1^^ :^S^ '•a^^M -!5m •^.-i»*"""\' ' tjm " t,«**«^ '*t,.\ ^^'M^ LIBRARY OF 1885- IQ56 C. CLAUS LEHRBUCH DEK ZOOLOGIE. LEHRBUCH ZOOLOGIE Professor DR- C. CLAUS SECHSTE UMGEARBEITETE AUFLAGE. MIT 889 HOLZSCHNITTEN. MARBURG. N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1897. Alle Rechte vorbehalten. Die Yerlag-sbucliliaiulluiig". VORWORT ZUR SECHSTEN AUFLAGE. xVlit der neuen Bearbeitung hat das Lehrbuch, welches in den ersten vier Auflagen den Titel „Grundziige der Zoologie" führte, von da an aber in abgekürzter Form als „Lehrbuch der Zoologie" ausgegeben wurde, seine zehnte Auflage erlebt und damit 30 Jahre dem einführenden Unterricht in die zoologische Wissenschaft gedient. Da das Buch in die vornehmliclisten Cultursprachen übersetzt worden ist und auch in einigen dieser Ueber- setzungen zwei oder mehr Auflagen erfahren hat, darf ich wohl zu meiner Genugthuung annehmen , dass dasselbe seinem Zwecke entsprochen hat. Möchte sich dasselbe auch in der neuen , mehrfach veränderten Gestalt •die wohlwollende und nachsichtige Beurtheilung, die es bisher gefunden, in Zukunft erhalten. Wien, im October 1896. Der Verfasser. INHALTSVERZEICHNISS. Allgemeiner Theil. Si-ite Organisclie und anorganische Naturkörper 1 Thier und Pflanze • . • •) System. Geschiclitliclier Ueberblick 15 Individuum. Thierstock 2.i Zelle und Zellengewebe 31 Epithelien 37 Die Gewebe der Bindesubstanz 43 Muskelgewebe 51 Nervengewebe 54: Organbildung, Arbeilstheilung und Vervollkommnung Ö7 Corrtlation und Verbindung der Organe 00 Organe der Athmung 6(1 Organe der Nalirungsaufnahme und Verdauung <)1 Die zusammengesetzten Organe nach Bau und Verrichtung 61 Organe des Kreislaufes 74 Exeretionsorgane 8o Animale Organe 88 Bewegungsorgane 88 Nervensystem 89 Sinnesorgane 93 Tastsinn 94 Geruchsinn 95 Geschmack 96 Gehörsinn 97 Sehorgane 99 Elektrische Organe 105 Leuehtorgane 108 Psychisches Leiten und Instinct 109 Fortpflanzung und Geschlechtsorgaue 111 Urzeugung Monogene Fortpflanzung 11"- Digene oder geschlechtliche Fortpflanzung — Hermaphroditismus H^r Getrenntes Geschlecht 11'' Parthenogenese 119 Eireife, Entwicklung 120 yiJI Inhaltsverzeichniss. Seite Befruchtung 1-1 Fnrchung 1-^ Anlage der Keimblätter • 1-^ Gastraealehre 1^^ Coelomtheorle 13;i Directe Entwicklung und Metamorphose 134 Generationswechsel. Polymorphismus, Heterogonie und Dissogonie 138 Paedogenese l-AJ^ Bedeutung des Systems 14'i Artbegrilf. • . . . U7 Varietät, Rasse 1-^^ Lamarck's Descendenzlehre löO Die Selectionslehre Darwin's, gestützt auf das Princip der natürlichen Auswalil . . 153 Wahrscheinlichkeitsbeweis aus der gesammten Morjjhologie 159 Dimorphismus und Polymorphismus 160 Mimicry 163 Rudimentäre Organe 16-i Beweisgründe aus der Entwicklungsgeschichte (Outogenie) 165 Wahrscheinlichkeitsbeweis aus den Ergebnissen der Palaeontologie 167 UnVollständigkeit der palaeontologischen Urkunde 171 Uebergangsformen 172 Verhältniss fossiler Formen zu lebenden Arten 175 Archaeopteryx litliographica 177 Odontornithen 180 AV'ahrscheinlichkeitsbeweLs, gestützt auf die Thatsachen der geographischen Verbreitung . 182 Die grossen Verbreitungsgebiete der Thiere 184 Uebereinstimmung der Thiere des hohen Nordens mit denen der Alpen 184 Tiefseefauna 188^ Vergleich der Fauna von Nordamerika und Centraleuropa 190 A'orkommeu gleicher oder nahe verwandter Arten in entsprechenden Gegenden entgegen- gesetzter Hemisphären 192 "N'erbreitung der Süsswasserbewohner 193 Verwandtschaft der Inselbevölkerung mit der nächstliegender Continente 194 (iegensatz der Fauna der asiatischen Inselgebiete 19(> Bevölkerung von Madagascar und Neuseeland 197 Werthschätzung des Princips der natürlichen Züchtung 198 Migrationstheorie 199 Einwurf von Nägeli 202 Unzulänglichkeit der natürlichen Züchtung als ausschliessliches Erklärungsprincip . . 205 Nägeli's mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre 206 Weismann's Lehre von der Continuität des Keimplasmas 208 lioux's l'rinrip der functionellen Selbstgestaltung des Zweckmässigen 212 IX Specieller Theil. Troto/OJl, Uithier li li i z 0 p 0 tl a Amoebina , Foraniinifera Heliozoa Radiolaria . liifusoria . Flagellata . Ciliata Holotricha Heterotrie'h: Hj'potricha Peritricha Suctoria . Sporozoen, Gregarine Scliizomyceten Coeleiiterata Spongiaria = Poriferl . Calcispongiae . Fibrospongiae . Cnidaria A II t h 0 z 0 a Rugosa = Tetracorallia Alcyonaria = (3ctactiiii Hexactinia = Zoantharia Hydrozoa-Polypomedusa Scyphomedusae = Acalepl Calycozoa Marsupiallda Discophora . Hydromedusae Hydrariae . . Hydrocoralliae Tubulariae . . ('ampanulariae Tracliyniedusae Siphoiiophorae Calycophoridae Pneniuatophoridat' Discoideac . Ctenophora .... Echinoderniata, s t a r ii e 1 li ü u t ( ' r i n o i d e a Tesselata C.Clans: Lehrbuch der Zoologie Seite 216 217 220 221 223 224 227 229 233 241 242 242 244 245 249 256 256 257 260 2()8 269 270 273 278 281 281 283 287 289 293 294 295 301 318 320 Articulata Cystidea Blastoidea Asteroidea Stellen dea Ophiuridea Kchinoidca fidaridea Clypeastridea Spatangidea Holothurioidea Pedata Apoda Enteropneusta ( Balanoglossus) Vermes, Würmer Platylielminthes Turbellaria Ebabdocoela Dendrocoela Treniatodes Distomeae Polystomeae Dicyemiden Cestodes Nemertini (Rhynchoeoela) . . . Neniathelminthes Nematodes Chaetognatha (Sagitta) . . . Acanthocephali A n 11 e 1 i d e s Seite 320 321 322 324 325 Chactopoda . Polycliaetae Errantia Sedeiitaria . ( »ligocbaetae Terricolae Limicolae (rephyrei . . Chaetifera . . Acliaeta Hirudiiiei 1 { 0 1 a 1 0 r i a . Ecbinoderidae . Gastrotricha 326 327 328 330 331 334 339 340 343 344 345 352 354 357 358 371 374 375 389 390 393 397 404 407 409 411 413 414 417 419 422 427 431 432 lii)i;ilt.sTrrzei<-hni.ss. Seite Arthropoda, Gliederfüssler . . . 433 Crustacea 439 Entomostraca 446 Pliyllopoda — Bianchiopoda 448 Cladoceia 449 Ostracoda 451 l'opepoda 456 Gnatliostoniata 462 Parasita — Brauch iura 463 Cirripedia 464 Pedunculata 470 Operculata 470 Rhizocepliala 471 Malacostraca 472 Leptostraca 473 Archaeostraca 475 Arthroistraea — Aniphipoda 477 Laemodipoda 479 Crevettina 480 Hyperina — Isopoda 481 Euisopoda 484 Anisopoda 485 Thoracostraca 486 Cumacea 493 Stomatopoda 496 Schizopoda 498 Decapoda 500 Macrura 502 Aiiomura 503 Biachyura . 504 Merostomata 505 Xiphosura 506 A r a c h n o i d e a 509 Scorpionidea 512 Pseudoscorpionidea 515 Solifugae — Pedipalpi 516 Araneida 517 pen eine nach den Rich- tungen des Raumes ungleiche Lagerung derselben (Blätterdurchgänge) und demgemäss eine ungleichmässige 8tructur, besitzt aber keine verschieden- artigen, einander untergeordneten Einheiten , welche irie die Ort/nne des Fig. 1. lebend igen Körpers als Werkzeuge zu rersehiedenen Leistungen dienen. Die Orga)ie erweisen sich wiederum ihrem feineren Baue nach aus verschiedenen Theilen, Geweben (oder Organen nie- (T Junge Eizellen einer Meduse, 6 Samenmutterzellen (Spermatoblasten) eines Vertebraten, die eine in amoe- dcrCr OrduUng) gebildet. WClchcn als bMder Bewegung. jg^yte Einheit die Zelle zu Grunde liegt, die ihrer Herkunft nach auf die Keimzelle (Eizelle, Spermatohlasf) zu- rückzuführen ist. (Fig. 1.) Diese aber steht ihren Eigenschaften nach in directem Gegensatz zum Krvstall und vereinigt in sich bereits die Eigen- schaften des lebendigen Organismus. Dieselbe ist nicht etwa als membranös j,. 9 begrenztes Bläschen mit flüs- sigem Inhalt und Kern zu de- finiren (Schwann), sondern als Klümpchen einer weieh- ftüsslgen eiweisshaltigen Sub- ; ; stanz (ProtopAasma) , in der \\ \ / y" Eegel n>it eingesehlossener ho- \\ \ } y'^ ^^' .. nwgener oder bläschenförmiger - '" - ^y'^^""^ Differenzirung , dem Kern, - ~ , ^ ' häufig mit einer peripherischen structurlosen Membran. Ist die ,-, ^—^^ letztere noch nicht ausge- ,' f, ^ ^\ schieden, so äussert sich das r ^ ' \ Leben in einer mehr oder min- / / I \ der ausgesprochenen amoe- \ \ \ boiden Bewegung. Das zäh- flüssige Protoplasma vermag Ausläufer und Fortsätze von beständig wechselnder Form zu entsenden und dieselben Amocba (Protogenes) porrccin. (Nach Max Schnitze. 1 wieder einzuziehen. (Fig. 2.) In dieser organischen Grundform, aus welcher sich alle Gewebe und Organe des Thieres und der Pflanze aufbauen, liegen bereits alle Charaktere des Organismus ausgesprochen. Die Zelle ist daher die erste Form der Orga- nismen und selbst der einfachste Organismus. Während ihr Ursprung bereits auf vorhandene Zellen ähnlicher Art hinweist, wird ihre Erhaltung durch den Stoffwechsel ermöglicht. Die Zelle hat ihre Ernährung und Ausscheidung, ihr Wachsthum, ihre Bewegung, Formveränderung, ihre feinere Organisation Kleinste Lebpiisoinhoiti'u iiine 5 und Fortpflanzung-. Unter Betheiligung des Zellkernes erzeugt sie durch Theilung oder endogene Bildung von Tochterzellen neue Einheiten ihrer Art und liefert das Material zum Aufliau der Gewebe, zur Bildung, Ver- grösserung und Veränderung des Leibes. Mit BccJit hat man daher in der ZcUe die hcsonderr Form des Lehens und das Lehen in der Thäfigkeit der Zelle erl-aunt (Virchow). Auch wird diese Auffassung von der Bedeutung der Zelle nicht durch die Thatsache widerlegt, dass es noch einfachere Lebensformen gibt, in denend er Kern nicht nachweisbar ist (Pilzzellen, Sehizomyceten, Ämoehen, Fig. 2 (sog. Moneren)^ und dass es scheinbar homogene, unter den stärksten Vergrösserungen structurlos erscheinende Körper gibt, welche ihren Lebcns- äusserungen nach unzweifelhaft Organismen sind ; allein auch diese haben eine elemen- tare Structur als Organisation (Brücke). Manche Sehizomyceten sind so klein (Mikro- coecus) , dass es schwer hält, dieselben in einzelnen Fällen von molekularen Nieder- schlägen zu unterscheiden , zumal sie nur Molekularbewegung zeigen. (Fig. 3.) Auch diese müssen in ihren kleinsten Theilen or- ganisirt sein. Demnach ist das lebendige Protoplasma mit seiner nicht näher bekann- ten elementaren Structiir das ausschliesslich bestimmende Kriterium des Organismus. Man ist daher zu der Annahme klein- ster Lebenseinheiten (Biophoren, Pewgene, Flasoiitej gedrängt, welche bestimmt geord- nete MolekülgTuppen als ehemisch wirksame Stoife enthalten , aber zugleich eine be- stimmte morphologische, mit Hilfe der stärk- sten Vergrösserungen nicht erkennbare Structur, Elementarst ruetur, besitzen, an die sich die Eigenschaften des Lebens, Assimilation und Stoffwechsel, Bewegung, Wachstimm und Fortpflanzung durch Theilung knüpfen. Zwischen diesem das Leben bestimmenden morphologisehen Begriff und der soge- nannten Molekularstructur der complicirten chemischen Verbindungen hat man wohl zu unterscheiden, und bleibt die Hypothese der Urzeugung für jene kleinsten Einheiten, welche nicht etwa mit der künstlichen Erzeugung von Eiweiss- und Protoplasmasubstanz schon geschaffen sind, bestehen. Liegt nun auch in den erih'terten Eigenschaften ein wesentlicher Gegen- satz und eine bislang nicht ausfüllbare Kluft des Lebendigen zu den An- organen ausgesprochen, so wird man doch bei Beurtheilung ihres Verhältnisses die Thatsache nicht ausser Acht zu lassen haben, dass es bei den kleinsten Organismen, welche sich durch Fortpflanzung und StoftNcrbrauch als solche Sehizomyceten nacli F. C o hn. o MiJa-ococciis, h Bacterium fermo. Fänlnissbacterie, beide in frei beweglicher und in Zoogloeaiorm. Thier und Pflanze. erweisen, mittelst der stärksten Vergrösserung immöglich ist, eine Organi- sation zu entdecken, und dass bei zahlreichen niederen Lebewesen durch Entziehung von Wärme und Wasser Stottwechsel und Lebensthätigkeit unbe- schadet der Lebensfähigkeit völlig unterdrückt werden können. Da zudem die jenen Formen zu Grunde liegende organische Materie aus Verbindungen besteht, die möglicherweise säramtlich durch Synthese künstlich herzustellen sind, so wird man der Hypothese eine gewisse Berechtigung zugestehen, dass sich die einfachsten Lebewesen Anorganen imter unbekannten, unserer Erkenntniss entrückten Bedingungen aus entwickelt haben. Man würde dann, da eine fundamentale Verschiedenheit des Stoffes und der Kräfte im Krystall und im organischen Wesen nicht nachgewiesen wurde, im ersten Auf- treten lebender Wesen (mit du Bois-Reymond) im Grunde nur die Lösung eines schwierigen mechanischen Problems erkennen können, Lidessen macht sich eine theoretische Schwierigkeit unübersteiglicher Art geltend, das Auf- treten der ersten Regung von Empfindung und Bewusstsein zu erklären, von seelischen Vorgängen, die wir uns als ausschliessliches Resultat von Bewegungserscheinungen der Materie nicht A^orzustellen vermögen . deren Keim aber schon den einfachsten und primitivsten Organismen zugehörig gedacht werden müsste. Thier und Pflanze. Die Unterscheidung der lebendigen Körper in Tliiere und Pflanzen beruht auf einer Reihe sehr frühzeitigen Erfahrungen entsprungener Vor- stellungen. Bei dem Thiere beobachten wir freie Bewegungen und selbst- ständige, aus inneren Zuständen des Organismus abzuleitende Lebens- äusserungen, welche Bewusstsein und Empfindung wahrscheinlich machen ; bei der meist im Erdboden befestigten Pflanze vermissen wir die Locomotion und selbstständige, auf Empfindung hinweisende Thätigkeiten, Daher schreiben wir dem Thiere willkürliche Bewegung und Empfindung zu und betrachten dieselben als beseelte Organismen. Indessen sind diese Begriffe nur einem verhältnissmässig engen Kreise von Organismen, den höchsten Thieren und Pflanzen unserer Umgebung ent- lehnt. Mit dem Fortschritte der Erfahrungen drängt sich uns die Ueber- zeugung auf, dass der herkömmliche Begriff von Thier und Pflanze in der Wissenschaft einer Aenderung bedarf. Denn wenn wir auch nicht im Zweifel sind, ein Wirbelthier von einer phanerogamen Pflanze zu unterscheiden, so reichen wir doch mit jenen Begriffen auf dem Gebiete des einfacheren und niederen Lebens nicht aus. Es gibt zahlreiche niedere Thiere ohne freie Ortsveränderung und ohne deutliche Zeichen von Empfindung und Bewusst- sein, dagegen Pflanzen und pflanzliche Zustände mit freier Bewegung und Irritabilität. Man wird daher die Eigenschaften von Thieren und Pflanzen Gegensatz von Thier und I'flanzo in Gestalt und Organisation. I näher zu vergleichen und hiebei die Frage zu erörtern haben, ob überhaupt eine scharfe Grenze beider Naturreiche besteht. 1. In der Gestalt und Organisation scheint für Thiere und Pflanzen ein wesentlicher Gegensatz zu bestehen. Das Thier besitzt bei einer ge- drungenen äusseren Form eine Menge innerer Organe von compendiösem Baue, während die Pflanze ihre ernährenden und ausscheidenden Organe als äussere Anhänge von bedeutendem Flächenumfange ausbreitet. Dort herrscht eine innere, hier eine äussere Entfaltung der cndosraotisch wirk- samen Flächen vor. Das Thier hat eine ]\IundöÖnung zur Einfuhr fester und flüssiger Nahrungsstoffe, welche im Inneren eines mit mannigfachen Drüsen (Speicheldrüsen, Leber, Pankreas etc.) in Verbindung stehenden Darmes verarbeitet, verdaut und rcsorbirt werden. Die unbrauchbaren festen Ucber- reste der Nahrung werden als Kothballen entleert, während die stickstotf- haltigen Endproductc des Stoflwcchsels durch besondere Harnorgane (Nieren) meist in flüssiger Form ausgeschieden werden. Zur Bewegung und Circu- lation der resorbirten Ernährungsflüssigkeit (Blut) ist ein pulsirendes Pump- werk (Herz) und ein System von Blutgefässen vorhanden. Das Thier hat endlich innere Fortpflanzungsorgane, sowie als Werkzeuge der Empfindung ein Nervensystem und Sinnesorgane, zur Ausführung der Bewegungen eine Muskulatur. Bei der Pflanze hingegen zeigt der vegetative Apparat eine weit einfachere Gestaltung. Feste Nahrungsstoife werden nicht aufgenommen. Es fehlen Mund, Darm und After. Die Wurzeln saugen flüssige Nahrungs- stoffe auf, während die Blätter als respiratorische und assimilirende Organe Gase aufnehmen und austreten lassen. Die complicirten Organsysteme des Thieres fallen aus, und ein mehr gleichartiges Parenchym von Zellen und Röhren , in denen sich die Säfte bewegen , setzt den Körper der Pflanze zusammen. Auch liegen die Fortpflanzungsorgaue in äusseren Anhängen, und es fehlen Nerven und Sinnesorgane. Indessen sind die hervorgehobenen Unterschiede keineswegs durch- greifend, vielmehr nur für die höhereu Thiere und höheren Pflanzen giltig, da sie mit der Vereinfachung der Organisation allmälig verschwinden. Schon unter den Wirbelthieren, mehr noch bei den Weichthieren und Gliederthieren reducirt sich das System der Circulationsorgane. Die Blutgefässe vereinfachen sich sehr oft und fallen sammt dem Herzen vollständig aus, das Blut be- wegt sich dann in mehr unregelmässigen Strömungen in den Räumen der Leibeshöhle und in den Lücken zwischen den Organen. Ebenso vereinfachen sich die Organe der Verdauung, Speicheldrüsen und Leber verschwinden als drüsige Anhänge des Darmes, dieser wird ein blind geschlossener, verästelter oder einfacher Schlauch (Trematoden) , dessen Wandung mit der Leibes- wand fest vereinigt sein kann und dann eine Gastralhöhle im Inneren des Leibes umschliesst (Coelenteraten). Auch kann Mund nebst Darm fehlen (Cesto- den) und die Aufnahme flüssiger Nahrungsstofte ähnlich wie bei den Pflanzen endosmotisch durch die äussere Körperfläche erfolgen, beziehungsweise durch Unterschied thierischer und jjflanzliclier Gewebe. wurzelartige Fortsätze, welche im Leibe anderer Thiere haften (Rhizo- cephalen), vermittelt werden. Endlich werden Nerven und Sinnesorgane bei Organismen, welche man, wie die Poriferen und Protozoen, als Thiere be- trachtet, vermisst. Bei jenen sind die Muskeln durch contractile Zellen ver- treten, bei diesen durch Differenziruugen im Protophisma (Myophaue). Fig. 4. Fig. 5. Zweig eines PoljTi»riums von CorcJI Edelkoralle, nach Lacaze Duthiers. P Polyp. Solcher Vereinfachung des in- neren Baues entspricht es, dass sich auch in der äusseren Erscheinung und in der Art des Wachsthums einfacher gebaute niedere Thiere. Avie beispiels- weise die Poriferen und Polypen, oft in hohem Grade den Pflanzen an- nähern, mit denen sie in früherer Zeit namentlich dann verwechselt wurden, wenn sie zugleich der freien Ortsver- änderung entbehren (PHanzenthiere). (Fig. 4 und 5. ) In diesen Fällen bie- tet aber auch im Thierreich die Fest- stellung des Begriffes „Individuum" ähnliche Schwierigkeiten wie im Pflanzenreich. 2. Zwischen thicrkchen und pßanzlichen Gewehen besteht ebenftills ein wichtiger Gegensatz. Während die Zellen in den pflanzlichen Geweben ihre ursprüngliche Form und Selbst- ständigkeit bewahren, erleiden dieselben in den thicrischen auf Kosten ihrer Selbstständigkeit die mannigfachsten Veränderungen. Daher erscheinen die pflanzlichen Gewebe als gleichartige, wenn auch überaus verschieden gestal- tete Zellencomplexe mit wohl erhaltenen, scharf umschriebenen Zellen Physophora hydrostatica, PiiPneumatophor, SSch glocken, in zweizeiliger Anordnung an der Schwimm- säule, T Tentakel, PPolj-pit oder Magenschlauch nebst Senkfaden Sf, XA- Nesselknöpfe an demselben, (; Genital- träubchen. die Clicmischc BostandtIu'il(- und VorgäiiBe des (Stoffwechsels. 9 thierisclien dagegen als höchst verschiedenartige BikUingen von selir verän- derter Structur, in denen die Zellen als solche nicht immer nachweisbar bleiben und nur Zellenterritorien unterschieden werden. Der Grund für dieses un- gleiche Verhalten der Gewebe scheint in dem verschiedenen Baue der Zelle selbst gesucht werden zu müssen, indem die Ptlanzcnzelle im Umkreise ihres Primordialschlauches (der verdichteten Grenzschicht des Protoplasmas) von einer dicken stickstott'losen Haut, der Cellulosekapsel, umgeben wird, während die thierische Zelle eine sehr zarte stickstoiflialtige Membran oder statt der- selben nur eine zähere Grenzschicht ihres zähHüssiffen Inhaltes besitzt. In- Fig. 6. Li-' (Primordialzellen) und andererseits thierische Gewebe, welche durch l^mkapselung der selbstständig gebliebe- nen Zellen den pflanzlichen ähnlich sind (Knorpel, Stützzellen in den Tentakeln von Hydroiden). (Fig. 6.) Man wird auch nicht , wie dies früher geschehen ist, die Vielzelligkeit als nothwendiges Merkmal des thieri- schen Lebens betrachten können. Vielmehr gibt es nicht nur zahlreiche einzellige Algen und Pilze, sondern auch thierische Organismen, welche auf einfache oder complicirt differenzirte Zellen zurückzuführen sind (Pro- tozoen). 3. Am wenigsten kann in der Fortpßanzuußndim(j oder deren Anfänge , die wir an diesen Erscheinungen der Pflanze aus- schliessen, bei den ähnlichen Reizungs- und Bewegungsphänomenen niederer Thiere mit im Spiele sind. Wir finden daher in keinem der besprochenen Merkmale thierischen und pflanzlichen Lebens ein durchgreifendes Kriterium und sind nicht im Stande, das Vorhandensein einer scharfen Grenze beider Reiche nachzu- weisen. Thiere und Pflanzen entwickeln sich von dem gemeinsamen Aus- gangspunkt des Protoplasmas allerdings nach verschiedenen Richtungen, die anfangs noch mannigfach ineinander übergreifen und erst mit der voll- kommeneren Organisation in ihrem vollen Gegensatze deutlich werden. In diesem Sinne wird man, ohne eine scharfe Grenze zwischen beiden Organisa- tionsreihen bestimmen zu wollen, den Begriff des Thieres durch die Zusammen- fassung der jene Richtung bezeichnenden Merkmale umschreiben können. j\Ian Avird demnach das Tliier zu deflniren haben : als den frei und will- kürlich beweglichen, mit Empfindung begabten Organismus, welcher seine Or- gane im Innern des Leibes durch innere Flächenentfaltimg entwickelt, einer organischen Nahrung bedarf, Sauerstoff einathmet, unter dem Einflüsse der Oxydationsvorgänge im Stoffwechsel Spannkräfte in lebendige Kräfte umsetzt und Kohlensäure nebst stickstoffhaltigen Zersetzungsproducten ausscheidet. Die Abstufungoii der thuTisclicii Organisation. Verwandtschaft. 15 System. Geschichtlicher Ueberblick. 0 Die zur Feststellung des Begriffes „TJiicr" vorausgeschickten Be- trachtungen haben uns bereits eine Vorstelhing von mannigfachen Verein- fachungen der thierischen Organisation gegeben und auf das Protoplasma als den Ausgangspunkt derselben hingewiesen. Wie sich aus der Eizelle in all- niäligcr Difterenzirung der complicirte Organismus aufbaut und während seiner embryonalen Entwicklung und im freien Leben Zustände durchläuft, welche in aufsteigender Reihe zu einer immer höheren Entfaltung der Theile und zu vollkommeneren Leistungen der Organe führen, so offenbart sich auch auf dem grossen Gebiete der thierischen Lehensformen ein ähnliches Gesetz der allmälig fortschreitenden Entwicklung, des Aufsteigens vom Einfachen zum IMannigfaltigen sowohl in der Form des Leibes und in der Zusammensetzung seiner Theile , als in der Vollkommenheit der Lebens- erscheinungen. Diese Abstufungen weisen auf eine nähere oder entferntere, in den mannigfachsten Gradationen ausgesprochene Verwandtschaft hin, zu deren Erklärung auf der einen Seite die Hypothese einer nach bestimmten Plänen der Organisation vor sich gegangeneu Schöpfung, auf der anderen die Annahme einer natürlichen , vom Einfachen zum Complicirten fort- geschrittenen, im Laufe grosser Zeiträume allmälig erfolgten Entwicklung aufgestellt wurde. Da die erstere Lehre der Verzichtleistung einer Erklärung gleichkommt, die letztere aber mit dem Fortschritt der Wissenschaft zu einer Theorie ausgebildet wurde, mit welcher sich die Thatsachen des Naturlebens in guten Einklang bringen lassen , so werden wir nur diese Anschauung als wissenschaftlich berechtigt anzuerkennen haben. Indessen leiten sich die Abstufungen der thierischen Organisation nicht wie die des aus dem Ei sich entwickelnden Individuums in einer einzigen continuirlichen Reihe auseinander ab , sondern die Parallele der Entwicklungsstufen des Thierreiches als Gesammtheit und der auf einander folgenden Zustände der einzelnen Lebensform weicht insofern auseinander, als wir gegenüber der einfachen, freilich oft scheinbar sprungweise oder discontinuirlich fortschreitenden Entwicklungsreihe des Individuums eine Anzahl zwar hie und da übergreifender, aber doch in ihrer höheren Ent- faltung wesentlich verschiedener Kreise der thierischen Organisation unter- scheiden und als höchste Abtheilungen des Systems betrachten. Dieselben lassen sich den Hauptästen eines vielfach verzweigten Baumes vergleichen. Wie in der organischen Welt Thier- und Pflanzenreich keine absolute Grenzscheide gestatten, vielmehr im Bereiche des niederen Lebens gar mancherlei Uebergänge zeigen, so gilt Gleiches auch für die grossen Thier- kreise, welche in ihrer höheren Entfaltung zwar auch einheitliche und scharf abgeschlossene Formen der Organisation zu vertreten scheinen (Cuvicr"s ') Victor Carus, Gesrliiclite der Zoologie. Mänehen 1872. Jß Anfang wissenschaftliclicr Betrachtung. Aristoteles. Typen oder Baupläne), in ihren niederen einfacheren Zuständen und ihrer Entwickhing nacli jedoch auf einen gemeinsamen Ursprung und näheren Verband hinweisen. Die in den vorausgehenden Sätzen ausgesprochene Erkenntniss gehört freilich erst der jüngsten Zeit an. Bei der grossen Zahl thierischer Lebens- formen war es im Beginne der wissenschaftlichen Betrachtung zunächst geboten, dieselben von einander zu unterscheiden und zu benennen. Es lag in der Natur der Sache, dass man zuerst auf die nächsten und am meisten auffälligen Eigenschaften aufmerksam wurde und nach diesen die nähere oder entferntere Beziehung der bekannt gewordenen Thierformen beurtheilte. So war schon frühzeitig das vielen Thieren Gemeinsame in Körperform, Bewegungs- und Lebensweise zu Abstractionen und Aufstellung allgemeiner Gruppen verwendet, und diese hatten schon mit der Entwick- lung der Sprache bestimmte Bezeichnungen (Wurm, Fisch, Vogel etc.) erhalten. Innerhalb dieser Begriffe wurden die in immer grösserer Zahl bekannt gewordenen Einzelformen wiederum in Gruppen gebracht und auch diese nach bestimmten gemeinsamen Eigenschaften benannt. Von solchen im Leben des Volkes wurzelnden Anfängen entwickelte sich die Wissenschaft unter fortschreitender Zunahme der Erfahrungen zu präciserer Unterscheidung einer immer grösseren Zahl von Abstufungen der Aehnlich- keit und Verwandtschaft. Der Beginn einer selbstständigen und wissenschaftlichen Betrachtung reicht weit in das Alterthum zurück, doch kann erst Aristoteles (im 4. Jahrh. V. Chr.), welcher die Erfahrungen seiner Vorgänger mit eigenen ausgedehnten Beobachtungen in philosophischem Geiste wissenschaftlich verarbeitete, als der Begründer dieser Wissenschaft gelten. Die wichtigsten seiner zoologischen Schriften \) handeln von der „Zewjuwj der Tliiere'' , von den „Thelhni der TJiiere" und von der „Gese/ncJite der T/iiere". Leider ist das letzte wichtige Werk nur unvollständig erhalten. Man darf in Aristoteles nicht etwa einen descriptiven Zoologen mid in seineu Werken ein ausgeführtes Thier- system suchen wollen. Aristoteles betrachtete das Thier als lebendigen Organimus in allen seinen Beziehungen zur Aussenwelt, nach Entwicklung, Bau und Lebenserscheinungen, und schuf eine vergleichende Zoologie, die in mehrfacher Hinsicht als erste Grundlage unserer Wissenschaft dasteht. Es kann nicht als Tadel gelten, dass Aritoteles bei dem unzulänglichen Stande seiner Erfahrungen in vielfache Irrungen verfiel und unrichtige Erklärungsversuche machte , um so bewunderungswürdiger sind mehrere seiner Befunde, welche Jahrhunderte hindurch keine Beachtung fanden und erst in neuerer Zeit zu ihrem Verständniss der Wiederentdeckuno; bedurften ^) Vergl. besonders .lürgen Bona Meyer's Aristoteles' Thierkunde. Berlin 185ö. A. V. Frantzius, Aristoteles' Theile der Tliiere. Leipzig 1853. Aubert und Wimmer. Aristoteles' fünf Bücher von der Zeugung und Entwicklung der Thiere, übersetzt und erläutert. Leipzig 1860. Aubert und Wimmer, Aristoteles' Thierkunde, Band I und IL Leipzig 18G8. AristotclfS, Plinius, Albertus Magnus. 17 (Dottersackplaeenta von Haifisclien , Hectocotylusarm der Ceplialopoden). Die Unterscheidung in Bluff liiere (svaijxa) und BInflos-e (avaij^-a), welche er jedoch nicht als streng systematische Begriffe gebrauchte, beruhte insofern auf einem Irrthum, als der Besitz einer Blutflüssigkeit fast allen Thieren zu- kommt und die rotlic Farbe keineswegs, wie Aristoteles glaubte, als Criterium des Blutes gelten kann ; allein dem Inhalte nach stellte sie die zwei grossen Abtheilungen der }Virhe/f liiere und Wirhe//ose)i gegenüber, wie auch bereits der Besitz einer knöchernen oder grätigen Wirbelsäule als Charakter der Blutthiere hervorgehoben wurde. Die acht Thiergruppen des Aristoteles sind folgende: Bhiffliiere [ivxi^.x] — Wirbelthiere. 1) Lchcndi;/ geljüreiide Thlere (Vierfüsser, '(woTO/touvTa ev aÜTOi;), neben welche als besonderes ysvo; die Wale gestellt werden, 2) Vögel (öpvtOec), 3) eierlegende Vierfilsse)- (TSTpa-nrooa. 7] aTcooa (ooTox,ouvTa), 4) Fische (iyßüzz). Blutlose (avat[j-a) = Wirbellose. 5) Weich filiere (j^-aXä/Cia), 6) Weichschalthiere ([j.xXa/.6«7Tpaaa), 7) Kerffhiere (Evropia), 8) Schalfhiere (ÖGTpa/.oSspiJ.y.Ta, Echinen, Schnecken und Muschelthiere). Nach Aristoteles hat das Alterthum nur einen namhaften zoologi- schen Schriftsteller in Plinius dem Aelteren aufzuweisen, welcher bekannt- lich bei dem grossen Ausbruch des Vesuv (79) als Flottencapitän seinen Tod fand. Die Naturgeschichte von Plinius behandelt die gesammte Natur von den Gestirnen an bis zu den Thieren, Pflanzen und Mineralien, ist aber lediglich eine aus vorhandenen Quellen zusammengetragene und keineswegs durchaus zuverlässige Compilation. Plinius schöpfte aus Aristoteles in reichem Masse, verstand ihn aber oft falsch und nahm auch hier und da alte, von Aristoteles zurückgewiesene Fabeln als Thatsachen wieder auf. Ohne ein eigenes System aufzustellen, unterschied er die Thiere nach dem Aufenthalte in Landfhiere (Terrestria), Wasserthiere (Aquatilia) imd Flug- fhiere (Yolatilia), eine Eintheilung, die bis auf Gessner die herrschende blieb. Mit dem Verfalle der Wissenschaft gerieth auch die Naturgeschichte in Vergessenheit, Der unter dem Banne des Autoritätsglaubens gefesselte menschliche Geist fand im Mittelalter kein Bedürfniss nach selbstständiger Naturbetrachtung. Aber in den Mauern christlicher Klöster fanden die Schriften des Aristoteles und Plinius ein Asyl, welches die im Heiden- thum begründeten Keime der Wissenschaft vor dem Untergange schützte. Während im Laufe des Mittelalters zuerst der spanische Bischof Isidor von Sevilla (im 7. Jahrh.) und später Albertus Magnus (im 13. Jahrh.) Bearbeitungen der Thiergeschichte (Ersterer noch nach dem Vorbilde von Plinius) lieferten, traten im 16. Jahrhundert mit dem Wieder- C. Claus: Lehrbuch der Zoologie. 0. Aufl. 2 \^ Aldro vandus, AVotton . M. A. So v er i n o , S wamm ordam , Reaum u r. aufblühen der Wissenschaft die Werke des Aristoteles wieder hervor, aber es regte sich auch bereits das Streben nach selbstständiger Beobachtung und Forschung. AVerke, wie die von C. G essner, Aldrovandus, Wotton (de difterentiis aninialiura, 1552) zeugten von dem neu erwachenden Leben unserer Wissenschaft , deren Inhalt mit der Entdeckung neuer Welttheile immer mehr bereichert wurde. Dann im nachfolgenden Jahrhundert, in welchem Harvey den Kreislauf des Blutes, Keppler den Umlauf der Planeten entdeckte und Newton's Gravitationsgesetz die Physik in eine neue Bahn brachte, trat auch die Zoologie in eine fruchtbare Epoche ein. M. Aurelio Severino schrieb seine Zootomia democritaea (1645) und gab in derselben von verschiedenen Thieren anatomische Darstellungen, mehr zum Nutzen und zur Fih-derung der menschlichen Anatomie und der Physio- logie. Swammerdam in Leyden zergliederte den Leib der Insecten und Weich thiere und l)eschrieb die Metamorphose der Frösche. Malpighi in Bologna und Leeuwenhoek in Delft benutzten die Erfindung des Mikroskops zur Untersuchung der Gewebe und der kleinsten Organismen (Infusionsthier- chen). Letzterer entdeckte die Blutkörperchen und sah zuerst die Quer- streifen der Muskulatur. Auch wurden von einem Studenten Hamm die Samenkürperchen entdeckt und wegen ihrer Bewegung als „Samenthierchen" bezeichnet. Der Italiener Redi bekämpfte die elternlose Entstehung von Thieren aus faulenden Stoffen, wies die Entstehung von ]\laden aus Fliegen- eiern nach und schloss sich dem berühmten Ausspruch Harvey's: „Omne vivum ex ovo" an. Im 18. Jahrhundert gewann vornehmlich die Kenntniss von der Lebensgeschichte der Thiere eine ausserordentliche Bereicherung. Forscher wie Reaumur, Rösel von Rosenhof, de Geer, Bonnet, J. Chr. Schaeffer, Ledermüller etc. lehrten die Verwandlungen und die Lebensgeschichte der Insecten und einheimischen Wasserthiere kennen, während zu derselben Zeit durch Expeditionen in fremde Länder ausser- europäische Thierformen in reicher Fülle bekannt wurden. In Folge dieser ausgedehnten Beobachtungen und eines immer mehr wachsenden Eifers, das Merkwürdige aus fremden Welttheilen zu sammeln, war das zoologische Material in so bedeutendem Masse angewachsen, dass bei dem Mangel einer präcisen Unterscheidung, Benennung und Anordnung die Gefahr der Verwirrung nahe lag und der Ueberblick fast unmöglich wurde. Unter solchen W^rhältnissen musste das Auftreten eines Systematikers wie Carl Linne (1707 — 1778) für die fernere Entwicklung der Zoologie von grosser Bedeutung werden. Zwar hatten schon vorher die systematischen Bestrebungen in Ray, der mit Recht als Vorgänger Linne's an erster Stelle genannt wird, eine gewisse Grundlage, indessen keine durchgreifende me- thodische Gestaltung gewonnen. John Ray führte zuerst den Artbegriif i) ein ') „Welche Formen nämlich der Species nach verschieden sind, behalten diese ihre specifische Natur beständig, und es entsteht die eine nicht aus dem Samen einer anderen oder umgekehrt." John Kay. Linui-'s Syst.Mna iiaturac. 19 lind l)erilcksichtig'te anatomische Charaktere als Grundlage der Classification. In seiner 1693 erschienenen Schrift: „Synopsis der Säugethiere und Rep- tilien" schliesst er sieh an Aristoteles' Eintheilung in IJlutfiihrende und IJlutlosc an. Bezüglich der ersten legte er den Grund zu den Definitionen der vier ersten Linn ersehen Classen, die Blutlosen sonderte er in grössere (Cephalopoden, Crustaceen und Testacecn) und in kleinere (Inseeten). Ohne sich weitreichender Forschungen und hervorragender Entdeckun- gen rühmen zu können, wurde Linne durch die scharte Sichtung und strenge Gliederung des Vorhandenen, durch die Einführung einer neuen Methode sicherer Unterscheidung, Benennung und Anordnung für die Ent- wicklung der AVissenschaft von grosser Bedeutung. Indem er für die Gruppen verschiedenen Um langes in den Begriffen der Art, Gattung, Ordnung, Classe eine Reihe von Kategorien aufstellte, gCAvann er die Mittel, um ein System von präciser Gliederung zu schaffen. Andererseits führte er mit dem Principe der binären Nomcndatur eine bestimmte Bezeichnung ein. Jedes Thier erhielt zwei aus der lateinischen Sprache entlehnte Namen, den voranzustellenden Gattungsnamen und den Speciesnamen, welche die Zugehörigkeit der fraglichen Form zu der bestimmten Gattung und Art bezeichnen. In dieser Weise ordnete Linne nicht nur das Bekannte, sondern schuf zur übersichtlichen Orientirung ein systematisches Fachwerk, in welchem sich spätere Entdeckungen leicht an sicherem Orte eintragen Hessen. Das Hauptwerk Linne's: „Sijsfcnia nafurdc" , welches in dreizehn Auflagen mannigfache Veränderungen erfuhr, umfasst das Mineral-, Pfiauzen- und Tiiierreich und ist seiner Behandlung nach am besten einem ausführ- lichen Kataloge zu vergleichen, in welchem der Inhalt der Natur wie der einer Bibliothek, unter Angabe der bemerkenswerthesten Kennzeichen , in l)estimmter Ordnung einregistrirt wurde. Jede Thier- und Pflanzenart erhielt nach ihren Eigenschaften einen bestimmten Platz und wurde in dem Fache der Gattung mit dem Speciesnamen eingetragen. Auf den Namen folgte die in kurzer lateinischer Diagnose ausgedrückte Legitimation , dieser schlössen sich die Synonyma der Autoren und Angaben über Lebensweise, Aufenthaltsort, Vaterland und besondere Kennzeichen an. Wie Linne auf dem Gebiete der Botanik das künstliche, auf die ^Merkmale der Blüthen begründete Pflanzensystem schuf, so war auch seine Classiflcation der Thiere eine künstliche , weil sie nicht auf der Unter- scheidung natürlicher Gruppen beruhte, sondern vereinzelte Merkmale des inneren und äusseren Baues als Charaktere verwerthete. Linne brachte die bereits von Ray begründeten Verbesserungen der Aristotelischen Ein- theilung zur Durchführung, indem er nach der Bildung des Herzens, der Beschaflenheit des Blutes, nach der Art der Fortpflanzung und Respiration folgende sechs Thierclassen aufstellte : 1) SäU(/rf/iiriT, Maininalia. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei A^orkammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten 2* 20 D'*' Classen und Ordnungen Linne"s. Herzen, lebendig gebärend. Als Ordnungen wurden unterschieden: Primates (mit den vier Gattungen Homo, Simia, Lemur, VespertiUo), Bruta (Bradijpus , yiijrmccophaga , Manis , Dasypus, Rhinoceros, Elcphas, Tricheclms), Fcrae (mit Didclphf/s und den Insecfivoren)^ Glires, Pecora (die Wiederkäuer), BcUuac (Sus, Tapir, Hippopo- tanius, Equus), Ccte. 2) Vögel, Aves. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei Vor- kammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten Herzen, eier- legend. Äcclpitres, Picae, Änseres, Grallae, Galünac, Passeres. 3 ) Amphibien , Amphibia. Mit rothem kalten Blute , mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen, durch Lungen athmend, BepHlia (Tesfudo, Draeo, Lacerta, Rana) , Scrpenfei<. 4) Fische, Pisces. Mit rothem kalten Blute , mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen, durch Kiemen athmend. Apodes, Jugulares, Thoracici, Abdouiinalr.?, Branchiostegi, Chou- dropterygli. 5) Insecten, Insecta. Mit weissem Blute und einfachem Herzen, mit gegliederten Fühlern. Coleoptera, Hemiptera, Lrpidoptera, Neuropfera, Hymcnopfera, Dipiera, Aptera. 6) Würmer, Vermcs. Mit weissem Blute und einfachem Herzen, mit ungegliederten Fühlfäden. Mollusca (Aphrodite, Nais etc. Actinia, Ascidia, Scdpa, Holofhuria, Leniaea, Sepia, Clio, Medusa, Asterias, Echinus etc.), Intestina, Testacea (Argonauta, Nautilus, Chiton, Lepas, Patella, Dentalium und die Bivalven und Schnecken), Zoo- phyta (Ttd)ipora, Madrepora etc., Cellepora, Alcyonium , Spongia, Hydra etc.), Infusoria. Während die Nachfolger Linne's die trockene und einseitig zoographi- sche Behandlung weiter ausbildeten und das gegliederte Fachwerk des Systems irrthümlich als das „Naturgebäude" ansahen, erkannten einzelne hervorragende Forscher die Mängel des Linne'schen Systems und suchten dasselbe zu verbessern und umzugestalten. Buffon, ein Feind der Classi- ficationen, glaubte in dem Systeme überhaupt einen dem Geiste auferlegten Zwang zu erkennen und deutete bereits auf einen einheitlichen, stufen- weise abändernden Plan im Thierreich hin mit den Worten: „Es gibt eine ursprüngliche und allgemeine Vorzeichnung, die man weit verfolgen kann." Von grosser Bedeutung Avaren aber in erster Linie die von Lamarek vorgeschlagenen, der „natürlichen Stufenorduung"' entsprechenden Aende- rungen des Systems, indem dieselben die Linne'sche Classe der Würmer in eine Reihe von Classen auflösten und diese nebst der Classe der Lisecten als Wirbellose den vier ersten Classen oder WirbeWderen gegenüberstellten. Schon im Jahre 1794 unterschied Lamarek neben den TTw-ic/i'/werclassen die fünf Classen der Mollusken, Insecten, Würmer, Echinodermen und Polypen, die er jedoch später vermehrte, bis er schliesslich dem Inhalt der GeorffCuvier. 21 WirhcUoscn, vom Verwickelten zum Einfaehen absteigend, in den zehn Olassen der Mollusken, Chyripedkn, Anneliden, Crmtaceen, Aruchniden, Insccten, War Hier, Badiaten (an Stelle der Echinodermen mit Einscliluss der Weich- strahlthiere oder Aealepben), Polypen und Infmorien seine Anordnung gab. Somit war in bedeutungsvoller Weise dem Systeme vorgearbeitet, mit welchem Cuvier hervortrat, einem Systeme, welches durch Verschmelzung der zoologischen und anatomischen Charaktere den Anforderungen eines natürlichen Systems näher kam, Georg Cuvier, geboren zu Mömpelgard 1769 und erzogen auf der Karls-Akademie zu Stuttgart, später Professor der vergleichenden Anatomie am Pflanzengarten zu Paris, veröffentlichte seine umfassenden Forschungen in zahlreichen Werken, insbesondere in den „Lceons d'anatomie com- paree'' (1805). Erst 1812 stellte er in seiner berühmt gewordenen Abhandlung^) über die Eintheilung der Thiere nach ihrer Organisation eine neue, wesentlich veränderte Classification auf, welche einem natürlichen System näher kam. Cuvier betrachtete nicht, w^ie dies bisher von den meisten Zootomen geschehen war, die anatomischen Funde und Thatsachen an sich als End- zweck der Untersuchungen, sondern stellte vergleichende Betrachtungen an, die ihn zur Aufstellung allgemeiner Sätze führten. Indem er die Eigenthüm- lichkeiten in den Einrichtungen der Organe auf das Leben und die Einheit des Organismus bezog, erkannte er die gegenseitige Abhängigkeit der ein- zelnen Orgaue und ihrer Besonderheiten imd entwickelte iu richtiger Würdi- gung der schon von Aristoteles erörterten „Correlation" der Theile sein Princip der nothwendigen Existenzbedingungen, ohne welche das Thier nicht leben kann (principe de conditions d'existence ou cause s finales). „Der Organismus bildet ein einiges und geschlossenes Ganze, in welchem einzelne Theile nicht abändern können, ohne an allen übrigen Theilen Aenderungen erscheinen zulassen." Indem er aber die Organisation der zahlreichen ver- schiedenen Thiere verglich, fand er, dass die bedeutungsvollen Organe die constanteren sind, die weniger wichtigen in ihrer Form und Ausbildung am meisten abändern, auch nicht überall auftreten. So wurde er zu dem für die Systematik verwertheten Satz von der Unterordnung der Merkmale (ptrincipe de la Subordination des caracUres) geleitet. Ohne von der vor- gefassten Idee der Einheit aller thierischen Organisation beherrscht zu sein, gelangte er vornehmlich unter Berücksichtigung der Verschiedenheiten des Nervensystems und der nicht überall übereinstimmenden gegenseitigen Lage- rung der wichtigeren Organ Systeme zu der Ueberzeugung, dass es im Thier- reich vier Hauptzweige (Emhranehements) gebe, gewissermassen „allgemeine Baupläne, nach denen die zugehörigen Thiere modellirt zu sein scheinen und deren einzelne Unterabtheilungen, wie sie auch bezeichnet werden ') Sur un nouveau rapprochement ä etablir entre les classes qiti composeiit le ^gne animal. Ann. du Musee d'hist. nat., Tom. XIX, 1812. 22 •ck"s Classification. C ■ r's i Typen. raijgen, nur leichte, auf die P^ntwickliing oder das Hinzutreten einiger Theile gegründete Modificationen sind, in denen aber an der Wesenheit des Planes nichts geändert ist". Indessen schon Lamarck hatte erkannt und ausgesprochen, dass seine zehn Classen der Wirbellosen nach Charakteren der Organisation und Lagen- beziehung der Organe in mehrere den Vertebraten gleichwerthige Reihen zu ordnen seien, so dass es im Grunde nur einer entsprechenden Gruppirung. Namenveränderung und Umordnung jener ('lassen bedurfte, um diese allge- meineren Abtheilungen zu finden und Cuvicrs vier Kreise {EnihrnDchcnicufs Guvier, Tijpcn IMainville) der Vcrfrhraf« oder Wirbelthiere , Mollusca oder Weichthicrc, ArtU-uhita od(!r Gliederthiere und Badiafa oder 8trahl- thiere zu erhalten. Man ersieht diese Beziehung aus nachfolgender Zu- sammenstellung : /. Vertchratcn. 1. Säugethiere, 2. Vögel, )>. Reptilien, 4. Fische. //. Arfirilhifrtf. 5. Insecten, G. Arachnoideen, 7. Crustaceen, ///. MoUmhen. 8. Anneliden, 10. Cirripeden, die ]\lollusken- Ordnungen Lamarck's als Classen. 11. 12. IV. Biuliatcn. \ Acalephen. Echino- dermen, Vermes (inte- stinales), 13. Polypen, 14. Infusorien. Den Anschauungen Cu vi er 's, der wie keiner seiner Zeitgenossen ins- besondere das anatomische Detail beherrschte, standen jedoch die Lehren bedeutender Männer (der sogenannten naturphilosophischen Schule) gegen- über. In Frankreich vor Allem vertrat Etienne Geoffroy St. Hilaire^) die bereits von Buffon ausgesprochene Idee vom Urplane des thierischen Baues, nach vrelcher eine ununterbrochene, durch continuirliche Uebergänge vermittelte Stufenfolge der Thiere existiren sollte. Ueberzeugt , dass die Natur stets mit denselben Materialien arbeite, stellte er die Theorie der Analogien (theorie des analoyucs) auf, nach welcher dieselben Theile, wenn auch nach Form und nach dem Grade ihrer Ausbildung verschieden, bei allen Thieren vorhanden seien , und glaubte weiter in seiner Theorie der Verbindungen Qjriuripc des coiiiir.rioiis) ausführen zu können, dass die gleichen Theile auch überall in gleicher gegenseitiger Lage auftreten. Als dritten Hauptsatz verwerthete er das Princip vom Gleichgewichte der Organe (principe du hdldi/reiuei/f des or(j<(nes), indem jede Vergrösserung des einen Orgaus mit einer Verminderung eines andern verbunden sein sollte. Dieser Grundsatz führte in der That zu einer fruchtbaren Betrachtungsweise und zur wissenschaftlichen Begründung der Teratologie. Die Verallgemeinerungen waren jedoch übereilt, indem sie über die Wirbelthiere hinaus nicht mit den Thatsachen stimmten und beispielsweise zu der Ansicht, die Insecten ') Etienne Geoffroy St. Hilaire, Sur le principe de coniposition organique, 1828. C. K. V. Bacr. Vii'iinderiiiigrii di'S C u v i i> i'schi'ii SystcmfS. 2H seien auf den Rücken gekehrte Wirbelthiere , und zu anderen gewagten Auffassungen führen niussten. In Deutschhmd sprachen sich Goethe und die Naturpliilosophen Oken und Sehelling für die Einheit der thierischen Organisation aus , ohne freilich den thatsächlichen Verhältnissen in um- fassender Weise Rechnung zu tragen. Schliesslich ging aus diesem Kami)fe, der in Frankreich mit Heftigkeit getührt worden war, die Auffassung Cu vi er 's siegreich hervor, und die Principien seines Systems fanden um so ungetheilteren Beifall, als es den Anschein gewann, dass dieselben durch die Resultate der entwicklungs- geschichtlichen Arbeiten C. E. v. Baer's bestätigt seien. Indessen wurden durch die späteren Forschungen mancherlei Mängel und Irrthümer in (-uvier's Eintheilung aufgedeckt und im Einzelnen Vieles verändert, allein die Auf- sfc//int(/ i'on Tliicrkiriscn ah liörlifftvr (irupjiru, des Hf/sfoi/s wurde durch die Resultate der sich ausbildenden Wissenschaft von der Entwicklungsgeschichte der Thiere nicht widerlegt. Zunächst waren es die grossen Fortschritte der vergleichenden Anatomie (R. Owen, Joh. Müller, Huxley, Rathke, (legen baur) und der zu einer umfassenden Wissenschaft sich entwickeln- den Hktohxjie (Max Schnitze, Kölliker), welche die Verbesserung und Umgestaltung der Cu vi er 'sehen Classification zur Folge hatten. Die wesentlichsten Veränderungen des Cuvi er 'sehen Systems beziehen sich auf die Vermehrung der Typenzahl. C. Th. v. Siebold war es, welcher aus dem Thierkreis der Radiaten, für den er die Bezeichnung Zoophi/fm gebrauchte, sowohl die J^inge weide würm er als die Infusorien ausschied. Diese letzteren fasste er mit den inzwischen näher bekannt gewordenen Rhizopoden in dem Thierkreise der Profozoa oder Urthiere zusammen, während er die Eingeweidewürmer mit den Anneliden in einem besonderen Kreise der Wiirnicr vereinigte und an Stelle der Articulatea mit den in diesem Kreise verbleibenden Classen der Crustaceen, Spinnen und Insecten (nebst Myriapoden) den Namen Arthropoda einfülirte. Später wurde durch R. Leuckart auch der Radiaten- oder Zoophytenkrcis in zwei Kreise, in die Echlnodermata und Coeloiterafa, aufgelijst. Endlich hat es sich in jüngster Zeit ergeben, dass eine Anzahl von Thiergruppen, die bisher dem Molluskenkreise eingeordnet waren, in diesem keine naturgemässe Stellung haben. Es sind das die zweischaligen Brach io- pjoden, die Bryozoen und die THukaten, von denen wir die beiden ersten zu dem Kreise der MoUuscoiden vereinigen und den Würmern anschliessen, die Tmücatcn aber als selbstständigen Kreis den Vertebraten voraus- stellen. Es würde sich demnach die Zahl der IIaui)tabtheilungen im Thier- reiche auf 9 erhöhen. Die Cuvier'sche Aiiffassung hat jedoch insofern eine wesentliche Modification erfahren, als die Vorstdluvg von der ahsolutcu Srlhststäadigh'lt, dem ohne Uebergänge begrenzten Abschlüsse eines jeden Kreises, aufge- 24 I>ie y Thierkreise. geben werden musste. Es haben sich durch Verbindungsglieder Verknü- pfungen verschiedener Typen nach mehrfachen Richtungen hin nachweisen lassen, welche den scharfen Gegensatz derselben besonders für die ersten Anfänge und tieferen Stufen ihrer Gestaltung beseitigten. Aber ebensowenig wie die Uebergangsformen zwischen Thier und Pflanze die Unterscheidung der beiden allgemeinsten Begriffe im Reiche des Organischen aufzuheben im Stande sind, wird durch solche Verbindungsglieder der Begriff von Thierkreisen oder Typen als der höchsten Abtheilungen des Thiersystems widerlegt, sondern nur ein ähnlicher oder ein gemeinsamer Ausgangspunkt für die Ausbildung verschiedener Formreihen wahrscheinlich gemacht. Und dem entspricht die mit dem Fortschritte der Entwicklungs- geschichte bekannt gewordene Thatsache , dass in verschiedeneu Typen nahe übereinstimmende Larvenzustände und ähnliche Gewebsschichten (Keimblätter) der Embryoualanlage auftreten, die auf einen genetischen Zusammenhang hinweisen. Ebenso ist durch die Ergebnisse anatomischer und embryologischer Vergleichung mit hohem . Grade von Wahrscheinlich- keit festgestellt worden, dass die Typen keineswegs vollkommen coordinirt nebeneinanderstehen, sondern in näherer oder entfernterer Beziehung ein- ander subordinirt sind, dass insbesondere die höheren Thierkreise genetisch von den Würmern abzuleiten sind. Wir halten es unter solchen Verhältnissen dem augenblicklichen Stande der Wissenschaft für angemessen, neun Typen als höchste Abtheilungen zu unterscheiden und in folgender Weise zu charakterisiren : 1. Protozoa. Einzellige Organismen von geringer Grösse, mit Differen- zirungen innerhalb des Protoplasmaleibes , mit vorwiegend ungeschlecht- licher Fortpflanzung. Glassen: BMzopoda, Infusor'm. 2. Coeicufcrafa. Radiärthiere, von zw^ei-, "sier- oder sechsstrahligem Baue mit bindegewebigem, oft gallertigem oder auch festem, oft verkalktem Stützgewebe und centraler, den Darm vertretenden Cavität (Gastrovascular- raum). 1. Unterkreis Spongiaria. Classe: Porifera: 2. Unterkreis Cnidaria. Classen: Polypomediisae (Hydromedusae , Siphonophorac , Scijphonwdiisae), Änfhozoa, Ctenopjhorac. 3. Echinodermata. Radiärthiere von vorherrschend fÜnfstrahligem Baue mit verkalktem, oft stacheltragendem Hautskelet, mit gesondertem Darm und Gefässsystem, mit Ambulacralsystem. Classen: Criuoidea, Asferoidfa, Echinoidea, Hohthiirioidca. 4. Vermes. Bilateralthiere mit ungegliedertem oder gleichartig (homo- nom) segmentirtem Kiirper, ohne gegliederte Segmentanhänge (Gliedmassen), mit paarigen Excretionscanälen, Classen: Plah/hchnintlies, Nenrnthclmiutlics, AtnicJtdcx, Pof((fork(. 5. MoUusvoidea. Bilateralthiere ohne Gliederung, mit bewimpertem Tentakelapparat in der Umgebung des 3Iundes oder mit spiralig aufge- rollten sogenannten Mundarmen, im ersteren Falle polypenähnlich und mit Individuum. Organ. Thierstock. 25 fester Schalenkapsel, im zweiten Falle mnsclielälmlicli mit vorderer dorsaler lind hinterer ventraler Schalenklappe, mit einem oder mit mehreren, durch einen Schlundring verhundenen Ganglien. Classen: Bryozoa, Brachiojjoda. G. Mollusca. Bilateralthiere mit weichem ungegliederten Körper, ohne locomotives Skelet , meist von einer einfachen oder zweiklappigen Kalk- schale, dem Absonderungsproduct einer Hautduplicatur (Mantel), hedeckt, mit Gehirn, Fussgangliou und Eingeweideganglion, mit hauständigem musku- lösen Fuss. Classen: Solcnof/asfrcs^ LamcUibrancJiiafa, Scapliopoda, Gastro- j>oda, CephaJopoda. 7. Ärthropoda. Bilateralthiere mit heteronom segmentirtem Körper und gegliederten Segmentanhängen (Gliedmassen), mit Gehirn und Bauch- ganglienkette. Classen: Cnisfacca, Arachnoideaj OiiychopJiora^ Myrlapoda, Hcrapoda. 8. Tumcata. Bilateralthiere ohne Gliederung, von sackförmiger oder tonnenförmiger Leibesgestalt, mit dickem Integument (Mantel), einfachem Ganglion, mit Herz und mit weitem, zugleich zur Respiration dienendem Pharyngealsack (Kiemensack). Classen: Tethyodea, ThaUacca. 9. Verfehrafa. Bilateralthiere mit innerem knorpeligen oder knöchernen gegliederten Skelet (Wirbelsäule), welches durch dorsale Ausläufer (obere Wirbelbogen) eine Höhle zur Aufnahme des Rückenmarks und Gehirns, durch ventrale (Rippen) eine Höhle zur Aufnahme vegetativer Organe um- schliesst, mit höchstens zwei Extremitätenpaaren. Classen: Pisces, Äwphi- hia, Beptilia, Ares, MammaUa. Individuum. Organ. Thierstock. Der Organismus der höheren Thiere erweist sich nach Form (mor- phologisch) und Lebensthätigkeiten (physiologisch) als eine untheilbare Ein- heit. Abgeschnittene Theile ergänzen sich nicht zu neuen Thieren, wir können meist nicht einmal Stücke des Leibes entfernen, ohne das Leben des Organismus zu gefährden, denn nur als Complex sämmtlicher Theile des Leibes erhält sich derselbe in voller Lebensenergie. Mit Beziehung auf die Eigenschaft der Untheilbarkeit bezeichnet man den Organismus als „Indi- ridmmi" und versteht im Gegensatze zu demselben unter Organ ^) jeden 1) Für die Organe gilt die Unterscheidung in solche höherer und niederer Ordnung. Es gibt Organe, welche sich auf die Zelle (Elementarorgan), beziehungsweise auf einen Complex gleichartiger Zellen (einfache Organe) zurückführen lassen, und solche, an deren Bildung verschiedenartige Zellencomplexe und Zellengewebe betheiligt sind (zusammengesetzte Organe) und welche sich häufig zugleich in verschiedene, nach Bau und Leistung ungleichwer- thige Abschnitte gliedern. Für die zusammengesetzten Organe höherer Ordnung fungiren die einzelnen Abschnitte und für diese wiederum die Zellenaggregate und die Complexe von Zellen- derivaten als untergeordnete Organe, für welche schliesslich die Zelle als das einfachste Organ dasteht. Zusammengesetzte Organe verschiedener Ordnung bezeichnet man auch wohl als Organsystetne (Gefässsystem, Nervensystem) und Oryanapparate (Verdauungsapparat). 26 Eegoneration. Knosining. Kürpertbeil. welcher als eine der höheren Einheit des Organismus unter- geordnete Einheit eine bestimmte äussere und innere Gestaltung zeigt, sowie eine dieser entsprechende Function ausübt , somit eines jener zahlreichen Werkzeuge ist, auf deren ineinander greifender Arbeit das Leben des In- dividuums beruht. Ganz anders verhalten sich niedere Thiere. Nicht nur, dass bei den- selben die Regenerationsfiihigkeit verletzter oder zerstörter Theile eine sehr bedeutende ist, auch die Theilung in zwei oder mehrere Stücke, welche vom Mutterleibe getrennt für sich fortbestehen und zu Tochterthieren werden, erscheint bei Würmern, Echinodcrmcn, Coelenteraten und Protozoen ein ver- breiteter Vorgang. Beispielsweise vermögen Anneliden das verlorene Schwanz- ende wieder zu erzeugen, ja sogar den abgetrennten Kopf mit Fühlern und Augen durch einen neugebildeten zu ersetzen. Nicht minder tiefgreifend ist die Regenerationsfälligkeit der Seesterne und Holothurien. Es ist eine Art Knospung aus dem Materiale der noch indifferenten Gewebslagen, welche an Stelle der verloren gegangenen Körpertheile gieichwerthige neue Theile her- vorwachsen lässt und bei den noch einfacher organisirten Coelenteraten und Infusorien zu einer Theilung des Mutterthieres in zwei einander gleiche vollständige Tochterthiere führt. Hier lässt uns also der höheren Thieren entlehnte Begrift* vom Individuum im Stich. Bleiben die zu neuen Organismen ditferenzirten Knospen oder Theil- stücke mit einander vereinigt, so entstehen Thierstöcke, deren Glieder zwar eine bestimmte, der Entwicklung nach als individuell zu bezeichnende Ge- stalt besitzen und somit morphologisch die Individualität repräsentiren, sich physiologisch aber zu dem Thierstöcke wie Organe verhalten, welche je- doch in dem Falle für sich gesondert nicht fortbestehen können und als Einzelwesen zu Grunde gehen, wenn sie untereinander in Form und Lei- stungen ditferiren und sich bei verschiedenem Verhalten ihrer Form und ihres Baues in die Arbeiten theilen, die zur Erhaltung der Gesammtheit erforderlich sind. Solche pohjniorplK' Thierstöcke zeigen in ihrer Erscheinung alle Eigenschaften eines Individuums, obwohl sie morphologisch Vereinigungen von Individuen entsprechen , welche sich phißiolo.'. 81 gesetzte Org'ane), sowie nach Zahl und Anordnung der sich im selben Orga- nismus wiederholenden Organgruppen (Antimcren, Mctameren) in eine Reihe von Rangstufen aufzulösen sein würde. Es ist daher verfehlt, mit E. Haeckel eine bestimmte Zahl solcher Rangstufen (als Zelle, Organ, Antimer [Paramer], Metamer, Person und Stock) zu unterscheiden und aufzustellen und nach denselben die Organismen zuordnen. Ein Thierstoek kann einer Individua- litätsstufe niederer (Protozoenstöcke) und höherer (Polypenstöcke) oder höchster Ordnung (Naideen, Auotolyten, Myrianida) entsprechen. Diese Unter- scheidungen sind nicht im Sinne morphologisch fixirter Abstufungen, sondern lediglich als je nach dem Vergleichsobjecte wechselnde Verhältnissbegritte aufzufassen und anzuwenden. Zelle und Zellengewebe. Unter Geweben versteht man die Formbestandtheile der Organe, inso- fern jene eine bestimmte, mit Hilfe des ]\Iikroskopes erkennbare, auf die Zelle und deren Derivate zurückführbare Ötructur besitzen. Dieselben haben l)hysiologisch eine der besonderen Structur entsprechende Function, welche die Gesammtfunction des Organs bestimmt, und können daher auch als Organe niederer Ordnung betrachtet werden. Die letzte Einheit, das Organ niederster Ordnung, aus welchem sich die Gewebe aufbauen, ist die Zelle '), für die wir bereits hervorgehoben haben, dass die Membran den Werth eines entscheidenden und den Begrift' bestimmenden Merkmales nicht besitzt. Die der ursprünglichen Detinition entsprechende Bezeichnung Zelle steht daher mit dem Begritfe, wie er sich gegenwärtig entwickelt hat, im Wider- spruch, so dass es berechtigt sein würde, dieselbe mit Haeckel in Plastkl umzuändern, wenn es überhaupt möglich wäre, den in die Wissenschaft eingebürgerten Namen Zelle zu beseitigen. Wir werden daher die Zelle als ein Klümpchen lebendiger Substanz oder Protoplasma mit einem oder mehreren Kernen definiren müssen. Die wichtigsten Eigenschaften der Zelle liegen vielmehr in der von Hugo von Mohl als Profopldswa bezeichneten Zellsubstanz und deren Lebensäusserungen, die auf der Fähigkeit der XdhrnnysaufiKÜntir , Assimilation und Aussdiciduny , sowie diesen parallel gellenden Erscheinungen der Bnvcyiwg , des Wachsthnms und der Fort- pßanzimg beruhen. Demgemäss muss die Form der Zelle überaus veränderlich sein und mannigfache Bewegungen zeigen. Obwohl das von Fettkügelchen und lichtbrechenden Körnchen durchsetzte Protoplasma unter schwacher Vergrösserung ein mehr gleichartiges Aussehen bietet, wird dasselbe doch eine die Lebenserscheinungen bedingende elementare Structur besitzen, die freilich nicht mit Hilfe der stärksten Vergrösserungen erkannt werden kann. ') Th. Schwann, Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Structur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin 1839. Fr. Leydig, Lehr- buch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frankfurt a. M. 1857. 32 Eigenschaften der Zelle. Fi- 19. Von dieser elementaren Structur verschieden ist die in den letzten Jahren mit den verbesserten Hilfsmitteln der Mikroskopie erkannte feinere Structur des Protoplasmas. Während noch Max Schultze das Protoplasma als homogene zähflüssige Grundsubstanz betrachtete, gelang es in neuerer Zeit ^) zu zeigen , dass diese meist nur scheinbar homogen ist , vielmehr eine wabige oder netzförmige Structur (Spoiußoplasma, Filarsubstanz) mit mehr flüssiger Zwischensubstanz (Hijahplasnia) besitzt (Fig. 19). Eine wichtige und sehr allgemeine Eigenschaft des Protoplasmas ist die Contractilität. Die leben- dige Masse zeigt im Zusammenhang mit dem Stotf- wechsel Bewegungserscheinungen, welche sich nicht nur in Verschiebungen und Wanderungen fester Partikelchen und Körnchen, Körnchen sfrönrnrnjev, ihres zähflüssigen Inhaltes, sondern auch in Form- veränderungen der gesamraten Zelle äussern. Ist freilich durch Verdichtung der peripherischen Grenzschicht des Protoplasmas, beziehungsweise einer hellen ausgeschiedenen Zone desselben eine Zellmembran entstanden, hat die Zelle ßläschen- form gewonnen, so werden die Veränderungen der Formumrisse beschränkter sein müssen, im anderen Falle aber geben sich die Verschiebungen der Theile in einem langsamen oder rascheren Formen- wechsel der äusseren Gestalt kund. Die Zelle zeigt dann sogenannte amöboide Bewegungen, sie sen- det Fortsätze aus, zieht dieselben wieder ein und vermag mittelst solcher Verschiebungen der Proto- Knorpe: Fomurkoi)f des Salamanders, j^ spongiopiasma plasmatheile sogar ihrc Lagc zu ändern. Es sind der Filarsubstanz, N Nucleus, b i t i • tt i i • !•«• ^ ry n Leberzeiie des Frosches. Schmtt vomehmlich jugendliclic, uoch indittcrcnte Zellen, nach Aikohoifarbung. Nach wclchc iu dicscr membranloscn Form mit der emming. Fähigkeit der Gestalt Veränderung auftreten; im weiteren Verlaufe ihrer Entwicklung bilden sie häufig eine Zellmembran, die somit nicht, wie man früher glaubte, ein nothw^endiger Bestandtheil der Zelle an sich, sondern nur ein Merkmal der fortgeschritteneren Aus- bildung einer weiter diflerenzirten Zelle ist. Ein sehr wesentlicher Bestandtheil der Zelle ist der im Protoplasma eingelagerte Kern (NucJeus)^ ein meist kugeliges oder ovales Bläschen mit ^) Vergl. C. Fr om mann, Zur Lehre von der Structur der Zellen. Jenaer naturw. Zeitschrift. Tom. IX, 1875; Strasburger, Studien über Protoplasma. Ebendaselbst, Tom.X, 1876; Hanstein, Das Protoplasma als Träger der pflanzlichen und thierischen Lebens- verrichtungen. Heidelberg 1880 ; ferner G. Retzius, Studien über Zelltheilung. Biologische Untersuchungen. Stockholm 1881 ; W. Flemming, Zellsubstanz, Kern, Zelltheilung. Leip- zig 1882; C. Rabl, Ueber Zelltheilung. Morphologisches Jahrbuch, Tom. X, 1885 ; 0. Hert- wig, Die Zelle und die Gewebe. Jena 1892. 3;i 20. Iliissio-eni und körnigvni ( Kenikörpereheii, Xiic/ro/n/) Inhalt. Die Form des Zellkernes knnii aber auch eine mehr stabartig- g-estreckte, mehrfach ein- geschnürte, hnteisenförmig-e und selbst verästelte sein. Ebenso wechselt die absolute und relative Grösse desselben mannigfach. Oft ist der Kern i) wegen seiner mit dem Protoplasma übereinstimmenden Lichtbrechung nicht erkennbar, wird dann aber nach Zusatz von Kssigsäure oder Chromsäure in Folg(i der grösseren Gerinnungsfähigkeit seines Inhaltes leicht nach- Aveisbar. Ufziiglieh des letzteren unterscheidet man eine eiweisshaltige J-Miissigkeif als Kcrusaft von einer dichteren Substanz, dem KcnisfofI' oder rnige Granulationen hielt, in Wahrheit aus meist kurzen, hufeisen- tonnig gebogenen Stäbchen oder längeren Schleifen des sich intensi\' färben- den ('lironidfiiis besteht und dass diese als Clnoniosonieit bezeichneten Gebilde der Länge nach je in zwei gleiche Theilstücke sich spalten, welche eine Bewegung nach den Polen der Kernspindel erfahren (Fig. 21). Die Chromo- somen stammen aus den chromatinhaltigen Theilen sowohl der Nucleolen als des Kerngerüstes, deren achromatische Substanz sich während der Kern- spindelbildung in die Faserzüge umgestaltet. Diese Kerntigur setzt sich somit aus der M A.^caris nu'galociiilinhi im Stadium der Tlici luiig 111 die Imdiii traten Fuicluingszflliii. C Centrosom, Hli Kicli 1un}?skoii>eiclmi luich Boveri. o Die Korne im Ruheziistaiiil ( t iiti osoin ndiisiit-- noch eiugetheilt. b Die Kerne zur 'J'liellim ....bereitet. Centrosom H:etlifilt. I'oilophnjn (ji'iiimipnrii in teil Knospen, in welche Sätze des verästelten Kei eintreten, naeh lt. Her Kernspindelbildung geknüpften ^ orgänge zu durchlaufen. biscuiTfi'.rmig ein und zerfällt schliesslich in zw'ei Hälften, um welche sich alsdann das Proto- plasma einschnürt und theilt. Indessen kann auch die Theilung des Zeli- leibes unterbleiben, und dieZellezwei- oder bei wiederholter Kernabschnüi-ung mehrkernig werden. P)ei der (■iidof/ci/n/ Zellverniehrung handelt es sieh um Neubildung von Tochterzellen innerhalb der Mutterzelle. Die F/iztHc, Avelche wir als Ausgangspunkt für die Fntwicklung des Organismus zu betrachten haben, erzeugt in der Regel nach vorausgegangener Conjugation ihres Kernes mit dem Spermakern auf verschiedenem Wege der Zellenvermehrung das JMaterial, welches zur Bildung der Gewebe Ver- wendung tindet. Gruppen von ursprünglich inditterenten . dem Anscheine naeh von einander nicht verschiedenen Zellen nehmen eine veränderte Gestaltung an, indem ihre Plasmasubstanzen eine bestimmte Iniformung' erfahren, welcher eine specitische Arbeitsleistung entspricht. Die Sonderung K,.ith..|i-n. 37 von (JrupptMi (lirterenter Zollen fiilirr zur Anlag-e verschiedener CleweVie. und diesr l)ereiten die Arlx^fsf/u ///n/;/ der aus jenen zusammengesetzten Organe vor. mit denen sie in übereinstimmender Weise nach der allgemeinsten rnterseheidung der Functionen des thierischen Organismus in reyrtatkc und KiiiiiKtlc oingetheilt werden. Die ersteren beziehen sich auf die Er- nährung und Krhaltung des Körpers, die animalen dagegen dienen zu den rweudung und werden als sogenannte' Sinnesejji- thelien der Ausgangspunkt der Sinnesperceptionen. .Schon in der (irundfoi-m der ]\letazoen , der einschichtigen lHnsfHla, finden wir die epitheliale Anordnung der Zellen als einfache an der ( )ber- fläche ausgelnvitete Lage {Bhisfodcrii/}. Demnach ist das Elpithel die ur- sprüngliche und älteste Form der Gewebe. Xach der verschiedenen Form der Zellen unterscheidet man ("vlinder-, Flimmer- und Ptlasterepithelien (Fig. 24). Im ersteren Falle sind die Zellen durch ^\M•gr<)sserung der Längsachse cylindrisch, im zweiten Falle tragen sie auf der freien Fläche schwingende Wimpern oder Flinnnerhaare, deren Substanz mit dem lebenden Pi-otoplasnia der Zelle in Continuität steht. Ist es nur ein einziges starkes Wimperhaar, welches an der (zuweilen auch flaclicn) Zelle hervorragt, s(» nennt man diese ,Jjl(issc/:t//('" (Kragenzellen der 38 Gescliichtete Epitliflicn. Kiiidermoidalbilduiigeii. Spoii^ien). Verschmelzen I)enaclil)aite Winipeiliaare reihenweise, so ent- stellen sdiwingende Phitten (Wimperplatten der Ctcuopliorcti). Auch gibt es diirrlihntrlinic Zellen mit einem Innern Lumen nnd Wimpern oder Geissein Fig. 24. ViTschiediiic Ki)itliülzeneii. o Pflasterzellen, h Plattenzelleii mit Geisseihaaren (von einer Meduse), c Cylindcizillen, rf Wimperzelle, e Geisselzelle mit Kragensaum (Spongie). / Cylinderzellen mit porösem Saum (Uünndarmepitliel ). in demselben ( Xtpliridim von Würmern I. Bei den Pflaster- oder Platteu- epithelien handelt es sieh um flache abgeplattete Zellen, die. wenn sie in mehreren Schichten auftreten , in den tieferen mehr und mehr der rund- lichen cubischen Zellenform weichen (Fig-. 25), Während die unteren lange ihren weichflüssigen Charakter bewahren und in lebhafter Zellthei- lung und Wucherung begriffen sind, zeigen die oberen eine festere Beschaffenheit, verhornen allmälig und stossen sich als Schüppchen oder zusammenhängende Plättchen ab (Epidermis), um durch die Neubildungen der unteren Lagen ersetzt zu werden. Mächtige geschichtete Lagen von ver- hornten und fest miteinander vereinigten Platten- zellen führen zu der Entstehung von schwieligen oder hornigen Hartgebilden (Nägel, Krallen, Hufe), welche ebenso wie die epidermoidale aus Haaren, Federn. Schuppen bestehende Beklei- dung als äusseres Schutzskelet fungiren können. Während man lange Zeit die Zellen der Epithe- Epi- lien als isolirte Elemente betrachtete , welche nur durch eine Kittsubstanz zu fest zusammen- l-Sm Geschichtete dermis eines höheren Wirbelthieres. Schematisch. Sc Stratum corneum. Sm Stratum maipighianum, Cp Gefässpa- hängenden Lagcu Vereinigt seien, hat man in piiie der Cutis. ncuercr Zeit erkannt, dass die Zellen in jüngerem und minder diff'ercnzirtem Zustande an ihuen angrenzenden Flächen durch Protoplasmafädchen miteinander verbunden sind nnd erst bei iiJUierer Dif- Culicularbilduii!sen (iren/.sehielit dureli Uniwandlnnj;- des äusseren Protoplasuias besonders be- ^•ünsti^t ; daher tritt't man an diesem Theile der Zelle liänti«;- einen verdickten und erhärteten Saum an. welcher bei ungleichmässigcr Verdichtung- eine senkrecjite Streitung als Ausdruck von Stäbchen und zwischen denselben betindlichen Toren gewinnen kann (Dünndarmepithel. Epidermiszellen von J'cfroiiii/zou) und durch diese Porencanälchen die Aufnahme und Abgabe v(»n Stotfen vermittelt. Fliessen die verdickten und erhärteten Säume einer Zellenlage zu einer continnirlichen niembranösen Schicht zusannnen, welche eine gewisse Selbstständigkeit gewinnt und sich abhebt . so er- Fiff. 2(). Fig. 27. Cutipiila und Hypodermis. a der f 'orc/Zn-n'-Larve, // einer (i(ixtropaclia-'Ra.\i\>e mit zwei Giftdrüsen unterhalb zweier Haarborsten. t'(( Cuticula mit Borsten im Zustande der Häutung. Cu' neugebildete Cuti- cula (Brcnicliijtiis). halten wir ('HficuhirnirnihraiH')/, welclie lioniogen oder geschichtet (Fig. 26a, h und 1^7 ) sind und mancherlei Sculptnrverhältnisse zeigen kihinen. In der Kegel entstehen dieselben an der äusseren freien Fläche . können aber auch an der Basis gebildet werden (Basahucnihrnit). Die zur ('Hfinildr- }iiniihn(ii zugehJJrige Zellenschicht wird im ersten Falle als Matrix der- .rmif;en Verdickung-, dem sog-enainiten Kopf, versehener l>e\vefi:licher Faden dar. Der Kopf entspricht dem Zellkerne, der mit jenem durch ein kurzes Mittelstück (rrotoplasma) verbundene Schwanzfaden einer lang-en Geissei (Fi«;. 32). Somit handelt es sich meist um eine sehr kleincGeisselzelle. In manchen Fällen erscheint der Kopf fadenfiirmi^- verlängert, sichelförmiii' oder schraubenartii;- <;-e wunden (\(»<,^el. Selachier). Auch kann dersell»e ganz zurücktreten und das Z(>os|)erni haarfürmig werden (Insecten). Auch gibt es hutf<>rniige Samenkörper (Nenmtodenl und solche, welche als Strahlenzellen in zahlreiche Fortsätze auslaufen (Decapoden). Shnx'scpif/irJ/rii. l%pithelicn können auch, im Anschluss an das Auf- treten von Sinnesorganen in besonderer Weise umgestaltet, als percipirende Fiulapparate der Nerven ^>rwendung finden und werden alsdann zu Simirs- (■/)/flir/in/, deren Zellen meist einen langgestreckten verschmälerten Zellen- leil) mit erweitertem kernhaltigen Abschnitt und am freien Ende cuticulare Ditferenzirungen in Märchen- oder Stäbchenform besitzen. An der Basis laufen diese Sinneszellen . welche entweder mehr vereinzelt und von in- ditferenten Zellen CSfiifzzrJ/rj/) undagert oder in grösserer Zahl gehäuft unter Ausschluss jener die Kpithellage bilden, in Fäden aus . welche mit sensiblen Nerven im Zusammenhang stehen. 2. Die Gewebe der HiiuleHubstanz. Man begreift unter dieser Bezeichnung eine grosse Zahl \erschieden- artiger Gewebe, welche morphologisch in dem Vorliandensein einer mehr oder minder mächtigen, zwischen den Zellen (F)indegewebskörperchen) abge- lagerten Grundsubstanz. fi/frrrcJhihirsifhsfdiiz. übereinstimmen und grossen- theils zur Verbindung und l'mliüllung anderer (Tcwebstheilc. zur Stütze und Skeletbildung verwendet werden. Im Gegensatze zu den Fpithclien tinden sie sieh im Inneren des KJ»rpers und entstehen daher voi-nehmlich. wenn auch keineswegs ausschliesslich aus dem Mesoderm. Die Intercellularsubstanz. welche für die Function des (Tcwebes in den Vordergrund tritt, nimmt ihre Entstehung durch Abscheidung. beziehungsweise Umformung des Protoplas- mas, ist also genetisch von der Zellmembran und deren Differenzirungen. wie wir sie in den Verdickungsschichten und Cuticularbildungen antreffen, nicht scharf abzugrenzen, besonders dann, wenn die Abscheidung einseitig erfolgt (Zahnbein. Dentin), oder wenn oberflächlich eine tlüssige Schicht abgeschieden, welche erst durch secundäre Einwanderung von Zellen den Charakter der Grundsubstanz gewinnt {Srrrcf;/nrchr. Acalephen. Rippenjpiallen , Echino- dermenlarven — Mantel der Tnnicaten ). Andererseits können solche Zellen (Mesenchynizellenl sich wieder epithelartig (Endothel) anordnen, so dass auch nach dieser Kichtung der scharfe, etwa genetisch zu begründende (iegensatz zwischen Epithel und Gewebe der r>indcsul)stanz verwischt wird. 44 Ö O Fmkiit Man mitersclioidct /elliii-e 15iiulc.mi])staiiz . Gallert- (ir.ction (»dt-r völlig-eni Ausfall ii Sijdionoplioren) in eine li<)ni(»«!:ene wcielic (»der crliärtetc (h'- wcbslaiie I Stiit/in(Mnbran der rnlypdniednsen i iilx'rt'iibrt. welclic ihrer Knt- stidiunii' nach als einseitij;-e Zellausseheidun«;- von Hiissig' 0(hM- .naliertii;- ii-ebliebenen ( 'utieularl)ildunji'en luclit ahzujjrenzen ist. Aehnlicli ^'erhält es sieh mit dem soji'enannten ►Seeretg'e\v(d)e der juji'endliehen /i'//)/M'iH/ii(i//ri/, in welelies s])äter erst Zellen einwandern. Das (ih-ielie <;ilt von der dallert- sulistan/. der So/jt/Kniirdu.sri/ , sowie vom (^allertkern der K(diinodernuMi- larven. Auch das Gewebe des Timicatenmantels würde der Entstehuni;- nach auf eine solelie vom Epithel abgesonderte (Irundsubstan/ (Cellulose) mit eingewanderten Zellen zu beziehen sein. Fil)rilläre Bindesubstanz. Eine bei Wirbelthieren sehr verbreitete Form der Üindesubstanz (Fig. iV)) nnt vorwiegend spindelförnugeu oder auch verästelten Zellen und einer Pig -^-^ festeren . ganz oder theilwcise in Faserzüge zcrtallenden Zwisehen- substanz . welehe die Eigenschaft besitzt, auf Zusatz von Säuren oder Alkalien aufzu(|uelk^n und ])eim Kochen Leim zu gel)en. Zwisehen den Faserbündeln treten an vielen Stellen Lücken und Spalten auf. in denen sich eine mit der Lymphe iden- tische Flüssigkeit sammelt. Diese Spalträume des Bindegewebes stel- len wahrscheinlich die Anfänge des iibnuarcs i.md.gew.be. Lvmphgefässsystems dar. dessen geformte Elemente oder Lymphkörperehen iniit den farblosen Blutzellen identisch) von Bindegewebszellen abzuleiten sein dürften. Sehr häutig sind die Fasern in nahezu gleicher Richtung }»arallel geordnet (straffes Bindegewebe der Bänder, Sehnen). Li anderen Fällen ^-erlaufen sie in verschiedenen Riehtungen gekreuzt (lockeres Binde- gewebe der Lederhaut), oder sie zeigen eine netzförmige Anordnung f^Fe- senterium). Je nach der verschieden dichten Gruppirung der Fasern hat man lockere und strat!e Formen von Bindegewebe zu unterscheiden, ynu denen die ersteren, überall in den Organen verbreitet, die Elemente der- selben veri)acken und die Blntbahnen l)egleiten. während das strafte Binde- gewebe mit einem viel festeren Gefüge seiner Theile vornehndich in den die Muskeln mit den Knochen verbindenden Sehnen und Bändern, sowie den Fascien und Aponeurosen Verwendung findet. Neben den gewöhnlichen Fibrillen und Bündeln von Fiijrillen. welche bei Behandlung von Säuren und Alkalien autquellen, erscheint eine zweite. 46 Klastisclu- i-a..-.ii. F.ttK'.NV.b.-. Form von Fasern jenen Keagcntieu gvo-euüber resistent. Ks sind dies die flosf/srJirii Fasern, wie sie wegen der IJeseliatlenheit der vornelnnlieli aus ihnen bestehenden ehistisehen Uewelje genannt werden. Dieselben zeigen eine Neigung zur Verästelung und zur Bildung von Faseruetzen und erlangen oft eine bedeutende Stärke (Xackenband, Lij/tniici/fd tiara, Arterienwand). Auch können dieselben verbreitert und zu durch- löcherten Häuten und Platten (getensterten Mem- branen! verbunden sein (Fig. 06). Die Zellen des Gewebes erfahren nicht selten \'eränderungen, indem sieh in ihrem Proto})lasma Pigmente oder Fettkügelchen ablagern ( Fig. 37). Im ersteren Falle können bei dichterer Häufung der meist l^räunlichen Pigmentkörnchen im In- halte der ramificirten Zellen bräunlich bis schwarz gefärbte Häute entstehen. Auch können Pigment- zellen, besonders der Unterhaut. durch amöboide Bewegungen ihre Form verändern und einen Far- benwechsel der Haut veranlassen. Im zweiten Falle wird das Bindegewebe zum Fcfff/circhc, welches in innigem Zusammenhange mit einer reichlichen Ernährung besonders in der Fmgebung der Gefässe zur Entwickelung gelangt (Fig. 38). Als eine besondere Form der faserigen Bindesubstanz Itetrachtet man das reticuläre oder adenoide Gewebe. Dasselbe stellt sich als ein Netzwerk feiner Fasern dar mit zwischenlieii'enden rundlichen Zellen, deren Klastische Fasoin, b Xctzc. Fig. 38. Fip. 37. •lIcMi aus di-r Haut ohilis- hn,-hali]. Bei der Rio:idität des Knorpels erscheint es begreiflich, dass wir denselben als 8tützg:ewebe zur .Skeletbildung verwendet sehen, ausnahmsweise bei Wirbellosen (Cephalo- poden, Röhren Würmer wie SaJiclhi), sehr allgemein })ei Vertebraten. deren Fig. 40. Fi- 41. .£>- Hyaliiikii'Miiil. Faserknorpcl. Skelet stets Knorpeltlieile enthält, bei Fischen sogar ausschliesslich von denselben gebildet sein kann (Knorpeltische). Der Knochen zeigt den höchsten Grad von Rigidität, indem Intcrcellu- larsiibstanz durch .\ufnahme von phosphorsaurem und kohlensaurem Kalk zu Fig. 43. ( ^^m^ Ijäiig.sschliff durch liiii'nRöhrciiknoclien, iiacli Kölliker. G üefilsscaiiälchcn. K'norpclkiificlifii oder iiicriistirter Knorpel. einer harten Masse erstarrt ist. in wel- cher die Zellen (sogenannte Knochen- körperchen) mit ihren zahlreichen fei- nen Ausläufei-n untereinander anastomo- sirend. in grosser Zahl und bestimmter Anordnung vertheilt liegen (Fig. 4o. 44, 45). Auch Magnesium. Fluor und Chlor finden sich in den anorganischen Bestandtheilen der (Jrundsubstanz. Die Zellen füllen natürlich entsprechende Höhlungen der festen Grundsubstanz aus . welche noch von zahlreichen kleineren ('analen und den Markräumen durchsetzt wird. Jene führen die ernährenden Blutgefässe, deren A'erlauf und Verzweigungen sie genau wieder- Odontoblaston. Zalinhciii. 40 holen, und stehen in Beziehuno- /n einer regehnässig- concentrischen Schielitung und LanieHenhihhinü" der (irundsuhstanz. die nur seheinhar homogen ist. in Fijc. 41. Fig. 45. ■,V^^ .■ • Quei-climn cliiiph rirnn Holumknoclien, nacli Kc.llik.i 7y KM((h^nkorpPIohen fr (refi'.- ciiMKiKii / LiuuUi ns\st( Ttip K Höhlungen der Knochenkürijerchen mit ihren Ausläufern, welche in das Gefässcanälchen (Havers'schen Ca- ual) _ffc einmünden. (NachKölliker.) Wahrheit alioi- eine fein fihrilläre Structur besitzt. Die Canälchen heginnen an (hn* Ohi'rtiärlie de.s Kiioelieiis. welclie von dem gefäss- und nervenreielien Periost üherkh'iiU't wird und münden in grössere Markräume aus. w elelie hei den Röhrenknochen die Achse einnehmen, hei den si)ongiösen Knochen aber in unrogehnässiger A'ertheihuig auftreten. In einer zweiten Form des Knochengewebes Averden zahh-eiehe sehr hinge und parallel ge- richtete verzweigte l'asern in die harte Zwischen- .substanz eingeschlossen . die somit von einer grossen Zahl feiner, dui'cli seitliche Ansläufer verbundener Ivl>hrehen dui-chsetzt ist. An Stelle der KnoehenzeUen treten Fasern auf, welche enorm verlängerten Ausläulern der lUldungszellen (0ich der Zoologie, il. Aufl. 4 50 Ofiteoblasten. Blut. Fi-. 4< /usanimeiig'e!>('t/.teii Zahnes verkittet, ist ossitieirtes iJiiKlep'wehe des Al- ve(ileii])eriostes. Kücksichtlicli seiner Genese wird der Knoelieu dnreli weielies IJinde- j^ewebe oder durch Knorpel vorl)creitet. In beiden Fällen entwickelt er sich durch epithelial angeordnete Zellen, sogenannte Osfcohlasfrn. welche auf ihrer (»berfläche die erstarrende geschichtete Knochensubstan/ aus- scheiden. Die Prätbrniirung durch Knorpel hat für einen grossen Theil des Skeletes. insbesondere der höhereu \>rtebrateu, Geltung. Früher legte mau auf den Gegensatz der Entstehung aus Bindegewebe oder Knorpel grossen Werth und unterschied jene als secundäre. diese als primäre Knochen- bildung, während in Wahrheit eine grosse Üebereinstimmung besteht. Oenn auch im letzteren Falle tritt im Zusam- menhange mit einer vorausgegangenen Kalkincrustirung und i)artiellen Zer- störung oder Einschmelzung des Knor- })els vom ]Mark aus eine weiche binde- gewebige Neul)ildung (osteogene Sub- stanz) auf. deren Zellen (Osteoblasten) sich in Knochenköriterclieu umgestal- ten, während die von jenen erzeugte Zwischensubstanz zur Grundsubstanz wird (Fig. 47). Dazu konunt. dass auch die knorpelig präformirten Knochen ein Dickenwachsthum vom l'erioste aus l)esitzen. Uebrigens kann aucli der Knorpel direct ossiticireii. indem seine Zellen zu Knochenkörperclien werden Kin Schnitt aus ossiiicireiidfiii Kuorpei, nach Frey, und (Hc Grundsubstauz verkuöchci-t a kleinere im Knorpelgewobe gelegene Markräume, , , -i ' h solche mit Zellen des Kuoriielmarks, c Eeste des (' ■t'^^ 61116 ). verkalkten Knorpels, ri)er man Blut durch einen die Gewebe durchtränkenden Saft ersetzt findet (Coelenteraten. jiarenchymatöse Würmer). Auch in der Blut- flüssigkeit einiger höher organisirter Coelomaten (Xematoden. Gopepoden) konnten bislang keine Zellelemente nachgewiesen werden. Während das Plasma aus dem auf dein Wege der Verdauung gewonnenen ..Ghylus'-Saft herzuleiten ist, sind die Zellen desselben freigewordene Elemente von i\leso- :Ariisk.-ife'fw.' 51 derm-, be/.iehunii-sweise Mesenchyrnge weben. Sie treten bei den Wirbellosen als unre^elmässige, oft spindeltTtmiige Zellen mit der Fähigkeit amöboider liewe^nngeii anf. Bei den Wirl)eltliieren finden wir im Plasma rothe r>lut- körperclien (entdeckt von Swammerdani beim Frosch) in so g-rosser Zahl und dichter Häufung-, dass das lUut für das unlx'watünete Aug-e das Aussehen einer homog-enen rotlien Flüssigkeit g-ewinnt. Es sind dünne Scheibchen von ovalem, nahezu elliptischem oder kreisförmig-em (Säugethiere) i) Umrisse, im ersteren Falle kernhaltig-, im letzteren kernlos (die Kntwickelungszustände ansgenommen) (Fig. 48). Dieselben enthalten den Blutfarbstoff", das Jlänio- f/IoMif , welches beim Austausch der Athem- " /- r Fi- 48. gase eine grosse Rolle spielt, indem dasselbe Sauerstoff im Respira- tionsorgan aufninunt - (().rt//iähi() der glatten Natter, d' Lymphkörperchen derselben, c rothes boiden Bewegungen BlntkCirperflieu des rmsches. /der Taube, f Lyraphkiirporchen derselben. /T^, , T 1 '/ rothe Blutköriicrohen des Mensclien. (Phagocyten. Leuko- cyten. Auswanderung in die (lewebe. Neubildungen etc.) und stammen aus den Lymphdrüsen, in denen sie als Lymph-Chyluskih-perchen ihre Entstehung nehmen, um mit dem Lymplistntm in das Blut zu gelangen. Die amöboiden farblosen Blutzellcn der Wirbellosen sind den Lymphkörperchen der Wirbel- thiere an die Seite zu stellen . indessen ist dort nicht selten das Plasma gefärbt und in manchen Fällen sogar hämoglobinhaltig und röthlich tingirt. Auch kommen bei einigen Anneliden (Phorouis) und Muschelthieren hämo- globinhaltige Blutzellen vor. 3. Muskelgewebe. An dem Protoplasma der thätigen Zelle beobachten wir die Eigen- schaft der Contractilität, die Fähigkeit, nach allen Richtungen des Raumes Bewegungen seiner kleinsten Theilchen auszuführen. Schon im Innern der protoi)lasmatischen Leibessubstanz von Protozoen macht sich aber eine streifenartige Anordnung von Theilchen geltend, durch welche ein höherer Grad des Contractionsvermögens auf die Richtung der Streifen ermötglicht *) Elliptisch unter den Säugern beim Kaiueel und Lama, kreisfönnifi Fiselien bei Frlromijzon. unter dfii 52 Myonemen. MyohlastHn. Muskelcpitli Fia. 49 r^ wird (Mu.skelstreifen oder Myonemen der Infusorien). Mittelst älniiichcr Difterenzirnn.^en im Protoplasma bilden bei den Metazoen iiewi.sse Zellen und Zellencomplexe das \ ermögen der Ziisammenzielinng nacli einer Rich- tung vollkommener aus und erzeugen die aussehliesslieli zur Bewegung dienenden .Muskelgewebe. Diesell)en ziehen sieh nach dieser bestimmten und der Längsstreifung des Inhaltes entsprechenden Richtung ilii'er Längs- dimension im Momente der Activität zusammen und ändern das im Ruhe- zustand gegebene Verhältniss der Längs- und Querdimension derart, dass sie die erstere verkürzen, während sie gleichzeitig breiter werden. In den ersten Anfängen ist es nur ein kleiner Theil des Zellenlcibes, welcher zur contractilen Faser sich ge- staltet. Bei den Hydrdidpolyjjen und Me- dusen sind es die in der Tiefe gelegenen Piasmatheile der muskelbildenden Zellen (Myoblasten ) \) , welche sich zu zarten Muskelfasern oder Fasernetzen ausbilden, während die aufliegenden Zellenkiirper, die Erzeuger jener, noch andere Functio- nen vermitteln und in der Regel noch \Vim]ierhaare tragen. i\Iit Rücksicht auf die epithelartige Ant»rdnung der Myo- blasten nennt man die (icsammtheit der- selben auch Muskelepithel (Fig. 41» ^^ A). In der weiteren Entwickelung erscheint der gr(>sste Theil des Zellplasmas als con- ^') tractile Muskelsubstanz verwendet, bezie- i hungsweise die ganze Zelle faserartig ver- r> längert. Es rücken dann die Muskeln von \ der (Oberfläche in die Tiefe und l)ilden -^ i ■- \ j jr; " v_/ ^ hier von Bindegewebstheilen gestützte selbstständige Schichten, sie können aber Mu.skrlf.].itllcl .•ill.T :\r,>dlis,. ,.\inr/i„l. ^ auch aus mesodermalen Zellen, sowie aus sogenannten ^lesenchymzellen ihren Irsprung nehmen. ]\Ian unterscheidet zwei morphologisch und physiologisch differente Formen von ^luskeln; die glatten Muslch/ oder contractilen Faserzellen und die (jin'/yrsfrciftf Mns/,r/- sitfhstanz. Glatte Muskeln sind sinndelförmige, ])latte oder bandfltrmig ge- streckte Zellen und Lagen solcher Zellen, welche auf den in der Regel vom Nerven veranlassten Reiz langsam reagiren, allmälig in den Zustand der Contraction eintreten und in diesem länger beharren. Die conti-actile *) Wurden fälschlich als „Neuroniuskelzellen" gedeutet, dliwohl eine Beziehuiio; der- selben zur Entstehung von Ganglienzellen nicht erweisbar ist. Hiermit soll uatürlir li nicht etwa gesagt sein, dass das Myoblast keine Keizbarkeit be.-iitze. Glatti- ^Muskeln. QiH'r^'fStreif'le Sluskelsubstai 58 bei den N'crtehraten zur Fig. 50. Substanz erscheint meist bonioiien, indessen nielit selten aueli längsstreifig. Die glatten Muskeln baben die gr(»sste Verbreitung auf dem (iebiete der wirliellosen Tbiere (."\l(»llusken), werden aber au( r>il(hing der Wandungen zablreielier Or- gane (Cietasse, AustÜbrungsgänge der Drüsen, Darmwand) verwendet (Fig. ÖO). <^)uergestrcifte Muskeln. Die- selben besteben aus Zellen, bäuHger aus vielkernigen sogenannten Primitivl)ündeln (Muskelfasern) und ebarakterisiren sich durch die Imwandlung des Protoplasmas oder eines Tbeiles desselben in eine ([uer- gestreifte Substanz mit eigenthümlichen, das Licht doppelt brechenden Elementen (Sarcous elenients) und mit einer zweiten jene verbindenden, einfach brechenden Zwischensubstanz (Fig. öl a, />). Physio- logisch charakterisirt sich die (pierge- streifte .Muskelsubstanz dui-cb eine im Momente der Reizung eintretende ener- gische nnd bedeutende Zusammenzie- hung, welche dieses Muskelgewebe vor- nehndich zur Ausführung kräftiger Bewe- gungsleistungen (.Muskulatur des Verte- bratenskelets. Arthropoden) tauglich er- scheinen lässt. Im einfachsten Falle sind auch die ([uergestreiften Fibrillen in der Tiefe von Myolilasten erzeugt, die ein zusammen- hängendes flächenhaftes Fpithel (Aluskel- ei)ithcl) über der zarten Faserschicht bil- den (Aledusen und Siphonophoren). Bei d^Mi höheren Thieren entstehen sie als Um- bildung einer reicheren Menge von Proto- plasma und betrerten fast den ganzen Inhalt der Zelle. Seltener bleiben dann aber die Zellen einkernig . so dass der ganze Muskel aus einer einzigen Zelle besteht (Augenmuskeln der Daphnien). Meist bilden sich die Zellen unter Vernu!hrung ihrer Kerne zu langgestreckten ^luskelfasern, Priniificbüitdehi, um. an deren Peripherie eine Membran als Sarcoleimna zur Ditferenzirung kommt (Fig. 52), oder es entstehen die Primitivbündel durch Verschmelzung- zahlreicher in Reihen gestellter Zellen. ]\leist lagern die Kerne dem Sarco- a Glatte Muskelfasern isoliit , h Stück einer Arterie, nach Frey. I Aeussere bindegewebige Schicht, 2 die aus glatten Muskelfasern gebil- dete mittlere Schicht, 3 kernlose Innerischicht. Fig. Ol. a Primitivfibrille, b qucrgi^stieifto Jlusktlfaser (Muskelprimitivbündel von Lacerta mit Nerven- endigungen, PXervenendplatte (nach KühneX 54 Nervengewebe, liaugli lemmii an. liäufig; in einer peripherisclien t'einkörnii;:cn Protoplasniascliicht, seltener .sind dieselben reihenweise in der Aelise des Sehlaiiches /wiselien feinkörnigen, indifferent gebliebenen l'rotoplasmatlieilen angeoidnet. Durch Zu.sammenlagerung^ zahlreicher Primitivbündel und '^' ' " Verpackung derselben mittelst Pindesubstanz ent- stehen die feineren und gröberen Muskelbündel, deren Faserung dem ^'erlaufe der Primitivbündel entspricht (Äluskeln der ^'ertebraten ). Auch kommt es vor. dass sowohl die einfachen Zellen, als die aus ihnen ent- standenen mehrkernigen ^luskeln Verästelungen bilden (Fig. 53j. (Herz der Vertebraten. Darmmuskeln der Arthropoden etc.) 4. Nerveiij^ewebe. Zugleich mit der Muskulatur tritt das N«'rven- gewebe auf. welches jener die Reizimpulse ertheilt, aber in erster Linie als Sitz der Empfindung, des Bewusstseinsund des Willens erscheint. Diese Functio- nen des Nervensystemes setzen eine bestimmte fei- nere Structur und molekulare Anordnung der Theil- chen, sowie eine bestimmte chemische IJeschaffeidieit derselben a oraus. Wie die Muskelsubstanz, so ist auch die Nerven- substanz als eine besondere Ditterenzirung des Proto- plasmas entstanden, mit der Fähigkeit. Reizimpulse als Hewegungen kleinster Theilchen in der Längs- richtung fortzupflanzen. Demgemäss erscheint die Substanz der Nerven als Nervenfibrille. Man unterscheidet Xcrroizcllru und Xtrrn/- Bündel von nebeneinanderlaufenden . (UutIi Bindegewebe verpackten Nervenfasern nennt man Xcrrr)/, Anhäufungen von Nervenzellen (jaiKjlini. Auch die Nervenzellen nehmen von Epithelicn aus ihren Ursprung, und zwar von der als Ektoderm benannten äusseren Zellenlage (Coelenteratenj. oder dem äusseren Keimblatt. Viele behalten ihre ober- flächliche ektodermale Lage in der Haut, die meisten rücken in die Tiefe und bilden dann mehr peripherisch. l»ald mehr central gelegene als Ganglien bekannte Anhäufungen. Die Ganglienzellen gelten als die Herde der Nervenerregung und finden sicli voniehndich in den rentralorü'anen . welche bei den Wirb(>l- n Muskelfaser des Frosches in der Entwicklung, b Mus- kelfaser , streckenweise mit leerem Sarcolemma S, 3/^Kerii (nach F r e y). Fig. 5.3. Netzförmige MuskeH'a Herzens (nacli F r Neivenfortsatz. Dciuliiton. Markhaltige Xi'i-venfasern. Fiff. 54. Bipolare Ganfflieiizelle, b multipolare Xerven- \le aus dem menschlichen Bückenmark (^Yorder- honi), nach Gerlach. PPigmentklümpchen. tliicion als (Teliirn inul Kückcumurk hezoichnct werden. Ihr Zellenleib besitzt eine feinkörnige «ranuläre und zngleieh tibrilläre Structur. mnschliesst einen grossen Kern mit Kernkörperelien und länft in einen oder inciirere Fortsätze i nni- ])(»lare. bipolare, multipolare Ganglien- zellen) aus. von denen einer (der Nerven- tortsatz) zur Wurzel einer Nervenfaser wird (Fig. 54 a, h). Die übrigen als Proto- plasniafortsätze oder Dendriten unter- seliiedenen Fortsätze verästeln sieh meist sogleich naeh ihrem l'rsprung. Die Zel- len der peripherischen (ranglien liegen in bindegewebigen Scheiden eingebettet. ^^ eiche sieh über ihre Fortsätze und somit auch über die Nervenfaser ausdehnen < S e h w a n n'sche Scheide ), meist aber wer- s<'n Xerventaser. fehlt die Mark.schcide, wir haben es nur mit einem nackten oder \un einei- binde- gewebigen Hülle umlagerten Achsencvlinder zu tlum. der den gleichen Zu- sammeidiang mit der Ganglienzelle zeigt (Svmpathicus. Xerven der Cyclo- stdmen. der Wirbellosen). Xicht selten finden wir aber, namentlicli an den Siiniesnerven, die Achsencvlinder. die sich ebenso wie die markli altigen Xerven in ihrem Verlaufe theilen und in immer feinere Aestehen verzweigen kinnien. in sehr feine Xervenfibrillen aufgelöst und gewissermassen in ihre Elemente zerlegt. Bei den Wirbellosen ti-eten häufig die Xerven als feinstreitige Filjrillencomplexe auf, an denen wir bei dem Mangel von Xervenscheiden nicht im Stande sind, die Grenzen der einzelnen Aelisencylinder oder Xervenfasern zu erkennen. Die ])eri])lierischen . am Kndc der Sinnesnerven auftretenden 1 )ifterenzirun- gen ergeben sich aus rmgestaltungcn und cuticularen Abscheidungen derselben. \\\ solcher Weise erscheinen die S(»genannten Endap])arate sehr allgemein aus nmdi- ticirten Epithelzellen ( Sii/i/rsijij///r/i(i/} r'\. VN'ährend man bislaui 1 der Regio ■om Frosch, allgemeni an Stabchcnfiirmige olfactoria, nach M. Schult Sz Stntzzolle zwischen zwei cilientragendeu hergestellt ( Fig. ;")() 'I, I' StäbchenzeUen, 2» vom Menschen, c vom Hecht Wahrscheinlichi-r Zusammenhang der Nerven flbriiien mit den sinneszeUen. luihm. (lass dic benaclibartcn (4anglien- zclleii untereinander durch Fortsätze verbunden seien, ist durch neuere l'nter- suchungen (Golgi, Ramön y Cajal, Retzins u. A.i dargethan worden, dass dieser Zusammenhang lediglich ein indirecter ist und durch Anlegen und Verschlingung der Endbäumchen von Xervenfortsätzen vermittelt wird. Somit erscheint das Xervensystem aus einer sehr grossen Zahl von Xerveneinheiten (Neurone.) zusammengesetzt, welche theils in der Peripherie (Haut, Sinnes- organe), theils in den Ganglien und Xervencentren liegen und als Xeurone erster, zweiter, dritter etc. Ordnung unterschieden werden kiunien. In den centripetalleitenden Bahnen beginnt die Erregung von der i)eri|)heriselien Nervenzelle der Haut oder des Sinnesorganes mit dem Xeuniii erster ( »i'dnung. und ist der Xervenfortsatz centralwärts gewendet, um sich mit seinen Eml- häumchen an eine centrale Ganglienzelle anzulegen. Bei C^('\\ ccnti-ifugal leitenden lUihncn ist das Laffenverhältniss das uinii'ekelirte. Organbildnng und fortschieitendi- Veivollkoiiimmui(j. Ö7 Organbilduiig. Grösseiizuuahme, Arbeitstlieiluiig und fortschreitende Vervollkoiumimiiij;. Die Gewebe sind Zelleiiconiplexe. welelie sieli aus Ahkruuniliugeii der Eizelle entwickelt haben, und bauen die Org-ane auf. Mit ilirei- DitHerenzirun«;- übernehmen dieselben eine besondere Arbeitsleistung-, welche die Function des ( )rganes bestimmt. Organbildnng oder Organisation bcrulit demnach auf fortschreitender Divergenz in der Gestaltung und in der dieser eutsprech^i- den Arbeitsleistung der auseinander hervorgegangenen ZellengenerationcM. Avelcher \\'achsthum und Grössenzunahme des Körpers parallel geht. .Alan wird nun fragen, weshalb sich aus den einfachsten Organismen bei fortschrei- tendem V^'achsthum des Körpers eine höhere Organisation entwickeln musste/ Bei den Protozoen entspricht der gesamnite Organisnuis dem einer einzigen Zelle, sein Leibessubstrat ist Protoplasma, seine Plaut die Zell- menibran. häutig sogar noch ohne Oeffnung zur Einfuhr fester Körper und dann lediglich zur endosmotischen Ernährung befähigt. In solchen Fällen, wie z. li. bei den Gjyy/iriiwii, genügt die äussere Leibeshüllc ähnlich wie die ^lembran der Zelle zur Aufnahme der Nahrungsstottc und zur Ent- fernung der Ausscheidungsproducte, somit zur Vermittlung der vegetativen Verrichtungen. Als Leibesparenchym fungirt das Protoplasma, in welchem sich die vegetativen wie animalen Lebensthätigkeiten vollziehen. Dieselben entsprechen offenbar noch einer sehr niedrigen tiefen Lebensstufe, obwohl bereits verschiedenartige Functionen von besonders differenzirten Theileu des Protoplasmaleibes (Muskelstreifen, Nesselfäden im Ektol)last. i)ulsirende Vacuole) besorgt werden. Schon bei so einfacher (iestaltung des Organismus ergibt sich eine bestimmte Beziehung zwischen den Functionen der Oberfläche und der von dieser umschlossenen Masse, an deren Theilen sich die Processe des vege- tativen und animalen Lebens vollziehen. Diese Beziehung setzt ein inner- halb gCAvisser (irenzen tixirtes Grössenverhältniss der (Jberfläche zur Masse voraus, welches sich mit dem fortschreitenden Wachsthum verändern muss, da die Zunahme der Masse im Cubus, die der Oberfläche nur im (^Uiadrat steigt. Daher wird beim Wachsthum mit fortschreitender Assimilation und dieser entsprechend mit zunehmender Grösse die Oberfläche eine relativ kleinere werden. .Schliesslich wird dieselbe nicht mehr ausreichen , um die vege- tati\'en Processe zu vermitteln, und, falls das Leben fortbestehen soll, bei einer bestimmten Energie des Lel)ens vergrössert werden müssen. Dies gilt nicht nur für die einfachen Zellen gleich w^erthigen Organismen , welche sich wie die Zelle ernähren, sondern für die Zelle selbst, die eine inner- lismus lerem Wege wieder herstellen müssen. Und dieser M'cg kann nur in der 'J'liciliiiig ge- geben sein. ö8 Zelleiicolonien. Volvox. Blastulii Fi-'. 57. Fis. ÖS. Die Tuchterzellcii, die das Lehen der Miitterzelle weitertnliren. küimen mm auch im Verhand hleihen. in einfachen oder verästelten Fveihen. nder tläehenhaft ((Joviniu), oder an der Oberfläche einer Ku^el (Volnu-) an- einanderliegen und Substanzen ausscheiden, die ihre Verbindung unter- halten. Sie erji'änzen sich zu einem grösseren, durch die sich smnmirende Arbeit der Einheiten lel)enskräftig-er gewordenen ZeUenstaate (Colonien der l'rotisten). in welchem alle Elemente im Wesentlichen die gleiche .Arbeit verrichten. Einer einheitlichen Gestaltung besonders günstig erscheint oft'cn- bai- die Anordnung der 1'heilproducte an der OhrrfiärJir riitrr Kinjd, durch welche auch die gleichmässige Fortbewegung am besten aufrecht erhalten bleibt (Fig. iü). Die Elemente behalten ihre Cilien. die alle an der Aussenseite hervortreten und den (Tcsammt- k("»ri»er rotirend fortbewegen ( l^i/ro.r, Moiun/n/- ('olonicii, MiiEctod,.im. A)-Knt,.(i,.,m. » Gastmia- IlohJc, ((icloiii). Mit dein Auttreten von ^^kelet- theilcn und Muskeln verbindet sich die Dirterenzirung von Sinnes- und Nerven- zellen aus modificirten Zellen des äusseren Blattes. Auch erhehen sich in radiärer oder bilateraler Anordnung Auswüchse des Leilics und gestalten sich theils zu bestimmten, aus dem Hedürfniss der Flächenvermehrung ab- zuleitenden Organen der Athmung (Kiemen), theils zu Organen der Xahrungs- zufuhr und Bewegung um (Faiigarme, Tentakeln. Extremitäten). Die mit der wachsenden Köri)ergrösse zunehmende Coinplication der Organisation beruht demnach auf einer fortschreitenden .l>/>r/7.s7//r;^n/'// der neu erzeugten Zellencomplexe, insofern sich die verschiedenen für den Lebeiis- process erforderlichen Leistungen schärfer und bestimmter auf einzelne Theile des Ganzen, auf Organe mit besonderer Function concentriren. Indem die letzteren aber ausschliesslicii zu bestimmten Arbeiten verwendet werden, kJhinen sie durch ihre besondere Einriciitung diese in reicherem Masse und hiUierer VoUendung zur Ausführung bringen und unter der \oraussetziing des «i-eordneten Ineinandergreifeus der Arbeiten sämnitlicher Organe dem ßO Cniielatir.n uii.I V.ibindung der Orfranf. Orf^aiiismus Vortlieile zufiilircii. welche ihn zu einer h()heren Lebensstute liefälii^^en. aber aueh die untheilbare Einheit des Orj^anisnuis begründen. Mit der K(»rpergrösse und Mannigfaltif^keit der Organisation steigt daher im Allgemeinen die HiUie und Vollkrtnnnenheit der Lebensstute. sowie die Ein- heit und rntlieilbarkeit des Organismus. ('orrelation und Yerbinduiig der Organe. Die Oigune des Thierleibes stehen schon gemäss ihrer allmäligen Entwicklung untereinander in einem sich gegenseitig bedingenden \"er- hältnisse. nicht nur ihrer Gestaltung, (irösse und Lage nach, sondern auch bezüglich ihrer Leistungen ; denn da die Existenz des ( )rganisnnis auf" der ^^unDuirung der Einzelwirkungen aller Theile zu einer einheitlichen Acus- serung beruht, so müssen die Theile und Organe in bestinmiter und gesetz- mässiger Weise einander angcpasst sein. ^lan hat dieses, schon aus dem Begritfe des Organismus und mit dessen Entwicklung sich als nothwcndig ergebende (bereits ^irisfofcifs bekannte) Abhängigkeitsverhältniss sehr passend als „CorrcJafioii" der Organe bezeichnet und schon vor vielen Decen- nien zur Autstellung mehrerer (Irundsätze verwerthet. deren vorsichtige An- wendung truchtliare Oesichtspunkte für vergleichende Retrachtungen lieferte. Die Verbindnngsweise der Organe und die Art ihrer gegenseitigen Lagerung ist keineswegs, wie (xeoffroy-St. Hilaire in seiner Theorie der Analogien aussi)rach, im ganzen Thierreiche nach ein und demselben Schema durchgeführt, sondern lässt sich mit Cuvier auf verschiedene (Jrganisatitnis- typen (nach der Anschauungsweise Cuvier's und dessen „jiriiirijx- de In mhortllimfioii des rlianirth-rs'' als „Pläne'' bezeichnet), Tliierkreise oder Thierstämme. Phylen , zurückführen, welche als die hi»clistcn. d. h. um- fassendsten und allgemeinsten Abtheilungen des Systems durcii ciiu' Summe von Charakteren in der Gestaltung und gegenseitigen Lagerung der < )rgane bezeichnet sind. In der gemeinsamen Grundform ihres Ikiues stinunen höhere und niedere l^ntwicklungsstufen. desselben Kreises iil)erein. während ihre untergeordneten Merkmale im Speciellen sehr mainiigfach abändern. Untereinander aber stehen die Tliierkreise in verschiedener, näherer oder entfernterer Beziehung, wie sich aus der Verwandtschaft niederer Form- zustände und der Entwicklungsvorgänge ergibt, sie repräsentiren daher keineswegs, wie das seinerzeit Cuvier glaubte, A(»n einander vollkonnneii abgeschlossene und auch nicht einander coordinirte. gleichwerthige (!i-uppen. Es ist die Aufgabe der Mi>r/>//(>/<)i//c , das Gleichartige der Anlage unter den verschiedensten Verhältnissen der Organisation und Lebensart zunächst für die Thiere desselben Kreises, dann aber auch über diese hinaus für verschiedene Tliierkreise nachzuweisen. Diese Wissenschaft hat gegenül)er den Aiuiloi/icii, welche in den verschiedenen Kreisen nuftivteii und die gleichartige Leistun,i:\ die physiologische \'erwandtsc}iaft ähnlicher. iibor nicht auf die <:loi('lio Anlaj;v /u beziolioiHlcr Organe bctrottou. /.. 1>. der Flii<;('l des Vo^-els nii/ii(iii/c bezeichnet. Die zusaiimiengesetzten Organe nach Bau innl Veniclitunü. Die rci/rfdfimt ()/-(/(ii/(' umfassen die ()ri;'aue (]cv l'Jn/ä/nHi/i/, welche. für jeden lebendig-en Organismus notliwendig-. Thieren und l'tlanzen ^-e- nuMusam sind, bei den ersteren aber in allmälig-er Stufenfolge und ins innigsten Verbände mit den immer hidier vorschreitenden animalen Lei- stungen zu einer mannigfaltigeren (Jestaltung- gelangen. An den Frwerl) und die Aufnahme von Xahrungsstoffen schliefst sich beim Thiei-e die \'er- (Uiuuug- derselben an; die durch die \'erdauung löslich gewoi-denen assi- milirbaren Stoffe werden zu einer ernährenden, den Körper durelistriiiiKMnien Flüssig-keit (l)lut). welche in mehr oder minder be.stinnnten IJahnen zu allen Organen gelangt uml denselben Bestandtheile abg'ibt. aber aus Jenen auch die unbrauchbar gewordenen Zersetzung-sstoffe aufninnnt und bis zu deren Aus- scheidung in l)estimmten Kia-pertheilen weiterführt. Die zur Ausführung der einzelnen Functionen der Ernährungsthätigkeit allmälig- zur Sonderung gelangenden Organe sind somit: der Apparat der A7^//;7o///.sv//(/y/r/Ay//r, ]'i)-- (laiiinKj uml B/nfhi/dini;/, die Oi'gane do- Ilcsj/irdiioii, (\cx Krrls/dii/'cs und die K.rt)-rf/oiis-orf/:trovascularapi)arat). In Wahrheit aber ist die in denselben (Hadiär- cauäle. Ma,i;eutaschen) enthaltene und durch die VVimperhaare der Entodcnn- bekleidnnjj,- umherbewcg-te Flüssig-keit kein Nahrung-ssaft, sondern mit tlot- tireiiden Nalirungskörperchen erfülltes Seewasser. Jene sind mikroskopisch kleine ( h'ganis- men. sowie 'J'heile zerfallener grösse- rer Körper. Die Verdauung erf« »Igt niclit nur in der centralen ( 'avität und hier keines- wegs unter dem Eintiusse ausge- ^ schiedener cuzii- niafixrhn- Secrete, sondern überall an der Berührungs- fläche der Nah- rungskörper mit dem Entoderni, und zwar an ein- X zehien Theilen wie an den Gastraltila- menten in ver- stärktem Masse. Auch verm(">gen die Entodermzel- len der Gastral- cavität fremde Körper mittelst 7. auigeiioin- amiiboidcr Fort- sätze aufzuneh- men. Es besteht somit noch wie bei den Protozoon eine infn(rr/It(Inrr Vir- dauiDKj. Bei den grösseren Polypen ( Anthozoen) hängt von der .Mundötfnung ein Rohr in den Centraltheil der Verdauungscavität hinein, welches man als Magenrohr bezeichnet hat. obwohl es lediglich zur Zuleitung der Nahrungs- stotlt'e, also mehr als .Schlundrohr dient und, von Ektodermzellen l)ekleidet, an das Stomodaeura der mit einem Darmrohr versehenen Metazoen erinnert (Fig. 62). \\ Mvtdlid veveld, nach M. Schnitze, mit einer im Pseudoj^odi meuen TJiatoniacee. Gastrovasouhurauin der Coeleuterateri. 6;i Fig. 01 Schon hei dieser einfachen Form der verdauenden ('a^•ität treten Organe der Xahrnnjj,S7>ntuhr auf; es sind vor dem ]\Iunde gelegene, radiär oder hihiteral angeordnete Anhänge oder Fortsätze des Leibes, welche kleine Nahrungstheile herbeistrudeln oder als Arme fremde Körper ergreifen und in den Mund führen (Polypen, Quallen, Fig. 63). Auch können solche /um Fangen der Beute dienende Anhänge von dem Munde weiter entfernt liegen (Fangfäden der Medusen, Siphonophoren, (-tenophoren). Frhält die verdauende Cavität ihre sel))stständige. \-on der Köriter- wandung abgesetzte und meist (die paren- chymatösen Würmer ausgenommen) durch einen Leibesraum ge- trennte Wandung, so erscheint dieselbe im einfachsten Falle als ein blind ge- schlossener . einfa- cher oder gabelig ge- theilter oder verästel- ter Schlauch mit scharf abgegrenztem Schlundtheile (Tre- matoden. Turbella- rien) oder als ein mittelst After aus- mündendes Darm- rohr (Fig. 64 und 6ÖI. Im letzteren Falle tritt eine Glie- derung ein. welche zur Unterscheidung \(»n drei Abschnit- ten führt, des Mund- darmes (Oesopha- gus) zur Einleitung der Nahrung, des Mitteldarmes zur Verdauung und des Enddarmes zur Ausführung der Speisereste. Während der Mitteldanu stets von einem auf das Entoderm zu beziehenden Epithel bekleidet wird, ei-scheinen Mund- und Afterdarm wenigstens in ihren äussersten End- ahschnitten als durch Einstülpung der Körperwand entstandenes, daher in diesen als Sfotuodamiii und Frododaeiun zu bezeichnenden Abschnitten vom Ektoderm ausgekleidet. Der Antheil, welchen diese beiden Abschnitte an der Bildung des Darmes nehmen , ist ein überaus wechselnder , indem Stißon ijcli in III tjtilns, nach Stein von der BauchHiiche gesehen It'r Adorale Wimperzone, C con- tractilu Vacuole , A' Makro- nuclous, H Jükronucleolus, A After. Längsschnitt durch den Körper eines Antlio- zoenpolypen(Octactinie). Mr Magenrolir mit der Mundöffnung zwischen den gefiederten Fangarmen, Mt Magentasche, Mf Meseu- terialfilamente, G Genitalorgane, S Septuni. 64 Iianncanal dfv Metazoen. von (lonsolben /,. B. l)oi violoii Arthr Fig. 63. Die Ohrenqualle. Ai'felic MA der Mnndfläche )])odeii. insl)o.soiKlere Insecten und Decapodcn. der <;e- siimmte, mehrt'aeh «ie- glicdevte Mund- und Enddarni jjjehildet wird, während sie bei den Wirbeltliie- ren auf die äussersten Enden des Vorder- ^_ t. lind Enddarmes be- 8^"^ sehränkt sind. Aiieli kann der Darm riiek- g-ebildet sein und dem- entsprechend auch ein Mund und After fehlen. Solehe Fälle sind nicht nur bei pa- rasitischen Würnieni (Cestoden. Acantho- dargesteiit. j/.-i die cephalcu . cinzelneii vier Mundarnie mit der Mundöffniing' im Centrum. Glc Genitalkrausen, GH J^pi^iatodCU ) Sondcm Oeffnung der Genitalhöhle, J?/c Eandkörper. J?(? Eadiärgefässe, T Tontakeln am Sclieihenrand. Fis. M. Fi.- ().J. auch bei sclinia- rot/enden Cru.staceen (Rhi/.ocephalen i und Geschlechtsthieren von Kinden- uiid Wurzelläusen (Cheimes. riiylio- xera) bekannt geworden. Bei höheren Thieren wird in der Reg-el die Zahl der Abschnitte eines jeden der Hauptabschnitte eine grössere, ihre Form und Gliederung eine mannigfaltigere. Auch gestalten sich die Organe des Xahrungserw er- bes. zu welchem oft dem Mund l)c- nachbartc Nebenanhänge, wie die K.iinwitätni , verwendet werden, complicirter. Im einfachsten Falle wird am ]\lunddarnie der Eingangsabsehnitt sehr erweitert und zu einem auch zur Kesi)iration dienenden Pharvn- gealsack vergrössert. in welchen, wie bei den TiiiNcnfcii, kleine Xahrungs- körper mit dem Wasser durch Wimperapparate eingestrudelt und in den iiach- Barmcaiial von Distn- mum hepnficuni, nach R. Leuckart. 7> Darmschenkcl. O Mundöfifnuiig. Darmcanal eine« jungen Ne- matoden. O Mund, Oe Mund- darm ( Oesophagu.s) mit Pha- ryngeal - Anschwellung Pli. D Mitteldarm, A Atter. Danncanal. M\iiuldarm. ^Mapfen. 65 folgenden verengten Darmabsclniitt iU)crgeleitet werden. Ganz älinlich ver- hält sich auch der ^lunddarm von Ai)iphio.riis. Bei höherer Entwicklung führt die ^rundciffnung zunächst in eine MkihI/iö/iIc, vor oder innerhalb welcher feste Bildungen als Kiefer und Zähne das Erfassen und Zerkleinern ( Vertebraten, Gasteropoden) der Nahrungsstotfe besorgen, aber auch durch den ZuÜuss von Secreten besonderer Drüsen, der Speicheldrüsen (Fig. 66 und 67), eine chemische Einwirkung auf die Speisetheile ausgeübt werden kann. Bei den Arthropoden liegt der Kauapparat ausserhalb des Köri)ers Fig. 67. AD Danncanal nebst. Anhangsdrüsen einer Raupe, O Mnnd, Oe Oesophagus, Sp D Speicheldrüsen, Se Spinndi-üsen (Se- ricterien), MD Mitteldarm. ^D After- darm, Mg Malpighi'sche Gefässe. vor dem Munde, durch kie- ferartige Extremitäten paa- re gebildet oder auch zum Stechen und Saugen umge- staltet (Sch)uarotzer), bei Würmern rückt derselbe in einen Theil des Schlundes ( Rotiferen , Kiefer würmer) , ja selbst in einen erweiter- ten musculösen Abschnitt am Ende des Schlundes hinab. An dieser Stelle bil- det sich häufig ein erwei- terter Abschnitt als Magen aus, welcher unter noch- maliger mechanischer Be- arbeitung (Kaumagen der Malacostraken), oder auch durch Absonderung von Se- creten die Verdauung einleitet, beziehungsweise beider- lei Functionen vereinigt (Vögel) und dann den Speise- brei in den Mitteldarm überführt. Durch Erweiterungen und Ausstülpungen entstehen an der Mundhöhle Kehl- säcke, Backentaschen, am Oesophagus Kropfbildungen und am Magen Blindsäcke, sämmtlich als Nahrungs- reservoirs zur vorübergehenden Aufbewahrung der auf- genommenen Nahrung. Bei den Wirbelthieren kann durch solche Neben- behälter der Magen eine complicirte Gestalt gewinnen. Bei den Fischen ist der- selbe von der Speiseröhre noch nicht scharf abgesetzt und nur durch die Be- schaffenheit der Schleimhaut, sowie durch einen nach hinten gerichteten Blind- sack ausgezeichnet, während die Abgrenzung vom Mitteldarm meist durch eine verengte Stelle bezeichnet wird. Auch bei manchen Perennibranchiaten. wie Frotcuh-, erscheint der Magen nicht einmal als erweiterter Abschnitt, wohl aber bei den Urodelen und Anuren, im letzteren Falle zuweilen bereits quergestellt, ebenso bei den Schildkröten und Crocodilen, an deren Magen C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. G. Aufl. 5 Darmcanal eines Schmetter- lings. R Küssel (Maxille), Sp Speicheldrüsen, Oe Oeso- phagus, S Saugmagen, Mij Malpighi'sche Gefässe, Ad Afterdarm. 6G iMagi^n der ^Viederkäut■l•. ilitteldai Fig. G8. sicli durch Annäherung des Pylorus an die Cardia eine grosse und kleine Curvatur bemerklich macht. Bei den Vögeln sind deutlich zwei Abschnitte als Drüsenmagen und Muskelmagen mit Reib})latte (Fig. 68, I)m, Km) zu unterscheiden. Unter den Säugethieren bewahrt der Magen seine primäre Längsstellung bei den Phoken, zeigt sich aber stets scharf abgesetzt und retortenförmig erweitert. Häufig buchtet sich der Cardialtheil blindsack- artig aus, besonders bei Omnivoren (Fig. 69) und Pflanzenfressern, und ist mit einer derben, jedoch auch driisenhal- tigen Schleimhaut bekleidet. So bereitet sich die Trennung zweier Abschnitte vor, welche bei vielen Xagethieren durch eine quere Ein- schnürung schärfer abgegrenzt werden. Der cardiale Abschnitt mit seinem Blindsack ent- spricht mehr einem Nahrungsbehälter, wäh- rend der Pvlorusabschnitt die Labdrüsen (Pep- sin, Umwandlung der Eiweisskörper in lösliche Modificationen, Peptone, bei saurer Reaction, ^ // Salzsäure) enthält und die Verdauung einleitet. Indem sieh wiederum jeder der beiden Haupt- abschnitte in zwei Räume absetzt, hat die mor- phologische und physiologische Gliederung des Magens in die vier als Pansen^ Netzmagen, Psalterium und Labmagen unterschiedenen ]\Iägen der Wiederkäuer ihr Extrem erreicht. Der Mitteldarm , den man auch bei Wir- bellosen oft als Magendarm oder Chyhisdarm bezeichnet, bringt die bereits durch denZufluss von Säften der Mundhöhle (Speichel) und des Magens eingeleitete Verdauung zum Abschluss ; aus dem zur Resorption noch unfertigen Xah- rungsbrei (Chymus) werden durch w^eitere Barmcanal eines Vogels. Oe Speiserähre, Chcmische Einwirkung ZUflieSSCndcr ScCrCtC Ä' Kropf, Dm Drüseemagen, Km Muskel- eincF oder mehrerer Mitteldamidrüscn (der magen, D Mitteldarm, P Pankreas, in der r t t -r^ i Duodenaischiinge gelegen, H Leber, c LebcT , dcs Pankreas, dcr Darmdrüscu), die beiden Biinddäi-me , Ad Aftsrdarm, welclic wlc das Sccrct dcr Labdrüscu die Ei- r Ureteren, A7 Kloake, Oc Oviduct. , /v . , , , weissstotte m lösliche Modificationen über- führen, die zur Resorption geeigneten Nahrungssäfte in Lösung gewonnen und als Clujlus von der Darmwaudung aufgesaugt. Nicht selten gliedert sich der ]\litteldann , dessen Flächenvergrösserung minder häufig durch .Ausstül- pung, meist durch Falten- und Zöttchenlnldung, sowie durch Längenzunahme herbeigeführt wird, wieder in untergeordnete Abschnitte verschiedener Be- schafienheit , Avie man beispielsweise am Säugethierdarm ein Duodenum, Jejunum und Ileum unterscheidet. (Fig. 69.) Atterdanii. iSpciclieldrüse lii'bcr. 6i Der vom Mittcklariii nicht immer scluirf abgesetzte Affcrilarni hat eine besondere Beziehnng zur Ansammlung und Ausstossung der Kothreste, vermag jedoch in seinem proximalen Abschnitt, beziehungsweise Blinddarm- anhange, eine Art Nachverdauung auszuführen. Bei niederen Thieren nur von geringer Ausdehnung, erlangt derselbe bei hJUieien Thieren eine be- deutendere Länge, beginnt mit einem (Säugethierej oder zwei Blinddärmen (A'ögel) und kann sich wieder (Säugethiere) in mehrere Abschnitte , wie Dickdarm und ^Mastdarm, glicdei-n und an seinem Ende mit Drüsen mancherlei Art (Analdriisenj, sowie als Kloakcndarm mit den Austuhrungsgängen der Harn- und Geschlechtsorgane in Ver- bindung treten. Auch kann derselbe zu Nebenfunctionen dienen, wie z. B. zum Athmen (Libellenlarven) oder zur Ab- sonderung von Secreten der 8pinndrüse (Larve des Ameisenlöwen). Auf Ausstülpungen , welche sich durch weitere Diflterenzirung zu Anhangs- drüsen entwickelt haben, sind die Spei- cheldrüsen, die Leber und das Pcuih-ed oder He pato Pankreas zurückzuführen. Die Speicheldrüsen ergiessen ihr »Secret in die ^Mundhöhle und dienen zur Verflüssigung der Xahrungstheile und zum Schlüpfrigmachen des Bissens, aber auch bereits zur chemischen Veränderung Fig. 69. :T/ »i Coe Darmcanal des Menschen. Oe Oesojihagiis. ,1/Magen, L Milz, H Leber, Gb Gallenblase, P Pankreas. Du Duodenum mit einmündendem Gallengang und pancreatischem Gang, Je Jejunum, Jl Ileum, Co Colon, Coe Blinddarm oder Coecum mit dem Pro- cessus vermiformis Pf, R Kectum. dere zur Umwandlung von Amylum in Zucker. Dieselben fehlen zahlreichen Wasserthieren und sind besonders mäch- tig bei den Pflanzenfressern ausgebildet. Die auf einer höheren Entwick- lungsstufe durch ihren sehr bedeutenden Tmfang ausgezeichnete Leber findet sich als Anhangsdrüse am Anfang des verdauenden Mitteldarmes. In ihrer ersten Anlage durch gelbliche oder bräunliche Zellen der Dannwand vertreten (Würmer), erhebt sie sich zuerst in Form kleiner blindsackähnlicher »Schläuche (Phyllopoden) und erlangt durch weitere "N'erzweigung derselben eine coraplicirte Ausbildung von Gängen und Follikeln, welche in sehr verschiedener Weise selbst zu einem schein- bar compacten Organe zusammengedrängt sein können. Man hat indessen mit dem Namen „Leber" in den verschiedenen Thierkreisen sehr verschiedene morphologisch und physiologisch nicht aufeinander zurückführbare Drüsen bezeichnet. Während bei den Wirbelthieren die Leber als gallenbereitendes Organ keine nachweisbare Beziehung zur Verdauung besitzt, vermögen die 5* (33 Heijatopaiikn-as. raiikreas. (Jrgane clez Atlimuug. Secrete mancher Anhangsdrüsen , die bei Wirbellosen als Leber benannt werden, jedoch besser als Hapdtopankreas zu bezeichnen sind, auf .Stärke und Ei Weissstoffe eine verdauende Wirkung auszuüben, wenn sie auch ähn- liche Nebenproducte und Farbstoffe wie die Galle der Vertebraten enthalten (Dekapoden, Cephalopoden, Heliciden). Bei den Wirbelthieren beruht die Bedeutung der Leber in erster Linie auf der Veränderung des durch sie hindurchfliessenden Blutes und der Bildung von Blutzucker. Die Bauchspeicheldrüse, Pankreas, ist eine vornehmlich den Verte- braten zukommende Drüse des Mitteldarmes, deren Secret als Pankreassaft die im Magen begonnene Verdauung der Eiweisskörper im Dai-me bei alkalischer Reaction des Speisebreies, welche durch die zugeflossene Galle Ijcwirkt ist, weiter führt. Unter den Fischen hat man nicht überall ein Pankreas als von der Darmwand abgehobene Drüse gefunden und deshalb früher den Mangel derselben behauptet. In solchen Fällen erscheint die- selbe jedoch in kleine, zwischen den Platten des Mesenteriums einge- schlossene Drüsengruppen vertheilt oder wie beim Karpfen, Labrax, Gobius etc. in die Leber eingebettet. Wie E. H. Weber früher gezeigt zu haben glaubte, sollte beim Karpfen und Barschen die Leber das fehlende Pankreas ver- treten. Ausser der Bauchspeicheldrüse finden sich am Anfange des Duo- denums bei den Ganoiden und bei zahlreichen Teleostiern (Thunfische, Lachse etc.) ein oder mehrere grössere oder zahlreiche kleinere Anhangs- schläuche (Appendices pjyloricae). Organe der Athmung. Ausser den durch die Darmwandung aufgenommenen Nahrungssäften bedarf der Organismus der fortgesetzten Zufuhr eines Gases, des Sauer- stoffes, mit dessen Aufnahme zugleich die Abgabe von Kohlensäure (und Wasserdampf) verbunden ist. Der Austausch beiderlei Gase erfolgt zwischen dem Blute des thierischen Körpers und dem äusseren Medium und ist der wesentliche Vorgang der Äthmuny. Im einfachsten Falle besorgt die ge- sammte äussere Körperbedeckung den Austausch beider Gase, wie auch überall da , wo besondere Bespirationsorgane auftreten , die äussere Haut bei der Athmung mit in Betracht kommt. Die Athmungsorgane entwickeln sich entweder als Ausstülpungen und Anhänge der Haut (Kiemen) oder als Einstülpungen von der Haut oder an der Wand des Darmes (Lungen). Die Athmung im Wasser stellt sich natürlich weit ungünstiger für die Zufuhr des Sauerstoffes heraus als die directe Athmung in der Luft, weil nur die geringen Mengen von Sauerstoff", welche der im Wasser ver- theilten Luft zugehören, in Verwendung kommen können. Daher findet sich diese Form der Athmung bei Thieren mit minder energischem Stoffwechsel und von tieferer Lebensstufe (Anneliden, Mollusken, Crustaceen, Fische), und es sind äussere, möglichst fläehenhaft entwickelte Anhänge der Haut. Kiemen. Luiipffii. 'J'racheen. 69 welche aus einfachen, «-eweihfünnigen oder dendritisch verästelten Schläuchen Fig. 70. Fig. 71. Kopf und vordere Leibassegmente einer Eunice, vom Kücken ans gesehen. T Tentakeln oder Fühler des Stirnlappens, Ct Cirri tentaculares, C Cirri an denParapodien, Br Kiemenanhänge der Parapodien. Fig. 72. Durchschnitt durch ein Leibessegment der Kunicr. Br Kiemenanhiinge, C Cirri, PParapodien mit dem Borsten- bündel, D Darm, X Nervensystem. (Fig. 70, 71) oder aus lanzetförmigen, dicht nebeneinander gedrängten, eine grosse Oberfläche bildenden Blättchen bestehen, die Kiemen. (Fig. 72.) Die ( )rg:ane der Luftathmung sind Fig. 73. j'.l entweder Lungen oder Tra- eheeii. Jene entwickeln sich als Ausstülpungen vom Dar- me aus im Innern des Kör- pers (Vertebraten) oder sind auch durch Duplicaturen der Haut erzeugte Höhlun- gen an der Aussenwand des Körpers (Mantelhöhle der Lungenschnecken, von Bir- fjns latro) und entsprechen ebenfalls den Bedingungen einer bedeutenden Flächen- wirkung zum endosmoti- schen Austausch zwischen Luft und den Blutgasen. Im ersteren Falle sind die Lun- gen geräumige Säcke mit alveolärer oder schwammiger, von zahlreichen Septen und Balken durchsetzter Wandung. mit welche ein äusserst reiches Netzwerk von Capillaren trägt. Die Luftröhren oder Tracheen (Fig. 73) bilden ein im ganzen Körper verästeltes System von Canälen, welche die Luft nach allen Organen hinführen. Diese lediglich bei Wirbellosen vorkommenden Athmungsorgane sind von der Haut aus entstanden, und münden ihre Oeffnungen (Stigmen) an der Tiacheenastchen mit temeren Verzwei- gungen, nach Leydig. 25 zellige Aussen- wand, Sp cuticulare Intima mit Spiral- faden. Durchschnitt durch die Kieme eines Teleostiers. b Kiemenblättche den Capillaren , c zu- führendes Gefäss mit venösem, d abführendes Gefiiss mit arteriellem Blute, o knöcherner Kie- menbogen. ro Stigmen. Kächertracheen. Kopf Tind Eumiif eines Acridium in seitlicher Ansicht. .SV .Stigmen. T tympanales Organ. Körperoberfläche. Bei den Lungen ist die Respiration localisirt, hier da- gegen auf alle Gewebe und Organe des Körpers ausgedehnt. Die äussere Athmung, das heisst Aufnahme von Sauerstoff in das Blut, fällt mit der inneren , der Athnuing in den Geweben , zusammen , welche von feinen Traciieennetzen ums])onnen werden. In diese Organe der Luftathmung tiihren naturgemäss Oeffnungen der Körperwand, und zwar die meist in grösse- rer Zahl und meist paarig symme- trisch an den Sei- ten des Leibes sich wiederholenden Sti(jmeu (Fig. 74 und 75). Indessen können bei was- serlebenden In- secten die Tracheen der Einmiindungsöffnungen entbehren und an bestimmten Stellen des Körpers ihren Sauerstoff durch kiemenähnliche, mit dichtem Tracheennetz erfüllte Anhänge aus dem Wasser aufnehmen. ]\Ian nennt solche Anhänge, wie sie am Körper der Phryganea-, Ephemera- und Libellenlarven (A(jrion) auftreten, Trarlifcukimwii. (Fig. 76 a, h.) In seltenen Fällen können dieselben an der Wand des Mastdarmes zur Entwicklung kommen und somit in einem geschützten Räume ihre Lage finden (Mastdarm- athmung von AcscJuia, Libclhda). Die als Fächertrarheoi be- kannten Lufträume der Spinnen und Scorpione sind flache, wie die Blätter eines Buches nebeneinander gelagerte, durch kurze Trabekeln verbundene Hohllamellen, welche vom Blute umspült werden und also wie die Lungen eine äussere localisirte Athmung vermitteln. (Fig. 77.) Während dieselben früher ihrer Entstehung nach auf nicht weiter verzweigte zu Hohlblättern umgestaltete Aeste eines Tra- cheenbüschels zurückgeführt wurden, ist es in neuerer Zeit durch die Beziehungen der Merostomen zu den Scorpionen wahrscheinlich geworden, dass die Höhlungen der Blätter den mitLuft erfüllten Zwischenräumen lamellöser, in Nischen des Körpers eingedrückter Kiemen (Linmlus) entsprechen. Seinem Wesen nach ist der Athmungsvorgang an Kiemen- wie Lungen- oberfläche derselbe. Wenn man bei Lungenschnecken (Llmnncm) wahrnimmt, dass die Resi)irationsfläche nach Füllung der Mantelhöhle mit Wasser (so- wohl im jugendlichen Zustande, als unter besonderen Lebensbedingungen, wie Aufenthalt in der Tiefe des Wassers, auch dauernd) ähnlich wie die Fläche einer Kieme athmet. so wird man es nicht auffallend finden, dass. 1 r.icheensystem einer Fliegenmade. TrLängs- stamm der rechten Sei- te mit den Tracheen- büscheln der Segmente, St' und St" vorderes und hinteres Stigma, Mh Mundhaken. Kiementraciieen. 71 in i;leicher Weise Kiemen und verästelte Hautwucherunf^en, welehe unter Fig. 76. Ti^ Tracheensystem einer Agrion - Larve , nach L. Dufour. Tst Tra- cheenstämme zur Seite des Darmcanals , Kt Kiementracheen, .V« die drei Punktaugon. Larve einer Eintagsfliege mit sieben Doppelpaaren von Tracheenkiemen A7, unter Lui>envergrösserung. Kf Eine Tracheenkieme isolirt, stark ver- grössert (ohne Nebenblättchen). normalen ^>rhältnissen zAir Athmung im Wasser die- nen, falls sie in feuchtem Luftraum durch ununter- brochene Befeuchtung wie durch innere Blutfüllung vor Einschrumpfen und Trockniss geschützt bleiben, wie die Lungenoberfläche sich verhalten (Krabben, Birgus lafro, Labyrinthfische) und ihren Trägern Auf- enthalt und Athmung in der Luft ermöglichen. Für den Austausch der Gase ist der rasche \\'echsel des den Sauerstoff tragenden Mediums, wel- ches die respiratorischen Flächen umgibt, von der !,°\ ':"T '''"" ;"p'""" ' I o Fachertracheen, a das zuletzt grössten Bedeutung. Wir treffen daher sehr häutig be- gebildete Biatt, nach Berkau. sondere Einrichtungen an, durch welche sowohl die Entfernung der l)ereits 72 Eespirationsbewegungen. Arterielles und venöses Blut. verwendeten, mit Kohlensäure ji;esättig-ten Theile bewirkt, als derZufluss neuer sauerstoft"haltigeu und von Kohlensäure freien Mengen des respiratorischen Mediums herbeigeführt wird. Im einfachsten Falle kann diese Erneuerung, wenn auch minder vollständig, durch die Bewegung des Körpers oder durch continuirliche »Schwingungen der Kiemenanhänge herbeigeführt werden, durch Bewegungen, welche zugleich , falls die respiratorischen Flächen in der Umgebung des Mundes angebracht sind, als Organe der Nahrungszufuhr in Verwendung kommen. In dieser Weise dienen die Tentakeln verschie- dener festsitzenden Thiere zur Athmung (Bryozoen, Brachiopoden , Tnbi- colen etc.). Sehr häufig erscheinen die Kiemen als Anhänge der Locomo- tionsorgane, z. B. der Schwimm- oder Gehfüsse (Krebse, Anneliden), deren Bewegungen den Wechsel des respiratorischen Mediums an der Kiemen- oberfläche unterhalten. Complicirter gestalten sich die Bewegungen, wenn die Kiemen in besonderen Räumen eingeschlossen liegen (Fische, Decapoden), oder wenn die Atlimungsorgane selbst, wie dies für die Tracheen und Lungen gilt, im Innern des Leibes liegen, die in mehr oder minder regel- mässigem Wechsel ausgepumpt und mit frischer Luft erfüllt werden müssen. Hier wie dort sind es Bewegungen benachbarter Körpertheile oder rhythmische Verengerungen und Erweiterungen der Lufträume, sogenannte Aflicnihc/rc- (jiüiyen , welche die Erneuerung des respiratorischen Mediums reguliren. Von diesen, zunächst vornehmlich bei den luftathmenden Thieren in die Augen fallenden Bewegungen ist die Bezeichnung Atlimiing oder Bcsp'iratiou auf den erst secundär von der Lufteinfuhr und Luftausfuhr abhängigen endos- motischen Process der SauerstoflFaufnahme und des Sauerstoffverbrauches übertragen worden und in diesem Sinne streng genommen um so weniger zutreffend, als es sich bei den Respirationsbewegungen der mit Kiemen- räumen versehenen Thiere um Ein- und Ausströmung von Wasser handelt. Bei den höheren Thieren mit rotliem Blute ist der Unterschied der Blutbeschaffenheit vor und nach dem Durchtritt des Blutes durch die Ath- muugsorgane ein so auffallender, dass man schon an der Färbung das kohlensäurereiche Blut von dem sauerstoflfreichen sofort zu erkennen vermag. Das erstere ist dunkelroth und wird schlechthin als venöses bezeichnet, das aus den Kiemen oder Lungen ausströmende Blut hingegen hat eine intensiv hellrothe Färbung und führt den Namen arterielles Blut. Während man im anatomischen Sinne die Bezeichnung rcuös und arteriell gebraucht, um die Natur der Blutgefässe zu bezeichnen, je nachdem sie das Blut zum Herzen hinführen oder dasselbe vom Herzen wegführen, wendet man die gleiche Bezeichnung in physiologischem Sinne an als Ausdruck für die beiderlei Blutsorten vor und nach dem Durchtritt durch das Respira- fionsorgan. Da dieses letztere aber entweder in die Bahnen der venösen oder arteriellen Gefässe eingeschoben ist, so muss es im ersteren Falle renöse (Mollusken und "N'ertebrafen) Gefässe geben, welche arterielles lilut. im letzteren Falle (Vertebraten) arterielle Gefässe. welche y7>j?ö>s Blut fuhren. Wiirmt'erzfuguiig. Wiiimescluitz. 7ö Die Intensität derAtlnnung steht in geradem Verhältnisse zur Energie des StottSvcchsels. Thiere mit Kiemenathmiing und spärlicher Sauerstoff- aufnalime sind nicht im Stande, grosse Mengen von organischen Bestand- thoilen zu verbrennen und können nur ein geringes Quantum von Spann- kräften in lebendige Kraft umsetzen. Dieselben erzeugen daher nicht nur verhältnissmässig wenig Muskel- und Nervenarbeit, sondern producircn auch in nur geringem Masse die eigenthümlichen, als Wärme bekannten Molekular- l)ewegungen. Thiere mit spärlicher Wärmebildung, deren Quelle nicht etwa, wie man früher irrthümlich glaubte, in den Respirationsorganen, sondern in den tliätigen Geweben zu suchen ist, vermögen nicht, ihre selbsterzeugte Wärme den Temperatureinflüssen des umgebenden jMediums gegenüber selbst- ständig zu bewahren. Dasselbe gilt auch für luftathmende Thiere mit inten- sivem Stoffwechsel und reichlicher Wärmebildung, wenn sie in Folge ihrer sehr geringen Körpergrösse eine bedeutende wärmeausstrahlende Oberfläche darbieten (Insecten). Bei dem beständigen Wärmeaustausch zwischen thierischem Körper und umgebendem Medium muss bei solchen Thieren die Temperatur des äusseren Mediums massgebend sein für die Temperatur des thierischen Körpers und diese mit jener bald steigen , bald sinken. Daher erscheinen die meisten sogenannten niederen Thiere als Wechsel- irarme 0 oder, wie man sie minder treffend bezeichnet hat, als KaJthlütcr. Die höheren Thiere dagegen, welche bei hochentwickelten luftführenden Respirationsorganen und energischem Stoffwechsel eine bedeutende Menge von Wärme erzeugen und durch Körpergrösse wie durch Behaarung oder Befiederung der Haut vor rascher Ausstrahlung geschützt sind, vermögen sich einen Theil der erzeugten Wärme unabhängig vom Sinken und Steigen der Temperatur des umgebenden Mediums als consfanfe Eigemvärme zu erhalten. Man bezeichnet daher diese Thiere als Honwothcrme oder Warm- hliiter. Da für dieselben eine hohe, nur innerhalb geringer Grenzen variirende Eigenwärme zugleich nothwendige Bedingung des normalen Verlaufes der Lebensvorgänge, beziehungsweise der Erhaltung des Lebens erscheint, so muss der Organismus in sich selbst eine Reihe von Regulatoren besitzen, um bei höherer Temperatur des umgebenden Mediums die Production von Eigenwärme zu vermindern (Herabsetzung des Stoffwechsels), beziehungs- weise durch vermehrte Wärmeausstrahlung (Verdunsten der Secrete von Schweissdrüsen, Abkühlung im Wasser) den Wärmezustand herabzusetzen, und umgekehrt bei verminderter Temperatur die Wärmeproduction zu er- höhen (Steigerung des Stoffwechsels durch reichere Nahrungsaufnahme, raschere Bewegung) , eventuell zugleich durch Ausbildung eines besseren Wärmeschutzes den M'ärmeverlust zu mindern. Wo die Bedingungen zur ^) Vergl. Bergmann, Ueber die Yei-hältnisse der Wärraeökonomie der Thiere zu ihrer Grösse. Göttinger Studien, 1847; ferner Bergmann und Leuckart, Anatomisch- physiologische Uebersicht des Thierreiches. Stuttgart 1852. ^4- , Organe des Kreislaufes. Herz. Wirksamkeit dieser Regulatoren genommen sind (Mangel an Nahrung, ge- ringe Körpergrösse ohne Wärmeschutz), finden wir ein Correctiv zur Er- haltung des Lebens in der Erscheinung des Winterschlafes (Sommerschlafes), und da, avo der Organismus keine zeitweilige Herabsetzung des .Stoffwechsels verträgt, in den Erscheinungen der Wanderung und des Zuges (Zugvögel, Strichvögel). Organe des Kreislaufes. Der durch die Verdauung gewonnene ernährende Saft dringt nach allen Theilen des Körpers vor. Sehen wir von den Protozoen ab, deren aus Protoplasma gebildeter Leib sich rücksichtlich der Vertheilung der Nahrungsstotfe ähnlich wie die Gewebseinheit, die Zelle, verhält, so wird unter den Thieren mit zellig gesonderten Geweben im einfachsten Falle das ganze Parenchym von dem ernährenden Safte durchtränkt (Coelen- teraten , Platyhelminthen). Mit der Ausbildung eines gesonderten Darmcanales und einer diesen umgebenden Höhlung zwischen Körperwand und Darm dringt die Chylus- flüssigkeit durch die Wandungen desselben in diese ein und erfüllt als Blut, in welchem von seltenen Ausnahmen abgesehen Körperchen, als im Or- ganismus erzeugte Zellen auftreten, die Leibeshöhle. In dieser, beziehungs- weise in deren durch bindegewebige Septen begrenzten Lacunensysteni bewegt sich das Blut anfangs noch unregelmässig mit den Bewegungen des gesammten Körpers, z. B. bei manchen Wik-mern, hauptsächlich unter dem Einflüsse der Contractionen des Hautmuskelschlauches (Ascaris), oder es dienen Schwingungen und Bewegungen anderer IJrgane, z. B. des Darm- canales, zugleich zur Girculation des Blutstromes (Cyclops). Auf einer weiteren Stufe treten die ersten Anfänge von blutbewegenden Centren auf, indem Abschnitte der Blutbahn von einer besonderen Muskelwandung um- kleidet werden und als pulsirende Herzen, Saug- und Druckpumi)en ver- gleichbar, eine continuirliche bestimmt gerichtete Strömung des Blutes unterhalten. In solcher Weise erscheint das Herz der Arthropoden entstanden, welches als langgestreckte Röhre an der Dorsalseite des Darmes verläuft und durch seitliche, den Körpersegmenten entsprechende Ostienpaare das Blut aufnimmt, um dasselbe durch eine vordere Spaltöffnung, beziehungs- weise kurze und enge, nicht contractile Verlängerung (Aorta) nach dem Gehirne und in die Blutbahnen der Leibeshöhle zu treiben. Das wegen dieser Lage und Gestalt als „Rüclrmjcfäss'' bezeichnete Herz ist somit in metamerisch aufeinander folgende Abschnitte, Kammern getheilt, von denen jede durch eine rechte und linke Querspalte das zum Herzen strömende Blut aufnimmt. Jedes dieser vcnikm Ostien ist längs seiner beiden Spalt- ränder von einer lippenartig einspringenden Lamelle, Lippenklappe, um- säumt, welche während der Zusammenziehung der Kammer (Si/stoir) durch Anlegen an die benachbarte Klappe den Verschluss des Ostiums herstellt Kückongefiiss. Blutgefässe. 75 und ^v^ihl•elld der Erweiterung- der Kaninierwand (Diastole) durch den Blut- stroin geöffnet wird. Urspriinglicli erstreckte sich wohl dieses gekammerte Rückeng-cfäss durch den ganzen Körper (Branch'q)Hs, Fig. 79), erfuhr dann aber mannigfache Reductionen (Arthrostraken, Insecten, Arachnoideen) bis zum schliesslichen Verbleib einer einzigen, von einem venösen Spaltenpaare durchsetzten Kammer (Cladoceren, Fig. 78, Calaniden, Milben). Fig. 7S Fig. 79. Daplnün mit einfachem Herzen C. Man sieht die Spalt- Männchen yon Bmnchipns stacjnnlis mit viel- öffnung der einen Seite. D Darmcanal, L Leberhörnchen, kammerigen Herzen oder Rückengefässe Bg, A After, G Gehirn, O Auge, Sd Schalendrüse, Br Brut- dessen Spaltöffnungen sich in jedem Segmente räum unter der Schalenduplicatur des Rückens. wiederholen. DDarm, MMandibel, ÄrfSchalen- drüse, B>-Kieraenanhang der Beine, T Hoden. Vom Herzen als dem Centralorgane des Blutkreislaufes entwickeln sich bestimmt umgrenzte Canäle zu Blutgefässen, welche bei den Wirbel- losen in das Lacunensystem der Leibeshöhle führen. Im einfachsten Falle sind lediglich die Gefässbahnen des aus dem Herzen strömenden Blutes mit selbstständiger Wand versehen und als Gefässe entwickelt (Oalaniden. 76 Herz der Arthropoden. Gefässsystem der Anneliden. Calanella, Fig. 80, Gamasus, Fig. 81). Auf einer höheren Stufe erscheinen Fig. 80. Herz eines Copepoden (Ca- lanella) mit einer aufsteigen- den Arterie A. Os Ostien, V Klappen am arteriellen Ostium, M Muskel. Fig. 81. nicht nur diese abführenden Bhitge- fässe complicirter gestaltet, sondern es erhalten aucli im Verlaufe des Lacunensystems gewisse Bhitbahnen ihre meinl)ran(»se Begrenzung, beson- ders in der Nähe des Herzens, und werden zu venösen Gefässen, die das Blut in einen umfangreichen, das Herz umgebenden Blutraum der Leibes- höhle, den Pericardialsinus, zurück- leiten, aus welchem dassell)e durch die venösen Ostien in das Herz ge- langt. (Decapoden , Fig. 82 . 8cor- pioniden.) Obwohl das Rückengefäss der Arthropoden den einfachsten Gestal- tungsverhältnissen von Herz und Ge- fässsystem entspricht, erscheint das- selbe gleichwohl nicht als Ausgang für die Entwicklung der Kreislaufs- organe der bilateralen Metazoen. Viel- mehr haben wir diesen in dem vom Mesoderm erzeugten Gefässapparat der Anneliden zu suchen, der sich freilich so verschieden verhalten kann, dass es schwer fällt, die ursprüngliche Grundform festzustellen. Wahrscheinlich ist dieselbe auf ein dorsales Mediangefäss zurückzu- führen , welches an der Darmwandung zwischen Ento- derm und Muskelbekleidung entstanden ist. Dasselbe Fig. 82. 4'' Cs Ic A.crb nmasiis nach . Ao Aorta. Herz und Blutgefäss artigen Blutsiniis Pi nebst Kiemen des Flusskrebses. C Herz mit drei Ostienpaaren, in einem heutel- gelegen, Ac Aorta cephalica. A.ab Aorta .abdominalis, .Is Arteria sternalis. (Pii- Leberarterie ist nicht dargestellt.) itgefässe der Jlollusken. 77 verläuft oberhalb (Fig;. 88) des Darmes durch die Länge des Körpers und ist durch seitliche Getassschlingen mit einem ventral verlaufenden Bauch- gefäss verbunden. Ein contractiler Abschnitt im Verlaufe des Rückengefässes, beziehungsweise pulsirende Seitenschlingen (Herzen) unterhalten die Blut- bewegung dort in der Richtung von hinten nach vorne, und in umgekehrter Richtung im Bauchgefässc. Bei den Mollusken und \'erte])raten strömt das Blut von Fig 83. (|g,j^ zurückführenden (lefäss aus direct in das Herz ein, mit dessen Wandung die Gefässwand in unmittell)arer Verbin- dung steht; dann unterscheidet man ausser der Herzkammer (Ventrikel) einen Vorhof (Atrium) als den die Aufnahme des Blutes vermittelnden Abschnitt des Herzens. (Fig. 84.) Die Fig. 84. 1 Vorderer Abschnitt des Blutgefässsy- systems eines Oligo- chaeten (Srienuris), nacliGegenbaur. Im Dorsalgefäss be- wegt sich das Blut in der Eichtung nach vorne, imVen- tralgefässe nach hinten (siehe die Pfeile). Hherzartig erweiterte Quer- schlinge. Nervensystem und Kreislauf organe von Paludina vivipara, nach L e y d i g. F Fühler, Oe Oesophagus, Cg Cerebralganglion mit dem Auge, Pg Pedal- ganglion mit anliegender Gehörblase, Vg Visceralganglion, Phg Pharyn- gealganglion, A Atrium des Herzens, Ve Ventrikel, Aa Aorta abdomi- nalis, Ac Aorta cephalica, V Venen, Vc Kiemenvene, Br Kieme. von der Herzkammer ausgehenden, das Blut vom Herzen wegführenden Gefässe nennt man Arterien, die zurück- führenden , bei den Wirbelthieren durch schlaffere Wand charakterisirten Gefässe Vene)}. Zwischen die Enden der Ar- terien und Anfänge der Venen erscheint entweder die Leibes- liöhle als ein Blutsinus, beziehungsweise als ein System von Blutlacunen ein- geschoben, oder Arterien und Venen sind durch ein Netz zarter Canälchen, der Haargefässe oder Capillaren, verbunden. Ist die letztere Verbindung an allen Abschnitten des Gefässsystems durchgeführt und somit, wie bei den Vertebraten, die Leibeshöhle als Blutsinus ausgeschlossen, so bezeichnet man das Gefässsystem als vtdlkommen geschlossen, wenngleich dieser Be- griff durch die Verbindung mit dem Lymphgefässsysteme und die Anfänge Tb uiul Geti.fssystt Fig. 85. der Lympb'^-efässe als Spalten im Bindegewebe und in den von Endothel bekleideten Käumen der Leibeshöble eine Einschränkung ertährt. Auch bei den Vertebraten erscheint das blutführende Gefässsystem in beträchtlicher Ausdehnung, bevor sich an demselben ein pulsirender Abschnitt als Herz entwickelt. Aehnlich wie bei den Anneliden verläuft bei Amphioxus am Kiemen- darme ein dorsaler und ventraler Gefässstamm, welche durch zahlreiche Querschlingen verbunden sind. Auch hier pulsiren Abschnitte dieses Gefäss- apparates, während noch ein scharf abgesetztes muskulöses Herz fehlt. Diese Anordnung der Ge- fässstämme , welche dem zur Respiration in Be- ziehung stehenden Kiemen darm angehüren, ge- stattet einen directen Vergleich mit dem Gefäss- apparat der Gliederwürmer und entspricht zu- gleich in einfachster Form dem Typus der AMr- belthiere. Der ventral verlaufende Längsstamm entsendet zahlreiche an der Kiemenwand auf- steigende, an ihrer Ursprungsstelle contractile Gefässbögen, von denen sich das vorderste Paar hinter dem Munde unterhalb der Chorda zur Wur- zel der auch die nachfolgenden Gefässb<)gen auf- nehmenden Körperarterie (Aorta descendrns) ver- einigt. Diese entsendet an die Muskulatur der Leibeswand und an die Eingeweide Aeste ab, aus denen das venöse Blut in subintestinale Gefässe übergeht, welche sich am Leber-Blindsacke des Darmes in ein Capillarnetz auflösen und durch eine Vene, Lebervene, das Blut in den ventralen Gefässstamm zurückführen. Die Einfachlieit der rückführenden venösen Gefässe entspricht dem i\Iangel eines Dottersackes und Dottersackkreis- laufes. Aus dem Ursprungsabschnitt des ventralen Gefässstammes entwickelt sich bei allen übrigen Vertebraten der anfangs 8-förmig gekrümmte Herzschlauch unterhalb des hinteren Abschnittes des Pharyngealdarmes. Derselbe gewinnt später eine konische Gestalt und gliedert sich in Vorhof und Herzkammer. Der er- stere nimmt das aus dem Körper zurückkehrende Blut auf und fülirt dasselbe in den kräftigeren Ventrikel, aus welchem ein aufsteigender, an seiner Wurzel bulbös aufgetriebener Gefässstamm, die Aorta asccndens, entspringt und mit- telst seitlicher Gefässbögen, Aortenbögen, in die unter der Wirbelsäule im Körper herabsteigende Aorta desccndcns führt. Taschenklappen an den Kreislauforgane eines Knochenfisches, scliematisch dargesteUt. F Ventrikel, Ba Aortenbulbus mit den Arterien- bögen, welche das Blut in die Kiemen führen , Ao Aorta descendens , zu welcher die aus den Kiemen aus- tretenden Epibranchialarterien Ab zu- sammentreten, De Ductns Cuvieri, .V Niere, /MJarm, L/v Pfordaderkreis- iauf der Leber. 79 ()8tien des Ventrikels reguliren die Riclituno- des Ulutstromes, indem sie während der Diastole das Zuriickstroincn des Blutes aus der Arterie in den Ventrikel und während der Systole aus diesem in das Atrium verhindern. Durch die I.uusehiebung- der Kespirationsorgane in das System der Aorten])ög-en gestaltet sich dieses und zugleich der Herzbau in verschie- denem Masse complicirter. Bei den Fischen (Fig. 85) schalten sich meist vier oder fünf Kiemenpaare in den Verlauf der Aortenbögen ein, welche sich in das respiratorische Capillarnetz der Kiemenblättchen auflösen. Aus diesem sammelt sich das arteriell gewordene Blut in entsprechenden ab- führenden (4efässb()gen, den sog. Ejiibyaiicli'Kildrfcrtoi, die zur Aorta descen- Fig. m. dens zusammentreten. Das Herz bleibt in die- sem Falle ein einfaches und führt venöses Blut, verhält sich aber bei den Teleostiern einerseits und den Plagiostomen und Ganoi- den andererseits insofern verschieden, als im ersteren Falle die Aorta mit einfachem lUübus entspringt, während bei diesen ein ])ulsirender Herzabschnitt als Conus arferiosus mit Klappenreihen im Innern hervortritt. Sobald Lungen als Respirationsorgane liinzukomnaen (Dipnoer, Perennibranchiaten, Larven von Amphibien) (Fig. 86), gewinnt das Herz eine complicirtere Gestaltung durch die Scheidung des Vorhofes in eine rechte und linke Abtheilung, von denen die letztere das in den Lungen arteriell gewordene, durch die Pulii/onahenen zurückkehrende Blut auf- nimmt. Man unterscheidet dann einen rechten und linken Vorhof, deren Scheidewand in Folge vorhandener Lücken, mit Ausnahme der Batrachier , noch eine unvollständige l)leibt. Aus dem Aortenstamm gehen vier Ge- fässbögen hervor, von denen die drei vorderen zu den Kiemen führen, der untere die zuführenden Lungengefässe Puhnomdarterlcn) als Abzweigungen abgibt und die Beziehung zur Kiemenrespiration verliert. Mit dem Ausfall der Kiemen, welcher während der ^Metamorphose bei Salamandrinen und Batrachiern erfolgt, gewinnen die Lungen arterien eine viel bedeutendere Stärke und Averden zu Fortsetzungen des unteren (iefässbogens, während die zur Aorta descendens führenden Endstücke des- sell)en sich zu untergeordneten Nebengängen (Ductus BotalU) rückbilden oder obliteriren und ganz ausfallen. Gleichzeitig kommt es durch Falten- bildung im Lumen der aufsteigenden Aorta zu einer Scheidung des unteren, zu den Lungen führenden Gefässbogens. Avelcher durch den ^'entrikel venöses Kiemen Br und Lungensäcke P eines Pe- rennibranchiaten. Ap Lungenarterie, aus dem untersten der vier Gefässbögen hervor- gehend. Die übrigen Gefässbögen führen zu den drei Kiemenpaaren. A Aorta, D Darmtraclus. 80 Herz und Arterienstämme der Reptilien . Blut des rechten Vorhofes emptängt, und des oberen Systems der Gefäss- bögen, welche als Kopfgefässe und Aortenbogen das arterielle Blut des Fig- 87- linken Vorhofes, freilich mit venösem Blut im Ventrikel gemischt, führen. (Fig. 87.) Auch bei den Amuioten, die niemals mehr Kiemenathmung ha- ben, bleiben im Embryo die Anlagen von Arterienbögen, und zwar sechs Paaren, von denen aber nur drei Paare zur Bildung grösserer Geftiss- stämmc verwerthet werden (Fig. 88). Bei den Reptilien wird die Sonderung beider Blutsorten dadurch vollstän- diger, dass sich im Ventrikel eine, wenn auch unvollständige Scheide- wand entwickelt, welche die Tren- nung in einen rechten und lin- ken Kammerabschnitt A^orbereitet. Gleichzeitig führen Faltenbildungen im Lumen des aus dem ersteren ent- springenden Aortentruncus zur Son- derung desselben in drei Abtheilun- gen, von denen eine mit dem linken Ventrikelraum communicirt und zum Stamme des rechten Arcus Aortae nebst den Kopfgefässen (Carotideit) wird, während der in den linken Bogen führende Arterienstamm ebenso wie der Gefässstamm der Lungenarterien nur venöses Blut vom rechten Kammerraum empfängt (Fig. 89). Voll- kommen wird das Ventrikelseptum und hiermit zu- gleich die Scheidung von rechtem und linkem Ven- trikel erst bei den Crocodilen (Fig. 90). Aber auch hier ist die Souderung beider Blutsorten noch nicht vollständig durchgeführt, da einmal am Septum des rechten und linken Aortenstammes eine Durchbrechung der Wand (Foramen Panhzac) die Communication ermöglicht, und sodann noch eine Verbindung zAvischen dem linken venöses Blut führenden und dem rechten in die Aorta descendens übergehenden Aortenbogen besteht. Erst bei den Vögeln und Säugethieren , deren Herz wie bei den Crocodilen in einen rechten und linken Abschnitt geschieden ist, erscheint die Trennung beider Blutsorten vollkommen durchgeführt Kreislauforgane des Frosches. PLunga der linken Seite, der Lungensack der rechten Seite ist entfernt, ^/) Arterfa pulmonalis, T j) Vena puhnonalis, Fe Vena Cava, Ao Aorta descendens, N Niere mit Pfordader- kreislauf, D Darm. Lh Pfortaderkreislauf der Leber. Schema der Gefässstämme des Säugethieres mit Rücksicht auf die sechs embryonalen Gefäss- bögen. c Carotiden, A Aorta, An Arcus aortae, Ap Arteria pul- monalis, S Subclaviae. Herz der Viigol und Silugethicre. Venensystom. 81 (Fig-. 91). Bei den Vög-cln pcrsistirt der rechte Aortenbogen, während der linke riickgebiklet wird, bei den Säugethieren (Fig. 88) ist es umgekehrt der linke, welcher zurückbleibt und zur Aorta descendens wird. Das zum Herzen zurückführende Vencnsyatcw ist seiner Anlage nach l)aarig und besteht in der embryonalen Anlage — wie auch zeitlebens bei den Fischen — aus zwei vorderen und zwei liinteren Längsstämmen, welche Fig. 89. Fig. 9Ü. Herz einer Luccrta »i uralif:, nach \V i e d e r s b e i m. l' Herzventrikel, AA Herzatriiim, tr Arterien- truncus, Ap, Vp Arteria und Vena pulmonalis, HA Radix aortae, Ao Aorta, As, As' Arteriae subclaviae, Ci Cava inferior, ./ Venae jugularos, T's Venae subclaviae. jederseits durch einen Querstamm (Ductus CiivleriJ mittelst gemein- samen Sinus in den Vorhof münden (Fig. 92 «). Die beiden vorderen Ge- lasse (J) werden zu den Jmjulur- rcnen und führen das Blut vom Kopfe zurück, während sich in den beiden hinteren (C) Cnrdliudi-cnru das Blut aus der Rumpfwand und einem Tlieile der Eingeweide sammelt. Dieselben nehmen auch das aus der Caudalvene in das Pfortadersystem der Niere übergeführte Blut mittelst der Venae renales revehentes auf (Fig. 85). Dazu kommt noch das mediane System der Lebervenen, welches das Blut aus der sehr frühzeitig (vor Entstehung der Cardinalvenen, Ämphioxus) auftretenden Subintestinalvene in Verbindung mit den Dottersackgefässen und den aus denselben hervorgehenden Pfortadergefässen der Leber aufnimmt. Bei den Amphibien und Amnioten wird das System der hinteren Car- dinalvenen in verschiedenem Grade zu schwachen Venen rückgebildet, welche C.Claus: Lebrbuch der Zoologie. 0. Aufl. 6 Herz von Crocudiltts iitloticus von hinten gesehen, nach C. Eöse. Tr.e.c Truncus caroticus communis, S.s Arteria subclavia sinistra, S.d Arteria sub- clavia dextra, A.s, A.d Linker und rechter Aorten- bogen, D.C.s, D.C.d Linker und rechter Ductus Cuvieri. LVh Linker Vorhof, BVh Rechter Vor- hof, P.s, P.d Linke und rechte Lungenarterie, LV Lungenvenen, Sp.i Spatium intersepto valvulae. 82 Cardinalvenen. Cuvier'sche Gänge. Pfortaderkreislauf der Leber. in die Jugularvcnen der eiitsprechciideu Seite einmünden. Die Fortset/Aingen beider Jugularveuen nebst den Ductus Cuvieri werden nach Aufnalinie der von den Vordergliedmassen kommenden Schlüsselbeinvenen (Suhclavim) als obere Hohlvenen unterschieden. Auch bei den Säugethieren erfolgt die Reductiou der hinteren Cardinalvenen unter ähnlichen Vorgängen zu Gunsten des Systems der unteren Hohlvene. Die hin- teren Cardinalvenen erscheinen nur als Zweige der aus den Jugularveuen und Cu- vierschen Gängen hervorgegangenen oberen Hohlvenen (Fig. 92 h, c). Bei den meisten Placentalien wird nun aber auch das Blut der linken oberen Hohlvene durch eine Quer- anastomose in die rechte übergeführt, welche allein als obere Hohlvene persistirt, während die linke eine sehr bedeutende Reductiou erfährt und im Extrem, wenn nämlich auch das Blut der linken Cardinalvene (V. hcmi- azygos) durch einen Quergang in die rechte (V. azygos) geleitet wird (Fig. 92 f/), zum Sinus der Kranzvene des Herzens rückgebil- det erscheint (Primaten). Bei den Amnioten und schon bei den Amphibien erfährt das mediale, vornehmlich aus dem Pfortaderkreislauf der Leber zu- rückführende Venensystem eine mächtige Entwicklung. Hierauf beruht der Haupt- unterschied des Veuensystems der Amphibien und höheren Vertebraten im Vergleiche zu den Fischen. An Stelle der bei diesen in den gemeinsamen Venensinus des Vorhofes ein- mündenden Lebervenen tritt eine untere Hohlvene, welche als Fortsetzung der rück- führenden Nierenvenen (Venae renales reve- heutes) das Blut der Lebervenen aufnimmt und in den Veiiensinus des Herzens einführt. Dieselbe entsteht in ihrem vorderen Ab- schnitte selbstständig, während ihre hintere Partie aus der Verschmelzung des Urnieren- abschnittes beider Cardinalvenen hervorgeht. Bei den Säugethieren ist es nur der Urnierenabschnitt der rechten Cardinalvene, welcher zur hinteren Partie der unteren Hohlvene wird (Fig. 92 e, d). Schon bei den Fischen besteht ein Nierenpfortadersystem, welches auch bei den Amphibien und Reptilien (die Schildkröten ausgenommen) SchematischeDarstellung des vonkommen getrennten rechten und linken Herzens und doppelten Kreislaufes , nach H u x 1 e y. Ad Atrium dextrum mit der oberen und unteren Hohlvene, Ycs, Fei; D Wi Ductus thoracicus als Hauptstamm der Lyniph- und Chjlusgefässe, Yd Ventriculus dexter, Ap Arteria pulmonalis, P Lunge, T'^ Vena pulmonalis, As Atrium sinistrum, Vs Ven- triculus sinister, Ao Aorta, D Darm, 1/ Leber, Vp' Pfortader, Lv Lebervene. Lyuiphgea 8); wiederkehrt und das Blut aus der hinteren Körperref^ion (Extremitäten. Schwanz) jcderseits durch Venae advehentes zugeführt erhält (Fig. 85). Auch durch das Auftreten der Allantoidalvenen (LJinbilicalvenen), in welche zugleich ^'enen der Bauchwand einmünden , sowie durch die Ausbildung einer von der Harnblase und den hinteren Extremitäten Blut beziehenden Abdominalvene fV. ('pigastrlnt) gewinnt das System der unteren Hohlvene eine complicirtere Gestaltung. Bei den Säugethieren , deren Nieren (wie auch die der Vögel) keinen Pfortaderkreislauf mehr besitzen, vereinigt sich die untere Hohlvene mit dem Stanune der Umbilicalvenen, von denen die rechtsseitige frühzeitig schwindet. In das hintere Ende der Hohlvene münden nach Kückbildung der Cardinal venen die Venen des Schwanzes der hin- teren Extremität und des Beckens, weiter aufwärts Intercostalvenen der Lendengegend und die Venae renales ein. Fi-. 92. ff 0/5? n .Schema des primitiven Venensystems. J Jugularvene, C Cardinalvene, DC Ductus Cuvieri, H Leber- venen, Sv Sinus venosus. — b Schema der primitiven paarigen Venen bei Säugethieren. C.s Obere Hohl- vene, S Schlüsselbeinvene. — • c Schema der paarigen Venen bei Säugethieren auf einer weiteren Ent- wicklungsstufe, d Schema der Hauptstämme des Venensystems des Menschen. Die linke Jugularvene ist durch einen Querstamm in die rechte übergeführt. Ji Innere Jugularvene, Je äussere .Jugularvene , Ci untere Hohlvene, H Lebervene, Az Vena azygos, Haz Vena hemiazygos, R Nierenvene, J Vena iliaca, Hy Vena hypogastrica. (Xach Gegeubaur.) Bei den Wirbelthiereu ist das Blut von dem Chylus nach Färbung und Zusammensetzung wesentlich verschieden, und es ist noch ein be- sonderes System von Chylus- und Lißnphgcfässen vorhanden, welche als wandungslose Lücken zwischen den Greweben beginnen und das Blut durch Aufsaugung sowohl der vom Darm aus bezogenen Nahrungsflüssigkeit (C/iz/Ik-s), als der durch die Capillaren in die Gewebe hindurchgetretenen Säfte (Li/niphc) ergänzen. Aber auch die von Endothel bekleideten Binnen- räume des Leibes, wie die Bauch- und Brusthöhle, sind als in das Lympli- gefässsystem eingeschaltete Cavitäten zu betrachten, daher erscheint das Blutgefässsystera auch bei den Vertebraten streng genommen nicht voll- kommen geschlossen. Eigenthümliche , in die Lymph- und Chylusbahnen eingeschobene drüsenartige Organe, in welchen die helle Lymphe ihre ge- 84 Excretionsorgano. Wassergefässe. Nephrideen. Fig. 93. formten Elemente (Chyluskörperchen = farblose Blutkörperchen) empfängt, sind unter dem Namen Lymphdrüsen bekannt (Milz. Blutgefässdriisen). Excretioiisorgaue. Unter den mannigfachen Stoflfen , Avelche mit Hilfe der Epithelial- auskleidung der Drüsenwandungen aus dem Blute entfernt, zuweilen auch noch zu verschiede- nen Nebenleistun- den, erscheinen die stickstoffhaltigen Zersetzungsproduc- te des Körpers be- sonders wichtig. Die Organe, welche die- se Endproducte des Stoöwechsels aus- flackernden SChcidcn, siud diC stark ver- yt j Harnorgane oder Xicrcn. Bei den Protozoen durch die pulsirende Vacuole vorbereitet , durch deren Mündung; fei- Wimperkölbchen mit de (Jeissel von Pliyllobothriu grössert. b JW^, Jugendliches Distomum , nach La Valette. Ex Stämme des Wasser- gefäss.sy Sterns, Ep Excretionsporns, O Mundöffnung mit Saugnapf, S ne ExCretkÖrnchen Saugnapf in der Mitte der Bauch- .. fläche, PPharvnx, D Darmschenkel. ausgeworten wer- den können , erscheinen dieselben bei den Coelenteraten durch Gruppen von En toder m- zellen vertreten, in welchen sich Concremente ablagern und später frei werden. Diese Zellen- gruppen können in papillenförmigen , durch einen Porus geöifneten Erhebungen gehäuft liegen (Ringgefäss von Aequorca). Bei den Echinodermen werden Anhänge am Afterdarm (Interradialschläuche der Asteroideen) als fjin Stück des Wassergefässsystems von HamOro'ane ffCdeutCt. Caryophyllaeus mutahilis. Wb Wimper- -,,. , .. -r» i i , ^ , , i köibchen mit dem Kern der zugehörigen ^'t grosscrcm Rcchtc bctrachtct man als /eile, .BTr Körperrand. (Nach Th. p int- solchc bcl dcu Platyhelmiuten dic sogeuauu- ten Wa.sscrf/f'fässc. Dieselben bilden ein System verzweigter Canäle, welche mit zarten, innen bewimperten capillarähnlichen Röhrchen in dem parenchymatösen Gewebe ihren Anfang nehmen. Das blinde Ende jedes wasserhellen Canälchens beginnt kolbig verbreitert und ist durch eine Zelle geschlossen, welche ein in das Lumen jenes gewendetes Büschel Segmentalorganc der Anneliden. 85 feiner, iu flackernder Schwingung- begritfener Cilien trägt (Fig. 93 a, h). Die zwei seitlichen Hauptstämme, die sich häufig mit gemeinsamen, blasen- t'ürmig erweitertem Endstück (contractile Blase) am hinteren Körperpole öffnen, stellen den ausfiihrendoii Apparat dar (Fig. 94). Fig. 95. Fig. 97. Scliematisclie Darstellung der Segmen- talorgane eines Gliederwurmes , nach C. Sem per. Ds Dissepimente der Seg- mente, Wir Wimpertrichter, der in den knäuelförmig gewundenen Canal führt. Darmcanal nebst Anhangsdrü- sen eines Kaubkäfers (Carabusl nach L6on Dufour. Oe Oeso- phagus, Jn Kropf, Pv Vor- magen, Chd Chylusdarm, Mij Malpighi'sche Organe, R Rec- tum, ^1(J Analdrüsen mit Blase. Bei den Anneliden wiederholen sich die paarigen Ex- cretionscanäle in den Segmenten und werden hier als schlei- fenförmige Canäle oder Scgwenfalorgane bezeichnet (Fig. 95 und 96). Dieselben beginnen mit einem relativ grossen Wimpertrichter frei in der Leibeshöhle (Cölom) und bilden einen gewundenen ('anal (Schleifencanal) mit oft drüsigen Wandungen, um mit einem kurzen, zuweilen blasig erwei- terten Endabschnitt an der Seite des Segmentes auszumün- den. Die Excretionsproducte, welche sie ausführen, werden nicht immer ausschliesslich in der drüsigen Wand des Schleifencanals erzeugt, sondern auch in Drüsenzellen der Leibeshöhle und von dieser aus durch den Wimpertrichter aufgenommen und entleert. In einzelnen Segmenten können diesell^en auch die Ausführung der Geschlechtsproducte aus dem Leibesraum übernehmen und dann mehr oder minder umge- staltet sein. Längsschnitt durch den Blutegel , nach K u d. L e u c k a r t. n Uarmcanal, G Ge- hirn. Gk Ganglien- kette. E> Excretions- canäle (Segmental- organe). 86 Antennendrüse und Schalendrüse der Crustaceen. Malpighi'sche Gefässe. Auch die Harnor^ane der Mollusken sind auf Segmental organe zu- rüekzufiihren, sowohl die paarigen liojanus'schen Organe der Muschelthiere und Harnsäcke der Cephalopoden als dieunpaaren Nierensäcke der Schnecken. Fig. 98. welche wie jene mittelst innerer Oeffnung mit dem pericardialen Theil der Leil)eshöhle communiciren. Im Kreise der Arthropoden erhalten sich die Segmentalorgane am vollständigsten bei den Ony- chophoren (Peripatm) , wo sie sich in allen bein- tragenden Segmenten wiederholen, jedoch mit ge- schlossenem Endsäckchen anstatt mit offenem Trich- ter beginnen. In gleicher Weise sind von Segmental- organen die Autrvucndräse und Schalendrüsc der Crustaceen abzuleiten, welche ebenfalls mit geschlos- senen Endsäckchen im Leibesraum beginnen und einen langen gewundenen, mittelst Porus ausmün- denden Canal bilden. Bei den Jiiftathmenden Arthro- poden sind die Harnorgane Anhangscanäle des Enddarmes, welche als Malpighi'sche Gefässe be- kannt, meist in mehrfacher Zahl auftreten (Fig. 97j. Im Kreise der ^'ertebraten gelangen die Harn- organe zu grösserer Selbstständigkeit und münden in ])esonderen Oeffnungen. in der Regel mit dem (ieschlechtsapparat vereinigt, nach aussen. Doch auch hier werden diese Organe durch schleifenförmig gewundene, mit trichterförmigen Oeffnungen im Leibesraum beginnende Canäle vorbereitet (Fig. 98). Diese Uranlagen (Vornieren) der Vertebratenniere münden jedoch nicht wie die Segmentalorgane der Anneliden jede für sich in einem seitlichen Porus aus, sondern treten in jeder Körperhälfte in einen gemeinsamen, zum Enddarm führenden Canal, den Urnieren- gang, ein und zeigen ferner die wichtige, für die Wirbelthiere charakteristische Besonder- heit, dass sie in ihrem Verlaufe „Malpighi'sche Körperchen" bilden, das heisst zu einer kapsel- ähulichen Erweiterung anschwellen, in deren Lumen sich ein arterielles Gefässknäuel (Clo- merulus) einsenkt (Fig. 99). Die Nieren der Vertebraten, welche ebenso wie die Geschlechtsorgane aus dem Mesoderm an der dorsalen Leibeswand entstehen, durchlaufen mehr- fache, bei Fischen. Amphibien und Amnioten abweichende Entwicklungs- phasen bis zum Auftreten der bleibenden Nieren, deren Ausführungsgang Schematische Darstellung dar Segmentalorgane eines Haifisch- embryos, nach C. Semper. Wir Wimpertrichter, PjfUmierengang. Wimpertrichter mit llarncanalclicn und Malpighi'sehem Körperchen aus dem oberen Nierenabschnitt -von Proteus, nach S p e n g e 1. iVc Harncanälchen, Tr Trichter- öffnung. Mk Malpighi'sches Körperchen. Nieren der Vertebraten. Malpighi'sche Körperchen. 87 oder Ureter mit den Leituiigs wegen der Ceschlechtsdriisen in Verbindung tritt. Für die Secretionstliiitigkeit der Drüse ist die Thatsaclie von hoher Bedeutung, dass, während in den Malpiglii'scheu Körperchen mittelst des arteriellen Getasskuäuels Wasser mit leicht löslichen Salzen filtrirt wird, die gewundenen Tubuli der Harncanälchen Harnstoff und Harnsalze aus- scheiden. Diesem Gegensatze geht ein bemerkenswerthes Verhalten beider Nierentheile zu zwei Farbstoffen, dem carminsauren Ammon und dem indig- schwefelsauren Natron (Indigcarmin) parallel, indem jenes von den Mal- pighi'schen Körperehen, dieses von den Harncanälchen ausgeschieden wird. Auch in den als Nieren betrachteten Excretionsorganen der Wirbellosen zeigen beide Substanzen analoge Beziehungen. Das Endsäckchen der An- tennen- und Schalendrüsen der Crustaceen verhält sich durch Ausscheidung von Carmin wie die ]Malpighi'scheu Körperchen, der Schleifencanal durch Absonderung von Indigcarmin wie die Tubuli contorti. Bei den Insecten scheiden die Zellen der Malpighi'schen Gefässe Indigcarmin aus, während Carmin in pcricardialen Zellengrui)pen aus dem Blute extrahirt wird. Bei den Älollusken scheiden die Harnsäcke der Cephalopoden in den Zellen der Venenanhänge, ebenso die Muschelthiere in denen der Bojanus'schen Orgaue und die Gastropoden in denen der Nierenschläuche zugleich mit Harnconcrementen Indigcarmin ab. Die Anhänge an den Herzvorhöfen, die Pericardialdrüsen, sind es hier, welche das carminsaure Ammonium aus dem Blute aufnehmen. ^) Besondere Ausscheidungen, die häufig noch wichtige Leistungen für den Haushalt des Thieres besorgen und vornehmlich als Waffen zum Schutze, sowie zur Vertheidiguug dienen, werden sehr häufig durch die äussere Körperfläche vermittelt. Aehnliche Nebenfunctionen kommen auch Exere- tionen zu, welche von Anhangsdrüsen am Anfangs- oder Endtheil des Darmes abgesondert werden (Speicheldrüsen, Giftdrüsen. Sericterien, Analdrüsen) (Fig. 90). In die Kategorie der Hautdrüsen gehören in erster Linie die Sehweiss- oder Talgdrüsen der Säugethiere, von denen jene in Folge der leichteren Verdunstung des flüssigen Secretes auch für die Abkühlung des Körpers von Bedeutung sind, diese das Integument und seine besondere Bekleidung weich und geschmeidig erhalten und zu grösseren Complexen gehäuft, selbst- ständige, mit Nebenfunctionen betraute Drüsen werden (Moschusdrüse, Bibergeildrüse). Auf eine dichte Anhäufung der Talgdrüsen kann man auch die Bürzeldrüsen der Wasservögel zurückführen, deren Secret das Gefieder einzuölen und beim Schwimmen des Thieres vor Durchträukung mit Wasser zu schützen hat. Als aus acinösen Hautdrüsen hervorgegangen sind ferner die umfangreichen, vielfach verzweigten Milchdrüsen der Säugethiere zu ^) Vergl. ausser den Arbeiten von Heidenhain, Witticli, Solger u. A. ins- besondere A. Kowalewsky, Ein Beitrag zur Kenntniss der Excretionsorgane. Biologisches Centralblatt. Toni. IX, Nr. 2, 3, 1889. 88 Animale Organe. Skelet. Muskulatur. betrachten. Die eiuzelligeu und gehäuften Hautdrüsen, welche sich in so grosser Verbreitung bei Insecteu finden, gehören grossentheils in die Kategorie der Oel- und Fettdrüsen. Kalk und Pigment absondernde Zellen anhäufungen finden sich vornehmlich in dem Körperintegumente der Weichthiere ver- breitet und dienen zum Aufbau der so schön gefärbten und mannigfach geformten Schalen und Gehäuse. Auch zum Nahrungserwerbe kiuinen Drüsen undDrüsencomplexe der Haut Beziehung gewinnen (Spinudrüsen der Araneen). Sehr verbreitet sind endlich Schleim absondernde Hautdrüsen bei Thieren. welche an feuchten Oertlichkeiten (Amphibien, Schnecken) und im Wasser leben (Fische, Anneliden, Medusen). Animale Organe. B e w e g u n g s 0 r g a n e. Unter den animalcu VcrrichhoHfcu des Thieres tritt am meisten die Locomotion hervor. Die Thiere führen, zum Zwecke des Nahrungserwerbes und um Angriffen zu entgehen, Bewegungen ihres Körpers aus. Im ein- fachsten Falle erfolgt diesell>e wie bei den Protozoen durch Psciidojjodirn oder durch Geisse! ii und CUleu. Aber auch bei vielen Metazoen spielen noch Geissei- und Wimperei)itlielien eine grosse Rolle (Ctenophoren, Tur- bellarien, Rotiferen), obw ohl hier meist der Hauptantheil der Fortbewegung den Muskeln zufällt. Die zur Locomotion verwendete Muskulatur erscheint in der Regel und namentlich bei den einfacheren Formen der P)ewegung mit der äusseren Haut innig verwebt und bildet einen Hautmuskelschlauch (Würmer), dessen abwechselnde Verkürzung und Verlängerung den Körper fortbewegt. Auch kann die Muskulatur auf einen Theil der Haut besonders concentrirt sein, wie z. B. an der Subumbrella der Medusen unterhalb des stützenden Gallert- schirmes, oder an der Bauchfläche des Körpers einem fussähnlichen Be- wegungsorgane seine Entstehung geben (Mollusken), oder in verschiedene sich hintereinander wiederholende Muskelgruppen zerfallen (Anneliden. Arthropoden, Vertebraten). Der letztere Fall bereitet schon eine rasche und vollkommenere Bewegungsart vor, indem sich feste, in der Längsachse aufeinander folgende Abschnitte der Haut oder auch eines inneren erhär- teten Gewebsstranges als Segmente oder Ringe sondern, welche durch die Muskelgruppen verschoben werden , denen sie feste Stützpunkte zu einer kräftigen Muskelwirkung darbieten. Hiermit ist die Entwicklung von harten Tlieilen nothwendig geworden, welche als Körpergerüst oder Skelet die Weichtheile stützen, aber auch schützen. Dieselben sind entweder äussere Sclialen, Röhren oder sich wieder- holende Ringe und meist durch Erhärtung der K()rperhaut (CMfiu) ent- standen, oder im Lineru des Körpers (Knorpel, Knochen) als Wirbel zur Entwicklung gelangt (Fig. 100, 101). In beiden Fällen kommt es zu einer Nervensystem. 89 Fischwirbel, /iT Körper, Ob obere Bögen (Neiiraiiophy- sen) , Üb Untere Bögen (HämaiJopliysen) , D obe- rer, D' unterer Dornfort- satz, B< Kippe. Gliederiinji' in der Läug'saclise des Rumpfes, welche anfangs in einfacheren Fällen der Fortbewegung- eine gleichartige homononie ist (Anneliden, Sco- Fig-. 100. lopender, Schlangen). Mit fortschreiten- Q^ der Entwicklung überträgt sich allmälig die /ur Locomotion erforderliche Mus- kulatur von der Hauptachse des Leibes auf Nebenachsen desselben und gewinnt auf diesem Wege die Bedingungen zur Ausführung der schwierigeren und voll- kommeneren Formen der Fortbewegung. Die festen Theile der Längsachse des Rumpfes verlieren dann ihre ursprüng- liche gleichartige Gliederung, verschmel- zen theil weise miteinander und bilden mehrere aufeinander folgende Regionen von grösserer oder geringerer Beweg- lichkeit ihrer Theile (Kopf, Hals, Brust, Lendengegend etc.). Schema derwirbei- jy^ Allgemeinen wird dann das Skelet der Hauptachse in Stiers mit interver- scincu Thcilen miudcr verschiebbar, während ausgreifende tebraiem Wachs- Vcrschicbungen paariger Extremitäten oder Gliednmsscn die thum der Chorda. o l o ^ , -xt i • i (7, Chorda, Wh Fortbcwcgung lu Vollendeterem Gradc besorgcu, IN atürhch be- knöchernervvirbei- gitzcu aucli dlc Glicdmasscn ihre festen Stützen für die Muskel- körper, ./ häutiger . intervertebraier wirkuug als äusscrc uud inncrc, mit dem Achscnskclct mehr oder Abschnitt. minder fest verl)undene, meist säulenartig verlängerte Hebel. Nervensystem. Empfindung. Da, wo sich ein solches noch nicht aus dem gemein- samen contractilen Protoplasma oder aus dem gleichförmig gebliebenen Zellenparenchym des Leibes gesondert hat, werden wir die ersten Anfänge einer dem Organismus zur Wahrnehmung kommenden Reizbarkeit voraus- setzen dürfen, die wir kaum als Empfindung bezeichnen können, denn die Empfindung setzt das Bewusstsein von der Einheit des Körpers vor- aus, welches wir den einfachsten Thieren ohne Nervensystem kaum zu- schreiben werden. Mit dem Auftreten von Muskeln kommen auch die Gewebe des Nervensystems, und zwar in Verbindung mit SinnesepithcUen an der Ober- Üäche des Körpers (Coelenteraten, Echinodermen) zur Sonderung. Li solchen Fällen bewahren Nervenfasern und Ganglienzellen, welche miteinander ver- mengt liegen, ihre ectodermale Lage und stehen mit Sinifeszellru im Zu- sammenhang. Die Auffassung, nach welcher die erste Differenzirung von Muskel- und Nerrcngeirehe in den sogenannten Neuromnskelzellen der Süss- wasserpolypen und Medusen gegeben sei, hat sich als völlig unhaltbar erwiesen, vielmehr sind Muskeln und Nerven von verschiedenen Epithel- zellen aus gesondert entstanden. Die Anordnung des Nervensystems lässt 90 XeiveiisystLin der Coelenterateu und Ecliinodermen. sicli, wenn wir von der diffusen Yertheihmg- der Nerven und Ganglien- zellen im Ectoderni beiHydroidpolypen und Actinien absehen, auf drei Grund- formen zurückführen: 1. die radiäre der Strahlthiere; 2. die bilaterale der Gliederthiere und Mollusken; 3. die bilaterale der Wirbelthiere. Im ersteren Falle bilden die Nervengewebe entweder einen exumbralen und subumbralenRing (mit eingestreuten Ganglienzellen) am Schirmrande, von denen der erstere vornehmlich die Sinnesorgane, der andere die Muskeln der Subumbrella durch abgehende Nerven versorgt (Hydroidmedusen), oder es sind in den Radien der Sinnesorgane gelegene Zellenanhäufungen (Ganglien, von denen Nerven zu den Sinnesorganen ausgehen), sowie mit Ganglienzellen ver- bundene Nervenplexus an der Muskulatur der Subumbrella (Acalephen). Oder aber wir beobachten wie bei den Echinodermen, dass sich die Centralorgane in den Radien als sogenannte Ambulacralgehirue wiederholen, welche durch eine um den Schlund verlaufende, auch Ganglienzellen enthaltende Gom- missur verbunden sind (Fig. 102) und Nerven an Fig. 102. die umgebenden Theile abgeben. Das bilateral angeordnete Nervensystem besteht im einfachsten Falle aus einer paarigen Ganglienmasse, welche, dem vorderen Kürper- pole genähert, über dem Schlünde liegt und schlechthin als oberes Schlundganglion oder Ge- hirn bezeichnet wird. Von diesem Centrum strah- len (Platoden) Nerven in seitlich symmetrischer Vertheilung, unter ihnen zwei stärkere bauch- ständige Seitennerven, aus (Fig. 103). Auf einer höheren Stufe tritt ein Nervenring um den Schlund Schema des Nervensystems eines See- , . -,. •,!• i -kt i- Sternes. .V den Schlund umgebender ^^"^"^^ ^ ^IC SClthcheU NcrVCUStamme gCWinneU Nervenring, welcher die fünf ambn- au Stärkc uud nchmcu au cinzelncn Stellen lacralen Nervenstämme verbindet. ^, r\ ^• ^^ i- /XT x- \ Gruppen von Ganglienzellen aut (Nemertinen). Bei den Articulaten mit metamerisch gegliedertem Körper vermehrt sich die Zahl der Ganglien, und es kommt zum Gehirn ein Bauclimark als honioi/onie (Anneliden), beziehungsweise hetcronome (Arthropoden) GangUenkeffe hinzu (Fig. 104 und 105). Bei den letzteren kann eine sehr verschiedene Gestaltung der Bauchkette durch Verschmelzung von Ganglien herbeigeführt werden, die in extremen Fällen zu einer hohen Concentration der Ganglienmassen führt. Als Ausgangsform kann die bei vielen Phyllopodeu auftretende strickleiter- förmige Ganglienkette betrachtet werden , an welcher die Längs- und Quer- commissuren der Ganglien eine ansehnliche Länge besitzen und lediglich die vordersten unter dem Schlünde gelegenen Ganglien, welche den Kieferseg- menten angehören, zu einer unteren Schlundganglienmasse verschmolzen sind, die durch den Schlundring mit dem Gehirne in Verbindung steht. Die Anordnung von Ganglienzellen und Nervenfasern in jedem Ganglion ist eine solche, dass jene als Rindenbelag in symmetrischen Gruppen die Ganglienkette der Arthropoden. 91 centrale Nerveiimasse umlagern. Seitlich treten Nervenstänmie aus den Gang- lien, aber auch aus den Längscommissuren zu den benachbarten Organen (vornehmlich Muskeln) aus. Bei den der Mctamerenbildung entbehrenden Mollusken tritt an Stelle der Bauchganglienkette das PedalyamjUon , /a\ welchem noch ein drittes paariges Centrum als Eingeweideganglion hinzu- kommt. (Näheres bei den Mollusken.)' Bei den Yertebraten liegen die Nervencentra an der Rückenseite der Fig. 1Ü3. fi'- 6 ]Jarm und Nervensystem von Meso- stomum EJirenbej-tjii, nach Graft'. Cr die beiden Gehirnganglien mit zwei Augenflecken, St die beiden seitlichen Nervenstämme, DDarm mit Mund und Schlund. Nervensystem der Larve von Coc- cinella, nach Ed. Brandt. Gfi- (Janglion frontale, G Gehirn, Sy Subösophagealganglion G* bis ö" die 11 Ganglien der Bauch- kette in Brust und Abdomen. Nervensystem des entwickelten Käfers (CoccineUa) , nach Ed. Brandt. ^4^ Augenganglion, die übrigen Buchstaben wie in Fig. 104. Skeletachse und bilden das Medullarrohr. Der vorderste Theil des von einem Centralcanale durchsetzten Rohres differenzirt sich zu den complicirten Gangliencentren des Gehirnes (Fig. 106 und 107) , während der nachfol- gende Abschnitt zum Rückenmark sich gestaltet, dessen Gliederung in der gleichraässigen Wiederholung austretender Nervenpaare (Spinalnerven) zum Ausdruck gelangt. Im Rückenmark, dessen Centralcanal sich im Gehirn 92 Hirn und Kückenmark der Vertebraten. ZU grösseren Höhlungen, Hirnventrikeln, erweitert, ist die Anordnung von Ganglienzellen und Nervenfasern umgekehrt als in den Ganglien der Wirbel- Fig. 107. Fig. 106. Hirn und Bückenmark einer Taube. Nervensystem des Frosches, nach E ck e r. OiKiechnprv(01factoriusl, H Grosshirn, Cft Vierhügel, C Cere- O Auge, O/) Sehnerv (Opticus), P'jr Ganglion Gasseri, A'jr Ganglion des bellum oder Kleinhirn, Mo MeduUa Vagus, Spnl erster Spinalnerv, Br Brachialnerv, Sgl his Sg 10 die oblongata, Sp Spinalnerven. zehn Ganglien des Grenzstranges des Sympathicus, J« Iscliiadicus. losen, indem erstere als graue Substanz (Hinterliörner, Vorderhörner) eine centrale Lage einnehmen , die Nervenfasern dagegen als dorsale, seitliehe und ventrale Stränge peripherisch verlaufen (Fig. 108). Sj-mpathicus. Eingeweidenervensystem. 93 Als ein vcrliältnissmässi^ selbstständiger Tlieil des Nervensystems sondert sich bei den höheren Thieren (Vertel)raten , Artliropoden , Hirn- dineen etc.) das sogenannte sympathische oder Eingeweidenervensystem (Sijnipatliicu.^). Dasselbe bildet Ganglien und Geflechte von Nerven, welche zwar im Zusammenhange mit den Centraltheilen des Nervensystems stehen, aber, vom Willen des Thieres unabhängig , die Organe der Verdauung, Circulation und Respiration , sowie die Geschlechtsorgane innerviren und bei Störung der Emptindungs- und Bewegungscentren ihre Function noch längere oder kürzere Zeit auszuüben vermögen. Bei den Vertebraten (Fig. 107) besteht das System der Eingeweidenerven aus einer Reihe von Ganglien, Fig. 108. welche, zu beiden Seiten der Wirbel- säule gelegen, mit den Spinalnerven- und Spinalnerven-artigen Hirnner- ven durch B(i)iil roiiiniKniranfes ver- bunden sind, dann aber auch unter- einander durch Nervenzweige zu- sammenhängen. Die letzteren bil- den den sogenannten Grenzstrang des Sympathicus. Die Ganglien selbst, deren Zahl mit jener der aus dem Rückenmark und Gehirn aus- tretenden Spinalnerven, beziehungs- weise Hirnnerven übereinstimmen kann, entsenden Nerven nach den Blutgefässen und Eingeweiden, an denen complicirte Geflechte mit ein- geschobenen Ganglien gebildet wer- den. Die Nervenfasern, welche von den Ganglienzellen des Sympathicus entspringen , sind blasse Achsen- cylinder. Die markhaltigen Nerven, welche in den Geflechten desselben verlaufen, entstammen den Rami communicantes des cerebrospinalen Nerven- systemes und sind vornehmlich sensibler Natur. Sinnesorgane. Das Nervensystem besitzt noch peripherische Apparate, deren Function es ist, von gewissen Verhältnissen der Aussenwelt Eindrücke zu gewinnen und diese in bestimmten Empfindungsformen (Sinnesenergien ^), Job. Müller) zur Perception zu bringen: die Sinnesorgane. Gewöhnlich sind es eigenthümlich gestaltete Anhäufungen von haar- oder stäbchenförmigen, mit Ganglienzellen durch Fibrillen verbundenen Epithelzellen (birnförmige Haar- Querschnitt durch die Lendenanschwellung des menschlichen Kückenmarks, nach Gegenbau r. Cc Canalis centralis, Smp Sulcus medianus posterior, Fa Fissura anterior, VW vordere Wurzel, HW hintere Wurzel, Vh Vorderhorn, Hk Hinterhorn, SgR Sub- stantia gelatinosa Kolandi, Cp Commissura posterior, Cag Commissura anterior grisea, Caa Commissura anterior alba. *) Im Gegensätze zu dem Qualitäten der Empfindung innerhalb jedes Sinnesorgans (Farben, Töne). 94 .Sinnesorgane. Tastsinn. Zellen, langgestreckte Stäbclienzellen) , durch welche unter dem Einflüsse äusserer Einwirkungen eine Bewegung der Nervensubstanz eingeleitet wird, welche, nach dem Centralorgan fortgeleitet, in diesem als specitische Sinnes- empfindung zum Bewusstsein gelangt. Auch sind mit diesen Endzellen häufig Cuticularbildungen verbunden , welche eine Beziehung zur Uebertragung äusserer Bewegungsvorgänge auf die nervöse Substanz haben (Retinastäbchen). Wie der phyletische Ursprung des Nervensystems auf besonders irritable Ectodermzellen hinweist, die bereits ihrer besonderen Beschaflieuheit nach an Sinneszellen erinnern und deren in die Tiefe herabgerückte Elemente wahrscheinlich Ganglienzellen werden, so zeigt das terminale Verhalten der Sinnesnerven dieses ursprüngliche Verhältniss kaum verändert. Auch hier das empfindliche Epithel (Neuroepithel) und die mit demselben ver- bundenen terminalen Ganglienzellen. Die Sinuesempfindungen haben sich wahrscheinlich aus dem wohl zuerst im thierischen Organismus zur Geltung gelangenden allgemeinen Gefühlssinn diflferenzirt, dm-ch welchen bei höheren Thieren verschiedene Formen von Schmerz- und Lustempfindung angezeigt werden. Sensible Nerven w^urden im Zusammenhang mit der besonderen Art ihrer P^ndigung zu sensoriellen oder Sinnesnerven und veranlassten eine besondere Form der Empfindung. Erst auf einer höheren Entwicklungsstufe können die Sinnespercep- tionen mit denen unseres eigenen Körpers nach der Beschaffenheit der Em- pfindung verglichen werden. Wir vermögen die Sinnesenergien niederer Thiere nur überaus unbestimmt und nur nach dem unzureichenden Mass- stabe unserer eigenen Empfindungen zu beurtheilen. Es ist gewiss, dass auf dem Gebiete des niederen Thierlebens eine Menge von Empfindungsformen bestehen, für welche wir in Folge der einseitigen Gestaltung unserer eigenen Sinne kein Yerständniss haben. Tastsinn. Am meisten mag unter den Sinnen der Tastsinn verbreitet sein, mit welchem der Drucksinn und das Localisationsvermögen zusannnen- fällt. Derselbe erscheint im Allgemeinen über die gesammte Körperober- fläche verbreitet, sehr häufig aber auf ^^erlängeruugen und Anhängen der- selben concentrirt. In diesem Sinne dürften die als Tentakeln bezeichneten Anhänge der Coelenteraten und Echinodermen zu deuten sein. Bei den Bilateral thieren mit gesondertem Kopfe sind es contractile oder starre und dann gegliederte Fortsätze des Kopfes, Antennen oder Fühler. Dieselben können sich bei den Würmern als paarige Cirrcii an allen Leibessegmenten wiederholen. Au jenen Gliedmassen finden sich bei den Arthropoden meist Borsten oder Zai)fen, welche als Cuticularanhänge über der gangliösen End- anschwellung eines Tastnerven liegen und den mechanischen Druck von ihrer Spitze nach dem Nerven fortpflanzen. Dieselben finden sich ferner an der Oberfläche auch anderer Extremitäten (Palpen, Fasse), sowie über die Hautfläche ausgebreitet (Fig. 109). Bei den wasserbewohnenden Mollusken. Anneliden und Medusen werden besondere, mit Haaren und Fortsätzen ver- Spür- und Geruchsorgane. 95 seliene Zellen als Tastzellen l)ctraclitet. Bei den Vertcbraten rücken die als Tastzellen gedeuteten Elemente aus der Oberhaut in die Cutis und deren Papillen, wo sie schon bei den Am- Fig ^o'.). phibien sich an den Endverzweigun- gen eines Nerven häufen (Tastflecken, Frosch), Bei den Säugern, minder ausgeprägt schon bei Reptilien , ge- stalten sich diese Gebilde in den Cutis- papillen zu den Tastkörperchen (Fig. 110 (i und/v), die als Sitz eines feinen Tast- und Druckgefühles gelten und an der Volar- sowie Plantarfläche der Extremitäten bei den Primaten in reichster Menge auftreten. Von den Tastkörperchen verschieden sind die bei Vertcbraten verbreiteten End- koJhcn und die durch ihre geschich- teten Kapselwandungen ausgezeich- neten Pacini'schen Körperchen, in deren ■Mitte der Achsencylinder endet (Fig. 111 a und h). Ausser der Tast- emptindung tritt bei den höheren Thieren das Unterscheidungsvermögen der Temperatur als besondere Form der Empfindung, als Wärme- und KäJte- (jefilhl, hinzu. Der Gerurhs'inn, welcher die Qualität gasförmiger Stoffe prüft und in besonderen Formen der Empfindung als Fig. 110. Nerv (N) mit Ganglienzellen (G) unterhalb der Tast- borsten (Tb) aus der Haut der Larve von Coreihra phimicornis. Zwillingstastzelle aus dfr Schnabel- spitze der Ente, nach Merkel. Tastpapille aus der Volar- fläche des Menschen mit dem Tastkörperchen und dessen Nerven (X). o Endkolben aus der Conjunctiva bulbi des Ele- phanten, nach W. Krause; b Vater-Pacini'scho Körperchen aus dem Mesenterium der Katze, nach Ecker. scheint schon bei den niederen Thieren vorhanden zu sein, ohne sich freilich bei vielen wasserbewohnenden Thieren scharf vom Ceschmacksinn abgrenzen 96 Spürkolben der Arthropoden. Gcsclimacksorgau- der Vertebrateu. ZU lassen. Als Geruchsor^ane der einfachsten Form betrachtet man bewim- perte, mit Nerven in Verbindung stehende Gruben (Acalephen. Heteropoden. Cephalopoden), deren epitheliale Bekleidung von härchentragenden Sinnes- zellen gebildet wird. Bei den Arthropodcti werden blasse Cuticularanhänge der Antennen, an denen Nerven mit Ganglienzellen enden, als Spür- oder Riechkolben gedeutet. Bei den Wirbelthieren ist es eine meist paarige Grube oder Höhlung am Kopfe (Nasenhöhle), deren Wandung die Enden des Geruchsnerven (Xcr- ims olfactorius) in sich birgt. Die luftathmenden Wirbelthiere zeichnen sich durch dieCommunication dieser Höhlung mit der Rachenhöhle, sowie durch die Fig. 112«. Flächenvergr(>sserung ihrer vielfach gefalteten und durch Knochenlamellen (Muscheln) gestützten »Schleimhaut aus, auf welcher die Enden der Ner- venfasern (aber nur in einer be- schränkten Region, Regio olfactoria) zwischen den Epithelialzellen in zarte Stäbchen- oder härchentragende Fa- denzellen eintreten (Fig. 56). Eine besondere Empfindung der Mund- und Rachenhöhle ist der Ge- sclnnark, welcher nach dem an hö- heren Organismen gewonnenen Be- griffe die chemische Beschaffenheit meist in flüssiger Form befindlicher Substanzen prüft und als besondere Empfindung percipirt. Derselbe ist a Durchschnitt durch eine PapiUa circumvallata des niit Sichcrhcit bCl dcU Vertebiateil Kalbes, nach Th. W. Engelmann. N eintretender , . , i i •• /«i. •„!, Al^ '.,,,, , , ■ A ^ : A A nachweisbar und knüpft sich an die Nerv, GK Geschmacksknospen in der Seitenwand der r Papille Pc. — b isolirte Geschmacksknospe aus dem Ausbreitung dcS NcrVUS (jloSSOphari/n- ^"*'t."'''TTtT"/nl''T?'"%7"f.°; //e«'?; welcher beim Menschen die lirte Stutz- oder Deckzellen (D:) und fMnneszellen (S:) «^ ' derselben. Spltzc , Rändcr und Wurzel der Zunge, aber auch Theile des weichen Gaumens versorgt und zur Ge- schmacksempfindung tauglich macht. Als die Perception vermittelnden Sinues- zellen werden die centralen Fadenzellen der an besonderen Papillen (Pa- pillac nrcmmmllatac) gelegenen sogenannten Geschmacksknospen gedeutet (Fig. 112 a, h, c). Dieselben sind bei Amphibien und Reptilien auf die Mund- höhle beschränkt, finden sich aber bei den Fischen auch an den Lippen. Barteln und Schuppentaschen. Der Geschmack verbindet sich in der Regel mit Tast- und Temperaturempfindungen der Mundhöhle, sowie mit Geruchs- eindrücken. Derselbe scheint auch im Kreise der Weichthiere durch speci- fische Sinnesepithelien am Eingange der Mundhöhle, sowie bei den Insecten durch modificirte nervenhaltige Cuticularborsten an Maxillen und Zunge ver- Otolithenblasen. Statocyten. 97 treten, die zum Beispiel bei der Hoiiig'biene inirichtiger Weise als Geruchs- organe g-edeutet wurden. Bei niederen Thieren sind Geschmacks- und Geruchsorgane noch weniger scharf wie bei höheren zu scheiden, und es gibt gewisse Uebergangssinne, welche die Qualität des äusseren, den Körper umgebenden Mediums zu prüfen haben. Am bekanntesten sind die in den Seitencanälen (sogenannten Seitrn- Vwicu) der Fische zerstreuten Nervcnhügel, welche auch bei den geschwänzten Amphibien als freie Vorsprünge an der äusseren Haut wiederkehren (Sala- manderlarven) und sich vornehmlich dadurch von den Geschmacksknospen unterscheiden, dass ihre Centralzellen nicht stabförraig gestreckt, sondern kegelförmig sind. Aehnliche Organe treten auch in der Haut der Hirudineen und Chaetopoden Fig. 113. auf und werden mit jenen als Organe eines sechsten Sin- nes zusammenge- fasst , von denen man annehmen kann, dass sie ge- wisse, auf die Qua- lität des Wassers bezügliche Empfin- dungen vermitteln. Gehörsinn. Er- schütterungen und wellenförmige Be- wegungen des um- gebenden Mediums werden von beson- deren, wohl aus dem Tastsinn hervorgegangenen Sinnesorganen wahrgenommen. Das zur Schallper- cepfion dienende Gehörorgan[ersc]iemt in seiner einfachsten Form als eine ge- schlossene, mit Flüssigkeit (Endolymphe) und einem oder zahlreichen kalkigen Concrementen (OtoUthen) erfüllte Blase, an deren Wandung die Fibrillen des Nerven mit Stäbchen- oder Haarzellen enden. Bald liegt die Blase einem Ganglion des Nervencentrums (Würmer) an, bald liegt sie am Ende eines kür- zeren oder längeren Nerven, des Hörnerven oder Acusticus (Acalephen, Mollus- ken, Decapoden). Bei vielen im Wasser lebenden Thieren kann die Blase auch geötfnet sein und ihr Inhalt mit dem äusseren Medium direct communiciren, in welchem Falle die Otolithen durch kleine, von aussen eingetretene Körper, insbesondere Sandpartikelchen , repräsentirt werden (Decapoden). Wäh- rend bei den Weichthieren ein zartes Sinnesepithel an der InnenvNand der Blase die percipiren de Stelle (Macula acmtica) bezeichnet (Fig. 113), enden C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 7 Gehörblase eines Heteropoden (Pterotrachea). X Acusticus, Ot Otolith im Innern der mit Flüssigkeit erfüllten Blase, Wz Wimperzellen an der Innen- fläche der Blasenwand, Hz Hörzellen, Cz Centralzelle. 98 Labyrinth der Vertebraten. Fig. 114. bei den Crustaceen die Fasern der Gehörnerven an cuticularen Haaren, welche der Wandung der Blase aufsitzen und, den Riechhaaren der Antennen ver- gleichbar, die Nervenerregung einleiten. Auch bei den Medusen finden sich als eine besondere Form der sog. Randkörper Otolithenbläschen. Auch diese sind häufig nicht geschlossen oder werden durch einen otolithenhaltigen von Sinneszellen bekleideten Kolben vertreten. Alan hat jene Bläschen als Hörbläschen bezeichnet, weil das Gehör- organ der Wirbelthiere auf einer frühen Entwicklungsstufe die gleiche Form eines otolithenhaltigen Bläschens besitzt, welches, am Ektoderm der Kopf- anlage als Grube entstanden, allmälig in die Tiefe gerückt ist und noch längere Zeit durch einen engen Canal mit der Oberfläche verbunden bleibt. Nachdem es jedoch erwiesen wurde, dass diese m-sprünglich als einfach sich darstellende Anlage des häutigen Labyrinthes mit der Entwicklung des Vorhofsäckcheus und der Bogengänge zugleich eine zweite Function besitzt, insofern in diesen Theilen ein Sinn für die Orientirung im Räume und die Er- haltung der Gleichgewichtslage gege- ben ist, erscheint es sehr wahrschein- lich , dass dieser Sinn phyletisch der ältere ist und dem der Schall- und Tonperception vorausging. Demnach dürften die einfach gestalteten Bläs- chen der Wirbellosen lediglich Organe des Raumsinnes sein und die sog. Oto- lithen einen Apparat zur Erhaltung des Gleichgewichtes bilden (Stafo- cf/fcn). Erst auf einer höheren Stufe der Differenzirung ihres Nervenajjpa- rates tritt, vielleicht schon bei den Heteropoden und Cephalopodeu, zugleich das Vermögen der Schallempfindung zu dem ursprünglich rein statischen Sinnesapparat hinzu. Bei den Vertebraten entwickelt sich die Gehörblase nicht nur zu jener complicirteren Gestaltung (häutiges Labyrinth), sondern es treten auch scliall- leitende und schallverstärkende Einrichtungen hinzu (Fig. 114). Am häu- tigen Labyrinthe sondert sich die Blase in den Utriculus und Sacculus, jener mit den drei halbkreisförmigen Canälen oder Bogengängen und Am- pullen, dieser mit dem Schneckengang (Ductus cochlearis), welcher bei den Säugethieren schneckenartig gewunden ist und in seiner Wand die End- apparate der Tonempfinduug (Corti'sches Organ) enthält. Ganz anders verhalten sich die als Gehörorgane betrachteten ft/wjxi- nalen Sinnesorgane mancher Insecten. da denselben eine mit Flüssigkeit nebst Hörsteinen gefüllte Blase fehlt, dagegen tympanale Platten und unter Schematische Darstellung des Gehörlabyrinthes I des Fisches, II des Vogels, 111 des Säugethieres, nach Waldeyer. D" Utriculus mit den drei Bogengängen. S Sacculus, US Alveus communis (Utriculus und Sac- culus), C Cochlea (Schnecke), Cr Canalis reuniens, L liagena, R Aquaeductus vestibuli. Tympanale Organe. Augen. 99 denselben gelegene Lufträume für die Einwirkung der Schallwellen auf die mit glänzenden Stiften versehenen Enden eines Nerven in Verwendung kommen. Dem durch eine Tracheenblase hergestellten Lufträume liegt eine dünne, gespannte Hautplatte an, die vielleicht nach Art des Trommelfelles in Schwingungen versetzt wird. Bei den Acridiern findet sich der tympanale Sinnesai)parat jederseits am Metathorax, bei den Locusüden und Grjßodeen in den Schienen des vorderen Beinpaares. Ein ähnliches, wenngleich stark reducirtes Organ wurde an gleicher Stelle bei Ameisen und einigen Pseudo- neuropteren (AnisopterijXj Termes) nachgewiesen (Fig. 115). Die Sehorgane oder Augen ^) sind nebst den Tastwerkzeugen am allgemeinsten, und zwar in zahlreichen Modificationen, verbreitet. Im ein- fachsten Falle befähigen sie wohl nur zur Unterscheidung von Hell und Dunkel. Sie bestehen aus dem empfindlichen Protoplasma, beziehungsweise der Nervensubstanz, sowie aus dersel- ben eingelagerten Pigmentkörnchen und werden in solcher Form dX^Angenßecken bezeichnet. Dass Pigment zu der Em- pfindung von Licht nothwendig ist. ver- mag man um so weniger einzusehen, als viele complicirt gebaute Augen des Pigmentes entbehren können. So erklärt es sich wohl auch, dass Thiere, an denen man noch nicht einmal diese einfachsten durch den Besitz von Pigment charak- terisirten Augenflecken nachgewiesen liat (Regenwurm), lichtempfindlich sind. ^^)n grösserer Bedeutung erscheint die besondere Beschaffenheit der Nerven- endigung, durch welche gewisse, in Wellen fortschreitende Bewegungen des sog. Aethers, auf die Nervenfasern übertragen, zu einem Reize werden, welcher, nach dem Centralorgan fort- geleitet, von diesem als Licht empfunden wird. Ueberall, wo bei niederen Thieren specifische Nervenendigungen nicht nachgewiesen werden können, handelt es sich wahrscheinlich erst um eine Vorstufe von Augen, welche durch pigmentirte, vielleicht nur für Wärmeabstufungen empfindliche Hautnerven hergestellt wird. Wenn auch die Empfindung von Licht das Werk des Nerven- centrums ist, so erscheinen doch die Stäbchen und Zapfen am Ende der Sehuervenfasern als die Elemente , welche die von aussen einwirkenden Aetherschwingungen in einen der Lichtempfindung adäquaten Reiz für die Sehnervenfasern verwandeln . Sinnesorgan ans dem Schienbein von Anisojiierix, nach V. Grab er. Tr Tracheenstamni, iV Sinnes- nerv, G Ganglienzellen, Sc Endanschwellungen derselben mit der stabartigen Einlagerung, Chi, Cuticula, Bl Blutzellen. *) Vergl. R. Leuckart, Organologie des Anges. Graefe und Sa misch, Handbuch der Ophthalmologie, Bd. II. J QO Bau der Augen. Zur Perception eines Bildes sind aber auch liehtbrechende Apparate vor der Endausbreitung- (Retina) des Sehnerven (Nervus opticus) nothwendig. und es müssen ferner die Elemente i) des letzteren hinreichend isolirt sein, um den ihnen übertragenen Reiz als gesonderte Bewegung zum Xervon- centrum fortleiten zu können. An Stelle der allgemeinen Lichtempfindung tritt dann eine Summe von Einzelpereeptionen. welche nach Lage und Be- sonderheit den Tiieilen der erregenden Quelle entsprechen und zur Ent- stehung eines Bildes führen. Zur Brechung des Lichtes dient die gewölbte und oft linsenartig verdickte Körperbedeckung (Cornea, Cornealinse), durch welche die Strahlen in das Auge einfallen, ferner hinter der Cornea liegende Körper (Glaskörper, Linse, Krystallkegel). Durch die lichtbrechenden Medien werden die von den einzelnen Punkten der Lichtquelle nach allen Bich- tungen sich verbreitenden Strahleukegel mittelst Refraction, beziehungsweise Isolirung der senkrecht auffallenden Strahlen (Facettenauge) wieder in ent- sprechenden Punkten auf der Retina gesammelt, welche aus den stäbchen- förmigen Endzeilen der Nerven in Verbindung mit ein oder mehreren Lagen von Ganglienzellen besteht. Zur Absorption überflüssiger, sowie der Perception des Bildes nach- theiliger Lichtstrahlen erscheint das Augenpigment von Bedeutung. Dasselbe breitet sich theils in der Umgebung der Retina als Chorioidea, eventuell zugleich im Umkreise der einzelneu Retinaelemente, theils vor der Linse als quergestellter, von einer verengerungs- und erweiterungsfähigen Oeffnung (Pupillej durchbrochener Vorhang (Iris) aus. Auf einer höheren Entwick- lungsstufe wird in der Regel das gesamrate Auge von einer harten, binde- gewebigen Haut (Sclerotica) umschlossen und hiermit als selbstständiger Augenbulbus abgegrenzt. Die Einrichtungen, durch welche die von den einzelnen Punkten eines Objectes ausgehenden Lichtstrahlen in regelmässiger Ordnung auf entspre- chende Punkte des Sehnerven wirken und somit die Fähigkeit der Perception eines Bildes ermöglichen, sind verschieden, und steht mit denselben der ge- sammte Bau des Auges in innigem Zusammenhange. Von den einfachsten Augen, wie sie bei Würmern und niederen Krebsen auftreten, abgesehen, unterscheiden wir zwei Augeuformen. 1. Die am weitesten verbreitete Augenform (das unicorneale Auge der Anneliden, Insecten und Arachnoiden, iMollusken, Vertebraten) entspricht ^) Man hat in nenerer Zeit nach Entdeckung des Sehpurpurs an den Aussengliedern der Nervenstäbchen den Erregungsvorgang des Sehens am Nervenapparat auf einen photo- chemischen Process der Retina zurückführen wollen. Die Thatsache, dass durch Einwirkung des Lichtes das dilfuse Pigment der Stäbchenschichte gebleicht wird, ist vom höchsten In- teresse, beweist aber umsoweniger eine directe Betheiligung des Sehpurpurs beim Sehvorgaug, als derselbe an den Stellen des Auges, wo allein ein scharfes Bild zu Stande kommt, der Macula lutea, und überhaupt an den Aussengliedern der Zapfen fehlt. Ausser den älteren Angaben von Krohn, H. Müller, M. Schultze vergl. : BoU, Sitzungsberichte der Akad. Berlin 1876 und 1877, ferner Ewald und Kühne. Unicorneales Auge. 101 einer kugeligen Camera obscura mit Sammellinse (Cornea, Linse) an der freien, zum Einfallen des Lichtes dienenden Vorderwand und meist noch mit weiteren, den Augenraum füllenden dioptrischen Medien (Glaskörper). Das auf der Nervenausbreitung entworfene Bild ist ein umgekehrtes. Das hieher gehörige Punktauge der Insecten, Arachnoiden und Scor- pione erscheint als einfachermbildungeinesintegumentabschnittes entstanden, unter welchem die Endapparate des Sehnerven ihre Lage finden (Fig. 116). Die cuticulare Bedeckung ragt linsenförmig verdickt in die unterliegende Schicht der hellen, stark verlängerten Hypodermiszellen hinein, auf welche die stabförmig gestreckten Nervenzellen (mit lichtbrechenden Cuticularstäben), zu einer knospenförmigen Retina zusammengedrängt, folgen. Die den Linsen- rand umgebenden Hypodermiszellen sind mit Pigment erfüllt und bilden irisartig einen dunklen Ring, durch dessen Oeffnung die Lichtstrahlen in das Auge einfallen, um die End- glieder der Retinazellen zu treffen . Bei den höher entwickelten For- men dieses Augentypus, insbe- sondere dem Yerfehratenauge, breitet sich der Endtheil des Seh- nerven als becherförmige Xerven- haut (Betlna) an der Hinterwand der mit lichtbrechenden Medien gefüllten Halbkugel aus, umge- ben von einer gefässführenden Pigmenthaut, der Chorioidea. Diese wird wiederum von einem fibrösen bindegewebigen Gerüst, Fig. 116. Durchschnitt durch das Punktauge einer Käferlarve, nach Grenacher. CL Corneallinse, Gk die unterliegenden Hy- podermiszellen, von den Autoren als Glaskörper bezeichnet, P Pigment der peripherischen Zone derselben, Rz Ketina- zellen, St cuticulare Stäbchen derselben. rot'icu, umgeben, welche sich an ihrem vorderen, das Licht auf- nehmenden Abschnitt zu einer dünneren, glashellen Haut, der Hornhaut oder Cornea, umgestaltet. Von den lichtbrechenden Medien, welche hinter der Cornea folgen und das Innere des Bulbus erfüllen, wässerige Flüssigkeit (Humor aquaeus), Linse und Glaskörper (Corpus vitreum), wirkt die Linse für die Brechung des Lichtes am stärksten. Eingefalzt in der verdickten und musku- lösen Vordervvand der Chorioidea (Corpus ciliare mit dem Processus ciliares), wird sie in der Peripherie ihrer Vorderfläche noch von einer Fortsetzung der Chorioidea, der Regenbogenhaut oder Iris überdeckt, welche als ringför- miger contractiler Saum eine Art Diaphragma (für das einfallende Licht) mit verengerungsfähiger Oeffnung (Sehloch oder Pupille) bildet (Fig. 117). Die becherförmig im Augengrunde ausgebreitete Retina zeigt eine höchst com- plicirte Structur und überaus regelmässige Schichtung, die bei allen Verte- braten im Wesentlichen dieselbe bleibt (Fig. 118). Die innere, an den Glas- 102 Wirbelthierauge. körper und deren Membran (Limitans interna) angrenzende Seh icht besteht aus den Nervenfasern, in welche der Opticus ausstrahlt, dann folgt die Gan- glienzellenschicht, die innere reticuläre, die innere Kornerschicht, die äussere reticuläre. dann die äussere Körnerschicht, endlich die von jener durch die Limitans externa abgegrenzte Schicht von Stäbchen und Zapfen, welche somit nach aussen gewendet sind (mit dem Pigmentepithel, Lamina pigmenti). Das Fig. 117. Fig. 118. 'Vi ,i,'-\' '^-uVÄA-riK \ p Ae.K{ n/^TOUjy C; ( "ÄÜ 8 im H zJlflllfll (I 1 ! ] 1 ■ ' Ljii ij VI i 1 m Ui Durchschnitt des menschlichen Angapfels, nach Arlt. C Cornea. L KrystalUinse, Jr Iris mit der Pupille, Cc Corpus ciliare. Hl Glaskörper, R Eetina, Sc Sclerotica, Ch Chorioidea, Ml Macula lutea, Po Papilla optica, No Sehnerv. umgekehrte Bild, welches im Hintergrund des Vertebratenauges auf der Retina entworfen wird, hat eine bedeutende Lichtstärke und Specification. Ueberraschend erscheint die Ueberein- stimmung, welche das Auge der Cephalopoden mit dem der Wirbelthiere zeigt. Indessen hat ' die Stäbchenschiclit der Retina die umgekehrte schematischer Durchschnitt der Eetina. , . j m 1 •• nach M. Schnitze, mit Modificationen Lage, indem sie nach innen dem Glaskor- „achschwaibe.i. Limitans interna, isy per zugewendet ist. Als vereinfachte Modifi- Nervenfasern, & Ganglienzellen, J.rein- ^ 111 nere reticuläre Schicht, J.ÄinnereKörner- cation dieses Augentypus kann das Auge ^^^^^^^^ ^^ ,.^ ^^^^^^^ reticuläre Schicht, Yon Nautilus betrachtet werden, an welchem ^e./i äussere Kömerschicht, i.e Limitans , a- • . IT externa, S.Z Stäbchen-Zapfen-Schicht, Lp die vordere Augenkammer offen ist und die j^^^j„^ pigmenti. Sammellinse fehlt. An der die Retina ent- haltenden Hinterwand entsteht somit auch ein umgekehrtes , aber licht- schwaches Bild. 2. Die zweite Form kommt in dem zusammengesetzten Auge (Facefteii- augej der Arthropoden (Krebse und Insecten) zum Ausdruck und führt zu Zusammengesetztes Ange der Arthropoden. 103 dem sogenannten miisivischen Sehen (Job. Müller) (Fig. 119 und 120). Hier sind es grosse und zusammengesetzte Nervenstäbe (Retinulae), welcbe im Innern des Auges eine halbkugelig nach aussen vorgewölbte Ketina bilden. Von jeder meist aus fünf oder sieben Endzellen gebildeten Retinula, in deren Achse das cuticulare Bhahdom, verläuft, liegt eine stark licht- brechende kegelförmige Linse, der KnjstaWmjd, utid vor dieser eine linsen- förmige Facette der Cuticulavbekleidimg, welche Anlass zu der Bezeichnung FucetfeiidiKje ^) gab. Indessen können diese oberflächlichen Felder auch fehlen Fig. 119. Fig. 120. HO ^^ Mt Rt,f -'-JlJÜS^^^ 'K Auge von Branchijpus. Mt Augenmuskel, GO Ganglion opticum, Rfg TüetinA- ganglion, Xb Nervenbündel, NSt Nervenstäbe, K Krystallkegel. und die Cuticula eine gleichmässige helle Ueberkleidung des Auges darstellen. Im einfachsten Falle lagert sich das die Lichtperception jeder Retinula isolirende Pig- ment in der Peripherie der Nervenzellen selbst ab (Brauchipus), in der Regel wird dasselbe jedoch in be- sonderen Zellen erzeugt, welche in bestimmten Zonen die Krystallkegel (Irispigment) und Nervenstäbe (Re- tinapigment) scheidenartig umlagern und im belichteten Auge eine Lageveränderung, jene nach hinten, diese nach vorn, erfahren. Im Grunde des Auges gehen die Stabzellen der Retinula in die Nervenbündelschicht der Retina über, welche ausser jener noch aus einer Ganglienzellenschicht und einem Marklager sehr feiner (Fig. 119 Bty). m Drei Facetten nebst Eetinulae aus dem zusammengesetzten Auge des Malkäfers , nach Grenacher, zwei derselben nach Auflösung des Pigments. F Corneafacette, K Krystall- kegel, P Pigmentscheide, P' Hauptpigmentzellen, P" Pig- mentzellen zweiter Ordnung, R Ketinulae. Nervenfasern besteht ') Siehe Joh. Müller, Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes. Leipzig 182(5. H. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. Göttingen 1879. W. Patten, Eyes of Mollusks and Arthropods. Mittheilungen aus der zool. Station zu Neapel. VI. Bd. 1886. S. Exner, Die Physiologie des facettirten Auges von Krebsen und Insecten. Leipzig und Wien 1891. 104 Bau des Facettenauges. Die Umg-renziing- des Auges ist eine feste chitinige Hülle, die in der Verlängerung- der Scheide des eintretenden Sehnerven die Weichtheile des Auges umgibt und bis zur Cornea reicht. Was man als Sehnerven bezeichnet, entspricht zum guten Theil bereits der Retina selbst, welche eine Ganglien- zellenschicht und eine Lage von Nervenbündeln enthält. Wenn nun auch hinter jeder gewölbten Corneafacette ein umgekehrtes, verkleinertes (weit von der erregbaren Stelle des Nervenstabes liegendes) Bildchen des zu sehenden (Jbjectes entworfen wird, so kann doch nur der senkrecht auf- fallende, durch Refraction benachbarter Strahlen des Strahlkegels ver- stärkte Achsenstrahl desselben zur Perception gelangen, da alle übrigen Seitenstrahlen vom Pigmente absorbirt werden. Demnach liegen die von den Achsenstrahlen veranlassten Lichteindrücke, deren Menge der Zahl der einzelnen Nervenstäbe entspricht, mosaikartig, die Anordnung der licht- entsendenden Punkte des äusseren Oegenstandes wiederholend, auf der Re- tina. Das hier entworfene Bild ist aufrecht, hat aber nur eine geringe Licht- stärke und Specification. (Appositionsbild, Superpositionsbild.) Soll das Auge nach verschiedenen Richtungen und aus verschiedener Entfernung deutlich zu sehen im Stande sein, so erscheint ein besonderer Bewegungsapparat , sowie ein Accommodationsraechanismus nothwendig, welcher das Verhältniss der brechenden Medien zur Retina verändert. Der Bewegungsapparat ist durch Muskeln hergestellt, welche den Augenbulbus bewegen und die Sehrichtung nach dem Willen des Thieres modificiren können. Bei vielen Facettenaugen (Decapoden) wird der gesamrate Seiten- abschnitt des Kopfes, welchem das Facettenauge angehört, stielförmig vom Mittelabschnitte des Kopfes erhoben, als Stielauge beweglich. Die bei Fischen und Schizopoden (Euphmisia) früher als Nebenaugen betrachteten Organe haben sich als Leuchtorgane erwiesen, die besonders bei Thieren , welche in der Tiefe der See leben , eine ansehnlichere Ent- wicklung erlangen und grössere Bedeutung zu haben scheinen. Lage und Zahl der Augen variiren namentlich bei den niederen Thieren ausserordentlich. Die paarige Anordnung derselben am Kopfe erscheint bei den höheren Thieren im Allgemeinen als Regel ; indessen können auch an peripherischen Körpertheilen Sehorgane vorkommen, wie z. B. bei Peden, Spondylus am Mantelrande und bei gewissen Anneliden an den Tentakeln. Bei den Radiärthieren wiederholen sich die Augen in der Peripherie des Körpers nach der Zahl der Radien. Bei den Seesternen liegen sie am äussersten Ende der Ambulacralrinne an der Spitze der Arme, bei den Acalephen als Randkörper am Scheibenrande. Auch das Unterscheidungsvermögen der Farben ist vielen Thieren zu- zuschreiben. Die Daphniden zeigen für die gelbgrüne Zone des Sonnen- spectrums eine solche Vorliebe, dass sie sich in derselben in grosser Menge anhäufen. Die Bienen geben der blauen Farbe, die Ameisen der rothen den Vorzug und besitzen, wie zahlreiche andere Thiere, für das uns unsichtbare Elektrische Organe. 105 Ultraviolett Wabrnehmungsvermögen. Indessen spricht sich oft bei Thieren in der Wahl der Farl)e auch zugleich die Vorliebe für bestimmte Hellig- keitsffrade aus. ^) Elektrische Organe. Leuchtorgane. Auch die centrifugal leitenden Nerven zeigen eigen thümliche Endi- gungen, mittelst VF elcher die Nervenbewegung auf das peripherische Organ übertragen wird. Unter denselben sind Nervenendigungen an den quer- gestreiften Muskelfasern am längsten bekannt und zuerst bei den Tardi- graden (Doyere) entdeckt worden. Tn diesem Fig. 121. Falle schwillt der Nerv zu einer hügelförmigen ^S!^Z^Z Erhebung an, welche im Umkreis des Achsen- ^"' cylinders eine körnige, von Kernen durchsetzte fe IMasse enthält, oder er endet als sogenannte „motorische Endplatte" verästelt (Fig. 121). s,^ Diesen Endplatten schliessen sich die ^^^ ■ Nervenendigungen in den eJektrisclien Orga- ^^\^-'' Mt ucn 2) um so enger an, als die letzteren auf um- %|'^:- 3 gewandelteMuskelsubstanz zurückgeführt wer- ;|i| den konnten (Babuchin). Es sind nur wenige 'Sii Fische, welche lunctionstahige elektrische Or- - ^^ "uuuaii , ., , • , -1 n r( 1 1.. Muskelprimitivbündel von Lacerta mit gane besitzen und mit denselben Schlage zu Nervenendigung. P Nervenendplatte. ertheilen vermögen, in erster Linie derZitter- (^^'^'^ Kühne.) aal, Gymnotus eIecfricus(Fig. 122a, i), aus dem Flussgebiete desOrinoco, dem- selben an elektrischer Kraft nachstehend der mediterrane Zitterrochen, 'Tor- pedo marmorata, und der afrikanische Zitterwels, Malopterurus electricus (Fig. 122c). Indessen wurden ähnlich gebaute Organe, freilich ohne be- merkenswerthe Elektricitätsentwicklung, auch am Schwänze vom Mormyrus und Gymnarcims, sowie am Schwänze der Rochen gefunden und unrichtiger- weise als pseudo-elektrische Organe bezeichnet. Dieselben sind hier wie die vorausgelegenen Myomeren metamer gegliedert und bei Morniyms in eine dorsale und ventrale Reihe abgegrenzt. ^) .T. Lubbock, Ameisen, Bienen und Wespen. Beobachtungen über die Lebensweise der geselligen Hynienopteren. Leipzig 1883. V. Graber, Grundlinien zur Erforscbung des Helligkeits- und Farbensinnes der Thiere. Prag 1884. ^) F. Pacini, Sulla struttura intima dell' Organo elettrico del Gimnoto et di altri Pesci elettrici. Archives des sciences phys. et anat., 1853. Max Schnitze. Zur Kenntniss der elektrischen Organe. Halle 1858 und 1859. Babuchin, Uebersicht der neueren Unter- suchungen über Entwicklung, Bau und physiologische Verhältnisse der elektrischen und pseudo-elektrischen Organe. Archiv für Anatomie und Physiologie, 1876. O.Sachs, Unter- suchungen am Zitteraal, Gi/mnotus electricus. Nach seinem Tode bearbeitet von E. du Bois- Reymond, Leipzig 1881, mit zwei Abhandlungen von G. Fritsch. G. Fritsch, Die elek- trischen Fische etc. I. Malopterurus electricus. Leipzig 1887. II. Die Torpedines. Leipzig 1890. 106 Elektrische Organe von Gymnotus, Malopterurus. Ihrer Lage nach zeigen die elektrischen Organe beträchtliche Ab- weichungen, indem sich dieselben beim Zitterrochen rechts und links zwischen Kiemen und Propterygium ausbreiten (Fig. 123), beim Zitteraal als oberes und unteres Paar der Länge nach an den Seiten des mächtigen Schwanzes erstrecken (Fig. 122^) und beim Zitterwels zwischen Muskeln und Haut eine mehr oberflächliche Lage einnehmen. Dagegen stimmen dieselben im feineren Baue wesentlich überein, indem sie durch ein fibröses Gerüst in regelmässige Fächer, sogenannte „Kästeben" getheilt sind, welche bei reihenweise ge- a Gymnotus eUctricus, nach Sachs. — 6 Querschnitt durch den Schwanz von Gi/ncio'i'-s. E oberes, e unteres elektrisches Organ, nE Sachs'sches Säulenbündel, 3/ Eumpfmuskel, TT' Wirbel, S Schwimmblase, JN" elek- trischer Nerv. — c Malopterurus electrieus nach Cuvier und Valenciennes. schichteter Anordnung das Entstehen prismatischer Säulen veranlassen oder auch alternirend neben- und hintereinander lagern (Maloptcrurusj. Im er- steren Falle erstrecken sich die Säulen entweder längs der Körperachse (Gymnotus) und haben somit eine horizontale Lage, im andern sind sie in dorsoventraler Richtung senkrecht gestellt (Torpedo). Während nun das fibröse Bindegewebsgerüst als Träger der ernährenden Blutgetässe und der netzförmig verästelten Nerven erscheint , wird die Füllungsmasse jedes Kästchens aus der elektrischen Platte und aus gallertigem Gewebe gebildet, in welchem jene gewissermassen suspendirt ist. Das letztere dürfte seiner Bedeutung nach am besten mit dem feuchten Leiter in der Voltaschen Säule. die elektrische Platte aber dem Kupfer-Zinkelement derselben vergleichbar sein. Diese stellt im frischen Zustande eine glasartige homogene Scheibe mit Elektrische Organe von Torpedo. 107 oberflädilicheii papillösen Erhebungen dar. Die Substanz der Platte selbst ent- a Fig. 124. /•: Zitterrochen Torpedo mit präparirtem elektrischen Organ (EO). nach Gegenbau r. Kechterseits ist blos die dorsale Fläche des Organs freigelegt, linkerseits sind die zutreten- den Nervenstämme präparirt. Le Lobus electricus, Tr Nervus trigeminus, V Nervus vagus, O Augen, Br Kiemen, links die einzelnen Kiemensäcke, rechts dieselben mit einer gemein- samen iluskelschicht bedeckt, GR Gallertröhren der Haut. hält in den Papillen sternförmige, amöben- ähnliche Zellen und wird beim Zitteraal durch eine intermediäre Grenzzone (Pacini- sche Link) (Fig. 124« P) in eine vordere und eine hintere, in die hinteren Papillen übergehende „Nervenschicht'' getrennt, an welcher die von der Scheidewand übertre- tenden Nerven mittelst hügelförmiger Aus- breitung in ganz ähnlicher Weise wie die motorischen Endplatten an dem querge- streiften Muskel enden (Fig. 124 «)• I» (^er elektrischen Platte entwickelt sich in Folge der Erregung vom Nerven aus Elektricität Längsschnitte durch das elektrische Organ von ihjmnotus. a Schnitt durch ein Kästchen nach einem frischen Präparat, nach Sachs. S fibrö- ses Querseptum, ^V Nerven in demselben, B Blutgefäss, E elektrische Platte mit den Pa- pillen an beiden Flächen und der Nervenend- ausbreitung an der Hinterfläche, P Pacini'sche Linie — h Schnitt durch eine Keihe aufeinander- folgender Kästchen einer Säule, schwächer vergrüssert, nach F ritsch. in der Weise, dass stets die Seite 108 Leuchtorgane. der Platte, an welcher die Endausbreituug des Nerven stattfindet . elektro- neg-ativ, die entgeg-engesetzte freie elektro-positiv wird. Da die Platten in sämmtlichen Kästchen gleichgerichtet sind, siimmirt sich der Effect au den Polen der Säulen zu einer beträchtlichen elektrischen Spannung, die im Momente der Berührung beider Pole zur Ausgleichung kommt. Leuchtorgane. ^) Viele Thiere haben das Vermögen, Licht auszustrahlen. Offenbar sind es Vorgänge des Stoffwechsels, welche die Erregung von Aetherschwin- gungen veranlassen. Entweder betrifft bei einzelnen Protozoen die Licht- erscheinuug den gesamraten Protoplasmaleib, wie bei Noctihica miliaris Fig. 125. und Fyrocystis noctihica, welche durch ihr massenhaftes Auftreten an der ^leeresoberfläche das Meer- leuchten hervorrufen , oder es sind bestimmte mit Nerven verbundene drüsige Organe, sog. Leuchtorga- ne, von denen die Lichterscheinung ausgeht. Aus den Drüsenzellen der Haut werden bei vielen Anneliden (Pohjnoe, Cliactopterus, Lumhri- cus phosphorcus) und auch bei ein- zelnen Weichthieren (PhijUirhoe hucephalmn '^) Absonderuugspro- ducte ausgeschieden, die den Thoracales Leuchtorgan von Nematoscelis rostrata. Längs- LeUChtstOIl darStellCU. Bci dcU schnitt durch die Hauptachse, nach Chun (Deutung IcUChtendcn McduSCU Uud Coclcn- etwas; verändert), ii n' Nerven, Pg Piginentschicht, rfl . . i t-i • i i Eeflector, c LeuchtzeUen, str Leuchtendes Stäbchen- tCratCU SChCint CS daS Epithel VOr- bündel, l Linse, al Lichtrefiectirende Lamellen im Um- nehuilich der äUSSCrCn KÖrpCr- fläche zu sein, von welchem die Lichterscheiuung ausgeht. Unter den landlebenden Arthropoden kommen Leuchtorgane bei ein- zelnen Myriapoden (Geophilus clectricns) und Käfern (Lnmpijris und Pyro- phorus) vor, welche zur Zeit der Dämmerung aus ihren Verstecken hervor- *) C. G. Ehrenberg, Das Leucliten des Meeres etc. Abh. K. Akad. d. AViss. Berlin 1834. Panceri, La liice e gli organi luminosi di alcuni annelidi. Atte dell. R. Acad. sc. Napoli 1875. Max Scliultze, Zur Kenntniss des Leuchtorganes von LampjTis splendidula. Arch. für mikroskop. Anatomie, 1865. C. Chun, Leuchtorgan und Facettenauge. Biolog. Centralblatt, 1893, Nr. 17 u. 18. F. Leydig, Die augenähnlichen Organe der Fische. Bonn 1881. R. Lendenfeld, Report on the Structure of the Phosphorent Organs of Fishes. The Voyage H. M. S. Challenger. Deepsea-Fishea. -) Nach Panceri soll bei PAy ////•/; oe der Sitz des Leuchtvermögens in peripherischen Ganglienzellen liegen, es handelt sich jedoch auch hier, wie ich mich überzeugen konnte, um durch Poren ausmündende Drüsenzellen, welche mit Nerven in Verbindung stehen. kreis derselben, b Kerne der Linsenkapsel, c' Vorderi Leuchtzellen, sin Blutsinus, ek Hypoderniiszellen, ch Cu ticula. Psychisches Leben und Instinct. 109 kommen. Die Leiichtorganc von Lanqyijris liegen an der Bauchseite in mehreren llinterleibssegmenten und strahlen vornehmlich bei dem larven- förmigen, als Glühwurm bekannten Weibchen ein intensives Licht aus. Unter den Crustaceen ist es die Euphausidcngruppc der Schizopoden, welche durch das Leuchtvermögen complicirt gebauter Organe, die man frülier für accessorische Augen hielt, das Interesse in hohem Grade verdient, zumal diese im Stielauge, sowie an den Seiten zweier Thoracalgliedm assen und zwischen den Abdominalfüssen gelegenen Leuchtkürper mit der Gestal- tung der Facettenaugen und dem Leben in der Tiefe des Meeres (Sfi/Io- cheiron) im engen Zusammenhange stehen (Fig. 125). Aehnliche Leuchtorgane finden sich auch unterhalb der Augen in der Wangengegend und reihen- weise gestellt, sowie an der Bauchfläche und an den Seiten des Körpers zahlreicher Fische, welche im Dunkeln, beziehungsweise in der Tiefe des Meeres leben (Ärgtjropehcus, Sternoptyx, Scopelus, Halosaurus etc.^. Psychisches 1) Leben und Instinct. Die höheren Thiere werden sich nicht nur der Einheit ihres Organismus in dem Gefühle von Behagen und Unbehagen, Lust und Schmerz bewusst, sondern besitzen auch die Fähigkeit, von den durch die Sinne vermittelten Eindrücken der Aussenwelt Residuen zu bewahren und mit gleichzeitig empfundenen Zuständen ihres körperlichen Befindens zu verknüpfen. x\uf welche Art die Irritabilität niederer einzelliger Organismen durch allmälige Uebergänge und Zwischenstufen zu der ersten Regung von Empfindung und Bewusstsein führt, liegt uns ebenso vollständig wie Natur und Wesen dieser von materiellen Bewegungen des Stoffes abhängigen, aber nicht aus den- selben erklärbaren psi/chischen Vorgänge verschlossen. Wohl aber dürfen wir mit einiger Berechtigung annehmen, dass für den Eintritt innerer Zu- stände, welche mit dem an unserem eigenen Organismus erfahrenen, als Be- wusstsein bezeichneten Zustande einen Vergleich gestatten, das Vorhanden- sein eines complicirten Nervenapparates erforderlich ist. Mit den Sinnes- organen und dem Vermögen derselben, Eindrücke bestimmter Qualität von äusseren, als Reiz wirkenden Ursachen aufzunehmen, mit der Fähigkeit, Residuen des Wahrgenommenen im Gedächtnisse zu bewahren und als Vor- stellungen mit gleichzeitig empfundenen und ebenfalls in der Erinnerung reproducirten körperlichen Gefühlszuständen zu Urtheilen und Schlüssen zu verbinden, besitzen die Thiere im Wesentlichen alle Grundbedingungen zu den Vorgängen der Intelligenz, wie sie andererseits auch fast alle Formen von Gemüthszuständen der menschlichen Seele zur Erscheinung bringen. Neben bewussten, aus Erfahrung und intellectueller Thätigkeit ent- sprungenen Willensäusserungen werden aber die Handlungen der Thiere in •) W. Wundt, Vorlesungen über die Menschen- vind Thierseele. 2. Auflage. Hamburg und Leipzig 1892. G. J. Romanes, Geistige Entwicklung im Thierreich. Leipzig 1893. Derselbe, Die geistige Entwicklung beim Menschen. Leipzig 1893. wo Yerhältniss von Instinct zum Intellect. umfassendem Masse durch innere Triebe bestimmt, welche unabhängig vom Bewusstsein wirken und zu zahlreichen, oft höchst complicirten, dem Orga- nismus nützlichen Handlungen Anlass geben. Man nennt solche, die Erhaltung des Individuums und der Art fördernde Triebe InsHncte ^) und stellt dieselben gewöhnlich als dem Thiere eigenthümlich der bewussten Vernunft des Menschen gegenüber. Wie diese aber nur als höhere Potenz vom Verstand und Intellect, nicht aber als etwas von letzterem qualitativ Verschiedenes betrachtet werden kann, so zeigt die nähere Betrachtung, dass auch Instinct und bewusster Verstand nicht im absoluten Gegensatze, vielmehr in viel- seitiger Beziehung stehen und nicht scharf von einander abzugrenzen sind. Denn wenn man auch dem Begriffe nach das Wesen des Instinctes in dem Unhewussten und in dem Äinjehorenmin erkennt, so ergibt sich doch, dass erfahrungsgemäss mittelst bewusster Intelligenz erworbene Fertigkeiten zu instinctiven , unbewusst sich vollziehenden Vorgängen werden , und dass im Anschluss an die durch den Zusammenhang der Xaturerschcinungen überaus wahrscheinlich gemachte Descendenzlehre die Instincte sich aus kleinen Anfängen entwickelt haben und nur unter Mitwirkung einer, wenn auch beschränkten intellectuellen Thätigkeit zu so hohen und complicirten Formen entwickeln konnten, welche wir an vielen höher organisirten Ihieren (Uymcnoptereii) bewundern. Man kann demgemäss mit vollem Rechte den Instinct als einen mit der Organisation ererbten , unbewusst wirkenden Mechanismus definiren. welcher als Reaction auf einen äusseren oder inneren Reiz sich in bestimmter Form gewissermassen abspielt und eine scheinbar zielbewusste, zweckmässige Verrichtung des Organismus zur Folge hat. Doch wird man nicht ausser Acht lassen dürfen, dass auch die intellectuellen Thätigkeiten auf mechanischen Vorgängen beruhen und geradezu Bedingung sind, um aus einfachen höhere und verwickeitere Instincte entstehen zu lassen. Als Ergebniss theils instinctiver, theils intellectueller Vorgänge erklärt sich die bei höheren Thieren so häufig vorkommende Erscheinung des Zu- sammenlebens in Gesellschaften 2), die Association zahh-eicher Individuen zu einfachen oder durch Arbeitstheilung reich gegliederten Vereinen , soge- nannten Thierstaaten (Ameisen, Wespen, Bienen, Termiten). Wie bei den durch (Kontinuität des Leibes verbundenen Lebensformen der sogenannten Thierstöcke erscheint auch hier das Zusammenwirken ein sich gegenseitig förderndes, beziehungsweise bedingendes. Der Vortheil. welcher durch die ') Yergl. H. S. Reiraarus, Allgemeine Betrachtungen über die Triebe der Thiere. Hamburg 1773. P. Flourens, De l'instinct et de l'intelligence des animaux. Paris 1851. ^) Ganz verschieden und lediglich durch Wachsthumsvorgänge bedingt ist die Ent- stehung der sogenannten Thierstöcke bei niederen Thieren mit unvollkommener oder be- schränkter Individualität, wenngleich der durch die Vereinigung erreichte Vortheil für die Erhaltung der Art ein ähnlicher ist. Vergl. die Thierstöcke der Vorticellinen, Polypen und Siphonophuren, der Biyozoeii und Tunicaten. Geschlechtsorgane und Fortpflanzung. 111 leichtere Ernäliruiig- und Vertlieidigung, somit auf die Erhaltung des Indi- viduums, sondern in erster Linie auf die Erhaltung; der Nachkommenschaft, also auf den Schutz der Art. Daher sind auch die einfachsten und häutigsten Associationen, aus denen die complicirten , durch Arbeitstheilung geglie- derten (Jesellschaften abzuleiten sind , Vereine beiderlei Geschlechtsthiere derselben Art. Geschlechtsorgane und Fortpflanzung. Die Neubildung von Organismen könnte eine spontane sein, eine Ur- zeugung (Generatio aequivoca), welche in früheren Zeiten nicht nur für die einfachen und niederen, sondern selbst für complicirtere und höhere Orga- nismen angenommen wm-de. Aristoteles Hess Frösche und Aale aus dem Schlamme entstehen, und allgemein wurde bis auf Redi das Auftreten der Maden an faulendem Fleische als Urzeugung erklärt. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft zogen sich jedoch die Grenzen für die Annahme derselben immer enger, so dass rnan bald nur noch die Entozoen und Infusionsthierchen auf diesem Wege entstanden glaubte. Doch auch diese Organismen wurden durch die Forschung der letzten Decennien dem Gebiete der Generatio aequi- voca fast gänzlich entzogen, so dass schliesslich nur die niedersten Organismen faulender Infusionen in Betracht kommen konnten. Aber auch für diese hat seit Pas teur's ^) wichtigen Forschungen die Urzeugung jeden Boden verloren. Der Urzeugung steht die elterliche Zeugung oder Fortpflanzung gegen- über. Dieselbe ist im Grunde nichts Anderes als ein Wachsthum des Organismus über die Sphäre seiner Individualität hinaus und lässt sieb auch überall auf Absonderung eines körperlichen Theiles, Avelcher sich zu einem dem elterlichen Körper ähnlichen Individuum gestaltet, zurückführen. In- dessen ist die Art und Weise dieser Neubildung ausserordentlich verschieden und lässt verschiedene Formen der Fortpflanzung als Theilmig^ Sprossimg monogene oder ungeschlechtliche (Sporenhildung) und als digene oder ge- schlechtliche Fortpflanzung unterscheiden. 2) Die Theilung, welche zugleich mit der Sprossung und Sporenbildung als monogene (ungeschlechtliche) Fortpflanzung zu bezeichnen ist, findet sich bei den niedersten Thieren verbreitet, sowohl bei den Protozoen als auch bei den tiefer stehenden Metazoen mit noch wenig differenzirten Geweben, wie sie denn auch die Fortpflanzungsform der Zelle ist. Bei derselben ent- stehen aus einem ursprünglich einheitlichen Organismus durch eine immer tiefer greifende und zur Trennung führende Einschnürung des Gesammt- leibes zwei in der Regel gleichwerthige Individuen, in deren Leben sich *) Vergl. insbesondere Pastenr, Memoire sur les corpuscules organises qui existent dans l'atmosphöre. Ann. des sc. nat. 1861 , ferner Experiences relatives aux generations dites spontanees. Compt. rend. de l'Acad. des sciences, tome 50. ^) Yergl. R. Leuckart's Artikel: „Zeugung" in R. Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. U2 Monogene Fortpflanzung. Sprossung. Sporenbildung. das des Muttertliieres fortsetzt. Bleibt die Theilung unvollständig, ohne dass die Theilstücke zui* völligen Öouderung gelangen, so sind die Bedingungen zur Entstehung eines Thierstockes gegeben, der bei fortgesetzter unvoll- ständiger Theilung der neugebildeten Individuen an Umfang und Individuen- zahl zunimmt (VorticeUinen, Pohjpemtöcke). Die Theilung kann in verschie- denen Richtungen longitudinal, transversal oder diagonal erfolgen. Die Sprossung oder Knospiing unterscheidet sich von der Theilung durch ein vorausgegangenes ungleichmässiges und einseitiges Wa chsthum des Körpers, durch die Entstehung eines Abschnittes, welcher sich zu einem neuen Individuum ausbildet und durch Abschnürung und Theilung als Tochterthier zur Selbstständigkeit gelangt. Unterbleibt die Sonderung der neu gebildeten Knospe, so ist in gleicher Weise die Bedingung zur Entstehung eines Thierstockes gegeben. Bald erfolgt die Knospung an verschiedenen Stellen der äusseren Körperfläche unregelmässig oder nach bestimmten Gesetzen (Ascidien, Polt/pen stocke), bald auf einen bestimmten, als Keim- stock gesonderten Körpertheil localisirt (Stolo proUfer der Salpen). Die Anlage des knospenden Keimes wiederholt die verschiedenen als Keimblätter unterschiedenen Zellenlagen, aus denen sich später die Organe differenziren. Die Bildung von Sporen oder Keimzellen charakterisirt sich als eine Absonderung von Zellen im Innern des Organismus, welche sich vor oder nach Austritt aus demselben zu neuen Individuen entwickeln. Indessen nur bei den einzelligen Protozoen (Gregarinen) dürfte dieser dem Pflanzenreich entlehnte Begriff von Spore aufrecht zu erhalten sein. Die Fälle von soge- nannter Sporenerzeugung im Bereiche der Metazoen (Keimschläuche der Trematoden) fallen wahrscheinlich mit der Eibildung zusammen und dürften auf frühzeitige Reife und spontane Entwicklung von Eizellen (Parthenogenese. Paedogenese) zurückzuführen sein. Die digene oder geschlechtliche Fortpflanzung beruht auf der Erzeugung von zweierlei verschiedenen Keimzellen, deren Vereinigung zur Entwicklung eines neuen Organismus nothwendig ist. Die eine Form von Keimzellen stellt sich als Zelle dar, welche zugleich das Material zur Bildung das neuen Indivi- duums enthält, und heisst Eizelle (meist schlechthin Ei). Die zweite Form, die Samenzelle, ist, wie man sich ausdrückt, das befruchtende Element. Die Zellenlager, aus denen Eier und Sperma ihre Entstehung nehmen, werden entsprechend den als Sexualzellen bezeichneten beiden Formen von Keim- zellen Geschlechtsorgane genannt, und zwar die Eier erzeugenden n-cihliche und die Samen erzeugenden männliche Geschlechtsorgane. Das Ei ist das iveibUche, das Sperma das männliche Product, Die digene Fortpflanzung, welche für sämmtliche Metazoen Geltung hat. ist ohne Zweifel auf die Protozoen und Protophyten zurückzuverfolgen. Wahr- scheinlich ist der Conjugationsvorgang zweier scheinbar gleicher Zellen, wie er schon bei den Conjugaten unter den Algen vorkommt, die Ausgaugsform der digenen Fortpflanzung, und Eizelle und Spermazelle sind als ungleich Digone Fortpflanzung. Geschlechtsorgane. 