W^F:-^^* .-f-^v m-tf: ■ :./? ■ ■ ."^. '*•'-* * -/ V. *^ ^ >*^ ^ft>' - ^"^ ■' . - o ^^ o ■ ÜJ = a = tH = ==^ — OD o = =1- '-' = = £ -CT _ — I ^1 ^~ ^— o _D =S □ — MMH ru = Od _„_ SJjJS LEHRBUCH DER VERGLEICHENDEN ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DER WIRBELLOSEN THIERE VON Dr. E. KORSCHELT und Dr. K. HEIDER, PR1VATDOCENTO A. D. ICGL. UNIVERSITÄT ZU BERLIN. SPECIELLER THEIL. ZWEITES HEFT. MIT 315 ABBILDUNGEN IM TEXT. -3>>-l~"s—'^» JENA. VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1891. Verlag von Gustav Fischer in Jena. "RqI fruit» ^"rancis M., M.A.> F.R.S., Fellow and Lecturer of Trinity College, Cambridge, JjdllüUTj Handbuch der vergleichenden Embryologie, zwei Bände. Mit Bewilligung des Veriassers aus dem Englischen übersetzt von Dr. B. Vetter. Professor am Polytechnikum in Dresden. I. Band. 580 S. und 275 Holzschnitte. 1880. Preis: 15 Mark. II. Band. 740 S. und 429 Holzschnitte. 1882. Preis: 18 Mark. "RoVPVl ^r Theodor, Privatdocent an der Universität München, Zcllcil-Studien. ' Heft I. Die Bildung der Richtungskörper bei Ascaris megaloeephala und Ascaris lumbrieoides. (Aus dem Zoologischen Institut zu München.) Mit 4 litho- graphischen Tafeln. Preis: 4 Mark 50 Pf. — Heft II. Die Befruchtung und Teilung des Eies von Ascaris megaloeephala. (Aus dem Zoologischen Institut zu Mün- chen.) Mit 5 lithographischen Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. — Heft III. üeber das Verhalten der chromatischen Kernsubstanz bei der Bildung der Richtungskörper und bei der Befruchtung. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis: 4 Mark. t. Da IIa Torrp Dr* K w> v' Professor' Die Fauna von Helgoland. Utilld) J-Ullt?j Zoologische Jahrbücher herausgegeben von Prof. Dr. J. W. S p e n g e 1 in Giessen. Supplementheft II. — Preis : 2 M. 40 Pf. -Tji» Dr. G. H. Theodor, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie zu XLlHl<3r? Tübingen, Die Entstehung der Arten auf Grund von Vererben er- worbener Eigenschaften nach den Gesetzen organischen Wachsens. Ein Beitrag zur einheitlichen Auffassung der Lebewelt. Erster Teil. Mit 6 Abbildungen im Text. Preis: 9 Mark. Die Artbildung und Verwandtschaft hei den Schmetterlingen. Eine systematische Darstellung der Abänderungen, Abarten und Arten der Segeltalter- ähnlichen Formen der Gattung Papilio. Mit 4 Tafeln in Farbendruck und 28 Abbil- dungen im Text. Preis: 14 M. Tj l i Ernst, Die Naturanschauung von Darwin, Goethe und IltitiOKtilj J^amarcfr. 1888. Preis: 1 M 50 Pf. Ursprung und Entwickchmg der thierischen Gewebe. 1884. Ein histogenetischer Beitrag zur Gastraea-Theorie. Preis : t M. PlanktOll-Studieil. Vergleichende Untersuchungen über die Bedeutung der Pelagischen Fauna und Flora. 1891. Preis: 2 Mark. Ziele und Wege der heutigen Entwiekelungsgeschichte. 187 5~! Preis: 2 M. 40 Pf. TJ + L 1 Dr. Berthold, o. ö. Professor deT Zoologie an der deutschen Carl- JtlatSCiieK? Ferdinands -Universität in Prag, Lehrbuch der Zoologie. Eine morphologische Utbersicht des Thierreichs zur Einführung in das Studium dieser Wissenschaft. Erste bis dritte Lieferung. Mit 296 Abbildungen im Text. 1888 — 1891. Preis: 9 M. 50 Pf. tj •! Dr. Karl, Die Embryonalentwickelung von Hydrophilus XltJlUtJlj piceUS L. I. Theil. Mit 12 lithographischen Tafeln und 9 Abbildungen im Text. 1889. gr. 8°. Preis: 20 M. Soeben erschien: Tj 1 • Dr. Richard, o. ö. Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen XleriWlg'j Instituts der Universität München, Lehrbuch der Zoologie. Erste Abtheilung. Mit Abbildungen im Texte. Die zweite Abtheilung erscheint im Laufe des Winters 1891/92. Preis des vollständigen Werkes 10 Mark. TT Ort "W-! CT Dr. Richard, Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen Xlt;ilWlg? Museums an der Universität München, Der Organismus der Eadiolarien. Mit 10 lithographischen Tafeln. 1879. Preis: 25 Mark.i Die Actinien der Challengerexpedition. Mit u nthogr. Tafein. 1882! gr. 4U. Preis: 20 Mark. tj j- • Oscar und Richard, Der Organismus der Medusen und nerLVVlg, sejne Stellung zur Keimblättertheorie. Mit 3 lithogra- phischen Tafeln. 1878. Preis: 12 Mark. LEHRBUCH DER VERGLEICHENDEN j ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DER WIRBELLOSEN THIERE VON Dk E. KOKSCHELT und De. K. HEIDER, PR1VATDOCENTEN AN DER KGL. UNIVERSITÄT ZU BERLIN. SPECIELLER THEIL. ZWEITES HEFT. MIT 315 ABBILDUNGEN IM TEXT. --=*§*=— JENA. VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1892. XV. Capitel. CRUSTACEEN. Systematik: A. Entomostraca. f I. Branchiopoda[(fpu%B^nchV { tt m i l Pus> Esthena). [IL C 1 a d o e e r a. a. Phyllopoda j £ g — c b. Ostracoda c. Cirripedia, d. Copepodaj L Encopepoda(J l II. Branchiu r a (Arg B. Malacostraca. Gnathostomata. Parasita. (Argulus). a. Leptostraca (Nebalia). I. S C b i Z 0 p 0 d a (Euphausia, Mysis). 1. Macrura. IL Decapoda b. Thoracostraca (Podophthalmata) 2. Anomura. 3. Brachyura. [I. Stomatopoda. IV. Cumacea. I. Anisopoda (Tanais, Apseudes). % Arthrostrac a n j Ad hdnophthalmata TTT . L , . III. A m p h i p o d a. I. Embryonalentwicklung. 1. Eiablage, Brutpflege. Die Eier der Crustaceen weisen meist vollständige Kugelform auf; nur in einzelnen Fällen sind sie etwas mehr ellipsoidisch gestaltet (Oniscus, Gammarus, Ligia, Palaemon, Atyephyra, Crangon etc.). In jenen Fällen, wo die Eier in einem Brutraum eine gedrängte Lagerung einnehmen (z. B. bei den Arthrostraken) , kann die Gestalt der Eier in den ersten Stadien durch den gegenseitigen Druck wohl auch eine etwas unregelmässigere werden. Es wurde bei verschiedenen Crustaceen beobachtet, dass der Ablage der Eier eine Häutung des Mutterthieres vorhergeht, z. B. bei einigen Cladoceren vor Ablage der Sommereier (Jueine, Geobben), bei Gammarus (Della Valle), bei Atyephyra (Ischikawa). Korsch elt- Heider, Lehrbuch. 21 310 x^- Capitel. Sehr mannigfaltig sind die Einrichtungen zum Schutze der Eier. Nur selten werden nämlich die Eier einzeln (Cypris, ferner Cetochilus, Dias, Centropages unter den Copepoden), oder in Streifen (Argulus) sowie zu Klum- pen vereinigt (Stomatopoden) abgelegt. Die Wintereier der Cladoceren werden entweder bloss von den eigentlichen Eihüllen oder ausserdem von einer cuticularen, sattelförmigen Bildung, dem sog. Ephippium (cuticulare Verdickung der Rückenhaut des Mutterindividuums), umschlossen abgesetzt. Die Sommereier dagegen entwickeln sich hier in einem von der Schale der Mutter umhüllten Brutraum ; in einem ähnlichen Matricalraum durchlaufen die Eier der Notodelphyiden (Copepoden) ihre Entwicklung. Bei den Branchio- poden finden sich mannigfache Einrichtungen zum Schutze der Eier, welche bis zur Erreichung eines gewissen Stadiums von der Mutter umhergetragen werden. So finden wir bei Apus aus klappenförmigen Anhängen des 11. Bein- paares gebildete Eierbehälter, bei Branchipus einen taschenförmigen Brutraum im Abdomen, während bei Estheria die Eier zwischen den Schalen der Mut- ter an fadenförmigen Anhängen getragen werden. Erst nach vollendeter Blastodermbihlung und Entwicklung der äusseren Keimschale werden die Eier in den Schlamm abgelegt. Während bei den Ostracoden die Eier im Allgemeinen einzeln abgelegt werden (Cypriden), werden sie bei den Cypridinen im Schalenraume der Mutter bis zum Ausschlüpfen der Jungen aufbewahrt; ähnlich verhält sich die Sache bei den Leptostraken (Ne- balia) und den Cirripedien. Bei letzteren sammeln sich die Eier in lamellösen Schläuchen (Lepaden) oder verästelten Eiersäcken (Rhizocephalen) an. Bei den Copepoden werden die Eier mit Ausnahme der erwähnten Fälle (Cetochilus, Notodelphyiden) in Eiersäcken getragen, welche aus dem Secret einer eigenen Kittdrüse gebildet werden und am Genitalsegment be- festigt sind. Bei den Arthrostraken, Cumaceen und Mysideen liegen die Eier in einem an der Ventralseite des Thorax befindlichen Brut- raum, welcher durch lamellöse Anhänge des Coxalgliedes der entsprechenden Thoraxbeine nach Aussen abgeschlossen wird. Bei den Decapoden hin- gegen werden die Eier meist mittelst des Secretes besonderer Kittdrüsen an die Extremitäten der Abdominalsegmente (Pleopoden) angeheftet. 2. Furchung und Blastoderinbildung. Das Ei der Crustaceen zeichnet sich im Allgemeinen durch seinen beträchtlichen Gehalt an Nahnmgsdotter aus. Letzterer besteht aus rundlichen Kügelchen und dazwischen gelegenen Fetttröpfchen. In den meisten Fällen zeigt sich der Nahrungsdotter gleichmässig im Eie ver- theilt; doch dürften im Allgemeinen die Dotterkügelchen an der Ober- fläche des Eies ein geringeres Volumen besitzen. Nur in einzelnen Fällen kommt es hier bei Eiern mit geringerem Nahrungsdottergehalt zur Ausbildung einer oberflächlichen Schicht von Protoplasma (Bildungsdotter), z. B. bei den Eiern vieler Cladoceren und Cetochilus. In den meisten Fällen dagegen ist der Bildimgsdotter zum Theil gleichmässig zwischen den Nahrungsdotterpartikelchen vertheilt, zum Theil in der Nähe des ersten Furchungskernes angehäuft. Nur in seltenen Fällen, wie bei Moina, lässt sich an der ungleichmässigen Vertheilung des Nahrungsdotters die polare Differenzirung des Eies erkennen, indem der vegetativen Eihälfte eine grössere Dotteransammlung zukommt. Hier findet sich auch der erste Furchungskern (wie auch bei Cetochilus) nicht völlig im Centrum des Eies, sondern excentrisch, etwas näher dem animalen Pole. Der erste Furchungskern liegt sammt einer ihn um- Crustaceen. 311 gebenden Plasmaansammlung meist im Inneren des Eies, in der Nähe des Mittelpunktes desselben; auch bei jenen Formen, denen eine discoi- dale Furchung zukommt (z. B. bei Mysis), weist er anfangs eine ähn- liche Lagerung im Inneren auf. Das Ei der Crustaceen ist meist nach Ausstossung der Richtungs- körperchen und erfolgter Befruchtung zunächst nur von einer homo- genen, cuticularen Hülle umgeben, welche wahrscheinlich von dem Eie selbst abgeschieden wird und demnach als Dotterhaut bezeichnet werden muss. Es ist noch nicht allgemein anerkannt, dass die Deutung dieser Membran als Do tt er haut die richtige ist. Die Bildung derselben geht entweder in den unteren Abschnitten des Eileiters, oder erst nach erfolgter Eiablage (und der gleichzeitig eintretenden Befruchtung) vor sich. Schon Claus hat die- selbe vom Eie aus als Abscheidung oder Erhärtung der Randschicht des Dotters entstehen lassen und dieselbe demnach als Dottermembran in An- spruch genommen, während E. tax Beneden (No. 1) ihre Entstehung von den Zellen des Follikels oder des Eileiterepithels (in jenen Fällen, in denen kein Follikel zur Ausbildung kommt) für wahrscheinlich hielt und demnach diese Membran als Chorion bezeichnete. Letztere Bezeichnung wurde von vielen neueren Autoren festgehalten. H. Blanc (No. 35) hat für diese Auf- fassung angeführt, dass bei Cuma die fragliche Membran den Follikelzellen inniger adhärirt, als der Eioberfläche. Für die Deutung dieser Membran als Dotterhäutchen, der sich auch Ludwig anschloss, sprechen vor Allem die Be- obachtungen von Ceaus, welcher an Chondracanthus gleichzeitig mit dem Auf- treten dieser Membran eine Verkleinerung des Eivolumens durch Messung nachweisen konnte und die Beobachtungen Gkobben's an Cetochilus (No. 21), bei welcher Form diese Membran erst nach der Eiablage unter Auftreten einer ähnlichen Contraction des Eies gebildet wird. Diese Beobachtungen stehen in Uebereinstimmung mit denen Weismanns, welcher für verschiedene Cladoceren den Uebertritt des nackten Eies in den Brutraum und die erst später erfolgende Bildung der Dotterhaut beobachtete. Neuerdings hat Delea Vaele (No. 76) für Gammarus nachgewiesen, dass auch hier die Eier ohne Hülle in den Brutraum entleert werden und erst nach erfolgter Befruchtung die Dotterhaut ausscheiden. Vielfach kommen zu dieser Hülle noch äussere secundäre Eihüllen hinzu, welche als Secrete besonderer Drüsen gebildet werden. Hieher sind zu rechnen die äussere harte Schale der Dauereier der Phyllo- poden (pag. 313, Fig. 227 r?), die Eiersäckchen der Copepoden und Cirripedien und die gestielte, das Ei nicht immer vollständig um- schliessende Anheftungsmembran der Decapoden. Die Furchmig' der Crustaceen weist bei den einzelnen Formen viel- fache Verschiedenheiten auf. Die mannigfaltigen Furchungstypen sind hiebei nicht auf die einzelnen Unterabtheilungen der Crustaceengruppe regelmässig vertheilt, sondern es zeigen sich oft verschiedene Furchungs- arten bei nächstverwandten Formen. Ein Beispiel hiefür liefert die Gattung Gammarus, innerhalb welcher die einzelnen Species hinsicht- lich der Furchung gewisse Unterschiede aufweisen, welche allerdings nach den Mittheilungen von Della Valle (No. 76) nicht so bedeutend sind, als man nach den älteren Beobachtungen von La Valette St. George (No. 77), sowie Van Beneden (No. 1) und Bessels (No. 2) anzunehmen berechtigt war. Aehnliche Beispiele Hessen sich aus der Gruppe der 21* 312 XV. Capitel. parasitischen Copepoden und der Cladoceren anführen. In letzterer Gruppe zeigt sich besonders deutlich, wie die Menge des vorhandenen Nahrungsdotters und die Möglichkeit einer anderweitigen Versorgung des Eies mit Nährmaterial von Einfluss auf den Furchungstypus ist. Bei manchen Formen weist hier das nahrungsdotterreiche Wintere! einen anderen Furchungstypus auf, als das dotterarme Sommerei, welchem während der ganzen Dauer seiner Embryonalentwicklung von Seiten der Mutter flüssige Nahrungssubstanzen durch den eiweissführenden Inhalt des Brutraums zugeführt werden (Weismann, Claus). Wir können bei den Crustaceen im Allgemeinen vier Furchungstypen *) unterscheiden: I. Typus. Eier mit reiner totaler und äqualer Furchung. Dieser Furchungstypus steht unter den Crustaceen ganz vereinzelt da. Er- findet sich aber an dem sehr dotterarmen Eie von Lucifer (Brooks Nr. 43, Fig. 226). Hier bildet sich nach einer äusserst regelmässig ab- laufenden Furchung eine aus wenigen Zellen bestehende Coeloblastula (Fig. 226 B) mit geräumiger , centraler Furchungshöhle , aus welchem Stadium eine ungemein ursprüngliche Invaginationsgastrula (Fig. 226 C) \ ! Fig. 226. Drei Entwicklungsstadien des Eies von Lucifer (nach Brooks). A achtteiliges Furchungsstadium, B Blastulastadium mit centraler Furchungshöhle, C Gastrulastadium, d dotterhaltige Theilstücke von der Zelle c stammend. hervorgeht. Alle Zellen erscheinen anfangs gleich gestaltet und in gleicher Weise mit Dotterkörnchen versehen. Zu Beginn des Invaginations- processes jedoch zeichnet sich eine am vegetativen Pol gelegene Zelle (Fig. 226 B c) durch ihren grösseren Dotterreichthum aus. Durch Thei- lung trennen sich von derselben zunächst zwei, dann vier Theilstücke ab, (Fig. 226 Cd), welche, aus dem Verband des Entoderms rückend, im Inneren der primären Leibeshöhle am Gipfel der Urdarmeinstülpung ge- legen sind. Die Bedeutung dieser Theilstücke ist noch unklar (vgl. unten pag. 330). II. Typus. Eier mit anfänglich totaler, in späteren Stadien superfizieller Furchung. Dieser Typus ist unter den Crustaceen vielfach verbreitet. Die Furchung beginnt hier mit einem totalen und in den meisten Fällen auch äqualen Zerklüftungsprocess (vgl. Fig. 227 B u. C). Das Ei zerfällt zunächst in 2, 4, 8, 16 gleich grosse Furchungskugeln, welche in ganz gleichmässiger Weise mit Dotterkügelchen erfüllt sind. Im Inneren dieser Furchungskugeln liegt ein Zellkern, der von einer l) Es muss erwähnt werden, dass J. Ndsbadm (No. 39) für die Crustaceen in ähnlicher Weise wie wir vier Furchungstypen unterscheidet. Doch stimmen die von ihm aufgestellten Typen I und II mit unseren nicht überein. Crustaceen. 313 sternförmigen, zahlreiche Ausläufer entsendenden Protoplasmamasse um- geben ist. Je weiter die Furchung fortschreitet, um so mehr nähern sich diese einzelnen Furchunoskerne der Oberfläche des Eies. In Folge dessen verlieren dieselben die Fähigkeit, die nach dem Inneren sich erstreckenden Theile der prismatischen Furchungszellen zu beherrschen. Es resultirt hieraus ein Stadium, an welchem wir an der Oberfläche durch Furchen getrennte Zellregionen erkennen, während im Inneren des Eies die Zell- antheile untereinander verschmolzen sind (Fig. 227 D). Die Furch ung ist eine super ficielle geworden. Gleichzeitig vollzieht sich eine immer schärfere Sonderung des Bildungsdotters vom Nahrungsdotter. Die R v B pm 5K- • ( -Ö ■ /■ ■-' , '^ "__ Fig. 227. Furchung von Branchipus (nach A. Brauer). A Befruchtung, B und C jüngere Stadien mit totaler Furchung, I) älteres Stadium mit superficieller Furchung, c Dotterhäutchen, d secundäre Eischale, / Furchungshöhle, pf weiblicher Pronucleus, pm männlicher Pronucleus, r Eichtungskörperchen. Zellen an der Oberfläche enthalten schliesslich bloss mehr Bildungsdotter und grenzen sich durch eine deutliche Linie gegen den Nahrungsdotter ab. Wir erhalten so zum Schlüsse ein Blastulastadium (Fig. 228 D), welches aus einer an der Oberfläche gelegenen, gleichmässigen Zellenlage und einer inneren (nun anscheinend die Furchungshöhle erfüllenden *) Dotter- l) Streng genommen liegt der Nahrungsdotter nicht in der Furchungshöhle, sondern nimmt einen beträchtlich grösseren Raum ein, als die ursprüngliche Furchungs- höhle besass. Wir müssten daher eigentlich an dem Nahrungsdotter zwei Parthien unterscheiden: eine centrale, welche den Raum der ursprünglichen Furchungshöhle erfüllt, und eine periphere, welche den verschmolzenen proximalen Theilen der Bla- stomeren entspricht. Nur die distalen Hälften der Blastomeren sind in die Bildung des Blastoderms eingegangen. 314 XV. Capitel. masse besteht. An letzterer kann man meist keine deutliche Abgrenzung des den einzelnen Blastodermzellen zugehörigen Antheils mehr erkennen. Doch finden sich Andeutungen dieser Abgrenzung erhalten durch radiäre Furchen, die sich besonders deutlich bei dem dem folgenden Furchungs- typus zugehörigen Ei von Astacus (Fig. 232, pag. 318) vorfinden, wo die centrale Dottermasse in die sog. primären oder Rathke'schen Dotterpyramiden (später von Lereboullet (No. 58) und Bobretzky (No. 41) beobachtet) und einen rundlichen Centralkörper (Reichenbach No. 64, 65) zerfällt. Die Dotterpyramiden stellen hier die Dotterantheile der einzelnen Blastomeren dar, während der Centralkörper ungefurchte Dottermasse repräsentirt , welche die eigentliche Furchungshöhle erfüllt. Aehnliche Dotterpyramiden wurden von Bobretzky bei Palaemon beob- achtet, wo sie jedoch im Centrum des Eies untereinander verschmolzen erscheinen. In gleicher Weise verhalten sich Alpheus, Palaemonetes und Hippa (nach Herrick). Es wurde beobachtet, dass in einzelnen Fällen nicht sämmtliche Furchungs- kerne an die Oberfläche rücken, um das Blastoderm zu bilden, sondern dass einzelne in der centralen Dottermasse zurückbleiben können (Atyephyra Ischikawa; Crangon Kixgsley No. 53). Die Bedeutung dieser Zellen ist noch nicht ganz klar. Kixgsley glaubt, dass wir es mit Nachzüglern zu tbun haben, welche sich beim Process der Blastodermbildung verspätet haben. Möglicherweise sind sie jedoch als frühzeitig auftretende Vitellophagen (vgl. unten pag. 336) zu betrachten. Eine sehr ursprüngliche Furchungsart, welche diesem oben beschriebenen Typus einzureihen ist , finden wir nach den noch nicht veröffentlichten Be- obachtungen von A. Brauer bei Branchipus (Fig. 227). Diese Form zeichnet sich dadurch aus, dass der totale Furchungstypus lange Zeit verfolgt wird und erst in späten Stadien dem superficiellen den Platz einräumt *), und dass es zum frühzeitigen Auftreten eines sich allmählich vergrössernden Blastocoels (f) kommt. Letzteres ist bei Crustaceeneiern des vorliegenden Furchungstypus in der Regel nicht zu beobachten. Die prismatischen oder pyramidalen Blastomeren stossen meist im Centrum aneinander. Bei genauerem Studium dotterreicher Crustaceeneier , welche diesem Furchungstypus zugehören . kann man bemerken , dass die Blastomeren oft schon in den ersten Stadien kaum mehr im Stande sind, die ihnen zukom- mende Nahrungsdottermasse beisammen zu halten und ein Zusammenfliessen mit benachbarten Blastomeren zu vermeiden. In einzelnen Fällen kann man ein förmliches Ringen der Blastomeren nach dieser Dotterbeherrschung con- statiren. So fand Ischikawa (No. 51) für Atyephyra, dass nach der Zwei- theilung die beiden Blastomeren wieder vollständig zu einer einzigen ellipsoidischen Masse zusammenfliessen. Ebenso wird die Viertheilung durch eine Sonderung der vier Blastomeren eingeleitet, welche jedoch bald ihre Selbstständigkeit aufgeben, um mit einander völlig zu verschmelzen. Erst in späteren Stadien bleiben die Blastomeren selbstständig. In das Bereich dieser Störungen scheint auch der eigentümliche Furchungstypus zu fallen, welchen Paul Mayer (No. 59) bei Eupagurus Prideauxii beobachtet hat (Fig. 228). Hier theilt sich zunächst der erste Furchungskern in zwei, vier und acht J) Nach neueren, inzwischen fortgeführten Untersuchungen von Db. Brauer scheinen sich die Verhältnisse bei Branchipus insoferne etwas anders zu gestalten, als das letzte, als superficielle Furchung gedeutete Stadium (Fig. 227 D) bereits in das Stadium der Keimblätterbildung getreten ist und die Furchungshöhle durch das Ein- wandern von Entodermzellen erfüllt wird. Crustaceen. 315 c D Kerne, ohne dass es zu einer Trennung der einzelnen Blastomeren kommt; erst dann tritt eine anfangs totale Durchfurchung des Eies auf. Vom 16- zelligen Stadium an folgt das Ei dann schon dem superficiellen Typus. Ausser den angeführten For- men (Branchipus, Atyephyra, Eu- A B pagurus) gehören noch folgende Crustaceeneier diesem Furchungs- typus zu: 1) die Sommer eier mancher Cladoceren (Polyphe- mus und Bythotrephes nach Weis- mann und Ischikawa (No. 6), letz- tere Form mit Blastocoel). 2) Die Eier der Ostracoden (Cypris reptans nach Weismann und Ischikawa No. 6). 3) Die Eier der freilebenden Copepoden (nach Claus No. 18, 19; Hoek No. 22, Cetochilus nach Grobben No. 21, Cetochilus und Harpacti- cus nach Van Beneden und Bessels No. 2). 4) Chondracan- thus unter den parasitischen Cope- poden (nach Van Beneden und Bessels). 5) Die meisten Amphi- poden (nach den Beobachtungen von Ul janin (No. 75), Pereyas- lawzewa und Rossi.iskaya (No. 70 bis 73). Für die einzelnen Gammarusarten obachtungen von La Valette St. George Bessels (No. 1 u. 2) eine beträchtliche kennen zu können, indem Gammarus locusta sich nach dem vorliegenden Typus furchen sollte, wäh- rend die Süsswasserarten (G. pulex und fluviatilis) unserem dritten Typus angehören sollten. Doch hat Della Valle (No. 76) in Bestätigung älterer Be- obachtungen Leydig's nachgewiesen , dass auch bei letzteren die Furchung in den ersten Stadien eine totale ist, so dass wir sämmtliche Gammarus- arten dem in Rede stehen- den Furchungstypus zu- rechnen müssen. 6) Viel- leicht sind noch mehrere Decapoden hieherzurechnen, so ausser Eupagurus und Atyephyra möglicherweise auch Palaemon (nach Bobretzky No. 41) und Palaemon et es (nach W. Faxon No. 46). Fig. 228. Vier Furchungsstadien von Eupagurus Prideauxii (nach P. Mayer, aus Balfour's Handbuch). bl das fertig ausgebildete Blastoderm. glaubte man nach den Be- (No. 77), Van Beneden und Differenz der Furchungsart er- Fig. 229. Drei aufeinander folgende Furchungs- stadieii von Baianus (nach Lang). A Stadium der Zweitheilung, B die obere Zelle a hat sich in zwei getheilt, C dieselbe hat sich in vier Zellen getheilt. 316 XV. Capitel. Diesem Furchungstypus schliessen sich vielleicht auch die Cirripedien an, deren erste Entwicklungsstadien ziemlich eigenartig abzulaufen scheinen. Bei Baianus (Lang No. 28, Hoek No. 27, Nassonow No. 13 u. 29, Nuss- baüm No. 30, 31) scheint die Furchung anfangs eine totale, aber etwas inäquale zu sein (Fig. 229), so dass wir den seltenen Fall einer inäqualen Furchung bei Crustaceen vorliegen hätten. Das längliche Ei weist einen ab- gerundeten und einen spitzen Pol auf. Durch die erste Furche, welche quer oder etwas schräg verläuft, zerfällt das Ei in zwei ungleiche Furchungskugeln. von denen die vordere, ausschliesslich aus Bildungsdotter bestehende (a) das spätere Ectoderm liefert, während die dem spitzen Pol genäberte, nahrungs- dotterreiche Kugel (6) die Elemente des Mesoderms und Entoderms erzeugt. Zunächst theilt sich nun die Ectodermkugel und liefert eine kappenförmige Zellansammlung (Fig. 229 B, C), welche allmählich die nahrungsdotterreiche Kugel umwächst (pag. 329 Fig. 236 A). Dieses Umwachsen wurde als epi- bolische Gastrulation gedeutet (Lang). Es muss aber noch fraglich sein, ob wir mit dieser Deutung das Richtige treffen. Nach Abbildungen Nassonow' s (No. 13) scheint es, dass zum Schluss der Blastodermbildung auch aus der centralen Nahrungsdotterkugel die zelligen Elemente ausgeschieden werden und sich mehr oberflächlich in der Umgebung des von der Umwachsung zu- letzt betroffenen Punktes (Blastoporus Lang, Nassonow) anhäufen. Wir hätten dann vielleicht doch nur einen modificirten Vorgang, welcher auf eine anfangs totale , später superfizielle Furchung zurückzuführen wäre. Das Gastrulastadium wäre erst später bei dem Auftreten einer kleinen Einsenkung der Oberfläche (pag. 329 Fig. 236 B, bl) an dem erwähnten Punkte und einer gleichzeitigen Einwanderung der Entodermzellen (m) in die Nahrungsdotter- masse zu suchen. Diese Art der Blastodermbildung würde sich jenen Fällen von superficieller Furchung anschliessen, bei der das Blastoderm ursprünglich nur als Scheibe auftritt. Es würde sich von dieser aber dadurch unterscheiden, dass der Punkt, an welchem diese Scheibe auftritt, hier dem späteren Blasto- porus gegenüberliegt, während er in den übrigen Fällen mit demselben zusammenfällt. (Vgl. pag. 319.) Etwas anders verläuft die Furchung bei Sacculina (Van Beneden No. 25, Kossmann). Hier vollzieht sich die Trennung des Biblungsdotter- und Nahrungsdotterantheils erst im -Izelligen Stadium , welches durch totale und regelmässige Furchung erreicht wurde. Wir haben dann vier aus Bildungs- dotter bestehende Micromeren und vier nahrungsdotterreiche Macromeren. Während die Micromeren durch Theilung sich vermehren und als Blastoderm- schicht die Oberfläche des Eies umwachsen, tritt eine Fusion der Macromeren zu einer einheitlichen centralen Nahrungsdottermasse ein. Die von Koss- mann beobachtete Dotterfurchung scheint auch hier ein den späteren Stadien zukommender, seeundärer Vorgang zu sein. Da die Furchung von Sacculina sich an unseren unten (pag. 319) unterschiedenen Typus IIb anzuschliessen scheint, so wird hiedurch die oben gewählte Auffassung der Furchung von Baianus gestützt. III. Typus. Eier mit rein superficieller Furchung. Hier fehlt dem Bildungsdotter von allem Anfange an die Fähigkeit zur Beherrschung der Nahrungsdottermasse. Der im Centrum des Eies gelegene erste Furchungs- kern (Fig. 230 Ä) theilt sich in regelmässiger Weise in 2, 4, 8 etc. Furchungskerne (Fig. 2301?— D, Fig. 231^4), welche von strahligen Proto- plasmaanhäufungen umgeben sind. Es kommt aber nicht zur Abgrenzung der einzelnen Zellterritorien durch das Auftreten durchschneidender Furchen. In einzelnen Fällen sind jedoch diese Furchen als Einkerbungen Crustaceen. 317 der Eioberfläche (Fig. 230 E) schon in frühen Stadien angedeutet. Je mehr die Furchungskerne an Zahl zunehmen, um so mehr rücken sie nach der Oberfläche (Fig. 230 D u. 331 B), und schliesslich bildet sich Fig. 230. Schematische Darstellung der Furchung von Callianassa sub- terranea (nach Mereschkowski). In den Stadien F — H ist der Nahrungsdotter auf den centralen Antheil des Eies beschränkt. hier ein gleichförmiges Blastoderm auf dieselbe Weise, wie wir dies für den IL Typus geschildert haben (Fig. 230 F—H). Man hat vielfach die hier im Inneren des Eies sich vollziehende Thei- lung der Furchungskerne und das Auseinanderrücken der dieselben umgeben- den sternförmigen Plasmainseln als Furchung bezeichnet. Ja, man hat diese B /■■ Fig. 231. Zwei Furchungsstadien des Astaeus-Eies (nach Mokin). A jüngeres Stadium mit spärlichen Furchungskernen im Inneren, B älteres Stadium mit oberflächlicher Vertheilung der Furchungskerne und dementsprechend welliger Oberfläche. Plasmainseln selbst als Furchungszellen benannt, welche dann in einen gewissen Gegensatz zur Nahrungsdottermasse gestellt erscheinen. Insoferne wir aber dem gesammten Eie den Werth einer Zelle zuerkennen und die bei der totalen Furchung aus demselben hervorgehenden 2, 4, 8 etc. geson- derten Furchungskugeln als Zellen betrachten, kann es nicht zweifelhaft sein, 318 XV. Capitel. dass wir diese als „Furchungszellen" bezeichneten Plasmainseln nicht als voll- werthige Blastomeren anerkennen dürfen. Sie repräsentiren nur die Centreu von Blastomeren, deren Territorien wegen des Ausfalls der Furchung nicht abgegrenzt sind. Das Ei steht in den ersten Stadien der superficiellen Furchung auf der Stufe einer mehrkernigen Zelle. Diese Anschauung wird gestützt durch die mehrfach beobachtete Thatsache, dass die sogenannten n Furchungszellen*' durch ein Reticulum feiner Plasmaausläufer unter einander in Verbindung stehen. Wenn wir nun unter Furchung hier wie überall den Act der Abgrenzung gesonderter Zellterritorien verstehen, so ergiebt sich, dass der Ausdruck superficiale Furchung für den vorliegenden Typus ein zutreffender ist, da die Furchung sich thatsächlich hier bloss auf die oberflächlichen Parthien des Eies erstreckt. Ä B Fig. 232. Spätere Furchungsstadien des Astacuseies (nach Reichenbach, aus Hatschek's Lehrbuch). A Durchschnitt eines Furchungsstadiums. Das Protoplasma hat sich an der Oberfläche angesammelt. Der Nahrungsdotter ist in einzelne Dotterpyramiden getheilt. Im Inneren der Centralkörper. B späteres Stadium, die Blastodermzellschicht (1) hat sich von den Dotterpyramiden (2) gesondert, Dieser Furchungstypus ist gleichfalls bei den Crustaceen sehr verbreitet. Wir finden ihn: 1) bei den Sommereiern vieler Cladoceren (Moina, Daphnia, Sida, Leptodora, Daphnella nach Weismann und Ischikawa No. 6) und bei sämmtlichen Wintereiern (Moina, Daphnia, Sida, ßythotrephes, Polyphemus, Leptodora nach Weismann und Ischikawa No. 16). Es giebt hienach unter den Cladoceren eine Reihe von Formen (ßythotrephes, Poly- phemus), deren Soramereier sich nach dem II. Typus furchen, während die Wintereier den III. Typus einhalten. 2) bei mehreren Isopoden: Asel- lus1) nach Van Beneden (No. 79), Porcellio nach Reinhard (No. 91) und Roüle (No. 92). Vielleicht ist dieser Furchungstypus unter Isopoden-Eiern verbreiteter, als man bisher angenommen. 3) bei Penaeus (nach Haeckel *) Nach neueren, nicht ganz klaren Mittheilungen von Roule (No. 92) möchte es scheinen, als wenn die Furchung von Asellus anfangs eine totale und erst später eine superficielle wäre. Dagegen hebt Van Beneden (No. 79) ausdrücklich hervor, dass anfangs bloss eine Vermehrung der Kerne im Inneren des Dotters vor sich geht, dass diese Kerne sich später an der Oberfläche des Eies verbreiten, und dass daselbst eine Abgrenzung der einzelnen Zellterritorien stattfindet, während im Inneren eine un- gefurchte Dottermasse zurückbleibt. Es kann demnach nicht zweifelhaft sein, dass Asellus unserem III. Typus angehört. Crustaceen. 3] 9 No. 47), Callianassa subterranea (nach Mereschkowski No. 60), Astacus (nach Morin No. 61), Homarus nach Herrick (No. 50a). Es ist von grosser Wichtigkeit, bei der als Abschluss der super- ficiellen Furchung erfolgenden Blastodermbildung zwei Unterarten scharf auseinanderzuhalten, welche im Folgenden mit a und b bezeichnet werden sollen: a) Mit allseitig gleichzeitig erfolgender B 1 a s 1 0 d e r m - b i 1 d 11 n g. Die Entwicklung des Blastoderms geht an der ganzen Ober- fläche des Eies gleichzeitig vor sich, z. B. bei Astacus, Branchipus, den freilebenden Copepoden. b) Mit vorzeitiger Entwicklung des Blastoderms an der Ventralseite des Eies. Die Blastodermbildung beginnt an einem Punkte der Eioberfläche und schreitet von hier aus allmählich vor. Dabei entspricht der Beginn der Blastodermbildung stets der späteren Ventralseite des Eies und bei den Decapoden dem hintersten Ende der Ventralseite oder jener Stelle, an welcher später die Gastrulaeinstülpung auftritt. Dies ist für Palaemon und Eriphia beobachtet, wo die Blasto- dermbildung im ganzen Umkreise des Eies erst vollendet wird und an der Dorsalseite zum Abschlüsse kommt, wenn an der Ventralseite schon die Embryonalanlage zu erkennen ist. Da die erwähnten Modificationen der Blastodermbildung sowohl bei un- serem Typus II, als auch bei Typus III sich vorfinden, so ergeben sich hier- aus vier Untertypen (IIa, IIb, lila, III b) der Furchung, welche im Einzelnen besprochen zu werden verdienen. Typus IIa. Mit anfangs totaler, später superficieller Furchung und allseitig gleichzeitig erfolgender Blastodermbildung; Branchipus, freilebende Copepoden, Sommereier von Polyphemus und Bythotrephes, Eupagurus. Typus IIb. Mit anfangs totaler, später superficieller Furchung und vorzeitiger Entwicklung des Blastoderms an der Ventralseite. Dieser Furchungs- typus ist unter den Amphipoden ungemein verbreitet. Da bei diesem Typus die Zellen an der späteren Ventralseite sich rascher theilen und daselbst frühzeitig eine Abtrennung der Blastodermzellen von dem Nahrungsdotteran- theil eintritt, so ergiebt sich ein beträchtlicher Grössenunterschied zwischen den Zellen der Ventralseite und den noch grossen, dotterreichen der späteren Dorsalseite. Man sieht, dass dieser Furchungstypus, für den die verschiede- nen Amphipoden (vor Allem Gammarus locusta nach van Beneden und Bessels No. 2) ein Beispiel liefern , in seinen ersten Stadien sehr an die totale inäquale Furchung erinnert. Aber es ergiebt sich ein wesentlicher Unterschied in dem Umstände, dass hier der Pol der kleinen Zellen der ve- getativen Eihälfte angehört, jenem Theil der Oberfläche, an welchem sich später die Entodermbildung geltend macht, während die grösseren Zellen mehr der animalen Sphäre (der späteren Dorsalseite) angehören. Allerdings scheinen die beiden hier verglichenen Axen (animal — vegetativ und klein- zellig — grosszellig) nicht zusammenzufallen, sondern sich schräg zu kreuzen (vgl. unten pag. 343). Typus III a. Mit rein superficieller Furchung und allseitig gleichzeitig erfolgender Blastodermbildung. Viele Decapoden (Penaeus, Astacus, Callia- nassa), sämmtliche Wintereier und viele Sommereier der Cladoceren. Typus III b. Mit rein superficieller Furchung und vorzeitiger Ent- wicklung des Blastoderms an der Ventralseite des Eies. Hier treten von den zahlreichen im Inneren des Dotters befindlichen Elementen zunächst einige an 320 xv- Capitel. eine bestimmte Stelle der Oberfläche des Eies, um sich daselbst zu Blasto- dermzellen umzugestalten. Es entsteht so eine kleine Blastodermscheibe, welche der Lage nach der späteren Ventralseite entspricht und sich allmäh- lich vergrössert, indem an ihrer Peripherie immer neue Elemente aus dem Inneren des Dotters auftauchen und sich zu Blastodermzellen umgestalten. Es ergiebt sich hieraus, dass dieser Fall grosse Aehnlichkeit mit der gleich zu besprechenden discoidalen Furchung haben muss. Der Unterschied zwischen beiden Typen besteht darin, dass in dem einen Falle (III b) das Anwachsen der Blastodermscheibe auf einem Hinzutreten neuer aus dem Inneren kom- mender Elemente beruht, während bei der echten discoidalen Furchung (IV) die Vergrösserung derselben ausschliesslich durch Theilung der bereits in der Blastodermscheibe vorhandenen Elemente sich vollzieht. Da bisher in vielen Fällen, in welchen man das Vorkommen einer discoidalen Furchung bei Crustaceen behauptet hat, die Beobachtung nicht unter systematischer An- wendung der Schnittmethode ausgeführt wurde, so liegt die Vermuthung nahe, dass man häufig die discoidale Furchung und den vorliegenden Furchungs- typus verwechselt hat. So ist es uns wahrscheinlich, dass die meisten para- sitischen Copepoden, denen Vax Beneden und Bessels (No. 2) eine discoidale Furchung zuschreiben , thatsächlich sich nach dem Typus III b entwickeln. Das Gleiche ist möglicherweise bei den Isopoden (Oniscus, Ligia x), für welche von Bobeetzky (No. 80) und Van Beneden (No. 1) die discoidale Furchung behauptet worden war) der Fall. Ja, es ist gerechtfertigt, die Frage aufzu- werfen, ob echte discoidale Furchung bei den Crustaceen überhaupt vorkommt, oder ob bei genauerer Untersuchung der IV. Furchungstypus in den Typus III b vollkommen aufgehen dürfte. Auch unter den Decapoden folgen einige diesem letzteren Typus, so Homarus, Eriphia und vielleicht auch Palaemon. Letztere Gattung ist möglicherweise mit Rücksicht auf die in den ersten Stadien totale (?) Furchung ebenso wie Atyephyra unserem Typus IIb zu- zurechnen. IV. Typns. Eier mit discoidaler Furchung. Bei den bisher be- trachteten Furchungstypen laufen zwei Processe gleichzeitig nebeneinander her: 1) die Vermehrung der Elemente, 2) die Loslösung der Blastomeren vom Nahrungsdotter (Trennung des plastischen vom nutritiven Antheil des Eies). In dem bei Typus II und III zum Schlüsse resultirenden Blastulastadium finden wir dann eine oberflächliche, aus zahlreichen Zellen gebildete Epithel Schicht und im Inneren eine Nahrungsdottermasse, in der sich in der Regel keine Zellkerne oder sonstige plastische Antheile mehr vorfinden. Denken wir uns nun jene Trennung der Blastomeren vom Nahrungsdotter in die frühesten Furchungsstadien verlegt, so ge- langen wir zu einer Erklärung für die discoidale Furchung, wie dieselbe fi'u Mysis (Van Beneden No. 37, Nusbaum No. 38, 39) und Ciima (Blanc No. 35) sowie einige andere Formen beobachtet worden ist. Hier löst sich schon die erste Furchungszelle vollständig vom Nahrungsdotter ab , an dessen Oberfläche sie sich lagert. Der Nahrungsdotter enthält von nun an keine Furchungskerne mehr. Die Bildung des Blastoderms geht von der oberflächlich gelagerten Furchungszelle aus, welche sich theilt (Fig. 233 A) und so eine Kappe von Blastomeren (Fig. 233 5) liefert, die durch fortgesetzte Theilung sich vermehren und allmählich die ganze Oberfläche der Nahrungsdotterkugel umwachsen. Es entspricht x) Auch neuerdings' wurde noch von Nusbaum für Ligia das Vorhandensein discoidaler Furchung behauptet (No. 85 a). Crustaceen. 321 hiebei der Ausg Gastrulabildung das Blastoderni jener ventralen das Blastoderm hieselbst höher angspunkt der Blastodermbildung der Stelle der späteren (hinteres Ende der Ventralseite des Embryos), während an der Dorsalseite zuletzt vollständig wird. Entsprechend Stelle, von welcher die Blastodermbildung ausging, zeigt von Anfang an eine dichtere Lagerung der Zellen, welche sind und eine rundliche Verdickung (Keimscheibe) bilden. J Das Vorkommen des IV. Furchungstypus ist, ausser für Mysis und Cuma, noch für mehrere Isopoden (Oniscus nach Bobretzky No. 80, Ligia nach Van Beneden No. 1) behauptet worden. Ausserdem sollte er sich bei zahlreichen parasitischen Copepoden (Anchorella, Caligus, Clavella, Lernaea, Lernaeopoda, Brachiella etc.) finden (Van Beneden und Bessels No. 2). Es muss jedoch als wahrschein- lich bezeichnet werden, dass die Mehrzahl der hieher gerechneten Fälle in "Wirklich- keit dem Typus III b zuzurechnen ist. Mit der letzteren Annahme würden die Be- obachtungen von Buczynski (No. 37 a) in Uebereinstimmung stehen, welcher — wie aus den Tafeln seiner russisch geschriebenen Arbeit zu ersehen ist, bei Parapodopsis c o r n u t a eine einfache superficielle Furchung beobachtet hat. Wenn wir an der Aufstel- lung des Typus der discoidalen Furchung für Crustaceen bislang noch festhalten, so geschieht dies nur mit Rücksicht auf die neueren Mittheilungen Nusbaum's , nach Fig. 233. Zwei Furchungs- stadien von Mysis (nach Van Beneden) als Beispiel der dis- coidalen Furchung. A an der Oberfläche des Dot- ters sind zwei Zellen erkennbar, B letztere sind durch Theilung ver- mehrt und bilden eine Kappe. dessen Schilderung bei Ligia oceanica thatsächlich ein mit dem oben für Mysis geschilderten übereinstimmender Furchungs- typus vorkommen soll (No. 85 a). Der hier entwickelte Typus der dis- coidalen Furchung weist einige oberfläch- liche Aehnlichkeit mit jener Art von dis- coidaler Furchung auf, welche sich in manchen Thiergruppen (z. B. Cepkalo- poden) aus der totalen, inäqualen Furchung herausgebildet hat. Bei genauerer Betrachtung ergiebt sich jedoch, dass hier ein eigenartiger Process vod discoidaler Keimentwicklung vorliegt, welcher sich offenbar im Be- reich der Crustaceen selbstständig aus dem superficiellen Furchungs- typus herausgebildet hat. Denn wo sich discoidale Furchung aus der totalen, inäqualen Furchung entwickelt hat, finden wir, dass der Bildungspol der Keim- scheibe dem animalen Pole, ihr allmählich sich ausbreitender Rand dem Blasto- porus und der Dotterpropf dem vegetativen Pole des Eies entspricht. Hier aber (bei der discoidalen Furchung der Crustaceen) liegen die Verhältnisse wesent- lich anders. Der Bildungspol der Keimscheibe entspricht der Ventralseite des Embryos und alle Beobachtungen deuten darauf hin, dass auch hier die Keim- blätterbildung, vor Allen der etwas verwischte Process der Gastrulation ein- geleitet wird. Die Umwachsung des Nahrungsdotters vollzieht sich hier von der Ventralseite gegen die Dorsalseite zu und diese Umwachsung hat hier offen- bar mit der Gastrulation Nichts zu thun, weil wir sonst zur Annahme ge- nöthigt wären, dass bei den Crustaceen mit discoidaler Furchung ein dorsal- wärts sich schliessender Blastoporus vorhanden wäre, was mit den Verhält- nissen bei den übrigen Crustaceen in Widerspruch stünde. 322 xy- Capitel. Wir werden durch die erwähnten Ueberlegungen dazu geführt, in der discoidalen Furchung der Crustaceen einen extremen Fall des oben unter III b beschriebenen Furchungstypus zu erblicken. Bei der discoidalen Furchung kommt die Blastodermbildung an dem entsprechenden Pole des Eies so früh- zeitig zur Durchführung, dass die Anlage des Blastoderms ursprünglich aus einer einzigen Blastodermzelle besteht, welche durch später successive er- folgende Theilungen aus sich das ganze Blastoderm hervorgehen lässt. Wenn wir die aus dem verschiedenen Organisationsplane der Wirbel- thiere sich ergebenden Differenzen berücksichtigen, so erscheint zwischen der discoidalen Furchung der Vertebraten und der Crustaceen ein gewisses Ver- gleichsmoment in dem Umstände gegeben, dass in beiden Fällen eine Ver- lagerung der Nahrungsdottermasse zur Seite der Hauptaxe stattfindet und den eigentümlichen Entvvicklungstypus bedingt. Bei den Vertebraten mit dis- coidaler Furchung eilt die Dorsalseite des Körpers in der Entwicklung voraus, während die Entwicklung der Ventralseite durch die Nahrungsdotteransamm- lung behindert isi. Der Blastoporus ist hier nach der Dorsalseite verlagert. Bei den Crustaceen mit discoidaler Furchung dagegen wird die ventrale Körperseite zuerst angelegt und der Blastoporus nimmt, entsprechend dem Organisationsplane dieser Gruppe, eine ventrale Lagerung ein. Hier ist die Dorsalseite des Körpers in ihrer Ausbildung durch die Nahrungsdotteran- sammlung beeinträchtigt. Bei vielen Crustaceen findet nach vollendeter Blastodermbildung an der Oberfläche der Blastodermzellen die Ausscheidung einer Cuticula statt. Wir bezeichnen diese Membran nach dem Vorgange von Van Beneden (No. 79) als B 1 a s t o d e r m h a u t (C u t i c u 1 a b 1 a s t o d e r m i c a). Ihr Auftreten ist wohl nur durch einen in frühe embryonale Perioden verlegten Häutungsprocess zu erklären. Aehnliche Membranen werden bei den Eiern der Araclmiden und des Limulus abgeschieden. Die Bildung einer Blastodermhaut ist vorzugsweise bei den Malacostraken beobachtet. Doch wurde sie auch bei den parasitischen Copepoden durch Van Beneden (No. 17) erkannt. In der Gruppe der Malacostraken scheint sie vielfach verbreitet. Wir finden sie hier beiNebalia (Van Be- neden No. 79), bei denCumaceen (H. Blanc No. 35), bei vielen Deca- poden (Lereboullet und Reichenbach No. 64, 65 für Astacus, P. Mayer für Eupagurus No. 59, Bobretzky No. 41 für Palaemon, Kingsley No. 53 und Van Beneden No. 79 für Crangon, Dohrn für Portunus) , bei den Amphipoden (Van Beneden und Bessels No. 2 für Gammarus locusta, Van Beneden No. 79 für Caprella, Uljanin No. 75 für Orchestia), endlich bei den Isopoden (Van Beneden für Asellus No. 79, Bobretzky No. 80 für Oniscus). Für Tanais wird sie von Dohrn erwähnt. Nach der Bildung dieser Blastodermhaut werden bei manchen Crusta- ceen in späteren Embryonalstadien noch weitere Häutungen durchgemacht. Es ist dies besonders bei abgekürzter Entwicklung der Fall, wo zahl- reiche Entwicklungsstadien in das Embryonalleben verlegt sind. Die bei diesen Häutungen gebildeten Cuticulae zeichnen sich meist durch den Extremitätenanlagen entsprechende Aussackungen aus. Man bezeichnet diese Membranen als Larvenhäute. Da in der Zeit des Auftretens aller dieser cuticularen Membranen ge- wisse Schwankungen erkennbar sind, ist es in den einzelnen Fällen oft schwierig, die eigentlichen Eihäute, die Blastodermhaut und später auftretende Crustaceen. 323 Larvenhäute klar auseinanderzuhalten, und die Homologie der betreffenden Cuticularbildung für jeden bestimmten Fall in exacter Weise festzustellen. Doch ist es zweifellos, dass die bei Ligia von F. Müller (No. 4) beobach- tete und bei den Arthrostraken sehr verbreitete Cuticula, ferner die bei Mysis und den Decapoden nach Vollendung des Naupliusstadiums sich entwickelnde Haut die Bedeutung von Larvenhäuten haben (vgl. Van Beneden No. 79). Bei den Decapoden kommt es vielfach noch zur Ent- wicklung einer zweiten, in späteren Stadien auftretenden Larvenhaut, von welcher die ausschlüpfenden Zoeen umhüllt erscheinen und welche von Conn als Cuticula des Protozoeastadiums in Anspruch genommen wurde. Bei den Anchorellen und Lernaeopoden (Van Beneden No. 17) macht der Embryo während seiner Entwicklung eine dreimalige Häutung durch: 1) bei der Bil- dung der Blastodcrmhaut , 2) bei der Ausbildung der Nauplius - Cuticula, 3) beim Uebergang in das Cyclops-Stadium. Das Vorhandensein von Larven- häuten wird vor Allem in den verschiedenen Arbeiten von Dohrn erwähnt. (Vergleiche dessen Angaben über die Larvenhaut bei Cumaceen , bei Tanais und an dem Nauplius -Stadium im Eie von Daphnia longispina). Bei der grossen Mannigfaltigkeit , die unter den Crustaceen vorherrscht und der Un- sicherheit der Identificirung der Cuticulae in den verschiedenen Fällen würde es den Rahmen dieses Buches überschreiten, wenn wir auf sämmtliche hier- her gehörige Fälle eingehen wollten. Zeitlich mit den Furchungserscheinungen zusammenfallend spielen sich jene eigenthümlichen Processe ab, welche von Weismann und Ischikawa (No. 16) an dem Winterei zahlreicher Cladoceren beobachtet und als Paracopulation bezeichnet worden sind. Hier findet sich im Eie nach Ausstossung der Richtungskörperchen und erfolgter Befruchtung ein kernähn- licher Körper mit einer umgebenden Protoplasmaansammlung, die sogenannte Copulationszelle. Während der ersten Theilungen des Furchungskernes, durch welche die hier dem reinen superficiellen (III.) Typus angehörende Furchung eingeleitet wird, verhält sich die Copulationszelle anscheinend passiv in der Nähe des vegetativen Eipoles, nähert sich aber bald einem der durch die Theilung entstandenen Furchungskerne , um mit demselben eine innige Verschmelzung einzugehen. Die weiteren Schicksale der von der Paracopu- lation betroffenen Furchungszelle wurden nicht verfolgt. Es ist eine blosse Vermuthung , dass sie bestimmt sei , die Genitalanlage zu liefern. Die erste Entstehung der Copulationszelle fällt in die Zeit der Eibildung. Es werden im reifenden Eierstocksei Chromatinpartikelchen aus dem Keimbläschen aus- gestossen. Diese vereinigen sich, um den Kern der Copulationszelle zu bilden, welcher später mit einer — wahrscheinlich dem Zellkörper entstammenden — Protoplasmamasse umhüllt wird. Ueber die Bedeutung des Processes der Paracopulation fehlt uns bisher noch jede Hypothese. Die Entstehung der Copulationszelle eriunert an die von Stuhlmann und Blochmann an Insecten- eiern beobachtete Ausstossung von Chromatinpartikeln aus dem Keimbläschen. Aehnliche Vorgänge sind auch an den reifenden Eiern von Myriopoden (Balbiani) und Spinnen (Leydig) und in anderen Thiergruppen beobachtet worden. 3. Keiinblätterbildung. A. Copepoden. Unter sämmtlichen Crustaceen — soweit wir deren Entwicklung bisher kennen gelernt haben — bietet die Entwicklung der Copepoden Verhältnisse, welche sich am nächsten an die der Anneliden anschliessen. Wir finden hier eine Invaginationsgastrula und Mesodermbildung durch 324 XV. Capitel. Sonderung zweier Urmesodermzellen. Die Keimblätterbildung bei Cope- poden ist durch die Untersuchungen von Grobben (No. 21), Hoek (No. 22) und Urbanovicz (No. 23 , 24) bekannt geworden. Wir legen unserer Darstellung die eingehenden Untersuchungen Grobbens für Cetochilus zu Grunde. Cetochilus folgt, wie die meisten freilebenden Copepoden, unserem IL Furchungstypus. Die Furchung ist anfänglich eine totale, in späteren Stadien eine superficielle (vgl. pag. 312 u. ff). Schon im 32zelligen Stadium wird der Uebergang zum eigentlichen Blastulastadium eingeleitet und machen sich die Anfänge der histologischen Differenzirung der einzelnen Keimblätter geltend. Wir finden im Inneren dieses Stadiums eine kugelige Furchungshöhle von geringer Ausdehnung, in welcher der Nah- Fiar. 234. Vier Entwicklungsstadien von Cetochilus (nach Grobben). A 32zelliges Stadium von der Bauchseite betrachtet ; B späteres Stadium, dieselbe Ansicht; sämmtliche Keimblätter sind bereits gesondert; C Gastruladium im Längsschnitt; D Gastrulastadium von der Bauchseite gesehen. Schliessung des Gastrulamundes. cn centrale Entodermzelle, gm Gastrulamund, m Mesodermzelle, sn seitliche Ento- dezmizellen, um Urmesodermzellen, vn vordere Entodermzellen. rungsdotter gelegen ist und in welche auch der Richtungskörper ein- wandert. Eine ähnliche Einwanderung des Richtungskörpers wurde von Weismann und Ischikawa (No. 6) an den Sommereiern von Bytho- trephes beobachtet. Wahrscheinlich ist die von Urbanovicz in der Furchungshöhle von Cyclo ps beobachtete kleine Zelle auch auf den Richtungskörper zu beziehen. Wenn wir den vegetativen Pol des 32zelligen Stadiums von Ce- tochilus ins Auge fassen, so erkennen wir eine entschiedene bilaterale Anordnung des Blastomeren (Fig. 234 Ä). Wir finden eine grössere, durch ihr grobgranulirtes Plasma sich auszeichnende Zelle (cn) und vor derselben eine kleinere Zelle (vn). Beide liegen in der Medianebene und liefern später ausschliesslich Entodermelemente. Sie werden als centrale (cn) und als vordere Entodermzelle^«) unterschieden. Crustaceen. 325 Die vier symmetrisch an den Seiten dieser beiden Zellen vertheilten Blastomeren (Seitenzellen) liefern durch spätere Theilungen sowohl Elemente des Entoderms, als des Ectoderms. Von Wichtigkeit erscheint auch die hinter der centralen Entodermzelle gelegene Furchungskugel (u). Sie theilt sich später in vier Elemente, von denen die beiden grösseren vorderen die Urmesodermz eilen (Fig. 234 #, um) repräsentiren, wäh- rend die beiden hinteren zu Ectodermelementen werden. Fig. 234 B zeigt uns die centrale Entodermzelle in zwei Blasto- meren (cn) zertheilt; ferner haben sich die seitlichen Entodermelemente (sri) durch Theilung der Seitenzellen abgesondert. Wir haben demnach hier eine aus sieben Zellen bestehende Entodermanlage , hinter welcher die zwei Urmesodermzellen (um) gelegen sind. Es vollzieht sich nun zunächst die Einwanderung der Mesodermelemente in das Innere des Embryos. Die Urmesodermzellen liefern durch Theilung zwei lateral gelegene Elemente (Fig. 234 C, m) und diese vier Mesodermzellen (von denen die beiden medialen als die Polzellen der späteren Mesoderm- streifen betrachtet werden müssen) rücken nun in die Furchungshöhle (Fig. 234 C). Bald darauf vollzieht sich die Einstülpung der Entoderm- elemente (en) , wodurch das Gastrulastadium (Fig. 234 C) erreicht ist. Das in die Tiefe gerückte Entoderm wird durch den Schluss des Blastoporus zu einem rings abgeschlossenen Säckchen umgebildet. Der Gastrulamund stellt im Moment seines Verschlusses eine Längsspalte dar (Fig. 234 D) ; der Verschluss desselben vollzieht sich in der Richtung von vorne nach hinten. Es scheint, dass der Blastoporus seiner Lagerung nach der späteren Ventralseite des Embryos entspricht. Die am spätesten zum Verschlusse kommende Parthie würde demnach in der Nähe der späteren Afteröffnung gelegen sein. Der Vorderdarm und Enddarm entstehen nach den Untersuchungen von Urbanovicz (an Cyclops) als Ectodermeinstülpungen, und zwar fällt die Entstehung des Vorderdarms noch in das Bereich der Embryonal- entwicklung, während das Proctodaeum erst in dem frühesten Larven- stadium zur Ausbildung kommt. Beide verbinden sich sodann mit dem Mitteldarmsäckchen. Das Gastrulastadium der Copepoden wurde zuerst von Hoek erkannt und beschrieben. Die Angaben von Urbanovicz über die Keimblätterbildung bei Cyclops lassen sich mit denen Grobben's in Uebereinstimmung bringen. Hier ist es zunächst nur eine Entodermzelle, welche in die Tiefe versenkt wird und über welche der Blastoporus sich schliesst, worauf aus dieser Zelle durch Theilung die gesammte Entodermanlage hervorgeht. Hierauf soll durch Abschnürung von Ectodermelementen ein Mesenchym geliefert werden, aus welchem die meisten mesodermalen Bildungen des Nauplius hervorgehen , während das eigentliche Mesoderm eine spätere secundäre Bildung sei, welche wahrschein- lich dem Entoderm entstamme und ausschliesslich den Mesodermstreif liefert. Wenn wir jedoch bedenken, dass im Umkreis der centralen Entodermzelle bei Cetochilus Elemente lagern, welche durch Theilung in Ectoderm- und Entodermzellen zerfallen, so muss es als möglich erscheinen, dass Urbanovicz diesen Process als Mesenchymbildung aufgefasst hat. Das spätere Schicksal des Mesoderms ist für die Copepoden noch nicht völlig klar gestellt. Es scheint jedoch, dass die Elemente desselben in den Segmenten des Naupliusstadiums sich mehr unregelmässig nach Art eines Mesenchyms vertheilen und sehr bald zu den Organen des Korschelt-Heider, Lehrbuch. 22 326 x^ • Capitel. Nauplius sich gruppiren. Gewisse Zellen lagern sich dem Darm an, um dessen Musculatur zu bilden, andere werden zu Extremitätenmuskeln oder vereinigen sich zur Bildung der Antennendrüse. Die Leibeshöhle weist hier den Charakter eines Pseudocoels auf. In der hinteren Körper- region, welche die weiteren Leibessegmente liefert, kommt es dagegen zur Ausbildung eines wirklichen paarigen Mesodermstreifs , in welchem nach Urranovicz (No. 23) und Fritsch (No. 20) echte Coelomsäcke an- gelegt werden. Das vorderste Paar derselben entspricht dem Maxillar- segmente. Die Dissepimente zwischen den aufeinanderfolgenden Coelom- säcken, welche auch Grobben (No. 21) im Abdomen von Cetochilus beobachtet zu haben scheint, schwinden in späteren Stadien, dagegen sollen ein dorsales und ventrales Mesenterium zeitlebens persistiren (Fritsch). Das dorsale fügt sich dem Rücken mittelst eines in zwei Blätter gespaltenen Endes an und so entsteht ein Rückensinus, welcher als Blastocoel Überrest und als Homologon der Herzhöhle zu deuten ist. Dieser Rückensinus steht mit dem als Pseudocoel entwickelten vordersten Theil der Leibeshöhle im Zusammenhang. Schon frühzeitig kann man an dem noch kurzen Mesodermstreifen eine vergrösserte Zelle, die Genitalzelle unterscheiden, welche sich jederseits zur Anlage der Ge- schlechtsdrüse umbildet. Der Nahrungsdotter ist bei Cetochilus nur in geringer Menge vor- handen und spielt keine grosse Rolle. Bei den dotterreicheren Eiern der parasitischen Copepoden dagegen scheint es (Van Beneden), dass die Zellen des Entoderms sich anfangs im Nahrungsdotter vertheilen und denselben in sich aufnehmen, wodurch das Bild der secundären Dotter- furchung zu Stande kommt. Später treten die Zellen jedoch wieder an die Oberfläche der Nahrungsdottermasse, um daselbst ein Epithel zu bilden, aus welchem die Wand des Mitteldarmsäckchens hervorgeht (pag. 348, Fig. 250 C, en). Letzteres umschliesst demnach zuletzt die durch all- mähliche Resorption sich verringernden Reste des Nahrungsdotters (vgl. unten die Bildung des Mitteldarms bei den Cirripedien pag. 329 u. 373). B. Phyllopoden. Hier ist die Keimblätterbildung vor Allem für das Sommerei von Moina, einer Cladocere, durch die eingehenden Untersuchungen Grobben's (No. 11) bekannt geworden. Die Verhältnisse schliessen sich ziemlich nahe den für Cetochilus geschilderten an ; doch müssen wir uns vor Augen halten, dass zwei Momente auf die Entwicklung dieses Eies verändernd eingewirkt haben: 1) die Ernährung mittelst des in den Brut- raum transsudirten Blutplasmas, welche wahrscheinlich zu einer secun- dären Verringerung des Nahrungsdotters führte (auch bei Cetochilus scheint die Nahrungsdottermasse secundär verringert zu sein, aber aus anderen Ursachen) und 2) die Paedoparthenogenese, welche mit der ab- norm frühzeitigen Anlage einer gesonderten Genitalzelle im Zusammen- hang steht. Die Furchung ist hier — wie bei den meisten Cladoceren — eine rein superfizielle (III. Typus, vgl. pag. 316). Wir finden schon im 32zelligen Stadium die Blastomeren an der Oberfläche ziemlich scharf von der centralen Nahrungsdotteransammlung gesondert. Wie bei Ce- tochilus, so bereiten sich auch hier am vegetativen Pole des Eies die Anfänge jener Sonderung vor, unter welcher die Keimblätterbildung ein- hergeht. Es liegen hier jene Anlagen, welche später (wohl nach einer Crustaceen. 327 gewissen Verschiebung) an der Ventralfläche des Embryos gelagert sind. Wir finden liier eine central gelegene, körnchenreiche Zelle, welche als Genitalzelle (Fig. 235 #) zu bezeichnen ist. Aus ihr geht später die paarige Genitalanlage hervor. Hinter dieser Zelle liegt eine in Theilung begriffene Zelle, welche die Anlage des gesammten Entoderms darstellt, die Entodermzelle (en). An einem etwas späteren Stadium finden wir diese beiden Anlagen durch Theilung mehrzellig geworden. Wir sehen ein Feld von zahlreichen Entodermzellen (Fig. 235 B, en) und vor dem- selben vier Genitalzellen (g). Im Umkreis derselben ist eine Anzahl von Zellen erkennbar, welche die Meso der m anläge (ms) darstellen. Alle übrigen Zellen bilden nun das Ectoderm. Schon in diesem Stadium zeigt die Mesodermanlage unter die Genitalzellen in die Tiefe zu rücken (Fig. 235 B). Stadien hat sich dieser Process vollzogen (Fig. 235 0, ms) die Tendenz In späteren Das Meso- derm liegt nun völlig im Inneren des Embryos. Gleichzeitig stülpt sich das Entodermfeld (b) ein. Es wird hiermit das Gastrulastadium erreicht (Fig. 235 C). ms en Fig". 235. Drei Entwicklungsstadien des Sommereies von Moina (nach Grobben). A Ei im 32zelligen Stadium vom vegetativen Pole aus gesehen, B Blastula- stadium in derselben Ansicht, C Gastrulastadium im Medianschnitt. b Blastoporus, cn Entodermzellen, g Genitalzellen, ms Mesodermzellen, n Nahrungs- dotter, s Scheitelplatte. Bald darauf schliesst sich der Gastrulamund vollständig und es rücken nun auch acht Genitalzellen, welche durch Theilung aus den vieren hervorgegangen sind, in die Tiefe und legen sich unter das Ento- derm (vgl. unten pag. 347 , Fig. 249 A, g). Gkobben ist der Ansicht, dass die Stelle, an welcher der Blastoporus zum Verschlusse kommt, der späteren Oesophaguseinstülpung entspreche. Es würde jedoch mit den Verhältnissen der übrigen Crustaceen, vor Allem der Decapoden, besser stimmen, wenn wir annehmen dürften, dass sie in der Nähe des späteren Afters gelegen ist. Während der Embryo sich streckt, die Naupliusgliedmassen hervor- sprossen und an dem Vorderende seiner Dorsalseite die Gehirnanlage als symmetrische Ectodermverdickung (Scheitelplatte) deutlich wird (Fig. 249 A, pag. 347), erleiden auch die Anlagen der inneren Organe eine ent- sprechende Weiterbildung. Die Entodermanlage (en) wächst zu einem cylindrischen Körper aus. Die Zellen desselben zeigen am Querschnitt eine radiäre Anordnung; doch lässt sich zunächst noch kein Lumen er- kennen. Vorderdarm (m) und Enddarm (Fig. 249 B, af) entstehen als Ectodermeinstülpungen ; ersterer ist schon im Nauplius, letzterer erst in späteren Stadien erkennbar. Sie treten mit der Mitteid armanlage in 22* 328 xv- Capitel. Verbindung. Das Mesoderm (ms) hat sich längs der ganzen Ventralseite und nach vorn bis unter die Scheitelplatte ausgedehnt. Es liegt zu beiden Seiten der Darmanlage und zeigt eine bilateral-symmetrische An- ordnung; doch kommt es nicht zur vollständigen Scheidung paariger Mesodermstreifen. Die Genitalanlage theilt sich in eine paarige zu den Seiten des Darmcanals gelegene Zellenmasse. Der Nahrungsdotter liegt ursprünglich in der primären Leibeshöhle. Er wird in dem Masse resorbirt, in welchem die inneren Organe die Leibeshöhle erfüllen. In späteren Stadien trennen sich einzelne Zellen vom Mesoderm ab, um den Nahrungsdotter zu durchwachsen. Sie liegen sodann an der Dorsalseite des Embryos und werden zum Fettkörper des Thieres. Es würde von Interesse sein, über die Bildung des Mitteldarms und über die Rolle, welche der Nahrungsdotter hierbei spielt, an dotterreicheren Eiern von Cladoceren oder Branchiopoden etwas zu erfahren. Moina bietet durch seinen Dottermangel einen entschiedenen Ausnahmsfall dar. An den jungen Larven der Branchiopoden (Branchipus) erscheinen sämmtliche Gewebe, auch die des Ectoderms, mit Nahrungsdotterkörnchen durchsetzt (vgl. Claus No. 9). Bei Daphnia similis bildet sich nach neueren Untersuchungen von Lebedixsky (No. IIa) zunächst durch superfizielle Furchung ein das Ei voll- ständig gleichmässig überziehendes Blastoderm. Erst später wird dasselbe entsprechend den Kopflappen und der Ventralseite des Eies durch Höher- werden der Zellen verdickt. Die Bildung der Keimblätter wird eingeleitet durch Auftreten einer seichten Vertiefung (Blastoporus), von welcher aus eine Einwanderung amoeboider Zellen in den Dotter vor sich geht. Letztere re- präsentiren das Meso-Entoderm. Während die Mesodermzellen sich in zwei vom Blastoporus nach vorn verlaufende symmetrische Streifen anordnen (Meso- dermstreifen), bildet das Entoderm einen soliden Strang, in welchem sich erst später eine Höhle entwickelt. An dem Aufbau dieses Stranges (Mitteldarm) nehmen aber nicht alle Entodermzellen Theil. „Einige von ihnen überziehen den Nahrungsdotter und bilden zwei grosse, symmetrisch liegende, proviso- rische Lebersäcke" (?). Ein Zerfall des Mesoderms in Somiten und die Ausbildung eines eigentlichen Cöloms wurde bei Moina nicht beobachtet. Anders verhält sich dies bei den Branchiopoden, deren Keimblätterbildung bisher noch nicht bekannt geworden ist. Wir sind auf die Angaben, welche an den jüngsten Larvenstadien gewonnen wurden, angewiesen. Hier scheint an den frühesten Nauplien von Arte mia, wie aus den Abbildungen von Nassonow (No. 13) zu schliessen ist, die vorübergehende Ausbildung paariger Coelomsäcke vorzukommen. Dagegen liegen bei Branchipus, dessen jüngste als Metanauplien zu bezeichnende Stadien von Claus (No. 9) genau untersucht sind, andere Verhältnisse vor. Hier hat das Mesoderm im Bereich der eigentlichen Naupliussegmente und des End- segmentes sich bereits zu Organbildungen umgewandelt und die definitive histologische Differenzirung gewonnen. Das gleiche ist mit dem splanch- nischen Blatte im Bereiche des ganzen Darmcanals der Fall (pag. 377, Fig. 265^4, sp). In jenen Segmenten, welche zwischen dem Mandibel- segment und Endsegment eingeschoben und im Entstehen begriffen sind, weist das somatische Blatt mehr embryonales Gepräge auf. Es ist hier in paarigen Mesodermstreifen angeordnet, dessen Zellen in bestimmter Weise segmental angeordnet erscheinen. Diese Anordnung beruht nur auf einer regelmässigen Gruppirnng der Mesodermzellen, welche einigermassen an die Crustaceen. 329 unten (pag. 339) für die Isopoden zu schildernden Verhältnisse erinnert. Im hintersten Körperabschnitte sind die Mesodermstreifen zu einer unter dem Darm gelegenen Platte vereinigt und hier findet sich die Knospungszone, von welcher die Bildung neuer Segmente ausgeht. Grobben glaubte zwei hinter dieser Knospungszone, an der Grenze gegen das Endsegment gelegene Zellen als Urmesodermzellen in Anspruch nehmen zu dürfen; doch hat Claus nachgewiesen, dass diese Zellen, deren jederseits zwei vorhanden sind, in den bisher untersuchten Stadien sich an der Pro- duction von Mesodermelementen nicht betheiligen. Am auffallendsten muss für Branchipus erscheinen die frühzeitige Selbstständigkeit, welche das Darmfaserblatt aufweist. C. Cirripedien. Nach vollendeter Blastodermbildung (vgl. pag. 316) weist der Embryo von Bai an us eine über die ganze Oberfläche verbreitete Zellschicht (Ecto- derm) und eine centrale Nahrungsdottermasse auf (Fig. 236 B). In der Nähe des hinteren Eipoles, wo sich eine unbedeutende Einsenkung (bl) erkennen Fig. 236. Längsschnitte durch drei Embryonalstadien von Baianus im- pro visus (nach Nässonow). A späteres Furchungsstadium (vgl. oben Fig. 229, pag. 315), B und C Stadien mit Keimblätterbildung, bl Blastoporus, ec Ectoderm, en Entoderm, ms Mesoderm. lässt (Blastoporus), ist das Blastoderm mehrschichtig. Die tieferen Schichten repräsentiren die Anlage des Entoderms (en) und Mesoderms (ms). Von hier aus vertheilen sich die Mesodermelemente längs der Ventralseite des Eies (Fig. 236 C) in Form einer symmetrischen Mesodermplatte , entsprechend welcher auch das Ectoderm etwas verdickt wird, so dass auf diese "Weise eine einem Keimstreif ähnliche ventrale Verdickung der oberflächlichen Schich- ten des Embryos zu Stande kommt. Die Elemente des Entoderms dagegen scheinen sich gleichmässig im Nahrungsdotter zu vertheilen (Fig. 236 C, en), worauf durch eine secundäre Dotterfurchung die Abgrenzung der entsprechen- den Zellterritorien erzielt wird. Schliesslich rücken die Kerne der dotter- reichen Entodermkugeln an die Oberfläche, um hier das Mitteldarmepithel zu bilden, während durch Verflüssigung des Nahrungsdotters die Darmhöhle zu Stande kommt (vgl. unten pag. 373). Ueber das Detail aller dieser Vor- gänge bei Cirripedien herrscht noch manche Unklarheit. Da der Text der Abhandlung Nassoxow's (No. 13) russisch ist, so konnten wir nur aus den Abbildungen das Wichtigste erschliessen. Es scheint, dass der Blastoporus 330 xv- Capitel. der Lage nach der späteren Afteröffnung entspricht. Vgl. über diese Ent- wicklungsstadien auch die neueren Angaben von Nussbaum (No. 30 u. 31), welche im Wesentlichen mit der hier gegebenen Darstellung übereinstimmen. Nach Nussbaum liefert die bei der ersten Zweitheilung entstehende vordere Furchungskugel eine Zellkappe, welche die zweite Furchungskugel vollkommen umwächst. Sobald diese Umwachsung beinahe vollendet ist, beginnt in der oberflächlichen Zellschicht in der Nähe des spitzen Eipoles ein starker Zell- theilungsprocess und hier bildet sich nun eine Gastrulaeinstülpung. Die durch diese Einstülpung gelieferte, nach Innen umgeschlagene Schichte umwächst nun, von spitzem Pol einseitig ausgehend, die innere (Nahrungsdotterkugel) gegen den stumpfen Pol zu. „Inzwischen hat sich auch diese innere Kugel (oder die zweite untere Furchungskugel) getheilt ; ihre Theilung schreitet weiter vor ; doch geht sicher die innere Lage von Zellen der Gastrula nicht aus den Ab- kömmlingen der inneren oder unteren Furchungskugel hervor." Nach Nuss- baum würde demnach die vordere Furchungskugel nicht bloss das Ectoderm, sondern auch das Entoderm liefern. Der Gegensatz seiner Auffassung gegen- über der von Nassonow wird jedoch sehr gemildert, wenn wir annehmen dürfen, dass die oberflächliche Zellschicht nicht ausschliesslich durch Theilung von der vorderen Furchungskugel aus entsteht, sondern dass an derselben sich auch Elemente betheiligen , welche durch Micromerenbildung von der hinteren Furchungskugel erzeugt wurden. Es würde letztere dann dieselbe Rolle spielen, wie die centrale Nahrungsdotteransammlung bei den übrig super- ficiell sich furchenden Crustaceeneiern. Die Vertheilung der Mesodermelemente ist in den späteren Embryonal- stadien , sowie in den jungen Cirripediennauplien eine anscheinend unregel- mässige. Doch fand Grobben (No. 21) im hinteren Körperabschnitte der Nauplien von Sacculina und Baianus einige grosse, offenbar in Pro- liferation begriffene Zellen jederseits zu einem kurzen Mesodermstreifen an- geordnet. D. Decapoden. Wir haben schon oben (pag. 312) der sehr ursprünglichen, aus einer Coeloblastula sich entwickelnden Invaginationsgastrula (Fig. 226 C) von Lucifer Erwähnung gethan, welche uns durch Brooks (No. 42, 43) be- kannt geworden ist. Leider sind die Stadien, welche diese Gastrula mit dem Nauplius verbinden, nicht bekannt geworden. Die Entwicklung des Lucifer -Eies ist charakterisirt : 1) durch die geringe Menge von Nahrungsdotterkügelchen, welche in den Blastomeren an- fangs gleichmässig zerstreut erscheinen , 2) durch die sehr regelmässig ab- laufende Furchung und Ausbildung eines verhältnissmässig umfangreichen Blastocöls, 3) durch Ausbildung einer Invaginationsgastrula. Das hiebei ent- stehende Mitteldarmsäckchen zeigt an seinem Gipfel vier durch Theilung von den benachbarten Entodermzellen abgeschnürte, nahrungsdotterreiche Ballen von unbekannter Bedeutung. Brooks erblickt in ihnen rudimentäre Dotter- pyramiden, welche den primären Dotterpyramiden von Astacus und Palämon entsprechen würden. An Lucifer schliesst sich vielleicht am nächsten P e n a e u s an, insofern vielleicht auch hier der Mitteldarm direct aus dem in- vaginirten Säckchen entwickelt wird (Haeckee No. 47). Unter den übrigen Decapoden nimmt Astacus, dessen Entwicklung uns hauptsächlich durch Bobretzky (No. 41) und Reichenbach (No. 64, 65) Crustaceen. 331 bekannt geworden ist1), eine verhältnissmässig ur- sprüngliche Stellung ein, insofern hier die Zellen der Gastrulaeinstülpung in ihrem ursprünglichen Zusammenhange verblei- ben, so dass das Säck- chen des Urdarms bis zu seiner Umbildung in den Mitteldarm als solches erhalten bleibt , wenn- gleich die Beziehungen zu dem umfangreichen Nahrungsdotter hier schon auf die Entwick- lung modificirend ein- wirken. Bei Astacus ent- steht das Blastoderm durch reine superficielle Furchung (Morin (No. 61). Nachdem die Fur- chungskerne sich an der Oberfläche des Eies angeordnet haben, zerfällt der Nahrungsdotter, den einzelnen Furchungszellen ent- sprechend (pag. 318, Fig. 232), in die sog. p r i m ä reu od . R a t h k e '- sehen Dotterpyramiden, wobei ein rundlicher Centralkörper von dieser Durchfurchung des Nah- rungsdotters ausgeschlossen bleibt (vgl. oben pag. 314). Nach der Loslösimg der Blastodermzellen vom Nahrungsdotter und der voll- ständigen Ausbildung des Blasto- derms fliessen die primären Dotter- pyramiden wieder unter einander zusammen. Jetzt wird an der Ventralseite des Eies die Embryo- nalanlage in der Form einer Bla- stodermverdickung kenntlich , in welcher wir die Anlage des späteren Keimstreifs erblicken. Ursprüng- lich bemerkt man im Bereich dieser Anlage fünf Verdickungen (Fig. Fig". 237. Kugelabschnitt des Eies mit Embryonal- anlage von Astacus fluviatilis (nach Reichenbach, aus Laxg's Lehrbuch). BM Bildungszone des Mesoderms, ES Entoderm- scheibe, K Kopf läppen (Augenanlage), TA Thoraco- abdominalanlaoen. ms P gesonderte 237) : die paarigen Augenlappen- (K) Fig". 238. Längsschnitt durch das Gastro] astadium von Astacus fluviatilis (nach Reichenbach, aus Hatschek's Lehrb.). D Dotter, ms Mesoderm, P Blastoporus, * bezeichnet die Stelle, an welcher das Vorderende des Körpers sich entwickelt. !) Hinsichtlich der Angaben Morin's (No. 61) konnten wir nur die Abbildungen vergleichen. Die Angabe Rossuksaya's (No. 72, pag. 570), dass Morin für Astacus fluviatilis eine gleiche Art der Entodermbildung beschrieben habe, wie sie von Bobretzky für Oniscus angegeben worden war, beruht wohl nur auf einem Irrthum. 332 XV. Capitel. und T h o r a c o a b d o in i n a 1 a n 1 a g e n (TA) und eine unpaare, hinter diesen gelegene Verdickung, die Ento-dermscheibe (ES), welche in den folgen- den Stadien durch Einstülpung das Gastrulasäckchen (Fig. 238) liefert. Die Einstülpung dieser Scheibe wird durch Ausbildung einer halbmondförmigen Furche, welche den vorderen Rand derselben umgiebt und sich bald durch Ausbildung im hinteren Theile zu einer ringförmigen Furche er- gänzt, eingeleitet. Es resultirt hieraus, dass die mittlere Partie der in die Tiefe versenkten Entodermscheibe eine Zeit lang hügelartig (Ento- dermhügel) gegen das Lumen des Urdarmsäckchens vorspringt (Fig. 239 eh). Noch bevor der Einstülpungsprocess eingeleitet ist, macht sich am vorderen Rande der Entodermscheibe eine rege Zeilproliferation (Fig. 237 BM) geltend, durch welche eine Anzahl von Zellen geliefert wird, welche unter das Blastoderm rücken (Fig. 238, 239me.s). Es ist die erste An- lage des Mesoderms, welches demnach bei Astacus an einer be- stimmten Stelle am vorderen Rande des Blastoporus an der Uebergangs- stelle des Ectoderms in das Entoderm seinen Ursprung nimmt. Nachdem die Ein- stülpung des Gastrula- säckchens sich voll- zogen hat, scbliesst sich der Blastoporus. Die Stelle, an welcher der- selbe zum Verschlusse kommt, entspricht dem liinterstenTheil derEm- bryonalanlage. Nach v. Oo0 ,r ,. T .. ... , , , n , Reichenbach liegt sie rig. z6v. Medianer Längsschnitt durch das Gastrula- , ,. , eV n Stadium von Astacus (nach Reichenbach). etwas JllllterjenerbteJle. d Nahrungsdotter, ec Ectoderm, eh Entodermhügel, all welcher 111111 bald die en Entoderm, in secundäres Mesoderm, mes Mesoderm. ectodermale Ellddarill- einstülpung zu erken- nen ist. Das durch die Einstülpung entstandene Urdarmsäckchen ist ursprüng- lich im Verhältniss zur Grösse des Eies wenig umfangreich. Später ver- grössern sich seine Zellen durch Aufnahme von Nahrungsdotter (Fig. 240 Ä, en) , welche innerhalb jeder einzelnen Entodermzelle in der Weise abgelagert wird, dass der Zellkern und die Hauptmasse des Zellplasmas an die äussere Oberfläche des Urdarmsäckchens zu liegen kommen. An dieser Aufnahme des Nahruiigsdotters betheiligen sich am regsten die dorsalen und seitlichen Parthien des Urdarmsäckchens, während die ven- tralen Theile desselben, welche mit der übrigen Embryonalanlage in innigerem Contact stehen, weniger daran participiren (Fig. 240). Schliesslich ist die gesanimte Nahrungsdottermenge in den Entoderm- zellen deponirt. Da letztere hiedurch zu ungemein grossen, säulen- förmigen , radiär angeordneten Elementen (Fig. 240 B, dp) ausgedehnt wurden, so kommt es auf diese Weise zur Bildung der sog. se Clin- da ren D otter py ramiden. Aus diesem (in späteren Stadien an der Oberfläche in Lappen zertheilten) Mitteldarmsäckchen geht der definitive Mitteldarm und die Leber (Mitteldarmdrüse) des Flusskrebses hervor. Indem die Entodermzellen einer Vermehrung unterliegen, sich von den ihnen zugehörigen secundären Dotterpyramiden loslösen und sich dicht aneinanderschliessen , kommt es zur Entwicklung des Mitteldarmepithels, während die secundären Dotterpyramiden zerfallen und resorbirt werden. (Ueber die Ausbildung des Mitteldarms siehe unten pag. 373.) Crustaceen. 333 en Ein merkwürdiges Verhalten der Mitteldarmanlage des Astacus - Eies, welches von Bobketzky und Reichenbach nicht erwähnt wird und daher wohl bloss die Bedeutung eines gelegentlichen Vorkommnisses haben dürfte, wird von Schimkewitsch (No. 66) mitgetheilt. Dieser Beobachter fand im Inneren des Mitteldarmsäckchen ein zweites, aus Zellen bestehendes Säckchen, welches in den Stadien vor Schliessung des Gastrula-Mundes durch einen De- laminationsprocess von den Entodermzellen abgespal- t Ad ten worden sei. Dieses A -vd innere Säckchen werde wahrscheinlich in späteren Stadien resorbirt. Schim- kewitsch vergleicht es mit jenen inneren Zellen des Darmdrüsenkeims bei Palaemon, welche nicht an die Oberfläche treten, um das Mitteldarmepithel zu bilden, sondern im Inneren einer Auflösung anheim- fallen (vgl. unten pag.334). Das charakteristi- scheste Verhältniss in der Entwicklung des Mitteldarms von Astacus liegt in dem Umstände, dass die Nahrungsdotter- masse, ursprünglich aus- serhalb des Gastrulasäck- chens gelegen, die Fur- chungshöhle erfüllt, wäh- rend sie später in die Wand des Entoderm- sackes aufgenommen wird, um schliesslich bei Ausbildung des definiti- ven Mitteldarms in das Lumen desselben zu ge- langen. — Die übrigen bisher untersuchten De- capoden unterscheiden sich von Astacus dadurch, dass die Zellen des Ento- dermsäckchens ihren epi- thelialen Zusammenhang aufgeben , als Wander- zellen den Dotter durch- setzen und erst später wieder an der Oberfläche desselben zur Bildung des Mitteldarmepithels zusammentreten. Bei diesen Formen schwindet das Lumen des ursprüng- lichen Entodermsäckchens ; der Darmdrüsenkeim ist, währenddem die Entodermzellen den Dotter durchsetzen, solide, und das Lumen des Fig". 240. Mediaue Längsschnitte durch zwei Em- bryonen des Flusskrebses (nach Reichenbach). A durch das Naupliusstadium, B durch das Stadium mit angelegten Gangbeinpaaren. d Nahrungsdotter, dp secundäre Dotterpyramiden, ec Ectoderm, en Entoderm, ep Entodermplatte, g Anlage der Bauchganglienkette, h Herzanlage, hd Hinterdarm, m Mesoderm, md Mitteldarm, og oberes Schlundgang- lion, sp splanchnisches Blatt des Mesodernis, vd Vorder- darm, t Thoracoabdominalanlage. 334 XV. Capitel. Mitteldarms stellt sich erst bei der später erfolgenden Auflösung und Resorption des in seinem Inneren gelegenen Dotters her. So entwickelt sich z. B. bei Palaemon (nach Bobretzky No. 41) zu einer Zeit, wo das Blastoderm noch nicht vollständig ausgebildet ist, d. h. wo die Trennung der Blastodermzellen von den zugehörigen Dotter- pyramideu sich noch nicht im ganzen Umkreise des Eies vollzogen hat, eine kleine Gastrulaeinstülpung (Fig. 241 A), deren Zellen nach erfolgtem Schluss des Blastoporus ihren epithelialen Zusammenhang verlieren (Fig. 241 B). Aus den Seitenwänden des Entodermsäckchens (ms) stammen Elemente, welche später, dem Keimstreif angelagert, das Mesoderm dar- stellen, während die dem Boden des Säckchens entspringenden Ento- dermzellen (eri) in den Dotter eindringen, denselben nach Art von Wanderzellen durchsetzen und sich daselbst vermehren. Jede dieser Entodermzellen nimmt die umgebenden Nahrungsdotterparthien amöben- artig in sich auf und formirt dieselben zu einem rundlichen Ballen, so m s Fig. 241. Drei Schnitte durch den Embryo von Palaemon zur Darstellung der Keimblätterbildung (nach Bobretzky, copirt aus W. Faxox. Selections from Em- bryological Monographs). A Gastrulastadium, B Schliessung des Gastrulamundes, C Längsschnitt durch ein späteres Stadium. d Nahrungsdotter, ec Ectoderm, en Entoderm, ep Entodermplatte, g Bauchgang- lienkette, h Herzanlage, lul Enddarmeinstülpung, ms Mesoderm, og oberes Schlund- ganglion, vd Vorderdarmeinstülpung. dass der ganze Nahrungsdotter durch einen Act secundärer Furchung (sog. Dotterfurchung) in rundliche Dotterballen zerfällt wird, deren jeder einer Entodermzelle entspricht und welche das Honiologon der secun- dären Dotterpyramiden von Astacus darstellen. In späteren Stadien treten die Plasmaantheile mit den Kernen zum Theil an die Oberfläche des Nahrungsdotters und ordnen sich daselbst zu einem Epithel an, welches die Wand des Mitteldarms darstellt (Fig. 241 C), der nun auch — wie bei Astacus — den Nahrungsdotter in seinem Inneren beherbergt. Ein anderer Theil der Entodermzellen scheint jedoch an der Bildung des Mitteldarmepithels keinen Antheil zu nehmen, sondern, im Inneren des Dotters verbleibend, mit diesem dem Zerfall und einer schliesslichen Resorption anheimzufallen. In diesen Zellen würden wir das Honiologon Crustaceen. 335 der später für Mysis (pag. 336) zu erwähnenden Vitellophagen zu erblicken haben. (Vgl. auch Bobretzky No. 80.) Bei H omar us findet sich nach Herrick: (No. 50 und 50a) an Stelle des sich einstülpenden Gastrulasäckchens nur eine ganz flache Einsenkung, von welcher aus eine solide, keilförmige Zellwucherung (the keel) in den Dotter eindringt. Die Zellen dieser Wucherung nehmen bald Dotterelemente in sich auf. Die Einwanderung der amöbenartigen Entodermzellen in den Nahrungs- dotter und die Entstehung des Mitteldarmepithels an der Oberfläche desselben scheint in vielen Fällen auf die angegebene Weise abzulaufen. Doch ist das Verhalten der wandernden Entodermzellen zum Nahrungsdotter in den einzel- nen Fällen ein wechselndes. So zerfällt nach P. Mayer's Angaben bei Eu- pagurus (No. 59) nach der Einwanderung der Entodermelemente der Nahrungsdotter allerdings in eine Anzahl von unregelmässigen Theilstücken und erleidet eine Art Umordnung, doch sind die Entodermkerne mit ihren Piasmatheilen hier nicht im Inneren der einzelnen Dotterschollen gelegen, sondern nehmen die sie trennenden Räume ein. Aehnlich verhält sich viel- leicht Atyephyra (nach Ischikawa No. 51). Bei Crangon und Al- pheus dagegen scheint nichts der secundären Dotterfurchung einigermassen Aehnliches sich vorzufinden (nach Kingsley No. 53 und Herrick No. 49). In allen diesen Fällen wird die Keimblätterbildung durch die Ausbildung eines Gastrulasäckchens eingeleitet. Neuerdings sind von Lebedinsky (No. 57) Mittheilungen über die Keimblätterbildung einer Krabbe, Eriphia spini- frons, gemacht worden, die, wie uns scheint, noch einigermassen der Auf- klärung bedürfen. Auch hier findet sich eine Gastrulaeinstülpung, aus deren Boden die in den Dotter einwandernden Entodermzellen hervorgehen, während aus den Seitenwänden des Säckchens das Mesoderm hervorsprosst. Trotzdem war aber schon vor Ausbildung dieser Einstülpung an der mehrschichtigen Keimscheibe die Trennung in den drei Keimblättern entsprechende über- einanderliegende Schichten zu erkennen. Ausserdem soll das Ectoderm des Keimstreifs in seiner ganzen Ausdehnung durch Theilung seiher Zellen nach Innen Mesodermelemente abspalten. Die im Nahrungsdotter zerstreuten Ento- dermelemente begeben sich zum Schluss an die Oberfläche desselben , und ordnen sich daselbst zur Mitteldarmwand an. Gleichzeitig zerfällt jedoch der Nahrungsdotter in den einzelnen Zellterritorien entsprechende Säulen, so dass es auch hier — in ganz späten Stadien — zur Ausbildung der secundären Dotterpyramiden kommt. Das Mesoderm entsteht, nach den Beobachtungen von Bobretzky (No. 41) und Reichenbach (No. 64, 65) für Astacus und von P. Mayer (No. 59) für Eupagurus von einer bestimmten Stelle am vorderen Rande des Blastoporus (Fig. 237 BM, 239 nies). Andere Angaben haben den Ursprung desselben weniger bestimmt in den Umkreis des Blastoporus ( Kingsley No. 53 für Crangon, H aeckel No. 47 für P e n a e u s) oder an die Seitenwände des eingestülpten Gastrulasäckchens (Bobretzky für Palaemon [No. 41] und Lebedinsky für Eriphia [No. 57]) verlegt. Stets ist die erste Anlage des Mesoderms bereits eine vielzellige. Die Mesoderm- zellen, welche sich durch Theilung rasch vermehren, breiten sich an- scheinend regellos zwischen dem Ectoderm des Keimstreifs und dem Nahrungsdotter aus (Fig. 240 m). Nur in wenigen Stadien ist die Ver- keilung der Mesodermelemente in paarige Mesodermstreifen andeutungs- weise zu erkennen. Ebenso spärlich sind die Hinweise auf eine segmen- tale Gliederung. Nur im Abdomen eines ganz späten Stadiums des 336 XV. Capitel. Flusskrebses (mit bereits angelegten Abdominalbeinen) konnte Reichenbach eine Gruppirung der Mesodermelemente zu paarigen, segmentweise an- geordneten Cölomsäcken erkennen. In den vorderen Körperparthien kommt es entschieden nicht zur Entwicklung von Cölomsäcken; die Leibeshöhle trägt hier den Charakter eines Pseudocöls. Neben den gewöhnlichen Mesodermzellen findet Reichexbach in der Mesodermanlage kleinere Elemente von eigentümlich schaumigem Protoplasma (Fig. 239 m, u. pag. 361 Fig. 259 A, smj, welche mehrere sehr kleine, stark tingirbare Kerne enthalten, und welche von ihm als Elemente des secundären Mesoderms unterschieden werden. Diese sollen durch einen Process endogener Zellbildung in den Entodermzellen des Gastrulasäckchens und zwar in der ven- tralen Wand desselben ihren Ursprung nehmen. Später verschwinden diese secundären Mesodermzellen und Reichenbach meint, dass sie sich in Blut- körperchen umgewandelt hätten. Ein ähnliches secundäres Mesoderm wurde von Ischikawa für Atyephyra und von Lebedinskt für Eriphia, sowie von Hekkick für Alpheus und Homarus beobachtet. E. Schizopoden. Hinsichtlich der Keimblätterbildung bei den Schizopoden sind wir vor Allem auf die Beobachtungen von J. Nusbauju für Mysis chamaeleo (No. 38, 39) angewiesen. Die Furchung verläuft hier nach dem discoidalen Typus (vgl. pag. 320). Der erste Furchungskern gewinnt eine ganz ober- flächliche Lagerung und aus ihm geht durch Theilung eine rundliche Blasto- dermscheibe hervor. Dieselbe entspricht der Lage nach der Ventralseite des Eies und zwar dem späteren hinteren Körperende. Schon von den ersten Stadien an kann man an der Blastodermscheibe eine Zusammensetzung aus zwei Schichten erkennen. Während die oberflächliche Lage sich immer mehr und mehr ausbreitet, um schliesslich das ganze Ei als zartes Blastoderm zu überwachsen , treten die Zellen der unteren Schicht in den Nahrungsdotter ein, vertheilen sich in demselben und tragen zur Auflösung des Nahrungs- dotters wesentlich bei, indem sie denselben nach Art von Amöben auffressen und verdauen. Diese sogenannten Vitellophagen nehmen an dem späte- ren Aufbau des Embroys keinen Antheil. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass aus ihnen später Blutkörperchen hervorgehen. Nach vollständiger Ausbildung des Blastoderms ist die Stelle der frühe- ren Blastodermscheibe noch immer durch eine Blastodermverdickung kenntlich, an welcher wir bald eine Trennung in drei Lappen erkennen können. Zwei seitliche paarige Lappen wachsen nach vorne zur Bildung der seitlichen paarigen Hälften des Keimstreifs aus, während der unpaare, mediane, etwas nach hinten gelegene Lappen als C au dal- oder Abdominalanlage be- zeichnet werden muss (vgl. Fig. 254 A, pag. 353). Im Bereich der letzteren und zwar unterhalb einer queren Furche, welche wohl auf die einwachsende Schwanzfalte zu beziehen ist , entsteht das Entoderm durch Abspaltung von den Zellen der oberen Schichte. Das Mesoderm dagegen soll in der ganzen Länge der paarigen seitlichen Hälften des Keimstreifs vom Ectoderm durch Abspaltung entstehen, indem einzelne Blastodermzellen sich theilen und ein unteres Theilstück in die untere Mesodermschicht einrückt, oder wohl auch ganze Blastodermzellen nach unten wandern. Im Naupliusstadium zeigt die so entstandene Mesodermschicht nicht bloss eine deutliche Anordnung in paarige Mesodermstreifen, sondern auch eine Gliederung derselben nach den einzelnen Segmenten; dagegen konnte niemals die Bildung von Cölomsäcken beobachtet werden. Crustaceen. 337 Was uns an der Mysis-Entwicklung - - vorausgesetzt, dass die angeführ- ten Beobachtungen sich bestätigen — vor Allem auffallen rauss, ist (abge- sehen von dem Mangel der Gastrula-Einstülpung l)) das Verhalten des Ento- derms zum Nahrungsdotter. Die Entodermanlage bleibt hier in inniger Ver- bindung mit dem Keimstreif (Fig. 242 en, l, Fig. 243 I) und tritt in keine näheren Beziehungen zum Nahrungsdotter, ausser zum Schlüsse der Entwick- lung, wo sie denselben umwächst, um das Mitteldarmsäckchen zu liefern. Die Verflüssigung des Nahrungsdotters liegt hier nicht den eigentlichen Entoderm- zellen ob, sondern den oben erwähnten Vitellophagen. Nichtsdestoweniger werden wir durch den Vergleich mit Astacus und Palaemon dazu geführt, in beiden Elementen zusammengehörige Parthieen des Entoderms zu erblicken. Schon bei Astacus konnten wir beobachten, dass die Zellen der ventralen Wand des Entodermsäckchens sich wenig an der Nahrungsdotteraufnahme Fig. 242. Etwas seit- licher Längsschnitt durch das Naupliusstadium (vgl. Fig.254(7) von Mysis (nach Ndsbaüm). «' erste Antenne, a" zweite Antenne, d Xahrungsdotter, ec Ectoderm, en Entoderm, k Keim- streif, l Leberanlage, md Man- dibel, og Anlage des Ganglion opticum. Fig. 243. Querschnitt durch ein etwas älteres Stadium von Mysis (nach Nusbaüm). d Nahrungsdotter, ec Ectoderm, g Bauch- ganglienkette, l Leberanlagen, ms Mesoderm. betheiligen. Von hier und vor Allem von jener Stelle, welche dem blinden Ende des Enddarms zunächst gelegen ist (vgl. Fig. 240 B, ep), geht bei den Decapoden (vgl. unten pag. 373) die Ausbildung der definitiven Mitteldarmwand aus. Andererseits konnten wir bei Palaemon beobachten, dass nicht alle im Dotter befindlichen Entodermzellen an die Oberfläche treten, um in die Bildung des Mitteldarmepithels einzugehen, sondern dass einzelne im Inneren des Dotters zurückbleibende später aufgelöst werden. Hier haben wir also die Anfänge einer Theilung des Entoderms in zwei Parthien: einer J) Nach Wagner, von dessen vorl. Mittheilungen uns nur die zweite vorgelegen hat, scheint bei Mysis die Gastrulaeinstülpung durch eine Zeileinwucherung repräsentirt zu sein, in welcher später eine spaltförmige Höhle auftritt (No. 40). 338 XV. Capitel. plastischen, welche zum Aufbau des späteren Mittehlarmsäckchens verwendet wird, und einer abortiven, deren Zellen ausschliesslich als Vitellophagen fungiren. Wir werden später verschiedentlich und vor Allem im Bereiche der Insecten ganz ähnliche Verhältnisse vorfinden. F. Arthrostraken und Cumaceen. Den Beobachtungen Nusbaum's über die Keimblätterbildung der Mysideen schliessen sich die Studien dieses Autors an Ligia oceanica (No. 85 a) innig an und liefern zum Theil den Schlüssel für das Ver- ständniss der Keimblätterbildung in der ersteren Gruppe. Auch hier findet sich nach vollendeter Ausbildung des Blastoderms eine der späteren Ventralseite entsprechende Verdickung desselben, die Keimscheibe, an welcher man bald einen Zerfall in drei Parthien erkennen kann (Fig. 244). Von letzteren stellen die zwei vorderen paarig angeordneten (Fig. 244 w) die Wucherungsstellen für die Elemente des Mesoderms dar, während die hintere unpaarige Verdickung (en) durch eine besonders a c Fig. 244. Oberflächenansicht des Eies von Ligia oceanica im Stadium der Keimblätterbildung (nach Nusbaüm). en Eimvucherungsstelle des En- toderms, k Blastodermkerne, m paarige Eimvucherungsstelle des Mesoderms. W~-- -V/^ • Figf. 245. Zwei Querschnitte durch dieKeim- scheibe von Ligia oceanica (nach Nusbaum). A Querschnitt durch die vordere Parthie auf der Höhe der Linie ab in Fig. 244, B Querschnitt durch die hintere Parthie auf der Höhe der Linie cd in Fig. 244. d Dotterzellen, ec Ectoderm, en Entoderm, m Mesoderm, c centrale Einsenkung der Keim- scheibe (Blastoporus). in ihrem centralen Theile sehr lebhafte Zelleinwucherung die Elemente des Entoderms liefert (vgl. die Querschnitte Fig. 245^1 und B). Die hier vorliegenden Verhältnisse lassen sich sehr leicht mit dem Typus der Keimblätterbildung von Astacus in Verbindung setzen. Wir werden die hintere unpaare Wucherungszone von Ligia dem sich später einstülpenden Entodermfelde (Eig. 237 Es) von Astacus vergleichen dürfen, vor welchem sich die Wucherungszone für das Mesoderm (BM ) findet. Letztere zeigt auch bei Astacus nach Reichenbach schon in frühen Stadien eine deut- liche bilateral-symmetrische Vertheilung der Elemente. Bei Ligia finden wir sie, entsprechend den beiden Hälften des späteren tveimstreifs, in zwei paarige Wucherungsstellen vertheilt. In welcher Weise die Bildung des eigentlichen Keimstreifs von diesen Wucherungszonen ausgeht, ist im Einzelnen nicht bekannt. Doch werden wir annehmen dürfen, dass die Elemente des Mesoderms unter dem Ectoderm nach vorne rücken, und Crustaceen. 339 dass gleichzeitig der darüber gelegene Theil des Ectoderms sich verdickt. Auf jeden Fall liefern uns spätere Stadien von Ligia und Cymothoa den deutlichsten Beweis, dass wir die erwähn- ten Wucherungszonen des Mesoderms, als dem hintersten Ende des späteren Keimstreifs ent- sprechend, uns vorstellen müssen. Denn im Naupliusstadium von Ligia (Fig. 246) finden wir hinter dem dritten Extremitätenpaare (3) eine vor der Anlage der Afteröffnimg (a) sich ein- schiebende Bildungszone (K) für die daselbst sich neu anlegenden hinteren Körpersegmente. Diese Bildungszone besteht bereits aus zwei Zellschichten (Ectoderm und Mesoderm), deren Zellen durch Vermehrung einer ganz hinten vor der Afteröffnung («) gelegenen Querreihe grosser Bildungszellen hervorgegangen sind und sowohl im Ectoderm als auch im Meso- derm eine äusserst regelmässige Anordnung in Querreihen und Längsreihen aufweisen. Nach Patten (Quart. Jourm Micr. Sc. Vol. XXXI 1890, pag. 371) liegen in jeder Querreihe jederseits bei Cymothoa vier Mesodermzellen (Fig. 247 ms), aus deren Vermehrung in den vorderen, ausgebildeteren Segmentanlagen das Mesoderm- material des gesammten Segmentes in der Weise sich herausbildet, dass die Abkömmlinge der drei lateralen Zellen sich vereinigen, während die der vierten medianwärts Fig'. 246. Keimstreif im Naupliusstadium von Ligia oceanica (nach Nusbälm). a After, h Entoderm- lappen (Leberanlagen) , o Augenlappen. 1, 2, 3 erstes, zweites, drittes Paar von Naupliusgliedmassen. olOher- lippe, k Segment-Knospungs- zone. gelegenen Zelle mit samen Complex sich ordnen. Diese ungemein gesetzmässige Anordnung des Zellmaterials in den neu entstehenden- Seg- menten des hinteren Kör- perabschnittes erinnert an ganz ähnliche Verhält- nisse, wie sie von Claus für Branchipus an der gleichen Stelle beobach- tet wurden. Andererseits fordert aber die Anord- nung der Mesodermzellen in den durch sämmtliche Segmente nach vorne ver- laufenden Längsreihen zu einem Vergleich mit den von Wilson und neuer- dings von Bergh bei den Oligochäten (vgl. oben pag. 195) beobachteten Verhältnissen heraus. Aus dem gesetzmässigen An- wachsen der Mesoderm- denen der anderen Körperhälfte zu einem gemein- an- A Fig. 247. Ein Stück der segmentbildenden Zone des Keimstreifs von Cymothoa (nach Patten). A medianer Längsschnitt, B Innenansicht des hinteren Endes des Keimstreifs (vgl. Fig. 246). Kechts sind die Zellen der Mesodermschicht in der Zeichnung weggelassen. ec Ectoderm, ms Mesoderm. 340 XV. Capitel. streifen scheint jedoch hervorzugehen, dass bei Ligia und Cyinothoa die beiden urspünglichen Wucherungszonen des Mesoderms der Lage nach dem hintersten Ende des späteren Keimstreifs entsprechen. Wir werden daher auch für Mysis vermuthen dürfen, dass ähnliche Verhält- nisse vorliegen und dass die beiden, oben erwähnten, lateralen Lappen der Keimscheibe den paarigen Wucherungszonen des Mesoderms ent- sprechen. Dann würden wir annehmen dürfen, dass das gesammte Mesoderm des Keimstreifs durch Proliferation von diesen Wucherungs- stellen aus entsteht und nicht — wie Nusbaum für Mysis annimmt — durch eine Art Delamination von der Innenfläche des Ectoderms des Keimstreifs sich abspaltet. Bei Ligia und überhaupt bei den Isopoden finden sich nur spär- liche Dotterzellen, welche dieselbe Rolle spielen, wie die von Mysis. Sie lösen sich in frühen Stadien von den unteren Schichten der Embryonal- anlage los, wandern in den Dotter ein, um sich als Vitellophagen an dessen Auflösung zu betheiligen, und gehen schliesslich zu Grunde. Das eigentliche Entoderm tritt hier nicht in das Innere des Dotters ein, son- dern bildet eine mit dem Keimstreif in inniger Verbindung bleibende, bald in zwei Hälften angeordnete paarige Zellmasse (Fig. 246 h). Wie aus diesen Anlagen der definitive Mitteldarm gebildet wird, darüber sind die vorläufigen Mittheilungen Nusbaum's etwas undeutlich. Die beiden Anlagen vereinigen sich im Vordertheile des Embryos und bilden daselbst die Mitteldarmwand; ausserdem wachsen zwei rinnenförmige, nach dem Dotter offene und concave, nach Aussen convexe, dem Keimstreifen dicht anliegende Fortsätze nach hinten: die Anlagen der primären Leber- schläuche, welche sich erst später durch Längseinschnürung in vier theilen; die Mitteldarmanlage ist nach hinten und dorsalwärts von der Dottermasse überlagert. Letztere wird erst allmählich, indem sich die Entodermzellen durch Theilung vermehren, von dem Epithel der Mittel- darmanlage völlig umwachsen, wodurch die in jüngeren Stadien dorsal- wärts offene Mitteldarmanlage dann ihren dorsalen Abschluss erhält. Letztere ist bei Ligia, wie bei Porcellio ziemlich umfangreich, während sie bei Oniscus sich auf die Leberausstülpungen und die ihrer Ein- mündung zunächst gelegene Darmparthie zu beschränken scheint. Die Verhältnisse der Keimblätterbildung, wie wir sie nach Nusbaum für Ligia geschildert haben, dürften vielleicht im Bereiche der Isopoden weitere Verbreitung haben, wenngleich unsere Kenntnisse über diese Verhältnisse noch zu ungenügende sind, um ein Urtheil hierüber aussprechen zu dürfen. Am Genauesten ist noch die Keimblätterbildung von Oniscus bekanntgeworden. Auch hier soll das Blastoderm nach Bobretzky (No. 80) durch discoidale Furchung gebildet werden, doch möchte dieselbe vielleicht in Wirklichkeit unserem Typus III b (vgl. oben pag. 319) zuzurechnen sein1). Jene Stelle der Eioberfläche , von welcher die Bildung des Blastoderms ausging, ist wie *) Mit letzterer Auffassung lassen sich auch die Beobachtungen von Roule (No. 92) in Uebereinstimmung bringen, obgleich sie manche Unklarheit enthalten. Nach Roule bildet sich bei Porcellio eine oberflächliche Zellscbicht, welche am Rande durch Anfügung neuer, aus der Tiefe des Dotters kommender Plasmaparthien vermehrt wird. Die Kerne sollen jedoch in dieser Zellschicht spontan (!) entstehen. Diese Zell- schicht (Blastoderm), welche Roule als Ectoderm bezeichnet, zeigt sich zuerst in den vorderen Partbien des Embryos, breitet sieb von hier über die ventrale Fläche nach hinten aus und erstreckt sich zum Schluss auch auf die dorsale Seite. Die innere, von dieser Zellschicht umschlossene Nahrungsdottermasse wird von Roule als Meso- entoderm in Anspruch genommen. Crustaceen. 341 bei Mysis und Ligia auch späterhin durch eine rundliche Blastodermverdickung, die Keimscheibe, gekennzeichnet. Die Keimscheibe entspricht der späteren Ventralfläche des Embryos; aus ihr geht der Keimstreif hervor. Die Keim- blätterbildung wird (ähnlich wie bei Ligia, doch ohne vorhergehende Ab- grenzung des mesodermalen und entodermalen Bezirkes) durch eine Ein- wanderung von Zellen im Centrum der Keimscheibe eingeleitet. Die Gastrula- einstülpung ist hier durch eine einfache Zeileinwucherung ersetzt. Durch letztere wird die Keimscheibe mehrschichtig. Während ihre äusserste (oberste) Schicht zum Ectoderm des Keimstreifs sich umwandelt, liefert die untere Schicht das Mesoderm und Entoderm. Bobretzky (No. 80) , dem wir eine grundlegende Darstellung der Oniscusentvvicklung verdanken, beobachtete, dass von dieser unteren Schicht einzelne Zellen in den Nahrungsdotter einwandern, denselben durchsetzen und, indem sie sich daselbst vermehren, durch einen Act secundärer Dotterfurchung den Zerfall des Dotters in einzelne Zell- territorien bewirken (Fig. 248 liy). Diese Zellen sollten das Entoderm re- präsentiren und später — ähnlich wie die Zellen im Dotter von Palaemon Fig. 248. Zwei Längsschnitte durch den Embryo von Oniscus murarius (nach Bobretzkv, aus Balfour's Handbuch). A jüngeres, B älteres Stadium. do Dorsalorgan, hy Nahrungsdotter mit Dotterzellen, ld Herzanlage, li Leber, m, mb Mesoderm, ol Oberlippe, pr Enddarm, sg Gehirn, st Vorderdarm, vg Bauchganglien- kette, zp Anlage des Kauapparates. — zur Bildung des Mitteldarms (vor Allem der Leber) Anlass geben. Die dicht an der Keimscheibe verbleibenden Zellen der unteren Schicht dagegen sollten das Mesoderm (Fig. 248 m) repräsentiren. Diesen Angaben ist neuerdings Nusbaum (No. 85) entgegengetreten mit der Behauptung, dass die Dotterzellen, welche übrigens nicht bloss von der Keimscheibe, sondern von dem ganzen Umkreis des Blastoderms ins Innere einwandern, an dem weiteren Aufbau des Embryos keinen Antheil nehmen, sondern bloss, wie bei Mysis und Ligia, als Vitellophagen fungiren. Das eigentliche Entoderm liegt bei Oniscus nach Nusbaum ursprünglich mit den Elementen des Mesoderms vereinigt, in den unteren Schichten der Keimscheibe, ordnet sich jedoch bald zu zwei lateralen Zellanhäufungen an, welche mit einander verwachsen und die Mittel- darmanlage, sowie die Leberausstülpungen (Fig. 248 B, li) bilden. Bei Oniscus scheint die Ausbildung zweier primärer Lebersäcke der Entwicklung des Mitteldarms voranzugehen, indem sich eine von den genannten Zellanhäufungen ausgehende, streifenförmige Entodermanlage jederseits zur Bildung eines Leber- säckchens einkrümmt, welche erst später unter Entwicklung eines sehr kurzen Mitteldarmantheils unter einander in Verbindung treten. Bei Porcellio da- gegen scheint nach Reinhard (No. 91) die Bildung des Mitteldarmantheils Korschelt -H eider, Lehibucb. &> 342 xy. Capitel. der Abschnürung der Lebersäcke vorauszueilen. Die beiden primären Leber- schläuche theilen sich durch Längseinschnürung später in vier. Es ist zu bemerken, dass der Mitteldarm bei Oniscus — wie überhaupt bei den höheren Crustaceen — auf ein sehr kurzes Stück in der Umgebung der Lebereinmün- dungsstellen beschränkt ist, während der grösste Theil des Darmcanals dem Vorderdarm und Enddarm entstammt. Während dieser Entwicklungsvorgänge breitet sich die Schicht der Mesodermzellen unter dem in die Länge wachsen- den Keimstreif gleichmässig aus und tritt in das Innere der Extremitäten- anlagen. Es verdient jedoch Erwähnung , dass Wasil.jeff (No. 84) bei Oniscus einen Zerfall des Mesoderms in segmentale Somiten beobachtet zu haben glaubt. Mit dieser Darstellung der Keimblätterbildung bei Ligia und Oniscus, welche hauptsächlich auf den Angaben Nusbaum's beruht und welche mit den Mittheilungen Bullar's (No. 81) für Cymothoa in Uebereinstimmung steht, lassen sich die Ergebnisse, zu denen Pereyaslawzewa (No. 70 u. 71) und Rossiiskaya (No. 72 — 78) an den Eiern verschiedener Amphipoden (Gammarus poecilurus, Orchestia, Caprella, Sunamphithoe, Amphithoe) gelangt sind, ziemlich gut in Uebereinstimmung bringen. Hier entstammen die Ele- mente des Entoderms einer Einwanderung einzelner Blastodermzellen in tiefere Schichten und ordnen sich bald , nachdem sie vorübergehend im Nahrungs- dotter zerstreut waren, zu zwei lateralen Entodermstreifen an, welche zunächst in den vorderen Parthien des Embryos auftreten und sich zur Bildung des Mitteldarmrohres aneinanderschliessen. Durch Abfaltung von letzterem ent- stehen dann die primären Leberschläuche, welche sich bald durch Theilung bis auf vier vermehren. Von diesem Verhalten weicht Caprella und Sunamphithoe insofern ab, als sich hier die Anlagen der Leberschläuche vor Ausbildung des übrigen Theiles des Mitteldarms differenziren. Sie schliessen sich in dieser Hinsicht an Oniscus an. Dagegen soll das Mesoderm erst in verhältnissmässig späten Stadien durch eine Art Delaminationsprocess vom Ectoderm in den einzelnen Extremitätenanlagen entspringen (?). Die Cumaceen schliessen sich durch die Verhältnisse der Keimblätter- bildung, durch die Lage und Gestalt des Keimstreifs und des Dorsalorgans am nächsten an die Isopoden an. Hier bildet sich durch discoidale Furchung zunächst eine rundliche Scheibe aus, welche allmählich die Oberfläche des Eies überwächst. Bevor jedoch auf diese Weise das Blastoderm vollständig gebildet ist, macht sich im Centrum dieser Scheibe eine Zellproliferation geltend, welche zur Anhäufung von Zellen unterhalb des Blastoderms führt. An diesen inneren Zellen lassen sich bald zwei Schichten , Mesoderm und Entoderm unterscheiden. Diese Processe zeigen grosse Aehnlichkeit mit den von Bobretzky für Oniscus beschriebenen. Die beiden erwähnten unteren Schichten verbreiten sich hierauf längs eines an der Ventralseite des Eies gelegenen streifenförmigen Bereiches , welcher auf diese Weise zu der als „Keimstreif" zu bezeichnenden Embryonalanlage ausgebildet wird. Dieselbe bleibt nicht bloss auf die Ventralseite beschränkt, sondern greift bald mit ihrem vorderen und hinteren Ende auf die dorsalen Parthien des Eies über. Gleichzeitig entwickelt sich an der Dorsalseite eine als „Dorsalorgan" zu be- zeichnende Zellanhäufung (vgl. unten pag. 351). An allen diesen Entwick- lungsvorgängen nimmt der Nahrungsdotter anscheinend keinen activen Antheil. Es lassen sich in demselben anfangs auch keinerlei zellige Elemente wahr- nehmen. Nach Ausbildung des Keimstreifs treten jedoch in der Nähe des- selben im Nahrungsdotter vereinzelte halbmondförmige Zellen auf, welche ein Dotterkorn umschliessen. Ausserdem finden sich noch ganz vereinzelte grössere, feingranulirte Elemente im Nahrungsdotter. Die Rolle dieser Elemente ist Crustaceen. 343 nicht genau erkannt. Es scheint, dass sie an der Mitteldarmentwicklung keinen Antheil nehmen. In späteren Stadien (zur Zeit der Extremitäten- entwicklung) wurde ein Zerfall des Nahrungsdotters in grössere Ballen be- obachtet (H. Blanc No. 35). G. Allgemeines. Wir müssen zunächst die Lagebeziehungen des Blastoporus ins Auge fassen. Wenn wir die Verhältnisse verwandter Gruppen, vor allem der Anneliden (vgl. das oben pag. 174 über den Verschluss des Blastoporus bei Eupomatus Gesagte), zum Vergleiche heranziehen , so würden wir geneigt sein, auch bei Crustaceen die ganze, zwischen Mund und After- öffnung sich hinziehende Strecke für die Lage des Blastoporus in Anspruch zu nehmen. Für eine solche Ausdehnung finden sich aber nur in der Ontogenie ganz weniger Formen gewisse Andeutungen, so z. B. in dem spaltf örmigen , von vorne nach hinten sich schliessenden Urmunde von Cetochilus (nach grobben, vgl. oben pag. 325) und in dem Fortsatz, mittelst welchen die Einwucherungsstelle des Entoderms bei Ligia (vgl. oben pag. 338 Fig. 244) sich nach vorne zwischen die beiden Mesodermkeime erstreckt. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle lauten die Angaben dahin, dass der Blastoporus seiner Lage nach dem hintersten Ende des Keimstreifs und ungefähr der Stelle der sich später bildenden Afteröffnung entspricht. Wir werden aber hier die ungemeine Kürze der ersten Embryonalanlage (Keimscheibe) bei vielen Crustaceen in Berücksichtigung ziehen müssen und uns vorstellen dürfen, dass bei dem Auswachsen dieser kurzen Anlage zur Bildung des gestreckteren Keimstreifs Elemente, welche ursprünglich im Bereich des sich schliessenden Blastoporus waren, durch Wachsthunisverschiebungen weiter nach vorne verlagert werden, so dass im Grunde vielleicht dem Blastoporus doch eine grössere Ausdehnung nach vorne zugesprochen werden müsste, als man dies im Allgemeinen für die Crustaceen zuzu- geben geneigt ist. Wenn wir durch den sich schliessenden Blastoporus die Lage des späteren hinteren Körperendes und des vegetativen Eipoles gekennzeichnet annehmen, so würden wir für die durch die Bildung der Kopf läppen (Augenlappen) deutlich werdende Anlage des Vorderendes, unter Berück- sichtigung der bei den Anneliden zu beobachtenden Verhältnisse, den diametral gegenüberliegenden Punkt der Eiperipherie in Anspruch nehmen. Eine solche Lagerung weisen die Kopf läppen aber nur in wenigen Fällen [z. B. bei Moina (Fig. 235 C, b, s) und Cetochilus] annäherungsweise auf. Bei den dotterreicheren Eiern gehören die Kopf läppen und der Blastoporus derselben Hemisphäre des Eies an und erscheinen einander mehr oder weniger genähert (vgl. Fig. 238 pag. 331, an welcher das spätere Vorder- ende des Körpers durch ein * gekennzeichnet ist). Man erkennt hieraus, dass die Anlage der späteren Ventralseite im Eie bedeutend kürzer ist, als die der Dorsalseite oder — mit anderen Worten - die Dorsalseite des Embryos erscheint durch Einlagerung von Nahrungsdottermassen beträchtlich aufgequollen und dementsprechend in ihrer Entwicklung verzögert. Die Lage der Nahrungsdotterkugel ist demnach im Verhältniss zur Längsaxe des sich entwickelnden Embryos eine excentrische und zwar dorsalwärts verschobene. Ein Vergleich der bei den Vertebraten zu beobachtenden Verhältnisse, wo wir eine dorsale Lagerung des Blastoporus und eine Verlagerung der Nahrungsdottermasse nach der 23* 344 XV. Capitel. Ventralseite vorfinden, ist nach mancher Hinsicht lehrreich. Vgl. das oben pag. 322 über diese Verhältnisse Gesagte. Fassen wir die Art und Weise der Keimblätterbildung und zwar zunächst die Entstehung des Entoderms ins Auge, so sind es nur verhältnissmässig wenige Formen mit dotterärmeren Eiern, bei denen ursprüngliche , direct auf die Entwicklungsweise der Anneliden zu beziehende Verhältnisse zu bemerken sind. Auch hier wäre in erster Linie Cetochilus zu nennen, bei welchem ein durch Invagination ent- standenes Urdarmsäckchen nach Schluss des Blastoporus sich wahrscheinlich direct in die Mitteldarmanlage umwandelt. Auch Moina, vielleicht auch Lucifer und Penaeus scheinen diesen Verhältnissen noch nahe zu stehen. Im Allgemeinen ist die Entodermbildung durch Invagination unter den Crustaceen ziemlich verbreitet. In anderen Fällen [Artlirostraken, Mysideen, Cumaceen, Cirripedien (?)] unterbleibt die Bildung einer Einstülpung und die Sonderung des Entoderms vollzieht sich in der Form einer soliden Zeilein Wucherung (vgl. Fig. 245 B, pag. 338). Wichtige und charakteristische Verschiedenheiten ergeben sich in der Entwicklung der dotterreicheren Crustaceeneier, insofern die späteren Schicksale der Entodermzellmasse in Frage kommen. Bei jenen Umbildungen, durch welche aus dem Material des Entoderms die Anlage des Mitteldarms mit seinen Leberausstülpungen hervorgeht, machen nämlich die Beziehungen dieser Anlage zur Nahrungsdotteranhäufung ihren bestimmenden Einfluss geltend. Im Anfange der Entwicklung erscheint nach Ablauf der Blastodermbildung das Blastocöl von Nahrungs- dotter erfüllt. Es geht hieraus hervor, dass bei dem Eintritt der Gastrulation der Nahrungsdotter ausserhalb des Urdarmsäckchens in der sog. primären Leibeshöhle gelegen ist. Später aber wird die Mitteldarmanlage in der Regel in der Weise gebildet, dass sie die ge- sammte Nahrungsdottermenge in ihrem Inneren beherbergt. Es hat demnach in den relativen Lageverhältnissen der Entodermanlage und des Dotters eine Veränderung stattgefunden. Dieselbe kann bei den Crustaceen auf dreierlei verschiedene Art vollzogen werden, so dass sich drei verschiedene Typen der Entwicklung des Mitteldarms ergeben, welche in folgender Weise charakterisirt werden können: I. Entwicklung des Mitteldarms unter Filtration des Nahrnngs- dotters, z. B. bei Astacus (Fig. 240 pag. 333). Der Nahrungsdotter, welcher in der primären Leibeshöhle gelegen ist, wird successive in das Innere der Entodermzellen aufgenommen. Wenn diese Aufnahme unter Entwicklung der secundären Dotterpyramiden beendet ist, erscheinen die Kerne der Entodermzellen an die Oberfläche des Nahrungsdotters gerückt. Dort bildet sich das Epithel des Mitteldarmsäckchens aus, in dessen Inneren schliesslich die ganze Dottermasse gelegen ist. Das Typische an diesem Vorgange ist, dass das durch die Invagination entstandene Gastrulasäckchen während der ganzen Dauer dieser Processe in seinem Zusammenhange erhalten bleibt, wie denn auch das Lumen dieses Säckchens in das Lumen des späteren Mitteldarms übergeht. Die Entodermzellen verlieren hier niemals ihren epithelialen Zusammenhang. Der Nahrungsd otter — ursprünglich ausserhalb des Entodermsäckchens gelegen ■ tritt zunächst in die Wand dieses Säckchens und schliesslich in das Lumen des Säckchens selbst ein. Diese Art der Mitteldann- bildung scheint sehr vereinzelt da zu stehen. Bisher bildet Astacus den einzigen bekannt gewordenen Fall dieser Art, der aber von um so Crustaceen. 345 grösserem Interesse ist, als er uns den Schlüssel für das Verständniss der beiden anderen Entwicklungstypen abgiebt. II. Entwicklung des Mitteldarms unter Dnrchwanderuug des Nahrungsdotters, z. B. bei Palaemon (Fig. 241, pag. 334). Hier ver- lieren die Zellen des durch Invagination entstandenen Gastrulasäckchens sehr bald ihren epithelialen Zusammenhang, so dass das Säckchen selbst unter diesem Auflösungsprocess scheinbar verschwindet. Die Entodermzellen treten vereinzelt in der Form amoeboider Wanderzellen in den Dotter ein, welchen sie durchziehen, um sich schliesslich an der Oberfläche desselben zur Bildung des Mitteldarmepithels anzuordnen. Man sieht, dass auch in diesem Falle die Bewegungsrichtimg der Entodermzellen die gleiche ist, wie bei dem oben geschilderten Typus. Der einzige Unterschied gegenüber demselben besteht darin, dass in dem hier vor- liegenden Falle die Wand des Gastrulasäckchens zeitweilig ihren epithe- lialen Zusammenhang verliert. Um diesen Typus von dem vorher- gehenden ableiten zu können, dürfen wir uns nur vorstellen , dass bei geringer Anzahl der Entodermzellen und grosser Nahrungsdottermenge die Abstände der bei der Vergrösserung des Gastrulasäckchens aus- einanderrückenden Entodermzellen so beträchtliche werden, dass der Zusammenhang des Epithels nicht erhalten bleiben konnte. Thatsächlich erscheint aber mit dem zeitweiligen Selbstständigwerden der entodermalen Wanderzellen eine Vereinfachung des Entwicklungsprocesses gegeben, durch welche der Beginn der Einwanderung in den Dotter in früheren Stadien ermöglicht wurde. Der vorliegende Entwicklungstypus scheint unter den Crustaceen grosse Verbreitung zu besitzen. Wir finden ihn bei den meisten Decapoden und wahrscheinlich auch bei den dotter- reicheren Eiern vieler Entomostraken (der Cirripedien, Copepoden, Cladoceren). Wir werden ihn ausserdem später bei manchen anderen Arthropodengruppen, z. B. bei Limulus, den Spinnen etc., wiederkehren sehen. Vielfach kommt es während der Durchwanderung des Nahrungs- dotters zu einer nachträglichen Abgrenzung der Zellterritorien der im Dotter zerstreuten Entodermzellen. Diesen Process hat man als Dotterfurchung bezeichnet. Er hat aber natürlich mit der eigent- lichen Furchung durchaus Nichts zu thun. Denn diese müssen wir ja mit der vollendeten Ausbildung des Blastoderms als abgeschlossen betrachten. III. Entwicklung des Mitteldarms unter Uniwaclisung des Nahrungsdotters , z. B. bei Mysis und Ligia (vgl. oben pag. 337, Fig. 243). Hier trennen sich, ähnlich wie bei dem vorhergehenden Typus von der (bei den hierhergehörigen Formen wohl stets durch solide Einwucherung entstandenen) Entodermzellenmasse einzelne Zellen ab, und treten in den Dotter ein, um sich in demselben zu zerstreuen. Diese Zellen nehmen aber an dem späteren Aufbau des Mitteldarms keinen Antheil; sie dienen als Vitellophagen der Assimilation des Nahrungsdotters und gehen später zu Grunde oder werden vielleicht in Blutkörperchen umgewandelt. Der Hauptantheil der Entodermzellen betheiligt sich aber nicht an dieser Einwanderung, sondern bleibt nahe seiner Ursprungsstelle an der Oberfläche des Nahrungsdotters liegen, um sich später in zwei paarige, unter dem Keimstreif gelegene, scheiben- förmige Entodermzellschichten umzuwandeln (Fig. 243 1 und 246 h), welche, indem sie sich durch Theilung der Zellen vergrössern , sich an der Oberfläche des Nahrungsdotters ausbreiten und denselben allmählich 346 XV. Capitel. umwachsen. Hier hat sich demnach das Entoderm — wie wir dies bereits oben pag. 337 auseinandergesetzt haben — in zwei differente Antheile, einen plastischen und einen abortiven, getrennt. Wir werden uns hierbei daran zu erinnern haben, dass auch bei dem II. Entwicklungs- typus nicht sämmtliche im Dotter zerstreute Wanderzellen an die Ober- fläche treten (vgl. oben pag. 334), um sich an der Bildung des Mittel- darmepithels zu betheiligen, sondern dass eine Anzahl derselben im Dotter zurückbleibt, um schliesslich zu Grunde zu gehen. Diese letzteren entsprechen offenbar den Vitellophagen des vorliegenden Typus. Den eigentlichen Schlüssel für die Erklärung der hier gegebenen Verhältnisse liefert eine genaue Betrachtung der für Astacus beschriebenen Ent- wicklungsweise. Wir haben oben (pag. 332) erwähnt, dass die Zellen des Entodermsäckchens sich bei Astacus nicht in gleicher Weise an der Aufnahme des Nahrungsdotters betheiligen. Am meisten werden hierzu die Zellen der dorsalen Hälfte herangezogen, während die der ventralen Hälfte von der Filtration des Nahrungsdotters weniger afficirt werden. Von letzterer Parthie geht aber gerade die Bildung des definitiven Mitteldarmes zuerst aus. Wir finden zunächst in der Nähe des blinden Endes des Proctodäums eine Entodermzellplatte (Fig. 240 B, ep), welche bereits die Charaktere des definitiven Mitteldarmepithels aufweist und sogar eine gewisse Tendenz zur Ueberwachsung der übrigen, noch nicht modificirten Entodermparthien zeigt. Eine ganz übereinstimmende Entodermzellplatte wird auch bei dem II. Entwicklungstypus gebildet (Fig. 241 C, ep), so dass auch dort ein Theil der im Dotter zerstreuten Entodermzellen grössere, plastische Fähigkeiten beweist, als die übrigen. Hier finden wir demnach die Anfänge einer Arbeitsteilung gegeben, welche im III. Entwicklungstypus zur vollen Ausbildung gekommen ist. (Vgl. das oben pag. 337 über diese Verhältnisse Gesagte.) Dem vor- liegenden Entwicklungstypus gehören die Mysideen, Arthrostraken und Cumaceen (?) an. Er findet sich jedoch auch sonst im Kreise der Arthro- poden in mannigfachen Modifikationen wieder. Wir werden ihm beispielsweise bei den Scorpionen und den Insecten begegnen. Was das 3Iesoderm anlangt, so finden Mir nur bei dem kleinen Cetochilusei eine Anlage desselben aus paarigen Urmesodermzellen. Bei den meisten Crustaceen ist die Anlage eine von Anfang an vielzellige. Gegenüber den verschiedenartigen Angaben über die erste Entstehung und Lagerung des Mesoderms in den einzelnen Crustaceengruppen werden wir die Entstehung desselben an der vorderen Parthie der Urmundlippe (bei Decapoden) als einen verhältnissmässig ursprünglichen Vorgang zu betrachten haben, von welchem sich die Verhältnisse bei Ligia (vgl. oben pag. 338) und durch Vermittlung dieser Form vielleicht die vieler anderer Crustaceen ableiten lassen. Auffallend ist die geringe Tendenz der Mesodermzellen, sich von An- fang an einer gesetzmässigen Lagerung einzufügen. Nur andeutungsweise erkennen wir eine Anordnung in paarige Mesodermstreifen und eine seg- mentale Gliederung derselben. Auch hier sei wieder auf die Verhältnisse von Ligia und Cymothoa hingewiesen. Hinsichtlich des Auftretens metamerer Cölomsäcke finden sich nur einige, obenerwähnte (pag. 326, 228, 336 u. 342), spärliche Angaben. Im Allgemeinen entwickelt sich die Leibeshöhle der Crustaceen nach Art eines Pseudocöls als ein System unregelmässig begrenzter, lacunärer Räume innerhalb des Lagers der Mesodermzellen. Je mehr diese Bäume sich ausweiten, muss der Abstand der Körperoberfläche von der im Inneren gelegenen Nahrungsdottermasse Crustaceen. 347 sich vergrössern. Im Allgemeinen sind die Räume der Leibeshöhle von Serum erfüllt; doch verdient hier die Angabe Nusbaum's erwähnt zu werden, dass im vorderen Theile des Embryos von Mysis Nahrungs- dottermassen zur Erfüllung der kommen. Räume der Leibeshöhle in Verwendung 4. Entwicklung der äusseren Körperform. A. Entomostraken. Bei den Eiern vieler Entomostraken, welche nur in beschränk- terer Weise mit Nahrungsdotter versehen sind und deren Embryo vielfach schon in frühen Entwicklungsstadien (als Nauplius) ausschlüpft, entwickelt r Aß C zu ~\ -ob r \ vC"' i ■ CL VC n sd Fig. 249. Drei Embryonalstadien von Moina recticostris in seitlicher Ansicht (nach Grobben), im Anschlüsse an die Stadien Fig. 235, pag. 327. A Naupliusstadium , B Stadium mit vier Thoracalfüssen und der ersten Anlage der Schale, C Stadium mit fünf Thoracalfüssen und den beiden Maxillenpaaren. «' erste Antenne, a" zweite Antenne, «/"After, en Entoderm, /' /" /'" etc. erster, zweiter, dritter etc. Thoracalfuss (in Stad. C mit Anlage der Kiemensäckchen), g Genital- anlage, gh' primäres Gehirn, gh" secundäres Gehirn, m Mund, md Mandibel, ms Meso- derm, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, n Nackendrüse, ob Oberlippe, oe Oesophagus, s Schale, seh Scheitelplatte, sd Schalendrüse, za zusammengesetzte Augen. sich die Körperform des Nauplius durch ganz allmähliche Umbildungen aus der kugeligen Gestalt des Eies. Indem eine Streckung des Eies sich bemerkbar macht, zeigen sich durch quere Einschnürungen die Grenzen der einzelnen Segmente des Naupliuskörpers, während die Extremitäten als Ausstülpungen der Körperoberfläche angelegt werden (Fig. 249 A), an denen sowohl das Ectoderm als die darunter liegende Zellmasse des Mesoderms betheiligt ist. Solche Verhältnisse finden wir sowohl an den Embryonen der Branchiopoden, freilebenden Copepoden und Cirripedien, als auch bei gewissen, durch geringen Nahrungsdotter ausgezeichneten Cladoceren-Embryonen (Moina, Grobben) (Fig. 249). An den Embryonen jener Formen, welche über das Naupliusstadium hinaus im Eie verweilen, macht sich mit der Entwicklung der hinteren Körpersegmente und der dieser entsprechenden Streckung des Embryos eine dorsale Einkrümmung 348 XV. Capitel. Ventralseite gelagerten Embryonalanlage und derselben geltend [Apus productus (Brauer), Moina (Fig. 249 B und C) Grobben]. Hier wird schon frühzeitig an einer der Maxillarregion ent- sprechenden Stelle die Schalenanlage (s) in Form einer Duplicatur des Rückenintegumentes kenntlich. Anders liegen die Verhältnisse an den dotterreicheren Eiern mancher Cladoceren (so z. B. bei der von Dohrn No. 10 untersuchten Daphnia longispina und auch bei Leptodora nach P. E. Müller No. 12), an denen sich bereits ein gewisser Gegensatz zwischen der ursprünglich an der der dorsal aufliegenden Nahrungsdottermasse er- kennen lässt. Noch deut- licher tritt dieser Gegen- satz an den Embryonen der parasitischen Copepo- den (Fig. 250 A und B) (nach Rathke No. 89 und Van Beneden No. 17) zu Tage, bei denen man be- reits deutlich einen kurzen ventral en Keimstreif von einer dorsalen Dot- termasse trennen kann. Hinsichtlich derReihen- folge in der Entwicklung der einzelnen Körperseg- mente gilt im Allgemeinen das Gesetz, dass die vor- dersten Körpersegmente zuerst angelegt werden, während von einer am hinteren Körperende, aber vor dem frühzeitig ausge- bildeten End- oder After- segmente gelegenen Knos- pungszone successive neue Körpersegmente geliefert werden. Dementsprechend ist auch die Entwicklung der Extremitätenpaare im Allgemeinen eine von vorne nach hinten fort- schreitende, wenngleich in Fig. 250. Drei Entwicklungsstadien parasitischer Copepoden (nach Van Beneden). A Naupliusstadium von Brach iella Thynni, B späterer Embryo mit den Anhängen des ersten Cyclopsstadiums von A n c h o r e 1 1 a , C embryonales Cyclopsstadium von Hessia colorata. a' erste Antenne, a" zweite Antenne, d Nahrungs- dotter, en Entoderm (Mitteldarmwand), k Keimstreif, m Mandibel, mx erste Maxille, mf erster Maxillarfuss, mf" zweiter Maxillarfuss, oe Oesophagus, ol Oberlippe, p* p" erstes und zweites Thorax-(Kuder-)fusspaar. der Zeit des Auftretens der einzelnen Körperregionen Unterschiede erkennbar Naupliusextremitäten häufig gleichzeitig oder in sich das Naupliusstadium meist durch eine Extremitäten für die sind. So treten die rascher Folge auf, worauf Ruhepause (und öfters durch Ausbildung einer Larvencuticula) documentirt, während die Ausbildung der hinteren Extremitätenpaare mehr successive zu erfolgen pflegt. Für die Phyllopoden macht sich, entsprechend der kümmerlichen Entwicklung der Maxillenpaare, im ausgebildeten Zustande ein verspätetes Auftreten derselben im Embryo geltend (Fig. 249 B u. C) (Zaddach). Crustaceen. 349 B. Arthrostraken und Cumaceen. Bei den Arthrostraken ist die später die Embryonalanlage ausbildet, durch die daselbst gelegenen kleineren findende frühzeitigere Ausbildung des Stelle des Eies, an welcher sich häufig schon bei der Furchung Blastomeren oder die dort statt- Blastoderms gekennzeichnet. Es tu II y ;y Fig. 251. Zwei Entwicklungsstadien von Asellus in seitlicher Ansicht. Schematisch. ^4 Naupliusstadium (nach Van Beneden), B älteres Entwicklungsstadium nachDoHKN). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, af After, l lappenförmige Anhänge, md Man- dibel, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, mf Maxillarfuss, 1— FI erstes bis sechstes Gangbeinpaar, 1 — 5 erstes bis fünftes Pleopodenpaar, m Mund, x Dotterhaut, y Blasto- dermhaut. entwickelt sich eine anfangs rundliche Keimscheibe, welche sich bald zu einem die ganze ventrale Fläche des Eies bedeckenden und gelegentlich auch an den Enden dorsälwärts übergreifenden Keimstreifen (Fig. 251 Ä) streckt, Das vorderste Ende des Keimstreifs ist durch paarige Aus- breitungen, die Kopf läppen (pag. 339 Fig. 246 0), gekennzeichnet, welche vorzugsweise die Anlagen der Augen und des Gehirns enthalten, während der Keimstreif selbst bald durch auf- tretende Querfurchen in die einzelnen Körper- segmente getheilt erscheint (Fig. 251 B). Diese Segmentirung, sowie das Auftreten der Glied- maassenpaare erfolgt auch hier in der Reihenfolge von vorne nach hinten; doch macht sich häufig diese Gliederung in allen Körperregionen fast gleichzeitig bemerkbar. Da der sich in die Länge streckende Keimstreif keinen Raum zur freien Entfaltung besitzt, so treten bald charakteristische Krümmungsverhältnisse zu Tage. Bei den Iso- poden wird die ursprüngliche dorsale Krümmung (Fig. 251 B) erst gegen das Ende des Embryonal- lebens mit einer entgegengesetzten Lage vertauscht , während die Am- phipoden das letztere Verhalten in frühe Entwicklungsstadien verlegt zeigen und demzufolge während des ganzen Embryonallebens ein ventralwärts eingeschlagenes Abdomen aufweisen (Fig. 252). Während im Allgemeinen die Extremitäten sämmtlich sich fast gleich- zeitig anzulegen scheinen, zeigt Asellus, in dessen Embryonalentwicklung mehrfach ursprüngliche Züge erhalten sind, ein durch das Auftreten der beiden Antennenpaare und die Abscheidung einer Larvenhaut charakterisirtes Fig. 252. Embryo eines A m p h i p o d e n (Corophium) (nach F. Müller). K kugelförmiges Organ. 350 XV. Capitel. Naupliusstadium *) (Fig. 251 Ä), später treten die Mundtheile und 6 Thorax- beinpaare und zum Schluss die Abdominalbeinpaare auf (Fig. 251 B). Nach- dem die Extremitäten angelegt sind , bilden sich hinter dem Munde paarige Höcker (Paragnathen) aus, welche zur Anlage einer zweilappigen Unterlippe werden. Den für die Ausbildung des Keimstreifs von Asellus beobachteten Verhältnissen schliesst sich Ligia durch das Vorhandensein eines deutlich erkennbaren Naupliusstadiums (pag. 339 , Fig. 246) an. An den späteren Stadien der Embryonalentwicklung dieser Form ist vor Allem der Umstand bemerkenswerth, dass die Anlagen der Thoraxextremitäten ursprünglich einen zweiästigen Bau aufweisen (Nusbaum No. 85 a), so dass die definitiven Gang- beine aus diesen unter Rückbildung des Aussenastes hervorgehen, ein Ver- halten , welches in Uebereinstimmung mit dem Vorhandensein rudimentärer Exopoditen an den zwei vordersten Thoraxbeinpaaren der Scheerenasseln (Anisopoden) für die Ableitung der Isopoden und somit aller Arthrostraken von schizopodenähnlichen Vorfahren spricht. Es scheint ein sämmtlichen Isopoden zukommendes Verhalten zu sein, dass von den 7 Gangbeinpaaren (Thoraxbeinpaaren) das letzte im Embryo unterdrückt ist und erst nach dem Ausschlüpfen aus dem Eie angelegt wird. Die Ausbildung ähnlicher Larvenhäute, wie die für den Nauplius von Asellus erwähnte, ist ein bei den Arthrostraken sehr weit verbreitetes Vorkommen. Von der angeführten Kegel, dass der Keimstreif der Isopoden in den ersten Stadien eine dorsale Krümmung aufweist, macht der von Bullae (No. 81) studirte Embryo von Cymothoa nur eine scheinbare Ausnahme. Der an der Ventralseite des hier sehr grossen , dotterreichen Eies gelegene Keimstreif zeigt in dem hauptsächlichsten Verlauf seiner ganzen Ausdehnung dieselbe dorsale Krümmung wie bei den übrigen Isopoden. Nur das hinterste Ende (Anlage des Telson) ist ventralwärts umgeschlagen. Bei dem in späteren Stadien zunehmenden Breiten wachstimm rücken die lateralen Parthien des Keimstreifs an dem dorsal aufliegenden Nahrungsdotter empor und geben so zur Ausbildung der Seitentheile des Embryos Veranlassung. Die gleiche Wachsthumstendenz führt schliesslich zur Vereinigung der Seitenränder des Keimstreifs in der dorsalen Mittel- linie, wodurch die Aufnahme der Nahrungsdottermasse in das Innere des Embryos vollendet wird. Man beachte, dass hierbei jener Theil des Ectoderms, welcher früher die dorsale Nahrungsdotteranhäufung bedeckte, auf einen kleineren Raum zusammengedrängt wird und schliesslich der Rückbildung anheimfällt. Hiermit scheint die Ausbildung eines in der Dorsalregion des Embryos bei vielen Arthrostraken sich entwickelnden Organes in Zusammenhang zu stehen, welches von Meissner für Garn mar us entdeckt und als Micro pylapparat beschrieben, später bei zahlreichen Amphipoden und einigen Isopoden aufgefunden wurde und als kugelförmiges Organ oder Dorsalorgan die mannig- fachsten Deutungen erfahren hat. Bei den Amphipoden entwickelt sich das Dorsalorgan zur Zeit der Ausbildung des Keimstreifs als eine dorsal gelegene, scheibenförmige Blastodermverdickung (Fig. 252 K), welche nach Innen gegen den Dotter vorspringt und nach Ausbildung der Larvenhaut eine besondere Adhärenz an diese zeigt. Hier soll in M Während die älteren Beobachter an dem Naupliusstadium von Asellus das Vorhandensein einer Mandibularanlage nicht erkennen konnten, gelang es Eoas (No. 3 des Litt. Verz. über die Crustaceen-Metamorphose) an einigen Individuen die Anwesen- heit einer solchen nachzuweisen. Crustaceen. 351 derselben eine Durchbohrung sich entwickeln (Micropyle), während die mittleren Parthien der Scheibe sich zur Bildung einer kleinen Höhlung einstülpen (Fig. 253). In späten Stadien der Embryonalentwicklung, wenn die Ausbildung des Herzens unter dem Dorsalorgan vor sich geht, wird dasselbe rückgebildet, indem Mesodermzellen zwischen seine Zellen einwandern und wahrscheinlich an der Auflösung des Dorsalorganes activen Antheil nehmen (Rossijskaya No. 72). Ein derartig entwickeltes Dorsalorgan wurde von Fr. Müllee für zahl- reiche Amphipoden nachgewiesen; doch wurde es in ähnlicher Ausbildung auch bei Isopoden (Fig. 253) beobachtet (bei Cymothoa von Claus und Bullae No. 81 , bei Praniza von Dohen). Von Interesse ist unter den Amphipoden die Gattung Orchestia, deren Dorsalorgan ursprünglich asymme- trisch einem Seitenrande des Keimstreifs angelagert sich entwickelt und erst später nach der dorsalen Mittellinie rückt (Uljanin No. 75, Rossijskaya No. 72). — Eine andere Entwicklungsform des Dorsalorgans zeigt sich bei Oniscus (Dohen No. 83, Bobretzky No. 80), bei welcher Form die Zellen eines grösseren Bereiches sich zur Bildung einer der Larvenhaut adhärenten , sattelförmi- gen Platte (pag. 341, Fig. 248 A, do) verdicken. Letztere wird im Verlauf der weiteren Entwicklung durch ein- dringende Hautfalten immer mehr vom Embryo abgeschnürt, welcher schliess- lich mit derselben nur mehr durch einen dünnen Strang verbunden ist. Zum Schluss scheint diese Platte unter Lösung dieser Verbindung dem Zerfall entgegengeführt zu werden. Ein ähn- liches Dorsalorgan findet sich bei Ligia (Fe. Müllee No. 4, Rosalie Nusbaum No. 39). Ein Dorsalorgan, welches dem der Amphipoden ähnlich ist, wurde bei den Cumaceen (Dohen No. 36) beobachtet. Bei Mysis ist es ursprünglich paarig entwickelt (vgl. unten pag. 353, Fig. 254 d). Ebenso dürften die bei Tanais gefundenen (Fe. Müller No. 4) paarigen, mit der Larvenhaut zusammenhängenden Scheibenwülste hierauf zu beziehen sein. Unter den Decapoden findet es sich in sehr rudimentärer Form bei C rang on (Kingsley No. 53) und vielleicht (?) auch bei Pandalus und Palinurus (Dohen No. 45), sowie bei Homarus (Herrick: No. 50). Unter den verschiedenen Deutungen, die man diesem embryonalen Organ hat zukommen lassen, hat die von Fe. Müllee (No. 4) ausgesprochene, später von Grobben (No. 11) eingehender begründete, am meisten Anklang gefunden. Hienach hätten wir in dem Dorsalorgan den embryonalen Ueberrest eines bei den Jugendstadien der Phyllopoden fungirenden, theilweise sich zeitlebens er- haltenden Anheftungsorganes, der sog. Nackendrüse (Fig. 249 C, n) vor uns. Eine solche Nackendrüse wurde von Grobben und Uebanovicz auch bei Cope- poden (Cyclops, Ergasilus) und von Geobben bei Euphausia vorgefunden. Wenn auch der Vergleich mit der Nackendrüse viel Wahrscheinlichkeit zu haben seheint, so dünkt uns doch die Homologie beider Bildungen noch nicht völlig Fig. 253. Schematischer Querschnitt durch den Embryo von Cymothoa (nach Bullar, aus Balfour's Handbuch). Unten der quergetroffene Keimstreif, oben das Dorsalorgan. 352 xv- Capitel. sicher gestellt. Es ist die Möglichkeit, die wir oben andeuteten, nicht aus- geschlossen, dass in dem Dorsalorgan bloss die Involutionsform des den Nahrungsdotter bedeckenden Blastodermtheils vorliegt. Die Involution würde sich dann bei dem Amphipoden-Typus durch Einstülpung, bei dem Oniscus-Typus durch Amputation einleiten. Diese Vorgänge haben vielleicht in der Bildung des Rückenorgans bei den Insecten ihre Analoga. In die Reihe der mit dem Dorsalorgan zu homologisirenden Bildungen wurden vielfach auch die paarigen, lappenförmigen Anhänge (Fig. 251 l) der Asellus-Embryonen gestellt, deren wahre Bedeutung erst durch Claus (No. 82) unter Vergleich der von ihm beobachteten Jugendstadien von Apseudes klargestellt wurde. An letzteren beobachten wir der Maxillarregion zugehörende, flügeiförmige Integument - Duplicaturen , die Anlagen einer über eine kleine Athemhöhle sich ausdehnenden Schale, unter welcher die Taster der vorderen Maxille und die schwingende Epipodiallamelle des Maxillarfusses zu liegen kommen. Bei Asellus ist diese Schalenduplicatur auf ein dreilappiges Rudiment reducirt, welches - wie schon Rathke (No. 88) annahm — als embryonale Kieme fungiren dürfte. Die soeben herangezogenen Anisopoden (Tanais, Apseudes) schliessen sich in der Conformation ihres Embryos am nächsten den Isopoden an , mit denen sie die dorsale Einkrümmung und das Fehlen des 7. Brustbeinpaares gemein haben. Dagegen mangeln den aus dem Ei schlüpfenden Jungen noch sämmtliche Abdominalbeinpaare mit Ausnahme der des letzten (6.) Paares, ein Verhalten , wodurch sie sich den Cumaceen nähern (Fr. Müller No. 4, Claus No. 78). Dass die paarigen, von Fr. Müller am Tanais- Embryo beobachteten Scheibenwülste wahrscheinlich auf das Dorsalorgan zu beziehen sind, haben wir oben (pag. 351) erwähnt. Auch die Embryonen der Cumaceen schliessen sich durch ihre dorsale Einkrümmung, durch das Fehlen des 7. Brustbeinpaares und durch ein (wohl dem von Cymothoa ähnliches) Dorsalorgan den Isopoden an. Wie bei den Anisopoden besitzt der ausschlüpfende Embryo bloss ein (das 6.) Abdominal- beinpaar. C. Leptostraken, Schizopoden, Decapoden. Zwei Momente sind es, durch welche die Embryonalentwicklung dieser Gruppen im Allgemeinen beeinflusst wird: 1) die in den meisten Fällen sehr beträchtliche Ansammlung von Nahrungsdotter, wodurch die Grösse des Eies und die in den ersten Stadien völlig flächenhafte Ausbreitung der Embryonalanlage bedingt ist und 2) die allmähliche Entwicklung des gestreckten Keimstreifs aus einer ursprünglich kurzen, aus wenigen Segmenten bestehenden Anlage (deutliche Ausprägung des Naupliusstadiums). Ueber die vermuthlich sehr ursprüngliche Verhältnisse aufweisende Ent- wicklung des Larvenkörpers in den Eiern jener Gattungen, welche das Ei als Naupliusform verlassen (Euphausia, Penaeus, Lucifer) ist bisher nichts Näheres bekannt geworden. Wir können die Entwicklung von Mysis zum Ausgangspunkte unserer Darstellung nehmen, indem wir vor Allem den Angaben von E. van Beneden (No. 37) und Nusbaum (No. 39) folgen. Die Eier von Mysis entwickeln sich (wie die der Cumaceen und Arthrostraken) in einer von Epipodiallamellen der Brustbeine überdeckten Bruttasche. Die erste Entwicklung des Embryos geht hier von derselben Stelle aus, von Crustaceen. 353 welcher die Bildung des Blastoderms ihren Ursprung nahm und welche dem hinteren Theile der späteren Ventralfläche entspricht. Wenn die Bildung des Blastoderms durch Entwicklung einer rundlichen Scheibe eingeleitet wurde, so zeigt sich bei fortschreitender Weiterentwicklung Fig. 254. Fünf Embryonen von Mysis (nach Nüsbaum). A jüngstes Naupliusstadimn , B älteres Nauplinsstadium im Profil, C Nauplius nach Abstreifung der Dotterhaut im 3k Profil, D späteres Naupliusstadimn mit der Naupliushaut («), E Larve mit Thoraxbeinen. a! erste Antenne, a" zweite Antenne, c Dotterhaut, d Dorsalorgan, md Mandibel, n Naupliushaut, o Augenlappen, p Anlage des zusammengesetzten Auges, s Schwanz- abschnitt. 354 XV. Capitel. der Keimbaut eine ähnliche rundliche Blastoderm Verdickung (Keimscheibe), welche die erste Embryonalanlage darstellt, jedoch bald in drei Lappen zerfällt, von denen der mittlere, etwas nach hinten gelegene die Anlage des Schwanzabschnittes darstellt, während die paarigen, seitlichen Lappen die Anlagen des Keimstreifs repräsentiren. Letztere wachsen thatsächlich bald in zwei nach vorne divergirende Streifen aus, an denen die Anlagen der Nauplius - Extremitäten als rundliche Höcker hervorsprossen (Fig. 254 A). Das verbreiterte Vorderende (o) dieser paarigen Keimstreif- hälften entspricht den Kopflappen des Entomostraken- und Arthrostraken- Keimstreifs. Da sich hier aus ihnen ausschliesslich die Anlage des zusammengesetzten Auges und des Ganglion opticum entwickelt, so wollen wir sie mit dem präciseren Namen: Augen läppen bezeichnen. Zu beiden Seiten dieses kurzen Keimstreifs, ungefähr in der Höhe zwischen dem ersten und zweiten Antennenpaar liegt die scheibenförmige, paarige Anlage des Dorsalorgans (d). Die plattenförmige Anlage des Schwanzabschnittes (s) wird nach vorne durch eine quere Einsenkung begrenzt (Abdominalfalte). Letztere wird bald von dem nach vorne in zwei Zipfel auswachsenden hinteren Körperende (Fig. 254 B, s) überdeckt. Wir gelangen auf diese Weise zu einem Naupliusstadium mit ventral- wärts eingeschlagenem Schwanzabschnitt (Fig. 2541?). Nach Erreichung dieses Stadiums wird die Dotterhaut gesprengt, gleichzeitig aber eine neue Cuticula (die Naupliushaut) abgesondert. Der Embryo liegt nun frei in der Bruthöhle, bloss von der ziemlich lose anliegenden Naupliuscutieula umhüllt. Das Abdomen hat sich mittler- weile gestreckt (Fig. 254 C) und füllt sich immer mehr und mehr durch die sich gleichmässiger im Inneren verteilenden Nahrungsdottermassen (Fig. 254 D), während die Gesammtkörperform schliesslich eine deutliche dorsale Krümmung annimmt. Wir können nun (wie bei den Arthrostraken) einen ventralen Keimstreif von der dorsal aufliegenden Nahrungsdotter- masse unterscheiden. Letztere zeigt besonders im Kopftheile eine beträchtliche Anschwellung. Es werden nun die hinteren Parthien des Embryos deutlicher segmentirt. Von den Gliedmassen treten zunächst die Mundtheile und Thoraxbeinpaare gleichzeitig auf (Fig. 254 .E), während die Anlage der Abdominalbeine in ein späteres Stadium fällt. Während dieser Umwandlungen haben sich die scheibenförmigen Dorsalorgane in der Mittellinie des Rückens vereinigt und weisen, indem sich eine Ein- stülpung daselbst etablirt. jetzt nach Lage und Form Verhältnisse auf, welche dem Dorsalorgan der Amphipoden vergleichbar sind. Der Embryo von Nebalia erinnert nach Metschnikoff's (No. 33) Darstellung sehr an die Gestaltung desjenigen von Mysis. Auch hier haben wir das ventralwärts eingekrümmte Naupliusstadium, sowie die nach dem Ver- lassen der Eihaut erfolgende Streckung und dorsale Einkrümmung etc. Doch ist — wie es scheint — das Vorhandensein eines Dorsalorgans für diese Form bisher nicht beobachtet (vgl. unten pag. 440). Von den für Mysis geschilderten Verhältnissen unterscheiden sich die Eier der Decapoden hauptsächlich durch die Körperhaltung, indem hier die dem Nauplius von Mysis anfangs zukommende ventrale Einkrümmung (das ventralwärts eingeschlagene Abdomen) auch noch viel späteren Stadien, bis zum Ausschlüpfen der Larven, erhalten bleibt, was mit dem viel später erfolgenden Zerreissen der Eihüllen in Zusammenhang steht. Im Uebrigen sind die Entwicklungsvorgänge sehr ähnliche. Bei Astacus, in dessen Entwicklung wir durch die Beobachtungen von Crustaceen. 355 Rathke (Xo. 63), Lereboullet (No. 58), Bobretzky (No. 41) und Reichenbach (No. 64, 65) sehr genauen Einblick gewonnen haben, machen sich nach Ausbildung des Blastoderms die ersten Embrvonal- anlagen in der Gestalt von fünf aus einer einfachen Zellschichte be- stehenden Blastodermverdickungen (Fig. 255) bemerkbar. Von diesen entspricht das vordere Paar (K) den Augenanlagen von Mysis und kann auch hier als Augenlappen bezeichnet werden; das hintere Paar (TA) mehr einander genäherter Bildungscentren entspricht der impaaren Schwanzanlage von Mysis. Da hier nicht bloss die Segmente des Abdomens, sondern auch Brustsegmente an dem ventralwärts ein- geschlagenen Körpertheile angelegt werden, so bezeichnen wir diese Scheiben als die Tho- racoabdominalan- lagen. Die hinterste unpaare Scheibe ist die Entodermscheibe (ES). Vor dieser finden wir eine Stelle, an wel- cher durch rege Zell- proliferation Zellen ge- liefert werden, welche unter der Blastoderm- zellschicht sich ausbrei- ten; es ist die Bil- dungsstelle des M es od er ms (BM). Während nun durch Entwicklungsvorgänge, welche wir oben ge- nauer geschildert haben (pag. 331 u. ff.), die Ein- stülpung der Entoderm- scheibe und der allmäh- lich sich vollziehende Verschluss des Gastrula- mundes erfolgt, rücken die Thoracoabdominalanlagen zur Bildung einer unpaaren Platte (Fig. 256 TA) zusammen, in deren Mitte sich bald die Aftereinstülpung (A) er- kennen lässt. Der vordere Rand dieser Platte wird bald durch eine sich daselbst geltend machende quere Einsenkung (die Schwanz falte) schärfer markirt, welche im Verlauf der weiteren Entwicklung sich tiefer und schräg nach hinten einsenkt. Indem gleichzeitig die Thoracoab- dominalplatte über diese Einsenkung nach vorne auswächst, kommt es zur Ausbildung eines längeren, ventralwärts eingeschlagenen, der übrigen Embryonalanlage dicht anliegenden, hinteren Körperabschnittes (Fig. 257 u. 240 B auf pag. 333). Während sich diese Vorgänge in der hinteren Körperhälfte vollziehen, machen sich jederseits in einem die Augenlappen mit der Thoracoabdo- minalanlage verbindenden Streifen regere Wachsthumsprocesse geltend (paarige Anlage des Keimstreifs), welche schliesslich zur Ausbildung von drei Extremitätenpaaren (Naupliusgliedinassen) führen (Fig. 256). Von diesen treten nach Bobretzky und Reichenbach die Mandibeln etwas früher auf, als die beiden Antennenpaare. Die mittlere Region zwischen Fig. 255. Kugelabschnitt des Eies mit Embryonal- anlage von Astacus fluviatilis (nach Reichenbach, aus Lang's Lehrbuch). BM Bildungszone des Mesoderms, ES Entoderm- scheibe, K Kopflappen (Augenanlage), TA Thoraco- abdominalanlag-en. 356 XV. Capitel. diesen Anlagen zeigt längere Zeit die Charaktere des unveränderten Blastoderms , doch macht sich bald in dem vorderen Abschnitte eine unpaare Aufwulstung als Anlage der Oberlippe (7) und die dahinter gelegene Vor d er d arme in stülpung geltend, während an der Innen- seite der Extremitätenanlagen die zugehörigen Ganglienpaare (ga2, gm) als Ectodermverdickungen erkennbar sind. Mit dem so erreichten Naupliusstadium begrenzt sich ein natürlicher Abschnitt der Embryonalentwicklung des Flusskrebses, was auch durch die Entwicklung einer Larvenhaut (Nauplius-Cuticula) angedeutet ist. Es ist zu bemerken, dass in dem Naupliusstadium die einzelnen Theile des Embryos einander näher liegen, als bei ihrer ersten Anlage (vgl. die bei gleicher Vergrösserung gezeichneten Figg. 255 und 256). Eine solche Zusam- menziehung der Embryo- nalanlage scheint bei Deca- poden in diesen Stadien ganz allgemein vorzukommen. Das Naupliusstadium der übrigen Decapoden ent- wickelt sich im Allgemeinen in ganz ähnlicher Weise, wie bei Astacus. Doch tritt in den meisten Fällen die Em- bryonalanlage erst nach er- folgtem Verschluss des Ga- strulamundes zu Tage; wir finden dann in der nächsten Umgebung des verschlossenen Blastoporus eine unpaare rundliche Vorwölbung, in welcher wir die Anlage des hinteren Körperendes erken- nen , welches demnach hier nicht, wie bei Astacus, paarig angelegt wird. Letztere können wir bei den Lo ri - caten nach den Beobachtungen voiiDohrn(No. 45), wie bei Astacus, als Thoraco- abdominalanlage bezeichnen , während sie in anderen Fällen ausschliesslich Segmenten des Abdomens den Ursprung zu geben scheint. Frühzeitig gewinnt diese Anlage paarige nach vorne ziehende, flügeiförmige Auswüchse, welche die Verbindung mit den inzwischen kenntlich gewordenen Augenlappen her- stellen. Im Bereich dieser Verbindungsstränge machen sich dann die Anlagen der Nauplius-Extremitäten bemerkbar. Eine quere Vorwölbung, welche die hinteren Parthien der Augenlappen mit einander verbindet, wird zur Anlage der Oberlippe, hinter welcher bald die Vorderdarmeinstülpung zu erkennen ist. Letztere liegt in der Regel iu dem Räume zwischen dem ersten und zweiten Antennenpaare; doch wird von Kingsley für Crangon die ursprünglich postorale Lagerung des ersten An- tennenpaares ausdrücklich hervorgehoben. Paarige, nahe dem hinteren Rande der Mundöffnung auftretende Vorwölbungen machen sich als Anlagen der Paragnathen, eine Art zweilappiger Unterlippe bildend, bemerkbar. Fig. 256. Embryo im Naupliusstadium von Astacus fluviatilis (nach Reichenbach, aus Lakg's Lehrbuch). A (vorne) Augenanlage, ax a2 erste und zweite Antenne, G Gehirnganglion, ga2 Antennenganglion, gm Mandibelganglion, m Mandibel, l Oberlippe, TA Thoracoabdominalanlage, A (in TA gelegen) After. Crustaceen. 357 Die späteren Stadien (Fig. 257, 258 und 260) sind durch das An- wachsen der Thoracoabdominalanlage, an welcher bald ein Zerfall in Segmente deutlich wird , sowie durch die Entwicklung der hinteren Extremitätenpaare , die in der Reihenfolge von vorne nach hinten hervorsprossen, cbarakterisirt. Gleichzeitig macht sich an den zuerst angelegten, vorderen Extremitäten die Ausbildung der typischen zwei- ästigen Form und eine weitere, der zu entwickelnden Gestalt entsprechende Gliederung bemerkbar. (Ueber die in den einzelnen Gruppen der Decapoden sehr variirende Zahl und Gestalt der Extremitäten an der aus dem Eie schlüpfen- den Larve siehe unten pag. 445 unter : Metamor- phose der Decapoden.) Die Augenanlagen ge- winnen an Selbstständig- keit, indem sie sich vor- wölben und allmählich von ihrer Unterlage ab- heben, so dass die keulen- förmige Gestalt des Stiel- auges in der Anlage kennt- lich wird. (Fig. 258.) Wichtige Verände- rungen betreffen das hin- tere Körperende. Wir müssen an diesem ein frühzeitig ausgebildetes End- oder After- segment (Fig. 257, 258 T) von einer vor demselben (an dem Em- bryo aber weiter nach hinten) gelegenen , aus grossen Zellen bestellen- den Knospungszone unterscheiden. Während die Afteröffnung ur- sprünglich an jener Flä- che des Endsegmentes zur Anlage kam, welche später zur dorsalen sich lappig gestalteten Endsegmente in die Bucht zwischen beiden Lappen und durch diese allmählich auf die spätere Ventralseite, wodurch das definitive Lagerungsverhältniss erreicht ist. Dicht hinter der Thoracoabdominalanlage, an jener Stelle, wo dieselbe mit dem übrigen Körper zusammenhängt, kann man in späteren Stadien eine Anhäufung von Mesodermzellen als erste Anlage des Herzens erkennen (vgl. Fig. 240, 241, h pag. 333, 334). Die Thoracoabdominalanlage ist in frühen Stadien (Fig. 256) wie von einem hellen Hof umgeben, welcher nach aussen von dichter gestellten Blastodermzellen umgrenzt ist. Letztere heben sich später zu einer besonders in den seitlichen Theilen deutlich werdenden Falte Embryo von Astacus fluviatilis der Thoracalfüsse (nach Reichenbach, Fig. 257. mit den Anlagen aus Lang's Lehrbuch). A Augen, ax a2 erste und zweite Antenne, ab Ab- domen , g Gehirnanlage (Procerebrum -f- Antennular- ganglion), go Ganglion opticum, l Oberlippe, m Mandibel, mxx mx2 erste und zweite Maxille, TTelson, ^-/8 Thoral- füsse (^1-/3 Maxillarfiisse, <4-^8 Gangbeine), ts Thoracal- schildanlage. entwickelt, rückt dieselbe an dem bald zwei- Korschelt-Heider, Lehrbuch. 24 358 XV. Capitel. empor, der ersten Anlage des Thoraxschildes (Fig. 257 ts). Jener helle Hof ist demnach auf die Anlage der Kiemenhöhle zu beziehen. Eine merkwürdige, als dorsale Scheibe dem Embryo aufliegende Anlage des „Carapax" wurde von Ischikawa für frühe Stadien von Atyephyra angegeben. *&-£ ^idiils Fig. 258. Embryo von Astacus fluviatilis mit den Anlagen sämintlicher Gliedmassenpaare (vgl. Fig. 260 pag. 362) (nach Eeichenuaoh, aus Lang's Lehrbuch). Das in Wirklichkeit ventralwärts eingeschlagene Thoracoabdomen ist lospräparirt und zurückg-eschla^en. ad Antennendrüse, ab Abdomen, t4 erstes Gangbeinpaar (Scheerenfuss), t&-ts zweites bis fünftes Gangbeinpaar, T Telson. Die Entwicklung der Decapoden ist hauptsächlich durch den Umstand charakterisirt , dass die ganze Nahrungsdottermasse der Dorsalseite des vorderen Körperabschnittes angehört, während die Thoracoabdominal- Crustaceen. 359 anläge des Nahrungsdotters entbehrt. Noch in späten Stadien, an denen die Form des ausschlüpfenden jungen Thieres bereits völlig angelegt ist, erscheint das Kopfbruststück durch den Nahrungsdotter kugelig aufgetrieben. 5. OrganMldung. Unsere Kenntniss über die Entwicklung der einzelnen Organe im Embryo der Crustaceen ist noch eine ziemlich beschränkte. Am ein- gehendsten sind die Verhältnisse bei den Decapoden durch die Unter- suchungen von Bobretzky (No. 41), Reichenbach (No. 64, 65) und Kingsley (No. 52—55) bekannt geworden. In zweiter Linie kommen die Beobachtungen von Nusbaum (No. 39) an Mysis, Bobretzky (No. 80) und Nusbaum (No. 85) an Oniscus, Grobben (No. 11, 21) an Moina und Cetochilus, Claus (No. 8, 9) an Branchipus und Apus und andere in Betracht. A. Aeussere Haut Indem die oberflächliche, ectodermale Zellschicht des Embryos an ihrer Aussenseite das cuticulare Chitinscelet der Larve zur Ausscheidung bringt, gewinnt sie allmählich die Charaktere der als Hypo dermis zu bezeichnenden Matricalschicht dieses Exosceletes. Es wurde neuer- dings von T. Tullberg für den Hummerpanzer nachgewiesen, dass die Entstehung dieses Chitinsceletes auf eine directe Umbildung (Chiti- nisirung) des Zellleibes zurückzuführen sei. Es ist von Interesse, dass die Hypodermiszellen nicht bloss die Fähigkeit haben, sich in ihrem äusseren der Körperoberfläche zugewandten Theile in Chitinsubstanz um- zuwandeln, sondern dass auch gelegentlich ihre basalen Theile eine derartige Modifikation erfahren. So hat Reichenbach beobachtet, dass bei Astacus einzelne Hypodermiszellen, sich nach Innen verlängernd, zu chitinisirten Balken und Pfeilern auswachsen, welche zum Theil als Stützen des Panzers , zum Theil als Ansatzstellen der Muskelgruppen functioniren. Im einzelnen Falle ist es oft unmöglich zwischen solchen eingewucherten Ectodermparthien und wirklichem Bindegewebe zu unter- scheiden. In sehr reicher Entwicklung wurde dies dem Ectoderm zuge- hörige, chitinisirte innere Stützgewebe von Claus (No. 9) bei Branchipus angetroffen. B. Endoscelet. Zu einer umfangreicheren Ausbildung innerer Chitintheile führen Einfaltungen und Einstülpungen der äusseren Haut. So entwickeln sich jene röhrenförmigen, in ihrem Inneren chitinisirten Ein Wucherungen, welche, den wichtigeren Muskeln zum Ansatz dienend, als Chitinsehnen bezeichnet und zum Theil sogar — wie Baur für den Mandibularmuskel von Astacus nachwies — bei der Häutung erneuert werden. Eine be- sonders umfangreiche, aus einer Ectodermeinstülpung sich entwickelnde (Reichenbach) chitinige Sehnenbildung dieser Art findet sich bekanntlich auch im vorletzten Scheerenglied des Flusskrebses. In ähnlicher Weise als Einstülpung der äusseren Haut entwickelt sich nach Bobretzky (No. 41) das die Thoraxganglien bei Astacus überbrückende innere Sternalscelet durch einen "Einfaltungsprocess der inneren Wand der Kiemenhöhle. Für Oniscus konnte Nusbaum (No. 85) die Entstehung eines ganz übereinstimmenden, die Ganglienkette im Thoraxabschnitt 24* 360 XV. Capitel. überdeckenden, chitinösen Diaphragmas aus paarigen seitlichen Ectoderm- einstülpungen beobachten. Als Ectodermeinstülpiing entsteht auch die halbkugelige, chitinöse Gelenksfalte an dem beweglichen Auge der Cladoceren und der meisten Branchiopoden (Grobben). C. Nervensystem. Obgleich wahrscheinlich einer einheitlichen Anlage zugehörig1) müssen das obere Schlundganglion (Gehirn) und die Bauchganglienkette bei der Darstellung getrennt behandelt werden. Das gesammte Central - nervensystem wird als Ectodermverdickung angelegt. Schon in frühen Stadien erkennt man an der Innenseite der Extremitätenanlagen paarige Ectodermverdickungen , welche die Anlagen des dem entsprechenden Segment zukommenden Ganglienpaares der Bauchgangiienkette repräsentiren. Die aufeinanderfolgenden Ganglienpaare stehen jedoch durch verdickte Ectodermstreifen , den Anlagen der Längscommissuren, unter einander in Verbindung, so dass man als erste Anlage der Bauch- gangiienkette zwei längsverlaufende Ectodermwülste „P r i m i t i v w ü 1 s t e" (Hatschek) annehmen kann (Fig. 259 pw), welche segmentweise An- schwellungen (Ganglienanlagen) zeigen und durch die mediane Pri- mi tivrinne (pr) getrennt sind. Im Verlauf der weiteren Entwicklung (Fig. 259 B) vollzieht sich im Bereich der Primitivwülste eine Spaltung, durch welche die oberste Schichte derselben (welche sich nun zur Hypodermis (h) dieser Region umwandelt) von den tieferen Schichten abgetrennt wird. Letztere repräsentiren nun als Seitenstränge (s) die Anlage des Bauchmarks. Reichenbach, auf dessen Schilderung der Entwicklung des Nervensystems von Astacus wir uns vor Allem stützen, konnte den Nachweis erbringen, dass in die Bildung jedes Ganglien- paares der Bauchkette ausser dem entsprechenden Theil der Seitenstränge auch noch eine unpaare, mediane Einstülpung (in) eingeht, welche auf die Primitivrinne zurückzuführen ist und als Mittelstrang bezeichnet wird. Es steht dies mit den zuerst von Hatschek für die Bauch- gangiienkette der Insekten gemachten Angaben in Uebereinstimmung. Die Seitenstränge zeigen ursprünglich eine ziemlich einheitliche Zusammen- setzung aus embryonalen Zellen. In späteren Stadien jedoch (Fig. 259 B) kann man auch an ihnen complicirtere Verhältnisse erkennen , insoferne der Querschnitt eine Zusammensetzung aus drei Parthien erkennen lässt. Bald kann man an dem innersten (oder basalen) Theil die ersten Anfänge der Bildung von Nervenfasern (f) erkennen, welche als zwei längsverlaufende Bündel unter den Seitensträngen hinlaufen und mit feinsten Ausläufern der zu Ganglienzellen sich umwandelnden Zellen der Seitenstränge in Verbindung J) Die Angaben der meisten Autoren stimmen darin überein, dass bei den < lustaceen die Anlage des Gehirns von ihrem ersten Auftreten an nach hinten mittelst paariger Ectodermverdickungen (Anlagen der Schlundcommissur) in die Primitivwülste der Bauchganglienkette übergeht. Doch stellt diese Ansicht nicht ohne Widerspruch da. So sei z. B. erwähnt, dass nach Urbanowicz bei Cyclops (No. 23) das Gehirn und ein unteres Schlundganglion unabhängig von einander auftreten und erst später durch die Entwicklung der Schlundcommissuren mit einander verbunden werden. Eine solche Beobachtung würde noch nicht als directer Beweis für die Anschauungen Klkijjenberg's über die ursprünglich gesonderte Anlage dieser beiden Theile des Centralnervensystems (vgl. oben pag. 190 u. 191) zu verwerthen sein, denn es ist er- klärlich, dass die Anlagen der massigeren Theile des Centralnervensystems früher als Ectodermverdickungen bemerkbar werden, während die Anlagen der gradieren Parthien (z. B. der Schlundcommissur) erst später deutlich zu erkennen sind. Crustaceen. 361 stehen. Ausser diesen paarigen Faserbündeln findet sich in der Anlage jedes Ganglienpaares auch eine unpaare Ansammlung von Fasersubstanz , welche vielleicht dem Mittelstrang entstammt und zur Bildung der Quercommissuren Anlass giebt. Frühzeitig erhalten die Seitenstränge von Seite des umgeben- den embryonalen Gewebes eine mesodermale Hülle, welche nach Reichenbach das Neurilemm darstellt und mit ihren Fortsätzen nicht nur in das Innere der Ganglienparthien , sondern sogar der centralen Fasermasse vordringt. Das Auftreten der Fasermassen an der inneren oder basalen Seite der Seiten- stränge hat wahrscheinlich die Bedeutung einer ontogenetischen Recapitulation eines ursprünglichen Zustandes, bei welchem das gesammte Nervensystem als epitheliale Bildung die Fasermassen an der basalen Seite zur Entwicklung brachte. Schon in ganz frühen Stadien konnte Reichenbach an den Ganglienan- lagen grössere und kleinere Zellen von verschiedenem, histologischem Charakter unterscheiden. Diese Trennung ist auch im ausgebildeten Zustande zu er- kennen. Aus den grösseren Elementen (Fig. 259 B, g) gehen die so- Srri ß IZ ~ 7 . Fig. 251). Entwicklung der Bauchganglienkette von Astacus fluviatilis (nach Eeichenbach). A Querschnitt durch das Mandibelsegment eines Embryos mit bereits angelegten Maxillarfüssen, B Querschnitt durch die Ganglienanlage in einem Maxillarsegment eines Embryos mit bereits entwickelten Abdominalfüssen. a" Querschnitt der zweiten Antenne, bi eine die Ganglienanlage innen über- deckende Bindegewebslamelle, cc Ectoderm, en Entoderm, / Nervenfaserbündel im Querschnitt, g grosse Ganglienzellen, h Hypodermis, m eingestülpter Mittelstrang der Ganglienanlage, ms Mesoderm, fr Primitivrinne, piv Primitivwülste der Ganglienanlage, s Seitenstrang, sm secundäres Mesoderm. genannten grossen Ganglienzellen im Centralnervensystem des Flusskrebses hervor. Aehnliche grosse Zellen beobachtete Nusbaum schon in frühen Stadien bei Mysis. Verschiedentlich sind in den späteren Entwicklungsstadien der Bauchganglienkette in einzelnen Ganglien mächtige Pigmentanhäufungen be- obachtet worden, welche wahrscheinlich in Mesodermzellen deponirt sind, so im Ganglion, welches dem 6. Anhangspaare bei Crangon entspricht (Kings- ley) und in den Thoraxganglien bei Mysis (Nusbaum). Die Angaben Reichenbach's über die Theilnahme eines median sich ein- stülpenden Mittelstranges an der Bildung der Ganglienkette hat später nur theilweise Bestätigung erfahren. Allerdings wurde sie von Nusbaum bei Mysis beobachtet; auch glaubte Grobben sie für Moina annehmen zu können. Doch 362 XV. Capitel. V wurde von Claus die Theilnahme einer Medianeinstülpung an der Bildung des Bauchmarks von Branchipus in Abrede gestellt. Dagegen wurde neuer- dings bei Isopoden, bei denen Bobeetzky (No. 80) und Bullae, (No. 81) die Anlage der Bauchkette als unpaare ventrale Verdickung, an welcher erst später eine Theilung in symmetrische Hälften erkennbar werde, beschrieben worden war, von Nusbaum das Vorhandensein des Mittelstrangs erkannt (für Oniscus No. 39). Hinsichtlich der Entwicklung der peripheren Nerven ist es durch Reichenbach (No. 65) und Claus (No. 9) wahrscheinlich geworden, dass dieselben nicht durch Auswachsen aus der losgetrennten Nervensystemanlage ihren Ursprung nehmen, sondern dass sie als entsprechende Ectodermver- dickungen bereits zu einer Zeit angelegt werden , in welcher das gesammte mA. mä ... 9 mx - mf ' * ffi ntf ■ Fig. 260. Embryo von Astacus fluviatilis im Stadium mit sämmtlichen Glied- massenanlagen (nach Reichenbach). a vorderster, b mittlerer, c hinterster Theil der Gehirnanlage, ab Abdomen, an' erste Antenne, an" zweite Antenne, d Mandibularganglion, md Mandibel, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, mf mf" mf" erster, zweiter, dritter Maxillarfuss, o Anlage des Facettenauges, o' aus der Augeneinstülpung entstandener Theil des Ganglion opticum, o" innerer Theil des Ganglion opticum, ol Oberlippe, r Anlage des Stirnstachels, t Telson, th Thoracalschildfalte, /, II — V erstes, zweites bis fünftes Gangbeinpaar. Nervensystem seinen Zusammenhang mit dem Ectoderm noch bewahrt hat. In gleicher Weise sollen nach Claus (No. 9) die bei Branchipus in jedem Segmente doppelten Quercommissuren entstehen. Es würde den Rahmen dieser Darstellung überschreiten, wenn wir auf die verschiedenen secundären Veränderungen, welche die Bauchganglienkette in den einzelnen Gruppen durch Verschmelzung aufeinanderfolgender Ganglien- paare etc. erleidet, hier näher eingehen wollten. Hinsichtlich der Entwicklung d es G eh i r n s oder oberenSchlund- ganglions müssen wir uns zunächst an die eingehende Schilderung Reichenbach's für Astacus halten. Nach Reichenbach (No. 65) legt sich das gesammte Centralnervensystem des präoralen Körperabschnittes Crustaceen. 363 in der Form dreier, unter einander gleichwertiger und drei getrennten Körpersegmenten zukommender Ganglienpaare an (Fig. 260), von denen das vorderste, in dem Proximaltheil des Augenstiels zur Entwicklung kommende, das Ganglion opticum {d, o") liefert, während die beiden nachfolgenden den Segmenten des ersten und zweiten Antennenpaares zuge- hören und in die Bildung des Gehirns im engeren Sinne oder des oberen Schlundganglions eingehen. Von letzteren zerfällt das im Segment der I. Antenne (Antennula) liegende sehr bald durch quere Einschnürung in zwei hinter einander folgende Ganglienpaare (a, b), von denen wir das vordere (a) mit einem PACKARD'schen Ausdruck als Procerebrum bezeichnen wollen, während das hintere den Nerven zur I. Antenne abgiebt und daher als Antennularganglion (b) benannt werden kann. Es muss erwähnt werden, dass Reichenbach in späten Stadien auch im Bereich des dahinter gelegenen Ganglienpaares, welches den Nerven zur II. Antenne entsendet und als Antennen gangiion (c) bezeichnet ist, eine ähnliche Quertheilung beobachtet zu haben glaubt; doch ist letztere wohl nicht so eclatant und wohl auch nicht von gleicher Bedeutung, wie die zwischen Procerebrum und Antennularganglion sich in frühen Stadien ausbildende Trennung. Es ist von Wichtigkeit, dass die genannten Ganglienpaare nach Reichenbach in ihrer Entwicklung sowohl untereinander als auch mit den Ganglien der Bauchganglienkette eine grosse Uebereinstimmung zeigen. Wir können an jedem dieser Ganglienpaare Seitenstränge und einen Mittelstrang unterscheiden ; die Seitenstränge zeigen an dem Querschnitt einen Zerfall in drei Portionen, ähnlich wie dies für die Bauchganglien erkannt wurde. Der Mittelstrang verhält sich allerdings in den einzelnen Regionen verschieden. Im Bereich der optischen Ganglien rücken die beiden Hälften des Mittelstranges weit auseinander und treten mit den entsprechenden Ganglien in separate Verbindung ein. Im Bereich des Procerebrums und Antennularganglions dagegen findet sich je eine Medianeinstülpung des Mittelstrangs, welche wohl zur Ausbildung der Commissurentheile des Gehirns führt. Im Bereich des Antennenganglions fehlt dagegen eine entsprechende Medianeinstülpung. Reichenbach glaubt, dass dieselbe nach vorne gerückt und durch die zwischen den Antennularganglien etablirten Einstülpung repräsentirt sei. Wenn wir jedoch bedenken, dass die Quercommissur zwischen den Antennenganglien ursprünglich offenbar postoral gelegen war und vielleicht noch jetzt an dieser Stelle zu suchen ist (Claus No. 78) , so werden wir über den Mangel der Medianeinstülpung zwischen diesem Ganglienpaar nicht erstaunen. In späteren Stadien sind die Einstülpungen des Mittelstrangs im Bereich des Procerebrums und Antennularganglions nicht mehr von einander getrennt, wie denn überhaupt ein engerer Anschluss der einzelnen Theile des Gehirns sich geltend macht. Aus dem Procerebrum soll nach Reichenbach hauptsächlich die „vordere Hirnanschwellung" hervorgehen, während das Antennularganglion mit der Ausbildung der „Seiten- anschwellung" (Krieger, Dietl) in Zusammenhang steht. Mit diesen Angaben Reichenbach's stehen die Beobachtungen von Kingsley (No. 55) insoferne in Uebereinstimmung, als auch er für Crangon, abgesehen von den optischen Ganglien, drei hinter einander folgende Ganglienpaare in die Bildung des Gehirns eingehen lässt. Von diesen betrachtet Kingsley jedoch das vorderste (Procerebrum) als eine vom ersten Ursprünge an selbstständige Bildung, welche allein ursprünglich präoral gelegen und dem supraoesophagealen Ganglion der Anneliden 364 xv- Capitel. homolog sei. Die dahinter folgenden Ganglienpaare (Antennular- und Antennenganglien) seien in der ersten Zeit ihrer Entwicklung postoral gelagert, und daher nur als in das Bereich des Gehirns einbezogene Ganglienpaare der Bauchkette zu betrachten. Wir werden durch die angeführten Beobachtungen zur Behandlung der Frage nach der primären Segmentirung des präoralen Kopfabschnittes der Crustaceen geführt. Reichenbach, mit welchem auch Nusbaum (No. 39) der Hauptsache nach übereinstimmt, wird durch seine entwicklungsgeschichtlichen Beobachtungen dazu geführt, für diesen Körperabschnitt eine Zusammensetzung aus drei, den übrigen Körpersegmenten homonomen Abschnitten anzunehmen : Augensegment, Antennularsegment und Antennensegment. Im Bereich des Augen Segmentes würden die optischen Ganglien das segmentale Ganglien- paar repräsentiren , während die ganzen Lagerungsverhältnisse am Astacus- Embryo Reichenbach geneigt machen, zur alten MiLNE-EDWARDs'schen Auf- fassung zurückzukehren , der zufolge die Augenstiele das Extremitätenpaar dieses Segmentes repräsentiren. Letztere Auffassung, welche noch in neuerer Zeit in Huxley und SrENCE Bäte Vertreter gefunden hat, ist jedoch — wie uns scheint mit voller Berechtigung — von Claus und Fr. Müller zurück- gewiesen worden , und zwar unter dem Hinweise auf die Entwicklung des Stielauges bei den Phyllopodenlarven (Branchipus) und an der Zöa von Lucifer, nach welcher die Augenstiele als secundär abgeschnürte, zu selbst- ständiger Beweglichkeit gelangte Seitentheile des Kopfes aufzufassen sind, während das Ganglion opticum, als vorgeschobener Gehirntheil, auch erst zu einer mehr secundären Selbstständigkeit gelangt. Mit diesem Hinweise ent- fällt jedoch jeder Grund, das Vorhandensein eines selbstständigen Augen- segmentes anzunehmen. Hinsichtlich des dem zweiten Antennen paar entsprechenden Körperabschnittes kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dass wir es hier mit einem ursprünglich postoral gelegenen Körpersegmente, also mit einem echten Rumpfsegmente, zu thun haben, welches erst secundär eine Lagever- schiebung nach vorne erlitten und hiemit einen innigeren Anschluss an die präoralen Kopfparthien erreicht hat. Hiefür sprechen: die während der embryonalen Entwicklung sich geltend machende Veränderung des gegenseitigen Lageverhältnisses des Mundes und der zweiten Antennen (vgl. oben pag. 356), vor Allem aber die Verhältnisse des Nervensystems, an denen im Bereich der Crustaceen- Gruppe alle Uebergänge von der selbstständigen Ausbildung des Ganglienpaares dieses Segmentes bis zu einer innigen Verschmelzung mit der Gehirnmasse sich vorfinden. So ist es seit den Untersuchungen von Zaddach bekannt , dass bei Apus der Ursprung des Antennennervenpaares postoral in der Schlundcommissur zu suchen ist, und es ist durch spätere Untersuchungen (Pelsenker No. 14) das daselbst gelegene, durch eine postorale Quercommissur verbundene Ganglion beobachtet , wenngleich zum Theil in anderer Weise gedeutet worden. Aehnliche Verhältnisse finden sich bei an- deren Phyllopoden. So kann man an der nach Claus entworfenen Abbildung eines Cladoceren- Gehirnes (Fig. 261) drei Abschnitte unterscheiden, von denen nur die beiden vorderen präoral gelagert sind. Der vorderste Abschnitt (c1, dem PAcxARD'schen Procerebrum entsprechend) giebt die Nerven zu den Augen und zu den frontalen und anderen Sinnesorganen ab, der zweite Ab- schnitt (c2) giebt die Nerven zu den ersten Antennen (na') ab, während der hinterste, in den Verlauf der Schlundcommissur hinter dem Oesophagus eingelagerte Abschnitt (c8) die Nerven der zweiten Antenne (na") entsendet. Im Bereich der übrigen Crustaceen erleidet das Antennenganglion eine mehr Crustaceen. 365 oder weniger weitgehende Verschiebung längs der Schlundcommissur nach vorne und eine dementsprechende Verschmelzung mit dem Gehirn. Eine ge- wisse Schwierigkeit ergiebt sich für die Auffassung dieser Lageveränderung aus dem (ursprünglich hinter dem Schlünde hinziehenden) Verlaufe der Quer- commissur zwischen diesem Ganglienpaare. Wir stehen hier vor der Alter- native, entweder die Ausbildung einer secundären, präoralen Querverbindung zu supponiren oder anzunehmen, dass die Querfasern nach vollzogener Wande- rung des Ganglienpaares nach wie vor ihren Weg hinter dem Schlünde nehmen. Thatsächlich hat Claus (No. 78) eine bei vielen Crustaceen (Apseudes, Stomatopoden, Decapoden) sich fin- dende, vor dem Mandibelganglion gelegene Querbrücke zwischen denSchlundcommissuren auf die das Antennenganglion verbindenden Fasermassen mit einiger Wahrscheinlichkeit beziehen zu können geglaubt. In anderen Fällen ist diese Faserbrücke vielleicht mit der Quercommissur des Mandibelganglions verschmolzen. Es würde sich nun die Frage erheben, ob wir die vor dem Antennenganglion ge- legenen Gehirntheile als einen ursprünglich einheitlichen Complex aufzufassen berechtigt sind , oder ob sich auch an diesem eine Trennung in (zwei) aufeinanderfolgende Seg- mente erkennen lässt. Wir müssen hier der Theorie Ray Lankestee's (No. 15) ge- denken, der an dem Crustaceen-Gehirn einen vordersten, mit den optischen Ganglien in Verbindung stehenden Abschnitt als A r c h i - cerebrum unterscheidet, welches erst durch Beiziehung der Ganglienpaare zweier folgender Segmente (des Antennular- und Antennensegmentes) zu einem S y n c e r e - brum erweitert werde. Dieser Anschauung hat sich Packard (No. 86) angeschlossen, indem er an dem Gehirn von Asellus als gesonderte Abschnitte unterscheidet: 1) die optischen Ganglien , 2) das Procerebrum, 3) die Antennularganglien, 4) die Anten- nenganglien. Wir würden in diesem Falle nur in dem Procerebrum das Homologon des aus der Scheitelplatte hervorgegangenen Annelidengehirnes zu erblicken haben, während in den optischen Ganglien ein erst bei der später eingetretenen Ent- wicklung des paarigen Seitenauges entwickelter secundärer Gehirntheil \) in den Antennular- und Antennenganglien Ganglien des Bauchmarkes vorliegen würden. Dieser Auffassung steht die Anschauung von Claus (No. 78) gegen- über, nach welchem die Antennularganglien sammt dem Procerebrum einen ursprünglich einheitlichen Complex, das primäre Gehirn, ausmachen würden. Dieser von der Scheitelplatte der Annelidenlarve abzuleitende Theil enthält die Ganglien der früher vorhandenen medianen Sinnesorgane (Naupliusauge, Fig. 261. Ventrale Ansicht des Gehirns von D a p h n i a si mili s (nach Claus). c1 vorderer, c- mittlerer, c3 hin- terer Gehirnabschnitt, go Ganglion opticum , n Nerv des Sinnesorgans der Nackengegend , na' Nerv der ersten Antenne, na" Nerv der zweiten Antenne, n' zweiter Nerv der zweiten Antenne, sc Schlundcommissur. 1) Eine Auffassung, welcher zuerst Hatschek (Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren) Raum gegeben, und später Grobben für die Crustaceen vertreten hat. 366 XV. Capitel. Frontalorgan) und der Vorderantennen, welche morphologisch auf die schon an der Scheitelplatte auftretenden Fühler der Anneliden zurückzuführen seien. Für diese letztere Auffassung würde die Angabe Reichenbach's sprechen, nach welcher die Anlage des entsprechenden Gehirntheils ursprünglich als einheitlicher Complex an der Basis der ersten Antenne zu finden sei und erst später in zwei Ganglienpaare zerfalle. Eine gewisse Stütze erfährt die- selbe auch aus der eigenartigen Gestaltung der ersten Antenne, welche als Trägerin wichtiger Sinnesorgane eine auf den Grundtypus des eigentlichen Crustaceenbeines nicht zurückführbare Ausbildung aufweist, worauf besonders Claus und Boas hingewiesen haben. Allerdings könnte eine solche hetero- morphe Gestaltung der Antennulae auch secundär erworben und in der an- geführten physiologischen Bedeutung derselben, sowie in der Lagerung der- selben am vorderen Körperende begründet sein. Für die Auffassung von Ray Lankestee und Packaed sprechen vor Allem die von Kingsley (No. 55) für Crangon angegebenen Befunde, welcher nicht bloss für das Procerebrum eine vom Antennularganglion unabhängige Entstehung, sondern auch eine deutliche postorale Lagerung der Antennulae und ihres Ganglienpaares be- obachten konnte. Allerdings müssten wir bei einer solchen Anschauungsweise mit Ray Lankestee eine Wanderung des Mundes nach hinten annehmen. Es müssen erst neuere Beobachtungen über den Bau des Crustaceen-Gehirns, vor Allem aber über die Entwicklung der ganzen in Frage kommenden Körper- region abgewartet werden, bevor wir uns ein bestimmtes Urtheil bilden können. Offenbar steht bei der Biscussion über die primäre Segmentirung des vordersten Körperabschnittes der Crustaceen die Frage nach dem morpholo- gischen Werthe der ersten Antenne im Vordergrunde. Wir sehen uns hier vor die Alternative gestellt, entweder in derselben eine — wenn auch einiger- massen abweichend gestaltete — echte Rumpfgliedmasse zu erblicken oder — wie diess Boas will — ihr diese Bedeutung abzusprechen und sie nur als gestieltes Sinnesorgan (ähnlich den Stielaugen) gelten zu lassen. Nur unter letzterer Annahme werden wir sie als Homologon der primären Kopf- tentakel der Anneliden betrachten dürfen. Uns scheint jedoch Vieles für die Auffassung der ersten Antenne als Rumpfgliedmasse zu sprechen. Wir er- innern an die Aehnlichkeit in der Lagerung und Entwicklung mit letzteren im Embryo , an die Verwendung dieser Gliedmasse als Ruder im Nauplius- stadium und bei zahlreichen Entomostraken, bei denen die ersten Antennen zum Theil auch noch zu anderen Verrichtungen (zum Anklammern und An- saugen etc.) beigezogen werden. Erst bei den höheren Krebsen tritt die aus- schliessliche Verwendung dieser Gliedmasse als Sinnesorgan deutlich hervor. Wenn wir auf Grund dieser Ueberlegungen geneigt sind, die erste Antenne der Reihe der echten Rumpfgliedmassen einzuordnen, so tritt uns die Frage nahe, ob wir nicht in einer anderen Bildung die Rudimente der bei den Anneliden so verbreiteten primären Kopftentakel nachweisen können. Es liegt nahe, die sog. frontalen Sinnesorgane (pag. 456, Fig. 300, fs) welche als paarige Zapfen oder fadenförmige Ausläufer an den Jugendstadien vieler Crustaceen sich finden und vom Procerebrum aus innervirt werden, nach dieser Richtung in Anspruch zu nehmen. Dieser Gedanke gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch den Vergleich mit Peripatus, an dessen Embryonen ganz ähnliche Zapfen beobachtet sind, während die Antenne von Peripatus sich nach ihrer Entwicklung und nach ihrem Verhältniss zu den Cölomsäcken wohl nur als Rumpfgliedmasse deuten lässt. Wir würden, wenn wir dieser Anschauung, der wir selbst natürlich nur hypothetischen Werth zuschreiben, huldigten, dazu geführt, an dem vordersten, das Gehirn enthaltenden Kopfabschnitt der Crustaceen (ähnlich wie Ray Lankestee) drei Abschnitte zu unterscheiden: einen eigentlichen primären, Crustaceen. 367 ursprünglich allein präoralen Kopfabschnitt mit dem Procerebrum, den Augen und den frontalen Sinnesorganen und zwei dahinter folgende, dem Kopf bei- gezogene Rumpfsegmente (das Antennularsegment und das Antennensegment), für welche wir eine ursprünglich postorale Lagerung in Anspruch nehmen müssten. Doch müssen wir nochmals darauf hinweisen, dass wir mit einer solchen Anschauung durchaus auf hypothetischem Boden stehen. D. Sinnesorgane. Ueber das Detail der Entwicklung des unpaaren, dreitheiligen Nauplius- oder E n t o m o s t r a k e n au g e s x) ist bisher nichts bekannt geworden. Erwähnt seien die Beobachtungen von Leydig und Grobben, wonach dasselbe bei den Cladoceren aus einer paarigen Anlage hervorgeht. Nach Ukbanovicz (No. 23) bildet sich das Auge bei Cyclops aus „drei Ectodermzellen, deren jede Pigment ausscheidet und zur lichtbrechenden Kugel wird." Die Entwicklung des paarigen, zusammengesetzten Auges ist hauptsächlich bei Decapoden studirt (Bobretzky No. 41, Reichenbach No. 65, Kingsley No. 52, Herrick No. 48, 49, und Parker No. 62), ausserdem aber auch für Mysis (Nusbaum No. 39), Parapodopsis (Buczynsky No. 37a) und Branchipus (Claus No. 8 und 9) bekannt geworden. Die Besprechung der Entwicklung des zusammengesetzten Auges lässt sich von der des Ganglion opticum nicht trennen. Am einfachsten gestalten sich die Verhältnisse bei Branchipus. Die Anlage des zusammengesetzten Auges sowohl, als auch die des Augenganglions ist auf eine seitliche, wulstförmige Hypodermiswucherung zurückzuführen, welche in ihren oberflächlichen Parthien zum Auge sich umgestaltet, während sie in der Tiefe das Material für das mit dem Gehirn in Zusammenhang stehende Augenganglion enthält. Die mehr- schichtige Zellenlage, welche die Anlage des Auges darstellt und als eine einfache Verdickung der Hypodermis betrachtet werden muss, lässt bald eine Anordnung der Elemente in eine oberflächliche Schicht (von welcher die corneale Cuticula und die Krystallkegel geliefert werden) und in eine tiefere pigmentirte Schicht zur Ausbildung der Retinulae erkennen, wrelch letztere durch Faserzüge mit der Anlage des Augen- ganglions zusammenhängen. Während in den lateralen Parthien der ganzen Anlage frühzeitig die histologische Differenzirnng des Augen- ganglions und der das Auge zusammensetzenden Ommatidien sich geltend macht, erhält sich in dem vorderen, mehr medialen Theile bis in späte Stadien eine proliferirende Hypodermisparthie von embryonalem Charakter (Fig. 262), welche immer neue Elemente zur Vergrösserung der ganzen Anlage liefert. Streng genommen, kann man an dieser Stelle zwei ge- sonderte, aber mit einander in Contact stehende Knospungszonen (Je', Je") unterscheiden, von denen die eine (Je") durch Production neuer Omma- tidien das Auge selbst vergrössert, während die andere mehr proximal gelegene (h') dem Augenganglion entsprechende Elemente zuführt. Während dieser Entwicklungsprocesse sind die beweglichen Augenstiele durch einfaches Auswachsen der seitlichen Kopfparthien hervorgegangen. J) Nach neueren Mittbeilungen von Claus (Acad. Anz. Wien 1891) ist das Naupliusauge aus drei inversen Becheraugen zusammengesetzt, an denen die Nerven von der dem Pigmentbecher abgewendeten Seite in die Ptetinazellen eintreten, während die Stäbchen der letzteren gegen den Pigmentbecber gerichtet sind. Es ergiebt sich hieraus eine gewisse Cebereinstimmung mit den Medianaugen der Arachnoiden. 368 XV. Capitel. Ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei Branchipus, finden wir in der Entwicklung des Auges bei den S c h i z o p o d e n und D e c a p o d e n. Auch hier geht das zusammengesetzte Auge aus einer Verdickung der Hypodermis hervor, welche von Anfang an in inniger Verbindung mit der Anlage des Ganglion opticum steht. Wir können an den Augenlappen schon in frühen Stadien den äusseren und vorderen Theil als Anlage des Auges (pag. 357 , Fig. 257, A und pag. 362, Fig. 260, o), den inneren, hinteren als Anlage des Ganglion opticum (Fig. 257 go und Fig. 260 o' d ) unterscheiden. Letzteres steht demnach vom ersten Anfange an in innigem Contact mit der Anlage des Auges sowohl, als proximalwärts mit der des Oberschlundganglions. Die Augenanlage ist also nur ein Theil des Ectoderms (vgl. Fig. 263^4), welcher mehrschichtig wird und aus seinen oberflächlichen Schichten die corneagenen und Krystallkegelzellen erzeugt, während von den tieferen Schichten die Bildung der Retinulae und der Pigmentzellen ausgeht, Eine an der inneren Fläche dieser mehrschichtigen Hy- podermisparthie zur Aus- scheidung kommende Basal- membran (Fig. 263 mb) lie- fert die das Auge gegen das optische Ganglion ab- grenzende Membrana limi- tans. Dieser Membran wer- den von Innen Mesoderm- elemente angelagert , in denen bei Mysis das Pig- ment der 3. innersten Pig- mentschicht deponirt wird. Bei Mysis erfolgt nach Nus- baum (No. 39) die Entwick- lung des Auges in jener Zeit, in welcher das Stielauge sich von seiner Unterlage abzu- heben beginnt, und zwar tritt die erste Differenzirung der Ommatidien gerade in jener dorsalwärts eingekrümmten Lamelle zu Tage, durch deren Einfaltung sich das Auge vom Nahrungsdotter abtrennt. In dieser Lamelle kann man frühzeitig eine sehr regelmässige Anordnung der Zellen sowohl in horizontalen Schichten, als in vertikalen Pfeilern gewahren. Die horizontale Schichtung trennt die corneagenen von den Krystallkegelzellen u. s. w. Durch die vertikale Anordnung werden zweierlei alternirend gestellte Zellpfeiler gebildet, welche wir als 0 m m a t e a 1 p f e i 1 e r und Zwischenp feiler unterscheiden wollen. In jedem Ommatealpfeiler liegen als oberflächlichste Querschicht zwei corneagene Zellen (nach Claus No. 78), welche zur Ausscheidung der cuticularen Cornealinse bestimmt sind; darunter folgt die Krystallkegel- schicht, ebenfalls aus zwei Zellen bestehend. Dieser Zahl entsprechend, konnte schon Grenacher die erste Entstehung der Krystallkegel aus zwei getrennten Segmenten nachweisen, deren Grenzen auch am aus- gebildeten Krystallkegel zu erkennen sind. Die in den tieferen Schichten gelegenen Zellen der Ommatealpfeiler gelten wohl die Elemente der Pietinulae, während Nusbaum geneigt ist, dieselben von den Zwischen- pfeilern herzuleiten. Aus letzteren lässt Claus die vorderen und Figf. 262. Linkes Auge eines jungen Bran- chipus von der Ventralseite gesehen (nacli Claus). go Ganglion opticum, k' Knospungszone für das Ganglion opticum , k" Knospungszone für das Facettenauge, m Augenmuskel. Crustaceen. 369 hinteren Pigmentzellen, welche die Krystallkegel von Mysis umgeben, hervorgehen. Die Untersuchung dieser Verhältnisse wird durch die frühzeitige Ablagerung von Pigment erschwert, welches sich innerhalb der Augenanlage in zwei Schichten und in einer dritten mesodermalen unterhalb derselben bemerkbar macht. In ähnlicher Weise, wie wir hier die Entstehung des Auges von Mysis dargestellt haben, schildern dieselbe Herrick: (No. 48 für Alpheus) und Parker (No. 62 für Homarus). Die Augenlappen entwickeln sich hier durch Proliferation der Ectodermzellen zu einer mehrschichtigen Anlage (Fig. 263 A). (Herrick lässt zur Bildung derselben auch indifferente Ele- mente aus dem Dotter beitreten.) Im Bereich der letzteren tritt sodann eine A Fig. 263. Drei Entwicklungsstadien an Schnitten durch das Facettenauge des amerikanischen Hummers (Homarus americanus) (nach Parker). A Querschnitt durch den Augenlappen eines jungen Stadiums, B älteres Stadium mit beginnender Sonderung der Augenanlage {r) und des Ganglion opticum (go) durch das Auftreten einer Basalmembran (mb), C noch älteres Stadium im Querschnitt. c Gehirnanlage, go Ganglion opticum, mb Basalmembran, r Augenanlage (Petinogen). Scheidung in eine oberflächliche und eine tiefer gelegene Parthie ein (Fig. 263 B und C). Die erstere (Retinogen) wird zur Augenanlage (r), während aus der Zellmasse der tieferen Schichte (Gangliogen) die Anlage des Ganglion opticum (go) hervorgeht. Beide werden in späteren Stadien durch das Auftreten einer cuticularen Basalmembran (mb) von einander getrennt, während die Nervenfaserstränge diese Membran durchbrechen. In dem eigent- lichen, als Retinogen bezeichneten Augenkeim kommen nach Herrick die An- lagen der einzelnen Ommatidien zur Entwicklung, indem in der oberfläch- lichsten Schicht je zwei corneagene Zellen zu einer Gruppe zusammentreten, in der darunter gelegenen Schicht je vier Krystallkegelzellen , während in der untersten Schicht je sieben Retinulazellen zu einem Bündel sich vereinigen, welches das unterste, ausgezogene Ende der Krystallkegelzellen erreicht und umschliesst. Die einzelnen Ommatidien -Anlagen sind von einander durch zahlreiche unveränderte Ectodermzellen getrennt. 370 XV. Capitel. In dem letzteren Punkte weicht die Schilderung Parker's von der Heeeick's ab. Bei Homarus sollen die einzelnen Ommatidien -Anlagen ein- ander dicht anliegen und durch keinerlei Zwischenpfeiler getrennt sein. Man kann drei Schichten unterscheiden : aus der äussersten entstehen die corneage- nen Hypodermiszellen und die vorderen Pigmentzellen (distal Retinulae), aus der mittleren die Krystallkegelzellen , während die unterste die eigentlichen Retinulae liefert. In ähnlicher Weise entwickelt sich auch das paarige Seitenauge der Iso- poden. Nach den Angaben, welche Bullae (No. 81) für Cymothoa ge- macht hat, steht die Augenanlage ursprünglich in inniger Verbindung mit der Anlage des Ganglion opticum. Beide gehen aus ein und derselben Ectoderm- verdickung hervor. Während die inneren Schichten der letzteren sich zur Bildung des mit dem übrigen Gehirn in Zusammenhang stehenden, optischen Ganglions absondern, wird eine oberflächliche Hypodermisverdickung durch Ausbildung einer pigmentirten , basalen Membran abgegrenzt. Diese Hypo- dermisverdickung stellt die Anlage des Facettenauges dar, in welchem die einzelnen Ommatidien durch einen starken Pigmentzellmantel von einander abgegrenzt erscheinen. Die Details der Ommatidienentwicklung wurden hier nicht verfolgt. Während nach den bisher angeführten Beobachtungen die Entwicklung des Auges sich verhältnissmässig einfach gestaltete, weist dieselbe bei Astacus (nach Reichenbach No. 65) und bei Crangon (nach Kingsley No. 52) eine Complication auf durch die Theilnahme einer Einstülpung, wrelche an der Grenze zwischen Augenanlage und Ganglien- anlage sich einsenkt. Aus dieser Einsenkung, welche nach Reichenbach in einem gewissen Zeitpunkt der Entwicklung durch eine mehr solide Einwucherung ersetzt ist, geht die zwischen Augenanlage und Gangliogen gelegene Augenfalte hervor, an welcher man ein inneres und ein äusseres Blatt unterscheiden kann. Obgleich Reichenbach die späteren Schicksale der Augenfalte nicht genau verfolgt hat, ist es ihm doch wahrscheinlich geworden, dass das äussere Blatt der Augenfalte in die Bildung des Auges eingeht und die Retinulaschicht liefert, während das innere Blatt in die Bildung des Ganglion opticums eingehen soll. Es wurde vor Allem von Carriere (No. 44) darauf hingewiesen, dass bei einem solchen Modus der Entwicklung der Retinulaschicht die Zellen der- selben ursprünglich eine verkehrte Orientirung aufweisen, indem ihr basales Ende gegen die Krystallkegelzellen, ihr oberes Ende aber gegen die Ganglienanlage gerichtet ist, dass wir demnach eine spätere Umordnung im Bereich der Retinulae annehmen müssten, wie eine solche für Spinnen bekannt geworden, aber bei Crustaceen bisher nicht beobachtet ist. Uns will die Vermuthung Pattens wahrscheinlich dünken, wonach die Augenfalte mit der Bildung des Auges überhaupt Nichts zu thun hat, sondern lediglich Material zur Vergrösserung des optischen Ganglions liefert. Sie würde demnach der proximalen Knospungsstelle (für Ver- grösserung des Ganglions Fig. 262 k') im Augenstiel von Branchipus ent- sprechen. Letzterer Auffassung hat sich neuerdings auch Kingsley (No. 55) angeschlossen, welcher ursprünglich aus der äusseren Wand der Augen- einstülpung die Krystallkegelschicht und Retinulaschicht hervorgehen liess. