; das Darmsystem , welches bei vielen Formen aus einem hinten ge- schlossenen Canal besteht, kann bei den Parasiten (Cestoden) vollständig reducirt werden, oder auch zwei einander entgegengesetzte Oeffnungen aufweisen (Nemertinen, Hirudineen). In einigen Fällen zeigen sich auch Verzweigungen des Darmes, die denen der Cölenteraten ähneln. Das Wassergefässsystem ist immer stark entwickelt. Die meisten Platt- würmer sind Zwitter, und man findet bei vielen eine bemerkenswerthe Specialisation der weiblichen Geschlechtsorgane, wodurch die Bildung Cestoden. 201 der verschiedenen Theile des Eies auf sehr verschiedene Organe ver- theilt ist. Ausser der geschlechtlichen Fortpflanzung sind noch andere Arten, Knospung u. s. w. bei einigen Tuibellarien und besonders bei den Parasiten verbreitet, während sich bei den frei lebenden Formen oft eine sehr complicirte Entwickelung durch Larvenformen zeigt. Wir lassen bei den Plattwürmern folgende Ordnungen gelten: 1. Die Cestoden. Sie charakterisiren sich dadurch, dass den erwachsenen Individuen das Verdauungssysteni und Wimpercilien fehlen, dass der Körper in den meisten Fällen aus zwei Arten von Individuen, geschlechtlichen und einem geschlechtslosen besteht, und dass sich am geschlechtslosen Individuum Befestigungsorgane finden. 2. Die Trematoden mit einfachem, ungeringeltem Körper, ohne Wimpercilien , aber mit Befestigungsorganen und einem Darmsystem ohne After versehen. Diese beiden Ordnungen sind Parasiten und zumeist Zwitter. Den Trematoden entsprechen in freiem Zustande : 3. Die Turbellarien mit einfachem, blattartigem Körper, Wimpercilien auf der gesammten Körperoberfläche , einem blind ge- schlosseneu Darm, aber ohne Befestigungsorgane. 4. Die Nemertinen mit länglichem Körper; sie sind mit Wimpercilien bedeckt, haben einen Darm mit After, einen vorstülpbaren, vom Darme getrennten Rüssel, und ein Circulationssystem. Die Ge- schlechter sind getrennt. 5. Die Hirudineen mit mehr oder weniger plattem, geringeltem Körper, dem die Wimpercilien fehlen. Sie sind Zwitter, mit Haft- organen und einem Darm mit zwei Oeffnungen versehen. OrdnungderCestoden. Die Cestoden oder Bandwürmer sind platte, bandförmige, meist geringelte Würmer und Endoparasiten. Sie bestehen meist aus einem Kopfe oder Scolex, der die Haftorgane und einen Nervenknoten trägt, und aus einer Reihe von Segmenten (Proglottiden , welche die Excre- tions- und Geschlechtsorgane enthalten; letztere sind immer zwitterig. Verdauungscanal und Sinnesorgane existiren nicht. Die Entwickelung geschieht durch Metamorphosen. Typus: Taenia solium (Lin.). — Dieser Wurm bewohnt die Gedärme des Menschen. Er wird meist mit den Excrementen in einzelnen Proglottiden ausgeschieden. Nur selten kann man ihn unver- sehrt in seiner ganzen Länge erbalten. Indessen ist das Stück, welches man infolge eines wurmabtreibenden Mittels erhält, gewöhnlich lang genug, um alles das zu zeigen, was wir beschreiben werden. 202 Platoden. Nachdem man den Wurm sorgfältig gewaschen hat, beobachtet man ihn zunächst in frischem Zustande *) und behandelt ihn dann mit den Reagentien, die wir gelegentlich angeben werden. In den meisten Fällen indessen wird man ihn durch Vermittelung von Aerzten oder Apothekern erhalten, d. h, in Alkohol aufbewahrt; in diesem gehärteten Zustande ist es schwer, ihn zu Injectionen zu benutzen. Es gelingt zuweilen, ihn aufzuweichen und ihm sein natürliches Aussehen wieder zu geben, wenn mau ihn eine kurze Zeit lang in Wasser bringt, das mit einem oder zwei Tropfen Ammoniak versetzt ist. Fig. 87. Pia. 88. Fig. 87. — Tueniu sol'mm. Kopf und Hals in zwanzigfacher Vergrösserung (Figur von S. T. Stein entlelmt). Fig. 88. — Scheitelansicht des Scolex von Taenia solhim, um das Rostellum mit dem doppelten Hakenkranze und die vier Saugnäpfe zu zeigen. Fünfzigfache Vergrösserung (Figur von S. T. Stein). Mit blossem Auge unterscheiden wir an dem Wurme zwei Gebilde : ein sehr dünnes, das nicht einmal 1 mm Dicke erreicht, dies ist der Kopf oder Scolex; das andere wird immer breiter, je weiter es sich vom Kopfe entfernt, dies ist die Kette oder Strobila, die aus Ringen oder Proglottiden zusammengesetzt ist. Letztere, die über 10 ra lang werden kann, misst gewöhnlich nur 3 bis 4m. Die Ringe, welche sie bilden, sind zuerst breiter als lang. In der Nähe des Kopfes sind sie nicht deutlich, nach der Mitte der Kette zu werden sie vier- eckig und endlich nach dem äussersten Ende hin länger als breit; sie *) Die Beobachtung des lebenden Thieres kann namentlicli für das Studium des Excretionssystemes von Nutzen sein. Man kann den Wurm mehrere Tage hindurch lebend erhalten in gewöhnlichem Wasser, das mit ein wenig Eiweiss vei'setzt ist. (Pintner.) Cestoden. 203 .3 sind hier auf 5 bis 7 mm Breite oft länger als 1 cm. Wir werden diese beiden Gebilde einzeln studiren. Scolex (Fig. 87 und 88). — Wie wir schon bemerkten, ist der Scolex das dünnste Ende des Wurmes. Er erzeugt durch wirkliche Knospenbildung an- seinem hinteren Ende die Proglottiden, so dass die ihn direct berührende Proglottis die jüngste ist. Er stellt sich als ein Faden dar, den man abtrennt, um ihn unter dem Mikroskope zu beobachten. Der Scolex ist birnförmig und in demselben Sinne wie die Ringe leicht abgeplattet, so dass sein Durchschnitt nicht rund, sondern vier- eckig ist. Nach vorn geht er in ein Rostellum aus, welches um seine Fjo-. 89. Basis einen doppelten Kranz hor- niger Haken trägt. Diese (Fig. 89) stehen mit ihrem unteren Ende in kleinen Höhlungen der Tegumente. Man unterscheidet an ihnen mehrere Theile: den Stiel (w?, Fig. 89), die Handhabe g und die Spitze j^ die nach aussen vorspringt. Die Haken sind nicht alle von gleicher Dimen- sion; die grössten, auf dem äusseren Kranze stehenden, messen von der Spitze bis zum Ende des Stieles 0,167 mra bis 0,175 mm, und die kleinsten 0,11 mm bis 0,13 mm (Leuckart). Ihre Zahl, meist 28, schwankt je nach den Individuen - zwischen 24 und 30. Hinter dem Rostellum auf dem dicksten Theile des Scolex be- merkt man vier Saugnäpfe, die an lebenden Individuen ihre Form beständig ändern, aber an den Individuen, die mit einem Tropfen Lang' scher Flüssigkeit oder einer schwachen Lösung Aetzsublimat fixirt sind, rund erscheinen. Sie sehen dann wie kleine Becher aus, treten ein wenig hervor und ihre inwendig faltigen Ränder bilden eine Art Diaphragma; sie enthalten kreisförmige und strahlenförmig angeordnete Muskelfäserchen , welche ihre Thätigkeit bedingen. Mit den Saugnäpfen und Haken ist der Wurm an irgend einer Darmfalte befestigt, wovon er, wie man weiss, oft nur schwer loszumachen ist. Eine erste Beobachtung kann uns nun weiter keinen Aufschluss geben, wir werden Durchschnitte zu Hülfe nehmen müssen, um die charakte- ristischen Unterschiede kennen zu lernen, von denen wir später sprechen werden. Proglottis. — Die Proglottiden am Anfange der Kette, die noch nicht organisirt sind, zeigen nur die Pareachymelemente, die am "TM, Ein grosser und ein kleiner Haken von Taenia so/htm. m, Stiel ; y, Handhabe; p, Spitze. 204 Platodeii. hinteren Ende dagegen sind mit Eiern vollgestopft, welche durch ihre Entwickelung die meisten Organe zurückgedrängt und zerstört haben. Erst in einer Entfernung von 50 bis 100 cm vom Kopfe wird man an- fangen können, sie mit Erfolg zu beobachten; auch wird mau sie im ganzen mittleren Theile der Kette unter einander vergleichen können. Die Proglottis ist rechtwinkelig und plattgedrückt (Fig. 90). Ihr vorderer Rand ist ein wenig schmäler als der hintere. Leuckart unterscheidet an ihr zwei Flächen: die Bauchfläche, in deren nächster Nähe die weiblichen Geschlechtsorgane sich ausbreiten und die Rücken fläche, an welcher namentlich die männlichen Organe Fiff. 90. Horizontalschnitt eines Gliedes von Taenia soHuni nach einem Originalpräparate. Die Escretionscanäle ce schematisch, das üebrige nach dem Präparat. c, Cuticula; ml, Längsmuskeln; ce, Excretionscanäle; s s, Klappen derselben; <, Hoden; cd, Samen- leiter ;|)c, Cirrustasche ; ov, Ovarium;^c, Schalendrüsen; (ja, Eiweissdrüse; v, Vagina; it, Uterus; u', Seitenäste desselben; m", meist erweiterte Vorderäste des Uterus. gelegen sind. Auf einem der Seitenränder, bald rechts, bald links, trägt sie eine kleine Knospe, die nur vom 300. bis 400. Gliede der Kette an sichtbar ist. Dies ist die Geschlechtswarze, die mehr oder weniger hervorsteht, und auf deren Spitze sich eine Oeffnung befindet, die in eine trichterförmige Höhlung oder Cloake führt, auf deren Grunde man die Mündungen der Geschlechtsgänge, und zwar vorn die des Samenganges, hinten die der Vagina bemerkt. Diese Warze ist bei denjenigen Proglottiden, an denen sich die Befruchtung vollzieht, vollständig geschlossen. Auf jeder Seite der Proglottis, in geringer Entfernung von den seitlichen Rändern, sieht man zwei hellere Streifen, welche die Excretious- Cestoden. 205 canäle andeuten; im Centrum bemerkt man die Geschlechtsorgane, die wir später beschreiben werden. Präparatiou. — Nach der Beobachtung im frischen Zustande unter Wasser wird der Anfänger gut thun, einige Präparate anzufer- tigen. In unserem Laboratorium verfahren wir folgendermaassen. Man breitet die Segmente des Wurmes in einer Schale mit flachem Boden aus und fixirt sie mit einer schwachen Lösung von Aetzsublimat, die man 5 bis 10 Minuten lang wirken lässt; dann wäscht man sie sorgfältig und färbt sie mit Pikrocarmin, Essigearmin oder Hämotoxy- lin. Wenn die Segmente die zweckmässige Färbung (nicht zu dunkel) erreicht haben, behandelt man sie mit Alkohol, Nelkenöl und endlich mit Canadabalsam. Auf diese Weise erlangt man prächtige Präparate, die noch viel schöner werden, wenn man irgend welche Organe (Ova- rium, Uteriis) injicirt, wie wir es unten beschreiben werden. Um Schnitte herzustellen, hält man die stark gefärbten Seg- mente zwischen zwei Glasplatten, damit sie sich nicht zusammenfalten, und bewahrt sie in dieser Lage bis zur Einschliessung in Paraffin auf. In den meisten Fällen (für Längs- und Querschnitte) wird man das Paraffin entbehren und die in Alkohol gut gehärteten Stücke sofort in Hollundermark schneiden können. Für das histologische Studium wird man am besten Zerzupfungen in frischem Zustande und an Stücken vornehmen, die in Müller'scher Flüssigkeit aufgeweicht sind, welche zur Hälfte mit Wasser versetzt ist (Sommer). Schnitte der Cuticula lassen sich an Stücken herstellen, die in 5 proc. Osmiumsäure gehärtet und stark mit Hämatoxylin oder Pikrocarmin gefärbt sind. Tegument. — Das Körperparenchym von Tänia ist wie bei den meisten Cestoden aus einem weichen Bindegewebe zusammengesetzt, in welchem man ovale, sternförmige oder spindelförmige Zellen unter- scheidet, die Kerne, Kernkörperchen und körniges Protoplasma, aber meistens keine Membranliülle besitzen; ferner besteht das Parenchym aus Kernen, die gesondert und unregelmässig vertheilt sich namentlich in der Nähe der Rindenschicht vorfinden, sodann aus Granulationen, Fettkügelchen u. s. w. Alles dies ist durch eine lutercellularsubstanz vereinigt, in welcher man streifige Granulationen bemerkt, welche die Zellen wie in ein Netz einschliessen. Ausser den erwähnten Elementen findet man übei'all im Parenchym runde oder ovale plattgedrückte Körperchen, die sich in Carmin nicht färben, aber in Essigsäure auf- brausen; dies sind die Kalkkörperchen, welche sich namentlich in alten Proglottiden ungemein häufig finden. Man betrachtet sie als Trümmer von Kalkzellen. Nach Schief fe rdecker soll die Ver- kalkung mit dem Kerne beginnen und sich allmählich über die ganze Zelle verbreiten. 206 Platoden. Das Parenchym ist mit einer sehr complexen Cuticula bedeckt, in welcher der Histologe das Vorhandensein von vier Schichten er- kennen wird, die auf feinen Schnitten sichtbar sind, welche man nach Härtung in Osmiumsäure ausgeführt hat. Die äussere Schicht ist sehr dünn, fest und homogen, sie färbt sich lebhafter als die anderen und trägt die Oeffuungen feiner Porencanäle, welche die ganze Dicke der folgenden Schicht senkrecht zur Körperoberfläche durchsetzen; diese zweite Schicht hat ebenfalls keine wahrnehmbare Structur. Die beiden ersten Schichten können, nach Schiefferdecker, dui'ch eine beson- dere Behandlung in chlorsaurem Kali und Salpetersäure *) losgelöst werden. Man sieht dann auf den Fragmenten jene sehr kleinen Cauäl- chen, die wir eben erwähnten, dicht an einander gedrängt. An der dritten Schicht heften sich die Rückenbauchmuskeln au, welche ihr, bei der Ansicht von oben, ein fein punktirtes Aussehen verleihen. Die letzte Schicht endlich ist die dickste und mit einer grossen Zahl unter einander gekreuzter Fäserchen durchsetzt, weshalb man sie die Faser- schicht genannt hat. Diese vjer Cuticularschichten ruhen auf einer Hypodermschicht, die aus langen spindelförmigen Zellen besteht (Matrixzellen), welche vertical neben einander stehen. (Nach Schiefferdecker soll die Oberfläche des Wurmes mit Wimpercilien bedeckt sein, die von jedem Porencanälchen ausgehen; es ist uns nie gelungen, sie zu sehen, wahrscheinlich ihrer ausserordentlichen Zer- brechlichkeit und Durchsichtigkeit halber.) Unter der Cuticule und im Parenchym finden sich Muskelfasern unter denen wir folgende Richtungen unterscheiden können: Längs- bündel, die zur Verkürzung des Wurmes dienen; dies sind die wichtig- sten; man sieht sie in ml, Fig. 90 und 91; sodann Querbündel, mt, Fig. 91, welche tiefer als die vorigen liegen und durch ihre Zusammen- ziehuug die Proglottiden verschmälern; endlich dorsoventrale Bündel mdv, Fig. 91, welche sie breitziehen. Letztere verlaufen parallel von einer Fläche zur anderen. Mit Unrecht sind die Querbündel als Riug- muskeln beschrieben worden, in Wirklichkeit endigen sie seitlich in der Hautschicht und setzen sich nicht rundum fort. Die Muskelzellen sind spindelförmig, ausserordentlich lang und dünn und an den Enden scharf zugespitzt. Auf Querschnitten zeigen sie sich rundlich. Im Scolex findet man besondere Muskelbündel vor, die um die Saugnäpfe und Haken lagern; sie sind zum Oeflfuen und Schliessen der ersteren und zum Aufrichten und Niederziehen der letzteren bestimmt. Verdauungsorgane. — Der Tänia fehlt das Verdauungssystem vollständig; man bemerkt weder einen Mund, noch einen Darm. Die *) Dieses jetzt meist aufgegebene Dissociationsverfahren wird Kühne verdankt, der es bei der Dissociation der Muskelelemente anwandte. Mau bringt das Object in ein Uhrglas, welches gepulvertes chlorsaures Kali ent- hält, das mit dem drei- bis vierfachen Volumen Salpetersäure versetzt ist. Cestoden. 207 Ernährung geht auf dem Wege der Osmose durch die Gewebe hindurch aus den Flüssigkeiten von statten, welche das Thier in dem von ihm bewohnten Wirthe auf allen Seiten umgeben. Indessen müssen wir die Aufmerksamkeit der Beobachter auf das Interesse lenken, welches es haben dürfte, vorhandene Rudimente von Bewegungsmuskeln eines verschwundenen Pharynx oder solche von Speicheldrüsen zn constatiren, wie man deren bei anderen Cestodeu gefunden hat, von denen wir später noch reden werden. Nervensystem. — Ueber das Nervensystem von Taenia soKum ist man noch sehr im Dunkeln. Vielleicht hat es dieselbe Einrichtung Querschnitt eines etwa in der Mitte der Totallänge liegenden Gliedes von Taenia solium. c, Cuticula; c', Matrixzellen der Cuticula; ml, durchschnittene Längsmuskel- bündel; »i«, Quermuskeln; 7ndv, dorsoventrale Muskeln ; c e, Excretionscanäle ; m, Seiten- nerv. Der linke Seitennerv ist nicht sichtbar an unserem Präparate, u t, Durch- schnitt des Hauptstammes des Uterus; ul, Seitenäste des Uterus; t, Hoden; cd, Ende des Samenleiters; cl, Genitalcloake. wie bei anderen Arten derselben Gattung, Taenia perfoUata z. B., an der es nachgewiesen worden ist. Es zeigt dort im Scolex zwei Ganglien- massen auf, die durch ein breites Querband vereinigt sind, und von denen ausser kleinen Nervenfäden, die nach den Sauguäpfen gehen, zwei lange seitliche Nerven auslaufen, die sich auf beiden Körperseiten über alle Proglottiden hin zur Seite und ausserhalb der Längsäste des Excretionsapparates erstrecken. Die seitlichen Nerven können bei Taenia solium direct an frischen Proglottiden und auf Querschnitten beobachtet werden («, Fig. 91), wie auch auf Längsschnitten. Sie zeigen sich als faserige, leicht gewellte Streifen, und sind in zwei, drei oder mehr Bündeln gruppirt, welche auf Querschnitten wie schwammige und rundliche Massen aussehen (einige Forscher nennen sie Schwamm- gewebe). In seiner schönen Abhandlung über die Anatomie der Band- 208 Platoden. Würmer hat Somraer unter dem Namen Plasmagefässe enge und ausser- ordentlich geschmeidige Canäle beschrieben , die sich auf den beiden Körperseiten parallel den longitudinalen Excretionscanälen erstrecken sollen. Wahrscheinlich handelt es sich hier um die Seitennerven, die wohl infolge eines uns unerklärlichen Irrthums von dem genannten Forscher mit dem Excretionssysteme in Verbindung gebracht worden sind. Seine Beschreibung stimmt übrigens ziemlich genau mit dem überein, was wir als Nervensystem hingestellt haben. Excretionssystem. — Das Excretionssystem wird durch im Parenchym ausgehöhlte Canäle gebildet, welche eine dünne Wandung ohne erkennbare Structur besitzen, die nicht contractu ist. Die Canäle haben in allen Proglottiden dieselbe Beschaffenheit. Das System selbst besteht im Wesentlichen aus zwei Längscanälen, die rechts und links innerhalb der Quermuskelschicht verlaufen und auf dem hinteren Rande jeder Proglottide durch einen Quercanal in Verbindung stehen (ce, Fig. 90). Im Vereinigungspunkte dieses Querstranges mit den Längscanälen zeigen letztere eine kleine Anschwellung, vor welcher sich im Inneren das Häutchen in Form einer Klappe zusammengefaltet hat, welche beim Niederfallen den Canal mehr oder weniger vollständig abschliesst (ss, Fig. 90). Den Quercanälchen selbst fehlen diese Klappen, doch wiederholen sie sich an den Längscanälen jedes Ringes, und der Beschreibung gemäss, die Sommer von ihnen giebt, gestatten sie der im Canal befindlichen Flüssigkeit von vorn nach hinten, aber nicht im entgegengesetzten Sinne, in der Richtung nach dem Scolex hin zu fliessen. Da die Wände der Excretionsgefässe nach Sommer keine Wimper- cilien besitzen, wird die eingeschlossene Flüssigkeit nur durch die allgemeinen Contractionen des Körpers in Bewegung versetzt. Diese Flüssigkeit findet sich in sehr verschiedenen Quantitäten vor; ist sie reichlich vorhanden, so treibt sie die Canäle auf und macht sie an dem frisch beobachteten Individuum leichter bemerkbar. Alkohol bringt sie zum Gerinnen; man kann demnach, wenn man eine in absolutem Alkohol gehärtete Proglottide unterhalb ihrer Verbindung mit der folgenden quer durchschneidet, durch einen vorsichtigen Druck unter einer Glasplatte diese geronnene Masse herausquetschen, die sich dann granulös zeigt *). Man kann die Excretionscanäle injiciren, indem man mittelst eines sehr feinen Glasröhrchens**) lösliches Berlinerblau oder eine *) Nach Sommer weist die chemisclie Analyse in dieser Masse Sub- stanzen nach, die dem Xanthin und Guauin verwandt sind. **) Für die Injectionen sehr kleiner Gefässe oder Canal chen, wie solcher, von denen hier die Rede ist, sind die allerfeinsten MetaUröhrchen der nied- lichsten Spritzchen noch viel zu gross. Man ersetzt sie vortheilhaft durch kleine an der Lampe zugespitzte Glasröhrchen, die man sich im Augenblicke, Cestüden. 209 neutrale Carminlösung iujicirt. Es handelt sich hierbei darum, wenn man einmal unter der Lupe die Lage eines der Längscanäle bestimmt hat, das Röhrchen durch die Umhüllungen bis in den Canal zu bringen, eine Operation, .die sehr viel Aufmerksamkeit erfordert und nur schwer gelingt. Aus dem, was wir oben über die Einrichtung der Klappen gesagt haben, geht hervor, dass man die Flüssigkeit von vorn aus nach dem hinteren Ende der Kette einspritzen muss, da sie im entgegen- gesetzten Sinne nicht eindringen würde. Proglottiden, die in Alkohol geronnen sind, eignen sich natürlich nicht zu einer solchen Injection. Wir lenken noch die Aufmerksamkeit der Forscher auf das Inter- esse, welches es bieten dürfte, Beziehungen zwischen den Excretions- canälen, die wir eben beschrieben haben, und den Systemen von Canäl- chen aufzufinden, welche in bewimperte Trichter ausgehen, wie wir deren bei anderen Cestoden erwähnt haben (vergl. das Allgemeine). Vermuthlich fehlen letztere bei Taenia solncm nicht. Geschlechtsorgane. — Jede Proglottide enthält männliche und weibliche Geschlechtsorgane, die wir einzeln betrachten wollen. Man erkennt diese Organe theilweise an reifen und im frischen Zu- stande beobachteten Proglottiden. An den gefärbten und in Canada- balsam präparirten bemerkt man stets die Eierstöcke, die mehr oder weniger damit verwachsenen Eiweissdrüsen, die Schalendrüsen, den Eileiter, die Vagina, die Hoden und den Samengang. Die Hoden (t, Fig. 90 und 91). — Die Hoden zeigen sich als zahlreiche*) kleine, kugelförmige oder ovale Bläschen an der Rücken- oder Hinterfläche auf beiden Seiten des Uterus und nehmen fast den wo man ihrer bedarf, selbst auszielit. Man saugt mit dem Munde 2 bis 3 cm der zu injicirendeu Substanz auf, vei-bindet das weite Eude des Glasröhrchens mit einem Kautschukschlauch, vou dessen anderem Ende aus man die Injec- tion entweder einfach mit dem Munde oder mittelst eines Kautschukballes oder sonstigen Druckapparates vollführt. Mehrere Naturforscher haben sich bereits dieses sehr einfachen Verfahrens bedient. Wir haben es besonders von Yves Delage in seinen schönen Untersuchungen über den Circulations- apparat der Edriophthalmeu {Archives de Zoologie expirimentale , 1881) an- wenden sehen; er benutzte es mit grossem Vortheil bei der Injection sehr kleiner Bopyriden und Caprelliden, an denen jedes andere Verfahren ge- scheitert wäre. Nach diesem Forscher müssen die Glasröhrchen drei Haupt- bedingungen erfüllen: l) müssen sie entsprechend dünn sein, doch nicht mehr als in jedem einzelnen Falle nöthig ist, denn je dünner sie sind, desto mehr Widerstand setzen sie dem Ausströmen der Flüssigkeit entgegen ; diesen Widerstand muss man natürlich möglichst verringern; 2) müssen sie eine kurze Spitze haben , damit sie nicht brechen , wenn man sie in die Gewebe einführen will; 3) endlich müssen sie aus einem Rohre mit sehr dünnen Wänden geblasen werden, damit der Durchmesser der Spitze nicht unnöthiger- weise durch die Dicke der Wände vergrössert wird. *) Sommer zählt auf einer Seite des Uterus von Taenia mediocanellata 612 Hoden bläschen, also im Ganzen in einer Proglottis 1224. Vogt u. Ymig, prakt. vergleich. Anatomie. j^ 210 Plattwürmer, ganzen Raum zwisclien letzterem und den longitudiualen Excretions- canälen ein. Bei schwacher Vergrösserung erscheinen sie in einer gefärbten Proglottide als kleine rothe Punkte, die auf dem vorderen Theile derselben enger an einander stehen als auf dem hinteren, der namentlich von den Aesten des Eierstockes besetzt ist. Bei jungen Proglottiden sind die Hoden an Zahl und Grösse ge- ring, doch wächst ihre Zahl, je näher man dem mittleren Theile der Kette kommt, während sie von da an wieder abnimmt. In den End- gliedern findet man keine Hoden mehr; die Sprossuug der Seitenäste des Uterus und die Entwickelung der Eier in ihrem Inneren drängen Fig. 92. Taenia mediocanellaia. Ein Hodenbläsclien mit Inhalt, 975 fache Vergrösserung. a, Kerne von einer dünnen Protoplasmaschicht umgehen; b, junge Samenzellen; c,d,e, grosse Samenzellen mit zahlreichen Kernen;/, isolirte reife Samenzelle, die zahlreiche Zoospermen entladet. (Nach Sommer.) die Hoden zurück, die endlich verschwinden, nachdem sie ihren Inhalt entleert haben. Jedes Hodenbläschen ist von einer sehr dünnen Wand umgeben und enthält Samenzellen in verschiedenen Entwickelungsstadien. In diesen Zellen entdeckt man mehrere Kerne und eine beträchtliche Zahl Samenfäden, deren Schwänze im Reifezustande der Zelle nach aussen hervorstehen (/, Fig. 92). Sie sind übrigens sehr zart gebaut und schwer zu beobachten. Ein Druck des Plättchens reicht hin, sie zu zerstören, und man wird Sorge tragen müssen, immer eine genügende Menge Flüssigkeit in das Präparat zu bringen. Samengänge. — Von jedem Hodenbläschen geht ein äusserst dünnes Canälchen aus, dessen Grenzen schwer erkennbar sind. Es scheint nur in das Parenchym eingegraben zu sein und keine eigenen Wände zu besitzen. Man bemerkt es nur, wenn es mit Samen gefüllt ist, also nur an reifen Proglottiden mit noch geradem Uterus. Jedes Cestoclen, 211 Canälchen vereinigt sich mit einem benachbarten und alle münden in convergirende Aeste, die ihrerseits in das Centralende des Samen- leiters einmünden. Dieser spielt die Rolle des Sammelcanales für den Inhalt aller Samencanälchen. Er läuft bald rechts, bald links parallel mit dem hinteren Rande des Gliedes, dem er ein wenig näher ist als dem vorderen (o,d, Fig. 90 und 91). Der Vagina (v), die um ein Ge- ringes über ihm liegt, ist er gleichfalls parallel. In jungen Pro- glottiden sind diese beiden Canäle zu einem verschmolzen, der als eine einzige Querliuie erscheint; erst später theilen sie sich. Der Samenleiter ist meist gewellt und oft sogar mehrfach ge- wunden. Er endet in einem cylindrischen Organ mit muskulösen Fig. 93. Pf-. C --, // Taenia mediocanellata. Endigung der Genitalcanäle im 750. Gliede bei 187 faciier Vergrösserung. fl, Seitengrube; pg, Genitalporus; s rj , Genitalsinus oder Cloake; cd, Samenleiter; p c, Cirrhusbeutel; c, Cirrhus oder Penis; v, Scheide. (Nach Sommer.) Wänden, dem Cirrhusbeutel {pc, Fig. 93), der an seinem Ende eine kleine Oeffnung trägt, durch welche der Samen in die Ge- schlechtswai'ze fliesst. Alles dies bildet ein Ganzes, das man Cirrhus oder Penis genannt hat, und aus welchem der Samen durch den Druck ausgespritzt wird, den die Wände des Beutels gegen die Wände des Samenleiters avisüben. Nach Sommer soll der Cirrhus im Momente der Befruchtung nicht nach aussen hervorstehen und in die Vagina eindringen, wie es Leuckart an Taenia echinococcus beschrieben hat. Also wäre er kein Begattungsorgan im eigentlichen Sinne des Wortes. Obgleich der erste der beiden Beobachter Hunderte von Proglottidßn von Taenia solium und Taenia mediocanellata untersuchte, hat er doch nie das Ende des Samenleiters in die Vagina eindringen sehen. Er nimmt an, dass die Befruchtung sich vollzieht, indem sich die Oeffnung 14* 212 Plattwürmer. der Geschlechtswarze durch die Zusammenziehung der Längsmuskeln schliesst. Der Samen würde dann in dem für ihn zu eng gewordenen Räume keinen anderen Ausgang finden, in der Vagina bis zu dem an ihrem centralen Ende gelegenen Samenbläschen vordringen und \ron dort aus, wie wir bald sehen werden, nach dem Orte gelangen, wo die Befruchtung der Eier vor sich geht. Weibliche Geschlechtsorgane. — In Folge der scharf durchgeführten Theilung der physiologischen Arbeit sind diese Organe äusserst complicirt. Jeder wesentliche Bestandtheil des Eies wird durch eine besondere Drüse gebildet. Wir werden nach einander den Keimstock, die Eiweissdrüse, die Schalendrüsen, den Uterus und die Vagina mit dem Samenbläschen beschreiben. Fig. 94. Taenla medlocanellalu. Fragment einer Eiröhre aus dem 582. Gliede mit aus- gebildeten Eizellen, a, primitive Eier; 6, Keimbläschen; c, Hauptdotter; d, Neben- dütter; e, Nebendotter eines zerdrückten Eies. (Nach S o m m e r. ) Keim- oder Eierstock. — Diese Drüse (ov, Fig. 90) liegt in der Nähe des hinteren Randes der Proglottide, von dem sie durch die Eiweissdrüse getrennt ist und reicht bis in die Mitte ihrer Länge. Sie muss an gefärbten und in Balsam präparirten Proglottiden beob- achtet werden, denn in frischem Zustande sind ihre Contouren so hell, dass man sie nicht deutlich unterscheiden kann. Sie ist im Allgemeinen von ovaler Gestalt und besteht aus einer beträchtlichen Anzahl netz- artig verzweigter Röhrchen mit dünnen structurlosen Wänden; im Inneren dieser Röhren entstehen die kleinen Eiercheu, die man auf verschiedenen Entwickelungsstufen antrifft (Fig. 94). Alle Röhren des Eierstockes convergiren nach einem gemeinsamen Ausführungsgange, dem Eileiter (od, Fig. 95), der zunächst nach vorn geht, sich dann aber plötzlich umbiegt, um vom Niveau der Schalendrüse aus nach dem unteren Theile des Uterusstammes zu laufen (o'd', Fig. 95). Zu dem Eiergange gesellt sich der Ausführungsgang des Samenbläschens Cestoclen. 213 (es, Fig. 95), sodann derjenige der Eiweissdrüse, und schliesslich münden in ihn auch die vielfach verzweigten Canälchen aus den Schalendrüsen ein (ca und gc, Fig. 95). Auf diese Weise also steht der Eileiter mit dem gesammteu Geschlechtssysteme in Verbindung, und die Eichen, cüe aus dem Eierstocke dahin gelangen , finden die sie befruchtenden Zoospermen und die übrigen Substanzen vor, die sich hinzugesellen, um das definitive Ei zu bilden, wie man es ein wenig später im Uterus sehen kann. Der Eierstock erscheint zunächst unter der Form von Röhrchen, welche die Mutterzellen der Eier enthalten; vollständig ausgebildet ist er aber nur in den reifen Proglottiden anzutreffen-, die man etwa in der Mitte der Kette findet. Um genauere Angaben zu machen, wollen Fiff. 95. ^ V U L 5 S B '*- ^■ ca.- Taeniu mediocanellata, Glied 781. Centrum des Genitalapparates von der Vorder- fläclie des Gliedes aus gesehen, um die gegenseitigen Beziehungen der Aus- t'ührungsgäuge der verschiedenen Drüsen zu zeigen. v, Vagina; vs, Samenblase; CS, Samenleiter; co, Mittelpunkt der Eiröhren; od, Eileiter; o' d' , Ast des Eileiters zum Uterus; c«, Ausführungscanal der Eiweissdrüsen; g c, Schalendrüsen. (Nach Sommer.) wir die Beobachtung mittheilen, die Sommer an einem Individuum von Taenia mediocanellata gemacht hat. Die ersten Spuren eines Eier- stockes fand er auf der 287. Proglottide der Kette; die Mutterzellen der Eichen zeigten sich erst auf der 582. Proglottide (Fig. 94). Erst von da an begannen die Eier sich im Uterus zu zeigen, der sich in den folgenden Proglottiden verzweigte und dessen Seitenäste Eier mit Embryonen enthielten, die desto mehr entwickelt waren, je näher man dem Ende der Kette kam. Vom 880. Gliede ab hörte die Eiei-- production aiif, und die Röhren des Eierstockes begannen sich zu leereu und ganz zu verschwinden. 214 Plattwürmer. Die Eiweissdrüse. — Wie schon gesagt, liegt die Eiweissdrüse, welche das Eiweiss absondert, das dazu bestimmt ist, das Eichen ein- zuhüllen und dem künftigen Embryo einen Nahrungsvorrath zu liefern, hinter dem Eierstock und unmittelbar über dem transversalen Ver- bindungsgang der Excretionscanäle (g a, Fig. 90). Sie erstreckt sich nach den Seiten hin, wird an den Rändern dünner und ist in ihrem mittleren Theile nach vorn zu angeschwollen. Ihr Bau ist ziemlich dem des Eierstockes analog, weshalb es nicht immer leicht ist, sie auf den Schnitten von letzterem zu unterscheiden. Sie besteht in Wirk- lichkeit aus kleinen netzartigen Röhren mit sehr dünnen und elastischen Wänden. Der Durchmesser dieser Röhren variirt beträchtlich je nach dem Grade ihrer Thätigkeit und dem Zustande ihrer Anfüllung. Man kann sie nur dann genau unterscheiden, wenn sie mit Eiweiss angefüllt sind. Diese Röhren vereinigen sich zu einem kurzen Ausführungsgang (ca, Fig. 95), der sich von dem angeschwellten vorderen Theile der Drüse herzieht und im Eileiter öffnet, von wo das Eiweiss mit den Eichen in den Uterus gelangt. Die Eiweissdrüse erscheint in jungen Proglottiden als eine ziemlich feine Linie und verschwindet erst in hoch entwickelten Proglottiden. Man bemerkt noch Spuren davon, wenn der Keimstock schon vollständig verschwunden ist. Die Schalendrüsen stellen sich als ein rundlicher Ballen dar, welcher um den hinteren Theil des Uterus nach dem mittleren Ende der Vagina hin liegt (gc, Fig. 90) und aus einzelligen Drüsen zusammen- gesetzt ist. Letztere haben an jungen Proglottiden runde, an älteren mehr längliche, ovale Form (g c, Fig. 96). Sie sind von einer zarten Haut umhüllt und enthalten körniges Protoplasma, in dessen Mitte man einen hellen, runden oder eiförmigen Kern bemerkt. Ihre Ab- sonderungsproducte treten durch eine Menge kleiner Canälchen in den Eileiter über. Von allen Theilen des weiblichen Geschlechtsapparates zeigen sich die Schalendrüsen am beständigsten; sie färben sich unge- mein lebhaft durch die Reagentien, und man erkennt sie noch zwischen den Basalverästungen des Uterus, wenn vom Keimstock und der Eiweiss- drüse längst nichts mehr zu sehen ist. Unsere von Sommer entlehnte Fig. 96 stellt den 750. Ring von Taenia mediocanellata dar, nachdem das Thier beträchtliche Zeit in Müll er' scher Flüssigkeit gelegen hatte, welche zur Hälfte mit Wasser verdünnt war. Der Uterus zeigt sich als Längscanal auf der Mittellinie der Proglottis (m, Fig. 90). Zunächst ist er einfach, schickt aber bald nach rechts und links blinddarmartige Verlängerungen aus. Im Uterus entwickeln sich die befruchteten Eier bis zur definitiven Bildung des Embryos. Seine dünnen structurlosen Wände dehnen sich nach Maass- gabe der eingeführten Eichen aus, und im Zustande seiner grössten Ueberladung füllt er schliesslich den gesammten Raum zwischen dem Eierstocke, dem vorderen Rande der Proglottis und den länglichen Cestoden. 215 Excretiouscanälen aus, wobei die Hoden zurückgedrängt werden und endlich ganz verschwinden. Ein einfaches Präparat von einer Pro- glottis ist aber nicht im Stande, eine klare Vorstellung vom Uterus zu geben; es ist vielmehr unbedingt erforderlich, ihn zu injiciren. Sommer giebt dazu folgende Anleitung. Man sticht zunächst unter dem einfachen Mikroskope einen der Vorderäste des Uterus mit einer feinen Nadel an, deren Spitze man in ein Geraisch von Bei'linerblau und Glycerin getaucht hat, das man zum Injiciren benutzen will. Dieser Stich lässt eine Spur zurück, die als Merkzeichen für das Röhr- chen zum Einspritzen selbst sehr dienlich ist; ehe man jedoch diese Operation vornimmt, muss man den Uterus seiner Eier entleeren. Man Fig. 96. Taenia mediocanelluta. Glied 750. Zum Uterus aufsteigender Ast des Eileiters mit den Schalendrüsen. Horizontalschnitt. o, Eileiter, i An einem frischen und leicht zwischen zwei Glasplatten gepressten Wurm kann man die allgemeine Lagerung der Organe erkennen; zu- nächst eine Bauchfläche, auf welcher sich die Saugnäpfe öffnen, und An den Rändern zieht sich eine von den Dotter- drüsen gebildete dunklere Zone hin ; in der Mitte liegen die Hodenschläuche, nach vorn zu be- merkt man den zu- saramengeknäuelten Eileiter mit bräun- lichen Eiern, den An- fang des Darmcanals mit seinen seitlichen, hinten endigenden Blinddärmen, und auf der Rückenseite eine ganz kleine Oeffnung, die Mündung des Excretionssystems ((/, Fig. 99). Vor dem Bauchsaugnapfe end- lich befinden sich die Mündungen der männlichen und weib- lichen Geschlechts- organe und aus der Distomum hepaticum. Auf der linken Seite ist der Darm mit seinen Ver- ästelungen, rechterseits der Hauptstamm des Ex- cretionscanales mit seinen Zweigen dargestellt. Um die Figur nicht zu ver- wirren, ist der Excretions- stamm etwas nach rechts verschoben worden. In der Natur verläuft derselbe in der Mittellinie auf der Rücken- seite über dem Darme. Beide Organe vertheilen sich symmetrisch auf beiden Seiten. Die Grundzüge der Figur sind von Sommer entlehnt. a, mittlerer unpaarer Sammelcanal oder Stamm des Excretionssystemes; b, vorderer dorsaler Zweig; c, vorderer ventraler Zweig; d, Seitenzweig; ee, Seitennetze;//, letzte Zweiglein des Systemes; g, Excretionsporus; A, vorderer Mundsaugnapf; B, hinterer Bauchsaugnapf; /i, Mund; i, Pharynx; //, Hauptstamra des Darmes, der rechts nicht ausgeführt ist; m, vordere Darmäste; m'm'^ Seitenäste; ?«<, Endast des Darmes. Vogt u. Yung, piakt. vergleich. Anatomie. 25 220 Plattwürmer. vordersten (männlichen) ragt oft der Penis hervor, besonders an todten Individuen oder solchen, die beim Herausziehen gepresst worden sind. Präparation. — Der Wurm wird in Lang'scher Flüssigkeit getödtet (wenn er in Schnitte zerlegt werden soll, darf er nicht länger als eine Viertelstunde darin liegen), dann gewaschen, leicht mit Carmin gefärbt und schliesslich ganz in Canadabalsam eingebettet. Ungefärbte Würmer müssen in Glyceriu präparirt werden, da der Balsam die Präparate zu durchsichtig machen würde. Will man Schnitte machen, so muss die Färbung sehr stark sein und der Wurm, nachdem er in Nelkenöl gelegen hat, in Paraffin ge- braclit worden. In manchen Fällen, z. B. wenn man die Cuticula speciell studiren will, wird man sich mit Vortheil der 0,5 proc. Osmium- säure bedienen, die man auf das Thier wirken lässt, nachdem man es platt auf den Boden eines Schälchens ausgestreckt hat. Das Studium der Gewebe durch Zerzupfung geschieht am besten in frischem Zustande in Wasser oder Jodserum oder an einem Wurme, welcher einige Tage in Müller' scher Flüssigkeit oder in Chromsäure von 1 Theil zu 2000 bis 3000 Theilen Wasser gelegen hat. Gewisse Systeme (Verdauungs-, Excretionsorgane) werden injicirt, wie wir weiter unten noch beschreiben werden. Tegument. — Der Körper von Distomum besteht aus zwei Schichten, die auf Querschnitten immer leicht zu erkennen sind: einer centralen oder Mittelschicht, in welcher die Hauptorgane liegen, und einer peripherischen oder Bin dens chi cht, welche dünner als die erstere ist und den gesammten Körper umhüllt. Das Bindegewebe, welches das Parenchym der Centralschicht bildet, besteht aus einer Masse kleiner vieleckiger, durchsichtiger Zellen, die zum Theil einen grossen eiförmigen Kern enthalten, und aus einer spärlichen, undurchsichtigen und klebrigen Intercellularsubstanz mit netzartiger Structur, welche die Zellen zusammenhält. In diesem Parenchym findet man Muskelfäserchen in Gruppen oder Bündeln, die von einer Fläche des Wurmes nach der anderen laufen ; dies sind die Leiickart'schen Rücken-Bauchmuskeln. Sie liegen schräg oder senkrecht zur Cuticula und sind auf gut gefärbten Querschnitten er- kennbar. Die Cuticula selbst besteht zunächst aus einer sehr dünnen und structurlosen äusseren Schicht, von der man Stücke losreissen kann, nachdem man den Wurm zuvor einige Stunden in Wasser mit etwas Ammoniak gehalten hat (Sommer). Diese Schicht trägt kleine An- hängsel in Form abgestumpfter Kegel, welche kleine glänzende, stachel- förmige Schuppen enthalten. Auch bemerkt man in ihr feine Poren- canälchen, welche senkrecht zur Oberfläche stehen. Unmittelbar unter der ersten Schicht liegt eine zweite, die aus kleinen runden, körnigen Zellen besteht und einen gleichfalls runden und körnigen Kern Trematoden. 227 enthalten; dies ist die Mutterschicht oder Matrix der äusseren Cuticula. Sie deckt die Hautmuskelschicht, welche nach Sommer aus drei Lagen von Muskelfasern besteht: zu äusserst die Kreismuskellage, deren Fasern den Körper wie die Reifen eines Fasses umgeben ; dieses System wird nur durch die Saugnäpfe und die an der Oberfläche stehenden Oeffnungen unterbrochen. Die zweite, mittlere Lage besteht aus Längsmuskeln und die dritte, innere, endlich aus schrägen Fasern , welche nur am Vordertheile des Körpers sichtbar sind. Unter diesen Muskelbündeln sieht man dann noch eine vierte und letzte Hautschicht, aus grossen granulösen Zellen bestehend, welche keine Hülle besitzen und unregelmässig vertheilt sind ; sie liegen in kleinen Häufchen zwischen den Muskelbündeln. In diese letzte Schicht dringen hier und da die Enden von den Bündeln der Rücken - Bauch- muskeln ein. An den den Saugnäpfen entsprechenden Stellen verdickt sich die Cuticula merklich. Die Saugnäpfe selbst werden aus mehreren Muskelschichten gebildet, welche vom Parenchym durch eine Faserhülle getrennt sind, an welcher die Muskeln sich ansetzen. Letztere sind in der obersten Schicht äquatorial, in der mittleren ringförmig und in der untersten strahlenförmig angeordnet. Jedes Muskelbündel ist von Bindegewebe umgeben , in welchem grosse ovale Zellen constatirt wor- den sind (die man auch an anderen Punkten des Körpers, namentlich in den Schlundwänden gefunden hat), deren einer Pol oft eine Ver- längerung trägt. Diese Zellen besitzen Kerne und Kernkörperchen ; von letzteren geht ein Faserbündel oder ein sehr charakteristisches Canälchen aus (Mace). Die Bedeutung dieser Zellen ist ziemlich räthselhaft. Nach Villat und Mace sollen sie Erweiterungen des Excretionssystems, nach anderen Forschern Nervenzellen sein (Stieda, Lang). Während der vordere Saugnapf durch eine hintere OefFnung mit dem Schlünde in Verbindung steht, ist der hintere vollständig geschlossen und dient nur zur Befestigung des Wurmes. Das Studium des Nervensystems erfordert Schnitte nach allen drei Dimensionen , nachdem man den ganzen Wurm stark gefärbt hat, denn selten lässt ein Präparat des gesammten Thieres dieses System klar erkennen. Auch ist es völlig unnütz , dasselbe an erwachsenen und in foto mit Canadabalsam behandelten Lidividuen zu suchen ; nur an ganz jungen Exemplaren, deren Fortpflanzungsorgane noch nicht reif sind, wird es gelingen, mehr oder weniger beträchtliche Theile davon zu bemerken *). Feine in fortlaufenden Reihen geordnete und *) Um an in toto präparirten Distomendas Nervensystem besser sehen zu können, empfiehlt sich folgendes Verfahren: man legt das Thier 12 bis 24 Stunden iu eine 20 proc. Lösung von Potasche oder Soda. Das Reagens treibt und hellt die Hautgewebe und das Parenchym auf, greift aber das Nervensystem zum Theil nicht an. Man erhält auf diese Weise Präparate, an denen die Nerven kreideweiss erscheinen; dieselben lassen sich jedoch nicht aufbewahren. 15* 228 Plattwürmer. genau numerh'te Schnitte werden dagegen immer gestatten, das Vor- handensein dieses Systems und seine allgemeine BeschaflPenheit zu erkennen. Die Nerven und Ganglien sind fein und sehr klein , auch haben sie keine besondere Hülle, sondern sind direct in das Körper- parenchym eingebettet. Die Centralmasse besteht aus drei Ganglien, einem unpaaren halbmondförmigen, das unmittelbar unter dem Ver- einigungspunkte von Mund und Speiseröhre liegt, das untere Schlundganglion (g\ Fig. 100 und g i, Fig. 101), und zwei über der Speiseröhre befindlichen unregelraässig eckigen oberen Schlund- ganglien (g, Fig. 100 und 101), welche symmetrisch auf beiden Seiten des oberen Speiseröhrenrandes und hinter dem Mundsaugnapfe liegen. Diese Ganglien stehen unter einander durch eine Quercommissur Fig. 100. Distomttm hepaticum. Das Nervensystem, der Schluiulring und die von ihm ausgehen- den Nerven, gg, obere Schlundganglien; c, Commissur derselben; g', unteres Schlund- ganglion; na, vordei-e Nervenstämme; np, hintere Nervenstämme: nl, Seitennerven. (c, Fig. 100) und mit dem Einzelganglion durch zwei kurze senkrechte Commissuren (cg, Fig. 101) in Verbindung. Das Ganze bildet einen Ring um die Speiseröhre herum und enthält in jedem Ganglion einige grosse multipolare Zellen mit Kern und Kernkörperchen. Von dem unter der Speiseröhre liegenden Ganglion laufen kleine, schwer zu erkennende Nervenfäden aus, und ist es Sommer gelungen, dieselben bis zur Gabelung des Darmcanals zu verfolgen ; die über der Speiseröhre befindlichen Ganglien senden jedes zwei Vorderstränge {na, Fig. 101), welche bis zu den Rändern des Mundsaugnapfes laufen , und zwei Hinterstränge aus (np, Fig. 101), deren einer sich nach den Seiten des Kopfes wendet, während der andere, der Seitennerv, den Körper entlang bis zu dessen Hintertheile läuft und dabei nach rechts und links Trematoden. 229 Aeste ausschickt {nl, Fig. lOl). Die Seitenuerven scbeinen sieb hinten nicht zu vereinigen, aber sie enthalten ausser elementaren Nerven- fasern hin und wieder noch Ganglienzellen. Der Darmcanal. — Der Darmcanal besteht aus zwei langen und breiten, stark verästelten Blinddärmen, die sich bis an die Ränder Fig. 101. we- Distomum hepaticum. Horizontalschnitt des vorderen Körpertheiles, um den Anfang des Verdauungscanales und das Centi-alnervensystem zu zeigen, p , polygonale Zellen des Körperparenchyms ; c, Cuticula; v, Mundnapf; m, die äquatorialen Muskelfasern, quer durchschnitten; m', radiale Muskelbündel; p h, Höhle des Pharynx; cp, Cuticula desselben; me, Aequatorialmuskeln des Pharynx; mr, radiäre Muskelfasern desselben; mp, Vorwärtszieher des Pharynx; //, Lippe des Pharynx, durch Umschlag seines vor- deren Randes gebildet; r, verengerter Theil, der die aufnehmende Portion des Pharynx von der verdauenden Darmregion trennt; co, vorderste Blimiäste des Darmes; i, Anfang des Darmes; g g , die beiden oberen, durch eine Quercommissur verbundenen Schlund- ganglien; na, Vordernerven; ?ip, äusserer Hinternerv; nl, Seitennerv; gi, unteres Schlundganglion; cg, Verbindungsstränge der oberen Ganglien zu dem unteren. (Nach S 0 m m e r.) des Körpers erstrecken und nach vorn in eine Speiseröhre zusammen- laufen, die sich auf dem Grunde des vorderen Saugnapfes öflfuet. Diese 230 Plattwürmer. Mundöffnung dient abwechselnd zur Einführung der Speise und zur Alisstossung der Reste. An frischen Distomen kann der Lauf des Darmcanals zuweilen, dank den färbenden Gallsubstanzen, von welchen das Thier sich nährt, verfolgt werden. Indessen ist der Darm selten vollständig angefüllt, und die ungefärbten Theile lassen sich dann nicht erkennen; dies ist namentlich bei solchen Individuen der Fall, welche man in Wasser gewaschen hat, wo sie den Inhalt ihres Darmes entleeren, den man durch den Mund in Form eines trüben Fadens austreten sieht. Dies ist der Grund, weshalb es fast unumgänglich nothwendig ist, den Darm mit Berlinerblau zu injiciren, ehe man zu seinem Studium schreitet. Zu diesem Zwecke legt man das Thier, nachdem es gewaschen und vollständig entleert worden ist, auf den Rücken und hebt dabei den Vordertheil des Körpers ein wenig empor, damit man den Mundsaug- uapf deutlich sehen kann, in welchen man eine feine Glasröhre einsetzt, durch welche die Flüssigkeit vorsichtig eingeblasen wird. Die Injection gelingt zuweilen nur theilweise, wenn der Darm nämlich durch irgend etwas verstopft ist; doch selbst wenn nur einer der Aeste iujicirt ist, ist es gut, das Präparat aufzubewahren, denn die Vertheilung der Aeste ist auf beiden Seiten fast die gleiche. In günstigen Fällen, d. h. wenn alle Theile der Seltenäste vollständig injicirt sind, liefert die Zurichtung des Wurmes in Canadabalsam prächtige Präparate. Für das eingehende Studium des vorderen Darmabschnittes, wie wir ihn nach Sommer in Fig. 101 dargestellt haben, handelt es sich darum, horizontale und Längsschnitte zu machen , nachdem der Wurm in Paraffin oder Seife gebettet worden ist. Der Mund ist eine weite trichterförmige Höhlung in der Muskel- masse des vorderen Saugnapfes {v, Fig. 99 und 101); durch eine kleine Oeffnung führt er unmittelbar in den Schlundkopf ( jJ /i, Fig. 101 und i, Fig. 99). Der Pharynx ist ein eiförmiger Muskel, welcher von einer faserigen Hülle umkleidet ist, die ihn von den umgebenden Geweben trennt. Dieser Muskel lässt uns das Vorhandensein zweier Systeme von Muskelfasern erkennen: Kreismuskeln (me, Fig. 101) und Strahlen- muskeln (mr, Fig. 101). Sein hohles Innere bildet die Schlundkopf- höhle ( p /*, Fig. lOl). Beim Saugen spielt der muskulöse Pharynx die Hauptrolle; er kann mittelst eines Vorziehmuskels bis in die Mund- höhle vorgestossen werden {nij), Fig. 101). Dieser Muskel ist am unteren Umfange des vorderen Saugnapfes und an der Basis des Schlund- kopfes angewachsen , welcher wiederum durch einen Retractor nach hinten gezogen werden kann, der seitlich an der Kopfhaut und vorn am Schlundkopfe festgewachsen ist. Sobald die Ringmuskeln der Schlund- kopfwände nachgeben, wird die Schlundhöhlung selbst erweitert und die Nahrungssäfte, die das Thier umgeben, eingesogen. Der Schlund- kopf ist also ein Saugapparat im vollsten Sinne des Wortes. Um seine Trematoden. 231 VorderöffnuDg herum ist er in eine halbmondförmige Lippe gefaltet (/, Fig. lÜl), welche sich dadurch bildet, dass sich seine Ränder gegen- seitig nähern, so dass dann der Schlundkopf eine neue zusammen- ziehende Bewegung ausführen und durch dieselbe seinen Inhalt in den Darm befördern kann (?, Fig. 101). Die Höhle des Pharynx steht nun durch einen sehr engen Canal (r, Fig. 101) mit einem cylindrischen Sack in Verbindung (i, Fig. 101), der nach hinten zu weiter wird und sich bald in zwei Aeste, die An- fänge der Blinddärme, theilt (11, Fig. 99), Dieser Sack ist nur der Beginn des Darmcanals und hat von Sommer den Namen Magen erhalten ; er trägt keine Epitheliumzellen (M a c e) und unterscheidet sich dadurch von dem folgenden Theile des Darmes. Jeder Blinddarm sendet nach dem Seitenrande des Wurmes 16 bis 18 Seitenäste, welche im Vordertheile des Thieres kürzer (»?, Fig. 99) und nach vorn, im Hintertheile dagegen länger (»/, Fig. 99) und nach hinten gerichtet sind. Durchmesser und Länge dieser Verästungen sind bei allen Individuen verschieden; da die meisten noch besonders ver- ästelt sind, nehmen sie natürlich im Ganzen einen beträchtlichen Raum ein und bieten eine sehr grosse Absorptionsfläche dar. Alle sind in ihrem hinteren Theile geschlossen, selbst die starken, der grossen Körperaxe parallel laufenden Hauptstämme. An injicirten Präpa- raten gleichen sie dicken Blattrippen. Die Darmwände bestehen aus zwei Schichten: einer äusseren, homogenen ßindeschicht, welche nach Sommer keine eigenen Muskel- fasern enthält *), aber von Bündeln der Körpermuskeln durchsetzt ist, und aus einer inneren Schicht verschieden geformter, aus granulösem Protoplasma bestehender Epitheliumzellen, die bei der Verdauung an ihrem freien Theile Pseudopodien vorstrecken, welche die Nahrungs- körperchen in der Darmhöhlung erfassen und umwickeln. Dieser Vor- gang kann natürlich nur an lebendig zerzupften Individuen beobachtet werden; isolirt gleichen diese Zellen vollkommen den Amöben. Wahr- scheinlich wird der Inhalt des Darmes, sobald die Zellen alle seine Nah- rungsstoflfe aufgesaiigt haben, entleert und durch eine neue Ration ersetzt. Excretionssystem. — Obgleich die Einrichtung dieses Systems von derjenigen der Wassergefässcanäle der Cestoden verschieden ist, kann man es doch als letzterem homolog betrachten. In frischem Zu- stande und an Individuen, die in Alkohol gelegen haben, bemerkt man das Excretionssystem nur dann, wenn es vollständig mit Flüssigkeit angefüllt ist, was indessen nur selten der Fall zu sein pflegt; auch an *) Mace nimmt im Gegensatze liierzu das Vorliandenseiu eiuer muskulösen, aus Längsfasern gebildeten Wand an, die zugleich zahlreiche ringförmig ange- ordnete Bündel enthält; diese Muskelfasern sollen von den Bündeln im Paren- chym unabhängig sein. Es ist uns nicht gelungen, diese Behauptung zu bestätigen 232 Plattwürmer. Schnitten lassen sich seine feinen Canälchen nur ausnahmsweise er- kennen. Man muss also wohl oder übel wieder mit Berlinerblau oder einer Carminlösung injiciren; folgendes Verfahren liefert dabei nach Sommer die besten Resultate. Man bringt den Wurm unter eine starke Lupe und sticht mit einer Nadel, die mit Berlinerblau be- strichen ist, in den Punkt ein, wo der starke Sammelcanal (a, Fig. 99) seinen grössten Durchmesser hat, d. h. ein wenig hinter der Schalen- drüse, die sich als runder, undurchsichtiger Punkt zeigt. In diesen Stich setzt man dann ein dünnes Glasröhrchen ein, durch welches die färbende Flüssigkeit eingespritzt wird. ' Hat man diese Operation glücklich durchgeführt, so erfüllt das Berlinerblau zunächst den grossen Sammelcanal und dringt von da aus in den grösseren Theil seiner Verästungen. Der Anfänger darf sich durch das Misslingen seiner ersten Versuche nicht abschrecken lassen. Höchst selten gelingt das Verfahren gleich beim ersten Male, und in unserem Laboratorium hat uns die Erfahrung gezeigt, dass die Studenten bei zehn Versuchen nur einmal zum Ziele gekommen sind. Man wird im günstigen Falle aber auch hinreichend für seine Mühe belohnt, denn das in Folge einer gelungenen Einspritzung erlangte Präparat (der "Wurm muss in Canada- balsam gebettet werden) ist wirklich prächtig und äusserst lehrreich« Man constatirt dann vor Allem, dass der Hauptstamm des Ex- cretionssystemes (a, Fig. 99) an der Rückenfläche und längs der Mittel- linie des Thieres liegt. Ausgenommen in seinem hinteren Theile, wo er sich verengt, hat er fast überall gleichen Durchmesser; er mündet am Hinterrande des Wurmes in der kleinen Excretion soff nun g {Foramen caudale) (g, Fig. 99). Zuweilen gelingt es, durch diese Oeff- nung zu injiciren, doch im Allgemeinen füllt dann die Flüssigkeit eben nur den Hauptstamm an und dringt nicht in die Seitenäste. Es ist immer besser, so zu verfahren, wie wir oben beschrieben haben. Im Vordertheile des Körpers, unmittelbar hinter der Schalendrüse, theilt sich der Hauptstamm in vier Aeste, von denen zwei auf der Bauchfläche (in der Fig. 99 sieht man nur einen, c), und zwei auf der Rückenfläche verlaufen (ö?J, Fig. 99). Die Bauchäste verzweigen sich bis in die Nähe des vorderen Saugnapfes, und ihre gekrümmten Aest- chen vereinigen sich im Parenchym mit den entsprechenden Ver- zweigungen der Rückenzweige, welche sich auf der ganzen Oberfläche des Vorderkörpers nach rechts und links ausbreiten. Weiter hinten und auf beiden Seiten vom Stamme sieht man eine grosse Anzahl secundärer Aeste, deren einer (d, Fig. 99) sich besonders durch seinen grossen Durchmesser bemerkbar macht. Alle diese ver- ästeln sich an den Seiten des Körpers und ihre Zweige laufen hier und da wieder zusammen, so dass sie im Ganzen ein ziemlich verwickeltes Netz bilden, welches in der mittleren Parenchymschicht beginnt und sich durch die Muskelschicht bis in die letzte Schicht unter derCuticula Trematoden. 233 hinzieht, wo seine Canälchen noch feiner werden und sternförmiges Aussehen annehmen. Dort sollen sich also nach Sommer die Anfänge des Excretionsapparates befinden. Diese Gesammtheit von Canälchen bildet ein sehr vollständiges Bewässerungssystem ; die einzelnen Theile enthalten in verschiedener Menge eine farblose zähe Flüssigkeit, welche lichtbrechende Tröpfchen verschiedener Grösse mit sich führt. Die Canälchen des Excretionssystemes sowie der Centralstamm sind von einer feinen, elastischen und structurlosen Haut begrenzt, die keine Muskelfasern enthält (Sommer). Die Flüssigkeit tritt durch die Excretionsöffnung in dem Maasse aus als das ganze System mehr oder weniger voll ist *). Die Geschlechtsorgane. — Distomum hepaticum ist Zwitter; seine männlichen und weiblichen Organe sind dermaassen complicirt, dass ihr Studium ungemein schwierig ist. Wie bei den meisten Tre- matoden ist die physiologische Arbeit sehr vertheilt und bei der Bildung des Eies wirken namentlich verschiedene Oi'gane mit. Wir wollen zunächst die männlichen Organe beschreiben. Die männlichen Organe sind verhältnissraässig die einfachsten. Sie bestehen aus Hoden , welche die Form paariger Röhi-endrüsen be- sitzen, stark verzweigt sind {t a und tp, Fig. 102 und 103) und einen *) Wir sind in der Beschreibung des Excretionssystemes den Beob- achtungen von Sommer gefolgt; höchst wahrscheinlich werden fernere Untersuchungen über gewisse Punkte sie noch verbessern und ergänzen. Weiter unten werden wir sehen, wie Julien Fraipont an den Enden der Canälchen bei einer grossen Anzahl Trematoden kleine Trichter entdeckt hat, die auch von anderen Forschern gesehen, aber falsch gedeutet worden sind, und die sich in die Lücken des Parenchynis öffnen. Fraipont hat die Gefälligkeit gehabt, uns mitzutheilen, dass er in einer noch nicht erschieneneu Abhandlung ähnliche an Distomum hepaticum entdeckte Trichter besprochen hat. „Um sie sehen zu können", sagt er uns, „muss man kleine, möglichst durchsichtige Individuen nehmen, deren Darmcanal fast keine Galle enthalten darf. Das Thier wird auf einen Objectträger unter ein Deckgläschen ge- bracht, auf welches man so lange einen zunehmenden Druck ausübt, bis das Thier auf das Drittel oder höchstens die Hälfte seiner normalen Dicke com- primirt ist. Mit Hülfe der Objectivlinse 8 von Hartnack und der Immer- sionslinse 10 sucht man einen relativ hellen Platz zwischen den Verästungen des Darmcanales. Man wird dann bald sehen können, dass unabhängig von den von Sommer beschriebenen feinen, leicht gefärbten Canälchen ein System ungemein feiner, vollkommen durchsichtiger Canäl- chen mit ausserordentlich dünnen Wänden vorhanden ist. Verfolgt man dann diese Canälchen mit der Zeiss' sehen Oel im nier sion von yjgmm, so wird man am Ende des einen oder anderen eine Wimper- flamme entdecken. Beobachtet man letztere aufmerksam, so erkennt man die typische Bildung des Trichters nebst den ihn umgebenden Lücken. Das Wesentliche dabei, aber auch die einzige Schwierigkeit ist, gerade den richtigen Druck auszuüben. Auch hält die volle Klarheit nur kurze Zeit, 10 Minuten bis höchstens eine halbe Stunde an, worauf Zersetzung der Ge- webe, vollständige Zerquetschung und endlich der Tod eintritt." (Julien Fraipont, 6. Mai 1883.) 234 Plattwürmer. breiten Raum in der Mitte des Körpers einnehmen (Samenfeld, Leuckart); sie liegen unter den Blinddärmen an der Bauchseite des Thieres. Man wird sie am besten an älteren Individuen studiren, welche in einer schwachen Lösunar von Potasche oder in mit Wasser Fig. 102. Distomum hepaticum. Genitalapparat, v b, MunJ- napf; vv, Bauclinapf; pc, Cirrhusbeutel ; og, Ge- schlechtsöfFnung; sg, Genitalsinus; ;> A, Pharynx; i, .Darm; tu, vorderer Hoden ; tp, hinterer Hoden ; cd, Samenleiter; gv, Dotterdrüsen; vi, Seitenäste des Dotterganges; vt, Querast des Dotterganges; ov, Ovarium; gc, Schalendrüsen; u, Uterus; u', Ende des Uterus; v v, Dotterblase. (Nach Sommer, verkleinert.) verdünnter Müller'scher Flüssigkeit aufgeweicht worden sind (M a c e). Die Hodenröhren sind blinddarmartig geschlos- sen, ihr Durchmesser wächst nach dem Ende zu und das geschlossene Ende selbst ist gewöhnlich ange- schwollen, so dass es hin und wieder ein blasenförmiges Aussehen hat. Die Hoden- röhren liegen in der Pa- renchymmasse eingebettet und sind durch eine dünne, homogene und wider- standsfähige Haut um- grenzt, auf deren Innen- fläche man fadenförmige Zellen (Faserzellen) be- merkt. Alle diese Röhren schlängeln sich nach ver- schiedenen Richtungen hin und wieder in gesonderten Gruppen auf zwei Samen- gängen (cd, Fig. 102 und 103). Letztere nehmen die Mittellinie des Körpers ein und liegen fast un- mittelbar neben einander; sie sind jedoch von un- gleicher Länge: derjenige der hinteren Hodengruppe (ft, Fig. 102) ist nahezu doppelt so lang als der andere, dessen Hoden- röhrengruppe kaum die Hälfte der Körperlänge einnimmt. Beide conver- giren nach vorn und nach- cd. av. gv Trematoden. 235 dem sie sich an der Basis des Cirrhusbeutels vereinigt haben, erweitern sie sich in eine Art spindelförmigen Behälter mit dickeren Wänden, das Samenbläschen (i'S, Fig. 103), welches breit und leicht gekrümmt Fig. 103. n6.. Vordertheil des Distomnm Iiejyutccum, von der Bauchfläche gesehen, um die Anordnung der Geschlechtstheile zu zeigen, vb, Mundnapf; vv, Bauchnapf; pc, Cirrhusbeutel ; jjij, Genitalötfnung; sg, Genitalsinus; p/i, Pharynx; i, Anfang des Darmes; t a, vor- derer Hoden; c(i, Samenleiter; »s, Samenblase; ce, Samenausführungsgang; (/ a, Neben- driisen; gv, Dotterdrüsen; vi, Seitenäste des Dotterganges; vt, Querast des Dotter- ganges; rv, Dotterblase; o v, Keimstock oder Ovarium; gc, Schalendrüsen; u, Uterus oder Eileiter; «', dessen Ende; cm, Uterusanfang am Vereinigungspunkte des Dotterganges und des Keimganges; of, weibliche Geschlechtsöffnung. (Nach Sommer.) ist. Dasselbe verengt sich vorn und setzt sich in ein feines, mehrere Male um sich selbst gewundenes Canälchen fort, welches in einem cyüu- 236 Plattwürmer. (irischen breiteren Gang mit muskulösen Wänden, dem Cirrhus oder Penis, endet. Das gekrümmte Canälchen, von dem soeben die Rede war, ist der Spritzcanal {Ductus ejaculatorius) (ce, Fig. 103 u. 105) genannt worden; es ist von einer namhaften Anzahl einzelliger Drüsen, den accessorischen Drüsen, umgeben (g a, Fig. 103 und 105). Die genannten Zellen bestehen aus körnigem Protoplasma, haben eine eigene, ausserordentlich feine Hüllmembran und gehen durch einen fadenförmigen Gang direct in den Spritzcanal über, dessen Wände von zahllosen kleinen OefFnuugen durchlöchert sind, welche ihm nach Sommer das Aussehen eines Siebes geben. Das Samenbläschen, der Spritzcanal, sowie die accessorischen Drüsen sind in einen Sack mit dicken und muskulösen Wänden eingeschlossen; dieses vor dem Bauchsaugnapfe liegende Gebilde nennt man den Cirrhusbeutel (pc, Fig. 102 und 103). Die Theile, welche er enthält, sind von einem netzartigen Bindegewebe umgeben, welches dem des übrigen Körpers analog ist. Die Hodenröhren sind mit Zellen ausgekleidet, welche Zoospermen in verschiedenen Entwickelungsstadien enthalten. Diese Samenzellen sind gewöhnlich rundlich und enthalten einen grossen Kern, der in körniges Protoplasma gehüllt ist; der Kern spaltet sich in eine grosse Anzahl von Spermatozoidenköpfen, und die Samenzellen in den Samen- gängen ähneln ungemein denen von Tänia, welche wir in Fig. 92 abgebildet haben. Die Spermatozoiden haben einen rundlichen Kopf und einen sehr beweglichen, langen, fadenförmigen Schwanz. Die weiblichen Organe zerfallen in drei Gruppen: den Keim- stock, die Dotterdrüsen und die Schalendrüsen. Keim- oder Eierstock. — In diesem Organe entstehen die Eichen; es liegt im vorderen Theile des Körpers, rechts von dessen Mittellinie und ähnelt einer Hodentraube; es besteht aus verzweigten Röhren, deren blinddarmartige Enden bis an die Seitenzweige des Dotterganges (o v, Fig. 103) reichen und in einen einzigen Excretions- canal verschmelzen , welcher sich beträchtlich verengt und in die Schalendrüse hineinzieht. Dieser dünne Canal erweitert sich schwach und mündet dann in den Endzweig des Dotterganges. Die Wände des Keimstockes sind dicht und faserig, ihre innere Schicht besteht aus membranlosen Zellen, welche sich zu Eichen umbilden. Das Innere dieser Eierröhren ist mit diesen Eichen angefüllt, welche aus körnigem Protoplasma bestehen und einen Kern und Kernkörperchen enthalten. Sie bilden also den Urbestandtheil des Eies, welches sodann durch Hinzufügung des Dotters und einer Schale vervollständigt wird. Die Dotterdrüsen. — Man bemerkt dieselben in namhafter Anzahl sowohl rechts und links auf beiden Seiten des Körpers als auch in dessen hinterem Theile. Sie zeigen sich in Form kleiner Träubchen, die durch unendlich viele feine und verzweigte Canälchen unter ein- Trematoden. 237 ander in Verbindung stehen (gv, Fig. 103). Diese Canälchen ver- einigen sich ihrerseits zu zwei langen Sammelcanälen oder Dotter- gängen, welche auf beiden Seiten des Körpers hinlaufen, nach ihrem hinteren Ende zu ein wenig convergiren und ungefähr im Niveau mit der Schalendrüse durch einen Quercanal in Verbindung stehen (vt, Fig. 103). Letzterer, bald einfach, bald in seinem Anfange ge- Fig. 104. Co. o.o. r.v. Distomum hepaticum. Vereinigungspunkt der weiblichen Geschlechtsdrüsen mit den Ausführungsgängen bei 185 facher Vergrösserung. öro, Ast des Ovariums oder Keim- stockes; CO, Keimgang; c«?, quere Dottergänge; rv, Dotterblase; c' v' , Aust'ührungs- gang des Dotters; gc, Schalendrüsen; ed., Samenleiter; cl, Laurer 'scher Canal. (Nach Sommer.) gabelt, öffnet sich in der Mittellinie und ergiesst hier seinen Inhalt in einen Behälter (r^», Fig. 103), der je nach der Menge des darin enthaltenen Stoffes mehr oder weniger sichtbar ist und sich durch einen feinen Canal mit dem Ausführungsgange des Keimstockes vereinigt. Die Dotterdrüsen besitzen eine selbständige Wand; sie enthalten grosse mit Kugelkörperchen gefüllte Zellen, welche aus Fett und Eiweiss- masse bestehen und gelblich- oder schwärzlichbraun gefärbt sind ; diese 238 Plattwlirmer. Körpereben findet man in dem ganzen Systeme vor und sie verleihen demselben seine eigene Färbung, die zuweilen schon dem blossen Auge sichtbar wird; sie sind dazu bestimmt, das Ei zu umlagern und dem jungen Embryo während seiner ersten Entwickelungsphasen als Nähr- stoff zu dienen. Die Dottergänge besitzen eine eigene Membran , die dünn und ohne Structur ist, und der Durchmesser der Gänge selbst erreicht sein Maximum in dem querlaufenden Dottergange. Die Schalen drüsen entstehen durch Anhäufung von einzelligen Drüsen, welche eine kugelige Masse bilden (g c, Fig. 102 und 103) und in der Mittellinie um den Vereinigungspunkt des Ausführungsganges des Eierstockes mit dem Eiergange und dem Dottergange gruppirt sind. Diese Masse besteht, wie das homologe Gebilde bei Tacnia soJmrn, aus einer grossen Zahl kleiner ei- oder birnförmiger Zellen, die feinkörniges Protoplasma und einen Kern enthalten (g c, Fig. 104). Ihr dünnes Ende geht in einen feinen Canal über, der in dem Vereinigungs- punkte der oben genannten Excretionscanäle mündet. Jede dieser Zellen besitzt eine eigene Membran; obgleich sie also von einander unabhängig sind, sind sie in ihrer Gesammtheit doch von einer dünnen gemeinschaftlichen Haut umhüllt, und ihre Excretionscanäl- chen convergiren nach ein und demselben Punkte am Anfange des eigentlichen Eierganges. Das Absonderungsproduct der Schalendrüsen umgiebt schliesslich das Ei mit einer continuirlichen Schicht, zunächst aber zeigt es sich in Form kleiner durchsichtiger Tröpfchen, die sich zusammenballen und unregelmässig an die Eier heften. Nur nach und nach nimmt dieser Stoff die braune oder schwarze Färbung an, welche das Vorhandensein vollständiger Eier im Eiergange verräth, wenn man ein Distomum bei durchfallendem Lichte betrachtet. Uterus. — Der Uterus (u, Fig. 102, 103, 104) ist ein langer, breiter, mehrmals gefalteter und um sich selbst gedrehter Canal. Er nimmt einen beträchtlichen Raum im Vordertheile des Körpers ein und geht im Niveau der Schalendrüse von dem Punkte aus, in welchem sich die Excretionscanäle der Dotterdrüsen und des Keimstockes ver- einigen. Sein Durchmesser schwankt bedeutend, je nach der Menge der darin enthaltenen Eier, seine muskulösen Wände sind sehr elastisch und ihre Bewegungen tragen zum Ausstossen der Eier bei. Unter der hinteren Sauggrube wird der Durchmesser des Eierganges kleiner und die Eier können dort nur eins nach dem atfderen fortrücken, um dann durcb eine (weibliche) Mündung in die Geschlechtsgrube zu treten. Wenn man ein sehr feines Röhrchen in die äussere Mündung des Uterus einführt, gelingt es zuweilen, denselben zu injiciren; doch ist diese Operation sehr schwierig wegen der Winzigkeit der Oeflfnung, und nicht selten ist auch der Uterus dermaassen von Eiern vollgestopft, dass er davon ganz unkenntlich wird. Man muss mit Hülfe der Lupe Individuen auswählen, bei denen das Eierlegen noch nicht begonnen hat. Trematoden. 239 Die Geschlechtsgrube (dg, Fig. 105), in welcher die weib- liche Geschlechtsöffnung mündet, hat die Form eines ovalen Bechers, dessen grosse Axe quer läuft; sie ist am oberen Theile des Cirrhus- beutels angewachsen. Ihre Wände sind muskulös. Wir wollen die Beschreibung des Geschlechtsapparates von Disto- mum nicht beenden, ohne noch auf einen kleinen räthselhaften Canal hingewiesen zu haben, der in unserer Fig. 104 mit cl bezeichnet und unter dem Namen Laurer'scher Canal bekannt ist nach dem Ana- tomen, welcher ihn zuerst an Amphistoma conicum beschrieben hat. Er beginnt in der Nähe des Ver- ^' ■ einigungspunktes der Excretions- ^^^^.^ d er canäle des Keimstockes und der y^i^^^Xy^---"'^ Dotterstöcke mit dem Eiergange "^^^^'^^^'X^x ^^^^ öffnet sich, nachdem er die ^'f<^^--^-'' j r P*^ Rückenfläche erreicht und sich ein- (^ [ '^ mal um sich selbst gedreht hat, \ y' ' "XO^^^■., fast im Niveau des oberen Theils v.s. .—^\^\''^^---':7~-~~^\ der Schalendrüse nach aussen. Er V^ '^ ''^^ ^^^ abwechselnd als Vagina und als u '^■iji0^ "m Abzugscanal für die übermässigen W T^ ""W" Absonderungsproducte der Dotter- ^^\ ■'.' '■'' ^^^ stockdrüsen betrachtet worden c<^. ...._^^^^^ ^ <^- (Mace). Es sind noch weitere Forschungen nöthig, um ihm seine nhtomnm liepaüam. Die Enden der definitive Rolle bei der physiologi- Geschlechtsorgane. »;a, Bauchsaugnapf; sehen Arbeit anzuweisen; soviel pc, Cirrhusbeutel; clg, Geschiechts- scheint indessen bis jetzt fest- CTube; cd, cd, Samenffäncie; vs, Samen- ,1 ^ • \ i. f... ' ' ' . '' ,' ' . „ zustehen, dass er nicht, wie man blaschen; ce, iSpntzcanal, ^ a, einzellige , -n. Nebendrüsen des männlichen Excretions- früher glaubte, als Begattungsorgan canales; or, Ende des Excretions- functionirt. canales; o f, Mündung des vorigen. (Nach Sommer.) Die Befruchtung. — Die Art und Weise der Befruchtung von Distomum ist uns noch unbekannt. Sicher ist jedoch, dass sich dieser W^urm selbst befruchtet, indem er entweder seinen Penis in die weib- liche Geschlechtsöffnung bringt, was aber bei dem Grössenuuterschiede dieser beiden Organe sehr zweifelhaft erscheint, oder einfach den Samen aus dem männlichen Organe in die Geschlechtsgrube treten lässt. Der Samen würde durch die Zusammenziehungen der muskulösen Wände des Spritzcanals in die Geschlechtsgrube gedrängt und von dort durch die weibliche Geschlechtsöflfnung nach dem Uterus übergeführt werden ; am Anfange des letzteren Ganges befruchtet dann der Samen die Eier, ehe sie noch mit der Schale umhüllt werden. Die vollständigen Eier sind von ovaler Form und ihre gelbliche Färbung geht allmählich in 240 Plattwürmer. Schwarz über; an ihrem spitzen Ende haben sie ein Deckelchen, das man mit einem schwachen Druck leicht loslösen kann. Entwickelung. — Der aus dem Eie entstehende Embryo schwimmt mittelst der ihn bedeckenden Wimpercilien frei umher. Erst kürzlich ist es Leuckart gelungen, die Weiterentwickelung dieses Fig. 107. Ficr. 106. m'äM Fig. 108. V a. Fig. 106. Bewimperter Embryo von Distomum hepaticum, zeigt die vieleckigen Zellen seines Ectoderms und den x förmigen Augenfleck. (Nach Leuckart.) Fig. 107. 'Re^Ale Yon Distomum hepat'mm. pÄ, Schlundkopf; i, Darm.; et/, Keimzellen, die Cercarien erzeugen. (Nach Leuckart.) Fig. 108. Cercarie von Distomum hepaticum, va, vorderer Saugnapf; vv, Bauch- saugnapf; ph, Schlundkopf; c, Blinddarm. Embryos zu verfolgen, die bis dahin für die von uns als Typus gewählte Art noch nicht bekannt war. Wie man für alle anderen Distomeen, die zu diesem Zwecke studirt worden sind, constatirt hat, muss das junge Thier mehrere Wirthe nach einander bewohnen und Metamorphosen erleiden, ehe es seine definitive Gestalt erlangt. Man wird weiter unten ein Resume dessen finden, was uns bis jetzt in Bezug hierauf Trematoden. 241 bei den Trematoden überhaupt bekannt ist. Zunächst das , was nach Leuckart vait Disfomum liepaiicmn vorgeht. Der bewimperte Embryo (Fig. 106) hat Kegelform und trägt an seinem vorderen Theile einen X- förmigen Augenfleck; er ist später von Bildungszellen angefüllt und zuvor von einer körnigen Protoplasmamasse. Er hat im Allgemeinen eine gewisse Aehnlichkeit mit den Dicyemiden (Leuckart). Er besitzt nur eine Spur des Darmcanals und die erste Andeutung des Excretions- systems in Form von bewimperten Trichtern. In dieser Form gelangt er in eine Schnecke, Linmeus minutus (andere Arten von Lymneen, L. 23ereger, z. B. können wohl diese Embryonen eine Zeit lang be- herbergen, sie gelangen aber in ihnen nicht bis zur Bildung von Cercarien. Leuckart). In der genannten Art verliert er dann die Hülle mit den Wimpercilien , zieht sich zusammen und nimmt ovale Form an, während sich der x- förmige Augenfleck in zwei Theile spaltet. Hierauf wachsen die Keimzellen in seinem Inneren ungemein rasch und entwickeln nach ungefähr zwei Wochen Redien (Fig. 107), welche sich absondern und die Embryohülle durchbrechen und ver- lassen. Jeder Embryo erzeugt auf diese Weise fünf bis acht Redien; letztere haben einen walzenförmigen Körper und ihr innerer Bau ähnelt dem der Embryonen , mit dem Unterschiede jedoch , dass ihr Darm- canal und ihr Excretionssystem höher entwickelt sind. Man bemerkt ferner am vorderen Theile ihres Körpers eine Oeffnung, welche dazu bestimmt ist, einer letzten Entwickelungsform des Thieres Durchgang zu vei'schaffen. Die Redie ist in der That noch nicht definitive Larvenform von Distomum; sie erzeugt in ihrem Inneren durch anderweitige Keim- zellen eine neue Form, die Cercarie (Fig. 108), deren Bildung fünf Wochen nach dem Eintritt der Embryonen in die Schnecke beginnt und nach Ablauf von vierzehn Tagen beendet ist. Jede Redie erzeugt 15 bis 20 Cercarien, die einen Schwanz besitzen und durch die besondere, von uns erwähnte Oeffnung austreten. Sie sind ebenfalls fähig, ein isolirtes Leben zu führen. Was aus ihnen wird, wissen wir nicht. Die Unter- suchungen Leuckart's hören hier auf; er hat die Cercarien Hasen zu fressen gegeben, doch ohne Erfolg; ferner hat er unter dem Mikroskop eine bemerkenswerthe Neigung der Cercarien zum Einkapseln constatirt; als er sie dieser Kapsel beraubt und auf diese Weise wieder durch- sichtiger gemacht hatte, fand er einen gegabelten Darm, also einen Schritt zur Bildung jenes Organes, wie wir es an dem älteren Distomum kennen. Möglicherweise gelangt die Cercarie noch in einen zweiten Zwischenwirth, ehe sie von dem Wiederkäuer aufgenommen wird, in welchem sie sich zu Distomum umbildet. Doch kann auch der Ueber- gang aus der Schnecke in den Wiederkäuer ein directer und die Ein- kapselung der Cercarie nur eine vorübergehende Entwickelungsphase sein. Die weiteren Untersuchungen Leuckart's werden uns zweifel- los auch über diesen Punkt Aufklärung verschaffen. Für den Augcn- Vogt u. Yung, prakt. vergleich. Anatomie. jß 242 Plattwürmer. blick wissen wir nur, dass die Entwickelung von Bistomum hepaticum keine directe ist und dass dieser "Wurm nach dem Austritt aus dem Eie drei Stadien, das des Embryos, der Redie und der Cercarie durch- läuft, ehe er seine definitive Form erlangt. Alle erwachsenen Saugwürmer gleichen dem Leberegel, den wir soeben beschrieben haben, durch das Merkmal, dass ihnen immer Einge oder Glieder fehlen, was sie sehr deuthch von den Cestoden unterscheidet. Ihr Köri^er ist gewöhnlich blattförmig, einige bieten indessen eine cylindrische Gestalt der {Bilharzia, D. cylindraceiim). Bei anderen ist der Vordertheil des Kör- pers aufgetrieben, rundlich und vom hinteren Theile deutlich geschieden (Holostomum, Hemistomum). Man kennt auch solche, die einen zusammeuzieh- baren Schwanz besitzen {D. appendiculatum). Der Bau des Parenchyms vmd der Haut wechselt wenig; diese letztere wird fester und stärker und nähert sich einer chitinösen Structur bei den äusserlich schmarotzenden Polystomen {Phyllonella). Die Zahl und die Lage der Saugnäpfe wechseln dagegen bei den ver- schiedenen Gattungen sehr. Der Bauchsaugnapf, der vollständig fehlen kann (Monostomum) weicht bisweilen bis zum hinteren Körpertheile zurück {Amphi- stomurn). Bei den Anssenparasiten sind die Saugnäpfe häufig mit chitinösen Stäb- chen bewaffnet {Phyllonella, Dactocotyle) , Gebilden, welche man übrigens bei ihnen an verschiedenen anderen Körperstellen, um die Geschlechtsöffnungen herum u. s. w. antrifft. Diese Saugnäpfe sind in der Zahl von zwei sehr beweglichen, auf jeder Seite des Mundes [Tristomtim, TJdonella) gelegen oder in grosser Anzalil auf einen scheibenförmigen Fortsatz in der hinteren Geo-end des Körpers gestellt vorhanden [Polystonium integerrivium). Bei Tristomum existirt nur ein grosser hinterer Saugnapf. Auf den bei den meisten Saugwürmern eudständigen Mund folgt immer ein kurzer muskelreicher Schlundkopf, der wenig oder gar nicht vorziehbar ist. Der Verdauuugscanal ist nicht immer verzweigt. Bei Distomum lanceo- latum z. B., das man gewöhnlich in Gemeinschaft mit D. hepaticum in den Gallencanälen der Wiederkäuer antrifft, ist der Darm einfach in zwei Blind- säcke gegabelt, welche sich auf jeder Körperseite bis in sein Hinterende erstrecken. Bei D. haeviatobium sind diese zwei Blindsäcke hinten vereinigt, so dass der Darm kreisförmig verläuft. Eine gleiche Anordnung findet sich übrio-ens bei Tristomum, Polystomum integerrimum u. s. w. wieder, deren Blindsäcke verzweigt sind. Bei Aspidogaster ist der Darm im höchsten Grade der Einfachheit (ein einziger Blindsack) vorhanden und bei Amphilina fehlt er vollständig. Kein Saugwurm besitzt einen After. Das Ausscheidungssystem bietet zahlreiche, in jüngster Zeit vorzüghch von E r a i p o n t beschriebene Eigenthümlichkeiten dar. Nach diesem Schrift- steller kann man alle diese sehr wechselnden Anlagen auf eine typische An- ordnung zurückführen, die in einer Endblase besteht, welche durch einen Ausführungsgang nach aussen mündet, und von welcher weite, in der ganzen Körperlänge sich ausdehnende Canäle ausgehen. In diese Canäle mündet ein System feiner Canälchen, welche in kleinen, zuerst von Bütschli bei der in Planorbis cornutus schmarotzenden Cercaria armata *) beschriebenen Wimpertrichtern ihren Ursprung nehmen. Die Wimpertrichter öffnen sich in Lücken des Körperparenchyms , Lücken , welche von F r a i p o n t als die erste Anlage eines Coeloms oder einer Körperhöhle betrachtet werden. Diese ") Bütschli, Zool. Anzeiger, Nr. 42, 1879. Trematoden. 243 Zusammensetzung des Aussclieidungsapparates aus drei Tlieilen: einer End- blase, weiten Canälen und feinen Canälchen, die in Gruppen mit den vorlier- gehenden verbunden sind und in den Wimpertrichtern entspringen, sclieiut allgemein zu sein. Unsere typische Art, Bistomum hepaticum, entfernt sich indessen davon durch das Verschwinden der Endblase, was ohne Zweifel durch die ausserordentliche Verlängerung des Hinterendes des Körpers ver- ursacht wird. Hier findet sich nämlich diese Blase bei den anderen Saug- würmern gelegen. Diese Verlängerung hat zur Folge, dass die Blase in ein langes cylindrisches Eohr, so wie wir es beschrieben haben, verwandelt wird. Die Endblase ist bald einfach, bald unvollkommen durch eine Längsfalte {Disiomum squamula) oder Querfalte [Diplostormmi volvens) getheilt. Ihre Gestalt ist meistens dreieckig mit der Spitze des Dreickes gegen das Foramen caudale gekehrt, während die zwei anderen Winkel die Stämme der weiten Ausscheidungscanäle aufnehmen*). Diese Stämme sind allgemein in der Anzahl von zweien vorhanden , welche sich bald in einer sehr kleinen Ent- fernung von ihrem Ursprungspunkte in zwei theilen, um so vier Längscauäle abzugeben [Oyrodadylus) , bald in einer grösseren Entfernung von ihrem Ursprungspunkte sich theilen, um einen Aussen- und einen Inuenast zu bilden, welche mit einander anastomosiren können [Distomum squamula). Wie dem auch sei, diese Canäle verzweigen sich durch Nebenäste, welche blind enden und indem sie unter einander anastomosiren, ein bisweilen sehr complicirtes Netz bilden (Diplostomum volvens). Sie nehmen an verschiedenen Stellen ihres Verlaufes ein System sehr feiner Canälchen auf, die sich zu Gruppen vereinigen und die an ihrem Ende nicht geschlossen sind, sondern ihren Ursprung in Wimpertrichtern nehmen, Avelche von einer einzigen, die Gestalt einer Kapsel oder eines Hütchens besitzenden Zelle gebildet werden. Diese Trichter, deren Existenz Fraipont auch bei den Aussenparasiten (Odolioihruim, Diplozoon, Polystomum) nachgewiesen hat, öffnen sich in die Lückenräume des Parenchyms, die mit Flüssigkeit erfüllt sind, eine stern- artige Form aufweisen und mit einander durch in das Bindegewebe des Parenchyms gegrabene Canälchen in Verbindung stehen. Man sieht, dass das Ausscheidungssystem der Saugwürmer in seiner all- gemeinen Anlage demjenigen der Cestoden sehr ähnlich ist und dass man es leicht auf den nämlichen Typus zurückführen kann. Das Nervensystem ist bisher mit Sicherheit nur in einer kleinen Anzahl von Gattungen nachgewiesen worden, bei welchen die allgemeine Anlage die gleiche ist, wie in unserer Tj-penart: ein doppeltes Oberschlundganglion, von ■welchem zwei lange Seitennerven und kleine Nervenfäden in verschiedenen Eichtungen abgehen. Das unpaare Unterschlundganglion scheint weniger beständig zu sein. Den erwachsenen Saugwürmern fehlen gewöhnlich Sinnesorgane, aber ihre freilebenden Cercarienlarven besitzen fast immer vorn einen oder mehrere Pigmentflecke, welche man als Augen betrachtet hat. Solche Flecke sind auch bei einigen Polystomeen {Diporpa, Polystormim) beschrieben worden. Bei Temnocepliala sind sie unmittelbar auf den Nervenganglien gelegen. Bei Dactylogyrus , Tristomum coccineicvi, wäre der Angenfleck mit einem besonderen lichtbrechenden Körper, einer Art Krystalllinse in Beziehung ( W a g e n e r ). Die Anlage des Geschlechtssystemes wechselt unendlich hinsichtlich der *) Bei Epibdella scianae und Pseudocotyle squatlnae ist die allgemeine Anordnung in dem Sinne umgekehrt, dass die beiden gemeinsamen Stämme der Ausscheidungs- canäle sich jeder getrennt in eine auf der Bauchfläche des vorderen Körperendes gelegene blasenförmige Ampulle öffnen. IG* 244 Plattwürmer. Einzelheiten; sie bietet immer einen hohen Grad von Verwickelung dar; es existirt stets ein Keimstock, eine beträchtliche Anzahl Dotterdrüsen, Schalen- drüsen u. s. w. Der Hermaphroditismus bildet die Regel. Man kennt indessen eine gewisse Anzahl Ausnahmen, welche die Folge einer raschen Entwickelung des männlichen oder weiblichen Apparates auf Kosten des anderen, welcher unausgebildet bleibt, zu sein scheinen. In diesen Fällen besteht eine gewisse Verschiedenheit in der Gestalt zwischen den männlichen und weiblichen Individuen {Bilharzia, D. ßlicolle). So ist bei Bilharzia, die in den Blutgefässen des Menschen lebt , das Männchen grösser und stärker als sein Weibchen, welches von dem Männchen in einem aus zwei in Röhren- form zusammengeschlagenen Hautfalten gebildeten Canalis gynaecophoriis ein- geschlossen getragen wird. Selten besitzen die Hoden der Saugwürmer eine so grosse Entwickelung wie bei D. hepaticum. Meistens röhrenförmig, sind sie bisweilen lappig (D. globiporum), blasenförmig und im Körperparenchym zerstreut (Dadocotyle, Diplectanum) oder längs der Mittellinie angehäuft {Microcotyle, Axine). Bei Udonella existirt nur ein einziger grosser, kugelförmiger Hoden, während bei Phyllonella, Epibdella zwei Hoden vorhanden sind, die symmetrisch jederseits der Mittellinie gelegen und durch eine gemeinsame Hülle vereinigt sind. Was die Samenleiter anbetrifft, so erstrecken sie sich meistens in unab- hängiger Weise, wie bei unserer typischen Art bis zur Geschlechtsmündung, wo sie ganz nahe an der weibUchen Geschlechtsöffnung münden. In diesem Falle, der bei den Distomeen und bei Udonella, Phyllonella, Calycofyle unter den Polystomeen die Regel bildet, ist die Befruchtung noth wendig eine äussere. Aber bei einigen Polystomeen {Dadocotyle, Polystomum) hat man innere Verbindungen zwischen den Hoden und dem Ootyp beschrieben, die entweder durch besondere Canälchen oder durch das directe Oeffneu der ersteren in den letzteren wie bei Microcotyle vermittelt werden (Zell er, Vogt). In diesen Fällen ist möglicherweise die Befruchtung eine innere. Der Eierstock ist immer einfach, bald traubenartig verzweigt, wie wir es beschrieben haben, bald kugelig [Phyllonella, Epibdella) oder in Gestalt einer verschlungenen Röhre verlängert. Ueberall ist er Keimstock und bringt Eier hervor, die durch Beifügung des Dotters und einer Schale vervollständigt werden müssen. Die Eier ergiessen sich durcli den Eileiter entweder direct in den Uterus, wo die Ausführungscanäle der Dotter- und Schalendrüsen [Distomeen) ebenfalls münden oder in einen sack- [Dactycotyle , Microcotyle, Phyllonella) oder röhrenförmigen [Polystomum, Udonella) Behälter, der von Van Beneden unter der Bezeichnung „Ootyp" beschrieben worden ist. Hier nun ergiessen sich die zur Bildung des vollständigen Eies nöthigen Producte, sowie die Samenflüssigkeit; hier geht auch die Befruchtung vor sich. Das Ootyp ist mit Wimperhaaren ausgekleidet oder mit besonderen Apparaten versehen, die das Ei in eine Umdrehungsbewegung versetzen, welche dessen Befruchtung und definitive Ausbildung sichert. Erst jetzt •wirA das Ei in den Eileiter, dessen Dimensionen sehr schwankend sind, ab- gestossen. Die Zahl der so hervorgebrachten Eier schwankt ebenfalls be- deutend. Bei Udonella, Diplectanum, giebt es gewöhnlich nur ein einziges, während bei Phyllonella, Dactycotyle, sie ziemlich zahlreich vorhanden sind und man sie bei den Distomeen nach Tausenden zählt. Die Ausstossung der reifen Eier findet entweder durch eine besondere, von dem Uterus vollständig geschiedene Oeffnung {Polystomu7n , Calicotyle), oder durch die Ausmündung des Uterus selbst statt, welche dann auch zur Einführung des Samens dient [Phyllonella, Udonella). Die Dotterstöcke (Dotterdrüsen) sind überall nach der gleichen Grundform angelegt: In dem Körper verzweigt, treten ihre Ausführungscanälchen gegen Trematoden. 245 die Sammelcanäle hin zusammen, welche das Absonderungsproduct in den Anfang des Uterus oder in das Ootyp {Polystomum) ergiessen. Was die Schaleudrüsen anbetrifft, so sind sie immer in der Nähe des Vereinigungs- puuktes des Eierstockes und der Dotterdrüsen gelegen und bieten sich in der Gestalt eines Haufens kleiner einzelliger Drüsen dar, deren Absonderungs- product in gelblichen Tröpfchen besteht , M'elche sich um das Ei herum ankleben und es schliesslich mit einer zusammenhängenden Schicht einhüllen, welche sich erhärtet und braun wird. Fügen wir hier noch hinzu, dass man bei einigen Polystomeen um die Geschlechtsüffnungen herum chitinöse verschieden geformte Fortsätze findet, welche als Begattuugsorgane dienen. Die Eier der Polystomeen, deren Entwickelung direct ist, sind viel grösser als die der Distomeeu. Ihre Schale ist oft mit chitinösen Fortsätzen in Gestalt langer Fäden (Diplozoon), Haken (Dactycotyle) u. s. w. versehen, mittelst deren sie sich an dem Wirthe, den sie bewohnen sollen, anheften. Das Ei ist bald spindelförmig {Dactycotyle), bald dreieckig {Phyllonella) oder eiförmig. Aus diesem Ei geht ein junges Thier hervor, welches ungefähr die gleichen Formen wie die Eltern besitzt, und die weitläufigen Verwandlungen, welche die Distomeen charakterisiren, nicht durchmacht. Man kennt indessen einige Beispiele von Polystomeen, deren Larve eine theilweise Bekleidung von Wimperhaaren trägt und sich dem Wimperembryo der Distomeen nähert {Polystomum integerrimum). Die Jungen des Diplozoon parculoxum, unter dem Namen Diporpa bekannt, müssen sich zuerst paarweise innig vereinigen, bevor sie die Reife ihrer Geschlechtsorgane erreichen. In der That klammern sie sich gegenseitig mittelst ihres Bauchsaugnapfes an eine kleine knopf- förmige Papille, welche sie auf ihrer Rückenseite tragen, an, was eines der beiden Individuen nöthigt, sich zu drehen, indem es sich kreuzweis auf das andere Individuum legt. Da die Berührungstheile mit einander verwachsen, so scheinen beide Individuen bald nur ein einziges zu bilden, das die Gestalt eines X hat. Gyroclactylus bietet uns das Beispiel eines lebendig gebärenden Saugwurmes dar, welcher Junge durch innere Sprossung erzeugt. Das junge, noch in dem mütterlichen Körper eingeschlossene Thier, enthält in seinem Uterus schon einen auf ungeschlechtige Weise durch Sprossung erzeugten Embryo und dieser letztere enthält bisweilen etwas später selbst noch die erste Anlage zu einem vierten Nachkommen. Es ist dies ein sonderbarer Fall einer Einschachtelung von drei oder vier Generationen in einander; die erste Gene- ration ist geschlechtig, die folgenden sind ungeschlechtig, denn die Geschlechts- organe der eingeschachtelten Thiere sind weit davon entfernt, reif zu sein. Bei den Distomeen dagegen ist die Entwickelung der Juiigen niemals direct. Der Embryo macht eine Reihe von Verwandlungen durch, die den von uns bei Distomum hepaticum beschriebenen analog sind. Aus dem Eie geht ein mit einem Ectoderm {D. lanceolatum) versehener, theilweise oder ganz mit Wimperhaaren bedeckter Embrj'o hervor. Mittelst der Wimperhaare schwimmt er herum, bis er einen Wirth, gewöhnlich ein wirbelloses Thier, angetroffen hat. In diesem angelangt, verliert er seine Wimperhülle und verwandelt sich bald in Redien (Wesen mit einem Munde, einem einfachen Verdauungsrohre , das blindsackartig geschlossen ist , und mit der ersten Anlage eines Ausscheiduugssystemes) , bald in Sporocysten (einfache Säcke ohne Spur von einem Darme). Diese Redien und Sporocysten bringen dui'ch Innensprossung entweder eine neue Generation Redien oder Sporocysten, oder durch die Ausbildung der Keimzellen, welche sie ent- halten, direct Cercarienlarven hervor. In allen Fällen ist die Cercarie diejenige Larvenform, welche auf die Redie oder die Sporocyste folgt. Sie ist ein kleiner Leberegel, der sich von 246 Plattwürmer. dem erwachsenen dadurch unterscheidet, dass er nur erst Rudimente der Geschlechtsorgane besitzt, und dass er mit Augenflecken und einem sehr beweglichen Schwänze {LeuchocUloridium ausgenommen) versehen ist; die Cercarie verlässt den Sack, in welchem sie sich aufhielt, entweder indem sie die Wände sprengt (Sporocysten), oder durch eine besondere Oeffnung (Redien); sie verlässt den Wirth, in welchem sie entstanden ist, um frei während einer gewissen Zeit im Wasser herumzuschwimmen, bis sie einen neuen Wirth gefunden hat , der meistens ein von dem ersten Wirthe ganz verschiedenes Thier (risch, Lurch) ist. Sie dringt gewaltsam in diesen Wirth ein, verliert ihren Schwanz und kapselt sich ein, indem sie einer passiven Wanderung entgegensieht, d. h. dass ihr Wirth von einem dritten verspeist werde, in welchem sie dann geschlechtig wird und sich in einen avisgebildeten Leber- egel verwandelt. Der Kreislauf dieser Verwandlungen wird bisweilen abgekürzt durch den Umstand, dass sich die Cercarie direct entwickelt, sich also nicht einkapselt, sondern direct in seinen definitiven Wirth eindringt. Es ist dies beim Disto- mum cygnoides der Fall, das in der Urinblase des Frosches lebt. Literatur. Mehlis, Observatlones anaiomicae de Distomate hepatico et lanceolato, Göttingen 1825. — L aurer, Disquisitiones anatomicue de Aniphlstonio conico, 1830. — Blanchard, Recherches sur Porgardsation des vers. Ann. des sc. mit., 3. Serie, vol. VII u. VIII, 1847. — De Filippi, Memoire pour servir ä rhistoire genetique des Trematodes. Mein. R. Acad. di Torino, 2. serie, vol. XV, 1854, et Ann. des sc. not., 4. serie, vol. II, 1854; vol. III, 1855 u. vol. VI, 1856. — Moulinie, Resume de VMsto'ire du developpement des Trematodes. Mem. Institut genevois, 1855. — Pagenstecher, Trematodenlarven und Trematoden, Heidelberg 1857. — G. 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Die rhabdocoelen Strudelwürmer (Ehahdocochi) mit geradem Darmcanal, ohne Seitenblindsäcke oder ohne Darm ; man unter- scheidet unter ihnen zwei Hauptgruppen, umfassend: 1. Die A CO eleu (AcoeJa) ohne Darmcanal, ohne Nerven- und Wassergefässsystem; alle besitzen hingegen ein Gehörsteinchen {Convo- luta, Proporus); 2. Die eigentlichen Rhabdocoelen, einen Darmcanal, ein Nervensystem, ein Wassergefässsystem, aber selten ein Gehörsteinchen besitzend. Man unterscheidet unter ihnen zwei Hauptgruppen : die Alloiocoelen mit zerstreuten Hoden {Plagwstoma, Monotis) und die Rhabdocoelen mit dicht gedrängten Hoden (Macrostonium , Blicro- stonntm, Prorhynchus, Mesostomum, Vortex). IL Die dendrocoelen Strudelwürmer (Dendrocoela) mit verzweigtem Darmcanal, die man auch in zwei Hauptgruppen theilen kann : 1. Die Tricladen mit einer einzigen Geschlechtsöffnung (i)/o»o- gonoi^ora) und Wassergefässsystem {Planaria, Geoplana, Giinda); 2. Die Polycladen, mit doppelter Geschlechtsöffnung (Digono- pora), scheinen des Wassergefässsystemes zu entbehren {LeptoxÄana^ Styloclms, Thysanosoon). Die Rhabdocoelen leben meistens in Süsswasser; die Polycladen sind fast alle Seethiere, die Tricladen Land- und Süsswasserbewohner, selten Meerthiere (Gunda). Typus : Mesostomum Ehrenhergn (Ose. Schm.). — Dieses vollkom- men durchsichtige Thier findet sich in kleinen ruhigen Lachen, in ganz Europa zerstreut, von Juni bis September. Unsere Exemplare kommen aus einem an der Mündung des Flon bei Lausanne gelegenen kleinen Sumpfe, wo unser College du Plessis sie entdeckt hat. Trotz seiner 248 Plattwürmer. Fig, 109. a b beträchtlichen Grösse von 15 Millimetern ist das Thier schwer zu be- merken, wenn sein Darm nicht gefüllt oder seine Eier, welche auf beiden Seiten des Körpers zwei braune knotige Streifen bilden, noch nicht ent- wickelt sind. Sein Fang ist schwierig; die Thiere kleben so fest an das feine Netz an, dass man sie nicht ablösen kann, ohne sie zu verletzen. Mau muss sich mit Ge- duld daran machen, aufs Gerathewohl hin mit einem oben weit ti\. Mesostomum Ehrenberfjü, un- gefähr zwölfmal vergrössert, um die allgemeine Anordnung der Organe zu zeigen. Die nach der Natur gezeichnete Figur ist indessen aus zwei Hälften in verschiedenen Trächtigkeitszuständen befind- licher Individuen zusammen- gesetzt, wie man solche in der Natur niemals auf einem einzigen Individuum vereinigt sehen wird. Da die zwei Seitenhälften des Thieres voll- kommen symmetrisch sind, konnte man sich diese Zu- sammenstellung erlauben. Auf der linken Seite sind die Organe zur Zeit der Erzeugung der Wintereier dargestellt ; die Hoden und Dotterdrüsen sind alsdann in voller Tliätig- keit. Auf der rechten Seite sieht man die gleichen Organe in der Zeit, wo die Sommereier reif sind und im Innern bereits die beiden Augen und den Schlundkopf der Embryone zeigen; die Dotterdrüsen und die Hoden sind alsdann in Rückbildung begriffen und bedeutend reducirt. a, Vordertheil mit dem dichten Stäbchenbesatz; h, Wimperepithelium; c, vordere Seitennervenstränge, d, mittleres Feld des Kopfes mit Spinndrüsen; e, Gehirn, die beiden schwarzen Augen tragend; f, vorderes Ende des Darmcanales; g, seitliche Kopfdrüsen; h , hinterer Seitennerv; ii, linker Uterus; kk, Sommereier mit Embryonen; /, Wintereier mit brauner Schale; mwi, Hoden; m', Samenleiter; nn, Dotterdrüsen; o, Schlundkopf mit dem centralen Munde; jj, Keimstock; q, Köi-perparenchym mit Muskelfasern und Hautdrüsen; r, hinteres Ende des Darmcanales: s, caudale Spinndrüsen. Turbellarien. 249 offenen Gefässe Wasser zu schöpfen und dann darin die Thiere aufsuchen, welche mit wellenförmigen Bewegungen lebhaft herumschwimmen oder ohne merkbare Zusammenziehungen durch das Spiel der Wimperhaare, welche den ganzen Körjaer bedecken, dahingleiten. Man beobachtet fast alle Organisationseinzelheiten an dem lebenden Thiere, das man mittelst eines geschickt ausgeübten Druckes auf dem Compressorium fixiren kann. Um es zu härten oder zu zerzupfen, muss man sich der von Lang und von Hertwig angegebenen Methoden bedienen. Die Gewebe zer- setzen sich mit ausserordentlicher Leichtigkeit. Um einzelne Details sehen zu können, kann man die Thiere mit vollkommen neutralem Bismarckbraun färben. Sie leben mehrere Stunden lang in einer sol- chen Lösung; während dieser Zeit färben sich die Gewebe zwar in diffuser Weise, aber diese Färbung macht die Umrisse der Nerven und der Wassergefässcanäle, welche vollkommen klar und farblos bleiben, sichtbarer. Die Gestalt des sehr abgeplatteten Körpers ist diejenige eines lanzettförmigen Blattes mit ganzen Rändern (Fig. 109). Das Vorder- theil, das sehr beweglich ist und sein Aussehen oft ändert, scheint im gewöhnlichen Zustande mehr oder weniger abgestumpft. Mit dem Vordertheile tastet das Thier; das Hinterende ist in eine kurze Spitze ausgezogen. Die ßückenseite ist ein wenig gewölbt, die Bauch- fläche etwas concav, aber gleichsam wie von einem Knopfe durch den in die Körperaxe etwas vor die Mitte gestellten Schlundkopf gewulstet. Mau bemerkt jetzt schon unter einer schwachen Vergrösserung, dass das Vordertheil mit zahlreichen Stäbchen besetzt ist, welche ihm eine dunkle Farbe verleihen, dass es durch seitliche Nervenstränge (c), welche ein viel helleres eiförmiges Feld umschreiben, etwas aufgewul- stet ist und dass es auf der queren Gauglienmasse (e) zwei schwarze Augen von unregelmässigen Umrissen trägt. Beinahe unmittelbar hinter der centralen Ganglienmasse beginnt mit einem blinden und geschlosse- nen Ende der Darmcanal (/), der gewöhnlich mit bräunlich gelben Substanzen, Kügelchen, Fetttropfen u. s. w. erfüllt ist. Er setzt sich gerade nach hinten in der Körperaxe fort und endet als blindes Rohr in einiger Entfernung vom Schwanzfortsatze. Seine Ränder sind ge- wöhnlich warzenartig, unregelmässig durch die eingeführten Nahruugs- stoffe ausgedehnt. In seinem vorderen Theile befindet sich der tonnen- föi-mige Schlundkopf (ö) mit strahliger Zeichnung, die einem Rade gleicht. Er trägt im Mittelpunkte die kreisrunde Mundöffnung, welche oft Ausdehnungs- und Zusammenziehungsbeweguugen zeigt. Auf bei- den Seiten des Darmcanales kann man drei Längsstreifen von dem Geschlechtssysteme augehörigen Organen sehen, die je nach den Ge- schlechtsperioden ihr Aussehen wechseln. Die Dotterdrüsen (w) bilden die zwei dem Darmcanale nächsten Streifen , dann kommen die Ei- behälter (/), zwei Arten Eier je nach dem Alter des Thieres enthaltend, 250 Plattwürmer. helle und durchsichtige Sommereier als erste Brut, und hraungefärhte Wintereier als Producte des reifen Zustandes. Endlich werden die äussersten Streifen zwischen den Eibehälltern und der Haut von den Hoden (m) in Gestalt gelappter Traubendrüsen gebildet. Je nach ihrem Entwickelungszustande erstrecken sich diese verschiedenen Organe mehr oder weniger weit nach hinten. Ihre Ausführungsgänge ver- einigen sich hinter dem Schlünde, wo sich die Begattungsorgane be- finden, die durch den Darmcanal verdeckt werden, so dass nur ein kleines kolbenförmiges Organ rechts hervorragt, welches der Keimstock (jj) ist. A. ,b c (l f c Fig. 110. B. V;-'V. -■ A. Ansicht des Randes eines ziemlich jungen, noch keine Eier besitzenden Mesostoms in optischem Schnitt. Objectiv Gundlach IV, Camera lucida. a, Epithelialschicht mit Wimperzellen ; 6, Hautmuskelschicht ; c, Stäbchen in der Längenansicht ; i, die- selben , von oben gesehen ; d, gelbe Pigmentzüge ; e, Wasserget'ässcanal ; f, Muskel- fasern des Parenchyms, ausgebreitet; (/, dieselben, henkelai'tig gefaltet; /t, Hautdrüse; i, Zellen (sich bildende Hautdrüsen (?). B. Abgelöste Wimperzellen , die Flimmer- haare, die Kerne und die Poren zeigend. Zeiss, Immersion, E. In der Mittellinie des Schwanzendes sieht man ansehnliche Drüsen (s), welche eine Art Kiel bilden. Körperdecken. (J., Fig. 110.) — Beobachtet man an einem lebenden Thiere die Ränder des durchsichtigen Körpers, so nimmt man deutlich in optischem Schnitte zwei nahe zusammengeklebte Schichten wahr, welche sich aber oft an einigen Stellen, infolge der Diffusion der im Parenchym enthaltenen Flüssigkeit, von einander entfernen. Die meisten Reagentien heben die äussere Schicht in Gestalt von Blasen empor. Diese Schicht wird von Wimperzellen gebildet, deren Flimmer- haare durch eine dickere äussere Cuticularschicht getrennt scheinen, welche unter sehr starken Vergrösserungen und in der Innenansicht ein Turbellarien 251 punktirtes Aussehen darbietet. Abgelöste Wimperzellen erscheinen rund, mit deutlichen, ziemlich grossen Kernen; sie zeigen alsdann die kleinen Poren auf ihrer ganzen Oberfläche, was man leicht constatiren kann, wenn man sie unter der Einwirkung ihrer Flimmerhaare {B, Fig. 110) sich drehen sieht. Bei ihrer Vereinigung nehmen sie polye- drische Formen an. Hie und da wird diese Schicht, so wie die folgende, von Stäbchen durchbohrt , welche cylindrische , stark lichtbrechende Körper vorstellen, und die, von oben gesehen sich als runde oder eiförmige Körner mit sehr deutlichen Umrissen darbieten. "Wir wer- den sehen, dass diese Stäbchen, welche wir als Anlagen von Nessel- organen betrachten, sich in besondere Zellen bilden. Sie sind in dem vorderen Theile des Kopfes sehr gehäuft und bieten sich dort mit ihren hervorstehenden Enden wie eine den vorderen Rand bekleidende Bürste dar. Die zweite , innere Schicht , die Hautmuskelschi cht (J., Fig. 110, &) wird durch feine, blasse und zusammengeklebte Muskel- fasern gebildet, die in der Längsrichtung oder kreisförmig verlaufen; die platten und breiten Längsfasern finden sich im Innern und sind einzig in optischer Schnittansicht wahrnehmbar; die runden und feinen Kreisfasern verbergen sich an dem äusseren Rande in der Epithelial- schicht. Man kann diese Fasern sehr gut unterscheiden , wenn man ein junges, der Geschlechtsreife nahes Thier wählt, und die Aussen- schicht an durchsichtigen Stellen untersucht, indem man den Brenn- punkt so hoch als möglich nimmt. Bisweilen ist es uns gelungen, die an dem Rande der äusseren Hautmuskelschicht hervorragenden Kreis- muskeln wie die Reifen an einem Fässchen zu sehen. Parenchym. Wir müssen hier bemerken, dass wir weder dem Mesostom noch irgend einem der untersuchten Strudelwürmer, eine allgemeine Körperhöhle oder ein Coelom zuerkennen u.nd dies trotz der Autorität von von Graff, des Verfassers der bekannten pracht- vollen Abhandlung über die Turbellarien. Wir sehen, auf Schnitten wie an lebenden Thieren , ein sehr gedrängtes, aber gleichzeitig auch sehr dehnbares Geflecht von Muskelfasern, von denen die einen vertical von einer Fläche des Körpers zur anderen gehen, während die übrigen von dem centralen Theile der Axe gegen die beiden Enden, den Kopf und den Schwanz, mehr oder weniger weit ausstrahlen; diese Fasern lassen sich ziemHch gut färben, sind glatt, flach, auf der ganzen Länge gleich breit und zeigen weder Kerne noch Protoplasmahüllen, theilen sich aber an ihren Enden in Aeste und feine Zweige. In weit ausgedehnten Körper- theilen zeigen sich diese Fasern unter wenig bedeutenden Vergrösse- rungen als längliche sehr schwach angedeutete Streifen (Ä, Fig. 110,/), aber in den mehr zusammengezogenen Körpertheilen sieht man sie (ebendaselbst, g) wie Schlingen mit divergirenden Schenkeln, die nach innen gerichtet sind, während der Scheitel der Schlinge sich mit weit 252 Plattwürmer. schärferen Umrissen, an der Oberfläche darbietet. Diese Anordnung hat viele Schriftsteller verleitet zu glauben, dass diese Fasern auf sich selbst zurückkehren. Die Zwischenräume dieser Muskelgeflechte sind mit einer durchsichtigen, schleimigen Substanz erfüllt, die unter einem starken Drucke wie bei den Infusorien diffundirt und eiweissartig scheint, denn sie gerinnt bei der Anwendung aller härtenden Reagentien zu einer sehr feinkörnigen Masse. Auf den Schnitten sieht man nirgends Lücken oder Höhlungen, aber immer diese feinkörnige Substanz, welche wir mit gutem Recht als sarcodisch betrachten dürfen. Die verschie- denen Organe dringen durch ihr Wachsen sowie durch den Druck, welchen die Zusammenziehungen des Körpers auf sie ausüben , in die Zwischenräume dieses Geflechtes, indem sie die sehr dehnbaren Muskel- fasern bei Seite schieben. Die Durchdringlichkeit dieses Parenchyms ist so gross, dass die aus den Sommereiern herauskommenden Embryone überall durch sie hindurchtreten, um an einer beliebigen Stelle auszu- schlüpfen. Man sieht, wenn man das Thier mit ziemlich starken Ver- grösserungen beobachtet, dass die Contractionen der Hautmuskelschicht mehr oder weniger von denjenigen des Parenchymgeflechtes unabhängig sind ; diese zwei Schichten gleiten beständig über einander. In diesem Parenchym entstehen verschiedene Zellenbildungen, die sich nach und nach gegen die Oberfläche hin begeben und dann einen wesentlichen Bestandtheil der Körperdecken bilden, welchen sie ursprünglich fremd waren. Wir unterscheiden bei Mesostomum die folgenden Gebilde : 1. Hautdrüsen (Ä, Fig. 110, h und i). — Diese einzelligen Drüsen bilden sich, wie wir glauben, in dem Parenchym in Gestalt amoebenähnlicher Zellen mit sehr feinen Fäden, die in wechselnder Zahl von der Peripherie der Zelle ausgehen, welche sehr wenig körnig ist und einen hellen granulösen Kern mit einem etwas undeutlichen Kernkörperchen aufweist. Diese Bildungszellen sind auch unter dem Namen „Bindegewebszellen" beschrieben worden. Wir zweifeln nicht daran, dass diese Zellen in dem Pai'enchym die gleiche Rolle wie die noch nicht diff'erenzirten Bildungszellen der embryonalen Gewebe spielen und zum Aufbaue der verschiedenen Organe dienen, aber wir haben ihre Verwandlungen nur in Beziehung zu den Hautdrüsen verfolgt. Man sieht in der That diese Zellen sich abgrenzen, ihre Scheinfüsse verlieren und im Verhältniss, wie sie sich der Oberfläche nähern, körnig werden. Hier an der Oberfläche zeigen sie sich endlich (i) in Form von runden, körnigen Zellen, die einen Kern und ein Kern- körperchen besitzen, deren Umrisse etwas verwischt sind, die sich aber ziemlich lebhaft färben. Gewöhnlich sind diese Zellen paar- weise vereinigt, aber man trifi't sie auch vereinzelt an. Man sieht an ihnen selten Ausführungsgänge; wir haben aber solche zu verschie- j Turbcllarien, 253 denen Malen in Gestalt von hellen, engen Canälcn constatirt, welche (/^ Fig. 110, A; g, Fig. 111, a. f. S.) wir bis zur Hautrauskelschicht verfolgen konnten. Diese Gänge enthielten Granulationen und es ist wahrscheinlich, dass man sie erst im Augenblicke bemerkt, wo die Drüse sich leert und zu gleicher Zeit damit zerstört wird. Man findet in der That hie und da in der oberflächlichen Schicht runde Zellen mit ver- schwommenen, sehr blassen Umrissen. Diese Zellen sind kaum an einigen Granulationen erkenntlich und scheinen uns in schliesslicher Zerstörung befindliche Hautdrüsen zu sein. 2. Spinn drüsen (s, Fig. 109; a, Fig. 111). — Diese Drüsen scheinen nur eine Modification der Hautdrüsen zu sein. Sie sind viel grösser, häufig ausgebuchtet und fast gelappt; sie weisen viel hellere Granulationen auf und verengern sich um grössere , stets sehr helle Ausführungsgänge zu bilden. Die Granulationen des Drüsenkörpers hingegen haben eher das Aussehen einer zusammengedrehten, schleimig zähen Substanz. Die Kerne sind sehr sichtbar. Ausserordentlich feine Fäden gehen von diesen Drüsen aus, welche eine auf der Mittellinie der Bauchseite des Schwanzes sich hinziehende Traube bilden, die sehr gut sichtbar ist, da hier Stäbchen fast immer fehlen (s, Fig. 109). Diese Drüsen erstrecken sich noch bis zum Schlundkopfe, aber um sie längs des Darmcanales sehen zu können, muss man ein Individuum so zerschneiden, dass durch den Druck die dunkeln Darmzellen entleert werden. Diese Drüsen sondern einen zähen Schleim ab, mittelst dessen die Mesostomen sich anhängen und Gewebe si^innen, welche den Netzen der Spinnen ähnlich sind und hauptsächlich zum Fange von Insectenlarven dienen, welche nicht so leicht zu bemeistern sind, wie die Wasserflöhe (Daplmia), mit denen sich die Mesostomen vorzugsweise nähren. Endlich sind diese Drüsen wohl ausgebildet in jenem Theile des Kopfes , welchen wir das Mittelfeld {d, Fig. 109) nennen, wo man sie infolge der Durch- sichtigkeit dieser von den Seitennervensträngen umgebenen (c, Fig. 109) Stelle sehr gut untersuchen kann. Sie besitzen hier ein etwas ver- schiedenes Aussehen, sind nicht in Trauben vereinigt, sondern stehen einzeln , erscheinen runder und die fadenförmigen Fortsätze lassen sich leichter wahrnehmen. Diese Drüsen treten hauptsächlich dann in Thätigkeit, wenn das Mesostom eine Beute, z. B. einen Wasserfloh erfasst, der unmittelbar durch den zähen Schleim unbeweglich gemacht wird und den das Mesostom mit seinem , zu einem Löffel umgeformten Vordertheil umgreift, um ihn gegen den Mund zu pressen und aus- zusaugen. 3. Gelbes Pigment. — Wir sehen es in zwei verschiedenen Formen vorkommen: in Gestalt von vereinzelten Zellen und von Verzweigungen, welche Crefässen ähnlich sehen. Die Menge dieser Pigmentstoffe wechselt ausserordentlich. 