113 gewordene Formen von Keimzellen zu betrachten. Eine Conjugation elfte- ren ter Keimzellen ist schon bei niederen Pflanzen sehr verbreitet und ins- besondere auch bei denFlagellatencolonien der Volrocincn beobachtet worden. Hier entwickeln sich z. B. bei Vohox einzelne der Zellindividuen zu Fort- pflanzungszellen, welche, aus dem Verbände der übrigen gelöst, in den Innenraum der Kugel gelangen und zu Eizellen, beziehungsweise bei fort- gesetzter Theilung zu Ballen von Samenzellen oder Spermatozoen werden. Dem entsprechend dürfte bei den Metazoen die Absonderung der Geschlechts- zellen sehr frühzeitig bei noch gleichartiger Gestaltung aller übrigen Zellen erfolgt sein und der ersten Arbcitstheiluug des Zellenmaterials entsprochen haben, welches sich später, nachdem phylogenetisch die digene Zeugung bereits zur Erscheinung getreten Avar, in Schichten sonderte. Der Bau der Geschlechtsorgane zeigt ausserordentlich verschiedene Fig. 126. ,— sC\^\ Geschlechtsorgane eines Heteropoden (Pferofntchea), nach K. Leuckart. a des Männchens, T Hoden, Vd Samenleiter, — • b des Weibchens. Ov Ovarium, £(iEiweissdrüse, JJsKeceptaculum seminis, Tti Vagina. Verhältnisse und zahlreiche Stufen fortschreitender Complication. Im einfachsten Falle reduciren sich die- selben auf Anhäufungen von Sexual- zellen, welche in der zelligen Leibes- wand auftreten und schon in dieser primitiven Form als Hoden und Ova- rien bezeichnet werden. Die zellige Leibeswand erscheint an bestimmten Stellen als Keimstätte für Samen- und Eizellen (Coelenteraten ) , und zwar ist es bald das Ektoderm, bald das Entoderm, aus welchem dieselben her- vorgehen und zu subepithelialen La- gern sich gestalten (Fig. 31). Aehn- liches gilt auch für die marinen Polvchaeten und Bryozoen , in deren Leibeshöhlenepithel die Samen- und EizeUen entstehen, welche nach Er- langung der Reife in die Leibeshöhle fallen. Meist gewinnen jedoch Ovarien und Hoden, dem Bedürfnisse einer grösseren Flächenentwicklung gemäss, den Bau von Drüsen mit Ausführungsgängen, ohne dass noch weitere sexuelle Leistungen zu der Absonderung der beiderlei Zeugungsstoffe hinzukommen ( Echinodermen). Auf einer höheren Stufe aber gesellen sich zu den Eier- und Samen-bereitenden Drüsen complicirtere Leitungsapparate, welche bestimmte Arbeiten für die weitere Gestaltung der abgesonderten Sexualproducte und für die Begegnung beider Zeugungsstoffe übernehmen (Fig. 126). Zu den Ovarien kommen Eileiter^ Orldiictej entweder als mit jenen in directem Zusammenhange stehende Ausführuugsgänge oder als selbstständige aus fremden, ursprünglich ganz anderen Functionen dienenden Canälen (Segmentalorganen) hervorge- gangene Leitungswege. In den Verlauf derselben sind häufig Drüsen mancherlei Art angefügt, welche als Dotterstöcke der Eizelle Dotterraaterial zuführen oder C.Claus: Lehibuch der Zoologie. G. Aufl. 8 114 Verbreitung des Hermaphroditismus. dieselbe in Eiweiss einhüllen oder den Stoff zur Bildung einer derben Eischale (CJiorio)i) liefern. Freilich können diese Functionen auch der Ovarialröhre ü])ertragen sein (Insecten), so dass das in den Eileiter eintretende Ei bereits seinen aceessorischen Dotter aufgenommen und eine feste Eischale erhalten hat. Immerhin besorgen die Leitungswege auch dann noch verschiedene Arbeiten und gliedern sich dementsprechend in mehrfache Abschnitte; oft erweitern sich dieselben während ihres Verlaufes zu einem Reservoir zur Aufbewahrung der Eier (EkrhehäUer) oder der sich entwickelten Embryonen (Fruchthehälter, Uterus), während ihr Endabschnitt zur Befruchtung bezug- nehmende Differenzirungen hi^i^i (Becepfacuhmi seminis, Scheide, Bcgnftnngs- tasche, äussere Geschlechtstheile). Die Ausführungsgänge der Hoden. Samen- leiter (Vasa deferentia) bilden gleichfalls häufig Reservoirs (Saweuhhsen) Fig. 127. und nehmen Drüsen (Prostata) auf, deren Secret sich dem Sper- ma beimischt oder um die Samenballen feste- re Hüllen (Spermato- phorcn) bildet. Der Endabschnitt des Sa- menleiters gestaltet sich durch die kräftige Muskulatur zu einem Ductus ejacidatorms, welchem sich in der Regel äussere Copula- tionsorgane zur geeig- neten Uebertragung der Samenflüssigkeit in die weiblichen Ge- schlechtsorgane hinzugesellen (Fig. 127). Hermaj)hroditismus. Die einfachste und ursprünglichste Form des Auf- tretens von Geschlechtsorganen ist die hcrmaphroditische. Eier und Samen werden in dem Kih-per ein und desselben Individuums (HeriiiapJirodif, Znitter) erzeugt, welches in sich alle Bedingungen zur Arterhaltung vereinigt und für sich allein die Art repräsentirt. Wir finden den Hermaphroditismus in allen Thierkreisen, besonders aber in den niederen, und zwar erscheinen vorzugsweise langsam bewegliche (Land-, sowie kriechende Wasserschnecken, Opisthobranchien, Turbellarien , Hirudineen, Oligochaeten) oder vereinzelt auftretende Parasiten (Cestoden, Trematoden) oder festgeheftete, der freien Ortsveränderung entbehrende Thiere (Austern, Cirripedien, Bryozoen, Asci- dien) hermaphroditisch. Das gegenseitige Verhältniss der männlichen und weiblichen, in demselben Individuum vereinigten Geschlechtsorgane zeigt o. Die weiblichen Geschlechtsorgane von Pii/cr^ nach Stei Bs Beceptaculum seminis, V Vagina, Gl Anhangsdrüse. Hohen Geschlechtsorgane einer Wasserwanze (N'epa), nach S Ov Eiröhren, b die männ- in. THoden, Vd Vasa deferentia. Gl Anhangsdrüsen, D Ductus ejaculatorius. ittPidlüse und deren Ausführungsapparat. lln Fig. 128. inelirfaclie Yerscliiedenlieiten. welche gewissermassen stufenweise der Treu iiuiig der Gcsehlecliter allmälig näher führen. Im einfachsten Falle liegen die Iveinistätten der beiderlei Geschlechts- productc räumlich nahe hei einander, so dass sich Samen und Eier im Leihe des hermaphroditischen Mutterthieres direct begegnen (Ctenophoren, (■hri/saant). Bei- derlei Zeugungsstot^e entstehen hier in begrenzten Zellenlagern unterhalb der Entodermbekleidung des Oastrovascular- raumes und lassen sich auf Wucherungen des Entoderms zurückführen. Auf einer hidieren Stufe sind Ovarien und Hoden noch als ZinttcnJriisv \QYQm\^i( Syuapta, Pteropoden, Opisthobranchien, Tulmona- ten/ Bei den thecosomen Pteropoden ist noch ein gemeinsamer Ausführungs- canal vorhanden (Fig. 128), aus dem sich aber schon bei vielen Opisthobranchiern und den Pulmonaten (Heli.rJ Samenleiter und Oviduct in verschiedener Weise son- dern, jedoch noch mit gemeinsamer Ge- schlechtskloake ausmünden (Fig. 129). In anderen Fällen trennen sich Hoden und Ovarien auch als gesonderte Drüsen und erhalten vollständig getrennte Aus- führungsgänge. Auch dann kann die Ge- schlechtsöffnung noch eine gemeinsame Kloake sein (Gestoden , Trematoden, Rhabdocoelen , monogonopore Dendro- coelen) (Fig. 130), oder es liegen beide Oeflfnungen von einander getrennt (digo- nopore Dendrocoelen, Hirudineen, Oligo- chaeten) (Fig. 131). Bei allen diesen Mo- diticationen erscheint die Kreuzung zweier hermaphroditischer Individuen, Geschlechtsorgane von CymhulicUVteropode), nach Gegenbaur. n Zrf Zwitterdrüse mit gemein- samem Ausführnngsgang, Bs Samenbehälter, U Eierbehälter. — b Ein Acinus der Zwitterdriise derselben. O Eier, S Samenfäden. Fig. 129. welche sich zuweilen gleichzeitig be- poviau fruchten (Wechselkreuzung) , als Regel, ^^"/ derselben, ^-^ ' o ; und Samenrinne, Geschlechtsorgane der Weinbergschnecke (Heli.r tterdrüse, Zg der Ausführungs- Ed Eiweissdrüse, Od Eiergang V'd Samenleiter, P vorstülpbarer während allerdings ganz vereinzelte Bei- penis, fi Fiageiium. rs Keceptacuium seminis, spiele vorkommen mögen, in denen Zwit- ^ L-^espfeii im pfeiisack, d fingerförmige Drüse ter zur Erzeugung von Nachkommen sich selbst genügen. Jedenfalls erscheint dieser Fall bei den Hermaphroditen als an dem letzteren, Oö gemeinsame Genitalöffnung. 116 Trennung des Geschlechtes. Ausnahme, und selbst bei unvollkommener Sonderung von Hoden und Ovarien macht die zeitliche Trennung der männlichen und ireihUchen Reife eine Kreu- zung zweier Individuen erforderlich ((lastropoden), Ph3^siologisch führt ein solches Verhältniss des Hermaphroditismus be- reits zur Trennung der Geschlechter und geht morphologisch bei einseitiger Ausbildung der einen Art von Geschlechtsorganen unter gleichzeitiger Ver- haematohia) . In solchen Fällen bleiben nicht selten .Spuren einer hermaphro- ditischen Anlage zurück, wie solche auch an den Ausführungsgängen der Ge- schlechtsorgane der Vertebraten nachweisbar sind. Bei den Amphibien und Fig. 130 höheren Vertebraten finden sich männ- liche und weibliche Leitungswege, welche sich secundär aus dem Urnicren- gange entwickeln, in jedem Indivi- duum. Der Oviduct (Müll ersehe Gang) bildet sich beim Männchen bis auf schwache Reste zurück, während um- gekehrt der Samenleiter (Wolff'scher Gang) im weiblichen Geschlecht ver- kümmert oder wie bei den Amphi- bien als Leitungsgang zur Ausführung des Harnsecretes Verwendung findet (Fig. 132 a, b). Trenmmy der Geschlechter. Mit der Souderung der männlichen und weiblichen Geschlechtstheile auf ver- schiedene Individuen ist die vollkom- menste Form der geschlechtlichen Fort- pflanzung auf dem Wege der Arbeits- theilung erreicht, aber gleichzeitig auch ein fortschreitender Dimorphismus der Männchen und Weibchen vorbereitet, da die Organisation der Geschlechtsthiere von den abweichenden Geschlechts- functionen mehr und mehr beeinflusst und mit der höheren Ausbildung des Geschlechtslebens zur Ausführung besonderer, an Ei- oder Saraenerzeugung gebundener Nebenleistungen umgestaltet wird. In erster Linie ist die complicirtere Gliederimg beiderlei Leita ngswege. sowie die derselben entsprechende ArbeitstheiUmg der Functionen für die Ausbildung accessorischer Geschlechtscharaktere und des Sexualdimorphis- mus von Bedeutung. Das bei der Begattung den Samen aufnehmende Weibchen verhält sich in der Regel mehr passiv als der leidende Theil, der auch das Bildungsmaterial der Nachkommenschaft in sich birgt und demgemäss Sorge trä.irt für die Entwickluno; der befruchteten Eier und für das weitere Schicksal Geschlechtsapparat von Vorte.r viridis, nach M. .Schnitze. T Hoden, Vd Vas deferens, T-'s Samenblase, P vorstülpbarer Penis, O' Ovarium, Fa Vagina, U TJterns, D Dotterstöcke, Es Eeceptaculum seminis. Geschlechtsapparat des Blutegels, r Ho- den, Vd Vas defe- rens, Xh Neben- hoden, Pc Prostata, C Cirrus, Ov Ova- rien nebst Scheide und weiblicher Ge- nitalöffnung. Sexualdiinorpb'smus. 117 der iii"s Leben getretenen Bnit. Daher der durchsclniittlich schwertalligere Körper des Weibchens, sowie die verschiedenen Einrichtungen in demselben Fig. 132. zum Schutze und zur Ernährung der Brut, welche sich aus den abgesetzten, häufig am mütter- lichen Körper mit umhergetra- genen Eiern entwickelt oder im Innern des ^Mutterleibes zur Ent- wicklung gelangt und lebendig geboren wird. Die eigenthüm- lichen Verrichtungen des Männ- chens beziehen sich zunächst auf die Aufsuchung, Anregung und Bewältigung des Weibchens zur Begattung, daher im Durch- schnitt die grössere Kraft und BewegUchkeit des Körpers, die höhere Entwicklung der Sinne, der Besitz von mancherlei Reiz- mitteln, als lebhaftere Färbung, lautere und reichere Stimme, endlich von Haft- und Klam- merwerkzeugen , sowie von äusseren Copulationsorganen (Fig. 133 a, b). Die sexuellen Gegensätze sind bei den höheren Thieren so bedeutend, dass man die An- sicht begründen zu können glaubte, das Geschlecht wirke durch das ganze Wesen des In- dividuums und habe seinen Sitz in jedem Theile desselben, der entweder männlich oder weib- lich sei (Steenstrup). Die Con- sequenz einer solchen Anschau- ung führte dazu, das Vorkom- men des Hermaphroditismus überhaupt zu leugnen, densel- ben für unmöglich zu halten. Wenn auch diese extreme iVnsicht von Niemandem mehr getheilt wird, so gibt es doch noch Forscher, welche die Trennung der Geschlechter als die ursprüngliche Form der geschlechtlichen Fortpflanzung betrachten und den a Linksseitiger Harn- und Ge- schlechtsapparat eines weib- lichen Salamanders ohne den Kloakentheil. Ov Ovarinm, N Niere, Hl der dem Wolffschen Gang entsprechende Harnlei- ter, Mg der als Oviduct aus- gebildete Müller'sche Gang. 6 Linksseitiger Harn- und Ge- schlechtsapparat eines männ- lichen Salamanders , mehr schematisch. T Hoden , Ve Vasa efferentia, N Niere mit den austretenden Sammelröhr- chen, Mg Müller'scher Gang, Wg Wolffscher Gang oder Samenleiter, Kl Kloake mit den Nebendrüsen Dr der linken Seite. 18 iid weibliche Geschlechtscharaktere. Hermaphroditisraus auf secimdär entstandene Aiisnahms fälle zurückzuführen suchen (Fr. Müller), Die Unrichtigkeit auch dieser Auffassung i) ergibt sich nicht nur aus dem ganzen Zusammenhange der Erscheinungen, sondern auch aus der Thatsache , dass die Richtungen , nach welchen beide Ge- schlechter divergiren, sehr verschieden sein können und in einzelnen Fällen für beide Geschlechter die volle Umkehrung in den Neben functionen des Sexuallebens zur Erscheinung kommt. In Ausnahmsfällen können auch vom Männchen Functionen übernommen werden, welche sich auf Brutpflege und Erhaltung der Nachkommenschaft beziehen , wie z. B. bei der Geburtshelferkröte (Ähjtes) und den Lopho- branchiern. Auch betheiligeu sich die ^Männchen der Vögel oft neben dem Weibchen am Nestbau, an dem Auffüttern und Beschützen der Jungen. Dass Bruträume oder Nester lediglich vom männlichen Thiere hergestellt und, wie bei dem Stichling (Gasterosteus) und einzelnen Vögeln (Coturvir- und Phafnroims- Arten, sowie bei Rhynchaea capensis und australis), der Fig. 133. Männchen von Aphis platanoides. Oc Oce\- Flügelloses ovi- Vivipares Weibchen (sogenannte Amme) len, Hr Honigröhrchen, P Begattungs- pares Weibchen von Aphis platanoides. Oc Ocellen. Organ. desselben. Schutz und die Vertheidigung der Brut ausschliesslich dem Männchen zu- fällt, ist wiederum eine seltene Ausnahme, die aber um so nachdrücklicher dafür Zeugniss ablegt, dass die sexuellen Abweichungen sowohl in der Formgestaltung, wie in den besonderen Leistungen nicht auf einem ursprüng- lich gegebenen Gegensatze der beiden Geschlechter beruhen, sondern erst in Folge theils sexueller Züchtung, theils von Anpassung durch Zuchtwahl überhaupt erworben sind. Im Extrem kann der Geschlechtsdimorphismus zu einer derartigen Divergenz der beiderlei Geschlechtsthiere führen, dass man dieselben bei Unkenntniss ihrer Entwicklung und sexuellen Beziehungen in verschiedene Gattungen und Familien stellen würde. Solche Extreme treten bei Bofiferen und bei parasitischen Copepoden (Chondracauthus, Lernaeopodcn, Lernaea) *) Hiermit soll natürlich nicht ausgesprochen sein , dass es nicht auch secundäre, erst wieder von getrennt geschlechtlichen Thieren aus entstandene Formen von Hermaphro- ditismus gibt, wie dies in der That für die Rankenfüssler (Cirripedien) wahrscheinlich ge- macht wurde. Parthenogenese. 119 auf (Fig. 134 <(, h, c) und sind als Züclitiuigsresiütat der parasitischen Lebens- weise zu erklären. Die Versehiedenlieit der beiden die Art repräsentirenden und erhal- tenden Individuengruppen, deren Begattung und gegenseitige Einwirkung man lange Zeit kannte, bevor man sich über das Wesen der Fortptlanzung Rechenschaft zu geben im Stande war, hat zur Bezeichnung „G^esc/^/ec/j/er" geführt, denen wiederum die Bezeichnung cjeschJeclitUch für die Organe und die Art der Fortpflanzung entlehnt wurde. In Wahrheit ist auch die geschlechtliche Fortpflanzung nichts Anderes als eine hcsoudcn- Form des Warlisflmms. Die als Eier und Spermatozoen frei- werdenden Zellen re- präsentiren zwei For- men von Keimzellen, welche nach gegen- seitiger Einwirkung durch den Befruch- tungsvorgang die Ent- wicklung eines neuen Organismus vorberei- ten. Indessen ist auch das Ei unter gewissen Verhältnissen wie die einfache Keimzelle spontan entwicklungs- fähig, wofür die zahl- reichen, besonders bei Insecten und Crusta- ceen (Apus, Ärtenüa, Somraereier der Clado- Fig. 134. Die beiden Geschlechtsthiere von Cliondraconilms f/ibbos^is. das Weibchen etwa sechsfach vergrössert. a Weibchen in seitlicher Lage; 6 dasselbe von der Bauchseite mit anhaJtendem Männchen; c Männchen, isolirt. unter starker Vergrösserung. An' vordere Antennen, An" Klammer- antennen, F', F" die beiden Fusspaare, A Auge, Ov Eierschläuche, 3f Mund- Cert'U und HotifCi'Cn) thelle, Oe Oesophagus, D Darm, T Hoden, Vd Samenleiter, Sp Sperma- bekannt gewordenen tophore im Spermatoj^horensack. Fälle von Parthenogenese Beispiele geben. Auch kann alsdann das Ova- rium mit seinen Leitungswegen durch den Ausfall der Befruchtung be- dingte Vereinfachungen erfahren oder bereits im Zustande unterbliebener Ausgestaltung im Larvenleben des Thieres entwicklungsfähige Ei- oder Keimzellen hervorbringen. Bei den Blattläusen oder Aphiden gibt es eine Generation viviparer Individuen, welche von den begattungs- und befruch- tungsfälligen Oviparen W^eibchen zwar verschieden, aber mit ähnlichen, nach dem Typus der Ovarien gebildeten Fortpflanzungsorganen versehen sind, deren Eigenthümlichkeit vor Allem auf dem Mangel von Einrichtungen zur Begattung und Befruchtung (im Zusammenhange mit dem Ausfall von männ- lichen Thieren) beruht (Fig. 133 e). Die Fortpflanzungszellen nehmen in jenen Organen, die man früher als Keimsti>cke betrachtete, dann später Pseiul- 120 Agame AVeibcben der Aphidun. Paodogcnese. Fig. 135. ovanen nannte, einen ganz ähnliclien Ursprung wie die Eier in den Ovarien und untersclieiden sieh von den Eiern wohl nur durch den selir frühzeitigen Beginn der Embryonalentwicklung. Man wird daher die viviparen Indi- viduen schon deshalb richtiger als zweckmässig veränderte agame Weibchen betrachten und von einer geschlechtlich-parthenogenetischen Fortpflanzung reden. Die Fortpflanzungsweise der Rindenläuse im Vergleich zu der er- wähnten Fortpflanzung der Aphiden, insbesondere der Gattung Pemphigus, ausser Zweifel. Ein ähnliches Verhältniss besteht für die Cecidoniijia- Larven. welche lebendige Junge erzeugen. Bei diesen bildet die Anlage der Geschlechtsdrüse unter Umformungen, Avelche sich an den Bau der Ovarien und an die Entstehungsweise der Eier anschliessen, sehr frühzeitig eine Anzahl von Keim- zellen aus, welche sich alsbald zu Larven entwickeln (Fig. 135). Jugendformen und Larven sind fortpflanzungsfähig (Pordo- gencsis). Das Ovarium fällt dann gewissermassen zur Be- deutung eines Keimzellenlagers zurück , und es ist nicht unwahrscheinlich , dass die als Sporen oder Keimzellen be- trachteten Froducte der Redien und Sporocysten Ovarialanla- gen mit spontan entwicklungsfähigen Eizellen entsprechen. Tl Eireife, Befruchtung und Entwicklung. Nach den Thatsachen der geschlechtlichen Fortpflan- zung wird man die Eizelle als den Ausgangspunkt des sich entwickelnden Organismus betrachten. Der Lihalt derselben beginnt spontan oder unter dem Einflüsse der Befruchtung eine Reihe von Veränderungen, welche zur Anlage des Embryonal- leibes fuhren. Diese Veränderungen beruhen auf einem Zell- vermehrungsprocess, welcher sich am gesammten Inhalt der Eizelle, beziehungsweise an dem protoplasmatischen Theile des Dotters vollzieht und unter dem Namen der Doftcrfur- chnmj bekannt ist. ]. Eireife und Bildung des Eichfungskörpers. Unklar blieb lange Zeit das Verhalten des Keimbläschens beim Be- und die Beziehung desselben zu den Kernen der beiden ersten Furchungszellen. Ebensowenig hatte man genügende Anhaltspunkte, um die Veränderungen und das Schicksal der beim Act der Befruchtung in den Dotter eingetretenen Samenkörper zu beur- theilen. Während man früher den Schwund des Keimbläschens und die Bildung eines neuen, von jenem unabhängig entstandenen Kernes in dem reifen, zur Furchung sich anschickenden Ei voraussetzte und nur in Ausnahmsfällen (Siphonophoren, Entoconcha etc.) die Persistenz und Betheiligung desselben an der Kernbildung der ersten Furchungszellen annahm, haben eingehendere. Lebendig gebärende Cecidotnyin-(Miostor-) Larve, nach AI. Pa- genstecher. Tl Tochterlarven, aus der Ovarialanlage gmUC dcr FurchUU entwickelt. Eireife und Ausstossnng der Bichtungskörpercheu. 121 Fi}?. 13G. an Eiern zahlreicher Tliiere angestellte Beobachtungen bewiesen, dass das Keimbläschen des reifen Eies nicht verschwindet, wohl aber Veränderungen erfährt und seiner Haupt- masse nach in Verbindung mit Protoplasmatheilen des Dotters als sog. „Wchtungs- körpcrclieu" oder Pol/eilen aus dem Ei austritt (Fig. 136). Dieser Vorgang vollzieht ^ sich als eine Form von Zell- V' theilung. Das Keimbläschen wird zu einer Kernspindel, welche an die Obertläche des sog. animalen Eipoles rückt. Unter den Erschei- »^^ nungen der Strahlentigur wird ein Theil der Spindel , nebst geringem Plasmahof ausgestossen. Mit Ausnahme der sich parthenogenetisch ohne Befruchtung ent- wickelnden Eier folgt noch die Ausstossung eines zwei- ten Richtungskörpers, nach welcher der Rest des Keim- ^^^ Ei \ou Xcjihelis, nach O Hertwig. a das Ei eine halbe Stunde nach dei l^iablage Bas Protoplasma wölbt sich hügelförmig vor zur Bildung des ersten Bichtuugskörperchens. Die Kernspindel tritt auf. — b Dasselbe eine Stunde später mit austretendem Bichtungskörper und Strahlensystem des eingetretenen Samen- körpers Sk. — e Dasselbe ohne Eihülle abermals eine Stunde später mit ausgetretenem zweiten Bichtungskörperchen und mit bläSChenS in die Tiefe rückt Spermakem Sk. — d Dasselbe wiederum eine Stunde später mit und zu einem ruhenden Ker- zusammengetretenem Elkem und Spermakern. — Bk Bichtungs- körperchen. ne wird, den man als Eilrrn oder Fronudeus des Eies unterscheidet. Die Bildung der Richtungskörperchen vollzieht sich unabhän- Fig. 137. gig von der Befruchtung, a h wenngleich sie in man- chen Fällen (Nematoden) erst nach Eintreten des Zoosperms erfolgt. 2. Befriichtungsvor- ijany. Die Befruchtung des Eies wird durch den Eintritt eines Samenkör- pers in den Eidotter ein- „ „„a & Abschnitte des Eies von Asterias glacialis mit Zoospermien Sp, "■eleitet (Fie: 137) Man weiche in die Hüllzone eindringen, nach H. FoI. kann es als eine Thatsache betrachten, dass bei normalen Vorgängen nur ein Zoosperm eindringt. Da, wo sich vorher bereits eine feste Schalenhaut 122 Vorgänge der Befruchtung. % im Umkreis des Eies abgelagert hat (Fische, Insecten etc.), ist eine pol- ständige Oellnung, Mkropylc, zum Durchtritt des Zoosperms gebildet wor- den (Fig. 138). Das Wesen der Befruchtung beruht nicht in dem einfachen Eintritt des Samenkörpers upd dessen AuHüsung im Eie, sondern in der Vereinigung von Theilen desselben mit entsprechenden Theilen des Eikernes. Ueber die näheren Vorgänge dieses wichtigen, die Constitution des sich entwickelnden Organismus bedingenden Conjugationsactes ha- ben zuerst die Untersuchungen von Bütschli, 0. Hertwig und Fol Aufschluss gebracht. Vor allen er- wiesen sich die Eier von Echino- dermen. dann aber auch die ver- schiedener Würmer und insbeson dere die Ascariden (ÄscaHs mega- locephala) zum Studium der statt- findenden Veränderungen besonders geeignet. Nach dem Eintritte des Zoosperms in das Plasma der Eizelle und nach dem Verluste des Fadens bildet sich um das unter Aufnahme von Flüssig- keit angeschwollene, zum Spermakerne gewordene Samenkörperchen ein helles Centrum mit Körnchenstrahlung (Fig. 136, Sk)^ die auch im Umkreis des hellen Eikernes auftreten kann. Vor dem blasenförmig gewordenen Samenkerne wurde von Fol im Ei der Seesterne ein sehr kleines Körperchen entdeckt, das möglicherweise dem Jm Ek Oberer Abschnitt des Eies von Petromyzon, nach C al- ba rla. Am Mikropyle, Sp Spermatozoen, Jm Sperma- gang, EfcEikern, Eh Eihaut, Ehz Kauhigkeiten derselben. Fig. 139. Mittelstück des Samenfadens ent- spricht und als Centralkörperchen. Spermacentrum , bezeichnet wird (Fig. 139«, 6). Dasselbe ist als das Centrum der Strahleufigur zu betrach- ten, die dadurch entstanden ist, dass sich der Dotter um jenes in radiären a und b. Je ein Stück eines Durchschnittes durch ein befruchtetes Ei von Asteracanthion. Dem Samenkern StralllCU OrduCtC (Fig. 140 Cl, b). Eut" wandert ein Centralkörperchen rCfi:; voraus. Nach Fol. j^prechcud ist aUCh am Eikcm , UUd zwar an der vom Spermakern abgewandten Seite, ein Centralkörperchen. Ovocentrum, aufgetreten. Eikern und Samenkern wandern nun in Folge gegen- seitiger Anziehung einander entgegen, und zwar schreitet der letztere mit dem Spermaceutrum und seiner Strahlenfigur rascher vor, bis beide in der Mitte des Eies zusammentretfen und von einem hellen Hof mit gemeinsamer peri- pherischer Strahlung des Dotters umschlossen werden (Sonnenstadium und Aureola) (Fig. 141 r/). Innerhalb des Hofes verschmelzen alsbald Eikern und Spermakern zum coujiighrten Ei- oder Fi(rchungslcrne , während sich die Con.iugation von TA- nnd Spormakern. 123 jetzt eiiKinder gegenüberstehenden Centralkitrper theilen (Fig. 41 h). und je eine TheillitUfte des Spermacentrunis und Ovocentrums einan- der entgegenwandern (Quadrille des eentres. Fol, Fig. 41 r), um rechtwinklig zu der Stellung des sieh thei- lenden Ovo- und ftper- macentrums zu ver- schmelzen. Diebeiden Befruchtete conjugirten Fi?:. 140. >/ e1i Ei eines Seeigels, nach O Hi rtw i ^' - I ruh i - Stadium Centren ^^'^ Kopf des eingedrungenen Samenfadtns hat -^ich m dm mui TUsma- strahlung umschlossenen Spermakern (sie) umgewandelt und dem Eikern (elc) (AstcrOCCntrOn) be- entgegenbewegt. 6 Späteres Stadium. Spermakern (!:1<) und Eikern (eli) sind nahe zusammengerückt und von Plasmastrahlung umgeben. welche sich noch vor ihrer Verschmelzung aus dem Fig. 141. zeichnen nunmehr die Pole der Kernspindel, Furchungskern ge- staltet und mit der an den Asterocentren entstandenen Strah- lung der Ausgang zur ersten Kernth eilung des befruchteten Eies und der beiden er- sten Furchungszellen wird. Diese Vorgän- ge der C'entrosomen- bewegung und Ver- schmelzung Avurde von Fol am Seeigel- ei beobachtet und be- weist, dass nicht nur Ei- und Spermakern, sondern auch deren Centrosomen bei der Befruchtung eineRol- i ■ Vier Stadien aus dem befruchteten Ei eines Seeigels, welche die Theilung Von besonderer der Centralkorper und die Bewegung der Theilhälften um den conjugirten Bedeutung ist der Kern des Eies darstellen, nach FoI, „Quadrllle des eentres". Bei a sind ^ Spermakern und Eikern noch nicht conjugirt, und Spermacentrum und Ovr- NachweiS, dass die centrum noch nicht einander gegenüber gerückt. Bei b sind die beiden phrnmitillhlUio'e Snb- *''"*"'''''■ gegenüber gestellten Centrosomen bereits in der Theilung begriffen. *■ *^ '^ * p;s ist überall nur die centrale Partie des pjidotters dargestellt. stanz beider Kerne einen wesentlichen Antheil an der Bildung des Furchungskernes nimmt 124 Verhalten der Centrosomen. Furchung. und dass sich bei der alsbald folgenden Tbeilung desselben in die Kerne der beiden ersten Furchungskugeln das Chromatin des männlichen und weiblichen Kernes an der Bildung der Schleifen gleichmässig betheiligt. Dieser Vorgang ist besonders schön an den Eiern von Ascaris zu ver- folgen, deren Befruchtung einige bemerkenswerthe Modificationen im Ver- laufe des Processes zeigen, welche sich vielleicht aus einer Abkürzung des letzteren erklären lassen. Nicht nur, dass der Samenkörper vor Bil- dung des Eichtungskörpers in das Ei eindringt und als Spermakern schon in der Mitte des Eies liegt, wenn der Eikern an der Oberfläche des Dotters von dem zweiten Richtungskörperchen sich abschnürt, und als- dann der Eikern dem Spermakern entgegenwandert, auch die Kernspindel des Fiirchungskernes bildet sich bereits im Umkreis von Spermakern und Eikern, ohne dass diese direct mit einander verschmelzen. Bevor die Hüllen beider Kerne verschwinden, gestaltet sich das Nuclein in jedem derselben zu zwei grossen Chromatinschleifen um, und zu beiden Seiten der Kerne treten die Centrosomen auf. Während sich zwischen denselben die achromatische Figur der Kernspindel bildet, werden die Chromosomen des Ei- und Spermakerns der Länge nach gespalten, und je zwei Theilstücke des erstem und letztern rücken als vier Tochterschleifen nach den Polen aufwärts, um sich zur Bildung des Kernes der Tochterzellen zu vereinigen. Somit wird jedem Tochterkerne die gleiche Menge von Chromatin aus dem Kerne der männlichen und weiblichen Geschlechtszelle zugeführt, und das Endresultat ist dasselbe wie in der Furchungsspindel des Echinodermeneies. Den Befruchtungs Vorgängen im Ei der Metazoen analog verhalten sich die Veränderungen, welche die Micronuclei bei der Conjugation der Ciliaten erfahren. (Das Nähere später im Abschnitt der Infusorien.) Es erhält somit die Thatsache, dass trotz der enormen Grössen diflerenz von Samen- und Eizelle doch väterliche und mütterliche Eigenschaften von jeder in gleichem Ausmaasse auf den Organismus des Kindes übertragen werden, eine histologische Begründung, und es wird nahezu sichergestellt, dass die Chromosomen die Träger der Vererbungssubstanz sind. Da wo die Befruchtung unbeschadet der Entwicklungsfähigkeit des Eies unterbleibt, dieses also spontan in den Furchungsprocess eintritt (Parthenogenese), scheint nach Austritt eines einzigen Eichtungskörpers der „Eikern" für sich bereits die Eigenschaft des ersten Furchungskernes zu besitzen und schreitet ohne Einwirkung eines Spermakerns zur Bildung der Kernspindel vor. 3. Furchung. Der als solche bekannte Vorgang betrifft entweder den gesammten Dotter, totale Furclniug, oder gestaltet nur einen Theil des Dotters in Furchungskugeln und Embryonalzellen um, partielle Furch ung. a) Die totale Dotterfurchung betrifft die sog. holohlastischen Eier und vollzieht sich entweder gleichmässig (Medusen, Echinodermen. Spongien, Amphioxus) als ckpiale Furchung (Fig. 142), oder wird früher oder später Aeqnale und inäqualp Furchung. 125 ungleichmässig, indem sich mit vorwiegend proto- jdasma tischen! und grös- sere mit an Dotterkörn - eben reichem Inhalt son- dern. In diesem Falle j nennt man die Furchung eine inüqualc. Unter nor- malen Verhältnissen sind die drei ersten Fnrchungs- ebenen rechtwinkelig zu einander gestellt, indem / die beiden ersten Für- \ chungsebenen, welche die Zwei- und Dreitheilung bedingen , eine mcrklio- nale Lage einhalten. Die Ebene der dritten Fuv- chung ist eine äquafn- riaJr und theilt die vier früher bereits vorhande- nen Furchungskugeln in vier obere und vier untere Dotterzellen. Die ersteren werden durch die Lage zwei Uruppen von Furchungskugeln , kleinere Fig. 142. 2 m ^m:. benjU nach AI. II n s Seesterneie« l^fiinc( iz. 1 Beginnende Furchung des an beiden Seiten abgeflachten Dotters, an dem animalen Pole das Richtungsbläschen. 2 Zweitheilung. 3 Viertheilung, 4 Achttheilung, ö Stadium mit 32 Kugeln, 6 späteres Stadium, 7 Blastosphaera mit beginnender Einstülpung, 8, 9 die Bin- der RichtUngskÖrperchen stulpung ist weiter vorgeschritten, die Oefifnung des gastralen Schlau- in dem einen Kreuzungs- '''''' ^"''^'^ '"" ^^*'^'- punkte der beiden raeridionalen Furchen, den animalen Pol, bestimmt, liefern vornehmlich das Material der animalen Organe, die vier gegenüber liegenden Zellen mehr das der vegetativen Organe. Bei der inäqualen Furchung Fi-. 143. G) @ ^ Inäquale Furchung des Eies vom^Frosch, Bana temporaria, nach Ecker, in 10 aufeinanderfolgendon Stadien. schreitet an den kleinern Zellen der animalen Hälfte der Process der Theilung viel rascher, an den grösseren langsamer vor oder wird eventuell ganz 126 Partielle Furchung. Discoidale Furchung. unterbrochen. Als Beispiel der inäqualen Furchung, welche wiederum zahl- reiche Abstufungen bieten kann, verdient die Entwicklung des Froscheies hervorgehoben zu werden, an welchem eine dunkel pigmentirte, an Proto- plasma reichere von einer helleren, grössere Dotterkügelchen enthaltenden Hälfte unterschieden wird (Fig. 143). Jene ist im Wasser nach oben gewendet und kann deshalb als die obere bezeichnet werden. Der Pol derselben würde mit dem der unteren helleren Dotterhälfte durch die Hauptachse verbunden sein. Die beiden ersten Furchen des Eidotters liegen auch hier in der Richtung zweier senkrecht sich kreuzenden ^Meridiane, erst die dritte Furche ist eine äquatoriale, liegt aber dem oberen Pole näher und trennt eine kleinere obere Fig. 144. von einer grösseren unteren Hälf- te, an welcher die Furchung viel langsamer als an jener vor- schreitet. h) Bei der partkJJen Fur- chung der sog. merohJasüscheu Eier wird lediglich der Bildungs- dotter von der Furchung betroffen, während der Nahruugsdotter un- gefurcht bleibt. Indessen können auch bei totaler, insbesondere inäqualer Dotterklüftung Fur- chungskngeln zur Ernährung der Embryonalanlage dienen. Es be- steht ja der Dotter jedes Eies aus einem zähen, eiweissreichen Der Furchungsprocess am Bildungsdotter des Hühnereies in PrOtOplaSUia Uud CinCm fctt- UUd Flächenansicht, nach Coste. A Keimscheibe mit der ersten l^Qn^ßJigm-gichen lJ('UfOI)I((><»l(J. verticalen Furche, B dieselbe mit zwei sich kreuzenden . . y^ Verticalfurchen, C und D weiter vorgeschrittene Stadien DaS CrStCrC ISt SCinem L rSprUngC mit kleinen centralen Furchungssegmenten. j^g^(.|j ^^g (J^jj^ PrOtOplaSUia dcr primären Eizelle abzuleiten , während die fettreichen Dotterelemente erst secundär mit dem fortschreitenden Wachsthum des ersteren gebildet werden, zuweilen als Secretionsproducte besonderer Drüsen (Dotterstöcke, Troiui- tocleu) sogar in Form von Zellen zur Vergrösserung des Dotters hinzutreten. Bei den Rippenquallen und anderen Coelenteraten sehen wir bereits in der ersten Furchungskugel die Bildungs- und Nahrungselemente des Dotters als centrale Endoplasma- und peripherische Exoplasmaanlage geschieden. Bei den j^rtieU sich furchenden Eiern liegt der Bildungsdotter ge- wöhnlich au einer Seite dem mächtigen, von der Furchung ausgeschlossenen Nahrungsdotter auf. Die Fm'chungszellen dieser telolecithalen Eier ordnen sich dem entsprechend in flacher Scheibenform (Keimscheihe) an, weshalb man diese Furchung auch discoidale genannt hat (Ei der Cephalopoden. Vögel, Reptilien, Haifische) (Fig. 144). In anderen Fällen hat jedoch der Suporficialp Furchunf?. 127 Nahriiiig:sclotter eine centrale Lage. An solchen ccnfrolpcifhalcn Eiern voll- zieht sich die Fnrehuno- als superficiale in der Peripherie, bald mehr ä(|ual (z. B. Palaenioii) ^ bald inä(iual (zahlreiche Ringelkrebse). Auch kann die Fig. 145. A B C I) Inuquale Furchung des centroleoithalen Eies -vom Gammaruslocvsta, zum Theil nach Ed. van Beneden, mit der centralen Dottermasse, die in dem späteren Stadium (D) eine Nachfurchung erfährt. anfangs von der Furchung freigebliebene centrale Dottermasse später eine Art Nachfurchung erfahren (Fig. 145). In wieder anderen Fällen hat der Nahrungsdotter bei Beginn der Furchung eine peripherische Lage, so dass Fis. 146. Fnrcliungsstadium eines Spinneneies (Philodromiis timhatus), nach Hub. Ludwig. .4 Ei mit zwei deuto- plasmatischen Theilrosetten (Furchungskugeln), B die Theilrosetten mit ihren kernhaltigen Protoplasraa- centren stärker vergrössert, C Ei mit einer grossen Zahl von Theilrosetten, D die Theilrosetten werden durch polyedrische Deutoplasmaportionen repräsentirt, von denen je eine einer über ihr gelegenen Blasto- dermzelle entspricht, E Stadium mit vollendeter Blastodermbildung, F optischer Querschnitt durch das- selbe. Die Deutoplasmaportionen innerhalb der Keimblase bilden einen geschlossenen Kugelmantel um den hellen Centralraum. der Theilungsvorgang im Innern des Eies beginnt. Indessen gelangen auch hier früher oder später, nachdem der Nahrungsdotter allmälig in den cen- tralen Raum des Eies gerückt, die protoplasmatischen, kernhaltigen Furchungs- zellen an die Oberfläche. So besonders bei den Eiern der Spinnen (Fig. 146) \2S Anlage der Keimblätter. Blastula. und Insecten, wo sie, eine superficiale Furchung vortäuschend, eine peri- pherische Lage von Zellen darstellen. Die ersten Vorgänge der Fiircliuug entziehen sich bei diesen ectolccithalen Eiern, weil sie, von dem Nahrungs- dotter verdeckt, im Innern des Eies zum Ablauf kommen, sehr häufig der Beobachtung, bis die Kerne mit dem sie umgebenden Protoplasma in die Peripherie rücken, während nunmehr der fettreiche, oft triibkörnige Nahrungs- dotter die centrale Masse des Eies bildet (Insecten). 4. Anlage der Keimhlättcr. Ebenso mannigfaltig wie die Formen der Dotterklüftung erscheint die Lagerung der Furchungszellen. Häufig ordnen sich dieselben bei der äqualen und superficialen Furchung in Form einer einschichtigen Keimblase (Blastula) an, und man wird an die Lagerung der Zellen von Protozoencolonien (z. B. Volvox) erinnert, mit welchen auch aus diesem Grunde die Blastula als einfachste Metazoenform phylogenetisch in Verbindung gebracht werden dürfte. In zahlreichen Fällen, vornehmlich wenn bei relativ reichlich vorhandenem Dotter (inä(iuale und discoidale Furchung) oder bei beständiger Nahrungszufuhr die Embryonalentwicklung Fig. 147. 0 Sä?!?--' A Blastosphaera des Amphioxus, B dieselbe im Stadium der Einstülpung, C durch Invaginatiou entstandene Gastrula, O Urmund derselben. (Nach B. Hatschek.) einen auf längere Zeit ausgedehnten comi)licirten Verlauf nimmt, erscheint die Anlage des Keimes als eine dem Dotter aufliegende Zellenscheibe, Keimscheibe. Aus der Keimblase entwickelt sich die zweischichtige Gastrula sehr oft durch Invaginatiou, indem sich die eine Hälfte (zuweilen schon durch grös- sere und körnchenreichere Zellen ausgezeichnet) gegan die andere einstülpt und unter Verengerung der Einstülpungsöffnung (Blastoporus, Gastrulamundj zu der die Centralhöhle bekleidenden Entodermschicht oder Hi/poblasf wird. Die äussere Zellenschicht repräsentirt das Ektoderm oder Epihlast. Diese sehr häufige Form der durch Invagination entstandenen Gastrula findet sich z. B. bei den Ascidien und unter den Vertebraten bei Ämphioxus (Fig. 147). In anderen Fällen beobachten wir bei Eiern mit äqualer Furchung anstatt der Invagination eine polare Einwucherung von Zellen, welche die Keim- blasenhöhle völlig füllen und sich, als Hypoblast anordnend, eine nach aussen durchbrechende Gastralhöhle gewinnen (Aequorea). Seltener und bislang nur bei einzelnen Hydroidquallen (Geryonm) nachgewiesen, erscheint die Ent- Delaminations-Oastrula. 129 stehung der Gastrula durch Delannnafion oder concentrische Spaltung der Blastosphaerazellen in eine äussere und innere Lage. Der centrale Hohlraum geht dann aus der ursprünglichen Furchungshöhle hervor, während der Ga- strulamund erst secundüv /um Durchbruch gelangt (Fig. 148). Bei ausgei)riigt Fig. 148. A D-nrclischnitt durch Furchiingsstadien des Eies von Genjonia, nach H. Fol. A An den die Furchungshöhle nmschliessenden 32 Furchungszellen hebt sicli ein äusseres feinkörniges Ektoplasma und ein inneres helles Kndoplasma ab, B späteres Stadium, C Embryo nach der Belamination mit abgehobenem Ektoderm und grosszelligem, die Furchungshöhle umschliessendem Entodenn. inäqualer Furchung kommt endlich die Gastrulabildung dadurch zu Stande, dass die frühzeitig gebildeten kleineren Epiblastzellen allmälig die viel um- fangreicheren Hypoblastzellen überwachsen und sich als dünne Zellenschicht über dieselbe ausbreiten (Fig. 149). Mau hat diesen Vorgang als Epibolie bezeichnet. Bei dieser Form der Gastrulabildung entsteht die Gastralhöhle ebenfalls in der Regel secundär im Centrum der dichten Anhäufung von Hypo- blastzellen. Zum Blastoporus aber wird die Stelle, an welcher die Umwach- sung des Hypoblasts ihren Abschluss findet. Da, wo eine Keimscheibe gebildet wird, erhält der Embryo erst durch die Umwachsung des Dotters allmälig seine volle Begrenzung unter Vorgängen, mit welchen die vollständige Auf- nahme des Dotters in den heihesY?ii\m( Frosch ) oder auch die Entste- hung eines Dottersackes verbunden ist (Ccphalo- poclen, Haie^ Vögel ^ Säii- (jethiere), der die Dotter- Fig. 149. ;^ B B epibo- fort- in .Studium des inäiiual sich furchenden Ei, '8 \m\ Huinllin, lische Gastrula derselben, nach Spengel. reste nach und nach in den Körper des Embryo überführt. Die allmäli schreitende Organisirung des letzteren bis zu seinem Austritte aus den Ei- hüllen nimmt jedoch in den einzelnen Thiergruppen einen ausserordentlich mannigfachen Verlauf, für den sich kaum allgemeine Gesichtspunkte als überall massgebend ableiten lassen. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. G. Aufl. q 130 Anlage der Organe. Man wird als in erster Linie bedeutungsvoll hervorheben, duss früh- zeitig in der Anlage des Keimes zuei Zellenlagen zur Sonderung kommen: ein das äussere Integument bildendes Ektoderm (Epiblast) oder Haufsinnes- hlatt und ein Entoderm (Hypoblast) oder Darmdräsenhlatt, welches die Aus- kleidung der verdauenden Cavität, beziehungsweise des j\Iitteldarmes und seiner Anhangsdrüsen liefert. Schon Carl Ernst v. Baer erkannte die Bedeutung dieser Zellenlagen für den Aufbau des Vertebratenleibes und bezeichnete beide Keimblätter als die ,.Primitivorgane". Zwischen der äusseren und inneren Zellenlage bilden sich bei den Bilateralthieren inter- mediäre Zellenschichten, die als Mesoderm oder mittleres Keimblatt be- zeichnet werden, wenn sie sich ihrer Anlage nach auf vom Urdarme ab- gelöste, selbstständig gewordene Faltungen zurückführen lassen, während man isolirte, aus beiden Blättern herausgetretene Zeilen und Zellengruppen als „Mesenchymbildungen" unterscheidet. Aus den mesodermalen Zellen- straten entstehen das Muskelsvstem und das bindegewebige Skelet, ferner die körperlichen Elemente der Lymphe und des Blutes, sowie die Wan- dungen des Gefässsystems, während die Leibeshöhle entweder einem zwischen Ektoderm und Entoderm zurückgebliebenen Räume (jjrimäre Leiheshöhle) entspricht oder secundär (Coelom), sei es durch Divertikel von der Darm- anlage aus (enterocoel)^ sei es durch Spaltung der Zellenlagen des Mesoderms (schizocoeJ) entstanden ist. Das Nervensystem und die Sinnesorgane nehmen wohl allgemein ihren Ursprung aus dem oberen Blatt, sehr häutig vorbereitet durch eine gruben- förmige oder rinnenartige Einsenkung mit nachfolgender Abhebung ; dahin- gegen bilden sich die Harn- und Geschlechtsdrüsen bei den Coelenteraten sowohl aus dem äusseren als inneren , bei den Bilateralthieren aus dem mesodermalen Blatte. Demgemäss entstehen im Allgemeinen zuerst die Haut- und Darmanlagen, auf welche sogar viele Embryonen beschränkt sind, wenn sie, als Gasfrulaformen mit einer zweischichtigen Zellwandung und einem inneren Gastralraum versehen, die Eihüllen verlassen. Dann folgt die Son- derung des Nervensystems und der Muskulatur zugleich mit oder auch nach der Skeletanlage. Später difterenziren sich die Harnorgane und verschiedene Drüsen, sowie die Blutgetässe und Athmungsorgane. Indessen werden die ersten Jugendzustände, sowohl hinsichtlich der Körperform und Grösse, als der ge- sammten Organisation in sehr ungleichen Verhältnissen der Ausbildung im^'er- gleich zu den ausgewachsenen fortpflanzungsfähigen Lebensformen geboren. Höchst bemerkenswerth erscheint die Thatsache , dass in verschie- denen Thierkreisen der auf die beiden Zellenlagen beschränkte, mit centraler Höhlung versehene Embryo als frei bewegliche, zu selbstständigem Leben befähigte Jugendform hervortritt. Es lag daher nahe, zumal schon vor langer Zeit Th. Huxley^) die beiden Grundmembranen des Medusenleibes *) Th. Huxley, On the anatomy and affinities of the family of Medusae. Philo- sophical Transactions. London 1849. Homologie der Keimblätter. 131 (von AI Im an später als Ektodcmi und Knfodrrm bezeichnet) mit dem äusseren (Hautsinnesblatt) und inneren (Danndrüsenblatt) Blatte des Verte- bratenkeimes verg-lichen hatte, von dem ähnlichen, durch den Furchungs- l)roeess des Dotters eingeleiteten Bildungsvorgangc übereinstimmender Larven entfernt stehender Thiertypen auf den gleichen phylogenetischen Ursprung zurückzuschliessen und functionell übereinstimmende Organe verschiedener Tyi)en ihrer Entstehung nach auf eine übereinstimmende Uranlage zurück- zuführen. Zuerst Avar es A. Kowalevsky '), welcher diese Auffassung durch die Ergebnisse seiner zahlreichen Untersuchungen über Entwicklungs- geschichte niederer Thiere begründete, indem er nicht nur das Vorkommen zweischichtiger Larven für Coelenteraten, Echinodermen, Würmer, Ascidien und unter den Vertebraten für Amphioxus nachwies, sondern auch auf Grund der grossen Uebereinstimmung in den weiteren Entwicklungsvorgängen der Ascidien- und AmpMoxuslarve, sowie in der Entstehungsweise gleichwerthigcr Oi'gane am Embryo von Würmern, Insecten und Vertebraten gegen die bis dahin herrschende, an Cuvier's Typusbegriff' anschliessende Meinung auf- trat , dass die Organe verschiedener Tyi)en nicht einander homolog sein könnten. Indem Kowalevsky^) aus den Ergebnissen seiner entwicklungs- geschichtlichen Arbeiten den Schluss zog, dass das Sinnesblatt und die Embryonalhäute bei Insecten und Vertebraten homolog sind, dass die Keim- blätter von Amphioxus und der Vertebraten denen der Mollusken (Tunicaten). l)eziehungsweise Würmer entsprechen, gab er in Uebereinstimmung mit der längst anerkannten Thatsache, dass auch anatomische Zwischenformen und ^'erbindungsglieder verschiedener Thierkreise oder Typen bestehen , und dass diese letzteren nicht etwa in sich abgeschlossene Pläne der Organisation, sondern nur die höchsten Abtheilungen im Systeme repräsentiren, im Grunde nur den Anforderungen der Descendenzlehre einen entwicklungsgeschicht- lichen Ausdruck. In der That war es ein vollkommen richtiger Schluss, dass Kowalevsky die Homologie der Keimblätter in verschiedenen Typen als wissenschaftliche Basis der vergleichenden Anatomie und Embryologie be- trachtete und als Ausgangspunkt für das Verständniss der Verwandtschaft der Typen erkannte, für die wir bei den Wirbelthieren auf jedem Schritte Beweise finden. Wenn aber für Kowalevsky die eigenen umfassenden embryolo- gischen Erfahrungen Anlass zu vorsichtigem Rückhalt gaben, traten andere zu kühner Generalisirung angelegte Forscher sogleich mit fertigen Theorien hervor, in welcher die Resultate embryologischer Forschungen im Anschluss an die Descendenzlehre verwerthet wurden. Unter diesen ist E. Haeckel's ') Vergl. A. Kowalevsky's verschiedene Aufsätze in den Memoires de l'Acad. de ^i.-'Pkiev^howTg vl\)^v Rippenquallen , Phoronis , Holothiiricn , Ascidien vmA Anqfhioxus, 1866 nnd 1867. -) A. Kowalevskj', Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. St.- Petersbourg 1871, pag. 58—60. 9* 1 32 Gastraeatheorie. (Tastraeatheorie ^) hervorzuheben, welche nichts Geringeres beanspruchte, „als an Stelle der bisherigen Classitication auf der Basis der Phylogenie ein neues System zu setzen, dessen oberstes Classificationsprincip die Homologie der Keimblätter und des Urdarms und demnächst die Ditferen- zirung der Kreuzachse (bilaterale und radiäre Bauart) und des Coeloms ist". Thatsächlich hat diese Theorie jedoch weder ein neues System geschahen, noch die auf Eintheilung in grosse Kreise gegründete Classification prin- cipiell verändert. Mit grösserem Rechte wird tlir die Ableitung der Metazoen von den Protozoen die Blastula^) (Blastosphaera) herangezogen, die geradezu als nothwendiges Bindeglied zwischen Protozoen und Metazoen erscheint. ^vährend von dieser aus die zweischichtige Form auf sehr verschiedenem Wege ursprünglich entstanden sein kann. Erkannten wir die erste Arbeits- theilung, welche das Zellenmaterial eines vielzelligen Organismus erfährt, in der Sonderuug von FortpÜanzungszellen (Geschlechtszellen und Körper- Zellen), so erscheint es durchaus nicht selbstverständlich und noch weniger durch die bisher bekannt gewordenen ontogenetischen Erfahrungen bewiesen, dass sich auf höheren Entwicklungsstufen sogleich eine zusammenhängende Zellenlage auf dem Wege der Invagination hervorbildet und eine ausschliess- liche Beziehung zur Ernährung und Verdauung gewinnt, dass sich somit zuerst eine Invaginationsgastrula entwickeln musste, welche freilich den Bedingungen der für den freibeweglichen Organismus bei verstärkter Grössen- zunahme nothwendig w^erdenden Flächenvermehrung am einfachsten und ') E. Haeckel, Gastraeatheorie. Jen. nat. Zeitschrift, 1874. E. Haeckel bezeichnete die zum Ausgang benutzte Larvenform als GastruJa und glaubte in derselben das in der individuellen Entwicklung erhaltene Abbild einer gemeinsamen Urform zu erkennen, auf irelches sämtniliche Metazoen ihrer Abstammung nach zurückzuführen seien. Für die hypothetische Stammform, die schon in früherer Primordialzeit während der laurentischen Periode gelebt haben sollte, führte er den Namen Gastraea ein, während er die urweltliche Gruppe der in vielen Gattungen und Arten während jenes Zeitraumes verbreiteten Gastraea- formen Gastraeaden nannte. Aus dieser Supposition wurde dann für sämmtliche Metazoen die complete Homologie des äusseren und inneren Keimblattes gefolgert, jenes auf das Ektoderm, dieses auf das Entoderm der hypothetischen Gastraea zurückgeführt j dagegen für das mittlere Keimblatt, welches sich erst secundär zwischen den beiden primären Blättern und aus einem derselben oder aus beiden entwickelt haben sollte , eine nur in- complete Homologie beansprucht. Die neue Lehre, welcher bezüglich des Keimblattes eine Generalisirung der Baer-Eemak'schen Keimblättorlehre zu Grunde lag, vermochte jedoch keine neue Classification an Stelle der seither begründeten zu setzen, und der Versuch, von dem Ausgangspunkt der hypothetischen Gastraeaden, aus dem Gegensatze radiärer und bilateraler Bauart (Protascus — Protlielmis) oder des Vorhandenseins, beziehungsweise Mangels einer Leibeshoble (Coelomatcn — Acoelomier) das System reformiren zu wollen, ist als misslungen von keiner Seite mehr ernstlich aufrecht erhalten. Das, was man jetzt unter Gastraealehre versteht, ist von der ursprünglichen Theorie Haeckel's durchaus ver- schieden, indem es sich lediglich um die Homologie der beiden Keimblätter handelt. ^) Vergl. C. Claus, Cuvier's Typenlehre und Haeckel's sogenannte Gastraeatheorie. Wien 1874. Werthschätzung der Gastraea. lo.') besten entspricht. Es konnten ebenso gut vereinzelte Zellen i) in den Hohl- körper eintreten nnd mit oberflächlichen Zellen verbunden oder auch für sich mittelst amöboiden Fressens die Ernährune; besorgen und die Arbeits- theilung zwischen inneren Nährzellen und oberflächlichen IJewegungszellen begründen. In der That verhalten sich in dieser Weise die jüngsten, dem Gastrulastadium vorausgehenden Larvenformen vieler Spongien (HaUsarca, Ascetta) und Hydroidmedusen. Erst später bildet sich eine zusammenhän- gende entodermale Zellenlage nebst Blastoporus oder Gastrulamund, während die isolirt eingewanderten Zellen theilweise oder sämmtlich zu neuen be- sonderen Functionen Verwendung finden. Hiermit würde auch die durch andere ontogenetische Befunde erwiesene Thatsache Yerständniss gewinnen, das Entoderm und Mesoderm (Mesoblast) genetisch in unmittelbarer Bezie- hung stehen, da das Mesoderm gerade bei niederen Thieren so häufig als Theil des Entoderms zur Sonderung gelangt oder doch aus demselben seinen Ursprung ninnnt. Auch andere Verhältnisse, wie z. B. die ungleiche Be- deutung des Blastoporus, welcher in vielen Fällen zur Afteröifnung, in an- deren zur Pharyngealölfuung wird, stehen der Deutung der Gastrula als eines phyletisch überall gleichwerthigen Formzustandes entgegen. Neben der oben hervorgehobenen ungleichen Entstehungsweise des Entoderms ^) der sog. Gastrula sind es die grossen Verschiedenheiten in der Bildung des Mesoderms, durch welche eine einheitliche Auffassung der Entwicklungsvorgänge aller Metazoentypen in Frage gestellt wird. Auch nach dieser Seite hin wurden in neuerer Zeit von Forschern, welche den zAveiblätterigen Keimzustand zum Beweise einer phyletisch gemein- samen Entwicklungsform für ausreichend halten konnten, der Versuch ge- macht, die Verschiedenheit der complicirten , von der Gastraea aus sich entwickelnden Organisation zu erklären. ^) Dieselben wollen den Ursprung des mesodermalen Zellenmaterials auf zwei verschiedene Bildungen zurück- führen und hiernach die Metazoentypen unter Ausschluss der zweiblätterigen Goelenteraten in zwei Reihen gruppiren. Nur in der einen Reihe (der Enfcro- coelier) handle es sich um ein wahres mittleres Keimblatt, welches als Mesohlast zwischen den beiden primären epithelialen Blättern, dem EktohJast und Ento- blasf, durch Faltung des letzteren als Epithellamelle seinen Ursprung nehme. In der anderen Reihe (der PseudocoeUer) Hessen sie das mesodermale Zellen- material nicht als Keimblatt gelten, sondern unterschieden dasselbe als Mesen- ^) E. Metschnikoff, Vergleichend-embryologische Studien. Ueber die Gastrula einiger Metazoen. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXXVII, 1880. '-') Die verschiedenen Bildungsformen des Entoderms aus der Keimblase sind keines- wegs nothwendig als secundäre Modificationen einer ursprünglich einheitlichen primären Form (etwa der Invaginationsgastrula) zurückzuführen, sondern könnten auch ähnlich manchen Sinnesorganen auf convergente Entwicklung bezogen werden. ^) 0. Hertwig und R. Hertwig, Die Coelomtheorie , Versuch einer Erklärung des mittleren Keimblattes. Jena 1881. 134 Mesencbym. chyin, welches auf isolirt eingewanderte Zellen zurückzuführen sei und in Ver- bindung mit dem Ergüsse eines gallertig flüssigen öecretes die Füllung zwischen beiden Keimblättern darstelle. Nun mag es verdienstlich sein, diesen Unter- schied betont und für die zweite Form der Mesodermbildung die zweckmässige Bezeichnung Mesenchym eingeführt zu haben ; zu einem Fortschritt aber in dem Verständniss der genetischen Beziehungen der Metazoentypen hat diese als Coelomtheorie bezeichnete Lehre nicht geführt. Denn weder ist ein funda- mentaler Unterschied zwischen den Zellen, welche untereinander verbunden in epithel artiger Anordnung zwischen die Keimblätter gelangen, und solchen, welche für sich vereinzelt aus dem Verbände austreten und in die primäre Leibeshöhle einwandern, nachweisbar, noch ist der Ursprung des Mesenchyms. welches zu der verschiedensten Zeit noch vor der Entoblastbildung, dann später aus Ektoblast und Entoblast und sogar aus dem Mesoblast (Vertebraten) sich entwickeln kann, ein einheitlicher. Vielmehr umfasst das Mesenchym die verschiedenartigsten , untereinander ungleichwerthigen Bildungen. Ferner ist es lediglich eine Voraussetzung, die Entstehung des Mesoblasts aus Falten des Entoblasts als die primäre zu betrachten, zumal gerade bei den nieder- sten Typen Mesenchymkeime noch vor der Differenzirung eines Entoblasts im Blastulastadium einwandern und sich ein Entoblast aus Mesenchym- keimen bilden kann. Auch sind die Mollusken, welche neben den Bryozoen. ßotiferen und Platyhelminthen als Pseudocoelier betrachtet wurden , in Wahrheit mit dem gleichen Rechte wie die Chaetopoden Enterocoelier ; im Grunde bleiben nur die parenchymatösen Platyhelminthen , welche schon E. Haeckel als ylwe/o»Mer allen übrigen Typen entgegenstellte, als Pseudo- coelier übrig. Directe Entwicklung und Metamorphose. Die embryonale Entwicklung wird im Allgemeinen eine um so grössere Complication bieten und um so grössere Zeit für sich in Anspruch nehmen, je mannigfaltiger und höher die Organisation ist, welche der Embryo zu erreichen hat. Demgemäss werden die höheren Thierformen eine viel complicirtere Em- bryonalentwicklung von weit längerer Zeitdauer als die niederen zu durch- laufen haben, besonders dann, wenn das aus dem Ei ausschlüpfende Junge im Wesentlichen schon die Organisationsstufe der Geschleehtsform erreicht hat und, von der geringeren Körpergrösse abgesehen, mit jenem übereinstimmend gestaltet ist. In diesem Falle beschränkt sieh die postcmhryonaU Entwick- lung im freien Leben auf ein einfaches Fortwachsen und auf die Ausbildung der anfangs noch unreifen Geschlechtsorgane. Nimmt dagegen das Embryonal- leben im Verhältniss zur Höhe der Organisation einen relativ raschen und einfachen Verlauf, wird mit anderen Worten der Embryo frühzeitig und auf einer niederen Organisationsstufe geboren, so wird sich wiederum die freie Entwicklung viel complicirter gestalten und neben der Grössenzunahme mannigfache Vorgänge von Umbildung und Formveränderung darbieten. Das Metamorphose. 135 neugeborene Junge erseheint dann dem ausgewachsenen Thiere gegenüber als Larve und wächst allmälig und keineswegs direct und gleichmässig, sondern im Anschhiss an die Bedürfnisse einer selhstständigen Ernährung und Vertheidigung, eventuell unter anderen Lehensbedingungen an einem ganz verschiedenen Aufenthaltsort und daher unter „provisorischen" Einrichtungen zu der Form des Geschlechtsthieres aus. Man nennt diese Form postembryo- naler Entwicklung Mefamorphoso. Bekannte Beispiele von Metamorphose liefert die Entwicklungsgeschichte der Am})hibien und Insecten. Aus den Eiern der Fri'jsche und Kröten schlüpfen geschwänzte , extremitätenlose Larven , die sog. Kaulquappen (Fig. 150) aus. Dieselben erinnern durch iln-en comprimirteu Ruder- schwanz und die Kiemenathmung an die Fische und besitzen in zwei kleinen kehlständigen Sauggruben Haftorgane, um sich an Ptlanzen- theilen vor Anker zu legen. Die Mundöfthung wird von einer Horn- scheide bekleidet, der spiralig auf- gerollte Darmcanal ist auffallend lang, das Herz einfach, und die Gefässbogen verhalten sich denen der Fische ähnlich. Nachdem mit fortschreitendem Wachsthum die äusseren Kiemenbäumchen rück- gebildet und durch neue, von einer Hautduplicatur überwachsene Kie- menblättchen ersetzt worden sind, auch der Hautsaum des Schwanzes eine bedeutendere Höhe erlangt hat, wachsen zunächst die hinteren Gliedmassen hervor, während die vor- deren, wenngleich keineswegs später angelegt, noch längere Zeit unter der Körperhaut versteckt bleiben und erst später nach aussen durchbrechen. Inzwischen haben sich auch die Lungen als Anhänge des Vorderarmes ent- wickelt und als Athmungsorgane die Kiemen verdrängt, die Duplicität des Herzens und Kreislaufs ist zur Ausbildung gelangt und der Hornschnabel abgeworfen. Schliesslich bleibt noch die durch Schrumpfung vorbereitete Rückbildung des Schwanzanhanges übrig, um aus der wasserlebenden Kaul- quappe die zum Landleben befähigte Frosch- oder Krötenform hervorgehen zu lassen (Fig. 151). Für die allerdings durch Uebergänge verbundenen, bei schärferer Aus- prägung aber bestimmt gegenüberstehenden Entwicklungsformen der Meta- lach Eck« Embryo Larvenzustände des Frosches , einige Zeit vor dem Ausschlüpfen mit warzenförmigen Kiemenvorsprüngen auf den Visceralbögen, 6 Larve einige Zeit nach dem Ausschlüpfen, mit Kiemenbäumchen, c ältere Larve mit Hornschnabel und kleiner Kiemen- spalte unter dem häutigen Kiemendeckel , mit inneren Kiemen. iV Nasengrube, S Sauggrube, A'Kiemen, .4 Auge, Hz Hornzähne. 136 Directe Entwicklung. morphüsr imd der dirccten Entiiickhmg erscheint in erster Linie die Quantität des dem Embryo zu Gebote stehenden Bildungs- und Nahrungsmateriales im Yerhältniss zur Grösse des ausgewachsenen Thierleilies von Bedeutung (R. Leuckart). Die Thiere mit dirrcfrr EntincUiniy bedürfen — und zwar im Allgemeinen proportional der Höhe ihrer Organisationsstute und Körper- grösse — einer reicheren Ausstattung des Eies mit Nahrungsdotter oder besonderer accessorischer Ernährungsquellen für den sich entwickelnden Em- bryo, sie entstehen daher entweder aus relativ sehr grossen Eiern (Vögel) Fig. 151. Spätere Entwicklungsstadien des Krötenfrosches (Pelobates fusctu). a Larre noch ohne Extremitäten mit hohem Flossenkamm, b altere Larve mit hinteren Gliedmassen, c geschwänzte Larve mit beiden Glied- masseniiaaren, d junger Krotenfrosch mit Schwanzstummel, e derselbe nach Verlust des Stummels. oder bilden sich in inniger Verbindung mit dem mütterlichen Kör})er unter fortwährender Zufuhr von Nahrungsstoffen aus (SängefJiierc). Die Thiere dagegen, welche sich mittelst Metamorpliose entwickeln, entstehen durchwegs in relativ kleinen Eiern und erwerben nach der Geburt selbständig durch eigene Thätigkeit das ihnen im Eileben gewissermassen vorenthaltene, für ihre weitere Entwicklung nothwendige Material. Die Mutterthiere jener bringen unter sonst gleichen Verhältnissen, unter Voraussetzung einer gleichen Productivität, das heisst Erübrigung einer im Verhältnisse zum Körpergewicht bestimmten Menge von Bildungsmaterial, eine nur geringe, die ]\Iutterthiere dieser aus der gleichen zur Fortpflanzung verwendbaren Menge von Zeugungs- material eine grosse Zahl von Nachkommen hervor ; die Metamorphose er- scheint daher als eine Entwicklungsform, welche die Grösse der Fruchtbarkeit. Biogenetisches Grundgesetz. I H i das heisst die Zahl der aus einer gegebeneu Bilduugsmasse erzeugten Nach- kommen, beträchtlich erhöht, und hat demgeraäss auch im Haushalt der Natur unter den niannigfachen Wechselbeziehungen des Naturlebens eine grosse physiologische Bedeutung. Man hat in früherer Zeit die indirecte, unter Vorgängen mannigfacher Reductionen und Neubildungen sich vollziehende Entwicklung oder „Meta- morphose", indem man als Zweck derselben die Erhöhung der Fruchtbarkeit betrachtete, aus dem Bedürfniss von Schutz- und Ernährungseinrichtungen der frühzeitig in's freie Leben getretenen einfach und unvollständig orga- nisirten Jugendform mehr teleologisch zu erklären versucht (R. Leuckart). Mit dem Nachweise solcher Wechselbeziehungen wie zwischen den beson- deren Larvenorganen und der eigenthümlichen Ernährungsweise und Schutz- mittel ist nun zwar ein wichtiger Factor zum Verständniss der besonderen Einrichtungen, aber ebenso zweifellos noch keine Erklärung derselben ge- geben. Einer Erklärung treten wir erst mit Hilfe der Principien des Darwi- nismus und der Descendenzlehre näher, nach welcher Form und Bau der Larven mit der Stammesentwicklung (Phylogenie) in Beziehung zu setzen und in der Weise aus Formzuständen jener abzuleiten sind, dass die jüngeren Larvenzustände primitiven, die vorgeschritteneren dagegen später aufge- tretenen und höher organisirten Thierformen entsprechen würden. In diesem Sinne erscheinen die Entwicklungsvorgänge des Individuums als eine mehr oder minder vollständige Recapitulation der Entwicklungsgeschichte der Art, freilich mit mannigfachen, im Kampfe um's Dasein durch Anpassung ent- standenen Veränderungen und erst secundär erworbenen Eigenthümlichkeiten [Fritz Müller'si), übrigens schon von älteren Anatomen, wie Fr. Meckel. behaupteter Fundamentalsatz, von E. Haeckel als biogenetisches Grund- gesetz bezeichnet]. Die Urgeschichte der Art wird demgemäss in der Ent- wicklungsgeschichte des Individuums um so vollständiger erhalten sein, je länger die Reihe der Jugendzustände ist, welche sie gleichmässigen Schrittes durchläuft; sie wird um so treuer erhalten sein, je weniger die Eigenthüm- lichkeiten der Jugendzustände als selbstständig erworben, beziehungsweise als aus späteren in frühere Lebensabschnitte zurückverlegt sich heraus- stellen. Indessen gibt es zahlreiche Larvenformen, die selbst erst secundär durch Anpassung zu erklären sind (zahlreiche Insectenlarven), und auch unter den Larven der Crustaceen, die oft eine grosse Reihe von Verwandlungen er- fahren, sind nur wenige, wie das Mysisstadium der Makruren, von unmittelbar phyhtischem Werthe. Die jüngeren dieser Larven, wie die Zoea der Deca- poden und der für Entomostraken und Malakostraken gleich bedeutungsvolle XaupUus, weisen keineswegs, wie man früher glaubte, auf uralte Stamm- gruppen der Zoeopoden und Naupliaden hin, sondern tragen unverkennl)are Spuren secundärer, durch Anpassung erworbener und in die Jugendform ') Fritz Müller, Für Darwin. Leipzig 1863, pag. 75— 81. loö Generationswechsel. zurüekverlegter Merkmale. Dagegen scheint die bei den Anneliden und Mollusken verbreitete Loven'sche Larve (Trochophora oder Trochosphacra) einen hohen phyletischen Werth zu besitzen und auf gemeinsame Stamm- formen dieser Kreise hinzuweisen. Die Metamorphose ist daher eine mit der phyletischen Entwicklung innig verknüpfte Erscheinung und offenbar die primäre Form der Entwicklung. Die in der Entwicklungsgeschichte erhaltene geschichtliche Urkunde wird nun aber durch Vereinfachung und x4.bkürzung der freien Entwicklung allmcälig verwischt, indem die aufeinanderfolgenden Phasen der Umgestaltung allmälig mehr und mehr in das Leben des Embryos zurückgedrängt werden und unter dem Schutze der Eihüllen auf Kosten eines reichlicher abge- schiedenen Nährmaterials (secundärer Dotter, Eiweiss, Ernährung mittelst Placenta) rascher und in abgekürzter Form zum Ablauf kommen (Garneelen, Flnsskrehs^ Säugethiere). Bei den Thieren mit directer Entwicklung ist dem- nach die complicirte Entwicklung innerhalb der P^ihüllen eine zusammen- gezogene und vereinfachte Metamorphose und also die sogenannte directe Entwicklung der Metamorphose gegenüber eine s«"«/)?//«/-«; Entwicklungsform. Generationswechsel, Polymorphismus, Heterogonie und Dissogonie. Sowohl bei der directen als indirecten Entwicklung mittelst Meta- morphose kommen die aufeinanderfolgenden Formzustände in der Lebens- geschichte desselben Individuums zum Ablauf. Es gibt aber auch Formen der freien Entwicklung, bei welcher das Individuum nur einen Theil der Umgestaltungen durchläuft, während die von ihm erzeugten Nachkommen den andern Theil derselben zur Erscheinung bringen. Dann wird der Lebens- cyclus der Art durch zwei oder mehrere Generationen repräsentirt, welche bei verschiedener Gestaltung und Organisation unter abweichenden Lebens- bedingungen sich ernähren und in verschiedener Weise fortpflanzen. Eine solche Entwicklungsform ist der Genei-ations Wechsel (Metagenese), der gesetzmässige Wechsel einer geschlechtlich ausgebildeten Generation mit einer oder mehreren ungeschlechtlich sich fortpflanzenden Generationen. Vom Dichter Ch am i SSO ^) andenSalpen entdeckt, jedoch länger als zwei Decennien unbeachtet geblieben, wurde der Generationswechsel von J. Steenstrup -) wieder entdeckt und an der Fortpflanzung einer Reihe von Thieren (Medusen, Trematoden) als ein Entwicklungsgesetz erörtert. Das Wesen derselben beruht darauf, dass die Geschlechtsthiere Nachkommen erzeugen, welche von ihren Eltern zeitlebens verschieden bleiben, jedoch fortpflanzungsfähig sind, und ') Adalbert de Cliamisso, De animalibus quibusdam e classe vermium Linnaeana in circumnavigatione terrae auspicaiite comite N. Romanzoff duce Ottone de Kotzebue annis 1815, 1816, 1817, 1818 peracta. Fase. I. De salpa. Berolini 1819. ^) Job. Jap. Sm. Steenstrup, Ueber den Generationswechsel etc., übersetzt von C. H. Lorenz en. Kopenhagen 1842. Entwicklung der Acalephen. 139 zwar auf ungeschlechtlichem Wege als „Änimrn" eine Brut hervorbringen, die entweder zur Organisation und Lehens weise der Geschlechtsthiere zurück- kehrt, oder sich abermals ungeschlechtlich vermehrt und erst in ihren Nach- kommen zu den Geschlechtsthieren zurückführt. Im letzteren Falle nennt man die erste Generation der Ammen die „Grossannncn" und die von ihnen erzeugte zweite Aramengeneration „Ammen" ; das Leben der Art wird dann durch die Entwicklung von drei verschiedenen, aus einander hervorgehenden Generationen (Geschlechtsthier, Grossamme und Amme) zusammengesetzt. Die Entwicklung der zwei, drei oder zahlreichen Generationen kann eine directe sein oder auf einer mehr oder minder complicirten Metamorphose beruhen, uiul ebenso kann das Verhältniss von Ammen zur Geschlechts- generation bald mehr dem von ähnlich sich ernährenden und eine ähnliche Fig. 152. h Entwicklung der Planula von Chrysaora bis zur achtarmigen Scyphistoma. a Zweischichtige Planula mit der engen Gastralspalte. — h Dieselbe nach ihrer Festheftung mit neugebildeter Mundöffnung (o) im Stadium der Tentakelbildung. — c Vierarmiger Scyphistomapolyp. Csk Ausgeschiedenes Cuticularskelet. — (/ Achtarmiger Scyphistomapolyp mit weit geöffnetem Munde. M Längsmuskeln der Gastralwülste. Oganisationsstufe vertretenden Thierformen (z. B. SaJpen), bald dem von Larve und Geschlechtsthier (z. B. Medusen) entsprechen. Demgemäss haben wir verschiedene Formen von Generationswechsel zu unterscheiden, die auch genetisch eine verschiedene Ableitung und Erklärung tinden. Das letztere, der Metamorphose ähnliehe Verhältniss der Metagenese haben wir uns in den meisten Fällen in der Weise entstanden zu erklären, dass die Ammen form, einem niederen Zustande der Stammesentwicklung entsprechend, von diesem die Fähigkeit ungeschlechtlicher Fortpflan-zung ererbte, während die geschlechtliche Fortpflanzung lediglich dem phyletisch höchsten Gliede zukam. Beispielsweise die Metagenese der Schirmquallen. Die aus dem Ei ausgeschlüpfte, bewimperte Planula (Gastrula mit geschlossenem Urmund, Fig. 152) setzt sich nach längerem Umherschwärmen an dem bei der Bewegung nach vorne gerichteten Pole fest und gewinnt an dem freien Pole 14U .Scypliistoitia. eine neue Mundöffnung, in deren Umgebung- mit dem fortschreitenden Waclis- thum 1, 2, 4. 8, sclüiesslicli 16 lange Fangarme hervorwaclisen. während sich das breite Mundfeld als contractiler Mundkegel erhebt. In das Innere der Gastralhöhle springen vom Fusspunkt bis zur Basis des Mundkegels vier von Längsmuskelzügen begleitete Gastralwülste vor. Nachdem der nunmehr zur Snjphistoma (Scyphostoma) gewordene Polyp unter günstigen Er- nährungsbedingungen eine gewisse Grösse (von etwa 2 bis 4 Mm.) erreicht Fig. 153. U:^ a iSechzehuarmige Scyphistoma (schwächer vergrössert). Gtr Gastralwülste. — b Beginnende Strobila- bildung von Chrysnorn. der Tentakelkranz bis auf die basalen Wülste der Tentakeln noch unverändert. hat, l)ilden sich am vordem Körpertheil ringförmige Einschnürungen aus. durch welche eine Reihe von segmentähnlichen Abschnitten entsteht. Zunächst schnürt sich der vorderste, den Teutakelkranz umfassende Körpertheil ab, und ihm folgt, indem sich neue Segmentringe continuirlich in der Richtung von vorne nach hinten abschnüren, eine grössere oder geringere Zahl von Abschnitten, hinter denen das kolbig angeschwollene Endstück des Pohpen- leibes ungetheilt bleibt (Fig. 153). Die Scyphistoma ist zur Strohila geworden, welche selbst verschiedene Entwicklungsphasen durchläuft. Wälfrend sich Strobila. Polymorphismus. 141 nämlich die Fan^-arme zurückbiklen, gestalten sich die aiifeiiian(lcrfolo:en(len. durch Kinsclmüriini;-en abg-esctzten Segmente unter Bildung von Lappenfort- sätzen und Randkörpern (rückgebildeten Tentakeln) zu kleinen , flachen Scheiben um, welche sich loslösen und als Ephyreu die Larven der Schirm- (piallen darstellen (Fig. 154 «, h). Im anderen Falle, wo Amme und Geschlechtsthier, wie bei den Salpen. morphologisch einander gleichstehen, dürfte sich die Metagenese (ähnlich wie Trennung des Geschlechtes aus dem Hermaphroditismus) auf dem Wege der Arbeitstheilung aus ursprünglich gleichgestalteten Geschlechtsthieren, welche zugleich Knospen producirten, ent- Fig. 154. /MkK ^\x\ i'. W der regelmässigen Knospenkette (am Stolo prolifer) von Vortheil, dass an den dieselbe producirenden Individuen die geschlecht- liche Zeugung unterdrückt und die Fort- pflanzungsorgane bis zum schliesslichen Schwunde der Anlagen rückgebildet wur- den, während die zu Ketten vereinigten Individuen ihre Geschlechtsorgane früh- zeitig zur weiteren Ausbildung brachten, dagegen die Anlagen zum Stolo prolifer völlig rückbildeten. Wie aber überhaupt bei der unge- schlechtlichen Fortpflanzung durch Kno- spung im Falle unterbliebener Abtrennung Colonien und Stöcke von Einzelthieren ihren Ursprung nehmen, so ergeben sich auch bestimmte Formen des Generations- wechsels durch den dauernd aufrecht er- haltenen Verband von Amme und Ge- schlechtsthier (Hydroiden). Gestalten sich „ Ausgebildete Stroblla mit sich loslösenden die am Thierstock sprossenden Individuen ^phyren. - & Die freigewordene Ephyra (von . , 11 . 1 • 1 tir • "IT circa 1'5 bis 2 Mm. Durchm.). nicht alle m gleicher Weise zu ernährenden und aufammendeu und zu Geschlechtsindividuen, sondern difteriren dieselben nach Bau und Gestaltung so, dass sie entsprechend verschiedene Leistungen und Arbeiten für die Erhaltung des Stockes besorgen, so ergibt sich die als PohjworpJns)iius'^) bekannte Form des Generationswechsels, welche an den polymorphen Thierstöcken der Slphonophoren zu hoher Ausbildung gelangt. Diese Form des Generationswechsels lässt sich oft von der Metamorphose schwer oder überhaupt nicht abgrenzen , weil es sich um Erzeugung von Individualitätszuständen handelt, welche in einem Falle Organcomplexe ') E. Leuckart, Ueber den Polymorphismus der Individuen oder die Erscheinung der Ar])eitstheilung in der Natur. Giessen 1851. 142 Heterogonie. bleiben, im anderen zur Selbstständigkeit gelangen (Bandwürmer, Tanüa, Bothriocephalus, Liyula, Caryophyllaeus). Eine der Metagenese ähnliche, aber genetisch in anderer Weise zu erklärende Form der Fortpflanzung ist die erst in neuerer Zeit bekannt gewordene Hetcrognmo. Dieselbe charakterisirt sich durch die Aufeinander- folge verschieden gestalteter, unter abweichenden Ernähruugsverhältnissen lebender Geschlechtsgeuerationeu, von denen sich eine oder mehrere auch agam durch spontane Eieutwicklung bei Ausfall der Männchen fortpflanzen können. Die zuerst für kleine Nematoden (liliahdoncma nlgrovenosum und Lcptodcra appcncUculata) nachgewiesene Heterogonie ist Avohl kaum anders Fig. 155. o BhaMonema nigrovenosum von circa 3-5 Mm. Länge im Stadium der männlichen Beife. G Genitaldriisen, O Mund, D Darm, A After, iV Nervenring, Drz Drüsenzellen, Z isolirte Zoospermien derselben. — b Männlicho und weibliche Rhabditis-'Poimen derselben von 1*5 bis 2 Mm. Länge. Ov Ovarium. T Hoden, F weibliche Genitalöffnung, Sp Spicula. als durch Anpassung au veränderte Lebensbedingungen entstanden zu denken. Je nachdem der kleine Rundwurm als Parasit unter günstigen Ernährungs- bedingungen sich entwickelt oder im Freien auf die spärlichen Nährstoife in feuchter Erde oder schlammigem Wasser angewiesen ist, gestaltet sich der Körper des Geschlechtsthieres auch in seiner Organisation in dem Masse verschieden, dass wir beiderlei Formen nach den Ditferenzen ihres Baues zu verschiedenen Gattungen stellen würden. Bei Rhahdonema nif/roimosmn aus der Lunge der Batrachier und der zu ihr gehörigen, frei lebenden „Ehahditis" — und dasselbe gilt für einige andere, erst in jüngster Zeit bekannt gewordene Fälle von Heterogonie kleiner Nematoden (Rhahdonema intestinalis aus dem Darme des Menschen und Rhahditls stercoralis, AUanfo- Saisondiinoriihismiis. 143 nenm miruhUe mit seiner freien Rhabditisg-encration) — folgen beide Gene- rationen in streng alternirendem Wechsel (Fig. 155 a und b). Nicht so bei Leptoderd appauiiculafa aus der Wegschnecke, indem hier die altcrnirende Fortpflanzung nicht nothwendige Bedingung ist, vielmehr das Eintreten in die eine oder andere Form facultativ auch den besonderen Verhältnissen wechselt. Bei den Insecten trifft man Formen von Heterogonie, für welche zugleich der Wechsel parthenogenetischer Eientwicklung mit der befruchteter Eier charakteristisch ist und ein oft sehr ausgei)rägter Polymorphismus der zu einer Art gehörigen Individuen zur Erscheinung konnnt. So z. B. bei den Rindenläusen (Chermes) und Wurzelläusen (Fhi/lloxcra), bei denen sich eine oder mehrere (geflügelte und ungeflügelte) weibliche Generationen partheno- genetisch fortpflanzen und lediglich aus eierlegenden Weibchen bestehen, während die befruchtete Eier ablegende Generation von Weibchen zugleich im Vereine mit Männchen — durch die Reduction der Mundtheile und des Darmapparates, sowie die geringe Kürpergrösse ausgezeichnet — nur zu einer bestimmten Jahreszeit zur Erscheinung kommt. Als eine Vorstufe von Heterogonie kann man a Fig. 150. i, den bei manchen Schmetterlingen , wie bei Vanessa (prorsn) levanu höchst ausge- sprochenen Saison di- morphismus betrach- ten, für welchen cha- ,. , , „, ,, , ^,. ^ , , ^ ,. ^. , " Vanessa (prorsn) /eiaim- Weibchen, a Wjntcrtorni, h .Sonimorforin. (Nacli rakteristisch ist, dass woismann.) zu verschiedenen Jahreszeiten Generationen mit verschieden gefärbter Flügel- zeichnung auftreten (Fig. 156). Aehnliche Formen von Heteroyonle haben mit dem Generationswechsel vornehmlich dann grosse Aehnlichkeit, wenn die parthenogenetischen Gene- rationen dem Ausfall der Begattung und Befruchtung w^eiterhin angepasst sind und als agame begattungsunfähige Weibchen in ihrem Generationsapparat wesentliche Abweichungen dem sich begattenden Weibchen gegenüber ge- wonnen haben. Dieser Fall trifft für die Blattläuse und Gallenläuse zu, deren Fortpflanzung man nach dem Vorgange von Steenstrup und v. Siebold lange Zeit als Generationswechsel beurtheilte, bis die auf die Fortpflanzungs- vorgänge der verwandten Rindenläuse gestützte Auffassung als Hetero- gonie zur Geltung gelangte. Nach dieser sind die viviparen sog. Blatt- \?a\a>am}nen eine Form von abweichend gestalteten, der parthenogenetischen Fortpflanzung angepassten Weibchen und der Keimstock derselben ist nichts Anderes als das modificirte Ovarium. Es gibt aber auch Fälle, bei welchen die parthenogenetische Ent- wicklung des Eies schon frühzeitig in dem eben angelegten Ovarium der Jugendform beginnt, die Fortpflanzung also in das Larvenleben zurück- 144 Paedogenese. Cecidomyia. verlegt wird, und sich demnach die Larve physiologisch einer larvenähn- lichen Amme gleich verhält. Dann erhalten wir, wie durch Nie. Wagner fiir die Larven einer Gallmücke, Cecidomyia (Miastor) und durch 0. Grimm für die Puppen einer Chironomus-krt bekannt wurde, eine dem Generations- wechsel ähnliche Form von Heterogonie, welche im Zusammenhange mit frühzeitig eingetretener parthenogenetischer Eientwicklung zu erklären ist. Schon die morphologisch unentwickelte Jugendform oder Larve hat die Fähigkeit gewonnen, mittelst ihrer Keimanlage sich fortzupflanzen, eine Erscheinung, welche man nach dem Vorschlage von C. E. v. Baer als Paedogenese be- Fig. 157. • X. . X. ^ zeichnet hat. Wenn man die Keimanlage als Keimstock und die in derselben enthaltenen Zellen als Keimzellen oder Sporen deu- ten will, so würde die Fort])flanzung der Cecidomvien in die Kategorie des Generations- wechsels fallen, eine Deutung, wel- che jedoch um so weniger haltbar ist, als der dem Pflanzenreich ent- lehnte Begriff von ,. Spore" bei den Metazoen über- haupt durch keine Thatsache begründet werden kann und demnach unhaltbar wird. Die als Sporen oder Keimzellen betrachteten Fortpflanzungszellen der ]Metazoen dürften wohl in allen Fällen dem Zellencomplexe entstammen, welcher die Anlage des Ovariums repräsentirt und meist schon in frühen Stadien der Embryonalentwicklung nachweisbar ist. Dem entsprechend ist es kaum zweifelhaft, dass auch die Entwick- lung der Distomeen , die man bislang auf Generationswechsel zurück- führte, einer mit Paedogenese verbundenen Form der Heterogonie entspricht. Nach Ablauf der Furchung und Embryonalentwicklung verlassen die be- wimperten Embryonen (Fig. 157 a, h) meist im Wasser die Eihüllen und Entwicklungsgeschichte von Disfomum. zum Theil nach R. Leuckart. n Frei- schwimmender bewimperter Embryo des Leberegels. — b Derselbe contrahirt. mit Darmanlage D und Zellenhaufen Oo (Anlage der Genitaldrüse'), Kc Wim- perapparat der Wassergefässanlage. — c Die aus einem Distomum-Embryo hervorgegangene Sporocyste, mit Cercarienbrut (C) gefüllt, B Bohrstachel einer Cercarie. — d Eedie mit Mund (O), Pharynx (Ph) und Darm (D), Ex Ex- cretionsorgan, C Cercarienbrut im Innern derselben. — e Freigewordene Cercarie. .S' Saugnapf. J) Darm. Kntwicklung der Distomeen. 145 «gelangen auf dem Wege selbstständiger Wanderung an den Körper einer Schnecke, in deren Leibesraum sie eindringen, um zu einer schlauchförmigen oder verästelten Sporoajstc (Fig. 157 c), beziehungsweise zu einer mit Mund und Darmanlage versehenen Bcdie (Fig. 157 d) zu werden. Diese mori)ho- logisch tiefstehenden Entwicklungsstadien erzeugen durch sog. Keimkih-ner oder Sporen eine Generation von Nachkommen, welche als „Ccrcarien" (Fig. 157 c) frei werden, dann sich im Körper eines Zwischenträgers nach Verlust von Mundstachel und Schwanzanhang encystiren (Fig. 158) und, von hier in den Organismus des definitiven Wohnthieres übertragen, zum Geschlechtsthier heranwachsen. Es ist jedoch auch hier in hohem Grade wahrscheinlich, dass das Keimorgan, aus deren Zellen die Cercarien stammen, den Zellencomplex der Ovarialanlage repräsentirt, deren Elemente sich ohne Zuthun von Zoospermien, also partheno- genetisch, entwickeln. Es würden alsdann die sog. Keimschläuche (Sporocysten oder Redien) fort- pfianzungsfähige Larven sein. Die Cercarien aber repräsentiren eine zweite, weiter vorgeschrittene Larvenphase. Mit beweglichem Schwanzanhang, häufig auch mit Augen und Mundstachel versehen, zeigen sie in ihrer Organisation bis auf den Mangel entwickelter Generationsorgane bereits grosse Aehnlichkeit mit den Geschlechtsthieren, zu denen sie sich erst im Leibe eines andern, meist höher organisirten Wohnthieres nach Verlust ihrer Ijar- venorgane ausbilden. Wer den Begriff der Spore als ungeschlecht- liches Fortpflanzungsproduct aufrecht erhält, wird in der Praxis unmöglich eine scharfe Grenze zwi- schen Generationswechsel und Heterogonie durch- zuführen im Stande sein , da es für Spore und parthenogenetisch sich entwickelnde Eizelle kein absolutes Criterium gibt. Im anderen Falle aber, bei der, wie es scheint, zutreffenden Deutung der sog. Sporen als spontan entwicklungsfähige Zellen der Ovarialanlage, sind Gene- rationswechsel imd Heterogonie scharf von einander abzugrenzen, indem sich die Ammenzustände lediglich durch Sprossung und Theilung vermehren, während die Fortpflanzung durch sog. Keimzellen als spontan entwicklungs- fähige Eizellen der Heterogonie zufällt. Ein wesentlicher Charakter sowohl der Heterogonie als des Generations- /rerJisels beruht auf der verschiedenen Gestaltung der im Leben der Art auf- tretenden Generationen, welche meist in regelmässig alternirendem Wechsel folgen. Es gibt aber auch Formen der Fortpflanzung, bei denen in der Lebensgeschichte des Individuums zwei in verschiedener Weise sich fort- C. Claus: Lehrbuch der Zoologie. G. Aufl. 10 S ,-- Jugendliches Distomum , nach La Valette. Ej Stämme des Wasser- gefässsystems, Ep Excretionsporus, O Mundöffnung mit Saugnapf, S Saugnapf in der Mitte der Bauch- fläohe, P Pharynx, D hufeisenför- miger Darm. 146 Dissogonie. pfiauzendc ZustäiKle folgen. Diese sind für die Erklärung der Entsteliungs- weise des Generationswechsels und der Heterogonie von grossem Interesse, indem sie gewissermassen als Vorstufen der alternirenden Folge zweier oder mehrerer Generationen von Individuen erscheinen. Hierher gehört der sog. Generationswechsel bei Steinkorallen (Blastotrochus), welche sich als Jugeud- form durch Kuospung fortpflanzen, ohne damit die Fähigkeit zu verlieren, später in das Stadium der Geschlechtsreife einzutreten. In die Kategorie der unvollkommenen Hetcroyonie würden die Fort- pflanzungsvorgänge der Phyllopoden und Rotatorien zu stellen sein, deren Weibchen Sommereier (mit parthenogenetischer Entwicklung) und später befruchtungsbedürftige Wintereier erzeugen (Daphniden). Erst da, wo die Existenz besonderer, in dem angeführten Falle parthenogenesirender Gene- rationen, welche sich nur ohne Männchen fortpflanzen, neben besonderen Geschlcchtsgenerationen nachweisbar ist und für jene Besonderheiten be- stehen, mit welchen der Ausfall der Befruchtung im Zusammenhang steht, werden wir eine wahre Heterogonie zu constatiren haben. Eine an die Heterogonie erinnernde, aber von derselben verschiedene Form der Fortpflanzung w^urde als Dissoyonie bezeichnet. Dieselbe ist unter den gelappten Rippenquallen verbreitet und beruht auf der in zweifachen Formzuständen des Individuums, der Larve und der morphologisch ent- wickelten Form, eintretenden geschlechtlichen Fortpflanzung. Wie Chun nachgewiesen hat, gelangen wahrscheinlich unter dem Einfluss erhöhter Temperatur die cydippenförmigen Larven von Euchmis und Bolina alsbald nach dem Verlassen der Eihülle zur Geschlechtsreife, bilden aber nach Ab- lage befruchteter Eier die sexuellen Keimlager wieder zurück, um sich allniälig zu den gelappten Rippenquallen weiter zu entwickeln. Als solche erlangen sie viele Monate später zum zAveiten Male die Geschlechtsreife, so dass die geschlechtliche Thätigkeit derselben durch die Metamorphose unterbrochen wird. In ähnlicher Weise dissogon (man könnte sagen polygon) verhalten sich auch zahlreiche Hydroidmedusen (Eucope variahiUs) und Siphonophoren (Forskalla^ Haiistemma), indem sie in verschiedenen Stadien ihrer Ent- wicklung vor Eintritt in das morphologisch ausgestaltete Endstadium Ge- schlechtsproducte erzeugen. Bedeutung des Systems. Ueber den Werth des Systems ist man verschiedener Ansicht gewesen. Während im vorigen Jahrhundert der französische Zoolog Buffon das System für eine Erfindung des menschlichen Geistes ausgab, glaubte in neuerer Zeit L. Agassi z allen Abtheilungen des Systems eine reale Be- deutung beilegen zu können. Er erklärte das natürliche, auf die Verwandt- schaft der Organisation begründete System für eine Lebersetzung der Ge- danken des Schöpfers in die menschliche Sprache, durch dessen Erforschung Artbegriff. 147 wir imbevvusst Ausleger seiner Ideen würden. Indessen können wir eine Anordnung, welche aus den in der Natur begründeten Beziehungen der Organisation abgeleitet ist, nicht eine menschliche Erfindung nennen und ebensowenig den subjectiven Antheil unserer Geistesthätigkeit hinweg- leugnen , da sich in jedem System ein Yerliältniss von Thatsachen des Xaturlebens zu unserer Auffassung und zum Stande der wissenschaftlichen Erkenntuiss ausspricht. In diesem Sinne nennt Goethe treffend natürliches System einen sich tirklersprechenden Ausdruck. Das Reale, welches bei Aufstellung von Systemen in Betracht kommt, sind die Einzelformen als Objecte der Beobachtung. Alle systematischen Be- griffe von der Art an bis zum Thierkreis beruhen auf Zusammenfassung von übereinstimmenden und ähnlichen Eigenschaften und sind Abstractionen des menschlichen Geistes. Arthegriff. Die grosse Mehrzahl der Forscher stimmte bis in die neueste Zeit darin überein, die Art oder Species als selbstständig in's Leben ge- tretene Einheit mit gleichen, in der Fortpflanzung sich erhaltenden Eigen- schaften anzusehen. Man war bis in die neueste Zeit von dem Grundgedanken der Linne'schen Speciesdefinition : „Tot numeramus species quot ab initio creavit infinitum ens" im Wesentlichen befriedigt. Auch stand diese An- schauung mit einem auf dem Gebiete der Geologie herrschenden Dogma im Einklang, nach welchem die aufeinanderfolgenden Perioden der Erdbildung abgeschlossene Faunen und Floren bergen und durch gewaltige, die ge- sammte organische Schöpfung vernichtende Katastrophen begrenzt sein sollten. Insbesondere war es Cu vi er, welcher diese Lehre vertrat. Gestützt auf umfassende Untersuchungen über die Knochenreste aus den tertiären Grobkalk- und Gypslagern der Pariser Umgebung glaubte Cu vier aus dem ^langel jeglicher Zwischenformen von fossilen und recenten Arten die Selbst- ständigkeit der letzteren folgern zu können. Zwar gestand er zu, dass sich aus den grossen Umwälzungen und Katastrophen einzelne wenige Lebens- formen gerettet und in die neue Periode lebend erhalten hätten, vermochte sich jedoch über die Herkunft der zahllosen neuen Lebensformen keine Rechenschaft zu geben. Ohne an eine übernatürliche Schöpfung zu glauben, hielt er den Mangel von Zwischenformen für eine Thatsache von hohem Werth. Cuvier behauptete keineswegs, dass es zur Hervorbringung der- selben einer neuen Schöpfung bedürfe, sondern nur, dass jene anderswoher als aus den Lebewesen des untergegangenen Zeitalters entsprungen sein mussten. Nun unterscheiden sich die von einander abstammenden Thiere und Pflanzen der Jetztzeit durch zahlreichere grössere und kleinere Abweichungen, so dass der Artbegriff neben der Zugehörigkeit in den gleichen Generations- kreis nicht durch die absolute Identität, sondern nur durch die Ueberein- stimmung in den wesentlichsten Eigenschaften definirt werden kann. Die Art oder Species würde demnach im engen Anschluss an die Cuvier'sche 10* 148 Abaittn. ßasseu. Varietiiten. Definition der Inbegriff aller Lebensformen sein, welche die wescntlichsfm /'Jiei In- secten. welche in grossen Gesellschaften, sog. Thierstaaten. zusammenleben. Mimicrj . 163 wo eine dritte, zuweilen i>el1)st wieder in mehrere difllcrentc Formenreilien ^•esonderte Individueni;ruppe gefunden wird, welche sich hei verkümmerten Geschlechtsorg-anen nicht fortzuptlanzen vermag, dagegen in dem gemein- samen Stocke die Arbeiten der Nahrungsbeschatüung , Vertheidigung und lirutpflege übernimmt und diesen Thätigkeiten angepasstc Besonderheiten in Körperbau und Organisation zur Erscheinung l)ringt. Diese „sterilen In- dividuen" in den Hymenopterenstöcken sind verkümmerte Weibchen, die sieh wiederum bei den Ameisen in Arbeiter und Soldaten gliedern, in den Stöcken der Tcnnitni dagegen sind dieselben unter Verkümmerung der Geschlechtsorgane aus Weibchen und ]\Iännchen hervorgegangen. Uebrigens kommen sterile Individuen auch bei Thierarten (Fischen) vor, welche nicht in sog. Thierstaaten zusammenleben, und sind in früherer Zeit auch für besondere Arten gehalten und als solche beschrieben worden. Am mannig- faltigsten aber erscheint der Polymorplils- niKs an den zu Thierstitcken vereinigten Fig. 159. / Hydroiden, den SiphouopJioren, ausgebildet. Mimkry. Eine andere Reihe von Er- scheinungen, welche in gleicher Weise für nützliche Abänderung durch Anpassung spricht. l)etriflft die sogenannte Nachäffung oder Mimiery. Dieselbe beruht darauf, dass gewisse Thierformen anderen sehr verbrei- teten und durch irgendwelche Eigenthüm- lichkeiten vortheilhaft geschützten Arten in Form und Färbung zum Verwechseln ähn- lich sehen, als wenn sie dieselben copirt hätten. Die Fälle von Mimiery, die vor- nehmlich durch Bat es imd Wallace be- kannt geworden sind, schliessen sich an die so verbreitete schützende Aehnlichkeit, das heisst Uebereinstimmung vieler Thiere in Färbung und Körperform mit Gegenständen der äusseren Umgebung, unmittelbar an. So z. B. wiederholen unter den Schmetterlingen gewisse Leptalklen bestimmte Arten der Gattung Hcliconius, welche durch einen gelben, unangenehm riechenden Saft vor der Nachstellung von Vögeln und Eidechsen geschützt zu sein scheinen, in der äusseren Erscheinung und in der Art des Fluges und theilen mit den nach- geahmten Arten Aufenthalt und Standort (Fig. 159). Die vollständige Pa- rallele finden wir in den Tropen der alten Welt, wo die Danmden und Acraeiden von Papilioniden copirt werden. Häufig sind Fälle von Mimiery zwischen Insecten verschiedener Ordnungen ; Schmetterlinge wiederholen die Form von Hymenopteren, welche durch den Besitz des Stachels geschützt sind (Sesia crabromfoDiih — 'l^rs2)a crahro etc.) (Fig. 160), ebenso gleichen ge- wisse Bockkäfer Bienen und Wespenarten (Cliarh n/c/ijinixi , Odoi/foccrd 11* o Leptalis Theonoe var. Leuconoi' (Pieride). — b Itliomin Ilerdina (die nachgeahmte Helico- nide). Nach Bat es. 164 Uidimentäre Organe. odijneroldes) , die Orthopterengattung Condißodera tricondylokles von den Philippinen einer Cicindelengattung (Tricondijla). Zahlreiche Dipteren zeigen Form und Färbung von stechenden Sphegiden und Wespen. Auch bei Wirbel- thieren (Schlangen und Vögeln) sind einzelne Beispiele von ^Mimicry be- kannt geworden. Budimentäre Organe. Auch das so verbreitete Vorkommen rudimen- tärer Organe erklärt sich nach der Selectionstheorie in befriedigender Weise aus dem Nichtgebrauch. Durch Anpassung an besondere Lebensbedingungen sind die früher arbeitenden Organe ganz allmälig oder auch wohl plötzlich ausser Function gesetzt und in Folge der mangelnden Uebung im Laufe der Fig. 160. Generationen immer schwächer gewor- (' den bis zur totalen Verkümmerung und Rückbildung (Parasiten ). Dass die rudi- mentären Organe überhaupt nutzlos wären, lässt sich durchaus nicht für alle Fälle behaupten, im Oegentheile haben dieselben oft eine, wenn auch schwierig nachweisbare Nebenfunction (der pri- mären Function gegenüber) für den Or- ganismus gewonnen. So treffen wir z. B. bei einigen Schlangen (Riesenschlangen) zu den Seiten des Afters kleine, mit je einer Klaue versehene Hervorragungen, After- klauen, an. Dieselben entsprechen abor- tiv gewordenen Extremitätenstummelii und dienen nicht etwa wie die Hinter- beine zur 17nterstützung der Locomotion. sondern sind wenigstens im männlichen Geschlechte Hilfswerkzeuge der Begat- tung. Die Blindschleichen besitzen trotz des Mangels von Vorderbeinen ein rudimentäres Schultergerüst und Brustbein, vielleicht im Zusammenhange mit dem Schutzbedürfnisse des Herzens oder mit einem Nutzen bei der Respiration. Wenn wir sehen, dass sich im Fötus vieler Wiederkäuer obere Schneidezähne entwickeln, die jedoch niemals zum Durch- bruch gelangen, dass die Embryonen der Bartenwale in ihrem Kiefer Zahn- rudimente besitzen, die sie bald verlieren und niemals zum Zerkleinern der Nahrung gebrauchen, so liegt es weit näher, diesen Gebilden eine Bedeutung tür das Wachsthum der Kiefer zuzuschreiben , als sie für durchaus nutzlos zu halten. Die Flügelrudimente des Pinguins werden als Ruder verwendet, die der Strausse zur Unterstützung des Laufes und wohl als Waifen zur Ver- theidigung, die Flügelstummel des Kiwis dagegen scheinen bedeutungslos. In vielen Fällen sind wir nicht im Stande, irs-endwelche Function und Bedeutung Trochilium apiforme (Sesia crabronifon b Vespa crabro. Die Entwicklungsgeschichte als Beweis für die Descendenzlehre. 165 im rudimentären Organe nachzuweisen, und es kann sogar den Anschein haben, als ol) solche Ueberreste dem Organismus eher nachtheilig- als nütz- lieh wären. Ontogcyiie. Auch die Resultate der A'i?^hys) in den älteren und mittleren Tertiärformationen Europas zu erklären. Für die Thierwelt dieses Alters war freilich noch viel weniger als für die der späteren Tertiär- zeit die Unterscheidung von Thierprovinzen durchführbar. Die Annäherung vorweltlicher Formen an die der Jetztwelt tritt bei den niederen einfacheren Thieren in weit früherer Zeit auf, als bei denen höherer Organisation. Schon zur Kreidezeit lebten Rhizopoden, welche von lebenden Arten (Globigerinenschlamm) nicht abzugrenzen sind. Dem ent- sprechend haben die Tiefseeforschungen \) das interessante Resultat ergeben, dass gewisse Spongien , Korallen , Echinodermen und jMollusken , welche lebend die Tiefe der See bewohnen, bereits zur Kreidezeit existirt haben. Von Weichthieren tritt eine grössere Zahl recenter Arten in der Tertiärzeit auf. deren Säiigethierfauna einen von der gegenwärtigen noch ganz Acr- schiedenen Charakter trägt. Die Mollusken der jüngeren Tertiärzeit stimmen schon in der Mehrzahl ihrer Arten mit den jetzt lebenden überein, während die Insecten jener Formationen noch bedeutend abweichen. Dagegen sind die Säugethiere selbst in den postpliocänen (diluvialen) Ablagerungen zum Theil nach Art und Gattung verschieden, obwohl sich eine Reihe von Formen über die Eiszeit hinaus in die gegenwärtige Epoche erhalten hat. Aus diesem Grunde und wegen der relativen Vollständigkeit der tertiären Ueberreste erscheint es von besonderem Interesse, die recente Säugethierfauna durch die pleistocänen Formen bis in die älteste Tertiärzeit zurück zu verfolgen. Für die Säugethiere dürfte es zuerst gelingen , die Stammesentwicklung einer Reihe von Arten nachzuweisen. Rütimeyer unternahm es zuerst, die Grundlinien zu einer paläontologischen Entwick- lungsgeschichte für die Ä(/////r>v' und vornehmlich die Wiederkäuer zu ent- werfen, und gelangte auf Grund detaillirter geologischer und anatomischer (Milchgebiss) Vergleichungen zu Resultaten, welche es nicht bezweifeln lassen, dass ganze Reihen heutiger Säugethierspecies unter sich und mit fossilen in collateraler oder directer Blutsverwandtschaft stehen. Und Rütiraeyer's Versuch wurde durch die jüngsten umfassenden Arbeiten W. Kowalevsky's im Princip bestätigt und durch Aufstellung einer natürlichen , genetisch begründeten Classification der Hufthiere erweitert. Dazu kommen die jüngsten Forschungen von Marsh, welche auf Grund zahlreicher Funde in Amerika (Wyoming, Green-River, AVhite-River) die Ge- nealogie der Gattung Equiia ausserordentlich vervollständigten (Fig. 161). ') In der Tiefe des Oceans, in welclier trotz des grossen Druckes, des beschränkten Lichtes und Gasgehaltes des Wassers die Bedingungen für die Entwicklung des Thierlebens ungleich günstiger sind, als man früher glaubte, finden wir Typen früherer Formationen erhalten (Rhizocrimts Lofofensis — Äpiorriniten ; Fleuroiomaria, Sii>honia, Micrasfer, Pomocaris etc.). Aufgestorbene Tliiorgruiipen. 175 Auf das alteocäne Kohippus, welches an den ^'(>rderfi^ssen nocli ein Rudiment der Innenzehe l)e8ass, folgte das eocäne Orolüppu^, bei welchem an den \'orderj;liedmas8en auch noch die kleine Zehe neben den drei den Boden berührenden Hauptzehen als Afterzehe vorhanden war, dann das dreihufige M'whippu^ aus dem unteren Miocän und auf dieses das unterpliocäne Froto- Ii/ppKs, endlich das oberpliocäne PUohlppus, welche die Stammform der diluvialen und recenten Gattung Kquus ist. Für die meisten Säugethierordnungen, wie für die Fledermäuse, Pro- boscideen, Walthiere etc., lassen sich freilich zur Zeit die Wurzeln ihres Ursprunges nicht näher zurückverfolgen, während für einzelne Ordnungen, wie Halbaffen, Carnivoren, Hufthiere und Nager, in Resten ausgestorbener Typen merkwürdige Zwischenglieder entdeckt worden sind. Für diese er- scheinen wiederum die Tertiärreste Nord-Amerikas von hervorragender Bedeutung. Hier lebten im Eocän (Wyoming) die TiUo- donten^) mit der Gattung TUlothemim, welche einen breiten Bärenschädel, zwei breite Schneidezähne wie ein Nager und Backenzähne nach Art der Paläotherien besass , während die fünf- zehigen Füsse mit starken Klauen bewaffnet waren. Ebenso vereinigten sich im Skeletbau Eigenthümlich- keiten von Carnivoren und Hufthieren. Die DinOCCraten vorder- (T"MindHinterfu.ss (W xonoEqnus, b Plioliii)i>us. cProto- J-^'> ^ / 0™//)>ims. (Nach Marsh.) waren gewaltige Hufthiere mit fünfzehigen Füssen und sechs Hörnern auf dem Kopfe, ohne Schneide- zähne im Zwischenkiefer, mit gewaltigen hauerartigen Eckzähnen im Ober- kiefer und sechs Backenzähnen. Ein dritter Typus der Brontothenden trug quergestellte Hörner vor den Augen und erreichte Elephantengrösse. Ausser den genannten sind aber noch eine Reihe anderer Säugethiergruppen, deren Ueberreste in weit jüngere Schichten reichen, aus der Lebewelt völlig geschwunden, unter ihnen die süd-amerikanischen Megatheridcn (Mijlodon, Megatherium) aus der Ordnung der Edentaten, sowie die Toxodonten, deren Schädel und Gebiss mit Hufthieren, Nagern und Edentaten Beziehungen bietet Indessen sind auch viele andere Typen, insbesondere von Hufthieren, M Vergl. 0. C. Marsli, Piincipal Characters of the Tillodontia. Amer. Journal of Sciences and Arts, Vol. XI, 1876. Derselbe, Principal Characters of the Dinocerata. Eben- daselbst, 1876. Derselbe, Principal Characters of the Brontotheridae. Ebendaselbst, 1876. 176 Fossile Säugethiere. Labyrinthodonten. welche zur Tertiärzeit in beiden Erdhemisphäreu lebten, in Amerika aus- gestorben, während sie sich im Osten bis zur Gegenwart erhalten haben. Elephanten und Mastodonten, Rhinoeeriden und Equiden reichen dort zwar in die Diluvialzeit, aber nicht in die recente Periode hinein. Von Perisso- dactylen blieb in Amerika ausschliesslich die Gruppe der Tapire erhalten, die auch in der östlichen Erdhälfte in ostindischen Arten fortlebt. Auch das paläarktische Gebiet hat ausgestorbene Zwischengruppen von Säugethieren aufzuweisen, von denen uns tertiäre Reste überkommen sind. In den Phosphoriten von Quercy ^) in Süd-Frankreich finden sich Schädel- reste von Halbaffen (Äda^ns), deren Bezahnung das Gebiss von alten Huf- thieren und Lemuren verbindet (PachyJenmren), so dass die Frage aufge- worfen werden konnte, ob nicht die Halbaffen mit mehreren eocänen Huf- thieren (Dickhäutern) einen geraeinsamen Ursprung gehabt haben. An den gleichen Oertlichkeiten aber treten auch merkwürdige, sehr wohl erhaltene Knochenreste eigenthümlicher Carnivoren, der Hyaeuodonten^ auf, über deren Natur als Beutelthiere man längere Zeit im Zweifel war, bis Fi 1 hol aus den Ersatzzähnen des bleibenden Gebisses die Natur als placentale Carni- voren wahrscheinlich machte. Die grosse Uebereinstimmung der Backenzähne dieser Hyaenodonten mit denen fleischfressender Marsupialien , sowie die geringe Grösse der Schädelhöhle und somit die relativ geringe Ausbildung des Gehirns dürfen die aus zahlreichen anderen Gründen wahrscheinlich gemachte Ansicht unterstützen, dass sich die placentalen Säugethiere aus Beutelthieren während der mesozoischen Zeit entwickelt haben. In den ältesten Schichten des Eocän erscheinen freilich in beiden Erd- hälften die höheren placentalen Säugethiere schon in reicher Gestaltung und in ausgeprägten Gegensätzen (Artiodactylen, PerissodactyJen) , indessen ist kein Grund vorhanden, die unermessliche Periode bis herab zu dem Keuper, in welchem als die ältesten Säugethierreste Zähne und Knochen von insectenfressenden Beutelthieren gefunden wurden, als die Zeit zu be- trachten, in welcher sich diese höhere Entwicklung des Säugethierorganismus vollzogen hat, da uns aus derselben bislang nur höchst spärliche Reste (Jura, England) von Beutlern bekannt wurden. Noch auf anderen Gebieten hat die Paläontologie Verbindungsglieder von Thiergruppen, selbst von Ordnungen und Classen kennen gelernt. Die Labyrinthodonten, die ältesten, schon in der Steinkohlenformation auftre- tenden Lurche, zeigen mehrfache Charaktere der Fische (Knochenschilder der Brust etc.) mit Reptilienmerkmalen verbunden und besassen ein knor- peliges Skelet. Zahlreiche fossile Sauriergruppeu gehören zu Ordnungen und Unterordnungen (Hcdosaurier, Dinosaurier, Pterodactylier [Fig. 162], Theco- donten), aus denen sich kein einziger Repräsentant bis in die Gegenwart erhalten hat, andere wiederum liefern Verbindungsglieder zu recenten ^) Vergl. H. Fi 1 hol, Recherclies sur les Phosphorites du Quercy. Etüde des fossiles qu'on y rencontre et sp6cialeinent des Mammiferes. Ann. sciences gfeologiques, Vol. VII, 1876. Saunirae. Archaeopteryx. 177 Ordnuugeii, wie neuerdings eine solcheBezichung der .,pythonomorphen-' (der Gattung Mosasaurus verwandten) Echsen aus der Kreide Amerikas im Schädel- und Kieferbau zu den Schlangen nachgewiesen wurde. Nach Owens Untersuchungen über die fossilen Reptilien des Caplandes lebten dort einst Reptilien (Thenodonteyi), welche in Gebiss- und Fussgestaltung sich auf- fallend fleischfressenden Säugethieren näherten. Die Zähne derselben, wenn auch einwurzelig, sind als Schneide-, Eck- und Backenzähne zu unterscheiden und geben zu Betrachtungen Anlass, nach denen möglicherweise das Gebiss der ältesten bislang bekannten Beutelthiere (Keuper ) aus einem Theriodonten- ähnlichen Reptiliengebiss abzuleiten ist. Selbst für die streng abgeschlossene, im Körperbau so eintorniig ge- staltete Classe der Vögel wurde zuerst in einem unvollständigen Abdrucke des Sohlenhofner Schiefers Fig. 162. eine Uebergangsform J^D\, -^B^ zu den Reptilien in Ar- chacoptenjx Uthogra- phica (Fig. 163) ent- deckt, welche statt des kurzen Yogelschwan- zes einen langen, aus zahlreichen (20) Wir- beln zusammengesetz- ten Reptilschwanz mit zweizeilig geordneten Steuerfedern trug (Scmrurae) und sich sowohl in der Glie- derung der Wirbel- säule, als in dem Bau des Beckens den lang- schwauzigen Flugei- dechsen annäherte. Der Fund eines zweiten vollständigeren Exemplars von Archaeopteryx (Fig. 164) hat das Gebiss dieser Thiere, welche spitze, in den Kiefern eingekeilte Zähne trugen , nachweisen lassen. Ausserdem wurden amerikanische Vogeltypen aus der Kreide bekannt, welche untereinander und von den Saururen viel weiter als jetzt lebende Vögel irgend welcher Ordnung divergiren. Dieselben, von Marsh ^) als Odontonüthes bezeichnet und als Subclasse unterschieden, besassen Zähne in den schnabelartig ver- längerten Kiefern. Die einen (Ordnung Ichthyorniihes) hatten biconcave Wirbel, eine Grista sterni und wohlent\vickelte Schwingen (Ichthyornisj (Fig. 165), die anderen (Odontolcae), mit Zähnen in Gruben und normalen *) 0. C. Marsh, Odontornithes. A Monograph of the extinct toothed birds of North- Ameriea. New-Haven 1880. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 12 1.78 Odontornithes. Ichthyornis. Hesperornii Wirbeln, ohne Brustbeinkiel und mit rudimentären Hehwinc^en. waren flu";- unfähig (Hcsperornis, Lestornis) (Fig. 166). Möglicherweise wird es später noch gelingen, durch Entdeckung neuer Typen die Verbindung mit den Dinosauriern (Comjisofjnafhns) herzustellen. Fig. 163. Ai-chneoptenj.c UOiugrnphica. (Exemi)lar des britischen Museums.) deren Becken- und Fussbildung nähere Beziehungen zu den gleichen Körper- theilen der Vögel bieten. Vergleichen wir, von den ältesten der erhaltenen Formationen an, die Tliier- und Pflanzenbevölkerung der aufeinanderfolgenden Perioden der Erd- Archäische Zeit ohne fossile 179 bildung-, so wird mit der allmäligen Aiiiiäherung- an die Fauna und l^'lora der Jetztzeit im Ganzen und Grossen ein stetiger Fortschritt vom Niederen zum Höheren otltenbar. Die ältesten Formationen der sog. archäischen Zeit, deren Gesteine sich freilich g-rosscnthcils in metamorphischem Zustande be- tinden, ihrer ungeheuren Mächtigkeit nach aber unermessliche Zeiträume zu ihrer Entstehung nothwendig gehabt haben, führen keine mit Sicherheit als solche erkennbare fossile Reste, ^Ycnngleich das Vorkommen bituminöser Fig. 104. __/ Arcltaeopterijx lithographica. (Exenii)lar des mineralogischen Museums in Berlin.) Gneise in den alten Formationen auf die damalige Existenz organischer Körper hinweist. Die gesammte und gewiss reichhaltige Organismenwelt der ältesten Perioden ging unter, ohne deutlichere Spuren, als die Graphitlager der kn/stallimschen Schiefer zuriickzidassen. In den ältesten und sehr um- fangreichen Schichtengruppen der paläozoischen Zeit finden sich aus der Pflanzenwelt ausschliesslich Cry])togamen, besonders Tange, die unter dem Meere mächtige und formenreiche Waldungen bildeten. Zahlreiche Seethiere aus sehr verschiedenen Gruppen. Zoophyten. Weichthiere, Brachiopodcn, 12* 180 Aelteste Fauna der paläozoischen Zeit. Krebse (Lejjfostrakf'ii-'AhnMche Hymemcaris, Trihhiten) und Fische, letztere mit höclist eigenthümlicheu, einer tiefen Organisationsstufe entsprechenden gepanzerten Formen (Cephalaspiden), belebten die warmen Meere der Primär- zeit. Von Landbewohnern finden wir Insecten und Scorpioniden schon im Sihir; zahlreicher werden die Reste derselben in der Steinkohle, wo wir auch Amphibien (StegocephaJen, uirchcjjosaurus) mit Chorda und Knorpelskelet finden; in den Formationen des Dyas erscheinen dann Reptilien in grossen eidechsenartigen Formen (Proterosaurus), während noch immer die Fische, aber ausschliesslich Knorpelfische und Ganoiden mit Chorda dorsalis und unter den Pflanzen die Ge- ^'^" ^^^* fässcryptogamen (Baumfar- ren, Lepidodendren . Cala- miten, Sigillarien, Stigma- rieu) dominiren. In der Secundärzeit erlangen von Wirbelthieren die Eidechsen und in der Pflanzenwelt die bereits schon zur Steinkohlenzeit vereinzelt auftretenden Na- delhölzer und Cycadeen eine solche vorwiegende Bedeu- tung, dass man nach ihnen wohl die ganze Periode das Zeitalter der Saurier und Gymnospermen genannt hat. Unter den ersten sind die colossalen, auf das Land an- gewiesenen Dinosaurier, die Flugeidechsen oder Ptero- dactylier und die Seedrachen oder Halosaurier mit den be- kanntesten Gattungen Ich- thijosaurus und Plesiosaurus der Secundärzeit ganz eigenthümlich. Auch Säuge- thiere finden sich schon, freilich mehr vereinzelt, sowohl in den obersten Schich- ten der Trias, als im Jura, und zwar ausschliesslich der niedersten Organi- sationsstufe der Beutler angeh(3rig. Blüthenpflanzen erscheinen zuerst in der Kreide, die auch die ältesten Reste entschiedener Knochenfische einschliesst. Erst in der Tertiärzeit kommen die Blüthenpflanzen und die Säugethiere, unter denen auch die höchste Ordnung derAften ihre Repräsentanten findet, zu so reicher Entfaltung, dass man diesen Zeitraum als den der Laubwälder und Säugethiere bezeichnet hat. In den oberen Tertiärablagerungen steigert sicli dann die Annäherung an die Gegenwart für Thiere und Pflanzen immer Ichthyornis dispar, nach Marsh. (Eestaurirt.) Nahe Verwandtschaft der Thiore der jüngsten Formationen mit denen der Gegenwart. 181 mehr. Während zahh-eiehe niedere Thiere und Tflanzen niclit nur der Gat- tung, sondern auch der Art nacli mit lebenden identisch sind, gewinnen auch Fig. 16G. die Arten und Gattungen der höheren Thiere eine grössere Aehnlichkeit mit denen der Gegenwart. "Slit dem Uebergaug in die dihiviale und recente Zeit ]^g2 Geographische Verbreitung. nehmen unter den Blütlienpflauzen die höheren Typen an Zahl und Ver- breitung zu, und wir werden in allen Ordnungen der Säugethiere mit Formen bekannt, welche in ihrem Bau nach bestimmten Richtungen immer eingehender specialisirt und deshalb vollkommener erscheinen. Im Diluvium finden wir erst unzweifelhafte Spuren für das Dasein des Menschen, dessen Geschichte und ( 'ulturentwicklung nur den letzten Abschnitt des relativ so kleinen recenten Zeitraumes austüllt. Trotz der grossen Unvollständigkeit der geologischen Urkunde genügt das gebotene Material zum Nachweise einer fortschreitenden Entwicklung von einfachen imd niederen zu höheren Organisationsstufen, zur Bestäti- gung des Gesetzes fortschreitender Vervollkommnung in der zeitlichen Auf- einanderfolge der Gruppen. Freilich vermögen wir im Verlaufe des Fort- schrittes nur einen sehr kleinen Zeitraum zu verwerthen, da die Organismen- welt der ältesten und umfassendsten Zeitperioden vollständig aus der Ur- kunde verschwunden ist. 3. Die Bedeutung der geographischen Verbreitung. Die geographische Verbreitung der Thiere und Pflanzen bietet sehr verwickelte und oft schwer verständliche Verhältnisse. Auch sind unsere Erfahrungen auf diesem Gebiete noch viel zu beschränkt, um die Auf- stellung durchgreifender allgemeiner Gesetze möglich zu machen. Wir sind noch weit von der kaum lösbaren Aufgabe entfernt, mis ein vollständiges Bild von der Vertheilung der Thiere über die Erdoberfläche zu entwerfen. Die gegenwärtige Vertheilung von Thieren und Pflanzen erscheint als das combinirte Resultat von der einstmaligen Verbreitung ihrer Vor- fahren und der seitdem eingetretenen geologischen Umgestaltungen der Erd- oberfläche. Demnach ist die Thier- und Pflanzeugeographie i) zunächst mit demjenigen Theile der Geologie, welcher die jüngsten Vorgänge der Ge- staltung der Erdrinde und ihre Einschlüsse zum Gegenstande hat, innig verkettet; sie kann sich daher nicht darauf beschränken, die Verbreitungs- bezirke der jetzt lebenden Thier- und Pflanzenfonnen festzustellen, sondern muss auf die Ausbreitung der in den jüngsten Formationen eingeschlossenen Ueberreste, der nächsten Verwandten und Vorfahren der gegenwärtigen Lebewelt Rücksicht nehmen. Wenn wir zwischen dem Norden Amerikas und dem paläarktischen Continent, andererseits zwischen Süd-Amerika, Afrika und Australien ähnliche (sogenannte vicariirende oder Repräsentativ- formen, Buffon) oder gemeinsame Typen finden, so weisen diese auf eine frühere circumpolare Brücke des Nordens, sowie nach Rütimeyer auch *) P. L. Sclater, Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kenntniss der geographi- schen Zoologie. Erlangen 1876. A. R. Wallace, Die geographische Verbreitung der Thiere, iibei'setzt von A. B. Meyer. Tom. I und II. 1876. Derselbe, Island life or the phenomena and causes of Insular Faunas and Floras, including a revision and attempted Solution of the- problem of Geological Cliniates. London 1880. Fauna Süd-Amerikas. 18>> auf die ehemalige, weit znrüekliegeiule Existenz eines grossen südlichen Continents, mit Australien hin, welcher das Ausgangscentruni der flug- untahigen Struthionideu, der ausgestorhenen Riesenvögel (von Madagascar und Neuseeland) und der Edentaten {ManiSj Hüd- Asien, Orydcropus, Afrika) gewesen sein dürfte. (Beziehungen der Flora von Australien, Capland, Feuerland.) Als gemeinsame Bewohner des Nordens beider Continente sind Eisfuchs, Vielfrass und Bär, Wolf und Luchs, Murmelthier und Alpenhase, Renthier und Hirsch, Bison, und für ältere Perioden Pferd, Mammuth und Moschusoehse hervorzuheben. Obwohl in diesem Sinne die Wissenschaft der Thiergeographie noch am Anfange steht, sind doch zahlreiche und wichtige Thatsachen der geographischen Verbreitung mit der Transmutations- theorie in Einklang zu bringen. Dieselbe hat die horizontale Verbreitung der Organismen mit der verticalen oder geologischen Folge derselben in Einklang zu ])ringen und die territorialen A^ränderungen zur Erklärung heranzuziehen. Für die Richtigkeit dieser Lehre spricht die Thatsache, dass weder Aehnlichkeit noch Unähnlichkeit der Bewohner verschiedener Gegenden ausschliesslich aus klimatischen und physikalischen ^"erhältnissen zu erklären sind. Sehr nahe stehende Thier- und Pflanzenarten treten oft unter höchst verschiedenen Naturbedingungen auf, während unter gleichen oder sehr ähnlichen Verhältnissen des Klimas und der Bodenbeschaflfenheit eine ganz heterogene Bevölkerung leben kann. Dagegen steht die Grösse der Ver- schiedenheit mit dem Grade der räumlichen Abgrenzung, mit den Hinder- nissen, welche freier Wanderung entgegentreten, in engem Zusammenhange. Die alte und neue Welt, mit Ausschluss des nördlichsten polaren Gebietes vollkommen getrennt, haben eine zum Theil sehr verschiedene Fauna und Flora, obwohl in beiden rücksichtlich der klimatischen und physikalischen Lebensbedingungen unzählige Parallelen bestehen, welche das Gedeihen der nämlichen Art in gleicher Weise fördern würden. Vergleichen wir ins- besondere die Länderstrecken von Süd-Amerika mit entsprechend gelegenen Gegenden gleichen Klimas von Süd-Afrika und Australien, so treffen wir drei bedeutend abweichende Faunen und Floren, während die Thiere in Süd-Amerika unter verschiedenen Breiten und ganz abweichenden klima- tischen Bedingungen nahe verwandt erscheinen. Hier wechseln im Süden und Norden Organismengrupj^en, die zwar der Art nach verschieden, aber doch den gleichen oder nahe verwandten Gattungen und bereits im Diluvium, sowie zur jüngeren Tertiärzeit in Süd- Amerika verbreiteten Thiergruppen angehören. Die Ebenen der Magellanstrasse, sagt Darwin, sind von einem Nandu (Rhea Ämericana) bewohnt, und im Norden der La Plata-Ebene wohnt eine andere Art derselben Gattung, doch kein echter Strauss (Struflnoj oder Emu (Dromaeus), welche in Afrika und beziehungsweise in Neuholland unter gleichen Breiten vorkommen. In denselben La Plata-Ebenen finden sich das Aguti (Dasyprocta) und die Viscache (Lagostofnus) , zwei Nage- thiere von der Lebensweise unserer Hasen und Kaninchen und mit ihnen 184 Die grossen Verbreitungsgebiete der Thiere. in die gleiche Ordnung- gehörig, aber einen rein amerikanischen Organi- sationstA'pus bildend. Steigen wir zu dem Hochgebirge der Cordilleren heran, so treffen wir die Bergviscache (Lagklium) ; und sehen Avir uns am Wasser um, so finden wir zwei andere süd-amerikanische Typen, den Coypu (Myopotamus) und Capybara (Hydrochoerus) statt des Bibers und der Bisamratte. Nach dem allgemeinen Gepräge ihrer Land- und Süsswasserbewohner kann man die Erdoberfläche in sechs bis acht Kegionen eintheilen, die freilich deshalb nur einen relativen Ausdruck für natürliche grosse Ver- breitungsbezirke zu geben im Stande sind, weil sie sich nicht auf alle Thier- gruppen in gleicher Weise anwenden lassen und dann unmöglich in gleichem Orade und nach denselben Richtungen differiren. Auch muss es intermediäre Gebiete geben, welche Eigenschaften der benachbarten Regionen mit ein- zelnen Besonderheiten combiniren und eventuell als selbstständige Regionen in Frage kommen. Das A'erdienst, eine natürliche Aufstellung der grossen Verbreitungs- gebiete mit engern Abtheilungen begründet zu haben, gebührt Sclater. Avelcher, auf die Verbreitung der Vögel gestützt, sechs Regionen unterschied, Regionen, durch deren Barrieren so ziemlich auch die Verbreitung der Säugethier- und Reptilienfauna begrenzt wird. 1. Die pcdäarldische Region: Europa, das gemässigte Asien und Nord- Afrika bis zum Atlas. 2. Die nearküsche Region : Grönland und Nord-Amerika bis Nord-Mexico. 3. Die äthiopische Region: x\frika südlich vom Atlas, Madagascar und die Mascarenen. 4. Die indische Region: Indien südlich vom Himalaya bis Süd-China, Borneo und Java. 5. Die austrcdische Region : Australien und die Südsee-Inseln, sowie die Mollukken westlich bis inclusive Lombok. 6. Die neotropische Region: Süd-Amerika, die Antillen und Süd-Mexico. Andere Forscher (Huxley) haben später darauf hingewiesen, dass die vier ersten Regionen miteinander eine weit grössere Aehnlichkeit haben, als irgend eine derselben mit der von Australien oder Süd-Amerika, dass ferner Neuseeland durch die Eigenthümlichkeiten seiner Fauna berechtigt sei, als selbstständigc Region neben den beiden letzteren unterschieden zu werden, und dass endlich eine Circumpjokirproimiz''') von gleichem Rang wie die paläarktische und uearktische anerkannt zu werden verdiene. ') Dagegen unterscheidet Andrew Murray in seinem Werke über die geographische Verbreitung der Säugethiere, 1866, nur vier Regionen, die paläarktische, die indo-afrikanische, die australische und die amerikanische Region, während Rütimeyer neben den sechs Sclater'schen Provinzen die circtmiiyolare anerkennt und eine mediterrane oder Mittelmeer- provinz hinzufügt. Endlich hat J. A. Allen (Bulletin of the Museum of comparative Zoology. Cambridge, Vol. 2) im Zusammenhang mit dem „Gesetz der circumpolaren Vertheilung des Schranken der geographischen Verbreitung. 1 öö Wallace spricht sich geg-eu die Aufstellung sowohl einer iwusee- ländiscJieu als einer circim polaren Region aus und adoptirt aus praktischen Gründen die sechs Sclater'schen Regionen, mit dem Zugeständniss, dass dieselben nicht von gleichem Range sind, indem die süd-amerikanische und australische viel isolirter stehen. Die Schranken der unterschiedenen Regionen stellen sich als aus- gedehnte Meere, hohe Gebirgsketten oder Öandwüstcn von grosser Aus- dehnung dar und sind selbstverständlich keineswegs für alle organischen Erzeugnisse Barrieren vom Werthe absoluter Grenzen, sondern gestatten für diese oder jene Gruppen Uebergänge aus dem einen Gebiete in das andere. Die Hindernisse der Aus- und Einwanderung erscheinen zwar hier und da für die Jetztzeit unübersteiglich, waren aber gewiss in der Vorzeit unter anderen Verhältnissen der Vertheilung von Wasser und Land von der Gegenwart verschieden und für manche Lebensformen leichter zu über- schreiten. Ja man kann für viele der Schranken mit Sicherheit behaupten, dass dieselben in früheren Zeitperioden nicht existirten, dass Continente, die jetzt durch Meere getrennt sind, in unmittelbarem Zusammenhange standen (Nord-Afrika und Süd-Europa), dass Inseln in früherer Zeit Theile des benachbarten Contiuents waren (England, Faröer, Island, Grönland), und Ländergebiete, welche jetzt zu demselben Continente gehören, durch ein ausgedehntes Meer getrennt waren (Nord-Afrika, tropisches Afrika). Doch ist nach Wallace die Ansicht, dass Continente in früherer Zeit versunken und an Stelle des Meeres Continente vorhanden waren, zurückzuweisen. Für die Ausbreitung der landbewohnenden Säugethiere wird man im Allgemeinen bestätigt finden, dass die für bestimmte Territorien charak- teristischen Artengruppen den Abstufungen der örtlichen Trennung propor- tional verschieden sind. Als Beispiel diene der Gegensatz zwischen den Atten der alten und neuen Welt, welcher den systematischen, als Unterordnung bewertheten Gruppen der Schmalnasen (Catarrhinen) und plattnasigen Atfen (Platyr- rhinen) parallel geht. Unter den ersteren stehen sich wiederum die afrika- nischen Stummelaffen (Colohus) und die süd-asiatischen Schlankaffen (Senwo- pithecus) sehr nahe, und sind die einen gewissennassen Repräsentativformen der anderen. Aber auch die einzelnen Semnopifhecus-Arten sind über local getrennte Wohnplätze verbreitet, welche einander viel näher liegen und durch geringere Schranken getrennt sind, indem z. B. die eine Art (Budeng) auf Java, die andere, Ä. wasicw.s, Nasenaffe, auf Borneo lebt, eine dritte, S. en- feJIus, auf dem ostindischen Festland, S. nemaeus, Kleideraffe, in Cochinchina verbreitet ist. Von denAnthropomorphen gehören die dolichocephalen Formen Lebens in Zonen" die Unterscheidung von acM Gebieten vorgeschlagen : 1. Arktisches Reich. 2. Nördlich gemässigtes Reich. 3. Amerikanisch troi)isches Reich. 4. Indo-afrikanisch tro- pisches Reich. 5. Süd-amerikanisch tropisches Reich. 6. Afrikanisch gemässigtes Reich. 7. Antarktisches Reich. 8. Australi-sches Reich. J^36 Verbreitung der Meeresbewohner. mit 13 Rippeupaaren, der Gorilla und Chimpause, Afrika an, während die brachycephalen, durch den Besitz von nur 12 oder 11 Rippenpaaren aus- gezeichneten Orangs Asiaten sind und wiederum nach ihrem Aufenthalt auf Sumatra und Borneo in Varietäten oder Arten unterschieden werden. Die Ordnung der Htrausse ist in bedeutend differenten Typen über drei Welttheile ausgebreitet. Die neuholländischen Casuare und Emus stehen einander viel näher als dem zweizehigen afrikanischen Strauss und den süd-amerikanischen Nandus. Von den Emus bewohnt Dromacus Novae Hol- land iac den Osten, JJ. irromfus den Westen Australiens, und ebenso hat jede der bekannten Casuararten ihren besonderen Wohnbezirk, C. australis an der Nordküste, C. Benetti in Neu-Britannien, C. Kaupii in Neuguinea. C. galmtus von den Molukken. Allerdings gibt es auch wieder eine Reihe von Ausnahmsfällen, indem weit entfernt liegende Länder, wie z. B. Japan und Gross-Britannien, ge- ringere Unterschiede ihrer Organismenwelt zeigen, während relativ nahe liegende, wie Afrika und Madagascar, Australien und Neuseeland, sowie die Inseln Lombok und Bali eine höchst abweichende Fauna und Flora besitzen. Eine Erklärung dieser auffallenden Thatsachen gewinnen wir aber mit Hilfe der territorialen Veränderungen, welche mehr oder minder weit in frühere Perioden der Erdgestaltung zurückreichen. Auch für die Verbreitung der Meeresbewohner wiederholen sich die nämlichen Gesetze. Ein Theil der Barrieren für Landthiere, wie die grosse inselreiche See, kann hier eine Ausbreitung unterstützen, während umgekehrt ausgedehnte Gebiete von Festland, welche die Ausbreitung der Landthiere begünstigen, unübersteigliche Schranken herstellen. Indessen besuchen eine grosse Zahl von Seethieren nur flaches Wasser an den Küsten und werden daher oft mit den Landthieren ihrer Verbreitung nach zusammenfallen, hin- gegen an entgegengesetzten Küsten ausgedehnter Continente sehr verschieden sich verhalten. Beispielsweise ditferiren die Meeresthiere der Ost- und West- küste von Süd- und Central-Amerika so bedeutend, dass, von einer Reihe von Fischen abgesehen, welche nach Günther an den entgegengesetzten Seiten des Isthmus von Panama vorkommen, nur wenige Thierformen ge- meinsam sind. Ebenso treffen wir in dem östlichen luselgebiete des stillen Meeres eine von der Westküste Süd-Amerikas ganz abweichende marine Thierwclt. Schreiten wir aber von den östlichen Inseln des stillen Meeres weiter westlich, bis wir nach Umwanderung einer Halbkugel zu den Küsten Afrikas gelangen , so stehen sieh in diesem umfangreichen Gebiete die Faunen nicht mehr scharf gesondert gegenüber. Viele Fischarten reichen vom stillen bis zum indischen ]Meere, zahlreiche Weichthiere der Südsee- inseln gehören nach der Ostküste Afrikas unter fast genau entgegengesetzten ^leridianen an. Hier sind aber auch die Schranken der Verbreitung nicht unübersteiglich, indem zahlreiche Inseln und Küsten den wandernden ]\Ieeres- bewohnern Ruheplätze bieten. Tiefseefauna. 187 Riicksiclitlich des besondeni Aufenthaltes der 8eebewoliner nnterselioidet man Lfftoralflii/rr^)^ welche an den Küsten, wenn auch unter ungleichen Verhältnissen, in verschiedener bathymetrischer Ausbreitung am Boden leben, von prhfffi seil eil, an der Oberfläche schwimmenden Seethieren. Aber auch in bedeutenden Tiefen und am Meeresgründe existirt ein reiches und mannig- faltiges Thierleben, von dem man erst in neuester Zeit, vorzüglich durch die V(m Scandinavien, Nord-Amerika und England ausgegangenen Expe- ditionen zur Tiefseeforschung nähere Kenntniss gewonnen hat. Die durch diese Forschungen gewonnenen Erfahrungen lassen es naturgemäss er- scheinen, folgende Zonen zu unterscheiden : 1. Eine oberflächliche, pelagische Zone, welcher in der Nähe der Küsten auch Forbes' Littoral- und La- minarienfauna zu subsummiren ist. 2. Eine tiefere, subpelagische, noch vom Licht beeinflusste, belichtete Zone (etwa bis 150, beziehungsweise 200 Faden Tiefe). 3. Eine umnachtete Zone, welche im Zusammenhang mit dem Licht- und Pflanzenmangel arm an Sauerstoff, dagegen reicher an Kohlensäure ist, mit relativer Stagnation des verticalen Verkehrs. 4. Eine abyssische Zone von verschiedener Tiefe mit den Tiefseebewohnern des Meeresgrundes. An- statt des a priori vermutheten Mangels jeglichen Thierlebens finden selbst in den bedeutendsten Tiefen zahlreiche niedere Thiere der verschiedensten Gruppen die Bedingungen ihrer Existenz. Es sind ausser den Sarcodethieren der vorwiegend am Meeresgrunde lebenden Foraminiferen (Globigerinen- schlamm) und Radiolarien (Radiolarienschliek in den centralen Theilen des stillen Oceans von circa 3000 Faden Tiefe) vornehmlich Kieselschwämme (Hexactinelliden), Actinien und Korallenpolypen, auch einzelne Schirmquallen und Siphonophoren, sodann Echinodermen (Elpidia, Ästhcnosoma, Ponrta- lesia , Brisimja , Ärehaster , Pentacrhnus etc.^ und Crustaceen ^) gefunden worden, letztere zum Theil aus niederen Typen, aber in gigantischen und häufig blinden Repräsentanten. Lamellibranchiaten und Gastropoden haben sich wohl im Zusammenhang mit der Kalkarmuth der sehr bedeutenden Tiefen nur in vereinzelten Formen gefunden. Das gleiche gilt von den Cephalopoden, von welchen nur wenige Arten (Ckiroteuthis laccrfosa) in 1) Edw. Forbes unterschied für den Aufenthalt der Meerthiere vier von oben nach unten folgende Schichten oder Zonen: 1. Die liftorale Zone zwischen den Grenzen höchster Flut und tiefster Ebbe, reich an Algen. 2. Die Laminar ienzone vom tiefsten Stand der Ebbe bis etwa 15 Faden Tiefe, in welcher braune Fucaceen und verschieden gefärbte Florideen verbreitet sind. 3. Die Korallineen-Zone bis zu cii'ca 50 Faden Tiefe, durch das Vorkommen von Kalkalgen und Nnlliporen charakterisirt. 4. Die tiefe Zone von 50 Faden abwärts bis zu den abyssischen Gründen, wo nach Forbes' irrthümlicher Ansicht das Leben völlig oder doch nahezu erloschen sein sollte. -') Vergl. besonders Wyville Thomson, The depths of the sea. An account of the general results of the dredgings cruises of the Procupine and Lightning during the Summers 1868, 1869 and 1870. London 1873 ; ferner The voyage of the Challenger. London 1877: sowie A. Agassiz, Three cruises of the U. S. coast and geodetik survey Steamer Blake. London 1888 ; E. Perrier, Les explorations sousmarins. Paris 1886; C. Chun, Die pelagische Thierwelt in grossen Meerestiefen. Biblioth. zool., Heft I, Cassel 1888. 188 Tiefseefauna. Plankton. Tiefen von 1000 — 3000 Faden vorzukommen scheinen, ohne dass auf die- selben die Bedingungen des Tiefseelebens einen wesentlich umgestaltenden Einfiuss ausgeübt hätten. Dagegen stellen die Fische nicht nur ein sehr reiches Contingent unter den Tiefseebewohnern, sondern zeigen auch sehr interessante und oft in höchst wunderlicher Gestaltung hervortretende An • passuugen an die Bedingungen dieses Aufenthaltes (Sternoptyx, Stomlas, Halosaurus, Astronesthes, Ignops, Melanocetus, Saccopharynx). Wie bei den Crustaceen sind auch bei den Fischen der Tiefsee die Augen oft abnorm vergrüssert oder bedeutend reducirt, und es gibt einige vollkommen blinde Formen (lynops Murrayi). Bei den sehenden Tiefseefischen finden sich häufig Leuchtorgane, die, in der Nähe der Augen oder an den Seitenlinien ange- ordnet, die Umgebung beleuchten und hiedurch den Gebrauch des Auges ermöglichen. Auch andere Sinne, wie insbesondere der durch lange Fäden gestärkte Tastsinn erscheinen oft besonders ausgebildet. Mit den gleichmässigen, überall in der Tiefe der Meere herrschenden Lebensbedingungen, Avie der niedrigen Temperatur, der geringen Bewegung des Wassers und dem Mangel des Lichtes, steht die grosse Uebereinstimmung in der Tiefsee-Fauna der arktischen Meere, des atlantischen und grossen Oceans im Zusammenhang. Da sich im absoluten Dunkel kein Chlorophyll entwickeln kann, und daher das Pflanzenleben, welches die zur Erhaltung des thierischen Stoffwechsels nothwendige organische Substanz erzeugt, schon in relativ geringen Tiefen erlischt, so muss zwischen den Thieren der Oberfläche und den Bewohnern des Meeresgrundes durch die verschiedenen Tiefenzonen hindurch ein lebhafter Verkehr bestehen und das zur Ernährung und Erhaltung der Tiefsee-Fauna erforderliche organische Material in letzter Instanz von den noch unter dem Einfluss des Lichtes lebenden Organismen geliefert werden. Schon aus diesem Grunde dürfte jene Ansicht wenig Wahr- scheinlichkeit für sich haben, nach welcher im offenen Meere unterhalb einer Tiefe von 150 — 200 Faden keine schwimmenden Seethiere mehr zu finden und die am Meeresgrunde lebenden Tiefseebewohner durch azoische Wasserschichten von sehr bedeutender Mächtigkeit von den pelagischen Seethieren getrennt seien. Allerdings sinken abgestorbene Organismen all- mälig in die Tiefe nieder und werden, wie auch die im Auftriebe schwebenden Thiere und Pflanzen (Plankton), von den Strömungen getrieben, schliess- lich wenigstens zum Theil dem Bodenschlamme als Nahrung für die Tief- seebewohner zugeführt ; aber die so in die Tiefe gelangten abgestorbenen vegetabilischen und thierischen Reste werden gewiss nicht als einziges Nahrungsmittel in Betracht kommen können, um die Entwicklung und Er- haltung der erstaunlich reichen Tiefsee-Fauna zu erklären. Li der That ist denn auch durch neuere Beobachtungen (C. Chun) gezeigt worden, dass wenigstens im Mittelmeere bis zu einer Tiefe von circa 800 Faden eine reiche und mannigfaltige pelagische Tiefsee-Fauna besteht und wahrschein- lich gemacht worden, dass nicht nur von den seichteren Küsten her. sondern Kosmopoliten. 189 auch in weiterer Entferming: von denselben in verticaler Kiclitung- eine Ein- wanderung pelagisclier Thiere nach dem ^leeresgrunde hin besteht. Ferner ist für zahlreiche pelagische Thiertbrmen ein periodisches Auf- und Absteigen nachgewiesen worden, indem viele an der Oberfläche lebende Thiere mit beginn des Sommers in die Tiefe sinken , um mit dem Beginn der kalten Jahreszeit wieder an die Oberfläche emporzusteigen, dass endlich eine Reihe von der Oberfläche an bis zu den bedeutenden Tiefen herab verbreitet sind. Die Vorstellung, nach welcher die Bewohner der Tiefsee selbstständig am Meeresgrunde entstanden sein könnten, ist aus einer Reihe von Gründen leicht als eine irrige zu widerlegen. Schon das Vorhandensein von Augen; wenn auch oft in verschiedenem Grade der Rückbildung bis zum völligen Schwunde (analog den Bewohnern unterirdischer Grotten), beweist, dass die oberflächlichen, den Lichtstrahlen zugängigen Meereszonen als Mutterboden für die Entstehung und Entwicklung des Thierlebens zu betrachten sind, und dass von ihnen aus erst secundär die Tiefen des Meeres theils von den Küsten aus, theils auch auf offener See bevölkert wurden. Auch stimmt hiezu die Nothwendigkeit des nur unter demEinfluss des Lichtes gedeihenden Pflanzenlebeus für die Entwicklung und Erhaltung der Thierwelt als Ar- gument von entscheidender Bedeutung. Immerhin mag bei dem überraschen- den Reichthum, den das thierische Leben der Tiefe bietet, auch wiederum zeitweilig von der Tiefe aus die Bevölkerung der Oberfläche vermehrt und bereichert werden. Unter den schwieriger zu erklärenden Thatsachen der geographischen Verbreitung nehmen die Fälle von Kosmopolitismus eine hervorragende Stellung ein. Eine Reihe von Thieren und Pflanzen sind auf allen Welttheilen verbreitet, andere gehören verschiedenen, durch scheinbar unübersteigliche Schranken getrennten Provinzen an und werden an den entferntesten Punkten angetroffen. Eine Erklärung erscheint möglich mit Hilfe der ausser- ordentlich mannigfaltigen, die Verbreitung leicht beweglicher Formen überaus begünstigenden Transportmittel, sowie aus den geographischen und klimatischen Veränderungen, aus den Verschiebungen von Wasser und Land, welche sich nachweisbar in den jüngsten geologischen und auch in den diesen vorausgehenden Perioden ereignet haben. Das Vorkommen gleicher Thier- und Pflanzenarten auf hohen Bergen, welche durch weite Tiefländer gesondert sind, die Uebereinstimmung der Bewohner des hohen Nordens mit denen der Schneeregionen der Alpen und Pyrenäen, die Aehnlichkeit, beziehungsweise Gleichheit von Pfianzenarten in Labrador und auf den weissen Bergen in den Vereinigten Staaten einerseits und den höchsten Bergen Europas andererseits scheint auf den ersten Blick die alte Anschauung zu unterstützen, dass die nämlichen Arten unabhängig von ein- ander an mehreren Orten (Schöpfungscentra) geschaöen worden seien, während die Selections- und Transmutationslehre die Vorstellung in sich einschliesst , dass jede Art nur an einer einzigen Stätte entstanden sein kann, und dass die Individuen derselben, auch wenn sie noch so weit getrennt leben, von der ursprünglichen Oertlichkeit (Verbreitungscentrum) ^) durch Wanderung sich zerstreut haben müssen. Indessen findet jene Thatsache eine aus- reichende Erklärung aus den klimatischen Zuständen einer sehr neuen geologischen Periode, in welcher über Nord-Amerika und Central-Europa ein arktisches Klima herrschte (Eiszeit) und Gletscher von gewaltiger Ausdehnung die Thäler der Hochgebirge erfüllten. In dieser ') Vergl. Rütimeyer, Ueber die Herkunft unserer Thierwelt. Basel und Genf 1867. ] 90 Folgen der Eiszeit für die Ausbreitung gleicher Thierarten. Periode wird eine einförmige arktische Flora und Fauna Mittel-Europa bis in den Süden der Alpen und Pyrenäen bedeckt haben, die. weil von der gleichen Polarbevölkerung aus eingewandert, in Nord-Amerika im Wesentlichen dieselbe gewesen sein rausste (Renthier, Eisfuchs, Vielfrass, Alpenhase etc.). Nachdem die Eiszeit ihren Höhepunkt eireicht hatte, zogen sich mit Zunahme der mittleren Temperatur die arktischen Bewohner auf die Gebirge und allmälig immer höher bis auf die höchsten Spitzen derselben zurück, während in die tiefer liegenden Regionen eine aus dem Süden kommende Bevölkerung nachrückte. Auf diese Weise erklären sich aber auch in Folge der Isolation die Abänderungen, welche die alpinen Bewohner der einzelnen getrennten Gebirgsketten untereinander und von den arktischen Fonnen auszeichnen, zumal da die besonderen Beziehungen der alten Alpenarten, welche schon vor der Eiszeit die Gebirge bewohnten und dann in die Ebene herabrückten, einen Einliuss ausüben mussten. Daher treffen ivir neben vielen identiscJien Arien mancherlei Varietäten, zweifelhafte und stellvertretenr/e Arten an. Nun aber bezieht sich die Ueber- einstimmung auch auf viele subarktische und einige Formen der uördlich-gemässigten Zone (an den niederen Bergabhängen und in den Ebenen Nord-Amerikas und Europas), die sich nur unter der Voraussetzung erklärt, dass vor Anfang der Eiszeit auch die Lebewelt der subarktischen und nördlich gemässigten Zone rund um den Pol herum die gleiche war. Da aber gewichtige Gründe mit Bestimmtheit darauf hinweisen, dass vor der Eiszeit während der jüngeren Pliocänperiode, deren Bewohner der Art nach theilweise mit denen der Jetztzeit übereinstimmten, das Klima weit wärmer als gegenwärtig war, so erscheint es in der That nicht unmöglich, dass zu dieser Periode subarktische und nördlich gemässigte Formen viel höher nach Norden reichten und in dem zusammenhängenden Lande unter dem Polarkreise, welches sich von West-Europa an bis Ost-Amerika ausdehnte, zusammentrafen. Wahrschein- lich aber haben in der noch wärmeren älteren Pliocänzeit *) eine grosse Zahl derselben Thier- und Pflanzenarten die zusammenhängenden Länder des hohen Nordens bewohnt und sind dann mit dem Sinken der Wärme allmälig in der alten und neuen Welt südwärts gewandert. Auf diese Weise erklärt sich die Verwandtschaft zwischen der jetzigen Thier- und Pflanzen- bevölkerung Europas und Nord-Amerikas, welche so bedeutend ist, dass wir in jeder grossen Classe Formen antreffen, über deren Natur als geographische Rassen oder Arten gestritten wird ; ebenso erklärt sich die noch nähere und engere Verwandtschaft der Organismen, welche in der jüngeren Tertiärzeit beide Welttheile bevölkerten. Hinsichtlich derselben bemerkt Rütimeyer über die pliocäne Thierwelt von Niobrara, dass die in den Sandstein schichten begrabenen üeberreste von Elephanten, Tapiren und Pferdearten kaum von den altweltlichen verschieden, und dass die Schweine, nach ihrem Gebiss zu urtheilen, Abkömmlinge miocäner Paläochoeriden sind. Auch die Wiederkäuer, wie Hirsche, Schafe, Auerochsen, finden sich in gleichen Gattungen und theilweise in denselben Arten wie in den gleichwerthigen Schichten Europas. Nun aber sind manche Genera von exquisit altweltlichem Gepräge über den Isthmus von Panama, selbst weit herab nach Süd-Amerika vorgedrungen und daselbst erst kurz vor dem Auftreten des Menschen erloschen, wie die zwei Mastodon-Arten der Cordilleren und die süd-amerikani scheu Pferde. Sogar eine Antilopenart und zwei horntragende Wieder- käuer (Leptotlierium) fanden ihren Weg bis Brasilien. Heutzutage leben dort noch zwei Tapirarlen, im Gebiss selbst für Cuvier's Auge kaum von den indischen unterscheidbar, zwei Arten von Schweinen , welche den Charakter ihrer Stammform im Milchgebiss noch erkennbar an sich tragen, und eine Anzahl von Hirschen nebst den Lamas, einem erst in Amerika geborenen und späteren Sprössling der eocänen Stammformen, „lebende Üeberreste dieser alten und auf so lanyem Wege nicht ohne reichliche Verluste an ihrem dermalif/en Wohnort rielanyten Colonie des Ostens". Auch dürfte man kaum bezweifeln, dass ein guter Theil der Raubthiere, welche im Diluvium von Süd-Amerika altweltliche Stamm verAvandt- ^) In der noch älteren Miocänzeit herrschte auf Grönland und Spitzbergen, die damals noch zusammenhingen, ein Klima wie etwa zur Zeit in Nord-Italien, was aus den interessanten paläontolngischen Funden der Nordpol-Expeditionen wahrscheinlich gemacht wurde. Charakter der 191 Schaft bewahren, auf demselben Wege dahin gelangten. Die Beutelratten liegen bereits in den eocänen Schichten Europas begraben, und der eocäne Cacnopitliecus von Egerkingen weist auf die heutigen amerikanischen Allen hin. Ebenso zeigen die älteren C;«/or«7je«y) ßeste von Nebrasca eine grosse Uebereinstimmung mit tertiären Säugethieren Europas. Dort lebten die Paläotherien fort, die in Europa nicht über die eocäne Zeit hinausreichten, ferner die drei- hufigen Pferde (Anchiflieriuni), von denen die späteren einhuligen Pferde mit Afterzehen (Hipparion) und die jetztlebenden Einhufer ohne Afterzehe abzuleiten sind. Bis in die ältere Tertiärzeit lässt sich der geschichtliche Zusammenhang der die alte Welt und einen grossen Theil Amerikas bevölkernden Säugethiere zurückverfolgen, so dass Rütimeyer die älteste tertiäre Fauna Europas als die Mutterlauge einer heutzutage auf den Tropen- gürtel beider Welten, allein am entschiedensten in dem massiven Afrika vertretenen echt continentalen Thiergesellschaft betrachtet. Dagegen hat nun freilich neuerdings Marsh*) das umgekehrte Verhältniss wahrscheinlich zu machen versucht, dass Amerika für die Säuge- thierfauna gewissermassen der ältere Welttheil ist. Nicht nur, dass hier die paläozoischen Formationen , die wir in Europa von nur geringer Ausdehnung kennen , fast durchaus den Boden zwischen dem AUeghanygebirge und dem Mississippi bilden ; Amerika war auch längst ein weit ausgedehnter Continent , als Europa sich noch in Form einer vielgetheilten Insel- gruppe darstellte und auch Afrika und Asien vielfach zertheilt waren. Speciell für die For- mationen der Tertiärzeit, deren Abgrenzung von der Kreide in Amerika kaum durchführbar ist, neigt sich Marsh der Ansicht zu, dass die Thierwelt der als Eocän, Miocän und Pliocän unterschiedenen Schichtengruppen etwas älter sei als die entsprechende der östlichen Continente. Süd-Amerika besitzt aber neben eigenthümlichen Typen von Nagern, zu denen sich die meisten Edentaten gesellen, auch Gattungen von Säugethieren und Vögeln, welche wie die oben genannten Struthioniden und wie die wenigen auch in Süd-Afrika und Süd-Asien auftretenden Edentatengattungen (Orycteroiyus, Manis) auf eine einstmalige gemeinsame Colonisirung zugleich von einem südlichen Ausgangscentrum , auf einen verschwundenen südlichen Continent hinweisen, von welchem das australische Festland ein Ueberrest zu sein scheint. Von diesem würden möglicherweise die Beutelthiere Australiens und des südwest- lichen malayischen Inselgebietes, die Ameisenfresser und Schuppenthiere, die Faulthiere und Gürtelthiere, die ausgestorbenen Riesenvögel von Madagascar und Neuseeland und die Stru- thioniden, auch die Makis von Madagascar abzuleiten sein. Auch liegt die Annahme nahe, dass die von dem Ausgangscentrum der nördlichen Halbkugel stammenden Einwanderer, als sie den Boden Süd-Amerikas betraten, diesen schon mit den Vertretern einer südwestlichen Thierwelt reichlich besetzt fanden. Wie sich aus den diluvialen Thierresten ergibt, welche in den Knochenhöhlen Brasiliens und dem Alluvium der Pampas gesammelt worden sind, machen die Edentatenarten fast die Hälfte der grossen Diluvialthiere Süd-Amerikas aus und mochten somit im Stande gewesen sein, den später von Norden her eingewanderten Säugethieren so ziemlich das Gleichgewicht zu halten. Begreiflicherweise rückten auch Glieder der antarktischen Fauna nach Norden empor, und „wie wir noch heute die fremdartige Form des Faulthiers, des Gürtelthiers und des Ameisenfressers in Guatemala und Mexico mitten in einer Thiergesellschaft antreffen, die guten Theils aus auch noch jetzt in Europa vertretenen Geschlechtern besteht, so finden wir auch schon in der Diluvialzeit riesige Faulthiere und Gürtelthiere bis weit hinauf nach Norden verbreitet. Mei/alontjx Jcff'ersoni und Mylodon HarlanI, bis nach Kentucky und Missouri vorgeschobene Posten süd-amerikanischen Ursprungs sind in dem Lande der Bisonten und Hirsche eine gleich fremdartige Erscheinung, wie die, Mastodonten in den Anden von Neugranada und Bolivia. Mischunfi und Durchdringunt/ ziceicr roUkommcn ftiamm verschiedener Säug eihiergr tippen fast auf der ganzen unge- heuren Erstrecl-ung heider Hälften des neuen Continents bildet überhaupt den herror- stechendsten Charakterzug seiner Thienrelt, und es ist bezeichnend, dass jede Gruppe an ') O.G. Marsh, Tntroduction and Succession of Vertebrate life in America. An Address. 1877. X\)2 Folgendes Wechsels der Kiszeiten. Reichthnm der Vertretung und an Originalität ihrer Erscheinung in gleichem Masse zunimmt, als wir uns ihrem Ausgangspunkte nähern". Erwägt man, dass die südliche Wanderung in den vorgeschichtlichen Zeitperioden auch für die Meeresbewohner Geltung gehabt hat, so wird das Vorkommen verwandter Arten (vornehmlich von Crustaceen und Fischen) an der Ost- und "Westküste des gemässigteren Theiles von Nord-Amerika , in dem mittelländischen und japanesischen Meere verständlich , für welches die alte Schöpfungslehre keine Erklärung zu geben vermag. Das Auftreten gleicher oder sehr nahe stehender Arten in gemässigten Tiefländern und entsprechenden Gebirgshöhen entgef/e/u/eseizter B-emispharen erklärt sich aus der durch eine Menge geologischer Thatsachen gestützten Annahme, dass zur Eiszeit, für deren lange Dauer sichere Beweise vorliegen, die Gletscher eine ungeheuere Ausdehnung ') über die ver- schiedensten Theile der Erde auf beiden Halbkugeln gewonnen hatten, und die Temperatur über die ganze Oberfläche wenigstens der nördlichen oder südlichen Halbkugel bedeutend gesunken war. Im Anfange dieser langen Zeitperiode, als die Kälte langsam zunahm, werden sich die tropischen Thiere und Pflanzen nach dem Aequator zurückgezogen, ihnen die sub- tropischen und die der gemässigten Gegenden , diesen endlich die arktischen gefolgt sein. Wenn wir Croll's Schluss, dass zur Zeit der Kältezunahme der nördlichen Halbkugel die südliche Hemisphäre wärmer wurde und umgekehrt, als richtig betrachten, so werden während des langsamen Herabwandems vieler Thiere und Pflanzen der nördlichen Halbkugel die Be- wohner der heissen Tiefländer sich nach den tropischen und halbtropischen Gegenden der wärmeren südlichen Hemisphäre zurückgezogen haben. Da bekanntlich manche tropische Bewohner einen merklichen Grad von Kälte aushalten können, mochten manche Thiere und Pflanzen, in die geschütztesten Thäler zurückgezogen, auch so der Zerstörung entgangen und in späteren Generationen mehr und mehr den besonderen Temperaturbedingungen an- gepasst worden sein. Auch die Bewohner der gemässigten Regionen traten , dem Aequafor nahe gerückt, in neue Verhältnisse der Existenzbedingungen ein und überschritten zur Zeit der grössten Wärmeabnahrae in ihren kräftigsten und herrschendsten Formen auf Hochländern (Cordilleren und Gebirgsketten im Nordwesten des Himalayas), theilweise vielleicht auch in Tiefländern (wie in Indien), den Aequator. Als nun mit Ausgang der Eiszeit die Temperatur allmälig wieder zunahm, stiegen die gemässigten Formen aus den tiefer gelegenen Gegenden theils vertical auf Gebirgshöhen empor, theils wanderten sie nordwärts mehr und mehr in ihre frühere Heimat zurück. Ebenso kehrten die Formen, welche den Aequator überschritten hatten, mit einzelnen Ausnahmen wiederum zurück, erlitten aber theilweise wie jene unter den veränderten Concurrenzbedingungen geringe oder tiefgreifende Modificationen. Nach Darwin wird nun „im regelmässigen Verlaufe der Ereignisse die südliche Hemisphäre einer intensiven Glacialzeit unterworfen worden sein, während die nördliche Hemisphäre wärmer wurde ; dann müssten umgekehrt die südlichen temperirten Formen in die äquatorialen Tief- länder eingewandert sein. Die nordischen Formen, welche vorher auf den Gebirgen zurück- gelassen worden waren, werden nun herabgestiegen sein und sich mit den südlichen Formen vermischt haben. Diese letzteren konnten, als die Wärme zurückkehrte, nach ihrer früheren Heimat zurückgekehrt sein . dabei jedoch einige wenige Fonuen auf den Bergen zurück- gelassen und einige der nordischen temperirten Formen, welche von ihren Bergen herab- gestiegen waren, mit sich nach Süden geführt haben. Wir müssen daher einige Species in den nördlichen und südlichen temperirten Zonen und auf den Bergen der dazwischen liegenden tropischen Gegenden identisch finden. Die eine lange Zeit hindurch auf diesen Bergen oder in entgegengesetzten Hemisphären zurückgelassenen Arten werden aber mit vielen neuen *) Groll hat zu zeigen versucht, dass das eisige Klima vornehmlich eine Folge der zunehmenden Excentricität der Erdbahn und der durch dieselbe infiuirten oceanischen Strö- mungen sei, dass aber, sobald die nördliche Hemisphäre in eine Kälteperiode eingetreten, die Temperatur der südlichen erhöht worden sei und umgekehrt; er glaubt, dass die letzte grosse Eiszeit ungefähr vor 240.000 Jahren eintrat und etwa 160.000 Jahre währte. Verbreitung der Süsswasserbewobner. 193 Formen zu concmTiren gehabt haben und etwas verschiedenen physikalischen Bedingungen ausgesetzt gewesen sein ; sie werden daher der Modification in hohem Grade zugänglich ge- wesen sein und demnach jelzt im Allgemeinen als Varietäten oder als stellvertretende Arten erscheinen. Auch haben wir uns daran zu erinnern, dass in beiden Hemisphären schon früher Glacialperioden eingetreten waren; denn diese werden in Uebereinstimmung mit den- selben hier erörterten Grundsätzen erklären, woher es kommt, dass so viele völlig distincte Arten dieselben weit von einander getrennten Gebiete bewohnen und zu Gattungen gehören, Avelche jetzt nicht mehr in den dazwischen liegenden tropischen Gegenden gefunden werden. So vermag man aus den erörterten Folgen der grossen klimatischen Veränderungen, Avelche sich in ganz allmäligem Verlaufe während der sogenannten Eiszeit zugetragen haben, einiger- massen zu erklären, dass auf hohen Gebirgen des tropischen Amerika eine Reihe von PHanzenarten aus europäischen Gattungen vorkommen, dass nach Hook er das Feuerland circa 40 — 50 Blüthenpflanzen mit Ländei'theilen auf der entgegengesetzten Hemisphäre von Nord-Amerika und Europa gemeinsam hat, dass viele PÜanzen des Himalaj'a und der ver- einzelten Bergketten der indischen Halbinsel auf den Höhen Ceylons und den vulkanischen Kegeln Javas sich wechselseitig vertreten und europäische Formen wiederholen, dass in Neuholland eine Anzahl europäischer Pflanzengattungen, sogar in einzelnen identischen Arten, auftreten und süd-australische Formen auf Berghöhen von Borneo wachsen und über Malacca, Indien bis nach Japan reichen, dass auf den abyssinischen Gebirgen europäische Pflanzen- formen und einige stellvertretende Pflanzenarten vom Cap der guten Hofi'nung gefunden werden, dass nach Hooker mehrere auf den Cameroon-Bergen am Golfe von Guinea wachsende Pflanzen denen der abyssinischen Gebirge und mit solchen des gemässigten Europas nahe verwandt sind. Aber schon vor der Eiszeit müssen sich viele Thier- und Pflanzenformen über sehr entfernte Punkte der südlichen Halbkugel verbreitet haben, unterstützt theils durch gelegentliche Transportmittel, theils durch die besonderen, von den jetzigen abweichenden Verhältnisse der Vertheilung von Wasser und Land , theils durch frühere Glacialperioden ; nur so wird man das Vorkommen ganz verschiedener') Arten südlicher Gattungen an ent- legenen Punkten, die ähnliche Gestaltung des Pflanzenlebens an den Südküsten von Amerika, Neuholland und Neuseeland zu begründen vermögen. Gegen die Theorie gemeinsamer Abstammung mit nachfolgender Abänderung durch natürliche Zuchtwahl scheint auf den ersten Blick die Verbreif unffsiceise der Susswasser- hewohner zu sprechen. Während wir nämlich mit Rücksicht auf die Schranken des trockenen Landes erwarten sollten, dass die einzelnen Landseen und Stromgebiete eine besondere und eigenthümliche Bevölkerung besässen, finden wir im Gegentheil eine ausserordentliche Ver- breitung zahlreicher Süsswasserarten und beobachten , dass verwandte Formen in den Ge- wässern der gesammten Oberfläche vorherrschen. Sogar dieselben Arten können auf weit von einander entfernten Continenten vorkommen, wie nach Günther der Süsswasserfisch Galaxiaa aftemtafus Tasmanien, Neuseeland, den Falklandsinseln und Süd-Amerika angehört. Die Phyllopodengattungen Esiheria, Limnadia, Äpus und Bruncliqms finden sich in allen Welt- theilen vertreten und Gleiches gilt von zahlreichen SüsswassermoUusken. In erster Linie dürfte das Verliältniss zwischen Meeresthieren und verwandten Süsswasserbewohnern, welche nach der allgemein angenommenen und gut begründeten Ansicht ihrem Ursprünge nach auf jene zurückzuführen sind, zur Erklänmg der grossen Verbreitung vieler Süsswasserformen, welche von dem Meere aus in die Flüsse und von da in Landseen eingewandert sind, von Bedeutung sein. Sodann wird für dieselbe der Einfluss von Niveauveränderungen und Höhen- wechsel während der gegenwärtigen Periode, sowie die Wirkung ausserordentlicher Trans- portmittel in Betracht kommen. Zu den letzteren gehören weite Ueberschwemmungen und Fluthen, Wirbelwinde, welche Fische und Pflanzen und deren Keime von einem Flussgebietc ') In dem Grade abweichend, dass die Zeit von Beginn der Eiszeit zur Stärke der Abänderung nicht wohl ausgereicht haben kann. C.Clans: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 13 ]^9_J. Eigcnthünilichkeiten der Ins. Ibevr.lkerung. in das andere übertragen. Dazu kommt für Eier, welche, wie die zahlreichen Entomostraken, in eingetrocknetem Schlamme überdauern, der Transport an den Extremitäten und am Ge- fieder insbesondere von 'Wasservögeln. Hiemit steht die Thatsache im Einklang, dass auf entgegengesetzten Seiten von Gebirgsketten, welche schon seit früher Zeit die Wasserscheide gebildet haben, verschiedene Fische angetroft'en werden. Auch die passive Ueberführung von Süsswasserschnecken , Eiern, Pflanzensamen durch flugfähige "Wasserkäfer und wandernde Sumpfvögel scheint für die Verbreitung der Süsswasserbevölkerung von Einfluss gewesen zu sein. Auch sind vom Meere aus Seethiere in verschiedene Flussgebiete eingetreten und haben sich allmälig dem Leben im süssen Wasser angepasst. In der That sind wir im Stande, zahlreiche Süsswasserbewohner von Seethieren abzuleiten, welche langsam und allmälig an das Leben zuerst im Brackwasser und dann im süssen Wasser gewöhnt und später theil- weise oder vollständig vom Meere aeparirt wurden. Nach Valenciennes gibt es kaum eine Fischgruppe, welche vollkommen auf das Leben in Flüssen und Landseen beschränkt wäre, in vielen Fällen treten sogar die nächsten Verwandten — und Gleiches beobachten wir bei zehnfüssigen Krebsen — im Meere und im süssen Wasser auf, in anderen Fällen leben dieselben Fische im Meere und in Flüssen {Muyilokleen, Pleuronectiden, Salmoniden etc.). Von besonderem Interesse sind eine Reihe au^igezeichneter Beispiele, welche das Schicksal und die Veränderungen von Fischen und Krebsen in allmälig oder plötzlich vom Meere abgesperrten und zu Binnenseen umgestalteten Gewässern beleuchten. Von Loven wurden diese für die Thiere des AVenern- und Wettern- sees, Avelche mit denen des Eismeeres eine grosse Uebereinstimmung zeigen, von Malm- green für die des Ladogasees erörtert. Nach letzterem Forscher ist der Alpensaibling (Salmo salcelinus) dem Polarmeere entsprungen und hat seinen nächsten Verwandten in dem Salmo alpiniis Skandinaviens. Die italienischen Landseen enthalten eine Anzahl von Fisch- und Crustaceenarten, welche den Charakter von Seethieren des Mittelmeeres, beziehungs- weise der Nordsee an sich tragen {Blennius vulgaris ^ Atherina lacusiris, Telphusa ßuria- iiliSj Palaemon lacustris =^ varians, Sj^hacroma fossarum der Pontiuischen Sümpfe), so dass der Schluss einer vormaligen Verbindung mit dem Meere und einer späteren durch Hebung bewirkten AbspeiTung überaus nahe liegt. Auch in Griechenland, auf der Insel C\-pern, in Syrien und Egypten leben in süssen Wässern vereinzelte CrustaceentjiJen des Meeres (Telphusa flutiatilis, Orchestia cavimana, Gammarus marinus \&t. Vener is), wni in Brasilien finden wir eine noch grössere Zahl von marinen Crustaceengattungen als Süss- wasserbewohner') wieder. Eine wahre Meeresfauna besitzt endlich das Kaspische Meer, welchem zahlreiche marine Weichthiere, Krebse und Würmer angehören. Eine Reihe von Thatsaehen, welche der Theorie gemeinsamer Ab- stammung mancherlei Schwierigkeiten bieten, jedoch unter einigen Voraus- .setzmigen grossentheils ebenfalls mit derselben im besten Einklang stehen, betritft die Eigenthümlichkeitcn der Inselbevölkerung und ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung der nächstliegenden Festländer, Ihrer Entstehung nach haben wir die Inseln entweder als die höchstgelegenen, aus dem Mece allmälig oder plötzlich emporgetretenen Gipfel unterseeischer Ländergebiete aufzufassen, an deren Entstehung vulcanische Vorgänge oder die Thätigkeit der Korallenpolypen wesentlich betheiligt waren, oder sie sind als Bruch- stücke von Continenten zu betrachten, die erst in Folge seculärer Senkung *) Nach Martens finden sich dort die Süsswasserkrabben (gewissermassen die altwelt- lichen Telphusen wiederholend) : Trichodacfi/lus quadrafus, Si/h-iocarcinus panop>lus, Dilo- rarcinus multidentatus; die Süsswasseranomure Aer/lea laeris. Als Makruren werden — abgesehen von den mit dem Hummer so nahe verwandten Astaciden — angeführt: Palaemon Jatnaicensis, sjiinimanus^ forceps, sodann von Asseln Cjimotlioe Henseli. Fauna der Azoren, der Bermuda-Inseln. 19f> durch das übcrfluthende Meer getrennt wurden. Für die erstereu, welelie gewöhnlich in Gruppen zusammengedrängt, von Continenteu weit entlernt und durch ein tiefes Meer von denselben getrennt liegen, ist der Mangel der Landsüugethiere und Amphibien ein durchgreifender und bedeutungs- voller Charakter, während Vögel, einzelne Reptilien, Inseeten und Mollusken zu den nächstgelegenen Continenteu eine nachweisbare Beziehung bieten. Mau wird daher schliessen können, dass solche Inseln von jenen aus auf dem Wege der normalen oder auch aussergewöhnlichen Trans^jortmittel be- völkert wurden, und dass die neuen Colonisten im Laufe der Zeit abänderten und zu Varietäten oder Arten wurden. Die Bevölkerung der contmenfalvn Inseln erklärt sich dagegen aus ihrer früheren Verbindung mit dem Festland, dessen Fauna und Flora sich bruchstückweise erhalten, aber auch je nach dem Alter der Trennung mehr oder minder tiefgreifende Abänderungen erfahren hat. Solche Inseln besitzen in der Regel im Gegensatze zu den erstereu eine grössere oder geringere Anzahl continentaler Säugethiere, während sie mit den durch Hebung ent- standenen Inseln die verhältnissmässig nur geringe Artenzahl der Bewohner gemeinsam haben, unter denen sich stets einzelne, zuweilen zahlreiche ende- mische Formen finden. Diese Thatsache erklärt sich ungezwungen, insofern Arten, welche in ein neues mehr oder minder isolirtes Gebiet eintreten oder auf einen bestimmten Bezirk abgeschlossen werden, unter den veränderten Bedingungen der Concurrenz und sodann aus dem Grunde Modificationen erfahren müssen, weil sie nicht durch fortwährendes Nachrücken unverän- derter Einwanderer mit dem Mutterlande in Continuität erhalten werden. Unter den occanischen Inseln zeigen beispielsweise die Azoren, welche circa 900 englische Meilen von Portugal entfernt liegen und vulcanischen Ursprunges sind, in ihrer Vogel-, Inseeten- und Landschneckenfauna einen durchaus europäischen Charakter. Mit Ausnahme der Landschnecken und Käfer besitzen sie nur ganz vereinzelte endemische Arten, obwohl Klima und Lebensverhältnisse von den continentalen bedeutend differiren. Von Säuge- thiereu finden sich nur eine europäische Fledermaus, das Kaninchen, Wiesel, Ratten und Mäuse, sämmtlich importirte Arten. Nur eine einzige Vogelart, die der Pyrrhula rubicllla nahe stehende P. nrnrina, ist den Azoren eigeu- thümlich, wohl zum Beweise, dass die Vogelfauna der Azoren eine neue ist und durch beständigen neuen Zuzug an der Abänderung verhindert wurde. Aehnlich verhalten sich die Canarischen und Capverdischen Inseln, sowie die von Korallen aufgebauten, östlich von Nord-Carolina gelegenen Bermuda- Inseln hinsichtlich der Verwandtschaft ihrer Bewohner mit den benachbarten Continenteu. Die Vogelfauna der letzteren ist wesentlich eine nord-ameri- kanische und hat nicht eine einzige eigenthümliche Art aufzuweisen. Ebenso entsprechen die Vögel von Madeira theils europäischen, theils afrikanischen Arten, während wiederum die Landschnecken und Käfer — weil mehr ab- geschlossen und vor beständigem neuen Zuzug geschützt — einen ganz 13* X9t) Continental-Inseln. Grossbritannien. BornHO etc. specifischen Charakter tragen. Dagegen sind die westlich von Süd-Amerika gelegenen Galapagosinseln, welche wie die Azoren vulcanischen Ursprungs, aber viel älter sind und ein weit grösseres Areal besitzen, durch eine sehr eigenthümliche Fauna nicht nur der Landschnecken und Insecten, sondern auch der Vögel ausgezeichnet. Von 57 Vögeln mit tropisch amerikanischem Charakter sind 38 eigenthümliche Arten und 31 derselben echte Landvögel ; dagegen gehören von den Seevögeln, welche leicht hieher gelangen, nur wenige dieser Inselgruppe als eigenthümlich an. Die 35 Käfer und 20 Land- schnecken repräsentiren fast ausschliesslich specitische Arten und Gattungen. Eine noch grössere Specification ihrer Bewohner zeigen die im Centrum des nördlichen Pacifics völlig isolirt gelegenen Sandwichinseln zum Beweise des bedeutenden Alters dieser Inselgruppe, beziehungsweise der einstmaligen Nachbarschaft eines jetzt versunkenen Continentes. Von Landvögeln sind sämmtliche Passeres durch specitische Arten vertreten, ebenso die Drepanidae, welche eine diesen Inseln eigenthümliche Familie bilden. Die 300 bis 400 Landschnecken sind lediglich in eigenthümlichen Arten vertreten; 14 Gat- tungen derselben gehören der auf die Sandwichinseln beschränkten Familie der Ächatinelliden an. Der Charakter der Fauna — und Gleiches gilt für die ebenso eigenthümliche Flora — weist im Wesentlichen auf australische und polynesische Typen, indessen auch auf amerikanische Verwandt- schaft hin. Unter den continentalen Inseln bietet Grossbritannien ein charak- teristisches Beispiel einer neuen, von dem Festland erst in jüngster Zeit getrennten grossen Continentalinsel. Wahrscheinlich hat nocli nach Ablauf der jüngsten Eiszeit die letzte Verbindung des Inselgebietes mit dem Con- tinente, wenn auch nur von kurzer Dauer bestanden. Mittelst ders elben er- klärt sich in Folge directen Ueberwanderns die grosse Uebereinstimmung seiner Bewohner mit denen des Continents, aber auch die Armuth an Arten, welche für Grossbritannien und Irland charakteristisch ist. Indessen be- steht keine vollkommene Gleichheit, da von Land- und Süsswasserschnecken zwei, von Insecten eine grössere Zahl eigenthümlicher Arten und Varie- täten beschrieben worden sind. Am bedeutendsten sind die Abänderungen der Salmoniden, wohl deshalb, weil die Ueberführung von See zu See schwierig ist und eine relativ vollkommene Isolirung besteht, welche die Varietäten- und Artbildung begünstigt. Viel bedeutender differiren die süd-asiatischen Inseln Borneo , Java, Su- matra und die Philippinen, dann Japan und Formosa in ihrer Fauna und Flora untereinander und von dem benachbarten Festland, mit dem sie früher wahr- scheinlich zur Miocänzeit im Zusammenhange standen. Später wurden zuerst die Philippinen, dann Java und zuletzt Sumatra und Borneo getrennt. Auch Japan und Formosa besitzen viele eigenthümliche Säugethier- und Vögel- arten, aber ebenfalls durchweg von asiatischem Typus und dürften wohl in der ersten Hälfte der Pliocänzeit (Wallace) selbstständig geworden sein. Fauna Madagascars, Neuseelands. 197 Dagegen ist die Bevölkerung der l)enaelibarten, östlich von Borneo gelegenen, nur durch ein schmales, aber sehr tiefes Meer getrennten Insel- gebiete ihrem Ursprung nach auf Australien zurückzuführen. Von dem asiatischen Continent sind Sumatra, Borneo, Java nebst Bali östlich von Java, ähnlich wie Neu-Guinea nebst den benachbarten Inseln von Australien, nur durch ein seichtes Meer geschieden. Dagegen trennt eine weit tiefere Ein Senkung des Meeresbodens die beiderseitigen Inselgebiete, und zwar in der Weise, dassCelebes undLombok der südlichen Gruppe zugehören, während noch die Philippinen auf den asiatischen Continent zu beziehen sind. Als losgelöste, vielfach zerrissene Endtheile zweier einander genäherter Con- tinente bergen sie völlig verschiedene Faunen, deren Abgrenzung mit der Trennung der beiden ehemaligen Festländer zusammenfallen muss. Unter den alten continentalen Inseln hat Madagascar eine von dem benachbarten Festlande höchst abweichende, sehr eigenthümliche Bevöl- kerung aufzuweisen. Von 66 Säugethieren sind 33 Lemuren, während die grossen Säugethierarten Afrikas, wie anthropomorphe Affen, Paviane, Löwen, Hyänen, Zebras, Elephanten, Ehinocerideu, BüÖ'el, Antilopen etc., ebenso wie die Tiger, Tapire, Bären, Hirsche und Eichhörnchen Asiens fehlen. Da- gegen finden sich fünf Gattungen von Centetiden, einer Familie, die nur noch auf den Antillen (Cuba und Haiti) vorkommt. Die Carnivoren sind durch die specifische Gattung Crijptop7^octa und durch acht Zibethkatzen, darunter vier eigenthümliche Gattungen, vertreten. Die circa 100 Landvögel Madagascars sind sämmtlich — bis auf vier oder fünf — eigenthümliche Arten, viele haben afrikanische, einige indische und malayische Verwandt- schaft. Wahrscheinlich war Madagascar zur Eocänzeit mit dem tropischen Afrika, welches durch ein Meer von Nord-Afrika geschieden war, verbunden, in der Pliocänzeit aber, nach Hebung der Sahara und als die vom nörd- lichen Continente stammenden Colonisten in das tropische Afrika einwan- derten, getrennt, so dass sich nur Formen einer alten und weit verbreiteten Fauna erhalten konnten. Noch eigenthümlicher verhält sich die Fauna Neuseelands^ welche wegen des Mangels der Säugethiere — bis auf zwei Fledermäuse — zu den oceanischen Inseln gestellt werden müsste, dagegen geographisch und geo- logisch durchaus einem continentalen Inselgebiet entspricht. Von Vögeln sind in erster Linie eine grosse Zahl flugunfähiger Formen, unter denselben vier Apteryxarten, und eilf wahrscheinlich erst in der jüngsten historischen Zeit ausgestorbene sog. Riesenvögel charakteristisch ; dazu kommt eine Reihe von Vogelgattungen, welche auch auf Neu-Guinea und den Südseeinseln vorhanden sind. Von Eidechsen finden sich ausser drei weit verbreiteten Gattungen die Neuseeland eigenthümliche, zwischen Krokodilen und Ei- dechsen stehende, HattcHa. Ebenso wenig wie die Süsswasserfische, welche mit gemässigt asiatischen und süd-amerikanischen Formen verwandt sind, zeigt der einzige Batrachier Neuseelands (Liopelma Hochsfetfcri) eine Ver- 198 Werth des Selectionsprincips. wandtsehaft mit australischen Fröschen. Derselbe gehört zu der auf Europa und Süd-Amerika beschränkten Familie der Bombinatoren. Zur Erklärung der merkwürdigen Verhältnisse schliesst Wallace auf bedeutende geogra- phische Veränderungen zurück, welche Neuseeland in der Vorzeit erfahren hat, und hält die Annahme für begründet, dass dasselbe in sehr früher Zeit mit Nord- Australien und Xeu-Guinea verbunden war, und dass dieses Länder- gebiet, von welchem das übrige Australien getrennt war, damals noch keine Säugethiere besass. Andererseits erscheint in etwas späterer Zeit eine süd- liche Ausdehnung gegen den antarktischen Continent hin wahrscheinlich, um das Vorhandensein zahlreicher Arten süd-amerikanischer Süsswasser- fische und Pflanzen zu erklären, wie überhaupt die Annahme einer einst- maligen directen Landverbindung Neuseelands und Australiens mit Süd- Amerika und Süd-Afrika aus einer Reihe von Gründen nicht ausgeschlossen erscheint. Der Werth des Selectionsprincipes zur Erklärung der Traiismutations- vorgäuge. Wenn wir die Lehre von der Entstehung der Arten durch Abänderung älterer Arten durch die Thatsachen der Morphologie, Paläontologie und geographische Verbreitung der Organismen hinreichend gestützt und ge- sichert betrachten können, so erscheinen doch die Mittel und Wege, durch welche diese Transmutation erreicht werden konnte, keineswegs völlig auf- geklärt und insbesondere der Vorgang der Selection, welcher der Theorie Darwin's zu Grunde liegt, vielfach bestritten. Man hat gegen die Amvendbarkeit des Principes der natürlichen Zucht- wahl eine Reihe von Einwürfen erhoben und zunächst gefragt, weshall) die unzähligen Uebergänge, welche nach der Selectionstheorie zwischen Varietäten und Arten existirt haben, in der Natur nicht zu tinden sind, weshalb nicht, wie man erwarten sollte, anstatt der mehr oder minder wohl begrenzten Arten ein buntes Chaos von Formen besteht. Dieser Ein- wurf würde jedoch bei jedem Versuche, die Transmutation der Arten durch allmälige, nicht plötzlich sprungweise erfolgte Abänderung zu erklären, erhoben werden können. Da nämlich die natürliche Zuchtwahl langsam und nur dann wirkt, tvenn vortheiJhaftc Ahändcrum/en auftreten, von den Ab- änderungen aber stets die divergentesten Glieder für den Kampf um"s Da- sein den grössten Vortheil haben, so werden die zahlreichen kleinen Zwischen- stufen längst verschwunden sein müssen, wenn im Laufe der Zeit eine als solche erkennbare Varietät zur Entwicklung gelangt ist. Natürliche Zucht- wahl geht stets mit Vernichtung der Zwischenformen Hand in Hand und bringt durch den Vervollkommnungsprocess nicht nur gewöhnlich die Stamm- form, sondern sicher in allen Fällen die allmäligen Uebergänge der Reihe nach zum Erlöschen. Nun findet man aber zahlreiche Reste von näheren oder entfernteren Mittelgliedern zwischen Arten und Abarten in den Ab- Einwiinde gegen dasselbe. 199 la^-erungen der Erdrinde. Dass wir nur selten grössere und zusammen- hängende Reihen continuirlicli aufeinanderfolgender Abänderungen nach- zuweisen im Stande sind, erklärt sich aus der grossen Unvollständigkeit der geologischen Urkunde. Bezüglich der allgemeinen Voraussetzungen der Darwin'sehen Selectionslehre wird man aber zugestehen müssen, dass die- selben thatsächlich existiren. Für den Kampf um's Dasein in dem weit- gefassten .Sinne liefert uns jeder Blick in das Naturleben mainiigfache und ausgiebige Belege. Führt derselbe aber auch in Wahrheit zu dem ge- folgerten Ergebniss, zu einer Steigerung der zweckmässigen und dem Or- ganismus nützlichen Abänderungen auf dem Wege der natürlichen Auslese ? Existirt mit anderen Worten eine Naturzüchtung , durch welche die in- differenten Variationen zum Ausfall gebracht, die nützlichen erhalten und im Laufe der Generationen verstärkt und zu Varietäten gesteigert werden V 1, Der erste bemerkenswerthe Einwand l)estreitet überhaupt jeden Erfolg der natürlichen Auswahl, insofern im freien Naturleben der die Isolirung der Paare bedingende Factor hinwegfalle. Nur bei der Aus- wanderung eines oder mehrerer Paare in fremde, durch schwer zu über- steigende Schranken getrennte Wohngebiete könne von einer Isolirung die Kede sein. Dieser Gesichtspunkt wurde von Moriz Wagner i) zur Be- gründung seiner Migrationstheorie verwerthet, nach welcher die Auswanderung nothwendige Bedingung für den Erfolg der natürlichen Zuchtwahl sei, und letztere ausschliesslich für ausgewanderte und durch geographische Schranken von der Stammart getrennte Individuen Geltung habe. Da sich die ersten unmerklich kleinen Abänderungen, welche den Anfang zur Entstehung einer Varietät bilden, im Kampfe mit einer Vefjerzahl von unveränderten Indi- viduen befänden, mit denen sie zusammenleben und in unbeschränkter Kreuzung verkehren, so würden schon sehr früh die besonderen Eigen- schaften wieder verschwinden müssen, bevor sie sich zur Ausbildung einer bestimmt ausgeprägten Varietät hätten häufen und steigern können. Nur die ^ligration mit nachfolgender Colonisirung , die Auswanderung von Thieren und Pflanzen in räumlich getrennte, durch schwierig zu über- steigende Schranken gesonderte Gegenden schaiTe die zur Varietätenbildung nothwendige Isolation und wirke um so sicherer, als in den neuen Be- zirken die Nahruugs- und Concurrenzbedingungen die individuellen Ab- änderungen begünstigen. Die ersten veränderten Abkömmlinge solcher ein- gewanderter Colonisten bildeten dann das Stammpaar einer neuen Species, und ihre Heimat würde zum Mittelpunkte des Verbreitungsbezirkes der neuen Art. Diesem Einwurf und der auf denselben gegründeten einseitigen Lehre ist zu entgegen , dass auch durch die Wanderung eines einzigen Paares über schwer zu passirende Schranken eine absolute Ausschliessung gegen die Stammart keineswegs zu Stande kommt , da unter den Nachkommen ') Moriz Wagner, Die Darwin'sche Theorie und das Migrationsgesetz der Org nismen. Leipzig 1868. 200 Aligrationslehre. dieses Paares nur wenige die Anfänge zu neuen nützlichen Eigenschaften besitzen, die meisten aber mit der Stammform noch völlig übereinstimmen werden. Bei den ausgewanderten Colonisten tritt der die Variation be- günstigende Einfluss veränderter Lebensbedingungen erst in den Tochter- und Enkelgenerationen zur Geltung, auch hier würden anfangs eine Ueber- zahl von nicht abgeänderten, mit der Stammart genau übereinstimmenden Individuen dieselbe vermeintliche Schwierigkeit bieten. Für den Erfolg der künstUchen Züchtung erscheint allerdings die Sondermuj der Individuen unumgängliche Bedingung, indessen ist der ein- fache Schluss von der künstlichen auf die natürliche Zuchtwahl um so weniger zutreffend, als dort die für die Auswahl massgebenden Eigen- schaften von der Neigung imd dem Nutzen des Menschen bestimmt werden und keineswegs dem Thiere selbst Vortheil bringen. Wenn aber vortheil- hafte Eigenschaften auch in noch so geringem Grade zur Erscheinung treten, so bieten sie wahrscheinlich schon durch den Nutzen, den sie der Erhaltung der Lebensform gewähren, einen gewissen Ersatz für die bei der unbeschränktem Kreuzung fehlende Isolation. Durch die Nützlichkeit der vorhandenen Eigenschaft wird die Kreuzung mit den Individuen der Ueberzahl, wenn auch nicht gleich beseitigt, so doch beschränkt und die Eigenschaft über eine immer grössere Zahl von Formen ausgebreitet und verstärkt. Indem die abgeänderten Individuen in steter Zunahme begriffen sind, erfahren die unveränderten und minder vortheilhaft ausgerüsteten Formen eine fortschreitende Verminderung, bis sie schliesslich vollständig versehwinden. Immerhin werden wir die Concession zu machen haben, dass eine nur an einem oder wenigen Individuen plötzlich auftretende, wenn auch bedeutende Abänderung — etwa dem Falle des Niata-Eindes und Ancona-Schafes analog — im Naturleben wohl niemals eine Varietät zu erzeugen im Stande sein wird, und dass die nüfzViclie Variation von vorne- herein eine grössere Zahl von Individuen betreffen nniss, wenn sie Aussicht auf Erhaltung und Steigerung durch Zuchtwahl haben soll. Noch eine andere Betrachtung erweist die Unzulänglichkeit der Wagnerischen Migrationslehre. Da diese nur dem Räume nach getrennte Varietäten und Arten in's Auge fasst, würde sie nicht erklären können, wie neue Varietäten und Arten in zeitlicher Äufeinanderfol(je anf dem- selben Baumgebiete während allmäliger geographischer und klimatischer Veränderungen aus alten Arten hervorgehen konnten. Gerade ausgedehnte und zusammenhängende Gebiete sind aber für die Erzeugung von Ab- änderungen und für die Entstehung verbreiteter und zu langer Dauer be- fähigten Arten wegen der Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen besonders günstig, wie Darwin erörtert hat. Auch treffen wir recht oft in den ver- schiedenen Schichten einer und derselben Ablagerung an der gleichen Oert- lichkeit zusammengehörige Varietäten, ja selbst Reihen von Abänderungen an. Wenn wir uns auch ül)er die besonderen Vorgänge, welche im einzelnen Schwierigkeiten der Erklärung minimaler noch nutzloser Abiinderungen. 201 Falle die auftretende kleine Variation irgend eines Organes veranlasst haben, in voller Unkenntniss befinden und deshalb häutig- von „Zufall'" reden, so werden wir doch als Ursache der noch so kleineu Variation die Wirkung bestimmter, wenn auch nicht bekannter physikalischer Bedingungen der Ernährung im weitesten Sinne des Wortes anzuerkennen haben. Für die letzteren aber sind von grosser Bedeutung die besonderen tellurischen und klimatischen Verhältnisse , welche im Laufe grosser Zeiträume nach- weisbar einen langsamen aber mannigfachen Wechsel erfahren und mit demselben insbesondere die Concurrenzbedingungen der Organismen im Kampfe um's Dasein wesentlich verändert haben. Während der Perioden eines langsamen, aber von bedeutenden Resultaten begleiteten Wechsels der Temperatur, der Bodengestaltung und des Klimas werden die näm- lichen Ursachen gleichzeitig und mit ähnlicher Intensität auf zahlreiche Individuen gleicher Art eingewirkt und hiedurch den primären Anstoss zu kleinen Variationen gegeben haben, durch welche zahlreiche Individuen in gleicher Richtung, wenn auch anfangs in sehr geringem Grade, abgeändert wurden. Erst nachdem durch den primären Anlass physikalischer Ursachen zahlreiche Lehensformen von der gleichen Variationstendenz ergriffen ivaren, idrkfe die natürliche Züchtung für die Erhaltung und Steigerung bestimmter und nützlicher Modificationen erfolgreich ein. 2. Ein anderer von mehreren Seiten erhobener, vornehmlich von Mivart^) erörterter Einwand betrifft die Unzulänglichkeit der natürlichen Zuchtwahl zur Erklärung der ersten minimalen Anfangsstufen der Ab- änderungen, da diese dem Organismus unmöglich schon Nutzen gebracht haben, welcher erst bei der im Laufe der Generationen erzielten Steigerung der Moditication hervorgetreten sein konnte. Die Uebereinstimmung, welche zahlreiche Thiere in ihrer Färbung mit der Farbe des Aufenthaltsortes zeigen, die Aehnlichkeit vieler Insecten mit Gegenständen der Umgebung, wie z. B. mit Blättern , dürren Zweigen , Blüthen , Vogelexcrementen etc., wird mittelst der Selectionstheorie in der That nur unter der Voraussetzung erklärt werden, dass die in Frage stehende Eigenschaft bereits von vorne- herein bei ihrem ersten Auftreten einen ziemlich hohen Grad der Ueber- einstimmung, eine gewisse rohe Aehnlichkeit mit äusseren Naturobjecten dargeboten hat. Wenn wir bei Culturrassen, deren wildlebende Stammform, wie z. B. das Kaninchen, durch eine bestimmte, offenbar nützliche Färbung sich auszeichnet , eine ganz ausserordentliche Variabilität der Farben des Pelzes beobachten, so werden wir wohl zu dem Schlüsse berechtigt sein, dass die Färbung des Pelzes auch bei dem wilden Kaninchen oder einer früheren Stammform desselben ursprünglich mehrfach variirte, und dass sich dann aber graue Farbentöne, weil sie als Schutzmittel den grössten Vortheil brachten, vorzugsweise erhielten und, im Laufe der Generationen ') Mivart, On the genesis of species. London 1871. 2Q2 Morphologische Charaktere, die keinen Nutzen gewähren. fixirt, zu der constanten Färbung führten. Indessen werden in gar vielen Fällen schon geringere Abänderungen Schutz und Nutzen gewähren. Gewiss hebt Darwin mit vollem Recht hervor, dass bei Insecten, welche von Vögeln und anderen Feinden mit scharf ausgebildetem Sehvermögen ver- folgt werden , jede Abstufung der Aehnlichkeit , welche die Gefahr der leichteren Entdeckung verringert, die Erhaltung und Fortpflanzung begünstigt, und bemerkt z. B. rücksichtlich der merkwürdigen CeroxyJus laceratus, welches nach W a 1 1 a c e einem mit kriechendem Moos oder Jungermannien überwachsenen Stabe gleicht, dass dies Insect wahrscheinlich in den Un- regelmässigkeiten seiner Oberfläche und in der Färbung derselben mehrfach abgeändert habe, bis diese letztere mehr oder weniger grün geworden sei. In ähnlicher Weise sucht Darwin i) eine Reihe anderer Beispiele, welche von Mivart als Belege angeführt waren, dass die natürliche Züchtung die Anfänge der abgeänderten Charaktere nicht zu erklären vermöge (die Barten der Wale, die unsymmetrische Gestalt der Pleuronectiden, die Lage beider Augen auf gleicher Seite, der Greifschwanz bei Affen, die Pedicellarien der Echinodermen, die Avicularien der Bryozoen u. m. a.), zu entkräften. 3. Ein dritter Einwurf, welchen zuerst Bronn, Broca, sodann Nägeli^) und A. Braun s) gegen das Nützlichkeitsprincip der natural selection vorgebracht haben, geht von der Thatsache aus, dass viele Charaktere für ihre Besitzer überhaupt keinen Nutzen gewähren und deshalb nicht von der Zuchtwahl erzeugt oder überhaupt nur beeinflusst sein können. Dagegen ist zunächst mit Darwin hervorzuheben, dass wir über die Be- deutung und den Nutzen vieler Eigenschaften nur unzureichend oder gar nicht unterrichtet sind, dass das, was in der That jetzt keinen Vortheil gewährt, doch in früherer Zeit und unter anderen Verhältnissen nützlich gewesen sein kann. Immerhin muss jedoch zugestanden werden, dass so- wohl unbedeutende individuelle als tiefer greifende und bedeutende ^'aria- tionen ohne Beziehung auf irgend welchen Nutzen, durch besondere physi- kalische Ursachen bewirkt worden sind und gleichzeitig an zahlreichen Individuen auftreten. Selbstverständlich wird damit die Wirkung der natür- lichen Zuchtwahl nicht widerlegt, sondern nur wahrscheinlich gemacht, dass auch ohne Zuhilfenahme derselben manche der Natureinrichtungen, welche nicht auf zweckmässiger Anpassung beruhen , auf anderem Wege entstanden sein müssen. Auch war Darwin selbst nicht der Meinung, dass die natürliche Zuchtwahl für sich allein die Entwicklung und Gestaltung der Organisation zu erklären im Stande sei, und wies auf die Correlation des Wachsthums und der Abänderungen verschiedener Organe, somit auf immanente Bildungsgesetze hin. Mit diesem Einwurf steht eine andere Betrachtung Nägeli's im Zu- ') Ch. Darwin, 1. c. 5. Auflage, pag. 248—269. ^) C. Nägel i, Entstehung und Begriff der naturhistorischen Art. München 1865, 3) A. Braun, S. 102. Indifferente Jlerkmale sind constant, wenig variabel. 20o samiiienliaiig. Wenn derselbe bemerkt, dass die beiden ^[omente, in denen sich die hohe Organisation kund thut, die mannigfaltigste morphologische Gliederung und die am weitesten durchgeführte Theilung der Arbeit in der Pflanze von einander unabhängig seien, während sie im Thierreiche in der Regel zusammenfielen, so möchte dieser scheinbare Gegensatz in unserer zur Zeit noch unzureichenden Kenntniss von den Functionen zahlreicher morphologischer Besonderheiten der Pflanze seine Erklärung finden. Auch bei Thieren kann eine und dieselbe Function von mori)hologisch verschie- denen Organen besorgt werden, und dasselbe Organ kann physiologisch mehrere Verrichtungen vollziehen. Deshalb wird man aber doch nur in Aus- nahmsfällen und vornehmlich bei Organen, welche in Folge des Nicht- gebrauches eine Reduction erfahren haben, von Organen ausschliesslich morphologischen Werthes reden können und den Grund für die Existenz der- selben in dem Vererbungsgesetze zu suchen haben. Schon mit Bezug auf die vermeintliche Nutzlosigkeit verschiedener Körpertheile hat Darwin treftend hervorgehoben, dass selbst bei den höheren und am besten bekannten Thieren viele Gebilde existiren, welche so hoch entwickelt sind, dass Nie- mand an ihrer Bedeutung zweifelt, obwohl dieselbe überhaupt noch gar nicht oder erst ganz neuerdings ermittelt wurde. Bezüglich der Pflanzen verweist er auf die merkwürdigen Structureigenthümlichkeiten der Orchideen-Blüthen, deren Verschiedenheiten nur noch vor wenig Jahren für rein morphologische Merkmale gehalten wurden. Durch die Untersuchungen Darwin's*), Herm. Müller's, Kerner's u. A. ist dann aber der Nachweis geführt worden, dass jene Besonderheiten für die Befruchtung durch Insectenhilfe von der grössten Bedeutung und wahrscheinlich durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Ebenso weiss man jetzt, dass die verschiedene Länge der Staubfäden und Pistille, sowie deren Anordnung bei dimorphen und trimorphen Pflanzen von wesentlichem Nutzen sind. Dass im Allgemeinen Gestalt und Farbe der Blumen nicht ausschliesslich morphologische Bedeutung besitzen, sondern wesentlich durch Anpassung bedingt, die mannigfaltigsten Beziehungen zum Insectenleben haben, wurde im Anschluss an C. Sprengel eingehend von Herm. Müll er 2) erörtert, während Jul. Sachs s) für den seither als rein morphologisch beurtheilten Aderverlauf der Blätter die Bedeutung für die Zu- und Abfuhr der Nährstoffe, die Ausspannung der assimilirenden Chloro- phyllschicht nachwies. Auch ist es verfehlt, wenn Nägeli als Consequenz der Darwin sehen Lehre die Annahme ableitet, dass indifferente Merkmale variabel, die nütz- lichen dagegen constant sein müssten. Gerade die indifferenten Charaktere *) Ch. Darwin, Ueber die Einriclitungeii zur Befruchtung britischer und auslän- discher Orchideen durch Insecten etc., übersetzt von Bronn. Stuttgart 1862. '-) H. 3Iüller, Die Befruchtung der Blumen durch Insecten land die gegenseitigen Anpassungen beider. Leipzig 1873. ^) J. Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Leipzig 1882. 204 Dysteleologie. müssen, weil durch die Vererbung- im Laufe zahlloser Generationen befestigt, nahezu oder absolut constant sein, nie dies gerade für diejenigen Merkmale zutrift't, welche die systematischen Kategorien bestimmen. Andererseits brauchen nützliche Eigenschaften durchaus nicht bereits die äusserste Grenze des Nutzens, den sie dem Organismus gewähren, erreicht zu haben, dürften vielmehr, zumal unter veränderten Lebensbedingungen, noch nützlicher werden können. Wenn daher Nägel i auf die Stelluugsverhältnisse und die Zusammenordnung der Zellen und Organe hinweist, die als rein morpho- logische Eigenthümlichkeiten am leichtesten abändern müssten, in der That aber sowohl in der Natur als in der Cultur die constantesten und zähesten Merkmale sind, so behauptet er gerade das Umgekehrte von dem, was aus dem Darwin'schen Principe folgt. Wenn er ferner hervorhebt, dass bei einer Pflanze, welche gegenüberstehende Blätter und vierzählige Blüthenkreise hat, es eher gelingen würde, alle möglichen die Function betretfenden Abän- derungen an den Blättern, als eine spiralige Anordnung derselben hervor- zuljringen, so werden wir diese Thatsachen aus den beiden oben bemerkten Gründen von Nägeli verständlich finden. Einerseits wäre es voreilig, für diese sogenannten „morphologischen Charaktere", welche uns jetzt nutzlos und daher im Kampfe ums Dasein gleichgiltig zu sein scheinen^ eine ab- solute Werthlosigkeit auch für die Zeiten ihres Auftretens zu behaupten, andererseits würden wir im Allgemeinen zu bedeutende Anforderungen an die Grösse und Gewalt der Variabilität stellen, wenn wir von derselben Abänderungen tief befestigter und durch Vererbung zahlloser Generationen constant gewordener Merkmale, welche die Ordnung, Classe oder gar den Typus bestimmen, anders als ausnahmsweise und in ganz abnormen Fällen erwarten wollten. 4. Mit grösserem Recht als solche Organe von inditferentem Werthe, deren Nutzen für die Existenz der Arten man zum Mindesten nicht einzu- sehen vermag, würden solche Einrichtungen als dem Princip der Selection widersprechend herangezogen werden können, welche in grösserem oder geringerem Grade nachtheilig sind. E. Haeckel hat diesen Gesichtspunkt freilich nicht gegen, sondern für die Richtigkeit der Descendenzlehre, deren einziges und wahres Begründungsprincip für ihn das der Selection ist, in"s Feld geführt, und mit Hilfe desselben in Verbindung mit den Thatsachen der rudimentären Organe eine besondere Lehre als „Dysteleologie" be- gründen zu können geglaubt, zunächst um die Annahme einer nach Zwecken wirkenden Bildungskraft, und einer teleologischen Endursache zu wider- legen. Allerdings ist die Lehre von den rudimentären Organen ganz vor- züglich geeignet, für die Richtigkeit der Descendenz ein schwerwiegendes Zeugniss abzulegen. Aber ebensowenig wie die mit ihr verknüpfte Dyste- leologie eine Zweckursache als ersten Grund der Weltexistenz widerlegt, kann sie im Sinne HaeckeFs für die mit so grossem Eifer auf die Selection gestützte Descendenzlehre verwerthet werden. Ln Gee:entheil würde diesellic Unzulänglichkeit der Zuchtwahltheorie als ausschliessliches Erklilrungsprincip. 205 einen wichtigen Einwand gegen die Wirksamkeit der Seleetion begründen, da diese doch nur vortheilhafte, für die Art zweckmässige Eigenschaften züchten kann, und jedenfalls beweisen, dass neben diesem Princip noch andere in (Ich Bildtingsfiesctzcn he(/ründete Ursachen in Frage kommen. Indessen bernlit die Lehre der Dysteleologie auf einem Missverständniss. Wenn uns auch auf den ersten Blick Organrudimente bedeutungslos oder gar nachtheilig erscheinen, so vermögen wir docli bei näherem Eingehen sehr oft ihre Bedeutung zu erkennen, so beispielsweise bei den Afterklauen der Riesenschlangen, dem rudimentären Brustbein xler Blindschleiche und den Zahnrudimenten im Embryonalleben der Wale. Aber auch da, wo wir den Nutzen nicht einzusehen vermögen, wie z. B. bei den unter der Haut versteckten Augen- Rudimenten von Höhlenbewohnern dürfen wir — abge- sehen von der Unvollkommenheit unserer Einsicht in die verwickelten Ver- hältnisse der Organ-Correlation — nicht ausser Acht lassen, dass schon die Rückbildung an sich ein im Haushalt des Organismus für die Ausbildung anderer functionell hervortretenden Organe höchst zweckmässiger Vorgang ist, und dass, falls dieselbe nicht zum völligen Schwunde führte, auch in der Erhaltung eines minimalen Restes insofern ein Nutzen liegt, als dieser unter vercänderten Verhältnissen zum Ausgangspunkt zweckmässig modi- ticirter Neugestaltung werden kann. Hat man doch, und gewiss mit vollem Rechte, den Rückschritt überflüssig gewordener Organe als Bedingung des Fortschritts bezeichnet. 5. Von Nägeli ist ein bemerkenswerther Einwurf gemacht worden, welcher die Unzulänglichkeit der natural seleetion als ausschliessliches Er- klärungsprincip darzuthun geeignet erscheint. Im Anfange konnte es nur wenige Arten einfacher, aus Protoplasma und Sarcode bestehender Orga- nismen von einzelligen Protophyten und Protozoen geben. Bei der Be- schränktheit der Concurrenz, bei der Gleichmässigkeit der äusseren Bedin- gungen auf der ganzen Erdoberfläche fehlte es an Hebeln , welche die Entstehung nützlicher Abänderungen veranlassen mussten. Jedenfalls wird hiemit eine sehr dunkle und schwierige Frage der ganzen Descendenzlehre berührt, auf welche eine nur sehr unvollständige Antwort gegeben werden kann. Wenn wir auch keineswegs Nägeli darin beistimmen können, dass die Nützlichkeitslehre überhaupt nicht zu erklären vermöge, warum zu- sammengesetztere und höher organisirte Wesen sich entwickeln, so müssen wir, die relative Einförmigkeit der ursprünglichen einfachen Lebewesen zugestanden, immerhin den Mangel ausreichender und geeigneter Hebel zu- gestehen, um die Möglichkeit für die Entwicklung der grossen Mannig- faltigkeit höher organisirter Wesen einzusehen. Mit Rücksicht auf den ersten Punkt bemerkt Darwin, dass schon die beständige Thätigkeit der natür- lichen Zuchtwahl die Neigung zur progressiven Entwicklung bei organischer. Wesen zu erklären vermöge, denn die beste Definition, welche jemals von einem hohen Massstabe der Organisation gegeben wurde, ist die, dass dies 206 Nageli's ineclianisch-physiologische Theorie der Abstammung. der Grad sei, bis zu welchem Theile specialisirt oder verschiedenartig ge- worden sind. Und die natürliche Zuchtwahl strebt diesem Ziele zu, insofern hiedurch die Theile in den Stand gesetzt werden, ihre Function wirksamer zu verrichten. Dagegen setzt die Wirkung der natürlichen Zuchtwahl, als deren Folge eine mit Arbeitstheilung verbundene Specialisirung der Orga- nisation als für die Erhaltung vortheilhaft keineswegs ausgeschlossen ist, eine bereits vorhandene Mannigfaltigkeit im Bau und in der Lebensweise der Organismen voraus, wie sie die ausschliessliche Existenz von wenigen und sehr einfach gestalteten Arten, wenn auch unendlich zahlreicher Lebewesen unter gleichförmigen äusseren Xaturbedingungen nicht zu bieten vermag. Aus diesen Gründen möchten wir die Unzulänglichkeit der natürlichen Zuchtwahl und der auf dieselbe gegründeten Kützlichkeitstheorie als mis- schlkssliches ErJdärungsprincip um so weniger bestreiten, als es nicht denkbar ist, dass die ganze complicirte Organisation der höchsten Pflanze und des höchsten Thieres blos durch nützliche Anpassung sich nach und nach aus dem Unvollkommenen herausgebildet habe, dass das mikroskopische ein- zellige Pflänzchen blos durch den Kampf ums Dasein nach unzähligen Generationen zu einer Phanerogamenpflanze, oder um von Thieren zu reden, dass die Amöbe zu einem Polypen, die Planula zu einem Wirbelthiere ge- worden sei. Es erscheint ganz unmöglich, ausschliesslich mit Hilfe der Selection die Nothii-encUgkeit der hesümmfen, in den zahllosen mannigfcdfigen Abstufungen der Organisaf ion und Besonderheit des Systems ausgesproclienen Richtung des grossen Entwicklungsgesetzes zu verstehen. Daher erscheinen die verschiedenen Versuche begreiflich, durch ein anderes Erklärungspriucip die oftenbar vorhandene grosse Lücke auszufüllen, nur wird es leider bei näherer Betrachtung sogleich ersichtlich, dass alle diese Versuche einer wahren und positiven Grundlage ermangeln und, anstatt eine Erklärung zu geben, Umschreibungen unerklärter Verhältnisse enthalten. Nägeli's mechaiiiscli-physiologische Theorie der Abstammung. Unter den verschiedenen Erklärungsversuchen steht obenan die von Xägeli auf- gestellte Vervollkommiiungstheorie, welche die Annahme fordert, das die individuellen Yer- änderuugen nicht unbestimmt, nicht nach allen Seiten gleichmässig, sondern vorzugsweise und ,,mit bestimmter Orientirung" nach einer zusammengesetzteren vollkommeneren Organisation zielen, dass der Abänderungsprocess wie nach einem bestimmten Entwicklungsplane, wenn auch ohne übernatürliche Einwirkung, so doch durch eine dem Organismus immanente Tendenz der Vervollkommnung geleitet werde. Neben der natürlichen Züchtung, welche nur als Correctiv thätig sei und die Ausbildung der physiologischen Eigenthümlichkeiten er- kläre, müsse ein VervoUkommnungsprincip vorausgesetzt werden, welches die Gestaltung der morphologischen Charaktere beeinflusse. Man sieht jedoch alsbald ein, dassNägeli bei richtiger Erkenntniss der vorhandenen Lücke, derselben Lücke, welcher sich schon Lamarck in seiner Anpassungstheorie l)ewusst geworden war, anstatt einer jene beseitigenden Erklärung nichts als eine Phrase einführt, deren Aufnahme mit der Vorstellung verknüpft ist , als sei mit derselben eine Erklämng •rewonnen. In der That aber ist der Ausdruck Vervollkommnungstendenz und VervoUkomm- Zurückweisung derselben. 20/ nungstlieorie nichts Anderes als die Uebertragung der in früherer Zeit so üblichen und miss- brauchten Phrase des Bildungstriebes oder nisus formativus von der individuellen Eut- wicklungjigeschichte auf die Phylogenie. Gleiches gilt von dem Principe der „bestimmt ge- richteten Variation" oder der Entwicklung aus „inneren Ursachen" , wie wir sie in den Schriften von Askenasy und A. Braun ^) ausgesprochen finden, von Forschern, welche über die Berechtigung der Descendenzlehre ebenso übereinstimmen, als sie mit Darwin die Formverwandtschaft der Arten auf gemeinsame Abstammung zurückführen. Auch in seinem jüngst erschienenen Werke'^) ist Nägeli, trotz eines grossen Auf- wandes molecularer Constructionen, zu keiner besseren Erklärung gelangt. Wenn wir auch die in dem materiellen Substrate des Organismus, in der organisirten Materie gelegenen Bedingungen der fortschreitenden Entwicklung (Vervollkommnungsprincip) als innere Ur- sachen den äusseren, durch die Lebensbedingungen gegebenen Factoren mit Recht gegen- überstellen, wie es bereits Lamarck that, wenn derselbe die Stufenfolge der Organismen auf Kosten der ersteren stellte, den mannigfachen durch die letzteren bedingten Anpassungen gegenüber, welche auf die Wirkung des Gebrauches und Nichtgebrauches zurückgeführt werden, so müssen Avir uns doch bewusst sein, dass die inneren Gründe unserer Einsicht vorlaufig völlig unziigiingig bleiben. Nägeli aber befindet sich in einer argen Selbsttäuschung, wenn er glaubt, mit seiner neuen Theorie eine mechanisch-physiologische Erklärung gegeben zu haben, in einer Täuschung, welche um so stärker betont zu werden verdient, als der- selbe der seitherigen und künftigen Arbeit der Morphologen — dem hier Plan und Bau- führung zu besoi'genden Physiologen gegenüber — lediglich den Werth von Handlanger- diensten einräumt. Oder erreichen wir etwa eine Einsicht in das Wesen der mit der Ent- wicklung der Organisation fortschreitenden Vervollkommnung, indem wir dem einfachsten Protoplasmaklümpchen die Tendenz zuschreiben, Protoplasmakörper von etwas zusammen- gesetzterem und daher vollkommenerem Bau zu erzeugen, und hiemit eine in aufsteigender Reihe fortschreitende Bewegung begonnen denken, dann die Beharrung in der Vervollkommnung vom Einfacheren zum Zusammengesetzteren als mechanische Ursache für die Entwicklung der organischen Reiche bezeichnen? Zwar erscheint es durchaus berechtigt, das Keimproto- plasma, wie es auch andere Forscher thaten, als Träger der erblichen Anlagen zu betrachten und sich in dem „Idioplasma" alle Eigenschaften des ausgebildeten Organismus als potentiell enthalten zu denken, aber gewinnen wir damit eine Erklärung, dass wir uns dessen mole- culare Zusammensetzung nach Analogie des entwickelten Organismus dem Bedürfniss ent- sprechend kunstvoll construiren, uns die Zusammenordnung der kleinsten Theilchen (Micellcn) unendlich mannigfaltig vorstellen und demgemäss „zahllose Combinatiouen wirksamer Kräfte", „zahllose Verschiedenheiten in den durch diese bedingten chemischen und plastischen Vor- gängen der lebenden Substanz" annehmen, welche ebenso viele Verschiedenheiten im Wachs- thum, in der inneren Organisation, in der äusseren Gestaltung und den Verrichtungen ver- ursachen ? Wird ferner etwa dadurch der Bildungstrieb seines räthselhaften Wesens entkleidet, dass wir an Stelle desselben die aufeinanderfolgenden Modificationen im Idioplasma und die wechselnden Einflüsse setzen , unter denen das Idioplasma seine Anlagen zur Entfaltung bringt? Die naturgemäss folgenden Fragen, auf welchen Vorgängen diese Modificationen be- ruhen und wie wir uns die Einwirkungen der umgebenden Umstände zu denken haben, hat zwar Nägeli aufgeworfen, jedoch keineswegs zu beantworten vermocht, zumal er nicht einmal für die Structur des idioplastischen (in Form netzförmig anastomosirender Stränge gedachten) Systems eine befriedigende Vorstellung abzuleiten vermag, vielmehr „den Charakter der noch verborgenen (nicht geometrischen, sondern phylogenetischen) Configuration" zngilit, mit deren Erforschung die Lösung „des grössten Räthsels der Abstammungslehre" gewonnen *) A. Braun , Ueber die Bedeutung der Entwicklung in der Naturgeschichte. Beriin 1872. -) C. Nägeli, Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre. München und Leipzig 1884. 208 Weismann's Lehre von der Continnität des Keiraplasmas. sei! Oder sollte es den Anforderungen einer physiologischen Erklärung entsprechen, „die Merkmale, Organe, Einrichtungen und Functionen des Organismus im Idioplasma in ihre wirklichen Elemente zerlegt" za denken und sich vorzustellen, „dass dasselbe die Anlagen für verschiedene Organe in ähnlicher Weise zur Entfaltung bringe, wie der Clavierspieler auf seinem Instrumente die aufeinanderfolgenden Harmonien und Disharmonien eines Musik- stückes zum Ausdruck bringt", und einem so phantasievoUen Bilde alsbald das Zugeständniss folgen zu lassen, dass die Art und Weise, in welcher die Mittheilung der Bewegungen unter den in dynamischer Verbindung stehenden Micellenreihen erfolge , für die Molecularphysio- logie ein Geheimniss sei ? Ist es möglich , im Ernste zu glauben , mittelst solcher zwar mechanisch gedachter, aber im gleichen Masse künstlich als willkürlich aufgebauter Con- structionen eine Theorie zur Lösung des grossen Probleraes der Bildungsgesetze und der durch dieselben bedingten Stammesentwicklung begründet zu haben ? Die in das Wesen der Organisation hineingelegte Vervollkommnungstendenz bleibt vielmehr ebenso dunkel als die von Lamarck für unerklärbar gehaltene Ursache für die Stufenfolge der Or- ganismen und fällt im Wesentlichen mit dieser zusammen , während neben der Lamarck- schen Anpassung durch die Wirkung äusserer Einflüsse dem Darwin'schen Selectionsprincip lediglich ein beschränkter Einfluss auf schärfere Abgrenzung der Sippen durch Verdrängung der Zwischenformen in beiden Keichen eingeräumt wird. Nach Nägel i liegen in der Ver- vollkommnung (Progression) und Anpassung die mechanischen Momente für die Bildung des Formenreichthums, in der Concurrenz mit Verdrängung oder in dem eigentlichen Darwinismus nur das mechanische Moment für die Bildung der Lücken in den beiden organischen-Reichen". Damit aber wurde nicht nur der Selection jede Bedeutung abgesprochen, sondern auch auf die Erklärung der organischen Zweckmässigkeit Verzicht geleistet. Weismaun's ^) Lehre toii der Coutiimität des Eeimplasmas und den Tariationen des Keimplasmas als die Ursache der Variabilität. Die Ueberzeugung , dass die Grundbedingungen der Transmutation im Innern des Organismus und in der Molecularstructur des Plasmas zu suchen sind, hat noch zur Auf- stellung einer andern bemerkenswerthen Lehre Anlass gegeben, welche zwar zu Nägeli's Theorie mehrfache Berührungspunkte bietet, indessen in sehr wesentlichen Momenten und namentlich darin von derselben abweicht, dass sie die umfassende Wirkung der Zuchtwahl und somit die Erklärung der Zweckmässigkeit im Sinne Darwin's ungeschmälert aufrecht erhält. Dagegen leugnet A. AVeismann, und hierin weicht er wesentlich von Darwin ab, die Vererbung der erworbenen Eigenschaften. Mit dieser Negation aber trat die Forderung heran, die Variabilität in anderer Weise zu begründen, und zwar lediglich aus inneren Ursachen abzuleiten, wenn anders die Zuchtwahl überhaupt aufrecht erhalten werden sollte. Von diesem Ausgangspunkt wurde Weismann zu den beiden Hypothesen über die Conti- nnität des Keimplasmas und über die Bedeutung der geschlechtlichen Fortpflanzung geführt. Schon vorher hatten hervorragende Physiologen die Meinung ausgesprochen, dass die Vererbung der im individuellen Leben erworbenen Eigenschaften auf die Nachkommen eine unbewiesene Voraussetzung sei. Die Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit, die Uebertragung solcher im Leben des Individuums durch äussere Einflüsse veranlassten Veränderungen auf das Keimplasma der Sexualorgane mechanisch zu erklären, welche auch nicht von Darwin durch die als Nothbehelf aufgestellte „Pangenesis" behoben werden konnte, war für Viele Grund genug, die Vererbung der erworbenen Eigenschaften in Abrede zu stellen. Fällt aber diese Hypothese hinweg, so hat nicht nur die directe Anpassung im Sinne Lamarck's jegliche Bedeutung verloren, sondern auch die Wirkung der Selection bleibt nur noch unter *) A. Weismann, Ueber die Vererbung. Jena 1883. Derselbe, Ueber die Con- tinnität des Keiraplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung. Jena 1885. Der- selbe, Die Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung für die Selectionstheorie. Jena 1886. ■Weismann's Lehre von der Continuitüt dos KeimplasmaF. 209 der Voranssetzung verwerthbar , als es die schon im Keimplasma potent ia enthaltenen nützlichen Veränc/erunf/en sind, welche die Züchtung verwendet. Die Selection verrichtet nicht mit den Qualitäten des fertigen Organismus, sondern „mit den in der Keimzelle ver- borgenen Anlagen nützlicher Eigenschaften" ihre Arbeit. Alsdann würden alle Besonder- heiten, welche das Individuum , sei es durch verstärkten oder verminderten Gebrauch und durch gewohnheitsmässige Uebung, sei es mehr passiv durch die Wirkung der äusseren Ver- hältnisse, im Laufe seines Lebens erlangt hat, mit seinem Tode verloren sein und für das Leben der Art nicht weiter in Betracht kommen. Nur das, was in der Beschaffenheit der Keimsubstanz seine Ursache hat und der Anlage nach schon in dieser gegeben war, wird sich auf die Nachkcmimen übertragen und eine dauernde Veränderung der folgenden Genera- tionen zu bewirken vermögen. Die Auslese, welche im Kampfe um's Dasein zwischen den verschieden vortheilhaft ausgerüsteten Individuen stattfindet, kann nur insoweit auf einen Erfolg rechnen, als diese in ihren Sexualzellen die Anlagen gleich vortheilhafter Nachkommen entlialten, und die Züchtung arbeitet lediglich mit den Keimesanlagen, deren Vererbung auf die Nachkommen nur unter der Voraussetzung verständlich ist, dass das Substrat des Keim- plasmas in der gesammten Kette der aufeinanderfolgenden Generationen in Continuität bleibt. Die Continuität des Keimplasnias ist demnach die nothwendige Voraussetzung zu Weis- mann's Lehre, und zwar in dem Sinne, dass ein Theil des Keimplasmas, welches in der elterlichen Eizelle enthalten ist, beim Aufbau des Tochterindividuums nicht verbraucht wird, sondern zur Bildung der Keimzellen des letzteren in Reserve bleibt. Die Entstehung der neuen Keimzellengeneration erscheint alsdann als ein Vorgang des Wachsthums und der Assimilation, durch welche das Minimum des überkommenen Keimplasmas im Organismus des Nachkommen an Masse gewinnt und sich zu dessen Sexualanlage ausbildet. Nach Weis- mann's Vergleich würde man sich das Leben des Keimplasmas unter dem Bilde einerlang dahin kriechenden Wurzel vorstellen können, von welcher sich von Strecke zu Strecke ein- zelne Pflänzchen erheben , die Individuen der aufeinanderfolgenden Generationen , welche selbst nur nebensächliches Beiwerk darstellen. Es bliebe dann aber noch die Hauptfrage zu beantworten, durch welche Ursachen die Variabilität in die Molecularstructur des Keimplasmas hineinkommt , und wie durch das Wirken derselben die bestimmte und geordnete Aufeinanderfolge von Variationen ermöglicht wird, welche die Entwicklung der Abstufungen vom Niederen zum Höheren, vom Protoplasma bis zum Säugethiere zu erklären vermag. Die erste dieser Fragen beantwortet Weis mann unter Bezugnahme auf das Wesen und den Ursprung der geschlechtlichen Fortpflanzung, die man schon seit Decennien sich allgemein aus dem Conjugationsvorgange der Protozoen und Protophyten ableitet. Bei den einzelligen Organismen, in deren Protoplasmaleib Keimzellen und Köi-perzellen noch nicht gesondert sind , werden die äusseren Einwirkungen die indi- viduellen Variationen veranlassen und Abänderungen hervorrufen, welche sich , obwohl im Leben des Individuums erworben, auf die Nachkommen vererben. Denn bei der vorwiegenden, nur gelegentlich mit Conjugation wechselnden Fortpflanzung durch Theilung bleibt die Leibes- substanz von Tochter und Mutterorganismus in unmittelbarer Continuität, ähnlich einer Knospe, an welcher die Eigenthümlichkeiten der Pflanze direct übertragen werden. Daher ist die erbliche individuelle Variabilität der Einzelligen als die Ursache für die Abänderungen der Keimzellen und die in jenen begründete individuelle Variabilität der Metazoen und Metaphyten zu betrachten , das heisst, es sind diese Keimesabänderungen aus den Lebens- und Fortpflanzungsvorgängen der Einzelligen entsprungen, welche unter Vermittlung von gleichartige Zellencolonien repräsentirenden Zwischengliedern die vielzelligen Thiere und Pflanzen entstehen Hessen. Indem die durch Theilung auseinander hervorgegangenen Indi- viduen zum Vortheil ihrer Erhaltung im gemeinsamen Verbände verharrten , traten zuerst kleine Colonien von gleichartigen Zellen auf, welche sämmtlich noch als gleichwerthige Elemente der Gesammtheit die Functionen der Ernährung und Fortpflanzung in gleicher Weise be- sorgten. Später aber difierenzirten sich die Zellen der Colonie nach zwei Eichtungen, indem C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 14 210 Ursacheu der Variabilität und der Molecularstructur des Keimplasmas. die einen die Ernährung im weitesten Sinne übernahmen und zu Köi-perzelleu wurden, die anderen als Keimzellen lediglich der Fortpflanzung dienten. Diese der Arterhaltung nützliche Modification musste aber in einer Keimesänderung ihre Ursache haben und durch eine Ver- änderung der Molecularstructur des Keimplasmas vorbereitet sein. „Wenn," sagt AVeis- manu, „nuu die Colonie aus irgend einem „äusseren Grande" besser gediehe, wenn die in ihrer Keimzelle potentia gegebenen Molecülarten sich bei der Entwicklung der Colonie nicht wie bisher gleichmässig auf alle Theilhälften vertheilten, sondern ungleich , so würde dies auf Grund der stets vorhandenen Variabilität geschehen können , und das Resultat würde sein, dass die Zellen der fertigen Colonie ungleich ausfielen." Mit dem einmal eingeleiteten Diflerenzirungsprocess des vielzelligen Thierleibes, für welchen unser Autor, anstatt die innere mechanische Ursache der Entstehung klarzulegen, lediglich das regulirende Züchtungs- princip als Ursache der Erhaltung vorbringen kann, tritt aber auch die geschlechtliche Fort- ptianzung in Wii'kung, indem es nun lediglich die männlichen, als Zoospennien und Eizellen ditferenzirten Keimzellen sind, durch deren Conjugation das zur Erzeugung des Nachkommens in Verwendung kommende Keimplasma in den Besonderheiten der Molecularstiiictur bestimmt Avird. Die sexuelle Fortpflanzung ist es daher, welche die von den Einzelligen ererbte in- dividuelle Variabilität erhält und steigert, und die grosse Zahl von Variationen in die Keim- substanz hineinbringt, mit denen , falls sie vortheilhaft und nützlich sind , die Zuchtwahl ihre Arbeit ausfühi't. Nach Wei s mann hat demnach die sexuelle oder digene Fortpflanzung die Aufgabe, durch Vermischung verschiedener Vererbungstendenzen „das Material an indi- viduellen Unterschieden zu schaffen, mittelst dessen die Selection neue Arten hervorbringt" . AVenn wir diese Lehre auf ihre Wahrscheinlichkeit prüfen, so finden wir an der- selben unabweisbare Schwächen. In erster Linie ist dem Leben des Individuums für die Ent- stehung von Abänderungen jeder Einfluss so gut als abgesprochen, der Organismus selbst erscheint, von den Einzelligen abgesehen, für den Entwicklungsprocess mehr als werthlose Beigabe, als ein der Keimzelle aufgewachsener Appendix, mit welchem die Natur ihr nutz- loses, müssiges Spiel treibt. Dagegen erscheint die Keimzelle, um die von Weismann selbst gebilligte Ausdrucksweise Spitz er's zn wiederholen, als das eigentliche schöpferische Gebilde in der organischen Welt, und die geschlechtliche Fortpflanzung als der eigentliche Schöpfer, der die moleculare Constitution der Keimzellen in unzähligen und immer neuen Combinationen mischt und dem Selectionsprocesse die Möglichkeit des Wirkens schafi't. Thatsächlich aber ist der Sachverhalt, so weit wir durch Beobachtung und Erfahrung unterrichtet sind, gerade der umgekehrte. Die Individuen sind die realen Objecto des Natur- lebens, an welchen und durch welche sich alle organischen Erscheinungen abspielen. Sie sind auch die Träger des Keimplasmas, welches lediglich als kleiner Theil des ganzen Orga- nismus und in Abhängigkeit von dem Leben desselben gedacht werden muss. Alles, was auf diesen gestaltend und verändernd einwirkt, muss auch einen Einfluss auf dasjenige Organ ausüben, welches das assimilii-ende und wachsende Material des Keimplasmas birgt. Dass dem so ist, konnte auch Weismann nicht entgehen und wurde auch von ihm mit in Eechnung gebracht, um alsbald zu einem Zugeständnisse Anlass zu geben, welches mindestens die Cousequenz der Theorie beeinträchtigt, wenn nicht gar einen verhängnissvollen Widerspruch in dieselbe einführt. „Vielleicht," meint Weismann, „könne die Molecularstructur des Keimplasmas doch auch durch sehr lange fortwirkende Einflüsse^) derselben Art verändert werden, und es scheine die Möglichkeit nicht abzuweisen, dass lange, das heisst durch Generationen hindurch andauernde Einflüsse, wie Temperatur, Ernährungsmodus u. s. w.. die die Keimzellen so gut wie jeden anderen Theil des Organismus tretten können, Verän- derungen in der Constitution des Keimplasmas hervorrufen werden." Auch erscheint es kaum als Abschwächung dieses Zugeständnisses, wenn in der weiteren Ausführung folgt: ..Al)er ^) A. Weismann, Zur Frage nach der Vererbung erworbener Eigenschaften. Biolo- gisches Centralhlatt, 188G, Tom. VI. Nr. 2, pag. 38. Ferner: Ueber die Vererbung, pag. 48. Bedeutung der fimctioiielleii Anpassung. 211 solche Einflüsse würden dann keine individuellen Variationen hervorrufen, sondern sie niüssten alle Individuen derselben Art, welfche auf einem bestimmten Gebiete wohnen, in der gleiehen Weise verändern.'' Hiermit ist die Mögliclikeit eingeräumt, durch die Wirkung veränderter äusserer Bedingungen die Entstehung klimatischer Varietäten und anderer Erscheinungen von Variation zu erklären. Ist aber einmal diese potentielle Anjiassuug, wie wir sie mit E. Haeckel bezeichnen können, für irgend welche Abänderungen zugestanden, welche als directe Folge von äusseren Bedingungen auftreten, so sieht man nicht ein, weshalb nicht auch bei der grossen Zahl von Fällen, in welchen der Organismus durch den grösseren oder geringeren Gebrauch der Organe mehr activ reagirt, in gleichem Sinne ein indirecter Einfluss auf die Structur d(!s Keimplasmas in Betracht kommen sollte, falls nur die fuuctionelle Anpassung hinreichende Zeit und viele Generationen hindurch nach einer Richtung andauernd gewirkt hätte. Dann aber würde auch die ganze Fülle erworbener Eigenschaften bei den Metazoen nicht mehr von der Vererbung ausgeschlossen sein und eine der grössten Schwierig- keiten in Wegfall kommen, die eben für Weismann Anlass und Ausgang seiner Theorie war und in consequenter Ausbildung derselben zu der auf eine Fülle von Speculationen gestützten Lehre der Iden und Determinanten im Keimplasma*) geführt hat. Offenbar bildet die Schwierigkeit, für die Rückwirkung der während des individuellen Lebens erworbenen Veränderungen der Organe auf die Substanz des Keimplasnias eine physiologische Vorstellung zu gewinnen, den vornehmlich sten Angriffspunkt auf die Theorien Lamarck's und Dar- win's, und man wird auch zugeben müssen, dass die Vererbung des Er- worbenen durch keinen der so häutig zum Beweise angeführten Fälle ver- erbter Krankheiten oder Verstümmehmgen über jeden Zweifel sicher ge- stellt worden ist. Sollte zur Zeit aber auch keine Thatsache vorliegen , welche den unangreifliaren Beweis für die Vererbung erworbener Eigenschaften liefert, so würde an deren Stelle das Gewicht einer Reihe von Erscheinungen treten, für welche ohne diese Annahme die Möglichkeit einer Erklärung entfällt. Gerade für die functionellen Anpassungen, wie Roux die durch den Ge- brauch und die Uebung erworbenen Eigenschaften des Individuums treffend nennt, sind wir durch die Betrachtungen dieses Forschers über den Kampf der Theile im Organismus mit überzeugender Klarheit auf die Nothwendig- keit verwiesen worden, die Frage in bejahendem Sinne zu beantworten. „Es müsste überall bei der Entwicklung der Organe dasjenige, was die fuuctionelle Anpassung in Tausend Theilen des Organismus gleichzeitig Zweckmässiges geschaffen hätte, dann erst durch Tausende von Generationen dauernder zufälliger Variationen und durch Auslese immer wieder von Neuem, aber in vererbbarer Form, erworben worden sein, wenn die Wirkung der functionellen Anpassung absolut nicht vererblich wäre. Uebertragen sich dagegen ihre Bildungen, sobald sie mehrere Generationen hindurch erworben und erhalten worden sind , auf die Nachkommen , so tindet damit eine grosse Zahl der Zweckmässigkeiten des thierischen Organismus ihre Er- klärung, sofern nur die fuuctionelle Anpassung selbst erklärt ist." Die functionellen Anpassungen sind aber das Beste und Höchste, was ^) A. Weismann, Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Leipzig 1892 14* 212 1*'^ inneren Zweckmässigkeiten des Organismus. uns neben dem Wirken der Zuelitwahl die Wissenschaft seither im Sinne rein mechanischen Geschehens hegreiflich machen konnte und was, soweit eine Erklärung möglich ist , eine solche erfahren hat. Wollten wir auf die Ver- werthung derselben verzichten, so würden wir mit Nägeli und Weismann auf die geheimnissvollen Vorgänge im Innern des Idioplasmas und der Keimzelle beschränkt sein, die wir uns zwar als moleculär-mechanische Verän- derungen theoretisch vorstellen können, deren factischer Verlauf aber unbe- kannt und überdies seiner wahren Ursache nach in völligem Dunkel l)leibt. Die inneren Zweckmässigkeiten des Organismus, die Wechselbezie- hungen und Correlationen , welche in Form und Function zwischen den verschiedenen Organen des Individuums bestehen, sind ihrer Ursache nach aus der Auslese der Individuen nicht ableitbar. Schon Aristoteles war mit der Thatsache bekannt, dass die Organe nicht nur ihrer Leistung ent- sprechend zweckmässig gestaltet sind, sondern dass sie auch ihre Arbeit gegenüber den wechselnden Verhältnissen der Ausseuwelt zweckmässig reguliren, und nahm deshalb eine psychische Kraft an , welche als er- nährende Seele (J^u/;^ OpsxTi/.Tj neben der -y-j/r^ votjtu-^) die Entwicklung und Ernährung aller Theile leite. Die moderne Physiologie hat den Nachweis zu geben versucht, dass diese innere Zweckmässigkeit auf teleolocjischer Mechanik beruht, die sich entwickeln konnte, sofern die erste lebendige Materie die Fähigkeit besass , in zu-eckmässigcr Weise auf ihre Umgebung zu reagiren^) In jüngster Zeit hat besonders Wilhelm Roux^) diesen Gegenstand schärfer verfolgt und in geistvoller Weise das Princip der functionellen Selbstgestaltung des Zweckmässigen begründet, nach welchem verstärkter Gebrauch jedes Organ nicht nur vergrössert (den Dimen- sionen entsprechend, welche die Verstärkung der Thätigkeit leistet) und die specifische Leistungsfähigkeit desselben erhöht, sondern auch durch die trophische Wirkung functioneller Reize in seiner Structur zweckmässig gestaltet. Die grosse Zahl zweckmässiger Anpassungen, wie z. B. in der feineren Architektur des Knochens, dessen Stützbälkchen in der Richtung des stärksten Druckes und Zuges verlaufen und mit dem Minimum von Material die höchste Stützkraft erreichen, und ebenso in der inneren Structur der activ thätigen Organe, wie Muskeln, Drüsen etc. , können nicht aus vereinzelten Abän- derungen durch die Auslese gezüchtet sein, weisen vielmehr „auf das Vor- handensein von Qualitäten im Organismus hin, welche auf die Einwirkung functioneller Reize das Zweckmässige in höchst denkbarer Vollkommenheit direct hervorzubringen, direct auszugestalten vermögen". Der Zuchtwahl gegenüber, welche zweckmässige Eigenschaften nm- vereinzelt, niemals in zahlreichen Combinationen gleichzeitig ausbilden kann, wird die fiinctionelle *) E. F. W. Pflüg er, Die teleologische Mecluinik dei' lebeudeu Natiir. Bonn 1877. ^) AVilh. Roux, Der Kampf der Theile im Organismus. Kampf um die Existenz zwischen den Theilen des Organismus. 213 Anpassiuig Tausende von zweckmässigen Anpassung-en bei veränderten äus- seren Lebensbedingungen gleichzeitig hervorbringen. Aber auch darin kommt durch Roux's lichtvolle Darlegung Lamarck's Princip der directen Anpassung im Vereine mit der Selection zur vollen Geltung, dass die Vererbung der functionellen Anpassungen als auf die Nachkommen übertragene Disposition, wenn nicht positiv bewiesen, so doch in hohem Grade wahrscheinlich gemacht wird. Im Gegensatze zu Weis- mann, welcher das Beispiel der Wale als an das Wasserleben angepasster Öäugethiere zum Beweise herausgreift, dass „Alles, was an den Thieren Charakteristisches ist, auf Anpassung durch Selection beruht", um damit das Wirken einer im Inneren gelegenen Entwicklungskraft zu widerlegen, beruft sich Roux auf den Uebergang der Wasserbewohner zum Land- oder Luftleben, und zwar gewiss mit um so grösserem Rechte und um so besserem Erfolge, als die hier in Betracht zu ziehenden Anpassungen nicht wie jene der Wale ein secundäres und mehr vereinzeltes Verhältniss betreffen, aus dem ein allgemein giltiger Schluss überhaupt nicht gezogen werden kann, sondern eine wesentliche Phase in der Entwicklungsgeschichte des Thier- reiches bezeichnen. Von derselben können wir aber mit Bestimmtheit be- haupten, dass die Vervollkommnung „keine successive in den einzelnen Theilen war, sondern in fast allen Organen des Körpers eine gleichzeitige gewiesen sein muss, weil günstige Variationen blos einzelner Theile auf einmal das Ueberschreiten dieser Periode nicht ermöglicht hätten". Zu dieser Zeit musste also die gleichzeitige Ausbildung von tausend zweck- mässigen Einzelheiten stattfinden, was die Auslese, die nur wenige Eigen- schaften auf einmal züchten kann, unmöglich hätte leisten können. Worin aber und wie weit konnte seither die Ursache für dieses Princip der zweckmässigen Selbstgestaltung erkannt und bestimmt werden? Nicht in der molecularen Structur und dem moleculareu Geschehen, wie es sich nach chemisch-physikalischen Gesetzen unter den in jener gegebenen Be- dingungen in bestimmter Weise nothwendig vollzieht, sondern in dem Wirken der Selection innerhalb des Organismus selbst, welche im Kampfe der Theile diese nützlichen Qualitäten züchtet. Bekanntlich besteht jeder Organismus aus einer Vielheit von Theilen, aus einer Genossenschaft von Elementen, die Metazoen und Metaphyten aus Zellen und Zellengruppen, welche während der Lebensvorgänge insofern einem Wechsel unterworfen sind, als Elemente beständig austreten und durch andere neugebildete er- setzt werden. Während des Aufbaues in der embryonalen Entwicklung, welche blos im Grossen und Ganzen durch die Vererbung normirt ist, im Einzelnen aber erst durch die Verhältnisse bestimmt wird, gehen die Ele- mente selbst erst aus einander hervor, die einen Zellen entstehen aus den anderen, neue aus bereits vorhandenen. Es besteht auch keine absolute Gleichheit unter den zusammenwirkenden Theilen jeder Gruppe, sondern es wiederholt sich auch hier die Erscheinung der Variabilität, aus welcher '2\_4: Das Problem über die innere Ursache der organischen Kntwicklung ungelöst. beim Wachstlium im Zusammenhange mit dem Stoffwechsel ein heftiger Kampf der T heile entspringen muss. Es werden solche Theile, welche in diesem Kampfe in Bezug auf Ernährung und Productivität im Nachtheil sind, früher zu Grunde gehen als andere, welche als die functionell am meisten in Anspruch genommenen und daher am meisten begünstigten jene überdauern. So besteht zunächst ein Kampf zwischen den IMolecülen und ein solcher zwischen den Zellen, durch welchen Qualitäten gezüchtet werden, welche die Erscheinungen der functionellen Anpassung hervorzubringen vermögen und dem Organismus im Kampfe um"s Dasein nützlich sind. Es besteht aber auch ein Kampf zwischen den Geweben und ein solcher zwischen den Organen untereinander, „welcher sowohl zur möglichsten Ausnützung des Raumes als zur Ausbildung eines der physiologischen Bedeutung der Theile für das Ganze entsprechenden morphologischen Gleichgewichtes führen musste". Während somit der Kampf der Theile die innere Zweckmässigkeit der Organismen und die grösste Leistungsfähigkeit seiner functionell an- gepassten Organe bedingt, regulirt der Kampf der Organismen um"s Da- sein die Zweckmässigkeit in den Beziehungen derselben zu einander und zur Aussenwelt. Hiemit erscheint die Wirkung der Selection auch für die aus directer Anpassung entspringende Zweckmässigkeit dargethan und zur Erklärung der Bildungsgesetze verwerthet. So wesentlich aber auch das Princip durch diesen Nachweis an Bedeutung gewonnen hat, so bleibt dasselbe doch trotzdem auf das eines Regulators beschränkt, durch welchen alles Nach- theilige eliminirt, das Nützliche erhalten und gesteigert wird. Selbst die Frage, ob nun für jede Form der Zweckmässigkeit die Möglichkeit der Zurückführung auf rein mechanisches Geschehen erwiesen sei, ist zur Zeit noch keineswegs beantwortet. Wenn auch sämmtliche Corre- lationen, welche zwischen verschiedenen Organen bestehen, durch die Wir- kung des Kampfes der Gewebe und Organe als Folgen nothwendiger mechanischer Vorgänge zurückgeführt worden wären, so blieben noch immer eine grosse Reihe merkwürdiger Erscheinungen, vor Allem die der Neu- bildung und Reproduction von Organen bei niederen Thieren, zu erklären. Wollten wir dieselben auch im Sinne mechanisch nothwendigen Geschehens als erklärt voraussetzen , so würde doch das grössere Problem über die innere Ursache der organischen Bildung und Entwicklung nach wie vor ungelöst erscheinen. Einige Forscher haben die Entstehung neuer, höher difterenzirter Formen aus bereits vorhandenen tiefer stehenden Arten durch die Annahme einer sprungweise fortschreitenden Entwicklung erklären zu können geglaubt und diese Lehre an Stelle des von ihnen zurückgewiesenen Selections- principes gestellt. Zur Begründung derselben sollten die erst in neuerer Zeit näher bekannt gewordenen Erscheinungen des Generationswechsels und der Heterogonie dienen. So wenig in Abrede gestellt werden kann. Zurückweisung einer pprungweise fortschreitenden Entwicklung. 215 (lass für einzelne Fälle der Heterogonie in der That die Auflösung inner- halb des mehrere Generationen umfassenden Formencomplexes zu selbst- ständig neben einander bestehenden Arten geführt haben kann, so würde hiermit doch nicht im Entferntesten ein Ersatz für das, was Anpassung und Selection zur Erklärung der zweckmässigen Umgestaltungen zu leisten vermögen, gewonnen sein, um so weniger, als die Erscheinungen des Generationswechsels und der Heterogonie selbst einer Erklärung bedürfen, zu welcher wir erst mit Hilfe des Principes der Summirung verschwindend kleiner Abänderungen im Laufe der Generationen in den Lehren von der Anpassung (Lamarck) und natürlichen Zuchtwahl (Darwin) gelangen. Die von A. Kölliker nach Analogie der beiden Fortpfianzungsformen an- genommene Entwicklung mittelst heterogener Zeugung, welche schon vor Kenntniss des Generationswechsels von einzelnen Naturforschern und Philo- sophen (Schopenhauer, Zeugung ex utero heterogeneo) gelehrt wurde, schliesst vielmehr als eine „im Plane der Entwicklung" gelegene Fort- bildung, die Verzichtleistung auf Erklärung in sich ein. Treu dem Grund- satze ..Natura non facit saltum" vermögen wir den Lehren von der hetero- genen Entwicklung oder plötzlichen Umprägung (He er) gegenüber ausschliess- lich in dem langsamen und allmäligen Umbildungsprocess eine Erklärung des Artenwechsels zu finden und als Stützen derselben das Selectionsprincip im Vereine mit dem der functionellen Anpassung zu verwerthen; wenn dasselbe auch mit Rücksicht auf das grosse Räthsel der Entwicklung, das zu lösen verbleibt, nur einer „Planke" verglichen werden kann, „welche den sonst rettungslos Versinkenden über Wasser träg-t". Specieller Theil. I. Tliierkreis. Protozoa,, Urtliiere. Einzellige Organismen von geringer Grösse, mit mehr oder minder cotn- jüicirten Differenzi/rungen innerhalb des Protoplasfnaleibes, und vorwiegend ungeschlech tlicher Fortpßanzung. Morphologisch stehen die Protozoen auf der Stufe der Zelle, deren Protoplasmaleib einen oder in Folge von Theilungen des lu-sprünglich ein- fachen Kernes mehrere Kerne enthält. Sie durchlaufen daher weder eine Eifurchung, noch eine durch die Anlage von Keimblättern bezeichnete Em- bryonalentwicklung. Als Leibessubstrat treffen wir überall das contractile, körnchenreiche, mit Vacuolen erfüllte Protoplasma (Sarcode) an, dessen Differenzirung aber eine ausserordentlich reiche werden und verschiedenen Functionen entsprechende Structuren zur Erscheinung bringen kann. Sehr oft findet sich im Protoplasma eine pulsirende Vacuole, das heisst ein mit heller Flüssigkeit erfüllter Raum, der sich durch Contraction des umge- benden Plasmas scheinbar zusammenzieht und verschwindet und später an derselben Stelle wieder erscheint. Durch verschiedene, an Organe und Gewebe der Metazoen erinnernde Differenzirungen, sowie durch Modificationen in der äusseren Begrenzung und in der Ernährungsweise ergeben sich eine Reihe von Unterschieden im Baue, welche Anhaltspunkte zur Begründung der Gruppen geben. Im ein- fachsten Falle ist der gesaramte Körper ein Sarcodeklümpchen, dessen Con- tractilität durch keine äussere feste Membran gebunden ist, welches bald in leichtem Flusse Fortsätze ausschickt und bereits gebildete wieder einzieht, bald bei zäherer Consistenz der Theile eine Anzahl haarförmiger Strahlen und Fäden aussendet (Bhizopoden) . Die Ernährung erfolgt durch Umfliessen fremder Körper, welche an jeder beliebigen Stelle der Körperperipherie von der protoplasmatischen Substanz aufgenommen werden können. In zahl- reichen Fällen scheidet die in zarte Scheinfüsschen (Pseudopodien) aus- strahlende Leibesmasse kieselige und kalkige Nadeln, Gittergehäuse oder durchlöcherte Schalen aus, welche den Leib schützen und stützen (Fora- miniferen, Badiolarien) . Bei den Infusorien dagegen wird der Sarcodeleib von einer äusseren Membran umgrenzt, welche durch den Besitz von schwin- I. Classe. Khizopoda, Ehizopoden. 217 gendeii Wimpern, Haaren, Borsten etc. zu einer rascheren und mannig- faltigeren Loeomotion befähigt. Die festen Nahrungskörper werden durch eine besondere Mundöfifnung aufgenommen, während ihre Ueberreste nach der Verdauung durch eine Afterütfnung austreten. Von grosser Bedeutung für die Lebensäusserungen des Protoplasma- leibes erweist sich der Kern, welcher meist, und im jungen Organismus stets, in einfacher Zahl auftritt und sowohl für die Ernährung und Erhaltung als bei der Fortpflanzung durch Theilung eine wichtige Rolle spielt. Auch Verschmelzungen nnd Conjugationsvorgänge, welche letztere der digenen, durch Befruchtung vermittelten Fortpflanzung der Metazoen entsprechen, sind überaus verbreitet. I. Classe. EhizopodaO, Khizopoden. Protozoen ohne äussere UmhüUungshaiit, deren Leib Fortsätze ausstreckt und einzieht, in der Regel Fig. 167. mit ausgeschiedenem Kalkge- häuse oder Kieselgerüst. Die Substanz dieser Thiere, deren Gehäuse schon seit langer Zeit vor Kennt- niss des lebenden Inhalts als Foraminiferen oder Polytha- lamien beschrieben waren, ist die Sarcode in freier, durch keine Umgrenzungs- haut gebundener Form. Die- selbe ist körnchenreich, ent- hält Pigmente und entsendet feine fadenförmige Strahlen r*^ '^ < ^^S^^ meist zähflüssiger Natur. In- optischer Durchschnitt durch ein Stück Sarcodeleib von Actino- -, ^ , .. 1 U . ■+ sphacrium Eichhornii, nachHertwig nnd Lesser. jV Nuclei in dessen Können es aUCn breite, ^^^ Marksubstanz, von der sich die grossWasige Kindenschicht gelappte oder fingerförmige ^^^^^^- ImCentrum der Pseudopodien sieht man den Achsenfaden. Fortsätze sein, durch welche sich die Leibesmasse in rasch fliessender Strömung fortbewegt. Dann unterscheidet man einen zäheren und hellen, homogenen Saum als peripherische Grenzlage (Ectoplasma) und eine mit Körnchen durchsetzte flüssigere Innenmasse (Endoplasma). Die erstere er- ^) Dujardin, Observations sur les Rhizopodes. Comptes rendus, 1835. Ehrenberg, lieber noch jetzt zahlreich lebende Thierarten der Kreidebildung und den Organismus der Polythalauiien. Abhandl. der Akad. zu Berlin 1839. Max Sigm. Schultze, Ueber den Or- ganismus der Polythalamien. Leipzig 1854. Joh. Müller, Ueber die ThalassicoUen, Poly- cystinen und Acanthometren, 1858. E. Haeckel, Die Eadiolarien. Eine Monographie. Berlin 1862. 0. Bütschli, Protozoen, neu bearbeitet in Bronn's Classen und Ordnungen. 3 Bände, 1880-1889. 218 Pseudopodien. Axopodien. Myxopodien. Fig. 168. ^\ .:'(. !h: •^ Amoeha (Baciylosphaera) pohjpodia, ] Fr. E. Schulze. N Nucleus, Pv sirende Vacuole. Fig. 169. hebt sich bei der Bewegung zuerst in Fort- sätze, in welche die Körnchen der letzteren mehr oder minder rasch einströmen. An den zäheren Pseudopodien werden hingegen lang- same, aber regelmässige Körnchenströmungen als Wanderungen von der Basis nach der Spitze und umgekehrt beobachtet, Bewegun- gen, deren Ursache in der Contractilität der umgebenden Sarcode theilchen zu suchen ist (Fig. 167). Die Pseudopodien zeigen entweder eine Neigung zur Anastomosenbildung (Myxo- podien) oder bleiben verhältnissmässig starr, fiiessen nicht zu Netzen zusammen und werden dann oft von einem festern Axenfaden ge- stützt, der sich in das Innere des Sarcodeleibes fortsetzt (Axopo- Eotalia veneia, nach M. Schultze, mit einer im Pseudopodiennetz aufge nommenen Diatomacee. dien). Bei den ma- rinen Rhizopoden mit Myxopodien bleibt die Plasma- masse des Weich- körpers gleich- massig, und es be- steht keine scharfe Grenze zwischen einem hyalinen Ectoplasma und körnigen Endo- plasma. Auch ist das Vorkommen einer Geissei ne- ben den Pseudo- podien nicht aus- geschlossen , wie auch an Theilpro- ducten nach vor- ausgegangenerEn- cy stirung diePseu- dopodien geissel- ähnlich schwingen können. Nicht sel- ten findet sich in der Sarcode ein Kalk- und Kieselgehäuse. 219 pnlsirender Raum, contracfih Vacuole, z. B. Amocha (Fig. 168), DifßiKjla, Avünophri/s, Aredia. Auch treten in der Sareode ein oder mehrere Kerne auf, durch welche der morphologische Werth des Rhizopodenleibes als Zelle über allem Zweifel steht. Allerdings gibt es auch Formen, in deren Proto- plasma es nicht gelang, Spuren eines Zellkernes aufzufinden. Indessen handelt es sieh in solchen Fällen wohl nur um vorübergehende kernlose Entwicklungszuständc, und es ist gewiss verfehlt, aus den kernlosen Rhizo- poden eine besondere Ordnung als „Moneren'^ zu bilden. Meistens scheidet die Substanz Skelette ab, entweder Kicselgcbilde als feine Nadeln und hohle Stacheln, welche vom Centrum aus in gesetzmässiger Fifi-. 170. MilioJa fenera mit Pseudopodiennetzeu, nach M. Schnitze. Zahl und Anordnung nach der Peripherie gerichtet sind, oder gegitterte, oft Spitzen und Stacheln tragende Behälter (Piadiolarkn), oder Kalkskelette in Form einfacher und gekammerter Schalen mit fein durchlöcherter Wandung (Foramiferen) und einer grösseren Oetfnung. Durch diese, sowie durch die zahlreichen Poren der kleinen Gehäuse treten die Pseudopodien nach aussen hervor (Fig. 169 und 170). Durch langsam kriechende Bewegungen auf festen Gegenständen vermitteln dieselben die Locomotion, während sie andererseits dadurch, dass sie kleine pflanzliche Organismen umfliessen und in sich einschliessen, zur Nahrungsaufnahme dienen. Bei den Gehäuse tragenden Formen geschieht die Aufnahme und Verdauung der Nahrungsstoffe ausser- halb der Schale in den peripherischen Fäden und Netzen. 