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht vor Allem, wie Caeeieee hervorhob, das Lagerungsverhältniss einer pigmentirten Mesodermzellschicht. welche sich nach Reichenbach zwischen der Aussenwand der Augenfalte und Crustaceen. 37 \ seiner Krystallkegelschicbt entwickelt, jedoch offenbar mit der oben für Mysis (pag. 368) erwähnten, unter der Basalmembran des Auges gelegenen (3.) Pigmentzellschicht identisch ist. Hinsichtlich der Deutung der einzelnen Theile des Ommatidiums, bezüg- lich deren sich in neuerer Zeit die Anschauungen Gkenacher's und Patten's gegenüberstehen, ist die Beobachtung Pabker's hervorzuheben, welcher den Zusammenhang der Retinulazellen mit feinen Nervenfasern beobachtete, während die Krystallkegelzellen allerdings bis zur Basalmembran reichen, an letzterer jedoch endigen. Dies würde mit der Anschauung Gkanacher's, welcher in den Retinulazellen die pereipirenden Elemente erblickte, übereinstimmen, während Pattex die als Retinophoren bezeichneten Krystallkegelzellen als die mit Nerven in Zusammenhang stehenden Elemente betrachtete. An der Entwicklung des zusammengesetzten Auges der Cladoceren, welche durch Grobben (No. 11) genau ermittelt wurde, ist von besonderem Interesse die Bildung einer Hautfalte, durch welche das Auge überwachsen wird und welche einen halbkugelförmigen, präcornealen Raum abschliesst. Letzterer vermittelt wie eine Gelenkshöhle die Bewegungen des in die Tiefe versenkten Auges. Aehnliche Verhältnisse finden wir bei Apus, Estheria, Limnadia und Limnetis. Wir können die zusammengesetzten Augen dieser Formen, sowie wahrscheinlich das der Ostrakoden als ein in die Tiefe versenk- tes, bewegliches Stielauge mit rückgebildetem Stiel betrachten. Wo sich, wie bei den Cladoceren, ein unpaares zusammengesetztes Auge findet, muss dies als durch Verschmelzung aus einer paarigen Anlage entstanden gedacht werden. In Bezug auf die Entwicklung des G e h ör 0 r g a n s ist die Beobachtung Reichenbach's (No. 65) zu erwähnen, dass dasselbe bei Astacus als dorsal gelegene Einstülpung im Basalglied der Antennula angelegt wird. Schon in frühen Stadien zeichnet sich das ectodermale Sinnesepithel, welches wahrscheinlich die Hörleisten liefert, durch mehrschichtige und regelmässige Anordnung der Zellen aus. In ähnlicher Weise konnte Nusbaum (No. 39) die Entstehung des im Endopoditen des letzten Pleopodenpaares gelegenen Gehörsäckchens von Mysis aus einer Ectodermeinstülpung beobachten. E. Kiemen. Die Kiemen sind in ihrer ersten Anlage auf einfache Aussackungen des oberflächlichen Körperepithels (Ectoderms) zurückzuführen, in deren Innerem mit Bindegewebe durchzogene, lacunäre Bluträume zur Ent- wicklung kommen (Reichenbach No. 65). Wir werden mit einiger Wahrscheinlichkeit die Kiemensäckchen oder -schlauche, insoferne sie der Aussenseite des Basalgliedes der Extremitäten angehören, und somit als Epipodialkiemen zu bezeichnen sind (vgl. unten pag. 388), in der ganzen Reihe der Crustaceen für homologe Bildungen erklären und dieselben vielleicht auf Kiemenschläuche der Anneliden zurückführen dürfen. Dagegen muss hervorgehoben werden, dass auch an anderen Stellen Kiemenausstülpungen zur Entwicklung kommen, z. B. an dem Exopoditen der Pleopoden (Squilla) oder an dem Endopoditen derselben (Siriella), als Rückenanhänge bei gewissen Ostracoden (Asterope), als Mantelfalten bei den Balaniden etc. Diese werden wir natürlich den Epipodialkiemen nicht homolog setzen dürfen. Die bei den Phyllopoden in einfacher Reihe vorhandenen epipodialen Kiemen- 372 xv- Capitel. säckchen erscheinen bei den Decapoden durch drei Reihen verastelter Schläuche ersetzt, welche nach ihrem genauem Ansatzpunkte im An- schlüsse an Huxley als Podobranchien, Arthrobranchien und Pleurobranchien unterschieden werden. Bei den Euphausiden und Lophogastrid en finden wir statt deren nur eine einfache Reihe baumförmig verastelter Kiemenschläuche, so dass schon Claus die Frage erhebt, ob nicht die drei Kiemen der Decapoden auf die auseinander- gerückten Hauptäste der Schizopodenkiemen zu beziehen seien. F. Darmcanal. Die Bildung des Darmcanals geht, wie in den meisten Thiergruppen, von drei gesonderten Anlagen aus, von denen der Vorderdarm und Enddarm als Ectodermeinstülpungen entstehen, während der Mitteldarm aus dem Zellmaterial des Entoderms aufgebaut wird. Während die beiden ersteren durch verhältnissmässig einfache Umwandlungen sich der definitiven Form nähern, geht die Ausbildung des Mitteldarms entsprechend den durch die Anwesenheit des Nahrungsdotters bedingten Störungen unter viel eingreifenderen, in den einzelnen Ordnungen verschiedenen Entwicklungsprozessen vor sich. Hinsichtlich der relativen Zeit des Auftretens der Vorder- und End- darmeinstülpung liegen in den einzelnen Untergruppen der Crustaceen ver- schiedene Verhältnisse vor. Bei den Entomostraken scheint in der Regel die Ausbildung der Vorderdarmanlage der des Enddarms vorauszueilen. Dasselbe ist bei Asellus, Gammarus und bei Mysis der Fall, während bei Oniscus die Entwicklung des Enddarms früher eintritt, Bei den Decapoden wird meist die Enddarmeinstülpung früher angelegt, was mit der frühzeitigen Entwicklung des Abdomens in Zusammenhang steht. Von Wichtigkeit ist das Lagerungsverhältniss dieser Einstülpungen zu dem verschlossenen Blastoporus. Während nach Grobbex1s Ansicht bei Moina die Stelle des verschlossenen Blastopors der späteren Mundöffnung entspricht, liegt dieselbe bei den Decapoden allgemein in der nächsten Nähe der späte- ren Afteröffnung. Nach Reichenbach liegt sie bei Astacus etwas hinter dem Ort der sich bildenden Afteröffnung; damit stimmt die Angabe von Ischi- kawa für Atyephyra überein. Das entgegengesetzte Verhältniss giebt Lebe- dinsky für Eriphia an. Hier soll sich die Enddarmeinstülpung hinter dem Blastoporus entwickeln. Dagegen glaubt Kingsley, dass bei Grangon die Enddarmeinstülpung genau der Stelle des verschlossenen Blastoporus ent- spreche, was schon Bobretzky für Astacus behauptet hat und womit auch die Angaben P. Mayer's für Eupagurus stimmen würden. Für die freilebenden Copepoden fand Hoek, dass die Stelle des verschlossenen Blastoporus mit Lage der späteren Afteröffnung übereinstimmt. Dasselbe beobachtete Nas- sonow für Baianus, so dass man im Allgemeinen für den Blastoporus der Crustaceen die Lage in der Nähe der späteren Afteröffnung annehmen kann (vgl. oben pag. 343). Je nach der Entwicklungsstufe , auf welcher die Larve das Ei verlässt, ist die Zeit der Vereinigung der drei Anlagen zu einem einheitlichen Canale eine verschiedene. Bei den freilebenden Copepoden (Cetochilus) geht die Vollendung des Darmcanals in frühen Stadien vor sich, während bei den Decapoden meist erst in später Zeit eine Communication zwischen Vorder- und Enddarm mit dem Mitteldarmsäckchen sich herausstellt. Hier scheint der Enddarm früher als der Vorderdarm das definitive Verhältniss aufzuweisen. Crustaceen. 373 Ueber die Art und Weise, auf welche sich der Mitteldarm bei den Entomostraken ausbildet, ist bisher wenig Genaues bekannt geworden. Bei Moina bilden die Entodermzellen zunächst einen soliden Zellstrang, der am Querschnitt kein centrales Lumen, aber eine radiäre Anordnung der Zellen erkennen lässt (Grobben). Dagegen scheint bei Cetochilus das aus der Einstülpung hervorgehende Entodermsäckchen direct in den Mitteldarm sich umzuwandeln. Bei vielen anderen Entomostraken ist wohl die Mitteldarmanlage als eine centrale Masse mit Nahrungsdotter erfüllter Zellen zu erkennen, z. B. bei Baianus (Lang, Nassonow). In späteren Stadien nähern sich die Kerne der Entodermzellen mit dem sie umgebenden Protoplasma der Oberfläche, und, während der Nahrungsdotter allmählich aufgezehrt wird , entsteht im Inneren die Höhlung des Mitteldarms (also ähnlich wie bei Palaemon pag. 334). Aehnlich scheint nach den Andeutungen van Beneden's (No. 17) die Ausbildung des Mitteldarms bei den parasitischen Copepoden vor sich zu gehen. Das so entstandene, mit Nahrungsdotter erfüllte Mitteldarmsäckchen steht mit seinem vorderen Ende mit der Vorderdarmeinstülpung, an seinem hinteren Ende mit der Enddarmeinstülpung in Zusammenhang. Am genauesten ist die Entwicklung des Mitteldarms für die Decapoden bekannt geworden. Bei Astacus, wo die Zellen des Entodermsäckchens den gesammten Nahrungsdotter in sich aufnehmen, ohne dass dadurch die Conformation des Säckchens gestört wird, entsteht das Mitteldarmepithel , indem die Kerne der dotterhaltigen Entoderm- pyramiden an die Oberfläche rücken, wo schliesslich eine Trennung der Entodermzelle von dem zugehörigen Dotterantheil sich vollzieht; indem die Entodermzellen sich vermehren, ordnen sie sich zu einem Epithel an, welches nun an der Oberfläche des dem Zerfall entgegengehenden Nahrungsdotters gelegen ist (vgl. oben pag. 333). Gleichzeitig erhält durch Einschnürungen von aussen die ganze Mitteldarmanlage eine gelappte Gestalt. Es bilden sich paarige vordere Lappen, welche mit der centralen unpaaren Mitteldarmanlage zusammenhängen, an deren dorsaler, hinterer Parthie noch eine Vorwölbung, die Anlage des dorsalen Mitteldarmblindsackes des Flusskrebses, zu erkennen ist. Jene oben beschriebene Ausbildung des Mitteldarmepithels macht sich zuerst an jener Stelle geltend, wo das Entodermsäckchen und die Enddarmanlage sich berühren. Hier erkennen wir schon bald eine entodermale Epithel- platte (Fig. 240 B, ep). Aehnliches beobachtet man an jenen Stellen, von denen die Bildung der Leberschläuche ausgeht. Entsprechend den vorderen, seitlichen und hinteren Leberlappen des ausgebildeten Thieres finden wir an den vorderen, seitlichen und hinteren Parthien des Mitteldarmsäckchens gesonderte Centren der Epithelbildung, in deren Bereich sich das Epithel bald zur Bildung eines primären Leberblind- sackes emporhebt. Letztere zerfallen später durch Einschnürung in die zahlreichen secundären Leberschläuche. Die Anlage des hintersten Paares scheint von Anfang an mit der oben geschilderten Entodermplatte in Zusammenhang zu stehen. Indem später auch im Bereich der übrigen Theile des Entodermsäckchens die Epithelbildung fortschreitet, entsteht der centrale Theil des Darmcanals, welcher die Ausführungsgänge der Mitteldarmdrüse (Leber) in sich aufnimmt und der im ausgebildeten Thiere nur eine geringe Ausdehnung aufweist. Durch Anlagerung von mesodermalen Elementen kommt die Muskulatur dieses Theils des Darmcanals zu Stande. Korschel t-Heider, Lehrbuch. 25 374 xv- Capitel. Die Vorderdarmeinstülpung weist bald eine Trennung in einen engeren Oesophagealtheil und einen weiteren Theil, Anlage des sog. Magens, auf. An letzterer erkennt man die Anlagen der Zahnplatten als Epithelverdickungen und die der Gastrolithensäckchen als zwei nach der Ventralseite abgehende Divertikel. Der junge Flusskrebs schlüpft mit zwei vollständig ausgebildeten Gastrolithen aus dem Eie (Reichenbach). Erst in späten Stadien tritt die Vorderdarm- und Enddarmeinstülpung mit dem Mitteldarm in Communication. In ganz ähnlicher Weise erfolgt die Ausbildung des Mitteldarms bei jenen Decapoden, bei denen das Entodermsäckchen nicht in continuo erhalten bleibt, sondern in einzelne Elemente zerfällt, welche im Nahrungsdotter sich zerstreuen (Palaemon, Eupagurus, Eriphia, Atyephyra, .Crangon etc.). Bei diesen treten ebenfalls die Entodermelemente zum Schluss an die Oberfläche und liefern in der oben geschilderten Weise das Mitteldarmepithel. Auch hier wurde das erste Auftreten dieses Epithels entsprechend dem blinden, inneren Ende der Enddarmeinstülpung beobachtet (Fig. 241 C, ep). Es scheinen aber noch drei Paare ursprünglich gesonderter Leberanlagen hinzu- zukommen (Crangon, Kingsley). Von dem für die Decapoden geschilderten Typus der Mitteldarm- entwicklung unterscheiden sich die Arthrostraken, insoferne hier die Bildung des Mitteldarmepithels nicht von Elementen ausgeht, welche im Dotter zerstreut sind, sondern von einer paarigen, lateralen Zellan- häufung, welche dem Nahrungsdotter oberflächlich aufliegt und denselben allmählich umwächst (vgl. oben pag. 340 u. ff.), während im Inneren des Dotters nur in einzelnen Fällen Dotterzellen (Vitellophagen) erkannt wurden (Oniscus nach Nusbaum), in anderen dagegen (Porcellio, Amphi- poden) zellige Elemente daselbst vollständig fehlen. Indem die paarige Ento denn anläge von beiden Seiten den Nahrungsdotter umwächst, wird das Mitteldarmsäckchen abgeschlossen , zu dessen Seiten sich durch Einschnürung die sehr umfangreichen primären Lebersäcke ausbilden. Aus letzteren gehen durch Längseinschnürung später 4 resp. 6 Leber- schläuche hervor. In einzelnen Fällen (Oniscus, Caprella, Sunamphithoe) geht die Ausbildung der Leberschläuche der Entwicklung des Mittel- darmsäckchens voraus. In den meisten Fällen liefert das Entoderm aus dem überwiegenden Theil seines Materials die Leberanlagen; nur ein kleiner Theil geht in die Bildung des centralen Theils des Darmcanals ein. Letzterer wird fast ausschliesslich vom Vorderdarm und Enddarm gebildet, während nur ein kurzes Stück in nächster Nähe der Einmündungs- stelle der Lebergänge entodermalen Ursprungs ist. Als Divertikel des hintersten Abschnittes des Mitteldarms entstehen bei Gammarus nach Pereyaslawzewa jene paarigen Schläuche (H a r n d r ü s e n) , deren entodermale Natur nach dem anatomischen Befunde schon von Nebeski erkannt worden war. Eine Homologisirung dieser Drüsenschläuche mit den Malpighi'schen Gefässen der Insecten ist aus diesem Grunde nicht durchführbar, da letztere dem Enddarm und somit dem Bereich des Ectoderms zugehören. Die von Bullae (No. 81) für die Entwicklung des Mitteldarms von Cymothoa gemachten Angaben stehen mit denen Nusbaum's für Oniscus in ziemlich genauer Uebereinstimmung. Hier finden sich keine sog. Dotter- zellen im Inneren der sehr beträchtlichen Nahrungsdottermasse ; die Bildung Crustaceen. 375 des Mitteldarms geht von der inneren Zellschicht des Keimstreifs aus. Die erste Spur einer gesonderten Entodermanlage findet sich in einer etwas hinter der Vorderdarmeinstülpung gelegenen paarigen Zellanhäufung, von welcher die Ausbildung von drei Paaren Leberschläuchen ausgeht. In einem späte- ren Stadium überwächst eine mit dem Epithel der Leberschläuche in Zu- sammenhang stehende Zellschichte den ganzen Nahrungsdotter. Die Mittel- darmanlage besteht nun aus diesem so entstandenen Dottersack und den mit demselben communicirenden Leberschläuchen. Das vordere Ende des Dotter- sacks steht mit der Vorderdarmeinstülpung in Zusammenhang. Die Enddarm- einstülpung dagegen setzt sich nicht an das hintere Ende des Dottersackes an , sondern schiebt sich über die Dorsalseite des letzteren nach vorne , um sich ganz in der Nähe der Vorderdarmeinstülpung zu inseriren. Da der nun als ventrales Divertikel anhängende Dottersack einer Resorption anheimfällt, so ergiebt sich, dass auch hier nur ein ganz kleiner Theil des definitiven Darmcanals in der Umgebung der Lebereinmündungsstelle dem Mitteldarm angehört. Vgl. hier auch das oben pag. 340 für Ligia Gesagte. An die obige Darstellung der Mitteldarmbildung bei Arthrostraken, welche wir den Schilderungen Bullae' s, Nüsbaum's, Pekeyaslawzewa's und Rossijskaya's entnehmen, schliessen sich nach Nusbaum die Verhältnisse von Mysis an (vgl. Fig. 242 und 243, pag. 337). Hier liegt das Ento- derm ursprünglich als eine Zellanhäufung im hintersten Abschnitte des Keim- streifs (vgl. pag. 336). Bald vermehren sich die Entodermzellen und breiten sich auf der ganzen ventralen Fläche des Embryos aus. Später gelangen sie auch auf die lateralen und dorsal gelegenen Parthien , und auf diese Weise wird der Nahrungsdotter von einer Entodermzellschicht umwachsen. Während sich diese Umwachsung in den hinteren Parthien des Embryos vorbereitet, bildet das Entoderm im vorderen Theile (hinter dem Mandibelsegmente) zwei laterale, aus grossen succulenten Zellen gebildete Rinnen (Fig. 243, Z), die Anlagen der Leberschläuche, welche später durch entodermales Epithel an der Ventralseite mit einander in Verbindung treten. Hier erheben sich zwei Längsfalten, welche mit den sich einkrümmenden oberen Rändern der Rinnen verwachsen , wodurch die Trennung der Leberschläuche von dem mittleren Theil des Darmcanals erfolgt. Gleichzeitig zerfallen die Leberschläuche durch eine Längseinfaltung in vier secundäre Leberschläuche in gleicher Weise, wie diess bei den Arthrostraken beobachtet wurde. Es scheint, dass bei Mysis bei Ausbildung des Mitteldarmsäckchens nicht der gesammte Nahrungsdotter ins Innere desselben aufgenommen wird, sondern dass im Kopfantheil eine Parthie desselben ausserhalb des Darms, also in der Leibeshöhle zu liegen kommt. Aehnlich ist die Lagerung des Nahrungsdotters bei Moina. G. Herz. Hinsichtlich der Entwicklung des Herzens müssen wir von Beobach- tungen, welche Claus (No. 8 und 9) für Branchipus mitgetheilt hat, ausgehen. Hier bildet die somatische Mesodermschicht ein in einzelne Segmente getheiltes, ursprünglich der ventralen Fläche angehöriges Zell- stratum, welches allmählich an den seitlichen Parthien der Haut empor- wächst. Die äusserste Kante dieser emporwachsenden Mesodermsegmente wird durch eine einfache Reihe (Fig. 264 c und 265 A, c) succulenter Zellen (Cardiobl asten Nusbaum) gebildet, welche im späteren Verlauf Halbmondform (Fig. 265 B, c) annehmen , so dass nun jeder- seits eine Halbrinne gebildet ist. Diese Halbrinnen lassen, indem sie in der dorsalen Mittellinie aufeinander treffen und verwachsen, das Rücken- 25* 376 XV. Capitel. rohr (Fig. 265 C, c) hervorgehen. Letzteres zeigt sich demnach von seinem ersten Anfange an in einzelne segmentale Abschnitte (Kammern) gegliedert, deren Grenzen durch die seitlichen Ostien markirt sind. Aus dieser Entstehungsweise des Herzens scheint deutlich hervorzugehen, dass wir sein Lumen als einen Rest der primären Furchungshöhle zu betrachten haben (Bütschli, Schimkewitsch). An den Grenzen der einzelnen segmentalen Abschnitte kommen die Ostien zur Entwicklung. Die Cardioblasten wandeln sich in die Muskelzellen der Herzwand um. Letztere stehen während ihrer Entwicklung mit ihrem unteren Ende in einer ge- wissen Verbindung mit dem Dorsaltheil der Muskel- schicht der Darmwand. Von hier aus spannt sich ein queres Septum gegen die Körperwancl aus, das pericardiale Diaphragma (Fig. 265 C, s), welches einen oberen Theil der Leibeshöhle, in dem das Herz gelegen ist, von der übrigen Leibeshöhle abgrenzt und allen Crustaceen zu- kommt. In ganz gleicher Weise durch Verwachsung zweier Halbrinnen, die aus einer einzigen Zellreihe jederseits entstanden sind, entwickelt sich das Herz von Oniscus (Nusbaum). Auch die Herzbildung der Amphipoden (Pereyaslawzewa, Rossijskaya) ist auf diese Verhältnisse zurückzuführen. Während bei Oniscus das Herz in den hinteren Körper- parthien zuerst angelegt wird , und die Herz- bildung allmählich nach vorne fortschreitet, legt sich das Herz der Amphipoden zunächst in der mittleren Körperregion an. Gleichzeitig entsteht vor dem Dorsalorgan auf dieselbe Weise ein Gefässstamm. Beide Anlagen verwachsen erst nach Rückbildung des Dorsalorgans mit einander, sodass letzteres für die Ausbildung des einheitlichen Rückenrohres ein Hemmniss darstellt. Bei den Amphipoden geht die Verwachsung der beiden Halbrinnen in der Weise vor sich, dass die ventrale Verwachsung früher eintritt als die dorsale. Diess führt uns zu den Verhältnissen der Decapoden über. Bei Astacus ist die erste Anlage des Herzens als eine Ansammlung von Mesodermzellen im hintersten Theile der Embryonalscheibe zu erkennen (vgl. pag. 333 Fig. 240 B, h) , also hinter jener Stelle, von welcher der ventralwärts umgeschlagene Thoracoabdominaltheil entspringt. An Schnitten erkennt man, dass sich diese Mesodermzellen zur Bildung einer queren Platte vereinigen, welche sich jederseits an das Ectoderm anlegt. Der zwischen Ectoderm und Cardioblastenplatte befindliche Hohlraum ist der Innenraum des späteren Herzens. Diese Platte zeigt schon pulsirende Bewegungen, an denen sich das Ectoderm passiv betheiligt, bevor sie sich noch zur Bildung eines Rohres dorsalwärts einkrümmt (Reichenbach). Ganz ähnliche Ver- hältnisse beschreibt Lebedixsky für Eriphia (No. 57). Die Entwicklung des Herzens von Mysis schliesst sich an die für Oniscus beschriebenen Verhältnisse an. Das Herz entsteht hier als Aushöh- lung in einer Art von dorsalem Mesenterium, welches durch Verwachsung der seitlichen Ränder des somatischen Mesoderms gebildet wird. Die Bil- dung des Herzens schreitet von hinten nach vorne fort. Fig. 264. Dorsalan- sicht einiger hinterer Kör- persegmente einer jungen Branchipuslarve zur Darstellung der Herzent- wicklung (nach Claus). c Cardioblasten, h Herz- höhle, ms Mesodermsomiten, os Anlage der Ostien. Crustaceen. 377 ..so Als Grundform des Crustaceenherzens müssen wir ein langgestrecktes, mit zahlreichen, segmental angeordneten, venösen Ostienpaaren versehenes Rückengefäss annehmen, wie es sich bei den B r a n c h i p o d e n (vgl. unten pag. 394 Fig. 272 h) erhalten hat und auch den Stomatopoden zukommt. Das kurze, sackförmige Herz der Copepoden und Cladoceren stellt eine Rückbildungsform des langgestreckten Typus dar. Diese Rückbildimg kann bei kleinen Entomo- straken bis zu einem völligen Verschwin- den des Herzens führen (viele Copepoden und Ostracoden). In gleicher Weise ist das kurze, sackförmige Herz der Decapo- den mit Rücksicht auf die gestrecktere Herzform der Stomatopoden und Lepto- straken durch Rückbildung von einer solchen Form herzuleiten. Es ist durch die Untersuchungen von Claus an dem Gefässsystem der Stomatopodenlarven im Hinblick auf die Verhältnisse der Arterien- ursprünge wahrscheinlich geworden, dass das Decapodenherz dem vordersten Ab- schnitte des Rückengefässes der Stomato- poden entspricht. H. Drüsen. Zwei Paare von Drüsen müssen bei den Crustaceen als modificirte Segmen- talorgane betrachtet werden: die An- tennendrüse (grüne Drüse) und die Schalendrüse. Während für die erstere von Reichenbach (No. 65) und Ischikawa (No. 51) die Entstehung der- selben aus einer Ectodermeinstülpung behauptet worden war, hat Kingsley (No. 54) für Crangon die erste Ent- stehung derselben aus einer Ansammlung von Mesodermzellen nachgewiesen. Erst secundär öffnet sich das Säckchen nach aussen. Für die Schalendrüse der Clado- ceren wurde von Geobben (No. 11) und Lebedinsky (No. 11 a) der mesodermale Ursprung festgestellt. Unsere Ansicht, dass in diesen beiden, in früherer Zeit vielfach mit einander ver- wechselten Drüsenpaaren, Homologa der Segmentalorgane der Anneliden vorliegen, geht zum Theil auf Leydig und Gegenbatjr zurück. Für die Antennendrüse stützt sie sich vor Allem auf die genauen, anatomischen Fig1. 265. Drei Querschnitte durch junge Branchipuslarven (nach Claus). A Querschnitt durch ein Thorax- segment des Metanaupliusstadiums, B Querschnitt durch ein Thorax- segment eines späteren Stadiums, C Querschnitt durch ein Abdominal- segment eines noch späterenStadiums. c Cardioblasten, d Darmcanal, dl dorsaler Längsmuskel,1 ^ Anlage der Bauchganglienkette, h Herzhöhle, ov Ovarium , * Pericardialseptum, so somatische und sp splanchnische Schicht des Mesoderms, vi ventraler Längsmuskel. 378 xv- Capitel. Untersuchungen Geobben's, und auf die Uebereinstimmung, welche hiernach in dem Bau dieser Organe mit den durch Sedgwick vollständig erkannten Nephridien von Peripatus sich ergiebt. Nach Grobben müssen wir an der Antennendrüse (sowohl der Entomostrakenlarven als der ausgebildeten Malakostraken) zwei Abschnitte unterscheiden : ein Endsäckchen und einen mehrfach verschlungenen Ausführungsgang , welcher häufig vor seiner Aus- mündung an dem Basalglied der II. Antenne zur Bildung einer Erweiterung (Harnblase) anschwillt. Alle diese einzelnen Theile können durch Ausbildung secundärer Divertikel eine weitere Cornplication erlangen. Durch neuere Untersuchungen, welche mittelst der von Kowalevsky empfohlenen Indig- Carmin-Injection angestellt wurden, ist Weldon (No. 68) *) dazu gekommen, für Palaemon serratus einen complicirten Bau dieses Harnorgans an- zunehmen, welcher sich dem oben gegebenen Schema nicht anschliesst. Man wrar bisher geneigt, in Uebereinstimmung mit den Befunden an Peripatus in dem Endsäckchen der Antennendrüse das Rudiment des Cölomsäckchen dieses Segmentes zu sehen. "Weldox dagegen fand einen umfangreichen, vor der Geschlechtsdrüse gelegenen, mit der übrigen Leibeshöhle nicht communi- cirenden Cölomsack, welcher nach vorne mit zwei nach rechts und links abgehen- den Nephridialcanälen in Zusammenhang steht, welche letztere sich zur Bildung der Harnblase erweitert. Diesem Canalsystem ist das Endsäckchen . einem Malpighi' sehen Glomerulus vergleichbar, seitlich angefügt und mit der Harn- blase durch 5 Canälchen verbunden. Bei der Unklarheit, in der wir uns hinsichtlich der Leibeshöhlenverhältnisse der Crustaceen noch immer befinden, ist eine Nachuntersuchung dieser merkwürdigen Ergebnisse sehr wünschens- werth. Vorläufig scheint es uns gerathen, noch an der durch Gkobben be- gründeten Auffassung der Verhältnisse festzuhalten. Dass mit den genannten Drüsenpaaren und den Harn ausscheidenden Theilen des Mitteldarms (bei Copepoden und Amphipoden) die Reihe der Excretionsorgane der Crustaceen noch lange nicht erschöpft ist, beweisen die oben erwähnten Fütterungsversuche Metschnikoff's und Kowaleysky's (Biol. Centralbl. IX. Bd.), durch welche in den Thoraxbeinen von Mysis Farbstoff anhäufende Röhrchen und bei Nebalia entsprechend gelagerte Zellgruppen nachgewiesen wurden. Für Eriphia spinifrons hat Lebedinsky (No. 57) die Entwicklung eines „Segmentalorgans" beschrieben, welches als paarige Ausstülpung der Somato- pleura angelegt wird. Das so entstandene Röhrchen verlängert sich nach vorne und bildet einen gewundenen Canal, welcher mit einer im Coxalgliede des ersten Kieferfusspaares entstehenden Ectodermeinstülpung in Communi- cation tritt (Schalendrüse?). I. Genitalorgane. Ueber die Entwicklung der Genitalorgane bei den Crustaceen be- sitzen wir bisher nur ganz fragmentarische Nachrichten. Auf jeden Fall gehören die Anlagen der Geschlechtsdrüsen dem Mesoderm zu. Bei Cetochilus fand Grobben (No. 21) die Geschlechtsanlagen im Nauplius- stadium paarig und ventralwärts vom Darmcanal gelegen. Erst später rücken sie dorsalwärts über den Darm, wo sie sich zu einer unpaaren Anlage vereinigen. Jede Geschlechtsanlage besteht aus den grossen, eigentlichen Genitalzellen und aus angelagerten Mesodermzellen, welche die Hüllen und Ausführungsgänge liefern. J) Vgl. ähnliche bestätigende Angaben von Marchal (Compt. Rend. Bd. 111) und Weldon (Quart. Journ. Micr. Sc. XXXII. Bd.). Crustaceen. 379 Es hängt wahrscheinlich mit der Pädo - Parthenogenese von M 0 i n a x) zusammen, dass die Geschlechtsanlage als unpaare Genitalzelle schon während der Sonderung der Keimblätter zu erkennen ist. Eine aus dieser Zelle durch Theilung hervorgegangene Zellmasse rückt in das Innere des Embryos und ordnet sich daselbst zu einer dorsalwärts über der Mitteldarmanlage gelegenen, unpaaren Platte, welche sich erst secun- där in zwei Hälften theilt. Diese Zellmasse erhält später eine mesodermale Hülle. Von Wichtigkeit sind die Angaben von Claus (No. 9) über die Ent- wicklung der Geschlechtsorgane bei Branchipus. Hier ist die Anlage der Geschlechtsdrüse als ein paariger, in den drei bis vier vorderen Abdominal- segmenten zu den Seiten des Darms gelegener Strang schon in früheren Stadien zu erkennen. Die Ausbildung der Ausführungsgänge fällt jedoch erst in die spätere Periode der sexuellen Differenzirung (vgl. unten pag. 393) und geht von einer Umwandlung der Extremitätenanlagen des 12. und 13. postcephalischen Segmentes zu zwei Paaren von Genitalwülsten aus. Letztere vereinigen sich im weiblichen Geschlechte in der Medianlinie, während die der männlichen Anlage gesondert bleiben. In beiden Geschlechtern werden die Wülste des hinteren Segmentes von den vorderen überwachsen. Die ver- einigten Wülste treten dann entweder als breiter Medianzapfen (Weibchen) oder als rechter und linker Seitenzapfen (Männchen) zu Tage. Das in den Genitalwülsten vorfindliche Zellmaterial kommt in der Weise zur Verwendung, dass die Mesodermzellen den ausführenden Apparat (Oviduct und Uterus — Samenleiter und Samenblase) nebst den zugehörigen Anhangsdrüsen liefern, während eine Ectoderm Wucherung am zweiten Wulstpaare beim Weibchen zum kurzen Ausmündungsabschnitt des Uterus (Vagina), beim Männchen zum langgestreckten, als Cirrhus vorstülpbaren Begattungsglied umgebildet wird. Bei den Decapoden ist die Genitalanlage erst in den spätesten Stadien des embryonalen Lebens beobachtet worden. Bobretzky und Reichenbach (No. 65) vermuthen sie in zwei Zellsträngen, welche über dem Darmcanal gelegen sind. Nach Bobretzky liegen dieselben im Bereich des Mitteldarms unter dem pericardialen Septum, während Reichenbach die Anlage in hin- teren Segmenten im Bereich des Enddarms beobachtete. Bei Mysis fand Nusbaum (No. 39) die Genitalanlage in einer paarigen, hinter der Leberanlage gelegenen Zellgruppe , welche später bei Ausbildung der Leberschläuche mehr nach der Dorsalseite zu rückt, um später wahr- scheinlich zu einer unpaaren, zwischen Herz und Darm gelegenen Anlage zu verschmelzen. Es muss als zweifelhaft erscheinen, ob einige im Stadium der Keimblätterbildung im Ectoderm beobachtete grosse Zellen , die später im Abdomen liegen, wirklich, wie der Autor will, auf die Genitalanlage zu be- ziehen sind. Während wir aus allgemeinen Gründen geneigt sind, die Genitalanlage dem Mesoderm zuzurechnen, lassen Pereyaslawzewa und Rossijskaya (No. 70 bis 73) die Genitalzellen der Amphipoden der Wand des Mitteldarmes entstammen (!). Es rücken einzelne Entodermzellen (bei Orchestia auch aus den Leberschläuchen) aus dem Verbände des Mitteldarmepithels, um, von einer mesodermalen Hülle umwachsen, zur Anlage der Genitaldrüse zu werden. Eine ähnliche Entstehung der letzteren wurde bekanntlich von Sedgwick für Peripatus behauptet. *) Bei Daphnia similis konnte Lebedinsky (No. IIa) die Genitalzellen durch- aus nicht in so frühen Stadien unterscheiden, wie diess bei Moina möglich ist. Sogar im Naupliusstadium war hier die Anlage der Geschlechtsorgane noch nicht zu unter- scheiden. 380 Litteratur. Litteratur über Embryonalentwieklung der Crustaceen. Crustaceen im Allgemeinen. 1. Beneden, E. van. Recherches sur la composition et signification de l'ceitf. Mim. cour. et Mim. Sav. Etrang. de V Acad. roy. des Sciences de Belgique. 34. Bd. 1870. 2. Beneden, E. van u. Bessels, E. Memoire sur la formation du blastoderme chez les Amphipodes, les Lerneens et les Copepodes. Mein, cour. et Mein. Sav. Etrang. Acad. Roy. Belgique. 34. 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Wir finden flachgedrückte, seitlich com- primirte, langgestreckte, ja sogar querverbreiterte Nauplien. Der Besitz von drei Extremitätenpaaren [den späteren ersten Antennen («'). zweiten Antennen (a") und Mandibeln (md)] weist darauf hin, dass wir im Nau- plius bereits eine segmentirte Larvenform vor uns haben. Doch ist am Körper des Nauplius diese Segmentirung äusserlich nicht erkennbar, wenngleich die betreffenden Segmentgrenzen an den zum Nauplius hinüberführenden Embryonalstadien angedeutet sein können (freilebende Copepoden, Cirripedien). In den typischesten Fällen kommt dem Nau- plius keine schildförmige Duplieatur des Rüekenintegumentes zu, doch kann eine solche (die gewöhnlich erst in späteren Stadien angelegt wird) in einzelnen Fällen auch schon am Nauplius deutlich erkennbar (Cirri- pedien vgl. Fig. 279^4) oder doch wenigstens durch kleine Hautfalten der Rüekenfläche angedeutet sein. Das hintere Körperende entbehrt noch paariger Furcalfortsätze , doch treten daselbst paarige Borsten (Furcal- borsten) auf. Von den Extremitäten sind die des vordersten Paares (a', ersten Antennen) einästig, aus wenigen Gliedern bestehend oder noch ungegliedert. Sie dienen zur Locomotion und sind wohl auch bereits als Träger von Sinnesorganen von Bedeutung. Die beiden hinten folgen- den Extremitätenpaare sind in der Form zweiästiger Ruderbeine ent- wickelt. Von diesen steht das erste («", II. Antenne) zu den Seiten des Mundes und ist durch einen von seinem Basalglied nach innen vor- springenden kräftigen, hakenförmigen Kaufortsatz, welcher bei der Nah- rungsaufnahme zur Verwendung kommt, ausgezeichnet. Ebenso functionirt das dritte Extremitätenpaar (md Mandibeln) noch hauptsächlich als Locomotionsorgan. Eine Kaulade ist an seinem Basalabschnitt nicht ent- wickelt oder kaum angedeutet. Doch können sich auch hier ähnliche hakenförmige Kaufortsätze vorfinden. Die zwischen den II. Antennen (in deren Basalal »schnitt die schleifenförmige Antennendrüse (at) ausmündet) gelegene Mundöffnung ist von einer oft excessiv grossen, helmförmigen Oberlippe überdeckt und führt in den Darmcanal, an welchem wir einen kurzen Oesophagus, einen erweiterten Mitteldarm und den Enddarm unter- scheiden können. Die Afteröffnung kann den ersten Naupliusstadien noch fehlen (Cetochilus, Cyclops). Mehrfach ist für die ersten Stadien eine ursprünglich dorsale Lagerung der Afteröffnung beobachtet [Cirripedien (vgl. pag. 405, Fig. 280), Cetochilus (vgl. pag. 424, Fig. 288 B), embryo- nales Entwicklungsstadium der Cladoceren (vgl. oben pag. 347, Fig. 249)], Crustaceen. 385 während dieselbe erst später an das hintere Körperende zwischen die daselbst entwickelten Fnrcalfortsätze rückt. Das Nervensystem hat seinen ursprünglichen Zusammenhang mit dem Ectoderm bewahrt, es besteht aus dem oberen Schlundganglion, den Commissuren und den ersten Ganglienpaaren der Bauchkette. Die II. Antenne wird von einem hinter dem Munde gelegenen Ganglienpaar aus innervirt (Claus, Dohrn), ein Verhältniss, welches bei den Phyllopoden auch im ausgebildeten Zustande erhalten ist. Von Sinnesorganen ist das unpaare, in der Stirngegend gelegene, aus drei Theilen zusammengesetzte Naupliusauge zu erwähnen. Von Muskeln sind hauptsächlich die Extremitätenmuskeln entwickelt, welche an einer Stelle in der Mitte der dorsalen Farthie ihren Ansatz- punkt finden. Ein Herz ist noch nicht ausgebildet. md- Wenngleich am Körper des Nauplius eine Segmentirung äusser- lich nicht erkennbar ist, so müssen wir an demselben doch folgende Segmente trennen : Ein vorderes, präorales oder primäres Kopf- segment, den hintersten Körper- abschnitt als dasEnd- oder Anal- segment und die dazwischen ge- legenen echten Rumpfsegmeute. Als letztere werden wir den der IL Antenne zukommenden Leibesab- schnitt, ferner ein Mandibular- segment annehmen müssen. Der Nauplius wäre sonach aus dem pri- mären Kopfsegment, zwei aufein- anderfolgenden Rumpfsegmenten und dem Endsegment zusammen- gesetzt. "Wir haben aber oben pag. 365, 366 darauf hingewiesen, dass möglicherweise auch der Region der I. Antenne ein eigenes Rumpf- segment entspricht, welches früh- zeitig seine Selbstständigkeit ver- loren hat. Das Kopfsegment und Endsegment sind zu den Rumpf- segmenten in einen gewissen Gegen- satz zu stellen, insoferne nur den letzteren echte Extremitätenanlagen zu- kommen. • Das Endsegment des Nauplius enthält die hinterste zum späteren Analsegment sich ausbildende Körperparthie und eine an der vorderen Grenze derselben gelegene Knospungszone , von welcher die stetige Production neuer Rumpfsegmente ausgeht. Die oben geschilderte Grundform des Nauplius erleidet im Einzelnen zahlreiche Variationen, die zum Theil noch Gegenstand späterer Schilderung sein werden. In den meisten Fällen sind an den sog. Naupliusstadien nicht nur die oben aufgezählten Rumpfsegmente zu erkennen, sondern es machen sich auch schon die Anlagen weiterer, hinten folgender Segmente bemerkbar. Solche, eine höhere Stufe der Leibesgliederung aufweisende Stadien werden richtiger mit dem von Claus (No. 8) vorgeschlagenen Namen als Meta- nauplien bezeichnet, unter welcher Benennung man sämmtliche an die Fig. 266. Nauplius von Cyclo ps (nach Claus). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, md Mandibel, o Naupliusauge, at Antennen- drüse, dr Darmaussackungen mit Harnzellen. 386 XV. Capitel. Naupliusforra sich anschliessende Larvenstadien zusammenfasse welche durch den Besitz von hinter dem Mandibularsegment gelegenen Rumpfsegmenten und wohl auch daselbst zur Entwicklung gekommener Extremitäten über die Gliederung der Naupliusstufe hinaus gediehen sind, im Uebrigen aber noch den Habitus des Naupliusstadiums bewahrt haben. Eine solche Erweiterung des Naupliusbegriffes erscheint um so zulässiger, als 0. F. Müller sein vermeintliches Genus Nauplius für eine Cyclopslarve mit vier Extremitäten- paaren aufstellte, während er das entsprechend jüngere Stadium mit drei Extremitätenpaaren als Amymone bezeichnete. Nachdem man die Zu- gehörigkeit des MüLLER'schen Genus Nauplius in den Entwicklungskreis von Cyclops erkannt hatte (Jurine), wurde der Name „Nauplius" für sämmtliche ähnlich gestaltete Krebslarven acceptirt. Man hat eine Zeit lang im Anschlüsse an Fritz Müller (No. 16) in dem Nauplius eine Larvenform von hoher phylogenetischer Bedeutung erblickt (Haeckel, Dohrn No. 9), indem man der Ansicht war, dass er die gemein- same Stammform sämmtlicher Crustaceen repräsentire. In welcher Weise diese Stammform ihren Anschluss an die niederen Thiergruppen finden sollte, darüber wurden die Ansichten weniger bestimmt ausgesprochen. Doch glaubte man die nächsten Verwandten der hypothetischen Stammform in der Nähe der Räderthiere oder Anneliden suchen zu sollen. Der erste, der gegen diese herrschende Ansicht auftrat, war Hatschek (No. 15), welcher auf die Uebereinstimmung im Körperbau der Crustaceen und Anneliden hinwies und urgirte, dass wir der gemeinsamen Stammform der Crustaceen bereits einen aus zahlreichen Körpersegmenten zusammengesetzten Leib zuschreiben müssten und daher eine clirecte Ableitung dieser Stammform von den Anneliden supponiren könnten. Diese Anschauung gewann eine wesentliche Stütze in der genaueren Kenntniss über den Bau zweier Drüsenpaare (der Schalendrüse und Antennendrüse), deren Homologie mit den Segmentalorganen der Anneliden bereits von Letdig und Gegenbaur behauptet worden war. So neigte man sich allmählich der jetzt acceptirten Ansicht (Dohrx No. 11) zu, dass die Naupliusform nicht in den Kreis der directen Crustaceenahnen gehöre, sondern eine cänogenetische, adaptiv veränderte Larvenform sei, an welcher specifische Crustaceencharactere (z. B. die Form der Extremitäten, die starke Cuticulari- sirung der Körperfläche und die damit verbundene Entwicklung borstenförmiger Fortsätze, der Mangel von Wimperepithelien, die Auflösung der Cölomsäcke und lacunäre Ausbildung der Leibeshöhle) frühzeitig zur Entwicklung kommen. So zeigt die Naupliusform in ihrem Bau und ihrer histologischen Beschaffen- heit typische Crustaceencharactere, während sie nach der Gliederung ihres Leibes auf einer Stufe steht, welche wir höchstens der eiuer polytrochen Annelidenlarve gleichsetzen könnten. Der Nauplius ist demnach eine durch frühzeitige Entwicklung des (phylogenetisch in viel späteren Stadien ent- standenen) Crustaceenhabitus secundär abgeänderte Larvenform. Ein Hauptgrund für die Auffassung des Nauplius als Stammform der Crustaceen war in der allgemeinen Verbreitung dieser Larvenform in den verschiedensten Krebsgruppen gegeben. Es ergiebt sich aus diesem typischen Vorkommen des Nauplius in der Entwicklung sämmtlicher Crustaceen, dass bereits die hypothetische gemeinsame Ahnenform der Crustaceen sich durch ein Naupliusstadium entwickelte, dass demnach jene oben erwähnte Ab- änderung in der Ontogenie der Crustaceen in sehr frühen Zeiten vor sich gegangen ist. Es wird uns dies nicht allzusehr in Erstaunen versetzen, wenn wir bedenken , in welch1 beträchtlichem Masse die Ontogenie einer Form durch eine die ausgebildete Form betreffende Variation beeinflusst zu werden pflegt Nur insofern die Verbreitung der Naupliuslarve uns zu Crustaceen. 387 Schlüssen hinsichtlich der Ontogenie der Stammform der Crustaceen be- rechtigt, ist ihr eine gewisse phylogenetische Bedeutung beizumessen (Hat- schek, Lehrbuch der Zool., pag. 25). Die weitere Entwicklung des Naupliusstadiums vollzieht sich bei vielen Entomostraken z. B. bei den Phyllopoden und zum Theil auch bei den Copepoden auf dem Wege einer durch zahlreiche Häutungen vermittelten Reihe ganz allmählicher Form- veränderungen, durch welche unter fort- schreitender Vermehrung der Körperseg- mente und Extremitätenpaare, unter dem Anwachsen der dorsalen Schalenduplica- tur, der Anlage der Seitenaugen und anderen Umwandlungen successive der ausgebildete Zustand erreicht wird. Wäh- rend so die Metamorphose bei diesen niederstehenden Formen einen verhält- nissmässig einfachen Verlauf beibehält, gewinnt sie im Kreise der Malacostraken eine Complication , indem sich selbst- ständigere Larvenformen, vor Allem die Zoea, einschieben, welche nicht der directen Reihe von Umwandlungen zwi- schen dem Nauplius und dem ausgebilde- ten Zustande angehören, sondern, durch secundär erworbene Eigentümlichkeiten ausgezeichnet, eine Erweiterung des Be- reichs der der Metamorphose zugehörigen Formumwandlungen bedingen. (Vgl. hinsichtlich der Metamorphose der Malacostraken unten pag. 436.) Fig. 267. A Thoraxbein eines Copepoden (nach Claus). B Abdominalbein von Garn- mar us locusta (nach Boas). 1 erstes, 2 zweites Glied des Protopoditen, en Endopodit, ex Exo- podit. 2. Grundform der Crustaceen-Gliedniaassen. In den beiden hinteren Paaren der Naupliusextremitäten ist eine sehr ursprüngliche Form der Crustaceengliedmaassen gegeben. Wenn wir von den I. Antennen (Antennulae) absehen, welche durchgehends eine heteromorphe Bildung aufweisen, so können wir sämmtliche Crustaceen- beine auf ein Grundschema zurückführen, das dem zweiästigen Typus des zweiten und dritten Paares der Naupliusextremitäten entspricht. Wir können stets einen proximalen Abschnitt, als Extremitätenstamm oder Protop odit (Huxley) unterscheiden, welcher sich in zwei distal gelegene Gabeläste spaltet, von denen der innere als Innenast oder Endopodit (Fig. 267 en), der äussere als Aussenast oder Exopo- dit {ex) bezeichnet zu werden pflegen. Während Exopodit und Endo- podit beträchtlichen Variationen unterliegen, indem sie entweder un- gegliedert in Form lamellöser oder anders gestalteter Anhänge zur Entwicklung kommen oder in eine sehr wechselnde Zahl von abgesetzten Gliedern zerfallen, lässt der Protopodit in den meisten Fällen eine Zu- sammensetzung aus zwei Gliedern (Fig. 267, 268, l, 2) erkennen, von denen das erste (proximale) mit Claus als Basalglied (jf), nach Huxley als Coxopodit bezeichnet wird, während das zweite (distale) als Stammglied (Claus) {2} oder Basipodit (Huxley) unterschieden wird. Es muss erwähnt werden, dass in vielen Fällen (besonders bei den Malacostraken) die Gliederreine des Endopodits in der directen Fort- 388 XV. Capitel. Setzung des Protopodits gelegen zu sein scheint, (z. B. Fig. 268, B) während der Exopodit mehr einen Seitenanhang darstellt. Doch werden wir dies Verhalten nicht als das ursprüngliche betrachten dürfen. Da die ventralwärts gestellten, einander genäherten Crustaceenbeine ein Gegeneinanderwirken der beiden Hälften eines und desselben Paares gestatten, so finden wir häufig an der Innenseite der Glieder des Endo- podits und Protopodits Fortsatzbildungen der verschiedensten Art, welche zum Zweck einer mechanischen Einwirkung auf dazwischengerathene Fremdkörper (Nahrungspartikelchen) entwickelt sind. Solche Fortsätze, im Allgemeinen alsEnditen bezeichnet, führen, insoweit sie am Proto- podit auftreten, besondere Namen (Fig. 268 k) und werden als Kiefer- haken, Kieferlamellen sowie Lappen oder, wenn sie stärker chitinisirt und an der Innenseite bezahnt sind, als Kau laden unterschieden. Wir haben oben (Fig. 266, pag. 385) an dem Protopodit der zweiten Antenne die Entwicklung solcher Kieferhaken beobachtet. Fig. 268. Verschiedene Krebsgliedniaassen (nach Claus). A Maxille von Calanella, B Thoraxfuss von Nebalia, C erster Maxillarfuss einer älteren Penaeuslarve. 1 erstes, 2 zweites Glied des Protopoditen, k Kantortsätze desselben, en Endo- podit, ex Exopodit, ep Epipodialplatte, ep' Anlage eines Kiemenschlanches. Ein weiterer Bestandtheil des Crustaceenbeines, welcher jedoch nicht regelmässig zur Entwicklung kommt, findet sich an der Aussenseite des Protopodits und steht in den meisten Fällen in Beziehung zur Bewegung des umgebenden Wassers und der respiratorischen Function. Wir werden diese Anhänge, welche auch in der Mehrzahl auftreten können als Epipoditen (Fig. 268^) bezeichnen, gleichviel ob sie mehr la- mellös entwickelt sind (Epipodialplatte ep) oder mit reicher Blutcirculation im Inneren ausgestattete Kieniensäckchen oder Kiemenschläuche {ep') darstellen (vgl. oben pag. 371). Es scheint, dass die Epipodialanhänge in der Regel dem Coxopodit oder Basalglied zugehören. Die vielfachen Abänderungen und Rückbildungen, denen diese einzelnen Bestandteile des Crustaceenbeines im Einzelnen unterliegen , werden im Folgenden öfters zur Sprache kommen. Es scheint, dass die gestreckten Beinformen sich erst allmählich entwickelt haben, und dass die lamellöse verbreiterte Beinform, wie sie den meisten Phyllopoden (Fig. 269) und Crustaceen. 389 den Thoraxbeinen (Fig. 268 5) von Nebalia zukommt, einem ursprünglicheren Typus entspricht. Es ist noch nicht völlig sichergestellt, in welcher Weise die einzelnen Theile des blattförmigen Phyllopodenfusses auf das oben geschilderte Schema des Crustaceenbeines zu beziehen sind. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit scheint uns die Deutung Ray Laxkester's für sich zu haben, nach welchem von den sechs der Innenseite angehörigen Enditen der fünfte dem Endopodit (Fig. 269m5), der sechste dem Exopodit (en6) entspricht. Diese Deutung wird durch die Beobachtungen von Claus (No. 20, 21), denen zufolge an dem sich entwickelnden Bein von Branchipus diese beiden Lappen zuerst gesondert werden, gestützt. Die viel später auf- tretende Fächerplatte (ep) ist dann, ebenso wie das Kiemensäckchen (ep') als ein Epipodialanhang zu betrachten. Ein Zerfall des Stammtheiles der Ex- tremität in einzelne Glieder, wie unsere Figur 269 ihn aufweist, gehört an dem Phyllopodenbein zu den Ausnahmen. Man ist versucht, die typische zweiästige Form des Crustaceenbeines direct von der ähnlichen ge- gabelten Gestalt der Annelidenparapodien herzu- leiten. Hiefür spricht die eben erwähnte Thatsache, dass die Sonderung von Exopodit und Endopodit sich an den Beinanlagen von Branchipus ungemein frühzeitig geltend macht (Claus). Während aber die Annelidenparapodien im Allgemeinen der Lateral- seite des Körpers angehörige Fortsatzbildungen dar- stellen, sind die Extremitäten der Crustaceen nach der Ventral seite gerückt und einander genähert, was wohl darauf hindeutet, dass wir uns die zwischen An- neliden und Crustaceen vermittelnde Stammform als eine am Grunde des Meeres kriechende Form zu denken haben. Die gegenseitige Einwirkung der Extremitäten und die damit in Verbindung stehende Entwicklung von Enditen ist demnach eine Neuer- werbung im Bereiche der Crustaceen. Dagegen wird man wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit die Epipodial- anhänge auf Dorsalcirren der Anneliden beziehen dürfen. Gegen letztere Auffassung spricht allerdings das verspätete Auftreten dieser Bildungen in der Ontogenie der Crustaceen. Doch darf man nicht ver- gessen, dass eine Steigerung des respiratorischen Bedürfnisses erst bei einer gewissen Körpergrösse sich geltend zu machen pflegt und es somit erklär- lich scheint, wenn kleine Krebslarven (ebenso wie ausgebildete Formen von geringer Körperentwicklung) der Kiemenanhänge entbehren. Fig-, 269. Zweites Thoraxbein von Apus cancriformis (nach Ray Lankester). 1 erstes , 2 zweites Stammglied, en1, en2, ens, en*, en5, en6 erster bis sechster Enclit, ep Fächer- platte (Epipocliallamelle), ep' Kiemensäckchen. 3. Pkyllopoden. A. Branchiopoda. Die Larven der Branchiopoden besitzen, nachdem sie aus dem Eie entschlüpft sind, im Allgemeinen den Habitus der Naupliusform , lassen jedoch eine Sonderimg des Körpers in einen vorderen cephalischen Ab- schnitt, welcher die Naupliusgliedmaassen trägt, und einen hinteren thoraco- abdominalen Abschnitt erkennen. Mit Rücksicht auf den Umstand, dass Korscheit- Heider, Lehrbuch. 26 390 XV. Capitel. an dem letzteren bereits eine Anzahl von Körpersegmenten angelegt ist, müssen wir das erste Larvenstadium der Branchiopoden als Meta- nauplius (Fig. 270 Ä) bezeichnen. Das betreffende Stadium zeigt bei den verschiedenen Branchiopodengattungen einen ungemein überein- stimmenden Bau. In der Regel fehlt noch die Anlage der dorsalen Schalenduplicatur, welche erst in späteren Stadien zur Entwicklung kommt. Die weitere Metamorphose verläuft höchst einfach, indem vom hinteren Körperende aus successive neue Segmente angelegt werden und in derselben Reihenfolge das Hervorsprossen der Extremitätenanlagen sich vollzieht. Eine Ausnahme von dieser regelmässigen Entwicklungs- weise machen die Extremitäten der Maxillarregion, welche entsprechend ihrer geringen Entwicklung im ausgebildeten Thiere verspätet zur Anlage kommen. Während so allmählich die Gliederung des Körpers sich (lei- der ausgebildeten Form nähert, vollzieht sich die Entwicklung des paa- rigen zusammengesetzten Auges, der der Maxillarregion zuzurechnenden Schalenduplicatur, die Ausbildung der inneren Organe und die Rück- bildung und Umgestaltung der drei Naupliusbeinpaare. Als Typus mag uns die Entwicklung von Ap us dienen, welche durch die Untersuchungen von Zaddach (No. 31), Brauer (No. 18) und vor Allem von Claus (No. 20, 21) eingehend bekannt geworden ist. Der Metanauplius von Apus (Fig. 210 A) hat im Allgemeinen eine ovale, nach hinten ver- schmälerte Gestalt, und zeigt, sobald er aus dem Eie kommt, noch die ursprüngliche Krümmung nach der Dorsalseite (Brauer), welche später einer geraden Streckung des Körpers Platz macht. Von inneren Organen ist nur das Naupliusauge und der vorne erweiterte Darmcanal zu erkennen, welcher in einer am hinteren Körperende gelegenen Einbuchtung aus- mündet. Die drei Gliedmaassenpaare zeigen den für den Nauplius typischen Bau. Die erste Antenne (1), welche zu den Seiten der grossen helm- förmigen Oberlippe sich inserirt, ist einfach stabförmig, ungegliedert und trägt an ihrer Spitze zwei Borsten. Die zweite Antenne {2) ist ein um- fangreicher, zweiästiger Ruderfuss. Sie trägt an ihrer Basis einen be- weglichen Kieferhaken. Der Endopodit ist klein, an seinem Ende be- borstet, während der fünfgliedrige Exopodit an seiner Innenseite mit fünf Ruderborsten besetzt ist. Die Mandibel (3) ist kleiner, wiederholt aber im Allgemeinen den Bau der zweiten Antenne. Ein Kieferhaken fehlt hier ; die spätere Kaulade lässt sich nur in der Anlage als schwache Vor- wölbung an der Innenseite des Protopodits erkennen. Endopodit und Exopodit sind ungegliedert, an ihren Enden mit Borsten besetzt. Der die Naupliusextremitäten tragende vordere oder cephalische Körperabschnitt grenzt sich in seinem dorsalen Antheil nach hinten durch eine kleine Vor- wölbung ab, in welcher wir die erste Anlage des Rückenschildes erkennen. In der Mitte dieses vorderen Dorsalantheils bemerkt man als hellere, rundliche, scharf umschriebene Stelle die Anlage der bei den Phyllopoden so verbreiteten Nackendrüse (vgl. oben pag. 351). Am hinteren, thoraco- abdominalen Abschnitt sind fünf aufeinander folgende Thoracalsegmente als Querwülste (I — V) angelegt. Nach der ersten Häutung (Fig. 2705) erscheint die Körperform durch die schildförmige Verbreiterung des vorderen Körperabschnittes und die Streckung des kegelförmig verengerten hinteren Leibesabschnittes wesentlich verändert. Der Rückenschild überdeckt nun schon das erste Thoracalsegment von der Dorsalseite. Die Naupliusextremitäten haben im Wesentlichen denselben Charakter beibehalten. Der Endopodit der zweiten Antenne ist nun zweigliedrig. An dem Basalabschnitt der Man- Crustaceen. 391 dibel (5) hat sich eine kräftige, am Innenrande gezähnelte Kaulade ent- wickelt, welche von der jetzt relativ kleineren Oberlippe überdeckt wird. Hinter den Mandibeln ist das erste Maxillenpaar als einfache Platte (4) angelegt. An den vordersten Thoraxsegmenten sind drei bis vier gelappte Ex- tremitätenanlagen zu erkennen. Die Zahl der Thoraxsegmente hat sich durch das Hinzukommen neuer Anlagen bis auf acht vermehrt. Am hinteren Körperende sind die ansehnlichen Furealfortsätze zur Entwicklung gekommen. Erwähnenswerth für dieses Stadium ist ferner: die Ent- Fig1. 270. Drei Larvenstadien von Apus cancrifo rmis nach Claus, aus Lang's Lehrbuch). A eben ausgeschlüpfte Larve (Metanauplius), B zweites Larvenstadium mit den vorderen Maxillen und sieben (oder acht) Thoraxsegmenten, C viertes Larvenstadium mit ungefähr fünfzehn Thoraxsegmenten. 1 erste, 2 zweite Antenne, 3 Mandibel, 4 erste Maxille, I — XIII erstes bis drei- zehntes Kumpfsegment, fs frontales Sinnesorgan, s Rückenschale, L Leber. Wicklung der als griffeiförmige Fäden auftretenden, neben dem Nauplius- auge gelegenen frontalen Sinnesorgane (fs), die Anlage der Leberaus- stülpungen an dem erweiterten vordersten Abschnitt des Mitteldarms, das Deutlichwerden der Antennendrüse in dem Basalabschnitt der II. Antenne, sowie die erste Anlage der Schalendrüse in den unteren Seitentheilen des Rückenschildes. Das dritte Larvenstadium (nach der zweiten Häutung) weist nun schon an den sechs vordersten Thoraxsegmenten gelappte Beinanlagen auf; 26* 392 xv- Capitel. an dem siebenten Segment ist eine ungelappte Beinanlage vorhanden, und dahinter finden sich noch zwei bis drei Segmentanlagen. Hinter dem ersten Maxillenpaare ist die Anlage eines zweiten Paares als querliegende Erhebung zu erkennen. Die Schalendrüse tritt nun an den Seitentheilen des wenig vergrösserten Rückenschildes deutlicher hervor. In diesem Stadium lässt sich bereits die Herzanlage erkennen, welche von der Maxillarregion nach hinten bis zum sechsten Thoracalsegment reicht. Hier hinten werden mit der fortschreitenden Entwicklung der Segmente neue Herzkammern angefügt (vgl. oben pag. 376, Fig. 264). Das vierte Larvenstadium (Fig. 270 C) zeigt an den sieben vordersten Thoraxsegmenten deutlich gelappte , an den zwei folgenden undeutlich gelappte und an den drei bis vier dahinterliegenden gänzlich üngelappte, in der Entstehung begriffene Beinanlagen. Der Thoraxschild (s) sowohl als die Furcalfortsätze haben sich beträchtlich vergrössert. Als wichtige Neuanlagen machen sich die über und hinter dem Naupliusauge auf der Rückenseite sichtbaren Anlagen des paarigen Auges bemerkbar, in denen sich Pigment abzulagern beginnt. Diese Anlagen werden zugleich mit den sich entwickelnden optischen Ganglien in den folgenden Stadien immer deutlicher. Das fünfte Stadium besitzt neun deutlich gelappte Beinpaare, ein zehntes undeutlich gelapptes und vier darauf folgende noch ungelappte. Dahinter sind sechs weitere Segmentanlagen zu erkennen. In diesen Stadien schreitet die Bildung des Herzens und die Verästelung der Leber- schläuche durch Bildung secundärer Divertikel allmählich vorwärts. Während in den späteren durch zahlreiche Häutungen aus einander her- vorgehenden Stadien der Körper durch das Auftreten weiterer Segmente und Beinanlagen, durch das Anwachsen des Rückenschildes, welcher all- mählich fast den ganzen hinteren Körperabschnitt bedeckt, sowie durch die Verlängerung der Furcalfortsätze sich allmählich immer mehr der Gestaltung des ausgebildeten Thieres nähert, erfolgt eine Rückbildung der Naupliusgliedmaassen , von denen die erste Antenne als kurzer zweigliedriger Stummel , die zweite Antenne als ein noch kleineres un- gegliedertes Rudiment sich erhält, während von der Mandibel nur das zur mächtigen Kaulade umgestaltete Basalglied erhalten bleibt. Der ganze distale Theil dieser Extremität ist als ein immer mehr in Rück- bildung begriffener Mandibulartaster an den späteren Larvenstadien noch zu erkennen, bis er schliefslich verschwindet. Hand in Hand mit der Rückbildung dieser Gliedmaassen geht eine Aenderung in der Be- wegungsweise vor sich. Während die Larve sich in den ersten Stadien durch die Ruderschläge der zweiten Antenne stossweise forttrieb, wird jetzt die Fortbewegung durch die Schwimmaction der Ruderfüsse eine mehr gleichmässige. Die obige Schilderung bezieht sich auf Apus cancriformis. Die Ent- wicklung von Apus productus, welche uns durch Brauer (No. 18) be- kannt geworden ist, verläuft übrigens in ganz übereinstimmender Weise. Nur ist das Ei hier beträchtlich grösser und die Entwicklung eine mehr abgekürzte. Die Zahl der Häutungen und der einzelnen Entwicklungsstadien ist eine geringere. Schon im vierten Stadium hört die zweite Antenne auf, als Ruderantenne zu wirken, im sechsten Stadium ist sie schon sehr stark rück- gebildet. Der aus dem Ei kommende Metanauplius weist nicht nur eine grössere Zahl von Segmenten, sondern auch schon die Anlagen der paarigen Augen auf. Die Metanauplien von Branchipus zeigen eine etwas gestrecktere Körperförm und eine schärfere Trennung des thoracoabdominalen Ab- Crustaceen. 393 Schnittes vom cephalischen Körperabschnitt. Man kann bereits die Maxillarsegmente und die zwei ersten Thoracalsegmente mit den ent- sprechenden thoracalen Beinanlagen, sowie den Beginn der metameren Gliederung des nachfolgenden Körperabschnittes erkennen (Claus No. 20). Die allmähliche Entwicklung der Larven verläuft hier, ebenso wie bei Artemia, in ganz ähnlicher Weise wie bei Apus, wenn wir die aus dem Mangel eines Rückenschildes und der demzufolge eng verpackte Lagerung der Schalendrüse, deren Ausmündung von Claus (No. 21) am zweiten Maxillenpaare erkannt wurde, sich ergebenden Unterschiede in Rücksicht ziehen. Besonders klar lassen sich hier die Verhältnisse der Entwicklung des zusammengesetzten Auges verfolgen, welches sammt dem ihm zu- gehörigen optischen Ganglion aus einer Wucherung der Hypodermis zu den Seiten des Kopfabschnittes seinen Ursprung nimmt (vgl. oben pag. 367). Während in dieser Hypodermis Wucherung eine Trennung der inneren zum Ganglion sich umbildenden Schicht von der oberflächlichen , das eigentliche zusammengesetzte Auge liefernden Lage sich geltend macht, erfolgt durch ein seitliches Anwachsen der betreffenden Kopfparthie die Fig. 271. Sogenanntes Nanpliusstadium von Estheria ticinenis (nach G. Ficker). «' erste, a" zweite Antenne, md Mandibel, ol Oberlippe. Entwicklung des Augenstieles, welcher sich später als beweglicher Theil von dem Kopfe abgliedert (Claus). Die Entwicklungsweise des gestielten Auges dieser Form liefert die gewichtigsten Einwände gegen die Auf- fassung desselben als einer den Extremitäten homologen Bildung (vgl. oben pag. 364). Bis zu jenen Larvenstadien, in denen die volle Zahl der Segment- und Gliedmaassenanlagen erreicht ist (erste Entwicklungs- periode) bewahren die Antennen und Mandibeltaster den von dem Meta- naupliusstadium an sich erhaltenden larvalen Charakter. Erst in der darauffolgenden Periode der sexuellen Differenzirung , in welcher die Genitalsegmente in der für beide Geschlechter charakteristischen Weise zur Ausbildung kommen, werden die Muskeln der Schwimmfussantennen und Mandibeltaster rückgebildet. Letztere gehen vollständig verloren, während die Schwimmfussantennen nach der Stirnfläche sich verschieben und zu den sog. Kopfhörnern in der für die einzelnen Arten charakte- ristischen Weise umgestalten. Gleichzeitig kommt ein mit dem paarigen Frontalorgan nicht zu verwechselndes, zwischen Gehirn und Stirnauge gelegenes Sinnesorgan (Organ der gehäuften Kolbenzellen Claus No. 21) zur Ausbildung. Dies Organ besteht aus einer Anhäufung kolbenförmiger Nervenendzellen, welche in ihrem Inneren eigenthümliche, dreizinkige, stark lichtbrechende Einlagerungen enthalten. Es entspricht 394 XV. Capitel. dasselbe der von Leydig für Cladoceren als Nackenorgan beschriebenen Bildung. Auch die Entwicklung der Estheridae weicht in keinem wesentlichen Punkte von der für Apus und Branchipus geschilderten ab. Das sog. Nauplius- stadiuin (Fig. 271) entbehrt noch der dorsalen (bei Estheria zweiklappigen) Schalenduplicatur vollständig. Es unterscheidet sich von dem gleichaltrigen Stadium von Branchipus nur durch die auffallend grosse Oberlippe (ol) und die rudimentäre Beschaffenheit der ersten Antenne («'), welche eine mit Fig. 272. Aelteres (cladocerenähnliches) Larvenstadium von Estheria (nachCL aus). a' erste, a" zweite Antenne, d Darm, fr frontales Sinnesorgan, h Herz, k Kiemen, md Mandibel, « Nervensystem, o Naupliusauge, sd Schalendrüse. einer langen Borste besetzte halbkugelige Anschwellung darstellt (FickekNo. 22). Ein späteres Stadium lässt die beiden Maxillarsegmente und sechs deutlich gesonderte Fusssegmente, jedoch noch ohne entsprechende Extremitätenanlagen, erkennen. Am hinteren Leibesende sind die Furcalfortsätze bereits zur Ent- wicklung gekommen. Die Anlage des paarigen Auges und des zugehörigen Ganglions ist zu erkennen. Erst in diesem Stadium tritt die Schalenanlage in Form einer paarigen Ausstülpung des dorsalen Integuments der Maxillar- region auf (vgl. Fig. 273, s). Im Inneren dieser Anlage ist bereits die noch wenig entwickelte Schalendrüse zu erkennen. Die späteren Stadien sind hauptsächlich durch das Anwachsen der Schale, durch die Vermehrung der Crustaceen. 395 Segmente und Extremitäten , durch die Umbildung der Naupliusgliedmaassen und die allmähliche Verkleinerung der Oberlippe charakterisirt. Solche Stadien (Fig. 272) zeigen eine auffallende Uebereinstimmung mit der ausgebildeten Form der Cladoceren. Der Kopf, welcher noch nicht von den Schalenklappen bedeckt ist, zeigt ein Paar kleiner mit Riechfäden besetzter Antennulae (a') und grosse in ihrem Bau auffallend an die gleichen Extremitäten der Daph- niden erinnernde Ruderantennen (a "). An der Mandibel (md) ist der Taster- antheil stark zurückgebildet. Die Gestaltung der Schalendrüse (sd), die Form des hintersten Körperabschnittes (Postabdomen) mit seinen Furcalhaken und zwei grossen Tastborsten erinnern so auffallend an die Cladoceren, dass wir nicht zweifeln dürfen, dass letztere Gruppe unter einer allmählichen Reduction (Verringerung der Segmentzahl und Extremitätenzahl, Rückbildung des Herzens zu einer kurzen Sackform) aus der Gruppe der Estheriden hervorgegangen ist (Claus No. 8). Limnadia scheint hinsichtlich ihrer Larven- entwicklung vollständig mit Estheria übereinzustim- men (Lereboullet No. 26). Auch hier entwickeln sich die beiden Schalenklappen als ursprünglich ge- trennte Ausstülpungen des Rückeninteguments der Maxillarregion (Fig. 273 s), welche erst später in der Medianlinie mit einander verschmelzen. Wenn- gleich hier, sowie bei den Cladoceren (Grobben) die beiden Schalenhälften anfangs gesondert sich ent- wickeln, so werden wir sie doch auf einen ursprüng- lich einheitlichen Rückenschild, wie er sich z. B. bei Apus findet, zurückzuführen haben. Sehr merkwürdig gestaltet sind die jüngsten von Grube (No. 23) bei Limnetis beobachteten Larven- stadien (Fig. 274), welche nach der Zahl und dem Bau der Extremitäten mit den sog. Nauplien der übrigen Branchipoden übereinstimmen, aber durch den Besitz eines flachen kreisrunden etwas quer- verbreiterten Rückenschildes ausgezeichnet sind. Diesem entspricht an der Ventralseite eine ebenso querverbreiterte grosse Oberlippe. An der vorderen Kopfparthie findet sich ein unpaarer und zwei seitliche paarige zapfenförmige Vorsprünge. Erst in ziemlich späten Stadien wird der flache Rückenschild durch eine zweiklappige Schale ersetzt. Fig. 273. Dorsalan- sicht der Larve von Lim- nadia (nach Lekebodl- let). a" Basis der zweiten Antennen, d Darm, md Mandibel, ol Oberlippe, * Anlage der Schalen- klappen. In der manichfaltigen Gruppe der Branchiopoden haben sich vielfach sehr ursprüngliche Gestaltungsverhältnisse des Körpers erhalten. Wir werden das Vorhandensein zahlreicher Leibessegmente, die verhältniss- mässig homomorphe Ausbildung der Extremitäten, den Ursprung des Antennennervs von einem in der Schlundcommissur gelegenen Ganglien- paar, das Vorhandensein gesonderter Ganglien in jedem Kiefersegmente, die strickleiterförmige Ausbildung der Bauchganglienkette, das Vorhanden- sein eines langen, gekammerten Rückengefässes und vielleicht auch die lamellöse Ausbildung der Beinpaare als solche ursprüngliche Verhältnisse in Anspruch nehmen dürfen. Der Umstand, dass viele der übrigen Crustaceengruppen mittelst ihrer ursprünglichsten Mitglieder den Anschluss an die Branchiopoden gewinnen (Nebalia) , wird uns noch mehr geneigt machen, in dieser Gruppe die jetzt lebenden Repräsentanten einer Formen- 396 XV. Capitel. reihe zu erblicken, welche sich von den hypothetischen Krebsahnen am wenigsten weit entfernt hat (Dohrn No. 9). Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass die jetzt lebenden Branchiopoden (Phyllopoden) in Bezug auf manche Verhält- nisse unzweifelhaft stark secundär verändert erschei- nen. In erster Linie muss hier an die reducirte Form der Mundgliedmassen (Man- dibeln und Maxillen) er- innert werden. In dieser Hinsicht werden wir uns an die Copepoden und an die Malacostrakenlarven zu wenden haben, um das Bild der hypothetischen Stamm- form in richtigerer Weise zu ergänzen. Immerhin werden wir bei Beurtbei- lung der phylogenetischen Verhältnisse der Crustaceen vielfach auf die Phyllopoden als einer sehr ursprünglichen Gruppe zu recurriren haben. vv Fig. 274. Naupliusstadium von Limnetis braehyura (nach Grube). a" zweite Antenne , k Kaufortsatz derselben, md Mandibel. B. Cladoceren. Während die Branchiopoden eine durch zahlreiche Häutungen ver- mittelte Metamorphose durchzumachen haben, kommt eine solche bei den nahe verwandten Cladoceren vollständig in Fig". 275. Aus dem Winterei entwickeltes Meta- naupliusstadium von Leptodora hyalin a (nach G. O. Sars). a' erste, a" zweite Antenne, md Mandibel, pl-p%1 Anlage des ersten bis sechsten Thoraxbeinpaares, ol Oberlippe. Ausfall , da bei ihnen die Jungen in einer der aus- gewachsenen Form völ- lig gleichenden Körper- gestaltung dem Ei ent- schlüpfen. Die gesammte Ausgestaltung des Körpers ist hier in die Embryonal- stadien verl egt,unter denen wir ein deutlich erkenn- bares Naupliusstadium an- treffen, welches in man- chen Fällen sogar durch eine Häutung (Entwick- lung der Naupliuscuticula) markirt ist (Dohrn). (Vgl. oben pag. 347, Fig. 249.) Besondere Verhalt- Gestalt der aus dem Ei Gattung Leptodora an. Jungen in der Gestalt nisse treffen wir jedoch hinsichtlich der kommenden Jungen in der merkwürdigen Während die dem Sommerei entstammenden dem ausgebildeten Thiere gleichen (P. E. Müller), schlüpfen die aus dem Winterei kommenden Larven in der Form eines vorgerückten Meta- naupliusstadiums (Fig. 275) aus und haben demnach noch eine Metamor- phose zu durchlaufen (G. 0. Sars No. 29). Der Körper dieser Meta- nauplien ist langgestreckt, ohne äusserlich erkennbare Segmentirung und Crustaceen. 397 läuft nach hinten in die beiden Furcalfortsätze aus. Die ersten An- tennen (d) sind kurz, keulenförmig, die zweiten Antennen (a") lange, zwei- ästige Schwimmfüsse, welche jedoch des den Branchiopodennauplien eigenen Kieferhakens entbehren. Die Mandibeln (md) bestehen aus dem basalen Ladentheil und einem langen, ungegliederten, ruderförmigen Tasterantheil. Die Mundöffnung wird von einer umfangreichen Oberlippe {61) überwölbt. Im thoracalen Abschnitt des Körpers sind die Anlagen von sechs Ex- tremitätenpaaren (pl — 2>VI) in der Form querer Wülste zu erkennen. Im Kopfabschnitt erkennt man nur das Naupliusauge, während das zusammen- gesetzte Auge erst später zur Entwicklung kommt. Die weitere Meta- morphose vollzieht sich unter Ausbildung der Beinpaare und der Körper- segmentirung, Entwicklung des Rückenschildes, Verkleinerung der Oberlippe, Rückbildung des Mandibulartasters und Ausbildung der charakteristischen Körperknickung. Das Naupliusauge persistirt jedoch bei der aus dem Winterei kommenden Generation, während es den aus Sommereiern entwickelten Individuen fehlt. Die Gattung Leptodora hat demnach in Hinsicht auf die Metamor- phose des Wintereies und auf das den Branchiopodien ähnliche Meta- naupliusstadium — wie in mancher anderen Hinsicht — unter den Cladoceren ursprüngliche Verhältnisse bewahrt. So wie hier die Sommereier und Wintereier rücksichtlich der Entwick- lung der Embryonen differiren, so weisen sie auch in anderen Punkten Unter- schiede auf. Wir haben oben (pag. 318) darauf hingewiesen, dass bei Bytho- trephes und Leptodora das Sommerei sich nach einem anderen Furchungs- typus furcht, als das Winterei. Saks (No. 30) macht darauf aufmerksam, dass die im Winterei (in Ephippien) sich entwickelnden Embryonen während der ganzen Dauer der Entwicklung von der Eihülle („Chorion") umhüllt bleiben, während die Sommereier die sehr dünne Dotterhaut vor Erreichung der letzten Entwicklungsstufe abwerfen. Die Anzahl von sechs Thoraxbeinpaaren, welche wir oben bei der An- lage dieser Extremitäten an dem Metanauplius auftreten sahen, müssen wir als die ursprüngliche der Cladoceren betrachten. Diese Zahl ist auch bei den Sididen erhalten. Im Embryo von Lynceus werden sechs Paare an- gelegt, von denen das letzte später rückgebildet wird (Claus No. 8). 4. Ostracoden. Die mit einer zweiklappigen, häufig mit Kalksalzen infiltrirten Schale versehenen Ostracoden, welche unter Reduction der Segmentzahl und Verminderung der Beweglichkeit von ähnlich gestalteten Phyllopodenahnen durch eine Art Rückbildungsprocess (einseitige Entwicklung nach be- stimmter Richtung) abgeleitet wTerden müssen, durchlaufen eine mehr oder weniger ausgeprägte Metamorphose. Letztere erscheint bei denCypri- dinen, Cytheriden und Halocypriden, deren Entwicklung uns nur unvollkommen bekannt ist, in einigermassen abgekürzter Form, in- dem die Larven in einer dem ausgebildeten Thiere nahestehenden Ge- stalt geboren werden; dagegen durchlaufen die Cypriden eine durch zahlreiche aufeinanderfolgende Häutungen vermittelte, von dem Nauplius- stadium bis zur ausgebildeten Form reichende Metamorphose, welche uns durch die Untersuchungen von Claus (No. 32, 34) für Cypris fasciata, sowie für Cypria ovum und vidua bekannt geworden ist. Nach der Zahl 398 XV. Capitel. der aufeinanderfolgenden Häutungen lassen sich hier neun, zum Theil allerdings wenig von einander verschiedene Stadien unterscheiden. Der Nauplius (Fig. 276 A) ist durch die Verwendung der drei Glied- maassenpaare als Locomotionsorgane , sowie durch den Besitz einer um- fangreichen, helmförmigen Oberlippe (OL) dem gleichwertigen Entwick- lungsstadium der Phyllopoden ähnlich, weist jedoch in dem Vorhandensein einer hohen, zweiklappigen, durch einen Schliessmuskel (SM) verschliess- baren Schale bereits ein typisches Ostracodenmerkmal auf, dessen Ent- wicklung offenbar secundär in dies frühe Stadium verlegt ist. Die weitere Metamorphose vollzieht sich wie bei den Phyllopoden unter dem all- mählichen, der Reihenfolge nach sich vollziehenden Hervorsprossen der hinteren Extremitätenpaare, dem Auswachsen des hinteren Leibesabschnittes und der demselben entsprechenden inneren Organe. Demgemäss vollzieht sich auch eine schon von Zenker (No. 35) beobachtete Aenderung in der Form der Schale. Im Nauplius ist die vordere Schalenhälfte be- deutend entwickelt. Die grösste Ausdehnung nach der Höhendimension, A B \.--Ä Mx Sit Fig. 27G. Zwei Larvenstadien von Cypris (nach Claus, aus Balfour's Handbuch). A Naupliusstadium, B zweites Larvenstadium, A', erste, A" zweite Antenne, /" erster Fuss, Md Mandibel, OL Oberlippe, Mx' erste Maxille, SM Schliessmuskel. sowie die nach der Breite fällt vor die Körpermitte. Der hintere Ab- schnitt der Schale erscheint stark abschüssig, das hintere Schalenende mehr spitz zulaufend. Mit der Ausbildung der hinteren Körperparthien gewinnen auch die hinteren Schalenhälften allmählich an Umfang (vgl. Fig. 276 bis 278). Von dem Gesetz des regelmässigen Auftretens der Extremi- täten in der Reihenfolge von vorne nach hinten machen die zweiten Maxillen insofern eine Ausnahme, als sie erst nach Entwicklung des dahinter gelegenen Beinpaares, also etwas verspätet auftreten. Es wieder- holen sich hier Verhältnisse, welche wir ähnlich bei den Phyllopoden und einigen Copepoden (Cyclopiden, Harpactiden) wiederfinden. Das Naupliusstadium (erstes freies Larvenstadium Fig. 276 Ä) ist, wie erwähnt, durch das Vorhandensein einer zweiklappigen, mit einem Schalenschliessmuskel (SM) versehenen Schale ausgezeichnet. Ent- sprechend dem höchsten Punkte derselben findet sich das hier sehr grosse, mit paarigen Linsen versehene Naupliusauge. Der Darmcanal , aus Oesopha- gus , Mitteldarm und Die Mundöffnung ist Enddarm bestehend , entbehrt noch der Leberanhänge, von einer mächtigen Oberlippe (OL) überwölbt. Die drei Gliedmaassenpaare weichen in ihrer Gestalt von denen des Phyllopoden- Crustaceen. 399 nauplius einigermassen ab. Sie sind hier als einästige Kriechbeine entwickelt. Die beiden ersten Paare nähern sich in ihrer Gestalt schon der definitiven Form. Die erste Antenne (Af) erscheint eingekrümmt und besteht aus vier Gliedern , von denen die drei kürzeren Endglieder an der oberen Seite mit Ruderborsten besetzt sind. Die zweite Antenne (A ") weist bereits die charak- teristische knieförmige Einbiegung auf. Die Mandibel (Md) ist hier noch vollständig als dreigliedriger Kriechfuss entwickelt, dessen Spitze mit einer ansehnlichen Hakenborste endet. Die spätere Kaulade ist in diesem Stadium nur als ein kleiner gekerbter Fortsatz des Basalgliedes entwickelt. Im darauffolgenden zweiten Larvenstadium (Fig. 276 B) verliert die Mandibel den eben gekennzeichneten ursprünglichen Charakter. Ueber- dies sind hinter derselben die Anlagen zweier weiterer Beinpaare, und zwar B fi im i m* Fig. 277. Zwei weitere Entwicklungsstadien von Cypris (nach Claus, aus Balfour*s Handbuch). A viertes Stadium, B fünftes Stadium. Mx' erste Maxille, Mx" und /' zweite Maxille, /" erstes Fusspaar, L Leber. der ersten Maxille (Mx) und des ersten Fusspaares (/") aufgetreten. Der Körper hat sich dementsprechend gestreckt. Das Basalglied des dritten Glied- maassenpaares ist jetzt zu einer umfangreichen triangulären, an der Innenseite mit Zähnchen besetzten Kauplatte (Mandibel) umgestaltet, während der Rest dieser Extremität als viergliedriger Mandibulartaster persistirt. An dem Basal- giied des letzteren ist die erste Anlage des bandförmigen, mit Borsten be- setzten Anhangs (Exopodit) zu erkennen. Von den nach hinten folgenden Extremitätenanlagen zeigt die folgende (erste Maxille) die Gestalt einer blatt- förmigen, gebogenen Platte (Mx), während das erste Fusspaar (f") als un- gegliedertes, mit einem Endhaken versehenes Klammerorgan angelegt erscheint. Im dritten Stadium nähert sich die Maxille der definitiven Gliede- rung, indem zwei stärkere, bezahnte Kieferfortsätze und die Anlage eines dritten zu erkennen sind. Auch die Anlage der mit Haaren besetzten, schwingenden Fächerplatte (Exopodit) ist bereits zu erkennen. Das darauf- 400 XV. Capitel. folgende vierte Larvenstadium (Fig. 277-4) zeigt an den Antennen und dem Mandibulartaster mit Ausnahme des reichlicheren Borstenbesatzes keine wesentliche Aenderung; dagegen sind an den ersten Maxillen (Mx') sämmtliche vier Kieferfortsätze entwickelt , deren oberer (Endopodit) bereits die Abschnürung eines Endgliedes erkennen lässt. Hinter dieser Gliedmaasse ist in dem vorliegenden Stadium eine neuaufgetretene, den Raum zwischen erster Maxille und erstem Fusspaar einnehmende Gliedmaassenanlage (Mx") zu er- kennen: die als trianguläre Platte auftretende Anlage der zweiten Maxille, welche somit erst nach der Anlage des ersten Fusspaares zur Entwicklung kommt. Das zweite Fusspaar fehlt noch ; dagegen ist das hinterste Körperende durch die Entwicklung zweier Furcalborsten gekennzeichnet. Das fünfte Larvenstadium (Fig. 277 B) zeichnet sich durch die Weiterbildung der zweiten Maxille (Mx") aus, welche jetzt als viergliedriger, nach hinten gerichteter Fuss erscheint, dessen Basalglied einen vorspringenden Kieferfortsatz trägt. Es ist von Interesse, dass diese Extremität in den Ent- flfae') Fig. 278. Sechstes Larvenstadium von Cypris (nach Claus, aus Balfoür's Handbuch). Mx' erste Maxille, Mx" und/' zweite Maxille,/",/'" erstes, zweites Fusspaar, Fu Schwanzgabel, L Leber, SD Schalendrüse. wicklungsstadien von Cypris sich der Beinform nähert, eine Ausbildungsart, welche dieselbe in der Familie der Cytheriden zeitlebens beibehält. Jetzt werden auch die beiden Furcalglieder am hinteren Körperende deutlicher ausgeprägt. Von inneren Organen ist die Entwicklung der in die Schalen- klappen eintretenden Leberschläuche (L) zu erwähnen, sowie das erste Auf- treten eines von Claus als die Anlage der Schalendrüse (?) gedeuteten, unter dem Auge gelegenen verästelten Gebildes (Fig. 278 SD). Das sechste Entw'icklungsstadium (Fig. 278) ist durch das Auftreten des letzten (zweiten) Beinpaares (f") charakterisirt. Das zweite Maxillenpaar hat durch Vergrösserung des Kaufortsatzes und Verkleinerung des beinähnlichen Endabschnittes eine Umgestaltung erlitten. Das vordere Fusspaar, welches bisher ziemlich unentwickelt geblieben war, hat sich nun in mehrere Abschnitte gegliedert. Das hintere (letzte) Beinpaar zeigt im "Wesentlichen die gleiche Form wie die Anlagen der vorhergehenden Extre- mitäten in den früheren Stadien. Die Furca, nähert sich bereits der bleiben- den Gestaltung und endet mit zwei starken Hakenborsten. Im siebenten Stadium, welches im Bauseiner Gliedmaassen die de- finitiven Verhältnisse aufweist, werden die Anlagen des Geschlechtsapparates Crustaceen. 401 erkennbar. Von den Aenderungen , welchen die Gliedmaassenanlagen unter- liegen, ist besonders die Entwicklung eines kleinen blattförmigen Anhangs (Exopodit) am Basalglied der zweiten Maxille, sowie die auftretende Gliede- rung des letzten Beinpaares zu erwähnen. Während im achten Stadium bei fortschreitender Entwicklung der Geschlechtsanlagen auch die Ausbildung der sexuellen Differenzen angebahnt wird, erscheint das neunte und letzte Stadium als die Entwicklungs- stufe der Geschlechtsreife. Die Cytheriden schlüpfen nach Zenker in einem Entwicklungs- stadium aus dem Eie, welches ungefähr dem vierten Stadium der Cypriden zu vergleichen ist. Es sind ausser den beiden Antennenpaaren die Mandibeln und ersten Maxillen angelegt und in ihrer Form bereits ziemlich ausgebildet. Dahinter scheinen zwei Beinpaare in der ersten Anlage vorhanden zu sein. Der Mandibulartaster fungirt noch als Loco- motionsorgan. Die Cypridinen, deren Eier — wrie die der Cytheriden — zwischen den Schalenklappen der Mutter ihre embryonale Entwicklung durchlaufen, zeigen hinsichtlich der Gestaltungsverhältnisse der Schale dieselben Unterschiede, welche wir für die Jugendformen von Cypris gegen- über der ausgebildeten Form hervorgehoben haben. Das zusammen- gesetzte paarige Auge wird frühzeitig angelegt. Dem Ausschlüpfen nahe stehende Embryonen zeigten bereits die Furcalanhänge, entbehrten aber noch der drei hintersten Extremitätenpaare (Fuss, Putzfass und Genital- höcker). Es ist wahrscheinlich, dass die Larven in einer der ausgebildeten Form sehr ähnlichen Gestalt aus dem Ei schlüpfen (Claus No. 33). Auch bei den Halo cypriden ist die Metamorphose fast völlig in Wegfall gekommen, insofern die ausschlüpfenden Jungen bereits sämmt- liche Gliedmaassen zu besitzen scheinen und sich nur durch die mangelnde Reife der Geschlechtsorgane, die geringere Zahl der Furcalhaken und die mangelhafte Entwicklung der Sexualcharaktere von der ausgebildeten Form unterscheiden (Claus). 5. Cirripedien. Die durch die Anpassung an die festsitzende Lebensweise in merk- würdiger Art umgestaltete Gruppe der Cirripedien wird vielfach im Anschlüsse an die Anschauungen von Claus (No. 8) in nähere verwandt- schaftliche Beziehungen zu den Copepoden gebracht. Doch dürften wir wrohl mit Rücksicht auf das in ihrer Metamorphose sich findende, mit zwei Schalenklappen versehene sog. Cyprisstadium , welches den Ueber- gang von der freien zur festsitzenden Lebensweise vermittelt, eine ähn- lich gestaltete Ahnenform, welche wir dann unter den Phyllopoden zu suchen hätten, supponiren. Da sich die Uebereinstimmungen im Bau und in der Entwicklung der Cirripedien mit den Copepoden auch als Wirkungen einer gleichgerichteten Anpassung ( Convergenz) erklären lassen, dagegen unter den Copepoden die Schale durchgängig eine Rückbildung erfahren hat, so werden uns diese beiden Ordnungen der Crustaceen als selbstständige Ausläufer des ursprünglichen Phyllopodenstammes erscheinen (vgl. unten pag. 500). 402 XV. Capitel. Die Metamorphose der Cirripedien beginnt mit einem echten Na u- plius Stadium, welches durch den Besitz der sog. Stirnhörner 1) und eines meist dreieckigen Rückenschildes charakterisirt ist. Die Reihe der durch mehrfache Häutungen aus einander hervorgehenden Naupliusstadien schliesst mit einem Metanauplius, welcher die Anlagen des paarigen Auges, eines vierten Extremitätenpaares und der dahinter folgenden sechs Thoraxbeinpaare erkennen lässt. Durch eine nochmalige Häutung geht die Larve in das freischwimmende Cyprisstadium über, welches nach erfolgter Festsetzung den Uebergang in die definitive Körperform vorbereitet, die durch eine weitere Häutung aus dem festsitzenden Cyprisstadium (Puppe) hervorgeht. A. Thoracica. Die der Reihe der Naupliusformen angehörigen Stadien der Balaniden (Fig. 279.4) sind im Allgemeinen einfacher gestaltet, als die bedeutend grösseren, bedornten Lepadennauplien, so dass wir bei unserer Schilderung von den ersteren ausgehen können. Der Körper zeigt keine Anzeichen einer äusseren Segmentirimg und ist an der dor- salen Seite von einer flachen, dreieckigen oder mehr ovalen Schale be- deckt, welche an den lateralen Enden ihres Stirnrandes zur Bildung der „Stirnhörner" (h) ausgezogen erscheint. Das hintere Ende dieser Rücken- schale scheint anfangs abgerundet zu sein, kann jedoch auch in späteren Stadien mit einem Paar nach hinten und aufwärts gerichteter Stacheln besetzt sein. Die Stirnhörner bergen in ihrem Inneren einen stiletartigen Fortsatz (Claus No. 8), während in die denselben aufnehmende Scheide die Ausführungsgänge zweier grosser und mehrerer kleiner einzelliger Drüsen (Fig. 279 B, dr) ausmünden (Claus No. 8, Willemoes -Suhm No. 62). Wir haben es demnach hier wahrscheinlich mit einem Vertheidigungsapparat, und nicht mit einem Sinnesorgan zu thun. Das hintere Körperende (Thoraco- abdominalabschnitt Fig. 279 A, t) ragt über den Rückenschild nach hinten frei vor und läuft in eine Schwanzgabel aus. Die Afteröffnung (af) liegt ziemlich weit vorne an der Dorsalseite dieses Abschnittes. Zwischen der- selben und dem hinteren Rande des Rückenschildes entspringt von der Dorsal- seite des Thoracoabdominalabschnittes ein mächtiger, nach hinten sich erstreckender, spitz endigender Stachel, der sog. Schwanzstachel (/7s). In späteren Stadien findet sich an der Ventralseite des Thoraco- abdominalabschnittes vor der Schwanzgabel ein Paar die Configuration der Schwanzgabel wiederholender Dornen und vor diesem noch ein kleines Paar. Durch das Auftreten dieser bei einigen Formen noch etwas stärker ausgebildeten Bedornung kann der Anschein einer Segmentirimg des Thoracoabdominalabschnittes erzeugt werden. Doch sind diese Verhält- nisse nicht auf eine wirkliche Segmentirimg des betreffenden Abschnittes zu beziehen. Im vorderen Abschnitt des Körpers ist stets das dem Gehirn an- liegende, unpaare Naupliusauge deutlich zu erkennen. Die Mundöfmung 1) Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass der Besitz von Stirnhörnern kein dem Cirripediennauplius ganz allgemein zukommendes Merkmal ist. Dieselben fehlen beispielsweise bei dem Nauplius der Laura Gerardiae (vgl. unten pag. 419) und bei einem von Sluiter gefundenen in Ascidien schmarotzenden Wurzelkrebse, Sphaer othylacus polycarpae. Ebenso fehlen sie bei jener merkwürdigen, ihrer Stellung nach allerdings noch zweifelhaften Larve, welche bei Mindanao pelagisch ge- fischt und von Willemoes-Suhm anfangs für die Larve von Limulus gehalten, später jedoch den Cirripedienlarven zugerechnet wurde (No. 63). Crustaceen. 403 ist von einer grossen, helmförmigen Ober- lippe (ol) überwölbt, welche ihrer Gestalt nach an die Oberlippe derPhyllopodenlarven erinnert. Die Extre- mitätenpaare zeigen den für das Nauplius- stadium typischen Bau und erscheinen in den ersten Stadien oft nur undeutlich gegliedert, während die späteren Stadien eine deut- lichere und reichere Gliederung der Ex- tremitäten aufweisen. Die vorderste Extre- mität (d, erste An- tenne) besteht stets aus einer einzigen Reihe von Gliedern, welche in ihrem dis- talen Theil mit langen Ruderborsten besetzt sind. Das zweite und dritte («", md) Extre- mitätenpaar ist zwei- ästig. Der längere Exopodit besteht aus einer grösseren An- zahl dicht gedrängter, mit Ruderborsten be- setzter Glieder; der kürzere Endopodit weist eine geringere Zahl von Gliedern auf. An dem Protopodit beider Extremitäten- paare finden sich mehrere nach innen gegen die Mundöff- nung gerichteteKiefer- haken. Die späteren Sta- dien sind durch die allmähliche Grössen- zunahme des Körpers, durch das Auftreten der oben erwähnten Fig*. 279. Larvenstadien von Baianus (nach Claus). A älteres Naupliusstadium, B Metanauplius. a' erste Antenne, a" zweite Antenne, af After, dr Drüsen- zellen der Stirnhörner , ds dorsaler Schwanzstachel , fl-fvl erstes und sechstes Thoraxbeinpaar, fs frontales Sinnes- organ, h Stirnhörner, md Mandibel, mx Maxillaranlagen, ol Oberlippe, t Thoraeoabdominalanhang. Stachelfortsätze am Rückenschilde und am Thoracoabdominalabschnitt, vor Allem aber durch das Vorhandensein des paarigen frontalen Sinnesorganes (fs) 404 XV. Capitel. charakterisirt, welches hier in der Form zweier neben dem Naupliusauge sich inserirender, fadenförmiger Fortsätze zur Entwicklung kommt. Von inneren Organen sind ausser den bisher erwähnten (Auge, Gehirn, Drüsen- schläuche der Stirnhörner) noch die zur Bewegung der Extremitäten und des Thoracoabdominalanhangs dienenden Muskelgruppen, sowie der Ver- dauungstract zu erwähnen. Letzterer gliedert sich in einen kurzen Oesophagus, einen weiteren Mitteldarm und in den mit der dorsal ge- legenen Afteröffnung ausmündenden Enddarm. Ueber das Vorhandensein der sonst bei den Xauplien der Entomostraken vorkommenden An- tennendrüse (im Basalglied des IL Extremitätenpaares) ist bisher für die Cirripediennauplien Nichts bekannt geworden. Die Nauplien der Lepaden erscheinen, wenn sie aus dem Eie schlüpfen, in der Gestalt denen der Balaniden ziemlich ähnlich, mit dem einzigen Unterschiede, dass die lang ausgezogenen Stirnhörner nach hinten zurückgebogen erscheinen. Sie erleiden bald nach dem Aus- schlüpfen eine erste Häutung, nach welcher der stachelförmige Thoraco- abdominalanhang und der dorsale Schwanzstachel erst in ihrer vollen Länge hervortreten. Während der späteren Häutungen wächst der Le- padennauplius zu einer ganz ungeheueren Grösse (12 mm Länge) an und zeichnet sich dann durch zahlreiche Fortsatzbildungen des Körpers aus. Bei Lepas fascicularis werden bis zur Erreichung des Metanauplius- stadiums sieben Häutungen durchlaufen. Solche spätere Stadien (Fig. 280) zeigen den Thoracoabdominalanhang (t) und den dorsalen Schwanz- stachel (äs) zu langen, spitz zulaufenden, mit Häkchen besetzten Fort- sätzen ausgezogen. Ein ganz ähnlicher Fortsatz (d) hat sich im Mittel- punkt der Rückenschale erhoben. Der letztere, schief nach hinten verlau- fende Fortsatz wird als Rückenstachel bezeichnet. Auch am Rande des Rückenschildes sind nun ausser den Stirnhörnern acht grössere stachel- förmige Fortsätze zu erkennen, von denen das erste Paar vorne zwischen den Stirnhörnern gelegen, die anderen dagegen an den Seiten und hinten vertheilt sind. Ausserdem sind sowohl der Rückenschild als auch die grösseren Fortsätze mit einer Reihe kleinster Stacheln besetzt. Nur die Stirnhörner entbehren dieses Besatzes. Viele dieser kleinsten Stacheln sowohl, als auch die Randfortsätze des Rückenschildes erweisen sich als durchbohrte, mit den Ausführungsgängen von Drüsenzellen (Hautdrüsen) im Zusammenhang stehende Erhebungen. An der Ventralseite des Tho- racoabdominalanhangs unterscheiden wir ausser zwei weiter nach hinten gelegenen Paaren unbeweglicher Dornen weiter vorne sechs Paare be- weglicher grösserer Stacheln (x), welche nicht gleichzeitig, sondern suc- cessive angelegt werden, so dass jede neue Häutung ein neues Paar solcher Stacheln zur Entwicklung bringt, bis mit der letzten Häutung die Zahl von sechs Paaren erreicht ist. Uns erscheint es ziemlich plau- sibel — was Dohrn (No. 42) und Willemoes-Suhm (No. 62) mit Vor- sicht muthmassen — , dass diese Stachelpaare den Anlagen der sechs Thoraxbeinpaare der cyprisähnlichen Larve entsprechen. Wir müssten dann dies letzte Stadium bereits als Metanauplius in Anspruch nehmen. Dohrn (No. 42) hat eine — wahrscheinlich auf Lepas australis zu be- ziehende — grosse Naupliuslarve unter dem Namen Ar chizoea gigas ein- gehend beschrieben. Neuere Angaben über die Lepadidenlarven verdanken wir vor Allem Willemoes-Suhm (No. 62). Mit der Zoealarve der Malako- straken haben diese Stadien absolut nichts zu thun. Die Entwicklung langer stachelförmiger Fortsätze ist eine bei den pelagischen Thierformen sehr häufig Cnistaceen. 405 vorkommende Schutzeinrichtung (vgl. Radiolariengehäuse und Pluteuslarven mit ihren Stacheln). Während in der Reihe der Naupliusstadien, wenn wir von der Ver- größerung des Körpers und obenerwähnten Ausbildung von Dornen und stachelförmigen Körperfortsätzen absehen, keine wesentlichen Veränderungen sich bemerkbar machen, weist das letzte, unmittelbar vor dem Uebergang in das Cyprisstadiuni stehende Endglied dieser Reihe (Metanauplius Fig. 279 B) wichtige Neuanlagen von Organen auf. Hinsichtlich der all- gemeinen Leibesgestaltung ist hervorzuheben, dass die Seitentheile des Rückenschildes sich nun schon allmählich herabbiegen und, indem sie den Körper lateralwärts bedecken, die Lagenverhältnisse der zweiklappigen Schale des Cyprisstadiums vorbilden. Die drei vorderen Extremitäten- paare weisen im Allgemeinen noch die dem Nauplius zukommende Gestalt auf, doch lässt sich bereits im Inneren des vordersten Paares (erste Antenne) die für das Cyprisstadium wichtige Anlage des Saugnapfes erkennen (Krohn Xo.50, Willemoes-Suhm No. 62, Claus No. 8). Es wird hiedurch der Beweis erbracht, dass thatsächlich die Haftantennen der späteren Stadien von dem vordersten Paare der Naupliusextremitäten her- zuleiten sind (Krohn No. 50, Fr. Müller). Hinter der Mandibel ist die noch ziemlich rudimentäre Anlage eines vierten Extremitätenpaares zu erkennen, in welcher jedoch wahrscheinlich — wie wir später ausführen werden — die Anlagen zweier aufeinanderfolgen- der Extremitätenpaare (mx) versteckt liegen (Metschnikoff No. 53, Claus No.8). Eine beträchtliche Vergrösserung hat der Thoracoabdominalabschnitt der Larve erfahren, an welchem, unter der Naupliuscuticula gelegen, die An- lagen der sechs Ruderfusspaare (f1 bis f"1) der Larve (Thoraxbeinpaare), sowie die Caudalfortsätze des kurzen Abdomens (Furcalanhänge) zu erken- nen sind (Krohn No. 50, Claus No. 8). Von Wichtigkeit ist ferner, dass in diesem Stadium bereits neben dem sammengesetzten , durch Muskelfasern der cyprisähnlichen Larve angelegt erscheinen Metanaupliusstadium - ■ wie mit einem Schlage Fig. 280. Larve von Lepas australis(Archizoea g i g a s) (nach DOHRX). a Afteröffnung, d Rückenstachel, ds dorsaler Schwanzstachel, h Stirn- hörner, ol Oberlippe, t Thoracoabdomi- nalanhang, x bewegliche Stachelpaare. Naupliusauge die paarigen, zu- Augen (Fig. 2795) So sind denn in diesem — sämmtliche wichtigere beweglichen Organ- und Extremitätenanlagen der cyprisähnlichen Larve gebildet worden, welch' letztere durch Abstossung der Naupliushaut aus dem vorliegenden Stadium hervorgeht. Das freischwimmende Cyprisstadium (Fig. 281), welches nur von kurzer Dauer ist, führt seinen Namen von der zweiklappigen, den ganzen Körper umhüllenden Schale. Die eigentliche Körpergliederung und die innere Organisation hat mit den Ostracoden nichts Gemeinsames. Korscheit- Hei der, Lehrbuch. 27 406 XV. Capitel. In dieser Hinsicht weist das Cyprisstadium Verhältnisse auf, welche sich be- reits stark denen der ausgebildeten Form nähern. Die beiden Schalenklappen welche durch einen Schliessmuskel einander genähert werden können, gehen an der dorsalen Seite direct in einander über. Ihr dorsaler Rand erscheint gewölbt, während der ventrale abgeflacht ist. Vorne sind sie abgerundet, nach hinten jedoch spitz zulaufend. In dem vordersten An- theil der Schalenklappen bemerkt man nahe der Ventralseite einen wenig vorspringenden Höcker, in welchem der letzte Rest der Stirnhörner des Näuplius zu erkennen ist. Die ventralen Schalenränder hängen im mittleren Theile fest zusammen. Nach hinten öffnet sich der Spalt zwischen denselben zum Durchtritt der Ruderfüsse der Larve (rf) und ebenso findet sich eine vordere Oeffnung, durch welche die nun als Haftantennen fungiren- den I. Antennen (1) vor- gestreckt werden. Letz- tere werden im freien Cyprisstadium zur ge- legentlichen Festheftung der Larve, welche der definitiven Festsetzung vorhergeht und dieselbe gleichsam vorbereitet, benützt. Sie bestehen in diesem Stadium aus vier Gliedern, von denen das Basalglied dem Kör- per mit breiter Basis aufsitzt und verschiedene Chitinspangen zum An- sätze von Muskeln trägt. Das zweite, armähnlich gestreckte Glied ist gegen das Basalglied gebeugt; das kurze dritte Glied trägt an seiner äusseren Seite die Haftscheibe, in deren Mitte der Cementgang (Ausführungsgang der s Cementdrüse) mündet, während das stummeiförmige vierte Glied mit einigen gewöhn- lichen Borsten und einer grösseren Riechborste (Claus No. 39, Willemoes- Suhm No. 62) besetzt erscheint. Die Cementdrüse (vgl. Fig. 282 cd) selbst weist in der Cyprislarve sehr verschiedene Grade der Ausbildung auf. Sie rückt in den später folgenden Puppenstadien an die Basis des zum Stiel sich umwandelnden Kopftheils der Larve und bildet hier entweder dichtgedrängte gewundene Zellstränge (Lepas pectinata) oder überall zerstreute Zellen, welche nur durch die Ausführungsgänge im Zusammenhang stehen. Dem Bau nach ist die Cementdrüse als eine Anhäufung zahlreicher einzelliger Drüsen an einen vielfach verzweigten Ausführungsgang zu betrachten, welchem die einzelnen Drüsenzellen wie Beeren einer Traube aufsitzen. Fig. 281. Cyprisstadium von Lepas fasci- culata (nach Claus, aus Lang's Lehrbuch). ua Naupliusauge, pa paariges Auge, rf Ruderfüsse, ab Abdomen, 1 erste Antenne. Ueber die Genese dieser Drüse und deren morphologische Zurückführung sind wir noch vollkommen im Unklaren. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, dieselbe auf eines der beiden den Crustaceen zukommenden typischen Drüsen- paare (Antennendrüse und Schalendrüse) zu beziehen, wenngleich einer solchen Homologisirung durch die Ausmündung an einer anderen Extremität erheb- liche Schwierigkeiten sich entgegenstellen. Claus (No. 8) findet im Inneren der Schalenduplicatur an dem freischwimmenden Cyprisstadium von Lepas Crustaceen. 407 australis einen gewundenen drüsenähnlichen Zellstrang und ist geneigt, den- selben mit der Schalendrüse der übrigen Entomostraken zu horaologisiren, während er muthmasst, dass die in späteren Stadien erkennbare Cementdrüse sich von diesem Zellstrang herleitet. Dagegen hat Willemoes-Suhm (No. 62) schon in späteren Naupliusstadien eine paarige, zu den Seiten des Ursprungs der Oberlippe gelegene Drüsenmasse erkannt, aus welcher sich nach seiner Ansicht die Cementdrüse entwickeln soll. Bei diesem herrschenden Wider- streit der Ansichten werden wir gut thun, in der Cementdrüse vor der Hand eine eigenartige Bildung der Cirripedien zu erblicken und vorläufig von Homologisirungen mit Drüsen anderer Krebsgruppen abzusehen. Eine äusserst tiefgreifende Veränderung ist in der Bildung der im Nauplius die Mundöffnung umgebenden Gliedmaassenpaare vor sich ge- gangen. Die IL Antenne scheint vollständig zu schwinden (wenn sie sicli nicht etwa — wie Pagenstecher (No. 58) vermuthet — in dem taster- förmigen Anhang der Oberlippe erhalten hat). Die eigentlichen Muncl- theile erscheinen nun schon samint der Oberlippe auf einen wenig vor- ragenden Mundkegel gerückt und treten in der Form von drei Paaren stummeiförmiger Anlagen auf, welche wir auf die späteren Mandibeln, I. Maxillen und die durch Vereinigimg der IL Maxillen hervorgegangene Unterlippe beziehen müssen. In welcher Weise diese Mundtheile auf die Extremitäten des Metanaupliusstadiums zurückzuführen sind, ist noch völlig unklar. Am wahrscheinlichsten dünkt uns die Annahme von Claus (No. 8), der zufolge die Mandibeln aus dem Basalabschnitt des dritten Naupliusextremitätenpaares hervorgehen, während die dahinter gelegene Extremitätenanlage des Metanauplius (Fig. 279 _B, mx) in ihrem äusseren Abschnitte die I. Maxillen liefert. Dagegen soll aus einem an der Innenseite dieser Extremitätenanlage gelegenen Rudiment die Unterlippe entstehen. Wir müssten sonach in dieser Gliedmaassenanlage des Meta- nauplius die nahe zusammengedrängten Anlagen des I. und IL Maxillen- paares vermuthen. Auch Metschnikoff (No. 53) lässt aus dieser Anlage zwei Extremitätenpaare hervorgehen, bezieht dieselben jedoch auf die Mandibeln und Maxillen des ausgebildeten Cirripeds, während die III. Gliedmaasse des Nauplius ebenso wie die des II. Paares vollständig verschwinden soll. An dem weiter nach hinten folgenden Körperabschnitt finden wir sechs Paare von Ruderfüssen (rf), wTelche in ihrem Bau auf- fallend an die Thoraxbeinpaare der Copepoden erinnern und auch in ähnlicher Weise als Schwimmfüsse verwendet werden. Sie bestehen aus einem zweigliedrigen Basalabschnitt und aus einem demselben eingefügten Exopoditen und Endopoditen , welche je aus zwei Gliedern zusammen- gesetzt sind und einen Besatz von längeren Ruderborsten aufweisen. Das hinterste Körperende trägt ein kurzes viergliedriges Abdomen (ab), welches mit zwei in lange Borsten auslaufenden Furcalanhängen endigt. Von inneren Organen sei erwähnt, dass in diesem Stadium sich bereits sackförmige Ausstülpungen der als Magen bezeichneten Erweiterung des Darm- canals anlegen, welche zur sog. Leber sich umbilden, ferner, dass die Anlage der Ovarien in der Gestalt paariger, im Kopfabschnitt nahe der Ventral- seite gelegener Schläuche bemerkbar wird. Aus der freischwimmenden Cyprislarve geht nach erfolgter definitiver Fixirung die festgeheftete, cyprisähnliche Larve (Fig. 282) der Cirripedien hervor. Da in diesem Stadium die Nahrungsaufnahme, so- 27 * 408 XV. Capitel. wie die Locomotion völlig unterdrückt ist und unter der Cuticula des Cyprisstadiums (wie unter einer Puppenhaut) durch Wachsthunisprocesse wichtige innere und äussere Umbildungen am Körper der Larve sich vollziehen, so hat man dies Stadium mit einiger Berechtigung auch als cyprisähnliche Puppe bezeichnet. Auch letzterer geht durch Abstreifung der Cuticula des Cyprisstadiums das fertige, junge Cirriped hervor. Ueber das Detail der Vorgänge, unter welchen sich diese Umwandlung voll- zieht, sind wir hauptsächlich durch die Untersuchungen von Dakwin (No. 40), Pagenstecher (No. 58) und Claus (No. 39, 8) unterrichtet worden. Die Larve heftet sich mittelst der an den ersten Antennen befind- lichen Saugnäpfe und mittelst des von der Cementdrüse ausgeschiedenen Klebestoffes an der Unterlage fest. Sie ist ursprünglich derart befestigt, Fig". 282. Puppe von Lepas pectinata (nach Claus, aus Lang's Lehrbuch). ua Naupliusauge , pa paariges Auge, rf Thoraxbeinpaare (mit den Anlagen der Rankenfüsse im Inneren), o Mund, d Darm, L Leber, sm Schliessmuskel , sc Sputa, t Terga, ca Carina, cd Cementdrüse, 1 erste Antenne mit dem Saugnapf. dass ihre ganze ventrale Seite die Unterlage berührt (vgl. Fig. 283 A und B). Die erste Umänderung, welche zunächst bemerkbar wird, sind gewisse Wachsthumsvorgänge , durch welche einzelne Theile der Larve der definitiven Form genähert werden. So werden die an dem Gipfel des Mundkegels gelegenen, bisher ungemein rudimentären Mundtheile deutlich entwickelt, welcher Vorgang sich bei den Lepaden vor Allem unter Ver- grösserung der Oberlippe vollzieht. Ebenso wachsen die Thoraxbeinpaare (Fig. 283 B) viel länger zur Anlage der Rankenfüsse (rf) aus. Alle diese Theile werden unterhalb der etwas gelockerten Cypriscuticula an- gelegt. Es ist natürlich, dass die lang auswachsenden Rankenfüsse in den kurzen Hüllen der Thoraxbeine des Cyprisstadiums nicht genügenden Platz zur Entwicklung finden, und daher unter mannichfachen Krüm- mungen einigermassen gegen das Innere, des Thorax vordrängen (Fig. 282). Das Abdomen verkümmert fast vollständig, während von der Basis des- selben (Genitalsegment) der unpaare Penis als Ausstülpung vorwächst. Gleichzeitig mit diesen Entwicklungsvorgängen vollzieht sich eine be- deutsame Lageveränderung des gesammten Thorax (vgl. Fig. 283 A und B). Während derselbe in den früheren Stadien der Ventralfiäche annähernd parallel gelagert war, richtet er sich nun mehr senkrecht gegen dieselbe, Crustaceen. 409 so dass die Afteröffnung jetzt nicht mehr hinter der Mundöffnung, son- dern über dieselbe zu liegen kommt. Hand in Hand mit dieser Lage- veränderung vollzieht sich auch eine schärfere Abgrenzung des Thorax von der Kopfregion, indem die Uebergangsstelle (a) der Thoraxwand in die innere Mantelfläche nach der Ventralseite zu vorrückt (vgl. die Lage des Punktes x in Fig. 283 A und B). Inzwischen gehen auch mehrfache Veränderungen in dem vorderen Kopfabschnitte der Larve vor sich, welche die Umwandlung desselben in den Stiel der Lepadiden vorbereiten. Zunächst ist zu erwähnen , dass Fig. 283. Schematische Darstellung der Metamorphose von Lepas. A Cyprisstadium, B festgeheftete sog. Puppe, C junges Lepasstadiuni, noch von der gelockerten Cyprisschale (s) umhüllt. a' erste Antenne, ab Abdomen, c Carina, d Darmcanal, m Mund, o unpaares Auge, pa paariges Auge, rf Thoraxfüsse. * Cyprisschale, sc Scuta, t Terga, x Umschlagsstelle des dorsalen Integumentes, y ventrale Einbuchtung. das verbreiterte Basalglied der Haftantennen vollständig mit dem Kopf- abschnitt verschmilzt und in denselben aufgenommen wird, so dass die Haftantennen des ausgebildeten Cirripeds nur mehr aus drei Gliedern bestehen. Ausserdem bildet sich etwas hinter dieser Stelle eine tiefe Einfaltung (Fig. 283 B, y) der Körperoberfläche, als Andeutung, dass der zum Stiel sich umwandelnde Kopfabschnitt in den Larven dieser Stadien eine geknickte Lagerung einnimmt. Diese Einfaltung kommt dadurch zu Stande, dass die Haut des Stieles sich von der Cuticula der Cyprislarve nach innen zurückzieht. Dabei bleiben jedoch einige wichtige Organe der Larve, welche in das ausgebildete Thier nicht mit übernommen werden, an der Cyprishaut haften. So vor Allem das paarige Auge (Fig. 282 2)a), (während das Naupliusauge in das ausgebildete Cirriped übergeht und zeitlebens vorhanden ist), ferner die von Darwin als Apodemen bezeichneten Chitinfortsätze, welche zum Ansatz der Antennen- muskel dienen und mit der nun folgenden Häutung abgeworfen werden. Diese Details sind an unseren Abbildungen nicht angegeben. 410 XV. Capitel. Die wichtigste nun folgende Veränderung ist eine Lageveränderung der Larve und die damit in Zusammenhang stehende Streckung des Stieles. Die Larve erhebt sich nun von ihrer Unterlage, ihre Ventralfläche steht dann gegen die Unterlage senkrecht. Gleichzeitig rückt der Stiel zwischen den Schalenklappen des Cyprisstadiums heraus (Fig. 283 C) und streckt sich, wobei die eben erwähnte Einfaltung seiner ventralen Seite ausgeglichen wird. Es wurde von Darwin (No. 40) hervorgehoben, dass jener Theil, mit welchem die Fixirung der Larve zunächst sich vollzieht, nicht dem Stirn- rande entspricht, sondern dem vordersten Theil der ventralen Fläche. Erst nach der erwähnten Aufrichtung kommt der Stirnrand mit der Unterlage in Berührung und wird mit derselben durch Secret verklebt. Bei Crypto- phialus dagegen, sowie bei Alcippe, Lithotrya und Anelasma wird diese Parthie nicht festgeklebt, sondern wächst noch weiter aus. Das kann nur geschehen, wenn die Unterlage entsprechend nachgiebt, was bei Anelasma als einfache Folge des ausgeübten Druckes, bei den übrigen genannten Formen in Folge einer bohrenden Action des Stieles bewirkt wird. Das Herausrücken des Stieles aus der Cyprisschale wird dadurch er- möglicht, dass die letztere in diesen Stadien ihrer Unterlage nur mehr ganz locker aufsitzt. Während im Cyprisstadium der gesammte Kopfabschnitt in das Innere der zweiklappigen Schale aufgenommen ist, unterscheidet sich das aus- gebildete Cirriped von der Larve dadurch, dass sein vorderster Kopfabschnitt (Stiel) von der Schale unbedeckt ist, während hier, ähnlich wie bei den Cladoceren, nur der die Mundtheile tragende Abschnitt des Kopfes in das Innere der Schale aufgenommen erscheint. Wir können uns diese Verände- rung dadurch zu Stande gekommen denken, dass jener vorderste Theil der Mantelfalte, welcher in der Cirripedienpuppe den vordersten Kopfabschnitt bedeckt, bei dem Auswachsen des Stieles secundär wieder geglättet wurde. Nun tritt unter der Cyprisschale auch schon die definitive Cirri- pedienschale deutlicher hervor, und sind an der letzteren die ersten An- lagen (primary valves Darwin) der fünf Kalkplatten (Scuta, Terga und Carina) zu erkennen (Fig. 283 0, c, sc, t). Diese Primärplatten (primary valves) zeichnen sich durch ihre siebähnliche Sculptur aus, was davon herrührt, dass die Grenzen der Matrixzellen an der mit Kalk imprägnirten Abscheidimg erkennbar bleiben. An der Oberfläche sind diese Platten von einem cuti- cularen Häutchen bedeckt. Die Primärplatten nehmen nicht an Grösse zu ; die Vergrösserung der Platten vollzieht sich in der Weise, dass unter den Primärplatten immer neue Kalkschichten zur Abscheidung kommen, welche die vorher abgelagerten Schichten an Grösse übertreffen. Das Oberflächenbild zeigt dann die Primärplatten von den concentrischen Grenzlinien der darunter liegenden Kalkschichten umgeben. Durch diese Vergrösserung der Platten werden die nicht verkalkten Parthien der Schale, welche sich zwischen den Platten ausdehnen, immer mehr ein- geengt. Doch können diese Zwischenräume in einzelnen Fällen auch in ansehnlicher Ausdehnung erhalten bleiben (Conchoderma). Es verdient erwähnt zu werden, dass bei jenen Formen, denen eine grössere Platten- zahl zukommt, doch zunächst nur jene angeführten fünf Primärplatten angelegt werden. Die Metamorphose derBalaniden ist für die ersten Stadien eine ganz ähnliche. Auch hier entwickelt sich zunächst aus der Cyprispuppe eine Jugend- Crustaceen. 411 form, welche mit einem kurzen fleischigen Stiel der Unterlage aufsitzt. Erst später entwickelt sich aus letzterem die für die Balaniden charakteristische basale Ausbreitung und bildet sich jene äussere secundäre Mantelfalte, gegen welche das die Scuta und Terga tragende oberste Stück der Schale als Oper- culum eingesenkt erscheint. Die erste Anlage der Platten ist hier eine mem- branöse, entbehrt jedoch jener für die Lepaden erwähnten charakteristischen Sculptur. Während auf diese Weise die Gestaltungsverhältnisse des ausgebildeten Thieres erreicht werden, treten auch an den inneren Organen wichtige, zum Theil noch wenig gekannte Veränderungen ein. Einige Organe werden mit der Häutung abgeworfen (paariges Auge, Antennenapodemen), andere einfach rückgebildet (Antennenmuskeln). Inzwischen zeigt sich am Darmcanal das Auswachsen der Leberausstülpungen. Die Cementdrüse erscheint beträchtlich vergrössert, vor Allem aber sind die Geschlechtsorgane zur Entfaltung ge- •kommen. Für die Ovarien vollzieht sich eine charakteristische Lageverände- rung, indem sie in das Innere des Stieles hineinrücken. Mit der nun erfolgenden Häutung, durch welche die Cuticula der Cypris- larve abgeworfen wird, ist der Abschluss dieser Entwicklungsperiode gegeben. Die Häutung geschieht in der Weise, dass zunächst die äussere Cuticula der beiden Schalenklappen abgeworfen wird. Erst später häutet sich der Thorax und der innere Mantelraum. Die Metamorphose scheint für die meisten Thoracica in der geschilder- ten Weise abzulaufen. Nur in einzelnen Fällen ist die Metamorphose mehr abgekürzt. So scheint es nach den Angaben von Koken und Daxielssen (No. 48), dass die Earven von Anelasma squalicola den grössten Theil ihrer Metamorphose innerhalb des Mantelraums der Mutter durchlaufen. Kossmann erwähnt die Nauplien dieser Form, deren Larven nach den oben- genannten Autoren mit sechs Beinpaaren versehen ausschwärmen sollen. Pagexstecher hat mit Recht diese Verhältnisse mit der Fixirung von Ane- lasma auf Haifischen in Zusammenhang gebracht. Noch mehr abgekürzt ist die Metamorphose bei Seal pellum Strömii, wo Hoek (No. 45) das von der Naupliushaut umhüllte Cyprisstadium noch innerhalb der Eihüllen vorfand. B. Abdominalia. Die Metamorphose der in die Columella von Fusus- und Buccinum- schalen (besonders solcher, welche einen Paguriden beherbergen) sich einbohrenden Alcippe scheint nicht wesentlich von der der Thoracica abzuweichen. Die Nauplien sind durch Hancock bekannt geworden. Das Cyprisstadium, welches von Darwin (No. 40) beschrieben wird, ist durch den Besitz von sechs Thoraxbeinpaaren ausgezeichnet, was er- wähnenswerth ist gegenüber der reducirten Zahl und Gestalt dieser Ex- tremitäten im ausgebildeten Thiere, von denen sich nur vier Paare (das erste tasterförmig , das zweite zweiästig, das dritte und vierte einästig) erhalten. Bei der in Haliotisschalen sich einbohrenden Ko chlorine fand Noll (No. 56) zweierlei Larvenformen: kleinere, mit den Haftantennen versehene , aber eines Mantels entbehrende Larven , und grössere , mit zweiklappiger Schale versehene, einem Cyprisstadium ähnliche Formen. Es ist wahrscheinlich , dass die Metamorphose sich hier eng an die der nahe verwandten Gattung Cryptophial us anschliesst. Die Entwicklung von Cryptophialus, welche durch Darwin (No. 40) bekannt geworden ist, muss als eine stark abgekürzte bezeichnet 412 XV. Capitel. werden. Das Ei wandelt sich hier ziemlich direct in die cyprisähnliche Larvenform um. Zunächst entsteht aus dem ovalen Ei eine Larvenform, an welcher man zwei Fortsätze als Anlagen der Haftantennen erkennen kann. Ein dritter Fortsatz deutet das hintere Körperende an. In einem späteren Stadium sitzen die Haftantennen genähert, während der Körper im Allgemeinen mehr spitz eiförmig gestaltet erscheint. Aus diesem Stadium geht die Cyprisform hervor, an welcher wir die Mantelduplicatur, das paarige Auge und die wohlentwickelten Haftantennen unterscheiden können. Thoraxbeinanlagen fehlen hier, doch finden sich an dem Ab- domen drei Borstenpaare. Diese Larven kriechen mittelst der Haft- antennen in der Mantelhöhle der Mutter umher, um sich schliesslich in die ausgebildete Form umzuwandeln. Lieber die Entwicklung des Stieles bei diesen Formen vgl. oben pag. 410. C. Rhizocephala. Die freischwimmenden Stadien der Rbizocephalen (Nauplius- und Cyprisstadium) sind schon früher durch F. Müller No. 54, 55, Koss- mann No. 49 und Andere beobachtet worden. Die späteren Umwand- lungen dagegen, durch welche der Uebergang des Cyprisstadiums in die ausgebildete parasitäre Form vermittelt wird, sind erst durch die Beobachtungen von Delage (No. 41) fürSacculina carcini bekannt geworden. Wir legen deshalb unserer Schilderung der Rhizocephalen- entwicklung die Mittheilungen von Delage zu Grunde. DieNauplien vonSacculina carcini verlassen das Ei in einer mehr gedrungenen Form, gehen jedoch durch eine bald nach dem Aus- schlüpfen erfolgende Häutung in eine gestrecktere Form (Fig. 284 A) über. Im Uebrigen zeigen sie ganz den für die Cirripedien normalen Typus. Die beiden Stirnhörner mit ihren Drüsen (gl) sind wohl ent- wickelt, ebenso die fadenförmigen Frontalorgane (fs) und das dem Ge- hirn aufgelagerte Naupliusauge (ua). Als Rest der Oberlippe ist ein als Rostruin bezeichneter Vorsprung zu erkennen; dagegen fehlt die Mund- öffnung, der Darmcanal und die Afteröffhung. Die Stelle des Darmcanals ist hier von einer umfangreichen Nahrungsdotteransammlung eingenommen. Die Naupliusextremitäten (1, 2, 3) sind in der typischen Weise ent- wickelt; doch fehlen an den Protopoditen der zwei hinteren Paare die sonst daselbst zu findenden Kieferhaken. Eine zwischen dem Gehirn und dem Rostrum im Inneren des Körpers gelegene unpaare Zellgruppe wird von Delage als Ovarium (ov) in Anspruch genommen. Fkitz Müller hat für die Nauplien von Sacculina das Vorhanden- sein eines breiten, ovalen Rückenschildes behauptet. Doch hat bereits Koss- maxn darauf hingewiesen, dass die betreffenden Bilder auf Larven zu beziehen seien , welche vor der Häutung stehen und bei denen sich die Naupliuscuti- cula weit abgehoben hat. Die wichtigsten nach einer weiteren dritten Häutung sich geltend machenden Veränderungen bestehen in dem Anwachsen des hinteren, thoracoabdominalen Abschnittes des Nauplius, an welchem bald die sechs Thoraxsegmente mit ihren Beinanlagen und die rudimentäre Anlage des Abdomens gesondert erscheinen. Gleichzeitig bereitet sich in den vordersten Gliedmassen des Nauplius die Bildung der Haftantennen vor ( M e t a n a u p 1 i u s s t a d i u m). Crustaceen. 413 Durch die vierte Häutung wird das freie Cypris Stadium (Fig. 2845) erreicht. Mit dieser Häutung werden die zweiästigen Ex- tremitäten des Näupliusstadiums völlig abgeworfen und zwar bleiben nicht nur die Chitinhüllen dieser Extremitäten an der abgestreiften Hülle hängen, sondern es scheint, dass auch von den Weichtheilen desselben Einiges amputirt und mit der Häutung abgeschnürt wird. Das Cypris- stadium, welches ebenso wie die vorhergehenden Stadien des Darmcanals völlig entbehrt , weist in seiner Gestalt eine grosse Uebereinstimmung mit dem gleichnamigen Stadium der Thoracica auf. Die zweiklappige Schale hat ungefähr die gleiche Gestalt; die Gliederung des Thorax, die Gestalt Fig. 284. Aufeinanderfolgende Larvenstadien von Sacculina Carcini (nach Delage, aus Läng's Lehrbuch). A Nauplius nach der ersten Häutung, B freischwimmendes Cyprisstadium, (7Cypris- stadium nach erfolgter Festheftung an einer Borste (bb) des Wirthes, D Bildung des kentrogonen Stadiums, E kentrogones Stadium nach Abstreifung der Cyprislarvenschale und mit Bildung des Pfeiles, F Durchstossung des Pfeiles durch den Chitinpanzer des Wirthes. 1, 2, 3 die drei Paare der Naupliusgliedmaassen, I — VI Thoraxbeinpaare, ab Ab- domen, bb Borste des Wirthes, / Fettkugeln, /* frontales Sinnesorgan, gl Drüsen der Stirnhörner, ov Anlage des Ovariums, pf Pfeil, ua Naupliusauge. der Ruderfüsse (I — VI) stimmen überein. Das Abdomen (ab) ist ungemein rudimentär und besteht aus einem einzigen Gliede. welchem zwei Furcal- fortsätze anhängen. Die erste Antenne (1) entbehrt der Saugscheibe 414 XV. Capitel. und des Cementganges. Sie besteht aus drei Gliedern: einem ver- breiterten, mit den chitinösen Apodemen in Verbindung stehenden Grund- gliede, einem gestreckten Mittelgliede und einem kurzen, mit drei Haken- borsten versehenen Endgliede. Erwähnenswerth ist der Mangel des paarigen Auges, während das Xaupliusauge (ua) persistirt. Von inneren Organen sind vor Allem die sehr deutliche Zellmasse des Ovariums (ov), die kräftig entwickelte Musculatur , die noch vorhandene Drüse der Stirnhörner (gl), ferner Pigmentansammlungen und Xahrungsdottermasse (/") zu erkennen. Das nächste Stadium, welches wir der Puppe der Thoracica gleich- stellen können, wird von Delage als das kentrogone Stadium be- zeichnet. In diesem Stadium vollzieht sich die Fixirung der Larve an dem Körper des Wirthes (Carcinus maenas) und das Eindringen der- selben in die Leibeshöhle des letzteren. Nachdem das freie Cyprisstadium drei bis vier Tage lang umhergeschwärmt ist, sucht es eine junge Krabbe (von 3 — 12 mm Breite) auf, um sich an einer der Borsten (bb), die sich andern Integument der letzteren erheben, festzuklammern. Die Fixirung (Fig. 284 C) vollzieht sich in der Weise, dass eine jener Borsten nahe ihrer Insertionsstelle von einer der beiden Haftantennen des Cypris- stadiums (1) umfasst wird. Die Stelle, an welcher die Cyprislarven sich fest- heften, ist nicht — wie man a priori erwarten sollte — an der Ventral- fläche des Abdomens (des Wirthes) gelegen, sondern eine mehr beliebige. Häufig geschieht die Fixirung am Rücken des Wirthes, sehr häufig auch an den Beinen. Die nächsten, sich nun vollziehenden Veränderungen können bezeichnet werden als eine Häutung, welche unter umfangreicher Abstossung (Amputation) wichtiger Körperparthien sich vollzieht. Zunächst zieht sich die weiche Inhaltsmasse in den Haftantennen zurück und gleichzeitig werden die Apodemen (Chitinsehnen der Antennenmuskeln) aus dem Inneren des Körpers ausgestossen. Letztere haften noch lange an den Hüllen der Haftantennen. Auch diese erhalten sich längere Zeit (Fig. 284 D) , denn sie sind zur Vermittlung der Fixirung am Wirthe von Wichtigkeit. Während sich nun die Weichtheile der Cyprislarve überall von der Chitinumhüllung zurückziehen, wird der Thorax weit aus den Schalenklappen vorgestreckt und in toto amputirt (Fig. 2840). Dies kann nur unter einer ziemlich umfangreichen Continuitätstrennung bewerkstelligt werden und durch die so entstandene Ruptur werden in der Folge zahlreiche Reste innerer Organe nach aussen befördert, welche in gleicher Weise für die Larve verloren gehen. So wird ein grosser Theil des in der Larve befindlichen Pigmentes, sowie die Dotterreste ausgestossen, die Stirndrüsen und die gesammte Körpermusculatur fällt einem Rückbildungsprocess anheim und die dabei entstehenden Detritus- massen werden sammt dem Naupliusauge eliminirt. Der nach Lostrennung aller dieser Organe übrig bleibende Rest des Körpers zieht sich nun zur Bildung eines ovalen , soliden Sackes (Fig. 284 D) zusammen , welcher sich bald mit einer Chitinhülle umgiebt. Letztere liegt dem Sacke ringsum dicht an; nur im vordersten, den Haftantennen zugewendeten Antheil bemerkt man, dass der Weichkörper gegen das Innere der Haft- antennen anscheinend bloss liegt. Wahrscheinlich ist die neugebildete Hülle hier ungemein zart und der Innenfläche der Haftantennen dicht angelagert. Die Schichten, in welche der Inhalt des Sackes zerfällt, sind in diesen Stadien sehr undeutlich. Doch kann man eine oberflächliche, ectodermale Zellschicht von der aller Wahrscheinlichkeit nach mesoder- malen Innenmasse unterscheiden, deren Hauptbestandtheil die Zellmasse Crustaceen. 415 des Ovariums ausmacht, während aussei" Pigment- und Dotterresten wohl auch weitere Mesodermelemente in die Bildung dieser Schicht eingegangen sein dürften, von welchen sich die Hodenanlagen, sowie die Musculatur und andere Organe der ausgebildeten Sacculina herleiten. Es ist von Wichtigkeit, im Auge zu behalten, dass der so entstandene encystirte Sack, nachdem der gesammte Thorax abgestossen wurde, ausschliesslich aus dem Kopfabschnitt der Cyprislarve hervorgegangen ist. Zunächst beginnt nun der Weichkörper der sackförmigen Larve an seinem vorderen Ende eine kleine ausgezogene Spitze zu entwickeln (Fig. 284 D), welche in den Innenraum der zur Festheftung verwendeten Antenne vorgeschoben ist, worauf die Abscheidung einer neuen Chitin- cuticula an der Oberfläche des Weichkörpers (zweite Häutung des kentrogonen Stadiums) erfolgt (Fig. 284 E). Indem diese neuaus- geschiedene Cuticularschicht sich im Bereiche des vorderen Spitzchens beträchtlich verdickt, kommt es hier zur Bildung jener pfeilförmigen Röhre, nach welcher das kentrogone Stadium benannt ist. Letztere stülpt, indem sie sich durch Längenwachsthum vergrössert und dabei etwas krümmt, die Oberfläche des Sackes in dessen vorderem Antheile nach Innen ein (Fig. 284 E). In diesem Stadium haftet die ab- gestossene Cyprisschale nur mehr ganz locker an dem Sacke und wird meist völlig abgeworfen. Nun erfolgt die Vorstossung des Pfeiles (Fig. 284 F, pf), wobei die eben erwähnte Einstülpung wieder ausgestülpt wird. Der Pfeil gelangt zunächst in den Innenraum der Haftantenne, und von da — durch die letztere geleitet — an die weiche Einlenkungsmembran der Borste, an welcher das Cyprisstadium sich festgeheftet hat. Indem der Pfeil diese Membran durchbohrt, ist eine Comnmnication zwischen dem Innenraum des Sackes und der Leibeshöhle des Wirthes hergestellt. Während dieser Vorgänge umgiebt sich der weiche Innenkörper mit einer weiteren, ganz feinen Chitincuticula (dritte Häutung des kentrogonen Stadiums). Es folgt nun eine Lücke in unserer Kenntniss der Sacculina- Entwicklung. Es kann jedoch kaum einem Zweifel unterliegen, dass der Weichkörper der Larve durch den Canal des Pfeiles hindurchschlüpft, um auf diese Weise in die Leibeshöhle des Wirthes zu gelangen. Die Sacculina ist nun zu einem Endoparasiten (Sacculina interna) geworden. Sacculina interna. Die endoparasitäre Larve wandert nun von jenem Punkte, an welchem die Festheftung des Cyprisstadiums sich vollzog im Inneren des Wirthes weiter, bis sie die ventrale Seite des Darmcanals im Bereiche des Abdomens erreicht hat, wo die endgültige Fixirung stattfindet. Gleichzeitig entsendet sie bereits ein äusserst aus- gebreitetes Geflecht von Wurzeln, welche in sämmtliche Körperregionen des Wirthes eindringen, die Oberfläche sämmtlicher Organe umspinnen und nur das Herz und die Kiemen unbelästigt lassen. An der Stelle, an welcher die eigentliche Sacculina sich findet, treten sämmtliche Wurzeln zur Bildung einer Platte (Basalmembran) zusammen (vgl. Fig. 286 5), in deren Mitte eine Vorwölbung (Central tum or (Fig. 286 C) zu bemerken ist. Die Anlage des Körpers der Sacculina liegt in diesen Centraltumor als sog. Nucleus eingesenkt. Wurzeln, Basal- membran und Centraltumor zeigen im Wesentlichen denselben histologischen Bau. Sie bestehen aus einem oberflächlichen Epithel (Ectoderm) und einem inneren, cavernösen Gewebe, welches aus sternförmigen, mit einander anastomosirenden Bindegewebszellen zusammengesetzt ist. 416 XV. Capitel. Der Nucleus (Fig. 285) ist in den Centraltumor vollkommen ein- gesenkt; er liegt demnach in einer Höhle, welche Delage als Perivis- ceralhöhle (jp) bezeichnet und welche nur durch eine feine Oeffnung (o) nach aussen mündet. Auch diese Oeffnung schliesst sich (Fig. 285 B), um später in der Form einer quergestellten Spalte (Fig. 286 f, fentedesortie) wiederzuerscheinen. Jene Stelle, an welcher der Nucleus der Wand der Perivisceralhöhle aufsitzt, wird schon jetzt als Stiel (Pedunculus) des Nucleus bezeichnet. Am Nucleus (Fig. 285 Ä) selbst können wir eine oberflächliche ectodermale Schichte unterscheiden, welche im Umkreis des Stieles in die Wandung der Perivisceralhöhle übergeht. Die Innenmasse des Nucleus besteht in diesen Sta- dien fast ausschliesslich aus der Ovarialanlage (ov) ; doch finden sich in seinem Stiel einige Mesodermzellen (m), welche für die Ausbildung der Hoden, der Musculatur, des Bindegewebes etc. von Bedeutung werden. Es tritt nun zunächst in der Ectodermschicht des Nucleus eine Spaltung (Delamination) auf, indem diese Lage durch B 9 JS .;?<-h WS , ^* 8 < 4P ® '■ ■V" >» am Zellvermehrung zweischichtig wird und die beiden so gebil- deten Schichten auseinander- rücken (Fig. 285 B). In den Zwischenraum zwischen beiden wandern einige der oben er- wähnten Mesodermzellen ein, um die Musculatur des Mantels der Sacculina zu liefern. Die beiden nun entstandenen Ecto- dermschichten bezeichnet man als ä u s s e r e (am) und innere (im) Mantelschicht nach ihrer Beziehung zum Mantel der späteren Sacculina. Es voll- zieht sich nun ein ganz ähn- licher zweiter Delaminations- process im Bereich der inneren Mantelschicht, durch welchen von dieser nach innen ein den centralen Theil des Nucleus umkleidendes ectodermales Blatt abgetrennt wird. Letzteres wird, da es den späteren Visceralsack der Sacculina bildet, als perivisceraleEctoderm schicht unterschieden . Zwischen dieser und der inneren Mantelschicht tritt nun eine von Chitin ausgekleidete Höhlung (Fig. 286 6) auf, der sog. Brutraum (cavite incubatrice). Man sieht, dass auf solche Weise durch Umbildungen des Nucleus an diesem die wichtigsten Körperparthien der ausgebildeten Sacculina angelegt worden sind: der innere Visceralsack, die Bruthöhle Fig. 285. Zwei Schnitte durch den Nucleus einer Sacculina interna (nach Delage). A jüngeres Stadium, B älteres Stadium. am äussere Mantelschicht, im innere Mantel- schicht, m Mesodermzellen o Oeffnung der peri- visceralen Höhle, ov Ovarialanlage, 2} peri- viscerale Höhle. Crustaceen. 417 und die dieselbe umgebende Mantelduplieatur. Der Visceralsack wird nicht ringsum von der Bruthohle umgeben, sondern längs eines Halb- Meridians geht die innere Mantelschicht in zwei Blättern in die perivis- cerale Ectodermschicht über; diese Uebergangsstelle ist das sogen. Mesenterium, für welches Delage eine ventrale Lage am Körper der Sacculina in Anspruch nimmt. R B-m ß // ■* ,, Fig". 286. Längsschnitte durch zwei Entwicklungsstadien von Sacculina carcini (nach Delage). A Sacculina interna, B Sacculina externa. a Atrium (Erweiterung des Oviducts), am äussere Mantelschicht, b Bruthöhle (Mantelhöhle), B Basalmembran, C Centraltumor, cl Cloakenöffnung, D Darmwand des Wirthes, dr Eiersackdrüsen, / Oeffnung der perivisceralen Höhle, g Ganglion, im innere Mantelschieht, L Leibeswand des Wirthes, ov Ovarium, p periviscerale Höhle, pe peri- viscerale Ectodermschicht, £ Wurzelausläufer (z. Th. im Querschnitt getroffen), t Hoden- anlagen. Nachdem wir uns so über die Entstehung der Gesammtkörperform der Sacculina orientirt haben, sind noch einige Worte über die Anlage der wich- tigsten Organe beizufügen. Im Bereiche des Mantels sind die Veränderungen wenig eingreifend. Es bildet sich — und zwar erst in späten Stadien — eine Durchbrechung der Mantelhöhe gegen die Perivisceralhöhle aus: die spätere Cloakenöffnung (Fig. 286 Cl), welche dem Stiel der Sacculina ungefähr gegenüber, doch einigermassen nach der linken Körperseite ver- schoben liegt. Während die Ectodermzellen des Mantels sich zur Bildung 418 XV. Capitel. transversaler Connectivfasern (Fig. 286 B) verlängern, wandeln sich die Mesoderrazellen zu längsverlaufenden Muskelzügen und zum Cloaken- sphincter um. Wichtigere Veränderungen greifen im Bereiche des Visceralsackes Platz. Hier bildet sich das Ganglion (g) durch eine Einwanderung von Ectoderm- zellen, an welcher sich nicht nur die periviscerale Ectodermschicht, sondern auch (wohl unter Vermittlung des Mesenterialrandes?) die innere Mantel- schicht betheiligen soll. Während in früheren Stadien der ganze Innenraum des Visceralsackes fast ausschliesslich von der Ovarialanlage eingenommen war , wandern nun vom Stiel aus zahlreiche Mesenchymzellen in den Visceralsack ein, umgeben das Ovarium, um welches sie eine peritoneale Hülle bilden, und erfüllen den Raum zwischen Leibeswand, Ganglion und Ovarium. Gleichzeitig erfährt die Ovarialanlage einen Zerfall in zwei laterale, durch eine Commissur verbunden bleibende Lappen. Nicht völlig sicher- gestellt ist die Art der Entstehung der kurzen 0 v i d u c t e. Doch glaubt Delaoe dieselben auf eine paarige, seitliche Ectodermeinstülpung zurück- führen zu können, welche, indem sie sich nach innen erweitert, zur Bildung der sog. Atrien (o) Anlass giebt, an deren Wand als seitliche Ausstülpungen die Eiersackdrüsen (Kittdrüsen, glandes cementaires dr) angelegt werden. In gleicher Weise entstehen die Vasa deferentia durch Ectodermein- stülpungen nahe dem Stiele des Visceralsackes, während die eigentlichen Hoden (t) von Mesodermzellen, welche sich dem Ende der Vasa deferentia anlagern, abzuleiten sind. Nachdem auf diese Weise die Sacculina, völlig im Inneren des centralen Tumors (in der perivisceralen Höhle) eingeschlossen, last voll- ständig die Entwicklungsstufe des ausgebildeten Thieres erreicht hat, tritt sie zunächst an die Oberfläche des Centraltumors, indem sie durch die erweiterte Ausgangsöffnung der perisomatischen Höhle nach aussen schlüpft. Jene Faltenbildung, durch welche diese Höhle gebildet war, zieht sich nun an die Basis des Stieles der Sacculina zurück, um bald vollständig zu verschwinden. Während des nun erfolgenden Grössen- wachsthums der aus dem Centraltumor hervorgetretenen Sacculina übt dieselbe auf die ventrale Wand des Abdomens (Fig. 286 B, L) des Wirthes einen ständigen Druck aus, welcher zur Gangrän der betreffenden Parthien und in Folge dessen zur Ausbildung einer Usur führt, durch welche der Körper der Sacculina frei nach aussen vortritt, während der Stiel die Verbindung mit der im Inneren verbleibenden Basalplatte und dem Wurzelgeflecht vermittelt, Die Sacculina ist durch diese Vorgänge zur Sacculina externa (Fig. 286 B) umgewandelt worden. Die nach aussen vorliegenden Theile erleiden nun eine stärkere Chitinisirung. Unter weiterer Grössenzunahme wird das Stadium der Geschlechtsreife erreicht. Die im Vorstehenden geschilderte Metamorphose der Sacculina gehört wrohl zu den merkwürdigsten Umwandlungsprocessen im ganzen Thierreiche. Die Einschiebung eines vorübergehenden endoparasitären Zustandes müssen wir wohl auf die damit verbundene geschützte Lage der Larve zurückführen , wie denn überhaupt diese ganze Form der Entwicklung jedenfalls starke cänogenetische Veränderungen erlitten hat. Wenn wir nach der Entwicklungsgeschichte mit Rücksicht auf die ungemeine Vereinfachung im Bau der kentrogonen Larve auch nicht im Stande sind, die Körpertheile des ausgebildeten Thieres auf die des Cyprisstadiums zurückzuführen , so werden wir doch unter Beiziehung Crustaceen. 419 anderer Formen (wie Anelasma) keinen Moment im Zweifel sein können, in welcher Weise wir den Körper der ausgebildeten Sacculina zu deuten haben. Demnach würde der an seiner Basis in Wurzeln aus- laufende Pedunculus der Sacculina dem Stiel der Lepaden, der Mantel der Sacculina der Schale der letzteren und der Brutraum der Sacculina dem Mantelraum der Lepaden gleichgesetzt werden müssen. Die Cloake von Sacculina würde dann dem Schalenschlitz der Lepaden entsprechen. Für diese Deutung spricht vor Allem die gleiche Lagerung der Eier- säckchen in diesen Räumen. Es ist unter Vergleich mit Anelasma wahrscheinlich, dass die von Delage gewählte Bezeichnung des mesen- terialen Randes als Ventralseite der Sacculina in der That die richtige ist. Es ist in neuerer Zeit mehrfach versucht worden, die Gruppen der Rhizocephalen den übrigen Cirripedien als eine mehr selbstständige Gruppe (Unterordnung) gegenüberzustellen. Dem gegenüber muss darauf hingewiesen werden, dass dieselben in den Nauplius- und Cyprisstadien eine so vollkommene Uebereinstimmung mit den übrigen Cirripedien aufweisen, dass wir auf die in Folge des Parasitismus offenbar ganz secundär aufgetretenen Veränderungen des Baues der ausgebildeten Form kein allzugrosses Gewicht lesen dürfen. D. Ascothoracida. Die Gruppe der Ascothoracida umfasst einige Formen, welche in Anthozoen leben (Laura Gerardiae, Synagoga mira, Petrarca bathyactidis), während Dendrogaster astericola als Endoparasit in Ästenden (Solaster, Echinaster) vorgefunden wird. Den wichtigsten Zügen der Organisation nach zeigen sich diese Formen, von denen Laura durch die Untersuchungen von Lacaze-Duthieks (No. 51) am eingehendsten be- kannt geworden ist, als echte Cirripedien, wenngleich sie innerhalb dieser Gruppe eine Sonderstellung beanspruchen. Sie sind von einem umfangreichen Mantel umschlossen, welcher hier directe Beziehungen zu den Schalenklappen des Cyprisstadiums zeigt und sowohl die Leberausstülpungen des Darmcanals, als auch die Ovarien zwischen seinen beiden Lamellen beherbergt. Der eigent- liche Körper erscheint sehr reducirt, doch noch deutlich gegliedert, die Mundwerkzeuge saugend, die 6 (re- spective 5) Thoraxbeinpaare verküm- mert, das Abdomen kurz. Es verdient zur Charakteristik der Gruppe Erwäh- nung, dass die 1. Antennen hier nie- mals in der Weise, wie bei den übrigen Cirripedien, zur Fixirung des -Körpers Verwendung finden. Ueberhaupt müs- sen wir zur morphologischen Erklä- rung dieser Formen weniger die aus- gebildete Lepasform, als vielmehr die freischwimmende Cyprislarve zum Ver- gleiche heranziehen. Von der Entwicklungsgeschichte Fig. 287. Freischwimmendes Cypris- dieser Formen ist bisher sehr wenig Stadium von Dendrogaster astericola (nach bekannt. Hinsichtlich der Furchung Khipowitsch). ™u„- *. • i t »i t i • t> l a erste Antenne, ab Abdomen, d Darm, scheint Sich Laura ahnlich Wie Bala- m Mundkegelj „ Nervensystem, p Penis- nus zu verhalten. Die Nauplien dieser rudiment. aJ> 420 xv- Capitel. Form zeigen wenig Aehnlichkeit mit dem typischen Cirripediennauplius, indem ihnen die so ungemein charakteristischen Stirnhörner fehlen. Eine kleine, jedenfalls in den Entwicklungskreis von Laura gehörige Form, welche Lacaze- Duthiers beobachtete, dürfte möglicherweise als Zwerchmännchen aufzufassen sein. Dagegen sind die Cypris-Larvenstadien für Dendrogaster (Fig. 287) durch Kuipowitsch (No. 47) bekannt geworden, bei welcher Form die Meta- morphose abgekürzt erscheint, indem kein freies Naupliusstadium durchlaufen wird. Die Larven, denen eine Afteröffnung ebenso fehlt, wie den aus- gebildeten Formen, ähneln im Allgemeinen den Cyprisstadien der Cirripedien. Doch fehlen sowohl die einfachen, als die zusammengesetzten Augen. An der ersten Antenne ist ein äusserst umfangreicher Riechfaden («') entwickelt. Es finden sich fünf zweiästige Thoraxbeinpaare ; das erste Abdominalsegment trägt ein Penisrudiment (p). Das Abdomen (ab), welches sich durch seine Länge auszeichnet, besteht aus fünf Gliedern und den Furcalanhängen. E. Zur morphologischen Zurückführung der „complemental males". In Hinsicht der geschlechtlichen Differenzirung weisen die Cirripedien äusserst complicirte und schwierig zu deutende Verhältnisse auf. Im Allgemeinen sind die Cirripedien hermaphroditisch. Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir dieses Verhältniss unter Berücksichtigung der bei fast allen übrigen Crustaceen1) als Regel geltenden Trennung der Geschlechter als ein in Folge der festsitzenden Lebensweise secundär erworbenes be- trachten. Wir müssen annehmen, dass die freischwimmenden Ahnen der Cirripedien getrennte Geschlechter aufwiesen und dass der Hermaphrodi- tismus erst nach erfolgter Festsetzung erworben wurde und sich allmäh- lich befestigte. Während letzteres bei den Bai an i den und Pihizo- cephalen in dem Grade stattfand, dass der Hermaphroditismus in diesen Gruppen das ausschliesslich herrschende Verhältniss darstellte, zeigt die Gruppe der Lepaden die Tendenz in manchen Gattungen nach der Pachtung der Trennung der Geschlechter zurückzuschlagen, indem hier männliche Formen auftreten, welche entweder neben den Hermaphroditen sich vorfinden und dann als Ergänzungsmännchen (Co m p 1 e m e n - tal males) bezeichnet werden, oder aber — im Falle vollständiger Trennung der Geschlechter — neben echten weiblichen Formen vor- kommen. Stets sind diese männlichen Formen kleiner als die Herma- phroditen (beziehungsweise Weibchen); sie finden sich an dem Körper der hermaphroditischen (bez. weiblichen) Form wie Parasiten an- geheftet. Während aber in einzelnen Fällen die Verhältnisse der Körpergestaltung des Männchens dasselbe nur wenig von der herma- phroditischen Form entfernen (Scalpellum villosum und Peronii), macht sich in anderen Fällen ein auffallender sexueller Dimorphismus geltend, indem die Männchen einem Rückbildungsprocess unterliegen, in Folge *) Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass Hermaphroditismus auch in anderen Crustaceengruppen beobachtet ist. So scheint er nach Bullar, P. Mayer u. A. unter den Isopoden verbreitet, ferner wurde er als ein mehr gelegentliches Vor- kommen von Nebeski bei Amphipoden, von Ischikawa bei Gebia und von Bernard bei Lepidurus (Apus) beobachtet. Es geht hieraus hervor, dass die Trennung der Ge- schlechter bei den Crustaceen sehr leicht mit dem hermaphroditischen Verhalten ver- tauscht wird. Letzteres wurde bei den Cirripedien in Folge der festsitzenden Lebens- weise zur Regel. Crustaceen. 421 dessen sie der kalkigen Scelettheile, der Extremitäten sowie des Mundes und Darmcanals verlustig werden und als echte Zwergmännehen auf eine sehr niedere Stufe der Organisation herabsinken. Es lassen sich in Hinsicht auf diesen Rtickbildungsprocess der Männchen für die Gattungen Scalpellum (im Anschlüsse an Hoek No. 46) folgende Stufen unterscheiden : I. Echte hermaphroditische Formen (Scalpellum balanoides Hoek). II. Grosse hermaphroditische Formen mit kleinen Ergänzungs- männchen. a) die Männchen sind im Bau der hermaphroditischen Form ähnlich. Die Trennung von Capitulum und Pedunculus ist erkennbar, Mund und Darmcanal vorhanden (Scalpellum villosum, Scalpellum Peronii). b) die Männchen rückgebildet. Ohne Mund und Darm, ohne oder nur mit rudimentären Kalkschalen, ohne Pedunculus (Scalpellum vulgare, Scalpellum rostratum). III. Getrennte Geschlechter. Die Weibchen gross, mit der herma- phroditischen Form der vorhergehenden Arten übereinstimmend entwickelt. Männchen sehr klein (Scalpellum omatum, Sc. regium Hoek, etc.). An die letztere Gruppe würden sich die Abdominalia (Alcippe, Cryptophialus) anschliessen. Auch hier finden wir getrennte Geschlechter, mit sehr entwickeltem sexuellen Dimorphismus. Die Zwergmännchen er- scheinen ungemein rückgebildet. Sie entbehren der Rankenfüsse, sowie des Mundes und Darmcanals. Im Uebrigen lässt sich ihre Körperbildung unter Berücksichtigung der eingetretenen Reductionen auf die Formgestaltung der Weibchen zurückführen. Aehnliche Verhältnisse, wie die oben für Scalpellum erwähnten, finden sich auch in der Gattung I b 1 a. Hier begegnen wir bei Ibla quadri- valvis neben der hermaphroditischen Form ein kleines Ergänzungsmännchen mit umfangreichem Pedunculus aber sehr reducirtem Capitulum und ver- minderter Zahl der Thoraxbeine, während bei IblaCumingii ein ähn- liches Männchen neben echten Weibchen vorkommt, sich sonach Trennung der Geschlechter findet. Es geht aus dem Obigen hervor, dass wir — im Anschlüsse an Hoek (No. 46) — bei der Ableitung der geschlechtlichen Verhältnisse der Cirripedien von der hermaphroditischen Form ausgehen, aus welcher sich erst secundär Zwergmännchen neben Hermaphroditen und in anderen Fällen völlig getrennte Geschlechter mit entwickeltem sexuellen Dimorphismus herausgebildet haben. Es wird sonach die Reihe der „complemental males" sowohl als der Zwerg- männchen unter Rückbildung der weiblichen Geschlechtsanlage von der her- maphroditischen Form abgeleitet. Wir gewinnen hiedurch für diese ganze Reihe rückgebildeter männlicher Formen einen einheitlichen Ausgangspunkt. Allerdings möchte es schwer fallen, zu erklären, wie bei hermaphroditischen Formen ein Bedürfniss zur Entwicklung complementärer männlicher Formen sich geltend machen konnte. Wir werden hier von der durch F. Müller beobachteten Thatsache ausgehen müssen, dass auch bei den echten Herma- phroditen der Lepaden gegenseitige Begattung ausgeübt wird. Halten wir uns die Bedeutung vor Augen, welche die Vermischung der Zeugungsproducte zweier gesonderter Individuen für die Lebenskräftigkeit der Nachkommen- schaft im ganzen Thierreiche besitzt, so werden wir uns vielleicht vorstellen können, dass neben den Vortheilen des durch die sedentäre Lebensweise Korscheit -H eider , Lehrbuch. 28 422 XV. Capitel. erzeugten Hermaphroditismus durch Production von Complementärmännchen auch noch jene Vortkeile gesichert werden sollten, welche für die Art aus der Befruchtung der Eier mit den männlichen Zeugungsproducten eines anderen Individuums resultiren. Wir müssen dieses Verhältniss als ein theilweises Zurückschlagen nach der Richtung der Trennung der Geschlechter betrachten, zu welcher es dem im weiteren Verlaufe bei einzelnen Formen auch wieder gekommen ist. Der geschilderten Auffassung steht die Ansicht von Claus (No. 8) gegenüber, nach welcher die getrennt geschlechtlichen Formen (wie Alcippe und Cryptophialus) das ursprüngliche Verhältniss der Trennung der Ge- schlechter ständig beibehalten haben. Aus diesen hätte sich durch Um- wandlung der Weibchen in die grosse hermaphroditische Form das für die meisten Lepaden gültige Verhalten herausgebildet, während die Männchen sich nur in einzelnen Arten als complementäre Männchen erhalten hätten. Demzufolge wären die Männchen ein rudimentäres Ueberbleibsel aus jenen Zeiten, in denen der Hermaphroditismus sich noch nicht als allgemeine Regel bei den Cirripedien herausgebildet hatte. Durch diese geistvolle Auffassung würde das Vorkommen von Zwergmännchen neben Hermaphroditen für eine Anzahl von Formen (aber nicht für Scalpellum villosum und Peronii) ungezwungen erklärt. Doch hat Hoek gegen diese Anschauung geltend gemacht, dass in diesem Falle die Zwergmännchen eine beträchtlichere Annäherung des Baues an den der Cyprisform aufweisen müssten, als diess thatsächlich der Fall ist, während in Wirklichkeit die Zwergmännchen durch allmähliche Uebergänge mit den Complementärmännchen von Scalpellum villosum und Peronii ver- bunden erscheinen, welch' letztere sich offenbar von der hermaphroditischen Form ableiten. Jene von Claus geäusserte Auffassung würde für die Rhizocephalen zutreffen, wenn die Behauptung von Fe. Müller und Delage sich bewahr- heiten sollte, dass diesen Formen Zwergmännchen zukommen, welche zeit- lebens über die Körpergestaltung der Cyprispuppe nicht hinausgehen. Diese Ansicht, welche sich auf den Befund einiger an der Cloakenöffnung der jungen, äusseren Sacculina angehefteter, abgestorbener Cyprishüllen gründet, muss jedoch vorläufig als zweifelhaft erscheinen , wie sie denn auch thatsächlich von Giakd zurückgewiesen worden ist. 6. Copepoden. Die mit Rücksicht auf ihre Körpergliederung sehr einheitliche und trotzdem ungemein gestaltenreiche und mannichfaltige Gruppe der Cope- poden weist morphologische Charaktere auf, welche wir mit Bezug auf die hypothetische Ahnenform der Entomostraken als entschiedene Rück- bildungserseheinimgen bezeichnen müssen. Hierher sind zu rechnen die geringe Körpergrösse und die verhältnissmässig geringe Anzahl von Leibessegmenten, die reducirte Gestalt oder der vollständige Mangel des Herzens, der Mangel gesonderter Respirationsorgane (Kiemensäckchen), der Verlust des paarigen Seitenauges, das nur in den Familien der Corycaeiden und Pontelliden erhalten ist (?) und vielleicht auch die geringe Entwicklung des Rückenschildes. Andererseits finden wir jedoch Merk- male, nach denen wir die Copepoden den ursprünglichsten Crustaceen- formen der jetzt lebenden Fauna zurechnen müssen. Als solche sind vor Allem zu nennen: die Verwendung beider Antennenpaare als Loco- motions- und Klammerorgane, der sehr ursprüngliche Bau der Mund- werkzeuge bei den freilebenden Formen (Vorkommen eines zweiästigen Crustaceen. 423 Mandibulartasters, die reiche Gliederung der 1. Maxille (vgl. Fig. 268 A) und die bei den freilebenden Formen auf sehr ursprüngliche Verhältnisse hinweisende Metamorphose. Hinsichtlich der Körpergliederung sei darauf hingewiesen, dass wir als vorderste Körperregion einen einheitlichen Kopfabschnitt unterscheiden, welcher die Antennen- und Mund Werkzeuge trägt. Von letzteren, welche in drei Paaren (Mandibeln, I. Maxillen, IL Maxillen) vorhanden sind, spaltet sich das letzte Paar zu einem Doppelpaar von Gliedmaassen, indem der Exopodit nach vorne gerückt als 1. Maxillarfusspaar bezeichnet wird, während der Endopodit den nach hinten folgenden 2. Maxillarfuss liefert. Die Thoraxregion besteht aus 5 mit gabelästigen Ruderfüssen (Fig. 267 A) versehenen Segmenten, von denen das letzte rudimentär entwickelt sein kann, während das vorderste häufig mit dem cephalischen Abschnitt verschmilzt, aus welcher Vereinigung der als Cephalothorax zu bezeich- nende vorderste Körperabschnitt entsteht. Das Abdomen besteht aus 5 Segmenten, von denen nur das vorderste ein Extremitätenrudiment (Genitalhöcker) trägt. Durch Verschmelzung der beiden vordersten Abdominalsegmente entsteht bei den Weibchen meist ein Genitaldoppel- segment, welches die Geschlechtsöffnung trägt. Es ist ein in der Crustaceenreihe fast einzig dastehendes Vorkommen, dass bei einigen Pontelliden der Cephalothoraxabschnitt, durch auftretende Segmentgrenzen in einzelne (aus je zwei Segmenten bestehende) Unterab- theilungen zertheilt wird. Vir werden diese Segmentirung wohl nur als secundäres Wiederauftreten einer längst verloren gegangenen Selbstständigkeit der Kopfsegmente bezeichnen dürfen. Immerhin ist sie von einem gewissen Interesse. A. Gnathostomata. Die Metamorphose der freilebenden Copepoden vollzieht sich als ein sehr allmählicher, durch zahlreiche Häutungen vermittelter Uebergang von der Naupliusform zur Gestalt des ausgebildeten Thieres. Immerhin tritt in einem bestimmten Punkt der Entwicklung ein mehr plötzlicher Gestaltwechsel ein, und dieser dient uns zur Trennung der Metamorphose in zwei Unterabtheilungen, von denen die erste die Reihe der Nauplius- und Metanauplius formen enthält, während die zweite mit einem von der Metamorphose der Cyclopiden entnommenen Namen als die Reihe der cylops- ähnlichen Larvenformen bezeichnet wird. In der ersteren Reihe zeigen die Naupliusextremitäten noch im Allgemeinen die ursprüngliche Form; es hat sich der Abdominalabschnitt noch nicht scharf abgesetzt, und die Furcalfortsätze sind noch nicht zur Ausbildung gekommen. Die zweite Reihe zeigt diese letzteren Entwicklungsfort- schritte, während sich die Antennen und Mundgliedmaassen der definitiven Form nähern. Die Entwicklung der freilebenden Copepoden ist vor Allem durch Claus (No. 64 und 67) bekannt geworden. Wir legen unserer Darstellung die Metamorphose von Cetochilus zu Grunde, welche von Grobben (No. 73) in eingehender Weise geschildert worden ist, Die freilebenden Copepoden verlassen das Ei in einem ungemein typischen N au plius- Stadium (Fig. 288^4). Der meist ovale (nur in einzelnen Fällen längliche, quer verbreiterte oder tonnenförmige) Körper zeigt keine Spuren einer äusseren Segmentirung und trägt an seiner Unterseite die mächtig vorgewölbte Oberlippe (ol), sowie die drei typisch entwickelten 28* 424 XV. Capitel. Naupliusextremitätenpaare (1, 3, 3). Von diesen ist das vorderste ein- ästig (I. Antenne), das folgende (IL Antenne) zweiästig und mit einem am Protopodit entwickelten Kieferhaken versehen. Die Mandibel entbehrt bei Cetochilus eines solchen Kieferfortsatzes und stellt einen reinen zweiästigen Ruderfuss dar. Die Extremitäten sind an ihren Enden mit langen Borsten besetzt. Der Darmcanal lässt einen Vorderdarm und einen gestreckt ver- laufenden Mitteldarm, sowie einen Enddarmabschnitt unterscheiden. Letzterer ist bei Cetochilus im ersten Naupliusstadium noch als solider Ectodermzapfen entwickelt. Die Afteröffnung ist demnach noch nicht zum Durchbruch gekom- men. Das Nervensystem ist noch in allen Theilen mit dem Ectoderm in Zusammenhang. Von Sinnesorganen ist das Naupliusauge entwickelt. Als Excretionsorgan fungirt die wahrschein- lich schon in diesem Sta- dium entwickelte schlei- fenförmige Antennen- drüse; ausserdem schei- nen auch die Zellen des Mitteldarmes excretori- sche Function übernom- men zu haben; wenig- stens hat man in gewis- sen, vorspringenden Zel- len der Cyclops-Nauplien Harnconcremente nach- gewiesen (Leydig. Vgl. pag. 385, Fig. 266 dr). Der Endabschnitt des Nauplius ist stark ven- eingekrümmt zwei Borsten Hier findet sich jederseits im Inneren eine grosse Mesodermzelle {me), welche von Grob- ben als Urzellen des Mesoderms in Anspruch genommen werden. Spätere Naupliusstadien zeichnen sich durch eine gestrecktere Körperform und durch das Auswachsen des hinteren Körperabschnittes aus. Während dieser sich verlängert, grenzt sich das stärker chitinisirte Integument der vorderen Rückenparthie durch Entwicklung einer Integumentfalte an seinen Randparthien als späterer Cephalothoraxschild deutlich ab. Der Enddarm ist nun schon zum Durchbruch gelangt und lässt die deutlieh dorsalwärts gelegene Afteröffnung erkennen. Das Gehirn steht hinter dem Naupliusauge mit einer paarigen Ectoderm- wucherung in Verbindung, in welcher wir die später rudimentär werdende Fig". 288. Larvenstadien von Cetochilus sep- tentrionalis (nach Grübben, aus Lang's Lehrbuch). A Naupliusstadium, B Metanauplius, C älterer Meta- uauplius. 1, 2 erste und zweite Antenne, 3 Mandibel, 4 Maxille, 5,5 Exopodit und Endopodit der zweiten Maxille (= erster und zweiter Maxillarfuss), I, II erstes und zweites Thorax- beinpaar, an Anus, g Gehirn, gz Genitalzellen, m Mund, me TJrmesodermzellen, ol Oberlippe. tralwärts und mit versehen. Crustaceen. 425 Anlage eines Seitenauges und Augenganglions (secundäres Gehirn) er- kennen. Als Anlage der Geschlechtsorgane ist eine zu beiden Seiten des Darmcanals gelesene, vergrösserte Mesodermzelle zu erkennen (gz, in Fig. 288 B). Nun tritt hinter den Mandibeln ein kleiner zweiästiger Fuss, die Anlage der ersten Maxille (4) auf. Hiermit tritt die Larve in das erste Metanaupliusstadium (Fig. 288 5). Ein späteres Metanaupliusstadium (Fig. 288 C) zeigt uns drei weitere Extremitätenanlagen, nämlich die IL* Maxillen (5) aus deren beiden Aesten die sog. Maxillarfüsse der Copepoden hervorgehen, und die beiden ersten Thoraxbeinpaare (1, II). Dies Stadium besitzt noch entschiedenen Naupliushabitus. Der Körper ist zwar in die Länge gewachsen, zeigt aber noch in der Seitenansicht die für die Nauplien charakteristische ventrale Einkrümmung. Das hintere Körperende ent- behrt noch der Furcalfortsätze. Die beiden Antennenpaare haben mit Ausnahme der Vermehrung der Borstenzahl gegenüber den früheren Stadien keine wesentlichen Veränderungen erlitten. Noch finden sich die Kieferhaken an dem Basalglied der zweiten Antenne. An der Mandibel (3) macht sich die Entwicklung einer mächtigen, von dem Basalglied ausgehenden Kaulade bemerkbar. Die erste Maxille (4) stellt eine kleine gelappte Platte dar, während an der zweiten Maxille (5) die Trennung des Exopodits (sog. vorderer od. äusserer Maxillarfuss) von dem Endopoditen (sog. hinterer oder innerer Maxillarfuss) bereits vorbereitet wird. Die Anlagen der beiden vorderen Thoracalfusspaare stellen in zwei Aeste gespaltene Wülste dar (I, 11). Auf dies Stadium folgen mehrere Häutungen, durch welche die Körpergestaltung' der Larve keine wesentlichen Veränderungen erfährt mit der einzigen Ausnahme, dass sich hinter dem zweiten Thoraxsegmente die Anlage eines dritten bemerkbar macht. Die Reihe dieser Stadien erfährt ihren Abschluss durch eine Häutung, durch welche die Larve in die Reihe der cyclops- ähnlichen Stadien übergeführt wird. Das erste dieser Stadien, welches wir nach der für die Copepoden- Metamorphose acceptirten Terminologie als erstes Cyclopsstadium (richtiger mit Grobben als erstes Cetochilusstadium) bezeichnen müssen, weist wesentliche Gestaltveränderungen auf. Der Körper ist nicht mehr ventralwärts eingebogen , sondern gerade gestreckt. Der hinterste Körperabschnitt hat sich von dem Vorderkörper scharf abgeschnürt, die Furcalanhänge sind zur Entwicklung gekommen. Ausserdem ist die Anlage eines vierten Thoraxsegmentes zur Entwicklung gekommen. Die Extremitäten nähern sich in ihrer Gestalt der des ausgebildeten Thieres, wenngleich sie noch nicht so reich gegliedert erscheinen. Die erste Antenne ist aus der kurzen blattförmigen Gestalt in die eines lang- gestreckten, cylindrischen, vom Körper seitlich abstehenden, aus zahlreichen Gliedern bestehenden Ruders übergeführt worden. Die zweite Antenne ist ein zweiästiger Fuss geblieben, hat aber ihren Kaufortsatz eingebüsst; an der Mandibel sind die Kauladen stark vergrössert. Die Maxille er- scheint vergrössert und reicher gegliedert, die Maxillarfüsse zu grossen Greiffüssen umgewandelt. Die zwei vorderen Thoraxbeinpaare sind als Ruderfüsse mit bereits zweigliedrigem Basalabschnitt , aber noch ein- gliedrigen Aesten entwickelt; das dritte Thoraxbeinpaar dagegen ist erst in der zweigespaltenen Anlage zu erkennen. Von den Umwandlungen, welche die inneren Organe in der Reihe der Cyclopsstadien durchmachen, ist die Rückbildung der paarigen Augenanlage 426 XV. Capitel. und des secundären Gehirnes zu erwähnen. Jetzt erst werden die zu dem paarigen Frontalorgan ziehenden Nerven deutlich erkennbar. Auch die An- tennendrüse wird jetzt rückgebildet. Für sie tritt nunmehr — wie es scheint — vicariirend die an der Basis des vorderen Maxillarfusses ausmündende Schalendrüse in Function. Die Afteröffnung liegt nicht mehr dorsal - wärts, sondern rückt an das hintere Körperende zwischen die beiden Furcal- fortsätze. An den Genitalorganen ist die Vermehrung der Genitalzellen und die Ausbildung der Ausführucgsgänge fortgeschritten. Die paarigen Genital- anlagen treffen nun über dem Darmcanal zusammen und verwachsen zu einer unpaaren Anlage. Das Herz entwickelt sich zwischen dem ersten und zweiten Thoracalsegment aus einer paarigen Anlage von Mesodermzellen. Fig. 289. Zwei Eutwicklungsstadien von Cauthocamptus staphylinus (nach Claus). A Metanaupliusstadium, B Cyclopsstadium mit drei Kuderfusspaaren. a' erste Antenne, a" zweite Antenne, md Mandibel, mx Maxille, mf zweite Maxille (Anlage der beiden sog. Maxillarfusspaare), mf erster sog. Maxillarfuss , mf" zweiter sog. Maxillarfuss, p' p" p'" erstes, zweites, drittes Thoraxbeinpaar. Im zweiten Cyclopsstadium (vgl. Fig. 289 B) tritt zunächst die Extremitätenanlage des vierten Thoraxsegmentes und die Sonderung des fünften Thoraxsegmentes auf. In diesem Stadium finden wir demnach auf den Cephalothorax folgend vier freie Thoraxsegmente und dahinter das noch ungegliederte Abdomen. Von den Thoraxextremitäten sind die drei vorderen Paare wohl entwickelt. Im dritten Cyclopsstadium ist das vierte Thoraxbeinpaar zur vollen Entwicklung gelangt und das erste Abdominalsegment ausgebildet; in den folgenden Cyclopsstadien vollzieht sich sodann die allmähliche Gliederung des Abdomens und die vollständige Ueberführung der Form der Extremitäten in die definitive Gestalt. Ausser der Ausbildung einer reicheren Gliederung ist nach dieser Hinsicht hervorzuheben, dass in den Familien der Cyclopiden und Corycaeiden der (innere) Nebenast der zweiten Antenne schon im ersten Cyclopsstadium verloren gegangen ist, ebenso wie der Mandibular- taster einer Rückbildung anheimfiel. Crustaceen. 427 Wenn die hier als Typus betrachtete Metamorphose der Calaniden (Cetochilus) sich durch die ganz regelmässige Entwicklung der Extremitäten in der Reihenfolge von vorn nach hinten auszeichnete, so ist für die Harpactiden (vgl. Fig. 289) und Cyclopiden von diesem Verhalten insofern eine Ausnahme zu constatiren, als die II. Maxille (mf) in den späteren Naupliusstadien sich zwar angelegt, aber in ungemein rudimentärem Zustande vorfindet, so dass die dahinter folgenden beiden Thoraxbeinpaare in der Entwicklung vorauseilen. Wir haben hier eine Parallele zu dem ent- sprechenden Verhalten der Maxillen bei den Phyllopoden. B. Parasita. Die Gruppe der freilebenden Copepoden ist durch zahlreiche Ueber- gangsformen mit den schmarotzenden Copepoden verbunden, durch welche die verschiedenen Stufen der Umbildung' und Rückbildung, denen die Körpergliederung in Folge der parasitischen Lebensweise anheimfällt, markirt werden. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Weibchen entsprechend den Aufgaben, die ihnen in Bezug auf das Fortpflanzungs - geschält zugewiesen sind, eine stärkere Tendenz aufweisen, sich der parasitischen Lebensweise zu ergeben, und in Folge dessen eine Rück- bildung der Bewegungsorgane, ein Verstreichen der Segmentgrenzen und eine Deformirung der Körpergestalt zu erfahren. So findet man schon in der Gruppe der Sapphirinen die Weibchen in der Athemhöhle von Salpen oder in der Glockenhöhle von Diphyes festsitzend, während die Männchen stets nur frei umherschwrärmend angetroffen werden. In excessiver Weise findet sich diess Verhalten bei den Lernäen (Fig. 291.4, B), deren Metamorphose mit einem cyclops - ähnlichen, flei- sch wärmenden Stadium abschliesst, in dem die Begattung sich vollzieht, worauf die Weibchen sich an einem Wirth (Gadiden) festsetzen und eine sehr starke Deformirung des Körpers erleiden (Fig. 291 C, D). In dieser Gruppe bildet sich demnach ein Heteromorphismus der Geschlechter in der Weise heraus, dass die Männchen sich von der Körpergliederung späterer Cyclopsstadien nur wenig entfernen, während das Weibchen stark parasitär umgebildet wird. Aehnlich verhält es sich bei den Philichthyden und Chondracanthiden. In einer anderen Formenreihe dagegen entfernt sich auch das Männchen durch secundär eintretende Umwandlungen von der cyclops-ähnlichen Gestalt der späteren Larvenstadien. Während bei den Caligiden und Dichelestiiden die beiden Geschlechter in der Körpergestaltung und Grössenentwicklung nicht auffallend differiren, kommt es bei den Lernäopoden (vgl. Fig. 292, B und E) auf einem anderen Wege, als bei den Lernäen zu einer heteromorphen Ausbildung der beiden Geschlechter, indem das Männchen sich an der in Folge des Parasitismus auftretenden Rück- bildung der Körpergliederung betheiligt, aber eine Hemmung in seinem Körperwachsthum erfährt, so dass es dem enorm vergrösserten Weibchen gegenüber als „Zwergmännchen" erscheint. Diese Art der heteromorphen Ausbildung der beiden Geschlechter muss als eine durch die parasitäre Lebensweise ermöglichte excessive Anpassung an die verschiedenen Auf- gaben im Bereiche der geschlechtlichen Functionen betrachtet werden. Wir können die parasitären Formen von der Gestalt der freilebenden ableiten, indem wir uns vorstellen, dass letztere in Folge der parasitären Lebensweise gewisse Umwandlungen erfahren hat. Es wird demnach die 428 xv- Capitel. Metamorphose der parasitischen Copepoden sich in der Weise gestalten, dass zunächst durch Metanauplius- und Cyclopsstadien ein an die Körpergestaltung der freilebenden Formen sich anschliessendes Stadium erreicht wird, worauf durch eine Reihe weiterer Stadien die parasitären Umformungen erreicht werden. Es hat also die Metamorphose im Be- reiche der parasitären Copepoden durch Hinzufügung der schmarotzenden Endstadien eine Verlängerung erfahren. Dementsprechend erscheinen jedoch die beiden ersten"Formenreihen abgekürzt. Vielfach kommen die Larven der parasitischen Copepoden nicht in der Naupliusform, sondern in einem vorgerückten Metanaupliusstadium oder Cyclopsstadium aus dem Eie (vgl. pag. 348 Fig. 250; Chondracanthus, Tracheliastes, Achtheres, Anchorella, Brachiella etc.). Andererseits wird die Metamorphose durch Unterdrückung der späteren Cyclopsstadien abgekürzt, indem in den Fällen hochgradiger parasitärer Rückbildung schon das erste Cyclops- stadium direct in die parasitären Formen übergeführt wird (Chondra- canthus, Lernäopoden). Ein weiterer Unterschied der Metamorphose der parasitischen Cope- poden gegenüber den freilebenden ergiebt sich aus dem Umstände, dass auch im Bereiche der Larvenformen die sedentäre Lebensweise (an den Kiemen eines Wirthes) acceptirt wird und dass es dementsprechend zu einer Ausbildung geeigneter Haftapparate (das Stirnband der Larven bei Caligiden, Lernäen und Lernäopoden) und zur Entwicklung ruhender Stadien mit reducirten Gliedmaassen (sog. Puppen) kommt. Es würde zu weit führen, im Folgenden eine vollständige Aufzählung der sehr zerstreuten Angaben über einzelne Larvenformen der parasitischen Copepoden zu geben, um so mehr, da die Angaben über die Entwicklung dieser Formen vielfach noch sehr lückenhaft sind. Es muss genügen, einzelne wichtigere Formen herauszugreifen, an denen eine genauere Kenntniss der Metamorphose erreicht wurde. Wir werden hiebei zunächst jene Familien, in denen die Larven des larvalen Haftapparates (Stirnband) anscheinend ent- behren, von denen zu trennen haben, bei welchen ein solches Organ be- obachtet ist. Während in jenen Familien, welche im ausgebildeten Zustande die Körpergliederung der freilebenden Copepoden mehr oder weniger beibehalten, z. B. den Corycäiden und den unter die Gnathostomata zu rechnenden Notodelphyiden, auch die Metamorphose nicht wesentlich von der oben geschilderten der freilebenden Formen verschieden zu sein scheint, finden wir bei den Chondracanthiden die oben erwähnte Abkürzung der Meta- morphose. Die jungen aus dem Eie kommenden Larven von Chondracanthus gibbosus zeigen hinter den Naupliusbeinpaaren bereits die Anlage zweier weiterer Extremitätenpaare, müssen daher als Metanauplien bezeichnet werden (Claus No. 71). Die jüngsten parasitischen Weibchen stehen im Wesent- lichen auf der Entwicklungsstufe des ersten Cyclopsstadiums. Von den vier deutlich gesonderten Thoracalsegmenten tragen nur die beiden vordersten zweilappige, der Borsten entbehrende Extremitätenanlagen. Der hinterste Körperabschnitt (Abdomen) ist klein und in zwei Abschnitte getheilt, Auf dieses erste folgen keine späteren Cyclopsstadien, sondern während das kleine Männchen zeitlebens auf der Gliederungsstufe dieses Stadiums stehen bleibt, erleiden die Weibchen eine secundäre Umbildung, indem das dritte und vierte Thoraxsegment zu einem umfangreichen Leibesabschnitt auswachsen. Nun erleidet der so vergrösserte Thoracalabschnitt eine äusserst merkwürdige Umgestaltung, indem an den einzelnen Thoraxsegmenten (mit Ausnahme des Crustaceen. 429 ersten) als secundäre Ausstülpungen dorsale und ventrale Erweiterungen und seitliche Zipfel angelegt werden. Ziemlich ähnlich liegen die Verhältnisse in der Familie der Philich - thyden. Hier ist die aus dem Eie schlüpfende Larvenform für die Gattung Lernaeascus ein mit viel Dottermaterial ausgestatteter Nauplius, dessen II. Antennen der Kieferhaken entbehren und an welchem man ebensowenig wie an dem Metanauplius von Chondracanthus einen Haftapparat (Stirnband) bemerken kann. Die parasitären Formen gehen von einem Cyclopsstadium aus, welches eine deutliche Segmentirung an Thorax und Abdomen erkennen lässt, aber nur an den beiden vorderen Thoraxsegmenten eine wohlentwickelte Ruderfussanlage aufweist, während das dritte Thoraxsegment nur ein Extremi- täten-Rudiment besitzt. Die Männchen bleiben in einer dieser Entwicklungsstufe ähnlichen Gestalt erhalten, während die Weibchen unter Streckung des Thoracal- abschnittes und eigenthümlicher Entwick- lung asymmetrisch angeordneter Chitin- schuppenreihen parasitär umgebildet werden (Claus No. 69). Während bei den soeben besproche- nen Familien die aufsteigende Reihe der Larvenformen über das erste Cyclopssta- dium nicht erheblich hinausgeht, werden bei den Dichelestiinen, deren Körper im ausgebildeten Zustande sich durch eine weniger weitgehende Reduction aus- zeichnet, auch noch die späteren Cy- clopsstadien durchlaufen. Die dem Ei entschlüpfenden Jungen sind echte Nau- plien. Ein Stirnband scheint den Larven dieser Gruppe zu fehlen (?). Dagegen kommt ein derartiger An- lief tungsapparat den Larven der Caligi- den zu, welche in den jüngeren Stadien auffallend den Cyclopsstadien (Puppen) von Lernaea gleichen (Claus No. 70, vgl. unten). Die späteren, im Habitus schon mehr der ausgebildeten Form ähn- Zwei Larvenstadien branchialis (nach B soo\ Fig. 290. von Lernaea Claus). A erstes Cyclopsstadium, Puppenstadium. «' erste Antenne, a" zweite Antenne, /' erstes und f'1 zweites Thoraxbein- paar, k Klebemasse, oc Auge. liehen, aber noch durch den Besitz des Stirnbandes ausgezeichneten Larven wurden von Buemeister als Chalimus beschrieben. Dagegen wurde später durch F. Müller die schon von Keoyer vermuthete Zugehörigkeit dieser Formen in den Entwicklungskreis von Caligus nachgewiesen. Sehr interessante Verhältnisse sowohl durch den Parasitismus der Larven- formen als durch die erst nach erfolgter Begattung eintretende Deformirung am Körper des Weibchens bietet die Familie der Lernäen dar, deren Metamorphose für Lernaea branchialis durch Metzger und Claus (No. 70) bekannt geworden ist. Wahrscheinlich sind die aus den Eiern entschlüpfenden Larven hier denen von Achtheres ähnliche Nauplien, unter deren Cuticula bereits die Körpergliederung des ersten Cyclopsstadiums angelegt erscheint. In diese Stadien würde eine Periode freien ümherschwärmens und des An- suchens des ersten Trägers (Platessa flesus) fallen. Die jüngsten an den Kiemen befestigten Formen zeigten noch durchaus die Gliederung des ersten 430 xv- Capitel. Cyclopsstadiums (Fig. 290 Ä). Sie entsprechen der gleichen Entwicklungs- stufe von Achtheres. Auf den Cephalothoraxahschnitt folgen drei freie Thorax- segmente und ein hinterer ungegliederter Körperabschnitt, welcher die Furcal- fortsätze trägt. Zwei Paare deutlich entwickelter Ruderbeine (f1, fn) am Cephalothorax und am ersten freien Thoraxsegmente, sowie ein stummei- förmiges drittes Paar (am zweiten freien Thoraxsegmente) sind zu erkennen. Die Mundtheile zeigen bereits den echten Siphonostomentypus. Oberlippe und Unterlippe (Paragnathen ?) sind zur Bildung einer Saugröhre verschmolzen, in deren Inneres die stiletförmigen Mandibeln aufgenommen sind, während die tasterähnlichen, zugespitzten Maxillen zu den Seiten befestigt sind. Die ersten Antennen (a') sind mit Sinnesborsten besetzt, die zweiten Antennen (a") sowie die vorderen Maxillarfüsse zu Klammerhaken umgestaltet. Die hinteren Maxillarfüsse sind völlig rückgebildet, was einen Unterschied gegen- über der Larve von Achtheres darstellt. Die späteren unter mehrfachen Häutungen aus einander hervorgehenden Cyclopsstadien (Fig. 290 B) zeigen eine entschiedene Anpassung an die parasitäre Lebensweise. Eine dem Stirnband der Caliguslarven vergleich- bare, von der Stirne ausgehende erhärtende Secretmasse (Je) vermittelt die Befestigung an die Kiemen des Wirthes, und dieser dauernden Fixirung ent- spricht die Rückbildung der Locomotionsorgane. Fast sämmtliche Glied- maassen, vor allem die Ruderfüsse (f1, fn) erscheinen nun als ungegliederte, des Borstenbesatzes entbehrende, unbewegliche Stummel. Man hat daher diese einer selbstständigen Beweglichkeit entbehrenden Stadien wohl auch als Puppen bezeichnet. In diesem Zustande werden die noch fehlenden hinteren Körperringe und Extremitätenpaare ausgebildet. Wir unterscheiden ein Stadium mit drei Ruderfusspaaren und vier freien Thoraxsegmenten, in welchem am Körper der männlichen Formen der bisher unterdrückte, hintere Maxillarfuss deutlich wird , dann ein ferneres Stadium mit vier Ruderfuss- paaren; letzteres Stadium führt durch eine weitere Häutung zu dem Frei- werden des frei umherschwärmenden Begattungsstadiums (Fig. 291 A und B). Der Körper zeigt, wenn wir von der mangelhaften Gliederung des Abdomens absehen, im Uebrigen die volle Körperentwicklung der freilebenden Copepoden. Die ersten Antennen («') sind nun gegliedert, mit Borsten und Sinnesfäden besetzt, die vier Ruderfusspaare (f1 — fiv) mit ihrem Borstenbesatz zu kräftiger Schwimmbewegung geeignet, während im Bau der zweiten Antenne (a") und der Mundtheile der Siphonostomentypus ausgeprägt ist. Die weibliche Form (Fig. 291 B) unterscheidet sich durch eine auffallende Verlängerung des Genitalsegmentes, wodurch das ganze Abdomen als ein wurmförmig gestreckter Anhang erscheint. Die weiblichen Geschlechtsorgane sind noch nicht zur Production befruchtungsfähiger Eier genügend entwickelt; dagegen hat das Receptaculum seminis mit den beiden die Samenmasse aus den Spermatophoren aufnehmenden Poren (g) seine volle Ausbildung erlangt. Dies freischwärmende, der Begattung gewidmete, cyclopsähnliche Stadium ist das letzte Lebens- stadium des Männchens, während die begatteten Weibchen einen neuen Wirth (aus der Familie der Gadiden) aufsuchen, an welchem sie eine bedeutende Umgestaltung (Fig. 291 C und B) des Körpers durchmachen. Das zur Ent- wicklung der Eier vergrösserte Genitalsegment stellt nun einen doppelt ge- krümmten, mächtigen Körperabschnitt dar, welchem das kleine Abdomen mit den Furcalstummeln als zipfelförmiger Abschnitt aufsitzt. Das Kopf- bruststück wird durch Ausbildung dreier, als Widerhaken fungirender Hörner umgebildet, welche an ihrer Spitze gabelartige Auswüchse treiben. Die Gliedmaassen bleiben bei dieser Umwandlung sämmtlich erhalten . erfahren jedoch durch starke Chitinisirung eine gewisse Umbildung. Crastaceen. 431 Hier schliesst sich in Bezug auf ihre Metamorphose die merkwürdige, in der Bruthöhle von Amphithoe schmarotzende Sphaeronella Leuckartii an. Bei dieser Form fand Salensky (No. 80) ein auf das erste (freischwimmende) Cyclopsstadium folgendes äusserst rückgebildetes Puppenstadium, an dessen sackförmigem Körper weder Gliederung noch Gliedmaassen zu erkennen waren, und welches mittelst eines larvalen Haftapparates an den Epimeralplatten des Wirthes befestigt war. Letzteres führte durch all- mähliche Uebergangsstadien zur ausgebildeten Form über. Am genauesten ist die Metamorphose der Ler- näopodiden durch Kol- lae (No. 77), v. Nordmann (No. 79), Claus (No. 66), Vejdowsky (No. 81) u. A. bekannt geworden. Sie scheint für die verschie- denen Formen sehr überein- stimmend zu verlaufen, so dass wir Achtheres nach der Schilderung von Claus als Typus herausgreifen können. Die aus dem Eie schlüpfenden Jungen (Fig. 292 A) gleichen vollkom- men einem mittelst seiner beiden vorderen Extremi- tätenpaare (erste und zweite Antenne) schwerfällig um- herschwimmenden Nauplius. Eine genauere Untersuchung lässt jedoch erkennen, dass der unter der Nauplius-Cu- ticula versteckte Körper be- reits die Organisation des ersten Cyclopsstadiums auf- weist. Es liegen nicht bloss die Mundtheile, sondern auch zwei Paare von Schwimm- füssen (p1, p2) unter der Naupliushaut versteckt. Die Mandibeln (md) und ersten Maxillen (mx) liegen als kleine Stummel zu den Sei- ten der in die Bildung des von Ler- naea branchialis (nach Claus A Männchen, B Weibchen im Begattungsstadium, C und D spätere, parasitisch umgebildete Zustände der Weibchen, bei schwächerer Vergrösserung. a' erste, a" zweite Antenne, /I—/1V erstes bis viertes Thoraxbeinpaar, g Begattungsporus, mxf Maxillarfuss, oc Auge, sp Spermatophorensack, t Hoden. späteren Rostrum eingehen- den Mundkappe (Oberlippe). Von Interesse ist die Lagerung der beiden Maxillarfusspaare (jpm1, pm2), insofern aus derselben auf das Deutlichste hervorgeht, dass beide als Exopodit und Endopodit einer und derselben Gliedmaasse (zweite Maxille) angehören. Ausserdem erkennt man den späteren Anheftungsapparat in der Form eines von einem stark lichtbrechenden Stirnzapfen (z) ausgehen- 432 XV. Capitel. den, spiralig eingerollten Fadens, welcher mit einer kugeligen Anschwellung endigt. Claus hält den homogen erscheinenden Faden für eine mit zäh- flüssigem Secret erfüllte Röhre und erblickt in demselben den Ausführungs- gang einer eine Kittsubstanz absondernden Drüsenmasse. Dies erste Stadium, durch welches die Naupliusreihe repräsentirt erscheint, häutet sich schon nach wenigen Stunden, und die nun folgende Larve steht auf der Stufe des ersten Cyclopsstadiums (Fig. 292 B). Wir erkennen einen langgestreckten Cephalothoraxabschnitt , auf welchen drei freie Thoraxsegmente und ein un- gegliederter Abdomialabschnitt folgen. Der Thoraxabschnitt lässt zwei Paare wohlentwickelter Ruöerfüsse (p1, p2) und ein drittes rudimentäres Paar (p3) Fig. 292. Metamorphose von Achtheres percarum (nach Claus, aus Balfour's Handbuch). A sog. Naupliusstadium, B erstes Cyclopsstaclium, C älteres Stadium der männ- lichen Larve, I) geschlechtsreifes Weibchen, E geschlechtsreifes Männchen. at1, at2 erstes, zweites Antennenpaar, md Mandibel, mx Maxille, pm1, pm2 erstes, zweites Maxillarfusspaar, p1, p2 erstes, zweites Ruderfusspaar, z Stirnzapfen, i Darm- canal, o Naupliusauge , b drüsiger Körper, t Tastorgan, ov Ovarium, / aus den ver- wachsenen Kieferfüssen hervorgegangene Borste, g Kittdrüse, rs Receptaculum seminis, n Nervensystem, te Hoden, v Vas deferens. erkennen. Die ersten Antennen (at1) sind cylindrische, dreigliedrige, mit Borsten besetzte Anhänge. Die zweiten Antennen sind noch zweiästig (at2), aber schon zu Klammerorganen der Larve umgebildet, insofern der längere Ast mit einem klauenförmig gebogenen Haken endigt, während der kürzere Ast mit Papillen besetzt ist. Die Oberlippe hat sich mit einer rinnenförmig ausgehöhlten (aus den Paragnathen hervorgegangenen?) Unterlippe zur Bil- dung eines kegelförmigen Saugrüssels vereinigt, an dessen Aussenseite die kurzen, in einen zapfenförmigen Fortsatz auslaufenden, den Uebergang von den kauenden Kiefern der Cyclopiden zu den stechenden Stileten der Para- siten darstellenden Mandibeln und die tasterförmigen ersten Maxillen sich vorfinden. Es folgen nun die beiden zu Klammerhaken umgewandelten Maxillarfusspaare (pm1, pm2), von denen die äusseren bereits eine mehr Crustaceen. 433 nach vorn gerückte, die inneren eine hintere Lage einnehmen. Von inneren Organen ist der Darmcanal, das weit nach hinten gerückte Naupliusauge und zwei zu den Seiten desselben gelegene (b) bohnenförmige Körper (Drüsen?) zuerkennen. Es ist wahrscheinlich , dass die Larven nach kurzem Umherschwärmen schon in diesem Stadium an der Schleimhaut der Gaumenfläche des Barsches (v. Nokdmann) sich festsetzen. Das eigenthümliche Haftorgan scheint jedoch erst nach einer weiteren Häutung frei zu werden und zur Anwendung zu kommen. In diesen und den durch weitere Häutungen wahrscheinlich nun folgenden festsitzenden Stadien dürften die Mandibeln in das Innere des Saug- rüssels hineinrücken , während wahrscheinlich eine Reduction des Borsten- besatzes der Schwimmfus'spaare eintritt. Diese Stadien kamen jedoch nicht zur Beobachtung, sondern erst ein etwas späteres, welches sich in seinem Bau schon beträchtlich der ausgebildeten Form von Achtheres nähert (Fig. 292 C). Die Körpergestalt ist annähernd wurmförmig geworden, indem sich das erste Thoraxsegment vom Kopf abgetrennt und mit den vier dahinter gelegenen Abschnitten zur Bildung eines sackförmig gestalteten Körpertheiles vereinigt hat, an dessen Ende die zipfelförmigen Furcalanhänge zu erkennen sind. Antennen und Mundtheile gleichen schon im Wesentlichen den ent- sprechenden Theilen des ausgebildeten Thieres. Das an der Stirne befestigte Haftorgan ist bis auf ein Rudiment seines basalen Abscbnittes (#) verschwun- den, dagegen ist an den äusseren (vorderen) Maxillarfüssen (pm1) ein neues provisorisches Haftorgan in Gestalt eines ganz ähnlichen Fadens (/') ent- standen, welcher von der Spitze der an ihren Enden mit einander verwachse- nen äusseren Kieferfüsse ausgeht. Es ist von Interesse, dass man an diesem Stadium bereits den Beginn der sexuellen Differenzirung bemerken kann. Kleinere Exemplare (die jugendlichen Männchen) zeigen auffallend kräftige äussere Maxillarfüsse (pm1) , welche nur durch den Ansatz des Haftfadens mit einander vereinigt sind und einen kräftigen Endhaken tragen. Wenn mit der nachfolgenden Häutung der Haftfaden abgestossen wird, so gehen aus denselben die mit einander nicht verwachsenen, als Klammerhaken fungi- renden , vorderen Maxillarfüsse der Männchen (Fig. 292 E) hervor. Die hinteren Maxillarfüsse (pm2) sind ziemlich gross und tragen einen kleinen Klammerhaken. In der weiblichen Form dagegen sind die vorderen Maxillar- füsse (pm1) entsprechend dem aus ihnen entstehenden mit einem Saugnapf endenden Doppelarm (Fig. 292 D) ziemlich langgestreckt; ebenso sind die hinteren Maxillarfüsse durch ein grösseres hakenförmiges Endglied von denen der männlichen Form unterschieden. Von inneren anatomischen Merkmalen dieser Larvenform sei zunächst erwähnt die Rückbildung des Naupliusauges. Letzteres wird allerdings nicht überall bei den parasitischen Crustaceen rückgebildet. Es erhält sich bei den Pygmäenmännchen der Chondracanthen und Lernäopoden , sowie auch in manchen Fällen im weiblichen Geschlechte (z. B. bei Chondracanthus cornutus). Im hinteren Kopfabschnitte unserer Larve finden sich zu den Seiten des Darmes zwei Paare aus den oben er- wähnten bohnenförmigen Körpern hervorgegangener Drüsen, deren Ausführungs- gänge an der Basis der Maxillarfüsse münden und welche ein zähes, erstarren- des Secret absondern. Zwischen diesen Drüsenkörpern bemerkt man ein dorsalwärts gelegenes pulsirendes Organ, welches wahrscheinlich ebenso wie ein ähnliches von Vejdovsky bei Tracheliastes und von Hesse bei Lernäen- larven gesehenes ein kurzes sackförmiges Herz darstellt. Die Anlage der Geschlechtsorgane ist bereits deutlich zu erkennen. Mit der nächsten Häutung tritt der Körper in das Stadium der geschlechtlichen Ausbildung über. Das Männchen nimmt nun nicht mehr an Grösse zu, während der hintere Körper- abschnitt des Weibchens eine ausserordentliche Vergrösserung erleidet. 434 XV. Capitel. C. Branchiura. Die Branchiura (A r gul us) werden gewöhnlich im Anschlüsse an Claus (No. 68) in die nähere Verwandtschaft der Copepoden gestellt. Letztere Auffassung ist besonders durch die Aehnlichkeit der Ruderfüsse sowie durch den durch Claus genauer bekannt gewordenen Bau der Mundtheile begründet. Letztere erinnern thatsächlich sehr an die bei den parasitischen Copepoden (Siphonostomen) vorliegenden Verhältnisse. Wir unterscheiden hakenförmige Mandibeln und stiletförmige Maxillen, welche in das In- nere eines aus Ober- lippe und Unterlip- pe unter Vermittlung einer seitlichen, der Mandibel zuzurech- nenden Parthie ge- bildeten Rüssels auf- genommen erschei- nen und zwei da- hinter folgende, als Klammerorgane die- nende Maxillarfuss- paare. Die Deutung der letzteren als selbstständig gewor- dene Aeste der zwei- ten Maxille, welche eine beträchtliche Uebereinstimmung mit den Verhältnis- sen der Copepoden ' begründen würde, wird besonders durch die Lage der Aus- mündung der von Claus entdeckten Schalendrüse be- kräftigt, welche dem basalen Theile des zweiten Maxillarfuss- paares angehört. Immerhin zeigt Ar- gulus im Baue sei- ner Geschlechtsor- gane, sowie in anderen Organisationsverhältnissen beträchtliche Eigen- thümlichkeiten, und nähert sich durch den Besitz paariger beweglicher Seitenaugen, sowie verästelter Leberschläuche den Phyllopoden, so dass wir in den Branchiuren wahrscheinlich einen von den gemeinsamen Copepodenahnen frühzeitig selbstständig gewordenen Seitenzweig zu be- trachten haben. Die dotterreichen Eier, in denen der Keimstreif eine ventralwärts eingekrümmte Lagerung gewinnt, werden von den Weibchen in Reihen an Steinen etc. angeklebt. Die ausschlüpfenden Jungen, deren Meta- Fig. 293. Eben ausgeschlüpfte Larve von Argulus foliaceus (nach Claus). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, md Mandibel, mdt Mandibulartaster, mf erster, mf" zweiter Maxillarfuss, p*-p* erstes bis viertes Ruderfusspaar. Crustaceen. 435 morphose durch Claus genauer bekannt geworden ist, nähern sich in der Gestalt schon sehr dem ausgebildeten Thiere (Fig. 293) und besitzen bereits die gleiche Körpergliederung, sowie (wenn wir von dem Mangel der Maxillen absehen) die gleiche Extremitätenzahl. Der schildförmige vorderste Körperabschnitt (Cephalothorax) ver- einigt die Kopfsegmente und das vorderste ein Kuderfusspaar tragende Beinsegment. Es folgen hierauf drei je ein Ruderfusspaar tragende freie Thoraxsegmente, denen ein ungegliedertes Abdomen mit (bei den Jungen) terminalen Furcalanhängen folgt. Bei dem ausgebildeten Thiere erscheinen die letzteren dorsalwärts emporgerückt. Ausserdem unter- scheiden sich die Jungen von dem erwachsenen Thiere durch die geringe Ausdehnung des Cephalothoraxschildes (Fig. 293) , welcher die freien Thoraxsegmente dorsalwärts noch nicht überdeckt. Im Uebrigen bezieht sich die Metamorphose hauptsächlich auf Umgestaltungen der einzelnen Beinpaare. An den eben ausgeschlüpften Jungen erscheint die erste Antenne («') kurz, dreigliedrig, mit einem grossen Hakenanhang des Basalgliedes. Die zweite Antenne («") ist bedeutend grösser und zwei- ästig, indem ein mit Klammerhaken endender Endopodit und ein be- borsteter Exopodit zu unterscheiden sind. An der Mandibel (md) ist ein in das Innere des Rüssels aufgenommener Basalabschnitt (Kaulade), ein die Seitenwand des Bussels bildender, mittlerer Abschnitt, und ein nach aussen frei vorstehender, beborsteter , langer Tasteranhang zu er- kennen. Dieser bildet mit dem Aussenast der zweiten Antenne und dem vordersten Ruderfusspaar die wichtigsten Locomotionsorgane der Larve. Von der stiletförmigen , in das Innere des Rüssels aufgenommenen Maxille war an der Larve keine Spur zu erkennen. Die beiden Maxillarfusspaare (mf, mf") sind mit Haken endende Klammerorgane. Von den vier Ruderfusspaaren (pl — p4) ist nur das vorderste frei und beweglich und in seiner Gestalt einem zweiästigen Copepodenfusse ziemlich ähnlich. Die zweiästigen Anlagen der drei hinteren Ruderfuss- paare sind noch ungegliedert und unbeweglich. Während der durch mehrfache Häutungen vermittelten Metamorphose verstärken sich die basalen Hakenfortsätze der beiden Antennenpaare, während der Exopodit der zweiten Antenne, ebenso wie der Taster der Mandibel verschwinden, und der Endopodit der zweiten Antenne unter Verlust der Endhaken in einen einfachen Tastanhang umgewandelt wird. An dem ersten Maxillarfusspaar kommt die mächtige Saugscheibe zur Entwicklung. Die Ruderfi'isse werden als beborstete, zweiästige den Beinen der Copepoden ähnliche Gliedmaassen ausgebildet. Bald legt sich an den beiden vorderen Paaren derselben der als Flagellum bezeichnete, innere Nebenast an, während an den beiden hinteren Paaren die sexuellen Differenzen sich bemerkbar machen, indem beim Männchen charakteristische Umbildungen des Protopodits zu erkennen sind. 7. Allgemeines über Körpergliederung- und Metamorphose der Malacostraken. Der Körper der Malakostraken besteht aus drei primären Regionen von bestimmter, in sämmtlichen Unterabtheilungen übereinstimmender Segmentzahl. Während die vorderste oder cephalische Region, welcher fünf Gliedmaassenpaare (die beiden Fühler- und die drei Kiefer- paare) zukommen, — von seltenen Ausnahmen abgesehen — keine Spur einer Trennung der einzelnen Segmente erkennen lässt, und die dahinter 436 XV. Capitel. folgende, aus acht Gliedmaassen tragenden Segmenten bestehende thoracale Region bei mehr oder weniger deutlicher Abgrenzung eine verminderte Beweglichkeit der einzelnen Körpersegmente aufweist, hat die aus sechs mit Gliedmaassen versehenen Segmenten und dem Endstück (Telson) bestehende abdominale Region die volle Be- weglichkeit der einzelnen Segmente in der Regel bewahrt, was mit der Ausbildung des hinteren Körperendes zu einer für die Steuerung und Locomotion des Körpers wichtigen Ruderflosse in Zusammenhang steht. Der in dem dorsalen Theil verstärkte cuti ciliare Panzer des Kopf- abschnittes (Rückenschild) geht an seinen seitlichen und dem hinteren Rande in eine Hautfalte über, welche sich nach hinten über die Thorax- region hinüberschiebt und so einen Theil oder sämmtliche Thoraxsegmente von der dorsalen Seite bedeckt. Nur selten erhalten sich die von dem Rückenschilde überdeckten Thoraxsegmente unter demselben einigermassen selbstständig (Stomatopoden [Fig. 318, pag. 483], einige Schizopoden, Nebalia); in den meisten Fällen gehen sie in ihrem dorsalen Antheile eine innige Verwachsung mit der clarüberliegenden Integumentfalte des Rückenschildes ein. Hierdurch ist die Vereinigung des cephalischen und thoracalen Abschnittes zu einer gemeinsamen Körperregion (Cephalo- thorax) gegeben. Dagegen hat in einer bestimmten Formenreihe der Malacostraken die Randfalte des Rückenschildes eine Rückbildung er- litten- (Arthrostraken) ; hier geht meist bloss das vorderste Thoraxsegment eine innige Verwachsung mit dem cephalischen Abschnitte ein, wodurch der kurze Cephalothorax dieser Gruppe gebildet erscheint, während nach hinten sieben freie und bewegliche Thoraxsegmente folgen. Die eben erwähnte Verwischung der Grenze zwischen cephalischer und thoracaler Region macht sich auch in dem Verhalten der Glied- maassen geltend. Nur in seltenen Fällen (Nebalia, Euphausiden) weisen sämmtliche acht Thoraxbeinpaare einen ziemlich übereinstimmenden Bau auf. Meist treten ein oder mehrere Paare des vordersten Thoraxabschnittes in nähere Beziehung zum Munde und erscheinen zum Zweck der Kau- function umgestaltet. Diese werden dann als Maxillarfüsse oder Kieferfüsse unterschieden, während die dahinter folgenden, der Loco- motion dienenden Thoraxextremitäten in vielen Gruppen als Gangbeine bezeichnet zu werden pflegen. Während bei den Arthrostraken nur das vorderste Thoraxbeinpaar als Maxillarfuss umgebildet erscheint, weisen die Deca/poden drei Maxillarfusspaare auf und sind in der Gruppe der Stomatopoden sogar die fünf vordersten Thoraxbeinpaare zu Maxillar- füssen umgebildet. Als Grundform des Malacostrakenbeines dürfen wir die an den Thoraxbeinen der Schizopoden erhaltene Form des zweiästigen Ruder- fusses mit basalem Epipodialanhang annehmen, welche sich vielleicht - - wie nach der Gestaltung der Thoraxbeine von Nebalia (vgl. Fig. 268 B, pag. 388) sich vermuthen lässt — aus einer mehr lamellösen, phyllo- podenbeinälmlichen Form hervorentwickelt hat. Ein zweigliedriger Protopodit geht in einen fünfgliedrigen Endopoditen über, während der häufig einer Rückbildung anheimfallende Exopodit (Geisselast) öfters eine grössere Zahl dicht gedrängter und beborsteter Glieder aufweist. Wenn wir die Metamorphose der meisten Entomostraken (vor Allem der Phyllopoden) mit der der Malacostraken vergleichen (vgl. oben pag. 387), so finden wir in ersterer Gruppe einen mehr allmählichen, durch zahlreiche Häutungen vermittelten Uebergang von der Nauplius- form zur ausgebildeten Form, während bei den Malacostraken die Crustaceen. 