254 Plattwürmer. Fig. 111. Schwanzende des Mesoistoms, Rückenfläche. Objectiv IV von Gundlach, Cam. lucid. Man hat nm* einige besondere Theile gezeichnet, um die Figur nicht undeutlich werden zu lassen, «a, durchschimmernde Spinndrüsen; 6, Pigmentnetz mit hellen Zellen im Mittelpunkte c und kleinen Hellräumen d auf den Zweigen; ee, hinteres Paar ver- zweigter Zellen, Ganglienzellen ähnlich;/, vordere rechte Ganglienzelle (?); -r-. Hauptrippen a mit den Trichters; Sie verbindet sich mit dem Darm Nebenbälkchen. durch eine runde OefFnung, die ungefähr die Hälfte des Durchmessers des Schlundkopfes besitzt. V. Gr äff hat diesen Theil als eine gerade Röhre dargestellt, auf deren Wänden ein ausserordentlich regelmässiges Gitter von Muskel- fasern, die rechteckige Maschen bilden, vorkommen sollte. Wir können uns dieser Meinung nicht anschliessen. Man kann in gewissen Stellungen und von der Rückenseite her dieses Gitter, so wie wir es abgebildet haben (s, Fig. 116), sehr gut wahrnehmen. Aber wenn man es unter stärkeren Vergrösserungen untersucht (Fig. 118), zeigt sich dieses Gitter eher aus dicken, vorspringenden Falten zusammen- gesetzt, von denen die hauptsächlichsten (a), in Uebereinstimmung mit der Gestalt eines gedrückten Kegels, welche das Organ besitzt, strahlig angeordnet sind. Das Organ befestigt sich am Darme mittelst seiner breiten Basis. Von diesen Hauptstrahlen gehen unregel- mässige Querfalten aus, von denen die einen den benachbarten Strahl erreichen und so Maschen zeichnen, während die anderen sich ver- flachend endigen. Wir haben vergeblich uns von der Muskelnatur dieser Bildungen zu überzeugen gesucht und wir behaupten, dass die 268 Plattwürmer. Speiseröhre nichts Anderes ist, als die verdickte und gefaltete Fort- setzung der Umhüllungshaut des Schlundkopfes, die sich wie ein offener elastischer Kegel allen Ausdehmmgen , welche der Durchgang der oft umfangreichen Nahrungsmittel verlangt, anschmiegen kann. Mit ihrer erweiterten Basis verbindet sich die Speiseröhre mit dem Darme, welcher somit in seiner Bauch wand und auf der Mittel- linie von einer beträchtlichen runden Oeffnung durchlöchert wird, die der Axe der Schlundkopfhöhlen entspricht. Als Nebenbildungen haben wir noch die Speicheldrüsen (t, Fig. 116) zu erwähnen. Wir haben in der Figur nur einen Theil der beträchtlichen Drüsen traube der rechten Seite abgebildet. Diese Drüsen bilden in der That neben dem Schlundkopfe zwei seitliche Trau- ben, die sich noch bis gegen die Büschel der Nesselzellen hin erstrecken, mit welchen man sie in gewissen Fällen fast verwechseln könnte, Sie sind auf der Rückenfläche über den Geschlechtsorganen gelegen und werden von einzelligen birnförmigen Drüsen gebildet, die ein körniges Protoplasma haben, das in den Ausführungscanal hinuntersteigt und einen hellen Kern und blassen Kernkörper aufweisen. Die Ausführungs- canäle bilden ein Bündel, in welchem jeder Canal isolirt bleibt, und begeben sich zum Schlundkopfe {n, Fig. 116; r, Fig. 117), wo man die Speicheldrüsen bis zum Speiseröhrenmunde verfolgen kann, in dessen Höhle sie sich öffnen. Sie sind als Muskeln beschrieben worden, aber heutzutage ist man allgemein damit einverstanden, sie als einzellige Drüsen anzusehen. Wassergefässsystem. — Wir haben dieses System auf der rechten Seite der Fig. 113 in seiner Gesammtheit dargestellt, indem wir eine von Leuckart gegebene Figur zum Vorbild nahmen. Es wird von vollkommen klaren Canälen gebildet, deren Durchmesser in der ganzen Länge der Hauptstämme wenig wechselt, die niemals Aus- weitungen zeigen, aber oft gewunden und wie Schlingen zusammen- geknäuelt sind und durch die Contractionen der Parenchyramuskeln hin und her geworfen werden. Die Wände dieser Canäle werden (a, Fig. 119) von einer sehr dünnen, vollkommen homogenen Haut gebildet, die an ihrer Innenfläche sehr glatt ist, aber aussen von einer körnigen Zellgewebeschicht umgeben wird, die von Zeit zu Zeit kleine An- schwellungen zeigt {h, Fig. 119). Man sieht bisweilen in den Einbie- ffunffen der Schlingen diese granulöse Substanz in grösserer Anhäufung (g, Fig. 116) und kann sich alsdann mit Immersionslinsen überzeugen, dass es körnige Zellen mit wenig deutlichen Kernen sind, welche sich offenbar in der Länge ausziehen und so dem Canale eine Nebenhülle bilden. Sogar in den Capillarnetzen sieht man noch dieses Gewebe in Gestalt von warzenförmigen Körnerzügen aussen den Wänden entlang (Fig. 119). Wir werden weiter unten von anderen auf die Wimper- erscheinungen bezüglichen Structureigenheiten sprechen. Turbellarien. 269 Wir haben, als wir vom Sclilandvorhofc sprachen (abgebildet in Fig. 116 und 117), die Art und Weise beschrieben, in welcher die beiden grossen Wassergefässstämme (n, Fig. 113) an dem Vorhofsmunde ihre Entstehung nehmen. Diese Stämme begeben sich in gerader Linie über den Schlundkopf hinaus und jeder beschreibt seinerseits eine oder zwei Schlingen, indem er ein wenig gegen die Bauchfläche hinuntertaucht. Die Schlinge rechts geht immer entweder über die Spitze des Keim- stockes hinweg oder in seiner Nähe vorbei und es sind diese Schlingen, die man zu beiden Seiten des Schlundkopfes mit der grössten Deutlich- keit wahrnimmt. Bei der Darminsertion des Schlundkopfes angekom- men, theilt sich jeder Stamm in zwei Aeste, einen aufsteigenden (o, Fig. 113), der gegen das Gehirn hin aufsteigt, und einen absteigen- den oder hinteren Ast (s), der sich schlängelnd ungefähr dem Rande des Darmes folgt. Der vordere aufsteigende Ast stellt sich oft so nahe an das Gehii-n gegen die Mittellinie zu {(/, Fig. 114), dass er dabei mit demjenigen der entgegengesetzten Seite zusammentrifft, wie wir es abgebildet haben. Vor dem Gehirn angelangt, theilt sich der Ast und liefert einen inneren aufsteigenden Zweig (g, Fig. 113), der längs des Nerven verläuft, und einen rücklaufeuden Zweig (r), den man bis gegen den Schlundkopf hin verfolgen kann. Der absteigende Ast geht zuerst längs des Darmes hin, wendet sich an dem Ende desselben wieder zurück und theilt sich in zwei aufsteigende Zweige. Der kleinste dieser Zweige, der innere (w), steigt bis zur Nähe der Begattungsorgane herauf und löst sich hier in Netze auf. Der äussere mächtigere Zweig (v) biegt sich hier zurück und steigt längs der Leibesräuder wieder bis gegen den Schwanz (w) hinab. Von der Zweitheilung des Hauptstammes an liefern alle Zweige des Wassergefässsystemes feine und zahlreiche Aestchen , welche eine Art Capillarnetz mit sehr losen Maschen bilden. Alle diese Zweige imd Aestchen weisen in ihrem Verlaufe von Abstand zu Abstand Flimmergeissein auf. Um mit grösserer Leichtigkeit diese feinen Aestchen finden zu können, muss man mit 200- bis 300 maligen Ver- grösserungen die durchsichtigen Stellen des Thieres aufsuchen, indem man den Brennpunkt sehr hoch stellt. Die Flimmerbewegung fehlt zwar nicht an den in das Parenchym tauchenden Zweigen , lässt sich aber leichter an der Oberfläche, vorzüglich auf der Rückenfläche beob- achten. Wir rathen den Anfängern, auf dem unter dem Compres- sorium fixirteu Thiere eine dieser durchsichtigen Stellen hei'aus- zusuchen , den Focus so zu stellen , dass man gerade genau die Oberfläche sieht, dann den Focus langsam mit der Mikrometer- schraiibe niedriger zu stellen, indem man aufmerksam das Feld bei jedem halben Schraubengang beobachtet. Wenn man nun eine Flimmerstelle gut eingestellt hat, so bedient man sich starker Immersionslinsen, um die Einzelheiten der Structur zu untersuchen , welche trotz aller An- 270 Plattwürmer. strengungen noch immer ziemlich verborgen bleiben. Nur die Unter- sucbimg gut erhaltener lebender und nicht zusammengedrückter Thiere kann zu Resultaten führen; man wird vergebens auf Präparaten oder auf Schnitten suchen : jede Spur des Wassergefässsystemes ist darauf immer vollständig verschwunden. Nach unserer Ansicht giebt es zwei Arten von "Wimperorganen: im Innern der Maschencanäle und auf ihren Aesten. Wir haben in der Figur 119 eine Darstellung der ersten Art gegeben, die unter der Immer- sion ^ von Zeiss gezeichnet wurde. Eine körnige Substanz (c) bildet im Innern des Canales ein durchbohrtes Polster, welches dessen Lumen beinahe ganz ausfüllt, ein kleines Canälchen in der Mitte ausgenommen. Auf den Rändern dieser centralen Oeffnung stehen zwei sehr lange Geissein, die mit einem Theile ihres Verlaufes am Polster selbst befestigt Fig. 119. Fig. 120. (^ -:■ . c ■^^ H.'i--''" "'^ici^^-'^' ' Fig. 119. — Capillarer Wassergefässcanal, ein Wimperorgan enthaltend; Immersion E von Zeiss. a, homogene Eigen wand; b, äussere Zellhiille ; c, inneres Flimmerpolster; d, Flimmergeissein; e, Canallumen. Fig. 120. — Masche von mit Wimperflammen versehenen Wassergefässcanälen des Me- sostoms, eine bei einem jungen Individuum in der Bildung begriffene Hodentraube umgebend. Verick, Obj. 7, Cam. lue. a, a, a, Canal der Masche ; b, Innere Wimper- geissel; c, d, e, Wimperknospen; e, Blindcanal in seiner ganzen Länge; d, beinahe von oben gesehen ; e, zu drei Vierteln gesehen. scheinen und den Eindruck eines wellenförmig sich bewegenden Randes des Polsters hervorbringen. Wenn man diese Bildung so betrachtet, dass die zwei Geissein sich decken, glaubt man nur eine einzige zu sehen, welche mit in einer am Befestigungspunkte verdickten Basis endet. Ausser diesen innex*en Geissein findet sich noch eine ziemlich grosse Anzahl von Wimperknöpfen vor, welche auf geraden, blindgeendeten Canälchen stehen , die mit kleinen scheibenförmigen Anschwellungen endigen. In der Mitte des Endknopfes ist die zwiebelartige Wurzel der Geissei befestigt, welche gewöhnlich die ganze Länge des seitlichen Blindsackes ausfüllt (Fig. 120). Wir gestehen, dass wir uns nicht Turbellarien. 271 genau darüber haben Rechenschaft geben können, ob diese scheiben- förmigen Knöpfe, wie Francotte und Fraipont wollen, durch seit- liche Oeffuungen durchbohrt, oder ob sie ganz sind, wie Pintner behauptet. Unsere Beobachtungen würden eher für die erstere An- sicht sprechen, denn diese kleinen Knospen boten oft ein Aussehen dar, als ob sie an ihrem Umfange mit kleinen Löchern bedeckt wären. Aber, wir wiederholen es, wir haben uns keine vollständige Gewissheit verschaffen können. Wir haben keine feine Seitenzweige, welche, ohne Wimperelemente zu besitzen, sich in lange Fäden endigen, beobachtet, wie v. Graff sie beschreibt. Wir werden uns hier nicht in die Discussion über die Verrichtungen dieser Canäle einlassen. Die Flüssigkeit, welche sie erfüllt, ist voll- kommen klar, wasserhell, ohne Spur von Körperchen. Die Wimper- organe entfalten eine sehr beträchtliche Thätigkeit in der Nähe von in Entwickelung begriffenen Organen und da wird man sie auch am leichte- sten finden. Geschlechtsorgane. — Diese Zwitterorgane unterscheiden sich, wie bei den Cestoden und Trematoden, durch die physiologische Arbeits- theilung, besonders in dem weiblichen Apparate. Wir werden zuerst die allgemeine Lage der Theile behandeln , um sie nachher in ihren Einzelheiten zu untei'suchen. Wenn man ein Mesostom mit blossem Auge oder mit der Lupe beobachtet, bemerkt man gewöhnlich nur den mittleren Darmcanal, und auf beiden Seiten, wenn es im Begriffe ist Wintereier zu erzeugen, zwei wellenförmige röthlichbraune Linien, welche längs des Körpers in gleicher Entfernung von den Rändern und vom Darmcanale parallel dahinlaufen. Unter einer schwachen Vergrösserung (Fig. 109) beob- achtet man folgende Lagerung der Organe : in der unmittelbaren Nähe der Körperränder breitet sich eine aus lappigen Trauben ge- bildete Drüse au.s. Die Blindsäcke der Trauben endigen hart an der Körperwand selbst und die Längenausdehnung ist sehr wech- selnd. Diese Drüse ist der Hoden (m). Etwas hinter dem Schlünde löst sich von jeder dieser Drüsen ein gerader Quercanal (in') ab, der Samenleiter, den man mit dieser Vergrösserung bis zum dunkeln Darme verfolgen kann. Wir haben den Hoden auf der linken Seite unserer Figur in einem sehr bedeutenden Ausdehnimgszustande, wenn häufige Begattungen die Erzeugung der Wintereier begleiten, dargestellt. Rechts hingegen ist er reduzirt und geleert abgebildet, so wie man ihn antrifft, wenn die Sommereier schon ihre zum Ausschlüpfen bereiten Embryone gebildet haben. Innerhalb der Hodenlinie findet sich ein zweites geradliniges Organ, das von einem geraden Rohr mit ziemlich festen Wänden gebildet wird, an beiden Enden geschlossen ist und in ampuUenförmigen 272 Plattwürmer. Erweiterungen die Eier enthält. Es ist dies der Uterus (?', Fig. 109). Wir haben ihn links Winter eier (e), rechts Sommereier mit Em- bryonen (k) enthaltend abgebildet. Wir bemerken hier ausdrücklich, dass die Zeichnung nach zwei verschiedenen Individuen aufgenommen ist und dass wir auch, wie Schneider, niemals Winter- und Sommer- eier bei dem gleichen Mesostom zusammen angetroffen haben. Der Uterus weist immer festere Wände auf, wenn er Wintereier enthält; seine blinden Endiguugen lassen sich alsdann sehr gut beobachten. Die Fiff. 121. Centrale Geschlechtsorgane eines erwachsenen Mesostoms ; Objectiv 2 von Gundlach; Bauchfläche, n, Keimstock, Ende; u^, Theil mit länglichen Eiern; a^, Muskelbasis (Samenbehälter); a^, Oeffnung zum Keimgang; «*, Keimgang; b, Schalendrüse; c, all- gemeiner Behälter; c', innere Mündung; d, äussere Geschlechtsmündung; e, Spitze der Ruthe; e', Hals der Ruthe ; /, Samentasche; g, Nebendrüseu. Wände sind viel dünner, wenn er gewöhnlich in Nebenzweigen ge- legene Sommereier enthält und wenn die Anzahl dieser Sommereier gross ist, wie auf dem abgebildeten Individuum, das deren zwanzig enthält, so erstreckt sich der Uterus vom Gehirn zum Ende des Schwanzes und die Eier erfüllen alsdann fast den ganzen Raum zwischen dem Darmcanal und den Körperwänden. Jeder Uterus besitzt einen engen Quereanal. Zwischen den Uterus und den Darmcanal lagert sich ein drittes Organ, die Dotterdrüsen (n,v, Fig. 109). In der Zeit ihrer grössten Turbellarien. 273 Thätigkcit, so wie sie auf der linken Seite abgebildet sind, bieten diese •>mit Fett und Körnern erfüllten Drüsen sich als eine längliche und dicke Traube dar mit birnförmigen , am dicken Ende durchsichtigen Blindsäcken; in ihrer Erschöpfung, so wie sie sich auf der rechten Seite zeigen, sieht man einen Längscanal, auf welchen von Strecke zu Strecke kleine, wenig hervorstehende Träubchen sitzen. Ein Quercanal, der Dottergang, führt von jeder Drüse gegen die Mittellinie hin. Endlich sieht man, ein wenig über den Rand des Darmcanales herausgehend, ein kleines durchsichtiges kolbenförmiges Organ, den Keimstock (p, Fig. 109), der fast unmittelbar hinter dem Schlund- kopfe liegt, etwas schräg nach vorn gerichtet ist und sich gegen ein Knäuel von chitinös aussehenden Organen hin endigt, welches die Be- gattungsorgane einschliesst, die man unter dieser Vergrösserung nicht entwirren kann. Gegen dieses Bündel hin convergiren auch alle Aus- führungsgänge der Hoden, der Uteri und der Dotterdrüsen. Besser als jedes andere Organ kann der Keimstock dazu dienen, um zu be- stimmen , in welcher Lage ein Mesostom unter dem Mikroskope sich befindet ; er zeifft sich rechts , wenn man die Rückenfläche nach oben gekehrt hat, und man sieht ihn links in der Ansicht von der Bauch- fläche aus. Weibliche Organe. — Sie sind aus dem Keimstocke, den Eibehältern (Uteri) , den Dotterdrüsen und einigen Centraltheilen zu- sammengesetzt. Der Keimstock (a, Fig. 121 bis 124) wird von einem keulen- förmigen, am Ende geschlossenen Schlauch gebildet, der, wie wir es erwähnten, sich in der Bauchansicht links, in der Rückenansicht des Thieres rechts zeigt. Das Organ wird in seiner Gesammtheit von einer ziemlich starken Scheide (a, Fig. 122, a. f. S.) umgeben, welche an dem geschlossenen Ende homogen scheint, aber an Dicke von vorn nach hinten zunimmt und eine sehr mächtige Schicht von Kreismuskeln in der Gegend, welche an den Ausführungscanal oder Keimgang stösst, darbietet. Die Muskeln weisen sogar in diesem untern Theile stark nach Innen hervorstehende Falten auf, die so eine Art von queren, schachbrettartig gestellten Fächern bilden, in welche die Eier zu liegen kommen. Man kann an dem Keimstocke eine eierführende (a, a^), eine muskulöse (a^) und eine samenführende («■'') Region unterscheiden. Gegen das blinde Ende des Schlauches hin drängen sich die in Bildung (c, Fig. 122) begriffenen Eier, die von einem hellen und durch- sichtigen Protoplasma , einer Zellhaut und einem runden Kerne , in welchem man noch keinen Kernkörper unterscheidet, gebildet werden. Je nach dem Zustande des Individuums trifft man diese Zellen in wenig bedeutender Anzahl inmitten einer körnigen und offenbar sehr schlei- migen Zwischeusubstanz zerstreut oder sehr dicht an einander gedrängt Vogt u. Yung, iirakt. vergleich. Anatomie. Jg 274 Plattwürmer. an, so dass von jener körnigen Substanz nur wenig mehr in den Zwischenräumen der Eier übrig bleibt (c, Fig. 122). Im Verhältniss wie die Eier grösser werden und in der Keule hinuntersteigen, nehmen sie eine quer eiförmige Gestalt an {d, Fig. 122) und werden schliess- lich sehr lang und von einander durch die bedeutendere Anhäufung körniger Substanz getrennt (e, Fig. 122). Gleichzeitig haben sich die Kernkörper im Innern der Kerne differenzirt, während die Zellwände sich nicht mehr wahrnehmen lassen , ohne Zweifel in Folge der An- häufung der Körner, welche die Eier umgeben. Die ganz von Muskeln gebildete Region (a^, Fig. 121 und 124) bietet die wechselndsten Contractionszustände dar. Bald ist sie von Fig. 122. e .. Endigung des Keimstockes eines erwachsenen Mesostoms, das ein in Bildung begriffenes Winterei trug (Gundl. Obj. V) Cam. lue. o, äussere Hülle; &, körnige Zwischen- substanz; c, entstehende Eier; fZ, Eier, sich verlängernd; e, länglich gewordene Eier. fast gleichem Durchmesser mit der Keule, bald angeschwollener, sogar aufgeblasen, stellenweise schnürt sie sich mehr oder weniger ein, ist aber immer durch dicke Querfalten ausgezeichnet. Sie öffnet sich durch eine weit offen stehende Mündung, die fast immer sehr gut wahrnehmbar ist (a^), in den Keim gang (a^). Dieser wird von sehr dicken, durchsichtigen und durch Längs- und Quermuskelfasern zu- sammenziehbaren Wänden gebildet. Er krümmt sich zu einem Henkel zusammen, um sich zur Mittellinie zu begeben, wo er in einer Weise, welche wir später beschreiben werden, in den allgemeinen Geschlechts- behälter (e) ausmündet. Das Ende, mittelst welches der Keimgang sich um die weit offen stehende Mündung des Keimstockes befestigt, hat eine Trichterform und kann sich bedeutend verbreitern , so dass Turbellarien. 275 es eine Art Blase bildet, welche man den samenführenden Theil oder Samenbehcälter (a\ Fig. 123) nennen kann. Bis hierher dringen in der That die Samenthierchen vor, besonders wenn es sich um Selbst- befruchtung handelt. Die Dotterdrüsen («, Fig. 109; k, Fig. 123). — Wir haben die allgemeine Anordnung dieser Organe bereits beschrieben. Man sieht sie als auf dem Läugscanal (k^) aufsitzende Träubchen, in welchen kurze Fig. 123. Die Geschlechtstheile eines jungen Mesostoms in ihrer Gesammtheit. Bauchfläche (Gundl. Obj. IV). a, Keimstock; cfi, Samenbehältcr ; aA, Keimgang, beide mit Samen erfüllt; b, Schalendrüse; c, allgemeiner Behälter; d, äussere Geschlechts- öfTnung; e, sich bildende Ruthe; (j, Nebendrüsen; //, leerer Samengang; //, Theil des Hodens ; i, querer üteruscanal ; i', Eibehälter des Uterus , in der Entstehung be- grilTen; i^, Eier; k^, Längsdottergang; k^, Ausführungscanal einer Traube; i^, Dotter- drüsen ; ?;i, Umriss des Schlundkopfes; n, n, Schlinge des Hauptwassergefässcanales ; o, Nesselzellen. Ausführungscanälchen (/.:-) münden, die den grossen Drüsenfollikeln entsprechen, wo sich die Dottersubstanz bildet. Diese Follikel haben die Gestalt länglicher Birnen, ihr verbreitertes Ende ist immer hell, mit einem Pflasterepithel von runden Zellen bekleidet, während der übrige Theil des Follikels mit einer dicken körnigen Substanz erfüllt 18* 27G Plattwürmer. ist, welche im auffallenden Lichte weisslich, im durchfallenden Lichte dunkel erscheint. Man unterscheidet darin dunkle Körner und hellere Tröpfchen von fettigem Aussehen. Die Dotterdrüsen rücken, wenn sie in voller Thätigkeit sind, bis gegen das Gehirn und bis zum letzten Drittel des Thieres vor. Die zwei Enden des Längscanais vereinigen sich ein wenig hinter dem Schlundkopfe in der Nähe der Begattungsorgane und senden hier einen Quercanal aus, der im allgemeinen Behälter ausmündet. Der Dottergang (Je, Fig. 124) ist oft schwer vom Samengang und vom queren Uteruscanal zu unterscheiden, mit welchen er ein einziges Bündel auf einer gewissen Länge seines Verlaufes bildet; aber oft lässt er sich auch an den Dotterkörnern, welche er enthält, erkennen, Fig. 124. Die in den Figuren 121 und 125 dargestellten Theile in gleicher Vergrösserung, aber nach der Begattung; mit Samen erfüllt. «, Keimstock, Ende; o^, Muskeltheil ; a*, Keimgang; b, Schalendrüse; 6^, Vereinigung mit der Samentasche/; c,c', Theile des Behälters , der durch die Masse des Samens entstellt wird ; g, Nebentheil des Behälters, mit Samen erfüllt ; h, gefüllter Samengang ; i, querer Uteruscanal ; h, querer Dottergang; /, Auf hängemuskeln ; m, Umriss des Schlundkopfes. Der Eibehälter (Uterus) (i, Fig. 109 und 123) stellt sich in seiner ausgebildeten Gestalt als ein Längsschlauch dar, der zwischen den Hoden und den Dotterdrüsen gelegen ist und dessen Wände unter einer schwachen Vergrösserung ein straffes, hornartiges Aiissehen besitzen. Er ist an beiden Enden geschlossen und umschliesst die Eier entweder in seiner Höhlung selbst, wenn sie noch klein sind, oder in kurzen Nebenröhren. Je nach der Natur und der Entwickelung der Eier bietet der Eibehälter ein wechselndes Aussehen dar, dessen ent- Turbellarien. 277 gegengesetzte Stadien wir auf beiden Seiten der Fig. 109 dargestellt haben. In der Nähe der Begattungsorgane sendet jeder Uterus einen Quercanal (?", Fig. 123 und 124) aus, der sich zum allgemeinen Geschlechts- behälter begiebt. Dieser Quercanal besonders bietet die erstaunlichsten Verände- rungen dar. Wenn man ein junges Individuum untersucht, bei welchem die Bildung der Eier beginnt, so findet man zu beiden Seiten der Begattungsorgane (wir haben nur eine Seite aixf Fig. 123 dargestellt) zwei gewaltige Orgaue in Gestalt einer dicken Keule (i), bedeutender als der Keimstock, die im Innern einen quer gerunzelten Canal und sehr dicke Muskelwände zeigen , in welchen sich besonders die Kreis- fasern bemerkbar macheu. Am Ende dieser Keule, die nichts Anderes als der quere Uteruscanal ist, sprossen warzenförmige, fein grauulirte, mit grossen , sehr blassen Pflasterzellen bekleidete Theile hervor (i^), welche anfänglich kein inneres Lumen besitzen, aber sich im Ver- hältnisse, wie die Eier hier anlangen, aushöhlen, sich verlängern und zum Längscanale werden. Die Eier stellen sich unter schwachen Ver- grösserungen, so wie wir zwei (i-) von ihnen abgebildet haben, in Gestalt von kugeligen Haufen dar, in denen man die Dottertröpfchen und -körner sehr gut erkennt. Diese letzteren sind innen so gut um den Eikeim angehäuft, dass man diesen selbst nicht sieht. Man kann in diesem Zustande den queren Uteruscanal sehr gut bis gegen den Geschlechtsbehälter verfolgen , selbst wenn er in der Bauchansicht vom Keimstocke (a, Fig. 123) einigermaassen verdeckt wird. Der Quercanal ist bei den in Begattung für die Bildung der Wintereier («', Fig. 124) begriffenen Individuen noch gut zu sehen, aber er ist in der Zwischenzeit zwischen der Bildung der Sommereier und der Wiutereier kaum wahrnehmbar und er wird, wenn die Wintereier alle gebildet sind, beinahe unauffindbar, da er auf eine Art Streifen beschränkt ist. Diese abwechselnde Verminderung und das endliche Verschwinden erklären sich durch die Thatsache , dass die in Bildung begrifienen Eier wohl durch den Canal hindurchgehen, indem sie sich vom allge- meinen Behälter zum Uterus begeben, dass sie aber niemals wieder diesen Weg in entgegengesetzter Richtung zurücklegen, da die lebend aus den Sommereiern herausschlüpfenden Embryoneu und die Winter- eier alle durch die Körpergewebe hindurch ausgestossen werden. . Männliche Organe. — Die Bereitungsorgane sind die Hoden {})!, Fig. 109; //, Fig. 123), die innen an den Körperrändern selbst gelegen sind. Auf jeder Seite befindet sich eine einzige, lang aus- gezogene Drüse mit unregelmässigen Blindsäcken. Diese Blindsäcke vereinigen sich zu einem gemeinsamen Körper, von welchem aus mehrere feine Samengänge (h, Fig. 123) abgehen, die sich gegen die Begattungsorgane hin unter sehr spitzen Winkeln zu einem ein- zigen Canal vereinigen, der, wenn er mit Samenthiei'chen gefüllt ist, 278 . Plattwürmer. sehr gut zu unterscheiden ist. Die Hodentraube ist im Innern mit runden Zellen erfüllt, die in gewöhnlicher Weise eine ziemlich grosse Anzahl Kerne hervorbringen , welche schliesslich zu den Körpern der Saraenthierchen werden. Schneider und Halle z haben uns die Ent- wickelungsgeschichte dieser Samenthierchen sehr gut kenneu gelehrt und wir verweisen für die Einzelheiten auf ihre Abhandlungen. Wenn _„. die Samenthierchen zu einer gewissen Flg. 125. . ' . Entwickelung gelangt sind, so treten ... . f, ihre noch sehr kurzen, aber sich schon (^^^^ ..--'' j-l^ hin und her bewegenden Schwänze ,, ^^/"^^^^^^^\\"'''^ d' ^^^ allen Seiten aus der Zelle heraus, ^^ [/, (v^:^ \'''''e die sich alsdann in allen Richtungen K^>, \X')/ J ''—^ dreht und einer Zelle mit langen Wim- \1[\ \my> M/f-'/y •' n perhaaren ähnlich sieht. Die reifen «*■-•■ ^4\ Vxv!^^"^^^// // Samenthierchen sind von einer über- \l\ :^^^^^ ,/ massigen Länge, mit fadenförmigem I ': Körper, der sich auf der einen Seite in "^ eine lang ausgezogene Spitze endigt , , ., und am anderen abgerundeten Ende Die genitalen Centraltneue eines er- . . -, ■>• ^ c • wachsenen Mesostoms , in den glei- ^wei oder drei ausserordentlich feine cheu Verhältnissen wie Fig. 121 seitliche Fäden darbietet. Der Einfluss gesehen. Die Buchstaben haben die des Wassers dreht diese Samenthier- gleiche Bedeutung. Ausserdem h\ ^-^^^ korkzieherartig. Sie steigen Ausf'ühruncrscanal der Schalendrüse ; i i i o i • i t „ ,,.., , " ,-■ • V - T. ^1 durch den bamengang hinab und er- '/ , Höhlung zum Einziehen der Kuthe ; ° ° f, Ausführungscanal der Samen- füllen entweder den Keimgang mit tasche. seinem Behälter allein oder beinahe alle Centralorgane. Centralorgane (Fig. 121, 123, 124, 125). — Man muss sie an ausgehungerten Individuen, deren Darm nicht gefüllt ist, von der Rückeufläche aus studiren. Nachdem man sie am lebenden Thiere untersucht hat, kann man sich einer sehr verdünnten Lösung von Aetzkali bedienen, die sie heller macht und sie besser von ihrer Um- gebung unterscheiden lässt, da diese zusammengeknäuelten Organe von ziemlich starken chitinösen Wänden umgeben sind. Auf der Bauchfläche bemerkt man bei hoch gestelltem Focus die äussere Geschlechtsöffnung (fZ), welche oft Zusammenziehungs- und Ausdehnungsbewegungen ausführt, oft aber auch so sehr gegen innen umgelegt ist, dass sie sich wie mit dicken Rändern umgeben darbietet (Fig. 123 und 125). In ihrer grössten Ausdehnung sieht man sie als eine Rosette mit runder, von Muskelfasern umgebener Oeffnung. Von diesen Muskelfasern sind die strahligen besonders gut angedeutet. Sie führt unmittelbar in einen chitinösen, rundlichen und breiten Sack mit dicken Wänden , der ursprünglich ziemlich einfach (P^ig. 123) ist, aber sich nach und nach in zwei in weiter Verbindung Turbellarien. 279 mit einander stehende Theile scheidet, von denen der eine, der mehr weibliche Theil (c), die dem Keimstock zugekehrte Seite einnimmt, während der andere (c-) auf der entgegengesetzten Seite liegt. Aber diese beiden Theile sind nicht tiefer von einander geschieden als die Pförtner- und Magenmundgegend des menschlichen Magens. In die weibliche Gegend münden durch eine innere Oeffnung (c') der Keimgang, der Üottergang, der Uternscanal und der Ausführungs- canal {b') der Schalendrüse (b). Je nach den Stellungen und der Fül- lung dieser Canäle kann man sie bis gegen die innere Oeffnung hin verfolgen, welche von Zeit zu Zeit sehr langsame Zusammenziehungen und Ausdehnungen aufweist. Besonders den Keimgang, wenn er mit Samen gefüllt ist und den Gang der Schaleudrüse, der fast immer mit Körnern besetzt ist und im Innern runzelige und gefaltete Wände be- sitzt, kann man häufig sich an der Innern Oeffnung vereinigen sehen. Ausser diesen verschiedenen Canälen münden noch in den weiblichen Theil, vielleicht sogar in den Keimgang, längliche einzellige Drüsen mit schwach körnigem Protoplasma und mit sehr deutlichem Kern (r/, Fig. 121 und 125j, die in ihrem Verhalten den Speicheldrüsen ähnlich sind. Diese Nebendrüsen haben offenbar getrennte Ausführungs- gänge ; es ist uns nicht gelungen zu sehen, dass sie sich in einem ein- zigen Canal vereinigen und wir müssen annehmen, dass sie sich ge- trennt in den Behälter öffnen. Die Schalendrüse (6) ist auf der Rückenseite des Apparates ge- legen. Ihr quer biruförraig verlängerter Körper bietet sehr dicke Wände dar und ihre Höhlung ist immer mit sehr dunklen Körnern erfüllt, welche sich auch in das Lumen ihres runzeligen, oft etwas gebogenen oder selbst zusammengewundenen Ausführungscanales er- strecken. Die Ansichten über die Natur dieser Drüse gehen aus ein- ander. Schmidt nennt sie Samentasche, v. Graff Begattungstasche, und dieser Letztere behaujjtet, darin Samenthierchen gesehen zu haben. Schneider bezeichnet sie als Blase, in welche wahrscheinlich *die Dottergänge münden, und Leuckart nennt sie Anhangsdrüse, indem er versichert, dass er niemals Samenthierchen, sondern nur Körner darin gesehen habe. Wir haben auch niemals Samenthierchen darin gesehen , welche vielleicht durch einen zu starken Druck hinein- gelangen können, wenn der ganze Behälter gefüllt ist. Aber selbst in diesem Falle haben wir darin nur Köi'ner gesehen. Unsere Fig. 124 ist unmittelbar nach der Begattung gezeichnet; die Organe waren so gefüllt, dass sie beim geringsten Drucke hätten platzen können, nichts- destoweniger fand sich keine Spur von Samenthierchen weder in der Drüse, noch in ihrem Ausführungscanal. Diese Drüse ist ausserdem einer der zuerst gebildeten Theile; sie existirt schon, mit Körnern ge- füllt, wenn die ersten Eier im Begriffe sind, sich zu bilden und wenn die Begattungsorgane noch nicht im Stande sind, Verrichtungen zu 280 Plattwürmer. leisten (Fig. 123); sie muss daher schon von der ersten Bildung der Eier an in Function sein und nicht nur bei der ersten Begattung, welche viel später vor sich geht, in Thätigkeit treten. Die männliche Gegend (c^ , Fig. 121) enthält die Samentasche (/) und die Riithe («). Die erstere stellt sich in Gestalt einer Retorte mit dicken Wänden und zurückgebogenem Hals (f^) dar, welcher in den Behälter neben dem Beutel der Ruthe, in eine Art gemeinsamen Vorhofes (d, Fig. 121) mündet, der au die äussere Geschlechtsöfinung stösst. Sie entwickelt sich erst nach der Bildung der Sommereier und existirt bei den jungen Individuen (Fig. 123) noch nicht; sie füllt sich mit Samenthierchen zur Zeit, in der die Mesostomen zur Beeattuns- geeignet sind. Sie nimmt die Rückenseite ein und verbirgt den Beutel der Ruthe oft so gut, dass dieser einen Bestandtheil von ihr aus- zumachen scheint (Fig. 121), In andei'en Fällen hingegen (Fig. 125) bietet 'Sich der Beutel der Ruthe (a) in Gestalt eines krummen An- hanges dar, der den Raum zwischen der Samentasche und dem Be- hälter ausfüllt und in seinem Innern die zurückgestülpte Ruthe birgt. Die Ruthe (e, Fig. 121) kann sich wie ein Handschuh umstülpen und in ihrem Erectionszustande bietet sie die Form einer Keule dar, deren freies, aber geschlossenes Ende Runzeln oder Verdickungen auf- weist, die um das Ende herum im Kreise gestellt sind, so dass dieser Theil ziemlich dem von einem Hakenkranze umgebenen Rostellum eines Bandwurmes ähnlich sieht. Da sie ein Organ ist, das sich wie ein Handschuhfiuger umstülpt, um theilweise aus der Geschlechtsöffnung hervorzutreten, ist sie zwar in ihrem Innern hohl, aber keineswegs von einem Canale mit einer Ausmündung , um den Samen hindurchtreten zu lassen, durchbohrt: sie ist einzig und allein ein Erregungsorgan. Wir haben nur noch wenige Bemerkungen über die Bildung der Eier und über die Rolle , welche dabei die verschiedenen Organe zu spielen haben, hinzuzufügen. Man unterscheidet Sommereier mit durchsichtiger und weicher Schale (k, Fig. 109) und Winter eier mit starker, hornartiger, dunkel braunrother Schale (/, Fig. 109). Die Sommereier bilden sich zuerst, und ihre Entwickelungs- geschichte beginnt zu einer Zeit, wo die Begattungsorgane mit der Ruthe kaum in ihrer ersten Anlage vorhanden sind und man noch keine Spur von einer Samentasche sieht. In jener Periode, welche wir Fig. 123 abgebildet haben, sind der Hoden und der Keimstock sowie die Dotterdrüse in voller Thätigkeit und die Dotterdrüse ist mit Kör- nern erfüllt. Aber der Uterus besteht erst in seinem dicken und mus- kulösen Quercanale. Das Ei, von dem Keimstock hervorgebracht, ge- langt in den zuvor mit Samen gefüllten Keimgang und wird hier während seines Durchganges befruchtet; es begiebt sich in den Be- hälter, wo es Dotterkügelchen und Körner von der Schalendrüse erhält. Turbellarien. 281 Wir glauben, dass diese letzteren, indem sie sich in dem Uterus modi- ficireu, die Schale bilden. So ausgestattet, wird das Ei vom Uterus- cauale aufgenommen, der seine Fortsätze treibt, in welche die Eier sich lagern, wachsen und an Umfang zunehmen. Die Sommereier bilden sich also in regelrechter Weise ohne Be- gattung, durch innere Befruchtung des Individuums selbst. Später haben sich die Begattungsorgane ausgebildet und in der Regel findet für die Wintereier eine gegenseitige Befruchtung statt. Aber in Fällen von Isolirung kann die innere Befruchtung auch ge- nügen für die Ausbildung der Wintereier. Schneider hat diese verschiedenen Zustände sehr gut nach- gewiesen und wir denken, dass die Einsichtnahme unserer Fig. 123 alle Zweifel über die erste Bildung der Sommereier, bevor eine Be- gattung möglich ist, heben wird. Bei der Begattung haben wir immer wahrgenommen, dass der Richtung von hinten nach vorn der in Erection begriffenen Ruthe gemäss (Fig. 121) die beiden Mesostomen sich Bauch an Bauch und den Kopf des einen gegen den Schwanz des anderen gekehrt legen. Wir haben hier nicht auf die Entwickelungsphasen des Eies näher einzutreten. Wir müssen nur noch bemerken, dass die in den Soramer- eiern gebildeten Embryonen zu einer gewissen Zeit die Augen und den Schlundkopf sehr gut zeigen, und dass sie, in den Reifezustand gelangt, die Eihülle durchbrechen, durch das Parenchym hindurchgehen und, um sich in das Wasser zu begeben , durch die Körperdecken an der dem Eie am nächsten gelegenen Stelle heraustreten. Wir haben mehrere Male diesen Geburten durch die Körperdecken bei frei in einem Uhrglase herumschwimmenden Individuum zugesehen und wir haben bei Mesostomtmi lingua die frei gewordenen Embryonen beob- achtet, wie sie, sogar während einiger Stunden, in dem Parenchym der Mutter sich herumbewegten, bevor sie die Körperdecken an irgend einer Stelle durchbrachen. Die Wintereier, dazu bestimmt, das Be- stehen der Art während der schlechten Jahreszeit zu sichern, werden nach Schneider erst durch den Tod und die Zersetzung des Indivi- duums frei. Wir haben diesen Vorgang nicht beobachtet, aber wir halten ihn für vollkommen nachgewiesen und wir behaupten, indem wir uns auf diese Beobachtungen stützen, dass kein Ei durch den Uteruscanal zurückkehrt und dass weder Eier noch Embryonen jemals durch die Geschlechtsöffuung heraustreten. Das Wimperepitlaelium ist allen Strudelwürmern gemeinsam. Es ist Pflaster- oder Cylinderepitliel und weist bisweilen eine von Poren durch- setzte Cuticula für den Durchgang von Flimmei-haaren auf, welche gewöhn- lich sehr fein , aber bisweilen auch zu Borsten oder Geissein entwickelt sind {DerostoDinm, HijjyorJij/iichus). Die Nesselorgane sind sehr verschieden geformt. Mau beobachtet wirkliche Nesselzellen, die ganz wie bei den Coelenteraten 282 Plattwürmer. ö gebildet siud, mit eiuein Faden, der sicli entrollt [Microstoma lineare), Pfeil- zellen (Sagittocysten) oder Zellen , die eine feine freie Nadel schleudern {Pla- naria qtoadrioculata) , Stäbchen oder Ehabditen von sehr verschiedenen For- men, welche, wie bei Mesostomum , in Zellen gebildet werden. Endlich findet man, zwar nur bei gewissen AUoiocoelen, Fäden von schleimiger Natur {FJcKjiostomum) ; bei einigen Arten scheinen sie aber vollständig zu fehlen. Die Hautdrüsen sind sehr verbreitet und können zu giftigen, mit einer durch- bohrten, chitinösen Spitze bewaffneten Organen werden {Convoluta paradoxa). Ausser den Spinnzellen trifft man bisweilen Klebzellen oder Klebpapillen an {Placjiostomum, Gunda). Die Hautmuskelscheide findet sich überall von wenig- stens zwei Faserschichteu gebildet vor, von Längsfasern und Kreisfasern und bisweilen von einer dritten diagonalen Schicht. Das Parenchym ist von verschiedener Zusammensetzung. Bei den Acoelen {Convoluta) wird der ganze Körper innen von einer körnigen , Kerne , Zellen und ein Fibrillengeflecht enthaltenden protoplasmatischen Masse gebildet. Dieses Parenchym ersetzt nach V. Graff den fehlenden Darmcaual. Bei den AUoiocoelen beginnt die Ditferenzirung der Muskeln und bei den übrigen Strudelwürmern sieht man oft ein sehr verwickeltes System von inneren tangentiellen , schrägen Bauchrückenmuskeln u. s. w. Die Pigmente, bald zerstreut, bald zellenartig oder verzweigt, finden sich im Epithelium oder im Parenchjm, welches je nach der Entwickelung der Organe, mehr oder weniger reichlich vorhanden ist; aber nirgends nimmt man Inneuhöhleu wahr, in denen die Organe auf- gehängt wären. Der Darmcanal bietet die verschiedensten Modificationen dar. Bei den Acoelen führt ein einfacher, bewimperter Mund in eine röhren- förmige Speiseröhre , Avelche im Parenchym zu enden scheint , das Muskeln und bisweilen besondere Drüsenzelleu aufweist. Man sieht hier, mutatis mutandis , etwas dem Bau der Infusorien Analoges. Wenn sich der Darm- canal mittelst eines besonderen Epitheliums, das mit dem Verdauungsgeschäft betraut und nach dem Zustande des Individuums sehr veränderlich ist, differenzirt hat, so beobachtet mau sehr verschiedene Formen: einen ein- fachen, oft übergrossen Sack {Plagiostomiden) , ein gerades Rohr, das die Körperaxe einnimmt und nach der Lage des Schlundkopfes von einem Vorschlund- oder Nachschlundtheile gebildet wird {Ehahdocoelen) , und endlich einen, durch den ganzen Körper verzweigten Darm (Dendrocoelen). Bei den Tricladen wird dieser verzweigte Darm von einem voi-deren Mitteltheile und von zwei hinteren Seitenzweigen gebildet, welche baumartige Nebenverzwei- gungen aussenden. Bei den Polycladen schickt die centrale Verdauungshöhle einen unpaaren Zweig gegen das centrale Nervensystem hin und zahlreiche verzweigte Seitenäste aus. Lang zaudert nicht, den Darmcanal der Dendro- coelen mit dem coelenterischen Apparat der Rippenquallen , aber zu gleicher Zelt auch mit dem verzweigten Darm der Clepsiueu und der Egel im Allge- meinen in Parallele zu stellen. Der Schlundkopf bietet auch sehr bemerkens- werthe Verschiedenheiten dar. Einfach bei den Acoelen, den Macrostomen und den Microstomen, bildet er sich bei den übrigen Rhabdocoelen durch die Anlage einer Aussenfalte aus, welche zum Vorhofe wird und bei vielen, wie wir es bei Mesostomum gesehen haben, die Mündungen der Wasser- gefässcanäle aufnimmt. Der Vorhof, anfangs wenig tief, kann so bedeutend werden, dass er mit seiner Vertiefung den muskulösen Schlundkopf bis an seine Basis umgiebt iind ihn fast frei und unabhängig macht. Die Unter- scheidungen, „Rosetten-, Fässchen- und veränderlicher Schlundkopf", die man aufgestellt hat, beziehen sich auf die Entwickelung dieser länglichen, freien und unabhängigen Form. Schliesslich wird der Schlundkopf zu einem wahren röhi-enförmigen Schlauche, zu einem Rüssel, der auf die Beute geworfen werden kann, wie dies bei den meisten Dendrocoelen der Fall ist. Turbellarieii. 283 Dass die Eeziehungeu zwischeu eleu Muskeln , den Drüsen und anderen wesentlichen Theilen des Schlundkopfes mit dieser Formveränderung bedeu- tend wechseln , dass sich mächtige Zurückzieher- und Vovstreckermuskeln in den Rüsseln entwickeln, während sie in den Eosettenschlundköpfen kaum angedeutet sind, ist leicht begreiflich; wir verweisen für die Einzelheiten auf die Monographie von v. Graff. Die Lage des Schlundkopfes wechselt sehr ; auf der ganzen Länge der Mittellinie von dem durch das Nervensystem bezeichneten Vurderende bis zum entgegengesetzten Köi-perende giebt es keine Stelle, wo der Schlundkopf sich nicht befinden könnte. Wir finden bei den Strudelwürmern ziemlich verschiedene Entwickelunss- phasen des Nervensystems. Mau hat bei den Acoelen noch gar keins gefunden ; bei einigen , einem inneren Schmarotzerleben angepassten Formen (Gniffilla) ist es sehr wenig entwickelt. Dies ist ohne Zweifel eine Andeutung der Thatsache, dass diese verkümmerten Zustände aus einer allmäligen Ent- artung und nicht aus einer Entwickelung von unten nach oben hervorgehen. Wie dem auch sei, wir sehen eine mittlere Ganglienmasse, die aus zwei verschmolzenen Hälften gebildet wird und die hintere Längsnerven aussendet, sich immer mehr und mehr entwickeln. Diese Masse haben wir das Gehirn genannt. Es ist bisweilen auf den Zustand einer einfachen Commissur zwi- schen den Seitenuerven , welche auch Ganglienzellen enthalten, reducirt. Diese Theile, Gehirn und Seitennerven, existiren überall, wo das System differenzirt ist. Bei den Polycladen bieten die durch Anastomosen zu Netzen vereinigten Nerven eine strahlige Anordnung dar, indem sie immer- hin die zwei wichtigeren Seitenuerven noch aufweisen; aber bei den höheren Formen (Tricladeu) unterscheidet man einen oberen Sinnestheil, einen unteren Muskeitheil und eine zwischen beiden den Ring schliessende Commissur. Fast bei Allen sind die vorderen Seitennerven des Kopfes so gebildet wie bei Mesostomum. Endlich entwickelt sich bei Gunda, in Uebereinstimmung mit der bestimmter auftretenden Gliederung, ein leiterartiges System mittelst Quer- commissuren, welche den Segmenteu entsprechen. Diese Structur wird offen- bar durch die Quercommissur der Mesostomen und durch die Endcommissur der Seitennerven, welche fast bei allen Dendrocoelen existirt, vorbereitet. Ausser den Tastzellen, welche sich sogar auf wirklichen Fangarmen ent- wickeln können {Vorticeros unter den Rhabdocoelen, Prostheceraeus, Stylochus unter den Dendrocoelen), giebt es häufig noch zwei Arten specialisirter Sinnes- organe : Augen und Gehörorgane. Die ersteren werden oft, wie bei unserem Mesostom, von netzförmigen, unregelmässigen oder selbst verschwommenen, sternförmigen oder auch vollkommen in ihrer Gestalt ausgeprägten Pigment- fleckeu gebildet. Diese Flecken existiren selbst bei Arten, bei welchen man noch kein Nervensystem beobachtet hat. Wenn aber ein solches vorhanden ist, so ruhen die Augen immer mehr oder weniger unmittelbar auf dem Ge- hirne. Sie zeigen meist schwarze, braune oder rothe Färbung. Auf einer vorgeschritteneren Stufe findet man lichtbrechende Körper, bald einfache und kugelförmige, bald zahlreichere und dann cylindrische Krystalllinsen , die aussen von Pigmentbecherchen umgeben sind und zu denen Nervenfäden gehen, die in der Nähe der lichtbrechenden Cylinder ganglienartig angeschwollen sind. In seltenen Fällen fliessen die beiden seitlichen Augen auf der Mittel- linie zusammen; bisweilen auch {Polycelis nigra) finden sich an den Kopf- rändern zahlreiche Pigmentflecken, die einen weichen und homogenen, durch- sichtigen, kugeligen Kern und eine grosse, durchsichtige Zelle mit Kern ent- halten. Die weit selteneren Gehörorgane w^erden von einer einzigen, dicken, in der Mittellinie des Körpers liegenden Gehörblase gebildet, die einen ge- wöhnlich kugeligen, bisweilen scheibenartigen oder hemdknopfförmigen Oto- lith enthält, der von einer durchsichtigen, selten blass rosenroth gefärbten 284 Plattwürmer. Flüssigkeit umgeben ist. Dieses Gehörorgan ist stets in der unmittelbaren Nähe des Gehirns gelegen. Das Wassei-gefässsystem fehlt den Acoelen vollständig. Bei den Poly- claden hat Lang dessen Gegenwart nachgewiesen, aber seine ganze Anlage noch nicht verfolgen können. Bei diesen Thieren existiren auch Divertikel der Bliudsackzweige des Darmes, welche mit der Aussenwelt durch einen Canal und einen sehr feinen Porus in Verbindung stehen. Diese Oeffnungen lassen oft Flüssigkeitströpfchen austreten. In den Fällen, wo das System wohl differenzirt ist, zeigt es sich bisweilen von einem einzigen Mittelstamm (Stenostomum), gewöhnlich aber von zwei Stämmen gebildet, welche verschie- den gestellte Aeste und Zweige liefern, welch letztere sich in Maschen mit Wimperknospen endigen. Die beiden Stämme können sich hinten vereinigen, um eine Ausscheidungsöffnung zu bilden (Plagiostomum, Pronotia) oder getrennt bleiben und zwei Mündungen besitzen, die entweder am hinteren Körpereude [Derostomum , Gyraior) oder gegen die Mitte des Köi'pers auf Querästen [Pro- rhynchus) oder endlich im Schlundvorhofe sich öffnen {Mesostomnm, Vortex). Bei Gunda öffnen sich die grossen, nur um die Geschlechtsorgane herum entwickelten Stämme, in jedem Segment mit Rückenästen, nachdem sie einen Knäuel gebildet haben. Bei diesem Thiere hat Lang entdeckt, dass viele Wimpertrichter sich unmittelbar in die Darmzellen öffnen. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung tritt nur bei den Mikrostomiden auf. Sie besteht aus wiederholten Quertheilungen und geht, wie Hallez bewiesen hat, aus axialer Sprossung am Hiuterende hervor. Die Sprossung geht pe- riodisch vor sich. An der Trennungsstelle bildet sich eine doppelte Scheide- wand, die den Darm schliesst, und unter dieser Scheidewand mit äusserer Furche bildet sich zuerst ein neuer Schlundkopf und dann das Nervensystem. Es giebt nur sehr wenige Strudelwürmer getrennten Geschlechts {Micro- stomum, Stenostomum). Alle anderen sind Zwitter. In den weiblichen Or- ganen sind der Keim- und Dotterstock meistens getrennt, wie bei unserem Mesostom. Der Keimstock ist compact, oft einfach, bisweilen paarig, bald hinten, bald in der Mitte oder selbst sehr weit vorn gegen das Gehirn zu gelegen. Der Einfachheit oder Verdopj)elung des Keimstockes entsprechend, führen ein oder zwei Keimgänge in den Behälter oder allgemeinen Vorhof, wo sich die verschiedenen Geschlechtsproducte begegnen. Die Dotterstöcke, wenn sie differenzirt sind, sind immer paarig; es sind einfache Schläuche, bald glatt (Hyporhynchus), gelappt {Vortex Hallezii). papillenförmig (Vorticida, Mesostomida), oder selbst sehr verzweigt und netzförmig (Derostoimim). In ge- wissen Fällen ist die Trennung der Functionen nicht durchgeführt. Mau findet dann einen wahren Eierstock, dessen blindsackartiges Ende [Prorhynchus) oder die der Geschleclitsöffnung nahegelegene Partie {Proxenetes) die Eier hervor- bringt, während der andere Theil die Dottersubstanz liefert. Bei den Poly- claden sind beide Verrichtungen vollständig vereinigt; um jedes Ei herum er- zeugen sich die Dotterkörner. Die Hoden zeigen mehr Abwechslungen als die Keimstöcke. Sie sind foUikelartig , in Gestalt von Blasen in dem Paren- chym zerstreut [Acoeli], bisweilen vorn in einer bestimmten Körpergegend gruppirt (Monotis, Plagiostoma) oder selbst paarweise in den Körpersegmenteu vertheilt [Gunda). In den meisten Fällen sind es dichte Drüsen, wie bei un- sei'em Mesostom, aber von sehr verschiedener Form und, eine einzige Aus- nahme [Gyrator hermaphroditus) abgerechnet, paarig. Eine tiefe Verschiedenheit lässt sich zwischen den Polycladen mit ge- trennter männlicher und weiblicher Oeffnung und den übrigen Turbellarien bemerken, welche nur eine einzige Oeffnung besitzen, die in den allgemeinen Behälter führt, wo sich die Producte der genannten Organe und der Schalen- und Nebendrüsen begegnen. Bei alleu diesen Monogonoporen ist die Be- Tiirbellarien. 285 fruchtung der Eier durch die eigenen Organe Regel und die Befruclitung durch Begattung wirkt nur ergänzend für gewisse Zustände ein, wähi-end bei den Polj'claden oder Digonoporen die gegenseitige Befruchtung noth- wendig zu sein scheint. Es ist sonderbar zu sehen, dass bei einigen P0I3'- cladeu die Samenthierclieu gewaltsam in das Köriierpareuchym an irgend einer Stelle mittelst einer oder mehrer Euthen eingeführt werden, die wie Bohrer gestaltet sind. Ueberall ist ein Begattungsorgan oder eine oft auf sehr verschiedene Weise gestaltete und bewaffnete Ruthe vorhanden. Was die übrigen Organe, Uterus, Schalen- und Eiweissdrüsen, Samensack und Samenblase u. s. w. an- betrifft, so ist es noch nicht gelungen, sie auf wohl bestimmte Typen zurück- zuführen, und wir müssen für ihre Untersuchung auf die verscliiedenen Mono- graphien, besonders auf diejenigen von Jensen, Hallez, Lang und Graff verweisen. Wir müssen noch , bevor wir dieses Capitel beendigen , auf die scharf- sinnigen Ansichten Lang's aufmerksam machen, der die Strudelwürmer als Coelenteraten betrachtet, die ursprünglich mit den Rippenquallen verwandt, durch die Anpassung an ein kriechendes Leben tief eingreifend modificirt wurden. Man findet die Auseinandersetzung der Gründe Lang's in seiner Abhandlung über G u n d a. Wenn diese Ansichten richtig sind , so müssen wir die Polycladen als die der Stammform am nächsten stehenden Thiere, die Tricladen und Rhabdocoelen als Ablenkungen zu einer tiefen Ent- artung betrachten, welche zum gi-ossen Theile vom Parasitismus herrührt und welche uns die Saugwürmer und die Bandwürmer geliefert hat. Auf einer anderen Seite führt die Triclade Guuda durch die bei den Turbellarien einzig dastehende gegliederte Anordnung ihres Körpers und durch die Or- ganisation fast aller ihrer Organe, unmittelbar zu den Egeln und vorzüglich zu den Clepsinen, wie Lang dies zur Genüge bewiesen hat. Literatur. W. Pocke, Planuria Ehrenbergii, Annal. Wiener Museum, Bd. I, Abthl. II, 1836. — A. J. Oerstedt, Entwurf einer systematischen Eintheilung und speciellen Beschreibung der Plattwürmer. Kopenhagen 1844. — A. de Quatre- fayes. Memoire sur quelques Planariees marines. Ann. 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Fran- cotte, Sur l'appareil excreteur des Turbellaries Rhabdocoeles et Dendrocoeles. Bull. Acad. de Belg., Bd. III, 1882. Ordnung der Sclmurwürmer (Nemertina). Plattwürmer mit länglichem, cylindrischem oder abgeflachtem, von einem Wimperepithel bedeckten Körper. Der einfache Darmcanal weist einen bauchständigen vorderen Mund und einen endständigen After auf. Ein mit Stileten versehener oder auch unbewaffneter, langer Rüssel kann durch eine an der Spitze des Kopfes gelegene Oeffnung nach aussen vorgestreckt werden. Nervensystem von zwei seitlichen Kojjfganglien gebildet, die durch Quercommissuren mit einander ver- bunden sind und zwei seitliche Nervenstämme aussenden. Blutkreislauf durch Gefässstämme mit eigenen Bewegungen vermittelt. Geschlechter gewöhnlich getrennt. Man unterscheidet allgemein zwei Unterordnungen: 1. Enopla. — Der Rüssel ist mit Stileten bewaffnet, der Mund vor den Nervenganglien gelegen {AmpMporus., Tetrastemma, Proso- rhocJimtis, Nemertes). 2. Anopla. — Der Rüssel besitzt keine Stilete, der Mund ist hinter den Ganglien gelegen (Lineiis, Cerebratuhis, Cephalothrix, Mala- cobdelJa). Typus: Tetrastemma flavidum (Ehrbg.). — Dieser kleine Wurm kann bis zu 2 cm lang werden. Er ist sehr gemein an allen europäi- schen Küsten, von Schottland an bis zum Rothen Meere; auf dem Bauche ist er gelblich weiss, an der Rückenfläche geschmückt mit leichten Farbenanflügen, die von Blassgelb bis zum Braunroth wechseln und gewöhnlich mit vier dunkleren Längsstreifen gezeichnet. Mau verschafft sich ihn leicht, indem man während einiger Stunden Abfälle, Algen u.s.w.. Nemertinen. 287 die man im Meeresgrunde in geringen Tiefen abgescharrt hat, sich setzen lässt. Die Würmer sammeln sich an der Oberfläche des Wassers und klettern selbst an den Wänden des Gefässes darüber hinaus, wo man sie mit einem feinen Pinsel abnehmen kann. Man kann diese Würmer lange am Leben erhalten in einem kleinen Gefässe mit reinem Meerwasser, in welches man ein Fragment grüner Ulven gesetzt hat. Man muss sorglich die kleinen Krustenthiere herausfischen, welche an Fig. 126. <)'^j''yU ^"^^ Kopf des Tetrastemma flavidum , leicht zusammengedrückt , von der Bauchfläclie aus gesellen. Verick, Obj. 1, Cam. lue, a, Körperdecken; «^, Flimmerhaare; «^, län- gere vordere Flimmerhaare; a^, Cuticula; a*, EpiJermzellen; «^, Längsmuskelfasern; b, Wimperfurche; 6^, trichterförmige Einkerbung, zum Seitenorgan führend; c, Mund; c^, vordere Lippe; c^, hintere Lippe; d, Speiseröhre; e, Darm; /, Rüsselscheide; /', Endtrichter derselben; /^, Wand; f^, Höhle der Scheide; r/, Rüsselschlauch; f/^, Wand desselben; r/^, innere Bekleidung; m, Austrittscanal des Rüssels ; ra^, dessen Oeffnung; q, centrale Ganglien; r^, 7'^, r^, Nervenstämme, die daraus hervorgehen; s, seitlicher Nervenstamm ; s^, Aeste, die daraus hervorgehen ; t, Blutkreislaufsysteni ; t, Seitenstämme ; t'^, Mittelstamm ; /^, Querbogen ; t*, Kopfspitzbogen ; t^, Gefäss aus dem Seitenorgan « herauskommend ; t^, Fortsetzung des Gefässes auf den Ganglien ; u, Seitenorgan ; h-, innere Oeffnung des Wimpertrichters ; y, vordere Augen ; «/', hintere Augen. 288 Plattwürmer. den Gefässen wimmeln und die Würmer angreifen. Man beobachtet sie im durchfallenden Lichte, indem man sie passend zusammendrückt. Um Schnitte zu fertigen, tödtet man sie in Pikrinsäure, worin man sie einige Stunden lässt. Man wäscht sie reichlich mit Wasser, färbt sie im Ganzen mit Pikrokarmin und härtet sie stufenweise in Alkohol von verschiedener Dichtigkeit. Viele dieser Würmchen stossen im Augen- blicke des Todes ihren Rüssel aus. Um die Organisation in ihrer Gesammt- heit zu Studiren, muss man sorgfältig Individuen auslesen, die ihren Rüssel bewahrt haben. Unsere Exemplare sind von uns bei Cette ge- sammelt und in dem von Herrn Prof. A. Sabatier aus Montpellier geleiteten Laboratorium untersucht worden. Körperdecken (a auf allen Figuren). — Ein allgemeines, sehr feines und kurzes Wi mper ep ithel (a^) bedeckt den ganzen Körper. An der Kopfspitze und am Schwanzende werden die Flimmerhaare länger und weniger beweglich, obwohl sie immerhin biegsam bleiben («2, Fig. 126 und 127). An den seitlichen Spalten und auf dem ganzen Umkreise der Mundlippen sind die Wimperhaare etwas länger und ihre Bewegungen sehr lebhaft (Fig. 126). Die äusserste Schicht der Körperdecken wird von einer durch- sichtigen, dünnen und homogenen Cuticula (a^) gebildet, welche von den Flimmerhaaren durchsetzt zu werden scheint. Sie lässt sich an lebenden Thieren sehr gut sehen; an gehärteten Schnitten wird die Oberhaut meistens so hornig, dass sie nicht mehr erkennbar ist. Innerhalb dieser Oberhaut findet sich eine ziemlich dicke Schicht, die von grösstentheils birnförmigen Zellen gebildet wird, deren er- weiterter Theil nach aussen und die verengerte Basis nach innen gekehrt ist. Diese Zellen (a*) tragen die Flimmerhaare und bilden demnach die grösste Masse der Epidermis. Die Kerne dieser Zellen, die ohne Anwendung von Reagentien wenig deutlich sind, finden sich gegen die zugespitzte Basis hin; sie sind klein, etwas in der Richtung der grossen Axe der Zelle verlängert und werden durch Pikrocarmin sehr schön gefärbt. In vielen Fällen sind diese Zellen mit sehr kleinen dunklen, röthlichen oder bräunlichen Körnern erfüllt; aber gewöhnlich sind sie hell und durchsichtig. Man sieht an lebenden, unter einem schwachen Drucke beobachteten Individuen ihre einander übergreifenden Um- risse sehr schön. Grössere, helle, homogene Zellen mit kleinen Kernen sind zwischen diesen Flimmerzellen eingelagert und unregelmässig über die ganze Körperoberfläche zerstreut. Sie lassen sich an guten Schnitten sehr deutlich wahrnehmen. Es sind dies ohne Zweifel einzellige Haut- drüsen (a\ Fig. 128 und 129), welche den so reichlichen durch- sichtigen Schleim absondern, mit welchem sich die Würmer an die Körper ankleben, auf welchen sie kriechen und aus dem sie sich so^ar vorübergehend Hüllen verfertigen. Wenn man den Brennpunkt des Nemertinen. 289 Mikroskopes sehr hoch stellt, so kann man am lebenden Thiere diese Drüsen als kleine durchsichtige Kreise sehen. Wenn man an frischen und leicht zusammengedrückten Thieren den optischen Durchschnitt der Körperdecken beobachtet, bemerkt man an der Basis der Zellen eine dünne durchsichtige Schicht ohne deut- lichen Bau. Querschnitte zeigen, dass diese Hautschicht (a'', Fig. 126, 127) aus zwei Lagen gebildet ist, aus einer äusseren homo- genen Substanz, in welche die Zellbasen gepflanzt scheinen (a", Fig. 129) und aus einer inneren, aus feinen Kreismuskelfasern (a"') zusammen- Fig. 128. Fig. 127. ...q %....t' d. Fig. 127. — Schwanzende eines männlichen Tetrastemma, leicht zusammengedrückt. Verick, Obj. 1, Cam. lue. a, Körperdecken, die verschiedenen Schichten sind auf gleiche Weise bezeichnet wie in der vorhergehenden Figur; e^, After; e^, Darm- blindsäcke; (?, Dissepimente; /^, Wände; /^, Höhle; /", Zurückzieher der Rüssel- scheide ; <, Seitengefäss , <^, hinterer Querbogen ; <^, Mittelstamm ; «', Samensäcke. Fig. 128. — Seitlicher Längsschnitt des Kopfes eines weiblichen Tetrastemma. Der Schnitt geht nahe am Seitenrande vorbei; er hat das Gehirn gestreift. Verick, Obj. 1, Cam. lue. a^, Längsmuskelschicht des Körpers; a^, Muskelfilz des Kopfes ; a^", Muskelstiel; h, Wimperfurche ; fZ, gefaltete Speiseröhre; e, Darm; (j^, oberes Ganglion ; f/^, unteres Ganglion ; s, seitlicher Nervenstamm , durchschnitten ; <^, querer Gefäss- bogen, durchschnitten; t(, Wand; ?;^, Höhle des Seitenorganes ; ;t'^, Dotter; vP'^ Kern; 20^, Sack eines Eies; a-, räthselhafte Organe; y, vorderes Auge; y^, hinteres Auge. Vogt u. Yuiig, prakt. vorglcicli. Anatomie. 19 290 Plattwärmer. gesetzten Lage. Diese Kreismuskelfasern lassen sich kaum am leben- den Thiere unterscheiden, bei welchem hingegen die Schicht der Längs- muskelfasern, die innen von den Kreisfasern gelegen ist, sich immer sehr deutlich sehen lässt. Die Fasern dieser Längsmuskelschicht sind dicker, durch eine helle und homogene Substanz zu Bündeln vereinigt und scheinen als seitliche Ausläufer die zahlreichen Muskelfasern zu liefern, welche den Körper in allen Richtungen durchsetzen und sich überall an den Organen anheften. Man kann in der That sagen, dass die vordere Partie des Kopfes vor dem Munde nur von einem unentwirrbaren Filz (a^) von sehr blassen, an dem lebenden Thiere mit den gewöhnlichen Vergrösseruugen nicht wahrnehmbaren Muskelfasern gebildet werde, die sich in allen Richtungen kreuzen und sich überall an dem Längsmuskelschlauche befestigen. Auf Schnitten (Fig. 128) bietet sich dieser Muskelfilz als ein gegitttertes Gewebe dar, das wie von einem Stiele, von einem dichteren Futterale ausstrahlt {a'^^), durch welches der Rüssel sich vorstösst. In den vom Darmcanale und den übrigen Organen eingenom- menen Körpertheilen, treffen diese durchsetzenden Fasern ebenfalls zu- sammen, indem sie sich gegen den Darm hinbegeben, aber sie sind weit weniger entwickelt. Sie häufen sich besonders in den von den Blindsäcken des Darmes gebildeten Falten an und ahmen hier täuschend unregelmässige Scheidewände nach, die sich ziemlich lebhaft färben und eine Darmmuskellage bilden. Einige Forscher haben diese Scheide- wände als wirkliche, denjenigen der Ringelwürmer analoge Dissepimente betrachten wollen; man kann in ihnen nur eine Annäherung zur Bil- dung einer gegliederten Anlage sehen. Der Mangel an Symmetrie auf beiden Seiten des nämlichen Individuums, sowie ihre unregelmässige Anordnung werden diesem Vergleiche immer hinderlich sein. Endlich muss man hier noch die Pigmentbildungen (rt^^ Fig. 129) erwähnen. Sie sind, wie Schnitte zeigen, in der Tiefe der Längsmuskelschicht gelegen, aber ihrer äusseren Oberfläche genähert, und bieten sich als einsehr unregelmässiges Netz von Zellverzweigungen dar, in welchen Kerne selten vorkommen. Von den vier Rückenstreifen, die sie bilden, gehen die inneren von einem Körperende zum anderen, während die äusseren auf der Höhe der hinteren Augen endigen. Verdauungssystem. — Wir können als Bestandtheile dieses Systems zwei wesentliche, von einander vollständig geschiedene Organe unterscheiden, den eigentlichen Darmcanal und den Rüssel. Darmcanal. — Zu beiden Seiten des Kopfes, zwischen den bei- den Augenpaaren finden sich zwei quere Einkerbungen oder Vertie- fungen, die durch eine sehr ausgesprochene Wimperbewegung und ein wenig längere Flimmerhaare, als die auf dem übrigen Körper sich auszeichnen. Es sind dies die Rudimente der bei anderen Schnur- würmern so deutlich auftretenden Seitengruben. Wir werden sie die Nemertinen. 291 Wimperfurchen (b, Fig. 126 u. 128) nennen. Bei unserem Typus würden sich diese Furchen in nichts von einer zufälligen Falte der Tegumente unterscheiden, wäre nicht die stärkere Entwickelung der Wimperhaare vorhanden. Die Furchen beginnen an den Rändern der Rückenfläche und setzen sich auf der Bauchfläche des Körpers in eine schmale Querrinne fort, die eine zierliche Krümmung darbietet und auf ihrer ganzen Länge von sehr thätigen Flimmerhaaren aus- gekleidet ist. Die Ränder dieser Rinnen erscheinen verdickt und man bemerkt mit starken Vergrösserungen darin Streifungen, die von Muskel- fasern herrühren. Nachdem die Furchen eine trichterförmige Einkerbung (6\ Fig. 126), von der wir weiter unten sprechen werden, gebildet haben, münden sie an den Winkeln der Mundspalte ein, die ausser- ordentlich ausdehnbar und quer zur Körperaxe gerichtet ist. Im ge- wöhnlichen Zustande, wenn der Mund geschlossen ist, stellt er sich nur als der Mitteltheil der in der Mitte zusammenstossenden Furchen dar; aber wenn er geöffnet ist, zeigt er eine weit klaffende Höhle von dreieckiger oder lanzettförmiger Gestalt mit rundlichen Ecken, deren Spitze nach hinten gerichtet ist, so dass sie den von der vorderen Bucht der Nervenganglien umschriebenen Raum einnimmt. Es ist dies die gewöhnliche Form, welche die Mundöffnung annimmt. Man kann als- dann eine vordere Lippe (c\ Fig. 126) und eine hintere Lippe (c-) unterscheiden; aber wir machen die Beobachter darauf aufmerksam, dass der Mund in Folge seiner Ausdehnbarkeit die verschiedensten Ge- stalten, diejenigen einer Raute, einer Quer- oder Längsspalte u. s. w. annehmen kann. Der Mund wird von den beschriebenen verdickten und abgerun- deten Lippen umgeben, die mit mächtigen Wimperhaaren versehen sind und von Kreismuskelfasern gebildet werden, die als Schliessmuskel wirken. Diese flimmernden Muskelwände setzen sich schräg nach oben und hinten fort, um eine trichterförmige Speiseröhre (cZ, Fig. 126 und 128) zu bilden, die unter der Bauchcommissur der Nervenganglien durchgeht und sich unmittelbar hinter dieser Commissur an die Scheide des Rüssels anlehnt, deren enger Theil durch den zwischen der oberen und unteren Commissur gelegenen Raum geht und von der sich eine Muskelschicht (d^, Fig. 129) ablöst, um für den Oesophagus eine Um- hüllung zu bilden. Nachdem sich der Speiseröhrentrichter so an die Rüsselscheide gelegt hat, öffnet er sich in den geräumigen Darmsack, dessen vordere seitliche Blindsäcke bis zu den Ganglien vorrücken. Dieser ganze, ausserordentlich contractile Speiseröhrentheil ver- schmilzt, wenn man zusammengepresste Thiere bei durchscheinen- dem Lichte beobachtet, mit dem Beginn der Rüsselscheide; man sieht ihn nur selten zurückgedrängt und gefaltet auf der einen Seite, hinter den Ganglien, in Gestalt eines Sackes mit dicken gefalteten Wänden, wie er Fig. 126 gezeichnet ist. Querschnitte, die in der Gegend, wo 19* 292 Plattwürmer. die Speiseröhre sich an die Rüsselscheide anlehnt (Fig. 129), geführt werden, zeigen, dass die Muskelfasern des Schlundes sich auf der ganzen Länge der Anlagerung an die Rüsselscheide mit der dieser angehörigen Muskelschicht \'ermengen. Diese auf unseren Schnitten sehr deutlich sichtbare Verschmelzung scheint uns dafür zu sprechen, dass der Rüssel Querschnitt eines Tetrastemma, hinter den Ganglien durch das Ende der Speiseröhre gelegt. Zeiss, Obj.C. Cam. lue. a, Körperdecken; «*, Epidermzellen ; rt^, Hautdrüsen; a", Matrix der Zellen; ci^, Kreismuskelschicht; tfi, Längsmuskelschicht; a^i, Pigment; d, Speiseröhre; cZ', ihre Innenhöhle; d^, Wimperepithel; d^, durchschnittene Längs- muskelfasern; d^, Schicht der von der Rüsselscheide abgegebenen Kreisfasern; e, Höhle des von seiner eigenen Membran umgebenen Darmes ; e^, einige Darmzellen, gezeichnet, um die Proportionen der verschiedenen Elemente anzudeuten; /, Rüsselscheide; f^, ihre Innenhöhle ;/^, äussere Kreismuskelschicht ;/^, Längsmuskelschicht;/^, Innenepithelium; g, Rüsselschlauch; g, seine Innenhöhle; g^, Längsmuskelschicht; (/*, innere Kreisfaser- schicht ; g^, innere Auskleidung ; s, Seitennerven des Körpers ; s^, von durchschnitte- nen Nervenfasern gebildetes Centrum ; s^, Ganglienbekleidungen ; t, Kreislaufsystem ; t, Seitencanäle ; t^, Mittelcanal. mit seiner Scheide als dem oberen Theile des Schlundkopfes der Pla- narien homolog anzusehen sei, der von der Speiseröhre unabhcängig geworden ist. Die Fasern der Kopfmuskelverfilzung, die sich auf allen Seiten an die Lippen und an die Wände des Schlundsackes anheften, spielen offenbar die Rolle von Antagonisten der Kreisfasern der Lippen und Nemertinen. 293 der Speiseröhre. Diese letztere besitzt ein inneres Flimmerepithel (d-, Fig. 129) und eine mächtige Schicht von Längsmiiskelfasern (d^). Der Darme anal (e) hat die Gestalt eines sehr weiten geraden Rohres, welches mit dem Rüssel die ganze Körperhöhle ausfüllt, wenn die Fortpflanzungsorgane noch nicht entwickelt sind. Er öffnet sich unmittelbar am hinteren Körperende mit einem engen After (d^, Fig. 127), dessen Umkreis mit einem Strauss von beinahe straffen Wimperhaaren besetzt ist, die zwischen die Flimmerhaare gestellt sind, welche die Körperoberfläche überziehen. Man sieht oft, dass Körner und Zellen durch den After entleert werden. Auf seinem ganzen Umkreise zeigt der Darmcanal unregelmässige, taschenförmige, mehr oder weniger ausgedehnte Blindsäcke, die den- jenigen eines Dickdarmes ähnlich sind (e-). In die zwischen den Falten dieser Blindsäcke gelegenen Räume begeben sich die Muskelbündel, die wir oben erwähnt haben, und in diesen Räumen bilden sich auch in erster Linie die männlichen und weiblichen Geschlechtssäcke, von denen wir später sprechen werden. Die Scheidewände (e^), welche die Darm- säcke trennen , sind offenbar muskulöser Natur und stammen von der Längsmuskelschicht der Körperdecken ab. Der Darm besitzt auch eine eigene, dünne und durchsichtige Wand, die man am lebenden Thiere leicht nachweisen kann, wenn man die Stellen, wo die Blindsäcke sich berühren, oder die hellen von den Ge- schlechtssäcken erfüllten Räume beobachtet. Er besitzt keine einige Muskelschicht, sondern die Muskelfasern des Parenchyms befestigen sich auf allen Seiten an seine Aussenwand und können seine Lage nach allen Richtungen hin verändern. Die eigene Wand des Darmes wird innen von runden Zellen aus- gekleidet, welche je nach dem Ernährungszustande des Thieres sehr verschiedene Grösse und Aussehen darbieten. Gewöhnlich sind diese Zellen mit dunklen Granulationen und mehr oder weniger zahlreichen Fetttröpfchen erfüllt, oft auch zeigen sie sich in vielfachen Schichten, die vollständig die Darmhöhle ausfüllen. Der Darm erscheint dann im auffallenden Lichte weiss oder gelblich, im durchfallenden dunkel- In anderen Fällen sind die Zellen einfach geschichtet oder mehr oder weniger zerstreut gruppirt, ohne Fetttröpfchen (d, Fig. 126), aber immer- hin enthalten sie alsdann noch feinere oder gröbere dunkle Körner. Diese Zellen lösen sich mit der grössten Leichtigkeit ab; man sieht oft, wie sie, selbst ohne Druck, ausgestossen werden oder in der Darmhöhle umherschwimmeu. Sie sind offenbar die wahren Organe der Verdauung und der Aufsaugung. Bei gut genährten Thieren füllen sie die Darm- höhle vollständig aus. Wir haben uns nicht von der Existenz von Flimmerhaaren auf der inneren Oberfläche der Darmwände überzeugen können. Diese Flimmerhaare sind indessen bei anderen Schnurwürmern sehr deutlich. 294 Plattwürmer. Der Rüssel. Wir unterscheiden an diesem wichtigen Apparate verschiedene Theile : die Scheide (/, auf allen Figuren) , welche den eigentlichen Rüssel einschliesst , der bei Tetrastemma von dem R ü s s e 1 s c h 1 a u c h e {g, in allen Figuren) , der Stiletkammer (/«), dem Muskelvorhof (i), dem Rüsselschwanze (k) und dem Zu- rückzieher (/) gebildet wird. Der Apparat in seiner Gesammtheit beginnt in dem Kopfende selbst mit einer sehr ausdehnbaren, runden Oeffuung und setzt sich auf der ganzen Körperlänge bis in die Nähe des Afters fort, indem er die Mitte des Rückens unmittelbar unter den Tegumenten einnimmt. Wenn man ein Tetrastemma bei durchscheinendem Lichte beobachtet, so sieht man den Rüssel, der frei in seiner Scheide steckt, in beständigen peristalti- schen Bewegungen sich winden, welche sogar in der Scheide selbst wirkliche Knoten und schlangenartige Windungen bilden können. In normaler und ruhiger Lage nimmt die Stiletkammer ungefähr die Mitte der Körperlänge ein, aber in Folge der Ausdehnbarkeit aller den Rüsselapparat bildenden Theile kann diese Partie bis gegen den Schwanz des Thieres zurückgezogen oder sogar nach aussen gestossen werden, so dass sie das Ende des herausgetretenen Rüssels bildet. Wir haben niemals beobachtet, dass die Würmer in den Gefässen, in welchen wir sie während ganzer Wochen lebend aufbewahrten, ihren Rüssel herauszogen, aber diese Ausstülpung findet leicht statt, wenn man sie in eine Flüssigkeit taucht, welche sie tödtet. In diesen Fällen wird der Rüssel oft mit solcher Heftigkeit herausgestossen, dass er sich an der vorderen Oeifnung loslöst, so dass man ihn mit grösster Leichtigkeit studiren und selbst Schnitte daran vornehmen kann. Von dem vorderen Ende an, wo er sich mittelst einer runden Mündung öffnet (w^, Fig. 120) bis in die Nähe des Mundes und der hinteren Augen, wird der Ausgangscanal des Rüssels (m) nur von röhrenartig verfilzten Muskelfasern gebildet (a^", Fig. 126). Erst an der bezeichneten Stelle beginnt die Scheide mit einem muskulösen Trichter, welcher sich bei zusammengepressten Thieren sich als ein querer Vorhang oder Schirm darstellt (/i, Fig. 126). Die Scheide (/) bildet einen gegen den Schwanz hin blind ge- schlossenen Muskelschlaiich. Im Kopftheile vermischen sich ihre Schichten mehr oder weniger mit dem Muskelgitterwerk dieser Gegend, so dass sie bei durchfallendem Lichte nur wie eine einfache Aushöhlung er- scheint; aber Querschnitte lassen sehr gut erkennen, dass sie hier wie weiter hinter den Ganglien von einer beträchtlicheren Aussenschicht von Kreisfasern (/2, Fig. 129), einer Innenschicht von Längsfasern (/^) gebildet und innen von einem Epithel von runden Zellen, die winzige, aber sehr dunkle Körner (/*) enthalten, ausgekleidet wird. Dieses Epithelium fällt sehr leicht ab und man sieht es auf den Schnitten nur selten an Ort und Stelle. In den hinteren Theilen, gegen das blinde Nemertinen. 295 Ende der Rüsselscheide hin, wird dieses Epithel bedeutender und bildet sogar eine Art von Zotten. Die Scheide enthält eine durchsichtige Flüssigkeit, in welcher der Rüssel und die abgefallenen Zellen des Epitheliums schwimmen, sowie auch andere Körperchen, welche den bei den Wasserthieren so häufigen Pseudonavicellen täuschend ähnlich sehen. Man trifft Tetrastemmen an, bei welchen diese halbmondförmigen Körperchen ausserordentlich häufig sind, während sie bei anderen durchaus fehlen. Wir sind geneigt zu glauben, dass diese Körperchen Schniarotzergebilde sind. Was nns in dieser Annahme bestärkt, ist die Thatsache, dass man diese Körper- chen, obwohl in geringerer Anzahl, auch ausgestossen werden sieht, wenn der Rüssel sich ausstülpt, ein Beweis, dass sich solche auch in der Höhlung selbst des Rüssels finden. Gegen das Schwanzende hin setzt sich die Längsmuskelschicht der Scheide in ein Muskelbündel fort, das aufsteigend (/-^ Fig. 127) sich an die Leibeswand legt und sich bald mit den Muskelschichten dieser Wand vermengt. Der Rüssel selbst ist ebenfalls ein an seinem Hinterende blind geschlossener und frei in der Scheide aufgehängter Muskelschlauch. Er verwächst nur im Umfange seiner Kopfmündung mit der Scheide; seine Muskelschichten aber sind je nach den verschiedenen Partien verschie- den entwickelt und die innere Bekleidung seiner Höhle lässt beim ersten Blicke die verschiedenen Theile, aus denen er besteht, unterscheiden. Im Allgemeinen kann man auf der ganzen Länge des Rüssels drei auf ein- ander folgende Muskelschichten erkennen: eine von Kreisfasern ge- bildete Aussenschicht, die unmittelbar von der Flüssigkeit der Scheide bespült und gewöhnlich sehr dünn ist; eine weit mächtigere Mittel- schicht, die von Längsfasern gebildet wird, welche mit einander ana- stomosiren, so dass sie auf Querschnitten eine Art von Netz mit lockeren Maschen bilden, und eine dünne aus Kreisfasern bestehende Innenschicht, auf welcher die Bekleidung der Höhle aufsitzt. Die innere Höhle dehnt sich mit mannigfaltigen Erweiterungen und Verengerungen in der ganzen Länge des Rüssels aus. Der Rüsselschlauch (g), wenig deutlich an seinem bereits er- wähnten trichterförmigen Anfange, entwickelt sich von der Verenge- rung an, welche die Scheide zwischen den Commissuren und den Ganglien- anschwellungen darbietet, in Gestalt einer weiten Röhre bis ungefähr gegen die Mitte des Körpers hin. Auf dieser ganzen Länge besitzt er einen gleichförmigen Durchmesser, kanü sich aber in ausserordentlicher Weise entweder ganz oder nur an einzelnen Stellen aufblähen und verengern. Eine Schicht feiner und platter Pflasterzellen bedeckt ihn aussen (g^, Fig. 130, a. f. S.), dann kommt eine sehr dünne Schicht von Kreisfasern (i, Fig. 126) eine kleine kraterförmige Einkerbung auf, deren Spitze gegen das Or- gan gerichtet ist und welche eine sehr lebhafte rotatorische Wimpei'- Vogt u. Yung, prakt. vergleich. Anatomie. 20 306 Plattwürmer. bewegung zeigt. Man kann häufig an der Spitze dieses Trichters die innere Oeffnung (ii'^) in Gestalt eines kleinen, ebenfalls flimmernden Kreises sehen, aber mau würde vergebens die Wimperbewegung im Innern des Sackes suchen, welcher hingegen sehr zusammenziehbar ist und bisweilen ruckweise Contractionen darbietet. Wir haben bereits erwähnt, dass das Organ nach unseren Beob- achtungen mit den Kreislaufstämmen in Beziehung steht. Wir haben mit aller möglichen Deutlichkeit das Hervortreten des Gefässes aus dem hinteren und äusseren Theile des Sackes (t^, Fig. 126) beobachtet, von dem es sich wie ein seitlicher Schaft ablöst; wir haben nicht mit der gleichen unzweifelhaften Gewissheit das Hereintreten des Strebe- pfeilers des im Kopfe gelegenen Kreislaufspitzbogens in den Sack, dessen Umriss immer quer darüber weglief, constatiren können. Aber wir zweifeln nicht, dass trotz entgegenstehender Beobachtungen an anderen Schnurwürmern der Sack ein Blutbehälter ist. In allen Fällen ist er in sehr deutlich ausgesprochener Weise von den Nervenganglien getrennt. Alle diese Thatsachen, die äussere, trichterförmige, flimmernde Oeff'nung, die drüsigen Wände, die Absonderung, welche ohne Zweifel im Innern stattfindet, und die Verbindung mit dem Kreislaufsystem lassen uns die Seitenorgane als die Homologa der bei den Würmern so verbreiteten Segmentalorgane betrachten, und die Verbindung mit den Blutgefässen selbst kann uns nicht in Erstaunen setzen, da wir ja analoge Beziehungen bei den Mollusken, Brachiopoden und Tunicaten kennen. Die Geschlechtsorgane (Fig. 127, 128, 135). — Tetra- stemma flavidum ist wie alle Schnurwürmer getrennten Geschlechts. Man kann ohne mikroskopische Untersuchung die beiden Geschlechter nicht unterscheiden und in dem Jugendalter sehen sich die Organe noch so ähnlich , dass man sich täuschen kann. Bis zu einer gewissen Zeit, in welcher sich die Erzeugnisse der Geschlechtssäcke deutlich difi"erenziren , sind die Organe auf gleiche Art gebaut, so dass die Be- schreibung der einen auf die anderen passt. „Die Geschlechtssäcke", sagen wir, indem wir ein wenig die Worte Sabatier's, dessen Beschreibungen wir haben bestätigen können, verändern, „die Geschlechtssäcke sind zwischen die innere Muskelschicht auf jeder Körperseite und die drüsigen Blindsäcke des Darmes ein- gelagert. Sie werden von einer besonderen durchsichtigen Haut ge- bildet, welche an der inneren Muskelschicht durch kurze, bisweilen trichterförmige (f"^, Fig. 135) Röhren befestigt ist, die über die Seiten- nervenstämme hinziehen." Beim Beginne ihrer Bildung sind diese Säcke vollkommen geschlossen ; die Bildung der kurzen Ausgangsröhren findet nur statt, wenn die Producte, Samenthierchen und Eier, zur Reife gelangen. Die Säcke bilden sich von vorn nach hinten; sie Nemertinen. 307 finden sich zuerst in einfacher Reihe längs der Körperseiten und das vorderste Paar liegt beinahe unmittelbar hinter dem Centralnerven- system , während das letzte Paar sich nahe beim After befindet. Später vervielfachen sich die Säcke und man findet fast immer die Säcke Fig. 135. Tdrasiemma ßaridum. Geschlechtsorgane. Figur mit dem Ohjectiv Verick 2, mit der Cam. lue. nach zwei verschiedenen Individuen gezeichnet, von welchen das eine männlich (rechte Seite), das andere weiblich (linke Seite) war. Der mittlere Körper- theil, wo sich die wichtigsten Partien des Rüssels vorfinden , ist vollständig identisch bei beiden Geschlechtern, weshalb hat man sich diese widernatürliche Zusammenstel- lung erlauben konnte, um die Figuren nicht allzusehr zu vervielfachen. «, Korperdecken ; e, Darm; /, Eüsselscheide ; /l, ihre Wände; g, Rüsselschlauch; h, Stiletkammer ; i, Muskel vorhof; k, Rüsselschwanz; /, sein Zurückzieher ; v, sehr junge Samensäcke; v^, peripherische Protoplasmamassen, zu Samenthierchen werdend ; r-, centrale Proto- plasmamasseu ; r^ , spindelartig vereinigte Samenthierchen; «* , Ausgangscanal ; üülle vorgerückterer Eier; w^ dorbenes Ei. w, sehr junges Ei; ?«^, Dotter; ?y^. Kern; w^, Hülle vorgerückterer Eier; w mit reifen Producten von in fortschreitender Bildung begriffenen Säcken umgeben vor. Die Thatsache, dass besonders männliche Säcke oft zwei 20* 308 Plattwürmer. Fortsätze (Fig. 135), einen gegen die Peripherie, den anderen gegen die Mittellinie aufweisen, scheint uns der Ansicht günstig zu sein, dass sich die Säcke in der Tiefe der Dissepimente selbst, welche die Darm- blindsäcke trennen, bilden. Die grösseren Säcke (v, w, Fig. 135) enthalten ein homogenes Protoplasma ohne deutliche Bilduugselemente , das etwas später fein- körnig wird, während ein runder Kern sich wahrnehmen lässt, der sich lebhaft färbt und später einige Kernkörperchen zeigt. Von dieser Stufe an , die für beide Geschlechter in Allem gleich- förmig ist, beginnt die Differenzirung der Producte. Die weiblichen Eier (w, Fig. 128, 135) setzen ihrWachsthum fort; die Dotterkörperchen und Dotterkörner häufen sich noch mehr an, färben sich und schliesslich wird das Ei von einem körnigen , dunklen Dotter (tv^) gebildet, in dessen Mitte sich ein heller, runder, dicker Kern (w-) zeigt, in welchem man Kernkörperchen nur mit Mühe unter- scheiden kann. Ausserdem kann man sich fragen, ob die kreisförmigen Körperchen, die man sieht, nicht dem Dotter angehören, von welchem eine dünne Schicht den Kern überzieht. Die Eier sind von einer durch- sichtigen Eihaut (w''') umgeben. Bisweilen trifft man verdorbene Eier (w^) an, deren Dotter sich in Kügelchen getheilt hat. Die Entwickelung der männlichen Säcke (v, Fig. 135) ist mehr complicirt. Die Aussenschichten des männlichen Protoplasmas differenziren sich imd bilden, indem sie entweder sich auftreiben oder am Umkreise oder selbst im Mittelpunkte (im Winter) zerklüften, kleine kugelige Massen, die sich an der Peripherie (v^) sammeln. Während die centrale Protoplasmasse mit ihrem Kern (v^) resorbirt wird, ent- wickeln die Peripheriekügelchen dickere Körner, verlängern sich, indem sie die Gestalt von Spindeln (v'^) annehmen , und am Ende bilden die Centralkörner die Köpfe der Samenthierchen, während die Spindelenden Streifen zeigen, die immer ausgeprägter werden, und schliesslich die Schwänze der Samenthierchen bilden. Diese bestehen im Reifezustande aus einem kleinen, rundlichen, kaum etwas angeschwollenen Kopfe und einem ziemlich langen, aber sehr feinen Schwänze. Wir müssen die Aufmerksamkeit künftiger Beobachter auf That- sachen lenken, welche wir nicht vollständig haben aufklären können. Bei gewissen Individuen sieht man in dem engen , dreieckigen Räume zwischen der Körperwand, den Rändern des Ganglions und des Seitennervs sehr blasse, wenig deutliche Gebilde (x, Fig. 126), welche bald das Aussehen Schlingen bildender Canäle, bald das- jenige kleiner runder Taschen mit centralen Höhlungen und verdickten Rändern besitzen. Bei anderen Individuen sieht man diese Räume vollkommen durchsichtig und anscheinend homogen ohne Spuren von Canälen, Taschen oder Lücken. Schnitte (x, Fig. 128) weisen zellen- artige Räume mit weiten Maschen auf, aber oft haben diese Theile Nemertinen. 309 auch das Aussehen sehr weiter, gewundener Canäle, so dass sie Schnitten gewisser Drüsen mit weiten und gewundenen Röhren ähneln. Wir haben unsere Studien nicht lange genug durch die verschiedenen Jahreszeiten verfolgen können, so dass wir nicht zu sagen vermögen, welchem Zustande des Thieres das so verschiedene Aussehen dieser Körpergegend entspricht: aber da sich beinahe unmittelbar hinter den Ganglien die ersten wahrnehmbaren Geschlechtssäcke zeigen , so sind wir geneigt zu glauben, dass diese Gebilde mit der ersten Entwicke- lung der Geschlechtssäcke in Beziehung stehen. Vielleicht entsprechen diese Räume auch den von M c. Intosh an Lineus beschriebenen Gefässmaschen , aber wir haben uns nicht von einer Verbindung mit den Gefässstämmen übei'zeugen können. Wir verwechseln übrigens diese räthselhaften Gebilde nicht mit Wassergefässcanälen mit Wimperflammen, denn trotz aller Anstren- gungen, die wir wähi-end eines Monates auf unsere Untersuchungen verwendeten, haben wir keine Spur von solchen Canälen bei unserem Tetrastemma finden können. Nach dem Hauptwerke von Mc. lutosli, welches alle über die Schnur- würmer bis 1874 verötfeutlichten Arbeiten zusamnieufasst, bieten die Enopla sehr wenig wesentliche Verschiedenheiten mit unserem Typus , dem Tetra- stemma flavidum, dar. Die Proportionen der verschiedenen Theile wechseln unendlich, aber die gi'osseu Organisationszüge erhalten sich bei allen und die hervorgehobenen Verschiedenheiten beschränken sich häufig auf materielle Schwierigkeiten bei der Beobachtung oder auf aus einander gehende Deutungen der Beobachter. Wir können daher zu den Anopla übergehen, bei denen sich bedeutendere Verschiedenheiten darbieten. Bei der Mehrzahl dieser letz- teren [Lineus , Borlasia) finden wir drei Muskelschichten des Körpers , eine äussere Läugsschicht , in welche die Zelleubildungen der Epidermis ein- gepflanzt sind, eine mittlere Kreisschicht und eine innere Längsschicht; aber es existireu Uebergaugsformen , denn bei Gephalothrix und Carinella fehlt die äussere Läugsschicht wie bei den Enopla. Der Rüssel der Anopla ist sehr verschieden gebaut. Die Stiletkammer mit den Seitensäcken, das mittlere Stilet und der Muskelvorhof fehlen vollständig; der Rüssel besteht gewöhn- lich (Lineiden) nur aus zwei Theilen, einem breiteren Vordertheile und einem Hintertheile , der als Bliudsack endigt und von einem Zurückzieher gehalten wird. Der innere Ueberzug, übrigens manchen Schwankungen je nach den Arten unterworfen, ist merklich der gleiche auf der ganzen Länge des Rüssel- rohres und man bemerkt oft an seiner Basis (Meckelta) eine mächtige Drüsen- schicht. In den meisten Eällen ist der Rüssel viel länger als der Körper, und im Innern in schlangenförmige Windungen gelegt. Die Lineiden stossen ihn ganz heraus , ohne ihn umzustüli^en , wie dies die Enopla thun. Der Mund der Anopla bildet eine Läugsspalte , die immer hinter den Ganglien und oft {Lineus lacteus, Valencinia lineformis) sehr weit nach hinten gelegen ist. Die Speiseröhre ist wie bei den Enopla gebaut. Der Darm weist innere riimmerhaare auf; die Blindsäcke und die Dissejjimente sind sehr ausgeprägt. Die Ganglien sind schmäler und weiter von einander entfernt als bei den Enopla; die oberen Theile bedecken beinahe vollständig die unteren, von denen die Nerven ausgehen ; die untere Commissur ist beträchtlicher als die obere. Die Seitennervenstämme sind zwischen der Kreismuskelschicht und 310 Plattwürmer. der inneren Längsschicht gelegen. Bei anderen finden sie sich unmittelbar unter der Haut (Carinella). Man hat bei vielen Arten eine enge Endcom- missur der Seitenstämme nachgewiesen. Die Augenflecken fehlen häufig; sie sind übrigens wie bei den Enopla angelegt, von welchen einige auf einer der Flächen des Fleckes einen lichtbrechenden Körper besitzen. Die Wimper- furchen sind bei den Lineiden in zwei Längsspalten umgewandelt, welche an den Seiten des Kopfendes beginnen und sich hinten erweitern, um an den Seitenorganen zu endigen. Diese Bildungen mangeln bei Cephalothrix und Malacohdella vollständig , desgleichen die Seitenorgane , die bei den anderen in Gestalt rundlicher Säcke mit Drüsenwänden existiren , zu welchen von dem Grunde der Seitenspalte aus ein trichterförmiger , stark wimpernder Canal hinführt. Die Säcke sind hinter den Ganglien gelegen und bedecken den Ursprung der grossen Seitennerveu, während bei den Enopla die Organe vor die Ganglien gelagert sind. Hubrecht betrachtet sie als wesentliche Be- standtheile des Centralnerveusj'stems. Das Kreislaufsystem ist bedeutend entwickelt, besonders bei gewissen Lineusarten, wo die Gefässe sich bisweilen als sehr weite Höhlungen oder als breitmaschige Netze in der Umgebung der Ganglien darbieten. Die drei Stämme der Enopla scheinen indessen immer vorhanden zu sein, aber ausser der Kopf-, Ganglien- und hinteren Anastomose sind noch zahlreiche Querverbindungen hergestellt, die der Gefässanordnung ganz und gar das Aussehen der Segmeutalanlage der Eingelwürmer geben (Lineus gesseriensis , sanguineus). Die Theüe des Systems um die Ganglien herum sind häufig zu Behältern erweitert, welche die Ganglien mehr oder weniger umschliessen. Einige Arten von Borlasia sollen Zwitter sein; man kann voraussetzen, dass die Forscher Samensäcke mit noch ungetheiltem Protoplasma und hellen Kernen für Eier gehalten haben , denn , wie wir es erwähnt haben , ist die Bildung der iin entwickelten Geschlechtsproducte bei beiden Geschlechtern anfangs vollkommen die gleiche. Bei einigen Arten der Enopla {ProsorJiochmus , Tetrastemma ohscvrmn) entwickeln sich die Eier in den erweiterten Eisäcken und die entstandenen Embryonen halten sich sogar während einiger Zeit in dem mütterlichen Körper auf. Alle anderen Schnur- würmer entleeren die Samenthierchen und die Eier durch die beschriebenen Cauäle. Die Eier kleben häufig an einander. Die Entwickelungsart ist in beiden Abtheilungen verschieden. Die Enopla machen keine Metamorphose durch; die Anopla dagegen weisen Larven auf, die zwar nach Barrois den- selben Grundtypus besitzen, aber dennoch ziemlich verschiedene Uebergangs- formen darbieten , von einer einfachen Wimperhülle an , die abgeworfen wird (D e s o r ' sehe Larve) , bis zu einer sehr sonderbar gestalteten Form, die Pilldhtm genannt wird, und in deren Innern sich der junge Schnurwurm ausbildet. Die noch zu lösende Hauptfrage ist diejenige der Wassergefässcanäle, die von Max Schnitze und v. Kennel an mehreren Arten der beiden Abtheilungen (Tetrastemma ohscurum, Drepanophorus , Malacohdella) nachgewiesen wurden , während man sie bei der grossen Mehrheit der anderen , wie bei unserem Tetrastemma flavidum , noch nicht hat finden können. Es wäre wohl möglich, dass wie bei den Strudelwürmern es Arten giebt, welche sie besitzen, während andere sie entbehren. Die Verwandtschaftsverhältnisse der Schnurwürmer sind schwierig zu bestimmen. Wenn sie durch die Anwesenheit einer allgemeinen mit Wimper- haaren versehenen Körperdecke mit den Strudelwürmern übereinstimmen, muss man hinwiederum gestehen , dass alle anderen Organisationszüge , das Nervenhalsband, der Rüssel, die Aftermündung, die Seitenorgaue, das Kreis- laufsystem , die Concentrirung der Geschlechtsorgane diese Ordnung bedeu- tend von dei'jenigen der Strudelwürmer und ihren Abkömmlingen, den Tre- Nemertinen. 311 matodeu uud Cestodeu, eutferueu. Weun mau iu Erwägung zieht, dass die Existenz von Wimperbaaren an der Körperoberfläche so zu sagen ein all- gemeiues Merkmal für die frei lebeudeu niederen Organismen ist, eiue That- saclie, welche nur durch Anpassungen verwischt wird, die dem Parasitismus, der festsitzenden Lehensart oder anderen im Verlaufe der Zeit erworbenen Bewegungsarten zugeschrieben werden müssen, so kann man diesem Charakter keine besondere Wichtigkeit für die Bestimmung der Verwandtschaftsverhält- nisse beilegen. Die Lücke zwischen den Strudel- und den Schnurwürmern wird nicht einmal durch die Ontogenie ausgefüllt, denn die bekannten Larven gewisser Seeplanarien lassen sich nur mit einer gewissen Willkür dem Plane anpassen , der sich in den Püidien der Schnurwürmer kund thut. Es ist noch die Frage , ob man die Pilidien den bekannten Larven der Sternwürmer nähern darf; in allen Fällen weist die Entdeckung der so sonderbaren männlichen Individuen von Bonellia vielleicht auf solche Be- ziehungen hin. Endlich bilden durch mehrere Merkmale die Malacobdelleu wohl eine Zwischenform zwischen den Anopla und den Blutegeln, welche aber, beeilen wir uns, es zu sagen, noch durchaus zu den Schnurwürmern gehört. Aber diese Schmarotzerform besitzt einen geräumigen hinteren Saugnapf, mittelst welchem sie sich in der Mantelhöhle der Muscheln , auf denen sie lebt, befestigt; sie besitzt Aveder Wimperspalten noch Seitenorgane; die An- ordnung ihres gewundenen Darmes und ihres Nervensystems entfernt sich bedeutend von der bei den übrigen Schnui'würmern gewöhnlichen. Es be- stehen also hier Anzeichen einer Annäherung an einen anderen Typus. Im Ganzen betrachten wir die Schnurwürmer als eine ziemlich einheit- liche Gruppe , die aber unter den anderen Plattwürmern einen besonderen Stamm bildet und nicht ohne Willkür auf irgend eine der anderen Gruppen dieser Classe zurückgeführt werden kann. Literatur. A. de Quatrefages, Memoire sur la fam'tUe des Nemertines. Ann. Sc. natur. , Serie 3, Bd. VI, 1846. — E. Claparede, Annelides et Tiir- htllaries obserres dans Ics Ilebrides. Man. Soc. de physiqne de Geneve, Bd. XVI, 1861. — Ders., Beobachtungen zur Anatomie und Entwickelungsgeschiclite wirbel- loser Thiere , Leipzig 1863. — W. Keferstein, Untersuchungen über niedere Thiere, Zeitschr. wissen. Zoologie, Bd. XII, 1862. — A.F.Marion, Animuux inferieurs du (jolfe de Marseille. Ann. Sc. natur., Serie 5, Bd. XVII, 1873. — Ders., Supplement, Ebend. , Serie 6, Bd. I, 1874. — W. C. Mo. Intosh, A Monography of the British Annelids. Part I, Nemertians. Zwei Theile. Ray Society, London, 1872 bis 1874. — Hu brecht, Untersuchungen über Nemertinen aus dem Golfe von Neapel. Niederl. Arch. f. Zoolog., Bd. II. — Th. Barroi s. Memoire sur Pem- bryolofjie des Nemertes , Paris 1877. — J. v. Kenne], Beiträge zur Kenntniss der Nemertinen. Arbeit d. Zoolog. Institutes in Würzburg, Bd. IV, 1878. — A. A. W. Hub recht. Zur Anatomie und Physiologie des Nervensystems der Nemertinen, Amsterdam, Akad. der Wissenschaften, Verh., Bd. XX, 1880. — Ders., The peripheral nervous-system in Palaeo- and Schizonemerthii, one of the layers of the body wall, Microsc. Journ. , Vol. XX, N. S. XXXII, 1880. — A. Sabatier, Revue des Sciences natur., Moutpelher, 3. Serie, Vol. II, 1882. 312 Plattwürmer. Ordnung der Egel (Disco])hori, Hirudinei). Die Thiere, welche diese Grnppe bilden, werden in den Lehr- büchern der Zoologie bald zu den Plattwürmern , bald zu den Ringel- würmern gestellt. Ohne leugnen zu wollen , dass durch mehrere Merkmale, ihre Entwickelungsweise, ihr Gefässsystem und besonders durch ihre Ausscheidungsorgane , die Egel sich diesen letzteren sehr nähern, müssen wir indessen bemerken, dass die vollständige Abwesen- heit von Borsten an ihrer Körperoberfläche, die Saugnäpfe, mit denen sie versehen sind, die Anlage ihres Darmes, der sich in symmetrische Blindsäcke verlängert, ihr Geschlechtssystem und die bisweilen abge- flachte Form (Clepsine) ihres Körpers, ebenfalls von einem hohen Ver- wandtschaftsgrade mit den Plattwürmeru überhaupt, und besonders mit den Saugwürmern Zeugniss ablegen. Deshalb beschreiben wir sie an dieser Stelle. Die Egel sind platte oder \in vollkommen cylindrische^ Würmer, die undeutlich oder gar nicht gegliedert sind und denen Bewegungs- anhänge fehlen. Sie besitzen eine vordere Sauggrube, die zu gleicher Zeit als Saugnapf und als Haftorgan dient, und eine hintere Haft- scheibe, die ausschliesslich zum Anheften dient; eine bauchständige Gangliennervenkette ; einen Verdauungscanal , der seitliche Blindsäcke, einen bauchständigen, im Grunde des vorderen Saugnapfes sich öffnen- den Mund und einen rückenständigen, in der Nähe der hinteren Haftscheibe ausmündenden After zeigt; ein durch Lückenräume ver- vollständigtes Blutgefässsystem ; paarige, symmetrisch an den Körper- seiten liegende Ausscheiduugsorgane. Sie sind Zwitter und legen Eier, die mittelst einer schleimigen Substanz an einander kleben (Cocon). Sie sind alle äusserlich schmarotzende Thiere (Ectopax-asiten). Typus: Hirudo niedicinalis L. — Diese Art, welche eine grosse Anzahl von den Zoologen unterschiedene Varietäten besitzt, ist die gemeinste unter allen Egeln. Man trifft sie in Sümpfen, Teichen und kleinen Bächen an ; ihre Verwendung in der Medicin macht es leicht, sich dieselbe bei den Apothekern zu verschaffen. Der Körper des Blutegels ist halb cylindrisch, plattgedrückt und abgeflacht auf der Bauchseite; seine Länge schwankt von 15 zu 20 cm in seinem grössten Ausdehnungszustande, zwischen 4 bis 6 cm im Zu- stande der Contraction. Sein Durchmesser erreicht sein Maximum in der Mitte des Körpers und nimmt fortschreitend gegen die beiden Enden hin ab. Sein Vorderende wird von einem der Länge nach ge- spaltenen löffeiförmigen Saugnapf gebildet, an welchem man eine lan- zettförmige Vorderlippe und eine Hinterlippe unterscheiden kann; im Grunde dieses Saugnapfes befindet sich der Mund. Sein Hinterende Egel. 313 Fig. 136. U^. k Ilintdo medicinulis. Sche- matisfher Längsschnitt, um die allgemeine Anordnung der Organe zu zeigen. (Naih Leuckart.) «, Mundsaugnapf; b, hinterer Saugnapf; c, Sehlundkopf; d, Magen; e, Endblind- säcke ; /, Mastdarm ; ff, After; /;, Speiseröhrering ; wird ebenfalls durch einen Saugnapf (Haft- scheibe) gebildet, welcher grösser ist als der vordere, die Gestalt einer runden Scheibe hat und vom übrigen Körper durch eine leichte Ein- schnürung getrennt ist; er ist nicht durchbohrt. Mittelst dieser beiden Saugnäpfe heftet sich das Thier an und bewegt sich, indem es zuerst den vorderen anheftet, dann den Körper nach- zieht, um die hintere Saugscheibe sehr nahe zu der vorderen zu bringen und so fort. Mit blossem Auge oder besser noch unter der Lupe coustatirt man , dass die Körper- oberfläche durch eine grosse Anzahl feiner Ringelungen quer gefurcht ist. Diese Ab- schnitte entsprechen der inneren Segmenti- rung nicht und sind nur Hautrunzeln. Auf der Rückenfläche, an der Spitze der Einschnürung, welche die hintere Saugscheibe vom übrigen Körper scheidet, wird der After (g , Fig. 136) wahrgenommen. Auf der Bauchseite, an der Grenze des vierundzwanzigsten und fünfund- zwanzigsten Ringes sieht man die männliche Geschlechtsöffuung, aus welcher die Ruthe bis- weilen in Gestalt eines kleinen weissen Fadens hervorragt und fünf Ringe weiter, zwischen dem neuuundzwanzigsten und dreissigsten, befindet sich die weibliche Geschlechtsöffnung (a und h, Fig. 137, a. f. S.). Endlich auf den Seiten und dem hinteren Rande gewisser Ringe und zwar auf den Grenzen der breiten, schwarzen Längs- streifen nimmt mau sehr feine Oeffnungen wahr, aus welchen ein leichter Druck eine weissliche Substanz heraustreten lässt: es sind die Mün- dungen der Blasen des Ausscheidungsapparates (c, Fig. 137.). Sie sind in regelmässigen Zwi- schenräumen von je fünf Ringen von einander gelegen. Das ist alles, was man aussen sehen kann. Wir bemerken nur noch , dass der Leib des Blutegels immer schlüpfrig ist; er ist mit einem von zahlreichen Hautdrüsen abgesonderten ', Nervenkette ; l~, Drüsen der Ausscheidungsorgane ; l, Blasen der Ausscheidungsorgane. 314 Plattwürmer. Fig. 137. -O- Zli-'' Schleime überzogen. Man muss den Blutegel immer gut abwischen, um ihn von diesem Schleime zu befreien, bevor mau ihu secirt. Zergliederung. — Um den Blutegel zu zergliedern, tödtet man ihu durch Eintauchen in kochendes Wasser, aus welchem man ihn sofort herauszieht (ein zu langes Verweilen würde ihn hart machen) , oder noch besser durch Chloroform. Dann befestigt man ihn unter Wasser auf eine Korkplatte, indem man ihn so viel wie möglich mittelst zweier Stecknadeln, von denen die eine vorn, die andere hinten be- festigt wird, ausstreckt. Man öffnet den auf dem Bauche liegenden Egel mittelst eines längs der Mittellinie der Rückenfläche ge- führten Schnittes. Wenn man vermeiden will, dass der Darm zerreisst, dessen Wände direct an den Körperdecken angeheftet sind , (es existirt keine Leibeshöhle), so muss man dafür Sorge tragen, dass das Scalpel nicht zu tief eindringt. Immerhin, es sei denn, dass man ein besonderes Präparat nach dem Verfahren, welches wir weiter unten angeben werden, herstellen will, wird man den Verdauungscanal opfern müssen, um die Nervenkette, die Geschlechtsorgane, die grossen Seitenblutgefässe, das Ausscheidungs- system zur Anschauung zu bringen oder um mit einem Worte das Präparat zu erhalten, If Elrudo medicinalis. Bauch- seite der vorderen Körper- gegend , unter der Lupe die Mündungen der Geschlechts- und Ausscheidungsorgane zei- gend, a, männliche Ge- schlechtsöffnung , auf den Grenzen des 24. und 25. äusseren Segmentes mündend; h , weibliche Geschlechtsöff- nung, an den Grenzen des 29. und 30. Segmentes ge- legen ; c, Mündungen der Blasen der Ausscheidungs- organe , die sich paarweise auf jedem fünften Segmente wiederholen; d, seitliche, schwarz pigmentirte Zonen. das wir in Fig. 138 abgebildet haben und mit welchem sich der Anfänger zuerst beschäftigen soll. Demnach ergreift man, wenn einmal die Rückenseite aufgeschnitten ist , nach und nach mit der Pincette die Ränder der Spalte, zieht dieselben soviel wie möglich aus einander und befestigt sie jederseits mittelst zahlreicher Stecknadeln auf der Platte. Der zerrissene Darm bietet sich (nachdem man sorgfältig das fremde Blut, das er enthält, ausgewaschen hat) in Gestalt einer weisslichen Haut dar, die man sorgfältig mit der Pincette und dem Secirmesser ablöst, indem man vermeidet, die Organe, welche sie bedeckt, zu zerreissen. Diese Operation, die nicht schwierig ist, verlangt Geduld. Wenn sie beendigt ist, kann man noch die Organe, Hoden, Ausschei- dungsapparate u. s. w. von den Muskel- und Bindegewebebändern, welche sie beschützen, isoliren und so ein anatomisches Präparat her- stellen, das sich auf ein Brettchen befestigen, im Alkohol aufbewahren Egel. 315 Fm. 138. Uirudo medicinalis. Längs der Rückeiiseite auf- geschnitten und auf der Bauchfläche ausgebrei- tet (von den Rändern des Schnittes wird ange- nommen, dass sie durch Stecknadeln auf einer Korkphitte befestigt sind). Der Darmcanal wurde entfernt, um die Ganglienkette, das Geschleehts- und Ausscheidungssystem zur Ansicht zu bringen. «, vorderer Saugnapf; b, hintere Haftscheibe; c, weissliche Masse der Schlundkopfmuskeln und der Speicheldrüsen; d, Nerveukette ; e, Hoden; /, Samenleiter ; g, Nebenhoden ; h, Euthe ; i, Vor- steherdrüse; k, Scheide; /, Eierstöcke; m, Sei- tenblutgefässe ; n, Drüsen des Ausscheidungsapparates; o, Bläschen des Ausschei- dungsapparates ; p, hellere, wenig pigmentirte Zonen. und als DemonstrationsoLject verwenden lässt (s. die Erklä- rung zu der Fig. 138). Aber wie diese Figur es anzeigt, lässt die einfache Secirung allein nur die hauptsächlichen Organsysteme zur Anschauung gelangen. Um die Structur- einzelheiten und in vielen Fällen die wahren Beziehun- gen zwischen den Organen kenneu zu lernen , muss man Einspritzungen, von welchen wir weiter unten sj)rechen werden (s. Gefässsystem) und Schnitte in den drei Dimen- sionen zu Hülfe nehmen. Da die Gewebe des Blut- egels sehr dicht sind, genügt es in den meisten Fällen, um ihn zu härten, wenn man ihn direct in Alkohol taucht, nach- dem man ihn zwischen zwei Glasplatten befestigt hat, um zu verhindern, dass er sich nicht aufrollt. Die numerir- ten Schnitte werden reihen- weise geordnet in Glycerin oder in Canadabalsam auf- bewahrt. In diesem letzteren Falle muss man sie färben, da sie der Balsam sehr durch- sichtig macht. Boraxcarmin, neutraler oder Pikrocarmin u. s. w. haben uns sehr gute Resultate geliefert. Um sehr feine Schnitte an gewissen Organsystemen zu erhalten, ist die Einschliessung in Paraffin erforderlich; das Thier muss alsdann in Bruchstücke zer- 316 Plattwiirmer. schnitten werden, welche man in Bausch und Bogen färbt. Wir werden übrigens in der folgenden Beschreibung noch auf einige technische Einzelheiten zurückkommen. Parenchyra und Körper decken. — Die Körperdecke des Blutegels hängt innig mit den darunter liegenden Bindegewebe- und Muskelschichten zusammen. Sie ist von ziemlich starker, elastischer Beschaffenheit und immer mit einer schleimigen und klebrigen Sub- stanz überzogen, die den Körper schlüpfrig macht und von einzelligen Drüsen abgesondert wird. Man kann in ihr zwei Hauptschichten unterscheiden : 1. Die Epidermis (a, Fig. 139), die von einer Schicht säulen- förmiger Zellen gebildet wird. Diese Zellen, die man leicht an wähi'end der Häutung abgefallenen Fragmenten der Oberhaut studiren kann, Fig. 140.. c Fig. 139. a b 0 d Fiff. 139. — Ilirndo mcdicina/is. Fragmeut eines Querschnittes, um die Anordnung der Haut- und Muskelschichten zu zeigen. a, Epidermschicht , von einer sehr dünnen structurlosen Oberhaut bedeckt ; h, Pigmentschicht; c, Schicht der Kreismuskcl- fasern ; d, Längsmuskelbündel ; e, Quer- oder Bauchrückenmuskehi. Fig. 140. — Ilirudo medicinaUs. Schnitte der Epidermis. (Nach Ray-Lankester.) A, hammerförmige Zellen, ihren Stiel a, ihre ausgebreitete Partie b und die structur- lose Oberhaut c zeigend, ,der diese Zellen anhangen. B, Vorderansicht der gleichen Zellen, die Kerne a und eine durch die Mündung der einzelligen Drüsen durchbohrte Zelle h zeigend (nach Maceration in doppeltchromsaurem Kali und Färbung mit Pikrocarmin). C, verticaler Schnitt der Epidermis, a, Cuticula; 6, Schicht der hammert'örmigen Zellen; c, Durchschnitt eines intra - epithelialen Capillargefässes ; d, Pigmentt'ortsätze, die sich zwischen die Epithelialzellen einschieben; e, einzellige Drüse; /", ihr Ausführungsgang. i i Egel. 317 haben die Gestalt kleiner Hämmer (A und C, Fig. 140), deren Stiel nach Innen gerichtet ist und die neben einander gestellt sind, wie es die Fig. 140 C zeigt. Einige dieser. Zellen (B, Fig. 140) scheinen von der Oeffnung des Ausfiihrungscanales der tiefer gelegenen Drüsen (C, e) durchbohrt zu werden ; dieser Canal dringt zwischen die Stiele der Zellen ein und endigt sich auf ihrem abgeplatteten Theile. Von oben gesehen bilden die Köpfe der hamm erförmigen Zellen eine Art Mosaik (B, Fig. 140). Die Zellenschicht, von der soeben die Rede war, ist von einer structurlosen Haut, einer Cuticula überzogen (A und C, C, Fig. 140); sie wird von einem Netze sehr feiner Blutcapillargefässe durchzogen (C, c, Fig. 140). Zwischen die Stiele der Plämmer dringen hier und da Pigraentfortsätze (C, d, Fig. 140), sowie Bindegewebe. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die reichliche Blutcirculation in diesen oberflächlichen Hautregionen eine Art Hautathmung erleichtert, denn man kennt gerade beim Blutegel kein differenzirtes Athmungsorgan. In gewissen Zeiträumen, besonders wenn das Thier vor Kurzem Nahrung eingenommen hat, hebt sich die Epidermis ab und der Blut- egel wirft sie durch die peristaltischen Bewegungen seines Körpers ab (Häutung). 