220 I. Ordnung. Amoebina. Die Rhizopoden leben grössteutheils im Meere und tragen durch die Anhäufung ihrer Gehäuse zur Bildung des Meeressandes und zur Abla- gerung selbst mächtiger Schichten bei, wie auch zahlreiche fossile Formen aus verschiedenen Formationen bekannt sind. Die in den sehr alten Ge- steinen der laurentischen Formation Canada's entdeckten und als Eozoon canadense beschriebenen Gebilde, welche von mehreren Forschern für fossile Foraminiferen gehalten worden sind, dürften mit Organismen nichts zu thuu haben und auf anorganische Difterenzirungen zurückzuführen sein. 1. Ordnung.^) Amoebina. Amöhenarüge Rhizopoden des süssen Wassers, meist mit imlsirender Vaciwle, bald nackt, bald mit einfacher Schale, mit vorwiegend fingerförmigen oder lappigen Pseudopodien. Der Sarcodeleib zeigt meist einen zäheren homogenen Grenzsaum, der scharf von dem flüssigeren, körnchenreichen Plasma abhebt, in welchem der Kern liegt. Die Pseudopodien sind seltener zähere feine Ausstrahlun- gen (Fig. 171), meist fingerför- mige Fortsätze (Fig. 172). Häufig ist eine chitinöse oder kieselige, fein sculpturirte Schale vorhanden. So- wohl Theilungs- als Verschmel- zungs- und Conjugationsvorgänge sind an nackten und Gehäuse tra- genden Formen beobachtet worden. Der Theilung, welche bei Ämoeba polypjodia durch alle Phasen ver- folgt werden konnte, geht die Ein- Difflugia obionga, nach schuürung des Kemcs voraus. Der- stein. p Pseudopodien, sclbc wird hantelfömiig und schnürt sich in zwei Kerne ab, dann folgt die Theilung des Plasmaleibes in zwei je einen Kern einschliessende Theil- stücke. Bei Gehäuse tragenden Formen tritt, nach vorausgegangener Neu- bildung von kleinen uhrglasförmigen Schalen plättchen im Innern des Thieres, das Plasma in Form einer von jenen bedeckten Knospe aus der Mündung hervor (Euglypha), bis die ausserhalb derselben befindliche Plasmamasse, Evghjpha globosn, nach Hert- w i g und L e s s e r. ^) Ausser den Arbeiten von Dujardiu, M. Scliultze, Fr. E. Schulze, Hertwig, Lesser, Greeff u. A. vergl. A. Grub er, Der Theiluugsvorgang bei Euglypha alveolata, die Theilung der nionothalanien Ehizopoden , Untersuchungen über einige Protozoen , über Kerntheilungsvorgänge bei einigen Protozoen. Zeitschr. für wissensch. Zoolog., Tom. XXXV bis XXXVIII. F. Blochmann, Zur Kenntniss der Fortpflanzung von Euglypha alveolata. Morph. Jahrb., Tom. XIII, 1887. W. Schewiakoff, Ueber die karyokinetische Kerntheilung der Eugljiiha alveolata. Ebend., Tom. XIII, 1887. 2. Ordnung. Foraminifera. 221 von einer Seliale umgeben, Volum und Gestalt des Mutterthieres erlangt hat. Inzwischen ist auch die Kerntheihmg erfolgt und ein Tocliterkern in das neugebildete Thier eingetreten , welches sich schliesslich vom Mutterthiere trennt. Auch Verschmelzungs- und Conjugations Vorgänge, welche auf eine Art geschlechtlicher Fortpflanzung hinweisen, sind bei Euglypha und Är- cella beobachtet worden. Unter den nackten Formen slml hervorzuheben : Ämoeha princeps Ehrbg., A. poly- podia M. Seh., A. terricola Greelf., Petalopus difflwjiens Clap. Lachm., Pelomyxa polustris Greeft". Ferner die parasitischen : Amocha coli in Colon-Geschwüren des Menschen, Haeina- moeha malariae Grassi, Blutamöbe des Wechselfiebers. Hier würde sich auch der viel- besprochene .B«Y/;^i/Vs Huxl. aus dem Tiefseeschlamme des atlantischen Oceans anschliessen, wenn derselbe wirklich ein lebender Organismus (und nicht Gypsniederschlag) wäre. Arcella vulgaris Ehrbg. mit hexagonal sculpturirter napfförmiger Schale, EuglypJia alveolata Duj., E. globosa Gart, mit zähen , spitzen , dichotomisch verästelten Pseudopodien (Fig. VKf}, Difflugia protcifonnis Elirbg. mit flaschentonniger , aus Sandpartikelchen gebildeter Schale (Fig. 11^. 2. Ordnung. Foraminifera ^) s. str. = Bhizopoda. Theils nackie, thcils Schalen tragende Bhizopoden, deren Schalen fast durchgchends aus Kalk bestehen und häufig von feinen Poren zum Austritt der Pseudopodien durchbrochen sind, ohne pidsirende Vacuolen. Nur in seltenen Fällen hat die Substanz des Gehäuses eine kieselige Natur, bei allen anderen Formen ist dieselbe häutig und zuweilen unter Zuhilfenahme von Sandtheilchen aufgebaut oder besteht aus einer an orga- nische Stoffe gebundenen Kalkablagerung. Die Schale ist entweder eine einfache (Monothalamien), gewöhnlich mit einer grossen Oeffnung versehene Kammer, oder vielkammerig (Polythalainien), d. h. aus zahlreichen, nach bestimmten Gesetzen aneinandergereihten Kammern zusammengesetzt, deren Räume durch feinere Gänge und grössere Oeffnungen oder Scheidewände untereinander communiciren. Auf diese Weise stehen die von den einzelnen Kammern umschlossenen Theile des lebendigen Sarcodeleibes durch Aus- läufer und Brücken, welche durch die Gänge und Oeffnungen der Septa hindurchtreteu, in unmittelbarem Zusammenhange. Die Wand der Kalk- schale ist entweder undurchbohrt (Imperforata) oder von zahlreichen Poren durchsetzt (Perforata). Die Beschaffenheit der Leibessubstanz mit ihren zu Netzen zusammenfliessenden Myxopodien, die Art der Bewegung und Er- nährung schliesst sich eng an die als charak'teristisch für die Ord nung ge- schilderten Verhältnisse an. Meist sind zahlreiche, aus dem ursprünglich ^) Ausser D'Orbigny, Max Schnitze, 1. c. , vergl. W. C. AVilliamson, On the recent Foraminifera of Great Britain. London 1858. Carpenter, Introduction to the Study of the Foraminifera. London 1862. R e u s s , Entwurf einer systematischen Zusammenstellung der Foraminiferen. Wien 1861. 0. Bütschli, Kleine Beiträge zur Kenntniss einiger marinen Rhizopoden. Morphol. Jahrbuch, Tom. XI, 1885. F. Schaudin, Untersuchungen an Fora- miniferen. I. Calcituba polymoi-pha Roboz. Zeitschr. für wiss. Zoologie, LIX, 1895. 222 Fortptlanzung. Vorkommen. einfachen Kerne durch Theihiug entstandene Kerne vorhanden, welclic aus den älteren in die jüngeren Kammern überzutreten scheinen. Die 8tructur des Plasmas, an welchem keine Sonderung in Ecto- und Endoplasma nach- weisbar, ist eine fein netzförmige oder besser wabige, an manchen Stellen fibrilläre. Auch können Algenzellen, Zooxanthellen, eingelagert sein (Ghhi- gerina, PeneropUs). Pulsirende Yacuolen scheinen durch Vacuolen vertreten zu sein, welche, in allmäliger Veränderung begritfen. ihre Gestalt wechseln und mit einander verschmelzen. Eine Fortpflanzung wurde bei M'diola, Jiofalia^ PoJ//sfo)ncJh(, Calci- tuha etc. beobachtet. Die erstere Form erzeugt aus dem Inhalt ihres Pr(jto- plasmaleibes einkammerige, die letztere dreikammerige Junge. Der Fort- pflanzung geht stets eine Kernvermehrung voraus, und es zerfällt nach der Zahl der Kerne der Mutterkörper in Theilstücke, die zu jungen einkernigen Foraminiferen werden. Die Theilung des Weichkörpers, Formgestaltung und Schalenabsonderung kann innerhalb der Mutterschale oder ausser derselben erfolgen, zuweilen so, dass die fertigen Jugendformen als nackte Plasmodien aus der Schalenötfnung austreten und dann erst Form und Schale ausser- halb gewinnen (Calcituha). In anderen Fällen hat der Weichkörper des 173 Mutterthieres vorher die Schale verlassen. Trotz der geringen Grösse beanspruchen die Schalen unserer einfachen Organismen eine nicht geringe Bedeutung, indem sie einestheils im jMeeressande in ungeheuerer Menge ange- häuft liegen (M. Schnitze berechnete ihre Zahl für die Unze Meeressand vom Molo di Gaeta auf etwa IV2 Millionen), anderentheils als Fos- Nummulitenkalkstein mit Horizontal- .... ^ ■ -i -r-i durchschnitten von X di^itans , nach siiicn lu vcrschiedencn B ormationcu, namentlich ^'t*^^- in der Kreide und in Tertiärbildungen gefunden werden und ein wesentliches Material zu dem Aufbau der Gesteine geliefert haben. Kieselige Steinkerne von Polythalamien finden sich schon im Silur. Die auffallendsten, durch ihre bedeutende Grösse hervorragenden Formen sind die Xummiditen (Fig. 173) in der mächtigen Formation des soge- nannten Nummulitenkalkes (Pyrenäen). Ein Grobkalk des Pariser Beckens, welcher als vortrefflicher Baustein benützt wird, enthält die TrilocuJina trigonula (Miliolitenkalk). Die meisten Foraminiferen bewegen sich kriechend auf dem jMeeres- grunde. Indessen werden Globigerinen und Orbulinen wohl auch flottirend angetroffen. Auch in sehr bedeutenden Tiefen ist der Meeresboden von einer reichen Formenfülle, besonders GloUgerinen, bedeckt, deren Schalen- reste zu fortdauernden Ablagerungen Anlass geben. 1. Imperforata. Mit häutiger oder kalkiger Schale, welche der feinen Poren ent- behrt, dagegen an einer Stelle eine einfache oder siebförmige Oelfnung besitzt, aus welcher die Pseudopodien hervortreten. Hierher gehören die Fiunilien der Gromiden mit häutiger, 3. Ordnung. Heliozoa. 223 Fig. 174. chitiniger Schale: Gromia oriformis Duj. und Milioliten, Schale porzellanartig ; Cornu spira planorhis M. Seh., Miliola cyclostoma M. Seh., M. tenera M. Seh. (Fig. 170), Cal rituba j>oly>uorpha Roboz. 2. Perforata. Die meist kalkige Sehale wird ausser von einer grösseren Oetfnung stets von zahlreichen, meist feinen Poren durchbrochen und enthtält häufig in den Seheidewänden ihrer Kammern complicirte Gänge. Fam. Lagenidae. Gehäuse flaschen- formig, mit einer grösseren, von gezähneltem Lippenrande umge- benen Oeffnung : Lagena t'2/7^ar/5 Williamson. Fam. Globiger ini- (Jae. Die hyaline, von grossen Poren durchsetzte Schale mit ein- facher schlitzförmiger Oetfnung : Orbulüia imiversa D'Ovh., Ärer- rulina M. Seh. (Fig. 174), Globigerina bidloides D'Orh. , lioialla D'Orb., Textidaria D'Orb., PohjstomeUa Lam. «keiet von.4fpn»/( Die bedeutendste Grösse erreichen die Nummuliten mit nach M. Schul tze. j; Poren, fester Schale und Zwischenskelet, welches von einem complicirteu Canalsystem durchsetzt Avird. 3. Ordnung. Heliozoa ^), Soimeiitliierchen. Ehizopodcu des süssen Wassers, Fig. 175. meist mit pnWirender Vacuole, mit fein- strahUgen Pseudopodien (Axopodien), ^ \ einem oder mehreren Kernen, zuweilen mit radiärem Kieselskelet. Der meist in Entosark und Ecto- sark geschiedene Sarcodeleib entsendet nach allen Richtungen zähe, strahlen- förmige Pseudopodien. Dieselben wer- den durch einen festeren, bis in den centralen Sarcodeleib hineinreichenden Axenfaden gestützt und sind mehr oder minder starr, nicht zu Netzbildungen befähigt (Axopodien). Die Skeletaus- scheidungen, wenn solche auftreten, be- stehen aus radiär angeordneten Kiesel- stacheln (Acanthocystis) oder aus einem gegitterten Kieselgehäuse (Clathridina) und schliessen so unmittelbar an die Skeletbildungen der Radiolarien an, dass man die Heliozoen geradezu als Sässimsserradiolarien bezeichnet hat. Indessen fehlt die als Centralkapsel bekannte Bildung. Kerne können ein Junges, noch einkerniges Actinosphaeriumf nach Fr. E. Schulze. N Nucleus. ^) L. Cienkowski, Heber Clathrulina. Archiv für mikrosk. Anatomie, Tom. III, 1867. R. Greeff, Ueber Radiolarien und radiolarienähnliche Rhizopoden des süssen Wassers. Ebendaselbst Tom. V u. XI. R. Hertwig und Lesser, Ueber Rhizopoden und denselben nahestehende Organismen. Ebendaselbst Suppl. Tom. X, 1874. A. Brauer, Ueber die Ency- stirung von Actinosphaerium Eichhorni Ehrbg. Zeitschr. für wiss. Zool. LVIII, 1894. Ferner Archer und Fr. E. Schulze etc. 224 4. Ordnung. Kadiolaria. oder mehrere in der Centralmasse auftreten (Fig. 175). Ein wichtiger Unter- schied beruht auf dem Vorkommen pulsirender Vacuolen, welche bei keinem marinen Radiolar beobachtet worden sind. Die Fortpflanzung erfolgt häufig durch Theilung, zuweilen nach vor- ausgegangener Cystenbildung (Actinosphaerium). Auch eine Vermehrung durch Geissein tragende Schwärmer wurde nachgewiesen (Clathrulina). Nicht selten verschmelzen mehrere Individuen zu conjugirten ^'erbänden. Farn. Actinophryidae. Kieselausscheidungen fehlen. Actinosphaerium Eichhornä Ehrbg. Die Centralsubstanz umschliesst zahlreiche Kerne. Äctinophrys sol Ehrbg. von ge- ringerer Grösse, mit einem centralen Kern. Farn. Acanthocystiden mit Kieselstacheln und Nadeln. Acanthocystis spinifera Greeff. Fam. Clathruliniden. Mit gegitterter Kieselschale. Leib gestielt. Clatlirttlina elegans Cienk. 4. Ordnung. Radiolaria ^), Radiolarieii. Fig. 176. Thalassicolla pelagica mit Centralkapsel und Binnenblase, sowie mit zahl- reichen Alveolen im Mutterboden des Protoplasmaleibes, nach E. Haeckel. blase) eingebettet liegen. Diese repräsentirt den Kern, Marine Rliizo- podeu mit Central- kapsel und radiärem Kiesclskelet ohnejml- sirende Yaciiole. Der Sarcode- leib enthält eine häu- tige, von Poren durch- setzte Kapsel (Cen- tralkapselj, in wel- cher ein zähes Proto- plasma mit Bläschen und Körnchen (infra- capstääre Sarcode), ferner Fetttropfen und Oelkugeln, Ei- weisskörper, seltener Kry stalle und Con- cretionen , zuweilen auch noch eine zweite innerste , dünnwan- dige Blase (Binveu- welcher jedoch auch 1) Joh. Müller, Ueber die ThalassicoUen, Polycystinen und Acauthometreu. Abhandl. der Berl. Akad. 1858. E. Haeckel, Die Radiolarien. Eine Monographie. Berlin 18(52. 0. Bütschli, Beitrag zur Kenntniss der Radiolarienskelette , insbesondere der Cyrtida. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXXVI, 1881. R. Hertwig, Der Organismus der Radio- larien. Jena 1879. K.Brandt, Die Colonie bildenden Radiolarien des Golfes von Neapel. Berlin 1885. E. Haeckel, Report on the Radiolaria collected by H. M. S. Challenger. London 1887. .Sarcodeleib derselben. 225 durch zahlreiche kleine homogene Kerne vertreten sein kann. In der extra- capsulären Sarcode, welche nach allen Seiten in zähflüssige, oft von Axen- taden gestützte Pseudopodien mit Körnchenbewegung ausstrahlt, finden sich gewöhnlich zahlreiche gelbe Zellen (symbiotisch lebende Zooxanfhellcn), zuweilen auch Pigmenthaufen und in einzelnen Fällen wasserhelle dünne Blasen, Alveolen, letztere meist als peripherische Zone zwischen den aus- strahlenden Pseudopodien eingelagert (T/ialasslcolla pelafjlm) (Fig. 176). Der extracapsuläre Leib steht durch Oett'nungen der Centralkapsel- wand mit der intracapsulären Sarcode in Verbindung und kann von dieser aus regenerirt werden. Die Wand der Centralkapsel ist entweder von sehr zahlreichen und feinen Poren im ganzen Umkreis durchsetzt (Peripylaria), oder es sind die Poren auf ein begrenztes Feld beschränkt (Monopylaria), Fig. 177. Fig. 178. Acanihometra Miillcri, nach E. Haeckel. Skelet von J/p/ios^>/inf)-a pc/i('»o/(/t's^ nach E. Ha e ekel. oder endlich es bestehen nur wenige (meist drei) grössere Oeflfnungen in der Centralkapselwand (Tripylaria), Unterschiede, die in neuerer Zeit zur Eintheilung benutzt wurden. Pulsirende Vacuolen fehlen. Viele Radiolarieu sind colonienbildend und aus zahlreichen Einzel- körpern zusammengesetzt. Bei diesen herrschen die Alveolen in dem ge- meinsamen Mutterboden tor, welcher nicht wie bei den monozoischen Radiolarien eine einfache Centralkapsel, sondern zahlreiche Kapseln (Nester) in sich birgt. Nur wenige Arten bleiben nackt und ohne feste Einlagerungen, in der Regel steht der Weichkörper mit einem aus soliden oder hohlen Kieselnadeln oder einem aus einer organischen Substanz , dem Acanthin (Äcanthometridae), aufgebauten Skelet in Verbindung, w^elches entweder ganz ausserhalb der Centralkapsel liegt (EctoUthia), oder wie bei den aus Acanthin bestehenden Stäben in das Innere derselben hineinragt (FMto- lithki [Fig. 177]). Im einfachsten Falle besteht das Skelet aus kleinen ver- einzelten, einfachen oder gezackten Kieselnadeln (Spkida) , die zuweilen C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 15 226 Fortpflanzung. Fig. 179. um die Peripherie des Mutterbodeus ein feines Sehwaramwerk zusammen- setzen, z. B, Pliysematium ; auf einer höheren Stufe treten stärkere hohle Kieselstachelu auf, welche, radiär gestellt, in gesetzmässiger Zahl und An- ordnung nach der Peripherie ausstrahlen; zu diesen kann sich ein feines peripherisches Nadelgerüst hinzugesellen; in anderen Fällen finden sich einfache oder zusammengesetzte Gitternetze und durchbrochene Gehäuse von äusserst mannigfacher (^estalt (von Helmen, Vogelbauern, Schalen etc.), auf deren Peripherie sich Spitzen und Nadeln, oft wieder durch concen- trische Schalen ähnlicher Form verbunden , erheben können , z. B. Poly- cystinen (Fig. 178 u. 179). Ueber die Fortpflamunfj ist bislang nur Weniges bekannt. Ausser der Thei- lung wurde die Bildung von Keimen beobachtet. Auch diese gehen aus dem Inhalt der Centralkapsel hervor und werden nach Platzen derselben als Schwärmer frei. Die mit Geissein ausgestatteten Schwärmzellen (Schwärm- sporen) bilden sich unter Betheiligung von Theilpro- ducteu des Kernes und ent- wickeln sich im Freien zu ei- nem Radiolar. Auch Mikro- sporen und Makrosporen werden beobachtet, welche wahrscheinlich eine Art Conjugation eingehen, die bei den Colonien bildenden Polycyttarien vorkommt und mit der Theilung des Kernes innerhalb der Centralkapsel beginnt, dann auf diese fortschreitet. Die Radiolarien sind Meeresbewohner und flottiren an der Oberfläche, vermögen aber auch in tiefere Schichten zu sinken, wie denn manche Formen (Phaeodarien) in der grössten Meerestiefe gefunden werden. Auch fossile ßadiolarienreste sind durch Ehrenberg in grosser Zahl bekannt geworden, z. B. aus dem Kreidemergel und Polirschiefer von ein- zelnen Küstenpunkten des Mittelmeeres (Caltanisetta in Sicilien . Zante und Aegina in Griechenland), besonders aus Gesteinen von Barbados und den Nikobaren, wo die Radiolarien weit ausgedehnte Felsbildungen ver- Eucyrtidlwn cranoides, nach E. Ha e ekel. ir. Classe. Infusoria. 227 aiilasst haben. Ebenso haben sich Proben von Meeressand aus sehr be- deutenden Tiefen reich an Radiolariengehäusen erwiesen. Während man früher nach dem Vorf^ange Joh. Müller's die Kadiolarien in mono- zoische und poh-zoische (PolycyttmHa) eiutheilte und unter jenen die Thalassicollen, Poli/- ri/stincn und Acanfhometren , unter den Polycji;taria die SpJiaecozoen , Collozoen und Collosphaeren unterschied, legt man bei der gegenwärtigen Eintheilung auf die Beschalfen- heit der Porengruppen in der Ceutralkapselwand und auf das Vorhalten der Stachelstrahlen den bestimmenden Werth und unterscheidet folgende Gruppen: 1. Peripylcen (Spumellarien). Membran der Centralkapsel allseitig durchbohi-t. Skelet fehlt oder wird durch ein spongiöses Netzwerk oder Gitterkugeln mit den Bindungsstäben und Stacheln gebildet. Thalassicolla pelagica E. Haeck. (Fig. 176). Sphaerozoum piinc- fafum Joh. Müll., Collozoum inerma E. Haeck., Pliysematium Mülleri Sehn. 2. Aeanfharien. Membran der Centralkapsel allseitig durchbohrt. 20 radiale aus Acanthin bestehende Stacheln durchbohren die Centralkapsel. Acanthomeira i^ellucida Joh. Müll., A. Mülleri E. Haeck. (Fig. 177). 3. Monopyleen (Nassellarien). Nur ein Porenfeld an einem Ende der Ceutralkapsel- wand. Skelet meist helmförmige und kätigähnliche Gittergehäuse. Eucysiidlum galea E. Haeck., E. cruniokles E. Haeck. (Fig. 179). i. Phacodarien. Centralkapsel mit einer von Pigment umlagerten Hauptoffnung und kleineren Nebenöffnungen. Skelet aus hohlen Einzelnadeln gebildet. Aularantha scolymantha E. Haeck. IL Classe. Infusoria 0, Infusorien. Protozoen von hcsümmter Form, mit Geissein besetzt oder von Cilien heMeidet, mit Mimdöff'miiiff , pidsirender Yacuole und einem oder mehreren Kernen. Die Infusorien wurden geg-en Ende des 17. Jahrhunderts von A. von Leeiiwenhoek, welcher sich zur Untersuchung kleiner Organismen der Vergrösserungsgläser bediente, in einem Gefässe mit stehendem Wasser entdeckt. Der Name Infusionsthierchen kam jedoch erst im Laufe des vorigen Jahrhunderts durch Ledermüller und Wrisberg in Gebrauch, ursprüng- lich zur Bezeichnung aller kleinen, nur mit Hilfe des Mikroskops erkenn- baren Thierchen, welche in Aufgüssen (Infusionen) auftreten. Später machte sich um die Kenntniss der Infusorien der dänische Naturforscher 0. Fr. Müller verdient, welcher sowohl die Conjugation derselben, als ihre Fort- pflanzung durch Theilung und Sprossung beobachtete und die erste syste- ') Ehrenberg, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen, 1838. Bal- biani, Etudes sur la reproduction des Protozoaires. Journ. de la Phys., Tom. III. Der- selbe, Recherches sur les phenomenes sexuels des Infusoires. Ebendaselbst, Tom. IV. Claparede und Lachmann, Etudes sur les Infusoires et les Ehizopodes. 2 vol. Geneve 1858—1861. E. Haeckel, Zur Morphologie der Infusorien. Jen. Zeitschr., Tom. VII, 1873. 0. Bütschli, Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle, die Zelltheilung und die Conjugation der Infusorien. Frankfurt 1876. Fr. Stein, Der Organismus der In- fusionsthiere. 3 Theile. Leipzig 1859— 1883. W. Schewiakoff , Beiträge zur Kenntniss der holotrichen Ciliaten. Bibliotheca zoologica. Heft 5, 1889. 15* 22S Gischichtliclies über Infusorien. grösseres Gebiet von Formen zusammen als wir heutzutage, indem er alle rückenmarklosen, der gegliederten Bewegungsorgane entbehrenden Wasser- thierchen von mikroskopischer Grösse zu den Infusorien stellte. Mit Ehrenberg's umfassenden Untersuchungen beginnt für die Kennt- niss der Infusorien ein neuer Abschnitt. Das Hauptwerk dieses Forschers : „Die Infusio)isihlerchcn als vollkommene Organismen" deckte einen kaum geahnten ßeichthum von Organismen auf, welche unter sehr starker Ver- grösserung beobachtet und abgebildet waren. Noch jetzt ist eine nicht geringe Zahl der Ehrenberg"schen Abbildungen mustergiltig und kaum von anderen späteren Darstellungen übertroif en , allein die Deutung der beobachteten Verhältnisse hat durch die neueren Untersuchungen wesent- liche Berichtigungen erfahren. Auch Ehrenberg fasste das Gebiet in zu grosser Ausdehnung, indem er nicht nur die niedersten Pflanzen, wie Diato- maceen, Desmidiaceen, als Polygastrica anentera heranzog, sondern auch die viel complicirter organisirten Eoüferen aufnahm. Indem er die Organisation dieser letzteren zur Basis seiner Deutungen wählte, wurde er bei dem Principe, überall eine gleich vollendete Organisation nachzuweisen, durch unglückliche Analogien zu zahlreichen Irrthümern verleitet. Ehrenberg schrieb den Infusorien Mund und After, Magen und Darm, Hoden und Ovarien, Nieren, Sinnesorgane und ein Gefässsystem zu, ohne für die Natur dieser Organe Beweise geben zu können. Gar bald machte sich denn auch ein Rückschlag in der Auffassung des Infusorienbaues geltend, indem so- wohl der Entdecker des Rhizopodenleibes, Duj ardin, als v. Siebold und Kolli ker. Letztere mit Rücksicht auf den Xnclcns und sog. Nuclcolus, den Körper der Infusorien auf die einfache Zelle zurückführten. Durch die nun folgenden Arbeiten von Stein, Gl aparede, Lach mann und Balbiani sind allerdings zahlreiche DifPerenzirungen nachgewiesen worden, welche sich jedoch sämmtlich auf Sonderungen innerhalb des Zellenleibes zurück- führen lassen. Dazu kommt die durch 0. Bütschli erwiesene Ueberein- stimmung in den Theilungs Vorgängen mit jenen der Zelle, sowie die nahe Beziehung der bei der Conjugation auftretenden Vorgänge zu denen der Befruchtung der Eizellen der Metazoen. Die äussere Körperumgrenzung stellt meist eine glashelle zarte Mem- bran dar, deren Oberfläche mit schwingenden und beweglichen Anhängen mancherlei Art in regelmässiger Anordnung bekleidet wird. Bei den ein- facheren Infusorien, den Flayellaten, finden sich nur eine oder zwei schwin- gende Geissein vor, bei den höher difterenzirten C'äiafen meist ein reicher Cilienbesatz. Je nach der verschiedenen Stärke der äusseren Hülle, die übrigens zuweilen überhaupt nicht als gesonderte Membran nachweisbar ist, sowie nach dem verschiedenen Verhalten des peripherischen Parenchyms erhalten wir metaholische, formbeständige und gepanzerte Formen. Seltener scheidet die äussere Körperoberfläche eine zarte, als Gehäuse abgehobene Cuticularbildung aus. I. Unterclasse. Flagellata. I. Ordnung. Euflagellata. 229 Wenn man die einfacher organisirten, Geisscln tragenden Flagellaten, welche zahlreiche Beziehungen und Uebergangsformen zu Algen und Pilzen bieten, nicht aus dem Bereiche der Infusorien entfernen will, so wird man die letzteren in die beiden Hauptgruppen der Ciliatm und Fkujdlatcn ein- theilen können. I. Unterclasse. Flagellata ^) — Mastigophoren, Geisseiträger. Infusorien von geringer Grösse mit einer oder sicei meist mundstän- digen GcisseJn, mit einfachem. Nucleus. Die Flagellaten sind Infusorien, deren Bewegungsorgane von einer oder mehreren peitschenförmigen Wimperkerzen gebildet werden, wie wir sie schon bei einzelnen Rhizopoden, besonders im Schwärmzustande kenneu lernten. Durch das Eintreten in einen Ruhezustand schliessen sie sich ebenso wie in ihrer Ernährungsart gewissen Pilzen und Algen an. Was Anlass gibt, die Flagellaten für Protozoen zu erklären, ist die vollkommene Contractilität des Körpers, in der sie freilich die Schwärm- zustände der Myxomyceten nicht übertreffen, sodann die Contractilität der Geissein, die scheinbar zweckmässige und willkürliche Bewegung, das Vor- kommen contractiler Vacuolen und, wie für zahlreiche Fälle eonstatirt ist, die Aufnahme körperlicher Elemente durch eine am Grunde der Geissei gelegene Ocjfnung in das Innere des Körpers. I. Ordnung. Eußagellata. 1. Die Monadinen, vorwiegend mehr oder minder amöboide Fäulnissinfusorien, welche von den häufig als Pilze betrachteten Monaden schwer abzugrenzen sind. Sie pflanzen sich durch Quertheilung fort, sodann durch Keim- Fig. 180. 181. bildung im Zustand der Encystirung, welcher bei manchen Formen eine Conjugation vor- auszugehen scheint. Viele haben einen pseudo- podienbildeuden Zustand {Ciliophrya infu- sionum Cnk., Masiiyamoeba aspera Seh.). Die bekanntesten Gattungen sind Cercomonas Duj. und Trichomonas Donne, von denen die erstere durch den Besitz eines Schwanz- fadens charakterisii-t wird, während Tricho- monas neben der oft zweifachen Geissei einen undulireuden Flimmersaum trägt (Fig. 180 und 181). Sie leben vorwiegend im Darm von Wirbelthieren, aber auch von Wirbellosen. Im Menschen sind gefunden : Cercomonas intestinalis Lanibl und Trichomonas vaginalis Donne a Cercomonas intestinalis, b Tri- chomonas vaginalis , nach K. Leuckart. Trichomonas Ba- trachorum, nach Stein. Tis undu- lirender Saum. ^) Ausser Ehrenberg, Claparede und Lachmann, I.e., vergl. Stein, Orga- nismus der Infusionsthiere, Tom. III, 1878—1883. 0. Bütschli, 1. c, ferner Beiträge zur Kenntniss der Flagellaten. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXX. Dallinger and Drysdale, Researches on the life history of the Monads. Monthh' microsc. Journ., Tom. X — XIII. S. Kent, A. Manual of Infusoria. London 1880—1882. 230 Fig. 18-2 vf^ Die von den Monadinen nicht scharf zu scheidenden Monaden *) sens. str. sind ein- fache chlorophyllfreie Zellen, deren Schwärmsporen meistens in Amöbenzustand übergehen nnd dann, nach aufgenommener Nahrung, in einen durch den Besitz einer derben Zellmembran charakterisirten Euhezustand eintreten. Eine Anzahl derselben (Monas, Pseudospora, Col- podella), die sogenannten Zoosporeen, sind bewimperte Schwärmer ganz vom Aussehen der Myxomj'cetenschwärmer, welche mit Ausnahme von Colpodella zu kriechenden, spitze Pseudopo- dien treibenden Amöben auswachsen. Mau könnte dieselben auch schlechthin als kleine Plasmodien betrachten, zu- mal da bei Monas amijli mehrere Schwärmer zur Bildung der Amöben zusammenfliessen. Dann nehmen sie — bei ColpodeJJa ohne zuvor in Amöben- zustand einzutreten — Kugelform an, während ihre Oberfläche eine Membran bildet, und zerfallen innerhalb der Cyste durch Theilung des Protoplas- mas in eine Anzahl von Segmenten, welche ausschlüpfen und als Schwär- mer den Entwicklungsgang wieder- holen. Colpodella puynax auf Chlamydomonas , Pseudo- spora volvocis. Andere Monaden, die sog. Tetraplasien (Vam- pyrella, Nuclearia), entbehren des Schwärmezustandes, da- gegen erzeugt das Protoplasma des encystirten Ruhestadiums durch Zwei- oder Viertheilung ebensoviel actinophrysartige Amöben, welche theils wie Col- podella aus Algenzellen (Spirogyi'en, Oedogonieu, Diatomaceen etc.) ihre Nahrung aussaugen, theils fremde Köi-per umfliessen. In Nahrungsweise und Bewegungsart scliliessen sich die Monaden den Rhizopoden , aber auch niederen Pilzformen wie Chytridium an , in dem ge- sammteu Entwicklungscyklus stimmen sie am meisten mit einzelligen Algen und Pilzen überein , obAvohl die Oikomcnns Termo, nach Bütschli. n Nucleus, Cv contractile Vacuole, Nv Nahrung aufneh- mende Vacuole (Mund- vacuole). Ml^?- Gonium pccioralc, nach Stein, n Co- lonie von oben, b von der Seite gesehen. Fig. 184. [0^ Euglena viridis, a, b frei schwärmend in verschiedenem Contractionszustande c bis e encystirt und in Theilung begriffen, nach S tein. Analogie zum Ent- wicklungsvorgange mancher Infusorien, Ämphileptus , nicht von der Hand zu wei- sen ist. Eine etwas abweichende Entwick- lung und Cystenbil- dung zeigt die Cien- kowski'sche Spu- mella vulgaris,we\che feste Nahrung auf- ebensodie Chromulina (Fig. 182). nimmt (mit Hilfe der Nahrungsvacuole) und an einem Faden festsitzt nebulosa Cnkwsk. und ochracea Ehrbg. Oikomonas Termo Ehrbg 2. Eine den Algen (Protococcaceen) nahe verwandte Gruppe ist die der Volvocinen. Dieselben repräsentiren Colonien durch gemeinsame Gallerte vereinigter Zellen, deren Cellulose- im Ruhezustand, Ausscheidung von Sauerstoff, Reichthum an Chlorophyll, sowie an *) L. Cienkowski, Beiträge zur Kenntniss der Monaden. Archiv für mikrosk. Anatomie, Tom. I, 1865. Derselbe, Ueber Palmellaceen und einige Flagellaten. Eben- daselbst, Tom. YI, 1870. II. Ordnung. Choanoflagellata. III. Ordnung. Dinoflagellata. 231 pflanzlichen roth oder braun gefärbten Oelen sie den Algen nahe verwandt erscheinen lässt. Während des freien Umherschwärmens besitzen sie die Fähigkeit der Fortpflanzung, indem einzelne Zellen Tochtercolonien innerhalb der Muttercolonie werden. Auch eine geschlecht- liche Fortpflanzung (Conjugation) wurde nachgewiesen; einige der Zellen vergrössern sich und zerfallen in zahlreiche, den Samenkörpern entsprechende Mikrogonidien, andere wachsen zu grossen Eizellen aus, welche von den ersteren befruchtet werden , sich dann mit einer Kapsel umgeben und als grosse sternfönnige Zellen zu Boden sinken. Bei Volvox erscheinen nur bestimmte Zellen zur Fortpflanzung tauglich, und es ist bereits der Gegensatz von somatischen und Fortpflanzungszellen ausgesprochen. Von den bekanntesten Volvocinen sind hervorzulieben : Volvox glohator (Kugelcolonien sehr zahbeicher Individuen, die durch feine Plasmafäden verbunden sind), Gonium pectorale (tafelförmige Colonien aus 16 Individuen gebildet) (Fig. 183), Stephanosphaera pliivialis. 3. Die Ästasiaeen *) sind contractile einzellige Flmiel- laten, welche sich in ihren Lebenserscheinungen den Volvocinen anschUessen, jedoch feste Nahrungskörper aufnehmen. Auch während des Ruhezustandes pflanzen sie sich durch Theilung innerhalb der Cellulosekapsel fort, während zugleich ein Farbeu- wechsel eintritt. Die bekannteste Gattung ist Euglena, nach Stein mit Mundo fl'nung und Schlundiöhre. Sie scheiden im Ruhezustand eine Kapsel aus und zerfallen in Theilstücke, die ausschwäi-men (Fig. 184). Euglena viridis, E. sanguinolenta. Eine andere Gattung , ebenfalls mit einer Mundöfi'nung , ist Asfasia Ehrbg., A. trichophoraEhrhg. mit abgerundetem Hinter- ende und sehr langer Geissei am schief abgestutzten Vorderende. II. Ordnung-. Choanoßagellata' (Cylkomastiges), Kelchgeissler. Mit protoplasmati scheu, contractionsfähigen, die Basis der Geissei umgebenden Kragen, welcher dem Ea'agen an den Entodermzellen der Spougien entspricht (daher Clark die Spongien als nächste Verwandte der Flagellaten betrachtete) und mit Nahrungsvacuole, an welche Fremdkörper durch die Schwingungen der Geissei herangeworfen werden. Codosiga Botrytis Ehrbg., coloniebildend (Fig. 185), mit Kern und con- tractiler Vacuole ; Salpingoeca Clarlcii Bütsch., mit Gehäuse. Phalansterium Cnk., mit rudimentärem Kragen und Schleim- röhre, coloniebildend. Codosiga Botrytis, nach Büt- schli. a Colonie, 6 ein Indivi- duum, JT Kragen, n Nucleus, Cv contractile Vacuolen. i\> Nahrung aufnehmende Vacuole. III. Ordnung. Dinoßa/jellata (CUioßagellaten). 2) Dieselben zeichnen sich ausser der Längsgeissel durch den Besitz einer Geissei aus, welche in einer queren Furche des Hautpanzers liegt (Fig. 186 und 187). Die hierher ge- *) G. Klebs, Ueber die Organisation einiger Flagellatengruppen und ihre Beziehungen zu Algen und Infusorien. Tübingen 1883. 2) R. S. Bergh, Der Organismus der Cilioflagellaten. Morph. Jahrb., Tom. VII, 1881. Fr. Stein, Der Organismus der Infusorien. Tom. III. Leipzig 1878 — 1883. Bütschli, Einige Bemerkungen über gewisse Organisationsverhältnisse der sog. Cilioflagellaten und der Noctiluca. Morph. Jahrb. X, 1885. Fr. Schutt, üeber die Sporenbildung mariner Peridinien. Bericht der deutsch, bot. Gesellschaft. Berlin 1887. 232 IV. Ordnuug. Cystottagella hörigen Peridinien, zum Theil von absonderiicher Gestalt mit grossen hornförmigen Fort Fig. 186. Fig. 187. Glenodinium einet um, nach Bütschli. g Längs furchengeissel, fg Quer furchengeissel , X Nu clens, Oc Stigma (Augen fleck), ehr Chromato- phoren. Schale von Cerafium Trijws, nach Stein. // Längsfurche, qf Querfurche. Sätzen der Schale, schliessen sich, soweit ihre Entwicklung bekannt geworden ist, am nächsten den EugJenen an. In einer Einsenkung liegt der Mund, zuweilen mit einer Art Speiseröhre, an deren Ende die Nahrungstheile in eine Vacuole gerathen. Ausser den beweglichen und gepanzerten Formen gibt es auch Zustände ohne Locomotions- organe und Schale, femer ency- stirte Zustände, in deren Innern eine Menge kleiner Jugendformen ihren Ursprung nehmen sollen. Glenodinium cinctum (Fig. 186), Cerafium cornutum Ehi-bg., Peri- dinium tahidatum Ehrbg. IV. Ordnung. Cystoßagellata oder Xocfili(kc)i.^) Meeresbewohner mit pfirsichförmigem , von fester Haut umgrenztem Leibe , welcher einen tentakelfönnigen Anhang trägt. An der Basis desselben findet sich eine rinnenfönnige Einbuchtung mit der MundöfFnung nebst zahnartigem Vorsprung und zarter schwingender Geissei , neben der ein tentakelfömiiger Anhang entspiitigt. Der Weichköiiier besteht aus Fig. 188. Noctiluca mUiaris, zum Theil nach Cienkowski. a Einzelthier, b Conjugation zweier Individuen, c und d Schwärmsprösslinge, K Nucleus. Protoplasma, welches einen glashellen Nucleus umschliesst und in der Peiipherie zwischen hyaliner Flüssigkeit zahkeiche Stränge und anastomosirende Fäden mit Körnchenströniung nach der Innenseite der Haut entsendet, wo dieselben durch feine Netze verbunden sind. Die contractile Substanz erstreckt sich auch in den tentakelfönnigen Anhang hinein und nimmt hier ein quergestreiftes Ansehen an (Fig. 188). Als Nahrung werden thierisclie und pflanzliche Organismen oft von relativ bedeutender Grösse (Copepoden) aufgenommen. ') L. Cienkowski, Ueber Noctiluca miliaris. Archiv für mikrosk. Anatomie, 1871 und 1872. II. Unterclasse. Ciliata. 233 Die Fortpflanzung erfolgt clurcli Tbeilung (Brightwell), unter Betlieiligung des Nucleus. Eine zweite Verniehrungsart gescliieht nach vorausgegangener Conjugation durch vorsprossende Keime (Zoosporen). Durch Einziehen der Geissei und des Tentakels gestaltet sieh die Noctiluca in eine glatte Kugel um. Nach der Trennung heider Individuen zerfällt der Sarcodeinhalt in zwei bis vier nicht scharf von einander gesonderte Klumpen , denen entsprechend sich die Blasenwand in ebensoviel flügeiförmige Ausstülpungen hervortreibt. Diese bilden zahlreiche Hügel und warzenfönnige Erhebungen, die Anlagen von Sprösslingen (Zoosporen), welche sich tiefer von der Blasenwand abschnüren , während der Noctiluken- kürper die Gestalt einer Scheibe gewinnt. Die Hügel und "Warzen entstehen also auf Kosten des protoplasmatischen Inhalts der Scheibe, der sich mit der Bildung der Sprösslinge mehr und mehr erschöpft. Dieselben schnüren sich von der Blase ab .und werden als kleine Schwärmer mit Nucleus und cylindrischem Anhange frei, um sich wahrscheinlich unter noch nicht näher beobachteten Umgestaltungen zur Noctilukenform auszubilden. Die Noctiluken verdanken ihren Namen dem Leuchtvermögen, welches sie freilich mit zahlreichen Seethieren, wie Quallen, Pyrosomen etc., theilen. Das Licht geht von der periphei-ischen Protoplasmaschicht aus. Unter geeigneten Bedingungen steigen sie aus der Tiefe an die Oberfläche des Meeres in so ungeheurer Menge empor, dass die Meeresoberfläche auf weite Strecken hin einen röthlichen Schein gewinnt, nach Sonnenuntergang aber und vornehmlich schön am Abend bei bedecktem Himmel die prachtvolle Erscheinung des Meer- leuchtens bietet. Die in der Nordsee und im Atlantischen Ocean verbreitete Art ist N. mi- liaris. Nahe verwandt ist der mediterrane Lcpiodiscus medusoides R. Hertw. IL Unterclasse. Ciliata^), Wimperinfusorien. Infusorien mit CUienhelxieidung , mit Mund und Aßcr^ compUcirt ge- staltetem Sarcodeleib (mit Endoplasma und Exoplasma) mit Macronucleus und Micronucleus (Nucleolus). Die häufigsten der locomotiven Anhänge sind zarte Wimpern oder Cilien, die oft in dichten Reihen die gesammte Oberfläche bedecken und derselben das Ansehen einer zarten Streifung verleihen. Gewöhnlich sind die Wimpern in der Nähe des Mundes stärker und gruppiren sich hier zu einem Saume grösserer Haare, zu einer adoralen Wimperzone, welche beim Schwimmen eine Strudelung erregt und die zur Nahrung dienenden Stoffe in die Mundöflfnung hinleitet (Fig. 187). Eine noch höhere Entfaltung er- langt die Wimperzone bei festsitzenden Infusorien, z. B. den Glockenthierchen, deren Oberfläche einer gleichmässigen Bewiraperung entbehrt. Hier sitzen ein oder mehrere Kränze ansehnlicher Cilien am Rande einer deckelartig ^) Vergl. ausser Ehrenberg, Claparede, Lachmann, Bütschli, I.e., besonders Fr. Stein, Der Organismus der Infusionsthiere, I. u. IL Leipzig 1859 u. 1867. M. Nuss- baum, Sitzungsberichte der niedeiThein. Gesellschaft für Natur und Heilkunde. Bonn 1884. A. Gruber, Ueber Kern und Kerntheilung bei den Protozoen. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. 40, 1884. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Physiologie und Biologie derPi'oto- zoen. Bericht der naturf. Gesellschaft zu Freiburg, Tom. 1 , 1886. Derselbe, Weitere Beobachtungen an vielkernigen Infusorien. Ebendaselbst, Tom. III, 1887. E. Maupas, Con- tiibutions ä l'etude moi-phologique et anatomique des infusoires cilies. Arch. de zool. experim. 2. Serie, Tom. I, 1883. Derselbe, Eecherches experimentales sur la multipUcation des infusoires ciUes. Ebendaselbst, Tom. VI, 1888. 234 Organisation. Xahrunggaufualime. erhobenen einstiilpbarcn Klappe, auf welche nach dem Munde zu ein unterer Wimpersaum folgt. Bei den frei schwimmenden Infusorien kommen oft zu Fi-. 189. Fig. 190. den zarten Cilien und Wimper- zonen noch dickere Haare und steife Borsten, Griffel und mehr oder minder gekrümmte Haken hinzu, die zum Kriechen und Anklammern verwendet werden. Einige festsitzende Infusorien wie Stenfor (Fig. 190) und Co- tJmrnia sondern äussere Hülsen oder Gehäuse ab, in die sie sich zurückziehen. Die Nahrungsaufnahme er- folgt selten auf endosmotischem Wege durch die gesammte Kör- perbedeckung, wie z. B. bei den parasitischen Opalinen{F\^. 191). Saugend ernähren sich die Aci- neten, welche beim Mangel einer Mundöffnung keine festen Kör- per in sich aufnehmen können, dagegen an ihrer Oberfläche eine grössere oder geringere Zahl von langen Röhrchen und contractilen Tentakelchen tragen, mittelst deren sie fremde Organismen festhalten und aussaugen (Fig. 192). Bei weitem die meisten In- Fig. 191. Fig. 192. Fig. 19.3. Sfylonych ia mytihts, nach Stein, von der Bauchfläche gesehen. HsAdorale Wimperzone, Ccon- tractile Vacuole, N Macronu- cleus, M Micronucleus, ^ After. Stenior Reoselii Ehrbg. ,nach Stein. OMundciffnung mit Schlnndrohr, PFpulsirende Vacuole, N Macronucleus. Chilodon (yiiciilhts, nach n, mit fischreusen- ähnlichem Schlund. X Macronucleus mit dem AcinetaferrutnequinwnEhT'bg., welche ein kleines In- Micronucleus. Aus dem Opalina ranarurnjUSiCh fusorium (Enchelys) aussaugt, nach Lachmann. After treten Nahrungs- W. Engelmann. T Saugtentakeln, F Vacuolen, JV Macronucleus. reste aus. fusorien besitzen eine Mundöffnung, meist in der Nähe des vorderen Poles, und eine zweite, als After fungirende Oeffnung, welche während des Austrittes der Nahrungsreste an einer bestimmten Körperstelle als Schlitz erkennbar wird. Exoplasma. Endoplasma. Macrormcleus. Micronucleus. 235 Das von der Haut umgrenzte Körperparenchym zerfällt in ein körniges, zähflüssiges Exoplasma und in ein flüssigeres helleres Endoplasma, in welches von der Mundötfnung aus häufig eine zarte, seltener durch feste Stäbchen (ChUodon, NassulaJ gestützte Speiseröhre hineinragt (Fig. 193). Durch dieselbe gelangen die Nahrungsstoffe, in Speiseballen zusammen- gedrängt, in das Endoplasma, um unter dem Einflüsse der Contractilität des Leibes in langsamen Rotationen umherbewegt, verdaut und endlich in ihren festen unbrauchbaren reberresten durch die Afteröfi^nung ausgeworfen zu werden. Ein von besonderen Wandungen umschlossener Darnicanal existirt ebensowenig wie die zahlreichen Mägen, welche Ehrenberg, durch die Nahrungsballen getäuscht, seinen Infusorki i^ohjgastrica zuschrieb. Wo ein Darmcanal beschrieben worden ist, hat man es mit eigenthümlichen Strängen und Trabekeln des Innenparenchyms zu thun, welche zwischen ihren Lücken helle, mit Flüssigkeit erfüllte Räume umschliessen. Das zähflüssigere Exoplasma repräsentirt vorzugsweise die bewegende und empfindende Substanz des Leibes , in welcher auch muskelähnliche Diflerenzirungen (Stentor, Vorticellenstiel) auftreten. Selten wird dieselbe der Sitz kleiner stäbchenförmiger Körper, Trichocysten (z. B, Bursaria leucas)^ welche den Nessel- oder Angelorganen der Turhellarien und Coelenteraten vergleichbar sind. Als eine weitere Differenzirung der Rindenschicht er- weisen sich die contractilen Vacuolen, Bildungen, welche in einfacher oder mehrfacher Zahl an ganz bestimmten Stellen des Körpers auftreten. Es sind helle, mit Flüssigkeit gefüllte, meist runde Räume, die kleiner werden und dann verschwinden, allmälig aber Avieder hervortreten und zur ursprüng- lichen Grösse anwachsen. Häufig stehen die pulsirenden Vacuolen mit einer oder mehreren gefässartigen Lacunen in Verbindung, welche während der Contraction der Vacuolen bedeutend anschwellen (Fig. 203). Man schreibt diesen Difterenzirungen eine ähnliche Bedeutung wie dem Wassergefäss- system der Rotiferen und Turhellarien zu und erklärt sich für excre- torisch. Die letztere Deutung hat namentlich die Thatsache für sich, dass die contractile Vacuole in einzelnen Fällen durch eine feine Oeffnung an der Oberfläche ausmündet und dass durch diese Körnchen nach aussen gelangen. Maeromick'us und Micronucleus liegen im Endoplasma des Infusorien- leibes. Der erstere, der Nucleus der Autoren, ist ein in einfacher oder mehr- facher Zahl auftretender Körper von bestimmter Form und Lage. Bald rund oder oval, bald langgestreckt, hufeisenförmig oder bandförmig aus- gezogen und in eine Reihe von Abschnitten eingeschnürt, enthält derselbe eine feinkörnige, zähe, von einer zarten Membran umgrenzte Substanz, aus welcher nach der irrthümlichen Ansicht von Balbiani und Stein Eier, beziehungsweise Keimkugeln hervorgehen sollten. Der früher als Niicleolus gedeutete ^licronucleus wechselt ebenfalls nach Form, Lage und Zahl bei den einzelnen Arten mannigfach. Stets ist derselbe viel kleiner als der 236 Fortpflanzung durch Xlieilung. Macroiuicleus und stark liclitbrecheud, in der Regel demselben dicht an- gelagert oder gar in eine Cavität desselben eingesenkt. Die Fortpflanzung der Infusorien erfolgt vorwiegend durch Thdluny; bleiben die neu erzeugten Formen untereinander und mit dem ]\[utterthiere in Verbindung, so entstehen Colonien von Infusorien, z. B. die Stöckehen Eplstylis und Carcheslum. 194. Fig. 196. a Aspidisea lyncaster, nach Stein. b Aspidisea polystyla in Theilung, nach Stein. und be- und Bei von Am häufigsten ist die Theilung eine Quertheilung (rechtwinkelig zur Längenaehse), wie bei den 0.ri/frichinen, Stentoren etc., vollzieht sich unter ganz stimmten Veränderungen Neubildungen (Fig. 194). Stylonijchia werden beispiels- weise in der hinteren Hälfte des Körpers die Wimperzone neuge- bildet und Stirn- und After- griffel, Haken und Borsten er- gänzt, bevor die Theilung ein- tritt (Fig. 195). Minder häufig (Vo7-ticelUnen) geschieht die Theilung in der Länge (Fig. 197 a, b), weit seltener in diagonaler Richtung. Ueberall theilt sich zuerst der Micronucleus , später der {.^ Macronucleus unter Streckung und biscuitförmiger I Einschnürung. Die alte Mundöffnung verbleibt dem ,X einen Theilstück, während in dem andern oft als -^ — c ^v abgeschnürte Ausstülpung der ersteren ein neuer \ Mund gebildet wird (Fig. 196 o'). Oft geht der geschlechtliehen Fortpflanzung eine Einkapselung voraus , welche für die Erhaltung der Infusorien bei Verdunstung des umgebenden Wassers, be- ziehungsweise bei Nahrungsmangel von grosser Be- deutung erscheint. Das Thier zieht die Cilien ein, contrahirt seinen Körper zu einer kugeligen Masse und scheidet eine helle erhärtende Cyste aus, in welcher dasselbe geschützt in feuchter Luft überdauert. Im Wasser zerfällt dann der Inhalt in eine Anzahl von Theilstücken, welche beim Platzen der Cyste in's Freie gelangen und zu ebensoviel Sprösslingen werden. Auch durch künstliche Theilung gelingt es, ein Thier in zwei oder mehrere, sich bald zu normalen Infusorien regenerirende Individuen zu zerlegen (Oxytricha, Stentor). Pnramaecium aurelia in Theilung, nachK. Hert- wig. N Macronucleus, n Micronucleus, o Mund, d. vorderen Theilstückes, o' Mund, y Macronu- cleus, n' Micronucleus des hinteren Theilstückes. / Stijloiiychia myfilus, in Theilung begriffen, von Stein. C contrac- tile Vacuolen, N Macronucleus, 11 Micronuclei. Knospung. Geschlechtliche Fortpflanzung. 237 Fl- 197 N Die Kuoqyiwg ist ein besonders an festsitzenden Infusorien zu beob- achtender Vorgang der Fortpflanzung. Es erhebt sich dann die Knospe als Hi»cker, in welchen Theilstüeke des Grosskernes und Ersatzkernes eintreten. Bei Podophnja werden gleichzeitig zahlreiche solcher Knospen gebildet, welche sich als Sclnvärmsprösslinge von der Wandung des Mutterkörpers ab- lösen (Fig. 198). Die Schwärmer der Sphaerophryen dringen in das Innere anderer Infusorien, wie Paramaecien und Stylonychien etc., ein, näiiren sich auf Kosten des ver- grössertenMacronucleus und bilden durch Theilung Sprösslinge, welche ausschwärmen und längere Zeit von Stein für schwärmende Em- bryonen der Stylonychien gehal- ten wurden (Fig. 199 ^>; c). Sehr verbreitet sind die schon von Leeuwenhoek und 0. Fr. Müller beobachteten Con- jugationsvorgänge, mit welchen Veränderungen des Macro- und Micronucleus verbunden sind, die zu der irrthümlichen Deutung beider Gebilde als Ovarium Fig. 198. Vorticella microstoma, nach Theilung. jVMa- cronucleus. Der Mundapparat entsteht in jedem Theilstück durch Neubildung. — b die Theilung ist vollendet; der neue Sprössling löst sich ab, nachdem er einen hinteren Wimperkranz gebildet hat, m Strudelorgan. — c die Vorticella im Zustande knospenförmiger Conjugation. A' Die angehefteten knospenähnlichen Individuen. Pvdophrija gernmipara, nach K, Hertwig. n Mit ausgestreckten Saugröhrchen und Fangfäden, mit zwei contractilen Vacuolen. — b Dieselbe mit reifen Knospen, in welche Fortsätze des verästelten Macro- nucleus N eintreten. — c Abgelöster Schwärmer. und Hoden Veranlassung gaben. In Wahrheit handelt es sich jedoch um einen der geschlechtlichen Fortpflanzung (Befruchtung des Eies) entsprechenden Vorgang. Es sind zwei Formen von Vereinigung zu sondern, von denen 238 Conjugation verbunden mit Regeneration der Kerne. man die eine, welche auf vollständiger Fusion zweier Individuen und dauern- der Verschmelzung der Kerne derselben beruht, als Cojjuhifion, die zweite, bei welcher sich die Individuen meist nur vorübergehend vereinigen und stets eine Regeneration ihrer Kerne erfahren, als Conjiujation bezeichnen kann. Die erstere wurde vornehmlich bei Yorticellinen , jedoch auch bei Hypotrichen (Stißonijchia) neben der Conjugation beobachtet, und dürfte von ähnlichen bei niederen Pflanzen verbreiteten Vorgängen nicht verschieden sein. Die Conjugation zweier Infusorien erfolgt in überaus verschiedener Weise und führt zu einer mehr oder minder vollständigen Verschmelzung, auf welche später nach der Regeneration der Kerne ein meist wiederholter Theilungsact folgt. Die Pm-amaecien, Steutoren, Spirostomccn legen bei der Fig. 199. a Sfylonychia myli/ns im Zustande der Conjugation. Der Macronucleus (.V^ in Theilung begriffen (B a 1 b i a n i's vermeintliche Eier); die Micronuclei in vier Kugeln zerfallen (vermeintliche Samenkapseln). — b Eine von parasitischen Sphaerophryen erfüllte Sfylonychia, nach Balbiani. — c Stylonychirt »lyfilus mit aus- schwärmenden Sjihaerophryen (S). A" Unentwickelte Keime der letzteren, y Macronucleus von Stylomjchia, G sogenannte Geburtsöffnung. Conjugation ihre Bauehflächen aneinander, andere Infusorien mit flachem KiJrper, wie die O.n/trirltinen, Chilodonfcn, gehen eine laterale Conjugation ein (Fig. 199«), während Enclielys , Halteria, Colejjs au ihrem vorderen Körperende, also terminal, unter dem Anschein einer Quertheilung zusammen- treten. Auch bei den VorficelUnen, Trichodinen etc. findet eine laterale Conjugation nicht selten zwischen ungleich grossen Individuen statt , die den Schein einer Knospenbildung bieten kann (knospenförmige Conju- gation) (Fig. 107 c). Die Veränderungen, welche der Nucleus und Xudeolus während und in Folge der Conjugation erfahren, sind besonders eingehend bei Para- maecium und Stijlouijchia (Fig. 199«) verfolgt worden. Conjugation von Paramaeci' 239 Bei Paramaecimn verlaufen die Coiijug-ationsvorgänge nach R. Hert- wig^) in folgender Weise: Zwei Individuen legen sieh zunächst an ihrem Conjugation von Paramaecium, nach B. Hertwig. JV Macronucleus, n Micronucleus, o Mund. — Die Figuren a, b, c beziehen sich auf P. caudatum. Fig. a. Der Micronucleus bildet sich zur Kernspindel um, links Sichelstadium, rechts Spindelstadium. Fig. 6. Zweite Theilung des Micronucleus in die Hauptspiude] (1 und ü) und die Nebenspindeln (3, 3, 4, G, 7 und SJ. Fig. c. Die Nebenspindeln sind in Bückbildung be- griffen, die Hauptspindeln theilen sich in die männliche Spindel (Im, ö m) und in die weibliche Spindel (liv, öiv). Die Fig. d, e, f, g beziehen sich auf P. aurelia, welche zwei Micronuclei besitzt. Fig. d. Aus- tausch der männlichen Spindeln, welche mit dem einen Ende noch in ihrem Mutterthiere haften, mit dem anderen mit der weiblichen Spindel des anderen Thieres zu verschmelzen beginnen (liv, 5m — Im, iJtr). Der Macronucleus zerfällt in Theilstücke. Fig. e. Die aus der conjugirten Kernspindel sich bildenden Theil- spindeln (t' und t"), linksseitig noch nicht getheilt. Fig./, g. Die conjugirten Individuen haben sich ge- trennt. Die secundären Theilspindeln theilen sich in die Anlagen der neuen Micronuclei (n, n'J und des Macronucleus (pt). Der alte Macronucleus (NJ ist in Theilstücke zerfallen. vorderen Ende, dann mit der ganzen Ventralseite aneinander (Fig. 200«). Nahe den zugewendeten Mundöflfnungen entsteht später nach Rückbildung *) A. Gruber, Der Conjugationsprocess bei Paramaecium. Bericlite der naturf. Gesell- schaft in Freiburg. Tom. II, 1886. L. H. Plate, Ueber die Conjugation der Infusorien. München 1880. Protozoenstudien, Habilitationsschrift. Jena 1888. R. Hertwig, Ueber die Conjugation der Infusorien. München 1889. E. Maupas, Zahlreiche Abhandlungen, insbe- sondere über Conjugation von Paramaecium und die Vorticelliden. Comptes rendus und Archives de Zool. exper. II. Ser. 240 Wechsel von Conjngation und ungeschlechter Fortpflanzung durch Theilung. dieser eine Verwachsungsbriicke. Schon bei Beginn der Conjngation er- fahren die spindelförmig gewordenen Micronuelei eine zweimalige Theilnug (Fig. 200 h), w^ährend der Macronucleus in Fortsätze auswächst und später in Stücke zerfällt. Von den vier Theilspindeln des Micron ucleus gehen drei zu Grunde, die vierte, die Haupttheilspindel , stellt sich senkrecht zur Körperoberfläche und theilt sich in zwei Kerne, einen mehr oberflächlichen männlichen und einen tiefer gelegenen weiblichen Kern (Fig. 200 e). Der erstere ist der bewegliche und wandert durch die Querbrücke zu dem weiblichen Kern des zweiten in der Conjugation begriffenen Thieres, dessen männlicher Kern ebenfalls durch die Querbrücke zu dem ersteren gelangt. Nun verschmelzen die ausgetauschten männlichen Kerne mit den zurück- gebliebenen weiblichen Kerne, um sich nach eingetretener Spindelbildung in zwei Kerne zu theilen, von denen der eine in den inzwischen von ein- ander getrennten Individuen nach Neubildung der Mundo flfnung zum neuen Macronucleus, der andere zum neuen Micronucleus wird. Die Theilstücke des alten Macronucleus verfallen der Rückbildung. Zweifelsohne besteht eine Parallele der Conjugationsvorgänge der Infusorien und den Befruchtuugs- vorgängen der Metazoen. Die Nebenspindeln erinnern an die Richtungs- körper. Der bewegliche männliche Kern ist gleich dem Spermakern, der weibliche gleich dem Eikern. Auf die Conjugation und deren Aufhebung folgt eine Periode fort- gesetzter Theilungen, und es besteht, wie die sorgfältigen und umfassenden Untersuchungen von Maupas gezeigt haben, eine Gesetzmässigkeit in dem Wechsel von Conjugation und Theilungen , die sich nicht beliebige Zeit hindurch fortsetzen, sondern ohne dazwischen eintretende Conjugation zur Degeneration des Organismus führen. Die Infusorien werden nach einer gewissen Zahl von Theilungen immer kleiner, verändern Körper und Kern- form, verlieren einen Theil der Bewimperung und die Fähigkeit der Nahrungs- aufnahme. Schliesslich tritt, wenn nicht noch zur rechten Zeit Conjugation Rettung bringt, der natürliche Tod in Folge seniler Degeneration ein. Somit besteht auch bei den Einzelligen ein ähnliches Verhältniss wie bei den Metazoen zwischen den sich conjugirenden Keimzellen und den Zellengenera- tionen, welche sich durch fortgesetzte Theilung vermehren, und der Unter- schied ist lediglich der, dass im ersteren Fall jede Zelle den Leib und die Keimzelle zugleich repräsentirt, während bei den Metazoen Körperzellen und Keimzellen getrennt sind, und jene in der gesammten Generationsfolge zu einem einheitlichen , die Keimzellen einschliessendeu Organismus ver- bunden sind. Lediglich dieser Gegensatz hat zu dem ergötzlichen Spiele mit der „Unsterblichkeit der Einzelligen" Anlass gegeben. Die Lebensweise der Infusorien, welche vornehmlich das süsse Wasser bevölkern, ist überaus mannigfaltig. Die meisten ernähren sich selbstständig, indem sie kleinere und grössere Nahrungskörper , selbst Rotiferen , auf- nehmen. Einige, wie Ämphilcptus, wählen sich festsitzende Infusorien zur Holotricha. Heteiotricha. Hvpotricha. 241 eine Kapsel aus und Fig. 201. Beute und würg-en dieselben bis zur Ursprung-sstelle des Stiels in's Innere ein. Dann scheiden sie, wie an dem Stiel aufgestülpt, zerfallen unter Tlieilung des Inhalts in zwei oder mehrere ausschwärmende Individuen. Einige, wie die nnindloscn Opalinen und viele Bursariden, schmarotzen im Darm und in der Harnblase von Vertebraten. Zu den parasitisch lebenden Formen gehört auch das BalanticUum coli aus dem Dick- darm des Menschen (Fig. 202). 1. Ordnung. Holofricha. Körper gleiclimässig mit Wimpern bekleidet, welche iu Läugsreilien angeordnet und kürzer als der Körper sind. Zuweilen finden sich in der Umgebung des Mundes längere Wimpern, welche aber keine adorale Wimperzone bilden. Ausser den mund- und afterlosen parasitischen Opalinen (Opalina ranarum aus dem Mastdarm von Rana temporar ia) (Fig. 191) gehören hieher : die Traclieliidae. Köqier metabolisch, in einen vorderen halsartigen Fortsatz verlängert. Mund bauchständig, ohne längere Wimpern. Trachelius ovum Ehrbg., Ämphi- leptus fascicola Ehrbg. Colpodidae. Körper formbeständig, Mund bauchständig in einer Vertiefung, stets mit längeren Wimpern oder undulirenden Klappen ausgestattet. Paramae- ciumÄurelia Fr. Müll. (Fig. 203), P. Bursaria Focke (Fig. 201), Colpoda cucullus Ehrbg., Nassula elegans Ehrbg., Clau- coma scintillans Ehrbg. Verwandt ist Coleps Ehrbg. Tnramnechim Bursaria, eine Stunde nach aufgehobener Conjugation, nach Bütschli. JV Macronucleus, n Micronucleus, PFpulsirende Va- cuole. T Trichocysten. Fig. 202. Fig. 203. 2. Ordnung. HeterofricJia. Körper gleichmässig mit feinen Wimpern be- kleidet, die in Längsreihen geordnet sind, mit deut- licher adoraler Wimperzone. Fam. Bursariidae. Die adorale Wimperzoue am Eande meist der linken Körper- hälfte. Bursaria truncatella 0. Fr. Müll., Balan- tidium coli Malmst., Parasit im Colon des Menschen (Fig. 202). Spirostomum amhiguum Ehrbg., Fam. Stentoridae. Am vorderen Ende des metabolischen Körpers ein Peristomfeld mit trichterförmiger Ver- tiefung, ohne eigentlichen Schlund (Fig. 190). Stentor polijmorphm 0. F. Müll., St. coeruleus Ehrbg., St. Eoeselii Ehrbg. 3. Ordnung. Hijpotricha. Körper mit verschieden gestalteter Rücken- und Bauchfläche. Die convexe Eückenfläche meist nackt, die Bauchfläche bewimpert, mit Griffeln und Stielen besetzt. Mund auf der Bauchseite. Oxi/trichidae. Kör])er oval gestreckt. An der linken Bauchhälfte ein Peristomausschnitt mit adoraler AVimi)erzone. Bauchfläche jederseits mit Rand wimperreihe, ausserdem mit griffelförmigeu Borsten und Haken. Stylonychia pustiilata Ehrbg. mit 8 Stirngriffeln, 5 Bauch- und 5 Afterwimpern. ,S7. mijtilus (Fig. 195), Oxijtricha gihha 0. Fr. Müll. Äspidiscidae. Körper gepanzert, schiklförmig. Mit C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. iß Balantiilium coli mit zwei pulsirenden Va- cuolen, nach Stein. Unterhalb des Macro- nucleus liegt ein ge- fressenes Stärkekorn. Ein Kothballen tritt am Hinterende aus dem After aus. Parnmaecium Aurelia nach Ehrenbe rg. M Mund, Cr contrac- tile Vacuolen mit ge- fässartigen Lacunen. 242 Peritricha. Suctoria. weit nach hinten reichendem adoralen Wiraperbogen , 7 griffeiförmigen Bauchwimpern und 5 oder 10 — 12 griffelförmigen Afterwimpern (Fig. 194). Aspidisca li/nceus Ehrbg. A. lyn- caster St. Chilonclontidae. Körper meist gepanzert, mit fischreusenförmigem Schlund. CJiilodon cucuUif.-f Ehrbg. (Fig. 193). 4. Ordnimg. Peritricha. Mit drehruudem oder glockenförmigem, partiell bewimpertem Leibe. Die Wimpern be- kleiden eine adorale Wimperscheibe und häufig einen ringförmigen Gürtel. Vorticellidae. Mit adoraler Wimperspirale, ohne Gehäuse, mittelst Stieles festsitzend, meist coloniebildend. Vorticella microsioma Ehrbg. (Fig. 197), Epistylis pUcatüis Ehrbg , Zoothamnium arhus- cula Ehrbg., Carchesium polypinum Ehrbg., Trichodinidae. Mit adoraler Wimperspirale und Wimperkranz nebst Haftapparat am hinteren Körperende. Trichodina pediculus Ehrbg. Halteriidae. Neben der adoralen Wimperspirale ist eine äquatoriale Zone längerer Wimpern vorhanden, Halteria volvox Clap. Lachm. 5. OrdnuDg. Suctoria. Körper meist ohne Wimpern, mit geknöpften tentakelartigen Fortsätzen, welche als Saugröhren wirken, zuweilen noch mit Greiffäden. Acineta mifstaci?ta Ehrbg. (Fig. 192), Podo- phrya cyclopum Clap. Lachm., Podophri/a gemmipara R. Hertw. (Fig. 193), Sphaeropltrya Clap. Lachm, (Fig. 199). Als Anhang der Protozoen betrachten M-ir noch die den Pilzen näher stehenden Sporozoen (Gregarinen) und Schizotnyceten. 1. Die Sporozoen, Gregarinen (Gregarinae)'-) (Fig. 204) sind einzellige Organismen, welche im Darm und in inneren Organen niederer Thiere parasitisch leben. Der Leib ist häufig wurmförmig gestreckt und besteht aus einer körnigen, zähflüssigen, von zarter Hüllhaut bekleideten (zuweilen mit subcuticularer Schicht von Muskelstreifen) Grundma sse, in welcher ein rundlicher oder ovaler heller Körper, der Kern, eingebettet liegt. Complicationeu des Baues ergeben sich durch das Auftreten einer Scheidewand, welche das Vorderende von der Hauptmasse des Leibes absetzt. Der vordere Körpertheil gewinnt auf diese Art das Aussehen eines Kopfes, zumal sich an ihm hier und da in Form von Haken und Fortsätzen Einrich- tungen zum Anheften ausbilden (Stylorhynchus). Die Ernährung geschieht endosmotisch durch die äussere Wandung, während die Bewegung auf ein langsames Fortgleiten des sich schwach contrahirenden Körpers beschränkt ist. Im ausgewachsenen Zustande erscheinen die Gregarinen häufig in zweifacher oder mehrfacher Zahl aneinandergeheftet. Diese Zustände der Verbindung gehen der Fortpflanzung voraus (Fig. 204). Die beiden mit der Längsachse hintereinander liegenden Individuen con- trahiren sich, umgeben sich mit einer gemeinsamen Cyste und zerfallen nach einem dem Furchungsprocesse ähnlichen Vorgange in einen Haufen kleiner sporenähnlicher Ballen, welche zu spindelförmigen Körperchen (Pseudonavicellen) werden. Die in der Umgebung der copu- lirten Individuen, häufig auch im Umki-eise eines einfachen Individuums ausgeschiedene Cj-ste wird zur Pseudonavicellencyste, durch deren Platzen die spindelförmigen Köi-per nach aussen gelangen. Jede Pseudonavicelle erzeugt aus ihrem Inhalte ein amöbenartig bewegliches Körperchen. In anderen Fällen {Monocystis, Gonospora etc.) entstehen in den Sporen sichel- förmige Stäbchen, die bei Ausfall amöboider Zustände zu Keimen werden. Monocystis agilis ') N. Lieberkühu, Evolution des Gregarines. Mem. cour. de l'Acad. de Belg., 1855. Derselbe, Beitrag zur Kenntniss der Gregarinen. Arch. für Anat. und Physiologie, 1865. Aime Schneider, Contributions ä l'histoire des Gregarines des invertebres de Paris et de Roseoff. Archives de Zool. experim., Tom. IV, 1875. G. Balbiani, Le^ons sur les sporo- zoaires. Paris 1834. Bütschli, Kleine Beiträge zur Kenntniss der Gregarinen. Zeitschr. für wissensch. Zoologie, Tom. XXXV, 1881. Sporozoen = Gregarinen. 243 ans dem Hoden des Regenwnnnes. Greyarina L. Duf. {Cfepsidrina Hamniersch.) Köi'per mit flacher Scheidewand und warzenförmig vorspringendem Kopf am Vorderende. Im Jugend- znstande fixirt. Gr. hlattarum v. Sieb., im Darm der Schabe. Gr. polymorpha Hammersch., im Mehlwurm. Sti/lorhi/nchus Stein (Fig. 204). Als Gregarinen dürften auch die in Zellen des Darmepithels, sowie der Gallengänge von Säugethieren auftretenden Coccidien zu betrachten sein (Fig. 205). Dieselben verwandeln Fig. 204. Fig. 206. AZ2fc Gregnrinen, n&ch Stein und Kölliker. a Stylorhyn- chiis oligncanthns aus dsm Darm von Cnlopteryx. — b Gregarina (Clepsidrlna) polymorpha aus dem Darm des Mehlkäfers, in Conjugation. — c Dieselben auf dem Wege der Encystirung. — d Gregarinen in En- cystirung. — e Im Zustands dar Ps3ud3navicallen- bildung. — / Pseudonavicellencyste mit fertigen Pseudonavicellen. Bainey'sche Schläuche aus dem Fleisch des Schweines, a Ein Schlauch im Innern einer Muskelfaser. — b Das Hinterende des- selben, stark vergrössert. C Cuticulare Schicht, B Sporenballen. sich in eiförmige Zoospermien, indem sie eine Kapsel bilden und aus ihrem körnigen Inhalt mehrere Sporen erzeugen. Bei Coccidium oviforme aus Leber und Darm des Kaninchens und des Menschen werden immer nur vier Sporen ^„, Fi*'" ^05 gebildet, die zu sichelförmigen Stäbchen ''' werden und je 2 Keime erzeugen. Diese a h c d werden zu Amöben und wandern von Neuem in Epithelzellen derL'ber und des Darmes ein. Eine grosse Aehnlichkeit mit den Pseudonavicellencysten haben die schon längst als Psorospermien bekannten Gebilde aus der Leber der Kaninchen , aus dem Darm- schleim, aus den Kiemen der Fische und aus den Muskeln mancher Säuge thiei'e etc., ohne dass man über deren Natur vollständig in's Klare gekommen wäre. Ebenso verhält es sich mit den Mi seherischen oder Rainey'schen Schläuchen (Fig. 206) aus den Muskeln z. B. des Schweines , nicht minder erinnern die parasitischen Schläuclie von verschiedenen Asseln und Krebsen, welche von Cienkowski als Amoebidium x>a.rasiticum zu den Pilzen gerechnet werden, durch ihre Foi-tpflanzungsart an die Gregarinen und deren Cysten. 16* Coccidium oviforme. aus der Leber des Kaninchens, 550fach vergrössert, nach K. Leuckart. c, d Zu- stände der Sporenbildung. 244 Schizomyceten. 2. Die Schizornifceten *) (Bakterien) sind kleine kugelige oder stäbchenförmige Körper, welche sich in verwesenden Substanzen, insbesondere häufig an der Oberfläche faulender Flüssigkeiten finden und hier die Entstehung schleimiger Häute veranlassen (Fig. 207). Dieselben stehen den Hefepilzen am nächsten , mit denen sie auch in den Bedingungen ihres Ernährungsprocesses — Ammoniak und kohlenstoffhaltige organische Verbindungen zu verbrauchen — übereinstimmen. Aehnlich wie diese erregen und unterhalten sie durch Entziehung von Sauerstoff oder Anziehung desselben aus der Luft (Reductions- oder Oxy- dationsfermente) den Gährungs-, beziehungsweise Verwesungsprocess organischer Substanzen, unterscheiden sich jedoch von denselben durch die Entwicklung, indem sie sich durch Theilung in zwei Hälften vemiehren, während die Hefepilze (Saccharomijces, Hormiscium) Aus- stülpungen bilden und als Sporen zur Abschnürung bringen. Die Quertheilung erfolgt, nachdem sich die Zellen in die Länge gestreckt, diu'ch Einschnürung des Protoplasma und durch Ausscheidung einer queren Scheidewand. Bald trennen sich die Tochterzellen sofort, bald bleiben sie vereinigt und erzeugen durch neue Theilung Fäden (Fadenbakterien). Bald werden die Zellengenera- tiouen durch eine gallertige Zwischensubstanz verbunden und bilden so unregelmässig geformte Gallertmassen (Zoogloea), bald bleiben sie frei in Schwärmen zerstreut. Auch in Form eines pulverigen Niederschlages können sie sich am Boden absetzen, sobald die Nährstoffe in der Flüssigkeit erschöpft sind. Die meisten besitzen einen beweglichen und einen unbeweglichen Znstand ; im ersteren rotiren sie um die Längsachse, können sich aber auch beugen und strecken., niemals aber schlängeln. Die Beweglichkeit scheint an die Gegenwart von Sauer- stoff" gebunden zu sein. Die Abgrenzung der Bakterien in Gattungen und Arten ist um so weniger durchführbar, als eine geschlechtliche Fortpflanzung vermisst wird; man wird sich begnügen müssen, in mehr künstlicher Weise Fonnspecies und physiologische Arten und Ab- arten aufzustellen, ohne ihre Selbstständigkeit stets be- weisen zu können. F. Cohn unterscheidet vier Gruppen als Kugelbakterien mit Micrococcus (Monas, Mi/ro- derma), Stäbchenbakterien mit Bacterium, Fadenbak- terien mit Bacillus und Vibrio , Schraubenbakterien mit Spirillum und Spirochaete. Die Kugelbakterien sind die kleinsten Formen und zeigen nur Molekularbewegung; sie erregen verschiedene Zersetzungen, aber nicht Fäulniss. Mau kann sie nach der verschie- denen Formentwickluug in chromogeue (der Pigmente), zymogene (der Fennente) und pathogene Arten (der Contagien) sondern. Die ersteren treten in gefärbten Gallertmassen auf und vegetiren in Zoogloeaform. M. prodigiosus Ehi'bg. auf Kartoffeln etc. (Aberglaube vom blutenden Brod). Zu den zymogenen gehört M. ureae, Haruferment, zu den pathogenen M. vaccinae, Pocken- bakterie, M. septicus der Pyämie, M. diphtheriticus der Diphtheritis. Die Stäbchenbakterien bilden kleine Ketten oder Fäden und zeigen namentlich bei hinreichender Nahrung und Anwesenheit von Sauerstoff spontane Bewegungen. Hieher gehört das in allen . thierischen und pflanzlichen Aufgüssen verbreitete Bacterium termo Ehrbg., Vi Schizoniycete7i, nach F. Cohn. a Micro coccus, b Bacterium termo, Fäulnissbak terie, beide in frei beweglicher und ii Zoogloeaform. ') F. Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. I, Heft 2 und 3, 1872 und 1875: Tom. II, 1876. Untersuchungen über Bakterien, 1, 2 und 3 (Eidam, Bacterium termo). Nägeli, Die niederen Pilze. München 1877. Koch, Untersuchungen über die Aetiologie der Wnndinfectionskrankheiten. Leipzig 1878. W. Zopf, Die Spaltpilze. Breslau 1883. II. Thierkreis : Coelenterata. 245 welches in ähnlicher Weise das nothwendige Ferment der Fäulniss ist wie Hefe das der Alkoholfiährung; ; ferner B. Lineola Ehrbg. von bedeutender Grösse in Brunnenwasser und stehendem Wasser auch ohne Fäulnissproducte , ebenso wie jenes mit Zoogloeagallert. Als Ferment der Milchsäure gilt nach Hoff mann eine andere Bakterienform. Von den Fadenbakterien veranlasst der bewegliche Bacillus (Vibrio) suhtilis Ehrbg. die Buttersäuregährung , findet sich aber auch in Infusionen zugleich mit B. termo. Sehr nahe verwandt und kaum unterscheidbar, aber unbeweglich ist die Milzbrandbakteridie, Bacillus Änfhracis, B. Kochii, Tubeikelbakterie. Auch der Abdominaltyphus wird auf einen Bacillus zurückgeführt. Durch formbeständige Wellenbiegungen des Fadens charakterisiren sich Vibrio regula und serpens ; diese führen endlich zu den Schraubenfonnen, von denen Spirochaete eine flexile und lange , aber enggewundene, Sjjirillum eine starke, kurze und weitläufige Schraube darstellt. IL Thierkreis. Coelenterata, Coelenteraten. 0 (Zoopliyta, Pflanzenthiere.) Badlärthiere von vorherrschend zivei-j vier- oder sechsstrahligem Baue, mit hindegeivehigem , oft gallertigem Mesoderm und centraler Gastralhöhle. Diflferente, aus Zellen zusammengesetzte Gewebe und Organe treten zuerst bei den Coelenteraten auf. Neben äusseren und inneren Epithelien finden sich bereits Cuticularbildungen, hornige, kalkige und kieselhaltige Hartgebilde, Muskeln, Nerven und Sinnesorgane. Die vegetativen Verrich- tungen knüpfen sich an die gemeinsame innere Fläche der Gastralhöhle, welche sowohl in ihren centralen, als in ihren peripherischen Partien als Magen und Darm (nicht aber als Blutgefässsystem) fungirt. R. Leuckart erkannte zuerst die hohe Bedeutung der gastralen , von ihm als Gastro- vascularraum aufgefassten Cavität und stellte auf Grund derselben für die Polypen und Quallen diesen Thierkreis auf. Erst in neuester Zeit überzeugte man sich von der nahen Verwandtschaft der Poriferen und nahm dieselben auch in den Kreis der Coelenteraten auf. Während aber die Polypen und Quallen als Cnidaria durch den Besitz von Nesselorganen und durch höher differenzirte Gewebe ausgezeichnet sind, zeigen die Poriferen oder Spon- gkiria einfachere Gewebsformen bei spongiöser Beschaffenheit ihrer Leibes- masse und entbehren der Nesselkapseln. Der gesammte Körperbau wird im Allgemeinen mit Recht ein radiärer genannt, wenngleich bei den meisten Spongiarien die strahlige Anordnung nicht hervortritt und auch unter den Cnidarien Uebergänge zur bilateralen Symmetrie vorkommen. Meist liegt ') R. Leuckart, Ueber die lloi-phologie und Verwandtschaftsverhältnisse niederer Thiere. Braunschweig 1848. 246 Coelenterata. Allgemeiner Bau. .Spongie. Polyp. der Numerus 4 oder 6 für die Wiederholung der gleichartigen Organe im Umkreise der Körperachse zu Grunde. Die Coelenteraten lassen sich auf die Grundformen 1. A^v Spongie, 2. des Polypen und der Scheibenqicalle oder Meduse, 3. der ü'/^jy^ej^^^^aZ/e zurückführen. Die Spongie repräsentirt in ihrer einfachsten Form einen cylindrischeu festsitzenden Schlauch mit Ausströmungsöffnung (Osculum) am freien Ende (Fig. 208). Die contractile, von Skeletuadeln gestützte Wand wird von zahlreichen kleinen Ein- strömungsporen durchbrochen, durch welche Wasser und kleine Nahrungskörper in den bewim- perten lunenraum hineingelan- gen. Sowohl durch Verschmelzung ursprünglich gesonderter Indi- viduen , als vornehmlich durch Neubildung mittelst Knospung und Sprossung entstehen sehr verschieden gestaltete, mit com- plicirtem Canalsystem versehene Spongienstöcke, deren polyzoi- sche Natur an dem Vorhandensein mehrerer Oscula erkannt wird. Der Polyp (Fig. 209j stellt einen cylindrischeu oder keulen- förmigen Schlauch dar, w^elcher an dem hinteren Ende angeheftet ist und an dem entgegengesetzten freien Pole auf einer flachen oder konischen Er- hebung, dem Mundkegel, von der Mundöftnung durchbrochen wird. Diese ist von einem oder mehreren Kreisen von Fangarmen umstellt und führt entweder in einen einfachen cylindrischen Leibes- raum (Hydropohjp) oder mittelst eines Mundrohres in einen complicirten Gastrovascularraum (Koralleii- polyp). Durch Ausfall der Fangarme entsteht aus jenem die reduairte polyj^oi de Form, welche einen ein- fachen, mit Mund versehenen Hohlschlauch darstellt. Die frei schwimmende, aus dem Polypen ab- zuleitende Meduse ist eine abgeflachte Scheibe oder gewölbte Glocke von gallertiger bis knorpeliger Consistenz, an deren unterer Fläche (SubumhreUa) ein centraler Stiel mit endständiger Mundöifnung herabhängt. Häufig setzt sich dieser Mundstiel in der Umgebung des Mundes in mehrere umfangreiche Lappen und Fangarme fort, während vom Scheibenrande eine grössere oder geringere Anzahl faden- förmiger Tentakeln oder Fangfäden entspringen. Der Centralraum des Leibes, Junger Sycon, stark vergrössert, nach Fr. E. Schu Ize. O Osculum oder Ausströmungsöffnung, P Poren der Wand. Fig. 209. Sagartia nivea, nach Gosse. Meduse. Kippenqualle. Nesselorgane. 247 Fig. 210. in welchen der holile Miindstiel einführt, ist die Magenhöhle, von welcher peripherische Taschen, hcziehungsweise Radialcanäle, sog. Getasse, nach dem Scheibenrand verlaufen und hier in der Regel durch ein Ringgefäss verbunden sind. Die muskulöse Subumbrella besorgt durch abwechselnde Verengerung und Er- weiterung ihres glockenförmigen Raumes die Locomotion der Qualle, indem der Rück- stoss des Wassers in entgegengesetzter Richtung forttreibend wirkt (Fig. 210). Meduse der Podocoryne camea mit vier Kand- Auch die Scheibenqualle reducirt sich oft »«"t^keln und Ovarien am Magenstiel, unmittel- bar nach der Lostrennung vom Stockeben. ZU einer vereinfachten Form, der Medu- Fig. 211. soide, welche der Randtenta- keln und des Magenstieles entbehrt, auch als Anhang am Körper eines Polypen ohne individuelle Selbstständigkeit auftritt. Trotz des Gegensatzes in der Erscheinung sind Me- duse und Polyp Moditicatio- neu ein und derselben Grund- form, indem die Meduse auf einen abgeflachten, vom Fi- xationspuukt losgelösten Po- lypen mit erweitertem Gastral- raum und muskulöser Beklei- dung der verbreiterten Mund- scheibe zurückzuführen ist, in dieser Form auch am Po- lypenstock oder Polypen durch Knospung entsteht. Für die Bip23enqualle gilt als Grund- form das mit acht Meridianen von Platten (Rippen) besetzte Sphäroid , welches durch die Schwingungen seiner als kleine Ruder wirkenden Plat- ten im Wasser bewegt wird (Fig. 211). Das Körperparenchym besteht bei den Spon- Fig. 212. Cydippe (Hormiplwrn) plu- mosa, nach C h u n. O Mund Nesselkapseln und Cnidoblasten von Siphonophoren. a und & mit (jumen vorwiegend aus amobenartigen Zellen, die '^«"» cmdocii der zeiie, c b . n 1 ^^'^^ Sprengung der Kapsel häufig Geissein tragen, niemals aber Nesselkapseln dem ausgetretenen Faden. 24:8 Coelenterata. Gewebe. Fortpflanzung. erzeug-en. Bei den Cmdarieti (Polypen und Quallen) entstehen in gewissen Zellen eigenthümliehe , als Nessel- oder A»[/rIorf/ane bekannte Gebilde (Fig. 212). Es sind kleine in Zellen, Cnidoblasten, erzeugte Kapseln mit einer Flüssigkeit und einem langen, spiralig aufgerollten Faden, welcher unter gewissen mechanischen Bedingungen, z. B. unter dem Einflüsse des Druckes bei der Berührung, plötzlich, nach Sprengung der Kapsel, durch den Hohlraum eines stärkern meist mit Widerhaken versehenen Stieles her- vorschnellt, an dem Gegenstand der Berührung haftet oder mit einem Theile des flüssigen Kapselinhaltes eindringt. An manchen Körpertheilen , ganz besonders an den zum Fange der Beute dienenden Tentakeln und Fang- fäden, häufen sich diese kleinen mikroskopischen Watfen in reichem Maasse an, oft in eigenthümlicher Anordnung zu Batterien von Nesselorganen (Nessel- hiöpfe) vereinigt. Bei den Rippenquallen (Ctenophoren) werden die Nessel- zellen durch sogenannte Klebzellen vertreten. Sehr allgemein gruppiren sich die Zellengewebe bereits in zwei oder drei Schichten, von denen die äussere als Ectodenn die Oberhaut bildet, die innere als Entoderm den Gastralraum auskleidet. Zwischen beiden ent- wickelt sich eine zarte homogene Stützmembran oder stärkere, bindegewebige Zwischenschicht (Mesenchym). Diese bringt die Elemente des Skelets in sich hervor, welches eine sehr verschiedene Beschaffenheit zeigen kann. Muskeln werden zunächst in der Tiefe des Ectoderms als Ausläufer von Zellen (Muskelepithel) gebildet, rücken nicht selten aber als selbst- ständige Zellgebilde in das Mesenchym hinein. Auch Sinnesepithelien, Nerven- fibrillen und Ganglienzellen treten als Diflerenziriingen im Ectoderm auf. Die Wimpern tragenden Entodermzellen haben vorwiegend eine Beziehung zur Verdauung und Ausscheidung. Bei der im Ganzen gleichartigen Beschaffenheit der Gewebe erscheint die ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Knospung und Theilung sehr ver- breitet. Bleiben die so erzeugten Einzelformen vereinigt, so entstehen die bei Spongien und Polypen so verbreiteten Thlerstöcl-e , welche bei fort- gesetzter Vermehrung ihrer Individuen im Laufe der Zeit einen sehr be- deutenden Umfang erreichen können. Ueberall aber tritt auch diio, geschlecht- liche Fortpflanzung hinzu, indem in den Geweben des Leibes, meist in der Umgebung des Gastrovascularraumes, an ganz bestimmten Stellen des Leibes Eier oder Samenfäden erzeugt werden. In der Regel treffen die Eier erst ausserhalb ihres Entstehungsortes mit den Samenfäden zusammen, sei es schon in dem Leibesraum, sei es ausserhalb des mütterlichen Körpers in dem Seewasser. Selten nehmen sie beiderlei Zeugungsstoffe in dem Körper desselben Individuums ihre Entstehung, wie z. B. bei vielen Spongien^ einigen Anthozoen und den hermaphroditischen Rippenquallen. Für die stockbilden- den Cnidarien gilt im Allgemeinen die monöcische Vertheilung der Ge- schlechter als Regel, indem die Individuen des gleichen Stockes theils männ- lich, theils weiblich sind. Diöcisch sind z. B. Veretlllum, Diphyes, Äpolemia. I. Unterkreis. Spongiaria. 249 Die Entwicklung der Coelenteraten beruht in der Regel auf einer Metamorphose. Die aus dem Ei schlüpfenden Jungen weichen von dem Ge- schlechtsthiere in Form und Bau des Leibes ab und durchlaufen Larven- zustände. Die meisten verlassen das Ei in Gestalt einer flimmernden Larve von fast infusorienartigem Aussehen, erhalten später Mund und Gastralraum, sowie Organe zum Nahrungservverb , sei es unter den Bedingungen einer freien Locomotion, sei es nach ihrer Anheftung an festen Gegenständen im Meere. Gewinnen die von dem Geschlechtsthierc verschiedenen Jugend- zustände zugleich die Fähigkeit der Sprossung und Knospung, so führt die Entwicklung zu verschiedenen Formen des Generationsiccchseh. Bei dem gegenwärtigen Stande des Wissens erscheint es am richtigsten, die Coelenteraten in die Unterkreise der SjJonf/iarm und Cnidaria einzutheilen. L Unterkreis. Spongiaria ^ = Poriferi. Von schramm'Kjer Consisfenz des Körpers, mit amöhold beweglichen, von einem festen Kiesel-, Kalk- oder Hornskelet gestützten Zellcomplexen, mit (hisscren Hautporen, einem inneren Canalsystem und einer oder zahlreichen Ausirurfsöffnungen (Oscula). Das primäre Osculum entspricht dem aboralen Pole der Larve, welche sich am Pole des obliterirten Urmundes festsetzt. Die Spongien werden gegenwärtig fast allgemein als Coelenteraten betrachtet. Dieselben bestehen aus einem sehr beweglichen Gewebe, welches meist durch ein festes, aus Fäden und Nadeln zusammengefügtes Gerüst ge- stützt ist. An der äusseren Peripherie sind grössere und kleinere Oeflfnungen, im Innern ein System von Canälen und Räumen vorhanden , in welchen durch die Schwingungen von Cilien eine continuirliche Strömung des durch die Poren eingetretenen Wassers unterhalten wird. Amöbenartige Zellen, netzförmige Sarcodehäute, Geisselzellen, Spindelzellen, Eier und Samenfäden, sowie geformte Zellausscheidungen treten als die histologischen Elemente des Spongienkörpers auf. Die ersteren bilden die Hauptmasse des contractilen *) Literatur: Ausser den älteren Werken von G. D. Nardo und Graut vergl. Bo- werbank, On the Anatomy and Physiology of the Spongiadae. Pliilos. Transact., 1858 und 1862. Lieberkühn, Beiträge zur EntwickluugsgescMchte der Spongillen. Müller's Archiv, 1856; ferner zur Anatomie der Spongien, ebendaselbst 1857, 1859, 1863, 1865, 1867. 0. Schmidt, Die Spongien des adriatischen Meeres. Leipzig 1862; nebst Supplementen. Leipzig 1864, 1866, 1868. Derselbe, Die Spongienfauna des mexikanischen Meerbusens und des caraibischen Meeres. Jena 1880. E. Haeckel, Die Kalkschwämme. 2 Bde. Berlin 1872. Fr. E. Schulze, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. Zeitschr. für wiss. Zool., 1876—1881. Derselbe, Eeport on the Hexactinellidae. Challenger- Exp. Eep., Vol. XXI, 1887. Polejaeff, Report on the Calcarea. Challenger-Exp. Rep., Vol. VIII, 1883. C. Hei der. Zur Metamorphose der Oscarella lobularis. 0. Schm. Arbeiten aus dem zool. Institut, Tom. VI. Wien 1885. Yves Delage, Embiyogenie des Eponges. Archive« de Zool. experira. et gener. (ser. 2), V, 1892. Vergl. ferner die Arbeiten von Zittel, Barrois, Marshall, Götte, Maas, Nöldeke, Metschnikof f , Lendenfeld u. A. 250 .Sijougiaria. .skeletbilduugeii. Fig. 213. Parenchyms uud sind könicheiireicbe bewegliche Zellen, welche nach der Art der Amöben , ohne eine feste äussere IMembran zu besitzen, Fortsätze ausstrecken und wieder einziehen, auch fremde Gegenstände in sich auf- nehmen können (Fig. 213), Ein Nerv^ensystem ist noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden, ebenso- wenig Sinnesorgane irgend welcher x\rt. Das feste Gerüst oder Skelet, welches wir nur bei weichen Gallertschwämmen oder Myxospong'ieii vermissen, setzt sich entweder aus Hornfasern oder Kiesel- und Kalknadeln zusammen. Die Hornfasern bilden ohne Ausnahme Netze und Geflechte von sehr verschiedener Dicke uud zeigen meist eine blätterige, auf Schichtung hin- weisende Structur (Fig. 214). Sie entstehen durch Ausscheidungen als er- Amöbenartige Zelle von Spongilln. Fig. 214. härtende Sarcodetheile. Die Kalknadeln (Fig. 215) sind einfache oder drei- und vierstrahlige Spicula und nehmen wie die Kieselgebilde im Innern von Zellen ihren Ursprung. Diese aber bieten eine ausser- ordentliche Mannigfaltigkeit von Formen uud sind theils zusammenhängende Gerüste von Kieselfasern, theils freie Kieselkörper, mit einfachem oder ver- ästeltem Centralcanale (Fig. 217). Als solche treten sie in der Form von Nadeln, Spindeln, Walzen, Haken, Ankern, Rädern und Kreuzen auf und ent- stehen in Zellen vielleicht durch ümlagerung einer organischen Erhärtung (Centralfaden). Zum Verständniss der morphologischen Ge- staltung hat man von dem aus der festgesetzten Larve hervorgegangenen jungen Spongienkörper auszugehen, welcher nach Bildung eines bewimperten Gastralraumes nebst Auswurfsöffnung oder Osculum einen einfachen Hohlsehlauch repräsentirt. dessen Wand zur Einfuhr kleiner, im Wasser suspendirter Nahrungs- körper von Poren durchbrochen ist (Fig. 208 und 218). An demselben unterscheidet man ein aus hohen Geisselzellen gebildetes Entoderm und eine Zellenschicht, welche durch die Einlagerung von Spindelzellen an Bindegewebe erinnert und äusser- lich noch von einem Plattenepithel bekleidet wird. Die Cylinderzellen des Entoderms besitzen am freien Ende im Umkreise der Geissei eine zarte hyaline Randmembran, welche, als Fortsetzung des hvalinen Plasmas entstanden, wie ein Hohlcvlinder vorsteht Stück des Hornfasernetzes von Euspongia (Hippospongia) equina. Fig. 215. Kalknadeln von Sycoiien. Poren und Canalsyste 251 und den protoplasmatischen Kragen ^ wiederholt. Die mächtige Schicht, werden, besteht aus einer hyalinen Grundsubstanz mit eingebetteten, uu- regelmässig verästelten, beziehungs- weise spindelförmigen amöboiden Zellen und kann wie die Gallert- substanz der Acalephen als Mesen- chvm (Mesoderm) betrachtet werden, während das äussere leicht nachweis- bare Plattenepithel als Ectoderm auf- zufassen ist (Fig. 216). Die für den Spongienkörper so charakteristischen Poren oder Ein- strömungsötfnungen sind im Grunde nichts als intercelluläre Lücken, kön- nen sich schliessen , verschwinden und durch neu sich bildende Poren ersetzt werden (Fig. 218). Unter den Kalkschwämmen wird die einfache , mit Hautporen Fig. ) gewisser Flagellaten (Cylicomastiges) in welcher die Skeletnadeln erzeugt Fig. 216 Mes ^i Schnitt durch einen Ealkschwamm (Sycon raphanus), nach F. E. Schulze. Ect Ectoderm, En Entoderm einer Geisselkammer, Mes Mesoderm, N Kalknadel in demselben, Eiz Eizelle. 217. Kieselkörper verschiedener Kieselspongien. a Kieselnadel von Spongilla innerhalb der Zelle, b Amphi- discus einer Gemmula von Spovgilla, e Anker von Ancorina, d Kieselhaken einer Esperia, e Stern von Chondrilla, f Ankerknopf von Eupkctella aspergillum, g, h Strahlennadeln derselben, i sechsarmige Nadel derselben mit Centralcanal. versehene Spongie mit endständigem Osculum {Olynthus-Fovm) dm*ch die ^) Der Grund, weshalb Clark die Spongien als nächste Verwandte der Flagellaten (Choanoflagellaten) deutete und für grosse Flagellatencolonien erklärte. 252 va \^ „ C^>' r-\^' ^ der Peripherie hin ver- ^f | .j:^;n^ iX ^j ^ ^Q ästelten Parietalcanälen mit erweiterten Geissel- kammern. Dieser Bau des inneren Canalsy- stems wiederholt sich bei den übrigen Kiesel- schwämmen (Fig. 221). Complicirter wer- den die Spongienformen durch Stockbildung, in- dem die ursprünglich einfache, aus einer ein- zigen Wimperlarve her- vorgegangene Spongie auf dem Wege der Knospung, "schiTrh Sprossung und unvollständigen Theilung einen polyzoi- schen Schwammkörper erzeugt , oder indem mehrere ursprünglich gesonderte, aus je einer Larve entstandene in die Centralhöhle öffnen. Formcu durch Vcrschmelzung zu einem zusammenhän- genden Schwammcomplexe verwachsen (Fig. 222). Beiderlei Wachsthums- vorgänge wiederholen sich in ganz ähnlicher Weise und in denselben Modi- ficationen bei den Polypenstöcken. Wie die fächerförmigen Netze der sog. Fächerkoralle (Bh'qndogonj'm flahelhuu) durch vielfache Verwachsung von ^ Schnitt aus Corticium candeJnbrum, nach Fr K Schulze Sehr starke Vergros^erung Gk Geisseikammern. S\nun taphauus, vergrössert. O Osculum mit Nadelkragen, Bt die Eadialtuben, welche sich Fortpflanzung. 253 Aesten unter Anastomosiruiig ihrer Gastrovascularräume entstehen, so hilden sich auch hier aus verästelten Spongien (Fig. 223) netztormige und selbst knäuelförmig verschmolzene, aber auch massige Stöcke Fig. 222. (Fig. 224). Hier gewinnt das Canalsystem, an welchem sich die für die Einzelschwärame hervorgehobenen Ab- weichungen wiederholen , eine grössere Complication, theils durch Anastomosenbildung, theils dadurch, dass unregelmässige Lücken und verschlungene Gänge als luterparietalcanäle zwischen den verwachsenen Stock- ästen hinzutreten und Räume bilden , welche in die wimpernden Canäle einführen. Die Fortpßanzung erfolgt vornehmlich auf unge- schlechtlichem Wege durch Theilung und Knospung, sowie durch Erzeugung von Keimkörpern, GentmuJac, aber auch durch Bildung von Eiern und Samenkapseln. Die Gemmulae oder Keimchen sind bei den Süsswasser- spongillen Haufen von Schwammzellen, welche sich mit einer festen, aus Kieselgebilden (Amphidisken) zusammen- gesetzten Schale umgeben und, encystirten Protozoen vergleichbar, in einem längeren Zustande der Ruhe und Unthätigkeit verharren. Nach Ablauf der kalten sterilen Jahreszeit kriecht der Inhalt aus der Oetfnung der Kapsel hervor, umfliesst gewöhnlich die letztere und differenzirt sich mit fortschreitendem Wachsthum in alle wesentlichen Theile eines neuen kleinen Schwamm- körpers. Auch bei Meeresschwämmen ist die ^'ermellrung durch Gemmulae verbreitet. Dieselben entstehen unter Fi?- 223. gewissen Bedingungen als kleine , von cV /^ rv» einer Haut umschlossene Kügelchen, deren Inhalt im Wesentlichen aus Fig. 224. nelln jiolypoides. nach O. S c h m i d t. üin verästelter Asconiden.stock nach E. Haeckel. E..OJ, ■fßc^.Mhs ad, .at^ca mit e.ner Anzahl Oscula (O). nach Fr. E. Schulz e. Schwammzellen und Nadeln gebildet ist und nach längerer oder kürzerer 2üi .Spongiaria. Geschlechtliche Fortiifiar Zeit der Ruhe nach Zerreissen der Haut austritt. Die geschlechtliche Fort- pflanzung wurde von Li eher kühn zuerst bei Spongilla mit .Sicherheit Fig. 225. Entwicklung Aes Syconraphanus, nach Fr. E. Schulze, o Reifes Ei. ft Stadium mit vier Furchungszellen. c Sechzehnzelliges Furchnngsstadiura, «Z Blastosphaera, e freischwimmsnde Larve, die eine (entodermale) Körperhälfte aus hohen Geisselzellen, die andere (ectodermale) aus grosssn körnchenreichen Zellen gebildet. festgestellt, neuerdings aber fast in sämmtlichen Spongiengruppen nach- gewiesen. Meist entstehen Samen und Eier in demselben Schwamm, ge- langen aber zu verschiedenen Fig. 226. „ •: ü -i- ^ Zeiten zur Reife. Die Samenfäden sind steck- nadelförmig und liegen in kleinen . von Zellen ausgekleideten Räu- men. Eier sowohl als Samen- fäden entstehen im Mesoderm, erstere, indem sich einzelne Zel- len desselben vergrössern und abrunden. Die Eier sind nackte, amöbenartig bewegliche Zellen uijd gelangen in das Canalsy- stem, während sie bei den leben- dig gebärenden SycoTien im Me- soderm verweilen und hier ihre Entwicklung durchlaufen. Erst später fallen dann die bewim- perten Embryonen oder Larven in das Canalsystem, schwärmen aus und setzen sich fest, um sich in einen jungen Spongienkörper umzubilden. Die Enibryonalentivicklung ist am genauesten für die Syconen unter den Kalkschwämmen durch Fr. E. Schulze und Barrois, sodann für X Junger Si/coJi, nach Fr. E. Schulze. O Osculum oder Aus- Btrömungsöffnnng, P Poren der Wand. Embryonale Entwicklung. 255 Halisarca (Oscarella) lohüarls durch C. Hei der bekannt geworden und am eingehendsten von Yves Belage bearbeitet worden. Nach Vollendung der ziemlich äqualen Furchung (Fig. 225, a — c) tritt bei Sycon (Sycandra raphanus) eine Blastula auf, deren grössere Hälfte aus hellen Cylindcrzellen gebildet wird, während der kleinere Abschnitt aus grossen, dunkelkörnigen Zellen besteht (Fig. 225 d). Indem die ersteren Geisseihaare gewinnen, wird der aus dem Leibesraume der Spongie austretende Embryo zu einer frei schwärmenden Larve , welche sich in der Weise umgestaltet , dass die dunklen Zellen den sich einstülpenden Kugelabschnitt mit den Geisselzellen überwachsen. Jene liefern das Ectoderm und Mesoderm, diese werden zum Entoderm der (lastralhöhle. Die Festheftung erfolgt an der Einst ülpungs- üffnung (Gastrulamund). Später wird der Schwammkörper cylindrisch, das Fiir 227. Schnitte durch drei Entwicklungsstadien von Hnlisnrca (OscareUa) lobularis, nach C. Heider. a Gastrula nach deren Festsetzen, b Bildung des Mesoderms, c Bildung 'les Osculums (Os) und der Geisseikammern, E Porus einer solchen. Osculum kommt am aboralen Pole zum Durchbruch, und Kalknadeln treten in der von Poren durchbrochenen Wand auf (Fig. 226). In anderen Fällen wie bei Halisarca lobularis wird die frei schwim- mende Blastula durch Einstülpung zu einer Gastrula, die sich an den Rändern des weiten Blastoporus festheftet (Fig. 227 a). Während dieser sich verengt, um sich später ganz zu schliessen, wird zwischen Ectoderm und Entoderm eine flüssige Gallerte ausgeschieden, in welche (wohl vom Entolerm) Zellen einwandern und mit jener das Mesoderm darstellen. Durch radiäre Aus- stülpungen des Gastralraumes entstehen die Geisseikammern und an deren Oberfläche Durchbrechungen, die Poren (Fig. 227 b). Schliesslich bricht am aboralen Pole auf einem röhrenförmigen Fortsatz das Osculum durch (Fig. 227 c), und der junge Sycon ist gebildet. Uebrigens bestehen in der Entwicklungsweise der Spongien grosse Verschiedenheiten. Nicht selten ist die Larve unterhalb des mit Geissein bekleideten Epithels dicht mit Zellenraaterial erfüllt. 256 I- Classe. Spongiae. Mit Ausnahme von SpoinjUIa gehören die 8pongien dem Meere an, wo dieselben in weiter Verbreitung angetrotten werden. In geringen Tiefen leben die Hornschwämme, sowie dieMyxospougien undKieselhornschwämme, in sehr bedeutenden Tiefen die Hexaetinelliden. Auch linden sieh in älteren Formationen, namentlich in der Kreide, petrificirte Ueberreste von Spongien erhalten, die von den meisten gegenwärtig lebenden sehr verschieden sind. Dagegen stimmen die Glasschwämme der Tiefsee so sehr mit Formen der Vorwelt übereiu, dass sie als unmittelbare Fortsetzung der letzteren er- scheinen. Uebrigens reichen viele der Hauptgruppen bis in das paläolithische Zeitalter zurück, in welchem vornehmlich Lithistiden und Hexaetinelliden schon in den ältesten silurischen Schichten angetroffen werden. Daher liefert die Paläontologie für die Beurtheilung der phylogenetischen Ent- wicklung der Spongien keinerlei Anhaltspunkte. I. Classe. SpoDgiae, Spongien. Mit den Charakteren der Spongiarien. 1. Ordnung. Calcisponxjiae, Kalkschwämme. Meist farblose, selten rotligefärbte Spongien und Spongienstöcke , deren Skelet aus Kalknadeln bestellt. Entweder sind dieselben einfache Nadeln oder dreiannige oder \derarmige Ki'euznadeln. Sehr häufig aber treten zwei oder drei Nadelformen in derselben Spongie auf. Fam. Asconidae , Kalkschwämnie mit einfachen Porengängen der Wandung. Graniia Lk. {Leucosolenia Bbk.) Gr. hotryoides Lk. (Ascaridra conq)licaia E. Haeck.), Helgoland, mit Gr. Lieberhühnn 0. S. aus dem Mittelmeer und der Adria nahe verwandt. Fam. Lenconidae (Leuconen), Kalkschwämme mit dicker Wandung, welche von verästelten Canälen durchsetzt wird. Leuconia Grt. L. (Lencetia) primigenia E. Haeck. Fam. Syconidae (Syconen). Meist solitäre Kalkschwämnie mit dicker Wandung, welche von geraden Eadialtuben durchsetzt wird. Die letzteren springen an der Obeifläche als kegelförmige Erhebungen der Wandung vor. Sycon Eisso, S. (Sycandra) raphanus 0. S., Adria (Fig. 220). 2. Ordnung. Fibrospongiae, Faserschwämme. Ohne Skelet oder mit hornigen oder kieseligen Skelettheilen. 1. Unterordnung: Myxosponyiae, Gallertschwämme. Weiche fleischige Schwämme ohne jegliches Skelet, mit hyalinem gallertigen und oft von Fasersträngen durchsetzten Mesoderm. Die ziemlich hohen Ectodermelemente sind Geisselzellen. Fam. Halisarcidae. Halisarca Du]. H.lobularis 0. S., von dunkelvioletter Farbe, Steine krusteuartig überziehend, Sebenico. H. Dujardinii Johnst. bildet weisse Ueberzüge auf Laminarien der Nordsee. 2. Unterordnung. Ceraospongiae, Hornschwämme. Meist verästelte oder massige, zu- weilen rindenähnliche Spongienstöcke mit einem Hornfasergerüst, in welchem auch Kiesel- und Sandkör^ier als fremde Einschlüsse auftreten. Fam. Spongiadae , Euspotigia 0. S. Mit sehr elastischem, gleichmässig starkem Fasergerüst, meist als AVasch- und Badeschwämme verwendbar. E. adriatica 0. S. (Fig. 224), (Hippospongia) equina 0. S., Pferdeschwamm von Leibforai, zimocca 0. S., im griechischen Archipel, moUssima 0. S., Levantinerschwamm von Becherform. Spongelia elegans Nardo. Aplysina uerophoha Nardo. 3. Unterordnung. Halicliondriae, Kieselhornschwämme. Sehr verschieden gestaltete Spongien mit vorwiegend einachsigen Kieselnadeln, einfachen Kieselspicula , welche durch zarte oder festere Plasmaumlagerungen verbunden , beziehungsweise netzförmig angeordnet oder in Spongienfasern eingeschlossen liegen. Fam. Chrotidrosidae (Gummineae), Leder- II. Unterkr^is. Cnidaria. 257 schwämme. Chrondrosia reniformis Nardo. Ohne Kieselkoi'per, mit Fasern in dem Mesoderm- gewebe. Fam. Eenieridae, Spoiigien von geringer Consistenz mit kurzen Nadehi. Reniera porosa 0. S. Fam. Spon(/illidae. Massig oder verästelt , mit einfachen , durcli Sarcode- häute verbundenen Nadeln. Spongilla fluviatilis Lk., Sp. lacustris JA. Süsswasserspongien. Fam. Suberitidae. Schwämme von massiger Form mit geknöpften Kieselnadeln, die in der Regel in netzartigen Zügen angeordnet sind. Suberites Nardo. S. domuncula Nardo, Adria, Mittelmeer. Vioa tijpica Nardo, der Bohrschwaram, an Austerschalen. Fam. Chdlinopsidae. Derbere strauchformige Schwämme mit Kieselskelet und mit oder ohne Fasergewebe. Axinella polypoides 0. S., Adria (Fig. 220), Clathria coralloides 0. S., Adria. Verwandt sind Esperia Nardo und Myxilla 0. S. 4. Unterordnung. Lithospongiae, Steinschwämme. Kieselschwämme von derber Con- sistenz, mit vierstrahligen Kieselgebilden (Tetractinellidae). Fam. Gcodiidae. Rinden- schwämme mit Ankernadeln und mit Kieselgebilden in der Rinde. Geodia gigas 0. S., Quarnero. 5. Unterordnung. Hgalospongiae , Glasschwämme, Spongien mit einem festen, oft hyalinen Gitterwerk von Kieselnadeln, die den sechsstrahligen Typus zur vollen Ausprägung bringen (Hexactinelliden) und durch geschichtete Kieselsubstanz verkittet sein können. Fam. Hexactinellidae, Glasschwämme. Mit zusammenhängenden Kieselgerüsten und geschich- teten, sechsstrahlige Kieselkörper verkittenden Fasernetzen von Kieselsubstanz , häufig mit isolirten Nadeln und Büscheln von Kieselhaaren zur Befestigung. Leben grossentheils in be- deutenden Tiefen und sind den fossilen Ventriculitiden verwandt. Dactglocalyx Bbk., Eu- plectella Owen. E. aspergülumO'^., Philippinen. Im Leibesraume dieses Glasschwammes leben : Aega spongiphila und ein kleiner Palaemon. Hyalonema Sieboldü Gray, Japan. IL Unterkreis. Cnidaria = Coelenterata s. str. "), Nesselthiere. Mit endständigem, am Oralpole der Larve entstandenem, Mund und Nesselkapseln in den Epithelialgewehen der Polypen oder Medusen, ohne Poren der Haut zur Einführung der Nahrung. Die Cnidarien repräsentiren die Coelenterateu im engeren Sinne, in deren Bau die radiäre Gliederung strenger durchgeführt erscheint. Die amöboide Zelle tritt als selbstständige, für die Bewegung und Ernährung bedeutungsvolle Gewebseinheit mehr zurück, wenngleich die Entodermzelle noch nach Art der Amöbe feste Körper aufzunehmen und intracellulär zu verdauen vermag. Porensysteme der Haut zur Einführung von Nahrungs- körpern fehlen, während eine der Lage nach dem Blastoporus entsprechende Mundöffnung die Nahrungsaufnahme besorgt. Sehr allgemein treten als Er- zeugnisse von Epithelzellen vornehmlich im Ectoderm, jedoch auch im Entoderm Nesselkapseln auf. Jede Nesselzelle (CnidohJast) , welche aus ihrem Inhalt eine Nesselkapsel zur Reife gebracht , besitzt einen feinen oberflächlichen Plasmafortsatz (Cnidocil), der wahrscheinlich für den Reiz mechanischer Berührung sehr empfindlich ist und zur Sprengung der Kapsel ^) M.Edwards et J. Haime, Histoire naturelle des Corailliaires, 3 Tom. Paris 1857—1860. L. Agassiz, Contributions of the Natural History of the United States of America, Vol. III — IV, 1860 — 1862. G. J. Allman, A Monograph of the gymnoblastic or Tubularian Hydroids, 2 vol. London 1871 — 72. R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen I, Giessen 1853; ferner: Zur näheren Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. Archiv für Naturgesch., 1854. C. Claus, Ueber Haiistemma tergestinum. Arbeiten aus dem zool. In- stitut der Universität Wien. E. Haeckel, System der Medusen. .Jena 1880 und 1881. C.Clans: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 17 258 Cnidaria. Polyp. Hydromednse. Anlas.s gibt (Fig. 212). Nicht selten finden sich die Cnidoblasten an gewissen Stellen dicht gehäuft und bilden wulstförraige Anschwelhmgen , Nessel- wülste (Fig. 228) oder Nesselknöpfe (Siplionophoren). Auch die Differenzirung der Gewebe und Organe zeigt sich den Spon- giarien gegenüber höher vorgeschritten. Insbesondere treten im Ectoderm Fig. 228. Fig. 229. Fig. 230. I Längsschnitt durch den Ringnerven von Charybdea. Ss Sinnes- ' I' I ~ 1,1 Zellen des Ectoderms, Gz Ganglienzellen, iVy Nervenfasern, Nesselwulst am Tentakelende einer sti Stützlamelle, E Entodermzellen. Scyphostoina. Sinneszellen, nicht selten als specifische Sinnesorgane gruppirt, sodann Nervenzellen und Nervenfasern auf. Die letzteren bilden dann oft eine tiefere Schicht von Faserzügen unterhalb der oberflächlichen Ectodermlage , von der sie als Aus- läufer von Sin- neszellen ihren Ursprung neh- men (Fig. 229). Bei vielen Medu- sen, den Craspe- doten und Cha- ryhdeen, findet sich ein doppel- ter oder einfa- cher Nervenring in der Nähe des Scheibenrandes, während bei den Poljpen (Ad'im- en) die Nerven- fasern in mehr imregelmässiger Vertheilung auf- treten. Die für die Cnidarien charakteristischen Formen, der Polyp und die Schcihenqiialle, treten in zwei verschiedeneu , einander correspondirenden Modifieationen auf. Die einfachere Polypenform ist die des Hydropolypcn, wie sie in dem Süsswasserpolypen (Hydra) zur Erscheinung kommt, ein Schematische Längsschnitte des Hydropolypen und der aus demselben abzuleiten- den Hydromeduse. a Hydropolyp, O Mund, T Tentakel, M Magenraum, Ek Ecto- derm, En Entoderm ; & Hydromeduse im Durchschnitt zweier Kadiärcanäle Rdc, Bc Kingcanal , O Mund, Vel Velum ; c Durchschnitt durch zwei intermediäre Eadien, Gp Gefässplatte, S Subumbrella, U Umbrella. KorallenpoljT. Scyphomeduse. 259 Fis. 231. am aboralen Pole festgehefteter Schlauch mit Fangarmen im Umkreis des Mundes, mit cylindrischer, in die Fangarme sich fortsetzender, von Ento- derm bekleideter Gastralliöhle und structurloser , zwischen Ectoderm und Entoderm ausgeschiedener StützlamcUe (Fig. 230«). Einen complicirteren Bau besitzt der Korallenpolyp durch das Vorhandensein eines Schlundrohres und 4, 6, 8 etc. um dasselbe gebildeten taschenförmigen Ausstülpungen der (Tastralhöhle. Diese werden durch mesodermale Fortsätze der Leibeswand getrennt , welche sich als in die Gastralhöhle hineinragende , mit Mesen- terialtilamenten besetzte Scheidewände bis zum aboralen Pole fortsetzen (Fig. 231). Die Scheibenqualle tritt entweder als Hijdro- mcclusc (craspedote Meduse) oder als Scypho- weduse (Acalephe) auf. Die erstere ist auf den an die freischwimmende Lebensweise angepassten Hvdropolypen zurückzuführen, der auch im Jugendzustande der Hydromedu- sen- Entwicklung wiederkehrt. Unter be- trächtlicher Verkürzung der Längsachse und Verbreiterung der Querdimensionen hat sich der aborale, vom Fixationspunkt losgelöste Theil kuppeiförmig gerundet und schirmartig (Umbrella) ausgedehnt, während die Mund- scheibe zur contractilen und von einem muskulösen Velum nmsäumten, concav aus- gehöhlten Subumbrella verbreitert ist , in deren Mitte sich die Umgebung des Mundes oft stielartig (Mundstiel) erhebt (Fig. 230/>). Den Fangarmen des Polypen entsprechen die Randfäden oder Tentakeln am Scheiben- rand, der Stützraembran die mächtig ver- dickte elastische Gallertscheibe der Umbrella, sowie die meist festere Gallertplatte der Sub- umbrella, der dort einfachen Gastralhöhle die complicirter gestaltete , durch partielle Verschmelzung der oralen und aboralen Entodermbekleidung (Gefässplafte) (Fig. 230 c, Gp) in Centralmageu (M), Radiärgefässe (Bg) und Ringgefäss gesonderte (^astralcavität (Fig. 230 i). Die Scyphomeduse oder Acalephe ist auf eine vierstrahlige, dem Korallenjjolyp (Anthozoen) ähnliche Polypen- form, den Scy2')hopolypen, zurückzuführen, den sie im jugendlichen Alter in vereinfachter Form wiederholt. Derselbe gleicht einem vierstrahligen Korallenpolypen mit anfangs 4, später 8, 12, 16 und mehr Fangarmen, von dessen ]\Iundscheibe aus vier Längswülste (Gastralwülste) den Gastralraum durchsetzen, welcher durch dieselben in vier peripherische Halbcanäle ge- 17* Mr Magenrohr, Mi Magentaschen, S Septum, Mf Mesenterialfalten, G Geschlechtsorgane. 260 Cnidaria. Acalephe. gliedert wird. Aus einer solchen Polypenforni mit entoderraal ausgeklei- detem Schlundrohr geht nun die Scyphomeduse in ähnlicher Weise wie die Hydromeduse aus dem Hydropolypen hervor, indem nach Rückbildung der die primären Magenrinnen trennenden Gastralwülste , von deren Resten aus sich die Gastralfilamente entwickeln, aborale und orale Entodermbeklei- dung des erweiterten und abgeflachten Körpers in radiären (8, 16) Feldern verlöthen, zwischen welchen ebensoviele, anfangs weite, später canalartig Fig. 232. Fig. 233. a Acalephenlarve (Ephxjra,). Rk Randkörper , G/Gastralfilament, i^c Radiärcanal, O Mund. Freigewordene Ephyra (von circa 2 Mm. Durchmesser^ Junge Chrysaora im Pelagiastadi acht Randfäden. verengte Gefässe (Radiärgefässe) zurückbleiben. Während am Rande die Tentakeln des Polypen obliteriren, erheben sich acht Paare von Randlappen und im Zwischenräume eines jeden Paares ein Randkörper odar Sinnes- kolben. Aus dem Scyphopolypen, beziehungsweise dessen erweiterten und abgeschnürten Vorderstück entsteht auf diese Weise die Larvenform der acraspeden Scheibenqualle, die Ephyra (Fig. 232), welche durch weitere Umgestaltungen zur Schirmqualle wird (Fig. 233). I. Classe. Anthozoa = Actinozoa 0, Korallenpolypen. Polypen mit ectodermalem Mundrohr ^ mit Magentaschen und Mesenterkd- f alten, mit entodermalen Geschlechtsorganen; ohne medusoide Geschlechts- generation, meist mit festen mesodermcden Kalkskeletten. 1) Elirenberg, Beiträge zur physiologischen Kenntniss der Korallenthiere im Allge- meinen und besonders des rothen Meeres, desgl. über die Natur und Bildung der Korallen- bänke. Abhandl. der Berliner Akad., 1832. Ch. Darwin, The Structure and Distribution I. Clas;=e. Antliozoa. KoraU.npolypfn. 2G1 Die Anthozoeii- oder Korallenpolyi)eut unerscheiden sich von den Polypen der Hijdromcdusin durch ihre bedeutendere Grösse und complicirtere Bil- dung des Gastrovaseuhirraunies. Dieser ist kein einfacher Hohlraum des Körpers, sondern zerfällt durch verticale Scheidewände, MescntetiaJ falten, in ein System von senkrechten Taschen, welche in die centrale Gastralhöhle münden und in der Peripherie oft noch mit einem Systeme capillarer Gänge der Körpeiwandurg- in Verbindung stehen. In ihrem oberen Verlaufe schliessen sich die Taschen zu den in die Höhlungen der Tentakeln ein- führenden Canälen, indem die Ränder der sie begrenzenden Mesenterial- septen mit der äusseren Wandung des von der Mundöttnung herabhängenden Magenrohres verbunden sind. Doch kann in jedem Septum unterhalb der Mnndscheibe eine Oeflhung bleiben, durch welche die benachbarten Taschen- räunie communiciren. Das Mundrohr ist seiner Bedeutung nach Speiseröhre und besitzt an seinem hinteren Ende, da, wo die peripherischen Taschen in die Centralhöhle münden, eine verschliessbare Oeffnung, durch welche der Raum d es Magenrohres mit dem Gastrovascularsystem communicirt. Ausser zur Nahrungsaufnahme wird der Mund auch als Auswurföffnung der Excretionsstoffe verwendet. Als die Verdauung befördernde Secrete sind vielleicht die Absonderungen knäuelartig gewundener Bänder (Mesenterial- ßlamcnte) am Rande der Septen zu betrachten (Fig. 231). Der Polypenleib besteht aus einer äusseren Zellenbekleidung, aus einer inneren, die Gastralräume auskleidenden Zelleuschicht und aus dem zwischen- gelagerten Bindegewebe von sehr verschiedener Dicke und Beschaffenheit (Mesoderni). Dieses erscheint seltener als Gallertgewebe, häufig als feste, von Spindel- und sternförmigen Zellen durchsetzte homogene (Älcyoyiiden, Gorcjoniden) Bindesubstanz, die sich jedoch auch zu fibrillärem Bindegewebe umgestalten kann und zum Sitz der Kalkablagerungen wird. Auch Muskel- fasern, welche von Entodermzellen stammen, können vom Mesoderm auf- genommen werden, während die neuerdings entdeckten ectodermalen Sinnes- epithelien und Nervenfibrillen an der Mundscheibe und den Fangarmen ihre oberflächliche Lage bewahren. Die Geschlechtsstof'e entstehen nahe am Rande der Septen oberhalb der Mesenterialfilamente als bandförmige oder krausenartig gefaltete Verdickungen und sind Entodermproducte. In der Regel sind die Geschlechter getrennt, indessen werden auch herma- of Coralreefs. London 1842. J.D.Dana, United States Expl. Expedition, Zoophytes. Phila- delphia 1846. M.Edwards et J. Haime, Histoire naturelle des Corailliaires. 3 Tom. Paris 1857—1860. Lacaze Duthiers, Histoire naturelle du Corail. Paris 1864. Gosse, Actinologia britannica. London 1860. Kölliker, Anatomisch-systematische Beschreibung der Alcyonarien, 1872. M o s e 1 e y , The Structure and Eelations of the Alcyonarian Heliopora coerulea etc. Philos. Transactions of the Eoj'. Soc, 1876. 0. und E. Hertwig, Die Actinien anatomisch-histologisch etc. untersucht. Jen. Zeitschr. Tom. XIV, 1^80. E. Hertwig, Die Actinien der Challenger-Expedition. Jena 1882. A. Andres, Le Attinie. Leipzig 1884. Vergl. ferner die Schriften von Boveri, v. Heider u. A. 262 Authozoa. Entwickluug der .StfptaLsysteme. Querschnitt durch eiue Octactinie (Alcy- onium), nach K. Hartwig. R Schlund- rinne, ], 3, 3, 4 die vier Septenpaare mit ihren Muskelfasern. phrotlitische Individuen angetroffen; selten sind alle Individuen hemia- phroditiseh, z. B. bei CcrkuifJms. Die aus den befruchteten Eiern nach Ablauf der totalen Furchung ausgeschlüpften Jungen werden häufig als bewimperte Larven lebendig ge- f ig. 234. boren und besitzen sowohl einen inneren Gastral- ^ räum, als an dem bei der Bewegung nach hinten gerichteten Pole eine Mund(»ffnung. In solcher Gestalt setzen sie sich mit dem der ]\Iundüffnung entgegengesetzten Pole fest und treiben in der Umgebung des Mundes 2, dann 4, 8, 12 etc., bei den Octactinien sogleich 8 Tentakeln. Bei den Polyactinieu, deren Fangarme und Mesen- terialtaschen sich auf ein Multiplum der 6-Zalil zurückführen lassen , glaubte man früher mit M.Edwards irrthümlich, dass zuerst 6 primäre, dann zwischen denselben 6 secundäre Septen zur Entwicklung gelangten, hierauf 12 dritter. 24 vierter Ordnung etc. gebildet würden, dass also die Septen gleicher Grösse gleichhalterig seien und je einem zu gleicher Zeit gebildeten Cyklus angehören. Indessen lieferte LacazeDuthiers den Nachweis, dass ein ganz anderes Wachsthumsgesetz die Zunahme der Septen und Fangarme bestimmt, dass anfangs eine durchaus symmetrische Gestaltung zu Grunde liegt, aus der erst später durch Egalisirung der alternirenden ungleicli- alterigen Elemente die regulär radiäre Architektonik hervorgeht. R. Hertwig hat dann das Wachsthumsgesetz der Septalsysteme specieller festgestellt. Ein äusseres Merkmal der bilateralen Sym- metrie, welche für die Gestaltung der Architektonik charakteristisch ist, findet sich ausgesprochen in der langgezogenen, in der Ebene der beiden primären Ten- takeln liegenden Mundspalte. Die oft durch eine oder zwei Mundrinnen ausge- Querschnitt durch eine Actinie (Adamsia), nach K. Hertwig. Hf die Fächer der Hauptebene zcichnetc Mundspaltc bczcichnet also dlc (Richtungsfächer), R Mundrinne. Hauptebeuc (Sagittalcbene), zu deren Seiten sich die Septensysteme spiegelbildlich gleich verhalten. Falls die beiden Haupttentakeln einander gleich und zwei Schlundrinnen vorhanden sind, trennt auch die senkrecht zur Hauptebene gezogene Transversalebene den Leib in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften (Fig. 235), und die Anordnung ist eine zicelfach symmetrische (ActimeUj Madreporarien) im Gegensatze Entwicklung der Gastrovasculartaschen und Fangarme. 263 ZU der einfachen Symmetrie der Octuctlnien (Fig. 234) , Cerianthus und der TetracoUarkr. Aus der Abtlieilung der Polyaetinien sind die jüngsten Larven der Actinien (A. mcsemhrijmifhemum , Scujartia, Bunodes) genauer untersucht. Dieselben sind kleine, mit Wimpern bekleidete Planulae, deren einer etwas ausgezogener Pol einen Schopf längerer Cilien trägt (Fig. 236 a). Das gegen- überliegende abgeflachte Leibesende ist von der Mundöftnung durchbrochen, welche mittelst kurzer, durch Einstülpung entstandener C)esophagealröhre in den engen Gastralraum führt. Die erste Ditterenzirung besteht in dem Auftreten zweier einander gegenüberstehenden Falten, durch welche die Gastralhöhle in zwei ungleich grosse Taschenräume getheilt wird. Symmetrisch und rechtwinkelig zu diesen primären JMesenterialfalten zieht sich die Mund- öflthung in Form einer longitudinalen Spalte aus, so dass man durch dieselbe die Lage der Hauptebene bestimmen kann. Bald erheben sich in dem grösseren Taschenraume , den wir den vorderen nennen wollen, einander gegenüber symmetrisch zur Mittelebene zwei neue Falten, so dass nunmehr vier Kammern, eine vordere und hintere und zwei kleinere seitliche, vor- handen sind. Alsdann entwickelt sich im hinteren Räume ein drittes und in rascher Folge in den seitlichen Taschen ein viertes Faltenpaar, welches dem vorausgegangenen an Grösse nur wenig nachsteht. Nachher werden die an die primären Falten angrenzenden Räume abermals durch ent- sprechende Septen geschieden. Die 12 so gebildeten Gastrovasculartaschen egalisiren sich nunmehr allmälig und können in ein unpaares, in der Medianebene gelegenes Paar und in fünf zu denselben symmetrisch gestellte Paare gesondert werden. Schon vor der Anlage des fünften und sechsten Septenpaares beginnt die Hervorsprossung der Tentakeln am oralen Ende der Gastrovasculartaschen, und zwar erhebt sich zuerst der Tentakel des unpaaren ^) vorderen Taschenraumes, den nachfolgenden an Grösse voraus- eilend. Dann treten der gegenüberstehende und die übrigen paarweise ge- ordneten Tentakeln zuerst als kleine w^arzige Erhebungen hervor. Nachdem sämmtliche 12 Fangarme gebildet sind, egalisiren sich dieselben alternirend, so dass 6 grössere Fangarme, zu denen die unpaaren Tentakeln der Längsachse gehören, mit ebensoviel kleineren wechseln und zwei Kreise von 6 Armen erster und ebensoviel Armen zweiter Ordnung vorhanden sind (Fig. 236 f^). Die 12 zunächst entstehenden Septen bilden sich nicht etwa auf Kosten der Theilung eines jeden der 12 Gastrovasculartaschen, sondern zu sechs Paaren symmetrisch vertheilt in den Elementen des zweiten Cyklus. Die Grösse der neugebildeten, anfangs kurzen Tentakeln regelt sich später in der Weise, dass die an die Tentakeln der zweiten Ordnung angrenzenden 6 Fangarme die ersteren bald überragen und nun an Stelle jener scheinbar den zweiten Cyklus repräsentiren. Das gleiche Gesetz des Waehsthums mit \) Aehnlich wie im Kreise der Hydromedusen der erste Tentakel des jungen Scyphi- stomapolypen. 264 Anthozoen. Entwicklang der Septen, Gastro vascnlartaschen und Fangarme. Fig. 236. w. u ^ Ans der Entwicklungsgeschichte von.4c/(«("<5r mesembryanihemum, nach LacazeDuthiers. a Larve mit acht Scheidewänden und zwei Mesenterialfllamenten. O Mund. — b etwas weiter vorgeschrittene Larve mit den Anlagen von acht Fangarmen, a' der zuerst entstehende Tentakel des vorderen unpaaren Taschenraumes. — ■ c Larve mit der Anlage der zwölf ersten Scheidewände, vom Mundpol gesehen. Mit 1 — 6 sind die Scheidewände der Reihenfolge ihres Auftretens nach, mit a— / die Taschen bezeichnet. — d Larve mit den zwölf ersten Tentakelanlagen in gleicher Ansicht, an denen bereits die Anordnung in zwei alternirende Cyklen bemerkbar ist. — e, f junge Actinie mit 24 alternirend egalisirten Armen in zwei senkrecht zueinander geführten Längsschnitten. — g Mund und Arme derselben, von der Mundfläche gesehen. Links die Fangarme mit I — III in Cyklen der Grösse nach, rechts mit a—f jene der ersten sechs Taschenpaare bezeichnet. Fortpflanzung durch Theilung und Sprossung. 265 Fig. 237. Blastotrochus nulrix, nach C. Sem per. LK Lateralknospen. nachfolgender Egalisiriing und Substitution wiederholt sich nun im Verlaufe der weiteren Entwicklungsvorgänge, unter denen der nunmehr am hinteren Pole fixirte Polyp die Zahl seiner Fangarme vergrüssert (Fig. 236 e;/). Von grosser Bedeutung ist die Fortpflanzung durch Sprossung und Theilung. Knospen können an verschiedenen Stellen gebildet werden, selbst am Mundende, in welchem Falle eine strobilaähnliche Form zu Stande kommt. Bei BJastoirochus entstehen die Knospen rechtwinkelig zur Achse des Mutterthieres (Fig. 237). Bleiben die so erzeugten Individuen untereinander ver- bunden, so kommt es zur Entstehung von Polypenstöcken, welche eine sehr verschiedene Form und grossen Umfang gewinnen können. In der Regel liegen die Individuen in einer gemeinschaftlichen Körpermasse, Coenenchym, ein- gebettet und communiciren mehr oder minder unmittelbar mit ihren Gastralräumen, so dass die von den Einzelpolypen erworbenen Säfte in den gesammten Stock übertreten. Der- selbe bietet uns meist ein zutreffendes Beispiel für einen aus gleichartigen Gliedern zusammengesetzten Thierstaat (Fig. 238). Nur die Arbeit der Geschlechtserzeugnisse vertheilt sich in der Regel auf verschiedene Individuen, die aber zugleich alle vegetativen und animalen Verrichtungen übereinstimmend besorgen. Die Anthozoen sind besonders durch ihre Skektbildungen (Polyparien) bedeutungsvoll. Fast überall, mit Ausnahme der Fig. 238. Actimen, lagern sich imMesoderm feste, kalkige Theileab.Bei den Octactinien liegen den Skelet- bildungen verschieden geformte Kalkkörper, SMerodermiten , zu Grunde (Fig. 239), welche entweder unverbunden bleiben oder durch einen Kitt zu grösseren Massen verbunden werden (Achse von CoraUiunt) ; es können auch hornige Ablagerungen in der Achse auftreten (Gorgo- niden). Mit Ausschluss von Kalkkörpern, durch Verkalkung des Coenencbyms entsteht das feste, oft steinharte Kalkskelet der Modreporaria. Am Einzelthiere beginnt die Bildung dieses Skelettes der Utiterhaut an der Fussfläche und schreitet von da in der Weise fort, dass neben dem verkalkten Fussblatt im unteren Theile des Polypenkörpers ein mehr oder minder becherförmiges Matterblatt entsteht, von welchem zahlreiche senkrechte Plättchen, Sej^a, ausstrahlen (Fig. 240). Am becherförmigen Kalkgerüst des Einzelpolypen wiederholt sich daher die Architektonik des Gastrovascularraumes, nur dass die Kalk- septen den Zwischenräumen der Scheidewände entsprechen. Auch wächst Zweig eines Polypariums von CoralUum rubrum, Edelkoralle, nach Lacaze Duthiers. P Polyp. 266 Antbozoa. Skeletbildunger die Zahl der Kalksepten wie die der Scheidewände und Tentakeln mit dem Alter der Polypen nach demselben Gesetze. Durch weitere Differenzirungen wird eine grosse Zahl von systematisch wichtigen Moditicationen des Skelettes hervorgerufen; zuweilen erhebt sich in der Achse des Bechers eine säulen- artige Kalkmasse (Columella), und in deren Umgebung, getrennt von den Strahlen des jMauerblattes, ein Kranz von Kalkstäbchen (Pali) (Fig. 241). Es können ferner zwischen den Seitenflächen der Strahlen Spitzen und Bälkchen als Sijnapticulae oder auch horizontale Scheidewände, Dlsseijimenta, zur Ausbildung kommen, wie andererseits auch die Aussenfläche des Mauer- FiK. 239. Fig:. 240. ^^^M m^ ^ ": i=^^ ^/W^^7^^ :^ Kalkkörper (Sklerodermiten) von Alcyor nach Kölliker. a von PUxaurella, b von Gorgonia, c von Alcyonium. Verticaler Schnitt durch einen Polypen von Astroides calycuJaris, nach Lacaze Duthiers. Man sieht die Mundöffnung und das Oesophagealrohr nebst den an dasselbe befestigten Scheidewänden, desgleichen die Kalksepten zwischen letzteren und die Columella des Skelettes (Sk). blattes vorspringende Rippen (Costae) und zwischen diesen ähnliche Disse- pimente aufweisen kann. Die bedeutendsten Formenverschiedenheiten der Polypenstöcke sind nicht allein durch die abweichenden Skeletbildungen der Polypenleiber veranlasst, sondern das Resultat eines verschiedenen, durch Sprossung und unvollkommene Theilung bedingten Wachsthums. Demgemäss unterscheidet man zahlreiche Moditicationen verästelter Stöcke , z. B. der Madrcporen (Fig. 242) und OcuUnklen (Fig. 243); ferner lamellöse und massige Stöcke, wie sie die Ästraeen (Fig. 244) und Maeandrinen (Fig. 245) bieten. Die Änthozocn sind durchaus Bewohner des Meeres und leben vor- zugsweise in den wärmeren Zonen, wenngleich einzelne Typen der fleischigen Polypenstöcko. Koralle 267 Octactinicn und auch Actinien über alle Breiten sich erstrecken. Die Polypen, welche Bänke und Riffe bauen, beschränken sich auf einen etwa vom 28. Grad n(>rdlieher und südlicher Breite begrenzten Gürtel und reichen nur hie und da über denselben hinaus. Meist leben dieselben in der Nähe der Küsten FiK. 241. Fii;. 24: Fig. 243. Verticalschnitt durch den Kelch von Cynthina cynihus , nach Mi Ine Ed- wards. SSepten, PPali, CColumella. Madrepora verrucosa, nach M. Edwards, Haim e. Ast von Oculina speciosn, nach M. Edwards, Hailne. und erzeugen hier im Laufe der Zeit durch die Ablagerungen ihrer stein- harten Kalkgerüste Felsmassen von colossaler Ausdehnung, welche als Korallenriffe (Atolle, Canalriff'e, Strandriff'e) der Schiffahrt gefahrbringend sind und zur Grundlage von Inseln werden können. In beiden Fällen konirat der Wirksamkeit der Korallenthiere eine allmälige Niveauverände- rung, Hebung des Meeresgrundes zu Hilfe, wie andererseits die Ausbreitung Fig. 245. Astraea (Goniastraea) pectinata Ehrbg. nach Klvinzinger. der Korallenbänke in die Tiefe durch die seculäre .Senkung des Bodens herbeigeführt werden kann. Die Anthozoen haben wesentlichen Antheil an den Veränderungen der Erdoberfläche genommen. Wie dieselben gegenwärtig theils die Küste 268 1- Ordnung. Eugosa. 2. Ordnung. Alcyonaria. vor den Folgen der Brandung beschützen , tlieils durch Erzeugung ge- waltiger Kalkmassen zur Bildung von Inseln und festen Gesteinen beitragen, so waren sie auch in noch grösserem Umfange in früheren geologischen Epochen thätig, von denen namentlich die Korallenbildungen des Ueber- gangsgebirges und der jurassischen Formation eine sehr bedeutende Mächtig- keit besitzen. 1. Ordnung. Kugosa = Tetracorallia. Paläozoische Korallen mit zahlreichen, nach der Vierzahl yi-uppirten, symmetrisch angeordneten Septen. Hierher gehören die Familien der Ci/athophylliden, Stauriden etc. 2. Ordnung. Alcyonaria =: Octactiiiia. Polypen und Polypenstöcke mit acht gefiederten Fangarmen und eben- soviel unverkalkten Mesenterialfalten. Die Kaikabscheidungen der sogenannten Cutis fülu-en zur Bildung von fleischigen Polyparien oder minder festen, zeiTeiblichen Rinden in der Umgebung eines bald hornigen, bald kalkigen steinharten Achsenskelettes, oder auch zu festen Kalkröhi-en (Ttthiporen). Ueberall liegen dem Skelet bestimmte Kalkköiper, Sklerodermiten , zu Grunde (Fig. 239). Die Embryonen werden meist als bewimperte Larven noch ohne Septen und Mundarnie ge- boren. Die Trennung der Geschlechter auf verschiedene Individuen gilt als Eegel. Fam. Alcyonidae. Festsitzende Polypenstöcke ohne Achsenskelet , meist von fleischigem, leder- artigem Polypar, mit nur spärlichen Kalkeinlagerungen der Cutis. Die Colonien entstehen entweder dui'ch laterale Knospen und bilden dann gelappte und ramificü-te Massen, Älcyonium jjabnafum Pall., digiiaium L., oder es sind basale Sprossen und wurzelartige Ausläufer, welche die Einzelthiere verbinden, Cormilaria crassa Edw. Fam. Pennatulidae, Seefedern, Polypenstöcke, deren nackte, freie Basis im Sande und Schlamme steckt, meist mit hornig biegsamen Achsenskelet. Neben den Geschlechtsthieren kommen kleine sterüe Polypen vor. Interessant ist das Vorkommen von Oeffnungen am Stamme zur Aufnahme und Abgabe von Wasser. Bald sitzen die Thiere auf Seitenzweigen des Stammes auf, und das Polypar wird federförmig, Pennatula rubra Ellis, bald erheben sich dieselben auf allen Seiten des ein- fachen Stammes, Veretülum cynomorium Pall., diöcisch. In anderen Fällen erscheint das Pol>T)ar flach und nierenförmig , mit bulbösem, aber achsenlosem Stiele, Renilla violacea Quoy. Gaim., oder durch die Anhäufung der Polypen am oberen Ende eines langen Stammes nach Art einer Dolde gestaltet, Umbellula TJtomsonii Köll,, Tiefseeform. Fam. Gorgonidae, Eindenkor allen. Die festsitzenden Colonien besitzen ein horniges und kalkiges, baumförmig verästeltes Achsenskelet, welches von einer zerreiblichen Rinde oder einem weicheren, Kalk- köi-per enthaltenden Parenchym überzogen wird. Entweder ist die Achse hornig, biegsam und ungegliedert, Gorgonia verrucosa VaW., Mittelmeer, Bhipidogorgia flaiellum'L., mit fächer- förmigem Polypar, Antillen, oder abwechselnd aus hornigen und kalkigen Gliedern zusammen- gesetzt, Isis hippuris Lam., Melithaea ocJiracea Lam., oder endlich steinhart und aus Kalk gebüdet. Der letztere Fall gilt für die Edelkoralle, Corallium rubrum Lam. (Fig. 238), welche den rothen, zu Schmucksachen verwendeten Korallenstein liefert. Dieselbe findet sich im Mittel- meere, namentlich an den steinigen Küsten von Algier und Tunis, und bildet dort einen wichtigen Gegenstand des Erwerbes. Fam. Tubiporidae, Orgelkorallen. Die Polyparien einem Orgelwerke ähnlich. Die Thiere sitzen in parallelen, durch horizontale Platten verbundenen Kalkröhren, Tubipora Hempridiii, Ehrbg. 3. Ordnung. Hexactinia. 269 3. Ordnung. Hexactinia = Zoaiitharia. Polypen und Polypenstöcke mit 6, 12 und In fortschreitender Ordnung vermehrten Fangarmen, die meist in mehreren Kreisen alternircn. Leib seltener ganz weich oder lederartig , in der Regel mit kalkigem , steinhartem Polypar von stralilig- faserigem , krystallinischem Gefiige. Auch hier gilt die Trennung des Geschlechtes als Regel, indessen Averden auch hermaphroditische Polypen (Cerianthus) angetroffen. Die Polypen tragen sehr allgemein ihre Embryonen längere Zeit mit sich herum, so dass dieselben acht- oder zwölfstrahlig mit den Anlagen der Fangarine geboren werden. Viele erzeugen KoralleimfFe und Inseln. 1. Antipatharia. Meist mit nur sechs Fangarmen und liorniger Skelctachse. Fam_ Antipathidae. Polypenstöcke mit weichem, nicht verkalktem Körper, aber mit einfachem oder verästeltem Hornskelet. Nur sechs Fangarme umstellen die IMundöffnung. Antipatlies Pall., schwarze Koralle, Mittelmeer. 2. Actiniaria. Ohne Hartgebilde. Fam. Actintdae. Mit weichem Körper, bald Einzel- thiere mit mehrfachen alternirenden Tentakelkränzen, Actinia L., bald durch Stolonen ver- bunden und zu Stöcken aggregirt, Zoantlms Cuv. Die ersteren können zum Theil ihi-e Be- festigung mittelst der contractilen Fusssohle aufgeben und sich frei bewegen. Viele erreichen eine verhältnissmässig bedeutende Grösse, besitzen prachtvolle Farben. Zuweilen scheidet die Haut eine mit zahlreichen Nesselkapseln erfüllte klebrige Masse oder gar eine Art Hülle ab. Sie sind als Seeanemonen die Zierden der Seewasseraquarien. Actinia mesembrijan- themum L. Sagartia Gosse (Fig. 209). Anthea Johnst. Cerianthus Delle Ch. Mit Hauthülse und hinterem Porus. Hermaphroditisch. C. membranaceus H. 3. Madreporaria. Mit zusammenhängendem harten Kalkskelet. a) Aporosa. Fam. TurhinoUdae, Mützenkorallen. Meist Einzelpolypen mit festem Kalkgerüste, undurchbohrtem Mauerblatt und wohlentwickeltem Fussblatt und Septen, deren Zwischenräume bis zum Grunde offen bleiben. Turhinolia Lam., Flabellum Less., Caryo- phißlia Lam., C. (CyatJiina) cyathus Lam. (Fig. 237), Blastotrochus Ed. H. (Fig. 241). Fam. Oculinidae, Augenkorallen (Fig. 243). Polypenstöcke mit steinhartem, meist ästigem Polypar, mit zu compacter Masse verkalktem Coenenchym und wenig zahlreichen Septen in den Kelchen der Einzelthiere. Oculina virginea Less., Lid. Ocean. Amphiltelia ocidata L., weisse Koralle, Mittelmeer. Fam. Astraeidae , Sternkorallen. Meist massige Polyjienstöcke mit verwachsenen Mauerblätteru der Einzelkelche, ohne Coenenchym, bald mit schneidendem, bald mit eingeschnittenem gezähnten Rande der Septa, die Interseptalräume werden von horizontalen Scheidewänden erfüllt. Eusmilia Edw. Die durch Theilung erzeugten Einzel- thiere bleiben nur an der Basis verbunden und erzeugen ein rasenartiges Polypar mit schneidenden Septab'ändern der Kelche. Galaxea Oken. Die Einzelkelche durch Knospen entstanden, am oberen Rande frei, ebenfalls mit schneidenden Rändern der Septa. Cladocora. Die Knospen lateral , die Stöcke daher rasig oder verästelt. Cl. cespitosa L., Mittelmeer. Astraea Lam., Einzelkelche durch die ganze Mauer verschmolzen mit gezackten Septal- rändern der Kelche. A. radians Pall. Goniastraea pectinata Ehrbg. (Fig. 244). Maean- drina Lam., Einzelkelche zu langen Thälern vereinigt. M. crassa Edw. H. Coeloria arabica Klz. (Fig. 245). Fam. Fungidae, Pilzkorallen. Meist grosse und flache Einzelkelche; zuweilen Polypenstöcke , ohne Mauerblatt, mit sehr zahlreichen, stark entwickelten, durch Synapti- culae verbundenen und gezähnten Septen. Fungia discus Dana, Halomitra Dana, Loplio- seris Edw. H. b) Perforata. Fam. Madreporidae, Madreporen (Fig. 242). Polypen und Polypenstöcke mit porösem Coenenchym und durchbohrtem Mauerblatt. Gastralhöhle im Grunde offen und mit dem Centralcanal in der Achse des ästigen Polypars communicirend. Septa wenig ent- wickelt. Madrepora cervicornis Lam., Dendrophyllia ramea Edw., Mittelmeer;, Astroides cahjcularis Pall. 270 II. Classe. Hydrozoa, Polypoinedusfii. II. Classe. Hydrozoa = Polypomedusae 1), Hydrozoen. Polypen ohne Magenrohr, niU einfachem Gastrovasciihirraum nnd medusoider Geschlechtsgeneration , oder mit freischivimmenden Medusen als Geschlechtsthieren. Diese Classe iimfasst die Hydro-Polypen und Polypen stücke nebst den von diesen, sowie von den Scyphopolypen erzeugten ]\Iedusen als den zugehörigen Geschlechtsthieren. Durchgängig besitzen jene einen einfacheren Bau als die Anthozoen, hinter denen sie auch der Grösse nach meist be- deutend zurückbleiben ; sie entbehren des Schlund- oder Magenrohres, der Scheidewände, Falten und Taschen des Gastrovascularraumes. Nur die Scyphopolypen (Scyphistomen), welche die Jugendformen der Scyphome- dusen repräsentiren , haben in vier Gastralwülsten einen Ueberrest von Gastralfalten erhalten, aus denen sich Gastralfilamente entwickeln. Die Polypenstöckchen bringen nur selten (Milleporklen)^ jedoch im Gegensatze zu den Anthozoen, durch Verkalkung der Cuticula, ein festeres, dem Polypar vergleichbares Kalkgerüst zur Entwicklung. Treten Skelet- bildungen auf, so sind es in der Regel mehr oder minder verhornte Aus- scheidungen der Oberhaut, welche als zarte Röhren den Stamm und dessen Ramiticationen überziehen und zuweilen in der Umgebung der Polypen kleine becherartige Gehäuse bilden (Fig. 246 a); indessen ist auch im Innern des Körpers unter dem Ectoderm zur Stütze der Weichtheile eine mehr oder minder derbe Mesodermlamelle entwickelt, welche bei der Meduse durch die meist dicke zuweilen bindegewebige Gallertscheibe vertreten ist. Ohne Zweifel vertritt die Scheibenqualle (Fig. 246 i) morphologisch den höheren Typus, zumal da sie als das zur Vollendung gereifte Ge- schlechtsindividuum erscheint, während den Polypen die Aufgabe der Er- nährung und Knosi)ung zufällt. Im Zusammenhange mit der freieren Be- wegung und höheren Lebensstufe der Scheibenqualle oder Meduse finden wir an derselben ein mehr entwickeltes Nervensystem und Sinnesorgane. Das erstere hat seine Lage am Scheibenrand und besteht aus Nervenfibrillen, welche, mit Ganglienzellen untermischt, in Form eines doppelten Faserstranges das Ringgefäss begleiten. Die Sinnesorgane sind die sogenannten Rand- körper. Die Geschlechtsstotfe der Meduse nehmen entweder aus dem Ecto- derm ihren Ursprung, und zwar im Verlaufe der Radiärgefässe (Eucopklen), beziehungsweise in der Wand des Mundstiels (Oceaniden), oder entstehen aus dem Entoderm an der Unterseite /(Subumbrella) des Schirmes (Schirm- qnallen). Häufig bleiben Polyp und Meduse auf einer tieferen Stufe der morpho- logischen Differeuzirung zurück und werden zu poh/poiden oder medusolden *) Eschscholtz, System der Acalepbeii. Berlin 1829. Th. Huxley, Memoir on the anatomy and affinities of the Medusae. Phil. Transact. London 1849. L. Agassiz, Con- tributions of the Natural History of the United States, Acalephae, Vol. III, 1860; Vol. IV, 1862. E. Haeckel, System der Medusen. Tom. I und IL Jena 1880 und 1881. Gr. J. Allma n 1. o. Organisation. Polypoide, medusoido Formen. 271 Anhängen, welche physiologiscli zu der Bedeutung von Körpertheilen oder Fig. 246«. Organen herabsinken, während der gesammte Stock einem einheit- lichen Organismus näher kommt. Je vollendeter sich ArhntsthcUmig und Fohjmorph'mmis an den poly- poiden und medusoiden Anhängen des Thierstockes ausprägen, um so höher wird die Einheit der morphologisch als Thierstock 7X\ bezeichnenden Gesammtheit. Sprossung und einfaches Wachs- thum fallen hier oft ohne Grenze zusammen. Lange Zeit galt es als merk- würdiges, einer Erklärung kaum zugängliches Verhältniss, dass so difterente Organismen, wie Polyp und Meduse, welche man systema- tisch als verschiedene Classen ge- trennt hatte, lediglich verschiedene Zustände in der Lebensgeschichte einer einheitlichen Entwicklungs- reihe bezeichnen und deshalb im engsten genetischen Verband so- gar der Art nach zusammenfallen. Die Theorie vom „Generations- wechsel" brachte nur eine Um- schreibung des Sachverhaltes, aber keine Erklärung. Erst die Ent- stehungsweise des Medusenleibes am Polypenkörper gab Aufschluss über die unmittelbare Beziehung beider Formen, indem durch die- selbe bewiesen wurde, dass die Meduse ein abgeflachter scheiben- förmiger Polgp ist, dessen flacher, aber weiter Gastralraum in Folge ton vier, sechs oder mehr scptalen V er ivachsungsf eidern auf peri- pherische Gefässtaschen (Magen- taschen) oder Radiärcanäle be- schränkt wurde, welche den Interseptalräumen oder Gastrovasculartaschen Zweig eines 06e/wstöckchens (O. gelntlnosa). O Mund- öffnung eines Nährpolypen mit vorgestreckten Fang- armen, JIjT Medusengemmen am Leib eines proliferirenden Polypen, Th glockenförmiges Gehäuse (Theca) eines Nährpolypen. h Freigewordene Meduse von Obelia gelafinosa, noch ohne Geschlechtsorgane, g Gehörbläschen. Z i'Z Polypomedusae. Verhältniss von Polyp und Meduse. der Anthozoen analog sind (Fig. 230 h, c). Die Verschiedenheit beruht im Zu- sammenhang mit der Scheibenform vornehmlich auf der Höhen reduetion der in radialer Richtung ausgedehnten Septalfelder, welche, durch die Ver- wachsung des oralen und aboralen Entodermblattes entstanden , die sog. Gefässplatte repräsentiren. Zugleich erscheint die verbreiterte Mundscheibe zur Begrenzung der Schirm- oder Glockenhöhle concav eingezogen und die Ectodermbekleidung derselben zur Muskulatur der unteren Schirmwaud oder Subumbrella umgestaltet. Die Stützsubstanz der gewölbten (vom Polypen- stock losgelösten) Aboralfläche der Scheibe wird zu einer mächtigen, nicht selten mit Zellen erfüllten Mesodermlage, welche die Schirmgallerte oder die Gallerte der Umbrella darstellt , während die der oralen Wand den Charakter einer dünnen, aber festen Lamelle bewahrt und als Stützplatte der subumbrellaren Muskulatur (Schwimmsack der Glocke) dient. Die Tentakeln entspringen der gegebenen Ableitung gemäss nahe am Scheibenrande und sind zu den Randfäden oder Randtentakeln der Meduse geworden, zu denen noch vier einfache oder verästelte Mundarme als Wucherungen des Mund- stieles hinzukommen. Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung hat auch die ungeschlecht- liche Vermehrung eine weite Verbreitung, insbesondere im Kreise der polypoiden Formzustände, bei welchen sie zur Entstehung polymorpher Thierstöcke führt. Meist alterniren beide Formen der Fortpflanzung in gesetzmässigem Wechsel zur Erzeugung verschiedener Generationen. In- dessen gibt es auch Medusen (Aeginopsis, Pelagia), welche ohne Generations- wechsel direct aus Eiern auf dem Wege der continuirlichen Entwicklung mit Metamorphose hervorgehen. Am häufigsten aber erzeugt die Meduse oder die medusoide Geschlechtsgemme aus ihrem Ei einen Polypen und dieser entweder alsbald durch Quertheilung oder nach der Production eines sessilen oder freischwimmenden Polypenstockes die Generation der Medusen, beziehungsweise medusoiden Geschlechtsgemraen. Die Polypomeduspn ernähren sich wohl durchgängig von thierischen Substanzen und bewohnen vorzugsweise die wärmeren Meere. Die frei- beweglichen Quallen und Siphonophoren leuchten zur Nachtzeit. Die Cnidarien sind wahrscheinlich auf eine hydraähnliche Grundform zurückzuführen {Archhydra, E. Haeekel), deren Wand aus einem ectoder- malen und entodermalen Epithel und einer ausgeschiedenen zellenlosen Zwischenschicht bestand. Die Archhydra führte durch fortschreitende Grössenzunahme und Complication des inneren Baues, durch Bildung eines Schlundrohres und zunächst vier, dann mehr Magentaschen und Septen zur Entstehung der paläozoischen Korallenpolypen (Tetracorcdlia) , von denen aus die Octactinien und Polyactinien ihren Ursprung nahmen. Aus reducirten vierstrahligen Korallenpolypen mit vereinfachtem Gastrocanalsystem sind wahrscheinlich die Scijphopolijpen entsprungen, welche sich zu den Scyphomedusen umgestalteten. Die Hydromedusen haben 1. Ordnunff. (Scyphoinotlusae, Acalephen. 273 sieh entweder direct von den Archhydren durch die Zwisclieng^lieder der Hvdroiden entwickelt, und dann würde ein diphyletischer Ursprung- der KSchciben(iuallen bestehen, oder, was aus verschiedenen Gründen grössere Wahrscheinlichkeit hat, aus Stöckchen von Scyphopolypen mit weiter ver- einfachtem Gastralsy Stern, welche die Hydroiden entstehen Hessen. Nur in einzelnen Fällen blieben die vier Gastralwülste als Reste der Septen zurück (TiOmhtrklcu), ohne dass Gastraltilamente und Septaltrichter, welche den Ilydroniedusen durchweg fehlen, zur Entwicklung gelangten. 1. Ordnung. Scyphomedusae, Acalephen'j, Scyphomedusen. Quallen von hcdoifender (J rosse mit Gastralfilanientcn, meist mit liand- hijijjeu des Schirmes und bedeckten Bmidkörpern. Die Jugendzustände sind nicJit Hi/draidsfäckclien, srmdern Scypkistoma- und Strohihiformen. Die jMedusen dieser Ordnung unterscheiden sich von denen der Hydroid- g:rui)pe durch ihre bedeutendere Grösse und durch die ansehnlichere Dicke der meist schirmförmigen Umbrella, deren reichlich entwickelte, fast stets von Zellen durchsetzte Gallerte ein Gewebe fester Fibrillen, sowie elastischer Fasernetze enthält und hierdurch eine gr(»ssere Rigidität nnd Festigkeit gewinnt. Ein wichtiger Charakter derselben l)eruht auf dem Verhalten des vSchirmrandes, welcher bei den viergliederigen Formen meist ungetheilt ist, bei den höheren achtgliederigen 8chirmquallen durch eine regelmässige Zahl von Einschnitten in acht Gruppen von Lappen zerfällt, zwischen denen die Randkörper in nischenförmigen Einbuchtungen ihre Lage haben (Fig. 247 ). Aehnlich dem Velum der Hydroidmedusen erscheinen die Rand- lappen der Acalephen als secundäre Bildungen des Sclieibenrandes, welche an den Scheibensegmenten der Strobila als marginale Zapfen hervorwachsen und in dem allen Öchirmquallen (IHscophoren) gemeinsamen Jugendstadiuni der Ephjjvd acht Paare relativ langgestreckter, zungenförmiger Lappen bilden, deren Zahl mit der weiteren Entwicklung oft eine grössere wird. ') Ausser den Vv'erkeii von Brandt, L. Agassiz, Huxley, Eysenhardt verjjl. V. Sieliold, Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere, 1839. M. Sars, Ueber die Entwicklung der Medusa aurita und Cyanea capillata. Archiv für Naturgesch., 1841. H. .1. Clark, Pi'odromus of the history etc. of the order Lucernariae. Journ. of Bost. Soc. of Nat. liist., 18(53. C. Claus, Studien über Polypen und Quallen der Adria. Denkschriften der k. Akad. der AVissensch. AVien 1877. Derselbe, Untersuchungen über die Organisation und P^ntwicklung der Acalephen, Prag 1883. E. Van hoffen, Untersuchungen über semäo- stome und rhizostome Medusen. Bibliotheca zoologica, Cassel 1889. E. A. Schäfer, Obser- vations of the nervous System of Aurelia aurita. Philos. Transact. öf the roy. Soc. 1878. A. Götte, Ueber die Entwicklung von Aurelia aurita und Cotj^lorhiza tuberculata, 1887. C. Claus, Ueber die Entwicklung des Scyphostoma von Cotylorhiza, AureUa und Chrysaora, sowie über die systematische Stellung der Scj'pliomedusen I und II. Arbeiten aus dem zoolog. Institute AVien und der zoolog. Station in Triest. Bd. IX und X. 1891 und 1893. Ferner E. Haeckel, I.e., R. v. Lend en f eld etc. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie, ü. Auf). lg taltung fies Gastrovai^cularaiiii; Fig. 247. Eine ungetheilte, von dem Velum der Craspedoten verseliiodene Eand- membran (Yflarium) tritt bei den Chart/bdeldrii auf. Im Gegensatz zu den Hydromedusen besitzen die Aealephen in der Regel mächtige Muudarme am freien Ende des weiten Mundstieles. Die- selben sind auf ungleichmässige Wucherungen des Mundrandes zurück- zuführen, welche in den vier (mit den Radien der Genitalorgane und Gastralfilamente alternirenden) Radien des Mundkreuzes als ebensoviel armförmige Fortsätze am Mundstiele hervor wachsen. Im Falle einer früh- zeitig beginnenden gabeligen Spaltung der Arme bilden sich vier Armpaare aus, deren krausenförmig gefaltete Endlappen sich wiederum spalten und vielfach verzweigen (lihizostomeen). Dann kommt es jedoch schon im Jugendleben zur Verwachsung des Mundrandes, sowie der an- grenzenden Arm- ränder, so dass an Stelle des obliterirten cen- tralen Mundes krausenförmig gefaltete Tricli- terspalten in der Peripherie der Arme die Nali- rung aufnehmen (Fig. 247). Die Gestal- tung des Gastro- vascularappara- tes zeigt bedeu- tende Verschie- denheiten , die sich bei den Schirmquallen als Modificationen aus dem ursprünglich überall gleichen Bau der Ephyra ableiten lassen. Die flache, in acht Randlappenpaare gespaltene Ephyrascheibe (Fig. 250) enthält eine centrale Magenhöhle, in welche der weite und kurze vierkantige Mund- stiel einführt, und acht peripherische canalartige Ausläufer (Radialtaschen), zwischen denen ebensoviel kurze intermediäre Ganäle (Intermediärtaschen) innerhalb der Gefässlamelle zur Ausbildung gelangen. Bald weiten sich, wie bei Pclagla und CJin/saora, die radialen und intermediären Gefäss- canäle zu ausserordentlich breiten, nur durch schmale Verwachsungsstreifen getrennten „Magentaschen" aus, welche am Rande ohne Communication bleiben, bald werden dieselben zu sehr engen Gelassen, zwischen denen Schematischer Längsschnitt durch eine Wurzelqualle (Jihi:oslonia). U (iallort- schJrm oder Umbrella, .V Magenraum, S'Subumbrella, G Genitalband, Sh Schirm- hühle, F Filamente, SM subumbrellare Muskulatur, Bgf Eadiärgefässe, Ek Kand- kiiriier, i?(/ Riechgrube, j4? Aiigenläppchen, S'^- Schulterkrausen, D^f Dorsalkrausen, V!c Ventralkrausen der acht Arme, Z Endzapfen derselben. Teframeralia. Octomeralia. Gastrallilamente. 275 während des fortschreitenden Wachsthiims in den breiten Verwach sungs- teldern dnreh Anscinanderweichen der beiden Lamellen der Getassplatte ein reiches Netzwerk anastomosirender Gelasse, sowie in der Nähe des Schirm- randes ein Riiiggetass secundär zur Ausbildung gelangt (Aurdia, Ehizostoma). Einen ganz anderen, noch auf frühere Stadien (Sq/phistoma) gemein- samer Entwicklung zurückführbaren Typus zeigt der Gastrovascularai)parat der becher- oder glockenförmigen Cahjcozoen und Tesserklcn, sowie der CharijhdekJen oder Beutclquallen, indem nur vier sehr weite, durch äusserst schmale Septen getrennte Gefässtaschen als peripherische Nebenräume der Gastralhöhle auftreten. Diese tiefer stehenden Medusen verhalten sich ihrem Fig. 248. Ec Durchschnitt durch die Riechgrube, den Eandkörper und dessen Nervencentrum von Aurelia auriia, R Riech- grnbe, L Schirmlappen, welcher den Randkörper bedeckt, P Augenfleck des Randkörpers, Ot Otolitben des Gehörsackes, Z Zellen nach Auflösung ihrer Otolithen. En Entoderm, Ec Ectoderm mit der unter- liegenden Schicht von Nervenfibrillen (F). Das untere Auge ist nicht dargestellt. Baue nach viergliederig im Gegensatze zu den zwar vierstrahligen, alter mit Rücksicht auf die peripherische Gliederung achtgliederigen Discophorcn. Nach diesem bedeutungsvollen, verschiedenen Entwicklungsstufen ent- sprechenden Gegensatze kann man die Scyphomedusen in viergliederige (Tetnmieralia) und achtgliederige (Octomeralia) eintheilen. Ein wichtiges Merkmal bilden die wurmförmig beweglichen Tentakeln des Magenraumes, die GaHtnäßlamriitc, die sich bei keiner liydromeduse finden. Dieselben entsprechen den sogenannten Mesenterialtilamenten der Anthozoen und unterstützen in gleicher Weise durch das Secret ihrer drüsigen Entodermbekleidung die Verdauung. Ueberall gehören sie der snbumbrellaren Magenwand an und fallen in die vier sich rechtwinkelig 18* 276 ScyiihoiiKdu^ae. Xcrvensystcm. Kandkolb,-!!. kreuzenden Kadien der Gcscldeclitsorgane (Radien zweiter Ordnung), welche mit den vier Radien des IMundkreuzes (Radien erster Ordnung) alterniren. Kleist begleiten sie in einfacher oder geschlängelter Bogenlinie den inneren Rand der Geschlechtsorgane. Das Nervensystem der Acalephen wurde erst neuerdings mit Sicher- heit nachgewiesen. Man erkannte, dass die Centren desselben im Ectodenn von Stiel und Basis der Randkolben selbst enthalten sind und aus einer mächtigen Lage von Nervenfibrillen in der Tiefe des hohen , Wim])ern tragenden Ectodermepithels bestehen, dessen stäbchenförmig ausgezogene Nervenzellen mit ihren basalen Faserfortsätzen unmittelbar in die Nerven- fibrillen umbiegen (Fig. 248). Dazu kommt ein mächtig ausgebreiteter peripherischer Nervenplexus in der sul)umbrellaren Muskulatur, lieber die Art und Weise, wie dieser Nervenplexus mit den Nerveneentren der Rand- körper und Avie diese untereinander in Verbindung stehen, haben die bis- herigen Untersuchungen keine abschliessende Entscheidung gebracht. Ein Nerven ring an der Subumljrellarseite wurde nur bei den Charybdeiden nachgewiesen. Ueberall zeigen die Antimeren des Acalepheuleibes eine grosse Selbstständigkeit und vermögen ausgeschnitten eine Zeitlang fortzuleben. Als Smnesoryanc sind die Randkolben , sowie grubenf()rmige Ver- tiefungen an der Dorsalseite der Randkolben-Nische (Spür- oder Riechgruben) hervorzuheben (Fig. 248 li). Die schon im Stadium der Ephyni an der unteren Schirmseite vorhandenen Randkolben werden von Theilen des Schirmrandes überwachsen (daher Steyanopldhalmata) und scheinen überall die Function eines statischen Apparates und eines Auges zu vereinigen. Der erstere wird durch einen umfangreichen, aus Entodermzellen hervor- gegangenen Krystallsack gebildet, während das Auge eine mehr abwärts nach dem Stiel zu gelegene dorsale und zugleich auch eine ventrale (Aurelia) Pigmenteinlagerung ist. die ausnahmsweise (Nausithoe) eine licht- brechende Cuticularlinse enthält. Die höchste Ausbildung aber erreicht der Sinneskörper bei den Cliaryhdeiden, indem derselbe ausser dem terminalen Krystallsack in der Wand des arapullenförmig erweiterten Gefässraumes ein höchst complicirt gebautes, aus vier kleinen jjaarigen und zwei grossen unpaaren Augen zusannnengesetztes Sehorgan enthält, an welchem Linse, Glaskörper und Retina zu unterscheiden sind. Die rier Geschkchfsoryunc der Acalephen fallen in Folge ihrer be- deutenden Grösse und zarten Färbung leicht in die Augen, zumal sie wenigstens bei den Schirmquallen oder Discophoren als krausenförmig ge- faltete F>änder in besondere Cavitäten des Schirmes, in die subumbrellaren Genitalhöhlen hineinragen (daher die Bezeichnung Phanerocarpae Esch.). Ueberall liegen diese Bänder (Fig. 247//) an der subumbrellaren Magen- wand, aus der sie als blattförmige Erhebungen entstanden sind. Die ol)ere Fläche ist vom Gastralepithel , die untere, der Subumbrella zugewen- dete vom Keimepithel bekleidet, dessen Elemente mit der weiteren Aus- Geschlechtsorgane. Entwicklung. 277 bildung in die Gallerte des Bandes aufgenoninien werden. Die Ausbildung der grossen Schinnhöhlen der Diseophoren ist auf eine loealc Wucherung der subumbrellaren Schinngallcrte im Umkreise der Höhlungen zurück- zuführen. In einzelnen Fällen (Disconwdiisa, Nauslthoi'J kann dieselbe jedoch vollkommen unterbleiben. Die reifen Geschlechtsproducte gelangen durch Dehiscenz der Wandung in den Gastralraum und durch die Mund- öftnung nach aussen , in manchen Fällen aber durchlaufen die Eier an Ort und Stelle in den Ovarien (('Jir//saora) oder auch an den Mundarmen (Aurelki) die Embryonal-Entwicklung. Die Trennung der Geschlechter gilt als Regel. Doch zeigen männliche und weibliche Individuen, von der Fig. 249. Entwicklung der Planula von Chrysnora bis zur achtarmigen Scyphistomaform. rt Zwei.schichtige Planula mit der engen Gastralspalte. — 6 Dieselbe nach ihrer Festheftung mit neu gebildeter Mundöffnung (o) im Stadium der Tentakelbildung. — c Vierarmiger Scyphistomapolyp. Csic Ausgeschiedenes Cuticularskolet. — d Achtarmiger Scyphistomapolyp mit weit geöifnetem Munde. M Längsmuskeln der Gastralwülste. Färbung der Geschlechtsorgane abgesehen, nur geringfügige Geschlechts- unterschiede , wie z, B. in Form und Länge der Fangarme (ÄurcJki). Chrysaora ist hermaphroditisch. Die Entwiddiing erfolgt bei den Schirmquallen mittelst Generations- wechsels, und zwar durch die Ammenzustände des Sci/phistoma und der Strohila, ausnahmsweise (Pelagia) direct. Aus dem befruchteten Ei geht nach Ablauf des totalen Furchungsprocesses eine bewimperte Larve als sogenannte Planula hervor, welche sich später an dem bei der Bewegung nach vorne gerichteten, dem inzwischen geschlossenen Gastrulamunde gegenüberstehen- den Pole festsetzt, während in der Umgebung des von Neuem durch- brechenden Mundes die Tentakeln hervorsprossen (Fig. 249 a — d). Wie bei den jugendlichen Actinien wachsen zuerst (in der Hauptebene) zwei gegenüberstehende Tentakeln hervor, auch nicht genau gleichzeitig, sondern der eine dem andern vorauseilend, so dass der jugendliche, zum Scyphi- stoma sich ausbildende Larvenleib eine bilateral-symmetrische Gestaltung 2 i 8 .Scvj homeJusac. .Scyphistoma. Strobilu tjiliyra. zeigt. Nachher sprosst rechtwinkelig zur Ebene des ersten Tentakelpaares das zweite Paar in den Kadien des Mundkreuzes (Radien erster Ordnung), dann alternirend in minder regelmässiger Folge das dritte und vierte Paar, in deren Ebenen (Radien zweiter Ordnung oder Radien der Gastraltilamente und Genitalorgane) sich bald vier Längswülste der Gastralhühle bemerkbar machen. Das achtarmige Sa/j^hisfonui treibt alsbald, und zwar alternirend mit den vorhandenen Tentakeln, in unregelmässiger Aufeinanderfolge acht neue Tentakeln, deren Lage die intermediären Radien der späteren jungen Scheibenqualle oder EjjJii/ra bezeichnen. Nach Ausbildung des Tentakel- kranzes und Ausscheidung eines hellen basalen Periderms (Chrijsaora) ist das Scyphistoma zur Fortpflanzung durch Sprossung und Theilung befähigt. Anfangs scheinen sich die Scyphistomen lediglich durch Si)rossung zu ver- mehren. Erst später beginnt die zweite Form der Fortpflanzung, der StrohiUsU-uuysprocess , welcher im Wesentlichen auf Abschnürung und Theilung der oberen Körperhälfte in eine Anzahl von Segmenten beruht und das Scijphistoma zur Strohlla gestaltet. Mit diesem nur für die Schirmquallen bekannt gewor- denen Vorgang vollzieht sich zugleich die acht- gliederige Gestaltung der peripherischen Theile. Die Lostreunung der Abschnitte schreitet continuir- lich von dem oberen Ende nach der Basis der Strobila vor. so dass zuerst nach Rückbildung seiner Tentakeln das Endsegment, dann das zweite Segment und sofort zur Selbstständigkeit gelangen. Acht langgestreckte Schirmlappenpaare, jedes mit Eine Ephyra von der Mundseite aus ciucm Raudkörpcr iu dcr Ausbuchtuug bcidcr gesehen. ütKandkörper.G/Gastrai- Lappcu, bildcu dcu charaktcristischen Schirmrand filament, Kc Eadiärcanal, O Mund. der jungen EjJhi/ra (Fig. 250), welche erst ganz allmäiig die besonderen Form- und Organisations-Eigenthümlichkeiten der geschlechtsreichen Scheibenqualle zur Ausbildung bringt. Viele Quallen sind durch dichte Anhäufungen von Nesselkapseln an der Oberfläche der Scheibe. Mundarme und Fangfäden im Stande, empfindlich zu brennen. Manche, wie z. B. PeJagia, besitzen die Fähigkeit zu leuchten. Nach Panceri geht diese Erscheinung vom fettartigen Inhalt gewisser Epithelzellen der Oberfläche aus. Trotz der Zartheit und leichten Zerstörbarkeit der Gewebe sind von einzelnen grossen Scheibenquallen fossile Reste als Abdrücke (im litho- graphischen Schiefer von Solnhofenj enthalten (Medusitrs cirrularis u. a. A,). 1. Unterordnung. Cali/cozoa (Cylicozoa), Becherquallen. Becherförmige, am aboralen Pole meist festsitzende Äcalephcn, mit vier weiten, durcli schmale Scheidewände (jetrennten Gefässtaschen und acht armförmi. Catliammata. Acatlianiiiinia. iSeiiiaco>toi!Ui'ii. Khii:ostoirn welclie das Muskelepithel mit seinen lüngfaseni eine viel ausgedehntere Oberfläche zu seiner Ausbreitung gewinnt. Die Geschlechtsorgane ragen meist als vier krausenfiJrmig gewundene Bänder in vier subumbrellare, weit geöft'nete Schirmhöhlen hinein (Fig. (53 G), welche nur bei den E]>Iiijr- opsiilen, sowie in einzelnen sonstigen Äusnahmsfällen (Discomedusa > nicht zur Ausbildung ge- langen. Das Keimephithel, welches von einem contiirairliclien Entodermbelag überkleidet wird, ist als Entodennbildung nachgewiesen. Die Entwicklung erfolgt mittelst Generationswechsels. Nur selten (Pclagia) vereinfacht sich die Entwicklung, indem die Larve mit Ueberspringung des festsitzenden Scyphostoma- und Strobilazustandes direct zur Ephijra wird (Krohn). 1. Cathaminata. Mit vier Septalresten in den Radien zweiter Ordnung, tiefer Kingfurche oberhalb des Lappenkranzes und Yerwachsungsstreifen in der Mitte der Schirm- lappen. Fam. PeripInjUifJae. Umbrella hoch glockenförmig mit einer Kingfurche, welche den Periphylla hyacinthina, nach E. Haeckel. Rf Kingfurche zwischen Lappenkranz und Schirmkegel. I{!iizostomn-Ija.Tve von i Mm. Durchmesser, mit noch einfachen uuverwachsenen Mundarmen und grosser centraler Mundöffnung. MA Mundarme, Bg Radiär- gefässe, Hk Eandkörper, F Gastralfliamente. Lappenkianz vom Schirmkegel abgrenzt, mit vier Septalknoten und vier Kandkürpern in den Radien zweiter Ordnung , mit hohlen Tentakeln (Fig. 254). Lappenkranz mit einer tiefen Radialfurche in der Mitte eines jeden Lappens, welche einer A'erwachsung der um- brellaren und subumbrellaren Magenwand entspricht. Pf r/("o//^flr en ohne Magenrohr und Mesenteriulf alten, mit medusoiden Gescltleclttsgemmen oder tnit Meinen Randsaummednsen (Craspe- doten) als Geschlechtsthieren. Die Polypen und polypoiden Formen sind die aufanimendcn Genera- tionen und bilden kleine moosartige oder dendritische Stöckchen, die häutig von chitinigen oder hornigen Röhren (Cuticularskelet) umhüllt sind, welche sich zu becherförmigen Gehäusen im Umkreise der Einzelpol jpen erweitern können. Stamm und ramiüeirte Zweige enthalten einen Centralcanal, welcher mit dem Gastralraum aller einzelnen Polypen und polypoiden Anhänge conununicirt und den gemeinsamen Nalirungssaft führt. Dem Polypen fehlen Magenrohr und Scheidewände der bewimperten Gastralhöhle. In der Regel bleiben Ectoderm und Entoderm einfach und nur durch eine dünne zwischenliegende Stützlaraelle gesondert, die keinerlei zellige Elemente aufnimmt. Sehr verbreitet scheint das Vorkommen von *) L. Agassiz, Gontributions to the Natural History of the United States of America, Vol. III— IV, 18GÜ— 18(i2. (!. J. AUman, A monograph of the gymnoblastic or Tubulariau Hydroids, Vol. I und IL London 1871 und 1872. N. Kleinenberg, Hydra. Leipzig 1872. O. und R. Hertwig, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medu.sen. Leipzig 1878. A. Weisman, Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. Jena 1883. Ferner E. Haeckel, I.e. 284 Hydromednsae. Verschiedene Gestaltung des Polypen. Medusoide Gemmen. Längsrauskeltasern entweder als iinraittelharen Ausläufern der ectodermalen Epithelzellen (Hydra, Podoconjnc), oder es können diese Muskeln als selbstständige Lage kernhaltiger Faserzellen in der Tiefe des Epitliels zur Sonderung gelangen (Hydract'tnia , Tuhulana). Nicht immer sind alle Polypen gleich , zunächst finden sich neben dem Ernährungspolyi)en pro- liferirende Polypen , welche die Geschlechtsgemraen an ihrer Wandung erzeugen. Die sterilen Polypen können aber selbst wieder untereinander verschieden sein, und sind hier die mund- und tentakellosen Spiralzooids und Tentacularzooids , sowie die durch die mächtige Entwicklung des Cuticularskelettes ausgezeichneten 8keletpolypen hervorzuheben. Wir finden daher schon bei den Hydroiden den Polymorphismus der Siphonophoren vorbereitet (Podocortjnc, Pliiniularia) (Fig. 256). Fig. 256. (icschlccli tsprodudc werden nur ausnahmsweise im Polypen- Ifw/ n ßf) körper selbst, und zwar im Ecto- ^^ ™^ /?h//v/%'/^ denn desselben erzeugt (Hydra). Hier fehlen medusoideGeschlechts- thiere , sei es nun in Folge von vollständiger Rückbildung der An- lagen derselben, sei es, dass es gar nicht zur Bildung solcher gekom- men ist und die ursprünglichen Zustände der einfachsten Cnida- rien (Archhydrae) sich erhalten haben. Im Gegensatz hierzu sind meist kleine sich lösende Scheibcn- quallen (Cam])anularia (jclatliiosa van Ben., Sarsla tuhulosa). welche früher oder später, oft erst nach längerem freien Leben und nach bedeutender , mit ^Metamorphose verbundener Grössenzunahme geschlechtsreif werden , die Träger der Ge- schlechtsstoffe , oder aber aus der Rückbildung solcher abzuleitende medu- soide Gemmen, welche in verschiedenem Grade den Bau der Meduse aus- geprägt zeigen. Im letzteren Falle findet sich auf einer höheren Ausbil- dungsstufe in der Peripherie der Knospe eine mantelartige Umhüllung mit continuirlicher Gefässlamelle oder mit mehr oder minder entwickelten Radiärgefässen {Tuhidaria roronata, Eudendr'mm ramosum van Ben.); im einfachsten Falle nehmen die knospenförmigen Individuen der Geschlechts- generation einen Fortsatz der Gastralhöhle des polypenförmigen Trägers oder des Achsencanales vom Hydroidstöckchen auf, in dessen Umgebung sich dann die Geschlechtsstoffe anhäufen (Hydradinia edünata , Claca squamatn). Podoeoryne enrnen, nach C. Grobben. PPolypen, J/ Me- dnsengemmen an proliferirenden Polypen, S Spiralzooid, Sk Skeletpolyp. (Vergl. die losgelöste Meduse, Fig. 208.) Nervensystem. Randkorper. Ocellaten. Vesiciilaten. 285 Fig. 2: l Rw J f- Die als Hydronicdnsen zu bczoichnendcii Schcihenquallcn unterscheiden sieli von den Scuphomcduso) durch ihre geringere Grösse — einzehie Formen, wie z. B. Acquorca, können freilich mehr als einen Fuss im Durch- messer erreichen — und durch die einfachere Organisation ; sie besitzen eine geriugere Zahl (4, 6 oder 8) Radiärgefässe, nackte, nicht von Haut- lappen bedeckte Randkörper (daher Gi/mnopJitliahnata, Forbcs) und einen muskulösen Randsaum, Velum (daher Craspedota, Gegenbaur) (Fig. 257). Die (irscltlechtsproductc bilden sich an der Wandung der Radiärcanäle odei- des Magenstieles aus dem Ectoderm und nicht wie l)ei den Scyphomeduscn an der Gastralseite subumbrellarer Höhlungen. Die hyaline Gallertsubstanz der Öcheiben(iuallc bleibt in der Regel structurlos und entbehrt zelliger Einlagerungen, kann a1)cr von senkrechten Fasern durchsetzt sein, deren Bildung als Zellausläufer wohl im Zusammen- hang mit der Genese des Gallertschirmes als Ausscheidungsproduct des anlagern- den Ectoderm- und Entodermepithels zu erklären ist. Der Ncrrcm-ing am Scheibenrande wird von einem kleinzelligen, Flimraer- haare tragenden Sinnesepithel bedeckt und erscheint als doppelter, von Gan- glienzellen durchsetzter Faserstrang. Der umfangreichere obere Nerrenring verläuft oberhalb des Velums, der schwächere müere hat dagegen seine Lage auf der unteren Seite desselben. Dieser enthält stärkere Fasern, sowie grössere Ganglienzellen und versorgt durch austretende Fibrillenziige , welche wiederum zu Ganglienzellen an- schwellen und einen subepithelialen Plexus zwischen Muskelepithcl und Faser- schicht bilden, die Muskulatur von Velum und Subumbrella. Vom oberen Nervenring , in welchem kleinere Ganglienzellen vorwiegen , treten die Fibrillenziige zu den Tentakeln, während die Fibrillen der Sinnesnerv^en von beiden Nervenringen ausgehen können. Die schon seit langer Zeit als Sinnesorgane in Anspruch genommenen Bandkörpcr sind entweder Ocellen oder Otolithenbläschen (Statocjsten). Demgemäss sind die Hydroidmedusen entweder OeeUaten oder Vesicidaten. F)ei den letzteren gehören die Otolithenbläschen am Scheibenrande der Subumbrellarseite an, welche eine oder mehrere in Zellen entstandene Concremente enthalten. Jeder concrementhaltigen Zelle liegen eigenthüm- liche Sinneszellen an, deren bügelförmig gebogene Haare die Concrement- zellen berühren. In die Basis jeder Siuneszelle tritt eine Nervenfibrille über m Ov Pkialiilium viirittbile, von der SubumbreUarseite aus dargesteUt. V Velum. O Mund, Ov Ovarien, Ob GehörbläPchen, B/ Kandfädcn, Riv Eandwülste. Fig. 258. Zcb Hydromedusae. Ge?cUlcct;t?prcductf, Kiitwiriiiun^'. (Fi^. 258). Die statischen Organe der Tracliymedusen dageo:en entstellen oberhalb des Velums am oberen Nervenring und sind entweder frei vor- stehende Kölbehen mit in Entodermzellen entstandenen Concretioncn und mit ectodermalen Sinneszellen (Traclu/ncmdj, oder wie bei Gcryonki blasen- förmig umschlossene Bildungen mit den gleichen Zellengruppen (Fig. 259). Fast allgemein herrscht getrenntes Geschlecht. Zuweilen beobachten wir auch an Medusen Knospen- bildung (Sarsia proUfcra) oder Theilung (Stmno- hrachium mimhUe). Auch können parasitische Jugendformen von Ctmiucn durch Sprossung Anlass zur Entstehung von Knospenähren an Geri/o)tidcn geben. Die Keünzellcn scheinen überall aus dem Ecto- derm zu entspringen, wenngleich sie nicht selten von der primären Keimstätte aus durch amöboide Be- wegung in das Entoderm übergeführt werden. Ur- sprünglich mochten dieselben am Mundstiel ihre Lage haben, wo das Keim- epithel auch jetzt noch in vielen Fällen im Ectoderm zur Reife gelangt. Von hier aus erfahren sie schon während der phylogenetischen Entwicklung eine Verschiebung nach der Peripherie in die Radiär- canäle und bei Rückbildung der Meduse zu einer medusoiden Gemme in das Pareuchym des Stockes. Auf diese Weise scheint nach Weisman die Er- klärung der Thatsache gegeben , dass in der nntogenetisclien Entwicklung mancher Hydroiden lias Keimepithel am Stocke entstellt und erst später in die Medusengemmen überwandert und hier \ ' ' j.J zur Reife gelangt. V ^' ^^^ Entwicklung des in der Regel einer Dotterhaut entbehrenden Eies ist in neuerer Zeit besonders durch E. Metschnikoff i) eingehender verfolgt. Ueberall scheint eine totale Furchung stattzufinden, welche im Umkreis einer geräumigen Furchungshöhle zur Bildung eines einschichtigen Blastoderms führt. Dieses erzeugt eine zweite, entodermale Zellenlage als innere Bekleidung der Gastralhöhle meist mittelst polarer Einwuchening (Aequorm). Die kugelige oder ovale Larve setzt sich nun entw^eder fest, um durch Sprossung zu einem kleinen Hydroidstöckchen zu werden, oder bildet sich frei schwimmend direct zur Meduse aus (Trachynwduscn). ~-^J Kandbläschen mit Nervenring und Rii'ggefäss von Octorchis, nach O. und R. H e r t w i g. Jf6 Randblüschen, O, O' zwei Oto- lithen, //c Hörzellen, Hh Hör- haare, Nv oberer Nervenring, Rg Ringgefäss (Typus der Ge- hörorgane der Vesiciilnten). Fig. 259. üz Hk / /_ Otolirhenbläschen von Genjonia (Carmufinn) , nach O. und R. Hertw ig. A' und N' die zutre- tenden Nerven, Ot Otolith, Hz Sinneszellen, Hh Haare. (Typus der Gehörorgane der Tracliy- medusen.) *) E. Metsclniikof f , Embryologisdie Studien a)i Medusen. Wien 1886. 1. Unterordnunp. Hydrariae. ■>. Unterordnung. Hydrocoralliap. 3. TIntPrordnnng. Tubiilariap. 287 Die frei gewordenen ]\Ie(lnsen erfahren nach ihrer Lösung meist eine weitere Umgestaltung, die nicht nur auf einer Formveränderung des sieh vergrössernden Seliirmes und]\lundstieles, sondern aucli auf einer Vermehrung der Randfäden, Kandkör})cr ('J'/iixi) und seihst Radiäreanäle (Anjuorca) heruht. Indessen kommt es auch vor, dass die gesehlechtsreife Scheiben- ((ualle nach Körpergrösse, Zahl der Randkörper und Tentakeln ganz be- deutende Variationen zeigt (PMalidium varinbile, Ch/fia ro/ubiUs). Die Schwierigkeit der Systematik wird durch den Umstand erhöht, dass die nächst verwandten PolypenstcJckchen verschiedene Geschlechtsformen erzeugen kinnien, wie z. B. Monocaulus sessile Geschlechtsgemmen, ('onj- luorpJia sich loslösende Medusen (Stcenstrupia) hervorbringen. Auch können übereinstimmend gebaute Medusen, die man zu derselben Gattung stellen würde, von Hydroidstöckchen verschiedener Familien aufgeammt werden (Isocjonismus). Daher erscheint es ebensowenig zulässig, der Eintheihmg ausschliesslich die Geschlechtsgeneration zu Grunde zu legen, als die Ammen- generation ohne die erstere zu berücksichtigen. 1. Unterordnung. Hydrariae. Solitäre kleine Polypen ohne cnticulare Eöhrchen mit liolilen Tentakeln und beiderlei Geschlechtsstoifen im Ectoderm desselben Polypenleibes. Fain. Hijdridae. Hydra L., Süsswasserpolyp. H. viridis L., H.fusca L., bekannt durch die ausserordentliche Reproductionskraft. Im Sommer pflanzt sich derselbe durch Knospen, im Herbst geschlechtlich fort. Noch einfacher verhält sich die tentakellose Protohydra Greif. 2. Unterordnung. Hydrocoralliae. Korallenähnliche Hydroidstöcke mit verkalktem (,'uticularskelet. Das aus einem röhrigen Netzwerk gebildete Coenenchym mit in oberttäch- lichen Poren geöffneten Zellen theils für grössere Nährpolypen , theils für mnudlose , mit Tentakeln besetzte Individuen, welche in grösserer Zahl meist kreisförmig um je ein Nähr- thier angeordnet sind. Fam. Milleporidae Millepora L. M. alcicornis L. Fam. Stylasieridae. Stylaster sanguineus M. Edw. H., Ällopora oculina Ehrbg. 3. Unterordnung. Tuhulariae (Ocellatae). Nackte oder von chitinigem Periderm über- kleideto Polypenstöckchen ohne becherförmige Zellen (Hydrotheken) in der Umgebung der Polypeuköpfchen. Die Geschlechtsgemmen sprossen am Leibe der Polypen oder am Stocke. Die sich lösenden Medusen (Anthomedusen) besitzen meist Augenflecken wie die Gattungen Oceania, Sarsia etc. Die Geschlechtsorgane liegen in der Wand des Magenstieles. Fam. Clavidae. Polypenstöckchen mit chitinigem Periderm. Die keulenförmigen Polypen mit zerstreut stehenden, einfach fadenförmigen Tentakeln. Die Geschlechtsgenimen entstehen am Pdlypenkörper und ])leiben meist sessil. Cordylophora Allm. Stock verzweigt mit Stolonen, welche fremde Gegenstände überziehen. Gonophoren oval , diöcisch vertheilt. Im süssen Wasser. C. lacustris Allm., albicola Kirchp., Elbe, Schleswig. Marine Gattungen sind Claia 0. Fr. Müll. Eudendrium ramosnm L., Syncoryne Sarsii Lov. und Cladonema radiatum Duj. Fam. Hydracfinidae. Polypenstöckchen mit flacher Ausbreitung des Coenenchyms und festen incrustirten Skeletabscheidungen. Die Polj'pen sind keulenförmig mit einem Kranze einfacher Tentakeln. Neben denselben gibt es auch lange tentakelförmige Poh-poiden (Spiral- zooids). Hydractinia van Ben. Medusengemmen sessil an tentakellosen proliferirenden In- dividuen. H. echinata Flem. Podocoryne Sars. Die Geschlechtsgeinmen werden als Oceaniden frei P. carnea Sars. (Fig. 256 und 208). Fam. Tuhularidae. Polypenstöckchen von chiti- nigem Peridenn überzogen ; die Polypen tragen innerhalb des äusseren Tentakelkranzes einen inneren, der Proboscis aufsitzenden Kreis fadenförmiger Tentakeln. Die Geschlechtsgenimen entspringen zwischen beiden Kreisen von Fangarmen. Tubularia L. Die Hyroidstöckchen bilden kriechende Wnrzelverzweigungen, auf denen sich einfache oder verzweigte Aestchen 288 Hydromcdusae. 1. Unterordnung. Campanulariae. 2. Unterordnung. Trachymcdusae. mit den endständigen Polypenküpt'chen erheben. Die Ge.schleclitsgemnien sessil. T. (T/iaw- Hoi-nidia Ag.) coronafa Abiig., diöcisch. Corymorpha Sars. Der von gallertigem Periderm umhüllte Stiel des .solitären Polypen befestigt sich mit wurzelfönuigen Fortsätzen und enthält Eadiärcanäle , welche in die weite Magenhöhle des Polypenköpfchens führen. Die freiwerdende Meduse (Steenstrupia) glockenförmig, mit einem Eandfaden, aber bulbösen Anschwellungen am Ende der unteren Eadiärcanäle. C. tmtans Sars., C. nana Alder. 4. Unterordnung. Campaimlariae (Vesiculatae). Die chitinigen Skeletröhren erweitern sich in der Umgebung der Polypenköpfchen zu becherföraiigen Zellen (Hj/drofheli-en). In diese kann das Polypenköpfchen Mundkegel (Prohoscis) und Tentakeln meist vollständig zurückziehen. Die Geschlechtsgemmen entstehen fast regelmässig an der Wandung proli- ferirender Individuen, welche der Mundöft'nung und der Tentakeln entbehren, und sind bald sessil, bald trennen sie sich als kleine Medusen (Leptomedusen) mit Geschlechtsorganen an den Eadiärcanälen (Eiicopiden, Gerijonojisiden, Aeqitoriden). Fam. Fhivndaridae. Die Zellen der verzweigten Hydroidstöckchen einreihig, die Zellen der Nährpolypen mit kleinen, von Xesselkapseln erfüllten Nebenkelchen (Nematocalyx). Pliimularia crislata Lam. Anten- nularia antennina Lam. Fam. Sertularidae. Verzweigte Hydroidstöckchen, deren Polypen in flaschenförmigen Zellen an entgegengesetzten Seiten der Aeste sich erheben. Di/namena pumila L., Sertularia ahiefina, cupressina L. Fam. Campanularidae = Eueopidae. Die becherföraiigen Zellen sitzen vennittelst geringelter Stiele auf, die Polypen besitzen unterhalb ihrer conisch vortretenden Proboscis einen Kreis von Faugarmen. Campanularia Lam. Die proliferirenden Individuen sitzen den Verzweigungen auf und erzeugen freie Medusen von glockenföraiiger Ge.stalt mit kurzem vierlippigen Mundstiel, vier Eadiärcanälen, ebensoviel Kandfäden und acht interradialen Eandbläschen. Nach der Trennung bilden sich die Inter- radialtentakeln aus. C. (Chjiia) Johnsfoni = roluhüis .lohnst., wahrscheinlich mit Eucope rariahilis Cls. Obclia Per. Les. Unterscheidet sich von Campanularia durch die Medusen. Dieselben sind flach, scheibenförmig und besitzen zahlreiche Eandtentakeln, aber ebenfalls acht interradiale Bläschen. (). dichotoina L. = (Campanularia yelaiinosa van Ben., Fig. 246 a, h), C. yeniculata L., Laomedea Lamx. Die Geschlechtsgemmen bleiben sessil in der Zelle des proliferirenden Trägers. L. caliculafa Hincks. Fam. Aequoriden. Medusen mit zahlreichen Eadiärgefässen und Eandtentakeln. Aequorea Forsk. Ae. Forshalina Ag. Hier schliessen sich die Octorchiden an. Octordiis E. Haeck. Tima. ö. Unterordnung. Trachymedusae. Medusen mit festem, oft durch Knorpelspangen gestütztem Gallertschirm, mit starren, von solidem Zellenstrang erfüllten Tentakeln, welche auf den Jugendzustand beschränkt sein können (Larven der Gerifoniden). Entwicklung ohne Hydroidammen durch Metamorphose. Fam. Trachijnemidae. Mit starren, kaum beweglichen Randfäden. Die Genitalorgane entwickeln sich an bläschenförmigen Ausstülpungen der acht Eadiärcanäle. Aglaura liemistoma {Trachynema dliaium Ggbr.), Rhopalonema rolaium Ggbr., Messina. Fam. Aeginidae. Von scheibenförmiger Gestalt der knoiiielh arten Umbrella, mit taschenförmigen Aussackungen des weiten dehnbaren Magenraumes an Stelle der Eadiär- gefässe. Einggefäss meist obliterirt und auf einen Zellstrang reducirt. Cunina alhcscens Ggbr., Neapel. Aegineta ßavescens Ggbr. Aeginopsis mediterranea Joh. Müll. Fam. Geryo- nidae. Schirm mit knorpeligen Mantelspangen und vier oder sechs hohlen schlauchförmigen Eandtentakeln. Magenstiel lang, cylindrisch konisch , mit rüsselförmigem Mundstück und vier oder sechs Canälen, die in die Eadiärcanäle übergehen. Die Geschlechtsorgane liegen an den Eadiärcanälen ; acht oder zwölf Eandbläschen. Liriope Less. Mit vier Eandcanälen, vier oder acht Tentakeln und acht Eandbläschen. L. tetrap>hylla Cham. Indischer Ocean. Geryonia Per. Les. Mit sechs Eadiärcanälen, ohne Znngenkegel. G. umhella E. Haeck. Carmarina E. Haeck. Mit sechs Eadiärcanälen und Zungenkegel. C. hasiaia E. Haeck., Nizza. 1^8U Fis. 260. 3. Oidmuig'. Siphonophorae ^), Schwimmpolypen, Röhrenquallen. Frcischir'niDHOidc, iiohjuiorplic H;/droi(Isförb' mit n»}fr(ictU<))i Stamme, mit pohjpoiden Eniährunf/stliicrrn und medusoideu Gcf^chJrchtfigemmcn, meist (iKch mit SrJnrimvif/Iorken, J)(rL-sfii'"»' °^''""-°- -^''«t»™™- ^^a- Ectoderm, £,.Ento- laCneU .-^eiienZWei^en \LlStnt derin,P7iPneumatophor,SASchwiminglockenknospe,S'Schwimni- ner COntraCtiler Stamm (Hy- glocUe, D Deckstück, G Genitalgemme, TTaster, S/Senkfadeii, T -, f« 1 1 •• 11 • P Polyp, O Mnndüffnung desselben, Nk Nesselknopf. drosom) auf, der hauhg in ^^' seinem oberen , flaschenförmig aufgetriebenen Ende , Luftkammer oder Fncumatoplior, oft unterhalb eines apicalen lebhaft gefärbten Pigmentflecks einen Luftsack einschliesst (Fig. 260). ^) Ausser Kölliker, C. Vogt, Huxleyu. A. vergL: C.Gegenbaur, Beobachtungen über Sipbonoplioren. Zeitschr. für Ariss. Zool., 1853, ferner: Neue Beiträge zur Kenntniss der Siphonophoren. Nova acta. Tom. XXVII, 1859. R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen. 1. Giessen 1853, ferner: Zur näheren Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. Archiv für C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 19 290 Siphonophorac. Stamm. Luftkammer. Nährpolyiion. Nesselkmipfe. Ueberall findet sich in der Achse des Stammes ein Centralcanal, in welchem die Ernährun<;sflüssigls.eit durch die Contractilität der Wandung und durch Wimperbewegungen in Strömung erhalten wird. Der mit Luft gefüllte Sack, welcher in der Spitze des Stammes von radialen Scheide- wänden wie eine Blase getragen wird und sich in manchen Fällen zu einem umfangreichen Behälter ausdehnen kann (PhysaUa)^ hat die Bedeutung eines hydrostatischen Apparates. Derselbe dient bei den Formen mit sehr langem spiraligen Stamme vornehmlich zur Erhaltung der aufrechten Lage des Siphonophorenleibes und kann in einzelnen Fällen seinem gasformigen Inhalt freien Austritt durch eine oder mehrere Oeftnungen gestatten. Bei einzelnen Tiefseebewohnern (RhodaUdcn) soll derselbe durch einen besonderen glockenförmigen, Gas secernirenden Anhang, Aurophor. nach aussen (Fig. 269) ausmünden. Die an dem spiralig gedrehten, seltener verkürzten und blasig auf- getriebenen Stamme hervorgesprossten Anhänge, deren Gastralraum mit dem Centralcanal communicirt, erscheinen überall mindestens in doppelter Form: l. als polypoides Ernährungsthier mit Fangfaden und 2. als medu- soide (^eschlechtsgemme. Die Nährpolypen, Saugröhren oder Magenstldäuche genannt, sind einfache, mit einer ]\[undöffnung versehene Schläuche, die niemals einen Tentakelkranz besitzen, dagegen stets an ihrer Basis einen langen Fangfaden tragen. Dieser kann sich zu bedeutender Länge entfalten und wiederum in Spiraltouren zurückziehen ; seltener stellt derselbe einen ein- fachen Faden dar, in der Regel trägt er zahlreiche unverästelte Seiten- zweige, die selbst wieder in nicht minder hohem Grade contractu erseheinen. Stets sind die Fangfäden mit einer grossen Zahl von Xesselkapseln besetzt, welche an manchen Stellen eine sehr dichte und gesetzmässige Anordnung erhalten und namentlich an den Seitenzweigen durch eine besonders dichte Anhäuftmg grosse, lebhaft gefärbte Anschwellungen, Xesselknöjjfc , ent- stehen lassen, an denen sich ganze Batterien verschiedener Sorten dieser mikroskopischen Waffen anhäufen. In ihrer besonderen Gestaltung zeigen die Nesselknöpfe in den einzelnen Familien, Gattungen und Arten charakte- ristische Abweichungen, welche werthvolle systematische Anhaltspunkte liefern. Die zweite Form von Anhängen, die Geschlechfsfjoiniicn, bringen meist einen glocken artigen Mantel mit Kinggefäss und Radiärgefässcn in der Umgebung des mit Eiern oder Samenfäden gefüllten centralen Stieles oder Klöpfels zur Entwicklung. Gewöhnlich entspringen sie traubenf örmig gruppirt Naturgesch. 1854. E. Metschnikoff, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXIV, 1874. C.Claus, lieber Halistemma tergestinum n. s., nebst Bemerkungen über den feineren Bau der Physophorideu. Arbeiten aus dem zool. Institut der Univ. Wien etc., Tom. I, 1878. E. Haeckel, Repoi-t on the Sipbonophorae collected by H. M. Challenger. 1889. C. Cbun, Die Siphonopboren der Cana- risclien Inseln. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Berlin 1889. Derselbe, Die canarischen Siphonophoi-en in monographischen Darstellungen. Abb. Senkenb. Naturf. Gesellschaft. I, Bd. XVI, 1890, Bd. XVIII. 1892. Geschlechtsgommen. Taster. .ScliwimniBk 291 an der Basis von Tastern, seltener von Ernähr ung-spolypen, z. B. VcMla. Männliche und weibliche Zengungsstoffe entstehen durchgängig gesondert in verschieden gestalteten Knospen, finden sich aber meist in unmittelbarer Nähe monücisch an demselben Stocke vereinigt (Fig. 2G1); indessen gibt es auch diöcischc oder, wenn man die Gemmen als Ge- schlechtsorgane betrachtet, getrennt geschlechtliche Siphonophoren, z. B. Apolcniia ucarUi imd Dijilii/fis acumiudtü. Häufig trennen sich die reifen Geschlechts- medusoiden von dem Stocke, nur selten werden sie als kleine Medusen frei {Chrysomitra der Vclelliden), um erst während des freien Lebens die Geschlechts- stoflTe zu erzeugen. Ausser den constanten Nährpolypen und medu- soiden Geschlechtsgemmen gibt es aber noch incon- stante Anhänge, ebenfalls modificirte Polypoide oder Medusoide. Es sind dies die mundloscn wurmf örmigen Taster^ welche wie die Polypen einen freilich ein- facheren und kürzeren Fangfaden ohne Seitenzweige und Nesselknöpfe tragen , ferner die blattförmigen, knorpelig harten Deckschuppen, die als Sehutzorgane der Polypen, Taster und Geschlechtsknospen dienen, und endlich die als SchirimnigJocl-en bekannten An- ... j 1 11 1 T-> ,1 i^- 1 , , Ein Stück Stamm mit Anhängen hange unterhalb des Pneumatophors. Die letzteren ^on Haiistcmma tergesimum. wiederholen, wenngleich in bilateral sijnutietrischer s« stamm, d Deckstück, Txa- (,.1, IT» iT«-i ,11 1 1 ^**'''! ^f Senkfaden 'desselben, xestaltung, den Bau der Meduse, entbehren aber des ^yg ^.eiwiche, Mg männliche Mundstiels undderMundöflfhung. sowie der Tentakeln Geschlechtsgemmen. und Randkörper. Dafür aber erlangt im Zusammenhange mit der ausschliess- lich locomotiven Leistung die tief glockenförmig ausgehöhlte Subumbrella, der Schwimmsack, eine um so bedeutendere Aus- dehnung und kräftigere ^luskelbekleidung. Alle Anhänge entwickeln sich aus Knospen mit Ecto- derm, Entoderm und Centralraum , welcher mit der Centralhöhle des Stammes communicirt. Bei den Schwimmglocken und Genitalgemmen liefert eine ectodermale Einwucherung (Knospenkern) die Bekleidung der Subumbrella, beziehungs>veise die Geschlechtsstoffe (Fig. 262). Die grossen Eier, welche häufig nur in ein- facher Zahl den Knospenkern der weiblichen Ge- schlechtsgemme füllen, entbehren der Dotterinern- bran und erfahren nach der Befruchtung eine regelmässig totale Dotterklüftung An dem freischwimmenden Larvenkörper bildet sich zuerst eine Schwimm 19* Fis. 262. J .SV.' Knospengruppe einer Physophoride an der Basis der Luftkammer. C Centralhöhle, Sk Schwimmglocken- knospe mit dem sich aushöhlenden Knospenkerne. 292 t^il,louc (jl-oi-ac. D^ckstrick.-. I :iil%vi(kluii^'. glocke (Diplnjes) aus. oder der obere Theil der Larve wird zu einem Fi-. 263. ^ ä l'nt\\icklung \on Ujalmop Snis i nach Metschnikoff n BLUiniperte Larve, b Stadium mit Anlage des Deckstuckes (^D), r Stadium mit kappenformigem Deckstuck (^Zi; und Luftkammeranlage ^L/), rf Stadium mit drei Deckblättern (D, D' D"), Polypen (P) und Senkfaden. kappenförmigen Deckstück nebst Luftsack, der untere zu dem primären Nährpolypen (Agalmoims). Indem neue Knospen zu blattförmigen Deck- f is. 2(U. if Stückchen werden, kommt es zur Aus- bildung eines kleinen Stockes mit provisorischen Anhängen . welche die 8iphonophorenentwicklung als eine Me- tamorphose aufzufassen gestatten i Fig. 265 und 204). Der nacli Auftreten eines Fangfadens mit provisorischen Nessel- knöpfen durch neue Deckstücke vervoll- ständigte Kranz von Deckschuppeu ])er- sistirt nur bei Äthoryhm, bei der es über- haupt nie zur Bildung einer Schwimm- säule mit Schwimmglocken kommt. Bei AgaJnxqms und Phijsopliora fallen die primären Deckstücke der Larve mit der Streckung des Stammes ab und werden dann durch Schwimmglocken ersetzt. Phylogenetisch wird man die Siphono- phoren von einem der Hydractinia iihn- lichen Hydroidstöckchen abzuleiten haben, welches, ohne einen Befestigungs- punkt Zugewinnen, flottirendsich weiter ausgebildet hat. Andere Forscher glau- ben eine proliferirende Hydromeduse zum Ausgang nehmen und die Sii)ho- nophore auf einen polymorphen Medusen- stock mit dislocirten Orgauen, Magenschläuchen, Senkfäden etc. zurück- führen zu können. Kleiner Larvenstqck von Agalmopsis nach den Typus der Athorybia. Lf Luftkammer, D Deck stück, Nl; Nesselknopf, P Polyp. hitorordming. Calycoiilioridai-. J. Untoroidiiuiif,'. l'iunimatophoridiK 293 Fi-. 265. Fig. 266. 1. Unterordnung. Cali/cophoridae. Mit langem, des Luftsackes entbehrendem Stamme und zweizeiliger (Hippopodidae) Scluvinnnsäule oder mit zwei grossen gegenüberstehenden Schwimmglocken, selten mit nur einer Schwimmglocke. Taster fehlen. Die Anhänge ent- springen gruppenweise in gleichmässigen Abständen und können in einen Raum der Schwimm- glocken zurückgezogen werden. Jede Individuengruppe besteht aus einem kleinen Nährpolypen nebst Fangfaden mit nackten nierenförmigen Nesselknöpfen und Geschlechtsgemmen, zu denen in der Kegel noch ein schirm- oder trichterförmiges Deckstück hinzukommt (Fig. 265). Die- selbon lösen sich bei einigen Diplujiden als Eudoxien vom Stanimesende zu selbstständiger Existenz ab (Fig. 2(5(5). Die Geschlechtsmcdusoiden i'nthalten zahlreiche Eier in dem oft zapfen form ig aus der Mantelört'nung vorstehenden Manubrium. Fam. MonopJiijidae. Mit einer einzigen grossen Schwimmglocke am oberen Stammende. Monopliijes eis. M. irregularis CIs. M. (Sphaeronectes) gra- cilis eis. mit Biplopliusa inermis Ggbr., Mittel- meer. Fam. Diplujidae. Mit zwei sehr grossen, einander gegenüberstehenden Schwimmglocken am oberen Ende des Stammes. Diphijes acuminaialAt. (Fig. 265), dioecisch mit Eudoxia campanulata. Abi/la pentagona Esch. mit Eudoxia ciiboides, Mittelmeer. Praya maxima Ggbr. , Mittelmeer. Fam. Foliipliyidae. Mit zweizeiliger Schwimm- säule an einer oberen seitlichen Abzweigung des Stammes (Nebenachse) ohne Deckstücke. Die Ge- schlechtsgemmen in Form von Tränbchen an der Basis der Nährpolypen, liippopodius Intens Forsk. Mittehneer. 2. Unterordnung. Pneu7natop]toridae,B\a.^e\\- träger. Mit kurzem, sackförmig erweitertem (Fig.2B7) P Polyp mit Fang- oder langgestrecktem spiraligen (Fig. 268) Stamme »'^^den. Die Indi mit flaschenförmigem Luftsack, in der Regel mit Schwimmglocken, welche unterhalb der Luftkammer eine zwei- oder mehrzellige Schwimmsäule zusammensetzen. Deckstücke und Taster sind meist vorhanden und wechseln mit den Polypen und Geschlechtsgemmen in gesetzmässiger Anordnung. Die weiblichen Gemmen mit je einem Ei. Fam. Agalmidae. Stamm ausserordent- f ' K. lieh langgestreckt und spiralig gewunden, mit zwei- oder mehrzelliger ^ Schwimmsäule. Deckstücke und Tentakeln vorhanden. Fot^skaUa con- Diphyes acaiiihinfo, etwa torfa 3L Edw., Nährpolypen an stielförmigen Seitenanhängen des achtfach vergrössert. Sb j^tammes, welche zahlreiche Deckschuppen tragen. Haiistemma HuxL, Saftbehälter in der ' .I\\ Stück einer DipJiyide, nach E. Leuckart, /; Deckstück, GSGe- uitalschwimmglocke, duengruppe trennt sich als Eudoxia. V ren Schwimmglocke. Taster und Deckschuppen unmittelbar am Stamme. H. rubrum Vogt, Mittelmeer. H. tergestinum Cls. (Fig. 268). Agalmopsis Sarsii Köll., Apolemia uvaria Less. , Mittelmeer. Dioecisch. Fam. Phgsophoridae. Stamm verkürzt und unterhalb der zweizeiligen Schwimmsäule zu einem spiraligen Sack erweitert. Deckstücke fehlen. Statt derselben zwei äussere Tasterkränze mit darunter liegenden Geschlechtsträubchen und Nähi-jjolypen nebst Fangfaden. Pligsopliora Foi'sk., Pli. hydrostatica Forsk., Mittelmeer (Fig. 2(57). Fum. Afhoryhiadae. Mit einem Kranze wirbeltormig gestellter Deckstücke an der Stelle der Schwimmsäule. Athorybia rosacea Esch. , Mittelmeer. Fam. Bhodalidae. Mit grossem Pneumatophor, unterhalb desselben ein Kranz von Schwimmglocken, zwischen diesen in der Mittellinie ein Sack mit nach aussen geöffnetem Luftgang (Aurophor). Stamm eifönnig mit knorpelhartem, von einem Canalnetz durchsetzten Stützgewebe. Am Stamme Polypen mit Senk- fäden und traubenförmigen Geschlechtsgemmen. Tiefseebewohner. Stephalia corona E. Haeck. 294 ,. , Su,..o„o„horae. 3. mterordnu,.,. B.eoideae. Fig. 267. ^ ""• "•^- ^'"^^^^''^ ^- ««-k. Farn. />,,../.,,,. s,,,, Kg. 268. -Pa träubchen. z« einer süchtigen Blase erweitert f.«f i • --niege„d,.itsehr„.t..Se:^l^; g offne em Luftsack. Schwi™„,g,ooken Deckstucke fehlen. An der Yentrallinie d Sa kes tzen grosse und kleine Nährpoivpe mt sehr kräftigen und langen Fangfäcln o Geschlechtsträubchen. Die weiblichen Ge^n scheinen freischwimmende Medusen zu Z n Halisfemma fergesthmn. r>i ,. T ""= ^'^*'""sen zu werden TU.), y..;«.,.. ...;„,.,.._ ., , . ^ ^ ^ Deckstück 5 Ne^ Ik" 7 ' ''^^'"^^'^P- ' '' -Nesselknopfe am Senkfaden. III. Classe. Ctenophorae. 295 Gestalt eines scheibenförmigen , aus concentrisclien (nach aussen geöffneten) Kammern zusammengesetzten, von Chitin ausgekleideten Behälters. Auf der unteren Fläche der Scheibe sitzen die poiypoiden und medusoiden Anhänge, im Centrum ein grosser Nährpolyp und in dessen Umgebung zahlreiche kleinere Polypen, welche an der Basis die Geschlechtsgemmen Fig. 269. Stephana corona nach E. Haeckel. a Seitenansicht. A2}h Aurophor oder ausführender Abschnitt des Pneu- matophors. Unterhalb des letzteren ein Kranz von .Schwimmglocken (Sg), dann die Polypen oder Magen- schläuche (PJ mit ihren Senkfäden und der Centralpolyp. b Sagittalschnitt. Der Magenraum des Central- polypen (CPJ führt in die Centralhöhle des Stammes. tragen, endlich folgen nicht weit vom Scheibenrande die Tentakeln. Die Geschlechtsgenimen werden als kleine Medusen (Clirijsomiira) frei und erzeugen erst lange nach der Trennung die GeschlechtsstofPe. Fam. Velellidae. Velella sinrans Esch., Mittelmeer. Porpita mediter- ranca Esch. III. Classe. Otenophorae ^), Rippenquallen. Zweistnihlige Coclcntcraten von Ixugelig walzenförmiger, selten band- förmig gestreckter Gestalt, mit acht meridionalen Reihen von grossen Flimmer- 2)latfen (Bipj^en), mit Magenrohr und gastralen GefässcanäJen, in der Regel mit zwei in Taschen zurückziehharen Senkfäden. Die RippeiKinallen, deren Körperform sich auf die Kugel zurückführen lässt, sind freischwimmende Coelenteraten von gallertiger Cousistenz und ^) C. Gegenbaur, Studien über Organisation und Systematik der Ctenophoren. Archiv für Natnrgesch., 1856. L. Agassiz, Contributions to the Nat. History of the United States of America. Yol. III. Boston 1860. A. Kowalevski , Entwicklungsgeschichte der Rippenquallen. Petersburg 1866, sowie die russische Abhandlung, 1873. H. Fol, Ein Beitrag zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte einiger Ilippenquallen. Inauguraldissertation. Jena 1869. A. Agassiz, Embr3'ology of the Ctenophorae. Cambridge 1874. C, Chun, Die Ctenophoren des Golfes von Neapel. Leipzig 1880. R. Hertwig, Ueber den Bau der (Cteno- phoren. Jen. Zeitschr. für Naturw. 1880. E. Metschnikoff, Ueber die Gastrulation und Mi'Soilennl)ildung der Ctenoijhoren. Zeitschr. für wiss. Zoologie, Tom. XLII, 1885. 290 CtfiiOphoraf. Kippen. Zwei Itung de Fig. 271. Eippenqualle (Cydippe), vom Schei- telpole gesehen. S Sagittalebene, T Transversalebene, B Kippen, Gf Ge- fiissP}- stein. zweistrahlig symmetrischem Bau. Schon äusserlich erscheint der Leib oft von zwei Seiten com])rimirt, so dass man zwei durch die Längsachse zu einander renkrecht gelegte Ebenen als Sagltfalrhciie und Trausrersalchenc (der Median- und Lateralebene der seitlich symmetrischen Thiere analog) unterscheiden kann (Fig. 270). Der Lage dieser Hauptchenen entspricht die innere Organisation, indem in die Transversalebene fast alle nur in zwei- facher Zahl auftretenden Kürpertheile, wie die beiden Senkfäden und Magen- gefässe, die Leberstreifen des Magens, die Stainm- gefässe der acht Rippen- canäle hineinfallen, wäh- rend in die Sagittalebene der längere Durchmesser des Magenrohres (daher auch Mayenehene), die bei- den sog. Polfelder und die Endgefässe des Trichters ( Excretionsröhren) fallen. In die Transversalebene fällt die längere Seite des Trichters, weshalb die Ebene auch als Trichterehene bezeichnet wird. Da beide Ebenen den Körper in con- gruente Hälften zerlegen, und eine differentc Bauch- und Riickenfläche fehlt, so bleibt die Anordnung eine zirclsfrahligc und ist keine hUdteyal-sijnnuetrisrhc. Wohl aber ist jede Hälfte für sich als Antimer bilateral- symmetrisch. Durch die sich kreuzenden Schnittflächen beider Ebenen zerfällt der Körper in vier paarweise (nach der Diagonale) untereinander congruente Qua- dranten. Die Bewegung des Körpers wird vornehmlich durch die regelmässigen Schwingungen von hyalinen Cilienplatten bewirkt, welche in acht meridionalen Reihen über die Oberfläche des Körpers in der Weise '«os«, nach chun. o Mund. vertheilt sind, dass jedem Quadranten ein Paar von Plättchenreihen, sog. Rippen (eine subsagittale und eine subtransversale Reihe) zugehört (Fig. 271). Daneben kommt für die Bewegung des Körpers die durch ^luskelfasern des Gallert- gewebes bewirkte Contractilität in Betracht, welche bei den bandförmigen Cestiden sogar zu lebliaften Schlängelungen des gesammten Kih-pers führt. Die Mundötfnung, zuweilen von schirmfih'migen Lappenfortsätzen des Gallertgewebes umgeben, führt in ein weites (Bcroe) oder in ein enges und dann plattes und breites, mit zwei Leberstreifen bekleidetes Magenrohr, dessen hintere durch ^luskeln verschliessbare Oeffnune; mit der als Trichter Cydippe (Hormiphora) plu- Magcurolir. Ni 21)7 bekannten Gastralcavitüt communicirt. Das lanj^-e Magenrohr ragt mit freier Mündung in den Trichter hinein und ist bis auf die Begrenzung durch die zwei Längsgefasse, welche in der Transversalebene seine beiden .Seitenflächen Fig. 273. Aborales Ende von Crillianirn bialata, nach K. Hartwig. .<• die beiden Pol- felder, w die Anfänge der achtFlim- merrinnen. Zwischen denselben im Centrum die Otolithenblase und Ner- venplatte. Glatte Muskelfasern, Kleb- zellen (kf) und Tastzellen (b) von den Seidenfäden des Tentakels von Eiqilocanüs stationis , nach R. Hert- w i g. kf Verlängerung des contractilen Fadens einer Klebzelle. begleiten, ganz vom Gallert- kiirper aufgenommen. Der überall rechtwinkelig zum Magenrohr coinprimirte Trichter entsendet acht Rip- pcngefässe in zweistrahlig symmetrischer Vertheilung (zwei radiale Hauptstämme, vier intermediäre, acht para- radiale Aeste, welche letztere zu den ^leridionalgefässen unterhalb der Rippen führen), sodann zwei (meist aus einem Ulipaaren Trichtergefäss ent- springende) Trichtergefässe, welche ampuUenförmig in je zwei Endsäckchen aufgetrie- ben , das als Otolithenblase bekannte Sinnesorgan des aboralen Poles miigreifend, durch je eine verschliessbare Oeffnung in einer DhKjonaleheuf ausmünden. Auch können aus dem Trichtergrunde zwei Ten- takelgefässe entspringen. Dielnnenfläche so- ,,. ,.^, o 1 o Pj„. 2(4. wohl des Magens als des Trichters und seiner .^ ^_^ Gefässe erscheint vollständig bewimpert. Das Nervensystem der Rippenquallen ist bislang nicht ausreichend bekannt (Fig. 272). Wenn die Deutung der grossen, mit vibrirendenOtolithen und heller Flüssig- keit gefüllten Blase ((Jtocyst) am aboralen Pole als Sinnesorgan nicht bestritten werden kann, so wird im Hinblick auf den Organis- mus der Acalephen sehr wahrscheinlich, dass das Nervencentrum in dem verdickten Boden derselben, der OtoVifhenpIatte, ent- halten ist, zumal diese noch mit einem zweiten Sinnesorgan, den sagittalen, bereits von Fol als „Geruchsplatte" gedeuteten Polfeldern in unmittelbarer Ver bindung steht und auch mit den als Locoraotionsorgane fungirenden Ruder plättchen der Rippen durch acht Flimmerstreifen, den „Flimmerrinnen" continuirlich zusammenhängt. Meridionalgefäss (Gc) von Beroi- mit den Eiern (Ov) und Zoospermien (Sp) in den seitlichen Ausbuchtungen desselben, nach Will. 298 Ctenophorae. Klebzellen. Geschlechtsorgane. Die Nesselzelleu werden durch eigenthiimliche Kleb- oder Greifzellen vertreten, deren Basis in einen contractilen Spiralfaden ausläuft, während das freie, convex vorspringende Ende durch seine klebrige Beschaft'enheit an Gegenständen der Berührung haftet (Fig. 273). Fig. 275. Entwicklung von CaJUnnira bialnta nach E. M et s chn i kof f. 1 Stadium der Achttheilung. t^ Stadium von l(j Furchungszellen, die siimmtlich in Theilung sind. 5 Auf den 8 grossen Eurchungszellen liegt eine Kappe von etwa 48 Ectodermzellen (Ek). 4 Seitliche Ansicht eines weiter vorgeschrittenen Stadiums. 5 Embryo im Stadium der Invagination der Mesodermzellen (Ms). 0 Weiter vorgeschrittenes Invaginations- stadium im Sagittalschnitt. 7 Stadium mit gebildetem Mundrohr. 8 Späteres Stadium mit beginnender Tentakelbildung. 9 Fertiger Embryo. T Tentakeln (Senkfäden), Of Otolithenblase, O Mund, Me Gallert (Mesenchym). Die Ctenophoren sind Zivitter. Beiderlei (ieschlechtsproducte liegen in der Wand der Rippengefässe, beziehungsweise blindsackförniiger Aus- stülpungen derselben, bald mehr in localer Beschränkung (Cestus), bald in der ganzen Länge des Rippencanals, dessen eine Seite mit pjifollikeln, die andere mit Samenschläuchen besetzt ist (Beroe) (Fig. 274). Die ecto- dermal entstandenen, vom Entodermepithel überkleideten Keimlager sind von einander durch eine vorspringende Falte geschieden. Eier und Sperma Entwickluiigr. 299 gelangen in den (Tastrovascularraiini und werden von hier durch die Oeft- nung-en desselben ausgeworfen. Der Dotter des befruchteten Eies, von einer weital)stelienden Hülle umschlossen, besteht wie bei vielen Medusen aus einer dünnen, fein granu- lirten Aussenschieht von protoplasmatischem Bildungsdotter (Exoplasnia) und einem vacuolenhaltigen centralen Endoplasma. Die totale Furchung führt zur Entstehung von zwei, vier, acht Furchungskugeln, an welchen sich die Schichtenbildung des Dotters wiederholt. In dem Stadium der Vier- theihuig liegen die vier Furchungskugeln so, dass zwei zwischen densell)en senkrecht geführte Ebenen den späteren Hauptebenen entsprechen und jede der Kugeln einen der vier Quadranten zu erzeugen hat (Fol). Im Stadium der Achttheilung sammelt sich die ganze Masse des feinkörnigen Exoplasmas auf den oberen Enden der Furchungskugeln und schnürt sich zur Bildung von acht neuen kleinen Kugeln ab, die das äussere Keimblatt (Ek) ent- stehen lassen (Fig. 275, 1—4). Dieselben zerfallen durch fortgesetzte Theilung in eine grössere Zahl von kleinen, an der concaven Seite der Anlage liegenden Zellen, welche die acht grossen endoplasmatischen, bald durch Theilung sich verdoppelnden Furchungszellen (Entoderm) umwachsen. Wie Metschnikoff für C'aZ/iamra nachgewiesen zu haben glaubt, soll hier eine wahre Mesodermbildung in Form einer Zellenplatte auftreten, welche nach fast vollständiger Umwachsung der 16 grossen Entodermzellen seitens der kleinen Ectodermzellen von den ersteren an deren unterer Seite durch Knospung erzeugt wird. Nun beginnt die Invagination der Entodermzellen, mit Avelcher auch die Mesodermanlage vom unteren Pole her in's Innere des Embryos und bald in die Tiefe der Gastrulahöhle gelangt, deren Urmund am unteren Pole später durch eine secundäre Einstülpung, der Anlage des Magens mit dem bleibenden Munde, ersetzt wird (Fig. 275, 5, 6 Ms). Die nach dem oberen Pole zu gerückte Mesodermanlage sondert sich schärfer von dem Entoderm und gewinnt nach beti-ächtlicher Vermehrung ihrer Elemente die Form eines Kreuzes, dessen längere Schenkel in die Trans- versalebene fallen und das Mesoderm der Tentakeln liefern, während die kurzen sagittalen Arme die in die (lallertausscheidung eintretenden Wander- zellen erzeugen (Fig. 275, 7—9). Die jungen freischwimmenden Kippenquallen sind von den ausgebil- deten fleschlechtsthieren durch einfachere, meist kugelige Körperform, ge- ringe (Grösse der Senkfäden und Rippen, sowie durch abweichende Gr(>ssen- verhältnisse des Magens, Trichters und der Gastrovascularcanäle mehr oder minder verschieden. Am auffallendsten ist die Abweichung — von Ccstiis abgesehen — bei den gelapi)ten Rippenquallen, deren Jugendzustände jungen Cydippen ähnlich sehen und des ausgeprägt zweistrahligen Baues noch entbehren. Erst nach längerem Larvenleben vollzieht sich die Um- gestaltung, indem die Rippen und deren Canäle in ungleicher Weise wachsen, die tentakelähidichen Fortsätze hervorsprossen und die den längeren Ripj)en 300 Ctonophorae. Dissogonie. Ij!'bens\ Fig. 276. 4 entsprechenden Körperliälften zwei lappenformige Auswüchse um die Mund- öffnung bilden. Bemerkenswerth ist die von Chun beobachtete Erscheinung, dass junge Euchark in der heissen Jahreszeit sclion als Larven geschlechts- reif werden (Dissogome). Die Rippenquallen leben in den wärmeren Meeren und erscheinen unter geeigneten Bedingungen oft in grosser Menge an der Oberfläche. Sie ernähren sich von kleineren und grösseren Seethieren, die sie mittelst der Senkfäden einfangen. Manche, wie die Bcmklen, welche der Senkfäden ent- behren, dagegen einen ausserordentlich weiten Mund besitzen (Fig. 277), vermi)gen mit diesem relativ grosse Beutethiere, selbst Fische aufzunehmen Y\a- 277 i^n^^ i» ihrem umfang- reichen Magenrohr zu ^JL^ verdaucn.Ob wohl durch- schnittlich auf eine ge- ringe Körpergri)sse be- schränkt, erreichen doch Arten einzelner Gattun- gen , wie CestuH , Eu- r/tar/s, Fusslänge. Fani. Cijdippidae.YiidY- per sagittal wenig compii- nürt, kugelig bis walzig, mit durchaus gleichniiissig ent- wickelten Rippen , daher scheinbar achtsti'ahlig, mit zwei Senktadeu. Älagen- und Kippengetasse enden blind. Cijdippe liormiphora (igl)r. = Hormiplioraplitmo.sa Ag., Mittelmeer (Fig. 271). CalUa- nira hialata D. Ch. = Esclt- sc/ioltziu cordatu Köll., Mit- telmeer (Fig. 27()j. Farn. Cestidae. Köi-per in der Richtung der Sagittalebene bandförmig ausgezogen, mit zwei Senkfäden. VexiUum parallelum FdI., Canaiische Inseln. Cestus Veneris Less., Venusgürtel, Mittelmeer. Farn. Lohatae. Der transversal comprimirte Körper mit zwei schirmartigen Lappen in der Umgebung des Mundes und verhältnissmässig kleinen Senkfäden. Etirhamphaea vexilliyera Ggbr., Mittelmeer und Atlant. Ocean. Chiaja papillofia M. Edw. {Alcinov. pupil- losa Delle Ch. = neapoUtana Less.), Mittelmeer. Eucharis multtcornis Will., Mittelmeer. Fam. Beroidae. Der transversal comprimirte Körper mit fi-ansenförmigen Anhängen in der Peripherie der Polfelder, ohne Senkfäden. Beroii ForshaJii M. Edw. (alhem-cns und rufescens Forsk.), Idijiopsis Clarkii Ag. CaUinnlrn binlnln, nach Cl Beroc orntiis. Ol Otolithen- blase, zu deren Seiten die Tentakelchen der Polfelder, Tr Trichter. 111. Tliierkreis. rchinodentiata. 301 III. Tliierkreis. EoliiiiocleriTiatei 'X StfeicliellitJiuter. Radio rtliicrc von vor/icrrsc/niid fihißfrahlif/cm Baue, mit vcrkulldvni, oft sfachelfraf/cndcm Hautskeld , mit gcsondcrtou Darm w/d Gc/nsssi/strm^ mit Xcrroisf/stoii und Ambidacrahf/sfem. Der radiäre Kitrperbau der KStacliclliäuter galt lanf2;e Zeit als C'haraktcr von typischem Wertlie und war seit Cuvicr der Hauptgrund, dass man die Echinodermen mit den Quallen und Polypen in dem Tliierkreis der Badiatcn vereinigte. Erst in neuerer Zeit liat xAierst K. Leuckart die Nothwendig-keit nachgewiesen, die Echinodermen von den Coekmteraten als Thierkreise zu sondern. Im Allgemeinen herrscht der Numerus fünf im Umkreise der Leibes- achse vor. Indessen treten nicht selten auch sechs, neun und mehr Strahlen auf, und kommen besonders l)ei einer grösseren Anzahl von Strahlen für die Wiederholung der gleichartigen Organe Unregelmässigkeiten vor. Gehen wir zur Ableitung der zahlreichen Gestalten, die im Kreise der Echino- dermen auftreten, von dem Sphäroid mit etwas verkürzter Hauptachse und abgeflachten, ungleich gestalteten Polen aus, so wird durch die Hauptachse des.selben die Längsachse des radiären Körpers und durch die beiden VcAe die Lage der Mundötfnung (oraler Pol) und der Afterötfnung (analer Pol) bestimmt. Durch die Längsachse sind fünf Ebenen denkbar, welche den Körper je in zwei symmetrische Hälften theilen. Die Congruenz dieser Hälften wird durch die dift'erente Bedeutung der beiden Pole verhindert, und es kann nur von einer spiegelbildlichen Uebereinstimmung jener die Rede sein. Die zehn Meridiane, welche, in gleichen Intervallen von ein- ander entfernt, in die fünf Schnittebenen fallen, verhalten sieh untereinander insofern abweichend, als fünf alternirende die Hauptstrahlen, Badicn, l)e- zeichnen , in denen die wichtigsten Organe , die Nerven , Gefässstämme. Andnüacralfüsse etc. liegen, während ihre fünf gegenüberliegenden Meri- diane den fünf Zwischenstrahlen, Interradicn, entsprechen, in welche eben- falls bestimmte Organe hineinfallen. Nur bei voller Gleichheit der Strahlen ') Fr. Tiedemann, Anatomie der Röhrenholothurie, des pomeraiizfarljigen Heesternes und des Stein-Seeigels. Heidelberg 1820. Joh. Müller, Ueber den Bau der Echinodermen. Abhandl. der Berl. Akad., 1853. Derselbe, Sieben Abhandlungen über die Larven und die Entwicklung der Echinodermen. Abhandl. der Berl. Akad., 1846, 1848, 1849, ISoO, 1851, 1852, 1854. A. Agassiz, Embryology of the Starfish. Contributions etc. Vol. V, 1864. E. Metschnikoff, Studien über die Entwicklungsgeschichte der Echinodermen und Nemer- tinen. St. Petersburg 18B9. H. Ludwig, Morphologische Studien an Echinodermen. Zeitschr. für wiss. Zoologie, 1877—1882. O.Hamann, Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Heft I— TV, Jena 1884— 1889. Derselbe, Die wandernden Urkeimzellen und ihre Keifungs- sfattcn bei den Echinodermen. Zeitschr. für wiss. Zoologie, Tom. 46, 1887. 302 Echinodermata. Fiinfstrah liger Bau. untereinander und der Zvviscbenstrahlen erhält der Echinodermenlcib eine fünfstrahlig-radiäre Gestalt (regulCwe Echinodennen) (Fig. 278); indessen ist leicht nachzuweisen, dass diese reguläre Radiärform wohl niemals im strengen Sinne zur Durchführung kommt. Indem nämlich stets ein oder das andere Organ, z. B. ^ladreporenplatte, Steincanal, Herz etc. auf die Einheit reducirt bleibt, ohne in die Achse zu fallen, wird ausschliesslich diejenige Theilungsebene, in deren liudius oder Intcrradius die uni)aaren Organe hineinfallen, die Bedingungen für die Zerlegung des Leibes in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften erfüllen können. Thatsächlich bleiben jedoch diese Bedingungen unerfüllt, da sich die übrigen Organe zu dieser Schnittebene nicht streng symmetrisch verhalten. Fig. 278. '^:.^-- Schale eines noch jungen regulären (Seeigels, Toxopneustcs droebachUnsis. fi von der Aboralseite. PK Poren- reihen im vorderen Eadius. Den Pol umgibt das Afterfeld, die fünf Interradien schliessen im Umkreis desselben mit den durchbohrten Genitalplatten ab, von denen die rechte vordere zugleich Madreporenplatte ist. Zwischen den Genitalplatten liegen die kleinen, ebenfalls von Poren (für die Sinnestentakeln) durch- bohrten lünf Eadialplatten. b von der Oralseite. Um den Mund mit den fünf Zähnen des Kaugestells liegen auf dem Peristorafelde fünf Plattenpaare mit den Poren der oralen Ambulacralfüsschen. Häufig besitzt nun aber ein Strahl eine ungleiche Grösse und dann tritt selbst an der äusseren Form des Echinoderms eine Irngularität ent- gegen, welche schon äusserlich die bilaterale Symmetrie zum vollen Aus- druck bringt. Der Echinodermleib geht aus einem fünfstrahlig radiären in einen zwei und eingliedrigen bilateralen über, indem die Ebene des un- paaren Strahles zur Medianebene wird, zu deren Seiten zwei Paare von gleichen Strahlen sich wiederholen. Wir unterscheiden ein Oheii (Scheitelpol) und Unten (Mundpol), ein Berhts und Links (die beiden paarigen Strahlen und deren Zwischenstrahlen) , ein Vorne (unpaarer Radius) und Hinten (unpaarer Interradius). Bei den irregulären Seeigeln aber schreitet die zweiseitig- symmetrische Gestaltung weiter vor. Nicht nur dass der uupaare Radius eine abnorme Grösse und Form erhält , dass die Winkel , unter welchen sich der Ilauptstrahl mit den Nebenstrahlen schneidet, nur ])aar- Reguläre, irreguläre Kchinodermen. Bivium. 303 weise gleichbleiben, auch die Afteröffnung rückt bei den Ch/peastrklen (Fig. 279) aus dem Seheitelpole nach der ventralen Hälfte in den unpaaren / Interradius , während sich bei den Spat(uif/ideu zugleich der Mund in der Richtung des unpaaren Radius verschoben zeigt und excentrisch wird (Fig. 280). Nur wenige reguläre Echino- dernien bewegen sich auf allen fünf Radien und dann selten in der ganzen Länge ihrer Meridiane ; weit häufiger wird die dem ]\Iundpole zu- gehörige Zone mit Rücksicht auf die Lage bei der Bewegung zur Bauch- fläclie, indem sie sich abflacht und vor- zugsweise oder ausschliesslich Loco- motionsorgane besitzt (amhidacrale Zone). Durchwegs hat dieses Verhält- niss für die irregulären Seeigel Gel- tung, die sich nun auch nicht mehr nach allen fünf Strahlen gleichmässig, sondern vorherrschend in der Richtung des unpaaren Radius fortbewegen. Indem hier Fi- 279. Clypeaster rosaceus von der Aboralseite, in deren Cen- truin die Madreporenplatte liegt, umgeben von den fünf Genitalporen und der fünfblätterigen Ambulacral- rosette. Der unpaare Badius ist nacb vorne gerichtet. Zur Seite der mediane Theil von der Oralfläche. O Mund, A After. der Mund bei gleichzeitiger Fig. 280. ^ "'K 4t Schale eines irregulären Seeigels der Spatangiden-Gruppe, Brissofsis hjrifcra. a Von der Aboralseite mit zwei Paaren von Genitalporen und der Madreporenplatte am Ende des hinteren Interradius, in welchem auch der After (Af) liegt, b Von der Oralseite mit dem kieferlosen nach vorn gerückten Munde und den Poren für die Füsschen. Verschiebung des Mundpoles nach dem Vorderrande rückt, scheinen vor- zus'sweise die beiden hinteren Radien (ßivium) zur Bildung der Bauchfläche 304 Echinodcrniata. Fig. 281. verwendet (Spatamjiden, ¥\g.2^0h). Anders dagej^en bei den walzenförmigen Holothnrkn. Hier behalten Mund und After ihre normale Lage an den Polen der verlängerten Achse, und der Körper flacht sich nicht selten in der Art ab, dass drei Radien (Tririnw) mit ihren entsprechenden Bewegungsorganen auf die söhlige Bauchfläche 7A\ liegen kom- men. Auch am Körper dieser i/o/o/A;^>7V'w/ao-«7/"w.9w/ie'9^ (Fig. 285 und 287 ). Dieses Ämhulacralgefässsysfcm besteht aus einem den Schlund umfassenden Ringcanal und fünf in den Strahlen liegenden radiären Stämmen, welche an der Innenfläche ihrer Wandung bewimpert und mit einer wässerigen Flüssigkeit gefüllt sind. Meist verbinden sich mit dem Ringgefässe blasige einer Schläuchc, dic Po/<''schen Blasen und trauhigen Anhänge^ die nach man in neuerer Zeit als Blutkörperchen bildende Organe ge- deutet hat. Sodann verbindet sich mit demselben ein Stein- canal (selten in mehrfacher Zahl vorhanden), welcher die Communication des flüssigen Inhalts mit dem Seewasser vermittelt. Der Steincanal, von den Kalkablagerungen seiner Wandung so genannt, hängt entweder in die Leibeshöhle hinein und nimmt von da aus durch die Poren der Wan- Diagramm zur Darstellung der verschiedenen Organsysteme eines Seeigels, nach Hu xley. O Mund, Z Zähne, i Lippen, Oio-Auriculae der Schale, re Ketractoren, pr Protractoren des Zahngestells oder der Laterne, Po Poli'sche Blasen, Bg Einggefäss des Ambulacralgefäss- systenis, B Kadialgefäss desselben mit den Seitenzweigen zu den Ambulacraliüsschen (Am), Sc Steincanal, M Madreporenplatte, St Stachel, Pe Pedicellarie, A After, JV Nervensystem. Fi,!;. 28(5. Pedicellarie < Leiocidaris , Perrier, Ambulacralsy Stern. Fiisschen. mi Vvj^. 2S7. dung Fliissio-keit auf (Holothuncu), oder endet an der äusseren Körper- bcdeckung- mittelst einer porösen Kalkplatte, der MJatti\, durch welche das Seewasser in das Lumen des Caiial- systems hineingelangt. Die Madreporenplatte wechselt in der Lage mannigfach, indem sie bei den Ch/pcastrideu in den Scheitelpol fällt (Fig. 279), bei den Cidaridcn in der Nähe des Scheitels in dem rechten vorderen Interradius (Fig. 278), bei den Asferidnt ebenfalls inter- radial auf der Rückentläche, bei Eun/ale und den Ophmriden auf einem der fünf Mund- schilder liegt. Mehrere Steincanäle und Madre- porenplatten besitzen z. B. Oj)Jildiasfera,Yten und Eclimaster ecJihiifcs. Die Madreporen- platte fehlt ausser den Holothunoideeu auch den Crinoideen, doch sollen Poren der Haut das Wasser in oberflächliche Räume der Leibeshöhle führen, von wo dasselbe in den Steincanal gelangen soll. An den seitlichen Aesten der fünf radialen Gefässstämme entspringen die als Anihdacralfüssclic)} bekannten Anhänge. Die- selben treten durch Oeffnungen und Poren des Hautskelettes hindurch und ragen als schwell- bare, meist mit einer Saugscheibe versehene Schläuche an der Oberfläche des Echinodermenkörpers hervor (Fig. 288). An der Eintrittstelle der Gefässästchen finden sich contractile Ampullen, welche den flüssigen Inhalt in die Saugfüsschen eintreiben und dieselben schwellen machen. Dazukommen semilunare Klap- pen, welche am Eingang in die Füsschen- canäle die Schwellung unterhalten. Indem sich zahlreiche Füsschen strecken und mit- telst der Saugscheibe anheften, andere sich zusammenziehen und ihren Fixations- punkt aufgeben, bewegt sich der Echino- dermenleib langsam in der Richtung der Radien. Die Anordnung und Vertheilung .Soliematische Darstellung des Anibula- cralgefässsystems eines Seesternes. Kr Eingcanal, -4y) Poli'sche Blasen, .S^c Stein- canal . M Madreporenplatte , P Fiisschen an den Seitenzweigen der Kadialcanäle, Ap' Ampullen derselben. Fi-. 288. [.:■ Schema vom Querschnitt eines Armes von Asteracnnthion, nach W. Lange. -V Nerveu- sj-stem , P Ambulacralfüsschen , A verkalkte diticationen. Bald sind dieselben reihen- stucke des integuments, t Hauttentakei (iiaut- weise in der ganzen Länge des Meridians uiemo. vom Mundfelde bis zum Periproct entwickelt, Cidariden und Ciicunwna, bald unregelmässig über die ganze Körperfläche oder nur über die söhlige Bauchfläche ausgebreitet, Hohdlno-len, l)ald erscheinen sie auf die Oralfläche 30« 1. Ainbulacralki beschränkt, wie bei allen Asteroideen. Im letzteren Falle unterscheiden wir eine amhnlaerale von einer antianihidacrdlen Zone, von denen die erstere mit der Bauchfläche, die letztere mit der Rückenfläche zusammenfällt. In- dessen zeigen auch die ambulacralen Anhänge einen verschiedenartigen Bau und dienen keineswegs immer zur Locomotion. Ausser den Füsschen können als Anhänge des Wassergefässsystems grosse tentakelartige Schläuche aut- Fijr. 289. treten , welche den Tentakelkranz um den Mund der Holotlmrlen zusannuensetzen (Fig. 281 ). Andere Anhänge sind blattförmig ge- tiedert und bilden die auf der vier- oder fünf- Ijlätterigen Porenro- sette (Fig. 279, 280) sich erhebenden Ä)»- hidacralkiemen der Cly- Seeigel, mittelst Aequatorialscbnittcs geöffnet, nach Tiedemann. ^^,. „/...• J^., „.,^1 C'v,.,_ DDarmeanal, mittelst Suspensorien an der Schale befestigt, G Geschlechts- 1"^^*^''' ^""^"' """ '^J Organe. J Interradialplatten. tCingiden. Daneben bc- sitzen die irregulären Seeigel aber ganz allgemein auf der Bauchfläche Saugfiissehen. welche bei den Chfpeastnden fast mikroskopisch klein werden und in sehr bedeutender Zahl in verästelten Reihen oder in unregelmässiger Vertiieilunü- iil)er die g-anze Oberfläche verbreitet sind. Fis. 290. -^'^^^('iJfl^^^Mi^^tt^^ J/ Durclifchnitt durcli Arm und Scheibe von Solaster endeca, nach G. O. Sars, etwas verändert. O Mund, der in den -weiten Magen führt, .4. After, L radialer Blinddarm oder Leberschlauch, Js interradialer Schlauch am Eaddarm, .4/ Ambulacralfüsschen, G Genitalorgan, Md Madreperenplatte. Die Echinodermen besitzen einen ansehnlich entwickelten Darmcanal. welcher in drei Abschnitte, Speiseröhre. Magendarm und Enddarm, zerfällt und sich meist im Centrum des Scheitels (Fig. 289), selten in einem Inter- radius an der Bauchfläche nach aussen öffnet. Indessen kann der Darm auch blind geschlossen sein, wie z. B. bei allen Ophiuriden und Euryale, ferner bei den Gattungen ..4.s^ropfc^e»^; Cfenodiscus und Luidia, welche der Afteröffnung entbehren. Nicht selten finden sich in der Umgebung des Mundes hervorragende, mit Spitzen besetzte Platten des Skelettes, oder es Darmcanal. Blutgefässe. 309 bilden selbst, wie bei den Cidanden und CUjpeuntriden, spitze von .Sehmelz- substanz überzogene Zähne einen kräftigen, beweglichen Kauapparat, welcher in der Umgebung des Schlundes durch ein System von Platten und Stäben (Laterne des Aristoteles) gestützt wird (Fig. 285). Eine andere Bedeutung hat bei den Holothurien der in der Umgebung des Schlundes liegende, aus zehn Platten gebildete Kalk- ring, welcher zur Befestigung der Längsbündel des llautmus- kelschlauches dient. Bei den Seesternen ist der Darmcanal durchwegs kurz, sack- förmig und mit blindgeschlosse- nen, verzweigten Anhängen be- setzt, von denen die des After- darmes in den Interradien der Scheibe liegen, die des Magen- darmes weit in die Arme hinein- reichen. Am umfangreichsten er- scheinen die letzteren als fünf Paare vielfach gelappter Schläu- che (Fig. 290). Kürzer sind die fünf in die Zwischenstrahlen fallenden Blindsäckchen des kur- zen Rectums, welche vielleicht als Harnorgane fungiren, wäh- rend die ersteren die verdauende Fläche vergrössern. Bei den übrigen Echinodermen streckt sich der enge Darm zu bedeu- tender Länge und verläuft ent- weder, wie bei den Crinoideen (Comatula), um eine Spindel in der Achse der Scheibe gewunden, oder, wie bei den Seeigeln, in mehrfachem Bogen, an der in- neren Fläche der Schale durch Fäden und Membranen befestigt (Fig. 289). Auch bei den Holothurien ist der Darmcanal in der Regel weit länger als der Körper, meist dreifach zusammengelegt und durch eine Art ^lesenterium suspendirt (Fig. 291). Das keineswegs leicht zu verfolgende Blnfgefässsi/steii/ besteht bei den meisten Echinodermen aus einem ringförmigen Gefässgeflecht im Umkreise des Schlundes. Vom Gefässrinir strahlen in die Radien ebensoviele sich —-Tri Holothuria tubulosa , der Länge nach aufgeschnitten, nach M. Edwards. O Mund im Centrum der Tentakeln iT), D Darmcanal, Sc Steincanal , P Poli'sche Blase . Rg King- gefäss des Ambulacralgefässsystems , Ag Amhulacralgefäss, 3/ Längsmuskeln, Gf Blutgefäss des Darmes, Ov Ovarium, Cl Cloake, Wl Wasserlunge. ;-J'J(J Echinodermata. Nervensystem. weiter verzweigende Getassstämme aus. Dazu kommt ein zweiter Gefässring unter dem .Scheitelpole, welcher Gelasse zu dem Magendarm. sowie zu den Geschlechtsorganen entsendet, bei den Asterien und Seeigeln mit dem oralen Ringgefäss durch ein vermeintliches Herz, nach Ludwig ein dichtes Geflecht contractiler Gefasse. verbunden ist. Hamann bestreitet jedoch das Vor- handensein von Muskelfasern in der AVandung und schreibt dem Organe einen drüsigen Bau zu. Bei den HoJothnr'ten kennt man ausser dem Gefäss- ringe um den Oesophagus nur zwei Gefässstämme mit ihren Verzweigungen am Darme. Das Blut ist eine klare, etwas gefärbte Flüssigkeit, in welcher zahlreiche farblose Blutzellen suspendirt sind. Die gesammte Fläche der äusseren Anhänge, sowie die Oberfläche der im Leibesraume suspendirten Organe und besonders des Darmes scheinen bei dem Austausch der Gase des Blutes in Betracht zu kommen. Das See- wasser tritt, vielleicht durch einzelne Oeffnungen der Madreporenplatte. in ^,j,^ .,(^^ den Leibesraum ein und wird durch die Wimper- bekleidung desselben und dessen perii»herischer Xebenräume (Perihämalcanäle, Schizocoelräume) in lebhafter Bewegung erhalten; auf diesem Wege wird die Oberfläche der inneren Organe stets vom Wasser umspült. Als besondere Re- spirationsorgane betrachtet man die blattförmigen und gefiederten Ambulacralanhänge der irregu- lären Seeigel (AmhidacraR-iemen) , ferner die blinddarmförmigen, mit der Leibeshöhle com- municirenden Schläuche einiger regulären See- ^, , , ^^ , . ^ iffel und der Ästenden (Hautliicmen), welche bei Schema des Nervensystems eines tsee- ~ ' Sternes, jv^ Nervenring , welcher die dicscu als cinfache Röhrchcn übcr dic gauzc fünf ambulacralen Centren verbindet. RUckcnfläche (Fig. 288 ) ZCrStrCUt Siud. bci jCnCU als fünf Paare verästelter Schläuche in den Ausschnitten der Schale dieMund- ötifhung umgeben , endlich die sogenannten Wasserlungen der Holothurien. Die letzteren sind zwei sehr umfangreiche, baumähnlich verästelte Schläuche, welche mit gemeinsamem Stamme in den Enddarm einmünden (Fig. 291 j. Das hier vom After aus aufgenommene Wasser kann wiederum mit grosser Gewalt ausgespritzt werden. Das Xercenst/stcm (Fig. 292) besteht aus fünf (oder mehr je nach der Zahl der Strahlen) in den Strahlen verlaufenden, aus Nervenfasern und Ganglienzellen zusammengesetzten Hauptstämmen, welche bei den Asteriden in der häutigen Auskleidung der Ambulacralrinne , nach aussen von den Wassergefässstämmen, an den Blutgefässen liegen (Fig. 288) und zahlreiche Fäden nach den Füsschen , Muskeln der Stacheln und Pedicellarien etc. austreten lassen. Die Hauptstämme theilen sich um den Mund in gleiche Hälften, welche sich zur Bildung eines ebenfalls Ganglienzellen enthaltenden Nervenrinyes vereinigen. Bei den Seeigeln (Fig. 285). Holothurien und Sinnesorgano. Augen. Geliijrbläschen. 311 Opliiurideii hat das Nervensystem seine ectodermalc Lage aufg-egeben und ist in die Cutis, eventuell unter das Hautskelet gerückt. Bei den Crinoideen liegt nur ein kleiner Theil des Nervensystems eetodermal in den Ambulacral- furelien des Kelches und der Arme, der grössere Theil der Nerven ist in das Mesoderm der oralen Körperwand gerückt und besteht aus einem pen- tagonalen Schlundring und von diesem austretenden Nervenästen. Dazu kommt noch ein drittes System von Nerven imMesoderm der aboralen Körper- wand, in welcher auch bei den Ästenden Nervenziige im Epithel verlaufen. Slnneszdku sind in dem verdickten Ectodermbelag, unter welchem die Nervenstämme der Astenden verlaufen, in reicher Menge enthalten, ebenso bei den übrigen Echinodermcn an vielen Körperstellen ; auch am Ende der Füsschen wurden Sinnesepithelien nachgewiesen. Als Tastorgane betrachtet man die Fühler, welche bei den AMeriden und Ophiurklen an der Spitze der Arme in einfacher Zahl auftreten, ebenso die Tentakeln der Holothurien und die pinselförmigen Tastfüssehen der Spatduyiden. Aehn- liche Sinnesorgane liegen bei den regulären See- igeln am Scheitel auf den fünf Radialplatten, durch deren Foren sie hindiirchtreten. Dieselben wurden früher irrthümlich für Augenflecken ge- halten, daher die Platten als Ocellarplatten be- zeichnet. Augen kommen bei den Asferiden vor. Nach Ehrenberg's Entdeckung liegen dieselben als rothe Pigmentflecken auf der Unterseite der , ^ . ^ , , , " Armende mit dem von !?tacheln um- Strahlen im Endtheil der Ambulacralrinne und stellten Auge (Ocj von Asfropede^, au- sind gestielte kugelige Erhebungen, welche unter '"""'"""• ""^'^ ""■ ^^'^'^^'^'■ ihrer convexen , von einer einfachen Hornhaut überzogenen Oberfläche eine grosse Zahl kugelförmiger Einzelaugen bergen (Fig. 293). Diese letzteren erscheinen mit ihren Achsen gegen einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt gerichtet und bestehen aus rothen, einen lichtbrechenden Körper umfassen- den Pigmentanhäufungen nebst Nervenapparat. Bei Synapta wurden Gehör- bläschen nachgewiesen. Die Fortpflanzung ist vorwiegend eine geschlechtliche, und zwar gilt die Trennung des Geschlechtes als Regel. Nur Sj/napta und AmpJiiura sind herniaphroditisch. Die Fortpflanzungsorgane sind in l)eiden Geschlechtern äusserst gleichartig gebaut, so dass. wofern nicht der Farbenunterschied der meist milchweissen Samenflüssigkeit und der röthlichen oder gelblich- braunen Eier zur Erkennung des Geschlechtes ausreicht, erst die mikro- skopische Prüfung der Contenta die Entscheidung geben kann. Geschlechts- unterschiede der äusseren Form oder bestimmter Körpertheile sind nur in äusserst beschränkter Weise vorhanden, da sich bei dem Ausfall der Be- gattung die geschlechtlichen Leistungen in der Regel auf die Bereitung und Ausscheidung der Zeugungsstotfe reduciren. Eier und Samenfäden begegnen sicli daher, von einigen Ausnahmen abgesehen, erst im Seewasser ausser- ;n2 Echinodermata. Geschlechtforgane. lialb des miitterliehen Körpers, und nur selten kommt die Befruchtung; im Leibe der Mutter zu Stande, wie z. B. bei vivii)aren Arten von Änq)hiurv-«), nach e. Met schniko . , , Bauchseite gesehen. O Mund, A. . und Seesternen unter mannigrachen von der Haut des Larvenkörpers aus erfolgenden Neubildungen z kommt, und von allen Theilen des letzteren nur der Magen, Darm und Rücken- r\ Pluteuslarve vc er Wimi^er- ff, von der After. 'A\ Stande Fis. 300. f-l r . j a Bipinnaria von Triest, in der Entwicklung des Seesternes {St), nach J. Müller. MMagen, A After, FAm- bnlacralgefässrosette mit anhängendem, im Rtickenporus geöffneten Wimperschlauch {S.) - h Bipinnaria asterlgera mit entwickeltem Sterne, nach J.Müller. O Mund, ^ After, S der Seestern. schlauch aufgenommen werden, während der Uebergang der Aurkularia. in die Synapta ohne Verlust so zahlreicher Körpertheile der Larve durch Vermitt- ai6 Echinodermata. Entwicklung von Synapta. luiig' eines puppeiiälmlichen Zwischenstadiums erfolgt. Im ersteren Falle häuft sich ausserhalb der Lateralseheiben, unter Betheiligung der sich verdickenden Haut . ein mit rundlichen Zellen erfülltes Zwiscliengewebe an, welches durch Aufnahme von Kalkablagerungen zum Haut- skelet des späteren Echinoderms wird (Fig.oOO«). Der Canal des Riickenporus hat inzwischen seine einfache Form aufgegeben und sich in das Ring- gefäss mit Fortsätzen . den Anlagen der Am- bulacralstämme, umgestaltet. ]\lit dem fortschrei- tenden Wachsthum tritt der definitive Ecliino- dermenleib als ein mehr oder minder kugelig- pentagonaler Körper oder kurzarmiger Stern hervor, an Masse die der Larve allmälig mehr und mehr überwiegend (Fig. 300//). Endlich nach dem Hervorwachsen von Ambulacralfiisschen kommt es zur Trennung des Echinodermleibes von den Resten des Larvenkörpers, welche nicht selten wie Ueberreste eines zerfallenen Gerüstes das Innere des Echinoderms aufgenommene Magen reisst vom Schlünde der Larve (Biphmar'm) ab, um einen neuen Schlund mit j\Iundötifnung zu erhalten : der Rückeuporus wird zum Porus der i\Iadreporen- platte. Die Si/naptidcn dagegen bilden sich durch Umwandlung des gesammten Auricularienleibes heran. Am vorderen Körpertheile vor dem aus dem Rücken- schlauche hervorgegangenen Ringgefässe entstehen fünf Tentakeln in einem Amioulariapuppe von>V)/naj'/« im I'r fiLnachE.Metschnikoff. Die Ei gangsöffnung bereits gross, so dass die -, , i />, x-, Tentakeln (T, vorgestreckt werden »H dcm CrSterCn haftCU. Dcr lU können. IFr Winiperring. Pf,Pi äusse- res und inneres Blatt der Peritoneal- siickchen, Ob Gehörblasen, Po Porus des Ambulacralgefässsystems, B Kalk- rädchen. später nach aussen durchbrechenden Räume. Die Larve zieht ihre Seiten- lappen ein und verwandelt sich in einen tonneniormigen Körper mit fünf trans- versalen Wimperreihen und verliert Mund- öifnung und Rückenporus (Fig. 301). Allmälig bildet sich das Ambulacralsystem weiter aus, es verlängert sich der Darm, die ersten fünf Tentakeln kommen zum Durchbruch, und es entsteht die ]\[und- öffnung am vorderen Pole ( Fig. 302 ). Das ^ _ ^ Thier verliert allmälig die Winipcrreifen vorgestreckten Ten- ^ ' junge Synaptide mittelst der Tentakeln. Bei den podaten Holothnrien tritt auch noch das erste ventrale Füsschen hinzu. Bei der mehr directen Entwicklung erscheint die bilaterale Larven- forin mehr oder minder vollständig unterdrückt und die Zeit des I'mlier- schwärmens abgekürzt oder ganz beseitigt. Stets sind dann Schutzeinrich- .lunge Holothur takeln (T), schwimmend und kriechend, nach und bCWCgt Sicll als J. M tt 1 1 e r. Uiivcte Entwicklung. Öl < tunj^-en als Bruträiimc am .Aluttertliier vorhanden, und es besteht ein ge- wisser Dimorphismus beider Geschlechter, insofern sich beim weiblichen IMiiere seeundäre , auf die Brutpflege bezügliche Charaktere entwickelt haben (stärker gewölbte Schale, weitere üenitalöffnungen). Am meisten ge- schützt ist die Bruthöhle bei Pterasfer militaris; hier liegt dieselbe oberhalb (U'r Afters und der Geschlechtsmündungen und wird von einer mit Kalk- körperchen erfüllten Haut gebildet, welche sich über die Stacheln des Rückens emporgehoben hat. Etwa 8—20 (1 Mm. grosse) Eier gelangen in das Innere der Bruthöhle und werden dort zu ovalen Embryonen, welche einige Saugfüsschen erhalten und in fünfeckige Sterne übergehen. In anderen Fällen bildet sich ein Brutraum auf der Bauchfläche des Seesternes aus. z. B. Echhuisfcr Sarsü, und das vollständig bewimperte Junge gewinnt am \(n-deren Ende einen kolbigen Fortsatz, Avelcher sieh in mehrere Haft- zäpfchen theilt und als Haftorgan den Körper an der Wand des Brutraumes befestigt. Nun bilden sich in jedem Strahl Saugfüsschen aus. zwei paarige und ein unpaares, von denen das letztere der Ecke am nächsten liegt; die fünf Ecken treten stärker hervor, erhalten Augenpunkte und Tentakel- turchen. Stacheln kommen zum Vorschein und die Mundöffnung zum Durcli- brueh, das Haftorgan wird rückgebildet, und die Jungen entschlüpfen dem Brutraume des Mutterthieres, um allmälig unter kriechender Bewegung und selbstständiger Ernährung zu kleinen Seesternen auszuwachsen. Aehnlich \ erhält sich die Entwicklung bei Asteracanthion MiUlcri und einigen Oplthi- rhlen, wie Amplimiri squamata. Auch für Holothurien (H. tremula) wurde eine einfache, mehr directe Entwicklung für Pliyllo'phorus iirna und für Cucumaria doliolimi beobachtet. Im ersteren Falle verlässt der Embryo das Ei in Form einer bewimperten Larve, welche sehr bald eine birnförmige Gestalt annimmt, den Wasser- gefässriug und im Umkreise der Mundöffnung fünf Tentakeln erhält. Noch bevor die letzteren anstatt der geschwundenen Wimpern als Bewegungs- urgane dienen . hat sich der Darmcanal und das Hautskelet gebildet. Später verästeln sich mit dem fortschreitenden Wachsthum die Tentakeln, und es kommen zwei Ventralfüsschen hervor, welche die seitliche Symmetrie der Jugendform unzweifelhaft machen. Auch für einige Seeigel (Aiwchamis miensis, Gomocidaris-Arten, Hewiasfer cavernosus) wurde Brutpflege und dieser entsprechend vereinfachte Metamorphose nachgewiesen. Die Echinodermen sind Meeresbewohner und ernähren sich bei einer langsam kriechenden Locomotion von Seethieren, besonders Mollusken, aber auch von Fucoideen und Tangen. Einige werden in der Nähe der Küsten auf dem Boden des Meeres gefunden, andere und zwar höchst merkwürdige Typen hohen Alters kommen in bedeutenden Tiefen vor. Viele besitzen eine grosse Reproductionskraft und sind im Stande, verloren gegangene Theile, wie z. B, Arme, mit allen ihren Einrichtungen, mit Nerven und Sinnesorg-anen durch neue zu ersetzen. 318 I. Classe. Crinoidea. Obwohl die Echinoderinen zu den Coelenteraten in keiner engern Verwandtsebafts- bezielmnrmig gestellte, ebenfalls durchbohrte und gegliederte Ranken. Aeusserlieh wird der l)eclierfr)rmige Leib auf der Rückenseite von regelmässig grni)i)irten Kalktafeln bedeckt, während die obere Fläche, an welcher die ]\lund- Flj--. 303. öttnung und der After liegen . von einer lederartigen Haut bekleidet ist. Am Rande des Be- chers entspringen bewegliche . einfa- che oder gabelig getheilte, oft mehr- fach verästelte Ar- me , deren festes Gerüste aus dorsa- len, durch Muskeln beweglichen Kalk- stücken besteht. Fast überall tragen die Arme an ihren Hauptstämmen oder deren Zweigen Sei- tenanhänge, PinuH- Jae, welche alter- . Entwicklungsstadien von Comatula (Antedon), stark vergrössert. a Freischwim- nirend den einZel- n,ende Larve mit Wimperschopf und Wimperringen (Wr), sowie mit den An- nen ebenfalls alter- lagsn der Kalkplatten. — Ö Festsitzendes Pentacrinusstadium derselben. /^ O Oralia, R Kadialia, B Basalia, Cd Centrodorsal-Platte. — c Aelteres, als Penta- nireilden Armglie- crinus eio-ojiaeus beschriebenes Stadium derselben mit Armen und Citren, dern zugehürcn und "^^h Thomson. im Grunde nur die äussersten Armzweige repräsentiren. Der Mund liegt in der Regel im Centrum des Bechers ; von hier aus verlaufen über die Scheibe nach den Armen, deren Verzweigungen und Pinnulae Furchen, die sog. Ämhiilacralfurchen , welche von einer weichen Haut überzogen sind und die tentakelartigen Ambulacralanhänge tragen. Die Afteröfifnung liegt excen- trisch auf der aml)ulaeralen Fläche. Die Geschlechtsorgane liegen im Peri- hämalraume der Arme als röhrenförmige Keimlager, von denen durch seitliche Ausstülpungen die Genitalzellen in die Pinnulae eintreten und hier zur Reife gelangen. o20 Ci'inoidea. Entwicklung. Vou besonderer Bedeutung- ist namentlich in Bezu«: auf die zahl- reiclien fossilen Crinoideen die Anordnung- der Kelchtafelu. Um für dieselbe eine einheitliche Basis zu gewinnen, ist es nöthig, auf die Skeletgebilde einer Jugendform zurückzugreifen, wie sie uns in der Pentaerinoidlarve der C'omatula vorliegt (Fig. 30o //). Die Kalkstücke des Kelches werden als fünf Oralia und ebensoviel Basal ia unterschieden. Erstere bilden das orale, letztere das apicale System von Kalkplatten, zu dem Jedoch noch eine sog. CentrodorsaJphUfe , und dorsal wärts von der Anlage der Tentakel- gruppen fünf EadiaUa in Zwischenräumen angrenzender Paare von Oralia Fig. 304. und Basalia hinzukom- men. Die Entwicklung der lebenden (iattung Ccnvafula, welche mit einer tonnenfitrmigeii, von vier Wimperreifen bekleideten Larve be- ginnt und zu dem fest- sitzenden Stadium der Pentacrinusform (F. europaem) führt , be- ruht auf einer compli- cirten .Metamorphose (Fig. :30;3). Die meisten Crinoi- deen gehören den älte- sten Perioden der Erd- l)ildung . dem Ifeber- gangsgebirge und der Steinkohlenformation an. Die nur in be- !7((cr( m(>rf(7erra7iae, von der Bauchseite dargestellt. O Mund, ^1 After. i •• i rj \ \ Die Pinnulae mit Geschlechtsdrüsen gefüllt. SChräuktCr Zahl VOr- handenen lebenden Formen finden sich meist in bedeutender Tiefe. 1. Tessellata, Tafellilien (PalaeocHnoideen). Mit vollständiger Täfelung des Kelches, an welchem meist Paraba- salstücke, oft auch Interradialia und Interstichalia nachweisbar sind. Kelchambulacren und entsprechende Furchen scheinen gefehlt zu haben. Beginnen im unteren Silur. Hierher gehören: Ciqiressocrinus crassus Goliii., Ci/afhocrüii(s 'SliW., Eurriiius Xn^. nnd der von Wyville Thomson beschriebene lebende Tiefseecrinoid Hiiocrhiiishctlielianus. 2. Articiüata, Gliederlilien (Neocnnoideen). Täfelung des Kelches minder vollständig. Parabasalia fehlen meist. Ventrale Kelchdecke häutig oder schwach getäfelt, mit Ambulacren und Ambulacralfurchen. Cystidea. Blastoidea. 