437 Metamorphose dadurch eine höhere Ausbildung erhalten hat, dass die ein- zelnen Stadien zum Theil schärfer von einander getrennt erscheinen und dass sich Larvenstadien einschieben, welche nicht auf dem directen Wege des Ueberganges von der Jugendform zur ausgebildeten Form gelegen sind, sondern welche durch Entwicklung secundärer Eigen- thümlichkeiten eine gewisse Selbstständigkeit gewinnen und erst durch weitere, wichtige Umformungen zur ausgebildeten Gestaltung überführen. Es steht demnach die Metamorphose der niederen Crustaceen zu derjenigen der Malacostraken in einem ähnlichen Verhältnisse, wie die der Insecten mit unvollkommener Verwandlung zu der der höheren Insecten mit vollkommener Verwandlung (vgl. unten den Abschnitt: Metamorphose der Insecten). Als solche — wenn wir so sagen dürfen — neu ein- geschobene Glieder des Entwicklungsganges sind vor Allem zu nennen: die Zoea der Decapoden und die zoea ähnlichen Entwicklungsstadien der Schizopoden (Calyptopis) und der Stomatopoden, welche bei bereits vollständig entwickelter Zahl der Körpersegmente durch den rudimentären Zustand einer mittleren Leibesregion ausgezeichnet sind. Es erscheinen hier nämlich die fünf (beziehungsweise 6 oder 7) hinteren Thoraxsegmente in der Entwicklung ungemein zurückgeblieben und ohne oder mit völlig rudimentären Gliedmaassenanlagen, während die Segmente des Abdomens bereits mächtig entwickelt sind. Es ist die Zoeaform offenbar eine durch eminente Anpassung an die pelagische Lebensweise secundär veränderte Larvenform. Es mag unter diesem Gesichtspunkte als zweckmässig erscheinen, dass durch längere Zeit dem Körper eine gedrungenere Gestalt erhalten blieb, dass die wichtigsten Locomotions- organe (Maxillarfüsse und z. Th. Antennen) in einer vorderen Körper- region entwickelt wurden und dass ein hinterer ungemein beweglicher Körperabschnitt (Abdomen) als Ruder und Steuer zu frühzeitiger Ent- wicklung kam. Hiedurch erscheint der rudimentäre Zustand einer mitt- leren Körperregion einigermassen erklärt. Von besonderem Interesse für die Auffassung der Zoea als einer secun- där in den Entwicklungskreis eingeschobenen Larvenform, welche eine gewisse selbstständige Geltung und Bedeutung für sich in Anspruch nahm, erscheinen die Verhältnisse der Entwicklung des Herzens. Mit Rücksicht auf das Ver- halten des Herzens bei Nebalia und den Schizopoden würden wir bei den Larvenformen der Decapoden eher eine gestreckte, röhrenförmige Herzform erwarten. Ebenso würden wir voraussetzen dürfen, dass die drei dem Deca- podenherzen zukommenden Spaltenpaare bereits am Zoeaherzen vorzufinden seien. Dies ist aber nicht der Fall. Das Herz der Zoea ist von kurzer sackförmiger Gestalt und erinnert einigermassen an das Copepodenherz. Es weist nur zwei seitliche Spaltenpaare auf (in einzelnen Fällen [Penaeus, Euphausia] nur eines). Die fehlenden Ostien werden erst später angelegt. Es ergiebt sich hieraus deutlich, dass das Herz eine secundäre, den Bedürfnissen des Zoealeibes entsprechende Modifikation eingegangen ist. Die Entwicklung des Herzens wurde mit Rücksicht auf die Organisationsverhältnisse des Zoea- stadiums gefälscht. An der vollständigen Entwicklungsreihe der Decapoden, welche aber nur in den wenigsten Fällen in dieser Ausdehnung eingehalten wird, lassen sich folgende, meist durch mehrfache Häutungen aus einander hervorgehende Larvenstadien unterscheiden : 1. Das Naupliusstadium (vgl. unten pag. 455, Fig. 299.4). Im Bau mit dem Nauplius der Entomostraken sehr übereinstimmend Korschelt-Heider, Lehrbuch. 29 438 xv- Capitel. und durch den Besitz der drei typischen Extremitätennaare ausgezeichnet, von denen das vordere (I. Antenne) einfach, die beiden hinteren Paare (II. Antenne, Mandibel) zweiästig erscheinen. Ein freies Naupliusstadium findet sich bei Penaeus und unter den Schizopoden bei Euphausia. 2. Das Metanaupliusstadium (vgl. unten pag. 445 Fig. 295 und pag. 442 Fig. 294 A), welches in der Körperform sich noch völlig an das vorhergehende Stadium anschliesst, aber hinter den etwas nach vorne gerückten Naupliusextremitäten noch die Anlage von vier (bei Euphausia nur drei) weiteren Extremitätenpaaren aufweist. Eine seitlich und hinten sich erhebende Hautfalte ist die erste Anlage des Rücken- schildes. Das hintere Körperende ist durch zwei kurze beborstete Höcker (Furcalfortsätze) gekennzeichnet. Das Metanaupliusstadium ist der Aus- gangspunkt der Metamorphose von Lucifer. 3. Das Protozoeastadium (vgl. pag. 446 Fig. 296 A, D, pag. 451 Fig. 298 A.) Die im Metanauplius neu angelegten Glied- maassenpaare (I. und IL Maxille, I. und IL Maxillarfusspaar) sind zur vollen Entwicklung gekommen. Der vordere Körperabschnitt ist von dem Cephalothoraxschilde bedeckt, nach hinten geht der Körper in eine schmälere Region über, welche die Anlage des Thorax und Abdomens vereinigt und in seiner vorderen Parthie auch schon eine Segmentirung erkennen lässt, während der hintere (abdominale) Abschnitt noch nicht vollständig segmentirt erscheint. Die Antennen haben noch Nauplius- charakter und fungiren noch als Ruder. Als solche dienen auch die zweiästigen Maxillarfüsse. Die Mandibel hat sich stark verändert; ihr Basalglied ist als Kaulade erhalten, während ihr distaler Abschnitt (Taster) verloren gegangen ist. Das Protozoeastadium tritt in der Metamorphose der Penaeiden und Sergestiden auf. Es zeichnet sich durch den Besitz deutlicher Furcalfortsätze aus. In einzelnen Fällen (Sergestes) kann auch bereits das dritte Maxillarfusspaar zur Entwicklung kommen. 4. Das Zoeastadium (vgl. pag. 446 Fig. 296 E, pag. 456 Fig. 300 C, pag. 459 Fig. 301 und pag. 476 Fig. 313.) In allen wichtigen Charakteren mit dem vorhergehenden Stadium übereinstimmend , von welchem es sich durch die deutliche Segmentirung des hintersten, abdo- minalen Abschnittes unterscheidet. Allerdings bleibt das sechste Abdo- minalsegment häufig noch lange Zeit mit dem Telson vereinigt. Die Extremitäten des Zoeastadiums sind dieselben, wie im vorhergehenden Stadium. Bei den ursprünglicheren Decapoden fungiren auch die Antennen als Ruder, während diese Gliedmaassen an den Zoeen der Brachyuren ganz in den Hintergrund treten und die Locomotion aus- schliesslich durch die beiden zweiästigen Maxillarfusspaare in Gemeinschaft mit dem beweglichen Abdomen ausgeübt wird. Vielfach (Macruren) ist auch das III. Maxillarfusspaar bereits in Function getreten. Die dahinter folgenden Thoraxbeinpaare können als sackförmige, ungegliederte, an den Körper angedrückte Anlagen vorhanden sein, treten jedoch an der Zoea niemals in Function. Die Pleopoden fehlen noch vollständig mit Ausnahme des sechsten Pleopodenpaares (Uropoden), welches in einzelnen Fällen schon im Zoeastadium zur Entwicklung kommt. Man hat früher zur Charakterisirung des Zoeastadiums auf die vom Cephalothorax ab- gehenden Stachelfortsätze, welche den Brachyurenzoeen typisch zukommen, übergrosses Gewicht gelegt. Ein wichtiges Charakteristicum dieses Stadiums dagegen ist, dass die Segmente der hinteren Thoraxregion (vom III. Maxillarfusspaar angefangen) meist nur in rudimentärem Crustaceen. 439 Zustande vorhanden und oft gar nicht deutlich zu erkennen sind, während die Abdominalsegmente durch ihre Grösse und deutliche Abgrenzung hervortreten. Das Zoeastadium bezeichnet für viele Deca- poden den Anfang der Metamorphose. Das Protozoöa- und Zoeastadium sind dem Metanauplius gegenüber durch die allmähliche Entwicklung des paarigen, gestielten Auges charakterisirt , welches — wie bei Branchipus — , anfänglich in der Form seitlicher Vorwölbungen des Kopfabschnittes angelegt (vgl. die Zoea von Lucifer pag. 446 Fig. 296 E), erst allmählich die Entwicklung abgegliederter Augenstiele erkennen lässt. 5. Das Mysisstadium (vgl. pag. 448 Fig. 297 A, und pag. 456 Fig. 300 D) und Metazoeastadium (vgl. pag. 473 Fig. 3105). Durch die Entwicklung der hinter dem III. Maxillarfusspaare folgenden Thoraxextremitäten geht die Zoea in das M y s i s - oder Schizopoden- Stadium über. Diese nun in Function tretenden Gliedmaassen erscheinen in Uebereinstimmung mit den Maxillarfüssen als zweiästige beborstete Ruderfüsse, welche nun mit letzteren die Locomotion übernehmen und an die Schizopodenbeine erinnern. In diesem Stadium kommen die Pleopoden zur Entwicklung. Bei Brachyuren und Anomuren erscheint der Entwicklungsgang insofern vereinfacht, als die schon im Zoeastadium vorhandenen, schlauch- förmigen Anlagen der Gangbeine niemals schizopodenbeinähnlich werden, sondern direct in die definitive Form übergehen. Es unterbleibt hier die Ausbildung eines Exopoditen an diesen Extremitätenanlagen. Es resultirt hieraus, dass in diesen Gruppen auf das Zoeastadium ein im Habitus der Zoea noch sehr ähnliches Stadium folgt, welches die Anlagen der fünf Gangbeinpaare schon in ziemlicher Entwicklung, aber noch an den Körper angedrückt erkennen lässt. Dies Stadium, welches bei den Anomuren und Brachyuren das Mysisstadium ersetzt, hat Claus (No. 7) als Metazoea bezeichnet. 6. End Stadien der Metamorphose. Sie unterscheiden sich nur mehr in unwichtigeren Merkmalen von der ausgebildeten Form, zu welcher sie den Uebergang vermitteln. Durch den Verlust der Exopoditen an den Thoraxbeinen und unter Vergrösserung des Abdomens geht bei den Sergestiden aus dem Mysisstadium das Mastigopusstadium (pag. 448 Fig. 297 C) hervor. Bei den Penaeiden und Carididen be- zeichnet man das entsprechende Stadium als erstes Gar neel Stadium. Die Endstadien der Anomuren- und Brachyurenmetamorphose werden als Megalopa (pag. 480 Fig. 316 A und B) bezeichnet, wobei zu erwähnen ist, dass die Umwandlung dieses Stadiums in die ausgebildete Form bei den Brachyuren unter beträchtlicheren Veränderungen erfolgt, als bei den Anomuren, weil letztere zeitlebens auf einer dem Megalopa- stadium näheren Entwicklungsstufe verbleiben. Ueberblicken wir die geschilderte Serie der Larvenstadien, so sehen wir, dass die Reihenfolge der Entwicklung der Segmente und Extre- mitäten von vorne nach hinten im Allgemeinen eingehalten wird. Nur im Einzelnen ergeben sich gewisse, charakteristische Abweichungen. So erscheint die Entwicklung der Thoraxsegmente im Zoeastadium meist gegenüber derjenigen der Abdominalsegmente unterdrückt, und unter den Extremitäten macht das sechste Pleopodenpaar durch sein frühzeitiges Auf- treten eine Ausnahme. Wir haben diese Abweichungen von der Regel als aus einer Anpassung der Larvenstadien an die pelagische Lebensweise hervorgegangen ableiten können. 21)* 440 XV. Capitel. Nur in ganz wenigen Fällen wird die ganze, oben geschilderte Entwicklungsreihe bei den Decapoden frei durchlaufen. Penaeus und Lucifer können nach dieser Hinsicht als Beispiel dienen. Meist erfolgt eine mehr oder minder weitgehende Abkürzung der Metamorphose, indem die Anfangsstadien derselben in das Embryonalleben einbezogen erscheinen. So schlüpfen beispielsweise die Sergestiden im Protozoeastadium , die meisten Carididen im Zoeastadium, die marinen Astaciden im Mysis- stadium aus dem Eie. Die weitestgehende Abkürzung der Metamorphose findet sich bei manchen im Süsswasser und auf dem Lande lebenden Formen (Astacus, Telphusa, Gecarcinus). In anderer Weise wird eine Abkürzung der Metamorphose erzielt durch die Tendenz, die Charaktere der einzelnen Entwicklungsstufen zu verwischen. So werden wir sehen, dass bei den Carididen das Zoea- stadium dadurch abgeändert erscheint, dass es gewisse Merkmale des Mysisstadiums anticipirt. In ähnlicher Weise ist das vollständige Schwinden des Mysisstadiums in der Brachyuren- und Anomuren- metamorphose zu erklären. Die oben geschilderte Entwicklungsreihe bezieht sich auf die Decapoden; doch schliessen sich die Verhältnisse der Schi zop öden (E u p h a u s i d e n) und der Stomatopoden nahe an dieselbe an. Wir könnten die Calyptopisstadien der Euphausiden direct als Protozoea- und Zoeastadien in Anspruch nehmen, wenn sie sich nicht durch den Mangel des zweiten Kieferfusspaares von diesen letzteren entfernten. In der Stomatopodenmetamorphose sehen wir andererseits durch eine ganz ähnliche Unterdrückung der Thoraxsegmente und der zugehörigen Extremitäten, wie bei der Decapodenzoea, Larvenformen zu Stande kommen, welche direct als Pseudozoea der Stomatopoden bezeichnet worden sind. Dagegen zeigt eine zweite Formenreihe der Malacostraken, welche die Cumaceen und Arthrostraken umfasst, im Anschlüsse an die dort vorherrschende Brutpflege ein ganz allgemeines Schwinden der Meta- morphose. Die Verhältnisse schliessen sich bei diesen Gruppen dies- bezüglich an die der Mysideen und Leptostraken an. Immerhin werden wir in dem verspäteten Auftreten des letzten Thoraxbeinpaares bei den Isopoden einen letzten Rest jener Entwicklungsrichtung erblicken dürfen, welche bei den Decapoden zur Ausbildung des Zoeastadiums geführt hat. 8. Leptostraken. Die Leptostraken (Nebali a) entbehren, gleich den Mysideen, frei schwimmender Larvenstadien. Wenn die Jungen den als Brutraum be- nützten, inneren Schalenraum der Mutter verlassen, so zeigen sie sich nach Metschnikoff (No. 82) im Wesentlichen in der definitiven fertigen Gestalt. Die Metamorphose ist demnach hier , ähnlich wie bei den Mysideen , Cuma- ceen und vielen Arthrostraken, auf jene Stadien beschränkt, welche noch im Brutraum gelegen sind , aber schon die Eihaut gesprengt haben. In Bezug auf das Hervorsprossen der einzelnen Gliedmaassen wird die Reihenfolge von vorne nach hinten eingehalten. Es schliessen sich die Leptostraken hinsicht- lich dieser Verhältnisse und durch den Mangel eines deutlich ausgesprochenen Zoeastadiums mehr an die Phyllopoden an. Zunächst werden die drei Glied- maassenpaare des Nauplius angelegt. Es folgt hierauf ein Stadium , welches dieselben in weiterer Entwicklung und dahinter vier weitere Beinpaare (zwei Maxillenpaare und die zwei vordersten Thoraxbeinpaare) erkennen lässt. Crustaceen. 441 Dieses Stadium würde somit nach der Zahl der vorhandenen Gliedmaassen- anlagen eine gewisse Uebereinstimmung mit der Zoeaform aufweisen. Ein weiteres Stadium lässt die Anlage eines dritten Thoraxbeinpaares erkennen. Der Embryo liegt im Ei in der Weise gekrümmt, dass die Ventralfläche des nach vorne eingeschlagenen Schwanzabschnittes der Ventralfläche des vorderen Körperabschnittes anliegt. Nun wird die Eihülle gesprengt und die frei werdende, aber noch von der Larvencuticula umhüllte Larve, welche bereits die Anlagen sämmtlicher Thoraxbeinpaare aufweist, nimmt nicht nur eine ge- streckte, sondern sogar etwas dorsalwärts eingekrümmte Haltung an. Es wiederholt sich also bei Nebalia hinsichtlich der Lagerungsverhältnisse der Körperabschnitte dieselbe Aenderung, welche wir (pag. 353 u. 354) bei Mysis eintreten sahen, nur mit dem Unterschiede, dass dort der Riss der Eihaut und die Streckung des Körpers bereits im Naupliusstadium, hier dagegen in einem späteren Stadium stattfindet. Nun werden allmählich die Pleopoden in der Reihenfolge von vorne nach hinten angelegt, der Körper nähert sich der aus- gebildeten Form, und das Junge schwärmt aus dem Brutraum aus (Metsch- nikopf No. 82). 9. Scliizopoden. In der Gruppe der Schizopoden hat die Familie der Euphau- siidae eine durch zahlreiche Häutungen vermittelte sehr ursprüngliche Art der Metamorphose bewahrt, während die Mysideen in einer dem ausgebildeten Thier sehr ähnlichen Form die Naupliuscuticula abstreifen, die Bruttasche der Mutter verlassen und frei umherschwimmen (vgl. oben pag. 353). Die verschiedenen Larvenstadien der Euphausiidae, von denen sich keines vollständig auf die Protozoea und Zoea der Decapoden zurück- führen lässt, wurden von Dana als eigene Gattungen unter den Namen Calyptopis, Furcilia und Cyrtopia beschrieben. Erst Claus (No. 91) wies die Zugehörigkeit dieser Formen in den Entwicklungs- kreis der Euphausiidae nach. Die jüngsten Stadien wurden durch Metschnikoff (No. 93 und 94) bekannt, welchem der wichtige Nachweis zu verdanken ist, dass die Euphausialarven als echte Nauplien das Ei verlassen. Die wichtigsten Momente der Entwicklung der späteren Stadien wurden hauptsächlich von Claus (No. 91 und 8) für Euphausia fest- gestellt. Neuerdings wurde der Gang der Entwicklung für verschiedene Formen ausführlicher von G. 0. Sars (No. 95), sowie Brook und Hoyle (No. 90) geschildert. Der aus dem Ei schlüpfende Nauplius von Euphausia zeigt einen ovalen, unsegmentirten , der Schalenduplicatur noch entbehrenden Körper, an dessen vorderer Hälfte die drei Paare von Naupliusextremi- täten in der typischen Form entwickelt sind. Das vorderste Paar der letzteren ist einästig, die beiden hinteren Paare sind zweiästig. Die distalen Enden sind mit Ruderborsten besetzt, eine Gliederung der Ex- tremitäten in gesonderte Ringel ist noch nicht deutlich zu bemerken. Im Uebrigen ist an dem Körper des Nauplius nur die sehr kleine Mund- öffnung zu erkennen. Spätere Stadien (Fig. 294 A) zeichnen sich durch die Entwicklung von drei weiteren Gliedmaassenanlagen (zwei Maxillenpaare [4, 5] und das erste Maxillarfusspaar [I]) aus und müssen deshalb schon als Meta- nauplius in Anspruch genommen werden. Die drei vorderen Glied- maassenpaare (I, 2, 3) haben noch den Charakter des Naupliusstadiums bewahrt. Wir bemerken die Anlage des Naupliusauges, der Oberlippe (o), 442 XV. Capitel. der paarigen Paragnathen (u) und einer Schildduplicatur, welche die seitliehen Theile der hinteren Extremitätenanlagen überdeckt. Das hintere Körperende ist hinter der nun deutlich werdenden Afteröffnung in zwei rundliche, borstenrandige Furcalfortsätze verlängert. Spätere Metanauplius- stadien zeigen eine Veränderung des dritten Extremitätenpaares, welches die Form eines Ruderfusses vollständig aufgegeben hat und zu einer Kaulade (Mandibel) mit ganz rudimentärem Tasteranhang umgebildet ist. Die Schildduplicatur hat sich nun auch im vorderen Körperabschnitte Fig. 294. Drei Entwicklungsstadien von Euphausia (aus Laxg's Lehrbuch). A Metanauplius (nach Metschnikoff), B Calyptopisstadium (nach Claus), C älteres Calyptopisstadium (nach Claus). ], 2 erste und zweite Antenne, 3 Mandibel, 4, 5 erste und zweite Maxille, /erstes Maxillarfusspaar, ab Abdomen, («x) — (aB) erstes bis fünftes Abdominalsegment, aQ sechstes Pleopodenpaar, an After,/« frontales Sinnesorgan, o Oberlippe, u Paragnathen, th Thoracal- segmente. entwickelt, so dass sie auch den Kopftheil der Larve rings umsäumt (vgl. die späteren Stadien Fig. 294 B und C). An den hinteren Glied- maassen macht sich die erste Andeutung der Lappenbildung bemerkbar, während neben dem Naupliusauge das so verbreitete, paarige Frontal- organ (fs) zur Entwicklung gekommen ist. Aus dem Metanauplius geht durch weitere Häutungen die Reihe der Calyptopisstadien (Fig. 294 B und C) hervor, welche durch die Crustaceen. 443 Entwicklung der sechs vordersten Extremitätenpaare und durch die Aus- bildung eines längeren hinteren Körperabschnittes (Thoracoabdominal- theil) charakterisirt sind. Die beiden Antennenpaare haben noch im Wesentlichen die Naupliuscharaktere bewahrt, wenngleich sich an ihnen jetzt eine reichere Gliederung bemerkbar macht. Die ersten Antennen zeigen nun einen aus drei Gliedern bestehenden Schaft, an dessen Ende zwei kurze Fortsätze (die Anlagen der späteren Geissein) sich inseriren. Die zweiten Antennen lassen an dem beborsteten Ende des Exopoditen einen deutlichen Zerfall in dicht gedrängte Kingel erkennen. Die Maxillen- paare (4, 5) und der erste Maxillarfuss (2) stellen eine vielfach gelappte Anlage dar, die in ihrer Form eine ziemliche Uebereinstimmung mit den Phyllopodenbeinen aufweist. Die erste Maxille (4) lässt ausser den zwei Kauladen und dem Endopoditen noch einen kurzen beborsteten Stummel (Exopoditen), der Anlage der späteren Fächerplatte erkennen. An der zweiten Maxille (5) ist der Exopodit in völlig rudimentärem Zustande vorhanden, während an der Innenseite des Protopoditen vier Kaufortsätze zur Entwicklung gekommen sind. Der erste Kieferfuss (I) trägt (be- sonders deutlich bei Nyctiphanes) den Charakter eines zweiästigen Ruderfusses. An der weiter hinten folgenden Basis des thoracoabdomi- nalen Abschnittes erkennt man bereits deutlich die dichtgedrängten An- lagen der weiter folgenden Thoraxsegmente (Fig. 294 B, th) , während der abdominale Abschnitt (ab) noch ungegliedert erscheint. Das hinterste Ende desselben ist bereits zur Bildung der Mittelplatte des Schwanz- fächers umgestaltet und an seinem hinteren Rande mit starken Dornen besetzt. Ebenso sind vor der Afteröffnung die Seitenglieder des Schwanzfächers (sechstes Pleopodenpaar [a6]) in der ersten Anlage zu erkennen. Die den vorderen Theil des Körpers bedeckende Mantel- duplicatur hat eine stärkere Entwicklung erfahren. Bei Euphausia ist sie durch den Besitz eines an der Rückenseite vom hinteren Rande ent- springenden unpaaren Stachelfortsatzes, durch die zierliche Zähnelung der Ränder und durch eine an den Seiten erkennbare Einbiegung ausgezeichnet, welche an den Schalenausschnitt der Cypridinen und Halocypriden erinnert. Bei anderen Gattungen (Nyctiphanes) entbehrt die Schale des Rückenstachels, sowie der Randfransen und weist nur eine ganz un- deutliche seitliche Einbuchtung auf. Von inneren Organen sind die nun allmählich sich entwickelnden paarigen Augenanlagen, die Leberaus- stülpungen des Darmcanals, sowie das mit einem venösen Spaltenpaar versehene, kurze, sackförmige Herz, das sich in ein wohlentwickeltes Arteriensystem fortsetzt, zu erwähnen. Spätere Calyptopisstadien (Fig. 294 0) unterscheiden sich von den eben beschriebenen durch die deutlichere Ausbildung der noch immer unter dem Rückenpanzer verborgenen paarigen Augenanlagen und durch die vollzählige Segmentirung des Körpers. Es ist nicht nur die Region des Mittelleibes (Thorax th) in sieben — wenngleich kurze — Segmente zerfallen, sondern auch das Abdomen erscheint vollständig [(ax) — (a6)] segmentirt. Im letzten Stadium dieser Reihe ist auch schon das sechste Pleopodenpaar (a6) als frei vorragende Seitengliedmaasse des Schwanzfächers ausgebildet. Wenn wir die Reihe der Calyptopisstadien mit den übrigen Malacostrakenlarven vergleichen, so müssen wir die jüngeren Calyptopis- formen der Protozoea, die späteren der Zoeaform gleichstellen. Sie unter- scheiden sich von diesen durch den Mangel des zweiten Kieferfusspaares, welches noch nicht zur Entwicklung gekommen ist. 444 XV. Capitel. Die späteren, als Furcilia bezeichneten Stadien charakterisiren sich vor Allem durch die vollständige Entwicklung des nun schon beweglichen Stielauges, welches von nun an nicht mehr von einer Fortsetzung des Rückenschildes überdeckt ist, sondern aus einem Einschnitt im Rande des letzteren frei vorragt. Dementsprechend wird auch die zwischen den Augen befindliche Parthie des Kopfschildes allmählich zur Bildung einer zu einem Rostrum sich zuspitzenden Frontalplatte umgewandelt. Während die sechs vorderen Extremitätenpaare vorläufig dieselbe Gestalt, wie in den Calyptopisstadien, beibehalten, kommen die noch fehlenden hinteren Anhänge zur Entwicklung, und zwar weist das erste Furciliastadium die Anlage des zweiten Kieferfusspaares und des ersten Abdominalbeinpaares auf. Die Ausbildung der weiteren abdominalen Extremitäten folgt sehr bald nach, während die Anlagen des dritten Maxillarfusses und der Thoraxbeine, ''sowie der zugehörigen Kiemenknospen mehr allmählich in der Reihenfolge von vorne nach hinten erfolgt. Gleichzeitig kommen bei Euphausia die Anlagen der augenähnlichen Leuchtorgane an der Basis der Extremitäten zur Entwicklung. Für die Cyrtopiastadien ist vor Allem die Aenderung in der Gestaltung der Antennen charakteristisch, welche von nun an nicht mehr als Ruder verwendet werden und in ihrer Gestalt sich der definitiven Form nähern. Beide Geisseiäste der ersten Antenne haben sich erheblich gestreckt und weisen einen Zerfall in zahlreiche Ringel auf. Für die zweite Antenne ist die Umbildung des Endopoditen zur Geissei, des Exopoditen in die Schuppe bemerkbar. Unter Vervollständigung der Zahl der Extremitätenanlagen und Ausbildung der zuletzt angelegten Thorax- beine geht die Cyrtopialarve allmählich in die ausgebildete Form über. DieMysideen zeigen, ähnlich wie Nebalia, nur eine im Brutraum der Mutter ablaufende Metamorphose, indem die aus demselben ausschlüpfenden Jungen bereits die fertige Gestalt der ausgebildeten Form aufweisen. Wir haben schon oben (pag. 354) erwähnt, dass die Eihaut bei Mysis im Nauplius- stadium gesprengt wird. Die nun bloss von der Naupliuscuticula umhüllte Larve zeigt übrigens im Wesentlichen noch völlig embryonalen Habitus. Sie ist madenförmig, wenig beweglich, die Gliedmaassen entbehren des Borsten- besatzes. Die Larvencuticula, unter welcher die weiteren Extremitätenanlagen zur Ausbildung kommen, ist bei Mysis vulgaris und tlexuosa dadurch ausge- zeichnet, dass sie an ihrem hinteren Ende in zwei behaarte Furcalfortsätze ausläuft. Von den weiteren nun zur Ausbildung kommenden Gliedmaassen werden die nächsten zehn Paare (zwei Maxillenpaare und acht Thoraxbein - paare) gleichzeitig angelegt. Von den Pleopoden erscheinen zunächst die in die Bildung des Schwanzfächers eingehenden Anlagen des sechsten Paares (pag. 353, Fig. 254 E); die fünf vorderen Paare sprossen erst nach Ab- streifung der Naupliuscuticula hervor (P. J. u. E. van Bexeden, Nusbaum). Die Entwicklung der Lophogastriden scheint mit der der Mysideen vollkommen übereinstimmend abzulaufen. Wenigstens giebt M. Saks die Ab- bildung eines Entwicklungsstadiums von Lophogaster, welches einem späteren Mysis-Larvenstadium völlig gleicht, nur mit dem Unterschiede, dass hier bereits sämmtliche Pleopodenpaare angelegt erscheinen. Letztere treten daher vielleicht bei Lophogaster etwas früher auf, als bei Mysis. Im Allgemeinen werden wir die Entwicklung der Mysideen und Lopho- gastriden gegenüber den Euphausiden als eine wesentlich abgekürzte bezeich- nen können. Erstere Gruppen schliessen sich nach dieser Richtung, wie auch hinsichtlich der inneren Entwicklungsvorgänge nahe an die Cumaceen und Arthrostraken an. Crustaceen. 445 10. Decapoden. A. Sergestiden. Unter den Decapoden sind die Serge stielen und Penaeiden durch den an ursprüngliche Verhältnisse erinnernden Ablauf ihrer Meta- morphose ausgezeichnet, welche mit einem sehr frühen Stadium (Nau- plius oder Metanauplius) beginnt und überdies die regelmässige Reihen- folge in der Entstehung der Körpersegmente (in der Richtung von vorne nach hinten) beibehalten hat. In der Familie der Sergestidae ist die Metamorphose besonders für die Gattung Lucifer genau bekannt geworden. Die Protozoea dieser Entwicklungsreihe wurde von Dana als Erich th in a demissa be- A B Fig. 295. Zwei Metanaupliusstadien von Lucifer (nach Brooks). A eben aus dem Ei geschlüpfte Larve, B etwas älteres Stadium. a' erste Antenne, a" zweite Antenne, d Schildduplicatur, md Mandibel, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, mf erster Maxillarfuss, ol Oberlippe, p Paragnathen. schrielien; später fand Claus (No. 8) das dazugehörige Zoeastadium. Erst Willemoes-Suhm (No. 157) stellte die Zugehörigkeit dieser Larven zu Lucifer fest, während Brooks (No. 109) den vollständigen Gang der Metamorphose vom Ausschlüpfen bis zur ausgebildeten Form beobachtete. Seine Beobachtungen stimmen mit den aus dem Challengermaterial durch Spence Bäte (No. 100) und Willemoes-Suhm bekannt gewordenen That- sachen überein. Das eigentliche Naupliusstadium wird noch im Eie durchlaufen; die jungen Luciferlarven schlüpfen in einem Stadium aus, welches wir als Metanauplius (Fig. 295 A) bezeichnen müssen. An dem kurzen, ovalen Körper können wir das Naupliusauge, die stark vorragende Ober- lippe (ol) und einige, das hintere Körperende bezeichnende, Furcalborsten erkennen. Jede Spur einer Schildduplicatur fehlt noch. An dem vorderen Körperabschnitte inseriren sich die drei Naupliusbeinpaare (a\ a", md). Von diesen ist das vorderste Paar (a') einästig, aus fünf Gliedern zu- sammengesetzt und an seinem Ende mit Ruderborsten versehen. Die zweiten Antennen (a") zeigen einen zweigliedrigen Protopoditen und zwei Ruderäste, von denen wir mit Rücksicht auf den Vergleich mit anderen 446 XV. Capitel. Formen (im Gegensatze zu Brooks) den mehrfach gegliederten, stärker beborsteten Ast als Aussenast (Exopodit) , den einfacheren Ast dagegen als Endopoditen betrachten. Das dritte Extremitätenpaar (Mandibel) erinnert im Bau an das zweite, doch ist es kleiner und weniger gegliedert. Es weist einen ungegliederten Protopoditen , einen eingliedrigen Endo- poditen und einen aus drei Gliedern bestehenden Exopoditen auf, welche einige Ruderborsten tragen. Weiter nach hinten folgen vier Paare von Wülsten, welche die Anlagen der beiden Maxillenpaare (mx, mx") und Fig. 296. Protozoeastadien und Zoea von Lucifer (nach Brooks). A erstes Protozoeastadium, B erste Maxille desselben, C zweite Maxille desselben, I) späteres Protozoeastadium (Eriehthina), E Zoeastadium. a' erste Antenne, a" zweite Antenne. ab6 sechstes Pleopodenpaar (Seitenglieder des Schwanzfachers, «? Endopodit, ex Exopodit, h Herz, ^ Leberausstülpungen, »w«?Mandibel, mf erster Kieferfuss, mf" zweiter Kieferfuss, mf" dritter Kieferfuss, mp'" Segment des dritten Kieferfusspaares, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, o paariges, zusammen- gesetztes Auge, oc Naupliusauge, ol Oberlippe, r Stirnstachel (Kostrum), thl, th2, thz, th4 erstes bis viertes Gangbeinpaar in der Anlage, t1, t", ts, t4 erste-: bis viertes gangbein- tragendes Segment. 1, 2, 3, 4 — 6 erstes bis sechstes Abdominalsegment. Crustaceen. 447 des ersten und zweiten Kieferfusspaares darstellen. Spätere Meta- naupliusstadien (Fig. 295 5), deren Gliedmaassen eine Art Rück- bildung erkennen lassen, zeigen zu den Seiten des Körpers die Anlage einer Schildduplicatur (d), und überdies ist an dem Basalglied der Man- dibel ein steifer Kaufortsatz zur Entwicklung gekommen. Die nun folgenden Protozoeaformen (Fig. 296 A) zeigen die sieben vorderen Extremitätenpaare, welche für das Zoeastadium charakte- ristisch sind, vollkommen ausgebildet und functionirend. Der vordere Theil des Körpers ist von einem Rückenschilde bedeckt, welcher vorne über dem Naupliusauge in einen langen Stirnstachel (Rostrum r) sich fortsetzt und auch an seinem hinteren Rande einen unpaaren, dorsalen und zwei etwas längere seitliche Stacheln trägt. Der hintere Abschnitt des Körpers ist zu einem umfangreichen Thoracoabdominal- abschnitt ausgewachsen, dessen hinterstes Ende sich zur Mittelplatte des Schwanzfächers umbildet und mit kräftigen Stacheln besetzt ist, während an der Basis dieses Körperabschnittes vier weitere Segmente [das des dritten Kieferfusspaares (mpm) und die der drei vordersten Gang- beinpaare (t1 — 23)] gesondert erscheinen. Von inneren Organen ist die Entwicklung des Herzens (h) und der Leberausstülpungen des Darm- canals (I) zu erwähnen. Die Antennen des I. Paares (a) bestehen jetzt aus einem langgestreckten Basalglied und einem kurzen, mit Ruderborsten besetzten Endgliede ; die des zweiten Paares (a") haben im Wesentlichen dieselbe Gestalt, wie in den vorhergehenden Stadien bewahrt; sie zeigen einen mehrfach gegliederten, mit zahlreichen Ruderborsten besetzten Exopoditen und einen einfacheren Endopoditen und functioniren noch immer als das Hauptlocomotionsorgan der Larve. Die Mandibeln (Fig. 296 D, md) bestehen nun ausschliesslich aus einer am Innenrande gezähnten Kaulade. Jede Spur des an dieselbe im früheren Stadium sich anschliessenden Tasters ist nun verloren gegangen. Die beiden Maxillenpaare zeigen bereits die definitive Gestaltung vorgebildet. Die des ersten Paares (Fig. 296 B) zeigen an der Innenseite des Protopoditen zwei vorspringende Ladenfortsätze, einen kurzen zweigliedrigen Endo- poditen und einen stummeiförmigen, mit befiederten Borsten besetzten Exopoditen. Die zweite Maxille (Fig. 296 G) unterscheidet sich vor Allem durch die grössere Zahl der nach innen gerichteten Ladenfortsätze. Die beiden Kieferfusspaare (Fig. 296 D, mf\ mf") haben die Gestalt zweiästiger Ruderfüsse mit längerem, aus mehreren Gliedern zusammen- gesetztem Endopoditen und ungegliedertem kürzeren Exopoditen. In der Maxillarregion ist die Entwicklung einer Schalendrüse zu bemerken. Späte reProtozoeastadien (Fig. 296 D), welche der D Ansehen Erichthina demissa entsprechen, zeichnen sich durch die beginnende Ent- wicklung der paarigen Augen (0), sowie durch die weiter fortgeschrittene Gliederung des Thoracoabdominalabschnittes aus. Es macht sich an den vorderen Parthien des Rückenschildes eine seitliche buckeiförmige Vor- treibung bemerkbar, in deren Innerem durch eine Pigmentanhäufung die Anlage des paarigen Auges gekennzeichnet ist. Von neuen Segmenten sind am hinteren Körperabschnitte das des vierten Gangbeinpaares (t4), sowie die vier vorderen Abdominalsegmente (1 — 4) aufgetreten. Das letzte Thoraxsegment (das des fünften Gangbeinpaares) kommt bei Lucifer niemals zur gesonderten Entwicklung. Der hinterste Körperabschnitt ist noch nicht in Segmente zerfallen. Das nächste Stadium (Fig. 296 JE) zeichnet sich durch die voll- ständige Gliederung des Abdomens aus und muss demnach als Zoea 448 XV. Capitel. bezeichnet werden. Die vollständig entwickelten Extremitäten sind noch dieselben, wie in den Protozoeastadien ; doch sind hinter diesen in dem vorliegenden Stadium die zweiästigen Anlagen des dritten Maxillarmss- paares (mf") und .der vier vorderen Gangbeinpaare (ih1 — th*) als rudi- Fig. 297. Drei spcätere Larvenstadien von Lucifer (nach Brooks). A jüngeres Mysis- oder Schizopodenstadium, B älteres Mysis- oder Schizopoden- stadium bei schwächerer Vergrösserung, C Mastigopusstadium. «' erste Antenne, a" zweite Antenne, dbx — ab6 erstes bis sechstes Pleopodenpaar, c Cephalothoraxschild , dr Antennendrüse, en Geisselast und ex Schuppe der zweiten Antenne, md Mandibel, mf erster Maxillarfuss, mf" zweiter Maxillarfuss, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, o zusammengesetztes Auge, oc Naupliusauge, ol Oberlippe, r Stirnstachel, (Rostrum), 7, 2, .3 — 6' erstes, zweites, drittes bis sechstes Abdoininal- segment. Crustaceen. 449 mentäre Stummel aufgetreten. Ausserdem sind die seitlichen Gliedmaassen (abG) des Sehwanzfächers (sechstes Pleopodenpaar) nun in der Anlage vorhanden. Mit der nächsten Häutung erfährt die Larve eine sehr bedeutende Umwandlung ihrer äusseren Gestaltungsverhältnisse. Sie tritt nun in das sog. M y s i s - oder Schizop öden Stadium (Fig. 297 Ä) ein, welches von Dana unter dem Namen Sceletina armata beschrieben wurde. Die Antennenpaare haben ihre locomotorische Function aufgegeben und wan- deln sich nach der Richtung der definitiven Form um, die paarigen Augen (o) sind zu beweglichen Stielaugen geworden, neben denen das Naupliusauge (oc) noch erhalten ist. Als Locomotionsorgane fungiren sieben Paare zweiästiger Ruderfüsse (nämlich die drei Maxillarfusspaare und die vier vorderen Gangbeinpaare). Die Bewegung der Larve ist von nun an nicht mehr eine hüpfende, wie in den vorhergehenden Stadien, sondern eine gleichmässige, rasche Fortbewegung. Der Rückenschild hat seine Gestalt im Allgemeinen beibehalten, doch haben sich in seiner vorderen Parthie die Stielaugen abgeschnürt. Die jene letzteren auf- nehmende Bucht des Schildrandes ist durch die Entwicklung eines Paares seitlicher vorderer Dornen ausgezeichnet, während die Dornen am Hinter- rande verschwunden sind. Gegenüber dem in den folgenden Stadien mächtig anwachsenden Abdomen tritt nun der Cephalothoraxschild mehr zurück. An dem Abdomen erkennt man sechs vollkommen getrennte Segmente und den Schwanzfächer, bestehend aus dem Telson (Mittel- platte) und dem mächtig entwickelten sechsten Pleopodenpaare (abG). Die erste Antenne Ja) besteht nun aus einem zwei- (später drei-) gliedrigen Schaft und einem als Rudiment des Flagellums aufzufassenden kurzen Endgliede und weist einen reichen Besatz an Fiederborsten auf. Die zweite Antenne (a) erscheint als eine rudimentäre zweiästige, des Borstenbesatzes fast entbehrende Gliedmaasse. In den späteren Mysis- stadien wird der Endopodit in die Geissei, der Exopodit in den Schuppen- anhang umgewandelt. Die Mandibeln (md) sind einfache Kauladen und entbehren des Tasters. Die Maxillen (nix, mx") haben im Wesentlichen die gleiche Beschaffenheit wie in den vorhergehenden Stadien beibehalten. Dasselbe ist mit dem ersten Paar von Maxillarfüssen (mf) der Fall, deren Gliederung etwas undeutlicher geworden ist, als in den vorher- gehenden Stadien. Die weiter hinten folgenden sechs Ruderfusspaare (IL und III. Maxillarfusspaar und I. — IV. der späteren Gangbeinpaare) sind zweiästig und stimmen unter einander hinsichtlich ihrer Gestalt sehr überein. Sie bestehen aus einem zweigliedrigen Protopoditen , einem längeren viergliedrigen Endopoditen und einem kürzeren, aber in eine grössere Zahl von Ringel undeutlich getheilten Exopoditen. Ein starker Besatz mit Ruderborsten befähigt diese Gliedmaassen zur Ausübung einer kräftigen, locomotorischen Thätigkeit. Spätere Mysisstadien (Fig. 297 B), welche hauptsächlich durch die Gliederung der zweiten Antenne und die mächtige Entwicklung des Abdomens ausgezeichnet sind , weisen an den fünf vorderen Abdominal- segmenten die noch unbeborsteten, knospenförmigen Anlagen der Pleopoden- paare auf. Der Uebergang von den Mysisstadien zur ausgebildeten Form wird durch das Mastigopusstadium (Fig. 297 C) vermittelt, welches in der gestreckten Körpergestalt bereits dem ausgebildeten Lucifer nahe steht, sich von jenem aber durch den Mangel der halsförmigen Ver- längerung des Cephalothorax unterscheidet. Dieses Stadium zeichnet sich 450 XV. Capitel. durch die Kürze des Flagellums der ersten Antenne aus («"), während der Geisseifortsatz der zweiten Antenne (eri) sich bedeutend gestreckt hat. Die Mundtheile und die Thoraxbeinpaare haben die Charaktere der ausgebildeten Form erlangt. Die Mandibel entbehrt des Tasters, die ersten Maxillen haben den Exopoditen verloren ; letzterer ist an den zweiten Maxillen in eine umfangreiche Fächerplatte umgewandelt. Der erste Maxillarfuss ist in einen kurzen, zweigliedrigen Anhang umgebildet; der IL Maxillarfuss {mf") hat — wie alle übrigen Brustfüsse — den Exo- poditen verloren und eine gestreckte, knieförmig eingebogene Gestalt an- genommen. Der III. Maxillarfuss und die drei vorderen Gangbeinpaare stellen eine einfache, kurz beborstete Gliederreihe dar. Das vierte Gang- beinpaar ist völlig verschwunden. Das erste Pleopodenpaar (a&j) zerfällt in einen Basaltheil und einen Endtheil, während die vier folgenden (2. — 5.) Pleopodenpaare die gewöhnliche spaltästige Form aufweisen. Das Naupliusauge und die Schalendrüse sind nun verschwunden; dagegen ist die an der Basis der IL Antenne mündende Antennendrüse (dr) als ein gewundener Canal zu erkennen. Die ausgebildete Form ist gegenüber dem Mastigopusstadium durch die Verlängerung der Geissei der I. Antenne, in deren Basalglied das Gehörorgan zur Entwicklung gekommen ist, sowie durch die Ausbildung der halsförmigen Verlängerung des Kopfes charakterisirt. Auch an der IL Antenne hat der Geisseifortsatz eine beträchtliche Verlängerung er- fahren. Es kommen nun die sexuellen Differenzen zur Entwicklung, in- dem das Männchen sich durch Fortsatzbildungen am ersten und zweiten Pleopodenpaare, durch Dornen an der Ventralseite des fünften Abdominal- segmentes, sowie durch gewisse Unterschiede am Schwanzfächer aus- zeichnet, während das Weibchen in dieser Hinsicht die Charaktere der Larvenform beibehält. Der oben geschilderten Entwicklung von Lucifer steht die Metamorphose von Sergestes in allen wesentlichen Punkten ungemein nahe, wenngleich der äussere Habitus der Larven ein ziemlich abweichender ist. Die durch ihre abgeplattete Körperform und durch ausserordentlich grosse verästelte Dornfortsätze ausgezeichnete Zoea dieser Gattung war durch Dohen (No. 120) unter dem Namen Elaphocaris beschrieben worden, während die späteren Stadien schon früher als Acanthosoma (Claus No. 91) und Mastigo- pus (Leuckakt, Claus No. 91) bekannt waren. Erst durch Claus (No. 8) und gleichzeitig durch Willemoes-Suhm (No. 157) wurde die Zugehörigkeit dieser Formen in den Entwicklungskreis von Sergestes nachgewiesen und das zugehörige Protozoeastadium aufgefunden. Neuerdings sind zahlreiche hieher gehörige Larvenformen aus dem Challenger - Material beschrieben worden (Spence Bäte No. 100). Die jüngste Protozoealarve der Sergestes-Entwicklungsreihe ist nur durch eine Zeichnung von "Willemoes-Suhm (No. 100, pag. 354) bekannt. Sie besitzt die sieben vorderen Extremitätenpaare ; dagegen sind die Maxillarfüsse des dritten Paares noch nicht zur Entwicklung gekommen. Von dem paarigen Auge sind nur die ersten Anlagen bemerkbar. Im Inneren des Darmes findet sich ein umfänglicher Dotterrest, welcher wohl darauf schliessen lässt, dass Sergestes in der Protozoeaform aus dem Eie schlüpft. Im Uebrigen stimmt die Larve Willemoes - Suhm's in Allem mit dem jüngsten von Claus be- schriebenen Stadium (Fig. 298 Ä) überein. Letzteres (Fig. 298-4) lässt sich im Wesentlichen den späteren Prot o- zoeastadien von Lucifer (Fig. 296 D) vergleichen, von denen es sich je- Crustaceen. 451 doch durch die gedrungene Körperform , durch die frühzeitige Entwicklung der gestielten Augen und durch die Anlage des dritten Maxillarfusspaares {mf") unterscheidet. Die sieben vorderen Extremitätenpaare stimmen im Bau, sowohl mit denen der Protozoeastufe von Lucifer, als auch der Penaeus- garneelen sehr genau überein. Vor Allem zeigt die erste Antenne («') eine auch bei Penaeus wiederkehrende Eingebung der Basis in fünf Glieder. Die Mandibeln entbehren des Tasteranhangs, die erste Maxille {mx') zeigt einen als Fächerplatte entwickelten Exopoditen , welcher auch an der beinförmig Fig. 298. Zwei Larvenstadien von Sergestes (nach Claus). A Protozoeastadium, B Acanthosomastadium, von der Kückenseite gesehen. a' erste Antenne, a" zweite Antenne, mf erster Maxillarfuss, mf" zweiter Maxillar- fuss, mf" dritter Maxillarfuss, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, ol Oberlippe, sd Schalendrüse. gestreckten zweiten Maxille {mx") sich wiederfindet. In der Basis der letz- teren wurde von Claus das Vorhandensein der gewundenen Schalendrüse (sd) nachgewiesen. Die drei Kieferfusspaare (mf — mf) sind als gestreckte Spaltfüsse entwickelt, von denen das dritte Paar aber noch in ziemlich rudi- mentärer Form vorhanden ist. Dahinter finden wir die fünf Segmente der späteren Gangbeinpaare als kurze Querringel angelegt, während das Abdomen noch völlig unsegmentirt erscheint. Letzteres endet mit einer hier viel deut- 452 XV- Capitel. licher, als bei Lucifer, in zwei Gabeläste ausgebenden Endplatte, in welcher das Analsegment der Phyllopoden mit seinen beiden Furcalanhängen wieder- holt erscheint. Sehr auffällig ist für dies Stadium die umfangreiche Ent- wicklung des beweglichen Stielauges und die starke Bewaffnung des verbrei- terten Rückenschildes. An letzterem können wir einen mit breiter Basis beginnenden vorderen Rostralstachel , zwei Seitenstacheln und einen Rücken- stachel unterscheiden, von denen jeder durch Bildung secundärer Dornen verästelt erscheint. Diese Fortsätze sind wohl auf die der Lage nach über- einstimmenden beträchtlich kürzeren Dornen an der Lucifer-Larve zu beziehen. Die aus dem geschilderten Larvenstadium hervorgehende Zoea (Ela- p h o c a r i s) weist eine noch mächtigere Entwicklung der Dornbewaffnung auf. Stirn-Rücken- und hintere Seitenstacheln haben sich im Allgemeinen ver- größert. Der Stirnstachel ist im Verhältniss etwas schlanker geworden und zu den Seiten seiner Basis ist ein Paar verästelter vorderer Seitenstacheln zur Entwicklung gekommen. Auch an den einzelnen Segmenten des Ab- domens, welche nun (mit Ausnahme der noch nicht durchgeführten Abgrenzung des sechsten Segmentes von dem noch immer eine deutliche Furcalgabel auf- weisenden Telson) schon deutlich von einander getrennt sind, ist eine starke Bewaffnung mit seitlichen Dornen zu erkennen. Während die vorderen Ex- tremitätenpaare, einschliesslich der drei Kieferfusspaare, denselben Charakter aufweisen wie im vorhergehenden Stadium, sind an den fünf dahinter folgen- den Thoraxsegmenten nun die schlauchförmigen Anlagen zweiästiger Glied- maassenpaare zu erkennen. In ähnlicher Weise ist auch das sechste Pleopoden- paar zur Entwicklung gekommen. Mit dem Uebergang in das Mysisstadium (Acanthosoma Fig. 298 B) geht das complicirte Stachelkleid des Rückenschildes verloren, indem sich von den "verästelten Fortsätzen der Elaphocaris nur die Basaltheile als einfache zugespitzte Ausläufer erhalten, während die Bedornung des Abdomens erhalten bleibt. Ebenso verschwinden die Furcalfortsätze des Telsons bis auf zwei nach hinten vorragende, kurze, stachelähnliche Ausläufer. In Bezug auf die Entwicklung der Gliedmaassen machen sich bedeutende Veränderungen bemerkbar. Die ersten Antennen weisen in jüngeren Acanthosomen einen gestreckten , noch ungegliederten (mit basalem Zackenfortsatz versehenen) Stammtheil und zwei kurze Endausläufer auf, in welchen die Hauptgeissel und Nebengeissel der späteren Stadien angelegt erscheinen. An den zweiten Antennen {a") ist der früher vielgliedrige Exopodit zu einem stabförmigen Anhang (Schuppe) umgebildet, während der Endopodit zu einer mächtigen Geissei verlängert erscheint. Die beiden Maxillenpaare weisen noch die für die früheren Stadien geschilderten Charaktere auf. Das vorderste Maxillar- fusspaar ist durch die Reduction seines Exopoditen auffällig; dagegen sind die dahinter folgenden sieben Gliedmaassenpaare (die zwei weiteren Maxillar- fusspaare und die durch Entwicklung der fünf Thoraxbeinanlagen hervor- gegangenen Extremitäten) zu kräftigen zweiästigen Ruderfüssen umgebildet, an denen vor Allem die stark beborsteten Exopoditen durch ihre Grösse hervortreten. Die Extremitäten des Abdomens sind in der Form kurzer, schlauchförmiger Anlagen zu erkennen , die des sechsten Segmentes dagegen als langgestreckte, beborstete Seitenglieder des Schwanzfächers wohl entwickelt. Spätere Acanthosomastadien sind durch die Ausbildung der Gehörblase in der Basis der ersten Antenne, sowie durch ein mächtigeres Auswachsen der Pleopodenanlagen bemerkenswerth. Die aus der Acanthosoma sich entwickelnden Mastigopus formen sind denen des Lucifer ungemein ähnlich. Auch hier macht sich ein mäch- tiges Anwachsen des Abdomens gegenüber dem relativ kleinen cephalo-thora- Crustaceen. 453 calen Abschnitt geltend. Die Stachelbewaffnung ist mit Ausnahme des per- sistirenden Rostrums bis auf kleine Rudimente geschwunden. An den Thorax- beinpaaren (Maxillarfüssen und Gangbeinen) sind die Exopoditen verloren gegangen und die beiden letzten Beinpaare des Thorax sind völlig verschwun- den. Die Pleopodenpaare sind nun mächtig entwickelt, entbehren aber noch des Exopoditen, welcher nur an den beiden hinteren Paai'en als Knospe be- merkbar ist und erst im weiteren Verlaufe zur Entwicklung kommt. Die Umwandlungen, durch welche die Mastigopuslarve in die ausgebildete Sergestesform übergeführt wird, beziehen sich hauptsächlich auf die Umge- staltung der Gliedmaassen (vor Allem der Mundtheile), durch welche dieselben der definitiven Gestaltung sich nähern, z. B. in dem Hervorsprossen des Mandibulartasters, ferner in dem Wiederauftreten der beiden letzten Thorax- beinpaare und in der Entwicklung der Kiemen. Der nun hervorsprossende Mandibulartaster bleibt bei Sergestes zweigliedrig; die vorderen Maxillen weisen in späteren Mastigopusstadien noch ein kurzes Tasterrudiment auf. An der hinteren Maxille ist dagegen der Exopodit zu einer umfänglichen Fächerplatte umgestaltet. Am vorderen Kieferfuss lassen sich Exopodit und Endopodit als kurze Anhänge nachweisen, während am Protopoditen ein um- fangreicher platten förmiger Kaufortsatz zur Entwicklung gekommen ist. Der Kieferfuss des zweiten Paares weist eine knieförmige Einbiegung auf, während der des dritten Paares die Form eines langgestreckten Beines bewahrt. Schon in früheren Stadien sind an dem zweiten und dritten Gangbeinpaare die An- lagen der Scheeren zu erkennen. Von den inneren Organen ist der Verlust des Naupliusauges und der Schalendrüse, dagegen die Entwicklung der An- tennendrüse zu erwähnen. Lucifer weist durch das Fehlen der Kiemen und durch den Mangel der beiden hinteren Thoraxbeinpaare ein Verhalten auf, welches bei Sergestes im Mastigopusstadium sich wiederfindet. Erstere Form hat demnach gewisse Larvencharaktere beibehalten. Die zahlreichen, aus dem Challenger-Material bekannt gewordenen Larven- stadien von Sergestiden stimmen in den wesentlichsten Punkten mit den oben geschilderten Entwicklungsstufen überein , zeigen jedoch eine grosse Variabi- lität hinsichtlich der Stachelbewaffnung des Cephalothorax und Abdomens. Von Interesse ist die als Platysaccus crenatus bezeichnete Sergestiden- Zoea, deren am Rande mit stacbeligen Lappen versehener, rundlicher Rücken - schild die vier hintersten (bereits mit Gliedmaassenanlagen versebenen) Thorax- segmente völlig unbedeckt lässt, ein Verhalten, durch welches diese Form mit den Penaeus- und Luciferlarven übereinstimmt. Einige, als Sciocaris telsonis unterschiedene Larven des Mysis- und Mastigopusstadiums sind durch die Gestalt des Telsons merkwürdig, welches selbstständig abgegliederte Furcalfortsätze erkennen lässt. Die Gegensätze, welche im äusseren Habitus zwischen den kurzen, ver- breiterten, stark bedornten Sergesteslarven und den schlanken Larvenformen von Lucifer sich finden, werden durch eine Reihe von Entwicklungsstadien vermittelt, welche Brooks (No. 109) auf das Genus Acetes zurückführt. Diese Larven sind von gedrungenerer Körpergestalt als die Luciferlarven und weisen auch eine etwas stärkere Stachelbewaffnung auf. Brooks ist geneigt, eine von Dohrn (No. 121 „Larve eines unbekannten Krebses", Taf. 29 u. 30, Figg. 62 — 67) und Claus (No. 8 „phyllopodenähnliche Protozoea un- bekannter Herkunft", Taf. 4, Figg. 2 — 7) beschriebene Protozoea auf diese Entwicklungsreihe zu beziehen. Letztere Larve ist vor Allem durch die mächtige Entwicklung der noch ungestielten Seitenaugen charakterisirt, welche ähnlich wie bei Lucifer eine buckeiförmige Vorragung des Rückenpanzers Korsehelt- Heider , Lehrbuch. 30 454 xv- Capitel. verursachen. Sie hält hinsichtlich der Entwicklung des Stielauges, welche bei der Protozoea von Sergestes bereits weit vorgeschritten ist, zwischen dieser Form und Lucifer die Mitte. B. Penaeiden. Wir verdanken die Kenntniss der Metamorphose von Penaeus, welche durch das Vorhandensein eines Naupliusstadiums, sowie durch die ursprünglichen Verhältnisse in der Reihenfolge der Entwicklung der Segmente und Gliedmaassen von grosser Bedeutung für die Auffassung der Decapodenmetamorphose geworden ist, vor Allem den Untersuchungen von F. Müller (No. 141 und 142). Später hat Claus (No. 8) unsere Kenntniss besonders hinsichtlich der Protozoeaformen vervollständigt. Neuere Mittheilungen stammen von Brooks (No. 110), welcher sämmt- liche auf das erste Protozoeastadium folgende Stadien an gezüchteten Exemplaren aus einander hervorgehen sah. Eine Reihe von Larvenformen meist späterer Stadien beschreibt Spence Bäte unter Zugrundelegung der Notizen von Willemoes -Sühm (No. 100). Wie die Euphausiden, so verlässt auch Penaeus das Ei in der Ge- stalt eines echten Nauplius (Fig. 299 A). Der birnförmige, gestreckte Körper desselben entbehrt noch der Schalenduplicatur und läuft nach hinten in zwei lange Furcalborsten aus. Am vorderen Körperende be- merken wir das Naupliusauge. Die drei typisch entwickelten Nauplius- beinpaare sind noch ungegliedert und weisen einen Besatz von Ruder- borsten auf. Ein darauffolgendes Metanaupliusstadium ist im Habitus dem Nauplius noch sehr ähnlich, zeichnet sich vor letzterem aber schon durch das Erscheinen einer queren Integumentfalte am Rücken (Anlage des Rückenschildes) und zweier stummeiförmiger beborsteter Fortsätze am hinteren Körperende (Furcalfortsätze) aus. Dies Stadium ist dem Meta- nauplius von Lucifer (pag. 445, Fig. 295 B) sehr ähnlich. Wie dieses besitzt es eine mächtige, helmförmige Oberlippe. Während die drei Naupliusbeinpaare am Körper etwas mehr nach vorne gerückt erscheinen, sind hinter denselben vier Paare wulstförmiger Extremitätenanlagen auf- getreten. Von den Naupliusbeinpaaren weist das dritte eine wichtige Veränderung auf, insofern eine Verdickung seines Basaltheiles die An- lage des Kautheils der späteren Mandibel erkennen lässt, während sich aus den beiden Schwimmfussästen der lebende Inhalt zurückzieht, als Andeutung, dass diese Parthie bei der nächsten Häutung abgeworfen wird. Neben dem Auge ist schon jetzt das auch der Zoeareihe zu- kommende paarige Frontalorgan (vgl. Fig. 299 B) als vorspringendes Zäpfchen zu erkennen. Das nächste beobachtete Stadium ist eine Protozoea (Fig. 299 B) mit wohlentwickeltem, rundlichem Cephalothoraxschild, mit sieben Bein- paaren und ungegliedertem , in deutliche Furcalfortsätze auslaufendem Abdomen (ab). Die Antennen haben noch immer die Bedeutung von Bewegungwerkzeugen. Die vordere Antenne (1) zeigt einen Zerfall in vier Glieder. An der hinteren Antenne (2) ist ein dreigliedriger Endo- podit und ein vielgliedriger Exopodit zu unterscheiden. Die Oberlippe ist helmförmig und durch einen nach vorne ausgehenden Stachel aus- gezeichnet, der in ähnlicher Weise auch bei den Larven der Sergestiden wiederkehrt. Die Mandibeln sind nun tasterlose, bezahnte Kauladen. Die Maxillen stimmen in der Form mit den für Lucifer abgebildeten Crustaceen. 455 (Fig. 296 B und GT, p. 446) ziemlich überein. An den ersten Maxillen kann man zwei nach innen vorspringende Ladenfortsätze des Protopo- diten, einen mehrgliedrigen Endopoditen und einen blattförmigen, be- borsteten Exopoditen unterscheiden. Aehnlich ist der Bau der zweiten Maxille; nur kann man hier vier Ladenfortsätze des Protopoditen und einen etwas längeren Endopoditen bemerken. Die dahinter folgenden zwei (vorderen) Maxillarfusspaare (I, 11) zeigen sich als zweiästige Ruder- füsse entwickelt. An der Basis des dahinter folgenden Körperabschnittes (Thoracoabdominalabschnitt) ist schon durch quere Ringelung der Zerfall in sechs weitere Segmente [des dritten Maxillarfusspaares und der fünf Gang- beinpaare {111 — VIII)] zu erkennen. Erwähnenswerth ist die Lage der Afteröffnung, welche in diesem Sta- dium völlig endständig zwischen den beiden Furcalfortsätzen gelegen ist und erst später an die Ventralseite des Telsons rückt. Ferner kann man bereits das Vorhandensein von drei Paaren von Leberausstülpungen des Darmes bemerken. Das am Ende des mit dem Rückenschilde ver- wachsenen Leibesabschnittes gelegene Herz weist nur ein Spaltenpaar (?) auf. Am vorderen Rande des Cephalo- thorax sind die Anlagen des paari- gen Auges als Wülste zu erkennen, denen das Frontalorgan dicht anliegt. Späte reProtozoeaformen (Fig. 300,4), welche Claus (No. 8) beobachtete, lassen neben einer stärkeren Entwicklung des paarigen Auges, und dem Zerfall der Basis der I. Antenne (1) in fünf Glieder (welcher in ähnlicher Weise bei der Protozoea von Sergestes wiederkehrt) vor Allem die Entwicklung von fünf Abdominalsegmenten (ax) — (a5), welche noch unter der Larvencuticula versteckt liegen, erkennen. Das sechste Abdominalsegment dagegen ist noch mit dem Telson verschmol- zen. Von Extremitätenanlagen ist ausser den früher erwähnten nur die stummeiförmige Anlage des III. Maxillarfusspaares zu bemerken (III). Die hieraus hervorgehende Zoea (Fig. 300 B und C) ist durch die Entwicklung der beweglichen Stielaugen und eines zwischen diesen be- findlichen Stirnstachels, sowie durch das Hervorsprossen der Gliedmaassen des Thorax gekennzeichnet. Die Abdominalsegmente wachsen nun Fig". 299. Zwei Entwicklungsstadien von Penaeus (nach F. Müller, aus Laxg's Lehrbuch). A Nauplius, B Protozoeastadium. 1 , 2 erste und zweite Antenne, 3 Mandibel, 5 zweite Maxille, I, II erster und zweiter Maxillarfuss , (III — VIII) Anlagen des dritten bis achten Thorax- segmentes, ab Abdomen. 30 : 456 XV. Capitel. mächtig an, so dass sie bald die Segmente des Mittelleibes an Länge übertreffen. Das Kieferfusspaar des III. Paares ist nun schon als zwei- ästiger Stummel zu erkennen (Fig. 300 B, 111). Dahinter sind die An- lagen der Gangbeinpaare (IV— V 111) und als noch schwächer angedeutete Höcker die Extremitätenanlagen der fünf vorderen Abdominalsegmente («! — ab) zu erkennen. Es ergiebt sich hieraus, dass bei Penaeus die An- lagen der Extremitäten in ihrer Entwicklung die Reihenfolge von vorne nach hinten einhalten. Eine Ausnahme hievon macht das sechste Pleo- podenpaar, welches in diesem Stadium bereits als zweilappige Anlage (a6) Fig. 300. Spätere Larvenstadien von Penaeus (nach Claus ; aus Lang's Lehrbuch). A älteres Protozoeastadium, vom Rücken gesehen, B Thoracoabdominalabschnitt einer etwas älteren Larve mit Extremitätenanlagen , Ventralansicht; C Zoeastadium, Ventral ansieht; D Mysisstadium, Seitenansicht. 1, 2 erste und zweite Antenne, 3 Mandibel, 4, 5 erste und zweite Maxille, J, II, III erstes bis drittes Maxillarfusspaar , IV — VIII erstes bis fünftes Gangbeinpaar, (IV) — (VIII) viertes bis achtes Thoraxsegment, («j) — (a6) erstes bis sechstes Abdominal- segment, ax — «6 erstes bis sechstes Pleopodenpaar, ab Abdomen, en Endopodit, ex Exopodit, /* frontales Sinnesorgan, L Leber, t Telson. zu erkennen ist und demnach den übrigen Extremitätenanlagen des Ab- domens in der Entwicklung vorauseilt. Jenes kommt (als Seitentheile der Schwanzflosse) zur Entwicklung (Fig. 300 0, a6), während die kleinen Extremitätenanlagen an den fünf vorderen Abdominalsegmenten später unterdrückt erscheinen [Fig. 300 C, (ax)— (a6)]. An solchen späteren Zoeastadien erscheinen die fünf Glieder an der Basis der ersten An- Crustaceen. 457 tenne wieder geschwunden; die Anlagen der fünf Gangbeinpaare sind nun schon als zweizipflige Schläuche zu erkennen (IV— VIII). In der nun folgenden Mysisstufe (Fig. 300 D) haben die An- tennen die Bedeutung von Bewegungsorganen aufgegeben. Als solche fungiren von nun an die zweiästigen Brustfüsse. Der Cephalothorax tritt jetzt an Grösse gegenüber dem mächtig sich entwickelnden Abdomen, an welchem nun die noch fehlenden Pleopodenpaare zur Entwicklung kommen, beträchtlich zurück. An letzterem lässt sich vom 2.-5. Seg- mente eine Bewaffnung mit dorsalen Stacheln erkennen. Die vorderen Antennen (1) lassen einen dreigliedrigen Schaft und zwei noch un- gegliederte Geisseischläuche erkennen; erst in späteren Stadien gliedern sich die letzteren und es kommt zur Entwicklung von Riechfäden, sowie zur Bildung des in der Basis dieser Extremität gelegenen Gehörorgans. An dem zweiten Fühlerpaar (2) ist der Exopodit in eine borstenrandige Platte (Schuppe) umgewandelt, während der Endopodit in der Form eines langen Schlauches sich zur späteren Geissei umbildet. Die Oberlippe hat den Dornfortsatz verloren. An der Mandibel entwickelt sich der später zwei- gliedrige Taster. An den vorderen Maxillen wird der Endopodit zu einem kurzen Stummel rückgebildet, der Exopodit dagegen vollständig ab- geworfen. Letzterer wird an der zweiten Maxille zur umfangreichen Athem- platte umgebildet. Die Maxillarfüsse des I. Paares bilden sich ähnlich denen von Sergestes um, indem der Protopodit in eine umfängliche ladenförmige Platte ausläuft, während Endopodit und Exopodit erhalten bleiben und am Basalglied ein Kiemenschlauch hervorsprosst (vgl. pag. 388, Fig. 268 C). Die Kieferfüsse des zweiten und dritten (III) Paares sowie die fünf {IV — VIII) folgenden Thoraxbeinpaare stellen ansehnliche Spaltbeine mit umfangreichem Schwimmfussast (Exopodit) dar. Letzterer erfährt bei dem Uebergang der Mysisstufe in die Garne el- form (junge ausgebildete Form) eine Reduction, während die Antennen- geisseln sich gliedern und die schon in der Mysisstufe zur Entwicklung gekommenen Pleopodenpaare ihre volle Ausbildung erlangen. Das zweite und dritte Maxillarfusspaar bewahrt den Charakter eines Spaltfusses am vollständigsten bei. Die Maxillarfüsse des IL Paares zeigen einen knie- förmig umgebogenen Endopoditen, einen kleineren Exopoditen (Geissel- anhang) und Kiemen ; die des dritten Paares zeigen den Endopoditen als langgestreckten Gehfuss entwickelt, während auch hier der Exopodit als Geisselanhang persistirt. Die drei folgenden Beinpaare (L, IL, III. Gangbeinpaar) sind schon in der Mysisstufe mit rudimentären Scheeren versehen. Die verschiedenen aus dem Challenger-Material bekannt gewordenen Ent- wicklungsstadien von Penaeiden lassen sich leicht mit dem geschilderten Entwicklungsgange in Uebereinstimmung bringen. Doch zeigen sie vielfache Variationen, welche auf Art- und Gattungsunterschiede zurückzuführen sind und sich hauptsächlich auf die Stachelbewaffnung des Körpers (vor Allem des Abdomens) aber auch auf Verschiedenheiten in dem relativen Entwick- lungszustand der Extremitäten (der Thoraxbeine und der Pleopoden) beziehen. Als Larvenform muss wohl auch die merkwürdige Petein ura guber- nata angesehen werden, welche Sfence Bäte (No. 100) auf Grund gewisser Uebereinstimmungen mit Aristeus als vielleicht den Penaeiden zugehörig be- trachtet. Diese Form stimmt nahe mit der von Dohrx (No. 121) beschrie- benen Cerataspis longiremis überein, welcher sie sich hinsichtlich der Bewaffnung des Cephalothorax, der Gestalt der Beine und der excessiven 458 XV. Capitel. Entwicklung des Exopoditen des sechsten Pleopodenpaares anschliesst. Cera- t a s p i s wird von Boas und Claus als eine Larvenform betrachtet , wrelche nach dem durch Claus bekannt gewordenen Bau der Kiemen in die Verwandt- schaft der Penaeidengruppe zu stellen ist. Ueber die Metamorphose von Stenopus, welche sich an die von Pe- naeus anschliesst und Beziehungen zu den Sergestiden aufweist, sind wir durch Mittheilungen von Bkooks und Herrick (No. 111) unterrichtet. Die aus dem Eie schlüpfende Larve ist eine Protozoea mit sessilen Augen, als Ruder dienenden Antennen, einem tief gegabelten Telson, einem langen Rostrum und sämmtlichen Anhangspaaren bis zu dem ersten Thoraxbeinpaar (inclusive). Der hintere Körperabschnitt ist nur undeutlich segmentirt und entbehrt der Anhänge. Aus dieser Form entwickelt sich eine echte Zoea, welche die Charaktere der Carididen-Zoea (vgl. unten pag. 459) aufweist. Ein späteres Stadium ist besonders durch die enorme Verlängerung des fünften Gang- beinpaares ausgezeichnet , welches als hauptsächliches Locomotionsorgan der Larve fungirt und ein an Länge dem Körper gleichkommendes Ruder dar- stellt, Diese Extremität verschwindet im darauffolgenden Mastigopus- stadium bis auf ein kleines Rudiment, und ebenso wird das vorausgehende Extremitätenpaar (viertes Gangbeinpaar) rückgebildet, um später neu ent- wickelt zu werden. In dieser Hinsicht schliesst sich Stenopus an die ähn- lichen Verhältnisse der Sergestiden (vgl. oben pag. 453) an. C. Carididen. Bei den Carididen (Palaemoniae, Alpheinae, Crango- ninae etc.) ist die Metamorphose im Vergleiche zu Penaeus wesentlich abgekürzt. Wir finden hier niemals mehr ein freies Stadium der Nau- plius- und Protozoeareihe , welche in den Kreis der embryonalen Ent- wicklung einbezogen sind. Der Embryo verlässt das Ei in der Regel in der Form einer eigenthümlich gestalteten Zoea (Fig. 301), welche gewisse Charaktere aus dem Mysisstadium anticipirt und daher nach mancher Hinsicht bereits weiter entwickelt ist, als es der typischen Zoea zukommt. Als Typus mag eine von Claus (No. 113) beschriebene und auf Hippolyte bezogene Larve gelten. Wir können an derselben einen vorderen, cephalothoracalen und einen hinteren, abdominalen Ab- schnitt unterscheiden. Letzterer ist gestreckt und in sämmtliche, später zu unterscheidende Segmente zerfallen (doch ist bei den Zoeen verwandter Formen vielfach die Trennung des sechsten Abdominalsegmentes vom Telson anfangs noch undeutlich). Das Telson weist in der Regel nicht mehr die bei den Sergestiden und Penaeus zu beobachtende Gabelform (Furcalbildung) auf, sondern stellt eine breite Platte mit bedorntem Hinterrande dar; doch findet sich bei einzelnen Formen (z. B. bei Pontophilus nach G. 0. Sars Xo. 151) eine furcaähnliche Gabelung in zwei seitlich abstehende Flügel. Der Rückenschild trägt ein einfach gestaltetes, zugespitztes Rostrum und kurze Supraorbital- sowie An- tennalstacheln, entbehrt jedoch im Uebrigen stärker ausgebildeter Dorn- fortsätze. Dagegen findet sich bei vielen Larven dieser Gruppe ein stärker vortretender Rückenstachel auf dem zweiten Abdominalsegmente, sowie kleinere auf den drei folgenden Segmenten. Im Uebrigen unter- liegt die Dornbewaffnung dieses Körperabschnittes bei den hierher ge- hörigen Formen mannichfachen Variationen. Neben dem Naupliusauge tritt das paarige Auge in der Form kurzer, bereits abgesetzter Stielaugen hervor. Crustaceen. 459 An dem vorderen Körperabschnitte ist ausser den sieben der Zoea zukommenden Extremitätenpaaren auch das nächstfolgende Gliedmaassen- paar (III. Maxillarfusspaar Fig. 301 Mf") in der Form eines wohlausgebildeten zweiästigen Ruderfusses entwickelt. Die dahinter folgende Region der fünf den Gangbeinen zukommenden Segmente ist noch völlig unterdrückt und nur in nuce vorhanden. Die entsprechenden Segmente kommen erst in den späteren Stadien gleichzeitig mit den ihnen zukommenden Extremitätenanlagen deutlicher zur Ent- wicklung. Die Pleopoden fehlen noch vollständig. An der zweiten Antenne ist bereits die Umbildung des Exopodits in die Schuppe, des Endopodits in die Geissei der späteren Form zu erkennen, der Mandibulartaster fehlt, ebenso der bei Penaeus sich findende blattförmige An- hang (Exopodit) der ersten Maxille. Das Herz weist, wie dies für die Zoeaform die Regel ist, zwei Spaltenpaare auf, während das dritte Spaltenpaar erst in der Reihe der Mysisstadien zur Entwicklung kommt. Während in der Reihenfolge der Ausbildung der Körpersegmente durch die Unterdrückung der fünf Segmente des Mittelleibes eine scheinbare Unregel- mässigkeit gegeben ist, treten die Ex- tremitätenanlagen in der gesetzmässigen Reihenfolge von vorne nach hinten zu Tage. Eine Ausnahme hievon macht nur das sechste Pleopodenpaar, welches vielfach in der Entwicklung voraus- eilt. Im Bereiche der Gangbeine ist die Entwicklung eine allmähliche, von vorne nach hinten fortschreitende, wodurch ein Unterschied gegen- Fig. 301. Zoea von Hippo- lyte (nach Claus, aus Bälfour's Handbuch). Mx' erste, Mx" zweite Maxille. Mf, Mf", Mf" erster, zweiter und dritter Maxillarfuss. Fig. 302. A eitere Larve von Hippolyte, nach Ausbildung der Thoracal- anhäng-e (nach Clads, aus Bälfour's Handbuch). 460 xv- Capitel. über den Sergestiden und Penaeus gegeben erscheint, bei welchen sämmt- liche Gangbeinpaare gleichzeitig zur Entwicklung kommen. Im Einzelnen ergeben sich für die Entwicklung der Brustfüsse allerdings vielfache, bis- her zum Theil nur ungenügend erkannte Verschiedenheiten. Bei Hippolyte erscheinen die zwei ersten Gehfusspaare und das sechste Abdominalbeinpaar (Uropoden) gleichzeitig. In einem späteren Stadium (Fig. 302) entwickeln sich diese zu zweiästigen Anlagen, während die Knospen der drei hintersten Gangbeinpaare hervorsprossen. Bei Palaemon hat die aus dem Ei schlüpfende Larve bereits hinter dem dritten Maxillarfusspaare die Anlagen der drei folgenden Thoraxbeinpaare entwickelt (Bobbetzky). Bei Crangon besitzt die Larve beim Ausschlüpfen die knospenförmigen Anlagen der zwei vorderen Gangbeinpaare (Claus No. 113, Ehbenbaum No. 123) 1). Die Anlagen der drei hinten folgenden Paare werden sehr bald danach ent- wickelt. Die ausschlüpfende Larve von Palaemonetes vulgaris weist die Anlagen der beiden vorderen Thoraxbeinpaare auf, die dahinter folgenden sprossen einzeln in den darauffolgenden Stadien (W. Faxon) u. s. w. Erst nachdem die Thoraxgliedmaassen zur Entwicklung gekommen sind, werden die Pleopodenpaare als Knospen angelegt. Durch die Ent- wicklung der Thoraxbeinpaare zu spaltästigen Paiderfüssen wird die Larve allmählich in das Mysisstadium übergeführt, -welches für die einzelnen Formen verschiedenartig gestaltet erscheint, insofern die Entwicklung eines Aussenastes an einzelnen Thoraxbeinpaaren unterdrückt sein kann. So finden wir, dass bei Hippolyte, Caridina und Palaemonetes vulgaris das letzte Thoraxbeinpaar des Exopoditen entbehrt (ein Verhalten, welches vielleicht für die meisten Carididenlarven Geltung hat), während bei Cheraphilus und Pontophilus (nach G. 0. Sars No. 151) und bei der Süsswasserform von Palaemonetes varians die Anlage des Exopoditen an den drei letzten Thoraxbeinpaaren, bei Crangon vulgaris (nach Ehrenbaum und G. 0. Sars) und bei Sabinaea (nach Sars) dagegen an den vier letzten Thoraxbeinpaaren unterdrückt erscheint, so dass bei letzteren Formen eine offenbare Tendenz zu erkennen ist, das Mysisstadium in der Metamorphose zum Ausfall zu bringen. Die in diesen Verhältnissen zum Ausdruck kommende Tendenz zur Ver- einfachung des Entwicklungsganges hat in einzelnen Fällen zu einer viel aus- geprägteren Abkürzung der Metamorphose geführt. So zeigt der Embryo der hochnordischen Hippolyte polaris nach den Beobachtungen von Keöyee (No. 136) bereits die fünf Gangbeinpaare als einfache, gegliederte Anhänge, deren vorderstes Paar bereits die Scheerenanlagen erkennen lässt. Die fünf vorderen Abdominalbeinpaare waren auch schon als zweiästige An- lagen zu erkennen, während das sechste Paar noch fehlte. In ähnlicher Weise abgekürzt erscheint die Metamorphose von Sabinaea nach G. 0. Sabs (No. 151), deren jüngste aus dem Eie kommende Larve (die KBövEE'sche Myto Gaimardii) bereits die Anlage sämmtlicher fünf Gangbeinpaare und der fünf vorderen schon zweiästigen Pleopodenpaare aufweist. Von den Gangbeinpaaren trägt nur das vorderste einen Exopoditen, während das zweite einästig und sehr klein ist. Bei S cl er o crangon boreas, dessen Eier x) Dagegen soll nach G. ü. Sars (No. 151) bei Crangon vulgaris, wie auch bei Cheraphilus und Pontophilus zunächst nur die Knospe des ersten Gangbein- paares vorhanden ' sein , während die vier übrigen Paare im nächsten Stadium gleich- zeitig auftreten. Crustaceen. 4(31 sich durch besondere Grösse auszeichnen, scheint die Metamorphose völlig in Ausfall gekommen zu sein (Sp. Bäte No. 100, G. 0. Saes No. 151). Das Gleiche ist bei den Tiefseeformen Cryptocheles und Bythocaris der Fall (G. 0. Saes No. 151). Von den im Süsswasser lebenden Carididen zeigen manche (z. B. Cari- dina Desmarestii) gegenüber den marinen Verwandten keine Abkürzung der Metamorphose, während eine solche bei Palaemon Potiuna (nach F. Müllee No. 143) und bei Palaemonetes varians (nach P. Mayee No. 138) deutlich zu erkennen ist. Palaemon Potiuna verlässt das Ei in einem Entwicklungsstadium , welches dem von Hippolyte polaris sehr ähnlich ist und sich von demselben nur durch die stummeiförmige Beschaffenheit der Mundtheile (entsprechend der unterdrückten Nahrungsaufnahme, und durch das Vorhandensein der Kiemenanlagen unterscheidet. Die in den südlichen Theilen Europas im Süsswasser vorkommende Varie- tät von Palaemonetes varians schlüpft nach P. Mayee in einem vor- gerückten , den Uebergang zum Mysisstadium darstellenden Zoeastadium aus dem Eie, welches sämmtliche Extremitäten mit Ausnahme des letzten Pleo- podenpaares besitzt. Von den Gangbeinpaaren weisen die beiden vorderen bereits die Anlage der Scheeren auf und sind mit einem Exopoditen ver- sehen; letzterer fehlt an den drei folgenden Gangbeinpaaren. Die Kiemen (Pleurobranchien) sind an sämmtlichen Beinpaaren wohl entwickelt. Die Ab- dominalbeine sind als zweiästige Knospen vorhanden. Das Telson zeigt Ge- stalt und Bewaffnung, wie sie bei den Zoeen der Carididen sich findet, und ist von dem sechsten Abdominalsegment noch nicht scharf abgesetzt. Dem- gegenüber ist es von Interesse, dass die im nördlichen Europa im Meere an den Küsten (aber auch im Brack- und Süsswasser) vorkommende Varietät von Palaemonetes varians eine viel geringere Abkürzung der Metamor- phose aufweist. Nach Boas (No. 105) sind die aus dem Ei kommenden Zoeen dieser Form nur mit ungegliederten Stummeln der Gangbeinpaare ver- sehen, während die Extremitäten des Abdomens vollständig fehlen. Bei sämmtlichen Formen mit abgekürzter Entwicklung sind die Eier beträchtlich grösser; die Anzahl der von dem Weibchen producirten Eier ist dagegen verringert. Die Jungen werden mit reichlicher Nahrungsdottermasse versehen geboren , auf deren Kosten sie sich weiter entwickeln. Dement- sprechend sind die Mundtheile der sonst so hoch entwickelten Larven in einem mehr rudimentären Zustande. In ähnlicher Weise findet sich nach Heeeick (No. 133) und Pakaed (No. 144) bei zwei AI pheus arten eine Abkürzung der Metamorphose. Während die übrigen Alpheusarten eine von den übrigen Carididen nicht ab- weichende Metamorphose zeigen, ist letztere bei Alpheus heterochelis abge- kürzt und bei dem in Spongien lebenden Alpheus praecox fast vollständig verloren gegangen. Amphion. Im Anschlüsse an die Carididen mag Amphion erwähnt werden, eine Form, deren Stellung noch sehr zweifelhaft ist. Amphion schliesst sich nach der Gestalt seiner Zoealarve und durch den Besitz von Kiemenrudimenten , welche den Charakter der Phyllobranchien tragen (Sp. Bäte No. 100), an die Carididen an. Die ältesten bekannt gewordenen Stadien von Amphion scheinen — wie aus der mangelhaften Gliederung der Antennen hervorgeht — noch nicht die volle Ausbildung erlangt zu haben und müssen wahrscheinlich noch als Larven in Anspruch genommen werden (Claus No. 8), wenngleich Dohex (No. 120) und Wieeemoes-Suhm sie auf Grund des Befundes von Geschlechtsanlagen (?) im Inneren als ausgebildete Formen zu betrachten geneigt waren. Der langgestreckte Körper wird durch 462 XV. Capitel. sechs Spaltfusspaare bewegt , welche dein zweiten und dritten Maxillarfuss- paar und den vier darauffolgenden Thoraxbeinpaaren entsprechen, während das letzte Thoraxbeinpaar nur in rudimentärer Form vorliegt. In der Gestalt dieser Spaltbeine, sowie durch das Vorhandensein verästelter Leberschläuche in den vorderen Parthien des Cephalothorax nähert sich A m p h i o n auf- fallend den Pbyllosomen, und thatsächlich hat Boas (No. 103) in ihm die Larve der den Loricaten verwandten Gattung Polycheles vermutbet. Die jüngsten bekannt gewordenen Stadien von Amphion sind Zoeen, welche im Habitus den Carididen-Zoeen gleichen. Als Locomotionsorgane dienen vor Allem der zweite und dritte Maxillarfuss , welche als spaltästige Ruderbeine entwickelt sind, während das erste Maxillarfusspaar bereits zum Munde heran- gezogen erscheint. Das Abdomen endet mit einer ovalen Telsonplatte ; die Pleopoden fehlen ; doch kommt das sechste Pleopodenpaar sehr bald zur Ent- wicklung. Andere mit Amphion nahe verwandte Formen werden von Willemoes- Suhm erwähnt und die Aehnlichkeit der Körperform mit der von Sergestes hervorgehoben. Diese Formen werden als Amphiones bezeichnet. D. Astacidae. In der Familie der Astacidae macht sich eine noch weitergehende Abkürzung der Metamorphose geltend, als dies bei den meisten Carididen der Fall ist. Hier findet sich kein freies Zoeastadium mehr. Bei Ho- marus, dessen Metamorphose durch Kröyer (No. 136), G. 0. Sars (No. 148), Sidney J. Smith (No. 153) und Ryder (No. 147) bekannt geworden ist, ist das erste aus dem Eie kommende Stadium (Fig. 303) ein Mysisstadium, welches sich mittelst der als kräftige Ruder- äste entwickelten Exopoditen des III. Maxillarfusspaares und der fünf Gangbeinpaare (mfm—pY) umher- bewegt. Der Rückenschild geht nach vorne in ein einfaches Rostrum und einen Zahn unter dem Auge aus; das Abdomen ist durch die Bewaff- nung seiner Segmente mit dorsalen und lateralen Dornen ausgezeichnet, entbehrt jedoch der Beinanlagen. Das Telson ist eine hinten ausge- buchtete und bezahnte, trianguläre Platte. Die ersten Antennen (a) sind noch ungegliedert, die zweiten (a") zweiästig, mit einem zu einer Schuppe umgebildeten Exopoditen und einem schlankeren Endopoditen (Anlage der Geissei). Die Mandibeln tragen einen dreigliedrigen Taster, an der ersten Maxille fehlt ein Exopodit. Die zweiten Maxillen, sowie die Maxillarfüsse sind im Wesentlichen der ausgebildeten Form schon ähnlich , nur noch in mancher Hinsicht etwas rudimentär. Die Endopoditen der drei vordersten Gangbeinpaare endigen bereits mit einer Scheerenanlage. Im nächstfolgenden Stadium erscheinen die Extremitätenknospen an dem zweiten bis fünften Abdominalsegment. An den ersten Antennen Fig. 303. Eben ausgeschlüpfte Larve des amerikanischen Hummers (nach Smith). «' erste, a" zweite Antenne, mf" dritter Maxillarfuss, pl—pv erstes bis füuftes Gang- beinpaar. Crustaceen. 463 ist die Gliederung der Hauptgeissel und die Anlage der Nebengeissel zu erkennen. Die drei vordersten Gangbeinpaare haben sieh vergrössert und die Scheerenanlage deutlicher zur Entwicklung gebracht. Im dritten Larvenstadium gehen die Schizopodencharaktere allmäh- lich verloren, während die definitiven Bildlingsverhältnisse erreicht werden. Die Exopoditen des dritten Maxillarfusspaares, sowie der fünf Gangbein- paare werden nun rückgebildet, während die Extremität des sechsten Abdominalsegmentes zur Ausbildung gelangt. Die Dornen der Ab- dominalsegmente erscheinen nun kleiner. Im nächsten Stadium sind die Schizopodencharaktere vollständig verloren gegangen. Die Exopoditen der Gangbeine sind bis auf Rudi- mente verschwunden. Die Larve gleicht im Wesentlichen der aus- gebildeten Form, hat jedoch noch die pelagische Lebensweise beibehalten und schwimmt mittelst der Abdominalfüsse umher. Erst in späteren Fig. 304. Späteres Mysrsstadium von Nephrops norvegicus (nach Sars). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, mf" dritter Maxillarfuss, p1 — p^ erstes bis fünftes Gangbein, pl2 Pleopodenpaar des zweiten Abdominalsegments, pln Pleopodenpaar des fünften Abdominalsegments, r Rostrum. Jugendformen, welche bereits auf den Grund gesunken sind, macht sich die Asymmetrie der Scheeren bemerkbar, während gleichzeitig das an- fangs für beide Geschlechter gleichgebildete erste Abdominalbeinpaar auf- tritt. In einem noch späteren Stadium entwickeln sich die sexuellen Differenzen. Die Metamorphose von Nephrops norvegicus, aus welcher ein ein- zelnes Stadium schon seit Langem durch Claus (No. 113) bekannt war und welche neuerdings durch G. 0. Sars (No. 149) in ihrem ganzen Verlaufe be- schrieben wurde, stimmt bis auf sämmtliche Einzelheiten mit der von Homarus überein. Hier wie dort können wir die oben beschriebenen vier Entwicklungs- stufen , die sich in beiden Fällen in gleicher Weise charakterisiren, unter- scheiden. Dagegen weist die Larve von Nephrops (Fig. 304) einen durch die Bewaffnung des Abdomens gekennzeichneten eigenartigen Habitus auf. Wir finden hier am dritten Abdominalsegment einen kleinen, am vierten und fünften je einen grossen unpaaren Rückendorn, während das sechste Abdominal- segment ein Paar nach hinten divergirender langer Stacheln aufweist. Das Telson , welches im ersten und zweiten Stadium vom sechsten Abdominal- segment sich nicht scharf absetzt, läuft in zwei ungeheuere, geschwungene und bedornte Fortsätze aus, welche noch im dritten Stadium neben den Seiten- 464 xv- Capitel. platten des Schwanzfächers (sechstes Pleopodenpaar) sich erhalten und erst im vierten Stadium verschwinden , in welchem das Telson zur Mittelplatte des Schwanzfächers umgebildet erscheint. Die Jungen von Astacus unterscheiden sich, wenn sie aus dem Eie schlüpfen, nur in unwesentlichen Merkmalen von der ausgebildeten Form. Entsprechend der Menge des vorhandenen Nahrungsdotters ist der Cephalo- thorax aufgetrieben und das Rostrum zwischen den Augen nach unten ge- krümmt. Das erste Abdominalbeinpaar ist noch unentwickelt. Ebenso sind die Pleopoden des sechsten Segmentes noch nicht zur freien Entfaltung gekommen. Das Telson weist eine eigenthümliche, ovale« Gestalt auf. Im Uebrigen stimmen die Jungen von Astacus, welche noch eine Zeit lang an den Abdominalan- hängen der Mutter anhängen und von der Mutter beschützt werden, voll- kommen mit der ausgebildeten Form überein. Die Metamorphose ist hier, wie bei so vielen Süsswasserthieren, völlig in Ausfall gekommen. Ganz ähnlich gestaltet sind auch die durch W. Faxon (No. 127) be- kannt gewordenen Jungen von Cambarus, welche ebenso wie die von Astacus nach gewisser Hinsicht an die Gruppe der Parastacidae erinnern. Das erste und sechste Pleopodenpaar fehlen noch; ebenso ist die quere Abglie- derung im Bereich der Telsonplatte noch nicht entwickelt, Letztere zeigt zum Unterschiede von Astacus an dem Rande keinen Borstenbesatz. Die Entwicklung scheint noch mehr abgekürzt als bei Astacus, insofern der Schwanzfächer sehr bald zur vollständigen Ausbildung gelangt. E. Loricaten. Die Larven der Loricaten schlüpfen in einer Form ans dem Eie, welche seit Langem als Phyllosoma bekannt war und früher als selbstständiges Genus theils zu den Stomatopodeu bezogen wurde, theils den Decapoden zugerechnet wurde. Die Zugehörigkeit dieser Form in den Entwicklungskreis der Loricaten wurde durch die Züchtungsversuche von Couch (No. 116) wahrscheinlich, welcher aus den Eiern von Pali- nurus Larven erzielte, die schon Gerstäcker als junge Phyllosomen in Anspruch nahm. Zu dem gleichen Resultate kamen fast gleichzeitig Coste und Gerbe. In ausführlicherer Weise wurde die Embryonal- entwicklung von Scyllarus und Palinurus, sowie der Uebergang in das junge Phyilosoma durch Dohrn (No. 119) bekannt, während die Meta- morphose der Phyllosomen hauptsächlich durch Claus (No. 91 u. No. 8) und Richters (No. 146) festgestellt wurde. Neuerdings sind verschiedene Phyllosomen durch Spence Bäte (No. 100) beschrieben worden. Wir müssen das Phyllosoma (Fig. 307 und 308) als ein eigen- thümlich gestaltetes Mysisstadium bezeichnen. Die Loricaten verlassen demnach in demselben Stadium das Ei, in welchem viele Astaciden aus- zuschlüpfen pflegen. Die blattförmig flachgedrückte Körperform und die geringe Entwicklung des Abdomens muss als eine Anpassung an die schwimmende und treibende Lebensweise in den bewegten Strömungen der hohen See aufgefasst werden, während andererseits in der Selbstständigkeit des Thorax und dem Vorhandensein von Furcalfortsätzen des Telsons anscheinend ursprüngliche Charaktere erhalten sind. Andere Merkmale jedoch lassen sich nur durch Rückbildungserscheinungen erklären, wie solche durch den Vergleich mit den Embryonalstadien kenntlich werden. Die Embryonen von Scyllarus, deren Entwicklung durch Dohrn (No. 119) bekannt geworden ist, durchlaufen ein Naupliusstadium, welches Crustaceen. 465 im Allgemeinen dem oben (pag. 356) für Astacus beschriebenen ähnlich ist, und sich durch die Abscheidung einer Larvenhaut (Naupliuscuticula) markirt. Auch das spätere beobachtete Stadium ist dem entsprechenden von Astacus insofern ähnlich, als ein nun producirter hinterer Körper- abschnitt (Thoracoabdominalabschnitt) gegen die Ventralseite eingeschlagen erscheint. Der vordere dem Dotter aufgelagerte Körperabschnitt trägt die beiden Antennenpaare und die Mundwerkzeuge bis einschliesslich dem I. Maxillarfusspaare. An dem umgeschlagenen Thoracoabdominalabschnitt finden sich das zweite und dritte Maxillarfusspaar, sowie die Anlagen der drei vorderen Gangbeinpaare. Hinter dem letzten Paar dieser Anlagen folgt ein ungegliederter Endabschnitt in Form einer quadratischen Platte. Die meisten Anhänge zeigen noch ziemlich embryonales Gepräge, doch ist zu erwähnen, dass die drei vordersten Extremitätenpaare des thoraco- abdominalen Abschnittes (IL u. III. Maxillarfusspaar und I. Gangbeinpaar) aus einer zweiästigen Anlage bestehen, während die beiden folgenden Paare (IL und III. Gangbeinpaar) noch ungespaltene wulstförmige Aus- wüchse darstellen. In einem etwas späteren Stadium zeigen die IL Antennen, welche an Länge denen des ersten Paares nicht viel nachstehen, in ihrem basalen Antheil die Anlage der Antennendrüse. Die Mandibeln, denen die Taster- anlage fehlt, erscheinen an ihrem Ende schwach zweilappig, die I. Maxillen sind zweilappig ; ebenso zeigen die des zweiten Paares durch Einbuchtung an ihrem Innenrande einen Zerfall in drei Lappen. Auch das erste Maxillarfusspaar, welches im früheren Stadium ein einfacher Stummel war, ist nun zu einer kurzen zweilappigen Anlage ausgewachsen. Dagegen sind jetzt die Exopoditen des zweiten und dritten Kieferfuss- paares rudimentär geworden, während das IL und III. Gangbeinpaar deutlich spaltästig erscheinen. Weiter nach hinten folgen die ganz kleinen stummeiförmigen Anlagen des IV. und V. Gangbeinpaares. Eine ganz ähnliche Gliederung zeigen Palinurus-Embryonen spä- terer Stadien (Fig. 305). Die vorderen Antennen (a') sind einfach und un- gegliedert, während die etwas längeren zweiten Antennen (a") die Anlage eines Seitenastes aufweisen. Die ersten Maxillen (mx) zeigen eine dreilappige, die zweiten Maxillen (mx") eine zweilappige Form. An den beiden vorderen Kieferfusspaaren (mf, w*/'"), sowie am dritten Gangbeinpaar (t'") ist der Exopodit rudimentär; dagegen sind der dritte Maxillarfuss (wif'") und das erste und zweite Gangbeinpaar (t', t") mit grösseren Exopoditen versehen. Der hintere, gegliederte Körperabschnitt enthält die Segmente des vierten und fünften Gangbeinpaares (t4, t'°), sowie die Abdominalsegmente (1 — 6) und endet mit einem in Furcalanhänge gespaltenen Telson. Die spätesten Stadien des embryonalen Lebens zeigen schon deut- lich die Leibesgliederung des späteren Phyllosomas. Der Körper zerfällt in drei Abschnitte, von denen der verbreiterte vordere noch durch ein- gelagerte Dottermassen aufgetrieben erscheint und die Antennen sowie die Mandibeln und Maxillen trägt. Dahinter folgt ein noch wenig ver- breiterter Körperabschnitt, welcher aus den Segmenten der Kieferfuss- paare und Gangbeinpaare besteht, während hinten sich ein kurzes, schmales Abdomen anschliesst. Bevor das Phyllosoma die Embryonal- hüllen verlässt, machen sich gewisse Reductionsvorgänge (vgl. Fig. 306) an dem Embryonalleibe bemerkbar. Die Antennen des zweiten Paares (a") werden zu einfachen, unverästelten Schläuchen umgebildet. Die 466 XV. Capitel. zweite Maxille (mx") wird zu einem kleinen ungegliederten Stummel. Das erste Kieferfusspaar geht bei Scyllarus vollständig verloren, während es bei Palinurus in der Form einer ganz rückgebildeten Anlage sich erhält. Ebenso werden die Exopoditen des zweiten und dritten Kiefer- fusspaares (mf", mf") schon im früheren Stadium rückgebildet. Ferner werden die Segmente des vierten und fünften Gangbeinpaares undeutlich, wie denn auch am Abdomen die Segmentirung weniger deutlich wird. An diese ältesten Embryonalstadien schliessen sich die jüngsten ausgeschlüpften Phyllosomen (Fig. 306 u. 307) sehr innig an. Der glashell durchsichtige Körper ist nun völlig blattförmig verflacht und zerfällt in die drei ebengenannten Körperabschnitte. Der vorderste der- selben (Kopfabschnitt), welcher meist einen ellipsoidischen oder ovalen Umriss aufweist, trägt an seinem vorderen Ende die beiden Fühler- paare und die gestielten Augen, während das Naupliusauge (oc) dem Gehirn dicht aufsitzt. An der Unter- seite findet sich ziemlich in der Mitte der von den Mandibeln und ersten Marillen umstellte Mund; die reducirten zweiten Maxillen (mx' ) sind weiter nach hinten abgerückt. Von den I. Maxillarfüssen findet sich bei den Scyllarusphyllosomen (Fig. 306) keine Spur, bei Palinurus nur völlig rudimentäre Höcker. Der nach hinten folgende Thoraxabschnitt (vgl. Fig. 307 und 308) hat ungefähr die Gestalt einer verbreiterten Scheibe und trägt die Maxillarfüsse und Gangbeinpaare. Von diesen sind bei den jüngsten Scyllarusphyllosomen (Fig. 306) die beiden vordersten Paare (IL und III. Maxillarfusspaar) einästig und fünfgliedrig, während die drei vor- dersten Gangbeinpaare aus sechs Gliedern bestehen und einen Aussen- ast tragen. Die Anlagen des IV. und V. Gangbeinpaares sind sammt den ihnen zugehörigen Segmenten fast völlig verschwunden. Dagegen tragen bei den jüngsten Palinurus- phyllosomen (Fig. 307) die III. Ma- xillarfüsse einen Aussenast, und ist auch das fünfte nur als Knospe zu Fig. 305. Aelterer Embryo von Palinurus q u a d r i c o r n i s mit zurück- geschlagenem Thoracoabdominalabschnitt (nach Claus). a After, a' erste Antenne, a" zweite Antenne, w«?Mandibel, mf, mf" , mf" erster, zweiter, dritter Maxillarfuss, mx', mx" erste, zweite Maxille, oc Naupliusauge, ol Ober- lippe, p Paragnathen, t', t" , t'" erstes, zweites, drittes Gangbein, t*, th Segment des vierten und fünften Gangbeinpaares, x — x Grenzlinie des Cephalothorax, 1, 2, 3 — 6 erstes, zweites, drittes bis sechstes Abdominalseffment. das vierte Gangbeiupaar , sowie bemerken. Der thoracale Körperabschnitt ist dem vorderen cephalischen Ab- schnitt ursprünglich hinten angefügt. Später wird er jedoch von dem letzteren dorsalwärts überwachsen. Es bildet sich hiebei die dorsale Fläche des vorderen Abschnittes zum Kückenschilde aus, während aus dem hinteren Abschnitte hauptsächlich das „Plastron sternal" gebildet wird. Crustaceen. 467 Das Abdomen ist ein kurzer, undeutlich segraentirter , völlig rudi- mentärer Anhang, welcher mit zwei zipfelförmigen Furcalfortsätzen endigt. Zwischen diesen, am hinteren Körperende gelegen, findet sich die After- öffnung, welche erst secundär durch Verwachsung der Basaltheile der Furcalfortsätze eine ventrale Lagerung einnimmt. Es erinnert dies an die für Penaeus (pag. 455) und Astacus (pag. 357) erwähnte Lagever- schiebung des Afters und zeigt, dass die Phyllosomen in Hinsicht auf Fig. 306. Junges Scyllarusphvllosoma (nach Claus). Von den Beinpaaren sind z. Th. nur die Basalglieder eingezeichnet. a! erste Antenne, a" zweite Antenne, d Antennendrüse, g Gehirn, l Leberanhänge des Darmcanals, md Mandibel, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, mf" zweiter Maxillarfuss, mf" dritter Maxillarfuss, n Bauchganglienkette, oe Naupliusauge, ol Ober- lippe, p', p", p'" erstes, zweites, drittes Gangbein. die Ausbildung des hinteren Körperendes Verhältnisse bewahrt haben, welche eigentlich einem früheren Larvenstadium (Protozoea von Penaeus) eigenthümlich sind. Die Metamorphose der Phyllosomen besteht in dem Auf- treten (respective Wiederauftreten) der noch fehlenden Körpersegmente 468 XV. Capitel. und Extremitätenpaare, und in einer Umbildung der schon vorhandenen, wodurch sie der definitiven Form sich nähern. Die erste Antenne wird gegliedert und gewinnt die Anlage der Nebengeissel (Fig. 308), sowie der Riechfäden der Hauptgeissel und des Gehörorgans im Basalgliede. Auch die zweite Antenne (Fig. 308) gliedert sich und zeigt bei den Scyllarusphyllosomen bereits die Andeutung der für die ausgebildete Form typischen lamellösen Gestaltung. An den Mandibeln kommt ein anfangs einfacher, später dreigliedriger Taster zur Ausbildung. Die Maxillen nähern sich der ausgebildeten Form. Das erste Maxillarfuss- paar und das IV. und V. Gangbeinpaar kom- men nun zur Entwick- lung, während das vor- letzte Gangbeinpaar, so- wie das zweite Maxillar- fusspaar zu mächtigerer Entfaltung gelangen. An den Basalgliedern der Kieferfüsse und Gang- beinpaare sprossen nun die Kiemenanlagen her- vor. Das Abdomen wird deutlich seginentirt, und es kommen an demselben die 6 Pleopodenpaare zur Ausbildung, von denen das letzte an der Bildung des Schwanz- fächers participirt. Von inneren Organen ist die zurAusbildung derLeber- schläuche (l) führende Divertikelbildung am Mitteldarm zu erwähnen, welche bei den Scyllarusphyllosomen (Fig. 306) durch Ausbildung dreier Paare von Blindsäcken eingeleitet wird, von denen das mittlere bald secundäre Ramificationen eingeht. Dagegen weisen die Palinurusphyllosomen von Anfang an (Fig. 307) eine reichere Verästelung der sog. Leberschläuche auf. Die Kreislaufsorgane tragen, wie Gegenbaur nachwies, bereits den typischen Decapodencharacter. Wir finden ein mit drei Spaltenpaaren versehenes Herz, von welchem die arteriellen Blutbahnen in der für die Decapoden charakteristischen Form ausgehen (vgl. Claus No. 6). Die Umwandlung der Phyllosomen in das jüngste Stadium der aus- gebildeten Form, welches erheblich kleiner ist als die ältesten Phylloso- men, ist bisher noch nicht direct beobachtet. Die Palinurusphyllosomen lassen sich von den Scyllarusphyllosomen durch gewisse, zum Theil oben erwähnte Merkmale unterscheiden. In erster Linie sind hier zu erwähnen die zweiten Antennen , welche bei Palinurus die des ersten Paares an Länge übertreffen , bei den lamellicornen Formen dagegen von Anfang an kleiner sind und in späteren Stadien die lamellöse Umbildung erkennen lassen. Ferner ist für die Palinurusphyllosomen charakteristisch das Vorhandensein eines Rudiments des ersten Maxillarfusspaares , und die Fig. 307. Junges Phyllosomastadium von Pali- nurus kurz nach dem Ausschlüpfen (nach Claus, aus Lang 's Lehrbuch). ad Abdomen, L Leber, 77 — 777 zweites und drittes Maxillarfusspaar , IV — VI erstes bis drittes späteres Gangbeinpaar. Crustaceen. 469 vorgeschrittene Ausbildung der Maxillarfüsse und Gangbeine in dem jüngsten aus dem Eie kommenden Stadium. Wenn es so nicht schwer ist, die Pali- nurusphyllosomen von den übrigen zu trennen, so sind die zahlreichen übrigen Phyllosomen, welche zum Theil sehr merkwürdige Formen aufweisen, nur mit Unsicherheit und vermuthungsweise auf die einzelnen Genera der lamellicornen Loricaten (Scyllarus, Thenus, Ibacus, Paribacus etc.) bezogen worden (vgl. Richtees No. 146). Unter letzteren ist ein vermuthlich zu Ibacus ge- höriges Phyllosoraa von Haswell (No. 131) beschrieben worden. Haswell stellt dasselbe als ein weiteres Entwicklungsstadium von Phyllosoma Du- perreyi Guerin dar, welches der Milne-Edwaeds' sehen Gruppe der Lati- Fig'. 308. Aelteres Phyllosomastadinm von Palinurus (nach Claus). I Leberschlänche des Darmcanals, mf" zweiter Maxillarfuss, mf" dritter Maxillar- fuss, px, p2, pz, p*, p* erstes bis fünftes Gangbeinpaar. caudes zugehört, deren Abdomen mit breiter Wurzel als directe Verlängerung des Thorax aus demselben entspringt. Dagegen hat Richtees vermuthungs- weise die Brevicaudes zu Ibacus und Paribacus bezogen. Fossile Phyllosomen sind aus den Solenhofener Schiefern bekannt geworden. F. Thalassiniden. Die Larven der Thalassiniden (Gebia, Calocaris, Callia- nassa, Calliaxis), deren Kenntniss wir den Mittheilnngen von G. 0. Sars (No. 149) und Claus (No. 6, 7 u. 8) verdanken, schliessen Korschelt-Heider, Lehrtuch. 31 470 XV. Capitel. sieh in der Körperform durch den Besitz eines langen Stirnstachels, sowie durch die (bei Gebia allerdings fehlende) eigentümliche Bewaff- nung des Abdomens (ein längerer Rückenstachel am zweiten Abdominal- segment, kürzere an den drei folgenden Segmenten) den Carididenlarven an. Durch andere Merkmale jedoch wird ihre Metamorphose von besonderem Interesse, insoferne ein vollständiger Uebergang zur Entwicklungsweise der Anomuren und Brachyuren gegeben ist. Das jüngste Larvenstadium von Gebia (Fig. 309 Ä) ist eine Zoea, welche sich von den Zoöen der übrigen Macruren vor Allem dadurch unterscheidet, dass hier nur die zwei vorderen Kieferfusspaare (mf, mf") als zweiästige Ruderfüsse zur Function gekommen sind, während das dritte Kieferfusspaar, sowie die vier folgenden Gangbeinpaare als unbe- borstete, ventral wärts eingeschlagene Anlagen vorhanden sind, von denen die vier vorderen Paare zweiästig sind, das hinterste Paar aber noch einfach ist. Das fünfte Gangbein- paar sowie die Pleopodenpaare feh- len noch vollkommen. Das Telson, welches von dem sechsten Abdomi- nalsegmente noch nicht abgetrennt erscheint, stellt eine spateiförmige, am hinteren Rande etwas eingebuch- tete und mit Borsten besetzte Platte dar. Die noch unbeweglichen paari- gen Augen erinnern an die der Anomurenlarven , insoferne durch eine Verlängerung der Krystallkegel des hinteren Abschnittes ein nach hinten prominirender Vorsprung ge- bildet erscheint. Die hieraus unter Vermittlung eines Uebergangsstadiums sich ent- wickelnde M y s i s f o r m (Fig. 309 B) hat das fünfte Gangbeinpaar, sowie die Pleopodenanlagen mit Ausnahme der des ersten Abdominalsegmentes zur Entwicklung gebracht. An dem III. Maxillarfusspaare, sowie an den drei vorderen Gangbeinpaaren (mf" bisp"') sind die Exopoditen beborstet und functioniren als Ruderfüsse. Dagegen zeigen die Endopoditen dieser Gliedmassen noch völlig embryonalen Habitus; sie sind ungegliedert und entbehren des Borstenbesatzes. Das Telson, welches nun zu einer läng- lich viereckigen Platte umgebildet ist, weist an seinem hinteren Rande einen kleinen unpaaren Stachel und sieben längere an jeder Seite auf. Die Seitengliedmaassen des Schwanzfächers sind bereits ziemlich ent- wickelt. In späteren Stadien gelangen die Endopoditen der Gangbeine zu mächtigerer Entfaltung und machen sich am I. Gangbeinpaare die Scheerenanlagen bemerkbar, während die Exopoditen allmählich rück- gebildet werden. Fig. 309. Zwei Larvenstadien von Gebia littoralis (nach G. O. Saks). ^Zoeastadium(Dorsalansicht), -ßMysis- stadium (Seitenansicht). «' erste Antenne, a" zweite Antenne, a2 — «6 Extremitätenanlagen des zweiten bis sechsten Abdominalsegmentes, mf, mf", mf" erstes, zweites, drittes Maxillarfuss- paar, pl- py erstes bis fünftes Gangbein- paar, oc Naupliusauge. Crustaceen. 47 \ Die Uebereinstimmung in der Metamorphose von Gebia mit der der Anomuren findet sich in der Form der paarigen Augen, des Telsons, der spalt- ästigen Kieferfüsse und vor Allem in dem Verhalten des dritten Maxillar- fusspaares, welches erst im Mysisstadium als Ruderfuss, aber mit noch völlig rudimentärem Endopoditen zur Verwendung kommt. Während in dieser Hin- sicht die Larve von Calliaxis mit der Zoea von Gebia übereinstimmt, nähern sich die Zoeen von Callianassa und Calocaris denen der Cari- diden, insoferne hier sämmtliche drei Maxillarfusspaare als zweiästige Ruder- füsse functioniren. Gegenüber den Zügen, welche die Metamorphose der Thalassiniden mit der der Anomuren und Brachyuren verbinden, ist auf die deutliche Ausbil- dung des Mysisstadiums hinzuweisen ; letzteres , für die Metamorphose der Macruren charakteristisch, ist - wie wir sehen werden — in der Entwick- lungsreihe der Anomuren und Brachyuren unterdrückt . Die Zoea der merkwürdigen Tiefseeform Calocaris Macandreae ist, wie die der übrigen Formen, mit wohlentwickelten, paarigen Augen ver- sehen. Erst nach dem Mysisstadium vollzieht sich die für die ausgebildete Form charakteristische Rückbildung dieses Organs (G. 0. Saks No. 149). Die durch Claus (No. 6, 7) bekannt gewordene Calliaxislarve ist durch eine merkwürdige halsförmige Verlängerung des Kopfabschnittes aus- gezeichnet, durch welche sich eine gewisse Aehnlichkeit mitLucifer heraus- stellt. Charakteristisch für diese Larvenform, welche von G. Brook (No. 107) als Trachelifer bezeichnet wurde, ist die Verlängerung des Telsons in zwei flügeiförmige, hinten bedornte Lappen. G. Anomuren. Die Gruppe der Anomuren weist hinsichtlich ihrer Metamorphose ziemlich einheitliche Verhältnisse auf, an welchen in mancher Hinsicht eine Uebereinstimmung mit den Brachyuren zu erkennen ist. In den meisten Fällen ist die jüngste aus dem Ei kommende Larve eine Zoea (Fig. 3KL4), an welcher — wie bei den Brachyuren und einigen Thalassiniden (vgl. oben pag. 470) — , die beiden vorderen Maxillarfusspaare als Hauptloco- motionsorgane fungiren. Das dritte Maxillarfusspaar ist nur in der Form völlig rudimentärer Anlagen vorhanden (Fig. 310 C). Die aus der Zoea sich entwickelnde spätere Bildungsstufe (Fig. 310 B), welche als dem Mysisstadium der Macruren gleichwerthig betrachtet werden muss, weist bereits sämmtliche Gangbeinpaare und die Anlagen der meisten Pleopoden- paare auf. Die Gangbeine entbehren eines Schwinimfussastes und deuten in ihrer Anlage bereits auf die definitive Gestaltung. Wir werden dies Stadium im Anschlüsse an Claus (No. 7) in Uebereinstimmung mit dem gleichgebildeten Stadium der Brachyuren als Metazoea zu bezeichnen haben. Die Charaktere des Mysisstadiums erscheinen hier unterdrückt. Die Metazoea muss als Uebergangsform zwischen der Zoeastufe und der jüngsten ausgebildeten Form (Megalopa der Brachyuren) betrachtet werden. Durch ein wichtiges Moment unterscheidet sich die Metazoea der Anomuren von der der Brachyuren , nämlich durch das Verhalten des III. Maxillarfusspaares , welches hier bei sonst rudimentärer Ge- staltung einen wohlentwickelten und als Ruderfuss fungirenden Exopoditen zur Ausbildung bringt, während diese Extremität bei den Metazoeen der Brachyuren noch völlig embryonale Gestaltung aufweist. Durch diese Beiziehung des III. Maxillarfusspaares zur locomotorischen Function schliessen sich die Anomuren an die Carididen an, bei denen dieselbe 31* 472 XV. Capitel. allerdings schon im Zoeastadium stattgefunden hat (vgl. pag. 459). Wir müssen dies als ein dem Mysisstadium entlehntes Merkmal bezeichnen, durch welches die Zoea der Carididen gefälscht wurde, während es bei der Metazoea der Anomuren als letzter Rest eines verloren gegangenen Mysisstadiums betrachtet werden muss. Die Entwicklung der Anomuren hat neuerdings durch G. 0. Sars (No. 150; eine einheitliche Darstellung erfahren, während einzelne Frag- mente derselben schon früher durch Claus (No. 6, 7, 8 u. 113), Spence Bäte (No. 98), Dohrn (No. 120), Faxon (No. 126), F. Müller (No. 140), Smith (No. 152) und Andere bekannt geworden waren. Als Typus mag uns die Entwicklung von Eupagurus bernhardus dienen. Die Zoea von Eupagurus (Fig. 310^4.) weist einen ziemlich ge- drungenen Körperbau auf und ist vor Allem durch die Gestalt ihres Rückenschildes auffällig, welcher nach vorne in einen langen Rostral- stachel ausläuft, hinten dagegen eine tiefe Einbuchtung zeigt, durch welche zwei nach hinten spitz auslaufende Zipfel von einander getrennt werden. Eine ähnliche Grundform des Rückenschildes findet sich bei sämmtlichen Anomurenlarven. Die kurzgestielten, noch unbeweglichen, paarigen Augen sind durch eine schon oben für Gebia (pag. 470) er- wähnte Vorwölbung nach hinten bemerkenswert. Zwischen ihnen erkennt man das Naupliusauge. Die beiden vordersten Abdominalsegmente sind von dem Rückenschilde bedeckt, das sechste Abdominalsegment ist von dem Telson noch nicht abgegliedert. Der hintere Rand der mittleren Abdominalsegmente ist dorsalwärts gezähnt. Das Telson ist durch eine hintere Einbuchtung in zwei flügelförmige Fortsätze getheilt (eine Grund- form, welche wir bei den Brachyuren wiederfinden) und jederseits mit sechs Borsten bewaffnet. Die ersten Antennen (a) stellen einfache, un- gegliederte, am Ende beborstete Fortsätze dar. An den zweiten Antennen (a") ist der ungegliederte Endopodit noch mit dem Protopodit continuir- lich, während der schmale, an der Innenseite beborstete Exopodit bereits abgegliedert erscheint. Die Mandibeln entbehren der Tasteranlage. Hinter den beiden Maxillenpaaren folgen zwei als Ruder zur Verwendung kommende zweiästige Maxillarfusspaare (mf, mf"), während das dritte Paar (Fig. 310 C) nur in Form eines ganz kleinen zweigliedrigen An- hanges an der Ventralfläche angedrückt zu finden ist. Die fünf Gang- beinpaare und die Pleopodenanlagen fehlen noch vollständig. In einem späteren als Metazoea (Fig. 310 B) zu bezeichnenden Stadium, welches im Habitus noch völlig der Zoeaform gleicht, sind die Anlagen des dritten Maxillarfusspaares (mf") zu weiterer Entwicklung gekommen. Sie besitzen einen mit Ruderborsten besetzten, zweiglied- rigen Exopoditen, welcher gleich dem der beiden vorhergehenden Paare als Schwimmfassast fungirt, während der undeutlich gegliederte Endopodit noch unbeborstet und rudimentär erscheint und noch nicht in Function getreten ist. Den gleichen Charakter weisen die dahinter folgenden An- lagen der fünf Gangbeinpaare (vgl. pl— p1Y) auf, von denen die grösste dem ersten Paare angehört und eine deutliche Scheerenanlage zeigt. Eine ähnliche Anlage trägt auch das sehr kleine (auf unserer Abbildung nicht sichtbare) fünfte Gangbeinpaar. An dem Abdomen hat sich die Sonderung des sechsten Abdominalsegmentes vom Telson vollzogen; wir finden jetzt an dem zweiten bis fünften Abdominalsegmente kleine Pleo- podenanlagen, während die Anlagen des sechsten Segmentes (ae) in der Entwicklung weiter vorgeschritten erscheinen. Besonders ist der Exopodit bereits als beborstete Platte angelegt (Fig. 310 D, aß), während der Crustaceen. 473 Endopodit als kleiner Höcker entwickelt und vom Protopodit noch nicht abgegliedert ist. Die Mittelplatte des Schwanzfächers, das Telson, hat eine gestreckte, hinten quer abgestutzte Form, während die im früheren Stadium zu bemerkende Einbuchtung verstrichen erscheint. Auch an den Fühlern und Mundtheilen ist die Entwicklung weiter vorgeschritten. So finden wir jetzt an dem I. Antennenpaare (Fig. 310 B, a) die kurzen Anlagen der beiden Endgeissein, am IL Antennenpaar (a") hat sich der Endopodit abgegliedert und zeigt den beginnenden Zerfall in einzelne Glieder, der Mandibulartaster (t) ist als ein kurzer Stummel hervor- gesprosst. Das aus der Metazoea hervorgehende Jugendstadium kann mit dem Megalopastadium der Brachyuren gleichgestellt werden. Es gleicht in Fig. 310. Larvenstadien von Eupagurus bemhardus (nach G. 0. Sars). A Zoeastadium (Dorsalansicht), B Metazoeastadium (Lateralansicht), C Ventral- ansicht des das III. Maxillarfusspaar tragenden Körperabschnittes im Zoeastadium, D Schwanzfächer des Metazoeastadiums. a' erste Antenne, a" zweite Antenne, «5 Pleopodenanlage des fünften Abdomiual- segnients, a6 Pleopoden des sechsten Abdominalsegments (Uropoden), mf, mf", mf" erstes, zweites, drittes Maxillarfusspaar, pl— pn erstes bis viertes Gangbeinpaar, k Kiemen- anlagen, ol Oberlippe, t Mandibulartaster, r Rostrum. allen wesentlichen Zügen bereits dem völlig ausgebildeten Thiere mit dem Unterschiede, dass die Augen noch verhältnissmässig gross sind, dass das Abdomen sowie die Extremitäten desselben noch nicht die für die ausgebildete Form charakteristische Rückbildung erfahren haben, und dass die assyinmetrische Entwicklung des Körpers noch bei Weitem nicht so deutlich ausgeprägt erscheint. Das Abdomen ist noch nicht spiralig. eingedreht, sondern symmetrisch und besteht aus sechs wohlgesonderten Segmenten, an denen (mit Ausnahme des ersten) mit langen Schwimm- borsten versehene Pleopoden sich vorfinden. An dem Schwanzfächer, sowie an den Scheeren des I. Gangbeinpaares ist bereits ein gewisser Grad 474 XV. Capitel. von Asymmetrie zu bemerken. Die Schuppen der zweiten Antennen sind abgeworfen, die zwei Geisselanlagen der Vorderfühler sind grösser ge- worden. Die auf dies Stadium folgenden Jugendformen mit noch wenig ausgeprägter Asymmetrie wurden von M. Edwards unter dem Genus- namen Glaucothoe' zusammengefasst. Die Metamorphose von Spi ropagurus, sowie von Galatkea stimmt in allen wesentlichen Punkten mit der von Eupagurus überein. Die Zoeen von Spiropagurus unterscheiden sich von den Eupaguruszoeen durch die Form des Telsons, welches hier der hinteren Einbuchtung entbehrt. Die Larven von Galathea, welche denen von Pagurus so sehr gleichen, dass sie vielfach mit ihnen verwechselt wurden, sind daran zu erkennen, dass die beiden nach hinten gerichteten Zipfel des Rückenschildes einen Besatz von kleinen Zähn- chen aufweisen. [Vgl. einige hieher gehörige und als Zoontocaris be- schriebene Larvenformen bei Spence Bäte (No. 100)]. In einzelnen Fällen erleidet die Metamorphose eine nicht unbeträchtliche Abkürzung, indem die Larven erst im Metazoeastadium frei ausschwärmen. Dies ist der Fall bei Galathodes und bei der den Paguriden sehr nahe stehenden Gattung Li tho des. Bei beiden Formen sind die Eier verhältniss- mässig gross, und nehmen die ausschwärmenden Larven beträchtliche Dotter- massen ins Larvenleben mit, auf deren Kosten die weitere Entwicklung sich vollzieht. Dementsprechend verbleiben bei Galathodes die Mundtheile (ähn- lich, wie wir dies oben pag. 461 für Palaemon Potiuna erwähnt haben) in einem auffallend unentwickelten Zustande; sie erscheinen stummeiförmig und entbehren des Borstenbesatzes. Bei beiden Formen erscheint die Entwicklung des sechsten Pleopodenpaares (Seitengliedmaassen des Schwanzfächers) gegen- über den übrigen Extremitäten der Abdominalsegmente verzögert. Eine noch viel weiter gehende Rückbildung der Metamorphose findet sich vielleicht bei Birgus latro, wenn nämlich die allerdings nur auf die Aussagen eines Fischers sich stützende Mittheilung von Willemoes - Suhm sich bestätigen sollte, wronach die Jungen dieser Art in einer der ausgebildeten Form sehr nahestehenden Gestalt aus dem Eie schlüpfen. Die Larven von Munida, deren Metamorphose in allen wichtigen Punkten dem oben geschilderten Typus der Anomurenentwicklung sich an- schliesst, sind durch die stärkere Entwicklung der Stachelbewaffnung ausge- zeichnet; das Rostrum übertrifft an Länge den übrigen Theil des Rücken- schildes, die beiden hinteren Zipfel des letzteren sind in lange Stacheln aus- gezogen; ebenso läuft das tiefgegabelte Telson in zwei lange Stachelfort- sätze aus. Eine excessive Entwicklung der Stacheln weist die schon seit Langem alsLonchophorus (Eschscholz) bekannte Porcellanalarve (Fig. 311) auf, deren Entwicklung — von älteren Angaben abgesehen — durch F. Müller (No. 140), Dohen (No. 121), Claus (No. 8), Faxon (No. 126) und G. 0. Saks (No. 150) bekannt geworden ist. Der Stirnstachel ist hier von einer ganz ausserordentlichen Länge. Auch die beiden nach hinten ge- richteten , am Ende häkchenförmigen Seitenstacheln sind von beträchtlicher Länge. Das Telson entbehrt hier des hinteren Einschnittes und hat die Form einer rhombischen Platte. In einigen Zügen nähert sich die Metamorphose von Porcellana der der Krabben, so in der Haltung des Abdomens, welches ventralwärts eingekrümmt ist, sowie in der Reihenfolge der Gliedmaassen- sprossung, welche sich dadurch auszeichnet, dass das dritte Maxillarfusspaar gleichzeitig mit den Gangbeinanlagen (Fig. 311 mf'" und j>) zur Entwicklung kommt. Von den Pleopoden werden zuerst die des zweiten, dritten und Crustaceen. 475 vierten Segmentes angelegt, während die des fünften Abdominalsegmentes und die Seitengliedmaassen des Schwanzfächers erst später entwickelt werden. Auch die Entwicklung der Sand krebse (Hippidae Fig. 312), welche durch die Mittheilungen von F. Mülleb (No. 16), Claus (No. 8), Sidney Smith (No. 152) und W. Faxon (No. 126) bekannt geworden ist, schliesst sich den für die Anomuren geschilderten Verhältnissen im All- . gemeinen an, wenngleich sie — ähnlich wie Porcellana — in mancher 1 Hinsicht den Uebergang zu den Brachyuren darbietet. Das jüngste, durch W. Faxon für Hippa talpoidea geschilderte Stadium ist eine Zoea, deren Rückenschild die später auftretenden Stachelfortsätze nur in der Anlage erkennen lässt. Das Abdomen, welches ventral- wärts eingeschlagen getragen wird, zeigt das erste Segment noch undeutlich vom Thorax abgesetzt und das sechste Segment mit dem Telson verschmolzen. Letzteres hat die Gestalt einer hinten ab- gerundeten und bezahnten Platte. Von Gliedmaassen sind die beiden Fühleranlagen, die Kiefer und die als Ruderbeine verwende- ten zwei vorderen Maxillarfusspaare vorhanden, während das dritte Maxillarfusspaar , sowie sämmtliche nach hinten folgenden Glied- maassen noch völlig fehlen. Aus diesem Stadium geht die von Sidney Smith beobachtete Metazoea (Fig. 312) hervor, welche die Anlagen des dritten Maxillarfusspaares (mf'") und der vier vorderen Gangbeinpaare (p1—^) aufweist. Das fünfte Gangbein- paar entwickelt sich etwas später. Das dritte Maxillarfusspaar wird nicht als Bewegungsorgan der Larve verwendet. Letzteres ist aber bei der von Claus beschriebenen und auf Albunea be- zogenen (No. 8) Larve der Fall. Am Cephalothoraxschild der Hippa- larve fehlt der für die Zoeen der Brachyuren so ungemein charak- Fig". 312. Metazoeastadium von Hippa tal- poidea (nach S. Smith). mf, mf", mf" erster, zweiter, dritter Maxillar- mss, p[—piv Anlage des ersten bis vierten Gangbeines. teristische Rückenstachel ; dagegen ist ein langes, nach vorne gekrümmtes Rostrum ausgebildet, des- gleichen sind die bei allenAnomuren vorkommenden nach hinten reichenden Seitenstacheln vorhanden. Aus der Metazoea geht nach mehreren Häutungen ein der ausgebildeten Form ungemein ähnliches Megalopastadium hervor, welches sich von letz- terer hauptsächlich in der verhältnissmässigen Grösse der Augen und durch das Vorhandensein kräftiger, zweiästiger Schwimmanhänge an dem zweiten bis sechsten Abdominalsegmente unterscheidet. Auch die Larven der Apteruren (Dromia, Homola), welche durch Fig. 311. Meta- zoea von Porcel- lana longicornis (nach G. O. Sars). mf, mf", mf" erster, zweiter, drit- ter Maxillarfuss , p Anlagen der Gang- beinpaare und der zugehörigen Kiemen. 476 XV. Capitel. Boas (No. 104) und Gourret (No. 130) bekannt geworden sind, schliessen sich denen der Anomuren nahe an. Sie besitzen, zum Unterschiede von den Brachyurenzoeen, einen als Schwimmfussast fungirenden Exopoditen am drit- ten Maxillarfusspaare ; ja, es findet sich sogar bei Dromia ein gleicher Ast am ersten Gangbeinpaare, wodurch der Hinweis auf ein Mysisstadium deut- licher zum Ausdrucke kommt, als dies bei den Anomuren der Fall ist. In der Gestalt des Rückenschildes und des mit zweiästigen Pleopodenpaaren versehenen Abdomens stimmen die Apterurenlarven mit den Anomuren überein. H. Brachyuren. Die meisten Brachyuren verlassen das Ei in Gestalt einer Zoea, welche in der ganzen Gruppe einen sehr übereinstimmenden Habitus beibehält (Fig. 313). Der gedrungene, meist ovale Vorderkörper ist in der Regel durch typische Stachelbildungen ausgezeichnet l). Wir unter- scheiden einen schräg nach vorne und abwärts sich erstreckenden Stirn- stachel, einen der Mitte des Rückenschildes aufsitzenden und schräg nach hinten und oben gerichteten Rücken- stachel und ein Paar schräg nach aussen ge- richteter Seitenstacheln am hinteren unteren Winkel des Rückenschil- des. Dem vorderenTheile des Körpers sitzen die kurzgestielten , grossen Seitenaugen mit breiter Basis auf. Zwischen ihnen findet sich das Naupliusauge. Das be- wegliche, als Steuerruder verwendete Abdomen ist ventral wärts und nach vorne eingekrümmt und besteht aus fünf freien Segmenten, während das sechste mit dem Telson noch zu einem Stücke vereinigt erscheint. Jener Abschnitt des Körpers, an welchem in späteren Stadien die Gangbeine zur Entwicklung kommen, erscheint im Zoeastadiuin noch sehr wenig ent- wickelt. Er stellt eine ganz kurze, rudimentäre, unter dem Rückenschilde versteckte Körperparthie dar, an welcher die Extremitätenanlagen (Pereio- poden) entweder vollständig fehlen oder nur in der Form kurzer Stummel angelegt erscheinen. In letzterem Falle würden wir das aus dem Eie schlüpfende Stadium vielleicht richtiger als Metazoea bezeichnen. Von den Gliedmaassen sind im Zoeastadium die sieben vorderen Paare deutlich entwickelt und in Function getreten. Die Antennenpaare zeichnen sich allerdings durch eine ungemein einfache Gestalt aus. Die ersten Antennen haben die Gestalt eines kurzen, ungegliederten Fort- satzes, an dessen Ende nur wenige Riechborsten (bei dem jüngsten Stadium von Carcinus maenas nach Spence Bäte nur zwei) zur Entwicklung gekommen sind. Die zweite Antenne besteht aus einem Basalabschnitt, welcher in einen oft sehr langen 'Stachelfortsatz (vgl. Fig. 314 B, si) Fig. 313, Zoea von Thia polita (nach Claus). mf erster Maxillarfuss, mf" zweiter Maxillarfuss. J) Weldon hat auf die Bedeutung dieser Stacheln für das Einhalten einer be- stimmten Bewegungsrichtung hingewiesen. Crustaceen. 477 ausläuft, der sich in schwächerer Ausbildung auch bei den Anomuren- larven (z. B. Eupagurus) wiederfindet. Ein weiterer abgegliederter, am Ende mit Borsten besetzter Fortsatz muss als Exopodit (Schuppenast) in Anspruch genommen werden. Der Endopodit (Anlage der späteren Geissei) fehlt anfangs vollständig, wird jedoch bald in Form eines kleinen zwischen den genannten Fortsätzen vorwachsenden Höckers angelegt. Die Mandibel besteht noch ausschliesslich aus der Kaulade; der Mandi- bulartaster fehlt vollständig. Die Maxillen zeigen bereits die für die Decapoden typische Gestaltung (vgl. Fig. 31 4 D und E). Die ersten Maxillen besitzen zwei nach innen gerichtete, beborstete Kauladen des Protopodits und einen zweigliedrigen Taster (Endopodit). An den zweiten Maxillen finden wir vier lappenförmige Kaufortsätze des Proto- podits, von denen je zwei einem Gliede zukommen, einen breiten, in zwei ähnliche Lappen gegliederten Endopoditen und einen als borsten- randige, noch wenig umfangreiche Athemplatte entwickelten Exopoditen. Fig\ 314. Gliedmaassen eines älteren Zoeastadiums eines Portnniden (nach Claus). A erste Antenne, B zweite Antenne, C Mandibel, D erste Maxille, E zweite Maxille. en Endopodit, ex Exopodit, st Staehelfortsatz, t Mandibulartaster. Die beiden vorderen Maxillarfusspaare (Fig. 313 mf, ruf") sind als spaltästige Ruderfüsse zur Entwicklung gekommen. Der Endopodit des ersten Paares zerfällt in fünf Glieder, während der des zweiten Paares mehr rudimentär bleibt und meist aus drei kurzen Gliedern besteht. Die Exopoditen (Geisseiäste) sind an ihrem Ende mit langen Schwimm- borsten besetzt. Die Anlagen der dahinter folgenden Extremitätenpaare (III. Maxillarfusspaar und L--V. Gangbeinpaar) scheinen bei manchen Brachyuren in den jüngsten Zoeastadien noch vollständig zu fehlen (z. B. bei Pin nix a nach W. Faxon), in anderen Fällen sind sie in der Form kurzer stummeiförmiger Anlagen theilweise oder in vollständiger Zahl (Maja, Inachus) erkennbar. Die Pleopoden fehlen noch vollständig. Das Abdomen ist meist durch eine bestimmte Form der Bewaffnung ausgezeichnet, indem am zweiten Segmente ein Paar nach vorn gerichteter Stacheln , an den drei folgenden Segmenten je ein Paar nach hinten gerichteter Stacheln zu erkennen ist. Das Telson zeigt in der Regel eine charakteristische Gabelform und läuft nach hinten jederseits in einen langen Stachel aus. An der Innenseite der beiden Fortsätze des Telsons erkennt man in den meisten Fällen drei stärkere Borsten. 478 xv- Capitel. Die hier geschilderte Form der typischen Brachyurenzoea unterliegt in einzelnen Fällen nicht unbedeutenden Variationen, welche sich hauptsächlich auf die Gestalt und Entwicklung der Stachelfortsätze, sowie auf die Form des Telsons beziehen. So sind hei Gelasimus die Stachelfortsätze des Rückenschildes ungemein kurz. Bei Achaeus fehlt der Stirnstachel, sowie die Seitenstacheln, während ein kurzer Rückenstachel erhalten ist. Bei Inachus fehlt ebenfalls der Stirnstachel (Claus No. 8, Gourret No. 130). Bei Maja sollen nach Couch, sowie bei Eurynome nach Kinahan sämmtliche Stachelfortsätze fehlen. Dagegen hat Claus an der Zoea von Maja einen langen Stirnstachel beobachtet. Bei einer von Dohrn (No. 121) alsFisso- caris beschriebenen Larve mit langem Stirnstachel und zwei Paaren von umfänglichen Seitenstacheln fehlt der Rückenstachel. In anderen Fällen können Rücken- und Stirnstachel ungeheuer lang werden und mit ballon- förmigen Auftreibungen enden. Solche mit nach hinten abstehenden Seiten- stacheln versehene Larven wurden von Claus (No. 8) als Pluteocariden bezeichnet. Eine als Pterocaris unterschiedene Zoeaform ist durch flügei- förmige Auftreibung der Seitentheile des Panzers und durch die daraus resultirende querverbreiterte Form merkwürdig. Manche Zoeen von Brachyuren sind durch die mächtige Entwicklung des obenerwähnten Stachelfortsatzes der zweiten Antenne ausgezeichnet, so die von Xantho rivulosus (nach Goukret No. 130) und die von Pano- paeus Sayi (W. Faxon No. 125), wo derselbe an Länge dem mächtigen Frontalstachel gleichkommt. Wenn das jüngste Zoeastadium das Ei verlässt, so befindet es sich nicht in vollkommen freiem Zustande, sondern es erscheint noch von einer etwas lose abstehenden embryonalen Larvenhaut (vgl. oben pag. 323) umgeben, welche von Conn als Cuticula des während des embryonalen Lebens durch- laufenen Protozoeastadiums in Anspruch genommen worden ist. Erst nach einer meist sehr bald erfolgenden Häutung kommt die Zoea zur freien Ent- faltung. Aehnliche Verhältnisse finden wir auch bei vielen anderen Decapoden (z. B. bei allen Anomuren und manchen Macruren). Auf das morphologische Interesse, welches das Studium dieser Larvenhaut darbietet, hat F. Müller (No. 16) aufmerksam gemacht, indem er sagt, dass der Schwanz dieser jüngsten Larvenhülle bei Achaeus und vielleicht auch bei Maja an die Garneelenlarven erinnert. Später ist das Studium der Larvencuticula be- sonders von Paul Mayer (No. 137) zur Ableitung der verschiedenen Formen des Telsons und zu phylogenetischen Feststellungen verwerthet worden. Neuere Mittheilungen über diese Larvenhaut rühren von W. Faxon (No. 125) und Conn (No. 114 u. 115) her. Stets fehlen an der Larvenhaut die Stachelfortsätze des Rückenschildes. Diese werden unter der Larvencuticula häufig in fernrohrartig eingezogenem Zustande angelegt. Während in der Gruppe der Grapsoideen (Sesarma) die Larvenhaut hinsichtlich der übrigen Verhältnisse einen ziemlich getreuen Abguss der daraus hervorgehenden Zoea darstellt, zeigt dieselbe bei den meisten übrigen Brachyuren nicht un- erhebliche Abweisungen. Vor Allem erscheinen die Antennen an der Larvenhaut in einer höheren Stufe der Ausbildung. Die erste Antenne be- steht aus einem Schaft und zwei beborsteten Endästen, von denen der eine von beträchtlicher Länge erscheint. Die zweite Antenne ist vor Allem durch das Vorhandensein mächtiger , behaarter Fortsätze des Exopoditen merk- würdig. Von den übrigen Körpertheilen ist hauptsächlich die Schwanzgabel durch das Vorhandensein von meist sieben behaarten Borsten an jeder Seite charakterisirt. Letztere Zahl scheint für die Beborstung des Telsons die im ganzen Kreise der Decapoden typische zu sein, und liefert das Studium der Crustaceen. 479 eben ausgeschlüpften Zoeen vor Abstreifung der Larvenhaut werthvolle Anhaltspunkte für die Zurückführung der im späteren Stadium oft abweichenden Gestaltung des Telsons auf die genannte Grundform (Paul Mayee). Die aus der Zoea zunächst hervorgehenden späteren Entwicklungs- stadien, welche bisher meist mit dem gleichen Namen bezeichnet wurden, aber mit Claus passender als Metazoea (No. 7) benannt weiden, schliessen sich in den allgemeinen Gestaltungsverhältnissen (vgl. das etwas jüngere Stadium Fig. 315) noch völlig an die Zoea an, unter- scheiden sich von letzterer jedoch durch die höhere Ausbildung der Extremitätenanlagen. An den ersten Antennen (Fig. 314^4) erkennen wir nun einen ungegliederten, durch die Anlage des Gehörorgans blasig aufgetriebenen Stamm und zwei Geisselanlagen, von denen die innere noch kurz und ungegliedert erscheint, während die mit Riechfäden besetzte äussere Geissei an ihrem Ende in kurze Ringel zerfallen ist. Die zweiten Antennen (Fig. 3145) haben die Geisselanlage (Endopodit) zur mächtigen Entwicklung gebracht ; dagegen hat sich der weiche Körperinhalt aus dem Stachelfortsatz und Exopoditen zurückgezogen, zum Zeichen, dass diese Anhänge mit der nächsten Häutung verloren werden. An der Mandibel (c) ist ein fingerförmiger, noch unge- gliederter Mandibulartaster zur Entwicklung gekommen. Verhältnissmässig geringere Veränderungen haben die beiden Maxillenpaare (D und E) erlitten, während an den beiden vorderen Maxillarfusspaaren der Exo- podit an seinem Ende in kurze Glieder zertheilt und mit zahlreichen Ruderbor- sten besetzt erscheint. Die Anlagen des III. Maxillar- fusspaares und der fünf Gangbeinpaare (Fig. 315 III — VIII) sind nun schon als ziemlich umfangreiche Anhänge entwickelt. Sie entbehren aber noch des Borstenbesatzes und sind noch nicht in Function getreten, sondern werden nach vorne an die Ventralseite angedrückt getragen. Diese Anlagen ent- wickeln sich direct nach der Richtung der späteren definitiven Gliederung. So zeigt das III. Maxillarfusspaar bald sämmtliche Abschnitte der späteren definitiven Gliedmaasse, einen zweigliedrigen Exopoditen und die auch an den drei nachfolgenden Beinpaaren zur Entwicklung kommenden Kiemenanhänge. Von den Gangbeinen kommt das vorderste Paar mit der Scheerenanlage zur mächtigsten Ausbildung. Am Abdomen sind nun Fig. 315. Zoea von Maja nach der Häutung (nach Claus, aus Lang's Lehrbuch). 1, 2 erste und zweite Antenne, i, 77, ///erster bis dritter Maxillarfuss, IV— V11I erstes bis fünftes Gangbeinpaar, a2— a6 zweites bis sechstes Pleopoden- paar, h Herz. 480 XV. Capitel. auch schon die Pleopoden als undeutlich zweigliedrige Anhänge entwickelt, während die des sechsten Paares noch einfache Stummeln darstellen. An den Gangbeinpaaren kommt ein Geisselast (Exopodit) nicht zur Entwicklung. Das Mysisstadium ist demnach in der Meta- morphose der Brachyuren unterdrückt und durch das Metazoeastadium ersetzt. Wir haben hier einen interessanten Fall von Vereinfachung des Entwicklungsablaufs. Das Metazoeastadium geht in die als Megalopa (Fig. 316^4 und B) bezeichnete Jugendform der Brachyuren über, welche den Uebergang von der pelagischen zur kriechenden Lebensweise vermittelt und in den wichtigsten Punkten der Gliederung bereits mit der ausgebildeten Form übereinstimmt. Nach dem Verhalten des Abdomens steht die Megalopa Fig. 316. Drei Entwicklungsstadien von Carcinus maenas. A jüngeres und B älteres Megalopastadium , C junge Krabbe. (A nach Spence Batk, B und C nach Bkook). d Rückenstachel, r Kostrum. ungefähr auf dem Stadium eines ausgebildeten anomuren Decapoden. Der Vorderleib mit den Gliedinaassen trägt bereits den typischen Brachyurencharakter. Doch tragen die jüngsten Megalopastadien in den meisten Fällen am Rückenschild noch Spuren der früher vorhandenen Zoeastacheln (Fig. 316 A). Die Gliedmaassen sind nun schon in der definitiven Form entwickelt; die Maxillarfüsse haben die Function von Locomotionsorganen verloren und sind im Verhältuiss von geringerer Grösse. Dagegen sind die Gangbeinpaare zu mächtiger Entwicklung gekommen. Das Abdomen wird noch nach hinten gestreckt getragen und zeigt die Pleopoden in der Form mit langen Borsten besetzter Schwimm- füsse entwickelt, an denen allerdings nur ein Stammglied and eine ovale beborstete Endplatte (Exopodit) zu unterscheiden sind, während der Crustaceen. 481 ganz kurze, mit (Häkchen versehene Endopodit als Retinaculum eine Verbindung und in Folge dessen gleichzeitige Bewegung des rechten und linken Fusses bewerkstelligt. Das gabelige Telson der Zoea ist in eine rundliche Schwanzplatte übergegangen. Die verschiedenen Brachyurenmegalopen zeigen ebenfalls im Einzelnen ziemliche Variationen, auf welche Dana verschiedene Genera (Marestia, Monolepis, Cyllene, Triloba) begründete. Hinsichtlich der noch vorhandenen Reste der Zoeastacheln zeigen die jüngsten Megalopen der ver- schiedenen Formen ein abweichendes Verhalten. Während dieselben nach Spence Bäte (No. 97) bei Carcinus Maenas noch ansehnlich erhalten sind, erscheinen sie in anderen Fällen mehr rückgebildet, können sogar (Portunus) an dem jüngsten aus der Metazoea sich entwickelnden Megalopa- stadium vollkommen fehlen. Die Megalopa geht allmählich unter ausgebildete Form (Fig. 316 C) über. mehrfachen Häutungen in die Die Veränderungen während dieser Periode, welche von Brook (No. 106) für Carcinus maenas geschildert worden sind, beziehen sich auf Aenderungen in der Gestalt des Rückenschildes und auf die für die Brachyuren typische Rückbildung des Abdomens, welches von nun an ventralwärts getragen wird. eingeschlagen Während die Metamorphose der weitaus meisten Brachyuren in der ge- schilderten Weise abläuft, erleidet sie doch in einzelnen Fällen durch Aus- fall bestimmter Stadien eine beträchtliche Abkürzung. Ein interessanter Fall dieser Art liegt für Pin- n i x a vor , bei welcher Form sich aus dem Metazoeastadium bei der letzten Häutung der- selben direct eine junge Krabbe entwickelt, so dass bei dieser Form das Megalopastadium vollständig in Ausfall gekom- men ist (W. Faxon No. 126). In anderer Weise erscheint die Metamorphose einiger Land- krabben und der Süsswasser- krabben abgekürzt. Wir wis- sen durch Westwood (No.156), dass die Jungen einer G e car- cinus-Art das Ei in einem Zustande man von dem Mangel der Pleopoden absieht, vollkommen «^ ^.^^ Form gleichen. Dagegen fand Thompson bei anderen Gecarcinus- arten, dass die Jungen als Zoeen aus dem Ei schlüpfen. In ähnlicher Weise verhalten sich auch andere Landkrabben (Ocypoda, Gelasimus); es scheint demnach, dass bei den meisten landbewohnenden Krabben die Metamorphose keine Abkürzung erfahren hat, und dass die jungen Zoeen in das Meer abgesetzt werden, womit die regelmässigen Wanderungen der Land- krabben nach dem Meere in Zusammenhang stehen (F. Müller No. 16). Dagegen stimmt es mit dem Verhalten der übrigen im Süsswasser lebenden Decapoden (z. B. Palaemonetes, Astacus etc.) überein, dass die Süsswasserkrabben eine Abkürzung der Metamorphose erlitten haben. Fig. 317. Jüngstes aus dem Eie schlüpfen- des Stadium von Telphusa fluviatilis (nach Mercanti). A Dorsalansicht, B Seitenansicht. verlassen, in welchem sie, wenn der ausgebildeten 482 XV. Capitel. Wir wissen dies durch F. Müller für Trichodact ylus (No. 143), durch Göldi (No. 129) für Dilocarcinus und durch Mercanti (No. 139) für Telphusa. Hier kommen die Jungen (Fig. 317) in einer Form aus dem Ei, welche dem ausgebildeten Zustande nach jeder Hinsicht bereits sehr ähnlich ist. Die Augen erscheinen noch verhältnissmässig gross, der Cephalo- thorax durch die Anwesenheit von Nahrungsdottermassen im Inneren stark aufgetrieben. Das Abdomen entbehrt der Pleopoden. Bei Dilocarcinus sind die einzelnen Abdominalringe noch völlig getrennt und haben noch nicht die für die ausgebildete Form charakteristischen Verschmelzungen ein- gegangen. 11. Stoiiiatopoden. Die Stomatopoden stellen einen Zweig der höhereD Crustaceen dar, welcher sich sehr frühzeitig von der gemeinsamen Wurzel des Malacostrakenstammes abgetrennt hat und in dessen Organisation neben eigenartigen Entwicklungsformen sich sehr ursprüngliche Charaktere erhalten haben. Zu letzteren haben wir das lange, mit zahlreichen Spaltenpaaren versehene Rückengefäss, sowie das Verhalten des Rücken- schildes zu rechnen, welcher die Segmente der' Kieferfüsse zwar dorsal- warts überdeckt, aber mit denselben keine Verwachsung eingeht. Als ursprünglicher Charakter ist vielleicht auch das Vorhandensein von 10 Paaren segmental angeordneter Leberschläuche zu betrachten, welche zum Theil dem Abdomen angehören. Ueberhaupt ist die Einlagerung wichtiger innerer Organe (Leberschläuche, Genitalorgane, Herz) in das mächtige Abdomen ein unterscheidender Charakter der Stomatopoden gegenüber den übrigen Malacostraken , bei denen dieser Körperabschnitt zu einem fast ausschliesslich miisculösen, der Bewegung dienenden Organ umgebildet ist. Dementsprechend zeigt auch die Metamorphose der Stomatopoden eigenartige Charaktere, wenngleich eine gewisse gleichgerichtete Ent- wicklungstendenz gegenüber den anderen Malacostraken nicht zu verkennen ist. Unsere Kenntniss der Stomatopoden-Metamorphose ist trotz der grundlegenden Arbeiten von Claus (No. 87) und Brooks (No. 83 und 84) noch immer eine ziemlich lückenhafte, besonders insoweit es sich um die ersten, aus dem Eie schlüpfenden Stadien, sowie um die Zurückführimg der oft stark variirenden Larvenformen auf die zugehörigen, weniger variirenden Geschlechtsthiere handelt. Im Allge- meinen können wir zwei, allerdings durch Zwischentypen mit einander verbundene Larventypen unterscheiden, welche früher als besondere Genera: Erichthus und Alima aufgeführt wurden. Von diesen zeigt die Erichthusform die ursprünglicheren Verhältnisse der Metamorphose, so dass wir sie in der Schilderung voranstellen. Die jüngsten bekannt gewordenen Stadien der Erichthusreihe, welche wahrscheinlich in dieser Form aus dem Eie entschlüpfen, werden als Erichthoidina bezeichnet. Die jüngste, durch Fr. Müller und Claus (No. 87) bekannt gewordene Larve von 2 mm Länge lässt drei Körperregionen erkennen: eine vorderste ungegliederte, cephalische Region, welche die Augen, Fühler und Mundtheile trägt und die nach hinten vorragende Duplicatur des Rückenschildes entwickelt, eine mittlere aus acht Segmenten bestehende Thoraxregion, von welcher die fünf vorderen Segmente copepodenähnliche Spaltbeine tragen, während dieselben sowie die drei hinteren, gliedmaassenlosen Segmente unter dem Rückenschilde Crustaceen. 483 versteckt liegen. Die hinterste Körperregion, das noch völlig ungegliederte Abdomen, ist in der Form einer flachen Schwanzplatte entwickelt. Der Rückenschild erinnert in seiner Bewaffnung an die Protozoeastadien von Lucifer. Wir erkennen ein nach vorne vorspringendes Rostrum, einen kurzen, unpaaren, am hinteren Rande vorspringenden Medianstachel, sowie zwei längere, hintere Seitenstacheln (Vgl. Fig. 318 A). Neben dem Naupliusauge sind bereits die gestielten paarigen Augen an der Unterseite des Rückenschildes eingefügt. Die beiden Antennenpaare sind Fig. 318. Verschiedene auf einander folgende Erichthoidinastadien (nach Claus). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, ax — a6 erstes bis sechstes Pleopodenpaar, / — V erstes bis fünftes Maxillarfusspaar, 6, 7, 8 sechstes bis achtes, in diesen Stadien gliedmaassenloses Thoraxsegment. noch kurz, einästig. Die Mandibel entbehrt des Tasteranhanges, die beiden Maxillenpaare sind in sehr rudimentärer Form als kleine Lappen vorhanden. Die nun folgenden fünf Schwimmfusspaare (Fig. 318 A, I — V), welche zweiästig und an den Enden mit Ruderborsten besetzt sind, ent- sprechen den späteren fünf Maxillarfusspaaren , während die darauf folgenden drei gliedmaassenlosen Segmente (6, 7, 8) später die spaltästigen Gangbeine tragen. Das vorliegende Stadium zeigt demnach sämmtliche 484 XV. Capitel. Thoraxsegmente, deren fünf vordere mit Gliedmaassen versehen sind, vollkommen gesondert, während das Abdomen noch ungegliedert erscheint. In den nun folgenden Stadien werden die Abdominalsegmente der Reihenfolge nach angelegt. Gleichzeitig sprossen aber auch die zugehörigen Pleopodenanlagen hervor, während an den drei letzten Thoraxsegmenten noch lange keine Spur von Gliedmaassenanlagen zu bemerken ist. Es ergiebt sich hieraus, dass für die Stomatopoden- metamorphose die ursprüngliche Reihenfolge der Segmentknospung von vorne nach hinten eingehalten wird, während für die Gliedmaassenknospung diese Reihenfolge durch das späte Auftreten der Extremitäten- anlagen an den drei ten hintersten Thoraxsegmen- unterbrochen erscheint. Das nächste Stadium (von 3 mm Länge) (Fig. 318 Ä) zeigt das erste Abdominalsegment abgesondert und an demselben bereits die noch borstenlose Anlage des ersten Pleopoden- paares hervorgesprosst (a,). An den vorderen Antennen ist die Anlage einer Nebengeissel als kurzer conischer Fortsatz zu erkennen. Auch an den fünf Ruderfusspaaren sind Veränderungen zu bemerken. Besonders an dem zweiten dieser Extremitätenpaare zeigt sich der Endopodit als Anlage des späteren mächtigen Raubfusses ver- grössert. In den nun folgenden Stadien (Fig. 318 J5, C) werden allmählich die einzelnen Abdomi- nalsegmente, sowie die zugehörigen Extremi- tätenanlagen der Reihenfolge nach producirt. Hierbei erscheinen die vorderen Pleopodenpaare bereits als lamellöse, zweiästige, mit Borsten versehene Anhänge entwickelt, während die der hinteren Segmente noch mehr rudimentäre Ge- stalt (a1—aG) aufweisen. Auch das sechste Pleopodenpaar (a6), welches später als Seiten- gliedmaasse des Schwanzfächers zu mächtiger Entfaltung kommt, macht hievon keine Aus- nahme, sondern wird zuletzt in einer den übrigen Pleopodenanlagen vollkommen gleichen Weise erzeugt. Inzwischen erfahren die Extremitäten der vorderen Körperabschnitte — vor Allem die der Maxillarfussregion — wichtige Veränderungen. An den vorderen Antennen (Fig. 31 8 D, a') kann man einen deutlich dreigliedrigen Schaft, einen kürzeren, mit Riechborsten besetzten Aussen- ast und einen längeren Innenast (die später entstandene Anlage der Nebengeissel) unter- scheiden. Die zweiten Antennen zeigen neben der aus dem Endab- schnitt hervorgegangenen Fächerplatte die knospenförmige Anlage einer Geissei. Während die Mandibeln noch lange des Tasters entbehren, er- scheinen an den beiden Maxillenpaaren kurze Tasteranlagen. Von den Maxillaifüssen (Fig. 318 B, C, D, I und II) wandeln sich die beiden Fig. 319. AelteresErich- thusstadium(nach Claus). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, 1 — V Kieferfuss- paare, VI — Till Anlagen der drei Gangbeinpaare, a1 — «6 erstes bis sechstes Pleopoden- paar, br Kiemenanlagen. Crustaceen. 485 vorderen nach der Richtung der definitiven Gestaltung um; der als Schwimmfussast fungirende Exopodit wird rückgebildet und geht schliess- lich vollkommen verloren, während der Innenast des ersten Paares verhältnissmässig klein bleibt und an seinem Endabschnitt die Anlage einer kleinen Greifzange allmählich zur Entwicklung bringt. Der Endopodit des zweiten Paares dagegen wird frühzeitig zu dem mächtigen Raubfusse umgebildet. Gleichzeitig sprossen an den Basalgliedern beider Extremitätenpaare die rundlichen, noch unbeborsteten Epipodialplatten. Die drei folgenden Spaltfusspaare unterliegen inzwischen einem ungemein interessanten Rückbildungsprocesse, durch welchen die Umwandlung derselben in die definitive Form ein- geleitet wird. Während auch hier der Exopodit allmählich völlig verschwindet, geht der Endopodit in die Form eines unbeborsteten, ungegliederten Rudimentes über, aus welchem erst in den späte- ren Stadien die definitive, mit kurzer Greifhand endigende Gliedmaasse hervorgebildet wird. Ja, die Rückbildung dieser drei Extremitätenpaare kann so weit gehen, dass dieselben voll- ständig verschwinden, um erst in späteren Stadien gleich- zeitig mit den Extremitätenan- lagen der drei folgenden Thorax- segmente (des VI. - VIII. Thorax- segmentes) wieder hervorzuknos- pen. Im letzteren Falle liegt uns dann eine Larvenform vor, welche durch den Besitz der sie- ben vorderen Extremitätenpaare und den Mangel der dahinter fol- genden sechs Thoraxbeinpaare mit der Zoea der übrigen Malaco- straken eine gewisse Ueberein- stimmung aufweist, und welche daher als Pseudozoea (Fig. 320) der Stomatopoden bezeich- net worden ist. Letzterer zuerst von Fritz Müller beschriebene Larventypus kommt nach Claus vor Allem bei jenen Larvenreihen vor, welche den Gattungen Pseudo- squilla und Gonodactylus zugehören und welche von Brooks als Pseuderichthus und Gonerichthus bezeichnet wurden; er findet sich jedoch nach Brooks auch in der Entwicklungsreihe der zur Gattung Lysiosquilla führenden L y s i e r i c h t h e n. Spätere Entwicklungsstadien, welche sich durch die Ausbildung des sechsten Pleopodenpaares zu den Seitengliedmaassen des Schwanzfächeis auszeichnen, vermitteln den Uebergang zum eigentlichen Erichthus- stadium (Fig. 319), indem die drei hinteren Maxillarfusspaare allmählich in der definitiven Gestalt hervorsprossen und gleichzeitig die bisher noch fehlenden Extremitätenpaare der drei letzten Thoraxsegmente als Knospen Kors che! t- Heider . Lelirtmeli. 32 Fig. 320. S quill oidlarve (sog. Pseudozoea) (nach Claus). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, i, II erstes und zweites Maxillarfusspaar, ep Epi- podialanhang, a1— a6 erstes bis sechstes Pleo- podenpaar. 486 XV. Capitel. angelegt werden. Wenn an den drei letzten Maxillarfusspaaren die Anlage der rundlichen Greifhand zu erkennen ist, und die Extremitäten der drei letzten Thoraxsegmente als bald zweiästig werdende Schläuche zu erkennen sind , so erscheint das Erichthusstadium erreicht, welches demnach bereits sämmtliche Extremitätenpaare der ausgebildeten Form besitzt. Der Uebergang in die geschlechtsreife Form vollzieht sich ganz allmählich, indem das Abdomen stetig an Grösse zunimmt und an den Exopoditen der Abdominalextremitäten die Kiemenschläuche (br) hervorsprossen. Jene Larven- formen, welche diesen Ueber- gang zur geschlechtsreifen Form vermitteln , werden , wenn sie breit und gedrungen erscheinen und den Habitus der Erichthus- form beibehalten haben, als S quill e ri cht hus bezeichnet, während gewisse Entwicklungs- reihen, welche schon im Erich- thoidina- und Erichthusstadium durch ihre schlanke Gestalt auf- fallen, aus letzterem in ein dem Habitus nach der ausgebildeten Form ähnlicheres Squilloid- stadium (Claus) eintreten. Eine zweite Entwicklungs- reihe der Stomatopoden ist als die der A 1 i m a f o r m e n bezeich- net worden. Die Alimalarven (Fig. 321) unterscheiden sich durch ihre bedeutende Grösse, durch die gestreckte Körperform, durch den flach ausgebreiteten Cephalothoraxschild, welcher ge- wöhnlich die hinteren Thorax- segmente nicht überdeckt, durch die weit nach hinten gerückte Lage des Mundes und durch ein Zurücktreten des Vorderrandes des Rückenschildes, wodurch es bewirkt wird, dass die Insertions- a Fig. 321. Junge Alimalarve (nach Brooks). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, J, II erster und zweiter Maxillarfuss , 6 , 7 . S sechstes bis achtes Thoraealsegment , erstes bis fünftes Pleopodenpaar. bloss vom Rostrum überdeckt er- scheint. Keines dieser Merkmale ist für die Unterscheidung der Alima von den Erichthusformen völlig stichhaltig. Ja, es finden Formen, welche durch den nach vorne gerückten Mund und Bedeckung sämmtlicher Thoraxsegmente durch den Rückenschild an Erichthus anschliessen, während sie durch die freie Lage der Augen- stiele und die Abflachung des Cephalothorax Alimacharaktere aufweisen. Diese Uebergangs-Formen hat man als AI im erichthus unterschieden. Die jüngsten bekannt gewordenen Alimastadien (Fig. 321) schliessen sich sehr nahe an die oben für die Erichthusreihe ge- schilderte Pseudozoea an. Die vorderen Antennen zeigen bereits die Anlagen der Nebengeissel , während an der mit ovaler Platte endenden stelle der Augenstiele dorsalwärts sich die sich C'rustaceen. 437 zweiten Antenne die Geisselanlage noch fehlt. Von den Maxillarfüssen sind die des ersten Paares (7) in gestreckter Tasterform, die des zweiten Paares (77) in der definitiven Raubfussform entwickelt. Die drei folgenden Maxillarfusspaare (III. — V. Maxillarfusspaar), sowie die drei spaltästigen Gangbeinpaare fehlen noch vollständig. Die Segmente dieser letzteren können noch undeutlich gesondert sein. Von den Pleopoden sind die vier vorderen Paare wohl entwickelt, während das fünfte und sechste Abdominalsegment noch kaum in der Anlage vorhanden sind und der Extremitätenanlagen noch entbehren. Es scheint, dass die Alimalarven in der beschriebenen Form (vgl. die Note von P. Mayer JS'o. 138, pag. 219) aus dem Eie entschlüpfen; hiernach würde die Metamorphose der Alimareihe als eine durch Unterdrückung der Erich- thoidinastadien abgekürzte erscheinen. Die weitere Entwicklung verläuft bei den Alimaformen in übereinstimmender Weise, wie bei den Erichthusformen. Die Zurückführung einzelner Entwicklungsreihen auf bestimmte Gattungen und Arten der Stomatopoden ist bei der Schwierigkeit der Beschaffung con- tinuirlicher Entwicklungsserien noch kaum durchzuführen. Doch muss es nach den Ausführungen von Brooks (No. 84) als wahrscheinlich bezeichnet werden, dass die Alima- und Alimerichthus formen die Larven der Gattung Squilla darstellen. "Wenigstens ist es W. Faxon gelungen, aus einer vorgeschrittenen Alima das Jugendstadium von Squilla empusa zu er- ziehen. In Alimerichthus glaubt Brooks die Larven der mit Squilla mikro- phthalma näher verwandten Arten erkennen zu können. Viel schwieriger zu entscheiden ist die Frage , in welcher Weise sich die vielfach ineinander übergehenden Erichthusformen auf die übrigen Stomatopodengenera ver- teilen. Doch hat schon Claus gewisse Erichthusformen mit hohem, seitlich comprimirtem Stirnstachel und kurzem Schalenpanzer (Pseuderichthus Brooks) auf die Gattung Pseudosquilla bezogen, während er ähnliche durch den seichtgewölbten Rückenschild, die Länge des Rostrums und der einander nahegerückten hinteren Seitenstacheln, vor Allem aber durch den Mangel der Bezahnung am Endglied des grossen Raubarmes charakterisirte Formen (Gonerichthus Brooks) auf G o n o d a c t y 1 u s zurückführte. Eine andere Reihe von Larvenformen (Erichthus Duvaucellei und multispinosus). welche sich durch den hochgewölbten Rückenschild, durch das flache Abdomen, die sehr weit von einander entfernt stehenden, hinteren Seitenstacheln, sowie durch die ventralwärts eingeschlagenen Seitenränder des Rückenschildes charakterisiren , kann nach dem Vorhandensein zahlreicher Zähne am End- gliede des Raubfusses mit Brooks auf Lysiosquil la bezogen und demnach als Lysio erichthus bezeichnet werden. Es gelang Brooks, für eine dem Lysioerichthus multispinosus nahestehende Larve, den directen Uebergang in Lysiosquilla excavatrix zu beobachten. Hinsichtlich anderer, schwieriger ein- zuordnender Larvenformen muss im Auge behalten werden, dass unsere Kennt- niss der ausgebildeten Formen noch keineswegs abgeschlossen ist, wie durch gelegentliche Funde (vgl. die merkwürdige, durch Hilgendorf entdeckte Pterygosquilla) bewiesen wird Neuerdings hat man auch fossile Stoma- topodenlarven kennen gelernt. 12. Cuniaceen. Die Gruppe der Cuniaceen, welche eine vermittelnde Stellung zwischen den Schizopoden und Arthrostraken (vor Allem den Anisopoden) einnimmt, zeigt eine abgekürzte, ziemlich directe Form der Entwicklung. Wie bei den 32 ' 488 XV. Capitel. Mysideen (vgl. oben pag. 353 und 444) ist die Metamorphose fast aus- schliesslich auf die im Brutraume der Mutter durchlaufenen Stadien reducirt. Die Embryonen erinnern durch ihre dorsale Einkrümmurig, sowie durch das Vorhandensein des Dorsalorgans an die Isopoden. Das im ausgebildeten Zustande meist unpaare zusammengesetzte Auge entsteht durch Verschmelzung einer paarigen Anlage. Die aus dem Brutraum ausschlüpfenden Jungen entbehren noch des letzten Thoracalbeinpaares und erinnern in dieser Hinsicht an die Isopoden. Von den Pleopoden ist nur das sechste Paar (Uropoden) wohl entwickelt. Die fünf vorderen Paare fehlen den Jungen (wie dies auch bei den Anisopoden der Fall ist) und kommen überhaupt nur bei den Männ- chen zu theilweiser Entwicklung (Dohrn No. 96). 13. Anisopoden. Von den Arthrostraken weisen die A n i s o p o d e n (A p s e u d e s , T a n a i s) die ursprünglichsten, zu den Schizopoden hinführenden Verhältnisse auf. Die Embryonalentwicklung und der grösste Theil der Metamorphose läuft hier im Brutraume der Mutter ab (wie bei Mysis und den Cumaceen). Die aus dem Brutraume ausschlüpfenden Jungen (Fig. 322) unterscheiden sich, wie die der Isopoden von der ausgebildeten Form durch den Mangel des letzten Thorax- beinpaares. Es fehlen ihnen ausserdem (und hierdurch schliessen sie sich an die Cumaceen an) noch sämmtliche Pleo- poden mit Ausnahme des sechsten Paares (ab 6) , welches fadenförmige Schwanz- anhänge darstellt. Von grossem Interesse ist das Vorhandensein einer flügeiförmi- gen, seitlich abstehenden Schilddupli- catur (jjs) des Cephalothorax , wodurch die Ableitung der Arthrostraken von einer mit einem Rückenschilde versehenen Stammform ermöglicht und ausserdem die Deutung der lappenförmigen An- hänge des Asellusembryos festgestellt (Claus) erscheint. Vgl. oben pag. 352. 14. Isopoden. lieber die Entwicklung des Em- bryos der Isopoden haben wir bereits oben (pag. 349 u. ff.) Einiges erwähnt, vor Allem die charakteristische, dorsale Ein- krümmung desselben , sowie die Ausbil- dung des Dorsalorgans. Auch hier werden, nachdem die vollzählige Gliederung des Körpers zu erkennen ist und die Extre- mitätenanlagen aufgetreten sind, die Ei- hüllen gesprengt, und die junge, noch un- bewegliche, madenförmige Larve erfährt bloss von der Naupliuscuticula um- hüllt — im Brutraume ihre weitere Ent- Fig. 322. Junge dem Brutraum entnommene Larve von Apseudes L a t r e i 1 1 i i (nach Claus). II — VII zweites bis siebentos Thoraxsegment, ! — (> erstes bis sechs- tes Abdominalsegment, a' erste Antenne, a" zweite Antenne, ab6 sechstes Pleo- podenpaar, cp Epipodialanhang des Maxillarfusses, ex Exopoditen des ersten und zweiten Thoraxbeinpaares, tnxf Maxillarluss , p\ p2 erstes und zweites Thoraxbeinpaar, ps Panzersehild. Crustaceen. 439 Wicklung (Asellus). Wenn dieselbe den Brutraum verlässt, so gleicht sie in den allgemeinen Verhältnissen der Körpergliederung bereits dem ausgebildeten Thiere, von dem sie sich nur durch die verhältnissmässige Grösse des Kopfes und der Augen , durch die theihveise unvollständige Gliederung und Beborstung der Gliedmaassen, vor Allem aber durch den Mangel des letzt en Thorax- beinpaares unterscheidet. Durch allmähliche, durch mehrere Häutungen vermittelte Umwandlungen geht diese Jugendform in die ausgebildete Form über. So unterscheiden Schiödte und M einer t (No. 175) für die Aegiden (und Cymothoiden überhaupt) drei aufeinanderfolgende Larvenstadien, von denen das jüngste noch im Brutraum der Mutter befindliche, durch den Mangel der Beborstung . der Extremitäten und des Telsons kenntlich ist. Das zweite, frei umherschwimmende Larvenstadium hat diesen Borstenbesatz bereits ausgebildet, während das dritte Larvenstadium die Extremitätenanlag^n des letzten Thoraxsegmentes zur Entwicklung bringt. Bei den Cymo- thoinen gehen sodann mit der Metamorphose gewisse durch den Parasitismus bedingte Rückbildungscrscheinungen Hand in Hand, welche in der Verkürzung der Antennen und der Umbildung der Thoraxextremitäten zu Greifhaken zum Ausdrucke kommen. In einzelnen Fällen führen diese durch den Parasitismus hervorgerufenen Reductionen zu einer viel deutlicheren Ausprägung der Metamorphose, sowie auch die sexuelle Heteromorphie schärfer hervortritt, als dies bei den frei lebenden Isopoden stattfindet. Dies ist in den Familien der Anceiden, Bopyriden und Entonisciden der Fall. Bei den Anceiden, deren weibliche (P r a n i z a-) Form durch den kleinen dreieckigen Kopf und die Verschmelzung der drei hinteren Thoraxsegmente zu einem sackförmigen Abschnitt sich sehr deutlich von der geschlechtsreifen männlichen Form (Anceus) mit gedrungenem Körperbau, quadratischem, breitem Kopfe und hirschkäferartigen Greifzangen unterscheidet, weisen die Jugendformen im Allgemeinen den gestreckteren Pranizatypus auf, lassen jedoch schon in den frühesten Stadien eine Andeutung jenes sexuellen Dimorphismus erkennen, insoferne bei den zu Weibchen sich umbildenden Larven die Verschmelzung der drei hinteren Thoraxsegmente bereits auge- deutet erscheint, während letztere bei den jungen männlichen Formen deut- lich getrennt sind. Diese pranizaähnlichen jungen Larven führen eine parasitische Lebensweise (an Fischen). Demgemäss besitzen sie saugende, unter einer grossen Oberlippe nach vorne gestreckte Mundwerkzeuge. Man- dibeln und Maxillen erscheinen als tasterlose, stiletförmig zugespitzte, zum Theil (Mandibel und zweite Maxille) am Ende bezahnte Stechwerkzeuge; es folgen zwei Paare von Maxillarfüssen , deren Segmente mit dem Kopfe ver- schmolzen sind. Von diesen bildet das vordere, ebenfalls ziemlich lang- gestreckte, eine Art Unterlippe, während das zweite mit einem Klammer- haken endigt. Die fünf nach hinten folgenden Thoraxsegmente (das dritte bis siebente), von denen die drei hinteren im weiblichen Geschlechte ver- schmelzen , tragen fünf zu Klammerhaken umgewandelte Thoraxbeine. Das achte Thoraxsegment, ist als ganz rudimentäre Anlage erhalten; es folgt ein mit zweiästigen, zum Schwimmen verwendeten Pleopoden besetztes, wohlge- gliedertes Abdomen. Bei der Umwandlung in die ausgebildete Form gehen die Oberlippe, sowie die Kieferpaare völlig verloren, während die Maxillar- fusspaare sich bedeutend verändern. Sie werden zu lamellären, der Wasser- bewegung dienenden Organen umgebildet. Bei den weiblichen Larven ver- kleinert sich der Kopf, die Augen erleiden eine Rückbildung, während bei den männlichen Larven der Kopf zu einem mächtigen, allerdings auch mit rückgebildeten Augen versehenen, quadratischen Körperabschnitt auswächst, 490 XV. Capitel. welcher nach vorne, zu den Seiten der ganz rudimentären Oberlippe, zwei starke Greifzangen entsendet. Letztere würden wir geneigt sein, auf die Mandibeln der Jugendform zu beziehen, wenn nicht Dohrx beobachtet hätte, dass sie unabhängig von diesen eine selbstständige Entstehung nehmen (vgl. die Angaben von Spence Bäte (No. 161), Hisse (No. 168) und Dohkn (No. 164).' — Bei den mit saugenden, sehr rückgebildeten Mundwerkzeugen versehenen und parasitär stark umgewandelten Bopyriden kommt es in ähnlicher Weise, wie bei manchen parasitischen Copepoden (Lernaeopodiden) zur Ent- wicklung eines auffallenden sexuellen Dimorphismus, indem die weniger rück- gebildeten, aber kleinen Männchen den grossen, stark deformirten Weibchen als „Zwergmännchen'' aligeheftet er- schienen. Bei den Männchen (vgl. Fig. 324 Ä) erhält sich im Allgemeinen der asseiförmige Habitus; der Körper bleibt symmetrisch , deutlich segmentirt , die Augen erhalten sich, wenngleich im rück- gebildeten Zustande. Bei den Weibchen dagegen sind die Augen fast vollständig verloren gegangen ; der scheibenförmig verbreiterte Körper ist asymmetrisch ge- staltet, die einzelnen Segmente desselben vielfach undeutlich von einander abge- setzt. Im Bereich des Abdomens kann allerdings die Segmentirung in beiden Geschlechtern rückgebildet werden. Die aus dem Brutraume ausschlüpfen- den Larven der Bopyriden (Fig. 323) zeigen wohlentwickelte, gegliederte Anten- nen, von denen die des zweiten Paares vorwiegend als locomotorische Organe zur Verwendung kommen. Die Mundwerk- zeuge haben bereits die für die Bopyri- den charakteristische Bildung. Von Klammerbeine entwickelt. Das letzte wie bei sämmtlichen Isopodenlarven — Die Abdominalsegmente erscheinen zum grössten nur die beiden letzten sind mit dem Telson ver- Fig. 323. Larve von Bopyrus virbii mit sechs Brustbeinpaaren (nach Walz). a' erste Antenne, a" zweite Antenne, nid Mandibel, ul Unterlippe, abs erstes Abdominalsegment. Thoraxanhängen sind sechs Paar Thoraxsegment entbehrt noch der Extremitätenanlage. Theile deutlich getrennt; schmolzen. Es zeigen sich fünf zweiästige (bei manchen Formen nur ein- ästige), als Ruderbeine verwendete Pleopodenpaare, während die des sechsten Segmentes (Uropoden) als Schwanzgriffel zur Entwicklung gekommen sind. Sexuelle Unterschiede sind an den Larven dieser Stadien, welche frei um- herschwärmen und das spätere Wohnthier aufsuchen , noch nicht zur Ent- wicklung gekommen. Nach erfolgter Festsetzung in der Kiemenhöhle des Wirthes (Carididen) erfolgt die weitere Entwicklung unter Ausbildung des letzten Thoraxbeinpaares, bedeutender Rückbildung der Antennen und der Pleopoden, bis endlich die oben geschilderte, reducirte, ausgebildete Form erreicht erscheint. An letzterer zeigt das Abdomen in vielen Formen der Lage nach den Pleopoden ent- sprechende ungegliederte Schläuche oder Lamellen , welche vielleicht als Respirationsorgane von Bedeutung sind. Letztere wurden früher vielfach als umgewandelte Pleopoden in Anspruch genommen. Doch hat Kossmann darauf hingewiesen, dass sie erst nach vollständigem Schwunde der letzteren Crustaceen. 491 als Neubildungen angelegt werden. Mit diesem Nachweise ist allerdings die Pleopodennatur der in Rede stehenden Anhänge nicht zurückgewiesen , da vielfach in der Metamorphose der Crustaceen einzelne Anhänge völlig rück- gebildet werden, um später wieder zu erscheinen. Die bedeutendsten parasitären Umgestaltungen der Weibchen finden wir in der Gruppe der Entonisciden, welche — ■ wie durch die neueren Untersuchungen von Giard und Bonniek (No. 167) bestätigt wurde — in die nächste Verwandtschaft der Bopyriden zu stellen sind. Diese Parasiten finden sich im Inneren der Leibeshöhle ihrer Wirthe (Krabben, Paguriden), müssen jedoch als Ectoparasiten bezeichnet werden, da sie von einem durch ii- Fig. 3*24. A Männchen eines Entonisciden (Cancrion miser), B junge Larve eines Entonisciden (Portunion Maenadis) (nach Giard und Bonnier, aus Lang's Lehrbuch). a1 erste Antenne, a2 zweite Antenne, ab Abdomen, au Auge, h Hode, he Herz, l Leberschläuche, plt — plG erstes bis sechstes Pleopodenpaar, r Eostrum, t.2 — t-t Beinpaar des zweiten bis siebenten Thoraxsegmentes, th Thorax. Einstülpung der äusseren Körperoberfläche (Kiemenhöhlenwand des Wirthes) entstandenen chitinösen Sacke umschlossen sind. An dem dorsalwärts ein- gekrümmten, sehr merkwürdig gestalteten Körper des Weibchens (Fig. 325 B) unterscheidet man einen rundlichen Kopfabschnitt (cg) mit stechenden Mund- werkzeugen und Antennenrudimenten (ae. ai), einen ungegliederten Thorax- abschnitt (th) , welcher die ventrale durch Lamellen der Beine gebildete 492 XV. Capitel. Bruthöhle (Fig. 325-4) trägt, und ein segraentirtes Abdomen (ab) mit säbelförmigen oder lamellösen (en3) Pleopoden. Die kleinen Männchen (Fig. 324 A) sitzen dem Weibchen auf und sind im Habitus den Bopyriden- männchen ähnlich, von denen sie sich durch die Abwesenheit des letzten Thoraxbeinpaares (welcbes rückgebildet wird) und der zweiten Antennen unterscheiden. Die jungen Larven (Fig. 324 B) sind denen der Bopyriden ungemein nahestehend und besitzen stets paarige Augen (au), zum Theil auch ein Naupliusauge (Grapsion). Sie unterscheiden sich von den Bopyriden- larven hauptsächlich durch die für die einzelnen Genera variirende und von der der übrigen Toraxbeine abweichende Gestaltung des vorletzten Thorax- beinpaares (t-,). Das letzte fehlt, wie bei allen Isopoden. Ein späteres Fig. 325. Ausgewachsene Weibchen eines Entonisciden (Portunion Maenadis) (nach Giard und Bonnier, aus Lang's Lehrbuch). A mit in der ventralen Medianlinie tlieihveise geöffneter Bruthöhle und aus- einandergelegten Brutlamellen. Abdomen {ab) in der Ansicht von der Ventralseite. B ohne geöffnete Bruthöhle, Dorsalansicht des Abdomens (ab). Ir die vorderen , mittleren und hinteren Lappen der rechten ersten Brutlamelle, II dieselben der linken ersten Brutlamelle , Ilr, III rechte und linke Brutlamelle des zweiten Paares, Illr, IIB rechte und linke Brutlamelle des dritten Paares, IV vierte Brutlamelle, Vr , VI rechte und linke Brutlamelle des fünften Paares, ab Abdomen, ae äussere, ai innere Antenne, ex2 Exopodit des zweiten Pleopodenpaares, enz Endopodit des dritten Pleopodenpaares, cg Kopfabschnitt (sog. Cephalogaster), h Herzbuckel, mf Maxillarfuss, pl Pleurallamelle des ersten Abdominalsegmentes, ov Ovarium, th Thorax. Stadium (stade cryptoniscien) hat dies fehlende Beinpaar zur Entwicklung gebracht. Die Larven dieses Stadiums werden als Complementärmännchen geschlechtsreif, wie denn überhaupt bei Isopoden protandrischer Herma- phroditismus verbreitet erscheint (Bullae, P. Mayee). Sie wandeln sich später in Weibchen oder in die rückgebildeten definitiven männlichen Formen um (Giaed et Bonniee Ko. 167). Crustaceen. 493 15. Aniphipodeii. Die Embryonen der Amphipoden, welche sich — wie oben (pag. 349) bemerkt wurde — durch ihre ventrale Einkrümmung im Eie von denen der Isopoden unterscheiden, erhalten bereits die volle Zahl der dem ausgebildeten Thier zukommenden Körpersegmente und Beinpaare. Selbst die Verwach- sungen, welche zwischen einzelnen Segmenten bei einigen Formen eintreten, werden bereits im Embryo gebildet (F. Müller No. 16). Demnach redu- cirt sich die Metamorphose eigentlich nur auf geringfügige Aenderungen der Gestalt, die Vermehrung der Fühlerglieder und Riechfäden, sowie des Borsten- besatzes und der Zähne. • Eine etwas eingreifendere Metamorphose findet sich bei den Hyperi- nen. Hier hat F. Müller an den eben ausgeschlüpften Jungen von Hy- pe r i a die Pleopodenanlagen noch völlig vermisst, während Claus bei einer an Discomedusa schmarotzende Hyperia an den eben ausgeschlüpften Larven bereits die Pleopoden und Uropoden entwickelt fand. Im Allgemeinen fallen die Jungen der Hyperiden, gegenüber den ausgewachsenen Formen, bei denen die Augen oft eine excessive Entwicklung nehmen, durch die Kleinheit der Augen und in Folge dessen des Kopfes auf. Oft unterscheiden sie sich auch durch die Gestalt der Gliedmaassen. So fehlt den Jungen von Phronima nach Pagenstecher die gewaltige Scheere am drittletzten Fusspaare. Für die Platysceliden haben Spexce Bäte (No. 2) und neuerdings Claus (No. 177) Angaben über auffällige Unterschiede zwischen der Jugendform und der ausgebildeten Form gemacht, welche zum Theil sich schon auf den allgemeinen Habitus beziehen. So erscheinen die Larven von Rhabdosoma auffallend gedrungen, die von Eu typ bis dagegen langgestreckt. Die Rhabdosomalarven erinnern an den Bau der Gattung Vibilia. Die Abdominal- beine waren erst in der Form kleiner Rudimente angelegt. Die Eutyphis- larven schlössen sich im Habitus an Gammariden an, so dass durch die Jugendstadien die Ableitung der Hvperiden von Crevettinen gestützt erscheint (Claus No. 177). 16. Allgemeines über die Crustaceenentwickluiig. Das Studium der Metamorphose in der ungemein formenreichen und mannichfaltigen Gruppe der Crustaceen gehört zu den anziehendsten und interessantesten Themen der morphologischen Forschung. Vielfach wurde auf einzelne Larvenzustände nach der phylogenetischen Richtung grosses Gewicht gelegt. Wenn nun auch in neuerer Zeit die Nauplius- und Zoeaform des Nimbus, als Stammformen der Crustaceengruppe zu gelten, entkleidet erscheinen, so verliert desshalb die Betrachtung der Crustaceen-Metamorphose doch nicht alle phylogenetische Bedeutung, insoferne in der Art der Entwicklung sehr deutliche Hinweise auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Gruppen unter einander zu erkennen sind. Von grossem Interesse ist auch die Betrachtung der Ursachen, welche auf die Metamorphose der Crustaceen secundär ver- ändernd eingewirkt haben. Die Ansicht, dass das Naupliusstadium der hypothetischen Stammform sämmtlicher Crustaceen entspräche, geht vor Allem auf Fritz Müller (No. 16) zurück und fand in der Entdeckung dieses Forschers, dass auch unter den Malacostraken eine Form (Penaeus) existire, deren Metamorphose mit einem freilebenden Naupliusstadium beginnt, eine nicht unerhebliche Stütze. Nachdem sich Haeckel (Generelle Mor- 494 xv- Capitel. phologie) dieser Ansicht angeschlossen hatte, traten ihr die hervor- ragendsten Forscher auf dem Gebiete der Crustaceen (Dohrn, Claus) bei. Sie konnte lange als die herrschende Ansicht gelten. In welcher Weise der Nauplius von niederen Thierformen abzuleiten, darüber äusserte man sich nur in vorsichtiger Weise. Man musste an ungegliederte oder nur aus wenigen Körpersegmenten bestehende Wurmformen denken, und es wurden nach dieser Richtung am ehesten die Rotatorien oder einfach gestaltete Annelidenlarven in Betracht gezogen. In ähnlicher Weise wie der Nauplius für sämmtliche Crustaceen, sollte die Z o e a als Stammform der höheren Crustaceen oder Malacostraken gelten. Es war hierbei besonders der damalige Stand der Kenntnisse über den Bau der Bracbyuren-Zoea massgebend. Ausgehend von der Anschauung, dass die Segmente des Mittelleibes (die fünf hinteren Thoraxsegmente) an der Zoea nur in nuce, oder — wie man vielfach meinte — gar nicht vorhanden seien, stellte F. Müller (No. 16) die Ansicht auf, dass die Malacostraken durch eine ganz andere Reihenfolge in der Segmentbildung von den Entomostraken geschieden seien. Er unterschied an dem Körper der Malacostraken vier Regionen, von denen jede aus fünf Segmenten bestehen sollte: Urleib, Vorderleib, Mittelleib und Hinterleib. Der Urleib geht direct aus dem Naupliuskörper hervor und liefert die drei vordersten (I. Antenne, IL Antenne, Mandibel) und die zwei hintersten Körpersegmente (Segment der Uropoden und das Telson). Später schieben sich die jüngeren Körperregionen in die Mitte des Urleibs ein, indem zuerst die Segmente des Vorderleibes (Maxillen und Maxillarfüsse), dann die des Hinterleibes (5 vorderen Abdominal- segmente) und ganz zum Schlüsse die des Mittelleibes (Segmente der fünf Gangbeinpaare) gebildet werden sollten. Dieser Anschauung ist schon 1871 Claus durch den Hinweis auf die Entwicklung der Stomatopoden entgegengetreten, bei denen, ganz ebenso wie bei den Phyllopoden, die einzelnen Segmente successive in der Reihenfolge von vorne nach hinten hervorsprossen. Die Ansicht von dem Werth der Zoea als hypothetischer Stamm- form wurde von Dohrn (No. 9) erweitert und modificirt. Auf Grund gewisser Merkmale, in denen man auch bei den Entomostraken Zoea- eigenthümlichkeiten zu erkennen glaubte, und vor Allem gestützt auf die Betrachtung des wegen seiner Stachelbildungen als Archizoea aufgefassten Lepadennauplius glaubte Dohrn die Zoea als Stammform sämmtlicher Crustaceen in Anspruch nehmen zu dürfen, welche, aus dem Nauplius hervorgegangen, den Uebergang zu einer phyllopoden-ähnlichen Vorfahren- form der Crustaceen vermittelt hätte. Dohrn begründete vor Allem die Ansicht, dass in der centralen Gruppe der Phyllopoden die ursprüng- lichsten Krebsformen erhalten seien, und dass sämmtliche übrigen Krebs- gruppen sich von Phyllopoden ableiten lassen, eine Anschauung, die noch jetzt in Geltung ist, und der auch wir uns anschliessen, wenngleich wir mit Claus der angenommenen hypothetischen Stammform nicht aus- schliesslich die Charaktere der jetzt lebenden Phyllopoden vindiciren, sondern für dieselbe eine nach mancher Hinsicht, besonders in Bezug auf die Bildung der Mundtheile, noch ursprünglicher gestaltete, hypothe- tische Stammgruppe der Urphyllopoden construiren. Immerhin war mit dem DoriRN'schen Hinweis auf die Bedeutung der Phvllopodeu als centraler Gruppe, von welcher sämmtliche Crustaceen sich ableiten lassen, ein bedeutender Fortschritt unserer Auffassung gegeben, insoferne der durch F. Müller begründete Gegensatz zwischen Crustaceen. 495 Malacostrakeu und Entomostraken aufgehoben erschien und eine ein- heitliche Ableitung der gesannnten Crustaceenclasse ermöglicht war. Ja, es war durch die DomiN'schen Ausführungen der Weg zu weiteren Fortschritten geebnet, da eine consequente Verfolgung seiner Ideen leicht dazu führen musste, die Pbyllopoden direct auf annelidenähnliche Vor- fahrenformen zu beziehen. Diese Erkenntniss brach sich jedoch erst allmählich Bahn. Zunächst blieb der Nauplius in seiner Stellung als Stammform sämmtlicher Krebse unerschüttert, während die phylogenetische Bedeutung der Zoeaform in den Hintergrund trat. Es ist das Verdienst von Claus (No. 8), auf Grund eines umfassenden Beobachtungsmaterials den Charakter der Zoea als einer secundär abgeänderten Larvenform erkannt und d.argethan zu haben. Neben der Stomatopodenentwicklung war es vor Allein die Metamorphose von Penaeus, aus welcher sich am deutlichsten erkennen liess, dass zwischen der Larvenentwicklung der Malacostraken und der Entomostraken hinsichtlich der Reihenfolge der neuentstehenden Segmente keine prinzipielle Differenz bestände, indem bei beiden die Reihenfolge der Entstehung von vorne nach hinten eingehalten werde. Es war hiermit eine der wichtigsten Eigenthümlichkeiten der Zoeen der höheren Macruren und der Brachyuren nämlich das Zurückbleiben der Segmente des Mittelleibes in der Entwicklung — als ein erst secundär erworbener Charakter erkannt. Aber auch für diese letzteren Formen geht aus neueren Untersuchungen von Claus (No. 6) auf das Deutlichste hervor, dass jene Segmente hier durchaus nicht - wie man früher annahm — vollkommen fehlen, sondern nur in äusserlich wenig er- kennbarer Form und in dichtgedrängter Anlage vorhanden sind. Claus beobachtete nämlich, dass an dem Zoeastadium sämmtliche Ganglienpaare der scheinbar noch fehlenden Segmente des Mittelleibs als dichtgedrängte Bauchganglienmasse bereits vorhanden sind und dass diese Ganglien- masse von der zur Sternalarterie herabführenden absteigenden Arterie bereits durchsetzt werde, wie denn überhaupt der Gefässverlauf des Zoeastadiums bereits völlig die definitiven Verhältnisse erkennen lässt. Allerdings glaubte noch Balpoue (Handbuch der vergleichenden Embryo- logie I. Bd pag. 479) gewisse Erscheinungen der Malacostrakenentwicklung, so besonders das Verschwinden und Wiederauftreten gewisser Anhangspaare (Mandibulartaster, die beiden letzten Thoraxbeinpaafe im Mastigopusstadium der Sergestiden, die drei hinteren Maxillarfusspaare der Stomatopoden) nur unter Zuhülfenahme einer Stammform erklären zu können, welche nach mancher Hinsicht (vor Allem in dem rudimentären Zustande des Mittelleibes) Zoeacharaktere aufwies. Es hätten sich dann aus den Urphyllopoden zu- nächst nebaliaähnliche , sog. praezoeale Formen , aus dieser zoeaähnliche Formen und erst aus letzteren die postzoealen Malacostraken (Thoracostraken und Arthrostraken) entwickelt. Wenn es nun auch auffällig ist, dass bei Nebalia die acht Thoraxsegmente dichtgedrängt einen verhältnissmässig kurzen Leibesabschnitt zusammensetzen, und dass die Extremitäten dieses Abschnittes ein phyllopodenbeinähnliches Aussehen bewahrt haben, so nöthigt uns doch nichts zur Annahme, dass dieser Abschnitt bei den Stammformen, welche zu den Urschizopoden (den Ahnenformen der übrigen Malacostraken) hinüberführten, eine noch weitergehende Reduction erfahren hat. Hinsicht- lich des Verschwindens und Wiederauftretens einzelner Anhänge muss darauf hingewiesen werden , dass diese Erscheinung gleich unerklärlich bleibt, ob man dieselbe in die ontogenetische oder in die phylogenetische Entwicklungs- 496 XV. Capitel. reihe verlegt. Ja, es lassen sich manche Gründe dafür anführen, welche diese Erscheinung unter der Annahme, dass hier ein caenogenetisch abge- ändertes Verhalten des Entwicklungsganges vorliegt, nicht so ganz unerklärlich erscheinen lassen. La:ng (Lehrh. d. Vergl. Anat. 2. Abth. pag. 424) führt das erste Auftreten dieser Gliedmaassen in den jüngeren Larvenstadien auf eine von den Vorfahren überkommene Vererbungstendenz zurück, während das temporäre Verschwinden derselben durch die geänderten Existenzbedingungen der pelagischen Larvenformen zu erklären ist. Es muss hier auch darauf hingewiesen werden, dass diese Gliedmaassen meist im definitiven Zustande ganz anders gestaltet erscheinen, als bei ihrem ersten Auftreten in der Larvenform. Wir finden nun mehrfach, dass Extremitäten, während sie aus einer Form in die andere übergehen, ein rudimentäres Zwischenstadium durchmachen (solche Beispiele liegen besonders in der Lucifermetamorphose nach Brooks vor). Es mag einer gewissen Vereinfachung des Entwicklungs- ganges entsprochen haben, dass statt einer langwierigen Umwandlung einer Extremität ein Entwicklungsgang eingeschlagen wurde, bei welchem nach vollständigem Verlust der larvalen Extremität die andersgestaltete definitive Form dieser Gliedmaasse einfach neu angelegt wurde. Eine solche Ab- änderung des Entwicklungsganges musste sich besonders in jenen Fällen geltend machen , in denen in Folge der eigenartigen Lebensbedingungen der Larvenform die betreffende Extremität für das betreffende Stadium von ge- ringem Werth geworden war. Parallelen für eine derartige Abänderung des Entwicklungsganges bei beträchtlicher Gestaltungsdifferenz der larvalen und ausgebildeten Form lassen sich aus verschiedenen anderen Thiergruppen bei- bringen. Wir erinnern hier nur an den Verlust des larvalen Nervensystems und der Haut des Pilidiums und der Entstehung dieser Organe an der jungen Nemertine aus einer Neuanlage. Im Uebrigen können wir hinsichtlich der Ansichten Balfour's nur auf die durch gewichtige Gründe (vor Allem durch den Hinweis auf die Stellung und Entwicklung von Penaeus) gestützte Wieder- legung verweisen, welche dieselben durch P. Mayer (No. 138) erfahren haben. Wir betrachten demnach die Zoea mit Claus als eine seeundäre, den eigenartigen Existenzbedingungen des Larvenlebens entsprechend abgeänderte Entwicklungsform , welche sich nicht der Reihe der hypo- thetischen Malacostrakenahnen einordnet. In gleicher Weise muss aber auch der Nauplius als eine seeundär abgeänderte Crustaceerj -Larvenform betrachtet werden. In diesem Falle handelt es sich um eine Verlegung speeifischer Crustaceen-Charaktere in frühere Stadien. Es ist das Verdienst Hatschek's (No. 15), zuerst darauf hingewiesen zu haben, dass bei einer Ableitung der Crustaceen von phyllopodenälmlichen Vorfahren der Anschluss der letzteren an die Gruppe der Anneliden sich als die natürlichste Ableitung der Crustaceen- gruppe ergiebt, Hatschek stützte sich vor Allem auf die Übereinstimmung, welche sich in der Körpergliederung und dem Bau der ausgebildeten Crustaceen und Anneliden vorfindet, und welche schon Cuvier und von Baer zur Aufstellung des Typus der Ar ticulaten (Anneliden und Arthropoden) veranlasst hatte. Vor Allem herrscht im Bau des Centralnervensystems (gegliederte Bauchganglienkette) eine solche Uebei- einstimmung, dass wir dieselbe nur auf wahre Homologie zurückführen können. Würden wir dagegen die Crustaceen durch Vermittlung des Nauplius von einer unsegmentirten Wurmform herleiten, so würden wir zur Annahme gezwungen sein, dass die übereinstimmenden Merkmale im Bau der Anneliden und der Crustaceen in beiden Gruppen selbst- ständig zur Entwicklung gekommen seien, daher auf blosser Analogie Crustaceen. . 497 beruhen — eine Annahme, zu welcher man nach den Ergebnissen der vergleichenden Anatomie kaum berechtigt ist. Es sei hier neben der Uebereinstimmung im Bau des Centralnervensystems nur noch auf die Schalendrüse und Antennendrüse hingewiesen, deren Homologie mit Segmentalorganen der Anneliden als erwiesen betrachtet werden kann. Zu einer ganz übereinstimmenden Auffassung über den Werth der Naupliusform kam auch Dohrn (No. 11). Wenn wir demnach die Crustaceen (Phyllopoden) von anneliden- ähnlichen Vorfahren ableiten, so müssen wir für die letzteren die Ent- wicklung durch ein Trocbophora- Stadium und im weiteren Verlauf durch ein aus wenigen Segmenten bestehendes (polytroches) Larvenstadium annehmen. Wir würden dann bei ungefälschter Wiedergabe der Vor- fahren-Charaktere auch für die Crustaceen die Entwicklung durch derartige Larvenstadien erwarten müssen; statt deren finden wir jedoch das Naupliusstadium als typischen Ausgangspunkt der Crustaceenmetamorphose. Die Larven der Crustaceen sind demnach durch frühzeitige Entwicklung typischer Crustaceen - Charaktere secundär modificirt. Hatschek war geneigt, im Anschlüsse an die damals verbreitete Auffassung des Nauplius als unsegmentirter Form denselben der Anneliden-Trochophora gleichzu- stellen. In neuerer Zeit hat sich eine Aenderung der Ansichten insofern geltend gemacht, als man dem Nauplius mehrere echte Rumpfsegmente zuerkennt. Massgebend hiefür war besonders der von Claus und Dohrn geführte Nachweis, dass das zweite Gliedmaassenpaar des Nauplius von einem hinter dem Munde gelegenen Ganglion aus innervirt werde. Man musste demnach den Nauplius als bereits segmentirte Larvenform betrachten und konnte denselben höchstens mit schon metamer gegliederten, jungen Annelidenlarven in Parallele stellen (Claus Nr. 7). Wie viele Rumpf- segmente wir dem Nauplius zuerkennen , darüber wird die Antwort verschieden ausfallen, je nach der Anschauung, welche man hinsichtlich der Segmentirung des Kopfabschnittes der Crustaceen zu Grunde legt. Uns scheint es mit den entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen sowohl, als auch mit den aus der Anatomie des Crustaceengehirnes sich ergebenden Verhältnissen am meisten in Uebereinstimmung, wenn man für jedes der drei Naupliusextremitätenpaare ein echtes Rumpfmetamer in Anspruch nimmt und ausserdem einen vor diesen gelegenen primären Kopfabschnitt und einen hinteren, mit der Knospungszone (für die Entstehung neuer Metamere) vereinigten Endabschnitt (Aftersegment) , aus welchem das Telson hervorgeht, annimmt (vgl. das oben über die primäre Seg- mentirung des Kopfes der Crustaceen pag. 364 u. ff., sowie das über das Naupliusstadium pag. 385 Gesagte). Der Uebergang von Anneliden zu den Vorfahrenformen der Crustaceen (Protostraken Claus) war mit gewissen Aenderungen des Baues und der Bewegungsweise verbunden. Selbst bei pelagischen Anneliden (z. B. Tomo- pteris) ist die Locomotionsform die seitlicher Schlängelungen des Körpers1). Es tritt hier die Beweglichkeit der Körpersegmente gegen einander in den Vordergrund , während den Parapodien nur ein geringes Maass von Eigen- bewegung zukommt. Bei der stärkeren Chitinisirung der Körperoberfläche der Crustaceenahnen wurde die Beweglichkeit der Metameren gegen einander eingeschränkt. Der Rumpf gewann an Festigkeit und Starrheit, während die Extremitäten sich vom Rumpfe zu selbstständiger Beweglichkeit ab- *) Von dieser Bewegungsform haben sich noch Spuren bei Branchipus erhalten. Vgl. Dohrn (No 9). 498 ' XV. Capitel. gliederten. Es ist gewiss, dass hiemit eine vollkommenere, mit weniger Kraft- aufwand verbundene Bewegungsform erzielt wurde. Mit der Umwandlung der Annelidenparapodien zu selbstständig beweglichen Rudern wrar der Grund zur Gestaltveränderung dieser Fortsätze gegeben, welche schliesslich zur Aus- bildung des zweiästigen Crustaceenbeines führte. Mit Rücksicht darauf, dass die Parapodien mancher pelagischer Anneliden thatsächlich eine lamellöse Form annehmen, werden wir für die hypothetischen Crustaceenahnen eine ähnliche Beinform supponiren dürfen. Wir werden uns deshalb der Ansicht zuneigen, dass die lamellösen, noch nicht gestreckten Beinformen der Phyllo- poden , welche auch bei Nebalia und an den Maxillen der Copepoden und Malacostraken wiederkehren , dem ursprünglichen Gliedmaassentypus nahe- stehen , und dass sich aus diesen erst secundär gestrecktere Beinformen herausgebildet haben. Wir werden die Zweiästigkeit des Crustaceenbeines direct auf die entsprechende Gestalt der Annelidenparapodien zu beziehen haben, und es dürfte vielleicht gerechtfertigt sein, den Epipodialanhang des Crustaceenbeines von Dorsalkiemen des Annelidenparapodiums abzuleiten. Dagegen war mit der grösseren Beweglichkeit der Segmentanhänge als neu hinzukommende Function ein Gegeneinanderwirken der beiden Theile eines und desselben Paares ermöglicht, wras zur Entwicklung dementsprechender lappenförmiger Fortsätze (Enditen, Kaufortsätze) an der Innenseite führte. Derartige Fortsatzbildungen kommen noch sämmtlichen Rumpfbeinen der Branchiopoden zu und werden daselbst auch zum Zwecke der Beförderung von Nahrungspartikelchen verwendet. Bei den meisten Crustaceen ist da- gegen die Entwicklung derartiger Fortsatzbildungen auf die in der Umgebung des Mundes stehenden Gliedmaassen eingeschränkt. Es verdient besondere Beachtung , dass auch die zweite Antenne im Naupliusstadium sich durch Kieferfortsätze ihres Basalgliedes an dem Kaugeschäfte betheiligt und erst später eine völlig präorale Lagerung gewinnt, worauf ihre Verwendung als Kauwerkzeug in Wegfall kommt. Wenn wir uns durch die oben geschilderte Aenderung in der Bewegungsweise, durch die angedeutete Umwandlung der Extremitäten (und damit steht eine Veränderung in den Leibeshöhlenverhältnissen im Zusammenhange) aus Annelidenformen eine als Stammform der Crustaceen geltende Protostrakenform hervorgegangen denken, so leuchtet ein, dass wir derselben noch nicht alle jene Charaktere zuschreiben dürfen, durch welche die Gruppe der Crustaceen einheitlich umschrieben erscheint. Die Vereinigung der fünf vordersten, gliedmaassentragenden Segmente zu einem gemeinsamen Körperabschnitt (Kopf), die Umbildung der beiden vordersten Extremtätenpaare zur typischen Form der Crustaceenantennen, die Entwicklung durch ein Naupliusstadium — das sind Charaktere, welche sämmtlichen Crustaceen zukommen, welche wir auch den Urphyllopoden zuschreiben werden , welche aber noch nicht mit Notwendigkeit der Protostrakenform vindicirt werden müssen. Für letztere werden wir im Gegentheil eine grössere Variationsbreite in Anspruch nehmen dürfen. Wir werden annehmen dürfen, dass in der hypothetischen Protostrakengruppe Lebensformen vereinigt waren, welche von dem typischen Bau der Crustaceen sich weit entfernten. Als solche aus der Protostrakengruppe selbstständig hervorgegangene Stämme werden wir die Classe der Palaeostraken (Trilobiten, Gigantostraken , Xi- phosuren), sowie die Gruppe der Pantopoden bezeichnen dürfen, von denen noch im Folgenden die Rede sein wird. Es sei hier darauf hingewiesen, dass auch Peripatus in einigen wenigen Punkten eine merkwürdige Uebereinstimmung mit den Crustaceen Crustaceen. 499 erkennen lässt. So haben die Untersuchungen von Sedgwick eine grosse Aehnlichkeit im Bau der Nephridien beider Gruppen ergeben. Dann erinnert die Beiziehung des Kieferganglions von Peripatus zum Gehirn an die entsprechenden Verhältnisse des Antennenganglions der Crustaceen. Ferner ist es uns wahrscheinlich geworden, dass eine bei Peripatus bisher wenig beachtete Bildung das Homologon des Frontalorgans der Crustaceen darstellt. Auf Grund dieser Uebereinstimmungen darf man vermuthen, dass auch die Ahnenformen der zu den Myriopoden und Insecten hinführenden Arthropodenreihe ihre Wurzel in der Protostrakengruppe gehabt haben. Versuchen wir uns ein Bild jener Ahnenformen zu entwerfen, welche von der mehr allgemein umschriebenen Gruppe der Protostraken den Uebergang zu den eigentlichen Crustaceen vermittelten, und welche wir als Urphyllopoden zu bezeichnen pflegen, so werden wir für dieselben einen mein' homonom segmentirten Körper, eine geringere Differenz der einzelnen Leibesregionen, als dies bei den jetzigen Crustaceen der Fall ist, voraussetzen dürfen. Jedes der gleichartigen, den grössten Theil des Körpers bildenden Rumpfsegmente besass ein Ganglienpaar des Bauchnervenstrangs , ein Paar zweiästiger, lamellöser, phyllopoden- beinähnlicher Extremitäten und vielleicht auch (wie bei Peripatus) ein Paar von Nephridien. Denn, da wir die Antennendrüse und die Schalendrüse, sowie die Geschlechtsausführungsgänge als umgewandelte Nephridien in Anspruch nehmen müssen, so scheint die in den einzelnen Crustaceen- gruppen sehr wechselnde Lagerung der Geschlechtsausführungsgänge darauf hinzudeuten, dass wir der gemeinsamen Ahnenform der Crustaceen eine grössere Zahl von Nephridienpaaren zuzuschreiben haben. Für den gliedmaassenlosen hintersten Körperabschnitt (End- oder Analsegment) werden wir vielleicht den Besitz paariger Furcalfortsätze als von der gemeinsamen Ahnenform der Crustaceen ererbt annehmen dürfen. Die typischesten Crustaceencharaktere waren aber offenbar schon bei den Urphyllopoden in der Gestaltung des vordersten Körperabschnittes, des sog. Kopfes zum Ausdruck gekommen. Wir finden hier die Vereinigung der fünf vordersten, gliedmaassentragenden Körpersegmente (denen wahr- scheinlich als sechster gesonderter Abschnitt ein vorderstes, primäres Kopfsegment mit den Augen und Frontalorganen zugerechnet werden muss) zu einer gemeinsamen Körperregion, deren durch eine Duplicatur erweitertes Rückenintegument zur Bildung des schützenden Rückenschildes sich vergrösserte. Von den fünf dieser Region zugehörigen Gliedmaassen- paaren nehmen die ursprünglich überall einreihigen Antennulae als Träger wichtiger Sinnesorgane eine exceptionelle Stellung ein. Dir darauffolgenden zweiten Antennen waren zweiästig und funsirten vor- nehmlich als Ruder, vielleicht auch noch an dem Kaugeschäfte sich betheiligend. Zu letzterem erschienen die hinter der Oberlippe gelegenen Mandibeln durch Umbildung ihres Basalgliedes besonders befähigt, während der übrige Theil der Extremität sich bei den Copepoden als zweiästiger Taster erhalten hat. Zwei darauffolgende Maxillenpaare näherten sich im Bau den dahinter folgenden Rumpfgliedmaassen und haben vielfach unter den jetzt lebenden Crustaceen noch ursprüngliche Charaktere bewahrt. Mit Rücksicht auf das Vorhandensein einer hinter den Mandibeln gelegenen paarigen Unterlippenbildung (Paragnathen) in verschiedenen Crustaceengruppen werden wir eine solche auch der gemeinsamen Stammform zuschreiben dürfen. Dem vordersten Kopfabschnitte kamen zu: die Frontalorgane (primäre Kopftentakel der Anneliden?), das unpaare 500 xv- Capitel. Auge (sog'. Naupliusauge) und die paarigen, zusammengesetzten Augen, welche wir offenbar als von der gemeinsamen Crustaceenstammform ererbt annehmen dürfen. Durch die so geschilderte Ausbildung des Kopfabschnittes und seiner Gliedmaassen waren die Charaktere gegeben, durch welche die eigentlichen Crustaceen (Urphyllopoden) sich von den Palaeostraken und den übrigen Stämmen der Arthropoden trennten. Die Urphyllopoden waren wahrscheinlich getrennt geschlechtlich ; sie besassen ein langes Rückengefäss mit segmentalen Ostienpaaren und vielleicht auch ein Paar von Leberausstülpungen in jedem Segmente. Für letztere Charaktere sprechen die Organisationsverhältnisse der Stomatopoden. (Hinsichtlich der gemeinsamen Crustaceenstammform vergleiche die ähn- lichen Aufstellungen in Lang's Lehrbuch der vergl. Anatomie pag. 419.) Zum Schlüsse noch einige Hinweise darauf, wie sich die verwandtschaft- lichen Beziehungen der einzelnen Crustaceengruppen unter einander darstellen. Den Urphyllopoden stehen unter den Entomostraken dieBranchiopoden, unter den Malacostraken Nebalia, und in Hinsicht auf manche Punkte der inneren Organisation die Stomatopoden am nächsten. Unter den Ento- mostraken haben sich wahrscheinlich die Copepoden am frühesten selbst- ständig abgezweigt und, während sie in Anpassung an die pelagische Lebens- weise eine gewisse Reduction erfuhren (Rückbildung des Rückenschildes, des Herzens, der Respirationsorgane, Verlust des paarigen Auges), in anderer Hinsicht, besonders in Bezug auf den Bau der Mundtheile sehr ursprüng- liche Verhältnisse bewahrt. Die übrigen Entomostraken (Phyllopoden, Ostrakoden und Cirripedien) scheinen einander etwas näher zu stehen. Unter den Phyllopoden stellen die kleinen, aus wenigen Körpersegmenten bestehenden Cladoceren eine offenbare Rückbildungsform der Estheriden dar. Für die Ostracoden werden wir eine von einer zweiklappigen Schale völlig umschlossene Urphyllopodenform zum Ausgangspunkte zu nehmen haben, eine Form, welche demnach im Habitus offenbar den Estheriden ähnlich war. Die ursprünglichsten Formen unter den Ostracoden, die Cypridinen, weisen in der Gestaltung der Gliedmaassen deutlich auf die Verwandtschaft mit den Phyllopoden hin. Da wir für die Urphyllopoden einen aus zahlreichen Segmenten bestehenden Körper voraussetzen müssen, so werden wir für die Ostracoden eine secundär eingetretene Verringerung der Segmentzahl anzu- nehmen haben. Von einer ähnlichen Stammform, wie die Ostracoden, haben wir auch die Cirripedien abzuleiten, bei deren Beurtheilung wir von der freischwimmenden , cyprisähnlichen Larve ausgehen müssen. Allerdings wird für die Cirripedien im Anschlüsse an Claus vielfach eine nähere Ver- wandtschaft mit den Copepoden angenommen. Letztere Annahme stützt sich auf die Aehnlichkeit der Thoraxgliedmaassen, sowie auf die übereinstimmende Segmentalzahl dieses Körperabschnittes in beiden Gruppen. Da aber diese Merkmale in beiden Gruppen selbstständig erworben sein können, wie sie denn auch thatsächlich bei anderen Crustaceen wiederkehren (die Zahl von sechs Thoraxsegmenten z. B. auch bei den Cladoceren), so werden wir auf dieselben keine ntscheidendes Gewicht legen können. Fassen wir die typischesten Copepodencharaktere (Rückbildung der Seitenaugen und des Rückenschildes, Auflösung der zweiten Maxille in ein Doppelpaar von Maxillarfüssen) ins Auge, so finden wir, dass dieselben der Cyprislarve der Cirripedien nicht zukommen. Auf das Vorhandensein einer umfangreichen, zweiklappigen Schale, aus welcher der Mantel der ausgebildeten Form hervorgegangen ist, werden wir bei der Beurtheilung der systematischen Stellung der Cirripedien in erster Linie Werth legen müssen. Uns erscheinen demnach die verwandt- schaftlichen Beziehungen dieser Gruppe zu den Copepoden nur fernere, und Crustaceen. 