2. Die Haut, die aus einer Pigmentschicht, aus Bindegewebe und mehreren Muskelschichten besteht. Die Pigmentschicht (h , Fig. 139), gelb, braun, grün, schwarz u. s. w. ist mehr oder weniger dick und auf dem grössten Theile des Körpers zusammenhängend. Sie wird sehr dünn und fehlt bisweilen auf der Bauchseite vollständig, während sie ihr Maximum an Dicke auf der Rückenseite erreicht, besonders längs der gefärbten Mittel- und Randstreifen, welche der Länge nach auf dem Rücken hin- ziehen. Diese Schicht ist nicht eben , sie schiebt zahlreiche Fortsätze zwischen die Epidermzellen und auch zwischen die Muskelbündel hin- ein ; sie wird von Blutcapillargefässen imd Fortsätzen des Netzes der Pigmentgefässe durchzogen, deren Existenz wir hervorheben werden, wenn wir uns mit dem Gefässsystem beschäftigen. Das Bindegewebe wird von einer lockeren und weichen Grund- substanz gebildet, in welcher man zahlreiche Fasern und spindelförmige Zellen mit körnigem Inhalte und einem Kern bemerkt. Dieses Gewebe bildet das Parenchym des Körpei-s; es füllt alle Lückenräume zwischen den Organen aus. LTnter der Pigmentschicht erscheinen die Muskeln, mit denen der Blutegel reichlich versehen ist. Man kann sie gut an mit kochen- dem Wasser getödteten Individuen studiren, die man lange in Müller'scher Flüssigkeit, hat maceriren lassen. Sie zeigen sich auch auf Schnitten sehr deutlich. Die Muskelfasern werden von langen spindelförmigen Zellen ge- bildet, die spitz ausgezogene und bisweilen pinselförmig verzweigte 318 Plattwürmer. Enden besitzen, an einander kleben und in deren Mittelpunkte sich ein eiförmiger Kern zeigt. Sie sind im ganzen Körper, besonders aber im Vordertheile, um den Schlund herum u. s. w. leicht zu isoliren. Hier und da zeigen diese Muskelzellen eine sehr deutliche Querstreifung. Die äusserste Schicht ist eine Schicht von Kreismuskeln (c, Fig. 139), deren Bündel an gewissen Punkten sowohl durch Pigmentgefässe, als auch durch die Enden der Bündel der schrägen und Bauchrücken- fasern, welche sich an der Haut ansetzen, durchsetzt werden. Die innere Schicht wird von mehreren Bündeln von Längsfasern gebildet, deren Durchschnitte die Fig. 130 bei d zeigt. Diese Längsfasern erstrecken sich über die ganze Körperlänge und treten gegen die Enden hin zu- sammen, um in den Saugnäpfen zu endigen. Da wir diese letzteren erwähnen, so wollen wir auch gleich beifügen, dass sie ausser den Kreis- und Längsfasern ein vollständiges System von radiären Fasern darbieten. Schliesslich constatirt man im ganzen Körper die Existenz zahl- reicher Bündel von queren (e, Fig. 139), schiefen und Bauchrücken- muskeln, welche dazu dienen, den Körper zusammen zu schnüren oder abzuflachen oder welche sich zu einem besonderen Zwecke an den Wänden gewisser Organe inseriren, wie dies für die Eigenmuskeln des Schlundes u. s. w. der Fall ist. Unter der Haut, sowie zwischen den Muskelbündeln, welche nahe bei den Geschlechtsorganen liegen, trifft man zahlreiche Drüsenzellen an, die kugelig, ei- oder birnförmig (e, Fig. 140) und mit einem ein- fachen, selten gabeligen Aiisführungscanale versehen sind. Die Aus- führungsgänge der in den oberflächlichen Schichten gelegenen Drüsen wenden sich gegen die Epidermis , durchbohren die hammerförmigen Zellen, wie wir erwähnt haben, und münden nach aussen. Es sind dies die Schleimdrüsen; Leuckart unterscheidet zwei Modificationen derselben; die einen sind durch einen körnigen Inhalt charakterisirt, überall in den peripherischen Körperschichten zerstreut und son- dern den Schleim, von dem wir gesprochen haben, ab. Die anderen sind heller, durchsichtiger, tiefer um die Geschlechtsöffnungen herum gelegen ; sie sondern in der Legezeit die schleimige Substanz ab, welche die Eier umhüllt und den Cocon bildet, von dem weiter unten die Rede sein wird. Nervensystem. — Das Nervensystem besteht aus einer Bauch- ganglienkette (?', Fig. 136) und aus peripherischen Nerven. Die Ganglienkette ist auf der Mittellinie der Bauchseite in einer leichten Vertiefung der Muskelschicht gelegen. Es ist leicht, sie zur Anschauung zu bringen, wenn man das Thier nach der früher an- gegebenen Weise von der Rückenseite her öffnet. Wenn man den Darm, welcher sie bedeckt, herausgenommen hat, so erscheint sie als schwarzer Strang, denn sie wird auf ihrer ganzen Länge von einem Egel. 319 Blutgefässe und einem sehr dichten Netze von Pigmentgefässen (d, Fig. 138) umgeben. Wenn man diese etwas verwickelte Hülle -'zer- reisst, zeigt sich die Kette mit dem Aussehen eines sehr feinen, weissen, von kleinen Knoten , welche die Ganglien vorstellen , unterbrochenen Fadens. Diese letztei-en sind in einer Anzahl von dreiundzwanzig vorhan- den, eines in jedem inneren wahren Segment des Thieres; sie sind Fig- l-^l- Fig. 142. /{., S- Schicht ; a^^' Fig. 141. — Hirudo medicinalis. Vor- derer Theil der Nervenkette (halb- schematische und nach einer Zeichnung von Leydig reducirte Figur), a, Gehirn; h, Unterschlundganglion; c, Ganglien- kette, aus zwei auf der Mittellinie ver- einigten Strängen zusammengesetzt ; d, sympathischer Darmnerv; e, becher- förmige Sinnesorgane ; /, Augen ; _<;, Kinn- ladenwülste; Ä-, Schlundkopf; i, Ganglien der Nervenkette ; fc, Seitennerven; /, sym- pathische Ganglien des Kopfes. Fig. 142. — Eirudo medicinalis. Quer- schnitt der Schlundganglien , die Anord- nung der Zellenelemente zeigend, ff, eigentliches Gehirn ; h, Zellenrinden- c, Unterschlundganglion ; d, Zellenschicht dieses letzteren ; e , Speiseröhre ; radiäre Muskelfasern ; fj, Längsmuskelbündel ; /;, bindegewebige Hülle. eiförmig, stehen regelmässig von einander ab, ausgenommen an dem Vorder- und Hinterende; sind auch alle von gleicher Dicke, ebenfalls mit Ausnahme der um die Speiseröhre und den After gelegenen Ganglien. Die Untersuchung der Kette unter einer schwachen Ver- grösserung ergiebt, dass sie auf ihrer ganzen Länge aus zwei ursprüng- lich deutlich von einander geschiedenen , nachher auf der Mittellinie einander genäherten Strängen hervorgeht. Jedes Ganglion ist doppelt und die Verbindungsstränge , welche sie vereinigen , sind ebenfalls aus 320 Plattwlirmer. zwei Bündeln von Nervenfasern zusammengesetzt. In dem Vorder- theile, um die Speiseröhre herum, bildet die Ganglienkette einen Nerven- ring (Fig. 141, a. v. S.), der aus einer viellappigen oberen Masse a, dem Gehirn oder Oberschlundganglion und aus einer unteren Masse, di« wie die vorhergehende aus der Verschmelzung von mehreren ursprünglichen Ganglien hervorgeht, dem Unterschlundganglion {b, Fig. 141 und e, Fig. 142, a. v. S.) besteht. Diese beiden Massen sind durch zwei kurze Stränge mit einander verbunden, welche den Schlundring vervollständigen. Vom Gehirne entspringen die Nerven der Sinnesorgane , welche sich nach vorn wenden und sich theilweise in dem vorderen Saugnapfe verzweigen. Jederseits constatirt man das Vorhandensein von sehr kleinen Nebenganglien, die sich in einen Nerv fortsetzen, welcher sich auf der Rückenfläche der Kinnladenwulst verzweigt, wo er noch mehrere kleine Ganglien aufweist. Diese Anlage hat Leydig unter dem Namen eines sympathischen Nervensystems des Kopfes (l, Fig. 141) beschrieben. Das Unter schlun dgan g Hon giebt auch mehrere Nerven (fünf Paare) ab , die sich in der Unterlippe des Schlundkopfes verzweigen. Was die anderen Ganglien der Kette anbetrifft, so sendet jedes zwei Nervenpaare (k, Fig. 141) aus, welche die in dem entsprechenden Segment gelegenen Organe versorgen. Das letzte dieser Ganglien oder Afterganglion macht sich durch seine Grösse bemerkbar; es geht aus der Verschmelzung mehrerer einfachen Ganglien hervor, wie die zahlreichen Nerven beweisen, welche von ihm in die hintere Saug- scheibe ausstrahlen. Zu den Nervenelementen, welche wir soeben erwähnt haben, muss man noch einen doppelten Nervenfaden rechnen, der theilweise längs der Rückenseite der Ganglienkette und in den Darmwänden verläuft. Man kann ihn leicht an abgelösten Fragmenten dieser letzteren sehen. Er bildet ein förmliches Visceralsystem oder einen grossen sympathischen Rumpf nerven, aber trotz der schönen Arbeiten von Leydig scheinen uns seine Beziehungen zu der Ganglienkette und seine Vertheilung in den verschiedenen Organen noch nicht voll- ständig aufgeklärt (d, Fig. 141). Das Nervengewebe des Blutegels wird von schönen, ei- oder birn- förmigen Zellen , welche meistens nur einen einzigen Fortsatz aus- senden , und von sehr blassen und durchsichtigen Röhrenfasern ge- bildet. Die Zellen sind nicht auf die Ganglien beschränkt, man trifft solche hier und da längs des Verlaufes der Fasern an. In den Ganglien bilden sie eine oberflächliche Lage, die Rindenzone , in wel- cher man mehrere über einander gelegte Schichten antrifft, wie man auf unserer Fig. 142 sieht, welche einen Querschnitt des Schlund- ringes darstellt. Egel. 321 Sinnesorgane. — Die wichtigsten und am besten entwickelten dieser Orgaue sind die Augen. Der Blutegel besitzt deren zehn, die auf den ersten Ringen des vorderen Körpertheiles gelegen sind (/, Fig. 141). Wenn man sie mit blossem Auge untersucht, so er- scheinen sie als kleine, schwarze Flecken. Ihr anatomisches Studium kann nur an sehr feinen Schnitten in den verschiedenen Dimensionen vorgenommen werden; es verräth an ihnen einen sehr verwickelten Bau. Jedes Auge besteht aus einem kleinen cylindrischeu Becher (Fig. 143), der durch eine dicke Pigmentschicht, die Choroidea (a), und durch eine farblose, festere Wand, die Sclerotica (d , Fig. 143 Fio:. 143. Ilirudo medlcinalis. Auge und becherförmige Sinnesorgane, das Auge ist der Länge nach durchschnitten. (Nach Leydig.) a, Choroidea; 6, innere helle Zellen; c, Epi- dermzellen; fZ, Sclerotica; e, Sehnerv; /, Fasern des Sehnerven; g, Endigungsbüschel geknöpfter Fasern an der Basis der becherförmigen Organe; 7i, Portion der geknäuelten Nervensubstanz , etwas vor der Auflösung in Fasern ; /, modificirte Epidermzellen ; k, lichtbrechende, kranzartig gestellte Zellkörperclien. Vogt u. Yung, iirakt. vergleich. Anatomie. 21 322 Plattwürmer. und?), Fig. 144) begrenzt wird. Das Innere des Bechers ist mit grossen hellen, dickwandigen und durchsichtigen Zellen (d) erfüllt, welche einen dicken Kern enthalten. Diese Zellen spielen wahrscheinlich die Kolle von Krystallliusen. Eine eigentliche Netzhaut, welche wie bei den höher organisirten Thieren den Grund des Auges auskleidet, . existirt nicht, sondern der Sehnerv dringt in die Masse der durchsich- tigen Zellen hinein , in deren Axen man seine Fäserchen wahrnimmt (Leydig). Diese Fasern setzen sich bis unter die Schicht der cylin- drischen Epidermzellen (c, Fig. 143) fort, welche die Oeffnung des Augenbechers bedecken. Die Sehnerven entspringen aus dem Gehirn. Obgleich die Augen in die Körperdecken eingesenkt sind, ist es wahr- scheinlich, dass die Zusammenziehbarkeit der letzteren ihnen erlaubt, einige Bewegungen auszuführen. Ausser den Augen hat Leydig in ihrer Nähe auf der Oberlippe unter dem Namen von b e cherf örmigen Sinnesorganen kleine Fig. 144. Apparate beschrieben , die wahr- scheinlich zum Tasten oder Riechen bestimmt sind. Sie bestehen, wie ihr Name es andeutet, aus kleinen Grübchen oder Bechern (?', Fig. 143), deren Wände von modificirten Epidermzellen gebildet werden und deren Grund einen Kranz von gros- sen hellen Zellen (k) enthält. Der Grund des Bechers wird von einem Hirudo medicinalis. Quersctnitt eines Bündel von Nervenfibrillen durch- Auges, a, Fibrillen des Sehnerven; i, Sde- ^^ggj^^ ^-g g-^j^ -^ gjj^g^^ keulen- rotioa: c, Choroidea ; (Z, innere helle Zellen, p. ■ ri, -n i lormigen btrausse von r aden (^, Fig. 143) endigen. Wie die Augen, so können auch diese Organe nur an Schnitten studirt werden. Verdauungssystem. — Der Verdauungscanal des Blutegels bildet ein gerades, an seinen beiden Enden, Mund und After, offenes Rohr, dessen Mitteltheil, welcher am breitesten ist, auf beiden Seiten eine Reihe weiter Blindsäcke trägt (Fig. 145). Man kann an dem Verdauungssysteme drei Gegenden unterscheiden : den Schlundkopf, den Magen und den End- oder Mastdarm. Der Mund hat die Gestalt eines Trichters, der aus einer Einstül- pung des vorderen Körpertheiles hervorgeht. Er wird, wie wir gesagt haben, von einer Vorder- oder Oberlippe in Hufeisengestalt (b, Fig. 146) und von einer Hinter- oder Unterlippe (c, Fig. 146) be- grenzt. In den Wänden dieser Lippen begegnet man ausser den erwähnten Längs- und Kreismuskeifasern noch radiären Fasern. Wenn sich der Blutegel an seine Beute heftet, so legt er zuerst die Seitenränder der Oberlippe, dann den vorderen Rand derselben und Egel. 323 Fig. 145. Fig. 146. C --- Fig. 145. — Ilirudo medicinalis. Verdauungs- canal (nach Moq uiii-Ta n don). a, Schluudkopf; b, Magenblindsäcke ; c, Scheidewände, den Darm- canal in eine Keihe von Kammern theilend; d, hintere Blindsäcke; e, Darm; e', Mastdarm; /, After, auf der Rückenseite sich öffnend. Fig. 146. — Ilirudo medicinalis. Sagittalschnitt des vorderen Körpertheiles , nach einem Originalpräparate, a, Mundnapf; b, Oberlippe; c, Unterlippe; d, Mundöffnung; e, Kinnlade;/, Zähne auf dem Rande der Kinnlade; s Eirudo medicinalis. Anordnung der Segmentalorgane nach einem eingespritzten Prä parate. (Der Verlauf der Drüsencanäle ist theilweise schematisch.) (/, Nervenganglien CM, Nervenkette; i, Hoden; cd, Samenleiter; gl, Drüse; r. Blase; cv, Blasengang cc, Centralcanal ; er, rücklaut'ender Gang; Ip, Hauptlappen; la, Apicallappen It, Hodenlappen; rl, seitliches Blutgefäss; via, Seitenbauchgefäss ; vld, Seitenrücken- gefäss ; vi, untere Vene; vs, obere Vene; A, Begegnungsstelle des Apical- und des * Hodenlappens. Die Drüse hat die Form eines Hufeisens, dessen Convexität nach der Rückenseite gewendet ist, während die Schenkel der Bauchfläche zugekehi't sind. Diese beiden, auf dem grössten Theile ihres Verlaufes Egel. 335 -'s deutlich geschiedenen Schenkel sind an ihrem Bauchende in einem Punkte (A, Fig. 153) vereinigt, wo ein feiner Fortsatz entspringt, der bis zum Hoden reicht und aus diesem Grunde der Hodenlappen (1 1, Fig. 153) genannt wird. Wir unterscheiden mit Bourne für die Deutlichkeit der Beschreibung fernerhin als Hauptlappen (7^;) den ganzen Theil der Drüse, welcher sich von der Stelle an, wo der Blasen- gang, von dem wir noch sprechen werden , in den vorderen Schenkel des Hufeisens eindringt, bis zum Punkte hin erstreckt, wo der zurück- laufende Gang (c r) in den hinteren Schenkel tritt und unter dem Namen Apical läppen (la) den Bauchtheil dieses letzteren Schenkels bis zu seinem Begegnungspunkte mit dem vorderen Schenkel. Die Blase (f) ist etwas hinter und innerhalb der Drüse, genau zwischen dem Seitenblutgefässe und dem Samenleiter gelegen; sie be- steht in einer ei- oder kugelförmigen Tasche. ^°' ■ Ihre dünneren und contractilen Wände enthalten Muskelfasern und ein reiches Gefässnetz. Sie ist innen mit einem Wimperepithel ausgekleidet und umschliesst immer eine kleinere oder grös- sere Menge einer weisslichen und körnigen Substanz, welche man übrigens in den Aus- führungsgängen der Drüse wiederfindet nnd welche, wie das Mikroskop zeigt, aus einer be- Hirndomedicinalis. Feine, trächtlichen Anzahl von Kügelchen und sehr in einander verfilzte Kry- „ . , ., „ . t^ j n stalle, in der Blase des f^"^^^. nadeiförmigen Krystallen zusammenge- Ausscheidungsapparates setzt ist, die entweder um einen lichtbrechenden enthalten. Mittelpunkt herum oder ganz und gar zerstreut gruppirt sind (Fig. 154). Diese Substanz wird durch die Zusammenziehungen der Blase durch einen kurzen Canal, dessen Mündung unter dem Vergrösserungsglase aussen sichtbar ist (c, Fig. 137), ausgestossen. Man kann übrigens diese Mündung von innen her zur Anschauung bringen, wenn man die Blase mit einer feinen Scheere öffnet. Die Blase wird, wie wir erwähnt haben, mit der Drüse durch den Blasengang {iv) in Verbindung gesetzt, der die von dieser letzteren abgesonderten Stoffe entleert. Der Blasengang ist cylindrisch und zeigt auf Schnitten sehr schön sichtbare Eigen wände; er entspringt auf der Aussenseite der Blase, geht zuerst unter dem hinteren Schenkel des Hufeisens durch, dringt in den vorderen Schenkel, dessen Axe er entlang läuft, biegt in dem hinteren Schenkel um, wo er denCentral- gang der Drüse (Bourne) bildet, und setzt sich bis zum Ende des Apicallappens fort, wo er sich mit einem Aste des rücklaufenden Ganges vereinigt. Dieser letztere ist die einzige Verzweigung, zu welcher der Centralgang Veranlassung giebt; er geht am Vereinigungs- punkte des Apicallappens mit dem Hauptlappen von ihm ab, verlängert 336 Plattwürmer. sich in den zwischen der Concavität des Hufeisens gelegenen Raum, tritt bald wieder in den hinteren Schenkel, dem er auf seiner ganzen Länge folgt, und schickt einen kleinen Fortsatz in den Hodenlappen (Z^). Die Drüse wird von einem Haufen von Absonderungszellen ge- bildet, die leicht in Form und Bau je nach den Lappen, wo sie an- getroffen werden, wechseln (Fig. 155). Diese Zellen sind gewöhnlich gross und unregelmässig vierseitig; ihr im lebenden Zustande durch- sichtiges Protoplasma wird durch Anwendung von Reagentien und be- sonders in Folge einer längeren Maceration in doppeltchromsaurem Kali (Bourne) körnig. Sie besitzen einen Kern (h) und werden von einer feinen Haut umschlossen. Diese Zellen sind besonders bemerkenswerth durch den Fiff. 155. ..-cf J .r Ilirudo medlcinalis, Drüsenzellen des Apicallappens der Ausscheidungsdrüse (nach Bourne). ff, Blutgefässe ; i, Kerne; c, Intracellularröhrchen ; rf, Haut dieser Röhrchen. Umstand, dass sie von einer grossen Zahl von mehr oder weniger ver- zweigten Röhrchen, deren Durchmesser je nach dem Contractionszustande des Protoplamas wechselt, durchsetzt werden. Diese Röhrchen besitzen blindsackartig endigende Aeste und solche, welche dazu dienen, sie mit einander in Verbindung zu setzen. Sie sind auch in Verbindung mit den grossen Ausscheidungscanälen, welche wir beschrieben haben. Die Masse der Drüsenzellen wird von einer faserigen Hülle ohne Muskelfasern umzogen (Bourne). Sie wird von einem reichen Netz von Blutcapillargefässen durchlaufen, welche aus den Seitengefässen des Bauches entspringen. Dieses Netz ist meistens auf natürliche Art Egel. 3S7 Fig. 156. B eingespritzt; man kann es direct beobachten, wenn man die Drüse vor- sichtig ablöst, um sie nnter das Mikroskop zu bringen. Man wird übrigens gut daran thun, diese Gefässe in der Art zu injiciren, dass man mittelst eines kleinen Röhrchens lösliches Berliner- blau in das entsprechende Seitengefäss treibt. Das Blutcapillarsystem steht mit dem System der Ausscheidungsgänge und der Röhrchen der Drüse in keiner unmittelbaren Verbindung. Geschlechtsorgane. — Der Blutegel ist Zwitter, da er männ- liche und weibliche Organe besitzt, welche wir nach einander beschreiben werden. Wir wissen bereits, dass die Geschlechtsöffnungen aussen sichtbar sind und dass sie im vorderen Körpertheile, die männliche Oeflfnung vorn, die weibliche Oeffnung hinten, liegen (a u. h, Fig. 137). Männliche Organe. — Sie wer- den von neun Paar Hoden (e, Fig. 138) gebildet, die in der ganzen mittleren Körpergegend auf der Bauchseite, zu bei- den Seiten der Ganglienkette, gelegen sind; sie stehen, wie die Ausscheidungs- organe, je fünf Ringe von einander ent- fernt. Das erste Paar liegt etwas hinter dem achten Ganglion, und das letzte ent- spricht dem sechszehnten Ganglion. Jeder Hode sieht wie eine kleine, feste und starke Kugel aus, die von einer structur- losen Eigenhaut umgeben wird. Er ent- hält eine schleimige, weissliche Flüssigkeit, welche eine sehr grosse Anzahl von Samenzellen einschliesst (Fig. 156). Der Same wird aus jedem Hoden durch einen kurzen Canal hindurch fast unmittelbar in eine leicht wellenförmig gebogene Röhre, den Samen- leiter (/, Fig. 138) abgeführt. Dieser letztere, an seiner weissen Farbe erkennbar, läuft parallel an der Nerveukette hin. Er nimmt an Durchmesser gegen sein Vorderende hin zu, rollt sich auf und knäuelt sich auf jeder Seite in der Nähe der Ruthe zusammen, um einen eben- falls weisslichen Haufen zu bilden, welchen man unter dem Namen Nebenhoden beschrieben hat (gf, Fig. 138). Die beiden Nebenhoden haben eine eiförmige Gestalt mit gebuchteter Oberfläche ; an ihrem vor- deren Theile geht von ihnen ein kurzer Ausführungscanal ab, der sich direct an die Basis des Cirrusbeutels begiebt. Ihr Inhalt ist heller als derjenige der eigentlichen Samenleiter und enthält Epithelzellen, welche von den Samenzellen verschieden sind. Zur Zeit der Befruchtung nehmen die Hoden, Samenleiter und Nebenhoden beträchtlich an Umfang zu. Das Begattungsorgan {h, Fig. 138) besteht in einer Ruthe, die sehr dehnbar ist, eine Länge von 2 cm erreichen kann und mit einer Hirudo medic'malls. Samenzellen der Hoden. A , unversehrte , un- reife Zelle; B, reife nnd zer- quetschte Zelle, aus der ein Büschel Samenthierchen tritt. Vogt u. Yung, jirakt. vergleich. Anatomie. 90 338 Plattwürmer. Fio-. 157. leichten Anschwellung endigt. Durch einen besonderen Muskel kann die Ruthe in eine birnförmige Tasche mit harten und festen Wänden, den Cirrusbeutel, zurückgezogen werden. Dieser enthält eine Masse ein- zelliger Drüsen, die Vorsteherdrüse (a, Fig. 157), deren weiss- liches und körniges Absonderungsproduct an der Basis des Ausspritzungs- canais ergossen wird und die Aufgabe hat, kleine Samenmengen wie mit einem Spermatophor zu umhüllen. Die Flüssigkeit der Vorsteherdrüse ist in der That schleimig und wird um den Samen herum fest. Dieser letztere gelangt in die weibliche Oeffnung mittelst kleiner spindelförmiger Spermatophoren, welche beim medicinischen Blut- egel 3 mm lang und 1 mm dick sind (Leuckart). Die Ruthe besitzt in der Dicke ihrer Wände zwei Systeme von Muskel- fasern, äussere Längsfasei-n (d, Fig. 157) und innere Kreisfasern (/). Sie wird von einem feinen Canal, dem Ausspritzungs- can al (c), durchbohrt, der gerade ist, wenn die Ruthe im Erectionszustande sich befindet, sich aber zu- sammenbiegt, wie es un- sere Figur zeigt, wenn die Ruthe sich zusammenzieht. Die Erection wird durch die Zusammenziehung der oberflächlichen Muskeln hervorgebracht, welche die Ruthe durch einen Schliessmuskel hindurch austreten lässt. Dieser letztere erschlafft nach dem Tode, deshalb kommt es oft vor, dass die Ruthe hervorhängt. Weibliche Organe. — Im Gegensatze zu den männlichen Or- ganen sind die weiblichen Geschlechtstheile in einem einzigen inneren Segmente, in dem zwischen der männlichen Geschlechtsöffnung und dem ersten Hodenpaare gelegenen Räume zusammengedrängt {k,l, Fig. 138). Sie bestehen wesentlich aus zwei röhrenförmigen und zusammengeknäuel- ten Eierstöcken (e, Fig. 138), von denen jeder in eine kugelige oder leicht eiförmige Blase eingeschlossen ist, deren Wände ziemlich stark sind , und die einen Durchmesser von 2 bis 3 mm im Maximum er- reichen kann (a, Fig. 158, A). Die Eierstocksröhren werden innen von Hirudo medicinalls. Die Ruthe , der Länge nach durchschnitten, a, Vorsteherdrüse; h, Sameublase an der Basis der Ruthe ; c, Ausspritzungsgang ; d, Längsmuskeln ; e, Spitze der Ruthe ; /, Querfasern. Egel. 339 Fiff. 158. B nirudo medidnaUs. A, weiblicher Geschlechtsapparat ; a, Eierstöcke; h, Eileiter; c, Scheide; B, Eier ent- haltender Cocon (nach Leuckart). einem Zellenendotlielium ausgekleidet, von welchem sich gewisse Zellen differenzireu, die zu Eiern werden. Diese rücken den Röhren entlang bis an ihr Ende. Von jeder Blase geht ein Ausführungscanal ab, der sich bald mit seinem Nachbar vereinigt, um nur einen einzigen Canal mit dicken Wänden, den Eileiter (D), zu bilden. Dieser zieht, indem er sich zusammenfaltet, wie es Fig. 158 zeigt, durch ein schwammiges Gewebe hindurch , das von vielen Capillarge- fässen durchflochten wird und eine Anhäu- fung von einzelligen Drüsen einschliesst, welche Lenckart nach- gewiesen hat. Diese sehr hellen Drüsen scheinen den Eiweiss- drüsen , welche wir bei den Cestoden kennen, analog zu sein ; ihre feinen Ausführungscanälchen ergiessen ihr eiweissartiges Product in das Innere des Eileiters. Leuckart hat unter den Drüsen, von welchen wir soeben gesprochen haben, eine gewisse Anzahl unter- schieden, welche kleiner sind, deren Inhalt körnig, und deren Aus- führungscanal kürzer ist, die aber innig mit der Masse der ersteren vereinigt sind. Der Eileiter mündet in einen grossen eiförmigen Sack mit dicken und contractilen Wänden, dessen grosse Axe mit ihm einen Win- kel bildet. Dieser Sack, den man Uterus oder auch Scheide (c, Fig. 158, A) genannt hat, öffnet sich, wie wir erwähnt haben, auf der Körperoberfläche, an der Grenze zwischen dem neunundzwau- zigsten und dem dreissigsten Ringe. Seine Mündung ist mit einem Schliessmuskel versehen. Befruchtung. — Trotz des Hermaphroditisraus des Blutegels, geht der Befruchtung der Eier immer eine Begattung voraus, welche besonders im Frühling, aber auch während des ganzen Sommers voll- zogen wird. Zwei Individuen legen sich Bauch gegen Bauch verkehrt in der Art an einander, dass die männliche Oeffnung des einen auf die weibliche Oeffnung des anderen passt und umgekehrt. Die Befruchtung ist gegenseitig. Erst mehrere Tage nach der Begattung findet das Eierlegen statt. Nach einigen Beobachtern sollen sich die Samen- 22* 340 Plattwürmer. thierchen in den Sperraatoplioren , welche unversehrt in der Scheide aufbewahrt werden, lange Zeit thätig erhalten. Dies würde erklären, wie der Blutegel sogar mehrere Monate nach der Begattung noch frisch befruchtete Eier legen kann. Die so reichlich in den nahe bei den Geschlechtsöffnungen gelege- nen Ringen, in der Gegend, die man den Sattel (Clitelluni) genannt hat, vorkommenden Hautdrüsen sondern in der Legezeit eine grosse Menge Schleim ab, in welchen die Eier ergossen werden. Dieser Schleim bildet eine Art Gürtel, den das Thier nach beendigter Ablage der Eier abwirft, indem es den ganzen Körper wiederholt zusammenzieht ; er nimmt schliesslich eine festere Consistenz und das Aussehen einer Kapsel oder eines Cocon (Fig. 158, ß) an, der eiförmig, 2 bis 3cm lang und 1 bis iVa^m breit ist und in welchem man eine grosse An- zahl kleiner Eier wahrnimmt, die der Blutegel in feuchte Erde legt. Entwickelung. — Die Entwickelung des Blutegels ist direct ; sie geht vollständig in dem Cocon vor sich, aus welchem die Jungen in Gestalt kleiner Würmer ausschlüpfen , welche bereits eine Länge von 15 bis 20 mm und eine Breite von 2 mm besitzen. Für die Einzel- heiten, s. die Abhandlung vonCh. Robin, die wir unter „Literatur" anführen. Die allgemeine Körperform der Egel ist selir mannigfaltig. Von der halbcyliudrischen Gestalt von Hiruclo bis zur abgeplatteten Blattforni von Clepsine kennt man mehrere Uebergangsformen. Bei Branchiohclella ist der Leib in der Ausdehnung ganz cj'liudrisch ; bei Acanthobdella ist er spindel- förmig. Die äussere Eingelung entspricht niemals der inneren Segmentation, sie kann auch beinahe vollständig verwischt sein {Clepsinej. Die allgemeine Zusammensetzung der Körperdecken bietet grosse Ana- logien bei den verschiedenen Gattungen dieser Gruppe dar , desgleichen die Anordnung der Muskeln im Kövperparenchym. Bei den abgeflachten Formen umschreiben die über einander gekreuzten Muskelbündel förmliche Kammern, in welchen die Organe gelagert sind. Man unterscheidet immer Längs- und Kreisbüudel. Die Mächtigkeit der Pigmentschicht schwankt ; bei Clepsine, Branchioidella sind die Körperdecken so durchscheinend , dass es möglich ist, unter dem Compressoi'ium alle Hauptorgane zu beobachten. Die Ausbildung von einzelligen Hautdrüsen, die in grösserer Anzahl in der Nähe der Ge- schlechtsorgane vorkommen, ist sehr allgemein. Die oberflächlichsten Drüsen sondern die schleimige Substanz ab, welche den Körper von aussen befeuchtet ; die tiefen Drüsen erzeugen die kleberige Masse, welche in Berührung mit der Luft oder dem Wasser fest werden kann und zur Bildung der Cocons verwendet wird. Die Körperoberfläche ist glatt (Hiruclo) oder runzelig [Pontohdella). Bei Branchellion existiren Kiemenfalten in Form von reihen- weise auf jeder Körperseite angeordneten häutigen Lamellen. Bei Acantho- bdella triff"t man hakenförmig endigende Seiten borsten. Das Nerveus3'stem bestellt immer nach dem Vorbilde von Hirudo aus einer doppelten, auf der Mittellinie der Bauchseite genäherten Ganglienkette. Auf jeder Seite der Ganglien gehen zwei Nervenstämme ab , die über einander gelegen sind uud sich in die Organe des entsprechenden Segments begeben. Das über der Speiseröhre befindliche Gehirnganglion und das Afterganglion Egel. 341 gelieu beide aus der mebr oder wenig innigen Verschmelzung einfacherer Ganglien hervor, deren Zahl je nach den Gattungen verschieden ist. Beide senden eine grössere Anzahl peripherischer Nerven aus, welche sich zu den Sinnesorganen und zu der hinteren Sauggrube begeben. Das Unterschluud- ganglion ist ebenfalls stets dicker als die anderen , es ist mit dem Gehirne durch eine doppelte Commissur vei'bunden, welche um die Speiseröhre herum eine Art Eing bildet. Obgleich das viscerale Nervensystem noch nicht überall beschrieben worden ist , so scheint es doch mit seinen Verzweigungen auf den Wänden des Darmrohres ziemlich allgemein vorhanden. Die Zahl der Augen Avechselt von einer Gattung zur anderen. Es giebt deren zehn bei Haemopis , acht bei Nephelis, vier bei Piscicola, zwei oder vier bei Glepsine u. s. w. Sie liegen gewöhnlich im vorderen Körpertheile, auf den ersten Segmenten des Mundsaugnapfes , und bestehen in Bechern oder Einstülpungen der Körperdecken, welche mit einem Choroidalpigmente ausgekleidet sind und einen lichtbrechenden Körper einschliessen, zu dessen Basis sich Nervenfäserchen begeben. Man hat ebenfalls Sinnesgrübchen beschrieben, die lange, helle, kreisförmig gestellte Zellen enthalten, wie bei Hirudo, bei Haemojns, Nephelis u. s. w. Der Verdauungscaual bietet einige besondere Einrichtungen dar. Der Mund liegt entweder im Grunde eines von Lippen umsäumten Saugnapfes und zeigt die Gestalt eines Löffels , wie bei Hirudo , oder er findet sich am Ende eines ausstreckbaren Rüssels. In diesem letzteren Falle , bei den ßhynchobdelliden {Clepsine, Branchellion, Piscicola) besitzt der Mund keine Kinnladen und der mit einem besonderen Muskelapparate zum Ausstrecken und Einziehen versehene Rüssel wirkt als Saugapparat. Bei den mit Kinn- laden versehenen Egeln, den Gnathobdelliden, können nur zwei zahn- lose Kinnladen, die eine rücken-, die andere bauchständig, vorhanden sein (BranclnobdeUa). Indessen ist die Zahl drei am häufigsten und bei gewissen Gattungen sind die zahlreichen , auf der Kinnlade sitzenden Zähnchen zu- gespitzt {Haemopis) oder stark und abgestumpft {Aidastonium). Auf den Mund folgt ein muskulöser Schlundkopf, der bei Aidastomum lang und stark ist und sich in einen Darm fortsetzt, der bald einfach und cylindrisch ist {Nephelis), bald durch mit einem Schliessmuskel versehene Falten getheilt wird [Pontobdella) , bald in der Nähe der inneren Segmente sich einschnürt und seitliche Blindsäcke trägt, wie bei Hirudo, die aber der Zahl nach bei den verschiedeneu Gattungen Abwechselungen unterworfen sind. Bei Piscicola existiren deren zehn Paare, bei Clepsine sechs u. s. w. Die zwei hinteren Blindsäcke sind immer länger als die übrigen und erstrecken sich bei einigen Gattungen {Clepsine, Haemopis) bis zum Körperende, indem sie parallel mit dem Mastdarme verlaufen. Bei gewissen Gattungen {Clepsine) zeigen diese beiden langen endständigen Bliudsäcke eine gewisse Tendenz zur Verzweigung , indem sie auf ihrer Aussenseite Nebenblindsäcke aus- senden. Endlich fehlen sie auch vollständig bei denjenigen Blutegeln , bei welchen der Verdauungscanal cylindiüsch ist {Trocheta, Nephelis). Der Mast- darm ist gewöhnlich regelmässig cylindrisch, selten eingeschnürt {Branchio- hdella) oder mit kleinen seitlichen Blindsäcken versehen {Clepsine). Er mündet durch den After auf der Rückenseite der hintei-eu Haftscheibe. Das Gefässsystem ist im Ganzen noch wenig bekannt. Es scheint seinen höchsten Grad von Einfachheit bei Branchiobdella zu erreichen, wo die beiden Seitengefässe fehlen und nur zwei Gefässe existiren, welche den Mittellinien des Körpers entlang laufen, das eine, in seinem vorderen Theile contractile, auf der Rückenseite, das andere auf der Bauchseite, wo es die Ganglienkette umfasst. Diese zwei Gefässe sind durch Gefässbogen mit einander verbunden 342 Plattwürmer. uud entseudeu Zweige bis in die Eingeweidehöble , welche nicht in deutliche Kammern getheilt ist und eine Flüssigkeit einschliesst, die bewegte Kügelchen enthält und mit derjenigen des contractilen Rückengefässes in Beziehung zu sein scheint. Bei den Rhynchobdelliden ist das Rückengefäss mit Klappen versehen {Clepsine, Piscicola), die bei den Gnathobdelliden fehlen; diese Klappen bestehen aus Zellenelementen , Avelche sich ablösen und die Blut- körperchen zu bilden scheinen , welche im Plasma schwimmen. Bei Nephelis trifft man zwei durch Quercommissuren mit einem einzigen Mittelgefässe vereinigte Seitengefässe an; dieses Mittelgefäss erstreckt sich nach Bidder auf der Bauchseite in der ganzen Körperlänge hin. Die Querauastomoseu verzweigen sich in ein an beiden Körperenden entwickeltes, sehr com- plicirtes Netz. Endlich e^istiren bei den der Gattung Hirudo nahe stehenden Egeln vier Längsgefässe , zwei Seiten-, ein Rücken- und ein Bauchgefäss, die durch sehr complicirte Anastomosen verbunden sind. Die äussersten Verzweigungen der Blutgefässe bis in die oberflächlichen Schichten der Haut, wo sie zahlreiche Capillarnetze bilden, scheinen eine Art Hautathmung zu sichern , welche wahrscheinlich localisirtere Respirations- organe nicht ausschliesst, deren Existenz man schon wiederholt vernmthet hat, ohne bisher eine genügende Beweisführung leisten zu können. 'B&i.Bran- chellion spielen blattartige Fortsätze, die auf den Seiten des Köi-pers liegen uud ein reiches Netz von Blutcanälchen enthalten, wahrscheinlich die Rolle von Hautkiemen. Was die Pigmeutcanälchen betriffst, welche man bei vielen Egeln findet, so ist das Studium ihrer Vertheilung und ihrer Beziehungen zu dem Blut- gefässsysteme noch nicht unternommen worden. Ungefähr das Gleiche gilt für die vergleichende Anatomie der Segmentalorgane in der Gruppe der Hirudineen. Bei den niederen Formen sind diese Organe als Schleifencauäle beschrieben worden , die mit grossen Drüsenzellen , auf welchen zahlreiche Wimperhaare sitzen, ausgekleidet sind. Diese Schleifencauäle besitzen eine innere Wimperöffnung, welche in die Lücken des Körperparenchyms mündet und eine oberflächliche Oeffnung, welche auf den Seiten der Bauchfläche aus- mündet. Bei Branchiohddla asfaci soll ihre Zahl auf zwei Paare reducirt sein , das eine in der vorderen Körperhälfte , das andere in der hinteren Region. Bei Aulastoimim gido, Clexjsine complanata, Nephelis vulgaris u. s. w., die neulich von 0. Schul tze untersucht wurden, existiren in dem Drüsen- organe mit Röhrchen versehene Zellen, analog den bei Hirudo beschriebenen, lind der Ausführungscanal mündet entweder direct nach aussen oder in eine Blase wie bei Hirudo. Der Hermaphroditismus ist die allgemeine Regel bei den Egeln , aus- genommen bei den kleinen Hirudineen, die man auf den Hummereiern antrifft , den Histriohdellen. Die männliche Geschlechtsöffnung mündet fast immer in der vorderen oder mittleren Körpergegend, vor der weiblichen Oeffnung (ausgenommen bei Branchiohdella). Die Hoden sind meistens viel- fach vorhanden und paarweise in einer gewissen Anzahl von Körpersegmenten vertheilt. Es existiren deren fünf Paare bei Branchellion , sechs bei Piscicola, acht bei Haemopis , zwölf bei Aidastomum. Bei Branchiohdella sind sie auf ein einziges, gegen die Körpermitte hin gelegenes Paar beschränkt; der Same ergiesst sich in zwei Samenleiter, welche nichts anderes sind, als die mit Bezug auf diese Verrichtung umgewandelten Canälchen der Segmental- orgaue. Die beiden Samenleiter laufen immer auf der Bauchseite hin ; sie empfangen bei den Egeln mit mehreren Hodenpaaren die kurzen von jedem Hoden herkommenden Seitencanäle. Sie münden in einen geknäuelten Neben- hoden, der mit einer hellen Flüssigkeit erfüllt ist und als Drüse zu func- tioniren scheint. Jede Nebenhode öffnet sich an der Basis eines Aus- Egel. 343 spritzungsganges mit Muskelwämleii, welclier sich iu eine zweifach gespaltene {Rhijncliohdelliden) oder fadenförmige (GaafhobdelUden) Riithe endet. Die Eüthe trägt gewöhnlich an ihrer Basis eine zellenartige oder röhrenförmige, bisweilen selir entwickelte Vorsteherdrüse. Bei Trochefa, Nephelis ist sie sehr kurz und auf einen kleinen Knopf i-educirt; bei Aulastomum hingegen ist sie ausserordentlich stark und lang. Die Kuthe wird im Momente der Be- gattung nach aussen gestossen. Die stets paarigen Eierstöcke haben bei den BhynchobdelUden die Ge- stalt langer häutiger Säcke, die sich hinter der weiblichen Geschlechtsöffnung den Hodenreihen entlang ausbreiten ; bei den Gnafhobdellide.n hingegen bilden sie zwei kugelartige Massen. Die Eier ergiesseu sich in zwei sehr kurze (Clep- sine) oder längere, zusammengebogene und von einer Drüsenmasse umhüllte Eileiter. Die Eileiter enden iu einer weiten sackförmigen Scheide , welche bei den meisten Rhynchobdelliden fehlt. Bei Branchiobdella scheinen die Eileiter sowie die Samenleiter umgewandelte Segmentalcanäle zu sein. Die Befruchtung ist eine innere und die Begattung geschieht gegenseitig. Die Samenthiercheu werden zu einer gemeinsamen Masse, in einem Spermatophor gruppirt, welches platzt, sobald es in die Scheide gedrungen ist. In der Legezeit nehmen die Einge, welche die Geschlechtsorgane in sich schliessen, an Umfang zu und umgeben sich mit einer dicken Schleimschicht, welche von einer übermässigen Absonderung der oberflächlichen und tiefen Hautdrüsen, die sich in dieser Körpergegend immer reichlich vorfinden, her- rührt. Dieser Schleim nimmt die Eier auf, und umhüllt sie, wobei er sich zu einem Cocon von mehr oder weniger beträchtlicher Consistenz- verdichtet, dessen Form und Dimensionen je nach den Arten bedeutend wechseln. Das Thier wirft diesen Cocon, der es wie ein Gürtel umgiebt, durch die wieder- liolten Contractionen seines Körpers ab und legt ihn entweder in feuchtes Erdreich oder auf Wasserpflanzen u. s. w. Bisweilen (Piscicola) werden die Eier vereinzelt auf Fische oder Weichthiere gelegt. Olepsine bewahrt die ihrigen eine gewisse Zeit lang unter ihrer Bauchseite auf. Die Entwickelung des Embryos ist direct und das Embryo bietet schon beim Ausschlüpfen die allgemeinen Orgauisationszüge der Eltern, ausgenom- men bei Clepsine, deren Ausschlüpfen in einer von derjenigen der erwachsenen verschiedenen Form stattfindet. Literatur. A. M o q ui n- T ando n , Monographie de la famille des Eirudinees (avec atlas). Paris 1846. — F. Leydig, Zur Anatomie von Piscicola cjeometrica. Zeitschi-. f. w. 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Diese Verbindung von Hypodermzellen mit Fäden , die in die gallertartige Bindegewebemasse dringen , hat noch etwas Anderes zur Folge. Wenn die Oberhaut stark gebogen ist, wie in den Warzen der Eudkuppel und des Rüssels, und wenn gleichzeitig die Hypodermzellen Gepliyreen. 383 Fig. 186. sehr dicht zusammengedrängt sind, so verlängern sich die Zellen der subcuticulareu Schicht, werden beinahe kegelförmig, vervielfachen sich in den Zwischenräumen der Drüsen, nehmen eine fächerartige Anord- nung an und bilden schliesslich mit ihren unzähligen, mit zahlreichen Kernen besäeten Fäden Bündel (/^, Fig. 182 und 184), welche man, nach unserer Ansicht sehr mit Unrecht, als besondere Nervenorgane beschrieben hat. Besonders in den Warzen des Rüssels findet man diese Fächer vor, aber man trifft solche in ihrer ersten Anlage auch in der Endkuppel an. Wir geben gern zu, dass der Rüssel viele Nerven erhält, aber in anderer Hinsicht unterscheiden sich diese Eine Drüse aus demselben Präparate, scheinbaren Nervenfäden , die Kerne Verick, Obj. 4. Cam. lue. a, Falte enthalten und sich an den länglichen. der Epidermis ; h , Schuppen der Epidermis ; c , dieselben , im Profile gesehen; d, Wimperdrüse; e, ihre Mündunff. in die Zwischenräume der Drüsen gedrängten Zellen endigen, in nichts von den Fäden, welche, wie leicht er- sichtlich, von den Hüllen der Drüsen selbst abgehen. Der Umfang, die Gestalt, die Anordnung der Kerne und die Beschaffenheit der Fäden sind identisch. Man muss demnach annehmen, entweder, dass alle Drüsen und alle Hypodermzellen schliess- lich mit feinen Nervenfäden in Verbindung sind, was nicht ungewöhn- lich wäre, oder, dass die Nervenendigungen in dem Hautgewebe des Rüssels noch unbekannt sind. Aber in jedem Falle halten wir unsere Behauptung aufrecht, dass keine besonderen Eudorgane der Nerven vorhanden sind und dass Teus eher undAndreae zu ihrer Annahme verleitet worden sind, weil sie die gesammte Organisation des Hypo- dermgewebes nicht genügend mit dem besonderen Verhalten verglichen, das durch die. Anhäufung der Drüsen und durch die Krümmungen der äusseren Oberfläche beeinflusst wird. Die Hautdrüsen {g, Fig. 182 bis 184) finden sich überall vor, ausgenommen auf dem Tentakelkranze, wo man Drüsen anderer Natur antrifft. Sie sind besonders in den Warzen des Rüssels sowie in den Längsfalten der Endkuppel zahlreich; in den ersteren stehen sie oft so gedrängt, dass das Hypodermgewebe, welches sie auf allen Seiten um- giebt, fast ganz verschwindet. Diese anfangs fast kugelrunden Drüsen werden auf allen Seiten von einer bindegewebigen Hülle umgeben, die zahlreiche Kerne auf- weist und sich einerseits auf dem Ausgangscanale, der die Oberhaut durchbohrt ((/•'', Fig. 180, 182 bis 184), andererseits auf den Fäden, welche gegen innen gerichtete Stiele (/-) nachahmen, fortsetzt. Diese sehr dünne, bindegewebige Hülle lässt sich leicht an allen Drüsen 384 Stern Würmer. nachweisen, ebenso die nach innen gerichteten Stiele. Jede aus- gebildete Drüse besitzt einen Ausführungscan al, welcher gerade durch die Oberhaut hindurchgeht und oft in einem kleinen, an seiner Oberfläche durchbohrten Knopfe mündet. Diese Drüsen bieten ein ziemlich wechselndes Aussehen dar, das man nothwendig kennen muss. Teuscher und nach ihm Andreae haben drei Arten von Haut- drüsen unterschieden, welche nach dem letzteren Autor niemals Ueber- gangsformen darbieten. Sie unterscheiden zweizeilige, vielzellige und in der Endkuppel längliche Nervendrüsen. Die Untersuchungen dieser beiden Zoologen sind nur an in Alkohol aufbewahrten Individuen vor- genommen worden. Wir glauben hingegen darthun zu können , dass alle Hautdrüsen des Sipunculus einzellig sind und dass das verschiedene Aussehen, welches sie darbieten , in der That nur von auf einander folgenden Modificationen, die ihr Inhalt erleidet, herrührt. Um zu dieser Schluss- folgerung zu gelangen, muss man auch frische Thiere untersuchen und die an Schnitten gemachten Beobachtungen den Beobachtungen der inneren Oberfläche des Hypodermgewebes gegenüberstellen. Man trifft die Drüsen in den Warzen des Rüssels und in oft dicht stehenden Gruppen längs der von den Muskeln gezeichneten Längs- linien an. In dem Rüssel wird die Untersuchung oft durch die An- häufung der Pigmentmassen beeinträchtigt. Auf dem Körper ist das Pigment seltener, besonders wenn man mit Sorgfalt Individuen aus- wählt, die sich entleert und lange gefastet haben. Hier muss man demnach mit den Untersuchungen beginnen. Wenn man eine Gruppe dieser Drüsen, so wie wir sie (Fig. 187) gezeichnet haben, untersucht, so findet man ziemlich kleine Zellen- körper, die indessen grösser und körniger sind, als die Hypodermzellen selbst (a). In den ■ kleinsten dieser Zellenkörper entdeckt man einen kleinen Centralkern (&, Fig. 187). Dieses Aussehen giebt der Ver- muthung Raum , dass die Hautdrüsen aus Hypodermzellen entstehen, welche sich weiter entwickeln. Wie dem auch sei, der Kern bleibt bisweilen erhalten (c) , verschwindet aber in den meisten Fällen bald; die Zelle wird einfach körnig (a, Fig. 187) und wenn sie grösser geworden ist, zeigt sie in ihrem Innern einen hellen Raum, neben welchem man bisweilen eine dunklere, einem Kerne ähnliche An- häufung (/, Fig. 187) sieht. Der Hellraum beginnt sich quer zu theilen, die Zelle folgt dieser Theilungsbewegung und bietet als- dann in der Flächenansicht (g ^ Fig. 187) die Gestalt der soge- nannten zweizeiligen Drüsen dar. Der Hellraum ist nur homogenes Protoplasma, das sich sehr lebhaft färbt, während das granulirte Protoplasma, welches ihn umgiebt, eine viel geringere Empfäng- lichkeit für die Farbstoffe zeigt. Oft sieht man in diesem gleichartigen Protoplasma granulirte, runde Körperchen, gleichsam Kerne {g, Fig. 187), Gephyreen. 385 aber ihr Vorhandensein ist an keine Regel gebunden. Der Process der Verdichtung einerseits, und der Theilung anderseits dauert fort. Man findet Drüsen, in welchen die eine Hälfte noch mit homogenem Pro- toplasma erfüllt ist, während die andere körnige, riindliche Theile besitzt (?'); man findet endlich andei'e ganz mit gekörnten Protoplasma- kugeln (h) angefüllt, welche je nach den Formen der Drüse länglich scheinen, wenn man sie im Profil sieht. Schliesslich verschwinden diese körnigen Massen nach und nach , da sie offenbar durch den Aus- führungscanal in Form von etwas kleberigem Schleim ausgestossen werden. Die Drüse wird wieder fast hell und es schien uns, als ob sie Fig. 187. Gruppe von Hautdrüsen , von der Innenseite der Körperdecken aus gesehen. Das Präparat ist einem lebenden Thiere ungefähr in der Mitte des Körpers entnommen worden. Verick, Obj. 4. Cam. lue. a, sehr junge Drüsen im Zustande körniger Zellen; b, dieselben, im Mittelpunkte Hellräume (homogenes Protoplasma) aufweisend; c, eine gleiche Drüse mit Kern ; f7, junge Drüse mit zwei Hellräumen ; e, Drüsen mit zwei Hellräumen und mit körnigen Kernen in dem einen ; /, Drüse mit dunklem Kern und einem Hellraum; g, Drüsen mit zwei Hellräumen, mehr oder weniger ge- theilt; /*, Drüsen mit zahlreichen Protoplasmakugeln; i, Drüse mit grossem Hellraum und Protoplasmakugeln nur auf einer Seite ; k, Drüse mit drei Hellräumen. verschwinde und wieder aufgesogen werde, um neuen Drüsen, welche sich gebildet haben, Platz zu machen. Alle diese verschiedenen Formen bilden demnach, wie uns scheint, nur einen einzigen Entwickelungscyklus und wenn unsere erste Vor- aussetzung begründet ist, so entstehen die Drüsen aus den Hypoderm- Vogt u. Yung, prakt. vergleich. Anatomie. 25 386 Sternwürmer. Zellen selbst und bilden sich ohne Unterlass aus, um durch neue Gene- rationen ersetzt zu werden. Wir müssen noch beifügen, dass wir in den Warzen des Rüssels an frischen Drüsen , indem wir den Brennpunkt sehr hoch stellten, deutlich feine Falten gesehen haben, die von der Ausführungsöffnung ausstrahlen (/, Fig. 188). Was die Drüsen der Endkuppel (Fig. 182) anbetrifft, aus denen man eine besondere Art, die sogenannten Nervendrüsen, hat machen wollen, so müssen wir dazu bemerken, dass ihre längliche Form und das Verhalten ihres Ausführungscanais offenbar in der Dicke der Ober- haut und in der Pressung zwischen den Falten dieser letzteren ihren Grund haben. Ihre Stiele haben durchaus nichts Besonderes , sie gleichen in Allem den mit Kernen besäten Stielen aller Drüsen ohne Fig. 188. Rand der Basis einei" Warze des Rüssels, von innen am lebenden Thiere gesehen. V er ick, Obj. 4. Cam. lue. a, Epidermis mit Kernen (?) ; b, Pigmentmassen in Form von Zellen ; c, Pigmenthaufen ; d, kleine helle Drüsen mit Tröpfchen ; /, grosse strahlisre Drüsen mit Mündungen. Ausnahme. Man findet übrigens sogar im Rüssel ähnliche längliche Drüsen, die in die Falten der Oberhaut eingeschmiegt sind (Fig. 183). Die Pigmenthaufen (Fig. 188, c) müssen zuerst an Individuen mit leerem Darmcanale und auf der Körpermitte selbst studirt werden. Man sieht sie alsdann in kleiner Anzahl in dem homogenen Binde- gewebe zwischen den Drüsen zerstreut , aus kleinen gelben Körnern zusammengesetzt und bisweilen von einer bindegewebigen Scheide mit Kernen umgeben. Ihre Zahl nimmt offenbar durch das Fasten ab; die Individuen, welche sich entleert haben und nicht von Neuem Sand verschlucken können, werden zusichtlich blasser. Das Pigment hält sich mit grösserer Ausdauer auf dem Rüssel (c, Fig. 184), wo es ge- wöhnlich fast alle Zwischenräume der Drüsen ausfüllt, sowie auch auf Gepliyreen. 387 dem Tentakelkranze. Man trifft übrigens dieses gelbe Pigment, bald zerstreut, bald in beträchtlicherer Menge, fast überall und in allen Organen, die Zurückzieher des Rüssels aiisgenommen , welche niemals Pigment aufweisen. Es scheint beinahe ein constantes Element des Bindegewebes zu sein. Wir werden uns über die dem Tentakelapparate eigenthümlichen Wimperdrüsen bei der Behandlung des ersteren näher auslassen. Die Hypodermcanäle (/, Fig. 183; d, Fig. 189) sind in der Tiefe des Bindegewebes ausgegraben und bilden offenbar ein Zu- behör der allgemeinen Leibeshöhle. Auf Querschnitten (?', Fig, 183) bieten sie sich als Lücken dar, die ziemlich allgemein eine eiförmige Gestalt besitzen und an der Basis der Hervori'agungen, welche von den Drüsen eingenommen werden, und immer den Zwischenräumen der Längsmiiskeln entsprechend gelagert sind. Sie werden von den Kreis- muskeln durch eine mehr oder weniger beträchtliche, in den meisten Fällen aber sehr schwache Schicht von Hypodermzellen getrennt und bieten eine sehr deutliche und feste innere Eigenhaut dar, welche schon unter mittleren Vergrösserungen einen doppelten Umriss auf- weist. Diese Haut ist innen von einem ausserordentlich dünnen Pflasterepithelium ausgekleidet. Querschnitte thun dar, dass diese Canäle, indem sie sich verengern , bis in das erste Drittel des Rüssels, sowie auch in den Anfang der Endkuppel eindringen , wo sie blind endigen. Sie enthalten in den meisten Fällen nur Blutkörperchen, welche denjenigen, die sich in der allgemeinen Körperhöhle finden, vollständig ähnlich sind; aber bei den Individuen, deren Geschlechts- producte zur Reife gelangt sind, sind sie oft mit Eiern oder Samen- kügelchen vollgestopft. Wir haben niemals Urnen darin gefunden, so wie sie sich in der allgemeinen Körperhöhle zeigen, aber wir zweifeln nicht daran, dass diese Elemente auch in die HyiDodermcanäle dringen können. Um ihren Verlauf im Ganzen untersuchen zu können , wählt man Lidividuen , deren Canäle mit Geschlechtsproducten gefüllt sind. Mau kann die Epidermis entfernen und dann die zerschnittenen und aus- gebreiteten Körperdecken von innen unter schwachen Vergrösserungen untersuchen. Wenn sie angefüllt sind, sieht man sie schon mit blossem Auge als weisse, in den Zwischenräumen der Längsmuskeln gelegene Stränge. Wir haben einen solchen mit Eiern angefüllten Canal unter einer Vergrösserung von 20 Durchmessern abgebildet (cl, Fig. 189, a. f. S.). Man sieht sehr schön die Eigenwände und die mit Oeffnungen versehenen seitlichen Anheftungen , welche den Lücken zwischen den Kreismuskeln entsprechen. Aber das einfachste Mittel, diese Canäle zur Anschauung zu bringen, bietet uns die Einspritzung dar. Hier lassen wir das Ver- fahren folgen , welches wir mit bestem Erfolge angewendet haben. 25* 388 Sternwürmer. Man schneidet ein frisch mit Chloroform, das die Gewebe erschlaffen lässt, getödtetes Individuum in der Körpermitte entzwei, entfernt auf beiden Seiten theilweise den Darmcanal, indem man ihn herausreisst und treibt fein mit Eiweiss zerriebenen Carmin in die allgemeine Körper- höhle. Man sieht den Farbstoff überall in die Canäle dringen und Fig. 189. cv Hypodermcanaljvon der Innenseite gesehen. Verick, Obj. 0. Cam. lue. a, Längs- muskeln des Körpers ; h , Kreismuskeln ; c , Zwischenräume zwischen den Streifen dieser Muskeln; d, Hypodermcanal ; e, Ausführuugscanäle, welche in die Zwischen- räume gestellt sind; /, Eier, den Canal erfüllend. nachdem dieselben, sowie auch die allgemeine Körperhöhle vollständig damit gefüllt sind, taucht man die beiden abgeschnittenen und unterbun- denen Stücke in Weingeist, der das Eiweiss genügend härtet, so dass der Gepliyreen. 389 Farbstoff in den Canälen erhalten wird. Wenn man nachher die Hälften der Länge nach aufschneidet, kann man sie ausbreiten und sie entweder mit Glycerin oder durch die Behandlung, welche man an- wendet, um Schnitte anzulegen, durchsichtiger machen. Die Mündungen dieser Canäle finden sich in kleinen Seitenästen (e, Fig. 189), welche den Abständen der Kreismuskeln entsprechen und eine schräge Richtung einschlagen, um sich unter den Rändern der Längsmuskeln zu öffnen. Die allgemeine Körperhöhle erstreckt sich über die ganze Körperlänge von der Basis des Tentakelkranzes an bis zur Spitze der Endkuppel, wo sie, wie wir weiter oben erwähnt haben, vollständig geschlossen ist, da die scheinbare Spalte, welche sich auf der Spitze zeigt, nur das Resultat einer wenig tiefen Einstülpung dieses Theiles ist. Die Körperhöhle steht mit den Hypodermcanälen, welche nur eine Fortsetzung derselben sind, in Verbindung, bietet aber keine Oeffnung nach aussen dar, die zwei Mündungen ausgenommen, welche in die Segmentalorgane führen und von denen wir bei diesen letzteren sprechen werden. Durch diese Oeffnungen kann das Meerwasser in die Segmentalorgane und dann in die allgemeine Körperhöhle dringen; durch diese Oeffnungen treten auch die Geschlechtsproducte, nach ihrer Ausreifung inmitten der allgemeinen Körperhöhle ,' in die Seg- mentalorgane, um hierauf ausgestossen zu werden. Die allgemeine Körperhöhle wird in allen Richtungen von Fäden und Strängen aus Bindegewebe (ma, Fig. 181) durchzogen, zu welchen sich oft sehr feine Muskelfasei'n gesellen. Diese Elemente befestigen den Darmcanal und die übrigen Organe mit Ausnahme der Segmental- organe in schlaffer Weise an die Körperwand. Bei der Präparirung unter Wasser lassen sich diese ganz durchsichtigen Bänder meistens nur durch den Widerstand wahrnehmen, den sie darbieten, wenn man die Organe aus einander legen will. Sie sind besonders sehr stark um den After und um die Insertionspunkte der Zurückzieher des Rüssels herum entwickelt, wo sie eine Art Scheidewand bilden. Die Körperhöhle ist mit Meerwasser erfüllt, in welchem sehr verschiedene Gebilde (Fig. 190 und 191, a. ff. S.) schwimmen: Blut- körperchen, Urnen und Geschlechtsproducte. Die ersteren (a) sind rund, durchsichtig, abgeplattet, ein wenig in der Mitte eingedrückt, so dass sie den Blutkörperchen der Säugethiere gleichen; sie haben eine schwach röthliche Farbe, lassen sich aber nur sehr schwer färben und enthalten oft kleine Körner oder Bläschen. Sie sind für Reagentien sehr empfindlich und bieten leicht Verunstaltungen dar. Körnige Körperchen von ungefähr gleicher Grösse scheinen in Rückbildung begriffene Blutkörperchen zu sein. Diese körnigen Körperchen treiben bisweilen denjenigen der Amoeben ähnliche Scheinfüsse. Unsere An- sicht über ihre Rückbildung beruht auf der Thatsache, dass normale 390 Sternwürmer. Blutkörperchen, welche von den Urnen erfasst und von den Winiper- haaren dieser letzteren hin und her geworfen werden, in den körnigen Zustand übergehen. Die Urnen (c, Fig. 190) sind sehr sonderbare Gebilde, die durch einen durchsichtigen, rundlichen, eiförmigen oder im Mittelpunkte etwas eingedrückten Sack hergestellt werden, dessen Wände ziemlich widerstandsfähig und fest sind. Auf der Seite, welche der Vertiefung gegenüber liegt, tragen diese Säcke einen vorspringenden Reif (c'), auf Fie:. 190. A' d^ d,* ' 3 Inhalt der allgemeinen Körperhöhle eines weiblichen Individuums. Verick, Obj. 7. Cam. lue. a, helle Blutkörperchen in verschiedenen Stellungen; h, körnige Blut- körperchen; c, Urnen; 1, in Profilansicht ; 2, in Dreiviertelsansicht ; 3, von der Fläche aus; c^, consistenter Reif; c^, aufsteigender Theil des Reifes; c^, durchsichtige Hülle; c*, Protoplasmakern in derselben; c° , Insertionskreis der Wimperhaare; d, junges Ei; rZ^, bindegewebige Hülle mit Kernen; cZ 2, Dotterhaut ; fZ 3, Keimbläschen ; fZ*, Kern- körperchen; e, vorgerückteres Ei; e^, Follikel mit Kernen; e^, Dotterhülle mit Poren- canälen; e^, körniger Dotter; e*, Keimbläschen; e^, Kenikörperchen. welchen sehr lange und mächtige Wimperhaare, mittelst deren diese Urnen mit grosser Schnelligkeit herumschwimmen, eingepflanzt sind. Der Grimd des Reifes scheint vollständig geschlossen und auch mit Wimperbaaren bepflanzt zu sein. Durch ihre Bewegungen und durch ihr Verhalten gleichen diese Urnen ganz und gar Infusorien. Sie leben offenbar auf Kosten der übrigen Elemente; durch die Wirbel- Gephyreen. 391 bewegung, welche sie hervorbringen, ziehen sie die Blutkörperchen uüd selbst Samenhaufeu zu sich heran, und man sieht deutlich, wie diese letzteren zerfallen , während die ersteren körnig werden. Wir haben oft drei oder vier dieser Urnen um einen Samenballen geschaart ge- sehen , von welchen sie die Zellen ablösten. Diese Zellen blieben im Grunde der Reifen kleben und drehten sich ohne Unterlass unter dem Einflüsse der Bewegungen der Wimperhaare. Da die Urnen sich in sehr wechselnder Anzahl bei den verschiedenen Individuen vorfinden (wir haben sogar unter mehr als Hunderten zwei gefunden, bei welchen sie vollkommen fehlten), so sind wir der Ansicht, dass es in der That Schmarotzerinfusorien sind, welche sich in der allgemeinen Körperhöhle Fig. 191. aufhalten und sich darin entwickeln, denn neben ausgebildeten Urnen trifft man junge und verkümmerte, ihrer Wimperhaare beraubte Hüllen (d, Fig. 191) an. Man hat die Ver- muthung ausgesprochen, die Urnen seien abgelöste Theile des Epithe- liums, entweder vom Darmcanale oder von den Tentakelcanälen und die Art und Weise, wie sie schwim- men, gleiche nicht derjenigen der Infusorien. Wir haben keine That- sache, welche die erste Vermuthung rechtfertigt, beobachten können und das Schwimmen dieser Organismen ist nach unserer Ansicht demjenigen der Infusorien so ähnlich, dass man sie unzweifelhaft für solche halten würde, wenn man sie frei im Meer- wasser herumschwimmend antreffen würde. In letzter Linie finden sich in der allgemeinen Körperhöhle Zeuguugsproducte vor, Eier bei den einen (Fig. 190), Samenballen bei den anderen (Fig. 191). Diese Elemente entwickeln sich allmählich und werden immer entweder von den Urnen oder durch die Zusammenziehungen des Körpers in Be- wegung erhalten. Die Hautmuskeln (Fig. 181, 189, 192, 193). — Die äussere Schicht der Hautmuskelscheide (mc, Fig. 192 und 193) wird von queren Kreisfasern gebildet, welche ganz um den Körper herumgehen. In dem Rüssel sowie in der Endkuppel bilden diese Fasern eine gleich- förmige, flache und zusammenhängende Schicht; auf dem Körper da- gegen sind es flache , durch regelmässige Zwischenräume geschiedene 0- Inhalt der allgemeinen Körperhöhle eines Männchens. Verick, Obj. 7. Cam. lue. a, helle Blutkörperchen ; b, körnige Kör- perchen ; c, Samenkugeln; d, todte und verkümmerte Urne. 392 Sternwürmer. Streifenbündel (e, Fig. 189 und mci, Fig. 193). In den Zwischen- räumen verbreitern sich die Hypodermcanäle; diese Zwischenräume bilden helle Linien, die um so durchsichtiger sind als die Ränder der Streifen dünner sind als ihre Mitte, wo sie sich etwas empor wölben. Fig. 192. nuLt --rruc- Querschnitt des zurückgezogenen und eingestülpten Rüssels. Der Schnitt geht durch die zurückgebogenen Segmentalorgane und den freien Theil des Nervenstrangs. Verick Obj. 0. Cam. lue. i, Zurückgestülpter Theil des Rüssels; e, Epidermis; /, Zone der Hautdrüsen ; g , Hypodermgewebe ; A;, allgemeine Körperhöhle ; hl , durch die Ein- stülpung des Rüsselendes gebildete Höhle; /, Segmentalorgane, mc, Kreismuskeln m/, Längsmuskeln; mcl^ Kreismuskeln des zurückgestülpten Theiles des Rüssels mlt^ Längsmuskeln des gleichen Theiles; jjc, Bindegewebshülle der Nervenstämme »is, Nebennerven, die sich in den Rüssel begeben; nt, Nervenstrang, in seinem freien Theile durchschnitten; ;>, äussere Warzen des Rüsselendes, durch die Einstülpung zu inneren geworden. Die Streifen verdicken sich ebenfalls um die Mündungen der Segmental- organe und um den After herum und bilden besonders um diesen letzteren herum einen wirklichen Schliessmuskel, Gephyreen. 393 Die schrägen Muskelbüudel (mo, Fig. 193) finden sich nur in der Gegend zwischen den Wurzeln der Zurückzieher des Rüssels und den Mündungen der Segmentalorgane gehörig entwickelt vor. Es sind sehr weit von einander abstehende, flache zarte Bündel, welche auf beiden Seiten des Nervenstranges entspringen , ihren schrägen Verlauf zwischen den zwei übrigen Muskelscüichten gegen den Rücken hin riff. 193. mci- mtCii'. rtuLü. Muskelschichten in der Nähe des Afters von der Innenseite gesehen. Das Präparat ist mit Glycerin durchsichtiger gemacht worden, mc, Kreismuskeln; mci, Zwischen- räume zwischen den Bändern dieser Muskeln ; ml, Längsmuskeln ; mhj, Seitenzonen dieser Bündel, von Hautdrüsen eingenommen; mß, Insertionszone der Längsbündel; mo, schräge Muskeln ; q, Eier in den Hypodermcanälen. nehmen und sich um die genannten Wurzeln herum verlieren , indem sie sich mit dem Diaphragma, von dem wir später sprechen werden, verschmelzen. Die innere Schicht endlich wird von dicken Längsbündeln {))ü, auf allen Figuren) gebildet, die von einander isolirt sind und den Hype- 394 Sternwürmer. dermcanälen entsprechend durch ziemlich beträchtliche Längszwischen- räume geschieden werden. Man zählt in der Mitte des Körpers 32 solcher Längsbündel, welche an der Epidermis durch eine dünne Schicht vun Bindegewebe {mli, Fig. 193) befestigt werden, bedeutend gegen die allgemeine Leibeshöhle hin hervorragen und auf ihren freien Flächen ziemlich breiter werden, so dass ihre Ränder theilweise die Hypodermcanäle bedecken. In diesen bedeckten Streifen {niJg, Fig. 193) sind die Hautdrüsen des Körpers hauptsächlich angehäuft. Gegen den Rüssel wie gegen die Endkuppel hin anastomosiren und vermengen sich die Längsbündel ziemlich häufig; an der Spitze der Kuppel ver- flachen sie sich, indem sie eine zusammenhängende Schicht um den sich einstülpenden Endtheil herum bilden; am Rüssel bleiben sie trotz der Anastomosen mehr oder weniger deutlich von einander unter- schieden. Auf Querschnitten bieten sich diese Bündel wie die Zähne eines innen gezahnten Rades (ml, Fig. 192) dar. Auf solchen Schnitten sieht man mit stärkeren Vergrösserungen (Fig. 196) die Muskelsubstanz sehr schön. Dieselbe lässt sich gut färben, und bietet mannigfaltige Formen und Grössen dar, je nach der Stelle, wo die Faser durchschnitten wurde. Die Fasern sind in der That spindelförmig und sehr in die Länge gezogen; sie sind von einem durchsichtigen Sarkolemma umgeben, durch ziemlich entwickeltes Binde- gewebe zu Bündeln vereinigt und bieten im Innern der eigentlichen Muskelsubstanz feine Granulationen dar, welche sehr wohl die P^üllung eines Centralcanales oder auch das Resultat der durch dieReagentien her- vorgebrachten Gerinnung der Innern weicheren Substanz sein könnten. Eine besondere Modification der Längsmuskeln bietet sich in den Zurückziehern des Rüssels dar (mr, Fig. 180, 181, 200, 201), welche sich in zwei Paare theilen; ein Bauchpaar, innerhalb dessen Insertion der Bauchnervenstrang durchgeht und ein Rückenpaar, welches den Mastdarm umfasst. Diese Muskeln, welche immer sehr weiss und in hervorragender Weise contractil sind, besitzen in ihrer grössteu Aus- dehnung die Gestalt dicker Bänder und umgeben den Munddarm so gut, dass ihre Ränder sich berühren und so eine Art Scheide um den Munddarm gebildet wird. Sie entstehen auf einer ungefähr 1 cm hinter dem After gelegenen Kreislinie (nii, Fig. 180, 181) mittelst fingerförmiger Ansätze, welche sich mit den Längsbündeln des Körpers vermischen und mit dieser Insertion, sowie mit den zahlreichen Bündeln und Fasern, vermöge derer sie sich an den Darmcanal befestigen, eine durchbrochene Querscheidewand bilden. Dieselbe weist zwar viele Lücken auf, ist aber fest und dick genug um eine Art Diaphragma zu bilden. Wenn die fingerförmigen Ansätze sich vereinigt haben, setzen die vier Muskeln ihren Weg dem Munddarme entlang fort, dem sie zahlreiche ziemlich feine Bündel zusenden. Beim Hirne augekommen verflachen sich die Streifen beträchtlich, verschmelzen mit einander und Gepliyreen. 395 bilden mit den Muskelfasern des Rüssels selbst eine starke verfilzte Umhüllung um den Tentakeltrichter (a, Fig. 181) herum, in welche sich die Tentakeln zusammenfalten, wenn der Rüssel zurücksrezoffen wird. Es ist unmöglich, in dieser Umhüllung einzelne verschieden gerichtete Schichten zu unterscheiden. Man sieht darin Längs-, Quer- und schräge Fasern zusammengewebt und zwischen ihnen vertheilen sich die zahlreichen Tentakelnerven, deren Spuren man an Schnitten schön wahrnimmt, welche man aber kaum mit dem Scalpell in der Hand ver- folgen kann. Wir werden die besonderen Muskeln bei Gelegenheit derjenigen Organe, zu welchen sie gehören, behandeln. Das Nervensystem. — Das Gehirn (o, Fig. 181, 194, 195, 200) liegt auf der Rückenseite der Speiseröhre, fast unmittelbar hinter der Insertion des Tentakelkranzes. Es ist mit seiner unteren Seite so gut am Tentakelcanale befestigt, dass man es nicht davon ablösen kann ohne diesen Canal zu beschädigen. Es wird offenbar von zwei kugeligen Hälften gebildet, welche in der Mitte breit mit einander ver- schmolzen sind. Das Gehirn ist auch mit einem halbkreisförmigen Kranze von fiugerartigen Bildungen geschmückt. Von diesen Ge- bildeQ werden wir weiter unten reden. Dieser Büschelkranz ist in unmittelbarem Zusammenhang mit einer starken fibrösen und binde- gewebigen Hülle des ganzen Organes und bildet ein besonderes Sinnes- organ. In vielen Exemplaren zeigt das Gehirn wie der Bauchstrang eine röthliche Farbe, welche bei anderen fehlt. Die Muskelfaser- hülle und die fingerförmigen Fortsätze weisen fast immer zahlreiche dunkelbraune Pigmentflecken auf, welche besonders auf der Peri- pherie und an der Mittellinie zwischen den beiden Hirnhälften dicht stehen, so dass das Organ mit blossem Auge oder unter der Lupe ge- sehen, gewöhnlich die Figur eines Binocle darbietet. Dieses Pigment scheint sich im Alkohol aufzulösen, ist aber an frischen Exemplaren sehr gut sichtbar. Vom Gehirne gehen auf jeder Seite direct zwei Nervenpaare ab, welche auf der Bauchseite der Ganglien entspringen und im Bogen zu dem Tentakelkranze sich begeben. Drei andere ähnliche Nervenpaare entspringen auf den Commissuren, das erste an dem Rande, die zwei anderen Paare auf der Bauchseite dieser Nerven. Alle diese Nerven (nt^"'^, Fig. 194 und 195) begeben sich, indem sie sich krümmen und Verzweigungen abgeben, zu der Basis des Tentakelkranzes. Da dieser durch die Ansätze der Zurückzieher und durch ein sehr dicht gedrängtes Bindegewebe, welches um den Eingang der Speiseröhre herum einen Isthmus bildet, sehr verdickt wird, so gestehen wir, dass wir diese Nerven, welche sich ohne Zweifel in den Tentakeln verzweigen, wie es in dieser Gegend vorgenommene Schnitte beweisen, nicht weiter haben folgen können. 396 Sternwürmer. Auf der unteren und hinteren Fläche eines jeden Ganglions löst sich ein ziemlich mächtiger Nerv ab, der sich nach hinten und gegen die Bauchseite hin begiebt und, indem er sich mit dem gegenüber- liegenden Ast vereinigt, einen schlaffen und bedeutend nach hinten um Fig. 194, Fiff. 195. 'ö- OlO.. i/ Fig. 194. — Viermal vergrössertes Präparat, die Anordnung der Theile um das Gehirn herum zeigend, ac^ Tentakeltrichter; mrdi dorsaler Zurüokzieher; wrry, ventraler Zurückzieher des Rüssels; ?ic, Nervencommissur ; ns^ Nebennerv zu den Muskeln- M<1~*, Nerven, die sich zum Tentakelkranze begeben; o, Gehirn; oc^ Gehirncanal; s, Sinnesbüschel; w, Muskelring, die Ampulle der Tentakelcanäle x verdeckend; !/ö, Munddarm. Fig. 195. — Das Gehirn mit den Nerven, welche von ihm ausstrahlen. Gefärbtes Glycerinpräparat. Verick 0., Cam. lue. Reducirte Zeichnung, nc, Commissur- nerven; me, bindegewebige Scheide der Nervenstämme; «?', Darmnerv; nig , An- schwellung, von der die Darmäste ausstrahlen; nie\ Ringnerven des Darmes; nl, freier Nervenstrang des Rüssels; ?«s, Nebennerven zu den Muskeln; ni^—^, die fünf Ten- takelnerven ; 0, Gehirn ; ob , umgeschlagener Rand des Einganges zum Gehirncanal oc; om, vorderer Muskelring des Gehirnes, stark pigmentirt; s, Sinnesbüschel- y, punktirte Linie, den Rand des Munddarmes andeutend. Gephyreen. 397 die Speiseröhre ausgezogenen Ring bildet. Aber vor ihrer vollständigen Ablösung vom Ganglion sendet jede Commissur unmittelbar nach hinten einen Nerv, der sich an die Speiseröhre legt und in kurzer Entfernung sich in eine beträchtliche Anzahl von Zweigen auflöst, von denen einige einen Reif um die Speisei'öhre zu bilden scheinen (ni, Fig. 195). Wir haben die Zweige dieses Darmnerven nicht weiter verfolgen können. Wenn es gelingt, was allerdings nicht sehr häufig vorkommt, dass man ein Individuum mit vollständig entfalteten Tentakeln (mc, Fig. 200, 201) untersuchen kann, so sieht man leicht die um die Speiseröhre herum gebildete Schlinge, sowie den Vereinigungspunkt, wo die Commissuren sich verbinden um den Bauchnervenstrang zu bilden (no). An dieser Stelle und sogar bereits vor den Commissuren befestigen sich am Strange zwei dünne und flache Muskelstreifen (mm, Fig. 201), welche vorn auf der Basis des Tentakelkranzes entstehen und den Strang auf der ganzen Strecke, welche zwischen dem Rüssel und den Mündungen der Segmentalorgane liegt, begleiten. An dieser letzteren Stelle ver- mischen sich diese dünnen Streifen, welche wir Strangmuskeln nennen wollen, mit den Längsmuskeln (Fig. 201). Auf diesem ganzen Verlaufe schwebt der Strang (nl, Fig. 181), der von seinen seitlichen Muskelstreifen umgeben ist, frei in der allge- meinen Körperhöhle, indem er etwa zehn Nervenpaare (nst, Fig. 181) zu den Muskeln, welche die Rüsselscheide bilden, abschickt. Diese Nerven dringen in die Zwischenräume der Muskelfasern ein und sind immer von flachen und dünnen Muskelstreifchen begleitet, welche von den Strangmuskeln geliefert werden. Der Strang ist auf diesem ganzen Theile immer stark geschlängelt und unterscheidet sich durch seine anscheinenden Knoten, durch seine röthliche Farbe und seine Undurch- sichtigkeit von den Muskelstreifen, welche ihn begleiten. Wenn man ein Thier mit eingestülptem und zurückgezogenem Rüssel (Fig. 181) präparirt, so sieht man diese Nerven mit ihren Muskeln sich nach und nach an den Rüssel wie Stricke anheften, welche den Strang an seiner Stelle zurückhalten würden. Offenbar entspricht diese Organisation der ausserordentlichen Ausdehnbarkeit des Rüssels. Ausser den dickeren Nerven, welche sich zum Rüssel begeben, giebt der Strang auf dieser ganzen Strecke ausnehmend feine Fäden zu den Muskel- streifen ab, welche ihn begleiten. Von den Mündungen der Segmentalorgane an dringt der Strang der Mittellinie des Körpers entlang zwischen die zwei mittleren Längs- muskelbündel hinein und setzt seinen Weg auf der ganzen Länge der Bauchfläche bis zum Körperende hin fort. Er verläuft auf der Innenseite des durch das Zusammenwachsen der ventralen Zurückzieher gebildeten Isthmus. Auf dieser ganzen Strecke scheint der Nerv von gleicher Dicke, obwohl er an jeden Quei'muskelstreifen rechts und links einen feinen Ast abgiebt. Die Queräste bilden vollständige Reifen um den 398 Sternwürmer. Körper herum und geben auf ihrem Wege in der Mitte der Quermuskeln an jedes Längsmuskelbündel feine Zweige ab. Bei der Spitze der Endkuppel angekommen verdickt sich der Strang bedeutend zu einer länglichen Spindel {nf, Fig. 180), welche in zwei feine Seitenäste sich endigt. Schnitte beweisen, dass diese Ver- dickung -vorzüglich von der Entwicklung des Bindegewebes herrührt, welches den Strang umgiebt, der seinerseits durch dieses Gewebe sich auf die Längsmuskeln des Körpers stützt. Der histologische Bau des Nervencentrums bietet einen ziemlich schwierigen Untersuchungsgegenstand dar, den wir in seinen Einzel- heiten nicht verfolgt haben. Die fibröse Hülle, welche von Bindegewebe gebildet ist und an der Basis des Sinnesbüschels sogar mit Muskel- fasern sich mengt, ist sehr mächtig, die Kerne sind sehr deutlich und thun durch ihre Fortsetzung gegen das Innere der Gehirnmasse hin dar, dass das Bindegewebe alle Zwischenräume dieser letzteren aus- füllt. An den Gehirnwänden mischen sich zu diesen Bindegewebs- kernen noch andere, etwas spindelförmige, aber auch körnige Kerne, welche mit Zellfortsätzen gegen innen ausstrahlen. Jedes Ganglion weist in seinem Mittelpunkte einen weissen Kern auf, der von ausserordentlich dünnen Fasern gebildet wird, welche sich nur mit grosser Schwierigkeit färben lassen. Diese beiden weissen Centren werden durch eine starke , auf gleiche Weise gebaute Quer- commissur mit einander verbunden. Auf der hinteren, dem Sinnes- büschel entgegengesetzten Fläche des Gehirnes endlich finden sich, zerstreut zwischen den Fasern und den kleinen Kernen , grosse runde Ganglienzellen vor, die einen klaren Inhalt, einen schwach gekörnten kugeligen Kern und ein sehr deutliches Kernkörperchen , das sich sehr lebhaft färbt, besitzen. Diese grossen Zellen besitzen ungefähr den vierfachen Durchmesser eines Blutkügelchens und scheinen in mehreren Reihen angeordnet zu sein. Trotz seines gleichförmigen Aussehens für das blosse Auge und die Lupe verräth der Nervenstrang doch immer auf Querschnitten seine Zusammensetzung aus zwei mit einander verschmolzenen Hälften. Diese Theilung wird sehr deutlich auf denjenigen Schnitten, welche durch den freien Theil neben dem Rüssel gehen {nt, Fig. 192); dieselbe wird auch noch, obschon weniger klar, in den Schnitten angedeutet, welche durch die Spindel der Endkuppel gehen {nf, Fig. 196). Die Nerven- stämme weisen immer ausnehmend kleine Ganglienzellen auf, deinen intensiv gefärbte Kerne auch unter ziemlich bedeutenden Vergrösse- rungen allein sichtbar sind; starke Immersionslinsen sind nöthig, um die Zellenwände wahrzunehmen. Die Stämme und die dicken Aeste sind ausserdem wie das Gehirn von einer schlaffen Scheide aus Binde- gewebe umgeben, das um die Bündel der ausserordentlich feinen und blassen Nervenfäserchen herum eine Eigenhülle bildet, welcher Gepliyreen. 399 die äussere Scheide Fäden zusendet; diese bindegewebigen Scheiden, in welchen man leicht die gleichen Kerne wie in dem Hypodei'mgewebe wahrnimmt, bieten ziemlich häufig auf Schnitten maschige Zeichnungen, so wie wir sie abgebildet haben, dar (nc, Fig. 192; nfe, Fig. 196) und gleichen so den Lymphgefässen , welche die Arterien und Venen der Reptilien umgeben. Die Ganglienzellen befinden sich immer an der Oberfläche der Nerven und auf dem Bauchstrange in der mehr Fig. 196. fTl.l ■Tn,.c^ Theil eines durch die Nervenspindel der Endkuppel gelegten Querschnittes, ^rm, binde- gewebige Scheide der Muskelbündel ; mc, Schicht der Kreismuskelu; m/, Längsmuskeln des Körpers; m/^, die zwei mittleren Längsbündel, welche sich gegen die Spindel erheben; ?;/!, bindegewebige Scheide der endständigen Nervenspindel; nf^^ Maschen- gewebe, das von dieser Scheide gebildet wird; np, Fasertheil der Spindel; ??/*, Gang- lienzellen; ?is, die beiden Nebennerven, mit welchen das Bündel endet. oder weniger ausgeprägten Furche, welche die Trennung der beiden Hälften anzeigt. Die Muskeln, welche mit den Nervenstämmen im Zusammenhange stehen, befestigen sich immer durch Bindegewebe an die Nerven- scheiden. Die Bindegewebsscheiden der Muskelbündel schicken Fort- sätze aus oder verschmelzen sogar mit den Nervenscheiden. So haben wir es an den Nerven des Rüssels und auf der endständigen Spindel gesehen. Auf dieser letzteren (mZ', Fig. 196) verdicken sich die beiden medianen Längsmuskelbündel bedeutend, indem sie eine weit er- habenere Hervorragung als die übrigen Längsmuskeln bilden und indem sie ihre Bindegewebsscheide an diejenige der Nervenspindel 400 Sternwürmer. Fig. 197. anlegen, umfassen sie sogar mit ihrer Scheide die beiden Seitennerven, mit welchen die Spindel endet {ns, Fig. 196). Sinnesorgane. — Wir nennen Sinnesbüschel (s, Fig. 194 195) den oben erwähnten Kranz mit fingerartigen Fortsätzen, der auf dem Yorderrande des Gehirnes aufsitzt und frei in die allgemeine Körperhöhle hineinragt. Die Flüssigkeit dieser Höhle bespült seine Fortsätze. Um dieses Büschel in frischem Zustande zu untersuchen, schnei- det man das lebende Thier in der Nähe der Insertion der Zurück- zieher hinter dem After rasch mit der Scheere durch; dann öffnet man den Rüssel schnell der Länge nach, löst mit einer feinen krummen Scheere das Gehirn ab, indem man eine der Klin- gen zwischen den Kranz und die Tentakelbasis einführt und breitet das so abgelöste Gehirn auf dem Object- träger aus. Man kann alsdann das in Fransen ausgeschnittene Büschel unter schwachen Vergrösserungen untersuchen und wenn die Operation gut ausgefallen ist, kann man die Fransenränder selbst mit Immersions- linsen beobachten. Die Fransen sind solid, infolge ihrer Contractionen von ziemlich wechselnder Form und Bäumchen ähn- lich, welche von einer gemeinsamen Basis ausgehen, indem sie Seitenäste (Fig. 195) treiben. Besonders an die- sen Aesten kann man dieStructureinzel- heiten beobachten. Man sieht alsdann, dass die Um- risse dieser ziemlich contractilen Fran- sen (Fig. 197) von einer durchsichtigen Substanz mit Rändern, die durch Zellkerne (b) unregelmässig verdickt sind , gebildet werden. In dieser Sub- stanz sind von Abstand zu Abstand Wimperbecher in Form von Urnen (c) eingepflanzt. Jeder dieser Becher besitzt einen verdickten Rand, der eine breite, kraterförmige Oeffnung besitzt, durch welche ziem- lich lange Wimperhaare heraustreten, welche sich gern am Ende hakenförmig krümmen und ihr Sj)iel noch ganze Stunden lang fortsetzen, wenn man sorgfältig die Präparirung im Meerwasser vor- Ast des Sinnesbüscliels nach einem lebenden Thiere mit der Cam. lue. gezeichnet. Zeiss, Obj. J. a, durchsichtige Scheide; b, in dieser Hülle gelegene Kerne ; c, Wimper- becher im Profile gesehen ; d, die gleichen, von oben gesehen ; e, Pig- menthaufen ; /, Muskelfasern. Gephyreen. 401 nimmt. Diese Krümmung der Wimperhaare zu einem endständigen Kuöpfchen, welche man hier wie an vielen anderen Organen des Sipun- culus beobachten kann, hat Brandt zu der, wie wir glauben, irrigen Fig. 198. Rand eines stark ausgedehnten Astes eines Sinnesbüschels. Zeiss, Obj. J, Oc. 2. Cam. lue. a, dm-chsichtige Scheide mit Kernen; b, Wimperbecher; c, in der Scheide zer- streute Körperchen; rZ, Pigmenthaufen. Ansicht verleitet, dass diese Thiere stecknadelförmige Wimperhaare besitzen. Im Grunde des Bechers befindet sich ein körniges Zellen- polster, in welchem man mit starken Vergrösserungen die länglichen, Fig. 199. Einige isolirte Becher. Zeiss, Immersion E, Oc. 2. Cam. lue. a, Rand der Sinnes- büschelscheide; h, Wimperhaare; c, verdickter Rand des Bechers; d, Boden des Bechers ; e, Ring von Kernen der Wimperzellen ; /, Nervenfaden (?) zum Boden des Bechers gehend; g, Pigmenthaufen. glänzenden Kerne von im Kreise gestellten Zellen wahrnimmt (Fig, 198 und 199). Je nach den Stellungen scheinen die Wimperbecher nach Vogt u. Yuiig, piakt. vergleich. Anatomie. 26 402 Sternwürmer. innen vertieft oder mehr ausgeweitet, so wie wir sie in Fig. 199 abgebildet haben. Bisweilen sind sie so beträchtlich nach aussen ge- rückt, dass sie unbedeutende Hervorragungen bilden. Gewöhnlich ruht der Boden des Bechers beinahe unmittelbar auf dem Inhalte der Franse, der von undurchsichtigen körnigen Zellen , welche einer weiteren Untersuchung nicht günstig sind, gebildet wird (e, Fig. 197); aber in einigen Fällen (/, Fig. 199) haben wir einen feinen Faden constatirt, der ohne Zweifel ein Nervenfaden ist, welcher vom Boden des Bechers ausgeht und sich in die Innensubstanz begiebt, wo man ihm nicht mehr folgen kann. Dieser Faden bot bisweilen eine runde Anschwel- lung dar, die wie ein Nervenzellenkern aussah. In der Innensubstanz bemerkt man hier und da Pigmenthaufen (e, Fig. 198) von gelblich- brauner Farbe. Wenn man die durchsichtigeren Seitenfransen (Fig. 197) untersucht, kann man nachweisen, dass Fäden von muskelartigem Aussehen (/) sich in den Stiel der Fransen begeben, den sie in seiner Länge durchlaufen. Möglicherweise begleiten feine Nervenfäden diese Muskelfäserchen, welche bei ihren Zusammenziehungen quere Knötchen- linien zeigen, die denjenigen der quergestreiften Muskeln der höheren Thiere einigermaassen ähnlich sehen. Wir zweifeln nach diesen Ergebnissen nicht daran, dass der Fransenbüschel ein Sinnesorgan ist. Aber es ist schwer zu sagen, welche Vorrichtung dieses Organ erfüllt. Die Becher sind gegen die allgemeine Körperhöhle hin offen; in der Flüssigkeit, welche diese letztere erfüllt, spielen ihre Wimpern; der ganze Kranz taucht mit seinen freien Theilen in die Flüssigkeit der allgemeinen Körperhöhle, deren Blutkörperchen um die Fransen herumwirbeln. Es können daher hier keine Beziehungen zu der Aussenwelt vorkommen, weil die Becher auf der Seite der Fransensubstanz geschlossen sind. Die Fransen können demnach nur Empfindungen übermitteln, welche sich auf den Inhalt der allgemeinen Körperhöhle beziehen. Die Becher sind sehr zart und bisweilen gelingt es nur mit Mühe, sie am lebenden Thiere wahrzunehmen, da die Contraction der Fransen sie derartig gegen den Inhalt presst, dass dadurch der durch- sichtige Rand völlig vei'wischt wird. Wir haben vergebens gesucht, sie mit allen ihren Einzelheiten auf sorgfältig angefertigten Schnitten, welche sehr schön die übrigen bereits beschriebenen Structureinzel- heiten sehen lassen , nachzuweisen. Alle Reagentien , welche wir ver- sucht haben, Osmiumsäure, Sublimat, Chromsäure u. s. w. ziehen die Büschel so sehr zusammen , dass die Becher fast gänzlich ver- schwinden. , Der Tentakelapparat (a, Fig. 180, 200 und 201), — Dieser Apparat wird von zwei deutlich geschiedenen, aber zusammen- gehörenden Theilen gebildet, nämlich von dem Tentakelkranze und seinen Zuführungscanälen, welche dem Munddarme entlang verlaufen. Gephyreen. 408 Der Tentakelkranz bildet um den Mundeingang herum (a, Fig. 200 und 201) einen zierlich in Fransen ausgeschnittenen Trichter. Diese Fransen besitzen, wenn sie sich ausdehnen, das Aus- sehen abgeflachter und gekerbter Blätter. Die Basis des Trichters ist vollständig bis zu einer gewissen Entfernung von der Stelle, wo die Fig. 201. Fiff. 200 //i./:d j/.6 Je Fig, 200. — Präparat, einem Individuum entnommen, das mit entfaltetem Rüssel und Tentakelkranze gestorben war. Die Haut ist auf der Rückenlinie aufgeschnitten. Ums Doppelte vergrössert. a, Tentakelkranz; ajn, zu dem Kranze gehende Muskelbündel; tnn, Nerrenmuskeln ; vird, linker dorsaler Zurückzieher ; jurcfl, rechter dorsaler Zu- rückzieher; mrv , linker ventraler Zurückzieher ; mrv^, rechter ventraler Zurückzieher; nc, Comraissurnerven ; nl, freier Nervenstrang; o, Gehirn; ob, den Eintritt zum Gehirncanal bildender Umschlag; oc, Gehirncanal; s, eine in diesen Canal geführte Sonde; s, Sinnesbüschel; yb, Munddarm; r», dorsaler Tentakclcanal. Fig. 201. — Ein dem vorhergehenden analoges Präparat, durch einen Einschnitt auf der Bauchseite hergestellt. Der Nervenstrang ist ein wenig nach rechts gezogen, ö, Tentakelkranz; ac, sein Trichter gegen den Munddarm hin; b, Eingang zum Munde; mn, Nervenmuskeln; mrd, rechter dorsaler Zurückzieher; mrd}, linker dorsaler Zurückzieher; mrv, rechter ventraler Zurückzieher; nirv^, linker ventraler Zurück- zieher; MC, Commissurnerven ; nl, freier Nervenstrang des Rüssels; ns, von Muskel- streifen begleitete Nebennerven des Rüssels; a:, ventraler Tentakelcanal ; a;a, Ampulle; yh, Munddarm. 2G* 404 Sternwürmer. Einsclmitte beginnen ; sie würde vollständig um das Rüsselende herum- gehen , wäre sie nicht auf der Rückenseite , dem Gehirne gegenüber, durch eine feine, in den Gehirncanal (0, Fig. 200) führende Oefifnung unterbrochen. Die Fransen, welche diesen Canal auf der Bauchseite umgeben — seine Rückenseite wird einzig durch den an der Basis des Tentakelkranzes entwickelten Muskelring gebildet — falten sich gern nach innen , gegen den Mund zu ein , so dass der Trichter ein doppeltes Hufeisen bildet; aber dieses Aussehen, das sehr viele Zoo- logen für den Ausdruck der wirklichen Gestalt des Kranzes gehalten haben, ist trügerisch und dieser bildet in "Wirklichkeit einen vollstän- digen Trichter. Die Basis des Trichters, der sich vom oben erwähnten Muskelringe aus erhebt, wird von zwei häutigen Blättchen gebildet, die einander dicht anliegen, aber doch einen Innenraum lassen, der von zahlreichen Muskelgeflechten durchzogen wird und durch die Einspritzung der in den Tentakeln und den Canälen circulirenden Flüssigkeit bedeutend aufgetrieben werden kann. Er wird von einer sehr dünnen Haut, der verdünnten Fortsetzung der Haut des Rüssels überzogen. Diese Haut setzt sich, indem sie sich noch mehr verdünnt, auf die Ten- takelblätter fort. Hier wird dieselbe von unzähligen Poren durchbohrt, aus welchen Wimperhaare hervortreten. Diese Flimmerhaare sitzen auf einer zusammenhängenden Schicht von länglichen Zellen, deren Kerne sich an der Basis befinden. Wenn man ein Tentakelblättchen , un- mittelbar nachdem man den ganzen Kranz mit einem raschen Schnitte der Scheere an einem lebenden Thiere abgetrennt hat, untersucht, so kann man sich infolge der Durchsichtigkeit der Gewebe einen Einblick in den Bau desselben verschaffen. Unsere Zeichnung (Fig. 202) ist mit der hellen Kammer nach einem solchen Präparate aufgenommen worden. Man sieht an den Rändern die lebhaft schlagenden Wimper- haare (a), welche auf den beiden Flächen des Blättchens bis gegen den ungetheilten Theil des Trichters hin einen zusammenhängenden Ueber- zug bilden. Die Haare scheinen von ihren Zellen durch eine sehr dünne Cuticula (c) getrennt zu sein. Innerhalb dieser Haut sieht man läng- liche Zellen (h), auf deren Boden man die länglichen körnigen Kerne wahrnimmt. Das Parenchym des Blättchens wird von Muskelgeflechten gebildet, welche in der allgemeinen Anlage ihrer Bündel eine strahlige Anordnung darbieten, in Wirklichkeit aber ein Maschengewebe von mit unter einander in Verbindung stehenden Vacuolen bilden. Die Muskelgeflechte durchsetzen das Blättchen von einer Fläche zur an- deren und verfilzten sich in mannigfaltigster Weise. In diesen Vacuolen circuliren Körperchen, welche den Blutkügelchen der allge- meinen Körperhöhle durchaus ähnlich sind. Die Strömungen sind sehr schnell und finden in allen Richtungen statt; man kann unter dem Mikroskope kein anziehenderes Schauspiel als diese Körperchenströ- Gephyreeii. 405 mungen seilen, welche noch lange nach der Abtrennung des Tentakel- kranzes fortdauern, da die Zusammenziehungen der mächtigen Muskel- bündel an der Basis desselben das Ausfliessen durch die Wunde Fig. 202. CLCb Endstück eines Tentakelblatt.es, nach dem Leben gezeichnet. Verick, Obj. 3. Cam. lue. a, Flimmerhaare; ö, Kerne der palissadenartig gestellten Wimperzellen; c, in den inneren Vacuolen circulirende Blutkörperchen; rZ, Pigmenthaufen, die äussere Zone freilassend; e, Cuticula ; /, Falten der Körperdecken; gr, besondere Zellen; /(, Wimperdrüsen; h', Mündungen dieser Drüsen; i, junge Wimperdrüse; ä;, strahlige und Maschen bildende Muskelgeflechte. verhindern. Wir müssen die Frage, ob diese Strömungen nur infolge der Zusammenziehungen der Muskelgeflechte stattfinden oder ob sie theilweise durch die Thätigkeit ausserordentlich feiner Wimperhaare verursacht werden , welche sich innen auf den Geflechten , besonders gegen die Oberfläche hin, vorfänden, unentschieden lassen. Wir haben bisweilen diese Wimperhaare zu bemerken geglaubt; aber die bestän- digen Zusammenziehungen verhindern eine genaue Beobachtung wäh- rend des Lebens und wir haben uns von ihrer Anwesenheit an Schnitten , welche das Maschengewebe mit den von Blutkörperchen erfüllten Vacuolen sehr schön zeigen, nicht zu überzeugen vermocht. Infolge ihrer Zusammenziehungen bieten die Blätter|(/, Fig. 202) dicke Falten dar, an welchen man die Dicke der Hautdecken ersehen 406 Sternwürmer, kann. Man findet übrigens in dem Gewebe zalilreiche Pigment- haufen (d), welche eine innere Zone einnehmen und auf einigen kurzen, nahe an der Basis des Trichters gelegenen Blättern bemerkt man dicke Drüsen mit rundlichen Umrissen , welche unter schwachen Vergrösse- rungen ein strahliges Aussehen besitzen und eine kleine Centralöflfnung und eine ziemlich unbedeutende Innenhöhle sehr schön erkennen lassen (Jl, Fig. 202). Auf vielen Blättern fehlen diese Drüsen vollständig; sie häufen sich hingegen auf der Basis des Trichters an, wo man ihren Bau am besten studiren kann. Diese Trichterbasis weist ziemlich mächtige Längs- und Kreis- muskelschichten auf, die so einen wirklichen Ring bilden (?f, Fig. 194), an welchen sich die abgeflachten Endigungen der Zurückzieher des Rüssels, sowie diejenigen der beiden Muskeln des Nervenstranges an- setzen. Dieser Ring bildet auf der Rückenfläche eine zierlich gewölbte Falte (ob, Fig. 195), von deren Grund aus der kurze Gehirncanal abgeht, der auf der Umhüllung des Gehirnes selbst unterhalb des Sinneskranzes endet. Wir führten eine feine Sonde in diesen Canal (z, Fig. 200), der sehr dünne, mit einem feinen Pflasterepithel über- zogene Wände besitzt. Die bauchständige Wand des Canales liegt an der Wand der gemeinsamen Ampulle der Tentakelcanäle fest an. Der Tentakeltrichter, der den Zugang zum Munde bildet, zeichnet sich durch dicke äussere Querfalten der Epidermis aus, zwischen denen die Wimperdrüsen (Fig. 185 und 186) vertheilt sind. Die Warzen des Rüssels hören hier plötzlich an einer deutlich bestimmten Grenze auf; die Fortsetzung des Trichters zeigt nur die erwähnten Falten der Epidermis, zwischen welchen man mittelst schwacher Vergrösserungen die darunter liegenden Längsmuskelfasern und die Drüsen (c, Fig. 185) bemerkt. Wenn man diesen Theil an einem seit ungefähr 12 Stunden todten Individuum untersucht, so sieht man, dass die Oberhaut hier gleichsam kleine eiförmige Felder darbietet, welche körnigen und etwas erhabenen Zellen (b, c, Fig. 186) ähnlich sind, die auf allen Seiten die Drüsen umgeben und bedecken. Wenn man sie unter einer stärkeren Vergrösserung an einem lebenden Thiere untersucht, nachdem man das abgeschnittene Stück so gefaltet hat, dass man die Drüsen im Profil sieht, so kann man sich überzeugen (Fig. 203), dass diese Drüsen umfangreiche Massen mit dicken Wänden sind, die in ebenfalls dicke Polster (c) eingelassen sind. Sie werden von der hier und da zu kleinen Warzen erhobenen Epi- dermis (b) überzogen. Im Mittelpunkte der (/) in das Polster ein- gelassenen Drüse befindet sich die ziemlich enge Eingangsöff'nung (cZ), die in die Innenhöhle führt, welche je nach ihrer Füllung (e, Fig. 203) ein verschiedenes Aussehen dai'bietet. Die ganze Oberfläche der Drüsen wie der Polster ist mit mäch- tigen Wimperhaaren (a) überzogen, die wie ein Feuerwerksrad nach Gepliyreeu. 407 von der Oeffnung als Centrum ausstrahlenden liinien angeordnet sind. Diese Haare erzeugen eine beträchtliche Wirbelbewegung und nehmen bei ihrem Absterben die Form von Haken oder Stecknadeln an. Die nicht wimpernden Theile der Hervorragung, welche die Drüsen trägt, sind mit einem Pflasterepithel bekleidet und man sieht im Inneren der Polster dicke Haufen von Pigmentkörpern. Die Zwischenräume zwischen den Drüsen tragen niemals Wimperhaare. Die in der Tiefe der Tentakelblätter gelegenen Höhlen des Maschen- gewebes stehen mit der Ampulle der Tentakelcanäle in unmittelbarer Verbindung. Diese Ampulle {xa, Fig. 201) ist vielmehr ein ringförmiges Sammelbecken , in welches vorn die Höhlen der Tentakelblätter und ri£. 203. c b t h. Wimperdrüsen des Tentakeltrichters. Verick, Obj. 4. Cam. lue. a, Wiraperhaare ; h, Cuticula; c, Polster der Drüse; d, Mündung; e, Innenhöhle;/, Körper der Drüse; g, Pigmenthaufen ; /;, körnige Zellen ; i, Körperdecke, von oben gesehen. hinten die beiden Tentakelcanäle, der Rücken- und der Bauchcanal münden. Sie liegt unmittelbar auf dem Eingange zur Speiseröhre unter dem Gehirncanale und vor dem Gehirne und bietet je nach ihrer Füllung sehr verschiedene Zustände dar. Da sie von den verfilzten Muskelausbreitungen des Tentakeltrichters, von denen wir gesprochen haben, bedeckt wird, so weist sie in den gewöhnlichen Fällen und be- sonders wenn die Tentakeln ausgedehnt sind, nur einen sehr geringen Innenraum auf; aber in gewissen Fällen, wenn der durch das Fasten geschwächte Sipunkel lebhaft den Tentakelkranz zurückzieht, bildet sie eine umfangreiche röthliche Ampulle, welche den Hals des Trich- ters auftreibt. DieTentakelcanäle(Ä;,Fig. 181, 200 und 201) entstehen unmittel- bar an der runden Ampulle mit ziemlich engen Mündungen, die durch 408 Sternwürmer, die Umhüllungen und durch das Gehirn, welches direct auf dem Rücken- canal aufliegt, sehr verengt werden. Es giebt in der That zwei solche Canäle, ein in Fig. 181 dargestellter Rückencanal und ein in Fig. 201 gezeichneter Bauchcanal. Diese Canäle bieten je nach ihrer Füllung sehr wechselnde Ansichten. Sie werden von sehr dünnen und dui'ch- sichtigen Wänden gebildet und wenn sie zusammengesunken sind, was während der Ausdehnung des Tentakelkranzes (Fig. 201) der Fall ist, so unterscheidet man sie kaum von den Wänden des Munddarmes. Aber im Füllungszustande (Fig. 181) sieht man sie gewunden, stellen- weise zu grossen Blasen und Ampullen aufgetrieben, die mit einander durch engere Abschnitte in Verbindung stehen. Die beiden Canäle werden auf ihrem ganzen Verlaufe durch feine Muskelfasern und Fäden bindegewebiger Natur an den Darmcanal sowie an die Zu- rückzieher in der Umgebung befestigt. Sie begleiten, ohne mit ein- ander in Verbindung zu stehen, den Munddarm auf seinem ganzen Verlaufe zwischen den Zurückziehern und endigen als geschlossene Blindsäcke etwas hinter der Scheidewand, die von den Insertionen der Zurückzieher gebildet wird. Wir haben Fälle gesehen, in denen die Auftreibungen dieser Canäle einen doppelt so grossen Durchmesser als der Munddarm besassen und umfangreiche , durchsichtige Blasen bil- deten, deren Bau man sehr gut, selbst mit starken Vergrösserungen, untersuchen konnte. Nun ist im Grunde diese Structur die nämliche wie diejenige der Tentakelblätter. Die Canäle besitzen kein einfaches Lumen; ihre Wände werden von Muskelgeflechten durchwoben , welche das Canal- lumen in allen Richtungen durchsetzen und so ein Gewebe mit weiten inneren Maschen bilden, in welchem die Blutkügelchen wie in den Tentakelblättern circuliren. Die sehr lebhaften und raschen Strö- mungen streifen den Wänden entlang. Das äussere Flimmerepithel, die Drüsen und die Pigmenthaufen, welche den Tentakelblättern eigen sind, fehlen; das äussere Epithel ist einfach eine Schicht von flachen Pflasterzellen, aber das innere Muskelgeflecht und die Circulation der Kügelchen sind die nämlichen. Ein einziges Mal unter etwa zwanzig in dieser Hinsicht untersuchten Exemplaren haben wir in diesen Canälen Urnen gesehen ; in den gewöhnlichen Fällen sieht man darin nur Blutkörperchen und auch wohl Haufen einer zäh schleimigen Sub- stanz, welche verfallene Kügelchen einschliesst , die eine gelbe oder zinnoberrothe Farbe besitzen, iind die man mittelst eines leichten Druckes den Canälen entlang bis in die Ampulle und sogar in die Lücken der Tentakelblätter treiben kann. Durch diesen einfachen Kunstgriff ersetzt man vortheilhaft die Injection , welche immer die innere Structur zerstört. Die Canäle, die Ampulle und der Tentakelkranz bilden also im Grunde genommen nur einen, dem Munddarme angehefteten und über 1 Gephyreen. 409 den Eingang des Mundes gestellten einzigen Apparat. Alle Höhlen dieses Apparates stehen mit einander in Verbindung, haben aber keine Beziehung weder zum Darmcanale noch zu der allgemeinen Körper- höhle; sie bilden ein besonderes, vollkommen geschlossenes und isolirtes System. Offenbar gleicht die Function dieses Systemes sehr der- jenigen der Ambulacralfüsschen und der Poli' sehen Blasen bei den Echinodermen ; die Canäle sind gefüllt und ausgedehnt, wenn die Tentakeln eingezogen sind und das Gegentheil findet statt, während sich diese letzteren ausdehnen. Wir müssen künftigen Beobachtern die Lösung der Frage überlassen, ob die so lebhafte Circulation, welche sich im ganzen Systeme kund giebt, einzig infolge der Muskelzusammen- ziehungen stattfindet oder ob, was wir für wahrscheinlich halten , sehr feine auf die Muskelgeflechte gestellte Wimperhaare daran einen ge- wissen Antheil haben; ebenso wenig wie in den Tentakelblättern haben wir in den Canälen diese Wimpern mit vollständiger Gewissheit nachweisen können. Darmcanal {y in allen Figuren). — Nachdem man einen Sipunkel mittelst eines Längsschnittes (Fig. 180) geöffnet hat, bemerkt man unmittelbar den schraubenartig gewundenen Darmcanal, der sich vom Munde an bis zur Spitze der Endkuppel erstreckt. Es ist kaum mög- lich, auf dem ganzen Verlaufe dieses Schlauches Abschnitte zu unter- scheiden, die durch ihren Bau oder ihren Umfang specieller entwickelt wären. Der Darm besteht aus einem gleichförmigen Schlauche und die Volumunterschiede, welche man an ihm wahrnehmen kann, hängen von zufälligen Füllungen oder momentanen Zusammenziehungen ab. Der Darm eines frisch eingefangenen Wurmes ist gewöhnlich von einem Ende zum anderen ganz mit verschlucktem Sande angefüllt, in welchem man immer leere Foraminiferen und andere kleine organische Körper findet, welche als Nahrung dienen. Man kann mittelst des oben an- gegebenen Verfahrens den Darmcanal vollständig leeren, aber die Thiere halten dieses gezwungene Fasten nicht lange aus. Wenn man durchaus darauf ausgeht, an diesem überall gleich gebauten Rohre Theile zu vmterscheiden , so kann man die ganze vordere Strecke bis zur Endigung der Tentakelcanäle als Munddarra, den Theil, auf welchem das Diverticulum, von dem wir später sprechen werden, befestigt ist, als Enddarm und die ganze zwischen diesen beiden Theilen gelegene Strecke als Mitteldarm auffassen. Aber diese Bezeichnungen bieten keine festen Grenzen dar, da besonders der Darm- anhang, was seine Entwickelung anbetrifft, bedeutend variirt. Der Darmcanal wird auf seinem ganzen Verlaufe mittelst sehr feiner und durchsichtiger Bänder an die Längsmuskeln des Körpers, an die Zurückzieher des Rüssels und an seine eigenen Umwindungen befestigt. Wir haben versucht, das Aussehen dieser Bänder («?a, Fig. 181) wiederzugeben, aber im Allgemeinen sind sie so durchsichtig, dass 410 Stern Würmer. man sie bei dem Seciren unter Wasser nur infolge des Widerstandes wahrnimmt, welchen sie darbieten, wenn man die Windungen des Darmes entwirren will. Wenn man den Darmcanal vollständig abrollt, so findet man, dass er vom Munde bis zu dem auf der Rückenseite ungefähr in dem ersten Drittel der Körperlänge liegenden After etwa doppelt so lang als der Körper ist; an einem 20 cm langen Individuum maass der Darmcanal 40,5 cm. Der Munddarm (yh, Fig. 180) steigt von der keine besondere Bildung aufweisenden Oeffnung des Tentakeltrichters, welche wir den Mund nennen können, in gerader Linie zwischen den vier Zurück- ziehern des Rüssels herab, an welche er durch zahlreiche Bänder be- festigt ist. Er wird auf diesem ganzen Verlaufe von den beiden Tentakelcanälen begleitet, welche mit ihren inneren Rändern an ihn geheftet sind und sich noch etwas über den Isthmus des Diaphragmas hinaus erstrecken, Ueber diese Oeffnung hinaus setzt sich der Mund- darm, indem er sich um die übrigen Theile des Darmes herumschlingt, ungefähr bis in die Mitte der Länge hin fort. Bei dem erwähnten 20 cm langen Individuum stieg er so bis zu 9 cm vom Hinterende hinab. Hier bildet der Darm eine Krümmung und steigt, immer kork- zieherartig gewunden, wieder bis zum Diaphragma hinauf, wo er sich von Neuem zusammenbiegt, um gegen das Hinterende hinabzusteigen. Die aufsteigende Darmschlinge ist immer fest am Diaphragma an- geheftet. Von der hinteren Schlinge an dreht sich der Darm in einfacher Schraubenwindung bis zur Endkuppel des Körpers zusammen, um so wieder zum After hinauf zu steigen. In dem ganzen hinteren Körperende existirt nur eine einfache, von zwei zu- sammengebogenen Abtheilungen des Darmes gebildete Schraubeuwin- dung, während in dem zwischen Diaphragma und hinterer Krümmung gelegenen Theile vier Röhren zu einer doppelten Schraubenwindung zusammengedreht sind. Der beim Diaphragma angelangte Enddarm setzt sich fast in gerader Linie gegen den After hin fort, der von starken Muskel- bündeln umgeben ist und sich mittelst einer medianen Spalte in Ge- stalt einer länglichen Warze nach aussen öifnet. Auf dieser Strecke, welche man den Mastdarm nennen kann, finden sich besondere Gebilde vor: zuerst die Insertion des Anhanges, an welchen sich ein besonderer, Spiralmuskel (m^) genannter Muskel anheftet und ganz nahe an der Afterspalte zwei seitliche Bündel von Drüsen , die Mastdarmdrüsen {yg, Fig. 204), welche von starken Muskelbündeln umgeben werden. Wenn man den Darmcanal mit blossem Auge oder mit der Lupe untersucht, so weist er auf seiner ganzen Länge eine nach innen vor- tretende Linie auf, welche am Munde selbst beginnt und nahe am Mastdarme beim Eingange zum Anhange endet. Diese Linie, die wir die Darmfurche nennen (j/s, Fig. 204 und 205) sticht gewöhnlich Fig. 204. tn.C m.r m.s -j.t Gepbyreuii. 41 1 durch eine ziemlich lebhaft rothe Farbe von den durchsichtigen und farblosen Darrawäudeu ab, auf welchen man an den zusammengezogenen Stellen geschlängelte dunkle Längslinien wahrnimmt, die von den in den Wänden entwickelten Muskelstreifen herrühren. Bevor wir in Einzelheiten eintreten, haben wir vorerst die besonderen Gebilde zu beschreiben, welche mit blossem Auge oder mit der Lupe auf dem Enddarme sich sehen lassen. Das Ende des Mastdarmes wird auf allen Seiten von einer dichten Verfilzung von Muskelfasern umhüllt, welche auf den benachbarten Längsbündeln des Kör- m.a.r pers entspringen. Fast am Hinterende y^ der Afterspalte conceutrirt sich diese Ver- filzung zu zwei seitlichen Bündeln, die jederseits einen Büschel sehr zierlicher verzweigter Drüsen (Fig. 206) um- geben. Diese Drüsen öffnen sich in den Mastdarm, der auf einer Länge von 2 bis ü '^ 3 cm ungefähr keine Spur einer Darm- furche zeigt. In der angegebenen Ent- .nua. fernung trifft man den Beginn dieser Furche in inniger Beziehung zu dem -y-' Anhange {yd, Fig. 204 und 205), der nur der Ursprung derselben ist. Dieser Anhang bietet in der That die erstaunlichsten Abwechselungen dar, deren am meisten entgegengesetzte For- 1 i: men auf unseren Fig. 204 und 205 wieder- gegeben sind. In seinem entwickeltesten Zustande (Fig. 204) stellt er einen ge- wundenen Schlauch von schwefelgelber Farbe vor, der sich auf einer Länge von 8 bis 9 cm ungefähr um den Enddarm herumwickelt. Sein Vorderende bildet Präparat zur Verausehaulichung des Darmanhanges iu seiner grössten Entwickelung. Natürliche Grösse. ma, Muskelbänder des Anhanges; mar, Muskel- fasern zum Anheften des Mastdarmes; mc, Kreis- ^'' " tVX- // muskeln des Körpers; vi'i, Insertionen der das Diaphragma bildenden Zurückzieher , durchschnit- ten; ml, Längsmuskeln des Körpers; ms, Spiral- muskel; yd, Darmanhang; yg, Analdrüsen; ys, Darmfurche; yt, Enddavm. \/ 412 Stern Würmer. einen kleinen haubenartigen Blindsack, hinter welchem sich der immer einfache Canal vorfindet, durchweichen der Anhang in den Darm mündet. An dieser Stelle legt sich der Spiralmuskel (ms, Fig. 204 und 205) an den Anhang, indem er über den Blindsack sich hinzieht. Dieser dünne runde Muskel entsteht in der Entfernung von einigen Centimeteru vor dem Mastdarme aus einigen Fasern des medianen rechten dorsalen Muskelbündels, geht längs des Mastdarmes hin, verläuft über den Blind- sack des Anhanges, theilt sich in zwei Aeste, von denen der eine dem Darmcanale, der andere dem Anhange folgt und sendet hinter dem Verbindungscanale einige starke Befestigungsbündel (ma, Fig. 204 Fig. 205. -■-j/- und 205) zum Darmcanale. Diese Bündel haben einige Zoologen für Verbindungs- canäle gehalten. Auf seinem ganzen Ver- laufe um den Enddarm herum ist der Anhang übrigens mittelst feiner, durch- sichtiger Fasern an den Darm geheftet. Das hintere gebogene Ende ist blind ge- schlossen und steht mit dem Darme nicht in Verbindung. Der Anhang besitzt sehr dünne und durchscheinende Wände; die gelbe Farbe rührt von seinem körnigen Inhalte her. In seinem reducirtesten Zustande (Fig. 205) besitzt hingegen der Anhang höchstens eine Länge von 2 mm, ist farb- los und entgeht leicht der Beobachtung, da er der Aussenwand des Darmes eng anliegt. Man findet ihn leichter, wenn Theil des ^Enddarmes,^ den An- jj^^^ ^^^^ Spiralmuskel folgt, der immer über den Grund dieses reducirten An- hanges hinzieht. In diesem reducirten Zustande besitzt der Anhang die Form einer länglichen phrygischen Mütze, J'* j/i i^'.s • y.t nvs hang im Zustande vollständiger Reduction zeigend. Sechsmal ver- grössert. ma, Muskelbänder des Enddarmes, welche von dem Spiralmuskel ms geliefert wer- den; yd, reducirter Anhang; y l, durchsichtiges Feld ohne Mus- keln, zu beiden Seiten der Darm- furche ys; yt, Muskelwände des Enddarms. welche sich auf einem durchsichtigen Felde weit in den Darm öffnet. Diese Oeflfnung entspricht direct der Darmfurche {ys), welche mit jener hohlen Haube endet. Die Höhle dieser Haube scheint im Inneren mit einigen zusammengezogenen Muskelfäserchen belegt zu sein. Da wir voraussetzten , dass diese so verschiedenen Zustände des Anhanges entweder mit dem Geschlechte oder mit dem Füllungs- zustande des Darmes in Verbindung stehen müssten, untersuchten wir zwanzig Würmer von verschiedenem Alter in der Absicht , diese Be- Gephyreen. 413 Ziehungen nachzuweisen. Wir müssen sagen, dass die aufgenommene Uebersichtstabelle dieser Beobachtungen keiner dieser Vermuthungen entspricht. Unter den Untersuchten Thieren waren 1 1 Männchen und neun Weibchen ; fünf Männchen hatten einen langen , sechs einen reducirten Anhang; fünf Weibchen besassen einen langen, vier einen reducirten Anhang ; bei elf Individuen war der Darm angefüllt , bei neun war er leer und das Verhältniss in der Zahl der Männchen und der Weibchen war in dem letzteren Falle das gleiche. Wir wissen demnach durchaus nicht, woher diese so beträchtlichen Verschieden- heiten in der Entwickelung des Anhanges kommen. Der Darmcanal wird aussen wie innen von einem zusammenhän- genden Flimmerepithel überzogen, dessen Wimpern aber ausserordent- lich fein sind und auf dem isolirten Darme ihre Bewegungen bald einstellen. Eine Ausnahme findet nur für die Darmfurche statt, welche ziemlich lange und starke Flimmerhaare besitzt, die eine sehr aus- geprägte Bewegung hervorrufen. Die Wimpern bekleiden den Grund der Furche sowie auch die beiden Drüsenwülste, welche dieselbe bilden. Die feinere Structur des Darmcanales giebt sich auf Querschnitten ziemlich gut zu erkennen. Man muss nur die aufgeblasenen Stellen von den gewaltsam zusammengezogenen zu unterscheiden wissen. Das Aussehen der nämlichen Gewebe schwankt je nach diesen Zuständen bedeutend. Die äusserste Schicht ist offenbar bindegewebiger Natur: sie färbt sich lebhaft und bietet an den zusammengezogenen Stellen ziemlich regelmässige kleine Warzen dar, auf welchen sehr feine Wimperhaare stehen. Die äussere Oberfläche gleicht so einem fein gezähnten Rade. Dann kommt eine Kreismuskelschicht und auf die- selbe folgt nach innen hin eine Lage von Längsbündeln. Die zotten- bildende Schleimhaut ist ziemlich dick und wäre auf ihrer ganzen Ausdehnung von der inneren Muskelschicht getrennt, wenn nicht zahl- reiche, schräg verlaufende Muskelbündel, welche von faserigem Binde- gewebe begleitet werden, sich zu der Schleimhaut begäben und in ihren Falten ausstrahlten. Die Schleimhaut gleicht so in ihrer Ge- sammtheit einem grossen gefalteten Tuche, das man in ein Futteral gesteckt und innen mit Bändern daran befestigt hätte. In den aus- gedehnten Theilen unterscheidet man auf der Mitte jeder Zotte (welche in der That Längswülste des Darmes sind) eine die Form der Zotte mehr oder weniger wiederholende Höhle, welche mit dem Systeme der längs der Muskelschicht ausgebreiteten Höhlen in Verbindung steht und von den erwähnten Muskelfasern und -bündeln durchsetzt wird. Dieselben anastomosiren unter einander und bilden so ein Gewebe mit weiten Maschen. In den zusammengezogenen Theilen des Darmes verschwinden diese Maschen und der Mittelpunkt der Zotte wird von Bündeln und Fasern eingenommen, welche eine baumähnliche Zeich- nung hervorbringen. 414 Sternwürmer. Fig. 206. Die Schleimhaut selbst scheint von einem wenig differenzirten Bindegewebe gebildet. Die Fäserchen sind ausserordentlich fein und rechtwinkelig in der Art gegen die Peripherie' gestellt, dass das ganze Gewebe wie ein schattirter Theil einer Zeichnung mit Schraffirungen sich ausnimmt. Die Fäserchen anastomosiren , wie es scheint, unter einander; jedenfalls setzen sie die Richtung der Muskelfasern im Inneren der Zotten fort. Dieses Bindegewebe ist ausserdem immer mit sehr kleinen Körnern erfüllt, die sich sogar unter den stärksten Ver- grösserungen nur als kleine schwarze Punkte oder stark contourii-te Blasen darbieten. Diese Körner scheinen uns von fettiger Beschaffen- heit zu sein. Möglicherweise wäre dieses fäserchenartige Aussehen auch nur der optische Ausdruck sehr dünner und hoher Palissadenzellen. Wie dem auch sei, die Umrisse der Zotte sind von sehr kleinen, schwach- körnigen Zellen xind von einer Cu- ticularlinie gebildet, auf welcher sich die ausserordentlich feinen Flimmer- haare zeigen. Auf den beiden die Darmfurche bildenden Wülsten sind alle Elemente kräftiger entwickelt. Die Muskel- bündel, welche in die Basis treten, sind sehr gross, die Maschen in den aus- gedehnten Theilen beträchtlicher; das Gewebe der Schleimhaut gleicht mehr einem aus hohen Palissadenzellen ge- bildeten Zellgewebe. Eine sehr breite, durch eine deutliche Linie geschiedene Einfassung findet sich am Rande; vor und in dieser Einfassung bemerkt man hauptsächlich am Gipfel und am äusse- ren Rande der scheinbaren Zotte grosse , helle , runde oder birnförmige Zellen, deren Stiel nach innen gekehrt ist. Diese Zellen besitzen einen dicken , körnigen Kern. Auf dem inneren Rande der Furche scheinen diese Zellen Uebergänge zu den länglichen schmalen Zellen zu bilden. Auf dieser ganzen Einfassung zeigt sich eine ziemlich deutliche Cuticula, auf welcher im Inneren der Furche dicke Plimmer- haare sitzen. Dieselben sind lang und leisten der Wirkung von Reagentien bedeutenden Widerstand. Die Afterdrüsen sind, wie wir bereits erwähnt haben, von ästigen Schläuchen und aus einer durchsichtigen Membran gebildet, an welch letzterer wir keine weitere Structur haben erkennen können Einige Endäste der Afterdrüsen. Verick, Obj. 4. Cam. lue. a, Eigenhülle; b, dieselbe, zu einem Ausführungsgang ausgezogen; c, aus- gebildete Körperchen ; d, in Bildung begriffene lichtbrechende Körperchen. Gephyreen. 415 (rt, Fig. 206). Diese Schläuche sammeln sich in einigen sehr feinen Ausführungsgängen, welche sich seitlich in den Mastdarm öffnen. Bis- weilen enthalten die Schläuche nur Flüssigkeit; in anderen Fällen findet man dai'in kleine Körner (d), welche nach und nach anwachsen und sehr lichtbrechende kugelige Körper werden , die wahrscheinlich zuletzt ausgestossen werden. Segmentalorgane (l, Fig. 180, 181, 192 und 207). — Untersucht man aufmerksam die Bauchseite eines Sipunculus, so sieht man in der Entfernung von ungefähr 2 cm vor dem After des er- wachsenen Thieres zwei kleine OefFnungen , aus welchen bisweilen ein Strahl Eier oder Samen hervorspritzt. Schneidet man das Thier auf, so entdeckt man , dass diesen zu beiden Seiten des Nervenstranges Fig. 207. Vordere Endiguög des Segmentalorganes, sechsmal vergrössert. a, bedeutend zu- sammengezogenes und gekräuseltes Muskelgeflecht zeigendes blindes Ende; b, stark wimpernde, in die allgemeine Körperhöhle führende Oeffnung; c, in das Organ sich einsenkende Fortsetzung des Ausführungscanales; d, Ausführungscanal , sehr reich an Muskeln und die Tegumente durchsetzend; e, Muskelmund der Oeffnung b. gelegenen Oeffnungen zwei längliche Schläuche (7, Fig. 180, 181) ent- sprechen, welche vorn wie hinten blind geschlossen sind und im Allge- meinen die Form einer Keule besitzen. Diese Schläuche sind braun oder gelblich und sehr beweglich; sie wickeln sich zwischen den Zurückziehern durch und um den Darm herum und verkürzen oder verlängern sich oft so, dass sie mit ihrem freien Ende sogar das Ge- hirn oder den Darm hinter dem Diaphragma berühren. Dies sind die Segmentalorgane. Sie bieten eine runzelige Oberfläche dar und das braune Pigment scheint bisweilen in unregelmässigen, rautenartigen Feldern angeordnet, die durch hellere gekreuzte Linien getrennt wer- den. In anderen Fällen von Contraction (Fig. 207) sieht man ge- kräuselte Linien, welche im Allgemeinen einer Längsrichtung folgen. 