321 Pentacrinus caput Medusae T.ani. von den Antillen (Fig. 305). P. MüUeri Oerst., Westiml. Meere. Zu einer nahestehenden Familie gehört Apiocrinus, dem sich der lebende RItizocrinus lofotensis M. Sars, ferner Bathycrinus ffraciUs und alürichianus W. Th. aus bedeutenden Meerestiefen auschliessen. In die Nähe dieser C4ruppe gehört auch die lebende Gattung Holopus aus Westindien mit angewachsenem Kelche. H. Jiangii d"Orb. Fam. Comalulidae, Haarsterne. Nur in der Jugend gestielt, im erwachsenen Zustande frei, meist mit zehn Armen am Rande des abgeplatteten Körpers, mit Mund und After. Die Haarsternt! kihiueu die Arme gegen die Bauchfläche schlagen und sich zwischen Meeres- Fig. .306. pflanzen bewegen. Die ausschlüpfende Larve ist wurmför- mig und mit vier Wimpergürteln ver- sehen. Dieselbe be- sitzt Mund undAftei', sowie einen Flimmer- schopf am hinteren Körperende und schwimmt frei uni- lier. Später gehen die Larven durcli Bildung von Kalk- ringen und Tafelrei- hen in das Stadium des gestielten Pen- tacrinus über, wel- cher nach Trennung des Kelches vom Stiele zur Comatula wird. Comatula me- (htcrranea Lam. = Antedon rosaceus Linck (Fig. 304), mit Pentacrinus europaeus (Fig. 303 c) als ,,^ .lugendform. Actinometra J. Müll. Fam. ^ £V«fr/w/f/«e. Kelch mit Parabasalien. Sind ad, die ältesten Gliederlilien aus der Trias E. liliiformis Schi. (Fig. 306). Den Crinoideen schliessen sich die fossilen Cystkleen und Blastoideen an. die wohl als besondere Classen zu betrachten sind. Die Cijstkleen (Beutelstrahler) sind kurz gestielt, mit mehr oder minder kugelförmigem, polygonal getäfeltem Kelch und seh wach entwickelten Armen, die gegliederte Pinnulae tragen. Die Geschlechtsorgane sind wahrscheinlich im Kelche eingeschlossen, eine durch bewegliche Klapj^en verschliessbare OetTnung wird als Geschlechtsöffnung gedeutet. Fossil im Uebergangs- gebirge nud Kohlenkalk. SjjJuwronifes, Cari/ocrimis, Echinospliaeritus. Die Blastoideen (Knospenstrahler) entbehren der Arme und besitzen nur Ambulacralfelder am Kelche, welcher mittelst einer kurzen gegliederten Säule festsitzt. Das Kelchgerüst besteht aus drei Basalstücken, fünf radialen „Gabelstücken" und fünf interradialen „Deltoidstücken". Dazu kommen C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. O.Aufl. 21 Encriuus /iliifoniiis aus dem Muschel- kalk. Pentac, A After der von d. Caput Medusae, nach J. Müller. O Mund, Oralfläehe dargestellten Scheibe. yj-J2 It- Classe. Ast.roi.l.-a. noch die Skeletplatten der fünf radialen sog-. Ambnlacralfelder . welche sich zwischen den Gabelstücken ausbreiten. Die Bastoideen beginnen im oberen Silur mit der Gattung Pentaireniatitcs und erreichen ihre grösstc Ausbreitung im Devon und in der Steinkohlenformation. Fis. 307. II. Classe. Asteroidea '), Seesterne. Echinodermen von ßacher, peiüagonaler oder stcrnföntiKjer Körpcnjc- stalt, mit mmjedehnter Bückenhaut, auf die Bauchßäche beschränkten Fiiss- chenreihen und inneren irirbeJartif/ verbundenen Skeletstücken der Ambulaeren. Die Seesterne charakterisiren sich zunächst durch die vorherrschend pen- tagonale oder stern- ähnliche Scheiben- form des Körpers, auf dessen Bauchfläche die Ambulacralfüss- chen beschränkt sind (Fig. 307). Die Ra- dien strecken sich gegenüber den durch Auseinanderweichen der interambulacra- len Plattenreihen ver- kürzten Interradien zu einer meist an- sehnlichen Länge und bilden mehr oder minder vv^eit hervor- stehende bewegliche Arme mit verschieb- baren Skeletstücken. Diese bestehen aus quergelagerten Paaren von Kalkplatten (Ambulacral- platten), welche sich vom Munde an bis gegen die Spitze der Arme er- strecken und durch Gelenke wirbelartig verbunden sind. Von der kugeligen oder flachen Schale der Echinoideen unterscheidet sich das Skelet der Asteroideen dadurch, dass sich die Ambulacral- und Interambidacralplatten auf die Bauch- fläche beschränken, undaufder Aussenseite der ersteren eine tiefe ^w«iw/«cra/- furchc sich findet, in welcher ausserhalb der Skeletstücke in der weichen Haut Echinaster sentus , von der Oralfläche dargestellt , nach O Mund, Af Ambnlacralfüsschen. A. Agassiz. ') J. Müller und Troschel, System der Asteriden. BrauiiHclnveig 1841. Vergl. ausserdem die zalilreiclien Aufsätze von Krolin, Sars, Lütken, Agassiz u. A. Skelct. Verhalten der ambulacralen und interamliulacralen Platten. o2o die Nei'venstäminc. darüber die Periliämaleanäle mit den IMutgefässen und die Ambulacralgefässstämme verlaufen (Fig. 30^^). Bei den Ophiuridfcn wird die Ambulacralrinnc von Kalkplatten überdeckt, so dass die Füssclien au den Seiten der Arme hervortreten. Auf der Rückenfläehe erscheint das Hautskelet lederartig, indess in der Regel mit kleinen Kalktafeln erfüllt, welche sich in Stacheln, H()cker, Papillen fortsetzen und eine sehr verschiedcnartigeBedeckung l)ilden. Am Rande liegen in der Rückenhaut meist grl)ssere Kalkplatten, ohere Ikuidphtten , in einer randständigen Reihe (Fig. H08). Auf der ventralen Fläche unterscheidet man ausser den in das Innere des Kiu-pers hineinfallen- den Ambulacralplatten untere BandpJatteu , ferner die Adamhukfcrcdplatfen und intcrmcdiürcn IntemmhidacraJplatten. Die beiden letzten Kategorien von Tafeln entsprechen den Interambulacralplatten der Echlnoidecn ; während dieselben aber im letzteren Falle zwei in der ganzen Länge des Interradius vereinigte Reihen darstellen, weichen sie bei den .hferoidceu von den Mund- ecken aus winkelig aus- t.. o^^ einander und gehören den einander zugewen- deten Seiten benachbar- ter Arme au. Die Am- bulacralplatten sind wirbelartig verbundene bewegliche Kalkstückc und lassen zwischen ihren Seitenfortsätzen Oetfnungen zum Durch- "'^ Ädp tritt der \müUllen der ^^-eletv^tten ^oi^ Astropecten HempnehU, nach 3. UiXU et. DR dovsaXe i Kandplatten, T'K ventrale Eandplatten, Ap Ambulacralplatten, Jp inter- SaUgfÜSSe frei. Die rech- mediare luterambulacralplatten , Adp vorderste Adambulacralplatten, ten ''und linken Stücke ''''' ''""'''°^'^ "'^'"'''• einer jeden Doppelreihe sind entweder durch eine Xaht unbeweglich ver- einigt (Ophhüidce))) oder in der Mitte der Armfurche durch ineinander- greifende Zähne beweglich verbunden (Stellerideen). Die Stellerideen ])e- sitzeu ventrale Quermuskeln an den Ambulacralwirbeln und krümmen ihre Arme nach der Ventralfläche zusammen ; die Schlangensterne dagegen biegen mittelst ihrer ausschliesslich lateralen Längsmuskeln die Arme in der Horizontalebene nach rechts und links schlängelnd. Die Mundöt^hung liegt stets im Centrum der Bauchfläche in einem pentagonalen oder stern- förmigen Ausschnitt, dessen Ränder meist mit harten Papillen besetzt sind. Die iuterradialen Ecken werden durch je zwei zusammentretende Adam- bulacralplatten gebildet und wirken häufig als Orgaue der Zerkleinerung. Die Afteröffhung kann fehlen, im andern Falle liegt dieselbe stets am Scheitel- pole. Die Madreporenplatte findet sich in einfacher, auch wohl mehrfacher Zahl interradial auf dem Rücken (Stellerideen) oder an der inneren Fläche eines der MumhchUder (Op)]iiurideeu). Die Entwicklung erfolgt in eiuzelneri ?j24 1- Ordnung. Stelleridea. Fällen direct ohne bilaterale Larven ; da, wo die letzteren als Entwicklungs- stadien auftreten, sind es Formen des Pliiteus (Ophiurideen), oder Bipiniiaricii und Brachiolurien (Stellerideen). Die grosse Regenerationskraft der Seesterne beschränkt sich nicht nur auf den Ersatz zerstörter Arme, sondern führt auch zur Neubildung von Scheibenstücken oder gar der gesamnitcn Scheibe von einem losgetrennten Arme aus ; somit konnnt es zu einer ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Theilung, die besonders an Formen mit sechs Armen (Ophiactls) oder mit einer grösseren Annzahl (lÄnckia) beobachtet wird. Fossile Seesterne finden sich bereits im unteren Silur (Falaeastcr), wo auch Zwischenformen von Stellerideen und Ophiurideen auftreten (Protastcr). 1. Ordnung. Stelleridea, Asterideen, Seesterne. Scesfcrnr, deren Armhöhlen als Fortsetzungen des Schrihenraumes die Leberanhänge des Darmes, auch wohl die Geschlechtsorgane in sich auf- nehmen und auf ihrer Bauchfäche eine tiefe unbedeckte Amhidacralfurchc besitzen, In ivelchcr die Füsschewcihen stellen. Die meist breitarmigen Stellenden zeichnen sich durch die Beweglicli- keit der Wirbelhälften (Ambulacralplatten) des Armskelets aus und besitzen zwischen denselben Muskeln. Die Afterötfnung liegt am aboralen Pole, doch kann dieselbe auch einzelnen Gattungen (Astropecten) fehlen. Die Madre- porenplatte liegt interradiär auf der Rückenfläche, ebenso die Genitalporen. Die gelappten verästelten xlnhänge des Magens erstrecken sich in den Hohl- raum der Arme hinein (Fig. 290), auf deren ventralen Fläche zw^ei oder vier Reihen von Füsschen in einer tiefen, am Rande von Papillen besetzten Am- bulacralrinne verlaufen (Fig. 307). Pedicellarien kommen den Asterien zu, ebenso Hautkiemen auf den Tentakelporen der Rückenfläche. Die Seesterne ernähren sich grossentheils von Weichthieren und kriechen mit Hilfe ihrer Füsschen langsam am Boden des Meeres umher. Einige wenige entwickeln sich mittelst abgekürzter ^Metamorphose im Brutraume des Mutterthieres, die meisten durchlaufen die freien Larvenstadien der Bijjinnaria imd Brach iolaria (Fig. 296 und 300). Farn. Ästeridae. Die walzeuförmigen Ambulacralfüsschen enden mit breiten Sang- scheiben und stehen meist vien-eihig in jeder Ambulacralfurche. Asterias L. (Ästeracan- thion). A. glacialis 0. F. Müll., A. tenuispimis Lam., Mittelmeer. Heliasfer heliantlius CIray. Mit 29—40 Armen, Chili. Farn. Solasteridae. Die Avalzeutormigen Ambulacralfüsschen stehen in zwei Reihen. Ai'me lang, oft in mehr als fünffacher Zahl. Solaster 2}apposus Retz., Echinaster sepositus Hetz., OpJiidiaster Ag., Linckia Nardo. Fam. Asterinidae. Körper pentagonal oder mit kurzen Armen, meist mit dachziegel- artiger Täfelung, ohne ausgebildete Randplatteu. Asterina Nardo =^ Asteriscus Müll. Tr. A. glhbosa Forb. (Asteriscus verruculattis Müll. Tr.) (Fig. 309). Palmipes memhranaceus Linck, Mittelmeer, Adria. Fam. Culcitidae. Scheibe pentagonal , mit gekörnter oder schwach getäfelter Haut, ohne Randplatten, Ambulacralfurchen auf die Rückenseito übergreifend. Culcita coriacea Müll. Tr., Rothes Meer. i. Ordnung. Ophiuridea. 325 Farn. Astropectinidae. Füsscheu konisch ohne Saugscheiben, in zwei Reihen. After fehlt. Asiro2)erfen aurantiacus Phil. A. 2)eniacanthus Dell. Ch., Mittelmeer. A. plafi/a- cantlius, Adria. Litidia Forb. Ctenodiscus Müll. Tr. Farn. Brisingidae. Körpergestalt den Ophiuriden ähnlich, Arme von der Scheibt; ali- gesetzt, nur mit engem Innenraum. Brisinga coronata Sars. Mit 5)— 12 langen Armen, in einer Tiefe von 200—300 Faden lebend, Lofoten, Atl. Ocean. 2. Ordnung-. Ophjuridea '), Schlangensterne. Afterlose Seesterne mit langen cylindrischen Armen, welche scharf von der Scheibe abgesetzt sind und l-eine Anhänge des Darmes aufnehmen. Die Amhidacralfurche wird von Schildern der Haut hedecld, so dass dir Amhu- lacralfässchen an den Seiten der Arme hervorstehen. Die Ophiurideen unterscheiden sich sofort durch die cylindrischen, schlangenartig biegsamen Anne, welche von der flachen Scheibe scharf ab- Fig. 309. Fig. 310. as Wh^^m^Bl Asteriscusverniculatusna.chEnt{etnuDgdeTB,ücken- Scheibe mit den Anfängen der Arme von 0}>hiotri.r haut. Ld Eadiale Anhänge oder Leberschläuche fragilis. Gs Spalten der Genitaltaschen , K Kau- des Magens, G Geschlechtsdrüsen. lilatten. gegrenzt sind, und keine Fortsätze des Darmes einschliessen. Die grosse Be- weglichkeit der Arme fällt vorzüglich in die Horizontalebene und vermittelt nicht selten eine kriechende Locomotion zwischen Seepflanzen. Die Ainbula- cralfurche wird stets durch besondere Hautplatten bedeckt, und die Füsschen treten seitlieh zwischen den Stacheln und Plättehen an der Oberfläche hervor (Fig. 310). Selten sind die Arme verästelt und können auch mundwärts ein- gerollt werden ; in diesem Falle (Astrophyton) wird die Bauchfurche durch eine weiche Haut geschlossen. Die Afteröffnung fehlt stets, ebenso die Pedi- cellarien. Die Geschlechtsproducte gelangen in Genitaltaschen (Bursae) und aus diesen durch interradiale Spaltenpaare nach aussen. Die Madreporenplatte liegt auf der Bauchfläche an einem Mundschilde. Wenige gebären lebendige ^) Preyer, üeber die Bewegungen der Seesterue, eine vergleichrnd i)liysiologi.sche Untersuchung. Mittheilungen der zool. Station Neapel, 1887. O.Hamann I.e. Heft IV, Anatomie und Histologie der Ophiurideen und Crinoideen. .Tena 1889. ;^26 III- Classe. Kcliinoidea. Junge, z. B. Amphhu-(i Sfjuamata, bei diesen fällt die ^letamorphose aus; die meisten durchlaufen die bilateralen Larvenstadien des Fliitens, z. B. Ophio- (jhjpha laccrtosa Linck {Ophlolepis ciliata ^I. Tr.) mit Pluteus paradoxus. Farn. OphiurUlae. Mit einfachen unverzweigteu Armen und mit Bauchsehildem der Ambnlacralfurche. Zerfallen nach der besonderen Gestaltung der Körperbedeckung und der Bewaffnung der Mundspalten in zahlreiche Gattungen. OpMoihrix Müll. Tr. Der Eückeu mit Körnchen, Härchen oder Stacheln versehen. Seitenschilder der Arme Stacheln tragend. Oph.frafjilis 0. Fr. Müll. Ophiura Lani. (Ophioderma). In jedem Interbrachialraum zwei Paare von Genitalspalten. 0. lonyicauda Linck, Opliioyhjpha Lyni., Ophiolepis Lütk., Am- phiura Forb., A. squamata Dell. Ch. Farn. Eiiryalklae. Kleist mit verzweigten Armen , Avelche mundwärts eingebogen werden und der Schilder entbehren, mit weichhäutig geschlossener Bauchfläche. Asirophy- ton cerrucosum Lam., Indischer Ocean. A. arboresrens Eond., Mittelmeer. Astcronyx Lo- veni Müll. Tr., Norwegen. III. Classe. Echinoidea \), Seeigel. Ku(jdiß Rosette der Rückenfläche. Die locomotiven \:\- ' ' ' > '' ,>v b'üsschen werden bei den Chjpeastndcn sehr ' • .,." klein und breiten sich entweder über die ganze Fläche der Arabulacren aus, oder be- ' -' ^ ''" schränken sich auf verzweigte Strassen an . -^^»^" der Bauchfläche. Bei den S'watowo'wZew finden „,. , ,o„„,„,. ,., i ,^ , ■. ■L «^ Srinz'istei (!i])atongule) von der OraJseite. sich an der Oberfläche eigenthümliche Strei- oMund. .i After, pporen der Ambuiacrai- fen , Fasciolen oder Semitae (Fig. 280 a und 311), auf denen anstatt der Stacheln geknöpfte Borsten mit lebhafter Wimperung, Clavidae, verbreitet sind. Die Entwicklung erfolgt durch die Larven der Phiteus-fonn mit Wimperepauletten oder Scheitelstab (Spafan- (jkleu). Die Seeigel leben vorzugsweise in der Nähe der Küste und ernähren sich von ^Mollusken, kleinen Seethieren und Fucoideen, Einige Echinnsarten besitzen das Vermögen, sich Höhlen in Felsen zum Aufenthalt zu bohren. Man findet viele fossile, mit Kieselerde gefüllte Schalen besonders in der Kreideformation. 1. Ordnung. Cidaridea, reguläre Seeigel. Seeigel mit centrcdem Mund und gleichartigen Bandambtdacren , mit Zähnen und Kaugerüst, sowie mit subcentralem After im Scheitelfelde. Fam. Cidaridae, Turbanigel. Mit sehr schmalen Ambulacraleu und breiten Inter- anil)nlacralfedern, grossen perforirteu Stachelwarzen auf denselben und mit grossen keulen- förinigen Stacheln, ohne Mundkiemen. Cidaris meiularia Lam., Phyllacanthtts im2)erialis Lani., Ostindien. Fam. Echinidac, Seeigel. Die Poren in Querreihen gruppirt. Mit runder, meist dünner Schale, breiten Ambulacralfedern , Tuberkeln auf denselben und meist kurzen pfriemen- fijrmigen Stacheln, mit Mundkiemen. Arhacia cipqitii über cul ata Blainv., Mittelmeer und 328 I^'- Classe. Holothurioidea. Adiia. Diadetna lonf/isjnnus Phil., Sicilien. Echinus melo Lam., Toxoi>neustes van'eyatus Lam., Strongylocentrotus lividus Brit. = saxatilis Li»., Mittelmeer. Faiii. Echinometridae, Querigel. Mit länglicli-ovalei- Schale, uiidurehbohrteii Tuber- keln und Mundkiemen. Echinometra ohlonija Blainv., Podophora atrata Brdt., Arroiladin Iriffonarla Ag. Südsee. 2. Ordnung. Clypeastridea, Schildigel. Irreguläre Seeigel von schildförnnger Gestalt, mit centralem Mund und Kauapparat y excentrischem After, sehr breiten Amhulacren , fünf blätteriger Ambulacralrosette um den Scheitelpol und sehr kleinen Sangfüsschen. Fünf Genitaljwren in der Umgebung der Madreporenplatte. Fam. Chj}>eastridae. Der Scheibenrand ohne Einschnitte. Cliipcaster rosaceus l^am. (Fig. 279j. Echinoajamus imsillus 0. Fr. Müll., Mittelmeer. Fam. Scutellidae. Flache Schildigel mit häufig gelappter oder durchln'ochener Schale und Porenstrassen für die Ambulacralfüsschen. Lohophora hifora Ag., Rotula EuDipliii Klein, Afrika. :'>. Ordnung. Spataiigidea, Herzigel. Irreguläre Seeigel von mehr oder minder herzförmiger Gestalt, mit ex- centrischem Mund und After, ohne Zähne und Kauapparat, meist mit vier- blätteriger Ambidacralrosette und Genital platten. In der Regel sind Semiten vorhanden, und vier Genitalporen , deren Zahl indess auch auf drei und zwei sinken kann. Fam. Spatangidae. Echinocardium mediterraneum Gray, Mittehnecr. SpatangHs purpiireus 0. Fr. Müll., Mittelmeer. Schizasfer catialiferus Ag., Adria (Fig. .311). Brisso]>sis lijrifera Forb., Brissus Klein. IV. Classe. Holothurioidea 0, Holothurien, Seewalzen. Wurmförmig gestreckte Echinodermen mit lederartiger Körperbedeckung, mit einem Kranz meist retractiler Tentakeln in der Umgebung des Mundes und terminaler Afteröffnung. Die Holothurien erinnern durch ihre Avalzenförmige , langgestreckte Körperform und die mehrfach au.sgesprochene bilaterale Symmetrie an Würmer und besitzen insbesondere mit manchen Gephyreen eine so auffallende äussere Aehnlichkeit. dass sie früher mit denselben in eine gemeinsame Gruppe zu- sammengestellt werden konnten. Die Körperbedeckung bildet niemals eine feste verkalkte Schale, sondern bleibt stets weich und lederartig, indem sich die Verkalkung auf die Ablagerung zerstreuter Kalkkörper von bestinnnter ') G. J. Jaeger, De Holothuriis. Dissert. inaug. Turici 1833. .T. F. Brandt, Prodromus descriptionis animalium ab H. Mei-tensio in orbis ten-arum cii-cumnavigatioue observatorum, Fase. 1. Petropoli 1835. J.Müller, Ueber Synapta digitata und über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Berlin 1852. A. Bau r, Beiträge zur Naturgeschichte der Synapta digitata. Dresden 1864. C. Sem per. Reisen im Archipel der Philippinen, Tom. I.Leipzig 1868. Semon, Die Entwicklungsgeschichte der Synapta digitata und die Stammesgeschichte der Echinodermen. .Ten. naturw. Zeitschrift, Tom. XV, 1888. Yergl. ferner die Schrift t-n von Marenzeller, Ludwig, Theel, Danielssen und Koren etc. Bilaterale Symmetrie. Verhalten der Ambulacr 329 Form beschränkt. Selten (Curkria) treten Schuppen in der Kückenhaut auf, welche sich dachziegelfürmig decken und sogar in staclielartige Anhänge übergehen können (Echinocucumis). Die bilaterale Symmetrie bildet sich nicht nur in Folge einiger unpaarer Organe, sondern namentlich durch den oft sehr scharf ausgesprochenen Gegen- sat/ von Bauch- und Rückenfläche aus. Bei duumaria stehen (Fig. :)12) die Ambulacralfüsschen gleichmässig in den fünf mcridionaleu Reihen vom iMund- pole bis zum Afterpole, in anderen Fällen sind dieselben vorzugsweise oder ausschliesslich auf die drei Strahlen des sogenannten Triviums beschränkt. FiR. 312. Dann bewegt sich die Holo- thurie auf einer mehr oder u^ minder söhligen Bauchfläche. FiR. 313. 0 Oucumaria mit ausgestreckten, dendritisch ver- ästelten Tentakeln (TJ. Af Ambulacralfüsschen. Syna})tn i I ii i h (^ u ati ef ages. O Mund A Aftei Der Daim schimmert duich die Haut hindurch. Auch können die Füsschen gleichmässig über die Oberfläche der Haut l)esonders an der Bauchfläche ausgebreitet sein. Dieselben sind meist cylin- driscli und enden mit einer Saugscheibe, in anderen Fällen sind sie konisch und entbehren der Saugscheibe. Die Tentakeln, welche ebenfalls mit dem Ambulacralgefässsystem in Verbindung stehen und eigenthümlich modi- flcirte Ambulacralanhänge darstellen, sind fiederartig getheilt, selbst den- dritisch verzweigt (Dendrochiroten), oder ii(i\\\\M'örxm^(Äspidorhiroten), d. h. mit einer oft mehrfach getheilten Scheibe versehen. In einzelnen Gattungen (Synapta) fallen die Füsschen ganz hinweg, und die Tentakeln bleiben die einzigen Anhänge des Ambulacralsystems (Fig. 313). Für die Bewegung kommt stets der sehr entwickelte Hautmuskelschlauch in Betracht, dessen Längsbündel sich an dem Kalkringe im Umkreise des Sclilundes befestigen. 330 ^- •Ordnung. Pedata. 2. Ordnung. Apoda. Für das System der Wassergefässe kann es als charakteristisch gelten, dass der in der Regel einfache Steincanal frei in der Leibeshöhle mit einem der ]\fadreporenplatte vergleichbaren Kalkgerüst endet. Als Bespirationsorgane werden die baumförmig verästelten Wasserhingen am Endstücke des Darmes gedeutet; ah K.rrrctiousorgane gelten drüsige Anhänge (Cuvier'sche Organe), welche ebenfalls in das Rectum einmünden, übrigens auch wie die Wasser- lungen fehlen können. Die Geschlechtsorgane bilden ein Bündel verästelter Röhren , deren Ausführungsgang sich in der Nähe des Mundes auf der Rückenfläche öffnet. Die Gattung Synapta ist hermaphroditisch. Die Ent- wicklung erfolgt bei vielen Holothurien (wie z. B. bei Hohtkuria tremula nach Koren und Daniel ssen) direct; da. wo dieselbe auf einer complicirten Metamorphose beruht, besitzen die Larven die Auriculariaform und treten in ein tnnnenfJtrmiges l'uppenstadium ein. Die Holothurien leben auf dem ]\leeresb(»den meist an seichten Stellen in der Nähe der Küste, wo sie sich langsam kriechend fortbewegen. Die fusslosen Synaptiden bohren sich in den Sand ein. Ihre Nahrung besteht aus kleineren Seethieren und wird bei den Dendrochiroten mit Hilfe der baum- förmig verzweigten Tentakeln in den ^lund gebracht. Die Aspidorhi roten füllen ihren Darm mit Meeressand, den sie mittelst des Stromes der ^^'asser- lungen aus dem terminalen After wieder ausspritzen. Es gibt auch Tiefsee- holothurien, welche der Wasserlungen, sowie der Fühlerampullen und Rück- ziehmuskeln des Schlundes entbehren (Elasipoda, EJpklia glacküis F. Theel). Merkwürdigerweise stossen namentlich die Aspidochiroten leicht den hinter dem Gefässringe abreissenden Darmcanal aus , vermögen denselben aber wieder zu ersetzen. Die Syi/apfeii brechen ihren Körper leicht in mehrere Theilstücke. 1. Ordnung. Pedata, eigentliche Seewalzeii. Mit zahlreiche )i Sauyfilsschen, welche bald reyelmässig in deti Meridianen UeyeHy bald über die ganze Fläche sich ausbreiten. Farn. AspiffocJiirotae. 'Slit schildförmigen Tentakeln. Stichopus regaJis Cuv., Mittel- ■meH]-. Holothuria L. Mit zerstreuten Saugfüsschen, von denen die der Bückenfläche konisch sind und der Haftscheibe entbehren. H. tubulosa Gmel, Adria und Mittelmeer. H. ednlis Less., Trepang, in den ostindischen Meeren, essbar. Fani. Dendrodiirotae. Mit baumförmig verästelten Tentakeln. Thyone fusus 0. Fr. Müll., Mittelmeer. Plii/Ilopfiorus urna Gr. Cucumaria Blainv. Mit regelmässigen Füsschen- reihen (Fig. 312). C. cucumis Eisso, Adria und Mittelmeer. C. frondosa Gr., Psolus Oken. Füsschen auf die söhlige Bauchfläche des Triviums beschränkt. Ps. pJtantapus Gr. 2. Ordnung. Apoda, fiisslose Seewalzeii. Ohne SaugfiisscheiL in der Regel auch ohne Wasserlungen, mit meist gctheilten oder gep'ederten Tentakeln, herntaphrodifisch . Farn. Sijnaptidae, Haftwalzen. In der Haut liegen Kalkrädchen oder hervorstehende, auf Kalkplättchen befestigte Anker. Sijnapfa ditjiUiiu Mntg. Beherbergt in ihrem Leibe naili der Entdeckung von J.Müller parasitische Schläuclie mit Samenfäden und Eiern, Knteropneust 331 Fift. 3U. welflie letztere sich in kleine geliäusetragende Sehnecken (Entoconcha mirahiUs) umbilden. S. inhaerens 0. Fr. Müll. (Fig. 313). Cliirodola Escli. Haut mit Reihen kleiner Wärzchen besetzt, welche Kaikrädclien tragen. Lungen besitzt die Gattung Molpudia Cuv. ICnfcrojmeusta. ^) Als Repräsentant einer mit den Echinodermen verwandten, meist zu den Würmern g-estellten Thierclasse, EnfcropncmfaGegcnh., ist die merkwürdige, dnreli die Kicmenathmung- an die Tunicaten erinnernde (nittung Bdlanoglossifs hier anzusehlies- sen. Von Delle Chiaje ent- deckt, wurde diese interessante Tliierform von Kowalevski, El. Metsclinikoff, AI. Agas- si/, Öpengel u. A. auf ihre Organisation und Entwicklung erforscht (Fig. 314). Vor Allem sind es die Lar- ven, welche die verwandtschaft- liche Beziehung zu den Echino- dermen wahrscheinlich machen. Die als Tornar'm beschriebene Balanoglossuslarve war von J. Müller geradezu als Echinoder- raenlarve betrachtet. Wie die Bipinnaria besitzt dieselbe zwei Wimperschnüre, von denen die eine präoral den Mundschild ein- säumt, die andere grössere, mehr longitudinal verlaufende mit jener am Scheitel fast zusammentritft. Dazu kommt noch ein präana- ler, quergestellter Wimperkranz (Fig. 315 rt, h). Im Innern bildet sich ein Divertikel des Darmes zu einem selbstständigen, das Wassergefässsystem bildenden Säckchen aus, während zwei Paar Divertikel die Peritonealanlage liefern. Auch ein pul- sirendes Herz ist vorhanden und soll von einer Verdickung des Ectoderms aus entstanden sein. Dasselbe senkt sich in eine Vertiefung der Wasserffefäss- Junger Beirtnoijivssus, stark Tergrüssert, nach A. A ga ss iz. Pr Rüssel (Pioboscis). Man sieht die zahlreichen Kiemenspalten. Fig. 315. Tornarialaisre , nach E. Metschnikof f. a von der Seite, b von der Fläche. O Mund , A After, S Scheitel, TF Wasser- gefässanlage, CHerz, P, P' Peritonealsäckchen. ^) A. Kowalevski. Anatomie des Balanoglossus Delle Chiaje. Memoires de l'Aead. imper. des sciences de St.-Petersbourg. Tom. X, No. 3, 1866. AI. Agassiz, The history of Balanoglossus und Tornaria. Memoirs of the American Academy of Arts and Sciences, Vol. IX, 1873. E. Metschnikoff, Zeitschr. für wissensch. Zool., Tom. XX, 1870. Spengel, Die Enteropneusten des Golfes von Neapel. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Bd. XYIIT. 332 Enteropneusta. Metamorphose. blase ein. Am Scheitel hat sich eine Ectoderraveidickung gebildet, an welcher zwei Augenflecken liegen. Die Verwandlung der Larve zum Balcmoglossus vollzieht sich unter Rückbildung der Wimperschnur, der präorale Theil des Larvenkörpers wird zum Rüssel, der orale Abschnitt zum Segment des Halskragens und der nach- folgende gestreckte Theil mit dem noch vorhandenen Wimperkranz zum Rumpf. Am vorderen Darmabschnitt konnnen paarweise Kiemenüttnungen zum Durchbruch (Fig. 316 und 317). Der Avurmförmige, auf seiner ganzen Oberfläche bewimperte Leib des erwachsenen Thieres zerfällt in eine Anzahl schon der äusseren Erscheinung Fig. 316. Fig. 317. K C Bo nach diflferenter Abschnitte. Das vordere Körperende wird durch einen kopfähnlich vor- stehenden, scharf abgesetzten Biissr^ bezeichnet, aufweichen ein muskulöser Kragen folgt. Hinter demselben beginnt ein langer Leibesabschnitt . die Kienienreffiov , mit einer in- neren . deutlich geringelten Partie (Kiemen) und zwei lappigen, gewöhnlich mit gel- ben Drüsen erfüllten Seiten- theilen. An der Grenze zwi- schen jener und den Seiten- lappen finden sich auf jeder Seite Reihen von Oeftnungen zum Abflüsse des Wassers aus dem Kiemeuraume. Dann folgt ein dritter Leibes- abschnitt, die McKjcwec/ion, auf dessen oberer Seite vier Reihen von gelben Drüsen (Geschlechtsdrüsen) liegen. Zwischen denselben erheben sich braungrüne Ausstülpungen (Leberanhänge des Darmes), die nach hinten zu. wo die gelben Drüsen verschwinden, immer stärker und dichter gedrängt werden. Endlich folgt ein deutlich geringelter ScJiin/iicdhseJivitf mit der Afteröfthung am äussersten Ende. Der überaus contractile Rüssel dient zur Fortbewegung des Leilies. \'on dem im Schlamme eingegrabenen Thiere nach aussen hervorgestreckt, soll derselbe durch eine endständige (neuerdings bestrittene) Getfnung Wasser einziehen. Die Mundöflnung liegt hinter dem Yorderrande des sogenannten Kragens und führt in eine ^lundliöhle. deren Wandung eine grosse Menge einzelliger Schleimdrüsen enthält. Der nun folgende Anfangstheil des Darm- canals ist Träsrer des Kiemenkorbes und erscheint durch zwei seitliche Läno-s- ,rt:. Uebergangsform der l'ornaria in Bfil(i)ioglossiis ■ mit vier Paaren von Kiemenspalten, nach AI. Agass iz. Uebergang.=form deiTornarin in BalanoglossuSjin seit'lichei'La.ge, mit einem Paare von Kiemen- spalten , nach E. Metschni- koff. Bo Aeussere Kiemenöff- nung, PPeritonealsack.T'cRing- gefäss. I!aIannglo8Siis. KöTpribau. ^3o«> falten fast S-föniiio- g-etlicilt. Der Darm liegt nicht frei in der Leibesliöhle, sondern mit Ausnahme des Schwanztheiles durch Bindegewebe an die Körper- wand befestigt, überall aber an den beiden Medianlinien sehr innig ange- heftet. Tnter diesen Linien, welche die beiden Hauptgefässstänime nach aussen durchschinnnern lassen, durchziehen den Darm in der ganzen Länge des Thieres zwei mit starken Cilien besetzte Flimmerfurchen. In einiger Ent- fernung hinter dem Kiementheil beginnen an der oberen Seite des Darmes eigenthümlicheZellwucherungen aufzutreten, die sich allmäligzu sackförmigen, an der Innenwand tlimmeniden Ausstülpungen (Leberanhängen) gestalten. Der unmittelbar über dem Eingangsabschnitt in den Darm angebrachte Iviemenkorb springt am abgeplatteten Vorderleib in Form eines quergerin- gelten Längswulstes vor und erhält als Gestell ein System von Chitinplatten, welche durch Querstähe in eigenthümlicher Weise verbunden sind. Das durch die Mundötfnung aufgenommene Wasser tritt durch besondere Oettnungen. durch welche der vordere Darmabschnitt mit den einzelnen Kiemenabthei- lungen communicirt, in die Himmernden Kiemenräume, um durch die beiden Reihen der bereits erwähnten Seitenporen auf der Rückentläche des Kiemen- abschnittes wieder abzufliessen. Das Gefässsystem besteht aus zwei in den Medianlinien eingelagerten Längsstämmen, welche zahlreiche Queräste an die Körper- und Darmwandun- gen abgeben, und zwei sich zwischen jene einschaltenden Seitengefässen. Die Kiemen erhalten ihre reichen Gefässverzweigungen ausschliesslich aus dem unteren Stamme. Der obere Stamm, in welchem sich das Blut von hinten nach vorne bewegt, zerfällt am hinteren Ende der Kiemen in vier Aeste, von denen zwei seitliche zu den Seitentheilen des Vorderkörpers treten. Als Nervencentren wurden neuerdings Faserstränge gedeutet, welche in der dorsalen und ventralen Medianlinie des Rumpfes unmittelbar unter der Epidermis verlaufen und in ein Netz feiner Faden ausstrahlen. Am hinteren ivande des Kragens sollen die Stränge ringförmig verbunden sein. Die Geschlechtsorgane erstrecken sich am Kiementheile nur in ein- facher, dahinter aber in doppelter Reihe und erreichen zur Brunstzeit eine ausserordentliche Entwicklung. Männchen und Weibchen sind zur Brunstzeit leicht an der verschiedenen Färbung der Geschlechtscontenta zu unterscheiden. Die Eier liegen einzeln in einer mit Kernen versehenen, sonst homogenen Kapsel und werden möglicherweise wie die der Nemertinen in Schnüren ab- gelegt. Die Thiere leben in feinem Sande, füllen ihren Darm mit Sand und be- wegen sich, indem der Rüssel bei abwechselnder Verlängerung und Verkürzung den übrigen Körper nachschleppt. Balanoohssus (Pfychodera) darigerus Delle Ch. und B. ininutns Kow.) wurden im Golfe von Neapel gefunden. Eine dritte nordische Balanoglossusart wurde als B. Kupfferi beschrieben. In jüngster Zeit sind noch weitere Arten entdeckt worden und die (rattung Bi(l(ino(ßossus in mehrere Gattungen aufgelöst worden. 334 I\'- Thierkipis. Vermes. lY. Thierkreis. V e r iTi e s , Wiir iti e r . BUntcmWnere mit ungegliedertem oder gleichartig (lio)iiouo)ii) segnien- tirtem Körper, ohne gegliederte Segmentanhänge (Gliedmassen) , mit einen)' Hautmuskelschlauch und paarigen Excretionscanälen (Wassergefässsysteni). Seit Jahrzehnten beschränkt man den Kreis der Würmer, unter denen Linne auch die Mollusken, Stachelhäuter, Zoophyten und Infusorien vcr- einig-te. auf diejenigen wirl)ellosen Bilateralthiere, welche in der gestreckten, seitlich symmetrischen Körperform übereinstimmen und gegliederter Extremi- täten entbehren. Freilich handelt es sich um so mannigfach organisirte. ver- schieden gestaltete Formen . dass man wiederholt vorgeschlagen hat. den Thierkreis in mehrere aufzulösen und wenigstens zwei Kreise als ungeglie- derte Würmer (Scoleciden) und als Grliederwürmer (Anneliden) zu unter- scheiden. Es würde das eine Rückkehr zu Lamarck sein, welcher Ende des vorigen Jahrhunderts neben der Classe der Anneliden, den Hauptinhalt der Scoleciden in der Classe seiner Würmer zusammenfasst. Die Form des Aveichen, auf den Aufenthalt in feucliten Medien ange- wiesenen Leibes ist meist gestreckt, platt oder cylindrisch. bald ohne jegliche Ringelung, bald geringelt, bald in Segmente (Mefawrrrn) gegliedert. Ueberall ist eine Bauch- und Rückenfläche zu unterscheiden. Auf der ersteren bewegt sich das Thier in der Regel oder heftet sich auch mittelst Saugscheiben der- selben an fremde Gegenstände an; hier findet sich auch gewöhnlich die]\fund- öffnung, und zwar meist an dem bei der Bewegung nach vorne gekehrten Ende. Der Gegensalz des platten, mehr verkürzten und des cylindrischen. langgestreckten Leibes erscheint besonders für die nicht segmentirten Würmer {Vermes s. str.) von Bedeutung, so dass man, auf denselben gestützt, die Classen derselben als Platyhelminthes oder Plattwürmer und Nemathrhninthes oder Rundwürmer unterschieden hat. Andere haben die Plattuiirmer als be- sonderen Thierkreis abgetrennt, oder sich für eine Auflösung in eine grössere Zahl von Kreisen ausgesprochen oder umgekehrt die Annrlidni mit den Arthropoden und Mollusken in einen Thierkreis zusammengezogen. Indessen haben alle diese Versuche zu keiner natürlicheren Gruppenlnldung geführt. so dass es zur Zeit vorzuziehen ist, die bisherige, wenn auch als unzureichend erkannte Zusammenstellung als die relativ beste aufrecht zu erhalten. Die segmentirten Würmer oder Gliederwürraer (Annelides) besitzen ausser dem Gehirn eine Bauchganglienkette und eine der äusseren Gliederung mehr (»der minder entsprechende Segraentirung der übrigen Organe. Die ur- sprünglich gleichartigen Leibesstücke, welche als Metameren oder Segmente erscheinen, bleiben keineswegs immer durchaus homonom; bei den höchst entwickelten Gliederwürmern vereinigen sich die beiden vorderen Segmente zur Herstellung eines Körperabschnittes, welcher den Ko])f der Arthroixtden Körperbi'deckuns. Hautnmskilschls n35 Fi- 818. vorbereitet und wie dieser von der ^Inndötltnnn.i;- durehbroehen ist, sowie das Gehirn umschliesst und die 8innesoroaue träg-t (Fig. ;)18); aber aueli in der Gestaltung- der nachfolgenden Metameren machen sieh häutig gar mancherlei Abweichungen von der Homonomität geltend. Die Haut der Würmer zeigt sehr verschiedene ►Stufen der Erhärtung und l)edeckt einen mächtig entwickelten Muskelschlauch. An der Haut unter- scheidet man eine als Matrix fungirende Zellenlage (Ui/podcrniis) oder wenigstens eine mit Kernen durchsetzte Protoplasraaschicht und eine ober- flächliche homogene Cuticularschicht, welche als äussere, von jener ausge- schiedene Lage bei den niederen Würmern äusserst zart und dünn bleibt. Wimperhaare sind vornehmlich in den Larvenzuständen des Platylulminthm und Aiiuclklcn verbreitet. Da. wo die Bewimi)erung fehlt, besteht die ober- tlächliche, zuweilen in Form von Höckern oder Stacheln erhobene Cuticu- larmembran aus einer dem Chitin der Arthro- podenhaut verwandten Substanz und kann wie diese mancherlei Cuticulargebilde, wie Haare und Borsten, Haken und Klammerwatfen tra- gen. Bei zahlreichen NcmatheJminthen, sowie gegliederten Würmern wird die derbe Cuticula zu einer Art von Hautskelet. welches den Con- tractionen des Hautmuskelschlauches entgegen- wirkt. Bei den Chaetopoden unter den Anne- liden, aber auch bei den innerer Metameren entbehrenden Botifcrm gliedert sich das derbe Integument in eine Anzahl hintereinander liegender Abschnitte , welche wie die Seg- mente des Arthropodenleibes durch zarte Haut- streifen verbunden sind und in diesen durch die in entsprechende Abschnitte gesonderte ^.^^ Hautmuskulatur bewegt und verschoben w^er- pod den können. Doch sind diese Hautabschnitte bei den Rotiferen keine wahren Segmente, da neren Organe fehlt. In grosser Verbreitung kommen in der Haut Drüsen vor, welche als ein- zellige oder aus Zellencomplexen gebildete Schläuche bald unmittelbar unter der Epidermis liegen, l)ald in die tieferen Körpergewebe hineinrücken. Das unter der Hypodermis gelagerte Gewebe, welches man auch als Unterhaut bezeichnen kann, wird überall durch Aufnahme von Längsmuskeln, beziehungsweise auch zugleich von Ringmuskeln zu einem HmdmuskclschJauvh, dem wichtigsten Bewegungsorgan des AVurndeibes. Bei der Bedeutung, welche der Hautmuskelschlauch für die Fortbewegung des W^urmleibes besitzt, wird man den besonderen Gestaltungsformen desselben auch einen gewissen syste- matischen Werth einzuräumen haben. Am complicirtesten ist die Schichtung Kopf und vordere Leibessegmente einer Eunice, vom Kücken aus gesehen. T Ten- takeln oder Fühler des Stirnlappens, Ct tentaculares, C Cirri an den Para- Q , Br Kieroenanhänge der Para- Ijodien. eine Gliederuni der in- ;-J|-}(3 Vt-rmes. DarmcanaJ. Nervensystfin. und der Verlauf der Hautiiiuskeln bei den Flaftuürmirn und unter den An- neliden bei den HirmUnrrn, indem hier die in eine bindegewebige Grundmasse eingelagerten Ring- und Längsmuskelschichten von dorsoventral verlaufenden Muskelfasern (zuweilen auch noch von schräg gekreuzten) durchsetzt werden. Dazu können überall noch Gruppen von Muskelfasern hinzukommen, welche zur Befestigung von inneren Organen an dem Integumente dienen. Auf be- sondere Ditfereuzirungen des Hautmuskelschlauches sind die bei parasitischen Würmern so häufig vorkommenden Saugnäpfe, sowie die mit Borsten be- setzten Gruben und Fussstummel (F(ir(qjodien) der Chaetopoden zurückzu- führen. Vornehmlich entwickeln sich diese Hilfsorgane der Bewegung an der Bauchfiäche, die Saugnäpfe mit ihren accessorischen Klammervvatfen in der Xähe der beiden Körperenden oder auch wohl in der Mitte des Leibes, die Fussstummel al^er in der ganzen Körperlänge paarig auf die einzelnen Leibes- ringe vertheilt, und zwar sowohl der Bauchseite als der Rückenseite ange- hörig, so dass jedes Segment ein bauchständiges und ein rückenständiges Paar von Fussstummeln trägt. Die innere Organisation der Würmer gestaltet sich ausserordentlich verschieden. Bei denjenigen Platt- und Rundwürmern, welche im Darme höherer Thiere leben, wie bei den Bandwürntern und Äcanthoceplialen, kann der gesammte Verdauungsapparat nebst Mund und After (in Folge von Rück- bildung) fehlen und die Ernährung endosmotisch durch die Körperbedeckung erfolgen. Bei vorhandenem Darmcanal liegt die Mundöffnung meist baueh- ständig am vorderen Körperende , während die Afteröffnung am hinteren Körperende oder rückenständig in der Nähe derselben zu suchen ist. Im All- gemeinen verhält sich der Darm einfach und ist nur ausnahmsweise in zahl- reiche, den besonderen Functionen entsprechende Abschnitte gegliedert. Man unterscheidet meist einen muskulösen Schlund, einen mächtig entwickelten Magendarm und einen kurzen, im After ausmündenden Enddarm. Das Xf'vvcnsijsteni erscheint in einfachster Form als ein unpaares oder durch Auseinanderweichen seiner Seitenhälften paarig gewordenes Ganglion (Fig. 103) in der Nähe des vorderen Körperpoles über dem Schlünde und wird genetisch auf die Scheitelplatte der Lo ven'schen Chaetopodenlarve zu beziehen sein. Seltener tritt dasselbe als ein den Munddarm umgürtender, mit Gruppen von Ganglienzellen verbundener Nervenring (Nematoden) entgegen. Die von dem Ganglion austretenden Nerven vertheilen sich symmetrisch nach vorne und den Seiten, versorgen die Sinnesorgane und liilden zwei seitliche, nach hinten verlaufende stärkere Nervenstämme. Auf einer höheren Stufe treten zwei um- fangreichere Ganglien auf, welche durch eine untere und obere Querbrücke verbunden sind {Nemertinen). Bei den ^«ne?if/e« mit rückgebildeten Metameren. den Gephyreen, kommt zu dem oberen Schlundganglion, dem Gehirn noch ein durch einen Schlundring mit jenem verbundener Bauchstrang hinzu, welcher bei den übrigen Anneliden in eine Reihe von Ganglienpaaren — im Allgemeinen der Segmentirung parallel — gegliedert ist. Indem die vom Gehirn ausgehenden Blutgefässe. Athmnngsorgane. Excretionsorgane. 337 Nervenstämme mit ihren durch Quercommissuren verbundenen Ganglienpaaren unterhalb des Darmes der Medianlinie genähert verlaufen, bilden sie eine mit dem Gehirne durch eine Schlundcommissur zusammenhängende Bauchganglien- kette, die sich bis an das Ende des Körpers fortsetzt und während ihres Ver- laufes rechts und links Nervenpaare absendet. Von Sinnesorganen kennt man Aufien, Gchöriücrlxzewje und Tastoryanc. Die letzteren knüpfen an Nervenaus- breitungen und besondere Anhänge des Integuments an (Tastborsten) und finden sich schon bei Eingeweidewürmern als mit Nerven in Verbindung stehende Papillen der äusseren Haut. Bei den freilebenden Würmern sind die- selben häufig fadenförmige, fühlerartige Anhänge (Girren) am Kopf und an den Segmenten. GehörbUischcn finden sich minder häufig und liegen entweder dem Gehirne au (einige Turhellarien und Nemerfinen) ^ oder in paariger An- ordnung am Schlundringe (einige ÄmicUdcn). Die Sehwerkzeuge sind ent- weder einfache, mit Nerven zusammenhängende Pigmentfleckeu, Äugenfleckeii, oder es kommen noch lichtbrechende Körper hinzu, und das Auge wird zur Bildperception befähigt. Vermuthungsweise hat man die Wimpergruben der Xemertinm für Geruchsorgane ausgegeben ; auch die becherförmigen Organe der Blutegel und Gephyreeu sind Sinneswerkzeuge, in denen eigenthümlich modificirte Nervenenden (Kolbenzellen) nachgewiesen wurden. Ein Bluf(/efässsi/sfc)» fehlt den Namdthelniinthcn, Botiferen und Flaty- Itrbinnthcn, mit Ausnahme der Xcinertineu. In diesen Fällen tritt der Nahrungs- saft endosmotisch in das Körperparenchym, beziehungsweise in die Leibes- höhle und durchtränkt die Gewebe als heller, zuweilen selbst zellige Elemente enthaltender Chylus. Bei den Nemertinen ist ein Gefässsystem vorhanden, ebenso bei den Gephyrcen und Anneliden. Bei den letzteren erlangt dasselbe die höchste Ausbildung und kann sich zu einem vollständig geschlossenen, mit pulsirenden Stämmen versehenen Systeme von Gefässen ausbilden. Fast überall unterscheiden wir einen contractilen rückenständigen und einen bauch- ständigen Längsstamm, welche in den einzelnen Segmenten durch bogen- förmige, zuweilen ebenfalls pulsirende Querschlingen verbunden sind. Da, wo ein Gefässsystem vorhanden ist, erscheint das Blut keineswegs immer, wie die Leibesflüssigkeit , hell und farblos , sondern besitzt zuweilen eine gelbliche und grünliche, häufiger eine röthliche Färbung, die sogar in ein- zelnen Fällen an die Blutzellen gebunden ist. Zur Respiration dient meist noch die gesammte äussere Körperbe- deckung; unter den Anneliden aber finden sich bereits bei den grösseren marinen Borstenwürmern fadenförmige oder büschelförmige oder verästelte Kiemen, meist als Anhänge der Extremitätenstummel (Fig. 319). Auch den Tentakeln der Gephyrcen wird man eine respiratorische Bedeutung beilegen können. Als Excretiomo)y/rocrpJi(iIus, Pohjcladus) ganglienähnliche Anschwellungen mit ausstrahlenden Nerven be- obachtet. Bei den Khabdocoelen verhält sich das Nervensystem einfacher, indem meist nur zwei ventrale Längsnerven vom Gehirne ausgehen. Von Sinnesorganen sind bei den Strudelwürmern Augen ziemlich ver- breitet, welche in paariger Anordnung entweder den Gehirnganglien aufliegen oder mit denselben durch kurze Nerven in Verbin- dung stehen. Häufiger finden sich zwei grössere Augen mit lichtbrechenden Einlagerungen. Ofolifhen- hlasen scheinen selten aufzutreten, z. B. unter den Rhahdocoelen bei Monocelis in einfacher Zahl, eben- falls dem Ganglion aufliegend. Sicherlich ist die Haut der Sitz eines sehr entwickelten Tastvennögens, und es mögen für diese Function auch die zwischen den Cilien hervorstehenden grösseren Haare und steifen Borsten in Betracht kommen. Auch sind die bei marineu Strudelwürmern am Vorderkürper häu- fig vorhandenen Tentakeln als Tastorgane zu be- urtheilen. Seltener (Mkrostomeen, Prorhynchiis, Bi- pnliwn) kommen zwei seitliche Wimpergruben am Vorderende vor, welche wohl auch als specifische Spürorgane zu deuten sein möchten. (Vergl. die Nemertinen.) Mundöjf'nung und Yerdauungsapparat werden niemals vermisst ; die erstere rückt häufig vom vor- deren Körperende auf die Bauchfläche nach der Mitte zu, ja über diese hinaus in die hintere Körper- partie. Der Magendarm wird in manchen Fällen (Convohita, Schizojjrora) durch ein aus einer cen- tralen Zellmasse gebildetes weiches Innenparenchym vertreten (Äcoela). Die Mundöfiiiung führt in einen muskulösen Pharynx, der meist nach Art eines Rüssels vorgestreckt werden kann. Der an seiner Innenwand häufig flim- mernde Darmcanal ist entweder gabelig getheilt und dann einfach oder ver- ästelt (Dendrocoelcn), oder stabförmig (MaUlocoelen). Eine Afteröftnung fehlt. Selten kommt noch ein besonderer vorstülpbarer Rüssel ohne Zu- sammenhang mit dem Schlünde hinzu (Prosfonnon). Das Wassergefässsiistem besteht aus zwei seitlichen Stämmen und zahl- reichen verästelten Seitenzweigen, die mit geschlossenen Wimperkölbchen beginnen und hie und da frei in das Gefäss hineinragende, sich schlängelnde Wimpern tragen. Die capillardünnen Canälchen verlaufen vornehmlicli im Mesostomtim Ehrenbergii mit Darm und Nervensystem , nach Graf f. G die beiden Gehirn- ganglien mit zwei Augenflecken, St die seitlichen Nervenstämme, D Darm mit Mund und Schlund. ;42 'l'iirbellaria. Wassergefässsystein. Foiti>t1aiiztiiig. Pareiicliym. aber auch zwischen den .Muskeln und sind auf lineare Reihen durchbohrter Zellen zurückzuführen. Am blind geschlossenen Ende jedes Wimperkiilbchens findet sich eine Excretionszelle, die den Verschluss bildet und schwingende, in das Lumen hineinragende Cilien trägt. Die Längsstämme münden entweder an der vorderen Leibeshälfte aus, oder es treten im Ver- laufe derselben mehrere Oeffnungen auf (Dendrocoelm). Wie bei den Coelenteraten. so ist auch bei den Turbellarien das Regene- rations vermögen sehr ausgeprägt. Stücke des Leibes vermögen sich zu nor- malen Thieren zu ergänzen. Aus demselben ist vielleicht die ungeschlechtliche Fortpflanzung abzuleiten, welche wir bei- spielsweise bei Derosfomeen (Catcmda) und Microston/ren in einer Quertheilung nach vorausgegangenem LängenAvachsthum und unter entsprechenden Neubildungen sich vollziehen sehen. BeiMicrostomuni lineare bildet sich im hintern Körpertheile zu- nächst zwischen Haut und Darm ein queres Doppelseptum, hinter welchem Neubildungen als Gehirn nebst Schlundring und Pharynx auftreten. Später schnürt sich der Leib und Darm zwischen den auseinanderrückenden Septen ringfih-mig ein. Bevor jedoch die Trennung beider Stücke erfolgt, bildet sich im hintern Abschnitt eines jeden derselben wiederum der Kopf eines neuen Thieres, so dass eine Kette von vier Individuen vorhanden ist. die durch fortgesetzte Wiederholung der gleichen Vorgänge zu einem Wurmstöckchen von 8. ja 16 Individuen wird, bevor die Trennung der letzteren erfolgt (Fig. n21). Mit Ausnahme der Microstoiiiceii sind die Turbellarien Zwitter; indessen erscheint auch bei den Strudehvürmern der Gegensatz von Hermaphroditismus und Trennung des Ge- schlechts keineswegs ohne Vermittlung, da nach Metschni- koff bei Prosfonuini lineare bald die männlichen Geschlechts- organe unter Verkümmerung der weiblichen, bald umgekehrt die weiblichen unter Verkümmerung der männlichen entwickelt sind. Auch bei Aemostomum dioicum sind die beiderlei Ge- schlechtsorgane auf verschiedene Individuen vertheilt. Bei den hermaphroditischen Foi-men bestehen die männlichen Geschlechtsor- gane aus Hoden , welche meist als paarige Schläuche in den Seiten des Körpers liegen, oder auch in zahlreiche kugelige oder birnförmige Bläschen aufgelöst erscheinen, ferner aus Samenblase und einem ausstülpbaren, mit Widerhaken besetzten Begattungsorgan, die weiblichen aus Ovarium. Dotter- stöcken, Samentasche (Receptaculum seminis), Vagina und Eierbehälter (Fig. 322). Das männliche Begattungsorgan und die Vagina münden meist durch eine gemeinsame Oelfnung auf der Bauchfläche, bei den marinen Poly- claden jedoch getrennt. Der Dottersack fällt bei denRhabdocoelen in seltenen Microsiomum linc- nre, nach Graff. Eine durch Thei- Inng entstandene K.'tte. O, O' Mund- iiffnungen. Goschleclitsorgani>. Kntwickluiig. u?> FiK. 322. 11' Fällen (Macrostomum), bei den marinen Dendroeoelen allgemein hinweg. Nach der Befruchtung beginnt die Bildung einer harten, meist rothbraun ge- färbten »Schale in der Umgebung des Eies. In solchen Fällen werden hartschalige Eier abgelegt ; indessen werden oft wie unter den Rhabdocoelen bei Srhlzostomunt und einzel- nen Mc.so.stonuni (M. Ehrenberyü) auch durchsichtige Eier mit dünnen farbhtsen Hül- len gebildet , welche sich im mütterlichen Ktirper entwickeln. Nach A. .Schneider soll die Production der zarthäutigen Eier oder Soiiniwn'it.'r der Erzeugung der hartschaligen oder Wiiifrnicr stets vorausgehen und für die Sonniiereier der Winterthiere normal Selbst- befruchtung stattfinden. Hartschalige Eier z. B. von Vcrtes bei Mesostomum bleiben im aus- getrocknetem Schlamme entwicklungsfähig. Die Turbellarien des süssen Wassers und auch marine Formen haben eine direete Entwicklung und sind im Jugendzustande von Infusorien oft schwer zu unterscheiden, «eschiechtsapparat von .v«os^o»M. lacfeiou Oerst., PolgcelisJlembv .Ehrhg. Fam. GeopJanidae ')• Landbewohnende Planarien mit langgestrecktem und abgeflach- tem, durch den Besitz einer söhligen Fussfläche ausgezeich- netem Leibe. Geoplana lapidicola Stimps., Phyndiodesmus- terrestris Gm. (Fasciola terrestris 0. Fr. Müll.), Europa, (ieo- desmtis b/h'neafus Metschn. , mit Nesselfäden in der Haut, pianariapolychroa(a),!ugubrisß), in Topferde. Polgdadiis Blanch. Augenlos. ?on-a fc;. Etwa um das Dreifache 2. Digonopora (Pohjdaden). Grosse Dendrocoelen mit ^ergrössert. Nach O. Schmidt, zahlreichen Geschlechtsdrüsen ohne Dotterstöcke, mit doppelter Geschlechtsöffnung, fast durch- wegs marin. Der Rüssel liegt oft vielfach gefaltet in einer besonderen Tasche, wird vor- gestülpt und breitet sich dann lappenartig aus (Fig. 324). Fam. Stylodiidae. Der platte Körper ziemlich dick , mit zwei kurzen Tentakeln am Kopftheil und meist mit zahlreichen Augen an den Tentakeln oder am Kopfe. Genitalöflfnung hinten. Siylodms maculatus Quatr. Fam. Lepfojilanidae. Der Körper flach und verbreitert, platt und meist sehr zart. Kopftheil nicht abgesetzt, ohne Tentakeln. Augen mehr oder minder zahlreich. Mund meist vor der Mitte gelegen, dahinter die Genitalöftnungen. Lepioplana iremeUaris 0. Fr. Müll., Mittelmeer. Fam. Eiirglepiidae. Der glatte oder papillentragende Leib verbreitert. Am Vor- denande des Kopfes zwei tentakulare Lappen. Mund vor der Mitte gelegen. Zahlreiche Augen finden sich in der Nähe des Yorderrandes. TJigscaiozoon Diesingn Gr., Mittelmeer. Euriilepfa aurindata 0. Fr. Müll., Nordsee. 2. Ordiuing-. Trematodes'), Saugwürmer. Parasitische Plafficiirnicr mit ungegliedertem, meist hiatt förmigem, selten cylindrischem Körper, mit Miiudöfnuug und gidielig gespaltenem, afterlosem Darm, oft mit hauchständigem Haftorgan. ^) Ausser M. Schul tze, Stimpson, Metschnikof f , Grube u. A. vergl. H. N. Moseley, Notes on the Structure of Several Forms of Land Plauarians etc. Journal of microsc. Science, Vol. XYII. ^) A. V. Nordmann, Mikrographische Beiträge zur Kenntniss der wirbellosen Thiere. Berlin 1832. C. G. Carus, Beobachtung über Leucochloridium paradoxum etc. Nov. Act., Ynl. XYII. 1835. de Filippi, Memoire pour servir ä l'histoire genetique des Trematodes. 1, 2,3. Turin 1854—1857. .1. .1. Mou linie. De la reproduction chez les Trematodes endo- :U6 ■J'reitiatodes. Körperbau. Dar la]. Excretionsorgane. Die Saugvvürmer sind von den Turbellarieu aus abzuleiten, mit denen sie in Form und Organisation eine nahe Verwandtschaft zeigen. Im Zusammen- hange mit der parasitischen Lebensweise haben sicli Haftorgane in Form von Sauggruben und Haken entwickelt, während die Wimperbekleidung nur im Larvenleben erhalten ist. Die Körperbekleidung ist eine Art Cuticula, unter welcher eine Zellenlage folgt. Sehr verbreitet sind Hautdrüsen, welche auch den Jugendformen (Cercarien) nicht mangeln und hier oft zur Aus- scheidung einer erhärtenden Cyste verwendet werden. Besonders mächtig ist der Hautmuskel- schlauch , an welchem man eine äussere Ring- faserschicht, eine mittlere Lage von Längsmuskeln und eine Lage von mehr diagonal verlaufenden Ringmuskeln unterscheidet. Dazu kommen dorso- i'^x ventral verlaufende Parenchymmuskeln. Die MundöJf'iiuiKj liegt stets am Vorderende, in der Regel im Grunde eines kleinen Saugnapfes (Fig. 326). Dieselbe führt in einen muskulösen Pharynx mit mehr oder minder verlängerter Speise- röhre, welche sich in den gabelig getheilten, blind geschlossenen Darmcanal fortsetzt. Der Excrefionsajjparaf bestellt aus einem die Gewebe durchsetzenden Netz feiner, mit Wimperkölbchen beginnender Gefässe und aus zwei grösseren seitlichen Stämmen . welche sehr ol't mittelst eines gemeinsamen Samraelcanales (contractile Blase) am hinteren Körper- ende ausmünden. Der Inhalt desselben ist eine wässerige, von körnigen .lugendliches Distomvni, nach La Valette. Kx Stämme des Wasser- gefässsystems, Ej) Excretionsporus, O Mundöffnung mit Saugnapf, .S' Saugnapf in der Mitte der Bauch- tiäche, PPharynx, D Darmschenkel. parasites. Geueve 1856. De la Valette St. George, Symbolae ad Trematodum evolutionis liistDriam. Berlin 1855. A. Pagen Stecher , Trematodenlarveu und Treniatoden. Heidel- berg 1857. G.Wagen er, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer. Haarlem 1857. Derselbe, Ueber GjTodactylus elegans. Müllers Archiv 1860. Vau Beneden, Memoire sur les vers intestinaux. Paris 1861. Van Beneden et Hesse, Eecherches sur les ßdelloides ou Hirudinees et les Trematodes marins. 1863. E. Zeller, Untersuchungen über die Entwicklung und den Bau von Polystoma integerrimum. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklung von Diplozouni paradoxum. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXII, 1872. Derselbe, Ueber Leucochloridium paradoxum und die weitere Entwicklung seiner Distomum- brut. Ebendaselbst, Tom. XXIV. Derselbe, Weiterer Beitrag zur Kenntniss der Polystomeen. Ebendaselbst, Tom. XXVII, 1876. G. Ercolani, Nuove ricerca suUa .storia genetica dei Trematodi. Accad. delle Scienze dell' Istituto di Bologna. Mem. I, 1881. Mem. II , 1882. K.Leuckart, Zur Entwicklungsgeschichte des Leberegels. Archiv für Naturg. 1882. Hugo Schauinsland, Beitrag zur Kenntniss der embryonalen Entwicklung der Trematoden. Jen. natuiTv. Zeitschr., Tom. XVI, 1883. E. Gaffron, Zum Nervensystem der Trematoden. Zool. Beiträge von A.Schneider, Tom. I, 1884. A. Heckert, Untersuchungen über die Entwick- lungs- und Lebensgeschichte des Distomum macrostomum. Bibliotheca zoologica. Heft 4. Cassel 1889. Vergl. ferner die Schi-iften von E. L.-uckart, Fritsch, Looss u. A. Nervensystem. (;eschlcchtsorgane. 347 Fig-. 328. Coneretioncn (lurehset/tc Flüssigkeit, ein wahrscheinlich dem Harne höherer Tliiere entsprechendes Excretionsproduct. Das Xcrvc)is;/sfcin (Fig. 327) ist ein dem Schhinde aufliegendes Doppel- ganglion, von welchen ausser mehreren kleineren Nerven zwei nach hinten verlaufende grössere Stämme austreten. Diese gehören der Bauchseite an und stehen durch quere Anastomosen mit zwei viel schwächeren dorsalen und ebenso vielen seitlichen Längsnerven in Verbindung. Augen flcd-n) mit lichtbrechenden Kitrjjern kommen zuweilen bei auf der Wan- derung begriffenen Larven und bei FoJi/sfoiHcoi vor. Zur Loconiotion dienen neben dem Haut- muskelschlauche die als Sanggruben und Klammer- haken auftretenden Haft- organe. deren Zahl, Form und Anordnung sehr zahl- reiche ]Modificationen bie- tet. Im Allgemeinen richtet sich die Grösse und Aus- r^ bildung der Haftorgane nach der endoparasitischen <»der ectoparasitischen Le- bensweise. Die Bewohner innerer Organe besitzen neben dem Mundsaugna]if meistens einen zweiten grösseren Saugnapf auf der Bauchfläche, bald in der Nähe des Mundes (Disto- miDu), bald an dem entge- gengesetzten K(»rperpole (Amphistomum). Indessen kann dieser grössere Saug- napf auch fehlen (Mono- yfomion). Die ectoparasiti- schen Pohjstouicen zeichnen sich dagegen durch eine kräftigere Bewaffnung aus, indem sie ausser zwei kleineren Saugnäpfen zu den Seiten des Mundes eine grosse Haftscheibe oder auch zahlreiche Sauggruben am hinteren Körperende besitzen, die überdies noch durch Chitinstäbe gestützt sein können. Ferner kommen oft Chitin- haken, besonders häufig zwei grössere Haken zwischen den hinteren Saug- näpfen in der ]\Iittellinie hinzu (Fig. 3o6). Die Trematoden sind meist Zwitter. In der Regel liegen männliche und weibliche Geschlechtsöffnungen nicht weit von der Mittellinie der Bauchfläche unter starker Loupen- Nervensystem von Dislo- mum isostomuiii, nach E. Gaff ron. Ms Mund- Disfomum hepaticii saugnapf, Bs Bauchsaug- vergrösserung, nach Sommer. O Mund- napf, Sn Seitennerv, En Öffnung, D Darmschenkel, S Bauchsaug- Rttckennerv, Bn Bauch- napf, T Hoden, Do Dotterstöcke, Ov Ovi- nerv. duct, Dr Ovarium. 348 Trematodes. Geschlechtsorgane. neben oder hinter einander, dem vorderen Körperendc ziemlich genähert. Die männliche Geschlechtsöftnung führt in einen das vorstülpbare Endstück (Cirrus) des Samenleiters umschliessenden Sack (Cirriisbeutel), dann folgt der doppelte Samenleiter und zwei grosse einfache oder mehrlappige, bei Distoraum hepa- ticum vielfach verästelte Hoden. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem mehrfach geschlängelten Fruchtbehälter und aus den Eier berei- tenden Drüsen, welche in ein Ovarium und zwei Dotterstöcke zerfallen. Dazu kommt noch eine besondere Schalendrüse. Das Ovarium (Keimstock) erzeugt die primären Eizellen und liegt als rundlicher Körper in der Regel vor den Hoden, die Dotterstöcke erfüllen als vielfach verzweigte Schläuche die Fig. 329. Entwicklung von Distomum macrostonnim nach Hecke rt. a Succinea amphibia (Bernsteinschnecke) mit dem reifen Schlauche eines Iyeucoc7i/ori(intTO im rechten Fühler, b Leueocldoridium parndoxum isolirt. cEine zur Uebertragung reife Larve (schwanzlose Cercaria) mit doppelter Hülle, d Geschlechtsreifes Distomum. Die Dotterstöcke (D) liegen in den Seitenfeldern zwischen Darm und Leibeswand, die Hoden (T) und das Ovarium (Of), sowie die Ausmündungen der Leitungswege im hinteren Körperende. LK Laurer'scher Canal. Seitentheile des Körpers und secerniren die Dotterballen (Fig. 328 und 329). Diese begegnen in dem als Ootyp bezeichneten erweiterten Anfangsabschnitte des Fruchtbehälters , dessen Wandungen die Schalendrüse darstellen, den primären Eizellen und gruppiren sich in grösserer oder geringerer Zahl um je einen Eikeim, um später nach der Befruchtung von einer durch die Schalen- drüse gebildeten starken Schale umschlossen zu werden. In das Ootyp führt ferner ein besonderer am Rücken nach aussen mündender (Laurer'scher r'anal) Gang, welchen man (Stieda) irrthümlich als Scheide gedeutet hat. wäbrend er wahrscheinlich (Looss) dem sog. Uterus der Bothriocephaliden entspricht. Die Zoosperineen gelangen nicht durch den Laurer"schen Canal. sondern durch den Genitalsinus vom Samenleiter in den Uterus und von da in das Ootyp. Selbstbefruchtung scheint sehr häutig einzutreten. Entwicklung. 349 In (lern Verlaufe des Fruclitbcliältcrs hänfen sich die Eier oft in grosser Menge an nnd durchhiufen bereits die Stadien der Embryonalbildnng im mütterlichen Körper. In einzelnen Fällen beginnt jedoch die Furchung erst nach der Eiablage im Freien. Die meisten Trematoden legen Eier ab, nur wenige sind lebend gebärend. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen entweder die Organisation der I'.ltern (die meisten Polystomccn) oder durchlaufen einen complicirtcn, mit .Metamorphose verbundenen Generationswechsel, beziehungsweise Heterogonie ( Pisfonireii)- Im ersteren Falle werden die grossen Eier an dem Aufenthalts- orte der Mutter befestigt, im letzteren gelangen die relativ kleinen Eier an feuchte Plätze, meist in's Wasser. Der Furchungsprocess (Fig. 330) betrifft bei den Distomeen lediglich die primäre Eizelle und ist ein unregelraässig-totaler. Der Nahrungsdotter, welcher aus grossen runden Zellen des Dotterstockes l)esteht, bleibt unbetheiligt und wird während der Embryonalentwicklung Kmbryonal-Entwicklung des D istomum iereiicolle, nach H. Seh au i nsland. a Ei nach Erhärtung in Pikrinschwefelsäure, Es Eischale, E Eizelle, D Dotterzellen. 6 Der Dotter grösstentheils verbraucht zu (iunsten der Embryonalzellen, von denen sich am oberen Pole innerhalb des Deckels (S) zwei Hüllzellen I H) abheben, c Späteres Stadium, die Hüllmembran (H) umschliesst einen Haufen von Embryonalzellen, der Dotter (T)) fast gänzlich verbraucht, d Auftreten des Ectoblasts (Ec), dessen grosse Kerne sich von denen des Entoblasts (Eii) abheben, e das Ectoblast besteht nur aus acht Zellen, deren vorgewölbte Kerne hervortreten. / ein reifer Embryo vor dem Ausschlüpfen, B Borstenplatten mit ihren Kernen. aufgebraucht. Die sich furchende Eizelle liegt dem Pol der Schale zu- gekehrt, an welchem sich der Deckel abhebt, und ebenso später das Kopf- ende des Embryos entsteht. Von dem aus der Furchung hervorgegangenen soliden Zellenhaufen hebt sich am oberen Pole eine Zelle ab , deren Theilungszellen den Embryo in Form einer membranösen, nach dem Aas- schlüpfen desselben in der Eischale zurückbleibenden Hülle umwachsen. Die peripherische, doch wohl nur einen Theil des Ectoblasts vertretende Zellenlage erzeugt entweder eine Wimpern tragende Haut oder ein mit einer structurlosen Cuticula und Chitinborsten besetztes Plattenepithel (D. tereti- rolle). Der umschlossene Zellenhaufen verändert sich der Art, dass die peri- pherischen Zellen sich abflachen und epithelartig an die Innenseite des Ecto- 350 Trematodes. .Spoiocysten. liedien. Fij?. 331. blasts anlegen, andere am Kopfende zur Anlage des Darmes sieh ordnen, und der grösste Tlieil unverändert die sogenannten Keimzellen (inditferent geblie- bene, Keimplasma haltige Farchungszellen) liefert. Autfallend erseheint der frühzeitig (oft schon vor dem Ausschlüpfen aus dem Eie oder nach der Ein- wanderung) eintretende Verlust des ectodermalen Platten-, beziehungsweise Wimperepithels, ähnlich wie auch bei bewimperten Randwurmlarven fi?o^//r/o- ccpliahi^) das Wimperepithel nach der Einwanderung in den Zwischenträger abgeworfen wird. Nach Ablauf der Embryonalentwicklung schlüpfen die con- tractilcn. oft mit einem x-förmigenAugenfiecke versehenen und l)ewimperten Embryonen (Fig. 331 und 333), welche bereits Anlagen des Wassergefäss- systems, seltener zugleich eine Sauggrube mit iMundörtnung und Darmschlauch besitzen, aus dem Ei aus und suchen auf dem Wege selbständiger Wanderung in ein neues Wohnthier zu ge- langen. Indessen gibt es auch Fälle passiver Ueberführung durch Vermittlung der Nahrung, und diese scheinen überall da zu bestehen, wo au Stelle der ^Vimperhaare Chitingebilde an der Haut des Embryos vorhan- den sind (I)istoninni tereticolh , Leiicochlorklluni). In der Kegel ist es eine Wasserschnecke, in deren Inneres sie eindringen, um zu einfachen oder verästel- Entwicklungszustände von msio.nnn l,epaticrnn. - o Frei- tCU KcimSChläUChen, ZU Spom- schwimmender bewimperter Embryo. — b Sporocjste mit cilStCtl (ohuC IMuud UUd DaHll) Radien (B). nach K. Leuckart. — c Redie desselben, nach \ ^. ,. / -^ if i l Thomas./)Darm, CCercarien, «Kedie, A-Keimkörper.-- oder i.Vrf«-;?. (mit Muud Uud d cercarie nach Thomas. Dami ) auszuwachscu. Diesell)eii erzeugen durch sogenannte Keimkörner, welche jedoch wahrscheinlich Ei- keimen^) derOvarialanlage oder, was auf dasselbe hinauskommt, inditTerenten keimplasmahaltigen Farchungszellen entsprechen, die Generation der ge- schwänzten Ccrcarien oder auch eine Tochterbrut von Keimschläuchen, welche dann erst die Cercarien hervorbringen. Die Cercarien sind die Distomeenlarven, welche oft erst nach einer zweimaligen aetiven und passiven Wanderung an den Aufenthaltsort derGeschlechtsthiere gelangen. Älit beweglichem Schwanz- anhang, häufig auch mit Mundstachel, sowie zuweilen mit Augen ausgestattet, zeigen sie in ihrer Organisation bis auf den Mangel der Geschlechtsorgane ') Dann hätten wir in der Distoiniim-Entwicklui eine mit Paedosenese verbnndt'ne Hf'tero2;onie. meinen G-enerationswedisel. sondern Cercaricn. Encystirte Distomeen. Hol bereits irrosse Uebcrciii.stiimmiiij'- mit den ausgebildeten Distomeen. In solcher Form verlassen dieselben seibststäiidig- den Leib ihres Trägers und bewegen sich thcils kriechend, theils schwimmend im Wasser umiicr. Hier finden sie ein neues Wasserthier (.Schnecke, Wurm, Insectenlarve, Krebs, Fisch, Ba- trachier), in welches sie, unter Bohrbewegungen des vorderen Körperendes, unterstützt durch den kräftig schwingenden Schwanzanhang, eindringen, um nacii ^'crlust des letzteren zu encystiren. Die im Innern der Schnecke er- zeugte Cercarienbrut zerstreut sich auf zahlreiche Träger, und aus den ge- schwänzten Cerearien werden encystirte Junge geschlechtslose Distomeen. die mit dem Fleische ihres Trägers in den Magen eines andern Thieres und von da, ihrer Cyste befreit, in das Organ (Darm, Harnblase etc.) gelangen, in welchem sie geschlechts- reif werden. Somit kommen in der Regel drei verschie- dene Thiere als Träger in Be- tracht, deren Organe die ver- schiedenen Entwicklungssta- dien der Distomeen (Keim- schlauch. encystirte Form. Geschlechtsthier) beherber- gen. Die Uebergänge von dem einen zum anderen werden theils durch selbst- ständige Wanderungen (Em- bryonen. Cercarienj, theils durch passive Uebertragung (encystirte Jugendform) ver- mittelt. Indessen können Ab- weichungen von dem allge- meinen Entwicklungsgang eintreten, sowohl Complica- tionen als Vereinfachungen. Im letzteren Falle unterbleibt die Einwanderung in den zweiten Zwischenträger, und die ausschlüpfende Cercarie gelangt activ oder passiv an den Ort des Geschlechtsthieres, activ durch selbstständige Wanderungen (Cercaria macrocermj IHstomum cygnoides)^ oder passiv durch directe Aufnahme mittelst der Nahrung (Z« Darm, Kr Excretionsorgane. n52 Trematoden. ModiKcationen der Entwicklung. (Cercaria cijstophora aus Plcmorhis maryimitus G. Wagen er). Oder es gehen auch aus den sog. Keirakörnern der Redien nicht Cercarien. sondern eventuell eine zweite Generation von Redien hervor, welche erst die Cercarien hervor- bringen. Dieser Entwicklungsmodus hat für J). hepat'inim Geltung, erfährt Fig. 333. aber wiederum dadurch eine Vereinfachung, dass die auswandernden Cercarien keines neuen Zwischen- trägers mehr bedürfen, sondern sich an Pflanzen encystiren und mit diesen zugleich von dem Träger der späteren Geschlechtsthiere aufgenommen werden. Auch kann der Embryo ohne zur Sporoeyste zu werden, eine Redie erzeugen und diese vor der Ein- wanderung in die .Schnecke fMonostomum nnifabilc und ßanim) wie einen constanten Parasiten in sich bergen (Fig. 333/>). Ferner gibt es uneingekapselte junge Distomeen, welche in ihrem Träger nie ge- schlechtsreif werden, wie in der Linse und dem Glas- n Embryo von Z)(nto(fiscMS(C4»»p/ti- ■> .. t -tr , i , • • y-< n i .ion,nm, subciavatus, nach G. wa- ^orpcr des\ ertcbratcnauges, sowie im Gallertgewebe gener. D Darm, Kc wasserge- dcr Coclenteratcn. Umgekehrt hat man encystirte fässsvstem. — b Embryo von 3/o- tt y/^i j / -7 • /-< ^ .os/J„m,«,»./„6,7e. nach V.Sie. ^ ormcu (Gasterosfomum fjrarilesccus in Cysten des boid. p Augenflecken , li die Schellfisches, I)iftfo)inü)t (((/(ihio.'^ der Gammarinen) geschlechtsreif und im Zustande der Eierproduction gefunden. Nun können sich aber auch Sporocysten (z. B. die Sporocysten der Cercaria mimda) und selbst Redien (z. B. der C. fnJco punctata) durch Theilung vermehren. Auch soll sich der Cercarienschwanz zu einer Sporo- Fig. 334. Cyste gestalten und nach seiner Loslüsung Brut er- zeugen können. In diesem Falle würde derSchwanz- anhang der Cercarie seiner Bedeutung nach wie ein vereinfachtes brutproducirendes Theilstück des Körpers sich verhalten, ein Hinweis auf das bei den Cestoden normal gewordene Verhältniss der Proglottidenbildung , welche schon von den Tre- matoden vorbereitet wird. Für manche Formen scheint eine grosse An- passungsfähigkeit an veränderte Lebensbedingungen zu bestehen, durch welche das Vorkommen jener im Organismus verschiedener Wohnthiere möglich wird. Die aus der Cercaria cchinata der Paludina vivipara sich entwickelnde Geschlechtsform hat als D. echinatum ihren normalen Aufenthalt im Darm der Ente und Wasser- vögel, gelangt aber auch im Darm des Hundes, sowie der Clause und Ratten zur Reife. 1. Unterordnung. Distomeae, Distomeen. Saugwürmer mit höchstens zwei Distomum Baflionisi Poir. viel- leicht identisch mit crassK"! Bi(s7i. nach R. Leuckart. 353 Fig. 335. (Heterogonie) entwickeln. Die Ammen und Larven leben vorzugsweise in Mol- lusken, die ausgebildeten Gesclilechtsthiere im Darmcanale der Vertebraten. Kine vollständig ausgebildete Trennung des Geschlechtes besteht bei der paarweise vereinten BiJharzia hnctuatohia aus dem Venensystem des Menschen (Fig. 335). Auch einzelne Arten der Gattungen Monostoraum und Distomum bilden im Zusammenhange mit der Arbeitstheilung des Geschlechtslebens dimorphe Formen aus, indem die einen Individuen ledig- lich den männlichen , die andern ausschliesslich den weiblichen Geschlechtsapparat zur Entwicklung bringen. Die Anlage des nicht fungirenden Geschlechtsorganes erfährt alsdann eine mehr oder minder durchgreifende Rückbildung. Solche Distomeen sind zwar der morpho- logischen Anlage nach Zwitter , thatsächlich jedoch ge- trennten Geschlechtes. Leider ist die vollständige Biologie und Entwick- lungsgeschichte nur für wenige Arten, welche durch sämmtliche Entwicklungsstadien verfolgt werden konn- ten, unter Anderem für I). hepaticum, ausreichend fest- gestellt. Farn. Monostomidae. Von oval gestreckter, mehr oder minder randlicher Form, mit nur einem Saugnapf an oder im Umkreise des Mundes. Monostomum Zeder. Saugnapf im Umkreise des Mundes, Pharj^nx kräftig. Geschlechtsöifnungen nur wenig vom Vorderende BUhnr:ia haematobia. entfernt. M. mutahile Zeder , in der Leibeshöhle , Augenhöhle Männchen und Weibchen, und im Darme verschiedener Wasservögel, lebendig gebärend. M. flavum Mehlis, in der Speiseröhre und Brusthöhle von Wasser- vögeln, entwickelt sich aus Cercaria ephemera der Planorbis. M. lentis v. Nordm. , jugendliche, noch nicht geschlechtsreife Form in der Linse des Menschen. M. bipartitum Wedl, paarweise in Cysten, das eine Individuum vom lappigen Hinterleibe des andern umwachsen, Kiemen des Thunfisches. Holostomum Nitsch., Hemistomum Dies. Fam. Distomidae. Köi-jier lanzetförmig ; häufig verbreitert, .seltener lauggezogen und rundlich, mit einem grossen Bauchsaugnapf. Die Geschlechtsöffnungen, dicht nebeneinander, liegen meist vor dem Bauchsaugnapf. Distomum. Mittlere Sauggrube der vorderen genähert. D. hepaticum L., Leberegel. (Fig. 328.) Mit kegelförmigem Vorderende und zahlreichen stachelartigen Höckerchen an der Obei-fläche des breiten plattförmigen Köii)ers, mit verästelten Darmschenkeln, c. 30 Mm. lang. Lebt in den Gallengängen des Schafes und anderer Hausthiere und erzeugt die sog. Leberfäule der Schafheerden. Auch im Menschen kommt der Wurm gelegentlich vor und dringt sogar in die Pfortader und in das Gebiet der Hohlvene ein. Der langgestreckte Embryo entwickelt sich erst nach längerem Aufenthalte des Eies im Wasser und hat einen con- tinuirlichen Wimperüberzug, sowie einen x-förmigen Augenfleck (Fig. 331). In Betreff der Entwicklung haben E. Leuckart') und Thomas nachgewiesen, dass sie in Limnaeus minuttts truncatulKS und pereger durchlaufen wii'd , dass die Embryonen zu Sporocysten *)R. Leuckart, Zur Entwicklungsgeschichte des Leberegels. Archiv für Naturgesch., 1882; Zool. Anzeiger, 1882. A. P. Thomas, The Life History of the Liver-Fluke. Qnarterly .Tonriial of microsc. Science 1883. C.Claus: Lehrbuch d^r Zoologie. Ü. Aufl. 23 letzteres im Canalis gynae- cophorus des ersteren. S Bauchsaugnapf. ^q4: Trematodes. Polystomeae. werden, und diese Redieu erzeugen. In den Redien entstehen entweder wieder Redien oder sogleich Cercarien, welche, frei geworden, eine Cyste ausscheiden und das Vermögen haben, an fremden Objecten sich einzukapseln. Ob dieselben aber direct mit der Pflanzenkost oder mittelst Zwischenträger in den Träger des Geschlechtsthieres gelangen, wurde bislang nicht festgestellt. Wahrscheinlich trift't jedoch das erstere Yerhältniss zu. D. crassiim Busk, viel- leicht identisch D. Rafhouisi Poir (Fig. 334), im Darm der Chinesen, von 1—2 Zoll Länge und V^ Zoll Breite, ohne Stachelhöckerchen, mit einfachen schlauchförmigen Darmschenkeln, D. lanceolattan Mehlis. Körper lanzettförmig langgestreckt, 8—9 Mm. lang, lebt mit JJ. hepaticum am gleichen Orte. Der Embiyo entwickelt sich erst im Wasser, ist birnfönnig und nur an der vorderen Hälfte bewimpert, trägt auf dem zapfeuförmig vorspringenden Scheitel einen stiletföraiigen Stachel. D. conjimcfum Cobb. Lancettföi-mig , 12 Mm. lang, in der Leber des Hundes, selten des Menschen, Ostindien. D. spathulatum R. Lkt. = D. sinense Cobb., gestreckt, nach hinten verbreitert, 10— 12 Mm. lang, massenhaft in der Leber des Menschen und der Katze in Japan und China. 1). pulmonale Bolz, von plumper, dicker Körperform, 8—10 Mm. lang, 4— 6 Mm. breit, bräunlichroth, lebt in den Lungen des Menschen in China und Japan. D. ophihalmohiiim Dies. Eine als Art zweifelhafte Form, von der nur vier Exemplare in der Linsenkapsel eines neuumonatlichen Kindes beobachtet worden sind. D. heteropliijes Bilh. v. Sieb. 1 — 1"5 Mm. lang, im Darm des Menschen in Aegypten. D. ijoliaih Van Ben., 80 Mm. lang, in Pterobalaena. Zahlreiche Arten, wie Disiomum clavigerum Van Ben. (mit Ccrcaria ornata aus Planorbis) , D. retusum Rud. mit Cercaria armata aus Sporocysten in Limnaeus und Planorbis) , I). cygnoides Zed., leben im Darme, Lunge und Harnblase der Frösche und Salamander. D.ßlicolle Rud. (Z>. Oken Köll.) , paarweise in Schleimhauteinsacknngen der Kiemenhöhle von Brama Raji. Das eine Individuum ist drehrand, schmal und erzeugt Zoospennieu, das andere ist in der mittleren und hinteren Leibesgegend sackförmig auf- getrieben und mit Eiern erfüllt. Wahrscheinlich rührt die ungleichmässige Ausbildung beider Individuen daher, dass die Begattung nur zur Befruchtung des einen Individuums führte, welches nun seine weiblichen Geschlechtsfnnctiouen entfalten konnte. Bilharzia haematobia Cobb.') (Fig. 335). Köiiier langgestreckt, Nematodi-u ähn- lich, getrennt geschlechtlich. Das Weibchen schmächtig, cyUndrisch. Das Männchen mit starken Saugnäpfen und rinnenförmig umgeschlagenen Seitenflächen, welche einen Canalis gynaecophorus zur Aufnahme je eines Weibchens bilden. Darmcanal mit Schlund und zwei Darmachenkeln, welche sich hinter dem Ovariuni, beziehungsweise den 5 bis 8 Hodenblasen zu einem unpaaren Schlauch wieder vereinigen. Leben paanveise vereint in der Pfortader. Darm- und Harnblasenvenen des Menschen in Abyssinien. Die Embryonen sind nach Cob- bold bewimpert und besitzen ein ansehnlich entwickeltes Wassergefässsj^stem. Durch die in die Schleimhautgefässe der Harnleiter, Harnblase und des Dickdarmes abgesetzten Eier- massen werden Entzündungen erzeugt, die oft Hämaturie zur Folge haben. Amphisfomum'Rni. Bauchsaugnapf am hinteren Körperende. Ä. sttbclaratum Nitsch., im Dickdarm des Frosches. A. hominis. In Ostindien im Darme von Hindus gefunden. 2. Vnterordiiimg Poli/sfoweae, Polystomeen. Saugwürmer mit zwei kleinen seitlichen Sang-gruben am Yorderende und einem oder mehreren hinteren Saug- näpfen, zu denen häutig noch zwei grosse Chitinhaken hinzukommen. Aus- nahmsweise tinden sich auch quere Borstenreihen vor (Tristonwm cocrwcmu). Augen sind häutig vorhanden. Sie leben meist als Ectoparasiten, theihveise wie die Hirudineeu. und entwickeln sich direct ohne Generationswechsel aus Eiern , die meist schon an dem Aufenthaltsorte des Mutterthieres zum Aus- ^) Gustav F ritsch, Zur Anatomie der Bilharzia haematobia Cobb. Archiv für mikrosk. Anatomie. Bd. 31, 1888. 355 schlüpfen kommen. Zuweilen ist die Entwicklung- eine Metamorphose (Poh/ stomum), und die jung-en Larven leben an einem anderen Orte. Am besten ist die Entwicklung-sgeschichte von Pohj- stomum integerrimum aus der Harnblase des Frosches durch E. Zeller bekannt geworden (Fig. 336 und 337). Die Eierproduction beginnt im Frühjahre, wenn der Frosch aus dem Winterschlafe erwacht, sich zur Paarung anschickt, und währt zwei bis drei Wochen. Man kann dann leicht auch die Pohstomeen in Wechselkreuzung' beobachten. Beim Eierlegen drängt der Parasit seinen Vorderleib mit der Geschlechtsöffnung durch die Harn- blasenmündung nahe bis zum After. Die Embryonal- entwicklung erfolgt im Wasser und nimmt eine Reihe von Wochen in Anspruch, so dass die jungen Larven erst ausschlüpfen, wenn die Kaulquappen bereits innere Kiemen gewonnen haben. Die Larven sind Gyro- dactylus ähnlich und besitzen vier Augen, einen Schlund nebst Darm, sowie eine von 16 Häkehen umstellte Haft- scheibe. Auf ihrer Oberfläche sind sie mit fünf Querreihen von Wimpern, drei ventralen an der vorderen, zwei dor- salen an der hinteren Körperhälfte l)ekleidet. Auch der Spitze des Vorderendes gehört eine Wimperzelle an. Die Larven wandern nun in die Kiemenhöhle der Kaul- quappen ein , verlieren hier die Wimperhaare und wach- sen unter Bildung der beiden Mittelhaken drei Paare von Sauggruben auf der hinteren Haftscheibe zum jungen Polystomum aus, welches etwa acht Wochen gä"ge,oiOvarium,.s'.saug- nach der Einwanderung in die Kiemenhöhle, zur Zeit, wenn diese zu veröden beginnt, durch Magen und Darm in die Harnblase übertritt und hier, freilich erst nach drei und mehr Jahren, völlig geschlechtsreif wird. Ausnahmsweise und immer dann , wenn die Larven in die Kiemen sehr junger Kaulquappen gelangen, werden sie schon in der Kiemenhöhle der letzteren geschlechtsreif. Dann bleiben die Formen sehr klein, entbehren der Begattungs- canäle und Eibehälter und gehen nach Erzeu- gung eines einzigen Eies zu Grunde , ohne in die Harnblase gelangt zu sein. Farn. Tristomidae. Hinterende mit einem grossen Saugnapf und olme Chitinwaffen. Mundende mit zwei kleinen .Saugnäpfen. Tristomutn j^apillosum Dies., an den Kiemen von Xiphias. Calicotijle Dies. E Polystomum integerrimum, nach E. Zell er. O Mund, sowie der öoGenitalöffnuug. DDarm, W Begattungsöffnungen (Seitenwülste), Dg Dotter- Fio-. 337. ■?f^ it Embryo (a) und ausgeschlüpfte (b) von Polystomum integerrimum, nach E. Zell er. :-3r)6 Trematodes. Polystomidae. Farn. Polijstomixlae. Mit mehreren hinteren Sangscheiben , die meist paarig in zwei seitlichen Eeihen angeordnet sind und durch Hakenbewaffnungen in ihrer Wirksamkeit unterstützt werden. Genitalöffnungen häufig von Haken umgeben. Polysiomum Zed. Mit Ader Augen, ohne seitliche Sauggruben am vorderen Ende, aber mit Mundnapf, mit sechs Saug- näpfen, sowie zwei gi-ossen medianen Haken und 16 kleinen Häkchen am Hinterende. P. inteyerrimum Rud., in der Harnblase von Bana temporaria (Fig. 336). P. oceUatum, Eacheuhöhle von Emys, verhält sich in der Bildung des Hodens und in dem Ausfall des Eierbehälters wie die geschlechtsreife Form aus der Kiemenhöhle von P. inieyerrimum. Oc.tohoihrium lanceolatum Duj. Onchocotyle appendiculata'Knhn, an den Kiemen von Haien. Diplozoon Nordm., Doppelthier. Zwei Einzelthiere zu einem x-förmigen Doppelthiere verschmolzen, dessen Hinterenden mit zwei grossen, in vier Gruben getheilten Haftscheiben bewaflnet sind. Im Jugendzustande als Diporpa solitär lebend, besitzen sie einen Bauch- saugnapf, sowie einen Rückenzapfen. Auch bei dem Doppelthiere fällt die Eibildung vor- nehmlich in das Frühjahr. Die Eier werden nach Ausbildung ihres Haftfadens einzeln aus- gestossen und lassen etwa zwei Wochen später einen Embryo ausschlüpfen, welcher sich Fig. 338 Fig. 339. Junges Dip!o:oon, nach E. Zeller. a Zwei Diporpen im Beginn der Aneinanderheftung, 6 nach gegenseitiger An- heftung. O Mund, H Haftapparat, Z Zapfen, G Grube. %^^'' (n) und Larve (b) von Diplo: E. Zell er. von Diporpa durch den Besitz zweier Augenflecke und eines an den Seitenrändern und an der Hinterleibsspitze befindlichen Wimperapparates unterscheidet (Fig. 239). Finden die Larven an den Kiemen von Süsswasserfischen Gelegenheit zur Ansiedelung, so werden sie alsbald durch den Verlust der Wimpern zur Diporpa , welche jetzt schon den charakteri- stischen Haftapparat besitzt und Kiemenblut einsaugt. Die bald erfolgende Vereinigung zweier Diporpen geschieht nicht, wie man früher glaubte, einfach durch die Verwachsung beider Bauchsaugnäpfe, sondern in der Art, dass sich der Bauchsaugnapf jedes Thieres an den Rückenzapfen des anderen anheftet und mit diesem verwächst (Fig. 338 und 339). D. para- (lo.rmn v. Nordm. auf den Kiemen zahlreicher Süsswasserfische. Fam. Gyrodactylidae. Sehr kleine Saugwürmer mit grosser terminaler Schwanzscheibe und kräftigem Hakenapparat. Der Körper birgt eine Tochter- und in dieser eingeschachtelt eine Enkel- und Urenkelgeneration, v. Siebold glaubte beobachtet zu haben, dass sich aus einer Keimzelle von Gyrodactylus ein junges Thier entwickelt, und dass dieses während seiner Entwicklung trächtig wird; da er samenbereitende Organe vermisste, betrachtete er den Gyrodactylus als Amme. G. Wagener wies aber nach, dass die Fortpflanzung eine geschlechtliche ist, und gelangte zu der Auflassung, dass die Keime zu den eingeschachtelten Generationen aus Resten des befruchteten, das Tochterthier bildenden Eies hervorgehen. Auch Metschnikoff ist der Ansicht, dass die Bildung von Tochtei'- und Enkelindividuum gleich- zeitig aus der gemeinschaftlichen Masse übereinstimmender Embryonalzellen erfolgt. Gyro- dactylus V. Nordm., G. eleyans von Nordm., an den Kiemen der Cyprinoiden und anderer Süsswasserfische. Dicyemitlae. Ürthonectidae. 357 Im Anschluss an die Treinatoden mögen die an den Venenanhängen der Cephalopoden schmarotzenden Dicyemiden, sowie die erst später bekanntgewordenen in Echinodermen und TurbeUarien lebenden Ortlionectiden ') ihre Stellung ündeu. Der langgestreckte wurmförmige. Leib dieser unzutreftend als Mesozoen bezeichneten Parasiten besteht nur aus zwei Zelbsn- schichten, einem aus verhältnissmässig wenigen Zellen gebildeten bewimperten Ectoderm und einer inneren Zellenmasse, welche bei den Dicyemiden-) durch eine einzige, sehr langge- .streckte, die Axe einnehmende Zelle vertreten ist. Diese Zusammensetzung des Leilies aus Fig. 340. ,iiiHliiijiiiii Bhojmlufa Giardii (OrthonectideJ Männchen, b Weibchen, nach Julin. c Bicyemopsis nach Ed. van Beneden. itncrocejihalus, zwei Zellenschichten hat denn auch zu der Auflassung Anlass gegeben, dass diese Thierformen als vereinfachte Coelenteraten oder gar als Gastraeaden zu betrachten seien, die durch den Parasitismus wie die Cestoden Mund- und Gastralhöhle eingebüsst hätten. Mit vielleicht besserem Rechte können dieselben als in der Entwicklung gehemmte, aber zur geschlecht- lichen Fortpflanzung gelangte Larven von Saugwürmern angesehen werden, deren Jugend- stadien eine ähnliche Anordnung der Zellen des Leibes zeigen. Wie dort springen am Kopf- ') A. Giard, Les Orthonectides. Journal de TAnatomie et de la Physiologie, Tom. XV, 1879. E. Metschnikoff, Untersuchungen über Ortlionectiden. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. 37, 1881. ^') Ed. van Ben e den, Eechei'ches sur les Dicyemides. Bull. Acadeniie Belgique. Bruxelles 1876. C. O.Whitman, A Contribution to the Embryology, Life History and Classification of the Dicyemids. Mittheilungen aus der zool. Station. Neapel, Tom, IV, 1882. 358 •'■ Ordnung. Cestodes. entle der Dici/emnlen zwei oder vier Zellen buekeltormig vor. Die Fortpflanzungszellen liegen in der Aehseuzelle und gestalten sich zn zweierlei Embryonen, „■wurraförmigen" und „in- fu.sorieuförmigen", welche sich auf verschiedene Individuen (nematogene und rhombigene) vertheilen. Nach Whitman sollen einzelne Individuen in der Jugend iutusorientormige, später wurmförniige Embryonen erzeugen. Bei den Orthonectiden ist der Leib äusserlich genngelt, und die innere Zellenmasse aus einem Haufen von Zellen gebildet, über welchen unterhalb des Ectoderms eine Lage von Muskelfasern verläuft. Es wurden männUche und weibliche Thiere, letztere wieder in zwei Formen unterschieden. Die cylindrischen Weibchen lassen ihre Eier austreten, bei den abgeplatteten gelangen die letzteren im Körper des 3Iutterthieres zur Entwicklung. 3. Ordnung-. Cestodes^), Bandwürmer. Lau(j(jestreckti', meist (jeglkdertc Platt wilrnter ohne Mund- und iJarm- apiiarat, ntit Haftorganen an dem als Kopf bezeichneten Vorderende. Die an ihrem bandförmigen, in der Regel gegliederten Leibe kenntlichen, im Darmeanal von Wirbelthieren schmarotzenden Bandwürmer wurden früher allgemein für Einzelthiere gehalten. Erst seit Steenstrup brach sich eine ab- weichende Auffassung Bahn, welche in dem Bandwurme eine Kette von Einzel- thieren, einen Thierstock, dagegen in dem einen selbstständigen Geschlechts- apparat enthaltenden Bandwurmgliede, der Proglottis, das Individuum er- kannte. Obgleich nun in der Mehrzahl der Fälle die Gliedstücke des Körpers als Progiottiden zur Lostrennung kommen, ja sogar in vielen Fällen (Echinei- hothriuui) nach der Lösung vom Gesammtkörper des Bandwurmes bedeutend fortwachsen und geraume Zeit selbstständig existiren, so gibt es doch auch Cestoden (Caryophyllaeus), welche der äusseren Gliederung entbehren und nur einen einzigen Geschleehtsapparat enthalten. Zum Verständniss der ge- gliederten Kettenform mit in den Prodottiden sich wiederholendem Ge- ') Ausser den älteren Werken und Schriften von Pallas, Zeder, Bremser, Eudolphi, Diesing u. A. vergl. van Beneden, Les vers cestoides ou acotyles. Bruxelles 1850. Küchenmeister, lieber Cestoden im Allgemeinen und die des Menschen insbesondere. Dresden 1853. v. Siebold, lieber die Band- und Blasenwürmer. Leipzig 1854. G. Wag euer. Die Entwicklung der Cestoden. Nov. Act. Leop.-Car. , Tom. XXIV, SuppL, 1854, Derselbe, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer. Haarlem 1857. R. Leuckart, Die Blasenbandwürmer und ihre Entwicklung, dessen 1856. Derselbe, Die menschlichen Parasiten. 2. Aufl., Tom. I. F. Sommer und L. Landois, Ueber den Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothriocephalus latus. Zeitschr. für wiss. Zool., 1872. Th. Pintner, Untersuchungen über den Bau des BandAvurmkörpers. Arbeiten aus dem zool. Institut etc. zu Wien 1880. M. Braun, Zur Entwicklungsgeschichte des breiten Bandwurmes (Bothi-iocephalus latus). Würzburg 1883. Hugo Schauinslaud, Die embryonale Ent- AA-icklung der Bothriocephalen. Jen. Zeitschr., Tom. XIX, 1885. L. Niemiec, Untersuchungen über das Nervensystem der Cestoden. Arbeiten des zoolog. Instituts. Wien, Tom. VII, Heft I, 1887. Fr. Zschokke, Recherches sur la structure anatomiqiie et histologique des Cestoides. Geneve 1888. B. Grassi und G. Rovelli, Embryologische Forschungen an Cestoden. Cen- tralbl. für Bakteriologie. Tom. V, 1889. 0. Hamann, In Gammarus pulex lebende Cysticer- coiden mit Schwanzanhängen. Jeu. naturw. Zeitschr., 1889. C. Claus, Zur moi-phologischeu und phylogenetischen Beurtheilung des Bandwurmkörpers. Arbeiten aus dem zoolog. Institute der Universität Wien. Tom. Vm, Heft 3, 1889. Körpeibau. Koi>i'bewafl'ming. 359 sclileclitsapparate wird man von der ungegliederten Form als der ursprüng- lichen ausgehen und daher die Individualität des gesammten Bandwurmleibes aufrecht erhalten, zugleich aber innerhalb derselben die morphologisch unter- geordnete Individualitätsstufe der Proglottis anerkennen. Diese Auffassung ist die einzig zutreffende, zumal nur der ^'ergleich des gesammten Bandwurmes, nicht etwa der Frof/Iottts mit dem Körper der Trematoden statthaft ist, von denen die Cestoden durchVereinfachung der Organisation unter Verlust des Darmcanals abzu- leiten sind, wie sich auch in der Ent- wickluug beider ho- mologe Stadien (Cercar'ta, Cystk-er- cdid und Cysticer- cus;) wiederholen. Fig. 341. Fifj. 342. k Kopf von Taenia solinm, von der Scheitelfläche gesehen, mit Eostellum Der vordere "'^'^ doppeltem Hakenkranz, sowie mit vier .Sauggruben. \ersehmälerte Kör- pertheil des Bandwurmes vermag sich mit seinem kopfartig angeschwollenen Ende, dem Band- iriirmkopfe, festzuheften. Sehr schwach und nur durch eine lappige, gefranste Ausbreitung ge- bildet, ist die Kopfbewafifnung bei Caryophyl- Idcus. Häutig endet der Kopf mit einem Zapfen, dlnstelhüu, dem ein doppelter Kranz von Haken aufsitzt, während vier Sauggruben die Seiten- flächen des Kopfes einnehmen (Taenia) (Fig. 841). In anderen Fällen sind nur zwei Saug- gruben vorhanden (Bothrlocephalus), oder es treten complicirter gebaute, mit Haken besetzte Sanggruben (Acanthohothrlum) auf, oder vier hervorstülpbare, mit Widerhaken besetzte Rüssel (Tctrarhynckiis, Fig. 343) bilden die Bewaft- ,. . . -r« .1 1 /-< , , Taenia saginata (mediucanellain) in na.- nnng, die m emer Reihe anderer Gattungen türiicher Grösse, nach r. Leu ckart. mannigfache besondere Formen bieten kann. Der auf den Kopf folgende, als Hals bezeichnete Abschnitt zeigt in der Regel die ersten Spuren beginnender Gliederung; die anfangs noch undeutlich abgesetzten Querriiigel werden zu kurzen, dann in continuirlicher Aufeinander- tulge zu längeren und breiteren Gliedern, den ProylottideiK welche sich mit ihrer Entfernung vom Kopfe bestimmter abgrenzen (Fig. 342). Am hinteren Abschnitt des Bandwurmes erlangen die Glieder den grössten Fmfang und 360 Cestodes. Nervensystem. die Fähigkeit der Loslösung; sie trennen sich vom Bandwurm ab und leben eine Zeit lang isolirt, zuweilen sogar an demselben Aufenthaltsorte fort. Dem einfachen äusseren Bau entspricht auch eine einfache innere Or- ganisation. Unter der Cuticula-ähnlichen äusseren Membran breitet sich eine Lage kleiner, in Fasern auslaufender Zellen aus, die man früher als Hypodermis betrachtete. Dieselbe entspricht jedoch wahrscheinlich einer Bindegewebsschicht mit feingranulirter Intercellularsubstanz , in welcher schlauchförmige Drüsenzellen eingestreut sind. Dann folgt das zellig- bindegewebige Parenchym, in welchem mächtige Bündel von Längsmus- Fig. 343. kelfasern, sowie eine innere Lage von Ringmuskeln einge- bettet sind; beide werden vornehmlich an den Seiten des Leibes von dorsoventralen Fasergruppen durchsetzt. Die wech- selnde Zusammenziehung aller dieser Muskeln bedingt den überaus grossen Formen Wechsel der Proglottiden, die sich unter Zunahme der Breite und Dicke bedeutend verkürzen und unter beträchtlicher Yerschmälerung zu doppelter Länge ausdehnen können. Das bindegewebige Leibesparenchym enthält niciit nur die Muskeln, sondern alle übrigen Organe eingebettet. In seinen peripherischen Partien, vornehmlich in der Nähe des Kopfes, liegen in demselben kleine, dicht gehäufte Kalkcon- cremente, welche als verkalkte Bindegewebszellen betrachtet werden. Das Nervensysteni wird von zwei seitlichen, an der äus- seren Seite der Wassergefässstämme verlaufenden Strängen ge- bildet, deren etwas verdickte Enden im Kopfe durch eine Querbrücke verbunden sind , welche mit jenen die Kopf- ganglien repräsentirt. Ausgesprochene Sinnesorgane fehlen, indessen wird man der Hauloberfiäche, vornehmlich der des Kopfes und der Sauggruben, Tastvermögen zuschreiben können. Desgleichen fehlt ein Verdaunngscnnal. Die bereits zur Ke- rne mit d. Endwase Sorption fähige Nahrungsflüssigkeit dringt endosmotisch durch (B), sowie die Ver- -. , ^^.. ., • i t -i i bindungsschiinge ^16 gcsammte Korperwandung ni das Leibesparenchym ein. im Knpfe. Dagegen erreicht der Excretionsapparat als ein vielfach rami- ficirtes, die ganze Körperlänge durchziehendes Canalsystem einen bedeutenden Umfang. Es sind ursprünglich je zwei (ein dorsaler und ventraler) an den Seiten verlaufende Längscanäle vorhanden, welche im Kopfe durch Quer- schlingen in einander übergehen (Fig. 344) und bei den Taenien in den ein- zelnen Gliedern durch Queranastomosen in Verbindung stehen. Diese Längs- stämme, deren Wand mit Ring- und Längsmuskelfasern bekleidet sein kann, sind jedoch nur die Ausführungsgänge eines sehr feinen, in allen Parenchym- theilen verzweigten Gefässsystems, in welches zahlreiche lange Röhrchen, mit geschlossenen, flackernden Geisseiläppchen im Parenchym beginnend, einführen (Fig. 93 a, h). In vielen Fällen, wie bei LigtiUden und Cargophgl- Junger Tetrarlnjn- chiis mit beginnen- der Gliederung. Man sieht die vier Wassergefässstäm- Excretionsorgane. Geschlcchtsappara 361 Kopf einer Taenia mit den vier Saugnäpfen und den Gefässschlin- gen noch in Zeichnung, von Th. Pintner. laeus, spalten sich diese Längsstämme wieder in zahlreiche Längsgefässe, die dnrch Queranastomosen verhunden sind. In den Proglottiden erweitern sich oft die beiden ventralen Stämme auf Kosten der beiden dorsalen Stämme, welche auch ganz atrophiren können. Die Ansmiin- dungsstelle des Wassergefässsystems liegt in der Regel am hinteren Leibesende, beziehungsweise am Hinterrande des letzten Gliedes, an welchem eine kleine Blase mit Excretionsporus die Längsstämme aufnimmt (Fig. 343). Selten kommen auch im Vor- derende des Bandwurmes hinter den Sauggruben Oeffnungen des Excretionsapparates hinzu. Den Proglottiden entsprechend gliedert sich auch der Geschlechtsapparat. Jede Proglottis hat ihre besonderen männlichen und weiblichen Ge- schlechtsorgane und kann deshalb in den Fällen von völliger Lostrennung als Geschlechtsindividuum niederer Ordnung betrachtet werden. Der männliche Apparat besteht aus zahlreichen birnförmigen Hodenbläschen, welche der Dorsalseite zugekehrt sind und deren Vasa efferentia in einen gemeinsamen Ausführungsgang münden. Das geschlängelte Ende dieses letzteren liegt in einem muskulösen Fig. 345. Beutel (Chriishcu- < l jj^ tel) und kann aus demselben als sog. Cirrus durch die Geschlechtsöftnung hervorgestülpt wer- den. Derselbe er- scheint häufig mit rückwärts gerich- teten Spitzen be- setzt und dient als Copulationsorgan. Die weibliehen Ge- schlechtsorgane be- stehen aus Ocar'i- nm, Dotterstock- ( Ei- weissdrüse), Schn- Jendrüsc , Fruclit- hehäJter und Vagina (Begattungscanal nebst Receptaculum), welche letztere in der Regel unterhalb der männlichen Geschlechtsöffnung meist in einem ge- meinsamen umwallten Geschlechtsporus ausmündet. Entweder liegt dieser auf der Bauchfläche des Gliedes (Bothrioccphalus) . oder am Seitenrande Proglottis von Toenin mediocnnellata im Stadium männlicher und vreiblicher Keife, nach Sommer. Or Ovarium, Ds Dotterstock (Eiweissdrüse), Sd Schalen- drüse, üt Uterus, T Hodenbläschen, Vd Vas defereus, Cb Cirrusbeutel, A' Kloake, Va Vagina (Begattungscanal), Wc Wassergefässcanal, N Nerven- m2 Cestodes. Proglottider (Taeninj niul dann alternirend bald rechts, bald links (Fig. 345). Indessen kommt es auch vor. dass beide Geschlechtsöffnungen in weitem Abstand ge- trennt liegen, dass die männliche Oeffnung am Seitenrande, die weibliche Fig. 34(). Zur Trennung reife Proglottis, n von T/ieviri soliwn. b von Tacnia medioconcl- Infa, Wc Wassergefässcanal. Fig. 347. auf der Fläche der Glieder ihre Lage hat. Auch kann sich der Geschlechtsapparat in den .Seitenhälften der Proglottis paarig wie- derholen, in welchem Falle die Oeffnungen rechts und links liegen (Dipijlidien). Bei den Bothnoccphaliden besitzt der Fruchtbehälter seine besondere , von der des Begattungs- canais wohl zu unterscheidende Ausmündnng hinter jener auf der Fläche des Gliedes. Mit der Grössenzunahme der Glieder, welche mit der Entfernung derselben vom Kopfe zunimmt, schreitet die geschlechtliche Ausbildung allmälig von vorn nach hinten vor. Wohl allgemein tritt die männliche Ge- schlechtsi'eife etwas früher als die weibliche ein. dann erfolgt die Begattung und mit ihr die Anfüllung der Samenblase ( Rereptacidum scminis) mit Samenfäden und erst nachher die Reife der weib- lichen Geschlechtsorgane. Im Laufe dieses Vorganges werden die Eier be- fruchtet und in den Fruchtbehälter ül)erge- führt, welcher erst allmälig, je mehr er sich mit Eiern füllt, seine charakteristische Form und Grösse erhält, während die Hoden, sowie auch die Ovarien und Dotterstöcke wieder resorbirt werden (Fig. 346). Nur die hin- teren, zur Trennung reifen Proglottiden haben sämmtliche Phasen der geschlechtlichen Ent- wicklung durchlaufen und die Eier im In- nern des Fruehtbehälters umschliessen be- reits vollständig ausgebildete Embryonen. In der continuirlichen Aufeinanderfolge der Glieder erkennt man demnach den Entwick- lungsgang für die Entstehung und allmälige Reifung der Geschlechtsorgane und Ge- schlechtsproducte, so dass die Zahl der Band- wurmglieder von der Anlage der Geschlechts- organe an bis zum Auftreten der ersten Pro- glottiden mit entwickeltem Fruchtbehälter einen Ausdruck für die Anzahl der Stadien abgeben kann, welche jedes Glied durchlaufen rauss. Die Eier (Fig. 347) sind von runder oder ovaler Form und von geringer GrJtsse. Ihre Hülle ist einfach, oder auch aus mehrfachen dünnen Häuten zu- ^"^ilP Ei mit Embryo , a von Taenia soHuni b von einer Microfaenia, c von Botlirioce phalus latus, nach E. Leuckart. Kntwicklung des Embryos. 363 sammengesetzt, oder dieselbe stellt sich als feste dicke Kapsel dar, welche bei den Cystotaeukn aus dicht neben einander stehenden, durch eine Zwischen- substanz verkitteten Stäbchen gebildet wird. Bei den Taenkiden fällt die Erabryonalentwicklung mit der Bildung der Eischale /Aisammen, und das ab- zusetzende Ei enthält bereits einen fertigen sechs-, selten vierhakigen Embryo; bei vielen Bothriocephallden entwickelt sich derselbe erst während des län- geren Aufenthaltes des Eies im Wasser und verlässt mit Wimpern bekleidet die einfache Eihülle. Dies gilt für die dickschaligen Eier der Bothriocephalen, welche sich mittelst Deckels öftnen, nachdem sich der mit Wimpern bekleidete Embryo im Wasser entwickelt hat. Die aus dünnschaligen Eiern entwickelten Embryonen sind mit einer chitinigen Haut bekleidet, und gelangen wie bei vielen Taenien, bereits im Bandwurmkörper zur Entwicklung. Die Vorgänge der Embryonalentwicklung ^) verhalten sich bei Taenien und Bothriocephalen ähnlich. Nur die von Nahrungsdotter oft ganz umschlossene Eizelle betheiligt sich an der Furchung. Die Furchung ist im Ganzen eine regelmässige, und schon frühzeitig tritt eine dicht am Eipole gelegene Zelle durch ihre Grösse hervor. Dieselbe scheint sich zu theilen und umwächst zugleich mit der zweiten an den anderen Pol gerückten Zelle die Embryonalzellen, um eine Hüllmembran zu bilden. Während der Nahrungsdotter mehr und mehr ver- braucht wird, vollzieht sich an dem Haufen der Embryonalzellen eine Schei- dung des einschichtigen Ectoblasts vom Entoblast. Jenes gestaltelt sich zu einer mantelartigen Rinde, die entweder zu einer chitinigen (B. rugosus) oder cilientragenden (B. latus) Hautschicht wird, während das Entoblast die sechs Embryonalhäkchen erzeugt und mit Rücksicht auf den späteren Verlust der Hülle und Hautschicht den Embryo- und Larvenkörper allein zusammen- setzt. Da auch bei den Taenien ähnliche, später verloren gehende Embryonal- hüllen erzeugt werden, hat man den Cestoden ein Ectoderm abgesprochen. Die Entwicklung des Embryos, beziehungsweise der Larve zum Band- wurm erfolgt vielleicht in keinem Falle direct an demselben Aufenthaltsorte im Darmlumen des ursprünglichen Trägers. Als Regel kann eine complicirte, zuweilen (Echinococcus, Coenurus) mit Generationswechsel verbundene Meta- morphose gelten, deren aufeinanderfolgende Stadien an verschiedenen Wohn- plätzen leben, meist in verschiedenen Thierarten die Bedingungen ihrer Aus- bildung finden und theils durch passive, theils active Wanderungen übertragen werden. Die Embryonen enthaltenden Eier der Taenien verlassen gewöhnlich mit den Proglottiden den Darm des Bandwurmträgers und gelangen auf Düngerhaufen, an Pflanzen oder auch in das Wasser und von hier aus mittelst der Nahrung in den Magen pflanzenfressender oder omnivorer Thiere. Nach- dem in dem neuen Träger die Eihaut durch die Einwirkung des Magensaftes verdaut oder gesprengt worden, bohrt sich der im Magen oder Darm freige- 1) Vergl. besonders E. van Beneden, Recherches sur le developpement embryonnaire de quelques Tenias. Archiv de Biologie, Vol. II, 1881. H. Schauinsland, Die embryonale Entwicklung der Bothriocephalen. .Ten. naturw. Zeitschr., Tom. XIX, 1886. 364 Cestodes. Finnen. Cysticercus. Coenurus wordene Embryo mittelst seiner sechs (selten vier) Häkchen, deren Spitzen über die Peripherie des kleinen kugeligen Embryonalkörpers einander genähert und wieder entfernt werden, in die Magen- und Darmgefässe ein (Fig. 348). In diesen werden die Embryonen passiv mit der Blutwelle fortgetrieben und in den Capillaren der verschiedensten Organe, als Leber, Lunge, Muskeln. Gehirn etc., abgesetzt und wachsen nach Verlust ihrer Häkchen, in der Regel von einer bindegewebigen Cyste umkapselt, zu Bläschen mit wandstäudigem contractilen Parenchym und wässerigem Inhalt aus. Die Blase wird alhuälig zur Finne oder zum Blasenumrm^ indem von ihrer Wand in das Innere eine (Cysticercus) ^) oder zahlreiche (Coenurus) Hohlknospen einwachsen, welclie im Grunde ihrer Höhlung die Bewaffnung des Bandwurmkopfes in Form von Saugnäpfen und doppeltem Hakenkranz erhalten. Stülpt sich die Hohl- knospe nach aussen um, so dass sie als äusserer Anhang der Blase erscheint, so zeifft sie die Form Entwicklungszu-t 111 l \ ny i m soinnii bis zum f i/s/if t» f !(s zum 1 heil nach K. Leuckart. a ti mit Embryo, 6 freigewordener Embrjo, c Hohlzapfen an der Wand des Blasenwurmes (Anlage des Kopfes), d Finne mit einge- stülptem Kopf, e dieselbe mit ausgestülptem Kopf, etwa viermal vergrössert. sog.Bandwurmkopfes nebst Hals und be- reits sich gliederndem Bandwurmleib. Es kann auch der Fall eintreten (Echinococ- cus), dass die unre- gelmässig gestaltete Mutterblase von ihrer Wandung aus im Innern Tochter- 2) und Enkelblasen erzeugt. An diesen Blasen nehmen die Bandwurmköpfchen in besonderen kleinen Brutkapseln ihren Ursprung (Fig. 349). Dann ist natürlich die Zahl der von einem Embryo entsprossenen Bandwurmköpfe eine enorme, und die aus demselben hervor- gegangene Mutterblase kann einen sehr beträchtlichen Umfang, nicht selten die Grösse eines menschlichen Kopfes erreichen, dabei in Folge des in ver- schiedenen Richtungen ungleichen Wachsthums eine unregelmässigc Form gewinnen. Dafür bleibt aber der zugehörige Bandwurm sehr klein und trägt meist nur eine einzige reife Proglottis (Fig. 3ö0). Im Finnenzustand und in dem Träger des letzteren scheint sich der Bandwurmkopf niemals zu dem geschlechtsreifen Bandwurm auszubilden, wenngleich derselbe in manchen Fällen zu einer ansehnlichen Länge aus- ') Ausnalinisweise kommen zwei oder mehiere Köpfe l)ei maiiehen ('y.-;ticercus- f'orme'ii vor. -) Auch bei Cj'stieerken (('. lonnicollia, tcmdcollis) kommt die Abscliiiiiniiif;" steriler Toehterl)lasen vor. Kcliinococcus. Scolex. 365 wächst (Cysticercus fasciolaris der Hausmaus). Die Finne muss in den Dann- canal eines neuen Thieres ^. g^y eintreten, damit der Band- wurmkopf (Scolex) nach seiner Trennung von der Wandung des Blasenkür- pers in den Zustand des ge- schlechtsreifen Bandwur- mes eintreten kann. Diese Uebertragung erfolgt durch den Genuss des tinnigen Fleisches und der mit Bla- senwürmern inticirten Or- gane auf passivem Wege, bedingt durch die Wechsel- beziehungen des Natur- lebens. Es sind daher vor- nehmlich Raubthiere, In- sectenfresser und Omni- vore, welche mit dem Leibe der zu ihrer Ernährung die- nenden Thiere die in diesen vorhandenen Blasenwür- mer in sich aufnehmen und die aus denselben hervorgehenden Cestoden im Darme beher- bergen. Nach Verdauung der Blase wird im Magen der Band- wurmkopf als Scolex frei und tritt, durch die Kalkconcremente vor zu intensiver Einwirkung des Magensaftes geschützt, in den Dünndarm ein, heftet sich an der Darmwand fest und wächst unter allmäliger Gliederung in den Bandwurmleib aus. Aus dem Scolex geht die Kettenform, Strohila, durch ein mit Gliederung verbundenes Längen wachsthum hervor , welches auch als eine Form der ungeschlechtlichen Fortpflanzung (Öprossung in der Längsachse) aufgefasst worden ist. Da es aber der Leib des Scolex ist, welcher beim Wachsthum die Segmentirung erfährt, so können die freigewordenen Proglottiden nur als individuali- sirte Theilstücke desselben gedeutet werden. Daher ist die Band- wurmentwicklung eine durch Individualisirung bestimmter Ent- wicklungszustände charakterisirte Metamorphose. Nur für die- jenigen Fälle, in welchen die Jugendform zahlreiche Bandwurm- köpfe erzeugt, trifft die Deutung als Generationswechsel zu. Indessen durchlaufen nur die sog. Blaseubandwürmer die Cysticercusform. Bei vielen Taenien (Mikrotaenien') wird der Cysticercus durch a Brutkapsel von Echinococcus mit in der Bildung begriffenen Köpf- chen, nach B. Leuckart. ö Brutkapsel, nach G. Wage ner, c Echinococcus-Köpfchen noch im Zusammenhange mit der Wand der Brutkapsel, das eine ausgestülpt. Vc Excretionscanält? Taenia Echino- coccus, nachR. Leuckart. 12mal ver- grössert. 366 Cestodes. Cysticercoid. eine (■//.sfircrcoidcFoYm vertreten, an welclier sich meist ein die Enil)ryonalliäk- chen tragender Anhang von einem grösseren Abschnitt mit dem eingestülpten Scolex abhebt (Fig. 351, 352 und 353). Cysticercoiden tinden vornehmlich in wirbellosen Thieren die Bedingungen zur Entwicklung und wurden bisher in Gammariden , Cyclops , Insecten (Mehlwurm , Hilpha , Ohrwurm , Floh, Hundelaus), Nachtschnecken und Oligochaeten (Regenwurm und Tubifex) gefunden. In seltenen Ausnahmsfällen können dieselben auch im Körper des Bandwurmträgers vorkommen, so dass dann die Entwicklung ohne Zwischen- wirth erfolgt, nach Grassi bei der (mit Tnenia nana identischen) Tarnia muHna und deren Cysticercoid in den Darmzotten der Ratte. Im Vergleich zum Cysticercus dürfte das Cysticercoid einem ursprünglichem Zustand ent- sprechen, dessen Beziehung zu der Jugendform der Distomeeii in dem cer- carienähnlichen Schwanzanhang unverkennbar hervortritt (P'ig. 352). Da. wo derselbe dem Cvsticercoid fehlt, dürfte derselbe ausgefallen, beziehuno-sweise. Fi- 351. Fij?. 352. Fig. 353. Cysticercoid von Taenia eucwmerina, (iOmal ver- grössert. .Nach R. Leuckart. ' Cysticercoid von Tnenia si- iiuosa aus Gamraarus piilex, nach O. Hamann. jE,Wi(iiOfocci(s-;ihnliches Cysticercoid aus der Leibeshöhle des Kegenwurmes, nach E. Metsthnikoff. n Brutk.apsel mit drei Cysticercoiden, h Cysticercoid mit ausgestülptem Kopf. einer äusseren Hülle ähnlich, um den Körper des Cysticercoid.s herumge- schlagen sein. Bei den Bothroceplialklcit tritt eine wesentliche Vereinfachung im Ent- wicklungsgang ein, indem der Embryo unter Ausfall der Blasenbildung zum Scolex Avird, so dass dieser letztere der spätere Fornizustand des Embryos selbst ist. Aber auch die vom Scolex erzeugten Glieder zeigen alsdann einen geringeren Grad der Individualisirung und trennen sich nicht mehr vom Bandwurmleibe, werden überhaupt nicht mehr gebildet. Kopf und Leib sind dann nicht abzugrenzen und repräsentiren nur ein einziges, auch durch die Einheit des Geschlechtsapparates charakterisirtes, den Trematoden vergleich- bares Individuum ((kiryophyllaeus) (Fig. 354), dessen Entwicklung als eine am Individuum freilich noch in zwei Trägern (die Jugendform in Tubiüciden) sich vollziehende Metamorphose aufzufassen ist. Der Gattung ('arf/ophi/naeus schliesst sich am nächsten der im Leibes- raum von Limicolen (Tuhifc.r rinilonoii) auf^-efundene Afch'H/rfrs- an. ein Arcliigetes. Caryopli) llaeui 367 kleiner, mit einem Seliwanzanhange verseliener (noch die Eml)ryonalliäkchen tragender) ccrcarienähnlieher Cestod, welcher ohne weitere Gliederung- an diesem Aufenthaltsort geschlechtsreif und deshalh als sexuell entwickeltes Ci/biiccrcokl angesehen wird. Während derselbe einerseits seiner Form nach den Vergleich mit einer Ccrcarie gestattet, wirft derselbe andererseits ein gewisses Licht auf die Bedeutung der Cysticerkenblasc, welche dem hinteren Abschnitt des Wurmleibes entspricht und den eingestülpten Vorderkörper als Sehutzapi)arat umschliesst. Wenn wir nicht im Zweifel sein können — zumal im Hinblick auf Zwischcnformen von Trematoden und Cestoden, wie Amphilina und Amjjhiptiches — diese von reducirten Trematoden mit rückgebildetem Ernährungs- apparat und moditicirtem, an das Vorderende gerücktem Haftapparat abzuleiten, so werden wir auch für das Auf- treten der Blasenwurmform phylogenetisch eine Erklärung gewinnen, indem wir sie nicht als ursprünglichen, sondern als secundären, erst durch Anpassung veränderten und in Folge der besonderen Lebensverhältnisse erworbenen Zu- stand aufzufassen haben. Diese Jugendformen würden sich in fremde Träger verirrt, in diesen zu vereinfachten, an- fangs exceptionellen (vergl. die Lehre v. Siebold's von den Finnen als verirrten hydropischen Bandwürmern), später normal gewordenen Zwisohenstadien ausgebildet haben, um in den primären Wirth zurückgeführt, unter Verlust gewisser, zeitweiligen Lebensverhältnissen ange- passter Theile zu Geschleehtsthieren zu werden. Farn. Cari/ophyllaeiclae. Körper gestreckt und ungegliedert, mit gefaltetem Yorderrand, ohne Haken, mit acht und mehr geschlän- gelteii Längscanälen des Excretlonsapparates. Geschlechtsapparat ein- fach. Entwicklung eine vereinfachte Metamorphose. Carijophyllaeus Caryophyllaeus mufabiiis, miitabilis Eud., Nelkenwurm. (Fig. 354.) Darm der Cyprinoiden. Die nach V. Carus (Icones). Jugendform lebt vielleicht in Tuhifex rivulorum, falls der von d'Udekem beobachtete Helminth dieselbe vorstellt. In diesem Wurme lebt aber noch ein zweiter, schon von Ratzel beobachteter und jüng.st von R. Leuckart näher untersuchter Parasit, der sich als Dotterstock, Dg Dotter- geschlechtsreifer (freilich noch mit einem die Embryonalhäkchen tra- genden Anhang behafteter) Cestod erwiesen hat. Ärchigetes Sieboldü Lkt. Mit zwei schwachen Sauggruben am Vorderende und Schwanzanhaug (Fig. 356). Farn. Ligulidae (Pseudophyllidae). Meist ohne eigentliche Sanggruben, bald mit Haken, bald ohne Haken. Der Bandwurm ohne Gliederung, jedoch mit AYiederhoIung des Geschlechtsapparates. Leben in der Leibeshöhle von Knochenfischen und im Darm von Vögeln. Liyula Bloch. Körper bandförmig, ungegliedert. L. simplicissima Rud., in der Leibeshöhle von Fischen und im Darme von Wasservögeln. L. tuba v. Sieb., im Darme der Schleihe. Fam. Bothriocephcdidae. Mit nur zwei schwachen und flachen Sauggruben. Die Ge- schlechtsorgane münden in der Regel auf der Fläche der Proglottis. Die Proglottiden trennen sich nicht einzeln. Blasenwurmstadium durch einen eingekapselten Scolex repräsentirt (Fig. 355/^). BotliriocepJialus Brems. Bandwurmleib gegliedert, Kopf mit zwei randständigen Gruben, ohne Haken. Genitalölfnungen auf der Mitte der Bauchfläche. Der Jugendzustand W Wassergefässe, if Ho- den, Vd Vas deferens, Vs Vesicula serainalis, P Penis, Ov Ovarium, D gang, Ut Uterus, Hs Ee- ceptaculum seminis. 368 Cestodes. Bothriocephaliden. Fig. 355 ( Fig. 356. meist in Fischen. B. latus Brems., der grösste menschliche Bandwnrm von 24 — 80 Fuss Länge , vornehmlich in Russland , Polen , in der Schweiz und im südlichen Frankreich (Fig. 355 a). Die geschlechtsreifen Glieder sind breiter als lang (circa 10 — 12 Mm. breit und 3 — 5 Mm. lang) und trennen sich nicht isolirt, sondern in grösseren Abschnitten vom Bandwurmleib. Die Glieder des letzten Abschnittes erscheinen jedoch schmäler und länger. Kopf keulenförmig, mit zwei spaltförmigen Gruben. Die Genitalölfnungeu (Fig. 357) liegen in der Mitte des Gliedes übereinander. Die obere grössere führt in den männlichen Geschlechtsapparat, zunächst in einen muskulösen, im CiiTusbeutel eingeschlos. senen und als Cirrus ausstülpbaren Endabschnitt des Samen- leiters. Dieser verläuft mehrfach geschlängelt, in der Längs- richtung des Gliedes an der Rückenfläche und spaltet sich in zwei Seitenäste, welche die Ausführungs- canälchen der zarten in den Seitenpartien des Mittelfeldes gelegenen Hodensäckchen aufnehmen. Die unterlialb des Cirrusbeutels befindliche Oeffnung führt in die häufig mit Samen erfüllte Vagina, welche ziemlich gerade median an der Bauchfläche herab- läuft und durch ein enges kurzes Canälchen mit der Schalendrüse in Verbindung steht. In Aveitem Abstand von den beiden oberen Oeff'nungen mündet die Oeffnung des schlauch- förmigen Fruchtbehälters , dessen rosetten- förmige Faltung in der Mitte des Gliedes eine eigenthümliche Figur {Wappenlilie, Pallas) erzeugt. Nahe am Hinterrande des Gliedes münden in den engen, gewundenen Anfangstheil des Uterus die Ausführungs- gänge der in den Seitenfeldern als gelbe Körnerhaufen gelagerten Dotterstöcke und Archigetes Siebol- der Ovarien (Keimstöcke) in die Schalen- ''" ^^*- ^^'^^ -r^. T^. • T , • ■■ . E. Leuckart. arüse ein. Die Eier entwickeln sich im Wasser und springen mittelst einer deckelartigen Klappe am oberen Pole der Eischale auf. Der ausschlüpfende Em- bryo trägt ein Flimmerkleid (Fig. 347 c) und .schwimmt mittelst dessen eine Zeitlang im Wasser umher. Braun hat in neuester Zeit nachgewiesen, dass der Hecht und die Quappe die Träger der scolexförmigen Jugendformen von Bothriocephalus sind. B. cordatus R. Lkt. Mit grossem lierzförmigen Kopf ohne fadenförmigen Halstheil, mit zahl- reichen Einlagerungen von Kalkkörperchen im Parencliym. wird nur circa 1 Fuss lang , im Darm des Menschen und des Hundes in Grönland. B. ligtiloides R. Lkt., Jugendform von 20 Cm. im subperitonealen Bindegewebe des Menschen in China und Japan. B. rugosus Rud., in dem Darm der Quappe. Schistocephalus Crepl. Der gespaltene Kopf jederseits mit einer Sauggrube. Band- wurmleib gegliedert. S. soliilus Crepl., lebt in der Leibeshöhle des Stichlings, gelangt von da in das AVasser und wird geschlechtsreif im Darm der Wasservögel. Triaenophorus Rud. Kopf nicht abgesetzt, mit zwei schwachen Sauggniben und mit zwei Paar dreizackigen BothriocepJiahis latus, nach E. Leuckart. Larve eines Bothriocephalus aus dem Stint, nach E. Leuckart. TaeniaJae. Cystotaeniae. 369 Haken. Der Leib entbehrt der äusseren Gliederung. Genitalöftnungen randständig. T. nodulosus Riid., im Hechtdarm, unreif eingekap.selt in der Leber von Cyprinus. Hier sehliessen sich die Familien der Tetrarhifncliidae (Tetrarlitjnchus linyualis Cuv., lebt als Jugendzustand in Schollen, ausgebildet im Darme von Rochen und Haien) und TiiraplnjUidae (EcltineiboihriuDi minimum van Ben.) an. a Fig. 357. fcC wk ^m C- ^^ r^^bvf ' Fig. 358. Geschlechtsorgane einer reifen Proglottis von Boihriocephahts latus, nach Sommer und Landois (mit Weg- lassung der seitlichen Gliedtheile). a von der Bauchfläche, 6 von der Kilckenfläche dargestellt. Ou Ovarium, Ut Uterus, S(J Schalendrüse, Z>s< Dotterstock, Fa Vagina mit Oeffnung, THoden, Fd Vas deierens, CfiCirrusbeutel. Fam. Taeniadae. Kopf bewaflnung aus vier muskulösen Saugnäpfen gebildet, zu denen häufig noch ein einfacher oder doppelter Hakenkranz auf dem Stirnzapfen (Eostellum) der Scheitelfläche hinzukommt. Proglottiden meist mit randständiger Ge- schlechtsöffnung, Vagina meist lang , am Ende zu einer Samenblase erweitert. Uterus geschlossen. Jugendzustände cysticerk oder cysti- ccrcoid, selten ganz ohne Schwanzblase. Subfam. Cystotaeniae. Blasenbandwiirmer, Eostellum mit doppeltem Hakenkranz — von seltenen Ausnahmen abgesehen — vor- lianden. Entwicklung mittelst Blasen würmer. Taenia L. {Cifstotaenia R. Lkt.). Die Köpfe entstehen direct an der Blase des Cysticercus. T. solium L. Von circa 3 Meter Länge. Der doppelte Hakenkranz aus 26 Haken zusammengesetzt (Fig. 34]). Die reifen Proglottiden etwa von 10 Mm. Länge und 5 Mm. Breite, der Eierbehälter mit 7 — 10 dendritischen Verzweigungen (Fig. 346 a). Lebt im Darm des Menschen. Der zugehörige Blasenwurm , als Finne, Cysticercus cellulosae, bekannt, lebt vornehmlich in dem Unter- liautzellgewebe und in den Muskeln des Schweines, aber auch im Körper des Menschen (Muskeln, Augen, Gehirn), in welchem bei Vor- Cysticercus von Taenia me- handeusein der TaenieSelbstansteckungmitFinnen möglich ist, selten 'i^°<'"'''enata, etwa achtmal auch in den Muskeln des Rehes, des Hundes und der Katze. Im Ge- '^®''^'"°^®®'^ ' ™^ au.ges u p hirn des Menschen wächst die Finne in blasig ausgebuchtete Stränge aus, zuweilen ohne einen Kopf zu erzeugen. T. mediocanellafa Küchenm. , im Darme des Menschen, bereits von älteren Helminthologen als Varietät der T. solium unterschieden und von Goeze als saginata bezeichnet (Fig. 342). Kopf ohne Hakenkranz und Rostellum, aber mit vier um so kräftigeren Sauggruben. Der Bandwurm wird 4 Meter lang und erscheint viel stärker und feister. Die reifen Proglottiden circa 18 Mm. lang und 7—8 Mm. breit. Der Eierbehälter bildet 20 — 35 dichotomische Seitenzweige (Fig. 346 h). Die zugehörige Finne lebt in den 3Iuskeln des Rindes (Fig. 358). Scheint vornehmlich in den wärmeren Gegenden C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. i>_j^ tem Kopf. 370 CestodfS. Echinococcus. Microtaeniap. der alten AVeit verbreitet, findet sich aber auch im Norden an manchen Orten voiheri sehend. T. serrata Goeze, im Darmcanal des Jagdhundes, mit der als Cysticercus 2}fsi/ormis be- kannten Finne in der Leber des Hasen und Kaninchens. T. crassicollis Rud. der Katze mit Cj/sticercus fasciolaris der Hausmaus. T. maryinciia Batsch des Hundes (Fleischer- hund) und AVolfes mit Cysticercus tenuicollis aus dem Netze der Wiederkäuer und Schweine, auch gelegentlich des Menschen (Cyst. risceralis). T. crassicejfs Eud. des Fuchses mit Cysticercus longicollis aus der Bnisthöhle der Feldmäuse. T. coenurus v. Sieb., im Dannc des Schäferhundes, mit Coenurus cerehralis, Quese oder Drehwurm, im Gehirn einjähriger Schafe als Finnenzustand. Uebrigens wurde das Vorkommen des Coenurus auch an anderen Orten, wie z. B. in der Leibeshöhle des Kaninchens, constatirt. T. tenuicollis Eud. im Darme des Wiesels und Iltisses mit einem Cysticercus, der nach Küchenmeister in den Leber- gängen der Feldmaus lebt. T. {Echinococcifer Weinl.) Die Köpfe sprossen an besonderen Brutkapseln und ditt'erenziren sich in der Art, dass ihre Einstülpung dem Lumen der Blase zugewendet ist. T. echinococcns v. Sieb., im Darme des Hundes, 3 — 4 Mm. lang , nur wenige Proglottiden bildend (Fig. 350). Die Haken des Kopfes zahlreich, aber klein. Der zugehörige Blasenwurni (Hülsenwurm), durch die bedeutende Dicke der geschichteten Cuticula ausgezeichnet , lebt als Echinococcus vornehmlich in der Leber und Lunge des Menschen (E. hominis) und der Hausthiere (E. veterinorum). Die er.stere Form , wegen der häufigen Production von Tochter- und Enkelblasen auch als E. altricipariens bezeichnet, erlangt meist eine viel bedeutendere Grösse und durch Aussackungen eine sehr unregelmässige Gestaltung, während die der Hausthiere (E. scolieipariens) häufiger die Gestalt der einfachen Blase beibehält. Uebi'igens bleiben die Echinococcusblasen nicht selten steril , ohne Brutkapseln , sog. Ace- l)halocysten. Eine andere, und zwar pathologische Form ist der sog. nmltiloculäre Echino- coccus, der lange Zeit für ein AlveolarcoJloid, Gallertkrebs, gehalten wurde. Derselbe kommt auch bei Säugethieren vor (Eind) und zeigt hier oft eine täuschende Aehnlichkeit mit con- glomeiirten Tuberkelknoten. Sehr verbreitet war die Echinococcuskranlcheit (HydatiOen- seuche) in Island, auch in Mecklenluirg. Ebenso seheint diese Krankheit in Australien an manchen Orten endemisch. Snbfam. Microtaeniae. Das Rostellum fehlt häufig oder ist unbewafinet oder alier mit kleinen Häkchen besetzt. Entwicklung durch cysticercoide Jugendzustände. 1. hipylidia. Microtaenien mit paarig sieh wiederholendem Geschlechtsapparat und randständigen Genitalöffnungen jederseits. T. (Microtaenia.) Der finnenähnliche cysticercoide Jugendzu-stand von geringer Grösse und mit wenig Flüssigkeit in dem kleinen, der Blase entsprechenden Abschnitt. Bandwurm- kopf klein, aber mit einem keulenförmigen oder rüsselartigen, schwache Haken tragenden Eostellum. Eier mit mehrfachen Hüllen. Embrj-onen meist mit grossen Haken. Die cysti- cercoiden Jugendformen leben vornehmlich in Wirbellosen , in Wegschnecken, Insecten etc., seltener in kaltblütigen AVirbelthieren (Schleihe). T. cucnmerina Bloch., im Darme der Stubenhuude, aber auch im menschlichen Darme. Das Cysticercoid (Fig. 351) lebt (nach Melnikoff und E. Leuckart) in der Leibeshöhle der Hundelaus und des Flohes. Die lufection mit Cj'sticercoiden geschieht dadurch, dass der Hund den ihn belästigenden Para- siten verschluckt, während der Parasit die mit dem Koth an die Haut geriebenen Eier frisst. Identisch ist T. elliptica Batsch., im Darme der Katze. T. expansa Eud., im Schafe. T. denticulafa Eud., im Rind. T. ijectinata Goeze und T. Leucl-arti Eiehm , im Hasen. 2. Brachytaeniae. Von sehr breiter, kurz geringelter Körperfonn und seitlicher Aus- mündung des Geschlechtsapparates. T. perfoliata Goeze (T. plicata Eud. noch unausge- wachsene Jugendform), im Pferd. T. mamillana Mehl , im Pferd. T. nana Bilh. v. Sieb., im Darm der Abj'ssinier, auch in Sicilien beobachtet, von kaum Zolllänge, nahe verwandt, wenn nicht identisch mit T. muri na, deren Cysticercoid sich nach Grassi und Rovelli ohne Zwischenwirth in den Darmzotten der Eatte entwickelt. T.flavopunctata Weinl., im menschlichen Darm, von AVeinland in Nordamerika entdeckt, aber auch von Grassi in 4. (Irdnung. Nemertini 371 Er ifl Italien gefunden und iils iilcntisili mit T. tUmi>u(ta Riul. = lejitoccpliala Crepl. der Ratte betrachtet. Eine besondere Gruppe von Taenien bilden die Taenieu mit flächenständigen Genital- ütfnungen. T. Utterafa Batsch. T. lineata Goeze im Darm des Hundes. Zu einer anderen Gruppe gehören die Taenien aus dem Darm der Vögel. T. sinuosa Zed., im Dann der Gans und Ente. T. tenuirosiris aus Merganser und Anas, beide mit geschwänzten Cystieercoiden aus (lammarus, als .lugendformen. 4. Ordnung, Nemertini ^) = Rhynchocoela, Scliiiurwürmer. Langgestreclxtc , häiiji;/ hauilförwlyc Platt in'iniicr, Fig. 359. mit (jcmdem, wittcht Aften\ff'nuvg (msmündendcui Darm, f/csondcrteni vorstülplmrcn Eüsscl , mit Bhitgefässrn, meist mit zirci Wi)iipcrgnthcii aui Koj)fth<'il, gct rennten Geschleehts. Die Schnurwiirmer sind nicht nur durch ihre lang- gestreckte Leibesform, sondern auch durch ihre l)edeu- tende Körpergrüsse und hohe Organisation ausgezeich- net. Unter der Haut, welche Pigmente , sowie flaschen- förmige Schleimdrüsen enthält, breiten sich mächtige, von Bindegewebe durchsetzte ^luskelschichten aus. Durch das Vorhandensein eines ectodermalen Enddarmes liat der geradgestreckte, die ganze Länge des Körpers durch- setzende Darmcanal eine Afteröffnung erhalten. Stets tindet sich am vorderen Körperende oberhalb des Mund- darmes ein langer vorstülpbarer, zuweilen mit stilet- förmigen Stacheln bewaffneter schlaucht ormiger Rüssel, welcher vor der Mundöffnung durch eine besondere Oetfnung hervortritt und in eine kräftige, von der Leibes- höhle getrennte Muskelsclieide zurückziehbar ist (Fig. o59). Derselbe enthält im Grunde seines Hauptabschnittes bei zahlreichen Nemertincn (HopJonemerfinen) einen grösseren, nach vorne gerichteten Stachel und zu dessen Seiten in Nebentaschen mehrere kleine Nebenstacheln. Der dahinter gelegene drüsige Rüsselabschnitt, an Avelchen sich Retractoren befestigen, ist mit Claparede als Giftapparat aufzufassen. Beim Hervorstrecken des Rüssels rückt die am blindgeschlossenen Grunde ange- '^^''^"' ^ «eitenorgan, xc _ Nervencentrum, S.s seitliche brachte Stachelbewaffnung an die äusserste Spitze. Das Nervenstämme, oc Augen. Tttiasttmnw obbCiii um, nachM Schultze Junge'? Exemplar von drei Linien Länge. O Mund, D Darm, A After, Bg Blutgefässe, R Rüssel mit Stilet, E.f seit- liche Stämme des Wasser- gefässsystems, P Poren der- ^) A. de Quatrefages, Memoire sur la famille des Nemertiues. Ann. des sc. nat., Ser. 3, Tom. VI, 1846. Mo. Intosh, On the structure of the British Nemerteans. Trans- act. Edinb. Royal Soc, Tom. XXV, 1 und 2. Barrois, Memoire sur TEmbryologie des Nemertes. Paris 1877. Hubrecht, The genera of Europ. Nemerteans etc. Notes from the Leyden Museum, vol. I, 1879. Derselbe, Zur Anatomie und Physiologie der Nemertinen. Amsterdam 1880. R. Dewoletzky , Das Seitenorgan der Nemertinen. Arbeiten aus dem zool. Institute. Wien, Tom. VIT, 1888. 24* '-yJS Nemertini. Blutgefässsystem. Ochini erlangt eine bedeutende Entwicklung, seine Hälften lassen mehrfache Abschnitte, gewöhnlich eine obere und untere Ganglienraasse, nachweisen und sind durch eine Quercommissur über dem Schlünde, /u der noch eine dorsale, den Rüssel umgreifende Commissur hinzukommt, verbunden. Die zwei unteren Ganglien setzen sich in die seitlichen Nervenstämme fort, welche in einzelnen Fällen (Oerstedtia) an der Bauchseite zusammen- rücken. Die Nervenstämme enthalten nicht nur Nervenfasern, sondern einen Belag von Ganglienzellen, welche sich an den Abgangstellen von Nervenästen zu gangliösen Anschwellungen anhäufen können. Bei den Em- bryonen von Prosorochmus CJaparklii sollen die Nervenstämme mit einer Anschwellung enden. Am Kopftheil finden sich zwei stärker bewimperte, als Kopfspalten bezeichnete Einsenkungen, welche in besondere, von Nerven des Gehirns versorgte, als Sinneswerkzeuge fungirende sog. Seitenorgane führen. Augen kommen sehr verbreitet vor, und zwar in der Regel als Pig- mentflecken, zuw^eilen mit eingelagerten lichtbrechenden Körpern. Nur selten, wie bei Oerstedtia pallida, finden sich zwei Otolithenblasen am Gehirn. Die Nemertinen besitzen innere Dissepimente, w^elche auf Metameren be- zogen w^orden sind, sowie ein Blutgefässsystem. Dasselbe besteht aus zwei ge- schlängelten Seiteugefässen, in denen das Blut von vorne nach hinten strömt, und aus einem gerade gestreckten Rückengefäss mit umgekehrt gerichtetem Blutstrora. Das letztere ist am hinteren Körperende und in der Gegend des Gehirns durch weite Schlingen und im Verlaufe durch zahlreiche engere Quer- anastomosen mit ersteren verbunden. Die Gefässe haben contractile Wan- dungen. Das Blut ist meist farblos, bei einigen Arten jedoch röthlich gefärbt. Bei Ämphiporus splendens, Borlasia (Amphiforus) sphndida ist sogar die rothe Farbe (Hämoglobin) an die ovalen scheibenförmigen Blutkörperchen gebunden. Die Schnurwürmer sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen (Borlasia Itermaphrodltica)^ getrennten Geschlechts. Beiderlei Geschlechtsorgane be- sitzen den gleichen Bau und erweisen sich als mit Eiern oder Samenfäden gefüllte Schläuche, w^elche in den Seitentheilen des Körpers zwischen den Taschen des Darmes liegen und durch paarige Oetfnungen der Körperwaud nach aussen münden. Die ausgetretenen Eier bleiben häufig durch eine schleimige Gallerte verbunden und werden dann in unregelmässigen Massen oder als Eierschnüre abgesetzt, aus deren Mitte das Thier ähnlich wie der Blutegel aus dem Cocon hervorgekrochen ist. Einige Formen, wie Prosoroch- mus Claparedn und Tetrastemma ohscuruut, sind lebendig gebärend. Die Entwicklung ist bei den Eier legenden Sclnzoncmertinen eine Meta- Hiurphose, bald mit bewimperten Larven, unter deren Hülle das spätere Thier direct seinen Ursprung nimmt (Desors Larve), bald mit helmförmigen Lar- venzuständen, welche früher als Pilidiimi beschrieben wurden. Im letzteren Falle entsteht nach Ablauf der totalen Furchung ein kugeliger bewimperter Embryo, welcher die Dotterhaut durchbricht, als freischwimmende Larve Entwicklung. Lebensweise. 373 Fi-. 360. Pilidium, nach E. Metschnikoff a rreischwimmende Jugend- form mit Einstülpung (Darmanlage) 6 älteres btadinm von Fechter- hutform, E, E' die beiden Paare von Hauteinstülpungen, D Darm. durch Einstülpung die Darmanlage bildet und am gegenüberliegenden Vorder- ende eine lange Wirapergeissel gewinnt (Fig. ;^60a). Zu den Seiten des Mundes wächst je ein breiter Lappen hervor, welcher von einer starken Wimperscluiur umsäumt wird (Fig. 360 h). Die Anlage des Nemertinen- leibes erfolgt vermittelst zweier vom Ectoderm aus eingestülpter Scheiben- paare, welche durch Ver- wachsung einen kahnför- niigen, den Darmai)parat aufnehmenden Keimstrei- fen herstellen. Derselbe ent- spricht dem Kopf und Bauch der späteren Nemertinen, während der Rücken erst später entsteht und der Rüssel als Einstülpung am Vorderende des Keimstrei- fens gebildet wird (Fig. 361). Später durchbricht der junge Nemertes die Reste des Larvenleibes Die Hoplouemertinen entwickeln sich direct. Die Nemertinen leben vorzugsweise im Meere unter Steinen im Schlamm die kleineren Arten aber schwimmen frei umher. Auch gibt es landbewoh- nende, sowie pelagisch lebende Formen. Einzelne Arten bauen Röhren und Gänge, die mit einem schleimigen Ab- sonderungsproduct ausgekleidet wer- den. Die Nahrung besteht bei den grösseren Arten vornehmlich aus Röh- renwürmern, die sie aus den Gehäusen mittelst des Rüssels hervorziehen. In- dessen gibt es auch parasitische Nemer- tinen, welche wie die Hirudineen mit einem hinteren Saugnapf bewaffnet sind (MalacohdeUa). Die Schnurwürmer zeichnen sich durch eine grosse Repro- ductionsfähigkeit aus. Theilstücke, in welche einzelne Arten leicht zerbrechen, sollen sich unter günstigen Umständen zu neuen Thieren entwickeln können. 1. Unterordnung. Palaeonemertini (Anopla e.p.). Rüssel ohne Bewaffnung. Die Kopf- spalten beschränken sich auf die kurzen trichterförmigen Eingänge in die Seitenorgane. Aelteres Pihdium mit Wimperschopf und angelegtem Wurmkörper, nach Bütschli. Oe Oesopliagus, D Darm, Am Aranionhülle , R Rüsselaalage des Nemertes, So Seitenorgan. 374 !!• Classe. Nemathelininthes. Letztere erscheinen im Zusammeuhange mit dem Gehirn. Die Muskulatur besteht aus einer äussern Kingfaser- und inneren Längsfaserschichte. Die Nervenstämme verlaufen ausserhalb der Eingniuskelschichte. Mund hinter dem Kopfganglion. Fam. Carinelliclae. Carinella .lohnst. Ki'irper sehr lang gestreckt, vom Kopfe ab nach hinten allmälig verjüngt. Kopfende ge- rundet. C. anHulata Mtg., Küste von England, Frankreich, Mittelmeer, Adria. Polia Delle Ch., I'. (lelineata, Mittelmeer. 2. Unterordnung. Schizonemertini (Anopla e. p.). Der Rüssel entbehrt der Bewaffnung. Die Kopfspalten nehmen die ganze Seite des Kopfes ein. Die Seitenorgane erscheinen als un- mittelbare Fortsätze des Gehirns. Die Muskulatur besteht ausser der Eingfaser- und inneren Längsfaserschichte noch aus einer äusseren Längsfaserlage , unterhalb welcher die Nei-ven- stämme verlaufen. Mund hinter dem Kopfganglion. Fam. Lineidae. Ganglion verlängert. Körper mehr oder minder abgeplattet. Lineas marinus Mont., L. longissimus Sim. (Sea- lonji-norm des Bor läse, BorJasia anfflica Oerst., Nemertes Borlcisä Cnv.), wird 15 Fuss und mehr lang. Englische Küste. Cerebratulus uiarginatus =^ Meckelia somutofomiis F. S. Lkt., Adria und Mittelmeer. Micrura fasciolata Ehrbg., nordische Meere bis zur Adria. 3. Unterordnung. Hoplonemertini (Enopla). Rüssel mit Stiletten bewaffnet. Die Kopf- spalten sind kurz iind trichterf önnig. Die Seitenorgaue stehen durch einen längeren Nerven mit dem Gehirn in Verbindung. Die Muskulatur besteht blos aus einer Ringfaser- und inneren Längsfaserschichte. Die äussere Längsfaserlage fehlt. Die Nervenstämme verlaufen innen von der inneren Längsfaserschichte. Mund vor dem Gehirnganglion gelegen. Fam. Ampki- porhlae. Ganglien mehr gerundet. Körper kurz und breit. Amphiporus lactifloreiis Johns. Lebt unter Steinen, von den nordischen Meeren bis zum Mittelmeer verbreitet, 3—4 Zoll läng. Drepanophorus speciahilis Quatr., Tetrastemma obscitrum M. Seh. Lebendig ge- bärend, Ostsee (Fig. 344). T. ayricola Will. Suhm, Landbewohner. Prosorochmus Claparedii Kef. Ovovivipar. Nemertes yracüis Johnst. Verwandt ist die Familie der Cephalotrichidae. Die Kopfspallen und Seitenorgane fehlen. Kopf nicht abgesetzt, sehr lang und zugespitzt. y'ephalothrix hioculata Oerst., Sund. II. Classe. Nemathelminthes, Eundwürmer. Würmer roii drrhrunder^ srldaueh- oder fadciiförnriger Kür^jerc/esf alt , mit Fiipdlen oder niif Hal-cnheu-affnung am corderen Pole, getrennten GeseJdecJites. Der ungegliederte Leib ist drehrund, schlauchförmig bis fadenförmig und in der Regel an beiden Enden verjüngt. Mit seltenen Ausnahmen fehlen bewegliche Borsten, dagegen kommen nicht selten besondere Watfeu und Haftorgane als Zähne und Haken an dem vorderen Körperende vor, wie auch in einzelnen Fällen am Bauche kleine Saiiggruben zur Befestigung bei der Begattung auftreten können. In der Regel besitzt die Haut eine dicke Cuti- cula und einen vollkommen entwickelten Muskelschlauch, welcher nicht nur Biegungen und Krümmungen, sondern bei dünneren fadenförmigen Nema- toden auch Schlängelungen des Leibes gestattet. Die vom Hautmuskelschlaueh umschlossene Leibeshöhle enthält die Blutflüssigkeit und schliesst die Ver- dauungs- und • Geschlechtsorgane ein. Blutgefässe und Respirationsorgane fehlen. Dagegen ist ein Xervensgsieui überall vorhanden. Von Sinnesorganen kommen bei freilebenden Formen nicht selten einfache Augen vor. Zum Tasten dient vornehmlich das vordere Körperende, zumal Avenn sich Papillen und lipi»enartige Erhebungen oder Borsten an demselben Hnden. Die Excretions- organe treten in verschiedener Form auf. entweder als paarige, durch ge- Nematodes. Körperbau. 375 iiieinsainen Puriis ausmündende Canäle, welelie in die sog. Sätcnfehhr oder Sritenünieti fallen oder als sich verzweigende subcuticulare Canäle. Von sel- tenen Ausnahmen abgesehen, sind die Nemathelminthen getrennten Ge- schlechts und entwickeln sich direct oder mittelst ]Matamorphose. Larven und (Icschlcchtsthiere sind nicht selten auf zwei verschiedene Träger vertheilt. Der grüssten Mehrzahl nach sind die Rundwürmer Parasiten, entweder zeitlebens oder in verschiedenen Altersstadien, indessen kommen auch frei- lebende Formen vor, welche oft zu parasitischen Rundwürmern die nächste \'er\vandtschaft zeigen und phylogenetisch als die ursprünglicheren Typen zu betrachten sein dürften. I.Ordnung. Nematodes i), Nematoden, Fartenwürmer. h'ioHltn'inucr mit Mund und Dfiniinmrd, vorulcfjmd Parasiten im Leihe liölterer T/iiere. Die Nematoden besitzen einen sehr gestreckten fadenförmigen Leib, dessen Bewaffnung durch Papillen am vorderen Kiirperpole in der Umgebung des Mundes und durch Spitzen und Haken innerhalb der JMundh()hle gebildet sein kann. Die Mundöffnung führt in eine enge »Speiseröhre, welche in der Regel aus einer dreikantigen, von dicker Muskellage bekleideten Chitinrijhre besteht und häufig zu einem musknl(»sen Bulbus (Pharynx) anschwillt. In ein- zelnen Gattungen (Bhahditis, Oxijuris) l)ildet die Chitinröhre des Pharynx leistenartige Vorsprünge, sog. Zähne, nach denen hin die Radiärmuskeln in Form kegelförmiger Bündel convergiren. Seiner Function nach ist der Oeso- phagus im Wesentlichen ein Saugrohr, welches durch geringe, von vorn nach hinten fortschreitende Erweiterungen Flüssigkeiten einpumpt und in den Darm leitet. Es folgt dann ein mit zelligen Wandungen versehenes muskelloses Darm- rohr mit der nicht weit vom hinteren Körperende an der Bauchfiäche mün- denden Afteröffnung (Fig. 362). Dagegen finden sich am hinteren Darmstück besondere Muskelfasern der äusseren Seite der Wandung angelagert, welche diesem Theil die Fähigkeit der Contractilität verleihen. Auch treten häufig noch Muskelfasern von der Haut an die Wandung des Enddarmes heran. Bei einigen Nematodeu kann der After fehlen (Mermis)^ bei Gordius der Mund ') Au.sser den älteren Schriften von Rudolplii, Bremser, Cloquet, Du j ardin, vergl. Diesing, Systema helminthum, 2 Bde. Wien 1850/51. Derselbe, Revision der Nema- toden. Wiener Sitzungsberichte, 1860. Claparede, De la formation et de la fecondation des oeufs chez les vers Nematodes. Geneve 1856. A. Schneider, Monographie der Nema- toden, Berlin 1866. R. Leuckart, Untersuchungen über Trichina spiralis. Leipzig und Heidelberg 1866. 2. Auflage. Derselbe, Die menschlichen Parasiten etc., Tora. II. Leipzig und Heidelberg 1876. C. Claus, Ueber Leptodera appendiculata. Marburg 1868. 0. Bütsch li, Untersuchungen über die beiden Nematoden der Periplaneta orientalis. Zeitschr. für wiss. Zoologie, Tom. XXI, 1871. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss des Nervensystems der Nematoden. Archiv für mikr. Anatomie, Tom. X. A. Goette, Untersuchungen zur Ent- wicklungsgeschichte der Würmer. Leipzig 1882. IL R. Leuckart, Neue Beiträge zur Kennt- niss des Baues und dm- Lebensgeschichte der Nematoden. Leipzig 1887. 376 Nematodes. Haut. Muskulatur. 868. :f^% und vordere Tlieil des Darmes eine Rückbildung erleiden. In anderen Fällen wird derselbe nach Obliteration des Lumens zu einem soliden Zellenstrang (Mcrmis albicans, Attractonema), der nur noch als Nahrung (Reservestotte) sammelnder Apparat Bedeutung hat, oder während der ontogenetischen Ent- wicklung spurlos sammt Mund und After (Alkintonema mirnhUc) schwin- det. Die Nahrungsaufnahme erfolgt dann durch die Oberfläche des Leibes. Der sog. Zelloikörper von Gordiv.s ist wahrscheinlich auf Wucherungen pei'itonealer Zellen zurückzuführen (Vejdovsky ^). Die derbe, oft quergeringelte und aus mehrfachen Schichten ge- bildete Cuticula liegt einer weichen feinkörnigen , zelligeu Öubcuticular- schicht (Hi/podermis) auf, welche als die Matrix der ersteren anzusehen ist. Auf diese folgt nach innen der hoch- entwickelte Hautmuskelschlauch, wel- cher aus band- oder spindelförmigen Längsmuskeln besteht. Die Körper- oberfläche kann zuweilen Sculpturen, Muskeizeiie eines z. B. polyedrische Felder und Längs- rippen zeigen und Fortsätze in Gestalt von Höcker- cheu, Stacheln-) und Haaren besitzen. Häutungen, d. h. Abstreifnngen derCaticularschichten, scheinen ausschliesslich in der Jugend vorzukommen. Die auf je eine Zelle zurückführbaren Muskeln setzen sich häufig in blasige, oft mit Ausläufern versehene An- hänge fort, welche einen hellen, zuweilen körnig- faserigen Inhalt (Marksubstanz) besitzen und in die Leibeshöhle hineinragen (Fig. 363). Je nachdem die Zahl der nach bestimmten Gesetzen angeordneten Muskelzellen auf den Querschnitt eine nur geringe (8) oder eine beträchtliche ist, werden die Nematoden als Meroniijarier oder Foli/myarier bezeichnet. Bei den letzteren stehen die j\Iuskelzellen häufig durch quere Ausläufer der Mark- substanz, welche sich über den sog. jMedianlinien zu je einem Längsstrange vereinio-en, im Zusammenhan »•. Oxyuris vermicularis , nach R. Leuckart. a Weibchen. OMnnd, A After, V Genitalöffnung. — b Männchen mit gekrümmtem Hinterende. — c Letzteres ver- grössert. Sp Spiculum. — d Ei mit eingeschlossenem Embryo. ') Zur Morphologie der Gordiiden. Zeitschr. für wiss. Zool. XLIII, 188B. ^) Dieselbe kann auch Erhabenheiten mancherlei Art, ja in einzelnen Fällen ein voll- ständige.'! Stachelkleid tragen ( CJ/ciracanfhifs'Dit'ü. = (-natliof^toma Ow., Cli. liispidum Fedtsch.). Excretionsorgane. Nervensystem. Sinnesorgane. 0< i Fast überall bleiben zwei seitliche Längsstreifen von Muskeln frei, die sog. SeitenUnkn oder Seite nfeldcr, welche den anliegenden Muskelfeldern an Breite gleichkommen können. Dieselben werden von einer feinkörnigen, mit Kernen durchsetzten Substanz gebildet und umschliessen ein helles, Körnchen enthaltendes Gefäss, welches sich mit dem Gefässe der entgegengesetzten Seite in der vorderen Körpergegend verbindet und in einer gemeinsamen Querspalte , dem Gefässjtonis , in der Medianlinie ventralwärts ausmündet. Diese Seitenschläuchc gelten nach Lage und Bau als dem Wassergefäss- systeme homologe Excretionsorgane. Die Seitenlinien sind sammt den Seiten- schläuchen bei Gordius mid AUantonema geschwunden. Ausserdem unter- scheidet man noch Medianlinien (Rücken- und BauchJinien), accessorische Medianlinien (Subinedianlinien)^ letztere zwischen Hauptmedianlinie und Seitenfeld. Auch die Medianlinien sind bei den erwähnten Gattungen ausge- fallen. Doch findet sich bei Gordius ein mächtig entwickelter Bauchstrang, welcher der Lage nach der ventralen Medianlinie entspricht und die Bedeutung eines Nervenstranges haben soll. Hautdrüsen sind vornehmlich in der Nähe ma. 881 zu einem körnigen Detritus zerfallenden Körperthcilen der Mutter sich er- nähren. Schliesslich wandern dieselben als schlanke, schon ziemlich grosse Hundwürmchen durch die Mundhöhle und Stimmritze in die Lunge der Batrachier ein. Ein ähnlicher Wechsel mit freilebenden Rhabditis-Genera- tionen ist für das im Darm des ^lenschen lebende Rhahchnwma stromjijloldcs (AuguilMa stercomUs), sowie den hermaphroditischen Parasiten des Fichten- käfers (Alkmtoncma miraUlc) nachgewiesen worden. Auch die in der rotlien Nacktschnecke (Ärion enipiriconini) lebende Leptodera appendkulata zeigt in ihrer Entwicklung einen ähnlichen Wechsel heteromorpher Generationen, der freilich insofern nicht streng alternirend ist, als zahlreiche Rhabditiden- Fig. 366 « Rhabdonema nigrovenosiim von circa 3'5 Mm. Länge im Stadium der männlichen Reife. G Genitaldrüsen, O Mund, D Darm, A After, N Nervenring, Drz Drüsenzellen, Z isolirte Zoospermien, — b Männliche und weibliche Ithabditis-VoTiaen derselben von circa 1-5 bis 2 Mm. Länge. Ov Ovarium, V weibliche Ge- nitalöffnung, T Hoden, Sp Spicula. Generationen auf einander folgen können. Auch darin verhält sich Ltpfodera eigenthümlich, dass die parasitische Form in der Sehnecke mundlos bleibt und sich als eine durch den Besitz von zwei langen bandförmigen Schwanz- anhängen charakterisirte Larve darstellt, welche erst nach der Auswanderung in feuchte Erde, nach Abstreifung der Haut und Verlust der Schwanzbänder rasch zur Geschlechtsreife gelangt. Die Nematoden ernähren sich von organischen Säften, einige auch von Blut und vermögen dann mit ihrer Mundbewafifnung Wunden zu schlagen und (iewebe zu zernagen, Sie bewegen sich unter lebhaft schlängelnden Krümmun- gen nach der Bauch- und Rückenfläche, die somit als die Seitenflächen des sich bewegenden Körpers erscheinen. Ihrer Mehrzahl nach sind die Nema- toden Parasiten, die freilich auch in jugendlichen Stadien (Strougyloidcen) 382 Nematodes. .Sphaerularia. oder hl bestimmten Generationen (Rhabditits-( Generation der h'hahfJoncwa- Arten) frei leben. Zahlreiche kleine Nematoden treten jedoch überhaupt nicht als Parasiten auf, sondern bevölkern als freilebende Bewohner das süsse und salzige Wasser und den Erdboden. Andere, diesen verwandte Nematoden schmarotzen in Pflanzen, z. B. AnguilMa tritici, dipsaci u. a. und vermögen auch g-allenähnliche Deformitäten zu erzeugen (Ti/hnclius). andere leben in Fis. 367. a Männliche Sjjhacnüaria in der Larvenhaut (Lc). b Weibchen mit halbausgestülpter Scheide (S). c Ha selbe mit schlauchförmig ausgewachsener Scheide, d Ausgebildeter Schlauch der Scheide mit aufgenoir Ovarium, Oviduct, Uterus und anhängendem Wurmkörper (W), nach R. Leuckart. faulenden vegetabilischen Substanzen, z. B. das Essigälchen in gährendem Essig und Kleister. Auch kann die Auswanderung des Parasiten nothwendige Bedingung zum Eintritt der Geschlechtsreife sein, die erst bei freiem Aufent- halt in feuchter Erde (Mermis) oder im Wasser (Gordlus) erfolgt und zur Begattung l)eider Geschlechter führt. Wiederum abweichend sind die erst in jüngster Zeit bekannt gewordenen Fälle kleiner Nematoden, deren Weibchen Asc.irid;ie. H8-) CS ausschliesslicli sind, welche nach der ]>c:estellten Flossen, ^) R. Leuckart, Ueber die Lebensgeschichte der sog. Anguillula stercoralis und deren Beziehungen zu der sogenannten Anguillula intestinalis. Berichte der k. sächs. Ge- sellschaft der Wissensch., 1882. ^) A.Schneider, Ueber die Entwicklung der Sphaerularia bombi. Zoolog. Beiträge, Breslau, Tom. I. R. Leuckart, Ueber die Entwicklung der Sphaerularia bombi. Zool. An- zeiger 1885. Derselbe, Neue Beiträge zur Kenntniss etc. der Nematoden. Leipzig 1887. ") Vergl. A. Krohn, Anatomisch - physiologische Beobachtungen über die Sagitta bipunctata. Hamburg 1844. R. Wilms, De Sagitta mare germanicum circa insulam Helgo- land incolente. Berolini 1846. Kowalevski , Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Mem. de l'Acad. St.-Petersbourg, Tom. XVI. 0. Hertwig, Die Chaetognathen, eine Monographie. Jena 1880. B. Grassi, I Chetognati. Leipzig 1883. 390 Chaetognathen. :2. « •rdiiiing. Acanthocepliali. Fig. 374. R. ^ f H f r 1 1 ' °-, Ü (?j;T ! W & ci I|i 3. Od i) : deren niemhranartiger Saum durch Strahlen gestützt wird. Der Vorder- abschnitt des Leibes setzt sich scharf als Kopf ab und trägt in der Umgebung des Mundes zwei seitliche , ventral gelegene Haken- gruppen, welche als Kiefer fungiren. Das Nerven- system besteht aus einem die Augen tragenden Gehirn- ganglion und einem etwa in der Mitte der Körper- länge gelegenen Bauchganglion. Dazu konnnen noch zwei neben dem Munde gelegene Ganglien, welche als untere Schlundganglien aufzufassen sein dürften und durch eine Schlundcommissur untereinander und mit dem Kopfganglion verbunden sind. Das gerad- gestreckte Darmrohr, vom Oesophagus an abwärts durch ein Mesenterium an der Leibeswand befestigt, mündet an der Basis des langen, mit einer horizon- talen Flosse endenden Schwanzes in der Afteröffnung nach aussen. Die Sagitten sind hermaphroditisch und besitzen paarige, mit Samentaschen verbundene Ova- rien, die durch zwei Oeftnungen an der Basis des Schwanzes ausmünden, und ebensoviel dahinter ge- legene Hoden, deren Samen producte durch Oeffnun- gen an den Seiten des Schwanzes nach aussen ge- langen. Die Furchung des Eies ist eine totale und führt zur Bildung einer Keimblase. Diese stülpt sich von einer Stelle aus bis zum Verschwinden der Fur- chungshöhle ein, so dass eine Gastrula entsteht, in deren Entoderm zwei Zellen bereits als Uvgeschlechts- zellen erkannt werden. Wenn diese aus dem Entoderm austreten, bildet dasselbe an dem aboralen Pole zwei Falten, durch welche die Gastralhöhle in einen mitt- leren und zwei seitliche Räume zerfällt. Während die Zellbekleidung der letzteren zumMesoderm wird, liefert die des mittleren Raumes die Darmwand, an welcher, dem sich schliessenden Urmund gegenüber, der blei- bende Mund zum Durchbruch kommt. Sagitta Slab. S. hipiinctata Krolin, S. ijermaiiica Lkt. Pag., .S'. (Spadella) cepluiloptera Busch. Europäische Meere. 2. Ordnung. Acanthocephali^), Kratzer, Acantho- ceplialeii. Lanygestnrktc scldauchförmkje Bundivürmer mit vorstillpharem, hakcntrar/endem Eüsscl, ohne Mund und Darm. Sagitta (Spadella) eephaloptera, oOnial vergrössert, von der Rückenseite aus gesehen, nach ( >. H e r t w i g. F Hintere Flosse, G Ganglion, Te Tentakeln, R Kiechorgan, Ov Ovarinm, Od Oviduct, T Hoden, Vd Vas de- ferens, Sh Samenblase. ') Ausser Dujardin, Die sing 1. c. vcrgl. : R. Leuckart, Parasiten des Menschen, Tom. II, 1876. Greeff, Untersuchungen über Echinorhynchus miliaris. Arch. für Natur- geschichte, 1864. B. Grassi und S. Calandruccio, Ueber einen Echinorhynchus, welcher Körperbau der Acanthoci>iihaleii. 391 Fig. 375. Rs Le Der schlaiichfV»i'inige, oft quergeringelte Körper beginnt mit einem Wider- haken tragenden Rüssel, welcher in einen in die Leibeshöhle hineinragenden Schlauch (Rüsselscheide) zurückgestülpt werden kann. Das hintere Ende dieser Rüsselscheide wird durch ein Band und durch Retractoren (RetinaculnJ an der Leibeswand befestigt. Im Grunde derselben liegt das Xervenst/stem als ein- faches, aus grossen Zellen gebildetes Ganglion, welches Nerven nach vorne in den Rüssel und durch die seitlichen Re- tractoren nach den Wandungen des Kör- pers entsendet (Fig. 375). Die sich von hier aus vertheilenden, lateral verlaufen- den Nervenfasern versorgen theils die Mus- kulatur des Körpers, theils den Ge- .schlechtsapparat, für welchen sie vor- nt'imilich beim männlichen Thiere in An- schwellungen besondere Centra erhalten. S'tnnesoryane fehlen durchwegs. Ebenso Mund, Darm und After. Die ernährenden ►Säfte werden durch die gesammte äussere Haut aufgenommen, welche in ihrer wei- chen Öubcuticularschicht ein complicirtes System von Canälen einschliesst. Auf die untere oft sehr umfangreiche und gelb gefärbte Hautschicht folgt der kräf- tige, aus äusseren Querfasern und inneren Längsfasern zu- sammengesetzte Muskelschlauch, welcher die Leibeshöhle l)egrenzt. Das Canalsystem der Haut erstreckt sich auf zwei hinter dem Rüssel durch den Muskelschlauch in die Leibeshijhle hineinragende Vorstülpungen , die Lcmnisci. Nach Schneider sollen die Gefässe der Lemnisci in einen "*<='' ^- Leuckart. , 1 TT -1 ^ Rüssel, Es Rüssel- Rmgcanal der Haut munden , aber nur mit den voraus- scheide, Li Ligament, gelegenen, netzförmig verbundenen Canälen des Kopftheils ^ Ganguon, Le Lem- . ,-,1 -, T111T-- ■"^°'' T Hoden, Vd communiciren, wahrend der von dem Inhalt der Lemnisci vas deferens, p<- Pro- verschiedene Inhalt der eigentlichen Hautgefässe des Kör- stataschiäuche,i)eDuc- ..„. , , , -1 1 cij. •• ^"^^ ejaculatorius, P pers, von jenen völlig abgeschlossen, in besonderen Stro- penis, b eingestülpte mungen sich bewegt. ^"'■■*- Vordertheil eines Echi- 7wvhync)nis. R Rüssel, Es Rüsselscheide , G Ganglion, ie Lemnisci, R Retinacnla. Pr Männchen von Ecliino- rhynchns angusfatus Geschlechtsorgane, welche durch ein Ligament am Ende der Rüsselscheide befestigt sind. Die Geschlechter sind getrennt. Die Männchen besitzen zwei Hoden, ebensoviel Ausführungsgänge, ein gemeinsames, mit sechs Drüsen- schläuchen versehenes Vas deferens und einen kegelförmigen Penis im Grunde auch im Menschen parasitirt und dessen Zwischenwirth ein Blaps ist. Centrallilatt für Bak- teriologie und Parasitenkunde. III. Bd. 1888. 0. Hamann, Die Nemathelrainthen, I.Heft, Monographie der Acanthocephalen. Jena 1891, 2. Heft, 1895. 392 Acanthocephali. Fortpflanzung. Fig. 377. Fi-. 378. einer glockcnf "örmigen , am hinteren Leibesende hervorstülpbaren P.nrsa (Fig. 876). Die Geschlechtsorgane der grösseren Weibchen bestellen aus dem im Ligamente entstandenen Ovarium, einer mit freier Mündung in der Leibes- höhle beginnenden, complicirt gebauten Uterusglocke, dem Eileiter und der kurzen Scheide, welche, in mehrere Abschnitte gegliedert, am hinteren Körper- ende ausmündet (Fig. 877). Nur in der Ju- gend bleibt das Ovarium ein einfacher Körper und von der Haut des erwähnten Ligamentes umschlossen. Mit der fortschreitenden (^rös- senzunahme theilt sich dasselbe unter fort- gesetzter Wucherung in zahlreiche Eier- ballen, unter deren Druck die Haut des Liga- ments einreisst ; die Eierballen , sowie die reifen, aus ihnen sich lösenden länglichen Eier fallen in die Leibeshöhle. Die Eihüllen entstehen erst nach der Dotterfurchung und sind demnach wohl als Embryonalhüllen zu deuten. Aus der Leibeshöhle gelangen die Ein von den Ki- hüllen umschlos- sener Embryo von Kcliiiiurlnjii- cliiis (jiijns. nach R. lieuckart. Fio-. 379. Leitungsweg eines weib- lichen KcIihio)hyiic)ius (ji- (jns, nach A. Andres. Li Ligament, F scheiben- förmige Flocken, F', F" Anhänge derselben, l' Uterus. T'Scheide, ß La- toraltaschen der (Jlocko, (i(l dorsale Zellen am (;iockengrunde, Gl seit- liche Zellen am (ilocken- halsp. Larven vnn Krhhwrhynrhiis proiens aus (Jammarus, nach R. Leu- ckart. a Freigewordener Embryo. Ek Embryonalkern. - /) Ael- teres Stadium mit weiter differonzirtem Embryonalkern. — c VÄn .junger weiblicher Wurm. Oc Ovarium. — dürfte überall geschlossen Verdauungscanal von Aphrodite 1 T • 1 ^•• T •! 1 "1 1 1 acjtteato, nach M. E d w ards. PA sein, so dass die m der secundaren Leibeshohle be- pi^^^y^^^ ^ Darm, l Leber- tindliche helle Ernährungsfiüssigkeit, welche wie das anhänge desselben. Blut amöboide Köri)erclien enthält, mit dem meist gefärbten Blutinhalt der ^(J(J Chaetopoda. (iefasssy stein. Kfspiratiousorgane. Gef ässe nicht commiinicirt. Das oberhalb des Darmes gelegene Riickengefäss ist meist contractu. In demselben strömt das Blut von hinten nach vorn, im iJaiichgefäss in umgekehrter Richtung. Es kommt aber sehr allgemein noch ein zweites ventrales Langsgefäss (Subneuralgefäss), welches an der Ganglien- kette verläuft, hinzu. Rücken- und Bauchgefässe sind nicht nur an ihren Enden, sondern auch in den einzelnen Segmenten durch Seitenschlingen ver- bunden, von denen aus sich peripherische Gef assnetze in die Haut und Darm- wand, sowie in die Kiemen erstrecken. Zwischen Körperwand und Darm findet sich eine vom Blutgefässsystem gesonderte, von Peritoneal-Epithel ausgekleidete Leibeshöhle (Coelom). die durch ein dorsales und ventrales, den Darm suspendirendes Mesenterium in zwei Seitenräume getheilt ist. Diese zerfallen wiederum durch quere, den Grenzen der Segmente entsprechende Dissepimente in zahlreiche Kammern, welche von einer häufig lymphoide Zellen haltigen Co#lom- Flüssigkeit ( Haemolymphe j erfüllt, unter einander durch Geffnungen communiciren. Unter Rückbildungen der Dissepimente in bestimmten Regionen können grössere zusammenhängende Räume der Leibeshöhle entstehen. Nicht selten werden Zellengruppen des Peritoneums Träger von Excretionsstoflfen \), wie die drüsigen mit Chloragogenzellen erfüllten Wucherungen am Rücken- gefässe der iMnihriciäidcn (vergl. die Pericardialdrüse der Mollusken) und ähnliche Gebilde bei TereheUa, Ärenicola etc. Die dunkelkörnige Concremente enthaltenden Zellen dieser Anhänge lösen sich ab und werden durch die Xephriden nach aussen geführt. Die Leibesflüssigkeit mit ihren lymphoiden Zellen besitzt auch eine nutritive Bedeutung und kann bei Ausfall des Blut- gefUsssystems das Blut vertreten. In diesem Falle sind die Zellen derselben roth gefärbt und hämoglobinhaltig (Glycera, Copitella, Polt/cirrus). Besondere Besplmtionsorgane fehlen sämmtlichen Olk/ochacfcn. Bei den Meereswürmern treten dagegen Kiemen als Anhangsgebilde der Fussstummel auf Dieselben sind entweder einfache Girren, welche Flimmerhaare auf der Oberfläche ihrer zarten Wandung tragen und Blutgefässschlingen aufge- nommen haben, oder verästelte (Amphmome), beziehungsweise kammfT)rmige (Eunicej Schläuche, neben denen noch besondere Girren sich erheben (Fig. 319). Bald sind die Kiemen auf die mittleren Segmente beschrcänkt (Ärenicola) (Fig. 396), bald an fast allen Segmenten, nach dem hinteren Körperende sich vereinfachend, an der Rückenfläche entwickelt (Dorsihrmi- r/iidtaj. Bei den Röhrenbewohnern beschränken sich die Kiemen auf die zwei (Prrtinaria, SahelVidrs) oder drei (l'crehellaj vordersten Segmente (Fig. 392 ). Es fungiren hier zugleich büschelförmig gehäufte und verlängerte Fühler des Kopfabschnittes, welche bei den SnhdUden durch ein besonderes Knorpel- skelet gestützt und mit secundären Zweigen federbuschartig besetzt sein ') Vergl. ausser Vejdovsky, Eisig, P. Meyer 1. c, C. Grobben, Die Pericardial- ilrüse der chaetopoden Anneliden nebst Bemerkungen über die perienterische Flüssigkeit der- selben. Sitzungsberichte der k. Akad. der Wiss. Wien 1888. Excrotionsorgano. Nervensystem. 401 k(»nncii, als Kiemen (('(ipifihrdi/cJiiafa). Entweder stehen diese Fäden ein- fach im Kreise um die MundüÖining herum oder in zwei 8eitengrui)pen ge- ordnet (SerpiiUdcn), deren Basis sich nicht selten in eine Spiralplatte aus- zieht. Diese Anhänge dienen aber zugleich zum Tasten, zur Ilerbeischaffung der Nahrung und zum Aufbau der Röhren und Gehäuse. Als Kxcrctionsoryunc finden sieh oft in allen Metameren paarige Nephri- dien, SccjDU'nfahrfjanc. Dieselben beginnen mittelst eines Wimpertrichters in der Leibcshithle (("oclom). besitzen eine drüsige Wandung, nehmen einen mehrfach gewundenen Verlauf und münden rechts und links je in einem seit- lichen Porus des Segmentes aus. Wie die Drüsengänge überhaupt auch zur Ausführung von Excretionsstoffen der Leibeshöhle (Chloragogenzellen) dienen, so werden dieselben bei den marinen Borstenwürmern zur Brunstzeit in den Fi-. 388. üehirn und vorderer Abschnitt der Ganglienkette a von Serpulu, b von ISlereis. nach Quatrefages O Augen, G Gehirnganglion, c Sohluadeonimissur, ü'j unteres Schlundganglion, e e' Nerven für die Cirri tentaculares, beziehungsweise die Anhänge des Mundsegments. Genitalsegmenten als Eileiter oder Samenleiter verwendet, um die in der Leibesh(»hle freigewordenen Geschlechtsproducte nach aussen zu schaffen. Von besonderen Drüsen im Körper der Chaetopoden verdienen diejenigen Hautdrüsen der Oligochaeten erwähnt zu werden, welchen die als Gürtel be- kannte Anftreibung mehrerer Segmente ihren Ursprung verdankt. Das Secret dieser Drüsen mag die innige Verbindung der sich begattenden Würmer unterstützen. Ferner kommen bei den Ser^mliden zwei grosse, auf der Rücken- fläche des Vorderkörpers mündende Drüsen vor, deren Secret zur Bildung der Röhren, in welchen die Thiere leben, verwendet wird (Fig. 395 Dr). Was das Ncrrcnsysteni anl)elangt, so lagern oft die Längsstränge des Bauchmarkes so dicht aneinander, dass sie einen einzigen Strang zu bilden scheinen (Oligochaeten)^ weichen dagegen bei den Röhrenwürmern merklich, C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. C. Aufl. 26 402 Chaetopoden. Sinnesorffane. Ungeschlechtliche FortpHanziiDg. am meisten im vorderen Abschnitte der Ganglienkette auseinander (Scrpula) (Fig 388 a). Das System von Eingeweidenerven besteht aus paarigen und un- paaren Ganglien, welche die Mundregion und vornehmlich den vorstülpbaren Rüssel versorgen. Non Sinnesorganen m\i[ ein oder TAv^iAugenpaare auf der Oberfläche des Stirnlappens sehr verbreitet. Angenflecken können freilich auch am hinteren Körperende liegen (Fahricia) oder an den Seiten aller Segmente sich regel- mässig wiederholen (PolyophthaJnnis). Selbst auf den Kiemenfäden finden sich bei Sahella- kv\.Q.v\. Pigmentflecken mit lichtbrechenden Kor})ern ange- bracht. Am höchsten entwickelt, mit einer grossen Linse und einer conipli- cirten Retina versehen, sind die grossen Kopfaugen der Gattung Älciope. i) Beschränkter erseheint das Vorkommen von Gehörorganen, welche als paarige Otolithenblasen am Schlundringe von Aren icola, Fahricia^ einigen Sa- hellidenww&^mi^tw Terei^/Zr;^ vorkommen. Seitliche Wimpergruben, welche den durch Längsspalten ausmündenden Kopfgruben der Nemertinen entsprechen dürften, sind bei zahlreichen Polychaeten nachzAiweisen und als Geruchsorgane gedeutet worden. Verschieden sind von diesen die becherförmigen, in Gruben der Haut, am Mundrande, auch in der Mundhöhle eingelagerten Organe, ferner die seitlich an den Segmenten sich wiederholenden Haufen von Sinneszellen, welche man theilweise als Geschmacksorgane deutet (Capitellen, Lmnhrkiden, Chaetogastriden etc.). Ausser den Fühlern, Girren und Elytren kann auch die Hautoberfiäche an anderen Körperstellen zum Sitze einer Tastempfindung werden. An solchen Stellen sind entweder starre Härchen und Borsten als Fortsätze von Sinneszellen, Tastzellen, verbreitet, oder es finden sich wie bei Sphaerodoruni besondere Tast Wärzchen mit Nervenenden. Bei kleineren Chaetopoden kommt zuweilen eine ungeschleclitliche Fort- pflanzungdurch Sprossung und Theilung vor. Entweder (fissipare Fortpflanzung) geht eine grössere Segmentreihe aus dem ursprünglichen Körper eines Wurmes in den Leib eines Sprösslings über, z. B. bei Sgllis proUfcra, wo sich durch eine einfache Quertheilung eine Reihe der hinteren, mit Eiern erfüllten Segmente ablöst, nachdem vor denselben ein neuer Kopf gebildet wurde, oder (gemmipare Fortpflanzung) es ist nur ein einziges und gewöhnlich das letzte Segment, welches zum Ausgangspunkt der Neubildung eines zweiten Lidividuums wird. In dieser Weise verhält sich die als Äutolytus prolifer bekannte Syllidee, welche zugleich ein Beispiel von Generationswechsel bietet und ausschliesslich als Amme durch Knospung in der Längsachse die als Sacconereis helgolandica (Weibchen) und als Pohjhostrirhns MiVleri'^) (Männchen) bekannten Ge- schlechtsthiere erzeugt (Fig. 389). Hier bildet sich vor dem Schwanzende der •) R. Greef f, Ueber das Auge der Alciopiden etc., Marburg 1876, sowie Untersuelmngen über die Alciopiden. Nov. Act. der K. Leop. Car. Akad. etc., Tom. XXXIX, Nr. 2. -) Vergl. ausser den Untersuchungen 0. Fr. Müller's, Quatrefages', Leuckart's, Krohn's besonders: A. Agassiz, On alternate generation of Annelids and the embryology of Autolytug cornutus. Boston. Journ. Nat. Hist., Vol. III, 1863. Si)rossung. Geschlechtsorgai 403 Amme eine i>-air/e Reihe von Seg-nienten, welche nach Biklnng- eines Kopfab- schnittes ein neues Individuum zusammensetzen. Indem sich dieser Vorgang wiederholt, entsteht eine zusammenhängende Kette von In- ^^^ ggg divisa^;Ms- und ChacfopfcrnslsiYXQ, Fig. o93/>). Dazu gesellen sich bei vielen Larven noch lange provisorische Borsten , die später durch die bleibenden verdrängt werden (McfacJiaefen). Trotz der grossen Verschiedenheit der Körperge- staltuug lassen sich die Chaeto- podeularven auch ihrer wei- teren Entwicklung nach auf die Loven"sche Larve zurück- führen. Relativ wenige Formen, wie z. B. die durchsichtigen Äleiopiden, halten sich an der Oberfläche des Meeres auf, die meisten bewohnen die Region der Küsten. Zahlreiche Formen gehen in die Tiefe hinab. Manche haben die Fähigkeit, ein intensives Licht aUSZUStrah- Polychaetenlarven, nach Busch. « A^erc'w-Larve. F Fühler, len , so besonders Arten der '^^-^"gen, Prir praoraler Wlmperkranz, O Mund, ^ After. — _, _, - b Mesotroche Chnetojyterus-'La.ive, TPj; Wimperkranz. Gattung Chaetopierus , deren Antennen und Körperanhänge leuchten. Ebenso leuchten die Elytreu von Pob/noi'y die Tentakeln von PoJi/cirrus und die Haut einiger SijUkleeu. Pan- ceri-) hat den Sitz der Lichtproduction in einzelligen Hautdrüsen nach- gewiesen, deren Zusammenhang mit Nerven bei Poli/noi' erkannt wurde. 1. Unterordnung. Errantia. Freischwimmende RauhiJolychaeten. Der Kopflappen bleibt stets selbstständig und bildet sich zugleicli mit dem Mundsegment zu einem wohl- gesonderten Kopfabschnitt aus, welcher Augen, Fühler und meist auch Fühlercirren trägt. Die Extremitäteustummel sind umfangreich und dienen mit ihren sehr mannigfach gestalteten Borstenbündeln als Euder. Der vordere Theil des Schlundes ist als Eüssel vorstülpbar und zerfällt in mehrere Abschnitte ; entweder ist derselbe nur mit Papillen und Höckern besetzt. ') Yergl. E. Claparede und E. Met schniko f f, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Chaetopoden. Zeitschr. für Aviss. Zool., Tom. XIX, 1869. '•') Panceri, La luce e gli organi luminose di alcuni annelidi. Atti della R. Accad. scienz. fis. e mat. di Napoli, 1875. ^Q^ Polychaeten. Aphroditidae. Ennicidae. Nereidae. oder er birgt auch einen kräftigen, beim Vorstülpen an die Spitze tretenden Kieferapparat (Fig. 394). Kiemen können fehlen , in der Regel jedoch treten dieselben als kammf örmige oder dendritische Schläuche an den Parapodien auf (Dorsihranchiata). Die Errantien er- nähren sich vom Eaube (BajJaciaJ und schwimmen frei im Meere , bewohnen aber auch zeitweilig dünnhäutige Eöhren. Fam. Aphroditidae. An den Fussstummeln des Eückens breite Schuppen (EJijircn) (Fifi. 386), welche meist alternirend , oft nur am Vorderköi-per , den Segmenten aufsitzen. Kopflappeii mit Augen, mit einem unpaaren und meist mit zwei seitlichen Stirnfühlern, zu denen noch zwei stärkere seitliche untere Fühler (Palpen Kinb.) hinzukommen. Rüssel cy- lindrisch, vorstülpbar, mit zwei oberen und zwei unteren Kiefern. Aphrodite aculeata Lin. Rücken mit Haarfilz. Augen sitzend. Borsten der Bauchstumnieln zahlreich. Atlantischer Ocean und Mittelmeer. Hermione Itystrix Quatr. Augen gestielt. Nordsee und Mittelmeer. Polfjnoe scolopendrina Sav., Ocean und Mittelmeer. P. (Acholoe) astericola Delle Ch., lebt in den Ambulacrali innen von Astropecten. Fam. Ennicidae. Leib sehr lang, aus zahlreichen Segmenten zusammengesetzt. Kopf- lappeu mit mehreren Fühlern (Fig. 318). Fussstummel meist einästig, selten zweiästig, ge- F'o- ^Qi wohnlich mit Bauch- und Rückencirren nebst Kiemen. Ein aus mehreren Stücken zusammengesetzter Oberkiefer und ein aus zwei Platten bestehender Unterkiefer liegen in einem Sacke, Kiefersack, auf dessen Rückenfläche das Schlundrohr verläuft. Stauroce^ihalus vittatus Gr., Halla (Lysidice) parthenopeia Delle Ch., Neapel. Diopatra neapolitana Delle Ch., Neapel. Eunice Harassii Aud. Edw. Fam. Nereidae = Lycoridae. ') Der gestreckte Körper aus zahlreichen Segmenten zusammengesetzt. Kopflappen mit zwei Fühlern , zwei Palpen und vier Augen (Fig. 394). Erstes Segment ruderlos, mit zwei Paar FühleroiiTen jederseits. Ruder Nereis mnvcjnrUncen. Kopf mit ein- oder zweiästig, mit Rückeu- und Bauchcirren, mit zusammen- vorgestülptem Kieferapparat ^zten Borsten. Rüssel meist mit Kieferspitzen besetzt, stets des .Schlundes von der Kücken- '^ -^r ■ r, • •■ i i . o < Seite, nach M. Edwards. K ""t zwei Kiefern. Nerets Dwnerilu Aud. Edw. (Fig. 391), Kieler, F Fühler , P Palpen, franz.-engl. Küste, mit der dazu gehörigen fiearasita Schni., beide mit fadenförmigem Stirn- lappen. Chaetofjaster vermicularis 0. Fr. Müll. Hier schliessen sich die Enchytraeiden an mit Enchyiraeus vermicularis 0. Fr. Müll., in Topferde. 2. Unterclasse. Gephyrei 0? Sternwürmer. Würmer von cyUndriscIier Körperform, ohne äussere Gliedenin^j, mit endständiger oder bauehförwif/er Mundo fnung , mit Gehirn, Sehlundring Fig. 399. und Bauchstrang. Die Gephijreen besitzen einen lang- gestreckten cylindrisclien Leib und leben als Seewiirraer, wie die Holothurien , im Sand und Schlamm. Was dieselben als ^>, Anneliden, kennzeichnet, ist die Anwesen- \ c'^'^-'V^^ A ^'^^^ eines mit dem Gehirnganglion ver- //V^%'}\' ' bundenen Sehlundringes und eines von \ Ganglienzellen umlagerten Bauchstranges. Auch können im Jugendzustand (Chaeti- feren) die Anlagen von Rumpfsegmenten -^ ^ vorhanden sein. Von Sinnesorganen kom- men Augenfleckeu vor, welche bei einigen ^V ^ V Sipunculiden direct dem Gehirne auf- ~ ^. ^si^J liegen, sodann Hautpapillen , in welche Junger Echiurus von der Bauchseite, nach B. -NcrVCU eintreten. Hatschek. O Mund an der Basis des Bussels, ]^)jg BeSChafiteuhcit dcr HaUt SChlicSSt SCSchlnndcomraissnr, BS Bauchstrang, ^ After, H Haken. sich au die der Anneliden an ; die obere mächtige Cuticularschicht liegt einer zelligen Matrix auf und erscheint ^) Quatrefages, Memoire sur l'Echiure. Ann. des sc. nat. , 3. Ser. , Tom. VIL Lacaze-Duthiers, Eecherches sur le Bonellie. Ann. des sc. nat., 1858. AV. Keferstein, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntniss der Sipunculiden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XV, 1865. E. Greeff, Die Echiuren. Nova acta, Tom. XLI. Halle 1879. E. Selenka, Sipunculiden, 1883. W. Apel, Beitrag zur Anatomie und Histologie des Piüapulus caudatus (Lam.) und Halicrj^ptus spinulosus v. Sieb. Z'eitschr. für wiss. Zool., Tom. XLII, 1885. Cörperbau der Achaeten und Chaetiferen. 415 i\ 'I '// ^m Dicht selten iiTrunzelt. Eine äussere Segmentirnng- fehlt. Die hindegewebig-e riiterhaiit ist ebenfalls von ansehnlicher Stärke und umschlicsst zahlreiche Driisenschläuehe, welche durch Poren der Oberhaut nach aussen münden. Dann folgt der mächtig entwickelte Hautmuskelschlauch, welcher sich regel- mässig aus einer oberen Schichte von Ringfasern und einer unteren Lage von breiten, mit den ersteren, jedoch auch untereinander durch Anastomosen netzartig verbundenen Längs- Fi^. 400. fasern zusammensetzt und die Ringelungen und Felderungen der Cuticula veranlasst. Auf die Längsmuskeln folgt wieder- um eine innere Ringmuskel- schicht. Auch sind zur Unter- stützung der Bewegung bei den (Imeüferen zwei Hakenborsten in der Nähe der Geschlechts- (•ffnung vorhanden, zu denen noch ein oder ZAvei Borsteu- kränze am hinteren Körperende (Echiurus) hinzukommen kön- nen (Fig. 399). Bei den Chaetiferen (Fig. o99 und 402 ff) verlängert sich / ' ' der Yorderleib in einen rüssel- artigen Abschnitt, welcher un- /'<^ l)eweglich vorsteht und dem Kopflappen der Anneliden ent- spricht. Ventral au der Basis des Rüssels liegt die Mundötf- nung. Bei den Achaeten (Sipiin- ndkleen) fehlt dieser Rüssel und die ]\[undötfuung liegt an der Spitze des Vorderleibes, welcher, von bewimperten Tentakeln umstellt, mittelst Retractoren eingezogen werden kann. Der Mund führt durch den zuweilen mit Zähnen bewaifneten Schlund in einen innen bewimperten Darmcanal, welcher, meist länger als der Körper, in mehrfachen Windungen die Leibeshöhle durchsetzt und mit seinem musculösen Endabschnitte durch den rückenständigen oder endstän- digen After nach aussen mündet (Fig. 400 und 402 c). / Sipunculus nudus seitlich geöffnet, nach W. Keferstein. Te Tentakeln, ff Gehirn, T^G ventraler Ganglienstrang (Eanch- strang), D Darm, A After, BD Bauchdrüsen (Niere). B. Hatscliek, Ueber Entwicklungssescliiclite des Echiurus etc. Arb. des zool. Inst, in Wien, Tom. III, 1880. Derselbe, Ueber Entwicklung von Sipunculus nudus. Ebendaselbst, Tora. V, 1883. J. W. Spengel, Beiträge zur Kenntniss der Geplijreen. I. Mittheil, aus der zool. Station zu Neapel, 1879 ; IL Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XV, 1881. 410 (iepbyiei. OttasssiiStim. Neiil.r;dien. Gefctltclitsoigaue. Das (>(/ässsi/sfcni l)estelit aus einem Riickengefässe, welches wie bei den Anneliden den Darm begleitet, und aus einem längs der Leibeswandung verlautenden Bauchgefässe. Dazu kommen noch Getasszweige am Darm und in den Tentakeln. Das Blut ist entweder farblos oder röthlicli gefärbt und bewegt sich in derselben Richtung wie bei den Anneli'len, sowohl durch die Contraction einzelner Getässabschnitte, als durch die Flimmerbekleidung der (letasswand getrieben. Verschieden von diesem Gefässljlute ist die zellen- haltige Leibestlüssigkeit. Als Nephridien oder .Segmentalorgane deutet man zweierlei Schläuche, von denen die einen mit dem Enddarm geraeinsam, die anderen selbstständig Fig. 401. an der Bauchfläche ausmünden. Die ersteren oder Anal- schläuche treten bei den Chaetiferen auf, wo sie büschel- förmig verzweigte Schläuche darstellen, welche mit zahl- reichen Wimpertrichtern frei in der Leibeshöhle beginnen (Fig. 4:'o2b). Die vorderen Segmentalorganc (Bauchdrüsen) beginnen ebenfalls mit freiem Wimpertrichter und über- nehmen wie die Segmentalorganc vieler Polychaeten die Function als Samentascheu und Eileiter (Fig. 400). Die Gephyreen sind getrennten Geschlechtes. So- wohl für die keimbereitenden Organe, als für die Aus- führungswege bestehen bemerkenswerthe Verschieden- heiten, l'nter den Achaeten liegen bei Phascolosovia (nach Theel) die Keimdrüsen au der Wurzel der ventralen Rüsselretractoren und bilden eine Krause , von der sich die Producte loslösen. Dagegen linden sich bei den Sipioi- cuUclcn in der Leibeshöhle Zoospermien oder Eier in ver- schiedenen Zuständen der Reife, welche durch die beiden an der Bauchseite ausmündenden l)raunen Schläuche (Seg- mentalorgane) ausgeführt werden. Unter den Chaetiferen findet sich bei BoueUht ein dünnes , strangförmiges Ovarium (Peritonealt'alte) in der ua, nachSpengei. D hlntereu Körpcrhälfte, durch ein kurzes Mesenterium nel'cn Darm , wT Wimper- ^^^ Nervcnstraugc befestigt. Die Eier fallen aus demselben tncht er des mit Sperma o ~ geiiuiten vas deferens in dlc Leibcshöhlc Und gclaugeu von hier aus in den be- ^^''^^ uachbarten einfachen, an der Basis mit trompetentormiger Oeffnung versehenen Eierbehälter, welcher unterhalb der Mundötlnung ven- tralwärts nach aussen führt (Fig. 402 e). Wahrscheinlich dürfte dieser Eier- behälter morphologisch als einseitig zur Ausbildung gelangtes Segmental- organ aufzufassen sein. Aehnlich verhalten sich die Geschlechtsorgane der kleinen, TurbcUarien-ähnlichen Männchen, welche sich im Eileiter der iio»c7//rt-Weibchen auflialten (Fig. 401). Dieselben besitzen (bei manchen Arten) zwei Bauchhaken, vor welchen am Vorderende die ^lündung des mit freiem Trichter besrinnenden Samenbehälters lieg^t. Bei Eehiurus sind es Plauarien-äbnliches Männchen von Bonel- 1. Ordnung. ChaetiiVra. 417 zwei ventrale Schlaucli paare, welche die Geschlechtsstoffc ausführen ; für Thahisscma g-ibt Kowalevski drei Paare solcher Schläuche an. Die Entuickluug des Eies bietet mancherlei Anschlüsse an die der Anne- liden, zeigt jedoch bei den Achaeten und Chaetiferen bedeutende Ditferenzen. In beiden Fällen folgt auf die Em])r}onalentwicklung eine Metamorphose. Die Larven der Chaetiferen sind auf die Loven'sehe Wurmlarve zurück- führhar, bei den Achaeten aber durch eine bedeutende Rückbildung des 8clieitelabschnittes und durch den Mangel eines präoralen Wimperkranzes ausgezeichnet. Die Gephyreen sind durchaus Meeresbewohner, leben zum Theil in bedeutender Tiefe im Saud und Schlamm, in Felslöchern und in Gängen zwischen Steinen und Korallen, auch wohl in Schneckenschalen und nähren sich ähnlich wie die Holothurien und manche Tubicolen. 1. Ordnung. Chaetifera = Echiuroitlea. Gephyreen mit zwei starken Hakenborsten an der Bauchseite und end- ständigem After. Der Mund liegt an der Basis des cds Rüssel gestedteten Kopflaj^pens. Die Echiuroideen oder chaetiferen Gephyreen zeigen zwar keine äussere Segmentirung ihres gestreckten, überaus contractilen Leibes, wohl aber im M a Weibeben von Bonellia viridis, nach Lacaze-Duthiers. — h Anatomie von BonelUa viridis, nacli Lacaze-D u thiers. D Darmapparat, M Mesenterium, CT Uterus, R Bussel, Ab Analblasen. — c Haut und Geschlechtsorgane nach Entfernung des Darmes. Hd Hautdrüsen, Ad Aftsrdarm, Ov Ovarium, Tr Wimpertricliter des Uterus (U). Jugendzustand Anlagen von 15 Metameren des Rumpfes, die, in gleicher Weise wie die Bildung des Kopflappens und die Entwicklung bauchständiger Hakenborsten, auf die nahe Verwandtschaft mit den Chaetopoden hinweisen. Indessen ist beim ausgebildeten Thiere die innere Gliederung rückgebildet. C.Clans: Lehrbuch der Zoologie. C. Aufl. 27 418 Chaetiferen. Körperbau. Entwicklung. die Dissepim eilte sind bis auf die erste, den Kopf vom Rumpfe trennende Scheidewand verloren gegangen und die Gliederung des Bauelistraiiges nur noch durch die Vertheilung der Nerven angedeutet. Der stark entwickelte Kopflappen bildet einen riisselförmigen Anhang, der sich zu bedeutender Länge entwickeln und gabelig spalten kann (BonelUa) (Fig. 402a). Ueberall tindet sich ein Paar von Hakenborsten (mit Ersatzborsten in jeder Borstenscheide) am ersten Rumpfsegmente. Bei Echiurus kommen noch ein oder zwei Borsten kränze am Hinter ende hinzu. Ausser den an der Bauchseite ausmündenden Nephridien, von denen sich zwei bis drei Paare finden und welche zur Ausführung derGeschlechtsproducte verwendet werden, treten auch noch als Nephridien gedeutete Analschläuche im Endsegment Fig. 403. h AS A a Larve von Echiurus von der Bauchseite, nach Hatscbek. SP Scheitelplatte, Priv präoraler Wimper- kranz, Poir postoraler Wimperkranz, KNKopinieTe, FG ventraler Ganglienstrang, durch die lange Schlund- commissur mit der Scheitelplatte verbunden, AS Analschläuche. — b Bauchregion der Echmrus-Ija,Tve reit segmentirtem Mesodermstreifen. SC Schlundcommissur, Dsp Dissepimente der vorderen Bumpfsegmente, MS Mesodermstreifen, A After. auf, welche zahlreiche Wimpertrichter aufnehmen und mit dem Enddarm gemeinsam ausmünden (Fig. 402 6). Bei BoncUia ist das als Uterus fungirende Segmentalorgan ebenso wie das Ovarium in einfacher Zahl vorhanden (Fig. 402 c). Die Entwicklung des Eies beginnt mit einer inäqualen Furchung. Bei BonelUa umwachsen die animalen Dotterzellen die vier grossen, das Entoderm erzeugenden Dotterkugeln bis auf eine kleine Oeffnung, den Blastoporus (Fig. 149). Am genauesten sind die Echiuren\2kV\Q\\ bekannt, welche den Typus der Loven"schen Larve wiederholen und einen mächtigen präoralen Wimperkranz besitzen, zu dem sich noch ein zarter postoraler Wimperkranz hinzugesellt. Frühzeitig entwickelt sich im Larvenleib die Kopfniere; hinter derselben liegt ein Mesodermstreifen, welcher mit dem weiteren Wachsthume der Larve die Anlage von 15 Segmenten erzeugt •1. Ordnung. Acliaeta. 4:19 (Fig. 40;-)). Im Endsegmente, welches gleichfalls von einem Wimperkranze umsäumt wird, treten die auf Nephridien zurückzuführenden Analsehläuche auf. Sowohl die Anlage des Gehirus als die des liauchstranges erfolgt durch Wucherung des Ectoderms, erstere von der Sclieitelplatte aus, letztere als paarige Verdickung der Haut an der Bauchseite. Beide werden durch den ebenfalls mit Ganglienzellen belegten Schlundring verbunden. In späteren Stadien beginnt nach Rückbildung der Segmentanlagen der AVimperapparat zu schwinden, nachdem nicht weit vom Munde zu den Seiten des Nerven- stranges zwei starke Hakenborsten und am Hinterende zwei Kreise von kürzeren Borsten gebildet sind (Fig. 403). Der präorale Larventheil streckt sich und wird zum Rüssel des jungen Echiurus (Fig. 399). Farn. Echiuridae. Das Vorderende des Leibes über den Mund hinaus in einen an der Unterliäche gefurcliten Eüssel verlängert, in welchem der weite Schlundring ohne Gehini- anschwellung liegt. Vorne an der Bauchfläche zwei Hakenborsten, am Hinterende zuweilen Borstenkränze (Fig. 399). Echiurus Pallasn Guerin. (Gaertneri Quatref., St. Vaast), Küste von Belgien und England. Thalassema gigas M. Müll., Küste von Italien. Bonellia viridus Ptolaudo, Mittelmeer (Fig. 401 und 402). Die Plauarieu-ähnlicheu Männchen halten sich in den Leitungswegen des weiblichen Geschlechtsapparates auf. 2. Ordnung. Achaeta — Sipuiiculoidae. Gephijrecn mit endständiger Mundöffnumj und retractUem Vorderleih, mit rückständigem After, ohne Borsten. Von den chaetiferen Gephyreen weichen die Sipunculoidccn durch den gänzlichen Mangel der Metamerenanlagen, durch die Rückbildung des Kopf- lappens, sowie durch die Lage von Mund und After ab. Der langgestreckte Leib entbehrt eines vortretenden Kopflappens, so dass die häufig von Ten- takeln umstellte Mundöilnung an das Vorderende zu liegen kommt (Fig. 400). Auch ist der After an der Rückenseite weit nach vorne gerückt (Fig. 405). Gehirn, Schlundring und Bauchstrang verlaufen innerhalb des Hautrauskel- schlauches. Nur ein einziges Paar von Nephridien, als Bauchdrüsen be- schrieben, ist vorhanden. Dieselben sind ansehnliche Schläuche und münden seitlich in der Nähe des Afters nach aussen. Dazu kommen noch zwei in den Enddarm mündende Schläuche, auf welche sich bei den Priupididen die Excretionsorgane beschränken. Blutgefässsystem wohl ausgebildet. Die Eientwicklung beginnt mit einer totalen Furchung und führt zur Entstehung einer Invaginationsgastrula. Der Gastrulamund bezeichnet die Bauchseite. Die zwei hinteren Randzellen des Entoderms rücken als Urmeso- dermzellen nach innen und erzeugen die Mesodermstreifen , welche keine weitere Gliederung erfahren. Die Ectodermzellen des animalen Poles als „Kopfplatte" und die der ventralen Seite als „Rumpfplatte" bilden eine Art Embryonalstreifen, und die übrigen Ectodermzellen eine Embryonalhülle (Serosa) (Plg. 406). Diese sendet durch die Poren der Eihaut Flimmerhaare, mittelst welcher der Embryo umherschwimmt, dessen ursprünglich getrennte Kopf- und Rumpfplatte bald zusammenwachsen. Die Mesodermstreifen spalten 27* 420 Achaeten. .Sipunculus. Priapul sich durch Bildung der Leibeshölile in Hautmuslvclplatte und Darmtaser- platte; die erstere liefert die beiden Öegmeutalorgaue. Vom Ectoderm aus entsteht durch Einstülpung der Oesophagus, hinter welchem sich ein (post- oraler) Wini])erkranz bildet (Fig. 407). Die Serosa wird zugleich mit der Ei- membrau v(in der ausschlüpfenden Larve abgeworfen, welche nunmehr schon die wesentlichen Organe des ausgewachsenen Thieres mit Ausnahme von Bauchstrang. Blutgefässen und (ienitalorganen besitzt. Erst während des Larvenlebens entwickelt sich der Bauchstrang vom Ectoderm aus; dann wird Pjo. 404 Fia: 405. ^^^^' Wimperkranz riickgebildet. am Mundrande wachsen die ersten Tentakeln hervor, Avodurch die Umwandlung der schwimmenden Larve in den kriechenden Si]iun- culus erfolgt ist. Farn. Sipunculidae. Körper lang- gestreckt, cylindriscli, mit retractilem Vor- derleib, mit Tentakeln in der Umgebung des Mundes und rückenständigem After. Darm spiral gewunden. Sipunctilus nudvs L., Mittelmeer (Fig. 40.5). Phascolosoma laeve Kef. , Mittelmcer. Ph. elongatuw Kef., St. Yaast. Fam. Priapididae. Yorderltib olnu- Tentakelkranz. Schlund mit Papillen und Zabnreihen beAvaffnet. After am Hinter- ende, etwas dorsal, meist von einem Schwanzauhange überragt, welcher papil- lenförmige Schläuche (Kiemen) trägt. Darm geradgestreckt ohne Windungen. Priapulus caudaUts 0. Fr. Müll. Hali- cri/ptus S2)inulosus v. Sieb., Ostsee, Spitz- bergen. Für die borstenlose, bisher meist Anneliden zugerechnete Gattung Hatschek. O Mund. A Phoronis wird man wohl eine besondere After, G Gehirn, Bs ()x{[m\\\^, \\ii\\&\c\\i Vils Gephijrci tuhicoli, Bauchstrang, N Niere, «xündcn müssen. Nach den Untersuchun- Bg Blutgefäss. ^^^^ K 0 w a 1 6 V s k i's ') besitzt Phoronü hipX)ocrepia einen aus zahlreichen Kiemenfäden gebildeten Tentakelkranz, welcher an der Rückenseite nach innen schlingenförmig umbiegt (Fig. 408). Der Mund liegt in der Mitte des Tentakelkranzes und führt durch den Oesophagus in den Darm , welcher mittelst eines Mesen- teriums befestigt ist und vorne an der Rückenseite vor der Tentakelschlinge im After ausmündet. Neben dem letzteren finden sich die Oeffnungen des einzigen Nephridienpaares, durch welche die befruchtetan Eier nach aussen gelangen, um an den Tentakelfäden bis znm Aus- schlüpfen der .Tungen anzukleben. Von dem bislang unvollständig erforschten Nervensystem ') A. Kowalevski, Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Phoronis, 18G7. E. Metschnikoff, Zeitschr. für Aviss. Zool., Tom. XXI, 1871. W. Cadwell, Note on the structure, development and affinities of Phoronis. Prnceed. Roy. Soc. 1882. Aeltere Ech nnd.s-Lui vo, von dt Seite gesehen, nach Hat- schek. Koyfniere rückgebil- det. O Mund, Jl/ÄIagen, ^4 After, Junger Sipiinciiliis, noch , ^.S'AnalMase, G Gehirn aus der ohne Tentakeln, nach Scheitelplatte hervorgegangen SCSchlundcommissur, FGveU' traler Ganglienstrang, HBauch haken, BK Borstenkränze. L'ubicoli. Phoronis. Actinotrocha. 421 wurde ein Ganglieiiknoten zwischen 3Iuiul uiul Afti'i ChitimöLre ab , in welcher iler Wunn nach Art der Röhrenwürmer lebt. Unterhalb der Haut lief!;t der aus Ringfasern und einer inneren Ijängsfaserschicht gebildete Haut- niuskelschlauch. Rücken und das Jiauchgefass sind mit zalüreichen zottenförmigen Anhangen besetzt, welche sich lebhaft contrahiren und vornehmlich die Blutbewegung unterhalten. Aus der vorderen Ge- fässschlinge entspringen die Blut- gefässe der Tcntakelfäden. Das Blut enthält grosse rothe Blut- körperchen. Beiderlei Geschlechts- beobachtet. Die Haut sondert eine Fig. 4Ü6. Stadium des Sipuncnhis-'EmhTy os, in welchem die Rumpfplatte mit der Kopfplatte vorn mit einander zu verwachsen beginnen, producte nehmen ihre Entstehung nach Hatschek. (Die Eihaut und die dieselbe durchsetzende in einem fettreichen Bindegewebe (Fettköriier) zwischen den Gefäss- zotten und fallen in die Leibes- höhle, in welcher die Befi'uchtung erfolgt. Die aus den Genitalporen ausgetretenen, an den Kiemenfäden fixirten Eier durch- laufen eine totale Klüftung. Die Furchungskugeln bilden eine Blastosphaera, deren AVand Wimpern der Serosa sind weggelassen.) a Im Querschnitt. Kp Kopfplatte, Rp Kumpfplatte, E Entoderm (MItteldarra), Ms Meso- derm, S Serosa. — 6 Im medianen Längsschnitt. Oe Oesophagus, Mz Polzolle des Mesoderms. Fig. 407. Fig. 408. ■.'4-- a Actinotrocha mit sich umstülpendem gewundi^nen Schlauch Larve von Sipunnilus, nach Ha t seh ek. (5), nach Schneider. D Darm, i^ Larvententakel. — 6. junge O Mund, .4 After, Sp Scbeitelplatte, PoW Phoronis, nach M et schni kof f. D Darm, A After, T defi- postoraler Wimperkranz, X Niere. nitive Tentakel, Vc Ringgefäss, T7 Liingsgefässe. sich an einer Stelle zur Bildung der Darmanlage einstülpt (Gastnüa). Zwischen beiden Zellen- 422 3. Uuterclasse. Hirudinei. anlagen treten Mesodermzellen auf, welche im weiteren Verlaufe der Entwicklung: die Muskel- schicht der Haut, sowie des Darmes liefern. Die Bildung von Mund, After und Tentakeln führt zur Gestaltung der als Actino- trocha bezeichneten Larve, in welcher Fonn der Embryo ausschlüpft. Diese Larvenform (Fig. 408 a) zeichnet sich durch den Besitz eines Kopfschirmes , sowie eines Kranzes be- wimperter Tentakel hinter der Mundöönung aus. Während des Wachsthums der Lars'e ent- steht an der Bauchseite ein langgewundener Schlauch, der sich endlich umstülpt und den grossen hinteren Körperabschnitt des erwachsenen Thieres liefert, in welchen der Darm hineinrückt. Kopfschirm und Tentakelkranz, an deren Basis sich die delinitiveu Tentakel bilden, werden abgeworfen. 3. Unterclasse. Hirudinei ^ = Discophori, Blutegel. Anneliden mit kurz geringeltem oder unyeringeltem Körper, ohne Fuss- stummel, mit endständiger ventrcder Haftscheibe, hermaphroditisch . Der Leib der Hiiudineen erinnert an die Trematoden, mit denen diese Würmer früher mit Unrecht zusammengestellt wurden. In der äusseren Er- scheinung des Leibes fällt die kurze Eingelung auf, welche übrigens auch in verschiedenem Grade undeutlich werden und ganz hinwegfallen kann. Die kurzen Ringel entsprechen keineswegs den inneren Segmenten, sondern sind viel kürzere äussere Leibesabschnitte, von denen in der Regel drei, vier oder fünf auf ein inneres Segment kommen. Als Hauptl)efestigungs- organ fungirt eine grosse Haftscheibe am hinteren Leibeseiide. zu welcher meist noch eine zweite kleinere Sauggrube in der Umgebung des Mundes hinzukommt. Fussstummel fehlen, Borsten mit seltenen Ausnahmen; auch kommt es niemals zur Bildung eines scharf gesonderten Kopfes, indem sich die vorderen Eingel von den nachfolgenden nicht wesentlich verschieden zeigen und niemals Fühler und Girren tragen. Die Mundötünung liegt in der Nähe des vorderen Kürperendes, bald in der Tiefe eines vorderen kleinen Saugnapfes (BhynchohdeViden), bald von einem Aorspringenden , löfifelf örmigen , saugnapf ähnlichen Kopfschirm überragt (Gnathohddlklen) (Fig. 409). Dieselbe führt in einen muskulösen, mit Driisenschläuchen versehenen Pharynx, der entweder in seiner vorderen, als Mundhöhle zu bezeichnenden Partie mit drei gezähnelten Längsleisten, sog. Kieferplatten (Gmithohdelliden) (Fig. 410), seltener mit einer dorsalen und ventralen Kieferplatte (Branchiohdella) bewaffnet ist, oder einen vor- stülpbaren, in seinem vorderen Abschnitte freiliegenden Rüssel enthält (Ehj/nchobdelliden). Der auf den Schlund folgende Magendarm liegt als ') Brandt und Eatzeburg, Medicin. Zoologie, 1829 — 1833. M oquin-Tandon, Monographie de la famille des Hirudinees. 2« edit. Paris 1846. Fr. Leydig, Zur Anatomie von Piscicola geometrica. Zeitschr. für Aviss. Zool. Tom. I, 1849. H. Rathke, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hirudineen , herausgegeben von R. Leuckart. Leipzig 1862. R. L e u c k a r t, Parasiten des Menschen. Liefg. 5, Bd. I, 2. Aufl., Leipzig 1894. Y a n B e n e d e n et Hesse, Recherches sur les Bdelloides ou Hirudinees et les Trematodes marins, 1863. Robin, Memoire sur le developpement embryogenique des Hirudinees. Paris 1875. Ä. Gibbs Bourne, Contributions to the Anatomy of the Hirudinei. Quart. Journ. Microsc. Scienc, Tome XXIV, 1884. Körperbau. Blutgefässsystem. Xophridien. 423 geradg-estrecktes Rohr in der Achse des Leibes und zeigt sich bald nach den einzehien Segmenten eingeschnürt, bald in eine grössere oder geringere Zahl paariger Blindsäckchen erweitert und führt in einen zuweilen ebenfalls noch mit Aussackungen ver- sehenen Enddarm , welcher am hinteren Pole oberhalb der Fitr. 409. Fis. 41Ü. nach / a KoiJfende des Blutegels mit aufge- schnittener Mundhöhle. Man sieht die drei Kieferplatten, b Eine Kieferplatte isolirt, mit den feinen Zähnen am freien Rande. aussen mündet. Ueberall finden wir ein Blutgefässsystem , aber in ver- schiedenen Stufen der Entwick- lung. Indem Abschnitte der Leibcshöhle in gefässartige Stamme umgebildet sind, er- scheinen Organe, welche in der Leibeshöhle liegen , in Blut- räumen eingeschlossen. In die- sem Sinne dürften die zwei Seitengefässe und der mittlere Blutsinus , Avelcher stets die Bauchganglienkette , zuweilen aber auch den Darmcanal (CJepsine, Piscico'a) in sich ein- schliesst, zu deuten sein. Bei den meisten Kieferegeln be- sitzt das Blut eine rothe Färbung, die übrigens nicht den Blutkörpereheu, sondern der Flüssigkeit angehört. Beson- dere Respirationsorgane fehlen mit Ausnahme von Bran- chelUon und einigen verwandten Fischegeln, welche blatt- förmige Kiemenanhänge tragen. Die Leibeshöhle der Hirudineen bietet eigenthümliche und keineswegs genügend aufgeklärte Beziehungen zum Blutgefässsystem. Der Raum zwischen Körperwand und Darm (primäre Leibeshöhle) wird zum Theil von bindege- webigem Parenchym erfüllt, indem ein complicirtes System von geräumigen, zum Theile muskulös begrenzten Lacunen auftritt. Dagegen scheint die secundärC; von Peritoneal- epithel ausgekleidete Leibeshöhle bis auf geringe Reste geschwunden. Als Nephridien fungiren die schleif eiförmigen Canäle, von denen die Segmente der mittleren Körperregion je ein Paar in sich einschliessen. Indessen wechselt die Zahl der- selben innerhalb sehr weiter Grenzen, indem z. B. die an den Kiemen des Flusskrebses parasitische BranckiobdeUa astaci nur 2 Paare, die K^eferegel meist 17 Paare besitzen (Fig. 409). Hier beginnen die Canäle im seitlichen Blutsinus, bei Ckpsine im ventralen Blutsinus. Der gewundene Canal nimmt aber noch feinere verästelte Canälchen auf und hat, wie auch Längsschnitt durch den Blutegel, nach Kud. Leuckart. D Darm- canal, G Gehirn, (?A- Ganglienkette, Ex Ex- cretionscanäle (Was- sergefässsystem). 424 Fi. 2,-. 411. bei den Oligochaeten, ein intracelluläres Lumen (durchbohrte Zellen). In besonders reichem Maasse kommen den Hirudineen einzellige Drüsen in der Haut und in den bindegewebigen tieferen Leibesschichten zu. Die ersteren enthalten eine feinkörnige, die Haut überziehende schleimige Flüssig- keit, während die tieferen, unter dem Hautmuskelschlauche gelegenen Drüsen- schläuche ein zähes, helles Secret bereiten, welches ausserhalb des Körpers rasch erstarrt und bei der Eierablage zur Bildung des Cocons verwendet wird. Namentlich häufen sich diese Drüsen- schläuche in derNähederGeschlechtsölfnungen an. Das Nervensystem i) erlangt durchwegs eine hohe Ausbildung. Für das Gehirn und die Ganglien des Bauchmarkes ist eine eigentliüm- liche (\:on Leydig als folliculäre bezeichnete) Anordnung .der Nervenzellen charakteristisch, indem die ganglinsen Anschwellungen oberfläch- lich anhängende, Follikel-ähnliche Paquets bil- den (Fig. 411). Die beiden Längsstämme der Bauchganglienkette sind stets in der Medianlinie dicht aneinander gerückt. Von jedem Ganglien- paare treten rechts und links bei den Kiefer- egeln zwei Nervenstämme ab, während aus dem Gehirn und dem letzten als Schwanzganglion zu bezeichnenden Knoten, welcher mehrere Ganglien in sich vereinigt, eine weit grössere Zahl von Nerven hervorgeht. Die vom Gehirn austreten- den Nerven versorgen die Sinnesorgane, ferner die Muskeln und Haut der Kopfscheibe; die Nerven der Bauchkette vertheilen sich auf die zugehörigen Segmente, die des Endganglions an der ventralen Saugscheibe. Ein unpaarer mitt- lerer Längsstrang (Faivre, Leydig), welcher zwischen den beiden Hälften des Bauchstranges von Ganglion zu Ganglion zieht, entspricht höchst wahrscheinlich demun- paaren, zwischen zwei Ganglien verlaufenden Nervenstamme, welchen New- port bei den Insecten entdeckte. Daneben kennt man ein von Brandt ent- decktes Eingeweidenervensystem, welches aus einem über und neben der Ganglienkette verlaufenden Magendarmnerven besteht, der vom Gehirn ent- springt und mit seinen Aesten die Blindsäcke des Magendarmes versorgt. Drei Ganglienknötchen, welche bei dem gemeinen Blutegel vor dem Gehirn liegen und ihre Nervenplexus an Kiefermuskeln und Schlund senden, werden von Leydig als Anschwellungen von Hirnnerven aufgefasst und stehen vielleicht der Schluckbewegung vor. Vorderende von Hirudo, nach Ley dig. G Gehirn mit der subösopha gealen Ganglienmasse, Sp Sympatlii cus. A Augen, Sb Sinnesbecher. ') Hermann, Das Cfnitralnervensystem von Hirudo medicinalis. München 1875. Sinnesorgane. Gesclilechtsorgan« 425 Die Blutegel besitzen auf der Rückenfläche der vorderen Ringel Augen- ähnliche Organe, die man bislang für einfache Augen hielt (Fig. 411). Die- selben gehören aber in die Kategorie der segmental ange- ordneten .Sinnesbecher, welche auf dem ersten Ringel eines jeden Segmentes ventralwärts in 6facher , dorsal vvärts in 6- bis Sfachor Zahl sich wiederholen und somit in ebenso- viel Längsreihen über den Körper hinziehen. Diese Sinnes- organe bestehen aus einem in die Achse eintretenden Nerven, welchen einige grosse helle, pigmentlosc Zellen umlagern, sowie aus langgestreckten, aus Hypodermzellen hervor- gegangenen Sinneszellcn. Die sog. Augen, beim medicinischen Blutegel in lOfacher Zahl vorhanden, liegen in der vorderen Verlängerung von zwei Längsreihen dieser Sinnesorgane (stets an den Sinnesringeln). Sie erweisen sich als viel längere eylindrische Becher, in deren Grund ein starker Nerv ein- tritt und seine Fasern an lange achsenständige Sinneszellen abgibt, während im Umkreis der Achse grosse helle, mit lichtbrechender Substanz erfüllte Zellen lagern. Die peri- pherische Scheide wird von einem stark pigmentirten Binde- gewebe gebildet. Die Hirudineen sind Zwitter. Männliche und weibliche ov Ovarien nebst Geschlechtswerkzeuge münden in der Medianlinie des Vorder- •^<=^«'"^^ '^'^'^ ^^'"^- leibes hintereinander, und zwar liegt die männliche Ge- schlechtsöfifnung mit meist hervorragendem Cirrus vor der weibliehen. Die Hoden liegen paarweise in mehreren aufeinanderfolgenden Segmenten und wiederholen sich meist in grösserer Zahl (Fig. 412). Bei Hirndo sind neun bis zehn Paare von Hoden- bläschen jederseits mittelst eines geschlängelteu Samenleiters verbunden. Jeder Samenleiter bildet einen knäuelförmigen Nebenhoden und setzt sich an seinem Vorderende in einen muskulösen Ab- schnitt (Ductus ejaculatorius) fort, welcher sich mit dem der anderen Seite zur Bildung eines un- paaren Begattungsapparates vereinigt. Dieser steht mit einer mächtigen Prostatadrüse in Verbindung und kann entweder als zweihörniger Sack (Bkyn- chobdeUideu) oder als langer Faden (GnatJio- ^ , ^ ■^ ° _ n Cocon 6 weiblichei Gescblochts- bdelliden) vorgestülpt werden. Der weibliche Ge- apparat von Hinuio medicmaiis, schlechtsapparat besteht entweder aus zwei langen "^'^^ r. Leuckart. schlauchförmigen Ovarien mit gemeinsamer Ausführungsöfifnung (Bhijncho- hddliden) oder aus zwei kurzen sackförmigen Ovarien, zwei Oviducten, einem gemeinsamen, von einer Eiweissdrüse umgebenen Eiergang und einer sack- förmigerweiterten Scheide mit der Genitalöffnung (GnafhohdeUidm) (Fig. 413). Geschlechtsapparat des Blutegels. T Ho- den, FdVasdeferens, Nh Nebenhoden, Pr Prostata, C Cirrus, eher Genitalöffnung. 4:2Q Hirudinei. Entwicklung. Lebensweise. Bei der Begattung tritt aus den männlichen Geschlechtsorganen eine Spmita- tophore aus. welche entweder in die Scheide des anderen Thieres aufgenommen oder wenigstens in der Geschlechtsöttnung festgeklebt wird. Bakl nachher kommt es zur Eiablage. Dann suchen die Thiere geeignete Stelleu an Steinen und Pflanzen auf oder verlassen das Wasser und wühlen sich wie der medici- nische Blutegel in feuchter Erde ein. Die Oenitalringe erscheinen zu dieser Zeit sattelförmig aufgetrieben . theils in Folge der Turgescenz der Geschlechts- organe, theils in Folge der reichen Entwicklung der Hautdrüsen, deren Secret für das Schicksal der abzulegenden Eier von besonderer Bedeutung ist. Während der Eiablage heftet sich der Blutegel mittelst seiner Bauchscheibe fest und umhüllt seinen Vorderleib unter den mannigfaltigsten Drehungen mit einer schleimigen Masse, welche die Genitalringe gürtelförmig überdeckt und allmälig zu einer festeren Hülle erstarrt. Schliesslich tritt eine Anzahl kleiner Eier nebst einer ansehnlichen Menge von Eiweiss aus. und der Wurm zieht sein Kopfende aus der nun gefüllten tonnenförmigen Schleimhülse heraus, welche sich nach ihrer Abstreifung durch Verengerung der endständigen Oeifnungen zu einem ziemlich vollständig geschlossenen Cocon zusammen- zieht. So klein auch die Eier sind, die in niemals bedeutender Zahl in den Cocons abgesetzt werden, so besitzen doch die jungen Blutegel beim Ausschlüpfen eine ansehnliche Grösse, die Jungen des medicinischen Blut- egels z. B. eine Länge von circa 17 Mm. und haben bereits im Wesent- lichen bis auf die mangelnde Geschlechtsreife die Organisation der aus- gewachsenen Thiere. Nur die Clepsinen werden sehr frühzeitig geboren und ditferiren von den Geschlechtsthieren sowohl hinsichtlich der Körperform als ihrer inneren Organisation wesentlich. Mit einfachem Darme und ohne hintere Saugscheibe leben sie längere Zeit an der Bauchfläche des Mutter- thieres angeheftet und erreichen erst unter fortwährender Aufnahme neu abge- schiedener Eiweissmasse ihre volle, zum freien Leben taugliche ( Jrganisation. Die Embryonalentwicklung, unter den Rhynchobdelliden für Clepsinc, unter den Gnathobdelliden besonders für Ncphelis und Hirudo näher bekannt, beginnt stets mit einer inäqualen Furchung. Am Embryo kommt frühzeitig die Mundöffnung zum Durchbruch, durch welche nach Bildung von Phaiynx und Magendarm unter Schluckbewegungen des ersteren das im Cocon ent- haltene Eiweiss in den Darm des wachsenden Embryos aufgenommen wird. Die Blutegel leben grossentheils im Wasser oder, wenn auch nur zeit- weise, in feuchter Erde. Sie bewegen sich theils spannerartig kriechend mit Hilfe der Haftscheiben, theils schwimmend unter lebhaften Schlängelungen des meist abgeflachten Körpers. Viele nähren sich parasitisch an der Haut oder an den Kiemen von Wasserbewohnern, z. B, an Fischen und am Fluss- krebs; die meisten aber sind nur gelegentliche Schmarotzer an der äusseren Haut von Warmblütern. Einzelne Formen sind Raubthiere, welche, wie z. B. Äulastomum (jido, Schnecken und Regenwürmer verzehren oder, wie die Clep- sinen, Schnecken aussaugen. Auch scheint die Nahrung keineswegs überall IV. Classe. Rotiferi. Kaderthiere. 427 auf eine bestimmte Thiergattinig- l)e8eliränkt. ancli nicht in jedem Lebensalter dieselbe. Der medicinische Blutegel nährt sich z. B. in der Jugendzeit von Insectenblut, dann vom Blut der Frösche, und erst später wird ihm zur vollen Geschlechtsreife der Genuss eines warmen Blutes noth wendig, Farn. Elii/HcltobdcUidae, Rüsst4eg'el. Körper langgestreckt, cj'liiidriscli oder breit und flach, mit einer vorderen und hinteren Haftscheibe und kräftigem vorstreckbaren Rüssel in der Mundhöhle, mit paarigen Augen auf der vorderen Haftscheibe. Im contractilen Rücken- getasse liegen als sog. Klappen Blutkörperchen bildende Organe. Piscicola Blainv. flcJif/ii/o- bdellaj, P. geomefra L., auf Süsswasserfischen. P. respirans Tr., mit seitlichen Bläschen, die sich beim Eintritte des Blutes erweitern. Pontobdella muricata L., auf Rochen. Bran- chellion forpedinis Sav., Clcpsine Sav. (Clepsinidae), Cl. bioculata Sav., 67. complanaia Sav., Cl. maryinata 0. Fr. Müll. Haementaria mexicana de Fil., H. oficinalis de Fil., beide in den Lagunen von Mexico, die letztere nach Art des Blutegels benutzt, H. GJtilann de Fil., im Amazonenstrom. Farn. G?iafJiobdeUidae , Kieferegel. Schlund mit drei gezähnten Kieferplatten be- wati'net, längsgefaltet. Vor der Mundöffnung ein geringelter, löffeiförmig vorspringender Kopf- schirm, welcher eine Art Mundsaugnapf bildet (Fig. 410). Hirudo L. Meist 95 deutliche Ringel, von denen vier auf die löffeiförmige Oberlippe kommen. Die drei vorderen Ringel, sowie das fünfte und achte tragen die fünf Augenpaare. Die männliche Geschlechtsöffnung liegt zwischen dem 24. und 25., die weibliche zwischen dem 29. und 30. Ringel. Die drei Kieferplatten fein gezähnt, nach Art einer Kreissäge beweglich, sehr geeignet, eine leicht vernarbende Wunde in die äussere Haut des Menschen zu schlagen. Magen mit 11 Paaren von Seitentaschen, von denen die des letzten Paares sehr lang sind. Die Cocons werden in feuchter Erde abgesetzt. H. medkinalis L., mit der als officinalis unterschiedenen Varietät besitzt 80—90 feine Zähne am freien Kieferrande und eiTcicht die Länge einer Spanne. Früher in Deutschland verbreitet, jetzt noch häufig in Ungarn und in Frankreich, wiixl in Blutegelteichen gezüchtet und braucht drei Jahre bis zum Eintritt der Geschlechtsreife. Haemopis vorax Moq. Tand., Pferdeegel, mit nur 30 gi'öberen Zähnen am Kieferrand, welche ihn zum Verwunden weicher Schleimhäute befähigen. Der Pferdeegel, in Europa und vor- nehmlich in Xordafrika einheimisch, beisst sich im Schlünde von Pferden, Rindern, auch des Menschen fest. Aulastomum guJo Moq. Tand. Bei uns auch als Pferdeegel bekannt, von Weichthieren lebend. Hacmodipsa japonica Whgt., Landblutegel in den Tropen. Fam. Brancliiohdellidae. Der in ausgestrecktem Zustande beinahe cylindrische Körper, aus wenigen ungleich geringelten Segmenten zusammengesetzt, mit zweilappigem Kopflappen ohne Augen, mit einem Sangnapf am Hinterende. Schlund ohne Rüssel , mit zwei flachen, übereinanderliegenden Kiefern. BranchiobdeUa parasita Henle, B. ostaci Odier , an den Kiemen und der unteren Schwanzfläche des Flusskrebses. IV. Classe. Eotatoria 0 ~ Eotiferi, EädertMere. Mit einst iUpbar cm Wimpcrapparafe am Vordcravh- des Leibes, mit einfachem Gchiriiganglion und Wasserejefässcanälen, ohne Herz und Gefäss- system, (jetrennten Geschlechtes. Die Räderthiere sind Würmer, welche von der Loven'schen Larve, mit der die von Semper entdeckte, als Trrjchosphaera aeqitatoricdis bezeichnete ') Ehrenberg, Die Infusiousthierchen als vollkommene Organismen. Leipzig 1838. Dujardin, Histoire naturelle des Infusoires. Paris 1841. Dalrymple, Phil. Transact. Roy. Soc, 1844. Fr. Leydig, Ueber den Bau und die systematische Stellung der Räder- thit're. Zeitsihr. für wiss. Zoo]., Bd. VI, 1854. F. Cohn, Ueber Räderthiere. Ebendaselbst 42Ö Kotiferi. Käderorgan. Körperbau. lvn;;^clrotatorie in der Gestaltung des Körpers nahezu übereinstimmt, abge- leitet werden können, und haben mit den Arthropoden nichts zu thun, da sie nicht nur der Metamerenbildung, sondern auch der Extremitäten ent- behren. Allerdings ist der Körper der Räderthiere äusserlich gegliedert und zerfällt in mehr oder minder deutlich abgegrenzte, höchst ungleich- artige Abschnitte, ohne aber diesen entsprechende Segmente der inneren Organe zu besitzen. Meist unterscheidet man einen Vorderleib, welcher die gesamniten Eingeweide in sich einschliesst, und einen beweglich abgesetzten fussartigen Hinterleib, der mit zwei zangenartig gegenüberstehenden Griffeln endet und sowohl zur Befestigung wie zur Bewegung dient. Nicht minder häufig sind sowohl der breitere Vorderleib als der verschmälerte Hinter- körper in mehrere Ringe gegliedert, die sich fernrohrartig in einander ein- ziehen und mehr oder minder frei unter Biegungen verschieben können. Ein wichtiger Charakter der Rotiferen liegt in dem am Vorderende sich erhebenden, meist einziehbaren Wimperapparat, welcher wegen seiner Aehnlichkeit mit einem rotirenden Rade als „Räderorgan" bezeichnet wird. Häufig ist derselbe, besonders bei parasitischen Formen, bedeutend reducirt, in einzelnen Fällen vollkommen rückgebildet (^Jy>.s/7w.sJ. Bei Notoinniata tardi- yrada reducirt sich das Räderorgan auf die bewimperte Mundspalte, bei Hydatina auf den in seiner ganzen Circumferenz mit Cilien bekleideten Kopfrand (Fig. 414). In anderen Fällen erhebt sich der bcAvirnperte Saum über den Kopf hinaus bis zur Bildung sog. Doppelräder, z. B. Philodlun, oder wird zu einem bewimperten Kopfschirm, z. B. Meyalotrocha. Endlich er- scheint derselbe in knopfartige (Floscidaria) oder gar armfiirmige Fort- sätze (Stephanoceros) verlängert. Derselbe hat neben der Kauptfunction als Locomotionsorgan die Aufgabe, kleine zur Nahrung dienende Körper her- beizustrudeln. Ausserdem findet sich noch eine zweite Reihe von zarten Flimmercilien , welche vom Rücken aus an beiden Seiten zu der an der Bauchfläche des Räderorgans gelegenen Mundl>ifnung herabführen und die kleinen , vom Strudel des Räderorgans erfassten Nahrungskörper in die- selbe einleiten. Die Mundöönung führt in einen erweiterten, mit beständig klappendem Kieferapparat bewaffneten Schlundkopf (Fig. 414). Aus diesem entspringt eine kurze Schlundr()hre, welche in den weiten, mit grossen Zellen bekleideten und bewimperten Magendarm führt. Am Eingange desselben münden zwei an- sehnliche, zuweilen in einzellige Drüsen aufgelöste Drüsenschläuche, die ihrer Bd. VII, 185(5, Bd. IX, 1858, Bd. XII, 1862. Gosse, Oii the structure, tuiictions and liomo- logies of the maiiducatory organs of the class Eotifera. Phil. Trausact., 1856. W. Salensky, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Brachionus urceolaris. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXII, 1872. Karl Eckstein, Die Eotatorien der Umgegend von Giessen. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXXIX, 1883. C. Zelinka, Studien über Eotatorien. Zeitschr. für wiss. Zoolog., Tom. XLIV, 1886 und Tom. XLVIl, 1888. L. Plate, Beiträge zur Natur- geschichte der Eotatorien. Jen. Zeitschr. 1885. CT. Hudson, The Eotifera or Wheel Animal- cules. Part. I— IV. London 1886. Darincanal. Nervensystem. Gesell lechtsdinioi'iihisnius. 429 Function nacli wohl als Speichel- oder pankveatischo Drüsen zu deuten sein milchten. Dann folgt der ebenfalls bewimperte Enddarni, welcher am Vorder- leib, da, wo sich der fussartige Hinterleib inserirt, wohl überall dorsalwärts ausniiindct. ßei einigen Rotiteren, z. B. Äscomorpha, Asplanchna, endet der Ohylusdarm blindgeschlossen. Ein Blufgefässsystem fehlt, und die helle Blut- flüssigkeit erfüllt die Leibeshöhle. Ebensowenig finden sich gesonderte Uc- sp'imfionsoryane. Die sog. Respirationscanäle sind Excretionscanäle. Es sind zwei geschlängelte Längscanäle mit zcUiger Wandung, welche mittelst kurzer und bewimperter Seitenzweige (Zitterorgane), geschlossener Wimperkölbchen, beginnen und entweder direet oder vermittelst einer contractilen Blase (lie- spirationsblase) mit dem Enddarm Fig-. 4U. ausmünden. Das Nervensystem a schliesst sich dem der Platyhel- minthen an. Die Centraltheile des- selben l)ildet ein einfaches oder zweilappiges, über dem Schlünde gelegenes Gehirnganglion , von welchem Nerven zu eigenthüra- lichen Sinnesorganen der Haut und zu den Muskeln abgehen. Augen liegen nicht selten entweder als x-formiger unpaarer Pigment- körper oder als paarige, mit licht- brechenden Kugeln verbundene Pigmentfiecken dem Gehirn auf. Die erwähnten Sinnesorgane der Haut, wahrscheinlich Tast-, be- ziehungsweise Spürorgane, sind mit Borsten und Haaren besetzte ^l/f^i^Miise"'«, nach f. Cohn. »Weibchcu, 6 Männchen. „ , , ^^ , "1 ,■ -Kor Räderorgan, if Kiefer, i5>- Speicheldrüsen, il/d Magen- Erhebungen, selbst rohrenartlg a^^m, Ov Ovarium, Wtr Wimpertnchter des Excretions- Verlängerte Fortsätze (ReSpira- apparates('£'a;), CB/ contractile Blase, T Hoden, P Penis. tionsröhren des Nackens) der Haut , unter denen die Sinnesnerven mit ganglienartigen Anschwellungen enden. Die Geschlechter sind getrennt und durch einen ausgeprägten Dimor- phismus bezeichnet. Die sehr kleinen Männchen (Fig. 414 1^) entbehren des Schlundes und Darmcanals, dessen Anlage auf ein strangförmiges Rudiment reducirt bleibt. Ihre Geschlechtsorgane reduciren sich auf einen mit Samen- fäden gefüllten Hodenschlauch, dessen muskulöser Ausführungsgang zuweilen auf einem papillenartigen Höcker am hinteren Ende des Vorderleibes mündet. Die Geschlechtsorgane der weit grösseren Weibchen bestehen aus einem rundlichen, mit Eikeimen gefüllten Ovarium und einem kurzen Eileiter, welcher ein einziges oder nur wenige reife Eier enthält und meist mit dem Darm zugleich ausmündet. Fast sämmtliche Räderthiere legen Eier ab, und 430 Rotiferi. Entwicklung. zwar diiniischalig'e Sommcrdtr und dickschalige Wiiifcreier. Beide trag-en sie an ihrem Körper herum, während allerding's die i-^ommereier auch im Eileiter die Embryonalbildung durchlaufen können. Wahrscheinlich ent- wickeln sich die ersteren parthenogenetisch, da die Männchen zu der Jahres- zeit, in welcher jene auftreten, fehlen. Die dickschaligen, oft dunkler ge- färbten Wintereier werden im Herbst er/.eugt und befruchtet. Die Eier durchlaufen eine un regelmässige Dotterklüftung. Die aus der kleineren Furchungskugel hervorgegangenen Zellen häufen sich an einem Pole an und umlagern schliesslich die dunkleren Dotterzellen voll- kommen, so dass ein zweiblättriger Keim gebildet wird. Die Zellen der äusseren Schicht, viel ärmer an Körnchen als die der centralen Entoderm- anlage, bilden das obere Keimblatt, welches an der (späteren) Bauchseite eine Einbuchtung erfährt, aus deren Seitenwänden die beiden Lappen des Räder- organs hervorgehen (ähnlich den Mundlappen von Schneckenembryonen). Der hintere Theil der Einbuchtung wird zum Hinterleib, an dessen Basis eine Vertiefung die Anlage des Hinterdarmes bildet, während vorne im Grunde der Einbuchtung Mund und Vorderam gebildet werden. Das Ganglion ent- steht aus dem oberen Blatt im Kopftheil. Am männlichen Embryo verlauft die Entwicklung insofern abweichend, als der Darmcanal gar nicht zur Ausbildung kommt. Die freie Entwicklung verläuft ohne oder mit unbe- deutender, zuweilen rückschreitender Metamorphose; am auifallendsten er- scheint die Metamorphose bei den im ausgebildeten Zustande festsitzenden Flosculariden . Die ßäderthiere bewohnen vornehmlich das süsse Wasser, in Avelchem sie sich theils schwimmend mit Hilfe des Räderorgans fortbewegen, theils mittelst des zweizangigen drüsigen Fussendes vor Anker legen. Auf diese Art befestigt, strecken sie ihren Kopftheil vor und beginnen das Spiel ihrer Wimpern behufs Herbeistrudelung von Nahrungsstotlen , z. B. Infusorien, und Diatomaceen. Einige Arten leben in Gallerthülsen und zarten Röhren, andere (Conocliilus) stecken mit ihrem Fussende in einer gemeinsamen Gallert- kugel und sind zu einer schwimmenden Colonie vereinigt; verhältnissmässig wenige leben als Parasiten. Fam. Floscularidae. Festsitzende Eäderthiere mit langem, quergeringelten Fuss, meist von Gallerthülsen und Röhren umgeben. Der Kopfrand mit gelapptem oder tief gespaltenem Räderorgan. Floscularia 'prohoscidea Ehrbg., Stephanoceros EichhornWEAiYh^., TuhicoJaria najas Ehrbg., Melicerta ringens L., Conochilus volvox Ehrbg. Fam. PhUodinidae. Freibewegliche , oft spannerartig kriechende Eäderthierchen mit zweirädrigem Wirbelorgan und gegliedertem , fernrohrartig einziehbarem Fuss ohne Hülse. CalUdina elegans Ehrbg., Rotifer vulgaris Oken {R. redivivus Cuv.), Pltilodina ergtroph- thalma Ehrbg. Fam. BracMonidae. Räderthiere mit zwei- oder mehrfach getheiltem Räderorgan, mit breitem, schildförmigem , gepanzertem Köi-per und geringeltem oder kurz gegliedertem Fuss. Brachionus Bakeri 0. Fr. Müll., B. müitaris Ehrbg., Euchlanis triqueira Ehrbg. Fam. Hydatinidae. Mit mehrfach getheiltem oder nur eingebuchtetem Räderorgan und zarter, häufig gegliederter Haut. Der kurze Fuss endet meist zweitheilig mit zwei Borsten Echinoderiden. 431 oder zangeiiförmig. Hfjdatina Ehrbg., IL senta 0. Fr. Müll, mit Enteroplea hjjdatinae Ehrbg. als Männchen (Fig. 414). Xoiontmaia iardiyrada Ldg., .V. Brachionus Ehrbg., N. jiarasifa Ehrbg., Apsilus Metsclin. Körper linsenfiirmig , oline Wimperapparat, Ä. lenti- forvtis Metsehn. Fam. Asplaiichnidae. Der sackförmige panzerlose Leib entbehrt des Enddarmes und des Afters. Äsplanchna Sieboldü Ldg., A. mijrmele Ehrbg., Ascomorpha germanica Ldg. Fig. 415. Hier schliesst sich die in vieler Hinsicht ab- weichende Gattung Seison Gr. an. Seison Grubei Cls. ') lebt an Nebalia. Den Rotiferen scliliessen sich zAvei Gruppen kleiner Thierformen an: 1. die Echinoderidac {Echinoderes Dujardinii Clap., E. setigera Greeff) und 2. die Gasfrotricha oder Ichthydinen. Die Echinoderiden 2) besitzen ein geglie- dertes , in verschiebbare Ringe getheiltes Hautskelet mit vorstreckbarem, von Haken- kränzen besetztem Vorderende, an welchem der Mund liegt. Dieser führt mittelst Mund- höhle in einen Nematoden-ähnlichen Pharynx, auf welchen der geradgestreckte, muskel- freie Mitteldarra und kurze Enddarm folgt. Das ektodermale Nervensystem besteht aus einem das Yorderende des Schlundes um- gebenden, von Ganglien bekleideten Nerven- ring (Gehirn) und aus einem Bauchstrange mit segmental angeordneten Gangliengruppen. Bei den auf Meeres-Algen lebenden Formen liegt am Gehirn ein einfaches Auge vor, bei den im Schlamme lebenden Formen fehlt dasselbe. Tastorgaue finden sich längs des Rückens und an den Seiten des Körpers. Als Excretionsorgane fungiren ein Paar vorne geschlossene, innen bewimperte Schläuche (Nephridien). Die Geschlechter sind getrennt. Ovarien und Hoden liegen paarig zu den Seiten des Darmes Chaetonotus maximus, nach Bütschli Von der Bauchseite gesehen. Ci Wimper band, Oe Oesophagus. ') Vergl. C.Claus, Ueber die Organisation und die systematische Stellung der Gattung Seison Gr. Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der k. k. zool.-bot. Ge- sellschaft. Wien 1876. L. Plate, Ueber einige ectoparasitische Rotatorien des Golfes von Neapel. Mitth. der zool. Station Neapel, Tom. VII. -) E. Met schnikoff, Ueber einige wenig bekannte niedere Thierformen. Zeitschr. für wiss. Zool., Bd. XV, 1865. R. Greeff, Untersuchungen über einige merkwürdige Thier- gruppen des Arthropoden- und Wurmtypus. Archiv für Zoologie, 1869. W. Reinhard, Kiuorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XLV, 1887. C. Zelinka, Ueber die Organisation von Echinoderes. Verhandl. der deutschen zool. Gesellsch. 1894. 432 (iastrotricha. und münden am letzten Hautringel Ijauchständig. Echinodcrcs Diijarclhtii Clap., E. scti(jcra Greett". Die Gastrotrichen'^) (Fig. 415) besitzen einen flaschenförmigen oder wurmfürmigen Leib, welcher an seiner Bauchfläche mit zwei Cilienbändern besetzt ist und am hinteren Ende in zwei Furcalfortsätze ausläuft. Zwischen diesen mündet ventralwärts das üarmrohr aus, dessen muskulöser Oesd- phagus ebenso wie die Gestalt des Darmes an die Nematoden erinnert. Am vorderen Pole liegt die rundliche Mundüffhung, nach welcher die ven- tralen Wimperränder die Nahrungsstotfe hinzuleiten scheinen. Borsten tinden sich sehr häufig in dichter Stellung vornehmlich am Rücken (Chaetonotus). Das Nervensystem besteht aus einem einfachen dem Schlünde aufliegenden Gehirnganglion. Augenflecken sind zuweilen vorhanden. Die Leibesmusku- latur beschränkt sich auf wenige contractile Zellen. Die Muskeln sind paarige Längsbänder (6 Paare) und lassen sich wie die der Rotiferen als Haut- und Leibeshöhlenmuskeln unterscheiden. Ringmuskoln fehlen. Als Excretionsorgane fungiren zwei- vielfach verschlungene Canälchen, welche je einen stabförmigen Wimperlappen tragen und in der Mitte der Bauch- fläcbe ausmünden. Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt auf der Rücken- fläche dicht vor der Gabelung des Hinterendes. Von Interesse ist die bei Chactonohfs entdeckte Anwesenheit von zweierlei Eiern, kleineren Sommer- eiern, die sich im Mutterleibe entwickeln, und gr()sseren hartschaligen Wintereiern , aus welchen die Embr} onen in vorgeschrittener Form aus- schlüpfen. Metschnikoff und Bütschli lassen die Ichthj/dhum ^etreimten Geschlechtes sein, während M. Schul tze für Chaetonotus Samenfäden und Eier im Körper desselben Thieres beschrieb. Neuerdings hat Ludwig bei Ichthydiwn den muthmasslichen Hoden au noch jungen Thieren nach- gewiesen und gezeigt, dass die Ovarien später reifen , die Gastrotrichen somit Zwitter sind. Die vornehmlichen Gattungen sind: ('hacfonotus Ehrbg. mit Stacheln besetzt, maxtmus M. Seh. (Fig. 4Lö), Ichthydium Ehrbg. ohne Stacheln, /. ocellatum Metschn., Dasydytes Gosse, ohne Gabelschwanz, aber mit Rückenstacheln, T). longisctosus Metschn. ') H.Ludwig, Die Ordiiung Gastrotricha. Zeitsclir. für wissensch. Zool., Bd. XXVI, 1875. 0. Bütschli, Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chae- tonotus. Ebend. C. Zelinka, Die Gastrotrichen. Ebend. Bd. XLIX, 18e- panzerten Abschnitten gewonnen werden. Nur bei einfacheren Bewegungs- formen, welche sich denen der Anneliden noch unmittelbar anschliessen, bleiben alle durch zarte einschiebbare Zwischenhäutchen verbundenen Seg- mente des Eumpfes selbstständig und tragen gleichmässig Gliedmassenpaare in der ganzen Länge des Leibes (Larven. Myriopoda). Im Allgemeinen unterscheidet man drei Leibesregionen, als Kopf, Bnisf oder Miüellcih (Thorax) und Hinterleih (Abdomen), deren Gliedmassen einen verschiedenen Bau und dem entsprechende Function besitzen (Fig. 417). Der Kopf, im Vergleich zu dem aus Stirnlappen und ]\lundabschnitt zu- sammengesetzten Kopf der Anne- liden eine secundäre, zugleich aus Rumpfsegmenten und deren Glied- massen gebildete Region, repräsen- tirt den kurzen gedrungenen ^dr- derabschnitt mit festem Integument. schliesst das Gehirn ein und trägt Kopf, Brust und Abdomen eines ^cwrfm», in seitlicher <^ie Sinncsorganc Und Mundthcile. Ansicht, st Stigmen, T tj-mpanaies Organ. i^)ie GHedmasscnpaare dieses Al)- schnittes sind zu Antennen und Munduerkzeuyen umgestaltet. Im Vergleicli mit dem Annelidenkopf gehen ausser dem Stirn- oder Antennenabschnitt und dem Mundsegment wenigstens ein Kiefersegment, dessen Gliedmassenpaar noch im Larvcnleben (NunpUusj als Beinpaar fungiren kann, in die Bildung des Kopfes ein. Indessen werden in der Regel noch zwei Rumpfsegmente, deren Gliedmassen als Kiefer fungiren, in den Kopf einbezogen. Der Mittelleib oder Thorax zeichnet sich ebenfalls dm-ch eine ver- hältnissmässig innige Verschmelzung einiger oder aller seiner Segmente, sowie durch die Festigkeit seiner Haut aus. Meist ist derselbe scharf vom Kopfe abgesetzt, häufig dagegen mit dem Kopfe zu einer gemeinsamen Leibesregion (Cephalothorax) verschmolzen (Fig. 418). Der Thorax trägt die wichtigsten Gliedmassen der Bewegung und repräsentirt das Centnnn der zu bewegenden Masse. Der Hinterleib, auch Leib schlechthin genannt, zeigt die Zusammen- setzung aus deutlich gesonderten Leibesringen und entbehrt in der Regel der Extremitäten. Sind dieselben aber vorhanden (Abdominalfüsse), so dienen sie theils als Hilfsorgane der Bewegung, theils zur Respiration oder zum 43; Tragen der Eiersäckeben und der Copulation. Heltener, wie z. B. bei den Seorpionen, sondert sieb das Abdomen in einen breiteren Yorderabscbnitt. Präahdotncu, und in einen engeren beweglicben Hinterabscbnitt, Fostahdomcv . Die Haut bestebt wie bei den Anneliden , aus zwei verscbicdenen JSebicbten, einer äusseren testen , meist liomogenen Cbitinbaut und einer wcieben, aus polygonalen Zellen zusanmiengesetzten unteren Lage (Matrix, Ilf/poilcrmis), welcbe die anfangs weiche Cbitinbaut scbicbtenweise absondert (Fig. 26). Diese erstarrt meist aucb durcli Aufnabme von Kalksalzen in der cbitinbaitigen Grundsubstanz zu dem festen, das Skelet bildenden Haut- panzer, der aber zwischen den einzelnen Segmenten durch dünne Verbin- dnngshäute unterbrochen ist. Die mannigfachen Cuticularanhänge der Haut, welche als einfache oder gefiederte Haare, Fäden und Borsten, Dornen und Haken auftreten können, verdanken ihre Entstehung ähnlich gestalteten Fortsätzen und Auswüchsen der zelligen Unterlage (Fig. 27). Die Chitin- haut erfährt mit sammt ihren Anhängen zeitw^eise, vornehmlich während des Wachsthums im Jugendzustande, Erneuerungen und wird dann als Fig. 418. Sqitilla mnu/is. A' , A" Autciun'ii. Kf , Kf" die vorderen KieferJusspaare am Cephalothorax, B', B", B' ' drei Spaltbeinpaare der Brust. zusammenhängende Haut abgeworfen (Häutungsprocess). Die Muskulatur bildet niemals mehr einen continuirlichen Hautmuskelschlauch, sondern zeigt sich meist der 8egmentirung entsprechend gegliedert. Die Rumpfmuskeln sind in den einzelnen Segmenten in longitudinalen und schräg transversalen Zügen angeordnet, bieten übrigens mancherlei Unterbrechungen. Dazu kommen umfangreiche Muskelgruppen , welche die Extremitäten bewegen. Durch (jiunjUj sind die MuskcJfüsern quergestreift. Die innere Organisation schliesst an die Gliederwürmer an, ohne jedoch eine durchgreifende innere Segmeutirung erhalten zu haben. Das Xerrensi/steui besteht aus Gehirn, Schlundcommissur und Bauch- mark, welches letztere meist in Form einer' Ganglienkette (Fig. 419) unter dem Darme verläuft, zuweilen aber auch eine grosse Concentrirung zeigt und selbst zu einer ungegliederten Ganglienmasse unter dem Schlünde zusammengezogen sein kann. Die Gliederung der Bauchgangiienkette bietet im Speciellen die grössten Verschiedenheiten, im Allgemeinen aber ent- spricht sie der heteronomen Segmeutirung des Körpers, indem in den grösseren, durch Verschmelzung von Segmenten entstandenen Abschnitten 28* 436 Arthropoda. Sinnesorgane. Augen. auch eine Annäherung oder Verschmelzung der entsprechenden Ganglien erfolgt. Nur in einem Falle, bei den Fentastomklcn , die zur Form und Lebensstute der Eingeweidewürmer zurücksinken, ist die obere Brücke der Schlundcoraraissur nicht als Gehirnganglion angeschwollen, und es erscheinen die Centraltheile des Nervensystems als gemeinsame Ganglienmasse unter- halb des Schlundes zusammengedrängt. In allen anderen Fällen ist das Fi"' 419. Gehirn eine grössere, dem Oesophagus aufliegende Uf ^ Ganglienmasse, welche sich durch den Schlundring mit IW dem vordersten, meist im Kopfe gelegenen Ganglion der g ^'■■'':^'^% Bauehkette, dem unteren Schlundganglion, verbindet. NU/ Aus dem Gehirn entspringen die Sinnesnerven, während ^ I' die Ganglien der Bauchkette Nervenstämme an die Muskeln, sowie an die Körperbedeckung entsenden. Neben diesem , dem cerebrospinalen Nervensysteme der Wirbelthiere vergleichbaren Systeme des Gehirnes und der Bauchganglienkette unterscheidet man bei den grösseren und höher organisirten Arthropoden ein Ein- geweidenervensystem (Sijwpathicus). welches besondere, mit jenem verbundene Ganglien und Nerveugeflechte bildet, deren Verbreitungsbezirk besonders der Darm- canal ist. Bei den höheren Arthropoden unterscheidet man sehr allgemein paarige und unpaare Eingeweide- nerven, die beide im Gehirn ihren Ursprung haben. Von Sinnesorganen sind vorzugsweise Augen ver- breitet und werden bei nur wenigen parasitischen For- men vermisst. In der einfachsten Form sind es paarige oder unpaare. dem Gehirn aufliegende Augen mit lichtbrechenden Körpern ohne oder mit gemeinsamer Linse (Steniniafa oder Punktaugen). Complicirter sind die stets in doppelter Zahl auftretenden zusammen- gesetzten Augen, welche sich durch das Vorhandensein Nervensystem der Larve yon Nervcnstäben , sowic Krystallkegchi auszeichnen. Tr^f^r^G/r XngHot Dieselben sind entweder Augen mit glatter Hornhaut frontale, G Gehirn, Sg Sub- (/. B. (Cladoccren) odcr besitzen als Fdcettenaugen zahl- G»dLTangHen derBauc^h! rcichc klcinc Comcalinscn, unter welchen die Krystall- kette in Brust u. Abdomen, kcgcl uud Nervcnstäbc licgcn ( Fig. 1 19 uud 1 20 )- Bei den Decapoden und Branchiopoden sitzen dieselben auf Stielen, den lang- ausgezogenen, beweglich abgesetzten Seitentheilen des Kopfes. Augen-ähn- liche Organe, die sich aber in neuerer Zeit als Leuchtorgane herausgestellt haben, hat man an den Kiefern und zwischen den Beinpaaren des Hinter- leibes bei Euphausia beobachtet. Auch Gehörorgane kommen vor, am häu- figsten bei den Krebsen als Gehörblasen oder besser Statocysten mit Oto lithen in der Basis der vorderen Antennen, selten in dem als Fächer be- Excretionsorgane. Malpighi'sche Gefässe. Verdauungsapparat. 4B7 kannten Anliang-e des Hinterleibes. Ferner sind hei den Insecten Organe zur Scliallperoe])tion, freilich von abweichendem Bau, entdeckt worden. E])enfalls verbreitet sind Geruchsorgane , welche ihren Sitz an der Oberfläche der Antennen haben und aus zarten Rührchen oder eigenthümlichen Zapfen be- stehen, unter denen Ganglienzellen und Nerven liegen. Als Tastorganc hat man die Antennen und Taster der Mundwerkzeuge, sowie Avohl auch die Extremitätens])itzen, und an diesen eigenthüniliche Kol- ben. Borsten und Haare der Haut mit Nervenendigungen anzusehen. Ein selbstständiger Verdauungsapparat ist überall deutlich gesondert, tritt aber in sehr verschiedener Ge- stalt und Höhe der Ausbildung auf. Nur ausnahmsweise kann der Darm rückgebildet und" geschwunden sein (Hhizocephalen). Der Mund liegt an der unteren Kopf- fläche, von einer Oberlippe überragt und meist rechts und links von Mundwerkzeugen umstellt, welche ent- weder zum Kauen oder Stechen und Saugen dienen. Eine engere oder weitere Speiseröhre führt in den Magendarm, welcher entweder einfach die Leibesachse durchsetzt oder sich in mehrfachen Windungen zu- sammenlegt. Speiseröhre und Mitteldarm können selbst wieder in mehrfache Abschnitte zerfallen und sowohl Speicheldrüsen als (mit der Function als Hepatopan- creas) sog. Leberanhänge besitzen. Auf den Mitteldarm folgt der Enddarm mit der am hinteren Leibesende aus- mündenden Afteröffnung. Harnabsondernde Excretionsorgane kommen in weiter Verbreitung vor, in ihrer einfachsten Form als Zellen der Darmfläche (Copepoden), auf einer höheren Darmcanai von Po7i«JaJras- Stufe als schlauchförmige, fadenähnliche Ausstülpungen KrsI'eUMaxiiiel^s^spei- des Enddarms ( Malpighi'sche Gefässe) (Fig. 420). Wich- cheidrüsen, oe Oesophagus, tig ist, dass sich in mehreren Arthropodenclassen die ghSchrG^fTssei^^l/ISr- segmentalen Nepbridien selten in grösserer , oft da- dann, gegen in reducirter Zahl erhalten haben. Dieselben beginnen meist nicht mehr mit freiem Trichter, sondern mit geschlossener Endblase und sind die bei den Crustaceen verbreiteten Antennen- und Schalendrüsen. Bei den Arachnoideen treten sie in Form der sog. Coxaldrüse auf, wälirend sie bei den Peripatiden in fast sämmtlichen Segmenten als schleifenförmig ge- wundene Canäle wiederkehren und mit geschlossener Endblase beginnen. Auch die Circiilafions- oder Respirationsorgane zeigen bei den sehr abweichenden Stufen der Organisation die grössten Verschiedenheiten. In dem einfachsten Falle erfüllt die helle, seltener gefärbte, mit Blutkörperchen versehene Blutflüssio-keit die Lei])csh()hle und die Zwischenräume aller ^Q^ Artluo^oJa. Blutkreislauf. Atliinung. Fortijrianzuiig. Organe und cireulirt in mehr nnregelmässiger Weise zugleich mit der ]5e- wegung verschiedener Körpertheile. Nicht selten sind es bestimmte Organe (Darm, schwingende Platten etc.), welche durch regelmässig wiederkehrende Bewegungen auf die Circulatiou des Blutes wirken (Achtheres, Cijdops). In anderen Fällen tritt auf der Rückenfläche oberhalb des Darmes ein kurzes sackförmiges Herz oder ein längerer, in Kammern abgetheilter, gefässartiger Schlauch, ein Bückemjcfäss , als blutbewegendes Organ auf. Von diesem können auch Gefässe, Arterien^ entspringen, welche die Blut- flüssigkeit in bestimmten Richtungen fortführen und mit freien Oeffnungen im Leibesraume enden. Auch rückfühvende venöse Bahnen treten auf, welche im Leibesraume beginnen. Vollständig geschlossen scheint das Gefässsystem niemals, da sich stets lacunäre Räume der Leibeshöhle in den Verlauf der Arterien und der rückführenden, oft gefässartig begrenzten Bahnen ein- geschoben finden. Die Athmung wird sehr häufig, besonders bei kleineren und zarten Arthropoden, durch die gesammte Oberfläche des Körpers vermittelt. Bei grösseren Wasserbew^ohnern übernehmen besondere schlauchförmige, meist verästelte Anhänge der Extremitäten als Kiemen diese Function, während bei den luftlebenden Insecten, Myriapoden, Scorpionen und Spinneu innere, mit Luft gefüllte verästelte Röhren (Tracheen) oder Hohlblätter (Fächer- tracheen, Lungen) zur Respiration dienen. Nach dem Gegensatze der Athmungsorgane hat man wohl auch die Arthropoden in Branchkda und Tracheafa eingetheili. Die Forti)flanzung der Arthropoden ist eine geschlechtliche, erfolgt aber zuweilen durch P^ntwicklung unbefruchteter Eier (Parthenogenese). Ovarien und Hoden sind ihrer Anlage nach ui'sprünglich paarig vorhanden, ebenso die Leitungswege, die freilich oft zu gemeinsamen Endstücken zusammen- treten und mit medianer Geschlechtsöfl'nung ausmünden (Insecten, Arach- noideen). Mit seltenen Ausnahmen (Cirripedien , Cymothoideen) sind die Geschlechter getrennt. Männchen und Weibchen erscheinen in ihrer ge- sammten Gestalt und Organisation häufig wesentlich verschieden. Selten kommt es wie bei den Schmarotzerkrebsen zu einem so ausgeprägten Dimorphismus des Geschlechtes, indem die Männchen zwergartig klein bleiben und parasitenähnlich am Körper des Weibchens festsitzen. Während des Begattungsactes, der oftmals eine äussere Vereinigung beider Geschlechter bleibt, werden häufig Spermatophoren am weiblichen Genitalsegment befestigt oder durch das Begattungsorgan in die Vagina eingeschoben, von wo aus die Zoospermien zuweilen in besondere Samenbehälter gelangen. Die meisten Arthropoden legen Eier ab, indessen kommen in fast allen Grujipen auch vivi- pare Formen vor; die Eier werden entweder vom .Mutterthiere umhergetragen oder an geschützten, an entsprechender Nahrung reichen Plätzen abgesetzt. Meistens folgt auf die mehr oder minder complicirte Entwicklung des Embryos eine complicirte Metamorphose, während welcher die freilebenden I. Classe. Crustacfa. 