501 mit Rücksicht auf die cyprisähnliche Larve ist wohl die Ableitung von einer mit zweiklappiger Schale versehenen Urphyllopodenform gerechtfertigt. Wir schliessen uns in dieser Hinsicht den Ausführungen Balfour's (Handbuch der Vergl. Embryologie. Deutsche Ausgabe. I. Bd. pag. 482) und Fowler's (No. 43) an. Unter den Malacostraken nehmen die L e p t o s t r a k e n , zu denen ausser der jetzt lebenden Gattung Nebalia und Verwandten mit grosser Wahrscheinlichkeit noch eine Reihe fossiler Formen, wie Ceratocaris, Dictyocaris, Hymenocaris zu rechnen ist, die ursprünglichste Stufe ein und zeigen morphologische Charaktere, durch welche sie sich direct an die Phyllopoden anschliessen. Nebalia, deren Bau hauptsächlich durch Claus genauer bekannt geworden ist, wie denn auch die Präcisirung der systematischen Stellung dieser Form auf diesen Forscher zurückzuführen ist, zeigt in der Regioneneintheilung des Körpers, in dem Bau und der Zahl der Gliedmaassen, sowie in zahlreichen Punkten der inneren Anatomie (Vor- handensein eines dem Vorderdarm zuzurechnenden Kaumagens, Zahl und Vertheilung der Leberschläuche) ganz entschiedenen Malacostrakentypus, so dass über die Zurechnung dieser Form zu den Malacostraken kein Zweifel aufkommen kann. Selbst die in acht gleichgestalteten Paaren vorhandenen, phyllopodenbeinähnlichen Thoraxgliedmaassen schliessen sich nach der Glieder- zahl ihres Endopoditen den Malacostraken an. Demgegenüber fällt es kaum ins Gewicht, dass das Abdornen an seinem hintersten Eude ein überzähliges, gliedmaassenloses Segment aufweist. Von Merkmalen, durch welche die Nebalien sich an die Phyllopoden anschliessen und daher sich als directe Abkömmlinge der hypothetischen Gruppe der Urphyllopoden darstellen, sind zu erwähnen : das Vorhandensein eines langgestreckten Herzens mit einer grösseren Anzahl venöser Spaltenpaare (vier grosse und drei kleine), die sehr ursprüngliche Gestaltung der Bauchganglienkette, deren Kieferganglien sich wie bei Branchipus gesondert erhalten haben, die flache, lamellöse, an die Form der Phyllopodenbeine erinnernde Gestaltung der acht Thoraxbeinpaare, an denen eine Sonderung von Maxillarfüssen und Gang- oder Schwimmfüssen noch nicht eingetreten ist, das Vorhandensein einer umfangreichen, zwei- klappigen , durch einen eigenen Schliessmuskel verschliessbaren Schale und schliesslich der Besitz zweier langgestreckter, selbstständig beweglicher Furcal- fortsätze, welche sehr an die von Branchipus erinnern. Unter den übrigen Malacostraken nehmen die Stomatopoden eine ungemein selbstständige Stellung ein. Offenbar haben wir es hier mit einem Stamm zu thun, der sich sehr frühzeitig von den Urmalacostraken abgesondert hat. Während die Form des Herzens und vielleicht auch die Vertheilung der Leberschläuche auf ursprüngliche Verhältnisse hinweisen, finden wir nach anderer Richtung vielfach originelle , offenbar selbstständig erworbene Ge- staltungsverhältnisse zur Ausbildung gelangt. Der Hauptstamm der Malacostraken dagegen leitet sich von den Lepto- straken unter Vermittlung der Schizopoden ab, unter denen wieder die Euphausiden als die ursprünglichste Gruppe gelten dürfen. Als solche geben sich die letzteren besonders durch die Gestaltung der Thoraxbeine zu erkennen, welche sämmtlich als zweiästige Ruderfüsse entwickelt sind und von ziemlich gleicher Form erscheinen. Die Ansicht, dass die Decapoden von Schizopoden abstammen, wird durch das Vorhandensein eines schizopoden- ähnlichen Stadiums in der Metamorphose vieler Decapoden besonders gestützt. Unter letzteren schliessen sich die Penaeiden, denen auch die Astaciden nahe stehen, am nächsten an die Schizopoden an. Die übrigen Decapoden erscheinen als abgeleitete Formen der von den Sohizopoden ausgehenden Entwicklungs- Korschelt-Heider, Lehrbuch. 33 502 x^ ■ Capitel. reihe. Die Brachyuren, durch zahlreiche als Anomuren bezeichnete Uebergänge mit den Macruren verbunden, müssen als die höchstent- wickelte, aber abgeleitetste Gruppe dieser Formenreihe betrachtet werden. Eine zweite von den Schizopoden ausgehende Formenreihe führt unter Vermittlung der Mysideen und Cumaceen zu den Arthros traken , welche wir uns unter Rückbildung des Cephaiothoraxschildes, des Stielauges und der Exopoditen der Thoraxgliedmaassen aus den Schizopoden hervor- gegangen zu denken haben. Letztere Ableitung wurde in neuerer Zeit besonders durch Boas (No. 4) urgirt. Für dieselbe spricht der Bau der Scheerenasseln (Anisopoden), bei denen an den zwei vorderen Thoraxbeinen rudimentäre Exopoditen erhalten sind, sowie sich auch der Rest einer dorsalen Schildduplicatur hier vorfindet. Eine weitere Stütze gewinnt diese Ableitung durch die Beobachtung Nusbaum's, welcher am Embryo von Ligia (Litt. d. Embryo-Entw. No. 85 a) für sämmtliche Thoraxbeinpaare eine spaltästige Anlage feststellen konnte. Den Anisopoden stehen die Isopoden, unter denen besonders Asellus ursprüngliche Verhältnisse bewahrt hat, nahe, während die Amphipoden als eine mehr abgeleitete Gruppe dieser Formenreihe betrachtet werden müssen. Litteratur der Metamorphose der Crustaceen. Crustaceen im Allgemeinen. 1. Bäte , C. Spence. Report on the present state of our knowledge of the Crustacea. Report of the British Association Adv. Sei. . For 1S7S. 2. Bäte, C. Spence and Westwood, J. O. 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Die Vereinigung dieser drei Gruppen, an deren näherer verwandtschaftlicher Zusammengehörigkeit wir kaum zweifeln können, wurde hauptsächlich durch Dohrn (Nr. 11) eingehender begründet. Die Xiphosuren, unter denen die Gattung L i m u 1 u s üls einziger jetzt lebender Repräsentant dieser Gruppe für uns von be- sonderem Interesse ist, zeigen in der Gestaltung des Cephalothorax- schildes (besonders von Belinurus) eine auffallende Uebereinstimmung mit den Trilobiten, auf welche auch die Entwicklungsstadien von Limulus hinweisen. Andererseits schliessen sich die Gigantostraken (Euryp- terus, Pterygotus) in der Regioneneintheilung des Körpers und im Glied- maassenbaue sehr nahe an Limulus an. Wie Limulus besitzen sie eine vordere Cephalothoraxregion , deren sechs zum Theil scheerentragende Extremitätenpaare sich durch ihren verbreiterten Coxalabschnitt an dem Kaugeschäfte betheiligen. Die Kauregion wird nach hinten durch eine als M e t as t o m bezeichnete Unterlippenbildung (bei Limulus durch paarige Chilaria [Fig. 335 ch und 336 JB pag. 521 j vertreten) abgegrenzt. Es folgt sodann eine aus sechs Körpersegmenten bestehende gegliederte Re- gion (Praeabdomen) , deren blattförmige Extremitäten der Respiration dienten, während sich hinten ein aus sechs gliedmaassenlosen Segmenten und dem Telson bestehendes Postabdomen (bei Limulus nur in reducirtem Zustande vorhanden) anschliesst. Wollten wir wie dies vielfach ge- schehen ist — die Palaeostraken den Crustaceen unterordnen, so wäre dies nur unter einer Erweiterung des Begriffes der Crustaceen möglich. Die Crustaceen erscheinen durch den Besitz zweier präoraler Antennenpaare, welche sich im ausgebildeten Zustande an dem Kaugeschäfte nicht be- theiligen und nebst locomotorischen Functionen hauptsächlich der Sinnes- perception dienen, als eine einheitliche Gruppe1) charakterisirt. Ausser- dem erscheint für ihre Entwicklung das Naupliusstadium ungemein typisch. x) Auch im Bau der Mundwerkzeuge, welche in der typischen Form der Man- dibeln und Maxillen entwickelt sind, sowie durch die Lagerung der in verschiedenen Krebsgruppen auftretenden paarigen Unterlippenbildung (Paragnathen) hinter den Mandibeln und vor den Maxillen unterscheiden sich die Crustaceen von den Palaeos- traken. Für die Locomotion kommen die Kieferpaare der Crustaceen an den aus- gebildeten Formen kaum mehr in Betracht. 510 XVI. Capitel. ,ep Den Palaeostraken hingegen scheinen diese beiden Merkmale zu fehlen. Wir werden desshalb die systematische Stellung der Palaeostraken viel- leicht richtiger beurtheilen, wenn wir sie nicht als echte Crustaceen be- trachten, sondern als eine selbstständige Gruppe auffassen, welche zwar mit den Crustaceen verwandt ist, aber sich von den hypothetischen Ahnenformen der Crustaceen (Protostraken) als selbstständiger Seitenast abgezweigt hat. bevor es zur Entwicklung der für die ersteren typischen Charaktere (zwei Antennenpaare, Entwicklung durch ein Naupliusstadium) gekommen war (vgl. oben pag. 498). Eine bei den Palaeostraken sehr ausgebreitete Erscheinung, welche in dieser Ausdehnung bei den echten Crustaceen nicht wiederkehrt, ist die häufige Verschmelzung der hin- tersten Körpersegmente zu einem einheitlichen Abschnitte (Pygidium), eine Erscheinung, welche offenbar eine Anpassungsform an das Vermögen der Einrollung darstellt. Unter den Palaeostraken nehmen die Trilobiten durch die mehr homonome Segmentirung des postcephalischen Abschnittes und den — wie es nach Walcott scheint — einheitlichen Charakter der zahlreichen Extremitäten die niederste Ent- wicklungsstufe ein. Im Bau der Extremitäten zeigen sie nach den Untersuchungen von Walcott (Nr. 5) eine auffällige Ueberein- stimmung mit dem Typus der Crustaceengliedmaassen. Die Beine der Trilobiten (Fig. 326) sind zweiästig, mit einem fünf- oder mehrgliedrigen Endopoditen (en) , welcher mit einer Kralle endete, und einem zwei- bis dreigliedrigen Exopoditen (ex). An der Aussenseite des Coxal(Basal)- gliedes finden sich spiralige als Kiemen gedeutete Epipodialan- hänge (ep) befestigt. Es sei hier darauf hingewiesen, dass auch bei Linmlus durch das Vorhandensein eines als Exopodit aufzufassenden Anhanges am sechsten Extremitätenpaare (Fig. 335, rr, pag. 520), sowie durch die Gestaltung der Abdominalbeine (ax , a2) der zweiästige Charakter der Crustaceenbeine zum Ausdruck kommt. WTenn sich so die Palaeostraken nach einer Richtung an die Crustaceen und deren hypothetische Stammgruppe, die Protostraken, anschliessen, so werden sie für uns noch dadurch von grösserem Interesse, dass sie wahr- scheinlich die Ausgangs-Gruppe darstellen, aus welcher die luftathmenden Arachnoiden sich herausgebildet haben. Die Ansicht von der näheren Ver- wandtschaft der Arachnoiden — vor Allem der Scorpione — mit Linmlus, zuerst von Strauss-Dürkheim ausgesprochen und neuerdings durch Ray- Lankester (No. 16) auf breiterer Basis begründet, erscheint durch so zahlreiche Uebereinstimmungen des Baues und der Entwicklung beider Gruppen gestützt, dass wir uns derselben nicht verschliessen können. Wir werden auf dieselbe unten (vgl. pag. 530 u. ff.) ausführlicher zurück- kommen. Von den Entwicklungsstadien der fossilen Palaeostraken sind nur wenige durch die günstige Beschaffenheit des sie einschliessenden Ge- Fig. 326. Schematiseher Querschnitt durch ein Rumpfsegment eines Trilobiten (nach Walcott, aus Lang's Lehrbuch). en Endopodit, ep Epipodialanhänge, ex Exopodit, d Darmcanal, r Ehachis, p Pleuren. Palaeostraken. 511 steines unserer Untersuchung erhalten geblieben. Immerhin kennt man Entwicklungsstadien zahlreicher Trilobitenformen und ist es für manche Formen gelungen, ziemlich complete Entwicklungsserien zusammenzu- stellen, so dass wir über die Metamorphose der Trilobiten hinsichtlich mancher wichtiger Punkte orientirt sind. Dagegen scheinen über Ent- wicklungsstadien von Gigantostraken bisher keine Beobachtungen vorzu- liegen. -&v I. Trilobiten. Wenngleich neuere Untersuchungen (Ford, No. 2, 3, Walcott, No. 6, Matthew, No. 4) vorliegen, so bilden doch die älteren Angaben von Barrande (No. 1), denen wir hier folgen, die Grundlage für unsere Kenntniss der Metamorphose der Trilobiten. Barrande unterschied vier Entwicklungstypen cler Trilobiten, welche er übrigens selbst nur als provisorisch aufgestellt betrachtet wissen wollte. Drei dieser Entwicklungs- weisen lassen sich als Modifikationen eines Typus betrachten, während der Agnostus-Typus den übrigen schärfer gegenüber zu stehen scheint. 1. Entwicklungstypus mit später Ausbildung des definitiven Pygidiums. Eine sehr vollständige, durch zahlreiche aufeinander folgende Stadien vermittelte Metamorphose ist durch Barrande fürSao hirsuta bekannt geworden (Fig. 327), welche Form dem ersten Entwicklungstypus Bar- rande's folgt. Die jüngsten bekannt gewordenen Stadien (Ä) weichen im Aussehen noch sehr von der ausgebildeten Form ab. Sie sind unge- mein klein (2 3 Millimeter Durchmesser), rundlich, scheibenförmig und zeigen noch keinen Zerfall des Körpers in scharf gesonderte Segmente. Der Körper besteht zum grössten Theile aus der Anlage des späteren Kopfabschnittes, an welchem man bereits die Glabella durch Dorsal- furchen von den Wangen abgesetzt erkennt. Nach vorne erscheint die Glabella noch nicht deutlich begrenzt. Zu ihren beiden Seiten kann man dicht am Vorderrande des Körpers zwei bogenförmige Einbiegungen er- kennen, welche — wie man vermuthen darf — mit der Anlage der Augen (a) in Beziehung stehen. Die Anlage des Kopfschildes nimmt den grössten Theil des ganzen Körpers ein. Ein ganz kleiner hinterer Abschnitt zeigt die Anlagen einiger weniger undeutlicher Körpersegmente. Einige Zacken des Hinterrandes sind auf die Pleuren dieser Segmente zu beziehen. Diese Region enthält in nuce die Anlage des ganzen späteren Thorax und des Pygidiums. In einem wenig späteren, bereits etwas gestreckteren Stadium (B) hat sich der Kopfabschnitt des Körpers durch eine scharfe Grenze von der erwähnten hinteren Körperregion abgesetzt. In dieser letzteren sind die Segmentanlagen deutlicher geworden, und ihre Zahl hat zugenommen. Von derselben wird in den nun folgenden Stadien (C, Z), E) die Thorax- region angelegt, indem die vordersten, am meisten entwickelten Segmente sich abgliedern und als frei bewegliche Segmente der Thoraxregion selbst- ständig werden. Während die Region der hinteren verschmolzenen Seg- mentanlagen auf diese Weise nach vorne successive Segmente abgiebt, werden an ihrem hinteren Ende immer neue Segmentanlagen producirt. Man darf diese Region der hinteren noch unvollständig getrennten Seg- mentanlagen, welche nichts weiter ist, als die Knospungszone der noch 512 XVI. Capitel. fehlenden Thoraxsegmente, nicht mit dem Pygidium des ausgebildeten Thieres verwechseln. Sie wurde von Barrande als „Pygidium transi- toire" bezeichnet und unterscheidet sich auch äusserlich von dem defini- tiven Pygidium; denn während letzteres bei Sao und Dalmanites ganzrandig erscheint, trägt das transitorische Pygidium nach hinten frei vorspringende Zacken, welche zu der Entwicklung der Pleuren der freien Thoraxsegmente in Beziehung stehen. Erst nachdem die volle Zahl (bei Sao 17) der freien Thoraxsegmente zur Ausbildung gekommen ist, ent- wickelt sich das bei Sao sehr kurze definitive Pygidium. Während auf diese Weise die Gliederung der ausgebildeten Form allmählich erreicht wird, erleidet der Kopfabschnitt anscheinend durch einfache Wachsthumsveränderungen Umbildungen, welche denselben der B D Fig. 327. Fünf Entwicklungsstadien von Sao hirsuta (nach I3a.kranjl>e). A jüngstes Stadium , B etwas älteres Stadium mit deutlicher Abgrenzung des Kopfabschnittes, C Stadium mit zwei freien Tlioraxsegmenten, I) Stadium mit sieben freien Thoraxsegmenten, E Stadium mit zwölf freien Thoraxsegmenten. a Augenanlage, g Gesichtsnaht, p transitorisches Pygidium. Gestaltung der ausgebildeten Form entgegenführen. Es erscheinen der Limbus, die Occipitalfurche, die Hörner der Hinterecken. Die Glabella grenzt sich schärfer ab und zeigt durch die auftretenden Querfurchen die Andeutungen einer Segmentirung. Schliesslich wird die Gesichts- naht ig) deutlich erkennbar, und es entwickelt sich die für Sao charak- teristische gekörnelte Verzierung der Oberfläche. Während die genannten Entwicklungserscheinungen nur selbstverständliches darbieten, ist die Lage- veränderung der Augenanlage (a) mit Rücksicht auf die Position der Seitenaugen von Limulus von grossem Interesse. Die Augenanlage liegt Palaeostraken. 513 ursprünglich ganz nahe dem Vorderrande des Kopfschildes zu den Seiten der Glabella. Die Augen erseheinen mit ihrem grössten Durchmesser quer gestellt. Die Lage der Augen erinnert in diesen frühen Stadien einigermassen an das Verhältniss, welches bei Cromus intercostatus zeit- lebens besteht. Erst in den späteren Entwicklungsstadien von Sao rücken die Augen seitlich von der Glabella ab und nach hinten und stellen sich mit ihrem Längendurchmesser parallel zur Längsaxe des Körpers. In ganz übereinstimmender Weise verläuft auch die Entwicklung von Dalmanites socialis. Ebenso scheint auch die durch Matthew (No. 4) bekannt gewordene Metamorphose von Ptychoparia Linnarssoni in nichts Wesentlichem von dem Entwicklungstypus von Sao abzuweichen. Auffällig ist für die ersten Stadien von Ptychoparia die genäherte Lage der beiden Dorsalfurchen , wodurch eine Schmalheit der vorne noch nicht ge- schlossenen Glabella resultirt. An lezterer bemerkt man, dass die durch die Querfurchen getrennten hinteren Segmente Anfangs bedeutend kürzer und A C / i ß Fig". 328. Fünf Entwicklungsstadien von Ölen eil us asaphoides (nach Ford). A und B jüngere Entwicklungsstadien, Cund D ältere Stadien, E ausgebildete Form. « Wangenstachel, b innerer Stachel, c Augenanlage, d innerhalb der Augenanlage gelegener Wulst, p transitorisches Pygidium. gedrängter sind , als die langgestreckten , vorderen Abschnitte , was sich bei weiterer Entwicklung des Kopfabschnittes ausgleicht. Auch hier finden sich Lageveränderungen der Augenanlage, allerdings in anderer Art, als wir sie oben für Sao und Dalmanites angegeben haben. Von besonderem Interesse sind die Angaben von Eokd (No. 2 und 3) über die Entwicklungsstadien des amerikanischen Olenellus asaphoides. Wie bei Sao, so sind auch hier die jüngsten Stadien (Fig. 328 -4.) scheiben- förmig. Man erkennt eine aus fünf hintereinanderliegenden Segmenten bestehende Anlage der Glabella und einen dahinter gelegenen noch unseg- mentirten, kleinen Körperabschnitt (p), in welchem die Anlage des gesammten Thorax und Pygidiums vorliegt. Schon im nächsten Stadium (B) zeigt dieser Abschnitt die ersten Spuren einer Segmentirung. Zu beiden Seiten der Glabella liegen je zwei S-förmig gekrümmte Wülste (c, d), welche sich nach hinten in den Rand des Körpers überragende Stacheln (a, b) fort- 514 XVI. Capitel. setzen. Von diesen Wülsten stellt der äussere (c) die Augenanlage dar, während der innere {d) in die Bildung des festen Theils der Wange über- geht. Von den beiden nach hinten sich erstreckenden Stachelpaaren geht das äussere (a) wahrscheinlich in den Wangenstachel an den Hinterecken des Kopfschildes über. Die inneren Stacheln (b) bleiben noch in späteren Stadien erkennbar, verschwinden aber später und sind an dem ausgebildeten Thiere (E) nur durch eine Leiste, welche schräg von dem Auge zum Hinterrande des Kopfschildes zieht, repräsentirt. Wie man sieht, schiebt sich während der Entwicklung zwischen beide Stachelpaare ein beträchtlicher Theil des Hinterrandes des Kopfschildes ein. Der innere Stachel ist durch seine Lage von einem gewissen Interesse. Wie wir unten bei der Besprechung der Entwicklung des Kopfschildes von Limulus (pag. 527) noch ausführen werden, ist es vielleicht gerechtfertigt, an dem Kopfschilde der Trilobiten (ähnlich wie bei Limulus) drei Regionen zu unterscheiden , deren Grenzen durch die Gesichtsnaht angedeutet wären. Wir würden dann nur den festen Theil der Wange als den zu den hinteren Segmenten der Glabella gehörigen Pleural- antheil betrachten können, während der bewegliche Theil der Wangen sammt den Augen ursprünglich dem vordersten Kopfsegmente zugehörte und, indem er die hinteren Kopfsegmente seitlich umwachsen hätte, nach hinten gerückt wäre. Es würde sich hiedurch die Lage der Augen von Limulus an einem hinteren sog. Thoraxsegmente erklären. Wenn wir die Entwicklungsstadien (Fig. 328, C und D) von Olenellus betrachten, so sehen wir, dass die Pleuren der freien Thoraxsegmente Anfangs seitlich sich nicht weiter er- strecken, als der erwähnte mittlere Antheil des Kopfabschnittes. Es wird daher nahegelegt , die Frage aufzuwerfen , ob der erwähnte innere Stachel nicht auf einen vorspringenden Pleuralfortsatz eines jener hinteren Segmente, welche in die Bildung der Glabella einbezogen wurden, zu beziehen sei. Die späteren Entwicklungsstadien von Olenellus asaphoides zeichnen sich dadurch aus, dass die Pleuren des dritten freien Thoraxsegmentes auf- fällig nach hinten verlängert erscheinen (Fig. 328, C und D), ein Verhalten, welches dem ausgebildeten Zustande fehlt, dagegen bei einigen Paradoxides- Arten für die vorderen Segmente wiederkehrt, Da die Jugendzustände von Olenellus mit diesen Paradoxidesarten überdies durch den abgeknickten Verlauf des Hinterrandes des Kopfschildes übereinstimmen, so scheint in der Metamorphose von Olenellus ein gewisser Hinweis auf die Phylogenie dieser Gattung erhalten zu sein. Der dritte Entwicklungstypus von Barrande umfasst jene Formen, deren Entwicklungsstadien dieselben Charaktere aufweisen, wie die älteren Stadien von Sao hirsuta. Der Kopfabschnitt zeigt meist bereits die defi- nitiven Gestaltungsverhältnisse ; dagegen ist die Zahl der Thoraxsegmente noch unvollständig, während ein als transitorisches Pygidium fungirender hinterer Körperabschnitt durch Abgliederung die noch fehlenden freien Thoraxsegmente liefert. Die weitere Entwicklung verläuft wie bei dem ersten Typus. Wir müssen annehmen, dass in dem dritten Typus Bar- rande's Formen vereinigt sind, deren jüngste Entwicklungsstadien wir ent- weder nicht kennen, oder deren Metamorphose thatsächlich in der Weise abgekürzt war, dass sie in einem späteren Entwicklungsstadium aus dem Eie schlüpften. Barrande führt als hieher gehörige Gattungen auf: Arethusina, Cyphaspis, Proetus, Arionellus, Conocepha- lites, Aeglina, Hydro cephalus, Illaenus, Acidaspis, Am- pyx, Ogygia und Triarthus. Einer noch beträchtlicheren Abkürzung der Metamorphose scheint der vierte Entwicklungstypus von Barrande zu entsprechen. Hier ist der Palaeostraken. 515 Kopfabschnitt und der Thorax bereits vollständig entwickelt; dagegen weist das Pygidium noch einen geringeren Entwicklungsgrad auf, inso- ferne die Zahl der dasselbe zusammensetzenden Segmente noch nicht völlig complet ist. Hieher sind Paradoxides, die der Haus m anni- g r u p p e zugehörigen D a 1 m a n i t e s a r t e n , einige Arten von P h a c o p s , Proetus, Asaphus u. A. zu stellen. 2. Entwicklungstypus mit frühzeitiger Ausbildung des definitiven Pygidiums. Diese Abtheilung entspricht dem zweiten Entwicklungstypus Bar- rande's, welcher für Agnostus und Trinucleus Geltung hat. Die jüngsten bekannt gewordenen Stadien bestehen bloss aus der Anlage des Kopfschildes und des Pygidiums. Letztere, wenngleich noch unvollkom- men, zeigt doch schon im Wesentlichen die Charaktere der ausgebildeten Form. Die Metamorphose beschränkt sich daher auf die Entwicklung der Thoraxregion, welche in der Weise zu Stande kommt, dass — wie bei den früher betrachteten Formen — successive freie Thoraxsegmente sich von dem vor- deren Rande des Pygidiums abgliedern. Die übrigen Veränderungen bestehen in der Vermehrung der Segmentanlagen des Pygidiums und in der vollkommeneren Ausgestaltung des Kopfabschnittes. So werden beispielsweise bei Trinucleus die charakteristischen Porenreihen des Limbus ^ ausgebildet u. s. f. Wir müssen diesen Entwicklungstypus gegenüber dem früheren als einen abge- leiteten betrachten. Bei der Wichtigkeit, welche offenbar dem Vorhandensein des Pygidiums zukam, darf es uns nicht allzu- sehr verwundern, die Umwandlung der hin- teren Körpersegmente zu dieser Bildung bereits in ganz frühe Stadien verlegt zu sehen. Hinsichtlich der geringen Zahl der Segmentanlagen in den ersten Stadien, der Abgliederung der Thoraxsegmente und der Entwicklung neuer Segmentanlagen an seinem hinteren Ende nähert sich das Pygidium der jüngeren Stadien dieses Typus allerdings sehr dem transitorischen Pygidium der oben beschriebenen Typen. Es unterscheidet sich aber von letzterem dadurch , dass es sich hinsichtlich seiner Gestaltungsverhältnisse schon mehr der ausgebildeten Form nähert. Wie man sieht , ist zwischen den beiden hier unterschiedenen Entwicklungstypen kaum eine scharfe Grenze zu ziehen. Die Entwicklungsstadien von Agnostus und Trinucleus erinnern auffallend an ge- Fig. 329. Drei Entwicklungs- stadien von Trinucleus ornatus (nach Bärrande). A jüngstes Stadium, bloss aus Kopfschild und Pygidium bestehend, B Stadium mit einem freien Thorax- segment, C Stadium mit vier freien Thoraxsegmenten. 516 XVI. Capitel. wisse frühe Ausbildungsstufen des Keimstreifs der Scorpione, wie sie besonders durch Metschnikoff (pag. 540 und 541) bekannt geworden sind. Auch dort finden wir zunächst einen vorderen und hinteren Körperabschnitt, während sich bald einige wenige, successive entstehende, freie Segmente vom hinteren Ab- schnitte abgliedern und zwischen beide Abschnitte einschieben. Aehnliche Stadien finden wir bei den Spinnen. Wir werden freilich im Auge behalten müssen, dass die freien Segmente dieses Keimstreifs später dem Kopf beigezogen werden und bei den Trilobiten offenbar durch Segmente der Glabella repräsentirt sind. Wir dürfen dieselben also nicht mit den freien Thoraxsegmenten der Trilobiten homologisiren. Immerhin ist aber durch das Vorhandensein eines grösseren verschmolzenen hinteren Kör- Ä. B. perabschnittes und durch die Art der Segmententstehung eine gewisse Uebereinstim- mung gegeben. Es wurde von Barrande darauf hingewiesen, dass die meisten Trilobitenspecies mit Metamorphose den älteren Schichten des böhmischen Silurs angehören , während in den jüngeren Schichten Jugendzustände von Trilobi- ten bedeutend seltener ge- funden werden , obgleich in letzteren Schichten die Zahl der Arten eine reichere ist und die Verhältnisse für die Erhaltung dieser zarten For- men zum Theil auch nicht ungünstige sind. Es erscheint daher nicht ungerecht- fertigt, wenn Barrande die Frage aufwirft, ob vielleicht die Metamorphose bei der höheren Entwicklung des Trilobitenstammes durch eine directe Entwicklung ersetzt wurde. II. Xiphosuren. Von den hieher gehörigen Formen ist bisher nur Limulus poly- phemus auf seine Entwicklungsgeschichte untersucht worden x). Die Ent- wicklungsstadien von Limulus moluccanus sind bisher unbekannt geblieben. Es verdient Erwähnung, dass Willemoes-Suhm (No. 31) eine während der Challenger-Fahrt bei den Philippinen gefangene pelagische Krebslarve, welche den Cirripedien-Larven ähnlich ist (vgl. oben pag. 402), auf Limulus molluccanus beziehen zu können glaubte. Er ist jedoch später selbst von dieser Ansicht abgekommen und hat die betreffende Larve den Cirripedien-Larven zugereiht. Fig". 330. VierEntwicklungsstadien vonAgnos- tus nudus (nach Barrande). A jüngstes Stadium , bloss aus Kopfschild und Pygidium bestehend, B Stadium mit den Anlagen der zwei Thoraxsegmente, C Stadium nach Abschnürung der beiden Thoraxsegmente, D ausgebildete Form. 1. Furckuiig und KeiiubUitterbildung. Die Eier von Limulus polyphemus werden am Meeresufer in von dem Weibchen gegrabene Löcher im Sande in der mittleren Region zwischen dem niedrigsten und höchsten Wasserstand (Kingsley No. 14) 1) Neuerdings auch L. Ion gispinus durch Kishinouye (Zool.Anz. 14. J. No. 369), dessen Angaben hier nicht mehr genauer berücksichtigt werden konnten. Palaeostraken. 517 oder nahe der Hochfluthmarke selbst (Lockwood) abgelegt. Dagegen sollen nach einer Bemerkung von Willemoes- Suhm Limulus rotun- d i c a u d a und L i m u 1 u s molucc a n u s ihre Eier nicht ablegen , son- dern an den Schwimmfüssen befestigt mit sich herumtragen. Die Eier sind bei ihrer Ablage von einer sehr dicken, lederartigen aus mehrfachen Schichten zusammengesetzten Membran umhüllt, welche von den Autoren als Chorion bezeichnet wird, und deren Bildung viel- leicht (Dohrn No. 11) nicht im Ovarium selbst, sondern in einem be- sonderen dafür bestimmten Abschnitte der Ausführungsgänge bewirkt wird. Bei der zunehmenden Vergrösserung des Embryos reisst diese Membran, so dass der. Embryo in späteren Stadien ausschliesslich von der später gebildeten Cuticula blas todermica bedeckt ist. Hinsichtlich der ersten Entwicklungsvorgänge im Eie von Limulus sind wir ausschliesslich auf die kurzen vorläufigen Mittheilungen von Os- born (No. 22), Brooks und Bruce (No. 10), sowie Kingsley (No. 15) angewiesen. Aus diesen scheint hervorzugehen, dass eine beträchtliche Uebereinstimmung mit den Entwicklungsvorgängen der Arachniden, speciell der Scorpione, vorherrscht. Wir folgen in Bezug auf die ersten Entwicklungsvorgänge hauptsächlich den neueren Angaben von Kingsley. Der erste Furchungskern liegt, von Bildungsdotter umgeben, nahe dem Centrum des Eies. Aus diesem geht durch wiederholte Theilung eine grössere Zahl von Furchungskernen hervor, welche sich im Innern des Eies vertheilen, bevor eine Durchfurchung des Eiinhaltes (Abgren- zung bestimmter Zellterritorien) sich geltend macht. Diese Vertheilung ist keine gleichmässige, sondern es zeigt sich, dass an jener Stelle, an welcher in späteren Stadien die erste Anlage des- Embryos auftritt, die Furchungskerne rascher nach der Oberfläche wandern, als in den übrigen Parthien des Eies. Da an dieser Stelle zuerst eine Abgrenzung der Furchungszellen stattfindet, so hat die Furchimg einen anscheinend meroblastischen (discoidalen) Charakter und erinnert demnach an die bei dem Scorpion zu beobachtenden Verhältnisse (vgl. unten pag. 537, Fig. 343). Schliesslich zerfällt jedoch das ganze Ei in Furchungskugeln, welche zum grössten Theil aus Nahrungsdotterelementen zusammengesetzt sind, von denen jedoch jede in ihrem Inneren einen von Protoplasma umgebenen Furchungskern beherbergt. Die oben erwähnte Wanderung der Furchungskerne nach der Ober- fläche führt, indem daselbst Zellen zur Abgrenzung kommen, zur Bildung des Blastoderms. Das Blastoderm wird demnach an jener oben genannten Stelle des Eies zuerst fertig gebildet und stellt daher in diesen Stadien eine an diesem Pole sich findende dichtere Zellanhäufung dar, während an der ganzen übrigen Peripherie des Eies noch grössere, dicht mit Nahrungsdotter erfüllte Zellen gelagert sind. Entsprechend dieser Stelle erhält sich — wie es scheint — auch in späteren Stadien, wenn die Ausbildung des Blastoderms bereits über die ganze übrige Oberfläche des Eies vorgeschritten ist, eine Blastodermverdickung, welche mit dem Primitivcumulus des Spinneneies verglichen worden ist. Noch während die Blastodermbildung vor sich geht, erfolgt eine cuticulare Ausscheidung an der Oberfläche der Blastodermzellen, welche ähnlich, wie bei vielen Crustaceen (vgl. oben pag. 322), zur Aus- bildungeiner Bl astodermhaut (Cuticula blastodermica) führt. Diese Cuticula, welche eine beträchtliche Dicke erreicht und in späteren Stadien nach Abstreifung des Chorions die einzige Hülle des Embryos Korschelt-Heider, Lehrbuch. 34 518 XVI. Capitel. darstellt, zeigt an ihrer Aussenfläche eine polygonale Felderung, welche den Grenzen der Blastodermzellen, von denen diese Membran abgeschie- den wurde, entspricht. Nicht sämmtliehe bei der Furchung entstandenen Theilstücke gehen in die Bildung des Blastoderms ein. Ein grosser Theil derselben bleibt mit Nahrungsdottermassen erfüllt im Innern des Eies. Die Summe dieser sog. Dotterzellen soll das Entoderm repräsentiren. Das Blasto- derm dagegen enthält die Elemente des späteren Ectoderms und Mesoderms. Die nächsten Bildungsvorgänge, welche als Gastrulation bezeichnet werden müssen und zur Ausbildung des Keimstreifs hinüberführen, gehen nun vom Primitivhügel aus. In der Mitte dieses letzteren tritt zunächst ein rundliches Grübchen auf, welches als Blastoporus zu bezeichnen ist und bald eine mehr dreieckige und hierauf eine verlängerte Gestalt an- nimmt. Es geht so in die Bildung einer Primitivrinne über (Fig. 332 A). Gleichzeitig tritt hinter dem Primitivhügel eine zweite mit demselben in Zusammenhang stehende Blasto- dermverdickung auf, welche an den Oberflächenbildern in Gestalt einer weisslichen Wolke erscheint. In diese erstreckt sich bald die nach hinten sich verlängernde Primitiv- rinne. Von letzterer geht während dieser Zeit die Proliferation von Mesodermzellen aus, welche sich in den benachbarten Parthien unter dem Ectoderm ausbreiten (Fig. 331). Bei dieser Zell- ausschliesslich Mesoderm , aber Fig. 331. Querschnitt durch die Keim- scheibe von Limulus im Stadium der Keim- blätterbildung (nach Kingsley). b Blastoporus (Primitivrinne), d Dotter- zellen, ec Ectoderm, m Mesoderm. Wucherung soll von der Primitivrinne kein Entoderm geliefert werden. Die Ausbreitung von Mesodermelementen unter dem Ectoderm, welche von der Primitivrinne ausgeht, erscheint an den Oberflächenbil- dern wie ein die letztere umgebender heller Hof (Fig. 332 A). Dieser verbreitert sich bald, und diese ganze hellere Region, welche von Meso- derm unterlagert ist, müssen wir als die beginnende Embryonalanlage betrachten und können sie von nun an als Keimscheibe bezeichnen. In ihrer Mitte ist noch immer der Primitivstreif erkennbar, wenngleich derselbe in den nun folgenden Stadien bereits viel weniger deutlich er- scheint, als am Anfange seines Auftretens. 2. Ausbildung der äusseren Körperforni. Die nunmehr etwas länglich - ovale Keimscheibe , deren bilaterale Symmetrie durch die Reste der undeutlich gewordenen Primitivrinne ge- kennzeichnet ist, wird zunächst durch eine auftretende Querfurche in eine vordere cephalische und eine hintere postorale Region getrennt. Von letzterer schnürt sich sehr bald durch das Auftreten einer weiteren Quer- furche das vorderste Thoraxsegment ab. Dieses Stadium, welches aus einer abgerundeten cephalischen Parthie, einem dahinter eingeschobenen Rumpfsegment und einer noch unsegmentirten hinteren Körperregion be- steht, erinnert sehr an ein ähnliches, für den Scorpion bekannt gewor- denes Stadium (vgl. unten pag. 541). Die Medianfurche reicht nach vorne in das cephalische Segment, während sie sich nach hinten in dem Palaeostraken. 519 unsegmentirten hinteren Körperabschnitt verliert. Es lösen sich nun successive neue Thoraxsegmente von dem hinteren Körperabschnitte ab, bis die Zahl von sechs freien Thoraxsegmenten erreicht ist. Ein ganz übereinstimmendes Stadium ist für die Spinnen bekannt geworden (Fig. 367 A, pag. 579). Wir unterscheiden nun (Fig. 332 B und Fig. 339) einen halbkreis- förmig begrenzten vorderen cephalischen Körperabschnitt, sechs Thorax- Fig. 332. Zwei Embryonalstadien von Limulus (nach Kingsley). A Stadiuni mit Primitivrinne, B Stadium mit Extremitätenanlao-en. 1 — 6 erstes bis sechstes Thoraxbeinpaar, a After, b Primitivrinne (Blastoporus), do Dorsalorgan, me Keimscheibe mit darunterliegender Mesodermschicht, m Mund, n Neuralrinne, ax Operculumanlage (erstes Abdominalbein). —5 segmente und eine hintere, ebenfalls halbkreisförmig umrandete, abdomi- nale Körperregion. Sehr bald treten an den Thoraxsegmenten die An- lagen der Gliedmaassen [der Cheliceren (1) und der fünf dahinter folgenden Paare (3—6)] als anfangs kleine knopfförmige Erhabenheiten auf. Von diesen sind die Anlagen der Cheli- ceren (Fig. 332 B, 1) am kleinsten, während die dahinter folgenden Paare bis zum letzten an Grösse zunehmem Die Mundöffnung (m) und Afteröffnung (a) sind durch Ectodermeinsenkungen gekennzeich- net. Von diesen liegt die erstere in der cephalischen Körperregion und daher deutlich vor dem ersten Glied- maassenpaare (Cheliceren), welches ja dem ersten Thoraxsegmente ange- hört (Packard, Kingsley). In spä- teren Stadien verändert der Mund seine Lage, indem er weiter nach hinten rückt, so dass er dann hinter die Cheliceren in den Raum zwi- schen dem zweiten Gliedmaassen- paare zu liegen kommt (Fig. 333). Zwischen Mund- und Afteröffnung, welche nach Kingsley (No. 14) eine eigenthümliche in die Länge ge- zogene Form aufweisen, zieht sich die Neuralrinne (Fig. 332 n) hin, welche an der Stelle der inzwischen Fig. 333. Embryo von Limulus (nach Dohen). 1 — 6 erstes bis sechstes Paar der Thoraxextremitäten, ax erstes Abdominal- bein (Operculum), a» zweites Abdominal- bein, ab ventralwärts umgeschlagenes Ab- dominalende bg Bauchganglienkette, c Cu- ticula blastodermica, d Chilaria, m Mund, r Rand des späteren Cephalothoraxschildes, x Exopodit des sechsten Thoraxbeinpaares. 34* 520 XVI. Capitel. verschwundenen Primitivrinne gelegen ist. Die ganze längliche Keim- seheibe ist an den Seiten von einem verdickten Wall (Fig. 333 r) um- randet, in welchem wir die erste Anlage des Cephalothoraxschildes zu erkennen haben. Sehr bald treten an dem abdominalen Körperabschnitt die ersten undeutlichen Anlagen des vordersten Extremitätenpaares dieser Region (av Operculum) zu Tage. Schon in diesem Stadium erkennt man zu den Seiten der Keimscheibe, aber ausserhalb derselben, ungefähr auf der Höhe des vierten Thoraxsegmentes zwei rundliche Verdickungen (Fig.332r7o), welche wahrscheinlich dem sog. Dorsal organ (Watase) entsprechen. Das folgende Stadium (Fig. 333) zeigt die Thoraxextremitäten stärker entwickelt und nach Innen winkelig abgeknickt. Es sind nun zwei Paare blattförmiger abdominaler Extremitäten (ax, a2) angelegt, welche sich von den Thoraxextremitäten durch ihre Gestalt, ihre der Medianlinie ge- näherte Lage und durch die Art ihrer Entstehung unterscheiden. Sie lösen sich dadurch von der Keimscheibe, dass eine Einfaltimg der Körper- oberfläche von hinten unter sie eindringt (Kingsley). In diesem Stadium "3 \ y K6 Fig. 334. Embryo von Limulus (nach Watase). 1 — 6 erstes bis sechstes Thorax- beinpaar, a-y erstes Abdominalbeinpaar (Operculum), a2 zweites Abdominalbein- paar, ab Abdomen, au Stelle, an welcher nach Watase das Seitenauge sich an- legt, c Cuticula blastodermica, x Exo- podit des sechsten Thoraxbeinpaares. Fig". 335. Seitenansicht eines Limulus- embryos (nach Kingsley). 1 — 6 erstes bis sechstes Thoraxbeinpaar, «! erstes Abdominalbeinpaar (Operculum), «2 zweites Abdominalbeinpaar, ab Abdomen, eh Chilaria, do Dorsalorgan, x Exopodit des sechsten Thoraxbeinpaares. glaubte Packard eine Fortsetzung der Segmentgrenzen auf die seitlich neben der Keimscheibe gelegenen Parthien des Dotters erkennen zu können, was aber Kingsley nicht bestätigen konnte. Die Embryonalanlage lag bisher als eine sich allmählich ausdehnende flache Scheibe der rundlichen Dotterkugel auf. Letztere beginnt nun mit der fortschreitenden Resorption des Nährmaterials sich zur Rückenhälfte des Embryonalkörpers umzubilden (Fig. 334). Noch immer erscheint der Schwanzabschnitt (ab) sehr kurz und mit seinem hintersten Ende ventralwärts eingekrümmt (Dohrn) (vgl. Fig. 333 ab). Der Embryo be- deckt sich nun mit einem zarten, cuticularen Häutchen, welches schon in den nächstfolgenden Stadien durch Häutung abgestossen wird und dann innerhalb des von der Blastodermhaut umschlossenen Raumes liegen bleibt. Das folgende Stadium (Fig. 335) ist durch die quere Zerreissuug des Chorions charakterisirt, dessen beide Hälften noch längere Zeit als halbkugelförmige Schalen dem Eie anhaften bleiben. Der Embryo be- wegt sich jetzt innerhalb des durch Aufnahme von Seewasser vergrösserten, Palaeostraken. 521 von der Blastodermcuticula umschlossenen Raumes. Letztere erleidet hierbei eine beträchtliche Ausdehnung, wobei das zellähnliche Mosaik an ihrer Oberfläche verschwindet. Die Extremitäten entwickeln sich nun allmählich mehr nach der Richtung der definitiven Gestalt, indem an ihnen die Scheerenanlagen sowie die Gliederung kenntlich werden. Auch tritt an dem sechsten Extremitätenpaar der als Exopodit (x) gedeutete äussere Anhang der Coxa auf. Hinter diesem Extremitätenpaare, der Medianlinie genähert, machen sich die Anlagen der als Chilaria (ch, Metastoma) bezeichneten paarigen Unterlippenbildung bemerkbar, welche, da ihnen kein eigenes Bauchganglion, sowie kein Mesodermsegment ent- spricht (Kingsley No. 14), nicht als Extremitäten aufgefasst werden dürfen 1). An dem Abdominalabschnitt macht sich eine Art von Segmen- tirung geltend (Fig. 334, 335 ab). Fig. 336. Zwei Entwicklungsstadien von Limulus (nach Kingsley, aus Lang's Lehrbuch). A junge eben ausgeschlüpfte Larve des Trilobitenstadiums, von der Rücken- seite, B Embryo, nahe vor dem Ausschlüpfen, von der Bauchseite gesehen. Mit der allmählichen Verringerung des Nahrungsdotters und der Aus- bildimg des Rückens machen sich an dem Embryo des folgenden Sta- diums bereits die Grundzüge der Limulusgestalt bemerkbar. Der vor- dere Körperabschnitt, welcher aus dem cephalischen Segment und den hinzugetretenen sechs Thoraxsegmenten besteht, ist nun schildförmig ge- staltet, wenngleich seine Rückenseite noch halbkugelig gewölbt erscheint. Es macht sich an der Rückenseite dieses Körperabschnittes durch die Vertheilung des Nahrimgsdotters (Mitteldarmanlage) und durch nach Innen wachsende Mesodermsepten eine den sechs Thoraxsegmenten ent- sprechende Segmentirung geltend, indem man jederseits sechs durch Meso- dermsepten getrennte Dotterlappen (Leberanlagen), die an der Aussenseite wieder secundär gelappt erscheinen, erkennen kann (Fig. 335). Die vor- deren dieser Lappen erscheinen nicht mehr quer, sondern radiär gestellt. Nun sind auch schon die Augenanlagen deutlich zu erkennen. Von diesen liegen die der Mittelaugen ursprünglich nach Packard (No. 23) an der Ventralseite , rücken jedoch bald über den vorderen Cephalothorax- rand nach der Dorsalseite hinüber. Die Anlagen der Seitenaugen ent- sprechen nach Watase dem vierten Leberlappen und liegen an der Innen- seite des von ihm beschriebenen Dorsalorgans (Fig. 334 au). Der Abdominal- ]) Nach Kishinouve soll diesem Anhangspaar ein eigenes Bauchganglion zu- kommen, daher es als echtes Extremitätenpaar zu betrachten sei. 522 XVI. Capitel. ma Fig. 337. Larve des Trilobiten- stadiums von Limulus (nach Wätase). do Dorsalorgan, ZLeberausstülpungen des Mitteldarms, toLateralauge, wiaMedian- augen, s Anlage des Schwanzstachels. ma abschnitt zeigt nun schon eine deutliche Segmentirung, welche nach Kingsley allerdings blos auf die inneren Organe sich erstreckt, während das Ecto- derm daran unbetheiligt erscheint (?). Wir können im Ganzen neun Abdo- minalsegmente unterscheiden (vgl. Fig. 337), von denen das letzte die Anlage des Schwanzstachels darstellt und von den nächstvorderen gekrümmten Seg- menten seitlich umfasst wird (Fig. 336 A). An der Basis dieses Seg- mentes liegt die Afteröffnung. Die Extremitäten nähern sich nun immer mehr der ausgebildeten Form, doch fehlen noch die Zähne an den zu Kauladen umgebildeten Coxalab- schnitten. An den beiden Paaren von Abdominalanhängen, hinter denen die Anlage eines dritten Paares er- kennbar wird, macht sich die zwei- lappige Grundform geltend, indem ein kleiner Innenlappen (Endopodit) zur Ausbildung kommt (Fig. 335 ax a2, Fig. 336 B). Das Stadium, in welchem der Embryo aus der Blastodermcuticula ausschlüpft, wird als Tri- lobiten-Stadium (Fig. 336.4,337) bezeichnet. In der That macht sich an demselben durch zwei Längsfurchen eine deutliche Abgrenzung eines mittleren und zweier seitlicher Kör- pertheile geltend. Am Ce- phalothorax sind nun die Anzeichen einer Segmen- tirung nicht mehr zu er- kennen; er erscheint als einheitlicher Körpertheil, Eine halbkreisförmige, dem Rande ungefähr parallele Leiste verbindet die Me- dianaugen und Seitenaugen. Der Abdominalabschnitt er- scheint noch immer im Seg- mente getrennt. Wir er- kennen an seinem Seiten- rande sechs bewegliche Dornen (Fig. 337), welche dem zweiten bis siebenten Segmente angehören. Es tritt nun die Anlage eines vierten Abdominalbein- Fig. 338. Aelteres Larvenstadium von Limulus (nach Watase). I Leberausstülpungen des Mitteldarms, la Lateral- auge, ma Medianaugen. Palaeostraken. 523 paares auf. Das erste Abdominalbeinpar wird jetzt zum Operculum umgebildet. Es tritt eine ziemlich weitgreifende Verwachsung der Innenseite der beiden Hälften dieses Paares ein, wobei der Endopodit eine Rückbildung erleidet. Am zweiten und den folgenden Abdominal- beinpaaren machen sich nun schon die Anlagen der Kiemenblätter gel- tend, von denen anfangs bloss vier an jeder Extremität zu bemerken sind. Später wird ihre Zahl durch Sprossung neuer Lamellen an der Basis der Extremität vermehrt. Der Endopodit dieser Gliedmaassen er- fährt eine Gliederung in drei Abschnitte. Die aus dem Ei geschlüpften Jungen des Trilobitenstadiums bohren schon im Sande wie die ausgebildeten Thiere. Immerhin scheint ihnen eine grössere Beweglichkeit eigen zu sein. Sie sind im Stande, mittelst ihrer Abdominalgliedmaassen umherzuschwimmen und werden gelegent- lich freischwimmend (so ein Exemplar von A. Agassiz drei Meilen von der Küste) angetroffen. Nach der ersten Häutung gehen sie in ein Sta- dium über, welches sich von dem vorhergehenden durch die stärkere Verästelung der gradier gewordenen Leberschläuche, durch die innigere Verschmelzung der Abdominalsegmente und durch die Verlängerung des Schwanzstachels unterscheidet. Dieses Stadium (Fig. 338) ist durch seine Uebereinstimmung mit der palaeozoischen Hemiaspidengattung Prest- wichia bemerkenswert!]. Die späteren Stadien weisen schon durchaus die Charaktere der ausgebildeten Form auf bis auf den Mangel der sexuellen Differenzen. Letztere scheinen erst sehr spät (nach Lockwood im dritten oder vierten Lebensjahre) ausgebildet zu werden. Während die jungen Männchen den Weibchen gleichen, erhalten sie dann an dem zweiten Extremitätenpaare statt der Scheere eine starke Endklaue. 3. Die Bildung der Organe. A. Nervensystem und Sinnesorgane. Die Bauchganglienkette entwickelt sich in der Form zweier zu den Seiten der Medianlinie zur Ausbildung kommender Ectodermver- dickungen (Fig. 333 bg), welche zwischen sich eine weniger verdickte Ectodermparthie einfassen. Letztere erscheint an dem Oberflächenbilde als Neuralrinne, obgleich sie eigentlich nicht unter die Oberfläche einge- sunken ist. Indem die Seitenstränge sich segmentweise verdicken und von der Hypodermis loslösen (welche Abtrennung von vorne nach hinten erfolgt) kommen die seitlichen Hälften der Bauchganglienkette zur Ent- wicklung. Die Quercommissuren scheinen sich durch Einstülpung der Mittelparthie anzulegen (Kingsley). Es entwickelt sich demnach die Bauchganglienkette im Wesentlichen nach demselben Typus, den wir oben für die Crustaceen geschildert haben (pag. 360) und der für alle Arthropoden gültig scheint. Man erkennt im Embryo im Ganzen acht deutliche Ganglienpaare, von denen die sechs vorderen auf die sechs Thoraxsegmente entfallen. Mit der Verlagerung der Mundöffhung nach hinten rückt das vordere den Cheliceren zugehörige Ganglienpaar immer mehr nach vorn, so dass es schliesslich der eigentlichen Schlund commissur angehört und der Ursprung des ihm zukommenden Nerven dicht an der Grenze des Gehirns gelegen ist. Der thoracale Abschnitt der Bauch- ganglienkette ist im Embryo noch mehr gestreckt. Erst in späteren Stadien concentrirt er sich nach vorne, und gleichzeitig kommt durch Auseinanderweichen seiner beiden Hälften die für die ausgebildete Form 524 XVI. Capitel. charakteristische ringförmige Gestalt zur Entwicklung, lieber die Ent- stehung der bei Limulus diese Theile des Nervensystems umhüllenden Gefässscheiden ist bisher nichts Genaueres bekannt geworden, doch erwähnt Kingsley (No. 15), dass sie in ihrer Entwicklung ein Stadium durch- laufen, wie es bei den Scorpionen zeitlebens persistirt, indem sie der Schlundcommissur blos aufliegen, ohne dieselbe vollständig zu umhüllen. m lieber die Entwicklung des eigentlichen oberen Schlundganglions oder Gehirns, welches die Augennerven und einige Hautnerven (Nervi fron- tales) abgiebt, liegen nur einige kurze vorläufige Mittheilungen vor (Patten No. 28 und 29, Kingsley No. 15) aus denen der eigentliche Modus der hier eintretenden complicirten Bildungsvorgänge kaum zu ersehen ist. Nach Patten, dem Kingsley beistimmt, soll die Gehirnanlage [in Uebereinstimmung mit dem von Patten für die Scorpione und Acilius (vgl. den Abschnitt über die Entwicklung des Nerven- systems der Insecten) auf- gestellten Schema] aus drei hinter einander folgenden Ganglienpaaren bestehen, welche gleichsam eine im cephalischen Körperabschnitt gelegene , präorale Fort- — so. Setzung der Bauchganglien- kette darstellen. Jedem — sos dieser drei Paare entspricht ein ursprünglich an der Aus- '- so, senseite derselben gelegenes Paar von Einstülpungen, aus denen die optischen Ganglien hervorgehen. Bei Limulus sollen sich die beiden vor- dersten Paare dieser Ein- stülpungen zur Bildung der Medianaugen, sowie der ihnen zukommenden Nerven ver- .- so, so. x- so* a einigen, während das dritte Fig. 339. Schematische Darstellung einer Keimscheibe von Limulus mit den lateralen, seg- mentalen Sinnesorganen (nach Patten). a After, m Mund, r Rand des Cephalothorax- sehildes, s Sinnesorgan des dritten Gehirnsegmentes, sol— so6 erstes bis sechstes laterales, segmentales Sinnesorgan, so4 Dorsalorgan, 1 — 6 erstes bis sechs- tes Thoraxbeinpaar. Paar von Einstülpungen beim Scorpion das optische Ganglion der Seitenaugen liefert, bei Limulus dagegen nur zu einem kleinen Sinnesorgan (Fig. 339 s) in Beziehung stehen soll, während die Lateralaugen nach Patten dem dritten, nach Kingsley dem fünften, nach anderen Autoren dem vierten Thoraxsegmente angehören, also postcephalische Bildungen sind. Die optischen Ganglien setzen sich nach hinten in einen Nervenstrang, eine Art von an der Aussenseite der Beinanlagen hinziehendem Lateralnerv fort, welcher mit je einem Sinnesorgan in jedem Segment (Fig. 339 so1 — so6) in Zusammenhang steht. Nach Patten sollen diese Sinnesorgane (die Anlagen der Lateralaugen abgerechnet) meist nur provisorische Bedeutung haben und bald verschwinden. Nach Kingsley dagegen liefert das erste Paar (so/) die Medianaugen, das zweite ein eigenthümliches noch unbeschriebenes Sinnesorgan ; das dritte verschwindet; aus dem vierten entwickelt sich das Dorsalorgan (so4) von Watase , welches längere Zeit persistirt ; das fünfte geht in die zu- sammengesetzten Seitenaugen über, und das sechste endlich wird rückgebildet. Wir stehen allen diesen Angaben bis zu dem Erscheinen ausführlicherer Mittheilungen noch ziemlich sceptisch gegenüber. Hinsichtlich der bei dem Palaeostraken. 525 Mangel genügender Abbildungen kaum verständlichen Darstellung der Ent- wicklung des Gehirns von Limulus müssen wir den Leser auf die genannte Abhandlung Patten's verweisen. Ebenso sind wir bei dem fragmentarischen Charakter der bisher vorliegenden Mittheilungen nicht in der Lage zu ent- scheiden, in wie weit sich die neueren Angaben Packaed's (No. 27) über den Bau des Limulus - Gehirnes mit denen PatteVs in Uebereinstimmung bringen lassen. Packakd hebt hervor, dass das Chelicerenganglion bei Limulus nicht mit dem Gehirn verschmilzt , sondern getrennt bleibt. Das eigentliche Gehirn entsendet nur die Nerven zu den Medianaugen und Seiten- augen , sowie zwei Paare von Integumentnerven (N. frontaux und fronto- inferieurs). Es besteht aus drei Lappenpaaren : die Lappen der Seitenaugen, der Medianaugen und die eigentlichen Cerebrallappen. Bei dem Mangel von Abbildungen war es uns nicht möglich, über die Lagebeziehungen dieser Gehirnlappen eine klare Vorstellung zu gewinnen. Fig. 340. Querschnitt durch das Trilobitenstadium von Limulus (nach Watase). bg Bauehganglienkette, d Nahrungsdotter (Mitteldarmanlage), do Dorsalorgan, df Dorsalfalte und vf Ventralfalte der Anlage des Seitenauges {la), ent Endosternum, cz Extremitätenanlage. In Bezug auf die Entwicklung der Median au gen scheinen nach den Andeutungen Pattens bei Limulus Verhältnisse vorzuliegen, welche sich sehr enge an die für die Scorpione bekannt gewordenen anschliessen. Auch hier sind es, wie bei den Scorpionen, zwei (oder vielleicht nach Patten vier) Einstülpungen, welche, indem sie nach hinten rücken, sich in der Medianlinie zu einem Sacke mit gemeinsamer hinterer Oeffnung vereinigen. Der so gebildete Sack entsendet nach vorne zwei röhren- förmige Ausläufer, deren blinde Enden, indem sie sich an die Hypo- dermis des Cephalothorax anlegen, zu den Medianaugen umgebildet wer- den, während der übrige Theil dieser röhrenförmigen Ausläufer zu den optischen Nerven sich umwandelt (vgl. unten pag. 547). Viel einfacher gestaltet sich die Entwicklung der Seitenaugen, welche neuerdings durch Watase (Nr. 30) genauer bekannt geworden ist. Wir können die Seitenaugen auf eine höher differenzirte Stelle der 526 XVI. Capitel. Hypodermis zurückführen. Die eigentliche Anlage (Fig. 340 Ja) des zu- sammengesetzten Seitenauges stellt sich als eine verdickte Stelle der Hypodermis in der Nähe des sog. Dorsalorgans (do) dar, welche schein- bar einem hinteren Thoraxsegment (nach Packard und Patten dem dritten, nach Doelrn dem vierten, nach Kingsley dem fünften Thoraxseg- ment) angehört (vgl. auch Fig. 334 au u. do). Das eigentliche Augenfeld (Fig. 340 la) (optic area) ist an seiner dorsalen (medialen) und an seiner ventralen (lateralen) Seite von einer Einfaltung (df u. vf) begrenzt, welche, indem sie nach hinten convergirend zusammenlaufen, die Gestalt eines V darstellen. An dem Punkte, an welchem die beiden Schenkel des V zusammentreffen, stülpt sich ein kurzer, röhrenförmiger Zapfen nach hinten unter die Hypodermis ein, so dass die Form des V in die eines Y übergeht. Diese aus sehr grossen Zellen zusammengesetzten Einfaltungen (Fig. 341 df und vf) liefern neues Zellmaterial zur Bildung Fig. 341. Querschnitt durch die Anlage des Lateralauges vonLimulus (nach Watase). om Anlage eines Ommatidiums, c Anlage einer Corneallinse, df Dorsalfalte und vf Ventralfalte der Augenanlage. junger Ommatidien am Rande des Augenfeldes. Jedes Ommatidium (om) entsteht in Form einer einfachen Einsenkung der Hypodermis, über wel- cher die Cuticula zur Bildung der zapfenförmigen Linse (c) verdickt wird. Es ist nicht ganz klar, auf welche Weise der optische Nerv dieses Seiten- auges entsteht. Er wird von Patten und Kingsley auf den Nerven- strang der lateralen Sinnesorgane (siehe oben pag. 524) zurückgeführt. Die Lageverhältnisse der Seitenaugen von Limulus müssen als sehr merkwürdige bezeichnet werden. Nach den übereinstimmenden Angaben der Autoren würden die letzteren einem postoral gelegenen, thoracalen Körpersegment angehören. Sie würden somit eine im ganzen Bereich der Arthropoden durchaus exceptionelle Lage einnehmen. "Wenngleich die eben erwähnten Angaben von Patten und Kingsley eine gewisse Erklärung dafür beibringen würden, so muss es doch auffallend erscheinen , dass trotz dieser Lagerung die Innervation dieser Augen nicht von dem entsprechenden Bauch- ganglion , sondern von dem Gehirne aus besorgt wird. A priori würden wir auch bei der kaum abzuweisenden näheren Verwandtschaft zwischen Limulus und den Scorpionen geneigt sein , die Seitenaugen von Limulus mit den Seitenaugen der Scorpione in Homologie zu stellen. Letztere gehören Palaeostraken. 527 aber ohne Zweifel dem präoralen , cephalischen Körperabschnitte an. Allerdings wurde diese Homologie von Patten unter Hinweis auf das oben- erwähnte, von ihm gefundene, kleine Sinnesorgan (Fig. 339 s), welches den Seitenaugen der Scorpione entsprechen soll, in Abrede gestellt. Eine Be- trachtung der Nervenvertheilung am ausgewachsenen Limulus muss uns aber hinsichtlich der Zurechnung der Seitenaugen zu jenem Thoraxsegmente , in welchem sie zu liegen scheinen , einigermassen vorsichtig machen. Es gehen nicht bloss die Nervi optici der Seitenaugen vom Gehirne aus, sondern es reicht auch ein umfangreicher Ast der dem Gehirn entspringenden Haut- nerven (Nervi frontales) in den Seitentheilen des Cephalothorax sehr weit nach hinten. Es wird hierdurch gerechtfertigt, die Frage aufzuwerfen, ob nicht die die Seitenaugen tragenden lateralen Parthien des Cephalothorax durch Wachsthumsverschiebungen secundär nach hinten verlagerten Theilen des präoralen, cephalischen Körperabschnittes entsprechen 1). Es würde nach dieser Auffassung nur der mittlere Theil des Cephalothorax oder die Gla- bella nebst den angrenzenden Theilen der Wangen den gliedmaassentragenden Thoraxsegmenten zuzurechnen sein. Hiemit würde sich auch der Verlauf der Gesichtsnath der Trilobiten in Uebereinstimmung bringen lassen. (Vgl. oben pag. 514.) B. Darmcanal. Vorderdarm und Enddarm entstehen aus Ectodermeinstülpungen, welche erst im Larvenleben nach erfolgter erster Larvenhäutung mit dem Mitteldarm in Communication treten. Wir haben über die Lagever- schiebung" der von einer Oberlippe (?) überragten Mundöffnung schon oben (pag. 519) berichtet. Der Vorderdarm steigt in seinem Verlaufe schräg nach vorne an und erreicht nach einer knieförmigen Knickung den Mitteldarm. Seine stark cuticularisirte Innenwand ist längsge- faltet. Die Afteröffnung findet sich dicht vor der Insertionsstelle des Schwanzstachels; der Enddarm ist zeitlebens nur von geringer Ausdehnung. Es ist ein merkwürdiges, aber mit den Seorpionen übereinstimmen- des Verhältniss, dass der Mitteldarm ausserordentlich spät zur definitiven Ausbildung gelangt. Während des ganzen Embryonallebens besteht die Mitteldarmanlage aus der durchgefurchten, in polygonale Zellen zertheil- ten Nahrungsdottermasse (Fig. 340 d), deren Oberfläche in späteren Stadien mit einer dem Mesoderm entstammenden splanchnischen Schicht bedeckt erscheint. Anfangs hat diese Entodennmasse noch Kugelgestalt ; später passt sie sich der Form des Embryos an; doch wird ihr vorderer im Cephalothorax gelegener Abschnitt sehr bald durch seitlich einwach- sende Mesodermsepten in Lappen zeitheilt, welche die erste Anlage der Leberlappen darstellen. Es finden sich ursprünglich jederseits sechs solcher primärer Leberlappen (vgl. oben pag. 521), welche jedoch bald durch secundäre Lappenbildung (Fig. 337 und 338) ramificirt erscheinen. (Ueber die Ausbildung der Mesodermsepten vgl. unten pag. 528.) Durch die Entwicklung dieser Mesodermsepten, sowie durch die Entwicklung paariger Leberlappen erhalten die im Inneren des Cephalothorax ge- legenen Organe den Anschein einer den sechs Thoraxsegmenten ent- sprechenden Segmentirung. Die Umwandlung des Nahrungsdotters in den definitiven Mitteldarm erfolgt, indem die der Oberfläche genäherten Dotterzellen sich vermehren und zu einem einschichtigen Epithel anordnen, welches sich sehr bald *) Die Beobachtungen von Kishinouye scheinen für diese Auffassung zu sprechen. 528 XVI. Capitel. von der centralen Dottermasse abhebt, indem sich zwischen dieser und dem Epithel verflüssigte Dottersubstanzen ansammeln. Allmählich wird der ganze Nahrungsdotter verflüssigt und aufgebraucht. Der Durch- bruch des Vorderdarms gegen den Mitteldarm findet früher, der des Enddarms später statt. Hinsichtlich der Vertheilung der Leberlappen ist zu erwähnen, dass sie sich um zwei Paare von Ausführungsgängen gruppiren, mittelst deren sie in den vorderen Theil des Mitteldarms ein- münden. Während die überwiegende Zahl derselben dem Cephalothorax angehört, reicht ein mit dem zweiten Paar von Ausführungsgängen ge- meinsam mündender Leberschlauch nach hinten in den Abdominalabschnitt des Körpers. C. Bildungen des Mesoderms. Das Mesoderm entsteht — wie wir oben (pag. 518) gesehen haben — in der Form einer von der Primitivrinne ausgehenden und unter dem Ectoderm sich ausbreitenden Zellwucherung. Zur Zeit des Auftretens der Extremitätenanlagen trennt sich die Mesodermschicht längs der Mittel- linie, so dass sie nun aus zwei unter den Extremitätenstummeln hin- ziehenden Mesodermstreifen besteht, welche aber vorne und hinten unter einander zusammenhängen. Es wird hiebei der Innenraum der Glied- maassenanlagen völlig von Mesodermzellen erfüllt. Es treten nun bald — wie bei den Arachniden — segmentweise paarige Cölomhöhlen auf. welche in die Extremitätenanlagen sich fortsetzen Dieselben entwickeln sich aus mehrfachen kleineren Auseinanderweichungen der Mesoderm- zellen, welche zur Bildung der Cölomhöhlen zusammenfliessen. Das Mesoderm wird durch dieselben in ein splanchnisches und somatisches Blatt getrennt. An dem seitlichen Rande, wo beide Blätter in einander übergehen, wächst das Mesoderm als einfache Zellschicht gegen den Rücken zu aus, in welcher erst später - nach erfolgter Anlage des Herzens — eine Spaltung in ein somatisches und splanchnisches Blatt sich geltend macht. In dieser einfachen Zellschicht entwickelt sich sehr bald eine paarige, längsverlaufende Verdickung, die Anlage der dorsalen Längsmuskel und gleichzeitig der Ansatzpunkte der von der Ventralseite emporstrebenden Extremitätenmuskeln. Letztere entwickeln sich in Meso- dermsepten, welche von der Ventralseite, aber auch von den lateralen Parthien emporwachsen und die Nahrungsdottermasse vom Rande her in eine Anzahl (ursprünglich sechs) Lappen zertheilen, wodurch eine an- scheinende Segmentirung an den inneren Organen des Cephalothorax zum Ausdrucke kommt. Wenngleich durch die Beziehung dieser Meso- dermsepten zu den in ihnen sich entwickelnden Extremitätenmuskeln ein gewisser segmentaler Charakter gegeben ist, so werden wir doch nicht ausser Augen lassen dürfen, dass dieser anscheinenden Segmentirung zu- folge der cephalische Abschnitt ungemein eingeengt erscheint, während wir für denselben nach der Lage der Augen eine grössere Ausdehnung erwarten würden. Sobald die dorsalwärts vorwachsenden Mesodermplatten sich in der dorsalen Mittellinie berühren, entsteht daselbst eine längsverlaufende Verdickung, die erste Anlage des Herzens. Kingsley konnte nicht be- stimmt entscheiden, ob die zur Bildung dieser Verdickung zusammen- tretenden Zellen ausschliesslich dem Mesoderm angehören, oder ob nicht durch Auswanderung von Dotterzellen zu derselben beigetragen wird. Bald tritt im Inneren der Herzanlage ein Lumen auf, in welches einzelne Palaeostraken. 529 von der Wand sich loslösende Zellen, die zu Blutkörperchen werden, ein- wandern. Die Wand des röhrenförmigen Herzens löst sich nun zunächst von dem splanchnischen Blatt, erst später von dem somatischen Blatt des Mesoderms ab. In späteren Entwicklungsstadien erleidet das Cölom eine Rückbil- dung, insoferne alle Räume der Leibeshöhle von reticulärem Bindegewebe durchsetzt werden. Immerhin ist über das Genauere dieser Vorgänge bisher nichts bekannt geworden. Limulus ist ebenso, wie die Arachniden, durch den Besitz eines zwischen der Bauchganglienkette und dem Darmcanal gelegenen inneren Skeletkörpers , der aus faserknorpelähnlichem Gewebe besteht, ausge- zeichnet, des Endosternums (Fig. 340 ent u. pag. 530), welches zahl- reichen Muskelgruppen zum Ansätze dient. Dasselbe soll nach Brooks and Bkuce (No. 10) aus einer Verdickung des splanchnischen Mesoderms an der Ventralseite der Nahrungsdottennasse (Mitteldarmanlage) seinen Ursprung nehmen. Die von Packard gefundene „ziegelrothe Drüse", in welcher wir mit Ray Lankester (No. 17) das Homologon der Coxaldrüsen des Scorpions erblicken, und welche wahrscheinlich auf ein umgewandeltes Nephridium zu beziehen ist, ist auch ein Derivat des Mesoderms. Diese Drüse, welche im ausgebildeten Zustande, wie es scheint, einer äusseren Mündung entbehrt, und längs des Endosternums zu den Seiten der Coxal- ansätze des zweiten bis fünften Extremitätenpaares hinzieht, stellt ein ziemlich complicirt gebautes Convolut von vielfach anastomosirenden Schläuchen dar, welches einen längsverlaufenden Körper und vier, nach den Seiten sich erstreckende Zipfel erkennen lässt. In den von Gulland (No. 13) beobachteten Jugendstadien fehlen letztere, während die Drüse an der Coxa des fünften Gliedmaassenpaares nach Aussen mündet. Dieses Organ entwickelt sich im Embryo nach Kingsley (No. 15) aus dem Meso- derm und nimmt in sein Inneres einen Theil der Cölomhöhle des fünften posturalen Kör- persegmentes auf. Seine innere Endigung läuft in eine dünne Schicht flacher Epithel- zellen aus. Es scheint demnach sein Bau im Wesentlichen dem der Nephridien von Peripatus zu gleichen. Der röhren- förmige Theil der Drüse biegt sich zu- nächst schleifenförmig nach vorne, während der äussere Ast der Schleife neuerdings eine vierfache Knickung erfährt. Diese neuen secundären Schleifen wachsen in jedem Körpersegment zu den obenerwähn- ten vier Lappen des ausgebildeten Zu- "• v •: v & £ •:••. \ä''' & lw-l Standes aus. An rührungssteilen der eine Verwachsung den gegenseitigen Be- einzelnen Schleifen tritt und Perforation ein. D. Respirationsorgane. Die Kiemenblätter (Fig. 342 k) ent- stehen an der hinteren, dorsalwärts ge- richteten Seite des zweiten bis fünften ab- dominalen Extremitätenpaares und zwar Fig. 342. Längsschnitt durch die Abdominalanhänge des Limu- lusernbryos, zur Darstellung der Eutstehungsweise der Kiemen- lamellen (nach Kikgsley). ga-n ga2 erstes und zweites kiementragendes Beinpaar, o Oper- culum, k Kiemenblätter, m Muskel, d Nahrungsdotter. 530 XVI. Capitel. als einfache Ausstülpungen der Körperoberfläche. Anfangs sind sie nur in geringer Zahl angelegt; mit der fortschreitenden Entwicklung treten jedoch immer neue Anlagen von Kiemenlamellen an dem Basalabschnitt der betreffenden Extremität hinzu. Kingsley macht darauf aufmerksam, dass in den jungen Stadien der Entwicklung des Kiemenbuches die ganze Region ein wenig unter die Oberfläche eingesunken erscheint, als wenn hiedurch die Entstehung der Scorpionlunge durch Einstülpung andeutungs- weise vorgebildet wäre (vgl. Fig. 342 ga^). 4. Allgemeines. Wir haben bereits oben (pag. 509) hervorgehoben, dass die Xiphosuren offenbar in ziemlich naher Verwandtschaft zu den Trilobiten stehen. Ge- wisse übereinstimmende Charaktere, welche die Xiphosuren und Trilobiten einander nähern, treten besonders an den jungen Larven von Limulus (Trilobitenstadium) hervor, sind jedoch auch an der ausgebildeten Form nicht zu verkennen. Wie bei den Trilobiten zerfällt auch hier der Körper durch zwei längs verlaufende Furchen in einen mittleren Theil und zwei seitliche Theile. Die Lage der Seitenaugen ist in beiden Gruppen eine übereinstimmende, während Ocellen (Mittelaugen) für die Trilobiten noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen sind. Ebenso stimmt die allgemeine Configuration des Cephalothorax, das Vorhandensein eines unteren Umschlags am Kopfschilde u. a. überein. Was wir bisher über die Kopfgliedmaassen der Trilobiten kennen gelernt haben, scheint darauf hinzudeuten, dass sie sich denen der Gigantostraken im Bau näherten. Es sind im Ganzen vier Paare von Kaufüssen nachgewiesen, von denen besonders das letzte mächtig entwickelt wrar und in eine ruderförmig verbreiterte Gliedmaasse auslief. Die Verbindung zwischen Limulus und den Trilobiten wird durch verschiedene fossile Xiphosurenformen ver- mittelt, unter denen besonders Belinurus durch die Gestalt seines in lange Wangenstacheln sich fortsetzenden Cephalothorax(kopf)schildes auf- fallend an die Trinucleiden unter den Trilobiten erinnert. Wenn so die Palaeostraken als eine einheitliche, auf natürlicher Verwandtschaft beruhende Gruppe sich darstellen, so wird besonders unter Betrachtung des neuerdings durch Walcott (No. 5) genauer be- kannt gewordenen Baues der Trilobitengliedmaassen , sowie des zwei- ästigen Baues der abdominalen Gliedmaassen von Limulus eine gewisse entferntere Verwandtschaft mit den Crustaceen - - wie wir oben (pag. 498 und 510) betont haben, sich nicht in Abrede stellen lassen. Wir haben oben ausgeführt, warum wir die Palaeostraken den Crustaceen als gleich- werthige Gruppe gegenüberstellen, aber von einer Vereinigung beider Gruppen Abstand nehmen. Immerhin erscheint es uns gerechtfertigt, anzunehmen, dass beide aus einer gemeinsamen Stammgruppe der Protostraken (welche vielleicht auch als Stammgruppe der Peripatus- Myriopodenreihe zu betrachten ist) ihren Ursprung genommen haben. Eine ausführlichere Betrachtung verdienen die Beziehungen, welche zwischen den Palaeostraken und den luftathmenden Arachniden zu be- stehen scheinen. Schon von Strauss-Dürkheim waren 1829 die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen von Limulus und den Arachniden betont worden. Strauss-Dürkheim stützte sich hierbei vor Allem auf die radiäre Anordnung der Beine um eine gemeinsame Sternalplatte und auf das Vorhandensein eines inneren, zwischen Bauchmark und Darm gelegenen Endoskeletkörpers (E n d o s t e r n u m), wrelcher zahlreichen Muskelgruppen ö Palaeostraken. 531 den Ansatz bietet. Die Anschauungen Strauss - Dürkheim's wurden von Ed. van Beneden (No. 8) 1871 und J. Barrois 1878 auf Grund embryologischer Beobachtungen gestützt. Auch Claus sprach 1876 (Unters, zur Geneal. Grundl. der Crustac. - Systems) die Ansicht aus, dass „aus den polygnathen Merostomen (Trilobiten, Eurypteriden und Xiphosuren) die luftathmenden Arachnoiden hervorgegangen sein dürften". In ähnlicher Weise hatte sich auch Huxley über den genea- logischen Zusammenhang der Arachnoiden und Merostomen ausgesprochen. Neuerdings wurden die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen beider Gruppen besonders durch Ray Lankester (No. 16) auf Grund einer ausführlichen Vergleichung des Baues von Limulus und Scorpion ein- gehender erörtert. Wenn Ray Lankester unserer Ansicht nach ent- schieden zu weit gegangen ist, indem er Limulus einfach als Arachniden betrachtet wissen will, so gebührt ihm doch das Verdienst, die Zu- sammengehörigkeit beider Formen in dieselbe Entwicklungsreihe auf einer breiteren Basis, als dies bisher geschehen war, begründet zu haben. Nach unserer Ansicht bieten der dem Wasserleben entsprechende Bau der zur Respiration verwendeten Gliedmaassen, die Abwesenheit der Malpighi'schen Gefässe und ferner die Zusammengehörigkeit mit den Trilobiten, welche den Arachniden ferner stehen, genügende Gesichts- punkte, um den Xiphosuren eine selbstständigere Stellung zu belassen. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, auf die Beweise, welche sich aus den palaeontologischen Daten für den genealogischen Zusammenhang der Arachnoiden und Palaeostraken ergeben, näher einzugehen. Hier sei nur erwähnt, dass in der den Xiphosuren nahe verwandten Gruppe der Gigantostiaken Formen vorliegen, welche im Habitus und in der Gliederung des hinteren Körperabschnittes den Scorpionen noch näher stehen als Limulus selbst. Im Uebrigen können wir uns auf eine kurze Betrachtung der Vergleichspunkte zwischen Limulus und den Scorpionen beschränken. An beiden Formen erkennen wir einen vorderen einheitlichen, sechs Extremitätenpaare tragenden Körperabschnitt (Cephalothorax), an dessen oberer Seite zwei Mittelaugen und mehr dem Rande genäherte Seiten- augen sich finden. Die Mittelaugen von Limulus und dem Scorpion stimmen ihrem Baue nach so sehr überein, dass wir an ihrer Homologie nicht zweifeln werden. Die gleiche Anschauung dürften wir wohl auch für die Seitenaugen haben, wenngleich die mehrfach vorhandenen, uni- cornealen Seitenaugen der Scorpione sich in ihrem Bau von den merk- würdigen, sehr ursprünglichen zusammengesetzten Seitenaugen von Limulus wesentlich unterscheiden Wir müssten dann die Seitenaugen der Scorpione für einen abgeleiteten Typus erklären (vgl. hierzu pag. 549 u. 598 u. ff.). Von den sechs dem Cephalothorax angehörigen Gliedmaassenpaaren rückt das vorderste (Cheliceren) während der Entwicklung vor die Mundöffnung, während das ihm zugehörige Ganglienpaar in nähere Verbindung mit dem Gehirn tritt, Die fünf dahinter gelegenen Beinpaare dienen der Loco- motion und dem Kaugeschäfte. Während bei Limulus die Coxae sämmt- licher Paare zu bezahnten Kauladen vergrössert erscheinen, weisen bei den Scorpionen nur die Pedipalpen und die beiden ersten Gangbeinpaare eine basale ladenähnliche Bildung auf. Eine vor dem Munde zwischen den Cheliceren gelegene Oberlippe (Rostrum, Camerostome) ist beiden Formen gemeinsam ; ebenso eine ursprünglich paarige, hinter dem sechsten Extremitätenpaar gelegene Vorragung, bei Limulus durch die Chilaria repräsentirt, bei den Scorpionen dagegen zu einer kleinen pentagonalen Platte, welche vor dem Operculum sich findet, verschmolzen. 532 XVI. Capitel. Hinter dem Cephalothorax folgt bei den Seorpionen ein aus sieben Segmenten bestehendes Präabdomeu, an das ein aus fünf Segmenten be- stehendes Postabdomen mit dem terminalen Giftstachel sich anschliesst. Wenn wir als Repräsentanten des letzteren den langen Schwanzstachel von Limulus betrachten, so werden wir die gewöhnlich als Abdomen bezeich- nete Region von Limulus als das Aequivalent des Prae- und Postabdomens der Scorpione auffassen. Diese Region besteht bei Limulus aus acht mit einander verschmolzenen Körpersegmenten. Mit Rücksicht auf gewisse fossile Formen (Belinurus) werden wir jedoch muthmassen dürfen, dass das letzte dieser Segmente streng genommen mehreren, nicht zur Sonderung gelangenden Körpersegmenten entspricht. Die Uebereinstimmung zwischen Limulus und dem Scorpion spricht sich in der Gliedmaassenentwicklung des abdominalen Körperabschnittes aus. In beiden Fällen werden im Embryo an den sechs vordersten Segmenten dieser Region Anlagen von Gliedmaassen gebildet. Von diesen wandelt sich das vorderste Paar bei Limulus in die auch beim Scorpion angedeutete, als Operculum bezeich- nete plattenförmige Bildung um, an deren innerer Seite die Geschlechts- öffnungen gelegen sind. Die fünf hinteren Extremitätenpaare dienen bei Limulus als blattförmige, kiementragende Gliedmaassen der Respiration. Bei dem Scorpion entwickelt sich das vorderste Paar derselben zu den Pectines, während die vier übrigen zur Zeit der Entwicklung der Lungen- säcke zu verschwinden scheinen. Bei der Annahme naher verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen Limulus und den Seorpionen spielt die Umwandlung der Kiemen des Limulus in die Lungen der Scorpione eine wichtige Rolle. Die Uebereinstimmung im Bau der betreffenden Organe ist thatsächlich eine sehr beträchtliche. Indess er- geben sich bei einer genaueren Ueberlegung, wie wohl der Uebergang von dem Kiemenbuch des Limulus in das Lungenbuch des Scorpions sich vollzogen haben mag , gewisse Schwierigkeiten , welche man durch verschiedene Hypo- thesen (Ray Lankester No. 16 und 20, Kingsley No. 14 und Mac Leod No. 21) zu beseitigen gesucht hat. Ray Lankester ist von einer recht ge- künstelten, ursprünglichen Ansicht später selbst zurückgekommen und leitet neuerdings die Scorpionlunge durch einfache vollständige Einstülpung nach Innen von der Limuluskieme ab. Es würde hiebei nicht nur die Extremität als Ganzes, sondern jedes einzelne Kiemenblatt für sich eingestülpt, so dass die Zwischenräume zwischen den Kiemenblättern dann zu den Blättern des Lungenbucb.es werden. Dieser Auffassung steht die Kingsley's nahe. Nach unserer Ansicht liefert die Betrachtungsweise Mao Leod's die einfachste und mit den Thatsachen am besten in Uebereinstimmung stehende Erklärung. Mac Leod (No. 21) geht von der Ansicht aus, dass die Blätter des Kiemen- buches denen des Lungenbuches homolog sind. Die kiementragenden Ex- tremitäten des Limulus werden gewöhnlich dicht an die Ventralseite des Abdomens angedrückt gehalten. Nur an jener angedrückten oberen Fläche der Extremität entwickeln sich die Kiemenblätter. Die Ventralseite von Limulus zeigt bereits eine den Kiemenblättern entsprechende Einbuchtung. Denken wir uns die einzelnen respiratorischen Gliedmaassenpaare weiter aus- einandergerückt, als dies bei Limulus der Fall ist, und die Ränder der eben erwähnten Einbuchtung mit den Rändern der blattförmigen Extremität verwachsen , so wird hierdurch ein abgescblossener Raum , der Lungensack, gebildet, Der freie hintere Rand der Extremität würde dann zum vorderen Rand des entsprechenden Stigma's. Durch diese Annahme Mac - Leod's werden gewisse Verhältnisse im Bau der Spinnenlunge erklärbar, z. B. dass Palaeostraken. 533 die Lungenblätter zum Theil nicht bloss an ihrem hinteren , sondern auch an ihrem seitlichen Rande frei sind, dass die entsprechenden Lungensäcke der beiden Seiten unter einander eine Verbindung haben etc. Es scheint daher die Auffassung Mac Leod's am besten begründet. Wenn wir in der äusseren Körpergliederung-, sowie im Bau und der Verwendung der Extremitäten zahlreiche Züge der Uebereinstimmung auffanden, so ist die Aehnlichkeit in Bezug auf die innere Anatomie nicht minder bemerkenswert!]. Das Vorhandensein des Endosternums wurde bereits oben erwähnt. Hier sei nur erinnert an die mächtige, verästelte, durch mehrere Ausführungsgänge in den Darm mündende Leber, an die netzförmige Anlage der Geschlechtsdrüse, an das Vorhandensein eines cir- eumösophagealen, die Schlundcommissur begleitenden, arteriellen Gefäss- ringes (bei Limulus zu einer förmlichen Gefässscheide werdend) und end- lich an das Vorhandensein einer an der Coxa des fünften Beinpaares (dritten Gangbeinpaares) gelegenen Drüse (ziegelrothen Drüse von Limulus, Coxaldrüse). Wir haben oben vielfach Gelegenheit gehabt, auf Uebereinstimmungen in der Entwicklungsweise von Limulus und den Arachnoiden hinzuweisen. Die Uebereinstimmungen des Baues und der Entwicklung in beiden Gruppen sind so bedeutende, dass wir sie wohl kaum anders, als durch genetische Beziehungen zu erklären im Stande sind. Wir schliessen uns daher der Ansicht an, dass die Arachnoiden sich aus den Paläostraken durch Anpassung an das Landleben entwickelt haben. Es sei hier erwähnt, dass vielleicht auch im Bereich der Gigantostraken eine Anpassung an den Aufenthalt im süssen Wasser und auf dem Lande (?) stattgefunden hat. Nach Zittel (No. 7) finden sie sich in der Steinkohlen- formation mit Landpflanzen , Scorpionen , Insecten , Fischen und Süsswasser- Amphibien vereinigt. Auffallend ist für diese Gruppe die Schuppenbedeckung der Körperoberfläche. Es ist ein naheliegender Gedanke, dem auch Ray Lankestek. Ausdruck gegeben hat, die Coxaldrüse der Arachnoiden und Xiphosuren mit einem der Nephridienpaare der Crustaceen in Homologie zu setzen. Es könnte hierbei nur die Schalendrüse in Frage kommen , welche dem Segmente der zweiten Maxillen, also ebenfalls dem fünften, glieclmaassentragenden Körpersegmente angehört. Hieraus würde sich die Folgerung ergeben, dass wir die Cheliceren der Arachnoiden dem I. Antennenpaar der Crustaceen homolog setzen müssten, eine Annahme, welche uns ziemlich gewagt und durch den Bau und die Ent- wicklung des Gehirns in beiden Gruppen nicht genügend gestützt erscheint. Für die Annahme einer Homologie zwischen der Schalendrüse, der Crustaceen und der Coxaldrüse von Limulus und Scorpio liegt um so weniger eine Nöthigung vor, als wir ja — wie uns Peripatus beweist — ursprünglich jedes Körpersegment als mit einem derart beschaffenen Drüsenpaar versehen uns vorzustellen haben. Korschelt-Heider, Lehrbuch. •>•' 534 XVI- Capitel. Litteratur. I. T r i 1 o b i t e 11. 1. Barrande, J. Systeme Silurien du Centre de la Boheme. Prague et Paris. Premiere Partie. Vol. 1. 1852 und Supplement au Vol. 1. IS?,?. 2. Ford, S. W. On some Embryonic Forma of Trilobitea fron, the Primordial Rocks at Troy N.Y. Silliman's Americ. Journ. of Science and Arts. (3) Vol. 13. 1877. 3. Ford, S. W. On additional Embryonic Forma of Trilobitea from the Primordial Rocks of Troy N. T. etc. Silliman's Americ. Journ. of Science and Arts. (3) Vol. 22. 1881. 4. Matthew, M. A. Sur le developpement des Premiers Trilobites. Ann. Soc. Roy. Malacologique de Belgique. Tome 23. 1888. 5. Waleott, C. D. The Trilobite : New and Old Evidencc relating to its Organization. Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard Coli. Cambridge. Vol. 8. 18S0 — 1881. 6. Walcott, C. D. Fossils of the Utica Slate. Trans. Albany Inst. X. 1879 (?). Soll Angaben über die Metamorphose von Priarthrus Becki enthalten. 7. Zittel, K. A. Randbuch der Paläontologie. I. Bd. 2. Abtheil. München und Leipzig. 1885. II. Xiphosuren. 8. Beneden, E. van. De la Place que les Limules doivent oecuper dans la Classification des Arthropodes d'aprea leur developpement embryonnaire. Ann. Soc. Entom. Belgique. 15. Bd. 1871. Ann. and Mag. Nat. Eist. (4) 9. Bd. 1872. 9. Beneden, E. van. Beobachtungen über die ersten Stadien der Embryonalentwicklung von Limulus. Tageblatt der 46. Versammlung deutsch. Naturf. u. Aerzte in Wies- baden. 1873. p. 58. 10. Brooks, W. K. and Bruce, A. T. Abstract of Reaearches on the Embryology of Limulus polyphemus. J. Eopkina Univ. Circ. Vol. 5. 1885. 11. Dohrn, A. Untera. etc. 12. Zur Embryologie und Morphologie dea Limulus Poly- phemus. Jen. Zeitschr. f. Nat. 6. Bd. 1871. 12. Gerstäcker, A. Crustacca in Bronn's Classen und Ordnungen des Thierreichs. 5. Bd. 1. Abth. 1866—1879. 13. Gulland, G. L. Evidence in favour of the View that the Coxal Gland of Limulus and of other Arachnida is a Modified Nephridium. Quart. Journ. Mio: Science. (2) 25. Bd. 1885. 14. Xingsley, J. S. Notea on the Embryology of Limidus. Quart. Journ. Microsc. Science. (2) 25. Bd. 1885. 15. Kingsley, J. S. The Ontogeny of Limulus. Zool. Anz. 13. Jg. 1890. Auch in: Amer. Natur. 24. Bd. 1890. 16. Lankester, E. Ray. Limulus an Arachnid. Quart. Journ. Micr. Sc. (2) 21. Bd. 1881. 17. Lankester, E. Ray. 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Farther Obscrvaiions on the Embryology of Limulus etc. Amer. Nat. 7. Bd. 1873. Palaeostraken. 535 25. Packard, A. S. The Anatomy, Histology and Embryology of Limulus polyphemus. Anniversar y Mein. Bost- Soc. Nat. Hist. 1880. 26. Paekard, A. S. On the Embryology of Limulus polyphemus. III. Amer. Nat. Vol. 19. 1885. 27. Packard, A. S. Farther studies on the brain of Limulus polyphemus. Zool. Anz. 14. Jg. 1891. 28. Patten, Will. Segmental Sense Organs of Arthropods. Journ. of Morphol. Vol. 2. 1889. 29. Patten, Will. On the Origin of Vertebrates from Arachnids. Quart. Journ. Micr. Science. (2) 31. Vol. 1890. 30. Watase, S. On the Morphology of the Compound Eyes of Arthropods. Stud. Biol. Laborat. Johns Hopkin's Univ. Vol. 4. 1890. Extr. in Quart. Journ. Microsc. Sc. (2) Vol. 31. 1890. 31. Willemoes-Suhm , R. v. On a Crustacean Larva at one Urne supposed to be the larva of Limulus. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. 23. 1883. • ' \ ■■ 35 Systematik XVIL Capitel. ARACHNOIDEN k: I. S c o r p i o n e IL P e d i p a 1 p e n III. Pseiidoscorpione IV. Phalangiden V. Solpugiden VI. Araneinen VII. Acarinen. 1. Scorpione. Beschaffenheit und Entwicklnngsbedingnngen der Eier. Die Scorpione sind vivipar. Ihre dotterreichen, von einer dünnen Membran umgebenen, ovalen oder kugelrunden Eier liegen in einem Follikel, welcher durch Ausstülpung an der Wand der Eierstocksröhren entstanden ist. Entweder erfolgt schon hier die Befruchtung, so bei Euscorpius und Buthus (Metschnikoff, Laurie) oder dieselbe findet erst statt, wenn das Ei bereits aus dem Follikel in die Ovarialröhre übergetreten ist (Androctonus nach Kowalevsky und Schulgin). Im ersteren Falle verweilt der Embryo während eines grossen Theils seiner Em- bryonalentwicklung im Follikel (Buthus nach Joh. Müller) oder er verlässt dasselbe bei beginnender Segmentirung des Keimstreifens (Eu- scorpius italicus). Die weitere Entwicklung läuft dann in den Ovarialröhren bezw. Eileitern ab, welche somit zum Uterus werden. Die geburtsreifen Embryonen zeigen im Ganzen die Organisation des Mutter- thieres. 1. Fiirclmng und Keiiiiblätterbildung. Die Furchung der Eier ist eine discoidale. An dem gegen die Ovarialröhre gerichteten Pol des Eies wurde (in dem jüngsten bisher beobachteten Stadium) eine Anzahl von Zellen gefunden, welche eine nur wenig umfangreiche, einschichtige Kappe auf dem Eidotter bilden, die Keimscheibe (Fig. 343). Von hier aus verbreitet sich das Blasto- derm allmählich und zwar sehr langsam fortschreitend über den Dotter (Fig. 344 A u. B). Schon längst, bevor es diesen umwachsen hat, ist an der Stelle, wo es zuerst angelegt wurde, die Anlage und weitere Arachnoideu. 537 Differenzirung des Keimstreifens erfolgt. Eine Zerklüftung des Dotters, wie sie an den Eiern der Spinnen auftritt, findet bei den. Scorpionen nicht statt. Die discoidale Furchung der Scorpione möchten wir mit dem als Typus IV bezeichneten Furchungsmodus bei den Crustaceen vergleichen und ihn wie diesen auf die superficielle Furchung zurückführen (vgl. pag. 321 u. 322). Dies wird um so eher gestattet sein, als auch bei den Arachnoiden die super- ficielle Furchung im Allgemeinen eine grosse Verbreitung besitzt. Wir schreiben in dieser Beziehung den Scor- pionen gegenüber den Araneinen abge- leitete Verhältnisse zu, obwohl sie sich im Uebrigen als ursprünglichere Formen darstellen. Die Entwicklung der Em- bryonen im Innern des mütterlichen Körpers zeigt zur Genüge , dass Ver- änderungen im ursprünglichen Entwick- lungsmodus eingetreten sind. Die Bildung der Keimblätter. Nicht lange bewahrt die Keimscheibe ihren Charakter als einschichtige Zellen- lage. In ihrer Mitte tritt eine Ver- dickung auf, welche sich an der gegen den Dotter gekehrten Fläche der Keimscheibe als eine Vorwölbung zu erkennen giebt. Diese Bildung ist nach Kowalevsky und Schulgin durch Einsenken von Zellen entstanden. Wenn man dazu die von Metschnikoff be- schriebene Längsfurche an der Ober- fläche der jetzt oval gewordenen Keim- scheibe in's Auge fasst (Fig. 346 A, pag. 541 ), ist man geneigt, an einen langen spaltförmigen Blastoporus zu denken, wie er dem Peripatus zukommt und als Längsrinne des Keimstreifens bei den Insecten besteht. Jedenfalls geht auch hier von dieser Bildung die Differenzirung des inneren und mittleren Keimblattes aus. Obwohl das „Einsenken von Zellen" sowie die Längsrinne in der erst kürzlich erschienenen Arbeit von Laurie (No. 23) nicht direct in Abrede gestellt wird, so vermochte sich der genannte Forscher doch nicht von dem Vorhandensein beider zu überzeugen, ja er scheint viel eher geneigt zu sein, an das Fehlen dieser Vorgänge zu glauben. Dieselben können somit noch nicht als feststehend betrachtet werden , zumal die davon gegebenen Be- schreibungen keine sehr genauen sind. Laurie lässt das Entomesoderm durch Abspaltung aus der Zellmasse der Keimscheibe hervorgehen, ohne dass dabei eine besondere Regelmässigkeit in der Bildung zu beobachten wäre. Doch findet auch er am Hinterende der Keimscheibe eine verdickte Stelle, an welcher eine starke Vermehrung der Zellen (Bildung des Entomesoderms) vor sich geht und welche somit einer Invagination gleich gesetzt werden könnte (Fig. 345 A, e). Mit dieser Wucherungsstelle dürfte der von Metschnikoff (No. 24) beschriebene Schwanzhügel identisch sein, welcher an der Innenfläche der Keimscheibe gegen den Dotter vorragt und später Fig. 343. Ei von Euscorpius italicus mit der aufgelagerten Keim- scheibe (nach Metschnikoff, aus Bal- fodr's Handbuch). 538 XVII. Capitel. ^mssssmäm in den Schwanztheil des Embryos verlegt wird. Laurie vergleicht die ver- dickte Stelle mit dem Primitivstreifen der Wirbelthiere, und unwillkürlich wird man auch hierdurch wieder an die bei Peripatus obwaltenden Ver- hältnisse erinnert. Dort liegt die „Einwucherungsstelle" am Hinterende des langgestreckten Blastoporus. Wenn die Keiniseheibe durch rege Vermehrung ihrer Zellen bereits eine Dicke von mehreren Zellschichten erreicht hat, scheinen sich diese noch recht wenig von einander abzugrenzen. Die gegen den Dotter ge- kehrte (innere) Fläche der Keimscheibe erscheint jetzt ganz unregel- mässig gestaltet, denn hier lösen sich einzelne Zellen von ihr los und rücken in den Nahrungsdotter hinein (Fig. 344 B). Aus ihnen gehen die Dotterzellen hervor, welche amöboid gestaltet im Dotter sich ver- teilen und dessen Verflüssigung bewirken ohne aber am Aufbau des Embryos Theil zu nehmen (Kowalevsky und Schulgin, Laurie). Sie verhalten sich somit anders, als man von den entsprechen- den Zellen bei den Ar anei- nen annimmt, welche am Aufbau des Mitteldarmes betheiligt sind. Das Ento- derm der Scorpione entsteht dadurch, dass sich von der Zellmasse der Keimscheibe die unterste Zellschicht in Form eines regelmässigen Epithels differenzirt (Fig. 345 A und B, ent). Diese Zellen, wplche dem Dotter eng anliegen, unterscheiden sich auch durch ihre sonstige Beschaffenheit von der darüber gelegenen dichten Zellenmasse, indem sie durch Aufnahme flüssiger Dotter- substanz ein glasartiges Aus- sehen gewinnen. Die voluminöse Zellen- masse, welche nach der Differenzirung des Entoderms zwischen diesem und dem Ectoderm übrig bleibt, entspricht dem Mesoderm (Fig. 345 A u. B). Anfangs eine ziem- lich unregelmässig gelagerte Masse, welche sich im ganzen Bereich der Keimscheibe ausdehnt, erscheint dasselbe in späteren Stadien in Form zweier symmetrisch angeordneter Bänder neben der Mittellinie. Diese beiden Mesodermstreifen, welche am Hinterende in einander übergehen, erfahren späterhin eine Gliederung in die Ursegmente und Aushöhlung derselben (Fig. 345 B, mes). Die Volumzunahme des Mesoderms wird auf Vermehrung der unteren Zellenmasse der noch nicht in Keimblätter differenzirten Keimscheibe zurück- geführt (Laurie). Wenn es sich so verhielte, dass die hauptsächliche Ver- mehrung der Zellen von einer Stelle am hinteren Ende der Keimscheibe ausgeht, worauf schon weiter oben hingewiesen wurde, so würde sich damit ein Vorwachsen der Mesodermstreifen von hinten nach vorn ergeben, so wie es auch bei anderen gegliederten Formen stattfindet. Die Differenzirung der Mesodermstreifen schreitet dann wie bei diesen von vorn nach hinten fort, Fig-. 344. A und B Schnitte durch die Keimscheibe und einen Theil des Eies von E u - scorpius italicus (nach Laurie). d Dotter, ks Keimscheibe. Arachnoiden. 539 2. Die Entstellung der Embryonalüüllen und die Ausbildung der äusseren ESrperforin. Während der bisher besprochenen Vorgänge hat die Keimseheibe erst geringe Ausbreitung auf dem Dotter gewonnen. Sie stellt eine rundliche bis ovale Scheibe dar. Schon zu dieser frühen Zeit beginnt die Bildung der Embryoualhülleii. Gegen die Peripherie zu entsteht auf der Keimscheibe eine rings um dieselbe verlaufende Rinne, welche nunmehr den centralen Theil der Keimscheibe in Form einer leichten Erhebung gegen den wenig umfangreichen peripheren Bezirk abgrenzt. Am Rand der Rinne erhebt sich eine Duplicatur des Ectoderms, und diese Falte wächst nun von der Peripherie her über die Keimscheibe hinweg, um schliesslich in deren Mitte zur Verwachsung zu gelangen. So werden die beiden Blätter der Embryonalhülle gebildet, ein äusseres Fig. 345. A Querschnitt durch die hintere Parthie einer Keimscheibe, B durch eines der vorderen Segmente eines Keimstreifens (mit bereits angelegten Extremitäten) von Euscorpius italicus (nach IjAURIe). am Amnion, d Dotter, dz Dotterzellen, e Einwucherungsstelle, ect Ectoderm, ent Entoderm, mes Mesoderm, n Anlage der Ganglienkette, se Serosa. Blatt, die Serosa, welche dicht unter der Eihaut liegt, und ein inneres, das Amnion. Zwischen beide hinein sollen sich bei der Bildung der Ectodermduplicatur einzelne Mesodermzellen erstrecken (Kowalevsky und Schulgin). Nach der durch Kowalevsky und Schulgin gegebenen Darstellung von der Bildung der Embryonalhüllen würde sich dieselbe beiden Scorpionen (wenigstens bei Androctonus) so verhalten, wie wir sie von den Insecten und Wirbelt liieren kennen. Laurie konnte sich bei der von ihm unter- suchten Form (Euscorpius italicus) von einer derartigen Bildungsweise der Embryonalhüllen nicht überzeugen, sondern er glaubt, dass die beiden 540 XVII. Capitel. Zellschichten , welche die Serosa und das Amnion bilden , jede für sich von der Peripherie der Keimscheibe aus über diese hinwegwachsen. Zuerst entsteht die Serosa, indem sich rings um den Rand der Keimscheibe eine Zellenschicht erhebt und über deren Oberfläche gegen ihre Mitte hin strebt, um dort zu verwachsen. Erst nachdem diese Verwachsung erfolgt ist, tritt unter ihr eine zweite Zellenlage auf, das Amnion, welches den gleichen Process durchmacht (Fig. 345 A und B). Ein derartiges Vorwachsen einer einschichtigen Zellenlage ist schwer zu verstehen und muss wohl auf die Bildung einer Falte zurückgeführt werden. Die von Kowalevsky und Schulgix beobachtete Bildungsweise der Embryonalhüllen ist daher als der ursprünglichere Modus anzusehen. Ganz ähnliche Verhältnisse scheinen übrigens auch bei den Insecten (besonders bei den Hymen opferen) aufzutreten, indem dort ebenfalls das äussere Blatt der Falte über das innere hinauswächst und dies ganz hinter sich zurücklässt, so dass es rudimentär erscheint oder ganz schwindet (man vgl. die weiter unten für die Hyme- nopteren sowie für die Aphiden und Oecanthus gegebene Darstellung dieser Verhältnisse). Die Embryonalhülle besteht dann nur aus dem äusseren Blatte, der Serosa. Soweit erstreckt sich die Reduction, wie es scheint, bei den Scorpionen nicht, sondern es werden bei ihnen immer zwei Blätter gefunden (Metschnikoff, Ganin1), Blochmann). Auch Metschni- koff fand , dass das innere Blatt erst später als die Serosa gebildet wird, und es scheint dadurch die Angabe von Laueie bestätigt zu werden, obwohl Metschnikoff über die Bildungsweise des inneren Blattes genaue Angaben nicht zu geben vermag. Während sich die Serosa aus grossen Zellen zu- sammensetzt, wird das Amnion aus weit kleineren Zellen gebildet. Zwischen beiden sollen sich feine Fäden ausspannen , welche von den kleinen Zellen des inneren Blattes ausgehen (Fig. 347). Bei den Mesodermzellen, welche sich nach Kowalevsky und Schulgin zwischen beide Blätter der Embryonalhülle erstrecken, ist man geneigt, an Dotterpartikel zu denken, wie sie sich auch bei den Insecten zwischen Amnion und Serosa zuweilen finden , eine Erscheinung , welche durch das ursprüng- liche Zustandekommen der Embryonalhüllen erklärt wird. Laukie fand keine Mesodermzellen zwischen den Embryonalhäuten auf. Eine bessere Beurtheilung dieses Verhaltens wird erst nach dem Erscheinen der ausführ- lichen Arbeit möglich sein , da bisher nur eine nicht von Abbildungen be- gleitete Mittheilung vorliegt. (No. 19). Während der Differenzirung der Keimblätter und der Ausbildung der Embryonalhüllen verändert die Keimscheibe ihre Gestalt in der Weise, dass sie sich am vorderen Ende verbreitert (Fig. 346 ^4). Die schmale hintere Parthie ist stark verdickt, da hier eine rege Production von Zell- material stattfindet. In der Mittellinie erscheint an der Oberfläche der Keimscheibe die schon früher erwähnte rinnenförmige Einsenkung, welche schon sehr bald wieder verschwindet (Fig. 346 A, nach Metschnikoff). Durch eine mehr dem Vorderende genäherte Querfurche wird der Kopf- abschnitt vom primären Rumpf getrennt, doch scheinen ungefähr gleich- zeitig oder doch sehr bald darauf einige weiter nach hinten gelegene Querfurchen aufzutreten, welche die Anlagen der ersten Körpersegmente und einen grösseren hinteren Abschnitt bezeichnen, von welchem letzteren aus sodann die Abschnürung weiterer Segmente erfolgt (Laurie). J) Die russisch geschriebene und, soviel uns bekannt ist, nicht von Abbildungen begleitete Abhandlung Ganin's über Scorpionentwicklung (No. 18, 1867) konnte von uns nicht eingesehen werden. Arachnoiclen. 541 Mktschnikoff beschreibt ein Stadium, auf welchem der Embryo in drei primäre Abschnitte getheilt erscheint. Der vorderste entspricht dem primären Kopfabschnitt und der hintere dem Postabdomen, während aus dem mittleren Abschnitt der übrige Körper hervorgehen solle. Diese Auffassung konnte von Metschxikoff nicht sicher erwiesen werden, und es ist wahrscheinlicher, dass alle Rumpfsegmente sich vom hinteren Abschnitte abgliedern. Diese ersten Stadien des segmentischen Keimstreifens zeigen eine gewisse Aehnlich- keit mit Entwicklungsstadien der Trilobiten und könnten dadurch zu einer Vergleichung beider Anlass geben (vgl. oben pag. 516). Bei Euse or pi us wurde ein Stadium beobachtet, auf welchem der primäre Kopfabschnitt, ein darauf folgendes kleineres Segment (das der Cheliceren), ein nächstes grösseres (das der Pedipalpen) , sowie ein in der Anlage begriffenes, noch nicht völlig abgegrenztes Segment (das des ersten Beinpaares) und end- lich der umfangreichere Schwanzabschnitt vorhanden war. Durch Abtrennung weiterer Segmente von dem letzteren wird die Zahl der Körperabschnitte vermehrt. Die vordersten derselben er- scheinen, mit Ausnahme des ersten primären Rumpfseg- ments, am weitesten ausge- bildet, Sie verlieren an Deut- lichkeit der Ausprägung, je näher sie dem Schwanzende kommen. Eine in der Mittel- linie auftretende Furche (Neu- ralrinne), welche in Beziehung zur Bildung der Bauchgang- lienkette steht und nichts mit jener früher erwähnten media- nen Längsfurche zu thun hat. theilt die Keimscheibe in zwei symmetrische Hälften (Fig. 346 B). Nunmehr tritt die Aehnlichkeit dieser Embryo- nalanlage mit dem Keim- streifen anderer Arthropoden und des Peripatus stark hervor. Der Keimstreif liegt dem Dotter auf, indem er seine ventrale Fläche nach aussen kehrt, In dem Bereich, welchen er einnimmt und welcher den grössten Theil der Keimscheibe umfasst, erscheint letztere stärker verdickt (Fig. 345 B) , doch erstrecken sich die Keimschichten auch ausserhalb des Keimstreifens über den Dotter, nur erscheinen sie hier weit schwächer ausgebildet, Sie umwachsen allmählich den ganzen Dotter, der somit ins Innere des Embryos zu liegen kommt. Die Umwachsung des Dotters durch die schon längst als Keimblätter differenzirten Zellschichten kann nicht als Gastrulation aufgefasst werden, wofür sie Balfoue ansah. Demgemäss liegt auch der Blastoporus nicht an der Rückenfläche, sondern er ist vielmehr an der Ventralfläche zu suchen, worauf bereits weiter oben hingewiesen wurde (pag 537). Fisr. 346. A — C Keimscheibe (A) mit der medianen Längsfurche und Keimstreifen (B und C) von Eusc orpius italicus (nach Metschxikoff, aus Balfour's Handbuch). In B und C ist die Neuralrinne, in C sind am Kopfabschnitt die halbmondförmigen Scheitelgruben, sowie sowie weiter hinten die Anlagen der Extre- mitäten des Cephalothorax und Abdomens zu sehen. 542 XVII. Capitel. Wenn etwa zehn Körpersegmente angelegt sind (Metschnikoff) oder nach Laurie's Darstellung' bereits früher, machen sich die Extremitäten bemerkbar. Sie entstehen als V.orwulstungen der Segmente zu beiden Seiten der Mittellinie (Fig. 346 C u. 348) und erscheinen als hohle Stummel, da sich die jetzt bereits zur Ausbildung gelangten Ursegmente grösstentheils in sie hinein lagern (Fig. 347 u. 855 A, pag. 555), ein Verhalten, welches wir in ganz entsprechender Weise ausser bei den Spinnen auch noch bei Peripatus und den niederen Vertretern der Insecten kennen lernen werden. Die Ausbildung der Extremitäten erfolgt ebenfalls in der Reihenfolge von vorn nach hinten, doch bleiben die Cheliceren auffallender Weise sehr stark zurück (Fig. 346 C). Wenn die Pedipalpen bereits als umfangreiche Gebilde erscheinen, treten sie kaum erst als kleine Höcker auf (Fig. 348). Man muss dies Verhalten wohl durch den weit geringeren Umfang er- klären, welchen sie auch beim ausgebil- deten Thier besitzen. Sowohl Pedipalpen wie Cheliceren zeigen eine zweifellos postorale Lagerung, denn der Muud kommt weit nach vorn zwischen den Scheitellappen zur Anlage (Fig. 348 m). Vor dem Mund tritt später ein unpaares Gebilde, die Oberlippe (oder das Rostrum) auf (Fig. 349 B). Mit den Cheliceren und Pedipalpen zeigen die darauf folgenden vier Beinpaare in der Anlage die grösste Aehnlichkeit sowohl der Gestaltung wie der Lagerung nach (Fig. 347 u. 348). An die Reihe der thoracalen Beinpaare schliesst sich eine weitere von sechs Paar abdominalen Extremitäten an, welche ebenfalls die gleiche Beschaffen- heit aufweisen (Fig. 347), nur sind sie weniger umfangreich. Letzteres betrifft zumal das erste Paar, welches bald zurück- tritt und an dessen Stelle die leichten Erhebungen für die Genitalöffnungen (Genitalpapillen, Opercula) entstehen, während aus dem zweiten Paar die um- fangreichen Kämme hervorgehen (Fig. 349 (7, pe). Die vier hinteren Paare werden wieder rückgebildet, doch treten sie vorher in Beziehung zur Bildung der Lungensäcke, wie weiter unten besprochen werden soll (Fig. 350 ap III bis ap VI). Während der Keimstreifen an Zahl der Segmente und Glied maassen zunahm, haben sich auch seine Lagebeziehungen zum Dotter einiger- massen geändert. Durch fortschreitendes Wachsthum hatte er schliess- lich die eine Hälfte des ovalen Eidotters ziemlich bedeckt; indem dann aber besonders das Vorderende stark auswuchs, legten sich die Scheitel- lappen auf die andere Hälfte hinüber, und der Keimstreif erschien nun- mehr um den Eipol herum gebogen (Fig. 355 A u. B, pag. 555). Das Hinterende des Keimstreifens schlägt sich dagegen nach vorn um (Fig. 347, 348 und 355 B) und, Ventralfläche gegen Veiitraltiäehe gekehrt, Fig. 347. Embryo von Euscor- pius italicus in den Embryonal- hüllen, zwischen denen sich feine Fäden ausspannen (nach Mktschni- koff, aus Balfour's Handbuch). Man sieht den auf dem Dotter liegenden Keimstreifen im Profil. ab das nach vorn umgeschlagene Postabdomen, ch Cheliceren, pd Pedi- palpen, P\— Pi die vier Gangbeine, dahinter die Abdominalextremitäten. Arachnoiden. 543 m. r- r— wächst so das Postabdomen eine ganze Strecke vor. An seiner unteren Fläche ist eine Furche, die Fortsetzung der Neuralrinne, zu bemerken (Fig. 349 B). Es gliedern sich später an ihm fünf Segmente ab , und am Ende bleibt das Telson übrig (Fig. 349 G). Am Keimstreifen selbst ist in Form segmentweise angeordneter Verdickungen die Bauchganglien- kette deutlich geworden (Fig. 349 A u. B). Schon lange bevor die Ent- wicklung des Keimstreifens so weit vorschritt, haben sich ausserhalb des- selben die Keimschichten weiter über den Dotter verbreitet, nicht nur das Ectoderm, sondern unter ihm auch das aus grösseren Zellen be- stehende Entoderm, welches somit den Dotter direct in sich einschliesst *). Dieser wird im Laufe der Entwicklung von ihm resorbirt, nachdem sich wahrscheinlich die in ihm vertheilten Dotterzellen an seiner Ver- flüssigung betheiligt haben. Mit dem vom Ento- derm durch Umwachsung des Dotters gebildeten Mitteldarm tritt die Ectodermeinstülpung in Ver- bindung, welche sich zwischen den Scheitellappen einsenkte (Fig. 348 und 355 B, m). So entsteht der Vorderdarm. Auch der Enddarm geht aus einer Einsenkung des Ectoderms hervor, welche wohl an der Ventralfläche des Telsons (nach Kowalevsky und Schulgin am vorletzten Seg- ment) liegt. — Bei dem Vorwachsen der Zellen- schichten vom Keimstreifen aus über den Dotter hin hat sich auch das Mesoderm betheiligt, wel- ches, ebenfalls von der Ventralseite ausgehend, zwischen Ectoderm und Entoderm weiter vor- rückt. So setzt sich von der schon früh ange- legten Ventralfläche her die Ausbildung des Em- bryos gegen die Rückenfläche fort, bis zuletzt auch diese zu völliger Bedeckung gelangt. Es scheint, als ob bei der Ausbreitung der Embryonal anläge über den Dotter auch die Ur- sprungslinie der E m b r y o n a 1 h ü 1 1 e n mit ver- lagert würde und diese infolgedessen schliesslich den ganzen Embryo umgeben. Nach Mjetsch- nikoff's Beobachtung sollen sie sieh, offenbar nach vorausgegangener Verwachsung am Pdicken, ganz vom Embryo ab- lösen und dann eine isolirte zweischichtige Hülle um ihn bilden. Uebrigens soll nach der von Metschnikoff bestätigten Angabe Ganin's zwischen der inneren Embryonalhülle und dem Embryo von letzterem noch ein feines cuticulares Häutchen abgesondert und losgelöst werden. Dies würde also eine Art Larvenhaut sein, wie sie bei Spinnen und Milben vorkommt. Der Embryo wird mit den Embryonalhüllen geboren und durchbricht sie erst im Freien (Metschnikoff). Bei dem Embryo, soweit wir ihn bis jetzt kennen leinten, traten die Extremitäten nur als stummeiförmige Anhänge hervor. Dies ändert sich, indem die Pedipalpen sich gabeln und damit ihren späteren Cha- rakter als Scheeren gewinnen (Fig. 349 B). Die Cheliceren folgen ihnen Fig. 348. Keimstreifen von Euscorpius itali- cus (nach Laurie). eh Cheliceren, g Gang- lien des Chelicerensegmen- tes, kl Kopflappen, m Mund, p die Gangbeine, pab das nach vorn umgeschlagene Postabdomen , ped Pedi- palpen, 1, 2, 3, 4 erstes bis viertes Beinpaar. *) Man vergl. hierzu die weiter unten (pag. 552) gegebene ausführlichere Dar- stellung von der Bildung des Darmcanals. 544 XVII. Capitel. darin nach. Beide rücken gegen den Mund bin und lagern sich zu dessen Seite. An der Basis der Pedipalpen und der vier Beinpaare tritt schon früh ein nach der Mittellinie gerichteter, anfangs ziemlich umfang- reicher Fortsatz auf, aus welchem die kauladenähnlichen Anhänge dieser Extremitäten hervorgehen. Dieselben haben bekanntlich bei der Ver- gleichung der Scorpione mit Limulus eine wichtige Rolle zu spielen. Es dürfte von Bedeutung sein, dass der Embryo (nach Laurie) an allen vier Beinpaaren diese Anhänge besitzt, während beim ausgebildeten Thier (ausser den Pedipalpen) nur die beiden ersten Beinpaare damit versehen sind. Erst ziemlich spät (in dem Stadium der Fig. 349 C) tritt die Gliede- rung der Extremitäten auf, mit deren Fortschreiten der Embryo sich mehr seiner definitiven Gestalt nähert (Fig. 350 u. 349 C), da die Glied- maassen zugleich in die Länge wachsen und auch der übrige Körper die Fig. 349. B und C drei Embryonen von Euscorpius italicus (nach Metsch- nikoff, aus Balfodr's Handbuch). ab Postabdomen, ch Cheliceren, pd Pedipalpen, px—p* die vier Gangbeine, pe die Kämme, st Stigmen. In der Medianlinie die Neuralrinne, zu deren beiden Seiten die Anlage der Bauch- ganglienkette. An den Scheitellappen sind in A und B die Scheitelgruben, in C die Mittelaugen zu sehen. Die quere Streifung am Abdomen ist der Ausdruck der durch die Ursegmente hervorgerufenen inneren Segmentirung. schon früher charakterisirten Veränderungen durchmacht. Von den ab- dominalen Anhängen treten diejenigen des ersten Segments zurück, während die des zweiten weiter auswachsen und die Querfurchen erhal- ten, welche anzeigen, dass man es in ihnen mit der Anlage der Kämme zu thun hat. Wichtige Veränderungen vollziehen sich mit den folgenden vier Gliedmaassenpaaren, indem an ihrer Rückseite Einstülpungen ent- stehen, die zur Bildung der Lungen führen (Laurie). Während der Bil- dung dieser Einstülpungen treten die Abdominalanhänge selbst allmählich zurück. Der Embryo der Fig. 350 lässt die Abdominalextremitäten noch deutlich erkennen, während in Fig. 349 C die vier Stigmenpaare bereits vorhanden sind. Arachnoiden. 545 Die Entstehung der Lungen als Einstülpungen an der Rückseite der Abdominalextremitäten bildet einen wichtigen Punkt in der Vergleichung der Scorpione mit dem Limulus, indem man diesen ontogenetischen Vorgang auf die Einbeziehung der Kiemenblätter in's Innere des Körpers zurückführt. Obwohl auch wir geneigt sind, uns auf diesen Standpunkt zu stellen, so scheint uns doch , dass die von Laurie zur Stütze dieser wichtigen Frage beigebrachten Beweise noch nicht völlig genügend sind und dass ein Gegen- stand von so weittragender Bedeutung eine etwas gründlichere Behandlung verlangt, als er sie in jener Abhandlung gefunden hat. Es ist gar nicht zu verkennen , dass die Beziehung der Lungeneinstülpungen zu den Abdo- minalextremitäten eine höchst auffallende ist. Dies geht schon aus einer von Metschnikoff gegebenen Abbildung hervor (Fig. 350), obwohl dieser Forscher bemerkt, dass die (von ihm als Kiemen- löcher bezeichneten) Lungeneinstülpungen nicht aus den Extremitäten hervorgehen. Nach ihm entstehen sie nur an der Stelle der verschwun denen Abdominalextremitäten. Hinter dem letzten stigmentragen- den Segment kommt noch ein weiteres Segment des Präabdomens zur Ausbil- dung, worauf das nunmehr in fünf echte Segmente und das Telson gegliederte Postabdomen folgt, welches noch immer nach vorn umgeschlagen ist (Fig. 349 C). An seinem Ende hat sich der Stachel geformt, und zwei Ectodermeinstül- pungen lassen hier die paarige Giftdrüse entstehen, welche auch beim ausgebil- deten Thier durch zwei Oeffnungen an der Spitze des Telson ausmündet. An der Basis desselben trat als Ectoderm- einstülpung der After auf. Mit den geschildertenVeränderungen hat der Embryo im Ganzen die Gestalt des ausgebildeten Thieres erreicht, in- dem während dessen auch die noch zu Fig. 350. Embryo von Euscor- pius italicus (nach Metschjsikoff). 1 — 4 (p) die vier Beinpaare, apu bis ap\i Abdominalextremität II — VI, b(j Bauchganglienkette, ch Cheliceren, m Mund, pab Postabdomen, ped Pedi- palpen. schildernde Ausbildung der inneren Organe und diejenige der Körperbedeckung, besonders auch die Ab- scheidung der Chitindecke, vor sich gegangen ist. Zur Zeit des Aus- schlüpfens erhebt der junge Scorpion das Postabdomen über den Kücken und gleicht dann völlig dem alten. 3. Die Bildung der Organe. A. Das Nervensystem und die Augen. Die (Tanglienkette ist bereits früh in Form zweier verdickter Streifen angelegt, welche zu beiden Seiten der medianen Rinne durch die ganze Länge des Körpers verlaufen (Fig. 349 A. u. B.). An ihnen ist bald die Segmentirung in die ventralen Ganglien zu bemerken. Diese vermehren ihre Zellmasse (nach Kowalevsky und Schülgin) dadurch, dass an zehn bis zw7ölf Punkten jedes Körpersegmentes grubenförmige Einsenkungen 546 XVIL Capitel. auftreten, welche besonders starke Wucherungsstellen des Ectoderms dar- stellen. Solche finden sich auch an 15 — 20 Stellen des Kopfabschnittes. Man möchte dabei an Anlagen (bezw. Rudimente) von Sinnesorganen denken. Sie schwinden, wenn die Ganglienkette sich von der Hypodermis löst und in die Tiefe verlagert wird. An der Bildung der Bauch- ganglienkette scheint auch der eingestülpte Mittelstrang (die Neuralrinne) betheiligt zu sein (Patten, Laurie), doch sind diese Verhältnisse noch nicht genügend klar gestellt. Ob zwischen der Ganglienkette und dem oberen Schlundganglion eine Continuität der Anlage besteht oder ob sie sich getrennt anlegen, vermögen wir aus den vorliegenden Angaben nicht zu ersehen. Das obere Schlundgauglion scheint in enger Verbindung mit den Einstülpungen zu entstehen, welche man in frühen Stadien anfangs als rundliche, später als halbkreisförmige Gruben an den Scheitellappen be- merkt (Fig. 346 C u. 349 A u. B). Wenn diese Scheitelgruben noch ziemlich flach sind , tritt zwischen ihnen eine starke Verdickung des Ectoderms auf (Fig. 354 ^4). Dieselbe bildet die mediane Wand beider Einsenkungen. Wir möchten annehmen , dass diese Verdickung haupt- sächlich zur Bildung des Gehirnes verwendet wird. Später vertiefen sich die Gruben und, indem sich ihre Oeffnungen verengern, rücken dieselben mehr nach hinten, wie dies bei der Bildung der Augen noch genauer be- sprochen werden muss. Es scheint, dass dabei die Anlage des Gehirns sich allmählich von den Gruben ablöst und wohl auch mehr seitlich verlagert wird. So kommt es, dass die Gehirnanlage später seitlich von den Gruben ge- funden wird. Diese letzteren stellen die Anlage der Mittelaugen dar. Vorstehende Darstellung entspricht nicht ganz den von La.urie, sowie von Kowalevsky und Schulgin gemachten Mittheilungen, da diese das Ge- hirn in noch innigerem Zusammenhang mit den Einsenkungen , ja sogar direct aus diesen hervorgehen lassen; doch vermögen wir die von Laukie und Patten gegebenen Bilder nicht anders zu deuten , als dies vorstehend geschah. Danach würde zwar ein Zusammenhang in der Bildung des Ge- hirns und der Mittelaugen vorhanden sein, aber nicht ein so inniger, wie dies aus den Worten der genannten Autoren hervorzugehen scheint. An der Anlage des Gehirns und besonders an den Parthien der Gruben, welche an seiner Bildung theilnehmen, sind die nämlichen kleinen Vertiefungen vorhanden, welche schon bei der Bildung der Ganglienkette erwähnt wurden und als Bildungsheerde von Zellen ange- sehen werden (Kowalevsky und Schulgin, Laurie). Mit der Trennung des Gehirns von den Gruben scheint dasselbe auch seinen Zusammenhang mit dem Ectoderm zu verlieren. Mit dem Gehirn vereinigen sich die Ganglien des Chelicerenseg- mentes (Kowalevsky und Schulgin), was auch den Verhältnissen beim ausgewachsenen Thiere entspricht. Die beiden Nervenpaare der Cheli- ceren nehmen demnach ihren Ursprung vom Gehirn, welches sich in einen vorderen Abschnitt (Ursprung der beiden Sehnervenpaare), einen mittleren unpaaren Abschnitt von geringem Umfang (Ursprung des Nerven für das Rostrum) und einen hinteren paarigen Theil (Ursprung der Cheliceren- und sympathischen Nerven) gliedert. Die Ganglienpaare der Brust und (wie es scheint) die der beiden ersten Hinterleibssegmente vereinigen sich zu der grossen thoracalen Ganglienmasse, welche sich hinter dem Oesophagus nahe an das Gehirn herandrängt, Die Zahl der Abdominalganglien wird durch Verschmelzung einzelner Paare auf sieben Arachnoiden. 547 (wahrscheinlich vier für das Prä- und drei für das Postabdomen) reducirt. Diese Verhältnisse sind zum Theil schon durch die bereits im Jahre 1837 angestellten Untersuchungen von H. Rathke bekannt geworden (No. 28). Die Bildnug der Mittelaugen steht dadurch in Beziehung zu der- jenigen des oberen Schlundganglions, dass beide Gebilde ihre Entstehung auf die Scheitelgruben zurückleiten, oder doch wenigstens zum Theil auf diese zurückzuführen sind. Dass die Scheitelgruben an der Bildung des Gehirns betheiligt sein sollen, wurde bereits früher erwähnt. Wahr- scheinlich noch ehe die völlige Trennung des Gehirns von den Gruben erfolgt ist, rücken die beiden Einstülpungsöffnungen (Fig. 351 A, e) nach hinten und gegen die Mittellinie hin, um hier später zu einer gemein- samen Einsenkung zu verschmelzen. Dieser Vorgang beruht offenbar auf einem Wachsthumsprocess, vermöge dessen die jetzt zwischen den Gruben gelegenen Parthien allmählich in sie einbezogen werden. Wenn wir Laurie's Darstellung recht verstehen, so scheint die gemeinsame Grube sehr umfangreich aber ziemlich seicht zu sein (Fig. 351 B, e). Sie liegt dicht vor den jetzt bereits scheerenförmig entwickelten Cheliceren. B. Fig. 351. A — C Euscorpius italicus (nach Laurie). A Querschnitt durch den vorderen Theil des Embryos, B vorderer Theil eines Embryos in der Ebene ausgebreitet und von der Ventralseite gesehen, C Längsschnitt durch das Vorderende. a Anlage der Mittelaugen (Linsen), ch Cheliceren, e Scheitelgruben , g Gehirn, Pn Vi erstes und zweites Gangbeinpaar, pcd Pedipalpen, vd Vorderdarm. Freilich lässt sich die Lagenbeziehung der Cheliceren zu dieser Grube aus den betreffenden Abbildungen nicht recht erkennen, doch muss man sich in Ermangelung einer besseren damit begnügen. In der Fig. 354, F sind einige Stadien der Gruben durch die Umrisse angedeutet; doch sind leider auch aus Patten' s Darstellung diese Verhältnisse nur sehr unvoll- kommen zu erkennen. Indem der vordere Rand der Grube gegen den hinteren vorwächst, wird dieselbe überdeckt, resp. ihre Oeffnung nach aussen wird immer kleiner (Fig. 351 C u. 354 F). Die nach aussen gerichtete, unter der Hypodermis gelegene Wand der Grube verdickt sich (Fig. 351 (7), während die innere Wand schwach und einschichtig bleibt. Die ganze Einsenkung, welche sich ziemlich dicht der Hypodermis anlegt, erfährt eine Abplat- tung von vorn nach hinten, so dass sie nur noch als eine flache Tasche erscheint (Fig. 352 A). Doch lässt sich an ihr eine rechtsseitige und linksseitige Parthie unterscheiden, welche der Anlage je eines der beiden Augen entsprechen. 548 XVII. Cäpitel. Bei der von vorn nach hinten gerichteten Abplattung, welche die gemeinsame Augengrube erfuhr, wurde die Höhlung derselben grössten- teils verdrängt, und es sind schliesslich nur noch Spuren desselben zu erkennen (Fig. 352 A). Auch die Oeffnung der Augengrube nach aussen gelangt bald zu völligem Schluss. Die verdickte Vorderwand der Grube liegt jetzt der Hypodermis dicht an (Fig. 352 A, r). In ihr ist bereits Pig- ment aufgetreten. Sie repräsentirt die Retina des Auges, aus welcher später durch allmähliche Differenzinmg die Gruppen der Retinulazellen , sowie die zwischenliegenden Pigmentzellen hervorgehen. Die über der Retina gelegene Hypodermisschicht (h) wird zum Glaskörper und hat nach aussen die Linse abzuscheiden, weshalb man sie neuerdings auch als lentigene Schicht bezeichnet (Mark). Die hinter der Retina (d. h. nach innen von derselben) gelegene Zellschicht (Fig. 352 p/-) ist eine, auch beim ausge- bildeten Thier vorhandene postretinale Schicht von Ectodermzellen. Diese scheidet nach hinten eine Cuticula ab, welche das Auge abschliesst Fig. 352. A — C Schnitte durch verschiedene Entwicklungsstadien der Mittelaugen des Scorpions (A nach Parker, B und C schematisch). g Gehirn (?), gl Glaskörper, h Hypodermis, l Linse, n Sehnerv, pr postretinale Schicht, r Retina, rh Rhabdome. (Fig. 352 G). Die postretinale Schicht selbst tritt später in engen Con- tact mit der Retina. Eine Cuticula-ähnliche Bildung wie die Basal- membran der Postretinalschicht tritt auch zwischen Glaskörperschieht und Retina auf (Parker). Sie stellt die verschmolzenen Cuticular- säume dieser beiden Zellschichten dar, welche sie von einander trennt (Fig. 352 G). Von besonderem Interesse sind die Innervirungsverhältnisse des sich entwickelnden Auges. Es wurde schon früher gezeigt, dass ein Theil der Scheitelgruben mit zur Bildung des Gehirns beiträgt, und zwar dürften auf diese Weise hauptsächlich die optischen Ganglien entstehen (Patten). In Fig. 354 B u. C sieht man dieselben in Verbindung mit der Augengrube. Wenn sie sich später von ihr absetzen, entsteht an dieser Stelle der Sehnerv (Fig. 354 Ou. D). Nach der entgegengesetzten Seite stehen die Sehüanglien noch von früher her in Verbindung mit dem Gehirn (Fig. 354 A—D). Arachuoiden. 549 In den früheren Entwicklungsstadien des Auges steht der Sehnerv zunächst mit der convexen Fläche der Augeneinstülpung in Verbindung (Parker), und zwar scheinen sich die Nervenfasern besonders mit der gegen die Hypodermis zu gerichteten Fläche der Augentasche zu ver- einigen (Fig. 352 B). Diese Fläche entspricht aber der beim fertigen Auge nach vorn gerichteten Seite der Retina, d. h. die Nervenfasern ver- binden sich in diesem Stadium mit demjenigen Ende der Sehzellen, welches beim ausgebildeten Auge das freie, nach Aussen gerichtete Ende darstellt, Sie zeigen also das entgegengesetzte Verhalten wie beim ausgebildeten Thier, und man nimmt an, dass die Nervenendstellen während des wei- teren Laufes der Entwicklung vom äusseren nach dem inneren Ende der Sehzellen verlagert werden (Mark, Parker). Die hierbei sich vollziehen- den Vorgänge, welche, wenn sich die Sache wirklich so verhält, von grossem histologischen Interesse sein würden, sind noch nicht als klar gestellt zu betrachten. Vom theoretischen Standpunkte aus ist ein Ver- halten des Sehnerven, wie es hier geschildert wird, recht einleuchtend. Die Augenanlage erscheint als Einstülpung, und man sollte erwarten, dass bei deren Schluss vorn die Linse und der Glaskörper, an der Hinter- seite aber die Retina zur Ausbildung gelange. An die Hinterwand würde dann der Nerv herantreten. Letzteres ist zwar wirklich der Fall, aber Linse und Glaskörper werden von einem ausserhalb des Bereichs der Einstülpung gelegenen Theil der Hypodermis gebildet (Fig. 352 A — C). Es ist also eine auffallende Veränderung in der Bildung der Augen ein- getreten, deren Ursache wir noch nicht kennen. Die Folge dieser Ver- änderung ist, dass die früher nach innen gerichtete Fläche der Retina nunmehr nach Aussen (gegen die lentigene Hypodermis) gekehrt werden muss (Fig. 352 B). Mit dieser Fläche verbindet sich zwar noch der Nerv, indem er dem früheren Verhalten treu bleibt; um aber die Bildung des Auges nach dem neuen Modus zu ermöglichen muss er von der früher inneren und convexen Fläche an die früher äussere und concave Fläche der Einstülpung verlagert werden (Fig. 352 B u. C). Ein Theil der letzteren wird bei diesem Vorgang zu der postretinalen Schicht. Diese Schicht muss nothwendiger Weise von dem Nerven durchsetzt werden, wie es (nach der Darstellung von Ray Lankester und Bourne No. 20) auch wirklich bei dem ausgebildeten Thier der Fall ist. Man muss den Wunsch aussprechen, über die vorliegenden höchst auf- fallenden und bisher nicht recht erklärlichen Bildungs Vorgänge der Mittel- augen des Scorpions noch genauere und eingehendere Darstellungen zu er- halten, als sie bisher gegeben werden konnten, obwohl schon einige recht anerkennenswerthe Versuche (so die von E. L. Maek und G. H. Paekee) vorliegen , diese schwierigen Verhältnisse zu grösserer Klarheit zu bringen. Eine genauere Besprechung können dieselben erst weiter unten nach Be- handlung der Entwicklung der Spinnenaugen erfahren (vgl. pag. 597). Die Seitenaugen zeigen eine weit einfachere Entstehungsweise als die Mittelaugen. Zur Zeit der Bildung der Mittelaugen treten seitlich von diesen und etwas weiter nach hinten gelegen zwei längliche pigmen- tirte Hautstellen hervor, welche nun, wie das ebenfalls schon pigmentirte Mittelauge, als Augenanlagen zu erkennen sind. Die Hypodermis ist an den betreffenden Stellen stark verdickt, und man erkennt eine Anzahl (je nach der Zahl der Seitenaugen des betreffenden Scorpions bis zu fünf) Einsenkungen an dieser verdickten Region (Fig. 353 A, 11 — V). Aus Korschelt-Heider, Lehrbuch. 36 550 XVII. Capitel. jeder dieser Gruben lieht ein Auge hervor, und zwar verläuft die weitere Ausbildung in sehr einfacher Weise, entsprechend dem einfachen Bau der fertigen Seitenaugen (Parker). Die eingestülpte Stelle wird grössten- theils zur Retina. Wenn die Linse gebildet werden soll, strecken sich von der Seite her die mehr peripher gelegenen Zellen über den mittleren Theil (die Retina) hin und scheiden die Linse ab. Diese liegt nun über dem nur wenig eingesenkten mittleren Theil (Fig. 353 B). In diesem differenziren sich die Sehzellen von den zwischen gelegenen Pigment- zellen, und diese einschichtige Zellenlage geht über in die peripher ge- lagerten (lentigenen) Zellen, welche sich ihrerseits direct in die Hypo- dermis fortsetzen (Fig. d. HVC5. n. 3b. \~~ 353 B). Diese con- tinuirliche Zellenlage scheidet nach hinten zu eine cuticulare Basilar- membran aus, welche das Auge gegen die Um- gebung abgrenzt. Der Nerv tritt mit dieser Hinterseite des Auges in Verbindung. Während die Mittel- augen des Scorpions durch einen ziemlich compli- cirten Eintältungsprozess ihren Ursprung nehmen, sieht man die Seitenaugen in recht einfacher Weise aus blossen Einsenkungen der Hypodermis hervor- gehen. Aus dem etwas einfachen Bau der Seiten- augen allein lässt sich diese Differenz nicht wohl erklären, sondern es müssen andere , bisher nicht genügend bekannt gewordene Umstände da- bei in Frage kommen. Auffallend ist in dieser Beziehung das Ueber- gehen der Scheitelgruben in die ebenfalls gruben- förmigen Anlagen der Mittelaugen. Die Schilderung der Entstehung des Gehirns und der Augen ist im Vorstehenden so gegeben worden, wie sie sich uns aus den Angaben der Autoren auf diesem Gebiet darstellte; doch sind diese Angaben, zumal was die Bildung des Gehirns und die erste Anlage der Mittelaugen betrifft, grösstentheils recht ungenügend. Theilweise widersprechen sie sich direct oder sind in Folge der zum Theil mangelhaften textlichen und bildlichen Darstellung völlig unverständlich. Fig. 353. A und B Schnitte durch ein früheres Entwicklungsstadiuin und einen späteren Entwicklungs- zustand der Seitenaugen des Scorpions (etwas schematisirt nacli Parker und Laurie). II — V die Einsenkungen der Augen, h Hypodermis, in interneurale Zellen, l Linse, mes Mesodermgewebe, n Sehnerv, pn perineurale Zellen, r Retina, rh Khab- dome, sz Sehzellen (Nervenendzellen). Arachnoiden. 551 Wir müssen hier noch kurz auf die von Patten gegebene Darstellung von der Entstehung des Gehirns und der Augen eingehen, die wesentlich von derjenigen der anderen Autoren abweicht. Patten nimmt für die Scorpione eine dreifache Gliederung der Kopflappen an, wie er dieselbe früher schon für die Insecten beschrieben hatte (man vgl. unten die Bildung des Gehirns bei den Insecten). Danach zerfallen die Scheitellappen in drei Abschnitte, von denen jeder sich wieder in drei verschiedene Parthien theilt. {Fig. 354 E und F.) An jedem Abschnitt unterscheidet mau die mittlere eigentliche Gehirnparthie ; daran schliessen sich jederseits die Sehganglien a. - n.o„ Fig. 354. A etwas schematisch nach Laurie, B — F nach Patten. A Quer- schnitt durch die Scheitellappen von Euscorpius italicus, die beiden Hirn- augengruben (e) zeigend. B — D Sagittalschnitte durch die Scheitellappen von Bu- thus carolinianus, die Bildung des Gehirns und der Mittelaugen zeigend. E und F Schemata der Scheitellappen vom Embryo desselben Scorpions in verschiedenen Stadien. e Scheitelgrube, eL — em dieselbe in den drei Segmenten der Scheitellappen, g Ge- hirnanlage, gi — ^iii dieselbe in den drei Segmenten, g.o. Ganglion opticum (yo, — gom in den drei Segmenten), m.a. Mittelaugen, n.o. Nervus opticus (noIZ und wom im zweiten und dritten Segment), opt — opm „optic plate" der drei Segmente, r Retina, s.a. Seitenaugen. und an sie die Regionen an, welche die Augen zu liefern haben („optic plates"). Diese Regionen wiederholen sich also dreimal von vorn nach hinten. (Fig. 354 E.) Während die anderen Autoren nur die beiden halbkreis- förmigen Einsenkungen der Scheitellappen kennen, beschreibt Patten drei Paare von Einsenkungen, eines an jedem Abschnitt. Das mittlere derselben dürfte mit den von den anderen Autoren gesehenen Hirnaugengruben identisch sein; seine Umbildung wurde bereits früher verfolgt (pag. 546 u. ff). Diese mittleren Gruben geben den Mittelaugen und gleichzeitig den optischen Ganglien den Ursprung, indem diese sich mit 36* 552 XVII. Capitel. ihnen einsenken (Fig. 354 E). So ist die Entstehung des Sehnerven leicht zu erklären (Fig. 354 C und D). Die Sehganglien stehen in Verbindung mit der unterdessen ebenfalls in's Innere verlegten Gehirnparthie (Fig. 354 D). Am ersten Segment liegen keine Augen, wohl aber am dritten, welches die Seitenaugen trägt. Dieselben werden jedoch nicht eingestülpt. Wir können auf die weiteren Ausführungen Patten's hier nicht eingehen, da seine Resultate nicht genügend gestützt erscheinen und allzu fragmentarisch mitgetheilt werden. So ist es denn auch nicht möglich , über den Werth der PATTEN'schen Angaben, die, wie schon der Titel der Abhandlung (No. 27) zeigt, zu einem anderen Zweck gemacht wurden, ein sicheres Urtheil zu ge- winnen ; ja, vielfach ist es bei der Art seiner Darstellung völlig ausgeschlossen, eine auch nur halbwegs genügende Vorstellung der von ihm mitgetheilten Bildungsvorgänge zu gewinnen. B. Die Lungensäcke. Die Lungensäcke entstehen, wie schon oben (pag. 544) erwähnt, als Einsenkungen an der Hinterseite der Anhänge des dritten bis sechsten Abdominalsegmentes (Metschnikoff, Laurie, Fig. 350, pag. 545). Diese Einsenkungen sind anfangs flach, vertiefen sich dann, und erscheinen von ihrer sich verengernden Oeffnung aus nach vorn gerichtet. Die Oeffnung entspricht dem späteren Stigma des Lungensackes (Fig. 349 C, st). Die Säcke ragen in einen Spaltraum des Mesoderms hinein, welcher von Blutelementen erfüllt ist (Kowalevsky und Schulgin, Laurie). Die Umbildung der Lungensäcke zu ihrem definitiven Bau geht erst im spätesten Embryonalstadium vor sich und wird dadurch eingeleitet, dass die nach Innen gekehrte Wand Einbuchtungen erfährt. Dadurch bilden sich einige Falten, welche immer tiefer in den Hohlraum des Sackes hinein (also nach hinten zu) wuchern. Ihnen folgen weitere Falten, und so kommt der lamelläre Bau des Lungensackes allmählich zu Stande (Laurie). Die Wand des embryonalen Lungensackes besteht aus einem Cylinderepithel , welches an der gegen den Hohlraum des Sackes gerichteten Fläche eine feine Cuticula absondert (Metschnikoff). Ueber die Auffassung des geschilderten Entwicklungsmodus der Lungen- säcke und ihre morphologischen Beziehungen soll bei Betrachtung der Respira- tionsorgane der Araneinen noch Einiges hinzugefügt werden (pag. 604 ff). C. Der Darmcanal. Die Ausbildung des Mitteldarmes verläuft in den einzelnen Ab- theilungen des Körpers in etwas verschiedener Weise. Während das Entoderm in der ganzen Umgebung des Dotters eine einschichtige Lage von Zellen darstellt, bildet es da, wo das umgeschlagene Postabdomen zur Ausbildung kommt, eine compacte Zellenmasse (Fig. 355). Hier im Postabdomen erfährt der Mitteldarm zuerst seine völlige Ausbildung, in- dem sich aus dieser Zellenmasse ein Rohr gestaltet, welches entsprechend der geringen Dicke und Länge dieses Körperabschnittes nicht sehr um- fangreich ist. Von hier aus setzt sich die Ausbildung des Darmes nach vorn fort und zwar in der Weise, dass sie dabei von der ventralen nach der dorsalen Fläche vorschreitet. Zwar war bereits früher der ganze Dotter vom Entoderm umwachsen, aber es scheint, dass sich dessen Aracknoiden. 553 Zellen in ähnlicher Weise verhalten, wie wir dies bereits früher von den Entodermzellen der Crustaceen kennen gelernt haben (pag. 332). Sie schwellen stark an und erhalten eine hoch cylindrische Ge- stalt, machen also noch nicht den Eindruck des definitiven Darm- epithels, sondern sind mehr mit der Assimilation des Dotters beschäftigt. Von hinten nach vorn vorschreitend, sich zuerst auf die ventralen Par- thien und von da gegen die Dorsalseite erstreckend, geht nunmehr die allmähliche Umwandlung des provisorischen Epithels in das definitive Darmepithel vor sich. Als Ausstülpungen desselben, vielleicht auch ver- anlasst durch das Eindringen von Falten des splanchnischen Mesoderm- blattes in die Dottermasse, wie es ähnlich bei den Spinnen beobachtet wird (vgl. pag. 610), bilden sich die Leberblindschläuche, welche zuerst noch reichliche Dottermassen enthalten. Es hat den Anschein, als ob den Leberschläuchen eine segmentale Anordnung zukäme. Durch weitere Ausbreitung und Verzweigung erreicht die Leber ihre definitive Form. Die hier geschilderte Bildungsweise des Mitteldarmes dürfte die grösste Wahrscheinlichkeit für sich haben, da sowohl Laurie, wie auch Kowaleysky und Schulgin von einer ziemlich frühzeitig erfolgenden vollständigen Um- wachsung des Dotters durch das Entoderm sprechen. Doch ist es uns nicht gelungen, aus den vorliegenden Darstellungen zu völliger Klarheit über diesen Punkt zu gelangen. Dieselben könnten vielleicht auch so verstanden werden, dass die Umwachsung des Dotters durch das Entoderm nur an einigen Theilen eine völlige ist, z. B. vorn, wo sich der Keimstreifen um den Eipol herumlegt, und zumal hinten, und dass dann erst von hinten aus (ventro- dorsal fortschreitend) die Umwachsung des Dotters durch das Entoderm erfolgt , welches letztere dann in kürzerer Zeit zum definitiven Darmepithel ausgebildet würde. Eine derartige Entstehungsweise des Darmes würde sich den Verhältnissen bei den Spinnen mehr nähern, bei welchen das Mittel- darmepithel die vom Mesoderm direct begrenzte Dottermasse umwächst (vgl. pag. 610). Wir vermochten jedoch eine solche Anschauung aus den vor- liegenden Angaben nicht zu gewinnen, und es würden sich auch dann noch erhebliche Differenzen gegen das Verhalten der Spinnen ergeben , da bei diesen die erste Anlage des Mitteldarmes aus einer Ansammlung von Dotter- zellen gebildet werden soll (Fig. 383, pag. 609). Als Ausstülpungen des Mitteldarms entstehen im letzten Segment des Präabdomens nach Laurie die beiden langen schlauchförmigen Darm- anhänge, welche man bisher als MALPiGHfsche Gefässe bezeichnete und damit den gleichnamigen Gebilden der Insecten und Myriopoden für homolog erachtete. Sie bilden sich in Form zweier Ausstülpungen verhältnissmässig weit vorn am Mitteldarm zu einer Zeit, da die End- darmeinstülpung noch nicht angelegt ist. Wenn diese auftritt, sieht man die MALPiGHi'schen Gefässe im Präabdomen vom Darm abgehen ; es liegt also eine weite Strecke zwischen ihrer Ursprungsstelle und dem End- darm. Bei den Spinnen verhält sich dies anders, denn bei ihnen ent- springen die sog. MALPiGHi'schen Gefässe dicht an der Verbindungsstelle von Mittel- und Enddarm. Auch bei den Scorpionen hat man den an- sehnlichen, hinter der Eininündungsstelle der MALPiGHi'schen Gefässe gelegenen Darmabschnitt für den Enddarm, d. h. für ectodermal ge- halten. Wenn sich Laurie's Beobachtung als richtig erweist, müsste dieser Abschnitt oder doch ein grosser Theil desselben entodermaler Natur sein, und der eigentliche Enddarm würde sich dann wohl auch 554 XVII. Capitel. beim ausgebildeten Thiere als sehr kurz erweisen, es wäre denn, dass eine bedeutende Verlagerung der „MALPiGHi'schen Gefässe" statt- gefunden hätte. Obwohl Kowalevsky und Schulgin nicht von der Entstehung der MALriGHi'schen Gefässe sprechen, stimmen ihre Angaben über die Bildungs- weise des Mittel- und Enddarmes doch mit der Auffassung Laurie's überein. Nach ihnen wächst die röhrenförmige hintere Parthie des Mitteldarmes durch das ganze Postabdomen bis zum vorletzten Segment, um sich hier mit der Aftergrube zu vereinigen. Ohne Kenntniss dieser Angabe könnte man geneigt sein , an eine Verwechslung des im Postabdomen gelegenen Darmabschnittes mit einem Entodermtheil zu denken, und annehmen, dass das Proctodäum sich sehr weit nach vorn erstrecke , zumal es auch bei den Spinnen recht umfangreich wird. Doch scheint eine solche Annahme nach den Darstellungen von Latjkie und Kowalevsky - Schulgin ausgeschlossen. Wir müssen daher die sogenannten Malpighfschen Gefässe der Scorpione für entodermal halten, obwohl wir als wünschenswerth hervorheben möchten, dass über diesen wichtigen Punkt noch genauere Untersuchungen angestellt würden. Die Malpighi'schen Gefässe der Myriopoden und Insecten entstam- men zweifellos dem Ectoderm, d. h. sie sind Anhänge des Enddarms; bei einigen Crustaceen (z. B. den Amphipoden) finden sich dagegen schlauch- förmige Anhänge am hinteren Theile des Mitteldarmes, welchen wahrschein- liche excretorische Function zukommt, und die ebenfalls eine ähnliche Structur besitzen wie die Malpighi'schen Gefässe. Der Vorderdarni entsteht als Einstülpung zwischen den Scheitellappen (Fig. 348 u. 355 B) : die Enddarmeinstülpung, welche nach Laueie erst in sehr spätem Stadium auftritt, scheint gegen das vorletzte Segment verschoben zu sein, welches Verhalten der Lagerung des Afters ent- spricht, wie man sie auch beim ausgebildeten Thier beobachten kann. Beide ectodermale Gebilde, Stomodäum und Proctodäum, treten erst in später Zeit mit dem Mitteldarm in Verbindung, wie überhaupt die Aus- bildung des Darmes erst so spät vor sich geht, dass beim geburtsreifen Embryo im vorderen Theil des Mitteldarmes die Zellen noch nicht ihre regelmässige epitheliale Anordnung erhalten haben, sondern sich zum Theil zwischen die Dottermasse hineinschieben. Die Begrenzung der Zellen nach Innen ist keine distincte, und ein Darmlumen ist hier noch nicht vorhanden. Bei dieser mangelhaften Ausbildung des Darmes und dem Vorhandensein einer Menge von Dottersubstanz im Darm ist es höchst wahrscheinlich, dass der junge Scorpion erst längere Zeit nach der Geburt Nahrung aufnimmt. Bekanntlich übt das Mutterthier auch nach der Geburt noch eine Brutpflege aus, indem es die Jungen einige Zeit auf dem Rücken mit sich herumträgt. Die meso dermalen Bildungen. Bezüglich der Entstehung der mesodermalen Gebilde ist unsere Kenntniss eine sehr geringe. Das, was über die Differenzirung der Mesodermstreifen bekannt geworden ist, lässt dieselbe als sehr ursprüng- lich erscheinen. Die beiden Mesodermstreifen gliedern sich in eine der Segmentirung des Körpers entsprechende Zahl von Abschnitten, deren Ausbildung von vorn nach hinten erfolgt (Fig. 355 h u. mes). Im Arachnoiden. 555- Postabdomen werden die Ursegmente zuletzt ausgebildet. Auch dem (primären) Kopfabschnitt kommt ein wohlausgebildetes Paar von Urseg- menten zu (Fig. 355 Ä). Zuerst liegen die Ursegmente eine Strecke entfernt von der ventralen Mittellinie (Fig. 345 B, pag. 539) , dehnen sich aber später gegen diese hin aus. Vor Allem kommt jedoch ihre Er- weiterung gegen die Dorsalfläche zu in Betracht. Während dieselbe in den vorderen Segmenten zunächst weniger bedeutend ist, fällt sie da- gegen im Abdomen auf, wo die Ursegmente schon bald über den Bereich des Keimstreifens hinaus und gegen die Dorsalseite hin wachsen. Im hinteren Theil der Fig. 349 J5, pag. 544, sieht man die Ursegmente (nur Fig. 355. A und B sagittale Längsschnitte durch den Embryo von Euscorpius italicus (nach Laurie), um die dorsale Krümmung des Embryos zu zeigen. A ist neben der Mittellinie, B in deren Ebene geführt. ab Abdomen, eh Cheliceren, d Dotter, ent Entoderm , h Höhle der Ursegmente, T\l Kopflappen , m Mund (Stomodäum), mes Mesoderm, px — jo4 erstes bis viertes Bein- paar, pab Postabdomen, ped Pedipalpen. etwas zu scharf) hervortreten. Indem auch die vorderen Ursegmente denselben Process durchmachen, breitet sich das ganze Mesoderm, zwischen Ectoderm und Entoderm vordringend, gegen den Rücken hin aus. Die äussere Wand der Ursegmente (das somatische Blatt) scheint dabei dicker, aus mehreren Zellschichten zusammengesetzt, während die innere Wand (das splanchnische Blatt) nur aus einer Zellenlage besteht. Ganz beson- 556 XVII. Capitel. ders dünnwandig und mit verhältnissmässig geringer Höhlung versehen ist das Ursegmentpaar des Kopfabschnittes (Laurie). Die Ausbreitung des Mesodenns nach dem Rücken hin ist nicht allein durch die Erweiterung der Ursegmente bedingt, d. h. die Aus- breitung setzt sich in der Weise fort, dass die Unischlagsstelle (des so- matischen in das splanchnische Blatt) als einfache Zellenschicht weiter wächst (Kowalevsky und Schulgin). Erst später soll in diesem, mehr dorsal gelegenen Theil des Mesoderms die Spaltung eintreten und ist dann in jedem Segment ein Paar weiter Segmenthöhlen gebildet, deren Wände sich nunmehr in der ventralen und dorsalen Mittellinie berühren (Laurie). Wie man sieht, herrschen in Bezug auf die Differenzirung des Mesoderms bei den Scorpionen sehr ursprüngliche Verhältnisse, welche stark an diejenigen der Anneliden erinnern. Ein entsprechendes Ver- halten werden wir auch bei den Araneinen antreffen. Ehe noch die Ausbildung der Ursegmente so weit fortgeschritten ist, soll bereits das Herz angelegt werden. D. Blutgefässsystem und Leibeshöhle. Die Bildung des Herzens geht (nach der Darstellung von Kowa- levsky und Schulgin) von den beiden Blättern aus, welche oben als Fortsetzungen der Umschlagsstelle des somatischen und splanchnischen Blattes charakterisirt wurden. Diese rücken gegen die dorsale Mittel- linie vor, wo sie sich vereinigen. Gleichzeitig scheinen sie sich dort in der Weise einzubiegen, dass sie ein gegen das Entoderm hin offenes Halbrohr bilden, welches sich in der ganzen Länge des Embryos vom Kopf bis zum Schwanz ausdehnt. Wenn sich das Halbrohr an seiner unteren offenen Seite zusammenschliesst , ist die Bildung des Rücken- gefässes der Hauptsache nach vollendet. Die vordere, im Cephalothorax gelegene Parthie und der hinterste Theil liefern wohl die vordere und hintere Aorta. Im Herzrohr liegen viele isolirte Zellen, welche sich bereits vor der Aus- breitung der Ursegmente gegen den Rücken hin von ihnen losgelöst hatten und sich in der dorsalen Mittellinie zu einem Strang vereinigten. Um diesen Strang herum erfolgte jene Biegung der Mesadermblätter, so dass die isolirten Zellen in's Innere des Rohres zu liegen kamen (Kowalevsky und Schulgix). Diese Zellen liefern die Blutkörperchen. Ein ganz ähnliches Verhalten wurde bei der Herzbildung der Araneinen beobachtet und kann erst dort durch Abbildungen besser erläutert werden. (Fig. 387 — 389, pag. 614 ff.) Die Darstellungen, welche von Kowalevsky- Schulgin und Laukie von der Entstehung des Herzens gegeben werden , lassen sich nicht völlig auf einander beziehen. Die Angaben der erstgenannten Autoren lauten so be- stimmt, dass wir uns genöthigt sahen, ihnen zu folgen; doch scheinen ander- seits die von Laukie gemachten Beobachtungen mehr mit dem Verhalten der Spinnen übereinzustimmen. Freilich ist es unmöglich, aus den vorliegenden Angaben überhaupt eine klare Anschauung dieser Verhältnisse zu gewinnen. Nach Laukie scheint es, als wäre im dorsalen Theil des Mesoderms die Spaltung schon eingetreten, wenn die Bildung des Herzens beginnt, und dann würde die Bildung des Herzens in ähnlicher Weise vor sich gehen , wie bei den Spinnen. Man ist ausserdem geneigt, die Verhältnisse so aufzufassen, wie bei den Anneliden und an eine Abspaltung von Mesodermzellen zur Bildung des Rückenrohres zu denken; doch wird das Zustandekommen des Herzens bei den Spinnen etwas anders aufgefasst (pag. 614 ff.). Arachnoiden. 557 Kowalevsky und Schulgin unterscheiden am Herzen ein Endothel und eine Muskelschicht, die heide vom Mesoderm her entstehen. Während der Differenzirung dieser Schichten treten die Spalten im Herzrohr auf. Die Flügelmuskeln bilden sich aus dem Mesoderm, und um das fertige Herz tritt eine Schicht von Mesodermzellen auf, welche eine continuirliche Hülle um dasselbe bildet, das Pericar dium. Die Leibesliöhle des Scorpions zeigt bis zur Bildung des Herzens ganz ähnliche Verhältnisse, wie wir sie schon bei den Anneliden keimen lernten. Sie besteht zuerst aus einzelnen Abteilungen, welche von den Ursegmenten gebildet werden. Die Scheidewände des letzteren (die Dissepimente) werden zwar durchbrochen, aber die Höhlungen selbst bleiben zunächst noch erhalten und werden vom Cölomepithel ausge- kleidet, entsprechen also einem echten Cölom. Zur Zeit, wo sich Aus- buchtungen des splanchnischen Blattes bereits zwischen die Lappen der Leber hinein erstrecken, ist dies nach Laurie noch immer der Fall. Diese Spalten erfüllen sich sodann mit Zellen, die wohl von der Wand der Ursegmente abstammen. Die Continuität derselben wird dadurch unter- brochen. Ihr somatisches Blatt erfährt eine weitere Differenzirung, in- dem sich aus ihm die Körpermuskulatur bildet. Die Verhältnisse der Leibeshöhle sollen bei Betrachtung der Spinnenentwicklung noch be- sprochen werden, da sie von diesen Formen etwas genauer bekannt ge- worden sind. E. Die Coxaldrüsen. Bei den Scorpionen findet sich im Cephalothorax jederseits eine um- fangreiche, aus einem vielfach gewundenen Schlauch bestehende Drüse, welche im Jugendzustand an der Basis der dritten Gangbeine nach Aussen mündet (Fig. 356 A). Das jüngste Stadium dieser Drüse wird von Laurie als ein einfaches, gerade gestrecktes Rohr beschrieben, welches von seiner Ausmündung an der Basis der dritten Gangbeine im soma- tischen Blatt des Mesoderms nach vorn verläuft und mit einem offenen Trichter in das Cölom mündet. Später macht das Rohr mehr- fache Windungen und knäuelt sich zuletzt zu der Drüsenmasse , welche es im ausgebildeten Zustand darstellt. Die äussere Mündung konnte noch beim geburtsreifen Thier constatirt werden. Sie wurde auch von Kowalevsky und Schulgin gesehen, welche die Drüse in dem jüngeren Stadium, in dem sie erst wenige Windungen macht, sowie im späteren, stark gewundenen Zustande beobachteten. Bei dem Bau und der Lage, welche das jüngste beobachtete Stadium der Coxaldrüsen besitzt, ist es höchst wahrscheinlich, dass sie vom somatischen Mesoderm gebildet werden. Man spricht sie als Nephridien an, und auch diese Auffassung hat grosse Wahrscheinlichkeit für sich. Bei den ursprünglichen Verhältnissen, welche das Cölom der Scorpione darbietet, müsste erwartet werden , dass die Nephridien mit offenem Trichter in die weite Cölomhöhle münden, und so scheint es sich auch thatsächlich eine Zeit lang zu verhalten. Die weitere Ausbildung der inneren Drüsenendigung dürfte wesentlich von den Veränderungen abhängen, welche die Leibeshöhle erleidet; doch ist gerade dieser Punkt in ziemliches Dunkel gehüllt. Ob wie bei Peripatus und den Crustaceen eine Abkapselung eines Theils der Leibeshöhle zur Bildung des Drüsenendsäckchens erfolgt, oder ob die Mündung des Trichters in eine weite secundäre Leibeshöhle längere Zeit erhalten bleibt, darüber dürften 558 XVII. Capitel. mit Sicherheit erst eingehendere entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen Auskunft geben. Dem neuesten Beobachter dieser Verhältnisse, Sturany (No. 14) ist es nicht gelungen, eine Oeffnung der Coxaldrüse in die Leibes- höhle bei den Arachniden nachzuweisen, und er glaubt eher an das Vor- handensein eines geschlossenen Endsäckchens, wie es die Crustaceen besitzen ; doch muss auch hierfür ein stricter Nachweis noch gefordert werden. F. Die Genitalorgane. Die Genitalorgane sind noch wenig auf worden. Von Laurie wurden sie erst in Stadium, kurz vor der Geburt des Embryos, »ö- — n. Fig. 356. A und B Theile von Schnitten durch den soeben ausgeschlüpften Scorpion (A) und einen älteren Embryo (B), um die Coxaldrüse und die Bildung der Genitalorgane zu zeigen. Euscorpius italicus (nach Laürie). a Ausführungsgang der Coxaldrüse, ec Ecto- derm, g Ausführungsgang der Genitalorgane, g.op Genitaloperculum, Ih Leibeshöhle, m Mündung der Coxaldrüse, mes Mesoderm, n Bauchmark, p3, p± Basis des dritten und vierten Beines, so somati- sches, sp splanchnisches Blatt des Mesoderms. ihre Entwicklung untersucht einem späten Entwicklungs- im ersten Abdominalsegment als röhrenförmige, nach Innen sich erweiternde Gebilde auf- gefunden (Fig. 356 B). Von Kowalevsky und Schulgin, welche sie ebenfalls bemerk- ten, werden sie (jedoch nicht mit Sicherheit) auf das splanchnische Blatt des Meso- derms zurückgeführt. Aus Laurie's Darstellung (Fig. 356 B) könnte man eher ent- nehmen, dass sie aus dem somatischenBatt hervorgehen, wie die Coxaldrüsen des Scorpions und die Nephridien der Anneliden (Fig. 137, pag. 197). Die Natur der Aus- führungskanäle als Nephri- dien scheint dadurch erhärtet zu wrerden, dass sie sich in Form eines Trichters mit weiter Mündung in die Leibes- höhle öffnen (Kowalevsky und Schulgin). Das nach Aussen gerichtete Ende der Canäle bleibt lange Zeit blind geschlossen, ein Verhalten, welches wir nicht, wie Laurie, als gegen den Nephridial- charakter der Ausführungs- gänge sprechend betrachten können, da sich ja die Nephri- dien der Anneliden auf ganz ähnliche Weise entwickeln. Aus Laurie's Darstellung möchten wir entnehmen, dass sich die meso- dermalen Ausfühl ungsgänge an den Stellen, wo in Form einer verdickten Ecto- dermparthie die Reste des ersten Abdominalbeinpaares liegen (Fig. 356 B, g.op) sich direct mit dem Ectoderm verbinden, ähnlich wie es nach Bergh bei der Entstehung der Nephridien bei den Anneliden der Fall ist; doch sprechen Kowalevsky und Schulgin von einer Ectodermeinstülpung , gegen welche Arachnoiden. 559 der mesodermale Ausführungsgang hinwächst, um sich mit ihr zu verbinden. Diese Einstülpung scheint, soweit man dies aus der kurzen Darstellung zu ersehen vermag, nur wenig umfangreich zu sein, und es scheint recht wohl möglich , dass an der verdickten Stelle , welche die Gegend der Abdominal- extremität bezeichnet, eine solche Ectodermeinstülpung auftritt. Ist doch auch für die Nephridien und die Geschlechtsausführungsgänge der Anneliden eine ectodermale Endparthie der Canäle verschiedentlich angenommen wor- den. Höchst wahrscheinlich rührt aber der kurze unpaare Theil von einer Einsenkung des Ectoderms her. Bei den Pedipalpen ist dieser unpaare Ab- schnitt weit umfangreicher und wird zu einer weiten Höhle (No. 31). Die Geschlechtsdrüsen lassen Kowalevsky und Schulgin als Zellen- polster entstehen, welche sich „dem inneren Rohr auflegen". Man muss dies wohl so auffassen, dass ein Theil des Peritoneums (d. h. ein Abschnitt der secundären Leibeshöhle) in die Bildung der Genitalorgane einbezogen wird; doch sind darüber, wie überhaupt bezüglich der Differenzirung der mesodermalen Gebilde noch genauere Nachrichten abzuwarten. II. Pedipalpen. Ueber die Entwicklung von Phrynus sind durch Bruce einige wenige Angaben gemacht worden, wonach die Embryonen wie die der Scorpione eine Embryonalhülle besitzen. Ueberhaupt ist wohl anzunehmen, dass die Ent- wicklung der Pedipalpen ähnlich wie diejenige der Scorpione verläuft. Als besonders bemerkenswerth hebt Bruce die Existenz eines Sinnesorganes an der Basis der zweiten Gangbeine hervor , welches aus säulenförmigen , nach Aussen fadenförmig verlängerten Zellen besteht. Die Pedipalpen schliessen sich sehr nahe an die Scorpione an, und wie diese zeigen sie vielfache Anklänge an die Organisationsverhältnisse des Limulus (Ray Lankester, Bruce). Leider sind unsere Kenntnisse von der Entwicklung der Pedipalpen bisher völlig ungenügende. Ebenso steht es mit der von Grassi (in der Ebene von Catania unter Steinen) aufgefundenen Form , K o e n e n i a In i r a b i 1 i s , welche mit den Pedi- palpen (besonders Telyphonus) grosse Aehnlichkeit besitzt, von Grassi aber zu einer besonderen Ordnung, Micro telyphonidae, erhoben wird. Diese Form soll besonderer Respirationsorgane entbehren, und Grassi sieht daher in ihr eine Mittelform zwischen den Giganto- straken und den Arachnoiden, welche „bereits die Kiemen verloren und die Athmungsorgane des Luftlebens" noch nicht erworben hat! Derart dürfen wir uns den Uebergang wohl kaum vorstellen, und wir möchten das Fehlen der Respirationsorgane, falls es wirklich statthat, eher als eine Rückbildungserscheinung betrachten, wie sie in ähnlicher Weise auch bei anderen luftlebenden Arthropoden auftritt, wenn deren Körper sich gegenüber den grösseren verwandten Formen durch be- sondere Kleinheit auszeichnet, so z. B. unter den Arachnoiden bei einigen Milben, unter den Myriopoden bei Pauropus. III. Pseudoscorpione. Das Wenige, was bisher über die Entwicklung der Pseudoscorpione be- kannt geworden ist, erscheint nicht genügend sichergestellt, so dass ein ab- schliessendes Urtheil über die merkwürdigen Entwicklungsverhältnisse dieser ^\CAl 560 XVII. Capitel. Formen nicht zu gewinnen ist. Die Befunde Metschnikopf's über die Ent- wicklung des Chelifer bis zur Blastodermbildung werden zwar von Stecker an Chthonius bestätigt, doch vermag die Darstellung des letzteren Autors kein rechtes Vertrauen zu erwecken. Eine neuere Mittheilung von J. Baerois1) über die Entwicklung von Chelifer ist zu kurz gehalten, als dass daraus Genaueres zu ersehen wäre. Die Eier von Chelifer und Chthonius sind kugelrund und von dicht aneinander gelagerten Dotterkügelchen erfüllt. Sie werden von einer Dotterhaut und einer weiteren, wahrscheinlich vom Eileiter abge- Fig. 357. A — C Embryonen von Chelifer in den Eihüllen (nach Metschni- koff, aus Balfoue's Handbuch). A Furchungsstadium, B Stadium, auf welchem das Blastoderm (bl) von der inneren Dottermasse geschieden ist, C Spaltung des Blastoderms in zwei Lagen. Im Innern die Dottermasse. Auftreten der zellenähnlichen Eiweissgebilde zwischen Blastoderm und Eihaut. schiedenen Hülle umgeben. Die so gestalteten Eier werden vom Mutter- thiere an der Ventralfläche des Abdomens getragen und machen hier ihre Entwicklung durch. Die Furchung ist Anfangs eine totale. Das Ei zerfällt in zwei, vier und acht Blastomeren (Fig. 357 A). In dem letz- teren Stadium, d. h. wenn das Ei in acht Kugeln getheilt ist, sollen an der Peripherie protoplasmatische Zellen auftreten. Die Zahl derselben vermehrt sich bald reichlich, und sie bilden rings um das Ei eine Lage heller Zellen (Fig. 357 B), welche man als Blastoderm ansprechen muss. Gleichzeitig lassen sich aber im Innern die wenigen grossen Dotter- segmente mit ihren Kernen noch deutlich erkennen. Man muss den ganzen Vorgang wohl so erklären , dass die wenigen Kerne , welche den Dotter in Segmente zu zerfallen vermochten , durch J) Eine ausführliche Arbeit von Barrois über diesen Gegenstand ist uns nicht bekannt worden; desgl. scheint auch der vorläufigen Mittheilung von Stecker keine ausführliche Arbeit gefolgt zu sein. Arachnoiden. 561 Theilung Kerne an die Peripherie absenden, und dass die im Innern zurück- bleibenden Kerne den Dotterkernen anderer Arthropodeneier entsprechen. Eine Abweichung ist dadurch gegeben, dass der Dotter selbst gefurcht bleibt. Während die Segmentirung des Dotters allmählich schwindet, spaltet sich nach Metschnikoff's Angabe die äussere Zellenschicht in eine äussere und eine innere Lage (Fig. 357 C). Zu dieser Zeit und schon früher treten zwischen Blastoderm und Eihaut Concretionen auf, welche kernartige Gebilde enthalten und dadurch wie Zellen erscheinen (Fig. 357 C). Metschnikoff dachte dabei an eine Embryonalhülle, konnte sich jedoch nicht von dem wirklichen Vorhandensein einer solchen überzeugen, sondern scheint diese Gebilde, ebenso wie nach ihm Stecker, für niedergeschlagene Eiweissmassen zu halten. Sie erinnern an die bei den Milben unter der cuticularen Hülle sich vorfindenden Zellen (Clapa- rede's Hämamöben, vgl. pag. 625 Fig. 395). T— K. Z- JP* --pj 1 ^LL— ab \ ab Fi£. 358. A und B Larven von Chelifer, C deren provisorischer Eüssel (nach Metschnikoff). A von der Ventralfläche, B und C von der Seite gesehen. ab Abdomen, d Dotter, g Gehirn, p die vier Beinpaare, pd Pedipalpen, r Rüssel (provisorisches Larvenorgan); in C von einem älteren Stadium als das der Fig. B. Die Weiterentwicklung des Embryos ist dadurch charakterisirt, dass sich durch Anhäufung einer grösseren Menge von Zellen der unteren Schicht das spätere Vorderende zu erkennen giebt. In dessen Nähe er- scheint ein paariger dicker Wulst, aus dem bald ein grösserer Stummel jederseits hervorgeht (Fig. 358 Ä). Dies sind die Anlagen der Pedi- palpen, die also auch hier wie bei den Scorpionen am frühesten gebildet werden. Diese Gliedmaassen lassen noch ein höchst primitives Verhalten erkennen, indem sich die innere Dottermasse weit in sie hinein erstreckt (Fig. 358 A u. B). Vor ihnen wölbt sich nach vorn und gegen die Ventralfläche ein wulstiges Gebilde hervor, welches schon in diesem frühen Stadium durch den Besitz einer starken Muskulatur ausgezeichnet ist und in Folge dessen ein streifiges Aussehen zeigt (Fig. 358 A u. B, r, 359 Ä). Es ist dies die Anlage eines provisorischen Organs, eine Art von Saugrüssel (Fig. 358 C), welcher zum Anheften und zur Aufnahme von Nahrung dient. Schon in diesem Stadium durchbricht der Embryo die Eihüllen, nachdem er sich kurz vorher gehäutet hat. Eine feine Cuticula, welche zwischen der Basis der beiden Extremitäten eine eigen- thümlich modificirte Stelle zeigt, löst sich vom Embryo ab. Die aus- geschlüpfte Larve, deren jüngstes Stadium Fig. 358 A darstellt, zeigt den 562 XVII. Capitel. muskulösen Rüssel, die Stummel der Pedipalpen und die etwas nach vorn umgeschlagene Anlage des Abdomens. Der Rüssel, von den Autoren als eine modificirte Oberlippe angesehen, scheint schon eine saugende Wir- kung ausüben zu können, denn die Larve setzt sich mit seiner Hülle an der Bauchfläche der Mutter fest. Der Rüssel verlängert sich später be- deutend und legt sich an die Bauchfläche der Larve zwischen die Ex- tremitäten (Fig. 358 B). Er scheint einen röhrenförmigen Bau zu be- sitzen (Fig. 358 0), denn Barrois spricht von einer provisorischen Mund- öffnung, in welche der Rüssel übergeht. Dieselbe würde zwischen den Pedipalpen liegen. Nach Barrois sollen auch Chitingebilde im Rüssel Fig. 359. A— C Embryo und Larven von Chelifer (nach Metschnikoff, aus Balfour's Handbuch). A Embryo in der Eihaut, B und C Larven, von der Bauchfläche des Mutter- thieres genommen. ab Abdomen mit den provisorischen Anhängen, an.i Aftereinstülpung, eh Cheliceren, pd Pedipalpen; zwischen den beiden letzteren {ch und pd) erkennt man in C die Ober- lippe. Ueber den Pedipalpen sieht man in A die Anlage, in B die Basis, in C den Rest des Küsseis. In B ist dorsal von dem Rüssel die Anlage des oberen Schlund- ganglions zu erkennen. Auf die Pedipalpen folgen nach hinten die vier Beinpaare und in B die rudimentären Abdominalanhänge. C stellt die Larve im Stadium der Häutung dar. Die Larvenhaut ist zum Theil abgehoben (besonders an der Ventral- seite); an ihr sitzt der Rest des Rüssels fest. vorhanden sein. Ueber eine äussere Oeffnung des Rüssels finden wir keine Angaben; Metschnikoff konnte eine solche nicht bemerken, obwohl auch er annimmt, dass sich die Larve von den Blutsäften der Mutter mit ernährt, Sie schwillt nämlich schon bald, nachdem sie sich am mütter- lichen Körper befestigte, erheblich an (man vgl. Fig. 359 A u. B) und erfüllt sich mit einer hellen Flüssigkeit. Sollte letztere von Aussen her- rühren, so müsste man wohl als sicher annehmen, dass in der Umgebung der inneren Dottermasse bereits ein Darmepithel zur Ausbildung ge- Arachnoiden. 563 kommen ist, obwohl die Autoren von einer solchen Diffenzirung nichts erkennen konnten und den Bau der Larve als einen höchst primitiven schildern. Zwischen den jüngsten Larven (Fig. 358 A) und den späteren Stadien (Fig. 358 u. 359 B) tritt ein Unterschied in der äusseren Gestalt besonders durch die in Folge der Schwellung eingetretene Auf- treibung der dorsalen Körperregion hervor. Fernerhin sind aber Ver- änderungen insofern aufgetreten, als hinter den Pedipalpen zunächst die Anlage des ersten Beinpaares hervorsprosste und darauf die anderen drei folgten (Fig. 359 B). Auch an dem nach vorn umgeschlagenen Ab- domen treten vier Paar rudimentärer Extremitäten auf (Fig. 359 B), welche bald wieder zur völligen Rückbildung gelangen. Darin stimmen also die Pseudoscorpione mit anderen Arachnoiden überein. Das vorderste Gliedmaassenpaar fehlt noch; dagegen findet sich dorsal über der Basis des Rüssels eine paarige Verdickung, die allem Anschein nach aus einer Einstülpung hervorging, die Anlage des oberen Schlundganglions (Fig. 358 5, g). Man wird hierdurch an die Scheitelgruben der Scor- pione und Spinnen erinnert (pag. 546 u. 583). ' Die Larve geht der definitiven Form des ausgebildeten Thieres immer mehr entgegen, indem sowohl an den Extremitäten, wie auch am Körper selbst die Gliederung auftritt. Letzteres gilt für das Abdomen, da der Cephalothorax ungegliedert bleibt. Vor den Pedipalpen sind inzwischen auch die Cheliceren hervorgesprosst. Zwischen ihnen ent- steht die definitive Oberlippe, ziemlich weit entfernt und völlig un- abhängig von dem Larvenrüssel (Fig. 359 C). Der Rüssel bildet sich zurück, und sein letzter Rest wird entfernt, wenn die Larve ungefähr auf dem in Fig. 359 C abgebildeten Stadium eine Häutung durch- macht. Man findet ihn dann noch durch einen zarten Faden mit einer Stelle hinter dem definitiven Munde verbunden, bis er mit der Larven- haut abgeworfen wird (Barrois). Noch immer bemerkt man eine reiche Dottermasse im Innern des Körpers. Sie ist im Mitteldarm ein- geschlossen, welcher sich durch den ectodermalen Enddarm am Hinter- ende des Körpers nach Aussen öffnet (Fig. 359 C an.i). Durch eine Ectodermeinstülpung wird höchstwahrscheinlich auch der Vorderdarm ge- bildet (Metschnikoff). Allgemeines. Die Entwicklung der Pseudoscorpione ist dadurch merkwürdig, dass dieselben auf einem sehr einfach gebauten und weit früheren Stadium als andere Arachnoiden die Eihüllen verlassen, und dass die Larven bei ihrem halb parasitischen Leben am Körper des Mutter - thieres ein provisorisches Saugorgan entwickele welches Anfangs vor den ersten Gliedmaassen gelegen ist, später (in Folge von Wachsthumsvor- gängen) mehr nach hinten an die Ventralfläche verlagert wird (Fig. 358 u. 359), einem Extremitätenpaar aber nicht verglichen werden kann. Ueberhaupt ist, soviel darüber bis jetzt bekannt wurde, für diesen Rüssel ein Homologon im Bereich der Arthropoden nicht zu finden, weshalb er vorläufig als ein bei der eigenthümlichen Entwicklungsweise der Pseudo- scorpione erworbenes Organ angesehen werden muss. Auffällig erscheint die grosse Verschiedenheit in der Entwicklung der Pseudoscorpione von derjenigen der echten Scorpione, mit denen man dieselben am ehesten zusammenbringen möchte. Die Furchung, Blastoderm- bildung und die erste Anlage des Embryos lassen sich bei beiden Gruppen kaum in Vergleich setzen. Freilich differiren beide auch in wichtigen 564 XVII. Capitel. Punkten ihrer Organisation. Das Fehlen des schwanzartigen Postabdoinens, das Schwinden der abdominalen Ganglien (nach Croneberg) , die Lagerung der Geschlechtsöffnungen (am zweiten Abdominalsegment) und nicht am wenigsten das Athmen durch Tracheen entfernen die Chernetiden von den echten Scorpionen. so dass im Hinblick darauf die Abweichung in der Ent- wicklungsweise weniger auffällig erscheint. Man hat versucht, die Pseudo- scorpione anderen Abtheilungen der Arachnoiden, vor Allem den Phalan- giden zu nähern, ohne dies freilich durch die Organisation beider Ab- theilungen genügend begründen zu können. So muss nach dem Urtheil eines neueren Bearbeiters der Anatomie der Chernetiden (Croneberg) die systematische Stellung der Pseudoscorpione unentschieden bleiben, denn auch die Entwicklungsgeschichte, so weit sie bis jetzt bekannt geworden ist, giebt darüber keinen Aufschluss. IV. Phalangiden. Die kugelrunden Eier der Phalangiden sind von einer doppelten Hülle umgeben. Die innere wird vom Ei abgeschieden, die äussere vom Epithel der Leitungswege secemirt; sie repräsentiren die Dotterhaut und das Choiion. Die Eier werden, zu einem grösseren Ballen verklebt, in eine Erdhöhle abgelegt (Henking). Die ersten Entwicklungsvorgänge sind be- sonders eingehend von Henking bei 0 p i 1 i o und L e i o b u n u m studirt worden; freilich vermögen wir uns seiner Auffassung von der Entstehung der Furchungskerne durch freie Kernbildung nicht anzuschliessen, da sie ganz dem widerspricht, was wir von andern Arthropoden wissen. Nach Faussek zerfällt das Ei von Phalangium in einen Haufen grosser sphärischer Zellen, die mit Dotterkugeln angefüllt sind und in deren Mitte ein Kern liegt. Die Furchung ist also eine totale. Man möchte diese Zellen den Dotterpyramiden der Spinneneier vergleichen, aber die folgenden Entwicklungsvorgänge scheinen bei den Phalangiden doch in anderer Weise zu verlaufen als bei den Araneinen. Eine Furchungs- höhle tritt nicht auf. Die Blastodermbildung erfolgt dadurch, dass die peripher gelegenen Zellen sich von den übrigen sondern und sich rascher theilen. Es steigen also bei der Blastodermbildung nicht alle, ja nicht einmal die meisten Zellen an die Oberfläche, sondern ein grosser Theil von ihnen bleibt als Dotterzellen im Innnern des Eies zurück (Henking. Faussek). Die Blastodermbildung geht an der einen Hälfte des Eies rascher vor sich als an der andern. Aehnliches wurde auch bei der Blastodermbildung der Spinnen beobachtet (vgl. pag. 571). Durch rege Vermehrung der Zellen des Blastoderms bildet sich eine Verdickung desselben, die Keimscheibe. Von ihr aus soll nach Faussek eine Einwanderung von Zellen in die Dottennasse nicht stattfinden, das Entoderm wird vielmehr durch die im Dotter verbleibenden Zellen repräsentirt, und aus ihnen geht später das Epithel des Mitteldarms hervor. Eine Entstehung des Entoderms aus Zellen , welche von Anfang an im Dotter zurückbleiben, ist auch für die Araneinen angenommen worden (Schimkewitsch), doch ist die Bildung der Keimblätter bei den Phalan- giden bisher nicht eingehend genug untersucht worden, als dass sich schon jetzt Sicheres über diesen Punkt aussagen Hesse. Faussek findet in dem Embryo, bei welchem die Segmentirung des Keimstreifens beginnt, am Hinterende des letzteren eine Zellenanhäufung, welche grosse Aehnlichkeit Arachnoiden. 565 mit der Einwucherungsstelle am Keimstreifen der Scorpione besitzt. Bisher lauten die Angaben über die Natur dieses Gebildes aber noch zu wider- sprechend, als dass sich eine bestimmte Ansicht über seine Natur gewinnen liesse. Faussek führt diese Zellenanhäufung , welche wie eine Verdickung des Blastoderms erscheint , auf eine Anlagerung von Dotterzellen an das Blastoderm zurück. Anfangs liess er daraus (also aus Dotterzellen) die Keimdrüsen hervorgehen, später leitete er die letzteren aber von einer Ver- dickung des Blastoderms her, welche bereits in sehr früher Zeit aufträte. Eine genauere Darstellung der sich zum Theil widersprechenden Angaben muss von der angekündigten ausführlichen Arbeit des genannten Autors er- wartet werden. Aus den wenigen vorliegenden Angaben geht hervor, dass das Meso- derm sich in ein somatisches und splanchniscb.es Blatt spaltet, dass also in dieser Beziehung ähnliche Verhältnisse wie bei den Scorpionen und Ar aneinen obwalten. Die Bildung des Mitteldarms scheint sich in ähnlicher Weise wie bei den Spinnen zu vollziehen, abgesehen von der durch Faussek anders dargestellten eisten Entstehung des Entodernis. Der Dotter ist direct von dem splanchnischen Mesodermblatt umgeben, und an dieses legen sich nunmehr die Dotterzellen an, um so schliesslich das continuirliche Epithel des Mitteldarmes entstehen zu lassen. Dieser Vorgang beginnt in dem vorderen Theil des Körpers. Ueber die weitere Entwicklung der Phalangiden liegen nur verein- zelte Angaben vor. Metschnikoff (No. 34, pag. 520) berichtet über das Auftreten abdominaler Extremitäten, und Balbiani beschreibt einige Stadien der späteren Entwicklung. Daraus geht hervor, dass die zu den vier Beinpaaren gehörigen Segmente des Cephalothorax beim Embryo deutlich von einander abgesetzt sind, welche Segmentirung bei der wei- teren Ausbildung schwindet und beim ausgebildeten Thier nicht mehr wahrzunehmen ist. Zwischen den Augen und der Basis der Cheliceren liegt ein unpaares stachelförmiges Gebilde, welches wir in Uebereinstim- mung mit ähnlichen Bildungen bei den Spinnen und besonders bei den Myriopoden (Chilognathen) als Ei zahn bezeichnen (vgl. pag. 588 sowie das Capitel Myriopoden). Das Wenige, was von der Entwicklung der Phalangiden bekannt ist, zeigt den Charakter der Arachnoideiientwicklung. Ein wichtiger Charakter, der übrigens auch beim ausgebildeten Thier noch zu erkennen ist, scheint nach Balbiani's Darstellung beim Embryo besonders deutlich zum Aus- druck zu kommen. Das sind die Kauladen an den Pedipalpen und den beiden vorderen Beinpaaren. In ihrem Vorhandensein drückt sich eine auffallende Uebereinstimmung mit dem Verhalten der Scorpione aus. Als echte Arachnoiden erweisen sich die Phalangiden ausser durch die Zahl und Stellung der Extremitäten am Körper auch durch den Besitz einer Coxaldrüse (Mac Leod), welche den gleichnamigen Organen anderer Arachnoiden homolog ist. Während sie aber bei diesen nur einen vor- übergehenden Zustand darstellt und beim ausgebildeten Thier eine Rück- bildung erfährt (Scorpione, Spinnen), stellt sie bei den Phalan- giden ein wohlentwickeltes Organ dar, welches wohl auch beim ausge- bildeten Thier noch functionirt und aus einem umfangreichen Schleifen- kanal , dem weiten sackförmigen Reservoir, sowie dem Ausführungsgang besteht, der hinten an der Basis der dritten Gangbeine nach aussen mündet (Loman No. 9). Korscheit -H eider, Lehrbuch. 37 566 XVII. Capitel. V. Solpugiden. Wie von den vorhergehenden Abtheilungen der Arachnoiden ist auch über die Entwicklung der Solpugiden unseres Wissens bisher nur sehr wenig bekannt geworden; dies Wenige bezieht sich auf Gale ödes ara- n e o i d e s , von welcher Form einige späte Stadien durch Croneberg be- schrieben wurden. Das erste Stadium, welches Croneberg auffand, war schon weit entwickelt und stand kurz vor dem Ausschlüpfen. Die Figur 360 A, welche es darstellt, zeigt, dass der Embryo demjenigen einer Spinne sehr ähnlich ist. Wie bei diesem bildet auch hier das kuglige, wahr- scheinlich stark mit Dotter angefüllte Abdomen die Hauptmasse des Em- bryos. Der breite und abgeflachte Cephalothorax erscheint dicht an die Ventralfläche des Abdomens angedrückt. An dieses legen sich auch die Extremitäten an. Die Cheliceren neigen sich gegen das Rostrum (Fig. 360 Ä). In der Nähe des letzteren erkennt man die spaltförmige Afteröffnung (a). B. Fig. 360. A und B Embryo und ausgeschlüpftes junges Thier von Galeodes araneoides (nach Croneberg). a After, ch Cheliceren, pcd Pedipalpen, p Beine, r Rostrum. Bei dem ausgeschlüpften Jungen erscheint das Abdomen in die Länge gestreckt. Es zeigt einige leichte Einschnürungen, welche wohl den Segmenten entsprechen (Fig. 360 B). Am Rücken trägt es zwei Reihen von je sechs Borsten. Im Uebrigen fehlt der Haarbesatz der Körperdecke, welcher dem ausgebildeten Thier in so reichem Maasse zu- kommt. Die Chitinhaut des jungen Thieres ist also nur eine proviso- rische. Wahrscheinlich verharren die jungen Thiere nach dem Aus- schlüpfen noch einige Zeit in einem puppenartigen Zustande und zeigen in dieser Beziehung ein ganz ähnliches Verhalten wie die echten Spinnen (vgl. pag. 587). Auch diese verlassen das Ei in einem unbeweglichen Zustande, umgeben von einer cuticularen Hülle, welche erst nach einiger Zeit abgeworfen wird. Dadurch wird es auch erklärlich, dass die (jetzt nach hinten zurückgeschlagenen) Extremitäten nach Croneberg's Angabe bisher noch keine Gliederung aufweisen (Fig. 3605). Sie entbehren auch der Krallen. Arachnoiden. 567 Abdominalextremitäten wurden bei dem jungen Thier nicht aufgefunden, wie dies auch bei einem so späten Stadium nicht anders zu erwarten war. Eine höchst auffallende Bildung, welche dem erwachsenen Thier1) nicht zukommt, besteht in einem Paar flügeiförmiger Anhänge (Fig. 360 B). Dieselben entspringen dorsal von dem Ansatzpunkt der Extremitäten zwischen dem ersten und zweiten Beinpaar. Sie bestehen aus einer doppelten Zellschicht und darüber liegender Cuticula, stellen also eine Faltung der Haut dar; Nerven und Tracheen erstrecken sich nicht in ihr Inneres; ebensowenig finden sich Muskeln darin. Die Bedeutung der flügeiförmigen Gebilde ist nicht bekannt. Ceonkberg vergleicht sie mit den paarigen, als Ueberreste der Schale zu betrachtenden Anhängen der Embryonen von Asellus (vgl. pag. 352), ohne übrigens besonderes Gewicht auf diesen Vergleich zu legen. Unwillkürlich wird man an eine Flügelbildung denken , zumal der Körper der Solpugiden in der Gliederung eine gewisse Aehnlichkeit mit den Insekten zeigt, aber die Lage der Flügelrudimente würde sich mit deren Stellung bei den Insecten nicht vereinigen lassen, denn sie liegen, wie Ckonebeeg's Abbildung (Fig. 360, B) erkennen lässt, noch vor dem Prothorax, an einem Segment, welches bei den Insecten schon dem Kopf zuzurechnen wäre. Aehnliche flügeiförmige Anhänge nicht nur an den flügeltragenden Segmenten, sondern auch am Pro- thorax, kommen manchen Termitenlarven zu, wovon weiter unten die Rede sein wird. Die Solpugiden unterscheiden sich von den übrigen Arachnoiden durch einige wichtige Merkmale, welche sie mehr den Insecten zu nähern scheinen. Das vorderste Beinpaar tritt sammt dem zugehörigen Segment in engere Beziehung zu den vorhergehenden (Kopf-)Segmenten und setzt sich gegen die hinteren (Thoracal-)Segmente ab, so dass ein gesonderter Kopfabschnitt mit drei Paar Anhängen zu Stande kommt. Man hat den- selben mit dem Kopf der Insecten verglichen und den folgenden nunmehr aus drei Segmenten mit je einem Beinpaar bestehenden Körperabschnitt dem Thorax der Insecten gleichgestellt. Die Uebereinstimmung wird erhöht durch das zehngliedrige, äusserlich segmentirte Abdomen. Eine auffallende Thatsache ist dann noch, dass die Solpugiden, welche durch baumförmig verästelte Tracheen athmen, ausser einem Stigmen- paar am zweiten und dritten Abdominalsegment noch ein solches am zweiten (dem ersten vermeintlichen) Thor acal- segment besitzen. Wir vermögen uns denjenigen nicht anzuschliessen, welche in den genannten, allerdings recht auffallenden Merkmalen wirkliche Beziehungen zu den Insecten sehen und die Solpugiden als ein Bindeglied zwischen den beiden Stämmen der luftathmenden Arthropoden betrachten. Die Theilung des Vorderkörpers in Kopf und Thorax, bei welcher man die drei vorderen Extremitätenpaare wohl den drei Paar Mund Werkzeugen der Insecten gleich setzen müsste, verliert dadurch an Werth, dass noch immer ein Paar fehlt, d. h. bei den Solpugiden kein Hoinologon für die Antennen der Insecten vorhanden ist. Am schwersten ist es, die Lage des einen Stigmenpaares am Cephalothorax zu erklären; man kann in dieser Be- ziehung nur die Annahme machen, dass es eine spätere Erwerbung dar- stellt. Diese Annahme hat nicht so viel Unwahrscheinliches an sich, wenn man sieht, wie auch bei den Milben Stigmen am Cephalothorax auftreten, und wie solche bei Scolopendrella und S m i n t h u r u s (?) v) Cronebkrg untersuchte auch die ausgebildeten Thiere derselben Art, und diesen fehlt das betr. Gebilde gänzlich. 37* 568 XVII. Capitel. am Kopfe gefunden werden. Das Vorhandensein eines Spiralfadens, welchen die Tracheen der Solpugiden, wie es seheint, besitzen, bildet keinen Beweis für deren Beziehungen zu den Insecten, da er auch bei anderen Arachnoiden vorkommt. Die Solpugiden zeigen trotz der äusserlichen Dreitheilung des Kör- pers doch so grosse Uebereinstimmung der äusseren und inneren Organi- sation mit den Arachnoiden, dass man nicht berechtigt ist, sie von ihnen zu trennen. Die Gestalt der Cheliceren, der Besitz einer Coxaldrüse, wie sie in gleicher Weise den Arachnoiden zukommt (Mac Leod No. 44), die Leberdivertikel des Mitteldarms1), die Lage der Geschlechtsöffnung am ersten Abdominalsegment, alle diese Punkte und noch andere weniger in die Augen fallende sprechen für die Arachnoidennatur der Solpugiden. Wir betrachten dieselben daher als einen in besonderer Richtung ent- wickelten Zweig des Arachnoidenstammes, welche Auffassung übrigens der- jenigen Ray Lankester's (No. 45) und anderer Forscher entspricht. Die geringen Anhaltspunkte, welche die Entwicklungsgeschichte giebt, bestätigen unsere Auffassung, da der Embryo von Galeodes ganz einem Spinnen- embryo gleicht. Es wäre sehr wichtig, genauere Daten über die Entwick- lung der Solpugiden zu erhalten. VI. Araneinen. Systematik: A. Tetrapneumones. Avicularia (Mygale), Atypus. B. D i p n e u m o n e s. Epeira, Tkeridium, Agalena, Lycosa und sämmt- liche andere der liier erwähnten Spinnen. Die Ablage und Beschaffenheit der Eier. Die Spinnen bauen Nester für ihre Eier oder verfertigen Cocons. Diese bewachen sie ge- wöhnlich ; in vielen Fällen tragen sie die Cocons mit sich herum, indem sie dieselben mit den Cheliceren fassen (z. B. Dolomedes, Ocyale) oder am Hinterleib befestigen (z. B. Lycosa, Tarantula). Die dotterreichen Eier sind von einer Dotterhaut, sowie von einer äusseren, wahrscheinlich vom Eileiter ausgeschiedenen Hülle umgeben, welche man auch als Chorion bezeichnet findet. Den Dotter bedeckt eine dünne Protoplasmaschicht (Blastem) und Protoplasma umgiebt auch den centralen Kern, von wo aus es sich in feinen Strängen zwischen die Dotter- körner erstreckt. Ausser dem Kern findet sich in den Eiern der Spinnen ein als Dotterkern bezeichnetes merkwürdiges Gebilde, dessen Natur bisher nicht genügend bekannt geworden ist. Der Dotterkern besteht aus einer rundlichen Anhäufung von Körnchen von mehr oder weniger com- paktem Gefüge; zuweilen erhebt er sich sogar zu einer complicirteren Structur, indem er aus mehreren concentrischen Schichten zusammen- gesetzt erscheint. Mit der Reifung des Eies pflegt der Dotterkern zu schwinden, doch scheint er zuweilen länger erhalten zu bleiben und soll sich nach Kishinouye noch im zwei- und vierzelligen Furchungsstadium des Eies in einem der Dottercomplexe neben dem Kern vorfinden. J) Bezüglich der Leber muss bemerkt werden, dass ein neuerer Bearbeiter der- selben (Birula No. 42) gewisse Differenzen im Bau dieses Organs gegenüber dem Ver- halten der Arachniden im Allgemeinen findet; doch beschreibt auch er die Leber als ein machtig entwickeltes Organ, welches die Zwischenräume zwischen den übrigen Organen ausfüllt, ein Verhalten, welches wohl bei einem Arachniden, nicht aber bei bei einem Insect erwartet werden kann. Arachnoiden. 569 Nach Ludwig (No. 66) zeigt die äussere Hülle eine polygonale Felde- rung, doch wird diese letztere in Uebereinstiramung mit den älteren An- gaben von Balbiani (No. 46) neuerdings wieder auf einen Zerfall des Blastems in polygonale Abtheilungen zurückgeführt (Sabatiek, No. 70, Locy No. 64). Diese Erscheinung ist nicht mit der (erst später erfolgenden) Bildung des Blastoderms zu verwechseln, sondern sie soll sich bereits am ungefurchten Ei zeigen. Locy, dem sich neuerdings im Ganzen auch Kishi- nouye anschliesst , erklärt die Felderung damit , dass nach der Ablage der Eier eine Contraction derselben eintritt, und dabei das Blastem dichter an den Dotter herangezogen wird. Die einzelnen Dotterkörner geben sich an der Peripherie als Erhebungen zu erkennen, und dadurch würde die Felde- rung der Oberflächen hervorgebracht. Einige der vielen auf diesen Punkt bezüglichen Abbildungen Balbiani' s scheinen eine solche Auffassung zu be- stätigen, andere aber sprechen dagegen; in ihnen ist ausser der ursprüng- lichen Felderung auch die durch die Blastodermzellen veranlasste zu sehen. Da eine Contraction des Eies stattfinden soll, möchte man auch an eine in regelmässiger Weise (in Form polygonaler Felder) erfolgende Faltung der Dotterhaut denken, wie sie z. B. bei Cetochilus vorkommen soll (Gbobben) , doch scheint dies hier ausgeschlossen , da Locy von einer perivitellinen Flüssigkeit spricht, welche bei der Contraction des Eies zwischen dessen Oberfläche und der Dotterhaut auftritt. 1. Furchung und Keimblätterbildung. Die Furchung kann in ihrem Anfang als totale bezeichnet werden und geht in die superfizielle über. Der centrale Kern theilt sich in zwei Kerne, welche in der Nähe des Centrums liegen (Fig. 363 A). Ob- Fig. 361. A—C drei Furchungsstadien von Philodromus limbatus (nach H. Ludwig, aus Bälfour's Handbuch). wohl nun eine das Ei in zwei Theile trennende Furche nicht auftritt, so ist doch eine Zweitheilung desselben angedeutet, die sich allerdings zu- nächst nur auf den Dotter bezieht. Nach der bereits vor längerer Zeit von Ludwig gemachten Beobachtung ordnen sich die Dotterkörner radiär 570 XVII. Capitel. hintereinander in Form von Säulen an (Fig. 361 und 363 A). Diese vom Centrum radial ausstrahlenden Säulen scheiden sich bei der Zwei- theilung des Kernes in zwei Gruppen (Fig. 361 B). Dazwischen soll Bildungsdotter liegen. Mit dem Fortschreiten der Kerntheilung theilen sich auch die beiden von Ludwig als Rosetten bezeichneten Gruppen von Dottersäulen wieder und liefern nun vier Rosetten (Fig. 361 C), welche sich sodann nach dem bei der totalen äqualen Furchung gewöhn- lichen Gang in 8, 16 und 32 Rosetten theilen. Jeder Rosette kommt ein Kern zu. Mit dem weiteren Fortgang der Furchung (Fig. 362 Ä) rücken die Kerne nach der Peripherie, wobei sie von dem ihnen zu- kommenden Protoplasma begleitet werden. Letzteres sondert sich (mit sammt dem hier schon vorhandenen Blastem) zu einer peripheren Lage, welche nunmehr die Kerne enthält und somit als Blastoderm zu be- zeichnen ist (Fig. 362 B, bl). Die Dottersäulen oder jetzt besser Dotter- pyramiden können zu dieser Zeit noch vorhanden sein. Schon früher trat im Centrum ein Hohlraum , die Furchungshöhle, auf (Fig. 362 B), indem die centrale Dottermasse mit der Ausbildung der Blastomeren von diesen einbezogen und mehr nach der Peripherie hingedrängt wird. Fig. 362. A und B Oberflächenansicht und optischer Durchschnitt eines späteren Furchungestadiums von Philo dromus limbatus (nach Ludwig, aus Balfour's Handbuch). bl Blastoderm, yk Dotterpyramiden. Zwischen Eihaut und Blastoderm befindet sich in dem weiten Räume (ß) perivitelline Flüssigkeit. Die Dotterrosetten scheinen zumeist nicht in so deutlich abgegrenzter Weise aufzutreten, wie dies von Ludwig an Philodromus beobachtet wurde. Bei A g a 1 e n a , Theridium, E p e i r a , P h o 1 c u s u. A. werden die Dottersäulen zwar ebenfalls bemerkt, doch liegen die von ihnen gebildeten Gruppen (die Rosetten von Philodromus) enger an- einander (Fig. 363 Ä). Ein von acht solchen Gruppen gebildetes Stadium bietet ganz das Bild eines total und äqual gefurchten Eies mit wenig umfangreicher Furchungshöhle (Fig. 363 B). Jede Gruppe von Dotter- säulen mit dem zugehörigen Kern entspricht einem Blastomer. Die Blastomeren theilen sich auch hier nach dem von der äqualen Furchung her bekannten Modus weiter, und wenn sie nach einer Anzahl von Theilungen eine grössere Zahl (etwa 128) erreicht haben, trennen sich die unterdessen nach der Peripherie gerückten Kerne mit ihrem Proto- plasma von dem darunter liegenden Dotter ab, um dadurch das Blasto- derm entstehen zu lassen (Fig. 363 C und B). Die Furchungshöhle, welche einen ziemlichen Umfang erreichen kann (Fig. 362 B u. 363 C), wird zu dieser Zeit wieder mit Dotter angefüllt. Die regelmässige An- ordnung desselben geht dabei allmählich verloren (Fig. 363 D und E). Arachnoiden. 571 Es scheint, dass die Bildung des Blastoderms an der einen Hälfte des Eies etwas früher vor sich geht als an der anderen (Salensky, Ludwig, Locy, Mokin, Schimkewitsch). Das ist jedenfalls die Gegend, an welcher später der Keimstreifen angelegt wird, und es würde somit, wenn auch in sehr beschränktem Maasse, eine ähnliche Bildung vorhanden sein wie die Keimscheibe der Scorpione (Fig. 363 E u. F). Die geschilderte Furehung des Spinneneies zeigt die grösste Ueberein- stimmung mit derjenigen , welche wir früher bei den Crustaceen kennen lernten (Typus II, pag. 312). Sollte nicht allen Spinneneiern eine Furchungs- höhle zukommen , wie es uns fast scheint , sondern in einigen Fällen das ver- Fig-. 363. A—F Schnitte durch Eier von Theridium maculatum in schiedenen Stadien der Furchung und Blastodermbildung (nach Murin). bl Blastoderm, d Dotter, dp Dotterpyramiden, dz Dotterzellen, fh Furchungshöhle, p periphere Plasmaschicht (Blastem). Centrum von einer ungefurchten Dottermasse erfüllt bleiben, so würden diese Fälle doch wahrscheinlich ebenfalls demjenigen Typus zuzurechnen sein, welcher bei den Crustaceen als totale Furchung mit nachherigem Uebergang in die superficielle Furchung bezeichnet wurde (pag. 312). Bezüglich der auf die Bildung des Blastoderms folgenden Entwick- lungsvorgänge stimmen die Autoren in ihren Auffassungen wenig überein, indem einige von ihnen den von Claparede als Cum ulus primitivus bezeichneten Hügel, welcher am Blastoderm durch Verdickung der Zell- schicht auftritt (Fig. 364 B und Fig. 365 A und B) , eine grosse Be- deutung bei der Bildung der Keimblätter zuschreiben, andere aber diese 572 XVII. Capitel. Bedeutung leugnen. Nach Morin's Beobachtung entsteht in der Gegend, welche der späteren Ventralfläche, d. h. der Anlage des Keimstreifens, entspricht , eine Verdickung des Blastoderms (Fig. 363 F) ; nicht nur, dass die Zellen selbst an Umfang zunehmen, es spalten sich auch von ihnen einige ab und ordnen sich unter den anderen an. Es wird also hier eine mehrschichtige Lage von Zellen gebildet. Gleichzeitig lösen sich aber in derselben Gegend einige Zellen gänzlich aus dem Zusammen- hang mit den übrigen ab und rücken in den Dotter hinein (Fig. 363 F, dz). Damit sind bereits die drei Keimblätter angelegt: die äussere Schicht, welche zugleich den grössten Theil des Blastoderms in sich fasst (das Ectoderm), die dicht darunter liegende Schicht (das Mesoderm) und die in den Dotter eingetretenen Zellen, welche das Entoderm repräsentiren. Erst nach der Anlage der Keimblätter soll bei den von Morin beobach- teten Spinnen (z.B. bei Pholcus) der Primitivhügel auftreten, wenn er nicht gänzlich fehlt, wie bei Theridium, derjenigen Form, an welcher a. 2ß. Fig. 364. A und B Schnitte durch Eier von Pholcus phalangoides in Stadien der Keimblätter bildung (nach Morin). c.p Cumulus primitivus, d Dotter, dz Dotterzellen, e Einwucherungsstelle. die soeben geschilderte Bildung der Keimblätter verfolgt wurde (Morin). Doch ist es nicht unmöglich, dass dieses Verhalten nicht das ursprüng- liche, sondern ein abgeändertes darstellt und dem Primitivhügel doch eine grössere Bedeutung zukommt, als aus dem späten Auftreten desselben bei Pholcus und seinem gänzlichen Fehlen bei Theridiuin hervorzu- gehen scheint. Diese letztere Auffassung wird auch durch die erst neuerdings erschienene Arbeit von Kishinouye bestätigt (vgl. pag. 575). Der Cumulus primitivus entsteht als eine Verdickung des Blastoderms (Fig. 364 B)} welche sich zur Höhe eines ansehnlichen Hügels über das Blastoderm erheben kann (so z. B. bei Tegenaria und Agalena (Fig. 365 A u. B, pag. 577). Er ist bei den meisten der bisher zur Beobachtung gelangten Spinnen gefunden worden. Vor ihm soll eine Einsenkung am Blastoderm auftreten (Salensky No. 71, Schimke- witsch No. 72). Es liegt nahe, die letztere als Blastoporus anzusehen, an dessen hinterem Rand die Einwucherung der Zellen in besonders starkem Maasse vor sich geht, ähnlich, wie wir dies für die Scorpione darstellten (pag. 537). Einige Angaben, welche über das Verhältniss Arachnoiden. 