416 Stern Würmer. Um das Organ mehr in seinen Einzelheiten zu untersuchen, wird man gut daran thun , es an seinem Insertionspunkte mit einer auf die Klinge gekrümmten Scheere abzulösen und den Schnitt ziemlich tief bis zur Haut zu führen. Nachdem man das Organ auf diese Weise abgelöst hat, kann man es auf einem Objectträger ausbreiten und es mittelst schwacher Vergrösserungen untersuchen. Man sieht alsdann (Fig. 207), dass das Vorderende rundlich und haubenartig geschlossen ist, dass sich aber in einiger Entfernung von diesem Ende ein gegen die äussere Oeffnung gerichteter Canal inserirt, welcher sehr reich an Muskeln ist. Diese Muskeln werden hauptsächlich von Längsfasern gebildet, die den Canal vollständig wie eine Scheide umhüllen und am Rande der AussenöfFnung mit den Längsmuskeln des Körpers verschmelzen. Das Lumen dieses Canals setzt sich noch in der Längs- richtung des Organes nach hinten wie ein gestreckter, durchscheinen- der und pigmentloser Raum fort. Hier lassen stärkere Vergrösse- rungen ziemlich mächtige, in verschiedenen Richtungen verlaufende Muskelgeflechte wahrnehmen. Unmittelbar vor der Insertion des zum Organe gehörenden Aus- führungsganges befindet sich eine der Haut zugekehrte Oeffnung (h, Fig. 207) mit unregelmässigen und warzigen Lippen, in welchen das Pigment aufhört. Diese Oeffnung ist mit einem kurzen Muskel- fortsatze versehen, der infolge seiner Zusammenziehungen bisweilen das Aussehen einer kurzen Glocke oder einer weiten Mundöffnung annimmt. Gewöhnlich ist dieser Fortsatz (c, Fig. 207) so zusammen- gezogen und gefaltet, dass er vollständig verschwindet, aber bisweilen haben wir ihn weit offen gesehen, wo er dann mittelst seiner Flimmer- haare die Strömung, welche die in der Flüssigkeit enthaltenen, ein- tretenden und austretenden Körper mitriss, zu einer wirbelnden Bewegung gestaltete. In der That verräth sich die Stelle, wo diese innere, in die allgemeine Körperhöhle führende Oeffnung sich befindet, unmittelbar selbst unter schwachen Vergrösserungen durch eine leb- hafte Wirbelbewegung. Die Bewegung der Flimmerhaare, welche den Muskelcanal und die Lippen auf allen Seiten bekleiden , hält noch an, wenn alle anderen Wimperhaare des Epithels der Segmentalorgane ihre Bewegung eingestellt haben. Durch diese Oeffnung treten offenbar die Zeugungsproducte aus der allgemeinen Körperhöhle, wo sie sich ausbilden, zu ihrer Reifezeit in die Segmentalorgane ein, um dann durch den Ausführungscanal derselben ausgestossen zu werden. Spengel, der in letzter Linie die Existenz dieser Oeffnung sehr vielen Autoren gegenüber, welche sie bestritten haben, aufrecht erhalten hat, hat durch seine künstlichen Befruchtungsversuche zur Genüge bewiesen, dass man in den Segmentalorganen die reifen Producta suchen muss, und wir haben sie bei mehreren Individuen in Gestalt eines Strahles zum Vorschein kommen sehen. Gepliyreen. 417 Das hintere Ende der Segmentalorgane ist vollkommen geschlossen und an ihren Wänden findet sich keine andere Oeffnnng vor. Diese Wände sind anf eine besondere Weise gebildet. Querschnitte {l , Fig. 192) zeigen bei geringer Vergrösserung Schläuche mit weitem innerem Lumen, die oft mit Körnern, Blutkörperchen u. s. w. erfüllt sind, und ziemlich dicke, unregelmässig aufgeblasene Wände besitzen. Muskelgeflechte bilden die Grundlage dieser Wände. Die Längsbündel sind die mächtigsten; sie werden unter einander durch Bündel von schiefen und Kreisfasei'n verbunden, welche rautenförmige, mit Pigment- anhäufungen und Bindegewebe erfüllte Taschen bilden. Dieses Binde- gewebe besitzt ausserordentlich feine und verfilzte Fasern , die sehr feine Körner enthalten , welche sich lebhaft färben und uns auf ihre kleinste Ausdehnung beschränkte Kerne zu sein scheinen. Die Taschen werden in allen Richtungen von Mviskelfasern durchzogen und bald nach innen zurückgezogen, bald in Form von Warzen nach aussen vor- gestossen. Das äussere Epithelium ist von deutlichen Zellen gebildet, welche infolge der beschriebenen Zusammenziehungen bald cylindrisch, bald rund scheinen und vielmehr Cytoden sind, da sie einer Eigenwand entbehren. Diese Körper sind mit farblosen oder gelblichen Körnern erfüllt und tragen einen Büschel von ziemlich dicken und langen Wimperhaaren, welche sich leicht hakenartig krümmen und dann ein stecknadelartiges Aussehen darbieten. Sie lösen sich mit der grössteu Leichtigkeit ab und die Bewegungen der Wimperhaare halten nicht lange an. Man sieht solche, an welchen die Wimperhaare einen bei- nahe straffen Büschel bilden , während man an anderen gar keine Wimpei'haare sieht. Die Wimperhaare scheinen wie Pseudopodien von Amoeben zurückgezogen werden zu können ; jedenfalls lösen sie sich sehr leicht ab und nehmen alsdann die mannigfaltigsten P^ormen an, indem sie sich immerhin noch einige Zeit lang bewegen. Die ver- schiedenen zur Härtung der Gewebe und Anfei'tigung von Schnitten angewendeten Reagentien entstellen diese Gebilde mit Wimperbüscheln so sehr , dass man sie nothgedrungen an lebenden Thieren unter- suchen muss. Man findet bisweilen in dem beschriebenen Bindegewebe kleine Concretionen, welche eine derjenigen der Nieren ähnliche Function der Segmentalorgane andeuten könnten. Jedenfalls sind dieselben bei den Sipunculiden mit jener anderen wichtigen Vorrichtung der Seg- mentalorgane betraut, welche in der Leitung der Zeugungsproducte nach aussen besteht. Geschlechtsorgane. — Man kann bei Sipunculus kaum von Geschlechtsorganen im strengen Sinne des Wortes sprechen. Wie es scheint, entwickeln sich die Geschlechtsproducte nur periodisch auf der Basis der beiden ventralen Zurückzieher des Rüssels. Während Vogt u. Yang, prakt. vergleich. Anatomie. 27 418 Sternwürmer. der Sommermonate werden diese Muskeln wie die übrigen von einer, zahlreiche körnige und eirunde Kerne aufweisenden Bindegewebsscheide umhüllt, zeigen aber im Februar und März, zu welcher Zeit wir sie haben untersuchen können, inmitten dieser Bindegewebsscheide einen schmalen Querstreifen, in welchem Zellen von einer anderen Beschaffen- heit angehäuft sind. Wir haben sie nach einem Individuum gezeichnet, von welchem wir voraussetzen , dass es ein Männchen sei , denn wir haben in der allgemeinen Körperhöhle keine weiter ausgebildete Pro- ducte gefunden. Die grössten Zellen (a, Fig. 208) besassen eine deutliche Membran und einen flockigen Inhalt, der in einigen Zellen eine strahlige An- ordnung und bisweilen einen Fig. 208. dunkleren Mittelpunkt, der vielleicht einen Kern andeutet, zu haben schien. Wir haben auch kleinere Zellen (?>) ge- funden , welche in der Mitte heller Räume zwei deutliche Kerne aufwiesen, was eine Zweitheilung anzudeuten Samenbereitende Zellen auf dem Zurückzieher des Rüssels. Verick , Obj. 6. Cam. lue. a, aus- gebildete Zellen , im Begriff sich abzulösen ; b, jüngere Zelle mit zwei Kernen; c, jüngere Zellen mit körnigem Inhalt; d, sehr junge Zellen, deren Kerne denjenigen des Binde- gewebes gleichen ; e, Kerne des Bindegewebes. scheint; andere kleinere Zellen (c) hatten körnigen Inhalt und die kleinsten (e) besassen eine deutliche Membran, ein homogenes, klares oder sehr schwach körniges Protoplasma und einen stark körnigen cen- tralen Kern. Diese Kerne sind zwar etwas grösser als die- jenigen des Bindegewebes, ähneln letzteren aber durch ihr Aussehen , ihr Verhalten und durch die Leichtigkeit, mit welcher sie sich färben, so sehr, dass man geneigt ist anzunehmen, sie seien ursprünglich Kerne des Bindegewebes, welche sich mit einer Zellenmembran umgeben, sich später theilen, auf- lösen und endlich infolge innerer Sprossungen die grossen, flockigen, samenerzeugenden Zellen bilden. Wenn die Beziehung zwischen den auf unserer Figur mit Hülfe der Camera hicicla wiedergegebenen For- men eine derartige ist, so müsste man daraus schliessen, dass die Zeugungsproducte sich in einer gewissen Jahreszeit auf Kosten von Kernen des Bindegewebes entwickeln. Die kernlosen Zellen nehmen nur sehr schwierig Farbstofl'e an und stechen durch ihre graue Farbe von den gerötheten Muskeln ab. Unglücklicherweise haben wir im Februar und März unsere Forschungen unterbrechen müssen und Gephyrcen. 419 später im Api^il und Mai, als wir von Neuem nach den weibliclien Urzellen suchten, haben wir bei der Untersuchung von mehr als 20, beiden Geschlechtern angehörenden Individuen keine Spur mehr davon gefunden. Die primitiven, auf einer gewissen Entwickelungsstufe angelangten Geschlechtszellen lösen sich ab und fallen in die allgemeine Körper- hohle, wo sie ihre Ausbildung vollenden. Die abgelösten jüngeren Eier (d, Fig. 190), welche wir in der Flüssigkeit der allgemeinen Körperhöhle antrafen, zeigten sich von einem bindegewebigen Follikel (cU, Fig. 190) umgeben, der infolge der Gegenwart von eirunden Kernen gebuckelt erschien. Die im Follikel eingeschlossenen Eier bestanden aus einer dünnen Dotter- oder Zell- haut (cP), einem helfen Protoplasma und einem ein Kernkörperchen (e*) umschliessenden Kern ((P) oder Keimbläschen. Während des Wachsens finden die Hauptmodificationen in der Dotterhaut und im Dotterproto- plasma statt. Das Ei, wie man es gewöhnlich in der allgemeinen Körperhöhle antrifft (e, Fig. 190), zeigt den kernhaltigen Follikel (e^) wie vorher, aber die Dotterhaut (e"^) in sehr verdicktem Zustande. Sie gleicht alsdann der Zona peUnckla vieler Eier, weil sie zahlreiche, senkrecht zur Oberfläche der Membran gerichtete Porencanäle besitzt. Der Dotter (e^) ist stark körnig geworden, während der Kern (e^) und das Kernkörperchen ihre Durchsichtigkeit beibehalten haben. Das Ei scheint sich in den Segmentalorganen seines Follikels zu entledigen, um zur Befruchtung geeignet zu werden; nur hier haben wir solche nackte, ihres Follikels beraubte Eier angetroffen. In den abgelösten samenbereitenden Zellen hat sich das Proto- plasma concentrirt, um kleine Kügelchen zu bilden, welche mit dem Wachsthume der Zellen an Zahl zunehmen. Schliesslich bilden die Samenmassen (c, Fig. 191) eine Art von flachen Kuchen mit ovalem Umriss, welche aus einer Menge kleiner, durch eine zähschleimige Substanz zusammengeklebter Kügelchen zusammengesetzt sind. Diese Kuchen zeigen keine Zellhüllen mehr und die Urnen lösen oft durch ihre Wirbelbewegung Kügelchen davon ab. Jedes dieser Kügelchen wird ein stecknadelförmiges Samenthierchen mit kugeligem Kopfe und sehr feinem Schwänze von mittelmässiger Länge. Freie Samenthierchen, welche sich nur wenig und ruckweise bewegen, finden sich hauptsäch- lich in den Segmentalorganen und sind für Modificationen der Flüssig- keit, in welcher sie schwimmen, sehr empfindlich. Die Schwänze verschwinden fast unmittelbar. Allgemeines. — Die Familie der Sipunculicleu zeigt in ihrem Baue unserem Typus gegenüber nur wenige Modificationen. Die gekrümmten "Warzen des Küsseis werden bei vielen Gattungen der Familie {Phascolosoma, Phymosoma u. s. w.) zu wahren Haken, die Hervorragungeu der Cuticula des Körpers zu Warzen , Stacheln oder Klebepapillen bei denjenigen Arten, 27* 420 Sternwürmer. welche Muscheln oder ' Wurmröhren (Phascolion) bewohnen. Die Zahl der Zurückzieher des Rüssels schwankt : gewisse Phascolosomen besitzen deren nur zwei, die ventralen, welche in zwei Wurzeln geschieden sind. Die Phas- colosomen haben zwei einfache , am Gehirne angebrachte Augen. Der Sinnesbüschel scheint nur bei Sipunculus zu existiren. Die Tentakeln schwanken bedeutend in der Zahl ihrer Blätter und in ihrer Anordnung um den Mund herum ; ihr Kreis ist bald vollständig , bald durch eine grössere oder kleinere bauchständige Lücke unterbrochen (Aspidosiphon) . Das Maschen- system der Tentakeln von Sipunculus wird bei den übrigen Gattungen durch drei Längsgefässe ersetzt. Die runde Ampulle ist bei den Arten mit vollstän- digem Tentakelkranze vollständig, bei den übrigen unterbrochen. Die Ten- takelcauäle sind nur bei Sipunculus paarig, bei den anderen existirt nur ein dorsaler Canal. Dieses System ist bei allen geschlossen , aber die Eeduc- tion der Canäle geht mit derjenigen der Tentakeln Hand in Hand. Der Darmcanal theilt sich oft viel deutlicher als bei Sipunculus in Mund-, Mittel- und Enddarm. Die Darmfurche existirt wenigstens bei den Phascolosomen, wo sie hohle , stai-k wimpernde Warzen aufweist , die von innen wie reiheu- weis geordnete Knojjf löcher aussehen und oft von Gregarinen bewohnt werden. Die muskulösen Anheftungen der Darmwindungen fehlen bei den Phascolo- somen ; der Spiralmuskel fehlt nur selten. Die Segmentalorgane sind bei den Tubicoleu auf eines reducirt; wahrscheinlich besitzen sie alle eine in die allgemeine Körperhöhle führende innere Oeffnung, die aber schwierig nach- zuweisen ist. Die Geschlechtsorgane existiren bei den Phascolosomen in Gestalt von baumartigen , auf den Zurückziehern sitzenden Büscheln. Die Priapulideu entfernen sich schon bedeutend vom Typus der Sipunculiden. Sie besitzen weder Tentakeln noch darauf bezügliche Canäle ; der Rüssel ist mit Haken , die Mundöffnung mit Chitinzähnen besetzt. Die compacten Zurück- zieher werden durch zahlreiche, ziemlich dünne Muskelbündel ersetzt. Der Schwanzfortsatz, der einfach oder doppelt sein kann, trägt hohle Wai'zen und zeigt einen endständigen Porus. Der Darmcanal ist gerade , in drei Theile geschieden und der After liegt an der Basis des Schwanzfortsatzes , der nur eine beträchtliche Entwicklung der Endkuppel der Spritzwürmer ist. Beim After münden zwei , hohlen Keulen ähnliche Organe , welche man für Seg- meutalorgane zu halten versucht wäre , wenn sie nicht bei den einen die deutliche Structur von Eierstöcken , bei den anderen von Hoden darböten. Die Embryologie wird uns die Erklärung für diese Organisation liefern müssen ; vielleicht wird sie zeigen, dass auf die anfänglichen Segmentalorgane die gesammte Function der Forti^flanzung übertragen worden ist. Der Nervenring ist sehr eng um die Speiseröhre herumgedrängt. Die Gattung Halicryptios der Ostsee unterscheidet sich von Priapulus durch das Fehlen eines mit Warzen besetzten Schwanzfortsatzes ; sie scheint übrigens eine ziemlich ähnliche Structur zu besitzen. Die bewaffneten Geph3^reen [Echiurus , Bonellia) sind beträchtlich von den unbewaffneten verschieden. Die Tentakeln sind durch einen Kopf- lappen ersetzt , der bei Echiurus einfach , bei Bonellia in einen gabelig getheilten Rüssel ausgezogen ist, der sich als ein dem Kopflappen der Anne- liden und den Tentakeln der Sipunculiden homologes Organ darstellt. An der Basis dieses Lappens befindet sich der Mund , an dem entgegengesetzten Körperende der After. Der Darmcanal ist spiralig gewunden und mittelst zahlreicher Bänder an die Körperwand geheftet, welche in ihrer Structur im Allgemeinen nicht bedeutend von derjenigen der unbewaffneten Sternwürmer verschieden ist. Die Haken und die Stacheln , welche diese Gruppe charak- terisiren, scheinen von chitinöser Beschaffenheit zu sein; Bonellia besitzt deren nur zwei sehr kleine, die anderen besitzen deren in grösserer Anzahl. Gepliyreen. 421 Dem Nervensystem fehlt ein Obersclilundganglion (Gehiru) ganz; es weist eine beträchtliche Schlinge auf, welche rund um den Kopflaijpeu herumläuft, dann die S^^eiseröhre umgiebt uud sich schliesslich in einem , in typischer Weise augeordneten Bauchnervenstrang vereinigt. Das Oberschlundgaugliou existirt bei den Larven, verkümmert aber später. Das Canalsystem steht mit der EntAvickelung des Kopflappens in Beziehung ; es geht um ihn herum, vereinigt sich in einem auf der Speiseröhre gelegenen Behälter und liefert einen dem Nervenstränge entlang gehenden blinden Canal, während ein anderer vom Behälter ausgehender Ast' dem Darmcanale auf einer gewissen Strecke folgt und hierauf zum Gefässe , welches dem Nervenstrange entlang verläuft, zurückkehi-t. Die Homologie der Segmentalorgane ist noch nicht genügend für Alle festgestellt. Bei Echiurus existiren deren zwei Paare , die wie die- jenigen der Sipunculiden gebaut sind, und einen die Haut durchbolu-enden Ausführungscaual uud eine stark wimpernde kraterförmige Oeffuung besitzen, die in die allgemeine Körperhöhle führt. Sehr wahrscheiulich ist das bei Bonellia als Utei'us bezeichnete Organ den Segmentalorganen homolog und nicht die Mastdarmschläuche , welche man als solche betrachtet hat. Diese Analschläuche werden bei Echiurus von einem braunen , sehr zusammenzieh- baren Sacke gebildet , auf welchem zahlreiche Wimpertrichter sitzen , von denen der endständige sehr gross ist. Bei Bonellia sind diese Organe ver- zweigte Büschel, deren Aeste endständige Ti'ichter tragen. Wir glauben, dass diese Organe den Afterdrüsen von Sipunculus homolog sind , welche bei diesem letzteren so reducirt sind, dass sie keine Wimpertrichter mehr zur Herstellung einer Verbindung zwischen dem Mastdarme und der allgemeinen Körperhöhle besitzen. Die Geschlechtsorgaue von Echiurus bestehen aus Zellenhaufen, die an das Ende des Bauchgefässes geheftet und in einem engen Räume zwischen dem Mastdarme und seinen schlauchförmigen Anhängen gelegen sind. Im Anfange sind diese, Kerne uud Kernkörpercheu enthalten- den Zellen, bei den Individuen der beiden Geschlechter vollständig identisch ; sie diiferenziren sich erst in der allgemeinen Körperhöhle. Das Plasma der Eier wird darin amoebenartig und bildet Scheinfüsschen ; es entwickeln sich in ihm stark lichtbrechende Körner, welche sich besonders um das Keimbläschen herum anhäufen, während das Plasma körnig wird und die Dotterhaut sich verdickt und spröde wird. Die Eier besitzen keine Follikel und man spricht nicht von Porencanälen in der Dotterhaut. Bei den männlichen Individuen, welche sich übrigens äusserlich nicht von den Weibchen unterscheiden, bleiben die primitiven Zellen fast unverändert, theilen sich und bilden schliesslich Haufen sehr kleiner Zellen, welche in der Flüssigkeit der allge- meinen Körperhöhle schwimmen und deren lichtbrechende Kerne die Köpfe der Samenthierchen werden , welche Stecknadeln gleichen. Im Herbste füllen sich die Segmentalorgane mit den reifen Producten , die dann nacli aussen entleert werden. Die bemerkenswertheste Thatsache ist der Unter- schied der beiden Geschlechter bei Bonellia und die Schmarotzerform des Männchens. Alle Bonellien mit gabelig getheiltem Rüssel sind Weibchen. Der Eierstock findet sich in der gleichen Lage wie bei Echiurus auf dem Hinter- ende des Nervenstranges, an welchen er durch ein bindegewebiges Bändcheu angeheftet ist. Darin werden kugelige Haufen von Primitivzelleu erzeugt, die zuerst von gleichem Dur<;hmesser und von einem kernhaltigen, binde- gewebigen Follikel umgeben sind. Die Centralzelle überflügelt an Grösse die übrigen Zellen, welche sich strahlig um sie herum reihen. Der Follikel zieht sich in einen Stiel aus, mittelst welchem das so gebildete Kügelchen an die Waud des Eierstockes befestigt wird. In der Nähe der Zellkugel bildet sich im Stiele eine grössere Zelle , welche zum Ei wird. Dieses Ei macht ursprünglich einen Bestandtheil der Zellkugel aus, von welcher es sich 422 Sternwürmer. bei fortgesetztem Wachsen uacli und nach ablöst. Es hat einen grossen blaseuförmigen Kern , ein fein gekörntes Plasma und bald zeigen sich darin lichtbrechende Körperchen , welche sich vermehren. Die primitive Zellkugel schrumpft zusammen und wird schliesslich zu einer Art Warze oder Knopf, der auf dem Ei aufsitzt. Der Stiel verlängert sich und zieht sich in einen feinen Faden aus , der schliesslich zerreisst und das Ei in die allgemeine Körperhöhle fallen lässt. Das Ei besitzt kurz vor seiner Reife den Follikel, der es mit dem Knopfe umgiebt, eine feste Dotterhaut ohne Porencanäle und einen exceutrischen Kern, das Keimbiäschen. Der Dotter ist mit Vacuolen und lichtbrechenden Bläschen erfüllt und in zwei Schichten ge- schieden, eine innere feinkörnige und eine äussere mit Vacuolen. Im reifen Zustande verschwinden der Follikel und der Knopf. Die Eier reifen in einem Organe, welches als Uterus bezeichnet wird, sich mittelst eines kvirzen Canales hinter den kleinen Haken auf der Bauchseite nach aussen öffnet und einen langen , blinddarmartigen Schlauch bildet , auf dem nahe beim Ausführungscanale ein grosser Wimpertrichter aufsitzt. Dieser Trichter öffnet sich in die allgemeine Körperhöhle; durch ihn dringen die Eier in den sogenannten Uteras , welcher infolge seiner äusseren und inneren Bildung den Segmentalorganen homolog ist. Die Befruchtung geht wahrscheinlich in diesem mit schmarotzenden miki'oskopischen Männchen bevölkerten Or- gane vor sich. Die weitere Entwickelung findet nach der Entleerung der Eier statt. Das Männchen lebt in derThat schon als aus dem Ei gekrochene Larve auf der Aussenseite des Rüssels des Weibchens , wo man es in Gestalt einer kleinen Schuppe antrifft , welche nur aus einem mit grünen Kügelchen versehenen Parenchym gebildet wird, in dem ein medianer, an beiden Enden geschlossener, gerader Darm differenzirt ist. Es ist von einem allgemeinen Flinmierepithel bedeckt, während die weiblichen Larven zwei Wimper- gürtel besitzen. Das Parenchj-m der männlichen Schuppenlarve enthält ausserdem noch einige Zellhaufeu , die bestimmt sind , Sameuthierchen zu bilden ; die übrigen Organe der primitiven , noch nicht differenzirten Larve (Augen, Anlage des Nervensystemes u. s. w.) sind verschwunden. Von dem Rüssel gleiten die Männchen in die Speiseröhre des Weibchens, halten sich darin ziemlich lange auf und wandern, nachdem sie ihre Verwandlung voll- endet haben, in den Uterus, wo man deren fast immer etwa ein halbes Dutzend in der Nähe des Trichters findet. Das ausgebildete Männchen hat eine längliche , voi'u abgerundete , hinten zugespitzte Gestalt. Es besitzt ein allgemeines Wimperepithel, einen von schrägen Längs- und Kreisbündeln gebildeten Hautnmskelschlauch, ein Parenchjnn, in welchem sich die Samen- zellen und Samenhaufen bilden , einen durch eine mediane Furche geschie- denen warzigen Bauchnervenstrang und einen ziemlich engen Nervenring um den Schlund. Der Darmcanal ist an beiden Enden geschlossen. Neben ihm bemerkt man einen übergrossen, Samenthierchen enthaltenden Schlauch , der sich mittelst eines Wimpertrichters in die allgemeine Körperhöhle öffnet und vorn einen engen Ausführungsgang entsendet, welcher durch den Schlund- ring hindurchgeht , um sich mitten auf dem Vorderende zu öffnen. Der Trichter steht mit einem dem Samensacke entlang verlaufenden C'anale so in Verbindung , dass die Samenthierchen zwar in ihn hineiudringeu , aber durch seine Oeffnung nicht herausgehen können. Ausser dem Samensacke, der durch seine allgemeine I^inrichtung an den Uterus des Weibchens er- innert, besitzt das Männchen noch zwei sehr kleine Segmentalorgane, welche auf dem ersten Drittel der Bauchfläche münden. Bei einigen Männchen hat man äussere Chitinhaken gefunden, ähnlich denjenigen der Weibchen. Nach allen diesen Merkmalen ist das Männchen eine im Larvenzustande verbliebene und durch den Parasitismus noch weiter rückgebildete Bonellia. Die weib- Gephyreen. 423 liehe Larve hat in der That eine ähuHche Gestalt; der utnfaugreiche Kopf- lappen entwickelt sich erst zuletzt; er ist ursprünglich rundlich und trägt zwei Augen, welche später verschwinden. Die weibliche Larve besitzt ausser- dem zwei Wimpergürtel, einen im vorderen Drittel, den anderen am Hinter- ende, ein Paar kleine Segmentalorgane, welche später verschwinden und bis- weilen ist der Uterus doppelt oder bald rechts , bald links vom Darme entwickelt, was uns zu beweisen scheint, dass der Uterus wie der Samensack nur "Reste eines Paares von Segmentalorgauen sind. Diese Segmentalorgane sind aufänglicli wie bei Echiurus angelegt , aber nur ein einziges entwickelt sich, während das andere in den meisten Fällen rudimentär bleibt oder ver- schwindet. Die übrigens nach dem gleichen Vorbilde wie diejenigen der Bonellia gebauten Echiuruslarven weisen in dem hinteren Theile des Körpers eine Andeutung von Metameren auf, was sie den Annelidenlarven nähert. Die Larven der Sipunculiden sind dagegen sehr von denen der Echiurideu verschieden. Wir verweisen für diese Verschiedenheiten auf die Arbeiten von Hatschek und Spengel. Was die Gattung Phoronis , die einzige Eepräseutantin der Eöhren bewohnenden Gephj-reen anbetrifft , so müssen wir erwähnen, dass ihre Organisation sowie die sonderbare Bildung ihrer, Actinotrocha genannten, Larve sich so sehr von den übrigen bekannten Typen der Gephyreen entfernen , dass man sie nur dann zu diesen letzteren stellen könnte , wenn mau vielen Structurverhältnissen Zwang anthut. Der einzige Punkt, in welchem Phoronis mit einem Theile der Gephyreen über- einstimmt , ist die Stellung des Afters auf dem vorderen Körpertheile ; alles Uebrige ist verschieden , sowohl bei der Larve als beim erwachsenen Thiere. Man muss weitere Aufschlüsse erwarten , bevor mau sich in dieser Hinsicht aussprechen kann. Literatur. — C. Grube, Versuch einer Anatomie des Sipunculus nudus. Müller's Archiv, 1837. — A. Krohn, Ueber das Nervensysteua des Sipunculus nudus. Ebend., 1839. — Ders. , Ueber die Larve des Sip. nud. nebst Bemerkungen über die Sexualverhältnisse der Sipunculiden. 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Das Verdauungssystem existirt nur bei den Weibchen, den Männchen fehlt es fast immer. Die Organe hängen in einer weiten allgemeinen Leibeshöhle. Man kann nur nach den Weibchen eine Classification aufstellen; die Männchen sind im Allgemeinen sehr verkümmert und der Gestalt nach verschieden; auch sind sie zu selten, und da ihr Auftreten an sehr kurze Zeiträume gebunden ist, kennt man von ihnen nur eine sehr kleine Anzahl. Andererseits begegnet die Vertheilung der Classe in wohl charakterisirte Ordnungen einer ziemlich ernsten, durch die Aehnlichkeit der inneren Organisation bedingten Schwierigkeit, welche wenige deutliche Merkmale aufweist. Wenn man drei anormale Gruppen, nämlich die Eingeweidelosen (AspJanchnkla) , deren Darmcanal blindsackartig geschlossen ist und keinen After besitzt (Äsplanchna, Äscomorpha), die schmarotzenden Atro eben (Afrocha), bei denen das Wimperorgau sehr reducirt oder gar nicht vorhanden ist (Alhertia, Bälatrö) und die kugeligen Trocliosphaera unterschieden hat, welch letztere einen vor dem Munde gelegenen, äquatorialen Wimperkranz besitzen , so findet man bei der überwiegenden Mehrzahl der Räder- thiere eine so ähnliche Organisation und so vielfache Uebergänge, dass man kaum Grenzen für weitere Gruppen feststellen kann. Doch finden sich welche, die im erwachsenen Zustande mit dem Ende ihres Schwanzes festsitzend leben, und zwar bilden die einen Colonien, wäh- rend die anderen isolirt bleiben. Unter diesen beiden Gruppen giebt es einige, welche nackt bleiben, während andere sich mit verschieden geformten Röhren umgeben. Wir erwähnen unter den Colonien mit nackten Individuen ConocJdhiS, deren Colonien herumschwimmen, wäh- rend Megcäotrocha festsitzt; unter den in Röhren isolirt lebenden Rotatorien, 425 Räderthiercn sind die Gattungen : Meliccrta, Floscidaria und Stepliano- ceros die gemeinsten , während die festsitzenden nackten Rädei'thiere ohne Röhren (Seison, Ptygura) seltener vorkommen. Unter den herum- schwimmenden bilden die Philo dineen (Bofifer , Phüodina) eine Gruppe, die sich durch den wie ein Rüssel vorstreckbaren Kopf aus- zeichnet. Man charakterisirt auch noch die gepanzerten Räder- thiere (EucManis , Solpina, Brachionus) durch die Verdickung ihrer einen Panzer bildenden Cuticula, aber die Uebergänge von diesen Formen zu den Hydatineen (Hydatina, Biglena, Notommaia, Furciüaria) sind zahlreich. Endlich kann man noch als Gruppe die Polyarthreen (Polyarfhra, Triarthra) unterscheiden, die keinen Schwanz, hingegen Flossenborsten besitzen. Man findet die Räderthiere vorzugsweise in klarem Süsswasser, zwischen den Wasserpflanzen und Algen. Man kann die Colonien und die grossen Arten {Hydatina, Brachionus, Philodina) schon mit blossem Auge oder mittelst einer schwachen Lupe entweder in einem durch- sichtigen Glase oder in einem Uhrglase auf schwarzem Grunde er- kennen. Was die kleinen Arten anbetrifft, so muss man sie aufs Gerathewohl hin mit dem Präparationsmikroskope suchen. Ihre Be- wegungen sowie die Gegenwart von mehr oder weniger dunkeln Eiern erleichtern ihre Auffindung. Die Untersuchung wird beinahe ausschliesslich bei durchfallendem Lichte unter dem Mikroskope vorgenommen. Wichtig ist es, die Räderthiere zu fixiren, ohne sie zusammenzudrücken, was sich mittelst eines guten Compressoriums leicht erreichen lässt. Die Bewegungen des Räderorganes sowohl als auch der inneren Wimperoi-gane lassen sich nur auf diese Weise untersuchen. Die gebräuchlichen Reagentien für die Tödtung dieser Thiere (Osmiumsäure, Aetzsublimat) verursachen in den meisten Fällen solche Contractionen , dass man die inneren Details nicht mehr wahrnehmen kann. Die verschiedenen löslichen Salze des Strychnins leisten hingegen gute Dienste. Man bringt den Tropfen , der das Thier enthält , in eine in ein Deckgläschen ge- schnittene Zelle, sowie AVittwe Crozet deren fabricirt. Man fügt ein Tröpfchen Strychninlösung bei und bedeckt die Zelle. Das Räder- thierchen wird nach und nach unbeweglich und stirbt in ausgebreitetem Zustande, aber die Zeit, welche zwischen dem Unbeweglichwerden und der Zersetzung gewisser innerer Organe (Gehirn, Darmcanal, Eierstock) vei'fliesst, ist sehr kurz. Man muss demnach die Beobachtung beeilen. Wenn man Räderthiere in Probirröhrchen züchtet, in deren Wasser sich einige das Wasser in reinem Zustande erhaltende Algen oder Pflanzen befinden , so kann man dieselben immer in Masse zur Unter- suchung vorräthig halten. Typus: Brachionus pala (Ehrb.). — Wir haben diese Art, welche vier vordere, aber keine hintere Stacheln besitzt, deshalb 426 Räclerthiere. Fig. 209. " 9 ■'t Bracliiomis jKila. Weibchen, a-oii der Rückenscite gesehen. Zeiss, Obj. E. Cam. lue. «, mittlere Stacheln des Panzers; b, Sinnesgeisseln des Räderorganes ; c, Seiten- stacheln; d, Mittelhügel des Räderorganes; e, Umriss des Mundtrichters; /, Sinnesrohr ; Rotatorien. 427 gewählt, weil sie sich leichter unter dem Compressorium fixiren lässt, als die weichere Ilydatina senia, deren Grösse sie erreicht, so dass sie dem unbewaffneten Auge sichtbar ist. Die verschiedenen in anato- mischer Hinsicht einander sehr ähnlichen Arten von Brachionus sind übrigens überall verbreitet, während die an gewissen Orten sehr ge- meine Hydatina anderwärts vollständig fehlt. Weibchen. — Wir unterscheiden drei grosse Körpergegenden: das Vorderende oder den Kopf, der ausserordentlich zurückziehbar ist und das Wimperorgan, das Gehirn, die Sinnesorgane und den Mund trägt; den Thorax, welcher von dem auf der Bauchseite etwas ab- geplatteten, auf der Rückenseite .gewölbten und überall gieichgeformten Panzer umgeben wird und alle übrigen Eingeweide in einer geräumigen Leibeshöhle umschliesst, und den sehr muskelreichen und hinten mit einer kleinen Zange versehenen cylindrischen Schwanz. Man unter- scheidet auch leicht eine Rückenfläche (Fig. 209), welche durch die Lage des Auges, des Gehirnes und der an dem Kopfe gelegenen Sinnes- röhre, und durch diejenige des Afters am Hinterende des Thorax über der Wurzel des Schwanzes bezeichnet wird. Dieser ist nur die verengerte Fortsetzung des Körpers selbst; seine von Muskeln durch- zogene Inneuhöhle steht unmittelbar mit der Leibeshöhle in Verbin- dung; in diese kann er ganz eingezogen werden. Das Gleiche gilt auch für den Kopf, der ebenfalls in die Leibeshöhle zurückgezogen werden kann, in welcher die Eingeweide infolge dieser Zusammen- ziehungen dicht zusammengedrängt werden. Körper decken. — Die Cuticula (a, Fig. 211), welche die äusserste Schicht bildet, ist von chitinöser Beschaffenheit und wider- steht der Einwirkung einer schwachen Lösung von Aetzkali. Sie ist auf dem Kopfe sehr dünn und ausserordentlich biegsam , dicker und widerstandsfähiger auf dem Thorax, wo man selbst mit sehr schwachen Vergrössernngen ihre doppelte Begrenzungslinie wahrnimmt. Dieser Panzer ist gegen den Kopf hin weit offen ; hier ist der Rand ausge- schnitten, um vier grosse Stacheln zu bilden; ein dorsales Paar, in dessen Einschnitt das Auge und das Sinnesrohr liegt (a, Fig. 209) und ein Paar seitliche Stacheln (c, Fig. 209), welche auf einem Gelenke sich etwas bewegen können. Der Bauchrand des Panzers besitzt keine Stacheln und ist einfach durch einen kleinen Einschnitt dem Munde gegenüber eingeschweift (f/, Fig. 209). ff, Bauchumriss des Panzers; yl~*, Falten des Panzers; jr^, Schüppchen des Schwanzes ; /*!, 7(2, 7*3, runzelige Warzen des Panzers; i, Gehirn; k, Auge; /, Zurückzieher des Räderorganes ; m^ , Mundtrichter; m^ , vordere Muskelmasse des Schlundkopfes; m", Kauapparat; m*, Speiseröhre; m^, Magen; m^, Darm; w'', After; ?i, Magendrüsen; o, Eierstock; o^, unfruchtbares, o^, in Entwicklung begriflfcncs Ei; o^, Aufhänge- muskel des Eierstockes; o*, reifes Ei; />^ Wimperflammen; ;j2 ^ contractile Blase; q q, Schwanzmuskeln ; r, Leibeshöhle des Schwanzes ; s, Schwanzdrüse ; t, Schwanzzange. 428 nädertbiere. Man bemerkt auf dem Panzer mehrere Kreisfalteu , Andeutungen einer Gliederung, die nicht, wie man früher behauptete, muskulöser Natur sind: eine vordere in kurzer Entfernung hinter den Stacheln gelegene (g^, Fig. 209) und eine andere hintere, welche den Körper in der Höhe der Cloake reifartig umgiebt (g'^, Fig. 209); eine dritte (g^, Fig. 209) entspricht dem After und bildet eine kleine Her- vorragung, so dass sie doppelte Grenzlinien besitzt. Der Körper wird durch eine Querplatte (r/S Fig. 209) beendet. Die Wurzel des Schwanzes ist aus zwei Segmenten zusammengesetzt, welchen sich eine Art Seitenschuppen (g'" , Fig. 209) anschliessen. In seiner grössten Ausdehnung besitzt der Schwanz kaum einige Anzeichen von Quer- falten; er zieht sich unregelmässig zusammen, indem er sehr genäherte Kreisfalten erkennen lässt. Man sieht noch auf dem Panzer kleine runzelige Scheiben (Ji, Fig. 209), sowie iinienartige innere Vorsprünge, an welche sich die Aufhängemuskeln der Eingeweide, sowie die grossen Rückzieher des Körpers und des Räderorganes ansetzen. Drei dieser Scheiben sitzen in schräger Linie auf den Körperseiten. Sie sind einfach gerunzelt; wir haben an ihnen erfolglos nach Poren oder Haaren gesucht. Es ist uns auch nicht gelungen, die Existenz feiner Poren in dem Panzer nachzuweisen, wie Mo eb ins sie hei Bracliionus plicatiUs beobachtet haben will. Was die linienartigen Vorsprünge, die wahre Muskelgräte sind, anbetrifft, so giebt es deren besonders zwei erwähnenswerthe (Fig. 209), welche schief von der mittleren Scheibe gegen die Mittel- linie verlaufen und die man bis gegen den Eierstock hin verfolgen kann. An diese Vorsprünge befestigen sich die Zurückzieher des Räderorganes. Das Hypodermgewebe ist bei unserem Brachionus sehr wenig entwickelt. Selbst unter starken Vergrösserungen zeigt es sich nur in Gestalt einer inneren Linie, welche dem Umrisse des Körpers folgt und nur etwas weniger ausgeprägt scheint. Mittelst Immersionslinsen entdeckt man an dieser Linie ein körniges oder flockiges Aussehen, aber es war uns unmöglich, darin Kerne oder Zellen aufzufinden. Es giebt nur eine einzige Hautdrüse, die zwischen den beiden Endstacheln in dem Schwänze liegt. Diese S c h w a n z d r ü s e (s, Fig. 209) hat die Gestalt einer Flasche von körniger Beschaffenheit, deren enger Canal mitten zwischen den beiden Stacheln ausmündet. Die Drüse ist von den zusammengewachsenen Schwanzmuskeln scheiden- artig umgeben, sie sondert einen zähen Schleim ab, der bisweilen die Räderthiere ziemlich fest anklebt, so dass sie zu ihrer Ablösung ernst- liche Anstrengungen machen müssen. Das Muskelsystem bildet keinen zusammenhängenden Haiit- schlauch, sondern ist in wohl von einander geschiedene Bündel getheilt. Man unterscheidet nach der histologischen Zusammensetzung vier Rotatorien. 429 Arten Muskeln: 1. Die vier grossen Zurückzieher des Rcäderorganes (n, Fig. 210) und die sechs Schwanzmuskeln. Diese Muskeln besitzen die Form platter Bänder; sie zeigen eine feine Längsstreifung und in dem Mittelpunkte des Bandes eine Reihe sehr feiner Körner. Wenn sie vollständig zusammengezogen sind, bieten sie ein gleichförmiges körniges Aussehen (ö, Fig. 211) dar, was sie mit Drüsen verwechseln lässt. Die beiden Zurückzieherpaare des Räderorganes (Fig. 209, 210) Piff. 211. ^.... Fig. 210. — Brachionus pala. Kopf, Profilansicht. Zeiss, Oljj. E. Cam. lue. rt, Strauss langer Wimperliaare ; l, Zellenschicht des Räderorganes ; c, Ivürzere Wimper- haare; d, Ziirüclizielier ; e, innere Zellenscliicht , im durchfallenden Lichte gesehen; /, vorderer Theil des Gehirnes ; c/, innerer Theil ; h , Auge , vom hellen Sacke um- geben ; /, Sinnesrohr; i', sein Nerv; i^, Falte der Körperdecke; k, rechter mittlerer Stachel; /, linker mittlerer, ä;^, seitlicher Stachel des Panzers; m , Schlundkopf; m^, Kauapparat; n, Zurückzieher des Räderorganes; o^ , Zurückzieher des Schlund- kopfes ; p, Wand der Speiseröhre ; q, ihr Lumen ; »•, Magen. Fig. 211. — Hiutertheil von Brachionus pala, Profilansicht. Der Schwanz ist zurück- gezogen. Zeiss, Obj. E. Cam. lue. a. Körperdecken; b, Kreismuskeln; c, Zurück- zieher des Räderorganes; d, Magen; e, EierstTOk ; /, Wassergefässcanal ; y, Aufhänge- muskeln ; h, Darm ; i, Nerv (?) der Cloake ; k, Hebemuskel der Cloake ; /, Euddarm ; m, Cloake; ?*, After; o, Zurückzieher des Eierstockes; p, Eileiter; q, Wassergefäss- canal; r, contractile Blase; s, zusammengezogene Schwanzmuskeln; t, Schwanzzange. heften sich hinten an die oben erwähnte schräge Falte an und ver- theilen sich vorn zwischen den Zellen des Räderorganes. Sie sind symmetrisch angeordnet und in der Rücken- oder Bauchansiclit der 430 Rädertliiere. Thiere hat man Mühe, in den Seitenhändern die beiden Bündel, welche sie zusammensetzen, zu unterscheiden. Die Schwanzmuskeln (Fig. 211) bilden drei Paar Bänder, ein dorsales, ein ventrales und ein seitliches Paar; sie durchziehen die ganze Schwanzlänge, entstehen auf der End- falte des Brustpanzers und bilden an der Basis der Schwanzdrüse eine Verwachsung, von welcher aus sie sich bis an die Basis der Endborsten fortsetzen. 2. Verfilzte und zu Massen vereinigte Muskeln. Sie finden sich einzig im Schlundkopfe vor und infolge ihrer sehr ver- wickelten Anordnung öffnen und schliessen sie den Schlundkopfcanal, entfernen und nähern die verschiedenen Stücke des Kauapparates. 3. Von einer einzigen Faser gebildete Muskeln , welche die Organe an einander und an die Körperwand heften. Man sieht oft an der Ansatzstelle an den Organen eine dreieckige Erweiterung. Man be- merkt diese feinen Muskeln hauptsächlich am Räderorgane (f?, Fig. 210), an den Magendrüsen (??, Fig. 209), an dem Eierstocke (ö, Fig. 211). Zu dieser Kategorie gehören auch die Kreismuskeln des Körpers, welche man besonders gut in der Profilausicht sieht (&, Fig. 211), wo sie durch ihre Befestigung an kleinen in dem Hypodermgewebe ge- legenen Knötchen die Gestalt von in sich selbst zurückkehrenden Reifen annehmen. 4. Muskeln mit Knötchen. Wir gestehen, dass wir in dieser Hinsicht noch keine vollständige Gewissheit besitzen. Man sieht auf unserer Fig. 211 (i) einen zum After gehenden Faden, der in seinem Verlaufe ein rundes, einem Kei'ne oder gar dem Körper einer hellen Zelle ähnliches Knötchen aufweist. Es ist offenbar ein Muskel ; wir glauben seine Contractionen gesehen zu haben. Andererseits sieht man zwischen den hinteren runzeligen Scheiben (Fig. 209) Stx^änge, die an der vorderen Scheibe fadenförmig erscheinen, gegen die hintere Scheibe spindelförmig erweitert sind. Es sind dies keine Nerven, denn wir haben vergebens nach ihrer Fortsetzung nach vorn gegen das Centralganglion hin oder in kleine Fühlhaare am Körperrande gesucht. Sind es wohl Muskeln? Schliesslich besitzen auch alle inneren Organe: Drüsen, Darmcanal, Eierstock, Ausscheidungsblase, ausserordentlich contractile Wände, die ohne Zweifel aus sehr feinen Muskelfasern ge- woben sind, welche wahrzunehmen die Kleinheit des Gegenstandes hindert. Das Räderorgan (Fig. 209, 210, 212) liegt am Vorderende des Körpers. Da es sowohl in seii^r Gesaramtheit als in seinen Theilen ausserordentlich contractu und immer in Bewegung ist, selbst wenn es ganz in den Panzer zurückgezogen ist, so ist die Untersuchung seiner Detailstructur sehr schwierig. Wir empfehlen für diese Unter- suchung den Gebrauch des Strychnins oder des Curare, von denen man eine kleine Menge nach und nach in den Tropfen , welcher das Thier enthält, einfliessen lässt. Dieses bleibt nach ungefähr zehn Minuten eines tollen Herumrennens auf dem Platze und lässt sein vollständig Rotatorien. 431 entfaltetes Organ kräftig spielen. Nach und nach werden die Wimpern gelähmt; zuerst die grossen Wimperhaare, welche sich langsam haken- artig krümmen und wieder aufrichten; so lassen sie sich leicht von den kleinen Wiraperhaaren unterscheiden, welche ihr Spiel noch lange nach der vollständigen Lähmung der grossen Wimpern fortsetzen. Man kann auf diese Weise während einer halben Stunde ungefähr vor der Zersetzung das Organ mit Müsse untersuchen und leichter die vei'schiedenen Theile unterscheiden. Die Masse, auf welcher die Wimperhanre sitzen, wird von ziem- lich grossen runden, weichen und körnigen Zellen gebildet, deren Ura- Fig. 212. Räderorgan von Ilydatina scnta unter der Einwirkung von Strychnin, von der Bauch- seite aus gesehen. Zeiss, Obj. E. Cam. lue. a , dorsaler Wimpergürtel; b, vor- dere, c, innere Warze; rl, innerer Gürtel; e, Oehrchen; /, Bauchränder des Organes; /^, Mund; g, Bauchrand des Panzers; h, seitliche Ränder; ?, Falte des Panzers. risse gegen die Leibeshöhle vorragen. Die gesaramte Oberfläche des Organes ist mit einer sehr feinen Cuticula bekleidet, die einen doppelten Urariss besitzt und die directe Fortsetzung der dickeren Thoraxcuticula bildet. Wir haben das Räderorgau von Eydatina senta (Fig. 212), von der Bauchseite gesehen, in seinem vollständigsten Erectionszustande abgebildet. Es gleicht bis auf zwei ihm fehlende Tastborsten voll- kommen demjenigen von Brachionus und wird von einem vollständigen Kranze, der gegen den Mund zu trichterartig eingeschnitten ist und von mehreren inneren und äusseren mehr isolirten Theilen gebildet. Die Rückenwand des Organes (a, Fig. 212), die je nach dem Conti'actionszustande leicht gekrümmt oder zu mehreren Hügeln gefaltet 432 Rädertliiere. ist, wird von einem Zellenwulste gebildet, auf welchem zwei Reihen sehr feiner Flimmerhaare stehen. Dieser Thell kann sich in der Art zurückschlagen, dass er die inneren Halbkränze hervortreten lässt, oder auch wohl wie eine Haube sich darüber ziehen. Der mit feinen Flimmer- haaren besetzte Theil zieht sich gegen die Bauchseite hin durch zwei convergii-ende Wülste (/, Fig. 212) fort, die viel dicker und auf ihrem Innenrande mit grossen Wimperhaaren besetzt sind, welche kolbig an- geschwollene Wurzeln besitzen. Der Aussenrand dagegen trägt ebenso lange, aber weit feinere Wimperhaare, welche in jenem Zustande unvoll- ständiger Lähmung auf der Bauchseite des Organes in der Weise dar- niederliegen , dass sie scheinbar eine Muskelstreifung vorstellen. An der Stelle, wo der Rückenwulst gegen die convergirenden Wülste sich krümmt, setzt sich der erstere nach aussen fort, um zwei seitliche Oehrchen zu bilden (e, Fig. 212), welche bei Brachionus sich auf die Seitenstacheln des Panzers stützen. Diese Fortsetzung ist anfangs mit feinen Wimperhaaren besetzt, die beiden ohrenartigen Wülste aber tragen dicke Wimperhaare, die gewöhnlich nach hinten gekrümmt sind. Das ganze Organ bildet so einen auf der Bauchseite offenen Trichter, dessen Hals von dem Munde gebildet wird (f^, Fig. 212). Die ganze innere Oberfläche dieses Trichters ist mit feinen Flimmer- haaren bedeckt, in deren Mitte sich drei deutlich ausgeprägte Gebilde abzeichnen, die borstenartig dicke, mit angeschwollenen Wurzeln ver- sehene Wimpern tragen. Die beiden vorderen Gebilde (b und c, Fig. 212) zeichnen sich als zwei concentrische Halbkreise ab, welche warzenförmig erhoben und selbst über den Rückenwulst vorgeschoben werden können. Hinter diesen Halbkreisen befindet sich ein beträchtlicher, leicht ge- krümmter Wulst (d, Fig. 212), der sich auf beiden Seiten in eine aus- geprägtere aufgetriebene Warze endigt. Dieser Wulst trägt bei Hydatina zwei Reihen Wimperhaare, von denen die äusseren ziemlich weit von einander abstehen, kurz und dick sind und beinahe die Form von Stacheln haben. Bei Brachionus sind diese Wimperhaare weniger stark, aber dafür tragen die beiden endständigen Warzen zwei lange Tastborsten (b , Fig. 209), welche sich nur sehr langsam bewegen, indem sie sich leicht neigen, aber gewöhnlich beinahe unbeweglich, nach vorn gerichtet getragen werden. Man kann die Wui'zel dieser beiden Borsten bis auf eine gewisse Entfernung in das Innere der Zellenmassen hinein verfolgen und es unterliegt keinem Zweifel, dass diese Wurzel sich in einen sehr feinen aus dem Gehirn kommenden Nervenfaden fortsetzt. Wir werden nicht in die Discussion über die Art der Thätigkeit des Räderorganes eintreten. Es dient zwei Zwecken, dem Schwimmen und dem Hervorbringen eines Wirbels, welcher die Nahrung zum Munde führt. Wenn es nun auch keinem Zweifel unterliegt, dass im Momente der ErschlafiFung und der beginnenden Lähmung die dicken Wimper- haare sich hakenartig krümmen, um sich von Neuem zu erheben und liädertliiere. 483 wieder !iu krümmen , so gestehen wir doch , dass wir nicht deutlich haben beobachten können, in welcher speciellen Weise sie beim Schwim- men oder bei der Erzeugung des Nahrungswirbels arbeiten. Es schien uns indessen immerhin, als ob in den beiden Thätigkeiten die Wimper- haare in derselben Weise arbeiten und dass derselbe Wirbel das Thier schwimmen lässt, wenn es frei ist oder ihm Nahrung heranzieht, wenn es mit dem Schwänze irgendwo festsitzt. Es ist übrigens klar, dass der Wirbel zum Munde auch hervorgebracht wird, während das Thier schwimmt und dass Nahrungsmittel durch den Schlundkopf auf- geschnappt werden, während das Thier die Flüssigkeit durchschwimmt. Die Wimpern werden von einer ziemlich dicken Masse getragen, die aus grossen gekörnten Zellen gebildet ist, deren rundliche Grund- flächen in die Leibeshöhle hineinragen. Diese Masse wird von einem unentwirrbaren Filze durchzogen, der sowohl aus specifischen Muskel- fasern, wie auch von solchen, die von der Auflösung der Bündel der Zurückzieher herrühren und endlich aus vom Gehirne herkommenden Nervenfasern gewoben ist. Aus der Masse gehen zahlreiche feine Muskelfasern (d, Fig. 210) ab, welche dazu dienen, isolirte Theile zurückzuziehen, während die grossen Zurückzieher durch ihre Ver- kürzung das ganze Organ in den Panzer zurückziehen. Nervensystem (Fig. 209, 210). — Das Centi-alganglion , das Gehirn, liegt auf der Rückenseite des Thieres, unmittelbar vor dem Schlundkopf und in dem Einschnitte zwischen den beiden Rücken- stadhein. Von dem Rücken aus gesehen (?, Fig. 209) stellt es eine ziemlich beträchtliche, körnige Masse dar, deren Zusammenwachsen aus zwei Hälften durch einen mittleren Einschnitt angedeutet wird. Diese Hälften schieben seitlich zwei Paar Fortsetzungen aus, die eben- falls körnig sind und denen man auf eine kurze Strecke zu folgen vermag. In der Seitenansicht (Fig. 210) besitzt die äussere dorsale Hälfte (/) die Form eines senkrecht aufgerichteten Eies, dessen unteres spitzigeres Ende den augenförmigen Fleck enthält. Von der Hinter- seite dieser Hälfte löst sich eine herzförmige Masse (g) ab, deren breites Ende nach innen gekehrt ist und auf diesem Theile unter- scheidet mau zwei hellere, von einander abstehende, von körniger Substanz umgebene Räume. Es sind ohne Zweifel fingerförmig aus- strahlende Fasermassen, die von Gangliensubstanz umgeben sind. Man unterscheidet mehrere von diesem hinteren Theile ausgehende Nerven, besonders einen, der sich zu dem sehr nahe gelegenen Schlundkopfe begiebt. An dem vorderen eiförmigen Theile klebt ein kleines Ganglion, das den Nerven des Sinnesrohres entsendet und mehrere sehr schwierig zu unterscheidende Nerven begeben sich von dem Gipfel des eiförmigen Theiles zu den benachbarten Wülsten des Räderorgaues. Diese Beschreibung des Gehirnes ist ohne Zweifel sehr unvoll- ständig, aber wir zweifeln daran, dass man die Nerven mit unseren Vogt u. Yuug, prakt. vergleich. Anatomie. 28 434 Rotatorien. gegenwärtigen Hülfsmitteln weiter verfolgen kann. Hier fülilt man wieder die Lücke in unserer Technik, die noch nicht dazu gelangt ist, eine Substanz zu entdecken, welche die Nervensubstanzen allein zu färben im Stande wäre. Sinnesorgane. — Es exisirt nur ein einziges Auge (Ä-, Fig. 209), das auf dem Hinterrande des Gehirnes in der Medianlinie liegt und in einem PigraentÜecken von schön carminrother Farbe besteht. Die Form dieses Fleckens ist sehr unregelmässig, da die rothen Körner, welche ihn bilden, auf den Rändern hervorragen. Er ist indessen in den meisten Fällen länglich. Bisweilen sieht man zwischen den Kör- nern helle Räume, welche man für lichtbrechende Körperchen zu halten versucht wäre. In innigem Zusammenhange mit diesem Flecken befindet sich ein kleines helles, von einer Membran umgebenes Säckchen, welches man besonders gut in der Profilansicht (/i,Fig. 210) wahrnimmt. Bei unserem Brachionus enthält dieser Sack nur eine klare Flüssigkeit, während er bei vielen anderen Räderthierchen Körner enthält, welche von kalkiger Beschaffenheit sein sollen. Es ist uns indessen nicht gelungen, eine Entwickelung von Kohlensäure wahrzunehmen, als wir die Thiere mit einer Säure behandelten. Ausser den beiden bei der Behandlung des Räderorganes erwähn- ten Borsten besitzt Brachionus noch ein Sinnesrohr (/, Fig. 209; ?:, Fig. 210), das in dem Winkel zwischen beiden Rückenstacheln liegt. Es ist ein aus drei Abschnitten, welche sich in einander stülpen könüen, zusammengesetztes Chitinrohr. Es ist am Ende geschlossen und trägt auf diesem dünnen und rnndlichen Ende einen kleinen Strauss von straff"en Borsten. In der Profilansicht (Fig. 210) kann man in seinem Inneren sehr gut den Nerven, welcher es durchzieht, und die Längsmuskelu wahrnehmen, welche es an die Ränder des Panzers heften. Seine Be- wegungen sind vollständig von denjenigen des Räderorganes unabhängig; das Thier zieht dieses Rohr abwechselnd ein und aus, schwenkt es auch zuweilen nach rechts und nach links. Es dient offenbar dazu, Tastempfindungen zu vermitteln. Verdauungs System. — Dieses System wird innen in seiner ganzen Ausdehnung von einem Wimperepithel überzogen, das im Allge- meinen aus sehr feinen Wimperhaaren gebildet ist, welche eine bestän- dige Bewegung unterhalten, die in den erweiterten Theilen rotirend erscheint. Der von dem Räderorgane gebildete Trichter (/S Fig. 212) setzt sich in einen engen Canal, den Munde anal (m\ Fig. 209) fort, der ziemlich kurz ist, aber so deutlich ausgeprägte Wände besitzt, dass sie von Chitin gebildet scheinen. Auf diesen Wänden sitzen innen straffe, nach hinten gerichtete Wimperhaare und der ganze Canal durchsetzt eine Masse von körnigem Baue, welche der vorderen Ober- Räderthiere. 435 fläche des muskulösen Schlundkopfes anliegt und wohl drüsiger Natur sein dürfte. Der Canol mündet im Mittelpunkte des muskulösen Schlund- kopfes {>n , Fig. 209, 210), eines sehr verwickelt gebauten und mit einem mächtigen Kaumechanismus bewaffneten Organes. Dieser mus- kulöse Schlundkopf bietet in der Vorderansicht eine herzförmige Figur dar, deren Spitze nach hinten gerichtet ist. Er wird von mächtigen, in verschiedenen Richtimgeu verlaufenden Muskelfasern gebildet, durch deren Thätigkeit nicht nur die verschiedenen Stücke de^ Kauapparates in Bewegung gesetzt, sondern auch das Aussehen des gesammten Schlundkoj)fes jeden Augenblick verändert wird. Der Kauapparat (ih^, Fig. 212) wird von einem Mittelstücke gebildet, das eng das Darmrohr umgiebt, welches den Schlundkopf durchbohrt und an seinem Hintereude eine gabelähnliche Theilung darbietet. Diesen Theil hat Gosse Fulcrum genannt. Es schien uns, als gäbe es zwei Fulcra, ein dorsales und ein ventrales, welche so eine Art Scheide um den Canal herum bilden würden. Die paarigen Theile werden jederseits von drei Hauptstücken gebildet: ein äusseres säbelförmiges, mit einem starken Längskamme versehenes Stück, das Mauubrium von Gosse, wendet sich nach hinten und zur Seite und articulirt mit einem grossen dreieckigen Stücke, welches die Form eines Schulterblattes hat, und mit seinem etwas krummen imd scharfen Rande in den Canal hineinragt. Jedes dieser Stücke, welchen Gosse den Namen Uncus gegeben hat, trägt fünf dicke, schief nach innen und hinten gerichtete Rippen, welche man gewöhnlich als „Zähne" bezeichnet. Wir leugnen nicht, dass bei anderen Räderthieren diese Zähne mit ihren inneren Spitzen durch die Verkleinerung der Platte, auf welcher sie sitzen, mehr oder weniger frei werden ; aber wir glauben uns versichert zu haben, dass sie bei unserem Brachionus nur vor- stehende Rippen bilden , welche ihrer ganzen Länge nach solid an der scharfen Platte befestigt sind. Zwei kleine, von Gosse Alulae ge- nannte Fortsätze sind noch in dem Winkel des Gelenkes zwischen Manubrium und Uncus befestigt. Ihre freie Spitze ist nach hinten gerichtet. Dux'ch die Thätigkeit der Aufhängemuskeln, welche in der Profil- ansicht (o, Fig. 210) besonders wahrnehmbar sind, kann der Schlund- kopf nach vorn bis zum Eingange des Mundtrichters gestossen werden, während andere Muskeln (o^, Fig. 210) ihn in das Innere des Körpers zurückziehen und ihm sogar eine Drehbewegung um seine Queraxe mittheilen. Während des Schlingens führen die Uncvis Bewegungen aus, in Folge deren sie sich zuerst vorn von einander entfernen, um die Nahrung eintreten zu lassen, die nach hinten gestossen und hier- auf durch die Annäherung der Platten bi'eitgedi'ückt und zerschnitten wird. 28* 436 Rotatorien. Ein ziemlich kurzer, dickwandiger Canal («?'*, Fig. 209 ; p, Fig. 210), welchen man Speiseröhre zu nennen übereingekommen ist, führt vom Schlundkopfe in den Magen. Man sieht den Oesophagus gewöhn- lich so, wie wir ihn F'ig. 209 gezeichnet haben, nämlich in Form eines kurzen Cylinders , in dessen Innerem man ohne Mühe Fliramer- wellen wahrnimmt, welche sich von vorn nach hinten fortsetzen, dabei aber eine quere Richtung beibehalten. Wir haben uns nicht mit eigenen Augen davon übei'zeugen können, dass diese scheinbaren WellenbewegiTngen, wie es Eckstein will, von wellenartigen Schwin- gungen einiger sehr verlängerter Wimperhaare herrühren, welche sich in der Speiseröhre vorfänden, aber diese Ansicht scheint uns wahr- scheinlich zu sein. Auf der Fig. 210 haben wir die Speiseröhre so gezeichnet, wie sie sich im Profile an einem durch Strychnin gelähmten Individuum darbot. Sie schien sehr verlängert, ihr Lumen (g) der- artig verkleinert, dass es nur eine dunkle Linie vorstellte, und an ihrer dicken, längsgestreiften Wand nahm man einige unabhängige Muskel- bündel wahr, welche, zwischen Schlundkopf und Magen (o, o\ Fig. 210) verlaufen und durch ihre Contraction diese beiden Organe einander nähern müssen. Die wellenartige Flimmerbewegung dauert noch an dem etwas erweiterten Eingange der Speiseröhre in den eigentlichen Magen fort (m', Fig. 209), der einen länglichen weiten Sack bildet und dessen Wände ausserordentlich reich an Drüsen sind. Wenn die Thiere gut genährt werden , so sieht man darin grosse hervortretende Zellen oder vielmehr rundliche mit Körnern, Tröpfchen und oft auch mit, sehr lichtbrechenden Kernen täuschend gleichenden Fetttropfen erfüllte Säckchen. Gewöhnlich sind alle diese Vacuolen mit diesen gelblich oder bräunlich gefärbten Körpern angefüllt, aber bisweilen sieht man auch mit einer hellen Flüssigkeit erfüllte Blasen (Fig. 209), welche im durchfallenden Lichte die darunter liegenden Säckchen erkennen lassen. Bei Individuen, welche einige Zeit lang gefastet haben, weist der Magen kaum solche Erweiterungen auf und man kann dann im Innern die Wimperbewegung wahrnehmen , während die Säckchen einzig dui'ch sehr feine Umrisse angedeutet werden. An den Beginn dieses Magens sind zwei seitliche Drüsen geheftet, welche man die Magendrüsen («, Fig. 209) nennen kann. Diese an Gestalt sehr wechselnden Drüsen sind jedoch allgemein von zwei Lappen gebildet und münden durch einen kurzen und engen Canal in den Magen. Sie sind mit ihren hinteren Lappen mittelst eines sehr feinen Muskels an die Körperwand geheftet. Sie sind körnig, aber die Körner sind feiner als diejenigen der Magenampullen und man sieht oft darin runde und klare Zellen in kleiner oder grösserer Anzahl. Der Magen geht ohne scharfe Grenze in den Darm über {tn% Fig. 209; h, Fig. 211), dem die Säckchen fehlen, so dass man Räderthiere. 437 darin sehr deutlich die Drehbewegung, welche von den feinen die innere Oberfläche des Darmes auskleidenden Wimperhaaren herrührt, wahrnehmen kann. Die Wände dieses Theiles des Darmcanales sind dicker als diejenigen des Magens und nehmen gegen das hintere engere Ende hin ein längsgestreiftes Aussehen als Andeutung einer sehr ent- wickelten Muskelschicht an. Der ausserordentlich contractile Darm wechselt in seinem Aussehen bedeutend. Fast unkenntlich, wenn der Canal mit in Verdauung begriffenen Stoffen angefüllt ist, sieht er im leeren Zustande wie eine grosse aufgeblasene Birne oder wie ein ge- falteter Dickdarm aus. Der schmale gestreifte Stiel der Birne öffnet sich in die Vorderseite der Cloake (m, Fig. 211), eines kurzen, dem Ausscheidungs- und Geschlechtssysteme gemeinsamen Canales, von dem wir weiter unten sprechen werden. Ausscheidungs- oder Wassergefässsystem. — Dieses System erinnert in seinen allgemeinen Zügen an dasjenige der Saug- und der Strudelwürmer. Es wird von zwei mit Wimperflammen ver- sehenen Seitencanälen und einer endständigen, in die Cloake mündenden Blase gebildet. Die Wassergefässcanäl e Q>, Fig. 209; g, Fig. 210) beginnen an dem Räderorgane jederseits mit einem gewundenen Knäuel, an dessen Beginn eine Wimperflamme gestellt ist. Ihre vordere Endiguug verliert sich in den Zellenmassen des Räderorganes; es ist uns niemals gelungen, dieses Ende mit Sicherheit wahrzunehmen. Die Canäle schlängeln den Körperseiten entlang hinab, bilden gew^öhulich einen zweiten Knäuel in der Nähe der Magendrüsen, gehen über die Bauchseite des Eier- stockes und der Ausscheidungsblase, indem sie sich der Rückenseite und der Medianlinie (Fig. 211) zuwenden und öffnen sich jederseits in den Hals der Blase, nahe bei der Cloake. Auf ihrem ganzen Um- fange sind die ziemlich deutlichen Wände dieser Canäle aussen von einer körnigen Substanz überzogen, wie wir eine solche schon bei den Strudelwürmern (S. 270) beschrieben haben. Diese Substanz häuft sich besonders an den Knäueln zwischen den gewundenen Canälen an. Aber es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen Canälen und denjenigen der Turbellarien : man sieht an ihnen nirgends Ver- zweigungen oder feinere Aeste. Dagegen tragen sie Knöpfe mit Wimperflammen, welche uns gänzlich wie diejenigen der Strudelwürmer gebaut scheinen (S. 271). Bei unserer Art sind es kurze, gerade und steife, mit einer Haube überzogene Canälchen. Im Mittelpunkte dieser Haube ist die Geissei angeheftet, deren Spitze gegen die Insertion des Canälchens am Hauptcanale gerichtet ist. Auch hier müssen wir die Frage unentschieden lassen, ob die Hauben ganz oder von kleinen Seitenöfifnungen durchbohrt seien. Was sie von denjenigen der Sti'udel- Würmer untei'scheidet, ist der Umstand , dass sie sich nicht als Nagel- köpfe darbieten, sondern dass sie den gleichen Durchmesser wie das 438 Rotatorien. Canälchen, welches sie trägt, besitzen. Wir Zcählen bei unserer Art vier solcher Organe (2), Fig. 209) auf jedem Seitencanale , eines am Räderorgane selbst, ein zweites am Ende des vorderen Knäuels, ein drittes am Ende des hinteren Knäuels und ein viertes in der Höhe des Bodens der Ausscheidungsblase. Diese Blase (p-, Fig. 209; r, Fig. 211) ist ein weiter, mehr oder weniger birnförmiger, neben dem Darme gelegener Sack. Ihre Wände bieten immer einen doppelten Rand dar, zeigen aber im Inneren keine Wimperbewegung. Das Innere ist mit einer klaren und durchsichtigen Flüssigkeit erfüllt. Die Blase ist immer in Thätigkeit; sie dehnt sich langsam bis zu einer sehr bedeutenden Grösse aus, dann zieht sie sich plötzlich zusammen, indem sie die Flüssigkeit in einem Strahle durch den After hei'ausstösst. In diesen Augenblicken der Contractiou sind die Wände wie Muskeln gekräuselt und das innere Lumen ist auf ein Minimum reducirt. Die Cloake (>» , Fig. 211) ist, wie man sich durch die Profil- ansicht überzeugen kann , die Fortsetzung des Halses der Aiisschei- dungsblase; sie ist gerade gegen die Rückenseite des Thieres gekehrt und öffnet sich durch den After (n, Fig. 211) unter zwei kleinen Panzerplatten , welche ein körniges Aussehen besitzen und wohl drü- siger Natur sein dürften, denn dieses Aussehen verliert sich sofort unter dem Einflüsse von Aetzkali. Hebemuskeln (/c, Fig. 211) begeben sich vom Panzer zu jener kurzen Röhre von muskulösem Aussehen, in welche vorn und auf der Mittellinie der Darmcanal, hinten und auf den Seiten die beiden Ausscheidungscanäle und zwischen den beiden der oder die Eileiter münden. Wir haben diese Anordnung in der Profilansicht sehr deutlich wahrgenommen (Fig. 211). Geschlechtsorgane. — Der Eierstock (0, Fig. 209; e, Fig. 211) ist ein ziemlich umfangreiches, auf der Bauchseite des Weibchens, in dem hinteren Theile des Körpers gelegenes Organ. Bei den jungen Brachionus liegt er am Darmcanal an, dessen Ränder er kaum überschreitet; aber wenn er sich mehr entwickelt, krümmt er sich auf beiden Seiten um den Darmcanal herum, so dass er ihn wie ein Ring umfasst. Er zeigt eine feine häutige Mülle und wird von einer körnigen Substanz gebildet, welche sich unter der Einwirkung von Aetzkali aufklärt, aber noch viele unversehrte Körner sehen lässt. In der Mitte dieser körnigen Masse befinden sich helle, runde Räume, welche in einem vorgerückteren Zustande von einem klaren Hofe und hierauf von einer feinen Haut umgeben sind, so dass man in dieser Epoche den Kern, die Keimzelle und die Eihülle unterscheiden kann. In den gewöhnlichen Fällen wird der Inhalt der Zelle körnig und dunkel und bildet so den Dotter, der in den reifen Eiern von kleinen, ziemlich deutlichen Dotterkugelu gebildet ist (Fig. 209). Wir haben bisweilen offenbar missratheue Eier (o^, Fig. 209) angetroffen, die Rädertliiere. 439 einzig aus einer Umhüllungsniembran und einem hellen Inhalte be- standen. Die Eier entwickeln sich auf gleiche Weise in den beiden Seitenhälften des Eierstockes ; oft sind diese Hälften ungleich in Folge einer solchen Entwickelung. Für lins ist es noch eine Frage, ob es zwei Eileiter oder nur einen einzigen giebt. In den meisten Fällen kann man kaum den Eileiter erkennen und es ist uns niemals gelungen, ihn mit Gewissheit bei der dorsalen oder ventralen Lage, welche einige Individuen vor- zugsweise annehmen, zu sehen. Aber in der Profilansicht (p, Fig. 211) haben wir deutlich gesehen, wie der Eileiter vom Hinterende des Eierstockes in Gestalt eines durch geschlängelte Längsiinien gekräu- selten Canales abgeht. Diese Kräuselung ist das sichere Anzeichen einer starken Muskelschicht. Nun ging dieser Canal deutlich über die Umrisse der Ausscheidungsblase, um sich am Halse dieser letzteren da, wo er zur Cloake geht, zu öffnen. Es sind also nur zwei Erklärungen für diese Beobachtung möglich : entweder giebt es nur einen einzigen Eileiter und alsdann liegt dieser unpaare Canal auf der rechten Seite (das Individuum, welches wir Fig. 210 abgezeichnet haben, bietet dem Beschauer die rechte Seite dar), oder es giebt deren zwei, welche die Aus- scheidungsblase umfassen und von denen der untere oder derjenige der linken Seite von dem zur Rechten verdeckt wurde. Unsere ferneren Beobachtungen erlauben uns nicht, diese Frage endgültig zu entscheiden. Die Eier erlangen ein verhältnissmässig überaus grosses Volumen, da sie aber sich leicht zusammendrücken lassen, während sie sich noch im Mutterleibe befinden, können sie durch den After ausgestossen werden. Nach ihrer Ausstossung werden sie mittelst eines Klebestieles (o*, Fig. 209) an den Körper der Mutter geheftet. Wir haben gesehen, wie sie in Folge des Druckes einer Glasplatte ihre Stellung veränderten, aber immerhin am Körper kleben blieben. Es giebt, was ihren inneren Bau anbetrifft, zwei Arten Eier. Die Wintereier (Fig. 213) besitzen eine braune, harte, unzählbare Rauhigkeiten darbietende Schale. Die Dotterkugel im Inneren füllt diese Schale nicht vollständig aus. Die Schale springt zur Zeit der Reife der Embryonen der durch das Zurück- ziehen des Dotters angedeuteten Theilungslinie nach auf. Diese Eier blei- ben nur kurze Zeit am Körper der Mutter kleben und fallen, indem sie sich ablösen, im Wasser auf den Grund, wo sie einige Zeit lang verbleiben, bevor sie sich entwickeln. Die sogenannten Sommereier (Fig. 209) bleiben am Körper der Mutter bis zur vollständigen Ent- wickelung des Embryos kleben. Sie haben eine sehr weiche und feine Schale, welche dem geringsten Drucke nachgiebt und keine Rauhigkeiten aufweist. Im Vorfrühling findet man Sommereier von sehr verschiede- nem Umfange; die kleinen, welche kaum die Hälfte des Umfanges der grossen besitzen, erzeugen Männchen, die grossen Weibchen. Der innere Bau dieser Eier von verschiedener Grösse ist übrigens genau der gleiche. 440 Rotatorien. Männchen. — Der bei den Räderthieren so häufige Dimorphis- mus der Geschlechter ist bei Brachionus auf die höchste Spitze ge- trieben. Da wir nicht Gelegenheit hatten, Männchen von unserer Typusart zu beobachten, so geben wir die Beschreibung und die Ab- bildung (Fig. 214) des Männchens einer verwandten Art, Brachionus urceoJaris, nach Cohn. Diese sehr kleinen und ausserordentlich lebhaften Männchen er- scheinen ei'st im Monat Mai während eines sehr kurzen Zeitraumes. Sie kommen aus kleinen , in buntem Gewirr mit den grösseren weib- lichen Eiern an den Körper der Mutter angehefteten Sommereieru und Fie;. 214. Fiff. 213. Fig. 213. — Winterei von Brachionus pala. Zeiss, Obj. E. Cam. lue. u, Dotter- &, leere Stelle ; c, Schale mit Unebenheiten. Fig. 214. — Männchen von Brachionus urceo/uris , nach Cohn. n, Kranz von Wimperhaaren; b, steife Geissein; c, Kopfscheibe ; i(li Fig. 217. — Cuticula von Lumhricus ^ die Streifen und die Mündungen der Poren- canäle unter einer Vergrösserung von 500 Durchmessern zeigend. Fig. 218. — Querschnitt der Körperdecken von Lumbricus. a, Cuticula, die Poren- canäle zeigend ; b, Cylinderzellen des Hypoderms ; c, Intercellularlücken , mit durch- sichtigem Protoplasma erfüllt; d, Zellkerne in der Mitte der Zelle; e, zahlreichere Kerne des lunerendes der Zellen ; /, Pigmentanhäufungen einschliessende Kreismuskel- schicht ; ()i die Bündel der Längsmuskeln theilende Blättchen ; h, Schicht der Längsmuskeln. constatiren kann (a, Fig. 218). Hier und da nimmt man grössere Oeff- nungen wahr, aus welchen die Borsten heraustreten. Die Cuticula wulstet sich an diesen Stellen auf und bildet für den in die Haut versenkten Theil der Borsten eine Scheide; das Gleiche findet statt auf den Rändern des Mundes, der Geschlechtsöfi"nungen u. s. w. Hypoderra. — Die Hypodermschicht (&, Fig. 218 und 228), die unmittelbar unter der vorhergehenden liegt, als deren Mutterboden sie angesehen werden muss, wird von undeutlich ausgebildeten, unregel- mässig cylindrischen , an ihren Enden verbreiterten Zellen gebildet (&, Fig. 218). Die grosse Axe dieser Zellen steht senkrecht zu der Cuticularoberfläche. Das Protoplasma, welches sie bildet, ist körnig Vogt u. Yung, prakt. vorgleich. Anatomie. 29 450 Ringelwürmer. Fig. 219. und die Zellen schliessen mehrere runde oder eiförmige Kerne ein, -die auf zwei Punkten gruppirt sind: ein oder zwei zusammen gegen die Mitte der Zelle (d) und beträchtlichere Haufen gegen ihr inneres auf der Kreismuskelschicht ruhendes Ende hin (e). Die Zellen stossen mit ihren Seiten nicht zusammen, sondern sind dtirch Intercellularräume (e), durch Lücken geschieden, welche mit einem vollständig durchsichtigen, kernlosen Protoplasma erfüllt sind. Da man die Zellen durch Zerfaserung nicht isoliren kann und ihnen eine Umhülhmgshaut sicherlich abgeht, so muss man das Hypo- derm des Regenwurmes für eine fortlaufende Protoplasmaschicht an- sehen, welche derjenigen der Ascarisarten analog ist, aber von dieser sich durch eine deutlich ausgesprochene Neigung zur Bildung von cylinderförmigen Zellen unterscheidet. Die ursprünglich in dieser Grundschicht zerstreuten Kerne vereinigen sich ausschliesslich an den Stellen, wo Zellbildung stattfindet, und reichlicher noch, wie wir es erwähnt haben, in der Nähe der darunter liegenden Muskelschicht. Diese Anordnung verleiht dem senkrechten Schnitte dieser Schicht einen netzai^tigen , in der Fig. 218 abgebildeten Bau, dessen Maschen nicht immer sehr regelmässig sind, weil die Punkte, wo das Protoplasma sich zu Zellen verdichtet, nicht gleich weit von einander abstehen. Die Untersuchving von Hori- zontalschnitten des Hypoderms zeigt, dass sein Bau nicht so einfach ist als wie wir ihn soeben beschrie- ben haben. Von einem körnigen Grunde (c, Fig. 219), der zahlreiche Kerne (a) aufweist und in seiner Gesammtheit ein wabenartiges Aus- sehen darbietet, heben sich runde oder eiförmige mit Kernen erfüllte Massen (b) ab, die vielleicht Zellen entsprechen, welche in den tiefen Schichten des Hypoderms liegen. Immerhin scheint uns ihr drüsiger Bau nicht endgültig festgestellt zu sein. Zwischen diesen Haufen sieht man viel hellere kreisrunde Räume, deren Lage uns nicht gestattet, sie als Intercellularlücken zu betrachten. Das Hypoderm schliesst keine Gefässe ein. Kreismuskeln. — Unter dem Hypoderm trifft man eine Schicht von Kreismuskelfasern (/ Fig. 218), die dicht an einander gelagert sind. Die Gesammtdicke dieser Schicht ist nur um Weniges beträchtlicher als diejenige der vorhergehenden Schicht. Sie schwankt übiigens je nach den Körpergegenden; sie wird namentlich gegen die beiden Enden hin & i©^-!© Wagerechter Schnitt des Hypoderms von Lumbricus. a, Kerne ; b, Kernhaufen ; c, körnige Substanz; rf, Helh'äume. Oligochaeten. 451 geiinger. Die Fasern laufen parallel und werden von einer bedeutenden Anzahl winziger Fäserchen gebildet, die leicht zerzupft werden können und in der Regel zu Bändern gruppirt sind, deren Grenzen zu bestimmen unmöglich ist. Es fehlen ihnen eigene Kerne und die Gebilde dieser Art, die man hier und da zwischen den Bündeln wahrnimmt, scheinen der zwischen den Muskeln befindlichen Bindesubstanz anzugehören. Gegen die Körpermitte hin ist die Schicht sehr dicht und regel- mässig, die durch die Bindesubstanz mit einander vereinigten Bündel laufen imrallcl ; gegen die Körperenden hin wird dagegen ihr Zusammen- hang loser und die Grenze gegen die Schicht der darunterliegenden Längsmuskeln hin wird weniger deutlich. Ein Theil dieser letzteren dringt sogar in die zwischen den Kreismuskeln vorhandenen Lücken ein, so dass man sie auf Quei'schnitten mit diesen vermischt erblickt. Die Schicht, mit der wir uns beschäftigen, wird von zahlreichen Blutgefässen durchzogen, deren Schlingen bis an die Grenzen des Hypoderms dringen und deren Schnitte je nach der Richtung, in welcher das Rasirmesser sie getroffen hat, sehr mannigfaltige Formen darbieten. Li dieser Schicht trifft man ebenfalls die Pigmentanhäufungen an, welche der Rückenfläche und den Seitenflächen des Wurmes ihre röth- lichbraune oder violette Färbung verleihen. Eigentliche Pigment- zellen giebt es nicht, sondern das Pigment ist unregelmässig in Körn- chen zwischen den Faserbündeln zerstreut. Gewöhnlich folgen diese körnigen Anhäufungen der Richtung der Fibrillen, aber an den Stellen, wo sie im Ueberfluss vorhanden sind, bilden sie mehr oder weniger verwickelte Netze. Längs musk ein. — Unter der Kreismuskelschicht befindet sich eine dickere Schicht von Längsmuskeln (h, Fig. 218). Aber während die erstere eine zusammenhängende Schicht bildet, ist die letztere längs der Insertionslinien der Borsten unterbrochen und auf diese Weise in vier Längsbänder getheilt, welche indessen gegen die Körperenden hin zusamraenfliessen , wie dies auf unserer Fig. 228, d dargestellt ist. Diese Bänder haben nicht alle die gleichen Durchmesser. Das breiteste ist das Rückenband {a, Fig. 2,37), welches die ganze Rückenwölbung zwischen den oberen Borstenreihen einnimmt, aber da seine Dicke immer geringer als diejenige der Bauchmuskeln ist, so erklärt dies Verhalten, weshalb sich der Wurm auf die Bauchseite krümmt und einrollt, wenn man ihn im Alkohol tödtet. Das Band der Längsbauchmuskeln (c, Fig. 237) breitet sich auf dem zwischen den Lisertionslinien der inneren Bauchborsten befindlichen Räume aus. Seine Dicke schwankt bedeutend je nach der Grösse der Individuen ; an grossen Exemplaren kann sie ^2 ^^^ ^^' reichen. Zwisc-hen den Insertionslinien der Bauchborsten und den- jenigen der Seitenborsten endlich dehnen sich die Längsseiten - muskeln aus (h, Fig. 237). 29* 452 Ringelwüriner. Fio-. 220. Der Bau dieser Längsmuskeln ist sehr bemerkenswertli; wir geben hier die ausgezeichnete Beschreibung, welche Ed. Claparede von ihnen geliefert hat, kui-z wieder. Jedes Muskelband besteht aus einer gewissen Anzahl von Bündeln, die sich meistens über die ganze Länge des Thieres erstrecken und jedes Bündel wird selbst von zahlreichen Lamellen gebildet, deren Anordnung an Querschnitten studirt werden mxiss. Auf diesen letzteren besitzt jedes Bündel die Gestalt einer Vogelfeder (Fig. 218 und 220). In der Mitte befindet sich ein Plättchen, das der Axe der Feder entspricht, und auf welchem in schiefer Richtung secundäre Lamellen eingepflanzt sind , die dem Barte der Vogelfeder entsprechen. Jedes Nebenplätt- chen stellt den Schnitt eines sehr langen Bandes dar, dessen dista- ler Rand frei bleibt. Wenn man ein isolirtes Muskelbündel von der Seite anschaut, so erscheinen die freien Ränder der auf ein- ander folgenden Seitenplättchen als ebenso viele parallele Streifen. Die Dicke eines jeden Bündels beträgt im Mittel 0,05 mm, die- jenige eines jeden Plättchens uuficefähr 2 Mikromillimeter (Gl aparede). Die verschiedenen Bündel werden durch eine körnige Binde- substanz, die keinen deutlichen Zellenbau aufweist, aber rund- liche, unregelmässig zerstreute Kerne in sich schliesst, mit ein- ander verbunden. Jedes Bündel entsteht durch das Aneinanderfügen zweier sym- metrischer Hälften (Fig. 220); das Mittelplättcheu ist daher doppelt, wie man es an denjenigen Stellen, wo fremde Organe, wie z. B. _Gefässe sich dazwischen schieben, wahr- nehmen kann. In dem vorderen Körpertheile des Wurmes, da, wo die Färbung am intensivsten auftritt, bleiben die Pigmentanhäufungen nicht in der Schicht der Kreismuskeln localisirt, sondern dringen in die Längs- muskeln ein, wo man sie zwischen den Mittelplättcheu der Bündel des Rückenbandes bemerkt. Gürtel oder CUtellum. — Das besondere Aussehen der Haut auf der Rücken- und Seitenfläche vom dreiunddreissigsten bis zum Quei'schnitt zweier Bündel der Läugsmuskel- schicht bei Lumhricus (nach Claparede). a, Mittelplättchen ; h, Seitenplättchen; c, Kerne. Oligücliaeten. 453 siebeniinddreissigsten Ringe ist durch eine eigenthümliche Structur bedingt. \Yir finden darin ausser den vier Schichten , welche wir vorhin beschrieben haben und von denen die letzte , die Schicht der Längs- muskeln, beträchtlich dünner wird, zwei zwischen das Hypoderm und die Kreismuskeln eingeschobene Schichten, welche Claparede sehr eingehend als Säulenschicht und Gefässschicht beschrieben hat. Fig. 221. Querschnitt des Clitellums bei Lumbricus, zwei Säulchen zeigend (nach Claparede). A, Säulenschicht; B, Gefässschicht; C, Kreismuskelschicht, a, Kerne der Säulcnhülle; b, Gefässschleifen ; c, Drüsenfortsätze; d, Hypoderm; c, Cuticula. Zur Zeit der Fortpflanzung erreicht die erste dieser Schichten eine beträchtliche Dicke, bis zu 0,5 mm. Sie besteht aus zahlreichen, unregelmässig prismatischen Säulchen (A, Fig. 221), die senkrecht zur Axe des Thieres gestellt sind und mit ihren Enden einerseits an das Hypoderm, anderseits an die Gefässschicht stossen. Jedes Säulchen besteht aus einer mit rundlichen Kernen besetzten bindegewebigen 454 üingelwürmer. Hülle. Diese Kerne enthalten, in der Rückengegeud wenigstens, zahl- reiche Pigmentkörnchen. Die Hülle wird von Gefässschleifen (/;, Fig. 221) durchzogen, die von der tiefen Schicht heraufkommen und wieder zu ihr hinabsteigen, nachdem sie sich um die Hülle der Säulchen herum- gewunden haben. Die Innenseite dieser letzteren trcägt hier und da Haufen körnigen Protoplasmas , von denen ein jeder mit einem runden Kern versehen ist. In dem Inhalte der Säulcheu lassen sich zweierlei Bildungen unter- scheiden. An das Hypoderm schliessen sich körnige, blasse, der Axe des Säulchens parallel laufende Röhrchen an (c, Fig. 221), welche den wabenartigen Haufen desHypoderms so sehr gleichen, dass Claparede geneigt ist, sie als Fortsetzungen derselben zu betrachten. Es ist wahr- scheinlich, dass sie als Drüsen functioniren und zu der Absonderung der schleimigen Substanz, die dazu bestimmt ist, die Eier zu umhüllen, einen reichlichen Beitrag liefern. Der untere Theil der Säulchen schliesst einen homogenen oder feinkörnigen Inhalt ein, der durch dünne Scheidewände getheilt ist, auf welchen man das Vorhandensein sehr kleiner Kerne erkennen kann. Die Gefässschicht wird von zahlreichen in einander verschlungenen Capillargefässen gebildet (jB, Fig. 221). Körperhöhle und Bau der S cheidewände. — Die Körper- höhle breitet sich zwischen der Innenseite der Körperdecken und dem Darmcanale aus; sie ist mit einer Perivisceralflüssigkeit erfüllt, in welcher körnige, kugelförmige Körperchen, die einen Kern enthalten und oft auch schöne, der Gattung PJagiotoma augehörenden Infusorien (PJagiotoma lumhrici) schwimmen. Sie wird durch eine Reihe von Quer- scheidewänden getheilt, die im Vordertheile des Körpers wenig deutlich sind, aber in der Mittelgegend vollständig werden. Daselbst erstrecken sie sich von dem Hautmuskelschlauch bis zur Darmwand und weisen nur an denjenigen Punkten, wo sie von anderen Organen durchsetzt werden, eine Unterbrechung in ihrem Zusammenhange auf. Diese Scheide- wände theilen die Körperhöhle in ebenso viele Kammern als es Seg- mente giebt, aber da sie um die Nerveukette und um die Gefässstämme herum oflPene Stellen lassen, so stehen die Kammern mit einander in Verbindung und gestatten der Perivisceralflüssigkeit von einer Kammer in die andere zu gelangen (n, Fig. 229). Ihrer Zusammensetzung nach bestehen sie wesentlich aus Muskeln. Die Muskelbündel bieten einen sehr wechselnden Verlauf dar; die einen sind strahlig angeordnet, die anderen verlaufen quer und lassen sich durch die Schicht der Längsmuskeln des Tegumentes hindurch bis zu derjenigen der Kreismuskeln verfolgen, wo sie in eine Spitze auslaufen. Der feinere Bau dieser Muskeln ist demjenigen der Kreismuskeln analog. Die Muskeln der Scheidewände sind auf ihrer Vorder- und Ilinter- seite mit einer Bindegewebsschicht überzogen , welche auf die Körper- Oligochaeteo. 455 Fig. 222. wände übergeht uud dieselben vollständig auskleidet; sie wird unmittelbar von der Perivisceralflüssigkeit bespült. Dieses Bindegewebe weist nur an gewissen Stellen eine deutlicbe Zellstructur auf; es ist lose, scbliesst zahlreiche rundliche Kerne ein, um welche herum sich das Protoplasma concentrirt, und wird von einem Capillarnetze durchzogen; es setzt yich um die luneuorgane herum fort und vereinigt besonders die verschie- denen Schleifen der Segmeutalcanäle mit einander. Dieses überall in der Körperhöhle verbreitete Gewebe ist von einigen Autoreu als Peri- toneum beschrieben worden. In dem vorderen Theile des Körpers werden die Scheidewände durch sich kreuzende Faserbündel ersetzt, die ein Netzwerk mit weiten Maschen bilden, von welchem unsere Fig. 228, C einen Begriff giebt. Rücken per eu. — Die Körperhöhle ist unmittelbar mit der Ausseuwelt durch die Mündungen der Segmentalorgane, von denen wir weiter unten sprechen werden, und durch die Rücken poren (Fig. 222) in Verbindung gesetzt. Man hat diesen Namen unpaaren, längs der Rücken- mittellinie in der Zwischenfurche eines jeden Ringes, mit Ausnahme der vor- deren Segmente, gelegenen Oeffnungen gegeben. Es sind einfache eirunde, trichterförmige Löcher, die durch die Tegumente in die Perivisceralhöhle führen. Sie sind auf wagerechten Schnitten leicht wahrzunehmen, sowie auch auf lebenden Würmern, die man mit Chloroform beträufelt. Wäh- rend den Zusammenziehungen, welche der Betäubung vorausgehen, tritt eine gelbliche Flüssigkeit aus den Poren heraus. Es ist dies Perivisceralflüssig- keit, welche durch Theile, die sich von der äusseren Drüsenschicht des Darmcanales loslösten, gefärbt ist. Während des Lebens sind diese Poren geschlossen, können aber durch die Contractionen der Haut- muskeln geöffnet werden. Borsten. — Die Borsten, acht an der Zahl auf jedem Segment, sind regelmässig hinter einander zu zweien gruppirt. Man kann als Bauchborsten die zwei der Mittellinie am nächsten stehenden Reihen unterscheiden und die weiter abstehenden Reihen Seiten- borsten nennen. Sie werden gewöhnlich von kleinen, unter der Haut verborgenen Ersatzborsten begleitet. Die vollständig entwickelten Borsten sind in eine Einstülpung der Hautschichten {B, Fig. 223) ge- bettet; diese Einstülpung hat die Form eines kleinen cylindrischen Fragment der Haut des Rückens von Lumhricus mit den Rückenporen. «, Poren ; 6, zwischen den Ringen gelegene Furchen ; c, Ringe. 456 Ringelwürraer. Sackes, dessen Boden in die Körperhöhle hineinragt. Die Cuticnla ver- längert sich um die Borsten herum und bildet für sie eine zusammen- hängende Scheide. Der Boden des Sackes besteht aus Bindegewebe; Fig. 223. A B A, isolirte Borsten von Lmnbrlciis ; B, in die Haut eingepflanzte Borste; «, Cuticula ; b, Borste; c, Hypoderm ; d, Haufen von kleinen Kernen um den Porus der Borste herum. das Hypoderm fehlt darin ; es setzen sich daran Muskelbündel an, welche sich in der Schicht der Kreismuskeln verlieren und deren Thätigkeit die Borsten nach allen Richtungen hin bewect. Fig. 224. o. ne ö.' In Bildung begriffene und noch nicht aus ihrer bindegewebigen Hülle herausgetrete.., Borsten, a, Spitze der jungen Borste; b, Protoplasmahaufen auf dem Boden des Sackes; c, Kerne der Bindegewebsscheide; d, Drüsenzellen. Jede Borste entsteht in einem geschlossenen in das subcutane Bindegewebe gelagerten Follikel (Fig. 224), der von zahlreichen Ker- Oligochaeten. 457 uen umgeben ist. Der Boden des Follikels trägt einen Protoplasma- haufen, dem gegenüber mau die Spitze der in Bildung begriffenen Boi'ste wahrnimmt. Wir verweisen für die Beschreibung der Entwickelung der Borsten auf die Abhandlungen von Cl aparede und Ed. Perrier. Die Borsten sind von chitinöser Beschaffenheit und gelblicher Farbe; sie haben die Gestalt eines länglichen, in der Mitte eine An- Fig. 225. Vorderes Körperende des Regenwurmes, längs der Rückenseite aufgeschnitten und auf der Bauchfläche ausgebreitet, die Orgaue sind in ihrer natürlichen Lage, a, Gehirn; b, Schlundkopf; c, Speiseröhre; d, Kalkdrüsen; e, Magen;/, Muskelmagen; (j, Darm; h, dorsales Blutgefäss; i, pulsatile Gefässschleifen ; k, Nervenkette; /, Segmental- organe, auf der Figur schematisch gehalten ; m, die zwischen den Ringen befindlichen Scheidewände, durchschnitten; «, vordere, o, mittlere, o', hintere Anhänge der Samen- blase; 2h Samentaschen (auf der rechten Seite der Figur ist die vordere Samentaschc in zwei getheilt). Schwellung tragenden S (A, Fig. 223). In den Ringen des Gürtels sind sie dünner und längei*. Nervensystem. — Das Gehirn des Regenwurmes besteht aus einem doppelten Oberschlundganglion , dessen beide Hälften längs der 458 Ringelwürmer. Mittellinie vei'sinigt sind. Es liegt auf der Rückenseite des Darm- canales in dem dritten Segment, wo man es als eine kleine weisse Masse wahrnimmt (a, Fig. 225). Es ist, wie bei den übrigen Anne- liden und bei den Arthropoden, durch eine doppelte Commissur mit einer Bauchganglienkette verbunden. Die beiden Hälften dieser ursprünglich doppelten Kette legen sich zu einem einzigen weisslichen Strang zusam- Fig. 226, Fig. 227. Fig. 226. — Ein Tlieil der Nervenkette von Lumbricus, mit den Hauptgefässstämmen von der Bauchseite aus gesehen. a, Ganglienanschwelluug; b, vom Ganglion aus- gehendes Nervenpaar ; c, Zwischengangliennerven , die sich zu den Scheidewänden begeben; d, Connectiv zwischen zwei Anschwellungen; e, mittleres Nervengefäss ; /, seitliche Nervengefässe ; g, Anastomose zwischen dem mittleren Getass und den Seitengefässen; h, die Gangliennervenpaare begleitende Getasse; i, die Nerven der Scheidewände begleitende Getasse. Fig. 227. — Das Gehirn und der Anfang der Ganglienkette von Lumbricus , nach einem Präparate in Canadabalsam. u, Gehirn ; b, um die Speiseröhre herumgehende Commissur; c, unter dem Schlünde liegende Ganglienmasse ; d, Gehirnnerven, die sich zum vorderen Körperende begeben; ee', vom Untei-schlundganglion ausgehende Nerven; /, von den Ganglien der Kette ausgehende Nervenpaare; g, Nerven der Scheidewände. men, den man mit blossem Auge unter dem Darmcanale (7c, Fig. 225) sieht. Dieser Strang schwillt in der Mitte eines jeden Ringes zu einem eirunden Knoten an, welcher zwei au ihrem Ausgangspunkte Oligocliaeten. 459 iuuig mit eiiiauder vereinigte Nervenpaare (b, Fig. 226) zu den Körper- wänden, den Muskeln und den Borstenscheiden entsendet. Diese An- schwellungen haben die Autoren unter dem Namen Ganglien be- schrieben, in Wirklichkeit sind aber die Ganglienzellen darin nicht ausschliesslich localisirt. Von dem Zwischenräume zwischen je zwei Anschwellungen geht ebenfalls ein Nervenpaar aus, das sich direct zu der entsprechenden Scheidewand begiebt. Das Gehirn sendet vorn zwei Paare symmetrischer Nerven aus ((?, Fig. 227), welche sich im Kopflappen und in der Unterlippe ver- zweigen. Das erste Bauchgangliou oder Unterschluudganglion , sowie die Commissuren des Schlundringes geben mehrere Nervenpaare ab, die man mittelst der Zergliedex'ung nur schwierig verfolgen kann , die aber auf Querschnitten (k, Fig. 228) sehr schön sichtbar sind und sich auf die Bauchseite des vorderen Körperendes begeben. Die Kette und die Nervenstämme bestehen aus Zellen und Fasern. Die ersteren sind oval oder birnförmig und besitzen nur einen Fortsatz, der sich nach innen wendet. Sie sind vorzüglich auf die Bauch- und Seitenfläche der Rindenschicht der Ganglien beschränkt und überziehen eine feinkörnige, von Faserbündeln durchzogene Mark- siibstanz. Man nimmt sie auf Querschnitten sehr deutlich wahr. Im Gehirn sind sie auf der Rückenseite zu einer dicken Schicht angehäuft, werden aber auf der Bauchseite sehr selten oder verschwinden sogar vollständig (g, Fig. 228). Ein bedeutender Unterschied zwischen der Ganglienkette des Wurmes und derjenigen der Arthropoden besteht darin, dass bei den meisten der letzteren die Nervenzellen nur in den Ganglien vorkommen, während bei ersterem sie über die ganze Länge der Kette zerstreut sind und in den eiförmigen Anschwellungen, von denen die Nerven ausgehen, nur etwas zahlreicher und dichter gedrängt stehen. Die Verbiudungsstränge zwischen diesen Anschwellungen sind mit Zellen überzogen. Die Nervenzellen werden von einem körnigen Protoplasma gebildet, sie umschliessen einen runden Kern und ein Kernkörperchen. Was die Fasern anbetrifi't, so sind sie derartig au einander geklebt, dass ihre Zerzupfung sehr mühevoll ist. Sie scheinen von ausserordentlich feinen Fäserchen mit welligem Verlaufe gebildet zu werden. Es ist uns nicht gelungen, die Art und Weise der Verbindung dieser Fäser- chen mit den Zellen deutlich zu beobachten. Die Nervenkette wird von einer bindegewebigen Scheide, dem Neu rilemma, umgeben, das durch eine Muskellamelle in zwei Lagen geschieden wird. Die äussere, ziemlich lose Lage setzt sich aus poly- gonalen Zellen zusammen, die Claparede beschrieben hat. Die Um- lisse dieser Zellen sind schwierig zu unterscheiden, während dagegen ihr eirunder Kern sich in Carmin lebhaft färbt. Diese Lage scheint 460 Kinffelwürmer. Ö^ sich allein auf die von der Bauchkette ausgehenden peripherischen Nerven fortzusetzen. Die Muskellaiuelle ist aus Bündeln von Längsfasern gebildet, die den Fasern der Ringschicht der Körpermuskeln ähnlich sind, und zwischen welche Bindegewebe tritt. Sie ist offenbar dazu bestimmt, das Falten der Nervenkette bei der Körpercontraction zu verhüten. Die innere Lage ist sehr dünn, homogen und besitzt nur unregel- mässig vertheilte Kerne. Sie biegt sich auf der Mittellinie ein und bildet die Scheidewand, welche die Nervenkette in zwei Längsstränge trennt. Längs der Rückenfläche des inneren Neurilemmas und auf dem ganzen Verlaufe der Nervenkette sieht man drei lange unverzweigte Fasern , welche L e y d i g unter der Bezeichnung „riesige Röhren- fasern" beschrieben hat. Die mittlere ist die dickste. Sie scheinen von mehreren über einander liegenden Scheiden umgeben zu sein; ihr Inhalt ist sehr lichtbrechend. Ihre Beschaffenheit scheint uns noch nicht aufgehellt und wir vei'weisen für die Einzelheiten ihres histolo- gischen Baues auf die Abhandlung von Claparede. Wir werden weiter unten auf die Verzweigung der Gefässe der Nervenkette näher eingehen. Endlich hat man unter dem Namen „sympathisches oder Schlundgeflecht" zwei Nerven beschrieben, die au der Innenseite der Schlundcommissuren Q), Fig. 227) entspringen, sich zum Schlund- kopfe begeben und in die Tiefe seiner Wände eindringen, woselbst sie sich wahrscheinlich mit einem Gaugliengeflecht vereinigen, das von den Zoologen verschieden beschrieben wird und dessen Existenz nur durch auf Querschnitten des Organes sichtbare Zellen enthüllt wird. Es ist zu zart, um durch Präparation in seiner Gesammtheit dargestellt wer- den zu können. Dürfen wir in diesem Schlundgeflechte die erste An- lage eines eigentlichen sympathischen Nervensystemes erblicken? Wir sind nicht im Stande, diese Frage gegenwärtig für die Art, die uns beschäftigt, zu entscheiden. Sinnesorgane sind bei dem Regen wurme nicht bekannt. Die genaueste Untersuchung der Schnitte des Körperendes lässt uns weder Augen, noch Gehörbläschen, noch einen Geruchsapparat erkennen. Und doch weiss man durch vielfache Experimente, dass das Thier in einem gewissen Maasse für das Licht und für Gerüche empfindlich ist. Man weiss auch, dass der Tastsinn bei ihm über den ganzen Köi^per, haupt- sächlich aber am Vorderende entwickelt ist. Verdauu ngs System. — Der Verdauungscanal erstreckt sich in gerader Linie von einem Köi'perende zum anderen und endigt in zwei Oeff'nungen, in dem bauchständigen, im ersten Ringe unter dem Peristom sich öffnenden Mund, und im After, der auf dem letzten Ringe liegt. Er enthält gewöhnlich Pflanzenerde , deren Humus zur Ernäh- Oligochaeten. 461 ruug des Thieres dient. Er ist abwechslungsweise bei den segmentären Scheidewänden verengt und in der Höhlung eines jeden Ringes ver- breitert. Man kann an ihm auf den ersten Blick hin die folgenden Gegenden unterscheiden : Die Mundgegend, aufweiche der eiförmige, muskulöse Schlund- kopf folgt (/;, Fig. 225); die lange und dünne Speiseröhre (e), die bis in das 13. Segment reicht und in ihrem hinteren Theile drei Paar Wülste, die M 0 r r e n ' scheu oder K a 1 k d r ü s e n (d) trägt ; den Magen (e), der nur eine Ausweitung der Speiseröhre ist; den Muskelmagen (/), der schmäler ist und Muskelwände besitzt; endlich den eigentlichen Darm (g), der sich bis zum Körperende fortsetzt und auf seiner Rückenseite eine rinnenförmige Einstülpung, die Typhlosolis, trägt, welche im 18. Ringe beginnt. Wenn man das Thier auf die beschriebene Art öffnet, so findet man die Gegend der Kalkdrüsen durch die Anhänge der Samenblasen (»oj), Fig. 225), welche sich um sie berumschlingen , verdeckt. Um die verschiedenen Theile des Darmcanales getrennt untersuchen zu können, muss man die Scheidewände, welche sich an seiner Wand an- setzen, ablösen, ihn vor dem Schlundkopf und vor dem After quer durchschneiden und ihn langsam mittelst einer Pincette ausziehen. Die Abschnitte, deren histologischen Bau man feststellen will, werden der Länge nach aufgeschnitten, gut ausgewaschen, auf einer Glasplatte ausgebreitet und dann mit Osmiumsäure oder anderen Reagentieu behandelt. Die Mundhöhle bietet sich auf Querschnitten als eine breite, mit Epithelialzellen ausgekleidete Spalte dar (l, Fig. 228, a. f. S.). An ihre dünne, stark gefaltete und von zahlreichen Blutgefässen umhüllte Wand setzen sich Muskelbündel au, die mit ihrem anderen Ende an der Körperwand sich befestigen. Diese Muskeln haben offenbar die Be- stimmung, die Höhle zu erweitern und so das Saugen zu erleichtern. Beim dritten Ringe und beim Gehirne, d. h, an der Stelle, wo die Mund- gegend in den Schlundkopf übergeht, ist die Zahl der Falten der Schleimhaut sehr ansehnlich, wie es die Figur zeigt. Man kann fast immer darunter drei Hauptfalten unterscheiden, eine mittlere gegen das Gehirn gekehrte (n) und zwei seitliche (o). Der Seh lun d köpf , in welchen die Mundhöhle führt, zeichnet sich durch seine eiförmige Gestalt und die beträchtliche Dicke seiner wesentlich aus Muskeln bestehenden Wände aus. Diese begrenzen eine verhältnissmässig kleine Höhlung, welche auf die Bauchseite gedrängt ist und deren faltige Umrisse je nach der Stelle, wo der Querschnitt durchgeht, ihr Aussehen wechseln. Diese Anordnung bringt es mit sich, dass die Dicke der Wände auf der Rückenfläche und den Seiten- flächen des Schlundkopfes um Vieles beträchtlicher ist als auf der Bauchseite, vorzüglich in seiner hinteren Gegend. Von innen nach 462 Ringelwürmer. aussen trifft man in diesen Wänden eine fein gestreifte Cuticula, dann eine aus langen Cylinderzellen zusammengesetzte Epithelialschicht und schliesslich eine vielfach verfilzte Muskelschicht, in der man zahlreiche Blutgefässe wahrnimmt, welche besonders in der Nähe der Epithelial- schicht ein reiches Capillarnetz bilden. Man sieht ausserdem zwischen den Muskelfasern regellos 'zer- streute Zellen von undeutlichen Umrissen, die aus einem körnigen, helle Figr. 228. Quovschnitt des Regenwurmes, durch das Gehirn und die Mundhöhle, a, Cuticuhi; h, Hypoderm; c, Schicht der Ringmuskeln; d, Schicht der Längsmuskeln; e, Muskel- bündel des Parenchyms; /, Gehirn; g, Rindenzellenschicht des Gehirnes; h, i, Lumina der von der Verzweigung des Rückengefässes herrührenden Gei'ässäste; k, Durch- schnitte der Nervenzweige, welche vom Unterschlundganglion ausgehen und sich zum vorderen Körperende begeben ; /, Mundhöhle ; m, die Mundhöhle auskleiden- des Cylinderepithel ; n, Rückenfalte der Mundschleimhaut; o, Seitenfalten der näm- lichen Schleimhaut. Oben und unten sieht man auf der Figur die angeschnittenen Körperdecken des nachfolgenden Ringes, der sich theilweise über den das Gehirn ein- schliessenden legt. kugelige Kerne mit Kernkörperchen einschliessenden Protoplasma ge- bildet sind. Die Deutung dieser Zellen als Speicheldrüsen ist von Claparede, der auf ihre Aehnlichkeit mit Nervenzellen Gewicht legt, in Zweifel gezogen worden ; sie würden in diesem Falle einen Theil Oliffochaeten. 403 des sogeuanuten sympatbiscbea Nerveusystemes, von welchem wir oben gesprocben haben, ausmachen. Sie gleichen indessen den einzelligen, in der gleichen Körperregion bei anderen Thieren verbreiteten Drüsen? und obgleich es uns nicht gelungen ist, Ausführungscanäle zu ent- decken, halten wir es nicht für unmöglich, dass sie die schleimige Fisc. 229. Querschnitt des Regenwurmes durch die Speiseröhre ; einzig der centrale Theil ist ausgeführt (nach Cl aparede). a, Körperdecken; b, seitlich zusammengedrückte Plöhle der Speiseröhre; c, Epithelialschicht der Schlundwand; d, Gefässschirht ; f?', Ringrauskelschicht; e, Längsmuskelschicht ; /, Muskeln der Scheidewand, die einen Sphincter um die Speiseröhre bilden; g, Muskelnetz der Zwischenringscheidewand; h, Rückengefäss ; i, Bauchgefäss; k, Nervenganglion; /, vom Ganglion ausgehende Nerven; m, die Nervenkette umgebender Schliessmuskel ; n, Lücke der Scheidewand um die Nervenkette herum , durch welche Lücke die Perivisceralflüssigkeit von einem Sesrmente ins andere crelansen kann : o, Seitenherz, Erweiterunsr der Gefässschlinge, welche das Rückengefäss mit dern Bauchgefässe verbindet ; p, Schleifen des Segmcntal- oi'ganes. Substanz absondern, mittelst welcher der Wurm seine Nahrungsstoffe durchfeuchtet. Der Scblundkopf wird durch Muskelbündel , welche es gestatten, ihn im Augenblicke des Verschlingeus vorzustossen , an die Körper- 464 Ringelwürmer. wände befestigt; er wird von einer Muskelhaut von gleicher Beschaffen- heit wie diejenige, welche die Scheidewände zwischen den Ringen bildet, umzogen. Hinten verengert er sich und setzt sich in die Speiseröhre fort, deren Höhlung, wenn sie leer ist, durch die umgebenden Geschlechts- organe seitlich zusammengedrückt wird. Man erkennt sie sofort an dem Umstände, dass um sie herum die ausgedehnten contractilen Ge- fässschleifen sich vorfinden , welche die Rolle von Herzen spielen (o, Fig. 229). Ihre dünnen und durchsichtigen Wände werden von vier von Claparede sehr gut beschriebenen Schichten gebildet, von einem Zellepithelium, einer Gefässschicht, einer Ringmuskelschicht und von einer Schicht von Längsmuskeln , die in Allem denjenigen des Darmes gleichen. Nach hinten zu verengert sich das Lumen der Speiseröhre beträcht- lich; hier befinden sich drei Paare von Wülsten, die symmetrisch in dem elften und zwölften Segmente gelegen, unter dem Namen „Kalk- drüsen" bekannt sind und die wir mit Edm. Perrier die Morreu'- schen Drüsen (d, Fig. 225) nennen wollen, um nicht im Voraus auf ihre physiologische Function, welche unbekannt ist, schliessen zu lassen. Es sind Follikeldrüsen, die zwischen die Gefässschicht und die Muskel- schichten der mit zahlreichen Blutgefässen versorgten Speiseröhrenwand eingeschoben sind; sie sondern Concretionen von kohlensaurem Kalk ab, die unter der Einwirkung von Säuren aufbrausen. Diese Concretionen nehmen nur in dem ersten Drüsenpaare eine rhomboedrische Gestalt an, in den anderen haben sie eine kugelige Form und sehen wie Tröpfchen einer Kalkemulsion aus (Edm. Perrier). Ihre Function, haben wir gesagt, ist ungenügend bekannt. Cla- parede glaubt, dass ihre Concretionen, indem sie in den Muskelmagen herabgelangen , die Zerreibung der Nahrungsmittel erleichtern helfen. Darwin glaubt, dass sie einerseits dazu dienen, den bei der Ver- dauung der Blätter, von denen der Wurm sich nährt, absorbirten kohlensauren Kalk auszuscheiden, andererseits die organischen Säuren, welclie sich im Humus und bei der Gährung aller PflanzenstofFe ent- wickeln, zu neutralisiren. Nach Perrier ist ihre Rolle in jedem Falle eine rein chemische. Von der Speiseröhre bis zum Magen einschliesslich treten keine Veränderungen in der histologischen Structur ein ; wir können daher den letzteren als eine einfache birnförmige, nach hinten abgestutzte Er- weiterung der Speiseröhre betrachten, in welcher Erweiterung die Nah- rungsstofPe verweilen, bevor sie in den Muskelmagen treten. Der Muskelmagen (f, Fig. 225) ist kaum breiter als der Darm, der auf ihn folgt, aber er unterscheidet sich von ihm durch sein dunkleres Aussehen und durch die grosse Dicke seiner Wände, welche von der übermässigen Eutwickelung der beiden Muskelschichten her- Oligochaeten. 4G5 rührt. Er wird von zahlreichen Blutgefässen überzogen und durch die mächtigen Zusammenziehungen seiner Wände erhalten die Nah- rungsstoffe ihre letzte Zubereitung, bevor sie in den eigentlichen Darm treten. Dieser letztere (Fig. 230) sticht sofort durch seine lebhafte grün- lich gelbe, vom Roth der Blutgefässe punktirte Farbe und durch seine ({ueren Einschnürungen bei jeder intersegmentären Scheidewand in die Fig;. 230. Querschnitt des Darmes mit der Typhlosolis vom Regenwurm (nacli Cl aparede). «, Rückengef äss ; i, Durchschnitt der Gefässschlingen , welche das Rücken- mit dem Bauchgefäss c verbinden (die Figur stellt sich deshalb so dar, weil der Schnitt nicht genau durch die Abgangsstelle dieser Schlingen geht) ; c, Bauchgefäss; f/, Gefässschicht der Darmwand; e, Ringmuskelschicht ;/, Längsmuskclschicht; <;, Schicht der geiarbten Zellen (Chloragogenschicht); /;, Epithelialschicht ; i, Darmhöhle; h, in die Höhle der Typhlosolis hinabsteigendes grosses Blutgefäss ; /, Quermuskeln auf der Einstülpung der Typhlosolis; m, Chloragogenzellen, welche die Gefässschlingen umhüllen; «, Nerven- kette; o, Höhle der Tj-phlosolis. Augen. Er unterscheidet sich auch von dem übrigen Verdauungscanal durch die unter der Bezeichnung Tj'phlosolis (o, Fig. 230) bekannte rinnenförmige Einschnürung auf der Rückseite. Dieses letztere Organ, welches zu sehr verschiedenen Deutungen Anlass gegeben hat, bietet sicli auf Querschnitten als ein kleiner, in den Ilauptdarm eingeschlossener Nebendarm dar; in Wirklichkeit ist es nur eine längs der Rückeuwaud Vogt 11. Yiiug, prakt. vcrgleicli. Anatomie. oa 466 liinffelwürmer. des Darmes hinzieheude mediane Einstülpunggfalte. Die Lippen dieser Falte vereinigen sich auf ibrer Scheitellinie mit einander, ohne voll- ständig zu verschmelzen, aber die Falte selbst ist gänzlich durch eine quere Muskelscheidewand (e, Fig. 230) von der Körperhöhle abge- schlossen. Durch diese Anordnung entsteht eine Röhre, deren Aussen- wand, welche in die Darmhöhle taucht, von dem Verdauungsepithelium überzogen wird und deren Inneres, in welches die Nahrungsstoffe nicht dringen können, den Bau und die Färbung der Aussenwaud des übrigen Darmes darbietet. Die verdauende Oberfläche des Darmes wird so be- Fig. 231. f cL Cb eübachten kann, bieten sie den geringsten Grad von Complication dar. Den Segmentalorganen schliessen sich hinsichtlich der Function noch eine gewisse Anzahl von Drüsen (Schleimdrüsen) an, die auf dem vorderen Theile des Darmcauales liegen, aber dei-en Ausführungscanal durch die Tegu- mente liindurch ausmündet ( UrocJiaefa, Perichaeta). "Wenn das Thier beunruhigt wird, so tritt daraus eine gelbliche Flüssigkeit hervor. Bei Urochaeta kommen ausserdem etwa 30 bis 40 Paare von hinteren Drüsen vor, die auf jeder Seite der Nervenkette liegen und deren Verrichtung räthselhaft ist. Der Hermaphroditismus bildet bei den Oligochaeten die Regel. Die Hoden und die Eierstöcke, die gewöhnlich von sehr kleinen Dimensionen und ausserhalb der Fortpflanzuugszeit schwierig wahrzunehmen sind, liegen sehr nahe bei einander in dem vorderen Körpertheile, vom 8. bis zum 15. Segmente. Im Allgemeinen liegen die Eierstöcke hinter den Hoden, aber die sehr kurzen Eileiter münden vor den Samenleitern aus. Die Hoden haben die Form kleiner, weisslicher oder gelblicher Säcke mit dünnen Wänden. Wenn die Samenzellen reif sind, zerreisst der Sack an der Stelle, wo er am spitzesten ist und die Zellen fallen in die Perivisceralhöhle oder in eine Samenblase. Bei Plutellus , Titanus, Urochaeta kommt nur ein Paar Hoden vor; es giebt drei Hoden bei Tubifex und Lumbricalus. Die Eierstöcke sind paarig, rund, oval oder biruförmig, an eine Scheide- wand geheftet und tauchen in die Höhle eines Segmentes; die reifen Eier rao-en au der Oberfläche des Eierstockes hervor, und fallen in die Leibeshöhle, woraus sie durch die Eileiter ausgeführt werden. Man kann in allgemeiner Weise die Ausscheidungsgänge der Geschlechts- drüsen bei den Terricolen einerseits und den Limicolen andererseits daran unterscheideu, dass sie bei den ersteren von den Segmentalorganen unab- hängig sind, wie dies bei Lumbricus der Fall ist, während dagegen bei den letzteren die Segmentalorgane der Geschlechtsringe mit den Drüsen in Be- ziehungen treten und alsdann als Samen- oder Eierleiter fungiren. Immerhin haben die Untersuchungen Vejdowsky's und Edm. Perrier's gezeigt, dass Uebergangs formen vorkommen, bei welchen die Unterscheidung schwierig ist {Enchi/traeus , Ponfodrilus). Bei Tubifex erinnert der Samenleiter oder Spermiduct von röhrenförmiger Gestalt, der in der Peiivisceralhöhle einen Winipertrichter trägt und bisweilen blinddarmartige Erweiterungen aufweist, welche unter der Bezeichnung „Samenblasen" beschrieben worden sind, voll- ständig an die allgemeine Anlage der Segmentalorgane. In der Zeit der Fortpflanzung ist der Trichter mit Samenthierchen ei-füllt. Bei Lumbriculus und Sti/lodrilus kommen für jeden Samenleiter zwei Wimpertrichter vor, was darauf hindeutet, dass dieser aus der theilweisen Verschmelzung zweier Segmentalorgane hervorgeht. Bei Limnodrüus ist das äussere Ende des Samenleiters von einer muflartigen Hautfalte umgeben, welrhe die Rolle eines Begattungsorganes spielt. Die Frage über die Homologien zwischen den Segmentalorganen und dem Ausführungsapparate der Geschlechtsdrüsen hat in diesen letzten Jahren viele Fortschritte gemacht; sie ist indessen nicht vollständig aufgehellt und scheint uns allzu theoretisch zu sein, als dass sie hier erörtert werden könnte. 