439 Jui-eiKlfbrineii als Larven einen mehrmaligen Wechsel der Haut erleiden. Nicht selten fehlen der eben geborenen Larve noch zahlreiche Segmente des !Mutterthieres, in anderen Fällen sind sämmtliche Segmente zwar vor- handen, aber noch nicht zu den Regionen verschmolzen, und es gleichen die Larven durch die homonome Segmentirung, dann auch in Bewegung und Lebensweise der Anneliden. Die ^Metamorphose kann aber auch eine räch- sc/ircitcnde sein , indem die freischwimmenden Larven mit Sinnesorganen und Extremitäten versehen sind, im Verlaufe ihrer weiteren Entwicklung jedoch parasitisch werden, Augen, sowie Locomotionsorgane verlieren und zu ungegliederten bizarren (Lernaeen) oder entozoenähnlichcn Formen sich umbilden (Rhizocephalen, Pentastoraiden). Wie überhaupt die wasserbewohnenden, durch Kiemen athmenden lliiere eine tiefere, genetisch ältere Stellung einnehmen, so sind auch unter den Arthropoden die Brancldaten (Crusfaccoi) die älteren, die Tracheaten die Jüngeren Typen. Wenn es schon lange Zeit mit Bezug auf die Ueber- ein Stimmung in Gestaltung und Organisation, auf Lage von Darm und Nervensystem, Gehirn und Bauchganglienkette kaum zweifelhaft sein konnte, dass die Arthropoden von den Anneliden phylogenetisch abzuleiten sind, so hat diese Auffassung durch die genauere Kenntniss der als Onycho- phoren früher für Anneliden gehaltenen, nunmehr als annelidenähnliche Arthropoden erwiesenen Peripatiden, sowie in dem Nachweise segnwntaler Xephridien , bei Crustaceen und Arachnoideen eine wichtige Stütze und Bestätigung erhalten. Doch sind es vier verschiedene, von einander divergirende Reihen, denen die Arthropodenclassen angehören: 1. Die Onychophoren, 2. die der Crustaceen; 3. die der Arachnoideen, ausgehend von den Paläostraken ; 4. die der Antennaten, die Myriopoden und Insecten. L Classe. Orustacea 0> Krebse. WasserbcivoJmeudc , durch Kiemen athniende Arthropoden mit zwei Antennenpaaren am Kopfe und zahlreichen Beinpaaren ani Thorax iiml auch am Abdomen, mit Antennen- und Schedendr äse. Entu-icMung mittelst Xauijliuslari-e. Die Crustaceen, deren Namen von der oft harten, durch Kalksalze in- crustirten Körperhaut entlehnt ist und lediglich für die grösseren Malacostraken passt, bewohnen vorwiegend das Wasser und nur in vereinzelten Ausnahmen das Land. Als wichtiger Charakter ist die grosse Zahl von Gliedmassenpaaren hervorzuheben, welche mit Ausnahme der Vorderfühler oder vorderen Antennen ( Antennulae) aus zweiästigen Spaltfüssen des Rumpfes hervorgegangen sind, ') Milne Edwards, Histoire naturelle des Crustaces. 3 Vol. und Atlas. 1838—1840. C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grundlage des Crustaceen- systems. Wien 1876. Derselbe, Neue Beiträge zur Morphologie der Crustaceen. Arbeiten aus dem zool. Institut der Universität Wien. Tom. VI, 1886. 440 Crustacea. Kopf. Cei)balothorax. In die Bildung- des Kopfes treten ausser dem, von dem Stirnlappcn der Anneliden al)zuleitenden. Augen und Vorderfühler tragenden Stirnabsehnitt vier nachfolgende, mit jenem und unter einander verschmolzene Rumpfseg- mente ein . deren Gliedmasseu die ursprünglich dem Mundsegmente ange- hörigen, über dieses hinaus nach vorne gerückten hinteren Antemien. sowie die .Mandibeln und zwei Maxillenpaare sind. Häufig verschmilzt jedoch diese als Kopf zu unterscheidende Region mit einem oder zahlreichen nachfol- genden Segmenten des Mittelleibes oder Thorax zu einem dann als Ko^jf- hriist stück oder Cephahthorax zu bezeichnenden Abschnitt. Fis. 421. '^m Larve von Estheria. a Jüngeres .Stadium. l)io in der Maxillarregiou entwickelten Duplicaturen überwachsen als zwei Schalenklappen den Thorax, b Weiter vorgeschrittenes Stadium. Die Schalen haben auch den Kopf überwachsen. A' Antennula, A" fzweite) Antenne, Md Mandibel, Oh Oberlippe, CHerz, SD Schalen- drüso, D Darm, N Nervensystem, Fi-O Frontalorgan, O Medianauge. Üie Gliedmassen des Mittelleibes, die Thoracalfüsse. erweisen sich dem verschiedenen Gebrauche entsprechend überaus verschieden gestaltet, und oft stellen insbesondere da, wo ein Cephalotliorax vorhanden ist, ein oder mehrere vordere Paare als sogenannte Beikiefer oder Kieferfüsse in Beziehung zur Nahrungsaufnahme. Die Verschmelzung der Leibessegmente kann aber auch eine sehr ausgedehnte sein und sich nicht nur auf eine festere Vereini- gung fast sämmtlicher Brustsegmente unter einem Kopfbrustschildc (Deca- Grundform der Gliedmassen. 441 Fig. 422. poden) erstrecken , .soiulern auch die des Ahdomens betreffen (Isopoden). Von grosser Bedeutung" ist eine am Rücken und den Seiten der Maxillar- region auftretende Hautduplicatur, welelie in Form eines einfachen oder zweiklappigen Schildes (Schale) den Thorax und das Abdomen, sowie, im Falle der Ausbildung- zu zwei muschelähnlichen Schalenklappen, auch den Kopf überwachst (Fig. 421 a und h). Im Extrem kann sich diese Üuplicatur zu einem mantelähnlichen Sack gestalten, welcher den Körper umhüllt (Rhizo- cejjhalen) und durch Einlagerung von Kalkplattcn eine gewisse Aehnlichkeit mit iMuscheln vortäuscht (Cirripedien). Am Kopfe heften sich zwei, gewöhnlich als Sinnesorgane fungirende Fühlerpaare an , die aber auch zugleich als Bewegungsorgane oder zum Ergreifen und Anklannnern dienen können. Von denselben sind die Vorder- antennen nicht ohne- weiteres auf die Glie- derungsform, welche für alle nachfolgenden Gliedmasseni)aare als moditicirte Rumpf- füsse massgebend ist, zurückzuführen , da sie ursprünglich eine einzige Gliederreihe repräsentiren (Fig. 436^'), an der frei- lich secundär IS'eben- äste hervorwachsen können. Für säramtliche folgende, auf post- orale Segmente be- ziehbare Gliedmassen ,,,,.. , „„ r' , , 1 ^ n , A-, , , A< Mandibeln a von Cnlnnus, b von Conchoccia, c \on I\cbnJiri, d \on Asinciis, kann die zweiästige L Kaulade, Eh Endopodit, Ex Exopodlt. Bei Concl/oecia findet sich auch t;i , •i.-j. 1 A' am ersten Gliede des Endopoditen (Taster) eine Kaulade (L''). Extremität der IS au- pliuslarve als Grundform gelten , welche aus einem zweigliedrigen, mit medianen Hakenfortsätzen bewaffneten Stamm (Protopodit) , einem die Gliederreihe des Stammes fortsetzenden Innenast (Entopoditcn) und lateral wiirts am zweiten Stammglied entspringenden Aussenast (Exopodit) (Fig. 421 a und h. A") besteht. In vielen, besonders den höheren Formengruppen, ver- liert die Antenne den Nebenast oder bildet denselben zu einer Schuppe um, wie überhaupt die Gestaltung dieser Gliedmassen grosse Verschiedenheiten bietet. Es folgen dann die zu Mundwerkzeugen umgestalteten Gliedmassen, die Mmi^UhcJn und zwei Paare ^on MaxUIen. Die ersteren gruppiren sich zu den Seiten einer meist helmf(trniig die Mundöffnung überragenden OhcrJtppc, unter 442 Crustacoa. Mamlibeln. MaxiUi^n. welcher häufig eine kleine als VnterVqjpe unterschiedene, zwei tasterähnliehe Lappen ( Farcujmdltcv) tragende Platte liegt und mit der ersteren eine die Kanfortsätze der Mandiheln autnehmende Atrialhöhle umgrenzt. Die Man- dibeln bilden meist einfache, aber feste und harte, bezahnte Kauplatten (Fig. 422), welche morphologisch dem Coxalgliede der Gliedmasse entsprechen, deren nachfolgende Glieder einen tasterartigen Anhang (Manäihvlarfasta-) Fig. 423. a b ^ Maxillen des ersten Paares, a von Calan-ns, b von Gammarus, c von Eitphausia, d von Asfuciis. L Laden, En Endopodit, Ex Exopodit, Ep Epipodialplatte. darstellen. Viel schwächer, aber mit mehreren Laden versehen, erweisen sich die zwei Paare Unterkiefer, Mcuillae. Dieselben charakterisiren sich durch das Auftreten von Kaufortsätzen (Laden) des Stammes, an welchem derEndo- Fig. 424. Jlaxillen des zweiten Paares, a von Gammarus. b von Eiiphniisia, c von Mijsis, d von Asiacus. L Laden, En Endopodit, Ex Exopodit. podit und Exopodit meist als beinförmige Tasteranhänge oder fächerartige Platten erhalten sind (Fig. 423 und 424). Ausnahmsweise (Calaniden) kann auch ein Epipodialanhang. der bei den höheren KreVjsen erst an den Thoracalfiissen auftritt und zu der Ent- wicklung von Kiemen in Beziehung steht, vorhanden sein (Fiü-, 423«). Die Maxi Darf üsso. Thoracalbei 443 Fi^-. 425. Maxilleii des zweiten Paares erweisen sieb meist als vereinfachte Wieder- liüliing-en der ersteren, können jedoch auch bedeutender abweichen. Die Thoraealbeine gestatten die gleiche Zurückfiihrung auf einen zwei- gliedrigen Schaft mit Endopoditen und Exopoditen, doch kommt am Basal- glied des Schaftes noch ein Epipodialanhang, Epipodit, sowie ein oder mehrere als Kiemen fungirende Anhänge hinzu (Fig. 425). Die vorderen Paare dieser Gliedmassen bilden Ober- und Unterlippe nicht selten zu einem Saugsclmabel um, in welchem die stiletförmigen Mandibeln als Stech watifen liegen. Thoraealbeine treten oft in ihren vorderen Paaren in Beziehung zur Nahrungsaufnahme und sind dann dem Munde genäherte, nach vorne ge- rückte sog. Kieferfüsse (Pedes maxUlarcs). Sie können aber auch unter einander im Wesentlichen gleichgestaltet blei- ben und dienen dann sämmtlich vornehmlich zur Herbeistrudelung der Nahrung und zur Locomotion (XebaUaJ. Indessen bieten sie nach der besonderen Lebensweise und Bewegungs- art eine äusserst mannigfaltige Gestaltung; dieselben sind breite, blattförmige Schwimm- füsse (Phyllopoden) oder zweiästige Ruderfiisse (Copepoden), sie können als Rankenfiisse (Cirripedien) zum Strudeln dienen, oder zum Kriechen, Gehen und Laufen (Isopoden, Deca- poden) eingerichtet sein. Im letzteren Falle endigen einige von ihnen mit Haken oder Scheeren. Die Gliedmassen des Hinterleibes end- lich, welcher häutig in toto bewegt wird und zur Unterstützung der Locomotion dient, sind von jenen des Mittelleibes verschieden und entweder ausschliesslich Locomotionsorgane, Spring- und Schwimmfüsse (Amphipoden), oder sie dienen mit ihren An- hängen zur Respiration, auch wohl zum Tragen der Eier und zur Begattung (Decapodenj. Nicht minder verschieden als die äussere Form und der Körperbau ver- hält sich die innere Organisation. Das Nervcnsi/stem besteht bei den niederen Formen oft aus einer nicht weiter gegliederten Ganglienmasse in der Um- gebung des Schlundes, welche sowohl dem Gehirn als dem Bauchmark ent- spricht und alle Nerven entsendet. Bei den höheren Krebsen ist ein gesondertes Gehirn und eine meist gestreckte, sehr verschieden gestaltete Bauchganglien- kette, sowie stets ein reiches Geflecht von Eingeweidenerven und Ganglien des Sympathicus vorhanden. Von Sinnesorganen sind Augen am meisten ver- lireitet, entweder als einfache Punktaugen (unpaare oder paarige), oder als zusannnengesetzte Augen mit glatter oder facettirtcr Hornhaut, im letzteren Brwstfuss von Xebnlia. 1, 2 die Glieder des Schaftes (Protopodit), in ihrer Ver- längerung der Endopodit, Ex Exopodit, Ep Epipodit. 444 Crustacea. Antennendrüse. .Schalendrüse. Falle f»ft in die beweglich abgesetzten Seitentheile des Kopfes (Stielaugen) hineingerückt. Auch Gehörorgane kommen vor, meist im Basalgliede der ersten Antennen, selten in den Sehwanzplatten am hinteren Leibesende (Mysis). Zur Vermittlung wahrscheinlich der Geruehsempßndtmg dienen zarte Haare und Schläuche der vorderen Antennen. Der Vcrdnmingscanal erstreckt sich in der Regel in gerader Kichtung vom Mund zu dem am hinteren Leibesende gelegenen After. Bei den hJUieren Formen erweitert sich die Speiseröhre vor dem Mitteldarme in einen mit Chitinplatten bewaffneten Vormagen. Am langen ]\Iitteldarme sitzen einfache oder ramificirte Leberschläuche auf. Als Jiarnahsondernde Organe betrachtet man die an der Basis der hinteren Antennen ausmündende Drüse (Antennendrüse) der Malacostraken, welche unter den Entomostraken nur im Larvenlel)en auftritt und später rückgebildct wird. Dieselbe Bedeutung hat ein zweites Paar gewundener Drüsenschläuche, welches man gleich dem ersteren auf ein segmentales Xephridienpaar der An- neliden zurückführt. Dieses liat seinem Namen ScJudendriise wTgen der Aus- breitung im Schalenraum und kommt in besonderer Ausbildung bei den Ento- mostraken vor, fehlt jedoch auch bei den Malacostraken keineswegs überall. Es können aber auch am Darmcanal kurze, den Malpighi'schen Gefässen analoge harnabsondernde Schläuche vorkommen (Brachyuren, Amphipoden). Die Kreiskmfsorgane treten in sehr verschiedenen Formen auf, von der grössten Vereinfachung bis zur höchsten Complication eines fast ge- schlossenen Systems arterieller Gefässe und venöser Blntbahnen. Das Blut ist meist farblos, zuweilen grün, selbst rotli gefärbt und enthält in der Regel zellige Blutkörperchen. Athmungsorgane fehlen entweder völlig oder sind Kiemenschläuche am Basalgliede der Brustfüsse oder an den Füssen des Abdomens ; im ersteren Falle können dieselben in einem besonderen, durch eine Integumentdupli- catur (Schale) gebildeten Kiemenraume an den Seiten des Cephalothorax verdeckt und umschlossen liegen. Mit Ausnahme der hermaphroditisehen Cirripedien und Fischasseln sind die Krebse getrennten Geschlechts. Männliche und weibliche Geschlechts- organe münden meist an der Grenze von Brust und Abdomen, entweder am letzten, beziehungsweise am drittletzten Brustringe, oder am ersten A1)- dominalsegmente. Beide Geschlechter unterscheiden sich auch in der Regel durch eine Reihe von äusseren Merkmalen. Die Männchen sind kleiner, zu- weilen zwergartig und dann , Parasiten vergleichbar , an dem Weibchen befestigt; dieselben besitzen fast durchwegs Einrichtungen zum Festhalten des Weibchens und zum Ankleben der Samenschläuche w^ährend der Be- gattung. Die grösseren Weibchen dagegen tragen häufig die Eier in Säckchen mit sich herum, deren Hüllen sie mittelst des Secretes von Kittdrüsen bereiten. Die Enfiriekb(ng erfolgt entweder durch Metamorphose, welche zuweilen eine rückschreiteude ist, oder auf directem Wege, indem die Jungen bereits Naup] 445 Fig. 426, in der Kürperform der Eltern da.s Ei verlassen. Als Ausgangspunkt ist die als Xdiiplins bekannte Larve von grosser, jedoch nicht phyletischer Bedeutung (Fig. 426). Diese Larve besitzt einen ovalen Leib mit dreitheiligem Median- auge und drei Gliedmassenpaaren für Tastempfindung, Nahrungsaufnahme und Locomotion. Diese Gliedmassen entsprechen den späteren Antennen und Mandibeln; die vorderen, welche zu den Sinnesantennen werden, sind ein- ästig, die beiden anderen tragen auf einem breiteren Schafte zwei Aeste (Endopodit und Exopodit). ]\Ian wird die zahlreichen Ordnungen, Avelche von einer Stammgruppe der hyi)otlietischen Protostral-en abzu- leiten sind, in zwei als Unterclassen zu trennende Reihen ordnen können. In die erstere werden als Euto- mosfraca (0. Fr. Müller) die kleinen einfacher organisirten Crustaceen von überaus variirender Zahl und Ge- staltung der Gliedmassen zusammenge- fasst, die Ordnungen der Phyllopoden, Ostracodcii , Copepoden, Cirripedicn nebst Ehizoc(ph(den. Dieselben besitzen eine Schaleiidrüse und beginnen in ihrer Entwicklung mit der NanpJius- larve. Stets findet sich das dreitheilige Mcdiunauge ^) erhalten. Denselben stehen als Malaco- sti •((€(( ( A r i s 1 0 1 e 1 e s j die d urch eine be- stimmte Zahl von Leibessegmenten und Gliedmassen charakterisirten höheren NaupiiusvonCt/c/o^js. ^x>rSchieifencanäie derAn- ^ "1 T /-\ 1 tennendrüse, A', A", Md die drei den Antennen Crustaceen gegenüber, die Ordnungen „^^ ^er Mandlbel entsprechenden GUedmassen- der ArthrOStraca (Ämpldpoden und paare, D,S Darmaussackungen mit Hamzellen. Isopoden) und Thoracosfraca (Ciwiacecji, Stomatopoden , Schizopoden und iJecapodeuJ. Auch hier kann die Schalendrüse erhalten sein , wenngleich die Antennendrüse eine verhältnissmässig grössere Verbreitung und Aus- Ijildung gewinnt. Meist beginnt die freie Entwicklung mit dem Larvenstadium der Zoea, doch kann auch die Naupliusform als jüngste Larve auftreten. Dazu kommt die seither mit Unrecht unter die Phyllopoden aufge- nommene Gattung Xchcdia, welche man als Repräsentant einer alten, die Phyllopoden und Malacostraken verbindenden Gruppe betrachten und als Lepjtostmca unterscheiden kann. Mit derselben dürften die paläozoischen Gattungen Dictyocaris , Hijmenocans , Ceratiocaris etc. (Pakieocariden) zu vereinigen sein. M Vergl. C. Claus, Das Medianauge der Crustaceen. Arbeiten aus dem zoolog. In- stitute, Wien 1891, Tom. VIII. 446 I. Unti'iclas?e. Entomostr.ica. 1. Ordnung. Pliyllopoda. Den Criistaceen haben wir nocli als Falaeosfraca eine Anzahl grossen- theils fossiler und schon den ältesten Formationen angehöriger Formen- gruppen anzuschliessen, deren Entwicklung keinen zuverlässigen Rest der für die C'rustaceen (im engeren Sinne) so bedeutungsvollen XaiipHusiorm aufweist, während sich mit grosser Wahrscheinlichkeit Verwandtschafts- beziehungen zu den Ärachnoideen feststellen lassen. Es sind die Ordnungen der Mcrostomcn und Kiphosurciiy sowie die Trilohifcn. I. Unterclasse. Entomostraca. 1. Ordnung. Phyllopoda 0, Plijllopodeii. Crustacan von meist gestrecktem, oft deutlich gerjlkdertem Körper, Fig. 427. mit oder ohne SchalcndnpUcatur , mit tasterloser Mandihel und rudimentären Maxillen, mit ivenigstens vier, meist mit zcdilr eichen Paaren von hlatfförmigen, ge- lappten Seh wimmfilssen. Crustaceen von geringer Körper- grösse , welche in der Bildung ihrer blattförmigen , gelappten Beine überein- stimmen, in der Zahl der Leibessegmente und Extremitäten, sowie in der inneren Or- ganisation mannigfach abweichen. Nach ihrer C)rganisation und Entwicklung scheinen dieselben als die am wenigsten veränderten Abkömmlinge alter Tv])en betrachtet werden zu können. Der Leib ist entweder cylindrisch , langgestreckt und deutlich segmentirt, ohne freie Haut- duplicatur, z. B. Branchipus (Fig. 427), oder von einem breiten und abgeflachten Schilde bedeckt, welcher nur den hinteren Theil des ebenfalls deutlich segmentirten Leibes frei hervortreten lässt, z. B. Apus (Fig. 429). In anderen Fällen ist der Körper seitlich comprimirt und von einer zweiklappigen Schale umschlossen, aus welcher der Vordcrtheil des Kopfes her- vorragt, Cladoceren, oder der seitlich com- primirte Körper wird vom Rücken aus vollständig von einer zweiklappigen Männchen \on Branchipus singnalls. Rg Herz oder Eückengefäss, dessen Spaltöffnungen sich in jedem Segmente wiederholen, DUarm, M Mandibel, Sd Schalendrüse, Br Kiemeu- anhang der 11 Beinpaare, T Hoden. ^) Ausser den älteren Werken von 0. Fr. Müller, Jurine, M. Edwards, vergl. Zaddach, De Ai)odis cancriforniis anatome et liistoria evolutionis. Bonnae 1841. E. Grube, Bemerkungen über die Phyllopoden. Archiv für Naturgesch. 1853 und 1855. Fr. Le yd ig, Naturgeschichte der Daphniden. Tübingen 1860. Kürijei-bau. C;estaltung der (Jliedinassen. 447 Schale überwachsen, Estherideii. Zuweilen setzt sieh der Koi)t' schärfer ab, wahrend .Alittelleib und Abdomen wcni^-er bestimmt al)zug;renzen sind. Meist bleiben nur die hinteren Segmente glicdmassenlos. 8ehr oft endet der Hinter- leib mit einem ventralwärts nach vorne umgebogenen Al)schnitt, welcher an den Seiten des hinteren Randes zwei Reihen nach hinten gerichteter Krallen trägt, von denen die beiden letzten, an der Spitze des Schwanzanhanges entspringenden bei weitem am stärksten sind. In anderen Fällen sind zwei flossenförmige Furcalglieder vorhanden. Am Kopfe finden wir zwei Antennenpaare, welche jedoch am er- wachsenen Thiere theils rückgebildet, theils in eigenthümlicher Weise um- Fig. 428. geformt sein können. Die vorderen, schlechthin als Spürantennen bezeichnet, bleiben klein und sind die Träger der zarten Geruchsfäden. Die hinteren An- tennen sind häufig grosse zweiästige Ruderarme, können aber auch beim Männchen Greiforganc sein (Brauch ipus). In anderen Fällen (Apus) verkümmern sie und fallen ganz weg. Von Mundwerkzeugen unter- scheidet man überall unterhalb der ansehnlichen Ober- lippe zwei breite verhornte , im ausgebildeten Zu- stande stets fasterlose Mandibeln mit bezähnter Kau- fläche, denen noch ein oder zwei Paare von schwachen Maxillen folgen. Letztere entbehren der Gliederung und sind meist einfache Ladenplatten. Am Thorax finden sich meist zahlreiche Beinpaare, welche sich nach dem hinteren Körperende zu verjüngen. Die- selben sind blattförmig gelappte zweiästige Seh wimm- füsse und dienen zugleich durch Strudelung als Hilfs- werkzeuge der Nahrungsaufnahme. Auf den kurzen, meist mit einem Kieferfortsatze versehenen Basal- abschnitt folgt ein langer blattförmiger Stamm mit Borsten am Innenrand. Derselbe setzt sich direct in den mehrfach gelappten inneren Ast (Endopodit) fort und trägt an seiner Aussenseite den borstenrandigen , meist zweizipfligen äusseren Fussast (Exopodit) , sowie nahe seiner Basis ein schlauchförmiges Kiemensäckcheu (Fig. 428). Indessen können die vorderen, ja sogar sämmtliche Beinpaare (Leptodora) auch Greiffüsse sein und der Kiemen anhänge entbehren. Ueberall ist ein grosses, zuweilen median verschmolzenes Augenpaar vorhanden, neben dem das kleine mediane Entomostrakenauge persistirt. Vor dem letzteren erhe])en sich zwei frontale Sinnesborsten (Frontalorgane). Ein eigenthümlicher Sinnesapparat findet sich in der Stirn- (Branchipus) oder Nackengegend (Cladoceren). Das Bauchmark ist meist eine strick- leiterförmige Ganglienkette. Die Nerven des zweiten Antennenpaares ent- springen unterhalb des Schlundes oder an der Schlundcommissur. Ein sack- Schwimmfuss von Estheria. Die beiden Stammglieder mit den Ladenfortsätzen (^L), En gelappter Endopodit , Ex Exo- podit , Br Branchialsäckchen. 448 chalendrüse. I. Unterordnung. Branchiopoda. förmiges oder g-ekammertes Herz regnlirt den Kreislauf. Stets findet sich eine in Windungen zusammengelegte Schdlciidn'ise, welche an der hinteren Maxille ausmündet. Zur Bespiratkm dient die durch die Schalenduplicatur, sowie durch die blattf()rmigen Schwimmfiisse sehr rergrüsserte Oberfläche des Körpers, ferner die Oberfläche der Rranchialsäckchen. Die Phyllopoden sind getrennten Geschlechts. Die Männchen unter- scheiden sich von den Weibchen durch den Bau der grösseren und mit Riechhaaren reicher besetzten vorderen Antennen und auch wohl durch die vorderen, mit Greifhakeu bewaffneten Schwimmfiisse. Im Allgemeinen treten die Männchen minder häufig und in der Regel nur in bestimmten Jahres- zeiten auf. Indessen vermögen die Weibchen der Cladoeeren auch ohne Begattung und Befruchtung Eier zu produciren, welche als sog. Sommer- eier spontan zur Entwicklung gelangen und zur Entstehung mehrerer der männlichen Thiere entbehrenden Generationen führen. Auch bei einzelnen Gattungen von Branchiopoden ist Parthenogenese Regel, z. B. bei Artemia Fig. 429. und bei Ajnts^ dessen Männchen erst seit wenigen Jahren bekannt sind. Meist tragen die Weibchen die abgelegten Eier an besonderen Anhängen oder auf der Rücken- fläche in einem Brutraum unter der Schale mit sicli herum. Die ausschlüpfenden Jungen besit/.en entweder bereits die Form des ausgewachsenen Geschlechtsthieres (Cladoeeren), oder durchlaufen eine complicirte Meta- morphose, indem sie als Naupliuslarven mit drei Glied- massenpaaren die Eihülle verlassen (Branchiopoden). Die Phyllopoden bewohnen zum kleineren Theile das Meer, leben vielmehr vorzugsweise in stehenden Süsswasserlachen, einzelne auch in Salzlachen und sind über alle Welttheile verbreitet. Apus cancri/ormis. 1. Unterordnung. Branchiopoda^), Branchiopoden. Fhi/Uo- poden mit deutlich segmentirtem Körper, oft von einer flachen schildförmiyen oder seit- lich comprimirten zweihlappigen Schale umschlossen, mit 10 bis etwa 30 und mehr Paaren von blattför^niyen Schwimmflossen, an denen sich stets Kiemensücl-chen finden. Der Darmcanal besitzt zwei seitliclie , seltener kurze und schlaucliförmige , in der Eegel traubig verästelte Leberanhäuge. Das Herz erscheint als gestrecktes Eückengefäss mit zalilreicben Paaren seitlicher Spaltöffnungen und kann sich durch die ganze Länge von Brust und Hinterleib erstrecken. Die stets paarigen, zu den Seiten des Darmcanals gelegenen Geschlechtsorgane münden an der Grenze von Brust und Abdomen. Im weiblichen Geschlechte sind es kleine Spaltöffnungen, im männlichen Geschlechte können sich an die Ausmündungs- stellen vorstülpbare Begattungsorgane anschliessen (Branchipus). *) Seh äff er, Der krebsartige Kieferfuss etc. Eegensburg 1856. A. KozuboAvski, Ueber den männlichen Apus cancriformis. Archiv für Naturgesch., Tom. XXIII, 1857. C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus und Apus etc. Göttingen 1873. Derselbe, Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung von Branchipus und Artemia. Arbeiten aus dem zoolog. Institute. Wien, Tom. VI, 1886. A. S. Packard, A monograph of North American Phyllopod Crustacea. AYashington 1883. Branchiopoden. Cladoceren. 449 Die Männclieu unterscheiden sich von den Weibchen durch die Bewaffnung der vorderen Beinpaare mit Greifhaken, sowie durch die Grösse der Vorderfühler (Fig. 427), Fig. 43Ü. zuweilen auch durch die Umbildung der hinteren Antennen zu Greifwerk- zeugen (Branchipusj. Auffallend ist bei den einzelnen Gattungen das seltene Vorkommen der Männchen, die nur unter gewissen Bedingungen in bestimmten Generationen aufzu- treten scheinen, mit denen parthe- nogenetisch sich fortpflanzende Ge- nerationen wechseln. Die Eier ent- wickeln sich allgemein unter dem Schutze des mütterlichen Köiiiers, entweder in einer taschenförmigen Erweiterung des Oviductes (Bran- chipus), oder zwischen den Schalen des Mutterthieres an fadenförmigen (Eslheria), oder in sackähnlicheu (Apus) Anhängen bestimmter (9. bis 11.) Beinpaare getragen. Dieselben durchlaufen, soweit bekannt, eine totale Dotterfarchuug uud schlüpfen als Naupliuslarven mit drei Glied- massenpaaren aus, von denen jedoch die vorderen (die späteren Vorder- fühler) bei den Estheriden nur schwache, mit einer Borste besetzte Elrhebungen darstellen, die des dritten Paares dagegen bei Apjus klein und verkümmert sind. Die Branchiopoden gehören fast durchwegs den Binnengewässern an und leben vornehmlich in seichten Süsswasserlachen , nach deren Aus- tiocknung die im Schlamme ein- getrockneten Eier entwicklungsfähig bleiben. Einzelne Arten, wie Artemia salinajVi-erden iuSalzlachen gefunden. Branchipus pisciformis Schaff. = B. staynalis L. (Fig. 427), ohne Schale, in Lachen Deutschlands zugleich mit Äptis cancriformis. B. diaphanus Prev., Frankreich. Artemia salina L. in Salzlachen bei Triest, Montpellier. Legen bald hartschalige Eier ab, bald gebären sie lebendige Junge. Apms cancriformis Schaff. (Fig. 429), mit schildförmiger Schale, Deutsch- land. Die seltenen Männchen sind an der normalen Gestaltung des 11. Beinpaares kenntlich. Leben in Pfützen und Süsswasserlachen mit Branchipus vergesellschaftet. Estheria cycla- doides Joly, mit vollständiger Schale. 2. Unterordnung. Cladocera^), Wasserflöhe. Kleine, seitlich comprimirte Phyllo- Daphnia. C Herz; man sieht die Spaltöffnung der einen Seite. D Darmcanal, L Leberkürnchen, A After, G Gehirn , O Auge, Sc! Schalendruse, Br Brutraum unter der Schalend nplicatur des Rückens. '■) Ausser dem bereits citirten Werke von F. Leydig vergl. H. E. S tra u ss- Dürk- heim, Memoire sur les Daphnia de la classe des Crustaces. Mem. du Mus. d'hi.st. nat., Tom. V u. VI, 1819 u. 1820. P. E. Müller, Bidrag til Cladocerernes Foi-tplantning-historie. Kjöbenhavn, 1868. G. 0. Sars, Om en dimoi-ph Udvikling samt Generationsvexel hos Lepto- C. Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 29 45U Pliylloi)odüu. Cladoceren. Fig. 431. 2Joden, deren Körjter bis auf den frei hervortretenden Kopf meist von einer zireiklappiticn Schale umschlossen wird, mit grossen Ruderantennen und 4—(i Paaren von Schtrimni' fassen. Die Kiemensäckchen fehlen häufig. Die Cladoceren sind die kleineren , einfach organi.sirteu Phyllop(-deu , zu deren Ali- leitung die Jugendformen der beschälten Branchiopoden, die Estherienlaiven mit sechs Btiii- paaren, die besten Anhaltspunkte bieten. Den vorderen kurzen Spürantennen gcgenüner sind die hinteren Antennen zu zweiästigen, mit zahlreichen langen Borsten besetzten Euderarmen umgebildet. Die 4—6 Beinpaare sind nicht immer sämmtlich blattförmige Schwimmbeine (Fig. 431), sondern in vielen Fällen cylindrische Schreit- und Greiffüsse. Das ventralwärts umgeschla- gene Abdomen des Weibchens besitzt an seiner Eückenseite mehrere Höcker zum Abschlnss des Brutraumes und besteht meist aus drei Seg- menten nebst dem mit Hakenreihen besetzten analen Endabschnitt. Der letztere beginnt mit zwei dorsalen Tastborsten und endet mit zwei als Furca zu deutenden Haken, die auch griftelförmig gestaltet sein können (Fig. 430). Die innere Organisation erscheint der ge- ringen Körpergrösse entsprechend vereinfacht. Die zusammengesetzten Augen verschmelzen in der Mittellinie zu einem grossen, in zitternder Be- wegung begrift'enen Stirnange, unter welchem das Medianauge in verschiedener Form erhalten bleibt. Als besonderer, nicht näher bestimmbarer Siunesapparat tritt ein Complex von Ganglien- zellen in der Nackengegend auf. Das Herz besitzt eine ovale sackförmige Gestalt mit zwei venösen quergestellten Seitenostien und einer vorderen ai-teriellen Oetfnung und contrahirt sich äusserst rasch in rhythmischen Pulsationen. Trotz des Maugels von Arterien und Venen vollzieht sich der Kreislauf der mit amöboiden Zellen erfüllten Blutflüssigkeit in regelmässigen Bahnen. Ueberall findet sich die schleifenlormig gewundene Schalen- drüse. Minder verbreitet ist die als Haftorgan fungirende Nackendrüse. Die Sexualdrüsen 6 Maxiiie. c Erstes Bein des Weibchens, c' Dasselbe liegen im Thorax als paarige Schläuche zu den des Männchens, d Ein Bein des zweiten Paares, gelten des Darmes. In den Ovarien sondern sich Br Branchialsäckchen, Ex Exopodit. ^ .._,.,, . Gruppen von je vier Eizellen, von denen eine (die dritte vom Iveimlager aus) zum Ei wird, während die übrigen als Nährzellen zur Bildung von Nährmaterial des stark wachsenden und Fettkugeln aufnehmenden Eies verbraucht werden. Das Ovarium geht direct in den Oviduct über, welcher dorsalwärts in den Brutraum unterhalb Vordere Antenne des Männchens von Daphi dora. Vidensk. Selsk. Forh., 1873. A. AV eis mann, Beiträge zur Kenntniss der Daph- noiden, I— VII. Zeitschr. f. wiss. ZooL, Tom. XXVII, XXVIII, XXX Suppl. und XXXIIL 1876 — 1880. C. Claus, Zur Kenntniss der Organisation und des feineren Baues der Daphniden. Ebendaselbst, Tom. XXVII, 1876. Derselbe, Zur Kenntniss des Bauesund der Organisation der Polyphemiden. AVien 1877. CG robben. Die Embryoualentwicklung von Moi na rerti- rostris. Arbeiten aus dem zool. vergl.-anat. Institut, II. Bd., Wien 1879. 2. Ordnung, (tstracoda. 451 (1er richale einmündet. Die Hoden liegen wie die Ovarien zu den Seiten de.s Darmes und setzen sich in Samenleiter fort, welche ventralwärts hinter dem letzten Beinpaare oder am äussersten Ende des Leibes zuweilen auf kleinen, wohl etwas vorstülpbaren Erhebungen ausmünden. Die kleineren Männchen erscheinen meist erst im Herbst, können indessen auch zu jeder anderen Jahreszeit auftreten, und zwar, wie neuere Beobachtungen erwiesen lialien, jedesmal dann, wenn die Ernähruiigs- und Lebensbedingungen ungünstige werden. So lange die Männchen fehlen, also normal im Frühjahr und Sommer, produciren die 'Weibcheu sog. Sommereier, welche, reichlich mit Oelkugeln erfüllt und von zarter Dotter- hülle umgeben , im Brutraume zwischen Schale und Rückenfläche des Mutterthieres rasch zur Entwicklung gelangen und schon nach Verlauf weniger Tage eine neue, den Brutraum verlassende Generation junger Cladoceren liefern. Die embryonale Entwicklung verläuft dem- gemäss unter äusserst günstigen Bedingungen, die nicht nur in dem reichen Nahrungsdotter des grossen Eies begründet sind, sondern zuweilen auch durch Ausscheidung weiteren Nähr- materials in dem Brutraum begünstigt werden. Zur Zeit, in welcher die Männchen auftreten , beginnen die Weibchen unabhängig von der Begattung Dauereier, sog. Wintereier, zu produciren, welche sich nur nach der Befruchtung zu entwickeln vermögen. Die Zahl dieser dunkelkörnigen hartschaligen Dauer- eier ist immer eine relativ geringe; dafür aber sind dieselben durch bedeutenderen Umfang und reicheren Nahrungsdotter von den Sommereiern unterschieden und unter weit tiefer greifenden Resorptionsvorgängen im Ovarium entstanden. Vor dem Uebertritt der Wintereier in den Brutraum erfährt die Rückenhaut der Schale eine als Sattel (Ephippium) bekannte Verdickung, welche mit den Wintereiern abgeworfen wird und die schützende Bekleidung derselben bildet. Die Daphniden leben grossentheils im süssen Wasser, einzelne Arten auch in tiefen Landseen, im Brackwasser und im Meere. Sie schwimmen hurtig und meist stossweise in Sprüngen. Einige legen sich mittelst des rückenständigen Haftorganes, der Nackendrüse, an festen Gegenständen an ; in dieser flxirten Haltung des Körpers sind dann die Schwimm- füsse durch Schwingungen zur Herbeistrudelung von kleinen Nahrungskörpern befähigt. Sida crystallina 0. Fr. Müll. Die sechs lamellösen Beinpaare mit langen Schwimm- borsten besetzt. Aeste der Ruderantennen zwei- bis dreigliedrig. Daphnia 0. Fr. Müll. Fünf Beinpaare, von denen die vorderen mehr oder minder zum Greifen eingerichtet sind. Der eine Ast der Ruderantennen dreigliedrig , der andere viergliedrig. D. pulex De Geer. D. sima Liev. Moina rectirostris 0. Fr. Müll. Lynceus trigonellus 0. Fr. Müll. Eurycercus lamel- latus 0. Fr. Müll. Polyphcrmis pediculus De Geer. In Landseen der Schweiz, Oesterreichs und Scandinaviens. Evadnc Nordmanni Loven, Nordsee und Mittelmeer. Leptodora hyalina Lillj., in Landseen. 2. Orcliiuiig. Ostracoda'), Musclielkrebse. Kleine, meist seitlieh compriniirte Entomostraken , mit zweiklappiger Schale und sieben, als Fühler, Kiefer, Kriech- und Schivimmbeine fungir en- den Gliedmassenpaaren, mit heinförmigem Mandibular tast er und xmarigen Furcalgliedern oder einfaclier Furcalplatte. ') H. E. Strauss-Dürkheim, Memoire sur les Cypris de la classe des Crustaces. Mem. du Mus. d'hist. nat., Tom. VII, 1821. W. Zenker, Monographie der Ostracodeu. Archiv für Naturgesch., Tom. XX, 1854. G. 0. Sars, Oversigt of Norges marine Ostra- coder. 1865. C. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Ostracoden. Entwicklungsgeschichte von Cypvis. Marburg 1868. Derselbe, Die Halocypriden. Wien 1891. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Süsswasser-Ostracoden. I. und IL Arbeiten des zool. Institutes etc. Wien 1892 und 1895. G. S. Brady, A Monograph of the Recent British Ostracoda. Transact. of the Lin. Soc, Vol. XXVI. G. W. Müller, Monographie der Ostracoden. 1894:. 29* 452 Ostracoda. Körperbau. Der Leib dieser kleinen Crustaceen entbehrt der Gliederung- und liegt vollständig in einer zweiklappigen Öcliale eingeschlossen, deren Aehulichkeit mit Muschelschalen zu dem Xamen „ Muschelkrebse " Anlass gegeben hat (Fig. 432). Beide Schalenhälften stossen längs der Mittellinie des Rückens zusammen und sind hier durch ein elastisches Ligament miteinander ver- banden. Dem Bande entgegengesetzt wirkt ein Schliessmuskel . dessen An- satzstellen an beiden Schalen als ^luskelein drücke unterschieden werden. Die gemeinsame Sehne beider Muskelköpfe liegt ziemlich in der Mitte des Körpers. An beiden Enden und längs der ventralen Seite sind die Ränder der Schalenklappen frei. Bei den marinen Cypridiniden findet sich an den- selben eine tiefe Incisur zum Hervortreten der Antennen. Beim Oetfnen der Schalenklappen werden an der Bauchseite mehrere beinartige Gliedmassen- paare vorgestreckt, welche den Körper kriechend oder schwimmend im Wasser fortbewegen. Ebenso tritt das kurze Abdomen hervor, welches ent- F Ms" SM Mx' M(t Ob Junges, noch nicht geschlechtsreifes Cypris-W eihchen nach Entfernung der rechten Schalenklappe. A', A" die Antennen des ersten und zweiten Paares, Ob Oberlippe, Md Mandibel mit beinartigem Taster. Mx' Mx" die Maxillen des ersten und zweiten Paares, F' Kriechfuss, F" Putzfuss, Fn Furca, G Gehirn- ganglion mit dem unpaaren Auge, SJf Schalenmuskel, üf Magen, Z)Darm, L Leberschlauch, Ge Genitalanlage. Wieder mit zwei Furcalgliedern (Cypris und Cythere), oder einer aus Ver- schmelzmig dieser entstandener, am Hinterrande mit Haken bewaffneter Platte endet. {CyprkUna, Fig. 433 Fii.) Am vorderen Abschnitte des Körpers entspringen die beiden Antennen- paare, welche ihrer Verwendung nach zugleich Fühler und Kriech- oder Schwimmbeine sind. Das vordere Paar trägt bei den CypykUvldeii und Hulo- cypriden grosse Spürfäden. Die Antennen des zweiten Paares sind bei Cy- prklen und Cytheriden beinartig und enden mit kräftigen Hakenborsten, mit deren Hilfe sich die Thiere an fremde Gegenstände anklammern und gleichsam vor Anker legen. Bei den ausschliesslich marinen Cypridiniden und Hcdocypmden aber ist dieses Gliedmassenpaar ein zweiästiger Schwimm- fuss, an welchen sich auf breiter triangulärer Basalplatte ein vielgliedriger, mit langen Schwimmborsten besetzter Hauptast und ein rudimentärer, im männlichen Geschlecht stärkerer und mit einem Greifhaken bewaftiieter Xebenast anheften (Fig. 433). (Jestaltung iloi- Glicdm.assen. 458 In der Umgebung der Mundöffnung folgen unterhalb und zu den Seiten einer ansehnlichen Oberlippe zwei kräftige Mandibeln mit breitem und stark- bezahntem Kaurand. Auf denselben erhebt sich je ein drei- oder viergliederiger, beinartig verlängerter Taster. Nur ausnahmsweise (Paradoxosfonia) werden die Mandibeln zu stilet- ^. .„„ förmigen Stech watt'en und rücken in einen von 01)er- und Unterlippe gebildeten Saugrüssel hinein. Auf die Mandibeln folgen die Unterkiefer (Maxillen des ersten Paares), überall durch vorwiegende Entwick- lung ihres Ladentheiles und durch Reduction des Tasters ausgezeichnet. Bei den Cijprklcn und Cythcrklen trägt der basale Abschnitt des Unterkiefers noch eine grosse fächerförmige, mit Borsten besetzte Platte, die durch ihre Schwingungen die Func- tion der Athmung be- günstigt und dem Exo- poditen entspricht. Auch au den beiden nach- folgenden Gliedmasseu (des 5. und 6. Paares), welche bald zu Kiefern, l)ald zu Beinen umge- staltet sind, kann diese dem ExOpoditen ent- Cypndina medUerranea. a Weibchen, b Männchen. J/ Magen, i/ Herz, , 1 1"" ■ 1 1 ff ^'^^ Schalenmuskel, O paariges Auge, O' unpaares Auge, 6 Gehirn, SpreCUenÜe b acnerplatte stz Frontalorgan, T Hoden, P Begattungsorgan, A', A" die beiden wiederkehren. Antennen, itW/ Mandibularfuss, Mx', Mx" die beiden Maxillen, F'.F" TV. /-,,. 1 1 die beiden Fusspaare, Fu Purcalplatte. üietjliedmassedes 6. Paares ist meist zu einem langgestreckten mehrgliedrigen Kriech- und Klainmerfuss geworden, der bei den Halocyprklm eine grosse Fächerplatte trägt. Die Gliedmasse des siebenten Paares erscheint überall beinförmig verlängert, entweder wie die vorausgehende geljildet, oder dorsalwärts 454 Nervensystt'in. iJarmcanal. emporgerüekt, aufwärts gebogen und neben einer kurzen Klaue mit quer abstehenden Endborsten besetzt. Dieselbe dient hier ebenso wie der dem siebenten Gliedmassenpaare entsprechende lange cylindrische Anhang der Cf/pridinidcn als Putzfuss zur Reinhaltung der inneren Sehalenhaut. Bezüglich des inneren Baues besitzen die Ostracoden ein zweilappiges Gehirnganglion und eine Bauchkette mit dichtgedrängten Ganglienpaaren, von denen die beiden vorderen, welche die Mandibeln und Maxillen versorgen, zu einer umfangreichen unteren »Schlundganglienmasse verschmolzen sind, die nachfolgenden kleineren Ganglien meist weiter auseinander gerückt liegen. Von Sinnesorganen finden sich ausser den schon erwähnten Spürfäden meist ein Frontalorgan und ein dreitheiliges Mediana iige oder, wie bei den Ci/- imdhnden, neben diesem zwei grössere zusammengesetzte und bewegliehe Seitenaugen. Die Haloci/prideii sind augenlos. In den letzteren Familien tritt das frontale Sinnesorgan als stabförmiger Stirntentakel auf. Der weite bei den Cypriden mit gezähnten Seitenleisten bewaffnete Mund führt durch eine enge Speiseröhre in einen kolbig erweiterten , als Vormagen bezeichneten Darmabschnitt , auf welchen ein weiter und langer Magendarm mit zwei langen seitlichen , zwischen die Schalen- lamellen hineinragenden Leberschläuchen folgt. In den übrigen Familien verhält sich der Darm einfacher, und wenn zwei Leber- h -. _^r nFu schlauche vorhanden sind (Halocypridcn), Va. y bleiben dieselben kurze Säcke, welche nicht Darm und Geschlechtsorgane einer weib- 1" ^Ic SchalCndupKcatUr eintreten. Dcr AftCr liehen a/i)Ws, nach w. Zenker. Oe Speise- mündct au dcr Basis dcs Hinterleibes (Fig. rühre, PF Vormagen. F Magen, D Darm, joj\ ir i i t-w •• • ^.i • /» j7 L Leber, Ov Ovarium, S.U Schalenmuskel, 4o4). Vou bcsondcren Druseu ist bei ( ytherc ijKeceptacniumseminis,FuVniva,FwFurca. das Vorhandensein ciucs kolbig erweiterten Drüsenschlauches zu erwähnen, dessen Ausführungsgang in einen stachel- ähnlichen Anhang der hinteren Antennen mündet. Ein sackförmiges, von zwei seitlichen Ostien durchbrochenes Herz findet sich bei den Cypri- diniden und Halocijpriden am Rücken, da, wo die Schale mit dem Thiere zusammenhängt. Zur Bespiration dient vornehmlich die Oberflache der zarten inneren Schalenlanielle, an welcher durch die Schwingungen der fächerförmigen Athemplatten eine ununterbrochene Wasserströmung unter- halten wird. Kiemen fehlen an den Gliedmassen, dagegen kann bei Cij- pridiniden in der Nähe des Putzfusses am Rücken eine Doppelreihe von Kiemenschläuchen vorhanden sein. Die Geschlechter sind durchweg getrennt und durch nicht unmerkliche Differenzen des gesammten Baues unterschieden. Die 3Iännchen besitzen, von der stärkeren Entwicklung der Sinnesorgane abgesehen, an verschiedenen Gliedmassen, an der zweiten Antenne (Cypridina) oder am Kieferfusse (Cyitris), zum Festhalten des Weibchens dienende Einrichtungen, oder auch Geschlechtsorgane. Kntwicklung. Metamorpliose. 455 zugleich ein vergrössertes Beinpaar (Haloctjpr'tdcii). Dazu kommt überall ein umfangreiches, oft sehr complicirt gebautes CopidationHoryan, das auf ein umgestaltetes Gliedmassenpaar zurückzuführen sein dürfte. Für den männ- lichen Geschlechtsapparat, welcher jederseits aus einem kugeligen oder mehreren langgestreckten Hodenschläuchen, einem Samenleiter und dem ße- gattungsgliede besteht, erscheint bei ('//pris das Vorhandensein eines sehr eigenthümlichen Ejaculationsapparates (sog. Schleimdrüse), sowie die Grösse und Form der Samenfäden bemcrkenswerth (Zenker). Die Weibchen von ('>/- j.ris besitzen zwei in die Schaleuduplicatur hineinragende Ovarialschläuche, zwei Receptacula seminis und ebensoviel Geschlechtsöffnungen, welche auf zwei Erhebungen an der Basis des Hinterleibes ausmünden. Die meisten Ostracoden legen Eier, die sie entweder an Wasserpflanzen ankleben (C//pris), oder, wie Cypridina, zwischen den Schalen bis zum .Vusschlüpfen der Jungen herumtragen. Das Vorkommen parthenogenetischer Entwicklung ist in neuerer Zeit für ('ijpns nachgewiesen worden. Die freie Entwicklung beruht bei (V/j^/v.s auf einer complicirten Metamorphose. Die aus dem Ei ausschlüpfenden r//j;>v'.slarven besitzen wie die NaupliushvmQw nur ^' drei Gliedmassenpaare, sind aber seitlich stark com- ^\^ * \ primirt und bereits von einer dünnen zweiklappigen '^^ . ' "^ ' Schale umschlossen (Fig. 435). Bei den marinen ' - )\ \' Ostracoden vereinfacht sich die Entwicklung bis zum ^^l^y'':^^^^^\\\ völligen Ausfall der ^Metamorphose. -'^f^f //l"'i Die Ostracoden ernähren sich vorwiegend von .... o, Ä- rz 1 1 • 1 i' -1 TT. -1 Jüngste CVp»(slarye(Nauplius- thienschen Störten. Zahlreiche fossile formen sind Stadium), ji Magen, x» Daim, fast aus allen Formationen, jedoch leider nur in -^3/ schaienmuskei, jw/ Man- dibularfuss, A' , A" Antennen. ihren Schalenresten bekannt geworden. Farn. Cjjpridinidae. Mit Herz und grossem beweglichen Augenpaar. Sclialenrand zum Austritt der Antennen mit tiefem Ausschnitt. Die vorderen Antennen knieförmig gebogen, mit starken Borsten und mit Eiechfäden am Ende. Die hinteren Antennen sind zweiästige Schwimmfüsse. Vijpridina M. Edw. Kautheil der Mandibel schwach oder ganz verkümmert, Taster fünfgliedrig, beiuförmig, von bedeutender Länge. Das siebente Gliedmassenpaar durch einen cylindrischen geringelten Anhang (Putzfuss) vertreten. Cijpridina mediterranea Costa. (Fig. 433.) Farn. Halocijpridae. Mit Herz und zweiästigen hinteren Antennen, augenlos. Schalen dünn, drüsenreich. Das siebente Gliedmassenpaar stabförmig, mit langer Endborste. Halo- cijltris Dana. H. concha Cls., Atl. Ocean. Conchoecia Dana. C. spinirosiris Cls., Mittelmeer, auch Adria. Fam. Ci/ilteridae. Ohne Herz. Vordere Antennen an der Basis knieförmig umge- bogen, mit kurzen Borsten besetzt. Hintere Antennen kräftig, mit Haken am Endgliede. Drei Beinpaare, von denen das hintere am mächtigsten entwickelt ist. Hinterleib nur mit zwei kleinen lappenförmigen Furcalgliedern. Die Hoden und Ovarien treten nicht zwischen die Schalenblätter. Männlicher Geschlechtsapparat ohne sog. Schleimdrüse. Sind durchweg Meeresbewohner. Die Weibchen tragen oft die Eier und Embryonen zwischen den Schalen. Cjjtltcre 0. Fr. Müll. Cijthere luiea 0. Fr. Müll., Nordmeere und Mittelmeer. C. viridis 0. Fr. Müll., Nordmeere. Paradoxostoma Fisch. Mit kurzem Saugrüssel. Mandibeln stiletförmig. 456 ^- Ordnung. Copepoda. Körperbau. Fam. Cupridae. 5üt Medianauge, ohne Herz. Schalen leicht, aber stark. Die vorderen Antennen meist siebengliederig und mit langen Bonsten besetzt, die des zweiten Paares ein- fach beinföi-mig, meist sechsgliedrig. Zwei Beinpaare, von denen das hintere schwächere Paar aufwärts nach dem Rücken umgebogen ist. Furcalglieder sehr schmal und langgestreckt, an der Spitze mit Hakenborsten (Fig. 432). Die Hoden und Ovarien treten zwischen die Schalenblätter. Männlicher Geschlechtsapparat mit eigenthümlichem, früher als Schleimdrüse beschriebenem Propulsionsapparat. Grossentheils Süsswasserbewohner. Cypris 0. Fr. Müll., Cypris fusca Str., C. puhera 0. Fr. Müll., u. a. A. Xoiodromas monachus 0. Fr. Müll. 3. Ordnung. Copepoda^), Copepodeii. Enfomosfraken von gestreclder^ meist woldgegUederter Körperform, ohne schalenförmige Hautcliiplicatur, mit 4 oder 5 Paaren ziceiästiger Buderfiisse am Thorax und gliedmassenloscm Abdomen. Eine vielgestaltige Formengriippe, deren freilel)ende Glieder sich durch eine constante Zahl von Segmenten und Gliedmassenpaaren auszeichnen. Die zahlreichen parasitischen Formen hingegen entfernen sieh von der Kiu-per- gestalt der freischwimmenden in einer Reihe von Abstufungen und erhalten schliesslich eine so veränderte Gestalt, dass sie ohne Kenntniss der Ent- wicklung und der Eigenthümlichkeiten ihres Baues eher für Schmarntzer- würmer als für Arthropoden gehalten werden könnten. Indessen erhalten sich meist auch hier die charakteristischen Ruderfüsse, wenn freilich oft in geringer Zahl, als rudimentäre oder umgestaltete Anhänge. Beim Mangel der letzteren aber gi])t die Entwicklungsgeschichte sicheren Aufschluss ül)er die Copepodennatur. Der Kopf erscheint in der Regel mit dem ersten Brustsegment ver- schmolzen und trägt dann als Cephalothorax zwei Paare von Antennen, zwei Mandibeln, ebensoviel Maxillen, vier sog. Maxillarfüsse, ferner das erste, nicht selten abweichend gestaltete Paar von Ruderfüssen. Es folgen dann vier freie Thoracalsegmente mit ebensoviel Ruderfusspaaren, von denen das letzte häufig verkümmert, im männlichen Geschlechte auch oft als Hilfs- organ der Begattung umgestaltet sein kann, l ebrigens kann sowohl das fünfte Fusspaar, als das entsprechende Thoracalsegment ganz hinwegfallen. Das Abdomen besteht ebenso wie die Brust aus fünf Segmenten, entbehrt der Gliedmassen und endet mit zwei gabelig auseinanderstehenden Gliedern (Furca), an deren Spitze mehrere lauge Schwanzborsten aufsitzen (Fig. 436). Am weiblichen Körper vereinigen sich meist die beiden ersten Abdominal- segmente zur Herstellung eines Genitaldoppelsegmentes mit den Geschlechts- ötfnungen. Sehr häufig erfährt auch das Abdomen, vornehmlich bei den parasitischen Formen, eine bedeutende Reductiou. *) 0. Fr. Müller, Entomostraca seu Insecta testacea, quae in aquis Daniae et Nor- vegiae reperit, descripsit. Lipsiae 1785. Jurine, Histoire des Monocles. Geneve 1820. AV. Lilljeborg, De crustaceis ex ordinibus tribus: Cladocera, Ostracoda et Copepoda, in Scania occun-entibus. Lund 1853. C. Claus, Die freilebenden Copepoden. Leipzig 1863. C. Grobben, Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis. Arb. des zool. Instituts etc. der Univ. Wien, Tom. III, 1881. W. Gi esbrech t, Die pelagischen Copepoden etc., 1892. 457 Die vorderen, meist vielg-liedrigeu Antennen sind auch hier Träger von .Spürborsten, dienen aber bei den frei umherschwinimenden Formen zm* Locomotion und im männlichen Geschlechte als Greifarme zum Fangen und Festhalten des Weibchens während der Begattung (Fig. 437). Die hinteren Antennen l)lcibeu durchweg kürzer, tragen nicht selten dopi)elte Aeste und sind zum Anlegen oder Anklammern an festen Gegenständen befähigt. Von Mundwerkzcngen liegen unterhalb der Oberlippe zwei bezälnite, meist taster- Iragende ^landibeln, welche bei den freilebenden Copepoden als Kauorgane Fig. 43(). FiK. 437. Weibchen von Ci/dops coronntiis, vom Kücken aus gesehen. A', A" die erste und zweite Antenne, T) Darm, OrS Eiersäckchen. Eine männliche Antenne von Cyclops serrulalus. Sf Spürfäden, M Muskel. fungiren, bei den parasitischen aber, in der Regel zu spitzen stiletförmigen Stäben umgebildet, zum Stechen benutzt werden. In diesem Falle rücken dieselben meist in eine durch Vereinigung der Oberlippe und Unterlippe gel)ildete Saugröhre. Das auf die Mandibeln folgende vordere Maxillenpaar besitzt in der Regel mehrere Laden und einen Taster, oft auch einen Fächer (Epipodialanhang). verkümmert aber bei den Schmarotzerkrebsen zu kleineu tasterartigen Höckern, welche ausserhalb der Saugröhre liegen. Die beiden folgenden . als innerer und äusserer Maxillarfuss bezeichneten Gliedmassen dienen sowohl zum Ergreifen der Nahrung (Fig. 4)i8), als vornehmlich bei den Schmarotzerkrebscii zum Anklammern (Fig. 442). 4Ö8 Copeiioden. Nervensystem. 3Iedianauge. Darincanal. 438. Die Ruderfiisse der Brust bestehen aus einem zweigliedrigen Basal- abschnitt und aus zwei dreigliedrigen, mit Borsten besetzten Ruderästen, welehe, breiten Ruderplatten vergleichbar, das sprung- weise Fortschnellen im Wasser bewirken (Fig. 489). Bei den Arrjulidcn gewinnen die Aeste eine bedeu- tende Streckung und nähern sich durch ihre reichere Gliederung den Cirripedienbeinen. Ueberall findet sicli ein Gehirn mit austretenden »Sinnesnerven nel)en einem Bauchstrang, der in seinem Verlaufe meist zahlreiche Ganglien bildet, seltener sich zu einer gemeinsamen unteren Schlundganglien- niasse concentrirt. Von Sinnesorganen ist das mediane drcithcUkje Stirnauge (Cyclopsaugc) ziemlich allge- mein verbreitet. Ausser den Tusthorsten , deren Sitz vornehmlich an den vorderen Antennen, aber auch an manchen anderen Stellen der Haut zu suchen ist, kommen Spürfäden als zarte Anhänge der vorderen Antennen vornehmlich im männlichen Geschlechte vor (Fig. 437). Der Darwcanal zerfällt in eine kurze enge Speiseröhre, einen weiten, oft mit zwei Blindschläuchen beginnenden Magendarm und einen engen Enddarm, welcher auf der Rückenfiäche des letzten Abdominal- segments ausmündet. Häuüg scheint die Darmfläche zugleich die Function von Harnorganen zu über- nehmen, indessen findet sich gleichzeitig eine Schalen- drüse im Kopfl)ruststück zu den Seiten der Kiefer- füsse. Ueberall vermittelt die gesammte Hautober- fläche die Respiration. Kreislaufsorgane werden entweder durch regelmässige Schwingungen des Darmcanals (Cyclops, Ächtheres) ersetzt, oder es tritt im Vordertheil der Brust oberhalb des Darmes ein kurzes sackförmiges Herz auf (Calanklen), welches sich sogar in eine Kopfarterie fortsetzen kann (Calanella). Die Copepodcn sind getrennten (Geschlechtes. Beiderlei Geschlechtsorgane liegen im Cephalothorax und in den Brustsegmenten und bestehen aus einer unpaaren Geschlechtsdrüse, deren paariger oder un- paarer Ausführungsgang am Basalsegmente des Hinter- leibes mündet. Fast regelmässig machen sich in Form und Bildung verschiedener Körpertheile Geschlechts- unterschiede geltend, welche bei einigen Schmarotzerkrebsen (Chondnuan- Mundtheile von Cyclops. M Mandibel, Mx MaxiUe, Kf innerer, Kf äusserer Kiefer- fuss. Fig. 439. Euderfuss eines Cyclops Innenast, Ex Aussenast, (iesclilochtsoigane. Uimoriihismus beider Geschlechter. Jletamorphos 459 Fig. 440. thiden, Lcrnat'opodklen) zu einem höclist aut'tallcndeii Dimorphismus führen. Die Männchen sind kleiner und leichter beweglieh, die vorderen Antennen und die Füssc des letzten Paares werden zu accessorischen Copulations- (trganen, indem sich jene zum Festhalten des Weibchens, diese zum An- kleben der 8permatoi)horen umgestalten. Die letzteren bilden sich innerhalb der Samenleiter vermittelst eines schleimigen Secretes, welches in der Um- gebung der Samenmasse zu einer festen Hülle erstarrt. Die grösseren Weibchen bewegen sich oft schwerfällig und tragen die Fier in Säckchen rechts und links am Abdomen mit sich herum. Viele besitzen am Fnd- abschnitte des Oviducts Drüsenzellen, deren Abson- (lerungsproduct zugleich mit den Fiern austritt und die erstarrende Hülle der Fier- säckchen liefert. Während der Begattung, die nur eine äussere Vereinigung beider Geschlechter bleibt, klebt das 3Iännclien dem Weib- chen eine oder mehrere Spermatophoren am Genital- segment, und zwar an beson- deren Oet^nungen an, durch welche die Samenkörper in das Receptaculum seminis übertreten und die Eier während ihres Austrittes in die sich bildenden Fiersäck- chen befruchten. Die Entwicklung be- ruht auf einer complicirten und bei vielen Schmarotzer- krebsen rückschreitenden Metamorphose. Die Larven schlüpfen als NaupUus- formen mit unpaarem Stirnauge und drei Gliedmassenpaaren aus, von denen das mittlere und hintere zweiästig sind (Fig. 426). Zur Einfuhr der Nahrung in die ^lundöftnung, welche von einer grossen Oberlippe kappenartig über- deckt wird, dienen Hakenborsten am 2. und 3. Gliedmassenpaare. Als Haru- organ fungirt die Antennendrüse. Die hintere Leibespartie endet mit zwei Dorsten zu den Seiten des Afters und entspricht dem noch nicht diflferenzirten Mittel- und Hinterleib. Die Veränderungen, welche die jungen Larven mit dem weiteren Wachsthume erleiden, knüpfen an mehrfach aufeinanderfolgende Abstrei- fungen der Haut und beruhen im Wesentlichen auf einer Streckung des Metamorphose von Cijclops. — « AelteroNaupliuslarve von Cyclops semdatus. b Jüngste Cyclopsform. A', A" die Antennen des ersten und zweiten Paares, AB Antennendrüse, Mf Mandibularfuss, Md Mandibel, Mx MaxiHe, Mxf MaxiUarfuss, F' , F" erster und zweiter Kuderfuss, Hc Harnconcremente in den DarmzeUen, jD Darm, AD Enddarm, ,4 After, G Genitalanlage. 46U Copepoden. Metamorphose. Xauplius. Metanauplius. Fi- 441. Metanauplius von Cyclopsine. O Auge, G Genitalanlage, SD Antennendrüse, A' , A" die beiden Antennen, il/.cMa- xille, Mf Maxillarfussanlagen. Aehtlieres percarum. a Naupliusform. — h Die Larve im .itingsten Cyclops- stadium. — c "Weibchen von der Bauchseite gesehen. D Darm, Ov Ovarium, Mxf, Mxf die beiden Maxillarfüsse, KD Kittdrüsen. — d Das kleinere Männchen in seitlicher Lage. Leibe« und auf dem Hervorsprossen neuer Glied- raassen. »Schon das nachfolgende Larvenstadium (Fig. 240«) weist hinter den drei ursprünglichen, zu den Antennen und Mandibeln werdenden Gliedmassenpaaren ein viertes Paar, die späteren Maxillen, auf; in einem späteren Stadium sind vier neue Gliedmassenpaare angelegt, von denen die zwei vordem den Kieferfüsseu entsprechen, während die zwei letzten Paare den Anlagen der vorderen Ruderfüsse entsprechen. Auf diesem Stadium (MetanaupHus) (Fig. 441) erscheint die Larve noch immer NaupUiis-ähnVich und erst nach einer nochmaligen Häutung geht sie in die erste CV/c'/ojj»s-ähniiche Form über. Dieselbe gleicht bereits im Bau der Fühler und Mundtheile dem ausgewachsenen Thiere, wenngleich die Zahl der Gliedmassen und Leibesringe eine geringere ist (240/-'). Die beiden Gliedmassenpaare sind be- reits kurze zweiästige Ruderfüsse, zu denen auch die Anlagen des dritten und vierten Ruderfnsses in Form mit Borsten besetzter Wülste hinzuge- kommen sind. Der Leib besteht jetzt aus dem ovalen Kopfbruststück, dem zweiten bis vierten Thoracalsegment und einem langgestreckten End- gliede, welches durch fortschreitende Glie- derung das letzte Thoracalsegment und alle Segmente des Al)- domens erzeugt und bereits mit der Furca endet. Viele parasiti- sche Copepoden, z. B. LcriianfJrropus,CIio)/- dracanthus. gelangen über diese Stufe der Leibesgliederung nicht hinaus und er- halten weder die Schwimmfüsse des dritten und vierten Paares, noch ein wei- Metamorphose der parasitischen Formen. 461 teres, vom stummeltTtrmigen Abdomen gesondertes Brustsegment; andere, wie z. B. Achtliercs, sinken dureh den späteren Verlust der beiden vorderen Schwimmfnsspaare auf eine noch tiefere Formstufe zurück (Fig. 442). Die Ireilebenden und aucb viele parasitische Cojjcpoden durchlaufen mit den noch folgenden Häutungen eine grössere oder geringere Reihe von Fis. 444. ^^i^^^'j' Die beiden Geschlechtsthiere von Chondracanthus gibbosns, etwa sechsfach vergrüssert. a Weibchen in seitlicher Lage, b Dasselbe von der Bauchfläche mit anhaftendem Männchen, c Männchen, unter starker Vergrösserung. An' vordere Antennen, An" Klaramerantennen, F' , F" die beiden Fuss- paare, A Auge, il/ Mundtheile, Oe Oesophagus, D Darm, T Hoden, Vd Samenleiter, Sp Sperma- tophorensack, On Eierschläuche. Lernaea branclüaUs. aMÄnnchen (von ca. 2 — 3 Mm. Länge). Oc Auge, G Gehirn, J/ Magen, F' bis F^^ die vier Schwimmfusspaare, T Hoden, Sp Sper- matophorensack. — b "Weibchen (im Begattungs- stadium, 5 — 6 Mm. lang). A' , A" die beiden An- tennenpaare, KEüssel, Afj/Maxillarfuss, D Darm. — c In der Metamorphose begriffenes Weibchen von Lernaea branchialis nach der Begattung. — d Dasselbe mit Eiersäckchen, in natiirl. Grösse. Entwicklungsstadien, an welchen in continuirlicher Aufeinanderfolge die noch fehlenden Segmente und Gliedmassen hervortreten und die bereits vor- handenen Extremitäten eine reichere Gliederung erfahren. Viele Schmarotzer- krebse überspringen indessen die Entwicklungsreihe der Naupliusformen, indem die Larve alsbald nach ihrem Ausschlüpfen die Haut abwirft und be- reits in der jüngsten CydopidioYm mit Klammerantennen und stechenden ^ß"^ PyginaLiimännchoii diT Lernaeoi)oden. Muiulwerkzeiigeii erscheint (Fig. 442). Dieselben durchlaufen schon von diesem Stadium an eine regressive Äletaraorphose, indem sie sich als Para- siten an ein Wohnthier anheften, an ihrem unförmig auswachsenden Leibe die Gliederung mehr oder minder vollständig verlieren, auch die Ruderfüsse abwerfen und selbst das ursprünglich vorhandene Auge rückbilden (Lernaeo- podcn). Die Männchen aber bleiben in solchen Fällen oft zwergartig klein und sitzen dann (häufig in mehrfacher Zahl) in der Nähe der Geschlechts- öffnung am weiblichen K()rper angeklammert fest (Fig. 443). Bei den Lcrnaeen suchte man solche Pygmäenmännchen an dem hiichst absonderlich gestalteten Leibe der grossen, Eierschläuehe tragenden Weib- chen lange Zeit vergebens, bis es sich herausstellte, dass die sehr kleinen cyclopsförmigen Männchen mittelst ihrer vier Schwimmfusspaare frei herum- schwimmen, und dass die Weibchen im Begattungsstadiuni jenen ähnlich gestaltet .sind und erst nach der Begattung als Parasiten die bedeutende Grössenzunahme und Umgestaltung ihres Leibes erfahren (Fig. 444). 1 . Unterordnung. Eucopepoda. Copepoden mit Ruderfüssen , deren Aeste zwei- oder dreigliedrig sind, mit kauenden oder saugenden und stechenden Mundwerkzeugen. 1. Gnathosfomofa. Meist freilebend, mit kauenden Mundwerkzeugen und vollzähliger Leibesgliederung. Pam. Cyclopidae. Meist Süsswasserbewohner , ohne Herz, mit einfachem Auge und viergliedrigeu , niemals zweiästigen Antennen des zweiten Paares. Die Füsse des fünften Paares in beiden Geschlechtern rudimentär. Beim Männchen beide Antennen des ersten Paares zu Greifarmen umgebildet. Cyclops coronatus Cls. (Fig. 436), C. serrulaHis Fisch., Canihocamptus minutus Cls., C. staphyUnus Jur., Harpacticus cJielifer 0. Fr. Müll. Nordsee. Farn. Calanidae. Die vorderen Antennen sehr lang, nur die der einen Seite zu Greifarmen umgebildet; hintere Antennen zweiästig. Herz stets vorhanden. Die Füsse des fünften Paares im männlichen Geschlechte zu Hilfsorganen der Begattung umgestaltet. Cetochilus septenirionalis Goods., Diaptomus castor Jur., Süsswasserform. Ano^nalocera Patersonii Tempi., Pontellina mediterranea Cls. Fam. Noiodelphyidae. Körper wie bei den Cyclopiden gebaut, die hinteren Antennen Klammerantennen. Die beiden letzten Brustsegmente sind beim Weibchen verschmolzen und bilden einen dorsalen Brutbehälter zur Aufnahme der Eier. Leben in der Kiemenhöhle der Ascidien. Xoiodelphys agilis Thor. 2. Parasita *) (Siphonostotnata), Schmarotzerlcrehse. Mit stechenden und saugenden Muudwerkzeugen , meist mit unvollzähliger Leibesgliederung und verkümmertem Abdomen. Die hinteren Antennen und Maxillarfüsse enden mit Klammerhaken. Einzelne Formen schwimmen noch frei umher, die meisten leben an den Kiemen, in der Eachenhöhle und an der äusseren Haut von Fischen, einige in den Geweben der Wohnthiere eingesenkt (PeneUa). Fam. Corycaeidae. Vordere Antennen kurz , weniggliedrig, in beiden Geschlechtern gleich, die hinteren ohne Nebenast, mit Klammerhaken, nach dem Geschlechte ver- schieden. Mundtheile zum Stechen eingerichtet. Medianauge und paarige Seitenangen oft \) Vergl. A. V. Nord mann. Mikrographische Beiträge zur Naturgeschichte der wirbel- losen Thiere, Berlin 1832. H. Bur meist er, Beschreibung einiger neuen und wenig be- kannten Schmarotzerkrebse. Nova acta Ac. Caes. Leop., Tom. XYII, 1835. Steenstrup und Lütken, Bidrag til kundskab om det aabne Havs Snyltekrebs ogLernaeer. Kjöbenhavn 1861. C. Claus, lieber den Bau und die Entwicklung von Achtheres percarum. Zeitschr. für wiss. Zool., 1861. Derselbe, Beobachtungen über Lernaeocera etc. Marburg 1868. Uranchiiua. 463 vorhanden. Leben tlieilweise als temporäre Parasiten. Corijcufidi eJonijatns CIs. üapphirina fuhjens Tlioinps. Fani. Cliondracanlhidae. Körper gestreckt, oft ohne deutliche Gliederung und mit zipfelfönuigen Auswüchsen. Hinterleib stummeiförmig. Die beiden vorderen Ruderfusspaar« sind zweiziptlige Lappen, die übrigen fehlen. Ohne Saugrüssel. Mandibeln sichelförmig. Die birnförmigen Männchen zwergartig klein, oft zu zweien am weiblichen Körper befestigt. Cho7idracanthus yibbosus Kr., auf Lophius (Fig. 443), Ch. cornutus 0. Fr. Müll., auf Schollen. Fam. CaUyidae, Fischläuse. Körper flach, mit schildförmigem Cephalothorax und sehr umfangreichem, namentlich im weiblichen Gcschlechte aufgetriebenem Genitalsegment , da- gegen kleinem, mehr oder minder reducirtem Hinterleib. Mit Saugröhre und stiletförmigen Mandibeln. Vier zweiästige Ruderfusspaare ermöglichen eine rasche Schwimmbewegung. Leben an tlcn Kiemen und der Haut von Seefischen. Eierschlänche schnurförmig. Calijjiis rapax Edw., Cecrops Latreillii Leach., auf Orthagoriscus. Fam. Lernaeidae. Körper des Weibchens stab- oder wurmförmig gestreckt, unge- gliedert, mit Fortsätzen und Auswüchsen am Kopfe. Mundtheile stechend mit Saugröhre. Vier Paare sehr kleiner Schwimmfüsse oder Reste derselben. Die Weibchen sitzen mit ihrem Vorderkörper eingebohrt an Fischen fest. Lernaeocera cijprinacea L., Penella saf/itfa L., Lernaca hranchialis L. (Fig. 444), an Gadusarten. Fam. Lernaeopodidae. Körper in Kopf und Thorax abgesetzt, mit ganz rudimen- tärem Hinterleib. Mundtheile stechend, mit Saugröhre. Die äusseren Maxillarfüsse erlangen eine bedeutende Grösse und vereinigen sich an ihrer Spitze beim Weibchen zur Herstellung eines gemeinsamen Haftapparates, welcher eine dauernde Fixirung herbeiführt. Schwimm- füsse fehlen vollständig. Die mehr oder minder zwergartigen Männchen mit grossen und freien Klammerfüssen, ebenfalls ohne Ruderfüsse. Achtheres perearxm Nordra, (Fig. 442), Basanistes Jiitchonis Schrank, Anchorella uncinata 0. Fr. Müll., auf Gadusarten. 2. Unterordnung. BrancJdura '), Karpfenläuse. Mit grossen zusammengesetzten Augen und langem vorstreckbaren Stachel (Tastorgan) vor der Saugröhre des Mundes, mit vier langgestreckten spaltästigen Schwimmfusspaaren und breiter, zweilappiger Schwanzflosse an Stelle des Abdomens. Die Kai'pfenläuse wurden oft den Caligiden zur Seite gestellt, entfernen sich aber von den letzteren und den echteren Copepoden in mehrfacher Hinsicht wesentlich. In der allgemeinen Körperform gleichen sie allerdings bis auf den in zwei Platten gespaltenen Hinterleib (Schwanzflosse) den Caligiden, indessen ist der innere Bau und die Bildung der Gliedmassen von jenen Schmarotzerkrebsen verschieden. Ueber der Mundöffnung erhebt sich eine breite Saugröhre, in welcher fein gesägte Mandibeln und stiletförmige Maxilleu ver- borgen liegen. Etwas oberhalb dieses Rüssels inserirt sich noch eine lauge cylindrische, in einen einziehbaren stiletföi'migen Stachel auslaufende Röhre, welche einen am Gehirn paarig entspringenden Nerven enthält und als Tastorgan zu fungiren scheint. Zu den Seiten und unterhalb des Mundes sitzen kräftige Klammerorgane auf, und zwar ein oberes, den vorderen Kieferfüssen entsprechendes Paar, welches bei Ärgulus unter Verkümmerung des haken- tragenden Endabschnittes in eine grosse Haftscheibe umgebildet ist, und ein zweites, am breiten Basalabschnitte stark bedorntes Maxillarfusspaar , an dessen Spitze ein Tasthöcker und zwei gebogene Endklauen sich erheben. Nun folgen die vier Schwimmfusspaare der Brustregion, bis auf das letzte in der Regel von den Seiten des Kopfbrustschildes bedeckt. Dieselben bestehen je aus einem umfangreichen mehrgliederigen Basalabschnitt und zwei ') Jurine, Memoire sur l'ArguIe foliace. Annales du Museum d'hist. nat., Tom. VII, 1806. F. Leydig, Ueber Argulus foliaceus. Zeitschr. für wiss. Zool. , Tom. II, 1850. E. Cornalia, Sopra una nuova specie di crostacei sifonostomi. Milano 1860. C.Claus, Ueber die Entwicklung, Organisation und systematische Stellung der Arguliden. Zeitschr. für. wiss. Zool., Tom. XXV, 1875. F. Leydig, Ueber Argulus foliaceus. Archiv für mikrosk. Anatom., Tom. XXXIII, 1889. 464 4. Ordnung. Cirripedia. Fig. 445. viel schmäleren , mit langen Schwimmborsten besetzten Aesten , welche nach Form und Bor.stenbekleidung den Rankenfüsseu der Cirripedien nicht unähnlich sehen und wie diese aus Copepoden-ähnlichen Füssen der Larven ihren Ursprung nehmen (Fig. 445). Die innere Organisation erinnert mehrfach an die Phyllopoden. Das Nervensystem zeichnet sich durch die Grösse des Gehirns und des aus sechs dichtgedrängten Ganglieu- knoten zusammengesetzten Bauchmarkes aus. Ausser zwei grossen zusammengesetzten Seiten- augen ist ein unpaares dreilappiges Medianauge vorhanden. Am Darmcanal unterscheidet man einen kurzen, bogenföinnig aufsteigenden Oeso- phagu 3, einen weiten, in zwei ramificirte Leber- anhänge auslaufenden Magendarm und einen Enddarm, der gerade nach hinten zieht und in der mittleren Ausbuchtung der Schwanzflosse, oberhalb zweier der Furca entsprechenden Plätt- chen nach aussen mündet. An dem Herzen finden sich zwei seitliche Spaltöffnungen und eine lange Aorta. Als Eespirationsorgan fungirt die ge- sammte Oberfläche des Kopfbrustschildes, in- dessen scheint in der Schwanzflosse eine beson- ders lebhafte Blutströmung stattzufinden, so dass man diesen Körpertheil zugleich als eine Art Kieme betrachten kann. Die kleineu lebhafteren und rascher be- weglichen Männchen besitzen an den hinteren Schwimmfnsspaaren eigenthümliche Copulations- anhänge. Die Weibchen tragen ihre Brut nicht wie die echten Copepodenweibchen in Eiersäck- chen umher, sondern kleben die austretenden Eier, deren vom Dotter ausgeschiedene Hülle eine blasige Beschaffenheit gewinnt, als Laich an fremden Gegenständen an. Die ausschlüpfen- den Jungen durchlaufen eine Metamoi-phose. Fam. Är(/ulidae, Kaii^fenläuse. Argulits 0. Fr. Müll. Vorderes Kieferfusspaar in grosse Saugnäpfe umgestaltet. Stiletförmiger Stachel- apparat vorhanden. A. foliaceus li. (Pou de poissons, Baldner), auf Karpfen und dem Stichling. A. coreyonl Thor., A. (jiyanteus Luc, Gifropeltis Hell. Das Kieferfusspaar endet mit einer Klaue. Stiletförmiger Stachel fehlt. G. Kollari Hell. , Kiemen von Hydrocyon , Brasilien. G. Doradis Com. 4. Ordnung. Cirripedia^), Raiikenfüssler. Festsitzende, grösstentheüs hcrui (qjhroditiscJie Cnistaccen, mit undeutlich gegliedertem, von einer HautdupUcatur — ntit verkcdktcn Schalenstücken — umschlossenen Körper, in der Regel mit sechs Paaren von Rankenfüsseu. Argxilus folineeus. Junges Männchen. A' vordere Antenne, Sg Savignapf am vorderen Kieferfuss, Kf hinterer Kieferfuss, Sf Schwimnifüsse, R Schnabel, St Stachel, B Darm, T Hoden. ^) Vergl. S.V.Thompson, Zoological researches, Toni. I, 18:^9. H. Bur meiste r, Beiträge zur Naturgeschichte der Ranken füssler, 1832. Ch. Darwin, A monograph of the Sub-Olass Cirripedia. 2 Vol. London 1851 — 1854. A. Krohn, Beobachtungen über die Ent- wicklung der Cirripedien. Archiv f. Naturgesch., 1860. C. Claus, Die Cyprisähnliche Larve der Cirripedien etc. Marburg 1869. E. Kossmann, Suctoria und Lepadidae. Würzburg 1873. Yves Delage, Evolution de la Sacculine. Archives de Zoologie experimentale et generale, 2« ser., Tom. II, 1884. .Schale. Extrem itateil. 465 Die Cirripcdien wurden wegen der Aelnilichkeit ihrer Schalen mit Miischehi für Mollusken gehalten, bis die Entdeckung der Larven durch Thompson und Bur nie ister ihre Zugehörigkeit zu den Entomostraken unzweitcHiaf't machte. Dieselben sind von einer aus mehreren (4, 5 und mehr) Stücken zusammengesetzten muschelförmigen Schale umschlossen, welche, durch Verkalkung der Chitinhaut einer machtigen Hautduplicatur (Mantel) entstanden, als Scuta, Terga und Car'ma unterschieden werden. Das Thier ist stets an seinem vorderen Kopfende, welches sich bei den Lepadklen in einen langen, frei aus der Schale hervorstehenden Stiel auszieht, festgeheftet. Bei den Balanidcn, welchen dieser Stiel fehlt, ist der Körper noch von einer äusseren , meist aus sechs Stücken gebildeten Kalkröhre umgeben, Fig. 446. Sc Ad ^^ a Lepas, nach Entfernung der rechten Schale. A' Haftantenne am Ende des Stiels, TCarina, Te Tergum, Sc Scutum, Mk Mundkegel, F Furca, P Cirrus oder Penis, M Muskel (Adductor). — b Baianus tintin- nahulum, nach Ch. Darwin, nach Entfernung der einen Schalenhälfte. Tu Durchschnitt des äusseren Schalenkranzes, Ov Ovarium, Od Oviduct, Oe Oeffnung desselben. Ad Adductor. deren OeflPnung von den nach innen liegenden Schalenstücken deckelartig geschlossen erscheint (Fig. 446 a und h). In beiden Fällen wird die Befesti- gung des Thieres vornehmlich mittelst des erhärteten Secretes der sog. dementdrüsc bewirkt, welche an dem vorletzten saugnapfartig erweiterten Gliede der winzig kleinen vorderen Antennen ausmündet. Der vom Mantel und dessen Schalenstücken umhüllte Leib liegt mit seinem hinteren Theile in der Weise nach aufwärts gestreckt, dass die zum Strudeln dienenden Ex- tremitätenpaare aus der schlitzförmigen Spalte des Mantels an der Ventralseite zwischen den ]>aarigen Scuta und Terga hervorgestreckt werden können. Man unterscheidet einen Kopf mit Antennen und Mundwerkzeugen von dem die Rankenfüsse tragenden Leib (Thorax), ohne beide Abschnitte C.Claus: Lehrbuch der Zoolr 30 466 Cirripedien. Körperbau. Gehirn. Auge. Darmcanal scharf abgegrenzt zu finden. Dem Thorax schliesst sich noch ein kleiner stummeiförmiger, oft nur durch zwei Furcalglieder bezeichneter Hinterleib an, an welchem die AfteröÖnung liegt. Hintere Antennen fehlen stets, während die vorderen Antennen auch im ausgebildeten Zustande als winzig kleine Haftorgane nachweisbar bleiben. Die Mundwerkzeuge sitzen einer ventralen Erhebung des Kopfabschnittes auf und bestehen aus Oberlippe mit Lippen- tastern, zwei Mandibeln und vier Maxillen, von denen die zwei hinteren zu einer Art Unterlippe sich vereinigen. Am Leibe erheben sich meist sechs Paare vielgliedriger Rankenfüsse, deren cirrenartig verlängerte, reich mit Borsten und Haaren besetzte Aeste zum Herbeistrudeln der im Wasser Fig. 447. suspendirten Xahrungsstotfe dienen. Der stum- Te^^^^^ melf(irmige Hinterleib trägt einen langgestreck- -; ^1 ten, zwischen den Rankenfüssen nach der ^" Bauchfläche umgeschlagenen Cirrus, das männ- liche Copulationsorgan. Uebrigens gibt es für die Gestaltung des gesammteu Leibes zahl- reiche und höchst sonderbare Abw^eichungen. Es können nicht nur die Verkalkungen des Mantels unterbleiben und die Rankenfüsse ihrer Zahl nach reducirt sein oder selbst ganz fehlen, sondern auch die Mundtheile und Gliedmassen verloren gehen (Pdtogastriden)^ und der Körper zur Form eines ungegliederten Schlauches, Sackes oder einer gelappten Scheibe herabsinken. Die Cirripedien besitzen ein paariges Ge- hiruganglion und eine meist aus sechs Ganglien- paaren gebildete, zuweilen aber auch zu einer gemeinsamen Ganglienmasse verschmolzene Baucbganglienkette (Bahoüdoi). ^'on Sinnes- organen ist das Vorkommen eines wenn auch rudimentären , dem Xaupliusauge entsprechen- den ]\Iedianauges hervorzuheben. Ein Darmcanal fehlt nur den Wurzelkrebsen. Bei den Lepadkku und BaJanklen besteht der Verdauungscanal aus einer engen Speiseröhre, einem sackförmig erweiterten Magen, welcher mehrere blinddarmförmige Anhangs- drüsen (Leber) trägt, und einem langgestreckten Chylusdarm, von welchem der kurze Enddarm nur zuweilen schärfer abgegrenzt erscheint (Fig. 447). Die Bhizocephalen (Fig. 452«), welche mittelst wurzelartiger Fäden die Ein- geweide, insbesondere die Leber von Decapoden , umstricken, entbehren des Darmes und nehmen durch die wurzelartigen Ausläufer ihres Parencliyms (wie bereits Änelasma imter den Lepadiden ) die Nahrungssäfte endosmotisch auf. Besondere den Cirripedien eigenthümliche Absonderungsorgane sind die an der Haftscheibe der Antennen ausmündenden sog. Cementdrüsen, Die Organisation von Lepas, nach Ent- fernung der Körperhaut. Cd Cement- drüse und Ausführungsgang, L Leber- anhänge am Darmcanal, T Hoden, Vd Vas deferens, Ol' Ovarium, 0(? Oviduct, Cf Eankenfüsse. Geschlechtsorgane. Zwergmii 467 tlureli deren Secrct die dauernde Befestigung des Cirripedienleibes bewirkt wird. Als Kiemen betrachtet man die Schläuche, welche an mehreren Ranken- fiissen mancher Lcpadklcn auftreten, sowie zwei krausenartig gefaltete Lamellen an der Innenseite des Mantels der Balaniden. Die Cirripedien sind mit wenigen Ausnahmen Zwitter. Die Hoden liegen als vielfach verästelte Drüsenschläuche über und zu den Seiten des Darmes und entsenden Fortsätze in die Basalglieder der Rankenfüsse, ihre in Samenblaseu erweiterten Samenleiter erstrecken sich nach der Basis des eiriusförmigen Penis, in welchem sie sich zu einem gemeinsamen, an der Spitze des Cirrus mündenden Ductus ejaculatorius vereinigen (Fig. 447). Die Ovarien liegen bei den Balaniden im basalen Theile der Leibeshöhle im Schalenkranze, bei den Lcpadiden rücken sie in die als Stiel bekannte Ver- längerung des Kopfes hinein, Fig. 448. ihre Oviducte münden nach K r 0 h n auf einem Vorsprunge am Basalgliede der vorderen Rankenfüsse aus (Fig. 446 h). Die austretenden Eier sam- meln sich zwischen 3Iantcl und Leib in grossen plattge- drückten, zarthäutigen Schläu- chen, welche, bei den Lepa- didrn an einer Hautfalte des Mantels befestigt , auf der Rückenseite des Thieres an- einanderstossen. Trotz des Hermaphro- ditismus existiren nach Dar- win in einzelnen Gattungen (Ihia, Scalpelluw) sehr einfach organisirte Zwergmännchen von eigenthüm- licher Form, sog. complemenfal males, welche Parasiten-ähnlich am Körper des Zwitters haften. Auch gibt es getrennt geschlechtliche Cirripedien mit ausgeprägtem Dimorphismus beider Geschlechtsthiere. Dieser Fall trifft für ScalprUum ornatum und Ibla Cumingii, ferner für die merkwürdigen Gattungen Cryptophialus und Älcippe zu (Fig. 448). Die Männchen dieser Formen bleiben nicht nur zwergartig klein, sondern entbehren auch nach Darwin der Mundöffnuug, des Verdauuugscanals, sowie der Rankenfüsse. In der Regel sitzen zwei , zuweilen aber auch eine grössere Zahl von ]\Iännchen am weiblichen KiJrper. Die Eier durchlaufen bereits in den Brutbehältern eine unglcichmässige Furchung. Die hellen Dotterzellen lagern sich um den Nahrungsdotter in Form einer Keimblase, deren Bauchseite sich bald (wohl durch Auftreten der Mesodermanlage) ansehnlich verdickt. Die aus den Eihüllen ausgeschlüpften 30* a Mäuncben, sehr stark D Hautduplicatur, O Auge, AIcippe lampas, nach Ch. Darwin grössert. T Hoden, Vs Samenblase P Penis, .1' Antennen, —b Weibchen im Längsschnitt. J'Kiefer. fuss, Cf die drei Paare von Eankenfüssen, Ov Ovarium. 468 ipedien. Ijarvc. Cyi>risstadiuin. Larven sind Naujjlhi sformen (Fig. 449 a, />), von ovaler oder liirnfürmiger Fig. 44(). Gestalt, mit unpaareni Stirn- auge, seitlichen »Stirnhörnern und drei Gliedmassenpaaren, von denen das vordere ans einem einzigen Ast besteht, die zwei nachfolgenden aber zwei Aeste mit dichtem Besatz von Schwimmborsten tragen . Nach mehrmaliger Ab- streifung der Haut tritt die zu beträchtlicher Grösse herange- wachsene Larve in eine neue Entwicklungsphase, in das sog. Cyprisstadium (Puppe) ein (Fig. 450). Die Integumentduplicatur repräsentirt nunmehr eine zwei- klappige muschelähnliche Scha- le, an deren klaffendem Raucli- rande die Extremitäten hervor- treten können. Während die Form der Schale an die Ostra- coden erinnert, nähert sich der Körperbau nach Gliederung und Extremitätenbildung den Cope- poden. Aus den ersten Glied- raassen der Naupliuslarve ist eine viergliedrige Haftantenne hervorgegangen, deren vorletz- tes Glied sich scheibenförmig verbreitert hat und die Mün- dung der Cementdrüse enthält, während das Endglied ausser Tastborsten eine oder zwei zarte lanzetförmige Riechfäden trägt. Als Reste der Stirnhörner finden sich zwei kegelförmige Vorsprünge in der Nähe des Vorderrandes. Von den beiden zweiästigen Extremitätenpaa- ren ist das dem zweiten Anten- nenpaar entsprechende abgeworfen, das hintere dagegen zur Anlage der Ober- kieferplatten an dem noch geschlossenen Mundkegel verwendet, an welchem n Aeltere Cirriiiedicnlarvp. Ol Kiissul mit Mundüfinuns- // Stirnhürner, D Darm, A Alter, A', A" vordere und hintere Antenne, Milf Mandibularfusp. — b Metauaupliuslarve von Bnlctnus vor der Häutung. Unter der Haut sind die Anlagen der Seitenaugen (O) und sämmtlicher Beinpaare (F^ his F*'') der Puppe nachweisbar. Ff Frontalfäden, O' unpaares Auge, Dr Drüsenzellen der Stirnhiirner, A' die ersten Antennen mit der Hal'tschoibe, Af.r Maxillaranlage. Angeheftete Puppe. 469 Fig. 45U. auch bereits die Anlagen von Unterkiefer und Unterlippe bemerkbar sind Auf den ^lundkegel folgt der Brustabsclmitt mit sechs zvvetästigen, den Copepodenfüssen ähn- liehen Ruderfusspaareu und ein kleines, dreiglie- driges, mit Furcalgliedern und Schwanzborsten endendes Abdomen, Die Puppe trägt zu den Seiten des unpaaren Augenfleckes ein Paar grosser /usammengesetzter Augen und schwimmt mittelst der Kuderfüsse umher. Eine Nahrungsaufnahme scheint nicht stattzufinden. Das zur weiteren Um- gestaltung nothwendige Material ist in Gestalt eines mächtig entwickelten Fettkörpers vornehm- lich im Koi)ftheil und Ptücken aufgespeichert. Nach längerem oder kürzerem Umher- schwärmen heftet sich die Puppe , wenn unter ihrer Haut die Theile des Cirripedienleibes sicht- bar werden, mittelst der Haftscheibe ihrer vor- gestreckten, armförmig gebogenen Antennen an fremden Gegenständen an, und es beginnt aus der schlauchförmigen Cementdrüse die Abschei- dung eines erstarrenden Kittes, welcher die nun- mehr dauernde Fixation des jungen Ranken- fiisslers verursacht. Bei den Lepadiden wächst der über und zwischen den Haftantennen be- findliche Kopftheil mächtig aus, so dass er aus der .Schalenhaut, unter welcher die Kalkstücke der Cirripedienschale durchschimmern, hervor- tritt und nach Abstreifung der chitinigen Puppen- liaut den fleischigen , die Befestigung vermitteln- den Stiel darstellt, in welchen auch die Ovarial- anlagen eintreten (Fig. 451). Die paarigen Augen der schwärmenden Puppe sind abgeworfen, während der unpaare Pigmentfleck verbleibt. Die ^Mundwerkzeuge treten in voller Diflferen- zirung ihrer Theile hervor, und aus den zwei- ästigen Ruderfüssen sind kurze, aber bereits vielgliedrige Strudelfüsse geworden. Die Cirripedien sind Bewohner des Meeres und siedeln sich an verschiedenen Gegenständen, z. B. Holzptählen, Felsen, sowie ferner an Muschel- ^ 1 TT ^ TT X TUT- iz« 1 . • . J""ge Lepas nach Abstossung der schalen, Krebsen, Haut von Walfischen etc., meist beiden hornigen schaienuiappen und colonieweise an. Einige wie Lithotrya, Alcippe Streckung des in der Puppe einge- T T ^, , 7 • 7- 7 .. . , . knickten Vorderkopfes (Stiel), Oun- und die trijptophmUden , vermögen sich in paares Auge. Medianschnitt durch eine Lepas- Puppe. A' Haftantenne, C Carina, Te Tergum, So Scutum, (? Gehirn, Gg Ganglienkette, J/fe Mundkegel, D Darm, Cd Cementdrüsengang, Ov Ovarium , Ab Abdomen, P Penis- anlage, M Adductor. Fig. 451. 47U Cirripedia. Leiiadideii. Balauidin. Fig. 452. Muschelschalen und Korallen einzubohren, während die Bhiiorcplialcn an Krebsen schmarotzen. Bei den letzteren wird der Leib sackförmig- und ver- liert sämmtliche Extremitäten, sowie den Darmcanal, während wurzeltormige Ausläufer die Säfte des Wohnthieres (Deeapoden) ausziehen (Fig. 452). 1. Pediinculata. Köi-per gestielt, mit sechs Rankeufusspaaren. Mantel meist mit Carina, Scuta und Terga (Fig. 446 «). Fam. Lepadklae. Stiel deutlieh abgesetzt, ohne Kalk- platten. Lepas L. {Anatifa Brug.), L. anatifera L., überall verbreitet. Conchoderma Olf. (Oiion, Cineras Leach.), C virgaia Spengl. , häufig an Schiffen befestigt. C. auriia L. Anelasma Darw., Stiel mit wurzelartigen Auswüchsen, Avelche in die Haut von Squaliden eintreten. A. squalicola Loven. Fam. PolUcipedidae. Stiel nicht scharf abgesetzt, beschuppt oder behaart. Schalenstücke sehr stark, der Zahl nach vermehrt. Zuweilen mit Ergänzungsmännchen. PolU- cipes cornmopia Leach., Ocean und Mittelmeer. ScaJpeUum vul- gare Leach., Nordsee und Mittel- meer. Sc. ornainm Gray, Süd- afrika. Ihla qitadrirahis Cuv., Südaustralien. L CunnngnI>B.vvf., Philippinen. Litliotri/a Sow. 2. Unterordnung. Opercu- lata. Körper ohne oder mit rudi- mentärem Stiel, von einem äusseren Schalenkranz umgeben, an dessen Spitze die Scuta und Terga einen meist freibeweglicheu Deckel mit Musculi depressores bilden (Fig. 446 Z(). Bcdanus tintinnahulumlj. Sehr verbreitet und auch fossil be- kannt. B. improvisus Darw., Brack- wasserform. Chelonohia testudi- naria L., auf Seeschildkröten. Tu- hicinella tracJiealis Shaw. Coro- nula halaenaris L., südlicher Ocean. C. diadema L., nördlicher Ocean. Hier schliessen sich an die Abdominaita. Der ungleichmässig segmentirte Körper wird von einem flaschenförmigen Mantel umschlossen und trägt am Endabschnitte meist drei Paare von Eankeufüssen. Mnndtheile und Darmcanal vollkommen ausgebildet. Sind getrennt geschlechtlich und leben als Parasiten in der Kalkschale von Cirripedien und Mol- lusken eingegraben. Alcippe lampas , Haue. (Fig. 448) mit Zwergmännchen, bohrt sich Höhlungen in die Columella von Fusus- und Buccinum-Schalen, Küste von England. Crtjpio- phialus minutus Darw., in der Schale von Concholepas Peruviana, "Westküste von Süd- amerika. KocJilorrne hamaia Noll, in Höhlungen der Schalen von Haliotis. Ferner die Apoda. Der segmentirte, aus eilf Eingen gebildete Körper entbehrt be- sonderer Mantelduplicaturen und nähert sich der Form einer Made. Die Haftfühler band- fönnig verlängert. Mund zum Saugen eingerichtet mit Mandibeln und Maxillen. Eankenfüsse fehlen. Verdauungscaual rudimentär. Leben als Parasiten im Mantel anderer Cirripedien. Zwitter. Proteolepas Darw., Pr. hirincfa Darw., Westindien. n Sacculinn purjmrea , nach Fr. Müller. Oc Oeffnung des Mantel eackes, W Wurzelauslänfer, K Krone derselben. — b NaupliuS' larve einer Sacculina. A', A" die beiden Antennen, Mdf Man- dibularfuss. — c Puppe Yon Lenmeodiscus porcellanae, nach Fr, Müller. F die sechs Beinpaare, Ab Abdomen, A' Haftantenne. O Auge. Khizocephalen. 471 3. Unterordnung-. Rhizocephala'^), Wurzelkrehse. Der ausscliliesslich dem Kopftheile der Cirripedien entsprechende Körper schlauch- oder sackförmig, ohne Segmentirung und ohne Gliedmassen, mit engem kurzem Haftstiel, an welchem lange, wurzelartig verzweigte Faden entspringen (Fig. 4ö2). Dieselben durchsetzen den Leib des Wohnthieres und führen dem Parasiten die Nahrung zu. Mantel sackförmig, ohne Kalkstückc, mit enger verschliess- barer Oetfnung. Mund und Darmapparat fehlen. Die meist paarigen Hoden liegen zwischen den Ovarien und münden in die Bruthöhle aus. Leben als Parasiten vornehmlich am Ab- domen von Decapoden , deren Eingeweide sie mit ihren wurzelartigen Fiiden umschlingen. Bau und Entwicklung wurden am genauesten von Delage an Savrtdina rarcriu' stndirt. Nach den eingehenden Benbachtungen dieses Autors setzt sicli die Cypris-ähnliche Larve Larven von Sacculina carcini nach Delage. a Cyprisstadium nach der Festheftung mittelst der Haft- antennen (A') am Integument (Z) des Abdomens von Carcinus, tinter der Haut ist die kentrogone Larve sichtbar. K kentrogoner Fortsatz, b Die kentrogone Larve nach Abwerfung der Schale des Cyprissladiums. c Spateres Stadium, der Fortsatz (KJ vrächst in das Innere des Trägers ein. d Längsschnitt durch eine Sacculina. Oc Kloakenöffnung, Sph Sphincter der Kloake, G Ganglion, Bh Bruthöhle mit Eiern gefüllt, T Hoden, Or Ovarien, H Höhlung des Stieles. am Hinterleibe einer jungen Krabbe mittelst der Haftantennen fest und dringt, nach Rück- bildung von Thorax und Abdomen, sowie nach Abstreifung der Haut zu einem länglich sphäiischen Körper reducirt, mittelst eines pfeilförmigen Körperfortsatzes (kentrogones Sta- dium) in die Leibeshöhle des Wirthes ein (Fig. 453/>). Dieser Vorgang soll sich in der AVeise ') W. Lilljeborg, Les genres Liriope et Peltogaster. Nova acta reg. soc. scient., Upsal., Ser. 3, Vol. III, 1860. Fr. Müller, Die Rhizocephalen. Archiv für Naturgesch., .1862 und 1863. R.Kossmann, Beiträge zur Anatomie der schmarotzenden Rankenfüssler. Ver- handl. der med.-phys. Gesellsch. Würzburg, Neue Folge, Tom. IV. Yves Delage, 1. c. Archiv de Zoologie exper., 2 Ser., Tom. II, 1884. 4:'i'2 IJt- L'nterclasse. Malacostraca. vollziehen, dass der gesammte Inhalt des Schlauches in den Leib der jungen Krabbe über- wandert uud den ililbenpuppen vergleichbar, von einer neuen Cuticula umgeben, zur internen, dem Darme anliegenden Sacculina wird. Die Haut derselben treibt alsdann zahlreiche wnrzel- förmige Ausläufer um die Eingeweide des Wirthes, und gestaltet sich, während sein mittlerer Theil mit der Ovarialanlage als Anschwellung hervortritt und schliesslich durch die Cuti- cula des Wirthes nach aussen durchbricht, zum externen Parasitenkörper, mit welchem die im Innern des Wirthes zurückbleibenden Wurzelfortsätze durch einen Stiel verbunden sind. Im Körper der jungen Sacculina haben sich inzwischen Ovarium und Hoden nebst Ganglion und mächtiger Muskulatur des Mantels differenzirt, auch ist die Mantelöffnung gebildet, in deren Umgebung mehrere Cyprisförmige Zwergmänncheu [?] anhaften. Peltogaster pafiuri Eathke. Sacculina carcini Thomps., Lernaeodiscus porcellanae Fr. Müll., Brasilien. 11. Unterclasse. Malacostraca. Kopf und Thorax, bei der wechselnden Zahl der vorderen, zu Mund- werkzeugen umgestalteten Beinpaare nicht scharf abgrenzbar, setzen sich aus 13 Segmenten zusammen uud tragen die gleiche Zahl von Gliedmassen- paaren, während der überall wohl abgesetzte Hinterleib (Abdomen) sechs Segmente mit ebensoviel Beinpaaren in sich fasst und mit einer aus dem Terminalabschnitte des Leibes hervorgegangenen Platte (Telson) abschliesst. Unter den lebenden Crustaceen gibt es eine Gattung, Nehalia (Fig. 454«, i), welche den Malacostrakeu der Organisation nach sehr nahe steht, jedoch durch eine grössere Zahl von Abdominalsegmenten abweicht, indem auf sechs gliedmassentragende Abdominalsegmente noch zwei gliedmassenfreie Segmente und gestreckte Furcaläste folgen. Diese merkwürdige, lange Zeit hindurch als Phyllopod betrachtete Form, welche in Wahrheit den Malacostrakeu viel näher steht, hat somit in der Gestaltung des terminalen Abschnittes des Abdomens noch nicht die besondere Form der Schwanzplatte, des Telsons, zur Erscheinung gebracht. Wahrscheinlich handelt es sich in Nehalia um ein in die Jetztwelt hineinreichendes Glied einer sehr alten Crustaceengruppe, welche zu dem Malacosü'akentypus hinführte. Der Kopf der Malacostrakeu fasst überall ausser dem Mandibelseg- mente, an welchem zwei Paragnathen (wahrscheinlich vom ersten Maxillen- paare abgesonderte Laden) eine Art Unterlippe bilden, noch die Segmente von zwei Maxillenpaaren in sich, deren Gestalt den Charakter von Füssen bewahrt. Die nachfolgenden acht Gliedmassenpaare des Mittelleibes können untereinander noch nahezu gleich oder doch sehr ähnlich gestaltet sein und zwei mehrgliedrige Aeste besitzen, daher als sog. Spaltfüsse erscheinen (Schizopoden). Eine solche Gliedmasse ist als Grundform der Malacostraken- gliedmassen zu betrachten. Dieselbe besteht aus einem zweigliedrigen Stamme, einem fünfgliedrigen Innenast (Endopodit) uud einem geisseiförmigen Aussen- ast (Exopodit). Dazu kommen am Basalgliede des Stammes Anhänge, die entweder beinartig verlängert, beziehungsweise lamellös verbreitert sind (Epi- podit), oder zarthäutige, verschieden gestaltete Kiemenschläuche darstellen. In der Regel aber tritt wenigstens der vorderste Brustfuss in den Dienst der Nahrungsbearbeitung und gewinnt als „Maxülarfuss" eine vermittelnde Form zwischen Maxille und Thoracalbein. In diesem Falle erscheint gewöhnlich der gesammte Vorderkörper, das Segment des Maxillarfusspaares mit ein- geschlossen, kopfartig abgesetzt, während sieben Brustsegmente mit eben- 1. Leptostraca. 473 soviel Beinpaaren freie Ringe des Mittelleibes bleiben, welchen sich der sechsgliedrig-e Hinterleib mit seinen Beinpaaren (Pleopodcn) nebst Telson anschliesst (Ringelkrebse, Arthrostraca) . In anderen Malacostrakengruppen verhalten sich auch noch das nächste oder die beiden nächstfolgenden Paare von Brustbeinen als Kieferfiisse, ohne dass es zu einer scharfen Absetzung von Kopf und Mittelleib kommt. Häufig wird der letztere wenigstens theil- weise von einer schildturniigeuDuplicatur überdeckt (Tlwrarostraca), welche uKu-phologisch der Phyllopodenschale entspricht und sich als mehr oder minder umfangreicher, mit dem Rücken des Thorax verwachsener Schalen- l)anzer ausbildet, unter welchem die hinteren, selten sämratliche Brustseg- mente als freie Ringe gesondert bleiben können. Die Beinpaare des Hinter- leibes sind minder umfangreich und meist einfacher gegliedert. Sie dienen oft zum Strudeln oder Schwimmen, zuweilen aber zu Nebenleistungen, wie zum Tragen der Eier oder als Hilfsorgane der Begattung. 1. Leptostraca. ^) Malacostraken mit zweiklap'piger^ den Kopf und Mittelleih umlagernder SchalendupUcatur und beweglicher Kopf platte an derselben, mit acht icohl- abgegrenzten Brustsegmenten und mit viel- (S)gliedrigem, in einen Schivanz- stachel oder in zwei Furcaläste endigendem Abdomen. An dem stark coraprimirten, von den Schalenklappen bedeckten Leibe entspringen unterhalb der Kopfplatte zwei bewegliche Stielaugen, weiter ab- wärts die beiden Antennenpaare, von denen das vordere auf viergliedrigem Schaft eine borstenrandigc Schuppe und eine vielgliedrige Geissei trägt. Auch der dreigliedrige Schaft der hinteren Antenne setzt sich in eine lange, beim Männchen bis zum hinteren Körperende reichende Geissei fort. Man- dibeln mit dreigliedrigem Taster. Vordere Maxillen dreilappig, mit langem, beinartig verlängertem, als Putzfuss dienendem Taster, die zweiten Maxillen nacli Art eines Phyllopodenfusses gelappt. An den acht deutlich abgeglie- derten Brustsegmenten erheben sich ebensoviele lamellöse Beinpaare mit Innen- und Aussenast und zweizipfeligem Kiemenanhang (Fig. 425 Ep). Die vier langgestreckten vorderen Segmente des Abdomens tragen zwei- ästige Amphipoden-ähnliche Schwimm- und Strudelfüsse, Der frei aus der Schale hervorragende hintere Abschnitt des noch an zwei Segmenten Fuss- stumrael tragenden Abdomens verjüngt sich nach dem Ende zu und erhält in zwei langen borstenrandigen Furcalästen seinen Abschluss (Fig. 454). Das Nervensystem besteht aus einem grossen zweilappigen Gehirn und einem langgestreckten Bauchstrang mit 17 Ganglienpaaren, von denen nur ') Aussei" den citirten Werken von Leach, Latreille, M. Edwards vergl. C. Claus, Crustaceensystem 1. c. AVien 1876. Packard, The order Phyllocarida and its syste- matic Position. A Monograph of the Phyllopod Crustacea etc. Boston 1883. G. 0. Sars, Report on the Phyllocarida. Challenger Exp., Tom. XIX, 1887. C. Claus, lieber den Or- ganismus der Nebaliden und die systematische Stellung der Leptostraken. Arbeiten des zool. Inst. d. Universität Wien, Tom. VIII, 1888. 47-4 Li-iJtostraca. Ku die sechs letzten des Abdomens durch lange ansehnliche Längscommissnren von einander abstehen. Der Oesophagus geht in einen mittelst i^Iuskeln am Integnmente befestigten, mit Borstenleisten und Kieferplatten l)ewaff- ncten Vormagen über. Am Anfang des Darmrohres finden sich zwei kurze, nach vorne gerichtete und sechs lange, den ganzen Lei!) durchsetzende Fi-. 4.'i4. h y Xebnlia Geojroyi, stark vergrössert. a Weibchen. 6 Männchen. R Kostralplatte, O Stielauge, A', A" die beiden Antennen, M Vormagen, D Darm, S Schale, G Vas deferens. Leberschläuche. Der kurze, mittelst Dilatatoren befestigte Afterdarm be- ginnt mit einem dorsalen, nach vorn gerichteten Blindschlauch und mündet, von zwei dreieckigen Chitinplatten bedeckt, zwischen den Furcalästen aus. Eine Antennendrüse ist vorhanden, ebenso eine rudimentäre Schalendrüse. Das langgestreckte Herz durchsetzt die Brust und den vorderen Abschnitt des Abdomens und besitzt vier grosse und drei kleine venöse Ostienpaare. 2. Arthrostraca = Edrioplithalmata. 475 Das vordere und hintere Ende desselben setzt sich in Aorten fort. Die Bhit- beweg'ung- erfolgt in regchnässigcn Bahnen der Leiheshühlc und in engen gefUssartigen Canälen der Schale. Von Bedeutung ist das Vorhandensein eines mächtigen, dem Schalenschliesser der Ostracoden entsprechenden Schliess- nuiskels beider Schalenklai)pen. Ovarien und Hoden erstrecken sich als lange Schläuche seitlich vom Darm durch Brust und Abdomen, die Ausfiihrungsgänge der Ovarien münden am drittletzten, die der Hoden am letzten Brustsegmente. Das Männchen ist leicht an den dichter gehäuften Spürhaaren der Vorderantennen, sowie an der bedeutenderen Länge der hinteren Antennen zu erkennen. Das Weib- chen trägt die abgelegten Eier zwischen den Brustbeinen bis zum Aus- schlüpfen der Jungen. Die Embryonalentwicklung wird durch eine i)artiellc Dotterfurchung eingeleitet und Ijildet vielfache Aehnlichkeit mit jener der Mysideen. Die ausschlüpfenden Jungen l)esitzen eine noch rudimentäre Schale und ein noch rudimentäres viertes Pleopodenpaar. Die Nebalien gehören durchaus dem Meere an, nähren sich von thierischen Stoften und besitzen eine ungewöhnliche Lebenszähigkeit. Farn. Xchalidac. Nchcdia Leach. Nehalia Geoffroiji M. Edw., Adria und Mittelmeer. N. hipes Fabr., Grönland. Paranchalia Cls., P. lomjipcs W. Suhm. Nehaliopsis G. 0. Sars. Mit den Leptostraken verwandt sind die paläozoischen als Arcliaeostrahen zu be- zeichnenden Ceraiiocarlthn , welche bei viel bedeutenderer Köi-pergrösse mit stärkeren Schalenklappen, vielgliedrigem Hinterleib und drei oder mehrstacheligem Schwanzende ver- sehen sind. Leider lässt sich über die nähere Beschaffenheit der Gliedmassen und die innere Or- ganisation dieser paläozoischen, nach höchst unvollständig erhaltenen Eesten bekannt ge- wordenen Formen nichts Sicheres aussagen. Die Thiere lebten im Meere oder Brackwasser. Die beweglichen Seitenstacheln am Schwanzstachel (Telson) scheinen Gliedmassen zu entsprechen. Fam. Ceratiocaridae. Ceratiocaris M'Coy. C. papilio Salt., oberer Silur. Dicfi/o- can's Salt. ; oberer Silur. Hijmenocaris Salt., Cambrische Lingula-Schiefer. 2. Arthrostraca 0 (Edriophthalmata), Ringelkrebse. Malacostrakcn mit scssilen Seitenaugen, mit meist sieben, seltener sechs mehr oder ivenigcr gesonderten Brustsegmenten und ebensoviel einästigen Bein- pütiren, ohne SchcdendupJiratnr. Der koi)fähnlich abgesetzte Vordertheil des Cephalothorax , meist schlechthin als Kopf bezeichnet, trägt vier Antennen und die beiden Man- dil)eln, ferner vier iMaxillen- und ein Maxillarfuss- oder Beikieferpaar, also im Ganzen sechs Gliedmassenpaarc. Auf den Kopf folgen in der Regel sie])en freie Brustringe mit eben- M Ausser den Werken von La treille, M. Edwards, Dana u. A. vergl. Spence Bäte und J. 0. Westwood, A History of the British sessile-eyed Crustacea, Tom. I und IL London 1863— 18GS. G. 0. Sars, Hi.stoire naturelle des Crustaces d'eau douce de Nor- vege. Chrisfiania 1867. Y. Delage, Contributions ä l'etude de l'appareil circul. des Crustaces Edriophthalmes marins. Arch. de zonl. exper. et gener., Tom. IX, 1881. 476 Arthrostraca. (Jliederung. Organisatiou. soviel zum Kriechen oder Schwimmen dienenden Beinpaaren (Fig. 455«). Selten ist die Zahl der gesonderten Briistsegmente auf sechs (Tanais) oder fünf (Anceus) beschränkt, indem das vordere, beziehungsweise auch zweite der Brustsegmente mit dem Kopfe in nähere Verbindung getreten und zu einem grösseren Kopfbruststiick vereinigt ist. Auch kann in diesem Falle (Tanais) das Rudiment einer Schalenduplicatur nebst Athemhöhle auftreten. Das auf die Brust folgende Abdomen umfasst in der Regel sechs bein- tragende Segmente und eine gliedmassenlose, das Endsegment repräsentirende einfache oder gespaltene Platte. Indessen kann sich die Zahl der Abdominal- segmente und Beinpaare reduciren (Isopoden), ja sogar das ganze Abdomen ein ungegliederter stummeiförmiger Anhang werden (Laemodipoden) (Fig. 457). Die beiden Augen sind überall sessile zusammengesetzte Augen mit glatter oder facettirter Hornhaut, niemals Stielaugen (daher Edriophthahuata). Sehr verbreitet treten an den vorderen Antennen zarte Spürfäden auf, besonders zahlreich im männlichen Geschlecht. Am Verdauunyscanal findet sich ein kurzer, nach aufwärts steigender Oesophagus und ein weiter, durch feste Hornleisten gestützter, sowie oft mit kräftigen Chitinplatten bewaffneter Vormagen, auf welchen ein längerer, mit zwei bis drei Paaren von Leberschläuchen versehener Magendarm folgt. Der Enddarm mündet am hinteren Körperende aus. Ueberall findet sich als Centralorgan des Kreislaufes ein Herz, welches entweder röhrenartig ver- längert, durch die Länge der Brust verläuft (Ämphipoda) (Fig. 456), oder nach dem Hinterleib gerückt, sackförmig verkürzt erscheint (Isopoda). Im ersteren Falle liegen die Kiemen als schlauchfiJrmige Anhänge an den Brust- füssen, im letzteren sind sie dagegen die inneren Aeste der Pleopoden. Aus dem Herzen strömt das Blut durch eine vordere und hintere Aorta, sowie meist auch durch seitliche Arterien aus. Die Gefässe führen das Blut in die Leibeshöhle, von wo es in regelmässigen Strömungen nach den seitlichen Spaltenpaaren des Herzens zurückkehrt. Die Männchen unterscheiden sich häufig von den Weibchen durch Um- formung bestimmter Gliedmassentheile zu Klammerorganen, durch eine an- sehnlichere Entwicklung der Spürfäden an den vorderen Antennen, sowie durch die Lage der Geschlechtsöff'nungen und die Begattungsorgane. Seltener kommt es zu einem ausgeprägten Dimorphismus (Bopyrus, Praniza). Die reifen Eier werden von den Weibchen in der Regel in Bruträumen umhergetragen, zu deren Bildung sich lamellöse Anhänge der Brustfüsse zusammenlegen. Die Entwicklung erfolgt in der Regel ohne Metamorphose, indessen sind nicht selten Körperform und Gliedmassen jugendlicher Thiere abweichend gestaltet. Fossile Ringelkrebse finden sich im Oolith (Archae- omscus). Prosoponiscus ist permisch, AmpMpeltis devonisch. (Jrdnung. Ampliii)oda, 477 Fig. 455 a. «r^ 1. Ordnung-. Amphipotla ^), Flohkrebse. R'uxjdkrehsc wit seitlich comprimirtem Leib, mit Kiemen an den Bnist- fiissen und mit langgestrecktem Abdomen. Die drei vorderen Segmente des- selben tragen Schirimmfusspaare, die drei hinteren nach hinten gerichtete Springßisse. Die Amphipoden sind kleine, nur selten mehrere Zoll lange (Lf/sianassa mageUanica) Ringelkrebse, welche sich im Wasser vorwiegend schwimmend und springend fortbewegen. Der bald kleine (Crercttinen , Fig. 4r>r)r?^, l)ald umfangreiche und stark aufgetriebene {Hgperinen, Fig. 456) Kopf (Kopfbruststück) ist scharf abgesetzt und nur in der aberranten Gruppe der Laemo- dipoden mit dem ersten der sieben sonst freien Brustsegmente ver- schmolzen (Fig. 457). Beide Antennenpaare ])este- hen meist aus einem stämmigeren kürzeren Schaft und einer langen vielgliedrigen Geissei, die aber mehr oder minder verkünmiern kann. Die vorderen, beim Männ- chen wohl durchweg längeren Fühler tragen nicht selten eine kurze Nebengeissel und bieten in ihrer besonderen Gestaltung zahl- reiche Modificationen. Bei den Hg- periiien sind sie im weiblichen Geschlechte sehr kurz, im männ- lichen dagegen von ansehnlicher Länge und dicht mit Spürhaaren besetzt. Die hinteren Antennen sind häufig länger als die vorderen, bei den männlichen Typhiden zickzackförmi^ zusammengelegt und bei den Corop)hnden zu starken beinähnlichen Extremi Gammarus neglectus, nach G. O. Sars, mit Eiern zwischen den Brutblättern am Thorax. A',A" die beiden Antennen, Kf Kieferfuss, F^ bis F' die sieben Beinpaare der Brust, Sf erster Schwimm luss des Abdomens. Fi). Entwicklung. Laemodipoda. 479 Die in die Brnttasehe g-elangten Eier entwickeln sich unter dem Schutze des mütterlichen Körpers. Bald erleidet der Dotter {G. hcusta und andere marine Arten ) eine totale Furchung-, bald (G. pulex) sondert sich nach vor- ausgegangener superficialer Furchung eine peripherische Zellenlage, von welcher unterhalb der Eihaut eine cuticulare Blastodermhaut abgeschieden wird. Es bildet sich sodann ein bauchständiger Primitivstreifen und an der Rückenseite unterhalb einer irrthümlich als ]\Iikroi)yle aufgcfassten Diffe- renzirung- ein eigenthümliches kug-eltormiges Organ, die Anlage der auf das Embryonalleben beschränkten Nackendrüse. Die Gliedmassenjjaare sprossen an dem nach der Bauchseite umgeschlagenen Embryonalleib in der Richtung von vorne nach hinten hervor. Die aus den Eihüllen ausschlüpfenden Jungen besitzen in der Regel bereits sämmtliche Gliedmassenpaare und im Wesent- lichen die Gestaltung des ausgebildeten Thieres, während die Gliederzahl der Antennen und die besondere Form der Beinpaare noch Abweichungen bietet. Nur bei den Hi/penurn können die Abdominalfüsse noch fehlen und die Abweichungen des jugendlichen Leibes so bedeutend sein, dass raun denselben eine Metamorphose zuschreibt. Die Amphipoden leben grossentheils frei im süssen und salzigen Wasser (von Bedeutung ist das Vorkommen arktischer Arten in den Seen Schwedens Fis. 457. iliinnchen vo:i Otpretla aeqmliOra, nach P. Mayer. und Norwegens), einige indessen sind Röhrenbewohner (Cerapus), andere halten sich in Gängen zernagten Holzes (Chelura) auf. Von besonderem Interesse ist die bedeutende Grösse der Tiefseebewohner, welche, wie ein der Gattung Iphimedia nahestehender Gammaride und Cystosoma NepAuni (Hyperide), einige Zoll lang werden. Die Hijper'men halten sich vornehm- lich an glashellen Seethieren, insbesondere Quallen auf und können, wie die weibliche Phronlma seclentaria, mit ihrer gesammten Brut in glashellen Tönnchen, ausgefressenen Pyrosomen und Diphyiden, Wohnung nehmen. Die Cijamklen unter den Laemodipoden sind Parasiten an der Haut von Walfischen. 1. Unterordnung. Laemodipoda, KeJdfüssler. Amphipoden, mit kehlständigem vorderen Beinpaar und stummeiförmigem Abdomen. Das erste der sieben Thoracalsegmente ist mit dem Kopfe mehr oder minder innig verschmolzen und das demselben zugehörige Beinpaar an die Kehle gerückt (Fig. 457). Die Kieferfüsse sind zu einer viertheiligen Unterlippe mit langen Endopoditen umgebildet. Die Kiemenschläuche bleiben meist auf das dritte und vierte Brustsegment reducirt, dessen Beine oft verkümmern oder bis auf das stummelföi-mige , nicht abgesetzte Basalglied aus- 430 Ampliipoda. Cri.vettina. Hyperiua. fallen. Die Beine enden mit Klamnierhaken. Beim Männchen ist die Greifhand am Beinpaare des ersten freien Brustsegmentes viel stärker als beim Weibchen. Das Abdomen ist klein, zu einem kurzen, gliedmassenlosen Höcker verkümmert. Caprella linearis L. Körper linear gestreckt. Leben an Hj'droiden und Bryozoen- stöckchen, von denen sie sich ernähren. C. aequilihra Sp. B., Mittelmeer (Fig. 457). Cijamus ceti L. AValfischlaus. Köi-per breit und flach mit ganz rudimentärem Abdomen. Leben para- sitisch an der Haut der Cetaceen. 2. Unterordnung. Crevettina. Aniphipoden mit kleinem Kopf, wenig umfangreichen Augen und vielgliedrigen beinfönnigen Kieferfüssen. Beide Antennenpaare sind lang und vielgliedrig , beim Männchen umfangreicher als im weiblichen Geschlechte. Gewöhnlich sind wie bei Gammarus die oberen oder vorderen Antennen die längeren und tragen auf dem mehrgliedrigen Schaft neben der Hauptgeissel eine kleine Nebengeissel (Fig. 455 a). Indessen kann auch der umgekehrte Fall eintreten, wie bei Coroj^hium, deren hintere Antennen beinartig verlängert sind. Die Kieferfüsse sind überall an ihrer Basis verwachsen und bilden eine grosse Unterlippe meist mit vier Laden und zwei beinähnliche Endopoditen. Die Coxalglieder der Brustbeine gestalten sich zu breiten umfangreichen EpimeraJplatten. Das Abdomen ist stets vollzählig gegliedert. Die drei hinteren Fusspaare desselben (Uropoden) sind wohl entwickelt und oft griffeiförmig ver- längert. Sind in erstaunlichem Formenreichthum vornehmlich in den kälteren Meeren verbreitet. Fam. CoropJiiidae. Körper seitlich nicht comprimirt. Untere Antennen mehr oder minder beinförmig gestaltet. Coxalglieder der Beine häufig sehr klein. Bewegen sich mehr schreitend. Corop)hium longicorne Fabr., Küsten der Nordsee, gräbt sich Gänge im Schlamm. Cerapus tuhularis Say, lebt in Röhren. Podocerns varieyatus Leach. , Küste von England. Hier schliesst sich Chelura terebrans Phil. an. Zernagt mit Limnoria lifinorum Bretter und Pfahlwerk in der See. Nordsee und Mittelmeer. Fam. Orchestiidae. Vordere Antennen meist kurz, stets ohne Nebenast. Hinteres Uropodenpaar einästig und kürzer als die vorausgehenden Paare. Leben am Strande, besonders am sandigen Meeresufer und bewegen sich springend. Talitrus salfafor Mont. = T. locvsfa Latr. Am sandigen Meeresufer Europas. Orchestia littorca Mont., Nordsee. Fam. Gammaridae. Vordere Antenne oft mit Nebenast, stets länger als der Schaft der hinteren. Die Coxalplatten der vier vorderen Beinpaare stark verbreitert. Bewegen sich mehr schwimmend als springend. Gammarus jmlex L., G. ßuviatilis 'Rös., Süsswasserformen. G. marinus Leach. Bei dem blinden Niphargus Schiödte fehlen die Krystallkegel und das Augenpigment. N. puieanus Koch, in tiefen Brunnen und Seen (Genfer See). Li/fiianassa Costae Edw., Mittelmeer. L. atlantica Edw., L. magellanica Lillj. 3. Unterordnung. Hyperina. Amphipoden mit grossem , stark aufgetriebenem Kopf, umfangreichen, meist in Scheitel- und Wangenange getheilten Augen, mit rudimentärem, als Unterlippe fungirendem Kieferfusspaar. Die Antennen sind bald kurz und stummeiförmig, bald von ansehnlicher Grösse und beim Männchen in eine vielgliedrige Geissei verlängert (Htjperiden). Die hinteren Antennen können im weiblichen Geschlechte bis auf das den Drüsenschlauch umschliessende Basal- glied ganz wegfallen {Phronima, Fig. 456), beim Männchen dagegen zickzackförmig nach Art eines Meterstabes zusammengelegt sein (Plafifscelidae). Ein paariges Gehörbläschen kann oberhalb des Gehirns auftreten (Oxyccphalus). Die Kieferfüsse bilden unter Eeduction der Endopoditen eine kleine zwei- oder dreilappige Unterlippe. Die Beinpaare enden theil- weise mit kräftiger Greifhand oder Scheere. Caudalgriffel bald lamellös und flossenartig, bald stielförmig. Die Entwicklung erfolgt mittelst Metamorphose. Leben vornehmlich an Quallen und schwimmen sehr behend. Fam. Hijperidae. Kopf kugelig, fast ganz von den Augen erfüllt. Beide Antennen- paare freiliegend, mit mehrgliedrigem Schaft, beim Männchen mit langer Geissei. Mandibcl mit dreigliedrigem Taster. Fünftes Fusspaar dem sechsten und siebenten meist gleichgebildet, mit klauen förmigem Endglied. Hi/peria CLesfriffonus Edw.) mcdusarum 0. Fr. :Mnll. 2. Oidnuug. Isopoda. 481 (H.tjalha Mont. = //. Latreilli Edw.), mit Lcutrii/onus cxidans Kr. alsMäimchen, Nordmeere, Adria und Mittelmeer. Farn. Plironimkhtc. Kopf gross, mit promiuirender öclmauze und grossem getheilten Auge. Vordere Antennen im weiblichen Geschlecht kurz , nur zwei oder dreigliedrig , beim Männchen mit langer vielgliedriger Geissei und dicht mit Riechhaaren besetztem Schaft. Die Thoracalbeine theilweise mit kräftigen Greifwafl'eu. PJirosina nicaeensis Edw., Phro- nima sedentaria Forsk. Das Weibchen lebt mit seiner Brut in glashellen Tönnchen, aus- gefressenen Pyrosomen und Diphyiden, Mittelmeer (Fig. 456). Fam. P/afi/scelidac. Beide Antennenpaare unter dem Kopfe verborgen, die vorderen klein, im männlichen Geschlechte mit stark aufgetriebenem buschigen Schaft und kurzer schmächtiger, weniggliedi-iger Geissei. Die hinteren Antennen beim Männchen sehr lang, zickzackfürmig drei- bis viermal zusammengelegt, beim Weibchen kurz und gerade gestreckt, zuweilen ganz reducirt. Basalglieder des fünften und sechsten Beinpaares meist zu grossen Deckplatten der Brust verbreitert. Siebentes Beinpaar meist rudimentär. Euti/phis (Tijphis Risso) ovoides Risso (Plaiiiscehts serraius Sp. Bäte), Mittelmeer. Oxiicephalus 2^iscator Edw., Indischer Ocean. 2. Ordnung. Isopoda 0, Asseln. R'myehcürnm' von vorherrschend breiter, bald ahgefittchter, bald mehr oder minder gewölbter Körperform , mit sieben freien Brustringen und als Kiemen fungirendcn inneren Fussäsfen des kurzgeringelten, oft reducirten Abdomens. Der Bau des abgeflachten, von harter, in der Regel incrustirter Haut bedeckten Körpers zeigt eine grosse Uebereinstimmung mit dem der Araphi- podeu, welchen die in mehrfacher Hinsicht divergirenden Scheerenasseln am nächsten stehen. Indessen ist das Abdomen meist stark verkürzt und aus sechs kurzen, oft mit einander verschmolzenen Segmenten zusammen- gesetzt, welche mit einer umfangreichen schildförmigen Schwanzplatte ab- schliessen. Die Beine desselben sind nur ausnahmsweise Schwimmfüsse (Scheerenasseln), in der Regel zu Kiemenlamellen und Deckplatten dieser geworden. Das sechste Pleopodenpaar kann flossenförmig oder grififelähnlich gestaltet sein. Die vorderen Fühler bleiben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kürzer als die hinteren und äusseren Antennen, seltener (Landasseln) ver- kümmern sie so sehr, dass sie unter dem Kopfschilde verborgen bleiben. Nur ausnahmsweise (Apseudes) tragen sie zwei Gleisseln. Wie bei den Amphipoden treten auch an den Fühlern der Asseln blasse Fiederborsten und Spürzapfen auf. Auch können kleine Säckchen als Reste der Antennen- ') H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung der Wasserassel. Leipzig 1832. Cornalia et Panceri, Osservazione zool. anat. sopra un nuovo genere de Crustacei Isopodi sedentanii. Toriuo 1858. A. Dohru, Die Embryonalentwicklung des Asellus aquaticus. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XVII, 1867. N. Bobretzky, Zur Embryologie des Oniscus murarius. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXIV, 1874. R. Walz, lieber die Familie der Bopyriden etc. Arb. aus dem zool. Institute etc. AVien, Tom. IV, 1882. A. Giard et J. Bonnier, Contiibutions ä l'etude des Bopyriens, Trav.de l'Inst. zool. de Lille, Tom. V, 1887. Dieselben, Contributions ä l'etude des Epicarides. Bulletin scientif de la France et de la Belgiqne 1895. C. Claus: Lehrbuch der Zoologie, (i. Aufl. 31 482 Isopoden. Korperbau. Gliedmasstn. Fig. 458. drüse im Basalgliede vorhanden sein. Mächtiger ist die in der Maxillar- region ausgebreitete Schalendriise entwickelt. Von den Mundwerkzeugen, die bei einigen parasitischen Assehi zum Stechen und Saugen umgestaltet sind, tragen die Mandibeln, mit Ausnahme jener der Boiyyrklen und Landasseln, oft einen dreigliedrigen Taster. Da- gegen entbehren die beiden meist zwei- oder dreiiappigen Maxillen paare, mit Ausnahme der Tanaiden. der Tasteranhänge. Ueberaus verschieden verhalten sich die eine Art Unterlippe darstellenden Maxillarfiisse, da Ladentheile und Endopoditen in ihrem gegenseitigen Verhältnisse mannigfache Form Variationen gestatten. In der Regel sind die sieben Beinpaare der Brust-, Sehreit- oder Klammerfüsse und tragen theil- weise beim Weibchen zarthäutige Platten zur Bil- dung einer Bruttasche (Fig. 458). Das vordere der- selben tritt mit seinem Segmente in einzelnen Fällen mit dem Kopfe in Verbindung , so dass ein kleiner Cephalothorax entsteht, der selbst von einer Haut- duplicatur überwölbt sein kann (Tanaklen). Die Anlage dieser Duplicatur ist auch an den Embryonen der Wasserasseln in Form gelappter Anhänge er- halten, wird aber hier rückgcbildet, während sie bei den Scheerenasseln die Entstehung eines Kopf- brustschildes mit Athemhöhle und schwingendem Kiemenanhang veranlasst. Niemals finden sich an den Brustfüssen Kie- men , welche durch die zarthäutigen inneren Pleo- podenäste hergestellt werden. Häufig ist das vordere Pleopodenpaar zu einem grossen , die folgenden Paare überlagernden Deckel umgestaltet. l>ei ge- wissen Landasseln (PorccUh und Ärmadillo) sind die Deckplatten der beiden vorderen Paare von einem System luftführender Räume erfüllt, welche die Respiration zu unterstützen scheinen. Im Gegen- satze zu den Amphipoden liegt das Herz, in den hinteren Brustsegmenteu oder im Abdomen, nur bei den Scheerenasseln (Tanaiden) liegt dasselbe in den Brustsegmenten. Die Geschlechtsorgane sind (mit Ausnahme der C//))iofJioideen) auf verschiedene Individuen vertheilt und entsprechen nach Lage und Glie- derung ihrer Abschnitte im Allgemeinen denen der Amphipoden. Beiderlei Geschlechtsthiere unterscheiden sich auch durch äussere Sexnalcharaktere, welche in einzelnen Fällen (Bopi/riden) zu einem höchst ausgeprägten Dimor- phismus führen (Fig. 459 a. h). Beim Männchen vereinigen sich jederseits Asellns riqiiaticxis nsichG. O. Sar s. Weibchen mit Briitsack, von der Bauchseite. Geschlechtsorgane. Hermaphroditismus von Cymothoe. 483 drei Hodeiischläuclie zu einem aufg-etriebenen Saincnhehälter, ans welchem (He Samenleiter hervorgehen. Dieselben verlaufen entweder in ihrer ganzen Länge gesondert und treten am Ende des letzten Thoracalsegmentes je in einen cylindrischen Anhang ein (ÄscUus), oder sie vereinigen sich in einer gemeinsamen medianen Penisröhre, welche an der Basis des Abdomens liegt (Oniscidcn). Als accessorische Copulationsorgane hat man ein Paar stilet- tormiger oder complicirter gestalteter, hakgntragender Anhänge der vor- deren Al)dominalfüsse aufzufassen, zu welchen noch an der Innenseite des zweiten Fusspaares ein Paar nach Aussen gewendeter Chitinstäbe hinzu- treten kann (Onisridrn). Die Ci/n/ofhoidem sind Hermaphroditen \) (secun- därer Hermaphroditismus), jedoch mit zeitlicher Trennung der männlichen Fig. 459. Fig. 460. Brl Gijge brnnchinlls, na.chCovn»,\i& u. Panceri. a Weibchen von der Bauchseite. Brl Brut- lamellen, A' Kiemen. — 6 Hinterleib desselben, stärker vergrössert, mit ansitzendem Männchen. n Weibchen von Cymothoa Banksi, nach M. Edwards. Bc? Brutlamellen. — b Geschlechts- organe einer 13 Mm. langen Cymothoa oesfroi- des, nach P.Mayer. TDie drei Hoden, Ov Ova- rium, OfZOviduct, Frf Vas deferens, PPenis. und weiblichen Geschlechtsreife. Im jugendliehen Alter sind dieselben be- gattungsfähige ^Männchen mit drei Paaren von Hodenschläuchen, zwei Ovarialanlagen an der Innenseite derselben und einem paarigen Copulations- organ, in welchem die beiden Samenleiter ausmünden (Fig. 460). Nach einer späteren Häutung, nachdem sich allmälig die weiblichen Drüsen auf Kosten der mehr und mehr zurückgedrängten männlichen entwickelt haben, werden die inzwischen anffeleg-ten Brutlamellen an den Brustbeinen frei *) J. Bullar, The generative organs of the Parasitic Isopoda. Journ. Anat. Physiol., 1876. P.Mayer, lieber den Hermaphroditismus einiger Isopoden. Mittheil, aus der zool. Station Neapel, 1879. 31* 484 Isoijoden. Embryonalentwicklung. Euisoiiodeii. Fiff. 461. und die Begattimgsglieder abgeworfen, ^'oll nun an fungirt das Thier nur als Weibchen. Die Embryonalentwicklung beginnt nach dem Eintritt der Eier in den Brutraum und wird durch eine Dotterklüftung eingeleitet, von der die cen- trale Dottermasse (Nahrungsdotter) vorerst ausgeschlossen bleibt. Bald bildet das Blastoderm eine peripherische Schichte von Zellen und erzeugt durch raschere Zellwuchermig den bauchständigen Keimstreifen, an dessen Vorder- ende sich die Kopüappen abgrenzen. Als höckerförraige Erhebungen ent- stehen bei Asellus zunächst zw^ei blattförmige dreilappige Anhänge, welche als Rudimente einer Schalenduplicatur gedeutet worden sind. Von den Glied- masseu bilden sich zuerst die beiden Antennenpaare, nach deren Entstehung eine neue Cuticula, die dem Naupliusstadium entsprechende Larvenhaut, zur Sonderung kommt (wie auch bei Lif/ia nach Fr. Müller). Während sich nun die Reihe der nachfolgenden Gliedmassen anlegt, zeigt sich der Schwanztheil des Embryo aufwärts nach dem Rücken zu umgeschlagen. Von den Embryonalhüllen geht zuerst das Chorion. dann die Cuticula des Blastoderms zu Grunde und zuletzt, wenn der Embryo ausgebildet ist, die Naupliushaut. Die im Brutraume freigewordenen Jun- gen (Fig. 461) entbehren noch des letzten Brustbeinpaares, bei den Scheerenasseln auch der Füsse des Abdomens und erfahren bis zum Eintritt der Geschlechtsreife auch in der Gestaltung der Gliedmassen nicht unerheb- liche Veränderungen. Man kann daher den Asseln eine Metamorphose zuschreiben, die bei Tanais, Praniza (Anccus) und den Bopijriden am vollkommensten ist. Die Asseln leben theils im Meere, theils im süssen Wasser, theils auf dem Lande (Omsciden) und ernähren sich von thierischen Stoffen. Viele sind jedoch Schmarotzer (seltener vollständige Entoparasiten, Entoniscns), vornehmlich an der Haut, in der Mund- und Kiemenhöhle von Fischen (Cijmothoidecn) oder in dem Kiemenraum von Garneelen (Bopyrklcn). 1. Unterordnung. Euisopoda. Köii)er mit sieben freien Brustsegmenten und ebensoviel Beinpaaren. Abdomen verliältnissmässig kurz und breit, mit zu Kiemenlamellen umgebil- deten Äbdominalfüssen. Fam. Cijmotlwidae. Mit kauenden oder saugenden Mundwerkzeugen, breitem, kurz gegliedertem Abdomen und schildförmig entwickelter Schwanzplatte. Die letzten Kieferfüüse deckelförmig. Leben theils parasitisch an Fischen, theils frei umherschweifend (Fig. 460). Cijmothoa oestrum Leach., C. oestroirles Eisso, Mittelmeer. Anüocra mediterranea Leach., Aega hicarinata Leach., SeroUs paradoxa Fabr. Fam. Sphaeromidae. Freilebende Asseln mit breitem Kopf und verkürztem, stark convexem Körper, der zuweilen nach der Bauchseite eingerollt werden kann. Sphaeroma Larve \on Bojnjrus i^irbii, mit sechs Brust- beinpaaren, nach E. Walz. A',A" An- tennen, Mdb Mandibel, Ul Unterlippe, Abs erstes Abdominalsegment. Anisopoden. 485 fossaruni Mont., in den Poiitinischen Sümpfen, der S. grunulatum des Mittelmeeres nahe verwandt. S. serruium Fabr., Ocean und Mittelmeer, auch Brackwasserform. Fam. Pranizidae. Anceidae. *) Mit nur fünf freien Brustringen und ebensoviel Brust- beinen. Ausser den Kieferfüssen sind die vorderen zwei Paare von Brustgliedmassen mit dem Kopfbruststück vereint. Anceus maxülaris Mont. {Praiüza cocruleata Desm.), Nord- und "Westküste Europas. Fam. Idoteidae. Freilebende Asseln mit langgestrecktem Körper, kauenden Mundwerk- zeugen und langem, aus mehreren Segmenten verschmolzenem Caudalschild. Das letzte Fuss- I)aar des Hinterleibes in einen Üügelformigen Deckel zum Scliutze der vorausgehenden Kiemen- füsse umgebildet. Motea entomon L., Eismeer. Fam. Äsellidae. Von ziemlich flacher Körperform. Letztes Pleopodenpaar nicht deckei- förmig, sondern griffeiförmig. Jaera albifrons Mont., britische Meere. Äsellus aqitaticus L., Süsswasserform (Fig. 458). Ä. cavaticus Schiödte, Grottenassel. Aus tiefen Brunnen. Limnoria i er ehr ans Leach. (Ij. lignorum), zernagt Holz und Pfahlwerk im Meere. Farn. Bopi/ridae. Schmarotzer in der Kiemenhöhle von Garneelen. Körper des Weibchens scheibenförmig, unsymmetrisch, ohne Augen. Männchen sehr klein , gestreckt, mit deutlich gesonderten Leibesringen und Augen. Bopijrits squillarum Latr., auf Palaemon sciuilla. (iiffje Corn. Panc. auf Gebia (Fig. 459). Hier schliessen sich die Entoniscidae, Binnenasseln, an, welche im Leibesraume anderer Crustaceen (Cirripedien, Paguriden, Krabben) schmarotzen, Crijptoniscus planarioides Fr. Müll., an Sacculina purpurea eines Pagurus, Brasilien. C. pygmaeiis Rathke, auf Pelto- gaster. Entonisciis Porcellcmac Fr. Müll., lebt zwischen Darm und Herz einer Porcellanaart Brasiliens. Fam. Oniscidae. Landasseln. Nur die Innenlamellen der Afterfüsse zarthäutige Kiemen, lue äusseren zu festen Deckplatten umgebildet, die beiden vorderen zuweilen mit Lufträumen. Mandibeln tasterlos. Leben vornehmlich au feuchten Orten auf dem Laude. Liijia oceanica L. Auf Felsen und Steinen an der Meeresküste. Oniscus murarius Cuv., Mauerassel. Porcellio scaher Leach., Kellerassel. Ännadillo vulgaris Latr., Ä. ofßcinarum Brdt. 2. Unterordnung. Anisopoda. ^) Köi'per mehr oder minder Amphipodenähnlich mit sechs freien Brustsegmenten, indem ausser dem Segmente des Kieferfusses auch das nach- folgende freie Brustsegment mit seinem mächtigen Scheerenfuss in die Bildung des Cephalo- thorax eingegangen ist. Durch eine Integumentduplicatur des Kopfes, welche rechts und links das mit demselben verschmolzene Brustsegment überwachsen hat, ist ein kleiner Cephalo- thoracalschild mit Athemhöhle gebildet, in welcher der Epipodialanhang des Kieferfusses als schwingende Kiemenplatte fungirt. Sowohl der Scheerenfuss als der nachfolgende Brustfass tragen bei Apseudes einen kleinen Nebenast, einen geisselartig schwingenden Exopoditen. Das Herz erstreckt sich wie bei den Amphipoden durch den Thorax. Abdomen mit zwei- ästigen Schwimmfüssen. Fam. Tanaidae, Scheerenasseln. Tanais duhius Kr., Brasilien. Nach Fr. Müller mit zweierlei Männchen (Riecher und Packer). T. graciUs Kr., Spitzbergen. Apseudes Leach. Mit Rudimenten eines Exopoditen an den vorderen zwei Brustfüssen. A. Latreillü M. Edw. ') Vergl. Spence Bäte, On Praniza and Anceus etc. Ann. of nat., bist., Ser. 3, Vol. II, 1858. Hesse, Memoire sur les Pranizes et les Ancees. Ann. des scienc. nat., Ser. 4, Tom. IX, 1864. A. Dohrn, Entwicklung und Organisation von Praniza maxillaris. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XX, 1870. -) Fr. Müller, lieber den Bau der Scheerenasseln. Archiv für Naturgeschichte, Tom. XXX, 1864. C. Claus, Ueber Apseudes Latreillü Edw. I. und II. Arbeiten des zool. Institutes Wien, Tom. V, 1S84, Tom. VII, 1888. ^36 Thoracostraca — Podophtbalmata. 3. Thoracostraca^) (Podophtbalmata), Schalenkrebse. Malacostraken mit zusammengesetzten , meist auf heiceglichen Stielen sitzenden Augen, mit einem Bücl-enscMld, icelches alle oder tvenigstens die vorderen Brustsegmente mit dem Kopfe verbindet. Auch die Schalenkrebse besitzen einen aus 13 Segmenten zusamnicn- gesetzten Vorderleib und ein Abdomen, an dessen Bildung sich sechs Segmente nebst der Schwanzplatte (Telson) betheiligen, indessen wird die mittlere Leibesgegend von einer Hautduplicatur bedeckt, welche als Rückenschild eine festere und innigere Verschmelzung von Kopf und Brust herstellt. Auf seiner höchsten Entwicklung bildet dasselbe unmittelbar das Rückeninte- gument der vorderen oder fast sämmtlicher Brustringe und erscheint nur in seinen seitlichen, nach der Bauchseite gebogenen Flügeln als freie Duplicatur. Rücksichtlich der GUedmassen, von denen 18 Paare dem Vorderleibe und 6 dem Hinterleibe angehören, tretfen wir eine von den Arthrostraken abweichende, aber selbst wieder in den einzelnen Gruppen wechselnde Ver- wendung. Auch werden die Facettenaugen meist als Stielaugen von zwei beweglich abgesetzten Seitenstücken des Kopfes getragen, welche mau lange Zeit als das vorderste Gliedmassenpaar deutete. Die beiden Antennenpaare gehören dem Vorderkopfe an; das vordere Paar trägt auf einem gemein- samen Schafte in der Regel zwei oder drei Geissein, wie man die secundären, als geringelte Fäden sich darstellenden Gliederreihen bezeiclniet, und ist vor- zugsweise Sinnesorgan. In seiner Basis liegen bei den Decapoden die Ofolifhen- blasen. an der inneren Geissei sind die zarten Haare angebracht, welche mit Nerven im Zusammenhange stehen und als Geruchsorgane gedeutet werden. Die zweiten Antennen heften sich ausserhalb und in der Regel etwas unter den vorderen an, tragen eine lange Geissei und bei den langschwänzigen Decapoden meist eine mehr oder minder umfangreiche Schuppe. Auf einem kurzen röhrenförmigen Fortsatz ihres Basalgliedes mündet die Äntennen- drüse aus (Fig. 462). Als Mund werkzeuge fungiren die nachfolgenden drei Gliedmassen paare, zu den Seiten der Oberlippe die kräftigen, Taster tragenden Mandibeln und weiter abwärts die beiden mehrfach gelappten Maxillenpaare, vor denen unter- halb der Mundüftuung die kleine zweilappige Unterlippe (Paragnatlien) liegt. Die nachfolgenden acht Gliedmassenpaare zeigen in den einzelnen Gruppen eine sehr verschiedene Form und Verwendunü". In der Rciiel rücken die vor- ') Ausser den grösseren AVerken von Herbst, M. Edwards, Dana und den Auf- sätzen von Duvernoy, Audouin und M.Edwards, Joly, Couch u. A. vergl. Leac li, Malacostraca podophthalnia Britanniae. London 1817—1821. Y.Thompson, On the raetamorphosis of Decapodous Crustacea. Zool. .Tourn., Vol. II, 1831, sowie Isis 1834, 1836, 1838. H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Flusskrebses. Leipzig 1829. Th. Bell, A history of the British stalk eyed Crustacea. London 1853. Lereboullet, Recherches d'erabryologie comparee sur le developpement du Brechet, de la Perche et de l'Ecrevisse. Paris 1862. V. Hensen, Studien über das Gehörorgan der Decapoden. Leipzig 1863. C. Claus, Crustaceensystem 1. c. 1876. Körperbau. Gliedniassen. 487 deren Paare, zu Hilfsorganen der Nahrungsauf nähme umgebiklet, als Beikiefer oder Kieferfüsse näher zur Mundöffnung hinauf und nehmen auch ihrem Baue nach eine vermittelnde Stellung zwischen Kiefern und Füssen ein. Bei den Tkcapoden (Fig. 462) sind drei Paare von Gliedniassen Beikiefer, so dass fünf l'aare von Beinen am ^'orderleibe übrig bleiben, bei den Stowatopoden werden sogar die ersten fünf Gliedmassenpaare als Greif- und Kieferfüsse verwendet, Mannchen und Weibchen von Astacus fluviatilis, von der Bauchseite dargestellt. Beim Männchen sind Gehfüsse und Abdominalfüsse der linken Seite, beim Weibchen ausser den Gehfüssen der rechten Seite auch die Kieferfüsse beider Seiten entfernt. A' Innere Antenne, A" äussere Antenne, PI Schuppe der- .), seltener auf der Brust, in der Regel anfeinem besonderen Begattungsgliede aus. Das erste Paar der Afterfiisse oder auch noch das zweite Paar dienen beim Männchen als Hilfsorgane der Begattung (Fig. 462). Die Eier gelangen entweder in einen von lamellösen Plattenanhängen der Brustfüsse gebildeten Brutbehälter (Cionacccn, Schizopodcn) , oder werden von dem Weibchen mittelst einer Kittsubstanz, dem Secrete besonderer Drüsen, an den mit Haaren besetzten Pleopoden befestigt und bis zum Ausschlüpfen der Jungen umhergetragen (Ikcapodcn) (Fig. 462 Oti). Die Schalenkrebse erleiden grossentheils eine Metamorphose, freilich unter sehr verschiedenen Modiücationen. Nur die Cimiaceen, sowie einige Schizopodcn (Mysidccn) und Süsswasser-Z)fYY/7)0(Zc')^ (Ästacns) verlassen mit vollzähliger Segmentirung und mit sämmtlichen Extremitäten die Ei- hüllen. Dagegen schlüpfen alle Sto- mcäopoden, sowie fast sämmtliche Dccapodcn als Larven, letztere in der als Zohi bekannten Form mit nur sieben Gliedmassenpaaren des Vorderleibes, noch ohne die sechs letzten Brustsegmente, indessen mit langem, jedoch gliedmassenlosem Abdomen aus (Fig. 467). Die beiden Fühlerpaare der Zoea sind kurz und geissellos, die Mandibeln noch ohne Taster, die Maxillen bereits gelappt und in den Dienst des Mundes ge- zogen; die vier vorderen Maxillarfüsse sind Spaltfüsse und fungiren als zwei- ästige Sehwimmfüsse, hinter denen bei den langschwänzigen Decapoden auch noch der Kieferfuss des dritten Paares als gespaltener Seh wimmfuss hinzutritt. Kiemen fehlen noch und w^erden durch die dünnhäutigen Seitenflächen des Kopfbrustschildes vertreten, unter welchem eine beständige Wasserströmung in der Richtung von hinten nach vorne unterhalten wird. Ein kurzes Herz mit ein oder zwei Spaltenpaaren ist vorhanden. Die Facettenaugen erscheinen von ansehnlicher Grösse, aber noch nicht auf abgesetztem Augenstiele. Daneben findet sich zwischen beiden noch das unpaare dreitheilige Auge als Erbtheil der Entomostraken, das Entomostrakenauge. Die Zoealarven der kurzschwän- zigen Decapoden (Krabben) sind in der Regel mit stachelförmigen Fortsätzen, gewöhnlich mit einem Stirnstachel, einem langen, gekrümmten Rückenstachel und zwei seitlichen Stachelfortsätzen des Kopfbrustpanzers bewaffnet. Uebrigens stellt die Zohi keineswegs überall die niedrigste Larvenstufe dar. Al)gesehen von dem Vorkommen Zoea-ähnlicher Larven, denen noch die Krabbenzoea (Thin) nach der ersten Häutung. ZS Zoeastachel am Bücken, A' , A" die Antennenpaare, Kf, Kf" die beiden Spaltfusspaare, welche dem ersten und zweiten Kieferfusse entsprechen. 492 Thoracostraca. Penaeus. Entwicklung. Naupli mittleren Kieferfiisse fehlen, gibt es Podophthalmen (Penmus), welche als Naupliusformen das Ei verlassen (Fig. 468). Somit ist durch die Entwicklungs- geschichte die Identität der Ausgangsform für Entomostrakeu und Mala- costraken erwiesen, die sich auch in der Embryonalentwicklung wiederholt. Während des Wachsthums der Zoea, deren weitere Umwandking eine ganz allmälige und überaus verschiedene ist, sprossen unter dem Kopfbrust- Fig. 468. Larven von Penaeus, nach Fr. Müller, n Naupliusform von der Kückenseite. A', A" die beiden An- tennenpaare, Mdf Mandibularfuss. — b Metanaupliusstadium von der linken Seite dargestellt. Mx' vordere Maxille, Mx" hintere Maxille, Gl sechstes und siebentes Gliedmassenpaar oder erster und zweiter Maxillar- fuss. — c Das Zoeastadium. O Augen. Schild die fehlenden fünf — bei den Krabbenzoeen sechs — Beinpaare der Brust und am Abdomen die Afterfüsse hervor. Die Garneelzoeen treten schliess- lich in ein den Schizopoden ähnliches Stadium ein, aus dem die definitive Form hervorgeht. Aehnlich verhalten sich die Zoealarven der Anorauren. Die Krabbenzoca aber geht mit einer späteren Häutung in eine neue Larvenform, A\Q Megalopciy über, welche bereits einBrachyur ist, jedoch noch einen grossen. 1. Ordnung. Cumaceon. 493 zwar nach der Bauchseite umg:eschlagenen, aber mit der Schwanzflosse aus- gestatteten Hinterlei)) besitzt (Fig. 469). Die Schalenkrebse sind grösstentheils Meeresbewohner und ernähren sich von thierischen Stotfen. Die meisten schwimmen vortrefflich, andere, wie zahlreiche Krabben^ bewegen sich gehend und laufend und vermögen oft mit grosser Behendigkeit rückwärts und nach den Seiten zu schreiten. In den Scheeren ihrer vorderen Beinpaare haben sie meist kräftige Vertheidigungs- waffen. Abgesehen von den mehrmaligen Häutungen im Jugendzustande werfen auch die geschlechtsreifen Thiere einmal oder mehrmals im Jahre die Fig. 469. a Zoca von Inachus in vorgeschrittenem Stadium mit den Anlagen des dritten Kieferfusses (Kf") und der fünf Gehfussiiaare (5 Bp.), C Herz, L Leber. — b MegalopaStadinm von Portimus. Ab Abdomen, FIbis FV erster bis fünfter Gehfuss. Schalen ab (Decapodcn) und leben dann einige Zeit mit der neuen, noch weichen Haut in geschützten Schlupfwinkeln verborgen. Einige Brachyuren vermögen längere Zeit vom Meere entfernt auf dem Lande in Erdlöchern zu leben. Diese Landkrabben unternehmen meist zur Zeit der Eierlage gemein- same Wanderungen nach dem Meere und kehren später mit ihrer gross ge- wordenen Brut nach dem Lande zurück (Gecarcinus rurkola). Die ältesten bis jetzt l)ekannt gewordenen fossilen Podophthalmen sind langschwänzige Decapoden und Schizopoden aus der Steinkohlenformation (Palaeocrangon, Palaeocarahus, Pygocepitalus). \. Ordnung. Cumacea^), Cumaceeii. Mit kleinem Kopfhrtistschüd, (vier his) fünf freien Brustsegmenten, mit zwei Kieferfusspaaren und sechs Beinpaaren, von denen mindestens die zivei *) H. Kröyer, Fire nye Arter af slaegten Cuma. Naturh. Tidsskr., Tom. III, 1841. Derselbe, Oni Ciimaceernes Familie. Ebendaselbst, N. R., Tom. III, 1846. A.Dohrn, Ueber den Bau und die Entwicklung der Cumaceen. Jen. naturw. Zeitsclir., Tom. V, 1870. G. 0. Sars, Beskrivelse af de paa Fregatten Josepliines Exped. fundne Cnmaceer. Stockholm 1871. 494 Cumaceen. Körperbau, (iliedmassen. vorderen Paare Spaltfüsse sind, mit langgestrecktem Abdomen, welches heim Männchen ausser den Schicanzanhängen (Flosse des Fächers) zivei, drei oder fünf Schwimmfusspaare trägt. Die Cumaceen zeigen in ihrer Erscheinung den Habitus von Decapoden- larven, an die sie auch in ihrer Organisation mehrfach erinnern, während sie in manchen Merkmalen. Avie Bildung der Bruttasche und Embryonalentwick- lung, den Arthrostraken, besonders den Anisopoden. nahe stehen (Fig. 470). Stets ist ein Kopfbrustschild vorhanden, welches ausser den Kopfsegmenten Fio-. 470. Diaslylis sculpta. n Männchen, b Weibchen. Nach G. O. Sars. zugleich die drei vorderen der (8) Brustringe und deren Gliedmassen umfasst. Somit bleiben die fünf hinteren Brustringe frei. Von den beiden Antennenpaaren sind die vorderen klein und bestehen aus einem dreigliedrigen Schaft, an dessen Ende sich vornehmlich beim Männchen Büschel von Riechhaaren anheften, aus einer kurzen Geissei und Nebengeissel. Die unteren Antennen bleiben im weiblichen Geschlechte kurz und rudimentär, während sie beim ausgebildeten Männchen mit ihrer viel- gliedrigeu Geissei (wie bei Nehalia) die Länge des Körpers erreichen können. Die Oberlippe bleibt meist klein, während die tief getheilte Unterlippe einen bedeutenderen Umfang zeigt. Die Mandibeln entbehren des Tasters und Darmcanal. Gefässsystem. 495 entsenden unterhalb der stark liezahnten Spitze einen Borstenkamm und einen mächtigen Molarfortsatz. Von den beiden Maxillenpaaren bestehen die vorderen aus zwei gezähnten Laden und einem cylindrischen, nach hinten gerichteten Geisselanhang, die tasterlosen Kiefer des zweiten Paares aus mehreren über einander liegenden Kauplatten nebst borstenlosem Fächer- anhang (Exopodit). Die beiden nachfolgenden Extremitätenpaare (die beiden vorderen, der 8 Brustfasspaare) dürften als Kieferfiisse zu bezeichnen sein. Die vorderen, welche der Unterlippe der Asseln und deren Tastern entsprechen, sind durch den Ladenfortsatz ihres Basalgliedes kenntlich und tragen einen fünfgliedrigen Endopoditen. An der Aussenseite des zu einer Art Unterlippe verschmolzenen Stammes erhebt sich eine mächtige Epipodialplatte nebst grosser gefiederter Kieme. Die hinteren Kieferfiisse besitzen eine bedeutendere Länge und einen sehr gestreckten cylindrischen Stamm, dessen kurzes Basalglied eine rudi- mentäre Epipodialplatte tragen kann. Von den noch übrigen sechs Beinpaaren der Brust, von denen die vorderen dem dritten Kieferfusspaare der Decapoden entsprechen, sind die beiden vorderen Paare stets nach Art der Schizopoden- füsse gebildet und bestehen aus einem sechsgliedrigen Bein mit mächtig ent- wickeltem lamellösen Stamm — das Basalglied desselben bleibt sehr kurz und als abgesetztes Glied kaum nachweisbar — einem fünfgliedrigen Endo- poditen und einem mit Schwimmborsten besetzten Nebenast (Exopodit). Die vier letzten, ebenfalls sechsgliedrigen Beinpaare sind kürzer und tragen im männlichen Geschlecht, aber stets mit Ausnahme des letzten Paares, einen kleineren oder grosseren Schwimmfussanhang als Nebenast. Das stark verengte und sehr langgestreckte Abdomen entbehrt im weiblichen Geschlechte der Schwimmfüsse durchaus, trägt aber an dem grossen sechsten Segment zu den Seiten der Schwanzplatte langgestielte zweiästige Schwanzgriffel, während beim Männchen noch zwei, drei oder fünf Schwimmfiisspaare an den vorausgehenden Segmenten hinzukommen. Die beiden Augen sind, wenn überhauj)t vorhanden, zu einem unpaaren Sehorgan zusammengedrängt oder liegen als kleine Erhebungen dicht nebeneinander {Bodofria Goods). Am Darmcanal unterscheidet man die Speiseröhre, einen mit Leisten und Zähnen bewaffneten Kaumagen, hinter welchem drei Paare langer Leber- schläuche einmünden, und einen langen engen Darm mit der unter der Schwanz- platte ausmündenden Afteröffnung. Eine mehrfach gewundene Sclialendrüse im Segment des zweiten Kieferpaares fungirt als Haruorgan. Das massig gestreckte Herz liegt in der vorderen Thoracalregion und entsendet ausser der vorderen und hinteren Aorta zwei seitliche Arterien. Als Kieme fungirt ausser der inneren Schalenlamelle ein vielfach gespaltener Epipodialanhang des ersten Kieferfusses (wie bei den Tanaiden), dessen be- ständige Vibration auch die Erneuerung des die Unterseite der Schale be- spülenden Wassers bewirkt. 496 ^- Ordnung. Jjtomatopoda. Die beiden Geschlechter unterscheiden sich durch die Gestalt der hinteren Antennen, sowie des Abdomens und seiner Beinpaare. Bei der Be- gattung hält sich das Männchen auf dem Rücken des Weibchens mit seinen grossen vorderen Beinpaaren fest und schlägt deren Klauen unter der Ein- buchtung des Kopfbrustschildes ein. Die Eier gelangen in eine von Bein- anhängen des Weibchens gebildete l>ruttasclie und durchlaufen in derselben die Embryonalentwicklung, die jener der Isopoden ähnlich ist. Wie hier liegt das Abdomen anfangs nach dem Rücken umgeschlagen, erfährt jedoch später eine Umbiegung nach der Bauchseite. Die ausschlüpfenden Jungen entbehren noch des letzten Brustfusses und der Abdominalfüsse. Von der Lebensweise der Cumaceen ist bekannt, dass sich dieselben nahe am Strande auf sandigem und morastigem Grunde, theilvveise auch in bedeutenden Tiefen aufhalten. Farn. Diastijlidae. Diasfijlis Batlikii Kr. , Nordsee. D. Edirardsii Kr. 1>. sculpta G. 0. Sars (Fig. 470). Leucon nasicus Kr.. Norwegen. Bodotria Goods u. a. G. 2. Ordnung. Stomatopoda i), Maulfüsser. Langgestreckte Schalenkrehse mit kurzem, die letzten drei Brustsegmente nicht überdeckendem, Kopfbrustschüd, mit ßwf Paaren von Mundfüssen und drei sjjaltästigen BeinpoMren, mit Kiemenhn schein an den Schu4mmfiissen des mächtig cntivickelten Hinterleibes. Die Stomatopoden werden gegenwärtig auf die Squilliden oder Heu- schrecken beschränkt. Es sind Schalenkrebse von ansehnlicher Grösse und gestreckter Körperform, mit breitem, mächtig entwickeltem Abdomen, das an Umfang den Vorderleib bedeutend übertrifft und mit einer ausserordentlich grossen Schwimmflosse endet. Das weichhäutige Kopf brustschild bleibt kurz und lässt die drei grossen hinteren Thoracalsegmente, welchen die gespaltenen Ruderfüsse angehören, völlig unbedeckt. Aber auch die kurzen Segmente der Raubfüsse sind nicht mit dem Schilde verwachsen und liegen am Hinterrande des Schildes mehr oder minder frei. Der vordere Abschnitt des Kopfes mit den Augen und xVntennen ist be- weglich abgesetzt, wie auch die nachfolgenden, vom Kopfbrustschilde be- deckten Segmente eine beschränkte Beweglichkeit bewahren (Fig. 471). Die vorderen inneren Antennen tragen auf einem langgestreckten dreigliedrigen Stiele drei kurze vielgliedrige Geissein, während die Antennen des zweiten Paares an der äusseren Seite ihrer vielgliedrigen Geissei eine breite, umfang- reiche Schuppe besitzen. Den weit abwärts gerückten Mandibeln gehört ein *) Ausser Dana, M. Edward.s u. A. vergl.: Fr. Müller, Bruchstück aus der Ent- wiekluugsgescliicbte der Maulfüsser. I. und II. Archiv für Naturgesch., Tom. XXVIII, 18(32 und Tom. XXIX, 1863. C. Claus, Die Metamorphose der Squilliden. Abhandl. der Göttinger Societät, 1872. C. Grobben, Die Geschlechtsorgane von Squilla mantis. Sitzungsbericlite der k. Akad. der Wissensch. Wien 1870. W. K. Brooks, Report on the Stomatopoda col- lected by H. M. S. Challenger etc., 1886. H. J. Hansen, Isopoden, Cumaceen und Stoma- topoden. Ergebnisse der Plankton-Expedition. Kiel 1 895. stoinatopoda. ICöriierb.'ui. 497 dünner dreigliedriger Taster an. DielMaxillen sind verhältnissmässig klein und schwach, mit kaum nachweisbarem Tasterrest. Hinter den Kieierpaaren sind die fünf folgenden heinartig gestalteten Extremitätenpaare dicht um den Mund Fi-. 471. Squiln »lanf Antennen, Kf, Kf" die vorderen Kieferfusspaari die drei Spaltbeinpaare des Thorax. Cephalothorax. Fis. 472. gedrängt und deshalb treffend als Mundfüsse bezeichnet worden. Sämmtlich tragen sie an der Basis eine scheibenförmige Epipodialplatte, die an den ])eiden vorderen Paaren einen ansehnlichen Umfang erreicht und durch Schwingungen einen respiratorischen Wasserstrom unter- halten , eventuell zugleich zur Athmung dienen kann. Nur das vordere Paar (1. Kie- ferfuss) ist dünn und tasterf örmig , endet jedoch mit einer kleinen Greifzange, die übrigen dienen zum Ergreifen und zum Eaube der Beute. Bei weitem am umfang- reichsten ist das zweite Paar (2. Kieferfuss), welches, mehr oder minder nach aussen ge- rückt, einen gewaltigen Raubfuss mit enorm verlängerter Greifhand darstellt. Ein Geis- selast kommt diesen Gliedmassen nur im frühen Larvenalter zu (Fig. 472). Die drei folgenden Paare sind gleichgestaltet und enden mit schwächerer rundlicher Greif- hand. Somit bleiben zum Gebrauche der Lo- comotion nur die drei zweiästigen Bein- paare der letzten unbedeckten Brustseg- mente übrig. Weit mächtiger aber sind die Schwimmfüsse des Abdomens entwickelt, deren äussere Lamellen die Kiemenbüschel tragen. Beide Geschlechter sind nur wenig verschieden. Indess ist das Männchen leicht an dem Besitze des Ruthenpaares an der Basis der letzten Ruderbeine, sowie an dem etwas umgestalteten ersten Pleopodenpaare mit Greifanhang kenntlich. ÄriCÄi/toidina-Stadiuni. Kf" späterer zweiter Kieferfuss, die drei nachfolgenden Paare werden wieder abgeworfen, an ihrer Stelle entwickeln sich der 3. bis 5. Kieferfuss. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. C.Aufl. 32 498 3. Ordnung. Schizopoda. Fig. 473. Junge -4^i»ia-LarTe, schwächer vergrössert. Af Abdominalfüsse (Pleopoden), Mxf erster Maxillarfuss, -Va/" der grosse Eaubfuss (zweiter Maxillarfuss). Die postembryonale Entwicklung be- ruht auf einer complicirten Metamorphose, die uns leider bislang nicht vollständig be- kannt geworden ist. Die jüngste der beob- achteten Larven, Erichtlioidina, von etwa 2 Mm. Länge (Fig. 472) , besitzt schon sämmtliche Segmente der Brust und deren Segmenten fünf /weiästige Schwimmfuss- paare, entbehrt aber noch des Hinterleibes bis auf die Schwanzplatte, ist also von der Zota der Decapoden weit verschieden. Spä- tere Larvenzustände sind als AVima und Erkhthus beschrieben (Fig. 473)^). Die Stomatopoden gehören aus- schliesslich den wärmeren Meeren an, schwimmen vortretflich und ernähren sich vom Raube anderer Seethiere. Fam. Squülidae, Heuschreckeukrebse. S(juiUa maniis Rond (Fig. 471), Sq. Desmaresiii Eisso, Adria nud Mittelmeer. Gonoductijlus chirayra Fabi\ o. Ordnung. Schizopoda 2), Spaltfüsser. Kleine Schalenkrebse mit (/rossem, meist zartliäutif/em Kopf brustschild und acht Paaren (jleichartig gestalteter Spaltfüsse, welche frei vorstehende Kiemen tragen können. In ihrer äusseren Erscheinung zeigen die Schizopoden bereits den Habitus der langschwänzigen Decapoden, da sie wie diese einen langgestreckten, meist ziemlich stark comprimirten Körper mit ansehnlichem, die Brustsegmente mehr oder minder vollkommen überdeckendem Kopfbrustschild und mächtig entwickeltem Abdomen besitzen. Indessen weicht der Bau der Kieferfüsse und der Beine des Thorax wesentlich ab und nähert sich wie auch die einfachere innere Organisation den vorgeschritteneren Garneellarven. Auch lässt das Brustschild eine grössere Zahl von Thoracalsegmenten (Siriella), im früheren Larvenalter (Euphausla) sogar wie bei Xebalia sämmtliche Segmente des ^littelleibes frei, von denen später eine grössere oder geringere Zahl an der Rückenseite mit der Haut des Schildes verschmilzt (Euphausia). Die drei Kiefer- fusspaare bleiben noch im Dienste der Locomotion und sind den nachfolgen- den Beinpaaren ähnlich gebaute Spaltfüsse, welche durch den Besitz eines vielgliedrigen borstenbesetzten Nebenastes zur Strudelung und Schwimm- ^) Vergl. : H. J. Hansen, Isopoden , Cumaceen und Stomatopoden der Plankton- Expedition 1895. ^) G. 0. Sars, Hist. nat. des Crustaces d'eau douce de Norvege. Christiania 1867. Derselbe, Carcinologiske Bidrag til Norges Fauna. Mysider. Christiania 1870 und 1872. E. V. Willemoes-Suhm, On some Atlant. Crustacea. Transact. Linn. Soc. 1875. G. 0. Sars, Eepoi-t ou tlie ScMzopoda coUected by H. M. S. Challenger, 1885. Schizopoda. Körperbau. 499 bewcgnng geeignet erscheinen (Fig. 474). Jedoch stehen die beiden vorderen Paare durch kürzere und gedrungenere Form und das vordere Paar wohl auch durch Ladenfortsätze des Stammes schon in näherer Beziehung zu den Mund Werkzeugen (Mi/sls, SiricUa). Der Hauptast des Beines ist immer ver- hältnissmässig dünn und schmächtig und endet mit einfacher schwacher Klaue. Zuweilen wird das vorletzte Glied mehrgliedrig (Tarsalgeissel). Selten (Eu- ph(iusia) bleiben die beiden letzten Beinpaare bis auf die mächtig entwickel- ten Kiemenanhänge ganz rudimentär und ausser dem Basalglied auf den Fig. 474. stummeiförmigen Expoditen beschränkt. Die Pleopoden sind im weiblichen C4e- schlechte meist winzig klein, im männ- lichen Geschlechte abermächtig entwickelt, theilweise von abnormer Form und Grösse (Hilfs Werkzeuge der Begattung) und tra- gen ausnahmsweise (6VWe//«-Männchen) auch Kiemen. Das Fusspaar des sechsten, meist sehr gestreckten Segmentes ist zw^ei- ästig. lamellös, schliesst häufig in der in- neren Lamelle eine Otolithenblase ein und bildet mit dem Telson eine mächtige Schwimmflosse (Fig. 474). Die Männchen sind von den Weib- chen durchwegs auffallend verschieden. Erstere besitzen an den Vorderfühlern eine kammförmige Erhebung zum Tragen der grossen Zahl von Riechhaaren und sind durch die ansehnlichere Grösse der Schwanzfüsse, von denen die vorderen überdies mit Copulationsanhängen verse- hen sein können, zu einer rascheren und vollkommeneren Bewegung befähigt, wel- cher wiederum das grössere Athmungs- bedürfniss und der Besitz von Kiemen- anhängen bei SirieUa entspricht. Die Weibchen tragen zuweilen an den zwei oder drei hinteren Brustfüssen (viele Mtjskleen) oder auch zugleich an den mittleren und vorderen (Lophogaster) Brutblätter zur Bildung eines Brutraumes, in welchem wie bei den Ringel- krebsen die grossen Eier ihre Entwicklung durchlaufen. Die Jungen verlassen den Brutraum meist schon im Besitze sämmtlicher Extremitäten. In anderen Fällen (Euphausia) jedoch verläuft die Entwicklung als Metamorphose. Die junge Euphausia schlüpft als Naupliuslarve aus, an der auch alsbald die drei nachfolgenden Gliedmassenpaare in Form wulstförmiger Erhebungen auftreten. Der ansehnlich grosse Naupliuspanzer, auch nach vorne um die Basis der An- 32* Mysis ocnlnfn. Weibchen mit Brutblättern, nach G. O. Sars. ö6 Otolithenblase im Schwanzfächer. 500 *• "rdnung. Dc-capoda. tennen in Form eines gezackten Saumes herumgeschlagen, ist die Anlage des Kopfbrustschildes, unter dem auch schon zu den Seiten des unpaaren Auges die Anlage der Seitenaugen sichtbar wird. Nun folgt nach abgestreifter Haut das Profozol'a- und hierauf das Zomstadium (von Dana als CaJyptoins be- schrieben) mit freilich nur sechs Gliedmassenpaaren und langem, bereits voll- zählig gegliedertem fusslosen Abdomen. In den zahlreichen nachfolgenden Larvenstadien (früher als FurciUa, Ci/rfopia beschrieben) bilden sich der Reihe nach die fehlenden Extremitäten aus. Farn. Mi/sidae. Brustfüsse kieraenlos, das vordere Paar (KiefVrfuss) mit schwingender Epipodialplatte, die hinteren und eventuell mittleren Paare mit Brutblättern im weiblichen Geschlecht. Mit Otolithenblase in der Fächerplatte (Fig. 474). 3Ii/sis rulgaris Thomps., M.flexuosa 0. Fr. Müll., Siriella Edwaräsii Cls. Fam. Euphausidae. Mit Kiemenbüscheln an den Brustfüssen. Meist mit Leucht- organen am Thorax und Abdomen (Fig. 125). "Weibchen ohne Brutblätter. Entwickeln .sich mittelst Metamoiiihose. Euphausia splendens Dana, Atlant. Ocean, Thijsanopoda norveffica G. 0. Sars., Sttjlocheiron G. 0. Sars, Nematosceles G. 0. Sars. Fam. Loi)hogastridae. Mit Kiemen und Brutblättern an den Brustfüssen. Lopliogaster typicus G. 0. Sars, Noi-wegen. 4. Ordnung. Decapoda^), zehiifüssige Krebse. Thoracostraken mit yrossem Büclxcnschilde, ivelches meist mit allen Seg- menten des Kopfes und der Brust verivachsen ist, mit drei Kieferfusspaaren und zehn theihceise mit Scheeren bewaffneten Gchfüssen. Kopf und Thorax sind vollständig von dem Rückenschild überdeckt, dessen Seitenflügel über den Basalgliedern der Kieferfüsse und Beine eine die Kiemen bergende Athemhöhle Ijilden, in welcher die schwingende Athem- platte der zweiten Maxillen die Wasserströmung unterhält (Fig. 4(33). Nur das letzte mehr oder minder beweglich bleibende Segment kann sich als freier Abschnitt getrennt erhalten. Das Stirnende des Kopfschildes läuft zwischen den Augen in einen Stachel (Rostrum) aus. Das feste kalkhaltige Integument des Rückenschildes zeigt vornehmlich bei den grösseren Formen symmetrische, durch die Ausl)reitung der unterliegenden inneren Organe bedingte Erhebun- gen, welche als bestimmte^ nach jenen benannte Regionen unterschieden werden. Eine sehr verschiedene Gestalt und Grösse zeigt das Abdomen. Bei den Macruren erreicht dasselbe einen bedeutenden Umfang und besitzt ausser den fünf Fusspaaren, von denen freilich oft das vordere im weiblichen Geschlechte verkümmert, eine grosse Schwimmflosse (Telson und grosses Schwimmfusspaar des sechsten Segmentes). Bei den Brachyuren dagegen reducirt sich das A))- ') Herbst, A'ersuch einer Naturgeschichte der Krabben und Krebse. 3. Bde. Berlin 1782 — 1804. Leach, Malacostraca podophthalma Britauniae. London 1817— 1821. Spence Bäte, On the development of Decapod Crustacea. Phil. Transact. of the roy. Soc. London 1859. C.Claus, Zur Kenntniss der Malacostrakenlarven. Würzb. naturw. Zeitschr. Tom. II, 1861. Fr. Müller, Die Verwandlung der Garneelen. Archiv für Naturgesch., Tom. XIX, 1863. Derselbe, Für Darwin. Leipzig 1864. C. Claus, Neue Beiträge zur Morphologie der Crnsta- ceen. Arbeiten aus dem zool. Institute etc. Wien, Tom. VI, 1885. Decapoda. Körperbau. 501 dornen auf eine breite (Weibchen) oder sehmale trianguläre (^Männchen) Platte, die deckelartig über das ausgehöhlte Sternuni umgeklappt wird und der Schwanzflosse entbelirt. Auch sind hier die Fusspaare dünn und sticlfürmig und tinden sich beim Männchen nur an den zwei vorderen Segmenten entwickelt. Die inneren Antennen, bei den Brachijurcn oft in seitlichen Gruben ver- steckt, entspringen meist unterhalb der beweglich eingelenkten Augenstiele und bestehen aus einem dreigliedrigen Schaft und aus zwei bis drei viel- gliedrigen Geissein. Die zweiten Antennen inseriren sich meist an der Aussen- seite der ersteren etwas abwärts an einer flachen, vor dem ^Munde gelegenen Platte (Epistom, ^Mundschild) und l)esitzen l)ei den guten Schwimmern einen Die drei Kieferfasspaare von Astaeus. Kf Erster Kieferfuss. Kn Ei.topoilit, i KauJaden, Ex Exopodit, Ep EpipodiaJplatte. Kf Zweiter Kieferfuss. Br Epipodialkieme, 1, 2 die Glieder des Stammes. Kf" Dritter Kieferfuss. schuppenförmigen lamellöseu Anhang. An ihrer Basis erhebt sich überall ein an der Spitze durchbohrter Höcker, auf welchen der Ausführungsgang der Antennendrüse ausmündet (Fig. 462). Von den Mundtheilen sind die Mandibeln überaus verschieden gestaltet, aber in der Regel mit einem zwei- bis dreigliedrigen Taster versehen, der freilich bei Garneelen auch fehlen kann; entweder sind die Mandibeln gerad- gestreckt und am verdickten Vorderrande stark bezahnt (Braclujuren) , oder schlank und stark eingekrümmt (Crangon), oder am Ende gabelig gespalten (Palaemoniden und Älpheiden), Die vorderen Maxillen bestehen stets aus zwei Laden und einem meist einfachen Taster. Die hinteren Maxillen, an welchen meist vier Laden (zwei Doppelladen) nebst Taster unterschieden werden, tragen als Exopodit eine grosse borstenrandige, schwingende Athemplatte. Es folgen Ö02 Eiitwickliiiitf. sodann drei Paare von Kieferfiissen, welche einen Geisselast (Exopodit). aber auch einen epipodialen Anhang- mit Epipodialkieme tragen (Fig. 47ö). So bleiben von den Gliedmassen der Brust nur fünf Paare als Beine /Air Ver- wendung, von denen die beiden hinteren zuweilen verkümmern, ja in seltenen Fällen in Folge von Rückbildung ganz ausfallen können (Lud/er). Die zuge- hörigen Brustsegmente sind in der Regel sämmtlich oder wenigstens bis auf das letzte mit einander verwachsen und bilden auf der Bauchseite eine zu- sammenhängende, bei den Braehyurcn überaus l)reite Platte. Die Beine bestehen aus sieben Gliedern, welche denen der Arthrostraken entsprechen, und enden häufig mit einer Scheere oder Greifhand. Der Furchungsvorgang scheint (ob überall?) ein superficialer zu sein, das heisst zunächst lediglich den peripherischen Dotter (Bildungsdotter) zu „. ,^„ betreffen, während der centrale fett- Fig. 4/6. ' kügelchenreiche Nahrungsdotter eine ungetheilte Masse bleibt. Das Ento- derni erscheint als grubenförmige Einsenkung der Keimblase, an deren vorderen Rand (Gastrulamund) das Mesoderm entsteht. Jugendform (Larve) des Hummer.s , nach G. O. ^ DlC meiStCn mariuCn DcCapodcn Sars. R Kostrum, A' , A" die Antennen, Kf " VCrlaSSCn lu Zocaform diC EihÜllcn; dritter Kieferfuss, F' vorderer Gehfuss. . -, ^.^ • , • i i i • unter den Macrnren ist jedoch bei Homanis die Metamorphose sehr reducirt, indem die ausschlüpfenden Jungen schon sämmtliche Brustfüsse, freilich noch mit äusseren Schwimmfussästen, tragen , jedoch noch der Afterfüsse entbehren (Fig. 476). Bei Astacus ist sie ganz ausgefallen, indem die ausschlüpfenden Jungen bis auf die noch rudi- mentäre Schwanzflosse mit dem ausgebildeten Thiere übereinstimmen. 1. Unterordnung. Macrura. Das Abdomen stark entwickelt, mindestens so lang als der Yorderleih, mit vier oder fünf Paaren von Afterfüssen und mit wohl ausgebildeter breiter Schwanztiosse. Die inneren oberen Fühler mit zwei oder drei Geissein, die äusseren mit einer einfachen Greissel, häufig an der Basis eine Schuppe tragend. Das dritte Kieferfusspaar bein- förmig verlängert, die vorausgehenden nicht völlig bedeckend. Die ausschlüpfenden Zoealarven langgestreckt, meist schon mit drei, den voi'deren Brustfüssen, späteren Kieferfüssen ent- sprechenden Spaltfusspaareu. Mit dem Voi-wachsen der noch fehlenden meist zweiästig au- gelegten Beinpaare ti-eten sie in das „Mi/sissfadium" ein (Fig. 477). Fam. Carididae, Garneelen. Körper seitlich comprimirt, mit dünner Schale, oft gekielt und in einen sägeförmig gezähnten Stirnfortsatz auslaufend. Aeussere Fühler unterhalb der inneren eingefügt, mit grosser, den Stiel überragender Schuppe. Die langen und dünnen vor- deren Beinpaare enden häufig mit Scheeren. Sie leben schaarenweise in der Nähe der Küsten. Einzelne Gattungen (Geisselgarneelen, Penaeus) besitzen noch radimentäre Schwimmfussäste und sind durch eine viel vollständigere Metamorphose ausgezeichnet, die mit der Naupliusform beginnt und vor dem Zoeastadium noch eine Metanauplius- und Protozoeaform durchläuft. Penaeus caramote Desm., Palaemon sqtiüla L., Crangon vulgaris Fabr.. Pontonia tjirrJiena Risso, lebt zwischen den Schalen von Bivalveu. Alplieus deniipes Guer. Sergesfes ailantictis Edw., Lucifer tyims Edw. Fam. Astacidae, Scheerenkrebse. Ziemlich grosse, meist hartschalige Krebse mit wenig comprimirtem Kopfbruststück und abgeflachtem Abdomen. Die äusseren Fühler sind neben Macrura. Ai 503 den inneren eingelenkt und tragen an ihrer Basis eine kleine oder ganz verkümmerte Schuppe. Das erste Fusspaar endet mit grossen Scheeren, häufig auch das zweite und dritte kleinere und schwächere Fusspaar. Einige weichhäutige Formen graben sich im Schlamme oder Sande ein. Astacus fluviatilis Rond., Flusskrebs. Homarus vulf/aris Bei., Hummer. Nep]iro2>s norveriicus L., Gehia liüoralis Risso, Thalassina Latr., Callianassa suhterranea Mont., gräbt sich in den Ufersand ein. Farn. Loricata, Panzerkrebse. Mit sehr derbem erhärteten Panzer und grossem breiten Hinterleib. Die inneren Fühler enden mit zwei kurzen Geissein, alle fünf Fusspaare mit einfachen Klauen. Die Lan-en sind die breiten blattförmigen PhyUosomen, die früher für Fig. 477. Fig. 478. -jr / Zoea eines Crangoniden. Kf, Kf", Kf " die drei späteren Kieferfusspaare, welche als spaltästige, Schwimmfusse fungiren. Mysisstadium von Galathea. L Leber, C Herz, S)-/ Brustfüsse, 4/ Abdominalfüsse. eine besondere Gattung gehalten wurden. Falinuriis vulgaris Latr., Languste. SvijUarus latus Latr., ßärenkrebs, Mittelmeer. 2. Unterordnung. Anomura. Abdomen von massiger Grösse mit nach vorne umge- schlagener reducirter Schwanzflosse. Das letzte, beziehungsweise auch das vorausgehende Paar der Gehfüsse verkümmert. Die Kieferfüsse des dritten Paares beinförmig. Die Zoealarven besitzen beim Ausschlüpfen bereits die Anlage des dritten Kieferfusspaares , zeigen jedoch sonst im Wesentlichen den Habitus der Garneellarven. In der weiteren Entwicklung knospen die noch fehlenden Brustbeine als Schläuche hervor, und es werden sowohl die Pleopoden, als die Schwanzflosse gebildet (Fig. 478) (Mi/sissfadium). Einzelne Formen, wie Binjus luiro, sind dadurch zu längerem Aufenthalt auf dem Lande befähigt, dass der hintere Theil der Kiemenhöhle Luft aufnimmt und die Wandungen zur Luftathmung befähigt erscheinen. Farn. Hippidae, Sandkrebse. Mit länglichem Kopfbruststück und umgeschlagenem End- theil des Abdomens. Erstes Beinpaar meist mit fingerförmigem Endgliede, letztes schwach. llippa eremita L. , lebt im Meeressande vergraben, Brasilien. Albtotea si/mnisfa Fuhr., Mittelmeer. 504 Brachyura. Palaeostraka. Y&m. Paguridae , Einsiedlerkrebse. Abdomen lauggestreckt, meist weiclihäutig und verdreht, mit sclimaler Afterflosse und .stnmmelfönnigeu Afterfüssen. Das erste Fusspaar endet mit kräftigen Scheeren, die beiden letzten sind verkümmert. Suchen sich leere Schnecken gehäuse auf zum Schutze ihres weichhäutigen Hinterleibes. Payurus Bernltardtis L. Bernhardskrebs. Payuristes maculatus Eisso, Coenohita ruyosa Edw., Biryns latro Herbst mit Luft führendem, als Lunge fungii'endem Abschnitte der Kiemenhöhle, soll Palm- bäume erklettern. Philippinen. Fam. Galatheidae. Mit breitem, ziemlich grossem Abdomen und wohl entwickelter Schwanzflosse. Das erste Beinpaar scheerentragend , das letzte schwach und verkümmert. Galatliea striyosa L. Hier schliessen sich die Porcellaneen an, welche ihrem Habitus nach bereits den Brachyuren gleichen. Porcellana platycheles Penn., Adria und Mittelmeer. 3. Unterordnung. Brachyura. Mit Gruben zur Aufnahme der kurzen inneren Antennen und sog. Orbitae , Höhlen zur Aufnahme der gestielten Augen. Hinterleib kurz und ver- kümmert, ohne Schwanzflosse, gegen die vertiefte Unterfläche der Brust umgeschlagen , im männlichen Geschlechte schmal zugespitzt und nur mit einem, seltener mit zwei Paaren von Afterfüssen, im weiblichen breit mit vier Paaren von Afterfüssen. Das dritte Paar der Kieferfüsse mit breiten platten Gliedern, die vorausgehenden Mundtheile völlig bedeckend. Beim Weibchen erweitert sich jeder Oviduct zu einem Eeceptaculum seminis. Die aus- schlüpfenden Zoealarven, von gedrungener Form, mit nur zwei Spaltfusspaaren, aber voll- zählig gegliedertem Abdomen, meist mit Stirn und Rückenstachel, treten später in die Megalopaform ein (Fig. 469). Viele sind Landbewohner. Fam. Notopoda, Rückenfüsser. Die vier hinteren Füsse der Brust sind höher als die vorausgehenden Paare eingelenkt und auf den Rücken liinaufgerückt. Das erste Fusspaar mit grossen Scheeren. Dromia vttlyaris Edw., Dorippe lanata L., Mittelmeer. Lithodes Latr. Fam. Oxystomata, Rundkrabben. 3Iit rundlichem Cephalothorax und nicht vorsprin- gender Stirn. Der Mundrahmen dreieckig. Männliche Geschlechtsöff'nung am Hüftgliede des fünften Beinpaares, Ccdappa yranulata L., Schamkrabbe. Ilia mtcleus Herbst, Mittelmeer. Fam. OxyrhyncJia. Dreieckskrabben. Meist mit dreieckigem Cephalothorax, mit vor- tretendem spitzen Stirnschnabel. Mundrahmen viereckig, nach vorne verbreitert. Jederseits neun Kiemen. Die männliche Geschlechtsöifnung liegt am Hüftgliede des fünften Beinpaares. Schwimmen nicht, sondern kriechen. Inachus scorpio Fabr., Maja squinado^oni., M. verru- cosa Edw., Pisa armata Latr., Stenorhynchus phalanyium Penn., Lamhrus MassenaB.ovi^. Fam. Cyclometopa, Bogenkrabben. Mit breitem, kurzem, vorne abgerundeten Cephalo- thorax, ohne vortretenden Stirnschnabel. Jederseits neun Kiemen. Die männliche Geschlechts- öffnung liegt am Hüftgliede des fünften Beinpaares. Zum Theil gute Schwimmer. Cancer payurus L., Taschenkrebs. Xantho rividosus Risso, Pilummts hirtellus L., Eriphia spini- frons Herbst, Carcinus maenas L., Portunus puber L., Mittelmeer. Fam. Catometopa (Quadrilatera), Viereckskrabben. Mit viereckigem Cephalothorax. Weniger als neun Kiemen. Die männlichen Geschlechtsöffnungen liegen meist auf dem Sternum. Leben zum Theil längere Zeit vom Wasser entfernt, einige sogar in Erdlöcheru als Landkrabben. Pinnotheres pisum L. , Muschelwächter , in den Schalen von Mytilus. P. veterum Bosc, in den Schalen von Pinna, bereits den Alten bekannt, welche sich zwischen Krebs und Muschelthieren ein Verliältniss gegenseitiger Dienstleistung dachten. Ocypoda Cursor Bei., Gelasimus cocansDeg., Grapsns varius Latr., Gecarcinus ruricola Jj., lunnd- krabbe. In den Kiemenhöhlen derselben hält sich das Wasser längere Zeit durch das Vor- handensein von secundären Räumen im Umkreis der Kiemenblättchen, welche deshalb nicht mit einander verkleben können. Lebt in Erdlöchern auf den Antillen. Den Entomostraken und Malacostraken gegenüber wird man die fossilen ^lerostomen in Verbindung mit den durch die noch lebende Gattung Limulus vertretenen Xiphosuren und den ausschliesslich fossilen Trilobiten als Falae- 1. Ordnung. Jlerostomata. 505 ostrah'it, zusammenfassen können. Dieselben sind als Wasser bewohnende, durch Kiemen athmende Arthropoden den Crustaceen anzuschliessen, obwohl sie zu der zweiten Artliroi)odenreihe, den Arachnoideen, hinführen und beson- ders mit den Scorpionen näher verwandt zu sein seheinen. In erster Linie ist für dieselben der Besitz eines einzigen, vor dem Munde geleg-enen Gliedmassenpaares, sowie das Auftreten von vier oder fünf um den Mund gelegenen Beinpaaren charakteristisch, deren Basalglieder als urafang- reiche ^landibel-ähnlichc Kaustücke umgebildet sind. Wenn man von Lhmdits als dem nochjetzt lebenden Repräsentanten der A^yV/os^avy? auf die ausschliess- lich vorweltlichen Merostomen und Triloh/tcn zurückschliessen darf, so würde die vor dem Munde gelegene Gliedmasse nicht von dem Gehirne, sondern von dem unteren Schlundganglion ihre Nerven erhalten haben, womit ihre Be- deutung als vordere Antenne zurückgewiesen wäre. Dieselbe dürfte auf das erste Rumpfgliedmassenpaar zu beziehen sein und den sog. Kieferfühlern der Arachnoideen entsprechen, deren Nerven zwar meist am Gehirne austreten, jedoch im ersten postoralen Ganglion wurzeln. Erst hinter dem letzten Bein- paare folgt als eine Art Unterlippe eine einfache oder gespaltene Erhebung. Der Körpertheil, welcher diese Gliedmassenpaare trägt, ist als ungegliedertes Kopfbruststück zu bezeichnen, dessen schildförmig verbreiterte Schale in flügeiförmig vorstehende Seitenstücke ausgezogen sein kann und auf der oberen Fläche ausser zwei grossen Seitenaugen zwei kleine mediane Stirnaugen trägt. Auf das Kopf bruststück folgt ein meist langgestrecktes, aus einer grösseren Zahl von Segmenten zusammengesetztes Abdomen, welches sich nach dem hinteren Körperende verjüngt und mit einem flachen oder stachelförmig aus- gezogenen Schwanzschild endet. Die Entwicklung und die innere Organisation vonLimulus hat Vieles mit den Arachnoideen gemeinsam, durchläuft jedoch kein auf eine Naupliusform zu beziehendes Stadium. 1. Ordnung. Merostomata i), Merostomen. Mit fünf GlietJmassenpaaren cm dem relativ kurzen Cephalotliorax , mit lang- (jestr echtem, aus meist zwölf Seymenten zusammengesetztem yliedmassenlosen Abdomen, welches mit flachem oder stachelförmigen Schwanzschild abschliesst. Der gewaltige Körper der (vou Wood ward mit den Poecilopoden vereinigten) J5iftnungen zum Eintritt des Blutes und häufig mit Aorten am vorderen und hinteren P^ude , zu denen bei den Scorpionen noch seitliche verzweigte Gefässstämme hinzukommen. Die Respirations- or(jane sind innere Lufträume, welche entweder als Tracheen die Form vielfach verzweigter Rühren besitzen, oder hohle Lamellen (Fächertracheen, sogenannte Lungen) darstellen, die in grosser Zahl wie die Blätter eines Buches nebeneinander liegen und, mit- einander durch Trabekeln verbunden, die Gestalt eines Sackes darbieten. Stets werden die Lufträume durch eine feste innere Chitinmembran, die sich in den Tracheen zu einem spiraligen Faden verdickt, offen erhalten, so dass die Luft durch die paarigen Mündungen (Stifjmata) der Tracheen oder Lungen am Anfange des Abdomens eintreten und sich bis in die feinsten Verzweigungen ausbreiten muss. Die Arachnoideen sind getrennten Geschlechtes. Die ^lännchen unter- scheiden sich häufig sch(m durch äussere Geschlechtsmerkmale, so durch ihre geringere Körpergrösse , durch den Besitz von Haftorganen (Milben) oder Senkrechter Querschnitt durch den Cephalothorax eines jungen Aiijpus. CD Coxaldrüse, A(j Ausführungsgang derselben mit der Spaltöffnung {Oe) hinter dem dritten Beinpaare (3 Bp), S Suspensorium derselben, 3/ Muskeln, B(] Brustganglienmasse, J/y Saugmagen, ^\2 1. Urdnuug. ftcorpionidea. durch ümgestaltuug gewisser fTÜedmassen. Die Geschlechtsorgane l)estehen aus einem paarigen oder unpaaren Hoden , deren Samenleiter vor ihrer getrennten oder gemeinsamen Ausmündung an der Basis des Hinterleibes oft noch die Ausführungsgänge accessorischer Drüsen aufnehmen. Copulations- organe am Ende der Geschlechtsöflliiungen fehlen in der Regel, während entfernt liegende Extremitäten, wie die Kiefertaster der Spinnen, bei der Begattung zur Uebertragung des Spermas dienen. Die weiblichen Geschlechts- organe sind paarige oder unpaare Drüsen, meist von traubiger Form, mit paarigen Oviducten, welche von ihrer getrennten oder gemeinsamen iMün- dung am Anfange des Abdomens meist zu einem Samen behälter anschwellen und ebenfalls mit accessorischen Drüsen in Verbindung treten. Selten (Phalawjium) findet sich eine lange, vorstreckbare Legeröhre. Nur wenige Arachnoideen gebären lebende Junge (Scorpione und einige Milben), die meisten legen Eier ab. In der Regel haben die ausgeschlüpften Jungen bereits die Körperform der ausgewachsenen Thiere, indessen fehlen bei den meisten Milben noch ein, seltener zwei Beinpaare, die erst mit den nachfolgenden Häutungen auftreten ; die Entwicklung der Pycnogoniden. Pentastomen und Hydrachneen (Wassermilben), welche letztere ein puppen- ähnliches, ruhendes Stadium durchlaufen, ist eine complieirte Metamorphose. Fast alle Arachnoideen nähren sich von thierischen. wenige von pflanz- lichen Säften, zu denen sie auf der niedersten Stufe als Parasiten Zugang finden. Die grösseren, höher organisirten Formen bemächtigen sich selbst- ständig als Raubthiere der lebenden, vorzugsweise aus Insecten und Spinnen bestehenden Beute und besitzen meist Giftwaffen zum Tödten derselben. Viele bauen sich mittelst Secretes von Spinndrüsen Gewebe und Netze, in denen sie die zu ihrer Nahrung dienenden Thiere fangen. Die meisten halten sich den Tag über unter Steinen und in Verstecken auf und kommen erst am Abend und zur Nachtzeit aus den Schlupfwinkeln zum Nahrungs- erwerbe hervor. 1. Ordnung. Scorpionidea ^), Scorpioue. Mit scheerenfürmigen Kiefcrfühlern und heinförmig verlängertoi, scheerenförmigen Kiefertastern, mit achtgUcdrigem Präahdomen und sechs- gliedrigem verengerten Postabdomen, mit Giftstachel am Schwänzende und mit vier Paaren von Fächertracheen oder Lungen. Die Scorpione haben durch ihre gewaltigen Scheerentaster und ihren festen Körperpanzer eine gewisse Aehnlichkeit mit den zehnfüssigen Schalen- ') P. Gervais, Remarques sur la famille des scorpions et description de plusieurs especes novivelles etc. Arcli. du musee d'hist. nat. IV. Newport, On the structure, relations and developraeiit of tlie nervous and circulatory Systems in Myriapoda and macrourous Araclinida. Philos. Transactions , 1843. L. Dufour, Histoire anatomique et physioiogique des Scorpions. Mem. pres. ä l'acad. des sciences. XIV, 1856. E. Metschnikoff, Embryologie des Scorpions. Zeitschr. für wiss. Zool. , 1870. A. Brauer, Beiträge zur Kenntni.ss der Entwicklungsgeschichte des Scorpions. I u. Tl. Zeitschr. für wissonsch. Zoologie, 1894 u. 189.5. Körperbau. Norvensyst'm. Darmcanal Ö13 krebsen (Fig. 484). Dem gedrungenen Kopt'bruststück seliliesst sieh ein lang- gestrecktes Abdomen an. welches in ein walzenförmiges achtgliedriges^) Prä- al)domen und ein sehr enges, nach oben emporgehobenes sechsgliedriges Post- abdomen zerfällt, an dessen Ende sich ein gekrümmter, mit zwei Giftdrüsen versehener Giftstachel erhebt. Die Kieferfühler sind dreigliedrige Scheeren- fiihler, die Kiefertaster enden mit aufgetriebenem Scheerengliede. während das Basalglied mit l)reiter Mahlfläche als Lade dient. Die vier Beinpaare sind kräftig entwickelt und enden mit Doppelkrallen, In der inneren 484. Organisation erheben sich die Scorpione zur höchsten Stufe unter allen Araclmoideen. Das Xervensi/sfeiii besteht aus einem zweilappigen (ieliirn, einer grossen ovalen Brustganglienmasse und sieben bis acht kleineren Ganglienanschwellungen des Ab- domens, von denen die vier letzten dem Postabdomen zugehören (Fig. 485). Als Eingeweidenervensystem betrachtet man ein kleines, am Anfange des Schlundes ge- legenes Ganglion, welches durch Fäden mit dem Gehirn verbunden ist und Nerven zum Darmcanal entsendet. Als Sinnesorgane kommen hauptsächlich Augen in Betracht, welche als unicorneale Punktaugen zu drei bis sechs Paaren in der Weise ver- theilt sind, dass das bei weitem grösste Paar auf der Mitte des Cephalothorax, die übrigen rechts und links an den Seiten des Stirnrandes liegen. Die beiden Mittel- augen besitzen aber insofern eine ab- weichende Structur, als unter ihrer Cör- Hcalinse die Retinazellen in gleichartigen den Ketinulae der Facettenaugen ähnlichen Gruppen nebeneinander stehen. Der Darmcanal bildet ein enges gerades Eohr, welches im Präabdomen \on der umfangreichen, vielfach gelappten Leber umlagert wird und am vorletzten Hinterleibsringe ausmündet. Als Excretionsorgane fungiren zwei vom Entoderm entstandene Malpighi'sche Gefässe. Dazu kommt ein Paar Goxaldrüsen, welche in der embryonalen Entwicklung sehr früh auftreten und am dritten Beinpaare ausmünden. Der Kreislauf verhält sich am complicirtesten in der ganzen Classe, doch erscheinen auch hier wie bei den Decapodeu besondere Blutsinus der Leibeshöhle in das Gefässsystem eingeschoben. Das gestreckte, in acht Csphalothorax und Präabdomen von Seorpio africaiuis (regne animal). Kf Kieferfühler, Kt Kiefertaster, K kammförniige Anhänge, St Stigmen. *j DieEmbryoiialaiilage zeigt acht Segmente, von denen die Glieclmassenanlagen des ersten Segmentes frühzeitig rückgebildet werden, die des zweiten zn der Genitalopercula werden. C. Clans: Lehrbuch der Zoologie. G. Aufl. ^3 oU Scoriiionidea. Kreislauf, llespiration. Kamincni g-otlieilte inid durch Fliiii-elmnskelii ])ete.stig'te Kiickengcfäss wird von einem Pericardiaisiiuis uinge))en und nimmt aus diesem das Blut dureli acht Paare von Spaltöffnungen auf. um dasselbe durch eine vordere und hintere, sowie durch seitliche Arterien nach den Organen hinzuleitcn. L iitei- den aus der Koptaorta entspringenden (letassen tritt eine supraneurale, längs des Bauolimarkes verlautende Arterie an Umfang hervor (Fig. 485). Die Fi». 485. 48(5. Durclisclinitt durch den Körper eines Scorpions nach Newport. C'Herz, .lo Aorta, G Gehirn, OMittel- aiige. O' Stirnaugen der einen Seite, D Darmcanal mit den Leberschläuchen, Sa Supraneuralarterien, Bg Bauchganglienkette, Kfn Kerv des Kiefertasters, Kfa Arterie desselben, S( Stigmen der Fächer- trachec-n, ,1 After, Gd Giftdrüse, feineren Arterienenden scheinen durch Capillaren in die Antängc der venösen Bahnen zu führen, aus denen sich das Blut in einem der Bauchwand dicht aufliegenden Behälter sammelt. Von diesem strömt das Blut nach den Atlimungsorganen und durch venöse Bahnen in den Pericardialsinus nach dem Her/en /.uriick. D'iQ, Respiration eY{o\gi durch vier Paare von Fächor- traclieen, Avelche mit ebensoviel Stigmenpaaren an dem 4. — 7. Abdominalsegmente sich öffnen. Männliche u]id weibliche Geschlechtsorgane münden an der Basis des Abdomens unter zwei eigenthümlichen kammförmigen An- hängen . den Gliedmassenresten des 2. Abdominalseg- mentes . welche als Tast- und Spiirorgane dienen. Die Männchen zeichnen sich vor den Weibchen durch breitere Scheeren und ein längeres Postabdomen aus. Die Weib- chen sind lebendig gebärend. Die Entwicklung des Eies ertblgt in den Ovarien, und besitzen die Embryonen auch am Präabdomen Anlagen von Beinpaaren (Fig. 486), von denen die des 4. — 7. Segmentes an ihrer unteren vSeite die Fächertracheen hervorwachsen lassen. Die Scorpione leben in wärmeren Gegenden und kommen zur Däm- merungszeit aus ihren Verstecken hervor. Sie laufen mit über dem Rückeii Embryo eines .Scorpions, nachE.Metschnikoff. A;/'KieferfiUiIer, A7 Kie- fertaster, Bl bis BIV die vier Paar Brustbeine. Auch am Abdomen finden sich Beinstummel. •J. Ordnung, rseiuloscorpionidpa. :i. ( )re, aiigcnlos. 3. Ordnung. Solifugae^j, Walzenspiniien. Spinnenarttge Thiere )iiit gesondertem Kopf und Thortix, mit Jung- gestrecktem, geglicdciiem Hinterleib, schcerenförmigen KieferfilMern und Ix'in- artige)) Kiefertastern, dnreli Tracheen athmend. Die Walzenspinnen nähern sich in der Gliederung ihres dichtbehaarten Leibes den Insecten. indem ihr Cepbalotborax in zwei Abschnitte getrennt erscheint, von denen der vordere dem Kopfe, der hintere dreigliedrige dem *) W. E. Leaeli, On the characters of Seorpionidea, with description of the ]>ritish species of Chelifer and Obisium. Zool. Miscell. III. A. Menge, Ueber die Scheerenspinnen. Neueste Schriften der naturforsch. Gesellschaft zu Danzig. Tom. V, 1885. L. Koch, Ueber- sichtliche Darstellung der europäischen Chernetiden. Nürnberg 1873. '^') L. Dufour, Anatomie, physiologie et histoire naturelle des Galeodes. Comptes rendus de l'ucad. des sciences. XLYI, 1858. Th. Hutton, Observations on the habits of a large species of Galeodes. Ann. and Mag. of nat. liist. XII, 1843. 33* 516 4. Ordnung. Tedipalpi Thorax der Insecten verglichen werden kann. Von demselben hebt sieh der lauggestreckte walzige Hinterleib , in dessen Bildung neun bis zehn Segmente eingehen, scharf ab (Fig. 488). Die Mundwerkzeuge sind mächtige Kiefertühler. welche mit einer grossen Fig. 4S8. vertical gestellten Scheere enden, deren unterer Arm in senkrechter (inleodes araneoides ist. Die Kiefertaster dienen bei der Bewegung als Beine, entbehren aber der Krallen , welche nur den drei hinteren, an ihrer Basis mit eigen- thümlichen Hautblättchen besetzten Beinpaaren zukommen. Das vorderste, noch dem Kopfe zugehörige Beinpaar entbehrt der Krallen und kann des- halb, sowie wegen seines Ursprunges am Kopfe als ein zw^eites Paar von Kiefertastern gelten. Die Walzen- spinnen besitzen zwei grosse vor- stehende Punktaugen und athmen durch Tracheen, deren vier Spalt- ötfnungen zwischen dem ersten und zweiten krallentragenden Beinpaare und an der Unterfläche des Hinterleibes münden. Coxaldrüsen sind vorhan- den und scheinen zeitlebens functionsfähig zu bleiben. Die Walzenspinnen leben in sandigen warmen Gegenden besonders der alten AVeit als nächt- liche Thiere und sind ihres Bisses halber gefürchtet. Faiii. Solpuyidac. Solpur])ertbrm der echten Spinnen erhält ihren eigenthümlichen Cha- rakter durch den angeschwollenen, ungegliederten Hinterleib, dessen Basis stielförmig eingeschnürt ist (Fig. 490 j. Die grossen Kieferfühler über dem Stirnrande bestehen aus einem kräftigen, an der Innenseite gefurchten Basal- abschnitt und einem klaueiiförmig einschlagbaren Endgliede, au dessen Spitze der Ausführnngsgaug einer Oiftdrüse mündet (Fig. 491). Im Momente des Bisses Hiesst das Secret dieser Drüse in die durch die Klaue geschlagene Wunde ein und bewirkt bei kleineren Thieren den fast augenblicklichen Tod. Hinter denselben folgt die mit einer Speichel- drüse versehene Oberlippe, dann zu deren Seite die Unterkiefer, welche ebenfalls eine Drüse in sich bergen. Diese tragen einen mehrgliedrigen Taster, dessen End- abschnitt beim ^lännchen eigenthümlich umgebildet ist (Fig. 503) und als Copnla- tionsorgan fungirt. Nach unten wird die Mundöttnung von einer unpaaren Platte, einer Unterlippe, begrenzt. Die vier meist langen Beinpaarc, deren Form und Grösse übrigens Dysiieya enjthrma von ^^^^j^ ^^^ verschiedeucn Lebcusweise vielfach abändern, der Bauchseite (regne animal). Ay Kieferfüh- cudcn mit zwcl kauimartig gezähnten Krallen, zu denen ."'/''' ^'^^"*t^*^'' ^ oft noch eine kleine Vorkralle und mehrere sog. After- krallen , sowie verschieden gestaltete gezahnte Borsten. Spatelhaare etc. hinzukommen (Fig. 492). Der an seiner Basis stielförmig verengerte Hinterleib ist beim Weibchen stets grösser und aufgetriebener als beim Männchen ; vorn an seiner Bauchfläche liegt die unpaare Geschlechtsöttnung. zu deren Seiten die beiden Spaltöffnungen der Fächertracheen. Oft findet sich hinter diesen Oeffnungen ein zweites Stigmenpaar, welches entweder ebenfalls in (hintere) Fächertracheen (MijgaUdae) (Fig. 496) oder in ein System von Tracheen (Argyromta, Dijsdera) führt (Fig. 490). Der After liegt ventral am Ende des Abdomens, umgeben von vier bis sechs warzen- Kieferlade, P Lungen oder Fächertrachecn, Si Stigmen derselben, .S7' hintere Stigmen, die in die Tracheen führen, G (ienitalöffnung, Sp Spinnwarzen. les Aranees du genre Lycose. Geneve 1863. F.Plateau, Eedierclies sur la structure tlt- l'appareil digestif et sur les phenomenes de la digestion cliez les AiTanees dipueumones. Bntxelles 1877. F. M. Balfour, Notes ou the Development of the Araneina. Jourii. of Microsc. science, Vol. XX. Pli. Bert kau, Ueber den Generatiousapparat der Araneiden. Archiv für Naturg. Tora. XLI, 1875. Derselbe, Ueber das Cribrellum und Calamistrum. Archiv für Naturgesch., 1882. Derselbe, lieber den Bau und die Function der sog. Leber bei den Spinnen. Archiv für mikroskop. Anatomie, Tom. XXIII, 1884. Derselbe, Ueber den Yer- dauungsapparat der Spinnen. Archiv für mikr. Anatomie, Tom. XXIV, 1885. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Sinnesorgane der Spinnen. Archiv für mikr. Anatomie, XXVII, Bd. 1886. Wlad. Schimkewit seh, Etüde sur l'anatomie de l'Epeire. Ann. des scienc. nat. (). Ser., Tom. XVII, 1884. Derselbe, Etüde sur le developpement des Araignees. Arch.de Bidl. Tom. VI, 1887. Spinnorganc. NiTvensystem. Darincanal. 519 Fiff. 492. Fijr. 493. Spinnorgan xonAniaarobius ferox, nach O. Herin an. Cr Cribrellum, Spw Spinn- warzen. Fig. 494. nh-iiiigen Erhebungen, den Sinnturarzen, an denen das Secret derSpinndrüsen ausgeschieden wird. Vor denselben liegt oft ein eigenthümliches, als Cribrel- lum bezeichnetes Feld mit sehr feinem Härchenbesatz und Drüsen (Fig. 493). Zu demselben steht das sog. CaJawhfrnm der Beine in Bezie- hung. Die Spinndrii- sen sind Schläuche von verschiedener Form, welche durch feine Poren an der Uberfläehe der Spinu- warzen münden und einen klebrigen Stoff secerniren. der an der Luft zu einem Faden erhärtet und unter Beihilfe der Fuss- krallen zu dem be- kannten Gespinnste verwebt wird (Fig. 494). An dem Nerven- system (Fig. 496) unterscheidet man ausser dem die Augennerven abgebenden Gehirne eine gemeinsame, ge- wJthnlich sternförmige Brustganglienraasse, welche Ner- ven zu den Kiefertastern und Beinen, sowie in das Ab- domen entsendet. Auch die Nerven der Kieferfiihler ent- springen unterhalb des Gehirnes vorn an der Brust- ganglienmasse aus dem ersten Ganglion derselben, auf welches noch weitere fünf Ganglien für die Gliedmassen folgen (Fig. 495). Auch wurden Eingeweidenerven am Nahrungscanal nachgewiesen. In der Regel finden sich hinter dem Stirnrande acht, seltener sechs Punktaugen, die in zwei Bogen- reihen oder mehr im Quadrat auf der oberen Fläche des Kopfabschnittes in hiichst gesetzraässiger und für die einzelnen Gattungen charakteristischer Weise vertheilt sind (Fig. 497 und 498). Der Verdauungscanal (Fig. 496 und 499) beginnt zwischen Unterlippe und Oberlippe mit einem langen aufsteigenden Vorraum oder Atrium. Auf diesen folgt der als Pharynx zu unterscheidende, durch Dilatatoren erweiterungs- fähige Vorderabschnitt der Speiserühre. Diese erweitert sich hinter dem Ge- hirne vor dem Uel)ergang in den !Mitteldarm zu einem Saugmagen, an welchem sich dorsale, vom Kücken des Cephalothorax absteigende und ventrale, an a Bein des vierten Paares Ton Amnui-obiiisfiro.r. Ca Calamistrum. — b Fussende von Pliilaeiis cJirijsops mit zwei Klauen und aus Spatelhaaren bestehendem Pinsel (S). — c Fussende von Epeira dinilemn. A' Webeklauen, Tä: Trittklaue, Gb ge- zahnte Borsten. (Nach O. Herrn an.) Lungen (Pi, Spinndiüsen (Spd) und (Jeschlechtsor- gane (Vd) eines männlichen Pliolcns phainngisla (r&gne animal"). R Enddarm mit den einmündenden Mal- plghi'schen Gefässen. 520 Araneida. Gefiisss.vsteni. das Eiiflosternit tretende Muskeln anheften. Der Mitteldarm zerfällt in einen vorderen, im Kopfbruststück g-elegenen Abschnitt mit einem vorderen und Fig. 495. Fig. 496. Fig. 497. A Kß Durchsohnittsbild des Cephalothorax einer jungen Tegenaria. O Augen. Kf Kieferfühler, A Antennen- rudiment (y), Ol Oberlippe, ül Unterlippe, Gd Gift- drüse, G Gehirn mit dem durch Muskeln erweiterungs- fähigen Pharynx, Sm Saugmagen, D Darm, DjDarm- schläuche, E Endoskelet mit den sechs Ganglien, von denen die vorderen die Chelicerennerven (KfX) abgeben. Fig. 499. Fig. 498. O OC o O o C o O o °oc° ooo o C ü O o o ooco Mijr/ale von der JSauchseitf. ein Augeuptellnng Theil der Haut zur Seite gelegt verschiedener (regne animal). A' Kieferfühler, Hg Spinnen, nacli Brustganglienmasse, P, P' Fächer- Lebert. a ^/ic»- tracheen, sog. Lungen, F Blättchen ra, b Tegennrin, derselben, St, St' Stigmen, Ov Ova- c Dolomcdes. d rium, .S'tr Spinnwarzen. Saltims. vier Paaren seitlicher Bliudschläuche und in einen engeren abdominalen Dünndarm , in welchen die Aus- führungsgänge der verästelten Leber- schläuche ihr 8ecret ergiessen. Der kurze Enddarm nimmt zwei \er- ästelte Harncanäle auf und erweitert sich vor der Afteröflfnung blasenartig zum Mastdarm. Coxaldrüsen von an- sehnlicher Grösse finden sich bei den Mygaliden (Fig. 500) und dürften hier wohl zeitlebens functioniren, auch hat man an Jugendformen die Ausmündung derselben hinter d^'iu --...- dritten und eine zweite am ersten Beinpaare nachgewiesen Darmcanal von MygaU (rägne animal (. G Gehirn, (f lg" -ioo). Ms Magenschläuche, L Nlcht minder ausgebildet erscheint das Gefässsystcm Lebergänge, A^ Malpighi- ^^n, i .»,t i n-i lö- sche Gefässe, ie Rectum. (Flg. oOl). Aus dcm iiu Abdomcu gelegenen Ruckengetass fliesst das Blut durch eine vordere Aorta in das Kopfbruststück und von hier Vorderstück des Cephalotho- rax von Mygale mit den Augen (O) aus r^gne animal. Geschlechtsorgane. 521 nach den Beinen, Kiefern, dem Gehirn und Au^-en. Das aus diesen Organen zurückfliesseude Bhit strömt in das Abdomen, umspült die aus zahlreichen abgeplatteten Röhren zusammengesetzten Fäehertracheen (sog. Lungen) und (hesst durch drei Paare seitlicher Spaltöffnungen in das Rückengefäss zurück. Tis. 500. Fis. TiOl. Kopfbruststuck einer Mygale nach Wegnalime der Kückendecke. K Endosternit, Cd Coxaldrüse, Kf Herz und Gefässstämme von Lijcosa in seitlicher und Kieferfühler, A7 Kiefertaster, 1 Bp. 4 Bp 1. und dorsaler Ansicht, nach E. Claparede. P Lunge, 4. Beinpaar. <' Herz, Ao Aorta, O Augen. Die OvarieniFig. 406 ) sind zwei traubige, von der Leber umhüllte Drüsen, deren kurze Eileiter sich zu einer gemeinsamen, meist mit zwei länglichen Samenbehälteru verbundenen Scheide vereinigen und auf der Bauchfläche an der Basis des Hinterleibes zwischen den vorderen Stigmen ausmünden. Die Hoden sind schlauchförmig und ihre Ausführungsgänge lange, ge- wundene Canäle mit gemeinsamem Endgang, dessen Oetf- iiung ebenfalls an der Basis des Abdomens liegt (Fig. 502). Die Männchen unterscheiden sich durch den gerin- .::-eren Umfang ihres Hinterleibes von den durchweg Ovi- paren Weibchen, welche ihre abgelegten Eier häufig in besonderen Gespinnsten mit sich herumtragen (lliercdium, IhJoincdcs). Ferner ist der ^laxillartaster des Männchens (Phuoica) domesuca mit ,, ,. .i,i-i 1 Tii den Umrissen des Hinter- ais Copulationsorgan umgestaltet, indem das verdickte ^^.^^^^ ^^^y^ Bertkau. und ausgehöhlte Endglied löfifelfurmig und mit einem THoden, vci vas defe- , , ,,..' . ^, , ,. 1 1 , • !• 1 rens, St Stigma. hlasentormigen Copulationsauhang nebst spiralig gebo- genem Faden, beziehungsweise verschieden gestaltetem, complicirtem Zangen- apparat besetzt erscheint (Fig. 503). Vor der Begattung füllt das Männchen den Anhang mit Sperma und führt den Endfaden im Momente des Coitus an die weibliche Geschlechtsöffiiung (Fig. 504). Zuweilen leben beide Geschlecliter friedlich nebeneinander auf benachbarten Gesi)innsten oder selbst eine Zeit lang auf demselben Gewebe; in anderen Fällen stellt das stärkere Weibchen dem .Männchen Avie jedem anderen schwächeren Thierc nach und schont das Männliche Geschlechts- organe einer Tegenario 522 Araneida. Lebensweise. Kunsttriebe. Fig. 503. Kndtheil dos Kiefertasters voi Stgislria { (^) mit dem Sperma tophorenbehälter nach Bert kau. selbe nicht einmal während oder nach der Be^-attuno;. xu der sicli das Männ- chen nur mit grösster Vorsicht naht. Die Spinnen sind dm-chweg eierlegend. Die Furchung des Eies ist eine centrale mit nachfolgender superticialer Lage der Furchungszellen (Fig. 146). Die Embryonen besitzen ausser den Brustbeinen auch Anlagen zu A])dnminal- füssen , die später rückgebildet werden (Fig. .ö05 u Die aus den Eiern ausgeschlüpften Jungen haben be- reits die Gestalt und alle Gliedmassenpaare der Eltern. Indessen sind dieselben vor ihrer ersten Häutung noch nicht im Stande, Fäden zu spinnen und auf Raub aus- zugehen. Erst nach der Häutung werden sie zu diesem Geschäfte tauglich, verlassen das Gespinnst der Ei- hüllen und beginnen Fäden zu ziehen und zu schiessen, sowie auf kleine Insecten Jagd zu machen. Die im Herbste massenhaft auftretenden , unter den Namen „fliegender Sommer", „alter Weibersommer" bekann- ten Gespinnste sind das Werk junger Spinnen, welche sich mittelst derselben in die Luft erheben und an geschützte ürte zur Ueberwinterung getragen werden. Die Lebensweise der Spinnen bietet so viel Auf- fallendes, dass sie schon seit früher Zeit das Interesse der Beobachter in hohem Grade fesseln musste. Die Spinnen nähren sich vom Raube und saugen die Säfte anderer Insecten ein. indessen ist die Art und Fig. 504. Fig. 505. Weise, wie sie sich in Besitz der Beute setzen , höchst ver- schieden und oft auf hoch ent- wickelte Kunsttriebe gestützt. Die sog. vagabundirenden Spin- nen bauen überhaupt keine Fangnetze und verwenden das Secret der Spinndrüsen nur zur Ueberkleidung ihrer Schlupf- winkel und zur Verfertigung von Eiersäckchen; sie überfallen die Beute im Laufe (Fig. 506 a) oder selbst im Sprunge (Fig. 506 h). An- dere Spinnen (Fig. 506 e, 406 d) besitzen zwar auch die Fähigkeit der raschen und freien Ortsbewegung, erleichtern sich aber den Beuteerwerb durch die Xqv- fertigung von Gespinnsten und Netzen, auf denen sie selbst mit grossem Ge- schicke hin- und herlaufen, während sich fremde Thiere, namentlich Insecten. sehr leicht in denselben verstricken. Die Gewebe selbst sind äusserst mannig- fach und mit grösserer oder geringerer Kunstfertigkeit angelegt, entweder zart und dünn aus unregelmässig gezogenen Fäden gebildet, oder von filziger Be- schaffenheit und horizontal ausgebreitet, oder sie stellen vcrticale radförmige Männchen und Weibchen i'iner Limjplda während der Paarung, nach O. Herman. Spinnenembryo, nach Bal- fonr. ^F Anlagen von Ab- dominalfüssen. s. Dipneinnones. 523 Netze dar. die in bewnnderuug-swiirdif^-er Regelniä. n Jliinnliche, b weibliche Geschlechtsorgane v ,n Argas, AI. Pageiv Stecher. T Hoden, Vd Samenleiter, Dr Prostata, Co Geschlechts öttnung, Ol' Ovarien, Od Oviducte, U Uterus, Dr Anhangsdrüsen. chend gebildete Glied- inassen . sondern auch durch den Besitz von hinteren Haftgruben, zu- weilen durch die Art der Ernährung und Le- bensweise. Die Acarinen le2:en Eier, mit Aus- bären den Oriba fh/r)/. Die Jungen verlassen meist mit nur drei Bein- paaren das Ei und durchlaufen eine Metamor})hose, die bei den Hydrachnlden dm'ch mehrfache Larven- und Puppenzustände ausgezeichnet ist (Fig. 513«; h). Sehr viele Milben leben para- 'i'^ sitisch an Thiercu und Pflanzen, an- dere ernähren sich selbstständig vom Raube theils im Wasser, tlieils auf dem Lande. Faiii. DeriiKiio- phili, Haai'balgmilbeu. aiiggestreckte kleine Milben mit, wurmt'örmig verlängertem , querge- ringeltem Abdomen, mit Sangrüssel , stilettormi- gen Kiefern und vier Paaren von kurzen, zweigliedrigen Stunnnelfüssen. Die einzige bekannti' Gattung Demodex (Simonea) lebt in den Haarbälgen von Haustliieren (Hund, Katze, Schaf, Eind, Pferd), als D. foUiculorum Sim. in den Haarbälgen des Menschen, wo sie die ürsaclic der Comedonen werden kann (Fig. 514). Fam. Sarcoptidae, Krätzmilben. Körper mikroskopisch klein, gedrungen, Aveichhäutig. mit Chitinstäbeu zur Stütze der Gliedmassen. Augen fehlen. Die Mundtheile bestehen aus einem Saugkegel mit scheerenfürmigen Kieferfühlern und kurzen, seitlich anliegenden Kiefei'- tastern. Die Beine kurz und stummeiförmig, theilweise oder sämmtlich mit gestielten Haft- scheiben. Die Männchen oft mit Haftgruben und Fortsätzen am Hinterleibsende. Die Weibehen mit besonderer Begattungsöifnuns und Samentasche. Leben auf oder in der Haut von Larve einer Hi/drachi a, h Puppe derselben. Kf Kieferfüliler, taster, Oc Augen. B IJeine. Tyrogi.vpludao. 529 Wirbeltliim-eii und erzeust^n tlie Krätze und Eäude. Sarcoptes scahiei Dug., Krätzmilbe. Auf der Kückenliäche mit zalilreiehen spitzen Höckern, Dornen und Haaren. Beine fünfgliedrig, die beiden vorderen enden mit gestielter Haftsclieibe , das letzte Beinpaar des ]\Iännchens läuft nicht wie das des Weibchens in eine Borste, sondern in eine gestielte Haftscheibe aus (Fig. 515a). Nur die Weilx'hen bohren in der Epidermis tiefe Gänge, an deren Ende sie sich autlialten, und erzeugen durch ihre Stii^he den unter dem Namen Krätze bekannten Haut- ausschlag. Die ausgeschlüpften Jungen besitzen nur drei Beinpaarc und haln-n nielirer.' Fig. 515. Fig. 514. Deiiwdc.c follicu /Kri(«i,nachMeg n i n , stark ver tinispurt. A7 Kie fertaster. Sarcoptes scabiei, nach Gudden, a Männchen von der Bauchseite, b Weibchen von der Bauchseite. cDasselbe in der Rückenansicht, rf Larve. AyKieferfühler, B'" drittes Beinpaar. Häutungen zu bestehen. Auf den Hausthieren leben verschiedene Arten von Krätzmilben, die auch auf den Menschen für kurze Zeit übertragen werden können. Dermatocoptes communis Fürst., Stjmbiotes equi Gerl. (Fig. 516). Schaf, Pferd, Rind. Dermatophagtis communis. Zürn., erzeugt Fussräude des Pferdes. Analges passeriuus Nitsch. Fam. Tyroglyphidae'^), Käsemilben. Von mehr gestreckter Form mit konischem Rüssel, scheerenförmigen Kieferfühlern und dreigliedrigen Tastern. Die ziemlich laugen fünfgliedrigen Beine mit Haftlappen und Klaue. Häufig grosse Sauggruben seitlich vom After, besonders beim Männchen. Leben auf vegetabilischen und thierischen Stoffen. TgroyJijphus siro Gerv., ^) Nalepa, Die Anatomie der Tyroglyphiden. Sitzungsb. der Akad. der Wiss. AVi.'ii 1885, 188(3. C. Clans: Lehrbuch der Zoologie, (i. Aufl. 34 530 Phytoptidae. Ixodidac Rhizoglyphns liohini Clap., an Wurzeln. Ghjciphagtis fecularum Guer., an Kartoffeln. Hi/j)opu s Bng., enthält nacli Megnin nnd Rob in Larven formen, welche sich mittelst ilirer Saugnäpfe an Insecten befestigen. 'P?Lm. Phytopiidae.^) Gallmilben. Mit kurzem Cephalothorax , stiletförniigen Kiefer- Fig. 516. fühlern und langem, fein geringeltem Abdomen. Nur die beiden vorderen Beinpaare sind entwickelt, die beiden hinteren scheinen gar nicht zur Anlage zu kommen. Erzeugen gallenartige Deformitäten an den Blättern zahlreicher Pflanzen. Phi/foptus vifis (Fig. 517). Ph. 2nni Nal. Farn. Ixodidae, Zecken. Grössere, meist blut- saugende Milben mit festem Rückenschild und grossen vorstossbaren, gezähnten Kieferfühlern. Sywhiofes eepti =z Charloptes spalhi/erus. von der Bauchseite, nacli Mi'gnin. n Männchen. lUi Haft- grube. — b .Tunges Weibchen im Begattungsstadium. — c Eierlegendes Weibchen. Die Kiefertaster drei- bis viergliedrig, kolbig angeschwollen: ihre Laden zu einem Wider- haken tragenden Rüssel aneinandergelegt (Fig. 518). Die schlanken Beine enden mit zwei Klauen und Haftlappen. Zwei Punktangen oft vorhanden. Athmen durch Tracheen. Die Zecken ») A. Nalepa. AVien 1887 nnd 1889. Di'' Anatomie der Phj'topten. Sitzungsb. der Akad. der AVi.ss. rydioaronidac. 5;u Fig. 517 lullten sich in Wäldern im Gebüsche auf, ihre Weibchen kriechen auf Sängethiero und den Menschen , sauj;"en Blut und schwellen mächtig an. In den Tropen gibt es Zecken von be- deutender Grösse, die zu den lästigsten Parasiten geliören. Ixodes ricinus "L., Holzbock. J. reduvins Beg., Argas reßexus Latr., auf Tauben , gelegentlich auf dem Men.^chen. A. ppr- sicus Fisch., des Stiches wegen berüchtigt. Farn. Gmnasidae. Käfermilben. Kieferfühler scheercnfiJrniig, Kiefertaster fünfgliedrig. Die Beine mit zwei Klauen und einem Haftlappen. Tracheen vorhanden. Leben theils frei vom Haube, theils als Schmarotzer an Käfern und auf der Haut von Vögeln und Säugethieren, (ratnasus coleoptralorum L., Dermanyssus avium Dug., Pteropiits vesperliUonis Herrn. Farn. Kijdrachnidac. Wasser- milben. Körper kugelig, oft lebhaft gefärbt. Kieferfühler meist mit klauen- tormigem Endgliede; mit Schwimm- beinen, mit zwei oder vier Punkt- augen. Tracheen vorhanden. Die aus- geschlüpften Larven (Fig. 513) be- festigen sich mit ihrem grossen Saug- kegel an AVasserinsecten, von deren Blute sie sich ernähren, und treten in t'in Puppenstadium ein. Hifdrachna '^nirnia 0. Fr. Müll. , rothe Wasser- milbe. .4/ff.rJ5o«^/Glap., in der Mantel- höhle der Unionen (Fig. 510). Liin- nochares holosericeus Latr. Fam. Trombidiidae. Laufmil- ben. Köi-per lebhaft gefärbt, behaart. Kieferfühler meist klauenförniig ; Kiefertaster mit einer Klaue neben einem lappenformigen Anhang. Augen vorhanden. Athmen durch Tracheen. Die sechsbeinigen Jungen (als Lcpius auiunmalis bekannt), leben parasitisch auf Insecten und Arachniden, mitunter auch auf Säugethieren, und dem Menschen, bei dem sie einen vorübergehenden Hautaus- schlag erzeugen. Tromhidinm J/olosericetDuli. (Yig.bld), Eri/fhraens parieiinvs Herrn., Teiranuchus t dar ins L., Spinnmilbe. Fam. Orihaiidae, Landmilben. Kieferfühler einziehbar, scheerenförmig. Kiefertaster fünfgliedrig, mit gezähnter Kaulade des Basalgliedes. Ocellen fehlen. Orihales alafus Herm., unter Moos. Fam. Bdellidae, Rüsselmilben. Kopftheil rüsselförmig verlängert und abgeschnürt, mit scheerenförmigen Kieferfühlern. Kiefertaster lang und dünn. Kriechen auf feuchtem Boden. Bdella lonyicornis L. Mundtheile von Ixodes, nach A.Pagen- stecher. R Eüssel, Kf Kieferfühler, Kt Kiefertaster, B' Grundglieder des ersten Beinpaares. Weibchen fopfus vifis, Blatte des Wein- stockes, nach H.L a n- dois. A After, Or Ovariuin , Go Ge- schlechtsöffnun;?. An die Milben scliliesst sich die kleine Gruppe der Pijcnogonklen ') an. Von Milne Edwards und Kröyer zu den Crustaceen gestellt, wurden sie später fast allg-emein zwischen Milben und Spinnen den Arachnoiden zugewiesen, obwohl sie im männlichen Geschlechte mit dem Besitz eines accessorischen. *) A. Dohrn, Die Pantopoden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeres- abschnitte. Eine Monographie. Leipzig 1881. 34* 532 Tardigrada. Fig. 520. die Eier tragenden Beinpaares eine hüliere Gliedmassenzahl ausbilden. Viel- leicht entsprechen sie einer besonderen Arthropodenclasse. Es sind langsam bewegliche, zwischen Tangen und Seepflanzen kriechende Thiere von geringer Grösse, mit konischem Saugrüssel und stummeiförmigem Abdomen. Die sehr langen, vielglie- drigen Beine nehmen die schlauchförmigen Magenanhänge und die Sexualdrüsen auf. Tracheen fehlen. Dagegen findet sich ein wohl entwickeltes Herz mit Aorta und zwei seitlichen Ostienpaaren, sowie in der Regel auch mit hinterer unpaarer Spaltöffnung. Oberhalb des Gehirns, auf welches eine ansehnliche, aus mehreren Ganglienanschwel- lungen gebildete Bauehkette folgt, liegen vier kleine Punktaugen. Die Eier werden an dem accessorischen Beinpaare an der Brust des Männchens bis zum Ausschlüpfen der Larven getragen (Fig. 520). Pijcnogonum Uttoralc 0. Fr. f^. "■"'■ .^^ Pycnogonum UttoraU (rJ-gne animal). AB Eier tragendes Beinpaar. ]\Iüll. , Nordsee . Ph oxich iUdium Edw., Ämmothea Leach., Ä. injcnogonoides Quatr. (Fig. 521). Eine zweite, oft als Ord- nung gesonderte Gruppe klei- ner milbenartiger Arachnoi- deen sind die Tardigradcn. ^) Arachnoideen mit saugenden Mundtheilen und kurzen stuni- melförmigen Beinen, ohne Herz und Bespirationsorgane. Der Körper dieser klei- A? f// A^ (i" nen (Vs bis IMm. langen). '^ ^ i^ ^ laugsam kriechenden Thier- chen ist wurmförmig gestreckt, ohne äussere Segmentirung und am vorderen Ende in eine Saugröhre verlängert, aus welcher sich zwei stiletfürmige Schlundzähne hervorschieben (Fig. 522). Die vier Beinpaare bleiben kurze, mit mehreren Krallen endigende Stummelfiisse, von denen die hinteren am äussersten Ende des Körpers entspringen. Das iotheri jujcnogonoides (regne animal). Da Darmschläuche den Extremitäten. M Doyere, Memoire sur les Tardigrades. Anu. des sc. uat., 11^ ser., Tom. XIV, XVII und XVIII. C. A. S. Schult ze, Macrobiotus Hufelandii etc. Berolini 1831. Derselbe, Echiniscus Bellermanni, Berolini 1840. Duj ardin, Sur les Tardigrades et sur une espece ä longs pieds vivant dans l'eau de mer. Annales des sc. nat., III^ ser., Tom. XV. Ferner die Abhandlungen von Kauf mann, Greeff und Max S. Schnitze. L. H. Plate, trag zur Naturgeschichte der Tardigi'aden. Zool. Jahrbuch. Tom. III, 1888. Bei- Ordnuiipr. Linguatulida. 533 Nervensystem besteht aus dem Gehirn, dem unteren Selilundg-anglion und vier durch lange Commissuren verbundenen Oanglienknoten der Bauchkette. Das Oehirn sendet Nerven zu zwei Punktaug-en und zwei Sinnespapillen. Sowohl Respira- tions- als Kreislauforgane fehlen vollständig. Das Blut enthält grosse amöboide Zellen. Der Verdauungscanal besteht nebst einem muskulösen Schlund aus einem Magendarm und Enddarm, in welchen zwei Malpighische (iefässe einmünden. In den Säugrüssel führen die Ausführungsgänge von zwei ansehnlichen Speicheldrüsen. Die Tardigraden sind nicht, wie man seither glaubte, Zwitter, sondern getrennten Geschlechtes. Männchen und Weibchen sind einander sehr ähnlich, erstere Jedoch viel seltener. Beiderlei Geschlechts- drüsen liegen als ein unpaarer Sack über dem jMagendarm und münden in den An- fangstheil des Rectums, welches somit zur Kloake wird. Die Weibchen legen meistens wähi-end der Häutung grosse Eier ab, welche von der alten abgestreiften Plaut bis zum Aussehlüpfen der Jungen umschlossen blei- ben. Die Entwicklung erfolgt ohne Metamor- ^^"^>ob 1 T^- mi • 11 "^^ 1 -ir 1 Mund T i Schlundkoi f Md M'tgenUnu phose. Die Thiere leben zwischen Moos und s^rf speicheidmsen o. ovanum j/;Mai Algen in Dachrinnen, auch am Meeresufer pigh,sche Gefasse, t? sackförmige Dm-,.. und sind besonders dadurch bemerkenswerth geworden , dass sie wie die Rotiferen nach langem Eintrocknen durch Befeuchtung wieder ins Leben zurückgerufen werden. Ihrem Baue nach stehen sie w^ohl auf der niedersten Stufe unter den luftathmenden Arthropoden, Macrohiotus Hufelandii S. Seh., Milncsiutu tardujnidiwi Doy., Echiniscus BeJlermannl S. Seh. S.Ordnung. Linguatulida i), Zungenwürmer, Pentastomiden. Parasitische AracJmoideen von ivurmförmig gestrecktem , geringcUem, Körper, mit zwei Paar Klaimncrhalrn in der Ihvgehimg des Vieferlosen MldHtcS. Der wurmförmige, geringelte Leib dieser lange Zeit für Eingeweide- würmer gehaltenen Parasiten wird bei dem sehr reducirten Kopf bruststück vor- nehmlich auf die ausserordentliche Yergrösserung und Streckung des Hinter- leibes zurückzuführen sein, wofür die Leibesform der Balgmilbeii unter der. Acarinen Anhaltspunkte liefert. Mundwerkzeuge fehlen im ausgel)ildeten Z\\- ') E. Lcuck; er- 1aaren, mit Segmentalorganen in fast allen Metameren. Fig. 526. Peripatus capensis, nach Moseley. Die Onychophoren mit der einzigen Gattung Peripatus bilden eine inter- essante, die Anneliden und Tracheaten verbindende Uebergangsgruppe. Die- ') E. Grube, Ueber den Bau des Peripatus Edwarsii. Müller's Archiv. 1853. Mose- ley, On the Structure and Development of Peripatus capensis. Philos. Transactions, 1875. F. M. Balfour, The Auatomy and Development of Peripatus capensis. (^uart. Journ. Microsc. Scienc, Vol. XXIII, 1883. Ed. Gaffron, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Peri- patus. Zool. Beiträge, herausg. von Schneider. Bd. I, Breslau 1883, 1885. J. Kennel, Ent- Avicklungsgeschichte von Peripatus Edwardsii Blanch. und Peripatus toreiuatus n. sp. I. und II. Theil. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut Wiirzburg. Tom. VII, 1884; Tom. VIII, 1886. A. Sedgwick, A Monograph of the development of Peripatus capensis. Quart. Journ. of Microsc. Scienc, 1888. 536 Onychophora. Körperbau. zwei kleinen Fi- Kopf eines PeripaUis- 'Embryo nach Moseley. An Antennen, K Kiefer, über denselben die Ectodermwülste, welche zum Gehirn werden. selben besitzen einen massig gestreckten Körper, welcher paarige, mit je Krallen bewaffnete Fnssstmiimel (siebzehn bis über dreissig Paare) trägt (Fig. 526). Der wohl gesonderte Kopf ist mit einem Antennenpaar und zwei ein- fachen Seitenaugen versehen. An seiner Unter- seite (Fig. 527) liegt unter einer grossen vor- springenden Sauglippe die Mundöffnung mit einem Chitinkrallen tragenden Kieferpaar und zwei kurzen, undeutlich gegliederten ]\Iund- papillen. Das Nervensystem zeichnet sich durch die auffallende Entfernung seiner beiden Hälf- ten aus. Das paarige Gehirnganglion entsendet zwei mit Ganglienzellen belegte Nervenstränge (nach Balfour mit Anschwellungen in jedem Segmente), welche sich dicht unterhalb des Schlundes zwar nähern, aber in ihrem weiteren Verlaufe bis zum Hinterleibsende getrennt bleil)en (Fig. 528). In ihrer ganzen Länge durch feine Quercommissuren ver- bunden, vereinigen sie sich erst am Hinterleibsende. Der Darm beginnt mit muskulösem Schlünde und ver- läuft gerade gestreckt durch den Körper; der After liegt endständig. In den Mund öffnen sich durch einen gemeinsamen kurzen Gang zwei seit- liche , in den Muskelschlauch ein- gebettete Drüsenschläuche (Speichel- drüsen). Als Herz fungirt ein durch die ganze Länge des Körpers sich er- streckendes Rückengefäss mit paari- gen, segmental angeordneten Ostien. Nach Moseley"s Entdeckung ist ein mächtig entwickeltes Tracheensj^stem vorhanden. Die Stigmen liegen über die ganze Oberfläche unregelmässig vertheilt und führen jedes in ein kurzes Rohr, von dem aus zarte, sehr lange Tracheen in einem dichten Büschel entspringen. Als Excretions- organe finden sich in jedem Segmente (mit Ausnahme der vordersten und von Segmentalorganen, welche mit geschlossenem Endsäckchen beginnen und ventralwärts an der Basis der Anatomie eines weiblichen Peripatus, nach Moseley, F Fühler, G Gehirn mit den ventralen Nerven- strängen (VcJ, Ph Pharynx, D Darm, A After, Sd Schleimdrüsen, Tr Tracheenbüschel, Ov Ovarien, Od Oviducte, XJ Uterus. des vorletzten Segmentes) ein Paar I\^. Ciasso. Myriopoda. 537 Fi»;. 529. / hl Füsscheii mittelst einer Blase nach aussen führen. Langgestrcektc Schleim- drüsen münden an den Mundpapillen und erzeugen durch ihr Secret ein Ge- webe von zähen Fäden. Die Onychophoren sind getrennten Geschlechts. Die Ovarien tühren in zwei mit einem Receptaculum seminis versehene, als Uterus tungirende Eileiter, die am vorletzten Segmente mit gemeinsamer A'agina ausmünden. Die Hoden gehen in lange ge- wundene Samenleiter über und münden an gleicher Stelle wie die Vagina mittelst unpaaren Ductus ejaculatorius (Fig. r)29). Ausserdem besitzt das Männchen bei Peri- patus capeims eine accessorische Drüse, welche am letzten Beinpaare ausmündet. Die Entwicklung erfolgt im Uterus, an dessen Wand sich das Ei festsetzt und die Em- bryonalentwicklung durchläuft. An dem mittelst Placenta sich ernährenden Embryo bildet sich eine Hüllhaut als Amnion. Der anfangs halbkugelige, später birnförmigc und dann Hutpilz-fürmige Embryonalleib gewinnt Alund und After und beginnt, sich in der Richtung von vorne nach hinten zu segmentiren. Sodann wachsen die Extremi- täten hervor, am Kopfabschnitt die Ten- takeln, am ersten vom j\Iund durchbrochenen Rumpfsegmente die in die Mundhöhle rücken- den Kiefer, am zweiten die ebenfalls in die 3fundhöhle einwachsenden Papillen der Schleimdrüsen. Der mit der Placenta verbundene Nabelstrang bleibt noch eine Zeit lang am ersten Rumpfsegmente befestigt. Die Entwicklung ist demnach eine secundär zusammengezogene und stark abgekürzte. Wahr- scheinlich ist die Onychophorengruppe direct von den Anneliden abzu- leiten. Die Thiere leben an feuchten Orten unter faulendem Holze. Fain. Peripatidae. Peripatiis Echcardsii Blanch., Cayenne, mit dreissig Beinpaaren. F. capensisGv. (Fig. 526). mit siebzehn Beinpaaren, P. BJaijiriJh'/ Binnch., Chile. P. Xorae Zealandiae Hutt. K(irperende eines männlichen Perij'nti's, nach Moseley, T Hoden, ^"tl Vasa defe- rentia. De Ductus ejaculatorius, D After- darm, T'c ventrale Ganglienstränge. lY. Classe. Myriopoda^), Tausendfüsse, Trarlicdteri viif r/csonderfe»! Kopf und zahhriclicn , zlcmUrh i/JeicJ)- f/childeteu Leihesscfjmenten , mit einem Fidilerpanrc , mit zwei oder drei Paaren von Kiefern und zahlreichen Beinpaaren. ') J.F.Brandt, Recueil de.s inemoire.s relatif.s a Tordre des Insectes Mj^iapodes. St.-Petersbourg- 1841. G. Ncwport, On the organs of reproduetion and the development of the Myriapoda. Philos. Transactions, 1841. Derselbe, On the nervous and cirenlatory f)38 Myrioiioda. Glieilmassen. Norvensystem. Unter allen Arthropoden schliessen sich die Tausendfüsse durch die gleichmässige Gliederung ihres langgestreckten, bald cylindrischen, bald mehr flaeligedrückten Leibes und durch die Art ihrer Bewegung neben den Onychophoren am meisten den Anneliden an. Der Kopf der Myriopoden stimmt im Wesentlichen mit dem Kopte der Insecten iiberein und trägt wie dieser ein Antennenpaar, die Augen, die jedoch niemals wahre Facettenaugen sind, und drei (beziehungsweise zwei) Paare von Kiefern. Die Antennen sitzen der Stirn auf und sind meist schnür- oder borstentormig. Von den Kiefern gleichen die kräftig bezahnten Mandibeln denen der Insecten, mit welchen sie auch den Mangel eines Tasters gemeinsam haben. Die Maxillen bilden bei den ClnloynatJieii eine complicirte , gelappte Mundklappe (GnathochUaruini) , deren Theile man früher auf zwei miteinander verwachsene Maxillenpaare zurückführte (Fig. 540 ''V). Indessen ist es ontogenetisch erwiesen, dass diese Klappe von den Gliedmassen nur eines Segmentes gebildet wird. Bei den ChiloiJodcn tritt an der vorderen Maxille eine Lade und ein kurzer Taster auf, das zweite Maxillenpaar ist zur tastertragenden Unterlippe gestaltet. In seltenen Fällen sind die Mundtheile zu einem Saugapparate umgebildet (Pohjzoniniu). Der auf den Kopf folgende Leib setzt sich aus gleichartigen und deutlich gesonderten Segmenten zusammen, welche in sehr verschiedener, jedoch für die einzelnen Arten meist constanter Zahl auftreten, oft in festere Rücken- und Bauchplatten zerfallen und Gliedmassenpaare tragen. Erscheint auch fast durchweg die Homonomität der Leibessegmentirung so vollständig, dass eine Abgrenzung von Brust und Abdomen unmöglich wird, so deuten doch Verhältnisse der inneren Organisation, insbesondere die Verschmelzung der drei ersten Ganglienpaare der Bauchkette, darauf hin . dass wir die drei vorderen Leibesringe wenigstens der Cltilorjuatheu als Thorax zu be- trachten haben. Bei diesen entspringen an den drei bis fünf vorderen Seg- menten je nur ein Paar, an den nachfolgenden Leibesabschnitten dagegen fast durchweg zwei Paare von Beinen, so dass man diese Abschnitte als durch Verschmelzung von je zwei Segmenten entstandene Doppelringe auf- zufassen hat. Die Beine heften sich bald mehr an den Seiten (Chilopoden), bald mehr der Mittellinie genähert auf der Bauchfläche ((.liUotjnafhcu) an Systems of ilyriapoda and Macrourous Arachnida. Ebend. 1843. Fr. Stein, Ueber die Geschlechts Verhältnisse der Myriopoden etc. MüUer's Archiv, 1842. Koch, System der Myriopoden. Eegeusbnrg 1847. 31. Fahre, Eecherches sur l'auatomie des organes repro- ducteurs et snr le developpement des Myriopodes. Ann. des sc. nat., IV^ ser., Tom. III. Fr. Meine rt, Danmarks Chilognather. Naturh. Tidsskrift, 3 R., Tom. V. Derselbe, Scolo- pendrer og Lithobier. Ebendaselbst, Tom. V, 1868. Grenacher, Ueber die Augen einiger Myriopoden. Archiv für mikrosk. Anatomie, Tom. XVIU, 1880. Latzel, Die Myriopoden der österreichisch-ungarischen Monarchie. I. und II. AVien 1880, 1884. E. Metschnikoff, Embryologisches über Geophilus. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom, XXV , 1875. C.Herbst, Beiträge zur Kenntniss der Chilopoden. Bibliotheca zoologica, Heft IX, Cassel 18^)1. Vorilaiiuugscanal. Gefässsystein. 539 Fio-. 53ü. und sind meist kurze sechs- bis siebengliedrige , mit Krallen endigende Extremitäten (Fig. 530 und 531). In dem Bau der inneren Organe zeigen die Myriopoden eine grosse Tebereinstimmung mit den Insecten. Das Nervensystem zeichnet sich durch die bedeutende Streckung der IJauchganglienkette aus, welche die ganze Kih'perläiige durchsetzt und in jedem Segmente zu einem Canglienknoten anschwillt. Dem unteren Schlundganglion geht eine gesonderte untere Quer- comraissur voraus , wie sie auch bei MachiHs und ver- schiedenen Insecten nachgewiesen ist, die vielleicht auf den Schwund eines dem zweiten Antennenpaare der Cru- staceen entsprechenden Gliedmassenpaares hinweist. In diesem Falle würde die Mandibel der Myriopoden und Insecten als zweites postorales Gliedmassenpaar der Man- dibel der Crustaceen homodynam sein. Bei den gedrun- genen Panropodcii und Si/mp/u/loi macht die Ganglien- kette in Folge der undeutlichen Sonderung der Längs- commissuren den Eindruck eines in Ganglien angeschwol- lenen Bauchstranges. In den zwei Beinpaare tragenden Segmenten der CkiJof/nathen liegen je zwei Ganglien. Auch soll nach Newport ein System von paarigen und un- paaren Eingeweidenerven, ähnlich dem der Insecten, vor- handen sein. Äugen fehlen nur in seltenen Fällen und treten in der Regel als Ocellen oder durch enges An- einanderrücken als gehäufte Punktaugen, selten (Scutigera) als zusammengesetzte Augen auf, deren Bau jedoch mit dem der Facettenaugen nicht völlig übereinstimmt. An • ""^^" """"'""'*' ""' den Antennen wurden Riechzapfen mit Nerven und Ganglien, an der Unter- lippe der Chilognathen ein ähnlich gestaltetes Sinnesorgan nachgewiesen. Fig. 531. ^ Der ^^erdauung■scun(d durchsetzt mit seltenen Ausnahmen (Gloinerls) ohne Schlängelungen in gerader Richtung die Länge des Leibes und mündet am letzten Hinterleibsringe durch den After aus. Mau unterscheidet eine dünne Speiseröhre, welche mit der Mundötfnung beginnt und wie bei den Insecten zwei bis sechs schlauchförmige Speicheldrüsen aufnimmt, sodann einen weiten, sehr langen Mitteldarm , dessen Oberfläche mit kurzen , in die Leibeshöhle hineinragenden Leberschläuchen dicht besetzt ist, ferner einen Enddarm mit zwei oder vier am Darme sich hinschlängelnden Harn- canälen und kurzem, erweitertem Mastdarm. ö40 Myriopoda. Athmungsorgane. Geschlechtsorgane. dnrc'li Als Centralorgan der Blutbeweg-ung erstreckt sich ein langes, pul- sirendes Räcl-engcfäss durch alle Körpersegmente (Fig. 532). Dasselbe ist Bindegewebsfasern in der Pericardialhöhle suspendirt und gliedert sich der Segmentirung entsprechend in eine giosse Zahl von Kammern. Das Blut tritt aus der Leibeshühle durch seitliche Spaltenpaare in die Herzkammern ein und strömt theils durch laterale Arterienpaare, theils durch eine vordere, in drei Aeste getheilte Kopf- aorta aus. Die seitlichen bogenförmigen Aeste (Aortenbogen) verbinden sich unterhalb des Schlundes zur Bildung eines Supraneural- gefässes. Alle Myriopoden athmen durch Tracheen, welche wie die der Insecten durch 8palteni)aare an fast allen Segmenten, bald unter den Basalgliedern der Beine . bald in den Verbindungshäuten zwischen Rücken- und Bauchplatten, von aussen die Luft auf- nehmen und Büschel verästelter Zweige nach ^ „ , , allen Organen abgeben. An den Doi)pel- Kopf und vordere Segmente von Scolopen- o o i i dra, nach Newport.G Gehirn, o Augen, scgmenten dcT Clillof/nathcu findcu sich zwei .4 Antennen, /f/Kieferfnss,cHerz,M sog. Stigmenpaarc uud ebensoviclc Büschel von Flügelmuskeln desselben, Ar Arterien. Tracheen , welche unverästelt bleiben und nicht, wie bei den Chüopoden, durch Anastomosirung zur Bildung von Längsstämmen führen. Bei Scutigcra liegen die Stigmen in der .Alodianlinie am Rücken , und führen in Taschen . von denen eine grosse Zahl einfacher Traelieen- rühren ausstrahlen. Bei den Symphijlcn tinden sieh nur zwei Stigmen, und zwar unter den Fühlern am Kopfe, während die Panropodeti der Tracheen überhaupt entbehren. Besondere, den Coxaldrüsen von Peripafus verglichene Drüsen finden sich am Aftersegmente und den vorausgehenden Segmenten der Chilo- poden, wo sie an den Hüftgliedern der vier bis fünf Beinpaare ausmünden. Bei den Chilo- fjnathev (LyshpctaJwn) wurden ausstülpbare Hinteres Körperende einer jungen Sco?o- WärZChCU am HÜftglicdC ClnCr grÖSSCrCU Zahl per^dreiia nach Latzei. uBp eiiftes ^,^,^ Bcinpaaren, icdoch ohuc ausrcichendcn Beinpaar, VB Vorstülpbares Drüsen- '■ b laschen, j» stiietförmiges Terminalglied Grund, als Acquivalentc solclicr Drüscu ge- mit dem Spinnorgan. dcutct. Hiusichtlich dlcscr Bildungcu scheinen besonders die den Chilognathen sich anschliessenden Si/inphylcn (Scolo- pcmh-eUa) bemerkenswerth. welche an den Coxalgliedern zahlreicher Bein- Fig 538 "«P/Q Fortpflanzung. 541 paare an der Innenseite eines griftelförmigen Fortsatzes je ein vorstülpbares Driisenbläsc'hen besitzen (Fig. 533). Am Ende des letzten Segmentes finden sich hier zwei, vielleicht Gliedmassen entsprechende Fortsätze mit der Aus- iniindnng einer Spinndrüse. Die Myriopoden sind getrennt geschlechtlich. Ovarien nnd Hoden Fig. 534. Fig. 5.35. Ky (jeschleclitsorgane von Glomcris niarghiato, nach 'abre. T Hoden, Ov Ovari Od Oviduct. deferens, Dr Drüsen. Sb Samenblase. entwickeln sich meist als langgestreckte unpaare Schläuche, während die Austuhrungsgänge oft paarig auftreten und überall mit accessorischen Drüsen, im weiblichen Geschlechte zuweilen mit doppeltem Receptaculum seminis in Verbindung stehen (Fig. 534). Die Geschlechtsöffnungen liegen jederseits am Hüft- gliede des zweiten Beinpaares, beziehungsweise hinter diesem Gliedmassenpaare (Chüognathen) , oder es ist eine unpaare Genitalöffnung am hinteren Körper- ende vorhanden (Chüopoden) (Fig. 535). Im männ- lichen Geschlechte kommen im ersteren Falle häufig noch äussere, von den Geschlechtsöffnungen entfernte Copulationsorgane am siebenten Segmente hinzu, welche sich vor der Be- gattung mit Sperma füllen und dasselbe während des Coitus in die weib- liche Gesclilechtsöffnung einführen. Die meist grösseren Weibchen legen ihre Eier in die Erde. Die aus- schlüpfenden Jungen entwickeln sich oft mittelst Metamorphose, indem sie anfano:s ausser den Fühlern nur drei oder sieben Paare von Beinen und 542 I. Ordnung. C'liilopod:! einige wenige gliedmassenlose Segmente besitzen (Fig. 536). Unter zahl- reichen Häutungen nimmt die Körpergrüsse allmäUg zu. die Extremitäten- paare sprossen an den bereits vorhandenen Leibesringen hervor, deren Zahl durch neue, von dem Endsegmente sich abschnürende Ringe vervoll- ständigt wird, während sich zugleich die Zahl der Ocellen und Föhlerglieder vermehrt. In anderen Fällen (Scolopcndriden , GeophiJlden) besitzt der Embryo bereits sämmtliche Gliedmassenpaare. I.Ordnung. Cliilopoda i), Cliilopoden. Von meist flachgedrüdiet-Körpei'form, mit langen rielgliedncjen Fidilern und zum Bauhc eingericldeten MtmdtJt eilen, mit nur einem GHedmcissen paare an jedem Leihesringe. Der langgestreckte, meist flachgedrückte Leib erhärtet an der Rücken- Fig. 537. Fig. 538. Fig. 539. LHhohiiiS forficnlns, nach C. L. Koch. /v/Kipfer- fuss. Mf SV-^ Mundwerkzeuge ■ Slcolopf Mundtlieile von Geophlhis, nach Stein. A'Kiefei paare, Mf MaxiUarfuss. Ob Oberlippe, Md Mandibel. J/j' erste, M.r' Maxille. Tn Taster. Mf MaxiUarfuss. und Bauchfläche der Segmente zu festen Chitinplatten, welche durch weiche Zwischenhäute verbunden sind. Zuweilen entwickeln sich einige der Rücken- platten zu grösseren Schildern, welche die kleinen dazwischen gelegenen ') Kewport, Monograpli of tlie class Myriopoda, order Cliilopoda . Linnaean Traiis- actions, XIX, 1845. Erich Haase, Schlesiens Chilopoden. I und II. Breshnu 1880—1881. Derselbe , Das Eespirationssystem der Symphylen und Chilopoden. Zool. Beitr., Breslau, I, 2. •J. Ordniini?. Chiln^'natha. 543 Se^Muente dachziei^-clformig' überdecken (Fig. ö.HT). Xienials üborsteig-t die Zald der lieinpaare die der gesonderten Seg-meiite, da sich nur ein einziges Paar an jedem Ringe entwickelt. Die Fühler sind lang und vielgliedrig. unter dem Stirnrande eingefügt. Die Augen sind mit Ausiudime der (lattung Saifh/erti, welche zusammengesetzte Augen besitzt, einfache oder gehäufte Punktaugen. »Stets sind zwei gesonderte Maxillenpaare vorhanden : das vordere trägt einen kurzen Taster, das zweite bildet eine Art l'nterlippe. oft mit ansehnlich verlängertem Taster (Fig. 538, 539). Ueberall rückt das vordere Reini)aar der Brust als eine Art Kieferfuss an den Kopf heran und bildet durch die ^'erwachsung seiner llüfttheile eine mediane ansehnliche Platte, an der rechts und links die grossen viergliedrigen Raubfüsse mit Kndklaue und Giftdrüse hervorstehen. Die übrigen lieinpaare ents])ringen an den Seiten der Leibesringe, das letzte, häutig verlängerte Paar streckt sich weit nach hinten über das Endsegment hinaus. Die Geschlechtsorgane münden in einfacher Oeffnung am vorletzten Segmente des Leibes. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen bereits sieben (Litlwbms, Scutigera) oder sämmtliche Gliedmassenpaare (ScoJopendra). Die Chilopoden nähren sich durchweg von Thieren, welche sie mit den Kieferfüssen beissen und durch das in die Wunde einfliessende Secret der Giftdrüse tödten. Einzelne tropische Arten können bei ihrer bedeutenden Körpergrösse selbst den Menschen gefährlich verletzen. Farn. Scolopendridar. Fühler schuurförmig, mit verliältnissmässig fixirter (meist 17) Gliederzahl, nur Avenigen (4 jederseits) Ocelleii, bald mit gleichartigen, bald mit ungleich- artigen Körpersegmeiiten. Scolopendra (mit neun Stigmenpaaren) ._9///öf;«/ca L., aus Ostindien. Sc. viorsltans , aus dem südlichen Europa (Fig. 530). Crijptops Leach. (Scolopendra), blind. Cr. liortoms Leach. {Sc. germanica Koch), GeophiJuf! (GeopliiJidae) rlecfricus! L., G. {Himantarvum) suhtcrraneiis Leach. Farn. Lithobiidae. Mit 15 beintragenden Segmenten, laugen vielgliedrigen Fühlern und zahlreichen Ocellen. Einzelne Eückenplatten entwickeln sich zu einer besonderen Grösse und überdecken zum Theil die zwischenliegeuden Segmente. Lifhobhts forßcafKs L. ( Fig. 537), Henicops Newp. Fam. Scuiigeridae. Antennen mindestens von der Grösse des Leibes , Beine lang, die hinteren an Länge zunehmend. Facettenaugen anstatt der Ocellen. Mit 15 beintragenden Segmenten, aber einer geringeren Zahl (8) freier Eückenplatten. Sciiiigera coleoptrata L., Süddeutschland und Italien. 2. Ordnung. Chiloguatha i) (Diplopoda), Chilogiiatlieii. Von drehrunder oder licdhcylindrisclier Körpcrforiii, mit tinfercr Mund- klappe und mit sivei Beinpaaren an jedem (die vorderen Leihessegmente ausgenommen) Segmente. Die Geschlechtsöfnungrv Hegen am Hüffgliede des ziceiten Beinpaares. ^) E. Voges, Beiträge zur Kenntniss der Juliden. Zeitschr. für wiss. Zoolog. Tom. XXXI. Vergl. E. H a a s e , Schlesiens Diplopoden. Zeitschr. für Entomologie, N. F., H. XI, 1886. E. Metschnikoff , Embryologie der doppelfüssigen Myriopoden (Chilognathen). Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXIV, 1874. 0. v. Rath, Beiträge zur Kenntniss der Chilo- ;")44 Chilognatha. Körperbau. Fig. 540. Gloiiieris margiimta, nach C. L. Koch. /' l nte klappe von Ju/ns terrestris. Der Leib hat in der Regel eine eylindrisehe oder Imlbcylindrische Form, indem die Segmente vollkommene Ringe darstellen oder auch mit ])esonderen Riickenplatten versehen sind. In vielen Fällen (JuUden) ist der Leib sehr langgestreckt (Fig. 531), in anderen verkürzt, asselähnlich (Glomeris) (Fig. 540). Die kurzen Fühler bestehen nur aus sieben Gliedern. von denen das letzte noch dazu verkümmern kann. Die Mandi- behi haben breite KauHächen zum Zerkleinern von Pflanzen- theilen und einen oberen. l)eweg- lich eingelenkten, spitzen Zahn. Die Maxillen vereinigen sich zur Herstellung einer unteren Mundklappe, deren .Seitentheilc zwei hakenförmige rudimentäre Laden tragen, während der mittlere Ab- schnitt eine Art Unterlippe darstellt (Fig. 440^). Die Augen liegen in der Regel als gehäufte Punktaugen oberhalb und auswärts der Fühler. ]\leist sind die vorderen Brustbeine nach vorne den Mundwerkzeugen zugekehrt. Stets tragen die drei Brustsegmente ^^' ' und wohl auch noch die zwei nächst- folgenden Segmente einfache, alle nachfolgenden (mit Ausnahme des siebenten im männlichen Geschlechte ) doppelte Beinpaare. Stigmen finden sich an allen Segmenten, und zwai- unter den Hüftgliedern der Beine mehr oder minder versteckt, an den Doppelsegmenten sind zwei Paare von Stigmen vorhanden. Die häutig als Stigmen angesehenen Porenreihen (foramina rejm(/ii(ifona) zu beiden Seiten des Rückens sind die Octf- nungen von Hautdrüsen, welche zum Schutze des Thieres einen ätzenden Saft entleeren. Bei einer Polydesmide (Fo/^Yr/rm -rtc///.sV entliält das Secret dieser Drüsen freie Blausäure. Die Geschlechtsorgane münden am Hüftgliede des zweiten Beinpaares (Fig. 541); im männlichen Geschlechte tritt in einiger Entfernung hinter den Geschlechtsötfnungen am siebenten Leibes- ringe ein paariges Copulationsorgan liinzu, welches indess bei Glomeris durch zwei accessorische Extremitätenpaare am Aftersegmente ersetzt zu Kopf und vordere Segmente vt>n Polydesnius coiiipln ii'ituf. nachLatzel. 6'of die weiblichen Geschleclits Öffnungen, D Barmcanal. guatlieu. Bonn 1886. E. G. Heathcote, The early development of Jnlus terrestris. Quart. Journ. Microsc. Scienc. Vol. 25, 1883. Derselbe, The postembryon. development of Julu.s terrestris. Philos. Transact. Eoy. Soc. London 1888. Vergl. ferner A^erhoeff und Atteins V. Classe. Ilrxapoda. Ö45 .sein scheint. Bei den S//nij>Iii/h'ii lieg-t die impaare Gesclileehtsöffnung am vierten Segmente. Die Jungen besitzen anfangs nur drei lieinpaare (Fig. 536 ) und die Metamorphose erscheint demnach vollständiger als bei den Cliilo- poden. Die Chilognathen leben an feuchten Orten unter Steinen am Erd- l>oden, nähren sich von vegetabilischen und wohl auch von abgestorbenen tliierischen Stoffen. \'iele kugeln sich nach Art der Kugelasseln zusammen <»der rollen ihren Leib spiralig ein. Fam. Polyzoniidae. Mit kleinem Kopf, spiralig aufrollbarem halbcyliiulrischen Jjeib uiul saugenden Mundtlieilen. Polijzonium gernianicum Brdt. Fam. Jtdidae. Mit grossem freien Kopf, meist gehäuften Augen, spiralig aufrollbarem i-ylindrischen Körper, ohne verbreiterte Rückeuplatten. Die Beine stossen in der Mittellinie zusammen. Julus sahtdosits L., J. ierresfris L. (Fig. 531). Fam. Polydesmidae. Mit grossem freien Kopf und seitlich verbreiterten Rücken- platten, mit geringer Zahl (19 — 20) von Leibesringen. Polydesmus complancttus Deg., StroHf/iilosoma Brdt., Polijxenus lagurus L., mit zwölf Beinpaareii. Fam. Glomeridae. Körper verkürzt und breit, zum Zusammenkugelu befähigt, mit nur zwölf bis dreizehn Segmenten , welche weit nach den Seiten herabreichende Dorsal- platten besitzen. Letzter Körperring schildförmig. Erinnern an die Gattung Armadillo unter den Isopoden. (Momeris murginaia Leach., mit siebzehn Beinpaaren, beim Männchen kommen am hinteren Körperende zwei Paare von Genitalfüssen hinzu (Fig. 540a). Sphaerotherium donyatum B.rdt. Als besondere Ordnungen würden die Symphylen {Scolopendrella Gei-v.) und Pauropoden {Pcmropus Lubb.), die in der Bildung der Mundtheile an die Diplopoden eng anschliessen, hier folgen. V. Classe. HexapodaO, Insecta, Insecten. Tmcheaten mit zicel Fählcrii am Kopf nud mit drei Beinpadyfn, nreist (iHcli zwei Flügelpaaren an der \^ p^^ r^^.^ dreigliedrigen Ernst, mit nenn- oder zrhngliedrigem Abdomen. ^""""^V ^' Der Körper der Insecten bringt i-* n i j^ur i die drei als Kopf. Brust und Hinter- \\M 'Ä^\ \ilMiJ/ loib unterschiedenen Leibesregionen am schärfsten zur Sonderung. Auch erscheint die Zahl der zur Bildung Kopf, Brust und Abdomeu eines .k»«/«.,» in seitlicher des Körpers verwendeten Segmente Ansicht, st Stlgmen, T tympanales Organ. und Gliedmassen fixirt, indem der Kopf mit seinen vier Gliedmassenpaaren aus vier, die Brust oder Thorax aus drei, das Abdomen gewöhnlich aus neun oder zehn (eilf) Segmenten (Ortlwpteren) besteht (Fig. 542j. Nicht ') Swammerdam, Historia Insectorum generalis. Utrecht 1669. De rselbe, Bijbel der natuure, 1737— 1738. Eeaumur, Memoires pour servir ä l'histoire des Insectes. 12 vols. Paris 1734—1742. Ch. Bonnet, Traite d'Insectologie. 2 vols. Paris 1740. A. Rösel von Rosenhof, Insecteubelustigungen. Nürnberg 1746 — 1761. Ch. deGeer, Memoires pour .servir ä l'histoire des Insectes. 8 vols. 1752—1776. H. Burmeister, Handbuch der Ento- mologie. Halle 1832. J. Lubbock, Origin of Insects, 1874. Fr. Brauer, Die unvermittelten Reihen in der Classe der Insecten. Systematisch-zoologische Studien. Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissensch. Wien 1885. C.Claus; Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 35 546 Aiiteniifii. Mundtheile. Fi2. 543. .selten l)etlieiligt sich jedocli aiicli das vordere Abdominalsegraent an der Bildung des Thorax. Der fast durchgängig vom Thorax scharf abgesetzte Kopf bildet eine ungegliederte Kapsel, an der man verschiedene Regionen nach Analogie des Wirbelthierkopfes als Gesicht, Stirn, Wange, Kehle, Scheitel, Hinter- haupt etc. unterscheidet. Die obere Seite des Kopfes wird seitlich von den Augen eingenommen und trägt die Fühler, an der unteren inseriren sich in der Umgebung des ]\Iundes die drei Paare von Mundgliedmassen. Die vor- dersten Gliedraassen. die Fühler, bilden bei den Insecten eine einfache Glieder- reihe , variiren aber in Form und Grösse sehr mannigfach. Dieselben ent- springen gewöhnlich auf der Stirn und dienen nicht nur zum Tasten, sondern vornehmlich als Spür- oder Geruchs- organe. Man unterscheidet zunächst f/lcichrnüssi(/e (mit gleichartig gestalteten Gliedern) und mif/Ieichnfässige Fühl- hörner (Fig. 54/i ). Erstere erscheinen borstenförmig . fadenf()rmig . schnur- förmig, gesägt, gekämmt; die nngleich- mässigen Fühlhörner, an welchen be- sonders das zweite Glied und die End- glieder eine veränderte Gestalt besitzen, sind am häufigsten keulenförmig, ge- knöpft, gelappt, gebrochen. Im letz- teren Falle ist das erste oder zweite Glied als Schaff sehr verlängert und die Reihe der nachfolgenden kürzeren Glie- nach B u r m e i Cienicera, /gebrochene von ^4^!s. (/ keulenförmige von SilpJtn, h knopff'örmige von Necrojihorvs, i durchblätterte von Melolontha, k Fühler mit Borstt von Slnrgus, Verschiedene Antennenfor st er. a Borstenförmige Antenne von Locustn, h fadenförmige von Carahns, c schnurförmige von Tenebrio, d gesägte von Elater, e gekämmte von t|er als G^mseZ winkcHg abgCSCtzt (AjAsJ. An der Bildung der Mundwerk- zeuge nehmen Antheil: die Oberlippe (h(hnim), die Oberkiefer (mand'ihukw), die Unterkiefer (maxlUae), die Unterlippe (labmhij (Fig. 544). Die Ober- lippe ist eine am Kopfschilde meist beweglich eingelenkte Platte, welche die Mundöftnung von oben bedeckt. Unterhalb der Oberlippe entspringen rechts und links die Mandibeln oder Oberkiefer, zwei stets tasterlose Kau- platten, welche jeglicher Gliederung entbehren, aber deshalb bei der Zer- kleinerung der Nahrung um so kräftiger wirken. Complicirter sind die Unterkiefer oder Maxillen gebaut, welche bei ihrer Zusammensetzung aus zahlreichen Stücken eine zwar vielseitigere, aber schwächere Leistung beim Kaugeschäft übernehmen. Man unterscheidet an der Maxille ein kurzes Ueisswerkzeugc. r)4" liasalg-lied (cardo), einen Stiel oder Stamm (stlpcsj mit einem äusseren Sc'lmppeng-liede (squama palpigera) , welchem ein mehrgliedriger Taster ( palpus maxillaris) aufsitzt , ferner am oberen Rande des Stammes zwei zum Kauen dienende Platten als äussere und innere Laden (h)hu>< cxtcrntfs. /Dfcrnii!