573 des Primitivhügels zu den in der Bildung begriffenen Keimblättern ge- macht werden, z. B. die von Bruce (No. 54) und Lendl (No. 63) dürften wohl in dieser Weise aufzufassen sein. Wenn wir den Cumulus primitivus an das Hinterende des Embryos verlegen, so stehen wir damit auf einem Standpunkt, welcher seinerzeit schon von Balfoue (No. 47) eingenommen wurde. Obgleich seit jener Zeit verschiedene Bearbeitungen der Spinnenentwicklung unternommen wurden, so konnte dieser Punkt doch noch zu keiner erheblich grösseren Klarheit ge- bracht werden. Während nach der obigen Auffassung der Primitivhügel in seiner Lage ungefähr dem künftigen Schwanzende entspricht, vor ihm die Einsenkung gelegen ist und vor dieser die Scheitellappen auftreten (Balfouk, Schimkewitsch, Lendl), entsteht nach einer anderen Annahme das Schwanz- ende in ziemlicher Entfernung vom Primitivhügel, während der Kopf läppen vielmehr in seiner Nähe gelegen ist (Balbiani, Locy). Wenn wir uns mehr der Ansicht zuneigen , dass der Cumulus primitivus dem Hinterende des Embryos entspricht , so sind es hauptsächlich Gründe theoretischer Natur, welche uns hierzu bewegen. Doch scheinen auch die von Mobin und Schimkewitsch gegebenen Abbildungen auf eine derartige Auffassung hinzu- weisen. Freilich bieten dieselben für eine Entstehung des Mesoderms vom Primitivhügel aus, wie man sie anzunehmen geneigt war, wenig Ueberzeugen- des. Zwar findet offenbar am Primitivhügel eine starke Wucherung der Zellen statt, aber auch vor demselben (im Bereich des künftigen Keim- streifens) erscheint das Blastoderm bereits mehrschichtig (Fig. 364 B). üass Mobin dem Cumulus primitivus eine solche wichtige Bedeutung über- haupt ganz abstreitet , wurde schon oben erwähnt. Nach diesem Forscher soll der Primitivhügel erst nach Ausbildung der Keimblätter entstehen, wenn er überhaupt vorhanden ist. Es ist aber nicht zu verkennen, dass auch nach Mobin' s Darstellung der Primitivhügel einen bedeutenden Umfang be- sitzt (Fig. 364 B). Denselben soll er später verlieren , indem er einzelne Mesodermzellen abgiebt. Dabei wird er allmählich nach dem Rücken ver- lagert, ein Verhalten, welches auch aus den von Clapaeede gegebenen Ab- bildungen hervorgehen würde , falls die dort sichtbare Erhebung wirklich dem Primitivhügel entspricht (Fig. 367 A und B, pag. 579). Dass der Blastoporus oder doch ein Rest desselben eine solche Lagerung erhalte, hat von vornherein wenig Wahrscheinliches für sich , wenn man nicht an- nehmen muss , dass die Wucherungsstelle nur beim Auswachsen des Hinter- endes mit verschoben wurde und so eine nur scheinbar dorsale Lagerung erlangte. Doch sind weitere Ausführungen über diesen Punkt wohl vorläufig besser zu vermeiden, denn ein Blick auf die von Clapaeede, Balbiani, Salensky, Balfoue, Schimkewitsch, Locy und Mobin gegebenen Abbildungen zeigt, dass sich dieselben nicht in Uebereinstimmung bringen lassen. Offenbar trägt die Schwierigkeit der Beobachtung Schuld an der Unsicherheit, die uns bezüglich dieses Punktes entgegentritt. Die Orientirung an dem beinahe kugelrunden Ei ist jedenfalls durch das Auftreten der einzelnen Theile des Embryos (Kopflappen und Schwanzende) bei gleichzeitigem Zurücktreten des Primitivhügels wesentlich erschwert. So konnte sich auch ein neuerer Be- arbeiter der Spinnenentwicklung , Kishinouye , über die Lage des Primitiv- hügels zum Embryo nicht mit genügender Sicherheit orientiren. Vorläufig darf in Bezug auf die am Blastoderm der Spinnen auftretende Einsenkung und den Cumulus primitivus nur mit grosser Vorsicht als einer der Gastru- lation entsprechenden Bildung gesprochen werden , obwohl eine solche Auf- fassung zumal im Hinblick auf die bei den Scorpionen obwaltenden Ver- hältnisse sehr nahe liegt. 574 xvn- Capitel. Mit der Frage, ob die Keimblätter in einem der späteren Ventralfläche entsprechenden Bezirk ihren Ursprung nehmen, in welchem der Cumulus primitivus einen Herd stärkerer Zellvermehrung (vielleicht die Einwuche- rungsstelle) repräsentirt, findet dieser Gegenstand noch nicht seine Erledigung, und zwar deshalb, weil die Entstehung der Keimblätter noch auf andere Weise dargestellt wird. Nach der oben vertretenen Auffassung ist anzu- nehmen , dass die Furchungszellen zur Bildung des Blastoderms an die Peripherie rücken , und dass dann von hier aus durch Einwucherung von Zellen die Keimblätter entstehen (Fig. 363, Fund Fig. 364, A und B). Während das Mesoderm in dichter Anhäufung an der Ventralseite gelagert bleibt, lösen sich die Zellen des Entoderms davon ab und rücken in den Dotter hinein. Aus ihnen baut sich später der Mitteldarm auf. Der Ur- sprung und das Schicksal dieser Dotterzellen wird noch in anderer Weise dargestellt, als es oben geschah (Balpoue, Schimkewitsch, Locy[?]). Wenn wir den wichtigsten Punkt dieser abweichenden Auffassung sogleich hervorheben sollen, so besteht derselbe darin, dass man ein Verbleiben eines Theiles der Furchungszellen im Dotter annimmt. Diese Zellen, welche beim Aufbau des Blastoderms keine Verwendung finden, repräsentiren nicht allein das Ento- derm, sondern werden auch zum Theil dem Mesoderm beigefügt (Balfoue, Schimkewitsch). Nach Schimkewitsch geht die Furchung und Blastodermbildung so vor sich, dass das Ei in ähnlicher Weise, wie dies schon früher geschildert wurde , in eine grössere Anzahl von Dotterpyramiden zerfällt. Jede der letzteren besitzt einen Kern, welcher anfangs central liegt. Später rücken die Kerne an die Peripherie und isoliren sich hier mit dem sie umgebenden Protoplasma vom Dotter. Dadurch wird eine äussere Zellenschicht, das Blasto- derm gebildet. Es scheint aber, als ob bereits vorher eine weitere Theilung der Kerne stattgefunden habe und eine grosse Anzahl derselben im Innern des Dotters verbleibe, wenigstens muss man die Dar- stellung von Schimkewitsch so auffassen1). Während der Ausbildung des Blastoderms findet eine weitere Vermehrung der im Innern verbliebenen Kerne statt. Ehe wir ihr weiteres Schicksal verfolgen, müssen wir eines Vorganges Erwähnung thun , welcher von Schimkiwitsch an den Spinnen- eiern beobachtet und auch schon früher von Salensky wahrgenommen wurde. Danach sollen nämlich die Blastodermzellen, welche anfangs das Ei umgeben, gegen die Ventralseite hin rücken und dort eine Verdickung bilden, welche zusammen mit der später daselbst eintretenden Zell Vermehrung die Anlage des Keimstreifens bildet. Auch aus Moein's Darstellung, soweit uns dieselbe zugänglich ist, scheint sich Aehnliches zu ergeben, und die von ihm entnommenen Figuren (363 , D — F) lassen erkennen , dass anfangs an der Dorsalseite des Eies eine ganze Anzahl von Blastodermzellen gelegen ist, während man dort in einem späteren Stadium nur wenige wahrnimmt. Nach Schimkewitsch wird die Dorsalseite des Eies ganz vom Blastoderm entblösst, das erst später wieder dahin vorwächst. Wir waren anfangs mehr geneigt, das Fehlen des Blastoderms an der dorsalen Seite auf ein verspätetes Her- vortreten der Kerne aus dem Dotter zurückzuführen, zumal die Autoren von :) Was Schimkewitsch über den Zerfall der Dotterpyramiden und die Bildung der mononucleären und polynucleären Dotterzellen sagt, gehört nicht in den Rahmen unserer Darstellurg und bedarf wohl auch einer Richtigstellung. Im Ganzen lassen sich die von ihm gegebenen Bilder mit der früheren Darstellung vereinigen. Auch Schimkewitsch fand bei einigen Formen (Tegenaria, Epeira) die centrale Furchungs- höhle und beschreibt ihre Ausfüllung mit Dottermasse, ähnlich wie dies oben von Theridium dargestellt wurde (Fig. 363 C u. B). Arachnoiden. 575 einem Fortschreiten der Ausbildung des Blastoderms von der ventralen nach der dorsalen Seite sprechen. Es schien uns darin eine, wenn auch nur ent- fernte Aehnlichkeit mit der Furchung und Blastodermbildung der Scorpion- eier zu bestehen. Genauere Untersuchungen werden erst zeigen können , ob diese Vermuthung die richtige ist, oder ob wirklich, wie es nach den vor- liegenden Abbildungen scheint, ein so starkes Zusammenrücken der Blasto- dermzellen erfolgt. Ein ähnliches Zusammenschieben der Blastodermzellen, wenn auch nicht bei Weitem in so starkem Masse, wurde übrigens auch bei anderen Arthropoden (Astacus) beobachtet (vgl. oben pag. 356). Nach der Darstellung von Schimkewitsch, die sich hierin wesentlich an diejenige von Balfour anschliesst , betheiligen sich die Dotterzellen in nicht unbedeutendem Masse an der Bildung des Mesoderms, obwohl ihre Hauptmasse als Entoderm zu bezeichnen ist. Schimkewitsch nimmt wie Balfour eine doppelte Entstehungsweise des Mesoderms an , indem es nach ihm sowohl durch Verdickung der ventralen Parthie des Blastoderms, zumal vom Cumulus primitivus aus, wie auch durch Hinzutreten von Dotterzellen zu den verdickten Theilen gebildet wird. Hier sollen bei den einzelnen Formen (Tegenaria, Epeira, Lycos a) gewisse Modificationen auftreten, auf die wir aber nicht eingehen, da wir uns dieser Auffassung nicht anzuschliessen vermögen. Von den beiden einander gegenüberstellenden Auffassungen , von denen die eine die Dotterzellen als gegeben annimmt und von ihnen das Entoderm, sowie zum Theil das Mesoderm ableitet, die andere aber Entoderm und Mesoderm durch einen der Gastrulation gleich zu setzenden Vorgang entstehen lässt, scheint uns die letztere bei Weitem mehr Berechtigung für sich zu haben. Wir werden in dieser Auffassung durch die neu erschienene Arbeit von Kishinouye (No. 62) bestärkt, welcher nach der Blastoderm- bildung im Dotter keine Kerne vorfindet, sondern von der Blastoderm- verdickung aus Zellen in den Dotter hinabsteigen sieht, ähnlich wie dies früher schon dargestellt wurde (Fig. 363 und 364). Diese Zellen, welche sich im Dotter vertheilen, bilden das Entoderm. Durch weitere Ver- dickung der ventralen Gegend des Blastoderms entsteht das Mesoderm, so wie wir dies ebenfalls früher schon schilderten (pag. 572). Die uns als Cumulus primitivus bekannt gewordene ventrale Blastodermverdickung ist jedenfalls bei der Bildung dieser beiden Keimblätter von Bedeutung, denn sie tritt ebenso wie die (noch zu beschreibende) Ventralplatte vor der Differenzirung der Keimblätter auf (Kishinouye) und nicht nach derselben, wie Morin annahm (vgl. pag. 572). Wenn wir die Bildung der Keimblätter auf das Blastoderm zurückführen, so ist damit gesagt, dass auch die Dotterzellen vom Blastoderm aus entstehen. Die Dotterzellen enthalten bei den Spinnen nach den übereinstimmenden Angaben der Autoreu die Anlagen des ge- sammten Entoderms, indem sie später das Epithel des Mitteldarmes aus sich hervorgehen lassen. Würden diese Zellen bei der Furchung im Dotter zurückbleiben, so müsste man den Vorgang der Blastodermbildung als eine Epibolie auffassen, was aber den Verhältnissen bei verwandten Formen widerspricht. Zudem werden bei den Scorpionen ebenfalls durch Ein- wucherung von Zellen an der ventralen Seite des Blastoderms die Keim- blätter gebildet und das in Entstehung begriffene Entoderm nimmt in beiden Abteilungen der Arachniden dieselbe Lagerung ein. Bei den Scorpionen gestaltet es sich zu einer regelmässigen Epithellage, so dass es als gesondertes Keimblatt nicht zu verkennen ist, doch treten auch hier einzelne Zellen in den Dotter hinein. Alles dies lässt uns die von 576 XVII. Capitel. Morin und Kishinouye vertretene Auffassung der Keimblätterbildung' (Fig. 363 F) als die richtige erscheinen. Trotzdem kann nicht in Ab- rede gestellt werden, dass die von Schimkewitsch und besonders von Balfour gegebenen Abbildungen auf früheren Stadien und in grösserer Entfernung von dem verdickten Theil des Biastoderms Dotterzellen er- kennen lassen, von denen man eher annehmen möchte, sie seien noch von der Furchung her im Dotter zurückgeblieben und nicht von jenen verdickten Theilen des Biastoderms abgelöst. Sollte solches der Fall sein, so spricht dies trotzdem noch nicht gegen die hier vertretene Auf- fassung; wir haben es dann nur mit einzelnen Zellen zu thun, welche bei der Blastodermbildung keine Verwendung fanden und im Dotter zurückblieben. Vielleicht kommt diesen Zellen als Vitellophagen die Function der Nutzbarmachung des Dotters zu. Wir müssten dann an- nehmen, dass sie beim späteren Aufbau des Entoderms nicht mit ver- wendet werden, sondern wahrscheinlicher Weise bei dem allmählichen Schwinden des Dotters zu Grunde gehen, wie dies wohl auch bei den entsprechenden (Dotter-)Zellen der Inseeten der Fall ist. 2. Die Ausbildung der äusseren Körperforni. Diejenigen Spinnen, welche bisher auf die Entwicklung ihrer äusseren Körpergestalt untersucht wurden, lassen erkennen, dass diese Vorgänge in recht übereinstimmender Weise verlaufen. Es ist eine ganze Anzahl von Spinnen, Agalena, Clubiona, Epeira, Theridium, Lycosa, Pholcus, welche daraufhin mehr oder weniger vollständig und alle zu wiederholten Malen studiert wurden. Trotzdem und obwohl sich eine ganze Reihe von Forschern mit diesem Gegenstand beschäftigte - wir nennen nur Herold, Claparede, Salensky, Balfour, Schimkewitsch, Locy und Kishinouye — so sind doch noch einige Punkte, besonders in den frühen Entwicklungsstadien, dunkel geblieben. Dies betrifft, wie wir gleich von vornherein bemerken wollen, zumal die erste Anlage des Embryos und das Auftreten der Segrnentirung. Zur Zeit, wenn das Blastoderm schon völlig oder doch grösstenteils ausgebildet ist, tritt (wahrscheinlich an der späteren Ventralseite) die hügelförmige Erhebung auf, der Cumulus primitivus, dessen Be- deutung schon früher erörtert wurde (pag. 572 u. ff.). Von ihm geht ein Streifen aus, welcher sich durch seine weissliche Färbung von dem übrigen Ei unterscheidet und von einer entsprechenden Verdickung des Biastoderms herrührt (Fig. 365 A, Claparede, Balfour). Schon Herold spricht von einem kometenförmigen Gebilde, welches in frühen Stadien an der Oberfläche des Spinneneies auftritt, und man möchte annehmen, dass ihm jener Streifen zusammen mit dem Cumulus primitivus zu diesem Vergleich Anlass gegeben habe (Fig. 365). Der Streifen verbreitert sich nämlich etwas an dem vom Primitivhügel abgewandten Ende, und diese Verbreiterung nimmt noch mehr zu, wenn die Verdickung des Biastoderms von dem Streifen aus sich nach den Seiten hin ausdehnt. Dieser Vorgang scheint Herold zu einem Vergleich mit dem Schwanz eines Kometen geführt zu haben. Wenn wir von einer Ausbreitung der Blastodermverdickung vom Streifen aus nach den Seiten hin sprachen, so ist damit gesagt, dass wil- den Streifen selbst wie den Primitivhügel als eine Verdickung des Biasto- derms ansehen, welche durch eine stärkere Vermehrung der Zellen an dieser Stelle entstanden ist. Nach der von Salensky gegebenen Dar- Arachnoiden. 577 Stellung soll vor dem Cumulus primitivus eine Einsenkung auftreten, welche sich bald wieder schliesst und von ihm als Blastoporus ange- sehen wird. Wir sind geneigt, jener Zellenverdickung des Blastoderms eine ähnliche Bedeutung zuzuschreiben, worauf auch schon früher bei Besprechung der Keimblätterbildung hingewiesen wurde. Wir nehmen somit an, dass der Primitivhügel am späteren Hinterende liegt und von hier aus jener Streifen nach vorn verläuft. Seine Lage bezeichnet dem- nach die Ventralfläche. Diese giebt sich in einem etwas späteren Stadium zweifellos als solche zu erkennen, indem die Zellverdickung sich weiter verbreitet und schliesslich in einem Bezirk ungefähr von der Gestalt eines gleichschenkligen Dreiecks auch äusserlich am Ei deutlich zum Ausdruck kommt (Fig. 365 C). Letzteres scheint in der Weise aufzu- treten, dass zuerst die an seiner Basis gelegenen Parthien (Fig. 365 B) und sodann erst allmählich die gegen die Spitze zu gelegenen Theile hervortreten. Die Basis des Dreiecks entspricht der Anlage der Scheitel- lappen, die Spitze dem Hinterende des Embryos. In letzterer Gegend JST. & C. c>r- A. Fig. 365. A — C drei frühe Stadien aus der Entwicklung des Spinnenembryos, um die ersten Anlagen desselben zu zeigen (A und B von Agalena labyrinthica nach Balfour, C von Theridium nach Morin). Alle drei Bilder geben Oberfläehenansichten des Eies. c.pr Cumulus primitivus, h hinten, v vorn. würde nach dieser Darstellung der Cumulus primitivus zu suchen sein (Fig. 365 B), und jener zuerst aufgetretene Streifen, der vom Primitiv- hügel ausgeht (Fig. 365 Ä), würde danach die Längsaxe des Embryos bezeichnen. Das ganze dreieckige Gebilde repräsentirt somit den Keim- streifen oder die sog. Bauchplatte. Es muss erwähnt werden , dass die vorstehend geschilderten Vorgänge der ersten Anlage des Embryos nicht völlig verbürgt erscheinen ; sie wurden hier so dargestellt, wie sie nach den Angaben der Autoren (Claparede, Balfour, Morin) die meiste Wahrscheinlichkeit für sich haben. Die Bildung von Embryonalhüllen, wie sie für die Scorpione beschrieben wurde (pag. 539), findet bei den Spinnen nicht statt, Die von Bruce am Kopf der Spinnenembryonen beschriebene Amnionfalte dürfte wohl auf eine Verwechslung mit der Einfaltung zurückzuführen sein, welche bei der Bildung des Gehirns stattfindet. Ueber die Bildung cuticularer Larvenhäute bei den Spinnen soll weiter unten (pag. 587) noch gesprochen werden. Ungefähr zu der Zeit, wenn die von den Autoren als Bauchplatte be- zeichnete Anlage des Keimstreifens zur Ausbildung kommt (Fig. 365, A — C), 578 XVII. Capitel. soll das Ei an dieser Seite eine Abplattung erfahren, doch erscheint in wenig späteren Stadien die Ventralfläche des Embryos stark gewölbt (Fig. 366 u. 367 A), sei es nun, dass die Abplattung wieder verstreicht oder überhaupt nicht diese Gegend betroffen hatte. Bei Pholcus erscheint eher die dorsale Parthie abgeplattet (Fig. 367 A u. B). und Clapakede spricht davon, dass sich auf diese Weise das Vorder- und Hinterende einander mehr nähern. Die Segmentirung des Keimstreifens macht sich in der Weise geltend, dass einige Querfurchen auftreten, welche einen umfangreichen vorderen und hinteren Abschnitt, sowie mehrere dazwischen liegende Segmente zur Sonderimg bringen (Fig. 366). Diese Abschnitte erschei- nen zuerst nur sehr undeutlich, und es konnte nicht sicher fest- gestellt werden, wrelchen Teilen des Körpers sie entsprechen. In dem jüngsten segmentirten Stadium, welches sich einiger- massen sicher erkennen Hess, sind ausser dem umfangreichen vorderen und hinteren Abschnitt drei Segmente vorhanden (Fig. 366, Salensky, Balfour, Locy, Lendl). Es scheint, dass die- selben den ersten drei Brust- segmenten entsprechen. Nach Locy's Darstellung müsste man jedoch annehmen, dass die drei mittleren Segmente dem zweiten, dritten und vierten Brustsegment angehören. Er stellt den Beginn der Segmentirung so dar, dass sich zuerst das vierte, darauf das dritte, zweite, erste Brustsegment, sodann das Segment der Pedipalpen und Cheliceren sondern. Es würde somit die Differenzirung dieser Segmente von hinten nach vorn erfolgen , was dem gewöhnlichen Verhalten der segmentirten Formen wider- spricht. Im Ganzen hat diese Auffassung einige Aehnlichkeit mit der von Metschnikopp für die Scorpione vertretenen, wonach sich deren Embryonen zunächst in drei Abschnitte gliedern sollen. Der vorderste derselben ent- spräche dem Kopfabschnitt, der hintere dem Telson mit den noch nicht differenzirten Segmenten des Postabdomens, und aus der mittleren Parthie gingen die übrigen Segmente des Körpers hervor (pag. 541). Wir können bezüglich dieser und der sogleich folgenden , auf die Reihenfolge in der Segmentbildung bezüglichen Ausführungen die Bemerkung nicht unterdrücken , dass sich wohl bei weiterer Untersuchung dieser und jener Irrthum der verschiedenen Autoren herausstellen wird. Die Orienti- rung an Spinnenembryonen dieser Stadien ist, wie wir aus eigener Erfahrung bestätigen können , eine recht schwierige. Dies zeigt schon ein Blick auf die Abbildungen Fig. 365—367. Bezüglich der Fig. 366 (nach Salensky) dürfte nicht feststehen, ob die von ihm gewählte und hier acceptirte Orientirung die richtige ist. Ebensowenig ist die Bedeutung der drei mitt- leren und des vierten sich ausbildenden Segmentes sicher. Fig. 366. Ei mit dem im Stadium der beginnenden Segmentirung befindlichen Embryo von Clubiona ineompta (nach Salensky). kl Kopflappen, sl Schwanzlappen, da- zwischen einige in der Anlage begriffene Körpersegmente. Die ausser dem Bereich des Keimstreifens befindlichen grösseren Zellen sollen Blastodermzellen darstellen, die hier weniger dicht gelagert sind (Salensky). Arachnoiden. 579 Die Segmente der Pedipalpen und Cheliceren sollen nach den ziem- lich übereinstimmenden Angaben der Autoren erst später als die vier Brustsegmente zur Anlage kommen. Wie der hintere Abschnitt des erst aus fünf Abtheilungen bestehenden Embryos eine Summe von Segmenten in sich fasst, so würde auch der vordere Abschnitt ausser dem Kopftheil noch die Segmente der Cheliceren und Pedipalpen enthalten. Eine durch- gehende Sonderung der Körpersegmente von vorn nach hinten findet demnach nicht statt. Auf dem Stadium, in welchem ausser dem Kopf- und Schwanztheil eine Anzahl von Segmenten vorhanden ist (Fig. 367 A und B), erscheinen die vier hinteren immer weit besser ausgebildet Fig. 367. A—C verschiedene Stadien der segmentirten , aber noch nicht mit Extremitäten versehenen Embiyonen, A und B von Pholcus opilionides, C von einer Clubiona (nach Claparkde). A und B von der Seite, C von der Bauchfläche gesehen. eh Chelicerensegment, c.pr Cumulus primitivus (?), eh Eihaut, h hinten, kl Kopf- lappen, ped Pedipalpensegment, I—JV Thoraxsegmente, 1 erstes Abdominalsegment, sl Schwanzlappen, v vorn. und deutlicher abgesetzt, als die beiden vorderen. Balfour, Schimke- witsch und Locy geben Abbildungen dieses Stadiums von Agalena, auf welchen das Chelicerensegment noch mit dem Kopftheil vereinigt oder eben erst in der Abtrennung begriffen ist. In welcher Reihenfolge die Differenzirang der Brustsegmente vor sich geht, ist aus diesen Dar- stellungen leider nicht zu erkennen; nur von dem hintersten (dem vierten) scheint es, als ob es nach den anderen entstände. Die Abdominalseg- mente trennen sich in der gewöhnlichen Reihenfolge von vorn nach hinten vom Schwanztheil ab. Mit beginnender Gliederung des Keimstreifens dehnt sich derselbe weiter über das Ei aus; nicht nur, dass sein Vorder- und Hinterende mehr gegen die Dorsalseite hin auswachsen, auch nach beiden Seiten 580 XVII. Capitel. verbreitet sich der Keimstreifen und kann so bei einigen Formen, z. B. bei Pholcus, den grössten Theil der Oberfläche des Eies einnehmen (Fig. 367 A). Von der Ventralfläche gesehen, erscheint der Keim jetzt in Querbänder zerlegt, welche über diese ganze Fläche des Eies hin- wegziehen (Fig. 367 C). Die Segmente erscheinen ziemlich schmal und wie durch breite Qnerfurchen getrennt. Wir möchten das Bild etwa mit einer zusammengerollten Assel vergleichen, die man vom Rücken betrachtet. Dieser Zustand erhält sich aber nicht lange, sondern es tritt von den Seiten her eine Contraction der Embryonalanlage ein, vermöge deren sich der Keimstreifen wieder an die Ventralfläche zurückzieht (Fig. 367 B ) und nunmehr hier in Form eines segmentirten Bandes ge- legen ist. Das Kopf- und Schwanzende behalten dabei ihre Lage bei, so dass beide einander stark genähert erscheinen und der Keimstreifen eine starke Krümmung nach der Dorsalseite aufweist (Fig. 367 5). Bei denjenigen Formen, bei welchen der Keimstreifen in frühen Stadien keine so starke Verbreitung über das Ei besitzt, wie z. B. bei Agalena, rücken erst jetzt Kopf- und Schwanzende weiter gegen die Dorsalfläche vor und nähern sich einander. Der Keimstreifen erfährt eine Veränderung seiner Gestalt dadurch, dass der Kopftheil sich verbreitert und eine bilaterale, zweilappige Form annimmt, sowie weiterhin dadurch, dass von dem ebenfalls verbreiterten Schwanztheil sich die Abdominalsegmente abgliedern. Die Zahl derselben kann bis zu zwölf ausser dem Telson fortschreiten, wie dies nach Schimke- witsch bei Pholcus der Fall ist. Der Hinterleib der Spinnen zeigt somit bei den Embryonen eine reiche Gliederung, welche zu dem Verhalten der ausgebildeten Thiere in strictem Gegen- satz steht. Die vollständige Gliederung des Hinterleibes tritt erst in späteren Stadien ein; zuvor machen sich noch andere wichtige Ver- änderungen am Keimstreifen bemerkbar. Von ihnen ist zunächst das Auftreten einer Längsfurche in der ventralen Mittellinie hervorzuheben (Fig. 370 A), welche dadurch veranlasst wird, dass das an der Ventral- fläche gelegene Mesoderm sich in zwei Bänder theilt, die von der Mittel- linie weg in mehr seitliche Lage rücken. Durch diesen Vorgang wird der Keimstreifen in zwei symmetrische Hälften getheilt (Fig. 370 A und B und Fig. 368), welche soweit von einander getrennt werden können, dass der Dotter sich zwischen ihnen vorwölbt, so z. B. bei Agalena nach Balfour (Fig. 371 pag. 584). Vorn an den Scheitellappen, sowie am Schwanzende stehen jedoch beide Hälften des Keimstreifens im Zu- sammenhang (Fig. 370 A und B und Fig. 368). Noch lange bevor die Trennung des Keimstreifens so weit vorge- schritten war, traten die Anlagen der Gliedmaassen auf, und zwar zuerst diejenigen der vier Gangbeinpaare, welche in einiger Entfernung von der Medianrinne als leichte Erhebungen angelegt wurden (Fig. 370 A, 3 — 6). Ihnen folgt als eine entsprechende Bildung die Anlage der Pedipalpen (Fig. 370 .4, 2) und etwas später diejenige der Cheliceren (1). Des- gleichen entstehen an den vier ersten Abdominalsegmenten entsprechende Anlagen von Extremitäten (Fig. 370 A, a und Fig. 369), so dass also d a s Abdomen des Embryos nicht nur eine ungleich reichere Gliederung zeigt als dasjenige des ausgebildeten Thieres, sondern auch an einer Anzahl seiner Segmente Extremi- täten anlagen besitzt. Wir finden in dieser Beziehung eine grosse Uebereinstimmung mit dem Verhalten der Scorpione, welche ebenfalls an den vorderen Abdominalsegmenten Extremitäten aufweisen (pag. 542). Eine Arachnoiden. 581 weitere Uebereinstimmung der Spinnen mit den Scorpionen tritt auch darin hervor, dass der hintere Theil des Abdomens sich nach vorn um- schlagen kann, wie es das Postabdomen der Scorpione beim Embryo thut. So verhält sich z. B. Pholcus (Fig. 368). wie schon Claparede zeigte und nach ihm Emerton, Schimkewitsch und Morin bestätigten. Ziemlich allgemein findet man angegeben, dass die ersten vier Ab- dominalsegmente die provisorischen Anhänge tragen (Balfour, Locy etc.). Auch aus der mit Hilfe der neueren Methoden ausgeführten Arbeit von Morin lässt sich nichts Anderes erkennen, obwohl schon Salensky von einem ersten anhanglosen Segment gesprochen hatte und Schimkewitsch sich dieser Auffassung anschloss. Aehnliches wie aus den Angaben der beiden letzteren Autoren ist auch aus den Notizen und Abbildungen von c^Jdv^- '-- ■ -~wW M<* 602 XVII. Capitel. Die Beziehung der verschiedenen Paare von Spinnenaugen auf einander ist durch die Differenz in ihrem Bau und ihrer Entwicklung sehr erschwert. An und für sich ist man geneigt, die vorderen Mittelaugen auf die Mittel- augen der Scorpione, und die übrigen Paare auf deren Seitenaugen zu be- ziehen. Damit lässt sich aber nicht vereinigen, dass die hinteren Mittel- augen und die seitlichen Augen ungefähr den gleichen Entwicklungsgang auf- weisen wie die vorderen Mittelaugen, während die Seitenaugen der Scorpione auf sehr einfache Weise gebildet werden (Fig. 353, pag. 550). Daher möchte man eher sämmtliche Augen der Spinnen auf einen Zerfall der Mittel- augen in einzelne Complexe zurückführen, wie er in ähnlicher Weise für die Seitenaugen des Scorpions angenommen wurde1). Die Seitenaugen würden in diesem Falle den Spinnen gänzlich fehlen. Immerhin sind die Differenzen im Bau der verschiedenen Augenpaare sehr bemerkenswerthe ; doch ist es bei dem bisherigen Stand der Kenntnisse nicht möglich, dieselben in be- friedigender Weise zu erklären. Mit der Einfaltung der Arachnidenaugen und der Ausscheidung der Linse über dem der Hypodermis genäherten Theil der Falte (Fig. 377 und 352) hängt es zusammen, dass die Elemente der Retina eine Um- ordnung erfahren. Der früher nach aussen gekehrte Theil der Zellen, ist jetzt nach innen gerichtet. Er trägt die Stäbchen und behält sie auch bei den sog. Nebenaugen (den Seitenaugen und hinteren Mittel- augen) der Spinnen (Fig. 380 B). Die Nervenfasern setzen sich an die früher nach innen, jetzt nach aussen gerichteten Enden der Zellen an. An diesen Enden liegen die Kerne der Retinazellen. Dies scheint der bleibende Zustand der Nebenaugen zu sein, und er entspricht zugleich dem Zustand vor der Einfaltung, abgesehen von einigen vielleicht doch noch eintretenden Modificationen in der Innervirung (vgl. pag. 596). Anders verhalten sich jedoch die sog. Hauptaugen (vorderen Mittelaugen) der Spinnen und die Mittelaugen des Scorpions. Bei den ersteren liegen die Stäbchen an den nach aussen gerichteten (distalen) Enden der Retina- zellen, während die Kerne proximal gelagert sind (Fig. 380 Ä). Die Nervenfasern verbinden sich mit dem kernhaltigen, proximalen Ende der Zellen. Das letztere gilt auch für die Mittelaugen des Scorpions (Fig. 352 C). Es hat also hier in Folge der Einfaltung eine Umlagerung stattgefunden. Das Ausbleiben derselben bei den übrigen Augen der Spinnen kann man vielleicht durch die Entwicklung des Tapetums er- klären, von welchem das Licht auf die nach innen gerichteten Stäbchen- enden zurückgeworfen wird. Die oben angeführten Beobachtungen von Kishinouye und Pürcell nach denen bei Entstehung der Nebenaugen eine Inversion nicht stattfindet, machen die Innervirungsverhältnisse dieser Augen, wie man sie bisher als wahrscheinlich annehmen musste, wieder zweifelhaft und lassen den verschiedentlich angegebenen Eintritt der Nerven von der Hinterseite her wieder als möglich erscheinen. Insofern zeigen diese Augen einen ähnlichen Bau wie die Spinnenaugen und entfernen sich bereits vom Bau des einschichtigen Stemma. Nach der oben vertretenen Auf- fassung dürfen die so auffällig übereinstimmend gebauten Mittelaugen der Spinnen und jene Insectenstemmata nicht als homologe Bildungen betrachtet werden, sondern es ist anzunehmen, dass verschiedene Wege zu dieser scheinbar so gleichartigen Ausbildung führten. 1) Die neuen Angaben von Kishinouye und Purcell's Beobachtungen (pag. 597), wonach die vorderen Mittelaugen mittelst Inversion, die übrigen jedoch ohne dieselbe entstehen, würden die oben ausgesprochene Vermuthung einer Zurückführung der ersteren auf die Mittelaugen der Scorpione, der letzteren auf deren Seitenaugen zu grosser Wahrscheinlichkeit erheben. Arachnoiden. 603 Nach dem, was bisher über Bau und Entwicklung der Arachnidenaugen bekannt geworden, ist man nicht berechtigt, an dem Vorgang der Umlage- rung zu zweifeln. Die genaueren Umstände dieser besonders von Mark und Pauker verfolgten Vorgänge sind freilich noch nicht zur Genüge bekannt, um schon jetzt ein sicheres Urtheil über das Wesen derselben zu gestatten. Mark hat sich vor Allem bemüht , das Morphologische der Vorgänge zu er- klären. Um seine Auffassung zu verstehen, ist aber nöthig, eine andere Ansicht vom Zustandekommen der Arachnidenaugen, als die in Vorstehendem vertretene, kurz zu berühren. Wir leiteten die zusammengesetzten Augen der Scorpione und des Limulus von höher organisirten (Facetten-) Augen her; eine andere, beson- ders von Ray Lankester vertretene Auffassung lässt sie aus einem ein- fachen Auge (Stemma, Ocellus) durch Gruppirung der Retinaelemente zu Retinulae entstehen. Das Seitenauge von Limulus würde nach dieser Fig". 381. A — E schematisehe Darstellung der Entstehung der Arachnidenaugen (grösstenteils nach E. L. Mark). gl Glaskörper, h Hypodermis, l Linse, n Sehnerv, pr Postretinale-Schicht, r Retina, st Stäbchen. Auffassung ein späteres Stadium darstellen, in dem auch bereits eine Sonde- rung der Linsen eingetreten ist, welche, weiter fortschreitend, zur Bildung des Facettenauges führt. Obwohl diese Auffassung eine in verschiedener Hinsicht befriedigendere Erklärung der einzelnen Augenformen zulässt, ver- mochten wir uns derselben doch nicht anzuschliessen , weil uns für die An- nahme eines Zerfalls der continuirlichen Retina in einzelne Gruppen kein genügender Grund vorhanden zu sein scheint. Leichter wird es bei der directen Herleitung des Arachnidenauges vom Ocellus die Entwicklungsvorgänge zu erklären. Die Einstülpung entspricht dann der primären Augengrube. Fasst man jedoch das Auge als ein zu- sammengesetztes auf, wie wir es thaten, so besteht es aus einer Summe von 604 XVII. Capitel. Einzelaugen, und die Einstülpung ist nicht mit der primären Augengrube vergleichbar, sondern muss vielmehr als eine secundäre Bildung angesehen werden, welche das ganze Gesichtsfeld in Form einer Einfaltung nach innen verlagert, ein Vorgang, welcher nicht ohne Weiteres zu verstehen ist. Der Vorgang der Umkehrung bleibt übrigens auch dann im Ganzen der gleiche. Für den einfacheren Fall der Ableitung vom Ocellus wird derselbe von Mark durch Verkümmerung eines Theils der Retina und stärkere Entwick- lung des andern Theils bei gleichzeitiger Verrückung der Linse gegen den letzteren erklärt (Fig. 381 A — C). Der stärker entwickelte Theil der Retina kommt immer mehr unter die Linse zu liegen (Fig. 381 D und E). Während an der nunmehr nach aussen sich kehrenden Fläche die Nerven verkümmern , sollen andere mit dem inneren Ende dieser Zellen in Ver- bindung treten (D und E). Die Stäbchen, deren ursprüngliche Lagerung wohl hinter den Kernen war (D), werden nun vor denselben gefunden (E). Mark fasste die rundlichen Gebilde, welche man im Mittelauge des Scorpions hinter den Kernen findet, die sog. Phao Sphären Ray Lankester's als Reste der ursprünglichen Stäbchen auf, während die jetzt vor den Kernen vorhandenen Stäbchen (E, st) Neubildungen darstellen. Da man die „Phao- sp hären" aber auch in den nicht durch Inversion entstehenden Seitenaugen des Scorpions findet (Ray Laxkester, v. Carriere), so lässt sich diese Auffassung nicht aufrecht erhalten. Werden die beiden Auffassungen von dem Zustandekommen der Arach- nidenaugen gegen einander abgewogen, so dürfte als wichtiges Moment dabei noch in Betracht kommen , dass sich die zusammengesetzten (Facetten-) Augen auf einer convexen Basis aufbauen , die Arachnidenaugen aber eine concave Basis besitzen wie die einfachen Augen , und dadurch mehr den Charakter der letzteren zeigen. Für die zusammengesetzten Augen des Limulus fällt dieses Merkmal übrigens weg, denn dessen Grundlage ist eine ungefähr ebene Fläche. Der vorstehende Versuch, die verschiedenen Arachnidenaugen in Be- ziehung zu einander zu bringen , wurde unternommen , um die durch die Entwicklungsgeschichte bekannt gewordenen Thatsachen mit dem Bau des ausgebildeten Auges in Einklang zu bringen. Vielleicht müsste dabei das physiologische Moment grössere Berücksichtigung finden. Es soll hier ausdrück- lich hervorgehoben werden, dass Vorstehendes eben nur ein Versuch ist, das Verständniss der Arachnidenaugen zu erleichtern , bis durch weitere Unter- suchungen eine noch genauere Kenntniss des Baues und der Entwicklungs- vorgänge derselben erlangt ist, welche bisher in vielen Punkten noch recht dunkel sind. Bei der ausgedehnten Litteratur des hier behandelten Gebietes musste davon abgesehen werden, die Ansichten der einzelnen Autoren in der Weise zu würdigen, wie dies sonst gewöhnlich in diesem Buche geschah. Der Gegenstand wurde daher in etwas freierer Weise behandelt. D. Die Respirationsorgane. Die Lungen. Die beiden Lungen der Dipneumones entstehen in Form zweier weiter Einsenkungeu an der Basis der Abdominalextremi- täten des zweiten Segmentes (Salensky, Bruce, Morin). Was über ihre weitere Ausbildung bekannt geworden ist (Schimkewitsch, Locy), darf wohl so gedeutet werden, dass sie in entsprechender Weise entstehen, wie die Lungen der Seorpione, weshalb wir auch zum Theil auf diese verweisen können (pag. 552). Arachnoitlon. 605 Die Lungensäcke sind von dem Stigma aus nach vorn gerichtet. Am vorderen Ende, und wohl besonders auch am ventralen Theil des Sackes, rindet die Einfaltung (Bildung der Lungenblätter) statt. Der Hohlraum zwischen den beiden Lamellen jedes Blattes geht direct in die Leibeshöhle über, so dass die Blutzellen in die Lungenblätter hinein- treten können. Die beiden Lamellen verbinden sich durch zellige, wohl dem Mesoderm entstammende Querbrücken (Locy) , welche auch beim ausgebildeten Thier vorhanden sind (Fig. 382) und dort muskulöser Natur sein sollen (Mac Leod). An der freien, d. h. nach dem Hohlraum des Lungensackes gerichteten Fläche der Blätter wird eine Cuticula abge- schieden, welche an der nach der Ventralseite gerichteten Fläche homogen und von gleichmässiger Dicke erscheint, während sie an der Dorsalseite stärker und mit kleinen, zähnchenartigen Verdickungen besetzt ist (Locy), ein Verhalten, welches auch beim erwachsenen Thier die Oberseite von der Unterseite jedes Blattes unterscheidet (Fig. 382). vo. \Nw^uuiifl^ mw. Fig. 385. A — C. A Längsschnitt, B und C Querschnitt durch junge Embryonen von Theridium maculatum (nach Morin). b Blastoderm, bl Blutzellen, cl Dotter, dz Dotterzellen, ec Ectoderm, kl Kopflappen, mes Mesoderm, sl Schwanzlappen, I — VI erstes bis sechstes Segment. von dem übrigen Blastoderm unterschieden. Das Mesoderm stellt zuerst ein continuirlicb.es Band dar, welches anfangs in einschichtiger Lage den ganzen Umfang des Keimstreifens einnimmt (Fig. 385 B), bald aber durch rege Zellvermehrung mehrschichtig wird und nunmehr eine Differenzirung Arachnoiden. 613 in der Art erfährt, dass es sich durch einen längs der Mittellinie auf- tretenden Spalt in zwei Meso denn streifen trennt (Balfour, Locy). Dies tritt zu einer Zeit ein, wenn der Keimstreifen äusserlich bereits sechs Segmente aufweist (Fig. 367 A, pag. 579 und Fig. 385 A und C). Die äussere Segmentirung scheint der inneren voranzugehen, doch tritt auch die letztere sehr bald ein, indem die Mesodermstreifen in die Ursegmente zerfallen und in diesen die Segmenthöhlen erscheinen (Fig. 385 A und C). Zwischen den aufeinander folgenden Ursegmenten bilden sich Zwischen- räume, die von Mesoderm ganz frei sind (Schimkewitsch , Moein, Fig. 385 A). Im Kopf- und besonders im Schwanztheil, wo die Diffe- renzirung des Mesoderms in Ursegmente zuletzt eintritt, bleiben die bei- den Mesodermstreifen im Zusammenhang. Die Differenzirung erfolgt von vorn nach hinten, mit Ausnahme der vordersten Segmente, welche, wie schon früher gezeigt wurde, bei den Spinnen wie auch bei den Scorpionen, etwas später als die folgenden Segmente des Cephalothorax zur Sonderung /.?. '-*\ '\ <*? -3- ^£J fflßr. Fig. 380. Längsschnitt durch einen Embryo ran Agalena labyrinthica un- gefähr im Stadium der Fig. 369 (nach Balfour). Der Schnitt ist seitlich von der Mittellinie geführt, so dass die Erstreckung der Ursegmente in die Extremitäten zur Anschauung kommt. Im Innern der Dotter mit den Dotterzellen. do die kurze Parthie, welche nicht vom Keimstreifen bedeckt ist, pr.l Scheitel- lappen, 1 — 16 die Körpersegmente, 1 Cheliceren, 2 Pedipalpen, 3 erstes Beinpaar u. s. f. gelangen. Die Zahl der Ursegmente entspricht derjenigen der Körper- segmente in der Weise, dass auf jedes der letzteren ein Paar kommt. Auch die Kopflappen besitzen ein solches, wie aus den Darstellungen von Balfour, Morin und Kishinouye zweifellos hervorgeht. Diese Ver- hältnisse gleichen also den früher für die Scorpione beschriebenen (Fig. 355 A, pag. 555). Im Cephalothorax und auch im Abdomen, soweit dasselbe Gliedmaassen besitzt, erstrecken sich die Ursegmente in diese hinein, ja ziehen sich sogar fast ganz in dieselben zurück (Fig. 386 und 387 A). Naturgemäss betheiligen sich auch die Mesodermstreifen an der Verlagerung, welche die beiden Hälften des Keimstreifens infolge des Hervordrängens der Dottermasse an der Ventralseite erfahren. Während sie vorher neben der ventralen Mittellinie gelegen waren (Fig. 385 C), erscheinen sie nunmehr weiter von derselben entfernt und durch den Korschelt-Heider, Lehrbuch. 40 614 XVII. Capitel. sog. Dottersack getrennt (Fig. 371 A, pag. 584). Der Umfang der Seg- menthöhlen nimmt beträchtlich zu, indem sich die Ursegmente gegen die Dorsalseite ausdehnen (Fig. 387 B). Dieser Vorgang entspricht ganz demjenigen, welchen wir bereits bei der Cölombildung der Anneliden kennen lernten (vgl. pag. 192). Als Derivate der Ursegmente entstehen: 1) aus dem somatischen Blatt die Körpermuskeln, von denen (als Verdickungen neben der ventralen Mittellinie des Abdomens) besonders die beiden starken Längsmuskeln zu erwähnen sind, sodann das sub- cutane Bindegewebe. Auch das Innenskelet soll nach Schimkewitsch vom somatischen Blatt geliefert werden, doch vermögen wir diese Angabe nur ganz mit Reserve wiederzugeben Weiter rührt die Bekleidung der durch Einstülpung des Ectoderms entstehenden Gebilde (Vorder- und Enddarm, a. clB. Fig. 387. A und B Querschnitte durch Embryonen von Theridium rnacu- latum (nach Morin). In A ist der um den Dotter gekrümmte Embryo zweimal getroffen und man erkennt unten die thoracalen Extremitäten und Ursegmente, während oben der Schnitt die abdominalen Ursegmente trifft. B Querschnitt durch das Abdomen eines älteren Embryos, in welchem die Ursegmente bereits grössere Ausdehnung erlangt haben. bl Blutzellen, d Dotter, dz Dotterzellen, ex Extremitäten, l Lungeneinstülpung, n Anlage der Ganglienkette, us Ursegmente. Lungen, Drüsen) sammt ihrer Muskulatur, also auch die schon früher er- wähnte starke Muskulatur des Vorderdarmes, vom somatischen Blatt her. 2) aus dem splanchnischen Blatt die Bekleidung des Mitteldarmes, das Blutgefässsystem und die Geschlechtsorgane. Bezüglich der Bildung der Coxaldrüsen muss auf das Verhalten der Scorpione verwiesen werden (pag. 557; vgl. auch pag. 619). G. Das Blutgefässsystem und die Leibeshöhle. Das Blutgefässsystem. Zur Zeit, wenn die Gliedmaassen schon ausgebildet sind, erscheinen über den Ursegmenten zwischen Ectoderm und Dotter grosse runde Zellen (Fig. 387 A und B, bl), bezüglich deren Entstehung die Forscher nicht übereinstimmen. Arachnoiden. 615 Balfouk, welcher diese Zellen bereits bemerkte, leitete ihren Ursprung von den Dotterzellen her. Er führte auch die Entstehung des dorsalen Mesoderms auf diese Zellen zurück (Fig. 371 , pag. 584). Diese letztere Annahme ist durch die übereinstimmenden Beobachtungen von Schimkewitsch, Locy und Morin , wonach sich die Ursegmente bis an die dorsale Mittel- linie ausdehnen, zurückgewiesen. Die in späteren Stadien (Fig. 371) dorsal sich findenden Zellen gehören demnach den Ursegmenten an, wie in Fig. 387, B und Fig. 388. Doch sind ausser diesen Zellen noch die er- wähnten grossen runden Zellen vorhanden (Fig. 387 A und B bl) und in Bezug auf deren Ursprung schliessen sich auch Schimkewitsch und Locy der Auffassung Baleour's an , dass dieselben von Dotterzellen herstammen. Neuerdings vertritt Kishinouye dieselbe Ansicht. Die Beschaffenheit dieser Zellen scheint eine solche Auffassung zu unterstützen. Sie sind weit umfang- reicher, als die Zellen der Ursegmente (Fig. 387 A und B) , trotzdem möchten wir sie im Anschluss an Moein von diesen ableiten und annehmen, dass ihre Ablösung von den Ursegmenten bereits in frühen Stadien erfolgte, wenn deren Zellen selbst noch grösser waren. Eine bessere Ernährung in der Nähe des Dotters wird auch bei eintretender Yermebrung eine Yolumvergrösserung der Zellen bedingen. Für einen solchen Ursprung der Zellen spricht übrigens, dass sie nach Schimke- witsch auch in den Ursegment- höhlen gefunden werden. Aller- dings lässt sie dieser Forscher mittelst Durchbrechens der Seg- mentwand vom Dotter aus da- hin gelangen , doch hat diese Auffassung nicht viel wahr- scheinliches für sich. So lange der Ursprung der einzelnen, zwischen Ecto- derm und Dotter gelegenen Zellen nicht sicher erwiesen ist, nehmen wir sie als Meso- dermzelleil in Anspruch , ZU- dz Dotterzellen, AHerz, so somatisches, sp splanch- mal wir glauben möchten, nisches Blatt, sp.w Spinnwarzen. dass bei ihrer Zurückführung auf Dotterzellen die Vergleichung mit ähnlichen Vorgängen bei den Wirbelthieren eine Rolle gespielt hat. Diese vereinzelten Zellen werden nämlich zu Blutzellen. Dieselben sammeln sich während des Vorwachsens der Ursegmente am Rücken an (Fig. 387 B) und, da sie sich ziemlich eng an einander drängen, so bilden sie (hauptsächlich im Abdomen) eine Art zelligen Stranges, welcher das Zusammenschliessen der Ursegmente in der dorsalen Mittellinie verhindert (Fig. 388 bl) und so die Bildung eines dorsalen Mesenteriums, wie es bei den Anneliden zu Stande kommt, nur theilweise gestattet. Dieselben stossen deshalb erst über diesem Strang zusammen, um sich sodann auch unterhalb des- selben zu vereinigen (Fig. 388 und Fig. 389 A). So wird das Herz ge- bildet, und zwar direct aus der Wand der Ursegmente, so viel man aus den Angaben der Autoren (Schimkewitsch, Locy, Morin) ersehen kann 40* sp.w. Fig. 388. Querschnitt durch das Abdomen eines Embryos von Pholcus phalangoides (nach Mokin). by Bauchganglienkette, bl Blutzellen, d Dotter, 616 XVII. Capitel. (Fig. 389 A und B). Mit der Ausbildung des Herzens würde infolge- dessen an dieser Stelle der Zusammenhang der zelligen Elemente der Ursegmente gelöst werden (Fig. 389 B). Bei der Herzbildung der Anne- liden spalten sich die betr. Zellen von den Ursegmenten ab und ebenso verläuft dieser Vorgang bei den Mollusken, wie später gezeigt werden wird. Die isolirten Zellen, welche sich zu dem Strang vereinigt hatten, werden zu Blutzellen. Ihre dichte Anlagerung hatte zusammen mit der an sie an- gedrängten Ursegmentwand die Veranlassung gegeben , das Herz von einer soliden Mesodermmasse abzuleiten, die sich längs der dorsalen Mittellinie * c. Fig. 389. A und B Theile von Querschnitten durch das Abdomen von Embryonen des Theridium maculatum. Bildung1 des Herzens (nach Morin). bl Blutzellen, c Cölomhöhle, d Dotter, dz Dotterzellen, ec Ectoderm, h Herz, so somatisches, sp splanchnisches Blatt. erstreckt (Balfour), doch bewahrheitet sich diese Auffassung nicht, vielmehr lässt sich die Bildung des Herzens direct auf den gleichen Vorgang bei den Anneliden zurückführen. Die Höhlung des Herzens entspricht einem Theil der primären Leibeshöhle, welcher von den Ur- segmenten beiderseits umschlossen wird. Das Herzrohr liegt in einer Einsenkung des Dotters (Fig. 389 B). Letzterer ist nur vom splanchnischen Blatt des Mesoderms bedeckt, da das Mitteldarmepithel noch fehlt. Von jenem Theil der Splanchnopleura soll sich eine Mesodermlamelle abspalten, welche das Herz umwächst und das Pericardium bildet (Schimkewitsch). Vom somatischen Blatt aus sollen dann die Flügelmuskeln des Herzens gebildet werden. Als Arachnoiden. (317 Ausstülpungen des Pericardiums entstehen die Pulmonalvenen, während die vordere und hintere Aorta, sowie die seitlichen Arterien als Ver- längerungen des Herzens bezw. als Ausstülpungen desselben ihren Ur- sprung nehmen (Schimkewitsch). Während der Hohlraum des Herzens als Theil der primären Leibeshöhle erscheint, würde der Pericardialraum nach Schimkewitsch einem Theil der secundären Leibeshöhle entsprechen. Das Pericardium der Arachniden bildet einen Schlauch und lässt sich mit dem gleichnamigen Gebilde der Insecten nicht vergleichen. Ehe man aber Sicheres über die Natur des Pericardiums aussagen kann, müssen noch genauere Angaben über seine Entstehungsweise abgewartet werden. Die Leibeshöhle. Wie bei den übrigen Arthropoden, ist auch bei den Arachniden das Blutgefässsystem gegen die Leibeshöhle nicht abgeschlossen, sondern die letztere wird direct in die Circulation des Blutes mit einbezogen. Trotzdem macht sich ein auffallender Unter- schied in der Bildungsweise der Leibeshöhle gegenüber den Crusta- ceen, sowie den Myriopoden und Insecten geltend. Während bei diesen die Ursegmente wenig umfangreich werden und schon früh- zeitig eine Rückbildung erleiden, erreichen sie bei den Arachniden eine beinahe so bedeutende Ausdehnung, wie bei den Anneliden (Fig. 387 und 388). Stark entwickelt sind die Ursegmente im Anfang auch bei Peripatus (Fig. 442, pag. 709), aber diese Form verhält sich doch im Ganzen so, wie die Insecten, da auch bei ihr sehr bald die Ursegmente im Wachsthum zurückbleiben und durch Abgabe reichen Zellenmaterials zum grossen Theil einem baldigen Zerfall unterliegen. Die definitive Leibeshöhle bildet sich (als Pseudocoel) ausserhalb der Ursegmente. Etwas anders dürften sich in dieser Beziehung die Arachnoiden verhalten. Allerdings ist es schwer, aus den vorliegenden Angaben bereits ein sicheres Urtheil zu gewinnen, da man bisher auf die Bildung der defini- tiven Leibeshöhle noch wenig Gewicht gelegt hat. So viel ist aber sicher, dass die Ursegmente noch in ziemlich vorgeschrittenen Stadien der Entwicklung eine bedeutende Ausdehnung besitzen (Fig. 388 und 389). Zwischen ihrem somatischen und splanch- nischen Blatt ist ein ziemlich umfangreicher Hohlraum vorhanden, von welchem wir annehmen müssen, dass er bei eintretender Vereinigung der Segmenthöhlen direct in die definitive Leibeshöhle übergeht. Freilich dürfte wohl auch hier nicht die Leibeshöhle bis zuletzt das Cölom- epithel bewahren, sondern schliesslich zerfällt die Wand der Urseumente ebenfalls (Fig. 389 A u. B und Fig. 383 u. 384, pag. 609 u. 610)," indem sie Muskulatur und Bindegewebselemente liefert, so dass zuletzt auch bei den Arachniden ein ähnlicher Zustand eintritt, wie er bereits auf weit früheren Entwicklungsstadien von den Crustaceen, Myrio- poden und Insecten erreicht wird. Die Segmentirung des Mesoderms beginnt zu schwinden, wenn die Ursegmente schon einen ziemlichen Umfang erreicht haben und der Embryo selbst sich ungefähr auf dem Stadium der Fig. 369 befindet. Im Cephalothorax fliessen die Segmenthöhlen in einander, indem die trennenden Wände (Dissepimente) durch Abgabe einzelner Zellen zer- fallen (Schimkewitsch). Aus diesen einzelnen Zellen werden wahrschein- lich Blutkörperchen. Die Ursegmente der Scheitellappen scheinen schon früher mit denjenigen des Chelicerensegmentes zusammengeflossen zu 618 XVII. Capitel. sein, wenigstens spricht Schimkewitsch von einem Zusammenhang beider, den er allerdings anders deutet. Wenn wir Schimkewitsch recht verstehen, so nimmt er an, das Urseg- mentpaar des Chelicerensegmentes spalte sich von demjenigen des Kopfes ab; wir würden eher geneigt sein, an das umgekehrte Verhalten zu denken, d. h. eine Ausdehnung des ersten Rumpfsegmentes in den Kopfabschnitt anzu- nehmen. Doch scheint aus den vorliegenden Angaben und Abbildungen zweifellos hervorzugehen , dass dem Kopf- und Chelicerensegment getrennte Ursegmente zukommen. Dann würde eine ähnliche Vereinigung dieser beiden Segmentpaare stattfinden , wie sie Kleinenberg für L u m b r i c u s beschrie- ben hat. Die beiden Segmenthöhlen des Kopfes vereinigen sich auch unter sich ; dass im Rumpf ebenfalls eine Vereinigung der beiderseitigen Segmenthöhlen stattfinden muss, geht schon aus den bei der Bil- dung des Herzens besprochenen Vorgängen hervor (Fig. 389). Dies gilt wenigstens für die Dorsalseite; an der Ventralseite sind die Ursegmente zunächst noch weit von einander entfernt (Fig. 388) , doch rücken sie allmählich auch gegen die ventrale Mittellinie vor, so dass sie sich dann um die ganze Masse des Dotters herum erstrecken. Im Abdomen bleiben die Ursegmente länger getrennt, entsprechend ihrer späteren Differenzirung. Wenn auch sie niit einander verschmolzen sind, stellt das Mesoderm zwei umfangreiche Blätter dar, welche in einander übergehen: ein äusseres, das somatische, und ein inneres, das splanchnische Blatt, dazwischen die secundäre Leibeshöhle (Schimke- witsch). Vom splanchnischen Blatt aus wachsen die schon bei der Bildung des Darmes erwähnten Falten in den Dotter hinein (Fig. 384, pag. 610), um auf diese Weise einzelne Complexe von ihm abzutrennen, welche den späteren Leberlappen entsprechen. Wir möchten hier noch ganz be- sonders auf das bemerkenswerthe Verhalten aufmerksam machen, dass der Dotter so lange Zeit allein vom Mesoderm begrenzt wird (Fig. 388 u. 389) und das Mitteldarmepithel erst sehr spät zur Ausbildung kommt (Fig. 383, pag. 609), ja die Bildung eines umfangreichen Theiles des Mitteldarmes, diejenige der Leber, scheint sogar durch das Mesoderm eingeleitet zu werden. Ob die Vertheilung der Falten der echten Segmentirung entspricht, scheint zweifelhaft, obwohl das Auftreten von vier Paar seitlicher Falten im Cephalothorax darauf hinweisen könnte. Es scheint , dass diese den thora- calen Blindsäcken des Mitteldarmes entsprechen (?), denn auch im Abdomen tritt eine Anzahl von Falten auf, und sie sind es hauptsächlich, welche zur Bildung der Leber Veranlassung gehen (Morin). Die in den Dotter ein- dringenden Falten kommen nicht nur von der Seite her, sondern auch von oben oder unten und stellen infolgedessen sowohl quergerichtete , wie auch längsverlaufende Blätter dar (Schimkewitsch), so dass ihre Rückführung auf die Scheidewände der Somiten, wie sie wohl Balfour im Auge hatte, nicht durchgängig möglich ist. Ein dem Fettkörper der Insecten ähnliches Gewebe, welches in der Leibeshöhle vorhanden ist (Ray Lankester's lacunäres Blutgewebe), lässt Schimkewitsch wie einen Theil der Blutkörperchen aus den in die Leibeshöhle eingewanderten Dotterzellen gebildet werden , und diese Zellen sollen sich auch zu einer „peritonealen Lage" anordnen, welche die inneren Organe umhüllt. In beiden Fällen werden wir nach dem früher Gesagten geneigt Arachnoiden. 619 sein, diese Bildungen vom Mesoderm, d. h. von den Ursegmenten herzuleiten, obwohl solches erst durch genauere Untersuchungen festzustellen wäre. Beim Vorhandensein eines Peritoneums müsste es von Interesse sein , zu erfahren, wie sich dasselbe zu dem ursprünglichen Cölomepithel verhält. H. Die Coxaidrüsen. Die Coxaidrüsen, welche von den bereits ausgeschlüpften jungen Spinnen beschrieben werden, zeigen grosse Uebereinstimmung mit denen der Scorpione, so dass wohl auch ihre Entstehungsweise eine ähnliche sein dürfte (pag. 557). Nur bei jungen Spinnen Hess sich für gewöhn- lich ein Ausführungsgang dieser Drüsen nachweisen, welcher an der Basis der dritten Gangbeine ausmündet (Beetkau, ]STo. 51). Bei den Jungen von Atypus fand Beetkau auch an den vorderen Beinpaaren ähnliche und entsprechend gelagerte Spalten, wie die Mündungen der Coxaidrüsen des dritten Beinpaares, woraus man auf das ursprüngliche Vorhandensein mehrerer Paare von Coxaidrüsen geschlossen hat. Wenn Kishinouye die Coxaidrüsen aus einer sich schlauchförmig ver- längernden Einstülpung des Ectoderms hervorgehen lässt, so widerspricht dies nicht nur ihrer Bildungsweise beim Scorpion, wo sie aus dem Mesoderm 1TV. Fig. 390. A — C Theile von Querschnitten von Pholcus phalangoides (A) und Lycos a saccata (B u. C), welche durch verschiedene Gegenden des Abdomens der Embryonen geführt wurden (nach Schimkewitsch). bl Blutzellen, bezw. abgelöste Mesodermzellen, e ectodermale Körperbedeckung, g (und wohl auch gl) die nach der Ventralseite hinabsteigende Parthie der Genital- anlage, m mittlere Parthie der Anlage des Bauchstranges, mu Muskeln, n Anlage des Bauchstranges, so somatisches, sp splanchnisches Blatt des Mesoderms. entstehen (pag. 557), sondern auch ihrer Beziehung zur Leibeshöhle. Nach Kishinouye's eigener Angabe öffnet sich nämlich die schlauch- förmige Anlage der Coxaldrüse an ihrem inneren Ende trichterförmig in das Cölom, so dass dadurch die auch bisher schon angenommene Auffassung der Drüse als Nephridium eine Bestätigung findet, vorausgesetzt , dass sich die betr. Angaben als richtig erweisen. Bei einer Entstehung aus dem Ectoderm würde man die betr. Organe nicht für Coxal-, sondern für Cruraldrüsen halten und erwarten müssen, dass sie blind endigende Schläuche darstellen. Für Nephridien hält aber auch der neueste Bearbeiter der Coxaidrüsen der Arachnoiden, Sturany (No. 14), diese 620 XVII. Capitel. Organe. Wenn seine Vermuthung, dass ein Endsäckchen vorhanden ist, wie bei den Crustaceen, sich als richtig erweist, so müsste dieses wohl einem Theil der Leibeshöhle entsprechen. Wir verweisen in dieser Beziehung auf das bei Betrachtung der Coxaldrüsen der Scorpione Gesagte (pag. 557). I. Die Genitalorgane. Die Genitalorgane entstehen nach Schimkewitsch im vorderen Theil des Abdomens innerhalb der beiden Längsfalten des splanchnischen Blattes, welche von der Ventralseite aus in den Dotter aufsteigen. An dem medianen Blatt dieser Falten tritt je eine eiförmige Verdickung auf (Fig. 390 Ä). Dieselbe besteht aus grösseren centralen und flachen peripheren Zellen, welche letztere eine umhüllende Membran darstellen (Fig. 390 B). Das Vorderende dieser Gebilde krümmt sich nach der Ventralseite und soll den Ausführungsgängen entsprechen , während das übrige die Keimdrüsen dar- stellen soll. Beim Ausschlüpfen der jungen Spinne fehlt die Communication der Leitungsorgane mit der Aussenwelt noch und wird erst später durch eine unpaare Ectodermeinstülpung hergestellt (Schimkewitsch). Die bisherigen Kenntnisse über die Entstehung der Geschlechtsorgane sind noch zu unvollkommen, um eingehende Vergleichungen zu gestatten, immerhin geht aus den kurzen Mittheilungen von Schimkewitsch so viel mit ziemlicher Sicherheit hervor, dass der grösste Theil des Genitalapparates vom Mesoderm geliefert wird. VII. Acarinen. Die Eiablage. Die meisten Milben legen Eier ab, einige (z. ß. Halarachne) sollen vivipar sein. Andere bezeichnet man als ovovivipar, indem der Embryo bei der Ablage des Eies schon weit entwickelt ist und bald nachher ausschlüpft. So verhalten sich z. B. einige Gama- siclen und Oribatiden. Die Eier der Milben sind von einer mehr oder weniger starken Schale umgeben, welche zuweilen mit Höckern oder erhabenen Leisten bedeckt ist. Bei Tyroglyphus setiferus ist die Schale dick und von feinen Porenkanälen durchsetzt, wahrschein- lich um das Ei vor dem Zerdrücktwerden zu schützen. Diese Eier fin- den sich an faulen Strünken u. dergl. Ueberhaupt sind die Orte, an welchen die Eier der Milben abgelegt werden, entsprechend deren Lebens- weise, sehr verschiedene. Man findet sie auf feuchter Erde, an Abfällen, auf Blättern, Früchten u. s. f. Parasitische Milben legen ihre Eier an oder in den Körper ihres Wirthes ab. Die Eier von Trombidiuin wrerden in grösseren Häufchen, durch eine Klebmasse vereinigt, abgesetzt. Zuweilen sind die Eier gestielt; bei Myobia musculi zeigen sie am hinteren Pol einen Fortsatz, mit dem sie an den Mäusehaaren befestigt werden. Manche Oribatiden tragen die Eier auf dem Paicken be- festigt (Haller), andere legen sie in der abgeworfenen Chitinhaut oder in einem Theil derselben ab (so z.B. Hoplophora). Gewöhnlich sind die Eier kugelrund (Fig. 391), seltener oval oder länglich wie bei Myobia (Fig. 392). Im Verhältniss zu ihrer Grösse sind sie sehr dotterreich. Arachnoiden. 621 1. Die Embryonalentwicklung ©• Die Embryonalentwicklung ist wegen der geringen Grösse der Eier schwer zu verfolgen und daher nicht genau bekannt. Die eingehendsten Angaben rühren noch von Claparüde her (No. 77). Danach tritt bei Tetranychus telarius an der Oberfläche des Eies ein von Proto- plasma umgebener Kern auf (Fig. 391 A), welcher sich bald theilt. Durch wiederholte Theilungen (Fig. 391 B) geht aus ihm eine grössere An- zahl von Kernen hervor. Jeder dieser Kerne ist von einem riasmahofe umgeben. Die Kerne bleiben an der Peripherie des Eies liegen, und in- dem sich ihre Zahl noch weiter vergrössert (Fig. 391 C), entsteht aus ihnen und dem umgebenden Plasma das Blastoderm. Fig. 391. Furchimg und Blastodermbildung des Eies von Tetranychus telarius (nach Claparede, aus Balfouk's Handbuch). Die Dotterkörner sind durch helle Kreise dargestellt (A und B). Die Kerne mit dem umgebenden hellen Protoplasmahof sind weit grösser als sie. C ein Ei im Stadium der Blastodermbildung. Nach Robin und Megnin (No. 104) soll sich bei den Sarcoptiden das Ei total furchen. Sie beobachteten bei dem noch im Oviduct befind- lichen Ei den Zerfall in vier Furchungskugeln. Wenn sich dies wirklich so verhält, so möchte man an ein weiteres Fortschreiten desselben Processes denken, der sich schon bei der Furchung' der Spinneneier findet, aber dort noch nicht zu einem völligen Zerfall des Eies in Furchungskugeln führt. Einer totalen Furchung soll auch das Ei von Chelifer unterliegen (pag. 560) und ähnliches wird, wenigstens für die späteren Stadien, auch für die Eier der Phalangiden angegeben (pag. 564). Das Blastoderm wurde bei einer Anzahl von Milben beobachtet und stellt immer eine dünne, den Dotter umschliessende einschichtige Zellen- lage dar. Bei der weiteren Entwicklung erfährt dieselbe eine Verdickung derjenigen Parthien, welche der späteren Bauchfläche und zumal der Kopf-, sowie Schwanzgegend entsprechen. So kommt auch hier ein Keimstreifen zu Stande (Fig. 392 B), welcher wohl die gleiche Entstehungsweise wie derjenige anderer Arachniden besitzt. Anfangs stellt er einen gleich- 622 XVII. Capitel. massig verdickten Streifen dar, später zerfällt er in zwei symmetrische Hälften, indem sich in der Medianlinie eine Dotterfirste vordrängt. Auch dies verhält sich also wie bei den Ar aneinen. Der Keimstreifen gliedert sich (Fig. 392 Ä) ; der Kopf läppen, welcher sich bei M y o b i a wie bei den Spinnen nach der Dorsalseite herum schlägt (Fig. 392 B), setzt sich gegen den Rumpf ab und ebenso tritt der Schwanzlappen hervor. Die da- zwischen gelegene Parthie, welche dem Cephalothorax entspricht, ist in eine Anzahl von Segmenten gegliedert, an welchen bald die Anlagen der Mundwerkzeuge und Beinpaare als Stummel hervortreten (Fig. 392 B). Diese Segmentirung ist bei anderen Milben weniger deutlich, später tritt sie bekanntlich ganz zurück. Das Abdomen ist, wie man sieht, bei einem solchen Embryo noch verhältnissmässig umfangreich ; bekanntlich wird es bei den meisten Milben stark reducirt oder vereinigt sich doch mit dem Cephalothorax. Fig. 392. A — B Embryonalentwicklung und Bildung der ersten Larvenhaut bei Myobia musculi (nach Cl.vparede, aus Balfour's Handbuch). In _D ist die Eihaut gesprengt und der von der ersten Larvenhaut umgebene Embryo ist im Begriff, das Ei zu verlassen. ch Cheliceren, pd Pedipalpen, pt — p3 die ersten drei Beinpaare, pr Rüssel (durch Verschmelzung von Cheliceren und Pedipalpen entstanden), s1- mente. Der Dotter ist dunkel gehalten. -s4 vier postorale Seg- Ehe noch die Entwicklung so weit vorgeschritten ist, hebt sich bei Atax vom Embryo eine zarte structurlose Haut ab, welche denselben in Form einer geschlossenen Hülle, ähnlich einer zweiten Eihaut, um- giebt (Fig. 393 dm). Bei anderen Milben erfolgt dieser Vorgang erst später, wenn die Extremitäten bereits vorhanden sind, so dass diese an der Hülle in Form von Scheiden um die eigentlichen Gliedmaassen er- scheinen (Fig. 394 dm). Dadurch giebt sich die abgehobene Haut deutlich als eine Larvenhaut zu erkennen. Von ihr soll später noch die Rede sein. Die Entwicklung des nunmehr von einer doppelten Hülle um- schlossenen Embryos geht in der Weise weiter, dass die bisher nur von der dünnen Zellenschicht des Blastoderms bedeckte Rückenfläche mit in die weitere Ausbildung des Körpers einbezogen wird. Dies geschieht wohl durch Vorwachsen der mesodermalen Elemente nach der Rücken- fläche. Der Dotter behält noch längere Zeit sein früheres Aussehen Arachnoiden. 623 (Fig. 392-395), die Bildung des Keimblätter und nicht festgestellt P.-P.T doch muss man wohl annehmen, dass auch hier schon Entoderms begonnen hat. Ueber die Ausbildung der die Anlage der Organe ist bei den Milben Genaueres worden. Die Extremitäten des Embryos wachsen in die Länge (Fig. 393 und 395 A) und erhalten ihre Gliederung (Fig. 394). In dem Stadium der Fig. 393 und zumal den folgenden Sta- dien zeigen die Embryonen mancher Milben eine grosse Aehnlichkeit mit denen der Spinnen (Fig. 393 u. 399 A). Die Cheliceren und Pedipalpen ver- einigen sich zur Bildung des Rüssels (Fig. 395). Das Abdomen überwiegt jetzt (bei Atax) noch bedeutend gegenüber dem vorderen Körpertheil (Fig. 395). Beinpaare sind nur drei vorhanden, wenn der Embryo die Hüllen durchbricht und zu freiem Leben gelangt (Fig. 393—395 ih—lhl Wir treffen also bei den Milben ein Larvenstadium an, welches nur drei Bein paare besitzt und sich dadurch von dem mit vier Bein paaren versehenen ausgebildeten Thier unter- scheidet; im Uebrigen zeist es aber mit dem letzteren grosse Ueberein- stimmung der äusseren und inneren Organisation. Am.- Fig. 393. Embryo von Atax bonzi, umgeben von der Deutovurn- membran und der Eihülle (nach Cla- parede). ch Cheliceren, d Dotter, dm Deuto- vummembran, eh Eihaut, kl Kopflappen, P\ — Pz die drei Beiupaare, ped Pedi- palpen, sl Schwanzlappen. 3. Die Bildung der Larvenhäute und der weitere Entwicklungsgang. Wie erwähnt, wird bei manchen Milben, z. B. Atax, schon in einem früheren Stadium , wenn die Gliedmaassen noch nicht vorhanden oder erst angedeutet sind, eine cuticulare Haut vom Embryo abgestossen. So kommt das „Deutovum" Claparede's zu Stande, d. h. der innerhalb der Eischale von einer zweiten Hülle umschlossene Embryo (Fig. 393). Die Aehnlichkeit mit dem Zustand des Eies wird dadurch verstärkt, dass der Embryo nach der Abstossung der Hülle eine Rückbildung seiner äusseren Gestalt erfahren kann. Bei T r o m b i d i u m und M y o b i a wird die cuticulare Haut erst nach der Anlage der Gliedmaassen abgestossen (Fig. 394). Bei der ersteren Form besitzt sie infolgedessen Anhänge, welche die Extremitäten wie eine Scheide umschliessen (Henking). Myobia zeigt jedoch andere Verhältnisse (Claparede). Die Extremi- täten sind hier in der gewöhnlichen Weise gebildet worden (Fig. 392 B). Wenn sie bereits etwas in die Länge gewachsen sind, legen sie sich dicht an die Bauchfläche an und flachen sich allmählich so stark ab, dass sie kaum noch über die Oberfläche des Körpers vorragen. Der ganze Embryo stellt nunmehr wieder einen ovalen anhangslosen Körper dar (Fig. 392 C). In diesem Zustande löst sich von ihm eine cuticulare Hülle ab, welche in der Gegend des Vorderendes dorsal (im Nacken, 624 XVII. Capitel. wie Claparede sagt) ein zahnartiges Gebilde trägt. Dasselbe setzt sich aus zwei dicht an einander gedrängten dünnen Chitinspangen zusammen. In den Figuren 392 C und D ist dieses Gebilde nicht gut dargestellt und erscheint eher wie ein Spalt (an der linken Seite der inneren Hülle). Claparede glaubt, dass der Zahn zur Sprengung der Eihüllen dient. Also hat derselbe die gleiche Function wie der Eizahn der Spinnen (pag. 588), doch braucht kaum besonders bemerkt zu werden, dass in Folge der verschiedenen Lagerung eine Homologie beider Gebilde nicht vorliegt. Eher Hesse sich dasselbe noch mit dem Eizahn der Pha- langiden vergleichen (pag. 565). Der Embryo tritt, umgeben von der cuticularen Hülle, aus der Ei- schale heraus (Fig. 392 D), bleibt aber noch zum grössten Theil von ihr umhüllt, Dies erinnert an die Bildung der Cuticularhaut bei den Spinnen, welche schon im Ei angelegt wird und den ausgeschlüpften, noch bewegungslosen Embryo umhüllt. Jetzt sprossen die Gliedmaassen abermals hervor, werden aber in ähnlicher Weise wie vorher zurückgebildet und eine zweite cuticulare Haut wird abgestossen, so dass der grössere Theil des Embryos ausser von der Eischale von zwei weiteren Häuten umschlossen wird. Da- mit ist das „Tritovum" Claparede's gebildet. In ihm erreicht der Embryo die Gestal- tung, in welcher er als sechs- füssige Larve das Ei verlässt. Myobia zeigt durch die Abscheidung zweier Häute inner- halb des Eies besonders compli- cirte Verhältnisse. So weit be- kannt, wird gewöhnlich nur eine solche Hülle im Ei ge- bildet (Fig. 393). Aufzufassen ist die Bildung dieser Hüllen im Ei wahrscheinlich als eine die wohl ursprünglich während z. cedc/. Fig. seclisbeinige Larve von 394. Die T r o m b i d i u m f u 1 i g i n o s u m , umschlossen von der Deutovummembran (nach Henking). abd Abdomen, ch Cheliceren, d Dotter (Mitteldarm), dm Deutovummembran, px — p3 erstes bis drittes Beinpaar, ped Pedipalpen, st „Stigma", ut „Urtrachee", - isolirte Zellen unter der Deutovummembran. schon sehr früh eintretende Häutung, des Larvenlebens stattfand. Diese Auffassung dass im späteren Entwicklungsgang mehrere wird dadurch ganz ähnlich unterstützt, verlaufende Häutungen auftreten. Der Embryo kann auch thatsächlich , von dieser ersten Larvenhaut umgeben, das Ei verlassen. Bei Myobia wird die Eischale allerdings nur gesprengt, um einen Theil des „Deutovums" heraustreten zu lassen (Fig. 392 D), bei anderen Milben jedoch, z. B. bei Atax und Trombidium, wird die Eischale ganz abgeworfen und der Embryo (oder eigentlich die Larve) macht, nur von der Deutovum- membran umgeben, die weitere Entwicklung durch (Fig. 394 u. Fig. 395 A und B). Die Extremitäten erhalten erst jetzt ihre Gliederung, die Augen treten auf und die innere Organisation vervollständigt sich (Fig. 395 B). Die Eier von Atax bonzi werden in das Gewebe der Muschel (Unio) abgelegt, in welcher die Milbe lebt. Hier findet sich also auch Arachnoiden. 625 das „Deutovum". Wenn der Embryo die gehörige Reife erreicht hat, durchbricht er die Hülle und gelangt als sechsbeinige Larve in die Mantelhöhle der Muschel. Bei anderen Milben führt die Larve ein freies Leben. Die Bildung von Larvenhäuten innerhalb des Eies erinnert an die bei den Crustaceen unter ähnlichen Umständen sich abspielenden Vorgänge. Die frühe Abscheidung der cuticularen Hülle, wie sie z. B. von Atax be- schrieben wurde, findet ihr Analogon in der Bildung der Cuticula blasto- dermica vieler Krebse. Sackförmig ist auch die Hülle, in welcher der Em- bryo von A p u s das Ei verlässt, um wahrscheinlich in ihr noch einen Theil seiner Entwicklung bis zum Nauplius durchzumachen. Andere Larvenhäute von Crustaceen werden, wie bei einigen Milben, erst später gebildet und sind in Folge dessen schon mit Anhängen versehen (vgl. pag. 322). R. B. Fig. 395. A und B die sechsbeinige Larve von Atax bonzi in der Deutovum- membran. Zwei verschiedene Entwicklungsstadien (nach Claparede). au Auge, ch Cheliceren, d Dotter, dm Deutovummembran, kl Kopf läppen, px — p3 die drei Beinpaare, ped Pedipalpen, r Küssel (grösstentheils aus den Cheliceren hervor- gegangen), sl Schwanzlappen, z Zellen zwischen der Körperhaut und der äusseren Membran („Hämamöben"). Die Larve. Die sechsbeinige Larve der Milben zeigt im Ganzen eine grosse Uebereinstimmung des Baues mit den ausgebildeten Thieren. Es ist dies zumal dann der Fall, wenn die Larve die gleiche Lebensweise wie die Imago besitzt, was beispiels- weise bei den Halacariden (Halacarus spinifer nach Lohmann, No. 92) der Fall ist. Aehnlich verhalten sich manche Trombidinen, während andere Angehörige dieser Familie Abweichungen im Bau der Larve vom ausgebildeten Thier zeigen. Diese Verschiedenheiten bestehen hauptsächlich in einem etwas primitiveren Verhalten der Larvenorgani- sation. Hervorzuheben ist hiervon besonders die Segmentirung des Körpers. Beim Embryo von Tyrogiyphus siro tritt an der hinteren 626 XVII. Capitel. Parthie des Cephalothorax eine deutliche Gliederimg in drei Segmente hervor, welche auch noch bei der Larve nachzuweisen ist (Claparede). Diese Segmente entsprechen den Beinpaaren. Bei der Larve von Troin- b i d i u m lässt sich eine Gliederung des Cephalothorax in sechs Abschnitte erkennen, welche den Gliedmaassenpaaren entsprechen (Henking). So- gar das Abdomen zeigt noch eine Gliederung, so bei Trombidium (Fig. 394), und den Oribatiden (Henking, Michael, No. 97). Es ist dann umfangreicher , als dies bei der in Fig. 396 abgebildeten G am asus- Larve der Fall ist. Uebrigens kann die Segmentirung des Abdomens in einzelnen Fällen erhalten bleiben, wie der von Kramer (No. 89) beschriebene Alycus roseus beweist. Bei dieser Milbe zer- fällt das Abdomen des ausgebildeten Weibchens in sieben deutliche Seg- mente, und auch am Thorax ist noch eine Gliederung zu erkennen. Eine Segmentirung des Cephalothorax und Abdomens scheint auch bei Ange- hörigen der Gattung Dendroptus nachweisbar zu sein (Kramer, No. 87 und 88). Die besonders von G. Haller (No. 83) vertretene und durch A. C. Oüdemans (No. 11) vertheidigte Auffassung, wonach bei den Milben eine grössere Anzahl von Mundgliedmaassen als bisher angenommen wurde, vor- handen sei (drei bis vier Paare) und wonach aus dem häufigen Auftreten einer zwischen dem zweiten und dritten Beinpaar gelegenen Furche ge- schlossen wird, dass die hinter dieser Furche gelegene Parthie des Körpers dem Abdomen zugehöre, die beiden hinteren Beinpaare also Abdominal- extremitäten seien, wird durch die Ergebnisse der Entwicklungsgeschichte nicht bestätigt. Diese lässt vielmehr nur die Anlage der beiden längst be- kannten Paare von Mundwerkzeugen (Cheliceren und Pedipalpen) erkennen (Fig. 393—395). Bezüglich der Auffassung der beiden hinteren Beinpaare als Abdominalextremitäten weist Henking ausdrücklich darauf hin, dass die- selbe für Trombidium nicht zutreffe. Dasselbe gilt auch für die Ent- wicklung anderer Milben. Die Mundwerkzeuge der Larve zeigen bereits den Charakter der- jenigen des ausgebildeten Thieres, d. h. die Cheliceren sind zur Bildung eines Rüssels vereinigt, an welcher sich auch die basalen Parthien der Pedipalpen betheiligen (Fig. 395 B). Der grösste Theil der letzteren stellt die Taster dar. Der Hohlraum des Rüssels führt in einen muskulösen Pharynx, an den sich der cylindrische Oesophagus anschliesst. Dieser durchsetzt das Central nervensy stein , welches (bei Trombidium nach Henking) aus einer voluminösen Bauchganglienmasse und dem weniger umfangreichen Gehirn besteht. Der Oesophagus geht in den geräumigen Mitteldarm über, welcher Leberblindsäcke nach vorn und hinten aussendet (Fig. 396 Is). Der Mitteldarm verschmälert sich nach hinten wieder und mündet in die Rectalblase ein. Hier entspringen die beiden umfang- reichen „MALPiGHfschen Gefässe" (wn), welche man bisher als Aus- stülpungen des Enddarmes angesprochen hat. Wenn sich die sog. Malpighi' sehen Gefässe der Scorpione und Araneinen als Divertikel des Mitteldarmes erweisen sollten, wie zu ver- muthen ist (vgl. pag. 553 u. 611), so müssten auch die MALPiGHi'schen Gefässe der Milben daraufhin genauer geprüft werden. Da der Enddarm der Milben gegenüber dem Mitteldarm eine gewisse Selbstständigkeit erlangt (Henking, Mac Leod), so würde dadurch die Entscheidung der Frage nach der Natur jener Anhänge bei den Milben möglicher Weise erleichtert werden. Arachnoiden. 627 Der After liegt am Ende des Abdomens oder ist, wie bei Trom- bidium, mehr nach vorn gerückt. Bei Trombidium zeigt der Mittel- darm an der Grenze zwischen Thorax und Abdomen eine Einschnürung, und hier liegen (im ersten Abdominalsegment) zwei bohnenförmige Körper, welche Henking für die Anlagen der Keimdrüsen hält. Dieselben wür- Fig-. 396. Larve von Gamasus fucorum (nach Winkleb, ans Lang's Lehrbuch). 1 Cheliceren, 2 Pedipalpen (Taster), .3 — 5 Gangbeine, ac Aorta cephalia, g Gehirn, h Herz , Is Leberblindsäcke , m Muskeln (Retractoren der Cheliceren) , md Mitteldarm, r Rectalblase, vm Malpighi'sche Gefässe. den also anfangs paarig sein und erst im Lauf der weiteren Entwicklung zu der unpaaren Keimdrüse verschmelzen, welche man vom ausgebildeten Thier kennt. 628 XVII. Capitel. Von inneren Organen ist noch das Herz zu erwähnen, welches zwar nicht bei den Larven aller, aber doch einiger Milben vorhanden ist. Bei Gamasus liegt es als rundliches Gebilde am Ende des Abdomens (Fig. 396 h). Es besitzt ein Paar Spalten und geht nach vorn in eine Aorta über. Durch Bindegewebs-(oder Muskel-)fasern ist es an der Rückendecke suspendirt. Die gedrungene Form des Herzens steht im Zusammenhang mit der Reduction, welche der Körper der Milben überhaupt erlitten hat. Winkleb, welcher diese Verhältnisse genauer studirte (No. 105), macht darauf auf- merksam, dass bei den Pseudoscorpionen (Jugendform von Obisium silvaticum) das Herz zwar noch ziemlich lang gestreckt ist, aber doch nur ein Spaltenpaar (am hinteren Ende) besitzt. Ebenfalls reducirt, aber in geringerem Maasse, erweist sich das Herz junger Phalangiden, bei denen noch zwei Spaltenpaare vorhanden sind. Bei den Larven von Trombidium liegt zwischen dem ersten und zweiten Beinpaar jederseits ein halbmondförmiges Gebilde (Fig. 394 uf), welches durch eine Verdickung der Chitinhaut hervorgebracht wird. Im Stadium des Deutovum setzt sich daran aussen ein trichterförmiges Ge- bilde an, welches sich mit seinem verjüngten Ende an die Deutovum- Membran befestigt. Hier befindet sich eine Oeffhung (Fig. 394 sf), wrelche Henking ebenso wie das halbmondförmige Gebilde an der Körper- oberfläche der Larve für ein Stigma anzusehen geneigt ist. Diese Oeff- nung führt durch Vermittelung jenes Trichters dem Embryo Luft zu. Bei der Häutung löst sich natürlich der Trichter vom Stigma ab (Fig. 394). Solche „Urtracheen" finden sich auch bei den Larven anderer Milben in entsprechender Lagerung. Die frei lebenden Larven besitzen gewöhnlich ein Paar Augen oder Doppelaugen, welche am vorderen Rande des Gehirnes liegen. Da dieses selbst weit nach hinten gerückt erscheint, so sieht man auch die Augen weit hinten über der Basis des zweiten Beinpaares liegen (so bei T r o m - bidium, Atax, Tetranychus). Die mittlere Parthie des Cephalo- thorax ist also ventral unter die vorderen Parthien desselben gerückt. Die Nymphe. Nachdem die Larve je nach ihrer Lebensweise längere oder kürzere Zeit in der beschriebenen Gestaltung verharrte, schickt, sie sich zu ihrer weiteren Verwandlung an. Bei Atax bonzi geschieht dies, indem sich die Larve in das Kiemengewebe der Muschel einbohrt und hier ihre Beweglichkeit verliert. Jetzt lösen sich die Weichtheile von der Chitinhülle ab ; die der Extremitäten ziehen sich wie aus einem Futteral aus der Chitinbekleidung heraus. Die Chitinhülle selbst schwillt durch Aufnahme von Wasser ins Innere stark an und der Körper, welcher sich mit einer neuen Chitinhülle bekleidet, .schwimmt innerhalb der weit abstehenden Hülle. Der Körper selbst ist beinahe kugelförmig gewor- den, indem die Extremitäten fast ganz zurückgebildet wurden, ähnlich wie dies schon früher für Myobia bei der Bildung des Larvenkörpers beschrieben wurde. Die Extremitäten sprossen dann wieder hervor, und zwar ist ein viertes Beinpaar hinzugekommen. Die so zu Stande ge- kommene Form stimmt noch mehr, auch in der Zahl der Extremitäten, mit dem ausgebildeten Thier überein, doch erreicht sie noch nicht völlig dessen Ausbildungsstufe und Geschlechtsreife. Sie wird als N y m p h e bezeichnet und gelangt zu freiem Leben, indem sie die Larvenhaut durchbricht. Arachnoiden. 629 Das neu hinzukommende Beinpaar ist jedenfalls das vierte. So verhält es sich wenigstens in einigen sicher beobachteten Fällen, z. B. bei Trom- bidium (nach Henking), sowie bei Ixodes und einer anderen von Kramer beobachteten zur Gattung Dendroptus gehörigen Milbe, obgleich andrer- seits von Kramer (No. 87) bestimmt angegeben wird, dass bei den Wasser- milben, speciell bei der Gattung Nesaea eines der beiden ersten Beinpaare neu hinzukäme. Lohmann beobachtete, dass das zweite Beinpaar bei den Halacariden sich besonders langsam ausbildet, obwohl auch er das vierte Beinpaar als das neu hinzukommende ansieht. Oudemans (No. 11) dagegen legt besonderes Gewicht darauf, dass bei den Larven der Oribatiden das neu hinzukommende Beinpaar zwischen das erste und zweite der schon vor- handenen eingeschoben würde. R. B. luti^LJU R J2l B i ft-f* w p, ih Fig. 397. A— C Larve von Trombidium fuligi u osum im Stadium der Bildung von Puppe und Nymphe (nach Henking). au Auge, ed Enddarm, px — p3 Beinpaare der Larve, r Rüssel (Cheliceren und Pedipalpen) der Larve, Ch Cheliceren, Ped Pedipalpen, P1 — P4 Beinpaare der Nymphe, ut Urtrachee, zh Zwischenhaut. Der Uebergang der Larve zur Nymphe vollzieht sich bei anderen Formen in minder einfacher Weise, als dies oben geschildert wurde. Die sechsbeinige Larve von Rhyncholophus oedipodarum, welche sich am Körper einer Oedipoda festsetzt, häutet sich hier, und unter der Haut kommt eine sackartige Hülle ohne Anhänge zur Ausbildung, ähn- lich dem Deutovum. Von diesem Gebilde wird die Larvenhaut abge- streift, bleibt aber daran hängen und bedeckt das hintere Drittel des Körpers als durchsichtiges Häutchen, an dem noch die drei Larven- Korschelt-Heider, Lehrbuch. 41 630 XVII. Capitel. beine zu erkennen sind. Es wird also hier eine Puppe gebildet, welche auf die sechsbeinige Larve folgt. Aus ihr geht die Nymphe hervor (v. Frauenfeld No. 79). Die Vorgänge bei Rhyncholophus machen die complicirten Bil- dungsprozesse verständlich, wie sie nach Henking bei Trombidium stattfinden. Dort geht die Larve wie in den vorher besprochenen Fällen ebenfalls in ein Ruhestadium über. Die Larven, welche ihren Darm durch das Aussaugen von Blattläusen prall gefüllt haben, verkriechen sich in die Erde. Ihr Körper bläht sich auf, die Weichtheile ziehen sich von der Chitinhülle zurück. Dabei finden jedenfalls wie bei der Ver- puppung der Insecten histolytische Prozesse statt, denn die Gewebe nehmen ein mehr oder weniger degenerirtes Aussehen an (Henking, No. 85, Michael, No. 97). Nach Gudden (No. 81) und Megnin (No. 96) findet sogar eine völlige Auflösung der Gewebe statt, wodurch die Aehn- lichkeit mit der Verpuppung der Insecten noch erhöht wird. Aehnliche Vorgänge wiederholen sich beim Uebergang der Nymphe in die Imago und vollzogen sich' wohl auch schon bei der Bildung der Larve im Ei (Deutovum und Tritovum). Durch das Zurückziehen der Weichtheile von der Larvenhaut er- scheint diese nur noch als blosse Hülle um den inneren Körper (Fig. 397 A), welcher Eindruck noch dadurch erhöht wird, dass die leer gewor- denen Extremitäten gewöhnlich abbrechen (Fig. 397 A—C). Innerhalb der alten Larvenhaut findet nun nach Henking abermals die Bildung einer cuticularen Haut statt, welche nicht zur definitiven Chitinhaut der Nymphe wird, sondern der Puppenhülle von Rhyncholophus ent- spricht. Diese Haut (die sog. Zwischenhaut [Claparede] oder das Apo- derma [Henking]) ist bei Trombidium nicht wie bei der letztgenannten Form sackförmig, sondern uinscheidet die jetzt schon vorhandenen Extre- mitäten der Nymphe (Fig. 397 G). Unter dieser Haut kommt erst die Chitindecke der Nymphe zur Ausbildung. Es scheint, dass die Puppe die Larvenhaut abwerfen kann, doch tritt dies für gewöhnlich nicht ein, sondern die zum Ausschlüpfen reife Nymphe durchbricht beide Häute. Die über die Bildungsweise der Zwischenhaut gemachten Angaben (Hen- king) erscheinen uns als etwas dunkler Natur. Danach soll diese Zwischen- haut ebensowohl wie die später beim Uebergang der Nymphe in die Imago gebildete und die jedenfalls entsprechende „Deutovum" -Membran von den unter der alten Larvenhaut, bezw. Eischale auftretenden einzelnen Zellen (Fig. 395 A und B, z, Claparede's Hämamöben) ausgeschieden werden. In diesem Falle würde die Auffassung des Vorganges als Häutungsprocess erschwert sein. Henking' s Angaben lauten in dieser Hinsicht nicht völlig bestimmt, und wir sind geneigt, an ein Abheben der Zwischenhaut von der unterliegenden Hypodermis zu denken, wie sie bei der Bildung der darüber gelegenen Larvenhaut stattfindet. Der Ueber£aii£ der Nymphe iu das ausgebildete Thier erfolgt unter ganz ähnlichen Erscheinungen wie derjenige von der Larve zur Nymphe. Die letztere verbirgt sich und wird zu einer ruhenden Puppe. Unter der alten Nymphenhaut kommt wieder eine Zwischenhaut und die neue Chitindecke zur Ausbildung (Fig. 398 zh). Die Extremitäten der Nymphe, die wie früher leer geworden sind, werden theil weise abge- stossen (Fig. 398) ; die Nymphenhaut selbst beginnt stellenweise abzu- bröckeln, und das fertige Thier durchbricht schliesslich die umgebenden Arachnoiden. 631 Häute, um als Imago zu neuem Leben zu gelangen. Es ist grösser als die Nymphe, aber kleiner als die Imago zur Zeit der Geschlechtsreife, doch besitzt es deren Organisation. Durch weiteres Wachsthum und völlige Ausbildung der Genitalorgane erreicht die junge Milbe die Ge- schlechtsreife. Wie schon erwähnt, finden auch beim Uebergang der Nymphe zur Imago histolytische Processe statt. Dieselben erstrecken sich übrigens nicht auf alle Organe; so bleiben die Genitalorgane davon völlig verschont. — Das Tracheensystem der Nymphe, dessen Stigma an der Basis der Cheliceren liegt, geht nicht in das ausgebildete Thier über, sondern der Tracheenstamm bleibt in der abgeworfenen Larvenhaut zurück (Henking). Die früher (pag. 6 2 8) erwähn- ten „Urtracheen" haben mit dem de- finitiven Tracheensystem nichts zu thun. Zusammenfassung. Abweich- ungen von dem gewöhnlichen Ent- wicklungsgang. Die Entwick- lung der Milben vom Ei bis zum ausgebildeten Thier stellt sich dar als eine Auf- einanderfolge mehrerer Lar- ven und Puppenstadien. Schon innerhalb des Eies tritt ein Zustand ein, welcher mit den späte- ren Puppenstadien grösste Aehnlich- keit hat (das Deutovum). Auf ihn folgt nach Abwerfung der Haut die freie, mit sechs Beinen versehene Larve. Diese begiebt sich zur Ruhe und in ihr entwickelt sich direct oder unter Bildung einer Pup- penhaut die achtbeinige Nymphe. Auch sie macht einen Ruhezustand durch und aus ihr geht dann nach Abwerfung der Nymphenhaut oder unter abermaliger Bildung einer Puppenhülle die junge Milbe in der Gestaltung des Thieres hervor. geschlechtsreifen Fig. 398. Nymphe von Trom- bidium fuliginosum im Stadium der Ausbildung von Puppe und Imago (nach Henking). a After, Ch Cheliceren der Imago, Pt — Pt Beinpaare, Ted Pedipalpen der Imago , Px — Pi Beinpaare der Nymphe (zum Theil abgebrochen), r Rüssel (Che- liceren und Pedipalpen) der Nymphe, zh Zwischenhaut. Die vorstehende Schilderung soll nur im Allgemeinen ein Bild vom Ent- wicklungsgang der Milben geben, kann aber durchaus nicht für eine er- schöpfende Darstellung dieser Verhältnisse gelten, schon deshalb nicht, weil die Entwicklung bei den einzelnen Familien, Gattungen und Arten in diesem und jenem Punkt differirt. Bei der Fülle der vorliegenden (freilich nicht immer sehr verlässlichen) Angaben über die postembryonale Entwicklung und bei den vielfachen Verschiedenheiten, die sich hierbei in grösserem oder geringerem Umfang ergeben, würde eine solche erschöpfende Darstellung weit über den Rahmen unseres Lehrbuches hinausgehen. Es wird deshalb 41* 632 XVII. Capitel. für eine noch eingehendere Orientirung auf die angezogene Litteratur ver- wiesen , doch müssen einige Besonderheiten in der Entwicklung noch zur Sprache gebracht werden. Die Bildung der Deutovum - Membran im Ei ist allem Anschein nach eine bei den Milben weit verbreitete Erscheinung, und doch scheint es un- zweifelhaft, dass sie einigen Milben fehlt; so schlüpfen nach Clapakede's Angabe, welcher auf diesen Punkt besonders achtete, die sechsbeinigen Larven von Tetranychus direct aus der Eischale hervor, ohne dass sie vorher von einer besonderen Chitinhülle umgeben waren. Aehnlich verhält es sich mit dem Auftreten der sechsbeinigen Larve. Obwohl diese den meisten Familien zukommt x), weichen einige Milben von dieser Regel ab. So finden sich bei den Phytopten vierfüssige, d. h. mit nur zwei Beinpaaren ver- sehene Larven , und man ist geneigt gewesen , darin ein ursprüngliches Verhalten zu sehen. Da aber nach Nalepa (No. 100 und 101) auch die ausgebildeten Phytopten nur im Besitz von vier Beinen sind , so wird man dieses Verhalten der Larven ebenso wie dasjenige der Imagines als ein secundäres anzusehen haben. Das starke Ueberwiegen des Abdomens und die dadurch bedingte Längsstreckung des Körpers der Phytopten dürfte ebenfalls nicht als ein ursprüngliches Verhalten zu betrachten sein. Von Interesse ist in dieser Beziehung der Vergleich mit den Haarbalgmilben, deren Abdomen ebenfalls stark in die Länge gestreckt ist. Bei ihnen tritt die sechsbeinige Larve auf und macht, soweit die Angaben von Czokor (No. 78) dies erkennen lassen, einen Entwicklungsgang durch, welcher mit den oben geschilderten Verhältnissen im "Wesentlichen übereinstimmt. Aus dem Auftreten vierfüssiger Larven glaubte man im Hinblick auf die Umwandlung der sechsbeinigen Larve in die achtbeinige Nymphe schliessen zu können, dass möglicherweise die vierfüssige Form ursprünglicher und die sechsfüssige Larve auf sie zurückzuführen sei. Es wurde schon darauf hin- gewiesen, dass ein solcher Schluss nicht berechtigt ist. Die Auffassung der sechsbeinigen Larve erscheint nun durch eine Beobachtung Winkler's an Gamasus in eigener Beleuchtung. Die betr. Milbe, Gamasus crassipes, besitzt sechsbeinige Larven. An den jüngeren Embryonen fand Winkler jedoch deutlich vier Beinpaare entwickelt (Fig. 399, A und B). Seine Darstellung ist so klar, dass ein Zweifel hier beinahe ausgeschlossen erscheint. Man muss annehmen, dass bei einer innerhalb des Eies verlaufenden Häutung (Bildung des Deutovums) ein Beinpaar zur Rückbildung gelangt. Kurz vor dem Ausschlüpfen des Embryos, wenn die Beine schon mit den charakte- ristischen Borsten bewaffnet sind, finden sich deren nur noch drei (Fig. 399, C). Dieses Verhalten, welches anzuzweifeln wir kaum berechtigt sind, wirft ein klares Licht auf die secundäre Entstehung der sechsbeinigen Larve. Die von Winklee beobachteten Embryonen des Gamasus crassipes erscheinen in dem achtbeinigen Stadium auf weit niederer Stufe als auf dem sechsbeinigen Stadium (Fig. A — -C). Wir nehmen daher an, dass bei dieser Form ein Verhalten ausgeschlossen ist, wie es z. B. Pteroptus vesper- ti Monis zeigt. Diese Milbe hat einen abgekürzten Entwicklungs- gang. Der Embryo gelangt mit acht Beinen versehen , also auf dem Stadium der Nymphe , zu freiem Leben. Es konnte aber gezeigt werden, dass der Embryo innerhalb des Eies und noch im Mutterthier das sechs- beinige Stadium durchläuft (Nitzsch). 1) Die sechsfüssige Larve wurde beobachtet bei den Tetranychiden, Hydrachniden, Halacariden, Oribatiden, Trombididen, Gamasiden, Ixodiden, Tyroglyphcn, Dermaleichen, Sarcoptiden, Demodiciden u. a. Arachnoiden. 633 Als Nymphe verlässt auch Limnesia pardina das Ei (Neuman). Die Jungen der Phytopten sind beim Ausschlüpfen den Geschlechtsthieren schon sehr ähnlich. Wie diese besitzen sie nur zwei Paar Beine. Die Mundwerkzeuge sind völlig ausgebildet. Der Unterschied von den ausge- bildeten Thieren besteht hauptsächlich in dem Mangel der äusseren Genitalien. Bei einer zweimaligen Häutung werden auch diese erworben. Die Milben können nun zur Fortpflanzung schreiten (Nalepa, No. 100). Noch mehr abgekürzt erscheint die Entwicklung bei Sphaerogyna ventricosa. Diese Milbe, deren Weibchen sich durch eine mächtige Anschwellung des Hinterleibes aus- zeichnen, ist ovo-vivipar. Aus den Eiern gehen nach der Ablage die geschlechts- reifen Männchen und Weibchen hervor, welche sich schon bald nach der Geburt begatten. (Laboulbene und Megnin.) ^ ■/ie*£ Fig. 399. A- C Embryonen von Gamasus crassipes nach Entfernung der äusseren Eihülle. Verschiedene Altersstadien (nach Winkler). abd Abdomen, ch Chelieeren, d Dotter, eh die cuticulare Embryonalhaut, kl Kopflappen, ped Pedipalpen, pl — p± Beinpaare, sl Schwanzlappen. Eine Verlängerung des Entwicklungsganges kann dadurch eintreten, dass auf die aus der Larve hervorgegangene Nymphe noch ein zweites Nymphenstadium von ungefähr gleicher Gestaltung folgt, wie dies bei Hal- acarus spinifer der Fall ist (Lohmaxn, No. 92). Aehnliche Verhält- nisse finden sich auch bei verschiedenen Gamasiden (Krämer, No. 90, Winkxer, No. 106), und es müsste wohl in den einzelnen Fällen noch ge- nauer festgestellt werden, ob eine dieser Nymphen nicht dem Puppenstadium anderer Milben entspricht. Es scheint übrigens, dass die Nymphen zur Fortpflanzung gelangen können, ehe sie noch die völlige Gestaltung des ge- schlechtsreifen Thieres erreicht haben (Canestrini). Dies wurde von den Gamasiden festgestellt. Berlese unterscheidet bei ihnen verschiedene Ent- 634 XVII. Capitel. wicklungsreihen, solche, welche er als normale bezeichnet und bei welchen in der gewöhnlichen Weise die Larve, Nymphe und Imago auf einander folgen, und andere, anormale, bei welchen bereits niedere Stadien, d.h. Nymphen, sich auf parthenogenetischem Wege fortpflanzen. Solche Formen scheinen sich dann nicht mehr zu der vollkommenen Ge- staltung des Geschlechtsthieres zu erheben. Bei ein und derselben Art sollen auf diese Weise mehrere zur Fortpflanzung befähigte Formen resultiren; so besitzt Gamasus tardus nicht weniger als fünf solcher verschieden ge- stalteten Formen, deren jede für eine besondere Art gehalten werden könnte (Beelese). Es liegen hier offenbar höchst complicirte Verhältnisse vor, die noch lange nicht genügend bekannt sind. Zweifellos wurden vielfach niedere Entwicklungszustände als besondere Arten aufgefasst, so ist das jetzt sicher von der bekannten Milbengattung Hypopus nachgewiesen (Megnin No. 94 und 95, Michael No. 98 und 99). Die Angehörigen dieser vermeintlichen Gattung sind kleine Milben mit glattem, an der Rückseite convexem, an der Bauchseite abgeplattetem Chitinpanzer, welcher das ganze Thier überdeckt. Diese Milben von charakteristischem Aussehen finden sich häufig an Insecten- larven , Myriopoden etc. und wurden lange Zeit für ausgebildete Thiere ge- halten. Durch das genauere Studium ihres Entwicklungsganges konnte aber festgestellt werden, dass sie nur niedere Entwicklungszustände von Tyro- glyphus und verwandten Gattungen darstellen, welche infolge von bisher unbekannten Umständen eine von der gewöhnlichen Form der Nymphen ab- weichende Gestaltung angenommen haben. Diese Veränderungen sollen nur einzelne Individuen betreffen, und man hat sie auf ungünstige äussere Lebens- bedingungen zurückführen wollen , welche die betr. Individuen zu einer der- artigen Modifikation ihrer Organisation veranlassten (Megnin). Von anderer Seite ist aber diese Erklärung von dem Zustandekommen der heteromorphen (Hypopus-) Formen zurückgewiesen worden (Michael). Allgemeines. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die Milben von den Arachnoiden abzutrennen und sie zu einer den grösseren Abtheilungen der Arthro- poden (Arachnoiden, Myriopoden, Hexapoden) gleichwerthigen Gruppe zu erheben (Haller No. 83, A. C. Ovdemans No. 11). Die Gründe, welche man als Stütze dieser Auffassung angeführt hat, scheinen uns für die Abtrennung der Milben zu ungenügend, als dass wir auf eine nähere Erörterung derselben eingehen möchten (vgl. oben pag. 626). Vielmehr scheint uns in der Organisation und Entwicklung der Milben eine genügende Uebereinstimmung mit den Arachnoiden vorhanden zu sein, um die Vereinigung mit diesen, wie sie bisher ziemlich allgemein ange- nommen wurde, zu rechtfertigen. Die Milben repräsentiren eine Gruppe der Arachnoiden, welche sich in sehr einseitiger Weise entwickelt hat und infolgedessen von den übrigen Arachnoiden in einzelnen Punkten der Organisation ziemlich stark differirt. Auch die Entwicklung ist davon beeinflusst worden und hat Eigenthümlichkeiten angenommen, welche den anderen Arachnoiden nicht zukommen, vor Allem die verschiedenen auf einander folgenden Larven- und Puppenstadien, sowie die mit nur sechs Beinpaaren versehene freie Larvenform. Diese letztere ist als eine secun- däre zu betrachten. Der beste Beweis dafür würde in dem Auftreten eines vierten Beinpaares bei Embryonalstadien, welche der sechsfüssigen Larve vorausgehen, gegeben' sein, falls sich die hierauf bezüglichen An- gaben Winkler's (No. 106, vgl. pag. 632) bestätigen sollten. Arachnoiden. 635 VIII. Allgemeines über die Arachnoiden. Für die Auffassung der Arachniden bildet den wichtigsten Punkt ihre Beziehung zu denjenigen Abtheilungen der Arthropoden, welche man mit ihnen zusammen als Tracheaten bezeichnet hat, d. h. den Myriopoden und Insecten. Die Myriopoden kommen dabei in- folge ihrer zumeist langgestreckten Körpergestalt und der geringen Differenzirung der einzelnen Körperparthien weniger in Betracht, um so mehr aber die Hexapoden, welche durch die stark hervortretende Dreitheilung des Körpers zu einem Vergleich mit der Gliederung des Arachnidenkörpers herausfordern. Bei einer solchen Vergleichung tritt aber sofort eine ansehnliche Schwierigkeit in der differenten Zahl der Segmente und besonders der Gliedmaassenpaare hervor. Von geringerer Bedeutung ist die bei den Arachniden vielfach eintretende Verschmelzung der Segmente, da sie auch bei den Insecten in grösserem oder geringerem Maassstabe auftreten kann, nur ist die Verschmelzung von Kopf und Brust zum Cephalothorax als ein wichtiger Charakter der Arachniden hervorzuheben. Die Insecten tragen bekanntlich am Kopf ein Paar Antennen, Man- dibeln und zwei Paar Maxillen, welche man ihrer gleichartigen Bildungs- weise wegen als Gliedmaassen ansprechen darf. Am Thorax besitzen sie drei Extremitätenpaare. Den Arachniden kommen nur zwei Gliedmaassen- paare am Kopf zu (die Cheliceren und Pedipalpen), dagegen weisen sie vier Beinpaare am Thorax auf. Der Versuche, dieses Missverhältniss in Einklang zu bringen, sind zu viele, als dass wir sie des näheren hier betrachten könnten. Als herrschende Ansicht ist die zu bezeichnen, welche ein Homologon der Insectenfühler bei den Arachniden vermisst, die Cheliceren den Mandibeln, die Pedipalpen den ersten Maxillen der Insecten vergleicht und die vier Gangbeinpaare mit den zweiten Maxillen und den darauf folgenden Beinpaaren homologisirt; doch hat es auch nicht an Stimmen gefehlt, welche die Cheliceren für entsprechend den Antennen hielten und sie als solche bezeichneten. Wir möchten keinen dieser beiden Wege betreten, sondern vergleichen aus noch zu erörtern- den Gründen die Cheliceren der IL Antenne der Crustaceen, deren Homo- logon bei den Insecten fehlt. Die I. Antenne der Crustaceen, welche der Antenne der Insecten entspricht, ist bei den Arachniden nicht vor- handen. Die Pedipalpen sind somit den Mandibeln der Insecten (und Crustaceen) homolog, die vier Gangbeinpaare eventuell den zwei Maxillen- paaren und den Beinen der Insecten, doch ergiebt sich hierbei ein Minus von einem Paar Thoracalextremitäten bei den Arachniden. Dies erscheint uns aber deshalb nicht wichtig, wreil wir überhaupt auf diese Vergleichung der Arachniden mit den Insecten keinen grossen Werth legen und die Beziehungen derselben nicht im Bereich der „Tracheaten", sondern viel- mehr bei den durch Kiemen athmenden Formen, nämlich bei den Xipho- suren suchen, wie dies auch Ray Lankester und andere Forscher ge- than haben. Wir sind also geneigt, uns denjenigen Forschern anzu- schliessen, welche die Arachniden und die übrigen luftathmen- den Arthropoden als zwei gesonderte Reihen betrachten und somit auch eine getrennte Entstehung der Tracheen bei diesen beiden Abtheilunge n annehmen. Der zwingende Grund für diese Auffassung scheint uns in der Uebereinstimmung der Organisation der Arachniden und Xiphosuren zu liegen. 636 XVII. Capitel. Auf die Uebereinstimmung im äusseren Bau der Scorpione und des Limulus haben wir bereits früher (pag. 531) hingewiesen. Dies betraf besonders die Zahl der Segmente und Gliedmaassen. Wir finden bei Limulus wie bei den Ar ach ni den sechs Paare von Extremitäten am Cephalothorax, so dass eine Homologisirung derselben sehr nahe liegt. Wir verglichen das erste Paar, die Cheliceren, der IL Antenne der Crustaceen und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil die postoral entstehenden Ganglien derselben dem oberen Schlundganglion angefügt werden, wie dies mit den Ganglien der IL Antenne bei den Crustaceen ebenfalls geschieht (vgl. pag. 364), ein Vorgang, der übrigens dadurch grössere Bedeutung gewinnt, dass er sich mit den Kieferganglien des Peripatus wiederholt (pag. 703). Bei den Insecten findet ein ähn- licher Vorgang nicht statt, und wir schliessen daraus, dass bei ihnen die betr. Extremität nicht vorhanden ist. Hierbei darf nicht verschwiegen werden, dass für die Phalangide n und die Milben eine Innervirung der Cheliceren von der Thoracalganglien- masse aus angegeben worden ist (Leydig No. 40, fe und Winklee No. 106). Eine endgiltige Aufklärung dieses Punktes muss als sehr erwünscht bezeichnet werden. Für die Spinnen ist verschiedentlich das Vorhandensein eines weiteren Extremitätenpaares als der beiden erwähnten am Kopf beschrieben wor- den. Es sollen nämlich vor den Anlagen der Cheliceren zwei Höcker auftreten, welche später wieder schwinden (Croneberg, Jaworowski). Man nahm an, dass dieses vermeintliche Extremitätenpaar sich mit dem Rostrum vereinige (Croneberg, Lendl1), dessen paarige Anlage auch von anderen Forschern gesehen wurde (Schimkewitsch). Ueberhaupt war man geneigt, in dem Rostrum das Rudiment eines, vielleicht sogar mehrerer Extremitätenpaare zu suchen, und glaubte dies auch noch bei den ausgebildeten Thieren (S c o r p i o n e n , Solpugiden, Milben) nach- weisen zu können (Croneberg). Dazu muss bemerkt werden, dass nach Schimkewitsch auch die sog. Unterlippe aus einer ähnlichen paarigen Anlage hervorgehen soll und bei ihr an ein Extremitätenpaar wohl kaum gedacht werden kann. Wenn jenes rudimentäre Extremitätenpaar des Kopfes wirklich vor- handen ist, so hat man dasselbe, wie dies auch zumeist geschah (Crone- berg, Jaworowski)1, als die fehlenden Antennen anzusehen, und zwar würde es den ersten Antennen der Crustaceen homolog sein. Für unsere Ausführungen würde dies keine wesentliche Aenderung bedeuten. Die ersten Antennen, welche den Vorfahren zukamen, werden bei den Spinnen noch als Rudiment angelegt, die Cheliceren aber entsprechen den zweiten Antennen. Die Pedipalpen verglichen wir mit den Mandibeln der Insecten. Sie setzen sich aus einer Kaulade und einem mehrgliedrigen Taster zu- sammen. In der embryonalen Anlage sollen aber beide Theile aus einer Anzahl von Gliedern bestehen, was dieser Extremität einen sehr ursprüng- lichen Charakter und eine gewisse Uebereinstimmung mit den zweiästigen ]) Nach Lendl's Auffassung sollen die rudimentären Extremitäten zwischen Cheliceren und Pedipalpen liegen und den Mandibeln der Insecten entsprechen, während die Cheliceren durch ihre Stellung und Art der Bewegung sich als echte Antennen documentiren. Durch die vorrückenden Pedipalpen würden die vermeint- lichen Mandibeln gegen die Anlage der Oberlippe gedrängt, um mit ihr zu verwachsen. Aracbnoiden. (337 Extremitäten der Crustaceen verleihen würde (Jaworowski). An- deutungen einer solchen Zweiästigkeit sollen nach Jaworowski übrigens auch bei den anderen Gliedmaassenanlagen vorhanden sein. Gleichviel übrigens, welches Extremitätenpaar der Arachniden man mit den Insectenmandibeln vergleicht (die Cheliceren oder Pedipalpen), so wird doch die Mehrgliedrigkeit dieser Arachnidenextremitäten einen bedeutungsvollen Gegensatz zu den stets eingliedrigen Mandibeln der Insecten bilden. Ein ursprüngliches Verhalten ist auch damit gegeben, dass die dritten und vierten Extremitäten (bei den Scorpionen und Phalangiden) ebenfalls Kauladen tragen and also zum Theil noch als Mundwerkzeuge verwendet werden, wie dies bei den um den Mund gestellten Thoracalextremitäten von Limulus der Fall ist. Als ursprüng- liches Verhalten könnte wohl auch der Besitz von Scheeren an den vor- deren Gliedmaassen angesehen werden, da auch Limulus solche besitzt. Doch möchten wir darauf kein allzugrosses Gewicht legen, da ähnliche Bildungen unabhängig von einander entstehen können. Im Bezug auf den C e p h a 1 o t h o r a x und seine Anhänge zeigen die einzelnen Abtheilungen der Arachniden weit grössere Uebereinstim- mung, als cü/s mit dem folgenden Körperabschnitt, dem Abdomen, der Fall ist, abgesehen von den reducirten Verhältnissen, welche auch hierin die Milben aufweisen können. Doch muss dabei noch eines höchst auf- fallenden Verhaltens, nämlich desjenigen der Solpugiden gedacht wer- den, bei denen das Segment der ersten Gangbeine zum Cephalothorax hinzutritt, wodurch der Körper (infolge der drei am Thorax zurück- bleibenden Beinpaare) ein gewissermaassen insectenähnliches Aussehen gewinnt. Dazu kommt, dass das wohlgegliederte Abdomen die gleiche Segmentzahl wie dasjenige der Insecten besitzt und dass bei diesen Formen ein Stigmenpaar am Thorax (2. Segment) auftritt. Alles dies hat dazu geführt, die durch Tracheen athmenden Solpugiden in Be- ziehung zu den Insecten zu bringen, doch haben wir bereits früher (pag. 567) ausgeführt, dass wir die genannten Charaktere der Solpugen nicht für ursprüngliche und diese Thiere selbst nicht etwa als Mittel- formen zwischen Arachniden und Insecten ansehen können. Für die Auf- fassung der Solpugen wichtig ist hierbei, dass auch bei ihnen die Cheli- ceren vom Gehirn aus innervirt werden (Weissenborn Xo. IG), wodurch sie sich als Homologa der Cheliceren der übrigen Arachniden zu erkennen geben. Mit den Antennen der Insecten wird man sie kaum vergleichen wollen, um die Art der Innervirung erklärlich zu machen; dagegen spricht ihre ganze Ausbildung. Als das bei einem Vergleich mit den Insecten noch fehlende Paar der Kopfgliedmaassen wird man vielmehr auch hier die Antennen ansehen. Das Abdomen der Arachniden ist zumeist dadurch charakterisirt, dass es eine starke Rückbildung seiner Segmentirung erfährt; bei einigen Abtheilungen jedoch bleibt die Gliederung deutlich erhalten. Bei den Scorpionen sondert sich der Hinterleib in ein Prä- und Postabdomen, wobei er stark in die Länge gestreckt erscheint. Man könnte sogar zweifelhaft sein, ob man es hier nicht mit einer secundären Verlängerung zu thun hat, wenn nicht auch andere Arachniden während des Embrvonal- lebens ungefähr die gleiche Zahl von Segmenten, sowie eine Unterschei- dung in eine Art von Prä- und Postabdomen erkennen Hessen (Ara- n einen, pag. 581 und 587). Zudem finden wir bei fossilen Xiphosuren ( H e m i a s p i s , B e 1 i n u r u s), sowie den Gigantostr a k e n eine grössere Anzahl von Abdominalsegmenten, und durch ihr Verhalten wird es höchst 638 XVII. Capitel. wahrscheinlich gemacht, dass das hintere Körperende des Limulns durch die Verschmelzung einer Anzahl postabdominaler Segmente ent- stand und dem Postabdomen der Scorpione homolog ist (pag. 532). So zeigen also die Scorpione in der Erhaltung ihres wohlgegliederten Ab- domens, und der Segmentirung überhaupt, einen sehr ursprünglichen Charakter. Es ist die Vermuthung geäussert worden, dass die Bewahrung des langgestreckten und leichtbeweglichen Abdomens mit der an seinem Ende angebrachten Waffe, dem Giftstachel, in Verbindung stehe, weil auf diese Weise eine leichte Verwendung desselben gestattet sei (Weissenborn). Im Uebrigen macht sich eine starke Concentration der Organe bei den Arachniden bemerkbar, und es ist auffallend, je weiter sich dieselben von denjenigen Formen entfernen, die wir wohl mit Recht als die ur- sprünglichen ansehen, desto stärker wird die Reduction, die bei den Milben ihren höchsten Grad erreicht. So erscheinen die abgeleiteten Formen der Arachniden verhältnissmässig einfacher organisirt als die ur- sprünglichen, zumal bei ihnen einzelne Organsysteme (Circulations-, Respira- tionssystem) ganz oder theilweise zur Rückbildung gelangen können. Von ganz besonderer Wichtigkeit für die Auffassung der Arachniden sind die abdominalen Extremitäten an lagen. Ihre Zahl ist beim Scorpion sechs, ebensoviel wie die Anzahl der Abdominalextremi- täten bei Limulus. Wir konnten es ziemlich wahrscheinlich machen, dass auch bei den Spinnen ursprünglich die gleiche Anzahl abdominaler Gliedmaassen vorhanden war (pag. 581). Wie die Insecten leiten sich also die Arachniden von Formen her, die mit einer grösseren Anzahl von Gliedmaassen versehen waren. Das erste Paar tritt wie bei Limulus in Beziehung zur Ausmündung des Genitalapparates, die folgen- den Paare aber lassen an ihrer Rückseite als Einstülpung die Lungen entstehen. Die Lungen der Arachniden konnten demnach mit ziem- licher Wahrscheinlichkeit auf die Kiemen der Xiphosuren bezogen werden (vgl. pag. 532 und 605). Das bedeutet eine verschiedenartige Entstehung der Tracheen bei den Arachniden und den übrigen „Tracheaten" (Peripatus, Myriopoden, Insecten), denn dass die Tracheen der Arachniden mit deren Lungen im engsten Zusammen- hang stehen, kann keinem Zweifel unterliegen. Obwohl die Tracheen der Insecten und einiger Arachniden, z. B. der Solpugiden, Phalangiden und einiger Pseudoscorpione und Milben sehr übereinstimmend gebaut erscheinen, so müssen sie doch im einen Falle von Lungen bezw. Kiemen, im andern Falle von einfachen Hautein- senkungen hergeleitet werden. Die spätere Uebereinstimmung im Bau ist nur als eine Convergenzerscheinung aufzufassen. Entsprechend der hier vertretenen Entstehung der Respirationsorgane werden die Stigmen der Arachniden nur am Abdomen gefunden, doch macht das erste Stigmenpaar der Solpugiden hiervon eine Ausnahme, indem es am zweiten Thoraxsegment liegt. Man kann diese Erscheinung vorläufig nicht anders als eine secundäre Erwerbung betrachten und damit zu erklären suchen, dass auch bei den Milben Stigmen am Cephalothorax auftreten und zwar an verschiedenen Stellen desselben, oft sehr weit nach vorn in der Gegend der Cheliceren. Aehnliche Verlagerungen der Stigmen werden bekanntlich auch bei Scolopendrella gefunden, bei welcher Form sie in ganz ungewöhnlicherWeise ebenfalls am Kopf auftreten. In der übrigen Organisation der Arachniden giebt es noch ver- schiedene Punkte, worin sie sich von den Insecten entfernen und sich vielmehr den Xiphosuren, vielleicht sogar den Crustaceen nähern. Arachnoiden. 639 Von den Augen versuchten wir zu zeigen, dass sie nicht mit den- jenigen der Insecten und Myriopoden zusammenzuwerfen sind, sondern einen von diesen gesonderten Entwicklungsgang genommen haben (pag. 597). Wohl aber Hessen sie sich mit den Mittel- und Seitenaugen des Limulus homologisiren. Bei den Arachnidenaugen spielt die Entstehung durch Inversion eine wichtige Rolle. Neuerdings wird eine solche Entwicklung durch Inversion von Claus auch für die Medianaugen der Crustaceen beschrieben (No. 57), und es scheint nicht ausgeschlossen, dass zwischen diesen Vorgängen später noch engere Beziehungen aufgefunden, werden können. Eine weitere Uebereinstimmung zwischen den Arachniden und Xiphosuren ergiebt sich durch das Vorhandensein des besonders bei den Scorpionen und bei Limulus sehr ähnlich gestalteten Innen- skelets. Ein Punkt, der uns aber besonders charakteristisch scheint und der auch für die scheinbar abweichenden Solpugiden volle Giltig- keit hat, ist das Vorhandensein einer umfangreichen Leber, wie sie bei den Insecten nicht, wohl aber bei Limulus und den Crusta- ceen gefunden wird. Der Mitteldarm bietet in seinen Anhängen noch wichtigeres, vorausgesetzt, dass die Entwicklungsgeschichte hierin wahr- heitsgetreu berichtet, nämlich die Entstehung der sog. MALPiGHi'schen Gefässe aus dem Entoderm. Wenn dieser Punkt sich so verhält, würde er einen wichtigen Scheidungsgrund zwischen Arachniden und Insecten bilden. Schlauchförmige Anhänge am Hinterende des Mittel- darmes kommen bei den Crustaceen vor; die Malpighi1 sehen Ge- fässe der Myriopoden und Insecten sind jedoch ectodermalen Ursprungs. Ein weiteres Vergleichsmoment zwischen Limulus und den Arach- niden bietet das Vorhandensein eines bei den Scorpionen oberhalb der Ganglienkette verlaufenden Gefässes, welches eine Fortsetzung des Schlundgefässringes nach hinten ist (Supraneuralgefäss, Supraspinalarterie) und in ganz ähnlicher Ausbildung bei Limulus gefunden wird. Aehn- liches scheint allerdings auch bei den Crustaceen vorzukommen, und (was dieses Vergleichsmoment als von geringerer Wichtigkeit erscheinen lässt) ein Supraneuralgefäss wird auch bei den Myriopoden gefunden, so dass dieses Merkmal vielleicht von einer gemeinsamen Ahnenform ererbt sein könnte. Eine, wenn auch ebenfalls weniger bedeutungsvolle Uebereinstimmung mit den Geschlechtsdrüsen des L i m u 1 u s bieten die entsprechend netzförmig gestalteten Schläuche der Genitaldrüsen bei den Scorpionen. Die aus dem Mesoderm hervorgehenden Coxaldrüsen der Arach- niden können nach unserer jetzigen Kenntniss mit ziemlicher Sicherheit als Nephridien in Anspruch genommen werden und sind den ganz ent- sprechend gelagerten Organen des Limulus gleich zu setzen. Mit den Antennen- und Schalendrüsen der Crustaceen lassen sich die Coxaldrüsen nicht völlig homologisiren, weil diese eine etwas andere Lage einnehmen, d. h. anderen Segmenten zugehören. Die bei den Ahnenformen in jedem Segment vorhandenen Nephriden werden sich eben bei ihren Nachkommen in verschiedenen Segmenten erhalten haben, was wesentlich von der Art und Weise der weiteren Ausbildung der betr. Formen abhing. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, dass der Besitz dieser (zumal in der Jugendzeit stark ausgebildeten) Coxaldrüsen ein weiteres Unter- scheidungsmerkmal der Arachniden von den Insecten bildet, denn bei den letzteren sind Drüsen von so charakteristischer Ausbildung und 640 XVII. Capitel. Lagerung, welche den Nephridien der Ahnenfornien zu vergleichen wären, nicht vorhanden. Die zuletzt besprochenen Gebilde entstammen dem Mesoderm. Auf das Verhalten des letzteren während der Embryonalentwicklung möchten wir ganz besonders Gewicht legen. Während bei den Insecten die Ursegmente schon frühzeitig einer Umwandlung anheimfallen, sehen wir dieselben bei den Arachniden gegen den Rücken vorwachsen und erst zu einer Zeit der Auflösung entgegengehen, wenn am Rücken von ihnen das Herz gebildet wurde. Das Cölom, welches bei den Insecten schon sehr früh schwindet, erhält sich also bei den Arachniden längere Zeit. Dieses an und für sich ursprüngliche Verhalten bedingt auch eine grössere Einfachheit in der Anlage des Herzens; wahrscheinlich auch in derjenigen der Coxaldrüsen (Nephridien) und vielleicht auch der Genital- organe. Die auf diese Weise zu Stande kommenden Verhältnisse er- innern noch mehr an diejenigen der Anneliden als au die der übrigen Arthropoden. Ob auf die Uebereinstimmungen, welche sich in der Furchung, Keimblätter- bildung und der ersten Anlage der Organe mit den bei den Crustaceen be- schriebenen Vorgängen geltend machen, grösseres Gewicht zu legen ist, oder ob sie durch eine gewisse Gleichartigkeit dieser Vorgänge bei den Arthro- poden überhaupt zu erklären sind , scheint zweifelhaft. Es wurde darauf bereits in den einzelnen Fällen hingewiesen. Ebenso zweifelhaft muss es bleiben, ob den jüngsten Stadien des Keimstreifens der Scorpione, welche man mit gewissen Entwicklungsstadien der Trilobiten verglichen hat (pag. 541), in dieser Beziehung ein bestimmter Werth zugeschrieben werden darf. Dass zwischen den Arachniden und Limulus sehr enge Beziehungen herrschen, ergiebt sich aus all1 dem Vorstehenden beinahe unzweifelhaft, und somit könnten auch Anklänge an jene Formen noch vorhanden sein. Auf- fällig ist dabei, dass die Scorpione schon so alt und von ihrer jetzigen Ge- staltung nicht sehr verschieden bereits im Silur vorhanden sind (Palaeo- phonus nuntius, No. 15). Um es zum Schluss nochmals hervorzuheben, wir vermögen in der scheinbaren Uebereinstimmung der Arachniden mit den übrigen Tracheaten nichts Anderes zu sehen, als eine durch die Arthropodennatur bedingte und durch die ähnliche Lebensweise hervorgerufene gleichartige Aus- bildung. Eine nähere Verwandtschaft zwischen diesen Abtheilungen des Arthropodenstammes vermögen wir nicht anzunehmen. Wir glauben viel- mehr, dass die Arachniden zusammen mit den Paläostraken aus den niederen Ahnenformen hervorgingen und sich sodann von ihnen ab- zweigten, während die übrigen Tracheaten einem anderen Stamme ange- hören, der allerdings mit jenem an der Wurzel zusammenhängt. Die Arachniden unter sich stellen nach unserer Auffassung eine sehr einheitliche Gruppe dar. Die ursprünglichsten Formen sind die mit deutlicher Segmentirung des Körpers, also die Scorpione und Pedi- palpen. Bei den Phalangiden und Pseudoscorpionen macht sich bereits eine Reduction geltend, welche bei den Ar an einen noch weiter geht und ihren Höhepunkt bei den Acarinen erreicht, welche entsprechend dieser weitgehenden Anpassung auch wesentliche Ver- änderungen ihrer Entwicklung zeigen. Solche Modifikationen der Ent- wicklung treten wahrscheinlich infolge ähnlicher Ursachen auch bei den Pseudoscorpionen ein. Arachnoiden. (341 Litteratur. Arachnoiden im Allgemeinen. 1. Croneberg, A. Ueber die Mundtheile der Arachniden. Arch. f. Naturgesch. 46. J. 1880. 2. Eisig, H. Die Capitelliden des Golfs von Neapel. Monographie der Fauna und Flora von Neapel. Berlin 1887. (Ausführungen üb. die Coxal- u. Spinndrüsen d. Arachnoiden) 3. Fernald, H. T. The Eelationships of Arthropods. Studies from the Biol. Laboratory of the Johns Hopkins University. Baltimore. Vol. IV. 1890. 4a. Grenadier, H. 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T. 20. pag. 46 — 53. (Diese wahr- scheinlich russisch geschriebene Arbeit konnten wir nicht erhalten.) 40a. Henking, A. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. Zcitschr. f. wiss. Zool. 45. Bd. 1887. 40b. Leydig, P. Ucber das Nervensystem der Afterspinnen (Phalangium). Arch. f. Anat. u. Phys. 1862. 41. Mac Leod, J. Sur Vexistence d'une glande coxale chez les Phalangides. Bull. Acad. Roy. Sc. Belgique. 3? ser. T. 8. 1884. V. Solpugiden. 42. Birula, A. Einiges über den Mitteldarm der Galeodiden. Biol. Centralbl. 11. Bd. 1891—92. 43. Croneberg, A. Veber ein Entwicklungsstadium von Galeodes. Zool. Anz. 10. Jahrg. 18S7. 44. Mac Leod, J. Sur la presence d'une glande coxale chez les Galeodes. Bull, de VAcademie Roy. des Sc. Belgique. 3e ser. T. 8. 1884. 45. Lankester, E. Ray. Limulus an Arachnid. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. 21. 1881. pag. 644. VI. Araneinen. 46. Balbiani, M. Memoire sur le developpement des Araneides. Ann. Sc. Nat. Zool. 5. Ser. Vol. 18. 1873. 47. Balfour, P. M. 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Die Litteratur der Milbenentwicklung ist eine so umfangreiche, dass wir hier nur eine beschränkte Auswahl treffen können. Ausführlichere Litteraturangaben finden sich in den Arbeiten von Fürstenberg (No. 80), Henkin« (Xo. 85) und Lohmann (No. 92). 74. Beneden, P. J. van. Recherches sur thistoire naturelle et lc deceloppement de l'Atax ypsilophora. Mim. Acad. Boy. Belgique. T. 24. 1850. Ib. Berlese, M. A. Polymorphisme et Parthenogenese de quelques Acariens (Gamasides). Archives Ltaliennes de Biologie. T. 2. Turin 1882. 76. Canestrini, G. Osscrvazioni intorno al genere Gamasus. Atti del Beul. Instituto Veneto d. Sc, Lett. etc. 5 ser. vol. 7. 1880 — 81. 77. Claparede, E. Studien an Acariden. Zeit sehr. f. ivüs. Zool. 18. Bd. 186S. 78. Czokor, J. Ueber Haarsackmilben und eine neue Varietät derselben bei Schweinen. Verh. k. k. zool. bot. Gesellsch. Wien. 29. Bd. 1880. 79. Frauenfeld, G. von. Zool. Miscellen. Bhyncholophus oedipodarum. Verh. k. k. zool. bot. Gesellsch. Wien. 18. 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Unsere Kenntniss von der Entwicklung des Fentastomum beruht im Wesentlichen noch auf den eingehenden Untersuchungen Leuckart's, welche durch verschiedene kleinere Mittheilungen ergänzt und neuer- dings durch die ausführliche Arbeit von Stiles bestätigt und in einigen Tunkten erweitert wurden. 1. Die Einbryonalentwiekliing. Die Eier des Fentastomum sind von zwei Hüllen umgeben (Fig. 400 A und B, h). Sie machen ihre Entwicklung im Uterus des Mutterthieres durch, während sie sich allmählich dem Ausgang des Leitungsapparates nähern. Die Furchung ist eine totale (Leuckart, Macalister). Das Ei zerfällt in eine Anzahl Zellen von ungefähr gleicher Grösse, deren weiteres Schicksal sich nicht feststellen Hess. Macalister spricht von der Bildung eines Blastoderms und Frimitivstreifens, doch lauten diese Angaben höchst unbestimmt. Nach Leuckart wird ein Keimstreifen nicht gebildet. Schon früh scheidet der Embryo eine Cuti- cula an der Oberfläche ab, und diese erfährt an einer Stelle, welche der Rückenfläche des Embryos entspricht, eine kreisförmige Verdickung. Wenn sich die Cuticula vom Embryo ablöst und eine dritte Hülle um diesen bildet (Fig. 400 A und B, eh), bleibt sie an jener Stelle mit der Ober- fläche des Embryos in Verbindung (Rückenzapfen, rz). Auch die Chitin- haut, welche nunmehr wieder als Bedeckung des Embryos abgeschieden worden ist, zeigt an der gleichen Stelle eine Verdickung, welche sich grubenartig einsenkt. Die hier zunächst noch bestehende Verbindung beider Chitinverdickungen (der Rückenzapfen) wird eingeschnürt und löst sich, doch bleibt ihre Spur am Embryo in Form eines grubenartigen Ge- bildes zurück, welches am Embryo von F. taenioides eine kreuz- förmige Zeichnung besitzt (Fig. 400 B und C, rk). Auch an der abge- lösten Haut ist der Rest als kreisförmige Verdickung (die sog. Facette) noch erhalten (Fig. 400 B, f). Das Gebilde erinnert an die sog. Mikropyle oder das Rückenorgan der Crustaceen (pag. 350), mit dem es auch bereits von Leuckart verglichen wurde. Eine gewisse äussere Aelmlichkeit zeigen die sog. Urtracheen der Milben in der Bildung mit dem Rückenzapfen des Pentastomum ; freilich sind diese Korschelt-Heider, Lebruuch. 42 646 XVIII. Capitel. Gebilde paarig und liegen ventral, so dass eine wirkliche Uebereinstimmung nicht vorhanden ist (pag. 628). Die frühe Abstossung einer cuticularen Hülle innerhalb des Eies, welche jedenfalls als Häutung anzusehen ist, erinnert an die Bildung der Deutovum- Merabran bei den Milben (pag. 622); freilich finden ganz ähnliche Vor- gänge auch bei den Crustaceen statt (vgl. pag. 322). Ehe sich noch der Rückenzapfen durchschnürt, d. h. die Cuticular- haut völlig von dem Embryo gelöst wird, sind an dessen Ventralseite zwei Paar stummeiförmiger Anhänge zur Ausbildung gekommen, die Extremitäten, an denen auch bald der Krallenapparat auftritt. Schon vorher hatte sich ein schmaler hinterer Theil, der sog. Schwanz, von dem gedrungenen Rumpf abgesetzt (Fig. 400 A und B, s). Der Schwanz ist beim Embryo nach vorn umgeschlagen und liegt der Bauchfläche an. R. k<-l i -rx Ar 4 -\-'-m 3 --p2 rir .J \ $-■ ch P. P, s rr^^S Fig. 400. A — C Embryonen in den Eihüllen und freigewordener Embryo (Larve) von Pentastomum taenioides (nach Leuckärt). äst Drüsenstigma, eh Embryonalhaut, / „Facette", h Eihüllen, m Mundspange, jox undjOo Fassstummel, rk Rückenkreuz (Rückenorgan), rz Rückenzapfen, s Schwanzanhang. Der Bohrapparat des Embryos ist nicht eingezeichnet. Dieser Schwanzanhang ist für die Embryonen einiger Arten von Penta- stomum charakteristisch. Bei P. taenioides ist er ziemlich ansehnlich (Fig. 400 BundC1'), während er bei P. pro bo sei de um nur einen kleinen zweispitzigen Anhang darstellt (Fig. 401 5). Die Embryonen von P. oxy- cephalum entbehren des Schwanzanhanges überhaupt und sind hinten abgerundet. In dieser Gestalt verlässt der Embryo später das Ei (van Beneden, Schubärt); er ist also weit von der Gestaltung des Mutter- thieres entfernt und hat sehr eingreifende Umwandlungen durchzumachen, ehe er diese erreicht (Leuckärt). 2. Der weitere Entwicklungsgang. • Die Uebertragung der Eier in den Zwischenwirtli und die vier- füssige Larve. Die von Leuckärt höchst eingehend auf ihre Entwick- lung untersuchte Form, P. taenioides, lebt im geschleehtsreifen Zu- Pentastomiclen. 647 ma stände in der Nasenhöhle des Hundes. Die Eier werden in den Nasen- schleim abgelegt und gelangen mit diesem nach Aussen. Damit der Em- bryo frei werden kann, müssen die Eier von einem Zwischenwirth auf- genommen werden, z. B. von einem Kaninchen. In dessen Magen werden die Eihüllen gelöst und der Embryo wird als Larve frei. Auch bei dem neuerdings von Stiles untersuchten P. proboscideum ist der erste Theil des Entwicklungsganges ein ähnlicher. Die Eier dieser Form, welche in den Lungen von Schlangen lebt (Boa constrictor), gelangen erst in den Darmkanal, wo sie sich massenhaft im Koth vor- finden und werden mit diesem nach Aussen gebracht, Auch sie müssen von einem Zwischenwirth aufgenommen werden, um ihre weitere Ent- wicklung durchmachen zu können. Stiles verfütterte sie mit Erfolg an Mäuse. Die nach vorn stumpfe, ^ Ä. hinten zugespitzte, resp. mit einem Schwanzanhang ver- sehene Larve besitzt zwei Paar Fussstummel , welche mit Chitinkrallen und einem dazu gehörigen Stützapparat ausgerüstet sind (Fig. 400 0 und Fig. 401). Die beiden Krallen sitzen an einem Chitinring fest und erscheinen von dem Stützapparat ganz unabhängig. Dies hat Ver- anlassung gegeben, ein End- glied von einem Basalglied zu unterscheiden und die Ex- tremitäten als zweigliedrige anzusehen. Stiles, welcher diese Auffassung vertritt, findet die Extremitäten besser gegen den Körper abgesetzt, als dies nach Leuckart's Darstellung mit den von letzterem Forscher als ein- gliedrig betrachteten Fuss- stummeln der Fall ist. Am vorderen Körper- ende der Larve liegt ein aus mehreren Chitinstücken zusammengesetzter Bohrapparat (Fig. 401 ba), den man mit den Mundwerkzeugen der Arthropoden, besonders der Milben, verglichen hat, welcher aber in Folge seiner Lage und Entstehung vor dem Munde eine solche Yergleichung wohl kaum gestattet, sondern wahrscheinlich als Larvenorgan anzusehen ist (Stiles). Neben dem Bohrapparat finden sich zwei kleine Papillen, die als Tastorgane gedeutet werden (/p). Der Mund liegt bei P. nroboscideum ziemlich weit nach hinten, ungefähr auf der Höhe der vorderen Fussstummel (Fig. 400 m). Er ist von einer, wohl als Stütze dienenden, hufeisenförmigen Chitinspange um- geben und führt in einen engen Oesophagus, welcher in den weiteren Magendarm übergeht. Ein After ist nach Stiles nicht vorhanden, ob- 42* Fig. 401. Vierbeinige Larve von Pentasto- m n m proboscideu m von der Ventralseite ge- sehen (nach Stiles). ba Bohrapparat, äst Drüsenstigma, dz Drüsen- zellen, kr Krallen, m Mund, ma Magen, n Anlage des Nervensystems, oes Oesophagus, p-i — p2 Fuss- stummel, ro Rückenorgan, welches vom Rücken her durchschimmert, s Schwanzanhang, st Stütz- apparat der Krallen, tp Tastpapille. 648 XVIII. Capitel. wohl ein solcher auf den übrigens nicht sehr genauen Abbildungen von Jaquart zu erkennen ist. Eine den Oesophagus unigebende Anhäufung von Zellen stellt die Anlage des Nervensystems dar (w). Ausserdem findet Stiles im Innern der Larve eine grosse Anzahl körnchenreicher Zellen in bestimmter Vertheilung, welche wohl zum Theil Drüsenzellen sind. Als äussere Oeffnungen von Drüsen (sog. Drüsenstigmen) werden zwei an der Basis der vorderen Extremitäten gelegene kreisförmige Ge- bilde angesehen (Fig. 400 und 401 dsf). Die encystirten Larven. Die im Darm des Zwischenwirtb.es frei gewordenen Larven durchsetzen mit Hilfe der Bewaffnung des vorderen Körperpoles und der Fussstummel die Darmwand und begeben sich in andere Organe, z. B. die Leber, wo sie sich festsetzen und durch eine von dem betreffenden Organ des Wirthes gelieferte bindegewebige Kapsel umschlossen werden. Hier macht die Larve eine Anzahl von Häutungen durch, bei deren erster bereits die Fussstummel sowie der 'Bohrapparat abgeworfen werden. Auch der Schwanzanhang ist nicht mehr zu er- kennen, und die Larve hat eine gedrungene, walzenförmige Gestalt an- Fig1. 402. Encystirte Larve von Pentastomum taenioides aus den Ein- geweiden eines Kaninchens. 9 Wochen nach Verfütterung der Eier (nach Leuckart). a After, ag Ausführungsgang der Genitaldrüse, dst Drüsenstigmen, ed Enddarm, gd Geschlechtsdrüse, m Mund, ma Magen, n Anlage des Nervensystems, oe Geschlechts- öffnung, oes Oesophagus. genommen. Leuckart fand in den Cysten von P. taenioides sieben Wochen nach der Infection ausser der wurm- oder besser madenförmigen Larve zwei abgeworfene Häute, welche Reste der Chitingebilde des Em- bryos, nämlich das Rückenkreuz und die hufeisenförmige Spange des Mundes, wahrscheinlich auch die Ueberreste der Fussstummel erkennen Hessen. — Es folgen dann noch mehrere Häutungen, und diese Entwick- lung nimmt eine lange Zeit in Anspruch, denn nach Leuckart vergehen fünf bis sechs Monate, ehe die Larve von P. taenioides im Zwischen- wirth ihre völlige Ausbildung erreicht hat. Bei P. proboseideum scheint die Entwicklung etwas rascher zu verlaufen, nimmt aber doch auch mehrere Monate in Anspruch (Stiles). Während des Verharrens in der Cyste und des Verlaufs der ver- schiedenen Häutungen ist das wichtigste die Ausbildung der inneren Organe; doch macht auch die äussere Gestalt einige weiter unten noch zu besprechende Veränderungen durch. Die inneren Organe, soweit sie Pentastomiden. 649 bei der freien Larve überhaupt schon nachgewiesen werden konnten, scheinen direct in diejenigen der encystirten Larve und des geschiechts- reifen Thieres überzugehen. Der Darmkanal, welcher bei der freien Larve nur einen geringen Umfang besass, erweitert sich und differenzirt sich in seine einzelnenAbschnitte, Pharynx, Oesophagus und Magendarm. Der letztere wird bald sehr umfangreich (Fig. 402 ma). Er endet nach hinten blind und tritt erst etwas später mit dem (wohl als Ectoderm- einstülpung entstandenen) Enddarm in Verbindung (ed). Die bei der freien Larve am Oesophagus vorhandene Anhäufung von Ganglienzellen (Fig. 401 n) bildet sich während des späteren Larvenlebens zu der Unterschlundganglienmasse und dem Schlundring aus, welche das Centralnervensystem des ausgebildeten Thieres darstellen. Die Unter- schlundganglienmasse ist zur Zeit des frühen Larvenlebens bedeutend umfangreicher als beim ausgebildeten Thier und nimmt einen ansehn- lichen Theil der Bauchfläche ein (Leuckart, Fig. 402 und Fig. 403 n). mifl-z ma- ed- Fig. 403. Encystirte weibliche Larve von Pentastomum taenioides aus den Eingeweiden eines Kaninchens. Ungefähr vier Monate nach der Verfütterung der Eier (nach Leuckart). a After, ed Enddarm, Ih Larvenhaut (abgehobene Cuticula), m Mund, ma Magen, mu Muskeln, die vom Pharynx zur Körperwand ziehen und zur Bewegung des ersteren dienen, n Nervensystem, od Oviduct, oe Geschlechtsöffnung, oes Oesophagus, ov Ovarium, tn Tastnerv, der vom Schlundganglion zu den Papillen zieht, vag Vagina. Die Geschlechtsorgane sind in der Anlage schon frühzeitig zu er- kennen-, doch lassen sich nach Leuckart die beiden Geschlechter Anfangs nicht unterscheiden. Es ist dorsal vom Magen ein unpaarer langer Zellen- strang vorhanden, die Keimdrüse (Fig. 402 gd). Diese gabelt sich vorn in zwei Stränge (die Anlage des Leitungsapparates, ag), welche den vorderen Theil des Magens umfassen und nach ihrer Wiedervereinigung- ventral noch im Bereich der Ganglienmasse nach Aussen münden (a). Beim Männchen erfahren diese Lagerungsverhältnisse keine sehr beträcht- liche Veränderung, da die männliche Geschlechtsöffnung beim ausge- bildeten Thier im vorderen Körpertheil nicht weit hinter dem Munde ge- legen ist, die Verlagerung nach vorn also keine bedeutende ist. Die weibliche Geschlechtsöffnung findet sich jedoch im ausgebildeten Zustand am hinteren Körperende, ganz in der Nähe des Afters (Fig. 404 oe), und 650 XVIII. Capitel. Lel'Ckart nimmt an, dass sie durch stärkeres Wachsthum der zwischen ihr und dem Munde gelegenen Parthien bei gleichzeitigem Zurückbleiben der hinteren Region an das Körperende verlagert wurde. Die Fig. 403 stellt ein Uebergangsstadium dar. In ihr erscheint die Geschlechtsöffnung schon weiter als in Fig. 402 nach hinten verlagert. Es ist hier bereits die Differenzirung der Vagina vom übrigen Leitungsapparat eingetreten. In Fig. 404 sieht man die Geschlechtsöffnung bereits neben dem After gelegen; hier sind somit im Ganzen schon die definitiven Lagerungs- verhältnisse erreicht. Stiles findet schon früh eine Differenzirung der Geschlechter, doch scheinen die von ihm bei P. proboscideum aufgefundenen Stadien auf einer weniger tiefen Entwicklungsstufe zu stehen als die von Leuckakt bei P. taenioides beobachteten. mct^- ma Fig. 404. Encystirte weibliche Larve von Pentastoinum proboscideum (das sog. P. sub cy lindr icum) aus den Eingeweiden einer Maus. 61 2 Woche nach Verfütterung der Eier (nach Stiles). a After, ed Enddarm, ht Hakentaschen, Ih Larvenhaut (abgelöste Cuticula), /« Mund, ma Magen, n Anlage des Nervensystems, od Oviduct, oe Geschlechtsöfmung, ol Oberlippe, ov Ovarium. rs Keceptaculum seminis, vag Vagina. Nach den Angaben von Hoyl-e scheint es, als könnten die Geschlechts- drüsen vielleicht ursprünglich paarig gewesen sein. Wenn sich dies so ver- hielte, so würde mit der späteren Vereinigung der Keimdrüsen zu einem un- paaren Organ ein ähnlicher Vorgang gegeben sein, wie er bei den Milben stattfindet (pag. 627). Die Lagerung der (weiblichen) Geschlechtsöffnung am hinteren Körperende, welche dem gewöhnlichen Verhalten der Arach- noiden widerspricht, würde nach der von Leuckart gegebenen Erklärung als eine secundäre Erscheinung anzusehen sein. Während der Körper der encystirten Larve nach den ersten Häutungen ganz glatt erschien, tritt später eine Ringelung an demselben auf (Fig. 404), welche bei P. proboscideum von der Mitte des Körpers aus nach vorn und hinten fortschreitet und jedenfalls nicht als eine wirk- liche Segmentirung anzusehen ist, wie schon aus ihrem späten Auftreten Pentastomiden. 651 und der Art ihres Fortschreitens hervorgehen dürfte. Ringe der Diese Oberfläche erreichen bei einigen Pentastomen, z. ß. bei P. protelis nach Hoyle eine ziemliche Breite, und zwischen ihnen treten Ein- schnürungen auf, so dass dadurch ganz der Eindruck einer Gliederung hervorgebracht wird. Auch bei P. proboscideum fällt dieses Ver- halten schon auf, und tritt mehr hervor als bei P. taenioides. Bei anderen Pentastomen finden sich erhabene Ringe wie breite Fassreifen um den Körper, die durch Zwischenräume getrennt sind (van Beneden, Jaquart). Auch dadurch wird der Eindruck einer Segmentirung hervor- gerufen. Ueber breitet und in Reihen Oeffnungen i I -'" . i,.;v.,.;i'| fc,,,;" ""iiliXti ii ; «, , "IIKIIMIIIIIHIII ""} ViV;,1'""«*! "■;: i »•„'."'"lllol.lll II "i V. ...,t'.\ '! ..nn"» die ganze Oberfläche des Körpers ver- später in Folge der Ringelung derselben angeordnet, erscheinen kleine kreisrunde in der Chitinhaut, ähnlich den beiden Drüsenstigmen der vierbeinigen Larve (Fig. 404). Die- selben wurden schon von Leückart als die Mündungen von Hautdrüsen erkannt. Eine in später Larvenzeit auftretende Differenzirung der Chitinbedeckung sind die sog. Stachelkränze, welche am Hinterrande jedes Ringes auftreten und für die vollständig ausgebildeten Larven charakteristisch sind (Fig. 405 st). Die früher für eine geschlechtsreife Form gehaltene und als P. denticulatum bezeichnete Larve von P. tae- nioides zeigt eine besonders starke Ausbildung der Stachelkränze. Dieselben sind dem Thier wahrschein- lich bei seinen Bewegungen von Vortheil. Wichtigere Organe für die Bewegung und Befestigung des Thieres sind die Haken, zwei Paare krallenartiger Chitinge- bilde (Fig. 405 h), welche in je zwei taschenförmigen, vor dem Munde gelegenen Einsenkungen der Körper- haut zur Ausbildung kommen (Fig. 404 ht). Mit den Fussstummeln der Larve haben die Haken nichts zu thun und ebensowenig sind sie als Extremitäten an- zusehen, wie aus ihrer Entstehung vor dem Munde und in Einsenkungen hervorgeht. Später werden die Haken weiter nach hinten in die Gegend des Mundes oder sogar hinter denselben verlagert (Fig. 405). Von Differenzirungen der Oberfläche ist noch eine grössere Anzahl paarweise angeordneter Papillen am Vorder- ende zu erwähnen (Fig. 405 tp\ welche als Tastorgane gedeutet werden (Leückart, Stiles). Die letzte Larvenform und ihre Uebertra^un^ in den definitiven Wirth. Mit den besprochenen äusseren und inneren Entwicklungsvor- gängen hat sich der Körper der Larve in die Länge gestreckt, so dass er gezwungen wurde, sich in der Cyste einzurollen. Im Grossen und Ganzen wird innerhalb der Cyste schon die Gestaltung des Geschlecht-- thieres erreicht. Die Larve (Fig. 405) durchbricht nun die Cyste und entfernt sich durch active Wanderung von ihrem bisherigen Wohnort, wobei ihr die Stachelkränze von Vortheil sind. Wird der Zwischenwirtli. welcher sie beherbergt, zu dieser Zeit von einem Raubthier zerrissen, so gelangt die Larve aus dessem Munde wahrscheinlich direct in die Nasen- höhle, um hier durch nochmalige Häutung das Stachelkleid abzuwerfen und endlich die völlige Organisation des geschlechtsreifen Pentastomirm Fig. 405. Freie Larve von Penta- s t o m u m taenioi- d es (das sogen. P. denticulatum) aus der Leber des Kaninchens oder der Nasenhöhle des Hun- des (nach Leückart). a After, d Darm. h Haken , m Mund, sf Stachelkränze, tp Tastpapille. 652 XVIII. Capitel. zu erhalten. Findet die Larve jedoch nicht eine so günstige Gelegen- heit, ihren definitiven Träger zu erreichen, so kapselt sie sich im Körper des Zwischenwirthes von Neuem ein. Eingekapselte Larven von ge- nügender Reife, welche mit dem Fleisch des Zwischenwirthes von einem Raubthier aufgenommen werden und in dessen Darm gelangen, durch- brechen die Darmwand und gelangen durch active Wanderung in die Luftwege und die Nasenhöhle (Gerlach, Stiles). 3. Allgemeines. In der Entwicklung von Pentastomura bildet den wichtigsten Punkt das Auftreten der mit zwei Paar Extremitäten versehenen Larve. Diese Larvenform deutet entschieden darauf hin , dass wir es in Pentastomum mit einem Arthropoden zu thun haben , was aus der Organisation des ausgebil- deten Thieres nicht so sicher hervorgeht. Diese Larvenform war es auch vor allen Dingen , welche die Zusammenstellung des Pentastomum mit den Milben veranlasste. Die Aehnlichkeit würde noch grösser sein , wenn bei Pentastomum auch eine sechsfüssige Larve aufträte , wie dies be- hauptet wurde (De Filippi). Leider ist die betreffende Angabe De Filippi's welche von Wichtigkeit wäre, sehr unsicherer Natur, wie ein Blick auf seine Abbildungen zeigt, Eine directe Vergleichung der Pentastomumlarve mit derjenigen der Milben ist in Folge des Fehlens der Mundwerkzeuge bei der ersteren ausgeschlossen. Freilich kann hier eine Rückbildung stattgefunden haben, welche noch weiter geht als die auch bei den Milben schon auftreten- den Rückbildungserscheinungen, und es ist immerhin möglich, dass sich Pentastomum von milbenähnlichen Formen ableitet. Gewisse Milben , wie z.B. die Phytopten, bei denen zwei Beinpaare schwinden, und welche eine langgestreckte Form annehmen (vgl. pag. 632 u 633), könnten einen Hinweis für das Zustandekommen einer Form wie Pentastomum liefern (Leuckart). Aber es muss ausdrücklich hervorgehoben werden, dass dafür ein bestimmter Anhalt nicht vorliegt, und man könnte Pentastomum mit beinahe ebenso viel Recht von anderen Gruppen der Arthropoden herleiten. Leider bietet auch die Organisation des ausgebildeten Thieres keinen rechten Anhaltspunkt, sondern lässt nur erkennen, dass Pentastomum eine in Folge des Parasitismus stark rückgebildete Form ist. Wichtige Organsysteme, wie die Pespirations- und Excretionsorgane , welche sonst durch ihre charakteristische Ausbildung die Bestimmung der systematischen Stellung erleichtern, sind nicht vorhanden. Auch ein Blutgefässsystem gelangt nicht zur Sonderung. Dagegen finden wir in der quergestreiften Musculatur einen Arthropodencharakter. Dass auch die Genitalorgane möglicher Weise in diesem Sinne zu verwenden sind, wurde schon oben (pag. 650) angedeutet. Das Ovarium zeigt ähnliche Structurver- hältnisse wie bei den Arachniden , indem sich die Eier an seiner Oberfläche follikelartig vorbuchten und das Ovarium dadurch eine traubige Beschaffen- heit erhält. Litteratur. 1. Beneden, P. J. van. Reeherches sur V Organisation et le developpement des Lingua- tulcs (Pottastoma). Ann. Sc. Nat. 3e sc')-. Zool. T. II. 1849. 2. Filippi, F. de. Xuova linguatula con embrioni di paiticolar forma. Archivio per la Zool., Anut. e Fisiol. Fase. J. Vol. 1. Genova 1861. 3. Gerlach, A. C. Pentastomum dentieulatum bei zwei Ziegen. Jahresber. d. k. Thierarz- neisc/mle zu Hannover. II. 1869. Pentastomiden. (353 4. Hoyle, W. E. On a new Species of Pentastomum (P. protelisj, from the Mesentery of Proteles cristatus etc. Tr ansäet ions Roy. Soc. Edinburgh. Vol. 32. 1SS7. 5. Jaquart, H. Meeanisme de la retraction des ongles des Felis et des crochets des Linguatulcs trouve'es dans les poumons des serpents. Journ. Anat. et P/iys. vorm. et path. etc. Paris. 3 annee. J8l>(>. 6. Leuckart, R. Bau und Entwicklungsgeschichte der Pentastomen. Leipzig u. Heidelberg 1860. 1. LiOhrmann, E. Untersuchungen über den anatomischen Bau der Pentastomen. Ar eh. f. Xaturg. 55. Jahrg. lSS'J. 8. Maealister, A. On two new species of Pentastoma. Proc. Roy. Irish. Acad. 2. ser. Fol. 2. Bubiin 1875—77. 9. Schubärt, T. D. Veber die Entwicklung des Pentastomum taenioides. Zeitschr. f. wiss. Zool. 4. Bd. 1853. 10. Stiles, Ch. W. Bau und Entwicklungsgeschichte von Pentastomum proboseideum u. P. subeylindricum. Zeitschr. f. wiss. Zool. 52. Bd. 1891. (Biese Arbeit enthält ein sehr ausführliches Verzeichniss der Litteratur über die Pentastomiden) XIX. Capitel. PANTOPODEN. Eiablage und Brutpflege. Die Weibchen der Pantopoden legen ihre Eier nicht frei ab, sondern übergeben sie den Männchen, welche sie an ihrem dritten Extremitätenpaar, den sog. Eierträgern (Fig. 416, 3, pag. 671), befestigen und mit sich herumtragen, bis der Embryo zur Reife gelangt ist. Die Eier sind gewöhnlich in grössere Päckchen zu- sammengehäuft, welche an 100 Eier enthalten können. Solcher Päckchen finden sich mehrere am Männchen vor, so dass ein tüchtig beladenes Männchen an 1000 Eier tragen kann (Dohrn). In diesen Fällen pflegen die Eier klein zu sein. So verhält es sich bei den meisten Pantopoden; bei der Gattung Pallene jedoch sind die Eier verhältnissmässig gross (0,25 mm im Durchmesser) und besitzen beispielsweise das 125fache Volumen der Eier von Phoxi chi lidium und Tanystylum (Morgan). Pallene trägt nur wenige, gewöhnlich nur zwei Eier in jeder Kittmasse. Solcher Kittmassen sind bei Pallene ebenfalls nur wenige vorhanden (Dohrn). Nymphon besitzt nach Hoek besonders grosse Eier (bei N. brevicaudatum 0,5 bis 0,7 mm im Durchmesser), doch trägt diese Gattung dabei eine grössere Anzahl von Eiern. Diese grossen Eier sind besonders dotterreich, was bei den kleineren offenbar weniger der Fall ist. Die Form der Eier ist kugelrund ; innerhall) der Kittmasse wird jedes Ei noch von einer besonderen dünnen Membran umgeben (Fig. 406 B). 1. Die Furchung und Keimblätterbildung. Die Furchung der Eier ist eine totale (Dohrn, Hoek-, Morgan), doch verhalten sich in dieser Beziehung die einzelnen Gattungen ver- schieden, indem die mit kleineren Eiern versehenen, z. B. Phoxichi- lidium und Tanystylum eine äquale, die mit grösseren Eiern (Pal- lene, Nymphon) eine inäquale Furchung zeigen (Morgan). Die ersten Entwicklungsvorgänge am Pantopodenei waren bisher nur höchst unvollkommen bekannt. Nachdem schon vor langen Jahren (1843) von Kölliker eine Angabe über die totale Furchung gemacht worden war, beschrieb Dohkn (No. 3) später einige Furcbungsstadien von Pygnogonum, welche die totale Furchung bestätigten. Bei seinen Untersuchungen des Pantopoden. 655 Challengermaterials fand Hoek einzelne Entwicklungsstadien, welche aber der Natur der Sache nach nur ein lückenhaftes Bild von der Embryonal- entwicklung zu geben vermochten. Hoek: suchte dasselbe später durch einige Beobachtungen am lebenden Object zu ergänzen (Pallexe, No. 7). Sodann hat Morgan die Furchung und Keimblätterbildung untersucht (No. 10 und 11), und in einer ganz neuerdings erschienenen Arbeit (No. 12) schildert er diese Vorgänge bei einigen Formen in eingehender Weise. An seine Darstellung werden wir uns daher besonders zu halten haben. Palleue. Bei Pallene wird das Ei durch die erste Furchungs- ebene in ein grösseres und ein kleineres Blastomer zerlegt, wovon das letztere ungefähr den vierten Theil des ersteren im Umfang beträgt (Morgan). Nach Hoek's Beobachtung geht die Theilung der Kerne in den ersten Stadien derjenigen der Blastomeren voraus. Durch eine zur ersten Theilungsebene senkrechte Ebene werden beide Kugeln in zwei neue zerfällt, so dass jetzt zwei Mikro- und zwei Makromeren gebildet sind. Die dritte Theilungsebene steht senkrecht auf den beiden vorher- gehenden und lässt je vier Mikro- und Makromeren entstehen. Darauf folgt ein Stadium von 8 kleinen und 8 grossen Furehungskugeln. Von da ab halten Mikro- und Makromeren nicht mehr gleichen Schritt in der Theilung. In einem späteren Stadium erkennt man auf Schnitten ähn- liche Bilder, wie das von Fig. 407 A, nur dass der Pol der Mikromeren aus schmäleren Zellen gebildet wird, als dort. Die Zellen haben, wie man sieht, Pyramidenform, doch reichen die Zellgrenzen nicht bei allen bis in das Centrum hinein. Damit ist schon der Uebergang zu dem folgenden wichtigen Stadium angedeutet. Eine inäquale Furchung scheint auch den dotterreichen Eiern von Nymphon brevicaudatum zuzukommen, denn nach Hoek's Abbildung (Fig. 2 Tat". XIX, No. 6) setzt sich in einem späteren Stadium die eine Hälfte des Eies aus kleineren, die andere Hälfte aus grösseren Zellen zu- sammen. Die Kerne der pyramidenförmigen Zellen rücken mit dem umgeben- den Plasma an die Peripherie (Fig. 406 A u. B). Die Grenzen der Blasto- meren bleiben dabei zum Theil noch erhalten (dp), zum Theil aber schwindet diese Abgrenzung, besonders gegen die Mitte des FJes hin (A und B). Die Kerne sind von Protoplasmahöfen umgeben, welche Fort- sätze in den Dotter erstrecken. Da diese Protoplasmacomplexe, indem sie sich durch Theilung vermehren und enger an einander rücken, das Blastoderm liefern (Fig. 406 0), so ergiebt sich hier ein ähnliches Ver- halten wie bei den Spinnen, d. h. die Dottermasse erscheint in Dotter- pyramiden gesondert, welche später zerfallen. Nach Hoek's Darstellung scheint übrigens diese Zertheilung des Dotters auch in späteren Stadien noch nachweisbar zu sein, wenn das Blastoderm bereits zur Ausbildung uelanyt ist (man vgl. eine Abbildung von Nymphon brevicaudat u in , No. 6, Taf. XIX, Fig. 5). Im Centrum des Eies tritt eine Höhle auf (Fig. 406 A, fh), welche als Furchungshöhle anzusehen ist. Aller- dings scheint ihr Vorkommen nicht constant zu sein (Morgan), jeden- falls schwindet sie bald wieder. Im Ganzen würde auch dieses Ver- halten, wrenn es sich als richtig herausstellt, eine gewisse Uebereinstim- mung mit den Verhältnissen bekunden, wie sie für die Spinnen dar- gestellt wurden (pag. 570). Die Furchung geht auch hier aus der totalen 656 XIX. Capitel. in eine superficiale über. Desgleichen scheint eine Concentration des Blastoderms nach demjenigen Pole hin stattzufinden, an welchem später die ersten Andeutungen des Embryos auftreten (Fig. 406 C). Am gegen- überliegenden Pole des Eies, weicher früher ebenfalls periphere Zellen zeigte [A und B), sind dieselben geschwunden. <£&. Fig. 406. A—D Schnitte durch Eier von Pallene in verschiedenen Stadien der Blastodermbildung (nach Morgan). In B tritt eine Einstülpung (e) am Blastoderm auf, in deren Umgebung sich Zellen ablösen, wahrscheinlich die ersten Mesodermzellen. bl Blastoderm, d Dotter, dp Dotterpyramiden, e Einstülpungsöffnung, eh äussere und innere Einfälle, fh Furch ungshöhle (?). Zur Zeit, wenn das Blastoderm nur einen Theil des Eies umgiebt, sieht man unter ihm einzelne Zellen von amöboider Form gelegen (Fig. 406 C). Nach Morgan findet eine Abspaltung von Zellen statt, welche von dem an Zellen reicheren Pol der Mikromeren ausseht und Pantopoden. 657 sich auf dem übrigen Umfang des Eies fortsetzt. In Folge dieser Theilung der Blastodermzellen in radialer Richtung, welchen Vorgang Morgan im Vergleich mit dem von ihm bei anderen Pantopoden beobachteten Ver- halten als einen Delaminationsprozess auffasst, soll eine untere Schicht von Zellen gebildet werden, welche wohl als Entoderm anzusehen wäre. Eine solche Auffassung erscheint durch die bisher bekannt gewordenen Thatsachen nicht genügend gestützt, und bezüglich der Bildung der Keim- blätter wird durch Morgan's Beobachtungen noch eine andere Annahme ermöglicht. An dem zellenreicheren Pole des Eies tritt nämlich eine Verdickung des Blastoderms auf, welche Morgan mit dem Cumulus primitivus der S p i n n e n e i e r vergleicht (pag. 573). An dieser Stelle entsteht sodann eine Einsenkung (Fig. 406 D, e), von welcher aus eine rege Vermehrung der Zellen vor sich geht. Mobgan selbst fasst diesen Vorgang als die Bildung des Mesoderms auf und meint, dass ein Theil der gegen den Dotter vordringenden amöboiden Zellen auch entodermaler Natur ist. Beide Keimblätter sind noch nicht von einander geschieden. Jedenfalls hat der ganze Vorgang grosse Aehnlichkeit mit der Bildung der Keimblätter bei den Araneinen. Es werden amöboide Zellen ge- bildet, welche gegen den Dotter vordringen und aus denen wohl später der Mitteldarm hervorgeht. Dass ein Theil der Zellen, welche in der Nähe der Einstülpung ihren Ursprung nehmen, die Anlage des Meso- derms darstellt, ist zweifellos. Diese Zellen vermehren sich bald reich- lich und ordnen sich zu zwei Bändern an, den Mesodermstreifen. Die Einstülpung, welche man nach ihrer Beziehung zur Bildung der Keim- blätter als Blastoporus ansehen möchte, soll nach Morgan das Stomo- daeum sein. Tanystylum und Phoxicliilidiuni. Die kleineren und weniger dotter- reichen Eier der Pantopoden wie die von Tanystylum und Phoxi- chilidium verhalten sich insofern abweichend von den vorher betrach- teten dotterreichen Eiern, als sie einer äqualen Furchung unterliegen, vermöge deren das Ei in zwei, vier, acht und sechzehn gleich grosse Blastomeren zerfällt. Infolgedessen sind auch die pyramidenförmigen Zellen des späteren Stadiums von ungefähr gleichem Umfang (Fig. 407 A). Dadurch, dass der Dottergehalt dieser Eier ein geringerer ist, geht auch die Weiterentwicklung in abweichender Weise vor sich. Es wird zu- nächst kein eigentliches Blastoderm gebildet, wie bei Pallene, sondern der Delaminationsprozess soll in Form einer multipolaren Einwanderung vor sich gehen (Fig. 407 B). Es scheint dabei eine Furchungshöhle aufzu- treten, wie aus der Fig. 407 B zuerkennen ist. Die pyramidenförmigen Zellen theilen sich direct in eine äussere und eine innere Zelle. So- wohl die inneren wie die äusseren Zellen fahren darauf fort, sich weiter zu theilen. Die letzteren bilden eine regelmässige Lage von Zellen an der Peripherie, das Blastoderm (Fig. 407 C, bl), während die inneren Zellen ihre regelmässige Abgrenzung verlieren. So kommt eine Dotter- masse zu Stande, in welche vereinzelte Zellen eingelagert sind {C, d und s). Offenbar waren die inneren Zellen reicher an Dotter, welcher nun zu der gemeinsamen Masse zusammengeflossen ist. Damit bietet der Embryo dann ähnliche Verhältnisse dar, wie sie bei anderen Arthro- poden, z. B. bei den Spinnen, gegeben sind, nämlich eine periphere Zellen- lage (das Blastoderm) und die innere Dottermasse mit einzelnen darin verteilten Zellen. Allerdings soll die Entstehung der letzteren bei den Pantopoden eine abweichende sein, wie gezeigt wurde (Fig. 407 B). Die 658 XIX. Capitel. Bilduno- der Keimblätter konnte bei den Formen mit äqualer Furchring nicht genauer festgestellt werden, doch nimmt Morgan an, dass von den inneren Zellen (dem Entoderm) der Mitteldarm gebildet wird. Auch bei diesen Formen beobachtete Morgan schon früh eine Einsenkung der peripheren Zellschicht, welche er in Uebereinstimmung mit dem schon für Pallene besprochenen Verhalten als die Anlage des Stomodaeums ansieht, Diese Einsenkung zeigt eine dreikantige Gestalt, und dies hat Veranlassung gegeben, sie mit dem ebenfalls zuweilen dreikantig ge- formten Stomodaeum der Spinnen zu vergleichen. Bei der immerhin noch verhältnissmässig geringen Kenntniss, welche wir von den ersten Entwicklungsvorgängen der Pantopoden besitzen , dürfte es allzu gewagt scheinen, schon jetzt weitere Schlüsse daran anknüpfen zu wollen. Dass eine gewisse Uebereinstimmung mit dem Verhalten der Spinnen her- vortritt, wurde schon erwähnt. Die von Morgan vertretene Spaltung des Blastoderms in zwei Zellschichten erinnert an die Vorgänge bei den Pseudo- scorpionen (vgl. pag. 561) ; doch sind auch diese zu wenig bekannt, als dass man a. 08. Fig-. 407. A — C Schnitte durch Eier von Tanystylum (A u. B) und Phoxi- chilidium (C) im Endstadium der Furchung (A) und im Stadium der Delamination und Blastodermbildung (B u. C) (nach Morgan). bl Blastoderm, d Dottermasse, z die Zellen, welche sich von den peripheren Zellen (Blastoderm) ablösen und ins Innere rücken. den Vergleich weiter führen könnte. Die beginnende Ausbildung und weitere Differenzirung an dem einen Pole möchte man mit der Keimblätterbildung der Aracbniden an einem beschränkten Theil des Blastoderms vergleichen. Morgans Angaben über die Abspaltung bezw. multipolare Einwanderung der Zellen lauten zu bestimmt, als dass man sie auf eine von jenem Punkt ausgehende Einwanderung und darauf folgende Umwachsung des Dotters be- ziehen und sie mit dem entsprechenden Vorgang bei den Scorpionen ver- gleichen könnte. Immerhin dürfte das Augenmerk künftiger Beobachter auf diesen Punkt zu richten sein. Wenn die oben besprochene Einsenkung des Blastoderms auftritt, ist nach Morgan das Entoderm schon gebildet, sie dürfte also nicht dem Blastoporus verglichen werden, obwohl ein solcher Vergleich im Uebrigen sehr nahe liegt, um so mehr, da auch Morgan im Umkreise jener Einsenkung das Mesoderm entstehen lässt. Dass übrigens bei den Pantopoden ähnliche Vorgänge wie bei den Aracbniden sich voll- ziehen, beweist die Bildung eines Keimstreifens, welcher allerdings sehr stark zurücktritt , aber dabei gewisse Merkmale zeigt , welche ihn demjenigen der Aracbniden ähnlich erscheinen lassen. Pantopoclen. 659 Dütterreiche Eier dürften auch für die Pantopoden den ursprünglicheren Zustand repräsentiren und mit ihnen die Bildung eines Blastoderras (von der bei den Arthropoden gewöhnlichen Beschaffenheit) sowie diejenige eines Keimstreifens. Durch das Zurücktreten des Dotters wurden wahrscheinlich die Entwicklungsvorgänge stark beeinflusst und erreichten dadurch den Zu- stand, auf welchem sie uns jetzt entgegentreten (vgl. hierzu pag. 668). 2. Die weitere Ausbildung des Embryos. Die bisherigen Kenntnisse von der Ausbildung des Embryos und der Anlage der Organe sind noch sehr unvollkommen. Die folgenden An- gaben beziehen sich grösstentheils auf Fallen e, welche Form von Morgan genauer untersucht wurde. Dabei muss aber noch besonders hervorgehoben werden, dass sich Pallene im Gegensatz zu anderen Pantopoden beinahe bis zur Erlangung der Gestalt des ausgebildeten Thieres im Ei entwickelt (vgl. pag. 663 u. 668). Wenn die schon mehrmals erwähnte Einstülpung an der verdickten Seite des Blastoderms aufgetreten ist, erscheinen an der Oberfläche des Eies von Pallene weitere Verdickungen. Zwei derselben sind von ovaler Form und finden sich vor der dreikantigen Einsenkung gelagert (Fig. 408 g). Sie stellen die Anlage des oberen Schlundganglions dar. Auf der entgegengesetzten Seite der Ein- stülpung, also nach hinten, erstrecken sich zwei Reihen von Verdickungen, die Anlage der Ganglienkette (Fig. 408), und seitlich davon treten als stärkere Wulstungen die ersten An- deutungen der Extremitäten hervor (Fig. 409 A). Alle diese Organan- lagen bilden einen vorn schmalen, nach hinten breiteren Streifen an der Oberfläche des Eies, welcher jeden- falls dem Keimstreifen anderer Arthro- poden zu vergleichen ist. Da die Dottermasse nicht sehr umfangreich ist, so legt sich der Keimstreifen um einen grossen Theil des Eies herum. Mit der weiteren Ausbildung des Em- bryos erstreckt sich derselbe auch seitlich mehr über das gesammte Ei, so dass dann von einem gesonderten Keimstreifen nicht mehr gesprochen werden kann, sondern die Embryonal- anlage nunmehr das ganze Ei umfasst. Dabei hat sich der Embryo auch etwas in die Länge gestreckt (Fig. 409 A). Die Anlage der Extremitäten erfolgt bei den verschiedenen Formen in differenter Weise. Bei Pallene wird zuerst das vorderste Glied- maassenpaar angelegt, welches mit Scheeren versehen ist. Nach Morgans Angaben liegt es neben dem Munde, doch scheint das erste Auftreten noch nicht sicher genug beobachtet zu sein. Auf das erste Extremitäten- paar folgt bei Pallene das vierte, und dementsprechend bemerkt man zwischen beiden eine Lücke, in welcher zwei Ganglienpaare, die der — ffin ¥ 5tf Fig. 408. Oberflächenansicht eines Eies von Pallene, welche den vorderen Theil der Embryonalanlage zeigt (nach Morgan). g Anlage des oberen Schlnndgan- glions, gu — ^rv Bauchganglien, den Seg- menten der Extremitäten II — IV zuge- hörig, m Mund, / Extremität I, IV An- lage der Extremität IV. 660 XIX. Capitel. a, zweiten und dritten Extremitäten, liegen (Fig. 408 u. 409 A). An das vierte Paar schliesst sich das fünfte und sechste an. Das dritte Paar kommt erst später zur Ausbildung; das zweite Paar fehlt bei Pallene über- haupt, und das siebente tritt wie das dritte erst kurze Zeit vorher auf, ehe der Embryo die Eihülle verlässt. Pallene erhält, wie man sieht, als Embryo bereits sämmtliche Extremitäten des ausgebildeten Thieres. Bei den meisten anderen Pantopoden ist dies jedoch nicht der Fall, son- dern sie bringen innerhalb der Eihülle gewöhnlich nur drei Gliedmaassen- paare zur Ausbildung. Auch bei Nymphon brevicaudatum sind die Embryonen zur Zeit des Aussehlüpfens wahrscheinlich in Besitz sämmt- licher Extremitäten (Hoek). Während des Auftretens und allmählichen Wachsthums der Extremi- täten hat auch die Anlage des Nervensystems eine weitere Differenzirung erfahren. Fünf Paar grosser Ganglien lassen sich deutlich unterscheiden (Fig. 409 A). Sie gehören den Segmenten der zweiten bis sechsten Extremität an; es wäre von Wichtigkeit, zu erfahren, wie sich die ersten Extremitäten bezüglich der zugehörigen Ganglien verhalten, d. h. ob etwa ein postorales Ganglienpaar mit dem oberen Schlundganglion verschmilzt. — Die beiden vordersten der fünf Gan- glienpaare treten später sehr nahe zu- sammen (Fig. 414 B). Beim ausgebilde- ten Thier sind diese Ganglien der Ex- tremitäten II. und III. vereinigt. Zu den schon frühe vorhandenen Ganglien der drei ersten Gangbeinpaare (Fig. 409 Ä) kommen erst weit später diejenigen des vierten Beinpaares (der Extremität VII) und die Ganglien für das Abdomen hin- zu (Morgan). In den Ectodermverdickungen, wel- che die Anlage der Ganglien darstellen, tritt eine grubenförmige Vertiefung auf (Fig. 409 A und J5, e) , in deren Um- gebung die Zellen der Verdickung eine regelmässige epitheliale Anordnung zei- gen (Morgan). Es nimmt also eine Ein- senkung des Ectoderms an der Bildung Fig. 409. A u. B. A Embryo von Pallene empusa, von der Bauchseite gesehen und B Theil eines Querschnittes durch denselben, um die paarigen Einsenkungen (e) an der Bauchfläche zu zeigen (nach Morgan). I — VI Extremitäten, bg Bauch- ganglienkette, in den Ganglien die Einsenkung (e) sichtbar, ect Ectoderm, ent Entoderm, mcs Mesoderm. des Ganglions theil. Die Einstülpung schliesst sich später, ihre Höhlung ist aber noch zu erkennen, wenn die Ganglienkette bereits in's Innere ge- rückt und aus dem Zusammenhang mit der Körperbedeckung gelöst ist (Fig. 410 e). Wenn die beiden vorderen Ganglienpaare sich vereinigen, erscheinen sie nur noch als ein einziges Paar, an welchem aber vier Gruben vor- handen sind, so dass dadurch die Zusammensetzung aus zwei Ganglien- paaren deutlich zu erkennen ist. Moegan's Angaben über die Betheiligung von Ectodermeinstülpungen an der Bildung der Bauchganglien lauten so bestimmt, dass ein Zweifel daran nicht berechtigt erscheint (vgl. Figg. 409 und 410). Er selbst vergleicht Pantopoden. 661 diese Gebilde mit den Ventralorganen desPeripatus (pag. 700) und eine gewisse Aehnlichkeit damit ist vorhanden, obwohl hervorgehoben werden muss, dass die Ventralorgane durchaus nicht in so directer Verbindung mit den Ganglien stehen, wie dies bei den Einsenkungen der Pantopoden der Fall ist. — Bei der Bildung des Gehirns liess sich die Theilnahme einer Ectodermeinstülpung, wie sie den Bauchganglien zukommt, nicht mit Sicherheit feststellen, obwohl man vielleicht gerade hier im Hinblick auf die Gehirneinsenkung der Arach- niden eine solche Bildung erwartet hätte. Die Ausbildung der äusseren Körpergestalt vervollständigt sich durch das Hinzukommen der noch fehlenden Extremitäten, sowie durch ihre Verlängerung und das Eintreten ihrer Gliederung. Das erste Paar rückt mehr nach vom und an die Dorsalseite. An seiner Basis ist der Rüssel Fig. 410. Querschnitt durch einen Embryo von Pallene empusa auf einem etwas älteren Stadium als Fig. 409^4. Die ventralen Einsenkungen (e) sind bereits geschlossen (nach Morgan). bg Bauchnervenstrang mit der Fasersubstanz an der Dorsalseite, cce Mesoderm- höhle der Extremität, d Dotter, di Entoderm(Darm)divertikel der Extremität, e die zum Schluss gelangte Ectodermeinstülpung, ect Ectoderm, ent Entoderm, mes Mesoderm, p Gangbeinpaar. oder Schnabel, wie es scheint, als eine unpaare Vorwulstung des Körpers entstanden. Er trägt an seiner Spitze den Mund. Am Hinterende des Körpers tritt in Form eines kleinen Zipfels das rudimentäre Abdomen auf, an dessen Ende die Afteröffnung gebildet wird. Von der Ausbildung der inneren Organe ist zunächst diejenige des Mitteldarmes zu erwähnen. Das Entoderm hat sich zu einem die Dotter- masse umgebenden Epithel angeordnet (Fig. 410 ent) und von hier aus erstrecken sich schon frühzeitig Divertikel, welche ebenfalls mit Dotter erfüllt sind, in die Extremitäten (di). Das sind die Blindsäcke des Darmes, welche auch bei der Larve (Fig. 414 Ä) und beim ausgebildeten Thier bis tief in die Extremitäten hineinreichen. Diese Verhältnisse er- innern an diejenigen von Chelifer, bei welcher Form sich ebenfalls der Dotter weit in die Extremitäten hinein erstreckt (pag. 561 und Fig. 358). Aehnliches ist auch bei den Milben der Fall und nach Locy Korscheit-Heider, Lehrbuch. 43 662 XIX. Capitel. sollen bei den Embryonen der Spinnen (so bei Agalena) Entoderm- divertikel bis in die Extremitäten vordringen. Bekanntlich bewahren bei den Pa n top öden, deren Rumpf gegenüber dem Umfang der Beine sehr stark zurücktritt, die Darmäste zeitlebens ihre Lagerung in den Beinen. Die letzteren enthalten beim ausgebildeten Thier ausserdem die Genital- organe und so ist es erklärlich, dass schon früh zwischen Ectoderm und Entoderm ein Fortsatz des Mesoderms in die Extremitätenanlage ein- dringt. An der Basis jeder derselben liegt nach Morgan eine vom mesodermalen Epithel umgrenzte Höhle und von hier aus erstreckt sich der Mesodermfortsatz in die Extremität (Fig. 410 mes). Morgan spricht direct von einer Leibeshöhle der Extremitäten. Wir haben also hier jedenfalls die Ursegmente vor uns und die Gesammtheit derselben stellt die beiden bereits segmentirten Mesodermstreifen vor. Diese letzteren, die Anlage der Ganglienkette und die Extremitäten zu beiden Seiten formiren auch hier den Keimstreifen (Fig. 408), obwohl derselbe gegen- über dem geringen Umfang des ganzen Eies bedeutend zurücktritt. Da diese Gebilde an dem verstärkten Theil des Blastoderms zur Ausbildung kommen, so ist die Gegend, unter welcher sich das Mesoderm ausbreitete, als die Anlage des Kemistreifens zu betrachten, so dass in dieser Be- ziehung die Pantopoden mit den übrigen Arthropoden übereinstimmen, worauf schon früher hingewiesen wurde. Bestätigt sich das Auftreten von Ursegmenten und ihr Eindringen in die Extremitäten, so wäre damit eine grosse Uebereinstimmung mit dem Verhalten der Arachniden gegeben. Freilich zeigt auch Per ipa tus sowie manche Insecten ein entsprechendes Verhalten, doch vermögen wir hierauf sowie auf die von Moegan besonders betonte Aehnlichkeit in der Bildung der „Ventral- organe" nicht so viel Gewicht zu legen. Die Querschnitte der Embryonen, welche Moegan von Pallene und Hoek von Nymphon abbilden, lassen eine gewisse Aehnlichkeit mit denjenigen von Spinnenembryonen nicht verkennen. Die weitere Umbildung des Mesoderms, die Beziehungen desselben zur definitiven Leibeshöhle und die Bildung des Herzens sind noch nicht mit genügender Sicherheit festgestellt Das Herz tritt in der dorsalen Mittellinie auf, wenn das Mesoderm bereits durch Abgabe von Zellen Veranlassung zur Bildung einer Menge Schizocoel-artiger Hohlräume ge- geben hat. Es wäre von Interesse, noch Genaueres über die Betheiligung der Ursegmente an diesen Vorgängen (der weiteren Differenzirung des Mesoderms und der Bildung des Herzens) zu erfahren. Das Mesodermgewebe mit seinen Hohlräumen nimmt an Umfang zu, wenn sich die Masse des Dotters verringert. Letzterer wird von dem umgebenden entodermalen Epithel resorbirt. Dotterzellen scheinen da- bei keine besondere Rolle zu spielen oder sogar ganz zu fehlen. Mit dem Mitteldarm setzt sich das Stomodäum in Verbindung, welches Morgan von jener schon sehr früh auftretenden, mehrfach erwähnten Einstülpung herleitet. Das Proctodäum bildet sich erst sehr spät, wenn das siebente Extremitätenpaar und wohl auch das Abdomen auftritt, da ja der After am Ende des letzteren liegt. 3. Die Larven form und ihre Umwandlung in das ausgebildete Thier. Die Larven. Die meisten Pantopoden entwickeln sich mittelst Meta- morphose. Ihre Larven weisen gewöhnlich drei Extreinitätenpaare auf, doch verlassen einige in höherer Ausbildung das Ei; so besitzen die Pantopoden. 663 jungen Pallenen beim Ausschlüpfen bereits sämmtliche Extremitäten und auch einige Arten der Gattung Nymphon erreichen schon im Ei diese höhere Entwicklungsstufe. Die verschiedenen Arten der letztge- nannten Gattung differiren übrigens in dieser Beziehung, da die Larven einiger beim Ausschlüpfen nur vier oder fünf Extremitätenpaare auf- weisen (Hoek). Die vielen Pantopodenlarven, welche beschrieben worden sind, weichen nur wenig von einander ab und lassen sich leicht auf die erste mit drei Fig. 411. Larve von Achelia laevis, unmittelbar nach dem Ausschlüpfen (nach Dohrn). I — III Extremitäten, bg Bindegewebsstränge, d Dorn an Extremität I mit Drüse (dr), da Darm, / Faden des Drüsensekretes, g Gehirn (darüber die Augen), m Muskeln, s Schnabel, v Vacuole in der Drüse. Extremitätenpaaren versehene Larvenform zurückführen. Diese zuerst von Dohen genauer studirte Larve zeigt einen gedrungenen Körperbau (Fig. 411). Ihre Gestalt ist gewöhnlich beinahe quadratisch oder auch rundlich, selten länglich oder oval. Der Körper ist äusserlich nicht segraentirt, obwohl er drei Paare von Extremitäten trägt; in dieser Be- ziehung zeigt die Larve also eine gewisse Uebereinstimmung mit dem 43* 664 XIX. Capitel. Nauplius der Crustaceen. Mit diesem wurde sie auch verglichen, doch ist die Uebereinstinimuug nur sehr äusserlicher Natur. Wie erwähnt, ist die Larve mit drei Paar Gliedmaassen ausgerüstet. Das vorderste derselben ist dreigliedrig und mit einer Scheere versehen. An ihrem Basalglied besitzt die vordere Extremität einen beweglich eingelenkten Dorn (Fig. 411 d), welcher bei anderen Gattungen eine be- deutend grössere Länge erreicht, als dies bei der in der Figur darge- stellten Larve von Achelia der Fall ist. Diese Einrichtung verleiht der Extremität eine gewisse Aehnlichkeit mit den zweiästigen Glied- maassen der Crustaceen, obwohl wir darauf nicht zu grosses Gewicht legen wollen. Ein ziemlich umfangreicher Dorn, welcher sich mit dem- jenigen der ersten Extremität vergleichen Hesse, kommt auch an den bei- den folgenden Gliedmaassen vor (Fig. 411). Am ersten Gliedmaassen- paar zeigt derselbe aber eine ganz besondere Einrichtung, indem eine Drüse an seiner Spitze ausmündet (dr). Die feinen Fäden, welche durch diese Vorrichtung produzirt werden können, dienen zur Fixirung der Larve, wie Hoek an solchen Larven beobachtete, welche sich nach dem Verlassen der Eihülle und vollzogener erster Häutung an den Eierträgern des Männchens befestigten. Das zweite und dritte Gliedmaassenpaar be- sitzt nur Krallen (Fig. 411 II und III). Sämmtliche Extremitäten, be- sonders aber die ersten, sind sehr muskulös. Während die ersten zum Fixiren und besonders zum Zufassen benützt werden, dienen die beiden hinteren Paare zum Kriechen und Klettern. Die Larven leben zwischen Algen, Hydroiden u. dergl. Von der äusseren Organisation der Larve ist noch der Schnabel zu erwähnen, welcher als kegelförmiges Gebilde ventral zwischen der Basis der beiden vorderen Extremitäten entspringt (Fig. 411 s). An seiner Spitze liegt die MundöfTnung. Es scheint, als ob der Schnabel durch eine Vorwulstung des Ectoderms in der Umgebung des Stomodaeums entstanden sei, obwohl man auch ge- neigt war, ihn durch Verschmelzung der Oberlippe mit einem Extremitäten- paar entstehen zu lassen (Adlekz). Ob eine Vergleichung des Schnabels mit dem provisorischen Rüssel des Chelifer berechtigt ist, lässt sich bei der geringen Kenntniss, welche man von dem letzteren Organ hat, nicht entscheiden. Unwillkürlich wird man jedenfalls durch den Pantopodenschnabel an dieses Organ erinnert. Der Darm zeigt bereits Aussackungen, von denen das vordere Paar sich in die Basis der ersten Extremitäten hinein zu erstrecken beginnt (Fig. 411). Vom Darm ziehen Bindegewebsstränge zur Körperwand. Der After scheint noch nicht vorhanden zu sein (Dohen) und tritt wohl erst später mit der Anlage des Abdomens auf (Fig. 413 B). Das Nervensystem der Larve besteht aus dem oberen Schlundganglion und nur zwei Ganglienpaaren an der Bauchseite. Dicht über dem oberen Schlundganglion liegen die beiden sich eng berührenden Augen (Fig 411). Die Entstehungsweise der letzteren ist von besonderein Interesse, weil sie Anknüpfungspunkte an die Verhältnisse der Arachniden darzu- bieten scheint. AVie das Nervensystem, so erreichen auch die Augen erst während der Metamorphose ihre völlige Ausbildung. Zu den beiden Augen der früheren Stadien kommt später noch ein weiteres Paar hinzu. Um ihre Entwicklungsweise verständlich zu machen, niuss der bisher nur sehr Pantopoden. 665 unvollkommen bekannte Bau der Pantopodenaugen mit einigen Worten berührt werden. Dieselben bestehen ähnlich den Spinnenaugen aus einer Cornealinse, der darunter gelegenen Hypodermis-(Glaskörper-)schicht, einer dicken Lage von Retinazellen und dahinter gelegener Pigmentzellen- schicht. In der Retina liegen die Zellkerne vor den Stäbchen; diese gehören also dem hinteren Theil der Zelle an, und stossen demnach direct an die Pigmentschicht (Fig. 412 st). Die Nervenfasern verbinden sich aber mit den äusseren Enden der Seh zellen, so dass also hier ganz ähnliche Verhältnisse vorliegen, wie sie bei den hinteren Mittelaugen und Seitenaugen der Spinnen obwalten (vgl. pag. 593, Fig. 376). Dieses letztere Verhalten schien bereits aus den von Hoek gegebenen Darstellungen hervorzugehen, wurde aber erst neuerdings durch Morgan fester begründet (No. 12). Wie der Bau des ausgebildeten Auges, so lassen auch die Entwicklungsstadien eine grosse Uebereinstimmung mit den Augen der Arachniden erkennen. Eine Vergleichung der Fig. 412 mit den Entwicklungsstadien der Augen von Scorpionen und Spinnen Fig. 352, pag. 548 und Fig. 377, pag. 594 thut dies ohne Weiteres dar. Diese Figur ist wahrscheinlich so zu deuten, dass eine Einstülpung stattfand und diese nach einer Seite hin sich unter der Hypodermis ausbreitete. So entsteht die Retina und die Pigmentschicht, sowie aus der darüber liegenden Hypodermis die Glaskörperschicht, welche nach aussen die Linse abscheidet. Es findet also bei der Bildung der Augen eine Inversion statt und die Innervirung der Augen von vornher würde auf dieselbe Weise zu erklären sein, wie bei den Augen der Spinnen. Frühere Entwicklungsstadien der Augen lassen übrigens eine Ein- stülpung nicht so deutlich erkennen, wie dies bei den Augen der Spinnen der Fall ist. Es liegen die verschiedenen Lagen von Zellen ziemlich dicht aneinander und Morgan nimmt an, dass nicht eine eigentliche (totale) Invagination stattfindet, sondern von der Einwucherungsstelle her immer neue Zellen dem Auge hinzugefügt werden und so schliesslich die Bildung der gleichen Schichten zu Stande kommt (Fig. 412), wie sie das Arachnidenauge besitzt. Einer Verdickung der Hypodermis, welche seitlich von den Augen auftritt, liegt vielleicht die Lieferung neuen Zellenmaterials ob. Sie erinnert an die Hypodermisverdickungen, welche neben den Augen der Crustaceen und des Limulus gefunden werden (pag. 367 und 526). Die Entwicklung und der Bau der Pantopodenaugen weist durchaus auf eine Vergleichung mit den Arachnidenaugen hin. Morgan's Angabe, dass die Stäbchen durch Verschmelzung der Stäbchen zweier benachbarten Zellen entstehen, lässt die Uebereinstimmung noch auffälliger erscheinen und führt uns bezüglich der Pantopodenaugen zu derselben Auffassung, welche wir für die Augen der Arachniden aufstellten, nämlich zu einer Herleitung dieser Fig. 412. Längsschnitt durch eines der hinteren Augen der Larve von T a n y s t y 1 n m (nach Morgan). e Cuticula, ect Ectoderm (Hypo- dermis), gk Glaskörper, hy Hypoder- mis, pi Pigmentschicht, r Retina, st Stäbchen. m XIX. Capitel. scheinbar einfachen von zusammengesetzten Augen. Freilich ist unsere Kenntniss von den Pantopodenaugen noch eine zu geringe, um weiter gehende Schlüsse zu gestatten, ja Mokgan vertritt sogar eine ganz entgegengesetzte Auffassung, indem er die jedenfalls vorhandene Inversion dieser Augen durch Verkümme- rung des hinteren Theiles einer Augeneinstülpung und bessere Entwicklung der vorderen Parthien erklärt. Er leitet auf diese Weise die invertirten Pantopodenaugen von solchen einfachen Augen (Ocellen) ab, wie sie die Insecten besitzen, wofür ihm besonders eine gewisse bilaterale Gestaltung der Pantopodenaugen maassgebend ist. Derjenige Entwicklungsmodus aber, wie er in der Ontogenie auftritt, d. h. das Vorwachsen der Einstülpung nach einer Seite hin, stellt nur einen caenogenetischen Vorgang dar und dient zu rascherer Erreichung des Baues , welchen das fertige Auge jetzt besitzt. Er hat die Bedeutung einer abgekürzten Entwicklung. In Consequenz dieser Auffassung müsste man eine entsprechende Annahme auch für die Augen der Arachniden machen. Wir können hier nicht noch näher auf Mokgan's Aus- führungen eingehen, sondern verweisen in dieser Beziehung auf die Original- Fig. 413. A und B jLarven von Tanysty lum in zwei verschiedenen Stadien ; von der Ventralseite gesehen (nach Morgan). a After, abd Abdomen, bg Bauchganglienkette, m Mund, »Schnabel, I—IV Extre- mitäten I — IV. abhandlung, sowohl wie auf unsere pag. 597 ff. dargelegte Auffassung der Arachnidenaugen. Dagegen muss noch bemerkt werden, dass die neuerdings von Claus (No. 2) für die Entstehung des Medianauges der Crustaceen ge- gebene Darstellung unwillkürlich an die Verhältnisse der Pantopodenaugen erinnert. Nach Claus sollen die Medianaugen der Crustaceen durch Inversion entstehen und scheinen eine ganz ähnliche Anordnung der Elemente zu be- sitzen, wie sie für die Pantopodenaugen beschrieben wird. Die Stäbchen liegen nach innen zu, gegen den Pigmentbecher des Auges gerichtet, während die Nervenfasern von der entgegengesetzten Seite , wo auch der Kern der Retinazellen liegt, an diese herantreten. Die Umwandlung der Larve in das ausgebildete Thier besteht vor Allem in der Bildung neuer Körperabschnitte am hinteren Theil des Körpers. Die vorhandenen Extremitäten gehen entweder direct in das fertige Thier über und unterliegen dann nur einem stärkeren Waehsthum, sowie einer weiteren Ausbildung, oder einzelne von ihnen, gewöhnlich Pantopoden. 667 die zweite oder dritte, in manchen Fällen auch beide, ja sogar alle drei Extremitäten gelangen zur Rückbildung, und an derselben Stelle sprossen dann die definitiven Gliedmaassen hervor (Dohrn, Hoek), soweit sie dem ausgebildeten Thier überhaupt zukommen. Bei Pallene fehlt das zweite Paar und scheint überhaupt nicht angelegt zu werden, während bei Tanystylum das erste Paar nicht vorhanden ist, in derOntogenie aber als wohlentwickelte scheerentragende Extremität auftritt (Fig. 413 A und B) und erst in den späteren Larvenstadien allmählich zur Rück- bildung gelangt (Morgan). Die Lage der rückgebildeten Extremitäten- paare 11 und" 111 wird durch das Auftreten der als Excretionsorgane gedeuteten Drüsen (Coxaldrüsen ?) mit ihren Aasmündungen an dieser Stelle bezeichnet. Der röhrenförmige Stachel der ersten Extremität, durch welchen die oben beschriebene Drüse ausmündet, wird bei einer der Häutungen abgeworfen und macht einem gewöhnlichen Dorn Platz. Diese Vorrichtung hat also die Bedeutung eines Larvenorganes. Fig. 414. A und B Larve von Nymphen brevi Collum bald nach dem Ausschlüpfen. Dorsal- und Ventralansicht (nach Hoek). I— V die fünf vorderen Extremitäten, bg Bauchganglienkette , d Dottermasse, di Divertikel des stark mit Dotter angefüllten Mitteldarmes in den Gliedmaassen, g Ge- hirn, s Schnabel. Die erste Andeutung der Bildung neuer Segmente am Körper be- steht nach Dohrn in einer paarigen Aussackung des Darmes hinter der letzten Larvenextremität , woran sich eine Ausbuchtung der Körperwand anschliesst. Gleichzeitig erfolgt in der hinteren Parthie der Ventralfläche eine Verdickung des Ectoderms, die Anlage eines neuen Ganglienpaares. Die Hypodermis beginnt am hinteren Körpertheil runzlig zu werden und hebt sich von der schon neugebildeten unteren Hypodermisschicht ab. Nunmehr häutet sich die Larve, und nach vollzogener Häutung erkennt man, dass an jener Aussackung der Körperwand, in welche sich ein Darmdivertikel fortsetzt, eine Kralle aufgetreten ist. Damit giebt sich das Gebilde als eine neue Extremität zu erkennen, die sich bald weiter ausbildet und gliedert (Fig. 413 A und B). In entsprechender Weise erfolgt die Bildung der übrigen Extremitäten. Erst bei dieser weiteren Zunahme des Körpers an Länge betheiligen sich auch die drei vorderen Extremitätenpaare an der Umwandlung (Dohrn). Als eine sackförmige, nach hinten gerichtete Ausbuchtung entsteht das kurze Abdomen, an welchem der After auftritt (Fig. 413 B). Die besprochenen Umwandlungen der sechsbeinigen Larve erfolgen bei einigen Formen, wie schon erwähnt, bereits innerhalb der Eihülle, 668 XIX. Capitel. so dass z. B. die Larven von Nymphon brevicollum mit fünf Gliedmaassenpaaren versehen die Eihülle verlassen (Fig. 414 A und B). Ein weiteres Extremitätenpaar ist schon in der Anlage vorhanden. Die übrige Organisation dieser Larven, besonders die Gestaltung der Ex- tremitäten mit den tief in sie hineinragenden Mitteldarmdivertikeln und diejenige des Nervensystems ergiebt sich ohne Weiteres aus der Be- trachtung der beiden Figuren 414 A und B. Die Jungen von Nym- phon brevicaudatum verlassen wahrscheinlich im Besitz sämmtlicher Extremitäten das Ei (Hoek) und ebenso verhalten sich die Angehörigen der Gattung Pallene (Dohrn, Morgan). Während der Metamorphose wird die Anlage der Genitalorgane er- kennbar, welche sich bei der sechsbeinigen Larve noch nicht nachweisen lässt. Bei der mit vier Beinpaaren versehenen Larve (Fig. 413 B) liegt dorsal vom Darm in der Mittellinie, ungefähr in der Gegend der Extremi- tät IV (des ersten Gangbeinpaares), eine compakte Zellenanhäufung, die erste Anlage der Geschlechtsdrüsen. Sie spaltet sich später an ihrem Vorderende in' zwei Schenkel , welche gegen die Basis der ersten Gang- beine hinwachsen. Dieser Vorgang wiederholt sich sodann am hinteren Theil der Keimdrüse und so kommen die in die Extremitäten hinein- wachsenden Genitalschläuche zu Stande. Dorsal von der Genitalanlage und demnach direct unter der Körperdecke gelegen, hat sich im vorderen Theil des Körpers ebenfalls aus Mesodermzellen die weite schlauchförmige Anlage des Herzens gebildet. Das Verhalten von Pallene und N y m p h o n legt die Frage nahe, welcher Entwicklungsmodus bei den Pantopoden als der ursprünglichere auf- zufassen ist. Das Auftreten von Larvenorganen und das Abwerfen einer Larvenhaut, welches Dohrn bei Pallene beobachtete, zeigt, dass die directe Entwicklung dieser Form nur als eine Abkürzung des indirecten Entwicklungs- ganges aufzufassen ist und dass die letztere als das ursprünglichere Verhalten erscheint. Infolge der vollkommeneren Ausbildung der Embryonen im Ei, muss dem letzteren ein reicheres Nährmaterial zugetheilt werden. Der grössere Dottergehalt der Eier von Pallene und Nymphon würde unter diesen Umständen als eine später erworbene Einrichtung erscheinen und es scheint sodann zweifelhaft, ob man den ersten Entwicklungsvorgängen dieser Eier den Charakter wirklicher Ursprünglichkeit zuschreiben darf, obwohl man dazu wegen der grösseren Uebereinstimmung mit der Entwicklung anderer Arthropoden an und für sich geneigt wäre. Der Entwicklungsgang von Plioxichilidium weicht von demjenigen der übrigen Pantopoden insofern ab, als die Form der Larve eine ziem- lich starke Rückbildung erfährt, ehe sie in das ausgebildete Thier über- geht. Dies hängt mit ihrer parasitischen Lebensweise zusammen. Beim Verlassen des Eies besitzt die Larve des Plioxichilidium im Ganzen die Organisation der gewöhnlichen sechsfüssigen Pantopoden- larve, zeichnet sich aber vor dieser dadurch aus, dass die Krallen der beiden hinteren Gliedmaassenpaare sehr stark verlängert sind und lange Geissein bilden (Fig. 415 A), die sich rankenartig aufwinden können. Diese Ranken, welche noch weit länger werden können, als dies die Figur erkennen lässt (so z. B. nach Hoek bei Plioxichilidium femoratum), werden möglicher Weise um die Köpfchen von Hydroid- polypen herumgewunden, wenn sich die Larve an diesen befestigen will. Hydroiden dienen nämlich der Larve als Wirthe (z. B. Hydrac- tinia, Podocoryne, Tubularia, Plumularia u. a.). Dohrn Pantopoden. 669 nimmt an, dass die Larven, nachdem sie sich mit Hilfe der Ranken am Hydroidpolypen fixirt und dann bei der Häutung die beiden hinteren rankentragenden Gliedmaassenpaare abgeworfen haben, durch die Mund- öffnung in den Gastralraum der Polypen gelangen. In diesem finden sie sich jedenfalls später vor und durchlaufen hier die folgenden Ent- wicklungsstadien. Die Rankenbildung scheint nicht allen Phoxichilidi en zuzukommen, denn R. von Lendenfeld beschreibt die Larve von Phoxichilidium plumulariae, welche keine nennenswerthe Unterschiede von der gewöhn- Fig. 415. A — B verschiedene Larvenstadien von Phoxichilidium (nach DoiiRN, Sempek und Adleez). A freie Lar-ve mit den Eanken an den beiden hinteren Extremitäten (II u. III), £ — D Larvenstadien aus Hydroidpolypen. (A ist stärker vergrössert als die übrigen Figuren.) I—III Extremitäten, d Darm, bezw. Divertikel desselben, dr Drüsen der Ex- tremität I, h Larvenhaut, in der Ablösung begriffen, n Bauchganglienkette, s Schnabel. liehen Pantopodenlarve besitzt. Diese Larve unterscheidet sich auch durch die Lebensweise von anderen Phoxichilidien , indem sie nicht in das Innere der Polypen eindringt, sondern sich nur mit Hilfe ihrer Scheeren am Polypen festheftet und ihren Schnabel am Grunde eines Köpfchens in den Körper des Polypen einsenkt. In dieser Stellung verbleibt die Larve bis sie bei- 670 XIX. Capitel. nahe die Gestaltung des fertigen Thieres erreicht hat. Aus v. Lendenfeld's Darstellung dürfen wir wohl entnehmen, dass die weitere Entwicklung der von ihm aufgefundenen Formen in ähnlicher Weise wie bei den übrigen Phoxichilidien verläuft, denn auch er spricht von einem zweibeinigen Stadium. Es wurde bereits erwähnt, dass die Larven bei der Häutung die Ranken mit den Extremitäten abwerfen (Semper, Dohen). Die Larven machen mehrere Häutungen durch (Fig. 415 B), wobei die Extremitäten II und 111 völlig zurücktreten (Semper), doch bleiben nach Adlerz noch Reste der beiden hinteren Gliedmaassenpaare erhalten (Fig. 415 C und D) und an deren Stelle entstehen später die Extremitäten 11 und III des ausgebildeten Thieres. Die oft zu mehreren Exemplaren in einem Polypen vorkommenden Larven bieten in diesem ersten Stadium mit ihren stark überwiegenden vorderen Extremitäten einen eigenthüm- lichen Anblick dar (Fig. 415). Auf den folgenden Stadien sieht man die Extremitäten (auch nach den Abbildungen von Adlerz) noch mehr zu- rücktreten, doch beginnen sich mit den Aussackungen des Darmes die hinteren Segmente anzulegen (Fig. 415 D). Die betreffenden Ganglien- paare kommen zur Ausbildung, und bald treten dann auch die Aus- buchtungen der Körperwand auf, welche die Extremitäten liefern (Semper, Adlerz). Die hierbei sich vollziehenden Vorgänge scheinen im Ganzen ähnlicher Natur zu sein, wie die schon früher geschilderten. Wenn drei Gangbeinpaare gebildet sind und das vierte in der Anlage vorhanden ist, verlässt das junge Thier die Hydroidpolypen und führt fortan ein freies Leben. 