486 Killgelwürmer. Neben der gesclileclitlicben Fortpflanzung bieten einige Oligochaeten {Naiden) Fälle von Spi'ossuug dar, die denjenigen analog sind, welche wir weiter unten bei der Behandlung der Polychaeteu besprechen werden. Literatur. C. F. Morren, De historia naturali Lumhrici terrestrls, 1826. — Duges, Eecherches siir la circulation des Anncädes ubranches. Anna/es des sc. naturelles, 1828 u. 1837. — Cuvier, Re7 /l Aremcola piscatorum. Ein Segmentalorgaii der rechten Seite, a. Blase ; 6, drüsen- artiger Anliang; c, Trichter; d, Unterlippe der TrichteröBnung ; e, Oberlippe der Trichteröffnung; /, Einmündungsstelle des Trichters in die Blase; (/, Nervenstrang; /*, Längsmuskeln; i, Insertionslinie der Borsten; k, Borstensäclve ; l, Anhäufung von Geschlechtszellen. öffnet und schliesst; dieser Muskel befindet sich neben und an den Rückenborsten. Bei macerirten Thieren gelingt es, vom Inneren der Blase eine Borste durch die Oeffnung zu ziehen. Die Blase, wie auch die Gesammtheit des Organs ist von einer Bauchfellfalte überzogen, welche Muskelfasern in sich schliesst. Unter und hinter der Blase, aber in enger Verbindung mit der- selben , befindet sich eine drüsige Masse mit i'egelmässigen Umrissen und warzenförmiger Oberfläche, die an ihrem vorderen Rande mit der Blase in Verbindung steht (6, Fig. 254). Die Drüse ist hohl und schliesst weisslichen Schleim ein, der wahrscheinlich ihr Ausscheidungs- product ist. Innen ist sie von einem körnigen Epithelium ausgekleidet 506 Ringelwürmer. und aussen von einem äusserst reichlichen Gefässuetze umgeben. Die histologische Structur dieses Organs lässt sich wegen der ungemeinen Zartheit der Gewebe nur schwer untersuchen. Endlich mündet an der Rückenseite der Blase der Trichter ein, welcher diese mit der Leibeshöhle in Verbindung setzt (c, Fig. 254). Dieses Organ hat die Form eines abgestutzten Kegels und besitzt sehr dünne, reichlich mit Gefässen versehene Wände. Mit der Spitze und einer seiner Seiten ist es an der Blase befestigt. Die Basis des Kegels bildet eine sehr weite, durch zwei Lippen begrenzte Spalte. Die eine obere Lippe ist dick, zierlich ausgeschweift und ihrer ganzen Länge nach mit Wimperhaaren bekleidet, welche durch ihr Spiel die in der Leibeshöhle herumschwimmenden kleinen Körperchen anziehen. Aehn- lich ist es mit der unteren Li^ipe, nur ist diese dünner und weniger ausgeschweift als die voi'ige. Die Trichterwände sind im Inneren gänzlich mit einem Wimperepithelium ausgekleidet; die Bewegung der Wimpern geht immer von innen nach aussen , nämlich von der Leibeshöhle gegen die Spitze des abgestumpften Kegels hin, dessen Lihalt auf diese Weise in die Blase und von da dui'ch die weiter oben erwähnten Ausführungsporen nach aussen entleert wird. Zur Fortpflauzungszeit sind die Segmentalorgane, Trichter und Blase, mit reifen Eiern und Spermazellen angefüllt. Es ist demnach gewiss, dass sie zur Ausstossung dieser Pi'oducte dienen, wie wir es übrigens mit eigenen Augen gesehen haben. Ein Weibchen entledigte sich in einem unserer Becken in Roseoff seiner Eier; man sah sie durch die Ausführungsporen ähnlich einem gelblichen Staube austreten. Uebrigens kann man die Eierabsonderung selbst hervorrufen und be- werkstelligen, indem mau auf die Seiten des Thieres einen leichten Druck ausübt. Verglichen mit den Segmentalorganen des Regenwurms, scheinen diejenigen der Arenicola beträchtlich einfacher zu sein. Die langen Schlingencanäle werden durch den drüseuartigen Blasenanhang ersetzt; der Trichter entspricht dem gleichnamigen Organe ; er öffnet sich durch einen kurzen , aber breiten Canal , der direct auf der Blase aufsitzt. Dieser Canal lässt sich mit dem ausgebauchten Endabschnitte des Aus- führungscanals des Regenwurms vei'gleichen. Was die von Cosmovici gegebene Deutung der Blase anbetrifft, wonach dieselbe dem Boj an us' scheu Organe der Mollusken ähnlich sei, so müssen wir gestehen, dass sie uns nicht auf ernsthaften Thatsachen zu beruhen scheint. Die Histologie der Segmentalorgane der Areni- cola bleibt noch zu untersuchen übrig. Geschlechtsdrüsen. — Die Geschlechter sind getrennt, jedoch haben die Geschlechtsorgane bei den Männchen und Weibchen das- selbe Aussehen und dieselbe Lage, so dass wir sie zusammen be- schreiben können. Polychaeten. 507 Die Ovarien und die Hoden entstehen einfach aus der Umbildung von Peritonealzellen, welche auf dem unteren und inneren Rande der Blase der Segmentalorgaue (Je, Fig. 254j, sowie auf der Verlängerung der Kegelbasis des Trichters sich finden. Zur Fortpflanzungszeit bilden diese Zellen an diesen Punkten kleine ei- oder kegelförmige Massen, die' mit ihren unteren Theilen an einem sich zu den Segmentalorganen be- gebenden Aste der Kiemenarterie angeheftet sind; die grössten und reifsten Zellen sind dem Anheftungspunkte entgegengesetzt. Sie bilden über der Oberfläche der Masse einen Vorsprung und beginnen bald sich vollständig davon abzulösen, um in der Eingeweidehöhle herumzuschwimmen , wo man sie beim üeff"nen des Thieres in ver- schiedenen Entwickelungsgraden antriü't. Die Zoospermen entstehen in Folge einer Segmentatiop des Proto- plasmas der Mutterzellen, ungefähr ähnlich, wie Bloom fiel d dies beim Regenwurme beschrieben hat. Man sieht in der That in der Eiugeweideflüssigkeit Spermazellen, die dasselbe Aussehen haben, wie die in Fig. 238, B dargestellten. Die Art, welche wir hier als Polychaetentypus gewählt haben, glebt zwar einen guten Begriff von der Gruppe der sitzenden Eingelwürmer, bildet aber doch eine Art Uebergang zu den frei schwimmenden, auf deren Charak- tere wir in diesen allgemeinen Bemerkungen näher eintreten wollen. Der Körjjer der Polychaeten ist äusserlich immer in Ringe oder Zeniten getheilt, die mit den inneren Abschnitten mehr oder weniger genau überein- stimmen. Oft verschwindet die Ringbildung vollständig in der Caudalregion, z. B. bei den Hermelliden. Die beiden vorderen Segmente (Kopf- und Mundsegment) sind oft verwachsen , und nach Form und Anhängen von den anderen ver- schieden; sie allein bilden den Kopf, der bald klein {Poli/dora], bald gross und wohl abgesetzt ist {Nereis, Eunice). Die Anhänge des ersten Segmentes sind von sehr verschiedener Form, fadenförmig bei Eunice, kegelförmig bei Nereis etc. Man kann sie unter dem Namen Antennen von den Anhängen des Mundsegmentes, den Mund- fühlern oder Tentakeln unterscheiden. Im Uebrigen können diese Anhänge, wie wir bald sehen werden, den verschiedensten Functionen angepasst werden, sie können als Greif-, Tast-, Athmuugs-, Brutorgane etc. dienen, und sind im Allgemeinen bei den Röhrenbewohnern besser entwickelt als bei den Frei- schwimmenden (t, Fig. 255 a. f. S.). Bei einigen Röhrenbewolmern [Salel- liden) bemei-kt man oft ausser den Querfurcheu eine bauchständige Läugs- rinne (Copragog-Furche), welche vom After ausgeht und die Excremente ver- mittelst der Bewegung der sie bedeckenden Wimpern nach aussen befördert. Die Unterscheidung der verschiedenen Körperregionen ist nicht immer leicht, und hängt natürlich von der allgemeinen Körperform ab. Der Körper ist bald oben und unten gleich dick, cylindrisch oder abgeplattet und die Segmente sind gleichartig (Nereis) , bald ist er eiförmig [Aphrodite, Hesione), bald vorn dick und hinten schmal [TereVella). Sind die Kiemen gut aus- gebildet und auf mehrere Ringe vertheilt, so heisst die Gesammtheit dieser Ringe Abdominalregion. Auch unterscheidet man oft eine Caudalregion, welche weder Füsse noch Borsten trägt [Arenicola, Uermella). Die für die Ordnung charakteristischen Scheinfüsse oder Parapodien sind Hautauswüchse, die ein oder zwei Wärzchen bilden , welche an ihrer Spitze 508 Ringelwürmer. eiue Vertiefung haben, in welcher ein oder mehrere Borstenbüschel ein- gewachsen sind. In diesen Büscheln unterscheidet man oft [SyllideH) eine Borste , die länger und dicker ist als die anderen und den Namen Stachel- borste [Acicula) führt. Sind die Parapodieu wohl entwickelt, so dienen sie als Füsse oder Ruder; sie sind fast immer mit tentakelförniigeu Anhängen, den sogenannten Cirrhen versehen. Die Form der Borsten ist unendlich verschieden vmd dient in der Zoo- logie häufig zur Unterscheidung der Familien und Gattungen. Die Borsten sind lanzett-, kannn-, korkzieher-, haken-, zahnförmig u. s. w. , sie sind Fig. 255. selbst an den verschie- denen Körpertheileu des- selben Individuums ver- schieden. So sind sie bei- spielsweise bei Terebella auf der Oberseite einfach, und auf der unteren (Fig. 256) hakenförmig, welche Hakenform sich häufig bei den Bauchborsteu der Tubicolen findet und ihnen zur Festbaltung au ihren Röhren dient. Bei Avenia zum Beispiel sind die Fixa- tionshakeu in Längs- reihen augeordnet , und Claparede hat berech- net, dass ein einziges In- dividuum deren mehr als hundertfünfzigtausend be- sitzt. Bei Aphrodite haben diese Borsten das Aussehen langer, schillernder Haare, die diesen Würmern ihre prächtigen Farben erthei- len. Diese Organe von chitinartiger Consistenz stecken in einer Hautfurche und werden durch beson- dere Muskeln bewegt. Zu denselben Oberhautbildun- gen gehören die Uncial- platten der Terebellen (Fig. 256), die wie die Bor- sten sich auf Kosten einer einzigen Zelle zu bildeu scheiuen. Was die aus den Pa- rapodieu hervorkommen- den Fühler oder Cirrhen betrifft, so sind diese bald gerade und bestehen aus einem einzigen Stück, bald sind sie aus verschiedenen beweglichen Gliedern zusammengesetzt; oft verbreitern sie sich sehr stark und gestalten sich zu rückenständigen Schutzschuppen , die uuter dem Namen Elj'treu [Polynoe) Terebelfa nebv/osa. (Das Thicr ist vom Rücken aus geöffnet.) t, Tentakeln nur tlicilweise gezeichnet ; b r, drei Paare Kiemen; jiJi, Muskeitheil des Schlundes; V, Darm; vd, Kückengefäss ; vv, Bauchgctass. (Die Figur ist dem Buche von Gegenbaur, nach H. Milne- Edvvards entnommen.) Polychaeten. 509 bekannt sind. Die Axe der Füliler ist gewöhnlich von einem Nei'venfädchen durchsetzt {Hermione), welches sich bald verzweigt, bald an seinem Ende zu einem Ganglion erweitert [Polynoe) , weshalb diese Orgaue ein grosses Empfindungsvermögen besitzen {A und 73, Fig. 257). Die Hautelemeute sind iu der ganzen Reihe denjenigen der Arenicola gleichartig. Die Cuticula wii'd vou Alkalien stärker angegriffen als diejenige der Arthropoden; sie ist immer dünn, chitinartig, oft wie beim Regenwurm gestreift (besonders bei den Tubicolen), oft auf dem grössten Tlieile der Ober- fläche mit Wimperhaaren bedeckt [Chaetopterus). Fig. 257. ^ Fig. 25G. Fio;. 256. — Terebella flexnusa. Zwei abgeplattete Haken (Uncialplatten), die in einer Hautfalte stecken (nach Edm. Cl aparede). Fi2. 257. — A, Ilermlone hystrix. Ende einer Rückencirrhe ; a, seitliche Tastcylimler; b Nerv; c, Nervenzellen; d, Büschel der Endnerven. B, Hermodion fragile, Rücken- cirrhe; rt, Nerv der Cirrhe; &, Nervenganglion (nach Edm. Cl aparede). Die Hypodermschicht ist eine zusammenhängende Protoplasmalage, welche von der Oberfläche gesehen ein bienenzellartiges Aussehen hat; sie ist von gekrümmten Fäsercdien durchsetzt [Nerine) oder schliesst zahlreiche, bei durch- fallendem Lichte sichtbare Kerne in sich {PohjnoV lunata). Selten zeigt sie 510 Rin sf elwürm er. ö^ die Structur eines rein zellenbaltigen Epitheliums, wie dies bei Spirofjraphis der Fall ist; auch gelingt es nur schwer, einzelne ihrer Zellen durch Zer- zupfen zu isoliren (Cl aparede). Manchmal enthält sie Schleimdrüsen, deren Ausscheidungsproduct phosphorescirend ist {Chaefopterus, Polyno'e torquata). Bei den Spioniden , Chaetopteriden und vielen frei schwimmenden Anne- liden hat man als bacillipare Drüsen kleine eiförmige Zellen beschrieben, welche sehr feine Stäbchen enthalten, die nach aussen geschleudert werden können, und an die Nematoc^'sten der Coelenteraten erinnern. Immerhin kann man, nach Cl aparede, bei den in Alkohol avif bewahrten Exemplaren diese Stäbchen nicht mehr finden, Aveil sich alle bacilliparen Zellen beim Eintauchen in diese Flüssigkeit entladen. Die durch den Eeichthum ihres Muskelnetzes so bemerkenswerthen Deckel einiger Tubicolen {Sahella, Serpula) sind nur eine Verdickung der Hypo- dermschicht. « Die gewöhnlich sehr starke Musculatur wird von einer äusseren Ring- muskelschicht, und einer inneren Längsmuskelschicht gebildet. Diese letztere wird durch eine wechselnde Zahl mehr oder weniger tiefer Furchen in Bänder getheilt. Man glaubte in der Zahl dieser Bänder ein Unterscheidungs- merkmal gefunden zu haben (Schneider); der starke Wechsel von einer Gattung zur anderen macht sie jedoch hierzu unbrauchbar. Die Längs- muskelbündel sind auf dem Querschnitte nicht immer in Kreisen angeordnet, wie wir es bei Arenicola gesehen haben ; oft zeigen sie eine fiederförmige An- ordnung (Myxicola) , ähnlich derjenigen, die besonders beim Regenwurm so bemerkenswerth ist. Ausser diesen soeben erwähnten beiden Hauptschichten bestehen häufig noch schiefe Muskelbündel , die von der Bauchseite nach der Rückenseite gerichtet sind [Polyophthalmus, Ophelia). Die Muskeln wei-den von einem Bindegewebe eingeschlossen , das aus runden eiförmigen oder sternförmigen Zellen besteht. Die festsitzenden Anneliden bewohnen eine Röhre, die von in der Haut vertlieilten, röhrenbildenden Drüsen oder auch von zu diesem Zwecke umge- bildeten Segmentalorganen ausgeschieden wird. Letzteres ist bei den Serpu- liden der Fall, wo auf der Rückeuseite des vorderen Körperabschnittes zwei Drüsen bestehen, welche Röhrensubstanz ausscheiden. Diese letztere ist kalkhaltig [Serptda, ProUila), pergamentartig {Cimet opi er us , Sahella), ein- fach schleimig {Siphonostoma), oder aus Steinchen, Sandkörnern, kleinen Muscheln etc. zusammengesetzt, die der AVurm aufsucht und mittelst der Kopfcirrhen au seine klebrige Haut andrückt {Terehella, Hermella). Auf den Schnitten zeigen sie eine zusammengesetzte Structur, welche aus dor Ueber- einanderlagerung verschiedener Schichten besteht (Mace). Die Leibeshöhle ist sehr unregelmässig entwickelt, oft wird sie durch eine verticale Längsscheidewand in zwei seitliche Hälften getheilt (Mesen- terialligament). Diese Wand ist einerseits am Darme, andererseits an der Rückeuseite des Körpers angeheftet. Durch senkrechte Scheidewände oder Dissepimente wird die Leibeshöhle ausserdem in eine mehr oder weniger grosse Zahl von Querkammern getheilt, wie beim Regenwurme. Diese Wände enthalten Muskelfasern und können in der Brustregion eine beträchtliche Dicke erlangen {Chaefopterus). Die Leibeshöhle wird vom Peritonealblatt ausgekleidet, das gewöhnlich sehr dünn und durchscheinend ist, zahlreiche Nucleolen einschliesst, sich über alle Eingeweide umbiegt und sie vollständig einhüllt. Bei den Gattungen, wo das Gefässsystem unvollkommen entwickelt ist oder ganz fehlt {Glyc.ere), ist das Peritonealblatt mit WimiJerhaaren be- deckt. Die Coclomflüssigkeit enthält zahlreiche feine Körnchen , Fort- pflanzungselemente, und häufig verschiedene Parasiten. Polychaeten. 511 Fig. 259. Fiff. 258. Das Nervensystem besteht aus einem Gehirn, das auf der Rückeu- seite der Speiseröhre gelegen ist, und aus zwei, selten ganz verschmolzeneu Ganglien besteht; bleiben sie getrennt, so sind sie durch kurze Commissuren verbunden. Das Gehirn steht durch einen einfachen oder doppelten Schlund- ring mit der Bauchganglienkette in Verbindung ; es giebt die speciellen Sinnes- nerven ab, die sich nach vorn richten. Die Bauchkette besteht aus zwei Längsstämmen, welche häufig in jedem Leibesriuge ein Ganglienpaar bilden, diese Ganglien sind ihrerseits durch Queräste verbunden. Sind die beiden Ganglien desselben Segmentes von ein- ander entfernt, so hat die Bauchkette das Aussehen einer Leiter (Fig. 258), wobei die Längsstämme die Leiterj^fosten , die Querverbindungen die Leiter- sprossen vorstellen. Bis jetzt hat uns die Embryogenie noch nicht in den Stand gesetzt, diese Anlage als die ursprüngliche zu betrachten, wie es einige Autoren thun. Mau findet diese Bildung bei ausgewachsenen Exemplaren von Serpula, und in geringerem Grade entwickelt bei Sahella. In den meisten Fällen nähern sich die beiden Längsstämme der Bauch- seite nach der Mittellinie hin, und ihre Trennung macht sich durch eine einfache Furche bemerk- bar, oft sogar sind sie zu einem Strange vereinigt, und die Bauchkette ist dann einfach [Eunicidae) (Fig. 259). Terebella zeigt eine üebergangsbildung, indem die Nervenkette in der Brustregion einfach, in der Abdominalregion dagegen doppelt ist. Sind die beiden Stämme durch den ganzen Körper hindurch von einander entfernt, wie dies bei Chae- topterus der Fall ist, so giebt es keinen eigent- lichen Schlundring ; vorn besteht einfach eine ober- flächliclie Commissur, die nur deshalb als Gehirn- ganglion betrachtet wird, weil die Augenflecken des Tbieres darauf aufliegen. Ausser den gegenseiti- gen Annäherungen der Stämme in querer Rich- tuug können sich diese Fi^. 258. — Nervensystem von Serpula contortupUcuta. a, obere Schlundg;uiglien ; b, untere Ganglien: l>\ Bauchstränge ; n, Nerv des Mundes ; t, Antennennerv. Fig. 259. — Nervensystem von Nereis regia, o, Auge, auf dem Suboesophagialganglion aufliegend. Die anderen Buchstaben bezeichnen dasselbe wie in der vorigen Figur (nach (^ uat re fage s). Die Figuren sind dem Werke G e g e n b a u r ' s entnommen. auch verkürzen und die Ganglien sich inr longitudinalen Sinne einander nähern ; zwei oder mehr Ganglien verschmelzen zu einer Masse , wie es bei den vorderen Ganglien von Hermella der Fall ist. Bei Lunibriconereis, Oligognathus etc. schliesst jedes Segment ausser dem 512 Ringelwürmer. o^ Hauptgauglienpaare noch ein secuudäres, meist kleineres Ganglienpaai- in ich ein. Die peripherischen Nerven gehen symmetrisch paarweise von der Bauch - kette ab, und sind gewöhnlich sehr schwer bis in die Püsse (Fussnerven) und in die Muskeln der Leibeswand zu verfolgen. An der Basis der Füsse bilden sie oft ein kleines Verstärknngsganglion (Pruvot). Bei den meisten freischwimmenden Anneliden ragt die Nerveukette mehr oder weniger stark über die Tegumente nach innen vor; bei den Tubicolen ist sie umgekehrt in die Muskellagen und selbst oft theilweise in die Hypo- dermis eingebettet (Tereiella, Telepsavtis). Es ist dann oft sehr schwer, die Nervenzellen der Rindenschicht der Kette von den Hypodermzellen der Haut genau zu unterscheiden; Aehnliches ist oft auch bei den Gehirnzellen der Fall, wie es Spengel für OUgognathus Bonelliae, und Jourdau für Eunice Harrassii gezeigt haben. Die das Nervengewebe zusammensetzenden Elemente sind : Zellen, welche an der Peripherie der Ganglienkette gelegen sind (Rindenschicht von Pru- V o t), vind Fasern, die in eine körnige Centralsubstanz eingelagert sind. Bei den freischwimmenden sind die Zellen reichlicher auf der unteren Fläche und den Seiten der Kette, während sie bei den meisten Röhrenbewohueru in zusammen- hängender Schicht über die ganze Länge ausgebreitet sind. In der Nähe der Ganglienknoteu wird die körnige Substanz (puuktirte Materie) reichlicher. Die Riesenfasern, welche häufig die Ganglienkette begleiten und deren Deutungen bei den Polychaeten ebenso räthselhaft ist wie bei den Oligo- chaeten , erreichen bei den Serpuliden das Maximum ihrer Entwickelung und verlaufen in der Bauchkette auf der ganzen Körperlänge bis zum Schlundringe und zum Gehirn {Spiro graphis). Die jüngsten Forschungen scheinen darzuthun, dass sie bei den Polychaeten viel allgemeiner vorkommen als Cl aparede es glaubte. Spengel, der sie mit grosser Sorgfalt bei'-OZ?- gognathus studii-t hat , wo sie in der inneren Lage der Nervenhülle gelegen sind, hat sie aus den Connectiven der Ganglienkette austreten sehen. Ander- seits hat derselbe Forscher unter den Elementen des Bauchstranges bei Halla ausser den gewöhnlichen Nervenzellen grosse Zellen mit bis 0,1 mm Durch- messer gefunden, welche eine einzige Verlängerung haben , die , nachdem sie in die Masse des Connectivs eingedrungen ist, sich gegen die Rückenseite der Kette zu richten scheint. Vielleicht entspringen die Riesenfasern in diesen Zellen? Immerhin konnte eine directe Beziehung zwischen diesen beiden Elementen bis jetzt noch nicht dargethan werden. Priivot fand diese grossen Zellen im ersten Suboesophagealganglion von Nephthijs Homhergi, aber es ist ihm ebenfalls nicht gelungen, eine Fortsetzung bis zu den Riesenfasern zu constatiren. Spengel hat die möglichen Homologien der Riesenfasern in seiner Mono- graphie von OUgognathus in interessanter Weise erörtert. Bei vielen Polychaeten hat man noch ein Eingeweidenervensj^stem oder Gastro-stomacalsystem beschrieben, in Form kleiner Ergänzungsganglien, die in der Nähe des Schlundes oder Rüssels gelegen sind, und im Zusammen- hange mit dem Gehirn oder den Schlundconnectiven stehen. Nach Pruvot, Avelcher sie neulich in mehreren Familien untersuchte, entspringt dieses Sj'stem bald zugleich aus dem Gehirn und dem Unterschlundganglion (Neph- thys, P/iyllodoce), bald aus dem Unterschlundganglion (Ophelia) oder aus dem Gehirn {Eunice, Serpula), allein. Seine Nerven sind ausserordentlich fein, und seine Ganglien , die bald kettenartig , bald ringförmig angeordnet sind, sind sehr klein. Bis jetzt hat man ein ähnliches Sj'stem in der hinteren Körperregion nicht auffinden können. Die Sinnesorgane sind um so zahlreicher entwickelt, je freieres Leben der Wurm führt. Sie erscheinen und verschwinden selbst während des Polycliaeten. 513 Wachsthunis, je nachdem die Annelide freischwimmend bleibt oder sich fest- setzt. So besitzen die frei schwimmenden Larven der Terebelliden Augen und Otocysten, welche si^äter, wenn die Thiere sich in einer Röhre fest- setzen, verschwinden, so dass man bei den erwachsenen Thieren keine Spur mehr davon sieht. Gewisse Röhrenwürmer zeigen indessen während ihres ganzen Lebens Sehflecken {Saccocirrus, Capitella etc.). Der Tastsinn ist bei vielen Gattungen localisirt, und zwar auf die Antennen und Tentakeln des Kopfes, auf die Cirrheu und Elytreu, in welche sich Nervenfädchen begeben, um entweder in einer Art Papillen oder am Grunde von steifen Haaren zu endigen (Fig. 257). Neulich hat Jourdan die kelchförmigen Gefühlspapillen der Elytren von Polynoe beschrieben , welche einen Nervenfaden enthalten , der in der Hypodermisschicht von Ganglienzellen umgeben ist. Mit diesen Papillen stehen die becherförmigen Organe im Zusammenhange, die bei den Capitel- liden von H. Eisig sehr genau untersucht wurden und nach ihm Geschmacks- functionen auszuüben scheinen, aus dem Grunde, weil man sie nicht nur auf den Segmenten, sondern auch in der Mundhöhle antrifft. Die Würmer der- selben Familie der Capitelliden besitzen auf jedem Segmente, ausgenommen auf denjenigen des hinteren Körpertheils, noch Seitenorgane, welche Spalten darstellen , aus denen ein Büschel langer und steifer Borsten hervorragt. Nach Eisig sind diese Bildungen den Organen der Seitenlinie der Wasser- bewohnenden Wirbelthiere zu vergleichen. Für die Einzelheiten der Homo- logien dieser Organe verweisen wir auf die wichtige Arbeit Eisig' s. Bei mehreren Gattungen hat man ein Paar kugel- oder eiförmiger soge- nannter Nackenwülste beschrieben, welche auf der Grenze zwischen den zum Kopfe gehörenden Lappen und dem Mundsegment gelegen sind, und als Siniiesorgaue betrachtet wurden. Diese Wülste haben auf der Rückenseite dieselbe Lage wie die Otocysten der Arenicola, vielleicht kann man sie als die erste Anlage eines Gehörorganes betrachten. Gehörorgane wurden nur in einer kleinen Zahl von Fällen beobachtet {Arenicola, Fuhricia). Sie bestehen in Form von Otocysten , d. h. geschlos- senen kugelförmigen Kapseln mit heller durchsichtiger Flüssigkeit, in welcher ein [Fahricia) oder mehrere {Amphiglena) Otolithen herumschwimmen. Diese in der Nähe des Gehirns gelegeneu Otocysten empfangen von dort direct einen kurzen Nerven, den Gehörnerven. Nach Jourdan sollen hei Arenicola Grubii die Otocysten mit den Commissuren des Schlundringes durch mehrere Nerven verbunden sein. Die Augen zeigen alle möglichen Entwickelungsstufen , vom einfachen Pigmentflecken , bis zu sehr complicirten Organen mit Hornhaut, Krystall- linse, Choroidea, Retina etc. {Asterope Candida und besonders bei Alciope, wo sie durch Greef sehr sorgfältig untersucht wurden). (Fig. 260 u. 261 a. f. S.) Die Augen, zwei oder vier, imd nur selten in grösserer Anzahl, liegen bald im Kopfsegmente auf dem Gehirne selbst {Sahella, Terehella), bald mehr der Hautoberfläche genähert {Syllis, Nere'is), bald paarweise auf den Seiten jedes Ringes zerstreut {PolyopJithalnius , Amphicorina) , oder am Ende der Kiemenfäden in Form gefärbter Punkte {Branchiomma) , oder endlich am hinteren Leibesende, wie bei Fnbricia, die mit dem Schwänze voran umher- kriecht. Meistens sind die Augen kugelförmig ; doch haben sie bei den My- rianiden etc. die Form einer oo, was hauptsächlich von der unvollkommenen Verschmelzung zweier Einzelaugen herrührt. Der Verdauung scanal ist immer vollständig und in den meisten Fällen eine cylinderförmige gerade Röhre. Er biegt sich jedoch bei den Chloraemiden um sich selbst herum und erhält eine Länge, welche diejenige des Körpers übersteigt; hei Spirographis Spallanzani ist er spiralförmig gedreht. Vogt u. Young, piakt. vergleich. Anatomie. 33 514 Ringelwürmer. 3 Der vordere, endständige oder baucliständige Mund wird von mit Wimper- haaren ausgekleideten Lappen begrenzt, in deren Inneren sich die zum Oeffnen und Scliliessen der Mundöft'nung dienenden Muskeln befinden. Der musculöse Schlundkopf kann sich in vielen Fällen wie ein Hand- schuhfinger ausstülpen, und so einen eigentlichen Rüssel bilden, der oft arti- culirt {Nereiden), oder durch sehr deutliche Deniarcationsliuien (Antolytus) in mehrere Abtheilungen getheilt wird. Dieser Rüssel ist mit hornartigen Papillen oder Zähnchen von dunkler Farbe besetzt. Die Zähnchen sind meist hakenförmige Clütingebilde, deren Schneide gezähnelt ist. Sie sind zu ein, zwei {Aphrodite, Polynoe) oder selbst mehr Paaren {Lysidice) vorhanden. In diesem letzteren Falle wird dann der Rüssel zu einem zusammengesetzten Greiforgane. Die Zähne bewegen sich seitlich vermittelst Muskelbündelu, die sich iu ihrer inneren Höhle ansetzen ; in einigen Fällen können sie in besonderen Taschen eingeschlossen sein {Euniciden). Auf den Schlundkopf folgt eine cylinderförmige Speiseröhre, die mehr oder weniger stark längsgefältelt ist; an ihrem hinteren Ende trifft man bei einigen Gattungen ein Paar drüsenartiger Blindsäcke {Sijllis, Arenicola). Zu- Fig. '2 Hl. y Fig. 260. — Eitnice Harassü. Medianschnitt durch das Auge (nacli V. Graber). a, Cuticula; b, Iris; c, Pupille; e, tiefe Retinascliicht ; d, Choroidea; /, Glaskörper; g, Kr3stalllinse. Fig. 261. — Schema eines Auges von Alcico-pe (nach Greef). (f,| Cornea, b, Hypo- dermis; c, Subcorneallage ; d, KrystalUin-se ; e, Ciliarkörper; /, Glaskörper; g, Schnitt durch die Hülle der Retina; h, Retina; ;, Sehnerv; k, Hülle der Retina. weilen unterscheidet man einen besonderen Magen ; meist aber findet sich nur ein langgestrekter Magendarm, der meistens in jedem Segmente erweitert und in der Nähe der Anheftungspunkte, auf der Aussenseite der Querkammern verengt ist. Bei einigen Terebelliden, Aricideu etc. ist der Darm längs- gefaltet, und da er zugleich viele Blutgefässe enthält, so erinnert diese Bil- dung an die Thyphlosolis der Ohgochaeten, ohne dass man sie indess mit dieser auf gleiche Linie stellen könnte. Die Verdauungsdrüsen befinden sich immer auf dem Darme. Bei den Aphroditen hat der Darm in jedem Ringe seitliche Bhndsäcke, welche sich nach der Rückenseite umbiegen, und nachdem sie sich mehr oder weniger verzweigt haben, mit blasenartigen Erweiterungen endigen Polychaeten. 515 (Fig. 262). Endlich hat Hesione sictda, die von H. Eisig untersucht wurde, zu beiden Seiten des voi'dcren Darmtheiles auf der Bauchfläche eiu Diver- ticulum in Eorm eines Sackes, dessen Spitze nach vorn gerichtet, dessen Höhhing mit Luft gefüllt ist und mit der Verdauuughöhle in Verbindung steht. Dieser Blindsack scheint die Functionen einer Schwimmblase auszu- üben, ähnlich wie auch die beiden Darmanhänge der Sylliden, die unter dem Namen der T-förmigen Drüsen bekannt sind. Mau trifft bei allen diesen "Würmern im ganzen Darme Luft an; auf der üarmoberfläche verzweigt sich ein reichliches Capillarnetz. Es ist klar, dass diese Eigenthümlichkeit im Zusammenhange steht mit der Abwesenheit oder schwachen Entwickelung der äusseren Kiemen , und zum Zwecke hat , die Athmung zu unterstützen, wie dies bei einigen Fischen ebenfalls der Fall ist. Fiß-. 262. Oft kann mau einen Afterdarm unterscheiden, der vom eigentlichen Darme verschieden, nicht seg- mentirt und nicht mit Drüsen besetzt ist. Der After ist meistens endständig. Die Darmwände werden von einem drüsen- reichen Epithelium mit zahlreichen cj-lindrischen und kegelförmigen Zellen ausgekleidet ; diese Zellen scheiden eine innere Cuticula aus, die oft Pigment- körper enthält und mit Wimperhaaren besetzt ist. Aussen ist das Epithelium mit einer doppelten Lage von Ring- iind Längsmuskelfasern bedeckt, deren Dicke verschieden und zwar beträchtlicher an der Speiseröhre als am Darme ist ; und endlich ist alles vom Peritonealblatte überzogen. H. Eisig macht auf eine Art Nebendarm auf- merksam, welcher bei den Capitelliden unter dem Hauptdarme auf der Bauchmittellinie des Körpers liegt. Dieser Nebendarm bildet eine Röhre mit ringförmigem oder elliptischem Querschnitte, welche zwischen der Speiseröhre und dem Magendarme beginnt und sich entweder bis zur Mitte des Körpers [Capüella] oder bis in die hinteren Theile [Noto- onastus. Dasyhranclius) ausdehnt; die Röhre mündet in das vordere Ende des Darmes ein , und es ist wahrscheinlich, dass dasselbe am hinteren Ende ebenfalls stattfindet, jedoch hat Eisig die hintere Einmündung nicht bestimmt darthun köuneu. Die Structur ist dieselbe wie die des Hauptdarmes. Eine ähnliche Anlage wurde von Spengel bei OJigo- gnathus Bonelliae gefunden, mit dem Unterschiede jedoch, dass der Nebendarm vorn in den Kiefersack einmündet und hinten als Blinddarm zu endigen scheint. Neue Nachforschungen über dieses Organ wären wünschbar, um seine allfällige Homologie mit dem Hypochordalstrang der Wirbelthiere darzuthun, welche in Eisig 's Arbeit als thatsächlich angenommen wurde. In den Verdauungscanal münden die Speichel- und Leberdrüsen. Die ersteren liegen im Vordertheile des Körpers, und haben die Form von Säcken oder Büscheln, welche zu einem (Xere'is, Syllis) , zu zweien {GUjcera) oder zu drei Paaren {TerebeUa) vorhanden sind. Die Leberzellen bedecken die eigent- lichen Darmwandungen, und lassen sich wegen ihrer gelblichen oder braunen Farbe gut erkennen; ihre histologische Structur verlaugt aber bei den ver- 33* Fig. 262. — Darmcanal von Aphrodite ; o, vordere Seite ; b , mittlere Muskelabthei- luns; des Munddarmes; c, verzweigte Blindsackan- hänge des mittleren Darni- abschnittes; a, Afteröff- nung (die Figur ist dem Werke von Gegen baur entnommen). 516 Ringel Würmer. schiedeuen Gattungen besonders studirt zu werden. Die meisten zeigen keine besondere Ausfülirungscanäle. Die Ausbildung des Gef ässsy stemes ist sehr verschieden, je nach der Ausbildung der Kiemen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass dieses System in der Nähe der Kiemen am besten entwickelt ist. Im Allgemeinen bestehen ein oder zwei Rückengefässe , die gewöhnlich über dem Darme liegen, und ein oder zwei Bauchgefässe, die zwischen dem Darme und der Nervenkette verlaufen. Im einfachsten Falle {Nere'is, Tere- hella, Sabella) ist das Rückengefäss mit dem Bauchgefässe durch Queräste verbunden, und zwar bestehen je ein Paar iu jedem Segment, während an den beiden Körperenden mehr oder weniger zahlreiche anastomosirende Zweige entwickelt sind. Die Queräste entsenden ihrerseits Secundärzweige , welche sich in die Kiemen begeben, oder sich auf der Oberfläche des Verdauungscanales (Darm- circulatiou) oder ausnahmsweise in der Haut (Hautcirculation) {Marphysa sangninolenta) Avieder verzweigen, wo sie zierliche Capillaruetze bilden. Bei den Serpuliden, Ariciden, Chaetopteriden etc. wird das Eingeweide- capillarsystem durch ein weites Lakunensystem (Blutsinus) ersetzt , welches den ganzen Darm umfasst. Nach der Beschreibung von Claparede ist der Darm in einer zusammenhängenden Gefässscheide eingeschlossen, welche das gänzlich fehlende Rückengefäss ersetzt. Der Sinus steht durch besondere Zweige in der Schlundgegend mit den Kiemengefässen in Vei'biudung. Er verläuft zwischen den beiden Muskellamellen der Darmwand, und erleichtert so durch die Vergrösserung der Oberflächen die Aufnahme der verdauten SubstaHzen. Die ganze Blutmasse wird durch die Contraction der Gefässe, speciell des Rückengefässes, in Bewegung gesetzt. Bei Clymene, Maldane ist das Bauch- gefäss in seinem vorderen Theile contractu, bei Protula pulsiren sogar die Seitengefässe. Oft findet man blasenartige Erweiterungen , deren Contracti- lität stärker ist, und welche, wie wir schon bei Arenicola beschrieben haben, die Rolle eines Herzens spielen. Dies ist der Fall bei Marphysa , Polyoph- tlialmus. Bei Terebella {ii d, Fig. 255) erweitert sich das Rückengefäss in der Nähe der Speiseröhre zu einem pulsirendeu Kiemeuherzen , die Kiemen selbst sind contractu und helfen so das Blut iu das Bauchgefäss treiben, von wo aus es sich in die Organe begiebt. Bei Falricia verzweigt sich dasselbe Rückengefäss am vorderen Körperende und jeder Zweig mündet in eine pulsirende Blase, die an der Kiemenbasis gelegen ist. Das Blut circulirt im Rückengefässe von hinten nach vorn und i;mge- kehrt im Bauchgefässe. Dieses letztere , welches das von den Kiemen her- kommende Blut empfängt , kann als Arterienstrang betrachtet werden. Immerhin beruht die Unterscheidung von Venen und Arterien nicht in einer Structurverschiedenheit. In ihren contractilen Theileu schliessen die Gefäss- wände eine Muskelschicht ein, die bald aus spindelförmigen, bald aus band- förmigen Fasern besteht. Bei Capitella, Glycera fehlen die Gefässe, das Blut erfüllt alsdann die Perivisceralhöhle, wo es durch die Contractionen der musculösen Leibeswände bewegt wii-d. Die meist roth gefärbte Blutflüssigkeit ist farblos bei einigen Chaetopterus- Arten, gelblich bei Phyllodoce, grün bei Stylaroules etc. Meistens ist das Plasma gefärbt und die ei- oder scheibenförmigen Blutkörperchen, welche man darin antrifft, ungefärbt; zuweilen aber ti'itt der umgekehrte Fall ein; so sind bei Glycera die Körperchen roth. Polychaeten. 517 Bei den Kiemenlosen wird die Atlimnng direct durch die ganze Körper- liaut unterlialten, oline dass hierfür besondere Organe vorhanden wären. In- dessen bestehen in den meisten Fällen Avirkliche Kiemen in Form von Haut- verlängerungen, deren Aussehen sowie Grösse stark verschieden sind. Bald sind es die Rücken- oder Bauchcirrhen, welche sich an mehreren Segmenten {Eunice) in Kiemen umwandeln ; bald sind die kiementragenden Zweige auf die, dem Kopfe benachbarten Einge (Oephaloiranclius) beschränkt , als faden- förmige Tentakeln, strauchförmige Büschel etc., welche sich beständig ausser der Röhre bewegen , in die sie schnell zurückgezogen werden können. In diesem letzteren Falle wird der Kopfkiemenbüschel oft durch knorpelartige Lamellen unterstützt, welche in den Tegumenteu des Kopfringes stecken, und in jeden Kiemenzweig Verlängerungen senden [Sabelliden). Der Wasserstrom um die Kiemen herum wird durch Flimmerhaare unterhalten, welche ihre ganze Oberfläche bekleiden. Bei den Aphroditen, deren Rückenelytren die Kiemeufunction übernehmen , wird ein Wasserstrom durch Ausdehnung und Zusammenziehung des ganzen Körpers bewerkstelligt; diese Bewegungen zeigen alsdann einen bestimmten Rhythmus. Claparede hat erkannt, dass die Kiemenverzweiguugen der meisten festsitzenden Anneliden mit Ausnahme der Serpididen eine Arterie und eine Vene enthalten , welche durch ein System von Quergefässen oder durch ein Capillarnetz mit einander in Verbindung stehen. Fehlen die Blutgefässe, so findet man die Perivisceralflüssigkeit in der Kiemenhöhle. Die Orgaue des Excretionssystemes wiederholen sich meistens paar- weise in jedem Segmente, sie haben die Form von Röhren, die, wenn sie sehr lang werden, sich zusammenknäueln. Diese Röhren, deren Wände zum Theil drüsig sind , ößheu sich nach innen vermittelst eines Wimpertrichters und nach aussen durch einen Ausführungsporus , welcher auf der Bauchseite und nur ausnahmsweise auf der Rückenseite gelegen ist {Capitella, Alciope). Wie H. Eisig gezeigt hat, mündet der Ausführungsporus bei den Capitelliden in der Haut. Derselbe Autor zeigte ebenfaUs , dass, entgegen der allgemeinen Regel, mehrere Paare von Excretionsorganen in demselben Segmente vorhanden sein können {Capitella capitata). Bei den freischwimmenden Anneliden besteht gewöhnlich ein Paar Ex- cretionsröhren in jedem Ringe, ihre Zahl nimmt jedoch bei den Tubicolen stark ab. So besitzen die Serpuliden nur ein einziges Paar, welches die Rolle von röhrenbildenden Drüsen spielt, indem es den Schleim oder die Kalk- substauz der Röhre ausscheidet, in welcher das Thier eingeschlossen ist. Bei Myxicola zeigen die Drüsen zahlreiche Falten, deren Wände reichliche Blut- gefässnetze enthalten ; die Secretionsoberfläche wird auf diese Weise beträcht- lich vermehrt. Dadurch erklärt man sich auch die grosse Schnelligkeit, mit welcher dieser Wurm seine Schleimröhre erneuert, wenn man ihn aus seiner Wohnung herausnimmt. Wenn auch diese Orgaue ihrer ganzen Länge nach gewöhnlich paar- weise angeordnet sind, d. h. wenn jedes einen Ausführungscanal besitzt, der sich mit einem besonderen Porus an der Basis des entsprechenden Para- podiums öffnet, so bestehen dennoch einige bemerkenswerthe Ausnahmen. Bei Eriofjraphiden und Serpuliden convergireu diese beiden Organe, und ver- einigen sich nach aussen hin, um einen unpaaren Ausführungscanal zu bil- den, der sich vorn auf der Rückenseite der Kiemeubasis öffnet. Was ihre Bedeutung anbetritft, so sind diese mit Wimperhaaren, deren Bewegung regelmässig nach der Aussenseite gerichtet ist, bekleideten, schlin- genförmigen Canäle, augenscheinlich Excretionsorgane. Ihr von vielen Blut- gefässen umgebener, drüsenartiger Theil befreit die Nährflüssigkeit von den nicht assimiUrten Producten. In den Ringen der mittleren Körperregion 518 Ringelwürmer. dienen sie besonders zur Ausführung der Gesclileclitsproducte. Dann sind auf ilmen oft blasenförmige Erweiterungen zu finden, welclie Eier oder Zoo- spermen einschliessen (Sammelbehälter). Und in der That besitzen die Ge- schlechtsdrüsen, wie wir bald sehen werden, keine besonderen Ausführungscanäle. Sind die Segmentalorgane auf ein einziges Paar reducirt (röhrenbildende Drüsen), so findet man darin nie 'Eier oder Zoospermen. Die Art und Weise der Eierablage wird dann räthselhaft, denn man sucht vergebens die Ab- dominalporen , welche hypothetisch von den alten Autoren angenommen wurden. Es ist dies noch eine ungelöste Frage. Immerhin wollen wir hin- zufügen, dass bei Sternaspis scutata, die ein Paar Ovarien und Hoden besitzt, sich deren "Wände direct in zwei lange Canäle verlängern, die als Ei- und Samenleiter fungiren und sich mit Poren auf der Bauchseite öffnen. Die Eingeschlechtigkeit ist bei den Polychaeten Regel, obschon man einige Fälle von Hermaphroditismus kenut [Spirorhis, Protula und einige Gat- tungen der Serpididea). Die Geschlechtsdrüsen sind nie deutlich unterschieden , bei den beiden Geschlechtern sehr ähnlich, und werden nur zur Fortpflanzuugszeit sichtbar. Ihr Studium lässt noch viel zu wünschen übrig. In den meisten Fällen scheinen sie aus Peritonealzellen hervorzugehen , welche sich an bestimmten Stellen ausbilden, sich zum Beispiel traubenförmig um eine Falte der Binde- gewebelamelle des Bauchfelles anhäufen, die bald an der Leibeswand oder an den Zwischenringkammerwänden zu beiden Seiten der Nervenkette entwickelt sind (Eitnice, Aphrodite). Man findet sie bald nur in bestimmten Ringen (Polijhostrichus), bald in allen mit Ausnahme der Endriuge. Sind die Eier und Spermazellen reif, so lösen sie sich los vind fallen in die Leibeshöhle, woselbst sie in der Perivisceralflüssigkeit umherschwimmeu und sich weiter entwickeln ; beim Oeffnen des Thieres entleeren sie sich mit der Flüssigkeit. Endlich werden sie nach dem Wimpertrichter der Segmental- organe hingezogen und durch die Ausführungsporen ausgestossen. Bei Poli/uoe, Ou-enia werden die Eier oft gruppenweise in einer Art Eisäcke mit wider- standsfähigen Wänden vereinigt. Bei Saccocirrus pajiülocercus, der von Marion und Bohre tzky studirt Avurde, haben die zu beiden Seiten des Darmes gelegenen Geschlechtsdrüsen Ausführungscanäle. Die Männchen besitzen Begattungsorgane, eigentliche Penis in Form kegelförmiger Papillen, die an beiden Körperseiten vorstehen. Die Begattungspapille wird vom Ende des Ausfuhrcanales eingenommen, der übrigens nur ein modificirtes Segmentalorgan ist. Bei einigen Gattungen bestehen Brutorgane. Bei Spirorbis übt einer der Kopftentakeln deren Function aus; dieser Anhang trägt an seinem Ende eigenthümliehe Säcke, die sich mittelst eines Deckelchens schliessen , und in welchen die Eier sich entwickeln. Aidolyfus cornuius besitzt eine Bauch- tasche, die zu demselben Zwecke bestimmt ist; bei den Spiomden sodann werden die Eier in der das Thier einschliessenden Röhre ausgebrütet. Einige Arten {Syllis vivipara, Eunicc sanguinea) sind lebendig gebärend. Die Entwickelung der Eier durchläuft meist verwickelte Metamorphosen, welche uns durch die trefflichen Arbeiten von Alex. Agassiz, Claparede und Metschnikoff, Schneider, Hatschek etc. bekannt geworden sind. Die Larvenform gleicht derjenigen vieler Gephyriden, Rotiferen und Mol- lusken; die Larven schwimmen mit Hülfe verschieden angeordneter Wimper- kränze frei herum; sie haben auch Sinnesorgane und können alle auf die Grundform der Larve von Polygordius zurückgeführt werden. Die geschlechtliche Fortpflanzung ist jedoch nicht die einzige Vermeh- rung der Anneliden, man kennt bei ihnen viele Beispiele von geschlechtsloser Vermehrung, von Quertheiluug und Knospung. Polychaeten. 519 Bei Profula Dysteri und Syllis prolifera entwickelt das Tliier, nachdem es durch Knospuug eine Kette neuer Segmente gebildet hat, auf den alten Eiligen Tentakeln, Augen etc. , welche so zum Kopfe neuer Individuen wer- den, die sich loslösen. Hier geht also ein Theil des Körpers des Mutter- thieres direct in den Körper des Tochterindividuums über. Bei Autolytus cornutus bildet der letzte ßing des Mutterthieres , wie der Scolex eines Ces- toden, Knospen aus und entwickelt so eine Eeihe von Ringen, welche sich an der Knospungsstelle loslösen. Bei dieser Art besteht ein eigentlicher Gene- rationswechsel. Ein ungeschlechtliches Individuum bildet nach einander durch Knospung bald männliche , bald weibliche Individuen , die in ihrer Form durchaus von einander verschieden sind. Für die Einzelheiten dieses ZLisammensresetzteu Generationswechsels verweisen wir auf die betreffenden embryologischen Abhandlungen. 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Man theilt diesen Kreis in vier, mehr oder weniger deutlich ge- schiedene Classen. 1) DieCrinoiden oder Haar sterne, in Gestalt von mehr oder weniger tiefen Bechern, die von Kalkstücken gebildet werden, welche auf der aboralen Seite mit den Rändern zusammenstossen. Der Kelch ist meist mittelst eines gegliederten Stieles am Boden befestigt. Die orale Seite trägt in ihrem Mittelpunkte den Mund; in einem Zwischen- strahlenraume liegt der After, Auf der gleichen Seite laufen Tentacular- furchen zu den Armen, welche von den Rändern der Scheibe abgehen. Die Arme sind mit Seitenzweigen (phinulae) besetzt, welche die Geschlechts- producte tragen. Keine Madreporenplatte (Pentacrinus ; Comaiula). 2) Die Asteriden oder Seesterne. Flacher fünfeckiger oder strahlig gebauter Körper mit articulirtem Skelette. Die Mundseite allein trägt Ambulacralfurchen und den centralen Mund; die Rücken- seite eine oder mehrere Madreporenplatten. Der After, wenn er vor- handen ist, liegt auf der aboraleu Fläche, die Geschlechtsorgane in der Scheibe (Asterias; Ophiura). 3) Die Echiniden oder Seeigel. Perisom aus neben einander liegenden und mit einander verbundenen Platten zusammengesetzt. Körper ohne Strahlen. Die Mundseite trägt den Mund und bisweilen auch den After, der gewöhnlich auf der aboralen Seite gelegen ist. Ambulacren auf dem ganzen Körper oder nur auf der aboralen Seite allein vertheilt und die Ambulacralplatten durchbohrend. Geschlechts- organe auf der aboralen Seite (Echinus; Spatangus). 4) Die Holothuriden oder Seewalzen. Körper mehr oder weniger wurmförmig, bisweilen abgeflacht, mit einem Tentakelkranze um den endständigen Mund herum. In der Haut vereinzelte Kalk- stücke. Bisweilen Zwitter (Uolotlmria; Synapta). Diese Eintheilung stützt sich, wie man zugeben muss, fast gänz- lich auf die äussere Körperbeschaffenheit. Wir sind in dem Kreise der Echinodermen noch weit von einer Classification entfernt, welche 522 Echinoclermen. sich auf die anatomischen Verhältnisse und auf die Ergebnisse der ontogenetischen Untersuchungen zugleich gründet. Wenn die von J. Müller Tornaria genannte Larve der Gattung Balanoglossits so sehr dem Typus der Echinodermeularven im Allgemeinen sich an- reiht, dass man sie vor der Entdeckung ihrer weiteren Entwickelung ohne Zögern zu diesem Kreise rechnete, wenn die Gattung Baluno- glossus, wie gesagt, wirklich ihrer Ontogenie nach zu dieser Abtheilung gehört, so müssen die meisten Kennzeichen, welche man heutzutage diesem Kreise zuschreibt, gestrichen werden. Andererseits entsprechen die bekannten Larvenformen nicht immer unseren angenommenen Classen ; die den Seesternen zugetheilten Ophiuren haben Larven, welche die grösste Aehnlichkeit mit den Seeigellarven besitzen , und es ist kaum möglich, sie denjenigen der Seesterne zu nähern. Der bis jetzt trotz einiger schöner Arbeiten bedeutend vernachlässigte Kreis der Echiuodermen verlangt also ernstliche und gründliche Studien, welche den Zweck haben sollen, die Beziehungen aufzusuchen, welche zwischen den Larvenformen und den erwachsenen Thieren einerseits bestehen und welche andererseits dieselben mit anderen Typen, von denen sie bis jetzt vollständig getrennt sind, in Verbindung bringen. Das Kalkskelett der Stachelhäuter ist immer ein Hautskelett, das sich innerhalb der Tegumente entwickelt, häufig von Faser- und Muskelschichten der Haut, jedenfalls aber von der Epidermis mit allen Gebilden, wie Wimperhaaren, Pigment- oder Pflasterzellen u. s. w., welche sich darin vorfinden können, überzogen wird. Man kann die Beziehungen zwischen dem Tegument und den Kalkstücken sehr deut- lich machen, wenn man die Thiere mit irgend einem Reagens, z. B. mit Pikrocarmin färbt. Die Hautfaserschichten, die Muskelbündel, welche sich in der Haut vorfinden, und die Zellen der Epidermis fäx'ben sich dann intensiv roth, während die Kalkstücke mit Ausnahme der Einschläge von Zwischengeweben, welche die Kalkmassen durchsetzen, vollständig weiss bleiben. Alle diese Stücke sind, welches auch ihre Form oder ihre Grup- pirung sei, von einem Netze von Kalkbalkeu gebildet, die zahl- reiche Maschen leer lassen, welche von dem Hautgewebe durchsetzt werden. Nur bei einigen Gebilden , wie z. B. bei den Stacheln der Seeigel oder den Stielstücken der Crinoiden geht die Verkalkung so weit, dass die Maschen fast vollständig verwischt werden und nur Spuren davon übrig bleiben. Dieser Bau des Kalkskeletts ist für alle Echiuodermen ohne Ausnahme charakteristisch; er zeigt sich ebenso schön in den verschmolzenen Platten der Crinoiden und der Seeigel als in den isolirten Stücken der Holothurien oder in den Kalkräderu der Chirodoten. Die Anordnungen der Kalkbälkchen und der Maschen sind einer unbegrenzten Abwechselung unterworfen; es ist kein Grund vorhanden, hier in die Einzelheiten einzutreten. Ecliinodermen. 523 Die Verkalkung kann auch im Inneren der Leibesorgane vor sich gehen und auf di.ese Weise Kau- und Zahnstücke bilden oder anderen Organen, besonders dem Wassergefässsysteme oder auch den die Ein- geweide umgebenden Geweben zur Stütze dienen. Schliesslich ist für jedes Gewebe und für jedes Organ die Möglichkeit nicht ausge- schlossen, dass es zur Entstehung von Kalkelementen Veranlassung geben kann. Mau wird sich immer einen Einblick in die Organisation der Kalkstücke verschaffen können, wenn man dieselben in trockenem Zu- stande auf in verschiedenen Richtungen vorgenommenen Schnitten abschleift, bis sie durchsichtig werden. In einigen Fällen, wie für die Ankerstücke der Synapten und im Allgemeinen für die isolirten Haut- concremente der Holothurien, wie auch für die in den inneren Geweben zerstreuten Kalkgebilde genügt es, die Stücke in einer concentrirten Lösung von Aetzkali maceriren zu lassen. Das Aetzkali zerstört alle weichen Theile und lässt die Kalkgebilde unberührt. Das Wassergefässsy stem der Echinodermen bietet besondere Verhältnisse, indem es bei vielen zugleich die Function der Ortsbewe- gung übernimmt. Seine einfachste Form findet sich bei den fusslosen Seewalzen {Synapta), bei denen das System gänzlich nach dem gleichen allgemeinen Plane, wie dasjenige der Sipunculiden, gebaut ist und bei welchen es sich auf einen kreisi'unden , die Speiseröhre umgebenden Behälter beschränkt. Von diesem Behälter gehen einerseits die Ten- takelcanäle, andererseits Gebilde ab, welche als Reservoirs für die Flüssigkeit dienen, wenn die Fangarme eingezogen sind [Poli'sche Blasen]. Die einzige wesentliche Verschiedenheit, welche man zwischen dem Wassergefässsysteme der Synapta dujitata z. B. und demjenigen des Sipunkels anführen kann, besteht in dem Vorhanden- sein eines Canales, welcher eine Verbindung zwischen der Leibeshöhle und dem Wassergefässsysteme (Steincanal) herstellt. Dieses Be- wässerungssystem existirt bei allen Echinodermen unter sehr wech- selnden Formen und bringt mit der im Systeme sich vorfindenden Flüssigkeit bald die in der Leibeshöhle ki'eisende Flüssigkeit, bald die- jenige der Umgebung in Verbindung. Dies geschieht mittelst beson- derer Vorrichtungen: durch zahlreiche Poren, welche die Tegumente durchsetzen (Crinoiden) oder durch Siebe, die Madre porenplatten genannt werden (Seesterne , Seeigel). Die Verbindung des Wasser- gefässsystemes mit der Ortsbewegung durch locoraotorische, Ambu- lacren genannte Fortsätze ist nur bei den Stellariden, den Echiniden und den mit Füssen versehenen Ilolothuriden vollständig, während sie bei den Ophiuriden und den freien Crinoiden (Comatulen), welche mittelst ihrer beweglichen Arme kriechen, unvollständig ist. Bei allen Echinodermen wird die Verwickelung des Systems sehr bedeutend und bietet unendlich viele Abänderungen dar. 524 Ecliinodermen. Die Verbindung des Wassergefässsystemes mit der in der Leibes- höhle enthaltenen Flüssigkeit oder mit der umgebenden Flüssigkeit auf der Körperoberfläche ist, wie die Embryogenie es darthut, nur die Folge einer späteren P]utwickelung , wenigstens bei den Ästenden, Echiniden und Holothuriden. Bei allen diesen Classen ist das vir- sprüngliche Darmdivertikel , von dem das Wassergefässsystem ab- stammt, zur Zeit seiner ersten Bildung blindsackartig geschlossen und die Verbindung stellt sich erst später her. Daraus geht hervor, dass die Organisation des Systemes, so wie sie sich bei den Spritzwürmern vorfindet, unter diesem Gesichtspunkte betrachtet, der primitiven Larvenorganisation der genannten Echinodermen entspricht. Nur bei den Crinoiden scheint das Wassergefässsystem sich selbständig und un- abhängig von dem Darme zu entwickeln. Wir müssen drittens auf die allen Stachelhäutern gemeinsame, sehr niedere Organisation des Nervensystemes besonders hin- weisen. Nirgends, vielleicht mit Ausnahme der Gomatulen , hat man selbständige Centralorgane nachweisen können; es existiren nur sehr feine Fasern, in welche sehr kleine, von einer winzigen Protoplasma- schicht umhüllte Kerne eingefügt sind. Diese Protoplasmaschicht setzt sich in den Fasern selbst fort, welche demnach als bedeutend ver- längerte Aussenduugen kleiner bipolarer Zellen betrachtet werden können. Diese Fasern bilden in der Regel einen ununterbrochenen Ring um den Mund herum , von welchem Aeste in der Richtung der Ambulacralfurchen ausstrahlen. Diese Strahlennerven haben genau denselben Bau wie der Mundring und werden alle von einem modi- ficirten äusseren Epithelium überzogen, dessen Zellen Fortsätze zwischen die Fasern aussenden. Wir erkennen hier ohne Mühe eine grosse Structurühnlichkeit mit dem Nervensysteme gewisser Medusen, wie z. B. mit ÄureJia, und man könnte wohl, indem man die Analogie weiter verfolgte, das Palissadenepithel, welches die Nervenfasern der Ambulacralgebilde überzieht und theilweise einfasst, als ein Sinnes- epithelium ansehen, das aus einer besonderen Modification des allge- meinen Körperepitheliums hervorgeht. Die Organe der Echinodermen sind im Allgemeinen strahlen- förmig um eine senkrechte Mittelaxe herum angeordnet, deren einer Pol in den meisten Fällen durch die Lage des Mundes bestimmt wird. Die Länge dieser Axe wechselt innerhalb sehr bedeutender Grenzen. Sie ist sehr kurz bei flachen Thieren, so bei den Stellariden, wird bei den Echiniden ebenso lang als der Querdurchmesser, übertrifft an Länge diesen Durchmesser bei den meisten Crinoiden und verlängert sich bei den Holothui-iden in solchem Maasse, dass der Körper mehr oder weniger wurmförmig wird. Die gewöhnlich in der Grundzahl fünf vorhandenen Strahlen setzen sich bei den Seesternen und Haar- sternen mehr oder weniger deutlich vom Körper ab, während sie sich Crinoiden. 525 bei den Echinideu uud Holotliuriden auf dem Körper selbst zeigen. Sie besitzen nicht immer gleichen Werth, und man kann deshalb bei gewissen Seeigeln und Seewalzen einen unpaaren Strahl untei'scheiden, zu dessen beiden Seiten die übrigen Strahlen sich symmetrisch und paarweise gruppiren. Wir verweisen für die Anordnung der anderen Organe auf die Monographien der verschiedenen Classen, welche diesen Kreis bilden. Classe der Haarsterne (Crinoidea). In ihrem Primitivzustande haben die Larven der Crinoiden die Gestalt eines länglichen Tönnchens [Cystideeuform (Perrier)], das von mehi'eren Wimperkränzen umgeben ist und hinten mit einem Büschel strafferer Wimperhaare endet. In dem Inneren dieser frei im Meere herumschwimmenden Larve entwickelt sich mit ursprünglich isolirten Kalkstücken der die verschiedenen Organe (Dai'mcanal mit Mund und After, Peritonealsäcke u. s. w.) umschliessende Kelch und der mit einer queren Scheibe abschliessende Stiel. Nachdem die Larve einige Zeit lang umhergeschwommen ist, heftet sie sich mittelst dieser End- scheibe irgendwo an und treibt um den auf der entgegengesetzten Seite befindlichen freien Mundpol herum die Tentakeln und endlich die mit Fiederchen versehenen Arme hervor. Der Mund dieser Larven in Pentacrinusform (Perrier) befindet sich alsdann im Mittelpunkte des Kreises, der von den fünf Armen gebildet wird und in der Mitte der Mundscheibe , auf welcher sich auch der excentrisch in einem Inter- radialraume gelegene After öffnet. Die Arme können sich weiterhin theilen. Auf dem durch auf einander gelegte und mit einander arti- culirende Stücke gebildeten Stiele können sich strahlige Fortsätze ent- wickeln, welche im Allgemeinen wie der Stiel beschaffen sind und welche man Cirrhen oder Ranken nennt. Die Arme tragen auf ihren Innenseiten abwechselnd gestellte Fiederchen (Pinmdae), in welchen sich die Geschlechtsorgane ausbilden. Die Axe, um welche herum sich die Arme und die Skelettstücke gruppiren, ist also vollkommen be- stimmt; sie geht durch den Mund, durch den Grund des Bechers und durch den Stiel; das Thier ist mittelst seines aboraleu oder Rücken- poles befestigt, der Mund und der After öffnen sich auf der meistens häutigen Scheibe, welche den Kelch abschliesst und die Mund- oder Bauchseite bildet. Der Kelch ist in seinem breitesten Theile durch diese häutige Scheibe geschlossen, deren Bildungselemente sich auf der Innen- oder Bauchseite der Arme fortsetzen. Zwischen den Armen werden die Kelchwände von der Fortsetzung der häutigen Tegumente 526 Echinodermen. der Scheibe gebildet. Der breiteste Theil des Kelches wird zum grossen Theile von dem Darmcanale ausgefüllt, der sich spiralig um- biegt, um sich zu dem excentrischen After zu begeben. Auf dem Boden des durch aneinander gereihte Kalkstücke und durch die Arm- wurzeln gebildeten Kelches finden sich andere Organe vor, deren An- ordnung wir weiter unten auseinandersetzen werden. In diesem festsitzenden und gestielten Zustande verharren wäh- rend ihres ganzen Lebens die grosse Mehrheit der Crinoiden , welche während der geologischen Perioden in allen Meeren ausserordentlich zahlreich voi'handen waren und von denen einige Gattungen (Hyocri- nus, Ilhizocrinus, Pentacrinus und andere) sich heute noch in grösseren Tiefen vorfinden. Die Exemplare dieser heute noch lebenden gestielten Crinoiden sind zu selten um als Typen dienen zu können. Glücklicher Weise aber verlässt die Familie der Comatulideu den gestielten Zustand, welchen sie nur im jugendlichen Alter annimmt, um frei zu werden und sich mittelst ihrer Arme und Cirrhen in den zugänglichen Tiefen und selbst bis an die Grenze von Ebbe und Fluth theils krie- chend, theils schwimmend umherzubewegen. Wir haben also uoth- wendig als Typus der Classe eine Comatulide wählen müssen. Typus: Antedon rosaceus {ComafuJa mediterranea, Lmck.). — Diese Art findet sich sehr allgemein an allen Küsten des Mittelmeeres, des Atlantischen Oceans und des Canales vor. Andere sehr benach- barte Arten werden in den nördlichen Meeren angetroffen. Die von uns untersuchten Exemplare kommen von Roscoflf, Cette, Neapel und hauptsächlich von Marseille, woher wir, Dank der Gefälligkeit unseres Collegen Marion noch lebende Individuen nach Genf erhalten konnten. Was unsere Arbeit selbst anbetrifft, so sind wir Herrn Edmond Per- rier, Professor am Museum zu Paris, zu besonderem Danke verpflichtet. Herr Perrier hatte die Güte, mit uns die Ergebnisse, zu welchen er seinerseits gekommen war, zu erörtern und er hat uns mit den Prä- paraten in der Hand von der Richtigkeit der Thatsachen überzeugt, von welchen er nur einige kurze Zusammenfassungen veröffent- licht hat. Orientirung. — Wie wir gesehen haben, war die Comahüa während ihrer sesshaften Periode in Pentacrinusform mit dem aboralen^ oder Rückenpol befestigt. Dieser Pol bildet also die Spitze des Kelches bei der freien Comatula und ist von einem Cirrhenkranze umgeben. Die Mundscheibe (Fig. 263), die viel breiter ist und im Mittelpunkte den Mund, exceutrisch den After und die fünf Tentakelfurchen zeigt, welche sich in einiger Entfernung vom Munde theilen, um sich zu den Aesten der schon auf den Kelchwänden gabiig getheilten Arme zu begeben diese der Spitze des Kelches entgegengesetzte Mundscheibe bildet also wie gesagt die Bauchseite. In allen folgenden Beschrei- Crinoiden. 527 bungen stellen wir uns also das Thier auf der Bauclifläche liegend vor, die Kelchspitze nach oben gedreht. Diese Lage ist zwar derjenigen, welche die Coniatula im Pentacrinuszustande einnimmt, geradezu ent- gegengesetzt, sie gestattet aber allein, ihre Anatomie mit derjenigen der Stellerideu und Echiniden in Uebereinstimmung zu bringen. Bei diesen letzteren sieht Jedermann eine solche Stellung als die normale an und alle Anatomen reden von dem von dem Munde an aufsteigenden Darmcanale, von dem von der Rückenfläche heruntersteigenden Stein- canale u. s. w. ^« Fig. 263. S-6 M'*- m^ jp^b vo- Diese Figur bezieht sich wie alle übrigen auf die Typusart Antedon rosucevs oder Comatii/a mediterranea. Mundscheibe von der Fläche gesehen und sechsmal verorössert. 1^ und V^ die beiden abgeschnittenen Aeste des vorderen Armes mit ihren Tentakel- furchen, den längs der Furchen gereihten gelben Körpern und den durchschnittenen Miind- fiederclien. Die übrigen Arme werden durch die römischen Ziffern von II bis V" bezeichnet. «, Mund; h, Afterröhre; c, deren Mündung; d, vordere Tentakelfurche, wie die übrigen sich gabiig theilend ; e, Zweitheilung der vorderen linken Furche ; /, Falte der Teguniente der Scheibe, die sich zu den Mundfiederchen fortsetzt; g, die Gruppen der Wimpertrichter, die besonders in den Winkeln zwischen den Armen ver- einigt sind; /(, gelbe Körper (Zooxanthellen). Haben wir so diese Lage bestimmt, so nehmen wir eine senk- rechte Sagittalebene an , deren Richtung auf der Mundscheibe durch die Mittelpunkte der Mund- und Afteröffnung bestimmt wird. Diese Ebene geht durch eine dem After gegenüberstehende Teutakular- 528 Echinodermen. furche bis zu ihrer gabiigen Theilung ; diese Furche wird also die unpaare oder vordere Furche {d, Fig. 263 a. v. S.) sein, während der After in dem unpaaren oder hinteren Interambulacralraume gelegen ist. Wir werden also zwei Paare Furchen und zwei Inter- ambulacralraume rechts und zwei links haben und auf den von der Bauchseite gezeichneten Ansichten (Fig. 263) muss man in Gedanken diese Seiten umkehren. Wir machen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass wir durch diese Orientirung in keiner Weise in die endlosen Debatten eingreifen wollen, in welche man sich in Bezug auf die Homologisirung der Be- standtheile der verschiedenen Echinodermen eingelassen hat; es ist eine rein anatomische Orientirung, die wir zum Zwecke der Beschrei- bung der Organe und ihrer gegenseitigen Lage aufstellen. Sie wird indessen durch die Thatsache unterstützt, dass der Arm, auf welchen die vordere Tentakelfurche zugeht, nach Perrier sich bei der jungen Comatula zuerst entwickelt. Präparation. — Man kann an von lebenden Exemplaren ab- geschnittenen Armen sehr viele Einzelheiten beobachten, besonders in Bezug auf die Bildung der Fiederchen, der Tentakeln, der Papillen, auf die Vertheilung der Wimperhaare u. s. w. Man kann auch, indem man mittelst eines runden Einschnittes die Mundscheibe loslöst und dann mit einem feinen und spitzen Scalpell die Kelch wände im Inneren zwischen den Armen bis zur Kelchspitze umkreist, um den an der Mundscheibe hängenden Darmcanal mit seinen Nebengebilden in seiner Gesammtheit herauszunehmen, sich von der Anordnung und den Win- dungen desselben Rechnung ablegen, indem man ihn unter Wasser präparirt und die Züge der verschiedenen Gewebe, welche diese Win- dungen zusammenhalten, sorgfältig trennt. Aber diese Präparate können uns über eine Menge von Vorrichtungen keinen Aufschluss geben, und es ist unumgänglich nothwendig,- um einen Einblick in die Organisation der Comatula zu erhalten, durch Schnitte in ver- schiedenen Richtungen den Kelch sowohl als auch die Arme und die Cirrhen zu zerlegen. Zur Controle nimmt man einige Schnittserien an nicht entkalkten Thieren vor, die man auf gewöhnliche Weise gefärbt und in Alkohol gehärtet hat. Abgesehen von dem Uebelstande, dass so gefertigte Schnitte die Rasirmesser stark beschädigen , können sie auch zu sehr vielen Irrthümern Veranlassung geben, da in Folge des verschiedenen Widerstandes der weichen Theile und der harten Kalkstücke leicht Ver- schiebungen und Zerreissungen eintreten. Man hat sich demnach an entkalkte Thiere zu wenden. Das Verfahren , mit welchem wir am meisten Erfolg hatten, ist das folgende. Man tödtet die Comatulen, indem man sie in schwachen Alkohol taucht. Um sehr feine, zu histo- logischen Studien bestimmte Schnitte zu erhalten , findet man einige Crinoideii. 529 Vortheile im Gebrauche von Aetzsublimat. Nach einigen Stunden fügt man einige Tropfen Salpetersäure hinzu. Der Alkohol darf nur schwach angesäuert sein, damit keine stürmische Entwickelung von Kohlensäure stattfinde. Mau behandelt von Neuem zu wiederholten Malen mit angesäuertem TOprocentigem Alkohol, bis keine Ent- weichung von Kohlensäure mehr stattfindet. Man wäscht mit Wasser aus, wenn alle Kalksubstanz vollständig gelöst ist und färbt mit Pikro- carminat, das zwar nur wenig eindringt, aber durch die oberflächliche Färbung die Lage der Gegenstände im Paraffin leicht erkennen lässt. Dann härtet mau mit 90procentigem und absolutem Alkohol, schliesst in Paraffin ein und nimmt Schnitte vor. Das Innere ist gewöhnlich nicht gefärbt; aber nachdem man mit Gewürznelkenöl behandelt und das Paraffin vollständig mit Benzin oder Chloroform ausgezogen hat, trocknet man die Schnitte und färbt sie in Pikrocarminat. Wir haben auf diese Weise Reihen sehr schöner Schnitte erhalten. Die Chrom- säure, die man zur Entkalkung ebenfalls vorgeschlagen hat, muss ver- worfen werden. Die Gewebe wei'den zerreiblich und spröde, bevor der Kalk ausgezogen ist. Da der salpetersaure Kalk in Alkohol leicht löslich ist, so erhält man mit dem angegebenen Verfahren die voll- ständige Auslaugung der Kalksubstanz, indem man gleichzeitig noch die Gewebe passend durch Alkohol härtet. Man kann auch , um in Weingeist aufbewahrte Thiere zu präpariren, sie mit angesäuertem Alkohol härten und sie, wenn man beim absoluten Alkohol angelangt ist, mit Eosin färben. Wir haben bei Prof. Perrier sehr schöne Präparate gesehen, welche auf diese Weise hergestellt worden waren. Für das Studium des Kalkskelettes muss man sich an entkalkte und nicht entkalkte Schnitte halten, wenn es sich nur um die feinere Structur handelt ; will man das Skelett im Zusammenhange untersuchen, so muss man die Thiere so viel wie möglich von den weichen Organen befreien, um sie nachher, aber nur sehr kurze Zeit lang, in einer ver- dünnten Lösung von Aetzkali maceriren zu lassen. Längere Einwir- kung des Reagens würde die einzelnen Stücke aus einander fallen lassen. Man trocknet und bleicht das so erhaltene Skelett. Allgemeine Lagerung der Organe. — Da nun die Orien- tirung so wie wir es angegeben haben, festgestellt ist, so wollen wir die allgemeine Lage der Organe im Kelche skizziren , in der Absicht, dem Anfänger das Verständniss der Anatomie der Comafnla, die sehr schwer zu entziffern ist, zu erleichtern. Da man sich zu diesem Be- hufe hauptsächlich an Schnitte in verschiedenen Richtungen halten wird, so haben wir in den Figuren 264 bis 2G8, welche drei Hori- zontal- und zwei Verticalschnitte des Kelches wiedergeben, die gleichen Gegenstände mit den nämlichen Buchstaben bezeichnet. Wenn man die Untersuchung von der Rückenseite oder der ver- engerten Kelchspitze aus beginnt, so sieht man auf einem etwas unter- Vogt u. Yung, prakt. vergleich. Anatomie. qa 530 Echinoclermen. halb der letzten unteren Cirrhen durchgehenden Schnitte (Fig 264) den fünfseitigen Ring des Centralnervensystemes (e), welcher in seiner Mitte eine Rosette von eingegrabenen Höhlen umgiebt, in welchen der drüsige Theil des Dorsalorganes (g) endigt. Diese Höhlen bilden einen Theil desjenigen Organes, welches man das gekammerte Organ (/') ge- nannt hat. Die Kalkstücke (a) der Spitze des Kelches sind durch starke Muskelmassen (d) und durch linienartige Nähte (b) verbunden, die ebenfalls von Muskeln (c) durchsetzt wei'den. Man kann an auf einander folgenden horizontalen Schnitten die Entwickelung des ge- kammerten und des Dorsalorganes verfolgen und ersehen , dass sich bald in die Höhlen des gekammerten Organes Darmschlingen eindrängen, Fi^. 264. o- —-r -~s Ni>L a- Etwas schief durch die Centrodorsalplatte gehender Horizontalschnitt der Kelchspitze. Verick, Oc. 1, Obj. 1, Cum. lue. a, Kalkstücke der Spitze durch articulirte Flächen b getrennt, in welche innere Quermuskeln (c) eingelassen sind; d, zu den entstehenden Armen gehende Muskeln ; e, lünfseitiger Ring des centralen Nervensystemes ; /, Höhle, die mit den übrigen das sogenannte gekammerte Organ bilden hilft ; g, Dorsalorgan an seinem Beginne. welche sich mit einander vereinigen, um auf einem den Kelch in seiner Mitte durchschneidenden Schnitte (Fig. 265) den um die verticale Körperaxe sich aufrollenden Darmcanal zu zeigen. Das gekammerte Organ ist verschwunden, das Dorsalorgan (g) lässt nur noch seine letzten Verzweigungen wahrnehmen. Der Darmcanal beginnt in der Mitte mit dem Grunde der Mageuhöhle (/<), welche sich nach hinten Crinoiflen. 531 uud seitlicli fortsetzt, um sich mittelst einer Verengerung (/<^) in den sehr breiten Darmcanal (?) zu öffnen, welcher mit seiner äusseren Pe- ripherie der Körperwand folgt und von seiner Innenwand zahlreiche gegen die Körperaxe gerichtete Blinddärme («') aussendet. Er ist von den Tegumeuten durch eine Peritonealhöhle (o) getrennt, die von einem Mesenterium (?) durchzogen ist, welches oft und besonders auf horizontalen Schnitten das Aussehen einer Scheidewand annimmt, Fig. 265. nru. Horizontalschnitt durch die Jlitte des Kelches, wo der Darmcanal seine grösste Aus- dehnung besitzt. Verick, Obj. 0, Cum., lue. d, Muskeln der wie auf Fig. 263 nume- rirten Arme ; (/. untere Endigung des Dorsalorganes ; h, Magenhöhle , mittelst eines Isthmus /i^ in lien Darm i sich fortsetzend, der die ganze Peripherie des Kelches um- windet; t\ Darmblindsäcke; i'^, Darmwand; fi, Magenblinddarm; i*, Umbiegung des Darmes zu seinem Mastdarmabschnitte ; k, schwammiges Gewebe ; k^, Peritonealräume in dem schwammigen Gewebe ; /, Mesenterium ; w, durchschnittene Mundfiederchen ; m*, Nerv des Fiederchens ; n, Tegumente des Kelches; «l, dieselben von Wimpertrichtcrii durchbohrt; o, Peritonealhöhle; o^, ihre Fortsetzungen in die Arme, in verschiedenen Höhen horizontal angeschnitten. 34* 532 Ecliinodermen. welche die Peritonealhöhle in zwei concentrische Höhlen trennen würde. Dieses Mesenterium wird um den Munddarm und die Blinddärme herum sehr complicirt und dick, füllt den durch die Darmwindungen umschriebenen Axenraum aus und nimmt hier den Namen schwammiges Gewebe (fc) an. Die Kelchwände (n) weisen an einigen Stellen die Längsschnitte der Wimperröhren oder Wimper- trichter auf, von welchen sie durchsetzt werden (w^). Solche Wimper- trichter finden sich noch an den Wurzeln der zehn Arme, deren mehr oder weniger tiefe Horizontalschnitte, die Fortsetzungen des Mesen- Fiff. 266. Oberflächlicher, die Scheibe des Kelches streifendei- Horizontalschnitt. Verick, Ohj. 0, Cum. lue. Die Arme sind wie auf den vorhergehenden Figuren numerirt; //, schwam- miges Gewebe ; /i^, Geiassringe in diesem Gewebe; /, Mesenterium; /^, Fortsetzung des- selben in die Arme; in, Mundfiederchen ; n, Tegumente; o, Peritonealhöhle; o^, Fort- setzung in die Arme; o^, in die Mundfiederchen; /), Mundhöhle; ;)^, ihr Epithelium ; ])^, Faserschicht des Darmcanales; q, Hydrophorröhren; q^, Wand des Wassergefäss- ringes ; r, Mastdarm in der Al'terröhre r'^ zusainmengefaltet ; s, gelbe Körper; t, Wimpertrichter, von oben gesehen ; w, Durchschnitt eines in die Tegumente ein- gesenkten Schmarotzers (Copepode ?) ; v, Tentakeln der Arme ; lo, Geschlechtsröhre des Armes. teriums und der Peritonealhöhle in die Arme zeigen. Die sterilen Mundfiederchen (/») biegen sich über die Arme herüber und bieten ihre Querschnitte dar. H Crinoiden. 533 Es wird beiüahe uumögiich, vollkommen horizoutale Schnitte an- zufertigen, weil die häutige Mundscheibe sich in verschiedener Weise zusammenzieht. Unser dritter Schnitt (Fig. 266) streift die Innen- seite der Tegumente der Scheibe in etwas schiefer Richtung. Man sieht in der Mitte die runde Mundhöhle (h) , die von dem schwammi- gen Gewebe (Je) umgeben ist, vim welches herum ein ringförmiger Raum sich ausbreitet, in dem die Wasserröhren (q) liegen. Hinter dem Munde findet sich die fast ringförmige Afterröhre (r-), welche in ihrem Inneren den hufeisenförmig gebogenen und von Mesenterialnetzen (?) umgebenen Mastdarm einschliesst. Einige Arme sind oberflächlich gestreift worden ; man sieht auf ihnen Tentakeln, welche die zwischen ihnen hinlaufende Furche begrenzen oder auch wohl die Fortsetzung der Canäle und sogar auf einem den Geschlechtsstrang (w), welcher den Arm in seiner Länge durchzieht und sich in die Fiederchen (Pin- nulae) verzweigt. Die Körperhüllen sind sehr oberflächlich auge- schnitten; man sieht darin quer oder schief durchschnittene Wimper- trichter. Wir haben auf dieser Figur die Lage einiger parasitischer Körper, gelber Körper oder Zooxanthellen (s) und eines Bohrkrebses angedeutet, dessen Unterleib quer geschnitten ist (u). Verticalschuitte vervollständigen diese Angaben. Da die Coma- tala eine fünfstrahlige Anordnung darbietet, so ist es klar, dass man nur fünf normale Verticalschuitte erhalten kann, die durch Ebenen gehen, deren Lage durch die Körperaxe und die fünf Tentacularrinnen bestimmt wird. Die Körperaxe wird durch den Mittelpunkt des Mundes und der Kelchspitze bestimmt und die Ebenen gehen durch die Axe je einer Teutakelfurche und durch die Mitte eines Inter- brachialraumes. Unter diesen Schnitten ist derjenige, welcher durch die Mitte des Afters geht, ein besonders deutlich ausgeprägter Normal- schnitt. Alle anderen parallelen Schnitte werden tangentiell sein wie derjenige, den wir absichtlich für die Figur 267 (a. f. S.) ausgewählt haben. Er streift die normale Sagittalebene in etwas schiefer Richtung bezüglich der Körperaxe in der Art, dass das Dorsalorgan (g) in seiner ganzen Länge vom centralen Nervensysteme an bis gegen den Grund der Mundhöhle (jj) sichtbar ist und seine Beziehungen, oben zu dem Centralnervensysteme (e) und dem gekammerten Organe (/), unten zu dem schwammigen Gewebe (Ä;) um den Mund herum zeigt. Diese Figur lässt gleichzeitig auch die Windungen des Magens und des Darmes, sowie auch die Anordnungen des Mastdarmes, des Mesen- teriums (e), der Peritonealhöhle (o), der Wasserröhren (q) und der Furchen mit ihren Faugarmen (v) deutlich erkennen. Die Figur 268 (a. S. 535) vervollständigt die Demonstration, indem sie einen nor- malen Sagittalschnitt bietet, der durch die Mitte des Mundes und der Afterröhre geführt wurde. Wenn mau diese Vertical- und Ilorizontalschnitte mit einander 534 Echinodermen. vergleicht, so wird mau sich leicht Rechenschaft ablegen können über die Lage der Organe und über ihre gegenseitigen Beziehungen, welche oft sehr schwer herauszufinden sind, besonders bei der erwachsenen CoDudtila, piit der wir uns hier zu beschäftigen haben. Skelett. — Alle Stücke, welche das Skelett zusammensetzen, werden von Kalknetzwerken gebildet, die von einem Einschuss von Geweben umgeben und durchsetzt werden. Diese Gewebe lassen sich im Allgemeinen ziemlich gut mit Pikrocarminat färben und werden Fio;. 267. Durch die Körpeiaxe und den fünften Arm geführter Verticalschnitt, welcher die After- röhre streift und die Mundhöhle halb öffnet. Verick, Obj. 0, Cam. lucid. a, Kalk- stück (Centrodorsalplatte); a\ erstes Radiale; «^ zweites Radiale; d, Mu,-^keln ; e, Cenfralnervenring, von den zu den Ranken gehenden Gefässen durchzogen; /, /l, Höhlungen des gekammerten Organes; c/, Dor.salorgan in seiner ganzen Länge; ^2, zu dem Nervenringe sich begebende Gefässsäule ; h, Magenhöhle; h\ ihr Epithelium ; h^, Magenblinddarm; /, Darm; i^, Darmblindsäcke; i^^ Darmepithelium; k, schwammiges Gewebe; l, Mesenterium; ß, schwammiges Gewebe ; ?!, Tegumente ; o, Peritonealhöhle ; o^ Fortsetzung in die Arme; p, Mundhöhle; p2^ Faserschicht der Darmwand; q, Hy- drophorröhren; r, Mastdarm, angeschnitten; /-i, Mastdarmröhre, gestreift; r, Tentakel- furchen, auf den Rändern des Mundes einander genähert; a-, Ranken; x'^, Muskeln; a;^, Nerven der Ranken. Crinoiden. 535 von feinen , homogenen Bindegewebsfasern und von Nerven und Ge- fässen gebildet, über welche wir uns später auslassen werden. Die Anhige dieser Netzeinschläge entbehrt oft einer deutlichen Anordnung ; in anderen Fällen , z. B. in den Mundfiederchen, sind sie in concen- trischen Reihen nach den Radien der Kugel angeordnet. Die Stücke sind oft mit einander verbunden und fast verschmolzen, so dass man nur eine dünne Trennungsliuie wahrnimmt, aber in den meisten Fällen werden sie durch Gelenkflächen verbunden, die mit Bändern, welche eine gewisse Beweglichkeit ei'lauben , umgeben sind. Dies ist nicht nur für die Cirrhen und die freien Arme der Fall, sondern auch für die in den Kelch eingelassenen Stücke; die Gomatida kann den Kelch Tig. 268. /.2' ; '/ r Verticalschnitt durch die Axe und die durch die Mund- und Afteröffnung bezeichnete Sagittalebene. Ein Fiederchen ist oberflächlich gestreift worden. Gundlach, Obj. 0, CdJii. Inc. a, die Kelchspitze bildende Stücke ; c, sie verbindende Muskeln; /', Seiten- hohlen des gekammerteu Organes; (j^, Säule des Dorsalorganes, gestreift; h, Magen- hohle; A^, Magenblinddarm; «, Darrahöhle; jl, Darmwand ; /, Mesenterium ; n, Tegumente; o, Peritonealhöhle; ;», Mundöffnung; q, Hydrophorröhren; r, Mastdarm;- ?•', Mast- darmwand; r'^, Afterröhre; r^ After; r^, Wassergefässcanal des Tentakels; x, Hanke; a;l, in der Articulation geschnittene Ranke; z, fruchtbares Fiederchen; z\ Wiraper- becherchen in dem Rückencanal des Fiederchens. verengen, so dass er tiefer und von kegelförmiger Gestalt zu sein scheint; sie kann ihn auch erweitern und abflachen, indem sie die Mundscheibe der Kelchspitze nähert. Diese Spitze wird von einem einzigen fünfseitigen Stücke, der Centrodorsalplatte (a, Fig. 2G7) eingenommen; sie trägt auf ihrer Aussenseite eine rundliche Vertiefung mit etwas erhobenen und stumpf 536 Echinodermen. füufseitigen Rändern, es ist die Gelenkfläche, in welche der Stiel auf seiner ganzen Aussenseite eingelenkt war. Diese Platte ist von kleinen runden Löchelchen durchbohrt, welche zu feinen, die Platte durch- setzenden Canälen hinleiten. Diese Canäle, welche schief von aussen und oben gegen den inneren Mittelpunkt der Platte verlaufen, werden von den Nervengefässen durchzogen, welche zu den in kleine Vertiefungen eingelenkten, in der Anzahl von dreissig oder mehr vorhandenen Cirrhen oder Ranken sich begeben. Auf der Innen- oder Bauchseite zeigt die Platte einen verdickten Kreisrand, von welchem fünf Strahlen aus- gehen, die sich im Mittelpunkte vereinigen ; die Zwischenräume zwischen diesen erhabenen Strahlen werden von fünf dreieckigen, mit der Platte pjo._ 269 verschmolzenen Stücken eiugenom- nien, welche man die fünf ersten I Ra di allen (a, Fig. 264) nennt. ,/ tr Die Rückenplatte ist offenbar das erste Stück des Stieles , welches beim Abfalle dieses letzteren an den ersten die Kelchspitze bilden- ..c -6 den Radialien hängen bleibt. Diese Deutung wird durch das Vorhan- densein vonRückencirrhen in wech- selnder Anzahl bestätigt, denn diese Cirrhen entsprechen analogen An- hängen , welche noch weiter unten auf dem Stiele vieler Crinoiden sich finden. Die Rückencirrhen (Fig. 269) werden von einer Reihe cylin dri- scher, an einander gereihter Stücke gebildet, die an Dicke gegen das distale Ende hin abnehmen. Das Endstück trägt oft einen kleinen, eine Zange bildenden Seitenhaken. Diese Stücke sind an beiden Enden durch rundliche Aushöhlungen mit erhabenen und bvickligen Rändern vertieft und diese Höhlungen sind im Umkreise mit Muskelfasern erfüllt, die eine mit knorpeligen Wän- den versehene Gelenkhöhle umgeben. In der Mitte dieser Stücke befindet sich ein runder Canal, der von dem Nervengefässe der Ranke seiner Länge nach durchsetzt wird. Die Muskeln sind mit Unrecht von einigen Autoren, noch in letzter Linie von Ludwig, besti'itten worden ; sie sind aber sehr deutlich , und auf gvit ausgefallenen , die Oberfläche streifenden Schnitten sieht man ihre peripherischen An- sätze in Gestalt vereinzelter im Ki'eise auf den Rand des Gelenkes d, Längsschnitt eines RankeuenJes. Zeiss, Oc. 2, Obj. A. Cam. lucid. a, zusammen- setzende Kalkstücke ; 6, mehr oder weniger geöffnete Gelenke; c, Muskeln; d, cen- traler Get'ässnerv. ö Crinoiden. 537 gestellter Bündel. Die Zahl der Ranken ist eine sehr wechselnde; sie gehen leicht verloren und man findet fast immer solche, die im Be- griffe sind, die ausgefallenen zu ersetzen. Sie dienen den Comatulen zum Anklammern an unterseeische Gegenstände und sind aussen nur von einer dünnen Tegumentschicht überzogen. Die fünf ersten Radialien, welche die Kelchspitze bilden, können durch längeres Kochen in concentrirtem Aetzkali von dem Centrodorsalstück abgetrennt werden , sie sind aber mit einander und mit einer dünnen Gitterplatte verschmolzen, welche sich zwischen sie und die Ceutrodorsalplatte einschiebt und von ihnen im Pentacrinus- stadium getrennt ist. Dieser von Carpenter „Rosette" genannte Tlieil zeigt in der Mitte eine fünfseitige Vertiefung mit vorstehenden rundlichen Ecken; er ist von einem centralen Loche durchbohrt und von fünf rundlichen Gruben, die getrennt zwischen die Ecken gestellt sind, umgeben. Jedes der ersten Radialien hat eine dreieckige Form ; sie sind durch platte Oberflächen und dazwischen gelagerte Bandmasse mit ein- ander vereinigt, und auf ihren centralen Flächen finden sich sehr com- plicirte, durch vorstehende Gitterwerke umschriebene Höhlungen, in welche sich die Centraltheile des Nerven- und Gefässsystemes bei-gen. Man kann sich für die genauere Beschreibung dieser kalkigen Gitter- werke , auf die wir hier nicht eingehen können , an die Abhandluug W. B. Carpenter's wenden. Die ersten Radialien sowie auch die Rosette sind von aussen nicht sichtbar. Die fünf zweiten Radialien sieht man dagegen von aussen an den Seiten des Fünfeckes der Centrodorsalplatte eingelenkt. Um sie gut sehen zu können , muss man die Cirrhen wegnehmen. Sie haben aussen eine stumpf viereckige Form; ihre breiten Seiten legen sich an das Fünfeck u.nd an die dritten Radialien, welche eine drei- eckige Form mit breiter Basis haben und deren Spitze nach aussen gekehrt ist. Auf den beiden freien Flächen dieser dritten Radialien articuliren sich die ersten Stücke der Arme, welche von ihrem Ent- stehen an gabiig getheilt sind. Die Innen- und Seitenflächen aller dieser Radialieu sind vielfach vertieft und in den Hohlräumen der Seitenflächen liegen mächtige Muskelmassen. Auf ihren Innenflächen fallen hauptsächlich Gruben in das Auge, in welchen die fünf Nerven- gefässe sich bergen, die sich gabiig theilend zu den Armen gehen. Die Vereinigung aller dieser inneren Vertiefungen, welche mit Mem- branen ausgekleidet sind, Querscheidewände aussenden und so ein verwickeltes System von kammerartigen Lücken zeichnen , bildet die Vorrichtung, welche die Autoren das gekammerte Organ genannt haben. Es ist dies deshalb eine überaus unpassende Bezeichnung, weil dieses sogenannte Organ nur eine Reihenfolge verwickelter Höhlen 538 Echinodermen. darstellt, die von dem Dorsalorgan mit seinen Gefässen durchzogen werden und die Fortsetzung der allgemeinen Körperhöhle , des Coelo- mes, bilden, das die Eingeweide umgiebt. Die Arme werden anfänglich von einer Reihe von länglichen mit den Enden einander anliegenden Stücken gebildet, deren Dicke von der Basis gegen die Spitze hin nach und nach abnimmt. Diese Stücke zeigen aussen eine convexe Fläche, während sie auf der Innen- seite eben oder für die Aufnahme der mächtigen Ventralmuskelu leicht vertieft sind. Ihre anstossenden Flächen berühren sich übrigens nur auf dem äusseren convexen Kreisraude, wo sie durch ein dünnes aus elastischen Fasern zusammengesetztes Band verbunden sind; inner- halb dieses Kreisrandes sind die Oberflächen, welche einander zu- gekehrt sind, vertieft und ausgehöhlt, um noch Gelenkmuskeln aufzu- nehmen. Ausser den Gelenken findet man noch eigenthümliche Theiluugsspalten, Syzygien genannt, an denen die Arme am leich- testen abbrechen und von denen wir später sprechen werden. Alle die Arme zusammensetzenden Stücke weisen in der Mitte ihrer Kalk- substanz einen Längscanal auf, der bis zum distalen Ende des Armes von dem aus dem Centralorgane sich fortsetzenden Nervenstamme durchzogen wird. Man findet kaum erwachsene Comatulen , die eine regelmässige Reihe von die Arme zusammensetzenden Stücken aufzeigen. Diese Organe brechen sehr leicht ab und werden so verstümmelt; nach den Beobachtungen von Jickeli würden sie sich sogar ganz von der Scheibe zur Zeit der Reife der Geschlechtsproducte, wo eine Art Be- gattung stattfinde, ablösen. Wie dem auch sei, die verwundeten, ver- stümmelten oder abgebrochenen Arme wachsen wieder nach; indessen findet diese Regeneration meist nicht in regelmässiger Weise statt; es bilden sich oft dreieckige Stücke, die kürzer als lang sind und sich zwischen andere längere einschieben. Allein der Grundplan des Baues, der Centralcanal, die gewölbte Aussenfläche, die flache oder ein wenig rinnenartig vertiefte Innenfläche werden in diesen unregelmässigen Stücken immer beibehalten. Auf die Arme sind in zwei ursprünglich abwechselnden Reihen spitze und ziemlich lange Aeste gestellt, welche man Fiederchen {Pinmäae) genannt hat. Ihre Skelettstücke sind auf gleiche Weise wie diejenigen der Arme gebildet — es sind secundäre Arme in kleinem Format. Die Fiederchen tragen bekanntlich die Geschlechtsorgane, aber diejenigen, welche in der Nähe des Mundes liegen, bleiben immer unfruchtbar. Dafür werden sie aber länger als die übrigen und beugen sich auf die Mundscheibe in der Weise herüber, dass sie eine Art Reuse bilden, welche die Scheibe beschützt. Carpenter hat diese un- fruchtbaren Pinnulae unter dem Namen Mundfiederehen {Pinnulae orales) {i, Fig. 263) unterschieden. Diese Fiederchen setzen sich wie Crinoiden. 539 die übrigen mit ihrem Anfangsstücke an der convexen Rückenseite des Armes an; da sie aber immer vom zweiten Brachiale abgehen, um sich mit ihrem freien Theile auf die Mundscheibe herüber zu beugen, so folgt daraus, dass sie noch mit ihrem proximalen Ende in die Tegu- mente der Körperseiten eingelassen sind und dass das Kelchtegument ihre ventrale Fläche, um sie zu überziehen, erst in einer gewissen Entfernung von ihrem Ursprünge erreicht. Als Folge dieser An- ordnung sieht man auf horizontalen und parallelen Schnitten der Scheibe der CoinafuJa (Fig. 265 und 266) die Mundfiederchen regel- mässig in Ballnetzform mit mehr oder weniger langen Stielen , von den Canälen, von denen wir weiter unten reden werden, durchzogen und mit einem dickeren, rundlichen Knopfe endigend, der auf seinem Umfange gegittert ist und in der Mitte den kernförmigen Durchschnitt des Nerven trägt. Ausser diesen zusammen das articulirte Skelett bildenden Stücken finden wir überall in den Körperhüllen und in den häutigen Peri- tonealausbreitungen in dem Inneren des Körpers noch Kalkgebilde vor. In den Tegumenten der Fiederchen und der Arme und beson- ders in den Tentakeln sind es Nädelchen von unregelmässigen Formen, bald einfach, bald ästig, bügeiförmig oder Ringe mit hervoi'tretenden Spitzen bildend; in den Tegumenten der Scheibe sind es gefelderte und gegittei'te Massen oder Scheiben, durch deren Oeffnungen die weichen Gewebe hindurchgehen; in dem Peritoneum endlich findet man kleine Scheiben, deren Oberfläche durch strahlige Kanten ver- tieft und ausgeschnitten wird. Diese Scheibchen ordnen sich netzartig nach dem Verlaufe der Gefässe. Alle diese verschiedenen Formen gehen besonders in der Nähe des Mundes in einander über. Auf entkalkten Schnitten sind sie verschwunden ohne Spuren zu hinterlassen ; um sie in ihrer natürlichen Lage zu beobachten, muss man die verschiedenen nicht entkalkten Gewebe präpariren und sie mit Glycerin aufliellen. Wenn man die Gewebe mit Pikrocarminat schwach färbt, macht man diese Kalkstücke sichtbarer. Alle diese Gebilde sind in den Geweben zerstreut und den angegebenen Fall ausgenommen ohne ersichtliche Gruppi- rung; um sie in ihren Einzelheiten zu studiren, löst man die Gewebe in Aetzkali auf; die vereinzelten Kalkstücke bleiben in ihren Formen unverändert, aber ihre Beziehungen zu den übrigen Geweben sind geschwunden. Tegumente. — Das allgemeine Körpertegument fasst alle Kalk- stücke ohne Ausnahme in sich ein ; man kann also das articulirte Skelett als ein Hautskelett betrachten. Das Tegument wird aussen von einer einfachen Pflasterschicht rundlicher und flacher Zellen gebildet, die einen glänzenden Kern besitzen ; dieses Epithelium bedeckt eine mehr oder weniger dicke Schicht von Bindegewebsfasern, welche sich in allen Richtungen durchkreuzen. Auf der RückeuÜäche des articulirten 540 Echinodermen. Skelettes und im ganzen Umkreise der Cirrhen wird diese Haut auf- fallend dünner und setzt sich direct in die Gewebe fort, welche die Zwischenrcäurae der Kalksubstanz erfüllen. Auf der Mundscheibe wird die Haut beträchtlich dicker und setzt sich mittelst Bändern, Brücken und Fortsätzen mit den inneren Geweben in unmittelbare Verbindung, Auf Verticalschnitten der Tegumente der Scheibe unterscheidet man aussen eine feine Scheidungslinie, welche den Schnitt des Epi- theliums darstellt, hierauf das eigentliche Hautgewebe, das von einer losen Verfilzung körniger Fasern gebildet wird, deren allgemeine Richtung indessen rechtwinkelig zu der Oberfläche steht. Dieses Ge- webe weist zahlreiche Lücken und Zwischenräume auf, welche zweifels- ohne, wenigstens theilweise, dem Lumen der durchschnittenen Haut- -gefä.sse, sowie denNädelchen und netzartigen Concretionen, mit denen das Gewebe durchsäet ist, entsprechen. Endlich er- scheint als innere Grenze eine dichtere, aus dicken, meist horizontalen und schiefen verschlungenen Fasern gebildete Schicht, Die Schnitte der verschlun- genen Fasern bieten sich in Gestalt ausserordentlich feiner Punktirungen dar. .:\\.<^ Diese Schicht, von der aus die gegen die Oberfläche gerichteten Fasern auf- steigen, liefert nach innen Bänder zu den Mesenterien hin und setzt sich ohne Unterbrechung auf die Pe- ritonealfläche des Darmes und auf den Boden der Tentakelfurchen fort. Wir werden in der Folge auf diesen Gegenstand zurückkommen. Man kann sich in den Tegumenten der Scheibe leichter einen Einblick in die Vertheilung der Pigmente und der oberflächlichen Gefässschlingen verschaffen. Diese letzteren (a, Fig, 270) bilden unregelmässige, mehr oder weniger eiförmige Maschen, welche man, obwohl mit geringerer Leichtigkeit, in den Tegumenten der Arme und der Fiederchen verfolgen kann. Die Gefässwände bieten eine sehr deutliche Punktirung dar, die durch die sehr kleinen Kerne der Endo- thelialzellen bedingt wird; sie zeigen ausserdem feine Streifen, die durch sehr dünne und lose, der Länge nach verlaufende Fasern her- vorgebracht werden. In den durch die Vereinigung mehrerer Gefässe Oberflächliches Gefässnetz in den Tegumenten. Zeiss Oc. 1, Obj. E, Cam.htcid. «, Gefässe; h, Zwischen- gefässräume mit Pigment. Crinoiden. 541 gebildeten Räumen nimmt man wolkige Anhänfungen einer geronnenen Flüssigkeit wahr. Mau kann also anuehmeu, dass dieses oberflächliche Tegumentnetz aus von feinen Nervenfasern begleiteten Gefässen ge- bildet werde. In den von diesen Gefässen umschriebenen Maschen befinden sich Pigmenthaufen (5, Fig. 270), die von feinen Körnchen in grösserer oder geringerer Menge gebildet werden. Man weiss, dass Äiitcdon, was die Färbung anbetrifft, bedeutend wechselt; man findet Individuen von gleichförmiger, schmutzig weisser, gelber, rosen- rother, carminrother bis dunkelbrauner und mattschwarzer Farbe; andere Individuen weisen Flecken von verschiedenen Farben oder auf den Armen und den Fiederchen abwechselnde Farbenringe auf. Alle diese Farbstoffe werden durch Alkohol ausgezogen und hinterlassen nur körnige Anhäufungen. Es schien uns, als ob die in Roseoff ge- sammelten Exemplare bedeutend farbenreicher waren als diejenigen des Mittelmeeres, welche im Allgemeinen einförmigere Färbungen auf- weisen. Der Farbstoff beschränkt sich, um es gleich zu bemerken, nicht nur auf die Tegumente, er findet sich auch im Gekröse vor und wir haben bei einem in Marseille gefangenen , vollkommen weissen Männchen das Mesenterium vollständig von schwarzem Pigmente ein- genommen gefunden. Das Tegument verändert sich bedeutend in der Umgebung des Mundes und des Afters , sowie in den Tentakelfurchen , welche von dem Munde als Mittelpunkt ausstrahlen, um sich auf die Bauchflächen der Arme und der Fiederchen zu begeben. Es besitzt ausserdem auf der Mundscheibe besondere Oeffnungen, die Kelchporen, welche sich noch etwas über die äusseren Ränder des Kelches und über die Wur- zeln der Arme erstrecken. Wir werden in erster Linie von diesen röhrenförmigen Trichtern sprechen. Die äusseren, vollkommen kreisrunden Oeffnungen dieser Röhren nehmen vorzüglich bogenförmige Zonen (g^, Fig. 263; ii^, Fig. 265- f, Fig. 266) in den Ecken zwischen den zum Munde führenden Tentakel- furchen ein. Von da an setzen sich die Porenlinien längs der Furchen auf die Wurzeln der Arme und sogar auf die ersten Fiederchen fort. Es finden sich solche auch über die ganze Scheibe und sogar über die zurückgebogenen Flächen der Ränder bis auf die Aussenwände des Kelches vor. Die in der Mitte des intratentaculären Raumes liegenden Röhren gehen rechtwinkelig durch die Tegumente hindurch ; die übrigen schlagen eine immer mehr schief geneigte Richtung ein, je näher man den Armen kommt. Die Mündungen der Röhren werden von einem hohen Epithe- lium mit cylindrischen Zellen überzogen, die grosse längliche Kerne besitzen , welche sich stark färben und sich so leicht auf Schnitten unterscheiden lassen (Fig. 271). Sie führen in einen kurzen röhren- artigen Canal , der sich hierauf gewöhnlich ampullenförmig erweitert. 542 Echinodermen. In dieser Ampulle (/) wird das Ei^itheiium, welches sich auf der Ein- gangsröhre fortgesetzt hat, noch höher und die Zellen tragen während des Lebens sehr lebhaft bewegte Wimperhaare, die eine Strömung von aussen nach innen erzeugen. Das cylindrische Wimperepithel endet plötzlich im Grunde der Ampulle ('/). Vom Grunde der Ampulle geht ein gewundener, an seinem Ursprünge oft sackförmig erweiterter Canal (g) aus, der von sehr dünnen faserigen Wänden, die mit einem dünnen Pflasterepithel überzogen sind, begrenzt wird. Diese Canäle vereinigen sich meistens zu Gefässen, welche ein zwischen der inneren Faserschicht (k) und der äusseren Masse (e) der Tegumente liegendes Netz bilden, und man sieht oft auf Schnitten drei oder vier dieser Canäle sich in ein solches Sammelgefäss (?', Fig. 271) öffnen. In anderen ^ - Theil eines Venicalschnittes durch die Tegumente, das Mesenterium und die Darmwand. Verick, Oc. 1, Obj. 6. Cam. Incid. a, h, c, d, vier Wimpertrirhter, in etwas ver- schiedenen Richtungen angeschnitten; e, Tegument; /, Ampulle des Trichters a; g, Sack desselben; h, Verbindungscanal mit dem Gefasse l der Haut; /t, Faserschicht des Tegumentes; /, Mesenterialgetasse in Verbindnng mit den Canälen der Röhren; m, von der Peritonealhöhle abhängige Räume und Lücken; m, Faser- und Zellen- gewebe des Mesenteriums ; o, durchschnittene Gefässe ; /?, Faserschicht des Darmcanales; q, Darmepithel ; r, Cuticula dieses Epitheliums. Fällen (a) durchsetzt der Canal unmittelbar das Tegument, um sich in ein Gefäss des Mesenteriums fortzusetzen. Die Sammelgefässe des Tegumentes, in welche oft die Wimperröhren münden, schicken eben- falls (/«, Fig. 271) Verbindungsäste zu dem Gefässnetz des Gekröses. Wir haben mit der grössten Sorgfalt diese Verbindungen, auf welche Perrier besonderes Gewicht legt, untersucht und wir haben sie überall, sowohl auf der Scheibe (Fig. 271) als auch auf den Crinoiden. 543 Miiudfiederclien (Fig. 282) und auf den Armen (Fig. 281) gefunden. Niemals haben wir mit Sicherheit die directe Verbindung der Canäle mit der Peritonealhöhle, wie dies Ludwig behauptet, nachweisen können. Auf den Präparaten von Perrier, welche sich auf die Pentacrinus ähnlichen Stadien und sehr junge Comatulen beziehen, haben wir die Beziehungen zwischen den Wimpertrichtern und den Hydrophorröhren wahrnehmen können. Diese Beziehungen sind an- fänglich, wo nur der Sack existirt, fast i\nmittelbare und werden hier- auf durch die Einschiebung der Gefässe oder vielmehr durch das Aus- ziehen der Säcke zu mit den Gefässen communicirenden Canälen ver- wickelter. Die Tentakel furchen. — Wenn man die Scheibe der Coma- tula von der Bauchfläche aus betrachtet (Fig. 26.3), so sieht man fünf ziemlich tief eingelassene Furchen von der Mundöffnung abgehen, die strahlenförmig nach der Peripherie hin verlaufen. In einiger Ent- fernung von dem Munde angelangt, theilen sie sich gabiig, um zu den zehn Armen zu gehen , auf deren Bauchflächen sie sich bis zu dem distalen Ende hin fortsetzen. Auf dieser Strecke lösen sich Neben- furchen ab, um in gleicher Weise den abwechselnd auf die Arme gestellten Fiederchen zu folgen. Der Verlauf aller dieser Furcheu wird meist durch Reihen gelber Körper, welche auf beiden Seiten der Furche, oft in sehr regelmässiger Weise, liegen, noch deutlicher an- gezeigt. Man kann sich die Furchen als von einem vertieften Streifen gebildet denken , dessen Ränder sich mit zierlich ausgeschnittenen Fransen erheben. Diese Fransen erheben sich abwechselnd zu sehr contractilen, in ihrer gewöhnlichen Lage gegen die Mittellinie der Furche gekrümmten Fortsätzen, die so angelegt sind, dass sie, wenn sie sich zusammenziehen, die Furche vollständig bedecken, eine feine Zickzacklinie ausgenommen, welche die Umrisse dieser Fortsätze zeigt, die man allgemein Tentakeln genannt hat. Diese Organe sind immer zu dreien auf einer gemeinsamen Unterlage gruppirt und der gegen das distale Ende gestellte Tentakel ist gewöhnlich der grösste, während der proximale der kleinste ist. Die Zusammen- ziehbarkeit dieser Organe verwischt indessen ziemlich häufig diese Unterschiede. Am lebenden Thiere krümmen und winden sie sich oft in bizai'rer Weise; wenn man mit der Spitze einer feinen Nadel den Boden der Furche reizt oder das Thier in ein Reagens , z. B. in Aetzsublimat, taucht, legen sich die Fangarme mit einer ruck- weisen Bewegung auf die Furche , welche sie so vereint mit den zwischen ihren Unterlagen verlaufenden Fransen bedecken. Auf jedem Tentakel stehen in ziemlich beträchtlicher Anzahl cylindrische Organe, welche ohne Zweifel contractile Tastorgane sind und Papillen genannt werden. Diese Papillen ziehen sich unter Anwen- 544 Ecliinoclermen. duDg von Reagentien oft in solchem Maasse zusammen , dass sie den feinen, wenig vorstehenden Aiaszähnungen eines Blattes gleichen. Die Tentakeln mit ihren Papillen werden allmählich kürzer, indem sie sich mit der Furche der Umgebung des Mundes nähern, wo sie in die fransenartigen Ausschnitte übergehen, welche immer mehr sich ausgleichend, schliesslich ohne Unterbrechung in das Epithelium der Mundhöhle übergehen, von dem wir weiter unten sprechen werden. Sie werden in gleicher Weise auch auf den distalen Enden der Arme und der Fiederchen kleiner, um schliesslich mit dem Epithelialstreifen selbst vollständig zu vei'schwinden. Um den Bau der Tegumente in den Tentakelfurchen zu untersuchen, wählt man am besten Verticalschnitte, die in einiger Entfernung vom Fi^. 272. ^S^-::Sä«^.^>.; FW y )?^^'^^^^^CJ^ ^' fiederchen. ,/ W-^P^'^^'^^'^'^^'^M Beim Anfertigen hori- ^dX IMi^"- zontaler Schnittserien er- imi rW ^- ^•. « ^^^^ man immer in der 3 "" ^^ Mj '\^ Nähe der Mundscheibe in \;^^i%7^^y ^ verschiedenen Richtungen V^.-^.y gelegte Durchschnitte der „ , . . , über die Scheibe herüber Schnitt eines Mundhederchens au seiner Ansatzstelle , , -»t ip n auf der Scheibe. Zeiss, Oc. 1 , Obj. C. Cam. gekrümmten Mundfieder- lucid. a, Kalkskelett; b, Muskeln; c. Central- eben. Wir haben einen gefässnerv; d, Tegumente ; d^, Tegumente mit Ge- solchen Schnitt in Fig. 284 fassen; e, Dorsalcanal ; /, Ventralcanal; f/, von gezeichnet" der Körper des der Peritonealhöhle abhängige Höhlen ; /. Mün- Fi^^^rchens ist quer durch- düng; A', Ampulle; h'^, Getasscanal eines Wimper- . i i t tt trichters. schnitten, während die Ver- bindungsstelle mit der Mundscheibe horizontal getroffen ist. Man sieht sofort , dass die Skelettstücke (a), die Muskeln (&) und der Gefässnerv (c) sich genau so verhalten , wie in den Armen und den Geschlechtsfiederchen. Der Dorsalcanal (e) zeigt, wie wir später sehen werden, hie und da Wim- perbecher; er ist durch einen, häufig von Lacunen durchsetzten Boden von einem unteren, einfachen Canal getrennt (/), welcher den beiden Seitencanälen der Arme entspricht. Unter diesem einfachen, oft von 574 Echinodermen. Bindegewebsbrücken durchsetzten Canale finden sieb noch zwei Lücken (g), welche der Peritonealhöhle angehören, von den Fortsetzungen der Tegumente umgeben sind , die auf den Scheibenrand übergehen und von Gefässen durchschwärmt sind, in welche sich ein Kelchporus (h) öffnet. Die verticale Scheidewand, die Geschlechtsröhre mit ihren Umgebungen, die Epithelialgebilde der Tentakelfurche und die Tentakeln selbst fehlen vollständig in diesen sterilen Mundfiederchen. Die tiefere Hautschicht verhält sich durchaus so wie in dem übrigen Tegumente. Geschlechts fiederchen und Geschlechtsorgane. — Die Geschlechtsfiederchen sind Arme in Miniatur; es finden sich darin, allmählich gegen das Distalende abnehmend, alle Bildungen wie in den Armen. So lange die Geschlechtsorgane noch nicht in Activität getreten sind, findet sich nur ein Unterschied in der Ausbildung vonWimper- bechern (e^, Fig. 285) an der Rückenwand des Dorsalcanales in Gestalt runder Grübchen, die gegen das Lumen des Canales weit geöffnet sind, am Grunde aber so eng werden, dass man oft eine kleine, in die Gewebe führende centrale Oeffnung zu sehen glaubt. Von oben gesehen, zeigen 'diese Becherchen genau dieselbe Structur, wie die Oeffnungen der Kelchporen oder der Hydrophorcanäle; dasselbe ring- förmig geordnete Epithelium mit grossen , länglichen und gekörnten Kernen und Wimpercilien. Man könnte die Becherchen als unaus- gebildete Hydrophorcanäle auffassen. Sie finden sich vorzugsweise in Gruppen oder Längsreihen von etwa einem Dutzend an denjenigen Stellen, wo die in Activität tretende Geschlechtsröhre anschwillt. Die Geschlechter sind getrennt, lassen sich aber nur im Reife- zustande unterscheiden. Es hat uns geschienen, als seien die Zellen der Geschlechtsröhren im Ruhezustande etwas kleiner bei den Männchen, doch haben wir nicht genug vergleichende Beobachtungen anstellen können, um diese Thatsache festzustellen. Wie dem auch sei, so schwillt der in dem Fiederchen enthaltene Theil der Geschlechtsröhre zur Brunstzeit bedeutend an, die innere Höhlung erweitert sich und ist von verdickten Wänden umgeben, in welchen die Zellen gewachsen sind und nun deutlich Zellenhaut, Pro- toplasma und einen hellen Nucleus und Nucleolus unterscheiden lassen. Erst in dieser Periode differenzirt sich der Inhalt. Das Protoplasma der Eierchen wird zu einem körnigen Dotter (Fig. 285), während der Kern (das Keimbläschen) und der Nucleolus (Keimfleck) noch unver- ändert hell bleiben. Aber zur Reifezeit wird die Eihaut dicker und zeigt doppelte Conturen; in dem Keimbläschen zeigen sich Züge ver- dickten Protoplasmas, Bälkchen und Areolen und in dem Keim- fleck sehr kleine, stark lichtbrechende Körperchen, die Fetttröpfchen ähnlich sehen. In diesem Zustande drängt das Ei mehr und mehr an die Oberfläche, um, wie es scheint, durch Dehiscenz auszutreten, doch bleibt es mit seinen Hüllen noch an der Haut kleben. Nach Crinoiden, 575 dem Austritte der Eier sieht man rundliche Löcher mit erhabenen, wie vernarbten Rändern, von denen es zweifelhaft ist, ob sie vor- gebildet waren oder nicht. Wir haben die Eutwickelung der Samenzellen nicht vollständig verfolgen können. Sie bleiben kleiner als die Eichen und zur Reife- zeit findet man in der Anschwellung der Geschlechtsröhre einen in den sehr verdünnten Wänden eingeschlossenen Sack, in dessen Innerem man nach der Peripherie hin ausstrahlende Linien sieht (Fig. 286 a. f. S), die inneren Falten der Sackhaut entsprechen, welche mit Körnern be- setzt sind. Diese Körner sind die Köpfe der Spermatozoen und wohl aus den Kernen der Spermazelleii entstanden , die zusammengeflossen Fig. 285. 9: d^.. i'.. ^- d (Querschnitt eines weiblichen Fiederchens (Eierstock). Zeiss, Oc. 2, Obj. C. Cum. htcld. a, Epidermis; b, Kalksubstanz; c, Centralgefässnerv ; d, Tegumente; e, Gefäss- canul ; e^, Wimjierbecherchen ; f, doppelter Boden, einen Theil des Seitencanales g einschliessend ; ij^, Befestigungsstelle der Geschlechtsröhre; h, Geschlechtslacune; i, Wassergelässsystetn ; i^, Bänder, Scheidewände bildend ; k, unterepitheliale Faser- schicht; J, Tentakel ; m, Papille ; », Epithelium der Furche; o, Substanz der Geschlechts- röhre ; o', Eier in verschiedenen Entwickelungszuständen ; o'-^, inneres Lumen der Geschlechtsröhre; z, Zooxanthelle. sind. In der Mitte dieses Ilodensäckchens findet man zusammen- gewickelte, einem dicken Kleister ähnliche Samenmassen, die aus steck- nadelförmigen Spermatozoen gebildet sind. Der Samen tritt durch vorgebildete runde, auf einer warzenförmigen Erhöhung befindliche Oeflf- nungen aus , die mit einem Pflasterepithelium ausgekleidet sind und 576 jEchinodermen. sich auf der dem Arme zugewendeten Fläche des Fiederchens befinden. Wir besitzen Präparate, wo der Samen durch diese Oeflfnungen aus- tritt. Jickeli hat bei geschlechtsreifen Haarsternen Umschlingungen beobachtet, die er für eine Art Copulation hält. Die Individuen, welche Eier und Samen austreten Hessen, blieben wenigstens 24 Stun- den mit verschlungenen Armen. Nach der Copulation fielen die Arme und die Fiederchen ab, was übrigens bei Thieren, die in Gefangen- schaft gehalten werden, nicht selten geschieht. Es ist bekannt, dass die reifen befruchteten Eier sich zuerst in eine durch Wimperreifen schwimniendae Larve verwandeln, welche sich nach einigem Umherschwärmen mittelst eines Stieles festsetzt. In diesem Zustande lernte man sie zuerst kennen und nannte sie Pen- tacrinus europaeus. Später wirft die Comatiila den Stiel ab und kriecht umher. Fig. 286. Längsschnitt eines männlichen Fiederchens (Hoden). Zeiss, Oc. 1, Obj. A. Cum. lucid. a, Epidermis; b, Muskeln; c, Get'ässnerv; d, Kalksubstanz; e, Dorsalcanal ; /, Geschlechtsröhre, distale Fortsetzung; /i, dieselbe, proximale Fortsetzung gegen die Scheibe hin ; ^ _& zerreissen. Das Periprokt mus man an den Rändern der Scheitelrosette lostrennen und die Schale bis zum Aequator sorgfältig abheben, indem man vorsichtig die vielen Fasern des Mesenteriums, welche die Organe gegen die Schalenwandung hin befestigen, ablöst. Man erhält so, wenn mau vom Periprokt weiter geht, ein Präparat, wie wir es in Fig. 297 gezeichnet haben. Ein ähnliches Präparat kann vom Peristom aus gemacht werden; man wird aber in diesem Falle besser thun, gegen die Peripherie hin ein Stück 40* 628 Echinodermen. der Schale als Brücke übrig zu lassen, um die Laterne in ihrer Stel- lung zu erhalten. Die Anordnung des Darmcanals ist im Allgemeinen folgende: der enge Schlund mit fünfseitigem Querschnitt steigt durch die Mitte des Kauapparates, der sogenannten Laterne des Aristoteles (Fig. 300), in die Höhe. Auf der oberen Seite der Laterne angelangt, setzt er sich in die mit ziemlich dicken, weisslichen Wandungen versehene Speiseröhre (Ä;, Fig. 300) fort. Diese besitzt Querrunzeln und ausser- dem Längsstreifen, welche inneren Vei'dickungen der Binde- und Epi- thelschicht entsprechen. Die Speiseröhre steigt fortwährend aufwärts bis gegen die Madreporenplatte hin, auf deren rechter Seite sich eine verticale, vom Mesenterium gebildete Scheidewand befindet, welche den Mastdarm leitet. Hier biegt sich die Speiseröhre einwärts, bildet eine absteigende Schlinge und mündet in den Darm. In dieser Gegend Fig. 300. ö ^ • /i ^ 32, Das Periprokt ist links durch einen Kreisschnitt mit einem Stücke der Schale abge- löst und umgekehrt, so dass man seine innere Fläche mit dem durchschnittenen Rectum und den übrigen an derselben angehefteten Organen sieht. Rechts sieht man die Laterne von oben, mit der aufsteigenden Speiseröhre, welche hinter ihrer Umbeu- gung abgeschnitten ist. Das Dorsalorgan ist in seiner ganzen Ausdehnung, vom Aus- gangspunkte unter der Madreporenplatte bis zum Ansatz an der Laterne erhalten. Natürliche Grösse, a, Ansatzstelle des Rectums von einem vorspringenden Rande der Schale umgeben; 6 6, Eileiter, der fünfte durch das Rectum verdeckt; c, pentagonaler Ring, welcher die fünf Eileiter vereinigt ; d, Ambulacralzone mit den inneren Bläschen und den Verbindungsöffnungen zu den Ambulacren ; e, Dorsalorgan und f, Steincanal, welche bei i Zahnfeder, welche in dem Hohlraum der Pyramide oder des Kiefers q vorspringt; r, centraler Hohlraum der Laterne, in welche die Speise- röhre sich einsenkt. (Um die Zeichnung nicht zix überladen, sind sowohl die Gefäss- ringe \xrc\ die Speiseröhre als auch die sogenannten Pol i 'sehen Bläschen weggelassen.) Seeigel. 