^). Die l'nterlippe entspringt an der Kehle und ist als ein zweites l'aar von Maxillen anzusehen , deren Theile in der Mittellinie an ihrem Innenrande verschmolzen sind. Selten bleiben alle Abschnitte des Unter- kieferpaares an der Unterlippe nachweisbar, da mit der Verschmelzung in der Regel Verkümmerung und Ausfall gewisser Theile verbunden ist, in- dessen gibt es Fälle, welche diesen Nachweis vollständig gestatten (Ortho- jitcrei)) (Fig. 544). Während die Unterlippe meist auf eine einfache Platte Fie;. 544. l.frL Mundtheile einer Blatta, nach .Savigny. a Kopf von voiue. Oc Ocellen, Mxt Maxillartaster, Lt Lippentaster. — h Ober- lippe (Labrum jCr). — c Mandibel ('M i i i Lünpsador (Costa mediana,, i'Kadialader (Radius oder Sector., fW'h (»6 nachtolgendcn dcs ■1 Ciibitalader, 4 Discoidalader (oder Cubitus anticus), j Sub- MctatllOraX dlC HintCVfIÜflcl . mediana (oder Cubitus posticus), ff Analader (oder Postcosta), _, ,^ - t-»-! t i r Axillarader, B Kandzelle, f7 Unterrandzelle, I> Discoidal- I^rer t Orm Uud BÜdung naCh zelle, J— F Hinterrandzellen. VS vordere Basalzelle, HB handelt CS Sicll UmdÜline. flä- hintere Basalzelle. AZ Analzelle. , ^ n ^ • , , m > , chenliatt ausgebreitete i latten. welche aus zwei am Rande continuirlich verbundenen, fest an einander haftenden Häuten bestehen und meist bei einer zarten, glasartig durchsich- tigen Beschaffenheit von verschiedenen stark chitinirten Leisten, Adern oder Hippel}, durchzogen werden (Fig. 550). Die Rippen nehmen einen bestimmten Beint'ormen (regne animal), a Mantis mit Eaubbein, 6 Lau 11) i eines Carabus, c Sprungbein von Acridium, 7///»c/('ofe/?gruppe der Hemipteren, während die Hinter- tlügel auch hier häutig bleiben. Behalten beide Flügelpaare eine häutige Beschaffenheit, so wird ihre Oberfläche entweder mit Schuppen dicht be- deckt (Lepidopteren und Phryganiden), oder sie bleibt nackt mit sehr deut- lich hervortretender Felderung, welche sich nicht selten, Avie bei den Netz- flüglern (XcurojJteren), zu einem dichten, netzartigen Maschenwerke gestalten kann. In der Kegel ist die Grösse beider Flügelpaare verschieden, indem die Insecten mit pergamentartigen Vorderflügeln und mit halben oder ganzen Flügeldecken weit umfangreichere Hinterflügel besitzen, bei den Insecten mit häutigen Flügeln dagegen die Vorderflügel an Grösse meist bedeutend überwiegen. Indessen besitzen viele Neuropteren ziemlich gleichgrosse Flügel- paare, während bei den Dipteren die Hinterflügel zu Schwingkölbchen oder Halferen verkümmern. Auch gibt es in allen Insectenordnungen Beispiele von rudimentären Flügeln oder von gänzlichem Flügelmangel in beiden Ge- schlechtern oder nur in einem , meist im weiblichen , ausnahmsweise im männlichen Geschlechte; in allen diesen Fällen ist der Flügelmangel ein secundärer, wie überhaupt nur die Thysarmren als ursprünglich flügellose Formen zu betrachten sein dürften. Der dritte Leibesabschnitt, der den grössten Theil der vegetativen Organe und die Organe der Fortpflanzung in sich einschliesst, ist der ge- streckte und woldsegmentirte Hinterleib, das Ahdonien. Beim ansgel)ildeten 552 Hexaijoda. Magen. Dar Fig. 551. Hinterleibsende eines Käfers (Pferosficlms ö), nach S t e i n. i?, 9 Rückenschienen , S', 9' Bauch schienen. .S7 Stigma. .4 After, G Genitalöffnung Oi)i y^ Insect gliedmassenlos, trägt derselbe sehr häufig- im Larvenleben, ausnahms- weise auch am Geschlechtsthiere (Jiqjyx) kurze Extremitäten. Die abdo- minalen Leil)esringe sind von einander durch weiche Verbinduiigshäute deutlich abgegrenzt und setzen sich aus einfachen Rücken- undBauclischienen zusammen, welche seitlich ebenfalls durch weiche, eingefaltete (ielenkhäute in Verbindung stehen. Ein solcher Bau gestattet dem Hinterleibe, welcher die Respirations- und Geschlechtsorgane in sich einschliesst, eine Erweiterung und Verengerung (bei der Respirations- bewegung, Schwellung der Ovarien). Sehr oft gewinnen die liinteren Seg- meute durch verscliiedene, auf die Be- gattung und Eiablage bezügliche An- hänge eine besondere Gestaltung. Am letzten Bauchringe liegt gewöhnlich der After, während die Geschlechtsötfnung, von demselben gesondert, an der Bauch- seite des vorausgehenden Segmentes mündet (Fig. 551). 1'erminale Anhänge treten als gegliederte Fäden, Reife etc. am Aftersegmente auf. Dagegen ent- springen die appendices genitales, welche die „armure genitale" bilden, an der Bauchseite in der Umgebung der Ge- schleehtsöftnung. Beim ^lännchen als Klappen, beim Weibchen in Form von Legebohrern und Legestacheln ent- wickelt, sind dieselben aus Imaginal- scheiben (Wucherungen derHypodermis ) bei den Hj/nienopfcrenimd Heuschrecken am achten (ein Paar) und neunten (zwei a Hinterleibsende einer weiblichen Larve von t)„„„^\ V K/1^.^;.,„1„^„ ^ „ .a„ 1 r , . A ^ u A r , ., , 1 aare) Abdominalsegmente hervorgc- Locusta mit den Wärzchen der Legescheide und / o o den Analgriffeln. C und C" innere und äussere gaUgCU (Fig. 552). DiC LegerÜhveil dcF "Wärzchen des vorletzten. C" Wärzchen des dritt- t\- ± • JJ v A- • ,,, „ , , ^, ,, ^, ,. D^/^/crt'j/ Sind dagegen aut die eingezoge- letzten .Segmentes. — b Etwas älteres .Stadium. — i CO P !-> c Nymphe. A After mit den Analgriffeln. Nach UCU hiuterCn ScgmCnte ZUrÜCkzufÜlirCll. ^ '^ "^ ' * ^' Der von der Oberlippe überdeckte Mund führt meist in eine enge Speiseröhre, in deren vorderem, als Mund- höhle zu unterscheidendem Eingangsabschnitt ein oder mehrere Paare sehlauchfijrmiger oder traubentörmiger Speicheldrüsen einmünden (Fig. 55;)). Bei zahlreichen saugenden Insecten erweitert sich das Ende der Speiserühre in einen kurz gestielten, dünnhäutigen Sack, den Saugmagen (Fig. 556). bei anderen in eine mehr gleichmässige , als ÄVoj^ (Fig. 554) bekannte Auftreibung. Der auf den Oesophagus folgende, bald gerade gestreckte, bald mehrfach gewundene Darm verhält sich nach der Lebensweise ausser- Malpighi'sche Gefüsse. 553 Vis. 003. ordentlich verschieden und zerfällt überall wenigstens in einen längeren, die Verdauung besorgenden Mitteldarm (Chylusmagen) und in einen die Kotiiballen absondernden Enddarm. Die Zahl der Abschnitte kann übrigens auch eine grössere werden. Bei Kaubinsecten, insbesondere aus den Ord- nungen der Coleopteren und Neuropteren, schiebt sich zwischen Kropf und ('hylusmagen ein Vor- oder Kaumagen von kugeliger Form und kräftiger, muskulöser Wandung ein, deren innere chitinige Cutieularbekleidung eine be- sondere Dicke gewinnt und mit stär- keren Leisten, Zähnen und Borsten be- setzt ist (Fig. 554). Auch der Chylus- magen, an dessen Wandung sich vor- zugsweise die verdauende Drüsenschicht entwickelt, zerfällt zuweilen in mehr- fache Abschnitte . wie z. B. bei den Raubkäfern der vordere Theil des Chylus- magens durch zahlreiche hervorragende Blindsäckchen ein zottiges Aussehen erhält und sich von der nachfolgenden einfachen, engeren Darmröhre scharf al)grenzt. Auch können am Anfange des Chylusmagens grössere Blindschläu- che nach Art von Leberdrüsen aufsitzen f Orthopteren). Der Afterdarm wird durch die Einmündung fadenförmiger Blindschläuche, der Malpighi' sehen Ge- /(!■•<>;(■, bezeichnet. Derselbe zerfällt meist in zwei, seltener drei Abschnitte, welche als Dünndarui , Dickdarm und Mast- darm unterschieden werden. Der letzte besitzt eine starke Muskellage und ent- hält in seiner Wandung vier, sechs ltder mehr Längswülste, die sog. Rectal- Verdauungsapparat xonAins melUfica, nach Leon ,..„., •• ^ 1 •.. 1 Dufour. Sp Speicheldrüsen, Oe Oesophagus mit drnsen. Zuweden munden noch unmittel- umpfartiger Erweiterung, 3/ Chylusdarn,, Re Mal- bar vor der am hinteren Körperpole ge- p'giii'sche Gefasse, r Kectum mit den sog. , ,„..,.,. T 4 7 7.. Kcctaldrüsen, G.Dr Giftdrüse. legenen Atteroirnuiig die üog.Anatdrusen ein, deren Secret durch seine ätzende und übelriechende Beschaffenheit als Vertheidigungsmittel zu dienen scheint (Fig. 554). Ausnahmsweise nehmen Inseeten ausschliesslich im Jugendzustande Nahrung auf und entbehren in der geflügelten geschlechtsreifen Form der Mundöffnung (Ephemera); wenige besitzen im Larvenzustande einen blindgeschlossenen, mit dem End- darme nicht communicirenden Magen (H>jmcnoptcrcn\diV\Q\\ , Pupiparen, AmciscnlöiceJ. ■ 554 Hexapoda. Absonderuiigsorgane. H(^xaiioda. (üftdrüsen. Fig. 554. Die bereits genaiiuten MalpiyhV sehet h Gefässe fungiren luizweifelliaft als Harn absondernde Organe. Auch scheiden dieselben gewisse, in das Blut aufgenommene Substanzen aus demselben wieder aus und verhalten sich (indem sie indigschwefelsaures Natron ausscheiden) wie die Schleifencanälelien der Antennen- und Schalendrüse der Krebse. Der von den grosskernigen Zellen der Wandung secernirte Inhalt hat meist eine braungelbliche oder weissliche Färbung und erweist sich als eine Anhäufung kleiner Körn- chen und Concremente, welche grossentheils aus Harn- säure bestehen, auch wurden Krystalle von oxalsaurem Kalk und Taurin nachgewiesen. Die Zahl und Grup- pirung der meist sehr langen und dann am Chylusdarme in Windungen zusammengelegten Fäden wechselt übrigens mannigfach. Während in der Regel vier oder sechs, seltener acht vielfach geschlängelte Harn- röhren in den Darm einmünden, ist die Zahl der- selben besonders bei den Hi/menopferen und OrtJio- pteren eine weit grössere; bei den letzteren kann ein gemeinsamer Ausführungsgang (GryUotalpdJ die Fäden zu einem Büschel vereinigen. Als Ähsonderungsoryanc sind die sog. Glandii/fie odorifcrae, die Wachsdrüsen, Spinudriisen und Gift- drüsen hervorzuheben. Die ersteren, zu denen auch die bereits erwähnten Analdrüsen (Fig. 554) gehören. ... liegen unter der Körperbe- deckung und sondern meist zwischen den (Tclenksver- bindungen stark riechende Säfte ab. Bei den Wanzen ist es eine unpaare birn- förmige Drüse im Meta- thorax, welche ihr Secret durch eine Oetfnung zAvischen den Hinterbeinen austreten lässt und den berüchtigten Gestank verbreitet. Einzel- Darmcanal nebst Anhangsdrü- sen eines Kaubkäfers (Cnvahus), nach Leon Du four. Oe Oeso- phagus, Jn Kropf. PrVormagen, Clid Chyhisdarm, 3/3 Malpighi- sche Gefässe, B Eectum, Ail Analdrüsen mit Blase. Die Wachshöcker nebst Wachsdrüsen einer Aphide (Schhonexu-o Lonicerae). n Nymphe, vom Rücken aus gesehen. 117/ Wachs- hncker. — b Die einzelligen Wachsdrüsen (WD) unter den cuti- cularen Facetten (Cf) der Haut. lige Hautdrüsen sind an vei- schiedenen Theilen des In- sectenkörpers nachgewiesen worden und scheinen, den Talgdrüsen der Wirbelthiere vergleichbar, eine ölige, die Gelenke geschmeidig erhaltende Flüssigkeit abzusondern. Aehnliche als Wachsdrüsen zu bezeichnende Drüsenschläuche der Haut secerniren Iliickengefäss 555 i'ig. 556. Aveissliche Fäden und Flocken, welche den Leib wie mit einer Art Puder oder Wolle umgeben (Pjküuoiläusr etc.) (Fig. 555). Spinndrüsen kommen ausschliesslich bei Insectenlarven vor und dienen zur Verfertigung von Geweben und Hüllen. Diese Drüsen (Serictcriru) sind als zwei mehr oder minder angeschwollene und langgestreckte Schläuche hinter dem Munde gelegen und einer besonderen Form von Spei- cheldrüsen gleichzustellen, denen sie auch in ihrer Structur nahestehen (Fig. 66). Die Larve des Ameisenlöwen hat ihr Spinnorgan an dem entgegengesetzten Körperende in der Wandung des vom Chylusdarm abgeschlos- senen Mastdarmes. Die bei Hymenopteren- AV'eibchen vorkommenden Giftdrüsen bilden zwei einfache oder verästelte Schläuche, deren gemeinsamer Ausführungsgang zu einem blasen- artigen Reservoir für die secernirte, Ameisen- säure haltige Flüssigkeit anschwillt (Fig. 553). Das Ende desselben steht mit dem GifUtaclid im Zusammenhang. Li die Kategorie der Se- cretionsorgane dürften auch die bei Thijsa- i/nroi vorkommenden Coxalsäckchen gehören, welche vorg-estülDt und wieder einsrezos'en V Saugmagen, M Mitteldarm, pighi'sche Gefässc. SEnddarm, H Herz nder Rückengefiiss, 0 -,n Mal- 1 After, Hoden. Längsdurchscbnitt durch S^yhiitj; Ugiistri nach N e w p o r t. Ar,r Maxillen (Eollrüssel), werden können (Fig. 557) und an die Coxal- ' Lippentastcr, At Antenne, a.s oehim, , ,.. , T ,-, , 1 11 • Ti 1 G« unteres Schlundganglion, .V Ganglien blaschen der Scolopendrellen ermnern. Lud- der Brust und des Baucues, f Oesophagus, lieh ist hervorzuheben, dass Zellengruppen am Pericard (Pericardialzellen ) befähigt sind, ge- wisse Substanzen (Carmin) aus dem Blute auszuscheiden. Die farblose oder grünliche Lluttlüssigkeit enthält constant ainö- lioide Llutzellen und bewegt sich in bestimmten Bahnen der Leibes- höhle, Die Vereinfachung des auf ein Riickew/efäss beschränkten Cir- cidationsapparates steht mit der reichen Verästelung der Respira- tionsorgane im Zusammenhange, welche als luftführende Tracltem nach allen Organen den Sauerstoff dem Blute zuführen. Das als HHdri/;jrfäss (Fig. 556) bekannte Herz verläuft in der Medianlinie des Abdomens und wird in zaldreiche, selten mehr als acht, bei den Thysanuren neun, den Seg- fJin Bauchschild von Mncliills mni-itimn nach Uud maus. By Beinrudimente, lil vorstiilpbare BUische .V Retractori'U derselben. 556 Hexapoda. Tracheen. menten eutsprechende Kammern abgetheilt, welche mittelst dreieckiger Mus- keln, Flügelmuskeln, au das Hautskelet der Eückeufläche befestigt sind. Durcli ebenso viele Paare seitlicher Spaltöffnungen strömt das Blut während der Diastole der Kammern in das ßückengefäss ein. welches sich allmälig von hinten nach vorne zusammenzieht und das aufgenommene Blut in gleicher Richtung forttreibt. Die vorderste Kammer, welche bei den Thysauureu im Thorax liegt (Fig. 558). geht in eine mediane, bis zum Kopfe verlängerte Aorta über. 508. Aus dieser ergiesst sich das Blut frei in den Leibesraum, um in vier Hauptströmen, zwei seitlichen, einem dorsalen unterhall) H L.^ des Rückengef ässes und einem ventralen oberhalb der Ganglien- kette, unter Abgabe zahlreicher Nebenbahnen in die Extremi- täten etc., nach dem Herzen zurückzufliessen. Nur ausnahms- weise finden sich vom Herzen ausgehende arterien artige Röhren zur Fortleitung des Blutes, z. B. in den Schwanzfäden der EjjJienieralaryen. Bei den Mallophagen, sowie bei Dipterenlarven (Chh'oyiomus, PtychopteraJ erscheint das Herz vereinfacht und abweichend gestaltet. Die Respiration erfolgt durch vielfach verzweigte Tra- cheen'^) ^ welche ihren Luftbedarf durch paarige, meist in den Gelenkshäuten der Segmente gelegene Spaltöttiiungen, Stiynirn, unter deutlichen Athembewegungen des Hinterleibes aufnehmen (Fig. 75). Die Zahl der Stigmen variirt überaus, doch sind selten mehr als zehn und weniger als zwei Paare vorhanden. Am Kopfe, sowie am letzten Hinterleibsringe fehlen dieselben stets. Am geringsten ist ihre Zahl bei wasserbewohnenden Larven von Käfern und Dipteren, welche nur zwei Stigmen, und zwar am Ende des Hinterleibes auf einer einfachen oder auch gespaltenen Röhre besitzen. Häufig kommen indessen noch zwei Spalt- öffnungen am Thorax hinzu (Fig. 74). Auch einige Wasserwanzen, z. B. Xe2Ja, lianatra etc., tragen am Ende des Hinterleibes zwei lange, aus Halbcanälen gebildete Fäden, welche am Grunde zu zwei Luftlöchern führen. Solche Wasserwanzen können bei dieser Einrichtung ebenso wie Dipterenlarven mit emporgestreckter Athem- röhre an der OberHäche des Wassers Luft aufnehmen. Die Tracheen^ deren Lumen durch die feste, zu Spiralringen verdickte Chitinhaut der Wandung klaffend erhalten Avird, sind stets mehr oder minder prall mit Luft gefüllt und daher von silberglänzendem Aussehen. Ihre innere Chitinhaut wird von einer äusseren Zellschichte erzeugt und bei den Häutungen während des Larvenlebens zugleich mit der äusseren Körperhaut abgestreift und erneuert (Fig. 559). Die nicht selten im Verlaufe der Tracheen auftretenden Erweiterungen, welche sich bei guten Fliegern, z. B. Ht/nicnopferoK Dipteren etc., zu Luftsäcken von bedeutendem I'mfange vergrössern und den Hevz (C) lind Aorta von Japyx nach Gr ass i. *) J. A. Palmt'ii , Zur Morpliologie des TraclK'Oiiir;y.steins. Hel.'auehkette bis zu einem einheitlichen Brustknoten (Fig. 104 und 105). Das im Kopte gelegene Gehirn (obere Schlundganglion ) erlangt einen bedeutenden Umfang und bildet mehrere Gruppen von Anschwellungen, die sich vornehmlich stark bei den psychisch am höchsten stehenden Hymenopteren ausprägen. Dasselbe entsendet die Sinnes- nerven, wie es auch als Sitz des Willens und der psychischen Tliätigkeiten erscheint. Das untere Schlundganglion versorgt die Mundtheile mit Nerven und entspricht den verschmolzenen Ganglien der drei Kiefersegmente. Die Kauchkette, welche mit ihren Seitennerven dem Rückenmarke und dessen Spinalnerven verglichen worden ist, bewahrt die ursprüngliche gleichmässige Gliederung bei den meisten Larven, und ist am wenigsten verändert bei den Insecten mit freiem Frothorax und langge- strecktem Hinterleibe. Hier bleiben nicht nur die drei grösseren Thoracalganglien, welche die Beine und Flügel mit Nervten versehen und oft noch durch die vorderen Abdominalgauglien verstärkt werden, sondern auch eine grössere Zahl von Abdominalganglien gesondert. Von diesen letzteren zeichnet sich stets das letzte, welches aus der Verschmelzung mehrerer Ganglien entstanden ist und zahlreiche Nerven an den Ausführungsgang des Geschlechts- apparates und an den Mastdarm entsendet, durch eine bedeutende Grösse aus. Die all- mälig fortschreitende, auch während der Ent- wicklung der Larve und Puppe zu verfol- Geliirn und Scblundneivengauglion vou geude ' ) Concentrirung des Bauchmarkes ergibt sphin.r ugusm , nach n e w p o r t. a/r sich sowohl aus der Zusammenziehung der Ab- Ganglion frontale, g' die GangUen der paarigen Schlundnerven. dominalganglien. als aus der Verschmelzung der Brustganglien, von denen zuerst die des Meso- und Metathorax zu einem hinteren grösseren Brustknoten und dann auch mit dem Ganglion des Pro- thorax zu einer gemeinsamen Brustganglienmasse zusammentreten. Vereinigt sich endlich mit dieser auch noch die verschmolzene Masse der Hinterleibs- ganglien, so ist die höchste Stufe der Concentration, wie sie sich bei Diptrim und Hemipteren tindet, erreicht. Das E'mgeioeidenervensystem zerfällt in das System der Schlundnerven und in den eigentlichen Sympathicus. An jenem unterscheidet man einen unpaaren und paarige Schlundnerven. Der erstere entspringt mit zwei Wurzeln an der Vorderfläche des Gehirns oder an der Schlundcommissur und bildet an der vorderen Vereinigung jener das Ganglion frontale, von welchem Nerven nach der Oberlippe und dem Oesophagus gehen und ein stärkerer hinterer *) Vergl. besonders die zahlreidien Abhandhuigeu von Ed. Brandt, Ueher die Jletaniorphose des Nervensystems der Insecten. Horae Soc. Entom. Ross. 560 Hexapoda. Sinnesorgane. Gfr Nerv (N. recurrens) unter dem Gehirne hindurch an der dorsalen Wand der Speiseröhre zahlreiche feine Nerveng-eflechte in der Muskelhaut desselben abgibt (Fig. 562 und 563). Die paarigen Schlundnerven entspringen jederseits an der hinteren Fläche des Gehirns und schwellen zur Seite des Schlundes in meist umfangreichere Ganglien an, welche ebenfalls die Schlundwandung mit Nerven versehen. Bei Blatta bildet der paarige Theil des Sympathicus ZAvei Ganglienpaare, welche untereinander und mit demN. recurrens in Verbindung stehen und auch Zweige an die Speicheldrüsen abgeben (Fig. 563). Als eigentlichen Sym- pathicus betrach- tet man ein Sy- stem von blassen Nerven . welche zuerst Newport als nervi respira- forii oder travs- versi besehriel). Dieselben zweigen sich in der Nähe eines Ganglions der Bauchkette von einem media- nen, zwischen den Längscommissuren verlaufenden Nerven ab. welcher in dem Ganglion wurzelt und zuweilen ein kleines sympathisches Ganglion bildet. Nach ihrer Trennung erzeugen sie abermals seitliche Ganglien, deren Nerven in die Seitennerven der Bauchkette eintreten, von diesen aber nachher sich wieder absondern und unter Bildung von Geflechten die Tracheenstämme und .^lus- keln der Stigmen versorgen. Von den Sinnesorganen'^) nehmen die Aiujen die höchste Stellung ein. Die unicornealen Punktaugen (OedH) treten vorzugsweise im Larvenleben auf, finden sich indessen auch oft in zwei- oder dreifacher Zahl auf der Scheitelfläche des ausgebildeten Insectes (Fig. 116, 564). Wahrscheinlich vermitteln dieselben überhaupt keine oder doch sehr undeutliche Bilder aus unmittelbarer Nähe und sind wenigstens zum Theil nur Richtungsaugen für Der Kopf einer Drohne von der St sehen, mit den Facettenaugen, den drei OceUen und Antennp,n, nach Swammerdam. Sympathicus von Btatto nacl Hof er. Gfr Uanglion fron tale, die Nervenwurzeln des selben an der Commissur, X) Nervus recurrens, g\ g" dif paarigen Ganglien. ') Vergl. ausser v. Siebold insbesondere Fr. Leydig, Zum feineren Bau der Artlao- poden, sowie Geruclis- und Gehörorgan der Ki'ebse und Insecten. MüUer's Archiv, 1855 und 1860. H. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. Göttingen 1879. V. Grab er, Die tj'mpanalen Sinnesorgane der Orthopteren. Wien 1875. Derselbe, Ueber neue otocystenartige Sinnesorgane der Insecten. Arch. für mikrosk. Anatomie, Tom. XVI. Ueber das uuicorneale Tracheatenauge. Ebend. Tom. XVII. Die chordotonalen Organe und das Gehör der Insecten. Ebenda, Tom. XX und XXI, 1882. Augen. Gohürorgans. 561 Fig. 505. Fig. 566. N Lichtperception. Die Facettcnaiigen geliören vurnehnilich dem ausgebildeten lii.secte an. Dieselben nehmen die Seitenflächen des Kopfes ein und erlangen oft im männlichen Geschlechte einen solchen Umfang, dass sie in der Mittel- linie am Scheitel zusammenstossen (Fig. 564). Wenn dieselben auch nicht die Beweglichkeit besitzen, welche den facettirten Stielaugen der Decapoden und Stoniato])t>dcn eine so rasche und ausgiebige Veränderung des Gesichts- feldes gestattet, so dürften sie doch, was Helligkeit und Specification des Bildes anlangt, jenen nicht nachstehen. Abgesehen von den Verschiedenheiten, die in der Gestaltung der Corneafacetten auftreten, bietet vornehmlich das Verhalten der Krystallkcgel mannigfache Abweichungen. Meist sind dieselben wohl ausgebildet {eucoue Angeu) und dann nur selten mit den Facetten verwachsen (Lam- jji/ris). In anderen Fällen sind die Krystallkegel durch ein flüs- siges, lichtbrechendes Medium vertreten (pseudacone Augen), fider es sind nur die Krystall- zellen vorhanden, ohne einen Kegel ausgeschieden zu haben {acoue Augen). Ein besonderes Interesse nehmen die Pigment- zellen in Anspruch, welche die Krystallkegel oder deren Aequi- valente umlagern, und deren Pigment sich, wie es scheint, unter dem Einfluss intensiver Lichtwirkung nach hinten aus- breitet, im Dunkeln aber wieder nach vorne zurückzieht. Wenn nach Joh. Müller"s Lehre vom musivischen Sehen des Facettenauges das Zustandekommen eines aufrechten, wenn auch lieh tsch wachen Bildes im Innern des Auges noch häufig in Zweifel gezogen wurde, so konnte dasselbe in jüngster Zeit durch directe Beobachtung i) erwiesen werden. Indessen erfuhr die Lehre jMüller's insofern eine wesentliche Aenderung, als bei der Perception eines jeden Liclitpunktes eine Anzahl von Krystallkegeln betheiligt ist und in Folge der Lichtbrechung also ein dioptrisches, aber aufrechtes Bild zu Stande kommt. OtolHhenhJasen sind bei Insecten nicht nachgewiesen. Da aber die Fähigkeit der Schallempfindung für zahlreiche und insbesondere für diejenigen Insecten, welche Töne hervorbringen, kaum bezweifelt werden kann, wird man bei diesen auch das Vorhandensein von Organen für die Perception von ') Yergl. S. Exiier, Das Netzhaiitbild des Iiisecteuauges, sowie: Durch Licht bedingte \eischiel)ungen des Pigmentes im Insectenauge etc. Sitzungsb. k. Akad. der AViss. "Wien 1889. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. C. Aufl. gg .Schienenstück des Vorderbeines von LocHsta virklhsi- wn, nach V. Gra- ber. Ty Trommel- fell nebst Deckel. Ein Stück des Nervenendapijarates in der Vorderschiene von Locusta viridissima, nach V. Grab er. N Nerv, Gj Ganglien- zelle, St Stifte in den EndzeUen. 562 Hexapoda. Chordotonalorgane. Sc'halleindriicken voraussetzen müssen. In derThat hat man bei den springenden Orthopteren (tympanale) Apparate nachweisen können, welche wahrscheinlich als akustische zur Empfindung der Schallwellen dienen. Bei den Äcridkrn liegen dieselben an den Seiten des ersten Abdominalsegments dicht hinter dem Metathorax (Fig. 542 T), bei den Grißlidcen und Locustklcn in den Schienen der Vorderbeine dicht unter dem Gelenke des Oberschenkels (Fig. 565). Hier erweitert sich ein Tracheenstamm zwischen zwei seitlichen ^lembranen zu einer Blase, an welcher die mit sogenannten Xervenstiften versehenen Sinnes- zellen eines aus dem ersten Brustganglion entspringenden Nerven ausgebreitet Fig. 567. b jrpersegment der Co/Y/7nY(-LarTe mit dum cUordotonalen Organ, nach V. Gräber. G Ganglion d^r Bauchkette, X Nerv des saitenartig ausgespannten .Stranges (ChJ, L L-gament, Tb Tastborste, b Das chor- dotonale Organ stärker vergrössert. St Xervenstifto in der Saite (Ch), Xz Nervenzellen, in welche der Nerv anschwillt. liegen. Mit jeder wohl als Hypodermiszelle entstandenen Sinneszelle soll eine Ganglienzelle (Fig. 566 6^-) in Verbindung stehen, und es ist wahrscheinlich, dass der Nervenstift selbst, welcher in seiner Axe den nervösen Endtaden ( Axen- tadeu) umschliesst, als innere Cuticularabscheidung der Endzelle (Ectoderm- zelle) hervorgegangen ist und einer äusseren Sinnesborste entspricht. Auch in den Beinen anderer Insecten, z.B. Blatta^ Änisoptcry.r, Lasim, wurden ähnliche,wenn auch einfacher gestaltete Organe (Fig. 11 5) aufgefunden. Wahrscheinlich haben alle diese Organe ihrer Entstehung und Hedeutuug nach eine Beziehung zu den sogenannten Chordotonal Organen, deren weite Verbreitung unter den Insecten von V. Grab er nachgewiesen wurde. Es sind saitenartig ausgespannte Stränge, an welche ein Nerv mit mehreren Ganglien- zellen herzutritt. Aus diesen entspringen zarte Axenfäden, welche im Innern Tastorgane. Geruchsorßane. Geechmacksinn. 563 je eines Nervenstif'tes in dem Strang- verlaufen (Fig. 567 a, b). Der letztere dürfte aus einer niodificirten Hypodermiszelle (Sinneszelle) entstanden sein. Verwandte, unter Porengruppen ebenfalls mit Nervenstiften endende Sinnesorgane wurden im Hinterfliigel der Käfer und in den Halteren der Fliegen nachgewiesen, ferner wurden Endorganc mit Nervenstiften in den Nerven der Antennen, Palpen und Beine aufgefunden. Die Tmtorgdue scheinen vornehmlich durch äussere, mit Nerven in Verbindung stehende Cuticularanhänge an den Antennen und Palpen, aber auch in den Beinen und an der Oberfläche des Körpers vermittelt zu werden. Nicht scharf von den Tastborsten abzugrenzen sind die an den Fühlern und Palpen verbreiteten Kegel und Zapfen, in deren Tnnerm ein axialer Endfaden einer oder mehrerer unterliegenden Ganglienzellen endet. Diese hat man mit Leydig als Träger der Geruchsfunction gedeutet, auf deren Vorhandensein schon der Nachweis eines ausgebildeten Spürvermögens bei vielen Insecten Fig. 568. b '-n ^|fe:^P#;f n Durchschnitt durch eine Antennenlamelle des Maikäfers, nach O. vom Rath. JVNerv, Cli Cliitlnhaut, Cr Ganglienzellen der in den Gruben befindlichen >Sinueskegel (Sk), b Schnitt durch die Antenne von Cetonia auratii. Mk Membrancanal. hinweist. Auch kann alsThatsache gelten, dass die Oberfläche der Antennen der Sitz des Geruches ist. Während man früher nach dem Vorgange Er i c h s o n's die zahlreichen Gruben, welche sich z. B. an den blattförmigen Fühlern der LanielUcornier finden, als Geruchsgruben deutete, wird man die in solchen Gruben eingerückten Kegel und Zapfen, welche einen mit Ganglienzellen verbundenen nervösen Axenfaden enthalten, für die Spür- oder Geruchs- organe halten (Fig. 568 a. b). Auch der Gcschnmcksinii^) fehlt den Insecten keineswegs und scheint vornehmlich durch cuticulare, mit Nervenzellen im Zusammenhang stehende Erhebungen am Grunde der Unterlippe vermittelt zu werden. Bei den Hymenopteren wurden am Grunde der Zunge, sodann an der Spitze derselben und auf der Unterseite der Maxillen Gruppen von kleinen Graben nach- gewiesen. Die letzteren umschliessen einen kleinen Chitinkegel, dessen Axe von ') Fr. Will, Das Geschmacksorgan der Insecten. Zeitsclir. für wiss. Zoo!., Tom. XLII, 1885. Otto vom Ratli, TJeber die Hantsinnesorgane der Insecten. Zeitsclir. für wiss. Zool. Tom. 4(), 188Ö. 3(i* 564 Hexai)oda. Forti'flanzung. einem zarten Kerven, dem Ausläufer einer unterliegenden Gauglienzelle, eingenommen wird (Fig. 570). Vielleicht dient auch das mächtig entwickelte Sinnesorgan am sog. Gaumensegel der Honigbiene, welches ohne aus- reichenden Grund als Geruchsorgan gedeutet wurde, zur ^'ermittlung des Geschmackes. Auch ist es nicht unwahrscheinlich, dass ähnliche Sinne.'^kegel an den sog. Labialkissen der Dipteren die Geschmacksempfindung vermitteln, die überhaupt eine weit verbreitete zu sein scheint. Die beiderlei Geschlechtsorgane der Tnsecten sind durchweg auf verschiedene Individuen vertheilt und correspondiren in ihren Abschnitten und in ihrer Lage, sowie hinsichtlich ihrer Ausmündung an der Bauchseite des hinteren Körperendes. Hoden und Ovarien führen in paarige Leitungs- paarigem (Ephcmeridcn) ^) Endabschuitt wege mit unpaarem, Fi- 56«). ursprunglic . 570. Sa l'ä Stück eines LUii-^-ciiMirti - der Antenne von Gomphocerus m/iis. Ch Cliitiahaut, Sk Sinnes- kegel, Sg Sinnesgrube, (r Ganglion, .VNcrv, nach (1. vom Ratli. Sinneskegel (Sic) der Zungenspitze von l'espa rulijaris, Af Axenfaden, nach O. vom Rath. (Fig. 127). Die Anlage der Geschlechtsorgane lässt sich sehr weit in der em- bryonalen Entwicklung zurück verfolgen . ihre Ausbildung erfolgt in- dessen erst in der letzten Zeit des Larvenleliens, oder bei den Insecten mit vollkommener Metamor- phose während des Pup- penzustaudes. Selten un- terbleibt die volle Ausbil- dung und Reife der Geschlechtsorgane, wie bei den zur Fort[)flanzung unfähigen sog. (/escJih'cJifsIoscn Hymenoptereii (Arbeitsbienen, Ameisen) und Termiten. Männchen und Weibchen unterscheiden sich auch durch äusserliche mehr oder minder tiefgreifende Abweichungen zahlreicher Körpertheile, welche m- weilen zu einem ausgeprägten Dimorphismus der Geschlechter führen. Fast durchweg sind die Männchen schlanker gebaut, sowie leichter und rascher beweglich. Sie besitzen grössere Augen und Fühler und eine lebhaftere, mehr in die Augen fallende Färbung. In Fällen eines ausgeprägten Dimorpliismus bleil)en die Weibchen flügellos und der Form der Larve genähert (Coccklen, Psifchidcn, Strepsipfcren, Lwnrpijris), während die Männchen Flügel tragen. An den weiblichen Geschlechtsorganen unterscheidet man die paarigen Ovarien und Tuhcn oder Eileiter^ den unpaaren Eicrymig, die Scheide und die äusseren GescJdechfstheile. Die ersteren sind röhreuartig verlängerte Schläuche, in denen die Eier ihren Ursprung nehmen und, von dem blinden Ende nach der Mündung in die Tuben zu an Grösse wachsend, in einfacher Reihe perl- schnurartig hintereinander liegen (Fig. 127 a). Die Anordnung dieser EiriUiren wechselt ausserordentlich und führt zur Entstehung einer ganzen Reihe ver- ^) J. A. Palnu'ii, Die Geschlechtsorgane der Ephcmeriden. Helsiiigfois 1884. Weiblichf (Jeschlecbtsorgan«». Ö65 sohiedener Ovarialformcn. Auch ist die Zahl derselben höchst verschieden, am 2:eringsten bei einigen Bhynchoten und den SrhucttcrUmjcn , welche letztere jederseits nur vier, freilich sehr lange Eiröhren bc!>!it/>en. Nach unten laufen jederseit!< die Eiröhren kclehartig (FAer- kelcli) in den erweiterten Anfangstheil des Eileiters zusannnen, welcher sich mit dem der entgegengesetzten Seite zur Bildung eines medianen Eicrymnjes vereinigt. Das untere Ende des letzteren repräsentirt die Scheide und nimmt in der Nähe der Ge- schlechtsüffnung häufig die Ausführungs- gänge besonderer Kitt- und Schmierdriisen (Glanduhic Si^Jicurac) auf, deren 8ecret zur Umhüllung und Befestigung der abzuset- zenden Eier dient. Ausser diesen Drüsen ist der unpaare Ausführungsgang des Ge- schlechtsapparates sehr allgemein mit einem in einfacher oder auch in inehrfacher Zahl auftretenden, meist gestielten l^eeep- weibiicue ceschiechtsorgane von f«».«« ur- _ iicae, nach Stein. O" Die unteren Enden der tartdnm Semlnls ausgestattet, in AVelchem abgeschnittenen Ovarialröhren, Rc Beceptacu- die wahrend der Begattung häufig in lum semmis nebst Anhangsdrüse, F« Vagina, ° "; , Bc Bursa copulatrix mit Gang zum Oviduct, Form von SpCrnKdophorni aufgenommene d,- Glandulae sebaceae, Ur' Drüsenanbange, Samenmasse unter dem Einflüsse des ^'' ^"'=*"'"- Secretes einer Anhangsdrüse längere Zeit, zuweilen Jahrelang, befruchtungsfähig bleibt (Fig. 571 u. 572), unterhalb des Samenbehälters sondert sich zuweilen von der Scheide eine grössere taschenartige Aussackung, die Begattuügstasche (Bursa ccpulatrix), ab, welche die Function der Scheide übernimmt. Bei den Schmetter- lingen leitet ein besonderer Gang das Sperma der hier geti-ehnt ausmündenden Bursa zum Receptaculum (Fig. 571). Die Bildungsstätte der Eizellen ist das verjüngte, häufig in einen dünnen Faden verlängerte Endstück der Eiröhre, von welchem sowohl das Wachsthum der Ei- röhre, als die Ditferenzirung ihres Inhalts in Eizellen und Ovarialepithel ausgeht. Nach dem Eierkelch zu nimmt die Ovarialröhre continuirlich an Durchmesser zu, entsprechend der allmäligen Grössenzunahme, welche die im Lumen der Röhre perlschnm'artig anein- ander gereihten Eier erfahren. Jedes Ei erfüllt eine Kammer und erhält hier eine hartschalige fLihaut ((■hortau)^ welche als (Aiticularbildung von dem die Ausführender Abschnitt der weiblichen Geschlechtsorgane von Musen dotnesficn nach Stein. Od Oviduct, lic die drei Keceptacula semini.s, Dr Anhangsdrüse der Vagina, Bl blindsackförmige Neben- schläuche. 566 Hexapoela. Mannliche Geschlechtsorgane. Kammerwand auskleidenden Epithel ausgeschieden, in ihrer Sculptur die Besonderheiten des Epithels zum Abdruck bringt. Diesem z. B. bei Fulex und vielen Xcuroptercn und Orthopteren zu beobachtenden Typus gegenüber zeichnet sich ein zweiter Ova- rialröhrentypus durch eine complicirtere Gestaltung der Eikammeru aus, indem ober- halb des Eies eine einzige (Forßcvla) oder eine ganze Gruppe von Dotterbildungs- zellen (Nährzellen) liegen, welche auch eine besondere kammerartige Auftreibung bil- den können, so dass an der Eiröhre Dotterkammern und Eikammern regelmässig alter- üK jj^^ niren (Fig. 578« und b). In seltenen Fällen (Aphiden) ent- wickelt sich am Terminalstück der Eiröhre ein gemeinsames n Eiröhre von Fo,Jicu,n. f^^^^^^ ^^ Eizelle 0£ Epithel g^sserCS Fach VOnNährZCllen. der Eirohrenwand. — b Mittelstuck von einer Eirohre der & Spindelbaummotte, .Vr Nahrzellen des Dotterfaches, .B; Eizelle WClchc grUppCnweiSC durcll imKeimfache.H bindegewebige Umhüllungshaut, sog. Serosa^ „DotterSträUgC" mit dcU ab- — e Eirohre von ^^/((ij)Zf?/^noi(/?s mit drei Eifachern {Ez—E) " ^ und dem terminalen Dotterfach. A'^r Niihrzellen desselben, Ds wärtS folgenden Eikammcm iu Dotterstränge. Verbindung stehen (Fig. 573). Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen aus paarigen Hoden und deren Samenleitern, aus einem gemeinsamen Duetus ejaenkitorius und dem äusseren Begattungsorgan (Fig. 574 u. 127 i). Die Hoden bestehen aus Blindschläuchen, welche jederseits in einfacher oder vielfacher Zahl auftreten und, oft knäuelartig zusammen- gedrängt, einen scheinbar compacten lebhaft gefärbten Körper darstellen. Auch können Br sich dieselben zu einem un paaren Organe in der Medianlinie verbinden (Lepidoptera) (Fig. 556). Die Hodenröhrchen setzen sich jeder- seits in einen meistgeschlängelten Ausführungs- gang ( Vas deferens) fort, dessen unteres Ende beträchtlich erweitert und selbst blasentonnig (Sameuhlasej aufgetrieben sein kann. An der Vereinigungsstelle beider Samenleiter zu dem gemeinschaftlichen muskulösen Ductus ejaculatorius ergiessen in den letz- teren häutie- ein oder mehrere Drüsenschläuche ihr Secret, w^elches die Männliche Geschlechtsorgane des Mai- käfers, nach G e gen bau r. TRod.n, Vit ervreiterter Abschnitt d.'s Hamenleiters, Dr gewund"ue Anhangsdrüsen. Parthenogenese. 567 Fis. 575. Sameiiballen mit einer Hülle umgibt. Die UebeiTührung der 8permatophoren in den weiblichen Körper wird durch eine hornige, das Ende des Ductus ejaculatorius umfassende Röhre oder Rinne vermittelt. Diese liegt in der Ruhe meist in den Hinterleil) eingezogen und wird beim Hervorstülpen von äus- seren Klappen oder Zangen scheiden - artig umfasst. Nur ausnahmsweise (Libellen) liegen die zur l'ebertragung des Spermas dienenden Begattungs- werkzeuge, ähnlich wie l)ei den männ- lichen Spinnen, von der Geschlechts- öttnung entfernt an der Bauchseite des zweiten, blasig aufgetriebenen Abdo- utems, n minalsegments. Dielnsecten sind fast durchwegs ovipar undjnur wenige, wie die Tachincn^ Weibliche Geschlechtsorgane des viviijaren Mflo- phagus oviiitis (Pupipare), nach K. Leuckart. Ov Ei in der Ovarialröhre der einen Seite, l'f die in denselben einmündenden Drüsen, Vn Vagina. einige Oesfriden und Pupiparcn etc., sind lebendig gebärend. In der Regel werden die Eier vor Beginn der Embryonalentwicklung kurz nach der Be- fruchtung, selten mit bereits fertigem Embryo ab- gelegt. Im letzteren Falle vollziehen sich die Vor- gänge der Furchuug und Embryonalbildung im Innern der ^'agina (Fig. 575). Die Befruchtung des Eies erfolgt meist während seines Durchgleitens durch den Eiergang an der Mündungsstelle des Bcccptacidum scminis. Da die Eier bereits in den Eiröhren mit einem hartschaligen Chorion umge- ben werden, müssen besondere Vorrichtungen be- stehen, w^elche den Eintritt der Samenfäden und die Befruchtung möglich machen. Ais solche finden sich eine oder zahlreiche Poren (Mih-ophtjhn) ^) am oberen, beim Durchgleiten des Eies nach dem blinden Ende der Eiröhren gerichteten Pole, welche in sehr charakteristischer Form und Gruppirung das Chorion durchsetzen (Fig. 578). Bei verschiedenen Insecten wurde spontane Entwicklung unbefruchteter Eier, sog. Partheno- genese, nachgewiesen, so bei den Fsi/ehiden (Psyehe), Tlnclden (Solenobia), Cocciden (Lecanium, Aspi- diotiis), Äphis und Chermes^ ferner bei zahlreichen Hymenopteren ^ insbesondere bei Bienen, Wespjen, Fig. 576. Mikropylen (Mk) von Insccteneiern, nach R. Leuckart. a Oberes Stück der Eischale von Anfhomijin. — ö Ei \on Drosopliila ccllaris. — c Gestiel- tes Ei von Fniiiscria fesfnceus. Vergl. R. Leuckart, Ueber die Mikropyle und den fe: bei den Insecten. Müller's Archiv, 1855. Gedluespen, Blatt icespjen ren Bau der Sehulenliaut 568 Hexapoda. Heterofjonic. Embryonalent\vicklnng. (Xematus). Bei den in sog. Thierstaatcn zusammenlebenden H/jinenoptercit entstehen aus den unbefruchteten Eiern ausschliesslich niännliche Formen (Aryenotokie). Die Tannenläuse (Chermes) und Gallwespen (Ct/ulps) bieten zug-leich Beispiele von (Hetcrogonk). Aehnlicli verhalten sich die nahe ver- wandten Blattläuse (Äphidcn) , deren Entwicklungscyclus früher als Ge- nerationswechsel aufgefasst wurde. Hier folgt auf die zahlreichen partheno- genetisch sich fortpflanzenden Somniergenerationen eine geschlechtlich aus- gebildete Herbstg-eneration , welche ausser den Oviparen, oft ungeflügelten Weibchen geflügelte Männchen enthält (Fig. 133 «, //). Aus den befruchteten Eiern entwickeln sich im Frühjahre wieder vivipare Blattläuse (Öommergenera- tion), welche meist geflügelt sind (Fig. 133f) und rücksichtlich ihrer Organi- sation den wahren Weibchen sehr nahe stehen, indessen an ihren abweichend gebauten Fortpflanzungsorganen der Samentasche entbehren. Da sich dieselben niemals begatten, wurden sie häufig als mit Keimröhren ausgestattete Ammen betrachtet und ihre Vermehrung als ungeschlechtliche aufgefasst. Indessen besitzt nichi nur der Keimapparat dieser sog. Blattlausammen eine sehr grosse Aehnliclikeit mit dem weiblichen Geschlechtsapparat der Insecten, sondern es erseheint auch die Anlage und Entstehung des Keimes mit der des Eies so übereinstimmend, dass die viviparen Aphiden als eine besonders gestal- tete Generation von Weibchen aufzufassen sind, deren Genitalapparat einige auf Parthenogenese bezügliche Vereinfachungen erfahren hat. Immerhin mag es passend sein, in diesem Falle das Ovarium Psetidorarium und die in demselben entstehenden hfrnchtunysunfähigen Eier, mit deren Wachsthura die Embryonalentwicklung zusammenfällt. Pscudora zu nennen. Unter dem- selben Gesichtspunkte dürfte die Fortpflanzungsweise einiger Dipteren zu er- klären sein , welche bereits als Larven (Crcldomya, Miastor) (Fig. 135), in einem bekannten Falle (Chironomus) als Puppen zeugungsfähig sind (Paf;dogenese). Die Entwicklung ^) des Embryos erfolgt in der Regel ausserhalb des mütterlichen Körpers und nimmt je nach der Temperatur und Jahreszeit eine grössere oder geringere Zeitdauer in Anspruch. Eine endovitelline Furchung führt zur Anlage einer peripherischen Keimhaut, welche stets aus einer ein- fachen Lage von Zellen besteht, und im Dotter verbleibenden Zellen, welche später die Resorption des Dotters bewirken. Aus der den Dotter umschliessenden Keimhaut geht durch Verdickung und schärfere Abgrenzung an der späteren Bauchseite die als Keimstreifen bezeichnete Anlage des Kopfes und der ven- tralen Hälfte des Embryos hervor. Bei Hydropliilus nimmt der anfangs nur ') A. Weismaun, Die Entwicklung der Dipteren. Zeitsclir. für wiss. Zool., Tom. Xill und XIV. E.Metschn ikoff, Eiubryolojrische Studien an Insecten. Ebendaselb.st, Tom. XYII. A. Kowalevski, Embryologische Studien an "Würmern und Arthropoden. Petersburg 1871. N. Bobretzky, Ueber die Bildung des Blastod erms und der Keimblätter bei den Insecten. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXXI, 1878. K. Heider, Die Embryonalentwicklnng von Hydrophilus juceus L. Erster Theil. .lena 1889. Keims(reifen. 569 (liirc'li höhere Zellen der Keimhaut veranlasste Keimstreifen zunächst einen nur kleinen Theil des Eies am Hinterende desselben ein (Fig. 577 a). Der mediane Tlieil dieser Keimanlag'e stülpt sich ein und wird zu einer Kinne, dann nach Verwachsuiiii' der Heitenränder der Rinne zu einem Canal, dessen Hohlraum Fi?. 577. Entwicklung des Embryo von Hijdrojyhilus picens, nach Kowalevski. n Schildförmige Embryonalanlage lKeim.streifen) mit erhobenen .Seitenrändern {Gg). — b Diese Bänder wachsen in der Mitte bereits zu- sammen. — c Die Kinne hat sich fast überall geschlossen. — d Die Schwanzfalte der Embryonalhäute (Am) hat das Hinterende der geschlossenen Rinne überwuchert und rückt nach vorne weiter. — e Die Embryonalhänte haben die Embryonalanlage fast vollständig überwachsen. — / Die Embryonalanlage (Keimstreifen) unter den bereits vollständig geschlossenen Embryonalhäuten, mit 17 Ursegmenten. Kl Kopf- lappen, A Antennen. — g Der Keimstreifen ist an beiden Enden bereits vollständig auf die Bauchseite gerückt. Man sieht die zweilappige Oberlippe, die Fühler (A), Kiefer und Beinanlagen. Auch am siebenten Segment findet sich ein Extremitätenhöcker. An den Abdominalsegmenten haben sich runde Einstülpungen (Tracheenanlagen) gebildet. Eine Längsrinne zieht vom Mund bis zum After. — // Der Keimstreifen be- deckt die ganze Bauchseite des Eies. Die Oeffnungen der Einstülpungen (Stigmen) sind klein geworden. Am ersten Bauchsegment sieht man noch den Extremitätenstummel. Die Ganglien der Bauchkette sind angelegt. Md Mandibel, M.i' erste Maxille, Mx" zweite Maxille, Af After. — / Die sog. Rückenplatte im Stadium des Schlusses zu einem Rohre, Oc Oeffnung desselben. — k Embryo von der Bauchseite vor dem Ausschlüpfen. bald verschwindet (Fig. 577 />, e). Diese Einstülpung bildet die Anlage des unteren Blattes (Entoderm und Mesoderm, Kowalevski). Am Rande des sog. Keimstreifens (Bauchplatte) erheben sich alsbald neue Falten, welche zur Ent- stehung der für die Insectenentwicklung charakteristischen Embryonalhäute führen. Bei Hy droph ilus wachsen die Falten von hinten nach vorne über dem 57U Hexapoda. Segmentirung. Keimstreifen zusammen, verschmelzen miteinander und liefern so eine äussere und innere Hülle, von denen die erstere als Serosa, die letztere als Anniion (Deckblatt) bezeichnet wird (Fig. 577 ^>ewstadiuras, mit welchem, das Larvenleben abschliesst und das Leben des geflügelten Insectes (Imayo) beginnt. Trotz der scheinbaren Discontinuität der Entwicklung, die bei dem Uebergang der Larve in die Puppe und dieser in das .Stadium des Image besteht, schreitet die Umge- staltung auch hier ganz allmälig vor, indem sich in der Larve schon die Anlage der Flügel und Extre- mitäten vollzieht, Avelche erst mit der Abstreifung der Haut an der Puppe äusserlich hervortreten. Auch kann diePuppeselbst mehrere Form- zustände zeigen, wie z. B. bei den Apiden. wo dieselbe zuerst als Halb- puppe (vSubnymi)he) einen noch kurzen IMeso- und Metathorax mit kurzen Flügellappen und Gliedma:Ssen besitzt, während in dem späteren Zustande der Puppe diese Körper umfangreicher entwickelt sind und dem geflügelten Insect viel näher stehen (Fig. 580). Den Puppenstadien derlnsecten mit voll- konmiener ^letamorphose erscheinen die Larven mit Flügelstummeln, welche ■■-^,^. bei den Tnsecten mit un- Fiff. 581. ,,, ir n vollkommener Verwand- lung in mehrfacher Zahl aufei nan der folgen , einiger- massen vergleichbar. Bei den Eintagsfliegen ])flegt man das letzte derselben, welches unmittelbar vor dem Uebergang in das ge- schlechtsreife geflügelte In- sect aus der Larve mit Flügelstummeln nach Ab- streifung der Haut hervor- geht , als ftubimago zu be- zeichnen . Die Verwandlung erscheint somit im Gegen- satz zu der alhiiäligcn con- tinuirlichen U'mgestaltung der unvollkommenen Metamorphose diseontinuirlich, ein offenbar secundäres Verhältuiss, welches phyletisch aus der continuir- lichen abzuleiten ist. Auch erscheint alsdann die Zahl der Häutungen eine beschränktere, indem schon die 4. Häutung in das letzte (5.) Stadium des Imago überführt. Als Hijpermf'tmuorphose hat man nach dem Vorgänge Fabre"s eine Entwicklungsart unterschieden, welche durch das Auftreten mehrerer ver- Metamoriihose von Sitniis l form, b z%veite Ijapvenforni •r/ih's, nachFabfe. " Erste Larven- Scheiopiippi',. .(/dritte Larvcnform. P.UH"^- Larveiifonnrii. Ö73 schieden g-estalteter und sieh ernährender Larvenformen und zwischen den- selben eini^-eschobener puppenartii^cr Kidiestadien gewissennassen nocii über die vollkoniniene A^erwandluni^- hinausg-eht (Mcloidcn) (Fig-. 581). In diesen Fällen ist jedoch die Zahl der Häutungen keineswegs vermehrt, indem die intermediären Kuhestadien von der abgestreiften, aber zurückgebliebene^ Larvenhaut umschlossen sind. In ihrer Körperform erinnern die Larven durch die humonome Segmen- tirung an die Anneliden. Indessen dürften verhältnissmässig nur wenigeLarven- formen ihre ursprüngliche Gestaltung bewahrt haben und eine phyletische Bedeutung besitzen, wie insbesondere die C(mrpodm-Si\m\\Q\\Q\\ Larven der Mcloiden, Forficiih'dev, FcrJldcn, ferner von Mantispa und manchen Käfern; in den meisten Fällen verdanken die Insectenlarven secundären Anpassun- gen ihre Eigenthümlichkeiten. Die am tiefsten stehenden, meist parasitischen Larven sind wurmförmig geworden und entbehren sowohl der Gliedmassen, als eines gesonderten Kopfabschnittes , dessen Stelle durch die vorderen Leibesringe vertreten wird [Maden der Dipteren (Fig. 74) und zahlreicher Hipuciioptcrcu]. In anderen Fällen ist zwar ein gesonderter Ko])fabschnitt vorhanden, aber die nachfolgenden Brust- und Hinterleibssegmente sind vollständig gliedmassenlos. Die Larven der Netzflügler, zahlreicher Käfer, der Blattwespen und Schmetterlinge (Banpen) besitzen dagegen an ihren drei freien Brustsegmenten gegliederte Extremitäten, häufig al)er auch an den Hinterleibssegmenten eine grössere oder geringere Zahl von Fussstummeln (Afterfüsse). Bei vielen Insecten sind die Anlagen von abdominalen Fuss- paaren auf das Embryonalleben ^ beschränkt und werden noch vor dem Ausschlüpfen der Larve wieder rückgebildet (Manüs, HydrophUus. Blatta, Melolonth(t). Am Kopfe jener Larven finden sich zwei Antennenstummel und einfache Punktaugen in verschiedener Zahl. Die Mundtheile sind in der Regel beissend, auch da. wo die ausgebildeten Insecten Saugröhren be- sitzen, bleiben aber freilich mit Ausnahme der Mandibeln gewöhnlich rudi- mentär (Fressspitzen). Ausnahmsweise kann die Metamorphose durch ganz absonderliche Larvenformen ausgezeichnet sein, wie z. B. bei den PteromaJinen (PI((f>/gasfcr^ TcJcas), deren Eier in andere Insectenlarven abgelegt werden (Fig. '582). Die Ernährungsart der Larve wechselt mannigfach, indessen prävaliren vegetabilischeSubstanzen, welche imUeberflusse demrasch wachsenden Kör[)er zu Gebote stehen. Derselbe besteht meist in kurzer Zeit vier oder auch fünf, selten eine grössere Zahl Häutungen und legt im Laufe seines Wachsthums den Körper des geflügelten Insectes vollständig an, freilich nicht überall durch unmittelbare I'mbildung bereits vorhandener Theile, sondern zuweilen unter In dieser Hinsicht kommen bedeutende \ev- *) Vergl. V. Graber, Ueber die Polypntlie der Insectenembryonen. Morphol. .lal Toni. XIII, 1888. PL Haase, Die Abdominalanhänge der Insecten mit Berüeksiclitigung Myriopoden. Ebendas. Tom. XV, 1889. 574 Hexapoda. Imaginalscheiben. schiedenheiten vor, deren Extreme bei den Dipteren durch die Gattungen Coretkra und Musra repräsentirt werden. Im ersteren Falle verwandeln 5>ieh die Larvensegmente und die Gliedmassen des Kopfes direet in die entsprechen- den Theile der Mücke, während die Beine und Flügel nach der letzten Larven- häutung als Anhänge der Hypoderrais in der Umgebung eines Nerven, respec- tive einer Luftröhre als sog. Imaginalscheihen gebildet werden. Die Muskeln Fig. 582. i-on driM P.'r//y!7n.sV('c-ArtfTi, nach (Jan in. n klauen, d Zweites Larvenstadium. '), c Cyclopsälinliche Larvenstadien mit Kiifer- ])rittes Larvenstadium. Fig. 582/ des Abdomens und die übrigen Organ sj^ste nie gehen unverändert oder mit geringen Umgestaltungen in die des geflügelten Thieres über, die Thorax- muskeln dagegen entstehen als Neubildungen aus bereits im Ei angelegten Zellsträngen. Mit diesen geringen Veränderungen steht das active Leben der Pnppe und die geringe Entwicklung des Fettkörpers in nothwendiger Corre- lation. Bei Miism dagegen, deren ruhende Puppen von einer festen tonnentormigen Haut eingeschlossen liegen und einen reichlichen Fettkörjier enthalten, entsteht der Körper des ausgebildeten Thieres mit Ausnahme des Abdomens durch tiefgreifende Umbil- nach tjmigen der Larve. Kopf und Thorax gehen ans Imaginalscheiben hervor, die, bereits im Ei angelegt, im Larvenkörper in der Umgebung von Nerven oderTracheen zur Entwicklung gelangen. Erst während des Puppenstadiums verwachsen diese Scheiben zur Bildung von Kopf und Brust. Jedes Brustsegment wird aus zwei (einem dorsalen und ventralen) Scheibenpaaren zusammengesetzt, deren Anhänge die späteren Beine und Flügel darstellen. Auch die inneren Organe der Larve erfahren wesentliche Umgestaltungen, zerfallen zum Theil, um durch Neubildungen ersetzt zu werden. Image V n I'lnlyijnst. (j a n i n. VerpnppunR. Lebensweise. 5/0 Nach Weismann's Darstellung wurde dieser Vorgang als ein Process der Histolysc aufgefasst, durch welchen aus den zerfallenen Geweben unter Vermittlung des Fettkörpers neue Zellen zur Bildung der Organe des Imago entstehen sollten. Es hat jedoch Kowalevski^) dargethan, dass die aus den /.erlallenen Geweben entstandenen Kitrnchenkugeln keine neugebildeten Zellen, sondern die Blutkörperchen sind, welche als rhayocytrn (Metschnikot'f) die in ihrer Function geschw'ächten Gewebe zum Zerfall bringen, in sich auf- nehmen, verdauen und als Ernährungsmaterial dem Organismus zufuhren. Hat die Larve eine bestimmte Grösse und Ausbildung erreicht, d. h. ist dieselbe ausgewachsen und mit dem für die weiteren Umwandlungen erforder- lichen Nahrungsmaterial in Gestalt des mächtig entwickelten Fettkörpers aus- gerüstet, so schickt sich dieselbe zur Verpuppung an. Die Larven zahlreicher Insecten verfertigen sich mittelst ihrer Spinndrüsen über oder unter der Erde ein schützendes Gespinnst, in welchem sie nach Abstreifung der Haut in das Stadium der Puppe (flirijsalis) eintreten. Entweder liegen die äusseren Körper- theile des geflügelten Lisectes der gemeinsamen hornigen Puppenhaut an, so dass sie als solche zu erkennen sind (Lepidopteren, Pupa ohtecta), oder die- selben stehen bereits frei vom Rumpfe ab (Coleopteren, Pupa lihera). Indessen ist diescrlJnterschied untergeordneter Art, indem auch bei den ersteren unmittel- bar nach der Häutung die Gliedmassen frei liegen und erst nachher durch die erhärtende cuticulare Schicht verkittet w^erden. Bleibt die Puppe auch noch von der letzten Larvenhaut umschlossen (Muscidcii), so lieisst dieselbe Pupa roarcfata. Ueberall liegt bereits der Körper des geflügelten Insects mit seinen äusseren Theilenin der Puppe scharf umschrieben vor, und es ist die besondere Aufgabe des Puppenlebens, die Umgestaltung der inneren Organisation und Keife der Geschlechtsorgane zu vollenden. Ist diese Aufgabe erfüllt, so sprengt das aIlm^ilig consolidirte geflügelte Insect die Puppenhaut, arbeitet sich mit Fühlern, Flügeln und Beinen hervor und breitet die zusammengefalteten Theile unter dem Einflüsse lebhafter Inspiration und Luftanfüllung der Tracheen auseinander. Die Chitinbekleidung erstarrt mehr und mehr, aus dem End- darm tropft das während des Puppenschlafes entstandene und aufgespeicherte Harnsecret aus und das Insect ist zu allen Geschäften des geschlechtsreifen Thieres tauglich. Die Lebensweise der Insecien ist so mannigfach, dass sich kaum eine allgemeine Darstellung geben lässt. Zur Nahrung dienen sowohl vegetabilische als animalische Substanzen, welche in der verschiedensten Form, sei es als feste Stoffe oder als Flüssigkeiten, sei es im frischen oder im faulenden Zu- stande, aufgenommen werden. Insbesondere werden die Pflanzen von den Angriffen der Insecten und deren Larven heimgesucht, und es existirt wohl keine Phanerogame, w^elche nicht ein oder mehrere Insectenarten ernährte. Indessen erscheinen viele Insecten wiederum für das Gedeihen der Pflanzen- ') A. K owalc vski, Beiträge zur Kenntniss der nachembryonalen Entwicklung der Muscidcn. Zeit.schr. für wiss. Zool. Tom. 44, 1887. •5*76 Hexapoda. Ivjinsttriebe. weit nützlich und iiotliwendij?, indem sie. wie zahlreiche Fliegen. Bienen und Schmetterlinge, dnrch Uebertragung des Pollens auf die Narbe der ßliithen die KefriK'htnng vermitteln. Den vollkommenen Leistung-en der vegetativen Organe entsprechen die vielseitigen und oft wunderbaren, auf i)sychische Lebensäusseruugen hindeu- tenden Handlungen. Dieselben werden allerdings grossentheils instinctiv durch den Mechanismus der Organisation ausgeführt, beruhen zum Theil aber ent- schieden auf psychischen Vorgängen, indem sie im Zusammenhange mit dem hoch entwickelten Perceptionsvermiigen der Sinnesorgane Gedächtniss und Urtheil voraussetzen. IMit dem Instincte tritt das Insect in die Welt, zu den auf (4edächtniss und Urtheil beruhenden Handlungen hat sich dasselbe die psychischen Bedingungen erst auf dem Wege der Sinnesperception und Er- fahrung zu erwerben (Biene). In der ererbten Organisation aber sind alle jene Fähigkeiten eingeschlossen, welche, im langsamen Processe phylogene- tischer Gestaltung unter Aufwand von psychischen Kräften erworben, im häufigen, zuletzt automatischen Gebrauche rein mechanisches Eigenthum des Organismus wurden. Die instinctiven und psychischen Aeusserungen beziehen sich zunächst auf die Erhaltung des Individuums, indem sie Mittel und Wege zum Erwerbe der Nahrung und zur Vertheidigung schaffen, ganz besonders aber als sog. Kunsttriehe durch die Sorge um die Brut auf die Erhaltung der Art. Am einfachsten offenbart sich die letztere in der zweckmässigen Ablage der Eier au geschützten Plätzen und an bestimmten, dem ausschlü})fenden Thiere zur Nahrung dienenden Futterpflanzen. Complicirter werden die Handlungen des Mutterinsects überall da, wo sich die Larve in besonders gefertigten Räumen entwickeln und nach ihrem Ausschlüpfen die erforderliche Menge geeigneter Nahrungsmittel vorfinden muss (Sphex sabidosa) . Am wunderbarsten aber bilden sich die Kunsttriebe bei einigen psychisch am höchsten stehenden Pseudoneuropteren und Hymenojjteren aus, welche sich weiter um das Schicksal der ausgeschlüpften Brut kümmern und die jungen Larven mit zugetragene)- Nahrung grossziehen. In solchen Fällen vereinigt sich eine grosse Zahl von Individuen zu gemeinsamem Wirken in sog. Thierstaaten mit ausgeprägter Arbeitstheilung ihrer männlichen, weiblichen und geschlechtlich verkümmerten Generationen (Termiten, Ameisen, Wespen, Bienen). Einige Insecten erscheinen zu Tonproductionen ') befähigt, die wir zum Theil als Aeusserung einer inneren Stimmung aufzufassen haben. Man wird in dieser Hinsicht von den summenden Geräuschen der im Fluge befindlichen llymenopteren und Dipteren (Vibriren der Flügel und blattfih-miger Anhänge im Innern von Tracheen), ebenso wohl von den knarrenden Tönen zahlreicher Käfer, welche durch die Reibung bestimmter Körpersegmente aneinander (Pro- notum und Mesonotum, Lainellicornicr) oder mit der Innenseite der Flügel- decken entstehen, abstrahiren können, obwohl es möglich bleil)t, dass sie zur *) H. Landois, Die Ton- und Stimraapparate der Insecteu. Leipzig 18()7. 1. Ordnung. Apterogenea. ö77 Abwehr feindlicher Angriffe eine Beziehung haben. Eigenthümliche Stimm- organc, welche Locktöne zur Anregung der Begattung erzeugen, finden sieh bei den männlichen Singzirpen (Ckada) am Hinterleibc und bei den männlichen (h-i/Uodeeri und Locusfidc)} an der Basis des A'orderfliigels. Aehnliche, wenn- gleich schwächer zirpende Töne jjroduciren indessen auch beide Geschlechter i\cY Acrididcu durch Reiben der Schenkel der Hinterbeine an einer Firste der Flügeldecke. Die Verbreitung der Insecten ist eine fast allgemeine, vom Aequator an bis zu den äussersten Grenzen der Vegetation, freilich unter beträchtlicher Abnahme der Artenzahl, der Grösse und Farbenpracht «der Arten. Einige Formen sind wahre Kosmopoliten, z. B. der Distelfalter. Fossile Insecten finden sich schon im mittleren Silur (Blatt Iden) '), dann im Devon (UhcJhdtdcii und Ncm-optcren), sowie in der Steinkohlenformation, in späteren Fornmtionen bis zum Tertiärgebirge an Artenzahl zunehmend. Schon die paläozoischen Formen zeigen hochentwickelte Typen, von denen einzelne (Ew/crcon) Charaktere von Hemipteren, Neuropteren und Orthopteren verbinden, andere entschiedene Neuropteren, Rhynchoten und Orthopteren sind. Am schönsten erhalten sind die Einschlüsse im Bernstein und die Abdrücke des lithographischen Schiefers. Den ältesten und ursprünglichsten Insecten stehen ohne Zweifel die Campodm- und Jr/^jy.rarten am nächsten. Die Körperform und Organisation derselben zeigt zugleich die nahe Beziehungen zu den Myriopoden, so dass eine gemeinsame Abstammung beider Ordnungen sehr wahrscheinlich sein dürfte. In jüngster Zeit hat man insbesondere den ausstülpbaren Bläschen, welche an den Segmenten derThysanuren und Myriopoden vorkommen, sowie den am Abdomen der erstem und im Embryonalleben auch der höhern geflügelten Insecten auftretenden Gliedmassen eine grosse Bedeutung für die genetische Zusammengehörigkeif beider eingeräumt und in den StimphyJcu ( Scolopcndrella) die der gemeinsamen Stammform am nächsten verwandten Antennafen zu erkennen geglaubt. 1. Ordnung. Apterogenea.'^) Flügellose insecten mit behaarter (beschuppter) Körperhedeckung, mit rudimentären, heisscnden Mundtheilen und borst enförmigen Änalfäden oder Springapparat am Ende des zchngHedrigen Abdomens, ohne Metamorpjhose. Die Thysanuren scheinen den ursprünglichen Charakter der ältesten Insectenformen am meisten bewahrt zu haben und erinnern ganz besonders ') Woodward, Lithomantis. (ziiiart. Jouni. Geol. Soc. London 187(5. Hagen, Bulletin of the Museum of comp. Zool. vol., VIII, 1881. -) John L üb bock, Monograph of the Collembola and Thysanura. London 1873. B. Grassi, I Progenitori dei Miriapodi e degli Insetti. II und III. Catania 188(j. .1. T. Oudemans, Beiträge zur Kenntniss der Thysanura und Collembola. Amsterdam 1887. B. Grassi, Anatomie comparee des Thysanonres et considArations genei'ales sur l'organisation des Insectes. Arcli. de Biologie. Turin 1889. C.Clau.s: Lehrbucli der Zoologie, (i. Aufl. y^ 578 Apterogenea. Körperbau. in den langgestreckten Campodiden an gewisse Myriopoden (Sympliylen, ScoJopendrella), zumal sie auch am Abdomen Fussstummel tragen können (Fig. 583 a, h). Man hat daher die Campodiden als den .Stammformen der Insecten am nächsten stehend zu betrachten. Flügel fehlen, und zwar ist der Mangel derselben im Gegensatze zu vielen flügellosen Insecten aus den anderen Ordnungen kein secundärer, sondern ursprünglicher. Am Vorder- rande des Kopfes finden sich massig lange borstenfürmige Fühler und meist gehäufte Ocellen anstatt der Facettenaugen, die nur bei Murhilis und Lcpisma Fig. 583. Fig- j84. Cnmpodea siaphylinus, nach J. Lubb o c k. ft Vordere Körperhälfte von C./rni/ (7 (S, nach Palmen. .1 Antenne, ,S' Stigmen, P Thoracalfüsse, P' Fussstummel des Ab- domens. )iUos(i, h Lcpismn sncchariitn (regne animal). auftreten. Die Mundwerkzeuge bestehen aus Mandibeln und Maxillen, welche in eine Art Atrium zurückgezogen werden können. Die Maxillartaster sind siebengliedrig, die Labialtaster dreigliedrig. Tracheen fehlen bei vielen Collembolen (Podura) vollständig, während sie bei Campodea sehr einfache Verhältnisse zeigen. Hier finden sich nur drei Stigmenpaare, und es fehlen die Anastomosen der aus denselben entspringenden Tracheenstämme. Die drei Thoracalsegmente sind oft verschieden gross. Abdomen aus sechs bis zehn Segmenten gebildet. Aehnlich wie bei Scolopendrella sind an den Abdominalsegmenten von Campodea, MachiUs und anderen Thysanuren vorstülpbare Bläschen (Fig. 585), an deren Aussenseite ein griffelf<)rmiger Zapfen vorragt , und am vorletzten Hinterleibssegmente erheben sieh oft 2. Ordnung, (»rthoptera. 579 borstenturniige Fäden, die, banchwärts eingeschlagen, als Hpringapparat (Springgabel) zum Fortschnellen dienen (Fig. ö84r(). In diesem Falle ist oft an der Bauchseite des ersten Ab- dominalsegnients ein Haftapparat mit Drüse vorhanden. Die Entwick- lung erfolgt ohne ^letamorphose, aber unter zahlreichen Häutungen. 1. Unterordnung. Thi/sanura. Körper langgestreckt mit zehnglie- drigem Hinterleib, welcher Rudi- mente von Gliedmassen besitzen kann und mit zwei Analanhängen Vontralschild eines Abdominalsegmentes von Mnchilis endet. Zusammengesetzte Augen """-'''•'"«, nachou dem ans. ißvorstüipbare Bläschen. "^ M deren Muskeln, 6'r seitlicher Griffel {Beinrudiment). können vorhanden sein. Farn. Campodkhic. Köi-^ier mit Rudimenten von Gliedmassen und zwei Analfäden. Japijx yiyas Br., Cypern. J. solifugus Hai., Campodea staphijlinus Westw. (Fig. 583). Fam. Lepisnüdae, Borstenschwänze. Körper mit metallisch schimmernden Schuppen dicht bedeckt. Das Abdomen endet mit einer längeren Mittelborste und zwei schwächeren seitlichen Borsten, Lepisma sacciwrina L., Zuckergast, Silberfischchen (Fig. 584 Z^). Machilis poJypoda L. M. maritima Latr., auf und unter Steinen an den Meeresküsten. 2. Unterordnung. ('oUewhola. Körper mehr oder minder gedrungen mit sechs oder weniger Hinterleibssegmenten , fast stets mit banchwärts um- geschlagener Springgabel endend. Augen fehlen oder sind Punktaugen. Fam. Poduridac. Poduru iKiuaiica Deg. P. rillosa Geoft'. (Fig. 584 a). Degeeria ni- rulin L., Sohneefioh. Smintliurus signalus Latr. 2. Ordnung. Orthoptera^), Geradflügler. Insecten mit heissenden Mundüerkzeuycn, viertheiUyer Unterlippe, mit zivei nnghichen Flügelpaaren und unvollkommener Metamorphose. Der den Flügeln entlehnte Name der Ordnung passt keineswegs auf alle hierher gehörigen Formen, wie auch in der äusseren Erscheinung und inneren Organisation eine grosse ^Mannigfaltigkeit obwaltet. Meist trägt der grosse Kopf lange vielgliedrige Fühlhörner, ansehnliche Facettenaugen und auch zwei oder drei Punktaugen. Die Mundwerkzeuge sind zum Kauen und Beissen eingerichtet (Fig. 544). Die Maxillen sind mit horniger, an der Spitze gezahnter Innenlade versehen, diese von der helmförmigen häutigen Aussenlade (Galea) überdeckt, mit fünfgliedrigem Taster. An der Unterlippe bleiben in der Regel die vier Laden, zuweilen selbst ihre Träger (Stipitcs) von einander getrennt. Die Labialtaster sind dreigliedrig. Der sehr ver- schieden grosse Prothorax zeigt sich durchweg frei beweglich und gelenkig ') A. Serville, Histoire naturelle des Insectes Orthopteres. Paris 1839. T. de Charpentier, Orthoptera descripta et depicta. Leipzig 1841. L. H. Fischer. Orthop- tera Europaea. Leipzig 1853. R. Heymons, Ueber die Entstehung der Geschlechtsdrüsen von Phyllodromia. Berlin 1891. Derselbe, Die Embryoiialentwicklung von Dermapteren und Orthopteren etc. Jena 1895. 37* 580 Ortlioi.tera. KOri)prbau. auch vom JMesothorax abgesetzt. Die Forin iiiid Bildung der Flügel schwankt ausserordentlich. Meist sind die schmalen Vorderfiiigel pergamentartige Flügeldecken oder wenigstens stärker und dickhäutiger als die grösseren und der Länge nach zusammenlegbaren Hinterflügel. Verschieden verhalten sich auch die Beine, deren Tarsen selten nur aus zwei, meist aus drei, vier oder fünf Gliedern bestehen. Der Hinterleib bewahrt die vollzählige Segmcntirung und endet mit Zangen-, griffel-, faden- oder borstenförmigen Caudalanhängen ; meist gehen zehn Segmente in seine Bildung ein, von denen das neunte die Geschlechts- öttnung, das zehnte den After uraschliesst. Am weiblichen Abdomen findet sich zuweilen (Heusclirecken) eine Legescheide; dieselbe entspringt am vorletzten und drittletzten Segment und besteht jederseits aus einer oberen und unteren Scheidenklappe und einem inneren, der oberen Scheidenklappe anliegenden, auf einer Rinne am oberen Rande der unteren Scheidenklappe laufenden Stachelstab (Fig. 552). Die untere Scheidenklappe entsteht durch das Zapfenpaar des drittletzten Segmentes, die obere dagegen durch das äussere, der anliegende Stachelstab durch das innere Zapfenpaar des vorletzten Segmentes. Viele Orthopteren besitzen eine als Kropf zu bezeichnende Erweiterung der Speiseröhre und einen Kaumagen, auf welchen der häufig mit einigen Blinddärmchen beginnende Chylusmagen folgt. Die Speicheldrüsen sind oft ausserordentlich umfangreich und mit einem blasenförmigen Reservoir versehen. Die Zahl der Malpighi"schen Gefässe ist mit einzelnen Ausnahmen eine sehr beträchtliche. Das Bauchmark zeigt drei grössere Brustganglien und fünf, sechs oder mehr kleinere Abdominalganglien. Einige Orthopteren besitzen tympanale Organe. Für die Geschlechtsorgane gilt im Allgemeinen das N'orhandensein zahlreicher Eiröhren und Hodenschläuche , in deren Leitungscanäle mächtige Drüsen einmünden. Eine Bursa copulatrix fehlt. Alle durchlaufen eine unvollkommene Metamorphose. Beide Geschlechter unterscheiden sich — von der Verschiedenheit der äusseren Copulationsorgane und des Hinterleibsumfanges abgesehen — zuweilen durch die Grösse der Flügel (Pcrlphinda) oder den Mangel der Flügel im weiblichen Geschlechte (Heterogamla, Pnciimora) , sowie bei den springenden Orthopteren durch die Ausbildung eines Stimmorgans am Körper des Männchen. Wahrscheinlich dienen die schrillenden Geräusche des letzteren dazu, die Weibchen herbeizu- locken und zur Begattung anzuregen. Selten besitzt jedoch auch das Weibchen den Stimmapparat in vollkommener Ausbildung (Ephipptficra unter den Locusflden). Die Eier werden unter sehr verschiedenen Verhältnissen in der Erde oder an äussere Gegenstände abgesetzt. Die Larven der geflügelten Formen verlassen das Ei ohne Flügelstummel und stimmen bis auf die Zahl der Fühlerglieder und Hornhautfacetten in Körperform und Lebensweise mit den Geschlechtsthieren überein. Die meisten ernähren sich im ausgebildeten Zustande von Früchten und Blättern, einige von thierischen Substanzen. IJeriiiaptcra. (ursoria. Gressoria. o81 1. riitcrurdnung. DcniKjjjfmi. Mit hornigen, kur/en Vorderfiiigeln, grossen der Länge und Quere nach faltbaren Hinterflügeln, mit zwei unge- gliederten, eine Zange bildenden Anhängen am Endsegment des Abdomens. Gesehlechtsötithungen jederseits oder einseitig rudimentär. Fain. Fofjiculidae, Ohrwürmer. Von langgestreckter Körperforin, mit vier iiiigleichea Fügein, von ilenen die vorderen kurze hornige Flügeldecken sind, welclie dem Kör])i;r hori- zontal aufliegen und die fächerförmigen, durch Ge- lenke doppelt eingeschlagenen Hintertiügel bedecken (Fig. ä86 u). Die schnurförmigen Fühler seitlich von den Augen. Unterlippe mit gespaltenen Stipites und dreigliedrigem Taster. Der neungliedrige Hintfrleil) endet mit einer Zange, deren Arme beim Männchen stark ausgebogen sind. Sie ernähren sich von Pflanzenstoffen, besonders Früchten, und verkriechen sich am Tage in Schlupfwinkeln, aus denen sie in der Dämmerung hervorkommen. VorficuJa uuri- cuhtrta L. (Fig. 586a). Lahidura (/iyantea Fabr. 2. Unterordnung. Orthoptcra s. str. I. Cursoria. Mit Laufbeinen. Fam. Blattidae. Von flacher, länglich-ovaler Kürperform, mit breitem schildförmigem Prothorax, .,,.,. ^ ,, T , , r, "■ Vorficuhi auvictüaria, b BIrilta oi-icnfnlis (~\ langen vielgiiedrigeu Fühlern und starken bang- df.gne animal) beinen mit bestachelten Schienen und fünfgliedrigen Tarsen. Der Kopf wird von dem grossen Vorderbrustschilde überdeckt und entbehrt in der Regel der Ocellen. Die Vorderflügel sind grosse übereinander greifende Flügeldecken, können aber sammt den Hinterflügeln beim AVeibchen (Heteroyamia) oder auch in beiden Geschlechtern vollkommen fehlen. Waren schon im Silur vertreten. Das älteste bislang gefundene Insect aus dem Silur war eine Schabe (Palaeohlattina Douvillei, Brongn.). Die Schaben leben von harten thierischen Steifen und halten sich lichtscheu am Tage in dunklen Verstecken auf. Viele Arten sind über alle Welttheile verschleppt und richten bei massenhaftem Aiiftreten in Bäckereien und Magazinen grossen Schaden an. Besonders gross sind die tropischen Formen. Die AVeibchen legen ihre Eier kurz vor dem Ansschlüpfen der Jungen in Kapseln ab, welche bei Periplaneta orientalis circa vierzig Eier, in einer Doppelreihe gelagert, umschliessen. Die Metamoii^hose soll hier vier Jahre dauern. Periplaneta orientalis L., gemeine Schabe, soll aus dem Orient in Europa eingewandert sein (Fig. 586 Z/). P. americana Fabr., Blatta lapponica L., B. f/ermanica Fabr., Heteroyamia Burm. IL Gressoria. Mit Schreitbeinen. Fam. Mantidae, Fangheuschrecken. Mit vorderen Rauhbeinen, deren gesägte Schienen gegen den gezähnten Schenkel eingeschlagen werden. Leben vom Raube anderer Insecten und sind Bewohner der wärmeren und heissen Klimate, nur kleinere Arten erstrecken sich bis in das südliche Europa. Die "Weibchen legen ihre Eier klumpenweise an Pflanzen ab und umhüllen dieselben mittelst eines zähen, zu einer Kapsel erhärtenden Secretes, welches von fadenfönnigen Anhangsschläuchen des Oviducts abgeschieden wird. Manlis reliyiosa L., Gottesanbeterin, im südlichen Europa (Fig. 533«). Fam. Phasmidae , Gespenstheuschrecken. Körper gestreckt, in der Regel linear, mit langen Schreitbeinen, deren fünfgliedrige Tarsen zwischen ihren Endklauen einen grossen Haftlappen tragen. Flügeldecken und Flügel häufig abortiv oder fehlend. Analfäden nicht gegliedert. Leben in den Tropengegenden und ernähren sich von Blättern. Die flügellosen Formen gleichen verdorrten Zweigen, die geflügelten trockenen Blättern. Bacteria calamus Fabr., Surinam. Phasmu fasciatum Gray, Brasilien. Phijllium siccifolitim L., Ostindien. 582 Orthoptera. Saltatori III. SaUatoria. Mit Spriiigbeinen. Fam. Acridiidae, Feldheuschrecken. Körper seitlich comprimirt mit senkrecht ge- stelltem Kopf und kurzen, schnür- oder fadentormigen Fühlern. Pronotum schildförmig, das Mesonotum üben'agend. Die derben Yorderflügel sind nur wenig breiter als das A'orderfeld der hinteren, welche fächerförmig eingeschlagen, in der Ruhelage von jenen vollkommen bedeckt werden. Die Gehörorgane liegen jederseits am Metathorax (Fig. 542). Den Weibchen Fi» 587 fehlt eine vorstehende Lege- scheide, sie besitzen aber eine obere und untere , je aus zwei hornigen Griffeln ^^— zusammengesetzte Genital- ^•=*^;( klappe. Die Männchen pro- duciren ein schrillendes Ge- (ntjiiotnipn rulijnris (regne animai). räusch, indem sic den ge- zähnten Innenrand der Hinterschenkel an vorspringenden Adern der Flügeldecken anstreichen. Aber auch bei den Weibchen ist dieser Stridulationsapparat, wenngleich rudimentär und nicht stärker ausgebildet als bei den männlichen Larven , vorhanden , und es vermögen somit die AVeibchen mancher Arten schwache zii-pende Töne hervorzubringen. Sie halten sich vorzugsweise auf Feldern, AViesen und Bergen auf, im Frühjahr und Sommer als Lan'en, im Spätsommer und Herbst als Geschlechtsthiere, fliegen mit schnan-endem Geräusch . in der Regel nur auf kurze Strecken und "^^ "^ ■ ernähren sich von Pflanzentheilen. Tettix " ~-^ ^.^"^ suhulata L., Pneumora Thnbg., Oedipoda ^\^ y^ miijratoria L., Wanderheuschrecke im süd- \^ y liehen und östlichen Europa. Ungeheure "^ ^S^, / Schwärme unternehmen gemeinsame Züge ^^^1J^H| /^ und verbreiten sich verheerend und zer- störend über Getreidefelder. Oc. (Pachytylus) stridula L. Äcridium iataricutn L., Süd- europa. Truxalis nasufa Fabr., Südeuropa. Fam. Locusiidae, Laubheuschrecken. Körper langgestreckt, meist grasgrün oder braun gefärbt, mit sehr dünnen Fühlern und meist vertical dem Körper anliegenden Flü- geldecken, Gehörorgan in den Schienen der Vorderbeine (Fig. 548). Die Weibchen besitzen eine säbelföi-mige weit vorragende Legescheide, welche aus einer rechten und linken Doppel- klappe des achten und neunten Segments be- steht, zwischen sich aber noch einen Stachelstab jederseits einschliesst, welcher am neunten Segmente entspringt. Die im Spätsommer oder im Herbste in der Erde abgesetzten Eier überwmtern. Die Larven schlüpfen im Frühjahre aus und werdeu nach mehrfachen Häutungen erst im Spätsommer zu geflügelten Geschlechtsthieren. Die Laubheuschrecken leben im Wald und Gebüsch, auch wohl auf dem Felde und und sitzen hoch auf dem Gipfel der Halme oder Sträucher. Decticus rerrucivorus L. Deutschland. Locusia viridissima L., Heupferd. L. can- tans Charp., Schweiz. Ephipinf/era perforata Ross., Italien und Süddeutschland. Fam. Gri/llidae, Grabheuschrecken. A'on dicker Avalziger Körperform, mit freiem und dickem Kopf, meist langen, borstenförmigen Fühlern und kurzen, horizontal aufliegenden: Flügeldecken, welche von den eingerollten Hinterfiügeln weit überragt werden. Die A'order- beine sind zuweilen Grabfüsse. Das Männchen bringt durch AneinandeiTciben beider Flügel- decken, die übrigens die gleiche Bildung (Zähne einer Flügelader der Unterseite und vor- njllH .pe.Ms Ö imal). 3. Ordnung. Pseudonpuroptera. 583 springende glatte Ader der Oberseite) haben, schrillende Töne hervor, wahrscheinlich zum Heranlocken des Weibchens, und heftet während der Begattung an die weibliche Geschlechts- öftnung eine kolbige Spennatophore, welche ähnlich wie bei den Crustaceen bis zur Ent- leerung umhergetragen wird. Weibchen mit gerader, drehrunder und am Ende spindelförmiger Legescheide, seltener ohne Legescheide. Sie leben meist unterirdisch in Gängen und Höhlun- gen und ernähren sich sowohl von Wurzeln, als von animalischen Stoffen. Die Larven schlüpfen im Sommer aus und überwintern in der Erde. Gi^i/llotalpa vulyaris Latr., Werre, Maulwurfsgrille (Fig. 587). Auf den Feldern und in Gärten verbreitet und sehr schädlich, legt etwa 200 bis 300 Eier, iu einer verklebten Erdhülle eingeschlossen, am Ende der unterirdischen Gänge ab. Myrmecophila acervorum Panz. Lebt in Ameisenhaufen unter Steinen. Gryllus cam^jesiris L., Feldgrille (Fig. 588). G. domesfims L., Hausheimchen. ('. si/lcestris Fabr. 3. Ordnung-. Pseudoiieuroptera. ') Mit hcissrnden Mnndiverkzeugen, dünnhäuf ige^i, oft netzartig gmdcrtcn Flügeln und unvoUkowntener oder haU>roUkommener Metamorphose. Die Pseudoneuropteren schliessen sich nach Körperbau und Flüg-elfonu den Ncniropteren au, mit denen sie oft vereinigt werden. Was beide unter- scheidet, ist vornehmlich die Art der Verwandlung;, die bei den Pseudoneuro- pteren eine unvollkommene ist und des ruhenden Puppenstadiums entbehrt. Sie besitzen einen lang-g-estreckten Körjjer mit vollzählig segmentirtem Ab- domen, welches meist mitgriflfel- und fadenförmigen Caudal- anhängen endet. Die Flügel sind zarthäutig, fein geädert, die hinteren zuweilen beträchtlich kleiner. 1. Unterordnung. Physopoda, Th//sano2Jtera. Höriger von geringer Grösse, schmal und flach, mit ziemlich glei- chen, schmalen, behaarten, oft rudimentären Flügeln, mit borstenförmigen Mandibeln und saugenden Mundtheilen. Larven den ausgebildeten Thieren sehr ähnlich. Oft auch als eigene Ordnung (Thgsanopfera) gesondert. Farn, r/zr/yw/f/rte. Blasenfüsse. Die zweigliedrigen Tarsen enden '^'"•'i'« «,•?«/,«,„ , aus mit einem .saugnapfähnlichen Haftlappen. T/irips i)h)/sajius h., in ""^ mgci. den Blüthen der Cichoreen. Th. cerealiiim Hai. (Fig. 589), Gefreideblasenfuss, in Aehreu von Weizen und Gerste. 2. Unterordnung. Corrodentia. Flügel wenig geädert, zuweilen ganz ohne Querader. Kopf mit starken, am Innenrande gezähnelten Mandibeln. Unterkiefer mit hakigem Kaustück, dessen Spitze mit zwei Zähnen besetzt ist, und mit häutigem Aussenlobus. Ernähren sicli von trockenen vegeta- bilischen und thierischen Substanzen. ') Ausser Charpentier, Fischer vergl. Pictet, Histoire naturelle des Insectes Neuropteres. Monographie. Geneve 1841, 1845. De Sely s-Longchamps et Hagen, Revue des Odonates ou Libellules d'Europe. Bruxelles 1850. Dieselben, Monographie des Caloptery- gines et Gomphines. Bruxelles 1854 und 1857. H. Hagen, Monographie der Termiten. Lin. Entomol., Tom. X und XIV. Ch. Lespes, Recherches sur l'organisation et les moeurs du Termite lucifuge. Ann. des sc. nat., IV« ser., Tom. V, 1856. Fr. Müller, Beiträge zur Kenntniss der Termiten. Jen. nat. Zeitschr., Tom. VlI, 1873. 584 Pseudonourojitera. Corrodentia. Farn. Psoeidae, Bücherläuse. Troctes pulsatorius L., Bücherlaus, Hügellos, in In- sectensanmilungen uiul zwischen Papieren. Psoctis ilomestictis Btiitii., Ps. siriyosus Curt. Fani. Mallopltaya *), Pelzfresser. In ihrer Köii)erform den PedicuUden sehr ähnlich, jedoch durch den Besitz beissender Mundtheile unterschieden. Antennen drei- bis fünf- gliedrig. Beine mit Klammerfüssen. Leben auf der Haut von Säugethieren und Vögeln und nähren sich von Haar- und Federkeimen, sowie von Blut. Trichodectes canis Deg., Hnnde- laus. Liotheum anseris Sulz. Menopon pallidum Nitsch., auf Hühnern. Fam. Termitldae, weisse Ameisen. Mit 18- bis 20-gliedrigen Fühlern, mit zwei Ocellen vor den Augen und starken Mandibeln. Die gleich grossen zarten Flügel liegen in der Euhe parallel dem Leibe auf. Die Tei-miten leben gesellig in Vereinen verschieden gestalteter Lidividuen, von denen die geflügelten die Geschlechtsthiere sind (Fig. 590), die ungetiügelten tlieils den Larven und Nymphen der ersteren entsprechen, theils eine ausgebildete, jedoch (bei Caloiermes-Arten und Termes lucifmjus) geschlechtlich verkümmerte männliche und weibliche Formengruppe repräsentiren . Diese gliedert sich wieder in Soldaten mit grossem viereckigem Kopfe und sehr starken Mandibeln, welche die Vertheidigung besorgen, und in Arbeiter mit kleinerem rundlichen Kopf und weniger vortretenden Mandibeln, denen die übrigen Arbeiten im Stocke obliegen (Fig. 591). Möglicherweise fehlen diesen bei den £'t<- termes-kxi^M jegliche Spuren von Geschlechtsorganen. Einzelne Alien leben schon in Süd- europa, die meisten aber gehören den heissen Gegenden Afrikas und Amerikas an, wo sie durch ihre Zerstörungen, sowie durch ihre Bauten berüchtigt sind. Die letzteren legen sie entweder in Baumstämmen, oft nur unter der Rinde, oder auf der Erde in Form von Hügeln an, die sie ganz und gar von Gängen "■ ' ' ■ and Höhlungen durchsetzen. Am un- vollkommensten sind die Nester der Calotcrmes-Arteii, welche nur enge Gänge im Holze nagen, die meist der Axe des Baumes gleichlaufen. Ein besonderer Raum für die Königin ist nicht vorhanden. Die Wand der Gänge ist meist mit einer dünnen Kothschicht bekleidet. Bei Eictennes-Arten mit spitzköpfigen Soldaten werden die Gänge so dicht, dass au Stelle des Holzes die Kothwände ausschliesslich zurückbleiben. Treten dieselben aus dem Baume hervor, .so entstehen die sog. kugeligen Baumnester. Indessen gibt es auch den Bäumen von aussen angeklebte, aus Erde oder Lehm gefertigte Nester. Andere Eutermes-Aiten flegen die Nester in Erdhöhlungen unter Wurzeln von Palmen an. Hügelbauteu endlich führt z. B. Anoploiermes pacißcus aus. Hier fehlt der Soldatenstand. Männchen und Weibchen ver- lassen kurze Zeit, nachdem sie die Nymphenhaut abgestreift haben, den Termitenstock, be- gatten sich wahrscheinlich nach der Rückkehr vom Ausfluge im Nest und veilieren dann ihre Flügel bis auf die Basalstummel. Die Männchen bleiben im Stocke zurück, wie überhaupt nach den Angaben von Smeathman, Lespes, Bates etc. stets ein König in der Gesellschaft der Königin leben soll. Nach der Begattung schwillt die Königin, im Stocke zurückgehalten, in Folge der Vergrösserung des Ovariums zu kolossalen Dimensionen an und beginnt häufig in besonderen Räumen des Stockes die Eier abzusetzen, die alsbald von den Arbeitern fortgeschaff't werden. Termes lucifugus Ross., Südeuropa (Fig. 590 und 591). T.fatalis L. , im tropischen Afrika, baut Erdhügel von 10— 12 Fuss Höhe. Eutermes inquilinus Fr. Müll., Calotermes flacicolUs Fabr. , Südeuropa. Anopiloiermes pacißcus Fr. Müll. Männchen von Termes lucifugus (rfegne an ') C. L. Nitzsch, Insecta epizoa. Herausgegeben von Giebel. Leipzig 1874. Amphibiotica. Fig. 591. 585 0 Trächtiges Weibcht (Königin) \0B. Tenncs lucifugus. 6 Nymphe, c Nymphe der zweiten Form, rf Soldat, e Arbeiter, / Larve. Säinmtlich nach Ch. Lespes. o. Unterordnung. Amphibiotka. Die Larven leben im Wasser und athuien mittelst Tracheenkiemen. Farn. Perlidae, Afterfrühlingsfliegen. In neuerer Zeit als Ordnung (Plecoptera) ge- sondert. Körper langgestreckt und flach , mit seitlich stehenden Augen , drei Ocellen und boi"stenförmigen Fühlern. Die Flügel sind ungleich, die verbreiterten Hinterflügel mit nach unten einschlagbarem Hinterfeld. Abdomen zehngliedrig, mit zwei langen gegliederten Reifen (Fig. 592). Männchen oft mit verkümmerten Flügeln. Die Weibchen tragen die Eier eine Zeit lang in einer Vertiefung des neunten Abdominalsegments mit sich und legen sie dann im Wasser ab. Die Thysanuren-ähnlichen Larven leben unter Steinen , haben meist am Thorax und Abdomen Tracheenkiemen und ernähren sich vornehmlich von Ephemeriden- Larven. Xemura nehidosa L. , Ferla bicamlata L., P. (Pteronarrijs) reticulaia Burm., mit büschelförmigen Tracheenkiemen, Sibirien. Farn. Ephetneridae , Eintagsfliegen, Hafte. (Auch oft als Ordnung gesondert.) Mit schlankem weichhäutigen Körper, halbkugeligen Augen, drei Ocellen und kurzen borsten- 586 Pseudoneuroptera. tpheineridat. Libellulida tormigeii Fühlern. Die Vordei-flügel gross, die hinteren klein, gerundet, zuweilen mit den vorderen verwachsen oder ganz fehlend. Mundtheile rudimentär. Die Leitungswege der Ge- schlechtsorgane bleiben bis zum Ende paarig und münden symmetrisch in zwei Geschlechts- ött'nungen. Die Männchen mit sehr langen Vorderbeinen. Hinterleib zehngliedrig, mit drei laugen Afterfäden, von denen der mittlere hinwegfallen kann. Das vorletzte Abdomiiial- segment des Männchens mit zwei gegliederten Copulationszangen. Die Eintagsfliegen lel)en im geflügelten Zustande nur kurze Zeit, ohne Nahrung aufzunehmen, ausschliesslich dem Fortpflanzungsgeschäfte hingegeben. Man findet sie oft an warmen Sommerabenden in grosser Fig. 592. Perln nbdumhialis. Fig. 593. ^^ Menge die Luft erfüllend und trittt am andern Morgen ihre Leichen am Ufer angehäuft. Die Larven leben auf dem Grunde klarer Gewässer vom Raube anderer Insecten, be- sitzen einen grossen Kopf mit starken Mandibeln und ge- zähnten Maxillen, am Abdomen tragen sie sechs bis siebeii Doppelpaare schwingender Platten, die als Tracheenkiemen fungiren, und am Hinterende drei lange gefiederte Scliwanz- borsten (Fig. 561a). Die Larven häuten sich oftmals (bei Chloeon mehr als zwanzigmal) und sollen nach S w a m m e r- d a m drei .fahre brauchen bis zum Uebergange is das ge- flügelte lusect. Nach dem Abstreifen der mit Flügelstummeln versehenen Nymphenhaut erfährt das geflügelte Insect als Subimago eine nochmalige Häutung und wird erst mit dieser zum Image». Epltanera vulgata L. (Fig. 593). Palinyenia hin/ icauda Oliv., Chloi' diptera L. Mit nur zwei Flügeln. Vam. Libellulidae, AVasserjungfern. (Meist als Ord- nung Odonaia gesondert.) Grosse, schlank gebaute Insecten mit qnerwalzigem, frei beweglichem Kopf, kurzen pfriemeii- förmigen, sechs- bis siebengliedrigen Fühlern und vier grossen, netzförmig gegitterten Flügeln. Mundtheile sehr kräftig entwickelt und von der grossen Oberlippe bedeckt. Die Unterkiefer mit verwachsener horniger Lade und ein- gliedrigem sichelförmigen Taster. Die Unterlippe mit ein- facher oder getheilter Innenlade und getrennten, mit dem zweigliedrigen Taster verwachsenen Aussenladen. Der zehn- gliedrige Hinterleib mit zwei ungegliederten, zangenartig gegenüberstehenden Analgritt'eln am letzten Segmente. Sie leben in der Nähe des Wassers vom Raube anderer Li- secten, sind meist in beiden Geschlechtern verschieden ge- färbt und haben einen ausdauernden raschen Flug. Bei der Begattung umfasst das Männchen mit der Zange seines Abdomens den Nacken des Weibchens, welches seinen Hinter- leib nach der Basis des männlichen Abdomens umbiegt. An dieser Liegt von der Geschlechtsöff'nung entfernt das bereits vorher mit Sperma gefüllte Copulationsorgan. Die Larven leben im Wasser und ernähren sich ebenfalls vom Raube, zu dem sie besonders durch den Besitz eines eigenthümlichen , durch die Unterlippe gebildeten Fangapparates (Maske) befähigt werden (Fig. 579). Viele athmen durch Kiementracheen, welche am Ende des Hinterleibes oder im Mastdai'me liegen (Fig. 561 h). CalojHeri/x vinjo L. , Afp-io» puella L., Aeschna grandis L., LibeUula rulgafa L., L. Jiairola L. Ephemera vulgata (regne animal). Af Analfäden. 4. Ordnung. Neuroptera. 587 4. Ordnung. Neuroptera i), Netzflügler. Insccteri mit hcissemlen Mundtccrkzmgen, mit freiem ProthoruT, hän- H(jcn, netzförmig geäderten Flügeln und vollkommener Verivandlimg . Die Neuropteren scliliessen sich ihrem Aussehen nach am nächsten den Libellen und Eintagsfliegen an. Beide Flügelpaare sind von gleicher häutiger Beschaifenheit, sowie von ziemlich übereinstimmender Grösse und werden von dichter, netzartiger Aderung durchzogen, die indess von der Aderung der Pseudoneuropteren verschieden ist. Die Vorderflügel sind niemals mehr Flügeldecken, die hinteren Averden nicht in Falten zusammen- gelegt. Die Mundwerkzeuge zeigen eine grössere Annäherung zu den Käfern, indem die Unterlippe nur selten noch eine mediane Spaltung erkennen lässt, vielmehr beide Ladenpaare zu einer unpaaren Platte verwachsen sind. In der Regel sind die Fühler vielgliedrig , schnür- und borstenförmig . die Augen von mittlerer Grösse, die Tarsen fünfgliedrig. Der Prothorax ist stets frei beweglich, das Abdomen aus acht oder neun Segmenten zusammen- gesetzt. Das Nervensystem schliesst sich dem der Orthopteren an und be- steht auch hier aus deutlich getrennten Brust- und Bauchganglien. Am Darm- canal flndet sich stets ein muskulöser Vormagen (Mgrmeleontiden, Fanorpiden), während ein Saugmagen nur den Hemerohiiden zukommt. Sechs bis acht lange Malpighi"sche Gefässe entspringen am Enddarm. Die Metamorphose ist stets eine vollkommene. Die vom Raube anderer Thiere lebenden, mit Beiss- oder Saugzangen (von Mandibeln und Maxillen gemeinsam gebildet) versehenen Larven verwandeln sich in eine ruhende Puppe, welche bereits die Theile des geflügelten Insectes erkennen lässt und häufig von einem Cocon umschlossen wird, aber die Fähigkeit der Ortsveränderung insofern besitzt, als sie vor dem Ausschlüpfen die Ruhestätte verlässt und einen für die weitere Entwicklung geeigneten Ort aufsucht. Fossile Reste treten in der Tertiärformation, zahlreicher in Bernstein auf. Farn. Panorpidae, SchnabelÜiegeii. Mit kleinem, senkrecht gestelltem Kopf. Die viel- gliedrigen Fühler stehen unter den Ocellen auf der Stirn. Mundgegend schnabelförmig ver- längert. Flügel lang und schmal, einander gleich. Die Larven sind raupenähnlich, dreizehn- gliedrig, mit herzförmigem Kopf und beissenden Mundwerkzeugen, und leben in feuchter Erde, wo sie sich hufeisenförmige Gänge graben und in ovalen Höhlungen verpuppen. l'anorpa communis L. (Fig. 595). Bittacus tipulm-ius Fabr. Fam. Sialiflae. Mit grossem, oft schief nach vorne geneigtem Kopf und halbkugelig vortretenden Facettenaugeu. Die Flügel liegen in der Ruhe dachförmig auf. Die Larven besitzen beissende Mundtheile mit viei-gliedrigen Kiefertastern und dreigliedrigen Labial- tastern. Sialis Iictaria L. Die Larve lebt im Wasser und besitzt am Hinterleib Tracheen- kiemen. C'ori/dalis cornuta L., Raphidia opliiopsis Schum., KameelhalsHiege. Fam. Hemerohiidae, Florfliegen. Mit senkrecht gestelltem Kopf und fadenförmigen oder schnurförmigen Fühlern. Beide Flügelpaare glasartig durchsichtig, von ziemlich gleicher ')E. Pictet, Histoire naturelle des Neuropteres. Genf 1834. Fr. Brauer und Fr. Low, Neuroptera Austriaca. Wien 1857. Fr. Brauer, Beiträge zur Kenntniss der Ver- wandlung der Neuropteren. Verliandl. der zool.-bot. Gesellsch. zu Wien, Tom. IV und V. 588 ürdnung. Trichoptera. Grösse. Die Larven saugen Insecten und Spinnen aus. Mantispa payana Fabr. Vorderbeine Raubfüsse. Prothorax stark verlängert (Fig. ö94 a, h, c). Die ausschlüpfenden Larven bohren sich mit ihren Saugzangeu nach acht Monate langer Fastenzeit in die Eiersäckchen der Spinnen und saugen Eier u)id Junge aus. Nach der ersten Häutung reduciren sich die Beine zu kurzen Stummeln und der Körper wird einer Hymeu- opterenmade ähnlich. Zur Verpuppung spinnen sie sich im Eiersack ein Cocon und streifen Mitte Juni die Larvenhaut ab. Die Nymphe durchbricht das Gespinnst und läuft eine Zeit lang umher, bis sie nach Abstreifung der Haut in das ge- tlügelte Insect übergeht. Cltrijsopa perla L., Florfliege. Eier lang gestielt. Die Larve mit sichelfönnig gebogenen Saugzangen lebt von Blattläusen und verfertigt sich ein kugeliges Cocon. Hemeroltius lutescens Fabr. , Blattlaus- löwe. Die Larven leben von Blattläusen. Osinylus maciüatus Fabr., Nemoptera (Xematoptera Burm.) coa L., Kleinasien und Türkei. Fam. Myrmeleontnlae, Ameisenlöwen. Mit senkrecht gestelltem grossen Kopf und an der Spitze kolbig verdickten Fühlern. Prothorax kurz, halsförmig. Mesothorax auffallend gross. Flügel gleich gross. Die Larven mit gezähnten , aus Mandibeln und Maxillen zusammengesetzten Saugzangen und kurzem breiten Abdomen leben auf leichtem Sandboden, in dem sie Trichter a Larve von Mantispa sfyriaca nach dem Aus- schlüpfen. 6 Dieselbe vor der Verpuppung. Nach F. Brauer, c Mantispa pagana (rfegne animal). Fig. 595. Fig. 596. Pnnurpa i-ommunis (rögne animal). Myrmeleon furmica) 1), b Larve desselben. aushöhlen. Zur Verjmppung spinnen sie eine kugelige Hülse. Mijrmeleon formicarius L. (Fig. 596). M.formirahjnx Fab., Palpares lihelUdoides L., ^Mft\\v(i\yA.ÄscaJaphus ital/nts Fabr. 5. Ordnung. Trichoptera. ^) Insecten mit rudimentären Mandiheln und einem durch Unterkiefer und Unterlippe gebildeten Samjrüssel, mit behaarten oder beschuppten Yorder- flüyeln und fächerförmig fcdtbaren Hinterßügeln, mit kleinem ringförmigen Prothorax und vollkommener Verwandlung. *) J. Pictet, Eecherches pour servir ä Thistoire et l'anatomie des Phryganides. Geneve 1834. H.Hagen, Synopsis of the British Phryganidae. Entomol. Annnal for 1859, 1860 and 1861. i. Ordnung. Kliyneliotj 589 Phryganca striata ans dem Gehäuse befreite Larve (r animal). \'on den Neuroptercn. mit denen sie meist vcreinii;-t werden, unterschei- den sich die Trichopteren durch die Beschuppung der Flügel und durch die Mund\verkzeug-e, die zum Saugen dienen und zu denen der Lepidopteren hinführen. Auch sind die Mandibeln wie dort verkümmert. Während des Puppenzustandes werden die Mandibeln, in manchen Fällen ((hstrojis'H/cv Brauer) aber auch Kiefertaster und Unterlippe rückgebildet. Die Larven leben im Wasser, und „. ,,,„ . ... ... . Flg. 597. zwar m rohrentormigen. bei Hi/dropsiichc und Hhyar.ophUa 'an Steinen befestigten Gehäusen, in deren Wandung sie Sand- körnchen, Ptlanzentheile und leere Schneckenge- häuse aufnehmen, haben beissende Mundwerkzeu- ge und fadenförmige Kie- mentracheen an den Lei- bessegmenten. Aus diesen Röhren strecken sie den hornigen Kopf und die drei mit Beiupaaren ver- sehenen Brustsegmente hervor und kriechen umher. Die Nymphe verlässt das Gehäuse, welches ihr auch als Puppenhülle dient, um sich ausserhalb des Wassers zum geflügelten Insecte zu entwickeln. Dieses gleicht in mehr- facher Hinsicht den Lepidopteren und hält sich in der Nähe des Wassers an Blättern und Baumstämmen auf. Fam. Phrjiganidae, Frühlingsflieg-en. Der kleine, senkrecht gestellte Kopf mit langen borstfiiförmigen Fühlern und halbkugelig voitretenden Augen. Die beschuppten Flügel mit nur wenigen Queradern, dachförmig dem Rücken aufliegend. Die Weibchen legen die Eier klumpenweise , in einer Gallerthülle eingeschlossen , an Blättern und Steinen in der Nähe des Wassers ab. Thryganea striata L. (Fig. 597), Mijstacides qiiarli-ifasr/afifs Faln-., Hi/(lrojisi/cJie variahilis Pict., liliijacophila rulgaris Pict. 6. Ordnung. Rhyiichota^) (= Hemiptera), Schiiabelkerfe. Lnsecten mit gegliedertem Schnabel (Rostrtm}), stechenden Munducrk- zcngen, mit meist freiem Prothorax, ohne oder mit haltnollkommencr Meta- mor pli ose. Die Mundwerkzeuge, durchweg zur Aufnahme einer flüssigen Nahrung eingerichtet, stellen gewöhnlich einen Schnabel dar, in welchem die Man- dibeln und Maxillen als vier grätenartige Stechborsten vor- und zurück- geschoben werden (Fig. 547). Der Schnabel (Bostnim)^ aus der Unterlippe ^) Burmeister, Handbuch der Entomologie. II. Bd., Berlin 1835. J. Hahn, Die wanzenartigen lnsecten. Nürnberg 1831—1849. Fortgesetzt von H. Schäffer. F. X. Fieber, Die europäischen Hemipteren nach der analytischen Methode. Wien 1860. P. Mayer, Zur Anatomie von Pyrrhocoris aptera. Archiv für Anatomie und Physiologie, 1874. 0. Geise, Die Mundtheile der Rhynchoten. Archiv für Naturgesch., Tom. XLIX. 590 Ehynchota. Bau und Urganisation. hervorgegangen, ist eine drei- bisvierglicdrige. nach derS]iitze versclimalcrte. /iemlich geschlossene Röhre und wird an der breiteren klagenden l>asis von der verlängerten dreieckigen Oberlippe bedeckt. Die Fühler sind ent- weder kurz, dreigliedrig mit borsten fijrniigeni Endgliede oder mehrgliedrig und oft langgestreckt. Die Augen bleiben klein und sind facettirt ; häutig finden sich zwei Ocellen zwischen den Facettenaiigen. Der Prothorax ist meist gross und frei beweglich, es können aber auch alle Thoracalsegmente verschmolzen sein. Flügel fehlen zuweilen ganz, selten sind zwei, in der Regel vier Flügel vorhanden, dann sind entweder die vorderen halbhornig und an der Spitze häutig ( HemlptcraJ^ oder vordere und hintere sind gleich- gebildet und häutig (Homoptera) , die vorderen freilich oft derber und pergamentartig. Die Beine sind in der Regel Gangbeine, dienen zuweilen aber auch zum Schwimmen, in anderen Fällen die hinteren zum Springen oder die vorderen zum Raube. Der Darmcanal zeichnet sich durch die umfangreichen Speicheldrüsen und durch den complicirteu, oft in drei Ab- schnitte getheilten Chylusmagen aus, hinter welchem meist vier Malpighi- sche Gefässe in den Enddarm münden. Das Bauchmark concentrirt sich oft auf drei, meist sogar auf zwei Thoracalganglien. Mit Ausnahme der Cicaden besitzen die weiblichen Geschlechtsorgane nur vier bis acht Ei- röhren, ein einfaches Receptaculum seminis und keine Begattungstasche. Die Hoden sind zwei oder mehrere Schläuche, deren Samenleiter gewöhn- lich am unteren Ende blasenförmig anschwellen. Viele (Wanzen) verbreiten einen widerlichen Geruch, w^elcher von dem Seerete einer im Mesothorax oder im Metathorax gelegenen, im letzteren Falle zwischen den Hinterbeinen aus- mündenden Drüse herrührt. Andere (Homopteren) sondern durch zahlreiche Hautdrüsen einen weissen Wachsflaum auf der Oberfläche ihres Körpers ab. Alle nähren sich von vegetabilischen oder thierischen Säften, zu denen sie sich vermittelst der stechenden Gräten ihres Schnabels Zugang verschaffen, viele vverden durch massenhaftes Auftreten jungen Pflanzen verderblich und erzeugen zum Theile gallenartige Auswüchse , andere sind Parasiten an Thieren. Die ausgeschlüpften Jungen besitzen bereits die Körperform und Lebensweise der geschlechtsreifen Thiere, entbehren aber der Flügel, die allerdings schon nach einer der ersten Häutungen als kleine Stummel auf- treten. Die echten Cicaden bedürfen eines Zeitraumes von mehreren Jahren zur Metamorphose. Die männlichen Schildläuse verwandeln sich innerhalb eines Cocons in eine ruhende Puppe und durchlaufen somit eine A^ollkoniniene Metamorphose. 1. Unterordnung. Apfera. Flügellose Insecten. mit kurzem, fleischigem Schnabel und breiten schneidenden Stechborsten, mit undeutlich gegliedertem Thorax und meist neungliedrigem Hinterleib. Die Mundwerkzeuge der PedicuUden'^) sind saugend und stechend und ^) L. Landois, Untersuchungen über die auf dem Menschen schmarotzenden Pedi- culinen. Zeitsclir. 'f. wiss. Zool., Tom. XIV, 1804, Tom. XY, 1865. Aptera. Phytophthires. 591 besteben aus einem vorstülpbarcn, von zwei Chitinstäben gestützten, Wider- bäkchcn tragenden Rüssel (Tnterlippe nel)st Oberlippe) und einem aus diesem vorstreckl)aren Iloldstachel, die möglicherweise auf die verwachsenen Mandibeln und Maxillen zurückzuführen ist. Flügel fehlen. Anstatt der Facettenaugen sind einfache Punktaugen vorhanden. Die J^ntwicklung erfolgt ohne Metamorphose. Sie leben parasitisch und ernähren sich von l>lut. Farn, redicididae, Läuse. Mit p;« -gg stei-heudeii luul saugenden Mundtheilen. Fiililer fünfgliedrig. Die Klammerfüsse mit hakenförmigem Endgliede. Leben auf der Haut von dem Blute der Säuge- tliiere und legen ihre birnförmigen Eier (Nisse) an der Wurzel der Haare ab. Die ausschlüpfenden Jungen der Kopf- laus des Menschen sind schon in aclit- zehn Tagen ausgewachsen und fort- prianzungsfähig. F cd iculus capitis Deg., Kopflaus des Menschen. P. vestimenti Burm. , Kleiderlaus (grösser und von blasser Färbung). Phthirius puhis L., Schamlaus (Fig. 598). PMhii-ius publs, nach Landois. .S7 Stigmen, Tr Tracheen. 2. Unterordnung. PhijtopltfJiires^), PßmizeuUhise. Rhynchoten mit zwei hantigen Flügelpaaren, im weiblichen Geschlecht jedoch meist flügellos. Sehr häutig wird die Oberfläche der Haut von einem dichten Wachsfiaum überdeckt, dem Absonderungsproduct von Hautdrüsen , welche gruppenweise unter warzigen Erhebungen der Segmente zusammengedrängt liegen (Fig. bbba). Farn. Coccidae, Schildläuse. Die grösseren Weibchen haben einen schildförmigen Leib und sind flügellos, die viel kleineren Männchen besitzen dagegen grosse Vorderflügel, zu denen noch verkümmerte Hinterflügel hinzukommen können. Die letzteren entbehren im ausgebildeten Zustande des Rüssels und der Stechwaifen und nehmen keine Nahrung mehr auf, während die plnmpen , oft unsymmetrischen und sogar die (lliederung einbüssenden Weibchen mit ihrem langen Schnabel bewegungslos in dem Pflanzenparenchym eingesenkt sind. Die Eier werden unter dem schildförmigen Leibe abgesetzt und entwickeln sich, von dem eintrocknenden Köi-per der Mutter geschützt, nach vorausgegangener Befruchtung (Coc- rusj zuweilen parthenogenetisch (Lecaniiim, Aspidiottts). Im (Gegensätze zu den Weibchen erleiden die Männchen eine voll- kommene Metamorphose, indem sich die flügellosen Larven mit einem Gespinnste umgeben und in eine ruhende Puppe umwandeln. Viele sind in Treibhäusern sehr schädlich, andere werden für die Industrie theils durch den Farbstoff, den sie in ihrem Leibe erzeugen (Coclienille), theils dadurch nützlich, dass sie durch ihren Stich den Ausflnss von pflanzlichen Säften veranlassen, Avelche getrocknet Coocus codi, a Weibchen, b Männ- chen. Nach Burmeister. ^) C.Bonn et, Traite d'Insectologie, Tom. I, Paris 1745. J. F. Kyber, Erfahrungen und Bemerkungen über die Blattläuse. Germar's Magaz. der Entomol. Tom. I, 18L5. J. H. Kaltenbach, Monographie der Familie der Pflanzenläuse. Aachen 1843. R. Leuckart, Die FortpHanzung der Rindenläuse. Archiv für Naturgesch., 1859. 592 Rhynchota. Aphidae. im Haushalte des Menschen Verwendung finden (Manna, Lack). Aspidiotus nerii Bouche, auf Oleander. Lecanium hesperidum L., L. persicae Bouche. Kermes ilicis L., auf Quercus coccifera, sodann K.'i (Coccus) lacca Ken-., auf Ficus religiosa. in Ostindien. Coccus cacii L. (Fig. 599) , lebt auf Opuntia coccinellifera (Mexico), liefert die Cochenille. ('. ado- nidiim L., C. (V) manrnpat-us Ehrbg., auf Tamaiix (Manna). Fam. Aphidae^), Blattläuse. InderEegel finden sich vier durchsichtige, wenig geäderte Flügel, die jedoch dem Weibchen, selten auch dem Männchen fehlen können. Die Blattläuse leben von Pflanzensäften aus Wurzeln, Blättern und Knospen ganz bestimmter Pflanzen, häufig in den Räumen gallertartiger Anschwellungen oder Blattdeformitäten, die durch den Stich dieser Thiere erzeugt werden. Viele besitzen auf der Rückenfläche des drittletzten Abdominalsegmentes zwei „Honigröhren*^ , aus denen eine süsse , von Ameisen eifrig auf- gesuchte Flüssigkeit, der Honigthau, secemirt wird. Ausser den in der Regel flügellosen Weibchen, welche meist erst im Herbste zugleich mit geflügelten Männchen auftreten und nach der Begattung befruchtete Eier ablegen, gibt es vivipare, meist geflügelte Generationen (sog. Ammen), die vorzugsweise im Frülijahr und Sommer verbreitet sind und ohne Zntliun von Männchen ihre lebendige Brut erzeugen (Fig. 133 r). Bonn et sah bereits neun Genera- tionen viviparer Aphiden aufeinander folgen. Sie unterscheiden sich von den echten ovii)aren Weibchen nicht nur in Form und Färbung, sowie häufig durch den Besitz von Flügeln, sondern durch wesentliche Eigenthümlichkeiten des Geschleclitsapparates und der Eier {Fseudova, Keime), indem ein Receptaculum seminis fehlt und die Eier bereits in den sehr langen Eiröhren (Keimrohren) unter fortschreitendem Wachsthum die Embryonalentwicklung durchlaufen. Vivipare und ovipare Aphiden folgen meist in gesetzmässigem Wechsel, indem aus den befruchteten, überwinterten Eiern der Weibchen im Frühjahre vivipare Weibchen hervorgehen , deren Nachkommenschaft ebenfalls vivipar ist und durch zahlreiche Genera- tionen hindurch lebendig gebärende Formen erzeugt. Im Herbste erst werden Männchen und ovipare Weibchen geboren, die sich mit einander begatten. Die Fcmphnjinen (Schizonenra, Pemphi(ius) weichen insofern ab, als die sehr kleinen und ungeflügelten Männchen und Weibchen des Rüssels und Darmcanals entbehren und .somit einen Grad der Rückl)il(lun.i;; zeigen, wie er auch für die Geschlechtsthiere der Rindenläuse zutrifft. Von manchen Formen scheinen vivipare Individuen in Ameisenhaufen zu überwintern. Wahrscheinlich als Nachkommen überwinterter Ammen können auch im Frühjahre die beiderlei Geschlechtsthiere (zur Zeit der Geburt bereits vollkommen reif, flügellos und ohne Rüssel) auftreten, wie solches durch Derbes üir PempJn'ffus terebnithi n&chgeM'iesen wurde. Hier folgt alsdann die Generation der ungeflügelten Ammen , welche die Gallen erzeugen, und als Nachkommen derselben die geflügelten, sich überall verbreitenden (und überwintern- den) Formen. Die Fortpflanzung der Rindenlchisc weicht insofern ab , als liier anstatt der viviparen Generationen ovipare, pai'thenogenetisch sich fortpflanzende Generationen auf- treten. Die weibliche flügellose sog. Tannenlaus (Chermes ahietis L.) (A) überwintert an der Basis der beschuppten jungen Fichtenknospe , wächst im Frühjahre an derselben Stelle beträchtlich , häutet sich mehrmals und legt zahlreiche Eier ab , welche sich par- thenogenetisch entwickeln. Die ausgeschlüpften Jungen stechen die geschwollenen Nadeln des Triebes an und erzeugen die Ananas-ähnliche Galle. Später entwickeln sie sich zu geflügelten Weibchen (B), welche wieder parthenogenetisch sich entwickelnde Eier ablegen. Die uugeflügelten, gelblich gefärbten Formen , von denen man seither annahm, dass sie zu der am Grunde der Knospen überwinternden Generation von Weibchen würden , sind die Geschlechtsthiere (E), und zwar sind die Formen mit bräunlichem Hinterleibe die bis vor kurzer Zeit unbekannt gebliebenen Männchen. Es hat sich jedoch herausgestellt , dass die Zahl der Generationen eine grössere und ihr Verhältniss zu einander ein sehr verwickeltes, in allen Einzelheiten noch nicht völlig aufgeklärtes ist. Ein Theil der geflügelten ') Derbes, Notes sur les aphides du pi.stacbicr terebinthi'. Ann. des sc. nat. IST: Aphidae. 59a Generation (B) wandert nämlich von der Fichte anf die Lärche und erzeugt parthenogenetiscli eine ungetiügelte Generation (C), -weiche auf der Lärche überwintert. Aus dieser geht dann eine geflügelte Generation (D) hervor, welche auf die Fichte zurückfliegt und aus ihren Eiern die ungeflügelten Männchen und Weibchen (E) hervorgehen lässt, deren Nachkommen zu der ersten Generation (A) zurückführen. Die auf der Fichte zurückgebliebenen Formen von (B) erzeugen eine ungetiügelte Generation überwinternder Weibchen (A'), aus deren Eiern sich im nächsten Jaliro wieder eine geflügelte Sommergeneration (B') entwickelt. Bei VlnjUoxera quercus treifen wir ausser beiden Generationen eine im Herbste auftretende Generation sehr kleiner beweglicher Männchen und Weibchen (ohne Saugrüssel und Darm), die aus zweierlei, an den Wurzeln abgelegten Eiern entstanden sind. Das Weibchen legt nach der Begattung nur ein Ei ab. Aehnlich verhält sich die berüchtigte Eeblaus , Plnjlloxera vastatrix.^) Aus den unter der Rinde des Rebstockes abgelegten Wintereiern schlüpfen im Frühjahre Formen, welche flügellos bleil)en und Avohl in der Regel zunächst am Stamme aufwärts wandernd zu den Gallenläusen der Blätter werden. Diese pflanzen sich durch mehrere Generationen partheno- genetisch fort, von denen die ab- wärts wandernden Individuen an die Wurzeln gelangen und als Wur- zelläuse die Nodositäten an den Wurzeln der Rebe erzeugen. Auch diese können sich viele Generatio- nen hindurch parthenogenetisch fortpflanzen. Erst im Spätsommer entwickeln sich die geflügelten Formen, welche ebenfalls als agame Weibchen parthenogenetisch sich fortpflanzen , die Ausbreitung der Alt ermöglichen und dimorphe Eier legen. Aus den grossen ent- stehen die darmlosen Weibchen, aus den kleinen die ebenfalls darm- losen Männchen (Fig. 600). Die Hauptfeinde der Blattläuse sind die Larven von Ichneumoniden (Aphidius), Syrphidenj Coccinellen und Hemerobiden. a) Blattläuse s. st. LacJiniis j^/ni L., L. Juglandis L., L.fagi L., Äphis hrassicae L., A. rosae L. — Schizoneura lanigera Hartg., Apfelbaum. Pemphigus hursarius L. b) Rindenläuse. Chermes ahietis L. (viridis Ratz) , erzeugt die Ananas-ähnlichen Gallen der Fichte, mit der Lärchenlaus als Zwischengeneration. Cli. strohüobius Kltb. (=coccineus Ratz) lebt auch auf Fichten. CJi. jnae Ratz, lebt auf der Weisstanne Phgllo- xera quej-cus von Heyd., an Eichblättern. Ph. rastatrix, Reblaus (Fig. 600). Fam. Psgllidae (Psyllodes), Blattflöhe. Im ausgebildeten Zustande stets geflügelt. Fühler lang, zehngliedrig. Die hinteren Beine dienen zum Sprunge. Geben durch ihren Stich häufig Ver- anlassung zu Deformitäten von Blüthen und Blättern. Psijlla alnili., Liviajuncorum Latr. PhyUoxernvasfnIrix. «,6,c nach Taschenberg, d, enachFatio, n Gallenbewohnende Form, ft ungeflügelte Wurzellaus, «geflügelte Generation, d Männchen, e echtes Weibchen. ') Ausser Balbiani vergl. besonders Signoret, Phylloxera de la vigne. Ann. de la süc. Ent. de France. Tom. IX, 1869, Tom. X, 1870. J. Lichtenstein, Beiträge zur Biologie der Gattung Phylloxera. Stett. Ent. Zeitung, 1875, 1876. F. Blochmann, Ueber die Geschlechtsgeneration von Chermes ahietis'L. Biol. Centralblatt, 1887. L. Dreyfus, Ueber Phylloxerinen. AViesbaden 1889. N. C h 0 1 0 d k 0 vs k y , Beiträge zu einer Monographie der Coniferenläuse. T, Petersburg 1895. C.Claus: Lohnbuch der Zoologie. C.Aufl. 38 594 Homoptera. Hemiptera. 3. Unterordnung. Homoptcrn (Cicadaria), Cicadcn, Zirpen. Beide Fliigel- paare sind in der Regel von häutiger Besehaflfenheit, zuweilen wenigstens im vorderen Paare undurchsichtig lederartig und gefärbt und liegen in der Ruhe dem Körper schräg auf. Der Kopf ist verhältnissmässig gross und oft in Fortsätze verlängert. Der Schnabel entspringt stets weit nach unten, scheinbar zwischen denVorderfüssenund besteht aus drei Gliedern (Fig. 601). l^ei vielen sind die Hinterbeine Sprungbeine, mit denen sich die Thiere vor dem Fluge fortschnellen. Die AVeibchen besitzen einen Legcstachcl und bringen die Eier oft unter die Rinde und in Zweigen der Pflanzen. Die Larven grösserer Arten brauchen mehrere Jahre zu ihrer Entwicklung. ^ Fam. Cicadelliclac, Kleinzü-pen. JassKS higuitatus Fabr., Ledra uurlta L., Tetti- gonia littata L.,AjJhro2)fiora, Piothorax trapezoidal (siebeneckig). Flügeldecken lederartig. Hinterschienen mit drei starken Fig. 601. Dornen. Die Larven lassen aus dem After einen blasigen Schaum (Ku- ckuckspeichel) vortreten, in den sie sich einhüllen .t^^. spumaria L., Schaumcicade. O Fam. Memhracidae, Buckel- zii"pen. Kopf von dem grossen, mit buckelfönnigeu Fortsätzen verse- 0-. :r henen Prothorax überragt, t'ent tus cornutus Ij. f^Icmhrann la- teralis Fabr. ^ '-^ Fam. Fulyoridac, Leucht- zii-pen. Bei vielen bedeckt sich der Hinterleib dicht mit langen Wachs- strängen und iVachstiaum, welcher / •f Cicatia sepiendechti , nach l'ackard. a Larve, 6 Puppe, c JMänr chen. Tv Singapparat. ^^j ^jj^^^, ^^^.^ ^^^^^^^^ Ihuhaia) in so reicher Menge s^cernirt wird, dass derselbe gewonnen wird und als „chinesisches Wachs" in den Handel kommt. Fuiyora laternariali., der Laterneiiträger aus Surinam, sollte nach den irrthümlichen Angaben Merian's aus dem la,ternenfönnigen Stirnfortsatze Licht ausstiahlen. ^ F. candeluria L., chinesischer Laternenträger. Li/stra lunaia L. und andere amerikanische Arten?' Flata limbaiu Fabr., China. FamP Cicadidae =GStridulaniia^ Singcicaden. Der dicke Hinterleib beim Männchen mit Stimmorgan , welches einen lautschrillenden Ton hervorbringt {Vig. 601). Als scheue Thiere halten sie sich am Tage zwischen Blättern versteckt. Sie leben von den Säften junger Triebe und können durch ihren Stich das Ausfliessen süsser Pflanzensäfte veranlassen, die zu dem Manna erhärtenyCYcorf« orni L., Sicilien). Die Weibchen haben einen säge- förmigen Legebohrer zwischen zwei gegliederten Klappen. Die ausschlüpfenden Larven kriechen in die Erde, in de;^ sie sich mit ihren schaufeiförmigen Vorderbeinen eingraben und saugen Wurzeln anMCicada orni L., Südeuropa. '^(l*. septendecim Fabr., Brasilion, O (.'. haematodes L., Süddeutschland. 4. Unterordnung. Hemiptera, Wanzen. Die vorderen Flügelpaare sind halbhornig, halbhäutig (Hemiehjtra) und liegen dem Körper horizontal auf. Manche Arten entbehren der Flügel, ebenso die Weibchen einiger im männ- lichen Geschlechte geflügelten Arten. Der erste Brustring i.'^t gross und frei beweglich. Der Rüssel ent.spriiigt frontal und liegt in der Ruhe meist un'er T. Ordnii Diptor 595 der Brust eingeschlagen. Einige Arten derReduvincn erzeugen ein schrillendes Geräusch, so Pirafes stridulus durch die Bewegung des Halses am Prothorax. 1. Tribus. Hiiilrovores = Hi/drocorisae, Wasserwanzen. Fühler kürzer als der Kopf, drei- oder viergliedrig, mehr oder minder versteckt. Schnabel knrz. Nähren sich von thierischen Säften. Farn. Xoto/iectidae, Rückenschwimmm'. Cori.fu stridiu L., Notonecta (jUiuca L.. Wasserwanze. Farn. Xepidae, AVasserscorpione (Fig. G02). Xaucoris cimi- voides L., Nepa cinerea L., Wasserscorpion. lianatra linearis L. 2. Tribus. Geoco/'e*^, Landwanzen. Fühler vorgestreckt, niittel- lang und vier- oder fünfgliedrig. Schnabel meist lang. Farn. Hjdrometrae (Ploteres) , Wasserläufer. Hydrometra lacustris Jj., Limnohates siagnorum L. , TW/« ririiloruni Latr., Halohates sericeus Escli., Stiller Ocean. Fam. Reduviidae (Reditciini), Schreitwanzen. Beducius per- sonatus L., Pirates stridulus Fabr., Südeuropa. Fam. Äcanthiadae (MembranaceiJ, Hautwanzen. Acanthia lectulariu L., Bettwanze. Aradus depressus Fabr. {corticalis L.). Fam. Lyyaeidae (Lijyaeodes), Langwanzen. Lyyaeits eque- stris L., Fi/rrJiocoris apterus L., Feucrwanze. Fam. Pentatomidae, ScMldwuuzim. Pe/iUitomaJunipcra L., P. rutijjes L., P. oleracca L. Xrpm (r^gneanimal). 7. Ordnung. Diptera^) (Antliata), Zweiflügler. Inscdcn mit sawjcndcn und sfcchotden Mundthe'üen , mit liiiutlyen Vorderßüfjcln^ zu Schwingkolhcn (HaUcren) rcrl-üwmcrtcn Hhitcrfihjeh}, mit vollkommener Metcunorphose. Die Bezeichnung dieser Ordnung ist der am meisten in die Augen fallen- den Flügelbildung entlehnt, ohne ireilich dem Sachverhältniss genau zu ent- sprechen. Allerdings sind die Vorderflügel ausschliesslich zu grossen, glasartig durchsichtigen Schwingen entwickelt, allein auch die Hinterflügel bleiben in rudimentärer Gestalt als gestielte Knüpfchen , Schwingkolben (Halteres), erhalten. Am Innenrande der Vorderflügel markiren sich durch Einschnitte zwei Lappen, ein äusserer (Alula) und ein innerer (Squan/aj , der die Hinterflügel überdecken kann. Die letzteren bestehen aus einem dünnen Stiel und einem kugeligen Körper, in welchem sich ein eigenthüiulicher, Nervenstifte enthaltender Sinnesapparat findet. Selten fehlen die Flügel ganz (Chionea). Der frei bewegliche Kopf hat meist eine kugelige Form, ist mittelst eines engen und kurzen Halses eingelenkt und zeichnet sieh durch die grossen Facettenaugen aus, welche im männlichen Geschlechie auf der *) J. W. Meigen , Systematische Beschreibung der bekannten europäischen zwei- flügeligen Insecten. 7 Theile, Aachen 1818— 1838. Wiedemann, Aussereuropäische zwei- flügelige Insecten. 2 Theile, Hamm. 1828—1830. E. Schiner, Fauna austriaca (Fliegen). Wien 1860. N.Wagner, Ueber die viviparen Gallenmückenlarven. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XV, 1865. A. Weismann, Die Entwicklung der Dipteren. Leipzig 1864. Der- selbe, Die Metamorphose der Corethra plumicornis, 1866. E.Becher, Zur Kenntniss der Mnndtheile der Dipteren. Wien 1882. A.B. Lee, Les Balanciers des Dipteres etc. Geneve Bai. 1885. 38* 596 Diptera. Körperbmi. Fig. 603 a. Mittellinie des C4esiehtcs und Scheitels ziisammenstossen kilnnen. In der Regel sind drei Ocellen vorbanden. Die Fühler weichen nach zwei verschiedenen Richtungen auseinander, indem sie entweder klein hleil)en, aus drei Gliedern bestehen und häutig an der Spitze eine Fühlerborste (Aristo) tragen, oder scbnurförmig, von bedeutenderLängeündaus einer grossen Gliederzahl zusam- mengesetzt sind. Da jedoch im ersten Falle das Endglied wieder in kleine Glieder getheilt er- scheint, so ist eine scharfe Abgrenzung beider Fühlerfor- men um so weniger mJ'iglich . als auch die Fühlerborste ge- gliedert sein kann. Die Mundwerkzeu- ge bilden die als Schöpfrüssel (Pro- hoscis, Haustdhiw) bekannte Form von des Saugröhren, in de- nen die Kiefer und eine unjjaare, an der unteren Phaiwnx- wand entspringende Borste, der Hijpo- 2Jharynx, als Stechorgane auftreten kön- nen (Fig. 548). In den letzteren mündet der gemeinsame Ausführungsgang der beiden Speicheldrüsen. Die Mandibeln fehlen im männlichen Geschlechte, sowie bei sämmtlichen Muscaria und Pui)ipara auch beim Weibchen. Die Saugröhre, vornehmlich aus der Unterlippe gebildet, endet häufig mit schwammig aufgetrie- benen Endlippen, den Labellen (den um- geformten Lippentastern), während die Unterkiefer Taster tragen, welche bei Verschmelzung der Kieferreste mit der Unterlippe dem Schöpfrüsscl aufsitzen (Fig. 60?.). Prothorax kurz und ringfih-- mig, ebenso der Metathorax. Mesothorax am stärksten entwickelt. Das Abdomen ist häufig gestielt und besteht aus fünf bis neun Ringen. Bauchplatte des ersten Abdominalsegmentes gesondert. Die Beine besitzen fünfgliedrige Tarsen, welche mit Klauen und meist mit sohlenartigen Haftlappen (Pelotten) enden. Ch st Küssel einer Flippe. Ch St Chitinstäbe zur Stütze der Oberlippe (Reste der Maxillen), OOberlippe, Oc Oesophagus, 1/ Unterlippe (Labellen\ .W Maxillar- taster, C7i, CT' Chitinstützen der Labellen, JlfMentum, HHypopharynx, DrG gemeinsamer Ausfülirungsgang der Speicheldrüsen, welcher in dio Hypopharynx führt, Tr Tracheen. Die Labellen von vorne gesehen. (ieschlechtsorgiiif. Metainorpliose. 597 Das Nervensystem erscheint je mich der Streckung des Leibes in sehr verschiedenen Formen der Concentrirung. Während bei Fliegen mit sehr ge- drungenem Kiirperbau die Ganglien des Abdomens und der Brust zu einem gemeinsamen Brustknoten verschmelzen, erhalten sich bei den langgestreckten Nemoceren nicht nur die drei Pjrustganglien, sondern auch mehrere, selbst fünf und sechs Abdominalganglien wohlgesondert. Für den Darmcanal dürfte das Aut'trcten eines gestielten Saugmagens als Anhang des Oesophagus, sowie die Vierzahl der Malpighi'schen Getasse hervorzuheben sein. Die beiden Tracheen- stämme erweitern sich imZusanunenluinge mit dem gewandten Flugverm()gen zu zwei grossen blasigen Säcken an der Basis des Hinterleibes. Die männ- lichen Geschlechtsorgane bestehen aus zwei ovalen Hoden mit kurzen Aus- fiihrungsgängen, denen sich feste Begattungstheile nebst Copulationszangen anschliessen ; die Ovarien entbehren einer besonderen Begattungstasche, tragen drei Samenbehälter an der Scheide (Fig. 572) und enden oft mit einer ein- ziehbaren Legerühre. Die l)eiden Geschlechter sind selten auffallend verschieden. Die Männ- ehen besitzen in der Regel grössere Augen, die zuweilen median zusammen- stossen, häutig ein abweichend gestaltetes Abdomen, ausnahmsweise (Bibio) auch eine verschiedene Färbung. Auch die Mundtheile können Abweichungen bieten, wie z.B. die Männchen stets der messerförmigenMandibeln entbehren, welche im weiblichen (Teschlechte bei den Tanystomata und Nemocera die Hauptwarte bilden. Die Männchen der Culiciden besitzen behaarte viel- gliedrige Fühler, während die Fühler der Weibchen fadenförmig sind und aus einer geringeren Gliederzahl bestehen. Die Verwandlung ist eine vollkommene; die meist fusslosen Larven besitzen entweder einen deutlich gesonderten, mit Fühlern und Ocellen ver- sehenen Kopf (die meisten Nemoceren), oder der Kopf ist ein kurzer, meist eingezogener Abschnitt ohne Fühler und Augen (hiichstens mit einem x-för- migen Pigmentfleck), mit ganz rudimentären Mundwerkzeugen, zuweilen mit zwei zur Befestigung dienenden Mundhaken (Fig. 74). Im ersteren Falle haben die Larven kauende Mundtheile und nähren sich vom Raube anderer Thiere, im letzteren saugen sie als „Maden" Flüssigkeiten oder breiige Sub- stanzen ein. Letztere Averden mit Brauer als Cyclorapha bezeichnet, da die Haut bei der Abstreifung in bogenförmiger Naht gesprengt wird (Mnscarki, Fiq)ipara)y jene Larven dagegen mit Kieferkapsel und vollständigem oder unvollständigem Kopf als Orthorapha, weil die Haut in geradliniger Naht einreisst (Taivjstomuta^ Nemocera). Nach mehrfachen Häutungen verwandeln sich die Larven entweder in der erhärtenden Larvenhaut zur Puppe (F. coare- tatti), oder bilden sich unter Abstreifung der ersteren in bewegliche, oft frei im Wasser schwimmende Puppen (P. ohtecta) um, welche Tracheenkiemen besitzen können. Auf die Verschiedenheiten, welche die Entwicklung des geflügelten Insectes aus der Larve in beiden Gruppen darbietet, ist schon bei einer früheren Gelegenheit hingewiesen. 598 Erachy( G04. Gnsirophil Viele Dipteren produciren beim Fliegen summende Töne, und zwar durch Vibrationen verschiedener Körpertheile, theils der Flügel, thcils der Segmente des Abdomens unter Betheiligung der Stimmapparate an den vier Stigmen der Brust. Hier bildet unterhalb des Stig- nienrandes der Tracheenstamm eine Blase mit zwei zierlich gefalteten Blättchen, welche unterhalb zweier äusseren Klappen (Brummklappen) durch die Luftexspira- tion in Schwingungen versetzt werden. 1. Unterordnung. Brachtjccra, Flie- gen. Körper sehr verschieden gestaltet, häufig dick und gedrungen, mit fünf- bis achtgliedrigem Hinterleil). Fühler kurz, meist dreigliedrig, mit grossem, meist secundär geringeltem Endgliede, an wel- ches sich eine einfache oder geringelte Borste anschliesst (Fig. 54o/>). Flügel fast stets vorhanden. Die Larven leben in faulenden Stoffen der Erde und im Wasser, theilweise auch als Parasiten, sind grossentheils Maden mit Kieferhaken und verpuppen sich meist in der abgestreiften tonnenförmigen Larvenhaut (Fig. 604). Viele bilden jedoch auch eine Pupa obtecta. 1. Tribus. Miiscaria. Mit Stirnblase. Rüssel meist mit fleischigem Endlappen, Maxillen in der Regel verkümmert. Larven cycloraph, ohne Kieferkapsel , meist mit zwei bis vier Mundhaken. Stets Tönnchenpuppen. Fam. Phoridae. Phora iiu-rassafa Meig., als Larve im Bienenstöcke lebend. Fam. Acahiptera. Tnjpeia Cardiii L., Tr. siynata Meig., in Kirschen. Chlorops lineafa Fabr., Weizenfliege. Larve in den Halmen der Gräser. Scatophaga sfercoraria L., Dungfliege, auf Düngerhaufen. Piopliila raset L., Käsefliege. Anlhomijia rvßceps Meig. Foistschädlich durch Zerstören der Wurzeln von Weiden- und Pappelkeimlingen. Fam. Mitscidae. Mnsca domestica L., Stubenfliege. M. Caesar L., Goldfliege. M. ro- mitoria L., Brechfliege, mit glänzend blauem Hinterleib. M. cadaverina L., Aasfliege. Sarco- phaga carnaria L., Fleischfliege, vivipar. Tachina Meig. Die Larven schmarotzen vor- nehmlich in Raupen. T. puparutn Fabr., T. (Clinjsosoma) rh-idis Fall., T. grossa L., T. lariarum L. Fam. Conopidae. Coiiops ßavipes L., Larven im Abdomen von Hymenopteren. C. ru- fipes Fabr., Larven in Oedipoda. Fam. Sfomoxijidae. Stomox>js calcitrans L., Stechfliege, der Stubenfliege ähnlich. Fam. Oestridae, Biesfliegen. ') Rüssel verkümmert. Die Weibchen haben eine Lege- röhre und bringen ihre Eier oder (und in diesem Falle fehlt die Legeröhre) die lebendig geborenen Larven an bestimmte Stellen von Säugethieren, z. B. in die Nüstern der Hirsche, an die Brust der Pferde. Die Larven mit gezähnelten Körperringen und häufig mit Mund- haken leben in der Stirnhöhle, unter der Haut, selbst iin Magen bestimmter Säugethiere parasitisch. Unter der Haut erzeugen sie die sog. Dasselbeulen, llijpoderma bovis L., H. Actaeon Br., am Edelhirsch. H. tarandi L., Dermatohia hominis Goudot, auf Wieder- käuern, Katzen (Jaguar) und auf dem Menschen in Südamerika. Oestrus ai(r>harhis Wied. Die Larve wird von der Fliege in die Nasenhöhle des Edelliirsches gebracht. Gastrus (Gaslro- ') F.Brauer, Monograpliie der Oestriden. Wien 18H3. Pupipara. Tanystoitiata. Nemocera. 599 Yis. 605. EristnJis tena.ic. a Fliege, b Larve. Fig. 60G. 2)hilus) equi Fabr. (Fig. 604). Das Ei wird an die Brust des Pferdes abgesetzt und von diesem abgeleckt, die ausschlüpfende Larve hängt sich an der Magenwandung mittelst ihrer Mundhaken auf, besteht melirfaclie Häutungen und wird vor der Verpuppung mit den Excre- menten entleert. Farn. .S'//ry.7//rfae; Schwebfliegen, S;/rphus jiirastri h., Schwebfliege. Kristalis fenaxJj. (Fig. 60Ö), E. aeiieus Fabr., Larven mit Athemröhre, in Kloaken und stehendem Wasser. Farn. Fhttijpezidae, Pilzfliegen. Die Larven leben in Schwämmen. Plati/peza holeiina Fall. '1. Tribus. Pupipara '), Lausfliegen (Fig. 606). Korper ge- drungen, die drei Thoracalsegmente verschmolzen, das Abdomen breit und oft abgeflacht. Fühler kurz , häufig nur zweigliedrig. Die Beine mit 'gezähnten Klammerkrallen. Die Flügel können rudimentär sein oder fehlen. Die Entwicklung des Embrj-os und der Larve geschieht in der Uterus-ähnlichen Scheide. Die aus dem Ei hervorgegangene Made (ohne Schlundgerüst und Mundhaken) schluckt das Secret ansehnlicher Drüsenanhänge des Uterus (Fig. 574), besteht mehrfache Häutungen und wird vollständig ausge- bildet unmittelbar vor der Verpuppung geboren. Schmarotzen wie die Läuse an der Haut von Warmblütern, selten von Insecten. Braula coeca Nitzsch., Bienenlaus. Nifcteribia Latreillei Curt. Augenlos, auf Vespei'tilioarten. Melophagus ovinus L., Schafzecke (Fig. 606 a). Anapera pallida Meig., auf Schwalben. Hippohosca equinalt., Pferdelaus (Fig. 606 6). 3. Tribus. Tanijstomata. Rüssel meist lang mit stiletförmigen Kiefern zum Eaube. Larve orthoraph , mit Kieferkapsel und hakigen Kiefern. Fam. Empidae, Tanzfliegen. Die Larven leben in der Erde. Enipis fesselafa Fabr. Fam. AsiUdae, Raubfliegen. Die Larven leben in Wuizeln und Holz. Asilus germanicus L. , A. crabroni- formis L., Lapliria gihbosa Fabr., L. flava Fabr. Fam. Bombyliidae, Hummelfliegen. Anthrax morio Fabr. Die Larve lebt in den Nestern von Megachile muraria und Osmia tricornis. Bombylius major L., B. medius L. Fam. Tahanidae, Bremsen. Rüssel kurz wagrecht vorstehend mit sechs oder vier (Männchen) Stileten und zweigliedrigem Taster. Stechen und saugen Blut. Chrijsops coecufieiis h., Tabanus borinusli., Rinderbremse. Haema- topota plvvialis L., Regenbremse. Fam. Leptidae, Schnepfenfliegen. Lejjtis scolopacea L., Schnepfenfliege. L. vermileo L., Südeuropa. Die Larve gräbt im Sande Trichter und fängt in denselben wie der Ameisen- löwe Insecten. Fam. Straiionijjidae, Waftenfliegen. Stratiomgs chamaeleon L., ,S7. (Odoiüomijia) hijdrolcon L., Sargus cujirarius L. 2. Unterordnung-. Nemocera (TipuJariae), Langhöriier (Fig". 607). Lang- gestreckte Dipteren mit vielg-liedrigen, meist sclmurförmigen Fühlern, langen dünnen Beinen und grossen, theils nackten, theils behaarten Flügeln. Taster a Melophagus ovinus, b Hippohosca equina, nach Packard. de ') L. Dufour, Etudes anatomiques et physiologiques sur les Insectes Dipteres la famille des Pupipares. Ann. des sc. nat., 11^ ser., Tom. III, 1843. R. Leuckart, Die Fortpflanzung und Entwicklung der Pupiparen. Abb. der naturf. Gesellsch. zu Halle, Tom. IV. üOO meist von beträchtlicher Lcänge. vier- bis fünfgliedrig , bei den Männchen buschig, Rüssel kurz und fleischig, oft mit Stechborsten bewarthet. Halteren frei. Die Larven meist mit vollkommen diflferenzirtem Kopfe (Euccph(du), seltener mit einziehbarer Kieferkapsel (T'ipuUdm, Cecklomykn), leben im Wasser, in der Erde und auch in vegetabilischen Stoffen (Gallen, Pilzenj und besitzen theilweise eine Athemröhre. Nach Abstreifnng der Larvenhaut bilden sich die eucephalen Larven in eine ruhende oder auch frei bewegliche Puppe um, letztere dann mit Kiementracheen im Nacken und am Schwänze. Das ausgeschlüpfte Insect schwimmt bis zur Erhärtung der Flügel auf der ge- Fig. ()07. borsteneii Puppenhülle wie auf einem Kahne herum. Die Weibchen mancher Arten (Stechmücken) sau- gen Blut und werden, wo sie in grossen Schaaren vorkommen, zu einer wahren Plage. Farn. Bihionidae. (Musciformes). Körper tiiegenähnlich. Fühler seclis- 1)is elfgliedrig. Hinterleib siebengliedrig. Bibio marci L., B. hortulantis L. Männchen schwarz, Weibchen ziegelroth mit schwar- zem Kopf. CJiionea araneoides L., ohne Vorderflügel ; läuft im Winter auf dem Schnee umher. Simulia reptans L., .S'. co- ZM«?i«csc/«e«Ä2sFabr.,Kolumbaczer Mücke, blutsaugend, überfällt in Ungarn schaaren- weise die Viehheerden. Farn. Fttngicolae, Pilzmücken. Die t aus- Larven, ohne Fussstummel am zweiten Ring, leben in Pilzen. Sciara Thoniae L. Die Lai'veu unternehmen vor ihrer Verpuppung in ungeheurer Zahl, zu einem schlangen- förmig sich fortwälzenden, als „Heericurm" bekannten Bande zusammengedrängt, Wandeiungen am Erdboden. Mycetophila fusca Meig., Pilzmücke. Sciopliila maculaia Fabr., Schattenmücke. Fam. Noctuiformes, eulenartige Mücken. Psijchoda pltalaenoides L., Ptijchoptera contaminata L., Faltenmücke. Fam. Cidiciformes. Die Larven lel)en im Wasser, im morschen Holz oder in der Erde. Chironomus plumosus L., Coretltra pluinicornis ¥»\n\ Larve mit vier Tracheeiiblasen und Borstenkranz am Aftersegment, im Wasser. Fam. CuUcidae, Stechmücken. Larven im Wasser, mit Athemröhre und Anliängen am Hinterleibsende. Culex pipyiens L., Singmücke. Taster des Männchens buschig und länger als der Eüssel. Nur die Weibchen stechen. Fam. Gallicolae, Gallmücken. Larven in Gallen. Cecidomi/ia desfructor Say, Hes.sen- liiege. Seit 1778 in den Vereinigten Staaten als Weizenverwüster berüchtigt (eingeschleppt ['?] im Stroh von den hessischen Soldaten). C. iitrici Kirb., im Weizen (Fig. 607). C. secalüm Loew, C. Salicis Schrk. u. z. A. Die viviparen Larven (Fig. 135) gehören der Gattung Miastor an. Fam. IJmnohiidae, Schnaken. Larven in der Erde oder im faulen Holz. TipuJa ole- racea L., Kohlschnake. Clenophora airaia L., Kammmücke. Limnohia Meig. Cecidumyirt tiifici, nach Wagner, n Weibchen gestreckter Legeröhre, b Larve, c Pujipe 601 8. Ordnung. Siphoiiaptera ^ (Aphaiiiptera), Flöhe. Flügellose Inseden mit seitlich comprimirtem Körper und deutlich gc- treunten Thoracalriugen, mit saugenden und stechenden Mundwerk zeugen und roUkommener Metamorphose. Kopf mit breiter Fläche dem Thorax verbunden, ohne Facettenaugen. Fülller sehr kurz, in einer Grube hinter den einfachen Punktaugen entspringend. Mundwerkzeuge zu einem Saugrohr umgeformt, welches aus einer oberen stechenden Rinne, dem unpaarcn 8techorgan (Oberlippe), und zwei seit- lichen Kinnen, den paarigen Stielen (Oberkiefer), sowie terminal von den FiK. 608. n \ b II I'u!i:i (u-iaiu O, nach T asc b e n b e r g. .4 Antennen, 3// Maxillartaster. — h Larve von Piüex irrilaiis. mehrgliedrigen Labialtastern gebildet wird. Die Speicheldrüsen münden in den Oberkieferrinnen aus. Die Maxillen sind breite schützende Platten zur Seite der Rüsselbasis mit viergliedrigem Taster. Flügel oder deren Rudi- Fis. 609. iiiim. „.,,.„ mcnte fehlen, dagegen finden sich zwei seitliche platten- förmige Fortsätze an den Pleuren von Meso- und Meta- thorax. Die beinlose Larve madenförmig, die Nymphe frcigliedrig wie die der Käfer, mit gesondertem Kopf und beissendenKiefern(Fig.608). Fam. Fulicidae. Pulex irritans L., Floh des Menschen. Eücken des Männchens concav, zur Aufnahme des grösseren Weibchens. Die grossen fusslosen Larven leben in Säge- spänen und zwischen Dielen, wo auch die länglich-ovalen Eier abgesetzt werden. SarcopsijUa CRhiinckojirion) penetratis L., Sandfloh, lebt frei in Südamerika im Sande (Fig. 609). Das Weibchen aber bohrt sich in die Haut des menschlichen Fusses, auch verschiedener Säuge- thiere ein und setzt hier die Eier ab, deren ausschlüpfende Larven Geschwüre veranlassen. ') H. Karsten, Beitrag zur Kenntniss des Rhynchoprion. Nov. Act. etc. 1866. L. Lan- dois, Anatomie des Hundellohes. Dresden 1867. 0. Taschenberg, Die Flöhe. Die Arten der Insectenordnung Suctoria etc. monographisch dargestellt. Halle 1880. K. Kraepelin, Ueber die systematische Stellung der Puliciden. Hamburg 1884. a Trilchtiges Weibeben yon liliynchopriun penctrans. i Fuss einer Feldmaus mit eingenistetem Rhynchoprion, nach H. Karsten. 602 Ordnung. Lepidnptera. Fi- 610. 9. Ordnung. Lepidoptera ^), Schmetterlinge. Inscctcn mit saufenden, einen HoUrüsscl hildendin Mundirrrkzcitr/cn, mit vier gleichartigen, vollkommen beschuppten Flügeln, mit rerirachsrncin Prothorax und vollkommener Metamorphose. Der frei eingelenkte, dicht behaarte Kopf trägt grosse, halbkng-elige Facettenaugen und zuweilen zwei Punktaugen. Die Antennen sind stets ungebrochen, vielgliedrig, in ihrer Form aber mehrfach verschieden. Oft erseheinen sie borsten- oder fadenförmig, auch wohl keuleritVrmig und nicht minder selten gesägt oder gekämmt. Die i\Iundthei]e (Fig. 610) sind zum Aufsaugen flüssiger Nahrung, besonders süsser Honigsäfte, umgestaltet, zuweilen aber sehr verkürzt und kaum zum Gebrauehe befähigt. Oberlipj^e und Mandibeln verkümmern zu Rudimenten, dagegen verlängern sich die Unterkiefer in Form von dicht ge- gliederten Halbrinnen und legen sich zu dem spiralig aufgerollten Bussel (Bollzunge ) 7A\ssLmmeu. des- sen oberflächliche Dörnchen zum Aufritzen der Nectarien dienen, während durch die Höhlung die Honigsäfte aufgesaugt werden, welche unter dem Einflüsse ])um- pender Bewegungen der Speise- röhre nach der Mundötfnung auf- steigen. Die Kiefertaster sind sel- ten ganz geschwunden (Lycaena), bleiben aber in der Regel rudimen- tär und nur ein- oder zweigliedrig, mit Ausnahme der Tineiden, welche einen fünfgliedrigen ^laxillartaster besitzen. Bei J//f;-oy>/^r//.r sind jedoch neuerdings auch entwickelte Mandibeln und Maxillen mit getrennten Laden gefunden worden. In der Ruhe liegt der Rüssel unterhalb der Mundöffnung zusammengerollt, seitlich von den grossen dreigliedrigen, oft buschig behaarten Lippentastern begrenzt, welche der rudimentären dreieckigen Unterlippe aufsitzen. Die drei Ringe der Brust sind innig mit einander verschmolzen und wie fast alle äusseren Körpertheile dicht behaart. Die meist umfangreichen. Mundtheile von Sclimcttfrlingen, nachSavigi Zygaena, b von Kocfun. A Antenne, Oc Augen, lippe, Md Mandibe), Mx Maxille, Mxt Maxi Lt Labialtaster, in b abgeschnitten. ') E. J. C. E.sper, Die europäischen Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur, mit Beschreibungen. 7 Bde. Erlangen 1777— 1805. F. Ochsenheinier und F. Treitschke, Die Schmetterlinge von Europa. 10 Bde. Leipzig 1807 — 1835. W. Herrich-Schäffer, Systematische Beschreibung der Schmetterlinge von Europa. 5 Bde. Regensburg 1843 — 1855. Derselbe, Lepidopterorum exoticoium species novae aut minus cognitae. Regensburg 1850—1865. Alfred Walter, Palpus maxillaris lepidopterorum. .Ten. naturwiss. Zeitschr., Tom. XVIII, 188-t. Kiiriicrbau. Xervensystem. 603 nur selten ganz rudimentären (Spannerweibchen) Flügel , von denen die vorderen an Grösse hervorragen, zeichnen sich durch theilweise oder voll- ständige Ueberkleidung mit schuppenförmigen Haaren aus, welche dach- ziegelförmig über einander liegen und die äusserst mannigfache Zeichnung, Färbung und das Irisiren des Flügels bedingen. Es sind kleine, meist fein gerippte und gezähnelte Blättchen, welche mit stielf(»rmiger Wurzel in Poren der Flügelhaut stecken und als Cuticulargebilde, verbreiterte Haare, während der Tuppenperiode ihre Entstehung nehmen. Die Aderung der Flügel ist systematisch von Bedeutung geworden und lässt sich auf eine grosse, von der Wurzel entspringende Mittelzelle zurückführen, aus welcher sechs bis acht radiäre Adern nach dem seitlichen äusseren Rande hinziehen, während oberhalb und unterhalb der Mittelzelle einzelne selbstständige Längsadern dem oberen oder unteren befransten Rande parallel verlaufen. Beide Flügelpaare sind häutig durch Retinacula mit einander verbunden, indem vom oberen Rande der Hinterflügel Dornen oder Borsten in ein Bändchen der Vorderflügel eingreifen. Die Beine sind zart und schwach, ihre Schienen sind mit ansehnlichen Sporen bewaffnet, ihre Tarsen allge- mein fünfgliedrig. Der sechs- bis siebengliedrige Hinterleib ist ebenfalls dicht behaart und endet nicht selten mit einem stark vortretenden Haarbüschel. Am Ner\ensystem ist das Gehirn zweilappig, mit starken Sehlappen und besonderen Anschwellungen für den Ursprung der Antennennerven. Die Bauchganglienkette reducirt sich , von dem unteren Schlundganglion abgesehen, auf zwei Brustknoten (von denen jedoch der grössere zweite aus der Verschmelzung von vier Ganglien hervorgegangen ist) und auf vier oder fünf Knoten des Hinterleibes (Fig. 556). ImLarvenzustande existiren dagegen eilf Ganglienpaare des Bauchniarks. Der Nahrungscanal besitzt eine lange, mit einer gestielten Saugblase (Saugmcujen) verbundene Speise- röhre und sechs Malpighi'sche Gefässe, von denen jederseits drei mit einem gemeinsamen Ansführungsgange einmünden (Fig. 66 und 67). Die Ovarien bestehen jederseits aus vier sehr langen vielkammerigen Eiröhren, welche eine sehr grosse Zahl von Eiern bergen. Der Ausführucgsapparat besitzt stets ein langgcstieltes Receptaculum seminis mit Anhangsdrüse und eine grosse Begattungstasche, welche unterhalb der Genitalöftnung selbstständig nach aussen mündet (Fig. 571). Die beiden langen Hodencanäle werden zu einem unpaaren, meist lebhaft gefärbten Körper verpackt, aus dem die beiden vielfach geschlängelten Vasa deferentia entspringen, welche vor ihrer Vereinigung zum Ductus ejaculatorius zwei accessorische Drüsen- schläuche aufnehmen. Nicht selten entfernen sich beide Geschlechter durch Gri'sse, Färbung und Flügelbildung in auffallendem Dimorphismus. Die Männchen sind oft lebhafter und prachtvoller gefärbt (Reizmittel bei der Bewerbung des Weibchens). Merkwürdigerweise kommt auch im weiblichen Geschlechtc l)ei mehreren Schmetterlingen ein Dimorphismus oder gar ein Polymorphismus vor. Manche Arten zeigen in beiden Geschlechtern nach 004 Li'ljidoiJtera. (ieschliichtsorgan«;. Katwickluug. der Jahreszeit bedeutende Verschiedenheiten der Färbung (.Saisondimor- phismus) (Fig. 615). FartJieiioc/encse kommt ausnahmsweise bei Spinnern (Boiiihijx mori), regelmässig bei vielen Sackträgern (^Psz/cAr; (Fig. 011) und einigen Motten (Solenohiu) (Fig. 612) vor, deren larvenähnliche Weibchen der Flügel entbehren. üie aus dem Ei ausgeschlüpften Larven (Raupen) besitzen kauende Fress Werkzeuge (Fig. 613) und nähren sich vorzugsweise von Pflanzen- theilen, Blättern und Holz. An ihrem grossen harthäutigen Kopfe finden sich dreigliedrige Antennen und vier oder sechs Punktaugen. IJeberall folgen auf die drei fünfgliedrigen konischen Beinpaare der Brustringe noch After- füsse, entweder nur zwei Paare, wie bei den Spannerraupen, oder fünf Fig. 611. Fig. 613. OK c ' Soh-riobin triquetrelln. a Männch b Weibchen. a Weibchen von Psyche helix, b Männ- chen desselben, c Gehäuse der männ- lichen, d der weiblichen Kaiipe. „ „ , ,, ,^, ., . ^ ,r, , ' ' Kopf und Mundtheile einer Kauj3e('B<;»(i;/.c //(Ofvj. TTV n •> ^'^ Ocellen, A Antenne, Ol Oberlippe, M<1 Man- *'■ "■ dibel, 3/.<. Maxille, [7 Unterlippe mit Zunge und Tastern. Paare, welche dann dem dritten bis sechsten und letzten Abdominalringe angehören. Die Raupen befestigen sich vor der Verpnppung an geschützten Orten oder spinnen sich Cocoiis und verwandeln sich in Pupae obtectae '), aus denen entweder nach wenigen Wochen oder nach der Ueberwinterung im folgenden Jahre die geflügelten Insecten hervor- gehen. Diese letzteren haben in der Regel eine kurze Lebensdauer, indem sie nach der Begattung, respective Eierlage zu Grunde gehen. Einige überwintern indessen an geschützten Orten (Tagfalter). Dem Schaden einiger sehr verbrei- teten Raupenarten an Waldungen und Culturpflanzen wird durch die Verfol- gungen ein Ziel gesetzt, welche dieselben von Seiten bestimmter Ichneuniomdcn und Tachinarieri zu erleiden haben. Fossile Reste von Schmetterlingen kennt man aus der Tertiärforraation und aus dem Bernstein. Der früheren Ein- theilung Linne's in Tag-, Dämmerungs- und Nachtschmetterlinge hat man die Aufstellung mehrfacher Grupjten mit zahh*eichen Familien vorzuziehen. ^) Vergl. :\I. Marburg 1815. Herold, Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge, ('assel und Microlepidoptcra. üeemetriiia. Noctuiiia. Bombyciiia. GOf) 1. Trihus. Microlepidoptera, Kleinsclinietterlinge. .Selir kleine, zart gebaute Schmetter- linge mit meist langen, borstenfürmigen Fühlern und wohl entwickeltem, oft vier- oder tiinf- gliedrigem Maxillartaster {Micropteri/x mit sechsgliedrigem Taster). Die Raupen besitzen meist 16 Beine, von denen die Abdominalfiisse rings um die Sohle einen Kranz von Häkchen tragen. Viele bohren Gänge im Parenchym der Blätter, andere leben in zusammengewickelten Blättern, wieder andere in Kno.spen, wenige im AVasser, wie ^^ympliula und andere Pyraliden. Die meisten halten sich am Tage verborgen. Farn. Pterophoridac , Federgeistchen. Flügel federartig, in fein gefiederte Laiipen gespalten. Pteropliorus j'^fifadacfi/lus L., Pf. p)terodact!iltts L., Älucita hexadaciiila L. Fam. Tineidac, Schaben. Rüsseltaster gross, meist fünfgliedrig. Ypwnomeuia eronij- mella L., Spindelbaummotte. Die Raupen leben gesellig in Gespinnsten, mehrere Arten auf Obstbäumen. Solenobia pineti = liclienella L., S. triquetrella Fisch. R., Weibchen flügellos (Fig. 612). Die Raupen leben als „Sackträger" in kurzen Säcken. Pflanzen sich theilweise parthenogenetisch fort. Tinea granella L., Kornmotte, legt die Eier an Getreide. Die aus- schlüpfenden Raupen, unter dem Namen „weisser Kornwurm" liekannt, fressen die Körner aus. T. pellionella L., Pelzmotte, T. tapezella L., Tapetenmotte. Fam. Toriricidae, Wickler. Tortrix virt'dana L., Eichenwickler, drapholiilia fiine- hrana Tr., in Pflaumen. Gr. (Carpocapsa) pomonelkt L., Apfulwickler in wurmslichigen Aepfeln. Fam. P//rff //Wcre, Zünsler. Crambus pascuellns h., Boti/s urticalis L., (Jalleria mel- lionella \j., in Bienenstöcken. Piiralis jnnyiiinalis li., Fettschabe. Scopulafrumenlalis L., Saatmotte. 2. Tribus. Gpowefr/wo^ Spanner. Mi ist von schlankem Körperbau, mit grossen, in der Ruhe dachförmig ausgebreiteten Flügeln. Fühler borsstenförmig mit verdicktem Wurzelgliede. Rüsseltaster ein- oder zweigliediig. Die Raupen mit 10 bis 12 Füssen bewegen sich spanneiartig, während sie in der Ruhe mit den Afterfüssen festsitzen. Viele sind den Ob.stbäumen schädlich. Fam. Pin/tomctridae. Lareniia pojmlaia L., Chcimaiohia brumala L., Frostschmet- terling. Das Weibchen mit verkümmerten Flügeln legt im Spätherbst die Eier an den Stamm der Obstbäume. Hibernia defoliaria L., grosser Frostspanner. Fam. Dendromefridae. Acidalia oclireata Scop., Geotncfra jjaju'lionaria Jj., Abraxan (Zerene) (jrossulariaia L., Harlekin. 3. Trilnis. A'br/M/« er, Eulen. Nachtschmetterlinge mit breitem, nach hinten verschmäleitem Leib und düster gefärbten Flügeln. Fühler lang, borstenförmig . beim Männchen zuweilen gekämmt. Rüsseltaster zwei-, seltener dreigliedrig. Flügel in der Ruhe dachförmig. Beine lang, mit gesjiornten Schienen. Die bald nackten, bald behaarten Raupen besitzen meist 1(5, seltener durch Verkümmerung oder Ausfall der vorderen Bauchfüsse 12 oder 14 Beine und verpuppen sich grossentheils in der Erde. Fam. OpMusidae, Ordensbänder. Catocala pm-anijmpha L., gelbes Ordensband, C. fraxiniL., blaues Ordensband. C.niiptal,., C. S2wnsalj., C.promissaEap., rothe Ordensliänder. Fam. Phisidae, Goldeulen, Plusia gamma L., PL chri/sitis L. Fam. Agrotidae. Agrofis segeium Tr., Saateule. A. Iritici L., Triphaena pronuha L. Fam. Orthosiadae. Orthosia Jota L. Fam. Cuculliadae Cucullia vcrhasci L., C. absynihii L. ¥am. Acrongcfidae. Acronycta psilj., A. rtanids h. IHIoba cocrtdeorci>li(iIa L. Die Raupe ist den Obstbäumen schädlich. 4. Tribus. Bombijcina, Spinner. Nachtschmetterlinge von plumpem Körperbau, wollig behaart, mit borstenförmigen, beim Männchen gekämmten Fühlern. Die Flügel ziemlich breit, in der Ruhe dachförmig. Rüssel oft rudimentär. Rüsseltaster meist zwei- oder eingliedrig. Die schwerfälligeren grösseren Weibchen fliegen wenig, um so beweglicher aber sind die oft lebhafter gefärbten Männchen. In einigen Fällen verkümmern (Orgijia) die Flügel im weili- lichen Geschlecht, oder (Psyche) das Weibchen bleibt larvenförmig. Aus den Eiern, die häufig in Klumpen abgesetzt werden und mit einer wolligen Masse überkleidet sind, schlüpfen 606 Lepidoptera. Sphingina. Rhopaloccra. meist dichtbehaarte sechzehubeinige Raupen aus, welche sich später in vollständigen Ge- spinnsten über der Erde verpuppen. Die Ranpen einiger Arten leben gesellschaftlich in gemein- samen beutelartigen Gespinnsten, einige wenige (Fsijchiden) verfertigen einen Sack, in welchem sie ihren Körper verbergen. Bei diesen kommt Parthenogenese vor. Farn. Euprepiadae, Bärenspinner. Raupen sehr langhaarig, als Bärenraupen bekannt. Euprepia caja L., E. plantayinis n. z. a. A. Farn. Lipuridae. Liparis monacha L., Raupe auf Laub- und Nadelholz sehr schädlich. L. dispar L., Orgyia antiqua L., AVeibchen flügellos (Fig. 614). 0. (Dasijchira) pudihunda L. Farn. Xotodontidae. Notodonta ziczac L. , A". drome- dariKS L., Cnethocamjta jn-ocessionea L., Processionsraupe auf Eichen. Harpi/ia rimda h., Gabelschwanz. Raupen mit Kehl- drüseu und zwei vorgestreckten Afterfäden. Fam. Bomhycidae. Gastropacha quercifolia L. , Kupfer- glucke. G.potaioria L., G. rubi L., G. pini L., Clisiocampa neu- stria L., Ringelspinner. Bonibyx mori L., Seidenspinner, ur- sprünglich in Südasien heimisch, wird jetzt auch im südlichen \ ^^^ / Europa und China zur Gewinnung der Seide gezüchtet, üie j^^ Raupe, Seidenwurm, lebt von den Blättern des Maulbeerbaumes. J^m\ (Krankheit der Seidenraupe, Muscardine, Botrytis Bassiana.) ■y/lH V>> Fam. Saturnidae. Saturnia pyri BoY\ih., grosses Xacht- V pfaueuauge. .S'. carpini, s/)m/Borkh., mittleres und kleines Xacht- Orgyia antiqua (regne animal). pfauenauge. Attocus cyntJiia, Yamumai, cecropia werden zur a Männchen, b Weibchen. Gewinnung von Seide gezüchtet. Aglia tau L. Fam. Psychidae. Die Raupen tragen Säckchen mit sich herum und verpuppen sich in denselben. Psyche atra L., Ps. helix L., Säcke spiralig gewunden , mit einer zweiten seitlichen Oeffnung, in beiden Geschlechtern verschieden (Fig. 611). Funica nitidella Hb. Fam. Zygaenidae. Zygaena filipendulae L., Z. lonicerae Esp. Fam. Cossidae. Die Raupen leben meist im Marke von Pflanzen. Vossus liyniperda Fabr., Zeuzera aesculi L., Hepialus hinnuli L., Raupe in Hopfenwurzeln. 5. Tribus. Sphingina, Schwärmer. Mit langgestrecktem, am Ende zugespitztem Leib, mit meist sehr langem Rollrüssel und rudimentärem eingliedrigem Taster. Vorderflügel schmal und lang. Hinterflügel kurz. Die kurzen Fühler sind in der Regel an der Spitze verdünnt. Die Flügel liegen in der Ruhe dem Körper horizontal auf und besitzen stets i in Retinaculum. Die platten, mit einem Afterhoru versehenen Raupen haben 16 Beine und verpuppen sich in der Erde. Die Schwärmer fliegen in der Dämmerung, einige auch am Tage (Macroglossri). Fam. Sesiadae. HymenopterC-i-ähnlich mit glashellen Flügeln. Scsia (Trorhilitan) apiformis L. (Fig. 160 a). S. hemheci formt s Hb. Fam. Sphinyidae. Macroglossa stellatarum L., Taubenschwanz. Sphinx elpenor L., S. porcellus L., AVeinschwärmer. S. ISerii, Oleanderschwärmer. S. convolcidi L., AViudig. Acherontia atrojtos L. Todtenkopf. Raupe auf Kartoff'eln. Smerintltus popidi L., Pappel- schwärmer. S. tiliae L., LindenschAvärmer. S. orclhdus L., Abendpfauenauge. 6. Tribus. Phopalocera, Tagfalter. Schmetterlinge von schlanker Körperform mit meist lebhaft gefärbten Flügeln. Fühler keulenförmig oder am Ende geknöpft. Rüsseltaster ganz verkümmert, eingliedrig. Beine dünn. Schienen der Vorderbeine verkürzt, zuweilen verkümmert- Die Falter fliegen am Tage und tragen in der Ruhe die Flügel aufrecht, oft zusammen- geschlagen. Die sechzehnfüssigen Raupen sind nackt oder mit Dornen und Haaren besetzt und bilden sich meist frei ohne Cocon und mit Fäden an fremden Gegenständen befestigt in die oft metallisch glänzende bucklige Puppe um. Fam. Hesperidae. Hesperia comma L., H. sylvanus Sehn. Fam. Lycaenidae (Polyommatidae), Bläulinge. Polyommaius Arion L., P. iJamon Fabr., P. viryatireae L., ThecJa rubi L., T. quercus L., T. betuJae L. 10. Ordnung. Coleoptera. 607 Vancssri hvar. Weibchen, a Winterform, b Sommerform (pr Nach Weismann. Fam. Satyridac. Sati/rus Briseis L., .S'. Heruiione L., Ercbia (Hippurchia Fabr.), Juniru L. u. a. A. Fam. Nifniplialidue. Eaupen mit dornigen Auswüchsen, selten feinhaarig, die Puppe liiingt am After befestigt. Apaiura iris L., Schillerfalter. Limenitis popidi L., Eisvogel. Vanessa prorsa ^j. {V.le- „ Fig. Ü15. h rana ist die Frühlingsgene- ration) (Fig. 615). r. cor- diiiL., Distelfalter. J'. afa- lanta L., Admiral. T'. an- 1io]ia L. , Trauermantel. V. io L. , Tagpfauenauge, r. urticae L., kldnerFuchs. Ar(/i/nnis paphia L. , A. ar/laia L., Perlnintterfalter. Meliiaea ciitxia L. Fam. Pieridae, Weisslinge. Pieris crataeyt L., der Heckenweissling. P. brassicae L., Kohhveissling. P. napi L., P. rapae L., Colias hyale L., C. (Gonopteryx Leach.) rhanini L., Citronenvogel. Hier schliesst sich die Familie der Heliconiidae an (Fig. 159). Fam. Equitidae. Papilio Podalirius L. , Segelspitze. P. Machaon L., Schwalben- schAvanz. Doritis Apollo L. Die Weibchen tragen am Hinterende einen taschenförmigeii Anhang (Begattungszeicheu von Siebold). Thais Polyxena Ochsh. 10. Ordnung. Coleoptera ^j, Käfer. Insecfcn mit kauenden Mundiverlzeugen und hornigen Vordcrfiik/eJn (FlügeJdeeken) , urit frei heiregJkhem Frothorax und roJ'lcDunnener Meta- morphose. Die Hauptcliaraktcre dieser um- fangreichen, aber ziemlich scharf nra- grenzten Insectengruppe beruhen auf der Bildung der Flügel , von denen die vorderen als Flügeldecken (FJ)/tin ) in der Rnhe die häuligen der Qiieie und Länge nach zusammengelegten Hinterflügel bedecken und dem Hinter- leibe horizontal aufliegen (Fig. 616). Letztere dienen ausschliesslich zum Fluge , während die Vorderflügel , zu Schutzwerkzeugen umgebildet, in Form und Grösse gewöhnlich dem weich- häutigen Rücken des Hinterleibes an- gepasst sind, von dem zuweilen das letzte Segment bei abgestutzten, oder Fig. 61 1; Htjdrophihis pice'usixtgnea.nxma.l). «Käfer, h Larve c Puppe. *) W. E. Erichson, Zur systematischen Kenntniss der Insectenlarven. Archiv für Xaturgesch., Tom. VII, VIII und XIII. Th. Lacordaire, Genera des Coleopteres. Paris 1854—1863. L. Eedtenbacher, Fauna Austriaca, Die Käfer. 3. Aufl. Wien 1873, Gem- minger und Harold. Catalogus Coleopterorum etc. München 18(38. Kowalevski, I.e. Flnt Wicklungsgeschichte des Hydrophilus etc. K. Hei der, I.e. (308 Körperbau. Nervensystem. Geschlechtsorgane. auch inelirere Segmente (Staphijlinni) bei ahf/ekürzfcn Flügeln unbedeckt bleiben. In der Regel schliessen in der Ruhe die geradlinigen Innenränder beider Flügeldecken unterhalb des Schildchens dicht aneinander, während sich die Aussenränder um die Seiten des Hinterleibes umschlagen. Zuweilen verwachsen die inneren Flügelränder untereinander, so dass das Flugver- mögen aufgehoben wird. Selten fehlen die Flügel vollständig. Der zuweilen freie, in der Regel aber in den frei beweglichen Prothorax eingesenkte Kopf trägt sehr mannigfach gestaltete, meist elfgliedrige Fühler, welche im männ- lichen Geschlechte eine ansehnliche Grösse und bedeutende Oberfläche l)esitzen. Xebenaugen fehlen mit seltenen Ausnahmen. Die Facettenaugen werden dagegen nur l)ei einigen blinden Höhlenbewohnern vermisst. Die öMundtheile sind beissend und kauend. Die Kiefertaster sind gewöhnlich viergliedrig. die Lippentaster dreigliedrig, bei den Raubkäfern erhalten jedoch auch die äusseren Kieferladen eine tasterartige Form und Gliederung. Die durch Reduetion ihrer Theile vereinfachte Unterlippe verlängert sich selten zu einer getheilten Zunge. Der umfangreiche Prothorax (Hahschihl) lenkt sich dem meist schwachen Mesothorax freibeweglich ein; an ihm sow'ohl wie an den übrigen Brustringen rücken die Pleurac auf die Sternalfläche. Die höchst verschieden gestalteten Beine enden am häufigsten mit fünfgliedrigen. selten viergliedrigen Tarsen. Selten ist der Fuss aus einer geringeren Gliederzahl zusammengesetzt und ein- bis dreigliedrig. Der Hinterleib schliesst sich mit breiter Basis dem Metathorax an und besitzt stets eine grössere Zahl von Rückenschienen als Bauchschienen, von denen einzelne mit ein- ander verschmelzen können. Die kleineren Endsegmente liegen meist ein- gezogen in den vorhergehenden verborgen. Das Nervensystem der Käfer weicht durch die grössere oder geringere Concentration des Bauchniarkes nach mehreren Richtungen auseinander. Auf das untere Schlundganglion folgen zw^ei oder drei Thoracalganglien. in deren hinteren Abschnitt auch ein oder zwei abdominale Ganglien ein- geschmolzen sind. Im Abdomen erhält sich meist eine Reihe von Ganglien (2 bis 7) gesondert (Fig. 105) ; doch können auch alle zu einer länglichen Masse verschmolzen oder in die Brustganglien eingezogen sein. Der lange gewundene Darmcanal erweitert sich bei den fleischfressenden Käfern zu einem Kaumagen, welchem der zottige Chylusdarm folgt (Fig. 553). Die Zahl der Malpighischen Gefässe beschränkt sich wie bei den Schmetter- lingen auf vier oder sechs. Beim Weibchen vereinigen sich zahlreiche Ei- röhren unter sehr verschiedener Anordnung und am Ausführungsapparat tritt oft eine Begattungstasche auf. Die Männchen besitzen einen umfang- reichen hornigen Penis, welcher während der Ruhe in den Hinterleib ein- gezogen ist und mittelst eines kräftigen IMuskelapparates vorgestüljit wird. Männchen und Weibchen sind leicht durch die Form und Grösse der Fühler, sowie durch die Bildung der Tarsalglieder und durch besondere Verhältnisse der Grösse, Körperform und Färbung zu unterscheiden. Larven. Cryptototramfra. Cryptopeiitamera. 609 Die Larven besitzen fast dnrcliweg- beissende Mundwcrkzeuge, selten Saugzangen, und ernähren sich, in der Regel verborgen nnd dem Lichte entzogen, unter den verschiedensten ]>edingnngen, meist in älnilicher Weise wie die ausgebildeten Insecten. Dieselben sind entweder madentVinnig ohne Füsse, aber mit deutlich ausgebildetem K()\}f (Ciirc)dio)ii(h'io. oder besitzen ausser den drei Beinpaaren der Brust auch noch Stummel an den letzten Hinterleibsringen. Manche Larven, wie die der Ckmdelen, haben einen eigen- th um liehen Greifapparat zum Erfassen der Beute (Fig. 617). Anstatt der noch tVhl enden Facettenaugen treten Ocellen in verschiedener Zahl und Lage auf. Einige Käferlarven leben wie die Larven von Dipteren und H ymenopteren parasitisch und nähren sich im Innern der Bienenwohnungen von Eiern und \{o\\\^{Md Puiipp, r L.irvc?. '>^ / K d ;a^^ fünf die. Faiii. Ciirriilininddc, Rüsselkäfer. ^'l)^dL■^kollf rüsselförniig vril;iiigt>rt. iormig. olni.' imIit uüt sehr mdimentäreu Beinen und Ocellfii. ii;iliirii sii li i phytophag. uml z\v;u- unter den verschiedensten A'erhältnissen , dir ciiirn Knos])en und Fruchten, die anderen unter der Rinde oder auf Blalteni CalandiK (ii-(ui»-t.,, \ ,:• ^ jVWo (rt'gne animai Farn. EItii>iiiliori(l<(( . Dir Ijarvcii lelicu in Wcspfiiiiesl li-ihe von Schaben ( lHiijiidiiis ). L'/iijtiji/ini/is hiiiKinilattis V hhillantin Snndv. Kam. 'VvHrhrioniihir. Tviiclivio Dtolilor^j. wurm hi'kaniit. r>liii>.s )norlis<(ii/i)u:ri/lon nacalc L. , auf Schift'swerltcn im Eichenholz. Anohiiini iicrliiid.r L., Todtenuhr, erzeugt im llnlz ein Tickendes Geräusch. I'liniis Jiir L., Pt. rufipes Fabr. Fam. Clcrlddo. Die bunt gefärbten Larven lelien unter tlcr l>inde grössteutlieils von anderen Jnsecten. Clrrtfs foniiicariits L.. Trlclinclcs a/i/an'ii.s Ij. Die Larve schmarotzt in Bienenstöcken. Fani. M/ertfit<. L, L(((oii niurintifs L., Ehüir saiHiiiiiiciis L., Pi/roj/Jiorns »ncfiiuctis L., auf Cuba, mit bhisi^ aü- getriebener leuchtender A'orderbrust. Fam. hupimtldctf, Prachtkäfer. Körper lauggestreckt, nach hinten zugesi)it/t ott lebhaft gefärbt und metallisch glänzend. Die langgestreckten wurmförmigen Ijaivcn t ntlieliini der Ocellen und in der Eegel auch der Beine und besitzen eine sehr verbreiterte Yorderbrust. Sie leben ähnlich wie die Cerambycidenlar- ven, denen sie überhaupt gleichen, im Holze und bohren flache ellip- soidische Gänge. Trarlnjs iiiiintld L., AgriluK hifjntfatux Fabr., Ilii- j)i-csfi.s ntsfica Fabr. , B. /iaro- iiKicidatd Fabr. Fam. Lunuilicoriiid, lilatt- a iviannciieii, u v> imdcmpii. uury. hornkäfer. Die Fühlhörner sind sieben- bis eilfgliedrig, mit grossem Basalgliede und fächerförmig verbreiterten (drei bis sieben) Endgliedern (Fig. 543 /). Bei vielen sind die A'orderbeine zum Graben eingerichtet. Die weich- häutigen Larven mit hornigem Kopfe und gekrümmtem Bauche, mit mittellangen Beinen und sackförmig erweitertem Hinterleibsende nähren sich theils von Blättern und A\^urzeln, theils von putrescirendeu pflanzlichen und animalen Substanzen und verpuppen sich nach zwei- bis drei- jähriger Lebensdauer in einem Cocon unter der Erde. Lucamis ccrvus L., Hirschkäfer, Schröter. Larve im Mulm alter Eichen. Der Käfer nährt sich von dem ausfliessenden Saft der Eiche. Dorrus 31)* YOn Mc/ulo)it/'i :, nach Eatze ^\'2 ^^- Ordniinfe'. Strepsiptera. jjarullelipipcilits L., Copris lunaris L., Ateiichus sacer L., Kllendreher. Aphodius suh- ierraneus Fabr., (ieotrupes vernalis L., G. stercorarius L., Lelhrus ceplialofes Fabr., den jungen Trieben des Weinstockes schädlicli. Rliizoiroc/us solstitialis L., Polijphylla fullo L., Melolontha vulgaris Fabr., Maikäfer. Die Larve, als Engerling bekannt (Fig. 623), nähit sich in der ersten Jugend gesellig lebend von modernden Pflanzenstoffen, später (im zweiten und dritten Jalvre) von Wurzeln , durch deren Zerstörung sie grossen Schaden anrichtet. Gegen Ende des vierten Sommers entwickelt sich meist der Käfer aus der in einer glatten runden Höhle liegenden Puppe, verhaiTt aber bis zum nächsten Frühjahre in der Erde. M. lilppocastanl Fabr., Ceioiria miruta L., Oryctes nusicornis L., Nashornkäfer. Dijiiastrs- Hercules L. Fam. Deruiestidae, Speckkäfer. Die Larven mit langer Haarbekleidung. Atlcic/cinis pellio L., Pelzkäfer. Dermestes lardarius L., Speckkäfer. Anthrenus museorum L. Fam. Hisieridne, Stutzkäfer. Hisfer viarulafus L., Onioph{h(S striatus Fabr. Fam. Silphidae, Aaskäfer. Käfer und Larven leben von faulenden thierischen und wolil auch vegetabilischen Stoffen und legen an denselben ihre Eier ab, einige fallen selbst lebende Insecten und Larven an. Angegriffen , vertheidigen sich viele durch den Auswurf eines stinkenden Analsecretes. Silpha thoracica Fabr., S. ohscura Fabr., S. atrata Fabr., Xrcrophorus vesjnllo Fabr., N, germanicus Fabr., Todtengräber. Fam. Pselaphidae. Leben im Dunkeln unter Steinen und in Ameisencolonien. Psehi- pJnis- Heisei Herbst. Claviger iestaceus Pr. Fam. Sfajdijjlinidae. Kurzdeckflügler. Mit sehr kurzen Flügeldecken. Myrntedoniii ranalictdata Fabr. Leben unter Ameisen. Siaphylinus maxillosus L., Omalium rivtdarc Payk. Fam. HydropJiilidae (Palpicornia). Schwimmkäfer mit kurzen keulenförmigen Fühlern und langen Maxillartastern , welche oft die Fühler üben-agen. Nähren sich von Pflanzen. Hydropliihis piceiis L. (Fig. 616), Hydrous carahoides L., Hydrobius fuscipes L. Fam. Dytiscidae, Schwimmkäfer. Mit fadenförmigen, zehn- oder eilfgliedrigen Fühlern uiid breiten, mit Borsten besetzten Schwimmbeinen , von denen besonders die weit zurück- stehenden Hinterbeine durch den dichten Besitz von Schwimmhaaren zum Euderu tauglich werden. Nähren sich vom Raube. Colymbetes fuscus L., Dytiscus marginalis Sturm. Acilius sidcatiis L. F-dm. Carabidae , Laufkäfer. Mit eilfgliedrigen, fadenförmigen Fühlern , kräftigen, zaugcnförmigen Mandibeln und Laufbeinen. Die langgestreckten Larven besitzen viergliedrige Fühler, vier bis fünf Ocellen jederseits, sichelföimig vorstehende Fresszangen und ziemlich lange, fünfgliedrige Beine. Harpalus aencus Fabr., Brachinus crepitans K., Bombardir- käfer. Zabrus gibbus Fabr., Carabus auraius L., Procritstes coriaceus Jj., Calosoma sycophanta L., Puppenräuber. Fam. Cicindelidae. Mandibeln mit drei Zähnen. Die Larven graben Gänge unter der Erde, besitzen einen breiten Kopf, sehr grosse sichelförmig gekrümmte Kiefer und tragen am Eücken des achten Leibessegmentes zwei Hornhakeu zum Festhalten in dem Gange, an dessen Mündung sie auf Beute lauern. Cicindrla campestris (Fig. 617). 11. Ordnung. Strepsiptera^), Fächerflügler. Insecten mit stummeiförmigen, an der Spitze aufgerollten Vorderßügcln, grossen, der Länge nach faltharen Hinterßügeln, rudimentären Muuduerk- zetigen, im weiblichen Geschlecht ohne Flügel und ohne Beine, als Larven im. Leibe von Hymnopteren schmarotzend. *) W. Kirby, Strepsiptera, a new order of Insects. Transact. Linu. Soc, Tom. X. V. Siebold, UeberXenos sphecidarum und dessen Schmarotzer. Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere, 1839. Derselbe, lieber Strepsiptera. Archiv für Naturgesch., Tom. IX, 1843. Curtis, British Entomology. London 1849. 12. Ordnung. Hymenoi>tera. 015 Fis-. ()24. Die Miuicltheile sind im g-esclilechtsreifen Alter verkümmert und bestehen aus zwei spitzen, übereinander g-reifenden Mandibeln und kleinen mit der Unterlippe verschmolzenen Maxillen nebst zweigliedrigen Tastern. Vorder- briist und Mittelbrust bleiben sehr kurze Ringe, dagegen verlängert sich der Metathorax zu einer ungewöhnlichen Ausdehnung und überdeckt die Basis des neunglicdrigen Hinterleibes. Die Männchen besitzen kleine auf- gerollte Flügeldecken und sehr grosse, der Länge nach fächerartig faltbare HinterHügel (Fig. 624). Die augenlosen Weibchen dagegen bleiben zeitlel)ens ohne Flügel und Beine, einer Made ähnlich, und verlassen weder ihre ruppen- hülle. noch ihren parasitischen Aufenthalts- ort im Hinterleibe von Wespen und Hum- meln, aus dem sie nur ihren Vorderk(»rper hervorstrecken. Die ^Männchen sollen mittelst ihres Copulationsorgans die an- fangs geschlossene Rückenröhre des Weib- chens bei der Begattung öftnen. Die Eier- stöcke entbehren des Eileiters und ver- harren, wie es scheint, auf einem früheren Entwicklungsstadium , indem sie wahr- scheinlich ähnlich wie die der viviparen Cecidomyialar^-en die Eier erzeugen. Diese fallen frei in die Leibeshöhle. werden be- fruchtet und entwickeln sich (möglicher- weise aber auch zum Theil partheno- genetisch) zu Larven, welche durch den erwähnten Rückencanal ihren Weg nach aussen nehmen und auf Bienen- und Wespenlarven gelangen (Fig. 624«). Li diesem Zustande sind sie sehr beweglich und besitzen wie die jungen Cantharidenlarven drei wohl entwickelte Beinpaare, sowie zwei Schwanzborsten am Hinterleibe und bohren sich in den Leib der neuen Träger ein. Etwa acht Tage später verwandeln sie sich dann unter Ab- streifung der Haut in eine fusslose Made von walziger Form, welche erst in der Hymenopterenpupi)e zur Puppe wird und sich als solche aus dem Hinterleibe jener mit dem Kopfe hervorbohrt. Die Männchen verlassen die Puppenhülle, suchen die Weibchen auf und scheinen nur eine kurze Lebens- dauer zu haben. Fam. Stijlopidae. Xenos liossii Kiib. (A'. rr.spantni Eoss.) sclmiarotzt in rnlLstes gallica. Stylops melitlup Kirb. 12. Ordnung. Hymenoptera ^), Hautflügler. Lisecten mit heissenden und leckenden Mundiverkzeugeit, mit vcrirach- seneni ProtJiorax, mit vier häutigen, nur icenig geäderten FUlgrJn und roll- hommener Metamorphose, Larven madenförmig. 'j L. Jurine, Nouvelle raethode de classer les Hymeuopteres et les Dipteres. Tom. I, Hymenopteres. Geneve 1807. C. Gra venlior st , Ichneumologia Enropaea. Vratislaviae 1829. Sttjlujis Chlhh-eni, nach Kirby. n L; b Weibchen, c Miinnchen. (■)1^4: Hymonoptoi-a. Knrperl)!iu. Muiuhverkzengf . Der Kih-per besitzt einen frei l)e\vegliclien Ki)\A' mit gTossen , im mäunliclien Geschleclite fast ziisammenstossenden Xetzaugen und drei Oeellen ( Fig. 004 ). Die Fühler lassen gewöhnlich ein grosses F>asalglied (Schaft) und eilf- bis zwölf kürzere Olieder (Geissei) unterscheiden, oder sind unge- brochen und bestehen dann aus einer grösseren Gliederzahl. Mundwerkzeuge beissend und leckend, Oberlippe und Mandibeln wie bei Käfern und Or- thopteren gebildet, die Maxillen und Unterlippe dagegen verlängert, zum Lecken eingerichtet, in der Ptuhe häufig knieförniig umgelegt (Fig. 545). Bei den Bienen kann die Zunge durch bedeutende Streckung die Form eines Küsseis annehmen; in diesen Fällen verlängern sich auch die Kieferladen in ähnlicher Ausdehnung und bilden eine Art Scheide in der l'mgebung der Zunge. Die Kiefertaster sind meist seehsgliedrig. die Labialtaster dagegen nur viergliedrig , können sich al)er auch auf eine geringere Gliederzahl reduciren. Der Frothorax tritt in feste Verbindung mit den nachfolgenden Brustringen, indem wenigstens das Pronotum mit Ausnahme der Blatt- und Holzwespen mit dem Mesonotum verschmilzt, während das rudimentäre Frosternum frei beweglich bleibt. Am ^lesothorax finden sich über der Basis der Vordcrflügel zwei kleine bewegliche Deckschuppen (Tefjiihtc). und hinter FiL'. 62.'). C ^ X? ^ ^. 6 Apis Jiiellijicri. n Königin, h Arbeiterin, e Drohm-. dem Scutellum bildet sich der vordere Theil des ^ietanotum zu dem Hinter- schildcheu ( Posfscufc/hini) aus. Auch das erste Abdominalsegment wird in die Bildung des Thorax mit eingezogen, so dass die erste Bauchschiene fehlt. Beide Flügelpaare sind häutig, durchsichtig und von wenigen Adern durchsetzt, die vorderen beträchtlich grösser als die hinteren, von deren Aussenrand kleine übergreifende Häkchen entspringen, welche sich an dem unteren Rande der Vorderflügel befestigen und die Verbindung beider Flügel- paare herstellen. Zuweilen fehlen dieselben einem der beiden Geschlechter oder bei manchen gesellig lebenden Hymenopteren den Arbeitern. Die Beine besitzen fünfgliedrige, meist verbreiterte Tarsen mit langem ersten Tarsal- gliede. Selten schliesst sich der Hinterleib nahezu in seiner ganzen Breite dem Thorax an (sitzend), in der Regel verengert sich das erste oder die beiden ersten Segmente des Abdomens zu einem dünnen, die Befestigung .T. Tli. C. Ratzeburg, Die Ichneumoneif der Forstinsecteu. 3 Bde. Kerliii 1844 — 1852. G. Diililbohm, Hymenoptera Europaea, praecipne borealia. Lnnd 1845. v. Siebold, Bei- träge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig 1871. P. Breithaupt, Ueher die Anatomie und die Functionen der Bienenzunge. Archiv für Xaturgesch., 52. Jahrg., 188G. Ltgt-stachel. Giftstachel. Nervensystem. Geschlechtsorgane. 615 mit dem Thorax vermittelnden Stiele (gestielt). Im weiblichen Geschlechte endet der Hinterleib mit einem in der Regel eingezogenen Legeistachel (Terehra) oder Giftstachel (Aculeus). Dieser entwickelt sich aus sechs Wärzchen, von denen vier der Bauchseite des vorletzten, zwei der des drittletzten Segmentes angehören. Der Stachel (Fig. 626) besteht aus der Stachelrinne, zwei Stech- borsten und zwei Stachelscheiden (nebst oblongen Platten) und liegt im Ituhezustand eingezogen. Erstere, mit ihrer Kinne nach unten gewendet, ent- steht aus dem inneren Warzenpaar des ^-orletzten Segmentes, während die an den Rändern der Stachel- „. ,.o,. lug. 62b. rinne lautenden Stechborsten dem Zapfenpaare des drittletzten Seg- mentes entsprechen. Tebrigens nehmen auch die Segmente selbst insofern an der Stachelbildung Antheil, als sie kräftige Stützplatten des Stachels ((luadratische Platte und Winkelj liefern. Das Xervensystem besteht aus einem umfangreichen, com- plicirt gebauten (^ehirn. dem un- teren Schlundganglion, zweilirust- knoten (die (langlien des Meso- und Metathorax sind mit den vor- tleren Bauchganglien verschmol- zen) und fünf bis sechs Ganglien des Hinterleibes. Der Darm er- reicht häufig eine bedeutende Stachelapparat der Honigbiene von der Kückenseite, nach Länge, namentlich bei denjenigen Kraepelin. C?D Giftdrüse, f;6 Olftblase, D Schienen- HTUtflÜO'leril welche sieh bei einer '^^'"^®; '^''' i^chlenenrinne mit den Stechborsten, Ba bul- "- böse Basis der ersteren, B Bogen derselben, ir Winkel, längeren Lebensdauer um die .sv, stachelscheide, o oblonge piatte, q quadratische l'tiege und Ernährung der Brut ^'^^^^^■- ^'*'' ^'*" ^'^ '"^'•^«'^ stechborsten an der ven- ^ ^ ^ ■ 1 - • 1 1 tralen Seite der Schienenrinne. kümmern. Lmtangreiche Speichel- drüsen sind vorhanden (Fig. 55o). Meist erweitert sich der enge Oesophagus zu einem Saugmagen, seltener zu einem kugeligen Kaumagen (Ameisen). Die Zahl der in den Dünndarm einmündenden kurzen Malpighi'schen Gefässe ist eine beträchtliche. Im Zusammenhange mit dem ausdauernden Flugvermögen bilden die Längsstämme der Tracheen blasige Erweiterungen, von denen zwei an der Basis des Hinterleibes durch ihre Grösse hervortreten. Die Weib- chen besitzen meist sehr zahlreiche (bis zu hundert) vielfächerige Eiröhren und ein grosses Receptaculum seminis mit Anhangsdrüse, während eine ge- sonderte Begattungstasche fehlt (Fig. 627). Da. wo ein Giftstachel auftritt, sind fadenförmige oder verästelte Giftdrüsen mit gemeinsamer Giftblase und in die Sta(;helsclieide mündendem Ausführungsgange vorliaiiden (Fig. 626). 61(5 Hynienoptera. Terebrantia. GK dl Kc Bie Eingeweide im Hinterleibe der Bienenkönigin, nach K. Leu- ckart. D Darm, R Bectum mit den Kectaldrüsen und After, Gk Ganglienkette, Ov Ovarium, Rc Eeceptaculum semiuis, Gb Gift- drüsenblase, St Stachel. leben frei \oii Blättern in ihren Zellen vor. oder Im männlichen Geschlechte verbinden sieh mit den Samenleitern der beiden Hoden zwei aecessorische Drüsen, während der gemeinsame Ductus ejacu- latorus mit einem umfangreichen ausstülpbaren Penis endet. Mit Ausnahme der Blattwespen und Holzwespen sind die Larven fusslos und leben entweder parasitisch im Leibe von Insecten (die Ffcromalincn unter Vorgängen einer Art Hy- permetainorphose verschie- dene Larvenformen durch- laufend) oder in Pflanzen, oder in Bruträumen so- wohl von pflanzlichen wie von thierischen Stoffen . Jene, den Schmetterliiigs- raupeii ähidich. aber mit einfachem grossen Auge jederseits (Fig. 628), haben ausser den sechs Thoracal- beinen sechs bis acht Paare von Abdominalfüssen und diese sind madenartig, finden das Nalirungsinaterial werden während ihres Heranwachsens gefüttert. Meist besitzen sie. wie z. B. die Larven der Bienen und Wespen, einen kleinen einziehbaren Kopf mit kurzen Mandibeln und Fress- spitzen (Kiefer und Unterlippe). Dieselben entbehren der After- (ilfnung. da der blindgesclilos- sene Magen mit dem die Mal- pighischen Gefässe aufnehmen- den Enddarm nicht communicirt. Die meisten Larven spinnen sicli zur A'erpuppung eine unregel- mässige Mülle oder einen festeren Gocon aus seidenartigen Fäden. Die der Wespen und Bienen ei- fahren dann bald eine Häutung (unter Entleerung ihrer Auswurfsstotfe). mit der sie jedoch erst in ein Vorstadium der Puppe, von Siebold „F.^fudonf/ii'phc'' genannt, ein- treten (Fig. 629). 1. Unterordnung. Terehrmitin. Weibchen mit LegeriUire oder Lege- bohrer (Terebiti). der frei am Hinterleibsende hervorsteht und zuweilen zurückgezogen werden kann. Fig. Ü28. Q[ Md ^^ / '(;• M.v VI Kopf und Mundtheile einer Tenthredine (Lophyms) von vorne gesehen. .1 Antenne, Oc Ocelle, Ol Oberlippe, Md Man- dibel, Mx Maxille nebst Taster, Ul Unterlippe nebst Taster. IMiytnphaga. Gallicola. Entomopliaga. 617 1. Tribiis. Phi/tophcKja. Abdomen sitzend. Trochanteren zweiring-elig. Larven phytopliag-, raupenähnlicli. Farn. Tenfhredinidae, Blattwespeii. Hinterleib sitzend, mit kurzem Legebohrer. Die l>arven selten mit drei, meist mit neun bis eilf Beinpaaren, raupenähnlich. Die Weibchen legen die Eier in die Haut von Blättern, der Stich veranlasst den Zufluss von Pflanzen- säften, durch deren Imbibition das Ei an Grösse zunimmt. Die ausschlüpfenden Larven 629. Fis- 630. h n Larve der Hummel im Stadium der Verpuppuiig. b Pseudonymphe (Semipupa). c Puppe. NachPackard. Tenthredo (Athalia) spinariim (aus N ö r d- linger), Imago, b Larve von Athalia. nähren sich von Blättern, leben in der Jugend oft gemeinsam in Gesellschaften und ver- puppen sich in einem Cocon. Von den Raupen unterscheiden sie sich durch die grössere Zahl der Beinpaare und durch die beiden Punktaugen des hornigen Kopfes. Lijda betulae L., L. cawpesiris Fabr., Lophyrtts pini L., Kiefernblattwespe. Tenthredo (Athalia) sptinarum Fabr., Larven auf Eaps, selten auf Rosen (Fig. 630). Xe»iatiis ventricosus Klg. , Larve auf Stachelbeeren. Cimhex femorata L. Fam. üroceridae , Holzwespen. Abdomen mit gespaltener erster Dorsalplatte und meist langem, frei vorstehendem Legebohrer. Die Weibchen bohren Holz an und legen ihre Eiei' in dasselbe. Die ausschlüpfenden Larven Ijohren sich im Holze weiter und haben eine beträchtliche Lebensdauer. Sirex (jigas L., Eiesenholzwespe. 2. Tribus. Gallicola. Hinterleib gestielt. Larven fusslos und afterlos, meist in Pflanzenzellen lebend. Fam. Cynipidae, Gallwespen. Thorax buckeiförmig erhoben. Hinterleib meist kurz, seitlich comprimirt. Der an der Bauchseite desselben entspringende Legebohrer ist in der Fig. 631. Üegel eingezogen. Die Weibchen bohren Pflanzentheile an und veranlassen durch den Reiz einer ausfliessenden scharfen Flüssigkeit unter ahnonnem Zufluss von Pflanzensäften die Entstehung der als Gallen bekannten Auswüchse, in denen entweder eine oder zahlreiche fusslose Larven ihre Nahrung flnden. AVegen des Gehaltes an Gerbsäure finden gewisse Gallen eine officinelle Verwendung, namentlich die klein- asiatischen (Aleppo) Eichengallen. Von manchen Arten sind bis jetzt nur Weibchen bekannt, deren Eier sich partheno- jicnetisch entwickeln. Manche Larven leben indessen auch in Dipteren und Blattläusen parasitisch. Cijnips quercits folü L. Ehoditcs rosae L. , erzeugt den Bedeguar der Rosen (Fig. 631). Figites scutellaris Latr. , Para.sit der 5iniophila holosericea versorgt jede ihrer Brutzellen mit vier bis fünf Raupen, A. sabulosa und argentaia nur mit einer sehr grossen Raupe, welche durch einen Stich in ein mittleres fussloses Köi-persegment gelähmt worden ist. Pompilus ciaiicas L., Cerceris arenaria L. (Fig. G34). AD/ittop/iila sabulosa Jj., Crabro rribrarii/s- ].. SpJi er Yahr. ') Fahre, Observation snr les moeurs des Cerceris, sowie Etudes sur l'instinct et les nietamorphoses des Sphegiens. Ann. des sc. nat., IV'' ser., Tom. IV und VI. 620 Vespidae. Apidae. Fig. 634. Cerceris arenaria (regne animali. Farn. Vespidae^), Faltenwespen. Mit schlankem glatten Leibe und schmalen, der Länge nach zusammenfaltbaren Vorderflügeln. Leben bald in Gesellschaften, bald sollt är, im ersteren Falle sind auch die Arbeiter geflügelt. Die "Weibchen der solitär lebenden "Wespen bauen ihre Brutzellen im Sande, auch an Stengeln von Pflanzen aus Sand und Lehm und füllen sie sehr selten mit Honig, in der Eegel mit herbeigetragenen Insecteu, namentlich Raupen und Spinnen, wodurch sie sich in ihrer Lebensweise den Grabwespen anschliessen. Die gesellschaftlich vereinigten "Wespen nähern sich in der Organisation ihres Zusammenlebens den Bienen. Ihre Ke.ster bauen sie aus zernagtem Holze, welches .sie zu papieraitigen Platten verarbeiten und zur Anlage regelmässig sechseckiger Zellen verkleben. Entweder werden die aus einer einfachen I^age aneinandergefügter Zellen gebildeten "Waben frei au Baumzweigen oder in Erdlöchern und hohlen Bäumen aufge- hängt oder mit einem gemeinsamen blättrigen Aussenbau um- geben, an dessen unterer Fläche das Flugloch bleibt. Li diesem Falle besteht der Lmenbau häufig aus mehreren wagrecht aufgehängten "Waben, welche wie Etagen übereinander liegen und durch Strebepfeiler verbunden sind. Die Oefl'nungen der sechseckigen, vertical gestellten Zellen sind nach unten ge- richtet. Die Anlage eines jeden "Wespenbaues wird im Frühjahre von einem einzigen, im Herbste des verflossenen Jahres befruchteten und überwinterten Weibchen angelegt, welches im Laufe des Frühjahrs und Sommers Arbeiter erzeugt, die ihm bei der Vergrösserung des Baues und bei der Erziehung der Brut zur Seite stehen, und von denen nicht selten aucli die grösseren im Laufe des Sommers erzeugten Formen an der Eierlage sich betheiligen und parthenogenetisch (zu männlichen AVespen) sich entwickelnde Eier legen. Die Larven werden mit zerkauten Insecten gefüttert und verwandeln sich in einem zarten Gespinnst innerhall} der zugedeckelten Zellen in die Puppen. Die ausgebildeten Tlüere nähren sich in der Regel von süssen Substanzen und Houigsäfteu, die sie auch gelegentlich eintragen sollen (Polistes). Erst im Spätsommer treten Weibchen und Männchen auf, welche sich im Fluge hoch in der Luft begatten. Die letzteren gehen bald zu Grunde, wie sich überhaupt der gesammte Wespenstaat im Herbste auflöst ; die befruchteten Weibchen dagegen über- AA-intern unter Steinen und Moos, um im nächsten Jahi'e einzelne neue Staaten zu gründen. Odi/nenis l)arietiim L. Polistes gallica L. Nester ohne L'm- hüllungsblätter, aus einer gestielten Wabe beste- llend. Die übeiTvinterte befruchtete Wespe er- zeugt nach v. Siebold anfangs nur weibliche Nachkommen, deren Eier unbefruchtet bleiben und sich parthenogenetisch zu Männchen entwickeln, ^'espa crahro L., Hornisse (Fig. 635). T'. ndf/aris L. Farn. Apidae'-), Bienen. Schienen und Tarsen besonders der Hinterljeine verbreitei-t, das erste Tarsalglied vornehmlich der Hinterbeine an der Innenseite bürstentormig behaart (Fersenbürste). Yorderflügel nicht zusammenfaltbar. Leib behaart. Die Haare an den Hinter- beinen oder am Bauch als Sammelapparat des Pollen dienend (Schienensanimler oder Baueh- sammler). Die Unterlippe und Unterkiefer erreichen oft eine sehr bedeutende Länge. Letztere legen sich scheidenförmig um die Zunge und haben nur rudimentäre Taster. Die Bienen leben Fig. (;35. 'espa crabro. ') H. de Saussure, Etudes sur la famille des "N'espides. 3 Vol. Paris 1852— ISö"* -) Fr. Huber, Nouvelles ob.sen-ations sur les Abeilles. 2 Vol. Paris 1814. Ajndae. Apis mollifica. 621 i?<>wohl solitär als in Gesellsclial'teu und legen ihre Nester in Mauern, unter der Erde und in hohlen Bäumen an und füttern ihre Larven mit Honig und Pollen. Einige bauen keine Nester, sondern legen ihre Eier in die gelullten Zellen anderer Bienen (Sehmarotzerbienen). Andrena rliirraria L., Dasypoda hirtipes Fabr., Nomada riißcornis Kirb. , Schmarotzerbiene. Mc(/acliile (ChalicodomaJ muraria Fabr.; Osmia hicornis L., Antliopliora pilipes Fabr. Xfilocopu violaccu Fabr., Holzbiene, baut senkrechte Gänge im Holz und thcilt sie durch ({nerwände in Zellen. Bomhus Latr., Hummel. Körper plunii), pelzartig behaart. Die Nester werden meist in Lüchern unter der Erde angelegt und umfassen eine nur geringe Zahl, etwa 50 — 200, selten bis zu 500 Arbeitshummeln neben dem befruchteten Weibchen. Sie bauen keine künst- lichen Waben, sondern häufen unregelmässige Massen von Pollen an, welche mit Eiern besetzt werden und den ausschlüpfenden Maden zur Nahrung dienen. Dieselben fressen in den PoUen- klnmpen zellige Höhlungen aus und bilden ausgewachsen eiförmige, frei, aber unregelmässig nebeneinander liegende Cocons. Auch das Hummelnest wird von einem einzigen überwinterten Weibchen gegi-ündet, welches anfangs die Geschäfte der Brutptlege allein besorgt; später lictheiligen sich an denselben die ausgeschlüpften verschieden grossen Arbeiter, die selbst auch unbefruchtete Eier ablegen. B. lapidurms Fabr., B. miisco- '^' ' rinn 111., B. ferresfris L., B. hijpnoriim 111., B. horforum L. Apis L., Honigbiene. Die Arbeiter mit seitlichen getrennten Augen und eingliedrigen Kiefertastern. Die Aussenfläche der Hinter- bchienen grubeuartig eingedrückt, von einfachen Randborsten um- stellt (Körbchen), die Innenfläche des Tarsus mit regelmässigen Borstenreihen besetzt (Bürstchen) (Fig. 636). Das Weibchen, Köni- gin, mit kürzerer Zunge, längerem Hinterleib, ohne Bürstchen. Das Männchen, Drohne, mit grossen zusammenstossenden Augen, breitem Hinterleib und kurzen Mundtheilen, ohne Körbchen und Bürstchen. A. mellißca'L., Honigbiene, weit über Europa und Asien bis nach Afrika verbreitet (Fig. 625). 1 xn erin -j^j^ Arbeitsbienen bauen in hohlen Bäumen oder in sonst Ton Apis melbßca, K Körb- chen auf der Tibia B ver- geschützten Räumen, unter dem Einflüsse der menschlichen Pflege griissertes Tarsalglied mit in zweckmässig eingerichteten Körben oder in Stöcken, und zwar dem Bürstchen auf der Unter- stets Senkrechte Waben. Das zum Wabenbau verwendete Wachs Seite. — b Biirstchen, starker gj^eugen sie als Umsatzproduct des Honigs und schwitzen dasselbe vergrössert. . ^ in Form kleiner Täfelchen zwischen den Schienen des Hinterleibes ans. Die AVaben bestehen aus zwei Lagen von horizontalen sechsseitigen Zellen, deren Boden aus drei Rhombenflächen gebildet wird. Die kleineren Zellen dienen zur Aufnahme von Vorräthen (Honig und Blüthen staub) und zur Arbeiterbrut, die grösseren für die Aufnahme von Honig und Drohnenbrut. Ausserdem findet sich am Rande der Waben zu bestimmten Zeiten eine geringe Anzahl von grossen unregelmässigen Königinnenzellen (Weiselwiegen), in welchen die Larven der weiblichen Bienen aufgezogen werden. AVenn die Zellen mit Honig gefüllt sind oder die in ihnen befindlichen Larven die Reife zur Verpuppung erlangt haben, werden sie bedeckelt. Eine kleine Oefinung am Grunde des Stockes dient als Flugloch, im Uebrigen sind alle Spalten und Ritzen mit Stopfwachs verklebt, und es dringt kein Lichtstrahl in das Innere des Baues. Die Arbeitstheilung ist in keinem Hj^menopterenstaate so strenge durchgeführt wie in dem der Bienen. Nur eine befruchtete Königin ist da und besorgt einzig und allein die Ablage der Eier, von denen sie an einem Tage mehr als 3000 abzusetzen im Stande ist. Die Arbeitsbienen theilen sich in die Geschäfte des Honigerwerbes, der Wachsbereitung, der Fütterung der Brut und des Ausbaues des Stockes. Die Drohnen, überdies nur zur Schwarmzeit in verhältnissmässig geringer Zahl vorbanden (200 bis 300 in einem Stocke von 20.000 bis 30.000 Arbeitern), haben das Privileg des Genusses und besorgen keinerlei Arbeit im Stocke. Die aus unbefruchteten Eiern entstandenen Drohnen gehen im Herbst zu Grunde (Drohnenschlacht) ; die Königin und die Arbeitsbienen 622 VI. Thieikieis. Mollusca. übenvinteni, von den augehäufteu Vorrätbeii zehrend, unter dem Wärnieschutze des dichten Zusammenlebens im Stocke. Noch vor dem Roinigungsausliug in den ensten Tagen des er- wachenden Frühlings belegt die Königin zuerst die Arbeiterzellen, später auch Drohnenzelleii mit Eiern. Dann werden auch einige Weiselwiegen belegt und in Intervallen jede mit einem befruchteten Ei besetzt. In diesem letzteren werden die Larven durch reichlichere Nahrung und königliche Kost (Futterbrei) zu geschlechtsreifen, begattungsfiihigen AVeibchen, Königinnen, erzogen. Bevor die älteste der jungen Königinnen ausschlüpft — die von der Absetzung des Eies bis zum Ausschlüpfen 16 Tage braucht, während sich die Arbeiter in 2Ü, die Drohnen in 24 Tagen entwickeln — verlässt die Mutterkönigin mit einem Theile des Bienenvolkes den Stock (Vorschwarm). Die ausgeschlüpfte junge Königin tödtet entweder die noch vor- handene Brut von Königinnen und bleibt dann in dem alten Stock, oder verlässt ebenfalls, wenn sie von jenem Geschäfte durch die Arbeiter zurückgehalten wird und die Volksmenge noch gross genug ist, vor dem Ausschlüpfen einer zweiten Königin den alten Stock mit einem Theile der Arbeiter (Nachschwarm oder Jungfernschwarm). Bald nach ihrem Ausschlüpfen hält die junge Königin ihren Hochzeitstlug und kehrt mit dem Begattungszeichen in den Stock zurück. Nur einmal begattet sich die Königin während ihrer ganzen auf vier bis fünf Jahre ausgedehnten Lebensdauer : sie ist von da an im Stande, männliche und weibliche Brut zu erzeugen. Eine Üügellahme, zur Begattung untaugliche Königin legt nnr Drohneneier, ebenso die befruchtete Königin im hohen Alter bei erschöpftem Inhalt des Receptaculum seminis. Auch Arbeiter können zum Legen von Drohneneiern fähig werden (Drohnenmütterchen), die Larven der Arbeiter aber im frühen Alter durch reichliche Ernährung zu Königinnen erzogen werden. Als Parasiten an Bienenstöcken sind hervorzuheben: der Todtenkopf. schwärmer, die Wachsmotte, die Larve vom Bienenwolf (Tricliodcs apiarius) und die Bienen- laus (Braula coeca). Die Gattungen Melipo7ia III., Triyoiia Jur. umfassen kleine anierikani.scbe Bionen- arten, scheinen jedoch der Gattung Apis minder nahe zu stehen, als man bislang glaubte. Bezüglich des Haushaltes besteht eine der auffallendsten Abweichungen darin, dass sie ihre Brutzellen schon vor Ablage des Eies mit Honig füllen und nachher zudeckein, so dass die ausschlüpfende Made alles Nährmaterial vorfindet (Fr. Müller). Auch verfertigen die Ai'beiter zur Aufspeicherung des Honigs grosse fassförmige Behälter. Unter der ersteren gibt es wie bei Bomhus Formen, welche keine Nester bauen, sondern ihre Eier in dii- Nester andcrrr Arten lesen. VI. Tliierkreis. Nlollusca '), VL'eiclith-iere. iS/'iflich si/nimcfriscJic TJricrc olnic Mcfidiwrcuhildin/i/ hikI o/ii/c loca- motircs !Skf'lcf, deren llnuipf meist von einer ehtfacJiei/ oder zireih-lappiijen KalH-cJia/c hedecli ist, iinf haurJisfäiidii/en/ Fii-s.-i, mit (jehirii, Pedal und Visceral ffanglien. Seit Laraarck und Cuvier beg-reift man unter Mollusken eine Reihe von Thiei-gruppen, welche Linne zu den Würmern stellte. Seitdem in neuerer ') G. Cuvier, Memoires pour servir ä Tliistoire et a Tanatomie des Mollusques. Paris 1817. E. Leuckart, lieber die Morphologie und die Verwandtschaftsverhältnisse der wirbellosen Thiere. Braunschweig 1848. T. H. Huxley, On the Morphology of the cephalous Mollusca as illnstrated by the Anatoniy uf cortaiu Heteropoda and Pterri])nda etc. Pliilos. Transactions, 1853. Moll,,..... KUSS. 623 Zeit die Organisation und Kiitwieklung- näiier erforscht worden ist. liat sich für dieselben aiieh in der Tliat eine Mezicimng- zu den Würmern erwiesen. 'J^-otzdeni ist der Kreis der Molhisken enger 7a\ fassen, als dies nach dem \'organg jener Forscher lange Zeit geschah. Die zweischaligen Braehiopoden. welche nach Hau und Entwicklung in engerer Verwandtschaft zu den iJrvozoen stehen, dürften mit diesen als MoUuscoidecn aus dem Gebiete der Wciehtbiere aus/uscheiden sein, während die Tirnkafcn als selbstständiger Kreis den Vertebraten nahezustellen, beziehungsweise in engerem \'erbande /(Jiordoiua) anzuschliessen sind. Der Körper der Mollusken ist ungegliedert, ohne Metamerenbildung und ohne gegliederte Extremitäten. Eine Leibeshöhle (Ooelom) ist nur in Resten (Herzbeutel und Sexualdrüsen) vorhanden und verdrängt durch Wucherungen von Hindesubstanz und muskulösem Gewebe, deren Zwischen- räume mit dem IMutüefässsystera zusammenhängen. Von einer weichen, Fig. (538. Ai'lU'i-eLai-ve eines Ocstropodiii. nacli Gegonbaur. S Schalu, PFuss, Vcl Vclum, T Tentakeln Op Deckel zum Verschluss der Sclialenöffnung. Larve von ^'e]^l>lelu.s , nach Lacaz .V Segel. Br Kieme, F Fühler, Oc Ai schleimigen Haut bedeckt, entbehrt der Körper sowohl eines inneren als äusseren Bewegungsskelets und erscheint daher besonders für den Aufenthalt im Wasser geeignet. Nur zum kleineren Theile sind die Weichthiere Land- b(^wolin('r und in diesem Falle stets von lieschränkter langsamer Locomotion, während die im Wasser lebenden Formen unter den weit günstigeren l'x'weguügsbedingungen dieses Mediums sogar zu einer raschen Schwimm- bewegung belahigt sein können. Eine grosse Bedeutung für die freie Bewegung besitzt der Hautmuskel- schlauch vornelimlich an seiner unteren, der Bauchfläche ents])rechenden Seite, an welcher sich derselbe zu einem mehr oder minder vortretenden. ül)eraus verschieden geformten Bewegungsorgane, dem Fuss. ausbildet (Fig. 6;')7 und 6.'>8j. An demselben ist stets ein unpaarer, häufig selbst wie Wimpt'i- rinne, Pe Penis, F Flagelluni mit Drüse. eine spiralige Drehung, durch welche die seitliche Symmetrie schon äussorlich eine merkliche Störung erfährt, kann aber auch eine abgeflachte oder cylin- drische Form mit äusserer Symmetrie besitzen. In der Classe der Gasfropodcn entspringen am Kopfe Fühler und Mundlappen, der bauchständige Fuss entwickelt sich in der Regel zu einer umfangreichen Sohle, seltener zu einem sagittal gestellten Segel {Heteropoden, Fig. 639). Das den Eingeweidesack nmschliessende Gehäuse erscheint in dieser Hauptgruppe einfach tellerförmig oder thurmförmig spiralig gewunden, selten bleibt dasselbe als ein flaches Schalenrudiment unter der Rückenhaut verborgen. In einer Classe der kopf- tragenden ^Mollusken, bei den Ccplialopoden, heftet sich am Kopfe in der Umgebung der Mundötfnung ein Kreis von Armen an, welche sowohl zur Schwimm- und Kriechbewegung, als zum Ergreifen der Nahrung verwendet werden. Dieselben werden am besten mit R. Leuckart als besondere An- Kiupei'bau. Xervfiisyste 625 liäiiire des Kopfes zu betracliteu sein. Ein trichtert'()rmig durchbrochener Zapfen, welcher die Auswurfsstoife und das Athennvasser aus der geräumigen Mantelhöhle ausspritzt und dabei zugleich zum Schwimmen dient, entspricht wahrscheinlich den verwachsenen Falten des Epipodiums. Tn einer anderen (/lasse tritt der Kopf nicht als selbstständiger Abschnitt hervor (Acephalen, LanfeUtbrancliintcn), und der seitlich comprimirteLeib trägt zwei grosse seit- liehe Mantellappen, welche eben so viele, auf der Rückenfläche mittelst eines Schlossbandes vereinigte Schalenklappen absondern. Fijj. 641. Pa ?/ Xervensystem von Chiiun, nach B. Haller. SV Schlundring, Sg Sublingualganglion, Pe St Pedal- strang. Pn St Pallialstrang, Bi- Kiemen. Nervensystem der Teichmuschel (AtUHlonta), nach Keber. O Mund, A After, K Kiemen, P Fuss, Se Mundlappen (Segel), Gg Gehirngangli.)n, Pg Pedalganglion, Vg Eingeweideganglion, G Geni- raldrüse, Oc' Mündung der Genitaldrüse, Oe" Oeffnung der Niere. Eben so mannigfach wie die äussere Gestalt und der Kürperbau wechselt die innere Organisation der Mollusken. Wie die äussere Form, so erleidet auch der innere Bau häufig auffallende Störungen der bilateral symmetrischen Anordnung. Am Nercensi/stcm ^) (Fig. 640, 641 und 662) unterscheidet man all- gemein ein oberes, auf dem Schlünde liegendes (nur ausnahmsweise in einen Ganglienbelag der Commissur aufgelöstes) Doppelganglion als Gehirn oder CerebndyaugUon mit den Sinnesnerven und einem aus mehrfachen Faser- strängen gebildeten Schlundring, von welchem ursprünglich zwei Paare von n H. Ihei ?ring, Yerffleicliende Anatomie des Nervensj'stems und Phyloge)iie der ^[ollusken. Leipzig 1877. C. Claus: Lehrbucli der Znolngi.. 40 62(> Mollusca. Ncivonsystein. Xastnrgauf Nervensträngen ausgehen. Das obere seitliehe Paar sind die Pallialstränge. deren Zweig die Seitentheile des Leibes und den IMantel versorgen, das untere, mehr medial gelegene Paar die Pedalstränge, welehe. durch Quer- commissuren untereinander ^■erbunden. die Muskeln des Fusses innerviren. Dieses einfache Verhalten des Nerven- systems ist bei den Cliitonev und Solcvo- fjafifrcs nachgewiesen fAnijJiiiirtira). Auf einer vorgeschrittenen .Stufe finden sich ■ besondere Fedah/arKjIicn, welche mit dem Gehirn durch Conimissuren in Verbin- dung stehen. Dazu kommt als eine dritte Oangliengruppe die der Viscerfdfjmiglkii, deren Verhalten sich von der ^'erschmel- zung mit dem Gehirn und den Pedal- ganglien bis zur Auflösung in mehrere Gangliengruppen überaus mannigfach gestaltet. Dieselben sind gleichfalls mit dem Gehirn durch eine längere oder kürzere Commissur. und zwar zumeist mittelst besonderer (Ganglien (Plciiral- r/avf/Iirii) verbunden und entsenden Ner- vengeflechte an Herz. Kiemen und Ge- schlechtsorgane. :i\Ian betrachtete daher dies dritte Ganglienpaar als Aequivalcnt des S//nq)((fJiicn><, jedoch wohl mit l'n- reeht. da von demselben auch Nerven zur Haut und ^luskulatur entsendet werden. Kleine, über und unter der ^lundmasse gelagerte Ganglien (BiircaJ;/(H)fj/frio, welche Nerven zum Schlünde und Darm entsenden, dürften mit grösserem Rechte als Sympathicus zu betrachten sein. Tasf- und Haufsinnesm-f/ane (Ge- ruchsorgane ) sind weit verbreitet. Erstere treten bei den Gastropodcn in der l"m- gebung des Mundes als zwei oder vier ^0 l^appen. die sog. Segel oder Mundlapi)en auf. wozu bei den Äcephalen nicht selten Tentakeln am ^lantelrande. bei jenen oft zwei oder vier einziehbare Fühl- hörner am Kopfe hinzukommen. Aw/cn sind nicht minder verbreitet und liegen in der Regel paarig am Kopfe, selten wie bei einigen LamclUhranchiatni in grosser Zahl am ^lantelrande. Nur selten sind es wie 1)ei FatelJa einfache, der Linse entbehrende Napfaugen (Fig. 64;V/). In der Regel ist eine Linse Xcrvensystem von Cassidnria, nach B.Hall er. Cg Cerebralganglion , P3 Pedalganglion, Plg Plcuralganglion, Bg Buccalganglion. ösj) Supra- intfistinalganglion, Gsb Siibintestinalganglio Tisceralgaiiglion, Ol Otolithenblase. Aiiii-uM. (ifljni-bl.-iscn. AI lniiuiigsi>i'^';uii-. (l'J i oberhalb derKctiiui vorbanden ( Vi^. 04:') A). liei den Heteropoden und Ophi/o- poden ist der Bau des Au^es eoinplicirter und nähert sich dem des Vertebraten- auges. Auch Gcliöronjdnc tinden sich, und zwar als gx'sehlossene Gehürblaseu mit Flimmerzeilen an der Innenwand, meist in doppelterZahl dem Fnssgaii,i;lit)n oder dem (iebirne ang'elai;ert. vom letzteren aus jedoch stets innervirt. Am Darme treten mindestens die drei als Uesophag-us , Magendarm und Eniblarm unterschiedenen Abtheilungen als deutlich begrenzte Abschnitte auf. von denen sich der verdauende .Magendarm meist durch den Besitz einer sehr umfangreichen Leier auszeichnet. In der ]\[undhöhle findet sich eine Reibjdatte. L'adiila (Odontophoren), welche nur den LawellihiuoK-liKiioi fehlt. Der After liegt l)ei den unsynnuetrisch gestalteten Formen aus dcri\Iittel- linie herausgerückt an einer Körperseite. Nieren sind stets vorhanden und häutig paarig syninK^ti'iscli in luMden ]vür[)erliälften. oft aber auch an einer E. ■- ^^^ ■Schmtt diircli il.i'- hn Ulla, nacli (. .i Napiauge 7? üetiii: itt duich d.is Auge Min Fis^uiilln ji m cn n\ch I ssr. /•yil'ijidpi rais LLinse,i?rv tina ^^ i\. Seite verkümmert (FafeUn, Haliofis), beziehungsweise ganz hinweggcfalleu (Gdstropodev). Es sind in der Regel Säcke, deren Lumeu durch eine bewimperte, trichterförmige Oeffnung mit der Leibeshithle (Pericardialraum) communicirt und in einer seitlichen ( jeft'nung nach ausseu mündet, woraus die Homologie der Molluskenniere mit einem Segmentalorgane der Anneliden wahrscheinlich wird. reberall findet sich dorsalwärts vom Darm ein gedrungenes H( rz^ von dem aus das Blut in Gefässen nach den Organen hinströmt. Vollkommen geschlossen möchte das Gefässsystem in keinem Falle sein, indem sich auch da. wo Arterien und Venen durch Gai)illaren verbunden sind (Cepltcdopodcuj. Blutlacunen in den Gefässverlauf einschieben. Das Herz ist stets ein arterielles und nimmt das aus den Athmuugsorganen austretende, arteriell gewordene Blut auf. Dasselbe wird von einem Herzhentel umscldossen. mit dessen Lumen die Niere durch ihren Wimpertrielifer connnunicirt. I'e1)erall dient die gesammte äussere Fläche zui- Respiration, daneben aber sind besondere Aflninn/t/sn/ydue als K/ei>)ri/, seltener als Linii/cn vor- 40* iyJS !• Classp. Solenogastres. liandeii. Die Kiemen treten als bewimperte Ansstiilpuni^^en der Körpertläehe. in der Kegel zwischen .Arantei und Fuss in der Mantelhöhle (die so zur Kiemenhöhle wird) auf, bald in Form verästelter und verzweigter An- hänge, bald als breite Lamellen (LamdHbranc/iiatenJ. Als Lunge wird der mit Luft gefüllte Mantelraum verwendet, dessen Innenfläche durch eompli- cirte Fjiltenbildungen eine grosse Oberfläche für die respirirenden Blutgefässe darbietet. Somit sind Lungen- und Kiemenhöhle morphologisch dasselbe. Die Foyfpßanziiny erfolgt durchweg auf geschlechtlichem Wege. Die Mollusken sind entweder hermaphroditisch oder, wie zahlreiche marine GasfrojJodcn, die meisten LawelUbnmchiaten und alle Cephalopoden, getrennt geschlechtlich. Die Entwicklung des Embryos erfolgt meist nach totaler Dotterfurchung durch eine die hintere Partie des Dotters oder den gesannnten Dotter umfassende Kehnanlage. Die neugeborenen Jungen durchlaufen oft eine Metamorphose und besitzen eine vordere, von Wimpern umsäumte Hnut- ausbreitung fVehiw), welche als Bewegungsorgan fungirt ( re%e>-larve ). Xacli Form, Wimperbekleidung und Organisation zeigen die 3lolluskeularven mit der L oven'schen Wurmlarve grosse Uebereinstimmung. Bei der ungemeinen Verbreitung der Mollusken in der Vorzeit ist die hohe Bedeutung ihrer petrificirten Reste für die Bestimnmng des Alters der sedimentären (4ebirgsformationen begreiflich (Leifiimscheln). 1. Classe. Solenogastres. ^) Sciflich-si/))imefrischc Mollusken von mirinförmkjer Gestcdt mit icim- jK-nidcr Banchfiirclw, ohne Mantel und Schale, mit von KalkspicuUs hesctzter thint, iint Eadula, iiicist heru/aphroditisch. Diese nur durch wenige Gattungen repräsentirte. von Ihering mit den Placophorcn als AiiqMneurcu zusammengefasste und den Würmern ein- geordnete, von Gegenbaur als Solenogastres ^\^\QM2i\\^ zu jenen gestellte Thiergrupi)c wird am besten den Mollusken eingereiht werden . da ihre nahen Beziehungen zu den Chitonen kaum bezweifelt werden können. Aller- dings erscheinen die Charaktere des Molluskentypus mit nur wenigen Aus- nahmen (wie Radula) zumeist nicht ausgeprägt, indem sowohl ein deutlicher Fuss und .Mantel als eine Schale fehlen, Eigenthümlichkeiten, welche neben anderen die Stellung der Solenogastres als phylogenetisch sehr ursprünglicher Formen begründen. Man betrachtet jetzt meist die Atnphhwuren als l. Molluskenclasse. ') Vergl. ausser Koren und Daiüelssen, A. Kowalevsky besonders T. TuUberg. Xeomenia a new geuus of invertebrate animals. Svenska vet. Akad. Handl., Bd. 3, 1875. L. Graft", Anatomie des Chaetodenna nitidulum. Zeitsclu'. für wiss. Zool., Tom. XXVI, 1&76. Derselbe, Xeomenia und Chaetoderma. Ebendaselbst, Bd. XXVIII, 1877. G.A.Hansen, Anatora. Beskrivelse af Chaetoderma nitidulum. Xyt. magaz. for naturvidenskab., Bd. XXII. 1877. A. A. W. Hubrecht, Proneomenia Sluiteri. Xiederl, Archiv für Zool., Supplement- l.and I, 1881. SolPiiogaKtres. Organisation. 629 Der Körper der Solen ogastres ist seitlich syniraetrisch, von cylindrisclier Form und an der Bauchseite mit einer wimpernden. reich mit Drüsen aus- j;-estatteten Furche versehen, welche eine gleichfalls bewimperte Falte ein- schliesst, die als Fnss gedeutet wird (Fig. 645). Mit Ausnahme dieser Furche ist die Körperoberfläche von Kalkstacheln bekleidet, welche in eine cuticulare Ausscheidung aufgenommen erscheinen. Die ^Muskulatur besteht Fi;:-. (; [4. VPf Q\ Pe hauptsächlich aus einer äusseren Hing- y^,^ ,;4: und inneren Längsmuskelschicht : letz- tere zeigt an der P)auchseite /u Seiten der Wimperfurche eine geringe Ver- dickung. Das Nervensystem gleicht dem der Chitonen. Bei Proneonicma ( Fig. 644) be- steht dasselbe aus dem Cerebralgangiion. von dem eine Sublingualcommissur mit /.wei Sublingualganglien . eine Pedal- und eine rallialcommissuransgehen. Von binden letztgenannten führt die erste zu zwei im ganzen Verlaufe mit Gan- glien belegten Nervensträngen, mit vor- derer und hinterer Oanglienanschwel- hmg. die letztere zu gleichfalls mit con- tinuirlichcm Ganglienbelag versehenen Pallialsträngen. welche hinten zu Oan- -■lien anschwellen und durch eine Com- ^''-oneomcniaShuteri, .., 1 1^ 1 1 • A' 1 • 1 "^'^^ Hubrecht. niissur über dem Knddarm ni \ erbmdung o Mund, f Bauch- stt'lien. Die Pedalstränge sind so>\'ohl ^""^"'■ untereinander als mit den Pallialsträngen durch Com- missuren verbunden. Bei Xeonioiia fehlen die Pallio- Pedalcommissuren. bei Chacforleni/a sollen sämmtliche scuematische Darstellung (.luercoinmissuren der Pedal- und Pallialstränge fehlen. '^''^ Nervensystems von ■- Proncomenia Sluiteri, nach Als Sinnesorgan wird von Hubrecht eine mit Nerven Hubrecht, cj cerebrai- reich ausgestattete, kleine, dorsal gelegene Grube am s^^iiKiioi' ^g subiinguai- ganglion, Pc Pedalstrang, liiiitoren Körperende aufgefasst. vpe vordere, HPe hintere 1 )ie am vorderen Körperende gelegene Mundöttnung Gangiienschweiiung des- ^ "^ ° " selben (Pedalganglion). J'a fiilirt in einen geradgestreckten Darm, welcher in einen Paiiiaistrang, Pag hintere riiarvnx. Mitteldarm und Enddarm zerfällt. Gangiien.-,nschwe]iung dos- selben ( Visceralgangliou). luden Pharynx münden einPadulasack mit kleiner Wadula. sowie ein Paar Speicheldrüsen ein. Bei Neoineuia fehlen letztere so- wohl als die Radula. Am Darm von ChadoderiHa tindet sich ein weiter, als Leber betrachteter Blindsack. Von besonderen Drüsen sind zwei in die Analhöhle mündende Blindschläuche zu betrachten, deren Fadensecret ihre Deutung als Byssusdrüse veranlasste (Hubrecht). y-v (33( ) !!• Classe. Lfimellibranchiata. Die Kreislaufj^org-ane bestehen aus dem sackförmigen, über dem End- darnie in einem Herzbeutel eingeschlossenen Herzen, wahrscheinlich mit zwei Vorhüfen, sowie einem dorsalen Blutgefäss und einem ventralen, dorsalwärts durch ein Querseptum begrenzten Blutsinus. Im Uebrigen circulirt das Blut in den Lücken zwischen den Organen. Besondere Respirationsorgane fehlen (Froueomcnia) oder sind in Form einer büschelförmigen (Xeon/eniaj oder paariger retractiler Kiemen (Chaefodcrnin), welelie in der Kloake ( roducirter Mantelluihle) liegen, vorhanden. Die Solenogastres sind meist hermaplirotlitisch: nur bei CJuictoäcntia herrscht getrenntes Geschlecht. Der L'rogenitalapparat besteht aus der dorsal A'om Darracanal gelagerten Genitaldrüse. deren Produete durch zwei Gänge zunächst in den Pericardialraum (reducirte secundäre Leiljeshöhle) gelangen und von hier durch i)aarige, complicirt verlaufende Canäle nach aussen befördert werden, welche in der Regel mittelst eines gemeinschaftlichen Endstückes mit dem Darm in die Kloake münden. Bei Xeonio/m soll das Sperma durch besondere, mit Penis versehene Vasa deferentia ausgeführt werden. Der letzte Abschnitt der Ausführungscanäle dürfte mit Recht als Xiere aufzufassen sein. .Somit weist der L'rogenitalapparat in der directen Communication der Genitaldrüse mit der Leibeshöhle (Pericardialraum) und in der Ausfuhr der (ieuitalproducte durch die Xiere urs]»rüiigliche Verliält- nisse auf. Ueber die Entwicklung ist bis jetzt nichts bekannt geworden. Die Solenogastres sind meist kleinere Thiere und leben durchweg im Meere. Farn. Xaomeniidae. Mit den Charakteren der Classe. Froiioomenia Sliiifcri Hubr., von bis gegen 15 Centimeter Länge. Hant mit melirlacben Lagen von Spicnlis. Ohne Kiemen. Xeomenia cariiutta TuUbg., Sclnveden. Eadula iVblt. ('haciodcrina )iifif/n/ifiii Loven, Schweden. IL Classe. Lamellibranchiata ' ), Muschelthiere. ScitlicIi-st/iiniictriscJie, lateral coiupriii/irtc Weich fJt lere oJnie (jesonderten Kopf, mit zweHappigem Mantel und rechter und linker, durch ein riicken- ständiyes Ligament verbundener Schalenhlappe , mit uwfangreichen Kiemen- hl ättern, meist getrennten Geschlechtes. Die Lamellibranchiaten wurden früher mit den Brachiopoden als Muschelthiere oder Gonchiferen zusammengestellt. Wie diese entbehren sie ') Poli, Testacea ntriusqne Siciliac 1791 — 175l.j. iJojanus, Ueber die Atheni- und KreislaufsAverkzeuge der zweischaligen Muschehi. Isis, 1817, 1820, 1827. S. Loveu, Archiv für Xaturgesch., 1849. L. Eeeve, Conehologia icouica. London 1846 — 1858. Lacaze- Duthiers, Ann. des sc. nat., 1854—1861. H. und A. Adams, The genera of the recent Mollu.sca. London 1853— 1858. C. Langer, Das Gefässsystem der Teichmuschel. Denkschr. der Akad. Wien 1855 — 1856. C. Grobben, Die Pericardialdvüse der Lamellibranchiaten. Arbeit, d. zoolog. Inst, zu Wien. Bd. TU, 1888. P. Pelseneer, Contribiition ä l'etude des Lamellibranches. Archiv de Biologie. XI, 1891. Ferner vergl. die Arbeiten von Garner, Keber u. A. Köi-i» 631 eines abgesetzten Kopfabsehnittes und besitzen einen umfangreichen, meist in zwei Lappen getlieiltcn Mantel, sowie eine zweiklappige »Schale. Indessen sind die Abweichungen beider Thiergruppen sowohl in der morphologischen Gestaltung als in der inneren Organisation so wesentlich, dass ein näherer Verband derselben unmöglich aufreclit erhalten werden kann. Der meist streng symmetrische Körper erscheint bei bedeutender Streckung seitlich comi)rimirt und von zwei seitlichen Mautellapi)en umlagert, welche eine rechte und linke .Schalenklaj^pe absondern. Zu den Seiten der Mund- ölt'nung linden sich zwei Paare blatt- oder tentakeltormiger Mundsegel. An der BaucliHäche erhebt sich ein umfangreicher, meist beillormiger Fuss, und in der Mantelfurche zwisclieu .Mantel und Fnss treten zwei Paare (selten ein Paar) grosser Kiemen blätter auf. welche jederseits einer Kieme angehören ( Fig.64()). Anatomie der Alalermuschel (Unio pictorum), nach G. Grobben. T-'S Vorderer Schalenschliesser, HS hinterer Schalenschliesser, MS Hundsegel, J'Fuss, jU« Mantel, A'Kiemen, Cg Cerebral ganglion, Pj Pedal- gaiiglion, ilg Mantelganglion, O Mund, J/ Magen, L Leber, KrS Krystallstiel, D Darin, Af After, G Geschlechtsorgane, .1 Ausschnitt des Mantellappens zum Auswurf, E zur Einfuhr, X Niere, Vh Vorhof. Hlc Herzkammer. VA vordere Aorta, IIA hintere Aorta, P Pericardialdrüse (schematisch). Die beiden Mantellappeu zeigen fast überall au ihrem hinteren Ende zwei aufeinanderfolgende Ausschnitte, welche, von Papillen oder Fädchen umsäumt, beim Zusammenlegen der Känder beider Mantellappen zwei hinter einander folgende spaltförmige Uetfnungen bilden. Die obere (dorsale) fungirt als Kloakenöfthung. die untere als Eiufuhrsöftnung, durch welche das Wasser unter dein Eintlusse eigenthümlicher Wimpereinrichtungen der inneren Mantel- Üäche und der Kiemen bei etwas klaftender Schale in den Mantel- und Athem- raum gelangt. Mit dem Wasser werden auch die Nahrungsstotte nach den Mundsegeln zur Mundötfnung geleitet. Nicht überall aber bleiben die Rand- säume beider Mantellappeu in ilirer ganzen Länge frei, häutig beginnt vom hinteren Ende aus eine \'erwachsung. welche allmälig in immer griisserer Ausdehmuig nach vorne vorschreitet. Durch diese ^>rwachsung sondert sich zuiiäclist eine den Kloaken- und Atliemsclilitz in sich fassende hintere Oeff- iyd'j ibranchiata. .Siphonen. Schall-. Fijr. (U- Kl< nuiig von dem nach vorne geörtneten Mantclsclilitz. luifl kommen iil)erdies Kloaken- und Athemöttnung durcli eine Querbrücke zur Sonderung. Oü ver- kürzt sich auch der lange vordere Mantelschlitz. FusHschlitz, in Folge fort- schreitender Verwachsung der Mantelränder allmälig so sehr, dass der in diesem Falle auch verkümmerte Fuss kaum mehr vortreten kann. Dann nähert sich die Mantelbildung einer sackartigen Umhüllung mit zwei frei gebliebenen Oetfnungen. Je weiter sich nun der Mantel nach vorne zu schliesst, umsomehr schreitet die Verlängerung der hinteren Mantelgegend um Kloaken- und Athemöffnung vor, so dass zwei contractile Röhren. Sijj/iono/, gebildet werden (Fig. 641 n). Diese können einen solchen Umfang erreichen . dass sie überhaupt nicht mehr zwischen die am Hinterrande klaffenden Schalen zurückgezogen werden. Oft verwachsen auch beide Siphonen mit einander . wol)ei jedoch die beiden ( 'anale mit ihren von Tentakeln umstellten ( »effnungen von ein- ander getrennt bleiben. Im Kxtrem gleichen die enorm vergrösserten Siphonen mit dem gestreckten, in Folge Verkümmerung der Schale unbedeckten Hinterkörper einem Wurme, an welchem das Sehalenrudinient kopfähidich aufliegt (Tcrnlo , Schiftsbohr- wnnn. Fig. (504 h). Mantel und Haut bestehen aus einem von Muskelfasern reich durchsetzten Binde- gewebe, welches eine zellige schleimige Ober- haut bedeckt. Dieselbe wird auf der äusseren Fläche ausCylinderzellen. a^if der InnenHäche des jNIantels dagegen aus einem Flinimer- epithelium gebildet (Fig. 649). Pigmente treten vornehmlich an dem häufig gefalteten oder auch Papillen und Tentakeln tragen- den ]\rantelsaum auf. An seiner < »berfläche sondert der Mantel eine feste Kalkschale ab. welche den beiden Mantellappen entsprechend in zwei seitliche, am Kücken verbundene Klappen zerfällt. Nur selten sind dieselben vollkommen gleich, indessen nennt man nur diejenigen Schalen ungleichklappig. welche sieh auffallend asymmetrisch imd ihrer Lage nach als obere und untere erweisen. Die untere, häutig aufgewachsene Schale ist die grössere und tiefer ge- wölbte, die obere erscheint kleiner, flacher und liegt deckelartig auf. Meist schliessen die Schalenränder fest aneinander, doch können sie auch an ver- schiedenen Stellen zum Durchtritt des Fusses. des Pyssus. der Siphonen mehr oder minder weit klatfen. Das letztere gilt insbesondere für diejenigen Mnschelthiere. welche sich in Sand, in Holz oder in festes Gestein einbohren. Im Fxtreni kann sieh die Schale durch eine weite vordere Ausrandun^' und n Mactra elliptica. Thier mit Schale. KIs Kloakensipho, A'SKiemensipho, PFuss. — b Linke Schalenklappe von M. solitla. VM vorderer Schliessmuskeleindruck. H3/ hin- terer Schliessniuskeleindi-nck. il/ Mantel- linic, Ml Mantelbuclit. Schalenstnioti 63;-i Musg-edehnte Abstiitzuug ihrer liiiitereii Partie bis auf ein reifförmig-es Rudi- ment reduciren (Tcredo), während sich an ihr Hinterende eine für die Schale eintretende Kalkröhre anschliesst. welche auch mit dem Schalenrudimente innig- verwachsen und dasselbe ganz in sicli aufnehmen kann (Aspcr- .1(1] um, Fig-. 655). Die Verbindung beider Schalen erfolgt au der RüekenHäclir durch ein äusseres oder (verdecktes) inneres Ligament, welches die Klappen zu öttnen bestrebt ist. Daneben betheiligt sich auch der obere Rand durch ineinander- greifende Zähne beider Schalenhälften an der festen ^'erbindung der letzteren lind bildet das sog-. Schloss (aiirlo).^) Man unterscheidet demnach den Schlossrand mit dem Lig-amente von dem freien Rande der Schale, welcher in einen vorderen, unteren und hinteren oder Siphonalrand zerfällt. Vorder- 1 and und Hinterrand bestimmen sieh im Allgemeinen leicht nach der Lag-e des Schlossliandes zu den zwei Wirbeln oder IJuckeln (uiuhoncs, uafcff), welche als zwei hervorrag-ende Höcker über dem Rückenrande den Aus- Fi- (548. ila semisrigitla. die Klappen über einande schoben. .1/ Muskelcindruck. g-angspunkt für das Wachsthum der beiden Sehalenklappen liezeichnen und den Scheitel rapcx) derselben 1 lüden. Der meist oblonge Umkreis desLigamentes. das Höfchen (area), findet sieh hinter dem Scheitel und ninnnt die obere hintere Seite der Schale ein. Andererseits liegt an der meist kürzeren Vorderseite wenig- stens bei den Gleichklappigen ein vertiefter Ausschnitt, das Mondehen ( hiinihi). Während die äussere Uber- tiäche der Schale mannigfache Sculpturverhältnisse zeigt, ist die Innen- wache glatt und perlmutterglänzend. Bei näherer Betrachtung finden sich aber auch an der Innentläche Eindrücke und Vertiefungen. Dem Unter- rande ziemlich parallel verläuft ein schmaler Streifen, die sog. Manfrl- Iniic . welche entsprechend der Athemröhre eine vorwärts einspringende Bucht, die Manfellnichf, erzeugt (Fig. 647/>). Sodann finden sich meist die Findrücke eines vorderen und hinteren Schliessmuskels. welche den Leib d(>s Thieres (pier von der einen zur anderen Seite durchsetzen und sich an der Innenfläche der Schale befestigen. Während bei den gleichklap- pigen Muscheln (Orthoconchcn) beide Eindrücke meist an Grösse gleich- k?> bis zum vollständigen Schwunde, und rückt dann der hintere, nun umso umfangreichere Muskel (Fig. (i48) weiter nach vorne ') Yergl. über die Beziehung des Schalenschlosses zur Classification M. Xenniay Zur ^forpholoiiie des Bivalvenselilosses. Sitzungsber. der k. Akad. d. Wiss. Wien 18SB. 634 Fi-. G4i). bis in die Mitte der .Schale hinein . (h\her unterscheidet man Dimyarkr (Howoinyarier, Retcromyarier) und Monomyarkr. Der cheuiischen Zu- sammensetzung nach besteht die Schale aus kohlensaurem Kalk und einer oro-anisclien Grundsubstanz (Coucliyolin) , welche meist eine geschichtete, blättrig- lamellüse Textur darbietet. Zu diesen geschichteten Lagen (Perl- mutterscliicht) konnnt noch eine äussere mächtige Kalkschicht, wolclie. aus grossen. palissadenartig aneinandergereihten Schmelzprisnien ( Kalksäckchen ) zusammengesetzt, der Schmelzsubstanz des Zahnes verglichen werden kann. Endlich folgt an der äusseren Oberfläche der Schale eine hornige Cuticula. die sog. Epidermis (Fig. 649). Das Wachsthum der Schale ergibt sich theiis als eine Verdickung der Substanz, indem die ganze OberHäche des Mantels neue, concentrisch geschichtete Lagen absondert, theils als peripherische Grössenzunahme, welche durch schicli- tenweise angesetzte Neubildungen am freien Mantelrande bedingt wird. Auf die letztere Art entsteht der äussere ge- färbte und meist aus seid^rechten Pris- men zusammengesetzte Schalentheil nebst der hornigen Cuticula. während die concentrisch gefalteten farblosen in- neren Perlmutterlagen von der gesannn- ten ManteloberHäche erzeugt werden. Die Mantelsecretion gibt bei den sog. Perlmuscheln (MeJeayrina, Uniu »lar- yaritifcr) auch zur Bildung der Perlen Veranlassung. Der Fuss fehlt nur bei verliält- nissmässig wenigen des Ortswechsels verlustig gegangenen Muschelthieren fOstreu, AtionnaJ vollständig. Bei den einfachsten, der Stammform am nächsten stehenden Formen (Xiiculn Solenoinyta) ist der Fuss söhlig gestaltet. Oft sondert der Fuss, und zwar vornehmlich im Jugendzustande (IJiüo), minder häutig auch beim ausgebildeten Thiere (Myti/iis) als Secret der By.^sitftdn'isr seidenartige Fäden ab, welche zur zeitweiligen Befestigung oder beständigen Anheftung dienen. Häutig wird der Fuss zum Kriechen im Sande benutzt und besitzt dann eine beilförmige, abgestumpfte Gestalt. Seltener wird der- selbe bei bedeutender Grösse knieförmig und dient dann zum sprungartigen Fortschnellen des Körpers im Wasser {Card'mni). Einige Muschelthiere be- sitzen einen linearen, keulen- oder walzenförmigen Fuss (ßohn, Solenomyia) und bewegen sich, indem sie den Fuss rasch einziehen und Wasser durch die Siphonen ausspritzen. Viele gebrauchen auch den Fuss zum Eingraben des Körpers im Sclilamme, andere bohren sich in Holz iTcrcdo) odei' in Senkrechter hcbnitt durch Schale und Mantel von Anodoiita, nach Leydig. Cn Cuticula, ,S' Säulen- schicht, B/Blätterschicht der Schale, i?p' äusseres Mantelepithel, ß(Z Bindegewebssubstanz, Hj)" in- neres Epithel des Mantels. Xei-vciisvsteiii. Siiin"Soigaiu>. VcidauungsorgaTio. 6o5 festes Gestein ( l'li; abpräparirt. FS vorderer Schalen- fchliesser, HS hinterer Schalen- fchliesser, VR voTderer Ketractor des Fnsses, HR hinterer Retractor , V Herzkammer, A Vorhof, Ao vordere, Ao' hintere Aorta. .Y Niere. rSflilpclitsorYelclier durcli Einstülpung (J'nio) oder durch llnnvaeiisun«;- ('rordo) der IJrdarm an- ^Q\Q^t wird, während von zwei frülizeitig ii'esonderten.syiunietriseh gelagerten Zellen die Entstehung des Mesodenns ausgeht (Fig. 652). \m Enibryonal- kfirper. welcher theilweise mit Winiperhaaren bekleidet ist. bildet sich durch Kinstiili)nng von Ectoderni banchwärts der ( )esophagus. sowie auf der Rücken- seite die Schalenanlage (Schah'ndriise). Bald tritt der früh/eitig angelegte präorale Wim])erkranz als Winiperscgel hervor, zu welchem hinter dem Munde ein ])Ostoraler hinzukommt. Am vorderen Körperpole bildet sich die .^clieitelplatte (Anlage des oberen Schlundganglions), am Hinterende des Körpers der Enddarni aus, welcher mit dem unterdessen entwickelten Mittel- darm in ^'erbindung tritt. Später entsteht die Larvenniere , das untere Schlundganglion mit dem Gehörorgan, sowie Mantel, Fuss und Kiemen. Im Allgemeinen kann man die Embryonal- entwickluiig der Flussmuscheln iCydds, rnio A)/<)(loiifiij, bei welchen die Eier und Embryonen in geschützten Bruträumen aufgenommen wer- den, eine directere nennen. Die ritio-hm-ve ist mit j)rovisorischeni Byssus und Sehalenhaken aus- gestattet und durchläuft ihre weitere Entwicklung parasitisch an der Haut von Süss wassertischen. Dagegen werden die marinen Lamellibranchiaten frühzeitig geboren und schwärmen als Larven mit ihrem schirmartig verbreiterten Wimper- segel aus welchem durch Rückbildung die :\Iund- i^awe von iVo»/„.u/a büuntaia, „ach Loven. .V Segel , Sp Scheitelplatte lai)pen oder Lippentaster hervorgehen, längere mit Griffel, j) Darm, i Leber, s-jfvor- Zeit umher (Fi<^^" ßÖß) derer Schalenmuskel, Pc Fuss. Die meisten Muschelthiere sind Meeresbewohner und leben in verschie- denen Tiefen, theils kriechend, theils schwimmend und springend. Viele entbehren der Ortsbewegung, indem sie sich frühzeitig mittelst des Byssus- gespinnstes festsetzen, oder mit einer Selialenklappe auf Felsen und Ge- steinen festwachsen (Austern). Andere. Avie die Bohrmuscheln, bohren Gänge in SchifHiolz. Pfahlwerk und in Felsen, :^[it Rücksicht auf die Verbreitung der Lamellibranchiaten in früheren Erdperioden und die vortreffliche Er- haltung ihrer petrificirten Schalen sind zahlreiche Gattungen zur Bestimmung der Formationen als Leitmuscheln von der grössten Bedeutung. ]\[an hat die Lamellibranchiaten nach dem Vorhandensein oder Mangel von Siphonen in Siphoniaten und Asifthonicr eingetheilt. indessen ist diese (lassitication eine künstliche. *) Yergl. besonders S. Lovcn, Bidrag tili Kännedomea om Utvecklingen af Mollusca Acephala Lamellibrancliiata. Stockholm 1 848. C a r 1 E a b 1 , lieber die Entwicklungsgeschichte der Malermuschel. Jena 1876. B. Hatschek, Ueber die Entwicklungsgeschichte von Teredo. Arb. aus dem zool. Institute etc., Bd. IIT. Wien 1881. (jj.0 Profol)riiiiclii:«. Homomvaria. Aber auch die neueren Eintlieiluiig-sversuclie. welelic sicli auf die Gestalt des Schalenschlosses der Kienion. sowie das Yerhültniss «Icr Addue- toreii und der Mantelbucht stützen, haben zu keiner befriedigenden Eruirung- der natürlichen Verwandtschaft geführt. I. Frotohranchiti . Kiemen kammförmig . Fuss söhlig, Schale gleicli- klappig. Zwei Adductoren (Homomvaria). Schloss verschieden gestaltet. Fam. Soletiomijidae. Schale dünn, scheideuförnijg klafiend. Solcitomtjia Lani. Iflieml nnd fossil. Fam. Nuculidar. 8thlos.s taxodont. Xiicida nucieur Lin. Vielleicht schliessen sich hier zahlreiche Paläoconcheu (Neumayr) an. II. Homomyaria. Mit zwei meist gleichen Muskeleindrüeken derSohalen- klappen. a) Taxodontes. Schlosszähne zahlreich, undifferenzirt. zu einer geraden. gebogenen oder gebrochenen Reihe angeordnet. Fam. Arcidae , Archemuschelu. Schalen dick, gleichklappig, mit sehr entwickeltem Schloss, von haariger Epidermis bekleidet. Die beiden Schalenschliesser bilden zwei gleioli grosse vordere und hintere Muskeleindrücke. Area Noae L., Mittelmeer. Ppcfuiictilw^- pilos'KS L., Mittelmeer. h) Heterodontcs. Schlosszähue in gerader Zahl deutlich in cardinalc und laterale geschieden, wechselständig, die Zahngruben der gegenüberliegenden Klappe ausfüllend, seltener rückgebildet. Fam. Mactridae. Schalen trigonal , gleichklappig, geschlossen oder leicht klallVnd. mit dicker Epidermis. Zwei divergireude Schlosszähne, sowie vorne und hinten Lateralzahne. !Muskelbucht kurz gerundet. Siphoualröhren vereint, mit gefransten Oelfnungen. Macira slultorum L., Mittelmeer (Fig. G47). Fam. Unionidae (Najades) , Flussnnischeln. Mit länglichen, gleichklappigen , aber ungleichseitigen Schalen, welche äusserlich von einer starken glatten, meist braunen Oberhaut und innen mit einer Perlmutterlage überzogen sind. Der eine Muskeleindruck ist getheilt. Fuss mit schneidender Längskante, Kiemen hinter dem Fuss verwachsen. Die äusseren Kiemenblätter sind zugleich Bruträume für die sich entwickelnden Eier. In stehendem oder iliessendem Wasser. Anodonta cygnea Lam., Teichmuschel , in Teichen. A. anatiiifi L.. Entenmusche], mehr in Flüssen und Bächen. Unio pictorum L., Malermuschel. U. tniiiidus Retz., U. batavus Lam., Margaritanu margariiifera Retz., Flu.ssperlmuschel, in Gebirg.s- bächen Süddeutschlands , besonders in Bayern, Sachsen, Böhmen. Liefert die Flussperlen. Hier schliessen sich die Trigoniden an, von denen die ünioniden wahi'scheinlich abzu- leiten sind. Fam. CJiamidac, Gienmuscheln. Schalen nngleichklappig, mit stark entwickelten Schloss- zähnen und einfacher Mantellinie. Der Mantelrand bis auf drei Oeffnungen, den Fussschlitz, Kloaken- und Athemschlitz, vei'wachsen. Chamo Lazarus Lam. Verwandt sind Tridacna gigas I.i., Riesenmuschel, und Hippojrus niacidatus Lam., Indischer Ocean. Fam. Curdiidac, Herzmuscheln. Die gleichklappigen, ziemlich dicken Schalen sind herzförmig und gewölbt , mit grossen eingekrümmten Wirbeln , äusserem Ligamente und starkem, aus mehrfachen Zähnen gebildetem Schlosse. Die verwachsenen Mantelränder lassen ausser den kurzen Siphonen einen Schlitz frei zum Durchtritt des kräftigen und kuieförmig gekrümmten , zur Schwimmbewegung dienenden Fusses. Carditim edtile L., Nordsee nnd :Mittelmeer. CW«Äer(M?«/<«« L. (Fig. 651), Mittelmeer. Hemicardium cardissa L., Ostindien. Fam. Lucinidae. Schale krei.sförmig, frei, geschlossen, mit einem oder zwei Schloss- zähnen und einem zweiten ganz verkümmerten Seitenzahn. Mantellinie einfach. Mantel vorne offen, hinten mit ein oder zwei Siphonairöhren. Liiciiia lacfra Lam., Mittelmeer. Homoinyaria. 641 Fani. Ci/cladidae.^) f^cliale gl eiclik lappig, frei, bauchig aufgetrieben, mit äusserem Ligament und dicker, horniger Epidermis. Mantel mit zwei (selten einer) mehr oder minder ver- einigten Siphonairöhren. Süsswasserbewohner. Ci/dascorneah., PisidiumPt'., CorbiiulaM.ü\iU. Farn. Cjiprinidae. Schalen regelmässig, gleichklappig, oval gestreckt, geschlossen mit dicker und starker Epidermis. Hauptschlosszähne ein bis drei, und gewöhnlich ein hinterer Seitenzahn. Mantellinie einfach. Mantelränder zur Bildung zweier Siphonalöftuungen ver- wachsen. Cyprina islandica Lam., Isovardia cor L., Mittelmeer. Farn. Veneridae. Schale regulär rundlich, oblong, mit drei divergirenden Schloss- zähnen in jeder Klappe. Mantellinie ausgebuchtet. Die Athemröhren von ungleicher Grösse, an der Basis vereint. Venus verrucosa L., Mittelmeer. V. (Tajtes) decussata L., Cjitherea Chione L., essbar, Mittelmeer. C. Dione L., Atlantischer Ocean. Farn. Tcllinidae. Mit zwei langen , vollständig getrennten Athemröhren , tentakel- tragendem , weitgeschlitztem Mantel- rande und triangulärem Fusse. Teilina ^^S- 655- Fig. 654. haltica Gm., T. radiata L., Dona.r triinculus L. Fam. Myidae, Klaft'muscheln. Mantel fast ganz geschlossen, mit Schlitz zum Durchtritt des kurzen oder walzenförmig gestreckten Fusses, mit sehr langer, tieischiger Athemröhre, die Schalen klatfen an beiden Enden. Gra- ben sich tief im Schlamme und Sande ein. Mifa /rMwa^a, Klaffmuschel. Hier schliessen sich an die Soleniden mit Solen raginali., Messerscheide, ferner die Plioladomyidae und Corbulidae. Fam.PÄo^ar^/V/ae,Bohrmuscheln. Die beiderseits klaffenden Schalen ohne Schlosszähne und Ligament , aber mit accessorischen Kalkstücken , welche entweder an dem Schlosse (Pholas) oder an der Athemröhre (Teredo) an- liegen (Fig. 654). Mantel mit nur kleiner Oeffnung für den Durchtritt des dicken stempelartigen Fusses, in eine lange Röhre auslaufend. Graben sich im Schlamme und Sande ein oder bohren in Holz und selbst in festem Gestein, in Kalkfelsen und Korallen Gänge, aus denen sie ihre verschmolzene Athemröhre hervorstrecken. Pliolas dactylus L. (Fig. 654 a), Ph. crassata L., Teredo nacalis L.. Sehiffsbohrwurm (CoUectivbezeichnung) (Fig. 654 h). War die Veranlassung zu dem bekannten Damm- bruche in Holland am Anfange des vorigen Jahrhunderts. Fam. Gastrochaenidae (TubicoUdae). Schalen dünn, gleichklappig, zahnlos, zuweilen in eine Kalkröhre eingefügt, welche durch Ausscheidung des Mantels entstanden ist. Nur ein kleiner vorderer Schlitz bleibt am Mantel frei, der sich nach hinten in zwei verschmolzene Bohren mit endständigen Oeffnungen verlängert. Gastrochaena clava L., Clavagella bacülaris Desh., Äsjieryillum Javanum Lam., Giesskannenmuschel, Indischer Ocean (Fig. 655). Hier schliesst sich an: Saxicara Bell. Schale von Aspergil- lum Javanum, nach Adams. a Schale von Pholas dactylus. V Um- bonalplatten, D Dorsalplatte. —6 Teredo navalis, aus der Kalkröhre entnommen, mit ausgestreckten Siphonen, nach Quatre f ages. ') Fr. Leydig, Anatomie und Entwicklung von Cyclas. Müller's Archiv, 1855. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 4J 642 Anisomyaria. III. Auisonii/aria (Ihjsodontcs). Schlosszähne fehlen oder sind nnreg-el- mässig. Die beiden Schliessmuskeln sehr ungleich oder auf einen einzigen redueirt. Eine Mantelbucht fehlt. a) Heteromijarkt. Vorderer Schliessrauskel klein. Fam. Aciculiäae, Perlmuttermuschelii. Mit schiefen , ungleichklappigen Schalen von blättriger Textur und dicker innerer Perlmutterlage (Fig. 630). Mantel völlig geschlitzt, Fuss klein, Byssus absondernd. Acicula Jn'rundo L., Golf von Tarent. Meleagrina maryarHiferu L., Perlmuschel, bewohnt besondeis das indische und persische Meer, aber auch den mexi- kanischen Meerbusen. Sondert die Perlen *) ab. Die innere Schalenschicht kommt als Perl- mutter in den Handel. Malleus vulgaris Lam., Indischer Ocean. Fam. Mytilidae, Miesmuscheln (Fig. 656). Schalen gleichklappig, von starker Ober- haut überzogen. Der zungenförmige Fuss befestigt sich durch Byssusfäden. Mantel mehr oder minder frei bis auf eine kurze, am Mantel gefranste Siphonalöffnung. Pinna squamosa Gm., Fig. 656. Mytilus edulis, nach Abhebung der linken Schalenklappe und Entfernung des linken Mantellappens. M( Mantel, £ Einfuhrsöffnung, A Auswurfsöffnnng. FS vorderer, ÄS hinterer Schalenschliesser, TB vor- derer, HR hinterer Ketractor, L Ligament, MS Mundsegel, F Fuss, B Byssus, K Kieme. Steckmuschel, Mittelmeer. Mytilius edulis L., essbare Miesmuschel der Nord- und Ostsee. Lithodomus dacti/lus Sow., im Mittelmeere (Serapistempel von Pozziioli). Dreijssena polij- morpha PalL, hat sich über viele Flussgebiete in Deutschland allmälig verbreitet. h) Monomyaria. Mit einfachem Schliessmuskel. Fam. Pectinidae, Kammmuscheln. Schalen gleichklappig oder ungleichklappig, dann aber ziemlich gleichseitig, mit geradem Schlossrand, häufig mit fächerförmigen Eippen und Leisten. Die freien und völlig gespaltenen Mantelränder tragen zahlreiche Tentakeln und oft smaragdgrüne Augen in grosser Zahl. Der kleine Fuss sondert oft Byssusfäden zur Befestigung ab. Einige sitzen auch mittelst ihrer gewölbten Schalenklappe fest (Spondylus), andere, wie die sogenannten Pilgermuscheln, bewegen sich schwimmend durch rasches Oelfnen und Schliessen der Schalen (Pecten). Viele sind essbar und werden Avegen des feinen Geschmackes ihres Fleisches höher noch als die Austern geschätzt. Pccien Jacohaeus L. Mittelmeer. Spondylus yaederopus L., Li7)ia squamosa Lam. ') Vergl. C. Moebius, Die echten Perlen etc. Hamburg 1857. III. Clasee. Scapliopoda. 643 Fani. Ostreidae, Austern. Schalen ungleich, blättrig, mit schwachem, meist zahn- losem Schlosse. Bei den echten Austern sitzt die gewölbtere linke Klappe fest, während die obere rechte Schale, durch ein inneres Ligament befestigt, wie ein Deckel der unteren Schale aufliegt. Mantel vollständig gespalten und am Rande gefranst, dagegen verwachsen die Kiemenlamellen theilweise an ihrem äusseren Rande. Fuss fehlt oder ist rudimentär. Siedeln sich meist colonienweise in den wärmeren Meeren an, wo sie Bänke von bedeutender Aus- dehnung bilden können ( Auster nhänke). Auch waren sie bereits in früheren Erdperioden, besonders aucli im Jura und in der Kreide vertreten. Ostrea eduUs L., Auster, an den europäischen Küsten auf felsigem Meeresgrunde , umfasst wahrscheinlich eine Reihe nach dem Fundorte verschiedener Arten. Nach Davaine soll die Auster gegen Ende des ersten Jahres nur männliche Geschlechtsstoife produciren und erst später vom dritten Jahre an weiblich werden und Brut erzeugen. Dagegen behauptet Moebius, dass sich das Sperma später ausbilde, nachdem die trächtigen Thiere ihre Eier entleert haben. Die Fortpflanzung fällt besonders in die Monate Juni und Juli, in welcher Zeit die Austern trotz ihrer ausser- ordentlichen Fruchtbarkeit einer Schonung bedürfen. 0. crista galli Chem., im Indischen Ocean. Anomia e^thippium L., FJacuna placenta L. III. Classe. Scaphopoda ^), (Solenoconchae), Scaphopoden. BUütcrnl-symmetrische Mollusken^ ohne Kopf, Augen und Herz, mit dreilappigem Fusse, mit röhroiförnilgeu}, an beiden Polen geöffnetem Mantel und Kalkschale, mit fadenförniigea Cirren an deti Seiten des Mundes, mit Radula, getrennten Geschlechtes. Erst durch die trefflichen Untersuchung-en von Lacaze-Duthier^ ist diese Gruppe von ^lolhisken, welche man lange Zeit als Cirrobranchiafen den Gastropoden unterordnete, aufgeklärt worden und wird ihrer zahlreichen Besonderheiten wegen am besten als besondere Classe (Ihering) betrachtet werden. Der langgestreckte, etwas gekrümmte und nach oben zugespitzte Thier- leib trägt einen sackförmigen Mantel und sondert eine gleichgestaltete .Schale ab, in welcher jener durch einen Muskel nahe dem schmalen Schalenrande angeheftet liegt (Fig. 657). Derselbe besitzt einen dreilappigen Fuss, welcher aus der grösseren unteren Schalenöffnung hervortritt. Ein gesonderter Kopf- abschnitt fehlt, dagegen findet sich oberhalb desFusses ein eiförmiger Aufsatz, an dessen Spitze die von acht blattähnlichen Lippenanhängen umstellte Mund- öffnung liegt. Zu den Seiten des Muudkegels entspringen auf zwei Wülsten zahlreiche fadenförmige , bewimperte Girren , welche zur unteren Mantel- (»ffnung hervorgestreckt werden und vornehmlich der Nahrungsaufnahme dienen. Als Mundbewaffnung ist sowohl ein Kieferrudiment , als eine mit fünf Plattenreihen besetzte Zunge vorhanden. Der Nahrungscanal zerfällt in Schlund, Speiseröhre, Magen mit umfangreicher Leber und in einen Darm, welcher nach mehrfachen , knäuelartig zusammengedrängten Windungen hinter dem Fusse median in den Mantelraum ausmündet. Zwei .Mantelgefässe, ') Lacaze-Duthiers, Histoire de l'organisation et du developpement du Dentale. Ann. des sc. nat., 1856 — 1858. A. Kowalevsky, Etüde sur l'Embryogenie du Dentale. Ann. du Musee d'hist. nat. Marseille. Tom. I, 1883. Pelseneer, 1. c. 1891. Derselbe, La Classification generale des Mollusques. Bull. sc. de la France et de la Belgique. Bd. XXIV, 1892. 