4. Allgemeines. Wie viel auch bereits über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Pantopoden geschrieben worden ist, so unklar sind dieselben doch bisher geblieben. Leider zeigt sich auch die Entwicklungsgeschichte, insoweit sie bisher bekannt wurde, wenig geeignet, diese Verhältnisse zu klären. Wenn man die Pantopoden zu anderen Abtheilungen des Thierreiches in Beziehung setzte, so dachte man hauptsächlich an die Crustaceen und Arachniden. Für den Vergleich mit den ersteren war vor allem die Form der Larve maassgebend ; bei der Zusammenstellung mit den letzteren kam mehr die Gestaltung des ausgebildeten Thieres in Betracht. Es ist nicht zu leugnen, dass im ganzen Habitus der Pantopoden noch am ehesten eine gewisse Aehnlichkeit mit den Spinnen vorhanden ist. Bei einer näheren Vergleiehung tritt aber sofort die Schwierigkeit hervor, dass die Pantopoden ein Gliedmaassenpaar mehr als die Arachniden besitzen. Diese Schwierigkeit hat man so zu um- gehen gesucht, dass man die beiden ersten Extremitätenpaare der Panto- poden (Fig. 416 1 und 2) den Cheliceren und Pedipalpen der Arachniden gleichsetzt, und die Gliedmaassen 111 — VI den Gangbeinen derselben verglich (Fig. 416 3—6). So würden also die „Eierträger" (Fig. 416 5) dem ersten Fusspaare der Arachniden entsprechen und die noch übrig bleibende Extremität Vll würde dem ersten Abdominalbeinpaar derselben homolog sein. Wenn man sieht, dass z. B. bei den Insecten ein Ab- dominalsegment vom Hinterleib abgegliedert werden und in engste Be- ziehung zum Thorax treten kann , so Hesse sich eine solche Auffassung schon vertheidigen. Die Vertreter dieser Auffassung meinen, dass die Hinzu- ziehung eines neuen Beinpaares zur Vermittelung der Ortsbewegung durch Pantopoden. 671 die Verwendung der dritten Extremität für das Geschäft der Brutpflege bedingt sei. Nach dieser Auffassung würden die vier Gangbeinpaare der Pantopoden nicht denjenigen der Arachniden homolog sein. Man hat aber auch die Möglichkeit erwogen, dass dies dennoch der Fall sei und musste dann den Ausfall einer vorderen Extremität bei den Spinnen annehmen. Es wurde schon früher (pag. 636) darauf hingewiesen, dass man im Rostrum der Arachniden ein Extremitätenpaar vermuthete. Bei der weiteren Homologisirung führt auch die letztere Annahme zu gewissen Schwierigkeiten bezüglich der Lagerung der betr. Extremitäten. Ein genaueres Eingehen auf die verschiedenen, noch kaum genügend begrün- deten Ansichten würde hier viel zu weit führen, doch muss noch erwähnt werden, dass von anderer Seite die Eierträger nicht als selbstständige Ex- tremität, sondern als zu Extremität II gehörig angesehen wurden. Schim- kewitsch, welcher diese Auffassung vertritt (No. 14 und 15) stützte sich bei Vertheidigung derselben auf die Thatsache der Zweiästigkeit der Anlagen der Fig. 416. Männchen von Nymphon hispidum von der Bauchseite gesehen. Die Borsten sind weggelassen (nach Hoek, aus Lang's Lehrbuch). 1 — 7 Extremitäten, ab Abdomen, s Schnabel. Pedipalpen bei den Embryonen der Spinnen (pag. 582 und 636). Jeder der beiden Aeste soll eine Extremität entstehen lassen. Diese Annahme wird durch die Entwicklungsgeschichte nicht gestützt, da bei den Pantopodenlarven die Extremitäten II und III völlig gesondert bestehen. Ebensowenig scheint die Auffassung in der Entwicklungsgeschichte begründet zu sein, Avonach der dreitheilige Schnabel der Pantopoden durch Verschmelzung eines Extremitäten- paares und einer (unpaaren) Oberlippe entsteht. Dann würde noch ein weiteres Extremitätenpaar hinzukommen, denn dass jene paarigen Stücke nur Theile einer Extremität sein sollten , kann man nicht annehmen. Uebrigens hat man ja auch bei den Spinnen an das Ausfallen zweier Extremitätenpaare gedacht (Cronebekg, pag. 636). Aus der Entwicklungsgeschichte der Pantopoden scheint hervorzugehen, dass der Schnabel, wie es Dohrn annimmt, nur einen vorgestülpten Theil des Stomodaeums darstellt. Die Zahl der Ganglien ent- spricht derjenigen der Extremitäten, allerdings findet Adleez (beim ausge- bildeten Thier) ausser den Ganglien der Extremitäten II und III noch ein weiteres Paar, welches die paarigen Theile des Schnabels innervirt. Ein endgiltiges Urtheil über diese Verhältnisse wird sich erst gewinnen lassen, wenn sie entwicklungsgeschichtlich genügend festgestellt sein werden. 672 XIX. Capitel. Die Extremität I wird vom Gehirn aus innervirt, während die Extremi- täten II und III ihre Nerven vom ersten und zweiten Bauchganglion empfangen. Hier würde es nöthig sein, mit Sicherheit festzustellen, ob sich ein ursprüng- lich postorales Ganglion mit dem Gehirn vereinigt, wie dies bei den Crusta- ceen und Arachniden der Fall ist. Findet ein solcher Vorgang nicht statt, so müsste man die bei den Arachniden verloren gegangene Extremität für die Extremität I der Pantopoden halten und ihr Homologon in den vermeint- lichen Rostralextremitäten der Arachniden suchen. Freilich will es nicht recht einleuchten, dass die scheerentragenden ersten Gliedmaassen echte An- tennen sein sollen und nicht vielmehr den Cheliceren der Arachniden zu vergleichen sind. Auf verschiedene Aehnlichkeiten in der Entwicklung der Pantopoden mit den Entwicklungsvorgängen bei den Arachniden wurde bereits mehr- mals hingewiesen, doch scheinen uns dieselben nicht genügend, um daraus weitere Folgerungen für die verwandtschaftlichen Beziehungen beider Gruppen ziehen zu können. Neuerdings hat sich Morgan, hauptsächlich auf seinen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen fussend, wieder mehr für die Verwandtschaft der Pantopoden mit den Arachniden aus- gesprochen. Es scheint uns, dass auf diese Stellungnahme der Bau der Pantopodenaugen von ziemlichem Einfluss war; nun hat aber neuerdings Claus gezeigt (pag. 367 u. 639), dass auch die Medianaugen der Crustaceen durch Inversion entstehen und allem Anschein nach eine ähnliche Lage- rung ihrer Bestandtheile aufweisen, wie sie die Augen der Pantopoden besitzen (No. 2), so dass durch diesen Charakter der Pantopoden möglicher Weise ebensowohl eine Annäherung an die Crustaceen als an die Arach- niden gegeben sein könnte. Bei der Annahme des Ausfalls einer vorderen Extremität ist man genöthigt, den Zusammenhang der Pantopoden mit den Arachniden in frühere Zeit zu verlegen, ehe diese aus Formen hervorgingen, wrelche den Xiphosuren nahe standen , denn mit diesen stimmen die Arach- niden in weit mehr Punkten zusammen, als mit den Pantopoden. Wenn die Vereinigung in so weit zurückliegende Zeit verlegt werden muss, verlieren die wenigen Vergleichspunkte mit den Arachniden aber wieder an Bedeutung, da sie sich hauptsächlich auf die schon höher entwickelten Arachniden, nicht auf deren niedere Formen beziehen. Die Pantopoden aber von den Arachniden direct abzuleiten, scheint unthunlich. Dazu haben diese letzteren schon eine allzu hohe Organisationsstufe erreicht. Wenn die Pantopoden mit den Arachniden oder anderen gegliederten Formen in Verbindung standen, so haben sie sich doch in ihrer ganzen Organisation sehr weit von diesen entfernt und eine bedeutende Speciali- sirung ihres Baues angenommen. Das bedeutende Uebergewicht, welches die Extremitäten gegenüber dem Rumpf erhielten und das fast gänzliche Zurücktreten des letzteren (Fig. 416) bedingt die Verlagerung der inneren Organe in die Gliedmaassen. So treten zumal die Darmdivertikel und die Geschlechtsorgane in diese hinein. Die Ausmündung der Genital- organe an dem zweiten Gliede der Extremitäten ist wahrscheinlich eine Folge dieses Verhaltens und daher als ein secundärer Charakter anzu- sehen. In dem Falle, wenn sich die Geschlechtsöffnungen nicht an mehreren, sondern nur an den Extremitäten VII finden wie bei Pycno- gonum, könnte man geneigt sein, dieses Verhalten auf dasjenige des Limulus und der Arachniden zu beziehen, bei denen die Geschlechts- öffnungen am ersten Abdominalsegment liegen, und es für ursprünglich Pantopoden. 673 zu halten; doch liegen für eine solche Annahme keine zwingenden Gründe vor. Das Zurücktreten des Rumpfes gegen die Extremitäten wird noch auffälliger durch die starke Reduction, welche das Abdomen erfahren hat. Dasselbe stellt nur einen kurzen, stummeiförmigen Anhang des Körpers dar (Fig. 416), doch beweist das Vorhandensein zweier Ganglien- paare im Hinterleib (Dohrn), dass derselbe ursprünglich aus mehr Seg- menten bestand. Bei Ammothea und Zetes lässt denn auch das Abdomen äusserlich eine Zweitheilung erkennen, und bei einigen anderen Pantopoden sollen sogar noch mehrere (drei bis sieben) Segmente nach- weisbar sein (Hoek, No.. 7, pag. 453 und 454). Sollten die Pantopoden mit der Wurzel des Arachnidenstammes zu- sammenhängen, so würden sich hierdurch gewisse verwandtschaftliche Be- ziehungen zu den Crustaceen ergeben. Letztere erscheinen uns jedoch ihrer Natur nach zu ferne, als dass wir Beziehungen zwischen der Pantopodenlarve und dem Nauplius annehmen könnten. Diejenigen neueren Beobachter, welche sich am eingehendsten mit der Pantopoden- entwicklung beschäftigt haben, vermögen keine engeren Beziehungen zwischen der Pantopodenlarve und dem Nauplius aufzufinden. Hoek fasst die Larve als das Abbild einer ursprünglichen Stammform auf, in ähnlicher Weise, wie man dies mit dem Nauplius gethan hat. Dohrn sieht die Pantopodenlarve wie den Nauplius als eine modificirte Anne- lidenlarve an, indem er die Pantopoden von Anneliden-ähnlichen Formen herleitet. Morgan endlich vermag sich dieser Auffassung nicht anzu- schließen, sondern betrachtet die Larve als eine secundäre Larvenform, welche sich nicht mehr auf die Annelidenlarve beziehen lässt. Uns scheint, als ob diese letztere Auffassung sich mit der von Dohrn leicht vereinigen Hesse. Die Auffassung der Larvenform steht im Zusammenhang mit der- jenigen von der ganzen Organisation des ausgebildeten Thieres. Dohrn leitet die Pantopoden von den Anneliden her, ohne sie mit den Crustaceen und Arachniden in Beziehung zu setzen. Er fasst sie also als gesonderte, unabhängige Gruppe auf. Letzteres ist auch der Standpunkt von Hoek (No. 7). Morgan hingegen kehrt mehr die Beziehungen zu den Arach- niden hervor. Dazu ist auch Schimkewitsch geneigt (No. 15). Er schreibt den Pantopoden die gleiche Stammform zu, welche auch den Arachniden zukommt, meint aber, dass sie sich bereits zu einer frühen Zeit nach einer anderen Richtung abgezweigt und in differenter Weise entwickelt haben. Der neueste Bearbeiter der Pantopoden, G. 0. Sars (No. 13), stellt sie weder zu den Crustaceen noch Arachniden, sondern will eine eigene Classe für sie gegründet wissen. Das Resultat von alle- dem ist, dass man auch heute'noch nicht die Stellung der Pantopoden einigermaassen sicher zu präcisiren vermag. Im Ganzen kann man sich bei dem jetzigen Stand der Kenntnisse noch am ehesten den Ausfüh- rungen von Dohrn anschliessen (No. 4). Wenn wir trotzdem die Panto- poden hinter die Arachniden einreihten und ihre möglichen Beziehungen zu diesen erörterten, so geschah ersteres mehr aus praktischen Gründen, weil man sie anderswo noch weniger passend unterbringen kann und letzteres, weil sich einige, wenn auch vorläufig noch recht schwache An- klänge an die Arachnidenentwicklung zu ergeben scheinen. 674 XIX. Capitel. Litteratur. Von den vielen Abhandlungen, in welchen Entwicklungsstadien (Larven) der Pantopoden beschrieben sind, können wir hier bei weitem nicht alle anführen, sondern müssen in dieser Beziehung auf die folgende Litteratur verweisen. 1. Adlerz, G. Bidrag tili Pantopodernas Morfologi och Utvecklings historia. Bihang tili k. Svenska Vetenskap. Akad. Handlingur. 13. Bd. IV. Afd. No. 11. Stockholm 1888. 2. Claus, C. Ucber den feineren Bau des Medianauges der Crustaccen. Anz. k. k. Akad. Wiss. JVien M™ 1891. No. XII. 3. Dohrn, A. Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Arthropoden. 2. Pycno- goniden. Jen. Zeitschr. f. Naturw. 5. Bd. 1870. 4. Dohrn, A. Die Pantopoden des Golfes von Neapel. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. 3. Monographie. Leipzig 1881. 5. Faxon, W. Bibliograph?/ to accompany „Selections from Embryological Monographs1'. Pycnogonida. Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard College. Vol. IX. 1882. pag. 247 (enthält die älteren Litteraturangaben) . 6. Hoek , P. P. C. Report on the Pycnogonida. Voyage of H. M. S. Challenger. Zoology Vol. III. 1881. 7. Hoek, P. P. C. Nouvelles Etudes sur les Pycnogonides. Arch. Zool. exp. et gin. T. IX. Paris 1881. 8. Hodge, G. Observations on a species of Pycnogon (Phoxichilidium coccineum) with an attempt to explain the order of its development. Annais and Mag. Nat. Mist. 3. Ser. Vol. IX. 1802. 9. Iiendenfeld, R. von. Die Zarvenentwicklung von Phoxichilidium plumulariae. Zeitschr. f. wiss. Zool. 38. Bd. 1883. 10. Morgan, T. H. Preliminary Note on the Fmbryology of the Pycnogonids. Johns Hopkins Univ. Circulars. Baltimore. Vol. IX. No. 80. 1890. 11. Morgan, T. H. The relationships of the Seaspiders. Biologwal lectures delivered at the Marine Biological Laboratory of Woods Holl. Boston 1891. 12. Morgan, T. H. A Contribution to the Embryology and Phylogeny of the Pycno- gonids. Studies from the Biological Laboratory of the Johns Hopkins University . Baltimore. Vol. 5. 1891. 13. Sars, G. O. Pycnogonidea. Den Norske Nordhavs-Expedition 1876 — 78. Bd. 20. Christiania 1891. 14. Schimkewitsch, W. Etüde sur Vanatomie de l'Epeire. Ann. sc. nat. 6. ser. T, 17. 1884. 15. Schimkewitsch , W. Les Arachnides et leurs affinites. Archives Slaves de Biologie T. I. Paris 1886. 16. Semper, C. Ueber Pycnogoniden und ihre in Hydroiden schmarotzenden Larven- formen. Arb. Zool. Inst. Univ. Würzburg. 1. Bd. 1874. Capitel. TARDIGRADEN. Die Eier werden entweder einzeln abgelegt (Macrobiotns Hufe- landi) oder zu mehreren in der abgeworfenen Haut zurückgelassen. Im ersteren Falle ist die Eihaut von kleinen Höckern dicht bedeckt und dadurch die Beobachtung sehr erschwert, im letzteren Falle ist die Eihülle glatt und durchsichtig. Verhältnissmässig günstig für das Studium scheint die von Kaufmann beobachtete Art zu sein. Daran Hess sich feststellen, dass die Furchung eine totale und äquale ist, wie auch v. Siebold bereits nachgewiesen hatte. Kaufmann verfogte die Furchung bis zur Bildung eines aus ungefähr gleich grossen Zellen zusammenge- setzten „ Maulbeerstadiums u. Er beobachtete sodann die Abtrennung einer peripheren Zellschicht von der centralen Masse und die nunmehr erfolgende Einkrümmung des Embryos. Die concave Seite scheint der Bauchfläche zu entsprechen, denn hier kommen beiderseits die Glied- maassen zur Anlage. Zuerst treten zwei Paar von Höckern auf, allem Anschein nach die beiden vorderen Gliedmaassenpaare, sodann folgt das dritte und vierte Paar. Beim Verlassen des Eies besitzen die jungen Thiere die volle Zahl der Extremitäten und überhaupt im Ganzen bereits die Gestaltung des Mutterthieres. Die Angabe von Siebold's (No. 4, pag. 553), dass die Em y dien, mit nur drei Beinpaaren versehen , das Ei verlassen , dürfte wohl auf ein Miss- verstehen der Angaben Doyere's (No. 1) zurückzuführen sein, welcher Forscher angiebt, dass die Extremitäten dieser Formen nicht völlig ausge- bildet sind . nicht aber , dass die letzteren eines Beinpaares ganz entbehren. Ob v. Siebold selbst Beobachtungen in dieser Hinsicht gemacht hat, geht aus seiner Darstellung nicht hervor. Wegen des verschiedentlich angestellten Vergleiches der Tardigraden mit den Acarinen würde dieses Verhalten von Interesse sein. Leider sind die Angaben über die Entwicklung der Tardigraden so dürftige, dass aus ihnen für die Auffassung der ganzen Gruppe kaum ein Gewinn zu ziehen ist. Es lässt sich aus diesen Angaben nicht ein- mal mit Sicherheit erkennen, ob es zur Bildung eines Blasto- derms und Keimstreifens kommt, obwohl eine solche als wahrschein- lich anzunehmen ist. Die Mundbewaffnung entsteht offenbar als ein 676 XX. Gapitel. Product des Vorderdarmes, wie auch schon aus dem anatomischen Ver- halten zu entnehmen ist; Mundwerkzeuge (im Sinne der Arthropoden) kommen allem Anschein nach nicht zur Anlage. Schon aus diesem Grunde lässt sich eine Anreihung der Tardigraden an die Arachniden und besonders an die Acarinen, wie sie verschiedentlich, wohl hauptsäch- lich im Hinblick auf Zahl der Beinpaare, vorgenommen wurde, nicht auf- recht erhalten. In Bezug auf die Zahl der Extremitäten lassen sich die Tardigraden überhaupt nicht mit einer der anderen Abtheilungen der Arthropoden in Vergleich bringen und die Gestaltung der Gliedmaassen ist eine so einfache, dass die Tardigraden auch in dieser Beziehung von allen Arthropoden abweichen. Die Gliederung des Körpers ist bei den Tardigraden dadurch eine eigentümliche, dass das Abdomen fehlt und der After vor dem letzten Beinpaar gelegen ist. Auch die übrige Organisation der Tardigraden bietet noch verschiedene Eigen- thümlichkeiten dar, welche sie von den übrigen Arthropoden scheidet; wir erwähnen z. B. die glatte Musculatur und das Fehlen besonderer Athmungsorgane, sowie eines Gefässsystems. Alle diese und noch mehrere andere Gründe (vgl. Plate, No. 3) haben dazu geführt, die Tardigraden für einen Seitenzweig des Arthropodenstammes anzusprechen, welcher sich bereits nahe der Wurzel von diesem abgespalten und in einseitiger Weise fortentwickelt hat. Litteratur. 1. Doyere, M. Memoire sur les Tardigrades. Ann. Sc. Xat. 2e ser. T. 14. Zool. 1840. 2. Kaufmann, J. lieber die Entwicklung und systematische Stellung der Tardigraden. Zeitschr. f. wiss. Zool. 3. Bd. 1S51. 3. Plate, L. Beiträge zur Naturgeschichte der Tardigraden. Zool. Jahrbücher. Abth. f. Anat., Ont. 3. Bd. 1888. 4. Siebold, C. Th. von. Zehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere. Berlin 1848. pag. 552 u. 553. XXL Capitel. ONYCHOPHOREN. (Peripatus.) Beschaffenheit der Eier und Ernährung des Embryos durch das Mutterthier. Die Eier von Peripatus machen ihre Entwicklung im Uterus durch, doch verhalten sich die den drei verschiedenen Welttheilen angehörenden Alten in dieser Beziehung ziemlich abweichend von einander. Genauer untersucht wurden daraufhin bis jetzt P. novaezealandiae (Australien), P. capensis und balfouri (Afrika), P. edwardsii, torquatus und imthurni (Südamerika). Die Differenzen in der Entwicklungsweise der betreffenden Arten finden ihren Ausdruck bereits in dem Grössenverhältniss der Eier und der reifen Embryonen. Die ovalen Eier des P. novaezealandiae sind 1,5 mm lang und 1 mm dick, die zur Welt kommenden Jungen sind aber nicht viel umfangreicher als das Ei selbst;1) bei P. capensis und balfouri besitzt das Ei eine Länge von 0,4 — 0,6 mm, die Embryonen dagegen messen 10 — 15 mm (bei P. balfouri etwa die Hälfte) in der Länge und bei P. edwardsii erreichen sie sogar eine Länge von 22 mm, d. h. ein Drittel der Länge des Mutterthieres, während die Eier dieser Form nur 0,04 mm im Durch- messer halten. Die Arten, deren Embryonen den grössten Umfang er- reichen, besitzen also die kleinsten Eier, während umgekehrt die Arten mit grossen Eiern nur kleine Embryonen hervorbringen. Die Erklärung dieser auffallenden Thatsache ist darin zu finden, dass bei den süd- amerikanischen Arten das Ei bezw. der Embryo in enge Beziehungen zum Mutterthier tritt und durch „Placenta und Nabelstrang" (Fig. 430, pag. 690) eine Ernährung desselben bewirkt wird. Daher sind die Eier in diesem Falle so ausserordentlich klein und entbehren des Nährmaterials. J) Wir halten uns hierbei an die bestimmten Angaben v. Kennel's (No. 4), welche auf eigener Untersuchung des Objectes beruhen, obwohl wir die Angaben Hutton's (No. 3) über die Grösse der neugeborenen Jungen von P. novae- zealandiae kennen. Danach messen dieselben 8 — 12 mm. Da den Angaben v. Kennel's von seiten der spateren Untersucher des neuseeländischen Peripatus nicht entgegengetreten wurde, so müssen wir annehmen, dass die Differenz nur eine schein- bare ist und die Grösse des Embryos gegenüber dem Ei nicht sowohl auf seine grössere Masse, sondern vielmehr auf sein Längenwachsthum und seine Ausdehnung nach Ver- lassen der Eihülle zurückgeführt werden muss. Korse helt-Heider, Lehrbuch. 44 678 XXI. Capitel. Bei den afrikanischen Arten sind die Eier grösser, stehen aber in keinem Yerhältniss zum Umfang des Embryos. Hier gehen die Embryonen zwar keine Verbindung mit der Uteruswand ein, aber sie ernähren sich jeden- falls durch ein von dem Uterus geliefertes flüssiges Material. Bei dem neuseeländischen Peripatus ist eine derartige Ernährung von seiten der Mutter nicht nöthig, da der Umfang des Embryos denjenigen des Eies nicht wesentlich übertrifft. In diesem letzteren Falle muss also das Material zur Ausbildung des Embryos im Ei selbst enthalten sein. Und wirklich findet man bei P. no vaezealand iae ein sehr dotterreiches Ei, wie es in ganz ähnlicher Weise den meisten Arthropoden zukommt. Auch die Furchung stimmt im Ganzen mit den Erscheinungen überein, wie sie beispielsweise bei den Insecten statthaben. Bei den kaum in Abrede zu stellenden nahen Beziehungen des Peripatus zu den Arthropoden liegt es nahe, die Verhältnisse, wie sie sich bei dem neuseeländischen Peri- patus finden, für die ursprünglichen anzusehen. Es ist wahrscheinlich, dass Peripatus, wie die landlebenden Arthropoden im Allgemeinen, dotterreiche Eier hervorbrachte und dieselben ablegte. Daran erinnert das Vorhandensein einer festeren Eihülle bei der neuseeländischen Art, worauf schon Sedgwtick (No. 11) aufmerksam machte, und auch das Ablegen noch nicht völlig entwickelter Eier, wie es bei dieser Art vorkommt, dürfte darauf hinweisen, selbst in Anbetracht dessen, dass so früh abgelegte Eier nicht zu völliger Ausbildung kommen (Huttox, No. 3). Die Fähigkeit, die Eier im Innern des Körpers zur Entwicklung zu bringen, dürfte erst secundär erworben sein. Das dotterreiche Ei der neuseeländischen Form, welches im Uterus zur Entwicklung kommt, stellt die erste Stufe dieses neuerworbenen Entwicklungsganges dar. Eine Anhäufung von Nährmaterial in einem Ei, welches sich im Uterus entwickelt, ist unnöthig, was gegen die Annahme spricht , dass bei der neuseelandischen Art eine abgeleitete Form der Ver- sorgung des Eies mit Nährmaterial vorliegt. Eine weitere Stufe in der An- passung dürfte P. capensis darstellen. Seine Eier zeigen eine schwammige Structur, als ob sie von flüssiger Dottermasse durchsetzt wären und dies so- wohl , wie ihr Entwicklungsmodus , scheint darauf hinzudeuten , dass sie gewissermassen einen Rückbildungszustand dotterreicher Eier repräsentiren. Uebrigens treten auch vereinzelte Dotterkörner in diesen Eiern auf und bei P. balfouri ist das Ei sogar noch ziemlich reich an geformter Dotter- substanz. Bei den westindischen Arten ist die Ernährung des Embryos eine so vollständige geworden, dass von dem früheren Dotterreichthum der Eier keine Spur mehr übrig geblieben ist, und die Eier selbst ausserordentlich klein geworden sind. Naturgemäss finden diese biologischen Verhältnisse auch im Entwicklungsmodus der einzelnen Arten ihren Ausdruck. 1. Furcliung und Keiull)lätte^l)ildlmg,. Obwohl die erste Entwicklung, Furchung und Keimblätterbildung des Peripatus zu wiederholten Malen und bei den verschiedenen Arten Gegenstand eingebender Untersuchungen gewesen ist, so blieb unsere Kenntniss dieser Vorgänge dennoch eine sehr lückenhafte. Es scheint dies besonders an der Schwierigkeit der Beschaffung des Materials zu liegen, denn die Eier, welche den nach Europa gebrachten lebenden Thieren entnommen wurden, zeigten theilweise einen so schlechten Erhaltungszustand (z. B. Sedgwick, No. 10, Theil I, Fig. 7 — 13), dass die daran ausgeführten Untersuchungen keinen Onychophoren. 679 grossen Werth zu beanspruchen vermögen. Zum Theil sind die Beobach- tungen auch unvollständig , oder es machen sich , wie bei den von Kennel genau untersuchten südamerikanischen Arten, schwerwiegende Meinungs- differenzen zwischen den Autoren (y. Kennel und Sclater) geltend, welche nur auf Grund erneuter Untersuchungen ihre endgiltige Lösung erfahren können. Aus diesen Gründen ist eine zusammenhängende Darstellung der ersten Enxwicklungsvorgänge und die besonders wünschenswerte Beziehung derselben (bei den verschiedenen Arten) auf einander vorläufig noch nicht zu geben. "Wir betrachten zuerst die Entwicklung von P. novaezealandiae, da sie aus den oben besprochenen Gründen die ursprünglichsten Verhältnisse darbieten dürfte und schliessen daran diejenige der afrikanischen Arten an. Die südamerikanischen Arten beanspruchen nach dem uns bisher bekannt Gewordenen eine gesonderte Stellung. A. Peripatus novaezealandiae. Die Furchung ist eine superfizielle. In dem dotterreichen Ei scheint der Furchungskern eine periphere Lage zu haben. Aus seiner Theilung resultiren die von Protoplasmainseln umgebenen Kerne, welche zum grossen Theil ebenfalls eine periphere Lagerung beibehalten, doch rücken ein- zelne Kerne in das Centrum des Eies hinein, wie aus den von Frl. Lilian Sheldon gegebenen Bildern zu ersehen ist (Fig. 417, No. 12). Auf die Vertheilung von Kernen im Dotter ist es wohl zurückzuführen, dass dieser zum Theil in einzelne abgerundete Complexe zerfällt (Fig. 418 Ä), obwohl von L. Sheldon nicht immer Kerne in diesen weder bezüglich ihres Auftretens noch ihrer Gestaltung regelmässigen Dottersegmenten nachgewiesen werden konnten. Dieser Zerfall des Dotters hatte frühere Forscher (Hutton, No. 3 , v. Kennel, No. 4, Theil I), welche ihre Be- obachtungen nur an ungenügen- dem Material anstellen konnten, zu der Auffassung geführt, als ob das Ei des neuseeländischen Peripatus eine totale Furchung durchmache. Tig. 417. Schnitt durch das Ei von P. novaezealandiae (nach L. Sheldon). Im Dotter rinden sich von Protoplasma- höfen umo-ehene Kerne. Nach der von L. Sheldon gegebenen Darstellung scheinen der Furchungskern und die zuerst auftretenden Kerne an der späteren Dor- salseite und gegenüber der Stelle zu liegen, wo der Blastoporus gebildet wird. Diese Kerne vermehren sich und bilden eine periphere Anhäufung (p r o t o p 1 a s m i c oder p o 1 a r a r e a , Fig. 41 8 A, a), von welcher aus so- dann eine Umwachsung des Dotters vor sich geht (Bildung des Blastoderms). Durch rege Vermehrung der Kerne und stetes Vorrücken an der Peripherie wird diese vollzogen (Fig. 418 B) und rückt bis zu einer, der ursprüng- vor , welche 44* liehen Kernanhäufung ungefähr gegenüber liegenden Stelle 680 XXI. Capitel. unbedeckt bleibt. Hier erfolgt dann eine Wucherung der Zellen, wo- durch das Bild einer Einstülpung erhalten wird (Fig. 419 A und B). Die Einstülpungsstelle ist der Blastoporus (bl). Der Boden der Ein- stülpung wird vom Dotter gebildet, in welchem Kerne zu erkennen sind (Fig. 419 B). Die Keimblätter erscheinen in der den Blastoporus um- gebenden Zellenmasse, welche die Anlage des Keimstreifens darstellt, noch nicht gesondert. Frl. Sheldon scheint anzunehmen, dass der unter der oberflächlichen Zellschicht (dem Ectoderm) gelegene Theil der Zell- masse grösstentheils das Mesoderm liefert, während das Entoderm aus den am weitesten nach innen gelegenen Zellen und grösstentheils unter Theilnahme der noch im Dotter enthaltenen Kerne entsteht. Der Blasto- porus streckt sich später in die Länge und stellt dann eine schmale Rinne dar, deren Boden von dem kernhaltigen Dotter gebildet wird. Damit sind dann ähnliche Verhältnisse wie die von P. capensis noch zu schildernden (Fig. 426 A) gegeben. Fig1. 418. A und B Theile von Schnitten durch das Ei von P. novaezea- landiae, im Stadium der Blastodermbildung (nach L. Sheldok). A zeigt die „polar area" und die Dotterzerklüftung, B die beginnende Umwachsung des Eies. a „polar area", ds „Dottersegmente". Die von L. Sheldon gegebene Darstellung und ihre Abbildungen fordern eine weitere Erklärung dieser Vorgänge heraus. Soweit wir aus diesen Dar- stellungen zu erkennen vermögen , wird der Umwachsungsprocess als eine Gastrulation durch Epibolie aufgefasst. Dann würde die Dotterraaase mit den eingelagerten Kernen dem Entoderm entsprechen. Bei Betrachtung der Bilder drängt sich uns eine andere Auffassung auf, welche im Hinblick darauf einige Wahrscheinlichkeit haben dürfte , dass wir es hier ähnlich wie bei vielen Arthropoden mit einem sehr dotterreichen Ei zu thun haben. Sei es , dass das Blastoderm wirklich durch Umwachsung des Eies von dem einen Pol her gebildet wird , oder dass die im Dotter enthaltenen Kerne, indem sie an die Oberfläche rücken, mit zu seiner Entstehung bei- tragen, jedenfalls fordert die in den verschiedenen Stadien in gleicher Weise wiederkehrende periphere Zellenanhäufung dazu heraus, sie mit der Zellen- anhäufung in der Umgebung des Blastoporus zu identificiren (vgl. Fig. 418 und 419). Man würde dann nicht an die bei so dotterreichen Eiern un- gewöhnliche Gastrulation durch Epibolie zu denken haben , sondern vielmehr annehmen müssen, dass an dem Punkt, wo jene Zellenanhäulüng sich findet, Onychophoren. 681 eine Einsenkung (InvaginatioD) erfolgt (Fig. 419 B). Ob der Boden dieser Einsenkung vom Dotter (mit eingelagerten Kernen) gebildet wird , oder ob ein geschlossener Urdarm vorhanden ist, müsste in diesem Falle noch fest- gestellt werden. "Wenn sich der Blastoporus später in die Länge streckt, (vgl. auch P. capensis), so würden damit ähnliche Verhältnisse vorliegen wie bei der Gastrulation der In- secten (pag. 806). Bei den letz- teren weisen übrigens ebenfalls wie bei Peripatus Mund und After Be- ziehungen zu den beiden Endpunkten des langgestreckten Blastoporus auf. Bei einer derartigen Auffas- sung der Furchung und Keimblät- terbildung könnte auffallen , dass die Invagination allem Anschein nach am animalen Pole des Eies erfolgt. Wenn man aber bedenkt, dass bei P. capensis das Gehirn in unmittelbarer Nähe des Blasto- porus angelegt wird, so geht daraus hervor, dass der vegetative Pol , bezw. die Gegend der Ento- dermbildung sehr nahe an den animalen Pol herangerückt ist, ohne dass man deshalb von einer Gastrulation am animalen Pol sprechen könnte. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Insecten und bei vielen Crusta- ceen (pag. 343). Ueberhaupt wird die hier vertretene Auffas- sung durch das Verhalten jener Crustaceen unterstützt , bei denen die Umwachsung des Dotters (oder die Blastodermbildung über- haupt) von einem Punkte aus er- folgt und in der Gegend jenes Punktes dann die Gastrulation vor sich geht (pag. 319). Ueber die hier in Rede stehen- den Vorgänge aus der Entwick- lung des P. capensis Aufschluss zu erhalten, ist bei der bisherigen Kenntniss derselben unmöglich. LooO,,afftV,0oc,nOQ^Oni-r?o oO ooiyip °*/ J ' nJ'-iT 1(7 „Ol-)v^.QuCWo >,uVc* ^ £ c,oJC^Pop O°oO0 Zjj^ Fig. 419. A und B Schnitte durch das Ei von P. novaezealandiae auf dem Stadium nach der Blastodermbildung' und Invagination (nach L. Sheldon). bl Blastoporus. B. Peripatus capensis. Peripatus capensis besitzt infolge der dotterärmeren Eier eine anscheinend totale Furchung-. Nach den Angaben von Sedgwick soll am Ei ein animaler (der späteren Dorsalseite entsprechender) und ein vege- tativer Pol zu unterscheiden sein. Zwei meridionale Furchen zerlegen das Ei in vier gleich grosse Blastomeren, von denen jede einen Theil des animalen und vegetativen Plasmas erhält. Die Theilungsebenen sollen 682 XXI. Capitel. übrigens das Ei nicht völlig durchschneiden, so dass die Blastomeren central vereinigt sind. Durch eine Aequatorialfurche werden später die aninialen Theile als Ectodermzellen von den grösseren Entodermblasto- nieren abgeschnürt. Beide bilden dann eine ziemlich weite Keimblase, indem der obere Theil derselben von den kleineren Ectoderm-, der untere Theil von den umfangreicheren Entodermzellen geliefert wird. Diese Blase mit weitem Hohlraum contrahirt sich sodann und nunmehr sollen die Ectodermzellen die Entodermelemente umwachsen, wodurch bei immer weiter fortschreitender Contraction eine solide (also epibolische) Gastrula gebildet wird. Die Urdarmhöhle soll im Entoderm durch „Vacuolen- bildung" entstehen! Sie mündet an der Stelle nach aussen, welche von der Umwachsung frei geblieben ist und also dem Blastoporus entspricht. Hinter diesem tritt eine Vermehrung der oberflächlichen Zellenlage auf, welche zu einer Verdickung derselben und sodann zu einer Sonderung der auf diese Weise entstandenen unteren Schichten führt. So entsteht das Mesoderm. Mit der bald eintretenden Längsstreckung des Blasto- porus , welche gleichzeitig mit einer Verlängerung des ganzen Embryos vor sich geht (Fig. 426 A), wächst das Mesoderm zu beiden Seiten des Blastoporus nach vorn und liefert so die Mesodermstreifen. Damit ist die Anlage des Keimstreifens gegeben (Sedgwick). Die von Sedgwick abgebildeten besser erhaltenen Eier lassen weite Hohlräume in ihrem Plasma erkennen , so dass die Vermuthung sehr nahe liegt, die Eier möchten in normalem Zustande von einer mehr oder weniger flüssigen Dottermasse erfüllt sein. Die betreffenden Räume im Eikörper sind sehr umfangreich und machen einen grossen Theil des ganzen Eikörpers aus, so dass man (im Hinblick auf den höchst mangelhaften Erhaltungszustand des untersuchten Materials) daran denken muss, man habe es vielleicht auch hier in Wirklichkeit mit einer superficiellen Furchung zu thun. Dann würde die Höhlung des beschriebenen Blastulastadiums von Dottermasse erfüllt sein und die Gastrula vielleicht in ähnlicher Weise, wie es bei P. novaezea- landiae vermuthet wurde, durch Invagination gebildet werden. Wir halten uns bei dem Mangel eigener Anschauung des betreffenden Objectes nicht für berechtigt, diese Meinung bestimmt auszusprechen, können uns aber doch nicht versagen, auf die wie uns scheint sehr naheliegende Vermuthung hinzuweisen. Damit würde sich eine gewisse Uebereinstimmung zwischen den afrikanischen und der neuseeländischen Art ergeben , zumal es wohl als wahrscheinlich anzunehmen ist, dass die dotterärmeren auf dotterreiche Eier zurückzuführen sind. Letzterer Ansicht huldigt übrigens auch Skdowick selbst und in einer späteren Arbeit (No. 10, 3. Theil) nennt er das Ei des Peripatus ca- pensis ein meroblastisches, weil die Blastomeren central in Verbindung stehen, wie schon oben erwähnt wurde. C. Die amerikanischen Arten. Die amerikanischen Arten zeigen infolge des geringen Umfanges ihrer Eier und deren Beziehungen zur Uteruswand im Anfang völlig andere Entwicklungserscheinungen als die vorher betrachteten Formen. Die kleinen dotterarmen Eier machen eine totale und allem Anschein nach ziemlich regelmässig verlaufende (äquale) Furchung durch. Es scheint, dass der Embryo schon in diesen frühen Stadien Uterusflüssig- keit in sich aufnimmmt, denn er vergrössert sich in auffälliger Weise (v. Kennel). Wenn der Embryo das Stadium von 32 Zellen erreicht hat, bildet er nach Kennel eine solide Zellenmasse, welche das enge Onychophoren. 683 -B. Uro. t- Ue. Fig. 420. Schnitt durch einen [ im Uterus gelegenen sechzehnzelligen Embryo von P. edwardsii (nach J. v. Kenne l). E Embryo, i. Uw innere Uteruswand, Uterusepithel. R Ue Lumen des Uterus ganz ausfüllt, also der Innenfläche des Uterusepithels dicht anliegt (Fig. 420). Dieses letztere besteht anfangs aus sehr hohen Zellen, welche sich aber (unter dem Einfluss des wachsenden Embryos) abzuplatten scheinen. Zu diesem Epithel tritt nunmehr nach Kennel der Embryo in ganz directe Be- ziehungen, welcher Vorgang von eigenthiimlichen Veränderungen seiner Gestalt begleitet ist. Unter Abgabe von Flüssigkeit soll er seinen Umfang vermindern und sich plattenartig dem Uterusepithel anfügen (Fig. 421 A). Die Ab- bildungen lassen erkennen, dass die Verbindung des Embryos mit dem Epithel eine sehr innige ist, ja das letztere kann sich sogar (wenn auch vielleicht nur ausnahms- weise?) von der Uteruswand ab- lösen und als besondere Schicht den Embryo umgeben (Fig. 421 B, Ue). Letzterer hat seine abgeplattete Gestalt wieder aufgegeben. Indem sich seine mittlere Parthie von der Uterusfläche abhebt, die Randparthie dagegen an ihr liegen bleibt und sich nur etwas mehr zusammenschiebt, entstellt eine gegen die Uterusfläche hin offene Blase (Fig. 421 B). Von deren Oberfläche lösen sich einzelne Zel- len ab, welche amöboid von ihr wegwandern, sich zum Theil an das Uterusepithel anlegen und sich schliesslich zu einer den ganzen Embryo umgebenden Hülle zusam- menfügen, welche man als Am- nion bezw. Serosa angesprochen hat (v. Kennel, Fig. 422 am). Die gegen die Uteruswand hin offene Blase, welche der Embryo jetzt darstellt (Fig. 421 B), schliesst sich bald durch Verwach- sen des Randes. Dort hebt sich dann der Embryo weiter von der Uteruswand ab, indem er sich an dieser Stelle verschmälert und so eine Art von Stiel bildet (Fig. 422 n). An der Basis des Stieles findet dann eine Zell Wucherung statt, welche v. Kennel als em- bryonale Placenta bezeichnet. Die- ser entspricht eine ringförmige i.Vrc. ■ SfiK! Gm- B. .. G ■ E._ I 's ue. t.UltJ Fig. 421. Embryonen von der Uteruswand E Embryo, A und B Schnitte durch P. edwardsii mitsammt (nach J. v. Kennel). am Amnion, a.TJw. äussere, i.JJw innere Uteruswand, Ue Uterusepithel. 684 XXI. Capitel. Verdickung des Uterusepithels, welche mit ihr als „uterine Placenta" in enge Verbindung tritt (Fig. 422 p.e und p.u). Den immer schmäler werdenden Stiel, welcher den Embryo mit der Placenta verbindet, spricht v. Kennel als Nabelstrang an. Der Embryo geht also nach dieser Dar- stellung eine innige Verbindung mit der Uteruswand ein, und indem diese letztere vor und hinter der Stelle, wo der Embryo liegt, durch Wucherung der Bindegewebschicht stark verdickt und ihr Lumen dort verdrängt wird, entsteht ein abgeschlossener Brutraum für den Embryo (Fig. 430, pag. 690). Amnion und Uterusepithel stehen jetzt weit von letzterem ab (Fig. 422). Die Bildung der Keim- blätter nimmt dadurch ihren Anfang, dass gegenüber der Anheftungsstelle des Embryos eine starke Vermehrung der Zellen und in Folge dessen eine Einwucherung derselben beginnt (Fig. 422 iv). Wenn man diesen Vorgang zur Ent- wicklung der anderen Peri- patusarten in Beziehung setzt, so wird man die Stelle, wo die Einwucherung stattfindet, mit der Zellenanhäufung am Blastoderm des neuseeländi- schen Peripatus vergleichen, an welcher (eventuell) der In- vaginationsact erfolgt, und welche gleichzeitig die erste Andeutung des Keimstreifens darstellt. Bei den südameri- kanischen Arten ist diese Ein- wucherungsstelle , welche ihrer Lage nach der Ventral - seite des Embryos entspricht festgeheftet), als Blastoporus Einwucherung immer weiter des Embryos bis hinab zum sind die Zellen aus einander 0411.- birnförmig-en Amnion und Fig. 422. Medianschnitt eines Embryos von P. edwardsii mit Uteruswand (nach J. v. Kennel). am Amnion, n Nabelstrang, p.e embryonale, p.u uterine Placenta, JJe Uterusepithel, TJw Uterus- wand, w Einwucherungsstelle. ganzen Rückenfläche setzt sich die Innenraum An letzterem (der Embryo ist mit der anzusehen. Von ihm aus fort und erfüllt den „Nabelstrang" (Fig. 422) gewichen und haben sich, ein Lumen zwischen sich lassend, zu einem Epithel angeordnet, wie es auch am ganzen übrigen Umfang des Embryos zu finden ist, die Einwucherungsstelle ausgenommen (Fig. 423). Dieses äussere Epithel entspricht dem Ectoderm. Die weitere Differenzirung der Keimblätter soll nach Kennel dadurch erfolgen, dass in dem mehr dorsal gelegenen Theil der centralen Zellenmasse ein Hohlraum entsteht und die Zellen in dessen Umgebung sich regelmässiger anordnen (Fig. 423 ent). Die so ausgezeichnete Zellenschicht, das Entoderm, unterscheidet sich dadurch von der ventralen, am Blastoporus gelegenen Zellenmasse, dem Mesoderm. Dieses bewahrt noch lange Zeit, auch bei der später erfolgenden Gestaltsveränderung des Embryos, die Verbindung mit dem Ectoderm und an dieser Stelle (w) wird fortdauernd neues Zellenmaterial erzeugt (v. Kennel, Sclater). Wir hielten uns in vorstehender Schilderung der ersten Entwicklungs- vorgänge des P. edwardsii an die von Kennel gegebene Darstellung, weil Onychophoren. 685 sie in Bezug auf Reichhaltigkeit und Erhaltungszustand des untersuchten Materials die besseren Garantien zu bieten scheint, doch dürfen wir nicht verschweigen , dass diese Vorgänge noch eine andere Beurtheilung erfahren haben. Obwohl v. Kennel dieser letzteren mit recht gewichtigen Gründen entgegen getreten ist (No. 5) , so scheint dieser von Sclater vertretenen Auffassung doch ein gewisser Werth insofern beizulegen, als man nach einer Erklärung der eigenthümlichen ersten Entwicklungsvorgänge suchen muss. Nach Sclater (No. 9) entsteht als Resultat der Furchung eine von grossen Zellen gebildete Keimblase mit wenig umfangreicher Höhlung (Fig. 424 A). An dieser erfolgt sodann eine Einstülpung (Pseudogastrula, Fig. 424 B). Der eingestülpte Theil liefert nach Sclater allein den Embryo, Fig. 423. Medianschnitt eines birn- förmigen Embryos von P. edwardsii (nach v. Kennel). ent Entoderm , n Nabelstrang, w Wucherunosstelle. a- B. Fig. 424. A—C Schnitte durch Embryo- nen verschiedener Stadien von P. imthurni (nach Sclater). E Embryo, a äussere, i innere Zelllage des Embryos, m (cuticulare) Membran, welche den Uterus nach innen begrenzt, p Placenta- ähnliche Zellwucherung. während die eigentliche Blase, indem sie sich erweitert und dadurch dünn- wandig wird, nur als Hülle des Embryos dient (Fig. 424 G). Am eigent- lichen Embryo entsteht übrigens auch noch, wie es scheint durch Abspaltung einzelner Zellen, eine Hülle, welche dem von Kennel beschriebenen Amnion entspricht. Die von Sclater gegebenen Abbildungen stimmen im ganzen mit denen v. Kennel's überein , nur ist die Deutung , welche ihnen beide Autoren geben , eine total verschiedene. Was v. Kennel als Uterusepithel ansieht, betrachtet Sclater als Embryonalhülle, denn so muss seine Pseudogastrula wohl aufgefasst werden. Demnach würde die Fig. 421 B (v. Kennel's) als Einstülpungsstadium, entsprechend der Fig. 424 B (Sclater's Pseudo- gastrula) anzusehen sein und Fig. 420 müsste eine ähnliche Deutung finden. 686 XXI. Capitel. Fig. 421 A müsste man bei dieser Auffassung wohl als ein älteres Stadium betrachten , ähnlich der Fig. 424 C. Uebrigens dürfen die Stadien mit dünner und mit dicker Wand der vermeintlichen Blase nicht so ohne Weiteres auf einander bezogen werden, wie dies von Sclater geschehen ist. Es müssten überhaupt noch weit bessere Belege für die von Sclater vertretene Auf- fassung beigebracht werden, ehe dieselbe Anspruch auf Giltigkeit machen kann ; trotzdem schien sie uns hier erwähnenswerth , weil sie noch am ehesten einen Ausblick auf die Entstehungsweise der für Peripatus angege- benen Embryonalhüllen zu gewähren scheint. Es liegt jedenfalls nahe, bei den beiden Hüllen, welche den Embryo umgeben sollen, an die doppelte Embryonalhülle (Amnion und Serosa) der Insecten zu denken und weiter daran, dass diese doppelte Embryonalhaut wohl wie dort ursprünglich durch einen Faltungsprocess ihre Entstehung genommen haben könnte. Die Orien- tirung des Embryos zu den Falten könnte schon derjenigen des Insectenkeim- Streifs gegen die Embryonalhäute entsprechen , doch wissen wir in dieser Beziehung zu wenig über Peripatus, als dass dieser Vergleich hier weiter- geführt werden dürfte. Erwähnt muss nur noch das von L. Sheldon (No. 12) beschriebene Verhalten früher Stadien des P. novaezealandiae werden, wonach der eigentliche Embryo innerhalb der Eischale noch von einer Dotter- schicht (dem ectodermalen Dotter Frl. Sheldon's) umgeben ist. Leider ist Genaueres über Bedeutung und Entstehungsweise dieses „äusseren Dotters" nicht bekannt, doch möchte man auch hierbei an eine Embryonalhülle denken, zumal sich auch kernähnliche Gebilde in dieser Aussenschicht finden. Man wird zu einer solchen Annahme noch mehr verführt durch das Verhalten derjenigen Insecten (bezw. Myriopoden) , bei denen sich der Keimstreifen in den Dotter einsenkt , ein Verhalten , welches schliesslich zur Bildung der Embryonalhüllen führt. Infolge dieser Entstehungsweise der Embryonalhüllen (vgl. weiter unten, pag. 772 ff.) kann auch bei den Insecten noch der Embryo scheinbar von einer äusseren Dotterschicht umlagert sein , welche sich in Wirklichkeit zwischen den Embryonalhüllen findet. Das Vorhandensein solcher auf Faltung zurückführbarer Embryonalhüllen wird durch das Verhalten des P. capensis nicht bestätigt. Bei ihm ist gar nichts von einer derartigen Erscheinung bemerkt worden ; auch ist nicht anzunehmen, dass sie übersehen worden sei. Das Ectoderm von P. capensis soll nur insofern ein eigentümliches Verhalten zeigen , als es in jüngeren Stadien ausserordentlich vacuolenreich , von schwammigem Gefüge ist, und infolge der Structur auf endosmotischem Wege Nahrung in sich aufnehmen könnte (Sedgwick, No. 10). L. Sheldon bringt diese Structur in Be- ziehung zu dem sog. ectodermalen Dotter der neuseeländischen Art, ohne dass wir diese Vergleichung als eine besonders glückliche zu bezeichnen vermöchten. Dagegen lässt dieses Verhalten des Ectoderms die Bildung der Ernährungsoi gane beim Embryo der amerikanischen Arten erklärlich erscheinen, sei es nun, dass dieselben direct vom Ectoderm des Embryos selbst gebildet werden oder einen besonders differenzirten Theil der Embryonal- hülle desselben darstellen. Wenn wir uns bei der Schilderung der ersten Entwicklungsvorgänge der verschiedenen Peripatusarten zumeist im Bereich grösserer oder ge- ringerer Wahrscheinlichkeiten bewegten , so soll zum Schluss dieser Darstel- lung nochmals darauf hingewiesen werden , wie wenig Sicheres über die ersten Entwicklungserscheinungen des Peripatus bisher noch bekannt ist. Liessen wir uns bei diesen Betrachtungen weit mehr auf das nicht ge- nügend Feststehende ein, als es sonst in diesem Buche der Fall zu sein Onychophoren. 687 pflegt , so geschah dies deshalb , weil die Wichtigkeit der hier behandelten Form solches zu erfordern schien. Aus diesem Grunde wurde versucht, die bis jetzt bekannt gewordenen Thatsachen in Verbindung zu bringen, ohne dass damit der Anspruch auf volle Giltigkeit dieser Ausführungen erhoben werden könnte. 2. Die Ausbildung der äusseren Körperform. Bezüglich der Ausbildung der äusseren Körperform differiren die verschiedenen Peripatusarten trotz ihrer abweichenden ersten Entwicklungs- stadien nur sehr wenig von einander. Bei unserer Darstellung dieser Verhältnisse halten wir uns zunächst hauptsächlich an den zuerst von Moseley (No. 6), dann von Balfour (No. 1) und später von Sedgwick (No. 10, Theil I) besonders eingehend untersuchten P. capensis. P. capensis. Schon bei Betrachtung der Keimblätterbildung wurde gezeigt, dass hinter dem sich in die Länge streckenden Blastoporus durch Wucherung der Zellen eine verdickte Stelle entsteht, welche sich äusser- lich am Keim als ovaler Hof zu erkennen giebt (Fig. 425). Wir sahen, dass an dieser Stelle das Mesoderm seinen Ursprung nimmt und sich von hier aus in Form zweier Streifen rechts und links vom Blastoporus nach vorn erstreckt. In diesem Mesodermstreifen tritt eine Glie- derung ein, welche wir durchaus auf die bei den Anneliden obwaltenden Verhält- nisse zurückführen können. Am Vorder- ende beginnt nämlich durch Abgliederung - und Aushöhlung einzelner Zellcomplexe die p — f — ~m- Bildung der Ursegmente (Fig. 42QA u. B), welche sich allmählich nach hinten fortsetzt. Hier, d. h. am Hinterende des Blastoporus, gehen die Mesodermstreifen über in das Fig. 425. Embryo von p. noch nicht differencirte Zellenmaterial. capensis (nach balfour). Während der Differencirung der Meso- w Blastoporus, »Wucherung»- dermstreifen vollzieht sich eine andere wichtige Veränderung am Embryo. Die Ränder des Blastoporus nähern sich einander und verschmelzen der Länge nach, so dass vom Blastoporus nur noch eine vordere und eine hintere Oeffnung übrig bleibt (Fig. 426 Ä und B). Beide Oeffnungen sollen fernerhin erhalten bleiben (C u. D), indem sie (in Verbindung mit Ectodermeinstülpungen) dem Mund und After den Ursprung geben. Die nächsten Veränderungen des Embryos bestehen darin, dass mit der fortschreitenden Differencirung von Ursegmenten die ersten derselben weiter nach vorn rücken und neben der inneren Segmentirung des Em- bryos auch eine äussere auftritt (Fig. 426). Am Vorderende beginnen die Kopflappen hervorzutreten, von denen übrigens besonders anzugeben ist, dass sie in der Anlage grosse Uebereinstinmmng mit den Körper- segmenten zeigen. Das Hinterende des bisher gerade gestreckten Em- bryos biegt sich um und überdeckt dadurch die von dem hinteren Ur- mundrest gebildete Oeffnung (Fig. 426 und 427). Ehe wir die weitere Entwicklung des Embryos ins Auge fassen, müssen wir einen Blick auf die entsprechenden Vorgänge bei den anderen Peripatusarten werfen. Die bisher beobachtete Entwicklung der äusseren 688 XXI. Capitel. JB. Fig. 426. A — D Embryonen von P. c a - pensis, den Schluss des Blastoporus, die Seg- mentirung des Mesoderms und die Krümmung des Embryos zeigend (nach Balfocr und Sedg- wick). a After, bl Blastoporus, m Mund, us Ur- segmente, w Wucherungszone. Form bezog sich hauptsächlich auf die Gestaltung der Ventral- fläche. Diese wird also zuerst und in Form zweier symmetri- scher Hälften angelegt. Wir finden damit Verhältnisse , wie sie uns an den dotterreichen Eiern der Oligochaeten und Hirudineen entgegentreten und wie wir sie in noch weit übereinstimmenderer Weise bei den M y r i o p o d e n , I n s e c t e n und Ära c h n i d e n antreffen . Wie bei diesen Formen kann man auch bei Peripatus von einem Keimstreifen sprechen. Die Zu- sammensetzung desselben aus zwei Hälften tritt noch deut- licher bei P. uovaezealandiae hervor. InfolgedesgrösserenUm- fanges der Eier, bedingt durch den Reichthum an Dotter, sieht man die beiden Hälften des Keimstreifens ziemlich weit aus einander liegen, getrennt durch eine Vorwulstung der vom Ecto- derm und Entoderm bekleide- ten Dottermasse (Fig. 428 A und JB), so dass eine Art ven- tralen Dottersackes zu Stande kommt, wie wir ihn in ähn- licher W~eise bei den Spinnen kennen lernten (pag. 583). Die an ihrem Vorderende bereits weit Fig. 427. Embryo von P. capensis (nach Balfouk und Sedgwick). a After, m Mund. differencirten Keimstreifen wer- den nach hinten immer schwächer, und enden in der Nähe des Blastoporus in der noch nicht differencirten Zellenmasse (Primitivstreif der englischen Autoren). Die indifferente Zellenmasse liegt hinter dem Blasto- porus, wie aus der Darstellung dieser Vorgänge bei P. capensis zu ersehen ist (Fig. 426 A u. B). Da das Hinterende des Blastoporus aber in den After übergeht, so muss die Wucherungszone auch hinter dem After liegen. Vergleicht man diese Verhältnisse mit denjenigen der Anneliden, mit denen sie bezüglich der Configuration der Mesodermstreifen grosse Ueberein- stimmung bieten, so wird man bei Betrachtung der Bilder von P. uovaezealandiae unwillkürlich an das Verhalten der Hirudineen erinnert (Fig. 152, pag. 215). Abgesehen davon, dass dort der Keimstreif sich nach der Dorsalseite umschlägt, fällt bei einem solchen Vergleich aber sofort Onychophoren. 689 Ä. B. :W \ .-il ?•'- <& — cd mm mz, r-mi;, Tnp <** Fig. 454. A und B zwei Geophilusembryonen in der Seitenansicht. Der Keimstreif umgiebt einen grossen Theil des Dotters und zeigt noch die dorsale Krüm- mung. Die beiden seitlichen Aussackungen, welche der Embryo im Stadium der Fig. B zeigen soll, sind der grösseren Deutlichkeit wegen fortgelassen (nach Mktsch- jukoff). a After, at Antenne, d Dotter, kl Kopflappen, md Mandibel, mzlt mz2 erstes und zweites Unterkieferpaar, mp Kieferfusspaar, mw Mundwerkzeuge, p (pu p2) Beinpaare, sl Schwanzlappen. Sehr früh wird nach Sograff bei G e o p h i 1 u s der After gebildet (Fig. 451 B, a). Der Mund dagegen soll erst später auftreten. Er macht sich als Einstülpung zwischen den Kopflappen bemerkbar, wenn fünf Segmente deutlich zur Sonderung gelangt sind. Myriopoden. 731 • ejc. eft. d: < GX Fig. 455. Embryo von Geophi- 1 u s f e r r u g i n e u s im Stadium der be- ginnenden Einknickvmg des Keim- streifens. Ansicht schräg von der Ventralseite (nach Sograff). at Antenne, d Dotter, ek die Ein- knickungsstelle, ex Extremitäten, kst Keimstreifen. Man vermag aus den gegebenen Darstellungen nicht recht zu erkennen, ob die Mundeinstülpung vor den Antennen gelegen ist, doch scheint dies aus der Abbildung eines Geophilusembryos (Fig. 453) ganz sicher hervor- zugehen, während es aus anderen (z. B. der in unserer Fig. 452 wieder- gegebenen Abbildung) nicht zu erkennen ist. In dieser Figur, welche ein jüngeres Stadium als die andere darstellt, liegen die Antennen vielmehr vor dem Munde, doch weist ein anderer bei der Organ - bildung noch zu besprechender Umstand darauf hin, dass hier ähnliche Verhält- nisse vorliegen wie beiPeripatus und die Antennen vielleicht wie dort den Charakter eines postoralen Extremitäten- paares besitzen. Die Verschiedenheit in der Lage der Antennen, wie sie bei jenen beiden Embryonen zu erkennen ist, lässt sich durch eine zeitliche und räum- liche Verschiebung im Auftreten erklären, wie sie auch sonst gelegentlich bei der Anlage der Embryonaltheile beobachtet wird. Auf jener Abbildung eines Geophi- lusembryos (Fig. 453) erkennt man hin- ter der Mundöffnung zwei ziemlich an- sehnliche Höcker (ul) , welche wie ein Paar Extremitätenanlagen erscheinen, aber noch vor den Mandibeln gelegen sind. Sogkaff bezeichnet diese Gebilde als Unterlippe, doch ist nicht er- sichtlich, ob er die Höcker wirklich als Gliedmaassen auffasst, und auf welche Theile des ausgebil- deten Thieres er sie bezieht. Die uns von den Chilopoden bekannten Mundwerkzeuge folgen erst weiter hinten, wie schon oben gezeigt wurde (Fig. 451—453). Aehn- liche Bildungen, welche auch bei den Insecten auftreten, fasst man nicht als Extre- mitäten, sondern als eine Art Unterlippe auf (pag. 792). In der Mitte des Keim- streifens tritt eine seichte Furche auf (Fig. 451 C), welche sich vom After bis zum Mund erstreckt, so dass diese beiden Oeff- nungen das Ende der Rinne bezeichnen (Sograff). Die- selbe bleibt nicht lange er- halten, sondern schwindet Ein Vergleich hl. V \ d" ek_ = P bald wieder. Fig. 456. Geophi lusembryo nach der ven- tralen Einkniekung. Die Ventralseite des vorderen Körpertheils ist gegen die des hinteren Körpertheiles gekehrt und liegt ungefähr parallel mit ihr (nach Metsciinikoff). at Antenne, d Dotter, ek Einknickungsstelle des Keimstreifens , ez Eizahn (am zweiten Unterkiefer), kl Kopflappen, p Beinpaare, sl Schwanzlappen. 732 XXII. Capitel. dieser Rinne mit dem langgestreckten schlitzförmigen Blastoporus des Peripatus bietet sich in Folge der entsprechenden Lage und der Be- ziehung zu Mund und After ganz von selbst dar (vgl. pag. 727). Beiderseits von der Mittellinie erscheinen etwas später, als Ver- dickungen des Ectoderms, die Anlagen der Ganglienkette, welche eben- falls eine mediane Furche zwischen sich fassen (Fig. 453 nr). Diese ist jedoch nicht mit der vorerwähnten Rinne zu verwechseln, welche vor der Bildung jener zweiten Furche bereits wieder verstrichen ist. Wenn sich am Keimstreifen von Geophilus in einer von vorn nach hinten fortschreitenden Reihenfolge bereits eine grössere Anzahl von Segmenten ausgebildet hat, so erstreckt sich derselbe in dorsaler Krümmung um einen grossen Theil der Dottermasse (Fig. 454 Ä). Das Hinterende rückt in einem etwas späteren Stadium sogar noch weiter nach der Dorsalseite hinauf, so dass es sich dem Kopflappen noch mehr nähert, wie dies aus der Fig. 454 JB zu erkennen ist. Dann aber tritt eine Aenderung dieses Lagerungsverhältnisses dadurch ein, dass in der Gegend des 20. Segmentes eine quere Furche erscheint, welche sich bald zu einer ansehnlichen Einkerbung vertieft (Fig. 455) und schliesslich dazu führt, dass der Embryo aus der dorsalen in eine ventrale Krüm- mung übergeht (Fig. 456). Während das ganze Ei dabei zunächst noch seine Form bewahrt, muss sich natürlich das hintere Körperende aus der Nähe der Kopflappen zurückziehen und dementsprechend die vorher stark verkürzte Dorsalfläche wieder eine grössere Ausbreitung erfahren (Fig. 454 B, Fig. 455 und 456). Die Ventralfläche der hinteren Körper- hälfte liegt jetzt derjenigen der vorderen Körperhälfte gerade gegenüber (Fig. 456), so dass sich die Spitzen der Extremitäten gegenseitig be- rühren und auch durch diese Aenderung in der Krümmung des Embryos das Schwanzende wieder in die Nähe des Kopfes zu liegen kommt (Fig. 456 kl und sl). Bisher unterschied sich der eigentliche Embryo als Keimstreifen von der Dottermasse, auf welcher dieser auflag, wie ein Blick auf die Figuren 451 — 455 zeigt. Nunmehr umwächst derselbe auch von den Seiten her die Dottermasse, so dass dadurch auch die Dorsalseite des Embryos zur Ausbildung kommt und die Segmentirung daselbst ihren Anfang nimmt (Fig. 457). Gleichzeitig findet eine Längsstreckung der beiden gegen- einander geneigten Körperhälften des Embryos statt, wodurch sich der- selbe immer mehr der definitiven Gestaltung nähert, wenn er auch vor- läufig noch die ventrale Krümmung, bezw. die Einknickung in der Mitte des Körpers zeigt (Fig. 457). An der Oberfläche des Embryos war bereits früh eine Cuticula ab- geschieden worden. Wenn sich der Embryo ventral einkrümmt, folgt die Cuticula der Einkrümmung nicht, sondern überbrückt dieselbe, steht also vom Körper etwas ab. In späteren Stadien erscheint der Körper, wie auch die vorderen Extremitäten umscheidet von dieser Cuticula. Der reife Embryo ist noch von ihr umhüllt und sie wird erst nach der Sprengung der Eischale (Fig. 457) als erste Larvenhaut abgeworfen. Bei dem von Metschnikoff untersuchten Geophilus findet sich auf der provi- sorischen Cuticula da, wo sie den zweiten Unterkiefer bedeckt, ein Zahn (Fig. 456 und 457 e#), welcher nach Metschikoff als Bohrapparat zum Sprengen der Eihülle verwendet und mit der Cuticula völlig abgeworfen wird. Das ist also eine ganz ähnliche Vorrichtung, wie wir sie in dem Eizahn der Spinnen (pag. 588) kennen lernten. Die provisorische Cuticula entspricht jedenfalls der Hülle, welche bei anderen Myriopoden in noch Myriopoden. 733 früheren Stadien gebildet wird und den Embryo ähnlich der Cutieula blastodermica oder der Deutovum - Membran der Milben umgiebt (vgl. weiter unten pag. 739). Wenn der Embryo die Eihülle sprengt (Fig. 457), befindet er sich auf einem verhältnissmässig niederen Zustande der Ausbildung. Er zeigt noch immer die ventrale Einkrümmung und ist von der provisorischen Cutieula umgeben. Auf Kosten des nunmehr im Mitteldarm angehäuften Dotters wächst er noch immer in die Länge, und zwar geht dies Längen- wachsthum in derselben Weise wie früher durch Bildung neuer Segmente von dem noch undifferenzirten Schwanzlappen aus (vgl. die Figuren 454 — 457). Von den Körperanhängen zeigen die Antennen jetzt eine deutliche Gliederung (Fig. 457 cd) und die Mundgliedmaassen nähern sich ihrer definitiven Form, die übrigen Extremitäten aber besitzen noch eine blosse stummelförmige Gestalt. In einem etwas späteren als dem L «1 Fig. 457. Geophilusembryo nach dem Zersprengen der Eihülle (eh). Die ventrale Krümmung ist noch beibehalten (nach Metschnikoff). a After, at Antenne, d Dotter, eh Eihaut, ez Eizahn am zweiten Unterkiefer, g Gehirn, mw Mundwerkzeuge, p Beine, sl Schwanzlappen, vd Vorderdarm. in Fig. 457 dargestellten Stadium, wenn der Embryo die provisorische Cutieula abgeworfen hat, bemerkte Metschnikoff die ersten langsamen Bewegungen, die in Ausstreckungen und Zusammenkrümmungen des Körpers bestanden. Metschnikoff hebt hervor, dass dabei die Ex- tremitäten eher den Bauehcirrhen vieler Anneliden als den schnell- beweglichen Füssen eines Myriopoden glichen. Soweit wir den Embryo verfolgt haben, besass der Körper eine drehrunde Gestalt, welche er auch noch eine Zeitlang nach dem Aus- schlüpfen bewahrt. Er zeigt also insofern jetzt mehr die Gestaltung eines Diplopoden, bis die für die Chilopoden charakteristische dorso-ventrale Abplattung des Körpers erfolgt. Im Stadium des Aus- schlüpfens, bezw. des Abwerfens der „Larvenhaut" soll der Geophilus- Embryo bereits sämmtliche Beinpaare besitzen, freilich sind dieselben noch stummelförmig (Fig. 457) und befähigen ihn nicht zu vollkommener Bewegung. Wahrscheinlich macht das junge Thier noch mehrfache Häutungen durch, ehe es die völlige Gestaltung und Grösse des Mutter- 734 XXII. Capitel. thieres erreicht. Immerhin ist es dem letzteren beim Ausschlüpfen im Ganzen schon sehr ähnlich. Dasselbe ist auch bei den Scolopendriden der Fall , während die Scutigeriden und L i t h o b i i d e n mit nur sieben Beinpaaren (ausser den Kieferfüssen) das Ei verlassen. Die noch fehlenden Beinpaare ergänzen sie während der postembryonalen Ent- wicklung. Da die jungen Thiere aber auch bei diesen Formen mit wenigen Beinpaaren schon im Wesentlichen die Gestaltung des Mutter- thieres besitzen, so ist die postembryonale Entwicklung, die sich jeden- falls durch Vermittelung mehrerer Häutungen vollzieht, eine ziemlich einfache. Man hat auf diese Unterschiede in der Entwicklungsweise die Trennung der Chilopoden in Ch. epimorpha (Scolopendriden, Geophiliden) und Ch. anamorpha (Scutigeriden, Litho- biiden) begründet (E. Haase, No. 5). B. Diplopoden. Für diejenigen Diplopoden, deren Entwicklung bisher bekannt gewor- den ist (Polyxenus, Glomeris, Polydesmus, Strongylosoma, Julus), gilt gleichermaassen, dass die Embryonen mit verhältnissmässig wenig Segmenten und nur drei wohlausgebildeten Beinpaaren die Eihülle verlassen (Fig. 463 B und 464, pag. 739 und 742). Im Gegensatz zu den mit einer grösseren Zahl von Segmenten ausschlüpfenden Chilopoden, sind die jungen Diplopoden also noch verhältnissmässig weit von der Gestaltung der Eltern entfernt. Man hat diese jungen Thiere als Larven bezeichnet, doch ist hervorzuheben, dass sie in den bereits vorhandenen Theilen des Körpers im Ganzen ebenfalls schon die Organisation der Eltern besitzen. a. Die erste Anlage des Embryos. Einknickung des Keimstreifens. Julus. Die Bildung des Keimstreifens und die erste Anlage des Embryos scheint im Ganzen auf ähnliche Weise wie bei Geophilus zu erfolgen, doch erstreckt sich der Keimstreifen nicht um einen so be- trächtlichen Theil des Eies, wie dort. Wenn bereits die Kopflappen angelegt sind, zwischen ihnen das Stomodaeum und ziemlich am Ende des Keimstreifens das Proctodaeum aufgetreten ist, wenn sich die post- cephalischen Segmente gesondert haben und an ihnen bereits die Glied- maassen angelegt sind, so tritt zwischen dem sechsten und siebenten Segment eine Querfurche auf, welche sich bald stark vertieft. Es ist dies derselbe Process, welcher bei Geophilus den Uebergang der dor- salen Krümmung in die ventrale zur Folge hat (vgl. Fig. 455). Da bei Julus aber der Keimstreifen gegenüber der Masse des ganzen Eies wenig umfangreich ist, so wird er durch diesen Vorgang in den Dotter versenkt (Fig. 458 A). Ventralfläche gegen Ventralfläche gekehrt, liegt der hintere noch nicht differenzirte Theil des Keimstreifens gegen den vorderen eingeknickt, wie die Klinge eines Taschenmessers gegen das Heft (Fig. 458 A und B). Bei den Chilopoden möchte man die Einknickung des Keim- streifens darauf zurückführen, dass bei der anfänglichen dorsalen Krüm- mung des langen, beinahe um das ganze Ei herumreichenden Keim- streifens eine Ausbildung der Dorsalfläche nicht möglich ist und in Folge dessen der Embryo in eine ventrale Krümmung übergeht. Infolge der Myriopoden. 735 Länge des Embryos ist derselbe zu einer gekrümmten Lage im Ei ge- zwungen. Der Keimstreif der Diplopoden ist jedoch nur kurz, und eine Ausbildung der Rückenfläche könnte sehr wohl auch ohne Eintreten der ventralen Krümmung erfolgen. Trotzdem sehen wir die bei den Chi lop öden kennen gelernten Bildungsvorgänge auch bei den Diplo- poden auftreten, und wenn dieselben früher die Bedeutung eines zur Bildung des langgestreckten Embryos erforderlichen mechanischen Vor- gangs hatten, so dienen sie jetzt vielleicht eher zum Schutz des Em- bryos. Möglicherweise ist auch in Folge der grösseren Berührungs- fläche des Embryos mit dem Dotter die Ernährung desselben verbessert. So wurde die Einknickung also beibehalten, obwohl ihre ursprüngliche Bedeutung eine Aenderung erfuhr. Diese Vorgänge sind von besonderem Interesse wegen des Vergleichs mit der später (pag. 772 ff.) zu besprechen- den Versenkung des Keimstreifens der Insecten in den Dotter. Da die weitere Ausbildung des Embryos bei den verschiedenen Diplopoden, so weit sie bis jetzt bekannt geworden ist, in ziemlich übereinstimmender Weise verläuft, so betrachten wir zunächst die etwas abweichende Anlage des Keimstreifens bei einigen anderen Formen. 1 sl. V u/c. -% - d/' V. Vir/h. w' ^w "'-- "' c£? . . Fig. 458. A und B zwei Embryonen verschiedenen Alters von Julus More- letti, um den ventral eingeknickten und in den Dotter versenkten Keimstreifen zu zeigen (nach Metschxikoff). at Antenne, d Dotter, kl Kopf läppen, md Mandibel, px — p3 erstes bis drittes Bein- paar, sl Schwanzlappen, uk Unterkiefer. Strongylosoma, Polydesmns, Polyxenus. Während bei Julus die Einknickung des Keimstreifens erst erfolgt, wenn bereits die Antennen, Mund Werkzeuge und drei Beinpaare angelegt sind (Fig. 458 Ä), so zeichnen sich die genannten drei Diplopoden dadurch aus, dass bei ihnen bereits auf einer sehr frühen Stufe die ventrale Einkrümmung vor sich geht, die Veränderung des von uns als ursprünglich betrachteten Zustandes (Chilopoden) also noch weiter vorgeschritten ist, als bei Julus. Bei den genannten drei Formen, von denen Strongylosoma am genauesten untersucht wurde, zeigte Metschnikoff, dass die erste An- deutung des Keimstreifens ungefähr in der schon früher besprochenen Weise vor sich geht. Dann aber erscheint sehr bald und noch ehe eine Spur von den Anlagen der Gliedmaassen zu sehen ist, eine quere Furche ungefähr in der Mitte des Keimstreifens. Dieselbe vertieft sich in ent- sprechender Weise, wie dies schon früher für Geophilus und Julus 736 XXIL Capitel. angegeben wurde (Fig. 459 A), und führt auch hier zu der ventralen Einknickung des Keimstreifens (Fig. 459 B). Bei Strongylosoma ist die Versenkung des Keimstreifens weniger tief, bei Polyxenus ragt er etwas tiefer in den Dotter hinein. Uebrigens erkennt man aus der Figur 459 B, dass nicht der gesammte Keimstreif in den Dotter ver- senkt wird, sondern der vorderste und hinterste Theil desselben .(Kopf- und Schwanzende) an der Oberfläche liegen bleiben. Auch bei Julus scheint Aehnliches schon angedeutet zu sein (Fig. 458). Ausser der queren Furche beobachtete Metschnikoff auch eine mediane Längsrinne, welche sich weit nach vorn (und wohl auch ebenso nach hinten) über den Keimstreifen erstreckt. Diese Kinne, welche hier eine ziemliche Tiefe erreicht, entspricht jedenfalls der von Sogbaff bei Geophilus beschriebenen, in frühen Stadien auftretenden Rinne, nur scheint sie bei Strongylosoma weit deutlicher ausgeprägt zu sein, als bei jener Form (vgl. pag. 727). An dem vorderen eingesenkten Theil des Keimstreifens kommen sehr bald die Antennen und Mundwerkzeuge zur Anlage, woran sich nach R. B . \ eh ' Xck ^kst ,eh •' -ek w kst ä~4 Fig. 459. A und B Embryonen Aron Strongylosoma Gruerinii (A) und Polyxenus lagurus (B), um die frühe Einknickung des Keimstreifens zu zeigen, an dem noch keine Extremitäten angelegt sind. Die dorsale Parthie des Dotters ist weg- gelassen. In B erkennt man bereits eine auf die Bildung der Keimblätter zurück- zuführende Schichtung des Keimstreifens (nach Metschnikoff). d Dotter, eh Eihaut, ek Einknickungsstelle des Keimstreifens (kst). hinten die ersten Beinpaare anschliessen. Dadurch kommt ein ganz ähn- lich gestaltetes Stadium zu Stande, wie es bei Julus durch die Ein- knickung des schon mit Extremitätenanlagen versehenen Keimstreifens er- reicht wird (Fig. 458). b. Die weitere Ausbildung des Embryos. Der Uebergang der ventral eingekrümmten und grösstentheils in den Dotter versenkten Embryonalanlage zu der definitiven Gestalt wird durch das Zusammenwirken verschiedener Momente bedingt. In Folge eines Vorwachsens des Keimstreifens nach der Rückenfläche, verbunden mit einer gleichzeitigen Ausbreitung nach vorn und hinten, wird der Dotter in den Embryo aufgenommen. Die beiden bisher nahe an einander ge- lagerten Ventralflächen des vorderen und hinteren Körpertheiles (Fig. 458) entfernen sich jetzt von einander, und der ganze, nunmehr auch an seiner Myriopoden. 737 Rückenfläche zur Ausbildung gelangte Embryo streckt sich etwas in die Länge, so dass dann ein Stadium wie das in der Figur 460 abgebildete zu Stande kommt. Von Wichtigkeit ist zunächst die Ausbildung der Gliedmaassen. Ueber die Lagebeziehung der Antennen zum Mund ist bisher ebenso- wenig wie bei den Chilopoden eine sichere Anschauung zu gewinnen. Die Antennen zeichnen sich in ähnlichem Maasse wie bei Geophilus (Fig. 456 und 457) durch eine besonders starke Entwicklung aus (Fig. 460 af). Auch die Mandibeln (md) sind recht umfangreich. Von be- sonderer Wichtigkeit ist die Anlage der Maxillen. Nach Metschnikoff's Beobachtung, die durch 0. vom Rath bestätigt wird, entstehen sie aus einem einzigen Paar von Extremitätenanlagen, welches auf die Mandibeln folgt (Fig. 458 uti). An sie schliessen sich direct die Anlagen der Bein- paare an (£>i — 2h)- Zur Auffassung der Mund- •? Werkzeuge der Myriopoden. Während die Chilopoden ^ zwei Unterkieferpaare und ein 1 __.at Paar von Kieferfüssen besitzen, md kommt den Diplopoden nur - _v\ ein Paar von Unterkiefern zu, ____--cJt welche sich zu einer Art von Unterlippe, dem Gnat hoch i- larium vereinigt haben (Fig. d y Hr s 464 geh, pag. 742). Der Bau des Gnathochilariums scheint SS^^^n\ darauf hinzuweisen, dass es \ PrPs aus zwei Paaren von Maxillen ^ hervorgegangen ist (Fig. 462 Fig. 460. Embryo von Polydesmus eom- mx1m\ämx2), und diese Auf- p 1 an atus in späterem Entwicklungsstadium. Die fassung findet sich auch viel- Eihülle wurde entfernt (nach Mktschnikoff). fach vertreten Sie liegt um at -Antenne, ch cuticulare Embryonalhaut, sn näher md Mandibel, px— pz erstes bis SO nanei , ais die l» n 1 1 0 p 0 drittes Beinpaar, sl Schwanzlappen, uh Unterkiefer, den zwei Unterkieferpaare be- sitzen (Fig. 461). Diese beiden Unterkieferpaare würden den ersten Maxillen und der Unterlippe der Insecten homolog zu setzen sein. Obwohl eine solche Annahme ebenso verlockend wie naheliegend ist, wird sie durch die Befunde der Entwicklungsgeschichte bisher nicht gestützt. Danach geht, wie erwähnt, das Gnathochilarium nur aus einem Gliedmaassenpaar hervor (Metschnikopf, No. 11, vom Rath No. 15). Aller- dings wäre eine noch bessere Begründung dieser Verhältnisse erwünscht. Doch scheint uns auch aus dem Bau der ausgebildeten Mundwerkzeuge ein Schluss gezogen werden zu können , welcher der oben angedeuteten Auf- fassung von der Zusammensetzung des Gnathochilariums aus zwei Kiefer- paaren direct entgegensteht. Wie das Gnathochilarium der Diplopoden, so setzt sich auch das erste Maxillenpaar der Chilopoden aus mehreren paarigen Stücken zusammen (Fig. 461, stm -f- me und stm -f- mi) und gewinnt da- durch eine gewisse Uebereinstimmung mit dem ersteren. Man darf also vielleicht schliessen, dass das ganze Gnathochilarium dem ersten Unterkiefer- paar der Chilopoden homolog ist. Bei den letzteren Formen wird dann noch ein Extremitätenpaar zur Bildung der Mundwerkzeuge herangezogen und liefert die zweiten Maxillen. Dass eine solche Annahme der Einbeziehung 738 XXII. Capitel. von Beinpaaren zu Mundtheilen bei den Myriopoden nichts Unstatthaftes an sich hat, zeigt die Umbildung des ersten Beinpaares der Chilopoden zu Kiefer- füssen. Die zweiten Maxillen der Chilopoden erscheinen selbst von einem Beinpaar noch nicht wesentlich verschieden (Fig. 461 pt), und bei den Diplopoden scheint es nicht ohne Bedeutung, dass das erste Beinpaar dem Kopf sehr nahe gerückt werden kann (Fig. 464 hl pag. 742). Nach der letzteren Auffassung würde sich die Vergleichung der Mund- theile der Myriopoden mit denjenigen der Insecten so gestalten, dass das Gnathochilarium der Diplopoden und die ersten Unterkiefer der Chilo- poden nur den ersten Maxillen der Insecten zu homologisiren wären. Die zweiten Maxillen der Chilopoden und das erste Beinpaar der Diplopoden ent- spräche dagegen der Unterlippe der Insecten (vgl. pag. 906). Die äussere Aehn- lichkeit des plattenförmig ausgebildeten Gnatkochilariums mit der Unterlippe vieler Insecten würde somit nicht durch eine directe Homologie beider Gebilde, sondern nur durch die Gleichartigkeit ihrer Function zu erklären sein. me m.i Fig. 461. Der Kopf des Litho- b i u s validus, von unten gesehen (nach Latzel, aus Lang's Lehrbuch der vergl. Anatomie). a Antenne, me äussere, tni innere Lade des ersten Unterkieferpaares, pl der sog. Taster des zweiten Unterkieferpaares, oc Ocellen, sk Stirntbeil des Kopfschildes, stl Stammglieder des zweiten Unterkiefers, dahinter die sog. Angel desselben, stm Stammglieder des ersten Unterkiefers. Fig. 462. Das Gnathochilarium von Lysiopetalum carinatum (nach O. vom Rath, aus Lang's Lehrbuch der vergl. Anatomie). mxx Stammglied, welchem die äussere und innere Lade (me und mi) aufsitzen; mx^ die sog. Zungenplatte, welche vorn einen bezahnten, ladenähnlichen Aufsatz (m) trägt. mxx und mx2 hat man auch als ent- sprechend einem ersten und zweiten Maxillenpaar aufgefasst. Die Mundwerkzeuge werden schon während des Embryonallebens völlig ausgebildet und besitzen demnach bei dem ausschlüpfenden Jungen bereits die definitive Gestaltung (vom Rath, Fig. 464). Von Beinpaaren sind beim Jungen zunächst drei ausgebildet (Fig. 463 B). Es scheint, dass dieselben nicht immer drei hinter einander liegenden Segmenten angehören. So muss man aus den Abbildungen der Jungen von Strongy- losoma und Polydesmus (Fig. 463 Bund 464) entnehmen, dass bei diesen Larven das zweite hinter dem Kopf gelegene Segment keine Ex- tremitäten trägt; bei den Larven von Julus ist dasselbe mit dem dritten Myriopoden. 739 Segment der Fall (Newport), was auch dem Verhalten der ausgebildeten Juliden entspricht, denen am dritten Segment die Beine fehlen. Auf das dritte Beinpaar folgen noch die Anlagen mehrerer anderer Extremi- tätenpaare, deren Zahl aber bei den verschiedenen Formen differirt. Diese Extremitäten erscheinen vor der Hand nur als stummeiförmige, unter der Haut verborgene Gebilde und treten erst während der post- embryonalen Entwicklung als freie Beinpaare hervor. — Die Zahl der Segmente hat sich nach hinten zu vermehrt, so dass bei der ausschlüpfen- den Larve gewöhnlich sieben bis neun Rumpfsegmente vorhanden sind, doch scheint ihre Zahl bei den verschiedenen Formen ebenfalls etwas zu differiren. Die Segmentirung ist nicht nur, wie in früheren Stadien, an der Bauchfläche zu erkennen, sondern hat sich auch gegen den Rücken des Embryos fortgesetzt (Fig. 460). Beim Ausschlüpfen erscheint der ganze Körper der Larve deutlich segmentirt (Fig. 463 B). Allerdings kommen in dieser Beziehung auch Abweichungen vor, welche mit der Bildung der Embryonalhaut in Verbindung stehen. a$^ Tig, 463. A und B zwei Larvenstadien verschiedenen Alters von Strongy- losoma Guerinii (nach Metschnikoff, aus Balfour's Handbuch). In A ist die Larve noch von der mit dem Bohrzapfen (Eizahn) versehenen cuticularen Hülle umgeben , in B ist sie von derselben befreit und zu freiem Leben gelangt (vgl. pag. 740). at Antenne, darüber, nach hinten gelegen, ist (in Fig. A) der Bohrzapfen zu er- kennen; 3, 4, 5 die drei Beinpaare des Embryos. Die Embryonalhaut der Diplopoden (und der Myriopoden über- haupt1) ist eine structurlose Membran, welche als Cuticula vom ober- flächlichen Epithel des Embryos abgeschieden wird. Bei Julus ist dies bereits der Fall, wenn der Keimstreif noch keinerlei Gliederung zeigt. In Folge dessen umgiebt diese Membran, welche durch ihre Entstehung der Cuticula blastodermica der Crustaceen sehr ähnlich ist, den Embryo sackförmig; sie hebt sich bald etwas von seiner Oberfläche ab. Bei der Einknickung des Keimstreifens bildet sich auch an der Hüll haut die ent- sprechende Einfaltung, so dass die Haut also der Ventralfläche ziemlich J) Die Embryonalhaut Geophilus ganz den pag. 732). tut der Chilopoden zeigt nach den Beobachtungen an gleichen Charakter wie diejenige der Diplopoden (vgl. 740 xxn- Capitel. dicht anliegen bleibt. Die Cuticüla bleibt auch während der weiteren Entwicklung erhalten und umgiebt den Embryo noch als sackförmige Hülle, wenn er die Eischale sprengt. So kommt es, dass der aus- schlüpfende Embryo von Julus als ein madenähnliches Thierchen er- scheint, wie dies schon Newport beschrieb und abbildete. Der von der Embryonalhülle umgebene Embryo zeigt eine tiefere Entwicklungsstufe, als dieselbe sonst den ausschlüpfenden Embryonen der Diplopoden zu- kommt. Der Kopf ist nicht deutlich vom Rumpf abgesetzt, und die Seg- mente erscheinen noch nicht von einander gesondert, was daher kommt, dass der Keimstreif sich noch nicht völlig gegen den Rücken hin ausge- breitet hat. In diesem Stadium ist die Larve noch unbeweglich. Sie kann als Puppe bezeichnet werden. Unter der Puppenhaut soll sich bereits eine zweite cuticulare Hülle vom Körper abheben. Diese zweite Hülle wurde vom Embryo abgeschieden, nachdem die ventrale Einknickung desselben bereits vollzogen war (Heathcote). Da die Ex- tremitäten schon vorher angelegt wurden, muss sie wohl Ausstülpungen aufweisen, welche diesen entsprechen. Dass am Embryo von Julus zwei cuticulare Hüllen (ausser der spä- teren Chitinbekleidung des Körpers) gebildet werden, scheint bereits aus Metschnikoff's Darstellung hervorzugehen, ohne dass man daraus über ihre Natur recht klar werden könnte. Die Angaben von Heathcote dürften die von Metschnifoff bestätigen. Innerhalb der Puppenhaut macht die Larve von Julus noch eine Ruhezeit durch, um schliesslich das Stadium zu erreichen, welches andere Diplopoden schon beim Verlassen des Eies besitzen. Sie sprengt dann die schon früher weit vom Körper abstehende Hülle und erlangt erst da- mit freie Beweglichkeit. Während bei Julus die Abscheidung der cuticularen Embryonal- hülle besonders früh vor sich geht, erfolgt sie bei anderen Formen erst später, wenn die Gliedmaassen bereits angelegt sind, so dass diese von ihr besonders umscheidet werden (Fig. 4G0 ch). Sie lässt dadurch ihren Charakter als Larvenhaut noch besser erkennen. Bei S t r o n g y 1 o s o m a tritt an ihr sogar ein besonderes Larvenorgan auf, nämlich ein Chitin- zapfen, welcher am Scheitel gelegen ist (Fig. 463 A). Nach Metschni- koff's Auffassung dient derselbe zum Sprengen der Eischale und ist also als Eizahn zu bezeichnen, wie das betreffende Gebilde bei G e o p h i 1 u s. Dieses letztere gehört allerdings einem Extremitätenpaar an (Fig. 456 und 457 ez), ist also dem unpaaren Eizahn der Diplopoden nicht homolog. Dieser ähnelt vielmehr dem unpaaren Eizahn, welchen wir bei den Phalangiden kennen lernten (pag. 565), in Form und Lage, während der Eizahn der Geophilus bezüglich seiner Stellung eine grössere Aehn- lichkeit mit dem von den Spinnen beschriebenen paarigen Gebilde auf- weist (pag. 588). Derartige functionell gleichartige Bildungen scheinen bei den Arthropoden demnach in recht verschiedener Lagerung vorzu- kommen. Der Eizahn wird jedenfalls mit der Larvencuticula später abge- worfen. Bei dem im Uebrigen sehr ähnlich gestalteten Embryo von Polydesmus fehlt der Bohrzapfen (Fig. 460), jedenfalls weil die Ei- haut bei dieser Form weit dünner ist und ein besonderes Organ zum Sprengen derselben unnöthig macht (Metschnikoff). Auch Julus be- sitzt den Bohrzapfen nicht. Myriopoden. 74 1 Wie es scheint, verharren auch die Larven von Polydesmus und Strongylosoma noch einige, wenn auch recht kurze Zeit in der cuticularen Hülle (Fig. 460 und 463 A) und entbehren somit ebenfalls zunächst noch einer freien Beweglichkeit. Dagegen konnte das Puppen- stadium bei Polyxenus nicht aufgefunden werden, und auch Glomeris scheint ein solches nicht durchzumachen (vom Rath). Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, wie sehr die Cuticularhülle der Myriopodenembryonen an die Cuticula blastodermica der Crustaceen und noch mehr an die Deutovum- Membran der Acarinen erinnert. Die Aehnlichkeit mit der letzteren wird dadurch noch verstärkt, dass Metschni- koff bei Polyxenus ausserhalb des Embryos, also zwischen diesem und der Eihaut (bezw. der Cuticula, falls diese hier vorhanden ist) freie amöboide Zellen, ähnlich den „Hämamöben" der Milben (vgl. Fig. 395, pag. 625) beobachtete. Freilich dürfen wir hierbei gewiss nur an Analogien denken. c. Die postembryonale Entwicklung. Stadien der postembryonalen Entwicklung mussten schon bei Be- trachtung der Bildung der cuticularen Hülle des Embryos ins Auge ge- fasst werden, denn der Embryo verlässt in vielen Fällen, von dieser um- geben, das Ei und ist somit schon jetzt als Larve anzusehen (Fig. 463 A, pag. 739). Es wurde schon erwähnt, dass die sog. Larven der Diplo- poden in ihrer Gestaltung, abgesehen von der geringeren Segmentzahl, nicht sehr verschieden vom ausgebildeten Thier sind. Der Besitz von drei Beinpaaren verleiht ihnen eine auffallende Aehnlichkeit mit Insectenlarven; so hebt vom Eath besonders ihre Aehnlichkeit mit jungen Poduriden hervor. Freilich ist diese Uebereinstimmung keine tiefer begründete, sondern mehr äusserlicher Natur, denn einmal ist die Homologie der Kopfsegmente von Insecten und Myriopoden (im Hinblick auf die Anzahl der für die Kopfbildung zur Verwendung kommenden Segmente) noch sehr zweifelhaft (vgl. pag. 737), und sodann pflegt eines der vorderen Rumpfsegmente, gewöhnlich das dritte, der Extremitäten ganz zu entbehren (Fig. 463 B und 464), so dass sich die drei ersten Beinpaare auf vier Segmente vertheilen, während der Thorax der Insecten bekanntlich aus drei Segmenten mit je einem Extremitätenpaar besteht. Die Verwandlung der Larve in das ausgebildete Thier, die sog. A n a m 0 r p h 0 s e der Diplopoden, ist sehr oft und von verschiedenen Forschern (Newport, Fabre, Bode, Latzel, vom Rath und anderen) studirt worden. Sie weist bei den einzelnen Formen gewisse Differenzen auf, die aber nicht so wesentlich sind, als dass sie hier alle eine be- sondere Berücksichtigung finden könnten. Die wichtigsten Punkte der postembryonalen Entwicklung sind die Neubildung der Segmente und die Entstehungsweise der für die Diplopoden charakteristischen Doppelseg- mente. Die Bildung neuer Segmente geht stets zwischen dem Anal- segment und dem letzten zur Ausbildung gelangten Segment vor sich (Latzel). Die Doppelsegmente sind aber, wie jetzt sicher erwiesen ist, auf die Verschmelzung zweier ursprünglichen Segmente zurückzuführen (Heathcote). Wie schon erwähnt, sind bei der sechsfüssigen Larve unter der Haut bereits einige weitere Beinpaare angelegt, Die Zahl derselben ditferirt bei den einzelnen Formen. Die ausschlüpfende Larve von Glomeris besitzt Korscheit- Heider, Lehrbuch. 48 742 XXII. Capitel. hinter den drei ersten , wohl ausgebildeten Beinpaaren sogar schon fünf stummeiförmige frei hervorragende Extremitäten (vom Rath). Auch in dieser Beziehung steht also die Fig. 464. Larve von Polydes- mus complanatus direct nach dem Ausschlüpfen (nach O. vom Rath, aus Lang's Lehrbuch der vergl. Anatomie). a Antenne, an After, bx — b3 erstes bis drittes Beinpaar, bt Backentheile, geh Gnathochilarium, Ibr Oberlippe, sd die soff. Saftdrüse. Glomerislarve, weiche ein Puppen- stadium nicht durchmachen soll, auf einer Entwicklungsstufe, die von anderen Di- plopoden erst nach einer oder mehreren Häutungen erreicht wird. Um ein Beispiel für das Auftreten der Segmente und Beinpaare zu geben, wählen wir die Larve von Pol yd es - mus (Latzel, vom Rath). Die drei ersten Beinpaare sitzen bei ihr am ersten, dritten und vierten Rumpfsegment (Fig. 464). Zwei stummeiförmige, unter der Haut gelegene Beinpaare gehören dem fünften und ein weiteres ebensolches dem sechsten Segment an. Nach der Häutung treten dieselben hervor, und auf das Stadium mit sieben Segmenten und drei Beinpaaren folgt somit ein solches von neun Segmenten und sechs Beinpaaren. Das nächste (dritte) Sta- dium besitzt 12 Segmente und zehn (S) bezw. 11 Beinpaare (9). Das sechste Segment zeigt anstatt des früheren einen jetzt zwei Beinpaare, ebenso besitzt das siebente Segment des Weibchens deren zwei, während dasjenige des Männchens nur eines trägt. Die Copulationsfüsse des Männchens, welche am siebenten Segment liegen, kommen erst beim ge- schlechtsreifen Thier hinzu. Die weitere Zunahme an Segmenten und Extremi- der folgenden Tabelle zu aus 7 9 12 15 17 18 19 20 täten ist ersehen : 3 Beinpaare 6 10 16 22 26 28 30 ii 17 23 27 29 31 B. B. B. B. B. B. I. Stadium 7 Segmente n. „ in. „ iv. „ v. „ VI. „ vn. „ VIII. „ Im achten Stadium wird die Geschlechtsreife Bildung der Copulationsfüsse, die gewöhnlich dem Diplopoden angehören. Zwischen jedem Stadium Thieres statt. Bei den von Newpokt nach dieser Richtung besonders eingehend unter- suchten Juliden liegen die Verhältnisse im Ganzen ähnlich. Die Larve be- sitzt am fünften und sechsten Segment je zwei stummeiförmige Beinpaare unter der Haut, welche nach der ersten Häutung als wohlgegliederte Extremitäten erscheinen. Bei den späteren Häutungen erhalten auch die folgenden Seg- mente je zwei Beinpaare und die Segmentzahl nimmt nach hinten weiter zu. (?) (2) (?) (?) (?) (?) erreicht und erfolgt die siebenten Rumpfringe der findet eine Häutung des Myriopoden. 743 Während bei Strongyl osoma , Polydesmus und Julus eines der vier vorderen Segmente der Extremitäten entbehrt (Fig. 463 B und 464), scheint dies bei Polyxenus nicht der Fall zu sein. Die Larve dieses Diplopoden besitzt zuerst nur fünf Rumpfsegmente (das Analsegment immer mitgerechnet) und drei Beinpaare, welche an den drei ersten Seg- menten sitzen. Im nächsten Stadium bleibt die Segmentzahl die gleiche, dagegen erscheint am vierten Segment ein weiteres Beinpaar (Bode). Das- selbe erhält sich fernerhin als einzelnes Paar, wenn im dritten Stadium an dem neugebildeten fünften Segment ein Beinpaar entsteht und bei der darauf folgenden Häutung ein weiteres Beinpaar an diesem letztern Segment hinzu- kommt. "Während der acht Stadien , welche von dem Thier durchlaufen werden , kommen noch drei weitere mit zwei Extremitätenpaaren versehene Segmente (das sechste, siebente und achte) hinzu, das neunte aber trägt nur ein Beinpaar, während dem vor dem Analsegment gelegenen Abschnitt die Gliedmaassen ganz fehlen (Bode, Latzel, vom Rath). Für die Endsegmente der Diplopoden ist überhaupt charakteristisch, dass an ihnen eine Ver- schmelzung nicht einzutreten pflegt , wie dieselbe auch an den vier vorderen (als Thorax bezeichneten) Segmenten fehlt und allem Anschein nach wohl auch am Genitalsegment ausbleiben kann. C. Symphylen und Pauropoden. Ueber die Embryonalentwicklung dieser infolge ihrer geringen Körper- grösse schwierig zu behandelnden Myriopoden ist unseres Wissens bisher nichts bekannt geworden. Die Larven von Pauropus sind wie die der Diplopoden zuerst sechsfüssig (Lubbock, Rydeb, Latzel) 1). Das zweite und dritte Beinpaar sollen einem Segment, oder wohl besser Doppelsegment an- gehören. Die Larve besitzt nur wenige Segmente, denn ausser dem Anal- segment ist nur noch ein fussloses Segment vorhanden. Bei der ersten Häutung treten zwei weitere Beinpaare auf. Dann zeigt das Thier sechs, sieben, acht und schliesslich neun Beinpaare. Eine genauere Untersuchung dieser Ver- hältnisse ist zu wünschen. Die Entwicklung von Scolopendrella ist noch weniger bekannt, ob- wohl ihre Kenntniss sehr wichtig wäre, da dieser Form an und für sich eine grössere Bedeutung zukommt. Das jüngste bisher beobachtete Stadium besass sechs Beinpaare, doch ist es nicht unmöglich, dass ihm Stadien mit weniger Beinpaaren vorausgehen (Latzel). Durch eine Anzahl von Häutungen erfolgt die Erwerbung je eines neuen Beinpaares, bis die Segmentzahl des geschlechts- reifen Thieres erreicht ist. Nach Latzel erinnert der Entwicklungsgang von Scolopendrella lebhaft an den der Polyxeniden. 3. Die Bildung der Organe. Unsere Kenntniss von der Organbildung der Myriopoden ist noch sehr unvollkommen. Soviel wir davon wissen, scheint sie bei den Chilo- poden und Diplopoden in ziemlich übereinstimmender Weise vor sich zu gehen. Nachdem schon Metschnikoff in seinen früheren Arbeiten Angaben über diesen Gegenstand gemacht hat, ist er später von Sograff und Heathcote eingehender, aber nicht erschöpfend behandelt worden. *) Genauere Angaben über diese Verhältnisse finden sich bei Latzel (No. 10, Bd. II, pag. 21), wo auch die betr. Litteratur citirt ist. 48* 744 XXII. Capitel. A. Das Nervensystem. Vom oberen Schlundganglion wissen wir nur, dass es in Form der ansehnlichen Verdickungen der Kopflappen entsteht und sich schliess- lich vom Ectoderm abspaltet. Zur Zeit, wenn der Embryo von Julus bereits die Eischale sprengt, wenn also das Gehirn schon längst ange- legt ist, bemerkt man an den Kopflappen zwei grubenförmige Ein- senkungen, ähnlich denen, welche bei P er ipatus, den Insecten und auch bei den Arachniden angetroffen werden (vgl. die Figuren 435, 436 B, 346 0, 370 5 und 451 C). Anfangs nur flach, vertiefen sich diese Gruben später und senken sich in die Anlage des oberen Schlund- ganglions ein, mit dessen Zellenmaterial der Boden der Gruben ver- schmolzen erscheint. Das Einsenken in die Gehirnanlage erinnert ganz besonders an das Verhalten der sog. Ventralorgane bei Peripatus (Fig. 438 B, pag. 700). Ihre äussere Oeffnung verengert sich, und zu- letzt erscheinen sie als geschlossene Blasen (Heathcote). Sie schwinden schliesslich, und ihre Bedeutung ist nicht festgestellt worden, doch möchte man glauben, dass sie mit der Bildung des Ganglion opticum im Zu- sammenhang stehen, wenn man die bei den Insecten und Arach- niden obwaltenden Verhältnisse in Betracht zieht (pag. 821 und 592). Bei Peripatus sollen die am Kopf des Embryos auftretenden Gruben allerdings eine andere Bedeutung haben (pag. 700), und vielleicht ist es im Hinblick darauf, dass Sograff die auch bei Geophilus vorhandenen Kopfgruben (Fig. 451 C) als eine atavistische Erscheinung ansieht, die mit der Bildung des oberen Schlundganglions nichts zu thun hat. Die Bauchganglienkette entsteht wie bei anderen Arthropoden in Form zweier strangförmiger Verdickungen neben der Mittellinie, welche, entsprechend den einzelnen Körpersegmenten, Anschwellungen, die Ganglien, zeigen. Die mediane Furche, welche beide Stränge zwischen sich schliessen (Fig. 453, pag. 729), ist nicht mit der früher vorhandenen seichten, als Blastoporus gedeuteten Längsfurche zu verwechseln, sondern diese schwindet schon bald wieder. In Folge des Auftretens der beiden seitlichen Ecto- dermverdickungen kommt dann in gleicher Lage die zweite Rinne zur Erscheinung (Fig. 453, nr). Bei Geophilus erreicht diese Rinne eine ansehnliche Tiefe, da die beiderseitigen Verdickungen von bedeutendem Umfang und einander stark genähert sind. So scheint es, als ob auch die mittlere Parthie an der Bildung der Ganglienkette theilnehme und somit als Neuralrinne zu bezeichnen wäre. Bei den Diplopoden, speziell Julus tritt die Neuralrinne weniger deutlich hervor, hat aber wohl auch hier dieselbe Bedeutung, da die Ganglien, welche sich vom Ectoderm ablösen, durch eine Querbrücke in Verbindung stehen. So würde der Mittelstrang die Quercommissuren liefern. Bei Julus soll, nachdem sich die Ganglien vom Ectoderm abgelöst haben (Fig. 468 A und J5), an ihnen eine nach aussen hin gerichtete Ein- senkung auftreten, so dass jedes Ganglion mit einer Grube versehen erscheint. Dieser von Heathcote beschriebene Vorgang ist deshalb nicht recht zu ver- stehen, weil er sich erst nach der Ablösung vom Ectoderm einstellt, andern- falls würde man an die Ventralorgane des Peripatus denken (vgl. pag. 699). Die Gruben, welche wie die im oberen Schlundganglion zugeschlossenen Blasen werden, schwinden bald wieder. Myriopoden. 745 Bei den Diplopoden liegen die beiderseitigen Ganglien erst etwas weiter auseinander, was wohl mit der Umwachsung des Dotters durch den Keimstreifen zusammenhängt, dann nähern sie sich bis zu enger Be- rührung und an ihrer dorsalen Parthie erscheint die Fasersubstanz, welches Verhalten schon für Peripatus in ähnlicher Weise geschildert wurde (pag. 701). Die Differenzirung der Ganglien geht in der Reihenfolge von vorn nach hinten vor sich, so dass bei dem wachsenden Embryo, bezw. bei der Larve in dem hinteren, noch nicht ausgebildeten Theil des Körpers die undifferenzirten Anlagen der Bauchganglienkette gefunden werden, von denen sich dann nach vorn hin neue Ganglien abgliedern (Fig. 466 und 467). Bei den Diplopoden kommen auf die grössere Anzahl der Körperringe zwei Ganglienpaare, wodurch sich diese Hinge als Doppel- segmente zu erkennen geben. Im vorderen Theil der Ganglienkette tritt eine Fusion mehrerer Ganglienpaare ein, welche zur Bildung des unteren Schlundganglions führt (Fig. 466 usg), mit dem sich noch einige Ganglienpaare vereinigen können. Ueber eine Hinzuziehung echter Rumpfganglien zum Gehirn ist unseres Wissens bisher entwicklungsgeschichtlich nichts bekannt geworden , obwohl die Thatsache, dass der hinterste Abschnitt des Gehirns (das sog. Tritocere- brum) einen Theil der Schlundcommissur ausmacht und zudem eine besondere Quercommissur besitzen kann (so bei den Diplopoden und bei S cuti- ge ra nach St. Remy) vielleicht auf eine ähnliche Entstehung des Tritocere- brums hinweist, wie sie die mit dem Gehirn vereinigten Kieferganglien des Peripatus und die Ganglien der zweiten Antenne bei den Crustaceen zeigen (pag. 702 und 364). Das Bild eines Myriopodengehirnes stellt sich schematisch in ganz ähnlicher Weise dar wie das in Fig. 439 (pag. 703) wiedergegebene Gehirn eines Embryos von Peripatus. B. Die Augen. Die Bildung der Augen ist bei Julus terrestris verfolgt worden, welche Form jederseits eine grössere Anzahl (gegen 40) sogenannter Ocellen besitzt. Diese treten nach einander auf. Am vierten Tage des freien Larvenlebens, d. h. nach dem Verlassen der cuticularen Hülle, erscheint der erste Ocellus, welchem die übrigen allmählich folgen, bis die volle Zahl erreicht ist. Nach Heathcote vollzieht sich die Bildung der Augen auf die Weise, dass hinter der Basis der Antenne eine Ver- dickung des Ectoderms entsteht und in dieser sich Pigment ablagert. Sodann tritt in der verdickten Parthie eine Höhle auf, so dass das ganze wie eine Augenblase erscheint. Während sich die Höhle vergrössert, wird die nach aussen gekehrte Wand dünner, die innere aber dicker. Letztere stellt die Retina dar, und der ersteren liegt die Abscheidung der Linse ob. Nach Heathcote,s Auffassung ist dies ihre einzige Function, und sie hat nicht die Bedeutung einer Glaskörperschicht. In einem späteren Stadium tritt sie noch mehr zurück (Fig. 465 h). Die ganze innere Wand (r) liefert die Retina. Zwischen ihren nunmehr regelmässig angeordneten Zellen findet Heathcote kleinere Zellen von unregelmässiger Form, welche amöboiden Mesodermzellen gleichen, und er nimmt an, dass solche zwischen die ectoderinalen Retinaelemente als Pigmentzellen einwandern. Eine Kapsel in der Umgebung des Auges wird ebenfalls von Mesodermzellen geliefert, welche sich der Retina dicht anlegten (Fig. 465 Je). 746 XXII. Capitel. Durch die von Heathcote gegebene Darstellung der Entstehung des Myriopodenauges ist dessen Entwicklungsmodus noch nicht genügend festge- stellt und die Beziehung der Entwicklungsstadien zum ausgebildeten Auge nicht hinreichend geklärt. Vor allem wäre zu zeigen, welche Bedeutung die äussere, unter der Linse gelegene Zellenschicht (Fig. 465 Ji) beim ausgebil- deten Auge besitzt, bezw. ob sie überhaupt vorhanden ist. Eine von Gre- nacher untersuchte Julusart weist ein einschichtiges napf förmiges Auge auf, welchem die Glaskörperschicht fehlt. Andere Myriopoden, wie es scheint be- sonders Chilopoden, besitzen einen Glaskörper, haben also zweischichtige Augen. Damit entfernen sie sich einigermaassen von dem einfachsten Bau des Ocellus, wie er verschiedenen anderen Myriopoden zukommt. Es wäre daher von Wichtigkeit nachzuweisen, ob die Anlage der Augen wirklich eine geschlossene Blase oder nicht vielmehr eine Ectodermeinsenkung ist, als welche Fig. 465. Schnitt durch ein in der Bildung begriffenes Auge von Julus terrestris (nach Heathcote). ch Chitinbedeckung des Kopfes , h Hypodermissehicht unter der Linse (lentigene Schicht), hyp Hypodermis, k zellige Augenkapsel, l Linse, r Retina. sie bei den Augen ohne Glaskörper auch im ausgebildeten Zustand noch er- scheint. Den Glaskörper müsste man dann ähnlich wie bei den Stemmata der Iusectenlarven (Fig. 378, pag. 598) durch Vordrängen der Hypodermis von den Seiten her erklären. Wie bereits weiter oben (pag. 703) gezeigt wurde, legen sich auch die Augen des Peripatus in Form von Ectodermeinsenkungen an, und nichts liegt näher, als die napfförmigen Augen der Myriopoden sowie die Stemmata der Insecten auf eine ähnlich gestaltete niedere Entwicklungsstufe, etwa auf Annelidenaugen zurückzuführen (pag. 597). Gerade die Myriopoden bieten in dieser Beziehung besonderes Interesse dar, insofern einige von ihnen nur wenige Ocellen besitzen, Scolopendra z. B. nur vier jederseits, bei anderen aber die Zahl sich steigert und zur Bildung der sog. gehäuften Ocellen (30 — 40 und mehr, bei Lithobius, Julus, Fig. 461 oc) führt, bis schliesslich ein aus zahlreichen (etwa 200) Einzelaugen zusammengesetztes Auge resultirt (Scutigera), welches einem Facettenauge z. B. dem von Limulus gleicht und sogar eine Art von Rhabdombildung erkennen lässt, trotzdem aber seine Beziehungen zu den gehäuften Ocellen anderer Myriopoden nicht verläugnet. Es scheinen sich also für die Myriopodenaugen die verschiedenen Stadien darzubieten, welche wir bei Betrachtung der Arachni den äugen für die phylogenetische Entstehung des Facettenauges als wahrscheinliche bezeichneten (pag. 598). Eine eingehende entwicklungsgeschichtliche und morphologische Untersuchung dieser Verhältnisse würde höchst erwünscht sein und dürfte lohnenden Erfolg versprechen. Myriopoden. 747 C. Die Tracheen. Die Tracheen gelangen erst spät zur Anlage. Bei Geophilus kommt der Embryo ohne Tracheen aus dem Ei und die Respiration findet vorerst nur durch die noch sehr dünne Körperbedeckung statt (Sograff). Auch bei den Diplopoden treten die Tracheen spät auf, allem An- schein nach erst dann, wenn der Embryo das Chorion bereits gesprengt hat und in der Puppenhaut liegt. Julus zeigt dann hinter der Basis jedes Beines eine grubenförmige Einsenkung, welche sich vertieft und zwei Divertikel bildet, von denen sich das eine in den Baum unterhalb der Bauchganglienkette erstreckt, während das andere gegen die Rücken- seite vorwächst. Damit sind die beiden von der Tracheentasche aus- gehenden Hauptstämme gebildet, und von ihnen wachsen nunmehr aber- mals Divertikel, die Tracheenröhren aus, welche sich mit der Intima auskleiden. Bei den Diplopoden kommt jedem Rumpfsegment ein Stigmen- paar mit der zugehörigen Stigmentasche und den davon ausgehenden Tracheenstämmen zu. Die Tracheenröhren verzweigen sich nicht und bilden keine Anastomosen, zeigen also ein sehr ursprüngliches Verhalten. In den Körperringen der Diplopoden rinden sich zwei Paar Tracheen- einstülpungen, wodurch sich dieselben wiederum als Doppelsegmente zu erkennen geben. Die Tracheen der Chilopoden zeigen complicirtere Verhältnisse, in- dem sie sich weiter verzweigen und Anastomosen bilden. Die Vertheilung der Stigmen auf die Segmente ist nicht mehr eine so regelmässige, indem sie einzelnen Segmenten fehlen. In dieser Beziehung erscheinen die Chilo- poden demnach als weniger ursprüngliche Formen. D. Die Wehrdrüsen. Am fünften Rumpfsegment der dreibeinigen Diplopodenlarve tritt seitlich ein Paar Einsenkungen auf, die Forami na repugnatoria, welche in flaschenförmige Ectodermeinstülpungen führen, das erste Paar der Stink- oder Wehrdrüsen (Fig. 464 sd). Mit der Zunahme an Seg- menten kommen noch mehr solcher Drüsen hinzu, doch erhält jedes Doppelsegment nur ein Paar und die vorderen Einzelsegmente ent- behren ihrer völlig (Heathcote, Metschnikoff1). E. Der Darmcanal. Bei der Bildung des Darmcanales muss man zwischen Chilopoden und Diplopoden streng unterscheiden; freilich sind die Nachrichten, welche wir bisher zumal über die Entstehung des Diplopodendarmes er- halten haben, keine sehr eingehenden und klären die auffallenden Ver- hältnisse, welche dabei vorzuliegen scheinen, nicht genügend auf. a. Der Mitteldarm. Chilopoden. Der Nahrungsdotter, welchem der Keimstreif aufliegt, ist bei Geophilus sehr umfangreich und lässt noch längere Zeit den Zerfall in Dotterpyramiden erkennen (Fig. 454 A, d). In ihm liegen l) Bezüglich der Auffassung dieser Drüsen vgl. man das pag. 755 Gesagte. 748 XXII. Capitel. Kerne, von denen man annimmt, class sie von vornherein im Dotter zurückgeblieben seien. Diese Kerne ordnen sich zu einer regelmässigen peripheren Lage an. In ihrer Umgebung differenzirt sich der Dotter in regelmässigen Bezirken (Fig. 466); so entstehen die Abgrenzungen von Zellen und das Mitteldarmepithel wird auf diese Weise gebildet (Sograff). Ob diese Differenzirung in einer bestimmten Richtung, d. h. z. B. von vorn nach hinten oder umgekehrt vor sich geht, vermögen wir aus Sograff's Darstellung nicht mit Sicherheit zu erkennen, doch weist die Abbildung Fig. 466 auf eine von hinten nach vorn fortschreitende Aus- bildung des Mitteldarmes hin. Der Nahrungsdotter bleibt noch längere Zeit im Mitteldarm liegen und wird erst allmählich resorbirt. Er dient auch der Larve noch als Nahrung und reicht bei der Lithobiuslarve nach dem Ausschlüpfen noch 15 Tage lang aus. tUi.- —CS '$■ Fig. 466. Sagittaler Längsschnitt eines älteren Embryos von Geophilus ferrugineus (nach Sograff). a After, bg Bauchganglienkette, d Dotter, dz Dotterzellen, ect Ectoderm, ed End- darm , h Herz , m Mund, md Mitteldarm, dessen Ausbildung noch nicht vollendet ist, indem vorn das Epithel noch fehlt, mes Mesodermgewebe , zum Theil den Darm be- kleidend, zum Theil in der Leibeshöhle vertheilt, o.sg oberes, u.sg unteres Schlund- ganglion, vd Vorderdarm. Diplopoden. Schon von Metschnikoff wurde als wichtiger Unter- schied in der Bildung des Mitteldarms der Myriopoden hervorgehoben, dass derselbe bei den Chilopoden an der Peripherie des Dotters ent- steht (Fig. 466), diesen also in sich fasst, bei den Diplopoden hin- gegen als ein Rohr innerhalb des Dotters gebildet wird, so dass dieser also ausserhalb des Darmes liegt (Fig. 467). Der Mitteldarm entsteht auch hier aus den im Dotter enthaltenen Zellen, deren Ursprung ebenso- wenig wie bei den Chilopoden sicher festgestellt ist. Sie sammeln sich in einer bestimmten Gegend und ordnen sich zur Bildung eines wenig umfangreichen Rohres an, welches sich in der Längsaxe des Em- bryos erstreckt (Fig. 467 md). Dieses Rohr, welches in der nach Heath- cote's Abbildung copirten Figur allerdings als solider Strang erscheint, Myriopoden. 749 liegt nach den übereinstimmen- den Angaben von Metschni- koff und Heathcote innerhalb der Dottermasse und konnte von dem erstgenannten Forscher im Zusammenhang aus diesem herauspräparirt werden. Der Dotter selbst kommt somit in die primäre Leibeshöhle zu liegen. Diese erfüllt er voll- ständig. Er dringt z. B. in die durch Äuseinanderweichen der Ganglienanlage und des Ecto- derms entstehende Lücke ein (Fig. 468 A u. B) und drängt sich, soviel aus der Darstel- lung von Heathcote zu ent- nehmen ist, sogar zwischen die Mesodermschicht und das Ectoderm ein (Fig. 468). Die Ganglienkette liegt dann in- nerhalb der Dottermasse, und das Gleiche ist mit dem Vor- derdarm und Enddarm der Fall, wie eine Betrachtung der Figuren 467 und 468 B ergiebt. In späteren Stadien wird der Dotter in die Lücken des Pseudocöls aufgenommen und dort allmählich resorbirt (vgl. pag. 753). Die Ablagerung des Dot- ters in der primären Leibes- höhle ist bereits früher (pag. 328) von Moina, sowie von Mysis (pag. 375) erwähnt worden, allerdings kommt die- selbe dort auf etwas andere Weise zu Stande. Ein ähn- liches Verhalten , wenn auch in weit beschränkterem Maasse, kann auch bei den Insecten eintreten und soll weiter unten noch besprochen werden (vgl. pag. 832). Der Unterschied in der Bildung des Mitteldarmes der Chilopoden und Diplo- poden liegt auf der Hand und ist am besten aus einer Vergleichung der Abbildungen Fig. 466 und 467 ersichtlich. --me». Fig. 467. Längsschnitt durch einen Embryo von Julus t e r r e s t r i s vom zehnten Tage der Entwicklung (nach Heathcote). a After, bg Bauchganglienkette, c Cuticular- hülle des Embryos, d Dotter, dz Dotterzellen, kl Kopflappen, m Mund, md Mitteldarm, mes Meso- derm, sl Schwanzlappen. Fig. 468. A und B Querschnitte durch Em- bryonen von Julus terrestris (in etwas schema- tisirter Darstellung nach Heathcote). A die ventrale Parthie eines Querschnittes durch einen Embryo vom elften Tage. B voll- standiger Querschnitt eines Embryos vom zwölften Tage. Beide sind durch die hintere Körperregion geführt. bg Bauchganglien, d Dotter, dz Dotterzellen, ed Enddarm, ect Ectoderm, ex Extremitätenanlage, m.g Malpighi'sche Gefässe, p.lh primäre Leibes- höhle, so somatisches, sp splanchnisches Blatt des Mesoderms. 750 XXII. Capitel. Während die Mitteldarmbildung der Chilopoden mehr an die bei den Arachnoiden obwaltenden Verhältnisse erinnert, lässt sich diejenige der Diplopoden nur mit gewissen Erscheinungen bei den Crustaceen vergleichen , bei denen ebenfalls das Epithel erst inmitten des Dotters liegt, bis dieser ins Innere der Darm- anlage diffundirt. Ehe man diese Verhältnisse übrigens mit einiger Sicher- heit beurtheilen kann, wird man noch Genaueres über die späteren Bezie- hungen des Mitteldarmes zum Nährdotter erfahren müssen. Einstweilen er- scheint uns dieser Punkt noch zu dunkel und einer besseren Klarlegung recht bedürftig. b. Vorder- und Enddarm. Bezüglich der Bildung des Vorder- und Enddarmes verhalten sieh Chilopoden und Diplopoden ziemlich übereinstimmend. Beide Ge- bilde sind Ectodermeinstülpungen. Das Stomodaeum entsteht ventral zwischen den Kopf läppen, das Proctodaeum ebenfalls in ventraler Lagerung in der Nähe des Hinterendes (Fig. 467 m und «). Beide ver- längern sich, das eine nach hinten, das andere nach vorn und stossen schliesslich an den Mitteldarm, mit dessen Epithel ihre Wandung ver- schmilzt (Fig. 457, 466, 467). Der After rückt aus der ventralen Lagerung, welche er früher zeigte, mit dem Wachsthum des Embryos mehr nach hinten (Fig. 452-454, pag. 729 und 730 und Fig. 466 a). Als zwei blindsackförmige Ausstülpungen des Enddarmes entstehen die Malpighi' sehen Gefässe, welche bei G e o p h i 1 u s allem Anschein nach schon recht früh gebildet werden (Fig. 453 mg), während sie bei Julus erst zur Zeit des Ausschlüpfens (d. h. der Sprengung der Ei- schale, am 12. Tage der Entwicklung) zur Anlage kommen. Die mesodermalen Bildungen. Das Mesoderm erscheint zuerst als eine kielförmig nach innen vor- ragende Verdickung am Blastoderm (Fig. 450, pag. 727, bei Julus nach Heathcote) oder als eine einschichtige Platte von Zellen, welche sich wie jene längs der Ventralseite erstreckt (so bei Geophilus nach Sograff). Diese Mesodermanlage soll nicht allein durch Vermehrung der Blastodermzellen ihre Entstehung nehmen, sondern grossentheils auch von den im Dotter verbliebenen und nunmehr nach der ventralen Oberfläche wandernden Zellen gebildet werden. Anfangs eine continuir- liche Zellschicht, erfährt das Mesoderm entlang der Mittellinie eine Tren- nung in zwei bandförmige Parthien, die Mesodermstreifen. Die Seg- mentirung derselben tritt in der Weise hervor, dass entsprechend den späteren Segmenten die Mesodermstreifen hintereinander liegende Ver- dickungen erhalten, zwischen denen die Mesodermschicht sehr dünn wird. Die Bildung der Höhle erfolgt sodann in den verdickten Parthien durch Auseinandergehen der Zellen (Heathcote), womit das Ursegment fertig und das somatische und splanchnische Blatt angelegt ist. Sograff schildert die Entstehung der beiden Mesodermblätter abweichend und in einer Weise, wie sie auch für Insecten verschiedentlich angegeben worden ist. Er nimmt nämlich an, dass die einschichtige Zellplatte, welche bei Geophilus unter dem ventralen Ectoderm liegt, an ihrem lateralen Rand sich in dorsaler Richtung umbiegt und nach der Mittellinie hinwächst. Myriopoden. 751 So würden zwei aneinander liegende Blätter gebildet und durch ihr Aus- einanderweichen entsteht die secundäre Leibeshöhle. Aehnliches hat Kowa- lewsky für Hydrophilus angegeben, ohne damit allerdings die Bestätigung späterer Beobachter zu finden. Ein etwas ähnliches Verhalten nimmt Heymons für Phyllodromia an (pag. 814). Nach Sograff sollen ausserdem noch die im Dotter vertheilten Zellen an der Bildung des splanchnischen Blattes theilnehmen, indem sie an die Peripherie rücken. Die Zahl der angelegten Ursegmentpaare entspricht derjenigen der zu bildenden Körpersegmente, und es ist von Wichtigkeit, dass für jeden der mit zwei Bein paaren versehenen Kör per ringe der Diplopoden zwei Paare von Ur Segmenten gebildet werden, dass diese Körperringe sich also auch hierdurch als Doppel- segmente erweisen (Heathcote). Von allgemeinerer Bedeutung erscheint sodann die Thatsache, dass die Ursegmente der Myriopoden sich in die Extremitäten-Anlagen hinein erstrecken und diese hohl erscheinen lassen (Fig. 469 h.us). Dieses Verhalten gleicht dem des Peripatus und stimmt auch insofern mit ihm über- ein, als sogar die Antenne mit dem umfangreichen Divertikel einer Seg- menthöhle erfüllt ist (Fig. 469 h.us und at). Es würden somit die für Verhalten auch für ge- uvet>: die Peripatus an dieses knüpften Erörterungen Myriopoden Giltigkeit haben (vgl. pag. 697). Jedenfalls erscheinen die Extremitätendivertikel der . Segment- höhlen als ein ursprüngliches Verhal- ten, welches später verloren geht und unter den Insecten nur bei den nie- deren Formen (nämlich den Ortho- pteren nach Graber, Cholodkowsky, Heymons u. A.) erhalten bleibt. F. Leibeshöhle, Blutgefässsystem, Fettkörper und Muskulatur. Der Zustand, in welchem das Mesoderm durch zwei Reihen hinter- einander gelegener Ursegmente re- präsentirt wird, bleibt nicht lange er- halten. Nach Heathcote theilt sich jedes Ursegment in zwei Blasen, von denen die eine im Körper verbleibt (somatischer Theil des Cöloms), die andere der betreffenden Extremität zukommt (pedaler oder cruraler Theil des Cöloms), eine Erscheinung, welche mit der ähnlichen, bei Peripatus stattfindende Zertheilung der Ursegmente zu vergleichen ist. Fig. 469. Querschnitt durch einen Geophilusembryo , welcher als Keim- streifen um den Dotter gerollt ist. Oben ist der vordere, unten der hintere Theil des Keimstreifens getroffen (nach So- graff). at Antenne, bg Bauchganglienkette, d Dotter, dz Dotterzellen, h.us Höhlung- der Ursegmente, welche sich in die Extremitäten erstrecken, mes Mesoderm (Wand der Ursegmente), o.sg oberes Schlundganglion, vd Vorderdarm. Im Einzelnen scheinen sich bezüglich der weiteren Ausbildungen der beiden Ursegmenttheile für Peripatus und die Myriopoden gewisse Differenzen zu ergeben. Durch die Untersuchungen von Heathcote sind diese Verhältnisse noch nicht genügend klar gestellt und ein genaueres Studium derselben muss als sehr erwünscht bezeichnet werden. 752 XXII. Capitel. Verfolgen wir die Ausbildung der Ursegmente von vorn nach hinten, so finden wir, dass das erste, dessen pedaler Abschnitt in der Antenne liegt, zur Bildung der zur letzteren gehörigen Muskulatur, sowie der Muskulatur des Kopfabschnittes überhaupt, verwendet wird. Die Urseg- mente der Mandibeln werden in ähnlicher Weise zur Bildung von Muskeln verbraucht, diejenigen des Maxillenseginentes sollen dagegen nach Heath- cote's Darstellung eine andere, weiter unten noch zu besprechende Be- deutung besitzen (Bildung der Speicheldrüsen). Vom ersten Rumpfsegment an zeigen die beiden Abtheilungen des Cöloms durchgängig eine Verschiedenheit ihrer Ausbildung. Während die pedalen Cölomsäcke zur Ausbildung der Beinmuskulatur verbraucht und aufgelöst werden, rücken die somatischen Parthien bei den Diplo- poden gegen die Mittellinie hin, um sich über die Bauchganglienkette zu lagern und hier später mit einander zu verschmelzen. Sie verhalten sich also anders als bei Peripatus, bei dem sie an die Dorsalseite des Körpers rücken und sich oberhalb des Darmes aneinander legen (vgl. pag. 716 und Fig. 444, pag. 714). Wie dort bilden sie aber auch hier die Geschlechtsdrüsen und da diese bei den Chilopoden dorsal vom Darm gelagert sind, könnte man bei diesen Formen eine noch grössere Uebereinstimmung mit dem Verhalten des Peripatus erwarten, als sie bei den Diplopoden stattfindet. Bei der angedeuteten Diflferenzirung der beiden Abtheilungen der Ursegmente scheinen auch zusammenhängende Zellschichten gebildet zu werden, welche sich über der Ganglienkette und in der Umgebung des Darmes anordnen (Fig. 468 so und sp), wenigstens spricht Heathcote von einer mesodermalen Bekleidung dieser Theile, welche er (wohl nicht ganz correct) als somatisches und splanchnisches Blatt bezeichnet. Die eigent- liche Leibeshöhle ist ein Pseudocöl und sie bietet insofern ganz besondere Verhältnisse dar, als sich, wie schon früher (pag. 749) erwähnt, die grösste Masse des Dotters ausserhalb des Mitteldarines lagert und in Folge dessen in die Leibeshöhle zu liegen kommt (Fig. 467 und 468 B, pag. 749). In dem Dotter sind noch immer Zellen enthalten und ihnen hat man eine grosse Bedeutung für die Ausbildung des Blutgefäss- systems, sowie des Fettkörper- und Bindegewebes zugeschrieben (Sograff, Heathcote). Wie schon erwähnt, trägt das von den Ursegmenten herstammende Zellmaterial zur Bildung der die Leibeshöhle begrenzenden Gewebs- parthien und besonders der Muskulatur bei. Aus den Figuren 468 A und B ist zu ersehen, dass eine Mesodermzellenschicht (so) anfangs dem ventralen Ectoderm und der Ganglienkette dicht anliegt, mit deren Los- lösung vom äusseren Blatt aber ebenso wie diese selbst in den Dotter verlagert wird. Es scheinen bei diesen, allerdings noch nicht genügend festgestellten Vorgängen, kleinere Parthien des Dotters zwischen jene Theile und das Ectoderm einzudringen (Fig. 468 A und B, d). Anderer- seits geht wohl daraus hervor, dass auch die von den Ursegmenten her- stammenden mesodermalen Elemente sich im Dotter verbreiten und die hier zur Ausbildung gelangenden Organe nicht nur auf Piechnung der im Dotter enthaltenen Zellenelemente zu setzen sind. Bei den Chilopoden bildet sich das Mitteldarmepithel an der Peripherie des Dotters und dieser kommt also ins Innere des Darmes zu liegen. Man sollte glauben, dass in diesem Falle das mesodermale Gewebe von den Ursegmenten herzuleiten wäre und doch nimmt Sograff an, dass an den Seitentheilerf sowie am Rücken des Embryos, bis wohin Myriopoden. 753 sich die Ursegmente nicht ausgebreitet haben, ein aus sternförmigen Zellen bestehendes Parenchymgewebe auftritt, welches von den im Dotter verbliebenen Zellen herstammt1). Diese sollten schon früher an der Bil- dung des (hauptsächlich durch Umschlagen der zuerst vorhandenen Zellen- platte entstandenen) splanchnischen Blattes theilgenommen haben, indem sie aus dem Dotter an die Peripherie rückten. In ähnlicher Weise, muss man nach Sograff's Auffassung annehmen, treten auch später, jedoch bevor die Bildung des Mitteldarmepithels erfolgt ist, Wanderzellen aus dem Dotter zur Bildung jenes Parenchymgewebes heraus. Daraus sollen dann das Bindegewebe der Leibeshöhle, der Fettkörper und die Blut- zellen hervorgehen, in ähnlicher Weise wie diese Gebilde bei den Diplo- poden aus dem schon an und für sich in der Leibeshöhle gelegenen, mit Zellen erfüllten Dotter ihren Ursprung nehmen. Die Dottermasse wird in diesem letzteren Falle offenbar immer stärker von Zellen durch- setzt; der Dotter selbst erscheint in den Lücken des Pseudocöls gelegen und wird hier allmählich aufgesaugt, wie es scheint. Seine Spuren sind noch als ziemlich umfangreiche, Oeltropfen ähnliche Gebilde in dem zelligen Netzwerk zu erkennen, welches den Fettkörper der Larven repräsentirt. Mit der allmählichen Resorption des Dotters und der gleich- zeitigen weiteren Ausbildung der mesodermalen Elemente, geht die vor- her mit compakter Dottermasse erfüllte primäre Leibeshöhle der Diplo- poden (Fig. 467 und Fig. 468 B) zuerst in ein von zelligem Maschen- werk gebildetes Pseudocöl und schliesslich in die definitive Gestaltung der Leibeshöhle über. Die Bildung der Leibeshöhle bei den Diplopoden scheint Aehnlich- keit mit derjenigen von Moina zu haben. Auch bei dieser Form liegt, wie schon erwähnt, der Nahrungsdotter in der primären Leibeshöhle (vgl. pag. 328). Er wird von Zellen durchwachsen, welche sich von den Mesoderm- streifen ablösten , deren Natur als echte Mesodermzellen also nicht zweifel- haft sein dürfte. Diese Zellen tragen später ebenfalls zur Bildung des Blut- gewebes bei. Ein ähnliches Schicksal haben wahrscheinlich auch die im Pseudocöl der Embryonen von Musca zurückbleibenden Dotterparthien (pag. 832). Die Bildung des Herzens soll bei den Diplopoden eben- falls auf die im Dotter enthaltenen Zellen zurückzuführen sein (?) Die- selben ordnen sich im Pseudocöl zu einem dorsal gelegenen Rohr an. Dieses erscheint anfangs noch unvollkommen geschlossen und gewinnt erst später einen festeren Zusammenhalt. Regelmässig gelagerte Oeff- nungen (Spaltenpaare), welche in ihm verbleiben, stellen die Ostien dar. In jedem Doppelsegment der Diplopoden kommen zwei Paare Ostien zur Ausbildung. Desgleichen besitzt jedes Doppelsegment zwei Paar von Arterien, welche in etwas mehr ventraler Stellung vom Herzen abgehen und direct in die Räume des Pseudocöls führen. Ventral vom Herzen wird ein Pericardialseptum gebildet, welches den gleichen Ursprung hat wie das Herz selbst (Heathcote). Nach Sograff's Darstellung entsteht das Herz von Geophilus aus einer Reihe paariger, dem jetzt schon zur Ausbildung gekommenen Darm aufliegender Zellenanhäufungen (Fig. 470 A). Wenn gesagt wird, 1) Wir glauben die betreffende Auffassung Sograff's in richtiger Weise wiederzu- geben, obwohl es schwer ist, aus der russisch geschriebenen Abhandlung ein volles Verständniss dieser einigennassen verwickelten Eildungsvorgäuge zu gewinnen. 754 XXII. Capitel. dass dieselben dem splanchnischen Blatt zugehören, so ist damit wohl kaum vom splanchnischen Blatt im eigentlichen Sinne die Rede, sondern gewiss eine dem Parenchymgewebe entstammende Bekleidung des Darmes gemeint. In diesem Sinne spricht jedenfalls auch Heathcote von einem splanchnischen und somatischen Blatt (Fig. 468 sp und so). In jenen Zell- anhäufungen, von denen jedes Paar einer späteren Herzkammer entspricht und einem Körpersegment zugehört, treten Höhlungen auf (Fig. 470 B). Von den so gebildeten Säcken verschmelzen die beiden zu einein Paar gehörigen mit einander, indem sie sich in der Mittellinie zu einem einzigen Sack vereinigen. So ist eine Herzkammer gebildet, und die Continuität der hintereinander liegenden Kammern repräsentirt das ganze Rückengefass (Fig.466). Diese Bildung des Herzens zeigt eine grosse Ueberein- stimmung mit dem aus paari- ger Anlage hervorgehenden Rückengefass der Anneliden (vgl. pag. 193), und wenn sie sich als richtig erweist, so würden allem Anschein nach die Chilopoden in dieser Beziehung ursprüng- lichere Verhältnisse aufwei- sen, als sie selbst Peripa- ftv. _ sie tus besitzt. Freilich ist dies vorläufig nur ganz mit Re- Fig. 470. A und B Theile von Qaer: chnitten f e r r u - durch durch ältere Embryonen von Geophilus gineus (nach Sograff). Die Schnitte sind die hintere Parthie des Körpers geführt. d Dottermasse mit Dotterzellen, dm Dorsal- muskeln, fk Fettkörpergewebe, fl Flügelmuskeln des Herzens, g Anlage der Genitaldrüsen, h die paarige Anlage des Herzens, m Muskulatur, md Mitteldarm, we* mesodermale Bekleidung des Darmes, mp Malpighi'sche Gelasse. serve auszusprechen, eine er- neute Untersuchung der Myriopodenentwicklung aber auch in dieser Hinsicht wie in vielen anderen als sehr erwünscht zu bezeichnen. Die Körpermuskula- tur nimmt ihre Entstehung aus den der ectodermalen Körperwand sich anlagernden mesodermalen Elementen, über deren Abstammung nichts Sicheres bekannt ist, wie be- reits früher erwähnt wurde. G. Die Speicheldrüsen. Obwohl man von vornherein geneigt ist, die Speicheldrüsen der Myriopoden für homolog mit denen der Insecten zu halten und sie dem- entsprechend wie diese als ectodermale Bildungen anzusehen, so muss man sie auf Grund der bisher vorliegenden Angaben (von Heathcote) doch zu den mesodermalen Gebilden zählen. Danach sollen die Speichel- drüsen durch schlauchförmiges Auswachsen des somatischen Abschnittes vom Ursegment des Unterkiefersegmentes gebildet werden. Wenn der Schlauch schon ziemlich lang geworden ist, öffnet er sich erst durch Ver- Myriopoden. 755 Schmelzung mit dem Ectoderm jederseits an der Basis der Unterkiefer- platte nach aussen. Wenn sich die Entstehung der Speicheldrüsen aus dem Mesoderm wirk- lich bestätigen sollte, so hätte man sie für umgewandelte Nephridien zu halten, während man die Speicheldrüsen der Insecten infolge ihres ecto- dermalen Ursprungs wohl als Cruraldrüsen ansehen muss. Die Speicheldrüsen der Myriopoden würden dann in gleicher Weise wie diejenigen des Peri- patus gebildet werden (vgl. pag. 714), allerdings soll es dort die äussere, nicht die innere Abtheilung des Ursegmentes sein, welche sie entstehen lässt. Was übrigens die Frage der directen Homologie der Speicheldrüsen bei den Myriopoden und bei Peripatus betrifft, so ist dieselbe identisch mit derjenigen nach der Homologie der Mundgliedmaassen beider Gruppen. Die Speicheldrüsen von Peripatus gehören dem Segment der Oralpapillen zu und die Frage, wie diese Anhänge sich zu den Mundwerkzeugen der Myrio- poden verhalten, soll an anderer Stelle erledigt werden (pag. 906). An und für sich müssen wir sagen, dass uns die Entstehung der Speichel- drüsen aus dem Mesoderm nicht sehr wahrscheinlich ist. Uebrigens besitzen die Myriopoden mehrere Paare von Speicheldrüsen (Herbst, No. 9) , welche den einzelnen Kopfsegmenten zukommen, so wie sich die Speichel drüsenpaare auf die Segmente der Mandibeln, Maxillen und Unterlippe bei den Insecten vertheilen. Nichts liegt näher, als an eine Homologie dieser Gebilde bei Insecten und Myriopoden zu denken. Immerhin würde es möglich sein, dass wie bei Peripatus Drüsen mesodermalen und ectodermalen Ursprunges neben einander vorhanden sein könnten. Es würde also nöthig sein, vor allen Dingen den Entwicklungsmodus dieser Drüsen genau festzustellen. Sind die Speicheldrüsen oder Kopfdrüsen , wie sie Herbst mit einem indifferenten Namen nennt, denn es sind auch Spinndrüsen darunter, sind diese Drüsen ectodermaler Natur, so Avürde man sie als Cruraldrüsen anzu- sehen haben. Solche (wahrscheinlich ectodermale) Drüsen finden sich auch am Rumpf der Myriopoden vielfach vor und werden den Cruraldrüsen des Peripatus, sowie weiterhin den Parapodialdrüsen der Anneliden ver- glichen. Die betreffenden Drüsen der Myriopoden sind sehr mannigfacher Natur. Eine ausführliche Darstellung dieser Verhältnisse findet sich bei Eisig (No. 2). Dieser Forscher war übrigens geneigt, die Wehrdrüsen, welche wir oben nach den Untersuchungen von Metschxteoff und Heath- cote als ectodermal schilderten, als umgewandelte Nephridien anzusehen. H. Die Genitalorgane. Das Wenige, was man bis jetzt über die Bildung der Genitalorgane weiss, bezieht sich auf die Geschlechtsdrüsen der Diplopoden. Die- selben gehen wie bei Peripatus aus dem somatischen Theil der Ur- segmente hervor, der aber nicht wie dort gegen die Dorsalseite vorrückt, sondern in ventraler Lagerung verbleibt. Zur Bildung der Geschlechts- drüsen wird eine grössere Anzahl von Ursegmenten verwendet. Die somatische Farthie derselben rückt gegen die Medianlinie hin und lagert sich über die Bauchganglienkette. Die Cölomsäcke der rechten und linken Seite jedes Segmentes berühren sich in der Mittellinie. Ungefähr zur Zeit, wenn der Embryo ausschlüpft, verschmelzen sie beide mit ein- ander, so dass ihre Höhlungen zusammenfliessen, und indem sich auch die hinter einander liegenden Cölomsäcke vereinigen, wird ein längeres Rohr gebildet, welches zwischen Bauchganglienkette und Darm gelegen ist. Damit ist die Genitalröhre gebildet. 756 XXII. Capitel. Ueber das Verhältniss der Genitalröhre zu den Ausführungsgängen, so- wie über deren Entstehung und Bedeutung fehlen sichere Angaben. Bei Peripatus entsprechen die Ausführungsgänge bekanntlich einem Paar Ne- phridien. Sie münden hinten am Körper aus. Bei den Myriopoden besitzt diese Frage deshalb ein besonderes Interesse, weil die Genitalorgane bei den Chilopoden hinten (am vorletzten Körpersegment), bei den Diplopoden dagegen ziemlich weit vorn (hinter dem zweiten Beinpaar) ausmünden. Wir sind geneigt, das Verhalten der Chilopoden für das ursprünglichere zu halten und bei den Diplopoden eine secundäre Verlagerung der Ausführungs- gänge nach vorn anzunehmen, welcher Vorgang noch am ehesten durch die Verwendung eines anderen Nephridienpaares zu erklären ist. An eine Ver- schiebung der Geschlechtsöffnung durch Eintreten der Knospung hinter diesem Segment und Ausfallen vorderer Segmente zu denken, scheint ganz unstatthaft. Die Lagerung der Geschlechtsdrüsen erscheint uns bei den Chilo- poden ebenfalls ursprünglicher und wie die Lage der Ausführungsgänge mehr dem Verhalten von Peripatus entsprechend. Sie liegen nämlich dorsal vom Darm und erscheinen beim Embryo als zwei Zellenanhäufungen neben dem Rückengefäss (Fig. 470 B, g). Leider fehlt bisher eine genauere Kenntniss ihrer Entstehung. Allgemeines. Bei der Betrachtung der Myriopodenentwieklung drängen sich zwei wichtige Fragen auf, nämlich die, ob sich durch die Entwicklungs- geschichte der Myriopoden nähere Beziehungen derselben zu dem Peri- patus ergeben, und wie sie sich zu der Insectenentwicklung ver- hält. Da uns die Myriopoden in gewissem Sinne als Mittelformen zwischen den Insecten und Onychop hören erscheinen, liegen diese Fragen sehr nahe. Freilich muss dazu sofort bemerkt werden, dass die Entwicklung der Myriopoden bisher noch zu wenig bekannt ist, um auf jene Fragen eine so befriedigende Antwort zu geben, wie man sie viel» leicht von ihr erwarten dürfte. Schon bezüglich der ersten Entwicklungsvorgänge der Myriopoden- eier schweben wir im Hinblick auf einen Vergleich mit Peripatus ziemlich im Ungewissen. Den Myriopodeneiern kommt eine superficielle Furchung mit Zerklüftung des Dotters zu, und Aehnliches ist auch für die dotterreichen Eier des neuseeländischen Peripatus angegeben worden (Fig. 418.4, pag. 680). Die Eier der anderen Peripatus arten furchen sich total, wie wir sahen, doch Hess sich dieses Verhalten mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als ein secundäres darstellen. Es ist übrigens hierbei von Interesse, dass man auch den niederststehenden Insecten (Po duren) eine totale Furchung zugeschrieben hat, obwohl sichere Nachrichten hierüber noch abzuwarten sind. Die Keimblätterbildung der Myriopoden ist noch zu wenig bekannt, als dass sich darauf sichere Schlüsse bauen Hessen, dagegen bietet die äussere Körpergestaltung einige, wenn auch nicht sehr sichere Vergleichs- punkte. Es wurde gezeigt, dass der Myriopodenembryo bereits in früher Zeit der Entwicklung eine starke ventrale Krümmung erleidet, die zu einer Versenkung des ganzen Keimstreifens in den Dotter führen kann (Fig. 455 — 458, pag. 731 und ff.). Aehnliches könnte aus den Angaben und Zeichnungen von L. Sheldon für Peripatus entnommen werden, und es scheint nicht unmöglich, dass diese Entwicklungsvorgänge der Myriopoden und Insecten auch bei Peripatus schon vorbereitet sind. Myriopoden. 757 Als Merkmal einer ziemlich niederen Stufe der Entwicklung und gleichzeitig als Vergleichungspunkte mit der Peripatusentwicklung dürften die vermeintlichen Ventralorgane (von Kopf und Rumpf), die Fortsetzung der Ursegmente in die Extremitäten, besonders in die Antennen, das Ver- halten der ectodermalen (dural-) Drüsen und der (vielleicht dem Meso- derm entstammenden) Speicheldrüsen, die zweitheilige Anlage des Herzens und die ähnlich wie bei Peripatus erfolgende Bildung der Genitalorgane anzusehen sein ; aber leider sind unsere Kenntnisse der betreffenden Ent- wicklungs-Vorgänge nicht ausreichend, um diese Vermuthungen zu einiger Sicherheit zu erheben. Besser steht es um die Kenntniss der ausgebil- deten Thiere, und in dieser Beziehung macht es die Beschaffenheit der Mund Werkzeuge, die Gliederung des Nervensystems, der Bau der Augen, das Vorhandensein der MALPiomVlien Gefässe, sowie das Verhalten des Blutgefässsystems und der Leibeshöhle zweifellos, dass die Myriopoden in naher Verwandtschaft zu den Insecten stehen. Den bei weitem auf- fälligsten Uebereinstimmungspunkt bilden die Tracheen. Sie sind von ganz gleicher Beschaffenheit wie bei den Insecten. Wenn wir diesem Punkt hier so grosse Wichtigkeit zuschreiben, während wir ihn bei der Vergleichung der Arachniden mit den Insecten nicht (pag. 638) gelten Hessen, so liegt dies daran, dass sich eine Ableitung der langgestreckten und ziemlich homonom gegliederten Myriopoden von peripatusähnlichen, bereits mit Tracheen versehenen Formen von selbst darbietet, während einer derartigen Ableitung der Arachniden grosse Schwierigkeiten entgegen- stehen, welche bereits früher eingehender besprochen wurden (pag. 635). Trotz der grossen Uebereinstimmung des Tracheensystems der Myrio- poden und Insecten im ausgebildeten Zustand, scheint bei den ersteren doch eine Thatsache auf das Verhalten des Peripatus hinzuweisen. Wie bei diesem treten auch bei den Myriopoden die Tracheen sehr spät auf; sie sollen erst zur Zeit der postembryonalen Entwicklung gebildet werden, während sie bei den Insecten bereits in frühen Stadien der Embryonalentwicklung zur Anlage kommen. Als eine Thatsache von grösserer Bedeutung könnte auf den ersten Blick das Auftreten von Jugendformen erscheinen, welche nur mit ver- hältnissmässig wenigen Segmenten und noch weniger Gliedmaassenpaaren ausgestattet sind, um so mehr, da dieselben eine grosse Aehnlichkeit im Habitus mit den Jugendformen der niedrigststehenden Insecten, nämlich der Thysanuren, besitzen. Wir kommen damit zu der Frage, ob die reiche Segmentzahl des Myriopodenkörpers überhaupt einen primitiven Zustand darstellt oder als ein erworbener Charakter anzusehen ist. Wir möchten diese Frage dahin beantworten, dass die Stammform der Myrio- poden allerdings eine aus einer ziemlich grossen Anzahl von Segmenten be- stehende, ähnlich wie Peripatus homonom gegliederte Form war, aber wir möchten mit E. Haase (No. 5) annehmen, dass die grosse Zahl von Segmenten, wie wir sie jetzt bei den Myriopoden finden, eine spätere Erwerbung dieser Formen darstellt. Man hat diese immer weiter fort- schreitende Verlängerung des Körpers durch die Lebensweise der Myrio- poden erklärt, welche eine derartige Ausbildung des Körpers mit sich bringt, ähnlich wie bei den Schlangen unter den Wirbel thieren. Es ist von Interesse, wie diese Verlängerung des Körpers auch eine Modification der morphologischen Charaktere desselben zur Folge hat. Bei den aus zahlreichen Segmenten bestehenden Chi lop öden schieben sich nämlich in die weiche intersegmentale Bauchhaut unpaare Chitinplatten ein, welche bei den kürzeren Chilopoden nur wenig entwickelt sind, mit zunehmender Korschelt-Heider, Lehrbuch. 49 758 XXII. Capitel. Länge und Segmentzahl jedoch zu breiteren Bauchplatten, den unpaaren Scuta, werden (Haase, No. 6). Die für Insecten und Myriopoden gemeinsame Urform hat man vielfach in der Nähe der S y m p h y 1 e n gesucht ; aber Scolopendrella, welcher man wegen ihrer auffallenden Uebereinstimmung mit den Thysanuren (Fig. 534 und 535, pag. 880) diese hohe Bedeutung beilegte, zeigt eben- sowohl wie die letzteren selbst gewisse Organisationsverhältnisse, welche sie so wenig wie diese als eine vollständig ursprüngliche Form erscheinen lassen. Wir zweifeln zwar nicht daran, dass die Symphylen sowohl wie die Thysanuren sehr alte Formen sind, möchten aber für die Myriopoden eine noch ursprünglicher organisirte Stammform in Anspruch nehmen, von welcher sich die Symphylen bereits etwas, die Thysanuren aber noch mehr entfernt haben. Die Differenz! rung eines Thorax, welche die letzteren als wichtigen Charakter bereits besitzen, während sie bei den Myriopoden erst angedeutet erscheint, wird bei Behandlung der Insecten (pag. 880) besprochen werden. Die Myriopoden, welche mit wenig Segmenten und mit nur drei wohlausgebildeten Beinpaaren wie die meisten Insectenlarven das Ei ver- lassen, sind die Diplopoden; die Chilopoden schlüpfen stets mit einer grösseren oder der vollen Anzahl von Segmenten und Beinpaaren aus dem Ei. Man würde geneigt sein, dieses Verhalten als das ursprüng- lichere anzusehen, zumal auch Peripatus beim Ausschlüpfen die volle Segmentzahl besitzt, wenn nicht die gesammte Organisation es zweifel- haft erscheinen Hesse, welche von den beiden Abtheilungen die ursprüng- lichere ist, die Chilopoden oder die Diplopoden. Wie die spätere Entwicklung scheint auch die Einkrümmung des Embryos bei den Chilopoden auf eine ursprünglichere Weise zu verlaufen, da sie nur als eine Folge des Längenwachsthums erscheint, während die frühe Einknickung des Keimstreifens der Diplopoden eine solche natürliche Erklärung nicht zulässt, sondern viel eher als ein abgeleitetes Verhalten angesehen werden muss. Dagegen scheint die drehrunde Ge- stalt des Diplopodenkörpers einen ursprünglicheren Zustand darzustellen, da auch der Chilopodenembryo drehrund ist und erst nach dem Aus- schlüpfen die dorsoventrale Abplattung erfährt. Während bei den Chilopoden jeder Körperring ein Beinpaar trägt, sehen wir bei den Diplopoden je zwei Segmente zu einem Körperring verschmelzen, der nunmehr mit zwei Beinpaaren versehen ist. Die Ent- wicklungsgeschichte hat gezeigt, dass für jeden Körperring der Diplopoden zwei Ursegmentpaare und zwei Ganglien angelegt werden; somit ist die Natur dieser Körperringe als Doppelsegmente nicht mehr zweifelhaft. Hierin liegt sicher ein secundärer Charakter der Diplopoden; dafür ver- halten sich aber ihre Mundtheile insofern einfacher, als die Diplopoden wahr- scheinlicher Weise nur ein Paar Unterkiefer besitzen, bei den Chilopoden aber zu diesem Paar noch zwei weitere Extremitätenpaare als Hilfswerk - zeuge bei dem Kaugeschäft hinzugezogen werden. — Das Tracheensystem ist bei den Diplopoden einfacher, bei den Chilopoden hingegen compli- cirter gestaltet, dafür tritt aber wieder bei den letzteren ein ursprüng- licheres Verhalten der Genitalorgane hervor, indem die Geschlechtsdrüsen dorsal vom Darm angelegt werden (wie bei Peripatus) und diese Lagerung beibehalten, während sie bei den Diplopoden ventral vom Darm gefunden werden. Im ersteren Falle gehört die Geschlechtsöffnung dem vorletzten Körpersegment an, im letzteren liegt sie dem vorderen Körperende ge- nähert zwischen dem zweiten und dritten Rumpfsegment. Wir werden Myriopoden. 759 kaum daran zweifeln, dass die Lagerung der Geschlechtsöffnung am hinteren Körperende den urprünglichen Zustand darstellt und im anderen Falle eine Modification dieses ursprünglichen Zustandes eingetreten ist. Wenn zu alledem hinzukommt, dass die Diplopoden für die paläonto- logisch älteren, die Chilopoden für die jüngeren Formen gelten, so wird man nur sagen können, dass auch sie sich schon früh von der gemein- samen Stammform getrennt Infben und jeder Zweig, sich für sich weiter entwickelnd, neue Charaktere erwarb, aber auch alte Merkmale beibe- hielt, welche jedoch in beiden Gruppen in Folge der getrennten Fort- entwicklung nicht die gleichen waren. Das wichtigste Merkmal in der Organisation der Myriopoden ist die gleichartige Ausbildung der Rumpfsegmente und der damit im Zusammen- hang stehende Besitz von Gliedmaassen an allen oder doch beinahe allen Rumpfsegmenten. Dieses Merkmal verleiht den Myriopoden einen be- sonders primitiven Charakter und nähert sie denjenigen segmentirten Formen, welche ebenfalls eine homonome Gliederung des Körpers auf- weisen, nämlich dem Peripatus und den Anneliden. Litteratur. 1. Bode, J. Polyxcnus lagurus. Ein Beitrag zur Anatomie, Morphologie u. Entwicklungs- geschichte der Chilognathen. Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. 49. Bd. Halle 1S77. 2. Eisig, H. Die Capitellidcn XVI. Monographie der Fauna u. Flora des Golfes von Neapel. Berlin 1887. 3. Fabre, J. H. Becherches sur Vanatomie des organes reproducteurs et sur le de've- loppemcnt des Myriopodes. Annal. Sc. Nat. 4e scr. T. 3. Paris 1855. 4. Grenaeher, H. lieber die Augen einiger Myriapoden. Arch.f. mikroskop. Anatomie. 18. Bd. 1880. 5. Haase , E. Beitrag zur Ontogenie u. Phylogenie der Chilopoden. Zeitschr. f. Ento- mologie. iV. F. 8. Heft. Breslau 1881. 6. Haase, E. Hie Abdominalanhänge der Insekten mit Berücksichtigung der Myriopoden. Morpholog. Jahrbuch. 15. 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Eigenthümliche Sinnesorgane der Myriopoden. Math. Naturwiss. Berichte aus Ungarn. 1. Bd. Pest u. Berlin 1882 — 83. XXIII. Capitel. I N S E C T B N. Systematik (nach Brauer No. 146): A. Apterygogenea. a. Thysanura (Campodea, Japyx, Machilis, Lepisma) b. Collembola (Podura, Sminthurus). B. Pterygogenea. a. Dermaptera (Forficula). E p h e m e r i d a e. Odonata (Libellulidae). Plecoptera (Perlariae). Orthoptera genuin a (Blattidae, Phasmidae, Mantidae, Saltatoria). Corrodentia (Termitidae, Psocidae, Mallo- phaga). Thysanoptera (Physapoda, Thrips). h. Khynchota. i. Neuroptera (Sialidae, Megaloptera). k. Panorpatae. 1. Trichoptera (Phryganea). m. Lepidoptera. n. Diptera. o. Siphonaptera. p. Coleoptera. q. Hy menoptera. b. c. d. e. f. g- Homomorpha. Heteromorpha. I. Embryonalentwicklung. 1. Eiablage und Bau des reifen Eies. Die Eier der meisten Insecten werden abgelegt. Nur verhältniss- mässig wenige Formen sind vivipar, z. B. die parthenogenetischen Gene- rationen der Apilid en, manche Dipteren (Sarcophaga, T ach inen, Oestriden, Pupiparen, Cecidomyialarven), die Stylopiden und einige Käfer (manche Staphylinen). Die abgelegten Eier zeigen sich durch die mannigfaltigsten Einrichtungen gegen äussere Schädlichkeiten geschützt, sei es, dass sie an einer Unterlage festgeklebt werden, oder in 762 XXIII. Capitel. das Wasser, unter die Erde oder in das Innere von Pflanzentheilen ab- gelegt werden. Im letzteren Falle wird durch die Eiablage vielfach zur Entstehung von Pflanzenauswüchsen (Gallen) Veranlassung gegeben. Jene Insecten, deren Larven als Parasiten in der Leibeshöhle anderer Insecten leben (Pteromalinen), pflegen ihre Eier in den Körper der künftigen Wirthe abzulegen, wo dann die embryonale und postembryonale Ent- wicklung durchlaufen wird. Manche Insecten setzen ihre Eier von einem Gespinnst umschlossen ab. Andere umhüllen dieselben mit einem Secret, welches bei den in das Wasser abgelegten Eiern gallertartig aufquillt (Laichmassender Culiciden und Phryganiden), bei anderen an der Luft zu einer festeren Kapsel erhärtet (sog. Eicocon von Periplaneta und von Mantis) etc. Die Eier der Insecten zeichnen sich meist durch ihre ansehnliche Grösse aus. Hinsichtlich ihrer Form zeigen sie grosse Mannigfaltigkeit; im Allgemeinen herrscht die ovale, nach der Richtung der Längsaxe ge- streckte Grundform vor. Bei diesen ist häufig durch beträchtlichere Krümmung der einen Längsseite ein Unterschied der späteren Dorsal- und Ventralseite angedeutet (vgl. Fig. 471 d und v). Das reife Ei ist von zwei Hüllen eingeschlossen, einer inneren, vom Ei durch Erhärtung der Aussenschicht selbst producirten, der Mem- brana vi teil i na (Dotterhäutchen, Fig. 471 dh) und einer äusseren, von den Follikelzellen abgeschiedenen, dem Chorion (ch); das letztere zerfällt zuweilen wieder in zwei Schichten, eine innere, das Endochorion, und eine äussere, das Exochorion. Während sich das Dotterhäutchen ge- wöhnlich als völlig homogene, zarte, structurlose Membran darstellt, be- hält das Chorion nur selten eine ähnliche Beschaffenheit bei. In den meisten Fällen entsteht durch netzartig verlaufende Verdickungsleisten (den Ausdruck des zelligen Baues des Follikelepithels) ein für die ver- schiedenen Gattungen und Arten äusserst mannigfaltiges Relief der Oberfläche. Das Chorion zeigt eine oder mehrere Durchbrechungen zum Durch- tritt der Spermatozoen (Micropylen, Fig. 471 m) und da in der Um- gebung dieser Micropylen das Chorion meist eine andersartige Beschaffen- heit annimmt, so entsteht auf diese Weise ein häufig ungemein compli- cirter Micropylapparat, in dessen Umkreise das Dotterhäutchen an das Chorion festgeheftet erscheint (vgl. Fig. 471), so dass die Durchbohrung sowohl das Chorion, als auch das Dotterhäutchen durchsetzt. Wir unterscheiden an den Insecteneiern stets einen vorderen und hinteren Eipol. Als vorderer Pol wird jener bezeichnet, der im Mutter- leibe gegen das Kopfende der Mutter zu gelagert ist, also dem oberen Ende der Ovarialröhre entspricht. An diesem vorderen Pole liegt in den späteren Stadien der embryonalen Entwicklung stets das Kopfende des Embryos, während dessen Hinterende dem hinteren Pole des Eies zugewendet ist. Der Micropylapparat ist in den meisten Fällen am vor- deren Pole des Eies gelagert. Häufig ist dem Micropylfelde aussen eine Kappe von Gallertmasse (Fig. 471 g) aufgelagert, welche sich als Hülle über einen grossen Theil des Eies oder die gesammte Oberfläche desselben ausdehnen kann. An dem Eie selbst trennt sich in den meisten Fällen eine ober- flächliche, aus Protoplasma oder Bildungsdotter bestehende Schicht (Fig. 471 fy von den inneren Parthien des Eies , die zum grossen Theil aus Nahrungsdotterelementen (do) zusammengesetzt sind. Die oberflächliche Protoplasmaschicht, welche Weismann (No. 87) als Keim- Insecten. 763 hautblastem bezeichnete, wurde bisher nur in wenigen Fällen voll- ständig vermisst, doch stellt sie meist nur eine ganz dünne Schicht von geringer Mächtigkeit dar, deren Masse gegenüber der Menge des central gelagerten Nahrungsdotters eine fast verschwindende zu nennen ist. Nur gewisse Eier kleinerer Insectenformen müssen als verhältnissmässig dotter- arm bezeichnet werden. Es sind dies zum Theil Formen, bei denen die aus dem Ei entschlüpfenden Jugendstadien durch geringe Grösse sich kennzeichnen (ovipare Aphiden), oder bei denen auf anderweitige Weise für die Ernährung des sich entwickelnden Eies gesorgt ist, sei es, dass dasselbe im Mutterleibe zur Entwicklung kommt (vivipare Aphiden) , sei es , dass es endoparasitisch in der Leibeshöhlenflüssigkeit anderer Insecten seine Entwicklung durchläuft (Pteromalinen). Bei allen diesen Formen ist die Dotterarmuth von maassgebendem Einflüsse auf den Ablauf der Embryonalentwicklung, wie wir später sehen werden. Wahrscheinlich sind aber diese Abänderungen secundäre, und das r_ mit reichen Nahrungsdotterm engen versehene Ei ist wohl als der ursprüngliche Typus des Insecteneies zu betrachten. Die centrale, dotterreiche Masse (äo) des Insecteneies besteht zum grössten Theile aus Nahrungsdotterkugeln, ferner aus kugeligen Fetttropfen, zwischen denen ein feines Netz- werk von Protoplasma (Bildungsdotter) sich aus- dehnt. Die Elemente des Nahrungdotters er- scheinen als stark lichtbrechende, kugelige oder durch gegenseitigen Druck polygonal abgeplat- tete, anscheinend structurlose, homogene Körper. Das Keimbläschen des reifenden Insecten- eies ist in den centralen Parthien desselben gelagert und zeigt sich als grosser bläschen- förmiger, mit spärlichem Chromatingerüst ver- sehener Zellkern. Gegen das Ende der Ei- reifung rückt er an die Oberfläche des Eies und wandelt sich daselbst in eine Bichtungs- spindel um (Blochmank, No. 5). d Die Lage der Richtungsspindel ist für die einzelnen Insectengruppen eine verschiedene. Bei einigen (Pieris) liegt sie direct am vorderen Ei- pole, bei den meisten dagegen an einer Längs- seite des Eies. So fand sie Blochmank (No. 5) bei Blatt a in der Mitte der Rückenseite und auch bei Mus ca an der concaven (Rücken-)Seite des Eies, 1/s — 1U der Gesammtlänge (vgl. Fig. 471 r) hinter dem vorderen Eipole. Bei den Ameisen findet sie sich auch seitlich, doch dem vorderen Eipole genähert, während sie bei den Aphiden die Mitte einer Längsseite des Eies ein- nimmt. Bei Hydrophilus (Heidek) liegt sie etwas hinter der Mitte einer Längsseite. Fig. 471. Schematischer Medianschnitt durch das Ei von Mnsca im Stadium der Befruchtung (im Anschlüsse an Zeichnungen von Henking und Blochmann). ch Chorion, d Dorsalseite des Eies, dh Dotterhäutehen, do Nahrungsdotter, g Gallert- aufsatz über der Micropyie, k oberflächliche Plasmarinde (sog. Keimhautblastem) , m Micropyie, p männlicher und weiblicher Pronucleus vor der Copulation,rKichtungskörper, v Ventralseite des Eies. 764 XXIII. Capitel. 2. Furchung und Blastodermbildung. Die Furchung verläuft bei den Insecten1) ganz allgemein nach dem bei den Arthropoden so sehr verbreiteten reinen superfiziellen Typus (vgl. oben pag. 316). Der (bei den befruchteten Eiern aus der Ver- einigung des Spermakerns mit dem 2 Pronucleus hervorgegangene) erste Furchungskern rückt nach dem Inneren des Eies, um sich daselbst auf dem Wege der indirecten Kerntheilung zu vermehren (vgl. Fig. 473 A, pag. 766 und Fig. 516 A, B, C, f, pag. 845). Die Entstehung zahlreicher Furchungs- kerne als Abkömmlinge des ersten ist nur bei kleinen dotterarmen In- secteneiern (Aphiden, Cecidomya, Gallwespen) direct verfolgt worden. Doch kann es auch für die grösseren, nahrungsdotterreichen Eier der übrigen Insecten kaum zweifelhaft sein, dass jene zahlreichen Furchungs- kerne, welche sich bald nach der Eiablage im Inneren des Eies, zwischen Nahrungsdotterkugeln zerstreut und von einem sternförmigen Protoplasma- hofe umhüllt vorfinden und welche die Bildungselemente des Blastoderms darstellen, thatsächlich durch indirecte Kerntheilung aus dem ersten Furchungskern hervorgegangen sind. Es ist zwar vermuthungsweise von Tichomiroff für das Ei des Seidenspinners und bestimmter von Henking (No. 39) für Musca die Entstehung dieser Kerne in den zwischen Dottermassen zerstreuten Plasmainseln durch freie Kernbildung behauptet worden. Doch scheint uns diese Ansicht durchaus unhaltbar. Gegen dieselbe spricht die Beobachtung Blochmann's (No. 5), wonach bei Musca sämmtliche Furchungskerne gleichzeitig sich dem Theilungsacte unter- ziehen (Fig. 472 C), was darauf hindeutet, dass wir in denselben eine Generation gleichaltriger Abkömmlinge des ersten Furchungskernes vor- liegen haben; vor Allem aber sprechen dagegen die oben angeführten, an kleinen, der directen Beobachtung zugänglichen Insecteneiern gefun- denen Thatsachen. Nach Weismann (No. 89) theilt sich der erste Furchungskern bei Rhodites rosae und Biorhiza aptera (Gallwespen) zunächst in zwei Kerne, welche nach der Richtung der Längsaxe des Eies auseinanderrücken und nach ihrer Lagerung als vorderer und hinterer Pol kern be- zeichnet werden. Während der vordere Polkern nun längere Zeit inactiv bleibt, entstehen durch eine Art von Knospung (?) vom hinteren Polkern aus zahlreiche Kerne, welche an der Bildung des Blastoderms sich betlieiligen. Von dem vorderen Polkcrne dagegen sollen nach vollendeter Blastodermbildung durch Theilung die Kerne der sog. inneren Keimzellen oder Dotterzellen hervor- gehen. Die. Vorgänge der Blastodermbildung an grösseren und dotterreichen Insecteneiern wurden zuerst von Bobretzky (No. 6) und Graber (No. 149) mit Hülfe der Schnittmethode eingehender verfolgt. In neuerer Zeit sind besonders die Beobachtungen Blochmann's (No. 5) für Musca von Wichtigkeit geworden, mit denen die Befunde von Heider (No. 38) an Hydrophilus übereinstimmen. Die Furchungskerne liegen zunächst im Centrum des Eies ungefähr in der Längsaxe desselben (Fig. 473 A). Jeder dieser Kerne (f) ist von einer sternförmigen Protoplasmamasse ') Uljanin (No. 83) glaubt, dass bei den Poduriden eine totale und äquale Fiirchung vorkomme. Dagegen scheint aus den Untersuchungen Lemoine's hervor- zugehen, dass auch hier die Furchung eine superficielle sei. Den gleichen Schluss glaubt Gkassi (No. 33) aus den Verhältnissen des Nahrungsdotters späterer Stadien für Japyx ziehen zu können. Insecten. 765 ^^mm^d umgeben und daher ist das Ganze einer amöboiden Wanderzelle nicht un- ähnlich. Da jedoch alle diese Plasmainseln durch ein feines Netzwerk von Ausläufern verbunden sind, so stellen alle diese im Inneren des Dotters befindlichen Zellen ein Syncytium dar. Wenngleich daher eine Abgrenzung zwischen diesen Bildungscentren noch nicht vorhanden ist, so werden sie doch schon — wenn auch incorrecter Weise — als Furchung szellen bezeichnet. In späteren Stadien rücken diese „Furchungszellen" etwas mehr gegen die Oberfläche des Eies und ordnen sich in einer Sphäre an (Fig. 472 A, 473 B) , welche der letzteren unge- fähr parallel ist. Man findet sie da- her an Querschnitten durch das Ei kreisförmig (Fig. 472 A) angeordnet. Allmählich erreichen sie unter fort- schreitenden Theilungsprocessen die Oberfläche des Eies und verschmel- zen mit dem daselbst befindlichen Keimhautblastem (Fig. 4725, 473 C). Nun erfolgt die Theilung in einzelne, den Furchungskernen entsprechende Zellterritorien (Fig. 472 (7, 473 D) durch das Auftreten von Furchen, welche von der Oberfläche des Eies aus nach der Tiefe dringen und all- mählich das ganze Keimhautblastem durchsetzen. Nachdem auf diese Weise die Oberfläche des Eies mit einem Epithel (Blastoderm) bedeckt wurde, erfolgt bei manchen Insecten (Chironomus , Musca, Hydrophilus) die Ausscheidung eines sogenannten inneren Keimhautblastem s (* in Fig. 472 D), d. h. einer Schicht von Plasma, welches gröbere Körn- chen enthält und sich zwischen dem Blastoderm und der Oberfläche der centralen Nahrungsdottermasse an- sammelt, Durch Aufnahme dieser Plasmaschicht gewinnen die Blasto- dermzellen an Höhe und stellen nun ein cubisches oder Cylinderepithel dar, welches die Oberfläche des Eies continuirlich überdeckt. Die Stelle, an welcher die Fur- chungszellen zuerst die Oberfläche des Eies erreichen, ist für die einzelnen Gruppen der Insecten verschieden. Bei Musca macht sich die Blastodermbil- dung nach Gkaber zunächst am hinteren Vier aufeinanderfolgende Stadien der Blastodermbildung von Musca vomitoria (nach Blochmann). Die Zeichnungen stellen Segmente von Querschnitten durch das Fliegenei dar. A die Kerne der Furchungszellen haben sich parallel zur Oberfläche des Eies geordnet. B die Furchungszellen verschmelzen mit dem Keimhautblastem. Cdie Oberfläche wird durch Einkerbungen gefurcht; sämmtliche Kerne der Blasto- dermzellen in Theilung- begriffen. D die die Blastodermzellen stellen ein hohes Cylinderepithel dar. b Keimhautblastem, bz Blastoderm- zellen, d Nahrungsdotter, dz Dotterzellen, fz sog. Furchungszellen, i inneres Keim- hautblastem. 766 XXIII. Capitel. Eipole bemerkbar, während bei Apis (Dach Kowaleysky), Pieris (nach Bobretzky No. 6) and Chiron omus (nach Weismann No. 89) die ersten Blastodermzellen am vorderen Eipole bemerkt werden. Bei Hydrophilus (Heider No. 38) beginnt die Blastodermbildung im Bereiche eines queren, mittleren Gürtels (Fig. 473 D), welcher dem hinteren Eipole etwas genähert erscheint, und findet an den Polen des Eies zuletzt statt. Bei Blatt a (nach Wheeler) und G-ryllotalpa (nach Korotneff) werden die ersten blasto- dermbild enden Zellen an der Oberfläche der späteren Ventralseite bemerkbar. Da an dieser Seite der KeimStreif zur Anlage kommt, so erinnert das früh- zeitige Erscheinen der Blastodermzellen an derselben an die bei den Crusta- ceen manchmal vorkommende vorzeitige Ausbildung des Blastoderms ent- sprechend der embryonalen Keimzone (vgl. oben pag. 319). Aehnliche Verbältnisse zeigt auch Oecanthus nach Ayers (No. 1). Fig. 473. Blastodermbildung bei Hydrophilus (nach Heider). b ausgebildetes Blastoderm, d Nahrungsdotter, / sog. Furchungszellen, k Keim- hautblastem, z Dotterzellen. Eine von der als Regel geschilderten etwas abweichende Bildungs- weise des Blastoderms wurde bei einigen Orthopteren beobachtet (Blatta und Gryllotalpa). Während im Allgemeinen die „Furchungszellen" sich im Inneren des Nahrungsdotters so rasch vermehren, dass sie in dichtgedrängter Lagerung die Oberfläche des Eies erreichen und hier sogleich ein geschlossenes Epithel constituiren, ist dies bei Gryllotalpa (nach Weismann No. 89 und Korotneff No. 47), sowie bei Blatta (nach Wheeler No. 95) nicht der Fall. Hier treten schon die ersten, in geringer Zahl vorhandenen „Furchungszellen" an die Oberfläche der ventralen Seite des Eies und vermehren sich daselbst, so dass es zur vorübergehenden Ausbildung einzelner, von einander getrennter Zellinseln kommt. Erst in späteren Stadien verbreiten sich die durch Theilung vielfach vermehrten Furchungszellen gleichmässig über die ganze Ober- fläche des Eies. Es wurde für die hierbei vor sich gehenden Theilungs- vorgänge der Zellen von Wheeler für Blatta behauptet, dass (ebenso wie später in der Serosa) die Kerntheilung nicht eine mitotische, sondern eine directe, auf Durchschnürung beruhende sei. Die Vertheilung der Insecten. 767 Blastodermzellen an der Oberfläche erfolgt hier nach Art der amöboiden Wanderzellen. Von Wichtigkeit ist die Frage der ersten Entstehimg der sogenann- ten Dotterzellen oder Vitellophagen. Es wurde im Allgemeinen beobachtet, dass nicht sämmtliche „Furchungszellen" sich nach der Ober- fläche begeben, um sich an der Blastodermbildung zu betheiligen, sondern dass einige „Furchimgszellen" im Inneren des Dotters zurückbleiben (Fig. 472 D, dz und 473 C, I), s), sich daselbst vermehren und, indem sie sich gleichmässig im Dotter zerstreuen, zu den sogenannten Dotterzellen werden, deren Aufgabe es ist, die Nahrungsdottermasse zu verflüssigen und der Assimilation entgegenzuführen. Die Entstehung der Dotterzellen aus den im Inneren zurückbleibenden Furchungszellen wurde unter an- deren neuerdings von Kowalevsky, Blochmann, F. Schmidt und Graber (No. 28) für M u s c i d e n , von Wheeler für Doryphora, von Heider für Hydrophil us bestimmt beobachtet. Dagegen haben Patten für das Ei einer Phryganide (Neophylax) und Wheeler für Blatta nachgewiesen, dass bei diesen Formen sämmtliche „Furchungszellen" an der Blastodermbildung Theil nehmen, so dass ein Stadium existirt, in welchem die Oberfläche des Eies vom Blastoderm bedeckt ist, während im Inneren keine Zellen (resp. Kerne) mehr vorhanden sind. Hier treten die sogenannten Dotterzellen erst später auf, indem einzelne Blastoderm- zellen wieder in das Innere wandern. Da wir später sehen werden (vgl. unten pag. 813), dass auch bei den ersterwähnten Formen eine secun- däre Vermehrung der Dotterzellen durch Einwanderung aus dem Blasto- derm (resp. vom Keimstreif aus) stattfindet, so repräsentiren jene Formen, bei denen sämmtliche Furchungskerne die Oberfläche erreichen, und die Einwanderung der Dotterzellen erst später stattfindet, vielleicht das ur- sprünglichere Verhalten, während bei den meisten Insecten eine Art Ab- kürzung des Entwicklungsganges sich in der Weise geltend macht, dass ein Theil der Dotterzellen von Anfang an im Inneren verbleibt. Vgl. hierzu die Bildung von Dotterzellen bei den Crustaceen (pag. 345), Arachnoiden (pag. 572 — 574) und Myriopoden (pag. 727). Auch für die Aphiden wurde von Will (No. 97) die Entstehung der Dotterzellen durch ausschliessliche Einwanderung von dem sich bildenden Blastoderm aus behauptet. Im Allgemeinen haben die Blastodermzellen anfangs sämmtlich die gleiche Gestalt und Grösse. Eine Ausnahme hiervon machen die Eier der Dipteren, insofern bei ihnen die später zu besprechenden sog. Pol z eilen (pag. 845), welche die frühzeitig sich differenzirende Genitalanlage repräsentiren, Elemente darstellen, die in einem gewissen Momente zwar dem Blastoderm eingefügt sind, aber sich von den Blastodermzellen durch ihre Grösse und ihren In- halt unterscheiden. (Vgl. unten pag. 845, Fig. 516 Gr, ps und pag. 846, Fig. 517 B, p.) 3. Bildung der Emlnyonalanlage und der Enibryonalhäute. A. Ueber den Keimstreif und die Keimhüllen im Allgemeinen. Die Embryonalanlage der Insecten hat im Allgemeinen — wie dies bei den Arthropoden überhaupt vielfach vorkommt — die Gestalt einer meist längs der Ventralseite des Eies sich hinziehenden, gestreckten, streifenförmigen Verdickung, welche als K e im str e if oder Embryonal- streif bezeichnet zu werden pflegt (Fig. 476 E). In den meisten Fällen sind an demselben durch quere, aufeinanderfolgende Furchen bereits 768 XXIII. Capitel. die Grenzen der späteren Körpersegmente angedeutet. An einem Quer- schnitte durch den Keimstreifen der Insecten (Fig. 475 B und C) kann man erkennen, dass derselbe mehrschichtig ist. Er besteht1) aus einer äusseren Zellenlage , dem Ectoderm (ec) , und einer inneren Schichte, welche das Entoderm und Mesoderm enthält, und, so lange diese beiden Keimblätter noch nicht scharf von einander zu unterscheiden sind, mit einem von Kowalevsky eingeführten Namen als „unteres Blatt" bezeichnet wird (w). am Fig. 474. Zwei schematische Medianschnitte durch einen Insectenembryo, zur Darstellung der Entwicklung der Embryonalhüllen. In A ist der Keimstreif (k k') noch nicht vollständig von der Amnionfalte über- wachsen. In B haben sich die Amnionfalten mit einander vereinigt und den Keim- streif vollständig überwachsen. a vorderer, b hinterer Eipol, v Ventralseite, d Dorsalseite, af Amnionfalte, ah Amnionhöhle, am Amnion, do Nahrungsdotter, ec Ectoderm, k Kopfende des Keim- streifs , k' Hinterende des Keimstreifs, s aus der Amnionfalte hervorgegangener Theil der Serosa, s' aus dem unveränderten Blastoderm hervorgegangener Theil der Serosa, u unteres Blatt. Es ist ein für die Insecten 2) charakteristisches , dagegen bei den übrigen Arthropoden nur selten (beispielsweise bei den Scorpionen r) Es wird demnach hier bei den Insecten mit dem Namen „Keimstreif" die gesammte Embryonalanlage zum Unterschiede von den provisorischen Theilen des Eies, als welche der Nahrungsdotter mit seinen Vitellophagen , sowie die Embryonalhüllen betrachtet werden müssen, bezeichnet. Eine derartige Verwendung des Terminus „ Keim st reif" ist die bei den Arthropoden im Allgemeinen gebräuchliche. Es muss aber hier darauf aufmerksam gemacht werden, dass man bei den Hirudineen (vgl. oben pag. 215) diesen Terminus in einem anderen Sinne verwendet, indem dort nur ein Theil der Embryonalanlage darunter verstanden wird. Ja, gelegentlich wird der Aus- druck „Keimstreif" wohl auch für gleichbedeutend mit „Mesodermstreifen" gebraucht. 2) Nach den Angaben der Autoren muss man annehmen, dass bei den Aptery- gogenea zellige Embryonalhüllen nicht vorhanden sind. Nach Uljanin (No. 83) sollen sie Insecten. 769 vgl. oben pag. 539, Fig. 345) vorkommen- des Verhalten , dass der Keimstreif nicht an der Oberfläche des Eies gelagert ist, sondern durch eine von seinen Rändern sich erhebende Faltenbildung (Fig. i74Aaf u. 475 5 a/"), die Amnionfalte, über- wachsen wird, so dass er dann etwas unter die Oberfläche des Eies versenkt erscheint. Indem die Amnionfalten sich von allen Seiten über den Keimstreif ausdehnen, wird eine unter denselben gelegene, durch Einstülpung der äusseren Oberfläche des Eies entstandene Höhle gebildet, die Am- n ionhöhle (ah), welche, wenn die Amnion- falten den Keimstreif vollständig überwach- sen und sich mit einander vereinigt haben, nach Aussen erscheint. Die Amnionfalten überwachsen dem- nach den Keimstreif vollständig (Fig. 474 B und 475 C); sie stellen die Embryonal - hüllen dar. Der Keimstreif erscheint nach ihrer Ausbildung von einer doppelten, zelligen (aus einem Epithel bestehenden) Hülle überwachsen. Wir unterscheiden die äussere dieser beiden Hüllen, welche aus zu vollständig abgeschlossen den P o d u r i d e n fehlen. Dagegen soll hier eine cuti- culare Larvenhaut zur Entwicklung kommen, wie sie hei anderen Arthropodengruppen (Arachnoiden, Myriopoden, vgl. z. B. pag. 543, 587, 623, 732 und 740), sich vielfach findet. Die Entwicklung einer cuticularen Larvenhaut, welche mit Höckern zur Sprengung der Eihäute besetzt sein kann, ist durch die Beobachtungen von Sommer (No. 76) und Lemoinb (No. 51) bestimmt nachgewiesen. Ja, es scheint, dass der Embryo der Poduriden vor dem Ausschlüpfen mehrere Häutungen durchmacht. Man möchte hieraus auf den Mangel der Amnion- falten schliessen. Grassi (No. 33), welcher bei Japyx ein in ähnlicher Weise auch den Poduri- den zukommendes Dorsalorgan beobachtete, glaubt hierin einen Beweis für das Vorhandensein von Amnionfalten zu erblicken. Da jedoch bei den Poduriden dies Dorsalorgan schon in den frühesten Stadien der Keim streif bildung zur Ent- wicklung kommt, so wird es zweifelhaft, ob wir dasselbe mit dem bei der Involution der Serosa sich entwickelnden Dorsalorgan der höheren In- secten (vgl. unten pag. 801 ff.) vergleichen dürfen. Es müssen demnach über diese Verhältnisse noch weitere Untersuchungen abgewartet werden. Fig-. 475. Schematische Querschnitte durch drei aufein- ander folgende Stadien der Keim- streif- und Embryonalhüllenbildung des Insectenembryos. A Bildung der Bauchplatte (bp) und der Gastrulaeinstülpung (g). B Erhebung der Amnionfalten («/). C vollständige Ueberwachung des Keimstreifs durch die Amnion- falten. v Ventralseite, d Dorsalseite, af Amnionfalten, ah Amnionhöhle, am Amnion, bl Blastoderm, bp Bauchplatte, do Nahrungsdotter, ec Ectoderm, g Gastrulaeinstülpung, * Serosa, u unteres Blatt. 770 XXIII. Capitel. dem äusseren Blatte der Amnionfalte hervorgegangen ist, als S e r o s a (s). Dieselbe geht continuirlich in jenen unveränderten Theil des Blastoderms über, weicher an der Keimstreif bildung und Keimhüllenbildung keinen Antheil hatte (Fig. 474 s) und welcher die Oberfläche des Nahrungs- dotters bedeckt. Gewöhnlich wird nach vollendeter Keimhüllenbildung auch dieser Theil des Blastoderms mit zur Serosa gerechnet, so dass wir in diesem Sinne sagen können: die Serosa bildet einen allseitig ge- schlossenen, aus Plattenepithel bestehenden Sack, welcher die ganze Oberfläche des Eies bedeckt (Fig. 475 C, s) und mit einem Theile über die Oberfläche des Nahrungsdotters, mit einem anderen Theile über den Keimstreif hinwegzieht * ). Die innere der beiden den Keimstreif überdeckenden Hüllen, welche aus dem inneren Blatte der Amnionfalte hervorgegangen ist, wird als Amnion (Fig. 474, 475 am) bezeichnet. Dieselbe geht an den Rändern des Keimstreifs continuirlich in das Ectoderm des letzteren über. Dieser Uebergang ist in den meisten Fällen ein ganz allmählicher. Das Amnion B ' C - D A - i \ r- - ■ i '' - j \ 6\ X f, -s—* 9^ JC", w ej- Fig. 476. Ventralansicht von fünf Entwicklungsstadien von Hydrophilus (nach Heider, aus Langes Lehrbuch). Das Vorderende ist nach oben gerichtet. a und b Stellen, an denen der Blastoporus sich schliesst, af Band der Amnion- falte, af Schwanzfalte, af" paarige Kopffalte des Amnions, an Antenne, es Endsegment, g grübchenförmige Einstülpung (Anlage der Amnionhöhle), k Kopf läppen, r rinnen- förmige Einstülpung, s vom Amnion überdeckter Theil des Keimstreifs. und das Ectoderm (ec) des Keimstreifs bilden demnach zusammen einen allseitig geschlossenen Epithelsack, dessen Lumen die Amnionhöhle darstellt. Seiner ersten Entstehung nach ist der Keimstreif auf eine Ver- dickung des Blastoderms im Bereiche der Ventralseite des Eies zurück- zuführen (Fig. 475 A, bp). Während — wie wir oben (pag. 767) er- wähnt haben — die Blastodermzellen ursprünglich auf der ganzen Ober- fläche des Eies gleiche Gestalt und Grösse aufwiesen, macht sich bald eine Differenz derart geltend, dass die Zellen der Rückenseite sich zur Bildung eines dünnen Plattenepithels abflachen, während die der Ventral- seite angehörigen Zellen sich dicht aneinander drängen, prismatische J) Es verdient erwähnt zu werden, dass Graber (No. 27) bei Melolontha nach vollendeter Ausbildung der Embryonalhüllen die Abscheidung einer Cuticula von der äusseren Fläche der Serosa beobachtet hat. Wir dürften vielleicht diesen Vorgang mit der Ausbildung der Blastodermcuticula bei den Crustaceen und anderen Arthro- poden in eine gewisse Parallele stellen. Insecten. 771 Gestalt annehmen und so ein hohes Cylinderepithel eonstituiren. Die auf diese Weise entstandene Verdickung des Blastoderms im Bereich der Ventralseite, welche ihrer Ausdehnung nach die erste Anlage des Keim- streifs repräsentirt, wurde von Balfour als Bauchplatte (Ventral plate) bezeichnet (Fig. 475 A, bp). Indem sich die in der Medianlinie gelegenen Theile der Bauchplatte nach Innen einstülpen (g), geben sie zur Bildung des unteren Blattes Anlass. Diese Einstülpung, welche in einem gewissen Stadium eine nach der ganzen Länge der Keimstreif- anlage etablirte , in der Medianlinie gelegene Kinne darstellt (Fig. 476 A und B), muss als die Gastrula-Einstülpung der Insecten (vgl. Genaueres hierüber weiter unten pag. 806 ff.) betrachtet werden. Das durch diese Einstülpung gelieferte untere Blatt (Fig. 475 B und C, u) breitet sich sodarm unter der gesammten Bauchplatte aus. Die Ränder der Bauchplatte werden durch die sich erhebende Amnionfalte begrenzt (Fig. 475 B, Fig. 476 C). Es muss erwähnt werden, dass die Bauchplatte nicht in allen Fällen eine vom ersten Anfange an einheitliche Bildung ist, sondern dass sie in einzelnen Fällen aus mehreren gesonderten Anlagen hervorgeht. So wurde von F. Schmidt für Musca und von Heider für Hydrophilus darauf hingewiesen , dass bei diesen Formen das vordere und hintere Ende des Keimstreifs zuerst angelegt werden, während die mittleren Parthien erst spä- ter zur Ausbildung gelangen. Ein weiteres , ursprünglich selbstständiges Element des Keimstreifs bilden bei Hydrophilus die Anlagen der Kopf- lappen (Fig. 476 A,.1c), für welche auch bei den Aphiden von Will (No. 97) eine selbstständige Entstehung beobachtet wurde. Erst secundär vereinigen sich diese ursprünglich gesonderten Bildungsheerde zur gemeinsamen Anlage des Keimstreifs. Die seitliche Abgrenzung des Keimstreifs erscheint durch die Erhebung der Amnionfalten gegeben. Da bei dem Eintritt derselben das Amnion aus ziemlich hohen Zellen besteht und diese Hülle auch später ihrem histologischen Charakter nach dem Ectoderm des Keimstreifs näher steht, als der Serosa, so haben einige Forscher eine nähere Zusammengehörigkeit des Amnions und Keimstreifs angenommen. Will betrachtet das Amnion direct als einen Theil des Keimstreifs, und auch Gräber (No. 30) leitet das Amnion von dem ver- dickten Epithel der Bauchplatte ab. Wir haben uns hinsichtlich der Verwendung des Terminus „Keimstreif" dem gewöhnlichen Gebrauche angeschlossen, wonach darunter die segmentirte und bereits mehrschichtige (aus Ectoderm und unterem Blatt bestehende) Embryonalanlage verstanden wird. Es ist aber gewiss, dass man in weiterem Sinne diesen Ausdruck — wie dieses neuerdings Graber (No. 30) urgirt hat — auch auf die Embryonalanlage früherer Stadien, an welchen die Seg- mentirung und Keimblätterbildung noch nicht eingetreten ist, anwenden kann, vorausgesetzt, dass sich die Embryonalanlage als solche von den übrigen Theilen des Eies bereits deutlich abgrenzt. Der Keimstreif zeigt zunächst von dem Momente seiner Entstellung an ein stetig fortschreitendes Längenwachsthum (vgl. Fig. 476 A — E). Er streckt sich dabei in vielen Fällen derart, dass er nicht bloss die Ventralseite des Eies bedeckt, sondern dass sein vorderes und hinteres Ende auf die Dor- salseite des Eies hinübergeschlagen erscheinen. Dieses Uebergreifen der Keimstreifenden auf die Rückenseite kann in einzelnen Fällen (Phryga- n e e n , Ch i r o n o m u s) so weit gehen, dass das vordere und hintere Ende des 772 XXIII. Capitel. Keimstreifs einander fast bis zur Berührung genähert erscheinen (vgl. pag. 782, Fig. 483). Der Keimstreif erscheint demnach in diesen frühe- ren, ungefähr der ersten Hälfte der Embryonalentwicklung angehörigen Stadien in der Regel dorsalwärts eingekrümmt. In den späteren Stadien macht sich meist im Anschlüsse an die in Folge der Organentwicklung complicirtere Gestaltung des Keimstreifs eine auf Zusammenziehung be- ruhende Verkürzung desselben geltend, so dass zum Schlüsse die Mund- öffnung am vorderen Eipole, die Afteröffnung dagegen in der Nähe des hinteren Eipoles gelagert erscheint (pag. 785, Fig. 485 m und an). Diese Lagebeziehung ist für die Insectenembryonen späterer Stadien eine ungemein typische. Die Embryonalanlage erscheint nun nicht mehr dorsal- wärts eingekrümmt, sondern gestreckt. Vielfach macht sich sogar eine Krümmung im entgegengesetzten Sinne geltend, insofern der hinterste Abschnitt des Embryo's nun ventral wärts eingeschlagen erscheint (Phry- ganiden, Lepidopteren, Hydrophilus, Blatta u. A. pag. 784, Fig. 484 C und pag. 785, Fig. 485 B). Geabee (No. 30) hat neuerdings darauf hingewiesen , dass man die In- secten nach der Ausdehnung und dem Längenwachsthume des Keimstreifs in zwei Gruppen trennen kann, insofern bei den einen die oben angedeuteten Verhältnisse des Anwachsens der Embryonalanlage vorherrschen, während bei anderen Formen (z. B. Blatta, Stenobothrus) die Embryonalanlage vom ersten Anfange an sich nur über eine ganz kurze Strecke der Eiperipherie ausdehnt und auch während der ganzen späteren Entwicklung niemals in der Weise anwächst, wie dieses bei den ersterwähnten Formen der Fall ist. Bei den Formen mit kurzem Keimstreif macht sich natürlich die dorsale Einkrüm- mung in den früheren Stadien nicht bemerkbar. Der Keimstreif erscheint gerade gestreckt. Ebenso ist das Längenwachsthum der Embryonalanlage während der ganzen Eientwicklung ein mehr gleichmässig fortschreitendes. Eine Verkürzung macht sich in den späteren Stadien nicht bemerkbar. Man könnte sonach die Insecten in solche mit anfangs langgestrecktem, später sich verkürzenden Keimstreif und in solche mit anfangs kurzem und verhältniss- mässig kurz bleibendem Keimstreif unterscheiden. Indess will es uns schei- nen, dass dieser Unterscheidung keine Differenzen von principieller Bedeutung zu Grunde liegen. '&v B. Unterscheidung des superficiellen und des immersen Keimstreifs. Die oben (pag. 768 u. ff.) gegebene allgemeine Schilderung der Lage- beziehungen und Entstehungsweise des Keimstreifs und der Embryonal- hüllen kann nur für einen Theil der Insecten nähere Gültigkeit bean- spruchen. Die geschilderten Verhältnisse treffen annähernd bei manchen Orthopteren (Blatta), den Phryganiden, Lepidopteren, Hymenopteren, manchen Dipteren (C h i r o n o m u s) und zum Theil bei den Coleopteren zu. Im Einzelnen ergiebt sich allerdings eine Fülle von später genauer zu erwähnenden Variationen, welche sich auf die Gestalt des Eies, Menge und Vertheilung des Nahrungsdotters, sowie zum Theil auf die rudimentäre Beschaffenheit der Embryonalhüllen zurück- führen lassen. In anderen Insectengruppen (Pseudoneur opferen, Hemipteren) dagegen finden wir Verhältnisse der Entstehung des Keimstreifs und der Embryonalhüllen, sowie der anfänglichen Lagerung des Keimstreifs, welche sich von den oben der Klarheit der Darstellung Insecten. 773 halber zum Ausgangspunkt gewählten weiter zu entfernen scheinen. Wir müssen auf alle diese Verhältnisse jetzt im Detail zurückkommen. Wie aus der oben geschilderten Entstehung der Amnionfalte (pag. 768 ff., Fig. 474, 475 af) hervorgeht, enthält dieselbe in ihrem Inneren einen Spaltraum, welcher gegen die Oberfläche des Nahrungsdotters geöffnet erscheint. Es können demnach Nahrungsdotterkügelchen in diesen Spalt- raum eindringen und denselben vollkommen erfüllen (Fig. 477). Dann werden Amnion und Serosa durch einen ziemlich breiten, mit Nahrungs- dotter erfüllten Zwischenraum von einander getrennt, während in anderen Fällen, in denen dieses Eindringen des Nahrungsdotters in den Spalt nicht stattfindet, Amnion und Serosa einander direct berühren. Wir können demnach, wenn wir den Abstand der beiden Embryonalhüllen von einander in's Auge fassen, die Insecteneier in zwei Gruppen trennen: 1) in solche mit oberflächlichem oder superficialem Keim streif, bei denen ein Eindringen von Nahrungsdotterelementen in den Raum zwischen Amnion und Serosa nicht stattgefunden hat. Der Keimstreif hat hier eine verhältnissmässig oberflächliche Lae;eruim- (pag. 768, Fig. 474, 475; pag. 780, Fig. 482 A; pag. 785, Fig. 485). .-Tri Fig. 477. Lepidopterenkeimstreif im Querschnitt (combinirtes Bild nach Bobretzky und Hatschek). ah Amnionhöhle, am Amnion, c Cölomhöhle, do Nahrungsdotter (in einzelne, kernhaltige Dotterschollen zerfurcht), ec Ectoderm, m Mesoderm, pr Primitivwülste der Bauchganglienkette, s Serosa. 2) in solche mit versenktem oder immersein Keimstreif, bei denen zwischen Amnion und Serosa ein von Nahrungsdotterpartikel- chen erfüllter Zwischenraum sich findet. Bei diesen Eiern erscheint der Keimstreif im Verhältniss zu denen des ersten Typus tiefer in das Innere des Eies versenkt (Fig. 477; Fig. 478 C— E; pag. 784, Fig. 484). Superficiell ist der Keimstreif bei vielen Orthopteren (Oecanthus, Gryllotalpa, Blatta, Mantis), bei manchen Hemipteren (Corixa), bei den Phryganiden, Dipteren und Hymenopteren. Auch bei den Coleopteren er- scheint der Keimstreif im grössten Theil seiner Ausdehnung als ein super- fizieller; nur das hintere Ende desselben ist in den Anfangsstadien immers. Ein immerser Keimstreif kommt den Libelluliden, manchen Hemipteren (Pyrrhocoris). manchen Orthopteren (Stenobothrus) und den Lepidopteren zu. Korschelt-Heider, Lehrbuch. 50 774 XXIII. Capitel. C. Unterscheidung des invaginirten und des überwachsenen Keim streifs x). In Hinsicht auf die Art der Entstehung des Keimstreifs und auf die Lagerungsverhältnisse desselben machen sich bei den Insecten zwei ein- ander gegenüberstehende, aber durch Uebergänge mit einander verbundene Typen geltend. In dem einen Falle wird die Bauchplatte in das Innere des Eies eingestülpt, in dem anderen wird sie von den an ihren Rändern sich erhebenden Amnionfalten überwachsen. Bei der Bildung" des Keimstreifs durch Invaginatiou, für welche uns die Libelluliden (nach Brandt No. 7) ein Beispiel abgeben, ent- steht die erste Anlage des Keimstreifs in der Form einer wenig umfang- reichen, ventralwärts in der hinteren Hälfte des Eies gelegenen Blastoderm- Fig". 478. Fünf schematische Medianschnitte, zur Darstellung der Entwicklung des Libellulideneies (nach Brandt). A — C Entwicklung' des Keimstreifs (k k') durch Einstülpung. D Entwicklung der das Kopfende des Keimstreifs überwachsenden Amnionfalten (af). E Verschluss der Mündung der Amnionhöhle. v Ventralseite, d Dorsalseite, a vorderer, b hinterer Eipol, af Amnionfalte, ah Amnionhöhle, am Amnion, bl Blastoderm, bp Bauchplatte, do Nahrungsdotter, k Kopfende des Keimstreifs, k' Analende des Keimstreifs, kh Keimhügel oder beginnende Einstülpung, s Serosa. verdickung (Bauch platte) (Fig. 478 A bp, Fig. 419 A), in deren hin- terem Abschnitte sich bald ein Einstülpungsprocess (Fig. 478 AJch) geltend macht. Das Lumen dieser Einstülpung ist die erste Anlage der Amnion- höhle (Fig. 478 Bah), während die Wand derselben in ihrem verdickten J) Auf dieser Unterscheidung beruht die Trennung der Insecten in solche mit innerem und äusserem Keimstreif (Innenkeimer und Aussenkeimer oder entoblastische und ectoblastische Formen Graber). Neuerdings hat Graber für diese Categorien die Bezeichnungen: Entoptychische und ectopty chische Keimbildung vor- geschlagen. Wir sehen von dem Gebrauche dieser Termini ab, weil durch dieselben eine Verwechslung mit den oben (pag. 772) unterschiedenen Categorien des super- ficiellen und immerseu Keimstreifs nicht ausgeschlossen ist. Insecten. 775 ventralen Theil (k') zur Bilduno; des Keimstreifs, in ihrem dorsalen ver- dünnten Theil zur Bildung des Amnions (Fig. 478 B, C, am) aufgebraucht wird. Das blinde Ende der Einstülpung bezeichnet das spätere Analende des Keimstreifs (Je'). Da diese Einstülpung aber im Ei von hinten nach vorne wächst, so ergiebt sich, dass der Keimstreif im Verhältniss zu seiner späteren Lagerung ursprünglich entgegengesetzt orientirt erscheint. Sein Hinterende ist nach vorne gerichtet, während sein Kopfende nahe dem hinteren Eipole gelegen erscheint. Ebenso ist auch jene Fläche des Keimstreife, welche später zur ventralen wird, anfangs gegen die Dorsal- seite des Eies gewendet. Um den Keimstreif in die definitiven Lagerungs- verhältnisse zu bringen, bedarf es des Processes der Um rollung, welcher unten genauer geschildert werden soll. Es muss erwähnt werden , dass bei den Eiern dieses Bildungstypus das durch die Ausbreitung der Kopflappen gekennzeichnete Vorderende des Keim- streifs (Fig. 478 C, D, h) sich an dem erwähnten Einstülpungsprocesse nicht betheiligt. Es bleibt an der Überfläche der Ventralseite liegen und hier werden die Embryonalhüllen durch die Erhebung einer Amnionfalte (af) zum Abschlüsse gebracht — kurz dieser Theil des Keimstreifs verhält sich durch- aus so, wie wir dies nun für den zweiten Typus schildern werden. Bei der Bildimg des durch eine Amnionfalte überwachsenen Keim- streit's behält die Bauehplatte und der aus ihr sich entwickelnde Keim- streif während der ganzen Dauer der Entwicklung jene Orientirung bei, welche für die späteren Stadien aller Insecten typisch ist. Auf diesen Entwicklungstypus, für welchen die Dipteren (Chironomus, Simulia, Ceci- domya) als Beispiel dienen können, bezieht sich unsere frühere Schilde- rung (pag. 768 und ff.). Der Keimstreif ist hier im Wesentlichen der Ven- tralseite des Eies angehörig. Sein Vorderende entspricht dem vorderen Ei- pole, sein Hinterende dem hinteren Eipole (wenn wir jenes obenerwähnte [pag. 771] dorsale Uebergreifen nicht in Rechnung bringen). Hier findet demnach auch keine Umrollung statt. Die Embryonalhüllen werden durch einfache Faltenbildung von den Rändern des Keimstreifs aus gebildet (vgl. pag. 768, Fig. 474 und 475). Wenn man auf die Lagerungsverhältnisse des Keimstreifs im Moment seiner Bildung Rücksicht nimmt, so könnte man die beiden hier unterschie- denen Typen auch unterscheiden als Typus mit invers gelagertem und mit regulär gelagertem Keimstreif. Noch einfacher wäre die Bezeich- nung der beiden Typen als Entwicklung mit und ohne Umrollung. Es wäre allerdings gegen eine solche Bezeichnung einzuwenden, dass auch bei dem überwachsenen Keimstreif gelegentlich Lageveränderungen zur Beo- bachtung kommen, welche von dem Process der echten Umrollung oft schwer zu unterscheiden sind. Wir werden in der Ordnung der Coleopteren Insecten finden , deren Keimstreifentwicklung einen directen Uebergang zwischen den beiden hier unterschiedenen Typen darstellt. D. Insecten mit invaginirtem Keimstreif. Lihellnliden. Als vorzüglichsten Repräsentanten dieses Entwicklungs- typus, welcher — wie wir unten sehen werden (pag. 787) - den directen Anschluss an die Verhältnisse der Myriopoden darstellt und daher als der ursprünglichere betrachtet werden muss, haben wir zunächst das Ei 50* 776 XXIII. Capitel. geltend. der Libelluli den zu erwähnen, dessen Entwicklung durch A.Brandt (No. 7) bekannt geworden ist. Hier (bei C a 1 o p t e r y x) erkennen wir als erste Anlage des Keimstreifs eine in der hinteren Hälfte der Ventralseite des Eies gelegene Verdickung des Blastoderms (Bauchplatte), welche sich bald mit ihrem hintersten Abschnitt in das Innere des Eies einstülpt (Fig. 479 A, g). Während diese Einstülpung (welche von manchen Autoren als Keimhügel be- zeichnet wird) immer tiefer wird, wendet sie sich nach vorn und wächst gegen den vorderen Eipol zu (Fig. 479 B und C). Das Lumen dieser Einstülpung ist die erste Anlage der Amnionhöhle. Sehr bald macht sich nun eine Differenz in der Dicke der beiden Wände der Einstülpung Die nach der Dorsalseite des Eies zugewendete wird zu einer immer flacheren Zellschicht und repräsent irt das Amnion (am), während die andere sich verdickt und den eigent- lichen Keimstreif (ps) darstellt. Es wird also hier fast der ganze Keimstreif mit seinem hinteren Ende voran in das Innere des Eies eingestülpt. Nur ein kleiner Theil des Keimstreifs, der dem vorderen Ende desselben entspricht und sich bald zur Bildung der Kopflappen verbreitert, behält zunächst noch die oberfläch- liche Lage der ursprünglichen Blastoderm verdickung bei (Fig. 479 C). Dieser Theil wird nun durch eine Ringfalte des um- gebenden Blastoderms voll- ständig überwachsen. Wenn diese Ringfalte zum Verschlusse kommt, so ist dadurch die Am- nionhöhle nach Aussen abge- schlossen (Fig. 480 A). Der in seiner oberflächlichen Lage verbliebene Rest des Blasto- derms stellt nun die Serosa dar. An dem nächstfolgenden Stadium, welches durch den Besitz der Extremitätenanlagen charakterisirt ist, kann man die merkwürdige Lage des Keimstreifs deutlich erkennen (Fig. 480 Ä). Man bemerkt, dass das Kopfende desselben (v) nach dem hinteren Eipole, das hakenförmig um- geschlagene Hinterende (ab) dagegen nach dem vorderen Eipole gerichtet ist. Ebenso erkennt man aus dem Vergleich mit den übrigen Stadien (vgl. Fig. 480 0), dass die Ventralseite des Keimstreifs, von welcher die Extremitätenanlagen sprossen, nach der Dorsalseite des Eies gewendet ist. Die definitive Lagerung des Embryos wird durch den Process der sogenannten Uinrollung herbeigeführt, bei welchem der Embryo eine rotirende Bewegung um seine Queraxe erleidet und gleichzeitig aus der Ainnionhöhle herausgestülpt wird (Fig. 480 B). Dieser Process wird ein- geleitet dadurch, dass in der Nähe des Kopfabschnittes Amnion und Serosa, Fig". 479. Drei Entwicklungsstadien des Embryos von Calopteryx (nach Brandt, aus Balfour's Handbuch). Der Embryo ist innerhalb der Eischale dar- gestellt. am Amnion, g Rand der Bauchplatte, ps Keim- streifanlage, se Serosa. Insecten. 777 die sich daselbst dicht berühren, mit einander verschmelzen und an dieser Stelle einreissen. Durch diesen Riss wird an derselben Stelle, an welcher die ursprüngliche Einstülpungsöffnung gelegen war, die Amnionhöhle wieder eröffnet, und durch die so entstandene Oeffnung treten zunächst der Kopf, dann die darauffolgenden Segmente des Keimstreifs hervor (Fig. 480 B) und legen sich, während der Kopf nach dem vorderen Ei- pole zu wandert, der Ventralseite des Eies an (Fig. 480 C). In dem Maasse, als der Embryo aus der Amnionhöhle heraustritt, wird dieselbe immer kleiner und schwindet schliesslich vollständig. Da der Keimstreif nunmehr an der Oberfläche des Eies lagert, so ist der von der Serosa eingenommene Raum beträchtlich kleiner geworden (480 C). Dieselbe zieht sich nun nach dem vorderen Eipol hin zusammen, indem sie sich gleichzeitig bedeutend verdickt (Fig. 480 C, se). In Folge dieser Contraction wird auch der Rissrand, an welchem die Serosa mit dem Amnion verwachsen ist und schliesslich das Amnion selbst über die Nahrungsdot- termasse nach vorn hingezogen (Fig. 480 C, se und am) , so dass schliesslich Amnion und Serosa zusammen einen dem Rücken des Embryos aufliegen- den Sack darstellen, der mit Nah- rungsdotter erfüllt ist und als eine Art von (dorsalem) Dotter- sack bezeichnet werden kann. Bei der nunmehr erfolgenden Ausbildung der Seitentheile und des Rückens des Embryos wird der Inhalt des Dottersackes im- mer mehr in die Darmhöhle, die mit demselben communicirt, auf- genommen und aufgebraucht, bis schliesslich durch einen später genauer zu beschreibenden Pro- cess auch die Serosa selbst (ver- muthlich) in das Innere des Em- bryos eingestülpt und aufgezehrt wird (vgl. unten pag. 801 ff.). Da der Keimstreif der Libel- luliden durch eine Einstülpung entsteht, welche in das Innere des Eies vorwächst, so erklärt es sich, dass liier Amnion und Serosa durch einen breiten Zwischenraum getrennt sind, welcher mit Nahrungsdotter erfüllt ist. Der Keimstreif der Libelluli den ist demnach ein immerser. Davon macht jedoch das Kopfende eine Ausnahme, welches dem superfiziellen Typus zugehört. Rhynchoten. Der gleiche Entwicklungstypus des Keimstreifs, den wir für die Libelluliden geschildert haben, kommt auch, soweit bis jetzt bekannt, sämmtlichen Rhynchoten zu. So fanden Metschnikoff (No. 55) und Brandt (No. 7) für Hydro metra und Graber (No. 27) fürPyrrho- Fig. 480. Drei Entwicklungsstadien von Calopteryx (nach Brandt aus Balfoür's Handbuch). Der Embryo ist innerhalb der Eischale dargestellt. a Oeffnung der Amnionhöhle, aus welcher der Embryo heraustritt, ab Abdomen, am Amnion, at Antenne, md Mandibel, mx1, mx2 erste und zweite Maxille, oe Oesophagus, p\ p2, pz erstes, zweites, drittes Thoraxbeinpaar, se Serosa, v Vorderende des Keimstreifs. 