629 hören die dicken Wandungen der Speiseröhre auf, um in die sehr dünnen, durchscheinenden Wände des eigentlichen Darmes überzu- gehen. An diesem sieht man immer die erwähnten Bänder des Mesenteriums, welche an der Speiseröhre fehlen. Der letzteren ent- lang, aber auf der inneren Seite ihrer Windung setzt sich eine Gekrös- falte an, in welche der Steincanal und das Dorsalorgan eingeschlossen sind (/, Fig. 300). Der Darm macht einen Bogen und zeigt hier eine kleine Erweiterung oder Blinddarm. Indem er sich herablässt, legt er sich an die innere Wandung der Schale an und folgt ihr rundum bis gegen die rechte Seite der erwähnten Scheidewand, wo er wieder umkehrt, um in entgegengesetzter Richtung der inneren Fläche der Schale in ihrem oberen Theile zu folgen. Abermals bei der erwähnten Scheidewand angelangt, krümmt er sich in derselben in die Höhe und bildet das Rectum (a, Fig. 300). Der Mastdarm, von der Scheidewand umschlossen, steigt schief in die Höhe gegen die Afteröfi'uung , welche ein wenig excentrisch im Periprokt rechts von der Madreporenplatte liegt. In der ganzen Länge dieser zweifachen Windung um die Schale, bildet der Darm Bogen, deren Spitzen den Ambulacralfeldern und deren Einsenkungen den Interambulacralfeldern entsprechen. In diesen Ein- senkungen nun liegen die fünf Genitalorgane, und je nachdem diese Organe (/, Fig. 297) mehr oder weniger entwickelt sind, sind auch die Bogen weiter oder enger. Das hintere Ovarium, welches der Madre- porenplatte entspricht) ist allein fast ganz von der Darmwindung bedeckt. Die erste oder untere Windung des Darmes zeigt eine dunkle, braune oder weinrothe Farbe, während die zweite einen hellen, gelb- lichen Ton annimmt. In der ersten Windung läuft längs dem inneren Rande des Darmes der Darmsipho (/, Fig. 302; z, Fig. 303); ein Canal, der einerseits im letzten Theile der Speiseröhre, wo diese sich etwas erweitert, und andererseits am Ende der unteren Darmwindung in den Darm mündet. Um den histologischen Bau des Darmes zu studiren , muss man nach Köhler Osmiumsäure anwenden. Alsdann findet man die Wände aus folgenden Schichten zusammengesetzt: 1) ein äusseres flimmerndes Pflasterepithel, welches auch sämmtliche Wände des Cöloms bedeckt; 2) eine äussere, sehr dünne Bindegewebeschicht, aus sehr feinen Fasern bestehend ; 3) eine im Ganzen aus Querfasern gebildete Muskelschicht mit vereinzelten Längsfasern , welche in der Speiseröhre weit stärker sind; 4) eine innere Bindeschicht, welche in der Speiseröhre sich stellenweise verdickt und so Längswülste bildet. Diese Schicht ent- hält in der ersten Darmwindung viele gefässartige Lacunen , deren geronnener Inhalt körnige Inselchen von gelblicher Farbe bildet; 5) eine innere Epithelschicht, bestehend aus länglichen, körnigen, sehf 630 Echinodermen. dünnen Zellen mit einer feinen Cuticula, welche sehr zarte Wimper- haare trägt. Diese Zellen sind in der Speiseröhre durchsichtig, in der unteren Windung hingegen mit vielen iind dicken Körnchen überladen, welche in der oberen Windung seltener werden, um im Mastdarm ganz zu verschwinden. Der Darmsipho bietet im Grunde dieselbe Structur dar, wie der Darm selbst; allein die Wandungen sind dicker und das innere Epithel weniger hoch. Es bleibt uns noch übrig, den Kauapparat, die sogenannte Laterne des Aristoteles (Fig. 300, 302, 303), zu beschreiben. Diese ist im Ganzen eine Pyramide mit fünf ein wenig con- vexen Seiten, deren nach unten gerichtete Spitze durch die fünf Zähne gebildet ist, während ihre nach oben gekehrte Basis in der Mitte von der hier austretenden Speiseröhre durchbohrt wird. Durch diese Pyramide geht in der Mitte ein Canal mit fünfseitigem Quer- schnitt, welchen der Schlund einnimmt. Dieser ist in seinem unteren Theile ebenfalls fünfseitig, wird aber nach oben rund, bis er durch eine Verengerung in die Speiseröhre übergeht. Die fünf Seiten des Sclilundes werden durch fünf Paare von Faserbündeln gebildet, welche sich unten vereinigen, um sich auf dem unteren Ende des Kauapparates anzusetzen. Das Skelett der Laterne besteht aus fünf gleichartigen Theilen, von denen jeder wieder aus mehreren Stücken sich zusammensetzt. Das wichtigste Stück eines solchen Theiles ist der Kiefer, welchen Valentin die Pyramide nennt {g, Fig. 300). Diese Stücke zeigen einen dreieckigen Querschnitt mit fester, glatter Aussenseite und einer tiefen Furche in der Mitte. Die Furche erweitert sich nach oben zwischen zwei Kanten, die ein durchbohrendes Loch umgeben. Im Inneren sieht man zwei dreieckige Flächen mit feinen Querfurcheu, welche sich in einem Winkel vereinigen und eine längliche Höhlung oder besser gesagt eine tiefe Rinne umgeben, welche den Zahn ein- schliesst. Dieser ist lang, säbelförmig gebogen und an seinem freien Ende nach Art einer Schreibfeder zugeschnitten. Sein oberes, etwas weicheres Ende, die Feder, wird durch eine Blase gekrönt, welche eine Flüssigkeit enthält und offenbar die ßildungssubstanz des Zahnes liefert. Die Zähne wachsen in dem Maasse vorwärts, als sie sich an der Spitze abnutzen. Sie werden von einer anscheinend homogenen Membran umhüllt, welche Kerne zeigt und Netze zwischen die Schüpp- chen ausbreitet, aus denen der Zahn ursprünglich besteht, und die sich durch Zwischenplättcheu aus Kalk eng verbinden. Wir verweisen, was den inneren Bau der Zähne betrifft, auf die Arbeit von Gies- brecht (siehe die Literatur). In den Zwischenräumen zwischen den Pyramiden befinden sich kleine, längliche, abgeplattete Stücke mit ge- schweiften inneren Rändein, welche Valentin Sicheln nennt. Auf der oberen Basis der Laterne endlich gehen von der centralen Schlund- Seeigel. 631 höhle strahleuföriuig gegen den Rand hin fünf längliche cyliudiische Stücke aus, welche die Linien bedecken, wo die Kiefer sich berühren, nnd welche sich mit zwei kurzen Enden auf den Seitenflächen der La- terne nach unten krümmen. Diese Y-förmigen Stücke (n, Fig. 3U0) nannte Valentin ziemlich unpassend die Zirkel. Zwischen diesen Stücken nun ist in einiger Entfernung von ihren freien Enden mittelst platter Muskelstreifen ein fünfseitiger Hautschirm befestigt, welcher die Gefässriuge in sich schliesst (o, Fig. 300). Die Laterne wird in ihrer Stellung durch Bänder befestigt, welche von den zweigabeligen Enden der Zirkel nach den entsprechenden Auricularfurtsätzen der Schale gehen. Ausserdem finden sich sehr ansehnliche Muskeln , welche paarweise einerseits auf dem Gipfel des Auricularringes, andererseits auf der oberen Seite der Kiefer befestigt sind, und welche folglich die in den Kieferenden steckenden Zähne gegen einandei- bewegen. Ihre Gegenmuskeln setzen sich in gleicher Weise, aber an die inneren Ränder des Auricularringes und anderer- seits an das untere Ende des Kiefers an ; sie ziehen die Zähne nach aussen. P^ndlich findet man Muskelmassen, welche die Zwischenräume zwischen den Kiefern ausiüllen, sowie Bänder, welche den Rand des llautschirmes der Laterne bilden (o, Fig. 300). Bekanntlich ist die Wirkung aller dieser Muskeln sehr mächtig, obwohl sehr beschränkt. Die Seeigel nähren sich namentlich von Pflanzen, welche sie zernagen ; indessen wagen sie sich sogar an Felsen, und man findet in ihrem Darm fast immer Kügelchen, die zum grossen Theile aus fein zermalmten mineralischen Substanzen bestehen. Das Nervensystem. — Die allgemeine Auoidnung dieses Sy- stemes ist ziemlich einfach, das Studium der Nervenenden dagegen sehr schwierig. Um die gröberen Theile zu präpariren, muss mau sie in fünfprocentige Salpetersäure einweichen; die Präparationen von frischen Individuen werden immer negative oder künstliche Resultate liefern. Ein pentagoiialer Nervenring, der unmittelbar an der inneren Seite der Mundhaut liegt, schliesst den Anfang des Schlundes ein und sendet fünf Nei venstreifen nach den Ambulacralzonen. Diese Nerven gehtn durch die Oeff"nungeu der Auricularfortsätze, folgen dann, indem sie sich ein wenig verbreitern, der Mitte der Ambulacralzone , werden aber, nachdem sie über den Aequator der Schale hinaus sind , immer dünner, je mehr sie sich dem Scheitelpole nähern, um endlich gegen die Kerbe einer Ocellarplatte hin zu endigen. Einen Scheitelring, wie viele Autoren ihn annahmen, giebt es nicht. Die Structur des Mnnd- ringes und der Ambulacralnerven ist durchaus die gleiche; man findet überall sehr feine P^isern mit Nervenzellen, welche mehrere Fortsätze haben ; indessen muss man zugeben , dass die äussere Schicht der Nervenstreifen hauptsächlich von Zellen , die innere aber von Fasern gebildet wird. 632 Ecliinoclermen. Ausser den Ambulacralnerven gehen von jedem Winkel des Ringes ein Paar ausserordentlich feine Nerven aus, vf eiche in die Eckbündel des Schlundes gehen und ohne Zweifel die Muskeln der Laterne mit Fäden versehen. Auf der gleichen Höhe, wo die Ambulacralgefässe ihre Verzwei- gungen nach dem entsprechenden Bläschen ausgehen lassen, sendet, wie Köhler sagt, der Nervenstreifen einen Zweig aus, welcher dem äusseren Rande des Bläschens folgt und durch diejenige der beiden zu einem Fühler gehörigen Poren, welche der Mittellinie am nächsten liegt, zum Fühler gelangt, wie das Frederic q klargelegt hat. Dieser Nerv (c, Fig. 301) dringt in die Dicke der Wandungen eines Fühlers ein, um ihm seiner ganzen Länge nach zu folgen und unmittelbar unter dem Saugnapfe in einer kleinen Anschwellung zu endigen. Bei dem lebenden Thiere scheint der Ambulacralnerv bräunlich; auf den mit Pikrocarmin gefärbten Schnitten macht er sich durch seine Blässe kenntlich. Die Anschwellung am Ende (d, Fig. 301) zeigt zahlreiche Zellen, deren Fortsätze ohne Zweifel mit den Epithelzellen in Verbin- dung stehen. In neuerer Zeit hat man bei den Seeigeln in der Haut netzartige Nervenfasern gefunden, welche mit denen der Spatangen Aehnlichkeit haben. Die Ambulacraltentakeln sind ohne Zweifel auch Tastorgane. Der Tastsinn ist übrigens auch in allen Theilen der Haut sehr entwickelt. Andere Sinnesorgane fehlen ; die Pigmentflecken , von welchen die Ocellarplatten ihren Namen haben, unterscheiden sich von den anderen Pigmentflecken, welche in den Tegumenten vorkommen, in keiner Weise. Das Wassergefässsystem (Fig. 300,301, 303). — Dieses System beginnt mit der Madreporenplatte (d,Fig. 297), welche einen Theil der Scheitelrosette bildet und sich unter den Genitalplatten, zu denen sie, wie schon gesagt, gehört, durch ihre Grösse und Dicke auszeichnet. Die Platte trägt auf ihrer nach aussen gerichteten Ecke die Oeffuung für den entspi'echenden Genitalcanal. Durch Horizontal- und Vertical- schnitte kann man sich überzeugen, dass die Platte ähnlich wie bei den Asteriden gebildet ist; dass sie gegen den Rand hin geschlängelte Furchen zeigt, welche sich allmählich nach innen senken und Canäle bilden , und dass in der Mitte der Platte die Canäle fast senkrecht stehen. Diese Canäle sind übrigens ziemlich eng und mit demselben dicken, palissadenartigen Flimmerepithel überzogen wie bei den Aste- riden. Die Canäle münden auf der inneren Seite der Platte in eine kleine Blase mit sehr dünner und zarter Wandung, welche nach innen mit einem Pflasterepithel bedeckt ist. Nach dieser Blase hin endigt auch das Dorsalorgan, wie wir später sehen werden. Die Blase setzt sich in einem ziemlich feinen Canal fort, welcher mit dem Dorsalorgan Seeigel. 63 o längs dem aufsteigenden Theile der Speiserölire abwärts verläuft bis zu dem Punkte, wo letztere aus der centralen Ilöble der Laterne her- austritt. Der Canal und das Dorsalorgan sind durch ein durch- scheinendes Mesenterium an die Speiseröhre befestigt (i, Fig. 300). Der Steincanal oder Sandcanal (/, Fig. 300) verdient bei dem Seeigel kaum diesen Namen. Er ist ganz gerade, einfach seiner ganzen Länge nach, immer gleich weit und bietet weder innere Vorsprünge, noch ein Stützskelett dar. Er besteht aus einer bindegewebigen Röhre, die nach aussen von einer feinen Lamelle des Mesenteriums bedeckt und nach innen mit verlängerten, dünnen Flimmerzellen palissaden- artig überzogen ist. In den Wandungen befinden sich einige Pigment- anhäufungen und gekrümmte Kalkspiesschen, wie man solche überall trifft. Der Steincanal mündet in einen pentagonalen Ring, welcher auf der oberen Ebene der Laterne um die Speiseröhre liegt. Dieser Wasser- gefässring um die Speiseröhre (e, Fig. 303) ist nach Kochler auf der äusseren Seite und über einem zweiten Ring angebracht, von dem wir beim Dorsalorgan noch sprechen werden. Die beiden Ringe besitzen Verbindungen mit fünf Täschchen, die unrichtigerweise Poli'sche Bläschen (s, Fig. 303) genannt werden und auf die wir ebenfalls beim Dorsaloi'gan zurückkommen werden. Gegenüber einer jeden der fünf Linien, in denen die Kiefer sieb berühren, entspringt vom Wassergefässring ein gefässartiger Canal. Derselbe verläuft horizontal gegen die Peripherie, schlüpft unter die Sichel des Kauapparates und verbreitert sich dort so, dass er die ganze innere Seite einnimmt; er verengert sich dann wieder und geht durch die Kerbe des Zirkels (c, Fig. 303), um auf der äusseren Seite der Laterne zu erscheinen. Hier steigt er direct gegen die Peristomhaut hinunter, welche er innerhalb des gegen den Mund liegenden Endes eines Ambulacralfeldes trifft. Auf dieser Ebene angelangt, theilt sich der Canal gabelförmig; ein feiner Ast geht gegen den Mund, theilt sich aber bald in zwei feine Zweige, welche nach den Mundtenta- keln verlaufen; der Hauptast dagegen krümmt sich nach oben, läuft der inneren Seite der Schale nach und gelangt zum entsprechenden Ambulacralfelde (/, Fig. 303), welchem er seiner ganzen Länge nach bis zum Scheitelpol folgt, wo er mit einer leichten blasenförmigen An- schwellung, die in der Kerbe einer Ocellarplatte liegt, blind endigt. Auf der ganzen Strecke längs den Ambulacralzonen giebt der Canal i'echts und links ebenso viele Verzweigungen ab, als es innere Ambulacralbläschen giebt, welche wie die Ambulacren selbst nur Er- weiterungen der betreffenden Nebencanäle sind. Die meisten Autoren, namentlich Perrier, behaupten, dass die fünf Ambulacralstämme von ihrem Urspriinge auf dem Ringe der Speiseröhre bis zu ihrem blinden Ende am Scheitelpol einfach seien; Köhler dagegen sucht darzuthun , dass auf der ganzen Ambulacral- 634 Echinodermen. Vis d strecke sowohl der Stamm wie die Seitencanäle, welche zu den inneren Bläschen führen, doppelt seien, dass es neben einem oberen engen Canal noch einen weiteren unteren gebe, welcher von der Schale dui'ch eine Lacune und das Nervenband getrennt werde. Diese zwei Cauäle sollen sich da abzweigen, wo der einfache von der Laterne absteigende Canal auf der inneren Seite der Schale anlangt; sie sollen gemeinsam in das innere Bläschen einmünden. Wir müssen gestehen , dass wir uns von dieser Zweitheilung nicht überzeugen konnten; vielmehr schien es uns, dass der weitere Caual nur eine Lacune sei, welche durch Zer- reissung mit Lijectionsmasse angefüllt wurde. Wie dem auch sei, so mündet der Wassercanal in die inneren Ambulacralbläschen (/?, Fig. 303), welche abgeplattet und quer zur Axe der Ambulacralzone verlängert sind, und welche, wenn sie keine Flüssig- keit euthalten, dachziegelartigen Lamellen gleichen, die mit dem einen Rande an der Schale befestigt sind und ihren freien, convexeu Rand nach dem Cölom hin- wenden. Diese Bläschen zeigen unter dem Cölomepithel, das sie bedeckt, zuerst eine Biudegewebsschicht und dann eine starke Schicht von Quermuskelfasern, von der viele Bänder und Scheidewände gegen das Innere gehen, durch welche die Höli- lung des Bläschens in kleine unter sich verbundene Alveolen getheilt. wird. Jedes Bläschen steht mit einer ent- sprechenden Ambulacralröhre (Fig. 301) mittelst zweier feinen Canäle in Verbindung, welche zwei Poren der Schale durchsetzen, um sich in die Höhlung der Ambulacralröhre zu öffnen. Alle den Ambulacralfeldern ange- hörenden Röhren sind lang, dünn und fähig, sich beträchtlich zu verlängern oder zu verkürzen. Sie endigen in einer con- caveu Scheibe, welche am Rande ein wenig aufgebauscht ist und eine Art Saug- napf bildet. Dieser Saugnapf, mittelst dessen sich die Seeigel an glatte Flächen fest anheften können, wird durch ein flaches Kalkgitter mit ziemlich weiten Maschen gestützt, dessen einzelne Stücke eine in der Mitte durchbrochene Rosette bilden. Gewöhnlich ist die Zahl der Stücke fünf, allein man findet auch oft vier und in selteneren Fällen sechs. Ende einer Ambulacralröhre im FroHl. Zeiss Ä, Cam. lucid. a, Epithel- und Bindesehichten ; b, innere Muskelschicht ; c, Nerv; d, nervöser Endplexus ; e, Zwi- schenraum zwischen zwei Skelett- platten; f, getVanzter Kand der weichen Theile; (/, Skelettplatte; /(, ihre Sjiitzen. Seeigel. • 635 'O Was die Structur betrifft, so muss zwischen dem Körper der Röhre lind dem Saugnapf unterschieden werden. Der Körper der Röhre zeigt eine äussere Epithelschicht , welche aus fadenförmigen Zellen mit deutlichem körnigem Kern gebildet und von einer dünnen Cuticula mit Flimmerhaaren begrenzt wird. Inner- halb dieses Epithels, in welchem auch grössere Kerne, von Protoplasma umgeben, sichtbar sind, befinden sich zwei Bindegeweb.schichten, die äussere aus Querfasern, die innere aus Längsfasern geformt. Zwischen diesen zwei Schichten trifft mau oft den Durchschnitt des Nerven, welcher in Form eines körnigen Bändchens von gelblicher Färbung längs der Röhre verläuft und zwischen den durchschnittenen Fasern hier und da Nervenzellen aufweist. Die ßindegewebsmasse wird innen von einer schwachen, elastischen Haut begrenzt, die gewöhnlich durch Zusarameuziehung im Zickzack gefaltet ist. Auf diese Haut setzen sich starke Längsmuskelfasern (h, Fig. 301) au, welche an der Kalk- rosette endigen. Der innere Hohlraum der Röhre ist mit einem flim- mernden Pflasterepithel ausgekleidet. In dem Saugnapfe vereinigen sich die Bindegewebschichten zu einer scheibenförmigen, durchsichtigen Zone, in welcher die Kalkrosette liegt. Das äussere Epithel setzt sich bis zum Rande des Saugnapfes fort; in dessen Vertiefung aber besteht es aus sehr langen Zellen, welche um ihre Kerne eine leichte Anschwellung zeigen. Diese Kerne liegen reihenweise in den von den Zellen gebildeten Gruppen; die Cuticula ist viel stärker. Die inneren Enden dieser Zellen setzen sich in einen Filz von sehr feinen Nervenfäden fort, die sich nach allen Richtungen kreuzen und in eine Körnermasse eingebettet sind, die zer- streute Kerne enthält. Man trifft auch auf Nervendurchschnitte, welche denen ähneln, die man im Körper der Röhre sieht. Auch nimmt man in dieser verfilzten Ausbreitung Zellen mit glashellen, einfachen oder doppelten Fortsetzungen wahr. Der Hohlraum des Saugnapfes ist also ohne Zweifel der Hauptsitz der Gefülilswahrnehmungen. Die zehn Ambulacralröhren des Mundes, welche beinahe in der Mitte des Peristoms stehen (d, Fig. 299), sind dicker und kürzer als die anderen und endigen mit einer leichten Anschwellung, welche keinen Saugnapf bildet, durch eine seichte Furche aber in zwei Läpp- chen getheilt wird. Sie haben keine Kalkrosette; hingegen ist die Structur der Röhren in allen derjenigen des Hohlraumes des Saug- napfes ähnlich. Man findet hier dasselbe Epithel und denselben Nerven- filz. Es sind also Tastorgane; sie können sich nirgends befestigen. Das Wassergefässsystem ist demnach in seiner ganzen Peripherie- länge vom Ringe um die Speiseröhre an vollständig unabhängig, steht aber mit dem Berieselungssystem durch die sogenannten Poli'schen Bläschen und durch die auf der inneren Seite der Madreporcnplatte gelegene Ampulle in Verbindung. 636 Echinoclermen Das Berieselungssystem (Fig. 302, 303). — Gemeinschaftlich mit dem Sandcanal, doch viel umfangreicher als dieser, zieht sich zwischen der Madreporenplatte und der Laterne ein spindelförmiges Organ aus, welches Perrier und Köhler die eiförmige Drüse nennen; wir wollen demselben den Namen Dorsalorgan geben; denn es scheint uns demselben Organ, welches wir schon boi den anderen Echi- nodermen fanden, homolog zu sein. Die feine Bindehaut, welche die Ampulle unter der Madreporen- platte bildet, setzt sich nach unten fort, umhüllt den Sandcanal und bildet einen zweiten Schlauch, welcher sich an erstere anschliesst und bis in die Nähe der Laterne ein drüsenförmiges Aussehen annimmt (e, Fig. 300; (7, Fig. 303). Das innere Bindegewebe bildet Alveolen, Maschen und Canäle , welche in einen centralen Raum münden , der einen Absonderungscanal vortäuscht. Diese Fächer iind Bälkchen springen auf dem ganzen Räume, wo das Organ aufgeschwollen und Fiff. 302. Der durch den Drüsencinal injicirte Seeigel ist so geöffnet, dass die erste Hälfte der unteren Darm Windung sichtbar wird. Die Präparation ist ein wenig nach vorn geneigt, um die ganze Hälfte der injicirten Windung, welche durch die Gekrösbänder, die Speiseröhre, die Laterne und das Dorsalorgan festgehalten wird, sichtbar zu machen. Natürliche Gi'össe. a, Durchschnitt der Schale; b, Dorsalorgan; c, Speiseröhre, aus der Laterne aufsteigend; d, absteigender Bogen der Speiseröhre, welcher bei e in den Darm mündet ; /, Gekröslanielle, welche die Fortsetzung des Darmes verdeckt ; f/, abgelöster Theil der oberen Windung des Darmes ; h, Rand einer Genitaldrüse ; i, Genital- drüse der gegenüberliegenden Seite, durch die Gekröslamelle durchscheinend, welche die Windung der Speiseröhre befestigt und bei k endigt; /, Darmsipho ; m, inneres Rand- gefäss des Darmes ; n, äusseres Randgefäss ; o, Fortsetzung des inneren Randgefässes um die untere Windung herum; j^i der Anfang dieses Gefässes, welches längs der absteigenden Windung der Speiseröhre verläuft ; q, Seitengefäss, welches diesen Stamm mit dem inneren Randgefäss vereinigt; r, Zirkel der Latenie, von dem ein Ambulacral- canal ausgeht. dickbauchig erscheint, nach innen vor; sie beginnen gegen die Am- pulle hin mit niedrigen Wülsten und Leistchen und nehmen gegen die I Seeigel. 637 Laterne hin ab , ohne aber vollständig zu verschwinden. Der durch die Bindehülle geformte Schlauch erscheint in der Nähe der Laterne zwar durchsichtig und einfach; allein Querschnitte erweisen das Dasein von inneren Bälkcheu, welche fast auf dieselbe Weise wie in der Säule der Haarsterne einzelne Maschen umgrenzen. Das Innere der Maschen enthält und ist oft ganz ausgefüllt von Cytoden mit unregelmässigem Protoplasma, welches feine Verlängerungen abgiebt und bald fein- körnige, bald dickkörnige, braungefärbte Kerne enthält. Man findet darin auch glatt begrenzte, helle Zellen, mit kleinen Kernen, und end- lich braune Pigmentmassen, welche aus den Cytoden hervorgegangen zu sein scheinen. Diese Cytoden und Zellen setzen sich unregelmässig zerstreut bis zur Ampulle unter der Madreporenplatte fort, von wo aus Bindegewebs- stränge nach den Ausfuhrcanälen der Genitaldrüsen (Eileiter und Samenleiter) gehen und einen pentagonalen Ring um den After vor- täuschen , wie wir ihn (c, Fig. 300) gezeichnet haben. Diese Stränge sind aus Bindegewebe gebildet; sie bestehen aus Faserbündeln, zeigen aber Lacunen, in denen man noch, obwohl selten, dieselben Zellen- bildungen vorfindet, wie in der Drüse. Dass die Stränge, welche den Ring bilden, hohl und röhrenförmig seien, konnten wir nicht fest- stellen; dessenungeachtet scheinen sie uns mit den Genitalsträngen der Haarsterne homolog zu sein. Sie verschmelzen mit der Bindegewebe- hülle der Ei- und Samenleiter. Auf der Laterne angelangt, mündet der Drüsencanal, immer mit inneren Bälkchen und Pigmentcytoden versehen, in einen Ringcanal um die Speiseröhre (r, Fig. 303), welcher innerhalb und unter dem Wassergefässring (e, Fig. 303) liegt. Er bildet auf seinem Umkreise fünf blasige Erweiterungen mit nicht deutlich bestimmten Umrissen, die in den Räumen zwischen den Zirkeln liegen, und im Inneren ganz dieselbe Structur zeigen wie das Dorsalorgan, mit denselben inneren, strahlenförmig um den Schaft dieser Blasen geordneten Bälkchen, welcher auch mit dem Wassergefässring in Verbindung steht. Injec- tionen, mögen sie nun in den Sandcanal oder in den Drüsencanal ein- gespritzt sein, erfüllen regelmässig diese Bläschen nach Art eines Capillarnetzes. Diese Erweiterungen sind es, welche man sehr unpas- send Poli'sche Blasen (s, Fig. 303) genannt hat; sie haben mit den Bläschen, welche als Behälter für die im Wassergefässsystem enthaltene Flüssigkeit bei anderen Echinodermen dienen , nichts gemein und be- sitzen keine contractilen Muskelfasern , sondern zeigen im Gegentheil alle Eigenschaften des Dorsalorganes selbst. Man kann also zusammenfassend sagen , dass das Dorsalorgan mit den Ringsträngen der Genitalcanäle beginnt, sich längs der aufsteigenden Speiseröhre mit gleichzeitiger Verdickung innerhalb seiner röhrenförmigen Scheide fortsetzt und mit fünf blasenartigen I 638 Echinodernien. Fig. 303. Das Berieselungssystera ist durch de» Drüsencanal roth iiijicirt würden. Die Schale ist durch einen Kreisschnitt dein Aequator nach geöffnet, der Steincanal und das Dorsalorgan bei ihrer Einfügung an der Madreporenplatte abgelöst und die obere Hälfte mit den Genitaldrüsen und der oberen Windung des Darmes entfernt. Man sieht von oben die Laterne und die ganze untere Windung des Darmes mit der Speiseröhre und dem Anfang der oberen Windung. Natürliche Grösse. (Die Zeichnung ist nach Ferrier, Köhler und unseren eigenen Beobachtungen zusammengestellt.) a, Schale ; i, Laterne ; c, Zirkel der Laterne, von wo die fünf Wassercanäle der Ambulacren ausgehen ; d, Steincanal, an seiner Mündung bei der Maiireporcn])latte durchschnitten, mit der Fortsetzung in den Gefässring e um die Speiserölire ; J, Ausgang eines Anibulacralcanals bei der Gabel eines Zirkels; g, radialer Wassercanal , längs einer Anibulacralzone hinlaufend; h, Seitencanäle zu den inneren Bläschen i führend ; k, Muskelring zwischen den Zirkeln ; l, die Speiseröhre, aus der centralen Oeffnung der Laterne aufsteigend; m, Bogen der Speiseröhre ; n, Eintritt der Speiseröhre in die erste (untere) Windung des Darmes ; o, Uebergang der ersten Windung in die zweite, die bei p abgeschnitten ist; o^, umgekehrte Spitzbogen der ersten Windung, wie die aufsteigenden Bogen von dem äusseren Kand- gefäss w des Darmes umgeben; g', Dorsalorgan und Drüsencanal, in den inneren Gelass- ring r der Speiseröhre führend; s, die sogenannten Pol i 'sehen Bläschen; t, Anfang des inneren Randgefässes, das vom Gefässriuge r ausgeht und an der Speiseröhre hin- läuft, um bei n auf die erste Darmwindung überzugehen ; u, F'ortsetzung dieses Gefässes Seeigel. 639 Erweiterungen auf der Laterne endigt, wo die Scheide den inneren Gefässring um die Speiseröhre bildet. * Von diesem Ringe an beginnt ein reiches Röhrensjstem , welches alle Eigenschalten eines Kreislaufsystemes zeigt, uns aber in Wirk- lichkeit als ein Lacunensystem erscheint. Man findet darin Stämme, die sich in Aeste und Zweige vertheilen und schliesslich in Capillar- netze endigen; die Injectionen geben durchaus ein Aussehen, wie beim Kreislaufsystem anderer Thiere. Indessen forschten wir vergebens auf den verschiedensten Schnitten nach den histologischen Eigenschaften der Blutgefässe, d. h. nach eigenen Wandungen mit Endothelbekleidung; nur die Gewebe der Organe, z. B. des Mesenteriums, bilden die Wan- dungen dieser Canäle, von denen ein Theil ausserdem sozusagen weder Anfang noch Ende besitzt, weil sie nur in Capillaren endigen. Die Anordnung dieser Gefässe hat Perrier so vollständig beschrieben, dass wir seine Resultate nur bestätigen können, wie das schon Köhler gethan. Von dem inneren Ringe um die Speiseröhre zweigt sich ein ein- ziges Gefäss ab, welches, vom Mesenterium aufgenommen, längs der Speiseröhre auf der dem Sandcanale entgegengesetzten Seite verläuft. Es liegt der Speiseröhre eng an. Auf dem Punkte, wo die Speiseröhre iu den Darm mündet, angelangt, läuft es auf diesem längs dem inneren Rande der ersten Windung und endigt mit dieser, giel)t aber auf seinem ganzen Wege zahlreiche Zweige an den Darm ab, welche auf dessen Wandungen ein reiches Capillarnetz bilden. Auf diesem ganzen Wege wird das Gefäss, das sogenannte innere Ran dgefäss (m, Fig. 302; x^, Flg. 303), von einer Ausbreitung der Gekrösfalten eingeschlossen und verläuft ausserhalb des Darmsipho, über welchen zu beiden Seiten die zu dem Darm führenden Aeste hinübertreten. Das Gefäss und ebenso die Capillarnetze, welche ihm zugehören, endigen mit dieser ersten Windung; die obere nämlich und das Rectum zeigen keine Spur von Gefässen oder Capillaren. Auf dem äusseren Rande der Darmwindung entspringt vom Ca- pillarnetz ein zweites Gefäss, das äussere Randgefäss (n,Fig. 302; iv, Fig. 303), welches längs dem gekannten Rande seiner ganzen Ent- faltung nach verläuft und mit ihm endigt. Oft bemerkt man dickere Aeste, welche von einem Randgefässe zum anderen führen und so directere Verbindungen herstellen als die Capillaren. Dieses ganze Syt^tera ist vollständig auf den Darm beschränkt; die zahlreichen Gekrösbänder, welche den Darm an der Schale befestigen, an dem inneren Rande des Darmes; ?;, sein EnJe beim Anlange der zweiten Darm- winduns;; w, äusseres Darmgetass, von n ausgehend; x, Nebenoefass (von Perrier bei Echhiiis sj)haera entdeckt) aus den Aesten des inneren Darmget'ässes a' ent- stehend; y, Zahnfeder; r, Darmsiplio, längs des Imieurandes der ersten Darmwindung zwisclien Darmwand und innerem Raniiget'äss verlautend. 640 Echinodermen. zeigen keine Spur von Gefässen; sie sind fest und bestehen nur aus Bündeln von Bindegewebsfasern. Bei Echinus sphaera hat Perrier die Existenz eines Seiten- gefässes {x, Fig. 303) nachgewiesen, welches in einiger Entfernung zwischen der Laterne und dem Darme, unter diesem letzteren fast ganz rings um die Schale herumgeht und aus zehn Aesten ent- steht, welche in regelmässigen Abständen vom äusseren Randgefässe ausgehen. Diese Aeste drehen sich zuerst gegen die Schale, ohne dahin Zweige abzugeben, und vereinigen sich in diesem Seiten- gefässe, welches frei in der Cölomflüssigkeit schwimmt. Dieses Ge- fäss ist wie die Randgefässe sehr contractu und zieht sich bei der leisesten Berührung zusammen; es kann erst nach dem Tode in- jicirt werden. Bei der genannten Art konnten wir dieses Gefäss sehr gut wahrnehmen; allein bei unserer typischen Species ver- mochten wir seine Existenz nicht nachzuweisen; wir fanden hier im Gegentheil einen Gefässstamm (p, Fig. 302), welcher vom Rand- gefäss der Speiseröhre abzweigt und über der Laterne hin in einiger Entfernung vom Anfang der inneren Windung direct zum inneren Randgefässe führt. Bei unserem Typus konnten wir auch nicht eine solche Bildung wahrnehmen, wie sie Perrier bei Echinus spliaera beschreibt: „In der Gegend des Mesenteriums", sagt er nämlich, „welche der Biegungs- gegend des Darmes entspricht, schwillt das innere Randgefäss stark auf und bildet so eine unregelmässige, verlängerte Blase, welche viel dickere und zahlreichere Aeste nach dem Darm abgiebt, als sie auf dem übrigen Verlaufe vom Gefäss selbst entspringen. Diese Blase biegt sich wie das Mesenterium , welches die zweite Windung des Darmes begleitet, um; allein sie verengert sich schnell wieder und ist, bevor sie den Gipfel des ersten Bogens in der zweiten Darmwindung erreicht, schon wieder verschwunden. Injectionen von Chromgelb füllen sie zum Bersten , dringen aber nicht weiter ein ; bei einer Injection von gefärbtem Terpentin dagegen bemerkt man, dass die letzten Verzweigungen, welche dort entspringen, sich in das Mesen- terium verlängern und dort eine Art Netz bilden, welches sich über dessen ganze Länge hinzieht. Dieses Netz hat nichts Regelmässiges; es scheint, dass die Injection viel eher in die Zwischenräume der Ge- webe als in ein eigentliches Gefässnetz eindringt." Perrier sagt ausserdem, „dass er Gründe habe, dieses Netz für ein lacunäres zu halten". Wir th eilen seine Ansicht, glauben aber, dass man diese An- schauung auf das ganze beschriebene Kreislaufsystem des Darmes aus- dehnen muss und nur von einem lacunären Berieselungssystem in Ge- fässform sprechen kann. Die Flüssigkeit, welche dieses System enthält, unterscheidet sich, was die Bildungselemente betrifft, von dem der Cölomflüssigkeit nicht. Seeigel. 641 Die Genitalorgane. — Bei den Seeigeln sind die Geschlechter getrennt; allein die Organe haben bei beiden durchaus gleiche Form und äusseren Bau. Man kann sie mit blossem Auge nur durch die Farbe unterscheiden; die Hoden sind rosenfarbig, die Ovarien gelb oder orange. Bei unserer Species schwellen die Organe während des Winters auf und sind vom September bis zum April in Function. In dieser Zeit bringt man denn auch die Seeigel auf den Markt und benutzt die Organe als Speise. Diese bilden fünf dichte und lange Traiiben, welche zur Reifezeit die Interambulacralzonen fast der ganzen Länge nach anfüllen und bis zur unteren Seite gegen den Mund hingehen, wobei sie die Darm- windungen, durch welche sie getrennt werden, zusammendrücken. Im Sommer sind die Trauben viel kleiner und zeigen etwa die Grössen- verhältnisse, wie in unserer Zeichnung (/, Fig. 297). Sie sind durch ziemlich kurze Ausfuhrcanäle {g, Fig. 297) an die fünf Oeffnungen der Genitalplatten aufgehängt. Ihre äussere Fläche schmiegt sich an die innere Seite der Schale, welche in der Mitte der Interambulacral- felder eine leichte Kante zeigt, der ein länglicher Falz auf der con- vexen äusseren Seite der Traube entspricht. In diesen Falz nun fügt sich das Mesenterium ein, welches die Traube umhüllt und sich nach beiden Seiten über die Schale fortsetzt, um deren innere Bekleidung zu bilden. Ein Querschnitt durch eine Traube zeigt ein Dreieck, welches gegen das Cölom hin vorspringt; hier bemerkt man ebenfalls oft eine mittlere Einsenkung. Die Trauben besitzen einen mittleren Längscanal mit directer Fort- setzung in den Ausfuhrcanal, dessen ziemlich dicke Muskelwandungen aussen vom Mesenterium, wie von einem Futteral und nach innen von einem Flimmerepithel bekleidet werden. Vom Mittelcanal entspringen zahlreiche Zweige, namentlich nach beiden Seiten hin, welche sich wieder theilen und in kleinen kugelförmigen Blindsäcken so endigen, dass die Drüse sowohl dem blossen Auge als unter der Lupe aus kleinen kiigeligen Körnern von gleicher Grösse zu bestehen scheint. Die baumartige Anordnung kann man sehr gut an kleinen einzelnen Träubchen beobachten, welche bisweilen auf dem Ausfuhi'canal vor der dichteren Drüse stehen. Die ziemlich dünnen Wandungen der Blindsäcke sind aussen mit dem Flimmerepithel des Cöloms bekleidet und bestehen aus zwei Schichten , welche durch Bindefasern unvollkommen getrennt werden. Von diesen sind die äusseren transveral, die inneren longitudinal; in beiden befinden sich zerstreute Pigmentkörper. Dieser Schicht folgt eine ziemlich dicke Muskelschicht mit dem inneren Epithel über- zogen. Der Inhalt kann zur Zeit der Unreife bei den beiden Geschlech- tern kaum unterschieden werden; die Zellen sind klein, rundlich und Vogt u. Yung, prakt. vergleich. Anatomie. 41 G42 Echinodermen. zeigen einen deutlichen Kern. Nur wenn die Zellen zur Fortflanzungs- zeit sich vergrössern, lassen sich die Geschlechter unterscheiden. Die weiblichen Eichen werden grösser , machen sich frei , fallen in den Blinddarm und zeigen dann ein sehr körniges Dotterprotoplasma , das unter dem Mikroskop fast undurchsichtig und im reflectirten Lichte gelblich ist. Der Kern desselben (Keimbläschen) ist sehr durch- sichtig und schliesst ein sehr körniges Kernkörperchen in sich, das sich intensiv färbt. Die Dotterhaut ist sehr fein. Zur Zeit der Reife wird das Dotterprotoplasma wieder durchsichtig, was die Unter- suchungen über die Befruchtung wesentlich erleichtert. Die Epithelzellen des Hodens entwickeln sich auf andere Weise. Sie sprossen und bilden feinkörnige Kügelchen, in welchen sich bald eine Trennung in kleinere Kügelchen sichtbar macht, so dass die Masse einer Himbeere ähnelt. Diese Kügelchen bilden nachher den Kopf der Samenthierchen , welche sich bald in Form von Stecknadeln mit sehr feinem und ziemlich kurzem Schwänzchen abtrennen. Zur Zeit der Reife sieht man aus den Genitalöffnungen die Pro- ducte in einem beständigen Strahl und in solcher Menge ausfliessen, dass sie um die Ränder des Scheitelpols eine Schicht bilden. Der Same ist dann kreideweiss, die Eier orangenfarbig. Die Befruchtung geschieht durch zufälliges Zusammentreffen der Producte im Meerwasser. Bekanntlich hat die Form der Larven Aehnlichkeit mit einer Staffelei (Pluteus). In fremden Meeren giebt es einige kleine Seeigel, welche am Scheitelpol eine Bruttasche be- sitzen ; allein man konnte bis jetzt weder die Beziehungen dieser Tasche noch die Entwicklung der darin enthaltenen Eier genauer unter- suchen. Der anatomische Bau weicht bei den regelmässigen Seeigeln wenig ab. Die Unterschiede, denen man begegnet, zeigen sich eher in zoologischen Charakteren , z. B. in der Anordnung der Verzierungen und der Anhängsel der Schale, der Stacheln, Pedicellarien u. s. w. , als im Bau der inneren Orgaue. Die Ambulacralzonen bilden den auffallendsten Unterschied; bei den Latistellen, zu denen unsere typische Species gehört, sind die Zonen fast ebenso breit wie die Interambulacralzouen, und die zahlreichen Poren stehen zu Paaren in zwei oder drei Gruppen. Die Mundmembran ist nackt; das Peristom trägt Einschnitte, auf denen die äusseren Kiemen liegen, und die Latei-ne ist , wie wir gesehen , sehr complicirt. Die knospenförmigen Pedi- cellarien einiger Arten zeigen auf dem Stiele {Sphaerechinios grarmlaris) oder in ihren Klappen {Echimis melo, acutus) eigeuthümliche Drüsen, welche von zerfliessbai'en Zellen erfüllt sind. Bei den AngusHstellen oder Cidariden sind die Interambulacralzonen sehr weit und tragen grosse "Warzen und oft enorme Eadiolen, während die Ambulacralzonen sehr eng in Wellenlinien angeordnet und nur von einfachen oder doppelten, nicht gepaarten Poren durchbohrt sind. Die Laterne ist weniger complicirt, hat uudurchbohrte Kiefer und wird von einer sehr festen Haut bedeckt. Auf dieser sieht man Fortsätze, welche in Form und Structur den äusseren Kiemen der Echiniden gleichen, die hier wie die Kerben am Peristomrande fehlen. Die Auricularfortsätze sind nicht Seeigel. 643 geschlossen und das Peristom wird gewöhnlich von kleineu Kalkplatteu dach- ziegelartig bedeckt. Die Genitalien zeigen bei den Regelmässigen nach Um- fang und Form grosse Unterschiede, während ihre Anordnung immer dieselbe bleibt. Bei Dorocidaris , Arbacia und Strongylocentrotus sind sie dick und gehen längs der Schale über den Meridian hinunter; bei Echimis sind sie fast kugelrund und auf die obere Hälfte der Schale beschränkt; bei Psamm- echinus und Sphaerechinus sind sie sehr dünn und vereinigen sich bei der ersteren Species in einen dicken Ring, welcher das Rectum fast seinem ganzen Umfange nach umgiebt. Die Anordnung der weichen Theile bei den Clypeastriden , welche noch gezähnt sind, aber den Uebergang zu den Zahnlosen vermitteln, ist nur in soweit bekannt, als sie sich aus den harten Theilen errathen lässt. Man konnte wenigstens theilweise die Windungen des Darmes, welche in Folge Verlegung des Afters verschieden sind, verfolgen, indem man die Anordnung der Kalkwände und Stützen zu Hülfe nahm, welche bei manchen Arten durch das Cölom gehen, um die oberen und unteren "Wandungen der ab- geplatteten Schale mehr oder weniger fest zu verbinden. Der Kauapparat ist um Vieles vereinfacht. Von einer Laterne kann man nicht mehr reden ; der Apparat besteht aus fünf dreieckigen Kiefern , welche einer Pflugschaar gleichen , horizontal liegen und der Länge nach gespalten sind , um den kleinen Zahn aufzunehmen, der sowohl horizontal als vertical bewegt werden kann. Die Radiolen sind sehr dünn, die Pedicellaiüen einander ähnlich; die sehr breiten Ambulacralzonen haben die Form von Blumenblättern und sind oft in Bivium und Trivium unterschieden. Die Madreporenplatte ist bis- Aveilen sehr klein und knopfförmig; in anderen Fällen breiten sich die Ge- fässporen über alle Platten der Scheitelrosette aus. Da gewisse Spatangen um Europa häufig vorkommen , so wurde die Anatomie dieser zahnlosen Seeigel vielfach studirt, zuletzt durch Köhler, dessen Hauptresultate wir hier zusammenfassen. Die Schale ist nach aussen immer durch Bänder ohne Stacheln, sogenannte Fasciolen oder Semiten, be- zeichnet, auf welchen sehr viele kleine Keulen mit einem Kalkstiel stehen, welche von einem sehr feinen Flimmerepithel bedeckt werden. Diese Fasciolen , deren Function noch nicht aufgeklärt ist , sind durch ihre ver- schiedene Anordnung um den After , die Petalen u. s. w. für die Arten charakteristisch. Die Pedicellarien sind ebenso verschieden wie bei den Regelmässigen. Bei den eigentlichen Spatangoiden trägt die Scheitel- rosette nur vier Genitalöffnungen , welche vier inneren Organen entsprechen, und die Ambulacralzonen bilden ebenfalls nur vier Blätter. Der Mund ist transversal, gegen den vorderen Radius verlegt und wird vorn durch eine mit Kalkplättchen versehene Lippe beschützt. Diese Lippe wird nach hinten und innen durch eine vorspringende Kalkplatte gestützt, an welche das Me- senterium sich ansetzt. Die ziemlich enge und abgeplattete Speiseröhre läuft rückwärts in der Richtung des unpaarigen Radius , dreht sich dann , und setzt sich, weiter werdend, in den Darm fort; dieser fühi-t nach vorn, bildet oben einen grossen Blindsack und lässt sich in den Raum zwischen Mund und Schale ein , um von da an um die ganze Schale herumzugehen. Wenn man den Spatangus von der Bauchseite aus öffnet, so sieht man nur die Speiseröhre und diese ganze innere Windung des Darmes. Wiederum beim Munde angekommen, krümmt sich der Darm abermals in die Höhe, beschreibt eine zweite obere Windung innerhalb der unteren und schlüpft unter die Madreporenplatte, um das engere Rectum zu bilden, welches in gerader Linie dem unpaaren Strahle nach gegen den After hin verläuft. Oeffnet man den Spatangus von der Rückenseite, so sieht man das Rectum, die unvollständige obere Windung, welche zum Theil die untere bedeckt und ferner den mäch- 41* 644 Echinodermen. tigen Blinddarm , welchei* sich naoh vora zwischen die zwei Windungen des Darmes einschiebt. Letzterer enthält immer Saud und organische Körper, deren weiche Theile verdaut sind, so dass nur die Skelette übrig bleiben. Wenn man diesen Darminhalt durchsucht, kann man sich hübsche Samm- lungen von Kalk- und Kieselskeletten von Foraminiferen, Radiolarien u. s. w. anlegen. Der Darmsipho variirt sehr bei den verschiedenen Arten; er ist oft unabhängig da, wo er quer über die Speiseröhre hinübergeht, mündet aber immer durch seine zwei Oeffnungen in die untere Windung des Darmes, den er zum Theil auf seinem Wege begleitet. Die Wandungen des Darmes zeichnen sich namentlich durch ihre Dicke und durch die Entwicklung von verschiedenen Drüsen aus. Der Blinddarm ist nach innen mit Schichten von Epithelzellen überzogen , welche sich abschilfern und einen braunen Schleim bilden , der sich in den Darm ergiesst. Das Nervensystem bietet kaum Unterschiede dar. Der fünfseitige Muudriug wie seine Verzweigungen gegen die Ambulacralzonen können leichter zur Anschauung gebracht werden als bei den Regelmässigen. Das Wassergefässsystem und das Berieselungs- system sind bei den Spatangoiden viel verwickelter als bei den Echinoiden, wo sie nur durch die Ampulle der Madreporenplatte und die sogenannten Poli'schen Bläschen communiciren, welche letztere bei den Spatangoiden ganz fehlen. Bei diesen erblickt mau an der Madreporenplatte zwei Canäle, die sich gegen das Ende des Blinddai'mes wenden und in deren Höhlung das Dorsal- organ eingeschoben ist, welches spindelförmig, aber sonst wie beifden Regel- mässigen gebildet ist. Der Canal, welcher das Dorsalorgan einschliesst, wird durch die Umhüllung des Mesenteriums gebildet und setzt sich durch die Gefässlacunen in die Gekrösfalte fort, welche die Eileiter umhüllt. Das Dor- salorgan bildet bald den einzigen Inhalt des Canals, welcher nach aussen von dem Randgefässe längs dem inneren Rande des Blinddarmes herabsteigt. Bei der Einmündung der Speiseröhre in den Darm angelangt, steigt der Canal am Rande der ersteren herunter gegen den Mund und theilt sich in zwei Canäle, von denen der äussere, welcher gewunden ist und im Inneren charak- teristische Pigmentzellen besitzt, uns die verkümmerte Fortsetzung des Dorsal- organes zu sein scheint, während der innere mit glatten dickeren Wänden ohne Pigmentzellen vielleicht die Fortsetzung des Steincanals darbietet. Beim Munde angelangt, bilden die beiden Canäle zwei Ringe um den Mund herum, von welchen die f ünf Ambulacralstämme und die Nebenäste nach den inneren Ambulacralbläschen ausgehen. In jedes dieser Bläschen würden demnach zwei Aeste münden , deren flüssiger Inhalt sich in den Bläschen vermischt, um dann in das Ambulacrum selbst überzugehen. Von der Structur dieser Bläschen und Ambulacralröhren werden wir später sprechen und bemerken jetzt nur, dass beide Systeme nach der Erklärung von Köhler auf ihrem ganzen Verlaufe von der Madreporenplatte einerseits längs dem Blinddarm und einem Theile des Darmes und anderseits in den Ambulacralbläschen und -Röhrchen selbst mit einander communiciren, während auf einem Zwischen- theile des Vei'laufs, längs der Speiseröhre und in der Ausdehnung der Ringe um den Mund mit ihren Verzweigungen die Systeme getrennt sein sollen. Ausser den Ambulacralästen entspringt von jedem Ringe um den Mund je ein besonderer Vereinigungsast, welche bald zusammenfliessen , um das sogenannte Verbindungsgefäss zu bilden. Dieses verläuft gegen den Sipho in seinem freien Theile und theilt sich in zwei Aeste , von denen der eine zum Blinddarm, der andere zum Darm führt, um zusammen das innere Rand- gefäss des Darmes zu bilden. Dieses Gefäss verhält sich ähnlich wie beim Seeigel mit dem Unterschiede, dass es nur auf einem gi'ossen Theile der unteren Darmwindung, namentlich auf der Rückseite, Capillaren bildet und dass es einen Theil der Windung links nicht mit Aesten versieht. Aus den Seeigel. 645 Capillaren des inneren Randgefässes entsteht wie beim Seeigel das äussere Randgefiiss, welches ununterbrochen längs der ganzen unteren Windung ver- läuft und ohne andere Verbindung als die Capillaren an dem Ende dieser Windung und des Blinddarms endigt. Der Daruikreislauf mit den zwei Raud- gefässen bietet also dieselben allgemeinen Züge dar wie bei den Regelmässigen, und der Hauj^tuuterschied , welcher in den Beziehungen zwischen beiden Systemen besteht, dürfte Avohl auf Rechnung des bei den letzteren entwickelten Kauapparates zu schreiben sein. Die zwei Ringe um die Speiseröhre, welche beim Seeigel auf der Laterne gelegen sind, stehen in der That mittelst der sogenannten Poli'schen Bläschen mit einander in Verbindung und der Darm- ast entspringt aus dem inneren Ringe des Berieselungssj'stemes. Da die La- terne bei den Spatangen fehlt, sind die Ringe um die Speiseröhre auf der- selben gleicherweise verschwunden; die Cauäle laufen einzeln gegen den Mund herab und die um denselben gelegenen Ringe, welche bei den Spa- tangen noch doppelt vorhanden sind, liefern den Darmast , während bei den Spatangen die inneren Ambulacralbläschen die Rolle der Poli'schen Bläschen als Behälter für die Mischung der zwei Flüssigkeiten übernommen haben. Die Ambulacralröhrchen und Bläschen, welche bei den Regelmässigen gleichartig sind, zeigen bei den Spatangoiden wesentliche Unterschiede. Man iindet sehr starke Ambulacralröhreu, welche mit einem Büschel von kleinen Zweigen , die an ihrem freien Ende aufgeschwollen sind {Spatangus) oder sogar mit einer Scheibe als Saugnapf endigen {Brissopsis), auf dem Peristom und ausserdem zwei Paare [Spatangas) oder drei Paare [Brissopsis) auf dem hinteren Ende des Körpers, welche nach Loven zum Kriechen dienen. Diese sogenannten Peristomröhren stehen durch einen einfachen Canal mit inneren glatten, runden oder biruförmigen Bläschen in Verbindung, deren Quermuskelfasern gruppenweise geordnet sind. Auf den blumenblattartigen Ambulacren finden sich Tentakeln in Form von einreihigen , verästelten Büscheln, welche durch zwei Canäle mit inneren platten, schuppenartigen Bläschen in Verbindung stehen, die innen fächerförmig getheilt sind und denen der Seeigel ähneln. Auf den anderen Platten sieht man rudimentäre Tentakeln mit einigen blindgeendeten kurzen fingerförmigen Fortsätzen ; sie stehen mit den Bläschen auf gleiche Weise wie die vorigen in Verbindung und sind ebenfalls nur Tastorgane. Die Genitalien, welche auf dieselbe Weise Avie bei den Regelmässigen gebildet sind, sind gewöhnlich mehr oder weniger rund und in zwei Paaren vorhanden; die Stelle der fünften fehlenden Drüse nimmt das Rectum ein. Beim vorderen Paare aber ist die Drüse rechts gewöhnlich kleiner als die andere (Spatangus, Brissopsis); sie verschwindet bei Brissiis , und bei Schi- zaster verschwindet endlich das vordere Paar ganz und es bleiben nur zwei Genitaldrüsen, welche symmetrisch hinten zu beiden Seiten liegen. Bekannt- lich unterscheiden sich die Larven der Spatangoiden in der Pluteusform durch ein Kalkstäbchen am Scheitel von denen der Regelmässigen, welche statt desselben Wimperepauletten tragen. Literatur. — Ausser den schon aufgezählten allgemeinen Werken von Tiede- mann, Joh. Müller, Greeff, Baudelot und Teuscher erwähnen wir noch fol- gende Arbeiten, die speciell den Seeigeln gewidmet sind: G.Valentin,, Anatomie du genre Echimis. Neuchätel, 1841. [Monographies (VEchinodermes, par L. Agassiz.) — Meyer, Ueber die Laterne des Aristoteles. Archiv f. Anat. u. Physiologie, 1849. — Herapath, On the pedicellaria Echinodermata. Quart. Joicrn, Microscop. Soc, 1864. — Ed. Perrier, Jiecherches siir les pedicellaires et les amhxdacres des Aste- ries et des Oursius. Ann. Scienc. 7iatur., 5^ serie, Bd. XII et Xlll, 1869 — 70. — Ders. , Ohservations sur les relations qiii existent enire les dispositions des poi'es 646 Echinodermen. ambulacruires ä l'exlerieur ei ä Piiiterieur du lest des Echinides reguUers. Nouv. Arch. Museum, T. V, 1869. — Ders., Recherches sur Pappareil circulutoire des Oursins. Arch. de Zool. experlm. T. IV, 1875. — Hoffmann, Zur Anatomie der Echinen und Spatangen. Niederl. Arch. Zoolog., Bd. I, 1871. — Stewart, On tke spicula of the regula Echhpidea. Transact. Linnean Soc, Bd. XXV. — Ders. 0>i the minute siructure of Cidaris. Quart. Journ. Microscop. Soc, 1872. Ders. Ou certuin Organs of Cidarida. Transact. Linnean Soc, 1877. — A. Ao-assiz, Re- vision of the Echini. Mus. compar. Anatom. Harioard coli., Bd. VII, 1872. Loven, Etudes sur les EcUno'idees. Svensk Vetensk. Akad. Bd. XI, 1874. Fre- dericq, Contribtitions a Peiude des Echinides. Arch. de Zoolog, experiment., Bd. V, 1876. — Carpenter, On the oral and apical sijstems of the Echinoderms. Quart. Journ. Microsc Soc, Bd. XVIII, 1878. — Geddes, .Observations sur le fluide peri- visceral des Oursins. Arch. de Zool. experimi. Bd. VIII, 1878. — Ders. et Bed- dard, Sur l'hislologie des pedictllaires et des muscles des Oursins. Arch. de Zool. experim., Bd. X, 1882. — Ludwig, Ueber bewegliche Schalenplatten bei Echinoideen. Zeitschr. wissensch. Zool., Bd. XXVIII, 1877. — Ders., Ueber Asthenosoma und ein neues Organ bei den Cidariden. Ibid., Bd. XXXIV, 1880. — W. Giesbrecht Der feinere Bau der Seeigelzähne. Morphol. Jahrbuch, Bd. VI, 1880. — S laden' On a remarkable form of pedicellariae. Ann. and Magaz. notar. hist. , Bd. VII 1880. Föttinger, Structure des pedicellaires gemmiformes du Sphaerechinus. Arch. Biolog., Bd. 11, 1881. — Roman es and Ewart, Observations on the loco- motor System of Echinodermata. Proc. Royal Soc, 1881. — R. Köhler Re- cherches sur les Echinides des c'tes de Provence. Ann. Mus. hist. natur. Mar- seille, Bd. I, 1883. Classe der Holotliiiriden (Holotliurida). Die längliche, meist cylindrische Form, die lederartigen Tegu- mente, die Stellung des Mundes, welcher, von einem Tentakelkranze umgeben, an einem Ende des Körpers gelegen ist, und des Afters, der am entgegengesetzten Ende sich befindet, lassen uns im Allgemeinen diese Echinodermen leicht unterscheiden. Immerhin giebt es Ab- weichungen, welche hervorgehoben zu werden verdienen. Es lassen sich regelmässige und unregelmässige Holothuriden unterscheiden. Bei den ersteren bemerken wir leicht eine Axe, welche durch Mund und After bestimmt ist, und um welche fünf Strahlen geordnet sind, die in gleichmässiger Entfernung der Länge nach vom einen Pol zum andern verlaufen und durch Reihen von Ambu- lacralröhren oder innere Bildungen bestimmt sind, von denen wir nachher sprechen werden. Indessen bemerkt man schon bei vielen regelmässigen Holothuriden eine gewisse Tendenz zur Unterscheidung einer Bauchseite von gewöhnlich hellerer Färbung und einer Rücken- seite, welche meist dunkel gefärbt ist, und man wird finden, dass auf der letzteren sich zwei Strahlen, das Bivium, entsprechen, während die Holothurien. 647 Bauchseite drei Strablen , das Trivium , umfasst. Diese Tendenz zu einer symmetrischen Lagerung der Theile in Beziehung auf einen senkrechten Phxn, welcher durch die Mittellinie des Biviums und dui'ch den unpaarigen Strahl des Triviums geht, macht sich noch mehr bei gewissen Gattungen (Psohis, Cuvieria) geltend, bei denen das Trivium verbreitert und sohlenförmig abgeplattet ist und nur an seinen Rän- dern Ambulacren trägt, während die gewölbte Rückseite von dach- ziegelartig geordneten Schuppen bedeckt ist und keine Ambulacren trägt. Eine andere Abweichung von der cylindrischen Form besteht in einer Verkürzung der Rückenseite und entsprechende Wölbung der Bauchseite, wodurch das Thier sich zu einem Halbkreise krümmt, wäh- rend die beiden Polenden sich röhrenartig verlängern. Diese Formen, welche erst vor Kurzem in grossen Tiefen entdeckt wurden , bilden den Uebergang zum Genus Hhopalodina , welches die Form einer Flasche hat, auf deren engem, verlängertem Halse Mund imd After und zwischen beiden die Genitalöffnung liegen. Die Tegumente sind von sehr verschiedener Consistenz; gewöhn- lich lederartig, bisweilen sogar zerfliessend oder durchscheinend; sie enthalten immer Kalkablagerungen, siebartige Platten, Gebilde von Anker- oder Rädchenform u. s. w. In alleia Fällen ist der Mund von Tentakeln umgeben , welche mit dem Wassergefässsystem in Verbin- dung stehen und von einem inneren, von der Speiseröhre durchbohrten Kalkring getragen werden. Das Wassergefässsystem fehlt nie ; da- gegen schwimmt die Madreporenplatte in der Leibeshöhle, statt auf der Oberfläche des Körpers angebracht zu sein, und der wenig ansehn- liche Steincanal führt in einen Wassergefässring, welcher in die Ten- takeln und Ambulacralzonen ausstrahlt. Der Darm ist durch stark entwickelte Mesenterien befestigt; er schwimmt im Cölom und zeigt gewöhnlich auf- und absteigende Windungen; bei einigen Gattungen geht er in gerader Linie vom Munde zum After. Die Geschlechter sind meist getrennt; indessen giebt es auch Zwitter. Andere Organe sind unbeständig, so die sogenannten Wasserlungen und die Ambu- lacren. Diese letzteren Organe, welche für alle anderen Echino- dermen so charakteristisch sind, verschwinden bei einer ganzen Anzahl von Familien in der That vollständig, ohne irgend eine Spur zurück- zulassen. Dieser Charakter ist von solcher Wichtigkeit, dass die meisten Autoren übereinstimmend nach ihm die Eintheilung vor- genommen haben. Ordnung der Pedaten. Ambulacren und Wasserlungen; ge- trennte Geschlechter. Man unterscheidet: die Aspidochiroten, deren schildförmige Tentakeln mit inneren Endbläschen versehen sind, welche in das Cölom vorspringen {Sticho2)HS, Holothuria) und die D endro- ch i roten mit verästelten Tentakeln. Bei den einen, den sogenannten Sporadipoden (Thyone, Phijllophorus) sind die Ambulacren über den 648 Echinodermen. ganzen Körper verbreitet, bei den anderen, den SticJiopoden (Cucicma- ria, Fsolus), stehen sie in Reiben. Das Genus Rhopalodma bildet eine besondere Abtheilung. Ordnung der Apoden. Die Ambulacren fehlen; wahrschein- lich sind alle Hermaphroditen. Eine Abtheilung, die PncumonopJioren, besitzt noch Wasserlungen {Molpadia^ Ilaplodadyhis), während die Apneumonen {Synapta, Chirodota) keine solchen haben. Typus: Cucumaria Planet^ Marenzeller (C. doliolum). — ■ Diese im Mittelländischen Meere sehr verbreitete Art besitzt fünf Reihen einfacher und gleicher Ambulacren und zehn Tentakeln , von denen zwei kleinere. Unsere Exemplare stammen von Cette , Marseille und Neapel. Örientirung. — Die Axe, um welche sich die Ambulacralreihen ordnen, ist durch die Endständigkeit des Mundes und des Afters voll- kommen bestimmt. Diese Axe stimmt also mit der Verticalaxe der übrigen Echinodermen überein, und um eine genaue Uebereinstimmung mit diesen zu haben, müsste man die Holothuria betrachten, als wäre sie auf den Mund und den Tentakelkreis gestellt. In dieser Stellung würde der Tentakelbiilbus in dem Körper der Holothuria die- selbe Stelle einnehmen , wie die Laterne des Aristoteles im Seeigel. Allein die Holothui-ien kriechen auf dem Boden , den Mund mit den Tentakeln voraus, den After hinten, und in Uebereinstimmung mit dieser Normalstellung nehmen wir für unsere Beschreibung die Hori- zontallage der bezeichneten Axe an. Da bei Cucumaria die fünf vollständigen Ambulacralreihen über die ganze Länge des Körpers sich ausdehnen , so ist es schwierig, Bauch- und Rückseite von einander zu unterscheiden. Indessen ist diese Unterscheidung, aus der die Bestimmung einer linken und rechten Seite sich ableitet, für unsere Beschreibung unerlässlich, weshalb wir versucht haben, diese Schwierigkeit folgendermaassen zu lösen. Unter allen Exemplaren, welche wir untersuchten, befand sich keines mit gleichmässig ausgebildeten Tentakeln. Alle zeigten acht grosse, kreisförmig angeordnete Tentakeln und zwei kleinere, welche dicht an einander gedrängt, immer ihren bestimmten Platz gegenüber der Genitalöffnuug, die sich im Vorhof des Mundes befindet, einnehmen (Fig. 304). Nun hat schon Johannes Müller behauptet, dass diese Genital- öffnung die Rückseite bezeichne. Die zwei rudimentären Tentakeln bestimmen also die Bauchseite und man kann sich bei den Zergliede- rungen immer auf dieses Merkmal stützen , wenn man nämlich über Thiere mit ausgebreiteten Tentakeln verfügt. Bei denjenigen Exem- plaren, welche die Fühler zurückgezogen haben, wird man sich nach dem Mesoarium orientiren können , das sich von der Genitalöflfnung nach hinten erstreckt, den' Genitalcanal enthält und sich einerseits Holothurien. 649 an die Tegumente, andererseits an den Tentakelbulbus längs eines ver- ticalen Planes inserirt, der einem Interambulacralraame entspricht. Die zwei rudimentären Tentakeln werden dui'ch einen zwei- gabeligen Ambulacralcanal gespeist, und zwar in derselben Weise wie die grossen ebenfalls gepaarten Tentakeln. Der Canal, welcher zu den kleinen Tentakeln führt, gehört also dem unpaaren Bauchstrahl an , welcher bei den Ästenden dem vorderen Strahl , wie wir ihn nannten , entspricht. Die vier anderen Strahlen gruppiren sich je zu zweien links und rechts, und das Mesoarium, welches auch den Madre- Fig. 304. 3 W m m ^ nv Diese Figur bezieht sieh wie alle folgende^ auf unsere typische Species: Cucumai-ia Planet (Marenzeller). Vorderes Ende eines von der Bauchseite aus geöffneten Exem- plares mit ausgebreiteten Tentakeln. Letztere sind von der Rückenmittellinie an numerirt. 1 bis 4 die vier grossen Tentakeln der i'echten Seite ; 5 bis 8 die vier grossen Tentakeln der linken Seite; 9 und 10 die zwei kleinen Bauchtentakeln, a, Vorhoi"; h, durchschnittene Tegumente ; c, Kalkstützen des Bulbus ; d, Poli'sche Blase; e, Speiseröhre;/, Munddarm; eiseröhre bilden die sehr starken Längsbündel die innere Schicht , während sie auf dem ganzen vorderen und mittleren Darme bis zum Rectum die äussere Schicht bilden und dort bedeutend dünner werden. Eine Bindeschicht trennt die Muskelschicht vom inneren Epithel ; sie enthält auf der Epithelseite viele Gefässlacunen, während sie nach aussen dichter ist, jedoch gelbliche körnige Körper aufweist, welche durch Vereinigung mehrerer Zellen entstanden zu sein scheinen. Das innere Epithel ist verschieden gestaltet. In der Speiseröhre wird es aus sehr langen, conischen Zellen gebildet, deren Basis nach der OeflPnung des Canales gewendet ist. Diese Zellen sind vermischt mit anderen, eirunden, welche ein feinkörniges Protoplasma enthalten. Die Epithelzellen werden gegen das Ende der Speiseröhre weniger hoch und gehen in die des Darmes über, welche wieder sehr lang, faden- förmig werden und an ihrem freien Ende mit einer durchsichtigen Schicht, eine Art Cuticula, geschlossen sind. Zwischen diesen charak- teristischen Zellen finden sich Drüsenzellen eingestreut; die einen ähneln denen der Speiseröhre, andere sind keulenförmig, enthalten durchsichtige Kügelchen und finden sich namentlich im mittleren Darme. Diese unterscheiden sich von den parasitischen, den sogenannten Schleimzellen, welche sich in den Darmwanduugen ebenfalls in grossei" Zahl vorfinden, dadurch, dass sie vom Pikrocarmin rosenroth gefärbt Holothurien. 659 werden. Die Kerne dieser Zellen finden sich am Grunde des Schaftes. Im Rectum endlich bilden die sehr kurzen Epithelzellen mehrere über einander gelagerte Schichten und die freien Aussenseiten der letzten Schicht bieten dieselbe durchsichtige Bekleidung wie im übrigen Darme. Bevor wir das Mesenterium , durch welches der Darmcanal im Cölom aufgehängt ist, beschreiben, wollen wir erst von den übrigen Organen sprechen, an welche sich das Mesenterium ebenfalls an- heftet. Wasserlungen (Je,], Fig. 305; o,p, Fig. 308; cZ, e, Fig. 311). — Dieser an und für sich unpassende Name ist allgemein angenommen. Wir ziehen ihn der Benennung „bauraförmige Organe", welche Jourdan gebraucht, einzig deswegen vor, weil das Wort Wasserlunge be- (juemer ist. Diese Organe werden sofort sichtbar, sobald man das lebende Thier durch einen Schnitt geöffnet hat; durch die Contractionen des Körpers werden sie hervorgedrängt und zeigen wurmartige Bewegungen. Bei dem lebenden Individuum bilden sie Zweige, welche an ihren Enden verlängerte, durchsichtige, birn- oder eiförmige (?i, Fig. 305) Blasen tragen. Wenn man sie näher untersucht, findet man , dass sie mit zwei hohlen Stämmen (t, u, Fig. 307) auf dem vorderen Theile der Cloake entspringen. Der eine dieser Stämme, die Hautlunge (k, Fig. 305; o, Fig. 308), liegt rechts und ist unmittelbar an die innere Fläche der Haut befestigt; der andere Stamm, die Darm hinge dagegen (/, Fig. 305; p, Fig. 308; e, Fig. 311), welche bei Cucumaria stärker ist, wird durch eine Falte des Mesenteriums an den Darm geheftet. Im Anfange gehen von jedem Stamme einige vereinzelte Bläschen aus, welche auf kurzen Stielen stehen; bald aber zeigen sich Aeste, auf welchen die Blasen mittelst kürzerer oder längerer Stielchen ein- gefügt sind. Stamm, Aeste und Blasen sind alle äusserst contractu; •man kann sagen, dass die Lungen beständig im Begriff sind, sich in dem Cölom zwischen die anderen Organe einzudrängen; ihre vorderen Enden gehen bis über die Seiten des Bulbus vor und füllen alle Zwischenräume aus. Auch ist ihr Aussehen bei den conservirten In- dividuen sehr verschieden, je nach dem Stande der Contraction, in dem sich die Organe im Moment des Todes befanden; wir haben sie in Fig. 305 nach lebenden und in Fig. 308 und 311 nach conservirten Thieren veranschaulicht. Wir legen auf diesen Punkt besonderes Gewicht, weil man von dicken Wandungen, von vorspringenden Falten u. s. w. gesprochen hat, welche sich in den Endblasen vorfinden sollen. Alle diese Bildungen sind nur Ergebnisse der Contraction; im lebenden normalen Zustande sind die Wandungen der Blasen ebenso dünn und durchsichtig wie diejenigen der Zweige und Stämme. 42* 660 Echinodermen. Nach aussen sind die Lungen vom Flimmerepithel des Cöloms bedeckt; das innere Epithel, ebenfalls flimmernd, ist in den Stämmen pflasterartig, in den Endbläschen mehr cylindrisch. Beide Epithelien sind durch eine hyaline Schicht vereinigt, welche feine, nach allen Richtungen gekx'euzte Muskelfasern und gelbe körnige Zellen ein- schliesst. Die Muskelfasern verdicken sich und nehmen am Ende der Bläschen eine ausgesprochene Kreisrichtu.ng an, so dass sie gewisser- maassen eine etwas dickere Capuze bilden. Semper hat behauptet, dass bei den Aspidochiroten am Ende der Lungenbläschen eine feine OefFnung, ja sogar ein Canal existire. Wir suchten uns vergebens von dem Dasein dieser Oeffnung zu überzeugen, sowohl bei unserer Species als bei anderen Holothuriden , welche ins- gesammt das Wasser in beträchtlicher Menge durch den After ein- ziehen und ausstossen und abwechselnd ihre Lungen füllen und leeren. W.enn man dem Wasser feine zerriebene Farben (Carmin, Blei- chromat) beimischt, so gehen diese Substanzen nicht in das Cölom über, während dies bei Fai'ben , welche wirklich im Wasser aufgelöst sind, stattfindet. Weder die Beobachtung des lebenden Thieres, noch andere Untersuchungen mittelst Schnitten haben uns diese Oefi'nung entdecken lassen. Wir behaupten also, dass die Lungenblasen durchaus ge- schlossen sind und dass das durch sie eingezogene Wasser mit der Cölom- flüssigkeit nur durch Osmose in Austausch treten kann, was durch die grosse Feinheit der Wandungen ohne Zweifel wesentlich erleichtert wird. Die Function dieser Lungen kann also in gewisser Beziehung mit derjenigen der Tracheen bei den Insecten verglichen werden ; wie diese, führen sie, vollkommen geschlossen, das Athmiingsmittel ins Innere des Körpers , mit dem Unterschiede allerdings, dass sie Wasser führen und dass sie sich nicht über die Organe verzweigen, sondern nur in dem von Flüssigkeit erfüllten Cölom entfalten. Die Genitalorgane (n und m^, Fig. 305; h und h^, Fig. 306; g, (ß und cg^ Fig. 308) zeigen bei den beiden Geschlechtern durchaus denselben Bau, und um die weiblichen Organe von den männlichen unterscheiden zu können, muss man zur Lupe oder zum Mikroskop Zuflucht nehmen. Es sind einfache, bisweilen anch gabelig getheilte Röhren, deren geschlossenes Ende frei im Cölom schwimmt. Sie ver- einigen sich in zwei Bündeln, von denen das eine rechts, das andere links vom Mesoarium liegt, welches hier durch ein Faserband (/i^, Fig. 306) an die Wandung des Körpers befestigt ist. Die Röhren sind, was die Entwicklung betrifft , in den verschiedenen Stadien sehr verschieden ; bald sind sie ziemlich kurz (Fig. 306), in anderen Fällen viel länger {g, Fig. 308), so dass sie. alle Zwischenräume zwischen den in der vorderen Körperhälfte gelegenen Organen ausfüllen. In der Nähe des Mesoariums vereinigen sie sich in einer Art Blase ((/^, Fig. 308), welche nichts Anderes als das erweiterte Ende des Ausführungscanales ist. Holothurien. 661 Dieser verläuft ein wenig geschlängelt und immer in das Mesoarium eingelagert nach der Rückseite des Bulbus und durchbohrt die Wan- dung des Vorhofes gegenüber den kleinen Tentakeln der Bauchseite mit einer ziemlich weiten halbmondförmigen Oeffnung, welche mit dem schwarzen Epithel des Vorhofes ausgekleidet ist. Der Bau der Genitalröhren ist ziemlich einfach. Die äussere wirapernde Schicht zeigt ziemlich hohe, cylindrische und helle Zellen. Unter dieser Peritonalbekleidung findet sich eine dünne Muskelschicht mit Längsfasern nach aussen und Kreisfasern im Innern, ferner- eine Bindefaserschicht mit Lacunen und endlich ein innei'es Epithel, das bei den beiden Geschlechtern verschieden ist. Das männliche Epithe- lium zeigt zusammenfliessende Zellen mit zahlreichen Kernen, aus welchen die Köpfchen der Samenthierchen mit langem fadenförmigem Schwanz entstehen; das weibliche Epithelium zeigt Zellen mit ver- einzelten Kernen, von denen einige Eichen werden, während die anderen Follikel daruin bilden. Das Mesenterium (Fig. 307, 308, 309). — Die Beziehungen dieser häutigen Ausbreitung sind ziemlich verwickelt, da dieselbe aus der Verschmelzung zweier ursprünglicher seitlicher Säcke entsteht; sie lassen sich auf frischen Thieren nur sehr schwer darlegen, da die Haut meist sehr durchsichtig ist. Eigentlich ist das Mesenterium nur eine directe Fortsetzung des Bauchfelles, welches die ganze innere Seite der Haut bekleidet und deren innere Schicht bildet. Allein ausser den in Forni von Mem- branen gefalteten Partien finden wir, namentlich um den Anfang der Speiseröhre und auf der Cloake, viele Bänder, welche das Bauchfell an diese Organe festhalten und zwischen sich Lücken lassen. Ausser den oft netzartigen Bündeln des Bindefasergewebes, welche seinen Haupt- bestandtheil ausmachen, findet man im Mesenterium auch Muskelfasern und Gefässlacunen in Menge. Was nun die auf sich selbst zurückgefaltete Duplicatur betrifft, so zeigt sie sich zuerst in einer fast dreieckigen Partie (e, Fig. 308), welche am Bulbus längs einer Linie befestigt ist, die auf der Rücken- seite durch die Einfügung des ausfühi-enden Genitalcanales iind des problematischen Canales, sowie durch den Hals der Poli'schen Blase markirt ist. Auf dieser Seite des Dreiecks sieht man an der Ein- fügung am Bulbus zwei kleine Lücken, von denen die eine zum Durch- lass eines Rückziehmuskels (ni) , die andere für die Madreporenplatte (d) dient, deren Canal um den Bulbus sich herumschlingt. Diese La- melle, welche mit der zweiten Seite an die Wandung des Körpers und mit der dritten an die Speiseröhre befestigt ist, nennen wir das Mesoa- rium, da seine Bestimmung wesentlich darin besteht, den Ausfüh- rungscanal und die Anfänge der Genitalröhren in ihrer Lage zu halten. Der Gipfel des Dreiecks entspricht in der That dem Vereinigungs- 662 Echinodermen. punkte der Röhren und wird hier durch starke Bänder an die Wan- dung des Körpers (- nach und nach den Dotter erfüllt und schliesslich Gruppe iunger vom Fu- ^^^ Keimbläschen so verdeckt, dass es unsichtbar niculus abgelöster Eier. wird. Schon AI Im an hat die Zerklüftung des Gundlach, Oc. 1. Eies verfolgt, aus welcher eine Planula entsteht, Obj. 5. Hellkammer. ^\q j^^j^ Wimperhaaren bedeckt ist und eine nach a, Epithelhülle, einen ■,-, o "j. m i i ■ tt-i „,,.,,,.,, , , T^ . allen beiten vollkommen geschlossene innere Hoh- Follikel bildend; J, Dot- . . ° ter- c Keimbläschen. l^^Qg zeigt. In diesem Zustande entweicht der Embryo aus dem Polypenstock und schwimmt im Wasser. Er wird sich irgendwo befestigen, um die weiteren Um- formungen zu erleiden, mit denen wir uns nicht zu beschäftigen haben. Die Entdeckung der Art und Weise, wie die Eier frei werden, verdankt man Metschnikoff. Nach demselben lösen sich die noch mit Keimbläschen versehenen Eier vom Funiculus ab, schwimmen in der Höhlung der Wohnzelle herum und treten dann in Verbindung mit einer eigenthümlichen Knospe, welche das reife Ei wie in einer Hülle einschliesst und nach Nitsche eine rückgängige Metamorphose erleidet. In dieser Knospe nun , welche so eine Bruttasche geworden ist, erleidet das Ei seine weiteren Umformungen, Zerklüftungen u. s. w. Es verlässt die Bruttasche, wenn die Larve gebildet ist, wie wir eben gesagt haben. Diese Beobachtungen wurden bei Alcyonella gemacht. 44* Fig. 321. 692 Bryozoen. Es ist walirschelnlich, dass bei den Plumatellen, welche jenen so nahe verwandt sind, der Vorgang in gleicher Weise statthat. Zu derselben Zeit trifft man Individuen, auf deren Funiculus sich männliche Producte entwickeln. Sie sind viel seltener als die Thiere mit Eiern. Auf einem und demselben Funiculus kann man die Ent- wicklung der Spermatocysten (Fig. 321) verfolgen. In der Nähe der Endocyste findet mau kleine rundliche Säcke, mit deutlichen Wan- dungen und klarem, etwas wolkigem Inhalte. In diesen Säcken nahmen wir keine Spur von Kernen wahr. Dagegen werden sie, wenn sie grösser werden, von kleinen, riinden, hellen Zellen mit sehr deutlichen Kernen erfüllt, welche ihrerseits wachsen, so dass die Säcke warzige Conturen annehmen. Schliess- lich öffnen sich die Wandun- gen der Säcke und lassen die Zellen austreten , aus denen unmittelbar die Zoospermen mit langem und ziemlich dickem Schwänze entstehen, welche sich lebhaft bewegen und durch den Einfluss des Wassei-s Oesen bilden. Der Kern der kleinen Zelle bildet den Kopf des Zoosperms. Wir konnten nicht wahrnehmen, wo die Zoospermen austreten. PlumaielJa repens hat unserer Meinung nach ge- trennte Geschlechter, sowohl was die Individuen als was die Colonien betrifft. Männliche und weibliche Thiere fanden wir nie auf demselben Po- lypenstocke vereinigt und tra- fen auch nie männliche und weibliche Producte auf dem Funiculus eines und desselben Thieres an. Die Statobl asten ent- Samensäcke, durch den Funiculus mit dem Magen- ende verlninden. Zeiss, Oc. 1, 01>j. E. Hell- kammer. «., innere Epithelzellen ; h, amorphe Substanz; c, Muskelschicht; d, mesenterische Hülle des Magens; e, Funiculus; /, Samensäoke mit Zellen; g, Samensäcke, im Begriff sich zu entleeren ; h, Anhäufungen von ausgetretenen Zoospermen und Zellen. stehen und entwickeln sich wie die Geschlechtsproducte auf dem Funiculus, und zwar ebenfalls auf eine exclusive Weise, so nämlich, dass der Funiculus, auf welchem sich Statoblasten bilden, während dieser Zeit weder Eier noch Zoo- spermen hervorbringt. Dagegen entwickeln sich die Statoblasten den ganzen Sommer hindurch ; man findet sie im Frühling wie im Herbste, Lophopodeii. 693 und es können auf demselben Polypenstocke Geschlechtstbiere und andere mit Statoblasten vorkommen. Wir sahen die Statoblasten als abgeplattete Aufschwellungen des Funiculus erscheinen (Fig. 322), die vom Epithel bedeckt und offenbar nur etwas wolkige Anhäufungen von Protoplasma sind, aber keine Zellennatur besitzen, wie All man behauptet. Die Masse wird körnig und auf der Oberfläche leicht warzig. Man unterscheidet dunklere Körner, während die kuchenförmige Masse sich mehr vom Funiculus abhebt, von dessen Epithel sie auf allen Seiten umgeben ist. In diesem Augenblicke sieht man, wie sich um den centralen Kuchen ein heller Hof bildet, in welchem man anfänglich undeutliche Scheidewände unterscheidet, welche den Zellen des den Kuchen umgebenden Epithels entsprechen. Dieser Hof ist also eine Absonderung dieser Zellen, welche sich an die Protoplasmamasse anlegt und zur Schale des Stato- blasts wird. Diese Schale nimmt einen festen Zustand an und wird gelblich, dann bräunlich, und die Abtheiluugen, welche den absondern- den Zellen entsprechen, werden vorspringende Kanten, die in der Mitte Fie:. 322. _.c- C— E F Statoblasten in der Entwicklung begriffen. Die nach einamler folgenden Stadien sind mit den Buchstaben A bis F bezeichnet, wobei A das jüngste ist. Zeiss, Oc. 1, Obj. C. Hellkamnier. «, Epithelhiille ; Z», heller Hof; c, Protoplasmainhalt; rf, Schale in der Bildung begriffen ; c/', verdickte Schale, welche einen Kreis um den Inhalt bildet. des Statoblasts sechsseitige Räume umgeben, während gegen die Ränder und die Spitze des mehr elliptischen Kuchens die Felder ver- längert sind. Die Schale zeigt auf ihrem ganzen Umkx'eise, wo die zwei den Kuchen umgebenden Epithellamellen sich berühren , eine fortlaufende Trennungslinie. Die Schale wird also aiis zwei gleich- förmigen Hälften gebildet, welche an der Peripherie durch eine Art Naht verbunden sind. Jede Hälfte ist in der Mitte, wo sie das Proto- plasma enthält, gewölbt, auf dem Rande ein wenig abgeplattet, gleicht also einem Barbierbecken von geringer Tiefe. Von der Mitte an, welche braun bleibt, werden die Ränder stärker und nehmen eine schwarze Farbe an. In diesem Zustande nun trennen sich die Statoblasten vom Funi- culus, wobei sie oft die ganze Zellhaut mit sich ziehen. Unsere Zeich- nung (Fig. .323) stellt einen Sagittalschnitt dar, welcher den Rand eines reifen Statoblasten streift. Man sieht, dass die Epithelhülle aus 694 Bryozoen. hellen Zellen mit rundem Kern bestellt; die Schale zeigt ihre Tren- nungslinie und ihre verschieden angeordneten Kantenlinien, und end- lich im Innei'en sieht man die körnige, unzertheilte Protoplasmamasse, Die frei gewordenen Statoblasten setzen sich an die Wandung der Wohnzelle an, welche von dem Polypiden bewohnt wird, der sie erzeugt hat. Wir sahen sie zuweilen im Inneren der Wohnzelle sich lebhaft im Kreise herumtreiben, als wenn die Endocyste Wimperhaare trüge, welche wir aber nicht wahrzunehmen vermochten. Bekanntlich entwickelt sich in den Statoblasten der Plumatellen nur ein Polypid. Die zwei Klappen des Statoblasts klaffen und zeigen ein Polypid mit dicker gallertartiger Hülle, durch welche die beiden Schalenklappen mit dem Ende des Polypids und der Wohnzelle, welche Sagittalschnitt eines reifen Statoblasten. G und lach, Oc. 1, Obj. 4. «, epitheliale BilJungszellen der Schale; 6, Durchschnitt durch die Schale, welcher die Anordnung; der Kanten zeigt; c, Trennungslinie der beiden Klappen; rf, Grenze der centralen Erhöhung der Klappen; e, Protoplasmainhalt, durch die Reagentien geronnen. sich gebildet hat, verbunden bleiben. AI Im an hat besonders darauf aufmerksam gemacht, dass die Statoblasten der Plumatellen nur ein Polypid entwickeln. Das ist vollkommen richtig; doch müssen wir hinzufügen, dass sich auf dem Polypid schon unmittelbar nach seinem Vortreten nach aussen die Knospe eines zweiten Individuums zeigt, welches schnell wächst, gegenüber dem ersten aber, wie es scheint, im Rückstande bleibt. In der That sieht man, dass die jungen Pluma- tellenstöcke, von welchen man gegen den Herbst hin oft Exemplare findet, und welche an ihrer Basis die zwei Klappen des Statoblasts tragen, aus denen sie entsprossen sind, dass diese Plumatellenstöcke, sagen wir, immer an der Basis gabelig getheilt sind, dass aber der eine dieser Aeste gewöhnlich kurz bleibt und im Verhältniss zum anderen, der zum Stamm eines Bäumchens wird, die Rolle eines Nebenzweiges spielt. Eine Frage bleibt noch zu beantworten. Wie treten die Stato- Lophopoden. 695 blasten aus der Wohnzelle heraus, an deren Wandungen man sie oft angeklebt findet V Oeffniingeu , welche ihnen den Austritt gestatten würden, giebt es nicht. Es scheint uns wahrscheinlich, dass sie ent- weder durch Resorption der Befestigungsstelle oder durch zufällige Risse austreten oder auch durch das Absterben des Theils des Stockes, auf dem sie sich befinden, frei werden. Die K n o s p e u (1 bis 7, Fig. 3 1 5). — Die Eier und Statoblasten sind zur Bildung neuer Colonien bestimmt; sie sind also Ausfuhrproducte. Die Knospen dagegen bleiben immer mit dem Polypenstocke verbunden, auf welchem sie entstehen; sie sind zum Ausbau der Colonie bestimmt. Schon AUman hat die Thatsache festgestellt, dass die Knospen in der Endocyste entstehen. Wir können diese Beobachtungen voll- ständig bestätigen. Die Knospe mit allen ihren Organen ohne Aus- nahme bildet sich auf Kosten der Endocyste, wie dies auch bei den Anthozoen der Fall ist. Dagegen müssen wir uns gegen eine andere Behauptung Allman's verwahren, dass nämlich die Knospen ohne irgend welche Ordnung in der Nähe der Mündung der Wohnzelle ent- stehen. Wir sahen sie im Gegentheil immer in so bestimmter Ordnung entstehen, dass sie nach der Verlängerung ihrer Mutterzelle in die Ecke zwischen dieser und der benachbarten Wohnzelle (2, 4, 6, Fig. 315) zu liegen kommen, und wenn die Knospung sehr lebhaft ist, wie im Zweige IV unserer Figur, sieht man die Knospen abwechselnd nach ihrem Alter geordnet, so dass die jungen zwischen zwei älteren liegen, um achsel- ständig zu werden, wenn die weiter vorgeschrittenen Knospen sich verlängert und eine Wohnzelle für sich gebildet haben. Sobald man an einer Stelle, wo eine Knospe entstehen soll, eine Anschwellung wahrnimmt, so findet man, dass dieselbe aus vergrösser- ten Zellen der Endocyste gebildet ist, welche sich bald theiien und zwei Schichten bilden , die eine kleine , vollkommen geschlossene cen- trale Höhlung umgeben. Die Knosjje bildet also ein kleines Säckchen mit doppelter Wandung. Die Zellen beider Schichten sind in ihrer Structur vollkommen identisch; nur sind die inneren im Anfange ein wenig kleiner als die äusseren, von denen sie abstammen. In diesem Punkte können wir uns mit Metschnikoff und Nitsche (siehe die Abhandlung des letzteren : Zeitschr. f. wissensch. Zool. , Bd. XXV, Supplement 1875) nicht einverstanden erklären, welche in diesen Säck- cheu eine Einstülpung zweier Zellschichten erblicken, die mit einer intermediären Stützlamelle die Endocyste zusammensetzen sollen. Bei Plumatella konnten wir diese verschiedenen Schichten der Endocyste nicht feststellen, und die innere Schicht des Knospensäckchens scheint uns aus einer Wucherung nach innen der ursprünglich einfachen Zellen- schicht hervorgegangen zu sein. In die weitereu Umbildungen der Knospe, welche, was die Formen betrifft, Allman und bezüglich des Verhaltens der beiden Bildungs- 69G Bryozoen. schichten Nitsche trefflich erklärt hat, können wir hier nicht ein- gehen. Die Knospe verlängert sich zur Form eines Fläschchens ; die ebenso verlängerte Höhhing theilt sich durch eine unvollständige Scheidewand in zwei Abtheilungen, von denen die vordere zur Tentakel- scheide, die hintere zum Darmcanal wird. Die Tentakeln knospen so zu sagen auf der Vorderfläche der Scheidewand, indem sie sich nach und nach in Zahl und Länge vermehren. Die Scheide ist im Anfange durch einen Zellpfropf geschlossen , welcher gegen die Tentakeln vor- springt und nach unseren Beobachtungen den Mundkuopf des aus- gewachsenen Thieres bilden wird. Die Scheide öffnet sich dem Anschein nach durch Resorption der Wandung der Wohnzelle des Polypiden nach aussen. Die jungen Knospen haben erst 10 Tentakeln, wenn sie sich schon nach aussen entwickeln und die Nahrung anziehen können. Auf der inneren Fläche der erwähnten Scheidewand entsteht eine Einstülpung, welche sich bald schliesst und mit kleinen Zellen erfüllt; sie bildet den Nervenknoten, Die verschiedenen Theile des Darmes werden durch Einbiegungen der ursprünglich einfachen Höhlung und durch die Spe- cialisirung ihrer Zellen hervorgebracht. Der Schlund zeigt sich zuletzt, man möchte sagen , hervorgebracht durch Ausziehen der Theile ; bei den jungen Knospen sieht man von ihm noch keine Spur, und der Vor- magen scheint unmittelbar mit dem Munde verbunden. Es schien uns, als ob die Knospe bei ihrer Bildung an zwei Punkten an der Endocyste angeheftet sei : vorn durch das vordere Ende der Tentakel- scheide und hinten au einem Punkte, welcher der Grenze zwischen Vormagen und Magen in der Höhe des beginnenden Rectums entspricht. Auf einigen Schnitten sahen wir sehr deutlich einen kurzen Zellstrang, welcher diese Verbindung zwischen der Knospe und der Endocyste herstellt, und wir zweifeln nicht, dass dies der Anfang des Funiculus sei, der sich verlängert und schliesslich durch Ausdehnung des Blind- sackes an das Ende des Magens gelangt. Wenn es iu der Bildung des Polypenstockes bei den Lophopodeu wesent- liche Unterschiede giebt , indem die einen [Loplwpus) eine gallertartige , die anderen eine cliitiuöse Ectocyste haben, und der Stock der Cristatella mittelst einer abgeplatteten Sohle kriecht, so haben wir dagegen , was den anatomi- schen Bau betrifft, nur sehr wenige Abweichungen. Die beiden Aeste des Lophophors werden rudimentär bei Fredericella und eine einzige Süsswasser- art (Paltidicella) stellt sich durch eine ganz runde Tentakelscheibe zu den Stelmatopoden , welche sonst alle im Meere vorkommen. Die hauptsäch- lichsten Züge der inneren Organisation sind dieselben wie bei unserer typi- schen Species; nur bei einigen Arten [Alcyonella fungosa) haben wir, um genau zu sein, den Hermaphroditismus zu erwähnen und zu bemerken, dass die Entwicklung der Eierstücke auf der Wandung der Endocyste statthat, während die Spermocysten und die Statoblasten sich auf dem Funiculus be- finden. Diese letzteren fehlen nicht bloss bei allen Bryozoen , welche im Meere vorkommen, sondern auch bei Paludicella. Sie sind überall auf die gleiche Weise gebildet, ausser bei Cristatella, wo sie nüt langen Ankern ver- sehen sind. Meistens lassen sie eine doppelte Knospe entstehen. Stelmatopoden. 697 Bei den Stelmatopoden fällt in erster Linie der Polymorphismus der In- dividuen, welche eine Colonie oder einen Polypeustock zusammensetzen, in die Augen. Die Wohnzellen spielen in dieser Beziehuug oft eine unabhängige Rolle, indem sie andere Formen annehmen, je nachdem sie auf der Spitze oder au der Basis der Polyi:)enstöcke liegen; im letzteren Falle entwickeln sie oft keine Polypiden, zeigen nur die sehr ausgebildete Eudocyste und dienen als Wurzeln oder Stolonen zur Befestigung. Die Larven und die regelmässigen Knospen, wenn man so sagen kann, sind immer mit einer Scheide und einem Teutakelkranze versehen, welch letzterer die Form einer Scheibe oder eines vollständigen Trichters hat und in der Mitte den Mund trägt. Die ver- schiedenen Theile des Darmes, das Nervensystem, die Muskeln sind überall nacli demselben Plane gebildet, wie bei den Lophopoden; bemerkenswerthe Unterschiede kommen nur vor bei den Geschlechtsorganen , welche meist durch eine häutige Ausbreitung (die Funiculusfalte) oder durch Verzwei- eunp-en vertreten sind , die anstatt eines einfachen Stranges vorhanden sind und Nervengewebe vortäuschen. Die ganzen und vollständigen Polypiden erleiden oft eine Riickbilduug , durch welche der Tentakelkranz mit seiner Scheide aufgesaugt wird , während der Darm sich in einen braunen Körper umbildet, dessen starke, vielleicht chitinöse Wandungen körnige Massen ent- ■ halten, unter welchen man oft noch Reste unverdauter Nahrung, Panzer von Diatomeen, Foramiuiferen u. s. w. unterscheidet. Diese braunen Körper können oft durch entstehende Knospen, in welchen sie nach und nach aufgesaugt werden, eingeschlossen werden. Ausser den regelmässigen Knospen, welche vollständige Polypiden er- zeugen, bilden sich noch besondere Knospen, die sich nach zwei verschie- denen Richtungen hin entwickeln. Die einen werden äussere Anhängsel und dienen als Greif- oder Schutzorgane. Diese Anhängsel befinden sich innner in der Nälie der Oetfnung der Wohnzellen und man hat sie als Avicularien und Vib racularien unterschieden. Beide Formen gehen aus Knospen hervor, die anfänglich innen liegen, dann sich aber nach aussen umstülpen. Das Muskel- system ist bei diesen sehr beweglichen Anhängseln , welche ein chitiuöses Gerüst als Fortsetzung der Ectocyste besitzen , stets reich entwickelt. Die Vibracularieü sind aus einer einzigen , sehr langen und spitzen Borste ge- bildet; das Skelett der Avicularien hingegen besteht aus zwei gekrümmten Aesten, welche eine Zange bilden , die wie der geschlossene Schnabel eines Raubvogels aussieht. Die Zangen ergreifen kleine Thiere und halten sie bis zur Verwesung fest. Die in Folge der Zersetzung abgelösten Theile werden durch den von den Tentakeln erzeugten Wirbel in den Mund gespült. Andere Knospen, sogenannte Ovizellen oder Oöcien, spielen eine wichtige Rolle bei der geschlechtlichen Vermehrung. Sie behalten ihre Sackform und nehmen unmittelbar nach der Befruchtung, wie es scheint, das vom Ovarium abgelöste Ei in ihre Höhlung auf. Das Ei macht im Inneren dieser Ovizellen alle jene Umbildungen durch, welche es zur wimiJernden und freien Larve gestalten. Die Form der Polypenstöcke und die Anordnung der Wohnzellen sind bestimmt durch die Knospung der vollständigen Polypiden. Die Polypenstöcke sind oft kalkig (Flustra), in anderen Fällen chitinös {Bugula), selten gallert- artig [Alcynnidiiim). Die Unterordnungen unterscheiden sich kaum in der Anatomie der inneren Organe, wohl aber durch die Bildung der Oeti'nung der Wolinzellen. Bei den Oyclostomen ist dieselbe ganz rund ohne bewegliche Theile ; bei den Ctenostomen ist sie sehr eng, schliesst sich durch Falten des Tentakel- kranzes nach dem Rückzug des Polj^piden und ist oft mit einem Kranze von steifen Borsten bewaffnet. Die Ohilostomen endlich haben ein bewegliches Stück, einen Deckel oder eine Lippe, welches mit seiner Basis in den Rand 698 Bryozoen, der weiclieu Wolmzelleu eingelassen ist. Dieser Deckel scliliesst bei dem Rückzüge die Oeffnuug. Die Wolmzelleu der meisten Stelmatopodeu sind oft mit Spitzen u. s. w. versehen und stehen unter sich durch feine siebartige Löcher in Verbindung. Das sogenannte Colonialnervensystem wird durch die netzartige Substanz des Fmiiculus gebildet, wie dies Joliet dargethau hat. Die Entoprocten weichen von den Ectoprocten wesentlich ab. Hier haben wir keine Wohnzelleu ; die Thiere sind entweder durch wuchernde Wurzel- sprossen [Pedicellina) oder durch die Erweiterung eines Stieles {Loxosoma) befestigt, welcher das Polypid trägt und bei der letzteren Gattung oft mit einer klebenden Fussdrüse versehen ist. Das Tegument, aus einer äusseren festen Schicht und einer inneren zelligen Hypodermis bestehend , setzt sich direct über den Körper in eine mit einem Schliessmuskel versehene Endcapuze fort, in welche sich die nicht retractilen Tentakeln gekrümmt zusammenlegen. Diese Capuze entspricht also der Tentakelscheide mit dem Unterschiede, dass sie nicht nach innen eingestülpt werden kann. Mund und After sind excen- trisch im Inneren des Tentakelkranzes angebracht, auf dessen Boden noch die Genital- oder Bruttascheu und zwei vibrirende segmentäre Cauäle aus- münden, deren trichterförmige Mündungen sich ins Cölom öffnen. Die Pedi- cellinen und mehrere Arten der Loxosomen sind Hermai^hroditeu ; die Hoden liegen an den Eierstücken, Bei Loxosoma phascolosomatiim, welche der eine von uns untersucht hat, sind die Geschlechter getrennt; bei den Männchen finden sich zwei seitliche Hoden, welche mit einer centralen Samenblase in Verbindung stehen , deren Zoospermen in Bündeln ausgeworfen werden. Die Eierstöcke liegen an der- selben Stelle wie die Hoden ; die Eier werden in Brutsäcke aufgenommen, welche bei den Loxosomen dünn bleiben, während die Pedicellinen eine Brut- tasche mit festen, chitinösen Wandungen besitzen. Das Nervensystem verhält sich wie bei den Ectoprocten. Bei den Loxosomen und den jungen Pedi- cellinen hat man zu den Seiten des Körpers Warzen gefunden , welche eine steife Borste tragen; es sind dies vielleicht Tastorgane. Die Knospen bilden sich bei den Pedicellinen auf den wurzeiförmigen Stolonen , bei den Loxo- somen auf den Seiten des Körpers. In Betreff des Baues, der Entwicklung und der Homologien der Larven, auf welche wir hier nicht näher eintreten können , ziehe man das classische Werk von J. Barrois zu Rathe. Die Bryozoen bilden offenbar einen besonderen Tj-jous , wenn sie nicht vielleicht durch Convergenz von verschiedenen Stämmen ausgegangen sind, sie kommen den Brachiopodeu am nächsten. Die Entoprocten repräseutiren einen ursprünglichen Zustand ; das beweisen ihre grossen Aehnlichkeiten mit den sich entwickelnden Knospen der Ectoprocten. Literatur. — D u m o r t i e r , Recherches anat. et physiol. sur les poli/2ne7's cPeau douce nommcs Lopliopodes. Bull. Acad., Bruxelles. T. 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Symmetrlsclie und festsitzende Thiere mit zwei Schalenklappen, einer ventralen und einer dorsalen, mit einem zweilappigen, freien Mantel, der mit Borsten besetzt ist und mit einem flimmernden Tentakel- apparate, welcher meistens von zwei hohlen, spiralig aufgerollten Armen getragen wird. Kein Schalenband. Befestigung durch einen Stiel oder durch die Bauchklappe, welche gewöhnlich gewölbter und mit eineiu Schnabel versehen ist. Das Nervensystem wird gebildet durch einen Schlundring mit einem centralen Ganglion, welches unter der Speiseröhre liegt. Getrennte Geschlechter. Geschlechtslose Vermeh- rung kommt nicht vor. Wir nehmen drei Ordnungen an: 1) Ecardinen. Klapi^en ohne Schloss und Armskelett. Der Darm mündet in einen seitbchen After. Beispiele: Lingula, Crania. 2) Testieardinen. Schale mit Schloss, Arme meist durch ein Skelett gestützt, welches von der Rückenklappe ausgeht. Darm ohne After, in einen BHndsack endigend. Beispiele: RhyncJioncUa, Wald- heiinia, Terehrahda, Terebrüiidina. 700 . Brachiopoden. 3) Armlose (Abrachia). Wie die vorhergehenden, allein ohne Arme, welche durch eine Tentakelscheibe des Mantels ersetzt sind. Beispiele: Argiopc, MegerJea. Typus: Terchratula vitrea (Born). — Es ist dies die grösste der europäischen Arten ; sie findet sich im Mittelländischen Meere und im Atlantischen Ocean, jedoch überall ziemlich selten und nur in einer Tiefe von mindestens 60 Faden. Man kann sich Exemplare durch die zoologische Station in Neapel verschaflFen, von der wir auch die unserigen bezogen haben. Die übrigen europäischen Arten sind für eine gewöhn- liche Zergliederung zu klein. Indessen benutzten wir bei unserer Untersuchung mehrere Arten , welche wir auf den Korallenbänken bei Alghero in Sardinien gefischt haben. Es sind: Terebratulina caput serpentis, Megerlea truncata und mehrere Arten von Argiope. Im All- gemeinen kann man die Brachiopoden nur durch Di-etschen erlangen. Orientirung. — Der Körper der Brachiopoden (Fig. 324) ist genau symmetrisch zu einer Verticalebene, welche durch die Mitte des Schnabels und des entgegengesetzten Mantelrandes gelegt wird und so jede der beiden Klappen in zwei gleiche Hälften theilen würde. Die kleinere der zwei Klappen ist die Rückenklappe, die grössere, welche mit einem Schnabel versehen oder direct befestigt ist, die Bauchklappe; der Schnabel befindet sich hinten ; der ein wenig quer abgestumpfte Mantelrand bildet die vordere Seite. Die beiden Arme sind im Inneren der Schale rechts und links angebracht; Mund, Darm, Leber u. s. w. liegen hinter den Armen in der Mittellinie. Von den zwei Mantel- blättern ist das eine dorsal, das andere ventral. Diese Orientirung ist sehr wichtig; denn sie steht derjenigen der Lamellibranchier gegenüber , bei denen es eine rechte und eine linke Klappe giebt und die Ebene, welche den Körper in zwei symmetrische Hälften theilt, durch das Schloss zwischen beiden Klappen geht. P r ä p a r a t i 0 n. — Terebratula vitrea ist gross genug , um in gewöhnlicher Weise zergliedert werden zu können. Indessen müssen wir darauf hinweisen, dass derjenige Körpertheil, welcher die Hauptorgane enthält, nur den dritten Theil des Schalenraumes ein- nimmt, und dass mindestens zwei Dritttheile dieses Raumes von den Armen mit ihrem Tentakelbesatze erfüllt werden. Ferner wird es nicht gelingen, die Klappen unbeschädigt abzulösen, nachdem man vorher im Inneren die Muskeln , welche sich an sie ansetzen , zer- schnitten hat, wie man das bei den Lamellibranchieru thun kann; bei unserer Art wie bei den meisten anderen Testicardineu muss man eine der Klappen opfern, um den Körper bloss zu legen. Dies gelingt bei unserer Art leichter, wenn man mit einer starken Zange den Schnabel der Bauchklappe abkneipt und dabei den durchtretenden Stiel mög- lichst schont. Alsdann hat man einen Raum vor sich, wo der Mantel nicht fest anliegt, und durch welchen man ein kleines Scalpell ein- 4 Testicardinen. 701 führen kann , um durch Schaben der inneren Seite der Klappe die Muskeln und hernach den Mantel abzulösen. Es ist in der That sehr schwierig, die Mantelblätter von den Schalenklappen abzulösen, da sie an diesen durch eigenthümliche, in die Schale eindringende Warzen Fig. 324. (V b \ Diese Figur bezieht sich wie alle anderen dieses Capitels, eine einzige ausgenommen, auf die typische Species Terebratida intrea. Die kleine Eückenklappe ist mit dem sie innen bekleidenden IMantelblatte, von welcliem man nur einen sehr kleinen Theil um die Muskeln herum erhalten hat, entfernt worden. Man sieht also die innere Seite der grossen Bauchklappe , welche nur dem Umrisse nach angezeigt ist, und die Organe in ihrer normalen Lagerung von der Rückenseite aus. Doppelte natürliche Grösse, a, Stiel ; ö, schwieliger Rand um die Oeffnung des Schnabels ; 'i, Zahn des Schlosses ; e, verdickter Rand des ventralen Mantelblattes, welches eng am Rande der Klappe anliegt; /, erhaltener Lappen des dorsalen Mantelblattes; 'S. Kalkdendriten des Mantels in der Nähe der grossen Arme. Gundlacli. Oc. 1, Obj.2. Hellkammer. eine Fortsetzung des Cöloras sich befinden , welche die zwei Bildungs- lamellen trennt. Diese Fortsetzung des Cöloms existirt in der That ; allein sie ist durch die Verschmelzung des Bindegewebes auf ein System von Canälen und von Höhlen beschränkt, welche die Geschlechtsorgane enthalten und auf die wir bei Besprechung der letzteren zurückkommen werden. Indessen sei hier noch erwähnt, dass wir entgegen der Mei- nung van Bemmelen's die Anwesenheit von anderen Lacunen in der Dicke des Mantels nachweisen konnten, welche nach Hancock ein Netz von Blutgefässen bilden und Blutkörperchen enthalten sollen. Wir haben diese canalartigen Lacunen sehr gut gesehen , sowohl bei unserer typischen Art, die wir nur im conservirten Zustande beobachten konnten, als auch bei lebenden Terebratulinen. Vogt u. Yiins, prakt. vergleich. Anatomie. 45 706 Brachiopoden. Bei den Exemplaren, welche mitPikrocarrain gefärbt sind, nimmt man die Stämme und Hauptäste dieser Canäle sclion mit blossem Auge sehr gut wahr (^, Fig. 330). Sie gehen von den Rändern des Cöloms an den Grenzen aus, wo der Mantel frei wird und verlaufen strahlenförmig nach der Peripherie, wobei sie rechts und links in einander übergehen und so ein Netz mit sehr weiten Maschen bilden. Man unterscheidet namentlich in jedem Blatte des Mantels zwei Paar Hauptstämme, von denen diejenigen, welche in einiger Entfernung von der Mittellinie liegen, die stärksten sind. An den Rändern des Mantels angelangt, theilen sich die Canäle immer mehr, bilden engere Maschen und mün- den schliesslich in einen Canal ein, der den freien Mantelrändern ent- lang läuft und sich unmittelbar an die dicke Randschnur anlegt, welche die Borsten trägt (c, d, Fig. 326 und 7, n, Fig. 327). Die Wandungen Fig. 326. Theil des Mtantelrandes. Gundlach. Oc. 1, Obj. 1. Hellkammer. a, borsten- tragende Randsclinur ; b, parallele Zell- und Muskelstreifen; c, kreisförmiger Sammel- canal ; d, Ast des Zufuhrcanales , Maschen bildend; e, Mantelblatt mit den Proto- plasmaverlängerungen ; f, Streifen von Kalkprismen. dieser Canäle werden oft fein gestreift in Folge der Entwicklung von anscheinend musculösen Fasern; nach innen werden sie von einem Epithel mit feinen körnigen Kernen bekleidet, welche sich stark färben. In dem Lumen dieser Canäle sahen wir keine Bildungseleraente , auch keine geronnenen Massen; wir beschreiben einfach ihre Anordnung, wie sie schon Hancock wahrgenommen, geben aber über ihre Func- tion keine Meinung ab. Es schien uns, dass sie bei jungen Individuen viel auffallender seien als bei älteren. Die Mantelränder verdienen besondere Beachtung. Die äussere Schicht breitet sich bis zu den Grenzen der Schale aus, ist dabei immer genau an diese angelehnt und zeigt auf ihrem Rande selbst palissaden- Brachiopoden. (07 artige verlängerte Zellen, welche bis zum Epithel der Schale reichen. Die innere Schicht verdickt sich ein wenig in geringer Entfernung vom Rande und bildet so eine vorspringende Falte, von der die Borsten ausgehen, mit denen der Mantel besetzt ist. In dieser Falte sind die Epithelzellen zu Cylindern verlängert und bilden zusammen eine sehr dichte Schicht, welche sich, im Profil gesehen (c, Fig. 327), in Bogen zwischen den Borsten ausbreitet und sich in die Oeffnungen der Fol- likel einsenkt, welche die Borsten enthalten. Die Bindesubstanz ist verdickt und durch Fasern gestützt, welche sich bogenförmig um den Rand krümmen. Ausserdem findet man in dieser Falte Bindegewebs- zellen in Menge und Anhäufungen von fettigen Körperchen (/, Fig. 327), _. welche gelb oder roth sfefärbt I^ig- 327. j xT 1 -,■ T. und namentlich um die Bor- stenfollikel herum angehäuft sind. Diese Follikel (h) sind sehr lang, gerade, mit einer kleinen Erweiterung am Boden , so dass sie einer Thermometer- röhre gleichen. Dieser Boden ist mit gelben, wachsartig aus- sehenden Kügelchen besetzt, welche die Bildungssubstanz der Borsten zu liefern schei- nen ; die "Wandung der Folli- kel ist dünn, homogen und mit einem sehr feinen Pflaster- epithel bekleidet, in welches die palissadenartigen Zellen übergehen, die den Eingang des Follikels auskleiden. Die Borsten (a, Fig. 327) sind gerade , bei unserer Species sehr zahlreich, nicht lang, sehr fein und offenbar aus einer chitinösen Masse ge- bildet. Sie sind fein gestreift und zeigen bei unserer Spe- cies keine Querringe, welche ihnen bei anderen Arten ein gegliedertes Aussehen geben. Man sieht oft zwei Borsten aus einem Follikel austreten. Wir bemerkten auch Ersatzfollikel, welche seitlich durch einen engeren Hals in einen Follikel mit zerbrochener Borste mündeten und welche ganz mit gelben Körnern, ähnlich denen im Grunde der anderen Follikel angefüllt 45* Ein Theil des vorhergehenden Präparates in stärkerer Vergrösserung. Gundlach. Oc. 1, Obj. 4. Hellkammer, n, Borsten; b, Borsten- follikel ; geschweiftes Epithel; f7, heller Streifen ; e, Mantelblatt mit zahlreichen Zell- kernen, /, Pignientanhäufungen ; , Fig. 342) angeheftet ist, gegen die Rückenseite des Bojanus'schen Organs laufen, dann an der Kiemenbasis aus einander weichen, ihren Weg zu beiden Seiten der Eingeweidemasse fortsetzen und so, wie wir es bereits ge- sagt haben, den hinteren Winkel der Mundganglien erreichen. Hinter dem Abgangspunkte dieser Commissuren entspringen aus den Kiemenganglien die Kiemennerven (n), die zuerst nach vorn gerichtet sind, bald aber rückwärts einbiegen, um die Kiemenbasis in der Nähe des Schliessmuskels zu erreichen. Diese Nerven geben eine grosse Zahl feiner untergeordneter Zweige ab. Die Kiemenganglien entsenden noch ausserdem von ihrem hin- teren Winkel zwei grosse Nerven, die sich nach hinten und aussen wenden und in dem Mantel, dem hintereu Schliessmuskel und dem Rectum verzweigen. Es sind dies die hinteren Mantel nerven (o), welche besonders die Tastwarzen des Mantelraudes versorgen. Indem sie sich nach vorn verlängern, treffen sie die vorderen Mantelnerven; ihre Verzweigungen fliessen so zusammen, dass sie ein verwickeltes Netz bilden. Endlich geht von jeder Seite der Kiemenganglien ein seitlicher Mantelnerv (it) ab, welcher ausschliesslich dem Mantel angehört. Was nun die vorn in der Fussbasis gelegenen Fussganglien (Je) anbetrifft, so sind sie spindelförmig und durch den mittleren Theil 744 Mollusken. Fiff. 343. a- ihrer hinteren Fläche dei-art verschmolzen, dass man sie nicht von ein- ander trennen kann. Sie entsenden nach vorn die zwei Nerven des Schlundringes, welche direct durch das Bindegewebe der KörjDerwände bis zu den Mundganglien hinaufgehen. Ausserdem entstehen auf ihrer äusseren und hinteren Fläche drei Paare von Nerven , die sich in den Muskelmassen des Fusses verzweigen. Die Commissuren des grossen Nervenringes entsenden in der Höhe des Magens einen sehr feinen, von Keber aufgefundenen Nerven, welcher sich nach rückwärts wendet und in der Leber und in den Magenwänden sich verzweigt. Dieser Zweig ist von Duvernoy als Eingeweide- oder Magennerv (s, Fig. 342) bezeichnet worden. Seine Präparation ist schwierig. Die histologischen Elemente sind kleine, in ein lockeres Binde- gewebe eingebettete Zellen und Fasern. Die in den Ganglien und an den Nervenwurzeln angesammelten Zeilen bilden die oberflächlichen Schichten. Sinnesorgane. — Der ganze Umfang des Mantels und der Fuss sind der Sitz eines lebhaften Tastgefüh- les, welches besonders in der Nähe eines jeden hin- teren Mantellappenrandes, wo sich Warzen in Form von kleinen conischen Er- höhungen befinden (b, Fig. 338 und Fig. 355), sehr entwickelt ist. Diese meist dunkel gefärbten Warzen sind einigermaassen con- tractu. Ihre Stellung nahe den vom Wasser durch- strömten Oeffnungen und am Theile des Mantel- randes, der stets oberhalb der Sandfläche emporge- halten wird, lässt vermuthen , dass sie dem Thiere sinnliche Wahr- nehmungen über die im Wasser schwimmenden Körper vermitteln. Wahrscheinlich befinden sich in diesen Papillen auch noch Tastzellen, denen von Fl am min g bei anderen Mollusken beschriebenen ähnlich; wir haben aber die zu ihrem Nachweise erforderliche specielle Unter- suchung nicht vorgenommen. Anodonia besitzt ausserdem an der Fussbasis zwei Ilörbläschen. Die Lagerung dieser Organe scheint nicht dieselbe bei allen Indivi- duen; wir haben sie bei mehreren erwachsenen Exemplaren hinter I cf. Anodonta anatina. — Hörbläschen. Leitz. Oc. 7. Obj. 7. Cam. lue. «, Cuticula ; &, cylindrisches Endothelium ; c, "Wimperhaare, die in der gezeich- neten Präparation zu einer ununterbrochenen und undurchsichtigen Schicht verklebt sind; d^ Otolith, mit concentrischen Schichten ; e, mit einer licht- brechenden Flüssigkeit gefüllte Höhlung der Oto- i/vste. Blattkiemer. 745 dem Fussgangliüu iu der Biadegewebemasse eingebettet gefuuden, während bei jungen Individuen von 2 bis 3 cm Länge die Hör- bläschen zweifellos unmittelbar auf dem Ganglion auflagen. Ihre Aufsuchung im frischen Zustande ist wegen ihrer grossen Zartheit sehr schwierig; der geringste Druck zerstört und zeri*eisst das Bläschen. Darum ist es vortheilhafter, um diese Organe zu finden , die Fussbasis zuvor mit Osmiumsäure zu injicireu, welche die Hörbläschen mit den umgebenden Geweben fixirt. Hat man das Bläschen isolirt, so sieht mau, dass es von einer sphärischen Kapsel (Fig. 343) gebildet ist, deren äussere sehr feine Bindehautwand («) innen mit einer Schicht von cylindrischen Flim- merzellen (b, c) überzogen ist. Jede Zelle besitzt einen eiförmigen Kern, welcher sich sehr gut mit Carmin färbt. Die im frischen Zu- stande leicht sichtbaren Wimpern kleben durch die Beagentien zu- sammen, so dass sie sich nicht mehr leicht erkennen lassen. Die Kapsel, deren Durchmesser 210 Mikromillimeter misst, enthält eine stark lichtbrechende Flüssigkeit, in welcher ein runder, aus concen- trischen Schichten gebildeter Otolith schwimmt, dessen Durchmesser (50 Mikromillimeter (d, Fig. 343) beträgt. Der Verdauungscaual bei Anoäonta ist vollständig, die Wände sind dünn und seine Präparation beim frischen Thiere ziemlich schwierig. Sie gelingt besser mit in Alkohol erhaltenen Exemplaren , oder auch au Tbieren, deren Darm man vorerst mit einer soliden Masse gefüllt hat. Zu diesem Zwecke lässt man das Thier durch einen mehrtägigen Aufenthalt in klarem Wasser sich seines Darminhaltes entledigen und injicirt es dann durch das Rectum mit einer gefärbten Gelatinelösung. Wenn das Thier genügend erwärmt worden ist und die Einspritzung nicht unter zu starkem Drucke gemacht wurde, kommt man leicht dazu, den grössten Theil des Darmes mit der Masse zu füllen. Dann taucht man das Thier in kaltes Wasser, wodurch die Masse gerinut. Der am hinteren und unteren Rande des vorderen Schliessmuskels gelegene Mund bildet eine Querspalte, ohne Spur von Kauorganen. Er führt durch einen sehr kurzen Schlund in einen grossen, im All- gemeinen eiförmigen Magen {g, Fig. 338), dessen grosse Achse von vorn nach hinten gerichtet ist, während seine Höhlung durch Falten und starke Wülste der Schleimhaut in mehrere Abtheilungen getheilt ist. Der Magen wird von der Leber umgeben, welche die von ihr abgesonderte Flüssigkeit durch wenigstens vier Ausführuugscanäle, deren Oeffnung man leicht auf der Magenwand sehen kann, in die Höhlung des Organes ergiesst. Wir wissen, dass die Leber vor Allem eine Verdauungsdrüse ist; da die von ihr abgesonderte Flüssigkeit dem Pankreassaft der höheren Thiere ähnliche Eigenschaften besitzt, ist es wahrscheinlich, dass die Verdauung vorzugsweise im Magen vor sich geht. 746 Mollusken. Hinter dem Magen verengt sich der Darm beträclitlicla und be hält beinahe den gleichen Durchmesser auf seinem ganzen Verlaufe bei £ Fig. 344. C Nachdem er sich durch die Eingeweidemasse gegen den Fuss hin gesenkt hat, dreht er sich nach vorn und wendet sich gegen die Leber zu, um sodann sich zurückzubiegen und aber- mals nach vorn zu richten. Er ist also zweimal um sich selbst geschlungen, be- vor er aus der Körper- raasse austritt; gewöhnlich schliesst die eine Schlinge die andere ein, jedoch haben wir auch eine über der anderen getroffen, wie wir es in Fig. 338 gezeichnet haben. Zum zweiten Male auf der Höhe der Leber angekommen, beugt sich nun der Darm definitiv rückwärts und entfernt sich von diesem Organ. Sein letzter Theil, das Rectum, dringt in den Herzbeutel ein, durchsetzt schräg die Herzkammer (A;, Fig. 338) und läuft über den hinte- ren Schliessmuskel weg zur Afteröffnung (/)> die auf einer kleinen, an dem hin- teren Rande dieses Muskels hervorragenden Warze ge- legen ist. Die Muskelhaut der Darmwände besteht aus Fiji. ;J44. — Aitodonta anutind. Verschiedene Zellen- formen des Darmeijitheliums nach Fixation in Os- miumsäure und Maceration in Alkohol zum Drittel, einer äusseren Längsfaser- A, Zelle vom Gipfel der Magenwindungen ; jß und C, schiebt und einer inneren Darmzellen. Veriek. Oc. 2, Ohj. 8. Fig. 345. — Anoflonfa anaihia. Schnitt durch eine den Krystallstiel enthaltende Darmschlinge. «, mus- culöse Bindegewebeschicht mit zahlreichen Kernen; J, endotheliale Schicht; c, Wimpern ; f?, Querschnitt des Krystallstieles. Ringsfaserlage. Die beiden Lagen sind besonders in der Schlundregion und am Ende des Rectums sichtbar, anderwärts aber kaum Blattkieraer. 