41* 644 Scaiihopoda. Organisati« complicirte Lacimen der Leibeshöhle, führen das Bhit. Die Athmuiig geschieht durch die Mantelfläche und wohl auch durch die fadenlurraigen Cirren. Die Niere ist paarig in der Umgebung des Mastdarmes gelegen und mündet durch zwei Oeffnungen rechts und links vom After aus. Das Nervensystem besteht aus den drei Gangliengruppen, von denen das Fussganglion zwei Geh(irblasen trägt. Augen fehlen. Als Tastorgane deutet man die zahlreichen bewimperten Tentakelfäden. Die Köhrenschnecken sind getrennten Ge- Fis. 657. Fig. 658. Denialium, mit Ausnahme des Fusses im Längsschnitte dargesteUt, nach einer Zeichnung von Grobben. S Schale, Mt Mantel, Sm Schalenmuskel, Mh Mantelhöhle, i*" Fuss, Jl/Ä: Mundkegel, T Cirren, iJ Eadula, DDarm, L Leber, ^/ After, G Gehirnganglion, N Niere, Gc Ge- schlechtsdrüse. Larven von Denfalium , nach Lacaze- Duthiers. a Junge Larve mit Schalen- anlage ('S), b Aeltere Larve vom Kücken gesehen. P Fuss, BM Buccalmasse, Oes Oesophagus. schlechts. Ovarien und Hoden liegen als unpaare, fingerförmig gelappte Drüsen hinter Leber und Darm und münden mit der rechtsseitigen Niere aus. Die Thiere leben versenkt im Schlamme und kriechen mit schräg erhobener Schale mittelst des Fusses langsam umher. Die Entwicklung der Eier zum Embryo wird durch eine inäquale Furchung eingeleitet. Die Bildung der Gastrula erfolgt durch Einstülpung. Das Mesoderm scheint durch zwei Zellen angelegt zu werden. Die Jungen schwärmen eine Zeit lang als Larven mit Wimperbüschel und Wimperkragen umher, erhalten dann den Mantel, eine fast zweiklappige Schale und den Fuss ; erst später gestaltet sich der Mantel, sowie die Schale röhrenförmig (Fig. 658). . G59. IV. Classe. Gastropoda. 645 I. Ordnung-. Solenocoiichae, Röhreiisclmeckeii. Fam. Detttalidae. J)enf(ilii(i)i eutalis L., D. elepliantinmn L., Mittelmeer und In- discher Ocean. IV. Classe. Gastropoda 0, Bauchfüsser. Wekhthlcrc, meist mit tcntaheltrayendcm Kopfe, hauchständigem, oft söhligem Ftissc und ungetheiltem Mantel^ welcher sich nach Art einer Kapuze am liiU'l-en erhebt und häufig ein einfach tellerförmiges oder spiralig ge- wundenes Gehäuse absondert. Der vordere, als Kopf bezeichnete Abschnitt trägt zwei oder vier Fühler und zwei Augen, welche der Spitze, in der Regel der Basis eines Fühler- paares aufsitzen (Fig. 659). Am Rumpfe erhebt sich der bauchständige muskulöse Fuss. In der Regel stellt derselbe eine breite und lange Sohle dar, dagegen ist derselbe bei den Hcteropjoden eine senk- recht erhobene Flosse, bei den Pteropoden durch Entwicklung ])aariger Theile (Epipodien) flügelf()rmig gestaltet. Für die Gestaltung des Rumpfes er- scheint die Lage und Form des Mantels wichtig. Dieser er- hebt sich nach Art einer Mütze Helix pomatia. O Augen an der Spitze de.s langen Fühler- „ , -r-».. 1 1 1 •! 1 paares, Pe Fuss. auf dem Rucken und bildet eine mehr oder minder umfangreiche Duplicatur, deren Rand meist verdickt, zuweilen auch in Lappen verlängert oder in Fortsätze ausgezogen ist. Die untere Mantelfläche begrenzt in der Regel als Decke eine auf die Rücken- fläche und auch auf die Seiten des Rumpfes ausgedehnte Höhlung, welche das Respirationsorgan in sich aufnimmt. Der Eingeweidesack entwickelt sich, vom Mantel umrahmt, an der dorsalen Seite meist bruchsackartig hervortretend. Die ursprüngliche sym- metrische Ausbildung desselben findet sich nur bei den Placophoren (Chiton) bewahrt, ist jedoch bei allen übrigen Gastropoden gestört, indem der Eingeweide- sack von links und hinten nach vorne und rechts gedreht, daher spiralig auf- gerollt und nach dem oberen Ende allmälig verjüngt erscheint. Mantel und Eingeweidesack werden von dem Gehäuse bedeckt, welches die Form der *) Ausser C u V i e r 1. c. vergl. Martini und Chemnitz, Conchylien-Cahinet. 12 Bde. Herausgegeben von Küster. Nürnberg 1837—1865. Sowerby, Thesaurus conchyliorum or ligares and descriptions of Shells. London 1832—1862. Reeve, Conchologia iconica etc. London 1842 — 1862. H. und A. Adams, The Genera of the recent Mollusca. 3 Vols. London 1858. H. Troschel, Das Gebiss der Schnecken. Berlin 1856— 1878. Woodward, Manual of the Mollusca. 2^ Ed. London 1868. J. W. Spengel, Die Geruchsorgane und das Nervensystem der Mollusken. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXXV, 1881. 646 Gastropoda. Kurperbau. Schale. Fig. 660. Durchschnitt durch das Ge häuse von Helix pomaiia. Fig. 661. Windungen der letzteren wiederholt und meist auch Kopf und Fuss beim Zurückziehen des Thieres vollkommen in sich aufnehmen kann. Das Gehäuse stellt sich in der Regel als feste Kalkschale dar, deren Structur eine ähnliche Beschaffenheit wie die Perlmutterschicht der Muschel- schale besitzt. Zuweilen bleibt die Schale zart, hornig und biegsam, oder es tritt eine gallertige (Tiedemannia) bis knorpelige (Cymhuliu) Schale auf. Seltener erscheint die Schale so klein, dass sie nur die Mantelhöhle mit dem Re- spirationsorgane bedeckt oder ganz in der Mantel- haut verborgen liegt (Limax, Pkurohranchiaten). In anderen Fällen wird sie frühzeitig abgeworfen, so dass den ausgebildeten Thieren ein Gehäuse fehlt (viele marine Nachtschnecken). Im Gegensatze zu den Lamellibrancliiaten bleibt die Schale einfach, und zwar erscheint sie entweder flach und napfförmig (Patella) ohne Gewinde, oder in sehr verschiedener Weise spiral gewunden von einer flachen scheibenförmigen bis zu einer lang ausgezogenen, thurmförmig verlängerten Spirale (Fig. 660). Mit dem Wachs- tlium des Thieres wächst dieselbe an ihrem dem IMantelrande aufliegen- den Saume weiter (Anwachsstreifen) und erhält bei ungleichmässigem Wachsthura Spiralwindungen, deren Durchmesser allmälig und continuirlich sich vergrös- sert. In seltenen Ausnahmen Avächst die Schale später unregelmässig und bildet anstatt der Spiralwindungen eine lange gebogene Röhre, wie z. B. hei 2{o(/ili(s (Fig. 661). Da das unsymmetrische Wachsthum der Schale in dem ungleichmässigen AVachsthum des Körpers seinen Grund hat. so begreift es sich, dass zur Seite der grösseren Aussenlippe der Schale die unpaaren Organe (After, Geschlechtsöffnung) münden. Man unterscheidet den Scheitel oder die Spitze (Apex) als den Theil des Gehäuses, an welchem die Bildung des- selben begann und die Spiralwindungen ihren Anfang nahmen, ferner die Miinduvg (Apcrtura), welche in die letzte und meist grösste Windung einführt und mit ihren beim ausgewachsenen Thiere aufgewulsteteu Lij^pcn (Perisfoma) dem Mantelrande aufliegt. Die Windungen drehen sich rechts — und dann wird das Gehäuse mit dem Apex nach rechts gewendet am Rücken getragen und After wie Geschlechtsöffuungen münden rechtsseitig — selten links um eine von der Spitze nach der Mündung gerichtete Achse, welche entweder durch eine solide Spindel (('oluwclla) oder einen hohlen Canal der- selben bezeichnet wird, dessen Oeffnung man als Nabel (lli/bo) benennt. Dieser kann, falls die Windungen von der Achse entfernt bleiben, zu einem Schale von Magilus anti'ju (r^gne animal). Haut. NpFvenBystem. ()47 hohlen, fast kegelförmig-en Raum mit weitem Nabel werden (Solanum). In der Reg-el legen sich die Windungen unmittelbar aneinander an ; seltener bleiben die Windungen getrennt (Scalariu). Nach der Lage der Spindel unterscheidet man einen Spindelrand oder innere Lippe und einen Aussenrand oder äussere Lippe der Apertur. Diese letztere erweist sich entweder ganzrandig (holostom) oder durch eine Ausbuchtung unterbrochen, welche sich oft in einem canal- artig ausgehöhlten Fortsatz verlängert (siphonostom). Bei vielen Schnecken kommt zum Gehäuse ein Deckel (Opcrcuhim) hinzu, der meist am hinteren Ende des Fusses aufsitzt und beim Zurückziehen des Thieres die Schalen- ötfnung verschliesst. Viele Landschnecken sondern vor Eintritt des Winter- schlafes einen Kalkdeckel ab , welcher im kommenden Frühjahr wieder abgestossen wird. Das Integument besteht aus einem oberflächlichen, häufig Wimperhaare tragenden Cylinderepithel und einer bindegewebsreichen Unterbaut, von welcher die Hautmusculatur nicht zu trennen ist. Der Haut sind Kalk- und Pigmentdrüsen eingelagert, besonders dicht gehäuft am Mantelrande, wo dieselben das Wachsthum , sowie die eigenthümliclie Färbung der Schale bedingen. Diese wird ganz nach Art von Cuticularbildungen durch das Epithel abgesondert und erstarrt, indem die der organischen Grundlage beigemengten Kalksalze eine feste und krystallinische Beschaffenheit annehmen. Die oberste Schicht der Schale bleibt oft als zarte Epidermis un verkalkt, während ihre innere Fläche sich durch Perlmutterschichteu verdickt. Die Verbindung des Thieres mit der Schale wird durch einen Muskel vermittelt, Avelcher wegen seiner Lage an der Spindel Spindelmuskel heisst. Derselbe entspringt am Rücken des Fusses und setzt sich am Anfang der letzten Windung an der Spindel fest. Das Nervensystem bietet manche Verschiedenheiten. Die Placophoren schliessen sich in der Gestaltung desselben (Fig. 640) so eng den Solenogastres an. dass man sie mit diesen als Classe der Ämphineura vereinigt hat. In allen anderen Fällen treten die drei typischen Gangliengruppen auf. Die durch eine obere Querbrücke verbundenen Cerebral ganglien entsenden eine Cbmmissur zu den PedalgangUen, sowie eine zweite zu den Visceralganglien . die jedoch auch direct den Cerebralganglien anliegen können. In der Regel sind noch zwei seitliche Ganglien vorhanden, die sog. Commissural- oder Fleuralganglien, welche mit dem Cerebral- und Pedalganglion durch Com- missuren in Verbindung stehen, und von denen dieVisceralcommissur ausgeht. Von den Eingeweideganglien trennt sich meist jederseits ein in derVisceral- commissur gelegenes Farietalganglion. Bei den Prosobranchien macht sich in der Lage der Visceralcommissur mit ihren Ganglien und austretenden Nerven ein eigenthümliches Verhältniss geltend, indem (Chiasfoneuren, Fig. 642) als Folge der nach rechts erfolgten Drehung des p]ingeweide- sackes die Commissur vom rechten Pleuralganglion über den Darm nacii links verläuft und hier zu einem Parietalganglion. dem sog. „Suprainfesfiifal- 648 Gastropoda. .Sinnesorgane. (jamjUon" anschwillt, welches die linke Seite versorgt, während die vom linken Pleuralganglion abgehende Commissiir unter dem Darm nach rechts Fig. 662. a Nervensystem von Hnliotis. Cg CerebralgangHon, Pg Pleuropedalganglion, Ag Abdominalganglion, O und O' Geruchsorgane, Pe Pedalstränge, S und S' Seitennerven, Bf Kiemen. — b Orthoneures Nervensystem von Limnaeus. P Pedalganglion, PIg Pleuralganglion ^Commissuralganglion). Nach Lacaze-Du thi ers (scheraatisch, nach Spengel). — c Chiastoueures Nervensystem von Paludinn nach Ihering. Auge von Hei ix nach C a r- riere. Ep Epidermis, L liinse, A" Nerv, dessen Fa- sern in die Stäbchenzellen der Retina übergehen. läuft und aus einem kleinen Parietalganglion, dem „Sub- hitestinalyanglion" , den die rechte Seite versorgenden Nerven austreten lässt (Fig. 662 c). In anderen Fällen und besonders da, wo die Parietalganglien bei sehr ver- kürzter Commissur den Pleuralganglien anliegen (Fig. 662 i), unterbleibt diese Verlagerung (Orthoncuren). Ueberall bildet ein vom Gehirn verlaufender Nerv meist an jeder Seite der Speiseröhre ein Buccalyanglion, dessen Nerven zur Schlundwand und zum Darm treten. Von Sinnesorganen ') treten Augen, Otolithen blasen, Tast- und Geruchsorgane auf. Die von einer Linse erfüll- ten und hinter derselben eine becherförmige Retina be- sitzenden Augen (Fig. 663) sind in doppelter Zahl vor- handen und liegen meist an der Spitze von Stielen, welche aber in der Regel mit den Fühlern verschmelzen. Die ^) V. Hensen, Ueber das Auge einiger Cephalophoveii. Zeitsclir. f. wiss. Zool., Tom. XV, 1865. W. Flemming, Untersuchungen über Sinnesepithelien der Mollusken. Archiv für niikro.sk. Anat., Tom. VI, 1870. Vordauuiigsorgaue. t)49 höchste Ausbildung erlang-en die Augen der llcttropodcn, bei welchen sie, in besonderen glashellen Kapseln befestigt, eine Bewegung des Bulbus gestatten. Die beiden im Innern bewimperten Otolitheuhlasen sind mit Ausnahme der Hc- teropodcn und einiger Prosobranckien mit dem Fussganglion verbunden, doch entspringt der zugehörige Nerv stets im Gehirn. Als Tastorgane hat man vor Allem die Fühler anzusehen, ferner die oft wulstigen Lippenränder, aber auch la])penartige Verlängerungen, welche sich hin und wieder am Kopfe, Mantel und Fusse tindeu. Die Fühler sind meist in doppelter Zahl vorhanden und fehlen nur ausnahmsweise vollständig. Dieselben sind einfache contractile Fortsetzun- gen der Körperwand, welche zuweilen (Pulmonaten) eingestülpt werden kön- nen. Ueberall wohl sind eigenthümliche Haarzellen, deren Haarbüschel bei den Wassermollusken pinselförmig hervorragen, als 8itz einer besonderen Empfin- dung anzusehen. Dieselben sind über die ganze Oberfläche des Körjjers ver- breitet und an den zur Tastempfindung dienenden Körpertheilen besonders gehäuft. Die Fühler der Landschnecken besitzen an ihrer Endplatte zwischen besonders geformten Epithelzellen eine sehr reiche Ausbreitung feiner ►Sinnes- zellen (Kölbchen mit Stiften, Flemming) und fungiren wahrscheinlich als .Spürorgane. Neuerdings wurde ein Organ, welches von dem Supraintestinal- ganglion aus innervirt wird, die Nebenkieme der Autoren als Sinnesorgan erkannt und als Geruchsorgan (O.sjj^raf/mw^j gedeutet (Fig. 669iV/i). Bei den Zeugobranchien (FissurcUa, Haliotis) ist dies paarig vorhanden (Fig. 662 a). Die Venlaumigsorgane verlaufen seltener in gerader Richtung, gewiUin- lich unter mannigfachen Windungen, zuweilen knäuelartig zusammengedrängt im Leibesraum, biegen in der Regel nach vorne um und münden meist rechts- seitig vorne in dem Mantelraume ; zuweilen aber mündet der After auch auf der Rückenfläche weil nach hinten gerückt. Viele, und zwar die hoher stehenden Gastropoden , besitzen einen von der Basis aus einstülpbaren Rüssel, andere eine von der Spitze aus einziehbare Schnauze. Die von Lippenrändern umgrenzte Mundöü'nung führt in eine mit festen Kautheilen bewaflnete Mundhöhle, in welche zwei Speicheldrüsen einmünden. Aus der- selben entspringt die Speiseröhre, dann folgt ein erweiterter, meist blind- sackförmiger Magendarm und auf diesen der meist lange, mehrfach gewundene Dünndarm, von einer sehr umfangreichen, vielfach gelappten Lebermasse um- hüllt, welche vornehmlich den oberen Theil des Eingeweidesackes ausfüllt und ihr Secret in den Darm, aber auch in den sog. Magen ergiesst (Fig. 664). Die Gestaltung des Verdauungscan als und der Leber bietet im Einzelnen zahlreiche und wesentliche Modificationen, unter denen der mit Leberblind- säcken versehene Darm der PJilehenteratcn. die bemerkenswertheste ist (Fig. 665). Der Enddarm zeichnet sich durch seine Weite aus und kann als Mastdarm (Rectum) unterschieden werden. Die Bewaflnung der Mundhöhle wird tlieils durch Kiefer an der oberen Schlundwand, theils durch die sog. Reibmembran (liadula) eines zungen- artigen Wulstes im Boden der Mundhöhle gebildet. Der Kiefer liegt als 650 (lastropoda, Rndula. Fig. ()()4. Anatomie der Weinbergschnecke (Helir pomalia). nach Cuvier. Die Mantel- höhle linksssitig gespalten und der Mantel nach rechts umgeschlagen. .So- dann sind nach Eröffnung der Körperhöhle die Eingeweide auseinandergelegt. Cg Cerebralganglion, .S/) Speicheldrüse, 3/Magen, I>Darni, i Leber, ..-l After, N Niere, AI Atrium, C Ventrikel, PI Lunge, Zd Zwitterdrüse, von Leber- lappen umhüllt, Ed Eiweissdrüse, Pr Prostata, [7 Uterus, Rs Eeceptaculum seminis, Dr fingerförmige Drüsen, Ps I'feilSack. P Penis, Fl Flagellum, Mr Eetractor, Sk f>pindelmuskel. bogenförmige Hf)rn- platte dicht hinter dem Lip])eiirand oder zerfallt in zwei seitliche, sehr ver- schieden geformte Stücke , zwischen denen bei einigen Pulmonaten ein un- paares Kieferstiick bestehen bleibt. Un- terkiefer fehlen, da- gegen liegt im Bo- den der Mundhöhle ein theils muskulö- ser, theils knorpe- liger Wulst, welcher wegen der Aehn- lichkeit mit der Zun- ge der Wirbel thiere die gleiche Bezeich- nung erhalten hat (Fig.666). Die Ober- fläche desselben ist mit einer derben INfembran, der Reib- platte oder Badula, bekleidet, auf wel- \^^ eher sich charakte- Darm von Acolis jmpillosn, nach Hancock. Bm Buccalmasse, Oe Oesophagus, M Magendarm, L Le- berschläuche, welche in die Anhän- ge des Rückens eintreten. A Alter. ristisch gestaltete, in Querreihen ange- ordnete Plättchen. Zähne und Haken erheben. Nach hin- ten setzt sich die ^'^ Radula in eine cy- lindrische Tasche, die sog. Ziinr/enscheide, fort, welche aus dem un- teren Ende der Älundmasse schlauchartig hervor- ragt und als Bildungsstätte der Radula fungirt. Grösse. Zahl und Form der Platten oder Zähne auf der Oberfläche der Radula variiren überaus und lie- fern für die Gattungen und Familien systematisch Längs.schnitt durch die Mundmasse von Hei ix, nach W. Keferstein. O Mund, Mli Mundhöhle, M Muskeln , Rd Radula, Kn Zungenknorpel, Z Zungenscheide, Kiefer, Oe Oesophagus. Gefasssystem. 651 Ein Glied der Badula von Pterotrachea Lesueuri b Ein Glied der Badula von Neritina ßuviatilis nach Mac do nald. nach S. Lo v e n. Fig. 6G8. wichtige Charaktere. An den Querreihen der Ph^tten, den sog. Gliedern der Reihraemhran, unterscheidet man Mittel platten, Zivisehenplnttcn und Seiten- platten (Fig-. 607 n, l>). Nach der besonderen Gestaltungsweise der Radula- hewattnung glaubte Fig. 667. Troschel natürliche Abtheilungen bilden zu können. Indessen be- darf diese einseitige sy- stematische Anschau- ung 1 n a n ch erl ei C orrec- turen . wie vornehm- lich für die Taenioglos- sen und Rhipidoglossen nachgewiesen wurde. Das Gefasssystem zeigt mehrfache und wesentliche Abweichungen, üas Herz liegt, von einem besonderen Pericardium umschlossen, meist zur Seite gedrängt in der Nähe der Athmungsorgane (Fig. 668). In der Regel besteht dasselbe aus einer kegelförmigen Kammer mit austretender Aorta und einem den Athmungsorganen zugekehrten Vorhof, in welchen das Blut durch ^^enen einströmt. Der letztere er- scheint bei einigen Gastro- poden (Haliotis, Fissii- rella) paarig (doppelte Kiemen), und dann ist die Uebereinstimmung mit den Lamellih)unchiaten um so grösser, als in die- sen Fällen auch der Mast- darm die Herzkammer durchbohrt. Die Aorta spaltet sich gewöhnlich in zwei Arterienstämme, von denen sich der eine nach vorne fortsetzt und mehrfache Verzweigun- gen in den Kopf und Fass schickt, der andere rück- wärts nach den Einge- weiden verläuft. Die Enden der Arterien öffnen sich in wandungslose Blut- räume der Leil»eslH)hle, aus denen das Blut entweder ohne Dazwischen- treten von Gefässen (Heteropoden und Nudihranchien) oder durch sog. Kiemen- (Lungen-) Arterien nach den Respirationsorganen und von da durch Kiemen- (Lungen-) Venen nach dem Herzen zurückgeführt wird. Die Ein- Nervensystem und Kreislaufsorgane you Pnlnilinn vivipara, nach Ley- Aig. F Fühler, Oe Oesophagus, Cg Cerebralganglion mit dem Auge, Pg Pedalganglion mit anliegender Gehörblase, Vg Visceralganglion, Phg Pharyngealganglion, A Atrium des Herzens, Ve Ventrikel, An. Aorta abdominalis, Ac Aorta cephalica, V zuführende Kiemenvene, Ve zurückführende Vene, Br Kieme. ♦)52 Gastropoda. Athmungsorgane. Fig. 669. richtungen, welche Wasser in die Bluträume eintreten lassen sollten, haben sich nicht als diesem Zwecke dienlich erweisen lassen-. Nur bei Natiea wurde in neuester Zeit das Vorhandensein besonderer Wassersporen und Wasserräume wahrscheinlich gemacht. Nur wenige Gastropoden respiriren ausschliesslich durch ihre Körper- haut; bei weitem die meisten athraen durch Kiemen, viele durch Lungen, wenige durch Lungen und Kiemen zugleich. Die Kiemen sind meist blatt- förmige oder gefiederte Hautanhänge, welche in der Regel zwischen Mantel und Fuss von der ]\Iantelduplicatur umschlossen liegen , selten frei der Rückenfläche aufsitzen. Der Mantelraum ist daher zugleich dieAthemhöhle. Die Duplicität der Kie- men (Flacophoren, ZcKfjohra nchien ) er- scheint als ursprüng- licher Zustand, macht aber meist einer asymmetrischen Aus- bildung Platz, indem blos eine Kieme er- halten bleibt (Fig. 669). Die Luftath- mungbeschränktsich auf einige Frosohran- chicn und auf die Pul- iHoiiatcn. Auch hier dient der ^Mantelraum als Athemhöhle und unterscheidet sich dadurch von der Kiemenhöhle, dass die Decke der mit Luft erfüllten Cavität der Kieme entbehrt und dafür an ihrer inneren Fläche ein reiches Netzwerk von Bluträumen und Gefässen entwickelt. Die Kiemen-, respective Lungenhöhle communicirt durch eine längere Spalte des Mantel- randes oder durch eine runde, verschliessbare Oeffnung mit dem äusseren ]\Iedium ; häufig setzt sich der Mantelrand um die Athemöifnung, analog dem Sipho der Lamellibranchiaten, in eine verschieden lange Athemri»hre (Fig. 669) fort, welcher in der Regel ein Ausschnitt oder canalartiger Fort- satz des Gehäuses entspricht. Für die Classification der grösseren Gruppen ist die Bildung der Athmungswerkzeuge von Bedeutung geworden. Im Allgemeinen kann man mit Milne Edwards nach der Lage der Respirationsorgane zu dem Herzen und dessen Vorhof zwei grosse Abtheilungen gegenüberstellen : OpisthohranrJnen, deren Vorhof und Kieme hinter der Herzkammer liegt, und Prosobravchien, deren Vorhof und Kieme vor der Herzkammer seine Lage hat. Den letzteren schliessen sich in diesem Charakter die Heteropoden und die Pidmonatcn an. Anatomie von Cassis cornuta, nachQuoy, JJs Rüssel, 5( Sipho, A'fc Geruchs- organ (vermeintliche Nebenkieme), Br Kieme, Spd Speicheldrüsen, PV Pro- ventriculus, D Afterdarm, R Niere, P Penis. Niere. Schleimdrüsen. (3o3 Die Xinr [V\^. 669) ist meist impaar und liegt in der Nähe des Herzens als ein läng'licli dreieckiger Sack mit spong-iüser (seltener mit glatter) Wan- dung von gelblichbrauner Färbung, welcher durch einen Wimpertrichtcr mit dem Pericardialraum in Verbindung steht. Das Secret derselben besteht grossen- theils aus festen Concrementen, welche in den Zellen der Wandung ihren l'rsprung nehmen und aus Harnsäure, Kalk und Ammoniak bestehen. Ent- weder ött'net sich der Drüsensack der Niere unmittelbar durch eine ver- schliessbare Spalte, oder vermittelst eines besonderen, neben dem Mastdarm verlautenden AuslÜhruiigsganges , überall in der Nähe des Afters in die Mantelhühle. Ziemlich allgemein lindet sich in der Decke der Athemhöhle eine Schleimdrüse, welche oft eine erstaunliche Menge ihres Secretes aus dem Athendoche zu ergiessen vermag. Bei den Purpurschnecken (Furjmra, Mvrer) liegt in der Decke der Athemhöhle neben dem Mastdarme die sog. Purpur- drüse, eine längliche, weisslichgelbe Drüsenmasse, deren farbloses Secret nach den Untersuchungen von Lacaze-Duthiers unter dem Einflüsse des Sonnenlichtes rasch eine rothe oder violette Farbe gewinnt, welche als echter Purpur wegen ihrer Beständigkeit und Dauer schon im Alterthum geschätzt war. Nicht zu verwechseln mit dem echten Purpur ist der gefärbte Saft, welchen manche Opisthobranchien, z. B. die ApTysieti, aus Poren ihrer Haut entleeren. Eine weitere Drüse ist die Fussdrüse von Umax und Ariov. Dieselbe erstreckt sich durch die Länge des Fusses und besteht aus ein- zelligen Drüsenschläuchen, deren Ausführungsgänge in den bandförmigen Haupteingang eintreten, welcher sich zwischen Fuss und Kopf nach aussen (iffnet. Dazu kommt bei mehreren nackten Pulmonaten (Ärion) eine Drüse auf der Spitze des Schwanzes, welche sehr rasch bedeutende Mengen von Schleim abzusondern vermag. Die Gastropoden sind theils Zwitter, theils getrennten Geschlechtes. Zu den ersteren gehören die Pulmonaten, Opisthobranchien und Pteropoden ; getrennten Geschlechtes sind die Placophoren^ Prosohrayichien und Hefero- poden. Fast alle legen Eier, die meisten als Laich in Schnüren ab. Nur wenige gebären lebendige Junge, die sich aus den befruchteten Eiern im Uterus entwickelt haben. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem Ovarium, Eileiter und Eiweissdrüse, l-terus (erweiterter und drüsiger Theil des Eileiters), Scheide und Samentasche; die männlichen aus einem Hoden, einem Samenleiter nebst Samenblase, Ductus ejaculatorius und äusserem Begattungsorgane. Die hermaphroditischen Formen zeichnen sich durch die enge Verbindung der beiderlei Zeugungsdrüsen und ihrer Leitungs- apparate aus, indem nicht nur die letzteren in directer Communication stehen, sondern auch Ovarien und Hoden mit wenigen Ausnahmen (Actacori, JanusJ als Zwitterdrüse, meist zwischen den Leberlappen versteckt, räum- lich vereinigt sind (Fig. 664). Dann entstehen entweder Eier und Samen- fäden an verschiedenen Follikeln der gelappten oder auch verästelten Drüse (Nudihranchien), freilich immer in unmittelbarer Nähe, indem die Eifollikel 654 Gastropoda. FortptianzungsoiKaiie. Fig. 670. als Ausstülpungen peripherisch den Hodenbläschen autsitzen (Acolis), oder das Epithel desselben Follikels erzeugt hier Samenfäden, dort Eier, wenn auch in der Regel nicht gleichzeitig, indem die männliche Reife des Thieics der weiblichen vorausgeht (Landschnecken). Bei den HeUcidcn (Fig. 670) trä^t die Scheide zwei Büschel von fingerförmigen Drüsenschläuchen, sowie einen eigenthümliehen Sack, den „Pfeilsnck" , welcher ein pfeilförmiges kalkiges Stäbchen in seinem Innern erzeugt. Das letztere, der sog. Lichcs- pfe'd, sitzt im Grunde der Tasche auf einer Papille fest, tritt aber bei der Begattung hervor und scheint die Bedeutung eines Reizorganes zu haben. In der Regel bricht derselbe während seiner Thätigkeit ab, um später durch einen neuen ersetzt zu werden. Die männ- liche Geschlechtsöflfnung steht überall mit einem vorstülpbaren Penis im Zu- sammenhange und mündet meist mit der weiblichen in einer gemeinsamen seit- lichen Oetfnung. Bau und Lage der Geschlechts- organe bei den getrennt geschleclitlichen Gastropoden sind ähnlich wie bei den Zwitterschnecken. Auch hier finden sich Samentaschcn und Eiweissdrüse (PaJii- dina). Die Männchen besitzen fast über- all einen freiliegenden Penis (Fig. 669), welcher entweder von dem Ende desVas deferens durchbohrt (Buccimiw) oder von einer Halbrinne durchzogen wird, an deren Basis die Geschlechtsötfnung liegt. Geschlechtsorgane der Weinbergschnecke (Helix , ., pomatia), nach Paasch. Zd Zwitterdrüse, Zg der Ist dCT Pcuis VOU dcr GeSChlechtSÖttnUng Ausführungsgang derselben, i;d Eiweissdrüse, Od entfernt, SO ist CS ciuc Wimperriunc. Eiergang und Samenrinne, Fd Samenleiter, P vor- ' . _ . stülpbarer Penis, J-/ Elagelhim, JJsBeceptacnlum WClchc VOU JCUCr dlC Samentädcn UaCll seminis. D fingerförmige Drüse, L Pfeilsack mit (J^j^ BegattUUgSOrganC IcltCt (MuTCr, dorn Liebespfeil, Gö gemiinsame Genitalöffnung. Dolium,, Strombus). Die Embryonalbildung ^) erfolgt nach inäqualer Dotterfurchung mittelst Anlage einer Blastula und Gastrula. Der Gastrulamund geht in den detinitiveii ^lund über. Das Mesoderm wird durch zwei symmetrisch gelagerte Zellen angelegt. Der Embryo erhält alsbald ein bewimpertes Veluni, mittelst dessen er in dem flüssigen Eiweiss des Eies rotirt. Vor dem Velum entsteht die ') Vergl. insbesondere N. Bobretzky, Studien über die embryonale Entwicklung der Gastropoden. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XIII, 1876. C. Rabl, Ueber die Entwicklung der Tellerschnecke. Morphol. Jahrb., Tom. V, 1879. H. Fol, Sur le developpu- ment des Gasteropodes pulmones. Arch. Zool. Exper., Tom. VIII, 1879—1880. F. Blocli- mann, Ueber die Entwicklung der Neritina lluviatilis. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XXXVI, 1882. Ferner Bütschli, E. Lankester etc. Entwicklung. 655 .Scheitelplatte (Anlage des oberen Sclilundganglions) als Verdickung des Ectoderms. An der der MundöiHnnng entgegengesetzten K(>r])erseite bildet sich die .Schalenanlage (Schalendrüse), und bald darauf tritt die vom Meso- derm gebildete Uruiere in Function; gleichzeitig erfolgt die Anlage des Fusses, während erst später mit der Ausbildung der Asymmetrie die definitive Niere, das Herz, sowie die Mantclhöhle .sich anlegen (Fig. 671). Die freie Entwicklung ist entweder eine directe, indem das ausgeschlüpfte Junge (bis auf Rudimente von Larvenorganen) bereits die Form und Organi- sation des Geschlechtsthieres besitzt (Fulnwnaten), oder beruht auf einer Metamorphose. In diesem letzteren, für fast alle marinen Gasfropodeit giltigen Falle besitzen die schwärmenden Larven zwei grosse Wimpersegel, welche an Stelle des noch rudimentären Fusses als Bewegungsorgan dienen. Die Schale liea't bereits der Rückenfläche auf, ist aber noch klein, kaum mit "^7 Fig. G71. Ec B Ut "hM^ Kinige Stadien der Embryonalentwicklung von Pkinorbis, nach C. Eabl. a Optischer .Schnitt dureb ein Fnrchungsstadium (24-Theilung). Rk Richtungskörperchen , Fh Furchungshöhle. — b Stadium mit]|vier Alesodermzenen , vom vegetativen Pol gesehen. J/s Mesodermzellen , i;re Entoderm, Ec 'Ectoderm. — c Schiefer optischer Längsschnitt durch das Stadium mit vier Mesodermzellen. — d Aelterer Embryo, an welchem sich die .Schalendrüse nach rechts verschiebt. Sdr Schalendrüse, S Schale, O Mund, D Darm, E Eadulaanlage, Sp Scheitelplatte, Oc Augen, Of Gehörbläschen, N Urniere, Ve Velum. beginnender Windung und kann meist durch einen dem Fusse angehefteten Deckel verschlossen werden (Fig. 637 und 638). Sehr häufig findet ein Schalen- wechsel statt, indem die embryonale Schale abgeworfen und durch eine neue, definitive ersetzt wird. Bei weitem die meisten Gastropoden sind Meeres- t)ewohner ; im süssen Wasser leben die Basommatophoren und einige Proso- hranchien {Paludina, Valvata, Melania , Neritina etc.). Im Brackwasser kommen viele Littorincn, Cerithien, Melanien etc. vor. Landbewohner sind die Cydostomlden imd Stylommatophoren unter den Pulmonaten. Uebrigens sind auch viele Kiemenschnecken im Stande, eine Zeit lang im Trockenen auszudauern, indem sie sich in ihre Schale zurückziehen und dieselbe durch den Deckel verschliessen. Fast alle bewegen sich kriechend mittelst der Fussfläche, einige aber, wie Strombus ^ springen, andere, wie Oliva imd Ancillaria, die Pteropoden imä Heferojwden schwimmen mit Hilfe ihres Fusses. Einzelne Meeresbewohner, wie May iluSj Vernietiis etc., sind mit ihren Schalen (35(1 1- Ordnung. Placophora. fcstgcNvachsen, nur wenige leben parasitisch, wie Stylifcr auf Seeigeln und Seesternen. Entoconcha mirahUis in Symipta. Ebenso verschieden wie die besondere Art des Aufenthalts und Vor- kommens ist die Art der Ernährung. Viele, insbesondere die Siphonosfowen, sind gefrässige Raubthiere und machen Jagd auf lebende Thiere; einige Kiemenschnecken, wie Murcr und Natica, bohren zu diesem Zwecke die Schalen von Mollusken an. mehrere (Stromhus, Bucciman) suchen vor/.ugs- weise todte Thiere auf. Eine nicht minder grosse Zalil. fast alle Piilwonafe)) und liolosfoDic Kiemenschnecken, sind Pflanzenfresser. I.Ordnung. Placophora 0, Placophoren. Körper uurmförmig, symmetrisch, ohne abgesetzten Kop)fahschnHt , mit söhligem Fusse, dorsal von metamerenähnlich hintereinander gelagerten Kalk- platten bedeckt, mit paarigen Nieren und zahlreichen zweißederigen Kiemen in jeder Mantelrinne. Unter allen Weichthieren schliessen sich die Flacojjhoren nach Bau und Organisation am meisten den Gattungen Neomenia und Chaetoderma an und repräsentiren uns die phylogenetisch ältesten Gastropoden. Der im Gegensatze zn allen übrigen Gastropoden vollkommen symmetrische Leib besitzt keinen deutlich abgesetzten Kopf und entbehrt der Augen und Tentakeln. Der Fuss ist söhlig entwickelt. Das Intcgument entwickelt meist zahlreiche, zerstreut stehende Borsten, welche bald chitinig erhärtet, bald verkalkt sind. Zu diesen Integumentalbildungen kommt noch eine Dorsalreihe breiter, schienenähnlich verbundener Platten, welche ausnahmsweise (Cryptoehiton) vom Mantel um- schlossen bleiben und ihrer Entstehung nach eine gewissermassen vieltheilige Molluskenschale repräsentiren (Fig. 672). Die freien ^lantelränder beschränken sich auf massige Verdickungen. Unterhalb derselben liegt jederseits die auf eine Rinne reducirte Mantelhöhle mit einer Reihe zweifiedriger Kiemen, von denen jede einer Prosobranchierkieme entspricht (daher Polyhranchic(ta) (Fig. 640). Von besonderem Interesse ist das einfache, mit dem der Solenogastres nahe übereinstimmende Verhalten des Nervensystems (Fig. 640). Gehirn- anschwellungen fallen im Zusammenhange mit dem Mangel der Augen und Tentakeln am doppelten Schlundring hinweg. Von demselben treten vier Nervenstämme aus, die oberen seitlichen Pallialstränge und die ventralen, durch Quercommissuren verbundenen Pedalstränge, an denen Pedal- und Visceralganglien als Ganglienknoten nicht gesondert sind. Die beiden Pallial- *) A. Th. Middeudorf, Beiträge zu einer Malacozoologia russica. 1. Beschreibung und Anatomie neuer oder für Russland neuer Chitonen. Mem. acad. imp. St.-Petersbourg, 1848. S. Loven, lieber die Entwicklung der Gattung Chiton. Archiv für Naturgesch., 1856. B.. Hall er, Die Organisation der Chitonen der Adria. Arb. aus dem zool. Institute in Wien, Tom. IV, 1882; Tom. V, 1883. A. Kowalevsky, Embryogenie du Chiton Polii. Ann. du Musee d'hist. nat. Marseille, Tom. I, 1883. ü. Ordnuntf. Prosobranchia. 657 Stränge bilden eine dorsal vom Darm bogenförmig geschlossene symmetrische Schlinge. Hiiccalganglien sind vorhanden, ferner Sublingual- (Subradnlar-) Ganglien, welche zu einem Sinnesorgane am Boden der IMundhöhlc (Suhra- ai?7?> Joh. Müll. Ampullariadae, Doppelathmer. Thier mit Kiemen- und Lungenhöhle. Leben in Flüssen. Ämpidlaria cele- hensis Quoy., A. cornu arielis Sow. (Fig. 676). 3. Ordnimg. Heteropoda i), Kielfüsser. Pelaglsche Gastropoden mit flossenähnlichem Fuss, fjrossem, schnauzen- förmig tortretendem Kopf und hoch entuickelten heiceylichen Angen, ge- trennten Geschlechtes. Der Körper der Heteropoden ist meist gestreckt cylindriscb und ver- längert sieh in einen rüsselförmig vorragenden Kopf, welcher grosse, hoch entwickelte Augen und Fühler trägt und eine kräftig bewaffnete, vorstülp- bare Zunge in sich einschliesst (Fig. 667«). Die Haupteigenthümlichkeit des Leibes beruht auf der Bildung des Fusses, welcher ein flossenförmiger Schwimmlappen (Pterijgopjodiiim) ist, an dem sich die Kriechsohlc des Gastero- podenfusses als Saugnapf erhalten findet, während der hintere Abschnitt des- selben sich bedeutend streckt und weit nach hinten gerückt die schwanz- artige Fortsetzung des Rumpfes bildet (Fig. 677). Der Rumpf stellt entweder in seiner Hauptmasse einen spiraligen , von Mantel und spiraliger Schale umschlossenen Eingeweidesack dar (Atlanta)^ oder bildet nur ein sackartig vortretendes Eingeweideknäuel an der Grenze des hinteren Fussabschnittes, welches vom Mantel und von einer hutförmigen Schale bedeckt wird (Cari- variaj, oder endlich das Eingeweideknäuel verkümmert zu einem sehr kleinen, kaum vorspringenden Nucleus. welcher, nach vorne von einer metallglänzen- den Haut überzogen, der Schale vollkommen entbehrt (Ptcrotracheo). Das Nervensystem erlangt die höchste Entwicklung unter den Gastro- poden überhaupt. Die zwei grossen Augen liegen neben den Fühlern in lie- ') Soulej-et, Heteropodes. Voyage autour du monde execute pendant les annees 1836 et 1837 sur la corvette la Bonite etc. Tom. II, Paris 1852. E. Leuckart, Zoologische Untersuchungen. Heftill, Giessen 1854. C. Gegenbaur, Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden. Leipzig 1854. H. Fol, Sur le developpement des Heteropodes. Arch. de Zool. exper., Tom. Y, 1876. C. Grobben, Zur Morphologie der Heteropoden. Arb. a. d. zool. Inst. Wien 1888. Organisation. 661 sonderen Kapseln, in denen sie durch mehrere Muskeln hewegt werden, üie grosse (rchöti)la.ic empfängt vom Geliirn einen langen Hörnerven und ist nicht nur durch die merkwürdigen Schwingungen der langen Wimper- büschel ihres Epithels, sondern durch das Verhalten der Nervenzellen (Haar- zellenkreise der Macula acustica im Umkreis einer grossen Centralzelle) aus- gezeichnet (Fig. 113). Dazu kommen noch als weitere Sinnesorgane zahl- reiche eigenthümliehe Nervenendigungen der Haut zur Tastempßndimy und das sog. Wimperorgan an der Vorderseite des Eingeweidesackes. Dasselbe bildet eine bewimperte Orube, unter welche die Ganglienanschwellung eines vom Visceralganglion entspringenden Nerven tritt, und gilt als Gcmchsorgan. Die Männchen unterscheiden sich durch den Besitz eines grossen, an der Fig. 677. .V yiännchen \on Carinai-in mediterranea, nach Soul e y et , Gegenbaur und Keferstein. PFuss, SSang- napf, O Mund, Bm Buccalmasse, M Magen, Sp Speicheldrüsen, L Leber, A After, CG Cerebralganglion, Te Tentakeln, Oc Augen, Ot Gehörblasen, BG Buccalganglion, Pg Pedalganglion, Mg Mantelganglion, N Niere, Br Kiemen, At Atrium, Ve Ventrikel, Ar Korperarterie, Z hinterer Ast derselben, T Hoden, V'd deferens, Wp Wimperrinne, Pe Penis, F Flagellum mit Drüse. rechten Körperseite frei hervorragenden Begattungsorganes, wozu noch bei Pterotrachea der Saugnapf des Fusses hinzukommt, welcher aus der musku- lösen Sohle des Fusses hervorgegangen (Souleyet), bei Atlanta und Carinarm in beiden Geschlechtern auftritt. Hoden und Ovarien (Fig. 126) erfüllen den hinteren Theil des Eingeweidesackes und liegen mit ihren Follikeln theilweise in der Leber eingebettet. Samenleiter sowohl als Ei- leiter münden an der rechten Körperseite, der erstere in weiter Entfernung vom Begattungsorgan, zu welchem das Sperma von der Geschlechtsöffnung aus durch eine Wiraperrinne hingeleitet wird. Das Begattungsorgan besteht aus zwei nebeneinander liegenden Theilen, dem Penis mit der Fortsetzung der Wimperrinne und der Drüsenruthe, deren Ende eine längliche Drüse -einschliesst. Der Eileiter erhält dadurch eine complicirtere Gestaltung, dass er eine grosse Eiweissdrüse und eine Samentasche aufnimmt, während sein erweitertes Ende als Scheide fungirt. 662 ■*■ Ordnung. Pnlrnonata. Die Heteropoden sind durchwegs pelagische Thiere, die oft schaaren- weise in den wärmeren Meeren auftreten. Sie bewegen sich ziemlich schwer- fällig mit nach oben gekehrter Bauchfläche durch Hin- und JJerschlagen des gesammten Körpers und der Flosse. Alle ernähren sich vom Raube. Beim Hervorstreckeu der eingerollten Zunge klappen sich die Seitenzähne zangenähnlich auseinander und werden bei dem Einziehen der Zunge wieder zusammengeschlagen. Mittelst dieser Greifbewegungen werden kleine See- thiere erfasst und in den Rachen hineingezogen. Fam. Pferotracheidae. Carinaria mediterranea Lam. (Fig. 677). FterofracJiea coronata For.sk., Mittelmeer. Fam. Athinfidae. Atlanla Fcronii Less., Mittelmeer. 4. Ordnung. Pulmouata '), Lungenschnecken. Land- und Süsswasserschnecken ohne Kiemen in der mit Luft gefüllten Mantelhöhle, mit vor der Herzkammer gelegenem Vorhof, Hermaphroditen. Die Manteldecke ist wie bei den Cyclostomiden mit einem Luft respi- rirenden Netzwerk von Gefässen ausgestattet und mündet durch ein Athem- loch rechtsseitig nach aussen (Fig. 678j. Die KSüsswasserpulmoiiaten füllen im Jugendzustande ihre Athemhöhle mit Wasser, später erst mit Luft. Einige Fig. 678. Arion empiricorum (regne animal). AI Athemloch. Planorhis- und Limnaeus-Arten bewahren sich das Anpassungsvermögen an Luft- und Wasserathmung zeitlebens (Limnaeen, deren Lungen mit Wasser gefüllt waren, wurden aus sehr bedeutender Tiefe des Bodensees heraufge- zogen). Neben dem Athemloch, eventuell noch in der Athemhöhle liegen After und Xierenöffnuug. Weit vor demselben, aber an gleicher Seite münden die Geschlechtsorgane. Bei den linksgewundenen Formen liegen Athemloch, After und Geschlechtsöifnung linksseitig. Einige Pulmonaten sind nackt oder be- sitzen Rudimente von Schalen in der Rückenhaut, andere tragen ein verhält- nissmässig dünnes, meist rechtsgewundenes Gehäuse. Phijsa, Planorbis und Clansilia, sodann Achatina sind linksgewunden. Ein wahrer Deckel fehlt, dagegen wird von manchen zeitweilig ein Winterdeckel ausgeschieden. Während die Pulmonaten mit den Prosobraneliien die Lage der Re- spirationsorgane und somit des Vorhofes vor dem Ventrikel der Herzkammer ') L.Pfeiffer, Monographia Heliceorum viveiitium. Leipzig 1848 — 1869. Der- selbe, Monograpliia Auriculaceorum viveiitium. Cassel 1856. A. Rossmässler, Icono- graphie der Land- und Süsswasserniollusken Europas. Leipzig 1835— 1859. Ferusac et Deshayes, Histoire naturelle generale et particuliere de.s MoUusques terre.stres et fluvia- tiles. Paris 1829—1851. 5. Ordnung. Opisthobrancliia. 66o gemeinsam lial)en, sehliessen sie sich in anderen Organen, wie im Nerven- system, den Opisthobrancliien an, bei welchen die Ganglien dicht gedrängt liegen (Fig. 662/>). niul sind orthoneur. Das Gebiss besteht aus einem unpaaren hornigen, meist längsgerippten Oberkiefer (der aber auch fehlen kann) und aus einer Kadula, welche mit einer grossen Zahl von Zahn- l)lättchen in Längs- und Querreihen bedeckt ist. Alle sind Zwitter. Wenige, wie Clmisil/a- und FKjxi-Arten , gebären lebendige Junge. Die übrigen Lungenschnecken dagegen legen Eier ab, und zwar entweder wie die Süss- wasserschnecken in schlauchförmigen oder flachen Laichmassen an Wasser- pflanzen, oder wie die Landschnecken, einzeln von einer schützenden Kalk- schale umgeben . an feuchten Ocrtlichkeiten. Stets liegt der Eidotter in einer mächtigen Eiweissmasse, die dem sich entwickelnden Embrvo zur Ernährung dient. I. Basommatopliora. Die Augen liegen am Grunde zweier Fühler. Zeigen viellache Uebereinstimmung mit den Tectibranchien. Farn. Lhnnaeidae. Limnaeus anricularis Drap., L. staynaUs (). Fr. Müll., Teich- liornschnecke. Ph;/sa fontinalis L., Planorhis corneus L., Ancylus fluviatüis Blainv. Fam. Attricididae. Ätiricida Jiidae Lam., Ä. Midae Lara., Carycliium minimum (I. Fr. Müll. II. StiiJoniniatopltora. Die Augen liegen an der Spitze zweier meist retractiler Füliler. Fam. Pcroniadac (Ainpltipneusta). Sind opisthobranch. Peronia verrucalaia Cuv., Veronicella Blainv. Fam. Limacidae, Nacktschnecken. Arion Fer. Geschlechtsött'nung unter dem Athem- loch vor der Mitte des Brustschildes. Rücken nicht gekielt, mit Schwanzdrüse und Schleim- loch am Körperende. A. empiricorum Fer. (Fig. 678) , Limax L. , Athemloch hinter der Mitte des rechten Mantelrandes. Geschlechtsöö'nung weit davon entfernt hinter den rechten Fühlern. Rücken gekielt, ohne Schwanzdrüse und Schleimloch. L. agrestis L., L. cinereus 0. Fr. Müll. Fam. Helicidae. Succinea ampliibia Drap., Bernsteinschnecke. Piipa muscorum L., Claii- silia hidens Drap., Bulimus itiontamisBvaTp., Heli.r pomatialj., grosse Weinbergschnecke (Fig. 659). //. nemoralis L. Achat ina Lam. (linksgewiinden). A. zebra Lam. Madagascar. 5. Ordnung, Opisthobrancliia ^), Opisthobraucliien. Hcrmapliroditische ScJinecken mit söhligem Ftcss, deren Klemenrenen hinter der Hrrzkanuucr in den Vorhof elmniinden. Umfasst Aorwiegend marine Nachtschnecken mit wenig veränderter .Symmetrie und median gelegenem After. Die Kiemenhöhle ist rechts ge- legen und enthält eine meist freiliegende Karamkieme (Fig. 679). Dieselbe kann jedoch fehlen. Zuweilen erheben sich kiemenartige Fortsätze am Rücken, in welche Darmanhänge eintreten (Fig. 680) oder es umstellen die Kiemen rosettenförmig den After (Fig. 681). Am Nervensysteme liegen Cerebral-, Pedal- und Visceralganglien dicht gedrängt. Die Visceralcommissur ^) J. Aid er und A. Hancock, A Monograph of the British Nudibranchiate Mol- lusca. London 1850—1851. H. Müller und C. Gegenbaur, lieber Phyllirhoe bucephalum. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. lY, 1854. P. P e 1 s e n e e r, Recherches sur divers Opisthobranches. 1894. Ferner die Schriften von Rud. Bergh u. H. v. Ihering u. A. 664 Tcctibranchia. Xudibranchia. .Sacoglossa. bleibt inigekreuzt (Actaeon ausgenommen). Die Kiemenvene mündet, von wenigen Ausnahmen (Gastropteron) abgesehen, von hinten in das Herz ein. I.Unterordnung. Tectibranchia. Mit einer fast ausnahmslos rechts gelegenen Kieme, die vom Mantelrande überragt wird oder in einer dorsalen Kiemenhöhle liegt. Schale meist vorhanden. Farn. Fleurobranchidae. Mit grosser rechtsseitiger Kieme und meist innerer, rudi- mentärer Schale. Pleurobranchaea Meckelii Cuv. (Fig. 679). Fleurobranchus aurantiaeus Cuv., Umbrella mediterranea Lam., Mittelmeer. Fam. Aplysiadae, Seehasen. Schalen von zwei Lappen des Fusses überschlagen. Aplysia depüans L., Mittelmeer. Fam. Bidlidae. Mit äusserer oder innerer Schale, Fuss mit Seitenlappen. Bulla ampulla L., Philine aperta L., Gastropteron Meckelii Kosse, Mittelmeer. Acera bnllala 0. Fr. Müll. 2. Unterordnung. Xudibranchia. Marine Nacktschnecken, deren Kiemen frei an der Eückenfläche stehen und Darmfortsätze aufnehmen können. Fig. 679. Fig. 680. Fig. 681. Pleurobrnnchnea Meckelii (rfegne animal). Br Kieme, P Penis, F Fühler, R Küssel. AeoUs papulosa (aus Bronn). Bp Eückenpapillen. Doris (Acanthodoris) pilosa (Bronn). Br Kiemen, A After, F Fühler. Fam. Trifoniadae. Kiemenanhänge in zwei Längsreihen am Rücken. Tritonia Hom- bergii Cuv., Scijllaea pelagica L. Hier schliesst sich auch Tethijs Jimbriata L. an, mit concentrirter Ganglienmasse, ohne Radula und Mundmasse. Fam. Dorididae. Kiemen im Umkreis des Afters (Fig. 681). Doris coccinca Forb. D. ittbercidata Cuv., Adria und Mittelmeer. Polycera quadrilineata 0. Fr. Müll. Fam. Aeolididae. Am Rücken mit zahlreichen Fortsätzen , in welche Ausläufer des Darmes eintreten (Phlebenterata). Aeolis papiUosa L. (Fig. 680), Teryipes Edicardsi Nordm. Doto coronata Gm. Hier schliessen sich Phyllirhov bticephalutn Per. (ohne Fuss) und die PJiyllidiiden an. 3. Unterordnung. Sacoglossa. Ohne Schale. Kiemen fehlen oder sind einfache Anhänge der Rückenhaut. Die Radula mit einer einzigen Reihe Zahnplatten, von denen die vorderen nach ihrer Abnützung in eine am Boden der Mundhöhle entwickelte Tasche fallen. Fam. Limapontiadae. Limapontia (Pontolimax Crpl.) atra Johnst. Fam. Elysiadac. Elysia viridis. Montg., Mittelmeer. Ordnung. Pteropoda. 665 6. Ordnung. Pteropoda i), Flossenfüsser. HrniHijj/iroditiscIie Gastropoden mit zwei (jrossen ß wjelförwiffen Flossen, Jii'iu/ifj mit Kopfkegeln. Der lv<»rper ist bald länglich gestreckt, bald mit seinem hinteren Theile spiralig eingerollt. Am vorderen Abschnitt, welcher Mund und Fühler trägt, aber kaum scharf als Kopf abgesetzterscheint, treten unterhalb des Mundes zwei grosse seitliche Flossen hervor, wie solche auch bei Gdstropteron unter Fig. 683. Fi a PnenmoiUrmon violaceum von der Bauchseite (ans Bronn), b Clione ausfralis von der Seite (rfegne ani- mal). Fl Flossen, Te Tentakeln. den Opisthobranchien vorkommen, Flossen, welche morphologisch den paarigen Fussabschnitten entsprechen (Epipodien) und durch flügelartige Schwingungen die Bewegung des Thieres bewerkstelligen, während der unpaare Theil des Fusses mehr oder minder verkümmert ist, bei den Lima- ciniden aber noch einen Deckel trägt. Der Körper bleibt entweder nackt (Fig. 682) und ohne Mantel, oder son- dert ein sehr verschieden gestaltetes, horniges oder kalkiges, fast immer symmetrisches Gehäuse ab, in welches er sich mit den Flossen meist voll- ständig zurückziehen kann. Im letzteren Falle ist der Mantel wohl ent- wickelt und umschliesst den grössten Theil des Körpers bis in die Gegend der Flossen, hinter denen der spaltförmige Eingang in die ventrale Mantel- ^) Rang et Souleyet, Histoire uaturelle des Mollusques Pteropodes. Paris 1852. C. Gegenbau r, Untersuchungen über die Pteropoden und Heteropoden. Leipzig 1855. A. Krolm, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Pteropoden und Heteropoden. Leipzig 1860. H. Fol, Sur le developpement des Pteropodes. Arch. de Zool. fxper., Tom. IV, 1875. Creseis aciculayoa der Kückenseite, nach Gegen- baur. Der hintere Theil weggelassen, ii'/ Flossen, P Mittellappen des Fusses, FFtthler, Gy Gehirn- ganglion , Mn Mantelnerv , Ws Wimperschild, O Mund, Oes Oesophagus, M Magen, Bl Blind- sack des Magens, .4 After, iVXiere, 0«; Mündung derselben in der Mantelhöhle, ^^ Atrium, Fe Ven- trikel, G Geschlechtsdrüse, R Ketractor. 666 Pteropoda. Organisation. Fig. 68-1. Fig. 685. höhle liegt. In einigen Fällen (Cymimliklue) ist die Sehale eine innere und von gallertig knorpeliger Beschaffenheit. Die Haut enthält in der Regel Kalkcon- cretionen, Hautdrüsen und Pigmentzellen, welche dem Körper eine dunkel- braune, zuweilen bräunliche oder röthliche Färbung verleihen können. Die Älundötfnung wird zuweilen von mehreren armförmigen (CUo) oder mit Saugnäpfen besetzten (Pncumodcrmon) Fortsätzen, den Kopfkegeln, um- stellt (Fig. 682). Dieselbe führt in eine mit Kiefern und bezalniter Reibplatte bewaffnete Mundhöhle , in deren Grund die lange Speiseröhre beginnt (Fig. 683). Dann folgt ein erweiterter Magen und ein langer, mehrfach ge- wundener Darm, welcher, von Leberdrüsen umlagert, seitwärts wieder nach vorne umbiegt. Die Aftcröffnung findet sich in der Regel an der rechten Seite innerhalb der Mantelh()hle, nahe an deren vorderem Rande. Die Kreislaufs- organe reduciren sich auf arterielle Gefässe, deren Hauptstamm aus der kugeligen Herzkammer entspringt. Die venösen Gefässe werden durch ein wandungsloses Lacunensy- stem der Leibeshöhle ersetzt, in welches die offenen En- den der Arterien einmünden. Alis dem Lacunensystem kehrt das Blut durch die Respirationsorgane nach der Vorkammer des Herzens zu- rück. Die Respirationsorga- ne, sofern dieselben nicht durch die gesammte Haut vertreten werden (Clio). sind entweder äussere blattförmi- ge KiemenanhängefPy^r^n^/o- dermon) am hinteren Ktir- l)erende oder, bei den Ge- häuse tragenden Formen, innere Kiemen der Mantelhöhle, deren Eingang mit eigenthümlichen Flimmerleisten ausgekleidet ist. Immerhin bleiben die Kiemen wenig entwickelt und entweder auf faltenartige Erhebungen der bewimperten Mantelwandung oder auf diese selbst reducirt. Die Niere ist ein länglich gestreckter, contractiler Sack, welcher mit dem Pericardialraum durch einen Wimpertrichter communicirt und durch eine verschliessbarc Oeflfnung in die Mantelhöhle oder direct nach aussen führt. Das Nerven- system schliesst sich dem der höher stehenden Opisthobranchien an. Das Cerebralganglion innervirt auch die Kopfkegel. Von Sinnesorganen treten überall zwei Gchörhlascn auf; Äufjcn fehlen oder bleiben ganz rudimentär. Als solche werden die rothen Pigmentfiecken (Hyalea) am Eingeweidesack nahe dem Schlundring und an den Nackenfühlern (Clin) gedeutet. Als Tastorgane sind zwei kleine Fühler (H//aJea, Ci/n/bulia), sowie die grösseren. Larve von CavoUvrn (Hxjnlea) (li- (ienlata, nach Fol. J/x Mundsegel, PFuss, P' die beiden Segellappen des Fusses , M Betractor , Md Magendarm, A After. PneiiinodecwiOJi-Larve , Gegenbau r. V. Classe. Ceplialopoda. 667 zuweilen mit Öaiignäpfen besetzten Koi)fkeo:el (Clio^ PncKirwdrrmonJ aut- zufassen. Die Pteropoden sind Zwitter. Die Ovarien und Hoden vereinigende Zwitterdrüse (Fig. 128) liegt neben dem Herzen hinter dem Magen im Ein- geweidesack und besitzt gewöhnlich einen gemeinsamen Ausführungsgang, welcher in seinem Verlaufe nicht nur eine Saraenblase })ildet, sondern auch eine Art Eiweissdrüse nebst Reeeptaculum seminis aufnimmt und meist rechts- seitig vor dem After nach aussen mündet. Der Penis liegt zuweilen in dem Endtheile des Ausführungsganges, bei den Hyaleiden und (Ji/mbulHden erhel)t sich derselbe als faltig eingerollter, vorstülpbarer Schlauch vorder Geschlechts- (»tfnung. Die Eier werden mitEiweissumhüllungen in langen, runden Schnüren abgelegt, welche frei im Meere umhertreiben. Die Embryonen erhalten Segel- lappen und Sehale und werden als schwärmende Larven frei (Fig. 684). Während der Rückbildung des Segels treten allmälig die beiden Flossen an dem zuerst gebildeten unpaaren Theile des Fusses hervor, während die Schale (mit Deckel) meist abgeworfen wird. Die Hyaleiden scheinen die embryonale Schale weiter zu bilden, die Cijmhidiiden dagegen durch eine neue Körper- schale zu ersetzen. Die gehäuselosen Pneimwdermonklcn und Clionideii wachsen nach Verlust der Segel und Schale nicht direct in das Geschlechts- thier aus, sondern erhalten zuvor drei Wimpergürtel und gehen so in ein neues Larvenstadium über (Fig. 685). Die Pteropoden leben durchweg auf hoher See, vermögen aber durch Zurückziehen der Segel in die Tiefe zu sinken. 1. Unterordnung. Tlierosomata. Beschalte Pteropoden mit wenig ausgebildetem, oft nicht distinctem Kopf und rudimentären Tentakeln. Der rudimentäre unpaare Fnssabschnitt bleibt mit den Flossen im Zusammenhang. Farn. Limarinidae. Gehäuse spiralig, mit Deckel. Mantelhöhle dorsal. Limacina arctica Fabr. Farn. Hyaleidae. Schale kalkig oder hornig, bauchartig aufgetrieben oder pyramidal, symmetrisch, mit spitzen Fortsätzen. Hijalea tridentata Lam., Cleodora Per. Les. Creseis Eang., Cr. avicida Rang., Mittelmeer (Fig. 683). Fam. L'umhtdiidae. Mit innerer, knorpelig gallertiger Schale von Nachen- oder Pan- totFelform. Ci/mbid/a Peronii Cuv., Tiedemannia neapolitana Van Ben., Mittelmeer. 2. Unterordnung. Gifinnosoniata. Nackte Pteropoden mit tentakeltragendem Kopf, oft mit äusseren lüemen. Flossenlappen vom unpaaren Flussabschnitte getrennt. Larven mit AVimperreifen. Fam. Clionidae. Körper spindelförmig, ohne Kiemen. Clio horeaUs Pall. Liefert mit Limacina arctica die Hauptnahrung der Walfische. Fam. Pneumodermonid ae . Körper spindelförmig, mit äusseren Kiemen und zwei aus- stülpbaren, mit Saugnäpfeu besetzten Aimen vor den Flossen. Pnenniodernion riolaceum d'Orb. (Fig. 682 a). V. Classe. Oephalopoda '), Kopffüsser. Mit scharf gesondert em Kopf , kreisförmig gestellten, Saugnäpfe tragen- den Armen in der Umgehung des Mundes und trichterförmig durchbohrtem Fusse, getrennten Gescldechts. ') Ferussac et d'Orbigny, Histoire naturelle generale et particuliere des Cepha- lopodes acetabuliferes vivants et fossiles. Paris 1835— 1845. J. B. Verany, Mollusques 668 Cephaloj)oda. Körperbau. Die Cephalopoden schliessen sich in ihrer Kürpergestalt ain nächsten an die Pteropoden an, deren morphologische Beziehungen zuerst R. Leuckart eingehend erörterte. Derselbe zeigte, dass die Kopfkegel von CUo den Kopf- armen der Cephalopoden entsprechen , während der als Halskragen sich darstellende mittlere Lappen des Fusses das Aequivalent des Trichters sei. Huxley ist dieser Auffassung entgegengetreten, indem er die Arme auf Theile des unpaaren Fussabschnittes zurückführte, den Trichter aber, der durch Verwachsung paariger Falten entsteht, den paarigen P^lementen des Epipodiums, welche bei den Pteropoden die Segellappen bilden, gleichstellte. Die letztere Parallele ist gewiss richtig, dagegen die Zurückführung der Arme auf den unpaaren Fussabschnitt nicht zutreffend. R. Leuckart hat auch zu- erstgezeigt, dass die Länge des Rumpfes als die Höhe desselben, somit sein äus- serstes Ende als die Spitze des Rückens zu deuten ist, indem der anfangs flache, schildförmige ]\Iantel thurmförmig in die Höhe wächst. Die sog. Rückenfläche des Rumpfes würde demnach als die vordere aufsteigende Fläche des Rückens , die sog. Bauchfläche als die hintere abstei- gende Fläche desselben anzusehen sein, die Lage des Afters das hintere Körper- ende bezeichnen. Auf der hinteren , in natürlicher Lage ventralen Seite des Leibes liegt die Mantelhöhle, welche jederseits eine oder zwei Kiemen einschliesst und ausser dem After die paarigen Nicrenöifnungen und die bald einfache, bald paarige Ge- schlechtsöffnung aufnimmt. An den Seiten trägt der Kopf die Augen und die (4eriichsorgane ; vorne in der Umgebung des Mundes erheben sich vier Paare im Kreise gestellter fleischiger Kopfarme, welche sowohl zum Kriechen und Schwimmen, als zum Ergreifen und Fangen der Beute dienen und an ihrer dem Munde zugewandten Fläche meist eine oder Loligo vulgaris, iiacl mediterranes observ6s, decrits, liguies et chromolithographies d'apies le vivant. P Partie. Cephalopodes de la Mediterranee. Genes 1847 — 1851. H.Müller, T'eber das Männchen von Argonauta argo und die Hectocotylen. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1855. Jap. Steenstrup, Hectocotylus danneisen hos Octopodsl. etc. K. Danks. Vidensk. Selskabs Skrifter, 1856. Uebers. im Archiv für Naturgesch., 1856. A. Kölliker, Entwicklungsgeschichte der Cepha- lopoden. Zürich 1844. J. Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden. Morph. Jahrb., Bd. VI, 1880. C. G robben. Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat etc. der Cephalopoden. Arb. des zool. Institutes Wien, Bd. V, 1884. Trichter. Schale. 669 zwei Reihen von Saug-näpfen tragen. Dazu tritt bei den Decnpodiden ein Paar sehr langer Tentakeln oder Fangarnie hinzu (Fig. 686). Bei manchen Formen (Ortopodldrn) findet sich zwischen der Basis der Arme eine Haut ausgespannt, durcliwelche vor der Mundöllnung ein Trichter entsteht, dessen Raum bei der Be- wegung verengt und erweitert Avird (Fig. 687). Kw(\Qrc (Dccapodidac) bedienen sich zum Öchwinmien zweier flossenförmiger Hautanhänge des Rumpfes. Bei NcmtUvs, dem einzigen lebenden Repräsentanten der Vierkiemer, findet sieh statt der acht Arme ein Kranz zahlreicher Tentakeln. Dieselben wurden von Valenciennes morphologisch als Saugnäpfe gedeutet, wohin- gegen die Arme faltenartige ^,. „or- ^ ^ ^ Flg. 08 ^ Lappen am Grunde der Tentakeln bilden sollen. Andere betrachten jeden Tentakel als besonderen Kopfarni. Der Trk'litrr erhebt sich an der Bauchseite aus der breiten, seitlich durch Saugnäpfe verschliessba- ren i\Iantelspalte und er- scheint als eine cylindri- sche, nach vorne verengte, hei Xanfiliis an der unteren Seite gespaltene Röhre, welclie mit ihrer breiten Basis in der Mantelhölile be- ginnt und von hier sowohl das durch die Mantelspalte eingedrungene Athemwas- ser, als mit diesem die Ex- cremente und Geschlechts- stolfe nach aussen entfernt. Zugleich dient derselbe im Verein mit der kräftigen Mantelmuskulatur als Locomotionsorgan. Indem das Athemwasser durch die Contraction des Mantels — bei festem, zuweilen durch Knorpelleisten unterstütztem Anschluss deg Mantelrandes an die Basis des Trichters — durch den Trichter stossweise entleert wird, schiesst das Thier in Folge des Rückstosses nach rückwärts im Wasser fort. Im Innern des Trich- ters findet sich bei Nautilus und den meisten Decapodiden eine Klappe. Viele Cephalopoden (Odopodiden) bleiben nackt, andere (Decapodiden) bergen ein inneres Schalenrudiment, verhältnissmässig wenige (Ärgommta, Nautilus) besitzen eine äussere spiralgewundene Schale. Jenes liegt in einer Rückentasche des Mantels und ist meist eine flache, lanzettförmige spongiöse Oclopns macrojnis, kriechtnd, nach Ve ran {^10 Cepbalovoda. Chromatophoieu. Dariiicanal. Kalkschulpc (Os scpiae). Die äussere .Schale bleibt mir ausnahmsweise dünn und einfach (AnjonautaJ, in der Regel erscheint sie spiral gewunden und durch Querscheidewände in eine Anzahl hintereinander liegender Kammern getheilt, von denen nur die vorderste grüsste dem Thiere zur Wohnung dient. Die übrigen, continuirlich sich verjüngenden Kammern sind mit Luft erfüllt, bleiben aber durch eine die Scheidewände durchsetzende centrale Köhre(6Vy^oj, welche ein Fortsatz des Thierkörpers durchzieht, mit diesem in Verbindung. Die Unterhaut der Cephalopoden ist Sitz der merkwürdigen, das be- kannte Farbenspiel veranlassenden Chronmtojjhorcn. Diese sind mit Pigment gefüllte Säcke, an deren Hülle sich zahlreiche Muskelfasern strahlenförmig befestigen. Contrahiren sich die letzteren, so bildet die Zelle sternförmige Aus- läufer, in die sich der Farbstoff nach zahlreichen Richtungen peripherisch vertheilt. Bei der Expansion der ]\Iuskeln zieht sich die Zelle wieder zu ihrer kugeligen Form zusammen , und der Farbstoff concentrirt sich auf einen geringen Raum. In der Regel liegen zweierlei gefärbte Chromatophoren über und neben einander. Zu diesen, von einem besonderen Innervation s- centrum (am Stiel des Ganglion opticum) abhängigen C4ebilden. welche einen raschen Wechsel von blauen, rothen, gelben und dunkeln Farben veran- lassen, kommt eine tiefer liegende Schicht kleiner glänzender Flitterchen. deren Interferenzfarben die Haut ihren eigcnthümlichen Schiller und Silber- glanz verdankt. Die Cephalopoden besitzen auch ein inneres KnorpeJshJet, welches zur Stütze der Muskulatur und zum Schutze des Nervencentrums und der Sinnes- organe dient. Dasselbe bildet bei den Dibranchiaten eine Knorpelkapsel, welche die Gehirnganglien nebst Schlundring, sowie das Gehörorgan um- schliesst, während ihre Seitentheile den flachgewölbten Boden zur Augen- höhle darstellen. Dazu kommen noch (Deeupodiden) Augenknorpel, ein sog. Armknorpel und Rückenknorpel, verschiedene Schliessknorpel zum Verschlusse des Mantels und Flossenknorpel als Stütze der Flossen. Im Centrum der Arme liegt die Mundöffnung (Fig. 688), von einer ring- förmigen Hautfalte, einer Art Lippe, umgeben und mit kräftigen Kiefern be- waffnet, welche als hornige Ober- und Unterkiefer in Gestalt eines umgekehrten Papageienschnabels hervorragen. Die an die Heteropoden erinnernde Radula trägt in jedem Gliede eine zahnartige Mittelplatte und jederseits drei lange, zum Einziehen der Nahrung geschickte Haken, zu denen auch noch flache zahnlose Platten hinzutreten können. Der Oesophagus nimmt meist zwei Paare von Speicheldrüsen auf und bleibt entweder eine einfache dünne Röhre, oder bildet (Octopodiden) vor dem Uebergange in den Magen eine kropfartige Er- weiterung (Fig. 691). Der Magen hat eine meist kugelige Form, muskulöse Wandungen und eine innere, in Längsfalten oder Zotten erhobene Auskleidung. Neben der Uebergangsstelle in den Darm, selten in einiger Entfernung vom Magen, entspringt ein umfangreicher, zuweilen spiral gewundener Blindsack, welcher die Ausführungsgänge der mächtigen Leber aufnimmt. Einen Haufen Nervensystem. 671 j^'elblicher Driiscnläppchen, welche am oberen Theile der Gallengänge auf- sitzen, deutet man als Bauchspeicheldrüse (PankrcasJ. Dieselben ragen bei den iJecapodiden, überzogen vom Nierenepithel, in den vorderen Sack der Niere. In seinem weiteren Verlaufe zeigt der Darm meist nur geringe Biegungen und mündet stets in der Mittellinie der Mantelluihle durch den After aus. Das Xcrrciisj/sfeni (Fig. 689) zeichnet sich durch die grosse (.'oncen- tration und mächtige Entwicklung aus. Bei den Dihmncliküen bilden die Fig. G89. Verdauungsapparat von Sepia , nach W. Keferstein, oombinirt. L Lippe, M.ri, M.cs unterer und oberer Kiefer, Ba Ka- dula, Bg Buccalganglion, Spd Speichel- drüse, Oe Oesophagus, L Leber, Gg (rallengänge, 657) Ganglion splanchnicum, ^[ Magen, M' Magenblindsack, A After, Tb Tintenbeute]. Nervensystem von Sepia officinnlia, nach I h e r i n g. Cg Ce- rebralganglion, Vg Visceralganglion, Bi/ Buccalganglion, Spg Suprapharyngealganglion, Tg Tentakelganglien, Gst Ganglion stellatum, Ot Gehörblasen. Zentren eine umfangreiche, in der Knorpelkapsel des Kopfes eingelagerte Ganglienmasse, durch welche die Speiseröhre hindurchtritt. Man unterscheidet eine obere und untere, durch zwei Commissuren verbundene Schlun(li)ortion. Die erstere entspricht dem Gehirn und entsendet die Sinnesnerven, sowie die Nerven der Buccalganglien. Die untere Portion enthält vornehmlich die Pedal- und Viseeralganglien. Die letzteren geben eine grosse Zahl von Nerven zu dem ]\Iantel. den Eingeweiden und den Kiemen ab. In den Verlauf dieser Nerven schieben sich noch das grosse Ganglion stellatum jederseits 672 lopoda. Siiinesorgaue. Kieme im Mantel, ferner ein Ganglion der Holilvenc. zwei Kiemeno:ano;licii und das G((mfIion spUmchmcuu) ein. Unter den Sinnesorganen treten die grossen Augen zur Seite des Kojjfes hervor. Jeder Augenbulbus liegt in einer besonderen , theilweise von den Höhlungen des Kopfknorpels gebildeten Orbita und wird von einer festen Kapsel umschlossen, welche sich vorne in einen dünnen und durchscheinenden als Cornea bezeichneten Ueberzug fortsetzt. Dieser kann jedoch ganz fehlen (Nautilus) oder in anderen Fällen unter einer augenlidartigen Hautfalte ein kleines Loch (Oidopsiden) frei lassen, durch welches das Wasser in die vordere ^. „,„^ Augenkammer eintritt und Flg. 690. . . in einen um die vordere Fläche des Bulbus in ver- schiedenem Umfange aus- gedehnten Raum gelangt (Fig. 690). In seinem in- neren Baue besitzt das Ce- phalopodenauge fast ganz dieselben Tlieile wie das Wirbelthierauge. Als we- sentliche Abweichung von dem Auge der Wirbelthiere ist besonders die innere Lage der Stäbchenschicht, dann auch die Abschniirung des Ganglion opticum von der Retina hervorzuheben. Das Auge von NaufUus entbehrt der Linse und ist ein offener Becher. Die beiden Geliör- säckchen . jedes mit ge- schlossener Einstülpung, liegen im Kopfknorpel, und zwar bei den Dibranchiaten in besonderen Höh- lungen desselben, dem sog. knorpeligen Labyrinthe. Dieselben erhalten von den Fussganglien aus ihre kurzen, im Gehirne wurzelnden Gehörnerven. Das (TcriicJiHor(jan liegt über dem Auge in Form einer mit Flimmerhaaren beklei- deten Grube, bei Nautilus als kleine fühlerartige Erhebung. AhBcsjjirationsorqane finden sich an den Seiten desEingeweidesaeks in der Mantelhöhle entweder zwei (DihrancMuten) oder vier (Tetrabranchiatcn) gefiederte Kiemen, deren Oberfläche von einem beständig erneuerten Wasser- strome umstülpt wird. Das Herz liegt im hinteren Theile des Eingeweide- sackes, der Spitze des Körpers mehr oder minder genähert, und nimmt seit- lich ebenso viele Kiemenvenen (Vorliöfe) auf, als Kiemen vorhanden sind Horizontalschnitt durch das Aufje von Sepia, schematisch nach Hensen. KK Kopfknorpel, CCornea, 7^ Linse, CfCiliarkürper, J/r Irisknorpe), A' Augapfelknorpel, ^c Argcntea externa, IF weisser Körper, Opt Opticus, Go Ganglion opticum, Jfe äussere Schichte. Bi innere Stäbchenschichte der Betina, P Pigmentschichte derselben. Krpislauforgane. Niere. Tintenbeutel. 673 (Fig. 691 und 692). Nach vorne entsendet dasselbe eine grosse Aorta (Aorta crpha/ica), welche in ihrem \'erlaufe starke Aeste an den Mantel, Darm- canal und Trichter abgibt und sich im Kopfe in Gefässstämme für Augen. Lipi)en und Arme auflitst. Ausserdem tritt aus dem Herzen eine hintere Eingeweidearterie aus. Die in allen Organen reich entwickelten Capillarnetze gehen theils in Blutsinus, theils in Venen über, welche sich in einer grossen vorderen und einer hinteren Hohl- „. ,.„. l'ig. ()91. vene, sowie in seitlichen Venen ^ sammeln. Jene spaltet sich gabel- fftrmig in zwei oder vier das Blut zu den Kiemen führende ►Stämme, die sog. Kiemenarterien , deren ^^'andung vor ihrem Eintritt in die Kiemen einen kräftigen contrac- tilen Muskelbelag erhält und(A7/^/- film ausgenommen) regelmässig pulsirende Kicmoihn-zcn bildet. Ueberall finden sich in den vSeiten des Abdomens paarige Nierensäcke mit je einer Ausmündung auf einer Papille des Mantelraumes (Fig. 69ä). Die vordere Wand der Säcke ist oberhalb der Venen vielfach in Ff>rm traubiger Läppchen einge- stülpt (sog. ^'ene^anhänge) (Fig. 692). Häufig (Decapodidae ) ver- schmelzen die beiden Nierensäcke mit einander und stülpen sich überdies zu einem grossen unpaa- ren Nierensacke aus. Wie bei den übrigen IMollusken communiciren die Nieren mittelst des Nephridien- trichters mit dem Pericardialsack, welcher einem Theil der secun- dären Leibeshöhle entspricht. Diese erscheint im AVesentlichen auf den Pericardialsack und die Höhle reducirt. Ein sehr verbreitetes Excretionsorgan ist der sog. Tintenbeutel, ein birntTirmiger Sack, dessen stielförmiger Ausführungsgang neben dem After nach aussen mündet und eine intensive schwarze Flüssigkeit entleert, welche den Leib des Thieres wie eine schwarze Wolke einhüllen und vor Nach- stellungen grösserer Seethiere schützen kann. Weiters findet sich ein drüsiger C. Claus: Lehrbuch der Zoologie, (i. Aufl. ^o Eingeweide von Octopus vulgaris, nach Entfernung der unteren Bauchhöhlenwand und Leber, nach M. Edwards. Bm Buccalmasse, Sd' oberes Speicheldrüsenpaar, Oe Oeso- phagus, Sd" unteres Speicheldriisenpaar, Jn Kropf, 3/Ma- gen, A Ende des zurückgeschlagenen Afterdarmes, Oc Auge, Tr Trichter, ßr Kiemen, OiOvarium, OfiOviducte, .VNie- ren, A'r abführende Kiemenvene, T'Vene, CHerz,^-lo Aorta. in welche sich die Genitaldrüsen öffnen. 674 Cephalopoda. Geschlechtsorgane. Anhang am Kiemenherzen, der sog. Kiemenherzanhang (Perieardialdrüse), welcher vom Peritonealepithel aus entstanden ist und wahrscheinlich excre- torische Bedeutung hat. Die Cephalopoden sind getrennten Geschlechts. Männchen und Weibchen zeigen schon äusserlich vornehmlich an einem bestimmten Anne Geschlechts- dift'erenzen. Nach der Entdeckung Steenstrup"s erscheint beim Männchen stets ein bestimmter Arm als Hilfsorgan der Begattung umgestaltet, hccto- cotyUsirt. Bei den Odopodiden ist fast überall der dritte Arm der rechten Seite hectoeotylisirt. Sepia und Loligo zeigen den vierten linken Arm verändert G92. Fig. 693. Kreislaufs- und Excretionsorgane von Sepia offici- nalis, von der Dorsalseite dargestellt, nach Hun- ter. Br Kiemen, CVentrikel, Ao' und Ao" die vor- dere und hintere (Aorta) Körperarterie, V seitliehe Venen, Vc' vordere Hohlvene, Vc" hintere Hohl- vene, N Nierenanhänge über den Venen, Vbr zu- führende Kiemenvenen, Kh Kiemenherz, Ap Anhang desselben (Perieardialdrüse) , At, At' abführende Kiemenvenen (Vorhöfe). Anatomie des Rumpfes von Sijiid. nach C. Grob- ben. Ov der Eierstock in der geöffneten Ovarial- höhle (Leibeshöhle). Od Oviduct. Oe Oeffnung des- selben, OdD Eileiterdrüse, Xd Xidamentaldrüse, AD accessorische Nidamentaldrüse , .V Niere, U Ureter, I,s Leibeshöhlencanal ( Wassercanal) . Kh Kiemenherz, Kha Perieardialdrüse (Kiemenherz- anhang), K Kiemen, .4/ After, Gst Ganglion stel. latum. und die rudimentären Öaugnäpfe durch quergestellte Papillen verbunden. Sehr bedeutend dilferiren beide Geschlechter von Aryonauta, indem das winzig- kleine Männchen der Schale entbehrt. Die Geschlechtsdrüsen liegen frei in der Leibeshöhle und lassen ihre Prriducte in diese eintreten, aus welcher dieselben durch gesondert einmün- dende Ausführungsgänge aufgenommen werden. Das unpaare traubige Ovarium führt in einen doppelten (Octopodiden) oder unpaaren (meist linken), in die Mantelhöhle ausmündenden Eileiter, welcher in seinem Verlaufe eine rund- KortpflanEung. 675 Tis. G94. liehe Drüse aufnimmt und an seinem Endabschnitt drüsige Wandungen bcsizt. Dazu konmien nocli bei den Ikcapodklen und Nautilus die sog. Nidanicntal- driiscn, welche in der Nähe der Geschlechtsöffnung ausmünden und einen Kittstoff zur rmhüllung und Verbindung der Eier secevniren (Fig. 693). Die Eier werden entweder einzeln (Aryonauta, Ortopus) oder in grösserer Zahl (Sepia) von langgestielten Eikapseln umhüllt, und diese, untereinander zu traubigen Massen, sog. Seetrauben verbunden, an fremden Gegenständen des Meeres angeklebt. In anderen Fäl- len (Loligo, Sepiola) liegen sie in gallertigen Schläuchen gehäuft. Der männliche Geschlechts- apparat zeigt im Allgemeinen ähn- liche Verhältnisse (Fig. 694 ((). Der unpaare, aus langen cylindrischen Schläuchen gebildete Hoden ent- leert das Sperma in die Leibes- höhle, von wo aus dasselbe in den selbstständig an der Leibeshöhlen- wand mündenden Samenleiter ge- langt. Letzterer entspringt an der linken Seite als ein langer, dicht zusammengedrängter und ver- packter Gang. Man unterscheidet an demselben einen engen, viel- fach gewundenen Abschnitt (Sa- menleiter), eine erweiterte lange Samenblase mit Prostatadrüse an ihrem Ende und einen geräumigen Spermatophorensack , die Need- ham'sche Tasche, welche durch eine linksseitige Papille in die a Männliche Geschlechtsorgane von Sejiia ofßcinalis, nach einer Zeichnung von C. Grobben. T Hoden mit einem Stück Peritoneum, TO Oeffnung des Hodens in die Leibes- höhle, Vd Tas deferens, O Oeffnung desselben in die Leibes- höhle , Vs Vesicula seminalis, Pr Prostata, R Seitenröhr- chen, welches durch eine Oeffnung in die eröffnete Bauch- felltasche P führt, Ve' Blindsack des Vas eferens, Sp Sper- MantelhÖhle ausmündet. Bei Sejna ^atopliorensack (Needham'sche Tasche), Oe Geschlechts- öffnung, P, P' Abschnitte der Bauchfelltasche, von welcher der eine (P) die Vesicula seminalis aufnimmt. — b Sperma- tophore von Sepia, nach M. Edwards. geht vom Anfange des Vas efferens ein Röhrchen aus, welches sich in einen besonderen Sack (Theil der hier umfangreicheren Leibeshöhle) öffnet. Bei der Begattung werden die grossen Spermatophoren (Fig. 694 h), wohl durch Vermittlung des Hectocotylusarmes, in die Geschlechtsöffnung des Weibchens gebracht. Bei wenigen Cephalopoden (Trcmodopus riola- reus, Phdonexis Carcnae, Ärgonauta argo) erscheint übrigens der männ- liche Hectocotylusarra als individualisirter Begattungsapparat, der sich mit Spermatophoren füllt, vom männlichen Körper trennt, eine Zeit lang selbstständig bewegt und in der Mantelhöhle des Weibchens den Samen überträgt (Fig. 695). 43* 676 Ceijhalopoda. Entwicklung. Kmbry DieEiificicklum/^) des Eies wird durch eine discoidale Dotterfurchimg eingeleitet, welche an dem spitzen Eipole stattfindet. Aehnlich wie beim Fig. 695. Fig. 696. Männchen von Argonaiita argo , nai Hc Hectocotylusarm. Vog-elei bildet der gefurchte Theil des Dotters (Bildungsdotter) eine Keiw- scheihe, die sich während ihres weiteren Wachsthums von dem unteren Theil des Keimes, welcher sich zum Dotter- sack gestaltet, mehr und mehr erhebt. Au der Embrjonalanlage entstehen mehrere Wülste, zuerst in der Mitte des Keimes ein flacher Wulst im Umkreis einer Vertiefung, welche er über- wachst (Fig. 696). Es ist der Mantel, zu dessen Seiten die beiden Trichter- lappen, sodann »wischen diesen und dem Mantel die Kiemen hervortreten. Ebenfalls seitlich, aber ausserhalb der Trichterhälften erheben sich die Anlagen des Kopfes, als zwei Paare länglicher Lappen , von denen der äussere hintere die Augen trägt. Am äusseren Rande des Keimes entstehen papillenförmige Höcker, die Anlagen der Arme. Mit dem weiteren Wachs- EmbrjonalentwJcklung von Sepia officinalis, nach Kölliker. a Anlage des Embryos auf der dem Dotter aufliegenden Keimscheibe. Br Kiemen, Tf Trichterwulst, Oc ^uge, 3/ Mantel. — ft Etwas älteres Stadium, von vorne gesehen. D Dotter, Kl' vorderer. Kl" hinterer Kopflappen, OMund. — c Späteres Stadium von der Seite. 1 — 4 Anlagen der Arme. — d Aelteres Stadium, von vorne ge- sehen. 5 Fünftes Armpaar. — e Noch späteres (Stadium in seitlicher Ansicht. Die Trichterhälften haben sich vereint. ^) Vergl. aus.ser Kölliker 1. c: N. Bobretzky, Wicklung der Cepbalopoden. Moskau 1877 (russisch). Untersuchungen über die Ent- 1. Ordnung. Tetrabranchiata. 677 Fig. 697. Fast reifer Embryo von Srpia officinaUs vom Kü- cken, nach Kölliker. Ds Dottersack. thum des durchaus symmetrischen Embryos prägt sich die Ceplialopoden- gestalt immer deutlicher aus, der Mantel erhebt sich bedeutend und über- wachst die Kiemen und die Trichterhälften, welche zur Bildung des Trichters verschmelzen. Die Kopf läppen ver- wachsen zwischen Mund und Trichter miteinander und schnüren sich am Mundende schärfer vom Dotter ab, der seiner Lage nach somit kopfständig ist und mit seltenen Ausnahmen lange Zeit noch als Dottersack zurückbleibt (Fig. 697). Die Cephalopoden sind Meeresbewohner, welche theils an den Küsten, theils auf hoher See leben und sich vom Fleische anderer Thiere, besonders Crustaceen, er- nähren. Einige erreichen eine sehr bedeutende Grösse. Von Cephalopoden findet das Fleisch, dann der Farbstoff des Tintenbeutels (Sepia) und die Rückenschale (Os sepiae) Verwendung. \o\\ der ältesten silurischen Periode an kommen Tintenfische in allen Formationen als wichtige Charakterverstei- nerungen (Belemmtcnj Ammoniten) vor. 1. Ordnung. Tetrabranchiata i), vierkieinige Cephalopoden. Cephalopoden mit vier Kiemen in der Mantelhöhle und lappigen zurück- ziehbaren tental-eltragenden Fortsätzen an Stelle der Arme, mit gespaltenem, Trichter und vielkammeriger Schale. Eigenthümlich verhält sich die Kopfbewaffnung, indem an Stelle um- fangreicherer Arme eine grosse Zahl von fadenförmigen Tenta- keln die Mundöönung umstellen. BeiXauti- lus (Fig. 698) unter- scheidet man auf je- der Seite des Körpers 19 äussere Tenta- keln, von denen die rückständigen Paare eine Art Kopfkappe bilden , welche die Mündung der Schale verschliessen kann 5 dazu kommen jeder- Fig. 698. Ka \9 Nautilus (r&gne animal). T Tentakeln, A'Kopfkappe, Tr Trichter, A'o Kam- mern, EK Endkammer der Schale, S Sipho, Ma Mantel, 3/ Muskel. *) R. Owen, Memoir ou the Pearlj' Nautilus. London 1832. Van der Hoeveu, Beiträge zur Kenntniss von Nautilus (hoUändiscli). Amsterdam 1856. AV. Kefersteiu in Bronn, Classen und Ordnungen des Thierreichs. III. Bd. : Cephalopoda. 18G5. 678 2. Ordnung. Dibranchiata. seits zwei am Auge stehende sog. Augententakeln und 12 innere Tentakeln, von denen sich die vier ventralen linksseitigen beim Männchen 7a\ einem als Spadix bekannten, dem hectocotylisirten Arme analogen Gebilde um- wandeln. Beim Weibchen finden sich innerhalb der letzteren noch an jeder Seite 14 bis 15 bauchständige Lippententakel. Der Kopfknorpel bildet anstatt eines geschlossenen Ringes zwei hufeisenfiirmige Schenkel . dem die Centraltheile des Nervensystems anliegen. Die Augen sind gestielt, ent- behren der Cornea und Linse, wie überhaupt aller brechenden Medien und sind ofiene. vom AVasser bespülte Retinabecher. Der Trichter bildet ein zu- sammengerolltes Blatt mit freien unverwachsenen Rändern und besitzt eine Klappe. Ein Tintenbeutel fehlt. Die Kiemen sind in vierfacher Zahl vorhan- den, ebenso die Kiemengefässe und die Nierensäcke. Kiemenherzen fehlen. Die dicke äussere Schale der Tetrabranchiaten ist in ihrem hinteren Theile durch Querscheidewände in zahlreiche mit Luft gefüllte Kammern getheilt. welche von dem Sipho durchbohrt werden, und besteht aus einer äusseren, häufig gefärbten Kalkschicht und einer inneren Perlmutterlage. Die ähnliche Beschaffenheit zahlreicher fossiler Schalen lässt auf eine ähnliche Organisation ihrer unbekannten Bewohner schliessen. Besonders wichtig für die weitere Eintheilung der fossilen Tetrabranchiaten ist die Lage und Beschaffenheit des Siphos und die Gestalt, sowie die Verwachsungslinie der Septa. Die wenigen noch lebenden Arten der Gattung XautUus gehören dem Indischen Meere und Stillen Ocean an. Fam. Nautilidae. Die Scheidewände der Kammern sind einfach gebogen und nach den vorderen Kammern zu concav. Nahtlinie einfach mit grossen welligen Biegungen oder einem seitlichen Lobus. Siphoualtuten nach hinten gerichtet. Der Sipho ist in der Regel central, die Schalenmündung einfach. Ortltoceras regularis v. Schi., Kalkgeschiebe der nord- deutschen Ebene. Nautilus pompüms L., Indischer Ocean. Fam. Ammomiidae. Die Scheidewände an den Seiten vielfach gebogen, stets mit Lobas an der Aussenseite, in der Mitte meist nach vorne convex. Sipho an der Aussenseite. Enthält nur fossile Formen. Goniatites refrorstis v. Buch. Ceratites nodosus Bosc, Ammonites caprkornus v. Schi. 2. Ordnung. Dibrauchiata ^), zweikieinige Cephalopodeii. Ce])halopoden mit zicci Kiemen in der Mantelhöhle, acht saugnopf- oder hakentragenden Armen, rollständigem Trichter 7ind Tintenbeiitel. Die Dihranchiaten besitzen in der Umgebung des Mundes acht mit Saug- näpfen oder Haken bewaffnete Arme, zu denen bei den Decapodiden noch zwei lange Tentakeln zwischen dem dritten und vierten Armpaare hinzukommen. Der Kopfknorpel bildet einen vollständig geschlossenen, die Centraltheile des Nervensystems in sich aufnehmenden Ring, dessen flach gewölbte Seitentheile den sitzenden Augen zur Stütze dienen. Im Mantelraum finden sich nur zwei angewachsene Kiemen, deren Zahl die der Kiemengefässe und Niereu ent- spricht. Der Trichter ist geschlossen. Tintenbeutel meist vorhanden. Vielen ^) Hauptwerke: Fernssac et d'Orbigny i.e., sodann Verany 1. o. Decapodida. Octopodida. fclilt eine Schale vollkommen, hei anderen redneirt sich dieselhe auf eine innere hornige oder kalkige Rückenschiilpe. Nur selten tritt ein einfaches Spiralgehäuse mit dünnen Wandungen (Argoncmfa-W eihchen, Fig. 699) oder eine einfach gekammerte siphohaltige Spiralsehale (Sjpirnla) auf (Fig. 700). 1 . Unterordnung. Decapodida. Ausser den acht Armen zwei lange Ten- takeln zwischen dem dritten und vierten (ventralen) Armpaare. Die Saug- näpfe gestielt und mit llornringen versehen, die Augen ohne sphincterartiges Lid. Der Mantel trägt zwei seitliche Flossen und am Rande einen aus- gehildeten Schliessapparat. Sie besitzen eine innere Schale, welche bei Spirida gekammert und post- hornförmig gekrümmt ist. Trichter meist mit Klappe. Eileiter unpaar. Fi-. 700. Arrjonmtla nrgo, Weibchen, schwimmend. isirnUs (aus Bi (Fig. Spir Fam. Spirulidae (Fig. 700). Spirula Peronii Lam., Südsee. Fam. Bele^nnitidae. Belemnites digitalis Voltz., oberer Lias. Fam. Myopsidae. Mit verdeckter Linse. Sepia officinalis L., Lolifjo rtdgaris Lam. 86). Sepiola ridffaris Grsint., Bossia macrosotna 'F er. ä'Ovh., sämmtlich im Mittelmeer. Fam. Oiyopsidae. Augen mit weit geöffneter Hornhaut und freiliegender Linse. Ümj- choteuihis Lichtensteini Fer., Ommastrephes fodarus d'Orb. Mittelmeer und Ocean. 2. Unterordnung. Odopodidae. Die beiden Tentakeln fehlen. Die acht Arme mit sitzenden Saugnäpfen ohne Hornring sind an ihrer Basis durch eine Haut verbunden. Augen verhältnissmässig klein mit sphincterartigem Lide. Der kurze rundliehe Körper entbehrt der inneren Schulpe und meistens auch der Flossenanhänge. Mantel ohne knorpeligen Schliessapparat, durch ein breites Nackenband au den Kopf befestigt. Trichter ohne Klappe. Eileiter paarig. Fum. Octopidae. Octoptis vidgaris Lam., 0. macropus (Fig. 687), Mittelmeer. Eledone t)ioschafo Lam. Mittelmeer und Adria. Fam. Fhilonexidae. Pliilonexis Carenae Ter., Tremoctopus riolaceus Dell. Ch. Ar- yorianta argo L. Das kleine Männchen ohne Schale (Fig. 69ö). Das grosse AVeibchen mit flossenartigen Erweiterungen der Eückenarme trägt eine kahnformige dünne Schale, um deren Seitenfläche dasselbe die Armflossen ausbreitet (Fig. 699). 6gO VII. Thierkreis. Molluscoidta. YIL Tliierkreis. ]VIollu.scoicieei, IVIolluscoicieen. Festsitzende Bilateralthiere ohne Metamerenhildung, mit hewimpertcm Tentakelkranz oder spiralig aufgerollten Mundarmen, im ersteren Falle von einem Gehäuse (Cyste), im anderen von einer dorsalen und ventralen Schaleiv- klappe umschlossen, mit einem einfachen Ganglion oder mit oberen und unteren durch einen Schlundring verbundenen Ganglienknoten. Die beiden als Molluscoideen vereinigten Thiergruppen, die Bryozoen und Brachiopoden, wurden früher allgemein zu den Mollusken gestellt. Seit- dem die Entwicklungsgeschichte näher bekannt wurde, ist nicht nur wahr- scheinlich gemacht, dass — ebenso wie diese — beide Gruppen ihrer Ab- stammung nach mit den Anneliden gemeinsame Wurzel haben, sondern dass sie, den näheren Beziehungen ihrer Larven entsprechend, trotz der bedeutenden Abweichungen im ausgebildeten Zustande, nahe verwandt sind, von den Mollusken aber weiter abstehen. Falls sich die nahe Verwandtschaft der stets solitären Brachiopoden und der fast ausnahmslos stockbildenden Bnjozom als begründet ergeben sollte, so w^ürden die Spiralarme jener dem Tentakel- kranze der Bryozoen entsprechen und das einfache Ganglion der letzteren dem subösophagealen Ganglion der Brachiopoden homolog sein. In neuerer Zeit stellt man oft beide Classen zu den Würmern oder betrachtet sie anhangs- weise im Anschlüsse an diese. I. Classe. BryozoaO = Polyzoa, Moosthierchen. Kleine, meist stöckchenbildendc, pohjpenähfüiche Thiere mit bewimpertem, Tentakelkranz, hufeisenförmig gebogenem Darmcancd und einfachem Ganglien- knoten. Der Name Bryozoen bezieht sich auf das moosähnliche, dendritische Aussehen der Stöckchen, zu denen die kleinen Eiuzelthiere in gesetzmässiger Weise vereinigt sind. Indessen können jene auch eine i)olyparienähnliche Form gewinnen oder als rindenartige Krusten fremde Gegenstände überziehen. Solitäre Bryozoen sind seltene Ausnahmen (Loxosoma). In der Regel besitzen die Stöckchen eine hornartige oder pergamentartige, häufig auch eine kalkige, seltener gallertige Beschaffenheit ihres cuticularen Skelets. Jedes Einzelthier (Zooecium) (Fig. 701) ist nämlich von einem sehr regelmässig und sym- ^) F. A. Smitt, Kritisk torteckning öfver Skandinaviens Hafs-Brvozoer. Öfvers. Kongl. Vetensk. Akad. Förhandl. 1865, 1866, 1867. H. Nitsche, Beiträge zur Kenntniss der Bryozoen. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1869 und 1871. Ed. Claparede, Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Seebryozoen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Tom. XXI, 1871. J. Barrois, Eecherches sur l'embryologie des Bryozoaires. Paris 1877. B. Hatschek, Embrjonalentwicklung und Knospung der Pedicellina echinata. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXVIII. K. Kraepelin, Die deutschen Süsswas.ser-Bryozoen. Hamburg 1887. 1. Classe. BryoEoa. Kurperbau. Verdauungsorgane. 081 Fiir. 701. metrisch gestalteten Gehäuse, Ectocifste, umgeben, dessen Oeftnung das Her- vorstreckeu des weichtheiligen Vorderleibes mit dem Tentakelkranz gestattet. Die mannigfachen Gehäuse, sowie die überaus verschiedene Art ihrer Verbin- dung bedingen eine überraschende Mannigfaltigkeit in der Form derColonien. Meistens sind die Cysten völlig von einander abgeschlossen, bald schief oder senkrecht aufgerichtet, bald wagrecht in eine Ebene ausgebreitet, bald reihen- weise unter Biklung von Ramiticationen an einander geordnet. Die Mün- dungen sind oft nach zwei gegenüberstehenden Seiten, zuweilen nacli derselben Seite gewendet. Der äusseren chitinisirten und häufig incrustirten, zur Ecto- cyste gewordenen Cuticularschicht liegt die weithäutige Körperwandung, Endocyste, an. Dieselbe besteht aus einer äusseren Zellenlage (Matrix der Ectocyste) und einem Netzwerk sich kreu- zender, einer homogenen Membran anliegen- der Muskelfasern (äussere Ringfaser-, innere Längsfaserschicht), an deren innerer, die Leibeshühle begrenzender Fläche wenigstens bei den Süsswasserbryozoen ein zartes, von Flimraerhaaren besetztes Epithel aufsitzt. An der Oeflfnung der Cyste stülpt sich die weiche Körperhaut nach innen zurück und bildet von da an das ausschliessliche Inte- gunient des Vorderleibes, dessen Basaltheil (Duplicatur) bei den meisten Süsswasser- formen dauernd eingestülpt bleibt. Immer wird die Hauptmasse des Vorderleibes (Ten- takelscheide) mit dem Tentakelkranz durch „, , „ , ,,, ^ Plumatdla repens, nach A lim an. X Ten- besondere . die Leibeshöhle durchsetzende takein, l Lophophor, oe Oesophagus, Mg Muskeln (Retractoren und Parietalmuskeln ) Magendarm, .4 After, i Funicui„s, s^stato- ^ ... blasten, Ts Tentakelscheide, Ek Ektocyste, eingezogen und hervorgestülpt, während die e,i Endocyste, Gg Ganglion, Pvm Parieto- sog. Parietovaginalmuskeln den basalen, vaginaimuskein, Rr>^ Eetractor. nicht selten bleibend eingestülpten Theil des Vorderkörpers befestigen. Die Ten- takeln sind entweder (Lophopoden) auf einem zweiarmigen, hufeisenförmigen Träger (Lophophor) oder ( Stelmatopoden) im Kreis angeordnet und stellen hohle, aussen bewimperte, mit Längsmuskeln versehene Ausstülpungen der Leibeswand dar, deren Raum mit der Leibeshöhle communicirt und sich von dieser aus mit Blut füllt. Sie dienen sowohl zum Herbeistrudeln von Nahrungs- stoffen, als zur Vermittlung der Respiration. Die Verdauungsorgane liegen frei in der Leibeshöhle, am Integument durch den sog. Fimiculus und durch Muskelgruppen befestigt. ^lit Unrecht hat man den von der Cyste umschlossenen Darm sammt Tentakelapparat als eine Art Lidividuum betrachtet und dem Cystid (Ectocyste nebst Endocyste) gegenüber als Polypid bezeichnet. In der ]\Iitte der kreis- oder hufeisen- förmigen MundHcheihe liegt der Mund, oft von einem beweglielien. Epiglottis- 682 Bryozoa. Nervensystem. ähnlichen Deckel (Epistotti) überragt. Derselbe führt in einen hufeisenrörmig umgebogenen Nahrungscanal, an welchem man eine langgestreckte, bewimperte, oft zu einem muskulösen Pharynx erweiterte Speiseröhre, einen geräumigen, blindsackartig verlängerten und am Ende des Blindsackes durch einen Strang (Funicnlus) an der Leibeswand befestigten Magendarm und einen verengerten, nach vorne zurücklaufenden Enddarm unterscheidet. Der letztere mündet in der Nähe der Mundscheibe, meist ausserhalb derselben durch die rücken- ständige Afteröffnung aus {Ertoproda, Fig. 701). Nur liei einigen wenigen Formen, wie PcdiccUina und Loxosoma, die mau deshalb als Endoprocta sondert, liegt der After innerhalb des Tentakelkranzes (Fig. 702). Hers und Gefässsystem fehlen. Die Blutflüssigkeit erfüllt den gesamm- teu Innenraum der Leibeshöhle und wird vornehmlich durch die Cilien der Leibeswand umherbewegt. Zur Besjnrafion dürfte sowohl die ge- sammte Oberfläche des ausgestülpten Vorderleibes, als besonders die Ten- takelkrone dienen. Als Nephridien sind ein Paar schleifenformiger Ca- näle zu betrachten. Das Nerven- system besteht aus einem an dem Schlünde zwischen Mund und After gelegenen Ganglion, welches bei den Lophopoden in der Höhle des Lo- phophors eingeschlossen liegt und. durch einen zarten Schlundring (Ni t- sche) am Oesophagus befestigt, zahlreiche Nerven nach den Ten- takeln und nach dem Oesophagus entsendet. Die Bryozoen bieten uns in vielen Formen Beispiele G Ganglion, o« ovarium. ej^es ausgcprägtcu Polymorphlsuius. Bei Serialaria und Verwandten stellen die sog. Stengelglieder (Stammglieder) eine solche ab- weichende Individuenform vor. Dieselben besitzen bei bedeutender Grösse eine vereinfachte Organisation und dienen zur Herstellung der ramiticirten Unterlage für die Nährthiere. Auch gibt es hie und da Wurzelglieder, welche als ranken- oder stolonenartige Fortsätze die Befestigung vermitteln. Sehr verbreitet aber sind eigenthümliche, als besondere, des Polypids entbehrende Individuen zu deutende Anhänge mancher marinen Bryozoen, die vogelkopf- ähnlichen Ariciilarieu , Vibraeularknimd Oricellen. Erstere (Fig. 703) sind zweiarmige Zangen, welche den Zooecien in der Nähe ihrer Oefliiungen an- sitzen und sich zeitweilig; öffnen undschliessen. Sie können kleine Organismen. gulfi nvicularia nach usk. Te Tentakelkranz, R Retractor, Oes Oesophagus, D Darm, FFuniculus, .li- Avi- cularien ; Orz Ovicellen. PediceUina echinntn. T Tentakel kröne, O Mund, MD Magendarm, ^ After, Avicularieii. Vibracul.arien. Ooecifii. Fortpüanzur 683 z. B. Würmer, schnappen, bis zum Absterben festhalten und die zerfallenen organischen Reste der durch die Tentakelwimpern veranlassten Strömung übergeben. Die Vibracularien stellen ganz ähnliche Köpfchen dar, welche anstatt der Zangenarme einen sehr langen, äusserst beweglichen Borstenfaden tragen (Fig. 704). Die OpiccIIen(Ooccicn) sitzen als heim- oder kuppeiförmige, je von einem Ei ausgefüllte Anhänge dem Zooecium auf (Fig. 70H). Fig. 704. Scriipocellttvin fero.v Vi Vibr nach Allmai Die Fortpflanzung erfolgt theils geschlecht- lich, theils ungeschlechtlich, im letzteren Falle entweder durch die sog. Statohhisten oder auf dem Wege der Knospung. Männliche und weib- liche Geschlechtsorgane reduciren sich auf Gruppen von Samenzellen und von Eiern, welche am Peritoneum meist in demselben Tliiere ent- stehen, seltener auf verschiedene Individuen ver- theilt sind. Die Ovarien liegen im vorderen Körpertheile, während die Hoden entweder an dem oberen Theile des Funiculus oder nahe der Insertionsstelle desselben an der Leibeswandung ihren Ursprung nehmen. Beiderlei Geschlechts- producte gelangen in die Leibeshöhle , wo die Befruchtung erfolgt. Vom Leibesraume aus gelangt das befruchtete Ei entweder in eine Knospe der Leibeswand (AJajonella) oder, wie bei marinen Bryozoen, in ein äusserlich ansitzendes Ooecium. Als Stafohlasten (Fig. 705) bezeichnet Allman eigen- thümliche Fortpflanzungskörper, welche von jenem Forscher als abfallende, einer Befruchtung entbehrende Keime erkannt wurden. Dieselben entstehen nur bei den Süss- wasserbryozoen als Zellenhaufen vornehmlich gegen Ende des Sommers an dem strangförmi- gen Funiculus, besitzen meist eine linsenähn- liche, beiderseits flachgewölbte Gestalt und werden von zwei uhrglasförmigen harten Chitiiischalen bedeckt, deren Peripherie häufig mit einem flachen, aus lufthaltigen Zellräumen - j bestehenden Ringe (Schwimmring) eingefasst statobiasten von c ist, zuweilen auch (Cristatella) einen Kranz ^ von hervorstehenden Stacheln zur Entwicklung bringt. Eine grosse Rolle spielt die Fortpflanzung durch Knospen, welche in dauernder Verbindung bleiben und zu der Entstehung von Stöckchen Ver- anlassung ge])en. Selten führt die Abschnürung durch Theilstücke zur Ver- mehrung der Thierstöckchen (CristafeUa , Lophopm). Die Entwicklung ist überall eine Metamorphose. Die Knospung beginnt bereits am Embryo. So entsteht bei den Süsswasserbryozoen, nachdem der Darmtractus und Tentakelapparat angelegt ist, noch ein zweiter Darm und Fig. 705. stafelln muceilo, nach Von der Fläche, b von der Seite dargestellt. 684 Kryozoa. Kntwicklung Tentakelapparat, so dass der noch von der Eiliülle umschlossene bewimperte Embryo schon ein kleines Thierstöckchen von zwei Individuen repräseutirt. Bei den marinen chilostomen Bryozoen gelangen die befruchteten Eier in Fig. 706. Cbiim a Larve von Canda reptans, nach Barrois; 6 Larve von LepraUa, nach Barroi s; c Oyphonautes schematisch nach HatEchek. Oc Mund, j4/ After, Cb Cilienbüschel, Kn Knospe. Ovizellen, welche aus einer helmtormigen Kapsel und einem blasenähnlichen Deckel bestehen. Hier durchläuft das Ei die Furchung und entwickelt sich zu einem Embryo , welcher als bewimperte Larve ausschwärmt und frei im Meere umherschwimmt. Die unregelmässig kugelige Larve besitzt einen Fig. 707. Entwicklung der PedlcelUna echinata^ nacli B. Hatschek. a Keimblase mit Jibgetiachter Seite des Ento- derms. Ec Ectoderm, En Entoderm, Fli Fnrchuugshöhle. — b Späteres Stadium im optischen Median- schnitt. Die erste Mesodermzelle (Ms), die rechts und links zur Medianlinie liegt, ist eingezeichnet. — c Späteres Stadium im optischen Medianschnitt. Dr Kittdrüse , Oe Oesophagus , Af Anlage des After- darms. — d Junge Larve im optischen Medianschnitt. A Atrium, Hd Hinterdarm, Kn Knospe. — e Frei- Echwärmende Larve im ausgestreckten Zustande. A" Nierencanal, L Leberzellen, Ms Mesodermzellen. kreisförmigen , cilienbesetzten Ring , die Cilienkrone (Fig. 706 a, h). Nach einiger Zeit setzt sich die Larve fest und erzeugt die Tentakelkrone. Das primäre Zooecium treibt alsbald durch Sprossung neue Zooecien, es bilden sich Avicularien und schliesslich, aber freilich erst nach dem Untergange der älteren Zooecien, auch Wurzelglieder. Bei den Endoproctcn entwickelt t. Ordnung. Endoprocta. 685 Fig. 708. sich das P^i in einem an der oralen Seite gelegenen Brntraum. Nach der totalen Furchung- (Fig. 707 a — e) sondert sich an der Keimblase durch Ein- stülpung- das Entoderm, aus welchem der Mitteldarm hervorgeht, während (Jesophagus und Enddarm vom Ectoderm aus entstehen. Die Anlage des Mesoderms erfolgt durch zwei Zellen. Die Larven der Endoprocten besitzen einen hufeisenförmig gekrümmten Darm und einen Flimmerkragen, der am Vorderende hervorgestülpt wird, sowie eine Kittdrüse am Hinterende. Sie bergen ferner bereits eine Knospe als Anlage eines zweiten Individuums, welche sich frühzeitig aus den Keimblättern des Embryos angelegt hat. Auf denselben Larventypus sind auch andere, scheinbar sehr be- deutend abweichend gestaltete Larvenformen , wie der in allen Meeren verbreitete Cyphoncmtes (Fig. 706 c) zurück- zuführen (nach A. Schneider die Larve von Mcwhram- jjora pilosa). Die Sfafohlasfcn entwickeln aus ihrem Inhalte, nach- dem sie den Winter überdauert, einfache unbewimperte Thierchen . welche bei ihrem Ausschlüpfen bereits alle Theile des Mutterthieres besitzen, sich sogleich bleibend be- festigen und durch Knospung zu neuen Colonien auswachsen . Die Bryozoen leben grösstentheils im Meere und sie- deln sich auf Steinen, Muschelschalen, Corallen und Pflan- zen an. Nur einige Süsswasserformen der Gattung- Crista- tella besitzen freie Ortsveränderung. Auch in der Vorwelt waren die Bryozoen überaus verbreitet, wie die zahl- reichen von der jurassischen Formation an zunehmenden Ueberreste beweisen. 1. Ordnung. Endoprocta. Br-i/osoen mit primärer Leiheshöhle und imierhalb des TentakeRranzes mi'mdender After Öffnung. ^=^i=- Die Endoprocten repräsentiren einfachere, primiti- ^, , .., . -, . : ., ^ . . TT. Pedicillma ednncUn. T vere \ erhaltnisse, da sie in ihrer Organisation der Bryo- Tentakelkrone, o Mund, zoenlarve nahestehen (Fig. 708), Bei denselben kommt es ^^^ Magendarm, .4 After, G Ganglion, Ov Ovariuin. nicht zur Bildung einer Darmfaserplatte und persistirt die primäre Leibeshöhle. Mund und After münden innerhalb des Tentakelkranzes in eine Art Atrium, das auch eine die Embryonen aufnehmende Bruttasche bildet. In diese gelangen die Geschlechtsproducte aus den kleinen geschlossenen Ge- schlechtsdrüsen. Auch sind ein Paar wimperndeNierencanäle stets vorhanden. Farn. Pcdicellinidae. Stöckeben mit Stolonen, aiif denen sich die langgestielten Indi- viduen erheben. Pedicellina echinaia Sars., Adria und Mittelmeer. Farn. Loxosonüdae. Langgestielte Ein zeit liiere. Loxosoma sinr/idare Kef., L. neapo- litanum Kow., Mittelmeer. 680 Kctopiocta. Loiihopoda. Fi Darm. — b Larve mit drei Abschnitten. — c Larve mit vier Borstenbündeln in den Mantellappen des Mittelabschnittes. M Mantel. — d Späteres Stadium. — e Festsitzende Larve mit nach vorne umgeschlagenen Mantellappen. —/Die kreisförmig gestellten Tentakeln fTJ sind gebildet. .«Stiel- Auf der Rückenfläche des Magens liegt ein sackförmiges Herz, Dasselbe nimmt das Blut durch einen gemeinsamen, über der Speiseröhre verlaufenden Stamm auf und entsendet einen complicirt verästelten Apparat von Arterien. Als Nieren (den Segmentalorganen der Anneliden entsprechend) sind zwei, seltener vier Canäle mit drüsigen Wandungen anzusehen, welche zu beiden Seiten des Darmes mit freier Oeffnung trichterförmig in der Leibes- höhle beginnen und seitlich vom Munde ausführen. Dieselben fungiren zu- gleich als Ausführungsgänge der Geschlechtsproducte und wurden von Hancock als Ovidude bezeichnet. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 44 690 Brachiopoda. NerYensystem. Fortptianzung. Das Nervensystem besteht aus einem Schlundringe mit zwei lang- gestreclvten supraösophagealen Ganglien, welche sich in die Arme er- strecken. Viel mächtiger ist die subüsophageale Ganglienanschwellung des .Schlundringes, von welcher Nerven zu dem dorsalen Mantellappen, ferner zu den Armen und Schliessmuskeln entspringen, sowie zwei kleine Ganglien ausgehen, welche den ventralen Mantellappen und den Stielmuskel mit Nerven versorgen. Sinnesorgane sind nicht bekannt. Die Brachiopoden sind geschlechtlich getrennt. Die Geschlechtsproducte entstehen aus dem Peritonealepithel in den Sinus des ventralen und dorsalen Mantels und gelangen in die Leibeshöhle , aus welcher sie durch die trichterförmig begin- nenden Canäle der Nephridien nach aussen geführt w^erden. Was die Entwicklung anbe- trifft, so entsteht nach Ablauf der totalen Furchung meist durch Ein- stülpung des Blastoderms eine Ga- strula. Die gastrale Cavität (Ar- giopi) zerfällt wie bei Sagitta in einen mittleren Raum und in zwei seitliche Divertikel, welche sich abschnüren und die Leibeshölile bilden (Fig. 712). Dann verlän- gert sich die ovale Larve und gliedert sich durch Einschnürun- gen in drei Abschnitte, von denen a Larve von Lmi/u/rt, nach Brooks. T Tentakeln, O Mund, '~' V Barm, Af After, L Leber, St Stielanlage. — 0 Längs- Slch dCF VOrdcrC SChirmfÖmiig durchschnitt einer älteren Larve, nach Brooks. Do Dor- ygrlji-eitert WimperCiHen Uud Au- sale, Fe Ventrale Schalenklappe, 2Hr verdickter Mantel- ' rand, T Tentakeln, O Mund, Md Magendarm, Ad After- gCnflecken gCWinUt, Später aljCr darm, .V hintere Muskel, G Ganglion. ^^^j. Q^erlippe Verkümmert. Au dem mittleren Abschnitte erhebt sich alsdann eine Falte zur Bildung der beiden Mantellappen, welche bald den Mittelleib nebst einem Theil des Endabschnittes bedecken. An dem unteren Mantellappen der entwickelten Larve treten vier Bündel langer Borsten hervor, welche wie bei den Wür- mern eingezogen und ausgespreizt werden (c, d). Nachher setzt sich die Larve fest und beginnt ihre Umgestaltung. Der festsitzende hintere Ab- schnitt wird zum Stiel, die Mantellappen schlagen sich nach vorne um und erzeugen die Schalenklappeu. Die Borstenbündel werden abgeworfen, während in der Schale die Ablagerung von Kalk beginnt und die zuerst kreisförmig gestellten Tentakelfäden der späteren Arme auftreten. Die spätere Metamorphose der mit Tentakeln versehenen Larven ist am ge- nauesten von Brooks für Lbujida untersucht worden, deren Larven im Zu- stande der Tentakelentwicklung noch frei umherschwärmen (Fig. 713 «; h). VIII. Thierkreis. Tunicata. Körperbau. 691 Gegenwärtig- leben nur wenige Braclii(»poden in verschiedenen Meeren, um so grösser war dagegen die Verbreitung in früheren Erdperioden , in denen bestimmte Arten die Bedeutung von Leitmuschehi haben. Auch gehören zu den Brachiopoden die ältesten Versteinerungen 5 einzchie der schon im Silur auftretenden Gattungen haben sich bis zur Gegenwart erhalten (L'mgula). 1. Ordnung. Ecardines. Angellose Brachiopoden. Schale ohne Schloss und ohne Armyerilst. Dann mit seitlichem Affer. Ränder der Mantellappen vollständig getrennt. Fam. Lingulidae. Die dünnen hornigen Schalen nahezu gleichkhippig. Stiel lang und fleischig. Linyula anatina Lam., Indischer Ocean. Fam. Discinidae. Discina lamellosa Brod., Südamerika. Fam. Craniadae. Crania anomala Müll., Nordsee. Cr. ro.strata Hoev., Mittelmeer. Cr. antlqua üefr., fossil aus der Kreide. 2. Ordnung. Testicardines. Angelsclialige Braclüopoden. Schale kalkig mit Schloss und Änngerüst. Dann hlind geschlossen. Den Uebergang bilden die Familien der ausschliesslich fossilen Ortliiden und Pro- ductiden {ProdiicUis Sav.), deren Schalenrand noch der Angelgelenke entbehrt. Fam. Ithijnchonellid ae . Rhyncltonella psittacea Lam., nördl. Norwegen. Rli. sicula Seg., Mittelmeer. Fossile Arten im Silur. Pentameriis Sow. Enthält nur fossile Arten des Silur und Devon. Hier schliessen sich die fossilen Spiriferiden an {Spirifer Sow.). Fam. Terebratiilidue. Thecidium inediterraneum Riss., Waldheiniia King., Tere- bratula vitrea Lam., Mittelmeer. Tevehraiidina caput serpens L., Nordsee. Arylope Dp. Mittelmeer. VIII. Tlnerkreis. Xuniceitei 0, Klantelttiiere, Bilateralthiere von sackförmiger oder tonnenförmiger Körpergestalt, mit dickem Integument (Mantel) und einfachem Nervenknoten, mit iveitem, zugleich zur Respiration dienendem Phargngealsack und mit Herz. Die Tunicaten verdanken ihren Namen dem Vorhandensein einer gallertigen oder cartilaginösen Hülle , welche (als Tunica externa oder Testa) den Leib vollständig umlagert. Die Körpergestalt ist sackförmig (Äscidien) oder tonnenförmig (Salpen). Ueberall findet sich am vorderen Ende eine weite, sowohl durch Muskeln, als häufig noch mittelst Klappen verschliessbare Oeifnung zur Einfuhr des Wassers und der Nahrungsstoffe in die zugleich als Athmun gsorgan fungirende Pharyngealhöhle und daneben ') J. C. Savigny, Memoires sur les animaux sans vertebres. IL Paris 1815. A. Cha- misso. De animalibns quibusdam e classe Vermium. Bei'lin 1819. Milne Edwards, Observations sur les Ascidies composees des cotes de la Manche. Mem. Acad. sc. Paris 1839. Ed. V. Beneden et Julin, Recherches sur la Morphologie des Tuniciers. Archiv de Biologie. 188G. 44* 692 Xunicata. Nervensystem. Muskulatur. in einiger Entfernung (Äscidien) oder am entgegengesetzten Körperende (Salpen) eine zweite, ebenfalls verschliessbare Oett'nung als Auswiirfsijftiiung der mit der Pharyugealhöhle durch die Kieraenspalte communicirenden Peribranchialhöhle (Fig. 714 und 715j. Das Integumeut ist bald gallertig, bald von lederartiger bis knorpeliger Consistenz und erseheint oft krystallhell oder durchscheinend, zuweilen aber Pj„ q^^ auch trübe und undurchsichtig und in ver- schiedener Weise gefärbt. Seine äussere Oberfläche ist glatt oder warzig, zuweilen stachelig oder filzig. Man nennt dieses äus- sere Integument, welches den Körper voll- ständig überzieht, den äusseren Mantel (Tu- nica). Man hat dasselbe früher als eine Art Gehäuse betrachtet und irrthümlich mit der zweiklappigen Schale der Lamelli- branchiaten homologisirt. Die Substanz des Mantels ist eine ccJ- /«y/osehaltige Grundmasse mit eingeschlos- senen Zellen, und erscheint, obwohl als cuticulare Ausscheidung entstanden , in Folge der eingewanderten Zellen als eine Form des Bindegewebes. Bei den colonie- bildenden Tunicaten kann der äussere Man- tel der Einzelthiere zu einer gemeinsamen Masse zusamraenfliessen. Auf den sack- förmigen Mantel folgt die untere Schicht der Leibeswandung, deren äussere, an den Mantel anschliessende Zellenschicht das ectodermale Epithel vorstellt, welches den Mantel, aber auch die unterliegende Gallert- schicht erzeugt hat, in welcher sämmtliche Organe des Körpers, die Muskulatur, das Nervensystem, Darmapparat, Geschlechts- und Kreislaufsorgane in enger Leibes- höhle lagern. Das Nervensystem beschränkt sich auf ein einfaches Ganglion, durch dessen Lage in der Nähe der Eingangsöfiiiung die Rückenseite bezeichnet wird. Die vom Ganglion ausstrahlenden Nerven treten theils zu den Muskeln und Eingeweiden, theils zu den namentlich bei freischwimmenden Tunicaten vorkommenden Sinnesorganen, welche sich als Augen, Gehör- und Tastorgane nachw^eisen lassen. Die Mushdatur entwickelt sich vornehmlich in der Umgebung des zugleich zur Athmung dienenden Pharyngealsackes und wird sowohl zur Clavelina lepadiß (rfegne animal). O Mund, Br Kieme, End Endostyl, Oe Oeso- phagus, MD Magendarm, Kl Kloakenraum oder Peribranchialhöhle, A Auswurfsöffnung, .4/ After. G Nervencentrum, GD Genitaldrüse, Gg Ausführnngsgang derselben. St Stolonen. Darmcanal. Herz. 693 Erweiterung und Verengerung dieses Raumes, als zum Verschlusse der Ein- luhrs- und Auswurfsöffnung verwendet. Bei den Ascklien können drei Muskel- scliicliten, eine äussere und innere Längsmuskellage und eine innere Ring- muskelscliicht, zur Ausbildung kommen, während bei den Salpen bandartige Muskelreiten auftreten, welche neben der Erneuerung des Athemwassers die Schwirambewegung des tonnenförmigen Leibes besorgen. Als besonderes Locomotionsorgan tritt bei den kleinen Ap2Jendicularien und den freischwim- menden AsckUen-LüvwQw an der Bauchseite ein peitschenförmig schwingen- der, durch einen Chordastrang (Urochord) gestützter Schwanzanhang auf. Der Darmcanal beginnt überall mit weitem, als Respirationsorgan fun- girendem Pharyngealsack, in welchen die vordere, als Mund zu deutende Mantclöffnung führt. Die Oesophagealöffnung liegt weit von der Eingangs- öffnung entfernt im Innern des Pharyngealsackes. In diesem verläuft zwischen Mund und (Jesopha- -pig. 715. gealöffnung, mitten an der Bauchseite, eine flimmernde, von zwei Falten begrenzte Rin- ne, deren drüsige Sei- tenwände als Endostyl bezeichnet werden (Fig. 714 u. 715). Die- selbe beginnt mit zwei fh ^'^f^^^^^^T'"""^ "^ C seitlichen Flimmerbo- '^ Mt o-pn flip «iob 7\\ einem *''''" mucronnta in seitlicher Ansicht. O Mund, PIi Pharyngealraum, ö ■ Kl Kloakenhühle, A Auswurfsöffnung, £?c Kieme, ^YNervencentrum, Ma geschlossenen Ring in Mantel, M Muskelrelfen, Z Züngelchen, Wb Wimperbogen, End Endo- der Nähe der Eingangs- ''''' "''' ^imperrinne, m. Nucleus, C Herz. (ttt'nung vereinigen und etwas vor dem Ganglion auf einen kleinen, in die Athemhöhle vorragenden Zapfen übertreten. Der folgende Nahrungscanal besteht aus einem meist trichterförmig verengerten , bewimperten Oeso- phagus, einem blindsackartig vorspringenden, meist mit einer Leber ver- sehenen Magendarm und einem Dünndarm, welcher unter Bildung einer Schlinge umbiegt und in die Kloakenhöhle ausmündet oder wie bei den die Larvenform vertretenden Copelaten direct nach aussen mündet. Ueberall findet sich ein Herz, welches, an der Ventralseite des Darmes gelegen und von einem zarten Pericardium umgeben, lebhafte, von dem einen nach dem andern Ende hin fortschreitende Contractionen ausfuhrt. Bemerkenswerth ist der plötzliche (von van Hasselt bei Salpen entdeckte) Wechsel in der Richtung der Contractionen, durch welche nach momentanem Stillstand die Richtung der Blutströmung eine umgekehrte wird. Die vom Herzen ausgehenden Blutgefässlacunen führen in Lückensysteme der Leibes- wandung zur Fortleitung des Blutes. Bei den Ascidien treten auch in den Mantel Gefässlacunen ein, indem sich von der Epidermis bekleidete Aus- g94 Tunicata. Fortpflanzung. stülpungeu der Leibeswand mit Bluträumen in den Mantel erheben. Haupt- blutbahnen liegen in der Mittellinie sowohl des Rückens als des Bauches unterhalb der Bauchrinne und communiciren durch Nebenbahnen, welche sich im Umkreis der Athemhöhle als Quercanäle entwickeln. Diese commu- niciren mit den Bluträumen der verschieden gestalteten, aus der Pharyngeal- wand hervorgegangenen Kieme, an deren Oberfläche das Wasser durch Wimpern in beständiger Strömung erhalten wird. Bei den Ascidien ist fast die gesammte Pharyngealwand in die Kiemenbildung eingegangen und zu einem von Spaltreihen netzartig durchbrochenen, gegitterten Kiemensack umgestaltet, um dessen Wandung sich ein Nebenraum der Kloakenhöhle als „Perihranchialhöhh" entwickelt hat. In demselben erscheint der Kiemensack nur längs des Endostyls, sowie durch zahlreiche kurze Trabekeln, welche die Gitterbalken mit der gegenüberliegenden Leibeswand verbinden, befestigt. In anderen Fällen reducirt sich die Kieme unter bedeutender Verringerung der Spaltenzahl auf den Dorsaltheil der Pharyngealwand (Doliohim, Salpa). Die Tuuicaten sind Zuittcr, oft jedoch mit verschiedenzeitiger Reife der männlichen und weiblichen Geschlechtsstoife. Im Besonderen erweisen sich die Salpen zur Zeit ihrer Geburt als Weibchen und bringen erst später als trächtige Thiere die männlichen Geschlechtsorgane zur Reife. Bei Pero- phorn reifen zuerst die Hoden, bei den Bofri/lUdcu umgekehrt die Ovarien. Hoden und Ovarien liegen meist neben den Eingeweiden im hinteren Körper- theile, und zwar jene als büschelförmig vereinigte Blindschläuche, diese als traubenförmige Drüsen, deren Ausführungsgang in den Kloakenraum aus- mündet. Hier erfolgt auch in der Regel (selten an der ursprünglichen Keim- stätte) die Befruchtung des Eies und die Entwicklung des Embryos, welcher entweder noch von den Eihüllen umgeben die Auswurfsöifnung verlässt. oder mittelst einer Art Placenfa ernährt und auf einer weit vorgeschrittenen Stufe geboren wird (Salpen). Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung be- steht fast allgemein die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sprossung, welche häufig zur Entstehung von Colonien mit charakteristisch gruppirten Individuen führt. Die Sprossung findet bald an verschiedenen Theilen des Körpers statt, bald ist sie auf bestimmte Stellen oder auf einen Keimstock (Stolo proUfer) beschränkt. Die auf diesem Wege erzeugten Colonien bleiben keineswegs immer sessil, sondern besitzen zuweilen, wie die Pyrosonien, oder wie die in Ketten nur äusserlich verbundenen Salpen^^me, freie Orts Veränderung. Die embryonale Entwicklung zeigt bei den Ascidien eine grosse Ueber- einstimmung mit der niederer Vertebraten und insbesondere von ^«?^j/?/o.rw.§. Nach Ablauf der totalen Furchung entsteht eine aus zwei Zellenschichten gebildete Gastrula, von deren Ectoderm sich das Nervensystem als Rohr anlegt. Gleichzeitig bildet sich in dem schwanzförmig verlängerten Körper aus einer Doppelreihe entodermaler Zellen ein der Chorda dorsalis entspre- chendes Achsenskelet. Darm, Nervensystem und Chorda zeigen ein dem Wirbelthierbau analos-es Laffcnverhältniss zu einander. I. Classe. Teth.vodea, Ascidien. 695 Die postcnibryoiiale Entwicklung ist bei den Ascidien eine Metanior- l)liose. indem die Embryonen als l)ewegliehe, mit Ruderscliwanz und Augen- fleck versebene Larven die Eibüllen verlassen und einig-e Zeit lang; umber- schwärmen, bei den stockbildenden Formen häutig noch vor ihrer Ansiedelung durch Knospung eine kleine Colonie erzeugen. Ein Generatwnstvechsel be- steht bei den Sal2)en, sowie bei DoUolum und wurde bei jenen schon lange vor Steenstrup von Chamisso erkannt. Die aus dem befruchteten ¥Ä hervorgegangene und lebendig geborene solitäre Salpe bleibt zeitlebens ge- schlechtslos, erzeugt aber als Amme aus ihrem Stola prall fcr SaJpcnhettm, deren Individuen, ihrer Gestalt nach von jener erheblich verschieden, die Geschlechtsthiere sind. Weit coraplicirter verhält sich der Generationswechsel bei DoUoluw durch die Aufeinanderfolge mehrfacher Generationen. DieTunicaten sind durchweg Meeresthiere und ernähren sich von Algen. Diatomaceen und kleinen Crustaceen. Viele von ihnen, insbesondere die glas- hellen Pyrosomen und Salpen, leuchten mit prachtvollem intensiven Lichte. L Classe. TethyodeaO, Ascidien, Seescheiden. Meist festsitzende Timieafen von saekförmiyer Leihesrj estalt mit dicht hii/fercinander liegender Ein- und Ausßüirsöfnung und ireifem Kiemensork. Der Ascidien-luOih lässt sich, wie schon der Name Ascidie ausdrückt, auf einen mehr oder minder gestreckten Schlauch oder Sack mit zwei meist nahe aneinander gerückten Oeffnungen zurückführen, von denen die obere dem Munde, die hintere dorsale der Kloakenöifnung entspricht. Seltener wie bei den BotrijUiden und freischwimmenden Fijrasomen liegen beide in weitem Abstände an den entgegengesetzten Körperenden. Die Mundötfnung kann durch einen Sphincter, sowie oft durch vier, sechs oder acht randständige Läppchen geschlossen werden (Fig. 716). Aehnlich erscheint auch häufig der Rand der verschliessbaren Auswurfsöffnung, welche hinter der ersteren an der Neurafeeite (Dorsalseite) liegt, in vier bis sechs Läppchen getheilt. Die geräumige^, in der Regel als gegitterter „Kiemensack '• erscheinende Pharynxwand wird in einigem Abstände vom Munde von einem Kreis meist einfacher Tentakeln umstellt. An der Neuralseite des Kiemensackes liegt der Kloakenraum, welcher nicht nur das durch die Kiemenspalten abfliessende Wasser, sondern auch die Kothballen und Geschlechtsstoffe aufnimmt. Der *) Ausser den citirten Werken von M. Edwards u. J. C. Savigny vergl. J. C. Sa- viguy, Tableausystematique des Ascidies etc. Paris 1810. E schrie ht, Anatomisk Beskri- velse af Clielyosoma Mac-Leyanum. Kjölienhavn 1842. P. J. Van Beneden, Eecherches sur TEmbryogenie, rAnatoniie et la Physiologie des Ascidies simples. Mem. de l'Acad. roy. de Belgique, Tom. XX, 1846. A. Krohn, Ueber die Entwicklung von Phallusia mam- millata. Müller's Archiv, 1852. Derselbe, lieber die Fortpflanzungsverhältnisse bei den Botrylliden und über die früheste Bildung der Botryllusstöcke. Archiv für Naturgesch., Bd. XXXV, 1869. Th. Huxley, Anatomy and development of Pyrosoma. Transact. Lin. Soc, Vol. XXIII. 1860. 690 Ascidien. Körperbau. Darmcanal sammt den übrigen Eingeweiden entfaltet sieh entweder, wie bei allen einfachen Ascidien, mehr zur Seite des Kiemensackes, oder, wie bei den langgestreckten Formen der zusammengesetzten Ascidien. lediglich hinter demselben und bedingt dann nicht selten eine Einschnürung des Körpers, so dass Milne Edwards Brust und Abdomen oder selbst Brust, Abdomen und Postabdomen unterscheiden konnte. Die Ascidien bleiben entweder solitär und erreichen dann meist eine bedeutende Grösse (A. solitariae)^ oder erzeugen durch Knospen und Wurzel- Fis. 717. RolnjlhiS vioJaceus, nach M. Edwards. O Mund- öfi'nung , A gemeinsame Kloakenöffnung einer Individuengruppe. ausläufer verzweigte Colonien, deren Einzelthiere mit der Leibesw\andung untereinander zusammenhängen, ohne in eine gemeinsame ]\Iantel- umhüUung eingebettet zu sein (A. sociales). In anderen Fällen (Asci- diac conipositac) haben die Einzel- thiere einen gemeinsamen Mantel, in welchem sie gruppenweise in charakteristischer Anordnung um gemeinschaftliche Centralöffhungen eingebettet liegen, so dass jede Gruppe ihre Centralhöhle besitzt, in welche die Auswurfsöffnungen der Einzelthiere gemeinsam einmünden (Fig. 717). Indessen gibt es auch frei bewegliehe, so- wohl solitäre (Appeinlmüarien) , als zusammengesetzte Ascidien (Fijrosomen). Am vollkommensten ist die Schwimmbewegung der solitärenJ/>y>'e»(/?affnung am ■'^^tt hintern Kürj)erende, derRüekenfläche ge- nähert. Die erstere erweist sich in der Regel als eine breite, von beweglichen Lip- pen begrenzte Quer- spalte und führt in den weiten, aus der Pliaryngealhöhleund Kloake bestehenden Athemraum, in wel- chem sich schräg von der Rückenfläche nach unten und hinten die bandförmige oder lamellöse Kieme ausspannt. Bei Doliolum erscheint die Kieme als schräge Scheide- wand, die von zwei seitlichen Reihen grosser Querschlitze durchbrochen n Salpri mucronata, b S. ilemocrnticn. O Mund, .4 Auswurfsofinung, jVGan glion, Br Kieme, End Endostyl, Wij Wimpergrube, Ma Mantel, Xit Einge ■weidenucleus, C Herz, Emb Embryo, SIp Stolo prolifer. *) Vergl. Th. Huxley, Observatioiis upou the auatomy and pliysiology of Salpa and Pyrosoma, together with remarks upon Doliolum and Appendiciilaria. Phil. Transact. London 1851. E. Leuckart, Zoologische Untersuchungen, Heft II. Giessen 1854. C. G egen- baur, Ueber den Entwicklungscyklus von Doliolum nebst Bemerkungen über die Larven dieser Thiere. Zeitschr. für Aviss. Zool., Bd. VII. C. Grobben, Doliolum und sein Gene- rationswechsel etc. Arb. aus dem zool. Institute in Wien, Tom. IV, 1882. B. Ulianin, Die Arten der Gattung Doliolum etc. Leipzig 1884. Vergl. ferner 0. Seeliger n. A. Nervensystem. Sinnesorgane. 707 wird, durch welche das Wasser aus der Pharyngealhöhle in den Kh^aken- raiim abfliesst. Bei Sidpa sind die Querschlitze jederseits durch eine sehr grosse Kienienspalte vertreten, so dass die Kiemen wand auf eine mediane bandförmige Leiste (dem Mitteltheile der Doliolumkierae entsprechend) reducirt ist. Im Pharyngealraum verlaufen die beiden Flimmerbögen, welche den Eingang der Athemhöhle umgrenzen, sowie an der Ventralseite der Endostyl, von welchem eine Flimmerrinne zum Oesophagus führt. Der NahnuKjscanal liegt, zu einem lebhaft gefärbten Knäuel (Nuclem) verpackt, an der untern und hintern Seite des Körpers, mit den übrigen Eingeweiden, dem Herzen und den Geschlechtsorganen zusammengedrängt, um welche sieh der Mantel nicht selten zu einer kugeligen Auftreibung verdickt. Xcrveusystem, Sinnes- und Betveywujsorgane zeigen im Zusammen- hange mit der freien Locomotion einen höheren Grad der Ausbildung als bei den Ascidien. Der Ganglienknoten mit seinen zahlreichen Nerven liegt oberhalb der Anheftungsstelle des Kiemenbandes und erreicht eine ansehn- liche Grösse. Gewöhnlich (SaJpa) erhebt sich auf dem Ganglion ein birn- förmiger oder kugeliger Fortsatz mit hufeisenförmigem braunrothen Pigment- fleck und zahlreichen stäbchenförmigen Einlagerungen , welche die Auf- fassung dieses Gebildes als Auge wohl über allen Zweifel erheben. In an- deren Fällen (Doliolum) liegt an der linken Körperseite eine durch einen langen Nerven mit dem Gehirn verbundene Gehörblase. Auch die mediane Flimmergrube findet sich in der Athemhöhle vor dem Gehirne. Eigenthüm- liche. wahrscheinlich zum Tasten dienende Sinnesorgane werden bei Dolio- lum in den Läppchen der beiden ]\Iantelöfthungen, aber auch an anderen Stellen der äusseren Haut beobachtet , und zwar als Gruppen rundlicher Zellen, an welche Nerven herantreten. Die Locomotion wird durch breite, den Athemraura reifartig um- spannende Muskelbänder bewirkt, welche diesen bei ihrer Zusammenziehung verengen. Indem hierbei ein Theil des Wassers aus der Auswurfsöffnung ausgestossen wird, schiesst der Körper in Folge des Rückstosses in ent- gegengesetzter Richtung fort. Die Fortpflanzung der Salpen ist alternirend eine geschlechtliche und ungeschlechtliche; auf dem erstem Wege entstehen die solitären Salpen, auf dem letztern die Salpenketten. Die Individuen der Salpenkette sind die Geschlechtsthiere, welche keinen Stolo bilden ; die solitären Salpen pflanzen sieh nur ungeschlechtlich durch Knospung mittelst eines ventral gelegenen Stolo fort. Da beide Salpenformen, welche sowohl durch Grösse und Kih-per- gestalt. als durch den Verlauf der Muskelbänder und anderweitige Dif- ferenzen der Kiemen und Eingeweide abweichen, in dem Lebenscyklus der Art gesetzmässig alterniren, so stellt sich die Entwicklung als ein Generations- wechsel dar, der eine noch grössere Complication erlangen kann (Doliolum). Schon lange vor Steenstrup wurde dieser Wechsel von solitären Salpen und Kettengenerationen von dem Dichter Chamisso entdeckt. 45* 708 öalpen. Keife der GeschlecLtsstoftV. FortpHaiizuiig. Die Salpen der Kettentbrm sind Zwitter, deren ))eiderlei Ge.selilcclits- organe niclit g-leielizeitig- 7A\r Anlage und Thätigkeit kommen. Selion früh- zeitig, alsbald nach dem Freiwerden der Kette, tritt die weibliehe Geschlechts- reife ein, während sich die Hoden-Blindschläuche erst später ausbilden und noch später Samen erzeugen. Fast stets reduciren sich bei Saljia die weib- lichen Theile auf eine vom Blut umspülte, ein einziges Ei einschliessende a Hinterende von Saljta demoeratica, von der Bauchseite gesehen. Sip .Stolo prolifer, Am Nucleus. — h Endstück des Stolo := junge Kette, stärker vergrössert. O Mund, ^ AuswurfsOfinung, .Y Nervencentrum (Ganglion), If'r? Wimpergrube, TPt Wimperbogen, K»(? Endostyl. -1/ After, ür Kieme, Xu Nucleus (]')arm), Ol' Ovarium, C Herz. — c Embryo von Salpa democratien, letzterer nach einer Zeichnung von C. Grob- ))en. £7 Klaeoblast, PI Placenta, Pli PharyngealhChle, Kl Kloakenhöhle. Kapsel, welche in einiger Entfernung vom Xucleus durch einen engen, stiel- förmigen Gang an der rechten Seite in den Athemraum ausmündet (Fig. 7236). Nach der Befruchtuug erfährt das Ei eine inäquale Furchung und sehr merkwürdige unter Betheiligung einwandernder Follikelzellen verlaufende Veränderungen. Es verkürzt sich der Stiel, das sich vergrössernde Ei nähert sich mehr und mehr der inneren Auskleidung der Athemhöhle und l)ildet 709 mit seiner Umliiillun^" einen vorspringenden Zapfen, in welchem dasselbe, wie in einem Brntraum. die Embryonalentwieklung- durchläuft, i) Fi- 724. Ch Die Formiyn von Doiiuluni (ienticulatum. n,b,d,c nach C.Grobben, e nach Gegeubaur. a Geschlechts- thiiT. O Mund, A Auswurfsöffnung, Kl Kloakenraum, jVNervencentrum, Hs Hautsinnesorgan, Wb Wimper- bogen, Wg Wimpergrube. Einl Endostyl, Br Kieme, C Herz, J) Darm, T Hoden, Ou Ovarium, 3/ Muskel- reifen. — b Erste Ammengeneration. Siv Ventraler Stolo, Sid dorsaler Stolo, Ot Gehörorgan. — c Die. selbe in einem älteren Stadium, mit ausgebildetem dorsalen Stolo und rückgebildeten Darm und Kieme (schwächer vergrössert). Ms Mediansprossen, I-s Lateralsprossen. — d Das aus der Lateralsprosse erzeugte Nährthier mit grossem Mund und ohne Kloake. Oe Oesophagus. — e Doliolumlarve mit Larvenschwanz. Ch Chorda (Urochord) derselben. Im Verlaute der Entwicklung bildet sich zwischen Embryo und IMutter eine Placenta, welche für die Ernährung und das Wachsthum des Embryos von ^) Au-sser K. Leuckart I.e. vergl. Kowalevsky, Beitrag zur Eiitwicklnngs- gescliiehte der Tunicaten. Entwicklungsgeschichte der Salpeu. Nachr. von der k. Ges. der Wissensch., Göttingen, Nr. lü. 1868. W. Salensky, Ueber die embryonale Entwicklungs- geschichte der .Sal])en. Zeitschr. für Aviss. Zool., Bd. XXVII, 187(3. Derselbe, Ueber die Knospung der Salpen. Morph. Jahrb., Bd. III, 1877. Derselbe, Neue Untersuchungen 710 1- Ordnung. Desmomyaria. grosser Bedeutung ist. Mit der weiteren Ausbildung der Organanlagen, welche im Allgemeinen mit jener der Aseidien übereinstimmt, setzt sieh die Placenta von dem Embryonalleib schärfer ab, an dessen Hinterende eine als Elaeoblast bekannte Bildung — das Aequivalent der Chorda — auftritt (Fig. 723t'). Erst nach relativ langer Zeit werden die Embryonen als kleine, völlig entwickelte Salpen noch mit dem Ueberrest der Placenta und des Elaeoblastes geboren. Die solitäre, geschlechtlich erzeugte Salpe wächst während des freien Lebens bedeutend weiter, bleibt aber stets geschlechtslos, wogegen sie durch Knospung an einem Stolo zahlreiche zu einer Kette vereinigte Individuen hervorbringt. Dieser Stolo oder Keimstock ist ein die wichtigsten Organ- anlagen enthaltender Fortsatz , dessen Innenraum vom P)lutstrom durch- setzt wird und an dessen Wandung die Knospen hervorwachsen. Bei Salpa liegt der Keimstock wie jener der Aseidien an der Bauchseite und tritt später in eine besondere äusserlich geöffnete Aushöhlung der Körper- bedeckung ein (Fig. 723 a). Bei der ausserordentlichen Productivität des Keimstockes trifft man stets mehrere Knospensätze verschiedenen Alters hintereinander an, welche sich successive als selbstständige Ketten lösen. Complicirter gestaltet sich die Entwicklung bei DoUolum, nicht nur durch die Metamorphose, welche die aus den abgesetzten Eiern hervor- gegangenen Jungen als geschwänzte Larven durchlaufen, sondern durch das Auftreten einer zweiten Ammengeneration (Fig. 724). Es entstehen bei der aus dem Ei hervorgegangenen, vom Geschlechtsthiere differenten Ammen- generation an einem dorsalen Stolo MediansjJrosscn und Lateralsprossen (Gegenbaur), während der ventrale Salpenstolo (rosettenförmiges Organ) rudimentär wird. Nach Uli an in soll jedoch der letztere die Urkuospen liefern, Avelche auf den nach ihm nur als Träger der Knospen aufzufassenden sog. dorsalen Stolo hinaufgelangen. Die Lateralsprossen sind pantoffelfiirmig gestaltet und entbehren des Kloakenraumes; sie pflanzen sich nicht fort, sondern besorgen die Ernährung der Amme, welche mit ihrem weiteren an- sehnlichen Wachsthume Kieme und Darm verliert, dagegen die Muskulatur zu mächtiger Entwicklung bringt. Die Mediansi)rossen entwickeln sich zu Individuen, welche bis auf den Mangel der < Geschlechtsorgane den Ge- schlechtsthieren gleichen und eine zweite Ammengeneration repräsentiren, welche nach der Ablösung an einem bauchständigen Keimstock die Ge- schlechtsthiere erzeugt. 1. Ordnung. Desmomyaria, Salpen. Walzenförmige, meist dorso-ventral abgeflachte Formen mit band- förmigen Muskelreifen und dickem Mantel (Fig. 722j. Die vordere Oeftnung über die embryonale Entwicklung der Salpen. Mittlieil. der zool. Station in Neapel. Bd. IV, 1883. 0. Seeliger, Die Knospung der Salpen. Jen. Zeitschr., Bd. XIX, 1885. Vergl. ferner die Schriften von Barrois, Todaro. W.K.Brooks, The genus Salpa. Baltimore 1893. K. Heider, Beiträge zur Embryologie von Salpa fnsiformis Cuv., Frankfurt 1895. 2. Urdrinng. Cyclomyaria. 711 verschlicssbar , mit klappenartiger Lippe. Die Kieme erstreckt sich vom Ganglion bis vAun Oesophaguseingano; und ist in Folge der Entwicklung zweier grosser seitlicher Kiemenspalten auf ein medianes Band redueirt. Die Eingeweide sind am Ende der Bauchseite zu dem sog. Nucleus zusammen- getlrängt. »Solitäre, mittelst Stolo sich fortpflanzende Generationen alternireri in regelmässigem Wechsel mit Geschlechtsthieren, den Individuen der aus den Knospen des Keimstockes hervorgegangenen Kettenfonn. Die weil)liche Geschlechtsreife geht der männlichen Geschlechtsreife voraus. Das einzige Ei entwickelt sich zu einem Embryo . welcher im Brntsack des Mutter- thieres vermittelst eines Placentaorganes ernährt und als solitäre Salpe (Ammenform) lebendig geboren wird (Fig. 723 c). Farn. Salpidae. CiicJosalpa pinnata Forsk., Salpa (hinocratica viurronata Forsk., Adria und IMittelmeer, .S'. africana maxima Forsk., Mittelmeer und Adria, S. rordiformis Quoy, Gaim., N. zonaria Fall. 2. Ordnung. Cyclomyaria. Von tonnenförmiger Körpergestalt, mit zartem Mantel. Mund- und Kloakenöft'nung. von Läppchen umstellt. Muskeln ringförmig geschlossen (Fig. 724). Die Rückwand der Pharyngealhöhle ist eine von zahlreichen Spalten durchsetzte, schräg gestellte oder knieförmig gebogene und weit nach vorne ausgedehnte Kiemenlamelle. Der Darmcanal nicht nucleusartig zusammengedrängt. Das Ovarium enthält mehrere Eier. Der Hoden reift zu gleicher Zeit mit dem Ovarium. Die aus den Eiern ausschlüpfenden Jugendformen sind Larven mit Schwanz. Bei der ersten Amme liegt eine grosse Gehörblase an der linken Seite. Die Entwicklung erfolgt mittelst complicirten Generationswechsels. Farn. Doliolidae. L>. denticulatum Quoj-. , Gaim. Kieme knieförmig: gebogen , mit circa 45 Spalten jederseits (Fig. 224). D. Miilleri Krolin. Kieme aufrecht, jederseits 10 bis 12 Spalten. Mittelmeer. D. Elirenhenjii Krohn. Hier reiht sich die bisher nur in Stolonenbruchstücken bekannt gewordene Anchinia (Doliopsis) riibra^) C. Vogt an, deren Zooide rücksichtlich ihrer Anordnung lebhaft an die Medianknospen des dorsalen Stolo von Doliolum erinnern, jedoch im Gegensatze zu letzteren Geschlechtsorgane besitzen und der geringen Entwicklung ihrer Muskulatur wegen kaum zum freien Leben befähigt sind. Bislang nur in Yillafranca bei Nizza gefunden. ^) C. Vogt, ßecherches sur les animaux inferieurs de la Mediterranee. Memoires de l'institut national genevois, 1854, II. A. Kowalevsky et J. Barrois, Materiaux pour servir ii l'histoire de l'Anchinie. Journ. de l'Anat. et Phys., Paris 1883. 7J^2 ^^- Thierkrcis. Vertebrata. IX. Thierkreis. Vertebrata, A/Virbelth.iere. ') Gegliederte BllateraltUere mit innerem Skelet (WirhdsäideJ, irdches dureh dorsale Ausläufer (obere Wirhelhogen) das Nervencentrum (Rücken- mark und Gehirn), durch ventrale Ausläufer (Rippen) eine Höhle (Visceral- höhle) zur Aufnahme der vegetativen Organe umschliesst, mit ztvei Extre- mifäfenpaaren. Schon Aristoteles fasste die Wirbelthiere als hlutfährende Thiere zusammen und hob den Besitz einer knori)eligen oder knöchernen Skeletsäule als gemeinsames Merkmal derselben hervor. Erst Laniarck erkannte in dem Vorhandensein der Wirbelsäule den wichtigsten Charakter und führte noch vor Cuvier den Namen der Wirbelthiere in die Wissenschaft ein. Indessen erscheint diese Bezeichnung streng genommen nur als Ausdruck für eine be- stimmte Entwicklungsstufe des Skeletes, welches in seiner ersten ungeglie- derten Anlage als Chorda persistiren kann (Amphioxns, My.rine). Die wichtigsten Eigenthümlichkeiten beruhen daher nicht auf dem Vorhandensein von inneren Wirbeln und der Wirbelsäule, sondern auf einer ComUnation von Merkmalen, welche die gegenseitige Lage der Organe und die Art der Embryonalentivicklung betreifen. Dem entsprechend würden wir unter Wirbel- thieren metamerisch gegliederte Bilateralthiere verstehen mit achsenstän- diger Skeletanlage (Chorda dorsalis), an deren Rückenseite das Nerven- centrum gelagert ist , während ventralwärts der Darmcanal , Mund und After, sowie an der Bauchseite desselljen das Herz ihre Lage haben. Das Vorhandensein eines inneren Skeletes ist als Charakter dieses Thierkreises von grosser Bedeutung. Während die stützenden Hartgebilde der Wirbellosen fast ausschliesslich durch die Erstarrung und Gliederung der äusseren Haut erzeugt werden, treffen wir hier das entgegengesetzte Verhältniss in der Lage der festen Theile zu den Weichtheilen an, indem die ersteren in der Achse des Leibes ihren Ursprung nehmen und Fortsätze nach der Rücken- und Bauchseite entsenden. Bei den einfachsten und niedersten Wir])elthieren bleibt das Achsenskelet ein elastischer Strang (Chorda dorsalis), welcher — wahrscheinlich dem Chordastrang der Tuni- caten homolog (Chordonier) — bei allen höheren Formen im Embryonal- leben wiederkehrt und die Voranlage der Wirbelsäule bildet (Fig. 725). Dieser Achsenstrang wird von einer structurlosen Scheide (cuticulare Chorda- scheide) und von dem skeletbildenden Gewebe umhüllt, dessen dorsale ') Ausser den Werken von Cuvier, F. Meckel und .T. Müller vergl. E. Owen, On tlie Anatomy of Vertebrates , Vol. I. II. III. London 1866— 18G8. C. Gegen bau r, Grundzüge der vergleichenden Anatomie. 2. Aufl., Leipzig 1878. Th. H. Huxley, A Manual of the Anatomy of vertebrated animals. London 1871. 0. Hertwig, Lehrbuch der Ent- wicklung.sgeschichte des Menschen und der Wirbelthiere. 5. Auflage;, 1896. Chorda. Wirbelsäule. 713 Ausläufer das als Medullarrohr angelegte Nervenceiitrum umwachsen, während die ventralen ein Gewölbe über den lUutgefiissstänimen und Ein- geweiden bilden. Von diesem skeletogenen, aus der Skierotomwucherung der Trwirbel entstandenen CTCwebe sondert sich vornehmlich bei denVertc- braten mit persistirender Chorda (Cychtstonien, Knorpelganoiden, Dipnoer) eine innere iibröse Schicht, welche sieh von dem aufgelagerten skeletogenen Ge- webe durch eine Elasüca e.rfrma abgrenzt. Da, wo das innere Skelet eine festere Beschaffenheit gewinnt, tritt an demselben eben- so wie an dem Hautpanzer der ChS Gliederthiere eine Segmentirung ein. Diese Umgestaltung wird durch Veränderungen an dem skeletogenen Gewebe eingeleitet, Querschnitt durch die chorda indem dieser knorpelige oder dorsaiis (cio der unkeniarve, nach Goette. ChS Chorda- knitcherne Ringe erzeugt, welche scheide, sk skeietogene Schicht, die Anlagen der Wirbelkürper .v Eückenmark. darstellen. Dieselben verdrängen die Chorda, und zwar um so vollständiger, je mehr sie sich zu der Gestalt bic(»ncaver Knorpel- oder Knochenscheiben entwickeln, und treten mit schon früher gebildeten knorpeligen oder knöchernen Bogenstücken in der Umgebung der Rückenmarks- und Eingeweidehöhle zur Bildung eines Wirbels in Verbindung (Fig. 726 «, b). Derselbe be- steht sonach aus einem mittleren Hauptstück , dem ^ , , r,- , ■, , i^ " a Schema der v\ irbelsaule WtrheR-örper, häufig mit Resten der Chorda in seiner eines Teieostiers mit inter- Achse, zwei oberen Bogenstücken (Neurapophysen) und Z't:::Z a:^::::tZ zwei unteren Bogenstücken (Haemapophi/sen). Obere knöcherner wirbeikörper. wie untere Bogenstücke werden durch unpaare Elemente, l/^'^T '"f^^^^^^^f; ^ 1 ' Abschnitt. — 6 Fischwirbel. TJorafortsätze, geschlossen. Die Seitenfortsätze (Pleura- ä' Körper, ob obere Bögen, popinfsm), welche an verschiedenen Stellen, sowohl (^eurapophysen), [76 untere i l ■> ' ' ' Bogen (Haemapophysen), D an den oberen Bögen, als an den Wirbelkörpern, auf- oberer Domfortsatz, d' un- treten, sind Ausläufer und Fortsätze, keineswegs aber terer Domfortsatz, /mippe. selbstständige Gebilde. Dagegen treten als solche knorpelige oder knöcherne Seitenstäbe, die Hippen, hinzu, welche entweder an die Hämapophysen (Fische) oder an die Pleurapophysen angeheftet, den die Eingeweide ein- schliessenden Theil der Leibeshöhle bogenförmig umgürten. Auf einer hl»heren Entwicklungsstufe weicht die ursprüngliche homo- nonie Gliederung des Skeletes einer heteronomen Gliederung, welche zur 714 Vertebrata. Kopfskelcf. Entstehung,' einer Anzahl von Regionen führt. Audi in dieser Hinsicht be- steht eine Parallele zwischen Gliederthieren und Vertebraten. Zunächst sondert sich überall ein vorderer Abschnitt als Kopf von dem nachfolgenden gleichniässig gegliederten Rumpf (Fig. 727), und zwar im innigen Zusammenhange mit der Ausbildung der vorderen Partie des Nervcncentrums zum Gehirn und mit dem hier gelegenen Eingangsabschnitte des Darmcanals. Der dem oberen Bogensystem zugehörige Canal erweitert sich hier zur Schädelkapsel, an deren Ventralseite sich Knorpelbögen — Visceralapparat — anlegen, von denen die vorderen als Kiefer mit Zahnen bewaffnet sind und den Eingang in die Ernährungsorgane umsehliessen. Auf die Kieferbügen folgt noch eine Anzahl von Bögen, welche als Zungen- bein- und Kieraenbügen den Schlund umlagern. Indem der hintere Abschnitt des Rumpfes nicht zur Begrenzung der LeibeshiUile beiträgt, zerfällt der Fig. 727. Ko)pf und vorderer Abschnitt der Wirbelsäule von Acavihins. nach K. Owen. A' Wlrbelkurper, O oberer Bogen, S Schaltstiickdntercalare), /'/ Palatoquadratum, i>/i Lippenknorpel, //Hyomandibulare, Zi Zungen- beinbogen, Kb Kiemenbogen, Sg Schultergürtel. Rumpf zunächst in zwei Regionen, in den Buwpf im engeren Sinne mit rippentragenden Wirbeln zur Umgürtung der von dem Bauchfell (Peritoneum) ausgekleideten Leibeshöhle, und in den Schtvanz mit canalartig geschlos- senen Hämapophysen. Diese einfachste Gliederung des Rumpfes tritt bei den niederen Wirbelthieren auf, welche durch Biegungen und Schlänge- lungen vornehmlich der hinteren Region der Wirbelsäule die Propulsivkraft zur Fortbewegung ihres Lei])es erzeugen und als Fische im Wasser leben. Bei den in der Erde oder auf dem Erdl)oden heimischen Landthieren ist auch die verlängerte Wirbelsäule in ihren Elementen überaus verschiebbar; doch ist dieses Verhalten auf eine secundäre, mit der Rückliildung, be- ziehungsweise dem Ausfall der Gliedmassen verbundene Gestaltung zurück- zuführen. Bei den höheren Wirbelthieren jedoch, bei welchen wie bei den Arthropoden die zur Locomotion des Körpers dienenden Leistungen auf Gliedmassen übertragen werden, erscheint mit deren Ausl)ildung die Bewe- gung der Hauptachse reducirt und an manchen Abschnitten sogar aufgehoben. Extremitäten. Regioae nbildung am Rumpfe. 715 Die Extremitäten sind auf ein vorderes und hinteres Paar l)escbränkt. Bei den niederen Formen fungiren sie blos als Flossen oder als Nachsehieber und ü])en neben der Wirbelsäule nur einen untergeordneten Ein- fluss aut die Locomotion aus. In solchen Fällen bleibt die Gliederung des Rumpfes noch über- aus gleichartig. Erst da, wo die Art der Loco- motion einen gr()sseren Kraftaufwand , sowie eine mächtigere Entfaltung der Extremitäten und eine festere Verbindung derselben mit dem Achsenskelet erfordert, gewinnen am Rumpfe verschiedene aufeinander folgende Wirbelcom- plexe eine verschiedene Gestaltung und heljen sich als besondere Regionen al). Da die hin- tere Extremität die Hauptstütze des Leibes ist und vornehmlich die Propulsivkraft erzeugt, erscheint zunächst ihr Gürtel meist unbeweg- lich mit einem Abschnitte der Wirbelsäule ver- schmolzen, welcher sich durch die feste Ver- bindung seiner Wirbel auszeichnet (Fig. 728). Diese zwischen Rumpf und Schwanz gelegene Grenzregion, die Sacralregion, ist anfangs nur durch einen einzigen (Amphibien), dann durch zwei (Reptilien) (Fig. 729) und bei den höheren Vertel)raten durch eine grossere Zahl von Wir- beln gebildet, deren Querfortsätze besonders mächtig werden und sich mittelst der zuge- hörigen Rippenanlagen mit dem Hüftbein des ExtremitätengürteLs fest verbinden. Mit der Entwicklung der vorderen Extremität und dem Bedürfniss einer \'erbindung derselben mit dem Rumpf tritt auch am vorderen Abschnitte eine festere Region auf, deren Rippen nicht nur durch besondere Länge, sondern durcli den medianen | Anschluss an ein in der Medianlinie der Ventral- a Skelet von Menopomn alleghaniense. Seite auttretendes System von Knorpel- oder oci occipitaie lateraie, p Parietale, Knochenstücken (Brustbein, Sternum) auss'e- ^' frontale, Ty Tympanicum, Pe Pe- / i- trosum, Mx Maxillare, Jmx Intermaxil- zeichnet sind (Brustkorb, Thorax). So bleibt lare, n Nasaie, vo vomer, Et os en zwischen Thorax und Kopf einerseits und Thorax "''"*""' ^' i't">-^°''J<'"">' * schuuer- ^ gürtel, J/ Beckengürtel, ,9 ^acralwirbel, und Sacrum andererseits eine lieweglichere Re- b Rippen. — b zungenbeinbogen (Zb) gion eingeschoben. Der die Brust mit dem Kopfe ""^ Kiemenbogen (Kb) desselben. verbindende Abschnitt, der Hals, besitzt meist eine grosse Verschiebbarkeit seiner Wirl)el, an denen noch Rippenreste erhalten bleiben, während die 716 Vertebrata. Extremitäten. hinter der Brust folgende Loidenregion, durch die Grösse ihrer Quertort- sätze, zugleich aber auch durch eine grössere Be- '" " ' weglichkeit ihrer Wirbel ausgezeichnet, der Rippen gewöhnlich entbehrt. Demnach gliedert sich der Rumpf der höheren Wirlielthiere in HaJs-, Bnist- (Rikl-en-), Lenden- und Sacralre(/ion, auf welche der ^Sc/^/m^^abschnitt (Caudalrerjion) folgt (Fig. 729). Die Plxtremitäten zeigen zwar nach Gestalt und Leistung äusserst wechselnde Verhältnisse, in- dem sie als Beine den Leib der Landthiere tragen oder als Flügel zum Fluge, als Flossen zum Schwim- men dienen; gleichwohl sind überall dieselben Haupttheile nachweisbar, deren Abänderung oder Verkümmerung die Unterschiede bedingt. Ebenso aber wie Bein, Flügel und Flosse homologe Organe sind, erscheinen vordere und hintere Gliedmassen- paare als Wiederholungen derselben Einrichtungen. An beiden unterscheidet man den Gürtel zur Ver- bindung mit der Wirbelsäule, die aus langen Röhren- knochen zusammengesetzte Extrem itätcnsäuh und den terminalen Abschnitt, die ExtremitätenspHze. Der Gürtel des vorderen Gliedmassenpaares, der .Schultergürtel, besteht aus drei Stücken, dem dor- salen Schulterblatt (Seapula) und zwei ventralen hintereinander gelegenen Bogenstücken, dem Pro- eoraeoid(Claricnla) und dem Coracoid. Dem Schulter- gürtel entspricht der Beckengürtel des hinteren Gliedmassenpaares, ebenfalls mit drei Elementen, dem Darmbein (Os ileiim), welches die Verbindung mit dem Kreuzbein herstellt, dem Schambein (Os puhls) und dem Sitzbein (Os ischii), welche beide den ventralen Schluss vermitteln. Die Extremitäten- säule wird in der Regel durch lange Röhrenknochen gebildet und setzt sich aus zwei Abschnitten zu- sammen, aus dem Oberarm (Hun/erus), dem Ober- schenkel (Femur) und dem Unterarm und Unter- schenkel, welch' letztere aus zwei nebeneinander liegenden Röhrenknochen bestehen (Bndius, JJlna — Tihia, Fibula). Der terminale Abschnitt der Extre- mität, welcher sich durch eine grössere Zahl von meist fünf der Länge nach nebeneinander liegenden Elementen auszeichnet, die Hand, beziehungsweise Fuss. besteht aus zwei Reihen von Wurzelknoehen Krokodilskf'let. D Dorsalregion, L Lurnbalregion, S Sacralregion, Ri Rirpen, Sc Seapula, HHume- rus, -R Radius, t/'Ulna, StaStei- num abdominale, Fe Femur, T Tibia, F Fibula, ./ Os ischii, C Caudalwirbel. KxtremitUten. risi)rung derselben. .Schiidul. 71T Handwurzel (Carjms) , Fus.swiirzel (Tarsus), sodann aus der .Mittelhand (M(tacurpus), beziehungsweise Mittelfuss (Metafarsus), und endlich aus den in l'Jiülangen geg-liederten Fingern und Zehen. Küeksichtlieh ihres Ursprunges sind die Extremitäten nach Thacher, Mivart und Balfonr auf üeberreste ursprünglich continuirlicher Seiten- Hossen zurückzuführen, nach der Hvjjnthese (legenbaur's al)er mit den ^'iscerall)ögen in IJezichung zu bringen und als aus dem Verbände der vor- ausgehenden hervorgetretene Kiemenbögen zu betrachten. Für die Zuriick- führung des Extremitätenskeletes selbst verwendet Gegen baur als Aus- gangspunkt das Flossenskelet von Ceratodus und der Crossopterygier, welches aus einem gegliederten Stamme besteht, der mit zwei Reihen von gegliederten Kadien besetzt ist (Ärchiptcryymm). Von diesem aus ist das Flossenskelet der .Selachier alizuleiten. Indem sich liier die laterale Kadien- reihe besondei-s mächtig entfaltet und einige stärker entwickelte Kadien an den Stamm anschliessend sich direct dem Öchultergürtel anfügen, zerfällt das Flossenskelet in drei Abschnitte: Pro-, Meso- und Metapterygium. Das Extremitätenskelet der höheren Wirbelthiere soll hingegen bei Wegfall des Pro- und j\reso})terygiums durch Rückbildung bestimmter Abschnitte des ]\Ietapterygiums bei transversaler Umgliederung der sich einseitig am Stamme erhaltenden Radienglieder entstanden sein, aus welcher eine neue Anord- nung der Gliedstücke zu ([uer verlaufenden Abschnitten hervorging. Der Schädel zeigt im Anschlüsse an das besondere Verhalten der V\irbelsäule zahlreiche in allmäliger Entwicklung sich erhebende Gestaltungs- formen. Im Allgemeinen tritt da, wo die Wirbelsäule eine häutig-knorpelige Beschaifenheit besitzt, ebenfalls eine eontinuirliche häutig-knorpelige Schädel- kapsel auf, mit welcher im Wesentlichen die eml)ryonale Schädelanlage (Prmordkdcraninm) der höheren Vvlrbelthiere übereinstimmt (Fig. 727). Aus derselben entwickelt sich i) der hiöcherne Schädel theils durch Ossi- iicationen in der Knorpelkapsel, beziehungsweise durch eine vom Perichon- drium ausgehende Verknöcherung, theils durch Auflagerung von Haut- knochen, welche die knorpeligen Theile mehr und mehr verdrängen. Erst in der knöchernen Schädelkapsel prägt sich eine den Wirbelstücken analoge Anordnung der festen Theile aus, aus welcher die Zusammensetzung des Schädels ans drei oder vier Wirbeln abgeleitet wurde. Jedes der Segmente sollte, den Wirbeltheorien von (P. Frank) Goethe und Oken gemäss, aus einem dem Wirbelkörper entsprechenden Basalglied, zwei oberen Bogen- stücken und einem Schlussstück (Dornfortsatz) bestehen (Fig. 730). In der hinteren Schädelregion würden dieser Lehre nach das Hinterhauptbein (Occipitcde bascde) dem Wirbelkörper, die beiden seitlichen Hinterhaupts- knochen (0. laterfdia) dem obern Wirljelbogen und die Hinterhauptsschuppe (0. superms) dem ol)eren Schlussstück entsprechen. Die Knochen der mitt- ') Yergl. besonders Eeichert und Kölliker, Huxlev, Parke i 718 Vertebrata. Zurückweisung der Wirbeltheorie. leren oder parietalen Schädelgegend sind von dem hinteren Kcilbcinkörpcr (Basisphemidcum) und den hinteren Flügeln (J//.9/>A6'Uo?V/nH.r Intermaxillare, Ju .Tugale, PnZ Palatinum, Pt Pterygoideum, Bs Basisphenoid. In neuerer Zeit wurden jedoch zuerst vonHuxley und Gegen bau r gegen diese Wirbeltheorie wesentliche Einwürfe erhoben und das Funda- ment derselben erschüttert. Nach Gegenbaur würde eine viel grössere (mindestens neun), den primären Visceralbögen entsprechende Zahl von Wirbelsegmenten in die Bildung des Schädels mit eingegangen sein (vertc- braler Theil des Schädels), während die vordere Schädelregion eine Be- ziehung zu Wirbeln nicht aufweist (prävertebraler Theil). Nach den in jüngster Zeit gewonnenen Erfahrungen kann jedoch als zweifellos gelten, dass an der Bildung des Schädels, die Occipitalregion ausgenommen, Wirbel nicht betheiligt waren, da die in die Kopfbildung eingehenden L'rwirbel- anlagen mit Wirbeln nichts zu thun haben, sondern diesen vorausgehende Metameren des Mesoderms (Ursegmente) darstellen. Kiefergaumenapparat. 719 Die übrigen festen Elemente , welche sich dem Schädel mehr oder minder innig anfügen, nmschliessen als eine Anzahl hintereinander liegender, zusammengesetzter Bögen den Eingang in die Visceralhühle, Von diesen werden die vorderen als Kiefer-Gaumenapparat zur Herstellung des Ge- sichtes verwendet. Der Kiefer-Gaumenapparat besteht in seiner einfachsten Form aus zwei beweglichen Bogenstücken (Palato-quadratum und Jfnter- kh'fer), welche durch einen Kieferstiel fHt/omandibulareJ, dem oberen Ab- schnitt des zweiten Bogens, an der .Schläfengegend befestigt sind (Fig. 727 ). Das t\dato-quadratum tritt mit dem Schädel in eine innigere Verbindung, legt sich in seiner ganzen Ausdehnung dem Schädel mehr oder minder fest an und gliedert sich im Falle der Ossificirung jederseits in eine äussere und innere Reihe vcni Stücken, die erstere im Jochbein (Jugale)^ Oberkiefer (MaxiUarc) und Zwischenkieler ( IntermaxUlare) , die letztere im Quadratum Fig. 731. I'r Pm Pp Schöpsenscbädel, median durchsägt, von innen gesehen. Oi Occipitale basale, 0/ O. laterale, Os 0. superius, Pi Petrosum, Sjih Sphenoidale basale, Ps Praesphenoideura, Als Alisphenoideum, Ors Orbitosphenoideum, Pa Parietale, Fr Frontale, Sf Sinus frontalis, Sth Ethmoideum, 2sa Nasale, C Conchae, Ci Concha in- ferior (Os turbinatumi, Pt Pterygoideum, Pal Palatinum, Vo Vomer, Mx Maxillare, J)nx Intermaxillare, Pm Processus paramastoideus. zur Einleukung des Unterkiefers, Flügelbein (Pterij(joidtüni} und Gaumen- bein {FaJatinunij (Fig. 731). Diese Knochenreihen stellen den Oheriäefer- (iaumenapparat her und bilden die obere Decke der Mundhöhle. Auch der untere ursprüngliche einfache Knorpelbogen, der Unterkiefer (Mandihula), wird jederseits durch eine Anzahl Knochen verdrängt (Articulare, Angu- lare und Dentale etc.), von denen das meist zahntragende Dentale den grössten Umfang gewinnt. Die hinter dem Kieferbogen folgenden, ebenfalls am Schädel befestigten Visceralbögen entwickeln sich in der Wandung des Schlundes und verhalten sich zu der Rachenhöhle ähnlich wie die Rippen zu der Thoracalhöhle (Fig. 729). Der vorderste Bogen, dessen oberes Stück bei niederen Wirbel- thieren als Kiefersuspensorium (Hj/omandibidare) Verwendung findet, bildet ein Suspensorium für die Zunge (Zungenbeinbogen) und schliesst sich durch 72*) Vertebrata. Haut. Nervensystem. ein niitercis medianes Kiiocheiistüek (Os lii>;/i(ah'). Auf dietjcs folg-en noeli eine Keihe von nnpaaren Knochen als mediane Verl)indiing'8!5tüeke (rojnüac) der nachfolgenden Bügen (Kiemcnl)ügen), welche bei den im Wasser lebenden Wirbelthieren am vollständigsten entwickelt sind und, durch Spalten des Schlundes gesondert, als Träger der Kiemen dienen, bei den luftathmenden Vertebraten aber mehr und mehr verkümmern und zuletzt nur noch als embryonale Anlagen in unvollständiger Zahl nachweisbar bleuten. Den l'eljer- rest des ganzen Apparates bildet das Zungenbein mit seinen beiden Hiirnern. Die äussere Haut der Wirl)elthiere sondert sich in zwei scharf ge- schiedene Schichten, in die Oberhaut o(\.q.v Epidermis und in die l'nterhaut oder Cutis. Die letztere hat zur Grundlage tibrilläres Bindegewebe , mit welchem Muskelelemente in ^'erbindung treten, ohne dass jedoch diese wie bei den Gliederthieren einen vollkommenen Hautmuskelschlaucli bilden. Wo sich Hautmuskeln in bedeutender Ausdehnung entwickeln, dienen dieselben ausschliesslich zur Bewegung der Haut und ihrer mannigfachen Anhänge, al)er nicht zur Bewegung des Rumpfes, welche durch ein hoch entwickeltes Muskelsystem in der Umgebung des Skeletes bewirkt wird. Die Cutis setzt sich in eine tiefere, mehr oder minder lockere Schicht, das Unterhautbinde- gewebe, fort und ist nicht nur Träger von mannigfachen Pigmenten, sondern auch von Nerven und Blutgefässen. An ihrer oberen Fläche bildet die Cutis kleine konische Erhebungen oder Papillen, welche, von der Epidermis ül »erkleidet, nicht nur für l)esondere Sinnesemptindungen (Tasforgmiv), son- dern auch zur Erzeugung verschiedener Hartgebilde (Schuppen. Zähne) von Bedeutung erscheinen. Die Epidermis ist eine mehrfach geschichtete Zellen- lage, deren obere ältere Schichten abgestossen werden, während die unteren Schichten (Stratum Maljjif/hii) als JMatrix zum Ersatz der oberen in leb- hafter Wucherung begriffen und zuweilen Träger der Hautpigmente sind. Die mannigfachen Anhänge der Haut verdanken ihren Ursprung theils als Epiderraoidalgebilde besonderen A^^1chsthumsvorgängen der Oberhaut (Haare und Federn), theils führen sie auf Ossiticationen der Uuterhautpapillen zu- rück , welche zuweilen sogar einen festen Hautpanzer entstehen lassen (Schuppen der Fische, Reptilien ; Hautpanzer der Gürtelthiere. Schildkröten). Das Nervencentrum hat seine Lage in der von den oberen \^'irbel- bogen gebildeten Rückenhöhle und lässt sich auf einen Strang (Bücken- nuirli) zurückführen, dessen vorderer vergrösserter und weiter ditferenzirter Abschnitt als Gehirn unterschieden Avird. Das Innere dieses Stranges wird von einem engen Centralcanal durchsetzt, welcher sich in Hohlräume des Gehirns, Hirtihöhlen, fortsetzt. Hirn und Rückenmark sind also Abschnitte desselben Organes. Das Gehirn erscheint als Träger der geistigen Fähig- keiten und als Centralorgan der Sinneswerkzeuge, während das Rückenmark die vom Gehirn übertragenen Reize fortleitet und insbesondere die ReÜex- bewegungen vermittelt , indessen auch Centralherde gewisser Erregungen enthält. Die I\Iasse des Gehirns und des Rückenmarks nimmt mit der höheren 721 Fi- 7H2. .1//, _ l /l'- / ^ MH Lel)ens.stute lortsehreitend /u, doch in ungleielicm Verhältnisse, indem das Gehirn sehr bald das Rückenmark überwiegt. Die niederen Wirbelthiere besitzen ein relativ kleines Gehirn, dessen Masse von der des Rückenmarks bedeutend übertrofiten wird, die Warmblüter dagegen zeigen das umgekehrte Verhältniss um so entschiedener ausgeprägt, je höher sich ihre Organisations- und Lel)ensstute erhcl)t. Aus dem Rückenmarke entspringen paarige Nerven in der Weise, dass zwischen je zwei Wirbeln ein Nervenpaar (Spincd- licrvtn), mit einer oberen sensibeln und unteren motorischen Wurzel, hervor- tritt, so dass sich im Allgemeinen eine der Wirbelsäule entsprechende Gliederung hier wiederholt. Am Gehirne erleidet die Anord- ~^~^="7~' ./"V "">. — - — ^ /'^ üung der Spinalnerven mehrfache Com- plicationen. welche noch durch den Ur- sprung von zwei Sinnesnerven, des 01- factorius und Opticus, gesteigert werden. ►So verschieden sich Form und Bildung des Gehirns darstellt, so lassen sich doch genetisch überall drei Blasen (Fig. 732) als Hauptabschnitte unterscheiden. Die 5/' vordere Blase entspricht dem grossen Ge- ^ hirn (Hemisphären und Sehhügel) , die mittlere (^littelhirn) der Vierhügelmasse ( Corpora (ptadrlgcnihia) , die hintere (Hinterhirn) dem kleinen Gehirn mit dem verlängerten Marke. Die vordere Blase zerfällt aber wieder in zwei Abtheilungen, in eine obere, median gespaltene Aus- ^ stülpung, welche die Hemisphären mit , -, . , •! 1 1 -1 1 i 1 • 1 • Embryo des Huhnes vom Ende des zweiten Tages, den Seitenventrikeln büdet, und eine hm- nachKöiuker. t7, vorderhim, ji//, Mitteihim, tere unpaare Region, das sog. Zwischen- -h^'' Hinterhirn, ^i Augenwasen, jv/b Meduuar- , . . , L< 1 1 •• 1 xr/T7 7 • • • \ röhr, UW Urwirbel, StZ Urwirbelplatten des hirn mit den SehhUgeln (Ihalami optici) Mesoderms (Stammzone), Sp Seitenplatten des und der Umgebung des dritten Ventrikels Mesoderms (Parietaizone), h Herz. (Fig. 733). Ebenso sondert sich die dritte Hirnblase in zwei Theile, eine vordere kürzere, das kleine Gehirn (Ccrchellum), und eine hintere längere, das Nachhirn oder das verlängerte Mark (Meclulla ohJongata). Im Stadium höchster Dilferenzirung unterscheidet mau zwölf Hirnnerven, ausser dem OJfador'ms und Opticus: den Ociilomotorius, Trochlearis, Ttigeminns, Ah- duccns, Focialis, Aciisticus, Glossopharyngeus, Vagus, Acccssorius WUlisii und Hjipoglossiis. Die Sinnesorgane schliessen sich nach ihrer Lage in folgender Reihen- folge an. Zuerst das Geruchsorgan als eine meist paarige, ausnahmsweise ((Ujchsfomcn) unpaare Grube, deren Nerv jederseits am Vorderhirn entspringt C. Clans: Lehrbuch der Zoologie. G. Aufl. 46 722 Vertebrata. Sinnesorgane. imd meist in Form eines besonderen Lobus (Lohns olfactorms) beginnt. Bei den durch Kiemen athmenden Wasserbewohnern ist die Nasenhöhle mit seltenen Ausnahmen (MyxineJ ein geschlossener Sack, bei allen durch Lungen respirirenden Wirbelthieren dagegen öffnet sich dieselbe durch die Nasen- b Fig. 733. a u Gehirn und oberer Theil des Kückeninarkes eines menschlichen Embryo von der Seite gesehen, nach Kölliker. Vh Vorderhirn, Zh Zwischenhirn, J/7i Mittelhirn, Hh Hinterhirn, .A7i Nachhirn. T vorderes unteres Ende des Zwischenhirns, NO Sehnerv. — b Schematischer Längsschnitt durch ein Vertebratenhirn, nach Huxley. Hs Hemisphären, LO Eiechlappen (Lobus olfactorius). O// Riechnerv (Olfactorius), ThO Thalamus opticus, Vi dritter Ventrikel, Xo Sehnerv, H Hirnanhang (Hypophysis), Gp Zirbeldrüse (Glan- dula pinealis), CQ Corpora quadrigemina, Cb Cerebellnm. J/0 Medulla oblongata, PV Pons Varolii. gänge in die Mundhöhle und dient zugleich zur YAw- und Ausleitung des Luftstromes in die Lungen. Es folgen sodann als zweites Hauptsinnesorgan die Augen, welche ihre Nerven vom Zwischenhirn und ^Mittelhirn erhalten, üeberall treten dieselben paarig auf (vergl. über den Bau des Auges pag. 102), nur Ijei Amphioxns werden sie durch einen unpaaren, dem vorderen Ende des Nervencentrums aufsitzenden Pig- mentfleck vertreten. Das Gehörorgan ^), welches durch den Ursprung seines (auf die sensible Wurzel eines spinal- artigen Hirnnerven zurück führbaren) Nerven dem Nachhirue angehört, wird bei Awjjhio.rus ganz vermisst. Das- selbe erscheint in seiner einfachsten Form als ein häutiges, mit Flüssig- keit und Otolithen gefülltes Säckchen (häutiges Labyrinth), dessen hinterer Abschnitt in drei halbkreisförmige mit Ampullen beginnende Canäle ausläuft, während der vordere , als Saccuhis zur Sonderung gelangte Theil durch Ausstülpung die Schnecke erzeugt (Fig. 7o4). Das Gehörorgan entsteht während des Embryonallebens als grubenförmige Einsenkung, welche in die Tiefe rückt und sich als Blase Schematische Darstellung des Gehörlabyrinthes, nach Waldeyer. 1 des Fisches, JI des Vogels, III des Säugethieres. V TJtriculns mit den drei Bogengängen, S Sacculus, VS Alveus communis (TJtriculus und Sacculus), (' Cochlea (Schnecke), L Lagena, Cr Canalis reuniens, B Kecessus Laby- rinthi (Aquaeductus vestibuli). *) G. Eetzius, Das Gehörorgan der Wirbelthiere. 2 Theile. Stockholm 1881 — 1884. Mundhöhle. Zähne. von (1er Haut ablöst. Die ursprüngliche, sich lang ausziehende Verbindung mit der Haut bleibt nur bei Selaehiern nach aussen offen, ist dagegen bei den übrigen Vertebraten geschlossen und stellt den Ikccssus lahyrinthi (Aquaeductus vcstibuli der Säuger) dar. Zu diesem Sinnesapparate des Gehör- organs treten noch weitere Einrichtungen als Hilfsorgane (Paukenhöhle mit Gehörknöchelchen). Der Geschmack, dessen Sitz am Gaumen und an der Zungenwurzel zu suchen ist, wird durch die Ausbreitung eines spinalartigen Gehirnnerven (Ghssopharijngcus) an eigenthümlich modificirten Gruppen von Epithelzellen (Geschmacksknospen) vermittelt, wie sich auch das über die Körperobertiäche ausgebreitete Gefühl und die Tastempfindung an die Endigung sensibler Fasern von Spinalnerven knüpft. Ausser dem cerebro- spinalen Nervensystem unterscheidet man (mit Ausnahme von Amphio.ms und der Ci/clostomen) ein besonderes Eingeweidenervensystem (Sf/wpafhinis). Dasselbe wird von besonderen Zweigen der Spinalnerven und Spinalnerven- artigen Hirnnerven gebildet, welche besondere Ganglien durchsetzen und Nervengeflechte für die Eingeweide abgeben (Fig. 107). In der geräumigen , unterhalb der Skeletachse sich ausbreitenden Leibeshöhle liegen die Organe der Ernährung, Circulation und Fortpflanzung. Der Verdauungscanal stellt sich als ein mehr oder minder langgestrecktes Rohr dar, welches, unterhalb des Schädels, von Visceralbögen umgürtet, mit der Mundötfnung beginnt und in verschiedener Entfernung vom hinteren Körperpole (je nach der Länge des Schwanztheiles der Wirbelsäule) eben- falls bauchständig durch den After nach aussen mündet. Der Darm Avird im grössten Theile seines Verlaufes von einer Duplicatur des die Leibes- höhle auskleidenden Peritoneums überzogen und mittelst der eng aneinander - liegenden Laraellen desselben, des Mesenteriums, an der unteren Fläche des Rückgrates suspendirt. In der Regel übertrifft der Darmcanal die Länge vom Mund zum After sehr bedeutend und bildet daher im Leibesraume mehr oder minder zahlreiche Windungen. Fast überall gliedert sich der Verdauungscanal in die drei Abschnitte : Speiseröhre nebst Magen, Dünn- darm mit Leber und Pankreas und Afterdarm. Die Speiseröhre beginnt durchweg mit einer Mundhöhle, an deren Boden sich meist ein muskulöser Wulst, die Zunge, erhebt. Sieht man dieses nervenreiche Organ auch im Allgemeinen mit Recht als Geschmacksorgan an, so dient dasselbe doch noch zu besonderen Leistungen bei der Nahrungsaufnahme und kann zu- weilen sogar die erstere Piedeutung vollkommen verlieren. Die Mundhöhle wird (mit Ausnahme von Amphioxus und der Cydostomen) von dem als Ober- kiefer-Gaumenapparat und Unterkiefer bekannten Skeletbogen umschlossen, von denen der Unterkiefer stets kräftige Bewegungen gestattet, während die Theile des Oberkiefer-Gaumenapparates entweder mehr oder minder fest untereinander und mit dem Schädel verbunden sind , oder auch an diesem verschoben werden können. Beide Kiefer wirken im Gegensatze zu den Kiefern der Arthropoden von oben nach unten gegen einander. Gewtihnlich 46* 724 Vertebrata. Vt-rdauuiiffscanal. Ilespirationsorfrau sind dieselben mit Zähnen l)ewatTnet, welche als von Epideim()idal^i;-el)ilden (Schmelz) überkleidete, verknöcherte Papillen (Dentin) der Mundschleim- haut (Fig. 735) entweder mit den Kieferknochen direct verwachsen oder in besonderen Alveolen der Kiefer wurzeln. Während dieselben l)ei den höheren Wirbehhieren auf Ober- und Unterkiefer beschränkt sind, können sie bei den niederen Wirl)elthiercn an allen die Mundhöhle l)egrenzcnden Knochen auftreten. Nicht selten aber fallen die Zähne vollkommen hinweg-. Bei den A^ögeln und Schildkröten werden sie durch eine hornige Umkleidung der scharfen Kieferränder (Schnabel) ersetzt und die Bartenwale tragen am Gaumen hornige Blätter, die sog. Barten. Fast überall nimmt der Darmcanal in seinen verschiedenen Abschnitten selbstständige Drüsen auf, deren Secrete sich dem Darminhaltc beimischen. Schon in der Mundhöhle gesellt sich zu den e])en aufgenommenen Speisen der Speichel . die Abson- Fip. TS,'-). Die Entwicklung des Zal: von Triloii. nacl: H( derungsflüssigkeit einer grösseren oder geringeren Zahl von Speicheldrüsen, weiche jedoch l)ei vielen Wasserthieren verkiun- niern, beziehungsweise hin- w^egfallen. In denAnfangs- theil des Dünndarmes er- giesst sich die Galle und .^.^^ der für die Verdauung "^^^"^ wichtige Saft der Bauch- speicheldrüse ( Pancnas). ^vig. «Die Die erstere ist das Secret der Leber, einer umfänu- ersten Stadien der Zahnentwicklung, rechts die erste Anlage, h späteres Entwicklungsstadium. T)K Dentinkeim (Cutispapille), MS Schipelzorsran «Epitheleinwucherung), D Dentin, .9 Schmelz, Ep reiclieil DrÜSC, durcll WCl- Mundhöhlenepithel. , , ,, i i j i t-i- che das A enenblnt der Lin- geweide l)ci der Rückkehr zum Herzen hindurchströmt (Pfortader-Kreislauf). Bei AvqjJiioxus stellt sich die Leber als einfacher Blindsack des Darmes dar. Das Pancreas fehlt hier und bei einigen anderen Fischen vollständig. Der die Resorption der Säfte besorgende Dünndarm zeichnet sich nicht nur durch seine bedeutende Länge aus, indem gerade dieser Abschnitt in Willdungen zusammengelegt ist, sondern auch durch das Auftreten von inneren Falten und Zöttchen, welche die resorbirende Oberfläche bedeutend vergrössern. Der Endabschnitt hebt sich meist durch seine Weite und kräftige Muskulatur als Enddarm (Dickdarm, Mastdarm) ab. l'eberall finden sich besondere Eespirationsorfjane, Kiemen oder Lungen. Die ersteren liegen meist als Doppelreihen lanzettförmiger Blättchen an den Seiten des Schlundes hinter dem Kieferbogen und werden mit Ausnahme von Awp/iio.rus undderC'_f/r/o.9^o«?<^'« vonVisceralbögeu getragen. Zwischen diesen Krf'islaut'sorgane. Klut. 725 Bögen finden sieh stets .Spaltöffnungen, welche unmittelbar in den Schlund führen und von hier das zur Respiration dienende, die Kiemen umspülende Wasser in die Kiemenhöhle eintreten lassen. Von der äusseren Seite werden die Kiemen oft von einer Hautduplicatur oder von einem Kiemendeckel über- lagert, an dessen unterem oder hinterem Rande ein langer Spalt zum Aus- fliessen des Wassers aus dem Kiemenraume frei bleibt. Indessen können die Kiemen auch als äussere Anhänge unbedeckt hervorragen (Amphibien und Embryonen der Selachier). Lungen finden sich zwar schon bei niederen Wiri)elthieren im Vereine mit Kiemen vor und werden auch bei den Fischen durch ein morphologisch gleichwerthiges Organ, die Schwimmblase, ver- treten, gehören aber in vollkommenerer Ausbildung erst den höheren, grossen- theils warmblütigen \Mrbelthieren an. Dieselben stellen in ihrer einfachsten Form zwei mit Luft gefüllte Säcke vor, welche sich mittelst eines gemein- samen klaffenden Luftganges (Luftröhre) in der Tiefe der Rachenhöhle in den Schlund öffnen. Die Wandung der Lungensäcke trägt die respira- torischen Capillargefässe und erscheint meist, in Folge auftretender Falten und secundärcr Erhebungen zur Herstellung einer grossen Oberfläche, als ein schwammiges, von Röhren durchsetztes Organ. Beide Lungen erstrecken sich oft tief in die Leibeshöhle hinein, bleiben aber bei den höheren Verte- braten auf den vorderen Abschnitt derselben beschränkt, welche als Brust- höhle durch eine Querscheidewand (Zwerchfell) von dem hinteren Ab- schnitte (Bauchhöhle) mehr oder minder vollständig abgegrenzt sein kann. Auch die Luftathmung setzt einen beständigen Wechsel des zur Respiration dienenden Mediums voraus, den Austausch der verbrauchten, mit Kohlen- säure geschwängerten Luft mit der sauerstoffreichen Luft der Atmosphäre. Dieser Austausch wird in verschiedener Weise durch mechanische Einrich- tungen bewerkstelligt, von welchen die sog. Respirationsbewegungen ab- hängig sind. Diese treten bei allen durch Lungen athmenden Wirbelthieren, am vollkommensten aber bei den Säugethieren als rhythmische Verengerungen und Erweiterungen der Brust (Thorax) auf. Am Eingange der in die Lungen führenden Luftwege verbindet sich mit dem Respirationsorgane das SfhiiDi- or()(üi. zu dessen Bildung meist der obere Abschnitt der Luftröhre als Kehl- kopf umgestaltet ist, Stimmbänder erhält und mittelst einer engen, oft durch einen Kehldeckel verschliessbaren Spalte in den Schlund sich öffnet. Die Krcishm/sor-f/ane bilden überall ein geschlossenes Gefässsystem und führen rothes (nur bei Aniphioxus und den Leptocephalklen weisses) Blut. Die rothe Farbe des Blutes, in welcher man früher den wesentlichen Charakter des Blutes zu erkennen glaubte (Blutthiere des Aristoteles), ist an das Vorhandensein einer sehr grossen Zahl von Blutkörperchen geknüpft, welche als flache scheibenförmige Körperchen den Farbstoff i^i?««?o- (jhhin) tragen und die Uebertragung des Sauerstoffes in die Gewebe ver- mitteln. Neben denselben kommen im Blute blasse Zellen , die farblosen amöboiden Blutkörperchen, vor (Fig. 48). 726 Vertebrata. Herz. Blutgefässe. Lymph-Chylusgefasse. Nieren. Mit Ausnahme von Amphloxus, dessen grössere Gefässstämme pulsiren, entwickelt sieh bei allen Wirbelthieren ein distincter Abschnitt des Gefäss- systems als Herz. Dasselbe liegt im Vordertheile der Leibeshöhle, ursprüng- lich genau in der Medianlinie, hat eine konische Gestalt und wird von einem Herzbeutel umschlossen. Die Lage der Hauptgefässstänime und ihre Ver- bindung mit dem Herzen stellt sich in der einfachsten Form in folgender Weise dar. Eine mächtige Arterie verläuft längs der Wirbelsäule herab und lässt zahlreiche Seitenzweige, der Gliederung der Wirbelsäule entsprechend, rechts und links austreten. Unterhalb derselben verläuft eine am Schwanz- theile des Rumpfes unpaare (Y. caiidaUs). in dem Leibesraum dagegen paarige Vene (untere Cardinalvenen), zu deren Bildung seitliche Venenzweige zu- sammentreten , welche direct aus den Capillarnetzen der Arterienzweige hervorgehen. Weitere Hauptveuen sind die Lebervenen aufnehmende, von den Vertebralvenen getrennte untere Hohlvene (V. cava inferior), sowie eine oder zwei ol)ere Hohlvenen (obere Cardinalvenen). Das aus dem Körper in den als Vorhof (Atriioit) bezeichneten Abschnitt des Herzens gelangte venöse Blut strömt in die muskulöse Herzlammer (Ventrikel) und wird vojn hier wieder indirect in die absteigende Hauptarterie eingeführt. Es entspringt nämlich aus der Herzkammer eine aufsteigende Arterie (Aorta asrendens) und spaltet sich in seitliche, quer nach der Rückenseite zu verlaufende Aortenbögen, welche sich unterhalb der Wirbelsäule zum vorderen Abschnitt der absteigenden Arterie (Aorta descendens) vereinigen (Fig. 85). Durch die Ein Schiebung der Respirationsorgane wird jedoch die Com])lication dieses Systems der Aortenl)ögen unter verschiedenen Modificationen ver- grössert. (Vergl. pag. 79.) Als adnexer Abschnitt des Gefässsystems verbreitet sich im Körper aller Wirbelthiere das System der Lymphgefässe, welches einen hellen, mit farblosen Körperchen (Lymphltörperchen) erfüllten Ernährungssaft (Cht/lus und Lijnqjhr) enthält und denselben als plastisches Material zur Ergänzung der beim Stoffwechsel verbrauchten Bluttheile dem Blute zuführt. Der Haupt- stamm der Lymphgefässe (Ductus thorocicits), in deren Verlauf besondere Drüsen-ähnliche Gebilde (die sog. Gefässdriisen, Lißnphdrilsen. Milz) ein- geschoben sind, verläuft ebenfalls der Wirbelsäule entlang und mündet bei den höheren Wirbelthieren in den oberen Abschnitt der Hohlvene (V. cava superior) ein. Bei den niederen Vertebraten finden sich mehrfache Communicationen. Harnabsondernde Organe, Nieren, sind allgemein vorhanden und liegen als paarige Drüsen unter der Wirbelsäule. Die ersten x\nlagen derselben er- scheinen in ähnlicher Form wie die Segmentalorgane der Anneliden, indem sich mit dem zuerst auftretenden Urnierengang peritoneale Einstülpungen (Harncanälchen) verbinden, welche durch trichterförmige Oetfnungen mit der Leibeshöhle communiciren. (Vergl. pag. 86, Fig. 98.) Die Ausführungsgänge der Nieren, die Ureteren^ vereinigen sich meist zu einem unpaaren End- abschnitte, welcher bei den Knochenfischen hinter dem After mündet , sonst Fortpflanzung. 727 meist in den Kloakentlieil des Afterdarmes sich öfltiiet, bei den Häugethieren aber, die J/o»o/nwt'» ausgenommen, mit dem Endabschnitte der Geschlechts- wege vereinigt (7 Ve^///-«^ vor dem After ausmündet. In den Verhiuf des aus- führenden Apparates schiebt sich nicht selten ein blasenartiges Reservoir, die Hanihlase, ein, welche nur bei den Fischen hinter dem Darme liegt. Die Fortpflanzung ist stets eine geschlechtliche, und zwar gilt die Trennung der Geschlechter als Regel. Der Hcnnaphroditlshms ist eine Fig. 736. Schematische Längsschnitte durch einen idealen Embryo eines Anamniers, nach Balfour. o Stadium nach beendeter Furchung. b Späteres Stadium, bei dem die Bildung der Darmhöhle vom hinteren Ende des Embryo ans erfolgt (Gastrula). c Stadium, in welchem das Nervenrobr geschlossen ist und mit dem Darm- rohr zusammenhängt. Ee Ectoderm, Eni Entoderm, Ms Mesoderm, Fh Furchungshöhle, Dh Darmhöhle, Nr Nervenrohr, Ch Chorda. seltene Ausnahme. Beiderlei Geschlechtsdrüsen (aus dem Peritonealepithel entstanden) liegen als })aarige Organe im Leibesraum und entsenden paarige Ausführungsgänge, welche bei niederen Wirbelthieren in den Enddarm (Kloake) münden und zuvor häufig zu einem unpaaren Canal zusammentreten. Zuweilen fehlen die Ausführungsgänge ; in diesem Falle gelangen die Ge- schlechtsproducte in die Leibeshöhle und von da durch einen Genitalporus nach aussen. Die Gliederung der Ausführungsgänge in verschiedene Abschnitte, ihre Verbindung mit accessorischen Drüsen und äusseren Copulationsapparaten 728 Vertebrata. Entwickiv bedingt den sehr mannigfachen, bei den Säugethieren am eomplicirteüten gestalteten Bau der Geschlechtsorgane. Bei vielen Fischen und Amphibien bleibt die Begattung eine äussere Vereinigung, und die Eier werden im Wasser befruchtet. Die meisten Fische, viele Amphi])ien und Reptilien, sowie alle Vögel legen Eier ab. Lebendig gebärend sind die Öäugethiere. deren kleine Eier im Innern der weiblichen Lei- tungswege die Embryonalent- wicklung durchlaufen . Die Entwicklung des Em- bryos (Fig. 736) wird eingeleitet durch eine totale oder partielle (discoidale) Furchung. Die erste Anlage des Keimes ist meist eine dem Dotter aufliegende Scheibe (Keimscheibe), von deren hin- terem Ende aus sich die Darm- höhle entwickelt. In der J\Iitte der Keimscheibe entsteht der sog. Primitivstreifen. Dieser be- zeichnet die Längsachse des Embryos. Das äussere Blatt er- zeugt durch zwei seitliche Auf- wulstungen (Medullarwülste) eine ectodermale Rinne (Anlage des Nervencentrums) , welche sich durch Zusammenwachsen ihrer Ränder der Länge nach schliesst (Fig. 737). Das so abgeschnürte Rohr ist die Anlage von Rückenmark und Cxeliirn, Fip;. 738. deren Höhlung eine .V Zeit lang mit der Darmhöhle commu- nicirt (Neurenteri- scher Canal). I'nter- halb des Nervencen- trums legt sich vom Entoderm aus die Chorda dorsalis an, und zu den Seiten Eni- Querschnitte durch die Embryonalanlage von Triton fneniatus, nach O. Hartwig, a Erstes Auftreten der Medullarwülste nnd Bildung der Chorda, b Die Medullarfurche dem Ver- schlusse nahe. Die Chorda hat sich vom Entoderm -voll- kommen abgeschnürt. In dem Mesodermstreifen beginnt die Abschnürung des Urwirbels (in der Figur linkerseits). JEc Ectoderm, JV Nervensystem, R Kückenrinne, MW Me- dullarwülste, Mp parietales Blatt des Mesoderms, Mv vis- cerales Blatt desselben, Ch Chorda, End Darmentoderm, Dh Darmhöhle, Lh Leibes- (Pleuroperitoneal-) Höhle, UW Urwirbel, D Dotter. Mv Querschnitt durch einen Hühnerembryo vom zweiten Tage, nach KöUiker. Ec Ectoderm (Hornblatt), M Rückenmark, End Entoderm (Darmdrüsenblatt), Ch Chorda, UW Urwirbel, UXg Urnierengang, Mp Hautplatte der Seiten- platte, Mv Darmfaserplatte derselben, Lh Leibes- (Pleuroperitoneal-) Höhle, Ao primitive Aorta. dieser letzteren, primär durch einen Faltungsprocess, gleichfalls vom Ento- derm aus, das Mesoderm. Dasselbe bildet zwei Streifen zu den Seiten des Darmes und trennt sich in ein parietales und viscerales Blatt. Die zwischen I. Classe. PiscfiS. Körperbau. 729 beiden Blättern gelegene llölile ist die seeundäreLeibeshölile(Pleuroperit(>neal- hi)lile). Der dorsale Absehiiitt der Mesodermstreiten trennt sich alsbald und gliedert sich segniental zur Anlage der Ursegmente oder IJrwirbel (Fig. 782 und 7.'i8). An der Grenze der Ursegmente gegen die ungegliederten lateralen Abschnitte, Öeitenplatten, sondert sich der Urnierengang, und medialvvärts zu demselben entsteht die Geschlechtsdrüse aus der Peritonealschicht der Seitenplatten. Während dieser am Rückentheil des Embryos ablaufenden Vorgänge bildet sich an der Ventralseite der Darm weiter aus und nimmt den Dotter allmälig und oft mit Zuriicklassung eines Dottersackes in sich auf. Die neugeborenen Jungen erleiden nur bei den nackten Amphibien und bei mehreren Fischen eine Metamorphose. Die Eintheilung der Wirbelthiere in die vier Classen der Fische, Amphibien, Vögel und Säugethiere, welche L in ne zuerst aufstellte, findet sich schon in dem System von Aristoteles begründet. Die Fische und Amphibien sind Kaltblüter oder besser wechselwarme Thiere , die Vögel und Säugethiere Warmblüter oder homöotherme Thiere und erheben sich zu einer weit höheren Lebensstufe, werden deshalb auch wohl als höhere Wirbelthiere bezeichnet. In neuerer Zeit hat zuerst Blainville mit Recht die Amphibien von den Reptilien getrennt und mit den Fischen als niedere den Reptilien, Vögeln und Säugern als höheren Wirbelthieren gegenüber- gestellt. In der That haben die Fische und Amphibien viele gemeinsame Züge, erscheinen auch minder scharf abgegrenzt als die Amphibien und Reptilien. Gemeinsam ist beiden nicht nur die Kiemenathmung und häufige Persistenz der Chorda , sondern der einfachere Verlauf der Embryonal- entwicklung und der Mangel der für die höheren Wirbelthiere charak- teristischen Embryonalorgane, des Amnion und der Ällantols. Demgemäss unterscheidet man die ersteren als Anamnia, von der letzteren den Amnlota. Mit Rücksicht auf die vielfachen Beziehungen zwischen Reptilien und Vögeln unterscheidet Huxley drei Hauptabtheilungen, als: IchfJnjojjsiden, Sanr o [isidcn und Mamnicdia. Freilich ergeben sich unter den Fischen wiederum so bedeutende Unterschiede in der Differenzirung der Organe, dass man dieselben in mehrere Classen aufzulösen berechtigt ist. Man würde die Leptocardkr nicht nur allen Fischen, sondern den übrigen Wirbelclassen als Acrania gegenüberstellen, ferner die Cyclostomeri , die Selachier und Dijiuoer als Classen sondern können , wenn es nicht zweckmässiger er- schiene, die alte Einheit der Fischclasse aufrecht zu erhalten. I. Classe. PiscesO, Fische. Ln Wasser lebende, heseJmppteKalthlüter, mit unpaaren Flossenkämmen und paarifjen Brust- und Baiichflossen, meist mit ausschliesslicher Kiemen- M Cnvier et Valenciennes , Histoire naturelle des poissons. 22 Vols. Paris 1828—1849. C. E. v. Baer, Entwicklungsgeschichte der Fische. Leipzig 1835. Joh. Müller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Berlin 1835— 1845. L. Agassiz, Eecherches snr 730 Fische. Körperform. Flossen. Fis. 739. athnmrifj und einfachem, aus Vorhof und Kammer bestehendem Herzen, ohne vordere, ventralicürts vom Darm gelegene Harnhlnse. Die Eigenthiimlichkeiten des Baues und der inneren Organisation er- geben sich im Allgemeinen aus den Bedürfnissen des Wasserlebens. Obwohl wir freilich selbst im Kreise der Wirbelthiere aus allen Classen Gruppen von Formen kennen, die sich im Wasser ernähren und bewegen, so ist doch nirgends die Organisation so bestimmt und vollkommen dem Wasserleben augepasst wie bei den Fischen. Die Körpergestalt ist im Allgemeinen spindelförmig, mehr oder minder comprimirt. im Einzelnen zahlreichen Modilicationen unterworfen. Es gibt ebensowohl cylindrische, Schlangen-ähnliche Fische (Xeunaugen, Aale), wie kugelige, ballonartig aufgetriebene Gestalten (Ggmnodonten). Andere Formen sind bandartig verlängert (Bandfische)^ wieder andere sehr stark comprimirt, kurz, hoch und unsymmetrisch (Pleuroneetklen). Endlich kann auch eine dorsoventrale Abflachuug zu platten, scheibenfr>rmigen Fischgestalten führen (Rochen). Für die Loco- motion des Fisches kommen vornehmlich die seitlichen, durch mächtige .Seitenrumpf- muskeln bewirkten Biegungen der Wir- belsäule in Betracht, deren Wirkung noch pnca ßuviaiiiis (rogne animai). durch unpaarc, ciuer Erhebung und Senkung fähige Flossenkämme des Rückens und Bauches verstärkt werden kann. Dagegen erscheinen die beiden Extremitätenpaare, die Brust- und Bauchflossen, mehr als Steuer iür die Richtung der Bewegung. Diesem Modus der Bewegung entspricht der Bau der Wirbelsäule. Der Kopf sitzt unmittell)ar und meist in fester Verbindung dem Rumpfe auf. Eine bewegliche Halsregion fällt vollständig aus. In seiner vorderen Partie zeigt sich der Rumpf starr, nach hinten zu wird er beweglicher und geht all- mälig in den Schwanz über, welcher die vollkommenste Verschiebung seiner Wirbel gestattet und hierdurch als Hauptbewegungsorgan tauglich wird. Das System der un])aaren Flossen ist der embryonalen Anlage nach auf einen medianen, über den Rücken und Schwanz bis zum After reichen- den Hautsaum zurückzuführen, welcher später durch Einschnitte unter- brochen wird, so dass sich dann in der Regel drei Partien als Rückenflosse (Pinna dorsaUs) , Schwanzflosse f Pinna eaudalis) und Afterflosse (Pinna analis) sondern (Fig. 739). Zur Stütze des Hautsaumes sind meist feste les poissons fossiles. Neufchätel 1833—1844. Günther. Catalngue of tlie üsl.es in British Museum. London 1859—1870. Flossen. 7S1 fetralilen vorhanden (Flossenstrahlen), bei den Knochenfischen entweder harte spitze Knochenstacheln , sog. Stachelstrahkn (Acanthopten) , oder weiche g-egliederte Strahlen (Malacoptcri). Die Schiamsfiosse setzt sich in der Regel aus einer Abtheilung des dorsalen und ventralen Flossensauines zusammen, variirt aber in ihrer Form mannigfach. Sind dorsale und ventrale Lappen symmetrisch, so wird die Schwanzflosse als homocerk, bei bedeu- tenderer Entfaltung des ventralen Lappens als hefcroccrk bezeichnet, in welchem Falle der Schwanztheil der Wirbelsäule meist aufwärts gekrümmt erscheint (Fig. 74Ua). Aber auch im Falle einer äusseren Homocercie steigt Fi- 740. a Schwanzflosse von Acijtenser sfui-io. Ch Chordastrang, b Von Aniia. c Von Sah7io. i erster, k zweiter FlossenstrahltrJiger am Chordaende in der Flosse, d Ende der Wirbelsäule desselben, i letzter, 2 zweit- letzter Wirbelkörper, ch Chordastab mit Knorpelplatten. Fig. h, c, rperbedeckung der Fische blei1)t nur selten vollkommen nackt (Rundmäuler). In der Regel finden sich Schuppen eingelagert, Verknücherungen 732 Fische. Schuppen. Seitenli der Cntispapillen, welche von der Epidermis vollständig überzogen sind. Oft bleiben die Schuppen so klein, dass sie, unter der Haut verborgen, ganz zu fehlen scheinen (Aal), meist aber treten sie als feste, mehr oder minder biegsame Platten hervor, welche eine grosse Zahl coneentrischer Linien und radiärer Streifen zeigen und dachziegelförmig übereinander liegen. Je nach der Beschatltenheit des freien Schuj)penrandes unterscheidet man Cycloid- schuppen mit glattem und C^ej?o«Zschuppen mit gezähneltem Rande. Als fr^noit/schuppen l)ezeichnet man wenig übereinandergreifende, meist rhom- bische, seltener cycloid gestaltete Schuppen mit äusserer Schmelzlage, als P/r^r'o/c/schuppen kleinere, verschieden gestaltete Knochenkörner (Ausgangs- form der Zähne), welche der Hautoberfläche eine chagrinartige Beschaffen- heit verleihen. (Hierauf beruhte Agassiz' Eintheilung der Fische in Cijrloklen, Ctenoiden, Ganoiden und Placoiden.) In der Haut treten eigenthümliche, durch seitliche Porenreihen nach aussen mündende Canäle, die Seifenlinien, auf. welche früher für schleim- absondernde Drüsen gehalten wurden, bis Leydig^) dieselben als Träger eines Sinnesorganes erkannte. Diese Organe sind bei den Myxinoiden und Stören kurze Säcke, bei den Kochen, Haien und Chimaeren einfache, am- pullenförmig beginnende RiJliren. die sich auch über den Kopf in mehreren Reihen hinziehen. Bei den Teleostiern sind es verzweigte Röhren, welche die Schuppen der Seitenlinien in Poren durchbrechen und auch am Kopfe in mehreren Reihen auftreten (Fig. 7:->9). In der Wandung dieser Gänge ver- laufen Nerven , welche in knopftor- migen Anschwellungen enden. Die epitheliale Bekleidung der letzteren ent- hält im Centrum kurze birnförmige Zellen, welche nach oben in ein feines starres Haar auslaufen, während sie an der Basis in den Axencylinder einer Nervenfaser übergehen (Fig. 741). Das Skclet bleibt im einfachsten Falle (Aniphioxnsj auf die Chorda dormlis beschränkt. Dieselbe persistirt auch bei den Mip'inoiden, welche bereits eine knorpelhäutige Schädelkapsel besitzen. Bei den Frfrowi/zonfen-) a Seitenorgan am Schwänze des Plötz. X Nerv. — b Keitenorgane am Kopfe, wahrscheinlich eines jungen Brachsen, nach Fr. E. Schulze. ') Vergl. Leydig, Ueber das Organ eines sechsten Sinnes. Dresden 1868. Fr. E. Schulze, Ueber die Sinnesorgane der Seitenlinie bei Fischen und Amphibien. Arch. für mikrosk. Anatomie, Tom. VI, 1870. -) Vergl. Joh. Müller 1. c. Reichert, Ueber die Visceralbögen im Allgemeinen etc. MüUer's Archiv, 1837. A. Kölliker, Ueber die Beziehungen der Chorda dorsalis zur Bil- dung der "Wirbel der Selachier und einiger anderen Fische. Würzburg 1866. 0. Gegen- Primordialscbadol. iScliudel der Kiiochenfiscli 733 treten zuerst oberhali) der Chorda knorpelijie Bogenstücke und unterlialb derii-elben in der Öehwanzgeg-end paarig-e Knorpelleisten auf, die Anlagen von oberen und unteren Wirbelbügen, Vollständig-er sind diese Wirbell)ügen ))ei den Stören (Acipenser) und Seekatzen (Chi)naera), deren Chorda, mit sehr der))er ])indege\vebiger Scheide, der Chordazone des skeletogenen Ge- webes, sich in vollem l'nifange erhält. Eine Ditterenzirung des Aclisen- skeletcs in diserete Wirbel tritt erst bei den Haien und Borlien auf, indem sich obere und untere Bogenstücke mit ringförmigen Stücken des skeleto- genen Gewebes, den knorpeligen Wirbelkörpern, vereinigen. Die Chorda wird durch das Wachsthum dieser letzteren vertebral verdrängt, so dass biconcave (amphicoele) Wirbelkörper entstehen, deren konische Vertiefungen einen Abschnitt der Chorda, welcher mit dem benachbarten in der Regel noch im Centrum des Wirbelkörpcrs verbunden ist, enthalten. Bei den Krocliciiganoidcn und Teleostiern ossiticiren die biconcaven ^j Wirbelk()rper -N ollständig und verschmelzen mit den entsprechenden oberen und unteren kni)- chcrnen l^ogen- stücken zur Bil- dung eines voll- ständigen Wir- bels. Im Verlaufe des Rumpfes le- gen sich an die hier auseinan- der weichenden unteren Bogen- stücke (Häma- pophysen) Rip- pen an. zu denen oft als Ussiticationen der intermuskulären Ligamente die y-förmigen Fleischgräten hinzutreten. Auch die Gestaltung des Schädels zeigt eine Reihe fortschreitender Ent- wicklungsstufen bis zu dem complicirten Schädel der Teleostier. Am ein- fachsten verhält sich der Primordialschädel bei den Cydostomen^ bei denen eine knorpelig-membranöse Schädelkapsel auftritt, in deren knochenhartem Basilartheil die Chorda endet. Zwei Knochenblasen umschliessen als seit- liche Anhänge des knöchernen Basilartheiles das Gehörorgan, während sich zwei vordere Schenkel mit dem complicirten Apparate der Gesichts- und Kiefergaumenknorpel verbinden. Einen weiteren Fortschritt zeigt der Pri- mordialschädel der Sckichicr (F\g.l21), indem derselbe eine geräumige, nicht weiter in diserete Stücke zerfallende Knorpelkapsel bildet, in deren Basis die Chorda endet. Bei den Stören (Fig. 742) kommen zu der knorpeligen banr, Ueber die Ent'n-icklung der Wirbelsäule des Lepidostens mit vergleicheiid-aiiato- misohen Bemerkungen. Jen. naturwissensch. Zeitsclir., Tom. III. ^) Nur die Gattung Leju'dosfeus besitzt einen vorderen Gelenkkopf am Wirl>filkörper. Kopfskelet des Störs, nach Wie dersh e im. Ro Eostrum, Cn Cavum nasale» O Orbita, Hm Hyomandibulare, S Symplecticum, Pf/ Palatoiiuadratum, iVd Unter- kiefer, Hy Zungenbein, V Vagusloch, B Kippen. "734 Fische. Schiidelknochcn. Kiefer. Schädelkapsel Knoehenstücke hinzu, und zwar ein platter Basilarknochen, Parasphcnoklcinu , sowie ein System von Deckknoclien der Haut. Auch an dem knöchernen Schädel der Ganoklen und Tcicostirr bleiben noch zu- sammenhängende Abschnitte des knorpeligen Primordialcraniums zurück {uim'ta, Hecht und Lachs). Am längsten erhalten sich die Knorpelreste in der Ethmoidalregion (SUurus, Gyprinus), während sie am Dache und an der Schädelbasis durch Knochen verdrängt werden. Die Verbindung des hinteren Schädelabschnittes mit der Wirbelsäule entbehrt (mit Ausnahme der Chimaeren und Rochen) einer Articulation, das Os basilare besitzt die konische Vertiefung und Gestalt des Wirbelkörper?^. Dagegen drängt sich jederseits zwischen die OccqntaJia latcralia (welche die Oeffnungen zum Durchtritt des Vagus und Glossopharyngeus enthalten) und das durch eine starke Crista ausgezeichnete Oceqyitcde superuis ein Ocripitale externum (Epioticiun) ein. An dieses schliessen sich das hintere Felsenbein, Opisthotkum (Huxley), von sehr verschiedener Grösse und Form (sehr gross bei Gaclus, klein bei Esox) und das Frootiru»), welches den vorderen halbzirkelförmigen Canal umfasst und von Oeffnungen zum Durchtritt des Trüjeminus durchbrochen wird. Dazu kommt als äusseres Belegstück das Sqiiamoswn (Pterotkum), das zur Verbindung mit dem Hijn- mandihulare dient. Die Unterfiäche der Schädelkapsel wird von dem langen Farasphenoideuni bedeckt. Die Seitenwände des Schädels werden durch zwei Paare von Flügelknochen (OrUtosphenokleum, ÄUsphenokleum) gebildet. Von diesen legt sich das hintere Paar au die Schenkel des Parasplienoids an und ist mit seinen Oeffnungen für die Augennerven und den Orbitalast des Trigeminus fast immer nachweisbar. Die Stücke des vorderen Paares (OrhitospJwnokl) vereinigen sich oft am Boden des Schädels zur Herstellung eines medianen Knochens, der bei Reduction der Sehädelhühle durch ein knorpeliges oder häutiges Septum vertreten ist. Das Schädeldach wird von knöchernen Platten gebildet, unter denen sich nur selten noch Reste des Primordialcraniums erhalten. An das Occipitale siqjerkis schliessen vorne zwei FarktaUa, an diese das grosse Frontale p>rmclpale Cuv. an, zu dessen Seiten ein zum Squamosum reichendes und an der Gelenkverbindung mit dem Kieferstiel betheiligtes Fostfrontale (Sphenoücnm) liegt. In der Ethmoidalregion linden wir in der Verlängerung der Schädelbasis einen unpaaren Knorpel oder Knochen, Ethmoklemn niedwm (Inqxir), von der grossen, an das Parasphenoid anschliessenden T'b»?rrplatte ventralwärts über- deckt, und zwei seitliche paarige Knochenstücke, Efhinoidea lafemlia (Frac- frontalia), welche von den Geruchsnerven durchbohrt werden und die Stütze der Nasengruben bilden. Endlich treten (zum Schutze derKopfcanäle) als acces- sorische Hautknochen die Ossa infraorUtaUa und supratemporfdia auf. Ein wahres Kiefergerüst kommt erst bei den Sdachkrn und Stören zur Ausbildung, wo ein am Schläfentheil befestigter Kieferstiel (Hf/oniandihidare) dem Kieferbogen und Zungenbein zur Befestigung dient (Fig. 727 und 742). 735 Der obere Abschnitt des erstercn (Falatoquudndum) ist meist am Schädel durch Bänder beweglich befestigt. Bei den Knochenfischen erscheint der Kieferstiel in mehrere Stücke zerfallen und zugleich als Träger des Kienien- deckels. Ein mit dem Schädel articulirendes Hifomandibidare nebst den von Cuvier als Os symplccücnm \\ni{ tympanicum (Metapteryyoideiim) bezeich- neten Knochenstücken bilden den oberen Abschnitt, das Praeoperculum den mittleren und endlich das Quadratmn den unteren, das Unterkiefergelenk tragenden Abschnitt des Kiefersiispensoriums. Die dem hinteren Rande des Fig. 743. Kopfskelet von Perca fluvictiUs (r^gne animal). Os Occipitale Puperius , Oex O. externum (Epioticum), Pnr Parietale, SV^Squamosum. Fe Frontale, Frjo Postfrontale, PrO Prooticum, ,-i/s Alisphenoideuin, Ps- Para- sphenoideurn, Etld Ethmoideum impar, Ethl E. laterale (Praefrontale), Hin Hyornandibulare, S Symplec- ticum, Q: Quadratum, Wp Metapter3-goideum, Enp Entopterygoideiini, Ekp Ectopterygoideura, Pnl Pala- tinum, Fo Vomer, Jw Intermaxillare, .V.r Maxillare, X» Dentale, .4>- Articulare, .4« Angulare, Op Operculum, POp Praeoperculum, SOp Suboperculum, JOp Interoperculnm, Htj Hyoidbogen, Brs Eadii branchiostegi, Cl Claviculare, Sc Scapulare, Cor Coracoideum, Ssc Supraclavicularia, Ac accessorische Stücke. Praeoperculum sich anlegenden flachen Knochenstücke bilden den Kiemen- deckel und werden als Operculum, Suhopercidum. und Interoperculum unter- schieden. Ein vom Metaptenjgoidemn und Quadratum nach dem Oberkiefer sich erstreckender Knochen entspricht dem Flügelbein und wird in der Regel aus einem äusseren (EetopterygoideAim) und inneren Stück (Ento- pteryyoideuni) zusammengesetzt. Dann folgt das Gaumenbein (Palatinuni) und der Oberkieferapparat, mit dem an der Schnauzenspitze meist beweg- lich verschiebbaren Zwischenkiefer (Intermaxülare) und dem sehr variabeln, meist zahnlosen Oberkiefer (MaxiUare). Die beiden Aeste des Unterkiefers sind in der Mittellinie nur selten verwachsen und zerfallen mindestens in (36 Fisclie. Kiemenboffen. Paarige Flosseu. ein hintci'cs Os articularc und ein vorderes Os dcntulc, zu dem meist n(ich ein Aii(/nlarc und OpevcuJare hin/Aikommen (Fig'. 743). Hinter dem Kieterbogen folgt noch ein System von g-leielnvertliigcn, die Kachenhöhle umgürtenden Bögen, von denen der vordere als Zungen- bcinhogen am äusseren Rande eine Anzahl von Stäben (Badü hramiiiosfet/l) zur Stütze der Kiemenhaut trägt, die übrigen als Kiemenbögen zum Tragen der KiemenblUttchen dienen (Fig. 744). Bei den Teleostiern entwickeln sich vier (selten drei) Bögen zu Kiementrägern, während der hintere, auf den ventralen Abschnitt reducirt, die sog. unteren Schlundknochen (Pharnngcalia hifcriora) bildet. Die oberen, an die Schädelbasis sich anlegenden Knochen- stücke der Kiemen- bögen werden als obere Schlundkno- chen (Phari/rKjc'dVm ■siijteriora) l)ezeich- net. Von den l)ei- den Extremitäten- paaren 1) befestigt sich die Brustflosse mittels desSchulier- gürtels l)ei den Te- leostiern am Schä- del. Bei den Knor- pelfischen tritt der Schultergürtel als einfaches knorpe- liges Bogenstück auf, welches mit dem der anderen Seite in der Älittel- linie ventral wärts vcrl)unden bleil)t. Schon unter den Knorpel (janoiden wird diese primäre Form des Schultcrgürtels durch aufgelagerte Hautknochen (Clüricularc) in die secundäre übergeführt, wie sie die Telcosticr charakterisirt (Fig. 74H). Dazu konmien Ossiticationen, welche im Knorpel selbst entstehen und die als Scupidarc und Coracoideum, beziehungsweise Procorticoidcuw bezeich- neten Stücke liefern. Das dem Schultergürtel eingefügte Flosscnskelet erscheint von der als „Archipterygium" benannten Flossen form ableitbar, welche noch bei Ccratodus als eine beiderseits mit gegliederten Seitenstrahlen (Padiev) Zungenbein und Kicinonbogen von Vereo ßtiviatilis (regne animal). / (/'bij) Zungenbeinbogen, II— V Kiemenbögen. n, b, c, d Glieder derselben, die obersten .Stücke sind die Ossa pbaryngealia snperiora (Ops), VI (Opi) die tmteren Schlunrtknoehen (C». pbaryngealia inferiora). Cop Coinilae, Bb Eadii branchiostegi. ^) Yerg;!. C. Gegenbau r, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie derWirliel- thiere. 2. Heft. Leipzig 1865. Ueher das Skelet der Gliedmassen. .Ten. naturwissensch. Zeif sehr., Bd.V. Das Flossenskelet der Grossopterygier etc. Morph. Jahrb., Bd. XXII, 1894. 7H7 Fi^ besetzte Aehseureilie von Kuorpelstücken pcrsistirt. Während l)ei den Sela- cliiein das Flossenskelet durch die mächtig- entfaltete laterale Radienreihe hergestellt wird, erseheint bei den Ganoiden und Teleostiern dieses primäre Skelet zu nur wenigen Stücken reducirt und durch von llautossiticatitmen aus entstandene Flossen- strahlen ersetzt. Das Xcrren- si/stci)i (Fig. 745) zeigt im Vergleiche zu den hohem Verte- braten einfache Ver- hältnisse. Im All- g'cmeinen bleil)tdas Gehirn klein und bildet mehrere hin- tereinander liegen- de Anschwellungen, von denen die klei- nen vorderen als lohi olfacforü in die Geruchsnerven ül)ergelien. Die grös- seren Vorderlappen entsprechen den //e- ^///.s7^//(7>t;^ die mitt- leren kugeligen An- schwellungen dem Lobus des dritten Vcntyikch im Ver- eine mit den Cor- pora eripheri8che Adnexe des Nervensystems sind die elektrischen Organe (Zitterrochen, Zitteraal, Zitterwels, Nilhecht), sowie die Leucht- organe zahlreicher Tiefseefische hervorzuheben. Die VerdauHwjsorcjaue zeigen eine überaus verschiedene Gestaltung. Der am Vorderende des Kopfes gelegene jMund stellt sich meist als Quer- spalte dar und kann zuweilen mittelst verschiebbarer Stielknochen des Zwischen- und Oberkiefers vorgestreckt werden (Lahroiden). Die Rachen- höhle zeichnet sich durch ihre Weite und den Reichthum an Zähnen aus, die sich von den Papillen der Schleimhaut aus durch dentinoide Ossification entwickeln. Oft finden sich im Oberkieferapparate zwei parallele Bogen- reihen von Zähnen, eine äussere im Zwischenkiefer und eine innere an den Gaumenbeinen, wozu noch eine mittlere unpaare Zahnreihe des Voraers hin- Fig. 747. Ap 7. Darmcanal und Geschlechtsorgane von Clupca Harengus, nach Brandt. Br Kiemen, Oe Oesophagus, V Magen, Ap Appendices pyloricae, D Darm, A Afteröffnung, Vn Schwimmblase, J'/* Luftgang, S Milz, T Hoden, Vd Ausführungsgang desselben, Gp Genitalporus. zukommt. Dem Unterkiefer gehört nur eine Bogenreihe von Zähnen an. Auch am Zungenbein, am Oberkiefer und Parasphenoideum, sowie in der Regel auch an den Kiemenbögen und besonders an den oberen und unteren Schlundknochen können Zähne auftreten. Nach der Form unterscheidet man spitze kegelförmige Fangzähne (Kamm-, Bürsten-, Sammetzähne) und breite Malihilhne. Am Boden der Rachenhöhle kommt eine nur kleine, kaum bewegliche Zunge zur Entwicklung, während die Seitenwände von den Kiemenspalten durchbrochen werden. Es folgt dann eine meist kurze trichterförmige Speise- röhre und ein weiter Magenabschnitt, der sich häufig in einen ansehnlichen Blindsack auszieht (Fig. 747). Am Anfange des längeren, durch eine Klappe abgesetzten Mitteldarmes erheben sich nicht selten blinddarmförmige An- hänge (Appendices pi/loricae), deren Bedeutung auf eine Vergrösserung der secernirenden Darmoberfläche zurückzuführen sein dürfte. Die Innenfläche des meist in mehrfachen Schlingen gewundenen Darmes zeichnet sich durch die Längsfalten der Schleimhaut aus, nur selten kommen wie bei den höheren 47* 740 ische. Schwimmblase. Wirbeltliieren Darmzotten vor; hingeireii besitzt der hintere Darmabscliiiitt der Selachier, Ganoiden und D'qmoer eine eigenthümliche. scbraubenforrnio; gewundene Längsfalte, die sog. Spiral klappe, welche zur Vergrösseriing der resorbirenden Oberfläche wesentlich beiträgt. Ein Rectum ist keineswegs überall scharf gesondert und dann nur überaus kurz, bei den Selachiern mit einem blindsackartigen Anhang versehen (Fig. 748 />r). Der After liegt in der Regel weit nach hinten und stets bauchständig vor der Mündui'g der Harn- und Geschlechtsorgane. ))ei den Kehlflossern und einzelnen Knochen- fischen ohne Bauchfio.ssen rückt er jedoch auffallend weit nach vorne bis an die Kehle. Speicheldrüsen fehlen den Fischen, dagegen findet sich stets eine grosse, fett- reiche, meist mit einer Gallen- blase versehene Leber, so- wie in der Regel auch eine Bauchspeicheldrüse, die aber keineswegs, wie man früher glaubte, durch die drüsigen Pyloriisanhänge ersetzt wird. Als Ausstülpung des Darmes entwickelt sicli bei zahlrei- chen Fischen die Schwimm- blase, ein Organ, welches morphologisch den Lungen entspricht. Dieselbe ist fast stets als ein unpaarer, selten (Pohlpfcrus) paariger, mit Luft gefüllter Sack, welcher an der Wirbelsäule über dem Darm liegt und ebenso häu- fig geschlossen , als durch einen Lnftiimuj mit dem Lumen des Vorderdarmes in Communication steht {Physostomi, Fig. 747). Zuweilen erscheint die Schwimmblase durch eine quere Einschnürung in einen vorderen und hinteren Sack abgeschnürt (Karpfen) oder ist mit Aus- stülpungen und Anhängen versehen. Die Wandung derselben wird aus einer äusseren elastischen, zuweilen mit Muskeln belegten Haut und einer inneren Schleimhaut gebildet. Auch treten an der letzteren zuweilen drüsenartige Gcl)ilde auf. welche auf die eingeschlossene Luftmenge einwirken niitgen. Die Innenfläche ist meist glatt, in maschigen Yorsprüngen erholien, welche zur Entstehung zclliger Hohlräume führen (Ganoidm). Im letzteren Falle Darmapparat vou Turjieilo. K Kiemenlucber, M Mageu, L Leber Gb GaUenblase, G Gaüeugaug, J Darm mit Sjjiralklappe, £ End- darin, Di; drüsiges Divertikel, O Einmündung der Oviducte. Rcspirationsorgane. 741 kann sie zu einer wahren Lunge werden und als Respirationsnrgan fungircn (Lcjßidodrus , DipuoiJ. Von diesen Fällen abgesehen, erweist sich die .Schwimmblase physiologisch als Ji>/drosfafisc/icrA])\iardt^ welcher im Wesent- lichen die Aufgabe zu haben scheint, das specifische Gewicht des Fisches variabel zu machen und die rasche Verschiebung des Schwerpunktes zu er- leichtern. Da, wo die Schwimmblase auftritt, muss der Fisch die Fähigkeit besitzen, theils durch die .^luskeln ihrer Wand, tlieils mittelst der Rumpf- muskulatur die Blase zu com[)rimiren und den specifisch schwer gewordenen Klirper zum Sinken zu bringen. Beim Nachlassen des Muskeldruckes wird sich die ('(»mprimirte Luft wieder ausdehnen und das specifische Gewicht herabsetzen; das Steigen des Fisches wird die Folge sein. Wirkt der Druck ungleichmässig auf die vordere und hintere Partie, so wird die specilisch schwerer gewordene Hälfte voransinken. Indessen scheint ein noch com- plicirteres, durch Bergmann ^) näher beleuchtetes Verhältniss zu bestehen. Da nämlich das si)ccitische Gewicht des Fisches mit dem des Wassers ziemlich übereinstimmt, bedarf es nur eines geringen Muskeldruckes, um den Fisch zum Sinken zu bringen. Da sich ferner das Wasser durch Druck nur wenig verdichtet, also in tieferen Schichten nahezu dasselbe speciüsche Gewicht behält wie an der Oberfläche, so ist die Grenze der Tiefe nicht abzusehen, in welche der Fisch mit Hilfe einer geringen Compression der Luftblase gelangen müsste, zumal auch der Körper des Fisches dichter und specitisch schwerer wird. Das specifische Gewicht des Fisches muss sogar ungleich mehr zunehmen als die Dichtigkeit des Wassers, denn der Inhalt der Schwimmblase stellt ein Gasgemenge dar, welches in geradem Verhält- nisse mit dem zunehmenden Drucke comprimirt wird. Demnach wird der Fisch beim Sinken in einen um so grösseren Kampf mit dem zunehmenden sjjecitischen Gewicht seines Körpers gerathen, je grösser seine Schwimmblase im Verhältnisse zum Körper ist , und niemals so tief gehen dürfen , dass ihm der Eintluss seines eigenen Körpers auf die Compression der Luft, also die Fähigkeit der Abspannung verloren geht. Ebenso darf umgekehrt der aufsteigende Fisch nicht so hocli steigen, dass er bei der mechanisch er- folgenden Ausdehnung der Schwimmblase die Muskelwirkung aus seiner Ge- walt verliert. Der Besitz der Schwimmblase bindet demnach den Fisch an gewisse Tiefen, innerhalb welcher ihm dieselbe beim Aufsteigen und Sinken vortreffliche Dienste leistet. Fische, die in sehr bedeutender Tiefe leben (Kilch im Bodensee), kommen todt mit dickem Bauche und hervorgetrie- beneni Schlünde an die Oberfläche. Die Respiration wird überall durch Kiemen vermittelt. Bei den C//- rlo-^ionicn (Fig. 749), denen als Kiemenstützen fungirende Visceralbögen fehlen, sind 6 oder 7 Paare von Kiemenbeuteln vorhanden, welche die ') Yergl. Bergmann und Leuckart, Anatom. -physinlog. LVbersicht dis Tliier- reichs. Stuttgart 18Ö2. 742 Fische. Pseudobranchien des Kiemendeckels und des Spritzloches. C Ks H Te Schematischer Lüngsschnitt durch den Kop{ einer Petromyzon- larve, nach Balf ou r. A'Xervensystem, C/i Chorda dorsalis, Oi Gehörblase (als sichtbar dargestellt). O Mund, Ve Velum. J? Schilddrttseneinstülpung, As Kiementaschen, CKerz. Ab Augenblase, Ol Kicchgrube. Kiemenblättchen tragen und entweder durch gesonderte innere Kiemen- gänge (Mijxwf) oder durch einen gemeinsamen, sämmtliche Kiemengänge aufnehmenden Canal (Fetromyzon) in den Oesophagus münden. Zur Ab- leitung des Wassers dienen äussere Kiemengänge, welche entweder gesondert (Petromyzon) oder aber in einer gemeinsamen Oefthung (Mtjxine) an den Seiten des Körpers aus- münden. In der Umgebung der äusseren Kiemengänge kommt ein Netzwerk von Knorpelstäben zur Entwicklung, welche sich zu einem förmlichen Korb im Umkreis des Kiemenbeutels vereinigen. Bei den Phglostomcn (Fig. 750 o) finden sich sackförmige, durch seitliche Oeffnungen nach aussen führende Taschen oder Säcke, mit deren vorderen und hinteren, durch Knorpelstäbchen gestützten Wänden die Kiemenblättchen verwachsen sind. Die Wandungen dieser Kiemensäcke sind durch Scheidewände, welche sich zwischen den beiden Blättchen- reihen eines jeden Bogens erheben, von einander al)ge- gren/t und auch noch durch ein äus- seres Gerüst von Knorpelstäben ge- Vsl stützt. Bei den .SV- ~-JC6 lachicrn sind es in der Regel 5 Paar Kiemensäcke, von denen der letzte nur Horizontalschnitt durch die Kiemenhöhle mit Ansicht des Daches derselben, „„ SCillCr Vordcr- a eines Haies, ö eines Teleostiers, nach G egenb aur, verändert. A'n/ Xasenloch, . Md Mandibel, Xbg Zungenbeinbogen, Kb Kiemenbogen, Oe Oesophagus, Spl Waud emC l)latt- Spritzloch, Br Kiemen, Sp Kiemenspalten, Se Septa der Kiementaschen. Psb ßhenreilie ((Wq llill- Pseudobranchie des Kiemendeckels (Kiemendeckelkieme), Op Kiemendeckel. tere des vierten eigentlichen Branchialbogens) entwickelt, während der erste Sack ausser der vorderen Blättchenreihe des ersten Branchialbogens noch am Zungenbeinbogen eine der Nebenkieme der Ckimaeren und Ganoiden entsprechende Kiemen- blättchenreihe trägt. Indessen kommt zuweilen auch noch am Kieferbogen als Kiemenrest die Pseudohranchie des Spritzloches vor, deren Gefässe dem arteriellen Kreislaufe angehören und ein sog. Wunderuetz erzeugen. Bei den Accessorische Athmunarsorgane. Kreislauf des Blutes. 743 Tcleosticrn (Fig. 750 />) und Ganoklen sitzen die lanzettförmigen ßlättclien in Doppelreihen den vier als Kiemenbögen fungirenden Visceralbögen auf und bilden jederseits vier kammförmige Kiemen, welche in einer geräumigen, von Kiemeudeckel und Kiemenhaut überlagerten Kiemenhöhle liegen. In- dessen finden sich auch an der Innenseite des Kieraendeekels Kicmenblättchen als Nehenkiemen, welche bei vielen Ganoiden und Chimaera auch als Kiemen fungiren, bei den Teleostkrn aber die respiratorische Bedeutung verloren haben und als Pseudohranchien des Kkmendeckcls bezeichnet werden. Zwischen Kiemensäcken und kammförmigen, in einer Kiemeidiöhle gelegenen Kiemen steht die Kiemenbildung der Chimaeren, indem hier die Scheidewand zwischen je zwei zu einer Kieme gehörigen Blättchenreihen nur l)is zum distalen Ende dieser letzteren reicht, ohne mit dem Integument in Verbindung getreten zu sein, und eine die Kiemen überdeckende Hautfalte am Hinterrande des Hyomandibulare entspringt. Aeussere, aus den 8palten der Kiemensäcke hervorragende Kiemen finden sich bei den Embryonen der Pkujio- ^vr. stonicn und von Pohiptcrus, ferner kommen 3 Paar rudimentärer äusserer Kiemen, ausser den hier vorhandenen inneren Kiemen l)ei Profojjferns anncctens vor. Als accessorische Athmungsorgane sind Nebenräume der Kiemenhöhle zu betrachten, welche die respirirende Oberfläche durch Entwicklung eines Capillarnetzesvergrössern. Dieselben stellen entweder labyrinthförmige Höhlungen in den oberen Sehlundknochen ^°pf ^°° Anabas sc'n,jei,s (regne animai) , y , ."",., T->' -- i\ 1 1 1 nach Abhebung des Kiemendeckels, um die {Labj/rmth/lSchc, Flg. <0l), dar, oder sack- geräumigen oberen Schlundknochen zu förmige Ausstülpungen der Kiemenhöhlen- zeigen. Schleimhaut ( SaccoJn-nnchvs, Auqjhipnous). Wahre, aus der Schwimmblase entstandene Lungen mit inneren zelligen Räumen, kurzer Luftröhre und glottisartiger Einmündung in den Schlund kommen bei Lcp}do!-^ Cuvieri) vereinigen ; letztere münden in einen Kreifiaufsorgane eines Knoehoii- hiutcr dcui Atrium gclegencn Siiius vcnosus ein. fisches sche>natisch. F Ventrikel, ^^^^,^^^ Einschiebuug ciucs doppcltcu Pfortadcr- Ba Bulbus arteriosus mit den Ar- ~ a -i terienbögen , welcho das venfise SyStCUlS gCStaltCt sich jcdoch dcr Lauf dcS ZU- Biut in die Kiemen führen, .ift Ar- rückkehreuden vcuöscn Blutcs complicirtcr. Aus terienbogeii, Ao Aorta descendens, ^ zu welcher die aus den Kiemen dcu Acstcu dcr Caudalvcnc, dic bci den Cyclo- rrnt„.'""~r;"or;:: *"«"'en «n. 'Si^.Yin. Myxine {Gasiro- hran. (ianoidoi 759 Fis. 7()4. Cliimaera monslroxa (rögne animal). 3. Unterordnung. HoIocrpJiaU, Cl/iwaereu. »Selachicr mit fest am Schädel verwachsenem Oberkiefer-Gaumenapparat, ohne Spritzlöeher. einfacher äusserer Kiemenspalte und kleiner Kiemendeckelmembran. Der dicke, bizarr gestaltete Kopf besitzt grosse, der Lider entbehrende Augen. An der unteren Fläche der Schnauze liegt die kleine Mundötfnung. Der Oberkie- fer-Gaumen- bogen (Fala- toipiadratuni und Hyoman- d'ihiäarc) ist mit dem Schä- del fest ver- \vachsen,wäh- rend der Un- terkiefer an dem stielförmigen Hvomaudibulare arti('ulirt. Die Kiefer tragen nur wenige (oben 4, unten 2) Zahnplatten, Die nackte Haut ist von mächtigen Gängen des Seitenorgans durchsetzt. Spitzl()cher fehlen. Anstatt der Wirbelkör})er finden sich dünne ringförmige Knochenkrusten in der Chordascheide. Sie legen Eier mit horniger Schale ab. Farn. Cliimaeridae, Seekatzen. Cliimaera monsirosa L. (Fig. 7C4), nordisclie Meere, Mittelnieer. CalorJtiincliiis antarcficus Lac, Cap, Südsee. 4. Ordnung (Unterclasse). Gaiioidei ^), Sclimelzschupper. Knorpel- und Knochenfische mit Schmelzschuppcn oderKnochenschildeni der Haut, mit Flossenschindeln (Fidcra), mit muskulösem Conus arter iosus und Klapp>Gn reihen in demselben, 7nit kammförmigen, von einem knöchernen Deckel flberlaf/erten Kiemen und mit Spiralklappe des Darmes. Vornehmlich in den älteren Formationen (Sauroiden, Lepidoiden, F;/c- nodonten) war die Ordnung reich und mannigfach vertreten, während sie gegenwärtig nur wenig lebendeRepräsentanten (Lepidosteus, Polypjteriis, Cala- moichthys, Ämia, Acipenser, Scaphirhynchus, Spatiäaria) besitzt. Die Grenze nach den Teleostiern hin ist schwer festzustellen, da wir keinen einzigen al)soluten Differentialcharakter allen Ganoiden gemeinsam finden (selbst die Spiralklappe des Darmes ist bei Amia und Lepidosteus rudimentär). Der für die Bezeichnung massgebende Charakter liegt in dem Besitze von Schmelzschuppen . die meist rhombisch geformt und stets mit einer ') .T oh. Müller, Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden. Abliandl. der Berliner Akad., 1846. J. Hyrtl, Ueber den Zusammenhang der Geschlechts- und Harnwerkzeuge bei den Ganoiden. Denkschr. derk. Akad. derWissensch., Bd. YIII, AVien 1854. Chr. Lütken, Ueber die Begrenzung und Eintheilung der Ganoiden. Uebersetzt von Willemoes-Suhm. Palaeontographica. 1872. K. A. Zittel, Handbuch der Paläontologie. Bd. Ill, 1887—1890. 76(,t Ganoidei. glatten 8cbrael/Jage überzogen sind und durch gelenkige Fortsätze ver- bunden, in schiefen Binden den Körper umgürten (Fig. 765). Nach der Beschaffenheit des Skeletes erweisen sich die Ganoiden theils als Knorpelfische, theils als Knochenfische. Es beginnt das Skelet so- wohl bei fossilen, als unter den jetzt lebenden Fischen (Stör) mit Formen, bei welchen die Chorda persistirt und knöcherne Bogenstücke vorhanden sind. Stets findet sich über der knorpeligen Schädelkapsel eine äussere knöcherne Schädeldecke, sowie auch das Kiefersuspensorium, die Kiefer, Kiemenbögen und Kiemendeckel eine knöcherne Beschaffenheit besitzen. Bei den sog. Knochenganoiden wird der Primordialschädel durch einen knöchernen Schädel mehr oder minder vollständig verdrängt und die Wirbelsäule in allmäliger Ausbildung zu einer knöchernen umgestaltet, indem die Wirbel durch verschiedene Zwischenstufen (Halbwirbel fossiler Ganoiden) die biconcave Wirbelform der Teleostier erhalten und bei Lepldostcuf'. eine Entwicklungsphase erreichen, welche durch vordere Gelenkköpfe an die opisthocoelen Wirbel der Amphibien anschliesst. Auch treten ziemlich allge- mein knöcherne Rippen auf. Fig. 765. Polypterus stneynliis. Die Schwanzflosse ist gewöhnlich heterocerk und nimmt zuweilen in ihrem oberen Lappen das Ende der Wirbelsäule auf, doch gibt es allniälige l ebergänge bis zur fdiph//crrkcn) Homocercie. Eigenthümlich sind den meisten Ganoiden stachelartige Schindeln, FuJcra, welclic den oberen Rand und ersten Strahl der Flossen, namentlich der Schwanzflosse, in einfacher oder doppelter Reihe bekleiden. (..Jeder Fisch mit Fulcra am vorderen Rande einer oder mehrerer Flossen ist ein Ganoid". Joh. Müller.) Anatomisch schliessen sich die Ganoiden in vielen Charakteren den Selaehiern an. Der obere Theil der Herzkammer bewahrt als Conus arteriosus die Bedeutung eines rhythmisch pulsirenden Herzabschnittes. Auch finden sich im Innern des letzteren mehrere Längsreihen von Klappen, welche bis an den oberen Rand des muskulösen Conus reichen und während der Pause des Herzschlages den Rücktritt des Blutes aus der Arterie in den Conus ver- hindern. Dagegen liegen die kammförmigen Kiemen wie bei den Teleostiern frei in einer Kiemenhöhle unter einem Kiemendeckel, welchem oft noch eine grosse, venöses Blut empfangende Kieme angehört. Diese respiratorische Xebenkieme (Kiemendeckelkieme) fehlt bei Amia, Spatularia, und ist von der Pseudobranchie des Spritzloches wohl zu unterscheiden, mit der sie zugleich vorhanden sein kann. Alle besitzen eine Schwimmblase mit Luft- gang, sowie zwei Oeffnungen von Peritonealcanälen zu den Seiten des Afters Chondrost-;!. Crossopterygii. Euganoides. 761 (wie die Chimaeieii und Piag-iostomen). Die .Sehnerven laufen nicht kreuz- weise übereinander, sondern bilden ein Chiasraa mit partiellem Austausch der Fasern. Die Geschlechtsorgane zeigen mehrfache bemerkenswerthe Eigen- thündichkeiten. Die beiden Eierstöcke lassen die reifen Eier in die Baueli- hlilile gelangen. Aus dieser treten letztere in einen trichterförmig beginnen- den Eileiter, welcher in den Harnleiter oder in das entsprechende Hörn der Harnblase (Spatidarid, Lcpklostcus) einmündet, oder auch, mit dem Oviduct der anderen Seite vereinigt, hinter dem After durch einen einfachen, die l'rethra aufnehmenden Porus ausführt (Hyrtl). In jenen Fällen führt von der Blase ein Canalis urogenitalis nach dem hinter dem After gelegenen Frogenitalporus. Im männlichen Geschlechte soll der Samen durch zahl- reiche Quercanälchen vom Hoden in die Harncaniilchen der Niere über- geführt werden. I.Unterordnung. r//o;<(/ro6'/c/.Knorpclganoiden mit pcrsistirender Chorda und nur spärlichen Kiemenstrahlen oder auch ohne dieselben. Schwanzflosse heterocerk, mitFulcra. Schädelkapsel knorpelig, von Hautknochen überdeckt. Die Zähne sehr klein oder fehlen ganz. Haut nackt oder mit Kuochenplatten. ris< 76t) TT-' Acipinser mOienus, nach Hecke 1 und Kner. Yam. Acipcnseridae, Störe, mit 5 Längsreihen grosser Knochenplatten. Aci2)enser sturio L., Stör. Ä. riiihenus L., .Sterlet (Fig. 766). A. huso L., Hausen. ScaphirlnjncJms Gray, Mis.sii-sippi. Farn. Spaiularidae, Löft'elstöre. Spatularia folium Lac, Mississippi, ^p. t/Jadiiis Martens, Yantsekiang. 2. Unterordnung. lJrossoptery(/tt, quastenflossige Ganoiden. Mit zwei breiten Kehlplatten anstatt der Kiemenhautstrahlen und meist gerundeter (diphycerker ) Schwanzflosse. Die Brustflossen sowohl wie die weit nach hinten gerückten Bauchflossen werden von einem beschuppten Schafte getragen, welchen die Strahlen umkleiden. Schuppen bald dünn und cycloid (bei fossilen Formen), bald stark und rhombisch. Führen zu den Dipnoern und Amphibien hin. Fam. Polypteridae, Flösselhechte. Mit rhombischen Schuppen und vieltheiliger , in Flösschen zerfallener Eückenflosse. Afrika. Polijpterus hicliir Geofir. F. seneiathidae. \on cylindrisclier oder seitlich comprimii'ter Körperform , mit enger Kienienötfnung und kleineu Brustflossen. Männchen mit Bruttasche (Fig. 768). Si/n- f/nathus acKsJj., If/ppoca?n2)us antiquorum lieach., Mittelmeer. H. lotujirostris Cxx\., Japan. Fig. 7t)8. Fig. 7(59. Osliacion Iriqiteter (regae animali. 2. l'nterordnuiig. Flecfoguathi, HaftVicnr. Kugelige oder seitlich stark comprimirte Knochen- fische mit unbeweglich verwachsenem Oberkiefer und Zwischenkiefer, enger Mundspalte und star- kem , oft bestacheltem Hautpanzer , meist ohne Bauchflossen, mit karamförmigen Kiemen. 1. Sderoderini. Kiefer mit gesonderten Zähnen. Farn. Osfracionidae, Koftertische. Körperform koöer- ifi>;)oc«mj5«s-Männchenmitder artig, dreikantig oder vierkantig, oft in kornartige Fortsätze Bruttasche (ßi/y. auslaufend, mit festem, aus polyedrischen Knochentafeln ge- bildetem Hautpanzer, an welchem nur die Flossen und der Schwanz beweglich sind. Ostracicn triqtieter L. (Fig. 769), AVestindien. 0. quadricornis L., "VVestafrika. Fam. Balisiidae , Hornfische. Der seitlich comprimirte Körper mit rauhkörniger oder von harten rhombischen Schuppen bedeckter Haut, oft pi'achtvoll gefärbt. Balistes vtaculalufi L., Atlantischer und Indischer .Ocean. 2. (iiimnodonies. Kiefer in einen Schnabel umgestaltet, mit schneidender ungetheilter oder doppelter Zahnplatte. Eiickenstacheln fehlen. Fam. Molidae. Orthaf/oriscus mola Bl., Mondfisch. Wärmere Meere. Fam. Tetrodontidae. Diodon liijsfri.r L., Atlantischer und Indischer Ocean. Tetrodon cKtaneifs Gthr., St. Helena. i\. Unterordnung. Flnjsostomi. Fhysostonien. Weichflosser mit kamm- förmigen Kiemen und getrennten Kieferknochen mit bauchständigen oder ohne Bauchflossen, stets mit Luftgang der Schwimmblase. Fam. Muraenidae, Aale. Muraena lielena L., Anguilla anyu'üla L. (vulgaris) Europa. Wandert zur Fortpflanzungszeit im Herbst aus den Flüssen in das Meer und erlangt erst hier die Geschlechtsreife. Die Fortpflanzungsverhältnisse sind keineswegs vollkommen auf- geklärt, obwohl Männchen und Weibchen von einander unterschieden und die beiderlei Sexualorgane nachgewiesen wurden. Im Frühjahre wandert die Aalbrut aus dem Meere in die Flüsse zurück, ('onger rulgaris Cuv., curopäi.*clie Küsfe. AmphipnouH Job. Mü!I. 764 Phvsostomi. Fani. Gijmnofidae. Gijmnotus eleciricus L., Zitteraal (Fig. 770). Lebt in Flüssen und Sümpfen Südamerikas , wird bis (5 Fuss lang und vermag darch seine elektrischen Schläge selbst grössere Tliiei-e, wie Pferde, niederzustrecken. Berülimt durcli die Versuche A. V. Humbold's. Fam. Clupeidae, Häringe. Mit ziemlich comprimirtem Körper, welcher mit Aus- nahme des Kopfes von grossen dünnen, leicht abfallenden Schuppen bedeckt ist. Clupea harenyus L., Häring, in den nordischen Meeren , erscheint besonders an den schottischen und norwegischen Küsten alljährig zu bestimmten Jahreszeiten in ungeheuren Schaaren. Der Hauptfang gescliieht im September und October. C. (Harenyula) sprattus L., Sprott, in der Nord- und Ostsee. EngrauUs encrasicholus Eond., Anjovis. Ocean und Mittclmeer. Alausa vulyaris Cuv. Val., Mailisch. Wandert im Mai zur Laichzeit aus dem Meere in die Ströme , z. B. im Rhein bis Basel , im Main bis Würzburg. Wird bis 3 Fuss lang. A. pilchardus Bloch., Sardine, Mittelmeer. Fam. Mormijridae. Kopf, Kiemendeckel und Kiemenstrahlen mit nackter Haut. Fi" 770 Haben jederseits am Schwanz ein sog. psendoelektrisches Organ. Morm;/nis ci/prinoi- des L. , Nil. Hier schliesst sich Gijmnarchus Cuv. an. Fam. Esocidae. Hechte. Mit breitem, niedergedrück- tem Kopfe, weit nach hinten gerückter Rückenflosse und verdeckten drüsigen Pseudo- branchien. Gefrässige Raub- tisclie mit weitgespaltenem Radien und l^räftiger Zahn- bewart'nung. Esox lucius L., Hecht. Umbra Krameri J. <,,.:nunu, c,ccn;cu«, nach Sachs. lJi^ll_^ Hundsfisch. Fam. SalDionidae. Lachse. Mit Fettflosse, einfacher Scliwimmblase und zahlreichen Pförtneranhängen. Aus den Ovarien fallen die Eier in die Bauchhöhle und gelangen aus dieser durch einen unpaaren Porus nach aussen. Zur Laichzeit, die meist in die Winter- monate fällt, zeigen beide Geschlechter oft auffallende Unterschiede. Sind grosse Raubfische und gehören vorzugsweise den Flüssen, Gebirgsbächen und Seen der nördlichen Gegenden an, lieben klares kaltes Wasser mit steinigem Grunde, haben aber auch im Meere Vertreter, welche zur Laichzeit in die Ströme und deren Nebenflüsse steigen. Coreyonus Wartmanni Bloch., Ranke , Blaufelchen , in den Alpenseen. TJiymallus vulyaris Nilss. (vexillifer), Aesche, Osmerus eperlanus L., Stint, Nord- und Ostsee. Salmo salrelinus L., Saibling. S. Inccho L., Huchen im Donaugebiet, ein grosser Raubfisch. S. salar L., Lachs. S. lacusfris L., Seeforelle (Schwebforelle), in den Binnenseen der mitteleuropäischen Alpenländer. S. tritffa L., Lachsforelle. S.fario L., Forelle. Fam. Cyprinidae, Karpfen. Süsswasserfische mit enger, oft Barteln tragender Mund- spalte, schwachen zahnlosen Kiefern, aber stark bezahnten unteren Schlundknochen (Fig. 771). Cyprinus carpio L., Karpfen. Carassius vulyaris Nilss., Karausche. Tinea vulyaris Cuv., Schleie. Barhus fluriatilis k^., Barbe. Gobio ßuviatilis ¥lem., Gründling. Ehodeus amarus Bloch., Bitterling. Weibchen mit Legeröhre, bringt die Eier in die Kiemen der Fluss- muscheln (Fig. 772). Alburnus lucidus Heck. Kner, Laube. Leuciscus rutilus L , Roth- auge, Plötze. L. cephalus L. , Dickkopf, Schuppfisch. Chondrostoma nasus L. , Näsling. Abramis brama Flem., Brachsen. Phoxinus laevis L. Ag., Pfrille. Y&m. Acanthopsidae, Schmerlen. Schwimmblase in einer knöchernen Kapsel, ('obitis fossilis L., Schlammpitzger. C. barbatida L., Schmerle. C. fuenia L., Steinpitzger. ..# Anacanthiiii 7ÜD Fam. Ci/prinodontidae, Zahukarpieu. .Süsswasserlische , lebendig gebärend. Cyitri- nodoii (Lehiaa Cuv.) calariiantts Ciiv., ^iideuropa. Ätiahleps felrophthalmus Bl., Guiana. Fam. Silufiilac, Welse. Siisswas-serfisclie meist mit breitem niedergedrückten Kopf, starker Zahnbewatt'nung und nackter oder mit Knochenschildern gepanzerter Haut. Siltirus f/Iams L., Wels, Waller. Der grösste Flusstisch Europas. Saccohranclnis Cuv. Val. Boras Lac. lljipostomus Lac, Panzerwels. Malopterurus electricus Tj., Zitterwels, Nil (Fig. 773). Fig. 772. Untere Schlundknor}icn mit den Zähnen eines Karpfens, nacli H c c ke I u. Kne r. modeus Fig. 773. .^ .^ Woi))rlipn, nacl Mnloplei lach C u V i e r und V a 1 ■ n c i e nnes. 4. Unterordnung-. Aiiacanfhini , Amtcanthinen. Weicliflosscnstraliler, welche sich riicksichtlich des inneren Baues durch den Mangel eines Luft- ganges der .Schwimml)lase den Acanthopteri anschliessen. meist mit kehl- ständigen Baucht! ossen. Fam. Ophidiidae. OpMdinm hurbuium L. , Mittelmeer. Ammodijtes tobianits Ij., Sandaal, Nordsee. Fierasfer acus Brünu. Lebt parasitisch in Holothurien. Mittelmeer. Fam. Gadidae, Schellfische. Gadus viorrlnia L., Kabeljau, getrocknet kommt er als Stockfisch, gesalzen als Laberdan in den Handel, aus der Leber wird der Leberthran bereitet. Der lange Zeit für eine besondere Art (G. callarias) gehaltene Dorsch ist die Jugendform vom Kabeljau. G. aegleßmis L., Schellfisch, mit schwarzem Fleck hinter der Brustflosse. G. merlangus L., nordeuropäische Küste. Merluccius vulgaris Flem., Mittel- meer. Lota vulffaris Cuv., Quappe, Raubfisch des süssen Wassers (Aalruttenöl). Fam. Pleiirotuctidae, Seitenschwimmer. Leib comprimirt , scheibenförmig und auf- fallend asymmetrisch. Die nach oben dem Lichte zugekehrte Seite ist pigmentirt (mit Farbenwechsel) , die andere pigmentlos. Beide Augen liegen auf der pigmentirten Seite, nach welcher der Kopf gedreht und die Gruppirung seiner Knochen verschoben scheint. Hipjwf/Iossus vulgaris Flem., Heiligenbutt, nordeuropcäische Küsten. Bhomhus maximus L., Steinbutt. Bh. laevis Eond. , Glattbutt , europäische Küsten. Pleuronectes plaiessa L., Scholle, Goldbutt. PI. limanda L., Kliesche. PI. flesus L., Flunder (steigt in die Flüsse). Nordenropäische Küsten. Solea vulgaris Quens., Zunge. Nordsee und Adria. Fam. Scomheresocidae. Marine Weichflosser mit cycloider Beschuppung. Untere Schlundknochen verwachsen (Phartjngognathi). Belone acus Rond., Hornhecht. Scomheresox 766 Acanthopteri. rharyngognatlii Fig. 774. saurus "Walb., Exocoetus eiolans L., Flughecht. Brustflossen zu Fingorganen vergrossert. E. ccUiens L., europäische 3Ieere. E. Ronddetii Cuv. Val., Mittelmeer (Fig. 774). 5. Unterordnung, Acanfhopferi. Hartflossenstrahler mit kanimförmigen Kiemen, meist mit getrennten unteren .Sclilundknoehen und l»rustständigen, selten kehl- oder bauchständigen Bauehflossen, ohne Lut'tgang an der ge- schlossenen Schwimmblase. 1. Fharijufjoyiuith}. Mit verwachsenen unteren Schlundknochen. Farn. Pomacen- tridar. Amphiprion hifasciatus El., Neu- Guinea. Pomacentrus fasciatus Bloch., Ost- in'lien. ¥&n\.Lahridae, Lippfische. Lebhaft gefärbte Fische mit fleischigen vorstreck- baren Lippen. Lahriis maculatus Bl., euro- päische Küste. Creni- lahrus pavo Brunn. Julis pavo Hassq., Mittelmeer. Scarus '-retensis Aldr., Papa- geiflsch , Mittelmeer. 2. Acanthopteri s. Str. Untere Schlundknochen nicht verwachsen. Fam. Percidae, Barsche. Brustflosser mit Ctenoidschuppeu, gezähneltem oder bedoniteni Band des Kiemendeckels oder Vordeckels, mit Hechel- oder ßoi'stenzähnen am Zwischen- kiefer, Unterkiefer, Vomer und Gaumenbein. Perca ßuviatüis Hond. (Fig. 739). Fluss- , barsch, ein gefrässiger Eaubflsch , der Esoeoetus Rovdcletii, nach Cuvier und Valenciennes. Gasterosteiis aculentus, nach H e c k e 1 und K namentlich auf die kleinen Cyprinoiden Jagd macht. Lahrax lupus Cuv., See- barsch, Mittelmeer. Acerina cernua h., 0 Kaulbarsch , Flussfisch. Lucioperca Sandra Cuv., Sander, Flus.sfisch des :— östlichen Europa. Aspro vulgaris Cuv., Streber, Donau. Serranus tcriba L., Zwitter, Mittelmeer. Gasterosteus acu- leuius L., Stichling (Fig. 775), bekannt G. punijitiits L., kleiner Stichling (Fig. 776). G. sjn- durch den Nestbau und die Brutpflege nachia L. Seestichling. Bei dem Nestbau des Seestichlings Averden in den Nieren des .^lännchens erzeugte Schleimfäden verwendet. Fam. Mullidae, Meerbarben. MuHus harhatKS L. Anschliessend Dentex ruh/aris Cuv. Val., Mittelmeer. Fam. Sparidae, Meerbrassen. Canthanis vulgaris Cuv. Val., Sargus Rondelelii Cuv. Val., Charax pmitazzo L., Mittelmeer. Pagellus ergthrinus'L. Chnjsophnjs aurala L., Goldbrasse, Mittelmeer. Fam. Squamipennes, Schuppenflosser. Chaetodon fasciatus Forsk., Klipptisch, Eotbrs Meer. Toxotes Jaculator Fall., Spritzflsch, Ostindien. Acanthopteri s. str. 767 Fig. 776. Fani. J'riylidae, Panzerwangen. Die breiten Snborbitalknochcii mit dem stacheligen Vorcleckel zu einer Knochendecke verwachsen. Scorjyaena porcus \j. Sc. scrofa L., Giftig, Mittelmeer. Cottits yobio L., Kaulkopf, ein kleiner Fisch in klaren Bächen und Flüssen, der sich gerne unter Steinen verbirgt und durch das Aufblähen des Kiemendeckels ver- theidigt, bekannt durch die Brutpflege des Männchens. C. scorpius L., Seescorpion. Trüßa gunardus L., Daciylopterus volitans L., fliegender Fisch. Uranoscopns scaber L., Stern- seher, Mittelmeer. Trachinus draco L., giftig, Mittelmeer. Fam. Sciaenidae, Umberfische. Umhrina cirrhosa L., Mittelmeer. Corvina n'ujra Salv., 3Iittelmeer. Sciaena aquila Eisso, Mittelmeer. Fam. Scomheridae, Makrelen. Von lang- gestreckter, mehr oder minder compresser, zu- weilen sehr hoher Körpergestalt, oft mit silber- glänzender Haut, bald nackt, bald mit kleinen Schuppen, stellenweise auch, namentlich an der Seitenlinie, mit gekielten Knochenplatten beklei- det, meist mit halbmondförmig ausgeschnittener Schwanzflosse. Bilden zumal wegen des schmack- haften Fleisches einen Avichtigen Gegenstand des Fischfanges, die Makrelen in der Nordsee und im Canal , die Thunfische für die Küsten- bewohner des Mittelmeeres. Scomher scomhrus'L., Makrele. Thynnus vulgaris Cuv. Val., Thunfisch. Fclamgs sarda Bl., Mittelmeer. Zeus faber L., Häringskönig oder Sonnenfisch. Caranx ira- diurus L., Stocker, europäische Küste. XipJiias gladius L., Schwertfisch, Mittelmeer. Edteneis naucrates L., Schifl:shalter. Fam. Gobiidae, Meergrundeln. Gobius lüyer Eond., G. ßuviafüis FaM, in den Flüssen Italiens und des südwestlichen Eusslands. üallio- ngmuslyra L., Cyclopterus hmipus L., Seehase, Bauchflossen zu einer Scheibe umgebildet. Fam. i^?ew«Mi)altene 8cluuiiize. an deren Spitze die beiden Nasen- öttiunif^-en liegen. Unmittelbar hinter dem Kopfe finden sich zwei Brustflossen, die ebenso ^x\e die g-leiehgestalteten weit nach hinten liegenden Banchflossen einen iiäutig-en, durch Strahlen gestützten einseitigen Saum erkennen lassen oder (Ccradotus) ähnlich wie die Flossen der Crossopterifjier aus einem centralen, von schuppiger Haut überzogenen Schafte und zwei seitlichen, von Strahlen gestützten Säumen bestehen (Fig. 780). Vor dem vorderen Flossen- paare bemerkt man jederseits eine Kiemenspalte, über welcher bei der afrikanischen Gattung Protopterus (Bhmocrijptls) bis in das spätere Alter drei äussere Kiemcnbäumchen erhalten bleiben. Bei der in Brasilien ein- heimischen Gattung Lepidosiren fehlen äussere Kiemen. Die Skeletbildung w^eist entschieden auf die Ganoiden hin , mit denen die Dipnoer überhaupt nahe verwandt sind. Es persistirt eine Fig. 780. a Cerofudus miolepi l) Brustflosse desselben, nach Günther Cercifocius Forsten, nach K (■ Unterkiefer mit den Zahnplatten ifft. zusammenhängende knorpelige Rückensaite, von deren Faserscheide ver- knöcherte obere und untere Bogenschenkel mit Rippen ausgehen. Nach vorne setzt sich die Chorda bis in die Basis des Schädels fort, welcher auf der Stufe der primordialen Knorpelkapsel stehen bleibt, jedoch bereits von Kuochenstücken überdeckt wird. Weit stärker sind die Gesichtsknochen des Kopfes entwickelt, namentlich die Kiefer, deren Bezahnung wie bei den Chimaeren aus senkrecht gestellten schneidenden Platten besteht oder aber (Ccrafodus) an die von Ccstraclon erinnert. Der Darmcanal birgt eine Spiral- klappe, welche in einiger Entfernung von der Kloake endet. Diese nimmt in gemeinsamer Oeffnung die Oviducte (Mü Herrschen Gänge) und zu deren Seiten die IMündungen der üreteren auf. Die Athmung durch Lungen, sowie das Vorhandensein eines doppelten Vorhofes führt zu den nackten Amphibien hin. Die knorpeligen Nasen- kapseln durchbrechen wie l)ei allen Luftathmern durch hintere Oeffhungen C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. C. Aufl. 49 770 MoDopneumona. Dipneumona. das Gaumengewölbe, und zwar weit vorne, unmittelbar hinter der Schnauzen- spitze. Zwei (bei Ceratodus nur ein einfacher) retroperitoneal über den Nieren gelegene Säcke, welche mittelst eines kurzen gemeinschaftlichen Ganges in die vordere Wand des Schlundes einmünden, morphologisch der '^Schwimmblase äquivalent, verhalten sich als Lungen, indem sie venöses Blut aus einem Zweige des unteren Aortenbogens erhalten und arterielles Blut durch Lungenvenen zum Herzen zurückgelangen lassen. Zu dieser Uebereinstimmung mit den Amphibien kommt mit der Ausbildung eines doppelten Kreislaufes die ähnliche Gestaltung des Herzens und der Haupt- stämme des Gefässsystems, indem eine unvollkommene Scheidung des Vor- hofes, sowie theilweise des Ventrikels in eine linke und rechte Abtheilung vorhanden ist, welche sich auch auf den Conus arteriosus erstreckt. Letzterer besitzt entweder Klappenvorrichtungen ähnlich denen der Ganoiden (Cera- todus), oder enthält wie bei den Fröschen zwei seitliche spivale Längsfalten, welche am vorderen Ende verschmelzen und die Scheidung des Lumens in zwei Hälften, für die Kiemenarterien und Lungengefasse, vorbereiten. Leben in den Tropen der alten und neuen Welt in Flüssen oder in Sümpfen, die in der heissen Jahreszeit eintrocknen (Dipneumona). \. Unterordnung. Monopncnmona. Körper mit grossen cycloidcn Schuppen bedeckt (Fig. 780«). Vomer mit zwei schiefen Sclmeidezahn-ähn- lichen Zahnlameilen. Gaumen mit einem Paare grosser und langer Zahn- platten von flacher welliger OberHäche und mit fünf bis sechs scharfen Zacken au der Aussenseite. Unterkiefer mit zwei ähnlichen Zabnplatten. Flossen wie die der Crossopterygier mit beschupptem Schafte und strahligem Doppelsaume (Fig. 780 h, c). Die Klappen im Conus arteriosus nach Art der Ganoiden. Kiemenapparat aus fünf Knorpelbögen und vier Kiemen ge- bildet. Pseudobranchien sind vorhanden. Die Lunge ist einfach und aus zwei symmetrischen Hälften zusammengesetzt. Diebeiden Ureteren münden durch eine gemeinsame Oeftnung an der Rückenseite der Kloake. Hinter dem After ein Paar weiter Peritonealspalten. Leben von kleineren Wasser- thieren, aber nicht von Blättern, die sie zugleich mit der Nahrung aufnehmen und benutzen vorwiegend die Lunge zur Respiration, wenn das schlammige Wasser der Flüsse von Gasen organischer Stoffe erfüllt ist. Ihre Lungen- athmung ist daher nur eine Anpassung an das zur Athniung untauglich gewordene Wasser. Lebten schon zur Trias-Zeit. Fam. Ceratodiflae mit der einzigen Gattung Ceratodus Ag. (Fig. 780). C. Forsteri Krefl't (und miohpis Günth.), im Burnett- und Maryfluss, Queensland, wird mehrere Fuss lang. 2. Unterordnung. Dipneumona. Flossen schmal, mit gegliedertem Knorpelstab (Stammreihe) und Strahlen nur an einer Seite. Kiemen mehr reducirt. Klappeneinrichtung des Conus arteriosus ähnlich denen der Ba- trachier. Lungen paarig. Protopterus vergräbt sich im Schlamme und tapezirt die Höhlune- mit Schleim aus. II. Ciasee. Ainphibia. 