778 XXIII. Capitel. coris Verhältnisse der Eientwieklung, welche sich denen der Libelluliden in allen wichtigen Punkten vollkommen anschliessen. Eine Modification des geschilderten Entwicklungstypus findet sich bei Corixa (Metschnikoff No. 55, Bkandt No. 7). Hier ist der von dem hinteren Pole sich einstülpende Keimhügel zwar auch anfangs ringsum von Nahrungsdotter umgeben, er legt sich jedoch sehr bald der Rückenseite des Eies dicht an , so dass hier Serosa und Amnion sich dicht berühren. Der Keimstreif ist in Folge dessen hier nicht immers , sondern ein superfizieller. Im Uebrigen ist der Process der Umrollung und die dadurch erfolgte Zu- rückführung des Embryos in seine definitive Lage in ganz gleicher Weise vorhanden, wie bei den Libelluliden. Aehnlich wie bei den Libelluliden verhält sich die Lagerung des Keimstreifs nach Melnikow (No. 53) auch bei den Pediculiden und Mallophagen. Doch sollen hier insofern einfachere Verhältnisse bestehen bleiben , als die durch die Einstülpung entstandene Oeffnung der Amnionhöhle dauernd offen bleibt. Ein invaginirter Keimstreif findet sich ferner auch bei den Physa- poden (Dohkn No. 21, Jokdan No. 44). In directem Anschlüsse an die für die Libelluliden beschriebenen Ver- hältnisse stehen auch die Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Phytoph - thires. Die Beschreibungen, welche Metschjukoff (No. 55) und Bkandt (No. 7) von der Entwicklung der Oviparen Cocciden (Aspidiotus, Lecanium) liefern, zeigen eine fast vollständige Uebereinstimmung mit den Libelluliden. Ebenso scheinen sich nach Metschnikoff auch die Psy lüden hier anzuschliessen. Gewisse Besonderheiten weisen dagegen die Sommereier der viviparen Aphiden auf, welche ihre Entwicklung innerhalb des Eifollikels durchlaufen. Die parthenogenetisch sich entwickelnden Eier dieser Formen erfahren — wie Will (No. 97) hervorgehoben hat — nicht den vollkom- menen Reifungsprocess, wie die Eier der übrigen Insecten. Sie werden gewisser- massen „von dem Eintritt der Embryonalentwicklung überrascht, wenn sich eben die ersten Reifungserscheinungen in dem Auftreten kleiner Deutoplasmatröpfchen bemerkbar gemacht haben." Nach der Entwicklung des Blastoderms enthält das Ei in seinem Innern nur eine geringfügige Menge eines bald verschwin- denden Nahrungsdotters (primärer Nahrungsdotter, Fig. 481-4, do), in welchem einzelne Dotterzellen sich finden. Dagegen wird der Embryo in den nun folgenden Stadien unter Entwicklung einer Art Placentarbildung von dem Follikelepithel aus mit einer neuen Dottermasse (secundärer Dotter, Pseudovitellus, sd) versorgt. Es entwickelt sich nämlich am hinteren Pole des Embryos, an welchem die Blastodermbildung nicht völlig zum Abschluss gelangt ist und daher eine Lücke des Blastoderms *) sich vorfindet, eine Verwachsung mit der entsprechenden Stelle (oc) des Follikel- epithels (f). Hier kommt es durch Theilung einer sich vergrössernden Follikel- epithelzelle zur Ausbildung eines Zellhaufens , welcher sich bald unter De- generation und vollständigem Untergang der ihn zusammensetzenden Zellen in eine Ansammlung von Nahrungsdotterkügelchen (secundärem Dotter) umwandelt, worauf das so entstandene Dottermaterial durch die vorhandene Blastodermlücke in das Innere des Embryos aufgenommen wird (Fig. 481 A, sd). Die sonach in der primären Leibeshöhle gelegene secundäre Dotter- masse , in welche bald vom Embryo aus Dotterzellen (dz) einwandern , steht noch einige Zeit hindurch vermittelst eines Dotterstranges mit jener Stelle *) Diese Lücke hat Will als Blastoporus hezeichnet und die von hier ausgehende Einwanderung von Dotterzellen als Gastrulation in Anspruch genommen, eine Auf- fassung, welche wir nicht theilen. Insecten. 779 des Follikelepithels , von welcher sie ihren Ursprung genommen hat , in Zu- sammenhang. Die Entwicklung des Keimstreifs erfolgt bei den Aphiden unter Aus- bildung einer ganz ähnlichen Einstülpung vom hinteren Eipole aus, wie wir sie bei den Libelluliden auftreten sahen. Diese Einstülpung entwickelt sich im Umkreise der oben erwähnten Blastodermlücke (Fig. 481 A). Sie er- scheint in Folge dessen an ihrem vorderen Ende nicht geschlossen , da sich hier jene Durchtrittspforte befindet, durch welche der Strang des secundären Fig. 481. Schematische Meclianschnitte durch fünf Entwicklungsstadien des Eies der viviparen Aphiden (im Anschlüsse an Will). Die Orientirung ist die gleiche, wie in Fig. 478. Die Genitalanlage ist nicht eingezeichnet. A Einstülpung des Keimstreifs (k') und Einwuchern des secundären Dotters (sä). B Verschluss des Aufnahmeporus für den secundären Dotter. C hakenförmige Ein- krümmung des hinteren Keimstreifendes (k"). D Erhebung der Amnionfalten (af). E Ausbildung der Kopfserosa (s'). af Amnionfalten, ah Amnionhöhle, am Amnion, do Beste des primären Xahrungs- dotters mit Dotterzellen, dz Dotterzellen, / Follikelepithel, k Kopfende des Keimstreifs (Kopflappen), k' hinterer Abschnitt des Keimstreifs, k" hinterstes, hakenförmig ein- gekrümmtes Ende des Keimstreifs, l primäre Leibeshöhle, s Serosa, s' Kopfserosa, sd secundärer Dotter, x Bildungsstelle des secundären Dotters. Dotters in das Eiinnere eintritt. Erst nachdem der secundäre Dotter sich in der primären Leibeshöhle zusammengezogen hat, und jener Verbindungs- strang resorbirt wurde, verschliesst sich 'auch die erwähnte Lücke (Fig. 481 B), und nun nimmt die Einstülpung eine Gestalt an, welche durchaus 780 XXIII. Capitel. an das entsprechende Stadium der Libelluliden erinnert. Wenn die Anlage des Keimstreifs anwächst , so erfährt sie eine hakenförmige Knickung (Fig. 481 C), welche später zu einer doppelten Einknickung des Keimstreifs ("Witlaczil No. 98) werden kann. Es machen sich auch gewisse Lagever- änderungen geltend. Die eingekrümmte Keimstreifanlage kann bald nicht mehr ihre symmetrische Lagerung zur Medianebene beibehalten. Sie erfährt gewisse Abweichungen nach der seitlichen Richtung. Die äussere Mündung der Amnionhöhle , welche ursprünglich dem hinteren Eipole angehörte , wan- dert im Verlauf der weiteren Entwicklung mehr nach der Dorsalseite. Gleich- zeitig rücken die als Blastodermverdickung entstandenen Kopflappenanlagen (fc), welche anfangs am vorderen Eipole gelegen waren, über die Ventralseite nach hinten, so dass sie zum Schlüsse über den hinteren Eipol sich aus- breiten (Fig. 481 D). Ganz , wie bei den Libelluliden , wird diese Blasto- dermverdickung nicht in die Einstülpung des Keimstreifs mit aufgenommen. Sie ist daher anfangs nicht von den Embryonalhüllen bedeckt. Um auch sie zu überdecken, muss eine Ringfalte emporwachsen, deren erste Anlage in Fig. 481 D, af angedeutet erscheint. Diese Ringfalte besteht im Momente ihrer Entstehung, wie jede Amnionfalte, aus zwei Blättern (Amnion und Serosa). Im Verlaufe des weiteren Wachsthums bleibt jedoch das Amnion etwas zurück , so dass die Kopf läppen blos von einer einzigen epithelialen Zell- schicht, der sog. Kopfserosa überdeckt erscheinen1) (Fig. 481 E, s'). Die übrigen, späteren Entwicklungsprocesse , das Zerreissen der Em- bryonalhülle des Kopfabschnittes, die Ausstülpung des Embryos durch die v Fig. 482. Umrollung- des Embryos von Oecanthus. (Schemata nach Avers.) « vorderer Eipol, am Amnion, b hinterer Eipol, d Dorsalseite des Eies, k Keim- streif, r llückenplatte (durch Zusammenziehung' der Serosa entstanden), s Serosa, v Ventralseite des Eies. J) Wir haben hier den Fall einer rudimentären Entwicklung des Amnions, wie die- selbe auch für gewisse Hymenopteren behauptet wurde. Es muss hier erwähnt werden, dass die Schilderungen von Brandt die Möglichkeit offen lassen, dass die Embryonal- hüllen im Bereiche des Kopfabschnittes sich auch bei den Co cci den (vielleicht sogar auch bei den Libelluliden) in der Weise verhalten, wie wir dies hier nach Will für die Aphiden dargestellt haben. Es würde dann auch bei diesen Formen über diesem Abschnitt nur eine einzige zellige Hülle vorhanden sein. Insecten. 781 so entstandene Oeffnung, sowie die gleichzeitig erfolgende Umrollung vollziehen sich ganz in der für die Libelluliden geschilderten Weise. Die Entwicklung der Aphiden ist vorzugsweise von Brandt (No. 7), Metschnikoff (No. 55), Witlaczil (No. 98) und Will (No. 97) beschrieben worden. Wir haben uns bei der hier gegebenen Darstellung hauptsächlich an Will angeschlossen. Oecaiithus. Wir müssen diesem Entwicklungstypus auch eine Gryllide, Oecanthus, zurechnen, obgleich diese Form hierdurch in einen Gegen- satz zu den übrigen Orthopteren gestellt wird. Die erste Anlage des Keimstreifs entsteht hier allerdings — wie wir durch die Beobachtungen von Ayers (No. 1) wissen — nicht durch Einstülpung, sondern es bildet sich eine kurze Bauchplatte, welche von einer Amnionfalte überwachsen wird. Bei dieser Uebenvachsung bleibt anfangs das innere Blatt der Falte (das Amnion) im Wachsthum etwas zurück, in ganz gleicher Weise, wie wir dies für die Kopffalte der Aphiden soeben geschildert haben. Es schliesst sich hier anfangs bloss die Serosa über dem Keimstreifen. Später rückt auch das Amnion nach und schliesst sich, so dass der Embryo zum Schlüsse doch von einer doppelten zelligen Hülle bedeckt ist. Der Keimstreif ist demnach hier ein durch Faltenbildung überwachsener, er ist auch superficiell. Aber er liegt — und das ist für unsere Auffassung das entscheidende — ursprünglich an der Rückenseite des Eies, mit seinem Kopfende nach hinten gerichtet (Fig. 482 Ä), stimmt demnach bezüglich seiner Lagebeziehungen vollständig mit Corixa (vgl. oben pag. 778) überein. Er muss somit nach erfolgtem Riss der Embryonalhüllen einen echten Umrollungsprocess (Fig. 482 B, C, D) durchmachen, um in seine defini- tive Lage zu gelangen. Dieser Umrollungsprocess und die später er- folgende Rückbildung der Serosa unter Bildung einer Einstülpung (Rücken- rohr) zeigen eine so vollständige Uebereinstimmung mit den übrigen Insecten dieses Typus, dass wir die Zureihung von Oecanthus zu den- selben für gerechtfertigt halten. E. Insecten mit überwachsenem Keimstreif. Orthoptera genuina. Bei allen bis jetzt untersuchten Formen dieser Gruppe, mit Ausnahme von Oecanthus, ist der Keimstreif von Anfang an an der Ventralseite des Eies, mit dem Kopfende nach vorne gelagert. Hier findet sich sonach keine Umrollung. Die Embryonalhüllen entstehen durch Faltenbildung. Der Keimstreif ist in den meisten Fällen ein ver- hältnissmässig kurzer (Blatt a nach Cholodkowsky No. 19 und Wheeler No. 95, Steno bothrus und Mantis nach Graber No. 26 und 30). Nur bei Gryllotalpa (nach Korotneff No. 47) gewinnt der Keimstreif eine ansehnliche Länge und erscheint sonach mit seinem vorderen und hinteren Ende nach der Dorsalseite hinübergeschlagen. Bei sämmtlichen hierher gehörigen Formen erscheint in späteren Entwicklungsstadien, wie dies auch bei den Libelluliden, Rhynchoten, Oecanthus, Phryganiden, bei manchen Coleopteren und in noch stärkerem Maasse bei den Lepidopteren und gewissen H y m e n o p t e r e n zu beobachten ist, das hintere Abdominalende ventralwärts eingeschlagen. Diese Einkrümmimg wird meist noch vor dem Ausschlüpfen rückgängig gemacht. Es ist zu erwähnen, dass beiStenobothrus die Bildung der Amnion- falte in eine sehr frühe Periode der Keimstreifentwicklung fällt. Zu einer 782 XXIII. Capitel. Zeit, in welcher die Gastrulation erst eingeleitet wird und die Bauchplatte noch eine rundliche, schildförmige Gestalt hat, wird dieselbe bereits von der Amnionfalte überwachsen (Gkabke No. 26). Bei Gryllotalpa entstehen die Embryonalhüllen in Form zweier seitlich sich erhebenden Falten. Bei Blatta findet zunächst die Erbebung einer Schwanzfalte und paariger, den beiden Kopf läppen entsprechender Kopffalten statt (ähnlich, wie bei den Coleopteren). Der Keimstreif der Orthopteren ist im Allgemeinen ein super- fizieller. Nur bei Stenobothrus wird er - wie wir dies bei den Lepido- pteren wiederfinden werden — durch Eintritt von Nahrungsdotterpartikel- chen zwischen die beiden Hüllblätter immers. Dipteren. Bei allen, bisher untersuchten Dipteren erreicht der Keimstreif eine ansehnliche Länge, so dass er nicht blos die ganze Ventral- seite bedeckt, sondern mit seinem Vorderende, noch mehr aber mit seinem Hinterende so weit dorsalwärts übergeschlagen ist (Fig. 483), dass Fig. 483. Schematische Seitenansichten des Chironomuseies im Stadium der Embryonalhüllenbildung (im Anschlüsse an Weismakn und Kupffer). A beginnende Erhebung der Kopf- und Schwanzfalte {kf und */). B Vereinigung der beiden Falten und fortschreitende Ueberwachsung des Keimstreifs. v Ventralseite, d Dorsalseite, a unbedeckter Theil des Keimstreifs, am Amnion, do Nahrungsdotter, k Kopfende des Keimstreifs, k' ventraler Theil des Keimstreifs, k" dorsalwärts übergeschlagener Theil des Keimstreifs, k'" hakenförmig eingekrümmtes Hinterende, kf Kopffalte des Amnions, kl Kopf läppen, r Kückennabel, s Serosa, sf Schwanzfalte des Amnions , x , x' innere Umschlagstellen des Amnions (U ebergang in das Ectoderm des Keimstreifs). die beiden Enden des Keimstreifs einander an der Rückenseite des Eies beträchtlich genähert erscheinen (x — af). Die spätere Entwicklung, wenn das Hinterende des Keimstreifs sich an den hinteren Eipol zurückzieht, ist demnach mit einer starken Verkürzung der Embryonalanlage ver- bunden. Die Amnionfalte entsteht hier nicht längs des ganzen Randes des Keimstreifs gleichzeitig; sondern es zeigt sich zunächst eine Falten- Insecten. 783 erhebung im Umkreis des Kopfendes (kf) und eine zweite am Hinter- ende (sf) des Keimstreifs (K o p f f a 1 1 e und S c h w a n z f a 1 1 e des Amnions). Erst später tritt die Faltenbildung in den mittleren Parthien an den Seiten- rändern des Keimstreifs ein und dadurch werden die Kopf- und Schwanz- falte mit einander vereinigt (Chironomus nach Weismann No. 87 und Kupffek No. 50, Simulia nach Metschnikoff No. 55). Da die dorsalwärts übergeschlagenen Keimstreifenden einander sehr ge- nähert sind , so rücken hier auch die inneren Umschlagsränder des Amnions (bei x und x in Fig. 483 A), wo dasselbe in das Ectoderm des Keimstreifs übergeht, nahe aneinander. Es folgt hieraus, dass jener Bezirk, im Bereich dessen die Serosa direct der Oberfläche des Nahrungsdotters aufliegt (r), bei diesen Formen sehr eingeengt erscheint. Wir werden ganz ähnlichen Verhältnissen bei den Lepidopteren und Phryganiden begegnen. Der Keimstreif der Dipteren ist durchgehends ein superficieller; nur das hinterste Ende desselben erseheint bei Chironomus und Simulia haken- förmig abgebogen (Fig. 483 -B, k'") und in das Innere des Dotters ver- senkt. Wir haben hier eine Annäherung an die für die Coleopteren zu schildernden Verhältnisse. Ein Gleiches ist vielleicht auch bei den Museiden der Fall. Es verdient erwähnt zu werden, dass bei einigen Dipteren die Amnion- f alten rudimentär bleiben und niemals den Keimstreif vollständig überwachsen. Dies ist nach Metschnikoff (No. 55) bei dem Embryo der viviparen Ceci- domyalarven der Fall, bei welchem die Kopf- und Schwanzfalte an- gelegt werden , aber sich nicht weiter entwickeln. Das Gleiche ist nach Kowalevsky und Graber (No. 27 und 28) bei den Museiden der Fall, bei denen die Kopffalte äusserst rudimentär bleibt und nur die Schwanzfalte zu etwas deutlicherer Entwicklung gelangt. Bei der späteren Ausbildung des Embryos werden diese Falten einfach wieder ausgeglättet und nehmen dann, wie es scheint , an der Ausbildung der Rückenhaut einen gewissen Antheil. Trichopteren. Die an dem rundlichen Ei der Phryganiden zu be- obachtenden Verhältnisse schliessen sich — nach den Beobachtungen von Patten für Neophylax (No. 65) — ungemein nahe an den normalen Typus der Dipteren (Chironomus) an. Der äusserst langgestreckte, superncielle Keimstreif bedeckt auch hier den grössten Theil der Ei- peripherie, so dass sein Vorder- und Hinterende sich beinahe berühren. Wir werden sehen, dass nach den Mittheilungen von Graber (No. 27) auch die Rüekbildungserscheinungen der Keimhüllen in beiden Gruppen im Wesentlichen nach dem gleichen Typus ablaufen. Lepidopteren. Auch die Lepidopteren schliessen sich nach den allgemeinen Verhältnissen der Keimstreif- und Keimhüllenentwicklung den beiden vorhergehenden Gruppen nahe an. Auffällig ist hier, dass die Entwicklung der Amnionfalte schon in einer sehr frühen Periode der Keimstreifentwicklung stattfindet (also ähnlich wie bei Stenobothrus, vgl. oben pag. 781), zu einer Zeit, wo die Keimstreifanlage oder Bauch- platte noch eine rundliche, schildförmige Blastodermverdickung (Fig. 484 Ä) darstellt, von deren Rande die Amnionfalte sich erhebt. Erst später tritt das Längenwachsthmn des Keimstreifs ein, welcher sehr bald, da Nahrungsdottermassen in den Raum zwischen Amnion und Serosa ein- treten . zu einem immersen Keimstreif (Fig. 484 B) wird. Da — wie bei den Dipteren — mit dem fortschreitenden Längenwachsthmn eine starke dorsale Einkrümmung des Keimstreifs sich entwickelt und die Amnionhöhle dieser Einkrümmung folgt, so wird jene Stelle des Rückens, 784 XXIII. Capitel. am welche die Verbindung zwischen dem Embryo und den Keimhüllen dar- stellt , allmählich immer mehr und mehr eingeengt (Fig. 484 C, bei x). Es kommt auf diese Weise zur Entwicklung eines dorsalen Nabel- gangs, welcher hier insofern von Bedeutung ist, als er die Passage dar- stellt, vermittelst welcher die in das Innere des Embryos aufgenommenen Nahrungsdottermassen mit den zwischen Amnion und Serosa befindlichen com- municiren. Wir könnten mit Rücksicht auf diese Verhältnisse von den Lepi- dopteren sagen, ihr Embryo sei rings- um von einem Dottersacke umwachsen, welcher durch den dorsalen Nabelgang mit dem Embryo zusammenhängt. Hymeiioptereii. Die Hymeno- pteren zeigen Verhältnisse, welche sich in den wesentlichen Punkten mit den für die Dipteren geschilderten in Uebereinstimmung bringen lassen. Der Keimstreif ist auch hier stets ein superfizieller und wird durch das Vor- rücken einer Kopf- und Schwanzfalte des Amnions von einer doppelten, zelligen Hülle (Amnion und Serosa) überwachsen (Fig. 485 Ä). So wurden die Verhältnisse von Kowalevsky für die Biene (Apis) und noch klarer von Graber für Polistes gallica, Formica, besonders aber neuerdings für Hylotoma berberidis darge- stellt (No. 27 und 30). Es scheint bei dieser Ueberwachsung (wenigstens bei Apis) die Kopffalte beträchtlich stärker, als die Schwanzfalte betheiligt zu sein. Im Allgemeinen bleibt der Keim- streif der Hymenopteren verhält- nissmässig kurz. Er gewinnt keine grössere Ausdehnung in die Länge, als die Länge des Eies beträgt (Fig. 485 A), und bleibt daher auf die Ventralseite desselben be- schränkt. Dagegen scheint hier der inneren Umschlagsstelle des Amnions (Uebergangsstelle in das Ectoderm des Keimstreifs x und x) ein selbstständiges Wachsthum nach der Richtung der Dor- salseite zuzukommen , ein Fall , der bei den Insecten im Allgemeinen selten ist, aber in ähnlicher Weise auch den Lepi- dopteren zuzukommen scheint. Es wird hierdurch der dorsale Kabelgang immer mehr eingeengt, bis er durch Ver- ü/7i Fig. 484. Schema der Embryonal- hüllenbildung bei Lepidopteren (A nach Kowalevsky, B und Cnach Ticho- miropf). 1< Keimstreif, am Amnion, se Serosa, do Nahrungsdotter, vd Einstülpung des Vorderdarms, ed Einstülpung des End- darms, m Mund, an Afteröfthung, x dor- saler Nabelgang. Insecten. 785 schmelzen dieser inneren Falten vollständig abgeschnürt wird (Fig. 485 B). Der Embryo, dessen Rücken nun unter Zuhülfenahme eines Theiles des Am- nions bereits verschlossen erscheint, liegt dann völlig frei in zwei zelligen Säcken, von denen der äussere der Serosa, der innere dem Amnion ent- spricht (s, am in Fig. 485 B). Wenngleich das Vorhandensein einer doppelten zelligen Hülle (Amnion und Serosa) nach den neueren Beobachtungen von Graber für die Hymeno- pteren kaum zweifelhaft sein kann , müssen wir hier doch erwähnen , dass andere Autoren ausdrücklich blos das Vorhandensein einer einzigen Embryonal- hülle, die dann als Serosa in Anspruch genommen werden muss, anerkennen. V d oo -ol m, an Fig. 485. Zwei Entwicklungsstadien von Hylotoma berberidis im schema- tischen Medianschnitte (nach Graber). a1— a10 erstes bis zehntes Abdominalsegment, am Amnion, an After, at Antenne, bg Bauchganglienkette, do Nahrungsdotter, cd Enddarm, m Mund, md Mandibel, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, og oberes Schlundganglion, ol Vorderkopf (Ober- lippenanlage), p', p", p'" erstes bis drittes Thoraxbeinpaar, s Serosa, sp Speicheldrüsen, vd Vorderdarm, x, x' innere Umschlagsstellen des Amnions. Obschon eine Täuschung nach dieser Richtung sehr leicht durch den Umstand ermöglicht sein kann, dass die innere Hülle (Amnion) sich, wie aus den Beobachtungen Graber's hervorgeht, dicht an den Keimstreif an- lagert und dann von dem letzteren nicht unterschieden wird , so ist doch a priori die Möglichkeit nicht abzuleugnen , dass das Amnion bei der 786 XXIII. Capitel. Entwicklung der Amnionfalte thatsächlich anfangs rudimentär bleibt, wie wir dieses oben (pag. 780) für die Kopffalte der Apbiden und für Oecan- thus (pag. 781) geschildert haben. Es würde dann an dem Rand der Amnionfalte eine Trennung von Amnion und Serosa stattfinden und die Serosa in einer Weise selbstständig auswachsen, welche wir als U eberschieb ung bezeichnen könnten. (Vgl. auch oben die Darstellung der Amnionbildung bei dem Scorpion pag. 539, Fig. 345). So wurden die Verhältnisse für die Biene von Bütschli (No. 1.1) und Geassi (No. 32), ferner für Polistes gallica und für Chalicodoma muraria von Carriere (No. 13) ge- schildert. Völlig im Zweifel sind wir noch hinsichtlich des Vorhandenseins und der Beschaffenheit der Embryonalhüllen bei den Pteromalinen (vgl. nach dieser Hinsicht das unten pag. 856 über PI aty gaster Mitgetheilte), bei denen der Endoparasitismus des Embryos und der Larven wesentlich auf die Entwicklung verändernd eingewirkt hat. F. Uebergangsformen zwischen den beiden Typen der Keimstreifentwicklung. Coleopteren. Der Keimstreif der Coleopteren, welcher gleich dem der Hymenopteren nur eine massige Ausdehnung in die Länge ge- winnt, zeigt in seinem vorderen und Haupt- Antheile (Fig. 486 k) die Charaktere des überwachsenen Keimstreifs. Er ist superficiell und wird durch die Ausdehnung einer Schwanzfalte (af) und paariger, bald verschmelzender Kopf falten (af) (vgl. pag. 770, Fig. 476 C, af"), zu denen bei Lina nach Graber (No. 30) noch selbstständig entstehende Seitenfalten hinzukommen, überwachsen. Dagegen entwickelt sich das hintere Ende des Keimstreifs vollständig nach dem für die Libel- luli den beschriebenen Typus der Invagination. Es findet sich bei Hydro philus (nach Kowalevsky No. 48 und Heider No. 38) am hinteren Ende der Keimstreifanlage ein Grübchen (pag. 770, Fig. 476 A,g), welches vollständig der von den Autoren als Keim hü gel (vgl. oben pag. 776) bezeichneten Einstülpung entspricht. Indem diese Einstülpung tiefer wird, entwickelt sich das hinterste Ende des Keimstreifs (Fig. 486 k'), welches dorsalwärts umgeschlagen und in den Dotter versenkt erscheint. Die hinterste Parthie des Keimstreifs ist hier demnach immers, sie ist mit dem Analende nach vorne gerichtet und an der Rückenseite des Eies gelagert — kurz sie weist in Allem die Charaktere des in- vaginirten Keimstreifs auf (Fig. 486 k'). Der Keimstreif ist demnach bei den Coleopteren ursprünglich über den hinteren Eipol dorsalwärts herumgebogen. Dementsprechend ist das Kopf- ende des Keimstreifs von dem vorderen Eipole anfangs ziemlich weit ent- fernt (pag. 770, Fig. 476 D). Erst allmäblich bewegt sich das Kopfende nach dem vorderen Eipole (Fig. 476 E), während das Hinterende des Keim- streifs den binteren Eipol erreicht. Bei dieser Bewegung wird der hintere invaginirte Theil des Keimstreifs gleichsam aus dem Dotter herausgezogen, so dass zum Schlüsse der Keimstreif seiner ganzen Ausdehnung nach ein superfizieller ist. Die erwähnte Bewegung des Keimstreifs entspricht durch- aus dem Processe der Umrollung. Allerdings tritt bei Hydrophilus der Riss der Embryonalhüllen erst in einem späteren Zeitpunkte ein. Aehnliche Verbältnisse, wie die für Hydrophilus geschilderten, liegen auch bei den übrigen Coleopteren vor, wie dies vor Allem aus den Insecten. 787 Beobachtungen von Grabek (No. 30) für Lina und von Wheeler (No. 95) für D o r y p h o r a hervorgeht. Auch hier ist das Hinterende des Keimstreifs dorsalwärts eingekrümmt und in den Dotter versenkt. Der Hauptunterschied von Hydrophilus findet sich darin, dass das Kopfende des Keimstreifs von Anfang an nahe dem vorderen Eipole angelegt wird, was zur Folge hat, dass hier die Bewegung der Umrollung nicht zur Beobachtung kommt. Wir haben oben (pag. 783) darauf hingewiesen, dass auch das hinterste Ende des Dipterenkeimstreifs in ähnlicher Weise wie bei den Coleopteren, wenn- gleich nicht in derselben Ausdehnung in den Dotter versenkt ist. Wir haben hier gleichsam die letzten Andeutungen einer Keimstreifbildung durch Invagination. Das Vorhandensein dieser Spuren, vor Allem aber das Verhalten von Hydro- philus (und Cecanthus) scheint darauf hinzu- deuten , dass die Keimstreifbildung durch In- vagination für die Gruppe der Insecten das primäre Verhalten ist, während die Ueber- wachsung durch eine Amnionfalte ein secundäres Verhalten darstellt (Will No. 97). Die bei Hydrophilus undOecanthus zu beobach- tende Bewegung der Umrollung wird nämlich nur unter dieser Annahme verständlich. G. Allgemeines. Wir haben oben (pag. 732, Fig. 455 u. 456) gesehen, dass bei den Myriopoden bei fort- schreitendem Längenwachsthum des Keini- streifs derselbe in seiner Mitte eingeknickt und in das Innere des Eies versenkt wird. In dieser Einsenkung, welche wir uns zunächst durch das räumliche Missverhältniss zwischen dem langgestreckten Keimstreif und der rund- lichen Eiform entstanden zu denken haben, werden wir [wie dies schon Graber (No. 149) andeutete und Will (No. 97) neuerdings ausführlicher begründet hat] den Ausgangs- punkt für die Entwicklung des invaginirten Keimstreifs der Libelluliden zu suchen haben. WTir werden demnach für die Entwicklung des Insectenkeimstreifs die Form der In- vagination als die ursprüngliche betrachten. Bei einem genaueren Vergleich zwischen den Verhältnissen der Myriopoden und der Libel- luliden ergeben sich allerdings gewisse Unter- schiede. Bei den Myriopoden wird nur der Keimstreif in die Einsenkung einbezogen. t- Fig. 486. Schema eines medianen Längsschnittes durch einen Hydrophilus embryo im Stadium der Fig. 476 D, pag. 770 (nach Heider). af vordere Amnionfalte, af hintere Amnionfalte, ah Amnion- höhle, am Amnion, do Nahrungs- dotter, Je der segmentirte Keim- streif, welcher in Wirklichkeit hier bereits zweischichtig ist, k' hinteres, dorsalwärts umge- schlagenes und in den Dotter versenktes Ende des Keimstreifs, v Ventralseite, d Dorsalseite des Eies. Bei den Libelluliden dagegen, bei denen der Keimstreif verhältnissmässig kurz ist, nimmt derselbe nur die eine Seite der Einsenkung ein, während die gegenüberliegende Seite derselben von einem in die Tiefe der Einsenkung mit hineingezogenen Theile des Blastoderms eingenommen erscheint, welches dann als Amnion bezeichnet wird. Hier gewinnt demnach der an der Keimstreifbildung unbetheiligte Blastodermabschnitt eine grössere Ausdehnung und hiermit ist der erste Anfang der Keimhüllenbildung gekennzeichnet. 788 XXIII. Capitel. Bei den Myriopoden bleiben die in die Einsenkung nicht einbezoge- nen Theile des Keimstreifs einfach unbedeckt. Bei den Libelluliden da- gegen werden sie von einer secundär sich erhebenden Falte (Amnionfalte) überwachsen. Diese Faltenbildung stellt eine Neuerwerbung der Insecten dar, durch welche das System der Embryonalhüllen vervollständigt wird. Sie wird demnach von Will (No. 97) als secundär er Theil der Embryonalhüllen dem durch die Einstülpung entstandenen primären Theil gegenübergestellt. Wir möchten jedoch in dieser Gegenüberstellung keinen allzuscharfen Gegensatz ausgesprochen wissen. Bei den höher entwickelten und abgeleiteteren Insectentypen ge- winnt die secundäre Faltenbildung an Umfang, während die Ausbildung des Keimstreifs durch Invagination in den Hintergrund tritt. Es leitet sich auf diese Weise der überwachsene Keimstreif von dem invaginirten ab. Die Entwicklung des überwachsenen Keimstreifs bedeutete insofern einen Fortschritt der Entwicklungsweise, als nun der immerhin compli- cirte Process der Umrollung in Wegfall kam. Die Fälle von rudimentärer Ausbildung der Embryonalhüllen, wie sie bei endoparasitischen Eiern (Pteromalinen, Tachiniden), bei den Eiern der viviparen Cecidomyiden und bei den Museiden beobachtet wurden, werden wir mit Rücksicht auf das Verhalten anderer nahe verwandter Formen als abgeleitete betrachten müssen. Für die Behandlung der Frage nach der physiologischen Bedeutung der Keimhüllen fehlen uns bisher noch sichere Anhaltspunkte. Wenn für die Entwicklung des invaginirten Keimstreifs vielleicht die Vergrösse- rung der dotterabsorbirenden Oberfläche von Wichtigkeit war, so kann doch dieser Gesichtspunkt für die Erklärung der Ausbildung der über- wachsenden Amnionfalte nicht in Frage kommen. Für letztere scheint eine Entwicklungstendenz massgebend gewesen zu sein, welche dahin führte, den Keimstreif bei seinen mannigfachen Entwicklungsprocessen von dem directen Contact mit der Innenfläche des Chorions (resp. Dotter- häutchens) unabhängig zu stellen. Es mag hiermit ein grösserer Schutz gegen gewisse mechanische Insulte, vielleicht auch gegen die Gefahr des Ein- und Antrocknens gegeben gewesen sein. Für das letztere scheint besonders der Umstand zu sprechen, dass bei den Eiern mit rückgebil- deten Embryonalhüllen (Cecidomyia, Tachinen, Museiden) jene Gefahr in- folge ihrer äusseren Entwicklungsbedingungen in vermindertem Maasse vorliegt. Immerhin haben alle diese Vermuthungen nur wenig Befrie- digendes an sich. i&>. 4. Ausbildung der äusseren Körperform. A. Segmentirung. Sehr frühzeitig machen sich am Keimstreifen der Insecten die ersten Spuren der Segmentirung bemerkbar, indem derselbe durch oberflächliche querverlaufende Furchen in eine Anzahl von Theilstücken (Segmenten) getheilt wird. Es kann diese Gliederung in aufeinanderfolgende Meta- meren — wie dies bei Hydrophilus (nach Kowalevsky und Heider pag. 770, Fig. 476 A und B) und bei Chalicodoma muraria (pag. 812, Fig. 498 nach Carriere No. 13) der Fall ist — schon zu einer Zeit bemerkbar werden, in welcher der Process der Gastrulation erst im Beginne ist. Er erstrecken sich dann die queren Segmentgrenzen nicht blos über die Mittelplatte (vgl. unten pag. 807), durch deren Einstülpung Insecten. 789 das untere Blatt hervorgeht, sondern sie greifen lateralwärts auf die Seitenplatten (Fig. 498 s) über, welche zum Ectoderm des Keimstreifs werden. Diese Querfurchen entsprechen dünneren Stellen des Epithels, welches in diesem Stadium die Embryonalanlage bildet Es ergiebt sich hieraus, dass bei den genannten Formen nach Ablauf der Gastrulation nicht blos das Ectoderm, sondern auch das untere Blatt bereits segmen- tirt ist. Es wurde von Heider (No. 38) für Hydrophilus behauptet, dass die erste Andeutung der Segmentirung der Gastrulation sogar vorauseilt. Die gleichen Querzonen des Blastoderms haben auch Wheeler (No. 95) bei Doryphora und Graber (No. 30) bei Lina beobachtet, aber in anderer Weise gedeutet und nicht auf die spätere Segmentirung bezogen. Fig-. 487. Drei Ehtwieklungsstadien des Keimstreifs von Lina (nach Graber). A unsegmentirter Keimstreif; in B und C wird die Segmentirung an dem unteren Blatte erkennbar. 2? mit der Anlage der drei Kiefersegmente, wozu in C noch die drei Thoraxsegmente und die zwei vordersten Abdominalsegmente hinzukommen. a', a" erstes und zweites Abdominalsegment, af Amnionfalte, bl ßlastoporus, k', k", k'" erstes, zweites und drittes Kiefersegment, kl Kopflappen, m Mund, t', t", t'" erstes, zweites und drittes Thoraxsegment, th Verbreiterung des Keimstreifs in der Thorax- region, u unteres Blatt. Ein so frühzeitiges Auftreten der Segmentirung, wie es bei Hydro- philus und Chalicodoma beobachtet wurde, müssen wir als eine auf Heterochronie beruhende Fälschung des Entwicklungsprocesses auf- fassen. Wir werden das bei anderen Formen beobachtete Verhalten als das ursprüngliche betrachten müssen, bei welchen (wie zum Beispiel bei Lina und Stenobothrus nach Geaber No. 30) die Gastrulation und Sonderung des unteren Blattes sich an dem noch unsegmentirten Keim- streifen vollzieht und erst in späteren Stadien der Zerfall in Segmente kenntlich wird (Fig. 487). Bei diesen Formen macht sich dann die Seg- mentirung vorzugsweise an dem eingestülpten unteren Blatte bemerkbar, Korschelt-Heider, Lehrbuch. 51 790 XXIII. Capitel. wenngleich wahrscheinlich in allen Fällen auch das Ectoderm schon früh- zeitig an derselben partieipirt. Wir unterscheiden an dem vollständig segmentirten Insectenkeim- streif (pag. 770, Fig. 476 E und pag. 793, Fig. 488 Ä) einen dem Vorder- ende und einen dem Hinterende entsprechenden Abschnitt von eigen- artiger Gestaltung. Die vordere, als primärer Kopf abschnitt zu bezeichnende Parthie trägt die Mundöffnung und ist durch seitliche Aus- breitungen, die sogenannten Kopflappen (Fig. 470 £, 487 M), charak- terisirt, während der hintere Endabschnitt, das sogenannte Analseg- ment oder Telson, die Afteröffnung (Fig. 488 Äa) trägt. Zwischen beiden Abschnitten erstreckt sich der segmentirte, primäre Rumpf- abschnitt. welcher bei den Insecten ganz allgemein aus sechzehn Seg- menten zu bestehen scheint. Von diesen stellen die drei vordersten die später in die Bildung des Kopfes mit einbezogenen Kiefersegmente (Fig. 488 md, mzu mx2) dar, während die drei folgenden zu Thorax- segmenten (plf p2, p3) sich entwickeln, so dass für den hintersten Körperabschnitt (das Abdomen) zehn Abdominalsegmente (ausser dem Telson) gerechnet werden müssen. Die Zahl von zehn Abdominalsegmenten, nebst dem Telson, scheint für die Insecten durchaus die typische zu sein. Sie wurde u. A. neuerdings von Heider an dem Keimstreif von Hydrophilus und von Graber (No. 30) bei verschiedenen Formen (Lina, Stenobothrus, verschiedene Lepi- dopteren und Hylotoma) beobachtet. Hiermit stimmen auch die Be- obachtungen von Wheeler (No. 95), Cholodkowsky (No. 19) und Carriere (No. 13) überein. In späteren Stadien der Embryonalentwicklung wird die Zahl der Abdominalsegmente bei einigen Formen anscheinend um eines ver- mindert, insoferne das zehnte Abdominalsegment mit dem Endsegmente ver- schmilzt. Dies scheint bei Hydrophilus und Lina der Fall zu sein, während nach Graber (No. 30) bei den Lepidopteren eine Verschmelzung des neunten und zehnten Abdominalsegmentes Platz greift, das Telson da- gegen selbstständig bleibt. In Bezug auf den primären Kopf ab schnitt ist zu bemerken, dass man mit Rücksicht auf die von Patten (No. 67) neuerdings beobachtete und von mehreren Forschern bestätigte Gehirnsegmentirung eine Zusammen- setzung dieses Abschnitts aus mehreren (drei) mit einander verschmolzenen Segmenten wird annehmen müssen. (Vgl. nach dieser Hinsicht das unten pag. 821 ff. über die Entwicklung des Gehirns Gesagte). Es verdient erwähnt zu werden , dass nach den Angaben verschiedener Autoren, unter denen vor allem Wheeler (für Doryphora No. 95) und Carriere (für Chalicodoma No. 13) zu nennen sind, sich zwischen dem primären Kopfabschnitt und dem ersten eigentlichen Rumpfsegmente (welches das Mandibelsegment darstellt) ein rudimentäres und transitorisches Körper- segment, das sog. Vorkiefersegment, einschieben soll. Nach Carriere entspricht diesem Segmente ein rudimentäres Gliedmaassenpaar, sowie ein Ganglion der Bauchganglienkette. Letzteres soll zur Bildung der Schlund- commissur aufgebraucht werden. Die Kopf läppen treten gewöhnlich schon sehr frühzeitig (Fig. 487 Tel) auf. Schon an dem noch völlig unsegmentirten Keimstreife ist gewöhnlich der spätere primäre Kopfabschnitt durch die Ausbreitung der Kopflappen charakterisirt. Häufig kann man auch beobachten, dass der Rumpfabschnitt des noch unsegmentirten Keimstreifs entsprechend jener Stelle, an welcher sich später die Thoraxsegmente ausbilden, eine schwache Verbreiterung auf- Insecten. 791 weist (Fig. 487 A und B, fh), so dass schon Ayers (No. 1) an dem noch unsegmentirten Keimstreif von Oecanthus eine primäre Kopfregion, ferner eine Kiefer-, Thorax- und Abdominalregion unterscheiden konnte. Es sind durch die verschiedene Mächtigkeit und Breite des Keimstreifs die späteren Körperregionen angedeutet. Auf dieser Vorbildung der Körperregionen, welche aber gewöhnlich (wie dies auch in Fig. 487 A der Fall ist) nicht durch quere Furchen abgegrenzt sind, sondern sich an dem bandförmigen, noch unsegmentirten Keimstreife als wellige Ausbuchtungen des Seitencontours er- kennen lassen, beruht die von Gräber (No. 26 und 30) aufgestellte An- sicht über die primäre Segmentirung des Insecten keimstreif s. Nach Graber sollte das für die Arthropoden im Allgemeinen erkannte und besonders von Balfour betonte Gesetz der Entwicklung der Körpersegmente in der Reihenfolge von vorne nach hinten für die Insecten keine Giltigkeit haben. Hier sollte der Keimstreif zunächst in Macrosomiten zerfallen, als welche wir jene , schwach angedeuteten , schon von Ayers gekannten , den späteren Körperregionen entsprechenden Ausbiegungen des Keimstreifs anzu- erkennen hätten. Die Makrosomiten sollten durch eine secundäre Segmenti- rung in Microsomiten (das sind die späteren Körpersegmente) zertheilt wer- den. Dieser eigenthümliche und von dem der übrigen Arthropoden abweichende Typus der Segmentirung sei als von einer hypothetischen Ahnenform ererbt zu betrachten. Wir können uns dieser Auffassung nicht anschliessen. Ab- gesehen davon, dass bei Hydrophilus (nach Heideb), bei Chalicodoma (nach Carriere No. 13), bei Mantis (nach Viallanes No. 84) und bei Xiphidium, einem Locustiden, (nach Wheeler No. 94) von einem der definitiven Segmentirung vorhergehenden Zerfall des Keimstreifs in Macro- somiten nichts beobachtet werden konnte, so scheint uns, dass jene Verbreite- rung des Keimstreifs an der Stelle, aus welcher später die Thoraxregion hervorgeht, blos auf eine Anhäufung von plastischem Material zurückzuführen sei, dass dieselbe jedoch nicht als Ausdruck einer wirklichen Segmentirung betrachtet werden darf. Anders läge die Sache, wenn auch das untere Blatt an diesem scheinbaren Zerfall in Macrosomiten sich betheiligte. Ein solches Verhalten wurde von Graber (No. 26) für Stenobot hrus thatsächlich angegeben. Aus seinen neueren Mittheilungen (No. 30) scheint jedoch her- vorzugehen, dass die Macrosomitenbildung am unteren Blatte bei Steno- bothrus nicht ganz deutlich zu erkennen ist. Es bleiben also nach dieser Hinsicht nur die Mittheilungen Nusbaum's (No. 59) für Meloe übrig, welche jedoch, da bei Hydrophilus und Lina kein Macrosomitenzerfall des unteren Blattes zu bemerken ist, wohl noch einer Nachuntersuchung be- dürfen. Im Allgemeinen geht die Ausbildimg der Körpersegmente an dem Keimstreife der Insecten in der Reihenfolge von vorne nach hinten vor sich. Dies wurde neuerdings besonders von Graber (No. 30) für ver- schiedene Formen (Stenobothrus, Hylotoma, Lina) beobachtet. So erfolgt z. B. bei Lina zunächst die Ausbildung der drei Kiefer- segmente (Fig. 487 B, h'—~k'"), zu denen im nächsten Stadium die drei Thoraxsegmente nebst den beiden vordersten Abdominalsegmenten hinzu- kommen (Fig. 487 0), während die übrigen Abdominalsegmente erst später zur Entwicklung gelangen. In anderen Fällen scheint die Aus- bildung der Körpersegmente nach der ganzen Länge des Keimstreifs mehr gleichzeitig vor sich zu gehen. Doch sind unsere Kenntnisse nach dieser Hinsicht bisher noch sehr lückenhaft. Eine Ausnahme von der Regel macht Hydrophilus, indem bei dieser Form die Entwicklung der Körper - 51* 792 XXI1L Capitel. Segmente einer mittleren Region etwas verzögert erscheint, während die vorderen und hinteren Parthien des Keimstreifs in der Entwicklung rascher fortschreiten. Bei Pieris eilen nach Graber (No. 30) die Thoraxsegmente allen anderen in der Entwicklung voran. Bald darauf kommen die Kiefersegmente und erst zum Schluss die Abdominalsegmente zur Ausbildung. B. Vorderdarm und Enddarm. Oberlippe. Die nächsten an dem Keimstreifen nach vollendeter Segmentirung auftretenden Veränderungen beziehen sich auf die Entwicklung des Vorderdarms und Enddarms und der Gliedmaassenanlagen. Der Vorderdarm und der Enddarm werden als Ectodermeinstülpungen im Bereiche des primären Kopfabschnittes und des Endsegmentes angelegt (Fig. 487 C, m\ Fig. 488 A, m und «). Im Allgemeinen scheint bei den Insecten die Ausbildung des Vorderdarmes der des Enddarmes ein wenig vorauszueilen (Fig. 487 0, m). Eine Ausnahme hiervon würden die Museiden darstellen, wenn sich die Beobachtungen Voeltzkow's (No. 85) und Graber's (No. 28) über das frühzeitige Auftreten der Enddarm- einstülpung bei diesen Formen bestätigen sollten. Gewöhnlich fällt ungefähr in die Zeit des Auftretens der Vorderdarm- einstülpung auch das Erscheinen einer vor derselben gelegenen den Vorderrand der primären Kopfregion einnehmenden Vorwulstung, des so- genannten Vor der köpf es (Fig. 488 vk), welcher die gemeinsame An- lage der Oberlippe und des Clypeus darstellt. In vielen Fällen erscheint diese Anlage zunächst in der Form paariger Höckerchen (pag. 822, Fig. 502 l), welche erst später durch Verschmelzung in der Median- linie zur Bildung einer unpaaren, aber in der Mitte noch etwas eingebuch- teten Vorwölbung Anlass geben. So ist es bei den Coleopteren (Hy- drophilus, nach Kowalevsky, Graber No. 25 und Heider, bei Lina nach Graber No. 30, bei Meloe nach Nusbaum No. 63, bei Acilius nach Patten No. 67), bei den Lepid opferen (nach Tichomiroff No. 79 und Graber No. 30), bei Chalicodoma (nach Carriere No. 13) und bei anderen Formen. Dagegen soll bei der Biene nach Grassi (No. 32), ferner bei Blatta (nach Cholodkovsky No. 19) und bei Mantis (nach Viallanes No. 84) die Anlage von ihrem Ursprünge an eine unpaare sein. Die Entstehung des Vorderkopfes, welcher von vielen Autoren einfach als „Oberlippenanlage" bezeichnet wird, aus einer paari- gen Anlage, hat vielfach die, wie uns scheint, nicht genügend begründete Deutung veranlasst, dass derselbe einem präoralen Extremitätenpaare gleichzusetzen sei. Nach dieser Richtung sind neuerdings vor Allem Patten (No. 67 , welcher den Vorderkopf einfach als erstes Antennen- paar bezeichnet) und Carriere (No. 13) zu nennen. Uns scheint die Oberlippe der Insecten ihr Homologon in den Oberlippenbildungen der übrigen Arthropoden (speciell der Crustaceen) zu finden, für welche nirgends eine derartige Deutung zutrifft. Es muss erwähnt werden, dass bei manchen Insecten in früheren em- bryonalen Stadien dicht hinter dem Munde eine aus paarigen Anlagen ent- stehende, wie es scheint , provisorische Unterlippenbildung sich findet (nicht zu verwechseln mit der definitiven Unterlippe der Insecten , welche durch Verschmelzung des zweiten Maxillenpaares entsteht). Diese Unterlippenbildung wurde zuerst von Bütschli (No. 11) bei der Biene erkannt (seine sog. Insecten. 793 inneren Antennen) und später von Tichomieofp bei den Lepidopteren auf- gefunden. Heider beschreibt sie als „seitliche Mundlippen" bei Hydro- philus, während sie neuerdings auch Nusbaum (No. 63) bei Meloe be- obachtet hat. Diese Unterlippenbildung Hesse sich am ehesten den Para- gnathen der Crustaceen vergleichen, wenngleich eine Homologisirung mit diesen wohl als ausgeschlossen erscheinen dürfte. H. ,is/i: C. Extremitäten. Die Gliedmaassen erscheinen als taschenförmige, im Allgemeinen nach hinten gerichtete Ausstülpungen der Segmentoberfläche. Als vor- derstes echtes Gliedmaassenpaar ist die Antennen anläge zu betrach- ten, welche dem primären Kopfabschnitte angehört und nahe dem hinte- ren Rande der Kopflappen, an der Stelle, wo dieselben in das Mandibular- segment übergehen, entspringt (Fig. 488 an, Fig. 489 at). Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass die Antennen- anlage bei ihrem ersten Er- scheinen — was schon Weis- mann (No. 87) betont hat — postoral gelagert ist (Fig. 489 at) und erst später neben den Mund rückt, um schliess- lich vor, respective über dem- selben eingefügt zu erschei- nen. Die Antennenanlage stimmt ihrem Aussehen, ihrer Entwicklung und ihrer Lager- ung nach durchaus mit den übrigen Gliedmaassenanlagen überein. st ff- t ■ 9- Die wichtige Entdeckung Weismann's , dass die Anten- nenanlage ursprünglich eine postorale Lagerung einnimmt, hat neuerdings von Seiten ver- schiedener Forscher (Graber No. 25 und Heider No. 38 für Hydrophilus, Patten für Acilius No. 67, Graber für Stenobothrus, Lepi- dopteren, Hylotoma No. 30, Nusbaum No. 63 für Me- loe, Wheeler No. 95 für Doryphora, Carbi ere No. 13 für Chalicodoma u. A.) eine Bestätigung erfahren. Es liefert dieses Lagerungsverhältniss , sowie die Uebereinstimmung der Antennenanlage mit den übrigen Gliedmaassenanlagen nach dem gesammten Entwicklungsgange eine wichtige Stütze für unsere schon oben bei Peripatus (pag. 696ff.) ausgesprochene, aber auch für die Insecten zutreffende Ansicht, dass die Antenne eine erst secundär vor den Mund gerückte, den übrigen Rumpfgliedmaassen völlig Fig. 488. Hydrophilusembry onen mit Extremitätenanlagen (nach Heider, aus Lang's Lehrbuch). a AfteröÖhung, an Antenne, g Anlage der Bauchganglienkette, m Mundöffnung, md Mandibel, mxx erste, mx% zweite Maxille, plr p2, p3 erstes bis drittes Thoraxbeinpaar, p4, p5, plt p$ Extremitäten- rudiment des ersten, zweiten, vierten und sechsten Abdominalsegmentes, st Stigmen, vk Vorderkopf. 794 XXIII. Capitel. homonome Bildung1) sei, und demnach nicht auf die primären Kopftentakel der Anneliden zurückgeführt werden könne. Caeeieee (No. 13) hat für Chalicodoma das Vorhandensein eines präantennalen Gliedmaassenrudimentes angegeben. Nach ihm repräsentirt die Anlage des Vorderkopfes das erste Gliedmaassenpaar, das präantennale Rudi- ment das zweite, die Antenne das dritte, die transitorische Gliedmaasse des hypothetischen Vorkiefersegmentes (vgl. oben pag. 790) das vierte und die Mandibel das fünfte Paar der Gliedmaassenreike. Wir möchten diese Angaben nicht ohne weitere Bestätigung als Schema für die Gliedmaassenreihe der Insecten ansehen. Von den nach hinten folgenden Extremitäteiianlagen werden die drei folgenden Paare als Kiefer (Mandibeln, erste Maxille, zweite Maxille, Fig. 488, 489 nid, mxu mx2) umgebildet. Entsprechend ihrer späteren Gestalt nehmen die Anlagen im Embryo frühzeitig eine complicirtere Ausbildung an, indem die Mandibeln gezähnt, die Maxillen gelappt er- scheinen. Die zweiten Maxillen verschmelzen in späteren Stadien mit einander zur Bildung der Unterlippe. Eine mächtige Entwicklung, ge- winnen in den meisten Fällen die folgenden drei Extremitätenpaare (Thoraxbeinpaare Fig. 488, 489 pu p2, p8), an denen sich bald die ersten Spuren der späteren Gliederung bemerkbar machen. Bei den Libelluliden erscheint die Anlage der zweiten Maxille im Embryo mächtig vergrössert (pag. 777, Fig. 480 mx2) , so dass sie nach ihrem Aussehen mehr mit den Thoraxextremitäten als mit den übrigen Kiefer- anlagen übereinstimmt. Wahrscheinlich steht die mächtige Entwicklung dieses Extremitätenpaares im Zusammenhang mit dem beträchtlichen Umfang, welchen die aus demselben sich entwickelnde Unterlippe (Fangmaske) in der Larve gewinnt (vgl. unten pag. 850). Hinsichtlich der Reihenfolge des Auftretens der einzelnen Extremitäten sind unsere Kenntnisse bisher noch ziemlich lückenhaft. Im Allgemeinen ist auch hier vielfach das Gesetz der Entwicklung in der Reihenfolge von vorne nach hinten zu erkennen. Bei vielen Formen scheint die Antenne zuerst angelegt zu werden, während die Kiefer- und Beinanlagen sämmtlich gleich- zeitig, aber etwas später zur Ausbildung kommen. So ist es bei Hydro- philus, bei Melolontha und Stenobothrus der Fall. Bei Lina gehen nach Geabee (No. 30) die Mandibeln in ihrem Erscheinen den An- tennen voraus. Bei den Libelluliden treten nach Brandt (No. 7) zu- nächst die Anlagen der Thoraxbeine , dann die der Kiefer und erst später die der Antennen auf. Dagegen treten bei jenen Insecten , deren Larven fusslos sind, die Anlagen der Thoraxbeinpaare verspätet und verkümmert auf (Apis und Chalicodoma), oder es unterbleibt die Anlage vollkommen (Museiden). Im ersteren Falle wird das Extremitätenrudiment noch vor dem Ausschlüpfen der Larve rückgebildet, Es würde von Interesse sein, zu untersuchen, in welcher Beziehung diese sich rückbildende Anlage zu den in den späteren Embryonalstadien sich entwickelnden Imaginalscheiben der Thoraxbeine steht, worüber — so viel uns bekannt — bisher keine Angaben vorliegen. Bald nach dem Auftreten der Thoraxextremitäten machen sich auch an den Abdominalsegmenten rudimentäre Extremitätenanlagen !) Von diesem Gesichtspunkte aus ist eine von Kriechbaumer hei Bombus be- obachtete Misshildung (Entomol. Nachr. 15. Jg.) nicht ohne Interesse, bei welcher eine Antenne heinähnlich deformirt war und an ihrem Ende zwei wohl entwickelte Klauen trug. Insecten. 795 (Fig. 488 pt in den meisten Fällen ■p9, Fig. 489 Äav -a8) bemerkbar. Dieselben entsprechen der Lage und der Art ihrer Entwicklung nach durchaus den Extremitätenanlagen der vorhergehenden Segmente, so dass wir sie denselben als vollkommen gleichwerthig erachten dürfen. Die erste Angabe über die Extremitätenanlage des ersten Abdominalsegmentes rührt von Rathke (für Gry llotalpa), die erste Mittheilung über das Vorhandensein von Extremitätenrudimenten an sämmtlichen Ahdominal- segmenten von Bütschli (No. 11 für die Biene) her. Neuerdings sind diese Angaben vielfach an den verschiedensten Insectenformen bestätigt worden (vgl. über die sehr ausgedehnte Litteratur dieses Punktes vor Allem Graber No. 25 und 30, Wheeler No. 91 und Carriere No. 15). Es ist zunächst, wie schon Graber betont hat, hervorzuheben, dass bei den Orthopteren und Coleopteren, sowie zum Theil bei den Hemipteren die Anhänge des ersten Abdominalsegmentes gegenüber denen der folgenden Segmente eine mächtigere und in den späteren A — CL Fig". 489. Zwei Entwicklungsstadien des Keimstreifs von Melolontha (nach Graber). A jüngeres Stadium mit acht Paaren. von Abdominalbeinanlagen (a1 — as). B älteres Stadium. Der Keimstreif ist sehr verbreitert. ax Extremität des ersten Abdominalsegmentes (in B sackförmig erweitert), as Ex- tremität des achten Abdominalsegmentes, an After, at Antenne, bg Bauchganglienkette, g Gehirn, l Oberlippe, m Mund, md Mandibel, >nx' erste, mx" zweite Maxille, p1, p2, p3 erstes, zweites, drittes Thoraxbeinpaar, s Seitenstränge der Bauchmarkanlage, st Stigmen, z Anheftungsstelle der sackförmigen Extremität des ersten Abdominal- segmentes. Stadien eigenartige Ausbildung erlangen, während bei den Lepidop- teren und Hymenopteren die Extremitätenanlagen des ersten Ab- dominalsegmentes zum Theil in geringerer Entfaltung, niemals aber in stärkerer Ausbildung auftreten, als die der folgenden Segmente. Bei den ersteren Formen weisen die Anlagen des ersten Abdominal- segmentes — obachten ist wie dies bei rudimentären Organen überhaupt häufig zu be- — in ihren späteren Entwicklungszuständen eine beträchtliche 796 XXIII. Capitel. Variabilität auf. Am meisten beinähnlich erscheinen sie bei Mantis, wo sich nach Graber sogar eine übrigens auch bei anderen Formen bemerkbare Andeutung einer Gliederung vorfindet, indem der fingerförmige Fortsatz durch eine quere Einschnürung in zwei Abschnitte getheilt erscheint. Eine ganz excessive Entwicklung nehmen die fraglichen Gebilde bei Melolontha (Fig. 489 B, a1) nach Graber, wo sie sich zu grossen, im Innern mit Blut gefüllten Säcken umbilden, deren Wand aus mächtig vergrösserten , grob- körnigen Elementen zusammengesetzt erscheint. In vielen anderen Fällen nehmen die Anhänge des ersten Abdominalsegmentes eine Ausbildung an, welche durchaus für ihre Bedeutung als Drüse zu sprechen scheint, indem die Wand ihrer distalen Parthie aus sehr vergrösserten, häufig pigmentirten, grob- granulirten, drüsigen Zellen gebildet erscheint. Die Anhänge erscheinen dann pilzhutförmig gestaltet (Gryilotalpa, Hydrophilus) oder sie nehmen, wenn die distale drüsige Fläche sich einsenkt, die Gestalt eines gestielten Bechers an (Meloe' nach Nusbaum). Schliesslich können sie überhaupt durch ein unter die Körperoberfläche eingesenktes Säckchen (Ten ebrio nach Carriere) oder ein ähnlich gestaltetes solides Gebilde [Cicada und Zaitha (eine Wasserwanze) nach Wheelee] repräsentirt sein. Die einzelnen Formen dieses Gebildes sind unter einander durch mehrfache Uebergangsformen verknüpft. Verschiedentlich wurde die Ausscheidung eines gallertartigen (bei Meloe nach Nusbaum, bei Cicada nach Wheeler) oder eines fädigen Secretes (Zaitha nach Wheeler) beobachtet. Die physiologische Bedeutung dieser Organe erscheint trotz der zahlreichen, über dieselben bekannt gewordenen Beobachtungen noch durchaus dunkel; man hat sie als embryonale Respi- rationsorgane (Kiemen) oder als Drüsen in Anspruch genommen. Im All- gemeinen werden wir uns davor hüten müssen, den Involutionsformen eines zu einer gewissen Mächtigkeit angewachsenen, rudimentären Organes eine allzu- grosse physiologische Bedeutung beizumessen. Es sei darauf hingewiesen, dass der Charakter der hier als drüsig betrachteten Zellen sehr mit dem der Elemente des Rückenorganes (eingestülpte Serosa) vor seinem beginnenden Zerfalle übereinstimmt. Die in Rede stehenden Anhänge werden stets vor dem Ausschlüpfen der Larve vollständig rückgebildet. Das Gleiche ist in der Regel auch mit den in den meisten Fällen be- trächtlich kleineren Anhängen der hinteren Abdominalsegmente der Fall. Möglicherweise nehmen sie bei ihrem Verschwinden an der Ausbildung der seitlichen Theile der Bauchplatten einen gewissen Antheil, wie diess Haase (No. 153) unter Hinweis auf das Verhalten von Ma Chilis und Blatta vermuthet und Graber (No. 30) neuerdings für Melolontha wahrschein- lich gemacht hat. Hinsichtlich der Entwicklung der abdominalen Extremitäten (Scheinfüsse, pedes spurii) bei den Lepidopterenraupen und den After raupen der Blattwespen scheint aus den Untersuchungen von Kowalevsky (für Sphinx), Tichomiroef (für Bombyx) und Graber (No. 30 für Bombyx und Hylotoma) hervorzugehen, dass zunächst an sämmtlichen oder den meisten Abdominalsegmenten Extremitätenrudimente erscheinen, dass sie jedoch an jenen Segmenten, welche in der Larve der Extremitäten entbehren, sehr bald verschwinden, während sie an den übrigen Segmenten sich in die blei- benden Scheinfüsse umwandeln. Dieser Auffassung stehen die Beobachtungen Gossens' und Knatz's, nach denen einzelne Paare dieser Scheinfüsse erst während des Larvenlebens zur Entwicklung kommen, anscheinend ungünstig gegenüber. Wir müssten hier , wie dies auch Graber (No. 30) hervorhebt, eine längere Zeit in latentem Zustande verbleibende embryonale Anlage sup- poniren. Im Allgemeinen scheinen uns doch die embryologischen Daten für Insecten. 797 die Ansicht Balfour's, der sich neuerdings Cholodkowsky (No. 19) ange- schlossen hat, und Graber (No. 30) zuneigt, zu sprechen, dass die abdo- minalen Anhänge der Lepidopteren- und Hymenopterenraupen als echte Ex- tremitäten in Anspruch zu nehmen seien. Wir haben für das Verschwinden und die Wiederentwicklung einer Extremität aus einer inzwischen latent ver- bliebenen Anlage bei den Crustaceen verschiedene Beispiele kennen gelernt (Mandibulartaster der Decapodenlarven pag. 495, Maxillarfüsse der Stomato- poden pag. 485). Ein ähnliches Beispiel liefern unter den Insecten die Thoraxbeine bei vielen Hymenopteren , welche im Embryo angelegt werden, später verschwinden , um in der Imago wieder aufzutreten. Den gleichen Process werden wir auch zur Erklärung für das phylogenetische Auftreten der Abdominalbeine der Raupen und Afterraupen herbeizuziehen haben. Denn es dürfte wohl kaum zweifelhaft erscheinen, dass wir die Lepido- pteren und Hymenopteren, sowie sämmtliche Heteromorpha von homomorphen Ahnenformen abzuleiten haben, welche im Larvenzustande der Abdominalbeine entbehrten. Die Larvenform der Baupe muss uns demnach, trotz ihrer scheinbaren Aehnlichkeit mit Peripatus, als ein in Anpassung an bestimmte Lebensverhältnisse secundär erworbener Entwicklungs- zustand erscheinen (vgl. unten pag. 858). Eine besondere Erwähnung verdienen die Anhänge des letzten Abdominal- segmentes (After- oder Endsegment), welche bei vielen Insectenordnungen, besonders bei den tieferstehenden (Orthopteragenuina,Ephemeriden, Odonaten, Plecoptera), zeitlebens als sog. Raife (Cerci) persistiren. Es muss noch — bei der Ausnahmestellung des Endsegmentes — als zweifel- haft bezeichnet werden, ob wir diese Anhänge den übrigen echten Extremi- täten als gleichwertig erachten dürfen. Nach den Untersuchungen von Cholodkowsky (No. 19) scheint die Entwicklung derselben bei Blatta für diese Ansicht zu sprechen. Sie treten hier nicht nur in, völlig gleicher Ge- stalt wie die übrigen Abdominalanhänge auf, sondern es erstreckt sich auch in sie, wie in die übrigen Extremitätenanlagen ein Fortsatz des in dem End- segment zur Entwicklung kommenden Cölomsäckchens. Den Cerci sind vielleicht die unter oder neben dem After gelegenen hinteren Extremitäten der Lepidopterenraupen homolog, die sog. Nach Schieber, welche sich nach Graber (No. 30) an dem Endsegmente entwickeln. Ihnen ent- sprechen die dreigliedrigen Analraife der Tenthredinidengattung Lyda und die für andere Formen als Afterspitzchen bezeichneten Bildungen (Ne- matus nach Zaddach, und Hylotoma nach Graber No. 30). Dagegen sind die sog. Nachschieber vieler Blattwespenlarven ein dem zehnten oder vorletzten Abdominalsegment zugehöriges Anhangspaar. In einer gewissen Beziehung zu den abdominalen Extremitätenanlagen stehen auch die bei vielen Orthopteren sich findenden und bei den Männchen zeitlebens persistirenden , stets ungegliederten Anhänge der Bauchplatten des neunten Abdominalsegmentes, welche als Styli bezeichnet werden. Nach Cholodkowsky (No. 19) gehen sie bei Blatta aus der embryonalen Ex- tremitätenanlage dieses Segmentes hervor. Dagegen will Haase (No. 153) dieselben ebenso wie die an den Abdominalsegmenten der Thysanuren sich findenden Anhänge (Ventralgriffel), nicht als Rudimente wirklicher Extremi- täten, sondern nur als sog. „Hüftsporne" betrachtet wissen. Es würde sich hier die Frage anschliessen , inwieweit die äusseren Ge- schlechtsanhänge, die sog. Gonapophysen, auf abdominale Extremitäten- anlagen zurückzuführen sind. Wir wissen aus den Untersuchungen von Krae- pelin und Dewitz (No. 103), dass die Legeröhren der Hymenopteren und Locustiden , sowie die entsprechenden Genitalanhänge der Männchen dieser 798 XXIII. Capitel. Formen aus Imaginalscheiben des achten und neunten Abdominalsegmentes hervorgehen, welche bei ihrem ersten Auftreten in der Larve grosse Aehn- lichkeit mit jenen Imaginalscheiben der Corethralarve aufweisen, aus denen die Thoraxbeine erzeugt werden (vgl. unten pag. 862). Es wurden daher vielfach (so z. B. von Bütschli No. 11) die Gonapophysen dieser Formen auf echte abdominale Extremitätenanlagen bezogen. Zur Begründung dieser Annahme wäre der bisher noch nicht geführte Nachweis erforderlich, dass die erwähnten Imaginalscheiben sich aus den im Embryo vorhandenen, abdominalen Extremitätenanlagen entwickeln. Es sei erwähnt , dass neuer- dings Haase (No. 153) im Anschlüsse an Uejaxin, aber wie uns scheint, mit nicht ausreichender Begründung, die Richtigkeit dieser Auffassung für die Gonopophysen in Abrede stellt, sondern dieselben blos als secundär erworbene, äussere Anhangsbildungen betrachtet wissen will. Wir werden dem Vorhandensein von abdominalen, später sieh rück- bildenden Extremitätenanlagen am Insectenembryo eine gewisse phylo- genetische Bedeutung nicht absprechen können. Bei der nahen Verwandt- schaft der Insecten mit den Myriopoden und Peripatus werden wir in dem Auftreten dieser Anlagen die ontogenetische Reeapitulation der Verhält- nisse einer Insectenahnenform erblicken, bei welcher noch sämmtliche Körpersegmente mit wohlentwickelten, der Gestalt nach den jetzigen Thoraxbeinen ähnlichen Beinpaaren versehen waren. Ein gewisses Ge- wicht werden wir auf die Thatsache zu legen haben, dass bei den Ortho- pteren die embryonale Extremitätenanlage des ersten Abdomialsegmentes stets mächtiger entwickelt ist, als die der folgenden Segmente und bei Ma ntis direct beinähnlich gestaltet erscheint. Da sich beiCampodea (vgl. Haase No. 153) an diesem Segmente ein echtes Beinrudiment er- halten hat, so ist es gestattet, die Frage aufzuwerfen, ob bei der Rück- bildung der Abdominalextremitäten in der Ahnenreihe der Insecten dem hexapoden Zustand nicht zunächst ein octopoder vorherging. Es würde hieraus sich erklären, dass das in Rede stehende Segment in manchen Punkten seiner Entwicklung sich mehr den Thoraxsegmenten, als den Abdominalsegmenten anschliesst. Au den Abdominalsegmenten der Thysanuren finden sich kleine be- wegliche Fortsätze (Ventralgriffel), welche vielfach als Extremitätenrudimente in Anspruch genommen worden sind. Neuerdings spricht ihnen Haase (No. 153) mit Rücksicht auf das Vorkommen ähnlicher Bildungen an den Coxen der Beine von Scolopendrella, sowie an den beiden hinteren Thorax- beinpaaren von Machilis diese Bedeutung ab und deutet sie lediglich als beweglich gewordene Hüftsporne. Eine definitive Entscheidung dieser Frage ist erst durch die Entwicklungsgeschichte zu erwarten. Die Extremitätenanlagen, welche sich als sackförmige Ausstülpungen der Oberfläche des Keimstreifs darstellen, sind in ihrem Inneren vom Beginn ihrer Entwicklung an mit Mesodenn erfüllt. Während bei den meisten Insecten anfangs nur ungeordnete Zellmassen des Mesoderms in das Innere der Extremitätenanlage eintreten, schliessen sich die Or- thopteren insofern mehr an die Myriopoden und an Peripatus an, als hier Divertikel der Cölomsäckchen in die Extremitätenanlage aufgenom- men werden (Cholodkowsky No. 19, Graber No. 26 und 30). Insecten. 799 D. Nervensystem und Tracheeneinstülpungen. Die Anlagen dieser beiden Organsysteme tragen wesentlich zur Ausbildung des Reliefs des Insectenkeimstreifs bei. Das Nervensystem macht sich in der Anlage meist schon frühzeitig, vor dem Auftreten der Extremitätenanlagen bemerkbar. Wir erkennen als Anlage der Bauch- ganglienkette zwei neben der Medianlinie nach der Länge des Keimstreifs verlaufende Wülste (Primitiv Wülste Fig. 489 A, s) und eine zwischen beiden gelegene Rinne (Primi tivrinne, Neuralrinne). Schon früh- zeitig macht sich an den Primitivwülsten die Segmentirung bemerkbar, indem erweiterte Stellen (die Anlagen der Bauchganglien) mit eingeengten Stellen (Längscommissuren) segmentweise abwechseln (Fig. 488 A, g). Die Primitivwülste treten nach vorne direct in die Kopf läppen ein ; dieser Theil muss als Anlage der Schlundcominissur betrachtet werden. Er geht in die als beträchtliche Ectodermverdickung im Bereich der Kopflappen er- kennbare Gehirnanlage über, deren genauere Gestaltung unten (pag.821 ff.) dargestellt werden soll. Die Gehirnanlage und die Anlage der Bauch- ganglienkette sind demnach bei den Insecten von ihrem ersten Auftreten an im Zusammenhang. Die Tracheen werden als segmentweise sich wiederholende Ecto- dermeinstülpungen angelegt (Fig. 488, 489 st). Die Mündungen der Ein- stülpungen werden später zu den Stigmen. Die Tracheeneinstülpungen kommen ganz allgemein an dem ersten bis achten Abdominalsegmente vor. Im Thorax, für welchen wir als ursprüngliches Verhalten wohl auch das Vorhandensein von je einem Paar von Einstülpungen in jedem Seg- mente annehmen dürfen, erscheinen die Verhältnisse nach den einzelnen Gruppen verschieden. Bei den Lepid opferen wird am Prothorax eine Tracheeneinstülpung angelegt, während der Meso- und Metathorax einer solchen entbehren. Dagegen besitzen die Embryonen der meisten C o 1 e o p - teren und der Hymenopteren (Apis nach Bütschli, Hylotoma nach Graber No. 30) keine Tracheenanlage am Prothorax, jedoch weisen sie dieselbe am Meso- und Metathorax auf. Die gleichen Verhältnisse zeigt der Embryo von Mantis (nach Graber No. 30). Die Tracheeneinstülpungen entwickeln sich in der Regel erst nach dem Auftreten der Extremitätenanlagen. Eine Ausnahme hiervon macht Apis, wo im Bereich des Thorax die Tracheeneinstülpungen früher vorhanden sind als die verspäteten Beinanlagen. Meist treten sämmtliche Tracheeneinsenkungen ziemlich gleichzeitig auf. Nur selten lässt sich ein Hinweis auf die Reihen- folge der Entwicklung von vorne nach hinten erkennen. So tritt bei Hydro- philus das mesothoracale Stigma etwas früher auf (Graber No. 25), als die Stigmen der übrigen Segmente. Bei Coleopteren haben Heider (No. 38) und Wheeler (No. 95) Rudi- mente von Tracheeneinstülpungen an dem neunten und zehnten Abdominal- segmente vermuthet. Es muss hier erwähnt werden , dass man gewisse im Kopfe auftretende Ectodermeinstülpungen auf umgewandelte und zu einer anderen Function herangezogene Tracheenbildungen zurückgeführt hat. Noch neuerdings be- trachtet Carriere (No. 13) die Speicheldrüsen und die Tentoriumeinstülpungen von diesem Gesichtspunkte aus. Andererseits wurden auch die Malpighi' sehen Gefässe mit Tracheeneinstülpungen homotyp betrachtet (Bütschli, Grassi). Wir werden unten eingehender begründen, warum wir uns dieser Auffassung nicht anschliessen. 800 XXIII. Capitel. E. Uebergang zur definitiven Körperform. Die Ausbildung der definitiven Körpergestalt vollzieht sich durch eine Umwachsung des gesammten Nahrungsdotters durch den Keimstreif. Wir haben oben (pag. 772) gesehen, dass in späteren Entwicklungsstadien der Keimstreif in der Regel derart gelagert erscheint, dass sein Vorder- ende dem vorderen Eipole, sein Hinterende dem hinteren Eipole ent- spricht. Indem sich nun am Keimstreifen ein beträchtliches Breitenwachs- thum geltend macht, schieben sich die Seitenränder desselben an der Oberfläche des Nahrungsdotters dorsalwärts empor (vgl. pag. 803, Fig. 492 A—F und pag. 838 ff., Fig. 511, 512, 513 und 514). Auf diese Weise werden die Seitentheile und (später) die Rückenparthie des Larvenkörpers gebildet. Der Nahrungsdotter gelangt bei dieser Umwachsung vollständig in das Innere des Embryos und erfüllt zum Schlüsse das Lumen der Mitteldarmanlage (Fig. 492 F). Der infolge der Umwachsung des Nahrungs- dotters durch den Keimstreif bewerkstelligte Verschluss des Rückens ist so innig mit der Rückbildung der Embryonalhüllen verknüpft, dass wir auf diese Vorgänge unten noch genauer zurückkommen müssen. Eine etwas andere nicht ausschliesslich auf dem Breitenwachsthum des Keimstreifs beruhende Art der Ausbildung des Rückenantheils findet sich im Bereiche des Kopfabschnittes. Hier nehmen die Kiefersegmente an der Ausbildung des Rückenantheils nur in geringem Maasse Theil. Der Abschluss des Rückens wird hier durch die dorsalwärts übergeschlage- nen Kopflappen, sowie durch den Vorderkopf bewerkstelligt. Hier wird demnach das Vorderende des Keimstreifs dorsalwärts übergeschlagen. Es entwickelt sich eine förmliche dorsale Scheitelbeuge, auf welche zuerst Weismann, später Hatschek und Heider (No. 38) hingewiesen haben. Bei dieser Abknickung des Vorderendes tritt der dem Mund zunächst gelegene Theil des Vorderkopfes als querer Wulst (Oberlippe) hervor. Der früher vorderste Antheil des Vorderkopfes wird nun zu dem weiter hinten gelegenen Clypeus. Die Kopflappen machen bei dieser Bewegung nach der Dorsalseite eine rotirende Bewegung, in Folge deren die An- tennenanlagen vor resp. über den Mund rücken. 5. ßückenabscüluss und Involution der Embryonalhäute. Bei den meisten der früher betrachteten Arthropoden (Crustaceen, Arachniden, Myriopoden etc.) geht die Entwicklung unter Aus- bildung eines sogenannten Keimstreifs, aber ohne Entwicklung eigent- licher Embryonalhüllen vor sich. Die Oberfläche des gesammten Eies wird dann zum Theil von der streifenförmigen Embryonalanlage, zum anderen Theil jedoch von einer unverändert gebliebenen Blastodermparthie bedeckt. Die Rückenbildung geht hier in der Weise vor sich , dass der Keimstreif bei fortschreitendem Breitenwachsthum sich über eine immer grössere Parthie der Eioberfläche ausbreitet, während der Bereich des unveränderten Blastodermabsclmittes immer mehr eingeengt wird. Im Allgemeinen wird angenommen, dass der letztere an dem Rückenabschlusse Theil nimmt, indem er unter histologischen Umwandlungen zur Bildung von Keimstreifectoderm herangezogen wird. Möglicherweise unterliegt aber auch bei diesen Formen ein Theil dieses Blastoderms einer allmäh- lichen Rückbildung. Wir haben wenigstens (vgl. oben pag. 350) ver- mutungsweise die Bildung des sogenannten Dorsalorgans gewisser Insecten. 801 Crustaceen auf derartige Rückbildungsvorgänge bezogen. Eine ähnliche Form der Rückenbildung findet sich vielleicht auch bei den Poduriden, bei denen ein in frühen Embryonalstadien sich entwickelndes Dorsalorgan beobachtet ist, welches mit einer den Embryo umhüllenden Larvencuticula in Verbindung steht (Lemoine No. 51), im Uebrigen aber seiner Bedeu- tung nach noch ziemlich dunkel ist (vgl. oben pag. 769). Bei den meisten Insecten liegen die Verhältnisse insofern com- plicirter, als hier an der Grenze des Keimstreifs und des unveränderten Blastodermabschnittes sich die Amnionfalte erhebt, deren Rückbildung mit der Herstellung des Rückenabschlusses in inniger Weise verknüpft ist. Einen sehr einfachen Fall der Rückenbildung, den wir aber gewiss nicht als einen ursprünglichen betrachten dürfen, finden wir bei den Museiden und einigen anderen Dipteren, deren Amnionfalte in rudi- mentärer Weise zur Entwicklung kommt (vgl. oben pag. 783). Hier wird (nach Kowalevsky No. 49 und Graber No. 28) die Amnionfalte einfach wieder ausgeglättet. Amnion und Serosa stellen dann zusammen ein einfaches Epithel dar, welches durchaus dem unveränderten Theil des Blastoderms bei den Crustaceen, Arachniden und Myriopoden ent- spricht und auch hier den gleichen Antheil an der Rückenbildung zu nehmen scheint, Complicirtere und sehr mannigfaltige Verhältnisse der Rückenbildung und der Involution der Embryonalhüllen finden wir bei den übrigen Insecten, bei denen wir nach dieser Hinsicht vier verschiedene Typen unterscheiden müssen. A. Involution unter Ausbildung eines continuir- liehen, dorsalen Amnion-Serosasackes. Wir haben bei der Darstellung der Li bei Ul- li den -Entwicklung (oben pag. 777, Fig. 480 C) ge- sehen, dass nach erfolgter Umrollung, die mit ein- ander verwachsenen Embryonalhüllen (Amnion und Serosa) eine Membran darstellen, welche den dor- salwärts gelegenen Dottersack umhüllt {am-\-se). Die Verhältnisse sind alsdann ziemlich ähnlich, wie bei den Museiden nach Ausglättung der Amnion- falten. Man kann an dieser Membran den von der Serosa und von dem Amnion gelieferten Theil deut- lich unterscheiden. Denn während der Serosa-An- theil sich durch fortschreitende Contraction zur Bil- dung einer Rücken platte1) ungemein verdickt, hat das Amnion den Charakter eines zarten Platten- epithels beibehalten (vgl. auch pag. 780, Fig. 482 C und D, am, r). Die weiteren Schicksale der Embryonalhüllen bei den Libelluliden sind nicht beobachtet worden. Wir können aber unsere Schilderung durch Herbeiziehung anderer Formen, welche die gleichen Entwicklungs- ]) Das Dorsalorgan der Poduridenembryonen scheint eine Bildung eigener Art zu sein, welche nicht auf die hier in Rede stehende Rückenplatte zu beziehen ist. Hierfür spricht sein frühzeitiges Auftreten (vgl. Lemoine No. 51). am — Fig. 490. Sche- matische Darstellung der Ausbildung des Rückenrohres durch Einstülpimg der Rückenplatte (umge- wandelte Serosa). Im Anschlüsse an Stad. Fig. 480 C und Fig. 482 D. am Amnion (nun den provisorischenRücken- verschluss bildend), r Rückenrohr, dessen Zellen sind schon theil- weise desaggregirend. 802 XXIII. Capitel. Verhältnisse aufweisen, ergänzen. Der Nahrungsdotter gelangt bei fort- schreitender Entwicklung immer mehr in das Innere des Embryos, genauer gesprochen des sich entwickelnden Mitteldarms. Es wird in Folge dessen der Dottersack verkleinert, und da durch die Aufnahme des Nahrungsdotters in das Innere des Mitteldarms — bildlich gesprochen — auf die Rücken- platte eine Art Saugwirkung ausgeübt wird, stülpt sich dieselbe nach Innen ein und bildet ein dickwandiges Säckchen, das sogenannte Rückenrohr (Rücken organ, Dorsalorgan Fig. 490 r), dessen Wände bald einem Zerfall unterliegen, indem die degenerirenden Serosazellen den epithelialen Zusammenhang aufgeben und als vereinzelte Zelltrümmer mit dem übrigen Nahrungsdotter in das Innere des Darmcanals aufgenommen werden. Gleichzeitig mit diesem Zerfall, der zum völligen Untergang des Rücken- organs führt, scheint sich die äussere Einstülpungsöffnung vollständig zu schliessen. Auf diese Weise wird der Serosa - Antheil der Wand des Fig. 491. Drei Embryonen von Hydro philus in späteren Stadien, von der Dorsalseite gesehen (nach Kowalevsky, ans BalfoüR's Handbuch). A die Serosa hat sich an die Dorsalseite zurückgezogen und zur Bildung der Rückenplatte (do) verdickt. B die Rückenplatte (do) wird von der dorsalwärts über- schlagenen Amnionfalte theilweise überwachsen (vgl. Fig. 492 D). C das Rückenruhr ist -vollkommen entwickelt und mündet nur mit einem vorderen Porus nach Aussen (vgl. Fig. 492 E). at Antennen, do Rückenorgan in verschiedenen Stadien der Ausbildung. Dottersackes dem Untergang entgegengeführt. Es verbleibt nun noch der Amnionantheil dieser Wand, welcher mit dem Ectoderin der Embryonal- anlage in directer Communication stehend, einen provisorischen Rücken- abschluss darstellt. Es muss noch durchaus als zweifelhaft erscheinen, inwieweit dieser provisorische Abschluss in den späteren definitiven über- geht, d. h. ob und inwieweit das Amnion in definitives Ectoderm um- gewandelt Wird (eine Ansicht, welcher neuerdings vor Allem Grabee No. 27 zuneigt). Da es als ein sehr merkwürdiges Verhalten erscheinen müsste, wenn die spätere Rückenhaut in früheren embryonalen Stadien als ventralwärts umgeklappte Embryonalhülle (Amnion) verwendet würde, da andererseits, wie wir unten pag. 804 ausführen werden, bei Dory- phora von Wheeler (No. 95) der Untergang des Amnions direct be- obachtet wurde, so werden wir uns die Ansicht offen halten müssen, ob nicht im Allgemeinen bei den Insecten der Keimstreif allein die ge- sammte Embryonalanlage darstellt und auch durch dorsale Vereinigung Insecten. 803 den definitven Rückenabschluss bewirkt, während das Amnion allerdings für den provisorischen Verschluss des Rückens in Verwendung kommen kann , aber später einer allmählichen Resorption unterliegt. Die geschilderten Verhältnisse der Rückenschliessung unter Entwicklung eines Dorsalorgans und provisorischem Verschluss des Rückens durch das Amnion treffen wahrscheinlich für die Libelluliden zu. Sie rinden sich ferner bei sämmtlichen Rhynchoten [vgl. die Angaben Geabee's (No. 27) Fig. 492. Schema der Bildung des Bückenorgans bei Hydro philus (nach Gräber und Kowalevsky, aus Lang's Lehrbuch). • A Querschnitt durch ein Ei, dessen Keimstreif noch von Amnion (a) und Serosa (s) überdeckt ist. B Amnion und Serosa sind in der Mittellinie verwachsen und zer- rissen und haben sich nach Art einer Falte seitlich zurückgezogen. C durch Con- traction der Serosa (s), welche zur Bückenplatte wird, rückt die Falte mehr dorsalwärts (vgl. Fig. 491 A). D die contrahirte Serosa wird von der Falte überwachsen (vgl. Fig. 491 B). E durch Verwachsen der Falte ist das Bückenrohr zum Abschluss ge- kommen (vgl. Fig. 491 C). F der Mitteldarm hat sich dorsalwärts geschlossen und das Eückenrohr (s) in sich aufgenommen. a Amnion, d Nahrungsdotter, ec Ectoderm, h Herz, l Leibeshöhle, in Mitteldarm- anlage, n Nervensystem, s Serosa (in C und D = Bückenplatte, in E und F = Bücken- rohr), tr Tracheenhauptstamm. für Pyrrhocoris, Metschnikoff's (No. 55) und Bbandt's für Corixa und Hydrometra sowie Metschnikoff's und Witlaczil's für Aphiden] und bei den meisten Orthoptera genuina (Blatta nach Wheelee, Oecan- thus nach Ayeks No. 1, Gryllotalpa nach Koeotxeff No. 47). Dem geschilderten Umwandlungstypus gehören auch unter den Coleo- pteren, bei denen das Hinterende des Keimstreifs durch Invagination angelegt wird, einige Formen zu (z. B. Hydrophilus nach Kowalevsky No. 48, Heidee No. 37, Geabee No. 27 und Melolontha nach Geabee No. 27). Hier ergiebt sich nur insofern ein Unterschied , als der Riss der Embryo- 804 XXIII. Capitel. nalhüllen erst nach abgeschlossener Umrollungsbewegung (vgl. oben pag. 786) zu einer Zeit erfolgt, in welcher der Keimstreif bereits vollständig ventral- wärts gelagert und superficiell ist. Die mit einander verwachsenen Embryo- nalhüllen reissen in der Medianlinie ein und ziehen sich an die Seiten des Keimstreifs zurück, wo sie eine ganz ähnliche Falte darstellen, wie zu Beginn ihrer Entwicklung (Fig. 492 B). Indem diese Falten sich über die verdickte Rückenplatte (s) dorsal wärts umschlagen (Fig. 492 D) und in der dorsalen Mittellinie mit einander verwachsen , wird aus der Serosa ein vollständiges Rohr (Rücken röhr Fig. 492 E) gebildet, während das Amnion den provi- sorischen Rückenabschluss übernimmt. (Ganz ähnlich sind die Verhältnisse der Entwicklung des Rückenrohrs bei den Orthopteren). Bei dem später sich ausbildenden, dorsalen Verschluss des Mitteldarms gelangt das Rücken- rohr sammt dem ganzen Nahrungsdotter in das Innere desselben (Fig. 492 F). Bei Hydrophilus sind die Rückenplatte und das Rückenrohr durch ihre ansehnliche Länge ausgezeichnet (vgl. Fig. 491). Sie erstrecken sich über die gesammte Dorsalfläche des Eies. Der durch das Verwachsen der dorsal - wärts übergeschlagenen Amnionfalte bewerkstelligte Abschluss des Rücken- rohres vollzieht sich hier von hinten nach vorne, so dass vorne längere Zeit ein Porus als Oeffnung des Rückenrohres zu bemerken ist (Fig. 491 C). B. Involution unter ausschliesslicher dorsaler Zurückziehung des Amnions. Dieser Typus wurde bei einigen Co leopt er en (Chrysomelinen) beobachtet (Fig. 493). Die Serosa (s) bleibt hier von dem ganzen In- Fig. 493. Schemel der Rückenbildung bei Doryphora (an Querschnitten, nach Wheeler) am Amnion (in B als provisorischer Rückenabschluss verwendet, in Cin Auflösung begriffen), k Keimstreif, * Serosa. volutionsproeess vollständig unberührt und bis in späte Entwicklungs- stadien an der Innenseite des Chorions dicht anliegend erhalten. Der pro- visorische Verschluss des Rückens wird durch das nach erfolgtem Ein- reissen die Oberfläche des Nahrungsdotters dorsalwärts überwachsende (Fig. 493 B) Amnion (am) bewerkstelligt. Wenn in späteren Entwicklungs- stadien der Keimstreif sich immer mehr und mehr über die Rückenseite des Eies ausbreitet, so geht das Amnion einen Rückbildungsprocess (Fig. 493 C) ein, indem seine Zellen sich dorsalwärts anhäufen (diese Anhäufung hat Wheeler bei Doryphora als amniotisches Dorsalorgan bezeichnet), sich desaggregiren und im Nahrungsdotter zerstreuen, wo sie schliesslich zu Grunde gehen (vgl. Wheeler No. 95). Diesem Typus gehören Doryphora (nach Wheeler), Lina (nach Graber) und viel- leicht auch Donacia (vgl. Melnikoff No. 53) an. Insecten. 805 C. Involution unter ausschliesslicher dorsaler Zurückziehung der Serosa und Amputation des Amnions. Dieser Typus schliesst sich an den ersten ziemlich nahe an. Er wurde von Graber für Chironomus (Fig. 494) und die Phryganiden beobachtet. Hier reisst blos die Serosa (s) ventralwärts ein und zieht sich in die Gegend des Rückennabels (Fig. 494 B) zurück, wo sie unter Bildung eines ganz ähnlichen Dorsalorgans, wie es bei den Orthopteren und Rhynchoten sich findet, rückgebildet und in das Innere des Dotters versenkt wird (Fig. 494 C). Das Amnion bleibt zunächst unverändert. Die Schliessung des Rückens erfolgt in der Weise, dass der dorsale Nabel- gang (vgl. oben pag. 784) sich immer mehr verengt und schliesslich durchschnürt (Fig. 494 C). Das Amnion wird also "durch Amputation vom Embryo abgestossen und umhüllt denselben als allseitig geschlossener Sack bis zum Ausschlüpfen. B C s — ~ am. am. cum. Fig. 494. Involution der Embryonalhäute bei Chironomus (Schema nach Graber). am Amnion, r Rückennabel, s Serosa, welche sich in B nach der Gegend des Rückennabels zurückgezogen hat und in C in das Innere des Embryos aufgenommen ist. D. Involution unter Amputation beider Embryonalhüllen. Dieser Typus lässt sich von dem vorhergehenden ableiten, wenn wir uns denken, dass die Serosa nicht einreisst und sich überhaupt nicht wesentlich verändert. Es werden dann durch die Durchschnürung des dorsalen Nabelgangs, welche den Rückenabschluss vervollständigt, beide Embryonalhüllen vollständig vom Embryo abgetrennt (pag. 785, Fig. 485 B). Sie umhüllen — wie wir dies oben fürHylotoma erwähnten — als zwei vollständig geschlossene, ineinander liegende Säcke den Embryo bis zu seinem Ausschlüpfen. Dieser Typus kommt den Hymenopteren Korscheit- Heider , Lehrbuch. 52 806 XXIII. Capitel. und Lepidopteren zu. Bei den Lepidopteren (vgl. pag. 784, Fig. 484 C), deren Keimstreif immers ist, bleiben zwischen Amnion und Serosa Nahrungsdotterreste liegen, und diese Reste dienen sammt der meist aus mächtigen Zellen bestehenden Serosa dem jungen ausschlüpfenden Räup- chen als erste Nahrung (Ganin No. 23). E. Aligemeines. Wir werden den ersten der geschilderten Entwicklungstypen, bei welchem nach erfolgter Umrollung und Ausbildung eines continuirlichen dorsalen Amnion-Serosa-Sackes Zustände herbeigeführt werden, wie wir sie bei den übrigen Arthropoden überhaupt vorfinden, worauf eine all- mähliche Rückbildung der Serosa unter Einstülpung derselben erfolgt, als den ursprünglichsten betrachten dürfen. Damit steht in Ueberein- stimmung, dass dieser Typus bei jenen Insectenordnungen verbreitet ist, welche wir im Allgemeinen als die ursprünglicheren ansprechen. Da- gegen werden wir den vierten Entwicklungstypus, bei welchem beide Embryonalhüllen unter Continuitätstrennung (Amputation) von dem Embryo abgestossen werden, als den abgeleitetsten betrachten. Der dritte Typus steht zwischen beiden in der Mitte. Hinsichtlich der Art der Rückbildung der Serosa nähert er sich dem ersten, durch die Amputation des Amnions aber dem vierten Typus. Der zweite Typus scheint eine im Bereich der Coleopteren selbstständig erworbene Form der Rückenschliessung dar- zustellen. Bei dem ersten Entwicklungstypus wird die Ausbildung des Amnion- Serosa-Sackes durch ein Einreissen beider, mit einander verschmolzenen Embryonalhüllen eingeleitet. Dieses Einreissen in der ventralen Mittel- linie findet bei den Libelluliden blos im Bereiche des Kopfabschnittes statt. Bei dem zweiten Entwicklungstypus wird blos das Amnion, bei dem dritten blos die Serosa von diesem Einreissen betroffen, während bei dem vierten Entwicklungstypus beide Embryonalhüllen bis zum Aus- schlüpfen der Larve unzerrissen bleiben. 6. KeiinblätterMldung. Die älteren Angaben über den Schichtenbau des Insectenkeimstreifs waren durchaus ungenügend. Erst Bütschli (No. 11) fand, dass bei der Biene durch eine Art Faltenbildung eine untere Schichte des Keimstreifs hervorgehe. Bald darauf legten Kowalevsky's (No. 48) an der Hand der Querschnittmethode durchgeführten Untersuchungen die Grundlage zu genauerer Erkenntniss. Kowalevsky fand, dass bei Hydrophilus eine nach der ganzen Länge der Keimstreifanlage verlaufende Rinne (pag. 770, Fig. 476 A, B, r) angelegt werde, welche, indem sie sich ein- senkt, das untere Blatt des Keimstreifs, d. i. die gemeinsame Anlage von Entoderm und Mesoderm liefert (pag. 817, Fig. 500 A — C). Aehn- liche Verhältnisse fand Kowalevsky bei Apis, bei den Lepidopteren und bei einigen anderen Formen. Wir müssen die erwähnte Rinne als eine ungemein langgestreckte, die ganze Ventralseite der Embryonalanlage von der Stelle der späteren Vorderdarmeinsenkung bis zur Stelle, an welcher sich später der Enddarm bildet, einnehmende Gastrulaeinsenkung in Anspruch nehmen, und die Ränder der Rinne als einen äusserst in die Länge gezogenen Blastoporus betrachten. Das bei Hydrophilus Insecten. 307 durch Schliessung der Rinne entstehende Rohr werden wir als Urdarm in Anspruch nehmen dürfen. Die erste Anlage für die Gastrularinne liefern bei den Insecten zwei in der verdickten Bauchplatte zu beiden Seiten der Medianlinie längs- verlaufende Falten (pag. 812, Fig. 498 f), durch deren Erhebung ein mittlerer Abschnitt der Bauchplatte, die sogenannte Mittel platte (m), von den seitlich gelegenen Seitenplatten (s) getrennt wird. Indem die Mittelplatte sich einkrümmt und durch die Falten, deren Erhebung die Ränder des Blastoporus kennzeichnete, überwachsen wird, entsteht das Gastrularohr (pag. 817, Fig. 500 A, r), durch dessen Ausbildung aus der Mittelplatte das untere Blatt des Keimstreifs gebildet wird. Aus den Seitenplatten geht dann das Ectoderm des Keimstreifs hervor. Die Ver- wachsung der Ränder des Blastoporus, durch welche der Verschluss des Urdarmrohres bewerkstelligt wird, erfolgt am spätesten im Bereiche des vordersten Abschnittes der Rinne (vgl. pag. 770, Fig. 476 B und C) , ent- sprechend jener Stelle des Keimstreifs, an welcher später die Vorderdarm- einstülpung zur Entwicklung kommt. Bei Hydrophil us sind die Verhältnisse der Entwicklung der Gastrula- rinne insofern einigermassen von dem allgemein gültigen Schema abweichend, als hier der mittlere Theil der Rinne in seiner Ausbildung verzögert er- scheint, während der vordere und hintere Abschnitt früher zum Verschlusse kommt. Es ergiebt sich hieraus für den Umriss des Blastoporus in einem gewissen Stadium eine flaschenförmige Gestalt (pag. 770, Fig. 476 Ä): indem die Ausbauchung der Flasche dem in der Entwicklung verzögerten Theile des Keimstreifs entspricht. Während der Einstülpung der Mittelplatte und der Umwandlung derselben in das Urdarmrohr ergiebt sich eine Veränderung des histo- logischen Charakters (pag. 817. Fig. 500 A und B). Während sie ur- sprünglich aus einem hohen Cylinderepithel bestand, welches im weiteren Verlaufe mehrschichtig wird, indem die einzelnen Zellen sich keilförmig übereinander schieben, werden die Zellen in späteren Stadien immer mehr und mehr kubisch oder unregelmässig polygonal (Fig. 500 B) und zeigen auch weniger regelmässige Anordnung. Gleichzeitig wird das Urdarm- rohr nach der dorsoventralen Richtung coinprimirt. Während es auf diese Weise sich nach der lateralen Richtung unter die Seitenplatten (Ectoderm) verbreitert, geht sein ursprünglich kreisrundes Lumen in die Gestalt einer horizontalen Spalte über, welche bei Hydrophilus noch lange als Grenze zwischen zwei Schichten des unteren Blattes kenntlich bleibt (Heider Kr. 38). Eine derartige Gastrularinne wurde von fast sämmtlichen neueren Autoren, w:elche auf dem Gebiete der Insectenentwicklung gearbeitet haben, für die verschiedensten Formen bestätigt. Sie muss daher als ein ganz allgemeines Vorkommen betrachtet werden. Es verdient sonach wenig Berücksichtigung, dass Korotneff (No. 47) diese Rinne bei Gyllotalpa vermisste. Ebenso war der negative Befund Witlaczil's (No. 98) an Aphiden mit Rücksicht auf den schon früher erfolgten Nachweis dieser Rinne bei Pyrrhocoris durch Gräber (No. 24) wenig glaubwürdig. Neuerdings wurde die Gastrula- rinne der Aphiden durch Will (No. 97) beobachtet. Im Einzelnen ergeben sich allerdings für den Gastrulationsprocess der Insecten zahlreiche Variationen. Nicht immer verläuft derselbe unter Aus- 52* 808 XXIII. Capitel. bildung eines so deutlich entwickelten Rohres, wie dies bei Hydrophilus der Fall ist. Der Einstülpungsprocess erscheint in einzelnen Fällen mehr ver- wischt und verschiedenartig modificirt, so dass wir für denselben drei ver- schiedene Typen feststellen können : 1) Durch eigentliche Einstülpung und Bildung eines Rohres (Fig. 500 Af pag. 817). Eine in der Mediane der Bauchplatte gelegene Platte (die Mittel- platte) wird durch seitliche Falten begrenzt und in die Tiefe versenkt, indem sie sich zu einem Rohre einkrümmt (Hydrophilus, Musca, Pyrrhocoris etc). Erst nach Ausbildung dieses Rohres verlieren die Zellen den epithe- lialen Zusammenhang und lockern sich etwas, während sie unregelmässig poly- gonale Gestalt annehmen. 2) Durch seitliche Ueberschiebung (Fig. 495). Die Mittelplatte son- dert sich vom Ectoderm des Keimstreifs nicht durch Faltenbildung, sondern an der Stelle dieser lateralen Falten wird der Zusammenhang zwischen Ecto- derm und Mittelplatte gelöst und die freien Ectodermränder schieben sich über die in die Tiefe versenkte Mittelplatte nach der Medianlinie, wo sie verschmelzen. Auch hier wird der epitheliale Zusammenbang der Mittel- platte erst später gelockert. Dieser Typus scheint bei verschiedenen Hymen opferen und Lepidop- teren vorzukommen. Er wurde von Kowalevsky und Gkassi (No. 32) bei Apis und von Kowalevsky (No. 48), dessen Angaben Bobretzky (No. 6) bestätigte, bei Lepidopteren beobachtet. 3) Durch Zelleimvucherung von einer medianen Rinne. Es wird hier im Bereich der medianen Rinne der Zusammenhang der Zellen schon bei der Ausbildung dieser Keimfurche ge- lockert, und die einzelnen Elemente des unteren Blattes rücken mehr durch eine Art Wanderung unter das Ecto- derm und unter die lateralen Parthien des Keimstreifs. Dieser Typus scheint nach Will (No. 97) bei den Aphiden, nach Patten bei den Phrygani- den (No. 65) vorzukommen. Bei dem zweiten und dritten Bildungstypus kommt es natürlich nicht zur Ausbildung eines Rohres mit deutlichem Lumen. Die Zellmasse des unteren Blattes ist hier von ihrer Entstehung an eine solide und breitet sich all- mählich unter den Seitenplatten aus. Uebrigens sind die genannten Typen der Entwicklung durch Uebergänge unter einander verbunden. So scheint es nach den neuen Mittheilungen von Graber (No. 30) , wie wenn bei den Lepidopteren gelegentlich ein zwischen dem zweiten und dritten ver- mittelnder Typus zur Beobachtung käme. Es wurde von Wheeler für Doryphora und von Graber für Lina beobachtet, dass das hinterste Ende der Gastrularinne in gewissen Stadien eine Art gabeliger Theilung aufweist (pag. 789, Fig. 487), ein Verhalten, für welches wir allerdings noch keine Erklärung beizubringen im Stande sind. Die aus der Gastrulaeinstülpung hervorgegangene Zellschicht (unteres Blatt) stellt die gemeinsame Anlage von Entoderm und Mesoderm dar. Es ist erst in neuerer Zeit bekannt geworden, in welcher Weise diese Fig. 495. Zwei aufeinander folgende Stadien der Gastrulation von Apis. (Quer- schnitte durch den Keimstreif nach Grassi). b unteres Blatt, ec Ectoderm. Insecten. 809 beiden Keimblätter bei den Insecten sich von einander trennen. Wir müssen uns nach dieser Richtung vorzugsweise auf die Angaben Kowa- levsky's für Musca (Nr. 49), Heider's für Hydro philus (Nr. 38) und Wheeler's für Doryphora (Nr. 95) stützen. Kowalevsky machte für Musca zuerst bekannt, dass der grösste Theil des unteren Blattes ausschliesslich Mesoderm liefert, und dass nur entsprechend dem vordersten und hintersten Ende des Keimstreifs je eine Zellmasse zur Bildung des Entoderms aufgebraucht werde. Wir müssen demnach bei den Insecten von einer vorderen und hinteren Entodermanlage sprechen. In dem Maasse, als die als Ectodermeinstülpungen sich entwickelnden Ein- senkungen des Vorderdarms und Enddarms zur Ausbildung kommen, drängen sie die Zellmässen der beiden Entodermanlagen vor sich in die Tiefe und vollziehen hierdurch die Loslösung derselben von dem Meso- derm. Die beiden Entodermanlagen stellen nun Zellanhäufungen dar, welche den blinden Enden der Vorder- und Enddarmeinstülpung dicht angelagert sind. Sie breiten sich bald zu zwei uhrglasförmigen Anlagen aus, welche mit ihrer Concavität gegen einander gerichtet sind, mit ihrer convexen Seite aber gegen den betreffenden Eipol sehen. Bald jedoch ändern sie ihre Form, indem aus ihnen zwei laterale Streifen hervor- wachsen, so dass die beiden Entodermanlagen nunmehr die Gestalt eines U annehmen (vgl. Fig. 496 eri). Die Schenkel der vorderen und hinteren U- förmigen Anlage sind gegen einander gerichtet und wachsen gegen einander, bis sie sich erreichen und mit einander verschmelzen. Dann besteht also die aus der Verwachsung der beiden Eiförmigen Anlagen entstandene Entodermanlage aus zwei nach der Länge des Keimstreifs sich hinziehenden, meist unter den Ursegmenten gelegenen Streifen, welche vorne und hinten in einander übergehen und an dieser Stelle mit den Einstülpungen des Vorderdarms und Enddarms innig verwachsen sind. Indem nun diese lateralen Entodermstreifen sich allmählich ver- breitern, beginnen sie den Nahrungsdotter, an dessen Oberfläche sie liegen, allmählich zu umwachsen. Diese Umwachsung macht meist zu- nächst an der Ventralseite grössere Fortschritte, so dass die beiden Ento- dermstreifen zuerst in der ventralen Mittellinie und erst später in der dorsalen sich mit einander vereinigen. Der Nahrungsdotter kommt auf diese Weise vollständig in das Innere der Mitteldarmanlage (vgl. unten pag. 831 ff.). Bei Musca wird — was übrigens auch bei einigen anderen Formen beobachtet worden ist — nicht der gesammte Nahrungsdotter in das Innere des Mitteldarms aufgenommen, sondern es bleibt ein kleiner vorderster und hin- terster Antheil in der Leibeshöhle, um daselbst resorbirt zu werden. Kowalevsky hat bereits darauf hingewiesen, dass es die medianen Parthien des unteren Blattes sind, welche am vordersten und hintersten Ende des Keimstreifs durch das Vordringen der Vorder- und Enddarmein- stülpung als Entodermanlagen losgetrennt werden. Die lateralen Parthien gehen auch hier in Mesoderm über. Kowalevsky hat deshalb die Keim- blätterbildung bei den Insecten mit der von Sagitta in Vergleich ge- setzt. Diese Auffassung hat durch die neueren Untersuchungen an Cole opferen (Heider Nr. 38, Wheeler Nr. 95) durchaus an Stütze gewonnen. Hier kann man noch vor dem Auftreten der Vorder- und Enddarmeinstülpung die Entodermanlage als eine mediane Wucherung vom Grunde der eingestülpten Gastrularinne ausgehen sehen (Fig. 497), 810 XXIII. Capitel. während die lateralen Mesodermparthien in Form seitlicher Säcke ange- ordnet erscheinen (Fig. 496 B und D). Es wird hierdurch die Sonderung der Keimblätter für die Insecten dem Typus der Abfaltung, wie er bei Sagitta (vgl. oben pag. 244) zu beobachten ist, nahe geführt. Die Haupteigenthümlichkeit ergiebt sich für die Insecten aus der beträcht- lichen Längsstreckung der Gastrulaeinstülpung. Wir können für die sich sm Fig. 496. Schematische Darstellung der Keimblätterbildung bei Doryphora (nach Wheeler). A Oberflächenansicht, B Querschnitt durch das vordere Ende des Keimstreifs auf der Höhe der Linie aa, C Querschnitt durch die Mitte des Keimstreifs, entsprechend der Linie bb, D Querschnitt durch das hintere Ende des Keimstreifs entsprechend der Linie cc. bl Blastoporus, ec Ectoderm, en' vordere U-förmige Entodermanlage, en" hintere U-förmige Entodermanlage, ms Mesoderm. einstülpende Mittelplatte, wie dies schon Rabl (Theorie des Mesoderms, Morph. Jahrb. 1889) gethan hat, einen medianen unpaaren Entodermstreifen und paarige Mesodermstreifen annehmen. Der Entodermstreif ist aber durch Fig. 497. Schematische Darstellung der Sonderung der Keimblätter im vor- dersten Abschnitte des Keimstreifs von Hydrophilus (Querschnitt nach Heider). dz Dotterzellen, ec Ectoderm, en Entoderm, ms Mesoderm. die Längsstreckung der Gastrularinne in eine vordere und hintere Parthie (Fig. 496 en en") zerdehnt, so dass im Bereich des grössten Theils des Keimstreifs die beiden lateralen Mesodermstreifen sich einfach in der Medianlinie berühren (Fig. 496 C). Insecten. 811 Eine wichtige Stütze für die genannten Anschauungen würde sich aus der Mittheilung Bütschli's (No. 12) ergeben, wonach bei der Keimblätter- bildung am hinteren Keimstreifende von Musca der Urdarm thatsächlich in einem gewissen Stadium durch Faltenbildung in drei mit einander zusammen- hängende Divertikel zertheilt werden soll, von denen ein unpaares medianes — ganz wie bei Sagitta — als Entodermanlage, die paarigen, lateralen dagegen als Mesodermanlage aufzufassen seien. Da sich jedoch aus den neueren Arbeiten über Muscaentwicklung keine Bestätigung dieser Verhält- nisse ergeben hat, und dieselben, wie wir sehen werden, vielleicht eine Deutung in anderem Sinne zulassen, so muss dieser Punkt vorläufig noch un- entschieden bleiben. Die von Kowalevsky (No. 49) für die Keimblätterbildung von Musca gemachten Angaben haben durch die späteren Untersuchungen von Voeltzkow (No. 85) und Gräber (No. 28) an demselben Objecte eine theilweise, aber keine vollständige Bestätigung erfahren. Nach Voeltzkow sollen die Vorder- darm- und Enddarmeinstülpung von dem Boden der Gastrularinne aus nach Innen wachsen , daher dieselben nicht dem Ectoderm , sondern dem unteren Blatte angehören würden. Die vordere und hintere Entodermanlage soll durch Zellwucherung von dem blinden Ende dieser beiden Einstülpungen aus entstehen. Gbabeb hat (No. 28) allerdings für die vordere Entodermanlage die Beobachtungen Kowalevsky's bestätigt und nimmt auch für das Stomo- daeum den ectodermalen Ursprung an. Für das Proctodaeum dagegen und die hintere Entodermanlage schliesst sich Gbabeb völlig den Ansichten Voeltzkow's an, mit dem einzigen Unterschiede, dass er für die Wucherung der hinteren Entodermanlage nicht blos das blinde Ende, sondern einen längeren Streifen der Ventralseite des Proctodaeums in Anspruch nimmt. Es ist hier zunächst gegen Voeltzkow und Gbabeb einzuwenden, dass, wenn sich wirklich bei den Museiden ein hinterer Darmabschnitt durch Einstülpung vom unteren Blatte aus anlegte, wir denselben nicht als Proctodaeum be- zeichnen dürften, da er dann dem gleichnamigen Abschnitte der übrigen In- secten, wo derselbe vom Ectoderm aus gebildet wird, nicht homolog betrachtet werden dürfte. Es scheint uns aber, dass die allerdings schwierig zu ver- stehenden Bilder, welche das hintere Keimstreifende der Museiden an Schnitten darbietet, unter Annahme einer anderen Deutung, welcher sich auch Gbaber (No. 27) früher zuneigte, sich in befriedigender Weise erklären lassen. Wir dürfen vielleicht annehmen, dass bei den Museiden, geradeso wie bei Chirono- mus, das hintere Keimstreifende sich nicht nur in den Dotter einsenkt, sondern auch hakenförmig einkrümmt, so dass der Keimstreif an den Querschnitten durch diese Region dreimal getroffen erscheint. Dabei stehen das hinterste in den Dotter versenkte Keimstreifende und der vorletzte am Rücken des Eies gelegene Theil des Keimstreifs durch die noch offene Gastrularinne der- art in Communication , dass auf einer Reihe von Querschnitten die Lumina des beiden Theilen zukommenden Gastrularohres untereinander zusammen- fliessen, wodurch sich die eigenthümliche daselbst entstehende, hanteiförmige Figur erklärt. Es würde unter dieser Annahme jene Einstülpung, welche Voeltzkow und Gbabeb (No. 28) irrthümlich für das Proctodaeum gehalten haben, richtiger als sog. Keimhügel (vgl. oben pag. 776) zu bezeichnen sein, und das Lumen dieser Einstülpung müsste dann als Amnionhöhle, ihre Oeff- nung an der Dorsalseite nicht als After, sondern als Mündung der Amnion- höhle gedeutet werden. Das Proctodaeum scheint sich erst später als Ein- stülpung von dieser Höhle aus anzulegen. Diese Auffassung wird durch die Beobachtungen Ritteb's (No. 71) über die Entwicklung des Proctodaeums bei Chironomus durchaus gestützt. 812 XXIII. Capitel. v-e — s — m. :f Hier sei noch die Ansicht Gräber' s von dem Vorhandensein einer lateralen Gastrulation bei den Museiden erwähnt. Graber findet an dem Keimstreif der Museiden neben der medianen oder Hauptgastrularinne seitliche, besonders im vordersten und hintersten Theile des Keimstreifs mar- kirte Einfaltungen , welche Elemente an das untere Blatt abgeben sollen. Diese paarigen Einfaltungen, welche schon von Bütschli (No. 12) und Voeltzkow (No. 85) gekannt waren, und welche die Seitenränder des Keim- streifes kennzeichnen , sollen nach Grabek supplementäre Gastrularinnen sein, welche die Aufgabe haben, die Gastrularinne in ihrer plastischen Thätigkeit bei der Bildung des unteren Blattes zu unterstützen. Graber hat jedoch den Beweis , dass von diesen lateralen Einfaltungen Elemente an das un- tere Blatt abgegeben werden, nicht erbracht. Da es schon Voeltzkow bekannt war, dass in den in Frage kommenden Stadien der an der Keimstreifbildung unbetheiligte Abschnitt des Blastoderms eine grosse Neigung zur Fal- tenbildung aufweist, so dürften wohl auch die hier in Rede stehenden Einfaltungen unter diesen Gesichtspunkt fallen und für die wei- tere Entwicklung des Embryos belanglos sein. Etwas von dem allgemeinen Typus der Keimblätterbildung abweichende Verhält- nisse scheinen bei den Hymenopteren vorzukommen. Kowalevsky und Grassi (No. 32) x) stimmen allerdings darin über- ein, dass auch hier das Entoderm ur- sprünglich einen Theil des unteren Blat- tes ausmacht. Aber die Sonderling des Entoderms von dem Mesoderm geht bei Apis in der Weise vor sich, dass die beiden Enden des uuteren Blattes sich auf die Dorsalseite des Eies hinüberschlagen und dass die so auf den Rücken des Em- bryos gelangten vorderen und hinteren Entodermanlagen auf der Dorsalseite gegen einander wachsen. Wenn die beiden auch hier hufeisenförmigen Anlagen einander erreicht haben, und verschmolzen sind, so beginnt die Umwachsung des Nahrungsdot- ters, welche demnach hier von der Rücken- — ke Gastrulastadium von Chalicodoma (sog. Flaschen- form, nach Carkiere). / Falten, welche die Mittel- platte seitlich begrenzen (Rand des Blastoporns), m die theil weise seg- meutirte Mittelplatte (hier =Meso- dermanlage), s die segmentirten Seitenplatten (späteres Ectoderm des Keimstreifs), ve vordere Ento- dermanlage, he hintere Entoderm- anlage. l) Die Untersuchungen Grassi's bedeuten einen "Wendepunkt in der Auffassung der Keimblätterbildung bei den Insecten. Es inuss als ein besonderes Verdienst Grassi's hervorgehoben werden, dass er der Erste war, welcher gegen die damals allgemein herrschende Ansicht, dass die Dotterzellen das eigentliche Entoderm der Insecten repräsentiren, auftrat, und den Nachweis erbrachte, dass das Entoderm ein Theil des unteren Blattes sei. Ebenso wurde von ihm das Vorhandensein einer vorderen und hinteren Entodermanlage richtig erkannt. Später erst schlössen sich ihm Kowalevsky No. 49 und Heider No. 37 an. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass Kowalevsky schon in seinen ersten Mittheilungen (No. 48) Ansichten aussprach, welche den thatsächlichen Verhältnissen sehr nahe kommen. Insecten. 313 seite ausgeht und an der Ventralseite zuletzt zum Abschlüsse kommt. Es geht hieraus hervor, dass die Entodermzellschicht bei Apis anfangs nicht unter dem Keimstreife liegt, sondern an der Dorsalseite des Eies unter jenem Plattenepithel, welches, von der Amnionfalte aus entstanden , den provisorischen Verschluss des Rückens übernimmt (vgl. oben pag. 785). Ziemlich ähnlich scheinen sich die Verhältnisse der Entoclermanlagen bei Chalicodoma (nach Carriere No. 13) zu ergeben. Auch hier liegen die Entodermstreifen nicht unter dem Keimstreif, sondern überschreiten den- selben nach der Dorsalseite des Eies zu. Für die erste Sonderung der Keim- blätter ist Carriere zu Anschauungen gekommen , welche den oben geschil- derten zwar nahestehen, aber doch für Chalicodoma (Fig. 498) einen eigen- artigen Typus erkennen lassen. Die Mittelplatte (m), welche sich zur Gastrula- rinne einstülpt, und welche, ebenso wie die Seitenplatten schon frühzeitig die Segmentirung erkennen lässt, soll hier ausschliesslich das Mesoderm liefern, während die vordere und hintere Entodermanlage (ve, he) in einer an die Mittelplatte sich allerdings direct anschliessenden Wucherungszone gegeben ist, im Bereich deren die Sonderung der Entodermzellmasse durch eine Art Abspaltung oder Delamination von der oberflächlichen in der Continuität des Ectoderms verbleibenden Zellschicht vor sich seht. cv Wir müssen hier noch die Dotterzellen und die secundäre Dotter furchung erwähnen. Die Dotterzellen sind im Nahrungsdotter zerstreute Elemente, welche zum Theil bei der Blastodermbildung im Dotter zurückbleiben (pag. 766, Fig. 473 C und D. s) , zum Theil aber durch eine nachträgliche Einwanderung aus dem Blastoderm und dessen Derivaten in den Dotter gelangen Vor Allem hat Graber auf eine Ein- wanderung von Zellen aus dem unteren Blatte in den Dotter hingewiesen, und seine Beobachtungen sind von anderen Autoren bestätigt worden. Allerdings sollen in einzelnen Fällen (z. B. bei Melolontha) diese nach- träglich eingewanderten Zellen sich von den ursprünglich im Dotter be- findlichen ihrem histologischen Charakter nach deutlich unterscheiden. Die Dotterzellen zerstreuen sich in regelmässiger Weise im Nahrungs- dotter. Ihre Hauptbedeutung für den Embryo liegt darin, dass sie die Nahrungsdotterpartikelchen an sich ziehen und auf dem Wege der Ver- dauung verflüssigen. Es kommt hierbei in der Regel zu einer nach voll- endeter Ausbildung des Keimstreifs eintretenden Abgrenzung der den einzelnen Dotterzellen zukommenden Territorien, und diesen Vorgang hat man als die secundäre Dotterfurchung (pag. 817, Fig. 500C — F\ pag. 773, Fig. 477) bezeichnet. In einzelnen Fällen (Apis, Musca) scheint dieselbe jedoch zu unterbleiben. Die Dotterzellen sind noch nach voll- endeter Ausbildung des Mitteldarms in dem das Innere desselben erfüllen- den Nahrungsdotterreste zu erkennen und gehen dann einem allmählichen Zerfalle entgegen. "OvC> Man hat lange Zeit, besonders im Anschlüsse an Dohrn, Balfour und Hertwig in den Dotterzellen das eigentliche Entoderm der Insecten erblickt, indem man der Ansicht war, dass dieselben sich schliesslich an der Ober- fläche des Nahrungsdotters zur Bildung des Mitteldarmepithels anordnen. Gegenüber den neueren Untersuchungen , welche unserer obigen Darstellung der Keimblätterbildung zu Grunde liegen , musste diese Ansicht aufgegeben werden. Es scheint, dass die Dotterzellen überhaupt an dem Aufbau des Embryos keinen Antheil nehmen. Es wurde allerdings von verschiedenen Seiten behauptet, dass aus ihnen schliesslich Blutkörperchen oder Theile des 814 XXIII. Capitel. Fettkörpers hervorgehen. Nach dieser Hinsicht sind die Angaben Dohrn's (No. 21), Tichomiropf's (No. 79) und besonders die von Will (No. 97) zu erwähnen. Ihnen stehen jedoch eine Anzahl neuerer Autoren gegenüber, denen zufolge die Dotterzellen, nachdem sie ihrer Aufgabe als Vitellophagen gerecht geworden sind , einem einfachen Zerfalle unterliegen. Letzteres will uns, da sich für den Fettkörper und die Blutkörperchen ein andersartiger Ursprung nachweisen lässt (vgl. unten pag. 835 ff.), als das Wahrscheinlichste erscheinen. Wir werden die Dotterzellen wahrscheinlich mit Rücksicht auf das oben für die Crustaceen Gesagte (vgl. pag. 345) als einen abortiven Theil des Entoderms betrachten dürfen. 7. Weitere Entwicklung des Mesoderms. Ausbildung- der Leibeshöhle. Wir haben (pag. 771 und 806 ff.) gesehen, dass durch eine nach der ganzen Länge des Keimstreifs verlaufende Einstülpung eine Schicht von Zellen producirt worden ist, welche sich bald an der Innenseite des Keimstreifs ausbreitet und so eine zweite, untere Lage desselben (unteres Blatt) bildet (Fig. 500 C). Von dieser unteren Schicht trennt sich im vordersten und hintersten Abschnitte des Keimstreifs das Entoderm ab, und legt sich den inzwischen entstandenen Einstülpungen des Vorderdarms und Enddarms dicht an. Den übrigen, bei Weitem umfangreichsten Theil des unteren Blattes können wir von nun an als Mesoderm bezeichnen. Es tritt nun bald eine Anordnung desselben in zwei laterale Streifen (Mesodermstreifen) auf, indem seine Zellen sich von der Medianlinie immer mehr zurückziehen (Fig. 500 D). Diese Zurückziehung ist aller- dings nicht immer eine complete. In den im Bereich der Medianlinie frei gewordenen Raum schiebt der Dotter häufig die sogenannte mediane Dotter firste vor. Bald treten nun in den lateralen Parthien des Meso- derms segmentweise Höhlungen (us) auf (Ursegmenthöhlen), und die angrenzenden Mesodermzellen ordnen sich in Form eines Epithels um diese Höhlen und bilden die Wand der Ur Segmente oder Cölorn- sacke. Die Ursegmenthöhlen entstehen im Allgemeinen durch eine Spaltenbil- dung im Bereiche des Mesoderms. Heider (No. 38) glaubte sich für Hydro- philus überzeugt zu haben, dass sie hier nur durch die Erweiterung einer Spalte zu Stande kommen, welche schon früher zwischen zwei Schichten des Mesoderms zu erkennen sei, und welche sich auf das in dorsal ventraler Richtung comprimirte Urdarmlumen zurückführen lasse. Gräber (No. 30) konnte sich aber neuerdings von der Persistenz dieser Spalte nicht überzeugen. Dagegen hat die Auffassung Heider's durch Carriere (No. 13) für Chali- codoma eine Bestätigung erfahren. Nach diesen Beobachtungen würde die zuerst von 0. und R. Hertwig aufgestellte Ansicht, dass die Ursegment- höhlen bei den Insecten paarige Urdarmdivertikel darstellen, eine Stütze ge- winnen. In anderer Weise, als bei Hydrophilus entstehen die sehr umfang- reichen Ursegmente von Phy llodromia. Hier ist das Mesoderm des Keimstreifs zunächst nur in einer einfachen Zellschicht vorhanden. Diese ein- fache Zellschicht hebt sich bei der Ausbildung der Extremitätenanlagen mit dem Ectoderm von der Oberfläche des Nahrungsdotters ab, und hierdurch entstehen in jedem Segmente Höhlungen, welche, indem sie sich ringsum mit Insecten. 815 Mesodermelementen umgeben, zu den geschlossenen Cölomsäcken werden (Heymoxs No. 43). Für die Bildung der Ursegraente werden die im Keimstreif lateral ge- legenen Theile des Mesoderms aufgebraucht (Fig. 500 D und E). Es gehen jedoch nicht sämmtliche Mesodermelemente in ihre Bildung ein. Stets wird Fig. 499. Querschnitte durch den Abdominaltheil dreier aufeinander folgender Entwicklungsstadien von Phyllodromia germanica (nach Heymons). am Amnion, bg Anlage der Bauchganglienkette, c Cölomhöhle, c' dorsaler und c" ventraler Abschnitt des Cölomsackes, cz Zellen der Ursegmentwand, welche sich der Genitalanlage anfügen, d Na,hrungsdotter , dw Dorsalwand des Cölomsäckchens, ec Ec- toderm, ep Epithelzellen, ex abdominale Extremitätenanlage, f Fettkörperanlage, gz Ge- nitalzellen, hv Lateralwand des Cölomsäckchens, m Mesodernm-lli-n, welche sich an der Bildung der Cölomsäcke nicht betheiligen, mw Medialwand des Cölomsäckchens, so somatische Mesodermschicht, vm ventraler Längsmuskel. 816 XXIII. Capitel. ein Theil der Mesodermzellen , welcher näher der Medianlinie gelegen ist (vgl. auch Fig. 499 A, m), bei ihrer Bildung erübrigt. Je mächtiger die Ursegmente entwickelt sind , um so verschwindender ist dieser Antheil und umgekehrt. Diese Elemente sind unregelmässig angeordnet und stellen eine Art Mesenchym dar. . Es wurde von Heider (No. 38) und neuerdings von Gräber (No. 30) darauf hingewiesen, dass die durch Dissepimente gekennzeichneten Grenzen der aufeinander folgenden Ursegmente nicht immer mit den Segmentgrenzen des Keimstreifs sich völlig decken , sondern in gewissen späteren Stadien gegen letztere um ein Weniges verschoben erscheinen. In der Regel kommt jedem echten Segmente des primären Rumpfes ein Paar von Ursegmenten zu. Ausserdem kommt auch ein Paar von Cölom- säckchen nach den Angaben von Cholodkovsky (No. 19) bei Blatt a und Graber (No. 30) bei Stenobothrus und Mantis im primären Kopfab- schnitte zur Ausbildung. Dieses würde den Kopfhöhlen von Peripatus ent- sprechen (vgl. pag. 708). In gleicherweise scheint den Orthopteren auch ein Paar von Cölomsäcken im Endsegmente zuzukommen (Cholodkovsky). Bei Hy dro- philus dagegen fehlen nach Heider die Cölomsäcke nicht nur im Kopf- und Analabschnitt, sondern ihre Ausbildung erscheint auch im Mandibular - segmente unterdrückt und im ersten Maxillarsegmente verzögert. Die Cölomsäcke kommen in den einzelnen Insectengruppen in sehr verschiedener Mächtigkeit zur Entwicklung. Ihre bedeutendste Ausdeh- nung erreichen sie bei den Orthopteren (Fig. 499), wo fast das ge- sammte Zellmaterial des Mesoderms in ihre Bildung aufgeht, und wo sich, wie wir durch Cholodkovsky (No. 19), Graber (No. 30) und Heymons (No. 43) wissen, Verhältnisse der Cölombildung erhalten haben, welche sich direct an die für Peripatus geschilderten (vgl. oben pag. 708 ff.) anschliessen. Die sehr ausgedehnten Ursegmenthöhlen , welche bei den Orthopteren auch in die Extremitätenanlagen sich erstrecken (Fig. 499 JB, ex) , zerfallen in späteren Stadien durch Ausbildung einer Ein- schnürung in eine dorsale und eine ventrale Hälfte (Fig. 499 B, c, c"). Von diesen geht die ventrale (c"), in die Extremität sich erstreckende Hälfte bald zu Grunde (Fig. 499 C) , indem die Zellen ihrer Wand den epithelialen Zusammenhang aufgeben und sich nach Art eines Mesenchyms unregelmässig gruppiren. Hier entsteht dann zum Theil durch Auseinander- weichen dieser Zellen, zum Theil durch Abhebung derselben von der Oberfläche des Nahrungsdotters die definitive Leibeshöhle. Der dorsale Antheil der Ursegmenthöhlen dagegen bleibt längere Zeit erhalten, um (wie wir unten pag. 833 ff. sehen werden) bei der Ausbildung des Darmfaserblattes, des Herzens, des Pericardialseptums und der Geschlechts- organe eine wichtige Rolle zu spielen. Bei den höherstehenden Insectengruppen (den Coleopteren, Lepi- d o p t e r e n und H y m e n o p t e r e n) kommen die Ursegmente nicht mehr in solcher Ausdehnung zur Anlage (Fig. 500 D — F, us). Sie stellen hier nur verhältnissmässig kleine, in den lateralen Theilen des Keimstreifs gelegene Säckchen dar, welche nur dem Dorsalabschnitt der Cölomsäcke der Orthopteren entsprechen. Der Ventral theil ist hier vom ersten Anfange an durch ein Mesenchym ersetzt. In Folge dessen erstreckt sich bei diesen Formen auch kein Cölomdivertikel in die Extremitätenanlagen. Bei den Museiden ist die Ausbildung von Cölomsäcken anscheinend vollständig unterdrückt (Graber No. 28). Wir erkennen hier ihr Aequivalent blos in einer in verhältnissmässig späten Stadien auftretenden und von der definitiven Leibeshöhle ausgehenden Divertikelbildung. 817 est Fig". 500. Querschnitte durch den Keimstreif von Hydro philus in sechs auf- einander folgenden Stadien (nach Heider, aus Lakg's Lehrbuch). A Gastrulastadium (vgl. pag. 770 Fig. 476 A entsprechend dem Punkte a). B Quer- schnitt durch das Stadium Fig. 476 D im vordersten Abschnitt des Keimstreifs, wo derselbe von den Amnionfalten noch nicht vollständig überwachsen ist. C Querschnitt durch ein Rumpfsegment des Stadiums Fig. 476 E. — _D, E, F Querschnitte durch ältere Stadien. am Amnion, b unteres ßlatt, d Nahrungsdotter, dz Dotterzellen, ec Ectoderm, en Entoderm, l definitive Leibeshöhle, pr Primitivrinne (= Neuralrinne), piv Primitivwülste der Bauchganglienkette, r Blastoporus, sp Spalte im Mesoderm (Rest des Urdarmlumens), se Serosa, s Seitenstränge der Anlage der Bauchganglienkette, spm splanchnisches Blatt des Mesoderms, tr Tracheenanlage (in E als Einstülpung des Ectoderms, in F im Quer- schnitt) us Ursegment {= Cölomsäckchen). 818 XXIII. Capitel. Die Trennung der beiderseitigen Mesodermstreifen von einander wird in späteren Stadien wieder aufgegeben , indem die Mesenchyrazellen sieb in der Medianlinie dicht aneinander schliessen. Es bildet sich hier vielfach, nachdem die mediane Dotterfirste rückgebildet wurde, eine Zellanhäufung (Fig. 500 E) aus, welche unter der Anlage der Bauchganglienkette hinzieht und ihre Ent- stehung den Mesenchymzellen verdankt. Dieser Zellstrang ist es, welcher von Nusbaum (No. 57) als Chorda der Insecten bezeichnet wurde. Er wird schliesslich zur Bildung von Bindegewebe und anderem Mesodermgewebe aufgebraucht. Die definitive Leibeshöhle der Insecten entsteht völlig unab- hängig von den Cölomhöhlen und zwar, wie schon Bütschli (No. 11) bekannt war, durch eine Abhebung des Keimstreifs vom Dotter (Fig. 500 F, l). Sie erscheint einerseits von der Oberfläche des Nahrungs- dotters, andererseits von den unregelmässig geordneten Mesenchymzellen begrenzt. Ursprünglich können wir am Querschnitt drei gesonderte Räume der definitiven Leibeshöhle unterscheiden (bei Hydrophil us nach Heider) einen medianen und zwei grössere, paarige, laterale, welche später untereinander und mit weiteren, durch Anseinanderweichen der Mesenchymzellen entstandenen Lacunen (z. B. in den Extremitäten) zu- sammenfliessen. Wir werden die Räume der definitiven Leibeshöhle, wie beiPeripatus (vgl. oben pag. 710 ff.) auf die primäre Leibeshöhle oder Furchungshöhle zurückführen dürfen. Sie stellt durchgehends nur Lacunen im Bereiche des Mesenchyms dar und trägt überall den Charakter eines Pseudocöls (vgl. Einleitung pag. XII). In späteren Stadien der Embryonalentwickiung treten die Cölomsäcke und die definitive Leibeshöhle in Communication (pag. 834, Fig. 509 A, us, Vi). Zunächst verschmelzen die hinter einander gelegenen Cölomsäcke durch Rückbildung der sie trennenden Querdissepimente, hierauf öffnet sich in der medianen Wand der Cölomsäcke eine Spalte, durch welche ihr Lumen mit der definitiven Leibeshöhle in Verbindung tritt. Bei den späteren Umbildungen, welche die Wand der Cölomsäcke erfährt, sind die letzteren dann nicht mehr als gesonderte Abschnitte der gesammten Leibeshöhle zu erkennen. 8. 0 r g a n M 1 d u n g. A. Aeussere Haut. Die Hypodermis geht durch directe Umwandlung aus den Zellen des Ectoderms hervor. In späteren embryonalen Stadien kommt es an der äusseren Oberfläche des letzteren zur Ausbildung der Cuticula des jüngsten Larvenstadiums. Die als Haare, Borsten und anderweitig be- nannten äusseren Fortsatzbildungen werden von besonderen grossen Hypodermiszellen (Borstenmutterzellen) aus angelegt (Tichomiroff, No. 78). Von ganz ähnlichen Zellen (S c h u p p e n m u 1 1 e r z e 1 1 e n) wer- den in der Puppe der Lepidopteren die Schuppen des Flügels gebildet Semper, Nr. 126). B. Endoscelet. Das Endoscelet des Kopfes (Tentorium) entwickelt sich aus zwei Paaren von Ectodermeinstülpungen, von denen das vordere an der Innen- seite und etwas vor der Mandibel, das hintere innen und etwas vor der Insecten. 3^9 zweiten Maxille sich entwickelt. Das vordere Paar tritt mit dem hinteren in Verbindung und entsendet einen Stützpfeiler nach der Dorsalseite an die Ränder des Clypeus. Durch mediane Verschmelzung des hinteren Paares wird eine Ueberbrückung des Unterschlundganglions erzeugt, welche bei manchen Formen als querer Balken im Hinterhauptsloche er- kennbar ist (Tichomiroff, Grassi, Patten, Heider, Carriere). Aehnliche Ectodermeinstülpungen geben zur Ausbildung einer Chitin- sehne für den Flexor Mandibulae und einer ähnlichen kleineren für seinen Antagonisten Anlass. Hatschek (No. 36), welcher die Beziehung der genannten Einstülpungen zu den Hartgebilden des Kopfes nicht kannte, glaubte in ihnen Tracheen- einstülpungen des Kopfes gefunden zu haben. In gleicher Weise werden sie auch neuerdings noch von Carriere (No. 13) aufgefasst. Da derartige Endo- sceletbildungen auch in andern Gruppen z. B. bei den Crustaceen (vgl. oben pag. 359) sich finden, und die hypothetische Umbildung einer Trachee in eine Endosceletbildung dieser Art die Vorstellung eines erheblichen Functions- wecbsels involvirt, so erscheint uns die Homologie der in Rede stehenden Einstülpungen mit den echten Tracheeneinstülpungen nicht genügend sicher- gestellt und sind wir geneigt, die ersteren als Bildungen eigener Art aufzufassen, umsomebr als dieselben der Lage nach durchaus nicht überall eine so erheb- liche Uebereinstimmung mit den Tracheenstigmen der hinten folgenden Seg- mente erkennen lassen . wie dies bei Chalicodoma thatsächlich der Fall ist. C. Nervensystem. Sämmtliche Theile des Centralnervensystems sind Derivate des Ecto- derms und werden im Embryo als Ectodermverdickuiigen angelegt. Wir finden die Anlage der Baucliganglienkette — wie dies zuerst durch Hatschek bekannt geworden ist — bald, nachdem die Gastrulaein- stülpung zum Verschluss gekommen ist, in der Form zweier, zu beiden Seiten der Medianlinie längsverlaufender Ectodermverdickungen, der so- genannten P r i 111 itivwülste (pag. 795, Fig. 489 A), welche sich vom Kopfabschnitte bis zum Endsegmente erstrecken und zwischen sich eine unpaare Einsenkung, die Primitiv rinne, erkennen lassen (Fig. 500 C, pr und pw). Bald nach dem Auftreten der rrimitivwülste kann man an ihnen die ersten Spuren der Segmentirung erkennen, indem sie auf der Höhe der Segmente mächtiger sind, als an den Segmentgrenzen. Die Primitivwülste gehen nach vorne zu den Seiten der Oesophaguseinstülpung (Anlage der Schlundcommissur) auf das Kopfsegment über und stehen mit der aus einer Verdickung des Kopflappens sich entwickelnden Ge- hirnanlage vom ersten Anfange an in directem Zusammenhange. Dieses Verhalten wurde neuerdings besonders von Patten (Nr. 67) betont, und auch von Heider (Nr. 38), und Graber (Nr. 30) gegenüber Will (Nr. 97) hervorgehoben, welcher die Gehirnanlage der Aphiden (Scheitelplatte) selbstständig entstehen und mit der Anlage der Bauchganglienkette durch die erst secundär zur Entwicklung kommenden Schlundcommissuren in Verbindung treten lässt (vgl. hinsichtlich derselben Verhältnisse bei den Crustaceen pag. 360 Anm.). Aus den segmentalen Erweiterungen der Primitivwülste gehen die Ganglien der Bauchganglienkette, aus den intersegmentalen Verschmäle- rungen die paarigen Längscommissuren hervor. 820 XXIII. Capitel. An Querschnitten (pag. 817, Fig. 500 G\ pag. 773, Fig. 477) erkennt man, dass das Ectoderm im Bereich der Primitivwülste (pw) zunächst mehrschichtig geworden ist. Später lösen sich durch eine Art von Delamination die tieferen Schichten von den oberflächlichen los (Fig. 500 D — F, s) und bilden die sogenannten Seitenstränge, d.h. die Anlagen der Längs- stränge der Bauchganglienkette. Inzwischen vertieft sich die Primitiv- rinne (pr) und bildet eine zwischen die Seitenstränge sich erstreckende Einstülpung. Die Zellen im Grunde dieser Einstülpung stellen den so- genannten Mittelstrang dar und werden entsprechend der Mitte der Segmente zur Entwicklung von querverlaufenden Nervenfibrillen ver- wendet, wodurch die Quercommissuren der einzelnen Ganglienpaare ge- bildet werden (Hatschek). Hinsichtlich des Verhaltens des Mittelstranges im Bereiche der inter- ganglionären Strecke sind die Ansichten bisher noch getheilt. Während man im Allgemeinen im Anschlüsse an Hatschek glaubte, dass im Bereich dieser Strecke die Einstülpung der Primitivrinne sich später verflacht und ihre Wand völlig zur Bildung von Hypodermis aufgebraucht werde, giebt Gkaber (No. 30) auch für diese Region die Abspaltung eines Mittelstranges an, welcher in späteren Stadien rückgebildet werden soll. Die Nervenfibrillen entstehen zunächst an der inneren oder basalen Fläche der Seitenstränge und des Mittelstranges. Sie werden erst durch secundäre Lageverschiebungen ringsum von Ganglienzellen umhüllt. (Vgl. über das gleiche Verhalten bei den Crustaceen pag. 360 und 361). Entsprechend den Angaben Leydir's über das Vorhandensein einer doppelten Quercommissur in jedem Bauchmarkganglion vieler Insecten hat man vielfach auch eine solche doppelte Anlage bereits im Embryo nach- weisen können. (Patten No. 66, Ayers No. 1, Heider No. 38, Wheeler No. 95, Graber No. 30). Ueber die Art und Weise der Entstehung der peripheren von den Bauchmarkganglien abtretenden Nerven sind bisher keine genaueren Mittheilungen gemacht worden. Bezüglich des bei vielen Insecten beobachteten, die Bauchganglienkette überbrückenden ventralen Diaphragma's (pag. 834, Fig. 509 A, dv), sei erwähnt, dass Korotneff (No. 47) dasselbe vom Mesoderm herleitet, während Heider (No. 38) bei Hydrophilus seine erste Entstehung auf seitlich von den Ganglienanlagen befindliche Ectodermzellen zurückführen zu können glaubte. Eine ungemein regelmässige Anordnung der Zellen zeigen die Quer- schnitte durch die Bauchmarksanlage mancher Orthopteren (Fig. 501). Wheeler (Nr. 94) hat neuerdings bei Xiphidium an der Oberfläche der Seitenstränge jederseits vier grosse als „Neuroblasten" bezeichnete Zellen (nt— n4) erkannt, von denen das Zellmaterial durch Knospung erzeugt wird und in Folge dessen eine Anordnung in vertical gestellte Lamellen (g) aufweist. Aehnliches haben Graber (Nr. 30) für Steno- bothrus und Vi all an es (Nr. 84) für Mantis beobachtet. Der Mittelstrang weist nach Wheeler nur in der interganglionären Region Neuroblasten (im) auf, welche jedoch bald an die Hinterseite der Quer- commissuren rücken. Jedenfalls ist — wie dies auch Wheele hervor- hebt — in dem Vorhandensein von acht Längsreihen von Neuroblasten ein Hinweis auf ähnliche Verhältnisse der Anneliden gegeben, wo sich nur zwei solche Reihen, von den Neuroteloblasten aus erzeugt, vorfinden (vgl. oben pag. 195 und 221). Insecten. 821 Ursprünglich wird in jedem der sechzehn Segmente des primären Rumpfes ein Ganglienpaar der Bauchganglienkette angelegt. Später können Verschmelzungen unter denselben eintreten, wodurch eine schein- bare Reduction der Zahl veranlasst wird. So vereinigen sich die Ganglien- paare der drei Kiefersegmente zur Bildung des unteren Schlundganglions, während die letzten Abdominalganglienpaare in verschiedener Zahl mit einander verschmelzen und gleichzeitig weiter nach vorne rücken. In einzelnen Fällen kommt es zu einer sehr beträchtlichen Concentration des Bauchmarks durch Vereinigung der auf einander folgenden Ganglien- paare (z. B. bei vielen Dipteren). Das Gehirn (oberes Schlundganglion) entwickelt sich im Bereiche des durch die Ausbreitung der Kopflappen gekennzeichneten vorderen Kopfabschnittes. Wir können an der Gehirnanlage frühzeitig folgende Abschnitte unterscheiden : 1. Paarige, zu den Seiten der Mundöffnung und des Vorderkopfes nach vorne verlaufende Verdickungen des Ectoderms, welche sich als die directe Fortsetzung der Primitivwülste darstellen (Fig. 502 61, b2, bs) und aus denen jene Gehirnparthien hervorgehen, welche man als die Stamm- ganglien bezeichnen könnte, und welche von Viallanes als Proto- cerebrum, Deutocerebrum und Tritocerebrum unterschieden Fig. 501. Querschnitt durch die Anlage des Bauchmarks von Xiphidium (nach Wheeler). / Fasermassen im Querschnitt, m Neuroblastzelle des Mittelstranges, n1 — n± Neuro- blasten der Seitenstränge, z Ganglienzellpfeiler von den Neuroblasten ausgehend. wurden. Entsprechend dieser Theilung macht sich auch schon an der Anlage frühzeitig eine Segmentirung in drei hinter einander folgende Ab- schnitte bemerkbar. Patten (Nr. 67) hat das Verdienst, auf diese Seg- mentirung zuerst hingewiesen zu haben. 2. Eine umfängliche, lateralwärts von den genannten Wülsten ge- legene Ectodermverdickung im Bereiche der Kopflappen (Fig. 502 A, og). Es ist dies die Anlage des Ganglion opticum. Diese Anlage wird an ihrem äusseren Rande von einer halbkreisförmigen Ectodermeinstül- pung (*) umfasst (Ganglionic invagination, Patten), welche weitere Ele- mente zur Vergrösserung des optischen Ganglions liefert und mit einer ähnlichen bei den Decapoden (vgl. pag. 370) und den Arachniden (vgl. pag. 546 ff. und 583) gefundenen Einstülpung der Lage nach übereinstimmt. Der nach aussen von der genannten Einstülpung gelegene Theil des Ectoderms der Kopflappen (Fig. 502 A, op) , welcher eine Verdickung auf- weist, vergrössert sich später beträchtlich und liefert einen grossen Theil der Kopfhaut und die Anlagen der Augen, wesshalb er als Augen platte (Optic plate) bezeichnet wird. Korschelt-Heider, Lehrbuch. 53 822 XXIII. Capitel. Die Loslösimg der Gehirnanlage von dem Ectoderm ist, ebenso wie die der Seitenstränge der Bauchganglienkette auf einen Delaminations- process zurückzuführen. Hiervon macht die erwähnte Einstülpung inso- fern eine Ausnahme, als dieselbe als Ganzes direct in die Zusammen- setzung des optischen Ganglions eingeht. In gleicher Weise, wie wir dies für die Seitenstränge des Bauchmarks geschildert haben, werden auch hier die Fasermassen zunächst an der inneren Fläche der Gehirnanlage ausgebildet und gelangen erst später in das Innere des sich zu einem plastischen Körper ballenden Gehirnes, so dass sie ringsum von einem Ganglienbelag umhüllt erscheinen. Die beiden Hälften des Gehirns werden ursprünglich getrennt von einander angelegt. Später, wenn der Abschluss des Rückentheils des Kopfes sich vollzieht, rücken die beiden Gehirnhälften an der Dorsalseite Fig. 502. Schema der Gehirnentwicklung von Acilius (nach Patten). A Vorderende des Keimstreifs eines Acilius-Embryos. B dasselbe im 3!i Profil. at Antenne, bx erstes Gehirusegment, b2 zweites Gehirnsegment, b* drittes Gehirn- segment, i Einstülpung, il vorderer Abschnitt, i- hinterer Abschnitt der Einstülpung. I paarige Anlage der Oberlippe, m Mund, md Mandibel, mx' erste Maxille, mx" zweite Maxille, og Ganglion opticum, og1 erstes Segment, og2 zweites Segment, og% drittes Segment des Ganglion opticum, op Augenplatte, 1 — 6 Anlage des ersten bis sechsten Larvenauges, I — IV die vier vordersten Segmente der Bauchganglienkette, I dem Vor- kiefersegmente (?), II dem Mandibelsegmente, III dem ei'sten Maxillarsegmente, IV Aeva. zweiten Maxillarsegmente zugehörig. einander immer näher, bis sich schliesslich zwischen ihnen unter Theil- nahme einer medianen Einstülpung (also wie bei den Quercommissuren der Bauchmarksganglien) eine commissurenartige Verbindung herstellt (Grassi Nr. 32, Heider Nr. 38, Graber Nr. 28 und 30}. Hinsichtlich des Details der Entwicklung des Insectengehirnes sind in neuerer Zeit hauptsächlich die Angaben von Patten (No. 67) für Acilius und von Viallanes (No. 84) für Mantis von Wichtigkeit geworden. Nach Patten soll an der gesammten Kopfanlage eine Zusammensetzung aus drei Segmenten (Fig. 502) erkennbar sein, an welcher Segmentirung nicht blos die Stammtheile der Gehirnanlage , sondern auch die Anlage des Ganglion opticum und die Augenplatte participiren. Auf der demnach in drei auf- Insecten. 823 einander folgende Segmente zertheilten Augenplatte (oj;), finden sich bei Acilius die Anlagen der sechs Ocellen der Larve in der Weise vertheilt, dass je ein Paar von Ocellen einem Segment zukommt (Fig. 502 JS, 1 — 6). Bei der in späteren Stadien im Zusammenhang mit der Ausbildung des Rückenabschnittes des Kopfes stattfindenden Verschiebung der einzelnen Theile der Kopfanlage, von welcher wir oben (pag. 800) gesprochen haben , finden auch Veränderungen der gegenseitigen Lage der Ocellen statt, auf welche jedoch im Einzelnen hier nicht näher eingegangen werden kann. Auch die obenerwähnte an der Bildung des Ganglion opticum betheiligte Einstülpung soll nach Patten in drei der Gehirnsegmentirung entsprechende Abschnitte (Fig. 502 B, il i2) zerfallen, von denen bei Acilius nur die beiden vor- deren als deutliche Einstülpungen erkennbar sind, während der dritte durch eine solide Einwucherung ersetzt ist. Die Angaben Patten's sind von Whee- ler (No. 95) für Doryphora fast voll- ständig bestätigt worden. Ebenso scheint auch Carriere (No. 13) den Anschauungen Patten's nahe zu kommen. Dagegen konnten sich Heider (No. 38) und Graber (No. 30) an Hydrophilus zwar von dem Vorhanden- sein einer Segmentirung im Bereiche des Stammtheils des Gehirns (b1 — b3) überzeugen, dagegen war die Segmentirung im Bereiche des optischen Ganglions und der Augen- platte nicht deutlich erkennbar. Es spricht auch schon ein Vergleich mit den Verhält- nissen bei den übrigen Arthropoden, vor Allem bei den Crustaceen (vgl. pag. 362 ff.) für die Ansicht, dass das optische Ganglion ein dem vordersten Gehirntheil ausschliesslich zugehöriger, secundärer Gehirnabschnitt sei. Mit dieser Auffassung stehen auch die neueren Angaben Viallanes' (No. 84) für Mantis in Uebereinstimmung. Nach Vial- lanes zerfällt der Stammtheil des Gehirns (Fig. 503) in drei Abschnitte, welche dem Protocerebrum (pc), Deutocerebrum (de) und Tritocerebrum (tc) des ausge- bildeten Thieres entsprechen. Von diesen steht das Protocerebrum in Ver- bindung mit den optischen Ganglien (go) und liefert ausserdem die Nerven zu den Ocellen (no) sowie den dorsalen Integumentnerven, das Deutocerebrum liefert die Antennennerven (na' und na"), während das Tritocerebrum den mit dem Ganglion frontale in Verbindung stehenden Labrofrontalnerven (?/) abgiebt. An der Anlage des optischen Ganglions konnte Viallanes nur eine Trennung in eine äussere und innere Parthie (pr emier lobe protocörebral und deuxieme lobe pro to cerebral erkennen. Auch Cholodkoysky (No. 20) konnte an Phyllodromia die Gehirnsegmentirung beobachten. Er hält jedoch die optischen Ganglien für zu dem dritten Gehirnabschnitte gehörig. Nach dem Gesagten würden wir geneigt sein, den primären Kopfabschnitt als aus drei verschmolzenen Segmenten hervorgegangen zu betrachten. Von diesen würde das vorderste als echtes primäres Kopfsegment zu be- zeichnen sein. Der ihm zukommende Gehirnabschnitt (Protocerebrum) würde das Homologon des aus der Scheitelplatte hervorgegangenen Annelidengehirnes 53* Fig. 503. Vordere (Ventral-) Ansicht des ausgebildeten Gehirnes von O e d i p o d a (nach Vialläkes). c Schlundcommissur. c' Quer- commissur hinter dem Schlünde, de Deutocerebrum, go Ganglion op- ticum, If Labrofrontalnerv, na' An- tennennerv, na" accessorischer An- tennennerv, no Nerven der drei Ocellen, pc Protocerebrum, r Wur- zel des paarigen, stomatogastrischen Ganglions, tc Tritocerebrum. 824 XXIII. Capitel. darstellen. Das zweite Kopfsegment , als -welches wir das Antennen- segment1) zu betrachten hätten, würde als ein ursprünglich postoral gelegenes erst secundär nach vorne gerücktes Rumpfsegment zu betrachten sein (vgl. oben pag. 793), und die gleiche Betrachtungsweise würde auch für das dritte Kopfsegment zutreffen, hinter welchem dann eventuell das hypothetische Vor- kiefersegment und hierauf das Mandibelsegment folgen würden. Es muss dem Gesagten gegenüber auffallen, dass man bisher im pri- mären Kopfabschnitte blos ein Paar von Cölomsäcken hat auffinden können (vgl. oben pag. 816). Dieses Paar gehört nach Cholodkowsky dem Segmente Fig'. 504. Zwei Stadien der Entwicklung des fünften Ocellus der Acilius- Larve (nach Patten). c Cuticularer Stäbchensaum, el Anlage der Chitinlinse, h Hypodermis, l lentigene Schicht (Glaskörper), n Nerv, r Anlage der Retina, sp Verticalspalt der Retina, x die diesen Spalt seitlich begrenzenden Retinazellen. der Antennen zu, in welche sich auch ein Fortsatz desselben hineinerstreckt. Wir müssten annehmen, dass die zwischen dem genannten und den Cölom- säcken des Mandibelsegmentes gelegenen Ursegmentpaare secundär unter- drückt sind. J) Es muss erwähnt werden, dass Patten (No. 67) und Carriere (No. 13) die Antenne dem dritten Gehirnsegmente zurechnen. Insecten. 825 Es verdient erwähnt zu werden, dass das Ganglion frontale und der damit zusammenhängende unpaare Schlund nerv selbst- ständige Bildungen sind, welche erst secundär mit dem Gehirn in Ver- bindung treten. Sie verdanken ihre Entstehung einer Ectodermeinstül- pung, welche der vorderen Wand der Oesophaguseinsenlaing angehört. Fig. 505. Zwei spätere Stadien der Entwicklung des fünften Ocellus der Acilius- larve (nach Patten). cl Chitinlinse, i pigmentirte sog. Iris, l lentigene Schicht (Glaskörper), m mittlere inverse Schicht des Auges, r Retina, sp Verticalspalt der Retina, st Stäbchen, x Zellen, welche den Verticalspalt begrenzen. Von dieser Einstülpung wird das Material für die Bildung des Frontal- ganglions und der Schlundnerven geliefert (Heider Nr. 38, Carriere Nr. 13). 826 XXIII. Capitel. D. Sinnesorgane. Wir sind nur über die Entwicklung der Augen einigermassen orientirt und müssen die Besprechung der Oc eilen und des zusammenge- setzten Seiten äuge s (Fach er äuge) gesondert behandeln. Ueber die Entwicklung der Ocellen der Aciliuslarve hat neuer- dings Patten (Nr. 67) eingehende Mittheilungen gemacht. Wir finden hier jederseits sechs Ocellen, welche nach Patten sich in drei Paaren auf die von ihm angenommenen drei vordersten Kopfsegmente vertheiien sollen. Die einzelnen Ocellen dieser drei Paare wreisen unter einander nach ihrem Bau und ihrer Entwicklung ziemlich bedeutende Verschieden- heiten auf, obgleich darin ein gewisser einheitlicher Typus zu erkennen ist. Diesem scheint der Ocellus Nr. V (ventraler Ocellus des dritten Paares, in der Larve aber weit nach vorne verschoben) am nächsten zu stehen, daher wir uns mit der Schilderung der Entwicklung dieses einen Auges begnügen. Die Anlage dieses Ocellus (Fig. 504 A) erinnert in einein gewissen Stadium der Entwicklung sehr an die einfach gestalteten Seh gruben oder Napf au gen, wie sie bei gewissen Mollusken (z. B. an der Aussen- seite der Tentakel von Patella sich vorfinden. Sie stellt eine ein- fache grubenförmige Einsenkung einer verdickten Hypodermisparthie dar. Die hohen Zellen, welche die Wand dieser Einsenkung zusammensetzen, sind in einer einfachen Schicht angeordnet und tragen an ihrem freien, gegen die Sehgrube gekehrten Ende einen gestrichelten Cuticularsaum (c), während von ihren unteren oder basalen Enden die Nervenfasern zur Bildung eines gemeinsamen Sehnerven zusammentreten. Nach Patten soll diese anscheinend einheitliche Anlage des Ocellus durch Verschmelzung von mindestens vier gesonderten Grübchen entstanden sein, welche embryonale Primärorgane darstellen und ihrem Bau nach an die Augengruben im Mantelrande von Area erinnern. Entsprechend dieser Ver- schmelzung weist auch der Sehnerv eine Zusammensetzung aus vier ursprüng- lich getrennten Bündeln auf. In späteren Stadien schliesst sich die Augengrube nach aussen (Fig. 504 B) ab, indem die Randparthien sich bis zur gegenseitigen Be- rührung über die tieferen Theile des Auges hinüberschieben. Auf diese Weise geht aus der grübchenförmigen Anlage ein durch Ueberwachsung zweischichtig gewordenes Napf äuge hervor. Die äussere, oder oberflächliche Schichte (l) wird in ihrem centralen Antheil zur 1 enti- ge nen Schicht (Glaskörper), während die peripheren Parthien zur pig- mentirten Iris werden. Aus dem cuticularen Stäbchensaum dieser Zellen geht allmählich die cuti ciliare Chitinlinse (d) des Ocellus hervor. Am Bande geht die in Rede stehende, oberflächliche Schichte des Auges direct in die unveränderte Hypodermis (h) über. Die tieferliegende Schicht des Auges, welche noch immer becher- förmig eingekrümmt erscheint, muss als Anlage der Retina (r) be- zeichnet werden. Aus ihrem cuticularen Stäbchensaunie gehen die Seh- stäbchen hervor. Bald entwickeln sich gewisse Besonderheiten, welche für das Auge von Acilius charakteristisch sind. So vor Allem ein die Retina senkrecht durchsetzender Spalt (sp), welcher von den horizontal gestellten Stäbchen der anliegenden grossen Retinazellen (x) begrenzt wird. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung (Fig. 505) kommt es bei Insecten. 827 diesem Auge zu einer Abflachung des becherförmigen Innenraumes, wo- durch der Augengrund geebnet und die demselben angehörigen Stäbchen vertical gestellt (Fig. 505 B, st) erscheinen. Dagegen sind die dem Rande des Retinabechers angehörigen Zellen (m) genöthigt, sich nach Innen einzukrümmen und bilden eine inverse, mit ihren Stäbchen gegen die Basis des Retinabechers gerichtete Randschicht, welche als das Rudiment einer dritten, zwischen die beiden Hauptschichten des Auges sich ein- schiebenden Schicht betrachtet werden kann. Wir würden nach dem Ge- sagten berechtigt sein, das zwei- schichtige Insectenstemrrta von einem dreischichtigen Auge durch Atrophie oder unvollständigeEnt- wicklung der mittleren Schicht abzuleiten. Noch deutlicher als beiAcilius soll die ursprüngliche Dreischichtigkeit des Ocellus nach Pattex (No. 6Q) an den Augen der jüngsten Hydro- philuslarven (Fig. 506) zu erkennen sein , bei welchen die Augeneinstülpung nicht von der Mitte, sondern vom Rande und zwar von der Dorsalseite her in die Augenanlage eindringt (Fig. 506 -4). Noch in späteren Stadien erhält sich ein Rest der mittleren Zellschicht (m). Nach denUntersuchungenGRENACHERS ( No. 151) scheinen jedoch gewisse Insectenstemmata zeitlebens (Fig. 507) dem Typus des einfachen Napfauges viel näher zu bleiben, als man nach den erwähnten An- gaben Patten's erwarten sollte, indem bei ihnen die Augenblase niemals zum vollständigen Ver- schlusse kommt und die Schich- ten der Retinazellen und der Linsenbildungszellen stets in direkter Continuität mit der Hypo- dermis bleiben (vgl. z.B.Fig.507). Mit den Angaben Patten's stehen die Mittheilungen Car- riere's nicht in Uebereinstimmung. Wenn wir Carriere (No. 14) recht ver- stehen, so geht bei der Entwicklung der Ocellen in den Puppen von Ckry- sididen und Ichneumoniden die Trennung der Retinaschicht von der lentigenen Schicht durch Delamination vor sich, während die erst später sich entwickelnde Augeneinstülpung den Typus des Napfauges zur Ausbildung bringt und gleichzeitig zur Entwicklung der Cornealinse in gewisser Beziehung steht. Die Larven der holometabolischen Insecten entbehren in der Regel der zusammengesetzten Seitenaugen (Fächeraugen). Solche kommen erst Fig. 506. A Augenanlage einer eben aus- geschlüpften Hydrophiluslarve, B einer etwas älteren Larve (nach Patten). cl Chitinlinse, h Hypodermis, l lentigene Schicht, m Mittelschicht der Augenanlage, n Nerv, o Mündung der Augeneinstülpung, r Ketinaschicht, rb Stäbchen (in A in eine einzige Reihe gestellt). 828 XXIII. Capitel. bei dem allmählichen Uebergange in den Imagozustand zur Entwicklung. Dagegen besitzen die Larven häufig eine Anzahl (sehr oft sechs) seitlich gestellter Ocellen, Es erhebt sich nun die Frage, in welcher Beziehung die zusammengesetzten Seitenaugen der Image- zu den Ocellen der Larve stehen. Es ist sicher, dass die Ocellen der Larve rückgebildet und nicht in die Imago mit übernommen werden. Man kann an Schmetterlings- puppen die der Rückbildung entgegengehenden Larvenocellen von der Hypodermis losgelöst und an dem Sehnerv wie an einem Stiel in das Innere der Larve zurückgezogen finden (Carriere Nr. 147). Da sich zu dieser Zeit die Anlage des zusammengesetzten Auges als seitliche Hypo- dermisverdickung bemerkbar macht, so könnte man meinen, dass letzteres eine vollständige Neuerwerbung darstellt. Nach den Beobachtungen Patten's für Acilius scheint aber doch eine gewisse Beziehung zwischen den Larvenaugen und dem Imago- gk i auge zu bestehen. Bei Acilius besitzt das mächtig entwickelte und complicirt gebaute Larven- auge Nr. I einen eigenthümlichen dorsalen Anhang, welcher viel- leicht das Rudiment eines Ocellus darstellt. Jene Hypodermisver- dickung nun, welche zur Ausbil- dung des imaginalen Seitenauges führt, entwickelt sich zunächst in directer Umgebung dieses An- hangs. In späteren Stadien bil- det diese Anlage ein verdicktes Band, welches die sechs Ocellen fast rings umgiebt. Es ist diese Lagebeziehung vielleicht einer Auffassung günstig, welche in Fig. 507. »Schnitt durch das Auge einer Käferlarve (Dytiscus) [nach Grenacher, aus Hatschek's Lehrbuch]. c Chitincuticula, l Cornealinse, h Hypo- dermis, pz Pigmeutzellen, gk Glaskörper, r Retina, b Basalmembran. dem Complex der sechs Larven- ocellen und in dem später zur Entwicklung kommenden Fächerauge nur different entwickelte Parthien eines und desselben Sehfeldes erblickt. Wir werden uns hierbei der Auffassung Grenacher's erinnern dürfen, nach welcher die Ommatidien des Fächerauges einerseits und die Ocellen andererseits nur differente Entwicklungsformen und Ausbildungsstufen eines und desselben Augentypus darstellen (vgl. hierzu auch pag. 894 ff.). Die frontalen Ocellen der Imagines vieler Insecten haben mit den Larvenocellen nichts zu thun. Gegen die Ansicht Patten' s, dass sie viel- leicht in näherer Beziehung zu den Fächeraugen stehen, dürften die selbst- ständigen Verhältnisse ihrer Innervirung angeführt werden. Wir finden diese Ocellen häufig in der Dreizahl vorhanden. Pattex (No. 66) hat bei Vespa beobachtet, dass der mediane unpaare Ocellus durch Verwachsung aus einer paarigen Anlage hervorgeht. Das Detail der Entwicklung der zusammengesetzten Seitenaugen (Fächeraugen oder Facettenaugen) ist bisher hauptsächlich an den Puppen der holometabolischen Insecten (für die Dipteren durch Weismann Nr. 1 29, für die L e p i d o p t e r e n und H y m e n o p t e r e n durch Carriere Nr. 147) bekannt geworden. In vielen Fällen macht sich die erste An- lage der Fächeraugen — wie wir oben sahen — in einer paarigen, seit- lichen Hypoderinisverdickung geltend, während in anderen Fällen nur Insecten. 829 eine Verdichtung des Ectoderms zu bemerken ist, indem die einzelnen Zellen enger aneinander rücken. Die Sonderung der einzelnen Omma- tidien (Einzelaugen) geht hier ausschliesslich auf dem Wege der histo- logischen Differenzirung (Fig. 508) vor sich. Frühzeitig kann man — ähnlich wie dies oben (pag. 368) für Mysis erwähnt wurde — die ein- zelnen Ommatealp feiler und dazwischen gelegenes indifferentes Ge- webe [die bei Vespa sehr mächtigen Zwischenpfeiler (1)] unter- scheiden. Im Bereiche der Ommatealp fei ler rücken die Zellen in zwei Schichten übereinander, von denen die äussere die Krystallkegel- zellen (2) und die Hauptpigmentzellen (3), die innere dagegen die mit den Nervenfasern (5) im Zusammenhang stehende Retinula (4) liefert. Die Krystallkegelzellen sondern nach aussen die cuticulare ab, während in ihrem Inneren bei den Augen des euconen Krystallkegel zur Entwicklung kommt. Aus den Zellen der Zwischenpfeiler (1) ent- wickeln sich die sogenannten Nebenpig- mentzellen. Im Verlaufe der weiteren Ent- wicklung verdickt sich die Augenanlage beträchtlich, wodurch die einzelnen Om- matidien höher und schmäler werden und auch dichter aneinander rücken. Vor Allem gewinnen die Retinulazellen bedeutend an Höhe. Es erfolgt die Pigmenteinlagerung sowohl in den Retinulazellen, als auch in den verschiedenen, die Aussenseite des Om- matidiums bedeckenden Pigmentzellen. Die Entwicklung der Ommatidien erscheint hiermit in ihren wesentlichsten Zügen voll- endet (Carriüre). Cornealinse Typus der - 2 E. Tracheensystem. Schnitt durch das begriffene zusam- von Vespa Hatschek's Fi?. 508. in Entwicklung mengesetzte Auge (nach Carriere, aus Lehrbuch). 1 Cylinderzellen (spätere Neben- pigmentzellen , 2 Krystallkegel- zellen , 3 Hauptpigmentzellen, 4 Retinula, 5 Nerv, welcher zu den einzelnen Ommatidien Aeste ab- riebt. x\usbildung Die Tracheen entstehen aus paarigen segmental angeordneten Ectodermeinstülp- ungen, welche* lateralwärts von den Extre- mitätenanlagen gelegen sind (Fig. 488 A, st, pag. 793; Fig. 489 A, st, pag. 795 und Fig. 500 E, tr, pag. 817). Meist macht sich die Entwicklung der Tracheeneinstülp- ungen schon in ziemlich frühen Stadien, bald nach der der Gliedmaassenanlagen bemerkbar. Doch scheint es nach einer Be- merkung von Geassi (Nr. 33), dass bei Japyx die Ausbildung des Tracheensystems erst in späten Embryonalstadien stattfindet. Dies würde als das ursprünglichere, an die Myriopoden erinnernde Verhalten zu be- trachten sein (vgl. pag. 747 und 757). Denn da das Tracheensystem, phylogenetisch betrachtet, eine der jüngsten Erwerbungen der Insecten- ahnen darstellt, so müssen wir seine frühzeitige Entwicklung in der Ontogenie der meisten Insecten als eine durch die Wichtigkeit des Organ- systems bedingte secundäre Verlagerung in frühere Stadien betrachten. ' Die ursprünglich einfachen Tracheeneinstülpungen (pag. 817, Fig. 500 E, tr) erfahren zunächst in ihrem Grunde eine Erweiterung, von welcher bald die einzelnen Tracheenäste als Divertikel abgehen, während der verengte Eingang der Einstülpung als Stigmenast und Stignienöffnung 830 XXIII. Capitel. erhalten bleibt. Indem die hinter einander gelegenen, aus den einzelnen Tracheeneinstülpungen hervorgegangenen taschenartigen Räume sich nach der Längsrichtung des Körpers in die Länge ziehen und mit ihren Enden unter einander verschmelzen, entstehen nach Durchbruch der Ver- wachsungsstelle die beiden Längsstämme des Tracheensystems (Bütschli Nr. 11). Erst in späten Embryonalstadien wird die cuticulare Tracheen- intima abgeschieden ; die Füllung mit Luft vollzieht sich nach Weismann (Nr. 87) zum Theil schon vor dem Ausschlüpfen des Embryos, indem wie es scheint — aus den Geweben und der Körperflüssigkeit Luft ab- geschieden wird. Die weitere Entwicklung der Tracheen Verästelungen erfolgt, soweit diese bisher am Embryo beobachtet ist, stets durch fortschreitende Divertikel- bildung. Die so entstandenen Aeste sind demnach intercelluläre Bildungen. Dagegen muss erwähnt werden, dass die feinsten Tracheenverästelungen intra- celluläre Canälchen sind. Wenngleich Schäffer (No. 124 a, wo auch die Litteratur über diesen Punkt zu finden ist), ganz richtig hervorbebt, dass der Unterschied zwischen beiden Bildungsweisen kein bedeutender ist, indem es sich in beiden Fällen nur um Oberflächenvergrösserung (einer Zellplatte bei der intercellulären Entstehung, einer einzigen Zelle bei der intracellulären Bildung) handelt, so gewinnt dieser Unterschied durch den Vergleich mit den Verhältnissen bei Peripatus ein gewisses Interesse. Die Tracheen von Peripatus bestehen aus zahlreichen feinsten Röhrchen, welche zu einem Büschel vereinigt aus einem kurzen mit dem Stigma verbundenen Trichter entspringen. Wir werden vielleicht die feinen Röhrchen von Peripatus dem intracellulären Theil, den Trichter dagegen dem intercellulären Theil des Tracheensystems der Insecten gleichsetzen dürfen. In gewissen Entwicklungsstadien ähneln die Tracheen sehr der Anlage der Speicheldrüsen x) und der Malpighi'schen Gefässe. Dieser Umstand, sowie eine Betrachtung der Lage- und Zahlenverhältnisse dieser Einstülpungen bei den Hymenopteren, hat die Ansicht (Bütschli No. 11, Grassi No. 32 und z. Th. auch Carriere No. 13) gestützt, dass in den Tracheen und den genannten Drüsen gleichwerthige Organe vorliegen. Doch ergeben sich aus einer Betrachtung der Anatomie von Peripatus Einwände gegen diese Ansicht. Die anscheinend regellose Vertheilung der Tracheen bei Peripatus und der Umstand, dass hier z. Th. auch schon ähnliche Drüsen vorhanden sind, die den genannten Drüsen der Insecten vielleicht homolog sind, lässt die Ueberein- stimmung der Lage- und Zahlenverhältnisse als nicht ins Gewicht fallend erscheinen. Vor Allem aber weisen die Tracheen von Peripatus einen Bau auf, der dieselben von den erwähnten Drüsen sehr verschieden erscheinen lässt. Selbst die Ansicht Moseley's, dass die Tracheen umgewandelte Haut- drüsen seien, die auch Palmen für wahrscheinlich hält, bietet manche Schwierigkeit. Abgesehen von dem Umstände, dass wir bei jenen Formen, die den mutbmasslichen Tracheatenahnen näher stehen, Hautdrüsen dieser Art nicht kennen, setzt der Uebergang von einem Secretionsorgan in ein luft- gefülltes Respirationsorgan einen physiologisch schwer vorstellbaren Functions- wechsel voraus. Höchst wahrscheinlich haben wir demnach in der Tracheen- *) Ausserdem kommt im ausführenden Abschnitt mancher Spinndrüsen ein ganz ähnlicher Spiralfaden zur Entwicklung, wie bei den Tracheen. Dass auf dieses Merk- mal kein Gewicht zu legen ist, geht schon aus dem Umstände hervor, dass ein ganz ahnlicher Spiralfaden sich z. B. auch im Vas deferens der Cytheriden vorfindet (Kaufmann). Insecten. 831 einstülpung eine Bildung sui generis zu erblicken. Es sei hier auf die Ver- hältnisse der landbewohnenden Isopoden hingewiesen, in deren Kiemenblättern lufthaltige Räume, ja in einem Falle (Tylus) — wie es scheint — den Tracheen durchaus analoge Bildungen zur Entwicklung kommen. F. Darmcanal und Drüsen des Darms. Von den drei Abschnitten des Darmcanals : Vorderdarm, Mitteldarm und Enddarm, werden Vorderdarm und Enddarm als Einstülpungen des Ectoderms angelegt, deren blindes Ende gegen den Mitteldarm durch- bricht. In den meisten Fällen tritt am Keimstreif die Einstülpung des Vorderdarmes etwas früher auf, als die des Enddarms (vgl. oben pag. 792 und Fig. 487 C, m auf pag. 789). Die Musculatur dieser Abschnitte wird von dem umgebenden Mesoderm geliefert. An der Vorderdarmeinstül- pung tritt frühzeitig eine unpaare, dorsale Einstülpung auf, aus der das Ganglion frontale und der Schlundnerv hervorgehen (vgl. oben pag. 825). Dass die Vorderdarm- und Enddarmeinstülpung wirklich ectodermale Bildungen sind, erscheint durch die übereinstimmenden Beobachtungen zahl- reicher Untersucher und durch den Vergleich mit den Verhältnissen in anderen Arthropodengruppen ziemlich sichergestellt. Allerdings hat Voeltzkow (No. 85) neuerdings beide Bildungen vom unteren Blatte abgeleitet, und Geabek hat sich dieser Auffassung für das Proctodaeum von Musca ange- schlossen. Wir müssen diesbezüglich auf das oben (pag. 811) über die Ver- hältnisse bei Musca Gesagte verweisen. Der Durchbruch des Vorder- und Enddarmes gegen die Mitteldarmanlage vollzieht sich gewöhnlich schon in ziemlich frühen Embryonalstadien. Nur bei gewissen Larvenformen (viele Hymenopteren z. B. Apis, ferner Myr- meleon) unterbleibt die Hei Stellung einer Communication zwischen dem Mittel- darm und dem Enddarm, welch letzterer dann ausschliesslich excretorische Function besitzt. Die Entwicklung des Mitteldanns geht von zwei ursprünglich ge- sonderten Anlagen aus, der vorderen und hinteren Entodermanlage (vgl. oben pag. 809), welche vom ersten Anfange an in innigen Beziehungen zur Einstülpung des Vorder- und Enddarmes stehen. Ursprünglich als einfache Zellansammlung diesen Einstülpungen so dicht angelagert, dass Voeltzkow (Nr. 85, 86), Patten (Nr. 68) und Graber (Nr. 28 u. 30) sie direct durch Wucherung von dem Epithel dieser Einstülpungen her- leiten, gewinnen sie bald durch fortschreitende Zellvermehrung an Aus- dehnung und nehmen eine U-förmige Gestalt an (pag. 810, Fig. 496 A, en u. en"). Die Schenkel der U-förmigen Anlage sind an der vorderen Entodermmasse nach hinten, an der hinteren dagegen nach vorne ge- richtet. Indem diese Schenkel gegeneinander wachsen, sich erreichen und mit einander verschmelzen, erscheinen zwei paarige Entodermstreifen ge- bildet, wTelche unter dem Keimstreifen nach der ganzen Länge desselben hinziehen und am vorderen und hinteren Ende desselben ineinander übergehen. An diesen Stellen stehen sie mit der Vorderdarm- und End- darmeinstülpung in inniger Verbindung. Die paarigen Entodermstreifen gehören den lateralen Parthien des Keimstreifs an. Sie liegen in der Ptegel dicht unter der Reihe der hinter einander folgenden Cölomsäckchen [vgl. pag. 817, Fig. 500 F, wo die Entodermstreifen (en) unter den Cölomsäckchen (us) im Querschnitte getroffen erscheinen]. Die dorsale Wand der Ursegmente steht somit 832 XXIII. Capitel. mit den Entodermstreifen in inniger Berührung. An dieser Wand des Urseginentes macht sich nun eine lebhafte Zellwucherung geltend, und das auf diese Weise producirte Zellmaterial, welches sich von der dor- salen Wand des Urseginentes abspaltet, bildet die äussere Schicht der Mitteldarmanlage, das splanchnische oder Darmfaserblatt (spm in Fig. 500 F, sp in Fig. 512, pag. 839). Der nach dieser Abspaltung übrig bleibende Rest der dorsalen Wand des Cölomsäckchens steht zur Genitalanlage in Beziehung und liefert die sogenannte Endfadenplatte (vgl. unten pag. 837 ff. und Fig. 512 ef). Die Entodermstreifen mit dem ihnen dicht anliegenden splanchnischen Blatte kann man nun als Mittel- darmanlage bezeichnen (pag. 803, Fig. 492 m und unten pag. 839 ff., Fig. 512, 513, 514 sp + eri). Dieselbe zeichnet sich in den folgenden Stadien durch ihr beträchtliches laterales Wachsthum aus ; sie verbreitet sich da- durch an der Oberfläche des Nahrungsdotters, welchen sie schliesslich vollständig umwächst (pag. 803, Fig. 492 C—F \mi\ pag. 839 und ff. 512, 513, 514). Diese Umwachsung geht in den meisten Fällen in der Weise vor sich, dass zunächst die beiden Mitteldarmstreifen sich im Bereich der ventralen Mittellinie mit einander vereinigen (Fig. 492 E u. Fig. 513). Erst später findet ihre Vereinigung an der Dorsalseite statt (Fig. 492 F und Fig. 514). Der Nahrungsdotter gelangt hierdurch vollständig in das Innere der Mitteldarmanlage und mit ihm die Reste des Rückenrohres oder Dorsalorgans (Fig. 492 F, s), wo ein solches vorhanden ist. Die gegebene Schilderung der Entwicklung des Mitteldarms, welcher zunächst die Verhältnisse von Hydro philus und Phyllodromia zu Grunde gelegt wurden, scheint für die meisten Insecten directe Anwendung zu finden. In einzelnen Fällen ergeben sich allerdings gewisse Abweichungen, so z. B. bei Musca, bei welcher Form die Cölomsäckchen nicht zu deut- licher Ausbildung gelangen (vgl. pag. 816) und nicht der gesammte Nah- rungsdotter in den Mitteldarm aufgenommen wird, sondern (wie auch bei anderen Dipteren) ein Theil desselben in der Leibeshöhle verbleibt, wo er allmählich resorbirt wird (Kowalevsky, Voeltzkow, Graber). Einigermassen abweichende Verhältnisse finden sich auch bei den Hymenopteren (Apis, Chalicodoma; Kowalevsky, Gkassi, Cakeieke), wo das Entoderm ursprüng- lich eine dorsale Lagerung einnimmt (vgl. pag. 812 ff.) und erst allmählich von dem Keimstreifen überwachsen wird. Hier geht die Umwachsung des Nahrungsdotters durch das Entoderm von der Dorsalseite nach der Ventral- seite vor sich. Die in die Mundhöhle einmündenden Drüsen, Speicheldrüsen, welche in mehreren (1 — 3) Paaren1) vorhanden sein können, entstehen als Ectodermeinstülpungen, welche ursprünglich nicht in den Vorderdarm, sondern nach der Körperoberfläche ausmünden. Wir dürfen sie demnach als Hautdrüsen betrachten, deren Mündung in die Mundhöhle einbezogen wurde (?). Bei den T r i c h o p t e r e n und Lepidopteren entwickelt sich ein vorderes Paar dieser Drüsen im vorderen und inneren Winkel der Mandibel-Anlagen (Hatschek Nr. 36, Patten Nr. 65). Ein zweites Paar, welches sich hier ebenso wie bei den Hymenopterenlarven , zu den Spinndrüsen umbildet, gehört dem Segment der zweiten Maxillen an (vgl. pag. 785, Fig. 485 A, sp). (Carriere rechnet sie allerdings dem ersten Brustsegmente zu). Wenn die zweiten Maxillen zur Bildung x) Nach Schiemenz (No. 125) vertheilen sich die verschiedenen Kopfdrüsen der Biene (Imago) derart auf die drei Kiefersegmente, dass jedem derselben ursprünglich ein Paar zukommt. Insecten. 333 der Unterlippe verwachsen, so werden die Mündungsstellen der paarigen Einstülpungen einander genähert, und es kommt zur Ausbildung eines kurzen unpaaren, in die Mundhöhle sich öffnenden Ausführungsganges (Bütschli Nr. 11 u. A.). Wir würden von vornherein geneigt sein, die Speicheldrüsen der Insecten mit den in die Mundhöhle mündenden Drüsen der Myriop öden zu homo- logisiren. Dem steht entgegen, dass letztere als umgewandelte Nephridien dem Mesoderm entstammen sollen (vgl. oben pag. 754), während die Speichel- drüsen der Insecten rein ectodermale Bildungen sind. Wir müssen daher die Frage nach der Homologie dieser Organe, ebenso wie ihre Beziehungen zu den ähnlichen Drüsen von Peripatus späteren Untersuchungen anheimstellen. Die Malpighi'schen Gefässe entwickeln sich als paarige Ausstül- pungen des Enddarms, die vom ersten Anbeginn an ein Lumen auf- weisen. Sie sind demnach Ectodermbildungen. Sie werden meist in der Zahl von zwei oder drei Paaren (Lepidopteren, Phryganiden, Hydro philus) angelegt. Bei jenen Formen, die später eine grössere Anzahl von Malpighi'schen Gelassen aufweisen, entwickeln sich dieselben als secundäre Divertikel der ursprünglich angelegten Gefässe (Gryllo- talpa, Rathke). Während die Mapighi'schen Gefässe meist erst nach der Ausbildung der Enddarmeinstülpung als Divertikel dieser letzteren angelegt werden, treten sie bei den Hymenopteren (A p i s und Chalicodoma) schon vor der Aus- bildung der Enddarmausstülpung als Einsenkungen des Ectoderms auf, welche dann zunächst an der Oberfläche des Keimstreifs nach aussen münden. Sie sehen dann Tracheenanlagen einigermaassen ähnlich, was vielleicht die Ursache war, dass man sie mit solchen homologisirt hat, eine Auffassung, welche wir nicht theilen, und der sich auch Carrieke (No. 13) nicht angeschlossen hat. Erst später rücken sie mit der sich entwickelnden Enddarmeinstülpung in das Innere des Embryo's. G. Rückengefäss. Als erste Anlage des Rückengefässes oder Herzens der In- secten erkennen wir einen rechts und links verlaufenden Längsstrang von Zellen (Cardio b lasten), welcher die Mesodermschicht des Keim- streifs lateralwärts begrenzt (pag. 839, Fig. 512 h\ Fig. 513 h). Bei der fortschreitenden Umwachsung des Dotters durch den Keimstreif rückt diese Anlage immer mehr gegen die Dorsalseite vor. Sie steht mit der Wand der Ursegmente in directer Verbindung (vgl. Fig. 512 und 513) und bezeichnet jene Umsehlagsstelle, an welcher die dorsale Wand des Cölomsäckchens in die laterale Wand übergeht. Nach Korot- neff (Nr. 47), welchem wir die ersten genaueren Angaben über die Entwicklung des Herzens der Insecten verdanken, sollen die Cardioblasten direct durch Auswanderung aus der Wand der Ursegmente hervorgehen. Bei Gryllotalpa, auf welche Form sich die Schilderung Korot- neff's bezieht, liegen nach mancher Hinsicht eigenartige Verhältnisse vor. Die Bildung des Dorsalorgans wird hier, wie wir dies oben (pag. 802 ff.) geschildert haben, durch das Einreissen der Embryonalhüllen eingeleitet. Die Serosa zieht sich zur Bildung einer verdickten Platte (Fig. 509 A, rp) zusammen und ihr hängen die schon sehr rückgebildeten Amnionfalten seitlich an (am), welche sich von den Rändern des Keimstreifs (* x — * y) 834 XXIII. Capitel. Fig. 509. Schematische Querschnitte durch drei aufeinander folgende Stadien von Gryllotalpa, zur Darstellung der Bildung des Rückengefässes (nach Korotneff). (Die Anlage des Darmdrüsen- blattes ist in diesen Schemen vernachlässigt.) A jüngstes Stadium. Der Keimstreif erstreckt sich von *x — y*. Die Embryonalhüllen sind zer- weit nach der Dorsalseite ent- fernt haben (man vergleiche hiermit die Figur 492 C auf pag. 803, welche einem ähn- lichen Stadium entspricht). Der Abstand zwischen dem Rudiment der Amnionfalte und dem Seitenrande des Keimstreifs (*x, %ß) ist von einer Epithellamelle (7) ein- genommen, in welcher wir das frühere Amnion wieder- erkennen. Diese Lamelle liegt dem Nahrungsdotter nicht dicht an, sondern ist von demselben durch eine geräumige Blutlacune (bs) getrennt, in welcher sich zahlreiche , vom Mesoderm des Keimstreifs eingewanderte Blutkörperchen erkennen lassen. Die Cardioblasten, welche der Wand des Urseg- mentes (us) entstammen, haben sich jederseits zur Bil- dung einer Rinne (gr) an- geordnet, welche den erwähn- ten Blutsinus von unten um- fasst. Bei der fortschreitenden Ümwachsung des Dotters durch den Keimstreif fliessen nach erfolgter Einstülpung und Rückbildung der Rücken- platte die beiden Blutlacunen an der Dorsalseite zu einer einzigen zusammen (Fig. 509 B, bs). Diese stellt nun die Anlage des Herzlumens dar. Indem die beiden Gefässrin- nen (gr) sich bis zur Berühr- ung nähern und mit einander verwachsen, erscheint die Wand des Herzens gebildet rissen und auf dem Rücken zusammengezogen, am Rissrand, rp Rückenplatte (Serosa), l mit dem Ectoderm des Keimstreifs in Verbindung stehende Lamelle (umgeschlagenes Amnion). B zweites Stadium. Der Keimstreif hat den Nahrungsdotter nahezu vollständig umwachsen. Das Riickenorgan ist resorbirt. C drittes Stadium, dorsaler Abschnitt. Die Herzbildung ist zum Abschluss gekommen. am Rudiment der Amnionfalte, bs Blutsinus, dd Anlage des Rückendiaphragmas, dv Bauchdiaphragma, do Nahrungsdotter, dz Dotterzellen, ec Ectoderm, gr Gefässrinne (Herzanlage), l Lamelle des zurückgeschlagenen Amnions, Ih definitive Leibeshöhle, m Transversalmuskel, n Bauchmark, r Herz, rp Rückenplatte, sp splanchniscb.es, so soma- tisches Blatt des Mesoderms, us Ursegmenthöhle, *x, y* laterale Endpunkte des Keimstreifs. Insecten. 335 (Fig. 509 C, r und pag. 840, Fig. 514 h). Die venösen Ostien entstehen nach Bütschli (Nr. 11) durch paarige Einstülpungen der Seitenwände, in deren Grunde sich eine Spalte ausbildet. Die Anlage des Herzens steht wie wir gesehen haben — mit den Ursegmenten in inniger Verbindung. Aus der lateralen Wand der- selben geht nach Abgabe der Elemente des somatischen Mesoderms eine Epithelplatte hervor, welche die erste Anlage des Pericardialsep- tums oder dorsalen Diaphragmas darstellt (Fig. 509 A — C, dd, ferner pag. 839 ff., Fig. 512, 513, 514 ps). Sobald die beiden Hälften der Herzanlage in der dorsalen Mittellinie sich mit einander vereinigt haben, treten auch die beiden Hälften des Pericardialseptums mit einander in Verbindung und begrenzen den gegen die übrige Leibeshöhle geschlossenen Pericardialraum (Fig. 514 ps). Eine Zeit lang bleibt das Pericardial- septum in Verbindung mit der Herzwand. Später jedoch trennt es sich von derselben ab (Fig. 509 C, dd). Von den Beziehungen, in welchen die Herzanlage und das Pericardialseptum zur Endfadenplatte der Genital- anlage stehen, werden wir unten (pag. 837 ff.) zu sprechen haben. Die Angaben, welche von anderen Autoren über die Entwicklung des Herzens der Insecten gemacht worden sind (Grassi, Patten, Tichomiroff, Ayers, Heider, Caeeieee, Heymons u. A.) lassen sich leicht auf den für Gryllotalpa geschilderten Typus zurückführen. Der Unterschied der Bildungsweise besteht meist nur darin, dass die erwähnten beiden grossen Blutlacunen fehlen oder nur in geringer Ausdehnung vorhanden sind. In Folge dessen ist die Anlage des Herzlumens in den ersteren Stadien von geringerer Ausdehnung und oft kaum zu erkennen. Bei Gryllotalpa und Oecanthus (Ayers) kommt zunächst der hintere Abschnitt des Herzens zur Entwicklung. Die Ausbildung des Herzens rückt hier von hinten nach vorne vor. Es ist dies ein ungewöhnliches Ver- halten, welches darin seinen Grund findet, dass der Verschluss des Rückens durch die in den vorderen Körperparthien angesammelten Dottermengen verzögert ist. -'ov Die Blutkörperchen werden von Korotneff auf Zellen der soma- tischen Mesodermschicht zurückgeführt, welche den Zusammenhang mit den übrigen Parthien des Mesoderms aufgeben und in die Leibeshöhle gerathen. Nach eigenen Untersuchungen sind wir geneigt, dieser Angabe zuzustimmen. Dagegen haben andere Autoren (Dohrn und neuerdings noch Will, Nr. 97) die Blutkörperchen auf Dotterzellen zurückgeführt. Ja, Ayers (Nr. 1) nimmt für die Bildung derselben sogar die durch Auf- lösung der Rückenplatte frei gewordenen Zellen in Anspruch. Es sei hier darauf hingewiesen, dass neuerdings C. Schäffer (Nr. 124 et) ge- wisse mit dem Fettkörper zusammenhängende Zellcomplexe bei Raupen als Blutbildungsherde angesprochen hat (vgl. pag. 863). H. Muskulatur, Bindegewebe, Fettkörper. Die Muskelgruppen des Körpers, sowie das Bindegewebe gehen durch histologische Differenzirung aus der somatischen Schicht des Mesoderms (Fig. 509, so) hervor. Den gleichen Ursprung besitzt auch der Fett- körper. Nach eigenen Untersuchungen müssen wir den Angaben Kowa- levsky's und Grassi's, denen sich neuerdings auch Carriere (Nr. 13) anschliesst, beistimmen, wonach der Fettkörper dem Mesoderm entstammt. 836 XXIII. Capitel. Bei Hydrophil us geht ein dorsales, über dem Darm verlaufendes Fett- körperhand durch directe Umwandlung der Wand der Cölomsäckehen hervor. Aber auch für die übrigen Theile des Fettkörpers, beispiels- weise für die das Tracheensystem begleitenden Fettkörperlappen lässt sich der mesodermale Ursprung unzweifelhaft nachweisen. Damit stim- men auch die Beobachtungen von Heymons (Nr. 43) an Phyllodromia überein. Hier erfahren schon frühzeitig gewisse Zellen in der Wand der Cölomsäckehen eine Umbildung, wodurch sie sich als Anlagen des späteren Fettkörpergewebes zu erkennen geben (pag. 838, Fig. 511 B und C, /). Die Angaben der verschiedenen Autoren über den Ursprung des Fett- körpers gehen zur Zeit noch weit auseinander. Während Dohrn, Tichomiroff (No. 79) und neuerdings Will (No. 97) den Fettkörper von den Dotter- zellen herleiten, haben Andere für dieses Gewebe ectodermalen Ursprung in Anspruch genommen. Nach dieser Richtung ist Korotneff (No. 47) zu erwähnen, ferner Schäffer (No. 124 a), welcher in Bestätigung älterer Angaben Weismann's den Fettkörper von Musca auf Wucherungen der Tracheen- matrix und zum Theil der Hypodermis zurückführt. Neuerdings hat auch Graber (No. 31) für Hydrophilus und Stenobothrus den ectoder- malen Ursprung des Fettkörpers behauptet, Für Hydrophilus können wir dieser Angabe nicht beistimmen. I. Genitalorgane. Ueber die Entwicklung der Genitalorgane bei den Insecten liegen be- reits zahlreiche, zerstreute Mittheilungen vor. Man vergleiche hinsicht- lich der Litteratur dieses Capitels die Zusammenstellungen von Balbiani (Nr. 3), Witlaczil (Nr. 98) und vor Allem von Heymons (Nr. 43). Wenn wir von den für die Aphiden und Dipteren (bei denen, wie wir sehen werden, eigenartige Verhältnisse für die Entwicklung der Genital- anlage vorliegen) gemachten Mittheilungen absehen, so boten im Allge- meinen die zahlreichen, vielfach fragmentarischen Angaben über die Ent- wicklung der Geschlechtsorgane ein wenig befriedigendes Bild. Nur so viel schien [hauptsächlich aus den Angaben von Grassi (Nr. 32), Heider (Nr. 38) und Wtheeler (Nr. 95)] hervorzugehen, dass die Anlage der Geschlechtsdrüse dem Mesoderm zugehöre und von der Wand der Cölom- säckehen aus entwickelt werde. Für die Entwicklung der Geschlechts- ausführungsgänge sind vor Allem die Beobachtungen von Nusbaum (Nr. 61) und Palmen (Nr. 162) von Wichtigkeit geworden. Neuerdings sind über die Entwicklung der Genitalorgane von Phyllodromia germanica von Heymons (Nr. 43) Mittheilungen gemacht worden, welche wir als die eingehendsten unserer Schilderung zu Grunde legen ] ). Bei Phyllodromia lassen sich bereits in frühen Stadien der embryonalen Entwicklung gesonderte Genitalzellen durch ihren histo- logisch differenten Charakter von den übrigen Mesodermzellen unter- scheiden. Die Genitalzellen sind grösser und zeigen einen sich schwach färbenden Kern mit deutlichem Nucleolus. Diese Genitalzellen, welche sich durch Umwandlung aus gewöhnlichen embryonalen Mesodermzellen herausgebildet haben, liegen ursprünglich in der Mesodermschicht oder *) Die folgende Darstellung, sowie die Abbildungen sind der ausführlichen, dem- nächst in der Zeitschr. f. Wiss. Zool. zur Veröffentlichung kommenden Abhandlung entnommen (welche uns der Verfasser freundlichst zur Verfügung stellte). Insecten. 837 an der gegen den Nahrungsdotter gewendeten Oberfläche dieser Schicht und zwar an den Segmentgrenzen. Nach vollendeter Ausbildung der Cölomsäcke (Fig. 510 gz) finden wir sie in den Dissepimenten, welche die aufeinander folgenden Cölomsäcke von einander trennen. Hier wer- den auch beständig durch Umwandlung von Mesodermzellen neue Genital- F^i zellen gebildet. Die Entwicklung von Genitalzellen bis siebenten Abdominalsegment statt. Später rücken die Genitalzellen in das Innere sich jedoch bald an die dorsale Wand derselben A,ge) und zwischen die Zellen dieser Wand einzutreten. Die Cölomsäcke (c) zeigen am Querschnitte in diesen Stadien einen ungefähr dreieckigen Umriss, so dass wir eine dor- sale (div), eine laterale (Jiu) und eine mediale (mw) Wand unterscheiden können. Die dorsale Wand liegt der Dotter- oberfläche an und liefert später durch Abspaltung das splanck- nische Mesoderm (Fig. 512 sp), während aus ihrem Rest die Endfadenplatte (ef) her- vorgeht. Die laterale Wand, welche dem Ectoderm des Keimstreifs zugekehrt ist, be- theiligt sich stark an der Bil- dung der somatischen Schicht (Fig. 511 (7, so) des Meso- derms. Aus einem zurück- bleibenden Reste geht das Pericardialseptum (Fig. 512 ps) hervor. Wenn die Genitalzellen in die dorsale Wand der Ur- segmente eingetreten sind, sind sie bereits so zahlreich, dass sie eine von vorne nach hinten verlaufende continuir- liche Reihe darstellen. Die Genitalanlage besteht dann aus einem jederseits in der dorsalen Wand der Urseg- in ente gelegenen Zellstrang, welcher sich vom zweiten bis in das siebente Abdominalseg- ment fortsetzt. An der Bil- dung dieses Zellstranges sind jedoch nicht die Genitalzellen findet in dem zweiten der zu Cölomsäcke , (Fig. begeben um 511 -OM- allein betheiligt, sondern es kommen noch unveränderte Mesodermzellen (Fig. 511 B, Korsclielt-Heider, Lehrbuch. Fig. 510. Sagittaler Längsschnitt durch den Abdominaltheil eines Keimstreifs von Phyllo- dromia germanica nach Beendigung der Ur- segmentbildung (nach Heymons). 1 — 7 erstes bis siebentes Abdominalseg- ment, vom achten Abdominalsegment (8) bis zum Endsegment (es) erstreckt sich die ventralwärts eingeschlagene Parthie des Keimstreifs, am Am- nion, c Cölomsäckehen, d Nahrungsdotter, es End- segment, gz Genitalzellen, zum Theil in den Dissepimenten, zum Theil in der Wand oder in der Höhle der Ursegmente liegend. 54 838 XXIII. Capitel. G) hinzu, welche der dorsalen Wand des Cölomsackes entstammen und sich an die Genitalzellen dicht anlegen. Von diesen letzteren streben ein- zelne die Genitalzellen zu umhüllen. Wir bezeichnen sie als Epithel- zellen der Genitalanlage (ep) , während andere einen medialwärts ■ . .^-y Fig". 511. Querschnitt durch den Abdominaltheil dreier aufeinander folgender Entwicklungsstadien von Phyllodromia germanica (nach Hevmons). am Amnion, bg Anlage der Bauchganglienkette, c Cölomhöhle, & dorsaler und c" ventraler Abschnitt des Cölomsackes, cz Zellen der Ursegmentwand , welche sich der Ventralseite der Genitalanlage anfügen, d Nahrungsdotter, dw Dorsalwand des Cölomsäckchens, ec Ectoderm, ep Epithelzellen, ex abdominale Extremitätenanlage, /Fettkörperanlage, gz Genitalzellen, Iw Lateralwand des Cölomsäckchens, in Meso- dermzellen, welche sich an der Bildung der Cölomsäcke nicht betheiligen, mw Medial- wand des Cölomsäckchens, so somatische Mesodermschicht, vm ventraler Längsmuskel. Insecten. 839 ^ p on % /f Fig. 512. Querschnitt durch den Abdominaltheil eines etwas «älteren Keimstreifs von Phyllodromia germanica (nach Heymons). lg Anlage der Bauchganglienkette, c Rest der Cölomhöhle, cz Anlage des Genital- ausführungsganges, ec Ectoderm, ef Endfadenplatte, en Entoderm, fk Fettkörpergewehe, gz Genitalzellen, h Herzanlage, p Anlage der Pericardialhöhle, ps Anlage des Pericar- dialseptums, so somatische Mesodermschicht, sp splanchnische Mesodermschicht. Fig. 513. Querschnitt durch den Abdominaltheil eines älteren Keimstreifs von Phyllodromia germanica, im Stadium der beginnenden Umwachsung des Dotters (nach Heymons). bg Bauchganglienkette, c Rest der Cölomhöhle, cz Anlage des Genitalausführungs- ganges, ef Endfadenplatte, en Entoderm, fk Fettkörpergewebe, gz Genitalzellen, h Herz- anlage, ps Pericardialseptum, sp splanchnisches Blatt des Mesoderms, vm ventraler Längsmuskel. 54* 840 XXIII. Capitel. und ventral wärts von den Genitalzellen gelegenen Zellstrang (ce) zu- sammensetzen. Aus den Genitalzellen gehen beim Weibchen bloss die Eizellen (und die Nährzellen bei jenen Formen, welchen solche zukommen) hervor. Das Follikelepithel der Eiröhren dagegen, sowie eine entsprechende Zelllage der Endkammer wird von den Epithelzellen geliefert. P h y 1 1 o d r o m i a , auf welche sich diese Darstellung bezieht, und die Orthopteren im All- gemeinen, weisen in dieser Beziehung ziemlich einfache Verhältnisse auf, da das Keim- oder Endfach des Ovariums bei ihnen nur aus verhältniss- mässig wenigen Zellen zusammengesetzt ist. Bei den meisten anderen Insecten und zumal denen, welche grosse Mengen von Nährzellen im Ovarium besitzen, ist das Keimfach ausserordentlich umfangreich. Es ist besonders hier von einer Entstehung der verschiedenen Zellenelemente des Insectenovariums aus indifferenten Zellen gesprochen worden (Korschelt Nr. 155, Wielowiejski u. A.), und es wäre von Interesse, zu erfahren, wie diese abgeleiteten Verhältnisse sich zu den einfacheren der Ortho- pteren verhalten. Der ventrale Zellstrang {es) bil- det sich in den proximalen Theil des Oviducts um, welcher kelchförmig erweitert die einzelnen Eiröhren in sich aufnimmt. Ueber die Umwand- lungen, welche im männlichen Ge- schlechte stattlinden, werden wir später sprechen. Die Cölomsäckchen werden im weiteren Verlaufe der Entwicklung durch die Rückbildung ihres in die Extremitäten reichenden Antheils (vgl. oben pag. 816) durch die Ent- wicklung des Fettkörpers (Fig. 511 f, 512 f'Je) und durch die Abspaltung der somatischen (Fig. 512 so) sowie der splanchnischen (sp) Mesoderm- schichte erheblich eingeengt. Es bleibt von ihnen schliesslich nur mehr ein ziemlich kleiner Antheil (c) übrig, welcher lateralwärts von der Anlage des Pericardialseptums (ps) , nach innen dagegen von der Endfaden- platte (ef) begrenzt ist. Jener dor- sal gelegene Punkt, an welchem diese beiden Lamellen in einander über- gehen, scheint mit den Zellen der Herzanlage (h) in inniger Verbindung zu stehen. Die strangförmige Geni- talanlage erscheint nun an der End- fadenplatte wie an einem Mesen- terium aufgehangen (Fig. 512 gz). Fig. 514. Querschnitt durch den Abdominaltheil eines Embryos von Phyl- lodromia germanica, nach voll- endeter Umwachsung des Dotters und Verschluss des Rückens. bg Bauchganglienkette, ez Anlage des Genitalausfülirungsganges , d Nahrungs- dotter, ef Endfadenplatte, en Entoderm, fk Fettkörpergewebe , gz Genitalzellen, h Herzas Pericardialseptum, s Tracheen- stigma, sp splanchnisches Blatt des Meso- derms, vm ventraler Längsmuskel. \ Insecten. 841 Bei der durch Umwachsung des Nahrungsdotters (Fig. 513, 514) von Seiten des Keimstreifs erfolgenden Rückenbildung gelangt die paarige Herzanlage immer mehr in die Nähe der dorsalen Medianlinie, und ihr folgt hierbei die mit ihr durch die Endfadenplatte verbundene Genital- anlage. Es gelangt hierdurch die Genitalanlage an die Dorsalseite des sich entwickelnden Mitteldarms (Fig. 514 gz). Die End fadenplatte (ef) stellt ursprünglich eine einfache Epithel- platte dar. Bald jedoch erfolgt eine Umordnung ihrer Zellen, wodurch dieselben in Verticalreihen geordnet erscheinen, von denen je eine einer sich entwickelnden Ovarialröhre entspricht. Es wird auf diese Weise die Endfadenplatte in die einzelnen Endfäden der Ovarialröhren (Fig. 515 ef) zertrennt. An dieser Zertheilung nimmt jedoch der oberste dorsale Rand Fig'. 515. Längsschnitte durch die weibliche Genitalanlage von Phyllodromia germanica (nach Heymons). A mit beginnender, B mit weiter fortgeschrittener Ausbildung der Ovarialröhren. cz Anlage des Genitalausführungsganges, ef Endfäden, ep Kerne der Epithelzellen, gz Genitalzellen. der Endfadenplatte keinen Antheil. Aus ihm geht ein später sich nach vorne fortsetzender Strang hervor, welcher den gemeinsamen Endfadeu sämmtlicher Ovarialröhren, den sog. Müller 'sehen Faden, darstellt. Letzterer ist ursprünglich mit dem Pericardialseptum verbunden, scheint jedoch in späteren Stadien mit demselben in keiner innigeren Verbindung mehr zu stehen. Die Ausbildung der einzelnen Ovarialröhren , welche bei Phyllo- dromia in der Zahl von ungefähr 20 zur Entwicklung kommen, voll- zieht sich durch eine von der Dorsalseite gegen die Ventralseite der Ovarialanlage fortschreitende Einkerbung (Fig. 515). Gleichzeitig ordnen sich die Epithelzellen (ep), welche ursprünglich zum Theil zwischen den Genitalzellen gelegen waren, zur Bildung eines an der Oberfläche der Ovarialröhren gelegenen Epithels an, welches bald an seiner Aussen- seite eine structurlose , cuticulare Tunica propria zur Ausbildung bringt. Die äussere, peritoneale Hülle der Ovarien wird von Zellen des umgebenden Fettkörpergewebes gebildet. 842 XXIII. Capitel. Die Genitalanlage reichte ursprünglich — wie wir oben erwähnt haben — von dem zweiten bis in das siebente Abdominalsegment. In letzterem sind jedoch die Genitalzellen vom ersten Anfange an nur spär- lich vorhanden und verschwinden später vollständig, so dass hier der Genitalstrang nur aus Epithelzellen zusammengesetzt erscheint. Dieser Theil ist die Anlage des eigentlichen Oviductes und stellt eine directe Fortsetzung des obenerwähnten ventralwärts von den Genitalzellen ge- legenen Zellstranges (es) dar, aus welchem, wie wir gesehen haben, der proximale, kelchförmig erweiterte Abschnitt des Oviductes gebildet wird. Der hintere Abschnitt des Oviductes biegt nach der Ventralseite um, um an der Grenze des siebenten und achten Abdominalsegmentes eine Ver- bindung mit der Hypodermis einzugehen. Die Anlage des Oviductes stellt ursprünglich einen soliden Zellstrang dar. Erst später wird in dem- selben durch Auseinanderweichen der Zellen ein Lumen gebildet. In späteren Stadien macht sich eine beträchtliche Verkürzung der Genital- anlage geltend, so dass sie sich dann auf eine geringere Zahl von Abdominal- segmenten beschränkt, als anfangs. Gleichzeitig gehen die einzelnen Ovarial- röhren aus ihrer ursprünglichen verticalen Lage in eine mehr horizontale über. Der paarige Ansatz der Oviduct-Anlage an die Hypodermis der Inter- segmentalfurche zwischen dem siebenten und achten Abdominalsegment erinnert an die Verhältnisse, wie sie Palmen an gewissen Ephemeriden vorfand, bei denen zeitlebens die paarige Ausmündung der Geschlechts- ausführungsgänge erhalten bleibt. Es ist dieses das für die Insecten ur- sprüngliche Verhältniss. Bei dem Weibchen von Phyllodromia ent- wickelt sich erst während des Larvenlebens ein unpaarer, aus einer Ecto- dermeinstülpung hervorgehender Endabschnitt der Geschlechtswege, in- dem es zur Ausbildung jener Genitaltasche kommt, in welcher der Eicocon aufgenommen wird. Diese Genitaltasche bildet sich, wie bereits Haase nachwies, dadurch, dass die chitinösen Bauchplatten des achten und neunten Abdominalsegmentes durch Einstülpung in das Innere des Körpers aufgenommen werden. Wir müssen hinsichtlich der Entwicklung der Geschlechtsausführungs- gänge bei den Insecten der Resultate gedenken, zu denen Nusbaum (Nr. 61) und Palmen (Nr. 162) durch ihre Untersuchungen geführt wur- den, und welche mit den hier nach Heymons für Phyllodromia er- wähnten in voller Uebereinstimmung stehen. Die Entwicklung der Ausführnn&sgänge wurde von Nusbaum an Pediculinen und Periplaneta untersucht. Er fand, dass nur die Vasa deferentia, respective die Oviducte, aus den hinteren Strängen des Sexualdrüsenkeims, also aus Mesodermgebilden hervorgehen, während die übrigen Theile des ausführenden Apparates (Uterus, Vagina, Recepta- culum seminis, Ductus ejaculatorius, Penis und sämmtliche Anhangs- drüsen) sich aus dem Hautepithel entwickeln und demnach ectodermalen Ursprungs sind. Und zwar entwickeln sich die unpaaren Theile (Uterus, Penis, Receptaculum seminis, unpaare Drüsen) aus paarigen Anlagen (Wucherungen der Hypodermis). Die hinteren Stränge des Sexualdrüsen- keims legen sich an die erwähnten Hypodermiswucherungen an und ver- wachsen mit denselben. Durch eine mediane Verwachsung der paarigen Hypodermiswucherungen entsteht die Anlage der unpaaren Organe. Diese Beobachtungen stehen mit den Resultaten, zu denen Palmen durch ver- gleichend anatomische Untersuchungen geführt wurde, in vollkommener Insecten. 843 Übereinstimmung. Palmen fand den ursprünglichsten Typus der Aus- führungsgänge bei H e p t a g e n i a (E p h e m e r i d e n ) repräsentirt , bei welcher Form ein unpaarer Abschnitt der Ausführungsgänge vollkommen fehlt. Die Oviducte münden getrennt in der Falte zwischen dem siebenten und achten Abdominalsegniente, während die Vasa deferentia an einem paarigen Penis am Hinterrande des neunten Sternits ausmünden. Aus dieser paarigen Anlage entwickelt sich in einzelnen Fällen (Forficuliden- Männchen, Meinert) ein unpaarer Endabschnitt durch Defectbildung, in- dem nach Durchbruch einer Queranastomose der Endabschnitt der einen Seite atrophirt. In anderen (den meisten) Fällen jedoch ist der unpaare Endabschnitt als eine secundär hinzugekommene integumentale Einstül- pung aufzufassen. Doch fehlt bislang die Durchführung dieser Unter- suchungen für sänimtliche Insectengruppen. Wir werden jedoch vielleicht aus der Uebereinstimmung, welche sich hinsichtlich der Lage der Geschlechtsöffnung bei Phyllodromia (nach Heymons) mit den Verhältnissen der Ephemeriden, denen nach Palmen auch die Perliden nahe stehen, ergiebt, zu dem Schlüsse be- rechtigt sein, dass für die gesammte Insectengruppe eine Ausmündung an der Grenze des siebenten und achten Abdoniinalsegmentes dem ur- sprünglichen Verhalten entspricht, und dass nur durch secundäre Ver- schiebungen eine Verlagerung der Ausmündungsstelle nach hinten (bei vielen Formen) zustande gekommen ist. Bei dieser Annahme müssten wir allerdings schon für die Thysanuren, bei denen die Geschlechts- öffnung unpaar ist und an der Grenze zwischen dem achten und neunten Abdominalsegment, resp. im Bereiche des letzteren sich findet, secundär abgeänderte Verhaltnisse annehmen (vgl. dagegen Haase, Nr. 153). Die äusseren (jeschlechtsaiihänge entstehen bei den meisten Or- thopteren (wie Dewitz für die Laubheusclirecken nachgewiesen hat) aus zwei Paaren von zapfenartigen Hervorragungen, welche dem achten und neunten Abdominalsegniente angehören, und von denen das hintere Paar sehr bald ein Doppelpaar von Zapfen darstellt. Es entstehen auf diese Weise die sechs Theile der Legeröhre des Weibchens, denen beim Männchen ähnliche kürzere Vorragungen entsprechen. Unter den gleichen Gesichtspunkt fallen die Legebohrer der weiblichen Schlupf- und Gall- wespen, sowie der Giftstachel der Biene (Kraepelin, Dewitz, Nr. 103). Da die ersten Anlagen dieser paarigen Anhänge den Imaginalscheiben der Dipterenlarven ungemein ähnlich sind, hat man sie vielfach als ab- dominale Gliedmaassenpaare in Anspruch genommen (vgl. oben pag. 797 ff.). Dagegen ist die Legeröhre vieler Fliegen und mancher Käfer, sowie der Penis der Käfermännchen auf die fernrohrartig eingestülpten hintersten Abdominalsegniente zurückzuführen. Die Entwicklung der männlichen Keimdrüse geht bei Phyllo- dromia Anfangs ganz in der gleichen Weise vor sich , wie wir dies oben für die weibliche Anlage geschildert haben. Erst in späteren embryonalen Stadien werden die sexuellen Differenzen erkennbar. Wir bemerken dann, dass bei dem Männchen sich vier Anhäufungen von Genitalzellen mit Epithelzellen umgeben, Diese Anhäufungen, welche die Anlage der vier Hodenfollikel von Phyllodromia darstellen, stehen in inniger Verbindung mit der Anlage des Geschlechtsausführungsganges (Vas deferens) und rücken in späteren Stadien im Zusammenhang mit letzterer von der ursprünglichen Genitalanlage etwas ab und nach hinten. Es bleibt dann an der Endfadenplatte ein Rest der Genitalanlage, welcher nach Heymons den weiblichen Antheil der ursprünglich hermaphroditischen 844 XXIII. Capitel. Genitalanlage darstellt und in einzelnen Fällen sogar rudimentäre Ei- röhren und Eier zur Entwicklung bringen kann. Das aus diesem Rest der Genitalanlage hervorgehende rudimentäre Organ ist noch im aus- gebildeten Männchen von Phyllodromia nachzuweisen. Beim Weibchen geht aus dem ursprünglich angelegten Ausführungs- gange direct der Oviduct hervor. Beim Männchen dagegen wandelt er sich nicht in seiner ganzen Länge in das Vas deferens um, sondern sein distaler Endabschnitt wird rückgebildet und durch einen neugebildeten Endtheil des Vas deferens ersetzt, welcher sich sodann mit dem ecto- dermalen Ductus ejaculatorius verbindet. Heymoxs schliesst aus den angeführten Thatsachen, dass für die Vor- fahren der Insecten der Hermaphroditismus das ursprüngliche Verhalten dargestellt habe. Immerhin wird durch das Vorhandensein einer hermaphro- ditischen Anlage im Embryo das häufige Auftreten von Zwitterbildungen bei den Insecten erklärlich. Ueberblicken wir die Entstehung der Geschlechtsorgane, wie sie sich nach der für Phyllodromia gegebenen Schilderung1) darstellt, so ist zu- nächst darauf hinzuweisen, dass in der Herleitung der Genitalzellen von Epithelzellen der Cölomsäcke directe Anklänge an die Anneliden er- halten sind. In der späteren Entwicklung der paarigen Genitaldrüse und eines mit derselben in directer Verbindung stehenden Ausführungs- ganges ist eine gewisse Uebereinstimmung mit den Verhältnissen von Peripatus zu bemerken (vgl. oben pag. 716 ff.). Vor Allem stimmt die dorsale Lagerung der Genitaldrüse in beiden Gruppen überein. Dagegen verdient hervorgehoben zu werden, dass die Genitaldrüse von Peripatus nach Sedgwick durch directe Verschmelzung der hinter einander folgen- den Cölomsäckchen zu Stande kommt (und ähnliche Gesichtspunkte sind von Heathcote für die Myriopoden geltend gemacht worden, vgl. pag. 755), dass demnach bei Peripatus die Genitalhöhle aus den Cölomhöhlen her- vorgeht. Bei den Insecten dagegen liegt die Genitalanlage zwar in der Wand der Cölomsäcke, aber die Genitalhöhle (Lumen des Oviductes) entsteht hier gesondert von den Cölomsäcken, während die Cölomhöhlen schliesslich zu einem kleinen Theil der definitiven Leibeshöhle werden. Wir werden nach dieser Richtung die Verhältnisse von Peripatus und den Myriopoden als ursprünglichere, direct an die der Anneliden sich anschliessende, die Verhältnisse der Insecten dagegen als abgeleitete zu betrachten haben. Wenn wir die Geschlechtsausführungsgänge der Insecten denen von Peripatus homolog setzen dürfen, so müssten wir sie auf ein umgewandeltes Paar von Nephridien zurückführen. Hiermit würde die Entstehung der- selben aus dem Mesoderm bei den Insecten in Uebereinstimmung stehen ; im Uebrigen haben sich jedoch an der Entwicklung der Geschlechtsaus- führungsgänge der Insecten keine Merkmale erhalten, welche in einem der genannten Auffassung günstigen Sinne gedeutet werden könnten. Wir müssen hier secundär eingetretene Veränderungen der Entwicklungs- weise annehmen. Eine besondere Erwähnung verdient die von Heymons hervorgehobene Thatsache, dass in der Genitalanlage von Phyllodromia sich Genitalzellen und Epithelzellen vom ersten Anfange gesondert unterscheiden lassen. Diese ]) Dass diese Schilderung nicht bloss für Phyllodromia zutrifft, sondern an- näherungsweise auch eine weitere, vielleicht für die Insecten allgemeine Giltigkeit beansprucht, scheint aus den übereinstimmenden, wenn auch fragmentarischen Mit- theilungen von Heider und Wheeler für Coleopteren hervorzugehen. Insecten. 