747 deutlich. Die äussere Bindegewebehaut geht iii das Parenchyra des Körpers über. Die innere Fläche des Darmes ist gänzlich mit einem Wimper- epithelium ausgekleidet, dessen cylindrische Zellen, je nach den Ge- genden, verschiedene Länge besitzen. In der Mundhöhle und im Schlund sind die Zellen klein, die Bewegung ihrer Wimpern von vorn nach hinten gerichtet, so dass die Nahrungstheilchen (Diatomeen, In- fusorien u. s. w.) nach dem Magen hin bewegt werden. An den Wänden dieses letzteren findet man grössere imd kleinere Zellen (Fig. 344), von welchen man sehr schöne Präparate nach vorgängiger Maceration in Alkohol zu einem Drittel und Fixation in Osmiumsäure machen Fig. 346. e' ,--/ Anodoiita anat'nia. — Dorsalei- Theil eines durcli die Leber get'ülirtcu Quersrlinittes. Leitz. Oc 1, Obj. 5. a, Rücken wulst des Mantels; b, Maschen des Bindegewebes des Mantels ; c , der Länge nach durchschnittene Drüsens, Fig. 354), das keine zusammenhängende Schicht bildet, sondern namentlich auf der inneren Lamelle, durch viele knopflöcherartige (Fig. 351 und 353), den Durchgang des Wassers in den Zwischenräumen befördernde Spalten durchbrochen ist. Man triflft in der That zwischen den Lamellen bindegewebige Scheidewände (6), welche zahlreiche Kammern, die Zwischenkieraen- kammern (Fig. 353 und a, Fig. 354), von einander trennen. Diese Kammern sind in der Weise angeordnet, dass das zwischen die La- mellen eindringende Wasser sich in ihnen vertheilt und mit dem in den Capillaren und den Hohlräumen der Kiemen circulirenden Blute in Fig. 354. mittelbare Berührung kommt. Auf Schnitten kann man leicht die Communicationen zwischen den Kammern unter sich einerseits und durch die knopflöcherartigen Spalten mit derAussen- fläche andererseits verfolgen ; aber, wie bereits ^ gesagt wurde, ist es schwer, sich ein genaues Urtheil über die Blutvertheilung zu bilden und wir müssen zugestehen, dass die verschiedenen / Einspritzungen, die wir vornahmen, uns zu wenig übereinstimmenden Resultaten geführt haben, ohne Zweifel aus dem Grunde, weil man wahrscheinlich nicht in allen Fällen denselben Drvick ausüben kann, so dass die Lacunen dann mehr oder weniger gefüllt werden. Zudem wechselt die Festigkeit des Binde- gewebes je nach dem Alter der Individuen ; bei jungen Thieren treten sehr leicht Zerreissun- gen ein. Absonderungs- oder Bojanus'sches Organ. — Unter diesem Namen versteht man das Absonderungsorgan der Lamellibranchier. schnitt des ünteiTandes Bei "«serem Tj^pus ist es gut entwickelt; wir eines in Osmiumsäure fixir- finden es in Form zweier Säcke, die auf der oberen Medianlinie nach hinten zu verbunden sind und vorn aus einander weichen. Diese zwei Säcke befinden sich zwischen Körpermasse Anodonta anatina. — Längs- ten Kiemenblättchens. Leitz, Oc. 7, Obj. 5. a , Zwisclienkiemenraum : b, Querwände ; c, unterer Rand des Blättchens; d, und Herz, unmittelbar unter dem Herzbeutel, Hohh-äume des Bindege- und sind theilweise auf den Seiten von den wehes; e, chitinöse Stab- Kiemenblättern bedeckt. Nach hinten zu sind chen : /", Epitheiialdecke. • r -j. l ^ • i • i. ' -^ '■ Sie mehr erweitert als vorn ; sie lassen sich durch ihre dunkelbraune Farbe leicht erkennen (Fig. 338, 355, 356, 357, 358). Um diese Organe genauer zxi untersuchen, nehmen wir das Thier Blattkiemer. 761 aus seiner Schale und breiten es mittelst Stecknadeln in der Art aus, dass man es von der Ilerzseite aus betrachten kann. Die zwei auf der Drittellinie des Rückens vereinigten Mantellappen bilden an dieser Stelle ein weiches und dichtes Dach, welches wir abtragen, um in die Herz- beutelhöhlung eindringen zu können , deren Wand dem Bindegewebe des Mantels fest anhaftet. Das durch das Rectum durchsetzte Herz erscheint nun; wir ziehen das Rectum mit einer Piucette in die Höhe, schneiden es an dem Orte, wo es aus der Leber tritt, ab und ziehen es nun mit sammt dem Herzen bis zum After heraus. Der auf diese Weise Fig. 355. './■ f. n m .e a Ann'loiifu unallnu, — Die Schale ist entfernt, das Thier auf den Rücken gelegt und die Manlellappen ausgebreitet. Um die innere Fläche des Mantels zu zeigen, wurden die Kiemenblättchen abgeschnitten. Der Körper ist auf die linke Seite gelegt, a, der Kör)ier ; b, der Fuss; c, vorderer Schliessmuskel ; c', hinterer Schliessmuskcl ; c, Wulst des Mantelrandes ; /, conische Papillen des hinteren Mantelrandes ; r/, Linie, längs weicher der Mantel an der Schale anliegt; /( und //, Ansatzlinien der Kiemenblätter ; /, rechtes Kiemonblatt ; k, Mundlamellen; /, Haftmuskel des Körpers; »n, B oj a n u s ' sches Organ ; w, hinteres Nervenganglion. gänzlich blossgelegte, durchsichtige Boden des Herzbeittels lässt die beiden Säcke des Boj anus'schen Organes erblicken, über welche in der Mittellinie der an seiner helleren Farbe und netzartigen Wänden erkennbare Venensinus verläuft {g, Fig. 357 a. S. 763). 762 Mollusken, Fiff. 356. K Wir bemerken auf der unteren Herzbeutelfläche, in unmittelbarer Nähe des Punktes, wo wir das Rectum bei der Leber abgeschnitten haben, zwei kleine Querspalten, welche in die Höhlungen der Bo- janus 'sehen Säcke führen und diese mit der Herzbeutelhöhlung (^■, Fig. 357) in Verbindung setzen. Wenn wir durch diese Oeffnungen eine feine Borste einführen, sehen wir dieselbe in die verhältnissraässig umfangreiche Höhlung des entsprechenden Sackes eindringen, die sich rückwärts, bis unter den hinteren Schliessmuskel, erstreckt. Sie ist durch eine horizontale Wand , die aus einem von drüsenai'tigen Ele- menten bedeckten Binde- gewebe besteht, in zwei über einander liegende Abtheilungen getrennt, so dass man in jedem B ojanus' sehen Sacke eine grössere Unter- kammer und eine engere Oberkammer (?, w?, Fig. 358 a. S. 764) unterschei- den kann. Diese beiden Kammern communiciren auf der hinteren Seite mit einander, da die sie trennende Wand nicht bis zum Ende des Sackes reicht. Die Höhlung der unteren Kammer setzt sich demnach in die der Oberkammer fort, welche sich nach vorn richtet, und durch eine einzige, sehr nahe an der An- heftungslinie der inne- ren Kieme seitlich ge- legene Oeffnung nach aussen mündet. Um von aussen diese OeflPnungen zu finden, die als Aus- trittspforten der vom B ojanus' sehen Organe abgesonderten Stoffe muss man das Auodonta unuüiia. — Die Hückenfläche des Mantels und die Herzbeuteldecke sind abgenommen, a, vor- derer Mantelrand ; i, Hinterrand ; c, vorderer, d, hin- terer Schliessmuskel ; e, Leber ; _/", Darmschlinge, durch die Leber durchscheinend; (j, Rectum; h, After; i, vom Rectum durchsetzte Hei-zkammer ; A- , Vor- kammer ; /, Bojanus' sches Organ ; m , braune Mantelgegend oder K e b e r ' sches Organ. fungiren, Blattkiemer. 763 Thier auf die Seite legen, den Mantel und die Kiemenlauiellen ent- fei'nen, ohne das Organ zu verletzen, und am bezeichneten Orte zwei kleine, nahe au einander gelegene Löcher mit der Lupe aufsuchen, die durch eine leichte Ver- tiefung der Haut ange- Fig. 357. y Anodunta analina. — Der Mantel ist in der Eütken- linie aut'gesihlitzt, Rectum und Herz entfernt worden, um den Boden des Herzbeuteh'aumes zu zeigen, a, vor- derer Mantelrand ; &, Hiuterrand ; c, vorderer, f/, hin- terer Schliessmusltel; e, Leber; /, Kieiuen ; _rvrM/), in anderen Fällen bleiben sie gänzlich frei {Area, Pecten). Jedes Kiemenblättchen. wird wenigstens aus zwei aneinander liegenden Lamellen gebildet, die einen Raum oder eine Zwischenbranchialkammer be- grenzen, welche mehr oder weniger durch die Wände des Bindegewebes in Ab- theilungen getrennt ist. Die Lamellen sind durch ein chitinöses Skelett paral- leler Stäbchen gestützt, die bei den Jungen frei sind und es während des ganzen Lebens bei einigen Gattungen (Area) bleiben, deren Kiemen dann aus einzelnen Franzen bestehen. Diese Stäbchen sind meistens quer verbunden, entweder durch musculöse Bündel oder durch chitinöse Stäbchen, so dass das Ganze eine Art von Gitter bildet. Die manchmal äusserst gefaltete Kiemenfläche, welche durch diese Fal- tung an Oberfläche gewinnt, ist stets mehr oder minder von Wimpern be- deckt, deren stetige Bewegung die Wassercirculation unterhält und ausser- dem die Nahrungstheilchen zum Munde zu treiben scheint. Bei den Najaden ist die äussere Kieme nicht nur zur Athnmng, son- dern auch noch zur Brutkammer bestimmt, wie wir es he.i Avodonta erwähnt haben. Blattkienier. ' 773 Das bei allen Lamellibrancliiern vorhandene Boj anus'sche Organ zeigt eine von der Gestalt des Thieres abhängige Form und eine im Verhältniss zur Körpergrösse stehende Ausbildung. Im Princip besteht dieses schwam- mige Organ aus zwei symmetrisch ausgestreckten Säcken, die an der Kiemeu- basis und unterhalb des Herzbeutels gelegen sind. Seine braune Farbe lässt es leicht erkennen. Jeder der Säcke ist in eine sehr gefaltete und com- plicirte Drüsenregion und in eine nicht drüsige, mit glatten Wänden ver- sehene Hälfte getheilt, welche über der ersteren liegt. Das Blut strömt in Menge durch ein sehr reiches Capillarnutz und entledigt sich seiner un- nöthigen Producte, wahrscheinlich durch die Thätigkeit der gewöhnlich mit verschiedenen Ablagerungen beladenen Drüsenzellen, welche das Parenchym des Orgaues bilden. Bei Unio , Cnrdium u. s. w. mündet eine besondere Oeffuung des Bo- j an us' sehen Orgaues in die Höhle des Herzbeutels, wie bei Anodonta. Was die Ausstossuug der abgesonderten Producte anbetrifft, so erfolgt sie durch einen Canal, welcher nach aussen mündet, manchmal neben den Genital- ötfuungen {Mactra, Cardium), manchmal in den Eileiter selbst (Area, Pinna). Sabatier hat als gezackte Organe [onjanes godronnes) kleine Gebilde beschrieben, die sich in dem Winkel zwischen der Kieme und dem Mantel bei Mijtüus befinden, und die früher als dem Bojanus'schen Organe an- gehörig betrachtet worden sind. Es scheint aber, dass sie in der That vor- wiegend zur Athmuug dienen. Die Geschlechtsorgane zeigen in der ganzen Classe eine grosse Ein- förmigkeit. Sie sind immer nach dem Typus der traubenförmigen Drüsen gebildet, paarig und symmetrisch, und dehnen sich zur Zeit ihrer Reife be- deutend aus. Sie befinden sich in dem Körperparenchym zwischen dem Fusse, der Leber und dem Bojanus'schen Organe. Bei Mytilus , Anomia wandern sie sogar grössteutheils in die Mantellappeu aus. Die Geschlechter sind gewöhnlich getrennt ; die Structur der männlichen und weiblichen Drüsen ist genau dieselbe. Bei vielen Gattungen lassen sich die Hoden erkennen, weil sie bleicher als die Eierstöcke sind, die im Mo- mente der Fortpflanzung sich öfter röthlich oder orangegelb färben. Wenn die äussere Kieme als Brutorgan fungirt, wie es der Fall bei den Najaden ist, so ist die Schale der Weibchen gewölbter als die der Männchen. Fälle von Hermaphroditismus kommen häufig vor {Ostrea, Janira, Pan- dorciyPecten u. s.w.); vielleicht sind sie noch zahlreicher, als man es bis jetzt beobachtet hat, da gewisse Individuen zu verschiedeneu Jahreszeiten abwech- selnd Zoospermen oder Eier erzeugen und somit dem oberflächlichen Beob- achter eingeschlechtig erscheinen. Uebrigens kommen bei entschieden ein- geschlechtigen Gattungen, wie Unio und Anodonta, hier und da Hermaphro- diten vor. Bei den eigentlichen Hermaphroditen giebt es solche, die männliche und weibliche Bläschen in einer einzigen Drüsentraube enthalten {Ostrea), wäh- rend bei anderen die Drüsenportionen verschiedenen Geschlechts deutlicher getrennt sind (Peden). Die Absonderungscanälchen jeder Drüsengruppe laufen zusammen und endigen zuletzt in einem Sammelcaual , welcher sich auf beiden Seiten des Körpers neben der Mündung des Bojanus'schen Organes öft'net {Macfra, Ostrea). Manchmal aber verbindet sich dieser Ausführungscanal mit dem des Bojanus'schen Organes {Pinna, Area, Mytilas) , oder mündet sogar in die Höhlung des Bojanus'schen Organes selbst ein {Pecten, Lima, Spondylus) (Lacaze-Duthiers). Die Befruchtung geht, da Begattungsorgane nie voi-handen sind , in der Mantelhöhle vor sich. Bei den getrennt geschlechtlichen wird der Samen 774 Mollusken. in das Wasser ausgestossen, und da die Tbiere gewölmlich in grossen Scbaaren zusammenleben und die Zoospermen eine bedeutende Lebenszähigkeit be- sitzen, so werden sie sicher grösstentheils durch den Strom des Atbmungs- wassers mitgerissen und so in die Mantelhöhluug der Weibchen gefülirt. Die Hermaphroditen befruchten sicli selber, wenn die ßeife der Samen- zellen mit derjenigen der Eier zusammentrifft, wie es Lacaze-Duthiers bei Cardiiim serratum beobachtet hat. Die Larven der in der See lebenden Musclielthiere besitzen stets ein Wimpersegel, das ihnen zum Schwimmen dient. Literatur. — G. Cuvier, Memolres pour scri'ir ä Phistolre et u Vanatomie des Mollusqves, Paris 1817. — Bojanus, Ueber die Athem- und Kreislautswerk- zeuge der zweischaligen Muscheln. Isis, 1817, 1820, 1827. — A. Müller, Ueber den Byssus der Acephalen. Arch. für Naturgesch., Bd. 111, 1838. — Krolm, Ueber augenähnhche OrgaAe. Arch. f. 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Das Herz fehlt, das Lacunensystem ist sehr entwickelt. Die Geschlechter sind getrennt und die mit einem grossen Wimpersegel versehene , übrigens eher einer Wurmlarve ähn- liche Larve trägt während einiger Zeit eine kleine, zweiklappige Schale, welche derjenigen der Lamcllibranchier ähnlich ist. üeber alle weiteren Einzelheiten des Baues, auf die wir hier nicht eingehen können, verweisen wir auf die classische Monographie von Lacaze- Duthiers: Ilistoire duDentale. Annales des Sciences natur., 4™® serie, Vol. VI, VII et VIII. Auch im Einzeldrucke erschienen: Paris, chez Massen, 1858, in-4'\ 776 INIolluskeii. Classe der Gasteropoden (Cephalophoren; Schnecken). Die diese Classe bildenden Mollusken zeigen sehr verschiedene Formen. Sie unterscheiden sich von den Lamellibranchiern, indem der Vordertheil ihres Körpers mehr oder weniger als gesonderter Kopf hervortritt, der die Sinnesorgane trägt. Ausserdem trifft man bei ihnen niemals einen in Lappen getheilteu Mantel; dieser ist im Gegentheil einförmig und bedeckt die Athmungshöhle. Letztere commuuicirt mit dem Wasser oder der Luft durch eine Oeffnung oder eine Art Sipho. Ueber dem stets bauchständigen Fvisse liegen die Eingeweide, deren virsprünglich bilaterale Symmetrie, meist auf der linken Seite, einestheils durch die Atrophie gewisser Orgaue (Niere, Kiemen u. s. w.), anderentheils durch den oberhalb des Fusses vorragenden und in den meisten Fällen spiralig gewundenen Darmsack gestört wird. Der Fuss dient dem Thiere als Stütz- und Kriechorgan. Bei den pela- gischen Heteropoden wandelt er sich in eine Schwimmflosse um. Der Mantelrand ist in der Regel durch einen drüsenartigen Wulst verdickt, welcher die Schale absondert. Dieselbe besteht meist aus einem einzigen, mehr oder weniger spiralförmig gewundenen Rohre oder auch aus mehreren beweglichen Stücken, wie es der Fall bei den Placophoren ist. Das Nervensystem ist wenigstens durch drei Paare von Ganglien dargestellt; die Hirn-, Eingeweide- und Fussganglien. Sie sind durch zwei Ringe bildende Commissuren untereinander verbunden , wie bei den Blattkiemern; die mit einem regsameren Leben in Verbindung stehenden Sinnesorgane sind aber bedeutend mehr entwickelt, als bei letzteren. Der den Körper meist an Länge übertreffende Darmcanal ist ge- wöhnlich auf sich selbst gewunden. Der Mund ist mit harten und hor- nigen Kauapparaten, Kiefer und Radula, bewaffnet. Der Darm besitzt als Anhangsorgane Schleim- oder Speicheldrüsen und eine grosse, viel- gelappte, fälschlich Leber genannte Verdauungsdrüse. Fast immer existirt bei den Gasteropoden ein arterielles, dorsales Herz, aus welchem die das Blut zu den Hohli'äumen der Organe füh- renden Arterien entstehen. Die Nahruugsflüssigkeit wird manchmal zu dem Athmungsorgane und dann zum Herzen durch Venen zurück- geleitet, welche aber auch fehlen können. Die in der Mantelhöhlung befindlichen und mit der Mantelwand mehr oder weniger in Beziehung stehenden Athmungsorgane, Kiemen oder Lungen , sind beinahe immer vorhanden. Wenn sie fehlen , ge- schieht die Athmung durch die Haut. Gasteropoden. 777 Die Gasteropoden "haben eine dem Boj an us' sehen Organ der Blatt- kiemer entsprechende Niere, sowie zahlreiche Drüsen, die Schleim, Säuren und färbende (Purpur) oder phosphorescirende Substanzen ab- sondern. Ihr Geschlechtsapparat ist öfters sehr complicirt. Die einen sind Hermaphroditen, die an-deren getrennten Geschlechts. Wir theilen sie in die vier folgenden Abtheiluogen ein, denen sich später wohl die Gruppe der Pteropoden anschliessen wird , welche die Mehrzahl der Zoologen aber noch als eine getrennte Classe betrachtet und die wir deswegen besonders behandeln werden. Erste Ordnung: Die P rosohranchi er — Gasteropoden, die durch vorn vor dem Herzen gelegene Kiemen athmen. Sie besitzen eine Schale und sind getrennten Geschlechts. Beispiele: Chiton., Pu- iclla, Halioiis. Zweite Ordnung: Die Opisthohranchicr. — Athmen durch hin- ter dem Herzen befindliche Kiemen. Die meisten besitzen keine Schale (Nudibranchier). Sie sind Zwitter. Beispiele: Doris., Eolidia, Aplysia. Dritte Ordnung: Die Pillmonaten. — Athmen durch Lungen, welche beinahe immer vor dem Herzen liegen. Die meisten tragen eine spiralige Schale xind sind Hermaphroditen. Beispiele: LiiiniacHS, Heli.v, Limax. Vierte Ordnung: Die Heteropoden. — Ihre Tegumente sind durchsichtig. Sie athmen durch Kiemen. Der Fuss ist in eine Flosse umgewandelt. Getrennten Geschlechts. Beispiele: Atlanta, Carinaria, Pterotrachea. Typus: HeJix pomatia (L.). — Gewöhnlich Weinbergschnecke genannt. Diese Landschnecke dient in allen Laboratorien ihrer Grosse, Häufigkeit und weiten Verbreitung wegen als Gegenstand der Unter- suchung ; sie musste deshalb in erster Linie berücksichtigt werden. Sie zeichnet sich durch viele charakteristische Eigenschaften aus; ihr Geschlechtsapparat ist sehr complicirt, und wenn ihr Leben auf dem Lande ein von den meisten anderen Gasteropoden abweichendes Athmungssystem bedingt, so werden wir finden, dass Uebergangsformen zwischen Kiemen- und Lungensäcken bei den Thieren dieser Classe existiren. Während des Winters schliesst sich die Weinbergschnecke in ihr Gehäuse ein und schlummert unter der Erde, bis zur Wiederkelir der ersten Frühlingsregen. Mau findet sie in grosser Anzahl auf den Märkten ; es ist also leicht, sie zu bekommen. Die Zergliederung der Weinbergschnecke wird durch die i'elative Festigkeit ihrer Gewebe und die Unabhängigkeit der verschiedenen Orgaue erleichtert. Präparation. — Die Zusammenziehbarkeit der Gewebe des Thieres verhindert seine Zergliederung in frischem Zustande. Um es zu tödten, erstickt man es in einem mit abgekochtem Wasser gefüllten 778 Mollusken. Gefässe, welches hermetisch verschlossen wird. Es stirbt und zieht sich, wenn man es reizt, nach 24 bis 48 Stunden nicht mehr zusammen, etwas später im Winter als im Sommer; auf diese Art stirbt es, voll- kommen ausgedehnt, was seine Zergliederung erleichtert. Im P'alle man seine Unbeweglichkeit beschleunigen möchte, rathen wir, dem Wasser 2 bis 3 Proc. Chloral zuzusetzen. Nach dem Tode entfernt man die Schale , indem man dieselbe Stück für Stück mit einer starken Scheere , den Nahtlinien der Win- dungen folgend, aufbricht. Man nimmt diese Operation am besten unter einem kleinen Wasserstrahl vor, um sogleich die abgesonderten Schleimmassen zu entfernen; man hüte sich, die Haut zu verletzen und schneide den Columellarmuskel , durch welchen das Thier an der Schale befestigt ist, so nahe als möglich an dieser ab. ^Dann geht mau zur makroskopischen Zergliederung über. Für histologische Beobachtungen muss man, um die Gewebe zu fixiren, die wohl ausgebreitete Schnecke in eine warme Sublimatlösung legen, nachdem die Rückenhaut aufgeschlitzt worden ist , um so das Eindringen des Reagens zu erleichtern. Man kann auch wenigstens ein halbes Liter einer einprocentigen Chromsäurelösung in ähnlicher Weise benutzen, doch nur in den Fällen, wo es sich nicht um Unter- suchung der Kalkconcretionen der Haut oder der Otolithen handelt, da diese von der Chromsäui'e aufgelöst werden. Die Osmiumsäure zu 0,5 oder 1 Proc. ist immer noch das beste Fixativ, man kann sie aber nur für kleinere Organtheilchen gebrauchen. Mit folgendem Verfahren haben wir von Individuen von geringer Grösse gute Schnittserien erhalten : Asphyxie durch Untertauchung ; Fixation in einer grossen Quantität einprocentiger Chromsäurelösung; Auslaugung mit Wasser; Härtung in siebziggradigem Alkohol; Zerthei- lung des Thieres in zwei oder drei Theile, welche man in toto mit Boraxcarmin färbt; Entfärbung in gesäuertem Alkohol (s. S. 22); Ent- wässerung in absolutem Alkohol; Verbleiben in Terpentin und endlich Eiuschliessung in weichem Paraffin (zwischen 45 und 50*^ schmelzend). Das Rasirmesser trifft nur an dem hornigen Kiefer und an dem durch die Chromsäure nicht immer aufgelösten Liebespfeile auf einigen Widerstand. Z e rgliederuug. — Das todte Thier wird mit seinem Fusse an einer Korkscheibe durch Stecknadeln befestigt. Man schlitzt dann mit einer feinen Scheere die Körperwand auf der Medianlinie des Rückens von vorn nach hinten auf, ohne die Scheerenspitze zu tief einzustossen, um nicht die inneren Organe zu verletzen. Am Halskragen oder Man- telwulst angelangt (c, Fig. 361), durchschneidet man diesen mit einem Schnitt, sowie die die Lungenhöhle {g, Fig. 361) bedeckende Mantel- falte, welche man nach der rechten Seite (23, Fig. 363) umlegt. Der Boden dieser Höhlung wird durch die Körperwand gebildet; man Gasteropodeii. 779 spaltet dieselbe der Länge nach, indem mau stets der Höhe der Win- dungen nachgeht. Es handelt sich darum, vorsichtig zu verfahren und mit der Pincette die auf den Eiugevpeiden eng anliegende Körperdecke immer in die Höhe zu ziehen; Leber und Darm namentlich werden leicht verletzt. Die verschiedenen eng aneinander gepreSsten Organe sind von einem losen Bindegewebe, welches keinen grossen Widerstand bietet, umhüllt; sie sind durch musculöse Bändchen zusammengeheftet, die mau durchschneiden muss , um die Organe zu entfalten. Der an seiner bräunlichen E'arbe ei'kennbare Darm (e, Fig. 363) und der von breiten, weisslichen Schleimdrüsen (d, i, Fig. 363) bedeckte Magen werden auf die linke Seite gelegt und mit Stecknadeln fest- gehalten, während man auf der rechten Seite den weissen Geschlechts- apparat ausbreitet. Dem Anfänger rathen wir, den Darm gänzlich zu entfalten, um seine Beziehungen zur Leber zu coustatireu; nur wird Fig. 361. Hdlx pomcUla. — Das im Wasser erstickte und von seiner Schale entblösste Tliicr, von der rechten Seite gesehen, a, Grosse Tentakel oder Augenfühler ; b, kleine Ten- takel ; c, Peristom ; d, Fuss ; e, drüsiger Wulst des Mantels ; /, der Körperwand an- gehefteter Manteltheil ; (j, gefässreicher Theil des Mantels, der den Lungensack be- deckt; Ä, Niere; l, das durch den Herzbeutel durchschimmernde Herz; i-, Eiweissdrüsc; l, Leber; m, letzte Spirahvindung; n, Oeffhung[des Lungensackes (Fneumostom) und After; o, Geschlechtsötfnung. er Sorge tragen, den Zwittercanal nicht zu verletzen, welcher die gleichnamige Drüse (die in dem letzten Leberlappen auf der Innen- fläche der äussersten Spiralwindung eingegraben liegt) mit der Eiweiss- drüse und dem Uterus verbindet. Er kann die Organe so ausbreiten, wie es -Cu vier in der sein berühmtes „Memoire sur la lioiace et Je colima^on'''' (siehe Literatur) begleitenden Figur gethan hat. Diese Figur ist in allen Handbüchern wiedergegeben. Wir halten es für überflüssig, hier eine Schilderung der allgemeinen Lagerung der Organe zu geben. Das Studium unserer Figuren 361 780 Mollusken. Fio-. ;i62. Heüx pomalia. — Präparat des Thieres, nach Injection des arteriellen Gefässsystemes, um die allgemeine Anordnung der Organe zu zeigen, a, Pharynx; b, Anfang der Speiseröhre; c, Speiseröhre; d, Mag^n; e, Blindsack des Darms, in welchen die Aiis- führungsgänge der Verdauungsdrüse oder Leber bei / münden; r/, Darmwindungen in der Leber (sie wurden nicht gänzlich isolirt, um die Beziehungen zwischen Herz und Aorta zu erhalten) ; h , Rectum ; i , Speicheldrüsen ; k, Verdauungsdrüse oder Leber; k', Niere; /, in den Pharynx auf beiden Seiten der S])eiseröhre mündende Aus- führungsgänge der Speicheldrüsen; m, theilweise eingestüliiter linker Tentakel ; ?*, aus- gedehnter rechter Tentakel; o, Rückziehmuskeln der Tentakel; /*, Coluraellarmuskel (der unjiaare Muskel, welcher die Columellarmuskeln bedeckt und sich vorn an der unteren Fläche des Pharynx ansetzt , ist abgeschnitten worden , um die Fussarterie Gasteropoden. 781 und 362 wird die Orlentlrung sehr erleichtern. Die Flgnr 861 stellt die Weinbergschnecke dar, wie sie sich bei abgelegtem Gehäuse von der rechten Seite zeigt; die angezeigten Organe sind leicht durch ihre verschiedenen Färbungen zu erkennen; man siebt sie durch die Tegu- meiite durchschimmern. Der Fuss hat die Form einer auf der Kriech- fläche abgeplatteten Spindel. Das Ilei'z Ist rückenständig; der Kopf unterscheidet sich durch die vier Fluider, dereu grösseres Paar die Augen trägt (rt, h, Flg. 361). Die Lebermasse und die Anhänge der Geschlechtsdrüsen sind In einem spiralig gewundenen Sacke, dem Eln- geweldesacke, gelegen, welcher sich auf der Rückenfläche des Fusses erhebt. Auf der rechten Seite des Mantelrandes bemerkt man die Athmungsöffnung (n), die zu gleicher Zeit zur Ausstossung der Ex- cremeute dient. Hinter dem rechten Augenfühler zeigt sich die kleine Geschlechtsöffuung (o). Wir haben uns bemüht, in unserer Figur 362 eine Gesammtdarstellung unseres Typus wiederzugeben. Es ist zu bemerken, dass wir den Darm nicht auf seiner ganzen Länge von seiner Verbindung mit der Leber losgelöst haben, um die Communicatlonen des Herzens mit den hauptsächlichen arteriellen Stämmen zu be- wahren. Die Zeichnung wurde nach einem zuvor mit Carmln injlclr- ten Exemplare gemacht. Es ist selbstverständlich, dass man das Thier im Sinne seines Ganges, den Kopf nach vorn, den Fuss nach unten und den Eingeweidesack etwas nach rechts geworfen, orientirt. Wir werden bei Gelegenheit der einzelnen Organe die vortheil- haftesten Methoden für die Zergliederung derselben angeben. Schale. — Das kalkige Gehäuse, in welches das Thier mittelst seines Columellarmuskels sich gänzlich zurückziehen kann, wird durch den Rand des Mantels abgesondert. Es besteht namentlich aus einer organischen Substanz, dem Conchilln , welche man durch längeres Maceriren in schwacher Salpetersäure Isoliren kann, und aus krystal- linischen Mineralsubstanzen, unter welchen kohlensaurer Kalk vor- wiegt. Dieselben sind in Form von Lamellen und kleinen Prismen abgelagert. Die Schale ist aus einem einzigen Stück mit einer einzigen liloss 7,u legen); rj, schiefe Muskeln des Fusses; »•, Quevniuskeln des Fusses ; s, unver- letzte hintere Region des Fusses; f, Endwindung derLeher; n, Zwitterdrüse; v, Aus- t'ührungsgang der Zwitterdrüse (er wurde durchsclinitten , um die Aushreitung der Organe zu ermöglichen); w, Uterus; x, Samenidäschen; ?/, vom Uterus los]iräiiarirter Canal des Samenhläschens; z, Liebespfeiltasche; 1, vielspaltige Drüsen; 2, Penis; 8, Ende des Samenganges ; 4, Rückziehmuskel des Penis; 5, Flagellum ; 6, Geschlechts- cloake; 7, Eiweissdrüse; 8, Hirn; 9, Unterschlundcommissuren ; 10, Visitero-Pedal- Ganglion; 11, Tentakelnerv; 12, geöffneter Herzheutel ; 13, Vorkammer; 14-, Herz- kammer; 15, Aorta; 16, Kopfarterie, die nach vorn das Yiscero-Pedal-Ganglion durch- setzt; 17, tiefe, sich zwischen den Fussmuskeln verzweigende Arterie; 18, auf dem Magen und den Speichelgängen sich verzweigende Speichelarterie; 10, Darmarterie ; 20,' Zweig zum Fuss- und zum Columellarnuiskel; 21, Eingcweidcarterie {A. hi'']iatii- intestinale Cuvier); 22, Lungenvene, das arterielle Blut zur Vorkammer zuriiik- führend; 23, Rückenwaud des Mantels mit den Verzweigungen der Venen. 782 Mollusken. ungekammerten Höhlung gebildet; man zählt bei ihr vier um eine feste Axe, die Colnmellii (b, Fig. 363), aufgerollte Spiralwindungeu. Ihre Orien- tiruDg wechselt je nach den conchyliologischen Systemen ; wir ver- weisen, was die Einzelheiten anbetrifft, auf das Handbuch der Concliy- liologie von Fischer. Wir richten die Schale mit dem Munde (c) nach vorn und der Spitze (a) nach hinten, wie wir es in Fig. 363 dar- gestellt haben. Wir unterscheiden am Munde eine auf der Seite der Columella stehende innere Lippe (d) und eine äussere Lippe (e). Die Schale wird ganzraundig (holostom) genannt, weil die Ränder ihres Mundes regelmässig glatt, ohne Ausschnitte und Verzierungen sind. Beim Heranrücken des Winters sondert die Weinbergschnecke durch ihren Mantelwulst eine Art von Deckel, das sogenannte Epi- phragma, ab, welches die Oeffnung der Schale scldiesst. Dieser Fio-. 363. Deckel , welcher dem perma- nenten Deckel anderer Gaste- ropodeu nicht homolog ist, weil er stets frei und in keiner Verbindung mit dem Fusse steht, unterscheidet sich von dem Gehäuse durch seine Zusammensetzung; er enthält eine viel grössere Menge von phosphorsaurem Kalk, wel- cher mit dem kohlensauren Kalk vermengt ist. Zur Früh- lingszeit fällt das Epiphragraa ab, um sich aufs Neue im Spätherbst zu bilden. Tegumente. — Die Haut der Weinbergschnecke ist weich; sie zeigt auf der Ober- fläche des Körjiers, in den von der Schale nicht bedeckten Regionen, warzenförmige, durch Furchen getrennte Hervorragungen und setzt sich (Fig. 361) direct in das unter- liegende dermomusculare Gewebe fort. Doch hebt sie sich auf der Rücken- fläche, besonders bei ertränkten und in einer kochenden Sublimatlösunff fixirten Thieren, leicht ab. Dieser Rückenregion entnehmen wir ein Frag- ment; nachdem es in Osmiumsäure zu 1 Proc. oder in Sublimat getränkt worden ist, färben wir es mit Carmin und zerlegen es in feine Schnitte. Eine längere Maceration von mehreren Tagen in einer schwachen Lösung von doppeltchromsaurem Kali erleichtert die Untersuchung der histo- logischen Elemente durch Zerzupfung. Der ganze Körper wird durch die aus einer einzigen Schicht cylindrischer oder abgeplatteter Zellen bestehende Epidermis be- HeH-x pomal'ia. — Die der Länge nach o-espal- tene Schale, um die Spiralwindungen zu zeigen. Apex ; hh , ColumeUa ; Mund der Schale; d, innere Lippe. c , OeflnuHg oder Lippe ; e, äussere Gasteropotleii. 783 deckt (n, Fig. 3()4). Die abgeplattete Form trifft man besonders in den von der Schale überzogenen Theilen. Wir fanden darauf keine Wimpern, wie sie bei den im Wasser lebenden Gasteropoden vorhan- den sind. Das Pi'otoplasraa dieser Zellen ist in frischem Zustande Fig. 364. r Ilelix jwmafia. — Senkrechter Durchschnitt der ih-üsigen Schicht der Rückenhaut, in einer stark warzio-en Reginn. Leitz, Oc. 1, Obj. 5. a, Epidermis; b, Furche zwischen zwei Papillen; c, der Länge nach durchschnittene Schleimdrüsen; cl, in ver- schiedenen Richtungen durchschnittene Schleimdrüsen , bei einigen hat der Schnitt den Kern e getroffen ; /, mit einer körnigen Substanz angefüllte Kalkdrüsen ; / , Kalk- drüse mit doppeltem Sacke; g, biniförmige, gellje Bläschen enthaltende Zellen. Fig. 365. B Hel'tx pomutia. — "Senkrechter Schnitt durch die Rückenhaut, in einer Region iduie Papillen. Leitz, Oc. 1, Obj. 7. a, Epidermiszellen ; J, Schleimdrüsen ; c, Kern; fZ, Aus- führungsgang einer solchen; e, Ausgangsöffiumg ; /, musculöse Bündel der Haut, in verschiedenen Richtungen gekreuzt ; jr, Lacunenräume. etwas gelblich gefärbt; ihre Kerne treten deutlich hervor (rf, Fig. 304 und 365). Unmittelbar darunter befindet sich eine unterbrochene Schicht von unregelmässig gesternten Pigmentzellen. Diese Zellen sind besonders in der den Lungensack (c, Fig. 366) bedeckenden Haut zahl- reich; anderswo können sie gänzlich fehlen. 78C Mollusken. Die Lederbaut besteht aus eiuem lockeren Bindegewebe, welches grosse, verschieden gestaltete Zellen (d, Fig. 366), zahlreiche zerstreute oder in Haufen vereinte Kerne (/, Fig. .366) und mnsculöse, in aUen Richtungen sich durchkreuzende Fäserchen (/, Fig. 365 und e, Fig. 366) enthält, zwischen denen sich hier und da Kalkconcretionen vor- finden. Die oberflächliche Schicht der Lederhaut enthält eine Menge von einzelligen Drüsen, Schleim- und Kalkdrüsen, die besonders zahlreich in der Haut des Rückens, auf den Seiten des Fusses, namentlich auf der Höhe der Wärzchen und in dem Mantelwulst, angehäuft sind. Die durch die Schale geschützte Haut besitzt im Gegentheil keine solche Drüsen. Die Schleimdrüse n (c, Fig. 364 und b, Fig. 365) sind manchmal gross genug, um mit nacktem Auge gesehen zu werden, sie sind birn- förmig ; ihr durchsichtiger, feinkörniger Inhalt zeigt in vielen Fällen einen sich in Carminlösungen stark färbenden Kern {e, Fig. 364 und c, Fig. 365). Sie münden durch eine, am Ende des die Epidermisschicht durchsetzenden Drüsencauales cl gelegene Oeffnung (c, Fig. 365) nach aussen. Sie unterscheiden sich von den Kalkdrüsen, indem ihr Inhalt in Essigsäure nicht aufbraust. Senkrechte Durchschnitte der Haut treffen diese Drüsen in verschiedenen Richtungen. Die Kalkdrüsen haben die Form länglicher Säckchen mit welligen Umrissen; ihre Anzahl scheint kleiner als diejenige der vor- hergehenden zu sein; wir besitzen Schnitte wie derjenige in I"'ig. 365, wo sie gänzlich fehlen. Ihr Inhalt ist undurchsichtig und sehr körnig (f, Fig. 364). Sie sind manchmal ziemlich eng, schlauchförmig mit kaum erweitertem blindem Ende. Dagegen findet man welche, deren Sack doppelt ist (/', Fig. 364). Leydig hat sie vom histologischen Standpunkte aus in seiner Arbeit: „Ueber die Hautdecke xiiid Schale der Gasteropoden" (siehe Literatur) eingehend beschrieben. Wie die vorigen entleeren die Kalkdrüsen ihren Inhalt mittelst eines feinen, mehr oder weniger verlängerten Ausführungsganges, welcher an der Oberfläche der Haut durch eine einziece krcisförmiare Oeflfuung endigt. Wir glauben, dass die Austreibung der Absonderungs- stoffe durch die Bewegung der musculösen , rings um diese Drüsen sich durchkreuzenden P'äserchen der Haut bewirkt wird. Endlich zeigen Durchschnitte der Haut zahlreiche Bluthohlräume, die leicht zu injiciren sind, wie wir es bei Gelegenheit des Kreislaufes zeigen werden. Die den Lungensack bedeckende Haut ist dünner als diejenige, welche sich über die von der Schale nicht geschützten Kör2:)erthei]e er- streckt; sie ist pigmentirter ; ferner sind die Zellen ihres Epitheliums abgeplatteter; ihr schwammiges Bindegewebe (d, Fig. 366) ist von Arterien und Venen (g, (J) durchsetzt. Gasteropoden, <8c» Das Peritonealblüttchen, welches die Körperhöhle überzieht und auf die Oberfläche der Eingeweide übergeht, sowie die musculösen Bindegewebslamellen, welche die Eingeweide zusammenheften, bestehen aus runden Zellen, die einen grossen runden Kern besitzen, aus eiförmi- gen und sternigen Zellen, zwischen denen zahlreiche freie Kerne ein- gestreut sind. Muskeln. — Alle Muskeln sind aus spindelförmigen, manchmal sehr in die Länge gezogenen Zellen mit gänzlich getrennten oder rudimen- tären Kernen gebildet; einige Fasern zeigen eine unvollkommene Quei'streifung. Man wird die Muskelzellen auf Fragmenten untersuchen, die während einigen Tagen in einer Chromsäurelösung von 1 pro Mille macerirt worden sind. Der Herzmuskel eignet sich sehr gut zu diesem Studium. Die musculösen Fäserchen in der Haut sind äusserst dünn, man kann ihre Durchkreuzungen auf Fragmenten der Limgendecke oder Fiff. 366. a- ,-— -^ Iklix pomalia. — Senkrechter Schnitt durch die Getasswaud des Lungensacks. Leitz, Oc. 1, Olij. 3. a, Epithelium; b, Enclothelium ; c, in den oberflächlichen Schichten der Haut zerstreute Pigmentzellen ; il, grosse Zellen des Bindegewebes der Haut ; e, oberflächliche musculijse Fasern ; f, Kernhaufen ; g, Durchschnitt eines Blutgelasses ; g , eben solches mit einem Blutgerinnsel im Inneren. der musculösen Bindegewebslam eilen, welche die Eingeweide unterein- ander verbinden, leicht nachweisen. Im Fussc, der die kräftigste Mus- kelmasse des Thieres bildet, kreuzen sich die dichten Bündel in allen Richtungen und werden durch Lacunenräurae, von denen später die Rede sein wird, mit Blut getränkt. Querschnitte des Fnsses gleichen einigermaassen Schnitten der Zunge der Säugethiere, mit welcher Cuvier bereits den Fuss unserer Schnecke verglichen hatte. Es be- finden sich darin quere, dorso-ventrale, schräge und Längsbündel. Oberhalb des Fusses und an der Eingeweidebasis findet sich der grosse Columellarmuskel (p, Fig. 363), welcher sich in zwei bi'eite Vogt n. Yung. ]irakt. vergl. Anatomie. gQ 786 Mollusken. Fio;. 36'; Bänder spaltet, die sicli nach vorn in mehrere schräg in den P\iss eindringende Bündel theilen. DieRückziehmnskeln d(!r Fühler (o, Fig. 363) zweigen sich ehenfalls vom Cüluraellarmuskel ah. Dieser letztere, von dem ein uupaares Bündel den Schlundring durchsetzt nnd ^ich an der Basis der Muskelmasse des Pharynx inserirt, zieht den ganzen Vorder- theil des Körpers in die Schale zurück. Er heftet sich mit seinem Hinterende der Cohimella an. Wenn man das Thier öffnet, wird man den mit einem Ende an der Basis des Penis, mit dem anderen ander entgegengesetzten Körjier- wand inserirten Rückziehmnskel des Penis (4, Fig. 363) bemerken. Er muss abgeschnitten werden, wenn man den Geschlechtsapparat aus- breiten will ; das Gleiche geschieht mit einigen anderen musculösen Bändchen , welche oberhalb des Darmes die Körperhöhle von einer Wand zur anderen schräg durchsetzen. Nervensystem. — Die wichtigsten Ganglien dieses Systems finden sich in der "Nähe der Speiseröhre, um welche sie einen weisslichen Ring (8, 9, 10, Fig. 363) bil- den, der, sobald man das Thier geöffnet hat, den Blick an sich zieht und von welchem zahlreiche sich zur Peripherie begebende Nerven entstam- men. Dieser Nervenring ist von einer Scheide lockeren Bindegewebes umgeben, an Ilelix pomatla. — Centralnervcnsystom, in dop- welche sich kleine musculöse pelter Grösse ; «, Hirngaiigüon ; h, Yiscero-Pedal- Ganglion; c, stomato-gastrisclie Ganglion ; d, dop- pelte, das Hirngauglion mit dem Viscero-Pedal- Ganglion verbindende Schlundringcommissur ; e, Quercommissur der stomato- gastrischen Gang;- lien; y, Commissuren zwischen dem Hirnganglion und den stomato-gastrischen Ganglien ; g, Ten- takelnerv; /* , äusserer Lippeunerv; ?, innerer Lippennerv; Ä-, Gesichtsnerv; /, unpaariger, zum Penis gehender Nei-v; m, hinterer Mantelnerv; M, mittlerer Mantelnerv ; o, vorderer Mantel- nerv ; p und q , 7,\im Vorderende des Fusses gehender Fussnerv ; r , Hauptzweige der Fuss- nerven, die sich zum Hinterende des Fusses be- gehen; .s, Genitaluerv ; f, das Viscero- Pedal- Ganglion durchsetzende Kopfarterie. Bändcheu anheften, die ande- rerseits mit den Körperwänden und der Schlundmasse in Ver- bindung stehen. Die schwache Widerstands- fähigkeit der Nerven im fri- schen Zustande erschwert ihre Zergliederung und es ist manchmal schwierig, sie von den benachbarten Muskeln zu unterscheiden. Die Prä2")ara- tion gelingt besser an Indivi- duen, die zuvor in Wasser ge- Gasteropoden. 787 tödtet und in einer kochenden Sublimatlösung fixirt oder wahrend mehrerer Tage in einer Lösung von Salpetersäure zu 20 Proc. macerirt worden sind. Diese Säure greift die Muskeln an, welche sich dann leicht abtrennen lassen , während sie die Consistenz der sich gelblich färbenden Nerven bedeutend verstärkt. Für das histologische Studium des Nervengewebes wird man sich der Osmiumsäure zu 1 Proc. bedienen. Das obere Ganglion oder Hirnganglion (8, Fig. 3(53 und a, Fig. 367) ist breiter als lang und vorn an den Austrittspunkten der Fühlernerven {g, Fig. 367) leicht angeschwollen. Es ist mit dem unteren Ganglion oder Vi scer o -Pedalgangli on'(10, Fig. 363 und h, Fig. 367) durch eine doppelte Commissur (9, Fig. 363 und d, Fig. 367) in Verbindung gesetzt, welche die Speiseröhre gleich hinter der Schlundkopfmasse umzieht und den grossen Rückziehmuskel dieser letzteren durchtreten lässt. Das untere Ganglion ist umfangreich und sehr dick; es wird von hinten nach vorn durch die Kopfaorta (f, Fig. 367) durchsetzt, welche es gänzlich in zwei Portionen theilt, die eine oberhalb der Aorta, das eigentliche, die Hörbläschen tragende Fussgauglion , die andere unterhalb, das Eingeweideganglion. Der innere Zweig der Speise- röhrecommissur erstreckt sich bis zum ersten Theil des unteren Ganglions, während der äussere Zweig zum zweiten geht. Wir haben hier also wenigstens drei Ganglienpaare, den bei Auodonfa beschriebenen ent- sprechend, aber im Gegensatz zu diesem Lamellibranchier stehen diese Ganglien hier sehr nahe zusammen und die Eingeweide- und Fuss- ganglien sind sogar bei der W^einbei^gschnecke theilweise verschmolzen. Serien von Schnitten in der Unterschlundmasse lassen annehmen, dass noch andere als die erwähnten Ganglien darin vorhanden sind. Ihering schätzt ihre Gesammtzahl auf sieben , und bei sehr jungen Thieren kann man in der That sieben dicht zusammengerückte Gang- lien unterscheiden. Das Hirnganglion ist durch zwei Commissuren mit zwei kleinen Ganglien verbunden, welche symmetrisch auf jeder Seite des Schlund- kopfes in der Nähe des Punktes gelegen sind, wo die Ausführungs- gänge der Speicheldrüsen münden. Sie nennen sich die stomato- g a st ri sehen Ganglien (c, Fig. 367 und /, Fig. 376); aus ilmen entstehen dünne Nervenfäserchen, die sich nach vorn bis in die Nähe des Mundes und nach hinten auf der ganzen Länge der Speiseröhre verzweigen. Diese eiförmigen Ganglien sind durch eine Quercommissur (e, Fig. 367) mit einander verbunden. Die peripherischen Nerven sind zahlreich und oft so fein, dass es ziemlich schwer ist, sie zu verfolgen. Wir werden nur die wichtigsten erwähnen und uns der Namen bedienen, von denen Ihering in seiner Schrift: ,,Ueber die Entwickelungsgeschichte von Helix" (siehe Litera- tur) {Gebrauch gemacht hat. 50* 788 • Mollusken. Die zwei grössten aus dem Hirnganglion entspringenden Nerven sind die Fühl er nerv en , von mehreren Autoren Sehnerven genannt {g, Fig. 367). Es sind gemischte Nerven, da sie einerseits motorische Fasern, welche die Rückziehmuskeln der Fühler innerviren und anderer- seits sensitive Fasern enthalten, die sich zum Auge abzweigen. Ausser- dem sendet der Nerv Fasern in eine Ganglienrüasse, auf die wir bei der Anatomie der Fühler zurückkommen werden (siehe Sinnesorg.ane) ; diese Masse ist unter der Haut der Fühlerspitze gelegen (Geruchszweige). Ein Paar von feineren Nerven entspringt jederseits neben den Tentakelnerven: aussen der äussere Lippen nerv (/*, Fig. 367), welcher sich bald in zwei Zweige theilt, von denen der eine zu den Lippen , der andere zu den seitlichen Theileu des Kopfes sich begiebt ; dann kommt der innere Lippennerv (v', Fig. 367), welcher in die Muskelmasse des Pharynx dringt und sich bis in die Nähe des Kiefers erstreckt. Zwei in der Haut der Fühler und in der Vorderfläche des Kopfes sich verzweigende Aeste, die Gesichtsnerven (/i', Fig. 367), kommen aus dem Vorderrande des Hirnganglions. Ein Ast dieser Nerven ver- zweigt sich im Inneren der kleinen Fühler. Die Gehörnerven, welche neben den Gesichtsnerven entsprin- gen, sind zwei sehr feine Nerven , die wir in unserer Figur nicht ab- bilden konnten, weil sie auf der unteren Fläche des Hirns hervortreten und sogleich die Richtung zum Fussganglion einschlagen, indem sie den Schlundcommissuren folgen, um an den Ilörbläschen zu endigen. Ihre Zergliederung ist nur unter einer starken Lupe möglich. Endlich liefert das Hiriiganglion auch noch den unpaarigen Nerven des Penis (/, Fig. 367), welcher sich an dem männlichen Geschlechtsapparat verzweigt. Die vom Viscero-Pedal-Ganglion herrührenden Nerven sind zahl- reich; mehrere, die von seiner unteren Fläche entspringen, dringen so- gleich in die Muskeln des Fusses ein ; da aber die Fussmasse sehr dicht und diese Nerven sehr zart sind, ist ihre Zergliederung schwierig. Die von den Seiten iind dem Hinterrande dieses grossen Ganglions ent- . springenden Nerven sind im Gegentheil stärker und auf einem mehr oder wenig grösseren Theil ihres Verlaufes frei gelegt, so dass man sie leicht bis zu den Körperwändeu, zum Geschlechtsapparat, zum Colu- mellarmuskel u. s. w. verfolgen kann. Wir unterscheiden in erster Linie vier grosse, vom hinteren Rande des Viscero-Pedal-Ganglions nach rückwärts gehende Nerven. Der eine, der Geschlechtsnerv, folgt dem Verlauf der Kopfaorta (s, Fig. 367) bis in die Nähe des Herzens, dort verzweigt er sich; die Ilaujit- zweige dringen nicht weit von der Eiweissdrüse in den Uterus und in die Niere ein ; feinere Verästelungen begeben sich in den Herzbeutel und sogar bis zur Vorkammer. Gasteropoden. 789 Die anderen grossen Nerven des Ganglions sind symmetrisch , sie gehen nach oben und verzweigen sich in den Körperwänden und be- sonders im Mautelwiilste. Man kann einen vorderen M anteluerven (o, Fig. 367) erkennen, welcher über dem vorderen Ende des Uterus verläuft und den Mantelwulst erreicht, wo er sich um die Lungensack- ötfnuug verzweigt; dann einen mittleren Mantelnerven, welcher unterhalb des Uterus verläuft und sich in der benachbarten Gegend des Mantels und der Körperwaud (u, Fig. 367) verzweigt, und endlich einen hinteren Mantel nerven (m), welcher ebenfalls in die Körper- wand ausläuft. Die grösste Mehrzahl der Nerven kommt aber von der unteren Fläche des Viscero-Pedal-Ganglions; sie strahlen nach allen Richtungen indenFuss ein. Wir haben zwei vordere Paare (^J und q, Fig. 367), die sich zum Vorderende des Fusses erstrecken, abgebildet; die anderen dringen fast unmittelbar in die Fleischmasse des Fusses ein. Sinnesorgane. — Die niederen Sinne, wie das Gefühl, der Ge- ruch und der Geschmack, sind bei der Weinbergschnecke wahrschein- lich durch besondere Zellen versehen, welche zwischen den Cylinder- zellen des Hautepitheliums eingestreut sind. Diese Zellen wurden namentlich von Flemming, welcher sie in der Haut einer grossen An- zahl von Gasteropoden und Lamellibranchiern vorfand, beschrieben. Flemming wies mittelst Goldchlorid ihre Beziehungen zu den in der unterliegenden Hautmuskelschicht verlaufenden Nervenfasern nach, und die Vereinigung dieser Zellen mit Nervenfäserchen erklärt, wie sie dem Thiere den Eindruck der äusseren Reize übertragen können. Wir müssen Jedoch zugestehen , dass die Morphologie bis jetzt nicht im Stande gewesen ist, die speciellen Empfindungen zu bestimmen, welche durch diese oder jene Zellengruppe foi-tgepflanzt werden. Die physio- logische Erfahrung muss in diesem Falle zu Hülfe kommen. Jeder- mann weiss z. B., dass die Weinbergschnecke für Gerüche besonders empfindlich ist; Moqui n -T and on hat bewiesen, dass sie einer in ein Leinwandsäckehen eingewickelten Erdbeere zukriecht. Da aber diese Eigenschaft verschwindet, sobald man das Ende ihrer Fühlhörner abschneidet, so ist es erlaubt, den Geruchssinn in dieser Region zu localisiren, in welcher übrigens, wie wir bald sehen werden, eine Un- zahl von Sinneszellen existirt. Durch eben solche Betrachtungen nimmt man im Allgemeinen an, dass der Geschmackssinn auf den Lippen und auf den häutigen Theilen der Mundhöhle (siehe die bereits er- wähnte Schrift Simroth's) localisirt ist; ebenso glaubt man, dass der Tastsinn auf allen Theilen der Haut, die nicht von dem Gehäuse überzogen werden, und besonders auf den Fassrändern, ausgebildet ist. Man untersucht die Sinneszelleu der Haut mittelst Zerzupfung oder auf Schnitten. Zu ersterem Zwecke räth Flemming dieMaceration der Hautfragmente in einer Lösung von doppeltcbromsaurem Kali zu 790 Mollusken. 4 bis G Proc. an. Die Osmiumsäure zu 1 Proc. gilt ebeufalls als ein gutes Fixativ, nur werden die isolirten Formelemente sehr zer- brechlich. Was nun die Behandlung der Fühler aubetrift't, so ist es das einfachste, sie dem lebenden Thiei-e an der Wurzel abzuschneiden und unmittelbar in eine schwache Lösung von Chromsäure oder doppelt- chromsaurem Kali fallen zu lassen. So rasch man bei dieser Operation auch vorgehen mag, stülpt sich doch der Tentakel stets mehr oder weniger ein, jedoch kommt es vor, dass er sich in den Reagentien wiederum ausdehnt und in diesem Zustande fixirt bleibt. Es versteht sich von selbst, dass man zur Anfertigung von Schnitten nur solche ausgestülpte Fühler wählt. Untersucht man unter sehr starker Vergrösserung Schnitte der Rückenhaut (Fig.* 368), so wird man bemerken, dass die warzen- Fig. 368. et ß b b 9 Helix pomafia. — A. Senkrechter Durchschnitt der lUickenhaut. Hartiiack, Oc. 3, 01)j. 9. Imm. (Nach Flemming.) a, Haarzellen; b, Schleimdrüsen; c, cylindrische Zellen des Epitheliums; (/, Pigmenthaut'en ; e, grosse Zellen des Bindegewebes ; y, in den Maschen des Bindegewebes zerstreute Kerne ; g, quer durchschnittene^ Muskel- fasern. B. Fragment eines Durchschnittes der Haut in derselben Region. Hartnack, Obj. 12. Inini. Die Buchstaben haben die gleiche Bedeutung wie in A. förmigen Hervorragungen von grossen, cylindrischen Zellen des Epithe- liums (c) eingefasst sind, welche wir bereits bei Besprechung der Fühl- hörner erwähnten. Ausserdem findet man noch kleinere, spindelförmige Zellen, deren nach aussen gerichtetes, sehr verlängertes Ende zuweilen einen kleineu stabförmigen Aufsatz trägt (a, Fig. 368 und Z>, Fig. 370). Diese Endspitze bricht sehr leicht ab , so dass die meisten Zellen in Zerzupfungspräparaten sie verloren haben. An ihrem inneren Ende sind diese Zellen mit Nervenfäserchen verbunden , welche im Binde- (xasteropuiluii. 791 gewebe der Haut verlaufen und die man auf zuvor mit Goldchlorid behandelten Hautstückchen suchen muss. Flemming behauptet, solche Zellen wären auf der ganzen Haut zerstreut , sie sind aber be- sonders auf den Fühlhörnern , auf den Seitenlij^pen des Mundes und auf den P\issrändern reichlich vorbanden. Sie sollen sogar an der Fusssohle als pinselförmige Zellen vorkommen , wie man sie in den Tegumenten der wasserbewohnenden Mollusken trifft. Wir haben nach dem bereits genannten Autor in Fig. 370 (a. f. S.) ein Hautfragment des Tentakels , welches eine grosse Menge jener Sinneszellen vorzeigt, abgebildet. Bevor wir die Beschreibung der Augen antreten, werden wir zu- vor Einiges über die Structur der sie tragenden Fühler sagen. Man Fig. 369. l Hillc iioiiiutki. — Längssihuitte des Augent'ühlers. (Nach Flemming.) A, gänzlicli ausgedehnter Tentakel; B, bis zum Drittel seiner Länge eingestülpter Tentakel ; «, Epi- thelium mit Riechzellen am Ende des Tentakels; h, Tentakehvände ; c. Hohlraum; !■/, Kückziehmuskel des Tentakels : e, Theil des zur Ganglionsubstanz am Ende des Tentakels gehenden Rückziehmuskels; /, Ganglion des Tentakelnerven; j/, Teutakel- nerv; h, Sehnerv; t, ganglionartiges Substnitum ; k\ Retina; /, Auge. kann dieselben als zwei cylindrische Ausstülpungen der Haut ansehen, die mit einer knopfartigen Verdickung endigen. Ihre Wände sind reich an Muskeln und in der Höhlung verläuft ein grosser Rückzieh- luuskel, welcher mit dem Golumellarmuskel in Verbindung steht und in zwei Bündel getheilt ist, von denen das eine zum Auge (f/, Fig. 369) und das andere zum Ende des Tentakels (e, Fig. 369) verläuft. Neben diesem Muskel und ungefähr in der Mitte der Tentakclhöhlung ver- 71)2 Mollusken. läuft der TcMitakelnerv (//, Fig, 369), welcher an seinem Ende ange- schwollen ist und von welchem ein bedeutend feinerer Nerv, der eigent- liche Sehnerv (h), entspringt. Um die relative Lage und die genauere Fig. 370. — «.' Htliv pomatia. — Fragment eines Querschiiittü« eines kleinen Tentakels. Hartnaek, Oe. 1, Obj. 7. (Nach Flemming.) a, eylindrisches Epithelium, bei a' zerrissen; b, Haarzellen; c, Pigmentablagerungen; d, (luer durchschnittene Muskelbündel; d' , in verschiedenen Richtungen durchschnittene Muskeln; e, grosse Zellen mit Kernen, deren Verlängerungen sich bis zum Epithelium erstrecken. Fig. 371. B Heüx pomatia. — J, das vom Tentakel isolirte Auge. L"e i t z , Oc. 1, Obj. 7. «, Seh- nerv; 6, Retina; c, Pigmentnetz; d, der Hornhaut anhaftendes Hautfragmeut. J5, Kry- stalllinse isolirt. Grundlach, Oc. 3, Obj. 7. Gasteropoclen. 793 weisen , Fk-. o72. c/'-. Structur dieser verschiedenen Elemente kennen zu lernen, ist es unum- gäuglicli, Längsschnitte an ausgestülpten und nach der oben beschrie- benen Art fixirten Fühlern zu machen. Man wird bei solchen Sclmitten bemerken, dass die Anordnung der Mnskelbündel der Haut und der Insertiousmodus des Tentakelmuskels, dessen Fasern bis zum Ende des Fühlhorns laufen, der Art ist, dass der Fühler wie ein Ilandschuhfinger eingestülpt werden kann und auf diese Weise die wichtigen Sinnes- organe, welche er trägt, Auge und Geruchszellen schützt. Indem wir, was die histologische Structur der Fühler (Fig. .370) betrifft, auf die Schriften Flemming's und Simroth's ver- fügen wir hinzu, dass der Tentakelnerv an seinem ange- schwolleneu Endtheile eine ga n gl ion artige Structur besitzt und Fä- serchen bis zur Basis des Hautepitheliums entsendet. Da wir nun gesehen haben , dass diese Fasern höchst wahrscheinlich Geruchs- eindi'ücke empfinden, können wir die Tenta- kelnerven ebenfalls als Geruchsnerven ansehen. Das Auge sitzt nicht genau am Ende des Ten- takels. Es erscheint als ein etwas nach der äusseren Seite hinge- schobener, schwarzer Punkt. Um dieses Or- gan zu isoliren, schlitzt mau das Fühlhorn seiner ganzen Länge nach auf, fasst das Ende des Teu- takelnerven mit der Zange und trennt unter der Lupe den Augapfel von seiner Umgebung los, indem man Sorge trägt, den Sehnerven zu schonen. Auf diese Weise erhält man ein Präparat des Auges, wie wir es dargestellt haben (A, Fig. 371). Es gelingt leicht, durch einen leichten Druck auf das Deckgläschen des in Wasser oder Glycerin ge- legten Präparates die Sclerotica zu sprengen und die mehr oder weniger deformirteKry stalllinse hervorspringen zu lassen. Für genauere Unter- suchungen aber muss man zur Schnittmethode, wie bereits oben gesagt, und zur Zerzupfung des Organs nach Fixation in Osmiumsäure zu Helix pomutla. — Durch den Sehnerv gehender Schnitt des Auges ; etwas schematische Zeichnung nach S i ni - roth; «, Zellen des Hautepitheliums ; &, Epithelium vor der Hornhaut; c, Hornhaut; r/, Sclerotica; e, Retina; y, Linse; g, Sehnerv; ä, Fäserchen des Tentakelnerven. 794 :\[ülliiskeii. 1 Proc. greifen. Das Auge ist kugelförmig, entformt sich aber oft mehr oder weniger durch die Präparation und erscheint eiförmig (Fig. 372 a. V.S.). Es ist in eine structurlose, dünne, aber feste Membran, die Sclerotica (d), eingeschlossen, welche ununterbrochen bis zum Hinter- pole sich erstreckt, durch welchen der Sehnerv (g) eindringt. Am ent- gegengesetzten Pol wandelt sich die Sclerotica in eine durchsichtige Hornhaut (e) um, in welcher man kleine platte Zellen bemerkt. Die Hornhaut ist selber von einer Schicht platter Epithelialzellen über- deckt, die aus einer einfachen Modification des Cylinderepitheliums der Haut hervorgegangen sind. Die Augenkammer wird beinahe gänzlich von der Linse eingenommen, welche ein ellipsoidisches, durchsichtiges, von concentrischen Schichten einer eiweissartigen , harten Substanz gebildetes Körperchen darstellt (B, Fig. 371 und /, Fig. 372). Wir konnten keine besondere Structur in ihr erkennen, fanden aber darin feine, in der Mitte dichtere, eine Art Kern bildende Granulationen. Die äusseren Schichten der Linse besitzen eine grössere Festigkeit als die inneren, so dass, wenn dieser Körper unter einer Glaslamelle zerquetscht wird, eine halbflüssige körnige Substanz herausfliesst. Es ist sehr schwierig, sich von der von mehreren Autoren behaupteten Existenz eines Glasköi'pers zu überzeugen. Wenn ein solcher vorhanden sein sollte, so wäre er jedenfalls von sehr geringem Volumen , da die Linse vorn beinahe an die Horn- haut und hinten an die Netzhaut anstösst. Fig. 372 zeigt, wie klein der Raum zwischen der letzteren und der Linse ist. Die Retina besitzt gewiss die complicirteste Structur. Die Histologen haben viel über die Dedeutung der sich darin befindenden pjlemente geschrieben; es ist sehr schwer, sie von der Pigmentschicht oder Choroidea, welche in ihr so zu sagen eingeschlossen ist, zu trennen. Von der inneren Fläche aus gesehen, gleicht die Retina einer Mosaik; auf Schnitten zeigt sich ihre innere Schicht von einer grossen Anzahl neben einander gestellter Prismen (cl) gebildet, zwischen denen ein schwarzes Pigment abgelagert ist. Was den Bau dieser Prismen an- belangt, verweisen wir auf die Schriften vonBabuchin und Simroth. Ausserhalb dieser stark pigmentirten Schicht bemerkt mau eine dünnere, Zellen und Nervenfasern enthaltende Schicht, welche mit den Fasern des Sehnerven im Zusammenhange stehen. Die Festigkeit dieses letzteren ist so gei'ing, dass ein leichter Druck auf das Auge einen Theil des Pigments der Retina zwischen die Fasern des Nerven ein- dringen lässt. Aus diesem Grunde haben einige Schriftsteller das Vor- handensein eines Canals im Inneren des Sehnerven angenommen. Querschnitte des Tentakels zeigen, dass ein solcher nicht existirt. Hörbläschen. — Auf beiden Seiten der oberen Fläche des Fussganglions liegt eine in einer Bindegewebsmasse eingeschlossene Gehörkapsel, die sich nicht leicht von dieser Umhüllung isoliren lässt. Gasteropoden. 795 Es gelingt nur durch vorsichtige Zerzupfung, nachdem man unter der Lupe die Lage der Kapsel festgestellt und die Region des Gang- lions, auf welcher das Bläschen ruht, mit einer feinen Scheere ab- getrennt hat. Da die Wand des Bläschens äusserst zai't ist und leicht zerreisst, ist es vortheilhafter , das ganze Ganglion zuvor in doppelt- chromsaurem Kali oder in Osmiumsäure zu 0,5 Proc. zu fixiren. Wenn es nur darauf ankommt, das Dasein der Hörbläschen nach- zuweisen, begnügt mau sich, einen Tropfen Essigsäure auf das Gang- lion fallen zu lassen, welches sich dann sofort aufklärt und die zwei Fig. 373. Fig. 374. dy O/ 6 ^ A B a. •Q Fiji. 373. — J/eli.c pomaliu. — Isolirte^ iiiul etwas ticjn-osstcs Hi'n-liläsclu'ii (ik\c1i Leydig). «, Cuticula ; i, Epithclium, das bei f Wimpern trägt; d, das Hörl)läs(licii umgebende Muskelschicht; e, Hörnerv; /, Otolithcn; g, grosse Kerne des Ejiithu- Hums mit spindelförmigen Kernkörperchen. Fig. 374. — Iklix pomada. — Otolith : A, von der Seite; B, von der Fläihe gesehen. Grundlach, Oc. 1, Obj. 7 mit Imm. Fig. 375. — Ile/ix pomutia. — Der Mund mit seiner Umgebung, cj, et, Scitenlijipen ; i, Oberrand des Mundes ; c, Voi'deiTand des Fusses. Gehörorgane mit ihren Otolithen deutlich erkennen lässt. Uebrigens empfehlen wir den Anfängern, mit jungen Thiereu zu arbeiten, weil es uns bei erwachsenen nie gelungen ist, gewisse Einzelheiten, wie z. B. die Wimpern des Endotheliums, zu sehen. Wenn man einmal mit der 796 Mollusken. Lage diesex- Orgaue vertraut geworden ist, trennt man sie sammt einem Fetzen der Gauglionsubstanz ab und untersucht sie unter dem Com- pressorium in frischem Zustande in einem Blutstropfen des Thieres. (Man kann das ßlut auch durch eine 0,75procentige Seesalzlösuug er- setzen.) Das rundliche Gehörbläschen wird von einer zarten, durchsichtigen Membran {a, Fig. 373) begrenzt, an deren Aussenfläche zahlreiche Bindegewebskerne nebst muskelartigen Fasern ansitzen, während die innere Fläche von einem Cylinderepithelium (b) ausgekleidet ist, in welchem Leydig grosse, ein spindelförmiges Kernkörperchen ein- schliessende Kerne ((?) gefunden hat. Das Epithelium besitzt nicht überall die gleiche Dicke; gegenüber dem Eintrittsj^unkte des Hörnerven, wo es nach Leydig Wimpern trägt, ist es höher. Die Wimperu sind so fein, dass in den meisten Fällen ihre Existenz zweifelhaft erscheint; einmal haben wir sie jedoch recht deutlich bei einem jungen Exemplar von H. hortensis gesehen. Die Höhlung der Hörbläschen ist von einer grossen Menge von Oto- lithen eingenommen (/ Fig. 373 u. 374 a. v.S.). Sie sind eiförmig; ihre Form wechselt übrigens so wie ihre Zahl je nach dem Alter der Thiere. Unter einer Lnmersionslinse bemerkt man an ihrer Oberfläche Streifen, die von dem Centrum ausstrahlen und an den Rändern sehr dicht stehen. Das Centrum ist kernartig und heller als die Peripherie. Säu- ren lösen die Otolithen auf, indem sie kleine Bläschen von Kohlensäure entwickeln. Der Gehörnerv ist wegen seiner Feinheit schwer zu verfolgen- Man kann ihn jedoch zwischen den Schlundringcommissuren in der Richtung nach dem Hirn zu auf Präpai-aten erblicken, wo das Binde- gewebe so viel wie möglich abgelöst und die aus dem Ganglion ent- springenden Nerven an ihrer Wurzel abgeschnitten worden sind. Die Fragen über seine Endigung im Bläschen und die Existenz eines Canales in seinem Inneren sind noch nicht in befriedigender Weise ge- löst. Ein auf das Hörbläschen geübter Druck drängt zwar die Oto- lithen in das Innere des Nerven ein, wie es Fig. 373 zeigt; es wäre aber möglich, dass dieses Eindringen nur eine Consequenz der Flüssig- keit des Nervengewebes in diesem Theile sei, so dass das Dasein eines von einigen Autoren angenommenen Canales im Inneren des Nerven nicht absolut bewiesen ist. Mit seinem anderen Endo dringt der Hör- nerv in die Substanz des Hirnganglions, nach einem von Lacaze- Duthiers bewiesenen allgemeinen Gesetze. Ve rd auun g s canal. — Die Darmröhre beginnt mit einer am Körperende bauchständig gelegenen Oeffnung und mündet mit einem an der rechten Seite des Mantelwulstes austretenden After in der Ein- stülpung der Tegumente, welche den Eingang zum Lungensacke bildet (w, Fig. 361), Der Mund stellt sich als eine Querspalte dar und Gasteropoclen. 797 ist von zwei Seiteulippen begrenzt, die von Hautfalten gebildet sind, welche eine senkrechte , beim Hervortreten des Kiefers nach aussen sich verwischende Rinne einfassen (Fig. 375 a. S. 795). Er führt in die Schlundkopfhöhle, die in einer eiförmigen {a, Fig. 363 und Fig. 376), mit dicken Wänden versehenen Muskelmasse, an welcher ein breites Muskelbaud (c, Fig. 376) sich ansetzt, ausgegraben ist. Auf der Rückenseite münden die Ausführungscanälchen der Speicheldrüsen (c) jederseits in die Speiseröhre. Wir haben den Schlundkopf in A, Fig. 376, von oben und in B von der Hinterfläche abgebildet, um die Papille (h), die Insertion seines Rückziehmuskels (c) und die stomato- gastrischen, unterhalb des Eutstehungspuuktes der Speiseröhre (/) ihm angelagerten Ganglien zu zeigen. Fig. 376. B A -U' it IM'ix pomatia. — Die Schlundlcopfmasse. A , von dor Riickenflädio aus gesehen ; B, von hinten gesehen, nachdem Stlilund- und Speichoklrüsen nach vorn über- geschlagen wurden (unter der Lupe gezeichnet). jues , ebend., 2. Serie, Bd. XIX, 1843. — AI der et Hancock, A Monoijraphy of the British nudibrunchiata Mollusca. London, 1845 — 1855. — W. Carpenter, On the microsc. stntcture of Shells. Rep. Meeting. Brit. Associut., London, 1846, 1847, 1848. — Karsch, üeber Limnacus, Archiv, f. Naturgesch., 1846. — H. Meckel, Mikrographie einiger Drüsenapparate etc. Müller's Archiv 1846. — C. Vogt, Rechevches sur Vemhryogerde des Mollus- qiies (/(tsttropodes (Acteoii viridis). Ann. d. See. nat., 3- Serie, Bd. 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Man theilt sie in zwei Ordnungen: 1. Ordnung: Die Thecosomen. — Der Kopf ist meist nicht deutlich ausgebildet, trägt aber zuweilen Rudimente vou Fühlern. Der Körper ist mehr oder weniger vom Mantel umgeben; der Fuss ist nur durch Flossen vertreten. Hijalaea, Creseis, Limacina, Cynibulia, Tiede- mannia. 2. Ordnung: Die Gymnosomen. — Der Kopf ist deutlicher vom Körper geschieden und trägt öfters Fühler und äussere Kiemen ; die seitlichen Flossen sind in der Mitte durch ein Rudiment des Larven- fusses getrennt. Clio, CTione, Pneuniodermon. Typus. — Hyalaea tridcntata (Lam.) (Fig. 390). Dieses kleine Thecosom bewohnt die Meere Europas; es ist besonders im Golf von Messina zahlreich vorhanden ; seine Länge beträgt anderthalb bis zwei Ccntimeter, während die Breite anderthalb Centimeter misst. Die Pterbpoden. 829 Exemplare, die wir bei unseren von Dr. Jaquet wesentlich geförderten Untersucluingen benutzten , rühren entweder von der zoologischen Station zu Neapel oder vom Laboratorium von Messina her, an dessen Spitze Herr Professor Kleinenberg steht. Der Körper des Thieres ist von einer dünnen, sehr harten, durch- scheinenden, theilweise aus kohlensaurem Kalk bestehenden Schale umgeben; die vordere Region des Körpers besitzt zwei tief von ein- ander getrennte Flügel, welche an ihrem freien Theile ziemlich durch- sichtig sind (rt, Fig. 390). Das Gehäuse bietet zwei Flächen: eine gewölbte, die Bauchfläche und eine fast flache Rückenfläche; ausserdem zeigen sich hinten an der Schale drei spitzige Fortsätze, zwei seitliche und ein grösserer mittlerer (/, Fig. 390). Der Mantel bedeckt einen Theil der Schale und verlängert sich nach hinten zu zwei bandförmigen Lappen (h, Fig. 390). Präparation. — Für die Zergliede- rung legt man das Thier auf die obere Rückenschale und fixirt es mit Steck- nadeln fest auf Kork unter Wasser; man entfernt dann die gewölbte Bauchfläche der Schale ohne grosse Schwierigkeit. Schnitte zu mikroskopischer Untersuchung können nach Entkalkung und Einbet- tung in Paraffin von ganzen Thieren oder isolirten Organen gemacht werden. Fiff. 390. llylaca triJcitiata von der Rauih- fläche gesehen, unsi;etalir dreii'ach vergrössert. a, Flügel ; h, seit- licher Anhang der Hinterregion des Mantels ; c, Vorderende der Rüfkenfläche der Schale ; d, Bauch- fläche der Schale ; e , seitlicher Anhang der Schale ; /, hinterer Mitteldorn der Schale ; (/, Bauch- lappen der Flügel. Färbung mit Boraxcarmin giebt vortreff- liche Resultate. Schale. — Das Gehäuse (Fig. 390) ist einschalig und senkrecht stark abge- plattet. Es zeigt, wie gesagt, zwei Hälf- ten : eine grössere , abgeflachte Rücken- klappe und eine kleinere, stai-k gewölbte Bauchklappe. Wie es der Name der Species andeutet, trefi'en wir an der hinteren Region der Schale zwei seitliche (e, Fig. 391, 390) und einen dritten (/, Fig. 390, 391) mittleren, hohlen Fortsatz. Die Rückenklappe (c , Fig. 390, 391) überragt vorn die Baucliklappe ungefähr um ein Drittel, indem sie sich etwas nach ihr umbiegt. Letztere (rf, Fig. 390) zeigt auf ihrer vorderen Hälfte regelmässig angelegte Querfalten. Wir unterscheiden drei Oeffnungen zwischen den zwei Klappen : eine breite vordere, durch die Krümmung der flachen Klappe von oben bedeckte Spalte; sie lässt die Basis der Flügel und die Muud- region des Verdauungssystems hervortreten. Ferner bemerken wir auf beiden Seiten der Schale eine lange, l)is zu den seitlichen Hinterdornen 830 Mollusken. verlaufende Spalte; die das Innere der Schale auskleidende Mantel- klappe geht hier in die äussere Duplicatur auf der Schale über. Das umgebende Wasser fliesst ebenfalls durch diese Spalte zur Kieme. Die zwei seitlichen Spalten stehen nicht mit der vorderen unpaaren Oeff- nung im Zusammenhang, sie sind durch eine Art Brücke, welche die zwei Schalenklappen vereinigt, von einander getrennt. Die gewölbte Klappe bildet einen kleinen Vorsprung, der sich in eine entsprechende Vertiefung der platten Klappe einsenkt. Die äussere Fläche der Schale ist von einer äusserst zarten Mem- bran überzogen, die anscheinend in keinem Zusammenhange mit dem Mantel steht. Sie zeigt unter starker Vergrösserung feine Körnchen und enthält unregelmässig vertheilte Krystalle , welche bald vereinzelt oder in unbeständigen Massen angehäuft sind. Bei Behandlung mit verdünnter Salzsäure verliert die Schale unter Aufbrausen ihre Starrheit vollkommen, wodurch bewiesen wird, dass die sie bildende Materie grossentheils kohlensaurer Kalk ist. Nach Einwirkung der Säure bleibt eine zarte, körnige Membx'an, in welcher keine histologischen Elemente zu sehen sind. Das nicht entkalkte Ge- häuse scheint überall in gleicher Weise zusammengesetzt zu sein ; unter starker Vergrösserung zeigt sich eine grosse Menge von feinen, sehr kurzen und nahe zusammengedrängten Streifen ; sie sind auf der ganzen Dicke der Schale bemerklich und scheinen das Vorhandensein von Kalkprismen anzudeuten, welche rechtwinklig zur Oberfläche stehen. Flügel (a, Fig. 390, 391). — Im Verhältnisse zur Grösse des Körpers besitzt Hycüaea ziemlich bedeutende Flügel; sie entstehen au der Verdickung des Halses und entfalten sich an der vorderen OeflPnung der Schale; an ihrer Basis, wo sie mit einander verbunden und stark pigmentirt sind, sind sie ziemlich dick, trennen sich aber bald nach- her, so dass man einen rechten und einen linken Flügel unterscheiden kann. Sie sind gleichartig; von ihrem Trennungspunkte an weichen sie aus einander und werden allmählich dünner an ihrem freien Rande. Ausserdem werden die Flügel an der Basis durch einen einzigen Bauch- lappen ((7, Fig. 890, 391) verbunden, welcher den vorderen Rand der gewölbten Schale bedeckt und so eine Art Rinne bildet, die zur Mund- öffnung führt. Im Grunde dieser Rinne erhebt sich auch noch eine, in directem Zusammenhang mit den Flügeln stehende, umgeschlagene Falte. Die Flügel sind mit ihrer Basis an einem langen Längsmuskel, dem Columellcmnusliel (Ji, Fig. 391, 393), befestigt. Dieser Muskel ent- steht mit einer derben Längsmasse aus dem mittleren hinteren Fort- satze der Schale, den er gänzlich ausfüllt. Er erstreckt sich dann längs der Rückenklappe bis zum Halse hin, wo er sich in zwei in die Flügel ausstrahlende Bündel theilt. In der Basis der Flügel angelangt, theilen sich die Bündel in stets feinere und verästelte Faserzüge, Pteropoden. 831 welche dann endlich ein Maschennetz an den freien Käuderu der Flügel bilden, wo strahlenförmig auslaufende und andere dem Flügel- rande mehr parallel angelegte Muskelfasern einander kreuzen. Der Columellarmuskel dient also durch seine Gesammtcontractio- nen zum Zurückziehen der Flügel in die Schale, während die in den Flügeln ausgebreiteten Muskelnetze Bewegungen derselben in ver- schiedenen Richtungen ermöglichen. Ein Querschnitt durch den Flügel zeigt die Anordnung der darin Fior. 391. Stark vei-gi-ÖÄsevte Ihialaea auf der flachen (dorsalen) Klappe der Schale liegend. Die gewöl1)te Klappe, sowie der Bauchlappen des Mantels mit den Manteldrüscn sind ent- fernt worden ; a. Flügel ; c, Vorderende der Rückenklappe der Schale ; e, seitliche Anhänge der Schale; /, hinterer Mitteldorn; g, Bauchlappon der Flügel; ä, Colu- mellarmuskel; m, Wimperlinien am Vorderrande des Rückcnlaiipens vom Mantel; n, Muskelfasern des Rückenlappens des Mantels; y, Magen; r, Darm; f, Leber; w, After; 2, Secretionsorgan ; 3, Oeffnung des Secretionsorgans in die Mantelhöhlung; 5, Herz ; 7 , Kiemenhüschel ; 8 , Kiemenvene ; 9 , Kiemencanälchen ; 10 , Kiemen ; 11 , wahrscheinlich v.wva. Eindringen des Wassers in die Kiemenhöhlung dienender Sack; 12, Zwitterdvüse ; 1.'). Uterus; 16, Ausführungscanal der Zwitterdrüse; 25, Jlanteldrüsen. 832 Mollusken. enthalteneu Muskelfasei-n. An der Oberfläche bemerken wir ein aus einer feinen Schicht abgerundeter Zellen gebildetes Epithelium, welches auf Muskelbüudeln ruht, die in regelmässigen Abständen geordnet sind; an dem freien Rande verschwinden diese Bündel vollständig. Mehr gegen die Mitte des Flügels hin begegnen wir einem laugen Streifen von der Länge nach durchschnittenen Muskelfasern, deren Dicke in der Nähe der Speiseröhre bedeutender ist. Diese Schicht wird am freien Ende des Flügels sehr dünn und das Epithelium von runden Zellen ruht unmittelbar auf ihr. Diese drei Schichten sind symmetrisch, da sich eine auf jeder Seite der horizontalen Mittelebene des Flügels befindet. Diese Ebene wird von einer dünnen Lamelle ge- bildet, welche auf Querschnitten in Gestalt unterbrochener, unregel- mässig von einander abstehender Bündel erscheint. Diese verschie- denen Schichten werden, mit Ausnahme der zwei ersteren, durch sehr breite Maschen des Bindegewebes, dessen Kerne deutlich sichtbar sind, getrennt. Das Ganze erinnert einigermaassen an das den ausstreckbarea Theil des Fusses der Lamellibrauchier bildende Gewebe. Der Vorder- raud der Bauchfläche ist mit sehr nahe an einander gedrängten, langen Wimpern besetzt, welche die Nahrung in die Mundöffnung befördern. Mantel. — Der Mantel überzieht die innere Fläche einer jeden Schalenklappe. Man kann also zwei Lappen, einen dorsalen und einen ventralen, unterscheiden. Die beiden Mantellappen sind auf der ganzen Länge ihres vorderen Randes auf der Höhe der Speiseröhre an ein- ander gelöthet; sie schliessen sich fast an die Wände des Halses an und fliessen auf einem Theile ihrer seitlichen Ränder sowie auf ihrem ganzen hinteren Umfange zusammen. Betrachten wir zuerst den die gewölbte Fläche der Schale inner- lich bedeckenden Theil des Mantels; wir können ihn den Bauch- lappen (?", Fig. .393) nennen. Es ist dies eine zarte, durchsichtige Membran, deren Dicke beinahe überall die gleiche bleibt und die von kleinen runden Zellen gebildet wird. Das Mantelblättchen erstreckt sich über die Seiten des Thieres, um auf die äussere Fläche der Schale überzugehen, die es theilweise überzieht. Es macht sich auf der un- versehrten Schale als eine feine , weissliche Haut bemerklich. Der Rückenlappen des Mantels legt sich fest an die betreffende Schale an (Ä, Fig. 392, 393) und schlägt sich ebenfalls zur Bekleidung ihrer äusseren Fläche um. Die zwei Lappen verbinden sich mit einander, um die Verlängerungen zu bilden, welche man rückwärts vor den seit- lichen, hinteren Dornen der Schale bemerkt (b, Fig. 390); sie bilden hier eine nach aussen geöffnete Rinne, die aber das Eintreten des Wassers in die Mantelhöhlung nicht gestattet. Auf der Höhe des Magens etwas seitlich befindet sich die Eingangsöffnung für das die Kieme bespülende Wasser. Diese Oeflfnung wird von zwei Lippen um- geben , welche einfache Dependenzen des Mantellappens sind. Die Pteropoden. 833 innere Fläcbe einer joden OefFnung trägt Büschel von seLr langen Wimpern , welche die fortwährende Erneuerung des Wassers in der Mantelhöhlung bedingen. Der Rückenlappen des Mantels zeigt an seinem Vorderrande eine gefaltete, halbmondförmig gekrümmte und im Centrum breitere Zone (/, Fig. 392). Unter starker Vergrösserung beobachtet man, dass diese Fig. 392. nv. ,fe ITyalaea von der Bauchseite , nach Entt'eruunu; der Bauchkhi]>iie , des unterlie_s;enden Maiitelhipjiens und der IMantehh'üsen. Die Organe sind auseinander gelegt, um ilire Beziehungen zu einander zu zeigen. Der eine- Flügel ist abgeschnitten, a, Flügel e, Seitendornen der Schale; /, hinterer Mitteldorn der Schale; /; , Columellarmuskel />•, Bückenlappen des Mantels; /, dunkle vordere Zone am Rückenlappen des Mantels ?», Wimperlinien des Rückenlappens ; n^ Muskeln desselben; o, Mund; p, Pharynx 7, Magen ; r, Darm ; t, Leber ; ?', Hirn ; u\ After ; 2, Secretionsorgan ; 3, OetTnung des Secretionsorgans in die MantclhiJhle ; 5, Hei'zkammer; 6, Vorkammer; 7, Kiemen- büschel; 8, Kiemenvene; 9, Kiemencanälchen ; 10, Kieme; 11, wahrscheinlich zur Einführung des "Wassers in die Kiemenhöhlung dienender Sack; 12, Zwitterdrüse; 13, Ausiührungscanal der Zwitterdrüse; 14, Receptaculum seminis ; 15, Uterus; 16, Endtheil des Ausführungscanales der Zwitterdrüse; 22, Penis; 28, Endkelch des Genitalsystems. Vogt n. Yuiiü;, iirakt. vergl. Anatomie. 53 834 Mollusken. Zone von sehr grossen und langen, je einen Kern besitzenden Zellen gebildet ist; die grosse Axe einer jeden Zelle steht senkrecht zur Zone. Vor diesem Zellenbande findet sich ein durch kleine, ohne scheinbare Ordnung zerstreute Zellen gebildetes Gewebe. Hinter den grossen Zellen verläuft eine dunkle, aus kleinen, runden, an einander gepress- ten Bläschen bestehende Linie und hinter diesen zeigen sich regellos zerstreute, zellenartige Elemente, welche den Zellen des Knochen- gewebes oder noch besser den Plasmazellen der Hornhaut gleichen. In der Nähe der oben beschriebenen Zone sind diese Zellen ziemlich klein und einander genähert, werden aber weiterhin grösser und tren- nen sich mehr und mehr von einander, sobald man sich von der Zone entfernt. Sie sind länglich, entsenden sehr lange Fortsätze und be- sitzen einen Kern in ihrem Inneren. Im vorderen Drittel der Länge des Rückenlappens bemerkt man dunkle Querlinien, welche besonders auf der Seite , wo sich die Kieme befindet, entwickelt sind (;))i , Fig. 391, 392). Sie bestehen aus sehr lange Wimpern tragenden Zellenreihen. Die Rückenfläche des Mantels zeigt endlich ganz hinten Bündel von querlaufenden, ziemlich von ein- ander getrennten Fasern (n, Fig. 391, 392). Der Rückenlappen des Mantels entsendet das Mesenterium, welches die Eingeweidemasse umhüllt. Man bemerkt in der That, dass sich dieser Lappen auf der Mittellinie nach innen zurückbiegt, um die Leber und die übrigen zu einer compacten Masse vereinigten Organe zu umgeben. Manteldrüsen. — Während der Rückenlappen des Mantels inner- lich durch das Athmungsorgan überkleidet ist, zeigt sich auf der Innenfläche des Bauchlappens eine weissliche, dichte Membran, welche von fünf besonderen , auf einander folgenden Querzonen gebildet wird (25, Fig. 393). Bereits mit blossem Auge bemerkt man, dass diese Streifen histologisch nicht gleich gebildet sind. Sie bilden im Ganzen gewissermaasseu eine freie, nach vorn und seitlich gebogene Platte, die dem Bauchlappen des Mantels anliegt, sonst aber mit keinem Organ in Verbindung steht. Der erste vordere Streifen wird von drei Arten von Zellen gebildet (26, Fig. 393); die in der Mitte gelegenen sind länglich oder rund, mit grossen Granulationen und einem leicht sicht- baren Kern versehen, während die Zellen der Ränder rund und kleiner sind. Die Zonen 2 und 4 enthalten beinahe gleich gebaute , grosse Zellen, welche rund, feinkörnig und mit der Lupe sichtbar sind (25, Fig. 393). Die ausgezeichnetsten sind diejenigen Zellen, welche die Streifen 3 und 5 bilden (27, Fig. 393). Es sind dies grosse, mit blossem Auge sichtbare Zellen, von länglicher Form und gleicher Grösse, die regelmässig geordnet neben einander stehen und auf diese Weise 15 bis 20 fortgesetzte Reihen darstellen. Eine isolirte Zelle zeigt in ihrem Centrum einen runden, sehr durchsichtigen Raum, Pteropoden. 835 welcher nach ausseu , das heisst in das Innere der Mantelhöhle, durch eine kleine Oeffnung mündet. Unterhalb des Innenraumes befindet sich der Kern. Meist sind zwei oder sogar drei dieser Zellen mit einander verschmolzen, so dass eine Gruppe entsteht, in welcher man ebenso viel Höhlungen als Zellen, jedoch nur einen einzigen Kern be- merkt. Ein Längsschnitt einer solchen Zelle zeigt eine stark körnige Fig. 393. Sagittalschnitt dos ganzen Thievcs , nahe der Mittelebcne des Körpers , duicli den Columellarmuskel geführt, a, Flügel; c, Rückenklappe der Schale; rZ, P.aufhklaii]«e der Schale; g, Bauchlappen der Flügel; /;, Columellarmuskel; i, Banchlappcn des Mantels; Ä-, Rückenlappen des Mantels; p, Pharynx; q, Magen; r, Darm; /, Leber; ?/, Gallenblase; r, Unterschlundganglion; 2, Secrotionsorgan ; 9, Kiemen; 12, Zwitter- drüse; 13, Receptaculum seminis; 15, Uterus; 16, Endtheil des Austührungscanalcs der Zwitterdrüse; 17, Kicr enthaltende Höhlung der Zwitterdrüse; 22, Penis; 23, Hinterwaml des Penis; 25, 26, 27, Manteldrüsen; 28, Endbecher des Genital- svstoms. 836 Mollusken. Wand. Ihre innere, mehr oder weniger eiförmige und nach aussen mit einer kleinen Oeffaung mündende Ilöhhing wird durch eine deutlich sichtbare Wand begrenzt, die von kleinen Canälchen durch- bohrt zu sein scheint. Der sehr grosse, feinkörnige, eine eigene Wand besitzende und mehrere Körperchen von verschiedenen Grössen ent- haltende Kern liegt unterhalb dieser Höhlung. Das Protoplasma der Zelle färbt sich leicht mit Boraxcarmin. In der Nähe der Höhlung wird die Protoplasmamasse von nach der Ilöhlungswand gerichteten Streifen durchzogen. Die vollständige Zelle hat den Anschein einer einzelligen Drüse. Vor der Höhlung wie im Inneren derselben sieht man oft eine aus feinen Granulationen gebildete Masse. Aus dem Gesagten erhellt, dass diese verschiedenen Zonen ein be- sonderes, wahrscheinlich die Rolle einer Drüse übernehmendes Organ bilden. Gegenbaiir beschrieb Wimpern auf diesen Zellen, welche die Bewegung des W^assers in der Mantelhöh] uug beschleunigen sollten und nannte dieses Organ das Wimperschild. Diese langen Wimpern, deren Dasein durch Beobachtung auf lebenden Thieren constatirt wor- den ist, sind wahrscheinlich in Folge der Behandlung unserer Prä- parate abgefallen. Wir haben sie nicht sehen können. Allgemeine Anordnung der Organe (Fig. 391). — Mit Aus- nahme der Athmungs- und Secretionsorgaue sind alle anderen Organe bei Hyalaca in eine Masse, die einen verhältnissmässig nur kleinen Theil der Mantelhöhlung ausfüllt, vereinigt. Die Eingeweide sind an der Rückenfläche des Mantels angeheftet und bilden ein in der Mittel- linie sich verlängerndes Ganzes. In diesem Haufen liegt mehr auf der linken Seite die Geschlechtsdrüse, welche sich weiter als die an- deren Organe nach hinten erstreckt (12, Fig. 391). Auf der rechten Seite treffen wir die grosse Lebermasse, zum Theil von dem Darm- canale umschlungen {t, Fig. 391), Oberhalb der Leber liegt die Eiweissdrüse (15, Fig. 391). Auf der rechten Seite des Halses be- merkt man das Ende des Ausführungsgauges der Zwitterdrüse (16, Fig. 391). Der After (w, Fig. 391, 392) öffnet sich auf der linken Seite des Magens. Das Herz (5, Fig. 391, 392) befindet sich links von der Geschlechtsdrüse. Unmittelbar hinter letztei'er zeigt sich das Absonderungsorgan (2, Fig. 391), das die Form eines Halbmondes hat und links von der Mittellinie stärker entwickelt ist. Die un- symmetrischen Kiemen (7, 9, Fig. 391) sind hauptsächlich auf der rechten Seite der Eingeweidemasse entwickelt; sie gehen dann auf die linke Seite der Zwitterdrüse über iind enden unter dem Herzen. In der Verdickung des Halses treffen wir den Pharynx (j;, Fig. 392) mit dem Nervensystem (?', Fig. 392) und endlich den Penis (22, Fig. 392). Letzterer öffnet sich etwas vor dem Munde, vrährend das angeschwollene Ende des Zwitterdrüsencanals (27, Fig. 392) auf der Rückenfläche der rechten Flosseubasis liegt. Pteropoden. 837 Verdau ungssyst ein. — Der Vcrdauungscanal beginnt mit einer am Vorderrande der gewölbten Bauchfläche geöffneten Furche, die fast unmittelbar unter dem Begegnungspunkte der zwei Flügel sich hinzieht. Die Lippen dieser Furche vereinigen sich zur Bildung des Verdauungs- rohres (P) Fig. oi>2, 394). Dieses beginnt mit der Speiseröhre und dem Pharynx und verläuft zuerst in gerader Linie nach hinten; nach- dem es aber durch den Ring des centralen Nervensystems durchgetreten ist, erweitert es sich in einen von links nach rechts ausgedehnten Magen {q, Fig. 391, 393), der auf seiner Oberfläche weissliche Längs- linien erblicken lässt. Hinter dem Magen beginnt der Darm (r, Fig. 391, 393), welcher das Überende der Leber wie ein Ring umgiebt und sich endlich durch einen, auf der linken Seite des Magens gelegenen After öffnet (w, Fig. 391, 392). Die Anfangsfurche wird gänzlich durch die innere Fläche der zwei Flügel gebildet. Auf dieser entspringen mehrere kleine, pigmentirte Erhöhungen, auf welchen die Zellen nach und nach eine längliche Form annehmen und sich palissadenförmig aneinander reihen. Zwischen diesen Zellen bemerkt man eine Menge einzelliger Drüsen mit körnigem Inhalte, die sich im Lmeren der Furche öffnen. Wenn wir einen mehr nach hinten gelegten Schnitt betrachten, so sehen wir, das die Wandzellen des Schlundes stets die gleiche An- ordnung beibehalten; sie tragen dicht gedrängte Wimpern. Der durch die Vereinigung der Lippen der Anfangsfurche gebildete Canal liegt in der Verdickung der als Hals betrachteten Region und wird durch einige Muskelfasern in dieser Stellung erhalten. Dieser Theil des Ver- dauungscanals ist von Kreis- und Längsmuskelschichten umgeben. Die innere Wand des Canals zeigt Längsfalten und eingestreute ein- zellige Drüsen, Pharynx 0^, Fig. 392, 393, 39Ü). — Der Pharynx macht sich nicht durch eine Anschwellung des Schlundes bemerklich. Man findet in ihm die hornigen Theile der Zahnbewaftuung, welche durch ihre Ver- einigung die auf einer kleinen , musculösen Erhöhung der Bauchwand des Pharynx gelegene Radnla bilden. Die einzelnen Stücke der Zahnbewaffnung sind conische Sjjitzen, die in drei Längsreihen geordnet sind und in sehr geringen Zwischen- räumen auf einander folgen. Die beinahe gleiche Form besitzenden Zähnchen der beiden Seitenreihen vergrössern sich von vorn nach hinten ; die Zähne der Mittellinie liegen über einander und besitzen ein jeder eine sehr erweiterte Basis, welche fest im Muskelgewebe des sie tragenden Wulstes fixirt ist. Diese Basis zieht sich allmälilich in eine sehr scharfe, dreieckige und nach hinten gerichtete Sj^itze aus. Man zählt fünf Mittelzähnchen. Die Zähnchen der Seitenlinien sind zahlreicher. Jede Reihe besitzt deren sieben. Sie werden durch eine 838 Mollusken. mehr oder weniger dreieckige Basis gebildet, deren eine Spitze ^ine um- gebogene Kante trägt. Wir haben gesehen, dass die ZahubewafFnung gänzlich auf einem musculösen an der Bauchseite des Verdauuugscanals gelegenen Hügel fixirt ist. Höchst wahrscheinlich können die Zähne nur in Masse und nicht einzeln bewegt werden. Wenn sie sich von vorn nach hinten be- wegen, springen sie in die Mundröhre vor und treiben so die Nahrung in den Magen, während sie in umgekehrter Richtung sich wahrschein- lich über einander legen, um so eine glatte Oberfläche zu bilden, welche den Nahrungsstoffen erlaubt, vorzurücken, aber nicht rückwärts nach dem Munde hin sich zu bewegen. Die hinter der Kadula gelegene Verdauungsröhre erstreckt sich in gerader Linie als Speiseröhre mit gleichem Durchmesser und er- weitert sich dann, um den birnförmigen Magen (g, Fig. 391, 393) zu bilden , dessen grosse Achse quer gerichtet ist. An seiner Oberfläche zeigt der Magen parallele und ziemlich regelmässig angelegte Längs- linien, welche Wülsten der inneren Wandfläche entsprechen. Eine äussere musculöse, wesentlich von Kreisfasern gebildete Hülle umgiebt die Magenwände; ihre Dicke wird, je näher man dem Beginn des Darmes kommt, geringer. Die stark gefaltete Darmschleimhaut wird von länglichen, senkrecht zur Wand stehenden Zellen gebildet; ihr Lihalt ist sehr körnig. Alle diese Zellen scheinen auf ihrem inneren Rande eine Cuticula zu besitzen, welche eine einförmige Platte bildet. Wimpern fehlen, sowie die in so grosser Anzahl in der Pharynxgegend angetroffenen einzelligen Drüsen. Die hintere Region des Magens ist innerlich von vier chitinösen Platten überzogen ; sie haben die gleiche Grösse und sind regelmässig neben einander gelegt. Gegenbau r behauptet, diese Platten besässen Erhöhungen, die durch ihre Annäherung an diesem Orte die Verdauungs- röhre gänzlich schliessen könnten ; allem Anschein nach dienen diese chitinösen Gebilde zum Zerreiben der Nahruugsstoffe, welche iin- gekaut in das Innere des Magens gelangen. Hijalaea ist dem Inhalte seiner Magenhöhle nach wesentlich ein fleischfressender Pteropode; man findet darin Schalen kleiner Larven von zweiklaj^pigen Mollusken. Nun werden diese Schalen nicht durch die Pharynxraspel zerrieben, welche ihrer Anordnung nach die Nahruugsstoffe nur in den Magen schafft und sie hindert zurückzuweichen; die chitinösen Lamellen des Magens besorgen also die Kauung. Die Gegenwart dieser Lamellen veranlasste Iluxley, dieser Erweiterung der Verdauungsröhre den Namen Kropf zu geben. Die histologische Untersiachung der an den Wänden der hinteren Mageuregion aiifgestellten chitinösen Lamellen zeigt uns eine Menge von ordnungslos angehäuften Zellen mit zahlreichen, nach allen Rieh- \ Pteropoden. 839 tuDgeu sich erstreckenden Ausläufern, deren Kern gewöhnlich deutlich hervortritt. Zwischen den Platten und der Magenwand findet man starke, musculöse Schichten. Der Darm folgt unmittelbar ohne deutliche Grenze dem Magen (2, Fig. 3!J1, odo). Auf seinem Verlaufe beschreibt er einen die Leber gänzlich umgebenden Kreis und endigt mit einem After auf der linken Seite des Magens in der Höhlung des Mantels. Ausser einer dünnen, ihn umschliessendeu Mesenterialhülle , in der man hier und da einige Kerne bemerkt, treffen wir darin eine innere Schicht, welche aus etwas länglichen, gegen einander gepressteu und auf der freien Fläche zahl- reiche Wimpern tragenden Zellen gebildet ist. Die einzelligen Drüsen sowie die Muskelschicht scheinen zu fehlen. Um seine Absorptionsfläche zu vergrössern, biegt der Darm seine Wand nach innen ein und bildet so eine mächtige Einstülpung (>; Fig. 393). Dieselbe füllt wenigstens ein Drittel der Darmhöhle aus und wird durch Zellen gebildet, welche denjenigen der Wand des Darmes identisch sind. Diese Duplicatur ist derjenigen, die man auf einem Theile des Nahruugscanales bei Anodonta trifft und auch der Typhlosolis des Regenwurms ähnlich. Speicheldrüsen. — Cuvier behauptet, dass die Speicheldrüsen äusserst klein sein müssen, da es ihm unmöglich gewesen sei, solche zu bemerken. Gegenbaur erklärt, sie fehlen in der ganzen Familie der Hijalcaceen. Ausser den oben beschriebenen einzelligen Wanddrüsen giebt es noch zusammengesetzte, zwei kleine Massen bildende Drüsen, die auf jeder Seite der Speiseröhre, beinahe auf der Höhe des Hirns gelegen sind (s, Fig. 396). Sie werden von zahlreichen, drüsenartigen Röhren gebildet, welche mehrere Windungen beschreiben und sich in einem Gange vereinigen , der durch eine einzige kleine, seitliche Oeffnung in die Speiseröhre mündet. Der Inhalt dieser Zellen erscheint in den Präparationen als ein gefärbtes Gemengsei. Leber {f, Fig. 391 bis 393). — Die Leber bildet eine kugelige, auf der gewölbten Fläche des Körpers gelegene Masse von etwa 2 mm Durchmesser. Sie wird in ihrem oberen Theile vom Darm umgeben. Unter der Lupe sieht man an ihrer Oberfläche zahlreiche kleine, ge- trennte Läppchen. Im Ganzen besitzt die Leber eine aus zwei Schich- ten gebildete Hülle; während die äussere, ausserordentlich dünne Mesenterialschicht nur eine deutlich angegebene Linie bildet und ebenmässig über die Läppchen weggeht, zeigt sich im Gegenthcil die innere Eigenhülle als eine dickere Schicht, die sich leicht färben lässt und aus wellenförmigen Fäserchen zu bestehen scheint. Sie faltet sich nach innen zwischen die Läppchen hinein und bildet so eine Art von Faserskelett, welches die Läppchen umgiebt und von einander trennt. Diese Schicht ist auf einem Theil ihres Umfanges stark pigmeutirt. 840 Mollusken. Diese Ablagerung gelärbtex- Materie wurde bei allen beobachteten Thieren stets vorgefunden. Unter starker Vergrösserung beobachtet man, dass sie von einer Menge kleiner, schwarzer Granulationen zu- sammengesetzt ist. Manchmal glaubt man iminneren der Körnchen, concentrische Zonen zu erkennen. Die Leber besteht aus einer grossen Anzahl von röhrenförmigen, vom Centrum zur Peripherie ausstrahlenden Läppchen; ein jedes der- selben wird durch eine an ihrem freien Ende blind geschlossene Röhre gebildet , welche von den benachbarten Röhren durch die bereits be- schriebene Eigenhülle getrennt wird. Auf quer durchschnittenen Röhren lässt sich leicht ersehen , dass dieselben nicht vollkommen cylindrisch, sondern durch gegenseitigen Druck eckig sind. Die sehr dicke Wand dieser Leberröhren enthält zweierlei Zellen ; die einen färben sich ungemein leicht und besitzen einen grossen, sichtbaren Kern. Ferner ist die äussere Wand dieser Zellen ebenfalls beträchtlich. An einander gereiht, bilden sie ein Ganzes, welches durch die Zellen der zweiten Art in uuregelmässi- gen Zwischenräumen unterbrochen wird. Diese letzteren erscheinen als grosse, runde, gelbliche, von feinen Gx'anulationen erfüllte Zellen, deren Kern schwer zu erblicken ist. Man trifft sie entweder an der äusseren Oberfläche der Leberröhre , deren Wand sie dann bilden, oder gegen die innere Fläche der oben beschriebenen Zellen angeheftet. Der Inhalt der Läppchen ist besonders am offenen Ende einer jeden Röhre angehäuft. Mau wird zuvor eine grosse Anzahl von sehr zarten, verschiedenartig gefärbten Granulationen darin erblicken, zwischen welchen sich runde, stark körnige Zellen befinden, die keinen Kern zu besitzen scheinen. Die Läppchen stehen in directer Verbindung mit einem centralen Becken, in welches sie ihren Inhalt ergiessen. Dieses Becken ver- längert sich an seinem Ende in Form einer blind geschlossenen Röhre, von einem halben Millimeter Länge; da es gänzlich von den Läppchen gesondert ist, lässt es sich nicht mit denselben verwechseln, man würde es vielleicht mit Recht als ein Gallenbläschen betrachten (u, Fig. 393). Die Wände dieses Blindsackes bestehen aus länglichen, senkrecht zur Wand gestellten und lose aneinander gereihten Zellen mit deut- lichem Kern. Im Inneren findet man ein Gemengsei von Granulatio- nen, welche denen der Basis der Läppchen ähnlich sind, und ferner sehr lichtbrechende Körper. Zwischen diesen Elementen und der Wand liegt eine ringförmige Schicht, die sich weniger färbt als der Rest des Organs und in welcher das Vorhandensein von Zellen nicht deutlich zu erkennen ist. Unter starker Vergrösserung zeigt diese Zone ent- weder Granulationen oder feine Streifen, die das Aussehen einer Anzahl aneinander gereihter Wimpern vortäuschen. Pteropoden. 841 Dei- Bliudsack steht, wie oben gesagt, in directer Verbindung mit dem Becken, in welches die Leberläppchen ihre Absonderung ergiessen. Das Becken öffnet sich seinerseits in den Darm , am Anfange des Bogens, welchen derselbe bei seinem Austritte aus dem Magen bildet. Nervensystem. — Das Nervensystem ist von einer Ganglien- masse gebildet, von welcher einige zu den verschiedenen Organen des Körpers laufende Fäserchen ausgehen. Diese Ganglieumasse ist auf der Bauchfläche der Speiseröhre gelegen und unmittelbar an letztere (f, Fig. 392, 393) angefügt. Man unterscheidet zwei in die Länge gezogene und eng mit einander verbundene Hälften, von denen eine jede, durch eine Querlinie in zwei Theile getheilt zu sein scheint. An ihrer Oberfläche zeigen die Ganglien eine Schicht von grossen, beinahe runden Zellen , die eine dicke Hülle und einen granulösen Inhalt be- sitzen. Sie senden einen oder zwei Fortsätze aus, welche in Nerven- Quersehiiitt dui-L-li Jeu Schluiulring. i, Otolithen im Hörbläschen ; 2>, l^haryii.wvaiul ; y, grosse Ganglienzelle ; z, Nervenfäserchen der Unterschlundmasse. fasern übergehen, die in die Ganglienmasse eintreten (^, Fig. 394). Die Zellen der Oberfläche der Nervenmasse, besonders diejenigen des Hinter- randes der Ganglien , fallen durch ihre u.ngewöhnliGhe Grösse auf (2/, Fig. 394). ^ . Die Ganglienmassen des Uuterschlundringes sind oberhalb der Speiseröhre durch eine winzige, ein weissliches Band darstellende Brücke verbunden. Die Oberschlundbrücke besitzt keine Anschwellung; sie besteht aus Fäserchen, von denen einige bis zum Hörorgan gclien. An jedem Ende der Ganglienmasse des Unterschlundriuges ent- springt ein Nerv, was uns erlaubt, ein vorderes und ein hinteres Nerven- paar zu unterscheiden. Die Nerven des vorderen Paares laufen direct 842 Mollusken. in die Flügel; die hinteren Nerven dagegen durchsetzen die Halsniasse, indem sie der Speiseröhre entlang gehen; sie verbreiten sich als- dann nach einigen Verzweigungen auf dem Mantel und an den Ein- geweiden. Sinnesorgane, — Hijalaca tridentata besitzt drei Gruppen von Sinnesorganen : die Seh-, Hör- und Tastorgane. Aiif jeder Seite des Halses, an dem Punkte, wo die beiden Mantel- lappen mit demselben verschmelzen , erblickt man einen bräunlichen Pigmentfleck ohne besondere Bildung. Da diese Flecken die Stelle einnehmen , wo bei anderen Pteropoden besser entwickelte Augen sich vorfinden, so sieht man sie meist als nidimentäre Sehorgane an. Das Hörorgan besteht aus zwei Hürbläscheu (/, Fig. 394). Jedes befindet sich auf einem der Unterschlundganglien und ist theilweise von den bereits erwähnten grossen Ganglienzellen umgeben. Das Hör- bläschen besteht aus einer runden Kapsel mit sehr feinen Wänden und ist mit kleinen, dick eiförmigen, aus kohlensaurem Kalk gebildeten Otolithen gefüllt. In Folge der Behandlung des Thieres mit schwacher Salzsäure verschwinden die Otolithen. Auf einem Schnitte des Hör- organs kann man häufig bis hundert in eine runde Masse zusammen- gedrängte Otolithen zählen. Das durch ein kleines Hautwärzchen dargestellte Tastorgan ist auf der Rückenfläche des Thieres in der Nähe der Vereinigungsjjunkte der zwei Flügel gelegen. Kreislaufsystem und Athmungsorgane. — Das Herz ist links von der Zwitterdrüse gelegen ; es gleicht einer Birne , deren ge- schwollenes Ende gegen den Hintertheil des Thieres gewendet wäre (5, Fig. 391, 392). Der dieses Organ gänzlich umhüllende Herz- beutel wird von einer feinen durchsichtigen Membran gebildet, in welcher man grosse, stark körnige und unter einander durch eine Binde- substanz verbundene Kerne erblickt. Das Herz ist mit vei^hältniss- mässig dicken, aus Muskelgewebe bestehenden Wänden versehen. Wir bemerken äusserlich ein aus runden, eng an einander gepressten Zellen gebildetes Epithelium. Ein Querschnitt des Herzens lässt uns innei'halb dieses Epitheliums zahlreiche quergestreifte, nach allen Richtungen durchschnittene Muskelfäserchen sehen. Manchmal trifft mau in diesen Muskelfasern grosse, stark granulirte Kerne. Man unterscheidet eine Herzkammer und eine Vorkammer (5, 6, Fig.- 392); zwischen beiden zeigt sich eine Verengung, deren innere Wand eine atrio-ventriculare Klappe herstellt. Die Wand der Herzkammer biegt sich nach innen ein, so dass das von der Vorkammer herfliessende Blut in die Herz- kammer strömen kann, bei der Systole der Kammer aber vor dem Rückflusse in die Vorkammer gestaut wird. Die Eingeweideaorta, wenn man diesen Namen dem, von der Herzkammer auslaufenden Gefässe geben kann, entsendet das oxy- Pteropoclen. 843 genirte Blut in die verscbiedeueii Kürpertheile, Nach Gegenbaur ist sie mit einer Klappe vei-sehen. Unmittelbar nach ihrer Ent- stehung dringt sie in die Masse der Zwitterdrüse ein. Sie besitzt starke, Muskelfäsercheu enthaltende Wände. In ihrem Innern trifft man, wie in der Herzhöhlung, isolirte, sehr körnige runde Zellen, wahr- scheinlich Blutkörperchen. Bald nachdem sie in die Zwitterdrüse eingedrungen, endigt die Aorta in ein Lacunensystem, Das Blut circulirt in der That in Hohl- räumen mit nicht genau bestimmten Wänden , wie es der Fall bei den meisten Mollusken ist. Gegenbaur behauptet, dass sich die Aorta bei ihrem Eintritte in die Eingeweidemasse gabele; der eine Zweig läuft über den Magen, öffnet sich frei nach aussen und entsendet einen Ast in jeden Flügel, während der andere sich in der Zwitterdrüse, Leber, Magen u. s. w. vertheilt und einen Zweig entsendet, welcher nach hinten dem Columellai'muskel folgt und ebenfalls in das Colom mit einer trichterförmigen Oeffnung mündet. Ein grosser Blutcanal (8, Fig. 391, 392) ergiesst sich in die Vor- kammer. Indem er rechts von der Eingeweidemasse verläuft, beschreibt dieser Canal, den man Kiemen veno nennen kann, eine Krümmung und wird desto feiner, je mehr man sich seinem freien Ende nähert. An dieser Vene hängen die Kiemenfransen. Kiemen. — Die Kiemen beschreiben eine regelmässige Krüm- mung unterhalb und rechts von den Eingeweiden. Auf den ersten Blick sieht man, dass sie aus zwei verschiedenen Elementen gebildet sind, die beide sich als feine Canälchen darstellen. Die einen dieser Canälchen gehen direct von der Kiemenvene aus und sind besonders in der Umgebung des Herzens und der Zwitterdrüse in Menge vor- handen, während die anderen an secundären Zweigen der Kiemenvene sitzen. Wir werden uns zuvor mit der ersten Kategorie beschäftigen (7, Fig. 391, 392). Diese Kiemenfransen bilden kleine, von einander isolirte und zwischen der Kiemenvene und dem Secretionsorgane ent- wickelte Büschel, von denen ein jeder aus mehreren sehr zarten Fäser- chen besteht, die mit einander an beiden Enden verbunden sind. Das eine dieser Enden mündet direct in die Vene aus, während das andere vermittelst eines Verbiudungsbogens mit dem benachbarten Büschel communicirt. Die zweite Kategorie bildet den grössten Theil der Kiemenraasse (9, Fig. 391 bis 393). Vom inneren Rande des Blutbogens entstehen in regelmässigen Zwischenräumen gegen die Eingeweide hin gerichtete Aeste. Die hinteren sind die längsten; sie erscheinen als Cauäle mit dünnen iind durchsichtigen Wänden, deren Verlaiif gewunden ist. Bis zu ihrem freien Ende vei-zweigen sie sich nicht. Erst am Ende der Fransen treten vier oder fünf Verästelungen hervor, die sich ver- 844 Mollusken. einigen, um geschlängelte Canäle zu bilden, die unter der Kiemenvene durcljgelien und sicli in directen Zusanimenliang mit den quasten- förmigen Verästelungen setzen, welche von dem äusseren Rande der Vene entsendet werden. Die auf dem Verlaufe aller dieser Canäle an- sitzenden Wimperbüschel erhalten das in der peribranchialen Höhlung befindliche Wasser in steter Bewegung. Die Kieme bildet im Ganzen einen unvollständigen Kreis ; das in der Nähe des einen Endes liegende Herz theilt so zu sagen die Kiemenmasse in zwei Theile von ungleicher Grösse , von denen der linke (angenommen , das Thier läge auf dem Rücken) bei weitem der umfangreichste, während der rechte (10, Fig. 391, 392) nur unbedeutend ist. Die ganze Kieme ist in eine Höhlung mit ausserordentlich zarten Wänden eingeschlossen , die nothwendig eine Oeffnung zum Eintritte des Wassers besitzen muss, deren Dasein wir aber auf unseren Schnitten nicht nachweisen konnten. Gegenbaur sagt, dass die Kiemenhöhlung eine Einstülpung des Mantels in Form einer Tasche sei, die nach vorn mit einer QueröfFnung münde. Das eine Ende der peribranchialen Höhlung befindet sich in der unmittelbaren Nachbarschaft eines sack- förmigen Organs, welches dem Rückenlappen des Mantels, oberhalb des Herzens, unmittelbar anliegt (11, Fig. 391, 392). Dieser Sack sjjielt gewiss eine Rolle bei der Einführung des Wassers in die peribranchiale Höhlung, jedoch erlaubten die zahlreichen Falten seiner Wandungen uns nicht, irgend eine Oeffnung daiin zu erkennen, die in die Kiemeuhöhle oder direct zur Verbindung mit der zwischen den beiden Mantellappen befindlichen Oeffnung fühi'te, durch welche ohne Zweifel das die Kiemen bespülende Seewasser eindringt. Secretions- oder Boj anus'sches Organ. — Allgemein be- trachtet man als Absonderungsorgan einen weisslichen , halbmond- förmigen und hinter den Eingeweiden gelegenen Körjjer (2, Fig. 391 bis 393). Der Mittelpunkt des Halbmondes, der nach seinen Enden sich verdünnt, ist dem hinteren Mittelanhang der Schale zugewendet. Unter schwacher Vergrössei'ung erscheinen die Wände gefaltet. Das eine Ende reicht unmittelbar an den Herzbeutel, das andere erstreckt sich bis unterhalb der Kieme. Wenn wir ferner eine Linie vom Munde aus zum Ende des Mittelanhangs der Schale ziehen, ersehen wir, dass das Absonderungsorgan mehr auf der linken als auf der i'echten Seite dieser Liuie entwickelt ist. Die Wände sind, wie bereits gesagt, stark gerunzelt, was von zahlreichen kleinen, auf der Wand vortretenden, Blindsäckchen herrührt. Das Absonderungsorgan besitzt zwei Oeffuungen: die eine, am Ende, in der Nähe des Herzens, mündet in die Herzbeutelhöhle, wäh- rend die andere, eiförmige, auf der einen Wand des Organs angebracht ist und in die Mantelhöhlung durchbricht (3, Fig. 391 bis 393). Letztere Pteropoden. . 845 liecrt in eiuiß'er Entfernunii' von dem Ende des linken Ilornes und scheint von Kreisfasern umgeben zu sein. Die mikroskopische Untersuchung von Durchschnitten der Wände des Absonderungscanais zeigt uns eine Schicht von platten, polygo- nalen, stark körnigen Zellen, deren Kern schwer ersichtlich ist. Die Wand erzeugt eine gewisse Anzahl von in das Innere der Höhlung vortretenden Peilten, die dem Schnitte ein zottenartiges Ansehen geben. Im Innern des Absouderuugsorgans sind Elemente zerstreut, welche zerrissenen Zellenwünden gleichen, es sind dies kleine, gekrümmte, zu- weilen feine Granulationen enthaltende Fetzen. Ausserdem ist es nicht selten, runden Zellen, denjenigen im Innern der Ilerzhöhlung ähnlich, zu begegnen. Nach einigen Autoren zeigt dieses Absonderungsorgan Zusammen- ziehungen, welche den Pulsbewegungeu des Herzens ähneln sollen und durch welche eine gewisse Quantität Wasser in das Blut eingeführt werden könnte. Geschlechtssystem. — Ilijalaea ist Zwitter. Der auffallendste Theil dieses Systems ist die Zwitterdrüse (Ovarium von Cuvier). Sie erscheint als eine gelbliche, cylindrische Masse von ungefähr drei Millimeter Länge und einem halben Millimeter Breite (12, Fig. 391 bis 393). Sie erstreckt sich vom Magen zur Kieme, indem sie der Längsmittellinie des Körpers folgt. Auf ihrer , der planen Klappe der Schale zugewendeten Fläche sieht man links eine schiefe Furche, während sie rechts beinahe gänzlich den Columellarmuskel (/i, Fig. 393) umfasst. Die Zwitterdrüse ist in eine Falte des Mesenteriums ein- geschlossen. Ihre innere Fläche entsendet ein sehr dünnes und durch- sichtiges, zur Leber sich erstreckendes Canälcheu (13, Fig. 392, 393), welches, auf sich selbst gewunden, im Ganzen seine Richtung nach der Basis der Flügel hin verfolgt. Dieser Canal führt bald zu einer kugeligen, weisslichen, auf der Höhe der Magenregion gelegenen Masse von zwei Millimeter Durchmesser (15, Fig. 391 bis 393), welche von Gegenbaur Uterus genannt worden ist. Bevor er aber diese Masse erreicht, entsendet der Ausführungsgang der Zwitterdrüse eine blind endigende und auf sich selbst gewundene Verlängerung, die nach Gegenbaur ein Behälter für die reifen Zoospermen ist. Wir werden diesen Theil den Samenbehälter nennen (14, Fig. 392). Vom Uterus läuft ausserdem ein Ausführungsgang (16, Fig. 391 bis 393, 396) längs der Halswand über die Rückenfläche des Thieres , um in einem Wärzchen auf der Rückenfläche der Basis des rechten Flügels zu endigen (28, Fig. 392, 393). Betrachten wir nun im Einzelnen jeden Theil des Geschleclits- systems. 846 Mollusken. Auf einem im zweiten Drittel ihrer Länge geführten Querschnitte gleicht die Zwitterdrüse vollständig einer Bohne. Wir unterscheiden also eine gewölbte und eine hohle Seite, die in ihrer starken Ausbuch- tung den quer durchschnittenen Columellarmuskel erblicken lässt. Das Ganze wird durch eine feine, durchsichtige Membran, die mesenteriale Hülle, umzogen. In der Richtung des kleinen Durchmessers des Schnittes bemerken wir an einander gereihte Streifen, auf welchen die Geschlechts- producte entstehen. Die einander zugekehrten Oberflächen dieser Plättchen, sowie ihr äusserer Rand enthalten in Boraxcarmin sich stark färbende Zellen, in deren Innerem man stets einen grossen runden Kern erbHckt. Die Plättchen stehen, wie wir bereits gesagt haben, parallel, zur kleinen Schnittaxe. In der Nähe des inneren Randes des Schnittes bemerkt man eine Höhlung, welche von einer sehr zarten Membi'an umhüllt zu sein scheint. Dieser die Eier enthaltende Raum (17, Fig. 39.3) ist im Halbmonde gekrümmt und nimmt ungefähr den achten Theil der Oberfläche des Schnittes ein. Die in Folge des gegenseitigen Druckes vieleckige Formen besitzenden Eier haben eine feine Hülle. Ihr Protoplasma scheint sehr homogen. Im Innern kann man einen runden Kern beobachten, welcher ungefähr den dritten Theil der Zelle einnimmt, klarer ist als das Protoplasma und zahlreiche Granu- lationen enthält. Ausserdem befindet sich auch noch ein kleines, dunkleres Kernchen darin. Diese mit Eiern gefüllte Region der Zwitterdrüse dürfte als speciell weiblicher Theil oder als Eibehälter zu betrachten sein , denn wir werden sehen , dass sich ähnliche Zellen im übrigen Theil der Zwitterdrüse finden. Im Innern der Plättchen lassen sich grosse, kaum gefärbte An- häufungen erblicken, welche mit zarten, ein feines Netz darstellenden Falten überzogen sind. Auf der inneren, das heisst auf derjenigen Seite, welche die mit Eiern gefüllte Höhlung begrenzt, zeigen sich Züge, welche von zahlreichen kleinen Zellen gebildet sind, die dunkle Körner enthalten; jeder dieser Punkte hat das Ansehen des Kopfes eines Samenthierchens , während zwischen den Zellen sich Bündel von sehr zarten , Zoospermfädchen ähnelnden Fibrillen befinden. Manchmal zeigen sich dieselben strahlenförmig um ein von vielen Granulationen besetztes Centrum gruppirt. Man kann Zoospermen auf jedem Theil des Schnittes, ausser in der mit Eiern gefüllten Höhlung, antreff'en ; sie finden sich in grosser Anzahl namentlich in der Nähe dieser Höhle. Zwischen den oben erwähnten Plättchen giebt es, jedoch nur selten, grosse runde Zellen, deren Form gänzlich an diejenige der Eier erinnert und die sich bedeutend stärker als der Rest der Masse färben. Oefters sind sie wie mit einem Kranze von Zoospermen umgeben. Wir haben bereits gesehen, dass von der Zwitterdrüse ein Canal ausgeht, der kurz nachher sich gabelt (13, Fig. 392). Ein Querschnitt des Canals zeigt unter starker Vergrösserung eine dünne äussere Mesen- Pteropoden. 