845 Angabe steht der bisher allgemein angenommenen Ansicht, dass die Follikel- zellen und Eizellen nur durch später eintretende Differenzirung aus ein und derselben Zellsorte hervorgehen, ungünstig gegenüber. Ihrem ersten Ursprünge nach sind allerdings auch bei Phyllodromia beide Zellarten auf dieselbe Quelle zurückzuführen. Eine besondere Erwähnung verdienen die Verhältnisse der Ent- stehung der Genitalanlagen bei den Dipteren und Aphiden, in welchen Gruppen die Sexualanlagen schon in sehr frühen Stadien des embryonalen Lebens zu erkennen sind. Es hängt dies gewiss zum Theil mit der in beiden Gruppen verbreiteten parthenogenetischen und pädo- genetischen Fortpflanzungsweise zusammen, welche (ähnlich, wie bei Moina, pag. 326 u. 378) zu einer frühzeitigen Sonderung der Sexualanlage führte. R 71 — i f--T Fig". 516. Erste Entwicklungsstadien des parthenogenetischen Eies der Cecido- myialarve (nach Metschnikoff). b Keimhautblastem, bl Blastoderm, d centraler Nahrungsdotter, / Furchungskerne, n in Rückbildung begriffene Nährzellen (sog. Corpus luteum), pz Polzellen. • Bei den Dipteren ist die erste Anlage der Genitaldrüse durch die sog. Polzellen repräsentirt. Diese von Robin als „globules polaires" be- zeichneten, von Weismann für Chironomus und Musca beschriebenen Zellen, welche sich noch vor der Bildung des Blastoclerms am hinteren Pole des Eies absondern, wurden von Leuckart und Metschnikoff (Nr. 55) an dem ungeschlechtlich sich entwickelnden Ei der viviparen Cecidomyalarven aufgefunden (Fig. 516 pz). Hier löst sich noch vor Ausbildung des Blastoderms vom hinteren Eipole (Fig. 516 B) eine ziem- lich grosse, körnchenreiche Zelle (pz) ab, welche sich bald in zwei und hierauf in vier Polzellen (Fig. 516 F) theilt. Nach vollendeter Blastoderm- bildung rücken diese Polzellen zunächst zwischen die Blastodermzellen (Fig. 516 G) und hierauf ins Innere des Embryos, wo sie sich in späteren Stadien symmetrisch in zwei Gruppen anordnen und von Zellen des um- gebenden Gewebes umhüllt zur Genitalanlage umwandeln (Metschnikoff). Bei Chironomus (Fig. 517 p) schnüren sich nach Balbiani vom hinteren Eipole fast gleichzeitig zwei Polzellen ab, welche sich durch >) 846 XXIII. Capitel. Theilung in eine Gruppe von vier und acht Zellen umwandeln. In ganz ähnlicher Weise wie bei Cecidomya werden diese Zellen ins Innere des Embryos aufgenommen (Fig. 517 C), wo sie sich in zwei zu den Seiten der Enddarmeinstülpung gelegene Gruppen trennen. In ganz jungen, dem Ei entschlüpften Larven kann man diese beiden spindelförmigen Gruppen, deren Zellen sich bald vermehren, dorsalwärts zu den Seiten des Rückengefässes von einer deutlichen zelligen Membran umhüllt er- kennen, welche nach vorn und hinten in einen ligament-ähnlichen End- faden übergeht. Der vordere Endfaden ist die Anlage des sogenannten Müller' sehen Fadens. Er setzt sich an das Rückengefäss an und wurde von Schneider (Nr. 74) für musculös demnach die Genitalanlage der Dipteren auf der Flügelmuskel des Herzens gehalten, welcher Autor b eine umgewandelte Faser zurückführt eine Annahme, welche von Balbiani als irrthümlich zurückgewiesen wurde. Der nach hinten verlaufende End- faden ist die Anlage des paari- gen Ausführungsganges der Genitaldrüse. Durch Theilung der im Inneren der Ovarial- anlage gelegenen Zellen kommt es zur Bildung von rosetten- förmigen Zellgruppen, deren je eine dem Inhalte einer Ovarial- röhre entspricht. Mit diesen Angaben Balbiani's stehen auch die neueren Mittheilungen Ritter's (Nr. 71) in Ueberein- stimmung. In ähnlicher Weise wie bei den Dipteren, kommt auch bei den A p h i d e n die erste Anlage der Genitalorgane sehr früh zur Sonderung. Schon in jenen frühen Stadien, in welchen durch eine Einstülpung vom hinteren Eipole aus die erste Anlage der Amnionhöhle sich ausbildet (vgl. oben pag. 778 ff.), trennt sich noch vor der Bil- dung des unteren Blattes von der Wand dieser Einstülpung eine Zellgruppe (die Genitalanlage) ab, welche nun als eine unpaare rundliche Masse im Inneren des Embryos gelegen ist. Diese Zellgruppe soll nach Balbiani und Witlaczil durch Theilung aus einer einzigen Zelle hervorgegangen sein. Später nimmt sie Hufeisenform an und zerfällt in eine Anzahl rundlicher Zellhaufen, welche sich jederseits der Medianebene des Körpers in gleicher Zahl anordnen und die Anlage der Endfächer darstellen. Sie sind von einem epithelialen Ueberzug umhüllt, welcher nach vorne in die End- fäden, nach hinten in die Ausführungsgänge übergeht. Der Ursprung dieses Epithelüberzugs ist zweifelhaft. Die Ausführungsgänge der ein- zelnen Ovarialröhren verschmelzen jederseits zu einem gemeinsamen Ei- leiter, und dieser setzt sich an eine unpaare, unter dem Enddarm ge- legene Ectodermeinstülpung an, von welcher die accessorischen Ge- schlechtsorgane gebildet werden (Metschnikoff, Witlaczil, Will). Fig. 517. Drei Längsschnitte durch Chi- ronomusembryonen (nach Ritter). In A ist das Blastoderm in Bildung be- griffen; die Polzellen (pz) liegen ausserhalb des- selben; in B haben sich die Polzellen zwischen die Blastodermzellen eingedrängt; in C liegen sie im Inneren des Embryos. b Keimhautblastem, bl Blastoderm, d Nahr- ungsdotter, k Kerne des sich bildenden Blasto- derms, p Polzellen. Insecten. 847 II. Metamorphose. 1. lieber die Larvenformeii. *) Die Thysanuren und Collembolen kommen in einem Zustande aus dem Ei , welcher der ausgebildeten Form schon völlig gleicht, so dass hier von einer Metamorphose eigentlich nicht die Rede sein kann. Diese Formen dürfen wir daher als wirkliche Ametabola (Insecten ohne Ver- wandlung) bezeichnen. Sämmtliche übrige Insecten dagegen machen eine wirkliche Meta- morphose durch. Sie unterscheiden sich, wenn sie aus dem Eie schlüpfen, abgesehen von der geringeren Grösse, mindestens durch den Mangel der Flügel von dem ausgebildeten Insect. Viele Insectenlarven sind aber noch durch eine Anzahl anderer Merkmale von der ausgebildeten Form (I m a g o) unterschieden. Wenn wir jene aus dem Eie kommenden Jugendformen (Larven) der Insecten mit denen vieler Crustaceen, die als Nauplien aus dem Eie kommen, vergleichen, so ergiebt sich ein auffallender Unterschied. Bei den Insecten wird die typische Zahl der Segmente bereits im Embryo angelegt ; ebenso sind die Gliedmaassen und die wichtigsten Organanlagen bereits vorhanden. Nur die Flügel fehlen noch. Im Uebrigen kennzeichnet sich das aus dem Eie kommende Junge bereits als vollendetes Insect. Es ist zweifellos, dass die Thysanuren und unter jenen besonders Campodea (Fig. 535, pag. 880) dem Grundschema dieser ungeflügelten Larvenformen sehr nahe stehen. Wir haben in diesen Formen unzweifel- haft die ursprünglichsten Repräsentanten der Classe der Insecten vor uns. Doch werden wir bei einem speciellen Vergleich nicht ausser Augen lassen dürfen, dass manche Organsysteme (z. B. das Tracheensystem) möglicherweise in Folge der geringen Körpergrösse eine Reduction er- fahren haben. Die Ordnungen der Insecten theilen sich nach der Art ihrer Meta- morphose in zwei Gruppen. Zu der einen gehören jene Ordnungen, die wir ihrer Organisation nach als die ursprünglicheren zu betrachten pflegen und die zum Theil auch durch das Vorhandensein eines ins Innere des Eies eingestülpten Keimstreifs sich an die Myriopoden anschliessen. Hier wandelt sich die Larve durch eine Reihe aufeinanderfolgender Häutungen allmählich in die Imagoform um. Allmählich sprossen die successive sich vergrössernden Flügelanlagen hervor. Hier vollzieht sich demnach die Metamorphose als ein Auswachsen in dem Rahmen der vorhandenen Segmentirung und Organanlagen. Wir bezeichnen diese Art der Ent- wicklung als unvollkommene Verwandlung und die hierher ge- hörigen Insecten als h o m omor p h e. Complicirter ist der Entwicklungsablauf in der zweiten Gruppe, zu der die höherstehenden Insectenordnungen gehören. Hier kommt aus dem Ei ein Stadium, welches häufig beträchtliche Unterschiede von der Imagoform aufweist, und sich auch in der Lebensweise von derselben unterscheidet. Dieses „ Wa chsthumsst a d i u m " erreicht unter reger Nahrungsaufnahme und unter Ablauf mehrfacher Häutungen eine beträcht- liche Grösse, um sich schliesslich in ein Ruhestadium, die Puppe, um- zuwandeln. In diesem Stadium ist das Vermögen der Locomotion unter- x) Wir haben uns in der folgenden Darstellung hauptsächlich an Lubbock (No. 156) und Brauer (No. 146) angeschlossen. 848 XXIII. Capitel. drückt; es bewegt sich kaum, nimmt keine Nahrung auf, sämmtliche animale Processe sind in den Hintergrund getreten, während die vegeta- tiven Vorgänge die weitere (vor Allem innere) Umwandlung des Körpers bewirken. Es folgt also auf die Larve ein Stadium, das in vieler Hin- sicht den Embryonalstadien ähnlich ist, und man könnte das Puppen- stadium als eine Wiederaufnahme der Embryonalentwicklung bezeichnen. Aber es ergiebt sich bei genauerer Betrachtung ein gewisser Unterschied. In den embryonalen Stadien entwickeln sich die Organe meist aus ein- heitlichen Anlagen, während sie hier vielfach durch Concrescenz aus einer Anzahl discreter Bildungscentren (I m a gi n a 1 s c h e i b e n) aufgebaut wer- den (z. B. der Mitteldarm, die Hypodermis). Diese Imaginalscheiben müssen wir als embryonale Reste betrachten, welche das Larvenleben in einer Art latenten Zustandes überdauern und in denen die regenerativen Fähigkeiten der Embryonalanlage erhalten bleiben. Jene Organparthien dagegen, welche in der Larve functionirten, fallen einem Auflösungs- process anheim (vgl. pag. 859 ff.). Aus der Puppe kommt durch eine nochmalige Häutung das Stadium der Geschlechtsreife, das geflügelte Imagostadium, welches kein Körper- wachsthum mehr aufweist. Die nach diesem Typus sich entwickelnden Insecten hat man als Heteromorpha und ihre Metamorphose als vollkommene Ver- wandlung (Metabolie) bezeichnet. A. Homomorpha. Die postembryonale Entwicklung der hierher gehörigen Insecten ist meist eine wirkliche Metamorphose, insofern das aus dem Ei kommende Junge bei aller sonstigen Aehnlichkeit mit der ausgewachsenen Form sich von derselben durch den Mangel der Flügel (und der zu äusseren Ge- schlechtstheilen sich umbildenden abdominalen Anhänge) unterscheidet, wozu in einzelnen Fällen mit der Aenderung in der Lebensweise auch Umwandlungen in der Form der Extremitäten sich gesellen können (Cicaden). — Die Umwandlung in das vollendete Insect ist eine mehr allmähliche. Das letzte Larvenstadium mit bereits entwickelten Flügel- anlagen wird als Nymphe bezeichnet. Nur bei den Pediculiden und Mallophagen entfällt in Folge der parasitischen Lebensweise mit dem Verlust der Flügel auch die Metamorphose (erworbene Ametabolie, Lang). Die hierher gehörigen Insecten lassen sich nach der Art ihrer Meta- morphose in zwei Untergruppen trennen: I. PauTOinetabola. Die postembryonale Entwicklung vollzieht sich unter allmählichem Anwachsen des Körpers (mehrfache Häutungen) und successivem Hervorsprossen der Flügelanlagen und der äusseren Ge- schlechtsteile. Bei den Insecten dieser Gruppe stimmen die Jugend- stadien mit den ausgebildeten Formen nicht bloss hinsichtlich der Ge- stalt, sondern auch nach ihrer Lebensweise überein. Hierher gehören die D e r m a p t e r a , Orthoptera g e n u i n a , Corrodentia, Thysanoptera und die meisten Rhynchoten. Die Jugendformen der meisten Rhynchoten sind im Bau der Mundtheile und der Körperform den Imagines ähnlich und wandeln sich allmählich in die ausgebildete Form um. Eine Ausnahme hiervon macht das Genus Aleurodes, dessen schildförmige Larve sich im Habitus von der vierflügeligen Imago unterscheidet und sich in eine ruhende Puppe umwandelt, welche von der Insecten. 849 Larvenhaut bedeckt wird. Hier findet sich demnach eine vollkommene Ver- wandlung. Aehnlich verhalten sich die Männchen der Cocciden, indem sie sich, sei es unter der schützenden Larvenhaut, sei es in einem gesponnenen Cocon in eine ruhende Puppe umwandeln. Auch bei den Cicadidae (Fig. 518) kommt es zu einer höheren Ausbildung der Metamorphose. Die Larven (Ä) leben unter der Erde an Wurzeln von Bäumen und haben hakenförmige, zum Graben umgewandelte Vorderfüsse. Die Nymphe (B) ist hier beweglich. Nur kurz vor dem Ausschlüpfen der Imago (C) verhält sie sich ruhig, das Bersten der Haut abwartend. IL Hemimetabola. Die Jugendstadien unterscheiden sich von den Imagines nicht bloss durch den Mangel der Flügel, sondern auch durch das Vorhandensein von provisorischen (Larven-) Organen. Fig. 518. A Larve, B Puppe, C Imago von Cicada septemdecim (nach Packard). Die Larven-Stadien leben im Wasser und sind durch die Verhält- nisse der Respirations- Organe von den Imagines verschieden (Tracheen- kiemen, Darmathmung). Hieher gehören die E p h e in e r i d e n , Odonaten und P 1 e c o p t e r a. Ephemeridae. Die Ephemeriden stellen eine sehr ursprüngliche Insecten- gruppe dar. Bei ihnen allein haben sich die paarigen Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane in der ursprünglichen Form erhalten. Die Larven (Fig. 519) leben im Wasser und kommen in einer Form aus dem Ei, welche im Habitus sehr an Campodea erinnert. In den späteren Stadien sind sie durch den Besitz äusserer Tracheenkiemen (1c) ausgezeichnet, welche als einfache oder doppelte Blätter, die am Rande mit Zweigen besetzt sein können, als Kiemenbüschel oder als mit einem Blatt gedeckte Kiemenbüschel an den hinteren Ecken der (in den meisten Fällen) sieben vorderen Abdominalseg- mente aufsitzen. In das Innere dieser Aussackungen der Haut erstrecken sich reich verästelte Tracheenstämme, welche den Gasaustausch mit dem um- gebenden Medium vermitteln. Dementsprechend sind die Stigmata geschlossen und die Stigmenäste, welche sich im Meso- und Metathorax und den acht 850 XXIII. Capitel. ersten Abdominalsegmenten finden, nur als dünne, farblose, nicht lufthaltige Stränge ausgebildet (Geschlossenes Tracheensystem). Nur im Momente der Häutung öffnen sich die Stigmenäste und Stigmata, um die Tracheenintima, welche im Zusammenhange mit der Cuticula der Körperober- fläche abgestossen wird, nach aussen durchtreten zu lassen (Palmen No. 161). Die Zahl der Häutungen, durch welche die einzelnen Stadien der successive der Imagoform immer ähnlicher werdenden Larve sich abgrenzen, ist eine sehr beträchtliche (bei Chloe über 20, Lubbock). Bei der vorletzten Häutung geht aus dem letzten Larven- (Nymphen-)stadium, das noch unvollkommene Flügel aufwies , ein schon vollkommen geflügeltes, der Imago sehr ähnliches Stadium (Subimago) hervor, welches sich von den vorhergehenden Stadien dadurch unterscheidet, dass bei ihm die Nahrungs- aufnahme unterdrückt ist. Bei dieser Häutung wer- den die Stigmata und Stigmenäste definitiv eröffnet und die Kiementracheen durch einen Act spontaner Amputation an ihrer Insertionsstelle abgeschnürt und abgestossen, so dass sie in der leeren Haut (Exuviae) des letzten Nymphenstadiums zurück- bleiben. Durch eine nochmalige auf dem Trockenen sich vollziehende Häutung geht das Subimago- stadium in die Form der Imago über. Odonata. Die Larven der Odonaten sind theils von gestreckter Körperform und den Imagines ziem- lich ähnlich, theils unterscheiden sie sich von den- selben durch den robusten, mehr gedrungenen Habitus. Alle sind durch die merkwürdige Modi- fication der Unterlippe, welche eine vorschnellbare sog. Maske (Fangzange) darstellt, charakterisirt. Die Respirationsorgane zeigen in den ein- zelnen Gattungen wechselnde Modificationen. Die verschliessbaren Stigmen am Thorax und Hinter- leib (Hagen) der Larven scheinen vorwiegend zur Luftabgabe benützt zu werden, doch athmen ältere Libellenlarven durch die Bruststigmen auch Luft ein (Dewitz). Die Tracheenkiemen sind bei Aeschna und Libellula an den Wänden des Afterdarms (Darmkiemen) gelegen, bei den Agrioniden finden sich drei Kiemenblätter am letzten Hinterleibssegmente. Diese, wie auch die Darmkiemen der Libelluliden( Hagen) werden bei dem Uebergang in die Imagoform durch spontane Amputation abgestossen. Bei E u p h a e a , welche durch das Vorhandensein von Abdominalanhängen ausgezeichnet ist, finden sich lange kegelförmige Kiemen zu beiden Seiten des Leibes nach Aussen vom Stigma am zweiten bis achten Segmente (Hagen). — Plecoptera. Insoferne bei den Perlaridae die Kiemenbüschel (Fig. 520 A, Je) im Imagozustande erhalten bleiben und die Metamorphose eigentlich nur in einem allmählichen Auswachsen der Flügel bestellt, würden sich dieselben streng genommen in die Gruppe der Paurometabola einreihen lassen. Die Larven erinnern im Habitus an die Campodea (Fig. 520 B) und besitzen Respirationsorgane theils in der Form von lateralen Kiemen- quasten (Fig. 520 A, k) an den Seiten des Thorax, theils auf dem ersten ventralen Bauchschild als Prosternalkiemen, theils zu den Seiten der After- Tig. 519. Ephemeri- denlarve. S ÄTracheenkiemen, t Haupt- stamm des Tracheensystems. Insecten. 851 Öffnung oder am Seitenrande des Abdomens. Wenn die Perlaridae hier unter den Hemimetabolen angeführt werden, so ist dies durch den Umstand gerechtfertigt, dass die Kiementracheen bei den Imagines nicht mehr als solche functioniren . sondern sich nur geschrumpft und in rudimentärem Zustande erhalten. B. Heteromorpha. Die Larven der hierher gehörigen Insecten sind in ihrem Habitus von den Imagines bedeutend verschieden. Zum Theil erinnern sie noch einigermassen an Campodea- ähnliche Formen, vielfach sind sie jedoch durch Anpassung an bestimmte Lebensweisen modificirt und häufig unter Zurücktreten der animalen Functionen und Ueberwiegen der vegetativen Fig. 520. A Larve einer Perlide in der Seitenansicht (nach Gräber), k büschel- förmige Kiementracheen, st Stigmen. B Larve von Perla bicaudata (nach Westwood). (bei mehr oder weniger parasitischer Lebensweise) rückgebildet. Den End- punkt dieser rückgebildeten Formen stellt die fuss- und augenlose „Made" mit rudimentären Fresswerkzeugen dar. In den meisten Fällen ist die Lebensweise der Larve von der der ausgebildeten Form völlig ver- schieden. Wir müssen die vollkommene Metamorphose als eine Höher- gestaltung des Entwicklungsganges betrachten, als eine erworbene Differen- zirung im Bereich des Larvenlebens, durch welche die hochausgebildeten, aber ihrer Entstehung nach wahrscheinlich jüngeren Insecten-Ordnungen gegenüber den Homoinorpha sich auszeichnen. Stets ist das letzte Stadium des Larvenlebens eine sogenannte Puppe, welche in der Körperform, der Entwicklung der Gliedmaassen und im Bau der Mundtheile der Imago ähnlich ist. In diesem Stadium ist die 852 XXIII. Capitel. Nahrungsaufnahme sistirt und meist auch die Fähigkeit der Locomotion unterdrückt (ruhende Puppe). Häufig ist die Puppe in einem von der Larve fabricirten Gespinnst (Cocon) eingeschlossen. Stehen die Glied- maassen der Puppe von der Körperoberfläche frei ab, so bezeichnet man dieselbe als freigliedrige (Pupa libera, gemeisselte Puppe). In anderen Fällen sind die Gliedmaassen, welche bei der ruhenden Puppe an die Bauchseite angedrückt gehalten werden, gleich nach dem Ab- streifen der Larvenhaut zwar auch frei, werden aber bald durch eine zähe, erhärtende Ausscheidung mit der Körperoberfläche verklebt, so dass ihre Contouren weniger deutlich umschrieben sind (Lepidopteren und viele Dipteren). Man bezeichnet diese Form als Mumien puppe (Pupa obtecta, Cbrysalis). In der Ordnung der Dipteren kommt es viel- fach vor, dass die Puppe von der letzten Larvenhaut umschlossen bleibt (Tonnenpuppe, Pupa coarctata). Die Zahl der Häutungen ist bei der vollkommenen Verwandlung eine beschränkte und erreicht niemals eine solche Höhe, wie bei manchen Homoinorphen (Ephemeriden). Neuroptera. Die Larven der Sialiden haben beissende Mundtheile , welche denen der Imagoform ähnlich sind. Im Habitus erinnern sie an manche Käferlarven. Die Larven der Megaloptera dagegen haben in ihren Mundtheilen eine eigentümliche Um- bildung zum Aussaugen der Beute erfahren, indem die Mandibeln an ihrer Unterseite eine Furche aufweisen, so dass Mandibeln und Maxillen zusammen jederseits ein Saugrohr darstellen. Im Habitus sind die Larven theils langgestreckt, und erinnern an Käferlarven (Mantispa, die merkwürdige, an Spongilla schmarotzende Sisyra), theils mehr gedrungen und von robustem Körperbau (Myrmeleon). Es er- eignet sich hier demnach der seltene Fall , dass die saugenden Mundtheile der Larve in der Imagoform durch beissende ersetzt werden, wie dies auch bei den Dytisciden unter den Käfern der Fall ist. Die Puppe ist im Wesentlichen eine ruhende, frei- gliederige Puppe, welche bei den Megaloptera in einen grobmaschigen, rundlichen Cocon eingeschlossen liegt. Doch erlangt dieselbe bei einigen Formen dicht vor der Umwandlung in die Imagoform die Fähigkeit der Locomotion und wandert umher, bevor sie durch Abstreifen der Puppenhaut zur Imago wird. In diesem Verhalten ist ein Uebergang zur Metamorphose der Paurometabola mit beweglichen Nymphen gegeben. Panorpatae. Die Larven sind raupenförmig und leben unter Moos oder unter der Erde. Sie besitzen einen herzförmigen Kopf und kräftige, beissende Mundwerkzeuge. An den Abdominalsegmenten können acht Paare von Bauck- füssen (vom ersten bis achten Abdominalsegment) vorkommen. An dem Hinter- leibsende findet sich die Anlage einer an die der Forficulinen erinnernden analen Haltgabel. Durch das Vorhandensein eines aus dichtgestellten Punktaugen zusammengesetzten Auges unterscheiden sich diese Larven von ähnlich ge- stalteten Lepidopteren- und Hymenopterenlarven. Trichoptera. Die Phryganeen- Larven leben meist im Wasser und verfertigen sich ein aus Fremdkörpern (Steinchen, Pflanzentheilen, Schnecken- Fig-. 521. Larve von Phryganea fusca (nach Pjctet). h Klammerhaken, k Kiementracheen. Insecteu. 353 häusern) zusammengesponnenes Gehäuse, das in einzelnen Fällen an Steinen befestigt sein kann. Im Habitus nähern sie sich den Käferlarven (Fig. 521). Sie besitzen drei Paare von langen Thoraxbeinen und am Hinterleibsende ein Paar von Fortsätzen, welche mit Haken (h) besetzt sind. An den Seiten des Hinterleibes (und des Meso- und Methathorax) kommen Tracheenkiemen Qc) in Form von Schläuchen oder Büscheln vor. Die Puppe ist freigliedrig. Die Verpuppung vollzieht sich im Gehäuse der Larve, nachdem in demselben noch eine weitere Hülle gesponnen wurde. Vor dem Auskriechen der Imago wird die Puppe beweglich, verlässt die Puppenhülle und kriecht ans Land, um sich daselbst zur Imago umzuwandeln. Lepidoptera. Die Larven sind von übereinstimmendem Habitus und zeigen die Form der Raupe (Eruca). Die meisten leben auf dem Lande. Nur ganz wenige Pyraliden durchlaufen das Larvenleben im Wasser. Bei diesen kann es dann auch zur Entwicklung von schlauchförmigen Tracheen- kiemen kommen (Paraponyx, während Acentropus, Hydrocampa und Cataclysta echter Tracheenkiemen entbehren). Von den 13 äusser- lich erkennbaren Körperringen stellt der vorderste den Segmentcomplex des Kopfes dar. Er trägt die meist dreigliedrigen, kurzen Fühler und die beissenden Mundwerkzeuge. Eine in der Medianebene verlaufende sog. Gabel- linie entspricht der Verwachsungs-Xath der Kopf lappen. Zu beiden Seiten des Kopfes finden sich sechs (seltener fünf) im Halbkreis angeordnete Punktaugen. Die auf den Kopf folgenden drei Brustringe sind den Abdominalringen gleich- gestaltet. Das erste Stigmenpaar gehört dem Prothorax an, die acht folgenden dem ersten bis achten Abdominalsegment. Die Beine fehlen höchst selten voll- ständig; in anderen Fällen sind sie rudimentär (einige Minirraupen). Meist sind drei Paare kurzer, gegliederter Thoracalbeine und fünf Paare von Abdominal- beinen vorhanden. Letztere finden sich am dritten bis sechsten Abdominalsegment und am Endsegment als sog. Nachschieber. Sie sind stummeiförmig und weisen eine zweilappige oder kreisförmige mit Häkchen besetzte Sohle auf. Bei Xepticula finden sich im Ganzen achtzehn Beine. In anderen Fällen wird durch Reduction der Abdominalbeinpaare die Zahl eine geringere. Bedeutend reducirt ist dieselbe bei den Spannerraupen, welche ausser den drei Thorax- beinpaaren nur zwei oder drei Abdominalbeinpaare aufweisen (am sechsten und neunten Abdominalsegment). Die Puppe ist eine Mumienpuppe (Pupa obtecta) und häufig in einem Cocon eingeschlossen. Bei den Puppen einiger Tineiden (besonders bei Micropteryx) sollen die Beine theilweise frei sein. Der Bau der Mund- theile ist dem der Imago im wesentlichen gleich. Diptera. Die Larven der Dipteren müssen im Allgemeinen als wesent- lich rückgebildete Formen in Anspruch genommen werden. Um so grösser ist die Mannigfaltigkeit in den einzelnen Untergruppen. Hier kommt der Typus der fusslosen, weichhäutigen, aus einer Anzahl gleichartiger Ringel bestellenden sog. „Maden" am deutlichsten zur Ausbildung. Stets fehlen die Extremitäten des Thorax; nur am ersten Thoraxsegmente können sich Rudimente von Extremitäten erhalten. Ebenso kommen zuweilen an den Abdominal- segmenten stummeiförmige Bauchfüsse zur Ausbildung. Auch die Mundtheile sind vielfach nur rudimentär entwickelt. In den meisten Fällen weist das Integument eine weichhäutige Beschaffenheit auf; doch kann dasselbe auch resistenteren Charakter annehmen (Stratiomyslarve, in deren Haut nach Letdig Kalksalze abgelagert sind). Die weichhäutige Beschaffenheit des Integuments kann sich auch auf die Kopfsegmente ausdehnen (kopflose Larven); hier kommt es jedoch meist zur Ausbildung eines chitinösen, die Mundtheile schützenden Schlundgerüstes oder einer mehr oder weniger Korschelt-Heider, Lehrbuch. 55 854 XXIII. Capitel. ausgebildeten Kieferkapsel. Aber nur in dem Falle, dass diese chitinöse Kapsel die Ganglien des Kopfes in sich birgt, wird dieselbe als eigentlicher „Kopf" bezeichnet (Brauer) (eucephale Larven). — Die Puppe ist nicht immer eine ruhende. In einzelnen Fällen (Culi- ciden) bewegt sie sich durch Stösse des Hinterleibs im Wasser umher. Die ruhende Puppe ist häufig von der Larvenhaut umschlossen und wird dann als Tonnenpuppe bezeichnet. Sie ist entweder freigliederig (Pupa libera) oder ähnlich der Lepidopterenpuppe mit angeklebten Gliedmaassen versehen (Pupa obtecta, Mumienpuppe). Die Formen der Dipterenlarven wurden von Brauer (Nr. 100) für die Systematik verwerthet. Brauer unterscheidet nach der Art des Aufberstens der Larvenhaut bei der Verpuppung (oder, im Falle eine Tonnenpuppe gebildet wird, bei dem Ausschlüpfen der Imago) zwei Haupttypen: 1) Ortho rhap ha, bei denen im Allgemeinen ein Längsspalt am Rücken und ein darauf senk- rechter Querriss sich öffnet. 2) Cyclorhapha, bei denen die Berstung in Bogenlinien erfolgt, so dass am vorderen Pole ein oder zwei Deckelchen ab- springen. Dem ersteren Typus gehören die den ursprünglichsten Habitus aufweisenden eucephalen Larven der Culiciden und Chironomiden, ferner die Larven der Tipuliden, Cecidomyiden, Stratiomyiden etc. an, während die Museiden, Syrpliiden und Pupiparen dem zweiten Typus folgen. In Bezug auf die Verhältnisse der Respirationsorgane zeigt sich eine grosse Mannigfaltigkeit. Viele Larven athmen nur durch das letzte offen- bleibende Stigmenpaar am hinteren Körperende (metapneustisch), bei anderen erhält sich das vordere und hintere Stigmenpaar durchgängig, während die übrigen verschlossen sind (amphipneustisch) ; wieder in anderen Fällen sind auch die dazwischen gelegenen Stigmen theilweise geöffnet (peripneus tisch ). Dagegen athmen die Puppen mancher Formen nur durch das vorderste, dem Prothorax zukommende Stigmenpaar (pro- pneustisch). — Siphonaptera. Die Larve ist fusslos, mit beissenden Mundtheilen, und besteht aus einem Kopf und zwölf ziemlich gleichartig gestalteten Segmenten. Zehn Stigmenpaare an den drei Thorax- und sieben vordersten Abdominal- segmenten. Die Puppe ist gemeisseit ; Mundtheile und Körperform gleichen der Imago; sie ruht in einem Cocon. Coleoptera. Viele Coleopterenlarven erinnern im Habitus an die Cam- podeaform. Hier finden sich an den Thoraxsegmenten drei wohlentwickelte Beinpaare und am Hinterleibsende in manchen Fällen ein Paar fadenförmiger oder griffelähnlicher Anhänge. Oefters tritt am hinteren Körperende ein Paar stumm eiförmiger sog. Nachschieber auf. Der stets wohlentwickelte Kopf zeigt die bei den Lepidoptera erwähnte Gabellinie und trägt meist kurze Fühler und jederseits in verschiedener Zahl sich findende (sechs und weniger) Punktaugen, die übrigens vielfach fehlen. Mundtheile beissend, die Mandibeln in einzelnen Fällen (Dytiscidae) zu Saugzangen umgebildet. Meist sind neun Stigmenpaare vorhanden, von denen das erste dem ersten oder zweiten Thoraxsegment zukommt oder an der Grenze zwischen beiden gelegen ist, während die übrigen den acht vordersten Abdominalsegmenten angehören. Die im Wasser lebenden Larven (Dytiscus, Hydrophilus) metapneu- stisch, zum Theil mit Tracheenkiemen (Gyrinus). Durch Streckung kommt es zur Ausbildung der drathförmigen Larven der Elateriden, in anderen Fällen entwickeln sich verbreiterte asseiförmige Gestalten (Parniden). Die Lamellicornierlarven sind augenlos, weichhäutig, weisslich und durch den sackförmig aufgetriebenen letzten Körperring ausgezeichnet (Enger- ling). Bei den unter, der Rinde oder im Holz bohrenden Formen werden Insecten. 855 Fig. 522. Metamorphose von Sitaris (nach Fabre, aus Lubbock). A erstes Larvenstadium, B zweites Larven- stadium , C drittes Larvenstadium (sog. Pseudo- clnysalis), D viertes Larvenstadium, E Puppe. die Beine rudimentär oder fehlen vollständig (Buprestidae, Ceramby- cidae). Solche rückgebildete Larvenformen können schliesslich maden- ähnlich werden (Curculionidae, Bostrychidae). — Die Puppe ist freigliedrig, in der Körperform und dem Bau der Mund- theile der Imago ähnlich. Eine von Fabre (No. 105) als Hypermetamorphose bezeichnete Complication erleidet die Verwandlung der Meloi- den in Anpassung an die eigen- thümliche Lebensweise der Lar- ven. Die junge, Campodea ähn- liche Larve von Sitaris (Fig. 522 A) gelangt zunächst auf das Männchen und während der Copulation auf das Weibchen von Anthophora. Sobald diese Biene ihr Ei in die mit Honig gefüllten, aus Erde ge- mauerten Zellen absetzt, schlüpft die Sitarislarve auf das an der Oberfläche des Honigs schwim- mende Ei, dessen Inhalt ihr zur ersten Nahrung dient. Das folgende sich vom Honig nährende Stadium ist wenig beweglich, madenähnlich, mit rudimentären Beinen (Fig. 522 B). Es wandelt sich in eine Pseudochrysalis (Fig. 522 C), ein ruhendes puppenähnliches Stadium um. Aus der Pseudo- chrysalis geht zunächst eine dem zweiten Stadium ähnliche Larve (Fig. 522 Z>), hierauf die eigentliche Puppe (Fig. 522 E) hervor, welche sich zur Imago um- wandelt. — Es findet sich hier demnach eine Vermehrung sowohl der frei be- weglichen, als auch der ruhenden Stadien. Hynienoptera. Die Larven der Hymenop- teren trennen sich in verschiedene Typen. Die von Blättern lebenden Larven der Ten- thredinidae sind im Habitus und der Fär- bung den Lepidopterenlarven ähnlich und werden deshalb als Afterraupen (Fig. 523) bezeichnet. Sie unterscheiden sich von den echten Raupen durch den Besitz eines einzigen Punktauges an jeder Seite des Kopfes und durch die meist grössere Zahl ab- dominaler Extremitäten, deren vorderstes Paar dem zweiten und nicht wie bei den Raupen dem dritten Abdominalsegmente angehört. Meist finden sich sechs bis achtPaare abdominaler Anhänge. Eine Ausnahme macht die Gattung Ly da, bei welcher ausser den Thoraxbeinpaaren nur am hinteren Leibesende ein Paar von gegliederten Anhängen (Cerci) sich findet. Diesen Afterraupen stehen die im Holz bohrenden Larven der Holzwespen (U r o c e r i d a e) nahe, unterscheiden sich von denselben aber durch den Mangel der Augen und der Abdominalbeine. Die meisten übrigen Hymenopteren zeigen rückgebildete Larvenformen im Anschluss an die parasitische oder halbparasitische Lebensweise. Sei es, dass die Larven in Pflanzenauswüchsen (Gallen) sich entwickeln, wie die vieler Cynipiden, oder dass sie parasitisch in anderen Insectenlarvon sich entwickeln, wie die einiger Cynipiden, der Pteromalinen, Ichneu- moniden etc., oder dass sie das Nahrungsmaterial in ihren Zellen vor- finden (Fossoria, Vespidae, Apidae), oder während des Heranwachsens 55 * Fi?. 523. Afterraupe einer [T r i c h i o s o m a lue omni] (nach "West wo od). 856 XXIH. Capitel. gefüttert werden (Ameisen), stets bedingt die damit verbundene Passivität eine Rückbildung der Extremitäten und der Mundwerkzeuge und eine An- näherung des Gesammthabitus an die Form der Made. Bei den Larven der Bienen und Wespen bleibt der Mitteldarm an seinem hinteren Ende geschlossen und ohne Communication mit dem die Malpighi'schen Gefässe aufnehmenden Enddarm. Die Verpuppung findet meist in einem gesponnenen Cocon statt. Die Puppe ist freigliedrig und im Bau der Imago gleich; da bei dem Ueber- gang von der Larve in die Puppe die Beinanlagen nur allmählich aus den Imaginalscheiben hervorgestülpt werden (vgl. pag. 862 und 865) so geht dem Puppenstadium eine Form vorher, welche die Beine nur in halbausgestülpten Zustande zeigt (Dewitz No. 102), und diese Form ist es, welche man als Semipupa, Subnympha oder Pronympha bezeichnet hat. Die Eier der Ichneumonidae, Braconidae und Pteromalidae entwickeln sich in Eiern oder Larven anderer Insecten. Die Larven der ersteren Familien weisen im Allgemeinen die Madenform auf. Doch kommen hier Anhänge am hinteren Körperende zur Entwicklung als Schwanzanhang (Anomalon) oder Schwanzblase (Microgaster), welche die Larven bei der Verpuppung verlieren. Dagegen weisen die Pteromalinen eine sehr merkwürdige Metamorphose auf. Die Entwicklung dieser Formen, die durch de Filippi, Metschnikoff, Ganin, Avers und Lemoine bekannt ge- worden ist, charakterisirt sich durch das Fehlen des Nahrungsdotters im Eie, durch das Fehlen oder die rudimentäre Entwicklung der Embryonalhüllen, durch das frühzeitige Ausschlüpfen der Larve aus dem Eie, und durch die abenteuerlich gestalteten Larvenformen. Ueber die ersten Entwicklungsstadien sind wir allerdings noch sehr im Unklaren. Bei Platy gaster entstehen durch einen fortgesetzten Theilungsprocess zahlreiche Zellen, von denen ein Theil sich bald zu einer oberflächlichen Schicht anordnet, welche als Hülle (der Serosa entsprechend?) den Embryo umgiebt. Die übrigen Zellen bilden die rundliche Embryonalanlage, an der man bald eine äussere Ectoderm- schicht und eine innere Schicht (unteres Blatt) unterscheiden kann. Nun streckt sich der Embryo und wird gleichzeitig durch eine von der Ventral- seite sich einsenkende Querfurche in einen vorderen, verbreiterten Kopfab- schnitt und einen hinteren, schmäleren Abschnitt getrennt. An dem Kopf- abschnitt tritt als Ectodermeinstülpung der Vorderdarm auf, welcher sich bald mit dem aus den inneren Zellen entstandenen Mitteldarm verbindet. Der Enddarm entsteht bedeutend später und tritt erst sehr spät in Communi- cation mit dem Mitteldarm. An dem Kopfabschnitt (Fig. 524) entwickeln sich zu den Seiten des Mundes ein Paar Klammerhaken (Jcf) und hinter demselben eine Unterlippe (id). Später tritt an der hinteren Grenze dieses vorderen Abschnitts noch ein Gliedmaassenpaar (Ifg) auf, und kommen vorne ein Paar kurzer Antennen (a) zur Entwicklung. Der hintere Abschnitt des Embryos theilt sich in mehrere Segmente und läuft in einen gabelförmigen, an die Furca der Copepoden erinnernden Anhang (f) aus. Deshalb hat man dies erste Larvenstadium, das nach Erhärtung der Chitincuticula aus der Embryonalhülle schlüpft, als cyclo ps ähnliches Stadium (Fig. 524, 23, 24, 25) bezeichnet. Es scheint, dass in diesem Stadium nur der Darm- canal und die Extremitätenmuskeln zur Differenzirung gekommen sind, während die übrigen Organe noch undifferenzirt in einem ventralwärts verlaufenden Keimstreif angelegt sind und erst im nächsten Stadium zur Ausbildung ge- langen. In dieses geht das Cyclopsstadium durch eine Häutung über, und nun erlangt die Larve die Gestalt eines ovalen, der Segmentirung entbehren- den, gliedmaassenlosen Körpers (Fig. 524, 26). Jetzt bildet sich das Nerven- system, die Speicheldrüsen und der Enddarm als Ectodermeinstülpungen und Insecten. 857 allmählich auch die Muskelgruppen, durch deren Anordnung die Segmentirung kenntlich wird. Das letzte (dritte) Larvenstadium, das aus dem vorliegenden durch eine neue Häutung hervorgeht, weist die Gestalt einer der Gliedmaassen entbehrenden segmentirten Made {27) auf. Fig. 524. Entwicklungsstadien von Platy gaster (nach Ganin, aus Lubbock). 23, 24, 25 sog. Cyclopsähnliche Larven dreier Platygasterarten. 26 zweites Larven- stadium. 27 drittes Larvenstadium. a Antenne, ag Ausführungsgang der Speicheldrüsen, ao After, bsm ventrale Ecto- dermverdickung, ed Darm, ew Rectum, / Furcalanhänge, fk Fettkörper, ga Geschlechts- organe, gh Enddarm, gsae oberes Schlundganglion, kf Hakenfüsse, Ifg seitliche Füsse, Im Speicheldrüsen, md Mandibeln, mo Mund, msl Magen, slk, slkf Oesophagus, sp Speicheldrüsen, tr Tracheen, ul Unterlippe. Die Larvenformen scheinen für andere verwandte Genera sehr mannig- faltig zu sein. Bei Teleas findet sich zwar auch das Cyclopsstadium, doch geht demselben eine spindelförmige Larve voraus , die mehr gleichraässig segmentirt erscheint und kleine stummeiförmige Mundtheile aufweist, während sie der Klammerhaken noch entbehrt (Ayers). Hier beginnt die Entwick- lung mit der Ausbildung einer Coeloblastula (Metscitnikoff, Ayeks), in deren Innenraum durch Einwanderung von Zellen ein unteres Blatt sich entwickelt. Durch Ausbildung einer medianen Rinne wird die bilaterale Symmetrie des Embryos und durch eine vordere Verdickung das Kopfende des Embryos gekennzeichnet. Alle diese Larvenformen der Pteromalinen müssen als abgeleitete angesehen werden, ohne dass wir in der Lage wären, für den einzelnen Fall anzugeben, welche Bedeutung der Ausbildung dieser merkwürdigen Formen für die Entwicklung zuzuschreiben ist. 858 XXIII. Capitel. Die Larvenformen der Insecten zeigen eine grosse Mannigfaltigkeit. Eine vergleichende Betrachtung zeigt auf das Deutlichste, dass haupt- sächlich die Lebensweise den Habitus der Larven bestimmt. So kommt bei phytophagen, von Blättern sich nährenden Larven der Typus der polypoden Raupe, bei den im Holz bohrenden Formen ein ähnlicher Typus mit kräftigen Mundwerkzeugen und starker Kopfkapsel aber rück- gebildeten Extremitäten zur Ausbildung, bei mehr oder weniger para- sitischer Lebensweise die Form der Made ect. In anderen Gruppen (Orthopt. genuina), deren Larven nach ihrer Lebensweise mit den aus- gebildeten Formen übereinstimmen, ist der Habitus der Imagines schon auf die Larvenformen übertragen. Es ergiebt sich aus diesen Betrach- tungen, dass wir die Metamorphose der Insecten nur in beschränktem Maasse nach der phyletischen Richtung verwerthen können. Vor Allem muss man im Auge behalten, dass die aus dem Eie kommenden Larven bereits die typische Gliederung des Insectenkörpers aufweisen, dass also in keinem einzigen Falle Ahnenformen in den Larven zur Reproduction kommen, welche den ältesten Insectenformen vorher- gingen. Alles, was uns die Insectenlarven lehren können, wird sich da- her nur in dem Rahmen dieser Klasse bewegen können. Durch den allen Insectenlarven zukommenden Mangel der Flügel werden wir auf die ursprüngliche Gruppe der Thysanuren gewiesen, und in der That zeigen auch zahlreiche Insectenlarven im Habitus grosse Uebereinstimmung mit diesen Formen. Die campodeoiden Larven, auf deren Wichtigkeit vor Allem Brauer (Nr. 145) hingewiesen hat, dürften demnach jenen Larventypus repräsentiren, der am meisten ursprüngliche Charaktere bewahrt hat. Als Hauptmerkmale dieses Typus sind zu nennen: beissende Mundwerkzeuge, gegliederte Fühler, Thoraxsegmente, welche mit den Abdominalsegmenten nahezu übereinstimmen, wohlent- wickelte Thoraxbeinpaare, ein schlanker, gestreckter, dorsoventral com- presser Körperbau und der Besitz von zwei gegliederten Reifen (Cerci) am Hinterleibsende. Dieser Typus ist durch die Larven der Ephemeriden, Perlariden, mancher Neuropteren und vieler Käfer ziemlich getreu inne- gehalten. Im Allgemeinen nimmt die Metamorphose der Insecten in den höher stehenden Ordnungen eine schärfere Ausprägung an, insofern hier die einzelnen Stadien grössere Verschiedenheiten von einander aufweisen und der Uebergang kein allmählicher ist. Wir müssen daher die unvoll- kommene Verwandlung als den ursprünglicheren Zustand betrachten und die vollkommene Metamorphose als eine im Bereich der Insecten er- worbene Höhergestaltung der individuellen Entwicklung. Daher müssen wir die Larvenformen der Metabolen sämmtlich als erworbene betrachten. Aber auch bei den Hemimetabolen werden wir gewisse Charaktere als erworbene bei phyletischen Betrachtungen in Ausschluss bringen müssen, z. B. das Vorhandensein eines sogenannten geschlossenen Tracheen- systems und von Tracheenkiemen bei vielen im Wasser lebenden Larven, da diese Lebensweise höchst wahrscheinlich als eine erworbene aufzufassen ist. Wenn wir so auf die Larvenformen der Insecten wenig Gewicht in phyletischer Beziehung legen können, so kommt doch vielleicht gewissen Merkmalen einiger Werth zu, insofern auch erworbene Larven- formen die Tendenz zeigen, morphologische Charaktere der Ahnenformen zu reproduciren. Als solche wiederaufgetauchte Merkmale sind vielleicht Insecten. 859 zu betrachten: 1) Die mehr weichhäutige Körperoberfläche. 2) Die weniger strenge Scheidung von Thorax und Abdomen. 3) Die mehr gleichmäßige Gliederung der Extremitäten. 4) Der Mangel der Facetten- augen. 5) Das häufige Vorkommen von abdominalen Extremitäten. 2. Entwicklung des Imago-Zustanues. Wir haben schon oben (pag. 847 und 848) auf die charakteristischen Unter- schiede hingewiesen, welche zwischen den homomorphen Insectenordnungen einerseits und den holometabolischen Formen andererseits hinsichtlich der Art der Entwicklung des geschlechtsreifen Zustandes (Imago) vorherrschen. Bei den ersteren vollzieht sich die Entwicklung der ausgebildeten Form unter ganz allmählichen inneren und äusseren Umwandlungen, welche sich von den Entwicklungsvorgängen, wie wir sie bei der Metamorphose der meisten übrigen Thiere ablaufen sehen, in nichts Wesentlichem unter- scheiden. Wir werden hier die Entwicklung der Flügelanlagen, der äusseren Geschlechtstheile, sowie sämmtliche übrigen Formveränderungen des Körpers auf ein einfaches Auswachsen des Larvenkörpers zurück- zuführen haben. In gleich einfacher Weise vollziehen sich auch die inneren Umwandlungen, unter denen vor Allem die Entwicklung der Geschlechtsorgane in den Vordergrund tritt. Wir werden aber auch an- nehmen dürfen — wenngleich die Verhältnisse hier nicht genauer unter- sucht sind — dass gleichzeitig mit dem Auswachsen der inneren Organe an denselben gewisse allmähliche Regenerationsvorgänge sich geltend machen, welche wohl überhaupt an functionirenden Organen weit ver- breitet sind. Wir werden annehmen dürfen, dass einzelne gealterte, durch Ausübung der Lebensfunctionen erschöpfte Zellen oder Zellgruppen resorbirt und durch lebenskräftigere Gewebstheile ersetzt werden, so dass eine beständige, allmähliche Regeneration der Organe im Gange ist. Bei den holometabolen Insectenordnungen dagegen vollzieht sich der Uebergang der letzten Larvenstadien in die ausgebildete Form unter Einschiebung eines Ruhezustandes (der Puppe), an welchem die Nahrungs- aufnahme und meist auch die Locomotion unterdrückt ist, während die gesammte Lebensthätigkeit des Organismus wichtigen und complicirten inneren Entwicklungsvorgängen zugewendet erscheint, welche als ein fast vollständiger Untergang vieler Organe der Larve und eine Erneuerung derselben von gewissen, schon in der Larve vorhandenen Anlagen (Im a- ginalscheiben) aus sich darstellen. Nur wenige Organe der Larve werden nämlich direct in die Puppe und den Imagokörper übernommen. Hierher sind die Anlagen des Genitalsystems zu rechnen. Auch das Herz und der centrale Theil des Nervensystems erleiden nur geringfügigere, innere Umwandlungen. Dagegen werden die meisten übrigen Organe der Larve: die Hypodermis, die meisten Muskeln, der gesammte Darm- canal und die Speicheldrüsen vollständig zerstört, indem ihre Zellen unter Einwirkung der Blutkörperchen (Leucocyten) , die hier als Phagozyten wirken, in Theile zerfallen, welche von den ersteren aufgenommen und verdaut werden, während gleichzeitig mit diesem Zerstörungsprocesse der Neuaufbau der Organe von den schon im Embryo angelegten Bildungsherden (Imaginalseheiben) aus sich in der Weise vollzieht, dass die Continuität des Organs in den meisten Fällen gewahrt bleibt. Wir werden diese Umwandlungsvorgänge nur dann verstehen können, wenn wir sie als gßO XXIII. Capitel. einen extremen Fall jener oben für die Homomorpha erwähnten Regene- rationsvorgänge der Organe betrachten. Wir werden dann annehmen müssen, dass von der embryonalen Anlage eines Organs zunächst nur ein Theil für den Gebrauch der Larve zur Ausbildung und Function gelangt, welcher sich während des Larvenlebens erschöpft, so dass er zu weiteren Umbildungen nicht mehr fähig ist und demnach zu Grunde geht, während ein zweiter Theil der Embryonalanlage, zunächst in unentwickeltem Zu- stande, als Imaginalscheibe persistirt, um während des Puppenzustandes die Regeneration des Organs zu übernehmen. Es muss hier darauf hingewiesen werden, dass dieser merkwürdige Ent- wicklungsmodus der imaginalen Organe, wenn er auch bei den Insecten zur schärfsten Ausprägung gekommen ist, doch auch bei anderen Thiergruppen andeutungsweise zu erkennen ist. Vielfach finden wir, dass anstatt der all- mählichen Umwandlung eines Larvenorgans in das entsprechende imaginale Organ der Weg eingeschlagen wird, das Larvenorgan zu zerstören oder rück- zubilden und das entsprechende imaginale Organ neu anzulegen. Wir erinnern hier an das oben pag. 495 und 496 über das Verschwinden und Wiederauf- treten von Gliedmaassen während der Crustaceen-Metamorphose Gesagte. Des» gleichen wurde für die Milben (pag. 630) erwähnt, dass bei ihnen eine theil- weise Zerstörung und ein Neuaufbau der inneren Organe stattfindet. Wenn der Unterschied in der larvalen und imaginalen Gestalt eines Organs ein sehr bedeutender ist, so kann der letztere Entwicklungsmodus sogar als Verein- fachung des Entwicklungsganges erscheinen. Für die Insecten bedeutet der- selbe jedenfalls eine beträchtliche Vervollkommnung, da die Uebergangs- stadien zwischen der larvalen und imaginalen Form eines Organs offenbar als keiner der beiden Lebensweisen vollkommen entsprechend — von geringerer Fnnctionsfähigkeit sein mussten, weshalb die Verlegung und Zusammendrängung derselben in ein Ruhestadium von Wichtigkeit für die Erhaltung der Individuen war. Obgleich es bereits durch Swammerdam bekannt geworden war, dass die Flügelaiilagen schon unter der Haut der Larve der holometa- bolen Insecten zu erkennen seien, so verdanken wir doch eine genauere Erkenntniss der mit der Verpuppung in Zusammenhang stehenden Um- wandlungen erst den grundlegenden Untersuchungen Weismann's (No. 129), welche sich mit der Entwicklung der Dipteren beschäftigten. Dem Um- stände, dass auch die späteren Untersucher dieser Verhältnisse, unter denen vor Allem Ganin, Viallanes, Kunkel d'HERKULAis, Kowalevskj: (No. 112) und Van Rees (No. 121) genannt seien, sich an dieselben Objecte gehalten haben, ist es zuzuschreiben, dass wir in erster Linie über die Umwancllungsvorgänge in der Puppe der Museiden orientirt sind. An diese wird sich unsere Schilderung denn auch in erster Linie zu halten haben. Da aber, wie man leicht erkennen kann, bei den Museiden die complicirtesten und abgeleitetsten Verhältnisse der Ent- wicklung vorliegen, so werden wir vielfach die einfacheren Bildungs- vorgänge bei den übrigen Holometabolen , wie sie für die Nematoceren (Corethra), Hymenopteren , Lepidopteren durch Weismann, Ganin, Dewitz u. A. bekannt geworden sind, zum Ausgangspunkte zu nehmen haben. Es muss erwähnt werden, dass unsere Kenntnisse über das in Rede stehende Gebiet vielfach noch ungemein lückenhafte sind und nur in den Hauptzügen als gesichert betrachtet werden können. Vor Allem fehlt uns der genaue Nachweis, inwieweit die für die Museiden bekannt Insecten. 8(31 gewordenen Verhältnisse der inneren Umbildung auch für die übrigen Insectengruppen Geltung haben, wenngleich es als wahrscheinlich betrach- tet werden muss, dass in der Puppe der Lepidopteren , Hymenopteren und vielleicht auch der Coleopteren ganz ähnliche Umwandlungsvorgänge ablaufen. Wir trennen die hierher gehörigen Entwicklungsprocesse in eine Be- trachtung der Entwicklung der äusseren Körperform und der Anlage der inneren Organe des Imagostadiums. A. Entwicklung der äusseren Körperform. Die Körpergestaltung des Imagostadiums findet sich bereits in der Puppe vollständig angelegt, so dass der Uebergang von der Puppe zur Imago nur mit einer Entfaltung und Erhärtung der bereits vorhandenen Theile verbunden ist. Es geht hieraus hervor, dass die Körperform der Imago bereits in den letzten Larvenstadien vorbereitet wird und bei der Puppenhäutung (dem Uebergang zur Puppe) zur vollkommenen Ausbildung gelangt. In den meisten Fällen handelt es sich bei dem Uebergang von der Larvengestalt zur Imagoform vorwiegend um eine Umbildung bereits vorhandener Theile, während Neuanlagen nur in beschränkterer Weise participiren. So gehen beispielsweise von der Schmetterlingsraupe der Kopf sammt den Fühlern und Mundwerkzeugen, ferner die Thoraxbein- paare direct (wenn auch in wesentlich umgeänderter Gestalt) aus der Larve in die Puppe über. Als Neuanlagen treten die zusammengesetzten Augen und die Flügelpaare auf. Letztere werden an dem Meso- und Metathorax der Larve in der Form von Im aginal Scheiben (Flügel- scheiben) angelegt. Ganz ähnlich verhält es sich bei sehr vielen ande- ren Holometabolen , bei denen der Uebergang der Larve in die Puppe im Wesentlichen auf einer Umformung bereits vorhandener Theile be- ruht. Einer Erwähnung bedürften hierbei ausser den eben angeführten Umwandlungen noch die Veränderungen, die sich am Abdomen geltend machen, welche zum Theil auf einem Auswachsen abdominaler Anlagen (Extremitäten?) zu äusseren Geschlechtstheilen (Legestachel, Giftstachel, vgl. oben pag. 797 ff.), zum Theil auf einer scheinbaren Verringerung der Segmentzahl beruhen. Letztere kann in einer Verschmelzung einzelner Abdominalsegmente oder in der Vereinigung des ersten Abdominalseg- mentes mit dem Metathorax (Hymenopteren) ihre Ursache haben, oder aber auf eine Umwandlung der hintersten Körpersegmente in einen fernrohrartig eingezogenen Genitalanhang (Legeröhre, Ruthe) zurückzu- führen sein. In jenen Fällen, in welchen die Larven fusslos sind, wie dies bei den Dipteren, vielen Hymenopteren und manchen Käferlarven der Fall ist, werden auch die Beine des Imagostadiums als Neubildungen in der Form von Imaginalscheiben (Beinscheiben) angelegt. Als Beispiel einer solchen verhältnissmässig einfachen Metamorphose mag uns die durch Weismann (No. 130) genauer bekannt gewordene Umwandlung von Corethra dienen. Die Larve von Corethra gehört zu den eucephalen Fliegenlarven. Der Kopf des ausgebildeten Insects ist demnach hier schon in der Larve angelegt und geht unter gewissen Umformungen seiner Theile direct in die Puppe über. Ja, sogar" — und 862 XXIII. Capitel. dies ist eine unter den Holometabolen seltene Ausnahme — das zusammen- gesetzte Auge findet sich bereits in der Larve vor. Dagegen müssen die Thoraxbeinpaare, die Flügel und die Schwinger aus Neuanlagen entwickelt werden. Demgemäss finden wir an dem vor der Verpuppung stehenden, letzten Larvenstadium entsprechend angeordnete Imaginalscheiben vor. Jedes Thoraxsegment weist deren vier auf: zwei ventrale und zwei dorsale (vgl. ha und fa in Fig. 525). Die ventralen (ba) werden zu den Beinpaaren. Von den dorsalen (fa) Paaren wandelt sich das des Meso- thorax in die Flügel, das des Metathorax in die Halteren um, während aus der entsprechenden Anlage des Prothorax bei Corethra der stigmen- tragende Dorsalfortsatz der Puppe, bei Simulia dagegen ein Büschel von Tracheenkiemen hervorgeht. Betrachten wir eine solche als Imaginal- scheibe bezeichnete Gliedmaassenanlage näher, so sehen wir, dass die Gliedmaasse selbst ganz, wie überall sonst K und wie es beispielsweise auch bei den Hemimetabolen der Fall ist, afs Ausstülpung der Körper- oberfläche angelegt wird. Der einzige Unterschied, der sich hier bemerk- bar macht, ist, dass die Gliedmaassenanlage als Ganzes unter das Niveau der Körperoberfläche versenkt erscheint. Sie wird im Grunde einer Einstülpung angelegt, wie wir dies für die Kopf- und Rumpfscheiben an der Pilidiumlarve der Nemertinen (pag. 144) und für die Anlage der Unterfläche des Seeigelkörpers am Pluteus (pag. 229) kennen gelernt haben. Solche Beispiele der Anlage wichtiger imaginaler Körperparthien im eingestülpten Zustande Hessen sich noch leicht beliebig vermehren. So findet sich die Körperwandung desPrimärzooeciums der ectoprocten Bryozoen in der Larve (als Saugnapf und Mantelhöhle) im eingestülpten Zustande etc. Das Lumen der Einstülpung, in welcher die Gliedmaassen von Corethra (und der übrigen Holometabolen) angelegt werden , wurde von Van Rees als peripodale Höhlung und die dieselbe nach Aussen begrenzende Scheide, welche natürlich mit der Hypodermis des Körpers in con- tinuirlichem Zusammenhange steht, als peripo- dale Membran bezeichnet. Fig1. 525. Schema eines Querschnittes durch ein Thoraxsegment der Core- thralarve (aus Lang's Lehrbuch). ba Beinanlage,/« Flügel- anlage, be und/« peripodale Einsenkung , Ihy Larven- hypodermis , Ih Chitincuti- cula der Larve. Wir müssen annehmen, dass sicli an der Gliedmaassenanlage vom ersten Anfange an ein ectodermaler und ein mesodermaler Antheil betheiligen, welche sich von den entsprechenden Keimblättern der Larve ableiten. Auf diese Verhältnisse werden wir unten bei Besprechung der Museiden (pag. 866) zurückkommen. Das Ectoderm der Gliedmaassenanlage steht mit der peri- podalen Membran und durch dieselbe mit der Hypodermis in continuirlicher Verbindung. Weismaxn war geneigt, die im Innern der Extremitätenanlage sich entwickelnden Organe (Tracheen, Muskeln etc.) von einer Wucherung des Neurilemms eines an die Imaginalscheibe von Innen herantretenden Nerven abzuleiten. Denn an die Innenfläche der Imaginalscheiben treten frühzeitig zum Theil Nerven, zum Theil Tracheenverästelungen heran. Wenn die Extremitätenanlagen sich vergrössern, so wird die peri- podale Membran entsprechend gedehnt, während die Extremität im Inneren derselben eine mehr oder weniger eingekrümmte Lagerung gewinnt. Dem- Insecten. 863 zufolge erscheinen die Flügelanlagen gefältelt, die Beinanlagen bei Core- thra spiralig eingedreht etc. Die Entfaltung der Extremitätenanlagen geht in der Weise vor sich, dass dieselben einfach aus der Einstülpung, in welcher sie bisher geborgen waren, herausrücken. Während auf diese Weise die Extremität allmählich frei wird , verstreicht die peripodale Einsenkung immer mehr, so dass schliesslich die peripodale Membran völlig in das Niveau der übrigen Hypodermis aufgenommen erscheint, deren Theil sie von nun an bildet, während der Insertionspunkt der Extremität sich fürderhin nicht mehr in einer Vertiefung befindet. Die inneren Organe der Corethra scheinen während der Metamor- phose im Verhältniss zu den übrigen Holometabolen nur ganz geringfügige Verwandlung zu erfahren. Von jener weitgreifenden Zerstörung mit nach- folgender Eegeneration, welche für die Museiden genau bekannt geworden ist, ist bei Corethra nichts zu beobachten. Es verdient allerdings erwähnt zu werden, dass nach Kowalevstcy (No. 112) an dem Mitteldarm von Corethra eine Abstossung des larvalen und Ausbildung des imaginalen Epi- thels in der gleichen Weise stattfindet, wie dies weiter unten für Musca beschrieben werden soll. Die meisten Larvenorgane gehen direct in das Puppen- und Imagostadium über; auch die Musculatur bleibt unverändert, während die Muskeln der Extremitäten und die Flügelmuskeln neu angelegt werden. Letztere entstehen nach Weismanx in dem letzten Larvenstadium aus Zellsträngen, welche bereits im Embryo angelegt worden sind. Wenn wir betrachten, wie geringfügig die inneren Umwandlungen während der Metamorphose der Tipuliden, für welche uns Corethra als Beispiel diente, sind, so werden wir kaum daran zweifeln, dass wir hier Verhältnisse vorliegen haben, welche den Uebergang zwischen der unvollkommenen und vollkommenen Verwandlungsweise darstellen. Hierfür spricht unter Anderm auch die kurze Dauer des Puppenstadiums und die freie Beweglichkeit des- selben, sowie auch die frühzeitige Anlage des zusammengesetzten Auges, ein Charakter, welchen Corethra mit den Hemimetabolen gemein hat. Es ist hier der Ort, auf die Entwicklung des Flügels, welche beson- ders für die Lepidopteren durch Semper (No. 126), Landois (No. 114), Paxkritius (No. 120) und C. Schäffer (No. 124 a) bekannt geworden ist, genauer einzugehen. Die Flügel werden, wie die übrigen Extremitätenanlagen als einfache Hypodermisausstülpungen innerhalb einer peripodalen Einsenkung angelegt. Sie stellen demnach zunächst eine einfache Hypodermisfalte dar, an deren Insertionsstelle von innen eigenthümliche Bildungen des Fettkörpers und des Tracheensystems herantreten. Als mit dem Fettkörper zusammen- hängend erweisen sich Anhäufungen kleiner Zellen, welche von Schäfper als Blutbildungsheerde gedeutet wurden. Von den an die Flügelanlage heran- tretenden Tracheen dagegen entwickelt sich ein dichter Knäuel feinster Tracheen, welche als intracelluläre Bildungen im Innern einzelner grosser Matrixzellen sich entwickeln (Landois, Schäfper). Diese Tracheenknäuel werden nach dem Uebergang in das Puppenstadium rückgebildet. Dagegen entwickeln sich grössere Tracheenverästelungen, welche in den Flügel eindringen und die Grundlage für die Ausbildung des Flügelgeäders abgeben. Bei dem Uebergang der Raupe in die Puppe werden die Flügelanlagen aus der peripodalen Höhlung herausgestülpt. Es ist dies eine Wirkung vermehr- ten Blutdruckes. Die Flügelanlagen stellen sich deshalb als mit Blut gefüllte, im Innern Tracheenverästelungen enthaltende Bläschen dar. Später jedoch legen sich die der oberen und unteren Fläche des Flügels ent- sprechenden Blätter dicht aneinander und verwachsen, so dass nun nur jene 864 XXIII. Capitel. von den Tracheenverästelungen eingenommenen Stellen für die Blutflüssigkeit durchgängig bleiben und sich zum Adernetz des Flügels umbilden. In späteren Stadien sind im Innern der Adern keine Tracheen mehr aufzu- finden. Sie werden rückgebildet und nach Weismann bei Musca aus den Adern in den Thorax zurückgezogen. Dagegen verbleibt in den Adern ein von Semper bei Lepidopteren aufgefundener, in früheren Stadien die Tracheen begleitender Strang, welchen wir als Rippenstrang bezeichnen wollen (Flügelrippen Semper's). Dieser Rippenstrang stellt ein tracheenähn- liches Rohr dar, welches aus einer äusseren Matrix und einer inneren Intima besteht, von welcher bäumchenartige Fortsätze in das Lumen vorragen. Das Centrum des Lumens ist von einem längsgestreiften Strang (Secretmasse?) eingenommen. Schäffer konnte den Zusammenhang dieser Rippenstränge, welche am ausgebildeten Thiere nur mehr in der basalen Hälfte des Flügels nachweisbar sind und zur Stütze des Flügels dienen sollen, mit dem Tracheen- system nachweisen. Es dürften demnach umgewandelte Tracheen sein. Ausserdem finden sich in den Flügeladern noch Nervenstämme. Die Cuticula des Flügels, welche erst ziemlich spät auftritt, wird an der Oberfläche der Adern beträchtlich verdickt. Von Interesse ist die Art, wie die Verschmelzung der beiden Hypodermislamellen des Flügels sich voll- zieht. Es entwickelt sich an der Innenfläche der Hypodermis jederseits eine „Grundmembran", während die Hypodermiszellen selbst sich pfeilerartig um- bilden. Die beiden Grundmembranen legen sich dicht aneinander, ver- schmelzen und gehen schliesslich zu Grunde, so dass im ausgebildeten Flügel die Hypodermispfeiler sich durch die ganze Dicke des Flügels continuirlich erstrecken. Es ist hier der Platz, zu erwähnen, dass die entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen der AcoLPH'schen Theorie des Flügelgeäders ungünstig gegen- überstehen. Nach dieser letzteren werden die Adern des fertigen Flügels als Convex- und Concavadern unterschieden, welche ihrem Ursprünge nach einander gegenüberstehen sollten, indem nur die Concavadern aus Tracheen hervorgingen, während die Convexadern sich aus Zellsträngen entwickelten, in welche erst secundär Tracheen sich hineinerstrecken können. Das System der Convex- und Concavadern stehe sich ursprünglich gesondert gegenüber. Es wurde jedoch von Brauer und Redtenbacher (No. 101) für Odonaten, von Gkassi für den Termitenflügel und neuerdings von Haase (No. 108) für Lepidopteren der Nachweis erbracht, dass die Verästelungen eines und desselben Tracheenstammes sich zum Theil in Convex- und zum Theil in Concavadern umbilden können, wodurch die Voraussetzung jener Theorie hinfällig wird. In ähnlich ungünstigem Sinne spricht sich auch Van Bemmelen (No. 99) aus, welcher die schon von Fr. Müller (No. 118) an Nympha- liden gemachte Beobachtung bestätigte, dass das Adersystem an den eben verpuppten Schmetterlingspuppen sich im Einzelnen von dem der ausgebil- deten Form unterscheidet. Es kommt demnach den Beobachtungen über die Entwicklung des Adersystems eine gewisse phylogenetische Bedeutung zu. Die Haare und Schuppen des Schmetterlingsflügels werden aus einzelnen Hypodermiszellen (Haar- und Schuppenmutterzellen) als Ausstülpungen angelegt (Semper). Die charakteristische, definitive Zeichnung entwickelt sich erst nach Differenzirung der Schuppen. Doch muss erwähnt werden, dass nach Van Bemmelen der definitiven Zeichnung eine transitorische vorhergeht, welche sich von der definitiven wesentlich unterscheidet, aber mit dieser doch einige Züge gernein hat. Viel complicirteren Entwicklungsvorgängen begegnen wir in der Gruppe der Museiden. Hier entstehen zwar die Bein- und Flügel- Insecten. 865 anlagen in ganz ähnlicher Weise, wie wir dies bei Corethra beobachtet haben. Doch erscheint bei den Museiden die ganze Imaginalanlage weit in's Innere des Körpers verlegt, die peripodale Höhle erscheint geschlos- sen und die peripodale Membran steht blos vermittelst eines zarten, fadenähnlichen Stieles mit der Hypodermis in Verbindung (Fig. 526 A, is, Fig. 527 A, st). Diese Verbindungsstränge, welche bereits von Dewitz1) (Nr. 102) gekannt und ihrer Bedeutung nach vollkommen richtig aufgefafst worden waren, zeigen in ihrem Inneren, wie Van Rees (No. 121), welcher diese Bildungen neuerdings genauer studirte, nachwies, ein feines Lumen. Wenngleich die erste Entwicklung der Imaginalscheiben im Embryo der Museiden noch immer unbekannt ist, so werden wir doch nicht irre gehen, wenn wir sie, ebenso wie die Imaginalscheiben von Corethra, auf Hypo- dermiseinstülpungen zurückführen. Wir müssen dann die erwähnte, stiel- ähnliche Verbindung als den lang- ausgezogenen Hals dieser Einstül- pung betrachten. Im Uebrigen verläuft die Ent- wicklung der Extremitäten(Fig.526) ganz so, wie wir sie für Corethra geschildert haben. Die Beinanlagen vergrössern sich und zeigen früh- zeitig die ersten Spuren der spä- teren Gliederung. Sie erscheinen in der peripodalen Höhle derartig verpackt, dass die einzelnen Glie- der der Extremität „wie die Ringe eines einschiebbaren Reisebechers" (nach dem treffenden Ausdruck von Van Rees) ineinander geschoben erscheinen. Die Ausstülpung der ausgebildeten Extremitätenanlage, welche am ersten Tage nach dem Beginn der Verpuppung erfolgt, geht in der WTeise vor sich, dass der Stiel der Imaginalscheibe (Fig. 526 B, 527 B) sich verkürzt und sein Lumen sich erweitert, so dass die Extremität schliesslich, wie bei Corethra, durch die weitgeöffnete Mündung der peripodalen Ein- stülpung nach aussen tritt (Fig. 526 C, 528 A). Während gleich- zeitig die letztere allmählich völlig verstreicht, wird die peripodale Fig". 526. Schematische Querschnitte durch die Larve und Puppe von Musca, zur Darstellung der Entwicklung der Flügel, Beine und der imaginalen Hypodermis (aus Lang's Lehrbuch). b Beinanlagen,7? Flügelanlagen, ihy ima- ginale Hypodermis, sich bei D von der Basis der Imaginalscheiben her ausbreitend, üd Imaginalscheiben der Flügel, iiv Imaginal- scheiben der Beine, is Verbindungsstränge mit der Hypodermis, Ih Chitinhaut der Larve, Ihy larvale Hypodermis (durch zwei dünne parallele Contouren angedeutet, während die imaginale Hypodermis ganz schwarz gehal- ten ist). Membran zur Bildung einer ver- dickten Hypodermisparthie in der nächsten Umgebung der Gliedmaassen- Insertionsstelle verwendet und von diesen verdickten Hypodermisparthien geht, wie wir unten (pag.869 ff.) sehen werden, die Bildung der Hypodermis des ganzen imaginalen Thorax aus, während die Hypodermis der Larve zerstört wird. 1 Auch Kunkel d'Herkulais (No. 113) hat diese Stränge bereits gekannt. 866 XXIII. Capitel. Wir müssen hier die Frage nach der ersten Entstehung der mesodermalen Antheile der Extremitätenanlage berühren. Man kann an den Imaginal- scheiben ausgewachsener Muscidenlarven stets eine deutliche Trennung zwischen einem ectodermalen und einem inneren, mesodermalen Antheil unterscheiden. Ganin (No. 107) leitet den mesodermalen Antheil durch eine Art Differen- zirung und Abspaltung der innersten Schichten des ectodermalen Antheils ab, und Van Rees hat sich dieser Auffassung im Allgemeinen angeschlossen. Kowalevsky (No. 112) dagegen nähert sich der Auffassung, dass der meso- dermale Antheil der Imaginalscheiben von embryonalen Zellen des Mesoderms herzuleiten sei. Er findet im Mesoderm unter der Hypodermis der Larve zerstreute sog. Wanderzellen (pag. 870, Fig. 530-4, w), welche von den Leucocyten im Aussehen verschieden sind und die Elemente darstellen, von denen die Bildung des mesodermalen Theils der Imaginalanlagen ausgeht. Kowalevsky ist geneigt, für jedes Segment eigene imaginale Anlagen des Mesoderms zu supponiren, welche aber so zart und indifferent seien, dass Fig. 527. Schematische Darstellung der Lage der Imaginalscheiben in der Larve (A) und Puppe (B) von Musca (im Anschlüsse an Van Rees). Die Flügelanlagen sind weggelassen. as Augenscheiben, at Antennenanlage, b1, b2. b* Anlage des ersten, zweiten, dritten Thoraxbeinpaares, bg Bauchganglienkette, g Gehirn, h sog. „Hirnanhang", m peripodale Membran, o Mündung des Hirnanhangs in den Pharynx, oe Oesophagus, p. sog. „Pha- rynx", r Rüsselanlagen, ss Stirnscheiben, st stielförmige Verbindung der peripodalen Membran mit der Hypodermis, /, II, III, erstes, zweites, drittes Thoraxsegment. wir dieselben in den ersten Stadien ihres Bestehens nicht auffinden. Von diesen Imaginalanlagen des Mesoderms würden sich die obenerwähnten WTanderzellen des Mesoderms herleiten, um erst secundär mit den Imaginal- scheiben in Verbindung zu treten. Complicirte und trotz der Darstellungen von Weismann (No. 129), Van Rees (No. 121) und Kowalevsky (No. 112) noch immer schwer zu verstehende Verhältnisse liegen der Entwicklung des Kopfabschnittes der Museiden zu Grunde. Wir müssen hier daran erinnern, dass an den Mus- cidenlarven der Kopfabschnitt nur in äusserst rudimentärer Form vorliegt. Von den zwölf Segmenten, aus denen die kegelförmige Muscidenlarve Insecten. 867 sich zusammensetzt, entspricht nur das vorderste, kleinste dem Kopfab- schnitte. Die Kleinheit dieses Abschnittes ist zum Theil auch dem Um- stände zuzuschreiben, dass ein beträchtlicher Theil des Kopfes hier nur in eingezogenem Zustande vorliegt. Denn, wie aus den Untersuchungen von Weismann hervorgeht, werden in den letzten Embryonalstadien der Vorderkopf, die Mandibeln und die ganze den Mund umgebende Kopf- region eingestülpt und stellen dann jene Einsenkung (Fig. 527^) dar, in welcher sich sehr bald das für die Muscidenlarven charakteristische Hakengerüst entwickelt. Man hat diese eingestülpte Parthie des Kopfes, in deren Grunde nun der Oesophagus mündet, mit dem nicht ganz glück- lich gewählten Namen Schlundkopf oder Pharynx bezeichnet und muss sich gegenwärtig halten, dass der darunter verstandene Hohlraum nicht dem Darmcanal zugehört. Es ist ein eingestülpter Kopfabschnitt, und die Bildung des Imagokopfes beruht zum grössten Theile nur auf der Wiederausstülpung dieser Region. Fig. 52S. Schematische Darstellung der Umwandlungen in der Puppe von Musca vor dem Ausschlüpfen (im Anschlüsse an Kowalevsky und Van Rees). Die Flügelanlagen sind nicht eingezeichnet. as Augenscheiben, at Antennenanlage, b1, b2, b3 Anlage des ersten, zweiten, dritten Thoraxbeinpaares, bg Bauchganglienkette, g Gehirn, k Kopfblase (aus der Vereinigung des Pharynx mit den Hirnanhängen hervorgegangen), oe Oesophagus, r Eüsselanlagen, ss Stirnscheiben, 1, II, III, erstes, zweites, drittes Thoraxsegment. Die ersten Anlagen der wichtigsten Theile des Kopfes (Augen, An- tennen, Stirn) finden «ich in den jüngsten Larven in der Form paariger, im Thorax befindlicher, den Gehirnhälften dicht anliegender (daher von Weismann als Hirnanhänge bezeichneter) Zellmassen, welche nach vorne wahrscheinlich von ihrem ersten Ursprünge an mit dem Schlund- kopf zusammenhängen und welche als förmliche Imaginalscheiben des Kopfes bezeichnet werden können. Dieselben präsentiren sich in späteren Stadien sehr bald in der Form langgestreckter, an ihrem hinteren Ende erweiterter Säcke (Fig. 527 A und B, h) und sind wohl auch ihrem Ur- sprünge nach als Ausstülpungen des Schlundkopfes aufzufassen. Sehr bald treten in der Wand dieser sackförmigen „Hirnanhänge" Epithel- 868 XXIII. Capitel. Verdickungen auf, in denen sich die Anlagen bestimmter Theile des Kopfes erkennen lassen. So stellt eine scheibenförmige Verdickung im hinteren erweiterten Theile der „Hirnanhänge" die Anlagen des zusammengesetzten Auges dar, welche demnach als „A u g e n s c h e i b e n" bezeichnet werden (as). An der basalen Fläche der Augenscheiben findet sich eine nervöse Aus- breitung, welche durch einen Nerven mit dem oberen Schlundganglion in Zusammenhang steht. Dieser Nerv wird zum Nervus opticus des aus- gebildeten Thieres, während das Ganglion opticum sich von dem Gehirne deutlicher absondert. Im vorderen, mehr cylindrischen oder schlauch- förmigen Theile der „Hirnanhänge" finden wir die Stirnscheiben (ss), an denen bald die Antennenanlage (at) in ganz derselben Weise hervor- sprosst, wie die Beinanlagen am Grunde der ihnen den Ursprung geben- den Imaginalscheiben. Ursprünglich (Fig. 527 A) liegen die „Hirnanhänge" ziemlich weit hinten und zwar in dem Thorax der Larve , so dass sie den hintersten Theil der Wand des Schlundkopfes mit dem vordersten Abschnitte des Gehirnes, welchen sie pilzhutförmig umfassen, in Verbindung setzen. Später jedoch , nach der Verpuppung , rücken sie sammt dem Central- nervensystem weiter nach vorne (Fig. 527 B) , wobei sie (wenn wir die Schilderung von Weismann und Van Rees richtig verstanden haben) den Schlundkopf mit ihren vorderen, etwas ventralwärts eingekrümmten Enden seitlich umfassen. Gleichzeitig etablirt sich jedoch eine sich immer mehr und mehr erweiternde Communication (Fig. 527 JS, o) zwischen den Hirn- anhängen und dem Schlundkopf, welche in der Form seitlicher Schlund- spalten sich bald in der ganzen Länge der „Hirnanhänge" ausdehnt. Dadurch fliessen die Lumina der Hirnanhänge und des Schlundkopfes so vollständig zusammen, dass beide bald nur mehr eine einheitliche Blase, die „Kopfblase", darstellen (Fig. 528 h). Die Wände der Kopfblase sind nichts Anderes, als die spätere Kopfwand und lassen bereits die wichtigsten Theile derselben (Antennen, Augen, Rüsselanlagen) erkennen. Es fehlt nur, dass die Kopf blase durch die Ausmündung des Schlund- kopfes (H — \- ) nach Aussen umgestülpt wird , um den Kopf der Puppe vollständig fertig zu erhalten. Bei dieser Ausstülpung der in eingestülp- tem Zustande angelegten Theile wird die frühere Mündung des Schlund- kopfes zum Halsabschnitt (Fig. 528 B -+- +) , durch welchen Kopf und Thorax jetzt verbunden sind (Van Rees). Die Ursache für die Vorstül- pung der Kopfblase, welche Weismann direct beobachten konnte, scheint in einer durch Zusammenziehung der hinteren Körpertheile bewirkten Vermehrung des inneren Druckes gelegen zu sein. Entsprechend der Conformation des auf diese Weise zur Entwicklung gekommenen Imago- kopfes muss der Oesophagus von nun an einen mit seinem vorderen Ende ventralwärts eingekrümmten Verlauf nehmen. Wir haben oben (pag. 867) darauf hingewiesen, dass der sog. Schlund- kopf nichts Anderes ist, als ein eingestülpter Theil der äusseren Oberfläche des Larvenkopfes. Die „Hirnanhänge" werden wir als Divertikel dieser Einstülpung aufzufassen haben, in denen die einzelnen Theile des Kopfes in eingestülptem Zustande angelegt werden. Sie lassen sich demnach den Anlagen der Thoraxgliedmaassen durchaus vergleichen. Alle diese „Imaginal- scheiben" werden wir ihrem Ursprünge nach auf eingestülpte Theile der äusseren Körperoberfläche zurückzuführen haben. Mit dieser Auffassung lässt sich die Angabe Geabee's (No. 28) schwer in Uebereinstimmung bringen, welcher an einem späteren Embryonalstadium von Calliphora Insecten. 359 die Anlagen der Imaginalscheiben als einfache im Inneren des Körpers liegende Epithelplatten beobachtete. Da Geaber die vorhergehenden und nachfolgenden Entwicklungsstadipn ununtersucht liess, so können wir diese Angabe nur als ein schwer verständliches Factum anführen und müssen die Aufklärung dieser Verhältnisse späteren Untersuchungen anheimstellen. B. Entwicklung der inneren Organe des Imagostadiums. Wir haben schon oben (pag. 859) erwähnt, dass die meisten Organe der Mnscidenlarven (und das Gleiche gilt wohl für die meisten Dipteren, Lepidopteren, Coleopteren und Hymenopteren) unter Einwirkung der Blutkörperchen (Leucocyten) einem Zerfall anheimfallen, und dass der Wiederaufbau derselben von bestimmten, embryonalen Zellgruppen, den Imaginalscheiben, ausgeht. Zerfall und Wiederaufbau finden während des Puppenstadiums in der Weise statt, dass vielfach während des Ablaufs dieser Processe die Continuität des Organs nicht gestört erscheint. . Dieser Verwandlung sind vor Allem unterlegen: die Hypodermis, der ^vsss31131?^^ ,fa Darmcanal, die Muskeln, der Fett- ^ ^ '%/ körper und die Speicheldrüsen. ^y ^K Die Umwandlung des Tracheen- // 3 Systems scheint nur zum Theil ^ hierher zu rechnen zu sein , zum ^H^xsS!^fI3^it,*nttt anderen Theil aber als einfache ^8^ 1K- ^'4 Regeneration durch Theilung der ^y %~t Zellen zu verlaufen. Geringeren // ^ Veränderungen sind das Herz, das CentralnervenSVStem Und die Ge- FJ»« 529. Schematische Darstellung schlechtsanlage unterlegen. Wir *e/qBildünf äZ im^»al7 Hypodermis am , -11 01 -i 1 Abdomen der Musciden (aus Lang s Lehr- genen zur specielleren Schilderung buch). der Veränderungen der einzelnen hi Imaginalscheiben der Hypodermis, Organe Über. & larvale Hypodermis. Hypodermis. Die Hypodermis des Imagostadiums entsteht durch eine Ausbreitung des ectodermalen Antheils der Imaginalscheiben. Wir haben dies fin- den Thorax schon oben (pag. 865) erwähnt. Während die Gliedmaassen des Thorax in der Puppe allmählich ihre Ausbildung erlangen, breitet sich von der Insertionsstelle derselben eine aus zahlreichen, kleinen Zellen bestehende Hypodermisschicht , welche ihrem Ursprünge nach wohl auf die peripodale Membran zurückgeführt werden muss, an der Oberfläche des Puppenthorax immer mehr und mehr aus, während gleichzeitig der Bereich der aus grossen Zellen bestehenden Larvenhypodennis dem- entsprechend immer mehr eingeengt erscheint. Dabei kriechen die flachen Bänder der neugebildeten Hypodermis (Fig. 529 hi, 530 i) in den Spalt zwischen der oberflächlichen Cuticula und der larvalen Hypo- dermis (Fig. 530 h) hinein, so dass an diesen Stellen die dem Untergang entgegengehende alte Hypodermis an der Innenseite der neugebildeten Epithelschicht zu liegen kommt (vgl. Fig. 530 B). Man ersieht hieraus, dass während des Ersatzes der alten Hypodermis durch die neue die Continuität des oberflächlichen Epithels nirgends unterbrochen erscheint. Korschelt-H e i der, Lehrbuch. 56 870 XXIII. Capitel. Da die Ränder der beiden Hypodermis - Arten sich decken, findet sich nirgends eine von Epithel entblösste Stelle der Körperoberfläche. Die Auflösung der Larvenhypodermis vollzieht sich unter dem Einflüsse der Leucocyten (Fig. 530 Je), welche sich an die im Zerfall begriffenen Hypo- dermiszellen herandrängen, den Inhalt derselben bruchstückweise in sich aufnehmen und sich mit solchen Fragmenten der Hypodermiszellen und ihrer Kerne derartig anfüllen, dass sie, da die aufgenommenen Bruch- stücke die Gestalt randlicher Körnchen annehmen , mit dem von Weis- mann eingeführten Ausdrucke Körnchenkugeln bezeichnet werden können. Die Körnchenkugeln, welche die Leibeshöhle der späteren Puppenstadien in reichlichem Maasse erfüllen, sind demnach nichts Anderes als Leucocyten (Blutkörperchen) , welche Gewebstrümmer des untergehenden Larvenkörpers in ihr Inneres aufgenommen haben. Hier- bei ist zu bemerken, dass der Zerfall der Larvengewebe nicht etwa einem Fig. 530. Schnitte durch abdominale Iraaginalscheiben der Hypodermis von Musca (nach Kowalevskt). A aus der Larve, B und C aus der Puppe. h Larvenhypodermis, h' abgetrennte Stücke derselben, von Phagocyten angegriffen, i Imaginalscheibe, k Phagocyten mit aufgenommenen Zelltrümmern (sog. Körnchen- zellen), k' Phagocyten mit Hypodermiskernen im Inneren, m Mesodermanlage der Ima- ginalscheibe, w Wanderzellen. vorhergehenden Absterben der Zellen zuzuschreiben ist, sondern er ist das Resultat der Einwirkung der Leucocyten auf jene in ihrer Lebens- fähigkeit abgeschwächten , aber noch lebenden Gewebe. Während voll- kommen lebenskräftige Gewebe, z. B. das -der Imaginalscheiben , dem Angriffe der Leucocyten widerstehen, werden die weniger lebensfähigen Larvengewebe durch den Angriff der Leucocyten in Fragmente zertheilt und von den letzteren einfach aufgefressen und verdaut. Diese Processe lassen sich am besten an dem Untergang der Musculatur der Larve verfolgen. Der Untergang der meisten Larvenorgane beruht demnach auf der den amoeboiden Blutkörperchen zukommende Fähigkeit der Insecten. 871 Nahrungsaufnahme und der intracellulären Verdauung, auf welche be- sonders durch Metschnikoff (No. 116, 117) hingewiesen wurde, welcher entsprechend dieser Bedeutung der Blutkörperchen dieselben als sog. P h a g o c y t e n in Anspruch genommen hat. In gleicher Weise, wie im Thorax, vollzieht sich die Neubildung der Hypodermis im Kopfe und auch im Abdomen. Denn auch in letzterem Körperabschnitte finden sich, wie zuerst Ganin (No. 107) nachgewiesen hat, in jedem der acht Segmente , aus denen das Abdomen der Larve besteht, vier kleinzellige Inselchen, Imaginalscheiben (Fig. 529 hi, 530 i), von denen die Neubildung der Hypodermis ausgeht. Neuerdings hat Van Rees an den Abdöminalsegmenten noch ein weiteres Paar kleiner Imaginalscheiben aufgefunden. Die dem letzten Körpersegmente zu- kommenden vier Imaginalscheiben umstehen dicht aneinander gedrängt die Afteröffnung (Fig. 531 ims) und nehmen an der Bildung des Hinter- darms Theil, indem sie die Anlage der Rectaltasche und der Rectal- papillen liefern. Diesem Segmente scheinen auch weiter noch die zwei Paare imaginaler Genitalanlagen (Anlagen der äusseren Geschlechtsorgane) zuzukommen, welche von Kunkel d'Herculais (No. 113) für Volu- eella nachgewiesen worden sind. Es muss erwähnt werden, dass sich au der Innenfläche der abdominalen Imaginalscheiben ganz ebenso wie an denen des Thorax eine Zellansammlung des definitiven Mesoderms (Fig. 530 C, m) vorfindet, von welcher die Ent- wicklung der Mesodermgebilde des Abdomens ihren Ausgangspunkt nimmt. Diese Mesodermansammlung wird ihrer Entstehung nach von Kowalevsky — wie bereits oben (pag. 866) erwähnt wurde auf die sog. Wanderzellen (Fig. 530 A, w) zurückgeführt, während die früheren Autoren geneigt waren, sie durch Delamination von dem Ectoderm der Imaginalscheiben abstammen zu lassen. Die neugebildete Hypodermis breitet sich sehr rasch über die Ober- fläche des Körpers aus, sodass die den einzelnen Imaginalscheiben ent- sprechenden Hypodermisfelder bald untereinander zusammenfliessen. Gleichzeitig mit dieser Vervollständigung der definitiven Epithelschicht wird die larvale Hypodermis von den riiagocyten völlig zerstört. Musculatur. Einem ganz ähnlichen Zerstörungsprocess durch Phagocyten, wie wir ihn oben für die Larvenhypodermis geschildert haben, unterliegt der grösste Theil (oder die gesammte Menge?) der Larvenmusculatur, und zwar ist die Auflösung der Muskel der erste Process, welcher sich in der Puppe geltend macht. Es war schon Weismann bekannt, dass die Muskel der vordersten Körpersegmente zuerst von der Zerstörung befallen werden. Ueberdies eilen die Muskel der oberflächlichen Schichten denen der tieferen Lagen in dem Zerfall voraus. Der Zerfall der Larvenmuskel vollzieht sich in der Weise, dass eine grössere Anzahl amoeboider Blutkörperchen, welche sich an der Oberfläche des Muskelbündels angesammelt hatten, das Sarcolemm durchdringen und in das Innere der Muskelsubstanz einwandern, indem sie in Spalten ein- dringen, welche sich in derselben entwickeln. Man hat oft den Eindruck, dass durch plattenförmige , vordringende Fortsätze der Leucocyten ent- sprechende Parthien aus der Muskelsubstanz förmlich herausgeschnitten werden. Auf diese Weise zerfällt der Muskel in eine Anzahl sich bald 56* 872 XXIII. Capitel. abrundender Partikel, welche sofort in das Innere der Leucocyten auf- genommen werden. Es ist dann aus dem Muskel eine Ansammlung von Körnchenkugeln geworden, welche sich schliesslich von einander entfernen und in der Leibeshöhle der Puppe zerstreuen. Auf gleiche Weise, wie die Muskelsub- stanz, werden auch die Muskelkerne von den Phagocyten aufgenommen und verdaut. Hinsichtlich des Details der Auf- lösung der Larvenmuskel durch Phagocyten, welche schon durch Metschnikoff und Ganin verrauthungsweise vorausgesagt wurde, stimmen die Angaben von Van Rees und Kowalevsky vollständig über- ein. Nach Van Rees sollen nicht sämmt- liche Muskel der Larve dieser Zerstörung anheimfallen. Gewisse dorsal gelegene Gruppen der schrägverlaufenden äusseren Muskelschicht des zweiten Thoraxseg- mentes bleiben erhalten, um, nach tief- greifenden, inneren Umwandlungen, welche in einer Vermehrung der Muskelkerne und einer Umordnung der Muskelsubstanz be- stehen, in die Flügelmuskel der ausgebil- deten Form überzugehen. Diese Art des Uebergangs von Larvenmuskeln in Imago- muskel muss als eine sehr merkwürdige erscheinen; doch lassen die Schilderungen Van Rees' kaum einen Zweifel an der Richtigkeit dieser Beobachtung aufkommen. Im Allgemeinen vollzieht sich die Bildung der imaginalen Muskelgruppen von dem definitiven Mesoderm aus, welches von dem Mesoderm der Imagi- nalscheiben (Fig. 530 C, m) herstammt, und über dessen erste Entstehung wir oben (pag. 866 und 871) das bisher Be- kannte erwähnt haben. Darme anal. Aehnlich wie bei der Hypodermis geht die Zerstörung des larvalen Darmes und der Aufbau des definitiven Organes aus einzelnen Imaginalscheiben derart Hand in Hand, dass die Continuität nir- gends unterbrochen erscheint. Die Kennt- niss der Imaginalscheiben des Darmcanals geht auf Ganin (No. 107) zurück. Neuer- dings haben Kowalevsky (No. 112) ms Fig. 531. Verdauungstract einer Museidenlarve mit eingezeichne- ten Imaginalanlagen (nach Kowa- levsky). bd Blindschläuche des Chylus- d armes, ch Chylus-Mitteldarm, / Fett- zellen an der Spitze der Speichel- drüsen , h Hinterdarmimaginalring, ht Hinterdarm, ie Imaginalzellen des Mitteldarmepithels, im Imaginalzellen der Mitteldarmmuscularis, ims hintere, abdominale Imaginalscheibe, is Imagi- nalringe der Speicheldrüsen, ma Mal- pighi'sche Gemsse, pr Proventriculus, s Saugmagen, sp Speicheldrüsen, v Vorderdarinimaginalring. Insecten. 873 / — 7^ — o m und Van Rees (Nr. 121) die Entwicklung des Darmcanals ausführlich geschildert. Die Imaginalscheiben des in der Puppe sehr verkürzten Darmes finden sich am Mitteldarm in der Form zahlreicher zerstreuter, insel- förmiger Zellgruppen (Fig. 531 ie), am Vorderdarm und Hinterdarm in Gestalt je eines Ringes (v und h) von vermehrungsfähigem, imaginalem Gewebe. Der Imaginalring des Vorderdarms (v) liegt im Bereiche des sog. Proventriculus (pr., vgl. Fig. 533 im), während der des Hinterdarms dicht hinter der Einmündungsstelle der MALPiGHi'schen Gefässe zu suchen ist. Die Regeneration dieser beiden Theile des Darmcanals vollzieht sich nicht ausschliesslich von' diesen zwei Ringen aus, sondern es betheiligen sich daran auch noch die Imaginalanlagen der angrenzenden Parthien der Körperoberfläche. So scheint es, dass die vorderste Parthie des Oesophagus von den Imaginal- scheiben in der Umgebung des Mundes geliefert wird, während die den Anus umgebenden Ima- ginalscheiben des achten Ab- dominalsegmentes (Fig. 531 ims) durch Einstülpung die Rectal- tasche sammt den Rectalpapil- len erzeugen. Die Ausbildung des defini- tiven Mitteldarms geht in der Weise vor sich, dass die insel- förmigen Imaginalscheiben sich unterbeträchtlicherZellvermehr- ung an der äusseren oder basa- len Fläche des larvalen Mittel- darmepithels ausbreiten (Fig. 532 o), bis sie sich erreichen und verschmelzen, wodurch die Wand des imaginalen Darmes gebildet erscheint. Es wird gleichzeitig das gesammte lar- vale Mitteldarmepithel (e) nach- Innen abgestossen und bildet, von einer Schicht kleiner, viel- leicht den Imaginalscheiben entstammender Zellen (f), sowie von einer Gallerthülle umgeben, den sog. gelben Körper, welcher bis zu seinem Zer- fall im Puppendarme liegen bleibt. Die larvale Muscularis (m) blieb intact, so lange der imaginale Mitteldarm noch nicht vollständig entwickelt war, dann wird sie von Phagocyten angefallen und zerstört. Die definitive Muskelschicht entwickelt sich aus einzelnen, der Aussenfläche der Ima- ginalscheiben anliegenden Zellen (Fig. 531 im , 532 m1) , welche als besondere Imaginalzellen der Darmmuscularis bezeichnet werden müssen. Die Umwandlung des Vorderdarms wird durch eine Rückbildung des Proventriculus und des Saugmagens eingeleitet. Der Proventriculus (Fig. 533 pr) , welcher aus einer als Intussusceptio zu bezeichnenden Ringfalte des Vorderdarms gebildet erscheint, geht zurück, indem diese Faltenbildung sich ausglättet. Auch der Saugmagen wird in ähnlicher Weise, rückgebildet, indem er immer mehr und mehr in den Oesophagus zurückgeht, so dass an Stelle des ursprünglichen Divertikels nur mehr Fig. 532. Querschnitt durch den Mittel- darm einer Museiden puppe (nach Kowa- levsky). e abgestossenes und degenerirendes Epithel des Larvendarmes, / um dasselbe neugebildete Zellschicht, m Muscularis, m' Imaginalzellen der Muscularis, o Imaginalscheiben des Mittel- darmepithels, t Tracheenstämmchen. 874 XXIII. Capitel. eine Erweiterung des Oesophaguslumens zurückbleibt. Gleichzeitig wird dieser Theil des Darms von Phagozyten angefallen und zerstört, während die zerstörten Parthien durch die allmählich sich ausdehnenden imagi- nalen Theile der Wand ersetzt werden. Der Imaginalring des Vorder- darms (Fig. 533 im), welcher — nach Kowalevsky — die Bildung eines grossen Theiles des definitiven Oesophagus übernimmt, schliesst sich an seinem hinteren Ende, so dass die Communication mit dem Mitteldarm unterbrochen erscheint. Ganz ähnliche Verhältnisse finden wir bei der Umbildung des End- darms. Auch hier breitet sich der Imaginalring zur Bildung eines Rohres aus, welches, indem es die Einmündungsstellen der MALPiGHi'schen Gefässe umwächst, sich gegen den Mitteldarm zu schliesst, während es nach hinten mit dem in Zerfall begriffenen larvalen Enddarm in Com- munication steht, In ähnlicher Weise wird das Territorium des larvalen Enddarms durch ein von den in der Umgebung der Afteröff- nung befindlichen Imaginalscheiben gebildetes, von hinten einwachsendes imaginales Rohr eingeengt, bis schliesslich, wenn der ge- sammte larvale Enddarm in Körnchenzellen umgewandelt ist, die beiden imaginalen Ab- schnitte des Rohres einander bis zur Berühr- ung genähert erscheinen. Wir sind hier im Wesentlichen den An- gaben Kowalevsky's gefolgt, Nach Van Rees nehmen an dem Aufbau des Vorder- und End- darms nicht bloss die genannten Imaginalschei- ben Theil, sonderns es vollzieht sich gleichzeitig eine Regeneration des larvalen Epithels, welches demnach nur zum Theil zerstört wird , zum anderen Theil dagegen eine mehrfache Theilung seiner Zellen und eine Einfügung dieser ver- jüngten Stellen in die Continuität des imaginalen Vorderdarms erleidet. Die Speicheldrüsen der Larve (Fig. 531 sp) werden vollständig durch Phagocyten zerstört, Es erfolgt die Neubildung dieser Drüsen von Imaginalscheiben (Fig. 531 is) aus, welche nach Kowtalevsky einen am vorderen Ende des Drüsenschlauches gelegenen Ring dar- stellen (vgl. die Angaben von Schiemenz No. 125). Welcher Art die Umwandlungen sind, welche die Malpighi'schen Gefässe durchzumachen haben, ist aus den bisherigen Angaben noch nicht genau zu ersehen. Nach Van Rees möchte hier mehrfach eine Regeneration von Larvenzellen durch Theilung, andererseits aber auch ein Zerfall dieser Elemente in Frage kommen. Die oben geschilderte Art der Umbildung des Darmcanals scheint unter den holometabolen Insecten ungemein verbreitet. Sie wurde nicht nur für Dipteren, sondern auch für Lepidopteren (Kowalevsky, Feenzel), Coleopteren (Ganin) und Hymenopteren (Ganin) beobachtet. Die Abstreifung des Mittel- darmepithels wurde von Kowalevsky auch bei Corethra, Culex und Chiro- nomus vorgefunden. Fig". 53*3. Längsschnitt durch den Pr oventriculus einer Muscidenlarve (nach Kowalevsky). im Vorderdarmimaginal- ring, oe Oesophagus, pr Pro- ventriculus. Insecten. 875 Tracheensystem. Dass das Tracheensystem während der Metamorphose wichtigen Um- wandlungen unterworfen ist, geht schon aus der gänzlich verschiedenen Gestalt hervor, welche dasselbe in der Larve, Puppe und Imago aufweist. Es sei hier nur daran erinnert, dass die Larve der Museiden durch ein am hinteren Körperende gelegenes (durchgängiges) Stigmenpaar athmet, die Puppe durch ein dem Prothorax zukommendes, während der Imago sechs Stigmenpaare (am Meso- und Metathorax, sowie an vier Abdominal- segmenten) zukommen. Unzweifelhaft sind in der Larve und Puppe die übrigen Stigmen in einem für Luft undurchgängigen Zustande vorhanden. Diese Stigmenäste, sowie einige andere bereits von Weismann angegebene Stellen des Tracheensystems scheinen nach Van Rees als Imaginalscheiben für die Regeneration der Tracheenmatrix zu funetioniren , während viel- fach auch eine Regeneration dieses Epithels durch einfache, wiederholte Theilung der Zellen zu erkennen ist. Die Auflösung der der Rück- bildung anheimfallenden Theile des Tracheensystems vollzieht sich unter dem Einfluss der Phagocyten in der bereits bekannten Weise. Nervensystem. Die centralen Theile des Nervensystems gehen direct aus der Larve in das Imagostadium über, wenngleich sie beträchtlichen Veränderungen der Form und Lagerung unterlegen sind. Gleichzeitig sollten sich an ihnen (nach Weismann) gewisse histiologische Umwandlungen abspielen, welche als Histiolyse bezeichnet wurden. Es sollte hierbei ein Zer- fall und Wiederaufbau der Gewebe im Inneren des in seiner Continuität erhalten bleibenden Organes sich abspielen. Neuerdings hat man jedoch vielfach den Zerfall der Gewebe in der Puppe überhaupt als Histiolyse bezeichnet. Wenig aufgeklärt ist bisher die Frage nach den Umwandlungen des peripheren Nervensystems. Wenn es bei dem Untergang der Larven- muskeln als wahrscheinlich bezeichnet werden muss, dass auch die mo- torischen Nerven zum Theil einer Degeneration anheimfallen, so liegen für die zu den Extremitäten ziehenden Nerven die Verhältnisse insofern anders, als dieselben sich schon in der Larve in der Gestalt von Nerven- strängen, welche die Imaginalscheiben mit dem Centralnervensystem in Verbindung setzen, erkennen lassen. Diese Stränge werden nach Van Rees aus der Larve in die Puppe und Imago übernommen, so dass mit der weiteren Ausbildung der Extremitätenanlage nur der distale Theil des zugehörigen Nerven als Neubildung angelegt wird. Fettkörper. Auch der Fettkörper der Larve wird durch die Thätigkeit der Leucocyten in der für die übrigen Gewebe geschilderten Weise zerstört. Die Neubildung des Fettkörpers scheint von dem Mesoderm der Imaginal- scheiben auszugehen. Möglicherweise kommen auch die von Schäffer als Blutbildungsherde in Anspruch genommenen Anhäufungen embryonaler Zellen für die Regeneration des Fettkörpers in Betracht, Jedenfalls werden wir denselben von mesodermalem Gewebe abzuleiten haben. Wenn Wielowiejski den Fettkörper von Corethra aus einer unter der Hypodermis gelegenen Zellschicht der Larve entstehen sah, so liegt noch 876 XXIII. Capitel. keine Nöthigung vor, diese Beobachtung in einer für die Ansichten Schaffens günstigen Weise zu deuten, welcher sich überzeugt zu haben glaubt, dass" bei Musca der Fettkörper der Larve zum Theil von der Hypodermis, zum Theil von der Tracheenmatrix, also von ectodermalem Gewebe sich herleitet. Definitives Schicksal der Leucocyten. Wir haben gesehen, dass die Ausbildung der Organe der Imago überall da von den Imaginalscheiben ausging, wo dieselben nicht direct aus der Larve in die Puppe übernommen wurden. Die Leucocyten, deren Zahl in der Puppe ungemein vermehrt ist, nehmen an dem Auf- bau der Gewebe (wie man dies früher glaubte) keinen directen Antheil. Ihre Bedeutung scheint darin zu liegen, dass sie die dem Untergang geweihten Larvenorgane zerstören, deren Bestandteile in sich aufnehmen und verdauen und vermöge ihrer Locomotionsfähigkeit den neuwachsen- den Organen Nahrungspartikelchen zuführen. Welchem Schicksale gehen diese Elemente entgegen, nachdem die Entwicklungsprocesse in der Puppe zum Abschlüsse gekommen sind? Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass ein Theil der sog. Körnchenzellen wieder zu gewöhnlichen Blut- körperchen umgewandelt wird. Ein anderer und, wie es scheint, be- trächtlicher Antheil unterliegt der Degeneration. Es werden schliesslich die Leucocyten selbst als Nährmaterial für die neugebildeten Gewebe verwendet. Von Interesse ist nach dieser Richtung die Beobachtung von Van Rees, dass zum Schlüsse zahlreiche Leucocyten in die neu- gebildete Hypodermis einwandern und daselbst, in Spalten zwischen den Hypodermiszellen gelegen, der Degeneration anheimfallen. Allgemeines über die Entwicklung der Imago in der Puppe. Wir haben gesehen, dass die Entwicklung des Körpers der Imago von einzelnen, schon in der Larve vorhandenen und im Embryonalleben angelegten Bildungsherden (Imaginalscheiben) ausgeht, und haben solche Imaginalscheiben für die einzelnen Theile des Kopfes, für die Extremi- täten, für die Hypodermis des Abdomens und für die verschiedenen Parthien des Darmcanals kennen gelernt. Wir haben gesehen, dass die Ausbildung der mesodermalen Organe der Imago (Muskeln, Bindegewebe, Fettkörper) von einem mesodermalen Antheil der Imaginalscheiben aus- geht, dessen erste Entstehung allerdings noch ziemlich dunkel ist. Gleich- zeitig mit dem Aufbau der imaginalen Organe vollzieht sich unter dem Einflüsse der Leucocyten der Zerfall der Larvenorgane. Beide Processe (Zerfall und Regeneration) gehen derart Hand in Hand, dass der Zu- sammenhang der betreffenden Organe in den meisten Fällen vollkommen gewahrt bleibt, indem der vollständige Zerfall erst nach Ausbildung des definitiven Organs eintritt. Hiervon ist die Musculatur der Larve aus- genommen, welche sehr frühzeitig dem Zerfalle anheimgegeben wird. Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, dass die scharfe Trennung von Larven-, Puppen- und Imagostadien nur im Hinblick auf die Zustände der äusseren Körperoberfläche, wie sie durch aufeinander folgende Häutungen auseinander hervorgehen, begründet erscheint. Die Vorgänge der inneren Entwicklung dagegen stellen sich als eine ganz continuirliche Reihe von Umbildungen dar, welche jene scharfe Sonderung nicht er- kennen lassen. Immerhin werden wir aber im grossen Ganzen die Formen des Larven-, Puppen- und Imagozustandes nach den ihnen zukommenden Lebensaufgaben auseinanderhalten können. Insecten. 877 III. Parthenogenese, Pädogenese, Heterogonie. Es muss hier in Kurzem darauf hingewiesen werden , dass ver- schiedentlich bei den Insecten die Fähigkeit, unbefruchtete Eier auf parthenogenetischem Wege zur Entwicklung zu bringen, beobachtet worden ist. Die Parthenogenese kann hier entweder nur gelegentlich auftreten (z. B. bei manchen Lepidoptereiij Bombyx, Li pari s), oder aber den Werth eines fixirten Vorganges im Bereiche des Entwicklungs- cyclus gewinnen. So werden beispielsweise bei den staatenbildenden Wespen und Bienen die Männchen aus parthenogenetisch sich entwickeln- den Eiern erzeugt. Das Gleiche wurde bei Ameisen, sowie bei Nematus ventricosus und anderen Blattwespen beobachtet , während bei anderen Ten thredini den aus den unbefruchteten Eiern nur Weibchen hervorgehen. Ebenso scheinen bei den Lepidopteren in der Regel Weibchen aus den parthenogenetisch entwickelten Eiern hervorzugehen. So wurde z. B. bei Psyche und Solenobia die Aufeinanderfolge zahlreicher parthenogenetischer Generationen beobachtet, während die Männchen nur selten angetroffen werden. Aehnlich verhält sich Apatania unter den Trichopteren (nach Klapalek). Zu einem cyclischen Wechsel zwischen parthenogenetischen Weibchen und andersgestalteten zwei- geschlechtigen Formen (demnach zu einer echten Heterogonie) kommt es bei gewissen Cynipiden. So entwickelt sich nach Adler und Lichten- stein in den Gallen einer als Spathegaster baccarum bekannten Form eine andersgestaltete als Neuroteres ventricularis bezeich- nete Wespe, von welcher nur parthenogenetische Weibchen bekannt sind. Aus den in besonders gestalteten Gallen sich entwickelnden unbefruchteten Eiern geht wieder die als Spathegaster bezeichnete Geschlechts- generation hervor. Mit der Möglichkeit, aus unbefruchteten Eiern eine Kachkommen- schaft zu erzielen, steht in Zusammenhang die Verlegung der Fort- pflanzung in frühe Entwicklungsstadien ( P a e d o g e n e s e). So kann nach v. Grimm eine Chironomusart ihre Eier bereits als Puppe ablegen, während andere Dipteren (Cecidomyia) sich bereits als Larven par- thenogenetisch und vivipar fortpflanzen. Als Paedogenese muss auch zum Theil die parthenogenetische Fortpflanzung der Aphiden betrachtet werden, bei denen der Fall eintreten kann, dass der parthenogenetisch erzeugte Embryo bereits wieder trächtig ist. In dem bestimmt normirten Wechsel parthenogenetisch sich fort- pflanzender und zweigeschlechtiger Generationen, welche sich durch gewisse Merkmale des Körperbaues unterscheiden, erscheint die Hetero- gonie der Pflanzenläuse (Phytophthires) begründet. Bei den Aphiden entwickelt sich aus dem überwinternden, befruchteten Winterei im Frühjahr eine parthenogenetisch und vivipar sich fortpflanzende Generation, als deren Nachkommen im Frühjahr und Sommer eine Reihe von par- thenogenetisch und vivipar sich vermehrenden Generationen folgt, deren Individuen häufig geflügelt sind, aber auch der Flügel entbehren können. Den Schluss dieser Reihe von Generationen macht die gegen den Herbst auftretende Generation der Sexuparen, deren parthenogenetisch und vivipar erzeugte Nachkommenschaft aus in der Regel geflügelten Männchen und ungeflügelten Weibchen besteht. Nach vollzogener Copulation legt das Weibchen das befruchtete Winterei ab, aus welchem im nächsten 878 XXIII. Capitel. Frühjahre die erste parthenogenesirende Generation hervorgehen soll. Bei den Pemphiginen besteht die geschlechtliche Generation aus sehr kleinen ungeflügelten Männchen und Weibchen, welche, wie die der Chernietiden des Rüssels und Darmcanals entbehren. Unter gewissen Verhältnissen scheinen jedoch auch einzelne Individuen der parthenogene- tischen Generationen überwintern zu können, um im Frühjahre einer neuen Entwicklungsreihe den Ursprung zu geben. Auf ähnliche Weise kommt es vielfach bei den Pflanzenläusen zur Entwicklung paralleler Reihen des Generationscyclus (Dreyfuss No. 137). Eine weitere Complication in dem Entwicklungscyclus der A p h i d e n ergiebt sich aus den — wie es scheint — häufig vorkommenden Wanderungen von einer Pflanze zur andern. Vielfach unternimmt eine geflügelte parthenogenetische Generation eine Wanderung nach einem Zwischenwirth , um sich daselbst fortzupflanzen und in einer späteren Generation nach der Stammpflanze zurückzukehren. Diese wandernden Generationen, auf deren Vorkommen Lichtenstein vielfach hingewiesen hat, wurden von Blochmann (No. 135) als Emigrantes, Alieni- colae und Remigrantes unterschieden. So geht beispielsweise bei Pemphigus terebinthi nach Derbes aus dem befruchteten Eie eine ungeflügelte parthenogenetische Generation (I) hervor, welche eine weitere mit Flügeln versehene Generation (II, Emigrantes) erzeugt. Diese ver- lässt den bisherigen Standort und producirt eine dritte Generation (III, Remigrantes = Sexuparen), welche, nachdem sie überwintert hat, zu dem ursprünglichen Wirthe zurückkehrt und die — wie bereits oben erwähnt — kleinen , mund- , dann- und flügellosen Geschlechtsthiere (IV, Sexuales) erzeugt. Der Generationscyclus von Pemphigus tere- binthi ist dadurch interessant, dass die Geschlechtsgeneration nicht — wie dies meist der Fall ist — im Herbste auftritt, sondern im Frühlinge von überwinternden parthenogenetischen Formen producirt wird. Aehnliche Verhältnisse, wie bei den Aphiden, finden sich auch bei den in neuerer Zeit vielfach studirten Chernietiden. Als Haupt- unterschied ergiebt sich , dass hier auch die parthenogenetisch sich ent- wickelnden Eier stets abgelegt werden und nicht, wie bei den Aphiden, im Mutterleibe ihre Embryonalentwicklung durchlaufen. Bei Phyl- loxera quercus kommt nach den Beobachtungen von Lichtenstein aus dem auf Quercus coccifera abgelegten Winterei eine Mutterlaus (Fundatrix), welche auf paithenogenetischem Wege eine geflügelte, parthenogenesirende Generation (Emigrantes) erzeugt, die nach den Blättern von Quercus pedunculata und pubescens überwandert, Dort folgen nun mehrere ungeflügelte Generationen (Alienicolae) , welche sich parthenogenetisch fortpflanzen und schliesslich mit der Erzeugung der geflügelten Sexuparen die Rückwanderung auf Quercus coccifera er- möglichen. Dort geht aus den von den Sexuparen gelegten Eiern die flügellose, des Rüssels und Darmcanals entbehrende Geschlechtsgeneration hervor, welche das befruchtete Winterei ablegt. Bei der Reblaus (Phylloxera vastatrix) wandert das aus dem unter der Rinde des Stammes abgelegten Winterei sich entwickelnde Junge an die Wurzel, um dort mehreren aufeinander folgenden Generationen von ungeflügelten Wurzelläusen, welche die Wurzelnodositäten erzeugen, den Ursprung zu geben. Die Reihe dieser Generationen schliesst mit der Production ge- flügelter Sexuparen, welche am Stamm nach aufwärts wandern und um- hersch wärmen. Auch diese Formen sind parthenogenetisch. Aus ihren nach dem Geschlechte des zu entwickelnden Embryos verschieden Insecten. 879 grossen Eiern geht die Generation der rüssel-, darin- und flügellosen Geschlechtsthiere hervor, welche das befruchtete Winterei erzeugt. Auch in diesen Generationscyclus schieben sich Parallelreihen ein, so diejenigen der in Deutschland nicht vorkommenden, an den Blättern lebenden, unge- flügelten Gallenläuse, welche den Generationen der Wurzelläuse parallel laufen. Aehnliche zum Theil sehr complicirte und nicht völlig auf- geklärte Verhältnisse weist der Generationscyclus der Gattung C h e r m e s auf, an dessen Erforschung sich neuerdings Blochmann (No. 134, 135), Dkeyfüss (No. 137) und Cholodkowsky betheiligt haben. Bei Chermes abietis geht aus dem befruchteten Ei eine flügellose parthenogenetische Stammmutter (Fundatrix) (I) hervor, welche an der Knospenbasis der Fichte überwintert und durch ihr Anstechen die Knospe zur Galle deformirt. Die von dieser producirte Generation (II) stellt geflügelte parthenogenetische Formen dar, welche in der Galle leben, aber zum Theil nach der Lärche auswandern, und dort eine ungeflügelte, an den Nadeln lebende und unter der Rinde überwinternde Generation (III) produciren. Diese parthenogenetischen Alienicolae erzeugen im Frühjahr des folgenden Jahres (zweites Jahr des Generationscyclus) die geflügelten Remigrantes (IV) oder Sexuparen, welche nach der Fichte zurückwandern und dort die ungeflügelten Weibchen und Männchen erzeugen, aus deren befruchtetem Eie wieder eine Stammmutter (I) hervorgeht. Auch in diesen Entwicklungscyclus schiebt sich eine Parallelreihe jener Formen ein , welche die Ueberwanderung nach der Lärche nicht mitgemacht haben, sondern auf der Fichte verblieben sind. IV. Allgemeines. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, dass die Insecten und die Myriopoden in den innigsten verwandtschaftlichen Beziehungen zu einander stehen. Wenn die grosse Uebereinstimmung der anatomischen Merkmale und der für die Myriopoden allerdings nur fragmentarisch bekannten Thatsachen der Entwicklungsgeschichte für die Aufstellung dieser ver- wandtschaftlichen Beziehungen als unzureichend betrachtet werden sollten, so ist auf das Vorhandensein der in den Symphylen (Scolopendrella Fig. 534) und Thysanuren (vgl. Campodea Fig. 535) uns vorliegenden Uebergangstypen zwischen beiden Gruppen grosses Gewicht zu legen. Es sei hier nur darauf hingewiesen, dass bei den mit den Orthopteren auf das Innigste verknüpften Thysanuren in dem Mangel der Flügel und in dem Vorhandensein der bläschenförmigen, ausstülpbaren Ventral- säcke morphologische Charaktere wiederkehren , welche den höheren Insecten fehlen, dagegen in ähnlicher Weise bei den Myriopoden sich vorfinden. Die Myriopoden hingegen stehen andererseits wieder in nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zu Peripatus, so dass wir berechtigt sind, in den Onychophoren, Myriopoden und Insecten die An- gehörigen einer einheitlichen phyletischen Entwicklungsreihe zu sehen, welche durch Peripatus ihren Anschluss an die hypothetische Stammform des Arthropodentypus (Protostraken) und hierdurch an die Anneliden gewinnt (vgl. oben pag. 498 sowie unten pag. 904). Die Insecten stellen die höchste Entwicklungsstufe der oben ange- führten phyletischen Reihe dar. Sie erheben sich über die Myriopoden durch die schärfere Abgrenzung der einzelnen Körperregionen, durch die Fixirung der Zahl der Körpersegmente und durch die Entwicklung eines neuen Locomotionssystemes : der Flügel. 880 XXIII. Capitel. Die Abgrenzung der drei an dem Insectenkörper zu unterscheidenden Regionen (Kopf, Brust und Abdomen) erscheint im Bereiche der Myriopoden bereits angebahnt. Auch hier finden wir einen einheitlichen, scharf abgesetzten vordersten Körperabschnitt (Kopf). Ferner lassen sich von den folgen- den Rumpfsegmenten die vordersten als Thoraxabschnitt den übrigen gegenüberstellen. Es sei hier beispielsweise darauf hingewiesen, dass bei den Diplopoden die Thoraxsegmente nicht zur Bildung von Doppel- segmenten zusammentreten, wie dies bei den übrigen Rumpfsegmenten der Fall ist. Wir haben aber oben (pag. 741) schon darauf hingewiesen, dass die hier als Thorax unterschiedene Region sich nicht völlig dem Fig. 534. Sclopendrella im- Fig. 535. Campodea staphy- maculata (nach Latzel, aus Lang's linus (nach Lübbock, aus Lang's Lehr- Lehrbuch). buch). Thorax der lusecten identificiren lässt, da sich bei den Diplopoden zwischen die drei Gliedmaassen tragenden Segmente des Thorax ein gliedmaassenloses Segment einschiebt (Fig. 463, B und 464, pag. 739 und 742), was bei den Insecten nicht vorkommt. Wenn nun auch die Regioneneintheilung des Körpers schon bei den Myriopoden andeutungsweise zu erkennen ist, so tritt sie doch bei den Insecten viel schärfer hervor. Besonders ist die Grenze zwischen Thorax und Abdomen viel stärker markirt. Es hängt dies mit einer zwischen beiden Regionen zur Entwicklung gekommenen Arbeitsteilung zusammen. Bei den Insecten erscheinen die wichtigsten Locomotionsorgane in der Thoraxregion concentrirt. Damit steht die grössere Festigkeit des Thorax und die Entwicklung umfangreicher Muskelmassen im Zusammenhang, während die weichere, ausdehnbare Abdominalregion zur Aufnahme fast sämmtlicher Organe der vegetativen Sphäre bestimmt ist. Wir finden Insecten. 381 die wichtigsten Abschnitte des Darmcanals, des Respirations- und Circu- lationssystems, sowie die Geschlechtsorgane in diese Region verlagert. Es muss erwähnt werden, dass die Abgrenzung der Thoraxregion von dem Abdomen bei vielen Insectenlarven äusserlich nicht so scharf hervor- tritt. Es hängt dies damit zusammen, dass vielfach bei den Larven dem Thorax keine so grosse Bedeutung für die Locomotion des Gesammtkörpers zukommt, wie bei den Imagines, sei es, dass auch am Abdomen Locomotions- organe zur Entwicklung kommen (z. B. bei den Raupen), oder dass solche auch dem Thorax vollständig fehlen (madenförmige Larven). Eine genauere Untersuchung vor Allem der inneren Organe wird aber auch hier stets wich- tige Unterschiede zwischen den Thoraxsegmenten und den Abdominalsegmenten erkennen lassen. Da wir sehen, dass die Scheidung von Thorax und Abdomen bereits bei den Thysanuren scharf ausgeprägt ist, so werden wir dieselbe als ein altererbtes Merkmal des Insectenstammes betrachten und jene scheinbare Verwischung dieser Grenze bei gewissen Larvenformen nur als eine secundäre Erwerbung betrachten können. Der Verlust der Extremitäten im Bereiche der Abdominalregion ist ein wichtiges Merkmal, durch welches sich die Insecten von den Myriopoden unterscheiden. Mit Rücksicht auf die Ableitung der Insecten von dieser Gruppe oder doch von myriopodenähnlichen Formen ist es von Wichtigkeit, dass im Insectenembryo abdominale Extremitätenrudi- mente auftreten, welche später verschwinden (vgl. oben pag. 794 ff.). Vielfach hat man auch die bei Thysanuren am Abdomen sich findenden sog. Ventralgriffel als Extremitätenrudimente betrachtet, um so mehr als denselben bei Machilis thatsächlich locomotorische Fähigkeiten zukommen. Neuerdings ist man jedoch im Anschlüsse an Haase (No. 153), gestützt auf das Vorkommen ähnlicher Griffel an den Hüften der Thoraxbeine von Machilis, sowie an den meisten Beinpaaren von Scolopendrella geneigt, in denselben bloss bewegliche Hüftsporne zu erblicken (vgl. oben pag. 798). Dagegen findet sich an dem ersten Abdominalsegment von Campodea ein echtes Extremitätenrudiment. Während bei den Myriopoden die Zahl der Körpersegmente für die einzelnen Gattungen und Arten eine ungemein schwankende ist, erscheint sie für die Insecten in bestimmter und allgemein gültiger Weise fixirt. Stets setzt sich der Thorax aus drei Segmenten zusammen, deren jedes ein Beinpaar trägt (daher die Bezeichnung Hexapoda — Insecta). Ebenso scheint aus den embryologischen Thatsachen auf das Bestimmteste hervorzugehen, dass der abdominale Abschnitt sich überall aus zehn Rumpfsegmenten und einem dahinter folgenden Aftersegmente (Telson) zusammensetzt. Grössere Schwierigkeiten verursacht die Zählung der Segmente, welche in die Bildung des Kopfabschnittes eingegangen sind. Hier treten drei Kiefersegmente (Mandibel-, I. Maxillar- und IL Maxillar- segment) mit einem vorderen primären Kopfabschnitte zusammen. Für letzteren dürfen wir nach den Verhältnissen der Gehirnsegmentirung vielleicht eine Zusammensetzung aus drei Segmenten supponiren (vgl. oben pag. 821 ff.), während sich zwischen diesen Abschnitt und das Man- dibelsegment noch ein rudimentäres sog. Vorkiefersegment einzuschieben scheint. Doch stehen wir hier hinsichtlich der Zählung der Segmente noch auf ziemlich hypothetischem Boden. Es sei erwähnt, dass die An- tenne dem zweiten Gehirnsegmente angehört und durch ihre ursprünglich postorale Lagerung, sowie durch ihr Verhalten gegenüber dem zuge- hörigen Cölomsäekchen (bei Orthopteren) (vgl. pag. 793) sich durchaus wie eine echte Rumpfgliedmaasse verhält. Es steht dies in vollständiger 882 XXIII. Capitel. Uebereinstimmung mit dem, was wir über dieses Gliedmaassenpaar bei Peripatus und den Myriopoden kennen gelernt haben. Eine der interessantesten Fräsen in der Phylogenie der Inseeten ist die nach der Entstehung der Flugwerkzeuge. Die Flügelanlagen ent- stehen am Meso- und Metathorax als dorsale Hautausstülpungen, in deren Innenraum später Tracheenverästelungen aufgenommen werden. Es ist von Interesse, dass ähnliche seitliche faltenförmige Verbreiterungen der Rückenplatten, welche an die ersten Flügelanlagen erinnern, auch dem Prothorax zukommen können, z. B. bei Machilis und Blatta. Am deutlichsten sind dieselben an den durch F. Müller (No. 158) bekannt gewordenen Larven von Calotermes (Fig. 536) zu erkennen, an deren jüngsten Stadien zunächst dorsale Ausstülpungen des Prothorax und Mesothorax zu erkennen sind, welche Anfangs der Tracheen entbehren. Während das vordere Paar dieser Ausstülpungen rückgebildet wird, gewinnt das hintere Paar die Tracheeneinlagerung, wodurch es in die Anlage thorax der die Vorderllügel Anläse der sich umbildet, und gleichzeitig tritt am Meta- Hinterflügel auf. Man hat vielfach versucht, gestützt auf die grosse Aehnlichkeit der Lage und des Baues, die Flügelanlagen und die blattförmigen Tracheenkiemen, wie sie sich an den Abdominal- segmenten der Ephemeridenlarven vorfinden (Fig. 519 Je, pag. 850), für homodyname Bildungen zu betrachten. Dieser von Gegenbaur und Lubbock (No. 156) vertretenen Ansicht hat neuerdings noch Redtenbacher (No. 165) beigepflichtet. Auch F. Müller, der sich gegen die genannte Auf- fassung aussprach, ist geneigt, die ursprüngliche Function der Flügel für eine respiratorische, zu halten. Diese Ansicht, welche durch den Bau der Flügelanlagen, in deren Innerem Bluträume und Tracheenverästelungen sich vorfinden, wohl ge- stützt erscheint, hat zur Voraussetzung, dass die geflügelten Inseeten von einer im Wasser lebenden Form abstammen. Die oben angenommene phyle- tische Reihe, welche von Peripatus durch die Myriopoden und Thysanuren zu den Orthopteren führt, zeigt uns durchaus auf dem Lande lebende und an das Landleben angepasste Formen. Wir haben keine Ursache anzunehmen, dass in die Vorfahrenreihe der geflügelten Inseeten (Pterygogenea) sich eine im Wasser lebende Ahnenform eingeschoben habe. Die Lebensweise der im Wasser vorkommenden Larvenformen der Hemimetabola werden wir, ebenso wie ihre derselben angepassten Respirationsorgane als seeundär erworben be- trachten dürfen. Aus den gleichen Gründen können wir der Anschauung Dohrn's nicht beitreten, welcher, in der phyletischen Reihe noch weiter zurückgehend, die Tracheenkiemen der Ephemeridenlarven, sowie die Flügel- anlagen auf die Elytren der Annelidenahnen der Inseeten zu beziehen ge- neigt ist. (Vgl. Dohrn, die Pantopoden.) Es ist darauf hinzuweisen, dass bei Peripatus sowohl, als bei den Myriopoden entsprechende Hautdupli- eaturen vollständig fehlen. Wir halten es daher für durchaus gerecht- fertigt, wenn Grassi (No. 150) dieselben als eine Neuerwerbung im Bereiche des Insectenstammes betrachtet und sie auf abgegliederte selbst- ständig gewordene Faltenbildungen am Rande der Tergalplatten zurück- Fig. 536. Larve von Calotermes rugosus (nach F. MüllerJ. f flügelförmige Anhänge des Prothorax,/" Anlage der Vorderflügel, /'" Anlage der Hinterflügel. Insecten. 883 führt, wobei die Flügelmusculatur von dem auch in den anderen Körper- segmenten vertretenen System der Dorsoventralmuskeln herzuleiten ist. Man darf vielleicht annehmen, dass der Uebergang von der kriechenden Bewegungsweise zum Flug durch eine kletternde Bewegungsart ver- mittelt wurde, bei welcher einzelne Distanzen durch den Sprung zurück- gelegt wurden, was zur Ausbildung fallschirmartiger Verbreiterungen der Thoraxsegmente Anlass gab. Der Uebergang von solchen, noch unbe- weglichen, als Fallschirm zur Verwendung kommenden Hautduplicaturen zu abgegliederten, selbstständig thätigen Locomotionswerkzeugen erscheint uns ziemlich plausibel. Es ist vielleicht nicht ohne Bedeutung, dass die Fähigkeit, sich von der Unterlage abzuschnellen, bei den Thysanuren, Collembolen und Orthopteren verbreitet ist, und dass bei den Orthopteren (z. B. bei der Schnarrheuschrecke) die Flügel thatsächlich kaum anders, denn als Fallschirme zur Verwendung kommen. Die Beschränkung der Flügelbildungen auf den Meso- und Metathorax mag mit der Lage des Schwerpunktes des Körpers in Zusammenhang stehen. Wir betrachten mit Brauer (No. 146) die Flügellosigkeit nur im Bereiche der Aptery- gogenea als eine primäre Eigenschaft, während, wo bei den als Pterygogenea zusammengefassten Insectenordnungen Flügellosigkeit beobachtet wird, dieselbe als secundär erworben zu betrachten ist. Hinsichtlich der Tracheenstigmen sei auf ihre segmentale Anordnung hingewiesen. Es scheint, dass ursprünglich jedem der drei Thoraxseg- mente, sowie den acht sich anschliessenden Abdominalsegmenten je ein Stigmenpaar zukam. Wenigstens sind die durch Grassi und Haase bekannt gewordenen Verhältnisse des Respirationssystems der Thysanuren einer solchen Annahme günstig. Bei den meisten Insecten dagegen wird die Zahl der thoracalen Stigmenpaare reducirt. Dem Kopfe scheint kein echtes Stigmenpaar anzugehören. Wir haben oben (pag. 819 und 830) die Gründe auseinandergesetzt, warum wir weder die Endosceleteinstülpungen des Kopfes, noch die Speicheldrüsen für homodyname Bildungen mit den Tracheeneinsenkungen ansehen können. Dagegen sei hier darauf hin- gewiesen, dass für Scolopen drella (von Haase) und für Smin- thurus (von Lubbock) das Vorhandensein eines dem Kopfe angehörigen Stigmenpaares behauptet worden ist. Wir müssen noch auf das Vorhandensein der zusammengesetzten Augen (Fächer- oder Facetten au gen) als eines der Merkmale hinweisen, durch welches sich die Insecten über die Myriopoden erheben. Die ursprünglichste Augenform der Insecten ist offenbar in dem Stemm a (pag. 828, Fig. 507) gegeben, dessen Bau nach Grenacher (No. 151) in einzelnen Fällen sich noch direct auf den eines einfachen Napfauges zurückführen lässt, während es in anderen Fällen durch Ausbildung einer Glaskörper- (lentigenen) Schicht zu einem zweischichtigen, complicirter gebauten Auge geworden ist (pag. 827, Fig. 506 B). Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir das Insectenstemma direct von den Napf- augen der Anneliden ableiten (Kennel No. 154). Das zusammen- gesetzte Auge dagegen scheint einer Häufung von Ocellen zu entsprechen, bei welcher die Zahl der Ocellen vermehrt wurde, während die einzelnen Ommatidien auf eine geringere Stufe der Leistungsfähigkeit herabsanken. Wir haben oben (pag. 746) gesehen, dass im Bereiche der Myriopoden eine fast geschlossene Reihe von Uebergängen zwischen dem gehäuften Punktauge und dem echten Facettenause zu erkennen ist. Wir werden daher für das Facettenauge der Insecten diese Ableitung als eine durch- aus wahrscheinliche annehmen dürfen. Ueber die Beziehungen des 884 XXIII. Capitel. Facettenauges zu den Ocellen desselben Thieres vgl. oben pag. 828. Mit Rücksicht auf die Thatsache, dass bereits Machilis Facettenaugen besitzt, werden wir die letzteren als eine ziemlich alte Erwerbung im Bereiche der Insectenahnen betrachten dürfen und werden geneigt sein, jene Fälle, in denen uns im Bereiche der Insecten (sei es bei Larven oder bei Imagines) der Mangel der Facettenaugen entgegentritt, als Folgen einer Rückbildung aufzufassen. Zum Schlüsse sei noch auf einige wichtige Momente in der Embryonalentwicklung der Insecten hingewiesen. Hier tritt uns zunächst als ein wichtiges Merkmal die Entwicklung der Embryonalhüllen ent- gegen. Durch diese Erwerbung erweisen sich die Insecten (ebenso wie durch die Ausbildung des Flugvermögens) als die höchstentwickelten aller Arthropoden. Demgegenüber erscheint es merkwürdig, dass die Insecten in anderen Beziehungen, besonders hinsichtlich der Art der Keimblätterbildung, offenbar sehr ursprüngliche Charaktere bewahrt haben. Der langgestreckte, die ganze Ventralseite einnehmende Blastoporus, das Vorhandensein einer deutlichen Invaginationsgastrula, welche zur Aus- bildung eines Urdarmrohres führt und die Art, auf welche das Mesoderm vom Entoderm sich sondert, müssen in dieser Beziehung erwähnt werden. Hinsichtlich des letzteren Punktes sei hervorgehoben, dass die Trennung des Mesoderms vom Entoderm durch einen Process sich voll- zieht, welchen man auf den der Abfaltung zurückführen kann, so dass schon Kowalevsky (No. 49) mit vollem Rechte die Keimblätterbildung der Insecten mit der von Sagitta in Vergleich gezogen hat, eine Auf- fassung, in welcher ihm später Rabl beigetreten ist. Es lassen sich demnach die Cölomsäcke bei den Insecten ihrer Entwicklung nach als Urdarmdivertikel betrachten. Von Interesse ist ferner die Umbildung, welche die Urseginente in späteren Stadien erfahren, wovon wir in dein Capitel über die Entwicklung des Herzens und der Genitalorgane aus- führlicher gesprochen haben. Litteratur. Embryonalentwicklung. Aeltere Angaben von Herold, Köllicker, Leuckart, Eathke, Kobin, Suckow und Zaddaih. 1. Ayers , H. On the development of Oecanthus niveus and its parasite Teleas. Mein. Boston Soc. Nat. Hist. Vol. 3. 1884. 2. Baibiani, E. G. 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Die Arthropodeneier zeichnen sich in der Regel durch die beträcht- liche Menge des vorhandenen Nahrungsdotters und dessen gleich- massige Vertheilung aus (centrolecithale Eier der Arthropoden). Die typische Furchungsweise der Arthropoden ist die superflcielle Fnrchung, welche sich aus der totalen und äqualen Furchung herausgebildet hat, wie man aus der Entwicklung verschiedener Crustaceen erkennt1). So sehen wir auch, dass die Arthropodeneier in jenen Fällen, in welchen der Nahrungsdotter secundär rückgebildet wurde, eine totale Furchung durchlaufen (Cladoceren, Peripatus edwardsii). In anderen Fällen stellt die totale Furchung vielleicht noch ein ursprüngliches Ver- halten dar, so z. B. bei Branchipus. — Bei einigen wenigen Arthro- poden erscheint das Ei telolecithal, und die Furchung beschränkt sich zunächst nur auf einen geringen Theil des Eies (so beiMysis, Cuma, einigen Isopoden und den Scorpionen). Diese scheinbar ab- weichende Art der Furchung ist jedoch auf die superflcielle Furchung zurückzuführen. *) Wir stützen uns in diesem Capitel auf die früher bei Behandlung der einzelnen Abtheilungen der Arthropoden vorgebrachten Thatsachen, ohne derselben immer im Besonderen Erwähnung thun zu können. In dieser Hinsicht müssen wir auf die früheren Capitel verweisen. 892 XXIY. Capitel. Im Allgemeinen kommt die superficielle Furchung nur den Arthro- poden zu. Wenn andere Formen, wie z. B. Renilla, Clavularia (pag. 46) in den ersten Stadien Aehnliches zeigen, so führt diese Art der Furchung doch nicht zu dem gleichen Resultat wie die typische superficielle Furchung, nämlich zu einem die ganze Oberfläche des Eies in gleichmässiger Lage überdeckenden einschichtigen Blastoderin und einer die Furchungshöhle erfüllenden Nahrungsdotteransammlung. Die Keimblätterbildung wird durch die Gastrulation eingeleitet, welche in vielen Fällen den Typus der Invagination aufweist (Moina, Lucifer, Astacus, Peripatus, Hydrophilus), in anderen dagegen durch eine blosse Zellenein Wucherung ersetzt ist (Ligia, Lim u Ins, Scorpione, Spinnen, Myriopoden). Bezüglich der Lage des Blastoporus ergeben sich in den einzelnen Gruppen Verschiedenheiten. Im Allgemeinen entspricht der Blastoporus der Ventralseite des Körpers. Bei Peripatus und den Insecten stellt er sich als ein äusserst langgestreckter Spalt dar, dessen vorderes Ende der Lage des Mundes, dessen hinteres Ende der des Afters entspricht (Fig. 441, 476, 487). Bei den Crustaceen soll dagegen der Blastoporus dem hinteren Ende des Keimstreifens angehören und ungefähr mit der späteren Lage der Afteröffnung zusammenfallen. Die über die Arachnoiden gemachten Angaben lassen sich ebenfalls in dem Sinne deuten, dass der Blastoporus in einer Lagenbeziehung zum After stehen könnte. Durch den Gastrulationsact kommt die gemeinsame Anlage des Ento- und Mesoderms zur Sonderung. Die Anlage des Mesoderms ist bei den Arthropoden stets eine vielzellige, mit Ausnahme ganz ver- einzelter Fälle vielleicht, z. B. Cetochilus. Bei den Insecten kann die Bildung des Mesoderms auf eine Abfaltung seitlicher Divertikel des Ur- darms zurückgeführt werden (Fig. 496 u. 497, pag. 810). Vielleicht ist auch den Vorgängen bei Peripatus eine entsprechende Deutung zu geben, obwohl man bei dieser Form in Uebereinstimmung mit den Anneliden eher die durch Zellvermehrung von hinten nach vorn fortschreitende Ausbildung zweier Mesodermstreifen anzunehmen geneigt ist. Die bisher für Peripatus bekannt gewordenen Thatsachen sprechen auch mehr für dieses letztere Verhalten. Ob die bei den Insecten auftretenden Verhältnisse (einer Abfaltung des Mesoderms vom Urdarm) ursprüng- licher Natur sind oder ein abgeleitetes Verhalten darstellen, steht mit der noch unentschiedenen Frage der (phylogenetisch) ersten Entstehungs- weise des Mesoderms im Zusammenhang. Bei den Crustaceen entsteht das Mesoderm in Form einer Wucherung am Bande des Blastoporus. Das Gleiche dürfen wir höchst wahrscheinlich von den Arachnoiden annehmen. Bei ihnen erstreckt sich von der Wucherungsstelle aus das Mesoderm in Form zweier Bänder (Mesodermstreifen) neben der ventralen Mittellinie nach vorn. Diese beiden Mesodermstreifen finden sich auch bei Peripatus, den Myriopoden und Insecten, sowie allem Anschein nach auch bei den Pantopoden, während bei den Crustaceen die Anordnung des Mesoderms eine weniger regelmässige ist Uebrigens weisen auch unter den Crustaceen einige Formen (Branchipus, Cymothoe) eine ähnliche regelmässige Gestaltung der Mesodermanlage auf. In einer bei allen Arthropoden ziemlich übereinstimmenden Weise zerfällt die paarige Anlage des Mesoderms in segmentale Abschnitte, die Ur segmente, welche entweder eine Aushöhlung erfahren und dann als Cölomsäcke bezeichnet werden oder aber einer solchen Differenzirung Allgemeines über die Arthropoden. 393 entbehren und vielmehr einem baldigen Zerfall in mesenchymatische Gewebe entgegengehen. Das letztere Verhalten kommt den meisten Crustaceen zu, bei denen nur in wenigen Fallen Cölomsäcke erkannt werden konnten, das erstere dagegen wird bei den Xiphosuren, Arachnoiden, Pantopoden, Onychophoren, Myriopoden und Insecten gefunden. Obwohl das Schicksal und die spätere Umbildung der Ursegmente bei den Arthropoden im Allgemeinen auf sehr übereinstimmende Weise verläuft, so finden doch bezüglich des Umfanges, welchen sie erreichen, und des Zeitpunktes, in welchem ihre weitere Differenzirung beginnt, in den einzelnen Abtheilungen der Arthropoden gewisse Unterschiede statt. Mit die ursprünglichsten Verhältnisse weist Peripatus auf, bei dem die Ursegmente anfangs durch ihre bedeutende Ausdehnung denen der Anneliden gleichkommen (Fig. 442, pag. 709). Ihm schliessen sich die Myriopoden und Orthopteren an, was die Ausbildung der Urseg- mente innerhalb des Keimstreifens anbelangt (Fig. 510 u. 511 A, pag. 837), während bei den übrigen Insecten die Cölomsäcke von Anfang an eine nur geringe Ausdehnung besitzen und ein beträchtlicher Theil des Meso- derms von der Theilnahme an der Bildung der Cölomsäcke überhaupt aus- geschlossen bleibt (Fig. 500, pag. 817). Bei den Crustaceen wird die Aus- bildung der Cölomsäcke beinahe vollständig unterdrückt. Die Arach- noiden hingegen, welche in mancher anderen Hinsicht als eine abge- leitete Gruppe erscheinen, zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen die Cölomsäcke eine besonders starke Ausdehnung gewinnen und noch in späteren Stadien der Embryonalentwicklung (zur Zeit der Bildung des Herzens) bis beinahe an die dorsale Mittellinie reichen (Fig. 387 u. 388, pag. 614. Die Anlage und weitere Ausbildung der Organe weist in den einzelnen Arthropodengruppen auffallende und wichtige Überein- stimmungen auf. Bezüglich der Anlage des Nervensystems ist für die Bildung der Bauchganglienkette ziemlich allgemein die Theilnahme eines sich ein- senkenden Mittelstranges und zweier Seitenstränge nachgewiesen worden. Die Fasersubstanz tritt an der nach innen gekehrten Fläche der Gang- lienanlagen auf und wird erst später in das Innere der letzteren auf- genommen, welcher Vorgang als ein besonders ursprüngliches Verhalten anzusehen sein dürfte. Er findet sich in ziemlich übereinstimmender Weise bei den verschiedenen Gruppen wieder. Während die Bildung der Ganglienkette im Ganzen durch einen Delaminationsprocess erfolgt (denn auch von dem eingesenkten Mittel- strang löst sich die Neuralanlage ab. und die Einsenkung gleicht sich dann wieder aus) nehmen an der Bildung des Gehirns bleibende Ein- stülpungen theil, welche wohl vorwiegend zur Bildung der optischen Ganglien führen. Das Auftreten dieser mehr oder weniger umfangreichen Einsenkungen, welche wir als Scheitelgruben bezeichneten, ist für die verschiedenen Abtheilungen der Arthropoden (Peripatus, Myrio- poden, Insecten, Limulus, Arachniden) besonders charakte- ristisch. Bei Peripatus hat man diesen Einsenkungen allerdings eine abweichende Bedeutung zugeschrieben, und es ist zweifelhaft, ob sie an der Bildung des Gehirns theilnehmen. — Den Einsenkungen am Kopf- abschnitt entsprechen bei Peripatus ähnliche grubenförmige Einstülpungen von paariger Anordnung, welche an jedem Rumpfsegment wiederkehren. Die Natur dieser auffälligen und für Peripatus sehr charakteristischen 894 XXIV. Capitel. Bildungen konnte bisher nicht sicher festgestellt werden, doch ist von ähnlichen Vorgängen bei den Myriopoclen und Pantopoden ge- sprochen worden. Mit den vorerwähnten Scheitelgruben, welche, wie es scheint, der Hauptsache nach zur Bildung der optischen Ganglien Veranlassung geben, kann auch die Entwicklung der Atigen in näherem Zusammenhang stehen (Scorpione, Spinnen). — Wie verschiedenartig die ausgebildeten Arthropodenaugen sich auch bezüglich ihres Baues verhalten, so dürfen wir sie doch in letzter Instanz auf eine grubenförmige Einsenkung des Ectoderms zurückführen, und zwar müssen wir bei ihrer Erklärung von so einfach gebauten Augen ausgehen, wie sie den Insectenlarven, bezw. vielen Myriopoclen zukommen. Diese einfachste Form der Arthropodenaugen, das sog. Stemma (Fig. 537), besteht aus einer Ver- tiefung der Hypodermis, deren Zellen sich in den sog. Glaskörper (gl) und stäbchentragende Retinazellen (rt) differenzirt haben. Die Ein- schichtigkeit ist aber in diesem einfachen Auge erhalten geblieben, so dass dasselbe noch immer als eine blosse Fortsetzung der Hypodermis- Fig. 537. Schnitt durch ein Stemma einer Dysticuslarve (nach Grenachee). ch Chitindecke des Körpers, gl Glaskörper, hyp Hypodermis, l Linse, n Sehnerv, rt Retina, st Stäbchen. schicht erscheint (Fig. 537 hyp, gl, rt). Ueber dem Auge lagert die durch Verdickung der äusseren Chitinbedeckung des Körpers entstandene und von der Hypodermis (lentigenen oder Glaskörperschicht) abgeschiedene Linse. Von einem so einfach gebauten Auge hat man die complicirteren Augenformen der Arthropoden herzuleiten, aber man muss dabei streng zwischen den verschiedenen phyletischen Entwicklungsreihen der Arthro- poden unterscheiden und es ist nicht statthaft, die allerdings sehr über- einstimmend gebauten Formen der zusammengesetzten Augen verschiedener Abtheilungen wie der Crustaceen und Insecten direct aufeinander zu beziehen. An und für sich scheint es widersinnig, die allem Anschein nach so ausserordentlich ähnlich organisirten Facettenaugen der Crustaceen und Insecten nicht auf einander zurückführen zu dürfen, aber wenn man den phylogenetischen Entwicklungsgang beider Abtheilungen betrachtet, so wird man sich doch auf diesen Standpunkt stellen müssen. Man kann nur annehmen, dass zum Charakter des Arthropodenorganismus auch die Aus- bildung von zusammengesetzten Augen gehört, und dass diese nun in den einzelnen Abtheilungen (Crustaceen, Arachniden, sowie Myriopoden und Insecten) unabhängig von einander vor sich geht und dabei allerdings, Allgemeines über die Arthropoden. 895 wie bei den Facettenaugen der Crustaceen und Insecten zu einem bei- nahe gleichen Resultat führen kann. Durchaus abweichend im Bau der Augen verhält sich Peripatus von den Arthropoden. Seine Augen entstehen zwar auch in Form einer Einsenkung, schliessen sich aber zu einer Blase und schnüren sich von der Hypodermis ab. Die Linse wird im Innern der Augenblase abge- schieden. Die Augen des Peripatus durchlaufen also in der Ontogenie das Stadium der einfachsten Arthropodenaugen, erheben sich aber ferner- hin zu einer höheren Form als diese und sind weit eher mit den höheren Augenformen der Anneliden zu vergleichen. Den Typus der Arthro- podenaugen haben sie keinesfalls. 7n*^. Fig. 53S. Drei Ommatidien des Seitenauges von Limulus (nach Watase). In A ist die Retinula der Länge nach durchschnitten gedacht, in B und C ist sie in ihrer Totalität erhalten. c centrale Ganglienzelle, ch Chitindecke, hyp Hypodermis, l Linsenkegel, mes Meso- dermgewebe, n Nerv, rh Ehabdom, rt Retinula. Die Facettenaugen der Insecten denken wir uns entstanden aus einer Häufung einfacher Augen (Stemmata), wie sie bei den Myrio- poden bereits angedeutet ist. Die Myriopoden besitzen im einfachsten Fall nur wrenige Stemmata jederseits (Scolopendra 4), doch kann sich deren Zahl vermehren (Lithobius, Julus 30 — 40 jederseits) und so- gar zu einer ansehnlichen Anhäufung führen (Scutigera gegen 200), womit dann bereits eine Art von Facettenauge gebildet ist, welches zwar noch nicht völlig den Bau echter Facettenaugen besitzt, aber doch bereits viele Anklänge an denselben zeigt. Jedes Stemma wird auf diese Weise zu einem Ommatidium des Facettenauges. Die Verminderung der Zahl seiner Zellenelemente, die es dabei erleidet und die gleichzeitig statt- findende Bildung der Rhabdome ist eine Folge des nunmehrigen Functio- nirens der Einzelaugen in einem Sammelauge. Man hat den Versuch gemacht, das Facettenauge auch in seiner jetzigen complicirteren Gestaltung auf die ursprüngliche Form seiner Ent- stehung zurückzuführen, indem man die nach der vorher geschilderten 896 XXIV. Capitel. Auffassung aus einzelnen Stemmata hervorgegangenen Ommatidien als blosse Einsenkungen der Hypodermis auffasste, welche infolge der lang- gestreckten Gestalt der Ommatidien dabei allerdings eine sehr bedeutende Tiefe annehmen (Fig. 539 D). Bei einem derartigen Versuch, den Bau des Ommatidiums zu erklären, geht man am besten von einer Einsenkung der Hypodermis aus, welche einem vereinfachten Stemma entspricht (Fig. 539 A). Indem sich die Einsenkung vertieft und anstatt der Stäbchen 3. — - K. —-rk- ii. Fig. 539. A— D schematisclie Darstellung der Herausbildung eines Ommati- diums aus einer Einsenkung der Hypodermis. D stellt ein Ommatidium aus dem zu- sammengesetzten Auge eines Amphipoden (Talorchestia) dar (nach Watase). c centrale Zelle, ch Chitindecke des Kopfes, h Hypodermis, k Krystallkegel, kz Krystallkegelzellen, l Linse, Lg lentigene Zellen, n Nerv, rh Ehabdom, rt Ketinulazellen. eine Rhabdombildung an den Retinazellen eintritt, wird eine Entwick- lungsstufe dieses Auges erreicht (Fig. 539 B), welche im Wesentlichen auf dem Zustand eines Ommatidiums der Seitenaugen von Limulus steht (Fig. 538). Das Seitenauge von Limulus setzt sich aus einer Anzahl von Einzelaugen zusammen, welche von nur wenigen Zellen gebildet werden (Fig. 538). Diese einschichtigen Augen liegen ganz in der Allgemeines über die Arthropoden. 897 JÖ. Continuität der Hypodermis, zeigen aber bereits eine Rhabdombildung (Fig. 538 A, rli). Nun ist es wohl allerdings nicht so sicher, ob man es bei den Augen von L i m u 1 u s wirklich mit so ursprünglichen und nicht vielleicht mit Rückbildungsformen der zusammengesetzten Augen zu thun hat, jedenfalls aber kann man sich vorstellen, dass die höheren Facetten- augen ein ähnliches Stadium durchlaufen haben (Fig. 539 B). Wenn sich die Einsenkung vertieft, so kann eine weitere Reihe von Hypodermiszellen in die Bildung des Auges einbezogen werden (Fig. 539 C), welche dann die Krystallkegelzellen (kz) des Ommatidiums repräsentiren. Fernerhin wird wohl auch noch eine Reihe lentigener Zellen mit zur Bildung des Auges ver- wendet (Fig. 539 C, J.g). (% Durch weitere Vertiefung C . der Augengrube und starke Längsstreckung der Zellen wird endlich die Form des Ommati- diums erreicht (Fig. 539 D). Hypodermis-, lenti- gene-, Krystallkegel- und Retina-Zellen erscheinen dabei als eine ein- schichtige Lage langgestreckter, weit in die Tiefe gehender Zel- len und besitzen somit die gleiche Anordnung, welche ihnen im ein- fachen Stemma zukommt (Fig. 537). Das Lumen ist hier nur nicht offen wie beim Stemma, son- dern durch die Masse der Krystallkegel und Rhabdome erfüllt, was jedoch keinen wesentlichen Unterschied ausmacht. Die mehr oder weniger zahlreiche Zusammenhäufung dieser als blosse Einsenkungen der Hypo- dermis erscheinenden Einzelaugen wird durch die Figur 540 erläutert, welche zugleich die für die meisten Facettenaugen gewöhnliche, und durch die bessere Wirksamkeit des Auges bedingte Anordnung der Ommatidien auf einer convexen Basis darstellt. Der hier dargestellte Modus von dem Zustandekommen der Facetten- augen kommt im Wesentlichen mit der bereits vor längerer Zeit von Geenachee vertretenen Auffassung zusammen. Geenachee geht von einem einfachen, nur aus wenig Elementen bestehenden Auge aus, wie es etwa durch das Ommatidium eines aconen Facettenauges der Tipuliden repräsentirt wird, und lässt durch Vermehrung der Zahl dieses Auges das Facettenauge, durch Vermehrung seiner Elemente aber bei Einheitlichbleiben der Linse das Stemma entstehen. Wir sehen in diesem einfachen Auge, welches hier den Ausgangspunkt bildet, ein Stemma von besonders einfacher Gestaltung. Von den zusammengesetzten Augen der Crustaceen wurde bereits erwähnt, dass sie als einer anderen Entwicklungsreihe zu- gehörig betrachtet werden müssen. Es wird dann nicht in Erstaunen setzen, dass sie vielfach abweichend entwickelt sind. Den Charakter zu- sammengesetzter Augen bewahren sie aber stets. In einigen Fällen, Fig. 540. Schematische Darstellung einiger zu- sammengesetzter Augen im Längsschnitt. A von Limu- lus, B von eioer Agrionlarve, C von Branchipus (nach Watase). Die dicke schwarze Linie repräsentirt die Hypo- dermis und die von dieser gebildeten einzelnen Ein- senkungen stellen je ein Ommatidium dar. 898 XXIV. Capitel. z. B. bei den Isopoden, könnte es scheinen, als habe man Ueber- gänge von einfachen Augen vor sich, aber es ist mehr als wahrscheinlich, dass man es bei diesem abgeleiteten Zweig des Crustaceenstammes nur mit einer vereinfachten Form des Facettenauges zu thun hat. Diese Auffassung des Isopodenauges wurde bereits von Gbexacher ver- treten, welcher den Zweifel, wie das sehr einfach gebaute Auge der Isopoden auf die übrigen Arthropodenaugen zu beziehen sei, dahin entschied, dass es infolge des Besitzes eines zweitheiligen Krystallkegels und einer siebentheiligen rhabdombildenden Retinula den zusammengesetzten Augen zuzuzählen sei. Es ist also zweifellos, dass man in dem, einem gehäuften Punktauge nicht unähnlichen Auge der Isopoden eine secundäre Form vor sich hat, was schon an und für sich sehr wahrscheinlich ist, weil die Isopoden einen sehr abgeleiteten Zweig der Crustaceen darstellen. Also ist es hier jedenfalls zu einer Rückbildung des bei den Malacostraken ursprünglich gestielten Facettenauges gekommen. In der Reihe der Crustaceen selbst ist keine Andeutung für das Zustandekommen der Facettenaugen nachzuweisen. Nichtsdestoweniger werden wir das im Ganzen den Augen der Insecten sehr ähnliche Facetten- auge der Crustaceen auf ähnliche Weise wie dieses entstehen lassen. "Wenn sich gewisse Abweichungen finden, z. B. das Vorhandensein einer weiteren Zellschicht im Ommatidium (Fig. 539 D, lg), so wird dies ein- fach durch Einbeziehung einer weiteren Zellreihe in die Hypodermisein- senkung zu erklären sein, wie schon oben erläutert wurde. Noch wenig verstanden sind bisher Bau, Entwicklung und Beziehungen der unpaaren Medianaugen bei den Crustaceen. Neuerdings ist angegeben worden, dass sie durch Inversion entstehen (Claus, Xo. 3). und da dieser Bildungsmodus für einen Theil der Augen des Limulus und der Arach- niden charakteristisch ist, so könnte man hierbei an Beziehungen der Medianaugen der Crustaceen zu den Mittelaugen des Limulus und der Scorpione, sowie den sog. Hauptaugen der Spinnen denken. Die Augen der Arachnoiden gehören einer dritten Entwick- lungsreihe an. Sie besitzen nur eine Linse, es fehlt ihnen also ein charakteristisches Merkmal der Facettenaugen, aber die Augen der Scorpione weisen eine Gruppirung in Retinulae und in diesen die Bildung von Rhabdomen auf. Dadurch dokumentären sie sich als zu- sammengesetzte Augen. Wir glaubten die gemeinsame Linse durch Zu- sammenfliessen getrennter Cornealinsen erklären zu dürfen (pag. 599 ff.) und sahen in den Seitenaugen des Limulus, welche ebenfalls eine Rhab- dombildung aufweisen, einen Hinweis auf eine solche Verschmelzung der Linsen gegeben. Wir suchten es ferner wahrscheinlich zu machen, dass die Spinnenaugen, welche in ihrer jetzigen Gestaltung als einfache Augen erscheinen, von zusammengesetzten Augen abzuleiten sind und noch jetzt in der Entwicklung und im Bau Andeutungen dieser Herkunft aufweisen. Auch für die zusammengesetzten Augen der Arachniden ist es jedoch wie für diejenigen der Insecten höchst wahrscheinlich , dass sie durch Häufung einfacher, den Stemmata ähnlicher Einsenkungen der Hypo- dermis entstanden sind. Was die ontogenetische Bildung der Arthropodenaugen anbelangt, so entstehen die einfachen Formen als grubenförmige Einsenkungen des Eetoderms. Bei den höheren Formen, d. h. bei den zusammengesetzten Augen hat sich dieser primitive Bildimgsmodus verwischt. Die Einzel- augen entstehen hier durch blosse Differenzirung einer Zellenschicht ohne Allgemeines über die Arthropoden. 899 besondere Einsenkung. Wo sich bei der Bildung der zusammengesetzten Augen efiie grubenförmige Einsenkuug findet, führt sie zur Entstehung des Gesammtauges. Sowohl in diesem letzteren Vorgang, wie auch in der Differenzirung der Einzelaugen aus einer mehrschichtigen Zellenlage sehen wir secundäre Erscheinungen, welche einen vereinfachten Bildungsmodus der zusammengesetzten Augen darstellen. Uebrigens ist zu bemerken, dass die Entwicklungsgeschichte der Arthropodenaugen bisher noch nicht in genügender Weise aufgeklärt ist. Die Respirationsorgane der Arthropoden müssen nach den verschie- denen phylogenetischen Reihen derselben gesondert betrachtet werden. Da wir die Arthropoden von Formen ableiten, welche im Wasser lebten, so erscheint uns als die ursprünglichste Gestaltung der Respirationsorgane eine schlauchförmige oder blattförmige Ausstülpung der Körperoberfläche. Eine solche einfache Form der Respirationsorgane stellen die Kiemen dar, wie sie uns in den Kiemenschläuchen der Anneliden und Crusta- ceen entgegentreten. Diese Kiemenbildungen erscheinen in der Regel als Anhänge der Extremitäten. Blattförmige Anhänge der Abdominal- extremitäten sind auch die Kiemen des Limulus. Von ihnen haben wir die Lungensäcke der Arachniden (Scorpione, Spinnen) abzu- leiten, worauf die Entwicklungsweise dieser letzteren Gebilde hinweist. In der Umwandlung der Kiemen zu Lungen erkennen wir eine An- passung an den Aufenthalt auf dem Lande. Wenn dieselbe weiter geht, führt sie zur Ausbildung der unverzweigten Tracheenbüschel (Spinnen), die sich schliesslich baumförmig verästeln und einen Spiralfaden erhalten (Pseudoscorpione, Phalangiden, S o 1 p u g i d e n). Damit erreichen sie denselben Typus des Tracheensystems, welcher auf andere WTeise in der im Uebrigen weit entfernten Reihe Peripatus, Myrio- poden, Insecten zu Stande gekommen ist. Bei den Ausgangsformen dieser letzteren Reihe traten die Tracheen in Form von Einsenkungen der Körperoberfläche auf, welche zuerst regellos über den Körper ver- breitet waren (so bei Peripatus), später jedoch eine bestimmte seg- mentale Anordnung gewannen Als solche segmental angeordnete Ein- senkungen sehen wir die Tracheen bei den Myriopoden und Insecten ontogenetisch entstehen. Indem sie sich am inneren Ende spalten und verzweigen, werden die Aeste des Tracheensytems gebildet. Bei den Insecten treten diese Anlagen der Tracheen bereits sehr früh, bei den Myriopoden dagegen erst sehr spät auf, und da letzteres auch bei Peripatus der Fall ist, so hat man diese Erscheinung als Hinweis auf die spätere Erwerbung der Tracheen betrachtet. Auffällig ist der sehr übereinstimmende Bau der Tracheen bei den A r a c h n o i d e n und M y r i o - p o d e n - 1 n s e c t e n. Besonders fällt das Vorhandensein des Spiralfadens bei den beiden auf verschiedene Weise entstanden zu denkenden Tracheen- formen ins Auge, doch verliert dieses beiden Formen zukommende gleiche Merkmal an Bedeutung für eine etwaige Zurückführung derselben auf einen gemeinsamen Ursprung, wenn man sieht, wie ein derartiger Spiral- faden auch anderen mit einer chitinigen Intima ausgekleideten Röhren, wie z. B. den Ausfuhrungsgängen von Drüsen (Speicheldrüsen und Spinn- drüsen der Insecten), demVas deferens der Cytheriden (pag. 830) zukommt. Das sog. geschlossene Tracheensystem mancher im Wasser lebender Larven, z. B. derjenigen der Ephemeriden, sowie die damit in Verbindung stehenden Tracheenkiemen sind als eine erst später wieder erworbene Anpassungsform der Respirationsorgane an den Aufenthalt im Wasser zu betrachten. 900 XXIV. Capitel. Als ectodermale Bildungen entstehen bei den Arthropoden der Vorder- nnd Enddarm. Divertikelbildungen des letzteren stellen bei den Myrio- poden und Insecten die als Malpighi' s c h e Gefässe bezeichneten Excretionsschläuche dar. Mit dem gleichen Namen wurden die ganz ähnlich gebauten schlauchförmigen Darmanhänge der Arachniden be- legt, aber die Entwicklungsgeschichte macht es wahrscheinlich, dass die letzteren Gebilde dem Mitteldarm angehören, also nicht ectodermaler, sondern entodermaler Natur sind. Demnach dürften sie mit den Malpighi'- schen Gefässen der Insecten nicht homologisirt werden. Dagegen treten schlauchförmige Anhänge von gleicher Structur und Function am Ende des Mitteldarmes bei gewissen Crustaceen (Amphipoden) auf, denen man aber höchst wahrscheinlich nur den Werth analoger Gebilde zuschreiben darf. Die phylogenetische Entstehung der Malpighischen Gefässe ist noch ganz in Dunkel gehüllt. Man hat daran gedacht, dass die von den Vor- fahren ererbten Excretionsorgane , die Nephridien , mit dem Enddarm in Verbindung treten könnten, da man den Nephridien ähnliche Gebilde auch bei einigen Anneliden im Zusammenhang mit dem Darme fand (No. 2 u. 9). In dem einen Falle, nämlich bei dem von B. Spencer untersuchten Mega- s c o 1 i d e s treten diese im Bau den Nephriden ausserordentlich ähnlichen drüsigen Schläuche allerdings mit dem Vorderdarm in Verbindung, während Beddaed bei einem Acanthodrilus ähnliche Bildungen am Enddarm auf- fand. Wie man beiPeripatus Nephridien als Speicheldrüsen in die Mund- höhle einbezogen sieht, so könnte man also auch an eine Einbeziehung von Nephridien in den Bereich des Enddarms denken, welcher Vorgang vielleicht deshalb a priori noch grössere Wahrscheinlichkeit für sich hat, als der andere, weil bei ihm die Nephridien ihre ursprüngliche Function beibe- halten würden. Gegen eine solche Auffassung spricht jedoch die ectodermale bezw. entodermale Entstehung jener Excretionsschläuche, um so mehr, als nach den neueren Untersuchungen die Nephridien ganz aus dem Mesoderm entstehen sollen und man sonach nicht einmal an ein Persistiren und eine besonders starke Entwicklung des ectodermalen Theiles bei völliger Rück- bildung des mesodermalen (inneren) Abschnittes denken könnte. Die Bildung von Excretionsschläuchen vom Darm aus, wie sie bei den Amphipoden beobachtet wird, bildet einen beachtenswerthen Hinweis dafür, dass Theile des Darmes selbst die Function zu übernehmen vermögen, welche früher den Nephridien zukam. Sieht man doch schon beim Nauplius eine Parthie des Darmes zu excretorischer Function verwendet, indem die mit Harnconcrementen erfüllten Zellen leichte Aussackungen bilden (Fig. 266, pag. 385, ds). Wenn sich diese Parthien zu Blindsäcken umge- stalten oder gar schlauchförmig verlängern, so erhält man die Excretions- schläuche der Amphipoden (eventuell auch der Arachniden) oder die Malpighi 'sehen Gefässe der Myriopoden -Insecten, je nachdem dieser Vorgang am Mitteldarm oder Enddarm stattfindet. Wir sind also vielmehr geneigt, die Malpighi'schen Gefässe für eine Neubildung zu halten, welche sich beim Zurücktreten der Nephridien geltend machte, als dass wir sie auf die Nephridien selbst zurückführen möchten. Die Entwickln!)«: des Mitteldarms ist durch die Beziehungen der ■a Entodermanlage zur Masse des Nahrungsdotters wesentlich beeinflusst. Die letztere, welche ursprünglich die Furchungshöhle erfüllte, wird später in den Mitteldarm aufgenommen. Dieser Vorgang kann sich auf ver- Allgemeines über die Arthropoden. 901 schiedene Weise vollziehen: 1) indem der Dotter durch die Wand des Darmsäckchens durchfiltrirt wird (Astacus), oder 2) indem die Ento- dermzellen den Nahrungsdotter durchwandern, um sich als Mitteldarm- epithel an seiner Oberfläche zu constituiren (Crustaceen, Limulus, Spinnen, Chilopoden), oder endlich 3) indem der Nahrungsdotter von der Entodermanlage umwachsen wird (Mysis, Isopoden, Scor- pione (?), Insecten). Der Auf bau des Darmepithels erfolgt in einigen Fällen erst sehr spät, so bei den Spinnen, und hier legt sich das unter- dessen zur Ausbildung gelangte splanchnische Blatt des Mesoderms der Dottermasse dicht an. Es wachsen dann von ihm aus septenartige Fort- sätze in die Dottermasse hinein und isoliren einzelne Complexe derselben divertikelartig. Wie im Mitteldarm selbst beginnt auch in diesen Diver- tikeln die Bildung des Epithels erst später. Die Divertikel stellen die Anlage der Leberlappen dar, die auch bei den Crustaceen auf ähn- liche Weise gebildet werden, nur mit dem Unterschiede, dass dort die Differenzirung des Mitteldarmepithels bereits früher vor sich ging. Indem bei einigen Arthropoden nicht der gesammte Nahrungsdotter ins Innere des Darmes aufgenommen wird, kann es geschehen, dass grössere oder geringere Dottermassen in der Leibeshöhle zurückbleiben und dort eine allmähliche Resorption erfahren (Moina, Mysis, Musca und andere Dipteren). Bei den Diplopoden erscheint dieses sonst als Ausnahme auftretende Verhalten in hohem Maasse entwickelt, denn bei ihnen soll sich das Mitteldarmepithel als ziemlich enges Rohr in- mitten der Dottermasse anlegen. In Folge dieses Verhaltens würde also die grösste Menge des Dotters in die Leibeshöhle zu liegen kommen. Wie bei den obengenannten Crustaceen wird auch hier die in der Leibes- höhle abgelagerte Dottermasse von Mesodermzellen dicht umlagert und durchwachsen. Was die Ausbildung des Mesoderms betrifft, so wird die Cölom- höhle der Ursegmente, welche wir in einigen Fällen, wie bei Peripatus und den Arachniden, eine so starke Ausbildung erreichen sahen, nicht zur definitiven Leibeshöhle der Arthropoden, sondern die Ursegmente erfahren entweder früher oder später eine Rückbildung. Noch bevor die- selbe erfolgt, geht von den Ursegmenten die Bildung des Herzens aus, indem sich einzelne Zellen von den Cölomsäcken beider Seiten ab- lösen und zur Bildung des Rückenrohres zusammenlegen. Die Urseg- mente erleiden schon bald einen theilweisen Zerfall, indem einzelne Zellen von verschiedenen Theilen derselben in die primäre Leibeshöhle ein- wandern und dort eine Art von Mesenchym bilden. Durch Auftreten von Lacunen in diesem letzteren und durch Zusammenfliessen derselben zu grösseren Räumen entsteht die definitive Leibeshöhle. Als der letzte Rest der Ursegmente ist das für die Arthropoden äusserst charakteristische Pericardialseptum anzusehen, welches in der Um- gebung des Rückenrohres einen dorsalen Theil der Leibeshöhle (als Peri- cardiairaum) gegen die übrige Leibeshöhle abgrenzt. Die Ursegmente liefern ausser den bereits genannten Theilen das Bildungsmaterial für die Nephridien. Bei Peripatus, wo die Nephridien wie bei den Anneliden in allen Rumpfsegmenten angelegt werden, wird sogar ein beträchtlicher Theil der Ursegmente direct für die Bildung der Nephridien verwendet. In den übrigen Gruppen ist die Entstehungsweise der als Nephridien gedeuteten Organe im Ganzen noch recht zweifelhaft, aber als sehr wahrscheinlich darf es doch bezeichnet werden, dass die Speicheldrüsen und Analdrüsen des Peripatus, die Kors chel t-Heider , Lehrbuch. ü8 902 XXIV. Gapitel. Schalen- und Antennendrüsen der Crustaeeen, die Coxaldrüsen des Li mul us und der Arachnoiden, sowie die Geschlecbtsausführungs- gänge von Nephridien geliefert werden und jedenfalls aus dem Mesoderm ihren Ursprung nehmen. Von den genannten Organen des Peripatus und den Antennen- und Schalendrüsen der Crustaeeen darf man deren Natur als Nephridien sogar für sicher gestellt betrachten. — Die Mündung der Geschlechtsausführungsgänge zeigt in den einzelnen Ab- teilungen der Arthropoden eine sehr verschiedene Lage. Daraus wird man schliessen dürfen, dass in den einzelnen Fällen die Nephridien ver- schiedener Segmente zur Ausbildung der Genitalproducte herangezogen wurden (C h i 1 o p o d e n und Diplopoden), obgleich in einzelnen Fällen eine seeundäre Verschiebung der Ausmündungsstelle um einige Segmente nicht ausgeschlossen ist. (Verschiedenartige Ausmündung der Genitalorgane, am siebenten bis neunten Abdominalsegment bei den Insecten. Bei den Ephemeriden wird die weibliche Geschlechtsöffnung am siebenten Segment gefunden, während sie bei anderen Insecten hinter dem achten Segment gelegen ist.) Weiterhin werden von den Ursegmenten die Geschlechtsdrüsen geliefert, welche als eine Wucherung des Epithels der Cölomsäcke anzu- sehen sind, demnach also ganz die gleiche Entstehungsweise wie die Genital- drüsen der Anneliden aufweisen (pag. 197). Eine weitere Uebereinstim- mung mit den Anneliden ist dadurch gegeben, dass der Best der Cölom- höhle direct zur Genitalhöhle werden kann, so dass also die vom Peri- tonealepithel gelieferten Geschlechtsproducte noch jetzt in die seeundäre Leibeshöhle (Cölom- oder Genitalhöhle) und von da durch nephridiale Ausführungsgänge nach aussen gelangen (Peripatus, Myriopoden). Die Gesammtheit der zur Bildung der Geschlechtsdrüsen verwendeten Ursegmentparthien verschmilzt mit demjenigen Ursegmentpaar, durch dessen Auswachsen die Ausführungsgänge geliefert werden (Nephridien des Genitalsegments), wodurch die Continuität zwischen Genitaldrüsen und Ausführungsgängen erreicht ist. Sowohl bei den Crustaeeen und Arachniden, wie auch beiden Insecten finden sich seeundäre Ver- hältnisse der Entwicklung der Geschlechtsorgane, welche aber aller Wahr- scheinlichkeit nach auf die geschilderten ursprünglicheren Verhältnisse, wie sie dem Peripatus und den Myriopoden noch jetzt zukommen, zurückzuführen .sind. In Folge des grossen Dotterreichthums der Eier wird bei den Arthro- poden zuerst nur die ventrale Seite des Embryos in Form des Keim- streifens angelegt, wobei allerdings verschiedentliche Ausnahmen vor- kommen. Zuweilen sind die Eier, wie schon erwähnt, kleiner und weniger dotterreich, was entweder und jedenfalls in den selteneren Fällen auf ein ursprüngliches Verhalten zurückzuführen ist, oder aber, und dies ist wohl das Gewöhnliche, als eine seeundäre Erscheinung angesehen werden muss. In diesen Fällen kann ein directer Uebergang aus der Kugelform des Eis in die definitive Körpergestalt stattfinden. Der Keimstreifen, welcher bei den verschiedenen Formen einen mehr oder minder beträchtlichen Theil des Eis einnimmt, entsteht theils durch Erhöhung der Ectodornizellen an der Ventralseite des Eies, theils durch die darunter zur Anlage kommenden Schichten der beiden anderen Keim- blätter, zumal der Mesodermstreifen. Ausserdem treten auch bald die bandförmigen Verdickungen des Ectodernis neben der ventralen Mittel- linie auf, welche die allerdings schon sehr früh in Segmente zerfallende Allgemeines über die Arthropoden. 903 Anlage der Bauchganglienkette darstellen. Sehr bald sondert sich ein stark verbreiterter vorderer Abschnitt des Keimstreifens als Kopflappen von dem primären Rumpftheil des Embryos. Am Rumpf macht sich schon früh der Zerfall in Segmente bemerkbar, welcher hauptsächlich vom Mesoderm ausgeht (Bildung der Ursegmente), aber auch schon vor dem Auftreten der Ursegmente an der äusseren Oberfläche des Keim- streifens angedeutet sein kann (Hydro philus, Chalicodoma). Als Vorwulstungen der Oberfläche entsteht an beiden Seiten des Keimstreifens die Reihe der Extremitätenanlagen, in welche sich bei der Mehrzahl der Arthropoden ein Fortsatz der Cölomsäcke hineinerstreckt, so dass die Fussstummel anfangs hohl erscheinen (Peripatus, Myriopoden, Orthopteren, Arachnoiden, Pantopoden). — Selbst bei den- jenigen Formen, welche am Hinterleib keine Extremitäten tragen (Arach- noiden, Insecten), werden beim Embryo solche am Abdomen ange- legt, auch kann dieses letztere wohl selbst aus einer grösseren Zahl von Segmenten, als beim ausgebildeten Thier bestehen (Spinnen), ein Hinweis darauf, dass diese Formen von Vorfahren abstammen, welche eine reichere Gliederung des Körpers und eine grössere Anzahl von Extremitäten besassen. Der Keimstreif behält nicht immer seine ursprüngliche Lage an der Oberfläche des Eis bei, sondern kann in das Innere verlagert werden, indem er eine ventrale Einknickung erfährt (Myriopoden), oder aber unter Ausbildung besonderer Embryonalliiillen (Amnion und Serosa der Insecten) eine tiefere Verlagerung unter die Oberfläche des Eies erleidet. Eine ähnliche, aber nur analoge Ausbildung von Embryonal- hüllen finden wir unter allen Arthropoden nur noch bei einigen viviparen Formen, wie bei den Scorpionen und anscheinend auch bei einer Peripatusart (P. edwardsii). Der Keimstreif, welcher bisher nur der ventralen Parthie des Em- bryos entsprach, breitet sich über den Nahrungsdotter aus, indem er die bisher nur von dünnen Zellschichten bedeckten seitlichen und dorsalen Parthien desselben in die weitere Ausgestaltung des Embryos einbe- zieht und dadurch die Rückenfläche desselben zur Ausbildung bringt. Bei den Insecten compliciren sich diese letzteren Entwicklungsvorgänge durch den gleichzeitig mit ihnen ablaufenden Involutionsprozess der Em- bryonalliiillen. Mit dem vollendeten Rückenschluss ist die äussere Aus- bildung des Embryos vollendet, und nach entsprechender Weiterentwick- lung der inneren Organe ist der Embryo reif zum Ausschlüpfen. Der ausschlüpfende Embryo gleicht entweder der ausgebildeten Form, oder aber er ist mehr oder weniger von derselben verschieden und durch- läuft sodann eine mehr oder minder complicirte Metamorphose. Letztere zeigt bei den verschiedenen Gruppen der Arthropoden recht verschiedene Charaktere, ist aber wohl stets auf eine Ausbildung seeundär erworbener Larvenstadien zurückzuführen (Crustaceen, Pantopoden, In- secten). Der auschlüpfende Embryo besteht entweder nur aus wenigen Körpersegmenten (Crustaceen, Pantopoden) und erwirbt die voll- ständige Segmentzahl erst im Verlauf der Metamorphose (D i p 1 o p o d e n), oder er besitzt bereits die vollständige Segmentzahl sowie die Regionen- eintheilung des Körpers der ausgebildeten Form und unterscheidet sich von ihr nur durch die verschiedene Lebensweise und die dadurch bedingte abweichende Gestaltung des Körpers (Insecten). So sehen wir z. B. allen Larven und Jugendformen der Insecten die Flügel fehlen, wodurch sich dieses Merkmal der höchsten Entwicklung des Arthropodenstammes 58 " 904 XXIV. Capitel. als eine verhältnissmässig späte Erwerbung dokumentirt, was übrigens auch dadurch bestätigt wird, dass den niedersten Insecten die Flüge] noch vollständig fehlen (Apterygogenea pag. 761). Für die Metamorphose der Arthropoden ist besonders charakteristisch die Aufeinanderfolge verschiedener Larvenstadien, welche durch Ver- niittelung von Hau tungsproc essen in einander übergehen. Der- artige Häutungen können übrigens schon während des Embryonallebens, vielfach sogar in ausserordentlich früher Zeit erfolgen, wenn der Keim- streif noch gar nicht angelegt ist (C u t i c u 1 a blastodermica der C r u s t a c e e n), oder doch ehe die Extremitäten gebildet werden (e m b r y o - nale Cuticularhüllen des Limulus, Deuto vum-Membran der Milben, Embryonalhüllen von Pentastomum). Alle diese Cuti- cularhüllen bilden dann innerhalb der Eihäute eine weitere Umhüllung des Embryos. Lange Zeit war man geneigt, den Larven der Arthropoden eine höhere phylogenetische Bedeutung zuzuschreiben. Mit der Erkenntniss, dass es sich hierbei vielfach um secundär veränderte (Anpassungs-) Formen handelt (Naupli us, Zoea, Pantopodenlarve, Raupen der Insecten), hat man sich mehr der Vergleichung der ausgebil- deten Formen zugewandt und dieser einen weit höheren Werth zu- geschrieben. Eine besondere Bedeutung für die Auffassung der Arthro- poden und ihre Zurückleitung auf niedere Formen hat die besonders in neuerer Zeit vielfach geförderte Kenntniss des Peripatus gewonnen. Allerdings machte sich in dieser Hinsicht eine Ueberschätzung der auf die Anneliden hinweisenden Charaktere des Peripatus geltend, welche zu Zweifeln an der Einheit des Arthropodenstammes Veranlassung gab *). Da man nunmehr für die Myriopoden und Insecten durch den Peripatus eine directe Verbindung mit den Anneliden hergestellt sah, so blieb nur der Ausweg übrig für die Crustaceen, welche sich anscheinend weit von Peripatus entfernten und zum Theil weniger ursprüngliche Verhältnisse aufwiesen, als diese Form, eine selbstständige Ableitung vom Anneliden- stamme anzunehmen. Durch die neueren Untersuchungen erscheint je- doch Peripatus mit den Arthropoden enger verknüpft zusein, als man dies vermuthet hatte. Die Nephridien sind durch ein Endsäckchen (Cölom- rest) abgeschlossen und weisen denselben Typus auf, welchen wir bei der Antennen- und Schalendrüse der Crustaceen wiederkehren sehen. Die J) Solche Zweifel sind verschiedentlich ausgesprochen worden. Einen lebhaften Ausdruck finden sie z. B. in einem Artikel des Kosmos (Nr. 1), dessen ungenannter Verfasser sich auf Grund der Forschungen der vorhergehenden Zeit gegen die phyle- tische Einheit des Arthropodenstammes ausspricht. Ebenso erklärt sich Oudemans für die Auflösung der Abtheilung der „sogenannten Arthropoden" (Nr. 8), und Spuren einer ähnlichen Auffassung kann man auch in einer neuerdings erschienenen Abhand- lung von Feknald über die Verwandtschaftsverhältnisse der Arthropoden finden (Nr. 4). Allerdings leitet dieser letztere Autor die drei grossen Hauptäste des Arthropoden- stammes, die Crustaceen, Arachnoiden und Insecten auf eine gemeinsame Wurzel zurück. Diese letztere findet sich aber nicht im Bereich der Anneliden, sondern geht bis auf unsegmentirte Formen zurück, von denen sich ebenfalls, aber nach einer anderen Richtung, die Anneliden ableiten. Von ihnen zweigt sich dann Peripatus ab, der somit keinen directen Zusammenhang mit jenen grossen Aesten des Arthropodenstammes besitzt, und ebenso sind von diesem die Myriopoden un- abhängig. Bezüglich ihrer denkt Fernald wohl an eine Verbindung mit Peripatus. Jedenfalls wird man auch durch diese Auffassung nicht eine völlige Einheitlichkeit des Arthropodenstammes vertreten. Gegen eine solche spricht sich auch Kingsley (No. 7) aus, indem er die Crustaceen und Insecten trotz vieler übereinstimmender Merk- male von verschiedenen Ausgangspunkten herleitet. Allgemeines über die Arthropoden. 905 definitive Leibeshöhle ist ein nach dem Untergang der Cölomsäcke durch Wiedererweiterung der primären Leibeshöhle sich entwickelndes Pseudo- cöl; das Herz zeigt den unter den Arthropoden allgemein verbreiteten Typus des mit seitlichen Ostienpaaren versehenen Rückengefässes. Auch die Entwicklung von Peripatus, für deren Verständniss wir von der leider zu wenig bekannten neuseeländischen Form ausgehen müssen, schliesst sich nahe an die übrigen Arthropoden an. Wir haben hier vor Allem ein dotterreiches Ei mit superficieller Furchung. Diejenigen Charaktere, durch welche Peripatus zu den Arthropoden in einen Gegensatz tritt, sind die Stellung und Beschaffenheit der nicht eigentlich gegliederten Extremitäten (wir sehen hierbei von den bezüglich ihrer Verwandtschafts- verhältnisse unsicheren Formen wie T a r d i g r a d e n und P e n t a s t o m u m ab), sowie, vor allen Dingen der Bau der Augen, welchen wir als ein von den Annelidenahnen überkommenes Erbtheil betrachten müssen, das im Kreise der übrigen Arthropoden verloren gegangen und durch das Ommatealauge (Stemma und Facettenauge) ersetzt ist. Es erscheint uns nach dem Gesagten gerechtfertigt , für sämmtliche Arthropoden (Peripatus mit eingeschlossen) einen einheitlichen Ursprung aus dem Annelidenstamme anzunehmen. Wenn wir jene hypothetische aus den Anneliden hervorgegangene Stammform der Arthropoden, für welche wir, wenn sie zum Ausgangspunkte sämmtlicher uns vorliegender Arthropodenclassen dienen soll, sehr ursprüngliche Charakter annehmen müssen, mit den Namen der Protostraken belegen, so sei damit zum Ausdrucke gebracht, dass die Crustaceen in gewissen Organisations- verhältnissen, vor Allem in dem auf die zweiästige Parapodienform zurückführbaren Gliedmaassenbau , im Anschluss auf die bei ihnen bei- behaltene pelagische Lebensweise ursprüngliche Charaktere bewahrt haben. Ihnen gegenüber (und dieselbe Gliedmaassengestaltung findet sich zum Theil auch bei den Palaeostraken erhalten) muss die bei Peripatus sich findende Extremitätenform als eine im Anschlüsse an das Landleben secundär abgeänderte Form betrachtet werden. Von den Protostraken ausgehend dürfen wir — nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse, wie schon oben bemerkt wurde, drei grosse Entwicklungsreihen des Arthropodenstammes annehmen, neben welchen noch eine Anzahl kleinerer selbstständiger Stämme aufrecht zu erhalten sind. Die eine führt durch die hypothetischen Urphyllopoden zu den Crustaceen, die zweite durch die Palaeostraken zu den Arachniden, die dritte durch Peripatus-ähnliche Formen zu den Myriopoden und Insecten. Als kleinere, selbständige Zweige des Arthropodenstammes sind wahrscheinlich die P a n t o p o d e n und die T a r d i g r a d e n zu betrachten. Wenn wir in Kurzem die allgemeinen Charaktere der Arthropoden gegenüber den Anneliden hervorheben wollen, so sei zunächst auf die stärkere Cuticularisirung der Haut und auf die mehr der Ventralseite genäherte Lage der Extremitäten, welche zum Theil als Kiefer gegen- einander wirken, hingewiesen. Der letztere Punkt ist von Wichtigkeit, weil die Kiefer der Anneliden nur cuticulare Abscheidungen des Vorderdarmes, keine Extremitäten, sind. Ferner sei die Rückbildung der Cölomsäcke und des Nephridialsystems erwähnt. Erstere werden durch ein secundär zur Ausbildung kommendes Pseudocöl, letztere werden bei den höheren Formen durch verschiedenartige als Neuerwerbungen zu betrachtende Excretionsapparate abgelöst. In directer Verbindung mit den Verhältnissen der Leibeshöhle steht das Fehlen eines geschlossenen Blut- gefässsystems und die Ausbildung der für die Arthropoden typischen Herzform. 906 XXIV. Capitel. Als ein in der ganzen Arthropodenreihe wiederkehrender Charakter stellt sich uns ferner dar, dass der primäre Kopfabschnitt durch Bei- ziehung von ursprünglich hinter dem Munde gelegenen Segmenten er- weitert wird. Es möchte ein lohnender, aber nach dem heutigen Stande unseres Wissens nur mit grösster Vorsicht zu unternehmender Versuch sein, für die Homologisirung der vordersten Gliedmaassenpaare in den verschiedenen Arthropodenreihen eine feste Basis zu gewinnen. Wir werden vielleicht aus den Verhältnissen der Gehirnsegmentirung er- schliessen dürfen, dass die Antennen des Peripatus, der Myriopoden und Insecten den ersten Antennen der Crustaceen homolog sind. Dann würden wir die in die Mundhöhle aufgenommenen Kiefer von Peripatus, deren Ganglien eine ähnliche Annäherung an das Gehirn zeigen, wie die Antennenganglion der Crustaceen, vielleicht der zweiten Antenne der Crustaceen, die ja beim Nauplius noch als Kauorgan fungirt, gleichsetzen dürfen. Für die Myriopoden und Insecten würden wir vielleicht den vollständigen Verlust dieses Extremitätenpaares anzunehmen berechtigt sein, so dass die Mandibeln der Insecten (homolog den Oralpapillen von Peripatus) dann auf die Mandibeln der Crusta- ceen zu beziehen wären. Ferner möchten wir dafür eintreten, dass die Cheliceren der Arachniden den zweiten Antennen der Crustaceen entsprechen, wofür ebenfalls das Verhalten der mit dem Gehirn ver- schmelzenden Ganglien anzuführen ist. Das Homologon der ersten Antennen würde in diesem Falle verloren gegangen sein, aber es scheint, dass es als rudimentäres Organ in der Ontogenie noch auftritt (pag. 636). Die Pedipalpen würden somit den Mandibeln der Crustaceen und Insecten gleich zu setzen sein, während man bisher gewöhnlich die Cheliceren mit diesen Organen zu homologisiren pflegte. Wie sich weiterhin die Extremitäten der einzelnen Abtheilungen mit einander vergleichen lassen, wird besser als durch Worte aus einer Be- trachtung der Tabelle ersichtlich werden, welche wir nach den bisher bekannt gewordenen Thatsachen, besonders nach dem Bau und Ent- wicklungsmodus des Gehirns zusammenstellen, wobei allerdings zu be- merken ist, dass dies mit aller nöthigen Reserve geschehen sollte. Tabelle zur Vergleichung- der Extremitäten bei den Hauptgruppen der Arthropoden. < instaceen Xiphosuren Arachnoiden Onycho- phoren Myriopoden Chilopoden 1 Diplopoden Hexapoden erste A ntennen — — Antennen Antennen Antennen Antennen /.weite Antennen Cheliceren Cheliceren Kiefer — — - Mandibeln erstes Beinpaar Pedipalpen ( oralpapillen Mandibeln Mandibeln Mandibeln erste Maxillen /weites Beinpaar erstes Beinpaar erstes Beinpaar erstes Unter- kieferpaar Unterkiefer erste Maxillen /.weite drittes Beinpaar zweites Beinpaar zweites Beinpaar zweites Unterkiefer- paar erstes Beinpaar zweiteMaxillen (Unterlippe) erstes Thoraxbein- paar viertes lieinpaar drittes Beinpaar drittes Beinpaar Kieferfnss- paar zweites BeÄipaar erstesBainpaar /weites Thoraxbein- paar fünftes Beinpaar viertes Beinpaar viertes Beinpaar erstes Beinpaar drittes Beinpaar zweites Beinpaar dritti - Thoraxbein- paar erstes Abdominal- beinpaar erstes A bdominal- belnpaar fünftes Beinpaar /.weites Beinpaar viertes Beinpaar drittes Beinpaar Allgemeines über die Arthropoden. 907 Eine Betrachtung der vorstehenden Tabelle lässt erkennen, dass die verschiedenen Regionen des Körpers (Kopf, Thorax und Abdomen) in den einzelnen Abtheilungen der Arthropoden nicht von gleichwertigen Segmenten gebildet werden, d. h. dass die Einbeziehung von Segmenten bezüglich der Zahl der zur Verwendung kommenden Segmente eine ver- schiedene war. Dass in dieser Hinsicht eine bestimmte Regel nicht be- steht , erkennen wir schon aus dem Verhalten der Crustaceen, bei denen die Heranziehung von Thoraxgliedmaassen zum Munde in den einzelnen Unterabtheilungen eine sehr verschiedene ist. Wenn wir daher sehen, dass auch in den grossen Abtheilungen des Arthropodenreiches die Extremitäten auf einander folgender Segmente eine heteromorphe Aus- bildung gewinnen, so werden wir immer geneigt sein, dieselbe durch eine Verwendung zu verschiedenen Functionen zu erklären und werden nicht die Regionen gleichgestalteter Extremitäten mit einander homologi- siren. So wird es durchaus statthaft sein, so, wie jene Tabelle es aus- drückt, Thorax- und Abdominalextremitäten der einen mit Kopf- und Brustgliedmaassen einer anderen Abtheilung in Homologie zu setzen. Dass dieses Verfahren berechtigt ist, zeigt nicht nur das schon oben er- wähnte Verhalten der Crustaceen, sondern auch dasjenige solcher Arthropoden, denen wir höhere Ausbildung zuschreiben, wie der In- secten. Bei den Hymenopteren z. B. kann das erste Abdominal- segment zum Thorax treten (segment mediaire) *) und sich so gegenüber dem Hinterleib absetzen, dass es vielmehr als Thorax-, denn als Ab- dominalsegnient erscheint. Ein Ausfall oder besser ein fast völliges Zurücktreten einzelner Segmente, wie wir es z. B. bei den Arachniden für die erste und bei den Myriopoden-Insecten für die zweite Antenne annehmen müssen (vgl. die Tabelle) scheint nur ausnahmsweise vorzukommen. Wir sehen hierbei von den Reductionen ab, welche der Körper der Arthropoden in vielen Fällen erleidet (z. B. bei gewissen Crustaceen, Arachniden, Pentastomen, sowie bei vielen In- secten) und welche vielfach zu einem völligen Zurücktreten der Seg- mentirung an einzelnen Körperregionen oder auch am Gesammtkörper führen, ja im letzteren Falle sogar ein Schwinden der Regionenein- theilung desselben zur Folge haben können. Derartige Reductionen können den Verlust nicht nur der Segmentirung, sondern auch der Extremitäten zur Folge haben (Pentastomum), womit ein Hauptcharakter der Arthropoden verloren geht, doch spricht auch dann noch die Entwicklung durch das Auftreten der mit Extremitäten versehenen Larven für die Arthropodennatur dieser Formen. Litteratur. Die weiteren Litteraturangaben finden sich bei den einzelnen Abtheilungen der Arthropoden. 1. Anonymus. Bilden die Arthropoden eine natürliche Gruppe? Kosmos. 13. Bd. 1883. 2. Beddard, F. E. On the possible Origin of the Malpighian Tubules in the Arthro- pode. Annais and Magazins Nat. Hist. 6. ser. Vol. 4. London 1889. l) Dem „segment mediaire" der Dipteren darf nach Brauek's Untersuchungen (Sitz. Ber. K. Akad. Wiss. Wien, 85. Bd., 1. Abth. 1882) eine solche Bedeutnng nicht mehr zugeschrieben werden, doch tritt offenbar auch bei den Dipteren eine enge Ver- bindung des Thorax mit dem Abdomen ein. 908 Allgemeines über die Arthropoden. 3. Claus, C. Ueber den feineren Bau des Medianauges der (Jrustaccen. Anz. der K. Akad. d. Wiss. zu Wien. 1891. Nr. XII (Mai). 4. Fernald , H. F. The Relationships of Arthropods. Studies Biol. Labor at. Johns Hopkins Univ. Baltimore. Vol. IV. 1890. 5. Grenacher, H. Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. Göttingen 1879. 6. Grenacher, H. Ueber die Augen einiger Myriopoden. Ar eh. f. microsc. Anatomie. 18. Bd. 1880. 7. Kingsley, J. S. Is the group Arthropoda a valid one. Americ. Naturalist. Vol. XVII. 1883. 8 Oudemans, A. C. Ueber die Verwandtschaft und Classification der sog. Arthropoden. Tijdschrift Nederlandsche Dierkundige Vereenigung (2). Deel I. 1887. 9. Spencer, B. On the Anatomy of Megascolidts australis, the Giant Earth-tvorm of Gippsland. Trans. Roy. Soc. Viel. Vol. I. 1888. 10. Watase , S. On the Morphology of the Compound Eycs of Arthropods. Studies from the Biol. Laborat. Johns Hopkins Univ. Baltimore. Vol. IV. 1890. Pierer'sche Hofbuchdruckerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg. Verlag von Gustav Fischer in Jena. TTotW" T\rir** 0gcar und Richard, o. ö. Professoren an den Universitäten Berlin und Xlt?IlWlö, MÜIlciien, Untersuchungen zur Morphologie und Phy- SiolOg'ic (lcr Zelle. Heft 1. Die Kernteilung bei Actinosphaerium Eichhornii. Von K. H ertw ig. Mit 2 lithographischen Tafeln. 1884. Preis: 2 Mark. — Heft 2. Welchen Einflufs übt die Schwerkraft auf die Teilung der Zellen? Von O.Hert- wig. Mit 1 lithographischen Tafel. 1884. Preis: 1 Mark 50 Pf. — Heft 3. Das Problem der Befruchtung und der Isotropie des Eies , eine Theorie der Vererbung. Von O. Hertwig. 1885. Preis: 1 Mark 50 Pf. — Heft 4 Experimentelle Unter- suchungen über die Bedingung der Bastardbefruchtung. Von O. und R. Hertwig. 1885. Preis : 1 Mark 60 Pf. — Heft 5. Ueber den Befruchtungs- und Teilungs- vorgang des tierischen Eies unter dem Einflufs äufsorer Agentien. Von O. und R. Hertwig. Mit 7 lithographischen Tafeln. 1887. Preis: 8 Mark. — Heft 6. Experimentelle Studien am tierischen Ei vor, während und nach der Befruchtung I. Von O. Hertwig. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis: 3 Mark. TTarlwiO' ^r' ®'' Professor an der Universität Berlin, und Hertwig, Dr. R., Professor XlüILYVigj an der UniVersität München, StlulJCll ZU1' Blättertlieorie. Heft 1. Die Actinien anatomisch und histologisch mit besonderer Berücksichtigung des Nervensystems untersucht. Mit 10 Tafeln. Preis: 12 Mark. — Heft 2. Die Chaetognathen , ihre Anatomie , Systematik und Entwickelungsgeschichte. Eine Monographie von Dr. O. Hertwig. Mit 6 Tafeln. Preis: 6 Mark. — Heft 3. Ueber den Bau der Ctenophoren. Von Dr. R Hertwig. Mit 7 Tafeln. Preis: 7 Mark. — Heft 4. Die Coelomtheorie, Versuch einer Erklärung des mittleren Keim- blattes. Von Dr. O. H ertwig und Dr. R. Hertwig. Mit 3 Tafeln Preis : 4 M. 50 Pf. — Heft 5. Die Entwickelung des mittleren Keimblattes der Wirbeltiere. Von Dr. Oscar Hertwig. Mit 9 Tafeln. Preis: 8 Mark. T-r i • Dr. Oscar, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des II. anato- ÜGriWlg', mischen Instituts an der Universität Berlin, Lehrbuch der Ent- wicklungsgeschiehte des Menschen und der Wirbelthiere. Dritte theilweise umgearbeitete Auflage. Mit 339 Abbildungen im Texte und 2 litho- graphischen Tafeln. 1890. Preis: broschiert Jl Mark, in Callico gebunden 12 Mark. In dieser vor Jahresfrist erschienenen Auflage haben das zweite und das dritte Kapitel über den Befruchtungs- und Furchung sprozess des Eies eine Erweiterung erfahren. Eine ganz neue Fassung ist dem neunten Kapitel über die Entwicklung von Bindesubstanz und Blut, ferner dem Abschnitt über die Entstehung der Harnorgane und über die Entwick- lung des peripheren Nervensystems, der Lehre von der Entwicklung des Herzens und des Venensystems gegeben worden. Ausserdem wurde die dritte Auflage durch 30 neue Abbildungen bereichert. Jahrbücher, Zoologische, S:fen v- Prof- Dr J- w- Spengel Abtheilung für Systematik, Geographie und Biologie der Thiere. Erschienen bisher 5 Bände. Preis: 227 Mark. Abtheilung für Anatomie und Ontogenie der Thiere Erschienen bisher 2 Bände. Preis: 108 Mark. Ausführlicher Prospekt und Inhaltsverzcichniss unentgeltlich. KÖlliker A" von' Geheimrat' Professor, Der jetzige Stand der morpho- 1 lOgiSCheil DisCiplineil mit Bezug auf allgemeine Fragen. Rede gehalten bei Eröffnung der 1. Versammlung der Anatom. Gesellschaft zu Leipzig am 14. April 1887. Preis: 60 Pf. jr"\ ii | Vergleichend- anatomische und cntwickelnngsge- JxUKeilllldl, schjehtliche Untersuchungen au Waltieren. Erster Theil. Die Haut der Cetaceen. Die Hand der Cetaceen. Das Oentralnervensystem der Cetaceen gemeinsam mit Dozent Dr. med. Theodor Ziehen. Mit 13 lithogra- phischen Tafeln. Preis : 35 Mark. t Dr. Arnold, Professor der Zoologie an der Universität Zürich. Ueber dCU ljdllQ) Einflufs der festsitzenden Lebensweise auf die Thiere und über den Ursprung der ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Teilung und Knospung. Preis : 3 M. Mittel und Wege phylogenetischer Erkenntnis. Erste öffentliche Rede, gehalten am 27. Mai 1887 in der Aula der Universität zu Jena, entsprechend den Bestimmungen der Paul von Ritter'schen Stiftung für phylogenetische Zoologie. Preis: 1 M. 50 Pf. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Lang Dr. Arnold, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, zum J Gebrauche bei vergleichend-anatomischen und zoologischen Vorlesungen. Neunte gänzlich umgearbeitete Auflage von Eduard Oscar Schmidt's Handbuch der ver- gleichenden Anatomie. 1. Abtheilung mit 191 Abbildungen. — 2. Abtheilung mit 193 Abbildungen. Beide Abtheilungen zusammen 10 M. 50 Pf. Die dritte Abtheilung erscheint im Winter 1891/92. — Zur Charakteristik der Forsehungswegc von Lamarck und Darwin. Gemeinverständlicher Vortrag. Preis: 60 Pf. "D xrifr/ Dr. Bernhard, Privatdocent an der Universität Berlin, Leitfaden für ' histologische Untersuchungen. Preis: brosch. 1 Mark so Pf., geb. 2 Mark 40 Pt. q, -i i Dr. E., o. ö. Professor der Botanik an der Universität Jena, PflaHZCn lind lOldlllj Schneck0.ll. Eine biologische Studie über die Schutzmittel der Pflanzen gegen Schueckentiass. 1889. Preis: 2 Mark 50 Pf. Vp rwnrn Dr. Max, Psycho-physiologischc Protistcnstudicn. Mit V KjL WUUIj 6 lithographischen Tafeln und 27 Abbildungen im Text. Preis : 10 M. tti i i Dr. med. Hermann, Professor an der Universität Tübingen, AllätO- V ltuOl (llj mische, physiologische und physikalische Daten und laoelleil zum Gebrauche lür Mediciner. 1888. Preis: broschiert 9 Mark, elegant gebunden 10 Mark. tt • Hugo de, ord. Professor der Botanik an der Universität Amsterdam. V TICS, Intracellularc Pangcnesis. 1889. Preis : 4 m. Die Pflanzen und Thierc in den dunkeln Räumen der Rotterdamer Wasserleitung. Bericht über die biologischen Untersuchungen der Crenothrix (Jommission zu Rotterdam vom Jahre 1887. Preis: 1 M. 80 Pf. W^fHQTYl*} nn ^r' ^u&> Protessor der Zoologie an der Universität Freiburg, Die ' Entstehung der Sexualzellcn hei den Hydro- meCiUSCn. Zugleich ein Beitrag zur Kenntniss des Baues und der Lebenserschei- nungen dieser Gruppe. Mit einem Atlas von 24 Tafeln und 21 Figuren in Holzschnitt. Preis : 66 Mark. — • Uehcr Lehen Und Tod. Eine biologische Untersuchung. 1884. Mit 2 Holzschnitten. Preis: 2 M. Ueher die Dauer des Lehens. Vortrag gehalten in der zweiten all- gemeinen Sitzung der 54. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Salzburg am 21. Sept. 1881. 1882. Preis: 1 M. 50 Pf. — Die Kontinuität des Keimplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung. 1885. Preis: 2 Mark 50 Pf. Die Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung für die Selek- tionstheorie. 1886. Preis: 2 Mark 50 Pf. Leber die Vererbung. Ein Vortrag. 1883. Preis: 1 M. 50 Pf. lieber die Hypothese einer Vererbung yon Verletzungen. Mit 2 Holzschnitten Preis 1 Mark 20 Pt. Ueber die Zahl (Ter Richtuilgskörper und über ihre Bedeutung für die Vererbung. Iö87. Preis 1 Mark 50 Pf. Soeben erschien : —— AmpnimiXJS oder Die Vermischung der Individuen. Mit 12 Abbildungen im Text! Preis 3 Mark 60 Pf. WlPflPTCiriPim **r' ^0Der'' °- °- Professor der Anatomie und Direktor des ana- ' -Iv^v-lv^löllCllllj tomischen u vergl.-anatom. Instituts der Universität Freiburg i. B., Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Für Studirende bearbeitet. Zweite gänzlich umgearbeitete und stark vermehrte Aurlage. Mit 302 Holzschnitten. 1888. Preis: brosch. 10 M., gebunden 11 M. kCürpucli der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Aul Grundlage der Entwicklungsgeschichte bearbeitet. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 614 Holzschnitten. 1887. Preis: brosch. 24 M., eleg. geb. 27 M. irouunaimsche Buchdruckeroi (Hermann Pohle) In Jena. — 8021 ^VSij^" 'ir^S t v 3^ ''# ' * t J * IfiUÄr'1