847 terialhülle, die hier und da einige liingliclie Kerne enthält. Diese Hülle ist innerlich von einer Schicht runder und sehr körnigor Zellen bekleidet. Gegen einander gopresste und sehr verwickelte Knäuel bil- dende Zoospermen erfüllen die Höhlung des Canales fast gänzlich. Man stösst manchmal auf Zoospermenbündel, deren Köpfe zu Gruppen ver- einigt sind. Der vom Canal sich ablösende Blindsack zeigt die gleichen histo- logischen Bildungen; er dürfte deswegen als ein Receptciculum semhiis betrachtet werden. Das von Gegenbaur Uterus genannte Organ, in welches der Aus- führungsgang mündet, entspricht wahrscheinlich der Eiweissdrüse der Gasteropoden. Wie bereits bemerkt worden ist, besitzt es eine weissliche Farbe (15, Fig. 392). Seine Oberfläche ist von zahlreichen Falten durchzogen, welche dem Ganzen das Aussehen eines auf sich selbst gewundenen Canals geben. Diese Falten zeigen unter starker Vergrösserung eine sehr eigenthümliche Structnr. Ihre äusserst feine Hülle dringt zwischen die einander anliegenden Falten ein und bildet so Scheidungslinien, Die Falte selbst ist von zahlreichen weisslichen Bündeln gebildet, welche regelmässig neben einander ge- legt und senkrecht auf die Falte gerichtet sind. Sie scheinen durch eine dünne Membran begrenzt zu sein, haben alle beinahe den gleichen Durchmesser, besitzen einen feinkörnigen Inhalt imd zeigen auf dem einen der beiden Enden einen runden Kern. Zuweilen erscheint längs den Wänden eines jeden Bündels ein zweiter länglicher Kei'n. Beizufügen ist noch, dass in der Dicke des Organs viele, stark pigmentirte Zellen vorhanden sind, welche Chromatophoren sehr ähn- lich sind. Der Ausführungscanal der Drüse zieht, wie wir bereits gesehen haben, über die Rückenfläche des Thieres, läuft dem Halse entlang und endigt mit einer, an der Rückenfläche der Basis des rechten Flügels gelegenen Verdickung. Beim Beginn haben wir es mit einem wirklichen Canal zu thun, dessen Wände von länglichen, gleichartigen, mit zahlreichen langen Wimpern besetzten Zellen gebildet werden. Ein Theil der Wand verschwindet aber längs der Rückenfläche des Halses und es bleibt nur noch eine offene Rinne (16, Fig. 396), welche theilweise aus der Ilalswand , theilweise aus einer dünnen angren- zenden Platte besteht. Die innere Fläche dieser letzteren ist mit Wimpern bedeckt (17, Fig. 396), die wohl den Ausgang der Samen- producte erleichteim. Das Ende der Rinne schwillt kelchförmig an (28, Fig. 393; Fig. 395). Dieser höchstens einen halben Millimeter lange Kelch ist gegen die Rückenfläche des rechten Flügels angelehnt; er öffnet sich nach vorn und lässt innerlich am Grunde eine solide, warzenai-tige Erhöhung erblicken (18, Fig. 395). Die W^ände des Kelches sind verhältnissmässig dünn und besitzen auf beiden Flächen 848 Mollusken. ein aus einer Schicht runder, stark körniger Zellen gebildetes Epithe- lium (19, Fig. 395). Das Innere des Organes ist durch ein lockeres Bindegewehe gebildet, welches aus losen, die zwei Wände verbindenden Fäserchen zusammengesetzt ist (20, Fig. 395). Mau bemerkt ebenfolls hier und da Zellenkerne. Das im Innern des Kelches befindliche Wärzchen zeigt dieselbe Structur. Wir haben vorhin bemerkt, dass die Wand der Rinne innei'lich mit einer dichten Menge langer Wim- Fig. 395. Läno'sschnitt des Endkelches des Geschleclitssystems. 18, innere Erhöhuni;'; 20, Binde- gewehe zwischen den Epithelien; 19, Wimperzellen des Eiiithcliums; 21, Wimper- büschel. pern bekleidet ist ; dieselben setzen sich auf beide Flächen des Kelches fort, ändern aber ihre Anordnung (21, Fig. 395). Sie bilden liier Büschel, deren jeder von einer einzigen Zelle getragen wird. Die innere Erhöhung besitzt ebenfalls solche Wimperbüschel. PteropocTen. 849 Es würde natürlich erscheinen, eine Oeffuung an der Basis des Kelches zu finden, die mit der Rinne in Verhindung stände und die Geuerationsproducte austreten lassen würde. Die mikroskopische Beobachtung lässt aber nichts davon erblicken. Die Zeugungsproducte müssen, um in das Innere des Kelches eindringen zu können, seine Wände umuehen. Diese Annahme scheint durch die Anwesenheit von Wimperbüschcln auf der äusseren Fläche des Kelches bekräftigt zu werden. Penis (22, Fig. 392). — Im Inneren des Halses imd auf der Rückenfläche der Speiseröhre befindet sich ein Organ, dessen Function räthselhaft ist; durch Abnehmen der Haut der Rückenfläche wird es leicht blossgelegt. Seine Länge beträgt ungefähr drei Millimeter. Es Quors.hiiitt aurch die Halsregion im hinteren Drittel des Penis; a, Kückenwand des Halses; b, Bauchwand ; c, unter der Bauchwand liegende Muskeln; p, Pharynx; .s, zusammenii-esetzte Speicheldrüsen; x, Nerv; 17, Wimi^eru ; 18, den Hals entlang laufende und in dem Becher endende Geschlechtsrinne ; 23, Zellen der Hinterwand des Penis ; 24-, Lamellen im Inneren des Penis ; die auf der linken Seite gehüren der Krüm- muno; des Penis an. ist stark in Gestalt einer kurzen Tabakspfeife zusammengekrümmt und besitzt nach vorn eine sehr enge, vor dem Munde, genau am Ver- einigungspunkte der zwei Flügel gelegene Oeff"nung. Die Flügel- basis trägt zur Bildung der Umrandung dieser Oeffnung bei. Das Organ verdickt sich zu einem cylindrischen Sacke, dessen geschlossenes Ilinterende auf sich selbst gekrümmt ist. Die ganze Masse nimmt Vogt u. Yang, prakt. vevgl. Anatomie. 54 850 Mollusken. einen verhältnissmässig grossen, der Grösse des Magens gleichkommen- den Raum «in. Querschnitte (Fig. 396 a. v. S.) zeigen folgende Striictur : die Wand der Flügel zeigt an ihrem Vereinigungspunkte einige mehr oder weniger tiefe Faltenrinnen, deren tiefste sich schliesst, um einen Canal zu bilden. Der Eingang dieses Canals zeigt ein enges Lumen, dessen Wände von Falten durchzogen und von circulären Fäserchen umgeben sind. Während eines gewissen Theiles seines Verlaufes behiilt das Organ das gleiche Aussehen; dann verdickt sich die Wand der Bauch- fläche bedeutend; die sie bildenden Zellen verlängern sich ungemein und stellen sich alle nebeneinander, um so ein dickeres Polster (23, Fig. 393, 396) herzustellen. Jede einzelne Zelle hat die Form eines langen Stäbchens mit kaum wahrnehmbaren Wänden ; das Proto- plasma ist feinkörnig, der ungefähr im dritten Theil der Länge gelegene Kern eiförmig und sehr deutlich. Im Inneren des Organs bemerkt man, besonders in seinem gekrümmten Theile, unregelmässige Verdickungen der Wand, die eine grosse Anzahl gegeneinander ge- presster und mit Wimpei-n versehener Anhängsel tragen (24, Fig. 396), welche ganz das Aussehen von Drüsen besitzen und deren Inneres runde, stark körnige Kerne enthält. Die Axe eines jeden dieser An- hängsel scheint einen Canal zu besitzen. Gegenbaur und van Beneden beti-achten dieses Organ als einen Penis; es steht jedoch in keiner Verbindung mit der Geschlechtsdrüse und ihren Nebenorganen, es ist also möglich, dass es eine andere Func- tion besitzt. Zu bemerken ist aber, dass Gegenbaur die Begattung, welche eine halbe bis zwei Stunden dauern soll, gesehen hat. Seiner Behauptung nach sind die Zoospermen bei Hyalaca lang fadenförmig mit einem runden Kopfe und erreichen eine Länge von 0,008 m. Die Schale der Pteropoden zeigt sehr verschiedene Gestaltung. Die Gymnosomen sind nackt. Weuu sie bei Hi/alaea kugelig und mit Hinter- stacheln versehen ist, so können wir die Schale bei Thieren derselben Familie mit sehr in die Länge gezogenem spitzem Hinterende antreffen [Creseis). Bei den Limaciniden findet sich ein spiralig gewundenes Gehäuse, ähnlich dem- jenigen von Helix etc. In anderen Fällen sieht die Scliale wie ein Nachen aus {CymhuUa). Bei den Hijalaeiclen und den Limaciniden ist die Schale hart und in Folge einer ziemlich bedeutenden Menge von kohlensaurem Kalk, welche in ihre Zu- sammensetzung eingeht, zerbrechlich, während sie bei den Cymbuliden die Consistenz eines weichen Knorpels besitzt und von einer homogenen Substanz gebildet wird. In letzterem Falle liaftet sie nicht am Körper au, im anderen dagegen giebt es Muskeln, die sich an die Schale ansetzen. Die Flossen sind membranose, stets auf dem vorderen Theile des Körpers gelegene Ausbreitungen. Beim lebenden Thiere sind sie au ihren Räudern durchsichtig und besitzen immer zahlreiche musculöse Fasern, die sich in verschiedenen Richtungen kreuzen. Morphologisch lässt man die Flossen von dem Centrallappen des Fusses, vom Epipodiura, hervorgehen. Die Hya- Pteropoden. 851 laeiden tragen ein Paar Flossen ; einige Clioniden haben deren zwei Paare und bei Tiedemannia bilden sie eine einzige Ansbreitung in Form einer wenig ausgeschnittenen Scheibe. Der Kopf ist im Allgemeinen kaum gesondert. Bei Hyalnea bleibt er so zu sagen rudimentär; er trägt an seinem Vordertheil die Mundöffnung und kleine , als Tastorgane angesehene Tentakel. Bei den Gymnonomen ist der Kopf gewöhnlich mehr vom Körper getrennt und kann conische Anhängsel [Clinne) oder Arme [Pneumodermon) mit Reihen von kleinen Saugnäpfen tragen. Per Grund der Mundhöhle ist immer mit einem der Radula der Gaste- ropoden äjmlichen Appai'ate bewaffnet, welcher die Nahrungstheilchen zer- reisst. Die Speicheldrüsen sind sehr klein oder rudimentär; die Speiseröhre führt in einen umfangreichen, je nach der Gestalt des Thieres kugelförmigen oder sehr in die Länge gezogenen Magen. Der im Inneren mit Wimpern bedeckte Darm umgiebt in den meisten Fällen die Leber und mündet durch einen After in die Mantelhöhlung. Der Kreislauf ist, Avie in der Eegel bei den Mollusken, zum grössten Theil lacunär. Das Herz wird von einer Herzkammer und einer Vorkammer gebildet; von der ersten entsteht der bedeutendste Gefässstamm. Die Athmungsorgane bestehen, wenn vorhanden, aus Kiemen ; diese fehlen unter den Gymnosomen bei der Gattung CUq und werden durch Hautathmung ersetzt. Bei Pneumodermon fungiren vielleicht blätterartige , am Hinterende des Körpers gelegene Anhängsel als Kiemen. Bei einigen Thecosoinen treffen wir die Kiemen im Inneren des Körpers in der Mantelhöhlung; sie werden durch zahlreiche Falten und Lappen gebildet , deren Ganzes bei Hyalaea das Aussehen eines Halbkreises hat; bei anderen endlich {Creseis, Cleodora) fehlen besondere Kiemen gänzlich, und die Athmung scheint durch die innere Ober- fläche der Mantelhöhle zu geschehen. Das bis jetzt als Niere (Boj anus'sches Organ) betrachtete Organ befindet sich gewöhnlich in der hinteren Hälfte des Kör^iers. Seine Function ist bei Weitem noch nicht erforscht. Bei Hyalaea ei'scheint die vollständig nach hinten gelegene Niere als ein Halbmond. Bei Creseis ist sie nach der Längs- axe des Körpers in die Länge gezogen. Im Allgemeinen besitzt die Niere zwei Oeffnungen : die eine nach aussen, die andere in der Herzbeutelhöhlung. Man beobachtete bei ihr Zusammenziehungen, die zur Annahme bestimmten, die Niei-e führe bei gewissen Gattungen Wasser in das Blut ein. Das Nervensj-stem bestellt aus Ganglien , die durch Commissuren mit einander im Zusammenhange stehen. Die wichtigste Ganglienmasse liegt der Speiseröhre unmittelbar an; man unterscheidet die auf der Speiseröhre ge- leo-enen Hirnoanolien von den Mundganglieu. Die Fuss- und Eingeweide- ganglien sind entweder weit vom Hirn entfernt oder beinahe gänzlich mit einander in der Nähe des Hirnes, unterhalb der Speiseröhre, verschmolzen, wie bei Hyalaea. Die Sinnesorgane bestehen aus den Seh-, Hör- und Tastorganen. Die Augen sind immer rudimentär. Bei einigen Pteropoden fehlen sie sogar gänzlich. Bei yielen Hyalaeiden sind es zwei einfache, auf jeder Seite des Halses liegende Pigmentfiecken. Die Hörorgane, wenn vorhanden , befinden sich auf der Nervenschlund- masse. ' Sie bestehen aus zwei runden Bläscheu; welche zahlreiche Otolitheu enthalten. Die Pteropoden sind Zwitter. Die gewöhnlich umfangreiche Zwitterdrüse ist in der Nähe des Herzens gelegen und je nach der Form des Thieres rund, zusammengedrängt oder länglich. Sie besitzt nur einen einzigen Ausgangs- canal, welcher mehrere Windungen im Innei-en des Körpers beschreibt; er 54* 852 Mollusken. kaun sich in eiuen Samensack ausdeluieu uud steht iu vielen Fällen mit einer Tasche in Verbindung, die man als Eiweissdrüse betrachtet. Man hat bei den Hyalaeiden uud Ci/mbididen einen Penis beschrieben. Er lieot am Vordertheil des Körpers uud steht nicht iu directem Zusammenhange mit dem Ausführungscaual der Zwitterdrüse. Er bildet eine exertile Röhre, die sich wie ein Haudschuhfiuger umstülpt. Bei den Clioniden bildet der Penis einen Anhang von bedeutender Grösse. Die Bier der Pteropoden sind kettenförmig an einander gereiht oder in Kapseln eingeschlossen. Die Embryonen besitzen ein Wimpersegel , wie es bei den Gasteropoden der Fall ist. Die Atrophie dieses Vehims bedingt die Bildung der Flügel oder Flossen. Der Embryo umgiebt sich bald mit einer napfartigeu Schale, die aber entweder rasch abfällt oder nur dazu dient, eiuen Theil der definitiven Schale zu bilden. Die Gynmosomen {Pneumodermon) durchlaufen zwei ziemlich verschiedene Larvenstadien : im ersten besitzen sie die typische Form der Gasteropodenlarven mit einem Velum, welches wie die Embryonalschale abfällt, worauf der Embryo iu eine neue Phase mit umoestalteter Form eintritt, die drei später verschwindende Wimperzonen besitzt. Es scheint uns, dass die Classe der Pteropoden zur grossen Gruppe der Gasteropoden gehört. So lange die Flossen als eine eigene Bildung angesehen werden kounteu, verschieden von Allem, was sich bei den Gasteropoden vor- findet, durfte mau die Pteropoden als eine eigene Classe betrachten uud sogar Beziehungen zu den Cephalopoden bei ihnen vorfinden ; heutzutage, wo es bewiesen ist, dass die Flossen übermässig entwickelte Fusstheile sind, muss man in den Pteropoden sehr niedrige Gasteropoden sehen, die einerseits den Scaphopodeu, andererseits den Nudibranchiern nahe stehen und nur durch eiue besondere Umwandlung des zum Schwimmen in hoher See augepassten Pusses von den typischen Gasteropoden verschieden siud. Literatur. — G. Cuvier, Memotrcs puur scrvir ä P/iistoire et ic Paiuüomui des 3Iollusques, Paris 1817. — P. J. van BeiieJeii, liecherches amUoniiqucs sur k Pneumodermon. MüUer's Archiv 1838. — Ders., Mtmoires sur Paiiatomie des tjenres Jlyale, Cle.odore et Cuvierle. Exercices zootomiques. Nouv. Mem. de l^Acad. roy. de Bruxelles, Bd. II, 1839. — Ders., Memoire sur la Limacina arctica. Noui\ Mem. de VAcad. roy. de Bru.w.lks, Bd. XIV, 1841. — F. H. Troschel, Beiträge zur Kenntuiss der Pteropoden. Ardi. f. Naturg., 1854. — C. Gegenbaur, Unter- suchungen über die Pteropoden und die Heleropoden , Leipzig 1855. — C. Vogt, Beitrag z. EntNviiklungsgesch. eines Cepha/ophoren. Zeitschr. wissensch. Zool., Bd. VII, 185g. — D. F. Es ch rieht, Anatomische Untersuchung über die Cltone borealls. Ko]ienliagen 1858. — A. Krohn, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Ptero- poden, Leipzig 1860. — H. Fol, Etudes sur le derc/oppement des MoUusqiies. Arch. de Zool. experimerä.., Bd. IV, 1875. Cephalopoden. 853 Classe der Cephalopoden. Wenn £iucb nicht so verschiedenartig in ihren Formen als die Gaf^teropodcn, so zeichnen sich doch die Cephalopoden von allen anderen Mollusken durch eine hedeutend höhere Entwicklungsstufe aus. Der symmetrische Körper ist sackförmig und wird von einem zusammen- hängenden, zwei Höhlen begrenzenden Mantel bedeckt, von denen die eine, auf der Rückenseite gelegene, die sogenannte Köi-perhöhle bildet, wähi-end die andere, an der Bauchseite, als Kiemenhöhle bekannt ist. Letztere steht mit der Umgebung durch eine breite, den Eingang des Wassers befördernde Oeffnung in Verbindung; sie trägt einen musku- lösen Trichter, durch den das Wasser, welches zur Athmung gedient hat, ausgestossen wird und welchen man als eine Modification des Fusses betrachten muss. Vor dem Körpersacke steht der stets streng abgesonderte Kopf, welcher grosse seitliche Augen, sowie die übrigen Sinnesorgane tragt. Anf der Vorderseite erscheint ein Kranz von acht bis zehn, meisten- theils auf der Innenseite mit Saugnäpfen oder Haken bewaffneten Armen, die zum Kriechen und Ergreifen der Nahrung dienen. In der Gattung Nautilus sind dieselben durch zahlreiche Tentakeln ohne Saug- näpfe ersetzt. Der Körper ist gewöhnlich nackt, jedoch wird er zuweilen von einer inneren oder äusseren, mehr oder weniger gut entwickelten Schale geschützt. Die weiche Haut enthält eigeuthümliche Pigment- zellen, Chromatophoren genannt, die zu schnellem Farbenwechsel Ver- anlassung geben. Das centrale Nervensystem wird durch drei Ilauptgauglienpaare, welche wir bereits bei den anderen Mollusken angetroffen haben, ge- bildet ; sie sind eng an einander gedrängt im Kopfe gelegen und machen den Eindruck, als wären sie zu einer mächtigen, von der Speiseröhre dui'chsetzten Nervenraasse zusammengeschmolzen. Die daraus ent- springenden Nerven besitzen auf ihrem Verlaufe hier und da Ergän- zungsganglien. Die Sinnesorgane sind sehr entwickelt; das Auge besonders nähert sich demjenigen der Wirbelthiere. Der mehr oder weniger auf sich selbst gewundene Verdauungs- canal beginnt mit einem Schlundkopfe, der mit zwei kräftigen Ilorn- kiefern, nebst einer chitinösen, derjenigen der Gasteropodeu ähnlichen, Radula bewaffnet ist. Der- Darm empfängt die Absonderungsproducte eines oder zweier Paare von Speicheldrüsen und einer umfangreichen , Leber genannten, 854 ■ Mollusken. Verclauungsdrüse, deren Ausscheidungscanäle durch sogenannte pau- ki'eatisclie Anhänge ausgezeichnet sind. Ausser einem arteriellen Herzen, welches eine mittlere Kammer und zwei aus den pulsirenden Erweiterungen der Centralenden der Kiemenveneu hervorgegangene Vorkammern besitzt, kommen bei den Cephalopoden noch venöse Herzen vor, welche an der Kiemenbasis auf den Kiemenarterien sich entwickeln. Obgleich einige Hohlräume, in welche das Blut sich ergiesst, bei ihnen anzutreffen sind, so ist doch ihr Capillargefässsystem bei weitem mehr entwickelt als das der übi'igen Mollusken. Die Athmungsorgane bestehen aus einem oder zwei Paaren von Kiemen , welche das Blut durchströmt , bevor es zum Herzen zurück- fiiesst. Der Ausscheidungsapparat besteht aus schwammförmigen, auf dem Verlaufe der Kiemenarterien gelegenen Organen, die man als Nieren betrachtet. Ausserdem dürfte noch der, eine schwarze Flüssigkeit ent- leerende, sogenannte Tintenbeiitel hervorzuheben sein. Alle Cephalopoden sind getrennten Geschlechts, die Männchen ge- wöhnlich kleiner als die Weibchen. Die in einer sackförmigen Hülle des Bauchfells, worin die reifen Geschlechtsproducte fallen, befindlichen Ovarien und Hoden gleichen sich sehr. Diese Hülle verlängert sich dann in einen Canal mit sehr entwickelten Nebenapparaten, durch welchen die Producte austreten. Mau unterscheidet zwei Ordnungen: Erste Ordnung: Die Zweikiemer (Acetahulifera) besitzen zwei, symmetrisch unter dem die Kiemenhöhle bildenden Mantelumschlag gelegene Kiemen. Der Trichter ist vollständig. Ihre Arme tragen Saugnäpfe (Accfahula). Sie werden iu zwei Unterordnungen getheilt: a) Die Octopiden, mit einem Kranze von acht gleichen Armen am Kopfe. Beispiele: Ocfojms, Eledone. b) Die Decapiden mit zehn Armen, worunter zwei länger als die übrigen sind und mit einem angeschwollenen Theile enden. Bei- spiele: Sexna, Loligo. Zweite Ordnung: Die Vierkiemer (Tetrabranchia) mit vier Kiemen, gespaltenem Trichter und zahlreichen, die Arme ersetzenden Tentakeln. Beispiel: Naiäüus. Typus: Sepia ofßcinälis (L.). Gewöhnlich Sepie oder Tintenfisch genannt. Dieser zehnfüssige Zweikiemer ist in allen Meeren verbreitet. Man fängt ihn in grosser Anzahl, besonders zur Frühlingszeit, an den Küsten , wo er seine Eier ablegt. Die von der See entfernt lebenden Naturforscher können ihn leicht von den verschiedenen zoologischen Stationen erhalten. In diesem Falle ist es vortheilhafter, das Thier in einer concentrirten Boraxlösung, welche den Geweben ihre Weich- heit bewahrt, als in Alkohol kommen zu lassen. Wenn es sich um Cei^lialopoden. 855 das Studium dieser oder jeuer speciellen Organe handelt, darf mau nicht unterlassen, das gewüuschte Behaudlungsverfahien bei der Station anzugeben. Allgemeine Beschreibung. — Der Körper des Tintenfisches (Fig. 397) hat das Aussehen eines eiförmigen Sackes, welcher beider- Yia. 397. /\ Sepia oj'jiciiialiti. — Von der unteren oder Bauehfläehe aus gesehen; die atlit kleinen Arme sind nach den symmetrischen Paaren numerirt. a, Kopf; b, Mund, von einer get'ranzten Lippe c uuigelien; (/, Kiemensack; e, Flossen; _/', Trichter; i/, Trichter- öffnung; /(, ringförmiger Mantelkragen um den Hals; /', zurückziehbare Fangarme, welche mit einem angeschwollenen, Saugnäpfe tragenden Theil k endigen; /, Ver- einigungshaiit an der- Basis der Arme. seits von einer sehmalen, häutigen, durch Knorpelstücke unterstützten Flosse gesäumt ist. Dieselbe wird durch eine, auf der ganzen Körper- 856 Mollusken. länge sich erstreckende und nur hinten unterbrochene Hautfalte ge- bildet (a, Fig. 397). Vor dem Sack tritt der Kopf hervor (a), der zwei grosse Augen und kranzförmig um den Mund gelegene Arme trägt, worunter man vier Paar ungestielte, verhältnissmässig kurze Arme unterscheidet, die mit zahlreichen, kurzen, gestielten und an der Basis auf vier Reihen geordneten Saugnäpfen bewaffnet sind. Die Arme der drei ersten Paare sind von ungefähr gleicher Grösse, während die des vierten Paares etwas länger und besonders an ihrer Basis breiter sind (IV, Fig. 397). Beim Männchen ist der vierte linke Arm mit Rück- sicht auf die Begattung etwas modificirt (hectocotylisirt). Wir werden bei der Beschreibung der Geschlechtsorgane darauf zurückkommen. Zwischen dem dritten und vierten Armpaare bemerkt man zwei Taschen mit runder Oeffnung, von denen jede einen cylindrischen und glatten Arm verbirgt, welcher ungefähr dieimal länger als die vorigen ist, sich gänzlich darin zurückziehen kann und mit einer häutigen, Saugnäpfe von verschiedener Grösse (/, Je, Fig. 397) tragenden Erwei- terung (Keule) endigt. Eine kreisförmige Einstülpung des Mantels trennt den Kopf vom Körper und bildet auf der Bauchseite einen tiefen Einschlag, der die Kiemenhöhle abgrenzt, die ein Paar Kiemen in Form von Pyramiden enthält. Dieser Manteleinschlag trägt am Rande zwei knorpelige Knoten (d, Fig. 425), welche in entsprechende, an der Trichterbasis gelegene knopflöcherartige (c) Vertiefungen eingepasst sind. Das hohle, sehr zusammenziehbare trichterförmige Organ (/, Fig. 397), durch welches das Athemwasser aus der Kiemenhöhle ausgestossen wird, liegt vorn an der zum Kiemensack führenden Spalte. Sein unterer Rand legt sich im Moment der Austreibung des Wassers fest an den Rand der Spalte an, die auf diese Weise geschlossen wird , während sie sich beim Einströmen des Athmungswassers weit öffnet. Orientation. — Wenn man die Homologie der Organe der Ce- phalopoden mit denen der übrigen Mollusken feststellen will , ist es zweckmässig, den Körper des Thieres senkrecht mit dem Kopfe nach unten zu stellen, so dass die innere, mit den Saugnäpfen besetzte Fläche der Arme und die häutige Mundlippe der Bauchfläche ent- sprechen, während die Spitze des Körpersackes die Rückenfläche dai'- stellt. Man würde dann die gefärbte Seite, welche eine schwimmende Sepie uns zukehrt, als vordere und die blasse Fläche, wo sich der Kiemensack befindet, als hintere Seite bezeichnen. Um jedoch die Beschreibimg zu erleichtern und mit der weitaus grösseren Mehrzahl der Autoren, die dieses Thema behandelt haben, übereinzustimmen, werden wir der Sepie die Stellung geben, welche sie beim Schwimmen einnimmt. Die braune Seite, welche das Thier nach oben kehrt, wird alsdann die Rückenfläche, die helle Seite, wo der Kieraeusack und der Trichter sich befinden, die Bauch- oder Unterfläche. Der Mund steht Cephalopoden. 857 dann vorn, die Flossen seitlich, das geschlossene Ende des Körpt-r- sackes nach hinten u. s. w. Zergliederung, — Das Thier wird zuerst in einer kleinen Quan- tität Wasser oder in einer einpvoceutigen Lösung von Chloral erstickt. Nach der Untersuchung der allgemeinen äusseren Charaktere schlitzen wir den Kiemensack der Länge nach auf, um die Kiemen (Fig. 425 und 429), den After, die Oefl'nüngeu der Nierensäcke, des Tintensackes und der Geschlechtsdrüsen, welche sämratlich in den Kiemensack mün- den, zu besichtigen. Nachdem das Tliier umgedreht und mit in die Flossen und Arme eingesteckten Nadeln befestigt worden ist, wird es der Medianlinie des Rückens nach aufgespalten. Mau bemerkt alsdann die Stellung der in einem geschlossenen Sacke der Haut eingelagerten Schulpe und nach der Entfernung derselben dringt man in die Körperhöhle ein. Der Darm, die sehr grosse Leber, das Herz, die Schwammkörper, die Geschlechtsdrüsen u. s. w. werden sichtbar. Zur Präparation des Kopfes muss man den inneren Kopfknorpel aufschlitzen, eine immerhin schwierige Operation, die man nur mit der grössten Sorgfalt vornehmen darf, um nicht die Verbindungen des Hirnes mit den Sehganglien , den Augen und den zahlreichen von der Schlundnervenmasse herkommenden Nerven zu verletzen. Schnittserien auf junge, zuvor in Sublimat oder Pikrinsäure erhär- tete und in Paraffin eingeschlossene Exemplare erleichtern sehr die Erkennung der Verbindungen zwischen den verschiedenen Körper- theilen. Die zum Studium der einzelnen Organe nothwendigen Reageutien werden wir bei der näheren Beschreibung dieser Organe augeben. Tegumente. — Die weiche und zusammeuziehbare Haut der Sepie zeichnet sich durch das Vorhandensein zweier Arten von beson- deren Zellen aus. Es sind dies die Chromatophoren und die Irido- cysten. Die Hautfarbe wechselt je nach dem Spiel der auf dem ganzen Umfang uud besonders auf der Rückenfläche zahlreich zerstreuten Pigmentzellen. Um die Structur der Haut kennen zu lerneu, lassen wir einige Fragmente in Jodserum maceriren und zerzupfen sie nachher mit feinen Nadeln , während andere, welche bestimmt sind, in Paraffin ge- schnitten zu wei'den , zuvor in einprocentiger Osmiumsäure fixirt worden sind. Von aussen nach innen erkennen wir folgende Schichten. Die aus einer einzigen Schicht cylindrischer Zellen, welche auch die Form hexagonaler Prismen annehmen können, gebildete Epider- mis (a, Fig. 398, a. f. S.). Die Form dieser Zellen wechselt je nach der Körperregion. Alle besitzen einen eiförmigen, in Carmiidösungen sich stark färbenden Kern. Ihr distales Ende wird von einem feinen licht- 858 Mollusken. brechenden Iläutcben bedeckt, während das entgegengesetzte Ende, welches an der Haut angewachsen ist, spitzige, in letztere eindrin- gende Verlängerungen trägt. Die Haut besteht aus lockerem .Bindegewebe, in welchem mau zahlreiche Bündel verfilzter Fäserchen, ferner Bindegewebezellen, Chro- matophoren und Iridocysten erkennt. Die Dicke der Haut ändert je nach den Körperregionen; in ihren tieferen Schichten befinden sich zahlreiche Capillargefässe (c) und Nervenfasern. Die Chroniatophoren (c, Fig. 398 und B, Fig. .899) gaben Ver- anlassung zu vielfachen Erörterungen. Man muss freilich zugestehen, Ym. 398. ... e- --■'^ Fig. 398. — iScpia officinalis. Senkrethtor Stlmitt ilurch diu Haut. Nacliet, Oc. 3, Obj. 3 (nach P. Girod). a, Epidermis; b, oberriächliche Faserschiuht ; f, Chroina- tophoren ; d, duivhsthnitteiie Muskelfasern; e, Blutgefässe der Haut; /, tiefe Faser- schicht ; ); ferner schiefe Seitenmuskeln, die gegen den in der Höhle hervortretenden Muskelwust sich hinziehen und zwischen welchen ein Centralbündel hervortritt, das sich im Grunde des Kelches inserirt und in die Längs- muskeln des Stieles fortsetzt. Endlich zeigen die Schnitte zwischen den Fasern dieses letzteren Bündels noch zahlreiche, einander kreu- zende Fasern von Quermuskeln (/<, Fig. 400, B). Die Haut um die Saugnäpfe ist farblos und besitzt weder Chi'o- niatophoren noch Iridocysten. Die Oberhautschicht, welche eine Ver- längerung der Oberhaut der Arme darstellt, ist nicht von Cyliuder- zellen, sondern von Pflasterzellen gebildet. Jeder Saugnapf erhält ein aus dem Centralnerven des Armes her- rührendes Nervenfädchen , welches den Stiel durchsetzt und am Ein- setzungspunkte desselben an der Basis des Bechers eine kleine An- schwellung (Stielganglion) trägt, in welcher Nervenfasern aus- schickende Zellen vorkommen. Zu jedem Saugnapf gehen ebenfalls zwei Blutgefässe, die von den das Centralnervensystem der Arme be- gleitenden Gefässen herrühren und die sich als ein Capillarnetz in den Wänden und im Kolben des Napfes verzweigen (vergl. für die Histo- logie der Saugnäpfe die Arbeiten ven P. Girod und Niemiec). Die an der ausgebreiteten Portion des Endes der langen Tentakel- arme sitzenden Sauguäpfe unterscheiden sich von den vorhergehenden nur durch ihre bedeutendere Grösse. Man stösst jedoch auch an dieser Stelle auf einige winzige, zwischen den grossen zerstreute Saug- näpfchen. Muskeln. — Wir können nicht in die Einzelheiten des Muskel - Systems der Sepie eingehen. Bemerken wir nur, dass unterhall) der Haut und rings um die Körperhöhle eine Muskelmasse sich ausbreitet, welche den Körpersack bildet und in welche hier und da knorpelige Stützlamellen eingelagert sind; der Muskelsack ist auf der BauchÜäche bedeutend verdickt; er verdünnt sich, je mehr er zur Rückenfläche übergeht und fehlt gänzlich auf den beiden Flächen der Rücken- schulpe, welche oben nur durch die Haut und gegen die Bauchhöhle hin nur durch eine sehr dünne Membran bedeckt ist. Von dem Hinterende des Sackes gehen zwei grosse muskulöse Pfeiler aus, an welchen die Kiemen angeheftet sind. Sie spalten sich gabelförmig nach vorn, um die Pfeiler des Kopfes und dos Trichters 862 Mollusken. zu bilden. Die Anne bestehen aus gewaltigen Bündeln von Quer-, Längs- und Kreismuskeln, deren Anordnung man auf Schnitten beob- achten kann. Knorpel. — Mantel und Körperwand sind an mehreren Orten durch Knorpelstücke gestützt, in welchen die mikroskopische Unter- suchung sternartige Zellen zeigt (Fig. 402), welche zahlreich im Innern einer structiirlosen durchsichtigen Masse zerstreut sind. So treffen wir z. B. in der Halsregion, vor der Schulpe, von der sogleich die Rede sein wird, ein dünnes, halbmondfiirmiges und etwas abgerun- detes Knorpelblilttchen, welches den Vordertheil der die Rückenschulpe des Thicres umhüllenden Hautscheide bildet. Solchen Blättchen be- gegnen wir ebenfalls in der unteren Wand des Kieraensackes , wo sie ganz l)esonders an dem Vorderrande entwickelt sind, welcher sich an die ebenfalls knorpelige Trichterbasis, im Momente der Ausstossung des Athemwassers, anlegt. Man trifft sie ferner an der Flossen- Fiff. 401. riß-. 4ö2. Fig. 401. — .S'(7)/(( officiiutlis. A, Kojitl^norpel ; d, Knorpel der llasis ik-r Arme; b, Verlängerungen des Kopfivnorpels vor den Augen; c, Hörbläschen (nach Ke fer- st ein). B, Halsknorpel (nach Ke ferst ein). Fig. 402. — Se2:>i(( offiänulis. Sternartige Zellen des Kopfknorpcls. Lcitz, Or. 1, Obj. 7. basis und auf ihrer ganzen Länge. Der Knorpel erreicht aber seine grüsste Entwicklung um das Hirn. Der Kopfknorpel ist breiter als lang (yljFig. 401) und trägt seitliche nach vorn bis um das Auge sich erstreckende Flügel {h). Dieser vorn und hinten durch eine Faser- membran geschlossene und von mehreren Oeffnungen zum Durchlass der Nerven durchlöcherte Knorpel nimmt an seiner Basis die beiden Hörbläschen (c) auf. Endlich machen wir auch noch auf einen un- paaren, halbkreisförmig unterhalb der Pharynxmasse quer liegenden Knorpel aufmerksam, dessen eingebuchteter Vorderrand Verlängerungen nach der Basis der Arme entsendet. Rückenschulpe oder Sepion (Fig. 403). — Man nennt so eine Art von innerer kalkiger Schale, die sich in einem geschlosse- nen Sacke der Rückenwand befindet. Die Form dieser Schale ist Ceplialopoden. 8G3 Fig. 403. ellipsoidisch , ihre harte, gewölbte obere Fläche körnig, während die ebenfalls etwas gewcilbte untere Fläche gewundene und parallele Streifen zeigt, die der Ausdrack der lamellaren Bildung der Schulpe sind; ihre Consistenz ist weich genug, um den Abdruck eines Finger- nagels beizubehalten. Ferner endigt das Hinterende mit einer Spitze, Rostrum genannt, die von hornigen Schichten ausgeht. Die Ränder der Schulpe sind auf ihrem ganzen Umfange von einem hornigen Blättchen gebildet. Die hornige, die Grundlage des Knochens bildende Substanz (Conchyolin) , welche nach Behandlung mit einer verdünn- ten Salzsänrelösung allein übrig bleibt, ist mit Kalksalzen, die dem Organ seine Festigkeit ertheilen , gesättigt. Bei jungen Thieren ist diese Schulpe ausschliesslich hornig, während sie bei erwachsenen Gas enthält, welches aus 97 Proc. Stickstoff und 2 bis 3 Proc. Sauerstoff besteht, was wahrscheinlich dazu beiträgt, das Thier in der normalen Stellung zu er- halten. Nervensystem. — Das centrale Nervensystem der Sepie ist, wie es bei allen Ce- phalopoden der Fall ist, haupt- sächlich durch eine ungemeine Concentration der Hirn -, Darm- und Fussganglien im Kopfe charakterisirt. Diesel- ben bilden in ihrer Vereini- gung eine einzige, den Schlund wie ein Ring umgebende und vom Kopfknorpel geschützte Centralmasse, aus der in die verschiedenen Organe sich verzweigende und auf ihrem Verlauf Nebenganglien tra- gende Nerven ausgehen. Die Zergliederung des Nervensystems ist ziemlich schwierig. Man rauss mit grosser Sorgfalt vorgehen , um die Centralmasse ohne Ver- letzung zu entblössen und im Falle man beabsichtigt, sie von ihrer knorpeligen Umgebung zu befreien , ist es anzui'athen , die die Hör- kapseln enthaltenden hinteren Theile des Kopfkuorpels zu schonen. Wir haben, um die Nervenursprünge zu verfolgen, mit gutem Erfolg die Theile in Salpetersäure zu 20 Proc. macerirt. Durch die Einwir- kung dieser Säure erhalten die Nervenfasern eine gewisse Festigkeit, während die Muskeln brüchig werden. Um das Hirn zu härten , ge- brauchten wir Chromsäure zu 1 pro 1000. \ Sepia ofßcina/is. — Knochen odor Schulpe der Sepie (Sepion). Links von der unteren Fläche gesehen; rechts im Profd. Halbe natürliche Grösse. 864 Mollusken. Nach Wegnahme des Knorpels erscheint das Hirn oder Ober- schlnndganglion (Fig. 40-4 und 405) als eine nach hinten abgerun- dete und nach vorn spitzig endigende Masse mit glatter Oberfläche. Das Hirn erzeugt am hinteren Theil einen dicken Nervenstaram , der sich beiderseits in den Sehnerven fortsetzt (/, Fig. 404). Seine Vorder- region ist durch eine Furche in zwei Qaerbiindchen zertheilt. Die Hirnmasse steht vorn vermittelst zweier Längscommissuren mit einem Oberpharynxganglion (rt, Fig. 404 und. 1, Fig. 405) in Verbindung, welches von Cheron aus verschiedenen Gründen, die hier auseinanderzusetzen zu weit führen würde, als ein Theil des Hirn- ganglions betrachtet wird. (Siehe die in der Literatur angegebene Monographie von Che- Fig. 404. ron.) Ausserdem hängt es mit der, unterhalb des Schlundes gelegenen Nervenmasse durch zwei Paare von seitlichen Commissuren zusam- men. Das über dem Pha- rynx gelegene Ganglion entsendet Nerven , die sich zum Munde und zu den Lippen begeben, und communicirt mit dem Unter schlundg an g- lion (?, Fig.412) durch Commissuren, welche um den Schlundkopf herumlaufen. Die unter der Speiseröhre gele- gene Nervenmasse ist grösser als die vorige und lässt drei , durch seichte Furchen getrennte Theile unterscheiden (Fig. 405). Die hintere oder Eingeweideregion liegt auf der Höhe der Hör- kapseln, ist nach hinten gewölbt und auf den Seiten durch eine gerade Linie begrenzt. Aus ihr entstehen vier Nervenpaare, von denen später die Rede sein wird. Die bedeutendere Mittelregion liefert die zum Trichter sich be- gebenden Nerven und scheinbar auch die Hörnerven ; wir können sie als dem Fussganglion der übrigen Mollusken homolog betrachten. Diese Region setzt sich nach vorn durch eine Ganglienmasse fort, welche von Cuvier wegen ihrer, durch den Austritt der zahlreichen, i Se2na officlnalis. — Hirn von oben gesehen (nach Ko- walewsky und 0 wsj annikow). a, Oberpharynx- gangliiin ; h, c, d, die drei Hirnlappen ; e, Riechganglion; /, Sehganglion ; (/, Blutgefässe. I Cepbalopoden. 8C5 zu den Armen laufenden Nerven bedingten Form das Gänsefuss- gang'lion genannt wurde (16, Fig. 405); si^ ragt vorn über den Kopf- knorpel hervor und liegt auf der Fleisclimasse der Basis der Arme. Das Ganglion ist durch eine Längsfurche in zwei Lappen getheilt; aus jedem dieser Lappen entspringen fünf zu den Armen der entsprechen- den Seite sich erstreckende Nerven, und ausserdem noch zwei kleine in den Kopfmuskeln sich verlierende Nervenfädchen. Wir werden kurz den Verlauf der vom Centralsystem ausgehenden Hauptnerven augeben: Die ungew(")hnlich dicken Sehnerven (Fig. 404 und 405) haben einen kurzen Verlauf, da die Augen in zwei seitlichen Vertiefungen des Kopfknorpels neben dem Hirne, liegen. Die Sehnerven entstehen aus den Commissuren, welche das Hirn mit dem Eingeweideganglion lO Sepia ofßrimtlh. — Centrale Nervenmasse, von der Seite sjesehen (nacli Cheron); 1, Oberphar3'nx2;ano;lion; 2, das Oberpliarynxgancclinn mit dem mittleren Hirn verliindender Nervenstrang; 3, aus der Spaltuns; tler ersten Commissur entstandener vorderer Strang; 4, diese Commissur; 5, voi'derer Hirnlappen ; 6, 7, mittlerer und hinterer Hirnlajipen ; 8, Punlischnitt des Sehnerven; 9, oberer Augennerv; 10, Mantelnerv mit seinem Nehennerven ; 11, Eingeweidenerv; 12, vorderer Nerv des Trichters; 13, Nerv der grossen Vene ; 14, Hi'irnerv ; 15, unterer Augennerv; 16, vom Gänsefussganglion aus- gehende und zu den Armen und zum Kopfe lautende Nerven. verbinden. Nachdem die Sehnerven den Kopfknorpel durchsetzt haben, dringt ein jeder von ihnen in ein grosses Sehganglion ein (/, Fig. 404) und zwar in dem Niveau einer mittleren Furche, welche das Seh- ganglion in einen hinteren und vorderen Theil trennt. Aus der leicht concaven, äusseren Fläche des Sehganglions treten zahlreiche Nerven- fädchen in den Augapfel ein, dessen Retina sie bilden (o, p, Fig. 407). An der oberen Fläche des Sehganglions bemerkt mau ein win- ziges, sphärisches, auf der Querfurche gelegenes Ganglion (c, Fig. 404), von welchem ein äusserst feines Nervenfädchen entspringt, das sich, Vogt n. Yunt;, prakt. vfryl. Anatomie. Ü'O M 866 Mollusken. nachdem es den Knorpel durchbohrt hat, auf dem Grunde eines ober- flächlichen, hinter dem Auge gelegenen Grübchens vei-zweigt. Dieses Nervenfädchen ist der Riechnerv. Die Mund- und Lippennerven entstammen aus dem Vorder- rande des Oberpharynxganglions (1, Fig. 405). Es sind dies sehr feine, längs der Speiseröhre sich erstreckende Nerven , die sich in den Mus- keln des Mundes und in der durchscheinenden, den Mund umgebenden Membran verzweigen. Die grossen Eingeweidenerven (10 und 11, Fig. 406) gehen von der Hinterfläche der Unterschlundmasse aus und sind an ihrem Sepia officinaüs. — Nervensystem von der Bauchseite gesehen (nach Cheron). Der Schädel ist weit ofeöffnet und der Schnahel entfernt worden, um die Nerven der zehn Ceplialopodeii. 867 Eutstehungspunktc derraaassen an einander gedrängt, dass eine ober- flächliche Untersuchung nur einen einzigen, nach hinten, längs der Leber laufenden Strang zeigt, welcher sich etwa beim Fünftel der Länge dieser Drüse spaltet. Etwas hinter ihrer Trennung entsenden diese zwei Nerven einen nach aussen laufenden Zweig, der sich eben- falls gabelt, indem er einen Ast an die Kopfbasis und einen anderen stärkeren an den Muskelpfeiler des Trichters abgiebt. Weitere mehr nach hinten aus den gleichen Nerven entspringende Zweige vertheilen sich im Rectum und im Tintenbeutel. Der Ilauptstamm eines jeden Eingeweidenervens verläuft längs den Rändern der grossen Vene oberhalb des Rectums und des Tinten - beuteis und theilt sich sodann. Der äussere, aus dieser letzten Ver- zweigung entstehende Ast entsendet eine Serie feiner, schwer verfolg- barer Aestchen zu den Geschlechtsorganen, den Nierensäcken, sowie zur Kiemenbasis. Der sich zur Kieme begebende Zweig trägt auf der Höhe des Kiemeuherzens ein Nebenganglion, das sogenannte Kiemen - ganglion (14, Fig. 406). Der innere Zweig (13, Fig. 406) bildet mit dem gleichnamigen Zweige der anderen Seite unterhalb eine der grossen Vene gelegene Schlinge. Von dem Bogen dieser Schlinge entstehen noch das Rectum und die Urogenitalorgane innervirende Zweige. Die hinteren Trichternerven (5, 6, Fig. 406) entspringen unterhalb der Hinterregion der Unterschlundmasse. Sie laufen zuvor von vorn nach hinten, biegen aber dann nach aussen, umgehen die Basis des Kopfpfeilers und verästeln sich an der Trichterbasis. Arme zu zeigen ; drei derselben wurden blosgelegt , um das an der Basis stehende Ganglion und den die Nerven verbindenden Circularstrang hervortreten zu lassen. Die Hörkapseln mit dem unteren Theil des Kopfknorpels sind entfernt worden. Der Mantel ist auf der Medianlinie aufgeschlitzt und auf lieiden Seiten zurückgelegt worden. Eectum und Tintenbeutel sind nach links und nach unten, der Trichter nach rechts zurückgeschlagen. Die linke Kieme ist in normaler Lage , die rechte aber zurückgeschlagen und die Blättchen nach hinten umgelegt, so dass die Kiemenarterie fast vollständig verdeckt ist. a, Basis der Arme; h, den Schnabel enthaltende Höhle; r, Trichter; tZ, hnkes Käppchen des Trichters; e, linker Pfeiler des abgelösten Trichters ; /, oberer Theil desselben nach rechts umgeschlagen ; g, rechter Pfeiler des Kojjfes und des Trichters; Ä, linker Kopfpfeiler; i, Rectum; h, Tintengang; l, Tintenbeutel; m, m, Nidamentaldrüsen ; w, w, Kiemenherzen; o, linke Kieme in normaler Stellung; ;i, zer- gliederte rechte Kieme, um den Nerven zu zeigen ; q, Geschlechtscanal : r, r, Harn- ölTnunoen. 1, Armnerven; 2, Hörnerv; 3, vorderer Trichternerv; links ist er ab- geschnitten worden, kann aber auf dem Trichter, wo er zahlreiche Fäserchen ausgiebt, verfolo-t werden; der rechte Nerv erscheint nur an seinem Entstchungspunkte ; 4 Nerven der grossen Vene; 5, kurz nach ihrem Austritt aiis dem Schädel ali- geschnittene hintere Trichternerven ; 6, hinterer linker Trichternerv ; 7, Nervus acces- sorius des linken Manteluerven ; 8, linker Mantelnerv; 9, sternförmiges Ganglion; 10, gemeinschaftlicher Stamm der Mantelnerven; 11, linker Eingeweidenerv; 12, zu den Pfeilern des Kopfes und des Trichters sich begebender Zweig; 13, grosse aiia- stomotische Nervenschlinge; 14, Ganglion des Kiemenherzens; 15, ganglionäre An- schwellung des Kiemennervens. 55* 8G8 Mollusken. Die Mantelnerven (8, Fig. 406) entspringen vor den vorigen, ebenfalls an der unteren FLäche der Unterschlundraasse. Nachdem sie die nach hinten die Kopfhöhle schliessende Fasermemhran durchsetzt haben, kreuzen sie den Kopfpfeiler und theilen sich jeder in zwei Aeste von ungefähr gleicher Grösse. Der äussere Ast begiebt sich zu einem strahlenförmigen, auf der inneren Mantelfläche hervortretenden Gang- lion, dem Sternganglion (9, Fig. 406), von dem mehrere Zweige aus- strahlen. Vom hinteren Winkel dieses Ganglions entspringt ein Ast, welcher sich mit dem inneren Zweige des Manteluerven verbindet, der sich zur Basis der entsprechenden Flosse begiebt. Dieser Ast giebt nach vorn und nach hinten zahlreiche Zweige an die Flosse ab. Die Nerven der grossen Vene (4, Fig. 406) stammen ebenfalls aus der unteren Fläche der Unterschlundmasse und erstrecken sich von vorn nach hinten, längs der Wände der Hohlvene. Die Hörnerven (14, Fig. 405 und 2, Fig. 406) entstehen schein- bar aus der mittleren Portion der Unterschlundmasse; wir müssen aber hinzusetzen, dass wahrscheinlich die sie erzeugenden Fasern ihren wirklichen Entstehungspunkt im Hirn besitzen, nach einem allgemeinen, bei den Mollusken bestehenden Gesetze, wie dies von Lacaze-Duthiers nachgewiesen wurde. Wir haben jedoch keine specielle Untersuchung über diesen Punkt vorgenommen. Wie dem auch sei, so sehen wir diese Nerven den Kopfknorpel durchsetzen und sofort in die Ilör- kapsel eindringen, wo sie sich verzweigen (Fig. 409 und 410). Die vor ihnen entspringenden vorderen Trichternerven (P>, Fig. 406) theilen sich unmittelbar nach ihrem Ursprünge in vier Aeste, die nach Verzweigung in den Muskelwänden des Trichters, wie Cheron behauptet, mit ihren letzten Fädchen einen reichen Nerven- plexus in diesem Organe bilden. Die Arm nerven (1, Fig. 406) entspringen aus dem hinteren Theile des Gänsefussganglions, welches nach vorn der Unterschlund- masse aufsitzt. Sie verlaufen auf der inneren Fläche der Muskelmasse, in welche der hornige Schnabel eingepflanzt ist, und strahlen in die Axen der correspondirenden Arme aus. Am Elintrittspunkte in den Arm trägt jeder Nerv ein eiförmiges, mit den benachbarten Ganglien durch einen Quernerven verbundenes Ganglion, so dass in der fleischi- gen, durch das Zusammentreffen der Arme gebildeten Masse ein Nervenring gebildet wird, in welchen acht Ganglien eingereiht sind (ft, Fig. 406). Oberhalb dieser Ganglien setzen sich die Nerven bis zum Ende der Arme fort. Sie zeigen hier und da Ganglienanschwellungen, welche indessen bei Weitem nicht so deutlich hervortreten wie bei den Octo- piden, wo sie wirkliche Knötchen darstellen. Hier sind die Ganglien- zellen zum Theil um die Nerven zerstreut, denen sie gewissermaassen Cephalo})oden. 869 als Scheide dienen. Jeder Nerv entsendet zahlreiche , die Saugniipfe innervireude Aestchen. Was mm die zu den beiden Fanganuen sich begebenden Nerven anbetrifft, so unterscheiden sie sich kaum von den vorigen. Nach ihrem Eintritt in den Arm platten sie sich ab, und werden an ihrem Ende, vv^o der Arm breiter wird, grösser. Auf ihrem Verlaufe giebt es keine wirkliche Ganglien, sondern nur den Nerven bedeckende Zellen- häufchen, von wo Zweige zu den benachbarten Theilen abgehen. Unterpharynxganglion (7, Fig. 412). Wir müssen auch noch ein doppeltes, unterhalb des Pharynx am Eutstehungspunkte der Speise- röhre befindliches Ganglion erwähnen, welches diese zwei Organe mit Nerven versorgt. Einer dieser Nerven kann bis zu einem an der Grenze des Magens und Blinddarms in der Nähe des Rectums befind- lichen Magenganglion verfolgt werden, welches Aeste an diese ge- nannten Organe abgiebt (o, Fig. 41.5). Sinnesorgane. — Die niederen Sinne: Geschmack, Geruch und Tastsinn, werden, wie bei den Gasteropoden, durch specielle Zellen ver- treten , die zwischen die Epidermiszellen eingeschaltet sind und mit empfindenden Nervenfädchen der Haut in Verbindung stehen. Ihre histologische Untersuchung ist jedoch sehr unvollständig und erheischt weitere Forschungen. Das Thier ist auf der ganzen Oberfläche seines Körpers empfindlich, seine Lebensweise beweist aber, dass der eigent- liche Tastsinn besonders auf den Armen und Saugnäpfen localisirt ist. An diesen Orten wird man Stäbchenzellen, ähnlich den vonFlemming bei den Gasteropoden vorgefundenen Zellen, suchen müssen. In seiner Arbeit über die Saugnäpfe hat P. Girod seltene Zellen beschrieben, die einen eiförmigen Kern haben, stabförmige Vei'längerungen tragen und wahrscheinlich zu dem Tastsinne in Beziehung stehen. Wir wieder- holen aber, dass neue Forschungen in dieser Hinsicht erforderlich sind. In der Mundhöhle und vor der Radula befindet sich eine kleine von Papillen bedeckte Erhöhung, die vielleicht der Sitz des Geschmackes ist (/, Fig. 412). Doch liegen keine Beweise dieser Annahme vor. Geruchssinn. — Auf dem Sehganglion Hegt, wie wir sahen, ein kleines Nervenknötchen , aus welchem ein feines Nervenfädchen ent- springt, das sich hinter das Auge begiebt und im Gx'unde eines 2 bis 3 mm langen Säckchens verzweigt, das aus einer Invagination der Teguraente hervorgegangen ist und eine spaltförmige Oeffnung hat. Das Innere dieses Sackes ist mit grossen cylindrischen Wimperzellen ausgekleidet, zwischen welche keulenförmige Siuneszellen mit grossen Kernen eingestreut sind , deren gegen die Höhlung gewendetes Ende ein starres Stäbchen trägt, während das entgegengesetzte Aestchen vom oben erwähnten Nerven empfängt. Zernoff hat sie als Riech- zellen beschrieben; sie haben in der That eine grosse Aehnlichkeit 870 Mollusken. mit den Eiechzellen der höheren Thiere. Man wird sie nach Fixirung in Osniiumsäure untersuchen. Das Auge der Sepie gleicht, wie dasjenige aller Cephalopoden, durch die Complicatiou der Structur demjenigen der Wirbelthiere. Jeduch weicht es in mehreren Hauptpunkten davon ab. Das Auge ist gross und wird auf beiden Seiten des Kopfes durch eine abgerundete Vertiefung des Kopfknorpels, die ihm eine Augenhöhle bildet, um- schlossen; dieselbe ist innerlich von einer nach vorn, wo sie durch- sichtig wird, sich biegenden Membran bekleidet, welche auf diese Weise eine falsche Hornhaut vor dem Auge darstellt («, Fig. 407). Wir Fio;. 407. j: Sepia officinalis. des Auges (n;u-li — Zwei und einhalli Mal vergrösserter Ilensen). «, Ilunihaut ; h, Linse; c, memlirau; c, Irisknoj-pcl ; _/', Knorpel der Selerotiea eisenl'örmisrer Knorpel : Hirn „II Sehn Kapsel ; />■, Sehganolion ff' hurizontaler Durelisehnitt Ciliartbrtsätze; fZ, Silber- rroehlcarknoriiel ; h, hul- Knorpel der Augenhölile ; /, weisser Körjier M, scimerv ; o, Sehganglion ; ^j, Ftetina ; ji\ innere äussere Seliicht der Retina; ry, Grenzniembran; ;■, homogene Schieht der Retina ; Membran. werden sogleich sehen, dass eine wirkliche Hornhaut, das heisst eine Fortsetzung der Sclerotica, wie sie bei den Wirbelthieren existirt, sich hier nicht vorfindet. Um die zwischen den verschiedenen Hüllen des Auges bestehenden Beziehungen nachzuweisen, rauss man zur Methode der Schnitte greifen, Cephalopodeii. 871 wofür es vortheilbai'ter ist, juuge Thicre zu wählen, dereu zwei Augen sammt dem Kopfknorpel während 24 Stunden in Pikriu-Schwefelsäure fixirt werden, um nachher das Ganze vermittelst des gewöhnlichen Verfahrens in Paraffin eiuzuschliesseu. Ein etwas verlängerter Auf- enthalt in geschmolzenem Paraffin ist nothwendig, um das Eindringen in die Augenhöhle zu sichern. Für die Beobachtung der Retina an frischen Augen wird mau sich der Osmiumsäure bedienen. Die falsche, an die das Auge der Schlangen bedeckende Haut erinnernde Hornhaut ist vorn von einem kleinen Loch durchbohrt, durch welches das Wasser in die Augenkammer eindringen, die Kry- stalUinse benetzen und so den huiiior aqueus ersetzen kann. In der durch diese Membran begrenzten Höhlung befindet sich der eigentliche Augapfel, welcher die Form eines nach vorn weit ge- öffneten Bechers besitzt, dessen fibröse Wände durch knorpelige La- mellen gestützt sind (g, /^, Fig. 407). Die Wand dieses Bechers biegt sich nach vorn um und bildet so eine Iris mit weit geöffneter Pupille. Die Iris trägt an ihrem Oberrande einen häutigen Vorsprung, der in der Weise ausgeschnitten ist, dass die Pupille, von vorn betrachtet, die Form eines W zeigt. Die Sclerotica, wenn man so die Wand des Augapfels nennen kann, ist dick; sie enthält knorpelige Lamellen (/, Fig. 407) und ist äusserlich durch eine doppelte, wegen ihres glänzenden Schimmers als Silberschicht bezeichnete Pigmentschicht bedeckt, welche die Iris nach vorn bekleidet und ihr eine eigene Färbung ertheilt. Mau unter- scheidet eine äussere und eine innere Silberschicht ((7, Fig. 407). Die, wie wir soeben gesehen haben , durch den ziirückgebogenen Vorderrand der Sclerotica gebildete Iris enthält Muskelfasern, welche die Pupille erweitern und verengern können. Jedoch sind diese Be- wegungen durch sehr dünne, bis in die Iriswand sich erstreckende Knorpellamellen beschränkt (e, Fig. 407). Hinter der Iris liegt eine grosse, fast kugelige Krystalllinse (?>), deren vordere Hemisphäre , wenigstens bei todten Individuen , durch die Pupille hervorsteht. Dieser durchsichtige Körper ist von zwei planconvexen Linsen gebildet, von denen die hintere gewölbter ist als die vordere (Fig. 408 a. f. S.). Die ebenen Flächen , womit diese Halblinsen aneinander stossen, lassen sich leicht trennen, da eine feine hyaline Membran, eine Verlängerung der Ciliarfortsätze , sich zwischen ihnen hinzieht. Das Studium der Entwicklung des Auges bei den Cephalopoden hat be- wiesen , dass diese zwei Halblinsen einen verschiedenen Ursprung haben; die hintere allein könnte mit der Krystalllinse der Wirbel- thiere verglichen werden. Nur sie in der That besitzt einen Kern (c, Fig. 408), um welchen Lamellen übereinander liegen , deren histolo- gische Structur von Hensen genau beschrieben worden ist (s. Literatur). 872 Mollusken, Der Berührungspliiu dieser zwei Linsen wird auf dem Meridian der Krystalllinse durch eine ziemlich tiefe Furche angegeben , in welche die Ciliarfortsätze (c, Fig. 407), die mit ihrem peripheri- schen Ende an die Iris stossen und eine gewisse Accommodation der Krystalllinse ermöglichen , sich einfügen. Wie bei den "Wirbelthieren sind sie musculös und enthalten, wie Langer und Mensen nachge- wiesen haben, zahlreiche Capillargefässe. Die Krystalllinse ist mit ihrer Ilinterflcäche in eine Vertiefung des Glaskörpers eingesenkt, welcher die grosse Kammer des Auges ein- nimmt. Dieser lichtbrecheude, gallertartige Körper wird durch eine äussert feine, aber feste Glashaut umzogen (r, Fig. 4D7). Der Grund des Augeubechers ist von der Retina ausge- kleidet, deren Struc- tur sehr coraplicirt ist. Sie wird grossen- theils durch die Ent- faltung der zahlrei- chen Nervenfasern gebildet, welche aus der äusseren Fläche des Sehganglions ent- springen und dieScle- rotica mittelst zahl- reicher kleiner Lö- cher durchsetzen. Die Retina ist durch eine pigmen- tirte Choi'oideal- schicht (s) in zwei Blätter, die innere und die äussere Retina Qj' und jj", Fig. 407), ge- theilt. Nach Hansen ist die innere epithelialer, die äussere binde- gewebiger Natur; beide lassen sieben Schichten unterscheiden, in welchen verschiedene Elemente sich vorfinden. Die innerste, vom Glaskörper durch eine feine Glasmembran getrennte Schicht wird durch nebenein- ander gestellte Prismenstäbchen gebildet; die äusserste oder Nerven- schicht enthält verschiedene Nervenelemente, welche Fortsätze in die benachbarten Schichten senden. Die Retina besitzt ein reiches Capillar- netz, von dem Schöbl sehr schöne Zeichnungen gegeben hat (s. Literatur). Das sind die Haupttheile des Auges. Als Nebenorgane können wir Falten der seitlichen Kopfhaut erwähnen, die gewissermaassen Augenlider bilden , welche die falsche Hornhaut gänzlich bedecken können. Das untere Augenlid ist weit mehr entwickelt. Sejjla ufficinalis. — Sagittaler Durchscluütt \lei\Krystall- linse. «, vordere Halblinse ; i, hintere Halblinse ; c, Kern dieser letzteren : <1, Sclieidemcm1)ran. Cephalopoden. 873 cu Zwiscben der inneren Flüche der Augenhöhle und dem Augapfel giebt es eine weissliche oder gelbliche Masse, welche die obere und untere Fläche des Augapfels und das grosse Sebgangliuu umgiebt und von den Autoren als weisser Körper bezeichnet worden ist. Obgleich sie drüseuartig aussieht, lässt die mikroskopische Untersuchung darin doch nur fetthaltiges Gewebe finden. Diese Masse ist einfach ein Kisschen, worauf das Sehorgan ruht. Endlich setzen sich auf der Aussenfläche der Augenkapsel Muskel- bündel an, welche jedoch nur beschränkte Bewegungen des Sehorgans in horizontaler und senkrechter Richtung vermitteln. Hörbläschen. — Unmittelbar unter der Unterschluuduervenmasse bemerkt man zwei sphärische, in dem hier vcrhältuissmässig sehr dicken Kopfknorpel ausgegrabene Höhlungen, Es sind dies die Hörkapseln. Ihre inneren Wände sind nicht glatt, sondern mit uugleichmässigeu und auf Schnitten schon mit nacktem Auge sichtbaren Erhöhungen Fig. 409. (^. ^' Fig. 409) ver- sehen. Die Höhle ist mit einer Flüssigkeit (Endolymphe) er- füllt, weiche zuweilen Kalkkörperchen eut- ^ hält und den kugel- förmigen Otolithen 5 ((7,Fig.41()a.f.S.)ein- schliesst. Da wir nicht die Gelegenheit hat- ten, die histologische Structur dieses Or- gans auf frischen Thieren, was durch- aus nothwendig ist, • zu studiren , werden wir die von 0 w s j a n - uikow und Kowa- lewsky darüber ver- öffentlichte Beschreibung kurz zusammenfassen, die hauptsächlich auf Schnitten fusst. Die zwei symmetrisch gelagerten Hörbläschen sind durch eine dünne Knorpelmasse von einander getrennt (Fig. 409 und C, Fig. 410). Die Höhle wird von einem pflasterförmigen Endothelium ausgekleidet und die inneren Vorsprünge würden nach den oben genannten Autoren rudimentäre, halbkreisförmige Canäle vorzeichneu. Die Haupttheile des Hörorgans bestehen aus einer Gehörleiste und einer Gehörplatte, auf welchen der Höruerv endet. Sepia officinalis. — Querschnitt des Kojitluorpels ;iuf der Höhe der HL'irliapseln (luieli Kowalewsky und O wsj annikow). Da dieselben sj'inmetriseli sind, halien wir nur die rcelite ausgeführt, a, Knorpel ; 6, b, Vor- sprÜHi^e ; c, Scheidewand zwischen den beiden Hör- bläschen; d, Gehörleiste, in welcher ein Zweig des Hör- nerven endiirt. 874 Mollusken. \ Fig. 410. Fig. 411. Die ovale Gehörplatte liegt au der oberen Kapselwaud an einem Punkte, wo das pflasteilörmige Endotbelium durch grosse cylindrische, einen lichtbrechenden Kern {a, h, Fig. 411) besitzende und auf ihrer freien Fläche Wiiupern tragende Zellen ersetzt wird. An die Basis dieser Zellen treten äus- serst zarte Fäserchen des Hörnei'veu heran, und es ist nicht selten, in ihrer Umgebung Kalkkrystalle zu finden. Die Gehörleiste ist im Gegentheil an der unteren Fläche des Ilör- bläschens gelegen; sie ist halbkreisförmig ge- krümmt ((?, Fig. 409) und trägt längs ihrer Medianlinie eine Reihe grosser, mit kurzen Wimpern bedeckter Zel- len, welche durch eine Zwischensubstanz ge- trennt sind und deren Basis Verlängerungen trägt, die sich in die Zweige eines zweiten Astes des Ilörnerven fortsetzen. In der hinteren Wand der beiden Jlörbläschen bemerkt man ein feines, den KnorjDel durch- setzendes, bewimpertes Canälchen. Der runde Otolith b( - sitzt eine ausgehöhlte untere Fläche und eine gewölbte Oberfläche mit strahligen Streifen. Verdau ungsc anal. — Man präparirt den Darm unter Wasser. Um die Verbindungen des Rectums mit der Wand des Kiemensackes und seine Mündung in dessen Höhle zu schonen , ist es vortheilhafter, von der Rückenfläche auszugehen. Fig. 410. — Sepia officinalis. — Querschnitt des Hör- bläschens durch die Mitte (nach Kowalewsky und 0 w s j ach gelungener Operation bei Oeffnung des Thieres die Kiemen vollständig injicirt findet. Um aber eine gute Einspritzung des arteriellen Netzes der Kiemen 880 Mollusken. zu erhalten, ist es besser, von der Basis der ausführenden Kiemen- gefässe (Kieraenvenen) aus zu injiciren , welche an diesem Punkte erweitert und zusamraenzlehbar sind und als Vorkammern fungiren. Für das specielle Studium der Circulation dieses oder jenes Orgaues ist es übrigens stets vortheilhafter, es von den benachbarten Arterien und Venen her einzuspritzen. Für die Kieme, deren Gefässnetz äusserst complicirt ist, ist dies lanerlässlich. Nachdem man den Mantel auf der Rückenfläche aufgeschlitzt hat, bemerkt man in der Nähe des hinteren Körperendes das arterielle Herz (a, Fig. 416) in Form eines länglichen Sackes mit gewellten Begrenzungen, dessen starke Wände aus gekreuzten Muskelbündeln be- Fi», 4ir.. Sepia ofßdnalh. — Kiemon und Centralnrgano des Blutkreislaufes. Das arterielle System rotli. A^ rechte Kieme; B, umgedrehte linke Kieme; «, arterielle Herz- kammer; h, Vorkammern; (t, arterielles Blul zum Herzen führende Kiemenvene; f/, Kopfarterie; c, Arterien der Verdauungsdrüse ; /, vordere Mantelarterien ; c/, Bauch- aorta; h, grosse Kopfvene ; ?', von den Schwammkih-pern umgehene Hohlvcnen ; /■, hin- tere unpaare Vene; /, /, hintere Seitenvenen; m, pulsirende Thoile der Venenherzen; n, Pericardialdrüsen- o, Verliindungslinie der Kieme mit dem Mantel, längs welcher die Nährgefässe der Kieme laufen. Die Pfeilchen zeigen die Kichtung des Blutstromes in den (iefässen. Cepluilopoden. 881 stehen und von einer peritonealen Falte umgeben sind, die einen Herz- beutel bildet. Die grosse Axe des Herzens ist schief von links nach rechts gerichtet und wird nach vorn durch ein mächtiges, mit der Speiseröhre parallel laufendes Gefäss, die sogenannte Kopfaorta (d, Fig. 416), fortgesetzt, die man leicht nach Entfernung der Rücken- schulpe gewahrt. In Wirklichkeit besteht dieses Herz nur aus einer Kammer, welche beiderseits das von den Kiemen kommende Blut durch eine Kiemenvene (c, Fig, 416) empfängt, welche an der Spitze der Kieme entspringt, ihrem Kamme folgt und sich an ihrer Basis plötzlich zu einem spindelförmigen, pulsirenden und als Vorkammer (h) fun- girenden Säckchen ausdehnt. Am Eintrittspunkte einer jeden Vor- kammer in die Herzkammer findet sich eine halbmondförmige Auri- culo-Ventricularklappe, welche das Rückströmen des Blutes in die Vene während der Zusammenziehung der Kammer staut. Eine sig- moidale, au der Entstehung der Kopfaorta befindliche Klappe, sowie eine ähnliche, am Austritte der Bauchaorta angebrachte, verhindern den Rücktritt des Blutes in die Kammer während der Diastole derselben. Von der hinteren Fläche der Herzkammer entspringt eine zweite Ai'terie : die Bauchaorta (g, Fig. 416), welche nach hinten läuft und sich bald verzweigt, indem sie Aeste an die Geschlechtsdrüse und deren Nebenorgane, an den Mantel, Flossen u. s. w. abgiebt. Auf ihrem ganzen Verlaufe giebt die Kopfaorta Aeste ab, die sich in dem Mantel, dem Tintenbeute], der Leber, den Pankreasanhängen, den Speicheldrüsen und den verschiedenen Abtheilungen des Darmes ver- zweigen. Auf der Höhe der Speicheldrüsen angelangt, spaltet sich die Kopfaorta in zwei starke Stämme, welche sich zur Basis der Arme wenden; jeder giebt auf beiden Seiten so viel Zweige ab, als Arme vor- handen sind. Diese Zweige laufen in der Axe der Arme; sie pulsiren und speisen die Saugnäpfe und sämmtliche Gewebe der Arme, entweder vermittelst Capillarnetzen oder dui'ch ein derart verzweigtes Lacunen- system , dass es schwierig ist, es von Capillaren zu unterscheiden. Wie dem auch sein mag, so sammelt sich das Blut, welches die Arme genährt hat, in eben so viel, längs der inneren Seite der Arme ver- laufenden Venen, die ihren Inhalt in einen verhältnissmässig umfang- reichen Sinus ergiessen, welcher die Mundtheile wie ein Ring umgiebt (Ringsinus) und ausser den Armvenen alle, das venöse Blut aus der Vorderregion des Körpers zurückführende Gefässe aufnimmt. Aus dem Ringsinus entsteht die grosse, auf der Medianlinie der Bauchfläche verlaufende Kopfvene (It, Fig. 416). Ihre Wandung ist weich und bedeutend weniger elastisch als die der Arterien. Bei diesen weist die histologische Untersuchung die Existenz circulärer und ver- hältnissmässig dicker Bündel nach, welche mit einem festen Binde- gewebe vermischt sind; ihre innere Fläche ist von einem Endothelium überzogen, dessen Gestaltung durch die Behandlung mit Silbersalz Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. gg 882 Mollusken. anschaulicli gemacht werden kann. In den Wänden der Venen ist das Bindegewebe weniger dicht; es finden sich jedoch immer noch Mnskel- bündel vor, durch deren Existenz die Piilsbewegungen einzelner Venen in gewissen Körpertheilen erkläi-lich werden. Die grosse oder Kopfvene theilt sich etwas vor dem Magen in zwei Hauptzweige, die Hohlvenen (?', /, Fig. 416), welche sich beider- seits zu den an der Kiemenbasis angebrachten Venenherzen wenden. In ihre Gabelung mündet die unpaare Vene {k, Fig. 41(i) ein, welche das Blut von der Hinterregion des Körpers sammelt. Weiter nach hinten, in unmittelbarer Nähe der Venenherzen, strömt das Blut, welches die Eingeweide der hinteren Körperhälfte und den Mantel gespeist hat, durch die grossen seitlichen Hintervenen (/, 1, Fig. 416) in die Hohlvenen eio. Wir übergehen hier einige kleine Gefässchen, welche ebenfalls in der Nähe der Kiemenherzen einmünden. Auf diese Weise wird das sämmtliche, aus den Orgauen des Körpers zurückströmende venöse Blut in die Athmungsorgane übergeführt. Diese Eigenthümlich- keit, auf welche Miln e-Edwards zuerst aufmerksam machte, unter- scheidet die Cephalopoden von den übrigen Mollusken, bei welchen ge- wöhnlich eine mehr oder weniger bedeutende Menge des veuösen Blutes abgeleitet wird und in das arterielle System zurückkehrt, ohne die Athmungsorgane durchströmt zu haben. Die von uns soeben beschriebenen Theile des venösen Systems sind durch ihr Aussehen und Volumen bemerkeuswerth. Sie sind äusserlich mit unregelmässigen, dicht gedrängten und bis zu den Venenherzen sich erstreckenden Blasen bedeckt, was ihnen ein schwam- miges Aussehen giebt. Man hat diese Gebilde die Venenanhänge oder Schwammkörper genannt (/, Fig. 416). Jede Blase ist inner- lich hohl; das ganze Gebilde ist mit der Höhle der Hohlvenen durch zahlreiche Oeffnungen verbunden, so dass die Schwammkörper reichlich mit Blut getränkt werden. Wir werden gelegentlich der Secretions- organe auf diese Anhänge der Venen zurückkommen. Für den Augen- blick begnügen wir uns zu bemerken, dass man in ihrem Innern die Dioyemiden vorfindet (s. S. 89). Die bei der Sepie gewöhnliche Art ist Dicyema Köllikerianum. Bevor das Blut in die zuführenden Gefässe der Kieme (Kiemen- arterien) eindringt, geht es jederseits durch eine pulsirende Aus- bauchung der Venen, das Venen- oder Kiemenherz (»?, Fig. 416). An der Basis des Kiemenherzens hängt, durch seine Spitze mit ihm ver- bunden, ein drüsenartiges, conisches und gelbliches Organ mit etwas geriefelter Oberfläche (n, Fig. 416), welches Grobben wegen seiner Lagerung in der Herzbeutelkammer und der Derivation seines Epithe- liums von demjenigen des Herzbeutels die Pericardialdrüse ge- nannt hat. Querschnitte durch dieses Organ beweisen seine Drüsen- natur. Seinem Anheftungspunkte gegenüber erstreckt sich eine Furche, Cephalopoclen. 883 durch welche das die Kürperhöhle üherzieheude Epitholiam in das Innere der Drüse, wo es sich modificirt, eindringt. Die innere Wand ist stark gefaltet und die Höhle des Organs wird durch die Verzwei- gung der Falten in mehrere Kammern getheilt. Die Function der Pericardialdrüse ist noch unbekannt. Ist es viel- leicht nur ein rudimentäres Organ, welches früher als Ausscheidungsorgan gedient hätte, wie Vigeiius annimmt? Wir kennen keine Thatsachen, die uns berechtigten, diese Anschauung zu vertheidigen oder zu bekämpfen. Vom Venenherzen geht das Blut in das Kiemennetz über, zu dessen Beschreibung wir später übergehen werden, sobald wir die Structur der Kiemen kennen gelernt haben werden. Es strömt dann durch einen Sammelcanal, die Kiemenvene, zurück (e, Fig. 416), welche an ihrem Centralende zu der von uns bereits erwähnten Vorkammer anschwillt. Somit kehrt das Blut, welches in den Kiemen geathmet hat, wiederum in die Herzkammer, von wo es abgegangen ist, zurück. Kiemen (Fig. 416, 417 und 425). — Diese Organe erscheinen, sobald man die Bauchwand des Sackes, in welcher sie jederseits sym- metrisch liegen, aufgeschlitzt hat. Im normalen Zustande ist die grosse Axe der Längsaxe des Körpers beinahe parallel; nach der Ausbreitung des Mantels steht sie aber schief. Jede Kieme bat die Form einer Pyramide, deren Spitze gegen den Trichter gerichtet ist. Sie ist an dem Mantel durch einen Muskelstreifen befestigt, in dessen Centrura ein Haufen polygonaler Zellen sich befindet, zwischen welchen kleine, zur Circulation des Blutes bestimmte Lacunen liegen. Diese längs der Kiemenbasis laufende Zellenmasse ist unter dem Namen Kiemen drüse (g, Fig. 417) bekannt; da sie keinen Ausscheidungscanal besitzt und in der Nähe des Athmungsorgans liegt, wurde sie von Mayer als Milz bezeichnet. Wir wissen nichts positives über ihre Function. Auf dem freien Kamm der Kieme verlaufen die grossen Zu- und Abführungsgefässe; erstei-es bleibt unterhalb des zweiten verborgen, so dass man es nicht gleich erblickt. Der oben erwähnte Kiemennerv begleitet diese (s, Fig. 417 a. f. S.) Gefässstämme und ist mit ihnen durch einen Strang von Bindegewebe verbunden. Die Kieme besteht aus einer Reihe paarig angeordneter Lamellen, die von der Basis bis zur Spitze der Pyramide allmälig kleiner werden. Jede Lamelle wird durch zahlreiche Querstreifen durchzogen , die wiederum von kleinen Längsfalten durchkreuzt sind. In Folge dieser Anordnung ist die Athmuugsfläche einer Kieme sehr gross, obgleich das Organ nur einen verhältnissmässig kleinen Raum einnimmt. Sie wurde von Joubin auf 900 qcm geschätzt. Die Lamellen löthen sich nicht auf der ganzen Länge ihrer Basis an einander, sondern lassen an diesem Punkte einen Raum frei, welcher in Folge der Vereinigung der Lamellen einen Längscanal bildet, den Kiemencanal, in den das Wasser eindringt und auf diese Weise die ganze Kieme durchtränkt 5G* ^ 884 Mollusken. (r, Fig. 417). Die Kiemenlaraellen bestehen aus einer Schicht von Bindegewebezellen, die von Bluträumen durchlöchert und von Muskel- fäserchen durchzogen ist. Sie sind durch ein wimperloses, allen Win- dungen der Falten folgendes Epitheliiim bedeckt. Man wird diese Structur auf Schnitten von Kiemen untersuchen, die man zuvor beim lebenden Thiere injicirt hat. Das venöse Blut wird durch die Systole des Venenherzens in den zuführenden Canal der Kieme oder die Kiemenarterie (c, Fig. 417) getrieben. Dieses Gefäss läuft längs des Kiemenkammes, parallel und unterhalb der Kiemenvene (a, Fig. 417). Das darin enthaltene Blut strömt dann in jedes Kiemenlamellenpaar vermittelst zweier Gefässe (d, d', Fig. 417) ein, welche den inneren Rändern der Lamellen folgen Fig. 417. Sepia offinnalis. — Schcuuitisiho Figur zur Erläuterung des Kiemcnkreislaufs (nacli Jouliin). Das arterielle Netz ist seliattirt worden; das venöse Netz ist mit ein- t'afhen Linien gezeichnet; A, freier Kamm der Kieme; /?, Verbindungslinie der Kieme mit dem Mantel. fi , arterielles Blut zum Hei'zen zurückbringende Kiemenvene; h, b, auf dem äusseren Rand jeder Kiemenlamelle laufender Venenzweig; c, zufüh- rendes Gefäss oder Kiemenarterie, welche venöses Blut zur Kieme führt; d,(l', längs des inneren Randes jeder Kiemenlamelle laufende und auf den Falten derselben sich verzweigende Kiemenarterien; e, Durchschnitt der Kiemenarterie; /, zuführende Stämme der Kiemendrüse ; r/, g', von der zuführenden Arterie zu der Kiemendrüse q verlaufende Gefässe ; h, Kiemenlamelle ; «, if, k, k', obere und untere aus der Kiemen- drüse abführende Gefässe ; /, Mantelvene ; m, Mantelvene des Sternganglions ; w, abfüh- rendes Kiemengefäss ; o, allgemeiner Al)führungsstanim der Kieme ; p, Venenherz ; q, Durchschnitt der Kiemendrüse ; r, Wassercanal der Kieme ; s, Kiemennerv. (Die Pfeilchen zeigen die Richtung des Blutlaufes.) und sich verzweigen, indem sie einen kleineren Ast einer jeden Quer- falte entlang und dann eine Unzahl von Zweigchen auf die winzigen Cepluilopoden. 885 Längsfalten, die dieselben durchkreuzen, abgeben. Nach der Ein- spritzung gleicht jede Querfalte einem Kamm, dessen Zähne durch die Längsfalten dargestellt werden. In den Vertiefungen zwischen den Falten , deren Gräte durch die letzten Zweige der Kiemenarterie ein- genommen sind, laufen die entsprechenden Aestchen der Kiemenvene. Das Blut begiebt sich von der einen dieser Gruppen zur anderen durch die in der Dicke der Kiemenlamelle ausgegrabenen Hohlräume, welche gänzlich von Wasser umgeben sind und somit den osmotischen Aus- tausch der Gase zwischen Blut und Wasser auf ihrer ganzen Ausdeh- nung vermitteln. Hinsichtlich der genaueren Beschreibung dieser Lacunen verweisen wir auf die eingehende Arbeit von Joubin. Von hier aus folgt das Blut einer gerade entgegengesetzten Rich- tung in die Verzweigungen der Kiemenvene , in deren Stamm es sich schliesslich ansammelt, um in das arterielle Herz überzutreten. Von dieser Circulation des venösen Blutes, welches die Kiemen durchströmt, um zu athmen, muss man aber noch einen zweiten, die Ernährung der Kieme vermittelnden Kreislaiif unterscheiden, welcher höchst complicirt ist und von Joubin sorgfältig beobachtet wurde (s. Literatur). Wir geben die halb schematisirte Figur Joubin's hier wieder, welche die Anordnung der Nahrungsgefässe veranschaulichen soll, deren Be- schreibung hier zu viel Platz einnehmen würde {ii, o, Fig. 417). Nieren (Fig. 418 a. f. S. und 419). — Wenn man nach Auf- schlitzung des Mantels die Kiemenhöhle besichtigt, tritt auf jeder Seite der AfterjDapille eine kleine Oeffnung (Fig. 418 und s, Fig. 425) hei'- vor, welche auf beiden Seiten in einen grossen, durch eine Peritoneai- falte begrenzten Sack führt. Dieser Sack entleert durch die soeben genannte Mündung Harnsäure (Harless) enthaltende Ausscheidungs- stoffe, welche von den die Hohlvenen umgebenden schwammigen Kör- pern herrühren. Dieser Sack kann also als eine Niere betrachtet werden, was auch nach den Erörterungen von A. Mayer von der Mehrzahl der Autoren angenommen wurde. Die Nierensäckchen liegen beiderseits symmetrisch unterhalb des Darmes. Bei den Männchen sind sie gleich von der Bauchfläche aus zugänglich, während man bei den Weibchen vorher die sie bedeckenden Nidamentaldrüsen {q, Fig. 425) entfernen muss. Sie sind auf der Medianlinie nach vorn und nach hinten durch zwei Querbrücken ver- bunden und tragen auf der Höhe ihrer vorderen Vereinigung eine dor- sale Verlängerung, den unpaaren Nierensack (Grobben), welcher nach hinten bis zur Geschlechtskapsel (»?, Fig. 419) sich erstreckt. Die Rückenwand der paarigen Säcke überzieht die schwammigen Anhängsel der Hohlvenen, indem sie allen ihren Windungen folgt, so dass sie stark gefaltet ist ; ihre Bauchwand ist im Gegentheil beinahe glatt ; sie haftet dermaassen an der, an diesem Punkte äusserst dünnen Körper- wand, dass es schwierig ist, sie davon abzulösen. Die untere Wand 88G Mollusken. des unpaaren Sackes überzieht die Schwammkörper; sie zeigt also den Eindruck ihrer Falten, sowie diejenigen der pankreatischeu Anhänge {q, Fig. 419). Man wird bemerken, dass die Schwammkörper nicht etwa in die Nierensäcke hineinhängen, sondern einfach an sie angelehnt sind. Am Obertheil der paarigen Säcke, an dem Punkte, wo dieselben sich verengern, um einen kurzen Canal, den Harnleiter (/, Fig. 418) zu bilden, findet sich eine kleine, trichterförmige, auf der Spitze einer mit Wimpern bedeckten Papille gelegene Oeffnung {g, Fig^. 418); sie führt Fia:. 418. Sepia ofßciiiaUs. — Nierensäcke und Schwainmkörpev der Venen. Die unteren Säcke sind von der Bauchfläche aus autgeschlitzt , so dass man die oberhalb der Venen gefaltete Nierenwand sieht (nach Carl Grobben), a, absteigende Hohl vene; i, untere Nierensäcke; c, olierer Nierensack; r/, schwammige Anhänge der Venen; e, Verbin- dungsöffnung zwischen den unteren Nierensäcken und dem oberen Sack; /, Harn- leiter; f/, Oeßnung des Wimiiertrichters in die Niere; //, Mantelvene; i, Bauchvene; Tc, Tintenbeutelvene ; /, Kiemenherz. zu einem nach hinten sich erweiternden Sacke, der sich quer auf der ganzen Körperbreite zwischen dem paarigen Nierensäckchen und dem unpaaren Sacke ausdehnt. Dieser Sack, welcher das Herz, die Aorten Ceplialopoden. 887 Fie;. 419. und die Kiemenveneii einscbliesst, wurde von Grobben als secun- däre Leibeshöhle (/«', Fig. 419) bezeichnet. Er steht übrigens mit den Peritonealkapseln in Verbindung, in welchen rechts und links die Venen- herzen nebst iliren Anhängen und nach hinten die Geschlechtsdrüse mit dem Magen liegen. Diese verschiedenen Beziehungen sind in der von Grobben entlehnten schematischen Figur (Fig. 419) anschaulich gemacht. Man wird ihre Bedciutung einsehen , wenn man be- denkt, dass auf diese Weise vermittelst der Niereu eine Verbindung des umgeben- den Wassers mit den ver- schiedenen Kammern der Körperhöhle und somit ein allgemeines Wassersystem hergestellt sein könnte. Wir müssen indess sofort bemerken, dass, wenn eine solche Verbindung zwischen dem Aussenwasser und den Körperhöhlen existirt, es uns nicht gelungen ist, das Vorhandensein ähnlicher, von einigen Forschern an- genommener Communica- tionen zwischen Körper- höhle und Gefässsystem nachzuweisen. Was diese . Frage anbetrifft, ist der Zweifel erlaubt und wir ?^^!„!?''cÜ.~ ^'';!T'.^!''w..n'"'!^''"L"":! sind der Meinung, dass eine Zumischung von Was- sagittalpn Schnittes durch ein Wcilichcn , um die Beziehungen cUt Urijane zu den sie einschliesseiiden Peritonealsäcken zu zeigen. (i, Iliickentläche ; b, r.auchtläche ; r, Schuljie ; '/.Kiemenhöhle; e, Tinten- bei den Cephalopoden als lieutel ; _/", Magen; g, Leber; /(, Trichter; i^ Eier- stock ; /i-, Herz ; /, Nierensaek ; ni, o))ere unpaare Niere; m', seeundäre Leibeshöhle, deren (jrenzen durch stärkere Linien bezeichnet sind; w, OetVnung des Ausführungsganges der (ieschlechtsdrüse in die seeundäre Leibeshöhle ; o , Oeft'nung des Wimper- trichters in die Niere; ]} , Aust'ührungsgang der Leber; q, pankreatische Anhängsel der Leber; ;•, Harnleiter; », venöse Anhängsel ; a;, Kiemen herz ; //, Pericardialdrüse ; .?, Durchschnitt des Darms. ser zum Blute ebensowenig bei den übrigen Mollusken nachgewiesen ist. (Wir machen unsere Reserven hinsichtlich der Gattung Nautilus, die wir nicht untersuchen konnten). Fü- gen wir noch hinzu , dass die Arbeit von G r o b b e n 888 Mollusken. eine sehr vollständige Beschreibung der die verschiedenen Regionen der Körperhöhle bedeckenden Epithelien enthält. Die schwammigen Venenanhänge, welche mit der Wandung der Harnsäcke in so enger Verbindung stehen , sind einfache , kleine Bläschen darstellende Ausstülpungen der Venenwände , deren histo- logische Structur sich auf ihrer ganzen Fläche modificirt; man trifft darin zahlreiche Muskelfasern, die schlangenai'tige Bewegungen der Anhänge unterhalten, welche jedem Forscher, der eine lebendige Sepie öffnet, auffallen. Auf der äusseren Fläche befinden sich aufeinander liegende Schichten von runden , verhältnissmässig grossen Zellen, deren Protoplasma, ausser anderen Concretionen, mehr oder weniger mit gelblichen refringirenden Tröpfchen erfüllt ist, welche sich in der umgebenden Flüssigkeit vertheilen, wenn man die Bläschen unter einer Glaslamelle presst. Solche Tröpfchen finden sich auch in der schleimigen Flüssigkeit des Harusackes wieder, ohne dass wir erklären könnten, wie sie hinein- kommen. Wahrscheinlich dringen sie in Folge der Zellenthätigkeit durch die Wandung der Venenanhänge in das Epithelium des Haru- sackes hinüber, das von grossen, cylindrischen oder cubischeu, fein ge- streiften Zellen mit körnigem Protoplasma gebildet ist, in welchen man Ausscheidungsströmungen erkennt (Grobben). Auf den glatteu Theilen der Nierensäcke, die nicht an die schwammigen Körper stossen, bleibt das Epithelium vielmehr abgeplattet. Die Wände des Harnleiters sind dicker, innen längsgefaltet und enthalten in einem lockeren Bindegewebe eine innere Schicht von Längsmuskelfasern und eine äussere Schicht von Kreisfasern ; das Ganze ist innen mit einem von grossen, dicht gedrängten Cyliuderzellen ge- bildeten Epithelium überzogen. Tintenbeutel. — Unter diesem Namen wird ein drüsenartiges, der Aaaldrüse der Gasteropoden vielleicht homologes, hier aber bedeu- tend grösseres Oi'gan bezeichnet, welches eine intensiv schwarze Pig- mentsubstanz, die auch als Farbe benutzte Sepia, erzeugt. Das Thier verschwindet durch Ausstossung dieser Tinte in das umfliessende Wasser augenblicklich in einer undurchsichtigen schwarzen Wolke. Der Tinten- beutel ist also ein Vertheidigungsorgan, Er hat die Form eines in die Länge gezogenen, nach hinten abgerundeten Sackes, der am hinteren Körper gelegen ist (-4, Fig. 420). 'Sein Hals (/, Fig. 420) läuft rechter- seits dem Rectum entlang nach vorn und mündet durch eine kleine, mit einem" Schliessmiiskel versehene Oeffnung (/), einige Millimeter unterhalb der Afteröffnung (a), in den Afterdarm ein. Die Wand des Sackes besteht aus einem lockeren. Längs- und Quermuskelfasern ent- haltenden Bindegewebe ; innerlich ist sie mit einem Epithelium be- kleidet, welches je nach der Region, wo man es beobachtet, seine Form wechselt; endlich schliesst sie in ihrer Mittelschicht jene sonderbaren Ceplialopoden. 889 Zellen , die Iridocysten , ein , von denen wir gelegentlich der Haut gesprochen haben und die ihr einen silberglänzenden Wiederschein ertheilen. P. Girod, welcher über dieses Organ eine vollständige Arbeit geliefert hat, auf welche wir den Leser in Betreff der Einzel- heiten verweisen , schätzt den Inhalt dieses Organs auf 20 bis 30 ccm. Nachdem wir seine allgemeine Form und seihe Lagerung kennen gelernt, lösen wir den Tintenbeutel gänzlich ab und waschen die darin enthaltene Tinte unter einem Wasserstrom vollständig aus; wir erkennen alsdann in ihm zwei verschiedene Abtheilungeu: die eine, ein einfaches Leitungsorgan, der Tintenleiter (/, A, Fig. 420 a. f. S.), dessen Durchmesser bis zu seiner Mündung im Rectum stets geringer wird; die andere (c, Fig. 420), ein blasenförmiges Organ, welches im Grunde des Sackes hervorragt, durch eine feine Membran begrenzt wird und mittelst eines kleinen runden Loches (c) in den am Grunde sack- förmigen Tintenleiter mündet. Dieser Theil ist drüsig (Tinten drüse) und sein Inneres hat ein schwammiges Ansehen; er wird von zahlreichen, unter einander zu- sammenhängenden Lamellen {B, Fig. 420) gebildet, welche zellige Räume («) von verschiedener Gestalt umgrenzen, die durch zahlreiche Poren verbunden sind und in welche sich die von den Epithelialzellen der Wände abgesonderte Tinte ergiesst. Eine genauere Zergliederung der Drüse zeigt, dass die am Ein- gange (c) der Drüsenportion stehenden, sehr schwarzen Lamellen nach innen zu stets heller werden, bis man zu einer von abgeplatteten Blasenräumen ausgehöhlten Masse (c) (zone foymafrice von Girod) gelangt, deren Oberrand vollständig weisslich erscheint (B, c, Fig. 420). Die histologische Untersuchung der Drüse findet an in Osmium- säure fixirten Fragmenten statt, welche nachher sorgfältig ausgewaschen werden. Man kann ebenfalls mit Erfolg Schnitte an der frisch in eine leichte Lösung von Gummi arabicum eingetauchten, dann in absolutem Alkohol gehärteten und endlich in Paraffin eingeschlossenen Drüse machen (P. Girod). Man findet dann, dass die Wände durch Lamellen des Bindegewebes gebildet und mit grossen , ursprünglich cylindrischen Epithelialzellen überzogen sind, die indessen ihi'c Form ändern, je nachdem sie von dem, durch ihr Protoplasma abgesonderten Pigment erfüllt werden (Fig. 421, S. 891). Wenn die Zelle mit Pig- ment beladen ist, stirbt sie ab und fällt in den Alveolarraum. Die Flächenansicht lässt mehr oder weniger entwickelte Zellen {B, a und b, Fig. 421) erkennen, die an der Oberfläche der Lamellen hervoi'treten. Die ununterbrochene Thätigkeit aller Zellen unterhält eine fort- währende Erneuerung des durch die Drüsenöfl"nung fliesscuden und in dem Ausführungsgange sich ansammelnden Pigments. In Folge der Zusammenziehung der Wände desselben wird das Pigment in die Kiemenhöhle und aus dieser durch den Trichter entleei't. 890 Müliusken, Der Tiutengang ist von einem Pflasterepithelium ausgekleidet (c, Fig. 420), welches aber an seinem oberen Ende cylindrisch wird und die Scheidewände einer Menge von winzigen , drüsenartigen Ver- Fig. 420. a. -<2> Sepia ofßc'maüti .1, Sclipmatischer Län^-eiiscliiiitt dos Tiiiteii1)putcls. After ; h, finddrüse ; c, mit Priasterei)ithelium Ijekleideter Tiiitenloitcr ; rf, pigmentirtos Epi- tholium ik'i- Tiiitendrüse ; e, Höhle der Tintendrüse ; e', Oetinung , durch welche die Tiutendrüsc mit dem Ausführuiigscanal in Verliinduug steht;/, Tiutengang; (j, vordere Verdickung; li, Ilectum ; «, Oeftnung, durdi welche der Tintengang in das üectuni mündet. Z)', Längsschnitt der Drüse, um die gegenseitigen Bezieluingen der Scheide- wände b und der Zellenräume « zu zeigen. Man sieht die Moditicationen nach Grösse und llichtiing von der Oettnung e an bis zur Sjutze der Bildungszone c hin; d, peri- pherische Zone (nach 1'. Girod). Cepluilopoclen. 891 tiefuugen überzieht, deren Ganzes die Enddrüse bildet (J., ?>, Fig. 420), welche einen, wahrscheinlich zur Auflösung der Pigmentsubstanz die- nenden Schleim absondert. Der Tiutensack ist durch Zweige der vorderen Aorta reichlich iiiit Blut gespeist In der Drüsenportion verästeln sich die Arteriolen im Inneren, während die Venenzweige in der Peripherie verlaufen; Fig. 421. Sepia ofJicinaUs. — J» die Scheidewände der Tintendrüse bekleidende PignientzcHen. Nachet, Oc. 1, Olij. 7. ß, Fragment einer Scheidewand der jieriiiheri.schen Zone hes sind diese Ganglien dui-ch eine Quercommissur mit einander verbunden. Der auf die hintere Commissur , welche die beiden seitlichen Schlund- nervenmassen vereinigt, übergreifende Sehnerv ist stets dick, kurz und trägt ein sehr grosses Ganglion. Bei den Tetrabranchiern {Nautilus) ist das Centralnervensystem ring- förmig. Die Oberschlundmasse, das Hirn der Autoren, besitzt die Form eines Querbalkens, welcher beiderseits eine l.eichte Anschwellung darbietet. Das Cephalopoden. 901 Hirn comiuuuicirt mit der Untersclilunduiasse durch zwei Coinmissuren ; die vordere dieser Commissuren trägt die Fussganglien ; die hintere Commissur in gleicherweise die VisceralgangUen. Mau sieht also, dass die Ceutralganglien hier uicht so innig verschmolzen sind Avie bei den Dibranchieru. Das Auge der Sepie kann als Typus für die Augen der übrigen Gat- tungen gelten und Avir werden nur einige Verschiedenheiten hervorzuheben haben. Die dasselbe nach vorn schützende, falsche Hornhaut fehlt bei Nau- tilus, Loligopsis und Histioteiithis. Wenn vorhanden , besitzt sie immer eine Oeftnung, Avelche das umgebende Wasser bis zur Krystalllinse eindringen lässt. Bei Nautilus, wo auch die Linse zu fehlen scheint, bespült das Wasser die Retina. Die vergleichende Untersuchung der anderen Sinnesorgane der Cepha- lopoden ist noch nicht weit genug bearbeitet worden, dass Avir deren Haupt- züge hier darstellen könnten. Die Hörbläschen liegen einfach auf dem Kopfknorpel bei Nautilus, statt in demselben eingeschlossen zu sein; das Riechorgan derselben Gattung stellt nicht ein Grübchen dar, wie bei den anderen Cephalopoden, sondern ist in Gestalt einiger, hinter dem Auge befindlicher Papillen entAvickelt. Vielleicht gehört zu den Sinnesorganen auch die A'on H. Müller auf der Innenseite des Trichters beschriebene Warze , Avelche mit stark lichtbrechenden , stabförmigen Körperchen über- zogen ist. Wir müssen hier die Experimentaluntersuchungen von Del age erwähnen, Avonach die Hörbläschen als regulirende Organe der LocomotionsbeAvegungen , fungiren würden. Eine Sepie, bei welcher man die beiden Hörbläschen ver- nichtet hat, dreht sich schwimmend um ihi-e Längs- oder Queraxe oder auch auf einer horizontalen Ebene. Das Thier ist vollständig desorientirt und findet seine normale Stellung nur noch im Ruhezustande. D e 1 a g e be- hauptet, dass diese regulirende Function der Hörbläschen für die Cephalo- poden Avichtiger sei als das Gehör. Der Darm zeigt keine bedeutende Verschiedenheiten. Der Mund ist im Allgemeinen von ZAvei Lippen umgeben , von denen die innere kreisförmig und mehr oder Aveuiger gefranzt ist , während die äussere sich spitzenartig gegen die Armbasis verlängert und zinveilen kleine Saugnäpfchen trägt {Loligo). Bei Nautilus ist die äussere Lippe durch vier grosse Lappen ersetzt, Avelche den den Kopf einfassenden Tentakeln gleichen. Immer finden sich zAvei hornige, schnabelförmige Kiefer, die auf einer sie beAvegenden Muskel- masse ruhen. Die Radula, welche derjenigen der Gasteropoden ähnelt, zeigt einige Formverschiedenheiten , die von T r o s c h e 1 beschrieben Avorden sind (siehe Literatur). Bei ArgonaiUa ist sie sehr klein. Vom Grunde der immer starkAvandigen Mundmasse entspringt die Speise- röhre, Avelche vor der Begegnung mit dem Magen sich bei Octopus in eine Art von sackförmigem Kropf ausdehnt, dessen Boden nach vorn gcAvendet und dessen grosse Axe parallel derjenigen der Speiseröhre ist. GeAvöhnlich ist der Magen abgerundet, bei Odopus im Inneren sehr gefaltet. Bei Nau- tilus sind die Muskelfasern der Wand strahlenförmig angeordnet und setzen sich an eine sehnige, an den Muskelmagen der Vögel mahnende Platte an. In der Nähe des Pylorus, der in Folge der Magenbiegung nahe an der Cardia anliegt, befindet sich ein Blindsack mit dünnen Wänden, der birnförmig [Loligo vulgaris), spiralig geAvunden (Ocfoinis) oder breit und kurz, Avie bei Sepia, sein kann (Argonanta). Die Ausführungsgänge der Verdauungsdrüse münden in den Anfang dieses Blindsackes. Vom Blindsacke an biegt sich der Darm nach vorn und zeigt nur bei den Octopiden mehrere Windungen. Der After öffnet sich stets in den mehr oder Aveniger hervortretenden Kiemensack. Bei Octopus ist er rund ; mit 902 Mollusken. luiutigeu , fadenförmigen {Loligopsis) oder dreieckigen (Sepioteuthis) Verlän- gerungen versehen u. s. w. Bei den Odopiden findet man zwei Paare von Speicheldrüsen; das erste Paar, im Kopfe gelegen , mündet in den Anfang der Speiseröhre , während das zweite bedeutend grössere und viel mehr nach hinten auf der Scldund- seite gelegene Paar seine Absouderungscanäle vor die Radula sendet. Bei Sepia, Cirrliotetothis u. s. w. existirt dieses letzte Paar allein. Bei Nautilus sind die Speicheldrüsen durch in den Wänden des Pharynx eingebettete Drüseu- massen vertreten. Die Leberlappen (vier bei Nautilus) sind bei Odopus in eine eiförmige Masse verschmolzen ; es sind aber immer zwei Ausführungscauäle vorhanden, welche die ui-sprünglich paarige Bildung des Orgaus beweisen und ihren Inhalt in den Pförtnersack eingiessen. Bei Loligo verschmelzen diese beiden Canäle bald nach ihrem Austritt aus der Leber in einen einzigen. Die die Lebercanäle begleitenden pankreatischen Anhänge sind selten so entwickelt wie bei Sepia. Nach den Beschreibungen von Vigelius erstrecken sich diese Anhänge bei Rossia, Sepiola nie bis zum Pförtnersack. Bei Loligo verschwinden sie äusserlich und sind durch drüsige Follikel ersetzt, welche kaum aixf den Wänden der Lebergänge hervorragen. Bei den Odopiden sind sie durch eine Drüsenzone vertreten, die der hinteren Leberspitze anliegt und mit den Lebergängen verbunden ist. Das Gefässsystem ist immer nach demselben allgemeinen Typus gebaut, jedoch mit der Ausnahme, dass bei den Odopiden der Blutsinus, in welchen sich das von den Armen zurückfliessende Blut ergiesst, sich weit mehr in den Peritouealsack nach hinten erstreckt, als es bei Sepia der Fall ist; so dass die meisten Eingeweide, hiutei-e Speicheldrüsen, Magen, Pförtnerbliud- sack, und noch die Kopfarterie durch das Blut dieser umfangreichen Höhle, welche nichts anderes ist als die Körperhöhle , bespült werden. Im Grunde dieser von dem Peritoneum umgebenen Höhlung entspringen zwei grosse Canäle , die in das Hinterende der grossen Kopfvene einmünden. Diese Canäle sind unter dem Namen der Peritonealcanäle bekannt (M i 1 n e - Edwards). Bei Nautilus ergiesst sich das venöse Blut der Arme wie bei Sepia und Loligo in einen auf die Kopfregiou beschränkten Sinus ; aber die dieses Blut zu den Kiemen führende grosse Vene zeigt auf ihrer Rückenfläche mehrere in die Leibeshöhle mündende Löcher, welche somit in das Bereich des Blut- kreislaufes eingeschlossen ist (Owen, Valencienues). Das arterielle System zeigt eine viel grössere Einförmigkeit als das venöse. Das zu einer eiufacjhen Kammer reducirte arterielle Herz von Nautilus nimmt vier Kiemenvenen auf, so viel, als es Kiemen bei diesem Thiere giebt ; ihr centrales Ende ist jedoch nicht mit pul sirenden Erweiterungen oder Vor- kammern, wie bei allen anderen Dibranchiern, versehen. Bei diesen letzteren sind die Vorkammern spindelförmig und können sich bedeutend erweitern ; das von ihnen in die Herzkammer getriebene Blut kann wegen der während der Ventricularsystole stattfindenden Verschliessung von einer oder mehreren Auriculo-Ventricularklappen nicht zurückströmen. Bei Odopus ist die Herz- kammer um eine Längsaxe gCAVunden ; bei Loligo ist sie spindelförmig und symmetrisch ; bei Nautilus ist sie wie umgedreht, da die Kopfaorta von ihrem Hinterrande und die Bauchaorta von ihrem Vorden^ande ausgehen. Diese zwei grossen , allen Cephalopoden gemeinsamen Stämme sind bei Odopus von einem dritten Stamm , der accessorischen oder Geschlechtsaorta, begleitet, die auf dem Hinterrande der Herzkammer entspringt und sich zur Geschlechtsdrüse und ihren Nebenorganen begiebt. Die Kopfaorta ist immer Cephalopoden. 903 die grösste, sie versorgt den Mantel und die meisten Eingeweide (Mantel- arterien). Im Kopfe verzweigt sie sich in so viel Zweige, als Arme oder Ten- keln voi'handeu sind. Bei den schwimmenden Cephaloi^oden liefert die bedeutend mehr als bei den Octopiden entwickelte Bauchaorta Zweige zu den Flossen, die bei Om- masfrephes mit zusammenziehbai'eu , als Supplementherzen fungirenden An- schwellungen versehen sind. In jedem Organe giebt es mehr oder weniger reiche Capillarnetze. Bei Ocfopus trifft man an der äusseren Fläche eines jeden Armes zwei grosse Unterhautvenen , ausser den oben erwähnten tiefen Venen. Diese oberflächlichen Gefässe verbinden sich zwei zu zwei an der Basis der Arme und convergiren endlich in einen grossen Venenstamm, welcher oberhalb des Trichters verläuft und längs der Bauchfläche bis in die Nähe des arteriellen Herzens sich erstreckt. An diesem Punkte erhält diese Vene das dui'ch die Peritonealcanäle zugeführte Blut aus dem bereits erwähnten grossen Sinns. Sie ist der grossen Vene der Sepie homolog, imd wie diese theilt sie sich in zwei Hohlvenen , welche das Blut zu dem Kiemenherzen und dann zu den Kiemen hinfähren. Vom Mantel und von der ganzen hinteren Region des Körpers herrührende Venenstämme münden in die grosse Vene nahe der Mündung der Peritonealcanäle. Auf diese Weise muss das gesammte venöse Blut in den Kiemen in arterielles sich verwandeln, was immerhin für einen höheren Entwicklungsgrad als bei den Gasteropoden und Lamellibranchiern zeugt, wo ein Tlieil des venösen Blutes den Athmungsapparat umgeht. Die unter dem Namen Kiemenherzen bekannten Drüsenorgane der Kiemen- basis fehlen bei Nautilus. Die Kiemen befinden sich stets in einem bauchständigen Sacke , dessen Wandung von dem Mantel gebildet wird. Nmitilus hat, wie wir wissen, vier Kiemen und bildet deshalb allein die Ordnung der Tetrabranchier , im Gegensatz zu den Dibranchiern, zu denen alle anderen Cephalopoden gehören. Die Einathmung des Wassers geschieht durch die Mantelspalte , die Aus- athmung durch den Trichter. Wie wir bereits gesagt haben , erlaubt diese Anordnung dem Thiere, die plötzliche Ausstossung des Wassers zum Schwimmen zu benutzen. Die Kiemen sind paarig und sj-mmetrisch, von pj-ramidaler Gestalt. Bei Nautilus sind sie nur mittelst ihrer Basis seitlich an der Wand des Kiemen- sackes angeheftet. Bei Odopus sind sie dicker und kürzer als bei Sepia ; bei Loligo sind sie schmal und lang u. s. w. Ihre Lamellarstructur findet sich in den meisten Gattungen wieder; ferner scheint die Abwesenheit von Wim- pern an ihrer Oberfläche ebenfalls allgemeine Regel zu sein. Die Absonderungsorgane erleiden bei Nautilus eine Modification, die von der Anwesenheit der vier Kiemen herrührt. Die schwammigen Anhänge dehnen sich über die vier Hohlveuen aus und ihre Absonderungsproducte fallen in vier Nierensäcke, deren zwei bauchständig und zwei rückenständig sind. Die Harnleiter dieser letzteren münden an der Basis der dorsalen Kiemen und diejenigen der bauchständigen Harnsäcke am entgegengesetzten Platze in der Nähe der ventralen Kiemen. Es ist nicht selten, in diesen Säcken gelbliche Concretionen zu finden , die viel Kalkphosphat , aber keine Harnsäure enthalten. Bei den Octopiden sind die schwammigen Anhänge bei weitem weniger entwickelt als bei Sepia, sie erstrecken sich nicht oberhalb der Kiemen. Runde Vorsprünge ihrer Oberfläche ertheilen ihnen ein gekörntes Aus- sehen. Der Tintenbeutel fehlt nur bei Nautilus. Bei Sepiola scheint er sich regelmässig zusammenzuziehen und sich zu gewissen Zeiten zu erweitern. 904 Mollusken. Bei Ommastrephes mündet der Tinteugang, dessen allgemeine Structur bei allen Dibi'ancliiern die gleiche ist , ziemlich weit vom After in das Rectum. Alle Ceplialopoden sind geti'ennten Geschlechts, die Männchen gewöhn- lich kleiner als die Weibchen. Bei Argonatita fehlt dem Männchen die äussere Schale und die ßückenarme zeigen keine segeiförmige Erweiterungen an dem Ende, wie bei dem Weibchen. Ausser bei Natdilus sieht man immer, dass einer der Baucharme des Männchens für die Begattung mehr oder weniger modificirt ist; man sagt dann, dass er hectocotylisirt sei. Bald ist es der dritte linke Arm (Argonauta) , bald der dritte rechte Arm (Tremocto- pus, Phüonexis, Octopiden), endlich auch, wie bei Sepia, der vierte linke Arm {Loligo, Sepioteuihis) , der auf besondere Art entwickelt ist. Die bemerkeus- werthesten Modificationen zeigen sich bei Argonmda und Tremodopus, deren mit Spermatophoren geladener Copulationsarm sich losreisst und frei im Wasser bewegt. So findet man ihn in der Mantelhöhle der Weibchen. Durch sein äusseres Aussehen getäuscht, sah Cuvier einen solchen in der Kiemen- höhle des Weibchens gefundenen Arm für einen Parasiten an , dem er den Namen Hectocotylus gab. Nach der Erkenntniss seiner eigentlichen Natur behielt man den Namen für dieses seltsame Organ hei. Der Hectocotylusarm von Argonauta und Tremodopus ist ursprünglich in einem Bläschen eingerollt und endigt mit einer langen contractilen Geissei. Nach seinerLoslösung bildet sich ein neuer Begattungsarm an demselben Punkte des Körpers. Bemei'keu wir sogleich, dass die Oeffnuug des Eileiters bei den Gattungen, deren Männ- chen einen sich ablösenden Hectocotylusarm besitzen, nicht an der Trichter- hasis, sondern im Grunde des Kiemensackes liegt. Der Hoden ist im Allgemeinen gross und aus zahlreichen, gegen die Oeff- nung des Samenganges hin convergirenden Blindsäcken gebildet. Der Samen- gang stammt immer aus der Hodenkapsel, welche nichts anderes als eine Erweiterung des Peritoneums ist; er ist eng, lang (mit Ausnahme von Tremoc- topus) und auf sich selbst gewunden. Seine Drüsenportion zeigt nur secun- däi'e Grössen- und Structurverschiedenheiten. Die Wände des Samenbläschens formen den Samen zu einem einzigen kolossalen Spermatophorenschlauch {Tremodopus) oder zu mehreren kleineren , wie wir es hei Sepia gesehen hahen. Der Spermatophorensack , der als Behälter für die Samenmaschinen bis zum Austreibungsmomente dient, endigt im Allgemeinen in den ausleitenden Apparat des Samens. Was nun die Spermatophoren selbst anbelangt, so sind sie alle nach dem gleichen Plan wie bei Sepia gebildet (siehe die Arbeit von Milue -Edwards). Bei Argonauta und Tremodopus können sie bis 2 Fuss Länge erreichen. Der Eierstock ist überall gebaut wie bei Sepia; die blätterigen peri- pherischen Anschwellungen enthalten gewöhnlich nur ein einziges Ei, welches zur Eeifezeit den Follikel zerreisst und in die das Ovarium umgebende Peri- tonealkapsel fällt. Bei Odopus treffen wir zwei, an der Trichterhasis in die Kiemenhöhle mündende Eileiter. Bei Rossia, Cirrhoteuthis entwickelt sich, wie bei Sepia, der linke Eileiter allein, wähi-end im Gegentheil bei Nautilus einzig der rechte Eileiter vorhanden ist. Bei Onychoteuthis und Argonauta ist der Eileiter ungemein lang und mehrmals auf sich selbst gewunden. Selten erreicht der Drüsenapparat eine so bedeutende Entwicklung wie bei Sepia. Bei Tremoc- topus ist derselbe sehr rudimentär. Uebrigens existiren zwei Nidamental- drüsen nur bei den Decapiden , während bei Nautihis nur eine einzige vor- handen ist. Die Eier werden entweder einzeln abgelegt [Argonauta, Odopus) oder in einer gallertartigen und durchsichtigen Masse eingeschlossen {Sepiola, Loligo). Cephalopodeii. 905 Literatur. — G. Cuvier, Milmoires pour servir ä Phistoire et ä Paiiutomie des .yuUusqites , Paris, 1817. — Delle Chi a je, Memorie sulla storia et notomia detjli animali senza vertebre del Regno de Napoli, Neapel, Bd. IV, 1828. — II. Owen, Meinoir oii fhe j^earli/ Nuittihis, London, 1832. — Ders. , Cydopedia of Anat. and P/ii/siuL, 1835 bis 1836. — Ders., Description of some neio and rare Cephalopoda, Proceed. Zool. Soc, Bd. II, London, 1841. — Ders., Supplementär^/ obsevvatlons on the anatomy of Spivnla a2(Stralis. Annals of nat. hist. , 5. Serie, Bd. III, 1879. — Ders., On the external and structitral characters of the male of Spirula australis. Uebersetzt in Arch. de zool. exp., Bd. 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Sars Rippenqnalle 170 Brachionus pala. Ehrb Räderthier 425 Cacumaria Planci. Brdt Holotliurie 648 Dicyema typus. Ed. van Ben Mesozoum 89 Bisfomum hepaticum. Lin Trematode 224 HeliT pomatia. Lin Gasteropode 777 Hirudo medicinalis. Lin Egel 313 Hyalaea fridenfafa. Lani Pteropode 828 Hydra grifiea. Lin Hydrarpolyp 151 Leucandra asi^era. Haeckel Kalkschwamm 99 Ltunbricus agrir.ola. Hoffm Oligochaete 445 Mesost^vuim Ehrenhergii. O. Schni. . Turbellarie 247 Paramecium aurelia. Müller .... lufusorium 74 Plnmatella repens. Lin Bryozoe 680 Polystnmdla sfrigildfa. d'Orb Foraminifere 54 Sepia ofßcinalis. Lin Cephalopode 853 Sipunculns ntidns. Lin Gepbyree 376 Streng yloeentrof HS lividns'. Brdt. . . . Seeigel 620 Taenia solium. Lin C'est.ode 201 Terehratula vitrea. Born Brachiopode 700 Tetrastemma ßarid um. Ehrb Nemertinp 286 Verl.ao- von i^'riedrich Vieweg & Sohn in Braimscliweig. Archiv für Anthropologie. Zeitschrift für Naturgeschichte und Urgeschichte des Menschen. Beffi-üiidet von A. Ecker und L. Lindensclimidt. Organ der devitschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Unter Mitwirkung von A. Bastian in Berlin, O. Fr aas in Stuttgart, F. V. Hellwald in Tölz, W. His in Leipzig, II. v. Holder in Stutt- gart, L. Rütimcyer in Basel, II. Schaaffliausen in Bonn, C. Semper in Würzburg, R. Virchow in Berlin, C. Vogt in Genf, A. Voss in Berlin und H. Welcker in Halle, herausgegeben und redigirt von L. LindenSChmit in Mainz und J. Ranke in München. Mit Holzsticlien und lithographirteu Tafehi. 4. geh. Erschienen sind: I. bis XVII. Band incL 2 Supplement -Bände. Preis zus. 850 Ji>. 70 ^ Globus. Illustrirte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde mit besonderer Berücksichtigung der Ethnologie, der Kulturverhältnisse und des Welthandels. Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmänueru und Künstlern herausgegeben von Dr. Emil Decker t. Erschienen sind b?> Bände. — Im Erscheinen begriffen Band 54. Band 1 — 3 fehlt. Band 4 — 24 köimen noch zum Preise von 9 Jk, Band 25 — 53 zum Preise von 12 M. pro Band bezogen werden. Monatlich erscheinen 4 Nummern. Jährlich 2 Bände. Sul)scriptionen nimmt jede Buchhandlung und Postanstalt entgegen. (In der deutschen Zeitungs- Preisliste, 1888, unter Nro. 2360 aufgeführt.) Naturwissenschaftliche Rundschau. Wöchentliche Berichte über die Fortschritte auf dem Gesamint- gebiete der Naturwissenscliaften. Unter M i t w i r k u n g der Professoren Dr. J. Bernstein, Dr. W. Ebstein, Dr. A. v. Koenen, Dr. Victor Meyer, Dr. B. Schwalbe und anderer Gelehrten herausgegeben von I>r. Willi. Sklarek in Berlin W., IMagdcburg crs trasse Nro. 25. I. Jahrgang, geh. Preis 10 JL, gcb. 11 A 50 -ä- — Einbanddecke apart, Preis 75 ^. — II. Jahrgang, geh. Preis 11 A 50 ^, gel). 13 A — Einbanddecke apart. Preis 75 -^. III. Jahrgang im Erscheinen. Preis pro Quartal 4 M. (Wöchentlich IV2 bis 2 Bogen.) ■ Durch alle Buchhandlungen und Postanstalteu zu beziehen. (In der deutschen Zeitungs -Preisliste, 1888, unter Nro. 3959 aufgeführt.) Verlag von Friedricli Vieweg & Solm in Brannscliweig. Fauna der Wirbelthiere Deutschlands und der angrenzenden Länder von Mitteleuropa. Von Prof. J. H. Blasius. Erster Band: Naturgeschichte der Säugethiere. Mit, 290 Holzstichen, gr. 8. geh. Preis 8 M. Die Wirbelthiere Europas. Von Graf A. Keyserling und Prof. J. H. Blasius. Erstes Buch: Die unterscheidenden Charaktere. gr. 8. geb. Preis 7 M Die Anatomie des Frosches. Ein Handbuch für Physiologen, Aerzte und Studirende von Dr. Alexander Ecker, Professor an der Universität F r e i b ii r g. Erste Abtheilung: Knochen- und Muskellehre. Mit 96 mehrfarbigen Holzstichen. Zweite Auflage, gr. 8. geh. Preis 5 J(,. Zweite Abtheilung: Nerven- und Gefässlehre. Mit Beiträgen von Prof. R. Wiedersheim. Mit Holzsticheu und einer litliographirten Tafel, gr. 8. geh. Preis 9 M. Dritte (Sebluss-) Abtheilung: Lehre von den Eingeweiden, dem Integument und den Sinnesorganen. Bearbeitet von Professor R. Wiedersheim. Mit Holzstichen, gr. 8. geh. Preis 5 M lieber abnorme Behaarnng des Menschen insbesondere über die sogenannten Haarmenschen. Gratulationssehrift, Herrn Carl Theodor von Siebold zur Feier seiues 50 jährigen Doctorjubiläums am 22. April 1878 dargebracht von Alexander Ecker, Professor an der Universität Freiburg. Mit Abbildungen. 4. geh. Preis 1 M. Entwickelungsgeschichte des Kosmos nach dem gegenwärtigen Standpunkte der gesammten Naturwisseu- schaften. Mit wissenschaftlichen Anmerkungen von Hermann J. Klein. gr. 8. geh. Preis 3 Jk Das I n s e li: t. Naturwissenscliaftliche Ueobachtungcn und Reflexioneu über das Wesen und Treiben der Insekteuwelt. Von J. Michelet. Mit einem Vorwort von Professor J. H. Blasius. 8. geh. Preis 4 M 50 ^ Verlas; von Friedrich Yiewei»' & Sohn in Braunschweii»*. Die thierischcn Gesellschaften. Eine vergleichend -psychologische Untersuchung von Alfred Espinas, Docteur 6s Lettres. Nach der vielfach erweiterten zweiten Auflage unter Mitwirkung des Verfassers deutscli herausgegeben von W. Schloesser. Autorisirte Ausgabe, gr. 8. geh. Preis 10 M Lehrbuch der Zoologie für Landwirthschaftsschulen und Anstalten verwandten Charakters, so- wie auch für den Gebrauch des praktischen Landwirthes von Dr. phil. H. Emil Fleischer, Oberlehrer am KönigUcheu Bealgymuasiuni und ik'r mit diesem verbuudeueu Laiidwirth- schaftsschulo zu Dübeln. Mit 435 Holzstichen, gr. 8. geh. Preis 7 Jk Anthropologische Vortrag e von J. Henle. g r. 8. g e h. Erstes Heft. Preis 2 M. 40 S) — Zweites Heft. Mit Holzstichen. Preis 2 Jk 40 ^ Inhalt: UeUer die Grazie. — Glauben und Materialismus;. — Naturgescliiclite de« Seufzers. — Physiologie de.s AiVects. — Gesehraack und Gewissen. — Von den Temperamenten. — lieber den Geschmaekssinn. — Vom Willen. — Teleologie und Darwinismus. — Ueber Physiognomik. — Der medirinischc und der religiöse Dualismus. lieber unsere Kenntniss von den Ursachen der Erscheinungen in der org-anischen Natur. Sechs Vorlesungen für Laien, gehalten in dem Museum für prak- tische Geologie von Professor Huxley, F. R. S. Ueber setzt von Ca.x'1 "Vog-t. Mit Holz Stiche 11. "V. S. o;eli. Preis '2 M. H. Thomas Huxley's in Amei'ikii i;eli;i.lleiu' wissenschaftliche Vo r t r ä g e, nchst einer Vorlesung über das Studium der Ihologie. Autorisirte deutsehe Ausgabe von Dr. J. W. Spengel. Zvsreite unveränderte Auflage. Mit Holzsticheu. gr. 8. geh. Preis 3 M. Veiitig" von Friedrich Viewer iind Solui iii Braimsclivveisro Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Drei Al)liaudluugen: Ueber die Naturgeschichte der mciischenäliiilichen Affen. — Ueber die Beziehungen des Menschen zu den nächstniederen Thieren. — Ueber einige fossile menschliche Ueberreste. Vou Thomas Henry Huxley. Aus dem Englischen übersetzt von J. Victor Oax-xis. ' Mit Holzsticheu. gr. 8. geh. Preis 3 M. Untersuchung über die Eiitwickliiiig' und den Körperbau der Krokodile. Von Dr. H. Rathke. Herausgegeben vou Wilhelm von Wittich. Mit 10 lithographirteu Tafeln in Farbendruck. 4. geh. Preis 12 Jk Beiträge zur Anthropologie und Psychologie, mit Anwendungen auf das Leben der Gescllscliaft. Von Eduard Reich, Doctor der MecUcin, legalem Director und Vicepriisidcnteu der K. L. -C. Akademie, auswärtigem Älitgliedo der Fraiizüsisclien Gesellschaft der Hygieiue zu Paris, corrcsiioiKlireiidem Mitgliede der Gesellschaft für öffentliche Medicin zu Paris, ' der mediciuiscli-aetiologischen Gesellschaft zu Berlin, etc. Zweite vermehrte Ausgabe, gr. 8. geh. Preis ti ,1k Die Pflanzenwelt vor dem Erscheinen des Menschen vom Grafen G. von Saporta, correspoudirendem Mitgliede der Akademie der Wissenschaften zu Paris. Ueber setzt von Carl Vogt. JMit 118 Holzsticheu, 13 Tafeln, wovon 5 in Farbendruck. 8. geh. Preis 13 JL H e r p e t o 1 o g i a E u r o p a e a. Eine systematische Bearbeitung der Amphibien und Reptilien, w^elche bisher in Europa aufgefunden sintl. /^-^ ^/ p >k Von Dr. E. Schreiber, Director an der Oberrealschule zu Gorz. f Mit Holzsticheu. or. 8. oeh. Preis 18 M. 'mm i mim iililiilllilliil 1 iii fifiiiiiiilili nimm kti.