771 Farn. Lcpidosirenidae. Proiopterus {Rhinocrypiis Peters) annectens (Fig. 779) Owen, mit vier Kiemensipalten, tropisches Afrika. P. amphihius Peters mit fünf Kiemenspalten. Lepidosiren puradoxa Fitzg., Brasilien. IL Classe. Amphibia\), Amphibien, Lurche. Kaltbliltrr mit doppeltem Condijlus des Hinterhauptes , mit Lungen und corilhery eh ender oder persistenter Kiemenathmtmy, unrollständig dop- peltem Kreislauf, ohne Amnion und Allantois der Emlrgonen, welche als Larren a ussch lüpfen. Die äussere Körpergestalt schliesst oft nocli durch die Compression des Leibes und den flossenförmigen Ruderseh wanz an die Fische an, weist jedoch schon auf den wechselnden Aufenthalt im Wasser und auf dem Lande hin und zeigt in den höheren Typen mehrfache, zu kriechenden, kletternden und springenden Landthieren hinführende Gestaltungsformen. Im Allge- meinen prävalirt ein langgestreckter cylindrischer oder mehr compvimirter Körper, der häufig mit einem ansehnlichen compressen Ruderschwanz endet. Extremitäten kiinnen fehlen, wie bei den drehrunden, unterirdisch in feuchter Erde lebenden Blindwühlern, in anderen Fällen finden sich blos kurze Vorder- gliedmassen (Siren) oder 1 11-. '-'. Fig. 781. vordere und hintere htum- Ms mel mit reducirter Zehen- zahl , welche den sich ((^••"'v---.V^'^x^\^t\^^^^ schlängelnden Körper \J_-L "^ nicht vom Boden erheben us können. Auch da wo die ^^'"^^ ^°° Snlumnndm mnculnta , nach Malbranc. Ms mittlere, ,^ ,.,..,. , Us untere Seitenlinie. Extremitäten eine ansehn- liche Grösse erhalten und mit vier oder fünf Zehen enden, wirken sie mehr als Nachschieber zur Fortbewegung des langgestreckten, sich schlängelnden Rumpfes. Nur die Batrachier, deren kurzer gedrungener Rumpf im ausge- bildeten Zustande des Schwanzes entbehrt, besitzen kräftige, zum Laufen und zum Sprunge, selbst zum Klettern taugliche Extremitäten paare. Die drüsenreiche, auch für die Athmung (Perspiration) bedeutungsvolle Haut 2) bleibt in der Regel nackt und schlüpfrig, nur die Blindwühler be- sitzen schienenartig verdickte Hautringe und in diesen Schüppchen. Indessen waren die von der Steinkohlenzeit bis zur oberen Trias reich vertretenen Stegocepjhalen am Bauch und Rücken mit grossen Schuppen wie bepanzert. Auch die Sinnesorgane der Seitenlinien (Fig. 781) finden sich bei den im Wasser lebenden Formen, insbesondere im Larvenzustande wieder. Sehr allgemein liegen Drüsen und Pigmente in der Hautbedeckung. Erstere sondern ') Wagner, Natürliches System der Amphibien. München 18.30. Dumeril et Bibaon, Erpetologie generale etc. Paris 1834— 1854. ^) Fr. E. Schulze, Epithel- und Drüsenzellen. 1. Die Oberhaut der Fische und Amphibien. Archiv für mikrosk. Anatomie, Tom. III, 1867. 49* 772 Amphibia. Wirbelsäule. oft (die Farotidcn, sowie Drüsen wiilste an den Seiten und iiintcren Extre- mitäten) ätzende und stark riechende Säfte ab. welche auf andere Organismen giftig wirken. Die mannigfachen Färbungen der Haut rühren vornehmlich von ramificirten Pigmentzellen der Cutis her, w^elche bei den Fröschen durch selbständige Gestaltveränderungen das schon länger bekannte Phänomen des Farbenwechsels bedingen. Obwohl am Skelet eine Chorda dorsalis (Blindw^ühler, Proteus) persistiren kann, kommt es stets zur Bildung knöcherner, zunächst biconcaver Wirbel i), welche durch Interverte- bralkuorpel geschieden sind. Bei den Sala- mandr'meu verdrängt allmälig der wachsende Intervertebralknorpel die in ihren Resten ver- knorpelnde Chorda, und es kommt durch w^ei- tere Differenzirung des ersteren zur Anlage eines Gelenkkopfes und einer Gelenkpfanne, die jedoch nur bei den mit procoelen Wirbel- kürpern versehenen Batrachiern zur völligen 8onderung gelangen. Bei den Salamandriuen sind die Wirbelknori)el opisthocoel. Die Zahl der Wirbel ist meist, der langgestreckten Körperform entsprechend, eine bedeutende; bei den Batrachiern dagegen besteht die Wirbel- säule nur aus zehn Wirbeln mit auffallend langen Querfortsätzen, welche meist zugleich die Rippen vertreten, während sich sonst mit Ausnahme des ersten Wirbels an fast allen Rumi)fwirbeln kleine kurze Rippen tindeu, wel- che niemals an das Sternum anschliessen. Die Sacralregion wird von einem einzigen Wirbel gebildet (Fig. 782). Vom Kopfskelet ist der knorpelige Pri- mordialschädel im Larvenleben ziemlich voll- ständig, jedoch ohne Decke und Boden (zwischen den Trabekeln) (Fig. 783). Später wird der- selbe theilweise von Knochen verdrängt, die theils Ossificationen der Knorpelkapsel (Occi- ■pltaUa latcralia, GehörlaxiscJ, Gürtelhem oder ^) Vergl. besonders C. Gegenbaur, Untersnchungen zur vergleichenden Anatomie der AVirbelsäule bei Amphibien und Eeptilieu. Leipzig 1862. a Skelet von Menopoma alleghaniense. Od Occipitale laterale, P Parietale, F Frontale, Ty Tympaiücum, Pe Pe- trosum, Mx Maxillare, Jnij; Intermaxil- lare, N Nasale, Vo Vom er, Et Os en ceintnre, Pt Pterygoideum, Sc Schulter- gürtel, J/ Beckengürtel, .SSacralwirbel, R Kippen. — b Zungenbeinbogen (Zb) und Kiemenbogen (Kb) desselben. 773 Fig. 783. Os eil ceintnrej «ind. tlieils als Helofi'knoelien (Fatietalki, Frontalia, Nasalia, Vomcr, Pdrasphenoidrum) ihren Ursprung nehmen (Fig. 784). Wie bei Lepi- (losiren bleiben Occipitale basale und superius kleine Knorpelstreifen, ebenso finden wir noch ein Farasphenoideum an der Schädelbasis. Die mächtigen Occipitalia lateralia (mit dem Opisthoticum verschmolzen) articuliren wie bei den Sängethieren mittelst doppelter Gelenkhöcker auf dem vordersten Wirbel. Die vorspringende Ohrgegend ent- spricht dem Frooüeum, w-elches von der Frncstra oralls durchbrochen wird. Wäh- rend die Seitenwand des Schädels knorpelig l)leibt, tritt in der Ethmoidalgegend ein ringffirmiger Knochen, das GUrtelhein, auf. Die Verbindung des Schädels mit dem Kieferbogen ist wie bei Lepidosiren eine feste. Kieferstiel und Falato-Quadra- tum legen sich im Zusammenhange mit der knori)eligen Schadelkapsel an und Parker. f)ilden jederseits einen weit abstehenden infraorbitalen Bogen, dessen Vorderende entweder frei bleibt oder mit dem Ethmoidalknorpel verschmilzt. Die am Ende des Kieferstiels auftretende Ossification bildet das Quadndum,\\''Ä\\Ye\\({ eine dem Knorpel auf- lagernde , hammer- fürniige Deckplatte als Sijuanwsuin, rich- tiger vielleicht als T;/i)/panieu)uhGzeiQh- net wird. Ein zweiter von unten anliegen- der Knochen er- streckt sich im Bo- Priraordialschadel Fiff. 784. Kaulquappe, nach Jmx Orl Pe a ist das Fterijgokleum^ an welches sich nach gen nach vorne und Schadel von Bnna esculenta, nach Ecker, a von der Dorsal-, 6 von der Ventralseite. Od Occipitale laterale, Pe Petrosum (Prooticum), Et Gürtel- bein, Ty Tympanicum, Fp Frontoparietale, J Quadrato-Jugale (Jugale), J/.c Maxillare , Jwo; Intermaxillare , iV Nasale , Ps Farasphenoideum, Pt -1 Pterygoideum, PI Palatinum, V Vomer. vorne das quer zum paarigen Vomer hinziehende Fedntinum anschliesst. Der äussere Kiefer- bogen, gebildet durch die Intennajcillar- und il/aj"i//arknochen, kann mittelst einer dritten hinteren Knochenspange (Qiiadratojugale) bis zum Quadratum reichen, bleibt aber bei manchen Perennibranchiaten unvollständig, indem der Oberkieferknochen fehlt. Am Visceralskelet zeigt sich entschieden eine mehr oder minder tiefgreifende Reduction im Zusammenhange mit der Rück- bildung der Kiemenathmung. Die mit bleibenden Kiemen versehenen Am- i (4 Ampliibia. Nervensystem, »inuesorifaue. phibicn (Perennihranchiaten) besitzen die Vi8ceralb«igen in grö.sserer Zahl und in ähnlicher Gestalt, wie sie bei den übrigen Formen nur vorüber- gehend im Larvenleben auftreten. Hier treten noch vier bis fünf Bogenpaare auf, von denen das vordere den Zungenbeinbogen darstellt (Fig. 782 6). Die Copula bleibt einfach und wird von den beiden letzten Bügen nicht mehr erreicht. Bei den Salamandrinen persistiren ausser dem Zungenbein- ])Ogen noch Reste von zwei Kiemenbögen. während sich bei den Batrarliiem im ausgebildeten Zustande nur ein einziges Paar von Bogenstücken am Zungenbeine erhält. Dasselbe fügt sich an den Hinterrand des Zungenbein- körpers an und wird als Suspensorium des Keidkopfes verwendet. Am Schultergerüst unterscheidet man drei Stücke als Scapularc, Fro- coracoideum und Coracoideum, wozu noch ein oberes knorpeliges Sui^ra- scapulare, ferner bei den Anuren am Frocoracoideum eine Claricula hinzu- kommt. Während bei den geschwänzten Amphibien ein unterer Schluss des Gürtels fehlt, kcjmmt derselbe bei den Batrachiern sowohl durch die mediane Ver])indung l)eider Hälften, als durch Anlagerung an eine als Sfcrmon zu deutende Platte zu Stande, an deren vorderem Ende eine Episfenialphine hinzutritt. Für das Becken ist die schmale Form der Darmbeine charak- teristisch, welche, an den starken Querfortsätzen eines einzigen Wirbels f)e- festigt, an ihrem hinteren Ende mit dem Sitz- und Schambeine verschmelzen. Das Nervensystem erhebt sich in mehrfacher Hinsicht über da.s der Fische. Das Gehirn (Fig. 107) bleibt zwar in allen Fällen klein, indessen sind die Hemisphären umfangreich und die Differenzirung des Zwischen- und Mittelhirns weiter vorgeschritten. Die Lobi optici erlangen eine ansehn- liche Grösse und das verlängerte Mark umschliesst eine breite Rautengrube. Die Hirnnerven A^erhalten sich ähnlich wie bei den Fischen, indem nicht nur der X. facialis und die Augenmuskelnerven oft noch in den Bereich des Trigeminus fallen, sondern Glossopharyngeus und Accessorius durch Aeste des Vagus vertreten werden. Der Hypoglossus ist wie dort erster Spinalnerv. Von den Siiuiesorganen können die beiden Augen rudimentär und unter der Haut versteckt sein (01m und Blindwühlerj. Bei den Perenni- branchiateu fehlen Lidbildungen noch vollständig, während die Salaman- drinen ein oberes und unteres Augenlid und die Batrachier mit Ausnahme von PijM ausser dem oberen Augenlide eine grosse.- sehr bewegliche Nick- haut besitzen, neben der nur bei Biifo ein unteres rudimentäres Augenlid vorkommt. Bei den Batrachiern tritt ein Retractor auf, durch welchen der grosse Augenbulbus weit zurückgezogen werden kann. Im Baue des Crihör- 01-ganes^) schliessen sich die Amphibien den Fischen an. Dasselbe be- schränkt sich auf das Labyrinth mit drei halbzirkelformigen Canälen. nur bei den Batrachiern tritt noch eine Paukenhöhle hinzu, welche mit weiter Tuba Eustachii in den Rachen mündet und aussen von einem l)ald frei- liegenden, bald von der Haut bedeckten Trommelfell verschlossen wird, *) Yergl. insbesondere die Arbeiten von Deiters, Hasse und Retzius. VerdauuDgscaual. 775 dessen Verbindung mit den» ovalen Fenster ein kleines, wohl dem Hyoman- d/huiare entsprechendes Knorpelstäbchen nebst Knori)elplättciien (Coluniella nebst Opcrculum) herstellt. Bei fehlender Paukenhöhle werden diese Deck- g-euilde des ovalen Fensters von Muskeln und Haut überzogen. Die zuerst durch Deiters bei Fröschen entdeckte rudimentäre Schnecke dürfte allen Amphibien zukommen. Die Genichson/aue sind stets paarige, mit Faltungen der Schleimhaut versehene Nasenhöhlen, welche noch vorne innerhalb der Lippen, bei den Batrachiern und Salamandrinen weiter nach hinten zwischen Fig. 785. Oberkiefer und Gaumenbein mit derKachen- höhic communiciren. Als Sitz des Tastsimies ist die äussere nervenreiche Haut zu be- trachten. Dass auch der (Jeschniackssinn vorhanden ist, ergibt sich aus dem Vor- handensein von Geschmackspapillen auf der Zunge der Batrachier. Freilich ver- schlucken unsere Thiere ihre Nahrung un- zerkleinert, und die meist vorne ange- wachsene Zunge dient auch zu anderen Functionen, wie bei den Batrachiern als Fangapparat, indem ihr zweilappiges Hinterende nach vorne geklappt wird. Zu- weilen fehlt die Zunge (Pipa). Den Eingang in den Verdauuugscanal (Fig. 785) bildet eine mit weit gespaltenem Rachen beginnende Mundhöhle, deren Kiefer- und Gaumenknochen (Vomer, Palatinum) in der Kegel mit spitzen, nach hinten gekrümm- ten Zähnen bewafliiet sind, welche nicht zum Kauen, sondern zum Festhalten der Beute gebraucht werden. Selten fehlen Zähne, wie bei Fipa und einigen Kröten, während sie bei den Fröschen stets im Oberkiefer und Gaumen vorhanden sind. Am Darm unterscheiden wir einen kurzen Oesophagus, welcher in einen Magen führt, der sich bei den Batrachiern schärfer absetzt und bei den Bufoniden (|uer zu stellen be- ginnt. Der darauffolgende Mitteldarm beschreibt mehrtache Windungen und geht endlich in den blasenförmig erweiterten Enddarra ül)er. Als Anhangs- drüsen des Darmes linden wir das Pancreas und die Leber mit Gallenblase, deren Ausführungsgang jenen des Pancreas aufnimmt. Die AfJmnir/f/s- und Kreislaufsorgane der Amphibien wiederholen im Wesentlichsten die Gestaltungsverhältnisse der Dipnoer. Ueberall linden sich zwei Lungensäcke, nel)en denselben aber noch, sei es nur im Jugendalter Der Barmtractus von Frosch, von der Ventral- seite gesehen. Mh Mundhöhle, 3/6 Mundboden- haut, Z die herausgeschlagene Zunge, S Ein- gang in den Kehlkopf mit der Stimmritze, Oe Oesophagus, M Magen, D Dünndarm, P Pancreas, L Leber, G Galleublase, De gemein- samer Ausführungsgang von Leber und Pan- creas, jR Dickdarm, HÄ Harnblase, CT Kloake, A Afterüffnung. ^'J^^ Amphibia. Athmnngs- und Kreislaufsorganc. oder auch im ausgebildeten Zustande {Percnnlhraurhlatcu, Fig. 79), drei (oder vier) Paare von Kiemen, welche bald in einem von einer Hautduplieatur bedeckten Räume mit äusserer Kiemenspalte eingeschlossen liegen, bald als ästige oder gefiederte Hautanhänge frei am Halse hervorragen. Die Athem- bewegungen werden bei dem Mangel eines erweiterungs- und verengerungs- fähigen Thorax durch die Muskulatur des Zungenbeins und durch die Bauch- muskeln bewirkt. Die unpaare, durch Knorpelstäbe gestützte Luftröhre erscheint meist bei auffallender Kürze und Weite einem Kehlkopfe ähnlich und ist nur bei den Auuren zu einem Stimmorgane ausgebildet, welches laute, quackende Töne hervorbringt und häufig im männlichen Geschlechte durch einen Resonanzapparat eines oder zweier mit der Raehenhöhle com- municirender Kehlsäcke unterstützt wird. Zur Zeit der ausschliesslichen Kiemenathmung verhalten sich Herz imd Arteriensfäninic ähnlich wie bei den Fischen. Später bei hinzutretender Lungenathmung wird der Kreis- lauf ein doppelter, und es findet durch ein Septum die Scheidung ^'* >^ .^^f^F"^^ .^^^^'^ r^ des rechten und linken Vorhofes statt, von denen der erstere die Körpervenen , der letztere die Lungenvenen aufnimmt. Dagegen bleibt die Herzkammer stets noch einfach, enthält daher gemischtes Blut und führt durch einen musku- AA lösen , rhythmisch pulsirenden Aortenbögen einer älteren Froschlarve, aus Bergmann AortCUCOnUS in die aufstcigCnde und Leuckart. An die sich zur Aorta descendens (Ad) . , vereinigenden Aortenbögen, Ap Arteria pulmonalis, Kg Aorta mit dcn reducirtCU GcfäSS- Kopfgefässe, Br Kiemen. bÖgCU. Li dcr CrStCU LarVCll- periode sind es vier Paare von Gefässbögen. welche ohne capillare Ver- theilung den Schlund umziehen und sich unterhalb der Wirbelsäule zu den beiden Wurzeln der absteigenden Aorta verbinden. !\[it dem Auftreten von Kiemen geben die drei vorderen Bogenpaare Gefässschlingen ab, welche das System der Kiemencapillaren bilden , während die zurückführenden Theile der Bögen untereinander in verschiedener Weise zur Bildung der Aortenwurzeln (Aorta descendens) zusammentreten (Fig. 786). Der vierte Gefässbögen, der übrigens häufig (Batrachier) einen Zweig des dritten dar- stellt oder (Salamander) mit jenem in gemeinsamem Ostium am Bulbus ent- springt, steht zur Kiemenathmung in keiner Beziehung und führt direct in die Aortenwurzel. Dieser untere Gefässbögen ist es, welcher einen Zweig zu den sich entwickelnden Lungen entsendet und so die Bildung der an Grösse und Pjedeutung bald überwiegenden Lungenarterie einleitet. Während sich diese Verhältnisse bei den Perennibranchiaten im Wesentlichen zeit- lebens erhalten , treten bei den Salamandrinen und Batrachiern mit dem Lyinphherzpn. 777 Fis. 787. Schwunde der Kiemen weitere Keductionen ein. welche zur Gefässvertheilung- der li(>lieren Wirbelthicre hinführen. Mit der Riickbilduni;- der Kiemen- capillaren wird die Verbindunji; des Aortenbulbus und der absteigenden Körperarterie wiederum durch einfache Bögen liergestellt, deren Verbindungs- wege, mit Ausnahme des dritten und vierten, oft als Ductus BotalU persi- stirenden. nbliteriren und verschwinden (Fig. 787). Der vordere Bogen ent- sendet Zweige zu der Zunge, sowie die Carotiden, an deren Ursprung sich eine Anschwellung, die sog. CarotidcndrUse, findet. Die beiden mittleren bilden die Aortenwurzeln, von denen sich auch noch Aeste nach dem Kopfe ab- zweigen können. Der unterste, an seinem iTsprunge oft mit dem vorher- gehenden verschmolzene Bogen gestaltet sich zur Lungenarterie um, meist mit Erhaltung eines dünnen, zuweilen obliterirten Ductus Botalli. Bei den Batrachicrn, welche in Folge des Zusam- menfallens der l)eiden unteren Gefässbögen nur drei Gefäss- bögen besitzen, ist die Aorten- wurzel Fortsetzung des mitt- leren Bogens jeder Seite und gibt die Gefässe der Schulter- gegend und der vorderen Extremitäten, sowie auch an einer Seite die Eingeweide- arterie ab. Der untere Bogen entsendet die Lungenarterie und einen starken Stamm für die Haut des Rückens ■'^^'^ "'* '^^" grosseren Gefassen einer Kröte. Ad rechter ' Aortenbogen, As linker Aortenbogen, Ca Carotis, Cd Sog. Caro- Ohne den Verbindungsgang tidendnise, Ap Arteria pulmonalis, H Arteria cutanea, 3/ Ar- mit der Aortenwurzel zu er- *"'* mesenterica. halten. Wie bei den Fischen besteht ausser dem Pfortaderkreislauf der Leber ein solcher der Niere. Die Lymphgefässe der Amphibien begleiten die Blutgefässe als Geflechte oder weite lymphatische Bahnen. Nahe von den Einmündungsstellen in die Venen treten Lymphbehälter auf, welche rhyth- misch pulsiren und die Bedeutung von Lymphherzen besitzen; so liegen bei den Fröschen zwei Lymphherzen unter der Rückenhaut in der Schulter- gegcnd und zwei dicht hinter dem Os ileum ; bei den Salamandern sind nur hintere Lymphberzen bekannt geworden. Von Gefässdrüsen sind die stets paarige Thymus und die in keinem Falle fehlende Milz hervorzuheben. Die Harnorgane (Fig. 788) sind paarige Nieren, deren zahlreiche Harn- canälchen in den rechten und linken Urnierengang eintreten. An den Harn- canälchen erhalten sich die Wimpertrichter (Nephrostonuda). Die Urnieren- gänge <"»ffnen sich auf warzenf(»rmigen Vorsprüngen in die Hinterwand der 778 Amphibia. Harnorgane. Geschlechtsorgane. Kloake, von deren Vorderwand die Harnblase meist als zweizipflige Aus- sackung entspringt (Fig. 785). Ueberall besteht im männlichen Geschlechte ein näheres Verhältniss Fig. 788. b der Harnorgane zu dem Aus- fiihrungsapparateder6^6'ScÄ/(?<'Ä^6- organe (Fig. 788). Wie bei den höheren Wirbelthieren die Ur- nierefWolffseher Kijrper) theil- weise zum Nebenhoden wird und den ausführenden Apparat des Hodens lierstellt. so fungirt auch bei den Amphibien der obere Theil der persistirenden Urniere als Nebenhoden. Indem sich die Vasa etferentia in diesen Theil der Niere (Geschlechtsniere) ein- senken und mit den Harncanäl- chen verbinden, führen sie ihren Inhalt, gewöhnlich mittelst eines gemeinsamen Ganges, in das als Harn-Samenleiter fungirende Endstück des Urnierenganges, während vom untern Theil der Niere (Beckenniere) Harnleiter austreten , die gemeinsam mit dem Harnsamenleiter in die Kloake münden. Dazu kommen bei den Salamandern als Pro- stata bezeichnete Drüsen an der Kloakenwand. Im weiblichen Geschlechte übernimmt der bei dem männ- lichen Thiere rudimentäre Mül- 1 ersehe Gang die Function des Ovidiictcs. Derselbe beginnt mit trichterförmig erweiter- tem Ostium . nimmt einen ge- schlängelten Verlauf und mündet, oft unter Bildung einer uterus- artigen Erweiterung, mit dem als Harnleiter fungirenden Urnierengang seitlich in die Kloake, in deren Wand bei den Salaniandrinen nach v. Siebold's Entdeckung schlauch- ftirmige, zugleich als Samenbehälter fungirende Drüsen liegen. Ein voll- a Linksseitiger Harn- und Geschlechtsapparat eines männ- lichen Salamanders, mehr schematisch. T Hoden, Fe Vasa efferentia, ^V Niere mit den austretenden Sammelröhrchen frciCm des Harnes, Mg Müller'scher Gang, Wg Wolffscher Gang oder Samenleiter, Kl Kloake, Dr Prostatadrüsen, b Links- seitiger Harn- und Geschlechtsapparat eines weiblichen Salamanders ohne den Kloakentheil. Ov Ovariura, i\"Niere, Hl der dem Wolff'schen Gang entsprechende Harnleiter, My Oviduct oder MüUer'scher Gang. FortpHauzuug. 779 kommener Herniaphroditismus scheint niemals vorzukommen, obwohl l)ei den niUnnUchen Kröten, insbesondere bei Bnfo rarkihili.s, neben den Hoden Rudimente des Ovariums gefunden wurden. Männchen und Weibchen unterscheiden sich oft durch Grösse und Färbung, sowie durch audere, namentlich zur Brunstzeit im Frühjahre und Sommer hervortretende Eigenthümlichkeiten (Hautkämme). Trotz mangeln- der äusserer Begattungsorgane kommt es zu einer Begattung, die freilich meist eine äussere Vereinigung })eider Geschlechter bleibt (Batrachier) und die Befruchtung der Eier ausserhalb des mütterlichen Körpers zur Folge hat. Jiei den rrodelen^) findet jedoch trotz Mangels äusserer Begattungs- einrichtungen die Befruchtung innerhalb der Leitungswege statt , indem nach dem vorausgegangenen Liebesspiel beider Geschlechter das Männ- chen seine Spermatophoren nach aussen abgibt, das Weibchen die Samen- masse dieser in die Kloake aufnimmt und in die als Receptacula fungireuden Schläuche der Kloakenwand gelangen lässt. In diesem ^jg 739 Falle können die Eier im Innern des weiblichen Kör- pers ihre Entwicklung durchlaufen und lebendige Junge auf einer früheren oder späteren Stufe der Ausbildung geboren werden. Nur ausnahmsweise sorgen die Eltern durch Instincthaudlungen für das weitere Schicksal der Brut, wie z. B. der Fessler {Ali/fes, Fig. 789) und die südamerikanische Wabenkröte. Während sich das Männchen des ersteren die Eierschnur um die Hinter- scheukel windet, dann in feuchter Erde vergräbt und sich seiner Last erst nach vollendeter Entwicklung der Embryonen entledigt, streicht das Männchen von Aiytesohstetncans. ■Männchen Pipa die abgelegten Eier auf den Rücken des Weib- ""'' ^'' Eierschnur. chens, w^elcher alsbald um die einzelnen Eier Zellen-artige Räume bildet, in denen die Enibrvonalentwicklung durchlaufen wird, und die ausgeschlüpften Jungen ihre 31etaniorphose Ijestehen. Bei Rklnoderma Darnini werden die ausschlüpfenden Jungen in einem Kehlsacke des Männchens aufgenommen und l)is nach beendeter Metamorphose geborgen. Andere Gattungen, wie Xofohrema und Notoddplujs, besitzen einen geräumigen Brutsack unter der Rückenhaut. \o\\ diesen Fällen abgesehen, werden die Eier entweder einzeln, vornehmlich an Wasserpflanzen angeklebt (Wassersalamander) oder in Schnüren oder unregelmässigen Klumpen abgesetzt. Im letzteren Falle secernireu die Wandungen des Eileiters eine eiweissähnliche Substanz, w^elche die Eier sowohl einzeln umhüllt als unter einander verbindet, und, im Wasser mächtig aufquellend eine gallertige Beschaffenheit annimmt. Die verhältnissmässig kleinen Eier -) durchlaufen nach der Befruchtung ') Yergl. F. Gasco, Les amour.s des Axolotls. Zool. Anzeiger. IV. .Talirg., 1881. PL Zeller, Ueber die Befruchtung der Urodelen. Zeitschr. für wiss. Zool., Tora. XLIX. 1890. -) C. E. V. Baer, Ueber Entwicklungsgeschichte der Thiere. II. Königsberg 1837. 'J3(J Amijhibia. Jiintwicklung. eine inäqiiale Fmchung (Fig. 143). Im weiteren Verlaufe der Entwicklung kommt es nicht — und hierin stimmen die Amphibien mit den Fischen über- ei,i _ zur Bildung von Amnion und Ällantois, jener für die höheren Wirbel- thierc charakteristischen Embryonalhäute, wenngleich in der vorderen, aus der Kloakenwand entstandenen Harnblase eine der Ällantois gleichwerthige Bildung vorliegt. Auch l)esitzen die Embryonen keinen äussern, vom Körper abgeschnürten Dottersack, da der Dotter frühzeitig in den Embryonalkörper eingeschlossen wird. Als Athmungsorgane entwickeln sich an den Visceral- bögen Kiemen, welche meist erst im freien Leben zur vollen Entfaltung kommen. Die Jungen verlassen stets frühzeitig die Eihüllen. nni eine Meta- morphose zu durchlaufen. Die ausgeschlüpfte Larve erinnert durch den seitlich comprimirten RnderschAvanz, sowie den Besitz äusserer Kiemen an die Fisch- form (Fig. 790) und entbehrt noch beider Extremitätenpaare, die erst mit fortschreitendem Wachsthum des Leibes hervorsprossen. Während dieser Vorgänge beginnt die Function der am Schlünde vorgewachsenen Lungen- säcke, nachdem zuweilen (Batrachier) die äusseren Kiemenanliänge durch innere, von der Haut verdeckte Kiemenblätt- chen ersetzt worden sind, und sich seitlicli am Halse zum Abfluss des Wassers eine Kie- menspalte ausgebildet hat(Fig.l50;Fig.791). Larve von B«c.,/e«-, „ach Parker. Y.Xu\\{q\x geht dicKiC- mcnathmung durch Rückbildung der Kiemen und deren Gefässe vollständig verloren, der Ruderschwanz verkürzt sich mehr und mehr und wird zuletzt, wenigstens bei den Batrachiern, vollständig rückgel)ildet (Fig. 151). Bei Hijlodes martinicensis fällt die Äletamorphose weg und entwickelt sich der Embryo kiemenlos. In den übrigen Gruppen erhalten sich die späteren oder auch früheren Phasen der Entwicklungsreihe durch das ganze Leben, indem bei den Salamandrinen der Ruderschwanz, bei den Pcrcnnibranchiaten zugleich die Kiemen oder wenigstens die äusseren Kiemenspalten (Bcrotrenien) persi- stiren , und die Extremitäten stummelförmig bleiben oder selbst nur im vorderen Paare zur Ausbildung kommen. Das System bildet demnach zur Ent- wicklungsgeschichte der Eiuzelformen eine annähernd zutreffende Parallele. Häufig sind die Amphibien nur während der Larvenperiode an das Wasser gebunden, als Landthiere wählen sie dann im ausgebildeten Zustande Reichert, Das Entwicklungslebeu im Thierreich. Berlin 1840. C.Vogt, Uutersuclmngen über die Entwicklungsgeschichte der Geburtshelferkröte. Solothurn 184:2. Kusconi, Histoire naturelle, developpement et metaniorphose de la Salamandre terrestre. Pavie 1854. A.Crötte, Entwicklungsgeschichte der Unke. Leipzig 1874. 0. H er twi g. Die Entwicklung des mittleren Keimblattes der Wirbelthiere. .Ten. natnrwiss. Zeitschr.. Tom. XV und XVI, 1881—1882. Ordnung. Apoda. i8l leuchte .schattige l'Iätze in der Nähe des Wassers, da eine feuchte Atmo- sphäre bei der ausg-eprägteu Hautrespiration allen Bedürfniss erscheint. Die Nahrung besteht last durchwegs aus Insecten und Würmern, im Larvenleben jedoch vorwiegend aus plhinzlichen Stoffen. Indessen ist das Nahrungs- bediirfniss bei der geringen Energie der Lebensvorgänge, bei der Trägheit in den Bewegungen und i)sychisclien Leistungen ein verhältnissmässig ge- ringes. Viele können Älonate lang ohne Nahrung ausdauern und so auch, wie z. B. die Batrachier, im Schlamme vergraben ül)erwintern. i:el)erhau])t zeichnen sich alle Amphibien durch grosse Lebenszähigkeit, sowie bedeutendes Re])roduc- tionsvermögen aus. Den Urodeleii und üatrachiern zugehün<;-e Eormeu tiiulen sich erst iu der TtTtiärfoimation. Aber schon zur paläozoischen Zeit gab es den Schwanzlurchen ähnliche Amphibien, die Slerjocephulen und Ganoctphalen. Die- selben erreichten theilweise eine sehr bedeutende Grösse und besassen ahnlich den Knochenganoiden eine sehr voll- ständige, von zahlreichen Hautknochen gebildete Bepan- zerung der Schädeldecke (darunter ein doppeltes Occipitale supeiius) und ein Foranien parietale. Die Wii-bel -waren amphicoel und trugen lange Eippen; die Chorda war in ansehnlicher Stärke erhalten. Für Branchiosaurus ^) wurden auch veischieden grosse Larven bekannt, und der Nachweis geführt, dass in Folge fortschreitender ßeckenverschiebung in distaler Richtung die Zahl der Präsacralwirbel während der Metamorphose eine grössere wird. Verwandt waren die als besondere Ordnung zu trennenden Laliyrinthodonten aus der Trias-, permischen und Steinkohlenformation, welche in merkwürdiger Weise Bauchseite dargestellt mit geöffneter Merkmale der Ganoiden mit solchen der Schwanzlurche Kiemenhöhle. A' innere Kiemen, Ai vereinigen. Sie besassen ein äusseres, von drei breiten linksseitige Oeffnung der Kiemen- knöchernen Kehl-Brustplatten und kleinen Schildern des Bauches gebildetes Hautskelet, amphicoele Wirbel und in den Crocodil-ähnlichen Kiefern eigenthümlich gefaltete Zähne, denen sie den Namen Wickel- zähner verdanken. Auch sind für den Jugendzustand (Ärcheyosaurus) Kiemenbögen nach- gewiesen worden. Wahrscheinlich sind die im bunten Sandstein in England und Deutschland (Hildburghausen) entdeckten Fussspuren riesiger Thiere (CMrotheriumJ, die von Einigen auf Schildkröten, von Anderen auf Beutelthiere bezogen wurden, auf Labyrinthodonten zurück- zuführen. Owen hat wiederum die ältesten Formen mit gepanzertem Schädel als Gano- cepliala gesondert. Arche f/osaurus Dechemi Goldf., Labi/rifttJtodon Biltimei/eri Wiedersheim. I.Ordnung. Apoda^) (GymiiopMona), Bliiidwühler. Kleinheschupj^te Lurche von wurmförmiger Gestalt, ohne GUeclmassen, mit biconcaven Wirbeln und kurzem Schivanz. lOii J'i'lubntes fusctts höhle, HSHornschnabel, Fe vordere Extremität. -Wi Hintere Extremität. *) Vergl. H. Credner, Die Stegocephalen aus dem Eothliegenden des Plauen'schen Grundes bei Dresden. VI. Zeitschr. der deutsch, geolog. Gesellschaft, 188ü. «) Joh. Müller, Beiträge zur Anatomie und Naturgeschichte der Amphibien. Tre- viranus' Zeitschr. für Phys., Tom. IV, 1832. R. Wie d ersheim. Die Anatomie der Gymno- phionen. Jena 1879. 732 2. Ordnung. Caudata. Die äussere Haut der lange Zeit zu den Schlang:en gestellten Blindwühler enthält kleine Sehiippehen. welche in quere Ringel bildenden Hautfalteu ge- lagert sind (Fig. 792). Das Skelet ist durch die biconcave Form der AVirbcl- körper und die wohlerhaltene Chorda ausgezeichnet. Der knöcherne Schädel mit seinem doppelten Gelenkhöcker zeigt eine feste Verbindung mit den Gesichtsknochen, von denen Kiefer und Gaumenbein kleine nach hinten ge- krümrate Zähne tragen. Schulter und Beckengerüst nebst Extremitäten fehlen vollständig. An der unteren Seite des kegelförmigen Kopfes liegt die kleine Mundspalte, vorne an der Schnauze die beiden Nasenlöcher, in deren Nähe sich bei mehreren Gattungen jederseits eine blinde Grube bemerkbar macht. Diese sog. falschen Nasenlöcher führen in Canäle (ähnlich den Kopfgruben der Schlangen), welche von Leydig^) als Sinnesorgane betrachtet werden. Die Augen bleiben bei der unterirdischen Lebensweise stets klein und schimmern nur als kleine Fleckehen durch die Haut hindurch. Trommel- fell und Paukenhiihle fehlen. Die Blindwühler leben in den Trojien der alten und neuen Welt, wühlen sich Gänge im Erdboden und ernähren sich besonders von Würmern und Insectenlarven. Fi?. 792. SijiJiO'iiops ini.iicnun i regne aniinal). Job. Müller hat zuerst gezeigt, dass Ichthyophis glutinosus in der Jugend jederseits eine Kiemenspalte besitzt, welche zu inneren Kiemen führt. Indessen finden sich am Embryo drei Paare von Kiemenbäumchen. welche bald nach dem Ausschlüpfen obliteriren. Nach Gervais soll übrigens Coccilia conipressicatida Junge ohne Spur von Kiemenlöchern gebären, was Peters bestätigt. Doch wurden von Letz- terem am Nacken der neugeborenen im Wasser abgesetzten Jungen umfang- reiche Blasen beobachtet und als Kiemen in Anspruch genommen. Fam. Coeciliidae. Coecilia lumbricoidea Daud., Südamerika. Siphonops mexicana Dum. Bibr. (Fig. 792). S. annulata Wagl., Brasilien. Epicrium Wagl. E. ylutinosum = Jchihi/opJiis (jlufinosus Fitz., Ceylon. 2. Ordnung. Caudata = Urodela^), Schwanzlurche. Nackthäutige langgestreckte Lurche, meist mit vier lurzen Extremitäten und persistirendem Schwänze^ mit oder ohne äussere Kiemen. ^) Fr. Leydig, lieber die Schleichenlurche (Coeciliae). Ein Beitrag znr anatomischen Kenntniss der Amphibien. Zeitschr. für wiss. Zool., Tom. XVIII, 1868. ^) Daudin, Histoire naturelle gen. et partic. des Eeptiles. Paris 1802— 1804. Aug. Dumeril, Observations sur la reproduction dans la menagerie des Eeptiles du Musee d'hist. nat. des Axolotls etc., sur leur developpement et sur leurs metamorphoses. Nouv. Arch. du Musee d'hist. nat. de Paris, II, 1860. Alex. Strauch, Revision der Salamaii- dridengattungen. Petersburg 1870. Ichthyoidea. 783 Der nackthäutige Leib endet mit einem langen, meist seitlieh com- pressen Riuler.schwanz und besitzt in der Regel zwei Paare kurzer, weit auseinander gerückter Extremitäten, welche bei der verhältnissmässig schwer- fälligen Fortbewegung auf dem Lande als Nachschieber wirken, dagegen oft beim Schwimmen als Ruder um so bessere Dienste leisten. Nur aus- nahmsweise (Siren) fehlen die Hinterbeine vollkommen, während die vor- deren Extremitäten kurze Stummel bleiben. Einige (Fcrcnnibrancliiaten) besitzen zeitlebens neben den Lungen drei Paare von äusseren verzweigten Kiemen. Andere (LkrotremcnJ werfen zwar im Laufe ihrer Entwicklung die Kiemen ab, behalten aber zeitlebens eine äussere Kiemenspalte an j'eder Seite des Halses; viele aber ( Sulamandrinen) verlieren auch diese letztere vollständig und zeigen sich überhaupt hinsicht- lich der gesammten Organisation als die höchsten Glieder der Ordnung. Bei den ersteren sind die Wirbelkörper noch nach Art der Fischwirbel biconcav und umschliessen wohlerhaltene Chordareste, dagegen besitzen die ausgebildeten Salamandrinen Wirbel mit vorderem Gelenkkopfe und hinterer Gelenkpfanne. Die kleinen, zuweilen rudimentären Augen liegen unter der durch- sichtigen Haut und entbehren mit Ausnahme der Sakimandrmen gesonderter Lider. Ueberall fehlen am Gehörorgan Trommelfell und Paukenhöhle. Die Nasenötfnungen liegen an der Spitze der vorspringenden Schnauze und führen in wenig entwickelte Nasenhöhlen, welche das Gaumengewölbe weit v(»rne, meist unmittelbar hinter den Kiefern durchbrechen. Die Bewaifnung der Rachenhöhle wird von kleinen spitzen Hakenzähnen gebildet, welche sich im Unterkiefer in einfacher, im Oberkiefer und oft auch an dem Gaumen- beine in doppelten Bogenreihen erheben. Die Zunge sitzt fast mit ihrer ganzen unteren Fläche am Boden der Mundhöhle fest. Merkwürdig erscheint das Verhalten des Axolotls, welcher schon von Cuvier, Baird u. A. für die Larve eines Salamandrinen erklärt wurde. Nach den zuerst im Pariser Pflanzengarten von Dumeril angestellten Beobachtungen verlieren die aus den Eiern des Axolotls gezogenen Exemplare unter geeigneten Verhältnissen die Kiemenbüschel und bilden sich zu einer mit der Salamandrinen-Gattung Äwbh/stoma übereinstimmenden Form aus, während die ursprünglich aus Mexico eingeführten Exemplare als Geschlechtsthiere die Perennibranchiaten- form bewahren. Uebrigens sind auch gelegentlich Tritonarten mit vollkommen entwickelten Kiemenbüscheln geschlechtsreif befunden worden. 1. Futerordnung. Ichthyoidea'^), Kiemenlurche. Mit drei Paaren von äusseren Kiemen oder ohne dieselben, jedoch mit persistirendem Kiemenloche, mit biconcaven Fischwirbeln und wohl erhaltener Chorda, ohne Augenlider, Die Kiemenlurche vertreten unter den Schwanzlurchen sowohl hin- sichtlich der Respiration als der Skeletbildung und gesammten Organisation die tiefste Stufe und erweisen sich gewissermassen als persistente Entwick- ') Ruscoiii-Configliachi, Del Proteo anguino di Laurenti monografia. Pavia 1818. Hyrtl, Cryptobranchus japonicus. Wien 1865. "J^t^ fjalaniaDdrina. liiii^^szuj^täiulc der »Salaniandriiien. Die Augen sind klein und von der durch- sichtigen Körperhaut überzogen. Die Gaumenzähne stehen den Bürstenzähnen der Fische ähnlich in Reihen angeordnet (Siren) oder l)ilden am Vorder- rande der Gaumenbeine einen gekrümmten Bogen. Auch die Extremitäten bleiben schwach und verkümmert, die vorderen enden mit drei oder vier, die hinteren mit zwei bis fünf gegliederten Zehen ; indessen können die Zehen stummclförmig bleiben und einer deutlichen Gliederung entbehren. Unter den tertiären Resten dieser Gruppe ist besonders der riesige, als llomu dihnii testis berühmt gewordene Ändrias Scheuch zeri bemerkenswerth. a) Pcrennibranchiafa. Mit persistirenden Kiemen, meist ohne 01)er- kieferknochen. Vomer und Gaumenbein mit Reihen von Zähnen. Fam. Sirenidae, Armmolclie. Mit aalartig gestrecktem Köiiier und stuuimelfürmigen Vorderbeinen, ohne Hintergliedmassen. Siren lacertina L., Armmolch, Südcarolina. Fam. Proteidae, Olme. Ton langgestreckter cylindrischer Körperform, mit kurzen dreizehigen Vorderbeinen und weit nach hinten gerückten zweizehigen Hinterbeinen. Nur zwei Kiemenspalten jederseits. Proteus anyuineus Laur. , 01m, fleischfarbig, in nuter- irdischen Gewässern Krains und Dalmatiens. Fam. Menobrandiidae. Körper langgestreckt, mit ziemlich breitem Kopf und vier- zehigen Extremitäten. Es erhalten sich jederseits vier Kiemenspalten. Menohrauclms lateralis Fig. 793. Menohranchus lateralis (r^gne animal). 8ay, Mississippi (Fig. 793). Soll zu der Gattung Batrachoseps Eonap. iu demselben ^'er- hältnisse stehen wie Siredon zu Amhlijstoma Cope. Siredon piscifortnis Shaw, und maculatus Baird., Axolotl. Aus den einzeln oder haufenweise im Wasser abgesetzten Eiern schlüpfen Larven von 14 bis 16 Mm. Länge, noch ohne Extremitäten, mit drei Paar Kiemen. Diese verlieren unter geeigneten Bedingungen während der weiteren Entwicklung nach den neuerdings mehrfach bestätigten Beobachtungen DumeriTs Kiemenbüschel, Bücken- und Schwanzkamm und gehen in die AhhjstomaioYva (zweite Geschlechtsform) über. h) JDerofrewa. Ohne Kiemenbüschel, meist mit einem Kiemenloche an jeder Seite des Halses, mit Oberkieferknochen und meist einreihig ge- stellten Gaumenzähnen. Fam. Ämphiumidae, Aalmolche. Von aalformig gestreckter Gestalt, mit kurzen, weit auseinander gerückten Extremitäten. Ampliiunia L. , A. tridarti/lm)i Cuv. A. mcaus L., mit nur zwei Zehen, Florida. Fam. Meno2)omidae. Von molchförmigem Habitus , mit vier Vorderzehen und fünf Hinterzehen. 31eno2)onia alleghaniense Harl., Pennsj-lvanien und Virginien. Criiptobranchus 'aponicus v. d. Hoev., ohne Kiemenloch, mehr als 3 Fuss lang, Japan. 2. Unterordnung. Salamandrina ^), Molche. Ohne Kiemen und Kiemen- loch, mit klappenf(>rmigen Augenlidern und opisthocoelen Wirbeln. ') Kusconi, Amours des Salamandres aquatiques. Milano 1821. Derselbe, Histoire naturelle, developpement et metamorphose de La Salamandre terrestre. Pavie 1854. v. Sie- ö. Ordnung. Katracliia. 785 Der mehr oder minder eidecliseiuirtig- ü;ef(»rmtc Küri)er entbehrt im aus- gebildeten Zn!!;tande äusserer Kiemen oder Kiemenspalteu und besitzt stets vordere und iiintere Extremitäten, von denen die ersteren meist mit vier, die hinteren meist mit fünf Zehen enden. Ueberall linden sich wohlentwickelte Au<»enlider. Die Gaumenzähne bilden zwei mitunter in der Mittellinie am Hinterrande der Ossa palatina vereinigte Streifen. Die feuchte, schlüpfrige Haut erhält durch den Reichthum an Drüsen, welche einen scharfen und ätzenden milciiweissen Saft secerniren , eine mehr oder minder unel)ene warzige Beschaffenheit. Zuweilen häufen sich diese Drüsen besonders in der lUirgegend an. Die Wassersalamander legen befruchtete Eier an Pflanzen, aus denen die Larven mit Kiemen, aber noch ohne Extremitäten ausschlüpfen; die Erd- salamander dagegen setzen in's Wasser lebendige Junge ab, welche ihre Meta- morphose im Uterus des weiblichen Körpers mehr oder minder vollständig durchlaufen haben. Während der gefleckte Erdsalamander 30 — 40 vierbeinige Larven von 12 — 15 Mm. Länge mit äusseren Kiemenbüscheln zur Welt bringt, setzt der schwarze Erdsalamander der höheren Alpenregion nur ein vollkommen ausgebildetes Junges ab; im letzteren Falle gelangt von den zahlreichen Eiern, welche in die beiden Fruchtbehälter eintreten, jederseits nur das unterste zur Entwicklung des Embryos, der sich dann von dem Material der übrigen, zu einer gemeinschaftlichen Masse zusammenfliessenden Eier ernährt und im Uterus sämmtliche Entwicklungssttidien zu durchlaufen im Stande ist. Farn. Trltonidae , Wassersalamander. Von schlanker Körperform, mit seitlich com- primirtem Ruderschwauz. Triton cristatiis Laur.. grosser Wassermolch. Tr. alpesfHs Laiir. {H/)ieif,9 Bechst.), Bergsalamander. Tr. faematus Sehn., kleiner Wassersalamander. Fam. Salamandridae, Landsalamander. Körperform plump, mit drehnindem Schwanz. Sa/amandra maculosa Laur., der gefleckte Erdsalamander, fast über ganz Europa bis Nordafrika vei breitet. 6'. atra Laur., der schwarze Erdsalamander, im Hochgebirge Süd- deutschlands, Frankreichs und der Schweiz. Salamandrina perspicillata Say., Italien und Dalmatien. Pleurodeles Mich. Die Längsreihen der Gaumenzähne in gerader Linie, nicht nach hinten divergirend. PI. Waltlü Mich., Spanien. Siielerpes fuscus Bonap., Italien. 3. Ordnung. Jiatrachia i), Frösche, schwanzlose Lurche. Nackthäutige Lurche von gedrungener Körperform , ohne Schivanz, mit procoelen Wirhein, verlängerten, oft zum Springen tauglichen Hinterbeinen, mit Augenlidern, sowie meist mit Paukenhöhle und Trommelfell. bold, Ueber das Receptaculum seminis der weiblichen Urodelen. Zeitschr. für wiss. Zool., 18.'-)8. Fr. Leydig, Ueber die Molche der württembergischen Fauna. Arch. für Naturgesch., 18(57. R. Wiedersheim, Salamandrina perspicillata und Geotriton fuscus etc. Genua 1S75. ') Rösel von Rosenhof, Historia naturalis ranarum nostratium. Nürnberg 1758. D au diu, Histoire naturelle des Rainettes, des Grenouilles et des Crapauds. Paris 1802. Rusconi, Developpement de la grenouille commune. Milano 1826. C.Bruch, Beiträge zur Naturgeschichte und Classification der nackten Amphibien. Würzb. naturw. Zeitsclir., 1802. Derselbe, Neue Beobachtungen zur Naturgeschichte der einheimischen Batrachier, Ebendas., 1863. A.Ecker, Die Anatomie des Frosches. Braunschweig 1864— 1882. Fr. Leydig, Die anuren Batrachier der deutschen Fauna. Bonn 1873. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. C.Aufl. 50 786 Batrachia. Körperbau. Fortpflanzung. Der Körper kurz und gedrungen, schwanzlos. AmKopfesind bemerkens- werth die weite Rachenspalte, sowie die grossen Augen mit meist goldglänzen- der Iris und wohlentvvickelten Lidern, von denen das untere durchsichtige als Nickhaut vollständig über den Bulbus eniporgezogen werden kann. Die Nasenlöcher liegen weit vorne an der Schnauzenspitze und sind durch häutige Klappen verschliessbar. Das Gehörorgan besitzt meist eine Paukenh()hle, welche mittelst kurzer Eustachischer Tube mit der Rachenhöhle commu- nicirt und an der äusseren Fläche von einem umfangreichen . bald frei- liegenden, bald unter der Haut verborgenen Trommelfell bedeckt wird. Nur wenige Batrachier sind zahnlos (Pipü, Bufo), in der Regel finden sich kleine Hakenzähne in einfacher Reihe wenigstens am Vomer, bei den Fröschen und Pelobatiden auch am Oberkiefer und Zwischenkiefer. Die Zunge wird nur in einer kleinen Gruppe exotischer Formen vermisst, gewöhnlich ist dieselbe zwischen den Aesten des Unterkiefers in der Art befestigt, dass ihr hinterer Abschnitt frei bleibt und als Fangapparat aus dem weiten Rachen hervorgeklappt werden kann (Fig. 785). Am Skelet fehlen in der Regel Rippen, dagegen erlangen die Quer- fortsätze der Rumpfwirbel eine bedeutende Länge. Schultergerüst und Beeken- gürtel sind überall vorhanden, ersteres durch die feste Verbindung mit dem Brustbein, letzteres durch die stielförmige Verlängerung der Hüftbeine aus- gezeichnet. Das Zungenbein erfährt eine w-esentliche Vereinfachung seiner Theile, indem sich die Kiemenbögen jederseits auf ein einziges hinteres Hörn des von grossen Vorderhörnern getragenen Zungenbeinkörpers reduciren. In der meist nackten, bei einzelnen Formen theilweise beschilderten Haut häufen sich an manchen Stellen, besonders in der Ohrgegend, Drüsen mit milchigem scharfen Secrete an und bilden dort mächtig vortretende Drüsenwülste (Parotiden). Auch kommen Drüsenanhäufungen an den Unter- schenkeln (Bi{fo calamifa) und an den Seiten des Leibes vor. Die Fortpflanzung fällt in die Zeit des Frühjahres. Die Begattung bleibt eine äussere Vereinigung beider Geschlechter und geschieht fast durch- gehends im Wasser. Das Männchen, zuweilen durch eine Daumenwarze (BanaJ oder Drüse am Oberarm (Pelohates) ausgezeichnet, umfasst das Weibchen vom Rücken aus, meist hinter den Vorderbeinen, und ergiesst die Samenflüssigkeit über den in Schnüren oder klumpenweise austretenden Laich. Die einzelnen Eidotter sind von einer zähen, im Wasser aufquellenden Gallertschicht umgeben. Der Dotter zeigt an seiner nach oben gewendeten Hälfte eine dunklere Färbung. An diesem Abschnitte beginnt der Klüftungs- process, und die zur Bildung der Furchungskugeln führenden Einschnürungen schreiten hier rascher als am hellen Pole vor (Fig. 14o). Mit dem Ablauf der Furchung entwickelt sich innerhalb der gebildeten Zellenmasse eine Höhle, welche der oberen Hälfte näher liegt als der speciflsch schwereren unteren. Au der ersteren entsteht der Keim mit Rückenrinne und Rücken- wülsten und umwächst rasch und noch vor Schluss der Rückenwülste zum Fortpflanzung. Metamorphose. 787 Me(lnllarr<»hr den Dotter. Nach Entwicklung der Kiemenbögen, noch bevor dieMnnd(>t!nunf,^ zum Diirchbrnch gelangt ist, verlassen die kurzgeschwänzten Embryctnen als Kanl(inap))en, je nach den einzelnen Arten verschieden aus- gebildet, ihre Eihüllen und legen sich mittelst einer hufeisenförmigen, später in zwei rundliche Sauggruben sich umgestalteten Haftscheibe, die ähnlich auch an der Kehle der Tritonenlarven — hier freilich als gestielte Haft- organe — auftritt, an die gallertigen Reste des Laiches fest. Die Larven der meisten Arten verlassen die Eihüllen nnt mehr oder minder entwickelten Anlagen von drei äusseren, geweihartig sich verästelnden Kiemen})aaren (Fig. 150). Allmälig streckt sich der Leib und bildet den flossenartigen Schwanz aus. Später beginnt die selbständige Nahrungsaufnahme. Bald nach- her verschwinden die äusseren Kiemenanhänge, während eine beiden Seiten gemeinsame Hautfalte nach Art eines Kiemendeckels die Kiemenspalten über- wächst und sich bis auf eine linksseitige Oetfnung schliesst, durch welche das Wasser aus den Kiemenräumen abfliesst (Fig. 791). Während dieser Vorgänge haben sich neue Kiemenblättchen in doppelten Reihen an jedem der drei Kiemenbogen und am vierten Kiemenbogen entwickelt. Die Mund- öffnung ist von einem Hornschnabel bekleidet, welcher zum Benagen von Pflanzenstotfen, aber auch animalischen Substanzen benutzt wird. Der Darm- canal hat unter vielfachen Windungen eine bedeutende Länge gewonnen, und Lungen sind in Form von länglichen Säckchen am Schlünde hervor- gewachsen. Mit fortschreitender Entwicklung brechen an dem Leibe der Kaulquappe dicht an der Grenze des stark entwickelten Ruderschw'anzes zuerst die hinteren Extremitäten hervor, der Kiemenapparat tritt mit dem Fortschritte der Lungenathmuug mehr und mehr zurück, und es folgt eine Häutung, mit der nicht nur der Verlust der inneren Kiemenblättchen, sondern auch das Hervorbrechen der bereits längst in die Kiemeuhöhle vorgewach- senen (Fig. 791). unter der Haut verborgenen Vordergliedmassen verbunden ist. Nun fällt auch der Hornschnabel ab, die bisher unter der Haut ver- borgenen Augen treten frei und in ansehnlicher Grösse hervor, das aus- schliesslich Luft athmende Thier ist zu einem vierbeinigen Frosch geworden. der nur noch den Ruderschwanz zurückzubilden hat, um seine definitive Ge- stalt zu erhalten und als Landthier tauglich zu sein (Fig. 151). Die Batrachier sind zum Theil (Kröten und Laubfrösche) echte Land- thiere. die besonders dunkle und feuchte Schlupfwinkel lieben, zum Theil in gleichem Masse auf Wasser und Land angewiesen. Im letzten Falle sind die iünf Zehen der Hinterfüsse ohne oder nur mit unvollständiger Bindehaut, jedenfalls nur ausnahmsweise (Pelohates) mit einer ganzen Schwimmhaut versehen, im ersteren dagegen zeigen die Hinterfüsse in der Regel ganze Schwimmhäute. An denselben ist ein mehr oder minder deutliches Rudiment einer seclisten (Praehallux) Zehe vorhanden. Erstere suchen das Wasser meist nur zur Laichzeit auf. kriechen, laufen und hüpfen auf dem Lande oder graben sich Gänge und Höhlungen in der Erde (Pvlohates, Alytes), 788 Aglossa. Oxydactylia. Discodactylia. Tis. 794. oder sind durch Haftscheiben an den Spitzen der Zehen befähigt. ;uif Ge- sträuche und Bäume zu klettern (Dendrohates, Hijla). 1. Unterordnung. Aglossa. Trommelfell nicht freiliegend. Die Augen nach vorne in die Nähe des Mundwinkels gerückt. Hinterfüsse mit ganzen Schwimmhäuten. Leben in heissen Gegenden besonders der neuen Welt. ItdiXa. Pipiclae. Körper Kröten-ähnlich, flach, mit zahnlosen Kiefern nnd l^anmeu. Pipa dorsigera Sehn., Wabenkröte, Surinam. Farn. Daciyleiliridae. Körper von mehr Frosch-ähnlichem Habitus, mit Zähnen am Ober- kiefer und Zwischenkiefer. Xeno2)us(Dactijlei]ira)cayens'is Cuv., Krallenfrosch, Cap. (Fig. 794). 2. Unterordnung. OxndactyJia. Batrachier mit frei hcAveglicher Zunge und spitzen Fingern und Zehen. Fam. Eanidac, Wasserfrösche. Mit langen, zum Spiur.ge befähigten Hinteibeinen, deren Zehen mtist durch ganze Schwimmhäute veibunden sind. Im Obeikiefer, Zwischeii- kiefer und meist auch am Yomer finden sich kleine Hakenzähne. Bana csculenta L. = viridis Eösel, der grüne Wasserfrosch, grün mit dunklen Flecken und gelben Längsbinden des Rückens. Die Schwimmhaut des Hinterfusses reicht bis zur Spitze der Endphalanx. Das Männchen mit zwei Schallblasen. Kommt Ende April aus seinen Verstecken und laicht erst Ende Mai oder Anfangs Juni. Am Ufer stehender Gewässer. B. fusca Eösel = B. tempoi'aria L. = B. plafi/rhinus Sundev., der biaune Grasfrosch, mit dunklen Flecken in der Schläfengegend und minder umfangreicher Schwimmhaut, erscheint sehr fiüh usd begattet sich schon im März, bleibt aber nur zur Laichzeit im Wasser und sucht später Wiesen und Felder auf. B. oxyrliinus Steenstr. = B. arvalis Nils., Feldfrosch, klein, ohne Schallblasen, mit bläulichem Hochzeitskleid im männlichen Geschlecht, im Norden Europas. B. agilis Thom. , im südlichen Europa. B. miiyicns Daud., Ochsenfrosch, Nordamerika. Fam. Pclohaiidae, Erdfrösche, Krötenfrösche. Mit mehr oder minder warziger, rauher und drüsen- reicher Körperbedeckung und plumper, krötenaitiger Foim, aber mit bezahnten Obeikiefern. Alyies obstetfüans 'Laur., Fesselfrosch, Geburt.shelfer- kiöte (Fig. 789). FcJclaUs fvscus Laur., 'K.i'öimhoicYi. Ecmhmator igtieusRös., Unke, Feuer- kröte. Fsev.dis laradoxa L., Südamerika, ausgezeichnet durch die Grösse der Larven. Yzm. Effcn-idae , Krüti n. A'on plumpem Körperbau, mit warziger, drüsenreicher Haut (Ohidrüstnj und zahnlosen Kiefern. Die fünfzehigen Hinterfüsse sind rrur wenig länger als die vorderen, daher entbehien die Thiere der leichten Sprungbewegung der Frösche, laufen aber oft recht hurtig. Bvfo vidgaris Laur., die gemeine Kröte. B. riridis Laur. (variahilis), die grüne Kröte. B. calamita Laur., Kreuzkröte. 3. Unterordnung. LiscodadijUa. Batrachier mit Zunge und mit l)reiten Zehen, deren Spitzen in Haftscheiben auslaufen. Fam. Hylidae, Laubfrösche. Mit Maxillarzähnen und ohne Parotiden. Hyla arhorea L., Laubfrosch, Kosmopolit. Noicdelphys cvifera Weiul., Mexico. Weibchen mit Bruttasche am hinteren Theil des Kückens. Larven mit glockenförmigen äusseren Kiemeublasen. Bei Hylodes mariinicenses Tasch. verläuft die J[etamorphose in der festen Eihaut. Phyllonieditsa hicoJor Bodd., Südamerika. Daclylelhra copevsi III. Classe. K 111. Cki^^ye. Eeptilia^), Keptilien. Bcsdiupptc oder bepanzerte Kaltblüter )tiit ausschUessliehcr Lunr/en- athmmuj und doppelten, aber meist unvollkomnien gesonderten Herzkaniiiiern^ mit Amnion und Allantois der Emhnjonen. Die Kin-perforin wecliselt weit mannig-faltiger als die der Amphil)ien, wiederliolt jedoch im Allgemeinen die für diese beschriebenen Typen. Auch bei den Reptilien hat der Rumpf noch vorwieicende Bedeutung für die Loco- motion, und zeigt demgemäss die Wirbelsäule eine mehr gleichmässige, zu Sehlängelungen befähigende Gliederung. Der Leib erscheint mit Ausnahme der Schildkröten langgestreckt und mehr oder weniger cylindrisch, ist ent- weder ganz fiisslos wie bei den .Schlangen, oder mit zwei oder vier Extre- mitäten versehen, welche in der Regel nur als Stützen und Nachschieber des mit der Hauchfläehe auf dem Boden dahingleitenden Körpers wirken. Bei einer solchen Art der Fortbewegung bleibt die Halsregion kurz, und wenn in grösserer Ausdehnung entwickelt, doch stets verhältnissmässig wenig beweglich , dagegen ist der Schwanz um so umfangreicher und beweglicher. Die Körperhaut besitzt im Gegensatze zu der vorherrschend nackten und weichen Haut der Amphibien eine derbe, feste Beschaffenheit, sowohl in Folge von Ossificationen der Cutis, als von Verhornuug der Epidermis. Jene können dachziegelförmig übereinandergreifende Knochenschilder bilden (Seineoideen), oder zu grösseren Knochentafeln v\^erden, Avelche zur Ent- stehung eines harten, mehr oder minder zusammenhängenden Hautpanzers Veranlassung geben (Crocodile, Schildkröten). Allgemein treten in der Leder- haut, sowie in den tiefen Schichten der Epidermis Pigmente auf, welche die mannigfaltige Färbung der Haut bedingen, seltener einen wahren Farben- wechsel (grüne Baumschlangen, Chamaeleon) veranlassen. Auch sind Haut- drüsen bei Reptilien verbreitet. Insbesondere besitzen zahlreiche Eideclisen Drüsenreihen an der Innenseite des Oberschenkels und in der Nähe des Afters, welche sich mit grossen Poren zuweilen auf warzigen Erhebungen öffnen (Schenkelporen, Analporen). Auch bei den Crocodilen liegen grössere Drüsengruppen unter dem Hautpanzer, sowohl zu Seiten des Afters, als an den Seiten der Unterkieferäste. Das Skelet zeigt nur ausnahmsweise noch die embryonale Form einer knorpeligen Schädelbasis und persistirenden Chorda. An der Wirbelsäule treten die Regionen bestimmter als bei den Amphibien hervor, wenn auch Brust und Lendengegend noch keine scharfe Abgrenzung gestatten. Am Halse wird der erste Wirbel zum Beuger, der zweite zum Dreher des Kopfes. Während fossile Hydrosaurier und die Ascalahoten biconcave Wirbel be- sitzen, sind die stets knöchernen Wirbelkörper der übrigen Reptilien in der ') Ausser D u ui (i r i 1 etBibron 1. c. vergl. insbesondere J. (t. Schneider, Historia Ampliibiornm naturalis et litteraria. 1799—1801. A. Günther, The Reptiles of British India. London 1864. E. Schreiher, Herpetologia enropaea. Braunschwei^ 187."). '90 Kei)tilia. Haut. Kumpfskelet. Regel procoel, Rippenbildungeu sind allgemein und oft über die ganze Länge des Runipfes verbreitet. Bei den Schlangen und Schlangen-ähnlichen Echsen, welchen ein Brustbein fehlt, sind Rippen an allen Wirbeln des Rumpfes mit Ausnahme des ersten Halswirbels (Atlas) vorhanden und zum Ersätze der fehlenden Extremitäten zu überaus freien Bewegungen befähigt. Auch bei den Eidechsen und Crocodilen (Fig. 729) kommen kurze Halsrippen vor. Die Rippen der Brust legen sich mittelst besonderer Sternocostalstücke au ein Sternum an, auf welches bei den Crocodilen und Hatferia ein Stenmm abdominale folgt, das über den Bauch bis in die Beckengegend sich erstreckt und aus einer Anzahl von Bauchrippen (ohne Dorsalstück) zusammengesetzt ist. Die in der Regel in zweifacher Zahl vorhandenen Kreuzbeinwirbel besitzen sehr umfangreiche Querfortsätze und Ripi)enstücke. Der Schädel (Fig. 795) artiadh-t mittcht unpaaren, oft dreitheiUfjen Con- dijlus des Hinferhauptheines auf dem Atlas und zeigt eine vollständige Ver- knöcherung fast aller seiner Theile, wo- bei das Primordialcranium beinahe voll- ständig verdrängt wird. Am Hinter- haupte treten sämmtliche vier Elemente als Knochen auf; doch kann sowohl das Occipitale basale (Schildkröten;, als das Occipitale superhis (Crocodile, Schlangen) von der Begrenzung des ^°° Foramen magnum ausgeschlossen sein. An der Ohrkapsel tritt zur Foiesfra ovalis mit der Columella noch die Fene- stra rotunda hinzu. An der Begrenzung des ovalen Fensters betheiligt sich das maxiUare, Co Columella, Bs Sphenoidale basale, UlCist mit dcm OccipitaJc laterale \QT- schmelzende Opisthotkuni (bei den Schildkröten gesondert). Dagegen liegt bei allen Reptilien ein gesondertes Prooticum (vorne am Rande mit der Oefinung für den dritten Ast des Trigeminus) vor den Seitentheilen des Hinterhauptes. Das Epnotkim) ist mit dem Occipitale superius verschmolzen. Verschieden verhält sich die vordere Ausdehnung der Schädel kapsei und die Ausbildung des sphenoidalen Abschnittes. An der Basis des Schädels tritt an Stelle des Parasphenoideum ein Sphenoidale basale (Basisphenoidcinn) auf. AlisplKvoids und Orbitosphenoids fehlen in der Regel und sind oft durch Schädel von Monitor, nach Gegenbau r, oben, b von unten gesehen. C Condyhis occipi- talis, Ocs Occipitale superius, Od 0. laterale, Ocb O. basale, P Parietale mit dem Parietal-Loch, Fr Frontale, P/Postfrontale, Pr/Praefrontale, I, La- crjmale, S Supraorbitale (Supraciliare Cuvier), A^ Nasale, S'7 Squamosum, Q Quadratum, §t Qua- dratojiigale, J Jugale, Mx Maxillare, Jmx Inter maxillare, Co Columella, Bs Sphenoidale basale Pt Pterjgoideum, Pal Palatinum, Vo Vomer, Tr Transversujn. Kopfskelet. Extremitäten. 791 Fortsätze des Stirii-Scbeitelbeius (Öehlangen) oder Scheitell)eins (Schild- kröten) ersetzt. Im letzteren Falle und bei den Eidechsen l)esteht ein um- fangreiches, häutiges Interorbitalseptum, welches auch Ossiticationen ent- halten kann. Die Schädeldachknochen sind immer sehr umfangreich, l)ald paarig, bald unpaar. Häutig nimmt das 8tirn])ein nicht mehr an der UeV)er- dachung der Schädelhöhle Theil und liegt nur dem Septum interorbitale auf. Der hinteren Seitenwand des Frontale schliessen sich in der Schläfengegend FüütfrontaVm an. lu der Ethmoidalregion bleibt die mittlere Partie theil- weise knorpelig und wird dorsal wärts von paarigen xV«,'?«//«; an der Basis von dem bei Schlangen und Eidechsen paarigen Vomer bedeckt. Stets sind von dem Mittelabschnitt die Ethmoidalia latevalia (Praefronfalia) getrennt. An der Aussenseite der letzteren treten, den Vorderrand der Orbita begrenzend, l)ei Eidechsen und Crocodilen Thränenbeine (Lacrt/malia) (Fig. 795) auf. Das Sqmuiiosin)! ist direct dem Schädel aufgelagert und das Quadratiim als starker Knochen ausgebildet. Die Verbindung desselben und des Kiefer- Gaumenapparates mit dem Schädel ist bei den Schildkröten und Crocodilen eine feste, bei den Schlaugen und Echsen mehr oder minder frei beweglich. Im ersteren Falle sind nicht nur die grossen Flügel- und Gaumenbeine mit dem Keilbein durch Nähte verbunden, sondern es ist auch der Zusammen- hang des Quadratbeins mit dem Oberkieferbogen durch das JugaJe und Quadratojugale ein sehr fester. Ueberall entwickelt sich eine Querbriicke (Os transrersuni) zwischen Flügelbein und Oberkiefer, bei den Eidechsen imd Crocodilen ein oberer Schläfenbogen , durch welchen jederseits das Squamosum mit dem hinteren Stirnbein verbunden wird. Bei den Eidechsen, deren Oberkiefer-Gaumenapparat und Quadratbein am Schädel mittelst Ge- lenkeinrichtungen verschiebbar sind (Kionocrunia), reducirt sich der Joch- bogen, dagegen tritt das Os fransrersiim und meist auch ein staljförmiger Pfeiler (Columellaj zwischen dem Flügelbein und Scheitelbein hinzu. Am vollständigsten aber ist die Verschiebbarkeit der Gesichtsknochen bei den Schlangen, welche des Jochbogens ganz entbehren, dagegen ein Os trans- tersum besitzen. Auch gestatten hier die beiden Aeste des Unterkiefers, welcher sich wie bei allen Reptilien und niederen Wirbelthieren aus mehreren Stücken zusammensetzt, durch ein dehnbares Band am Kinnwinkel ver- bunden, eine l)edeutende Ausdehnung nach den Seiten. Das Visceralskelet ist zum Zungenbein reducirt, von dessen vorderem Bogen das oberste Element (Hyomandihulare) als Columella zum Gehör- apparat tritt. Am meisten ist das Zungenbein der Schlangen rückgebildet, an welchem nur ein Bogen zurückbleibt. Die Saurier besitzen ein schmales Zungenbein mit zwei Paaren von Hörnern. Breit ist der Zungenbeinkörper der Crocodile und Schildkröten; jene besitzen nur hintere, die Schild- kriUen dagegen drei Paare theilweise gegliederter Hörner. Extremitäten und deren Gürtel fehlen den meisten Sehlangen voll- ständig, doch finden sich bei den Peropodcn und TortrkhUyi in der After- 19: Keptilia. Nervcnsj stein. S>innetorgane Fig. 796. gebend Spuren von Hinterbeinen, welelie freilich V>is auf das Xagcl-tragende Endglied ganz unter der Haut versteckt bleiben. Bei den Eidechsen zeigen die Extremitäten sehr verschiedene .Stufen der Ausbildung; wahrend Schulter- und Beckengürtel ausnahmslos, wenn auch zuweilen in sehr rudimentärer Form, vorhanden sind, können sowohl Vorder- als Hinterbeine vollkommen fehlen (Blindschleiche), oder nur die einen bei Ausschluss der anderen als kleine Stummel auftreten. In den meisten Fällen sind jedoch beide Extre- mitätenpaare vollständig ausgebildet und fünf- zehig. Selten sind die Zehen durch Schwimndiäute \Qrhnm\en (Crocodilc) oder die Extremitäten zu platten Ruderflossen umgebildet (fossile Hijdro- sauricr und Seeschildkröten). Das Nervensystem (Fig. 796) erhebt sich weit über das der Amphibien. Am Gehirn treten die Hemisphären durch ihre ansehnliche Grösse be- deutend hervor und beginnen das Mittelhirn zu bedecken. Das Cerebellum zeigt eine verschiedene, von den Schlangen an bis zu den Crocodilen fort- schreitende Entwicklung und erinnert bei diesen durch den Gegensatz eines grosseren mittleren Abschnittes und kleiner seitlicher Anschwellungen an das kleine Gehirn der Vögel. Von den Gehirn- nerven fällt der X faciaJis nicht mehr in das Ge- biet des Trigcmlnus, auch der Glossopharynyeus erscheint als selbständiger Nerv, der freilich mit dem Vagus mehrere Verbindungen eingeht; eben- so entspringt der Accessorius WilHsii mit Aus- nahme der Schlangen selbständig. Der Bijpo- Gehirn des .4//i5n/o/s, -s-on oben ge- ajossus tritt iu dic Rcihc dcr Himuerven. sehen, nach Kabl-Bückhard. i-i >ii vh Vorderhirn (Grosshirn-Hemi- Dlc Augeii entbehren bei den Schlangen, Sphären), -v/, Mittelhirn (Corpora bi- G^eckoueu uud Amphlsbacnen gesonderter Lider, gemina), C6Cerebenuin,jVoMedulla . i i • i • i obiongata,ioifactorius,jj Opticus, werdcu hicr abcr von einer durchsichtigen, uhr- jFTrochiearis, FTrigeminus, VIII glasartigen Kapscl gcschützt , wclchc von der Acusticus, JA' Glossopharyngeus, ^ i , . . mi . n. • i • A- Vagus, A'/ Accessorius, leerster Comea diirch eincn mit Thranenflussigkeit ge- Haisnerv, ;>c zweiter Haisnerv. fönten Rauiii gctrcunt ist. Soust findet sich ein oberes und unteres Augenlid. Eine selbständige Nickhaut am inneren Augen- winkel ist stets von dem Auftreten einer besonderen Drüse { Härder' sclie Drüse) begleitet. Eigenthümliche Falten der Chorioidea, Avelche dem Sichelfortsatze des Fischauges und im Vogelauge dem sog. Kamm entsprechen, finden sich im Auge der Eidechsen. Man hat in neuerer Zeit auch noch ein medianes, als Parietahmge ') ') Spencer, Ou tlie Presence and Structure of thePinealEyein Lacertilia. Quai-terl. Jonrn. of Micr. Sc. 1886. Fr. Leydig, Das Parietalange der Amphibien und Eeptilien. Sinnesorgane. Parietalorgar 793 bezeichnetes Or£;aii entdeckt, welches in der .Scheitelgegend am Ende der Zirbel ( Epiphyse) seine Lage hat (Fig. 797). Die kleine Grube, beziehiings- wei.se Oetthung der Schädeldecke, in welcher dasselbe hineingerückt erscheint, kennt man schon lange als F'tranu'i) parietale des Scheitel- beins. Bei den meisten Sauriern ist das Scheitelauge rudimentär, wie auch in anderen Fällen am Ende der Zirbel homologe Bildungen nachii-ewiesen sind ; da, wo dasselbe . Gehirn und Parietalauge nebst Epiphyse von Hatteria besonders ausgebildet ist (Hatteria, „ach spencer. oi oifactorius, j«/ infundibuium, e IqnaJHI , VaraUKs) , stellt es eine Epiphyse mit dem Parletalauge in der Schädeldecke, ^' ' -^ ^ Cb CerebelUin-., Md Medulla oblongata. Augenblase dar, deren Vorderwand linseiiartig verdickt ist, während die becherförmige Seiten- und Hinterwand der Blase sich wie eine dicht pigmentirte, geschichtete Retina ausnimmt, an deren hinterem P^nde der ,, 1 T 1- • Fisr. 79S. >,erv. nach Leydig ein bindegewebiger Strang, ^ eintritt (Fig. 798). Wahr- scheinlich w^ar dieses Pa- rietalorgan. wie wir es vor- läufig am besten bezeich- nen, bei alten fossilen Sau- riern und ausgestorbenen Amphibien- Gattungen, de- ren Schädeldecke ein an- sehnliches Parietalloch auf- weist, mächtig entwickelt. Jedenfalls handelt es sich um eine phylogenetisch sehr alte Bildung, welche vielleicht (wie das Mcdian- aiKjc der Crustaceen) mit der fortschreitenden höhe- ren Entwicklung des viel h<>her ditferenzirten paari- Parietaiauge £ren \UffeS ihre UrSürÜnE'- *ls bindegewebiger sträng gedeutet), JS Betina, i Linse ^ * * " mit ihren Verzweigungen. liehe Bedeutung verlor und sich nur noch hier und da in Augen-ähnlichen Resten erhalten hat. Das Geliörori/an besitzt eine einfach schlauchförmige Schnecke und Abh. Senckenb. nat. Ges. Frankfurt 1890. Derselbe, Zur Kenntniss der Zirbel und Parietal- organe. Ebend. 1890. von Hatteria nach S r. y Nerv (von Leydig Arterie 794 Keptilia. Geruchborgaue. Veidauiiiigsorgauf. ein entsprechendes Fenster fFene.sfra rotioidn). Eine Paukenhöhle mit Eusta- chischer Tube und Trommelfell fehlt nur den .Schlangen, ferner Haffrria, sowie den fusslosen Echsen ; hier liegt das Opercuhon, welches das ovale Fenster bedeckt, und die sich anschliessende ColumcUa wie bei den Lrodelen und Gymnophionen zwischen den Muskeln versteckt. Da. wo eine Paukenhiihle auftritt, legt sich die Columella mit ihrem knorpeligen Ende an das bei vielen Eidechsen noch unter der Haut verborgene Trommelfell an. Als erste Anlage eines äusseren Ohres kann njan eine Hautklappe über dem Trommel- fell der Crocodile betrachten. Das Geruchsorgan der Reptilien zeigt vorzugsweise bei den .Schild- kröten und Crocodilen eine beträchtliche Vergrösserung der .Schleimhaut- fläche, deren Falten durch knorpelige Muscheln gestützt werden. Die äusseren Nasenöffnungen sind bei den Wasserschlangen und Crocodilen durch Klappen- vorrichtungen verschliessbar. Die Choanen münden bei den Crocodilen und .Schildkröten weit hinten am Gaumentheil des Rachens. Bei den Schlangen und Sauriern kommt noch ein (Nasendrüse. Rathke) zwischen Conchen und Vomer eingebettetes Geruchsorgan vor (Jaco^sow'sches Organ, Leydig), dessen Nerv am Ende des Lobus olfactorius entspringt und sich becher- förmig um eine Knorpelpapille ausbreitet. Der Geschmacl-sslnn scheint keineswegs stets an die Zunge geknüpft, da diese bei den .Schlangen und zahlreichen Eidechsen zum Tasten dient und in anderen Fällen, z. B. beim Chamaeleon. als Faugorgan verwendet wird. Neuerdings wurden von Leydig i) bei Schlangen und Sauriern Sinnes- becher in der ]\Iundhöhle entdeckt, bei den ersteren an papillenförmigen Hervorragungen, bei den letzteren in Grübchen gelegen. Mit Ausnahme der Schildkröten, deren Kieferränder durch den Besitz einer schneidenden Hornbekleidung eine Art Schnabel bilden, finden sich in den Kiefern konische oder hakenförmige Fangzähne, welche die Beute festhalten, aber nicht zerkleinern können. In der Regel beschränken sich dieselben auf die Kiefer und erheben sich stets in einfacher Reihe, bald an dem oberen Rande (Äcrodonten), bald an einer äusseren, stark vortretenden Leiste der flachen Zahnrinne angewachsen (Flenrodonfen). selten, wie bei den Crocodilen, in besonderen Alveolen eingekeilt. Auch am Gaumen- und Flügelbein können Hakenzähne auftreten, welche dann häufig, wie z. B. l)ei den giftlosen Schlangen, eine innere Bogenreihe am Gaumengewöl1)e bilden. Bei den giftigen Schlangen treten bestimmte, von einer Furche oder einem Canale durchsetzte Zähne des Oberkiefers in nähere Beziehung zu den Aus- führungsgängen von Giftdrüsen, deren Secret durch die Rinne des Furchen- zahnes oder in den Canal des durchbohrten Giftzahnes beim Biss in die Wunde einfliesst. .Speicheldrüsen finden sich bei den .Schlangen und Eidechsen ') Fr. Leydig, Zur Kenntniss der Sinnesorgane der Schlangen. Arch. für mikrosk. Anatomie. Bonn 1872. Ath m ungsorgane. 795 Fig. 799. sowohl in den Lippen, als am Unterkiefer, auch kann eine Subungualis auftreten, deren Besitz fiir die Schildkröten gilt. Die Speiseröhre erscheint bei bedeutender Länge in ausserordentlichem Grade erweiterungsfähig, ihre Wandung legt sich meist in Längsfalten zu- sammen und ist bei den Seeschildkröten mit grossen Zotten besetzt. Der Magen hält mit Ausnahme der Schildkröten, die ebenso wie die Frösche einen quergestellten Magen besitzen, meist noch die Längsrichtung des Körpers ein. Der Magen der Crocodile gleicht sowohl durch die rundliche Form, als durch die Stärke der jMuskel- wandung dem Vogelmagen. Der Dünndarm bildet nur wenig Windungen und bleibt ver- hältnissmässig kurz, nur bei den von Pflan- zenstoffen lebenden Landschildkröten über- tritft der Darm die Körperlänge um das Sechs- bis Achtfache. Der breite Enddarm beginnt in der Regel mit einer ringförmigen Klappe, zuweilen auch mit einem Blinddarm und führt in die Kloake, welche mit runder Oertnung oder wie bei den Schlangen und Eidechsen als Querspalte (daher Flagio- frcnioi) unter der Schwanzwurzel mündet. Leber und Bauchspeicheldrüse werden nie- mals vermisst. Die Reptilien athmen ausschliesslich durch Lungen, welche als geräumige Säcke mit maschigen Vor.s])rüngen der Wandung oder (Schildkröten und Crocodile) mit weiten schwammigen Hohlräumen erscheinen. Bei den Schlangen und schlangenartigen Ei- dechsen verkümmert die Lunge der linken Seite mehr oder minder, während die rechte Lunge eine um so bedeutendere Grösse er- langt. Auch entbehrt das hintere Ende der- selben sowohl der zelligen Maschenräume als der respiratorischen Gefässe und stellt sich als ein Luftreservoir dar, welches während des langsamen Schliiigactes die Athmung möglich macht. Bei den Chamaelconen (Fig. 799) ist gleichfalls nur der vordere Theil der Lunge mit einem Maschennetz ver- sehen, der hintere bildet zahlreiche Aussackungen, welche eines Mascheu- netzes entbehren. In diesen Aussackungen finden wir Einrichtungen, welche bei den Vögeln in besonders mächtiger Entfaltung auftreten. Die zuführenden Luftwege sondern sich stets in einen mit spaltförmiger Stimmritze beginnenden Kehlkopf und in eine lange, von knorpeligen oder kn()chernen Ringen ge- stützte Luftrölire mit den Bronchien. Eine häutige oder knorpelige Epiglottis Die Lungen von Chamadeo nfricanus.KKehl- kopf, B Kehlsack, Tr Luftröhre, I, Lunge, F die maschenlosen Aussackungen derselben. 796 Keptilia. Krciflauftorgane. findet sich hei zahlreichen Schildkröten . Schlani^en und Eidechsen vor. Fifc'. 8UÜ. Kojit' und Vorderkörper eines Em- bryo von Emys europaea, nach R a t h k e. .4Aiige, G Gehörbläschen, Ms Mund, Ton Unter- und Ober- kiefer begrenzt, Zb Zungenbein- bogen. K die erste zwischen letz- terem und dem Unterkieferbogen gelegene, zum Gebörgang werdende Kiemenspalte ; auf dieselbe folgen drei weitere Spalten, H Herz. Herz mit den grossen Gefässstämmen von Alligator hicius, von vorne gesehen, zum Theil eröffnet, nach Gegenbau r. D Rechter Vor- hof, S linker Vorhof, O Ostinm venosum des rechten Vorhofes, Ov O. atrioventriculare, Ba Bulbus arteriosus, C Carotis primaria. Sä, S.t Subclaviae, Ad rechter Aortenbogen, .As linker Aortenbogen, P Arteria pulmonalis, V Verbindung des linken Aortenbogens mit dem rechten, J/ Arteria mesenterica, Pc Ver- Stimmeinrichtungeu besitzen nur die (^eckonen und C'hamaeleoniden. Die fiir die Respiration er- forderliche Lufterneuernng wird — die Schild- kröten ausg-enommen — wohl überall auch mit Hilfe der Rippen bewerkstelligt. Eine Kiemenathmung tindet sich, von den Am- phibien aufwärts, bei den Reptilien, Vögeln und Säugethieren nicht mehr. Indessen treten im Em- bryonalleben noch Kiemen- oder Visceralspalten auf (Fig. 800), welche später bis auf die erste, zwischen ]Mandibular- und Zungenbeinbogen ge- legene, verloren gehen. Die erste, dem Spritzloch der Haie homologe Spalte tritt zum Gehörorgan in Beziehung und wird zur Eustachischen Röhre und Paukenhöhle, eine Fortsetzung des die erste Spalte begrenzenden Wulstes zum äusseren Gehörgang. Die Kreislaufsorgane (Fig. 80. 90) führen in verschiedenen Abstufungen l)is zur -vollkommenen Duplicität des Herzens und zur Scheidung des arteriellen und venösen Blutes. Zunächst wird die Theilung des Herzens dadurch vollständiger, dass sich neben den beiden auch äusserlich abge- setzten Vorhöfen die Kammer in eine rechte und linke Abtheilung sondert. Die Scheide- wand der Kammer bleibt bei den Schlangen, Eidechsen und Schildkröten durchbrochen, ist dagegen bei den Crocodilen vollständig und bewirkt die Scheidung in eine rechte und linke Kammer. Bei den Eidechsen und Schildkröten scheint der gemeinsame Ar- tcrienstamm äusserlich aus der rechten Kammerabtheilung zu entspringen, die Gcfässcanäle , in welche er getheilt ist, stehen jedoch mit den beiden Kammern in Communication, indem die Lungenarterie und der linke Aortenbogen das Blut aus der rechten Kammerabtheilung, der rechte bindung des Herzens mit dem Pericard, FP Aortcnbogcn aus dcr linkcu Kammcrabthci- Stelle des Foramen Pannizzae. ,. i. ■ i /-< ^■^ ^ hing emptangt. Bei den Crocodilen dagegen erhalten Lungenarterien und Aortenstämme einen gesonderten Ursprung Lvmphgefasse. Nienn. (^esehleclitsorgraiie. 797 (Fiy. 801). Die vom Herzen entisprin^-enden Gefässe bilden nur während des Fötallebens die vollständige Zahl von Aortenbög-en. Während ursprüng- lich, wie auch bei Vögeln und Säugethieren , sechs Paare von Gefäss- bögen vorhanden sind, welche, den Schlund umfassend, zur Bildung der beiden Aortenwurzeln zusammentreten, erleiden die meisten derselben unter Verlust ihrer Verbindungswege eine Rückbildung, so dass schliesslich jede Aortenwurzel aus zwei Gefässbögen (Saurio-) entspringt, in der Kegel jedoch als die Fortsetzung eines einzigen Aortenl)ogens erscheint. Bei den Schlangen und Eidechsen setzt sich der linke Arterienstamin ohne Abgabe von Gelassen in die linke Aortenwurzel fort, während der rechte grössere vor seiner Fortsetzung in die rechte Aortenwurzel einen gemeinsamen Stamm für die beiden Carotiden abgibt, an welchen (zahlreiche Eidechsen) sich ein Verbindungsgang mit der entsprechenden Aortenwurzel als zweiter perennirender Aortenbogen erhalten kann. Bei den Schildkröten ist es eben- falls der rechte Arterienstamm, welcher die Carotiden und Subclaviac ent- sendet, während der linke die Eingeweidearterien abgibt. Da die Aorten- wurzel des letzteren sehr eng ist, erscheint die Aorta vorzugsweise als Fortsetzung des rechten Aortenbogens. Aehnlich verhalten sich die Crocodile, bei denen der rechte Arterienstamm aus der linken hier vollkommen ge- sonderten Kammer entspringt und von dieser arterielles Blut erhält. Aber auch hier wird trotz der vollständigen Trennung des Herzens die Mischung des venösen und arteriellen Blutes nicht ganz vermieden, da eine Commu- nication (Forcwien PanizzaeJ zwischen linkem und rechtem Aortenbogen be- steht. Im Falle einer unvollständigen Trennung beider Kammern scheint die Vermischung beider Blutsorten theilweise schon im Herzen stattzufinden, obwohl durch besondere Klappeneinrichtungen der Eingang in die Lungen- gefässe von den Ostien der Arterienstämme derart abgesperrt werden kann, dass das arterielle Blut vornehmlich in diese letzteren, das venöse in jene einströmt (Brücke). In den venösen Kreislauf schiebt sich wie bei den Amphibien neben dem Pfortadersystem der Leber ein zweites für die Niere ein. Indessen tritt das letztere bei den Schildkröten und Crocodilen mehr und mehr zurück. Das System der Lymphgefässe zeigt ausserordentlicii zahl- reiche und weite Lymphräume und verhält sich ähnlich wie bei den Am- phibien. Contractile Lymphherzen wurden nur in der hinteren Körpergegeud an der Grenze von Rumpf und Schwanz auf Querfortsätzen oder Rippen in paariger Anordnung nachgewiesen. Die Nieren (Fig. 802) der Reptilien gehören wie die der Vögel und Säuge- thiere dem hinteren Rumpfabschnitt an und entsprechen dem Metanephros. An der Vorderwand der Kloake erbebt sich bei Eidechsen und Schildkröten eine Harnblase. Der Harn erscheint keineswegs überall in flüssiger Form, sondern oft als weissliche Harnsäure-haltige Masse von fester Consistenz. Die GcsrJiIerJitsorr/ane (Fig. 802) verhalten sich ähnlich wie die der Vögel. Indem sich der bei den Amphibien noch als Harnorgan fungirende 798 Keptilia. (itschlechtsorgane. vordere Abschnitt der Niere (Primordialniere nebst dem Wolff sehen Gang) zum Ausführungsapparat des Hodens (Nebenhoden und Samenleiter) umge- staltet und im weibliehen Geschlechte verschwindet oder selten als Rudiment {Rosenmüller'iiQheii Organ. Gärtner' scher Canal) persistirt. hier dagegen der MüIler'sQhe Gang zum Eileiter wird, sind die morphologischen Gestaltungs- verhältnisse für die Geschlechtsorgane der höheren Wirbelthiere erreicht. Eileiter sowohl als Samenleiter münden gesondert in die Kloake ein. Erstere Fig. 802. Urogenitalapparat von Laccrta ngilis, nach einer Zeichnung -von C. Heider. a Des Männchens. A'' Niere, H Hoden, NJi Nebenhoden (Epididymis), Vd Samenleiter (Vas deferens), P ein Rest der Urniere, T der Müller'sche Gang (rudimentär), Pe Penis, SP Schenkelporen, SD Schenkeldrüsen, b Des Weibchens. Hb Harnblase, Md Mastdarm (aufgeschnitten), Cl Kloake, Ov Ovarium , T der zum Eileiter entwickelte Müller'sche Gang. beginnen mit weitem Ostium, verlaufen vielfach geschlängelt und besorgen überall die Abscheidung von kalkhaltigen, meist weichhäutig bleibenden Eischalen. Nicht selten verweilen die Eier in dem als Fruchtbehälter zu l)e- zeichnenden Endabschnitt der Oviducte längere Zeit, zuweilen bis zum voll- ständigen Ablauf der Embryonalentwicklung. Im männlichen Geschlechte treffen wir überall äussere Begattungsorgane an, denen im weiblichen Gc- schlechte ganz ähnlich angelegte Rudimente (CUtoris) entsprechen. Bei den Fortpflanzung. 799 Schlangen und Eidechsen (Plafjiotremen) sind es zwei glatte oder bestachelte Hohlschläuche, welche in einem taschenartigen Hohlraum hinter der Kloake eingezogen liegen und hervorgestülpt werden können. Im Zustande der Vor- stülpung erscheint iiire Oberfläche von einer Rinne durchsetzt, welche das Sperma von den Genitalöftnungen aus der Kloake tbrtleitet. Bei den Schild- kröten und Crocodilen dagegen erhebt sich eine von fibrösen K(»rpern ge- stützte schwellbare Ruthe an der Vorderwand der Kloake. Auch diese Ruthe besitzt eine Rinne zur Aufnahme und Fortführung des Samens, kann aber nicht eingestülpt werden. Die Begattung führt stets zur Befruchtung der Eier im Innern des mütterlichen Körpers. Nur wenige Reptilien, wie z. B. unter den Schlangen die Kreuzotter und unter den Eidechsen die Blindschleiche, gebären lebendige Junge. Die meisten legen Eier und graben dieselben in feuchter Erde an gesicherten warmen Plätzen ein. Jlan hat auch eine Art Brutpflege bei den Riesenschlangen beobachtet, welche ihren Leib über den abgesetzten Eiern zusammenrollen und der sich entwickelnden Brut Wärme und Schutz gewähren. Die Entwicklungsgeschichte ^) der Reptilien schliesst sich eng an die der Vögel an. Der verhältnissmässig grosse Dotter, innerhalb der Sehale noch von einer Eiweissschicht umgeben, erleidet nach der Befruchtung eine j)artielle Furchung, welche zur Anlage eines scheibenförmigen Keimes mit den Rückenwülsten und der Rückenrinne führt. Bevor noch die Rücken- wülste geschlossen sind, macht sich an dem erweiterten, die Kopfanlage Itezeichnenden Abschnitt der Rückenfurche eine Knickung bemerkbar, welche die Entstehung der Kopfbeuge, einer ausschliesslich den höheren Wirbel- thieren zukrmmenden Bildung, veranlasst. Der anfangs dem Dotter flach aufliegende Embryo setzt sich allmälig schärfer von dem Dotter ab, indem die Bauchwandungen des kahnförmigen Leibes bis auf eine Oetfnung (Nabel) zusammenwachsen und so der centrale, als flache Rinne angelegte Darm zu einem Rohre wird, dessen Zusammenhang mit dem abgeschnürten Dotter an Stelle jener Oeffnung durch einen engen Gang erhalten bleibt. Charak- teristisch ist das Auftreten einer den Embryo umschliessenden Haut, der Srhafhaut oder des Amnion (Fig. 803). Eis erhebt sich nämlich die Wandung des Keimes am vorderen und hinteren Ende des Embryos und bildet zwei das Kopf- und Schwanzende überdeckende Falten. Dieselben verwachsen über dem Körper des Embryos, und das innere Blatt dieser Falte liefert einen geschlossenen, mit Flüssigkeit erfüllten Sack, das Amnion ; die äussere den Embryo einschliessende Zellschichte wird als seröse Hülle (Serosa) be- zeichnet. Ein anderes, ebenfalls für die höheren Wirbelthiere charakteri- ') C.E. V. Eaer, Ueber Entwicklungsgeschichte der Thiere. II. Königsberg 18P)7. H. Rathke, Entwicklungsgeschichte der Natter. Königsberg 1839. Derselbe, Ueber die Entwicklung der Schildkröten. Braunschweig 1848. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklung und den Körperbau der Crocodile. Braunschweig 1866. L. A g a s s i z, Embryology of the Turtle. Contributions of the nat. bist, etc., II. Boston 1857. 8UU Koptilia. Eutwickliinpf. Vorkommen. stisches Organ i.st die Al/antois, welche am hinteren Körperende als bläschen- förmige Ausstülpung der ventralen Seite der Darmwand entstellt und zu ei)iem ansehnlichen Sacke auswächst (Fig. 803). Die Wandungen dieses mit einer Flüssigkeit gefüllten Sackes sind im Gegensatze zu der vollkommen gef ässlosen Schafhaut ausserordentlich reich an Gefässen und repräsentiren ein embryo- nales Athraungsorgan, welches bei der langen Dauer und den complicirten Ent- wicklungsvorgängen des Embryonallebens von hoher Bedeutung ist, I\Iit dem Auftreten der Allantois steht nicht nur der Ausfall der Kiemenathmung. sondern die vollkommenere Organisation des ausschlüpfenden Jungen, der Ausfall einer Metamorphose im Zusammenhang. Einige Schlangen und Eidechsen reichen weit bis in den Norden hinauf, während die Crocodile auf die heisse Zone beschränkt sind und SchildkriUen nur in vereinzelten Beispielen der gemässigten Zone angehören. Die Reptilien Fig. 803. Va Keduction. Ideale Längsschnitte durch die Keirablase der Anmieten n.ich Fleischmann. ^1 .Jün^'eres, B älteres Stadium. Schwache Linie Ektoderm. Dicke Linie Mesoderm. Gestrichelte Linie Entoderm. E Körper des Embryos, D Dotter, ha, ra vordere, hintere Amnionfalte, ■/ Exembryonale Leibeshöhle, dk Gefässnetz der Splanchnopleiira anf dem Dottersacke, st das Eandgefäss desselben. s7i Chorion.. am Amniongrube, AH Allantois. der kalten und gemässigten Gegenden verfallen in eine Art Winterschlaf, wie andererseits auch in den heissen Klimaten ein Sommerschlaf vorkommt, der mit dem Eintritt der Regenzeit sein Ende erreicht. Die meisten Reptilien haben ein überaus zähes Leben, können ge- raume Zeit ohne Nahrung bei beschränkter Respiration existiren und sind, obgleich in geringerem Grade als die Amphibien, zur Reproduction verstüm- melter oder verloren gegangener Körpertheile befähigt. Die ältesten fossilen Reste von Reptilien gehören dem Perm an. Aus diesem wie aus der Trias sind eine Reihe von Formen bekannt geworden, die man der Stammgruppe zahlreicher Sauroptiden-Gruppen zugehörig be- trachtet und als Proganomuria bezeichnet hat. Proterosmirus Speneri. Falaeo- hattcria. Kadaliosaums. Denselben verwandt sind die Bhynchocephalia, welche im Trias beginnen, sich im Jura reicher entfalten und in der (Gattung Dinopaiiria. Ornithopoden. 801 Hnftcri(i^) bis in die Gegenwart erhalten. Von denselben sind vielleicht die Flafjiotrcmcn abzuleiten. Eine grosse Mannigfaltigkeit von Sauriergruppen hat die Seeundärzeit, namentlich das Zeitalter der Trias und des Jura, auf- zuweisen, welche von einer grossen Zahl gegenwärtig ausgestorbener Typen belebt war. Als besondere Unterclasse sind die mesozoischen Dinosaiiria zu be- trachten, zum Theil colossale Landbewohner des Jura, Wealden und der unteren Kreide, welche ihrem Baue nach mehrfach an Säugethiere, ins- besondere an Pachydermen erinnern und in ihren herbivoren Gliedern (Ornithopoden) genetische Beziehungen zu den Ratiten zu bieten scheinen. Marsh unterscheidet als Ordnungen 1. Sanropoda, welche in nächster ^'erwandtschaft zu den Crocodiliern stehen {Atlantosaurtis, Diplocodus etc.), Fig. 804. 2. Stegoscmria, 3. Onn- tliopoda (Iguanodon)^ in denen G. Baur die Ahnen der Ratiten nach- zuweisen sucht, 4. Thr- ropoda^ welche Fleisch- fresser waren und in die Familien der Megalo- sauridru , Cerafosaiiri- deu , Ltibrosauriden, Zandodon tiden (Zanclo- don) , AmpJiiscmriden getheilt werden. Die Ordnung der Oniithopoden, mit wel- cher die Ornithoscclidrii Huxley's theilweise zu- sammenfallen, zeigte im Körperbau , insbeSOn- Pteroäactylu. elegans, nach Zittel. dcre in der Gestaltung des Beckens Eigenthümlichkeiten, welche auf die Organisation der Vögel hinweisen. Durch die präacetabulare Ausdehnung des Os Uium und durch die abwärts gerichteten langgestreckten Sitz- und Schambeinknochen ausgezeichnet, besassen diese Saurier wenigstens in der die jurassische Gattung Compsognathus fassenden Abtheilung sehr lange Cervicalwirbelkörper , einen fast vogelähnlichen Kopf, einen sehr langen Hals und kurze vordere, dagegen sehr lange hintere Rippen. Auch war das Sprungbein wie bei den Vögeln mit der langen Tibia verschmolzen. ') Die noch lebende Gattung Hatteria (Sphenodon) gehört der Fauna Neuseelands an und ist hier bislang nur in einer Art H. x>unctaia Gray bekannt geworden. Für die lihijnchocephalen ist charakteristisch: das unbeweglich mit dem Schädel verbundene Quadrat- bein, der Besitz amphicoeler AVirbel, der Mangel einer Paukenhöhle und von Copulationsorganen. C.Clans: Lehrbuch der Zoologie. C. Anf 1. 51 802 I- Unterclasse. Plagiotremata. 1. Ordnung. Saurii. Die Ptcrosaurier oder PterodactyUer, ebenfalls vornehmlieh aus der jurassischen Zeit, waren fliegende Saurier. Von den Fingern der Hand war der äussere säbelförmig verlängert und von bedeutender Stärke; wahr- scheinlich war von demselben die Flughaut getragen, welche 7Aim Flattern oder gar zum Fluge befähigte (Fig. 804). Bhamphorltynchus Gemmingii H. V. M., lithographischer Schiefer. Pferodocti/Ius longirostris Cuv., Jura. Ebenfalls der Secundärzeit gehörten die Hydrosauricr an. Reptilien mit nackter lederartiger Haut, biconcaven AVirbeln und Ruderflossen. Die Ueberreste dieser colossalen Meeresbewohner lassen diese Thiere als die gewaltigsten Beherrscher der Meere jener Zeiten erscheinen. Bei einer sehr bedeutenden Körperlänge besassen dieselben eine meist langge- streckte platte Schnauze mit zahlreichen kegelförmigen Fangzähnen, einen sehr langen bewegliehen Rumpf und wie die Walthiere flossen- fJjrmige Extremitäten. Farn. Nothosaurii {Sauropterygii Owen). Mit langgestreckten Oberkieferknochen, die bis zur Spitze des sehr langen Schnabels reichen, ohne obere Schläfenbogen, mit einfachen kegelförmigen Zähnen. Gehören der Trias an. Notliosanrus inirahilis Münst., Simosaiirits H. V. M. n. a. Fam. Plesiosauru (Sanropteruyn Owen), Schlangendrachen. Mit langem, schlangen- förmigem Hals, kurzem Kopf und Schwanz, und langgestreckten Euderflossen. Lebten im Jura und in der Kreide. Plesiosaurus Conyb., Pliosmtrus Owen. Fam. Ichthyosaurii {Ichthyopterygii Owen), Fischdrachen. Mit sehr kurzem Hals, dickem , langgestrecktem Eumpf , kurzen Euderflossen und langem , wahrscheinlich von einer Flosse umsänmtem Schwänze. Die schnabelartig verlängerte zugespitzte Schnauze wird vorzugsweise von den Knochen des Zwischeukiefers gebildet. Die Zähne zeigen eine ge- streifte und gefaltete Oberfläche und stehen dichtgedrängt nebeneinander. Gehören vorzugs- weise dem Jura, in seltenen Eesten noch der Kreide an. IcJithi/osaurus König, I. com- munis Beche, Sauranodon Marsh. 1. Unterclasse. Plagiotremata (Lepidosauria), Schuppensaurier. Beptilien mit Schuppen und Schildern der Haut, mit querer Aftcr- spalte und doppeltem Penis. 1. Ordnung. Saurii^), Eidechsen. Plagiotremen mit Schultergürfel und mit Brusthein, meist mit Paiden- höhle und heiceglichen Atigenlidern, ohne Eru-citerungsfähigkeit des Backens, mit Harnblase. Die Eidechsen besitzen durchweg eine langgestreckte, zuweilen schlan- genähnliche Gestalt. In der Regel finden sich vier Extremitäten, die indessen den Rumpf kaum emporgehoben tragen und bei der Bewegung meist als Nachschieberwirken, übrigens auch vaww kw^X-ämm^i'n (Chamaeleon) , Klettern *) Tiedemann, Anatomie und Naturgeschichte der Drachen. Nürnberg 1811. J. E. Gray, Catalogue of the specimens of Lizards in the Collection of the British Museum. London 1845. Fr. Leydig, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Tübingen 1872. LÖrperbau. 803 8or ((rcrkonen) und Graben benutzt werden können und gewöhnlich mit fünf bekrallten Zehen enden. Zuweilen bleiben dieselben so kurz, dass sie dem schlangenähnlichen Körper als Stummel anliegen, an denen die Zehen gar nicht zur Sonderung gelangen (Chamaesaura). In anderen Fällen sind nur kleine hintere Fussstummel {F'jgopus, Fig. 805) oder ausschliesslich Vorder- gliedmassen (Chirotcs) vorhanden, oder es fehlen überhaupt äusserliche Gliedmassen vollständig (Anguis, Äconüas, Ophisaunis). Schultergürtel und Becken sind jedoch vorhanden, auch findet sich bei allen Echsen, mit Aus- nahme der Amphisbaenen, wenigstens ein Rudiment des Brustbeins, welches mit der Ausbildung der Vordergliedmassen an Umfang zunimmt und dann einer entsprechend grösseren Zahl von Rippen zum Ansätze dient. Letztere fehlen nur den vordersten Halswirbeln, zuw^eilen auch einigen Lendenwirbeln, sowie den Schwanzwirbeln. Eine eigenthümlichejMo- dification zeigen bei Draco die vorderen Rippenpaare, welche sich ausserordent- lich verlängern und seitlichen, als Flug- haut verwendbaren Hautduplicaturen zur Stütze dienen. Die Schädelkapsel (Fig. 795) reicht meist nur bis zur Orbitalgegend, wo sie unvollständig durch häutige Theile ge- schlossen ist, denen sich oft ein häutiges LiterorUtalseptimi anschliesst. Einem stark vorspringenden Fortsatz der hin- teren Schläfengegend liegt das Schuppen- bein (Squamosum) fest an. Das hintere Ende des Oberkiefers ist häufig durch eine die Orbita umschliessende Knochen- brücke (Jugale) mit dem hinteren Stirn- bein verbunden, während von diesem ein Knochenstab, die Schläfengegend über- brückend (Quadratojugale), zu dem oberen Ende des Quadratbeines verläuft. Ein wichtiger Charakter der Eidechsen im Gegensatze zu den Schlangen beruht auf dem Mangel der Verschiebbarkeit der Kieferknochen. Zwar sind Theile des Oberkiefer-Gaumenapparates mit dem Schädel beweglich ver- bunden, insbesondere die Flügelbeine, die sich den Gelenkfortsätzen des hinteren Keilbeines anlegen und meist an dem Quadratbein articuliren, in- dessen zeigen die einzelnen Knochen des Kiefer-Gaumenapparates unter- einander und mit der vorderen Partie des Schädels einen festen Zusammen- hang. Die Flügelbeine sind mit dem Oberkiefer durch ein Os tmnsoersum 51'= Pygopiis (Bipcs) lepulopus (rfegue an 8Q4 Sfauril. Korperbau. fest verbunden und dienen dem Scheitelbeine durch eine stabförmige Columella zur Stütze (Kionocrania). An der Scliädeldecke bleibt die \'er- bindung zwischen Scheitelbein und Hinterhaupt durch Bandmasse weich und verschiebbar. Am Schläfenbogeu lenkt sich das Quadratbein beweg- lich ein und trägt den Unterkiefer, dessen Schenkel am Kinnwinkel in der Zähne eine weit grössere Mannigfaltigkeit als bei den Schlangen, stellt sich indessen nicht so vollständig dar, indem der Gaumen niemals eine bogenförmig geschlossene innere Zahnreihe , sondern nur kleine seitliche Gruppen von Zähnen am Flügelbeine zur Entwicklung bringt. Fast immer sitzen dieselben den Knochen unmittelbar auf, entweder am Kieferrand (Äcrüdonten)y oder an der inneren Seite des Kiefers (FleurodontenJ. Dieser Unterschied entspricht bei den Lcrjuamn der geographischen Verbreitung, indem die der östlichen Halbkugel Acrodonten, die der westlichen Halb- kugel Pleurodonten sind. Wichtig erscheint die Gestalt der Zunge, durch welche sich Hauptgruppen unterscheiden lassen. Die meisten Eidechsen besitzen Augenlider, ein freiliegendes Trommel- fell und eine Paukenhöhle. Am Auge entbehren wohl nur die Amphishacnen und Geckonen der Lidbildungeu und verhalten sich rücksichtlich der Augen- bedeckung wie die Schlangen. Bei den Scincoiden kann das untere Augenlid wie ein transparenter Vorhang emporgezogen werden, ohne das Sehen zu verhindern. Bei den Chamaeleoniden ist das einfache Augenlid ein musku- löser Hautring mit kreisförmiger Oeffnung. Die Eidechsen besitzen ausserdem ein rudimentäres unpaares , dem Baue nach wahrscheinlich als Auge zu deutendes Sinnesorgan , welches sich am hinteren Theile der sog. Zirbel (Epiphysis) hervorgebildet hat. Dasselbe nimmt das Parietalloch des Schädel- daches ein. dessen ^'orkoramen mit der Entwicklung jenes Organes zu- sammenhängt. (Leydig, de Graaf, Spencer.) Die äussere Körperbedeckung der Eidechsen zeigt ähnliche Verhält- nisse wie die der Schlangen, jedoch in \veit grösserer Mannigfaltigkeit. Bald finden sich platte oder gekielte Schuppen, die nach ihrer Form und gegen- seitigen Lage als Tafelschuppen. Schindelschuppen. Wirtelschuppcn unter- schieden werden, bald Schilder und grössere Tafeln, für deren Vertheilung am Kopf sich die bereits für die Schlangen hervorgehobenen Verhältnisse wiederholen. Doch kommen auch mehr unregelmässige Erhärtungen warziger Höcker vor, die der Haut ein an die Kröten erinnerndes Aussehen verleihen (Gechonen). Andererseits finden sich oft grössere Hautlappen an der Kehle, Kämme am Rücken und am Scheitel, ferner Faltungen der Haut an den Seiten des Rumpfes, am Halse etc. Obwohl im Allgemeinen die Haut der Eidechsen arm an Drüsen ist, so finden sich doch constant bei zahlreichen Eidechse'n Hautdrüsen und entsprechende Porenreihen längs der Innenseite der Oberschenkel (Fig. 802) und vor dem After. 805 Fig. SOG. In der Regel legen die Wei heben nach vorausgegangener Begattung — in den gemässigten Gegenden im Sommer — wenige Eier ; einige Gattungen (ÄiKjiüs^ Scps) sind lebendig gebärend. Die meisten sind harmlose und durch Vertilgen von Insecten und Würmern nützliche Thiere ; grössere Arten, wie die Leguane, werden des Fleisches halber gejagt. Bei weitem die Mehrzahl, und zwar sämmtliche grösseren und oft prachtvoll getärbten Arten, bewohnen die wärmeren und heissen Kliraatcn. Fossile Ueberreste von Eidechsen haben sich sehr zahlreich gefun- den, die ältesten aus den obersten Schichten des Jura. Eine riesige Grösse besasscn die den Monitoren am nächsten verwandten Echsen der Kreide {Mosasaurus etc.). 1. Fnterordnung. CnisslliiKjula, Dlckzimjlcr. Kionocranier mit dicker und kurzer Heischiger Zunge, welche an der Spitze kaum ausgebuchtet, vielmehr in der Regel zugerundet ist und nicht vorgestreckt werden kann. Augenlider sind meist vorhanden. Das Paukenfell liegt meist frei. IJeberall linden sich vier Gliedmassen mitnach vornegerichtetenZehen. Leben ausschliesslich in wärmeren Gegenden der alten und neuen Welt; die östliche und westliche Hemi- sphäre bergen überraschend ähnliche Typen , die aber (mit Ausnahme der Geckonen) nach dem Zahn- bau eine scharfe Scheidung gestatten; alle Be- wohner Amerikas sind Pleurodonten, die der alten Welt Acrodonten. Y&m. Äscalahoiae , Geckonen. Eidechsen von niolcli- ähnlicher Form und geringer Körpergrösse , mit Haftlappen an den Zehen und mit biconcaven Wirbeln. Alle sind Pleuro- donten ohne Gaumenzähne und nächtliche scheue Thiere mit grossen, der Lider entbehrenden Augen. Sie klettern und laufen mittelst ihrer meist zurückziehbaren Krallen und Haftlappen sehr geschickt an glatten und steilen Wänden und leben meist in den heissen Ländern, nur wenige im Süden Europas. Ob- wohl harmlose Thiere, gelten sie doch fälschlich für giftig; sie lassen zur Nachtzeit eine laute, wie Gecko klingende Stimme hören. Flatijdactylus mauritanlcus L. (Fig. 806), PI. muralis Dum. Bibr., Küsten des Mittelmeeres. Hemidactylus verructilatus Cuv., Küsten des Mittelmeeres. Piychozoon homaloceplialum Kühl, Java. Fam. Iguanidae, Baumagamen, Leguane. Der seitlich etwas comprimirte Leib wird von langen, schlanken Beinen getragen, die vorzüglich zum Klettern geschickt sind. Kopf pyramidal, oft helmartig erhoben und durch den Besitz eines häutigen Kehlsackes sehr absonderlich gestaltet, meist mit freiliegendem Paukenfell. Viele besitzen einen stacheligen Rückenkamra und ändern in ähnlicher Art ihre Färbung wie die Chamaeleons. Zu den Baumagamen der westlichen Hemisphäre, welche Pleurodonten sind, gehören : Polijclirits marmoratiis Cuv., Färberechse, Brasilien. Iguana tuherculata Laur. = sajn- dissima Merr., Westindien. /. delicatissima Lur., tropisches Amerika. Ci/clura carinata Grav, Cuba. BasiUscus mitratus Daud., Südamerika. Platijdnctißns 806 Brevilingui Zu den Baumagamen der östlichen Hemisphäre, welche Acrodonten sind , gehören : Calotes ophiomachus Merr., Ostindien (Fig. 807). iJraro rolans L., Java. Lopltiura am- boinensis Schloss. Grammatophora cristaia Gray, Australien. Fig. 807. Fam. Humivafjae, Erdagamen. Echsen mit breitem und flachem, von kürzeren Beinen getragenem Leib, von fast krötenartigem Aussehen, die Köi-perhaut nicht selten mit Stachel- schuppen bedeckt. Leben auf der Erde in steinigen und sandigen Gegenden, wo sie sich in Gruben und Löchern verbergen. Zu den Erdagamen Amerikas, welche sämmtlich Pleurodonten sind, gehören: Phri/- nosonia orbiculare Wiegm., Tapayaxin, Mexico. Tropidurus cyclurus "VVied., Brasilien. Zu den Erdagamen Ostindiens und Afrikas, welche Acrodonten sind und Eckzähne besitzen, gehören: Phrytiocephalus heli oscopus Kh., Sibirien. Moloch horridus Gray., Au- stralien. Uromastix spinijies MeiT., Egypten. Agama coJonorum Daud., Egypten. SteJUo vulgaris Latr., Hardun, Egypten. 2. Unterordnung. Brevüinyuia, Kurzzüngler. Kiouocranier von lang- gestrecktem, oft Schlangen-ähnlichem Körper mit sehr verschieden entwickel- ten Gliedmassen. Zunge kurz und dick, ohne Scheide, an dem verdünnten Yor- derende mehr oder minder ausgeschnitten und wenig vorstreckbar. Augenlider in der Regel vorhanden, das Paukenfell liegt oft unter der Haut verborgen. Fam. Scincoidea, Sandechsen. Der mehr oder minder Schlangen-ähnliche Körper ist mit glatten Knochenschuppen bedeckt, der Scheitel mit grösseren Schildern bekleidet. ofßcinaUs (regne animal). Anguis fragüis L., Blindschleiche, Europa. Scincus officinalis Laur. (Fig. Seps chalcidica Men., Dalmatien. Acontias meleagris Cuv., Cap. Egypten. Fissiliuguia. Vermilinguia. 807 Farn. Fti/chopleurae, Seiteafalter, Wirtelschleiiheu. Körper mit zwei seitliehen, von kleineu Scliuppen bekleideten Hautfalten, welche von der Ohrgegend bis in die Nähe des Afters verlaufen und Rücken und Bauch abgrenzen. Zonurus cordi/lus Merr. ~ (jriseus Cuv., Südafrika. Pseiidopus Pallasä Cuv. , Scheltopusik , südöstliches Europa, auch in Niederösterreich. Pi/gopus (Bipes) lepidojyus Lacep., Neuholland (Fig. 808). Cliamaesaura anguina Sdin., Cap. Ophisaurus venfralis Daud., Nordamerika. 3. Unterordnung. FissiUngnla, Spalf<ü»;/Ier. Kionocranier mit langer und dünner, vorstreckbarer, zweispitziger Zunge, meist mit vollkommenen Augenlidern und stets mit freiem Paukenfell. Die Schuppen des Rumpfes sind kleine Schindelschuppen, die des langen Schwanzes meist Wirtelschuppen. Farn. Lacertidae, Eidechsen. Meist lebhaft gefärbte , langschwänzige und äusserst bewegliche Eidechsen mit beschildertem Kopf. Die Bauchfläche ist mit meist viereckigen, in schrägen Eeihen angeordneten Schildern bekleidet. Lacerta vicijyara L. , Deutschland und Südeuropa, ist lebendig gebärend. L. ocellata Daud., L. riridish., grün, vorne mit schwarzen Flecken, das Weibchen minder lebhaft gefärbt, mit kleineren, weniger zahlreichen Schenkelporen, Dalmatien. L. agilis L. = stirpium Daud., gemeine Eidechse. L. muralis Merr., Südeuropa. Heloderina horridum Wiegm., Mexico. Fam. Ameü-idae, Tejueidechsen. Eidechsen der neuen Welt, deren Kopf wie bei den Lacertiden beschildert ist, während der Bauch von viereckigen, in Querreiheu geordneten Schildern bekleidet wird. Tejtts monitor Merr. = T. Tejuexin L., Brasilien, lebt in Erd- löchern und hohlen Baumstämmen und nährt sich von Mäusen, Insecten und Würmern und wird mit dem langen Schwanz 4 bis 5 Fuss lang. Wird gejagt und gegessen. Ameica vulgaris Licht., Westindien. Fam. Monitoridae '), Warneidechsen. Langgestreckte grosse Eidechsen ohne Schenkel- poreu. Scheitel, Rücken und Bauch sind mit kleinen Tafelschuppen bekleidet. Die Tren- nung der Herzkammern ist am vollständigsten in der ganzen Ordnung. Psammosaurus scincus Merr. ^ Varanus arenariusDwm.mhv., Egypten, Landcrocodil Herodot's. Monitor niloticus Hassl., Warneidechse, frisst die Eier der Crocodile. 4. Unterordnung. VermUinguia, Wurwzüngler. Eidechsen der alten Welt mit wurmfürmiger, weit vorschnellbarer Zunge, kreisrundem Augenlide und hohem, seitlich comprimirtem Körper, welcher von einer chagrinartigen Haut bedeckt ist. Der Schädelbau weicht von dem der übrigen Eidechsen be- deutend ab, indem die Scheitelbeine unbeweglich mit dem Oecipitale und dem über die Scheitelbeine sich fortsetzenden Occipitalkamme verbunden sind. Fam. Cltamaeleonidae, Chamaeleous. Die Füsse sind Greiffüsse und enden mit fünf Zehen, von denen je zwei und drei Zehen, bis auf die Krallen mit einander verbunden, Avie die Arme einer Zange wirken. Der lange dünne Schwanz dient als Wickelschwanz zum Festhalten des Köi-pers an Zweigen. Alle sind Acrodonten. Das Paukenfell ist von der Körperhaut überzogen. Merkwürdig und sowohl von dem Lichtreize der Umgebung abhängig, als der AVlUkür des Thieres unterworfen, ist der Farbenwechsel der Haut, zu dessen Erklärung ') Die von Cope als Pgthonomorpha bezeichnete Gruppe fossiler Saurier (früher als nächste Verwandte der Monitoren betrachtet) wird meist als besondere Ordnung zwischen Saurier und Ophidier gestellt. Die hierhergehörigen Formen, deren Ueberreste in der oberen Kreide, besonders von Nordamerika (aber auch Europa und New-Seeland) aufgefunden wur- den , waren grosse langgestreckte Meersaurier mit kurzen flossenfönuigen, fünfzehigen Extre- mitäten, oberem Schläfenbogen und quer verlängertem Mastoideum, das als Suspensorium des grossen beweglichen Quadratum dient. Dieünterkieferäste mit Gelenk zwischen Coronoideum und Dentale, durch Ligament verbunden. Mosasaiirus Camperi H. v. M., ma.rlmus Cope u. a. G, Näheres in Zittel's Paläontologie. 808 2. Ordnung. Ophidia. Fig. 809. besonders die Untersuchungen Brücke's') beigetragen haben. Es sind nämlich zwei ver- schiedene Pigmentschichten unter der dünnen Oberhaut angehäuft, eine oberflächliche hell- gelbliehe und eine tiefere dunkelbraune bis schwarze, deren gegenseitige Ausbreitung und Lagerung sich verändert. Vliamaeleon vulyaris Cuv., südliches .Spanien und Afrika. 5. Unterordnung. Annulata, Binydechsen. Körper Schlangen-ähnlich mit derber schiippenloser Haut, welche durch Querfurchen in Ringe abge- theilt ist (Fig. 809). Diese werden wieder von Längs- furchen in der Art gekreuzt, dass die Oberfläche ein zier- lich getäfeltes, mosaikartiges Aussehen erhält. Nur am Kopfe und an der Kehle finden sich grössere Schilder, Ein Brustbein fehlt, während der Schultergürtel, mit Ausnahme von Chirotcs, rudimentär bleibt. Beckenrudimente treten überall auf. Gewöhnlich fehlen die Extremitäten, indessen können kleine Vorderfüsse (Chirotes) vorhanden sein. Augenlider und Paukenfell fehlen, die kleinen Augen werden von der Haut überzogen. Die Zunge ist dick und kurz, ohne Scheide, imd auch die Bezahnung wie bei den Schu])pen- echsen entweder nach Art der Acrodonten oder der Pleuro- donten. Es sind harmlose Thiere , die grossentheils in Amerika, ähnlich wie die Blindwühler, unterirdisch, meist in Ameisenhaufen, leben und sich von Insecten und Wür- mern nähren. Farn. Amphisbaenidae , Doppelschleichen. Ampltishaena alba L., Brasilien. A.fuliginosa L., Südamerika (Fig. 809). CJurotes honbri- coides Flem., Mexico. 2. Ordnung. Opliidia 2) (Serpentes), Schlaugen. Fiisslose Plagiotremcn^ ohne Schultert/ ilrtel^ mit zwe'i- spaltHjer rorsfreckbarer Zunge^ meist mit freiheweglichen, überaus verschiebbaren Kiefer- und Gaumenknoclien, ohne Augenlider, Paukenhöhle und Harnblase. Die Charaktere der Schlangen beruhen auf dein An,j,hhij„e„„.fiiUijinosi' Maugcl vott Extremitäten, sowie auf der oft erstaunlichen Erweiterungstahigkeit des Kachens. Indessen ist eine scharfe Abgrenzung von den Eidechsen nicht möglich. Früher nahm man mitäten Rücksicht und rechnete daher nicht nur von den Amphibien die Blind Wühler, sondern auch die Blindschleichen und andere extremitätenlose Eidechsengattungen, sowie die Amphisbaenen, zu den Schlangen. Uebrigcns ') E.Brücke, Untersuchungen über den Farbenwechsel des afrikanischen Chauiae- leons. Benkschr. der k. Akad. der Wissensch. AVien 1852. '^) Gray, Catalogue of Reptiles in the Collection of the British Museum. Part. JII. Snakes. London 1849. Günther, Catalogue of Cölubrine Snakes in the Collection of the British Museum. London 1858. Jan, Iconographie generale des Ophidiens. Livr. I — XXVII. Paris 18G0— 1868. Lenz, Schlangenkunde, 2. Auflage. Gotha 1870. Bezahnung. 809 besitzen zahlreiche Schlangen Rudimente von hinteren Extremitäten, welclie an der Schwanzwurzel liegen und eine kegelförmige, zur Seite des Afters her- vorstehende Kralle tragen (Peropoden). Scliultergürtel und Theile eines vor- deren Extremitätenpaares kommen jedoch hei keiner Schlange vor. Am Schädel der Schlangen (Fig. 810) fehlt eine Eeberbrückung der Schläfengegend. Die Schädelhöhle ist sehr langgestreckt, die vorderen und mittleren Theile ihrer Seitenwand werden durch absteigende Fliigelfortsätze der Scheitelbeine und Stirnbeine gebildet. Kiefer und Gaumenknochen, durch ein Os tmnsvcrsum verbunden, zeigen eine so vollkommene Verschiebbarkeit, dass der Rachen die Fähigkeit einer beträchtlichen Erweiterung und seitlichen Ausdehnung erhält. Das Quadratbein lenkt sich äusserst beweglicli am Os sqiKüiio.sum ein, welches ebenfalls meist beweglich am llinterhaupte angeheftet ist. Ebenso beweglich wie die Theile des Oberkiefer- Gaumenapparates erweisen sich die beiden Aeste des Unterkiefers, welche, am Kinnwinkel durch ein Band verbunden, eine sehr bedeu- tende seitliche Verschiebung zu- lassen. Die Kieferbewaflnung wird von zahlreichen, nach hinten ge- krümmten Fangzähnen gebildet, welche den Unterkiefer in ein- facher, den Oberkiefer-Gaumen- apparat meist in doppelter, mehr oder minder vollständig besetzter Bogenreihe bewalfnen und vor- nehmlich beim Verschlingen der Beute als Widerhaken wirken. Auch im Zwischenkiefer können Hakenzähne vorkommen ('P//i'/?o;?/ Nur bei den Engmäulern beschränken sich die Zähne auf Oberkiefer oder Unterkiefer (Opotf:rodonten). Ausser diesen soliden Hakenzähnen kommen im Oberkiefer zahlreicher Schlangen Furchen- zähne oder hohle, von einem Canale durchbohrte Giftzähne vor, deren Basis mit dem Ausführungsgange einer Giftdrüse in Verbindung steht und das ausfliessende Secret derselben fortleitet. Häufig enthält der sehr verküm- merte Oberkiefer jederseits nur einen einzigen grossen durchbohrten Gift- zahn , dem aber stets noch grössere und kleinere Ersatzzähne anliegen ( Solen ofjhjphen). Selten treten die Furchenzäbne in grösserer Zahl auf und sitzen entweder ganz vorne (Protcroijhjphen) oder hinter einer Reihe von Hakenzähnen im Oberkiefer (Opisthocjlyphen). In beiden Fällen ist der ( »berkiefer grösser als bei den Solenoyhjphen, dagegen erlangt derselbe bei Kopfskelet von Crotalus horridus. Oeb Uccipitale basale, Od O. laterale, Ocs O. superius, Pr Prooticum, B.s Basi- sphenoideum, Sq Squamosum, P Parietale, F Frontale, P/ Postfrontale, Pr/ Praefrontale, £< Ethraoideum impar, A^Nasale, §m Quadratum, P/ Pterygoideum, P/ Palatinum, Mx Maxillare, Jmx Intermaxillare, Tr Transversum, D Dentale, Art Articulare des Unterkiefers. 810 Ophidi Organisation. Berührung- gebracht, Fig. 811 h den Schlangen, welche auch der Furchenzähne entbehren (Afjhjphodontcn), den grössten Umfang und die reichste Bezahnung. Während die Furchen- zähue unbeweglich befestigt sind, richten sich die durchbohrten Giftzähne mitsammt dem Kiefer, dem sie aufsitzen, beim Oeifnen des Rachens auf und werden im Momente des Bisses in das Fleisch der Beute eingeschlagen. Gleichzeitig fliesst das Secret der Giftdrüse, durch den Druck der Schläfen- muskeln ausgepresst. in die Wunde ein und veranlasst, mit dem Blute in den raschen Eintritt des Todes. Die als Schuppen, Schilder und Schienen auftretenden Hartgebilde der Haut wechseln nach Form, Zahl und Anordnung mannigfach. Während die Rückenfläche des Rumpfes durchweg mit glatten oder gekielten Schuppen bekleidet ist, kann der Ko])f sowohl von Schuppen, als von Schildern und Tafeln bedeckt sein, welche ähnlich wie bei den Eidechsen nach der beson- deren Lage als Stirn-, Scheitel-, Hinter- hauptschilder, ferner als Schnauzen-. Nasen-, Augen-, Zügel-, Schläfen- und Lippcnschilder unterschieden werden (Fig. 811). Als den meisten Schlangen eigenthümlich mögen die Schilder der Kinufurche, die Rinnenschilder, hervor- gehoben werden, vor denen noch zwei accessorische Lippenschilder jederseits neben dem mittleren Lippenschilde des Unterkiefers die vordere Begrenzung der Kinnfurche bilden. Am Bauche fin- den sich meist breite Schilder, die wie Querschienen den Rumpf bekleiden, doch können auch hier Schuppen und kleine mediane Schilder vorkommen : die Unterseite des Schwanzes wird dagegen in der Regel von einer paarigen, selten von einer einfachen Reihe von Schildern bedeckt. Die Schlangen häuten sich mehrmals im Jahre, indem sie ihre Oberhaut, an welcher sich die Sculptur der Cutis wiederholt, in toto abstreifen. Die innere Organisation entspricht den Anforderungen des langge- streckten Baues, sowie der Bewegungs- und Ernährungsweise. Ein langer und dehnbarer dünnhäutiger Schlund führt in den sackförmig erweiterten Magen, auf welchen ein verhältnissmässig kurzer Dünndarm folgt. Der Kehl- kopf erscheint ausserordentlich weit nach vorne gerückt und kann während a Dorsale Ansicht, 6 ventrale Ansicht des Kopfes von Calopeltis Aesculapii, c Seitenansicht des Kopfes von Tropidonotus viperinus , nach E. Schreiber, a Stirnschild, b Brauenschilder, c hintere Schnauzenschilder, ä vordere Schnauzen- schilder , e Scheitelschilder, / Küsselschild, g Oberlippenschilder, h Nasenschild, i vordere Augenschilder, k Zügelschild, / hintere Augen- schilder, m Schläfenschild, o Kinnschild, p Unter- lippenschilder, g Kinnenschilder, r Kehlschild, s Kehlschuppen, i Bauchschilder. Darmcanal. liewegungs- und ErnUbrungsweise. 811 des langsamen, schwierigen Sclilingaetes bis in den Rachen vortreten. Die ausserordentlich lange Trachea enthält oft schon in ihrem Verlaufe respi- ratorische Luftzellen. Die linke Lunge ist meist ganz rudimentär, während die um so mächtiger entwickelte rechte Lunge an ihrem Ende ein schlauch- förmiges Luftreservoir bildet. Dem Gehörorgane fehlen schallleitende Apparate (sowohl Trommelfell als raukenhöhle), dem Auge bewegliche Lider. Der Augapfel mit seiner meist senkrechten Pupille wird au ^Stelle der Lider von der durchsichtigen, uhrglasförmigen Haut bedeckt und hinter dieser von der Thränentliissigkeit reichlich bespült. Die Nasenöffnungen liegen meist ganz an der Spitze oder am Seitenrande der Schnauze. Die gabelig gespaltene hornige Zunge dient nicht als Geschmacks-, sondern als Tastorgan und ist von einer Scheide umschlossen, aus der sie selbst bei geschlossenem Rachen durch einen Einschnitt der Schnauzenspitze weit vorgestreckt werden kann. Die Schlangen bewegen sich vornehmlich durch seitliche Krümmungen der Wirbelsäule, deren zahlreiche Wirbel am Rumpfe fast durchweg Rippen tragen und durch freie Kugelgelenke ihrer concav-convexen Körper, sowie durch horizontale Gelenkflächen der Querfortsätze in der Art verbunden werden, dass dorso-ventrale Bewegungen ausgeschlossen sind. Auch stehen die Rippen in freier Gelenkverbindung mit den Wirbelkörpern und können in der Längsrichtung vor- und zurückgezogen werden, Bewegungen, welche die Locomotion wesentlich unterstützen. Durch abwechselndes Vorschieben der Rippen und Nachziehen der durcli Muskeln sowohl miteinander, als mit den Rippen befestigten Bauchschilder laufen die Schlangen in gewissem Sinne auf den äussersten Spitzen ihrer an Hautschildern befestigten Rippen. Die Schlangen ernähren sich ausschliesslich von lebenden Thieren, sowohl Kaltblütern, als Warmblütern, die sie im Schusse überfallen, tödten und ohne Zerstückelung in toto verschlingen. Während die Speicheldrüsen ihr reichliches Secret ergiessen, welches die Oberfläche der zu bewäl- tigenden Beute schlüpfrig macht, und der Kehlkopf zwischen den Kiefer- ästen zur Unterhaltung der Athmung hervortritt, haken sich die Kiefer- zähne abwechselnd fortschreitend immer weiter ein, und es zieht sich gewissermassen Rachen und Schlund allmälig über die Beute hin. Nach Vollendung des anstrengenden Scblinggeschäftes tritt eine Abspannung aller Kräfte ein, es folgt eine Zeit träger Ruhe, während welcher die sehr lang- same, aber vollständige Verdauung von statten geht. Die Fortpflanzung geschieht nach vorausgegangener Begattung in der Regel durch Ablage wenig zahlreicher grosser Eier, in denen die Embryonal- entwicklung schon weit vorgeschritten sein kann. Indessen gibt es auch lebendig gebärende Schlangen, z. B. die Seeschlangen und die Kreuzotter. Die meisten durch Grösse und Schönheit der Farben ausgezeichneten Arten gehören den wärmeren Zonen an, nur kleine Formen reichen bis in die nördlichen gemässigten Klimate. Viele Schlangen- besuchen gern das Wasser und sind wahrhaft amphibiotisch. Andere bewegen sich grossentheils auf 812 Opoterodonta. Colubriforniia. Fig. 812. Bäumen und Gesträuchen oder auf sandigem Erdboden, andere ausschliess- lich im Meere. In den gemässigten Ländern verfallen sie in eine Art Winter- schlaf, in den heissen halten sie zur Zeit der Trockniss einen Sommerschlaf. I.Unterordnung. Opoterodonta^ Wnrnfschlanr/en. Mit enger, nicht er- weiterungsfähiger Mundspalte und unbeweglich verbundenen Gesichts- knochen, ohne oder mit nur sehr kurzem Schwanz. Besitzen nur im Oberkiefer oder im Unterkiefer solide Hakenzähne. Hinterextremitäten als Rudimente vor- handen. Leben unter Steinen oder in Erdgängen und nähren sich von Insecten. Farn. Typhlo-pidae. Ti/phlops lumhricalis Merr. (Fig. 812), Antillen. T. fermicularis L., Griedienland. Stenostoma nigricans Dum. Bibr., Südafrika. 2. Unterordnung. Coluhriformiu. Beide Kiefer mit soliden Hakenzähnen bewaffnet, im Oberkiefer kann der letzte Zahn ein Furchenzahn sein und dann ent- weder ohne Giftdrüse bleiben oder mit dem Aust'iihrungs- gang einer kleinen Giftdrüse in Verbindung stehen. Umfasst die Aglyphodonten und Oplsthoylypltcn. Farn. Uropeltidae, Schildschwänze. Mit kurzem und spitzem Kopf, dessen Eachen nicht erweiterungsfähig ist, aber in beiden Kiefern Zähne trägt. Uropelfis phillipinus Cuv. Farn. Tortricidae, Wickelschlangen. Mit kleinem, kaum ab- gesetzten Kopf und kurzem konischen Schwanz. Zähne klein, auch an den Gaumenbeinen. Besitzen ein Beckenrudiment nebst kleinen Afterklauen. Tortrix sojiale Hmpr. , Südamerika. Cißindrophis rufa Gray, Java. Fam. Pythonidae, Eiesenschlangen (Peropodes). Mit läng- lich-ovalem, beschildertem oder beschupptem Kopf und Rudimenten von hinteren Extremitäten , welche mit einer Afterklaue zu den Seiten der Kloake enden. Eryx jaculus Wagl., Südeuropa. Boa constrictor L., Brasilien. Python reticulatus Seh., Sumatra. Fam. Colubridae, Nattern. Der nicht sehr breite abgesetzte Kopf ist beschildert. Die Bezahnung vollständig. Der Schwanz mit doppelten Schilderreihen an der Unterseite. Coronella aiisiriaca Laur. == C. laeiris Lac, glatte Natter, in Europa sehr verbreitet. Liophis cobella L., Brasilien. Tropidonotus tiatrix Gesn., Ringel- natter. Mit schief gekielten Schuppen , Aveit über Europa ver- bi'eitet. Tr. tesselatus Meyr., Würfelnatter. Coluber (Valopeltis) Äesculapii Gesn. = C.flacescens Gm., die Schlange des Aesculap, Südeuropa, Oesterreich, Schlangenbad. Zameni.g'el, auf welche sich eine Reihe von Charakteren sowohl der äusseren Erscheinung als der inneren Organisation zurückführen lässt, ist die Flugfähigkeit. Dieselbe bedingt im Zusammenhang mit diesen Charakteren sowohl den scharfen Abschluss, als auch die verhältnissmässig grosse Einförmigkeit dieser Wirbelthierclasse, welche in der gegenwärtigen Lebewelt ohne Verbindungsglieder dasteht. Dagegen sind aus dem Solenhofer lithographischen Schiefer Reste (Archac- opterf/.r rifhogniphka) einer Sauropsidengruppe (Saururae) bekannt ge- worden, welche Charaktere der Eidechsen mit denen der Vögel vereinigen (Fig. 819). Für diese ^) ist in erster Linie der Besitz eines körperlangen, aus 20 Wirbeln bestehenden Schwanztheiles der Wirbelsäule, an welchem die Federn fiederständig- angeordnet waren , so dass je ein Paar einem Wirbel angehörte, charakteristisch. Der Ko])f war eine Art Vogelkopf und trug im Ober-, Zwischen- und Unterkiefer Zähne. Die hintere Extremität hatte den Bau des Vogellaufes. die Hand jedoch nicht die Umbildung wie bei den Vögeln erfahren, sondern bestand aus drei mit Krallen bewaffneten noch frei l)eweglichen Fingern, ohne Verwachsung des Mittelhandknochens. Leider konnte über das Verhalten des Brustbeines nichts Sicheres er- mittelt werden. Dazu kamen auch noch wesentliche Besonderheiten -) in der Ge- staltung des Rumpfes und Beckens, welche die Einbeziehung der Saururen in die Classe der Vögel (^On»7//^^r«ryi unmöglich machen. Die Rippen waren sehr schwach und ohne Processus uncinati. so dass der Brustkorb noch der Festigkeit entbehrte, welche die Carinaten mit vollkommenem Flugvermögen auszeichnet. Das Sacrum fasste nur 6 Wirbel, zu denen noch zwei freie Lendenwirbel hinzukamen. Auch war die vordere Extremität noch neben der hinteren zur Bewegung am Boden und zum Klettern verwendet, und der Flug wahrscheinlich nur ein Weitertragen des beim Sprunge durch die ausgebreitete Flügelfläche fallschirmartig gestützten Körpers. *) "W. Dam es, Ueber Archaeopterj-x. Berlin 1884. ^) Es kann nur als Missgrift' bezeichnet werden, wenn man so weit gegangen ist, Ai-chacopieryx wegen der Form der Federn mit Kiel und fester Fahne zn den Carinaten zu stellen und somit in einen engern Verband mit den wahren Vögeln (Ettornithes) zn bringen, wie er unter diesen zwischen den Carinaten und Ratiten besteht. Wohl ist es sicher, dass die Saururen eine den Euornithes nahestehende Sauropsidengruppe vorstellen ; indessen ist doch nach den bisher bekannt gewordenen Befunden der beiden leider un- vollständig erhaltenen Exemplare von Archaeopteryx zu schliessen , der Gegensatz beider Abtheilungen ein recht bedeutender, und es ist keineswegs erwiesen, dass die ersteren ein directes Glied in der Stammesentwicklung der Vögel repräsentiren. Die Besonderheiten in der bereits hohen Specialisirung von Flügel und Schwanz im Zusammenhang mit zahlreichen anderen Eigenthümlichkeiten des Skelets (Rippen ohne Hakenfortsätze) macheu es wahrschein- lich, dass die ArcJiaeoijteryyier eine Seitenlinie des Vogelstammes repräsentiren, welche, ähnlich wie unter den Hufthieren die ausgestorbenen Tj'pen mit sog. inadaptiven Charakteren im Fuss- bau, den Kampf um die Existenz mit ihren zum Fluge ungleich günstiger gestalteten Ver- wandten nicht bestehen konnten und deshalb frühzeitig wieder verschwinden mussten. 824 Aves. Ornithurau. Skelut. Pneumaticitut der Kaochen. Die gesammte Kürpergestalt de.s Vogels entspricht den beiden Haiipt- formen der Bewegung, dem durch die vordere Extremität vermittelten Fluge und dem ausschliesslich durch das hintere Gliedmassenpaar bewirkten Gehen und Hüpfen auf dem Erdboden. Bei dieser letztern Bewegung stützt sich der eiförmige Rumpf in schräg horizontaler Lage auf die beiden säulenartig erhobenen hinteren Extremitäten, deren Fussfläche einen verhältnissmässig umfangreichen Raum umspannt. Nach hinten setzt sich der Rumpf in einen kurzen rudimentären Schwanz fort, dessen letzter Wirbel einer Gruppe von steifen Steuer- oder Schwanzfedern zur Stütze dient, nach vorne in einen langen beweglichen Hals , auf welchem ein leichter rundlicher Kopf mit vorstehendem hornigen Schnabel balauzirt. Die Flügel liegen in der Ruhe zusammengefaltet den Seitentheilen des Rumpfes an. Fi-. 820. •dj Pt M SchiiJel von Ulis tnnln, n von der Seite, b von unten gesehen. Ob Occi- pilale basale, C Condylus, Ol (J. laterale, Os O. superius, S7 Squamosum, ß/ Basitemporale (Parasphenoideum), Spb Sphenoidale basale, Als Ali- sphenoideum, S»» .Septura interorbitale, Et Ethmoideum impar, Po Parie- tale, i'V Frontale, 3f.c Maxillare^ ./m.c Intermaxillare, iV Nasale. /. Lacry- male, ./ .lugale, Qj Quadratojugale, Q Quadratum, Pt Pterygoideum, Pal Palatinum, Vo Vomer, I> Dentale, Art Articulare, Anij Angulare. Wie in der besonderen Gestaltung sämmtlicher Organsysteme Beziehungen zur Erleichterung der fortzul)ewegenden Körpermasse nachzuweisen sind, so erscheint besonders für den Bau des Knochen- gerüstes die Herabsetzung des Gewichtes mass- gebend. Dieselbe wird erreicht durch die Pneumaücitäf. Die Knochen ent- halten Lufträume, welche durch Oeflfnungen der überaus dichten und festen, mit den Luftsäcken des Körpers communiciren. Die Pneumaticität ist bei denjenigen Vögeln am höchsten ausgebildet, welche mit einem raschen und ausdauernden Flugvermögen eine bedeutende Grösse verbinden (Albatros, Nashornvögel, Pelikan); hier erscheinen sämmtliche Knochen mit Ausnahme der Jochbeine und des Schulterblattes pneumatisch, im Gegensatze hierzu kann bei kleinen guten Fliegern die Pneumaticität sehr beschränkt sein (Stvi-Hd, Lanis) ; bei den Ratiten (Strauss), welche das Flugvermögen ver- loren haben, sind die meisten Knochen mit ]\Iark gefüllt. K"!'»-. 825 Am Kopfe (Fig". 820) verwachsen die Schädelknochen, die Strausse ausgenommen, sehr frühzeitig zur BihUing einer leichten und festen Schädel- kapsel, welche mittelst eines einfachen Condylus auf dem Atlas articulirt. StjiMitHtsiiiii imdFehGnhcm( J^'ootlcu}u,Epioficum, Opisthofic um) verschmelzen zu einem einzigen, mit dem üccipltule vereinigten Knochen, an welchem sich das Quadratbein einlenkt. An der Bildung der Schädeldecke betheiligen sich die Farieftdia, sowie vornehmlich die umfangreichen »Stirnbeine, welche fast den gesammten oberen Rand der grossen, bei den Papageien durch einen unteren Ring geschlossenen Augenhöhlen begrenzen. Ein selbststän- diges Ldcnjmah tritt am vorderen Rande der Orbita auf. Ethmoidalregion und Schädelkapsel sind durch ein ansehnliches interorbitales Septum weit getrennt. Das letztere, zuweilen noch mit Resten der verschmolzenen Orhito- sphcnoldc, bleibt häufig in seiner mittleren Partie häutig und ruht auf einem langgestreckten, dem BdsispJienoklemii entsprechenden Knochenstab. Dazu kommen an der Basis der Temporalregion zwei mit einander verwachsene Knochen, die wahrscheinlich auf ein Parnnphenoidcum zurückzuführenden Basiteiiiporalia (Parker). Ueberall treten selbstständige Älisphenoids auf. Die Siebbeinregion besteht aus einem in der Verlängerung des Septum interorbitale gelegenen, vertical stehenden Ethmoideum Inipar und seitlichen, die Augen- und Nasenhöhlen trennenden Abschnitten (Ethm. hderali<(), durch welche der Olfactorius in die Nasenhöhle tritt. Dieselben können muschelförmig aufgetrieben sein und Siebbeinzellen enthalten. Vor ihnen entwickeln sich die beiden Nasenhöhlen mit ihrem knöchernen oder knor- peligen Septum, welches in derVerlängerung des unpaaren Siebbeinabschnittes zwei aufgerollten, zuweilen auch am Vomer befestigten Muscheln Ansatz gewährt. Die Gesichtsknochen vereinigen sich zur Herstellung eines weit vorragenden mit Hornrändern bekleideten Schnabels, der mit dem Schädel mehrfach in beweglicher Verbindung steht. Das Suspensorium des Unter- kiefers und der Oberkiefer-Gaumen apparat verschieben sich mittelst beson- derer Gelenkeinrichtungen am Schläfenbein und an entsprechenden Fort- sätzen des Basisphenoids. Das am Schläfenbein eingelenkte Quadratbein bildet ausser der Gelenkfläche des Unterschnabels bewegliche Verbindungen sowohl mit dem langen stal)förmigen Jochbein (Quadratojugalc) , als mit dem meist grififelförmigen , schräg nach innen verlaufenden Flügelbeine, während die Basis des Obersehnabels unterhalb des Stirnbeines eine dünne elastische Stelle zeigt, oder von dem Stirnbein durch eine quere bewegliche Naht abgesetzt ist. Bewegt sich beim Oefltnen des Schnabels der U'uter- schnabel abwärts, so wird der auf das Quadratbein ausgeübte Druck zu- nächst auf die stabförmigen Jochbeine und Flügelbeine übertragen, von diesen aber pflanzt er sich theils direct, theils vermittelst der Gaumenbeine auf den Oberschnabel fort , so dass sich der letztere mehr oder minder emporrichten muss. Beim Oeffnen des Schnabels hebt sich also auch der Oberschnabel an der Spitze empor. Den grilssten Theil des Oberschnabels 826 Aves. Zungenbein. Wirbelsäule Fig. 821. bildet der unpaare Zwisehenkiefer. mit dessen seitlichen Schenkeln die Oberkieferknochen verwachsen , während ein mittlerer oberer Fortsatz zwischen den Nasenötfnungen aufsteigt und sich an der inneren Seite der Nasenbeine mit dem Stirnbein verbindet. Das Zungenbein (Fig. 821) läuft in einen hinteren Stab aus, seine Hörner sind meist zweigliedrig und entbehren der Verbindung mit dem Schädel, erstrecken sich aber zuweilen bogenförmig gekrümmt über den Schädel bis zur Stirn (Specht). Dann wird durch dieselben in Verbindung mit der jMuskulatur ihrer Scheide ein Mechanismus (Federdruck) zum Vor- schnellen der Zunge hergestellt. An der IVirbelsäule (Fig. 822) unterscheidet man einen sehr laugen beweglichen Hals, eine feste Rücken- und Beckenregion und einen rudi- mentären, nur wenig beweglichen Schwanz. Dir Sonderimg von Brust und Lendengegend, wie sie für die Säugethiere gilt, trird hei dm Vögeln ver- missf, da sämmtliche Rückenwirbel Rippen tragen und die der Lendengegend entspreehende liegion mit in die Bildung des Kreuzheines einbezogen ist. Auch erscheint die Hals- und Rückengegend nicht scharf abgegrenzt, indem die Halswirbel wie bei den Crocodileu Rippen besitzen , welche mit den Querfortsätzen unter Bildung eines Foramen trans- versarium verschmelzen. Der lange und überaus frei bewegliche Hals enthält 9 bis 23 Wirbel (Schwan). Die kürzeren Rückenwirbel bleiben stets auf eine geringere Zahl (5— 10) beschränkt, haben obere und untere Dornfortsätze und tragen sämmt- lich Rippen . an deren unterem Ende sicli unter einem nach hinten vorspringenden Wirbel in ge- lenkiger Verbindung SternoeostalkwofihQn anheften, welche andererseits an dem Brustbeinrande articuliren und bei ihrer Streckung das Brustbein von der Wirbelsäule entfernen. Da sich aber die Rippen durch hintere Fortsätze (Processus uneinati) aneinander fest anlegen , so muss die Bewegung der Sternocostalknochen den Thorax in toto betreffen und erweitern (Inspiration). Das Brustbein ist ein breiter und flacher Knochen, welcher nicht nur die Brust, sondern auch einen grossen Theil des Bauches bedeckt und sich in einen kielförmigen Kamm zum Ansatz der Flugmuskeln fortsetzt (Carinafae). Nur da, wo die Flugbewegung zurücktritt oder ganz verschwindet, ver- kümmert dieser Kamm des Brustbeins bis zum gänzlichen Schwunde (Bafifae). Auf die rippen tragen den Rückenwirbel folgt ein ziemlich umfangreicher Abschnitt der Wirbelsäule, welcher der Lenden- und Kreuzbeingegend ent- spricht, indessen auch für jene durch die Verschmelzung zahlreicher Wirbel sowohl unter einander , als mit den langen Hüftbeinen des Beckens di(^ Zungenbein von Corvi Co Zungenbeinkörper, Zh Zun- genbeinhorn, Knt Os entoglossum, Wirbelsäule. 827 und mehr Wirbel in sich fassenden Sacriim lässt sich ein Lumbartheil (Prae- sacralwirbel) nachweisen, in welchen fast immer noch ein bis zwei Rippen Fig. 822. P' Skelet von Neophron percnopterus. Rh Halsrippen, Dm untere Dornfortsätze der Brustwirbel, C/ Clavicula, Co Coracoideum, Sc Scapula, 5? Sternum, S?c Sternocostalia, Pji Processus uncinati der Brustrippen, Jl Os ilei, Js Os ischii, Pb Os pubis, H Humerus, R Kadius, U Ulna, C C Carpus, Mc Metacarpus, P' P" P'" Phalangen der drei Finger, FeFemur, TTibia, FFibula, Tm Tarso-Metatarsus, Ilntertarsalgelenk, ZZehen. tragende Rückenwirbel einbezogen sind. Dann folgt das eigentliche, aus zwei den Sacralwirbeln der Eidechsen und Crocodile gleichwerthigen Wirbeln ge- bildete Sacrum. welches in der Nähe der Pfanne des Hüftgelenks durch Seiten- g28 Aves. Vordere Kxtremität. Hintere Extremitiit. fortsätze (mit eingeschiuolzenen Rippen) die Hauptstütze des Beckens bildet (Acctahulanvifhcl), und endlich ein aus der vorderen Gruppe derCaudahvirbel hervorgegangener postsacraler Abschnitt, in welchem 3 bis 7 Wirbel enthalten sind. Der nun folgende kurze Schwanztheil besteht in der Regel aus etwa 7 be- weglichen Wirbeln, von denen der letzte eine senkrechte, seitlich zusammen- gedrückte Platte darstellt, an welcher sich die Muskeln zur Bewegung der Steuerfedern des Schwanzes anheften. Dieser hohe pflugschaarfürmige End- körper ist aus 5 bis 6 Wirbeln entstanden, so dass die Reduction der Schwanzwirbelzahl der Saururae ( Archaeopfmj.r) gegenüber keineswegs so beträchtlich ist. Die Eigenthümlichkeiten der vorderen Extremität stehen mit der Um- bildung dieser zum Flügel im Zusammenhang. Die Verbindung derselben mit dem Thorax ist eine überaus feste, da Flugorgane, deren Bewegung einen grossen Aufwand von Muskelkraft voraussetzt, die erforderlichen Stützpunkte am Rumpfe bedürfen. Während die Scaptila als langer sichelförmiger Knochen der Rückenseite des Brustkorbes aufliegt, erscheinen die Schlüsselbeine und Rabenbeine als säulenartige Stützen des Schultergelenkes am Sternum befestigt. Die beiden Schlüsselbeine sind zum Gabelknochen verwachsen (Furriila). Die Extremität besteht aus einem kurzen Hutuerus, einem längeren, anuBddins und 11 ua gebildeten Vorderarm und der reducirten Hand. Diese enthält nur zwei Carpalknochen, ein verlängertes, aus drei verschmolzenen Metacarpalknochen gebildetes Mittelhandstück und drei Finger, den die sog. Alula (Afterflügel) tragenden Daumen, einen zweiten grossen mittleren und einen kleinen dritten Finger. Oberarm, Unterarm und Hand legen sich im Zustande der Ruhe so aneinander, dass der Oberarm nach hinten, der längere Unterarm ziemlich parallel nach vorne gerichtet ist und die Hand wieder nach hinten umbiegt. Der Gürtel der hinteren Extremität erscheint als langgestrecktes, mit einer grossen Zahl von Wirbeln verbundenes Becken, welches mit Ausnahme des zweizehigen Strausses ohne Symphj'se der Schambeine bleibt. Der kurze kräftige Oberschenkel ist schräg horizontal nach vorne gerichtet und zwischen Fleisch und Federn am Bauch verborgen, so dass das Kniegelenk äusserlich nicht sichtbar Avird. Der um vieles längere und umfangreichere Unter- schenkel entspricht vorzugsweise dem Schienbeine (TihUi), da das Waden- bein (Fibula) als gritfelfürmiger Knochen an der äusseren Seite des ersteren ganz rudimentär bleibt. Fast überall folgt auf den Unterschenkel noch ein langer nach vorne gerichteter Röhrenknochen, der Lauf oder Tarso-Meta- tarsus, welcher aus den verschmolzenen Fusswurzelknochen der distalen Reihe und den Mittelfussknochen entstanden ist und bei einer überaus variabeln Grösse die Länge des Beines bestimmt. An seinem unteren Ende spaltet er sich in drei mit Gelenkrollen versehene Fortsätze für den Ansatz von eben so viel Zehen, zeigt aber überall da, wo eine vierte Zehe vor- handen ist. am Innenrande noch ein kleines Knochenstück, an welches sich Hornsclieide am Lauf. Sporn. 829 diese vierte innere Zehe auschliesst. Die drei oder vier (nur in einem Falle auf zwei rcducirten) Zehen besieiien aus mehreren Phalangen, deren Zahl von innen nach aussen in der Art zunimmt, dass die erste Zehe zwei, die vierte äussere Zehe fünf Glieder besitzt. Im Zusammenhange mit dem Flug vermögen ist die Brustmuskulatur (vor- nehmlieh der J'cctomäs untjor) mäehtig entwickelt. Auch verdient eine eigen- thümliche Äluskeleiurichtung an der hinteren Extremität erwähnt zu werden, welcher zufolge die Zehen des Vogels im Sitzen mechanisch gebeugt sind. Der wichtigste Charakter in der äusseren Erscheinung des Vogels ist die Fcdcrbckhidnny. Nur an wenigen Stellen bleibt die Haut nackt, so am Schnabel und an den Zehen, sodann meist am Laufe, zuweilen auch am Halse (Geier) und selbst am Bauche (Strauss), sowie au fleischigen llaut- auswüciisen des Kopfes und Halses (Hühnervögel und Geier). Während die nackte Haut am Schnabelgrunde als sog. Wachshaut (Ccromu) weich bleibt, verhornt sie gewöhnlich an den Schnabelrändern, die nur ausnahmsweise weich sind (Enten, Schnepfen) und dann überaus nervenreich als feines Tastorgan dienen. In gleicher Weise verhornt die Haut an den Zehen und am Laufe zur Bildung einer festen, zuweilen körnigen, häufiger in Schuppen, Schilder und Schienen gegliederten Horndecke, die systematisch wichtige Kennzeichen abgeben kann. Bildet dieselbe eine lange zusammenhängende Hornscheide au der Vorderfläche und an den Seiten des Laufes, so heisst der Lauf „gesücfcW (Drosseln und Singvögel). Als besondere Horngebilde sind die Nägel an den Zehen, ferner die sog. Sporen am hinteren und inneren Eande des Laufes bei männlichen Hühnervögeln, sowie zuweilen am Daumengliede des Flügels {Parm, Wehrvogel etc.) hervorzuheben. Die Federn der Vögel entsprechen den Haaren der Säugethiere und entstehen gleich diesen in sackförmigen, von der Epidermis ausgekleideten Einstülpungen der Cutis. Im Grunde der Einstülpung (Balg) findet sich eine gefässreiche Hautpapille, deren Zellenbelag unter lebhafter Wucherung die Anlage von Haar oder Feder bildet, welcher die epidermoidale Auskleidung des Sackes von aussen als Scheide anliegt. An der Feder unterscheidet man den Achsentheil oder Stamm mit Spule (calumus) und Schaft (rhachh) von der Fahne. Die drehrunde hohle Spule steckt in der Haut und um- schliesst die vertrocknete Papille (Seele); der Schaft ist der vorstehende markhaltige Theil des Stammes, dessen Seiten zahlreiche schräg aufwärts steigende Aeste tragen, die mit ihren ansitzenden Theilen die Fahne (vexillmu) zusammensetzen. Ueber die untere, etwas concave Seite des Schaftes zieht sich von dem Ende der Spule bis zur Spitze eine tiefe Längsrinne hin, in deren Grunde eine zweite Feder, der Äfttrschaft, entspringt, welcher ebenso wie der Hauptschaft zweizeilig angeordnete Aeste entsendet, aber nur selten (Casuar) die Länge des Haujjtschaftes erreicht, häufiger dagegen (Schwung- und Steuerfedern) vollständig ausfällt. Die Aeste (rami) entsenden zweizeilig angeordnete Nebenstrahlen (radiij, von denen wiederum (wenigstens an 830 Aves. Federu. den vorderen Reihen) Wimpern und Häkchen ausgehen können, welche durch ihr gegenseitiges Ineinandergreifen den festen Zusammenhang der Fahne herstellen. Nach der Beschaffenheit des Stammes und der Aeste unter- scheidet man Conturfedem (pennae) mit steifem Schaft und fester Fahne, Dunen (plumae), mit schlaifem Schaft und schlaffer Fahne, deren Aeste rundliche oder knotige, der Häkchen entbehrende Strahlen tragen, endlich Fadenfedern (filoplumae) mit dünnem borstenartigen Schaft, an dem die Fahne verkümmert oder fehlt. Die ersteren bestimmen die äusseren Umrisse des Gefieders und erlangen als Schwungfedern in den Flügeln und als Steuer- federn im Schwänze den bedeutendsten Umfang. Die Dunen bilden in der Tiefe des Gefieders, Fig. 823. Pterylen und Apterien von Gallus bankiva, nach Nitzsch. a Die Bauch Seite, 6 die Rückenseite. von den Conturfedem bedeckt, die wärme- schützende Decke. Die Fadenfedern da- gegen finden sich mehr zwischen den Conturfedem ver- theilt und erlangen am Mundwinkel das Ansehen steifer Bor- sten(ribriss((e).\]ehri- gens gibt es zwischen diesen Hauptformen von Federn zahl- reiche Uebergangs- formen. Im Herbste findet ein vollstän- diger Federweclisel st?itt (Herhstniausrr), wogegen die FfüJi- ltn(jsni(mser , durch welche der Vogel sein Hochzeitskleid erhält, nur selten mit einer vollständigen Neubildung des Gefieders verbunden ist, in der Regel nur auf einer Verfärbung (wahrschein- lich chemischen Veränderung des vorhandenen Pigmentes) des Gefieders und wohl auch auf einer mechanischen Abs tossung gewisser Federtheile beruht. Talgdrüsen und Schweissdrüsen fehlen den Vögeln, dagegen findet sich oft oberhalb der letzten Schwanzwirbel eine zweilappige Drüse mit einfacher Ausführungsöffnung, die sog. Bürzeldrüse , deren schmieriges Secret zum Einölen der Federn dient. Nur selten (Dronmeus, Apterijx, Aptenodi/tes) breitet sich die Feder- bekleidung ununterbrochen über die gesammte Körperhaut aus, meist sind Conturfedern. Flügel. Schwungfedern. 831 die Conturfedern in Reihen, sog. Federfluren ( Pteryhie) angeordnet, zwischen denen nackte (oder wenigstens nur mit Dunen besetzte) Felder, sog. Raine (Aptenn) bleiben (Fig. 823). Die Form und Vertheilung dieser Felder bietet systematisch verwendbare Modificationen. Die Grnppirung der Federn an den Vordergliedmassen und am Schwänze bedingt die Verwendbarkeit jener als Flügel und des Schwanzes als Steuer. Der Flügel stellt gewissermassen einen in zwei Gelenken, dem Ellbogcn- und Handgelenk, faltbaren Do})pelfächer dar, dessen Fläche durcii die grossen Schwungfedern an der Unterseite von Hand und Unterarm, zum Theil aber auch durch besondere Hautsäume zwischen Rumpf und Oberarm und zwischen Oberarm und Unterarm ge- -p- g24 Wonnen wird. Der untere Hautsaum er- scheint für die Verbindung des Flügels am Rumpfe wichtig, die obere Flughaut dagegen erhält durch ein elastisches Band, welches sich an ihrem äusseren Rande zwischen Schulter und Handgelenk ausspannt, eine Beziehung zu dem Mecha- nismus der Flügelentfaltung, indem das Band bei der Streckung des Vorderarmes einen Zug auf die Daumenseite des Hand- gelenkes ausübt und die gleichzeitig-e Streckung der Hand veranlasst. Die grossen Schwungfedern (Eemiges) heften sich längs des unteren Randes von Hand und Vorderarm an, und zwar in der Regel zehnHandschvvingen oder Schwungfedern erster Ordnung von der Flügelspitze bis hä Hinterhaupt, zzügei, irwange, zum Handgelenk der Flügelbeuge, und eine beträchtlichere variable Zahl klei- nerer Armschwingen oder Schwungfedern zweiter Ordnung am Vorderarm bis zum Ellbogengelenk (Fig. 824j. Eine Anzahl von Deckfedern am oberen Ende des Oberarmes bezeichnet man als Schulter- httich (Paraptcnuii) und einige dem Daumengliede angeheftete (zuweilen durch einen Sporn ersetzte) Federn der Flügelbeuge als Afterflügel (Ahda). Sämmtliche Schwingen werden am Grunde von kürzeren Federn überdeckt, welche in dachziegelartig übereinanderliegenden Reihen als Deckfedern cTcctriresj den Schluss der Flugfläche herstellen. In einzelnen Fällen kann der Flügel so sehr verkümmern , dass das Flugvermögen überhaupt ver- loren geht, ein Verhältniss, das wir sowohl bei einzelnen Lauf- und Land- vögeln (Riesenvögel, Kiwi und Strauss), als bei gewissen Wasservögeln (Pinguine) antreffen. >^^4>^ Das Gefieder und die Regionenbozeichnung des- selben von Bomhtjcilla garrula, nach Reichen- bach, etwas modificirt. S Stirn, Sc Scheitel, JV Nacken, R Rücken, K Kehle, Br Brust, Ba Bauch, St Steiss, B Schwanzdecke (Bürzel), Rt Schwanz mit den Steuerfedern (Rectrices), Hs Schwingen erster Ordnung (Handschwingen), ,1s Schwingen zweiter Ordnung (Armschwingen), T Deckfedern (Tectrices), P Schulterfittig (Parapterum), AI Eck- oder Afterflügel (Alula). 832 Aves. .Steuerffdurn. Die j^rossen Contiirtedcrn des Sehwanzes heissen .Steueriedern (lln- trins), weil sie während des Fluges zur Steuerung der Bewegung benützt werden. Gewöhnlich finden sich 12 (zuweilen 10 oder 20 und mehr) ftteuerfcdern in der Art am letzten Schwanzwirl)el befestigt, dass sie sowohl einzeln bewegt und fächerartig nach den Seiten ent- faltet, als in toto emporgehoben und gesenkt werden können. Die Fig. 82.5. Die wichtigsten I'ussformen der Vögel, b, c, d, f, n aus regne aniinal. n Pes adhamans von Cijpsflits aj>ux, b y. scansnrius von Picus capenKis, c V. ambulatorius von Phnsianus colchictis, d P. fissus von Turdiis torquatus. e V. gressorius von Alcedo ispida, f P. insidens von Falco biarmictis, g P. coHigatus von Mijctehin senegalensis, h P. cursorius von Struthio camelus, i P. palmatus von Me?gus mcrgnnser, k P. seinipalmatus von Hecurvirosfrri avocctta, I P. lissipalmatus von Podiceps erislnhix, >ii P. lobatus von Fnlira nli-n. n V. sto- ganus von Phaelon nefhereits. Wurzeln der Steuerfedern sind von zahlreichen Deckfedern umgeben, die in einzelnen Fällen eine aussergewöhnliche Form und Grösse erlangen und als Schmuckfederu eine Zierde des Vogels bilden (Pfau). Fällt das Flug- vermögen hinweg, so gibt auch der Schwanz seine Bedeutung als Steuer auf, die Steuerfedern verkümmern oder fallen vollständig aus. Immerhin Fussformen. 833 aber können in solchen Fällen einzelne Deckfedern als Zier- nnci Schnuick- federn eine ansehnliche Grösse erlangen. Die Hintergliedmassen, welche vornehmlich die Bewegung des Vogels auf festem Boden vermitteln, zeigen nach der besonderen Bewegungsart des A'oiicls zahlreiche Verschiedenheiten. Zunächst unterscheidet man Gimghe'me (F. ;/r(id?6'r- füssc (F. adhumantes) mit vier nach vorne gerichteten Zehen, Cypselus; Kletterfüsse (P. scansorU), zwei Zehen sind nach vorne und zwei nach hinten gerichtet, Ficus; Sjxdfffissc (F.ßssi), drei Zehen nach vorne, eine nach hinten gerichtet, die Vorderzehen bis zum Grunde frei, Tnrdus; Waiidel- füs.^r (J\ (Hiilnd((foi-/i), drei Zehen nach vorne, die Innenzehe nach hinten gerichtet, Mittel- und Aussenzehe am Grunde verwachsen, Fhasianus ; Schrclt- fiisse (F. gressorü) , die Innenzehe steht nach hinten, von den drei nach vorne gerichteten Zehen sind Mittel- und Aussenzehe bis über die Mitte ver- wachsen, AIcedo ; S/fzfüsse (F. insidentes), die Innenzehe steht nach hinten, die drei nach vorne gerichteten Zehen sind durch eine kurze Bindehaut ver- bunden, Falco. Zuweilen kann die äussere oder innere Zehe nach vorne und hinten gewendet werden ; im ersteren Falle sind es Kletterfüsse mit äusserer (Curuh(s) , im letzteren (Colius) Klammerfüsse mit innerer Wendezehe. Gegenüber den Gangbeinen charakterisiren sich die Wadbeine durch die theilweise oder völlig nackten, unbetiederten Schienbeine; sie finden sich vornehmlich bei den Wasservögeln, unter denen die Stelzvögel Wadbeine mit sehr verlängertem Lauf, sog. Stelzfüssc (F. grallarii), besitzen. An diesen letzteren unterscheidet man geheftete Fasse (F. colligati), wenn die Vorder- zehen an ihrer Wurzel durch eine kurze Haut verbunden sind, Ciconki ; halhgeheftete Fasse (F. semicolUgati), wenn sich diese Hautverbindung auf ]\Iittel- und Aussenzehe beschränkt, Limosa. Als Lauffilsse (F. cursorü) be- zeichnet man kräftige Stelzfüsse ohne Hinterzehe mit drei (Bhea) oder zwei (Striithio) starken Vorderzehen. Die kurzen Wadbeine der Schwimmvögel, aber auch die längeren Beine der Stelzvr>gel stellen sich mit Rücksicht auf die Fu.ssl)ildung dar als: Schwimmfüsse (F. palmati), wenn die drei nach vorne gerichteten Zehen bis an die Spitze durch eine ungetheilte Schwimm- haut verl)unden sind, Anas; halbe Schicnnmfüsse (F. semipalmati) , wenn die Schwimmhaut nur bis zur Mitte der Zehen reicht, Reeurvlrostra ; gespalteiw Sehmninifässe (F. ßssipalmati), wenn ein ganzrandiger Hautsaum an den Zehen hinläuft, Fodiccps; Lapjpenfüsse (F. lohati), wenn dieser die Gestalt breiter, au den einzelnen Zehengliedern eingekerbter Lappen erhält, FiiUea. Wird die Hinterzehe mit in die Schwimmhaut aufgenommen, so bezeichnet man die Füssc als Ruderfiisse (F. stegani), Haliaeus. Uebrigens kann die Hinterzehe bei den Schwimm- und Stelzvögeln verkümmern oder voll- ständig ausfallen. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 53 g34 Aves. Gehirn. Augen. Das Gehirn der Vögel (Fig. 106) steht seiner Ausbildung nach weit über dem Reptiliengehirn und füllt bereits die geräumige Schädelhöhle voll- ständig aus. Die Hemisphären entbehren zwar noch oberflächlicher Win- dungen, besitzen aber bereits einen rudimentären Balken (Meckel). Sie bedecken nicht nur das Zwischenhirn, sondern auch die beiden zur Seite gedrängten Corpora Ugcmina. Noch weiter schreitet die Differenzirung des Cerebellums vor, welches aus einem grossen, dem sog. Wurme der Säuge- thiere entsprechenden Mittelstücke und kleinen seitlichen Anhängen be- steht. In Folge der Xackenbeuge des Embryo setzt sich das verlängerte Mark winkelig vom Rückenmarke ab. dessen Stränge an der hinteren An- schwellung in der Lendengegend zur Bildung eines zweiten Sinus rhom- boidalis auseinanderweichen. Die Hirnnerven sind sämmtlich gesondert und verbreiten sich im Wesentlichen wie bei den Säugethieren, Das Rückenmark reicht fast bis an das Ende des Rückgratcanals. Unter den Sinnesorfjanen erreichen die Äugen stets eine bedeutende Grösse und hohe Ausbildung. Ueberaus beweglich sind die Augenlider, namentlicli das untere Lid und die durchsichtige Xickhaut. welche vermittelst eines eigenthümlichen Muskclapparates vor das Auge vorgezogen wird. Der Augenbulbus (Fig. 826) der Vögel enthält dadurch eine unge- wöhnliche Form, dass der hintere Abschnitt mit der Ausbreitung der Netzhaut dem Segmente einer weit grösseren Kugel entspricht als der kleine vor- dere. Beide sind durch ein Mittelstück, welches Auge eines Nachtraubvogels, ans dic Gcstalt ciucs kurzcu uud abgcstumpftcn, nach wiedersheim. Co Cornea, L yomc vcrschmälcrten Kcgcls bcsitzt. miteinander Linse, Rt Retina, P Pecten, Xo .. . • ^ t r\ Nervus opticus, Sc verknöcherun- vcrbundcu. Am bcstimmtestcn prägt sich diese Ge- gen der scierotica, CM Ciliar- gfr^j^ (|gg Bulbus bci dcn Nachtraubvögcln . am ™" ' wenigsten bei den Wasservögeln mit verkürzter Augenachse aus. Ueberall findet sich hinter dem Rande der Hornhaut ein knöcherner Scleroticalring. Die Hornhaut ist mit Ausnahme der Schwimmvögel stark gewölbt, während die vordere Fläche der Linse nur bei den nächtlichen Vögeln eine bedeutende Convexität besitzt. Eine eigenthümliche {\)€\Apteryx fehlende) Bildung des Vogelauges ist der sog. Fächer oder Kamm, ein die Netz- haut durchsetzender, schräg durch den Glaskörper zur Linse verlaufender Fort- satz der Chorioidea, welcher dem sichelfJJrmigen Fortsatze des Fisch- und Repti- lienauges entspricht. Neben der Schärfe des Sehvermögens, welcher die bedeu- tende Grösse und complicirte Structur der Netzhaut ])arallel geht, zeichnet sich das Vogelauge durch den hohen Grad der Accommodatiousfähigkeit aus, die vornehmlich auf die Muskeln des sog. Ligamentum ciliare (Krampton'scher Muskel), aber auch auf die grosse Beweglichkeit der muskulösen Iris (Er- weiterung und Verengerung der Pupille) zurückzuführen ist. Gehürorgan. Geruchsorgan. Geschmacksorgan. Verdauungsorgane. 835 Das Gehörorgan (Fig. 114, II), von spongiöser Knochenmasse um- schlossen, besitzt drei grosse halbzirkelförmige Canäle und einen anipullen- förmig erweiterten Schneckenschlauch (Lagcna). Der Vorhof, den man wegen seiner geringen Grösse auch als den unteren erweiterten Theil der Schnecke ansehen kann, zeigt doppelte Oetlhungen, das von dem Endstück (Operculum) der Columella verschlossene und nach der Paukenhöhle gerichtete Foramen ocalr und eine zweite mehr rundliche Oeffnung, das Foramen rotundum, mit häutigem Verschluss. Zu dem Labyrinth kommt stets noch eine Paukenhöhle hinzu, welche mit den lufthaltigen Räumen der benachbarten Schädelknoehen communicirt und durch die Eustachische Röhre dicht hinter den Choanen in den Rachen mündet. Nach aussen wird die Paukenhöhle durch ein Trommel- fell abgeschlossen, in welchem sich das lange stabförmige Gehörknöchelchen, die dem Steigbügel der Säugethiere entsprechende Columella anheftet. Auf der äusseren Seite des Trommelfelles folgt dann ein kurzer äusserer Gehör- gang, dessen Oeffnung häufig von einem Kranze grösserer Federn umstellt ist und bei den Eulen sogar von einer häutigen, ebenfalls mit Federn be- setzten Klappe, einer rudimentären äusseren Ohrmuschel, überragt wird. Das Gernchsorgan besitzt in den geräumigen, häufig durch eine unvoll- kommene Scheidewand (Xares perviae) getrennten Nasenhöhlen drei Paare von Muscheln, von denen jedoch die unteren und oberen den Vögeln eigen- thümliche Bildungen vorstellen und blos die mittleren den Muscheln der übrigen Vertebraten homologe Gebilde sind. Die beiden Nasenötfnungen liegen mit Ausnahme des Kiwis der Wurzel des Oberschnabels mehr oder minder genähert, zuweilen (Krähen) von steifen Haaren verdeckt und geschützt, bei den Sturmvögeln röhrig verlängert und zusammenfiiessend. Eine sog. Nasen- drüse liegt meist auf dem Stirnbeine, seltener unter dem Nasenbeine oder am inneren Augenwinkel und öffnet sich mittelst eines einfachen Aus- führungsganges in die Nasenhöhle. Der Geschmack knüpft an die weiche papillenreiche Basis der Zunge, die nur bei den Papageien im ganzen Umfange Aveich bleibt, sonst überall eine festere Bekleidung besitzt und häufig auch zur Nahrungszerkleiuerung wesentliche Dienste leistet. Allgemein dürfte die Zunge neben dem Schnabel als Tastorgan in Betracht kommen. Selten (Schnepfen, Enten) wird der Schnabel durch die Bekleidung mit einer weichen, an Nerven und Vater'schen Endkörperchen reichen Haut zum Sitz einer feineren Tastempfindung. Die Verdauungsorgane des Vogels zeigen trotz der mannigfach wech- selnden Ernährungsart einen ziemlich übereinstimmenden Bau, dessen Eigen- thümlichkeiten zu dem Flugvermögen Beziehung haben. Die Kiefer sind von einer harten Hornscheide überdeckt und zum Schnabel umgestaltet. Wahre Zähne fehlen w^enigstens den jetzt lebenden Vögeln im Gegensatze zu den fossilen Odontomithen {Ichthyornis^ Fig. 165, Hrsperornls, Fig. 166) durch- aus, doch sind Zahnpapillen in den Kiefern von Papagei-Embryonen schon durch Etienne Geoffroy St. Hilaire bekannt geworden. Während der 53* 836 Aves. Schnabel. Zunge. Oberschnabel aus der Verwachsung von Zwisehenkiefer, Oberkiefer und Nasenbeinen gel)ildet ist. entspricht der Unterschnabel den beiden Unter- kieferästen, deren verschmolzener Spitzentheil als Dille O»!/-^") bezeichnet wird. Die untere, vom Kinnwinkel bis zur Spitze reichende Kante heisst Dillenkante Ojonijs) , die Kante des Oberschnabels Firste (ruhnciij , die Gegend zwischen Auge und der von der Wachshaut (ceroma) bekleideten Fig. 827. Schnabelform. n,h,c,d, k nach N.iumann; rj, i, m, o aus rfegne animal ; iausBrehm. a Phoenicoptenis antiquorum, b Platalea leucorodia, c JEmberiza citrinella, d Turdus cyanus, e Fnlco candicans, f Mergus merganser, g Pelecaiius perspicillaHis, h Hecurvirostra avocetta, i Rhynchops nigra, k Cohimba livia, l Balae- niceps rex, m Annstomtis coromnndeliamis, n Pieroglossus discolor, o Mycleria senegalensis, p Fnlcinellus igneiis, q Oypselus opus. Schnabelbasis der Zügel. Form und Ausbildung des Schnabels variiren nach der besonderen Ernährungsweise mannigfach (Fig. 827). Am Boden der Mundhöhle liegt die überaus bewegliche Zunge, die hornige und fleischige Bekleidung zweier am vorderen Ende des Zungenbeins befestigter Knorpel, welche zum Niederschlucken, häufig auch zum Ergreifen der Nahrung dient. Die Mundhöhle, bei den Pelekanen in einen umfang- reichen, von den Kieferästen getragenen Kehlsack erweitert, nimmt das Secret zahlreicher Speicheldrüsen auf. Ein Gaumensegel fehlt. Die muskulöse Kropf. Jlagcn. 837 längsgefaltete Speiseröhre, deren Länge sich im Allgemeinen nach der Länge des Halses richtet, bildet häufig, insbesondere bei den Raubvögeln, aber auch bei den grösseren k(>rnerfressenden Vögeln (Tauben, Hühnern, Papageien) eine kropfartige Erweiterung, in welcher die Speisen erweicht werden (Fig. 828). Bei den Tauben trägt der Kropf zwei kleine rundliche Nebensäcke, deren Wandung zur Brutzeit eines käsigen, zum Aetzen der Jungen in Verwendung kommenden Stoff ab- Fig. 828. sondert. Das untere Ende der Speiseröhre er- weitert sich in einen drüsenreichen Vormagen, den Drüsenmagen, welcher in der Regel eine ovale Form besitzt und an Umfang von dem darauffolgenden Muskelmagen übertroffen wird. Dieser erscheint je nach der Beschaffen- heit der Nahrung mit schwächeren (Raub- vögel) oder mit kräftigeren (Körnerfresser) Muskel Wandungen versehen. Im letzteren Falle wird derselbe durch den Besitz von zwei festen gegeneinander wirkenden Reib- platten, welche die hornige Innenwand bil- den, zur mechanischen Bearbeitung der er- weichten Nahrungsstofte vorzüglich befähigt. Der Dünndarm urafasst mit seiner vorderen, dem Duodenum entsprechenden Schlinge die langgestreckte Bauchspeicheldrüse, deren in zweifacher Zahl vorhandene Ausführungs- gänge nebst den meist doppelten Gallen- gängen in diesen Abschnitt einmünden. Der kurze Dickdarm erscheint durch eine Ring- klappe und durch den Ursprung von zwei Blinddärmen abgegrenzt und geht, ohne in ein Colon und Rectum abgetheilt zu sein, unter Bildung einer sphincterartigen Ringfalte in die auch den Urogenitalapparat aufnehmende Kloake über, an deren hinterer Wand ein eigenthümhcher Drüsensack, die Bursa Fabricii^ einmündet. Die grossen langgestreckten Nieren liegen in den Vertiefungen des Kreuzbeines eingesenkt und zerfallen durch Einschnitte in eine Anzahl von Läppchen. Die Harnleiter verlaufen hinter dem Rectum und münden medial- wärts von den Genitalöfifnungen in die Kloake ein. Eine Harnblase fehlt. Das Harnsecret stellt sich nicht wie bei den Säugethieren als Flüssigkeit, sondern als eine weisse, breiige, rasch erhärtende Masse dar. Die Vögel besitzen ein vollständig gesondertes rechtes und linkes Herz, welches, vom Herzbeutel umschlossen, in der Medianlinie liegt. Als eine Darmcanal eines Vogels. Oe Speiseröhre, K Kropf, Dm Drüsenmagen, Km Kau- magen. D Mitteldarm, P Pankreas (in der Duodenalschlinge gelegen), if Leber, C die beiden Blinddärme, Ad Afterdarm, ü Ureteren, Ov Oviduct, Kl Kloake. 838 Aves. Herz. Athmungsorgane. Eigenthümlicbkeit desselben ist die besondere Ausbildung: der rechten Atrio- ventrieularklappe hervorzuheben, welche im Gegensätze zu den Atrioventri- cularklappen des Säugethierherzens eine einfache, mit zwei Muskeltalten entspringende Klappe ist. Im linken Herzen finden sich drei durch Chordae tendineae gespannte Klappen. Der Herzschlag wiederholt sich bei der leb- haften Athmung rascher als bei den Säugethieren. Die Aorta bildet einen rechten Aortenbogen. Die Venen münden mittelst zweier oberer und einer unteren Hohlvene in die rechte Vorkammer. Da das Zwerchfell rudimentär bleibt, geht die Brusthöhle direct in die Bauchhöhle über. Das Nierenpfort- adersystera ist l)ei den Vögeln nur noch vorübergehend erhalten. Das Lyniph- gefässsystem mündet durch zwei Ductus thoracic'/ in die oberen Hohlvenen ein, communicirt aber sehr allgemein noch in der Beckengegend mit den Venen. Lijmphhcrzcn sind nur an den »Seiten des Steissbeines beim Strausse Fi?. 829. Unterer Kehlkopf des Raben, aus Owen, a Seitenansicht des geöffneten Kehlkopfes, h der Kehlkoi)f nach Entfernung der Muskulatur, <■ derselbe mit den Singmuskeln von vorne, d von der Seite gesehen. St .Steg (Pessulus), Miy Membrana tympaniformis interna. Ms Membrana semilunaris, lU umgeformter letzter Trachealring, Jib die umgeformten drei ersten Bronchialringe, M Singmuskeln. und Casuar, sowie bei einigen Sumpf- und Schwimmvögeln angetroffen, werden aber häufig durch blasige, nicht contvactile Erweiterungen vertreten. Die AthiiuüKjsorgdne beginnen hinter der Zungenwurzel mit der Kehl- ritze, welche durch einen wenig ausgebildeten oberen Kehlkopf (Lanjnx) in eine lange, von knöchernen Ringen gestützte Luftröhre führt. Die Luftröhre übertrifft nicht selten die Länge des Halses und verläuft dann, vornehmlich im männlichen Geschlechte, unter Biegungen, die entweder unter der Haut liegen (Auerhahn) oder selbst in den hohlen Brustbeinkamm eindringen (Sing- schwan). Mit Ausnahme der Strausse, Störche und einiger Geier entwickelt sich das Stimmorgan an der Theilungsstelle der Luftröhre in die Bronchien. Beide Abschnitte betheiligen sich an der Bildung desselben und lassen den unteren Kehlkopf('5//;v)/.rj hervorgehen (Fig. 829). Indem die letzten Tracheal- Unterer Kehlkopf (Syrinx). Lungen. 839 in nähere Verbindung treten, erscheinen das Ende der Trachea und die An- fänge der Bronchien comprimirt oder blasig aufgetrieben und zu der sog. Trommel umgeformt, welche sich bei den Männchen vieler Enten und Taucher zu unsymmetrischen, als Resonanzapparate wirkenden Nebenhöhlen (sog. Paukenhöhle und Labyrinth) erweitert. Das untere Ende der Trachea wird gewr>hnlich von einer vorspringenden Knochenleiste, dem ISfcg, durchsetzt, welcher sich an der Theilungsstelle der Bronchien erhebt. Zwischen diesen und den Bronchialringen spannt sich wie in einem Rahmen die innere Pauken- haut (M. tynqmniformls interna) aus. Bei den Singvögeln kommt als Fort- setzung der letzteren am Steg noch eine halbmondförmige Falte (Membrana se- milunaris) hinzu. In zahlreichen Fällen tritt auch gegenüberliegend zwischen zwei Bronchialringen eine äussere Pau- kenhaut (M. tympaniformis externa) hinzu, welche gleichfalls ein Stiramband bildet und mit dem freien Rande der inneren Paukenhaut jederseits eine Stimmritze erzeugt. Zur Anspannung dieser als Stimmbänder fungirenden Falten dient ein Muskelapparat, w^elcher die Trachea mit den Seitentheilen der Trommel oder auch mit den vorderen Bronchialringen verbindet und am com- plicirtesten bei den Singvögeln ent- wickelt ist, deren unterer Kehlkopf 5 oder 6 Paare solcher Muskeln be- sitzen kann. Die verhältnissmässig kur- zen Bronchien führen beim Eintritt in die Lungen in eine Anzahl weiter häu- tiger Bronchialröhren, welche das Lun- gengewebe durchsetzen. Die Lungen hängen nicht wie bei den Säugethieren, von einem Pleurasack überzogen, frei in einer geschlossenen Brusthöhle, sondern sind durch Zellgewebe an di« Rückenwand der Rumpfhöhle angeheftet und an den Seiten der Wirbelsäule in die Zwischenräume der Rippen eingesenkt. Auch zeigt das Verhalten der Bronchialröhren und die Structur der feineren respiratorischen Lufträume von den Lungen der Säugethiere wesentliche Abweichungen, indem die von den Infundibulis umgebenen Bronchialäste wie Orgelpfeifen nebeneinander stehen ( Lungenpfeifen). Als Ausstülpungen der Lunge erstrecken sich grosse Lungen und Luftsäcke der Taube (schematisch), nach einer Zeichnung von C. Heider. Tr Tra- chea, P Lunge, Lp peritrachealer Luftsack mit seinen Ausstülpungen (Lh und Lm) in den Hu- merus (H) und zwischen die Brustmuskulatur, C die Verbindung desselben mit den sternalen Lufträumen, Lth thoracale LuftsUcke, La abdo- minale Luftsiicke. 840 Aves. Geschlechtsorgane. Begattungsorgane. Luftsäcke (Fig. 830) in ziemlich constanter Anordnung vorne in den Zwischen- raum der Fnrcula (peritrachealer Luftsack), sodann als Brustsäcke in die vorderen und seitlichen Partien der Brust, und als Bauchsäcke nach hinten zwischen die Eingeweide bis in die Beckengegend der Bauchhöhle. Die letzteren führen in die Höhlungen der Schenkel- und Beckenknochen, die kleineren vorderen Säcke setzen sich in die Luftzellen der Armknochen und der Haut fort, welche letztere bei grossen, vortrefflich fliegenden -Schwimm- vögeln (Suhl, Pelecanus) eine solche Ausbreitung erlangen, dass die Körper- haut bei der Berührung ein knisterndes Geräusch vernehmen lässt (Wärnie- schutz, Herabsetzung des specifischen Gewichtes, Luftreservoirs bei der Kespiration). Bei solchen Einrichtungen rauss im Zusammenhange mit der schon hervorgehobenen rudimentären Form des Zwerchfelles und der eigcn- thümlichen Gestaltung des Thorax der Mechanismus derAthmung ein ganz anderer sein als bei den Säugethieren. Die tlrweiterung des auch die Bauch- höhle umfassenden Brustkorbes tritt als Folge einer Streckung der Sterno- costalknochen und der Entfernung des Brustbeines vom Rumpfe ein. Die Respirationsbewegungen werden daher vornehmlich durch die als Inspirations- muskeln fungirenden Sternocostalmuskeln und Rippenheber bewirkt. Die Geschlechtsorgane schliessen sich eng an die der Reptilien an. Beim Männchen, welches sich nicht nur durch bedeutende Grösse und Körper- kraft, sondern durch lebhaftere Färbung des Gefieders, sowie durch reichere Mannigfaltigkeit der Stimme auszeichnet, liegen an der vorderen Seite der Nieren zwei ovale, zur Fortpflanzungszeit mächtig anschwellende Hoden, von denen der linke meist der grössere ist. Die w^enig entwickelten Nebenhoden führen in zwei an der Aussenseite der Harnleiter herabsteigende Samenleiter, deren Enden häutig zu Samenblasen anschwellen und an der Hinterwand der Kloake auf zwei kegelförmigen Papillen ausmünden. Ein Begattungsorgan fehlt in der Regel ; bei einigen grösseren Wasservögeln [Herodü, Ctconla, PlataJca etc.) erhebt sich jedoch an der Wand der Kloake ein warzen- förmiger Vorsprung als Anlage eines Penis. Umfangreicher erscheint der- selbe bei den meisten Struthionen, den Enten, Gänsen, Schwänen und den Baumhühuern (Penelope, Urax, Crax). Hier entspringt an der Wand der Kloake ein gekrümmter, von zwei fibrösen Körpern gestützter Schlauch, dessen Ende mittelst eines elastischen Bandes eingezogen wird. Eine ober- flächliche Rinne dient zur Fortleitung des Spermas während der Begattung. Beim zvveizehigen Strausse erlangt der Penis eine noch höhere, den männ- lichen Begattungstheilen der Schildkröten und Crocodile analoge Entwick- lung. Unter den beiden fibrösen Körpern, die mit breiter Basis an der ventralen Wand der Kloake entspringen, verläuft ein dritter cavernöser Körper, welcher an der vorderen nicht einstülpbaren Spitze in einen schwellbaren Wulst, die Anlage einer Glans penis, übergeht. An den weibliehen Geschlechtsorganen verkümmert das rechtsseitige Ovariuni nebst dem Leitungsapparat oder schwindet vollständig. Um so Ei. «41 umfangreicher werden zur Fortpflanzungszeit die Geschlechtsorgane der linken Seite, sowohl das traubige Ovarium, als der vielgewundene Eileiter, dessen oberer, mit weitem Ostium beginnender Abschnitt aus den Drüsen seiner längsgefalteten Schleimhaut das geschichtete, an den Enden zu den sog. Hagelschnüren (Chaldzuc) zusammengedrehte Eiweiss und im hinteren Theile die faserige Schalenhaut abscheidet. Der nachfolgende kurze und weite Abschnitt des Eileiters, der sog. Uterus, dient zur Erzeugung der mannigfach gefärbten porösen Kalkschale; der kurze und enge Endabschnitt mündet an der äusseren Seite des entsprechenden Harnleiters in die Kloake ein. Da , wo sich im männlichen Geschlechte Begattungstheile finden , treten auch im weiblichen Geschlechte Clitorisbildungen an derselben Stelle auf. Die Vögel legen ohne Ausnahme Eier ab. Das ausschliessliche .\uf- treten der oviparen Fortpflanzungsform steht zweifelsohne mit der Bewegungs- art des Vogels im innigen Zu- sammenhange. Der umfangreiche Eidotter (Fig. 831), welcher im Eiweiss suspendirt ist, wird von einer Dotterhant umhüllt und ist zum grossen Theile Nahrungs- dotter. Nur ein kleiner oberfläch- licher Theil, in welchem das Keimbläschen liegt , entspricht dem Bildungsdotter und wird als Narbe (Cicatrkula) unter- schieden. Von dieser erstreckt sich in das Innere des •'■elben Schematlscher Längsschnitt durch ein unbebrütetes Hühner. „.. . -p^ ei, nach Allen Thom s o n-Balf o ur. Bl Keimscheibe, Dotters eme flüssigere Dotter- G« gelber Dotter, TFD weisser Dotter, i>J/Dottermeinbran, schichte der weisse Dotter Wel- -^'^^^ Eiweiss, C/i Chalazen, S Schalenhaut, A'S Kalkschale, 1 • TT"! 1 ■ /-< T ^^ Luftkammer. eher eme Hohle im Centrum des gelben Dotters erfüllt, sowie in concentrischen Schichten den gelben Dotter durchsetzt und in einer dünnen Schichte überzieht. Die Entwicklung er- fordert einen hohen, mindestens der Temperatur des Blutes gleichkommenden Wärmegrad , welcher dem Ei in der Regel durch die Körperwärme des brütenden Vogels mitgetheilt wird. Die Befruchtung erfolgt bereits im obersten Abschnitte des Eileiters vor der Abscheidung des Eiweisses und der Schalen- haut und hat den alsbaldigen Eintritt der partiellen (discoidalen) Furchung zur Folge, welche nur den hellen Theil des Dotters in der Umgebung des Keimbläschens, den Bildungsdotter, den sog. Hahnentritt (Ckatricula), be- trifft. Derselbe hat an dem gelegten Ei bereits die Furchung durchlaufen und sich zur sog. Kcimsclieibe entwickelt. An dem später kahnförmig vom Dotter sich abhel)enden Embryo w^achsen wie bei den Reptilien die charak- teristischen Fötalhüllen, Amnion und Allantois, hervor. Die Dauer der Em- bryonalentwicklung wechselt sowohl nach der (irösse des Eies, als nach ö4-^ Aves. Entwicklungf. Psychische» Leben. der relativen Ausbildung der ausschlüpfenden Jungen. Der zum Auskriechen reife Vogel sprengt die Schale, und zwar am stumpfen Pole mittelst eines scharfen, an der Spitze des Oberschnabels gelegenen Zahnes. Die ausgeschlüpften Jungen besitzen im Wesentlichen die Organisation des elterlichen Thieres, wenngleich sie in dem Grade ihrer körperlichen Ausbildung noch weit zurückstehen können. Während die Hühner- und Laufvögel, ferner die meisten Wad- und Schwimmvögel bereits bei ihrem Ausschlüpfen ein vollständiges Flaum- und Dunenkleid tragen und in der körperlichen Ausbildung so weit vorgeschritten sind, dass sie als Ncsfffiirhfer alsbald der Mutter auf das Land oder in das Wasser folgen und hier selbst- ständig Nahrung aufnehmen, verlassen andere, wie die Gang- und Kletter- vögel. Tauben und Raubvögel, frühzeitig ihre Eihüllen; nackt oder nur stellenweise mit Flaum bedeckt, unfähig, sich frei zu bewegen und zu ernähren, bleiben sie als Nesthocker, gefüttert und gepflegt von den elter- lichen Thieren, noch geraume Zeit im Nest. Das psychische Leben der Vögel steht ungleich höher als das der Reptilien. Die hohe Ausbildung der Sinne (Augen) befähigt den Vogel zu einem scharfen Unterscheidungsvermögen, mit dem sich ein gutes Gedächtniss verbindet. Der Vogel lernt allmälig unter Anleitung der Eltern Flug und Gesang, er sammelt Erfahrungen, die er zu Urtheilen und Schlüssen ver- bindet, er erkennt die Umgebung seines Wohnplatzes, unterscheidet Freunde und Feinde und wählt die richtigen Mittel sowohl zur Erhaltung seiner Existenz, als zur Pflege der Brut. Bei einzelnen Vögeln erlangt die Gelehrig- keit und die Fähigkeit der Nachahmung eine ausserordentliche Höhe (Staar. Papagei). Nicht minder entwickelt erscheint die Gemüthsseite des Vogels. wie sich nicht nur aus dem allgemeinen Betragen und dem mannigfachen Ausdruck des Gesanges, sondern vornehmlich aus dem Verhalten der beiden Geschlechter zur Zeit der Fortpflanzung ergibt. Die instinctiven Handlungen beziehen sich auf die Erhaltung des Individuums, in ungleich höherem Masse aber auf die Erhaltung der Art und die Pflege der Nachkommenschaft. Ueberhaupt erreichen die Aeusserungen sowohl des intellectuellen. als des instinctiven Lebens ihren Höhepunkt zur Zeit der Fortpfldnzung, welche in den gemässigten und kälteren Klimaten meist in die Zeit des Frühlings (beim Kreuzschnabel ausnahmsweise mitten in den Winter) fällt. Dann er- scheint der Vogel in jeder Hinsicht verschönert und vervollkommnet. Die Befiederung zeigt einen intensiveren Glanz und reicheren Farbenschmuck. Das mehr einfarbige W'iutrrllcid, welches die Herbstmauserung gebracht hatte, ist mit einem lebhafter gefärbten //o^^^^^f^7.7f^(^ vertauscht. Die Stimme ') des Vogels tönt zur Fortpflanzungszeit reiner und klangvoller ; das Männchen lässt seinen Gesang erschallen, der ebenso wie die Schönheit des männ- lichen Gefieders als Reizmittel auf das Weibchen Avirken mag. Von Be- fiederung und Stimme abgesehen, erscheint das ganze Betragen des Vogels ^) Vergl. A. E. Brelim's „lUustrirtes Thierlebeii'", Tom. l\, V und VI. Nestbau. Brutpflege. 843 unter dem Einflüsse der gesehleclitliclien Erregung verändert (Liebes- tänze, „Holze" y als Vorspiel der Begattung). Mit Ausnahme der Hühner. Fasane u. a. leben die Vögel in Monogamie, oft nur zur Fortpflan- zungszeit paarweise vereinigt, indem sie sicli später zusammenschaaren und in grösseren Gesellschaften Züge und Wanderungen unternehmen. Indessen gibt es auch für das Zusammenwandern vereinzelter Pärchen einige Beispiele. Die meisten Vögel bauen ein Nest und suchen für dasselbe einen ge- eigneten Platz meist in der Mitte ihres Wohnbezirkes, Nur wenige (Stein- käuze, Ziegenmelker etc.) begnügen sich damit, ihre Eier einfach auf dem Erdboden abzulegen, andere (Raubmöven, KSeeschwalben, Strausse) scharren wenigstens eine Grube aus oder (Waldhühner) treten eine Vertiefung in Moos und Gras ein. Am kunstvollsten sind die Nester von Vögeln, welche fremde Stotfe mit ihrem klebrigen Speichel zusammenleimen (Kleiber) oder feine Geflechte aus Moos, Wolle und Halmen verweben (Weber). In der Regel baut das Weibchen ausschliesslich das Nest, und die Hilfe des Männchens beschränkt sich auf das Herbeitragen der Materialien, doch gibt es auch Beispiele für die Betheiligung des Männchens an der Ausführung des Kunst- baues (Schwalbe, Webervögel); in anderen Fällen (Hühnervögel, Edelfink) nimmt das Männchen am Nestbau überhaupt gar keinen Antheil, Viele See- vögel, wie die Alken und Pinguine, legen nur ein Ei, die grossen Raub- vögel, Tauben, Segler und Kolibris zwei Eier. Ungleich höher steigt die Zahl derselben bei den Singvögeln, noch mehr bei den Schwimmvögeln der Teiche und Flüsse, l)ei den Hühnern und Straussen. Ebenso verschieden ist die Dauer der Brutzeit, welche sich nach der Grösse des Eies und dem Grade der Ausbildung des ausschlüpfenden Jungen richtet. Während die Kolibris und Goldhähnchen 11 bis 12, die Singvögeln 15 bis 18 Tage brüten, brauchen die Hühner o Wochen, die Schwäne die doppelte Zeit und die Strausse 7 bis 8 Wochen zum Brutgeschäft, welches im Wesentlichen auf einer gleichniässigen, oft durch nackte Stellen (Brutflecken) begünstigten Erwärmung der Eier durch den Körper des brütenden Vogels beruht. In der Regel liegt das Brutgeschäft ausschliesslich der Mutter ob, die während dieser Zeit vom Männchen mit Nahrung versorgt wird. Nicht selten aber, wie bei Tauben, Kibitzen und zahlreichen Schwimmvögeln, lösen sich beide Gatten regelmässig ab ; das Männchen sitzt dann freilich nur kürzere Zeit am Tage, das Weibchen die ganze Nacht hindurch auf dem Neste. Beim Strauss brütet das Weibchen nur die erste Zeit, später werden die Rollen gewechselt, und das Männchen übernimmt das Brutgeschäft vornehmlieh zur Nachtzeit fast ausschliesslich. Auch gibt es Beispiele von ausschliess- licher Brutpflege des jMännchens. welches in diesem Falle minder lebhaft als das Weibchen gefärbt ist {Bhyvchaea, Phcdaropiis etc.). Auffallend ist das Verhalten zahlreicher Kukuke, insbesondere unseres einheimischen Kukuks (auch des Trupials). welcher Nestbau und Brutpflege anderen Vögeln über- §44 Aves. Wandertrieb. lässt und seine kleinen Eier einzeln in Intervallen von etwa 8 zu 8 Tagen dem Eiergelege verschiedener Singvögel unterschiebt. Die Ptlege und Auf- tütterung der Jungen fällt meist ausschliesslich oder doch vorwiegend dem weiblichen Vogel zu, dagegen nehmen in der Regel beide Eltern gleichen Autheil an dem Schutze und an der Vertheidigung der Brut. Von den Thcätigkeiten abgesehen, welche auf die Fortpflanzung Bezug haben, äussert sich der Instinct der Vögel vornehmlich im Spätsommer und Herbst als Trieb zur Wanderung und noch räthselhafter als zuverlässiger Führer auf der AVanderschaft. Wenige Vögel der kälteren und gemässigten Klimate halten im Winter an ihrem Brutorte aus {Standvögel, Steinadler, Eulen, Raben, Elstern, Spechte. Zaunkönige. Meisen. Waldhühner etc.). Viele streichen ihrer Nahrung halber in grösseren und kleineren Kreisen umher {Strich rörjel, Drosseln, Berg- und Edelfinken, Spechte, Goldammer, Finken, Haubenlerche). Andere unternehmen vor Eintritt der kalten und nahrungs- armen Jahreszeit Wanderungen und ziehen in grossen Gesellschaften ver- einigt aus nördlichen Klimaten in gemässigte, aus diesen in südliche Gegenden {Ziigrögcl, Schwalben und Störche, Dohlen, Krähen und Staare. Wildgänse? Kraniche etc.), um in denselben zu überwintern und mit beginnendem Früh- jahr wieder in die Heimat, das heisst die Gegend des Brutortes, zurück- zukehren. Eine Erklärung des überaus merkwürdigen instinctiven Wander- triebes und der an diesen anknüpfenden regelmässigen , über grosse Ländergebiete sich bewegenden Züge scheint mit Hilfe des Selectionsprincipes unter Verwerthung der klimatischen und geographischen Veränderungen, welche die Erdoberfläche während der jüngeren Tertiärzeit und der auf diese folgenden Diluvialzeit erfahren hat, möglich zu sein. Man hat sich in erster Linie zu vergegenwärtigen, dass die Arten der Vögel im Kampfe um die Existenzbedingungen sich möglichst auszubreiten bestrebt sein werden, und dass bei eintretendem Nahrungsmangel eine durch das Flugvermögen unter- stützte Aligration in benachbarte, oft auch weiter entfernte Gegenden er- folgen wird. Zahlreiche Arten unternehmen während der kalten, nahrungs- armen Jahreszeit regelmässig ausgedehnte Streifzüge (Strichvögel), in welchen die ersten Anfänge des ..Wanderns" oder „Ziehens" zu erkennen sind. Während und in Folge des allmäligen Klimawechsels mussten sich aber die Verbreitungsbezirke der Vögel allmälig ändern, mit dem Eintritt der Eiszeit von Norden nach Süden und später nach derselben umgekehrt von Süden nach Norden bedeutend verschieben und das Ziehen nach diesen Richtungen bei dem Wechsel der Jahreszeiten in den einander folgenden Generationen als regelmässige Wanderung erhalten bleiben. Das Ziehen ist somit eine durch die Ernährungs- und Lebensverhältnisse für die Artexistenz noth wendig gewordene, durch unzählige Generationen vererbte Gewohnheit, aus welcher sich der zur bestimmten Jahreszeit auftretende Trieb zum Fortziehen erklärt. Die vielfachen Wege aber, auf denen die Zugv()gel wandern, werden nicht einfach durch die gerade Richtung von Süd und Nord bezeichnet, sondern Stammesffescliicliti'. S4:t^ sind höclist vei^chluiigene „Zin/sfrassot" '), welche den uralten Wegen ent- sprechen, auf denen die Ausbreitung der Vogelart in früher Zeit erfolgte. Natürlich sind die Zugstrassen der Landvögel ganz verschieden von denen der Sunipfvi»gel und Küstenvögel, welch" letztere (z. B. Möven, Schwäne, Eiderente, Bernickelgans), durch die Nahrung an die Meeresküste gefesselt, längs dieser über grosse Länderstrecken dahinziehen, aber auch ausgedehnte Meeresstreckeu überschreiten, welche in der Vorzeit durch Küstenland oder Inselgruppen vertreten waren (Grönland, Island, Faröer, England). Ebenso weisen die Strassen , auf denen die Zugvögel über das Mittelmeer nach Afrika gelangen, auf zusammenhängendes Land oder Inselgrui)pen der vor- diluvialen Zeit hin (Strasse von Gibraltar — Corsica, Sardinien, Tunis- Italien, Sicilien, Malta, Tripolis— Kleinasien, Cypern, Aegypten). Für die geologische Geschichte dieser Classe liegt nur ein sehr spär- liches Material vor. Von dem fiederschwänzigen Archacopteryx lithograjMra (Fig. 81i)) des Jura (Saururae) abgesehen, gehören die ältesten Reste von Schwinnii- und Sumpfvögeln der Kreide au. Diese zeichneten sich durch den Besitz von Zähnen aus (Odontornithen), welche im Oberkiefer und Unter- kiefer in Rinnen (Odontolcae, Hesperornis) oder in Gruben (Odontotormac^ Ichthyornis) sassen, während den zahnlosen Zwischenkiefer schnabelartig eine Hornscheide bekleidete. In der Tertiärzeit werden die Ueberreste häu- figer, sind indessen für eine nähere Bestimmung unzureichend ; dagegen treten im Diluvium zahlreiche Typen jetzt lebender Nesthocker , sowie merkwürdige Riesenformen auf, von denen einzelne nachweisbar in histo- rischer Zeit ausgestorben sind (Äepyornis, Dmornis, Pidapteryx — iJidus). Ueber die Stammesgeschichte der Vögel wurden sehr verschiedene An- sichten ausgesprochen. Huxley und Gegenbau r glaubten aus der ähn- lichen Gestaltung der hinteren Extremität, ersterer vornehmlich des Beckens, letzterer aus dem Verhalten der Wurzelknochen und des Tarsus nebst Zehen, gewisse Dinosaurier (Ornithopoden, Compsoynathus) als Stammformen be- trachten zu können, aus denen sich zuerst die flugunfähigen Ratitcn, später aus diesen die Carinaten entwickelt hätten. Dagegen betrachtete R. Owen die langschwänzigen Pteromurier (Bhaniphorhynchus) als Ausgangsgruppe, um von derselben durch die Archaeopterygier als Zwischengruppe die Carinaten abzuleiten, wogegen er, und gewiss mit vollem Rechte, die Ratiten auf secundär veränderte Formen zurückführte , welche die Flugfähigkeit verloren haben. Sicher ist aber der Ausgang von den Plerosauriern ein durchaus verfehlter, nicht nur wegen der ganz abweichenden Gestaltung des Beckens und der hinteren Extremität, sondern auch mit Rücksicht auf die ganz abweichende Bildung des Flugapparates, welcher bereits eine hoch ent- wickelte Spccicdisirimg in ganz anderer Richtung (fünfter Finger zur Stütze eines mächtigen Patagiums) besass, aus welcher sich unmöglich der Flügel von Archaeopteryx oder der jetzt lebenden Vögel hätte entwickeln können. ') Vergl. J.A.Palmen, Ueber die Zugstrassen der Vögel. Leipzig 1876. 846 Ares. Noch unglücklicher ist freilich die von einigen Autoren verfochtene Ansicht von einem diphyletischen Trsprung'e der Vögel, nach welcher die Dinosaurier mit ihren reducirten Vorderextremitäten zu den Odontolcae (Hespcrornis) und von diesen zu den flugnnfähigen Rauten, die Pterosaurier, beziehungsweise eine andere nicht näher zu bestimmende Lacertiliergruppe der mesozoischen Periode zu den Carhmten geführt habe. Die Ueberein- stimmung der Ratiten und Carinaten in der Gestaltung des Skelets und der inneren Organe ist eine so grosse und in allen wesentlichen Zügen so voll- ständige, dass die Entstehung dieses einheitlichen Typus von zwei ver- schiedenen Stammgruppen wenn nicht als undenkbar, so doch als höchst unwahrscheinlich bezeichnet werden muss, zumal die unterscheidenden Charaktere im Zusammenhang mit dem Verluste des Flugvermögens ver- ständlich werden, dieser aber für eine Reihe von Ratiten als erst im Laufe der Zeit secundär eingetreten mit Sicherheit geschlossen werden kann. Während die Strauss-artigen Vögel und l>inornithen schon aus Gründen der bedeutenden Grössenentwicklung die Flugbefähigung einbüssen mussten, lässt sich für andere Formen wie die Äpterijy'icy die besondere Lebensweise, sowie der lange Zeitperioden hindurch sistirte Gebrauch als begründendes Moment verwerthen. Einzelne flugunfähige Formen ohne Brustbeinkiel und ohne Schwungfedern haben offenbar erst in jüngeren Perioden ähnliche Rückbildungen erfahren und repräsentiren Glieder von Carinatenfamilien, wie die neuseeländischen Gattungen Xotoruis (Rallide) , der pleistocäne ausgestorbene Cnemiornis, die tertiäre Gastorn/s (Anatiden), ferner die erst jüngst ausgestorbenen Alca impennis und Didus hieptiis, sowie die noch lebenden Stringops und Aptenodytiden . Wenn auch die Ratiten in vieler Hin- sicht primitivere, auf eine niederere Entwicklung hinweisende Eigenschaften zeigen, so sind diese zum Theil als secundäre im Anschluss an den früher oder später erfolgten Verlust des Flugvermögens eingetretenen Rückbil- dungen verständlich. Offenbar gingen dem Carinatenstamme abweichend gestaltete Typen mit geringerem Flugvermögen und primitivem Verhalten der Flügel und Befiederung voraus, aber diese deckten sich gewiss nicht mit den die Ratiten auszeichnenden Merkmalen. Vielmehr werden wir uns die Stammeltern der Vögel als Smiropsklen von geringer oder mittlerer Grösse vorzustellen haben, welche sich beim Gang ausschliesslich auf die Hinterextremitäten stützten und diese zum Klettern und zum Sprunge be- nützten, während, bei ziemlich gleichmässiger Bekleidung des Körpers mit kleinen Federschuppen die Vordergliedmassen bereits mit oberer (zwischen Oberarm, Unterarm, Handbeuge) und unterer Hautduplicatur von relativ be- deutender Entwicklung (zwischen Körperseite und Armbeuge) beim Sprunge nach Art eines Fallschirmes, beziehungsweise unter flatternder Bewegung in Function traten. Es waren vielleicht Sauropsiden aus der Trias, welche als derzeit noch unbekannt gebliebene Typen der so überaus divergenten Dinosaurier mit der Gestaltung des Beckens und der Hintergliedmassen von Classification. I. Carinatae. 847 Omithopodcn und ( '(»npsotpiatlian die jenen Voraussetzungen entsprechende Grösse und Bildung der Vordergliedmassen, wenn auch noch mit grösserer Zahl bekrallter Finger, verbanden und erst allmälig in der mesozoischen Zeit sich einer vollkommeneren Flugbewegung durch Entwickluug des Brust- beinkammes, sowie einer diesem entsprechenden kräftigen Muskulatur, von Schwungfedern und Steuerfedern anpassten, sowie die Charaktere der Cari- naten gewannen. Möglicherweise vollzog sich dieser Gestaltungsprocess unter mehrfachen Modificationen, von denen eine zur Entstehung der Saururae führte, welche ebenso wie andere gewissermassen inadaptive Seitenzweige sich nicht auf die Dauer erhalten konnten und deshalb früher oder später wieder vom Schauplatz verschwinden mussten. Wenn nach dem Skelet und Flügelbau von Afchaaoptcnjx mit Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann, dass die Saururen kein Zwischenglied in der Stammesentwicklung der Euornithcti repräsentiren , so wird für die bezahnten Vögel der Kreide (Oclontotormcu-y Ichthyornis) kaum ein Zweifel bestehen, dass dieselben als Eltappen in der Stammesentwicklnng der Carlnaten durchlaufen wurden, und dass schon unter jenen lüititoi-sdmliche Formen, wie die Odontolcae (Hesperornis, Wasserstrauss) hervortraten, deren Besonderheiten auf secun- dären Verlust des Flugv^ermögens unter entsprechenden Anpassungen an das Wasserleben zurückzuführen sind. Die Classification der Vögel bietet mit Rücksicht auf die relative Ein- förmigkeit der Gestaltung und Organisation im Vergleiche zu anderen Thier- classen grosse Schwierigkeiten. Wollte man die Saururae in die Classe der Vögel aufnehmen und als Subclasse den Omithurae gegenüberstellen, so müsste man die Charakterisirung der Classe bedeutend verändern und wesentlich ver- allgemeinern. Auch das Verhältniss der Odontornithen zu den Edentornifhen lässt sieh vorläufig nicht systematisch verwerthen. Die Ornithuren werden ge- wöhnlich nach Hu xley's Vorgang in Carinatae und Ii'afitae eingetheilt, welche letztere in ihren Besonderheiten durch Rückbildung des Flugvermögens nicht als eine scharf zu trennende systematische Einheit gelten können, zumal ver- schiedene Typen aus mehreren Carinatenfamilien im Beginne dieser durch Flugunfähigkeit bedingten Veränderungen stehen. Für den gesammten reichen Inhalt der lebenden Vogelwelt aber erscheint die Abgrenzung des Ordnungs- und Familienbegrities kaum möglich, und erklären sich aus diesem Ver- hältniss die nach Zahl dieser Kategorien so ausserordentlich divergirenden Systeme der verschiedenen Autoren. I. Carinatae. Das Brustbein ist mit einem Kiel zur Insertion des mächtig ent- wickelten Flugmuskels versehen. Die Schwungfedern des Flügels und die Steuerfedern des Schwanzes sind meist wohl entwickelt. Fast sämmtlich zum Fluge befähigt. ^48 ^- •Ordnung- Natatores. 1. Ordnung. Natatores, Scinvimmvögel. Witsscrrijijcl mit kurzen, oft icc'/t nach It'nitcn ycrilrlicn Bchtcu, mit Schivintni- oder Ihidcrftissen. Die Körperforra der Schwimmvögel variirt ausserordentlich, je nach der l)esonderen Anpassung an denAVasseraufenthalt. Alle besitzen ein dichtes, fest anliegendes Gefieder, eine sehr reiche Dunenbekleidung und eine grosse Bür/.eldrüse. Die Beine sind kurz, weit nach hinten gerückt und meist bis zur Fussbeuge befiedert, sie enden entweder mit ganzen oder gespaltenen Schwimm- oder Ruderfüssen. Alle schwimmen vortreft'lich ; viele besitzen auch ein ausgezeichnetes Flugvermögen, während andere flugunfähig, fast ausschliesslich an das Wasser gebannt sind. Auch tauchen die meisten mit grossem Geschick, indem sie aus der Luft im Stosse herabschiessen {Stoss- taucher) oder beim Schwimmen plötzlich in die Tiefe des Wassers rudern (Sclucimnttauchcr). Ebenso verschieden als die Bildung der Flügel ist die Gestalt des Schnabels, der bald hoch gewölbt und mit schneidenden Rändern bewaffnet ist, bald flach und breit, bald verlängert und zugespitzt erscheint. Hiernach wechselt auch die Art der Ernährung ; im ersteren Falle haben wir es mit Raubvögeln zu thun, die besonders Fische erbeuten, im letzteren mit Vögeln, welche von Würmern und kleineren Wasserthieren, aber auch von Fischen leben ; die Schwimmvögel mit breitem weichhäutigen Schnabel gründein im Schlamme und nähren sich ausser von Würmern und kleineren Wasserthieren auch von Sämereien und Pflanzenstoffen. Die Schwimmvögel leben gesellig und halten sich in grossen Schaaren an den Meeresküsten oder auf Binnengewässern , zum Theil aber auch auf der hohen See in weiter Entfernung von den Küsten auf. Sie sind grossentheils Strich- und Zugvögel, nisten in der Nähe des Wassers oft auf gemeinschaftlichen Brut- plätzen und legen wenige Eier entweder unmittelbar auf dem Boden, oder in Löchern, oder in einfachen kunstlosen Nestern ab. Viele sind für den Haushalt des Menschen theils wegen des Fleisches und der Eier, theils wegen der Dunen und des Pelzes, theils endlich wegen der als Dünger be- nutzten Excremente (Guano) ausserordentlich wichtig. 1. LameUirosires. 'E?im. Ans er es. Mit breitem, am Griinde holieni Schnabel, welcher, von einer weichen, nervenreichen Haut bekleidet, an den Rändern durch tiuerblättchen wie gezähnelt erscheint und mit einer nagelartigen Kuppe endet. Die Füsse sind Schwimmfüsse mit rudimentärer, bald nackter, bald häutig umsäumter Hinterzehe. I'hoenicopferus anti- quoriim L., Flamingo , Nordafrika , Cijgmis olor L. , Höckerschwan. C. musicvs Bechst., iSingschwan. Anser cinereus Meyer, Graugans. A. hyperhoreus L., Polargans. A. seyetum L., Saatgans. Anas hoschas L., Stockente, Stammart der mehrfach abändernden Hausente. A. (Tadorna) tadorna L., Brandente. A. mollissima L., Eiderente. Mergus menjanser L., Säger. M. serrator L., 71/. alhellus L. Hier würden sich die Odofotormae ( Ichlhi/ornis) anschliessen. 2. Lonytpennes. Fam. Laridae, Möven. Leichtgebaute Schwalben- oder Tauben-ähn- liche Schwimmvögel mit langen, spitzen Flügeln und oft gabeligem Schwanz, verhältniss- niässig hohen dreizehigen Schwimmfüssen und freier Hinterzehe. Stosstaucher. Sterna hirundo L., Seeschwalbe. Larus minutus Fall., Zwergmöve. L. ridihundus L., Lachmövc. Schwimmvögel. 849 L. canus L., Sturmmöve. Lestris parasifica L., Eaubmöve, norddeutsche Küsten. Bhi/n- cJiops nigra L., Scheerenschnabel (Fig. 827 i). 3. Tubuläres. Farn. Procellaridae , Sturmvögel. Möveu-ähnliehe Vögel mit rostrum compositum. Die Nasenöffnungen röhrig verlängert. An den Schwimmt'üssen fehlt die Hinter- zehe ganz oder ist auf einen Stummel reducirt. Zu gemeinsamen Brutplätzen wählen sie klippige und felsige Küsten , auf denen das Weibchen ein Ei ablegt und mit dem Männchen abwechselnd brütet. Die Jungen werden noch eine Zeit lang gefüttert. Diomedea exulans L., Albatros, südliche Meere. Procellaria glacialis L., Eissturmvogel, vom arktischen Meere bis zu den norddeutschen Küsten (Fig. 832). Thalassidroma 2)elagica L. , St. Petersvogel, Sturmvogel, Atlantischer Ocean. 4. Steganopodes. Fam. Stcganopodcs, Euderfüsser. Kopf, wohl entwickelten, oft langen und spitzen Flügeln Pelecanus onocrofalusL., Pelikan. Haliaeus carbo Bnmt., Cormoran. Tachypetes aquila L., Fregattvogel. Sula bassana L., Tölpel, Nordeuropa. Phai'ton aeihereus L., Tropikvogel. 5. Pygopodes, Steissfüsser. Fam. Colymbidae, Tau- cher. Kopf mit spitzem, geradem Schnabel. Der frei vor- stehende Lauf ist seitlich stark comprimirt. Die Füsse sind Fig. 832. Schwimmvögel mit kleinem mit Euderfüssen (Fig. 825 n). Fig. 833. Procellaria glacialis, nach Naumann. Aptenodytes pafagonica, ausBrehm. Schwimmfüsse oder gespaltene Schwimmfüsse (Fig. 825 Z). Podiceps cristaiits L., grosser Haubentaucher. P. minor Gm., Colynibus glacialis L., Eistaucher. 6. Älciformes. Fam. Älcidae, Alken. Flügel kurz, zum Fluge wenig tauglich , aber bereits mit kleinen Schwungfedern. Die Schwimmfüsse mit rudimentärer oder ohne Hinter- zehe. Haben ihre gemeinsamen Brutplätze an den Küsten (Vogelberge), m-o sie ihre Eier einzeln in Erdlöchern oder Nestern ablegen und die ausschlüpfenden Jungen auffüttern. Alca impennis L. , Riesenalk. Gegenwärtig ausgerottet. A. torda L., Tordalk. Monnon arcticus 111. (fraterctda Temm.), Larventaucher. Uria troile Lath., dumme Lumme. U. grylle Cuv., Grylllumme. 7. Impennes. Fam. Aptenodytidae, Pinguine. Flügel ohne Schwungfedern , llossen- ähnlich, mit kleinen, schuppenartigen Federn bedeckt. Der Schwanz kurz mit steifen Federn. Die kurzen Schwimmfüsse besitzen eine verkümmerte, nach vorne gerichtete Hiuterzehe und sind so weit nach hinten gerückt, dass der Körper auf dem Boden fast senkrecht getragen wird. Sind vorzügliche Schwimmtaucher. Stehen zur Brutzeit in aufrechter Haltung und in langen Reihen — sog. Schulen — geordnet. Sie legen in eine Erdvertiefung nur je ein Ei ab, welches sie in aufrechter Stellung bebrüten, aber auch zwischen den Beinen im Fedei-pelze C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. G. Aufl. g^ ÖÖÜ 2. Ordnung. Grallatores. mit sich forttragen können. Beide Geschlechter betheiligen sich am Brutgeschäfte. Apteno- dytes pafar/omca Forst., Königstaucher (Fig. 833). Spheniscus demersus L., Brillentaucher, Südafrika und Amerika. Eudijptes chrysocoma L., Südsee, Patagonien. 2. Ordiiiuig. Grallatores, Sumpfvögel, Stelzvögel. Vögel mit verschieden langem Halse und Schnabel, mit verlängerten Wadbeinen. Die Stelzvögel besitzen, von einigen Ausnahmen abgesehen, holie Stelz- füsse mit grossentheils nackter, frei aus dem Rumpfe vorstehender Schiene und sehr langem, oft getäfeltem oder geschientem Lauf. Nur wenige haben Laufbeine und sind Landvögel (Trappe), einzelne (Wasserhühner) schliessen sich in ihrer Lebensweise, sowie durch die Kürze der Beine und Bildung der Zehen den Schwimmvögeln au, schwimmen und tauchen gut, fliegen aber schlecht. Der bedeutenden Höhe der Beine entspricht ein langer Hals und meist auch ein langer Schnabel. Uebrigens variirt die Grösse und Form des letzteren sehr mannigfach ; da, wo besonders kleinere Würmer, Insecten- larven und Weichthiere aus dem Schlamme und aus loser Erde aufgesucht werden, ist der Schnabel laug, aber verhältnissmässig schwach und weich und endet mit einer nervenreichen empfindlichen Spitze ; in anderen Füllen erscheint derselbe sehr stark, kantig, hart und zum Raube von Fischen und Fröschen, selbst auch kleinen Säugethieren geeignet, endlich in den bereits erwähnten Uebergangsgruppen nach Art des Hühnerschnabels kurz und stark, mit etwas gewölbter Kuppe, zu einer Omnivoren Nahrungsweise eingerichtet. Auch die Füsse zeigen sich nach der Grösse und Verbindung der Zehen sehr verschieden. Die Flügel erlangen meist eine mittlere Grösse, der Schwanz dagegen bleibt kurz, das Gefieder erscheint mehr gleichförmig und einfach, nur selten mit prachtvollem und glänzendem Farbenschmuck. Die Stelzvögel sind bezüglich ihrer Nahrung auf das Wasser angewiesen, diesem jedoch in anderer Weise angepasst als die Schwimmvögel. Sie leben mehr in sumpfigen Districten, am üfer der Flüsse und Seen und durchschreiten seichte Stellen, um Schnecken und Gewürm, oder Frösche und Fische auf- zusuchen. Sie sind Zug- oder Strichvögel der gemässigten Gegenden, leben paarweise in Monogamie, bauen kunstlose Nester auf der Erde, am Ufer oder auf Bäumen und Häusern, seltener auf dem Wasser und sind theils Nesthocker, theils Nestflüchter. 1. Brevirostres (Charadriiformes). Farn. Charadriidae, Läufer. Mit ziemlich dickem Kopfe , kurzem Halse und mittellangem hartrandigen Schnabel. Cursorius europaeus = C. isahellinus M., Nordafrika und Südeuropa. Oedicnemus crepitans Temm., Steppen im Süden Europas, Afrikas und Westasiens, auch auf grossen Brachfeldern Deutschlands. Charadrius auraius Suck., Goldregenpfeifer. Bewohner der Tundra. Vanellus cristatus M., Kibitz, Deutschland und Holland. Haematopus ostralegus L., Austernfischer. Farn. Ballidae, Wasserhühner. Führen theils zu den Schwimmvögeln, theils zu den Hühnervögeln hin. Ballus aquaticus L., Wassen'alle, Nord- und Mitteleuropa bis Mittel- asien. Crex pt^atcnsis L., Wiesenschnarre oder Wachtelkönig. Cr. porsana L., Eohrlmhn, Sumpfvögel. Stelzvügel. 851 Europa. Parva jacana L., Amerika. GalUnula chloropus Lath., Teichhulm. Fnlica atra L., Blesshulin. Auf schilfbewachsenen Seen und Teichen Europas. Farn. Älectoridae, Hühnerstelzen. Vermitteln den Uebergang der Sumpfvögel zu den Hühnervögeln, indem sie mit den ersteren die langen Beine, mit den letzteren die Schuabel- form und Lebensweise gemeinsam haben. Otis tarda L., Trappe, lebt als Strichvogel in den Feldern des südöstlichen Europas mit ein oder zwei Weibchen zusammen. 0. fefrax L., mehr im Süden. Dicholophus cristaius 111., Cariama, in Brasilien, lebt von Eidechsen und Schlangen wie der Stelzgeier in Südafrika. Psophia crepitans L. , Trompetenvogel, Süd- amerika. Palamedea cornuta L., Wehrvogel. Flügel mit Sporen bewehrt. Chauna chacaria 111., Hii'tenvogel (Fig. 834). Mit Sporen an den Flügeln. Wird gezähmt. Trägt seinen Namen von seiner Verwendung als Hüter und Beschützer der ^'«- °^ ' Hühner- und Gänseheerden. Südamerika. 2.Longirosires. Farn. Scolopacidae , Schnepfon- vögel. Kopf mittelgross, stark gewölbt, mit langem dünnen und meist weichem, von nervenreicher Haut überklei- detem Schnabel. To/a««« Iti/- pohurns Temm., Sandpfeifer. Becurcirostra avocetta L., Säbelschnabler (Fig. 827 h). Truuja cinerea Gm. Maclic- tes puijnax Cuv., Kampfliahn. Scolopax rusticola L., Wald- schnepfe. Gallinago media Gray, Sumpfschnepfe, Becas- siue. G. gallinula L., Moor- schnepfe, von Lerchengrösse. Niimenius arquatus L., gros- ser Brachvogel. Hierher ge- hören auch die Wassertreter (Phalaropics) , deren Männ- chen die Eier ausbrüten. 3. Herodii. Fam. Ardeidae, Reihervögel. Grosse Stelzvögel mit kräftigem gestreckten Leib, langem Hals und kleinem, theilweise nacktem Kopf. Schnabel kräftig, ohne Wachshaut, mit scharfen, harten Bändern, an der Spitze zuweilen gebogen, selten löifelförmig ver- breitert (Fig. 827 b). Die hohen, weit über die Ferse hinaus nackten Beine meist mit ganz gehefteten Füssen, deren Hinterzehe den Boden berührt. Ibis rubra Vieill., Scharlachibis, Mittelamerika. /. reliyiosa Cuv. , der heilige Ibis. Falcinellus igneus Gray, Sichelreiher. Plaialea leucorodia L., Löffelreiher. Balaeniceps rex Gould., Schuhschnabel (Fig. 827 l), Ärdca cinerea L. Ä. purpurea L., Südeuropa. Herodias alba L., Silberreiher. 4. Ciconiiformes. Fam. Pelargi, Störche. Mit kleiner kurzer , bekrallter und höher eingelenkter Hinterzehe. Ciconia alba L. , Storch. Mgcteria senegalensis , Sattelstorch Leploptilus argala Temm., Marabu. Anastomus lamelligerus Temm., Klaftschnabel, Ost- indien (Fig. 827 m). Grus cinerea Bechst., gemeiner Kranich. chavaria (r&gne animal). 54 = 852 3- Ordnung. Gallinacei. 3. Ordnung. Gallinacei = Rasores, Hühnervösfel, Scharrvögel. Land- und Erdvögel von mittlerer, zum Theil bedeutender Körpcr- grösse, von gedrungenem Baue, mit kurzen abgerundeten Flügeln, starkem^ meist gewölbtem und an der Spitze herahgebogenem Schnabel und kräftigen Sitzfüsscn, meist Nestflüchter. Die Hühner-artigen Vögel besitzen im Allgemeinen einen gedrungenen^ reich befiederten Körper mit kleinem Kopf und kräftigem Schnabel, kurzem oder mittellangem Hals, meist kurzen abgerundeten Flügeln, mittelhohen Beinen und wohlentwickeltem, aus zahlreichen Steuerfedern zusammen- gesetztem Schwanz. Oft finden sich am Kopfe nackte Stellen, sowie schwell- bare Kämme und Hautlappen, letztere vornehmlich als Auszeichnungen des männlichen Geschlechtes. Der Schnabel bleibt an seiner Basis weichhäutig und mit Federn bekleidet , zwischen denen eine häutige oder knorpelige Schuppe als Bedeckung der Nasenlöcher hervortritt. Das Gefieder der Hühner- vögel ist derb und straff, oft schön gezeichnet und mit reichen, metallisch glänzenden Farben geziert (Männchen). Die Zahl der Steuerfedern erhebt sich meist über 12 und steigt bis 18 und 20. Die Flügel sind in der Regel kurz und abgerundet. Daher erscheint der Flug schwerfällig; nur die Steppen- hühner fliegen rasch und mit geschickten Wendungen. Die kräftigen, nie- drigen oder mittelhohen Beine sind meist bis zur Fussbeuge, selten bis zu den Zehen befiedert. Oberhalb der hocheingelenkten Hinterzehe findet sich oft am Lauf des Männchens ein spitzer Sporn, welcher dem Thiere als Waffe dient. Die Hühner halten sich vornehmlich auf dem Boden auf, theils in Wäldern, theils auf Feldern, auf grasreichen Ebenen, vom hohen Gebirge an bis zur Meeresküste herab. Zum andauernden Laufen vorzüglich taug- lich, suchen sie ihren Lebensunterhalt auf dem Boden, ernähren sich be- sonders von Beeren, Knospen und Körnern, indessen auch von Insecten und Gewürm; sie bauen auch ihr kunstloses Nest meist auf der flachen Erde oder in niedrigem Gestrüpp, seltener auf hohen Bäumen und legen in das- selbe eine grosse Zahl von Eiern ab. In der Regel lebt der Hahn mit zahl- reichen Hennen vereint und kümmert sich weder um Nestbau, noch um Brutpflege. Sind meist Nestflüchter. Die Hühner erweisen sich als leicht zähmbar und wurden daher sowohl des wohlschmeckenden Fleisches, als der Eier halber schon seit den ältesten Zeiten als Hausthiere nutzbar gemacht. 1. Penelopifortyies, Baumliühner. Fam. Penelopidae. Grosse, hoclibeinige BaumvögeL mit -wohlgeliildeten Schwingen und langem, abgerundetem Schwanz, duixh die Bildung des. ansstülpbaren Penis an die dreizehigen Strausse sich anschliessend. Crax alector L., Hokko, Südamerika. Urax pauxi L. , U. galeata Cuv. , Mexico. Petielope cristata Gm. , Jaku, Brasilien. Meleagris mexicana Gould., Stammform des M. gallopaco, Truthahns. 2. Crypttiri, Steisshühner. Fam. Crypturidae, Tinamus. Schnabel lang, dünn, gerade,. Flügel kurz, Lauf lang. Kurzschwänzig oder ganz ohne Steuerfedern, mit kleiner Hinter- zehe. Sind wie die Strausse Schizognathen , indem die Gaumenbeine vom Vomer und der Mittellinie entfernt bleiben. 4. Ordnung. Columbinae. 853 3. Megapodiifovmes, Grossfusshülmer. Farn. Megapodiidae. Hochbeinige Hühner von mittlerer Grösse, mit kurzem, breitem Schwanz und grossen, stark bekrallten Wandelfüssen, deren lange Hinterzehe in gleicher Höhe mit den Vorderzehen eingelenkt ist. Legen ihre grossen Eier in einen Haufen zusammengetragener Pflanzentheilc, die in Fäulniss gerathen, •oder in Vertiefungen des Sandes. Die Jungen schlüpfen bereits mit dem Federkleide aus dem Ei. Megacephalon maleo Temm., Maleo, auf Celebes. Megapodius iumulus, Fusshuhn, im nordöstlichen Neuholland. 4. PliasianomorpJiae. Farn. Phasianidae, echte Hühner. Der theilweise , besonders in der Wangengegend, unbeliederte Kopf ist häufig mit gefärbten Kämmen, Hautlappen oder Federbüschen geziert und besitzt einen mittellangen, stark gewölbten Schnabel mit kuppig herabgebogener Spitze. Beide Geschlechter sind auffallend verschieden, das männliche grösser und reicher geschmückt. Bewohner der alten AVeit. Gallus hanhiva Temm., Bankivahahn, Sunda-Inselu. Lophophorus refitlgens Temm., Glanzfasan, Himalaya. Phasianus colcldcus L., gemeiner Fasan. Ph. pictus L., Goldfasan. Ph. (Gallophasis) nijcthemerus L., Silberfasan, €hina. Paco cristatus L., Pfau. Argus giganteus Temm., Argusfasan, Malacca, Borneo. 2\umida meleagris L., Perlhuhn, Nordafrika. 5. Tctraoformes. Fam. Tetraonidae , Feldhühner. Der Körper ist gedrungen, der Hals kurz, der Kopf klein und befiedert, höchstens mit einem nackten Streifen über dem Auge. Beine niedrig, meist bis auf die Zehen herab befiedert. Tetrao urogallus L., Auer- liahn. T. tetrix L., Birkhuhn. Bastarde zwischen beiden Arten als T. medius Meyer be- kannt. T. honasia L., Haselhuhn. Lagopus albus Vieill., Moosschneehuhn, Scandinavien. L. alpinus Nilss., Alpenschneehuhn. Perdix cinerea Briss., Eebhuhn. P. saxatüis 31. W., Steinhuhn. P. rubra Temm., Eothhuhn. Cotiir)iix dactißisonans Meyer, AVachtel. Fam. Pteroclidae, Flughühner. Kleine Hühner mit kleinem Kopf, kurzem Schnabel, niedrigen schwachen Beinen, langen, spitzen Flügeln und keilförmigem Schwanz. Die kurz- zehigen Füsse mit hochsitzender, stummeiförmiger Hinterzehe oder ohne die letztere. PterocJes olchata Gray, in Kleinasien und Afrika. Sijrrhaptes paradoxus Pall., Fausthuhn, in den Steppen der Tartarei, seit einigen Jahren im nördlichen Deutschland. 4. Ordnung. Columbinae, Tauben. Nesthocker mit sclmachem, u-eichhäutujem, in der Vingehmg der Xasen- öffnungen blasig aufgetriebenem Schn(d)el , mit mitteUangen zugespitzten Flügeln und niedrigen Spaltßissen. Die Tauben schliessen sich am nächsten den Wüstenhiihnern an, die oft zu den Tauben gestellt werden. Sie sind Vögel von mittlerer Grösse mit kleinem Kopf, kurzem Hals und niedrigen Beinen. Der Sclmabel ist länger als bei den Hühnern, aber schwächer und an der hornigen, etwas aufgeworfenen Spitze sanft gebogen (Fig. 827 Ä-). An der Basis des Schnabels erscheint die schuppige Decke der Nasenöffnungen bauchig aufgetrieben, nackt und weichhäutig. Die massig langen, zugespitzten Flügel befähigen zu einem raschen und gewandten Fluge. Der schwach gerundete Schwanz enthält meist 12, selten 14 oder 16 Steuerfedern. Das straffe Gefieder liegt dem Körper glatt an und zeigt sich nach dem Geschlechte kaum verschieden. Die niedrigen Beine sind nicht zum schnellen und anhaltenden Laufe tauglich und enden mit Spaltfüssen oder Wandelfüssen , deren wohl entwickelte Hinterzehe dem Boden aufliegt. Die Tauben besitzen einen paarigen Kropf, der zur Brutzeit bei beiden Geschlechtern ein rahmartiges Secret zur Aetzung der Jungen absondert, lieber alle Erdtheile verbreitet, halten sie sich 854 paarweise oder zu Gesellschaften vereint mehr in Waldungen auf und nähren sieh fast ausschliesslich von Körnern und Sämereien. Die im Norden lebenden Arten sind Zugvögel, die anderen Strich- und Standvögel. Sie Fig. 835. leben in Monogamie und legen zwei, selten drei Eier in ein kunstlos ge- bautes Nest. Am Brutgeschäft be- tbeiligen sich beide Geschlechter. Die Jungen verlassen das Ei fast ganz nackt, mit geschlossenen Au- genlidern und bedürfen als Nest- hocker geraume Zeit hindurch der mütterlichen Pflege. Fam. Cohimbidae. Schnabel stets ungezähnt mit glatten Rändern. Columha livia L. (Fig. 835), Felstaube, schiefeiblau, mit weissen Deckfedern der Schwanzwurzel, zwei schwarzen Flügelbinden und schwarzer Schwanzbinde. Stammform der zahlreichen CoZwwfta ?mV, nach Naumann. ^^^^^ ^^^, Haustaube. Nistet auf Felsen und Euinen und ist von den Küsten des Mittelraeeres an weit über Europa und Asien verbreitet. C. (Palumhoenas) oenas L. , Holztaube. Palumbus torquatus Leach., Eingel- taube. Ectopistes migratorius L., Wandertaube, Nordamerika. Ttirtur auritus Bp., Turtel- taube. T. risorius Sws. Goura coronata Flem., Krontaube, Neuguinea. Fam. Diduiictilidae. Der comprimirte Schnabel am Unter- kiefer gezähnt, mit hakig über- greifender Spitze. Didunculus sirigirostris Gould., Zahntaube, Samoa- und Schifier-Inseln (Fig. 836). An diese Familie anschlies- send, hat man die ausgestorbenen Dronten, Ineptae, zu den tauben- artigen Vögeln gestellt. Diesel- ben waren zur Zeit Vasco di Gama's auf einer kleinen Insel (Mauritius) an der Ostküste Afrikas und auf den Mascarenen noch häufig, sind aber seit zwei Jahrhunderten aus der Reihe der lebenden Vögel verschwunden. Soweit wir die Erscheinung des Didunculus strlgirosfris. y^^^jg ^^^g ^^^ jj^ q^^^^^ ^^^ Kopenhagen aufbewahrten Resten von Schädel, Schnabel und Beinen und aus älteren Be- schreibungen , insbesondere nach einem im Britischen Museum aufbewahrten Oelgemälde (Copie eines in Holland nach einem lebenden Exemplare angefertigten Originals) beurtheilen können, war der Dodo^) (Didtis inepiusL.) ein unbeholfener Vogel, grösser als der Schwan, Fig. 836. ^) Vergl. R. Owen, Mem. on the Dodo. London 1866. Derselbe, On the Osteology of the Dodo, 2 parts. London 1867—71. 5. Ordnung. Scansores. 855 mit zerschlisseuein Gefieder, kräftigen vierzehigen Scharrfüsseu und starkem tiefgespaltenen Schnabel. 5. Ordnung. Scansores, Klettervögel. Nesthocker mit kräftigem Schnabel, straf cm dunenarmen Gefieder und Kletterfüssen. Man vereint in dieser künstlich begrenzten Ordnung- eine Anzahl ver- schiedenartiger Vogelgrnppen, welche wesentlich nur im Bau der Füsse über- einstimmen und dementsprechend vornehmlich nur zum Klettern befähigt erscheinen, indess auch in der Art dieser Bewegung mehrfach auseinander weichen und in mehreren Familien der Gangvögel ihre nächsten Verwandten haben. Der Schnabel ist überaus kräftig, bald lang, geradgestreckt und kantig, zum Hämmern und Meissein an Bäumen geeignet (Spechte), ^bald kurz und hakig gekrümmt (Papageien), oder von kolossaler Grösse und mit gezähnten Kanten (Tukan). Die Beine enden mit langzehigen Kletterfüssen (Fig. 825 h) , deren Fig. 837. Aussenzehe in einigen Fällen als Wendezehe nach vorne gedreht werden kann, und sind am Laufe selten be- fiedert, häufiger vorne mit Halbgürteln und Schienen , hinten mit Täfelchen besetzt. Die Flügel bleiben verhält- niss massig kurz ; der Schwanz kommt zu- Pteroglossns Aracari (rfegne animal). weilen als Stemmschwanz beim Klettern in Verwendung. Die meisten be- wohnen Waldungen, nisten in hohlen Bäumen und nähren sich von Insecten. ein- zelne aber auch von kleinen Vögeln, andere von Früchten undPflanzenstoft'eu. 1. Grandirostres, Tukane. Farn. Bliaviphastidae, Pfefi'erfresser. Eabenähnliche Vogel mit kolossalem, zalinrandigem Schnabel und fiederspaltiger Hornzunge (Fig. 837). Rham- phastKS toco L., Pteroglossus Aracari 111., Brasilien. 2. Caluri, Glanzvögel. Farn. Trogonidae. Schnabel kurz und stark, mit meist ge- zähnten Eändern und weiter Mundspalte, mit Borsten am Mundwinkel. Gefieder der Männchen mit metallischem Glanz. Trogon curucuili., Brasilien. Calurus resplendens Gould., Central- amerika. Hier schliessen sich die Gattung Galhula und die Bartvögel (Bucco) an. 3. Coccggiformes, Kukuke. Fam. Cuculidae. Mit sanft gebogenem, tief gespaltenem Schnabel, langen, spitzen Flügeln, keilförmig zugespitztem Schwanz und "Wendezehe an den Kletterfüssen. Cuculus canorus L., europäischer Kukuk, sperberartig mit gewelltem Gefieder. Coccijstes glandarius L., Heherkukuk, im südlichen Europa. Hier schliessen sich die Musophagiden a.n. Corgfhaix pjersa L., Guinea. Musopltaga violacea Isert, Westafrika. Bei Colius ist die Aussen- und Innenzehe Wendezehe. 4. Piciformes, Spechte. Fara. Picidae. Kräftig gebaute Klettervögel mit starkem, meisselförmigem, vorne zugespitztem Schnabel ohne Wachshaut, mit quergeschildertem Lauf, 856 C. Ordnung. Passeres. stark bekrallten Füssen und festem Schwanz. Die lange und platte hornige Zunge trägt an ihrem Ende pfeilartig kurze "Widerhaken und kann in Folge eines eigenthümlichen Mechanismus des Zungenbeines weit vorgeschnellt werden. Die Zungenbeinhörner reichen, in weitem Bogen gekrümmt, über den Schädel bis zur Schnabelbasis. Picus martius L., Schwarzspecht, Europa und Asien. P. major li., P. mediusli., P.(Piculus) minor lt., Buntspechte Europas. P. tridac- tijlus L., P. viridis L., Grünspecht. P. canus Gm., Grauspecht. Jynx torquilla L., Wendehals. 5. Psitlaciformes, Papageien. Fam. Psittacidae. Klettervögel der wärmeren Klimate, mit dickem, stark gekrümmtem Schnabel, fleischiger Zunge und kräftigen, kurzläufigen Beinen, deren paarzehige Füsse handartig zum Ergreifen der Nahrung benutzt werden. Der gezähnte Oberschnabel ist an seiner mit dem Stirnbein gelenkig verbundenen Wurzel von einer Wachshaut bedeckt und greift mit langer, hakenförmiger Spitze über den kurzen und breit abgestutzten Unterschnabel über. Die meisten gehören Amerika, viele auch den Molukken und Australien an. Aermer an Papageien sind Polynesien, Neuseeland und Afrika. Plictolophinae , Cacadus. Kopf meist mit beweglicher Scheitelhanbe. PliciolopliKS leucocepltalits Less., goldschöpfiger Cacadu. XijtnjyJiicus Xoiae Hollandiae Gra^-. Cali/pio- rJiynchus galeattts Lath., Helmcacadu, Yan-Diemeusland. Platycercinae, Sittige. Mit massig spitzen, selten abgerundeten Flüg.dn und langem, stufigem Keilschwanz. Sittace militaris L. , Mexico. Palaeornis Älexandri L., Ceylon Melopsittacus undulatus Shaw., Wellenpapagei, Australien. Pezoporus formosus Lath.. Erdpapagei, Australien, Platycercus Pennantii Lath., Australien. Psittacinae. Schwanz kurz abgestutzt oder abgerundet. Psittacus erithacus L., Jaci, Westafrika. Psittacula passerina L., Zwergpapagei, Brasilien. Trichoglossinae, Loris. Zungenspitze pinselförmig, mit federförmigen Hornpapillen. Trichoylossus ^^opu^nsis L., Neuguinea. Nestor meridionalis L., Neuseeland. Strinyopinae, Nachtpapageien. Von Eulen-ähnlichem Habitus, mit halbem Feder- schleier. Strinyops hahroptilus Gray, Neuseeland. 6. Ordnung. Passeres (Insessores), OaiigTögel. Xesthocker mit hornigem, der WachsJiaut entbehrendem Sehnabel, ge- täfeltem oder gestiefeltem Laufe, mit Wandel-, Schreit- oder Klammerfüssen, hCmfig mit SivgmmheJap})arat. Die Vögel, welche wir in dieser iimfangreiclien Ordnung zusammen- fassen, haben hei einer geringen Dnrchsehnittsgrösse und einer überaus verschiedenen Schnabelform ein treffliches Flugvermügen , bewegen sich hüpfend, seltener schreitend auf dem Erdboden und halten sich vorzugsweise auf Bäumen und im Gesträuch auf. Gewöhnlich werden sie nach dem Be- sitze eines Singmuskelapparates in zwei Ordnungen gesondert : als Oscines oder Singvögel und Clamatores oder Schreivögel, eine Trennung, die umso künstlicher erscheint, als sich in beiden Gruppen die nämlichen Typen der Schnabelform und gesammten Körpergestaltung wiederholen. Zu minder künstlichen Gruppen dürfte die Verwerthung der Schnabelform führen. Die bei weitem meisten Gangvögel leben in Monogamie, oft in Schwärmen und Gesellschaften vereinigt , viele bauen überaus kunstreiche Nester und sind Zugvögel. 1. Levirostres, Leichtschnäbler. Schreivögel mit grossem, aber leichtem Schnabel, kurzen schwachen Beinen und Schreit- oder Spaltfüssen, die zum Umklammern von Zweigen geeignet sind. Tenuirostres. Fissirostres. 857 Farn. Buceridae, Nashornvögel. Eaben-ähnliche Vögel von bedeutender Grösse, mit kolossalem, überaus leichtem, gezähneltem und abwärts gekrümmtem Schnabel und korn- artigem Aufsatz am Grunde des Oberschnabels. Bucorvus abi/ssinicus Gm., Buceros r?ii- noceros L., Sumatra. Farn. Halcyonidae, Eisvögel. Mit grossem Kopf und langem , gekieltem , kantigem Schnabel, verhältnissmässig kurzen Flügeln und kurzem Schwanz. Läufe niedi'ig, mit Schreitfüssen. Alcedo ispida L., Europa. Ceryle rudis L., Graufischer, Afrika. Dacelo gigas Glog., Australien. Yam. 3Ierojndae , Bienenfresser. Mit langem, sanft abwärts gebogenem und com- primirtem Schnabel, buntem Gefieder und schwachen Beinen. Flügel zugespitzt, mit langen Deckfedern. Meroj^s apiaster L., südliches Europa. Farn. Coracidae , Racken. Grosse, schön gefärbte Vögel, mit scharfrandigem , tief gespaltenem und an der Spitze übergebogenem Schnabel, langen Flügeln und Spaltfüssen. Coracias garrtila L., Blauracke, Mandelkrähe. 2. Temiirostres^Dihmschnabler. Schreivögel und Singvögel mit dünnem, langem Schnabel mid Wandel- oder Spaltfüssen mit langer Hinterzehe. Fam. Upupidae, "Wiedehopfe. Schön gefärbte Schreivögel mit langem, seitlich com- primirtem Schnabel, kurzer, dreieckiger Zunge und langen, stark gerundeten Flügeln. Upupa epops L., Wiedehopf. Fam. Trochilidae, Kolibris. Die kleinsten aller Vögel, mit buntem, metallglänzendem, oft schillerndem Gefieder und zierlichen Wandel- oder Spaltfüssen. Der lange pfriemen- förmige Schnabel stellt durch die überragenden Ränder des Oberschnabels eine Röhre dar, aus welcher die bis zur Wurzel gespaltene lange Zunge vorgeschnellt werden kann. Eliani- phodon naevius Less. , Brasilien. Phaeiliornis supercüiosus Sws., Brasilien. Trochilus colubris L., Lophornis magnifica Pp., Brasilien. Fam. Meliphagidae, Honigsauger. Kleine prachtvoll gefärbte Vögel von gedrungenem Köi-perbau, mit Singmuskelapparat, mit gestrecktem, sanft gebogenem Schnabel, hoch- läufigen Beinen, mittellangen Flügeln und langem Schwanz. 3IelipJiaga auricornis Sws., Australien. Nectarinia fainosa 111., N. (Cinnijris) spUndida Cuv., Südafrika. Fam. Certhiadae, Baumläufer. Singvögel mit langem, wenig gebogenem Schnabel, spitzer Hornzunge, getäfeltem Lauf und langer, scharf bekrallter Hinterzehe. Certhia familiaris L., Baumläufer. Tichodroma mnraria HL, Mauerläufer. 3. Fissirostres, Spaltschnäbler. Mit kurzem Hals, abgeflachtem Kopf und tief gespaltenem Schnabel (Fig. 827 3), mit langen, spitzen Flügeln und schwachen Wandel- oder Klammerfüssen (Fig. 825 a). Sie fliegen über- aus schnell und gewandt und fangen ihre Nahrung, insbesondere Fliegen, Netzflügler und Schmetterlinge, im Fluge mit geöffnetem Schnabel. Leben vornehmlich in wärmeren Klimaten. Fam. Hirundinidae, Schwalben. Kleine , zierlich gestaltete Singvögel mit breitem, dreieckigem, an der Spitze zusammengedrücktem Schnabel, neun Handschwingen und langem Gabelschwanz. Sind über alle Erdtheile verbreitet und fertigen als „Kleiber" ein kunst- volles Nest. Die europäischen überwintern in Mittelafrika. Hirundo L., Schnabel kurz, drei- seitig. Lauf nackt. Erste und zweite Schwinge gleich lang. H. rustica L., Rauchschwalbe. H. {Chelidon Boie. Lauf befiedert) urbica L., Hausschwalbe. H. {Coiyle Boie. Nasenlöcher frei, Schwanz wenig ausgeschnitten, massig lang) riparia L., Uferschwalbe, nistet in selbstgegra- benen Erdlöchern am Ufer. H. rupesiris Scop., Felsenschwalbe, südliches Frankreich. Fam. CgpseUdae Segler. Schwalben-ähnliche Schreivögel mit schmalen, säbelförmig gebogenen Flügeln, kurzen befiederten Läufen und stark bekrallten Klammerfüssen, zu- weilen mit nach innen gerichteter Hinterzehe. Collocalia esculenta L., Salangane in Ost- indien. Cgpselus apus L., Thurmschwalbe. C. melba L. (alpinus), Alpenschwalbe. 858 Dentirostres. Fam. Caprimulgidae, Nachtschwalben, Ziegenmelker. Schreivögel mit kurzem, un- gemein flachem, dreieckigem Schnabel, von Lerchen- bis Rabengrösse, mit weichem, eulen- artigem, nach Art der Baumrinde gefärbtem Gefieder. Die Beine sind sehr schwach und kurz, am Fasse richtet sich die Hinterzehe halb nach innen, kann aber auch nach vorne gewendet werden. Die Mittelzehe ist lang und trägt zuweilen eine kammförmig gezähnelte Kralle. Leben vorzugsweise im Walde und nähren sich insbesondere von Nachtschmetter- lingen, die sie während des raschen, leisen Fluges mit offenem Rachen erbeuten. Sie legen in der Regel zwei Eier auf dem flachen Erdboden. Cayrimulgus L. Mundspalte bis dicht unter die Augen reichend. Rand des ungezähnten Schnabels von steifen Borsten eingefasst. C. europaeus L., Ziegenmelker. C. ruficollis Temm., in Spanien. 4. Dentirostres, ZahnschnähUr. Vorwiegend Singvögel mit verschieden gestaltetem, oft pfriemenförmigem, zuweilen schwach gebogenem Schnabel, dessen Oberschuabel an der Spitze mehr oder minder ausgeschnitten ist. An den mittellangen Flügeln verkümmert die erste der zehn Handschwingen, kann auch wohl ganz fehlen. Fam. Corvidae, ßaben. Schnabel stark und dick, vorne etwas gekrümmt und leicht ausgebuchtet. Corvus ^^^" ^ corax L. , Kolkrabe. C. cornix L. , Nebel- krähe. C. corone L., Rabenkrähe. C. fru- (jileyus L., Saatkrähe, C. monedula L., Dohle. Pica caudata Ray, Elster. Garridus ylandarius L. Eichel- heher. On'olus gal- bula L., Pirol. Fam. Paradi- seidae, Paradiesvögel. Mit sanft gebogenem, comprimirtem Schna- bel. Füsse sehr stark und grosszehig. Die beiden mittleren Steu- erfedern oft faden- förmig verlängert und nur an der Spitze mit kleiner Fahne. Männ- chen mit Büscheln zerschlissener Federn an den Seiten des Körpers und auch am Hals und Brust. Paradisea apoda L., Cincin- nurus regius L., Neuguinea (Fig. 838). Fam. Sturnidae, Staare. Singvögel mit geradem oder wenig gebogenem , starkem Schnabel, dessen Spitze selten auch nur schwach eingekerbt ist, ohne Bartborsten. Sturnus vulgaris L., der gemeine Staar. Pastor roseus Temm., Staaramsel. Buphaga africana L., Madenhacker. Hier schliessen sich der Trupial (Icterus jamacai Daud.), Brasilien, femer die Cotingiden, Schmuckvögel, an: Pipra aureola L., Cayenne, Rupicola crocea Bp., Süd- amerika, und Cotinga cayana Geoffr., Cayenne. Cincinnurus regius, Weibchen und Männchen. Conirostres. 859 Fam. Lanidae, "Würger. Grosse kräftige Singvögel mit hakig gebogeuem, stark ge- zälintem Schnabel, starken Bartborsten und massig hohen, scharf bekrallten Füssen. Lantus excubitor L., grosser Würger. L. minor L., schwarzstirniger Würger. L. rufus Briss., roth- köpfiger Neuntödter. L. collurio L., Neuntödter. Fam. Muscicapidae, Fliegenfänger. Schnabel kurz, an der Basis breit und nieder- gedrückt, vorne etwas comprimirt, mit liakiger eingekerbter Spitze. Muscicapa grisola L., -V. atricapilla L., M. collaris Bechst. (albicollis). Bombijcilla yarrula L., Seidenschwanz. Fam. Paridae, Meisen. Kleine, schöngefärbte und überaus bewegliche Sänger von gedrungenem Körperbau, mit spitzem, kurzem, fast kegelförmigem Schnabel. Parus ma- jor L., Kohlmeise. P. ater L., Tannenmeise. P. coernleus L., Blaumeise. P. cristattis L., Haubenmeise. P. palustris L., Sumpfmeise. P. caudatus L. , Schwanzmeise. Äegithalits pendulinus L., Beutelmeise. Panurus harhatus Briss., Bartmeise, Holland, Südfrankreich. Sitta europaea L., Kleiber. Fam. Motacillidae, Bachstelzen. Ki'irperbau schlank. Schnabel ziemlich lang, an der Spitze eingeschnitten. Anthus i}raiensis'&^(A\ai., Wiesenpieper. Moiacilla alba L., M.Jlarah., M. sulpliurca Bechst., Accentor alpinus Bechst., Alpeuflüevogel. Fam. Sijlviadae, Sänger. Kleine Singvögel mit pfriemenförmigem Schnabel und vorne getäfeltem Lauf. Sylvia nisoria Bechst., Sperbergrasmücke. S. atricapilla Lath., Mönch- grasmücke. S. Iiorfensis Lath., Gartengrasmücke. P/i>/llopneuste hi/polais Bechst., Garten- sänger oder Bastardnachtigall. Calamoherpe turdoides Meyer, Rohrsänger. Troglodt/ies par- r 1(1 US Koch, Zaunkönig. JRegulus cristafus Koch, E. ignicajnllus 'Naum., Goldhähnchen. Fam. Turdidae, Drosseln. Mit massig langem, etwas comprimirtem , vor der Spitze leicht gekerbtem Schnabel (Fig. 827 d), an dessen Grunde kurze Bartborsten aufsitzen. Die Beine sind hochläutig und mit einer vorderen und zwei seitlichen Schienen bekleidet, ge- stiefelt. Cindus aquaticus Bechst. , Wasseramsel. Luscinia philomela Bechst. , Sprosser oder grosse Nachtigall, im östlichen Europa. L. luscinia L., Nachtigall. L. suecicaL., Blau- kehlchen. L.rubiculaL., Eothkehlchen. Turdus pilaris Jj., Krammetsvogel. T. musicusL., Singdrossel. T. iliacus L., Weindrossel. T. viseivorus L., Misteldrossel. T. torquatus L., Eingeldrossel. T.7nerulaL., Schwarzamsel. T. saxatilisL., Steindrossei. T. migratoriusL., Wanderdrossel. T. cganusli., Blaudrossel. Mimus polgglottusBoie, Spottdrossel, Nordamerika. Den Drosseln schliesst sich in der Schnabelform ein grosser neuholländischer Vogel an, der LeicrschAvanz, Mentira stiperba Dav. 5. Conirostres^ Kegelschnühler, SperUngsvögeJ. Öingvögel von geringer Grösse, mit dickem Kopf und kräftigem Kegelsclinabel (Fig. 827 c), mit kurzem Hals, mittellangen Flügeln und Wandelfüssen. Der niedrige Lauf ist vorne getäfelt. Ernähren sich von Körnern und Sämereien, Beeren und Früchten, verschmähen aber auch lusecten nicht. Fam. Alaudidae, Lerchen. Von erdfarbenem Gefieder, mit mittellaugem Schnabel, langen, breiten Flügeln und kurzem Schwanz. Alauda arvcnsis L., Feldlerche. A. arbo- rea L., Halden- und Baumlerche. A. crisiata L., Haubenlerche. A. alpestris L., Berg- oder Alpenlerche. A. calandra L., Kalanderlerche, Südeuropa. F&m. Fringillidae , Finken. Mit kurzem, dickem Kegelschnabel ohne Kerbe, aber mit basalem Wulst. Emberiza ciirinella L., Goldammer. E. cia L., Zippammer. E. nivalis L., Schneeammer. Fringilla coelebs L., Buchfink. F. spinus L., Zeisig. F. linota Gm., Blut- hänfling. F. carduelis L., Distelfink. Passer domesticus L., Haussperling. P. montamts L., Feldsperling. P. chloris L. , Grünling. Coccothraustes vidgaris Fall., Kirschkernbeisser. Cardinalis virginianus Bp. Pyrrhula vulgaris Briss., Dompfaff. P. canaria L., Canarien- vogel. Loxia curvirostra Gm., Fichtenkreuzschnabel. 7am. Ploceidae , Weber. Bauen beutelfurmige Nester. Leben in Afrika, Ostindien, und Australien. Ploceus textor Gray, PI. socius Gray. öoO "• Ordnung. Baptatores. 7. Oidnuug. Raptatores, Raubvögel. Kräftig gehaute Vögel mit gekrümmtem, an der Spitze hakig übergreifendem Schnabel und stark bekrallten Sitzfüssen, vornehmlich von Warmblütern lebend. Die Raubvögel cbarakterisiren sich bei kräftigem Körperbau vor- nehmlich durch die hohe Entwicklung der Sinnesorgane, sowie durch die besondere Ausbildung des Schnabels und der Fussbewaffnung. durch welche sie zu der ihnen eigenthümlichen Lebensweise befähigt werden. Schnabel an der comprimirten Wurzel von einer weichen, die Nasenöffnung um- schliessenden "Wachshaut bekleidet, die schneidenden Ränder und die hakig herabgebogene Spitze des Oberschnabels überaus hart und hornig. Die starken Zehen, von denen die äussere zur Wendezehe werden kann, sind mit überaus kräftigen Krallen bewaffnet, welche die bis zur Fussbeuge, selten bis zu den Zehen befiederten Sitzfüsse zum Fangen der Beute ge- eignet machen. Vor der Verdauung erweichen sie die aufgenommene Speise im Kropf, aus dem sie die zusammengeballten Federn und Haare als „Ge- wölle" ausspeien. In der Regel brütet das Weibchen allein, dagegen be- theiligt sich das Männchen an der Herbeischaffung der Nahrung für die hilflosen Jungen. Einige Eulen- und Falkengattungeu sind Kosmopoliten. Fi» 839 ^' Cfrnppe. Naclitraubvögel. Farn. Strigidae, Eulen. Mit grossen, nach vorne gerichteten Augen, die von einem Kranze steifer Federn zuweilen schleierartig umstellt sind, und starkem, von der Wurzel an abwärts gebogenem, hakigem Schnabel. Ohr meist mit häutigem Ohrdeckel und äusserer Hautfalte, auf der sich die Federn nach Art einer Ohr- muschel gruppiren können. Strix flammea L., Schleiereule (Fig. 839). Sijrnimn aluco L., Waldkauz. Oiiis vulgaris L., Ohreule. 0. hrachyotus Gm., Sumpfohreule. Biiho i?iaximus Sibb., rhu. Ephialtes scops L., Zwergohreule, Südeuropa. Surnia passer'ina Blas., Sperlingseule. Ngctea m'vea Dana., Kopf von strix flammea. Schneeeule. 2. Gruppe. Tagraubvögel. Farn. Vuliuridae, Geier. Raubvögel von bedeutender Körper- grösse, mit langem, geradem, nur an der Spitze herabgebogeuem Schnabel. Nasen oft durch- gängig (Caihartes). Kopf und Hals bleiben oft grossentheils nackt, der Kopf trägt zuweilen lappige Hautanhänge, der Nacken wird oft kragenartig von Flaumen und Federn umsäumt. Sarcorhamphus grijphiis Geoff., Condor. S. papa Dum., Königsgeier, Südamerika. Cathartes aiira Hl., C. afraf;/.? Baird., Aasgeier, Südamerika. Neophron percnopteriis ^av., egyptischer Aasgeier. Vultur cinereus Gm. (monachus L.), Südenropa. Ggj^s fidvus Briss., Gijpaetus barbatiis Cuv., Bartgeier, Lämmergeier, südliches Europa. Tam. Acdjnfridae = Falconidae , Falken. Süt kürzerem und meist gezähntem Schnabel (Fig. 827 e) , befiedertem Kopf (selten mit nackten Wangen) und Hals. Läufe mittelhoch, zuweilen befiedert. Aqiiila chrgsaetos L., Goldadler, Süddeutschlaud. A. ijyiperialis Kais. Blas., Königs- adler, Südeuropa. A. flava M. W., Tirol. ^. «cref/a Briss., Schreiadler. Haliaetus albicilla Briss. {ossifragus L.), Seeadler, Europa, Nordafrika. Pandion haliaetos Cuv., Flussadler, nördliche Erdhälfte. MÜL-tcs regalis Briss., Gabelweihe oder rother Jlilan , jagt anderen Raubvögeln die Beute ab und greift nur kleine Thiere, vde Hamster, Maulwürfe und Mäuse an. M. ater Daud., schwarzbrauner Milan. II Ratitae. 1. Ordnung. Struthiomorphi. 861 Btiteo rulf/aris L., Mäusebussard. B. lagopus L., Eauclifussbnssard. Perms aphorus Cuv., Wespenbussard. Astur palumharius L., Hühnerliabiclit, Nisiis communis Cuv., Sperber. Falco tinnunculus L., Thurmfalk. F. rufijyes Bes., Rothfussfalk. F. peregrinus L., Wanderfalk. F. candicans Gm. = gyrfalco L., Jagdfalk. Circus rufus L. (aeruginosus), Rohrweihe. C. cyaneus L., Kornweihe. Fam. Gijpogeranidae. Korper schlank mit langem Hals, langen Flügeln und Schwanz und stark verlängerten Läufen. Schnabel mit ausgedehnter Wachshaut, seitlich comprimirt, stark gebogen. Gypogeranus scrj^entarius 111. , Secretär mit Federbusch , fliegt schlecht, läuft gut, lebt von Schlangen. Afrika. II. Ratitae. Flugunfähige Vögel ohne Brustbeinkamm und ohne feste Schvvung- und Steuerfedern. 1. Ordnung. Struthiomorphi. Von bedeutender Köj-pcrfjrössc, mit dre'tzehiyen^ ausnahmsweise zwci- zeh igen Lauffüssen. Die Strausse, die Riesen unter den Vögeln der gegenwärtigen Thier- welt , besitzen einen breiten und flachen , tiefgeschlitzten Schnabel mit stumpfer Spitze, einen relativ kleinen, zum Theil nackten Kopf, einen langen, wenig befiederten Hals und hohe, kräftige Laufbeine. Im Zusammenhange mit der Verkümmerung der Flügelknochen prägen sich im Skeletbau Eigen- thümlichkeiten aus, welche diese Vögel als ausschliessliche Läufer charak- terisiren. Fast sämmtliche Knochen erscheinen schwer und massig, mit sehr reducirter Pneumaticität. Das Brustbein stellt eine breite, wenig gewölbte Platte dar, an welcher der Brustbeinkamm vollständig fehlt. Ebensowenig kommen die Schlüsselbeine des Schultergerüstes zur Entwicklung. An den Rippen sind die Processus uncinati rudimentär oder fehlen ganz. Das Ge- fieder bekleidet den Körper mit Ausschluss nackter Stellen am Kopfe, Hals, Extremitäten und Bauch ziemlich gleichmässig, ohne eine gesetzmässige Anordnung von Federfluren darzubieten, und nähert sich in seiner beson- deren Gestaltung mehr dem Haarkleide der Säugethiere (Casuar). Während die Dunenbekleidung sehr reducirt ist, nehmen die Lichtfedern durch ihren biegsamen Schaft und weiche, zerschlissene Fahne einen mehr dunenartigen Habitus an, oder erscheinen haarartig und stratf mit borstenförmigen Strahlen, oder zuweilen , wie in den Flügeln der Casuare, stachelförmig. Fam. Struthionidae , zweizehige Strausse. Mt nacktem Kopf und Hals , geschlos- senem Becken und langen , ganz nackten , zweizehigen Beinen (Fig. 825 Ji). Sie sind Be- wohner der Steppen und Wüsten Afrikas, leben gesellig und in Polygamie. Stridhio camelus L., zweizehiger Strauss. Fam. Rhcidae, dreizehige Strausse. Mit theilweise befiedertem Kopf und Hals, drei- zehigen Füssen. Bewohner Amerikas und Neuhollands. Bhea amerkana Lam., Nandu. Fam. Casuaridae, Casuare. Mit höherem, fast compressem Schnabel und meist helm- artigem Knochenhöcker des Kopfes, kurzem Hals und niedrigen dreizehigen Beineu. iJro- maeus Xocae Hollandiae Gray. Casuarius galeaius Vieill., Helmcasuar, Neuguinea. 862 2. Ordnung. Apterygi 2. Ordnung. Apterygii. Unter den Land-bewohnenden Vögeln ist die Verkümmerung der Flügel ausser den Straussen einer Anzahl höchst absonderlich gestalteter Vögel eigenthümlich, welche untereinander so wesentlich abweichen, dass sie in mehrere Ordnungen gesondert zu werden verdienen. Dieselben ge- hören vorzugsweise Neuseeland, sodann Madagascar und den Mascarenen an, sind jedoch theilweise aus der lebenden Thierwelt, und zwar nach- weisbar erst in historischen Zeiten verschwunden. In den unbewohnten, waldreichen Gegenden der Nordinsel von Neu- seeland lebt heute noch, obwohl mehr und mehr dem Aussterben nahe, ein höchst absonderlicher Vogel, der Kiwi {Apte^-yx MantcUi = australis Shaw), ^. „,„ den man zuweilen den Straussen Flg. 840. 1 , ry anreiht und als Zwergstrauss bezeichnet. Eine zweite Art desselben Geschlechtes (A. Oivenü) (Fig. 840) gehört der Südinsel an, auf welcher auch noch eine grössere Form (Roa- roa) vorkommen soll, die man als dritte Art {A. maxima Verr.) unterschieden hat. Der Körper dieser Vögel (Apterygidae), etwa von der Grösse eines starken Huhnes, ist ganz und gar mit langen, locker herab- hängenden, haarartigen Federn bedeckt, welche die Flügel- stumrael vollständig verdecken. Die kräftigen, niedrigen Beine sind mit Schildern bekleidet, die drei nach vorne gerichteten Zehen mit Scharrkrallen bewaffnet, die hintere Zehe kurz und vom Boden erhoben. Der von einem kurzen Halse getragene Kopf läuft in einen über- aus langen und rundlichen Schnepfenschnabel aus , an dessen äusserster Spitze die Nasenöffnungen münden. Die Kiwis sind Nachtvögel , die sich den Tag über in Erdlöchern versteckt halten und zur Nachtzeit auf Nahrung ausgehen. Sie ernähren sich vonlnsectenlarven und Würmern, leben paarweise und legen zur Fortpflanzungszeit, wie es scheint, z,weimal im Jahre, ein auffal- lend grosses Ei, welches in einer ausgegrabenen Erdhöhle vom Weibchen, nach Anderen vom Männchen und Weibchen abwechselnd bebrütet werden soll. Eine zweite, als besondere Ordnung zu trennende Gruppe von flugun- fähigen Landvögeln Neuseelands umfasst grossentheils ausgestorbene Formen, die eine riesige Körpergrösse (bis 10 Fuss hoch) erreichten, die Riesenvögel Apterijx Owenii. V. Classe. Mammalia. 863 (Dinornithiformes). Von plumpem, unbeholfenem Baue und unfähig, sich vom Boden zu erheben, waren sie nicht im Stande, den Nachstellungen der Neu- seeländer Widerstand zu leisten. Von einigen sind Reste aus dem Schwemm- land bekannt geworden, von anderen aber noch reccntc Knochen aufgefunden, so dass die Coexistenz dieser Thiere mit dem Menschen nicht bezweifelt werden kann. Auch weisen die Sagen der Eingeborenen von dem Riesen Moo und mehrfache Funde von Eierfragmenten in Gräbern darauf hin, dass die Riesenvijgel noch in historischen Zeiten gelebt haben, wie andererseits Entdeckungen der jüngsten Vergangenheit sogar die gegenwärtige Existenz kleinerer Arten wahrscheinlich gemacht haben. Insbesondere wurden neuer- dings beim Durchforschen der Bergketten zwischen dem Rewaki- und Tabakaflusse Fussspuren eines ungeheuren Vogels entdeckt, dessen Knochen aus dem vulkanischen Sande der Nordinsel bereits bekannt waren. Von den riesengrossen Arten {Palapteryx ingcns — Dinornis giganteus, elephanto- '])us etc.) ist es theilweise gelungen, aus den gesammelten Knochen die Skelete vollständig zusammenzusetzen. Stets fehlen jedoch an denselben die Flügel- knochen, die trotz der zahlreichen seither gemachten Funde bislang nicht be- kannt geworden und in keiner der Abhandlungen Owen's beschrieben sind. Auch auf Madagascar hat man im Alluvium Stücke von Tarsalknochen eines Riesenvogels {Aepyornis maximiis, Vogel Ruc, Marco Polo) und im Schlamme wohlerhaltene kolossale Eier entdeckt, deren Inhalt ungefähr 150 Hühnereier umfasst hal)en mag. Man hat für diese Vögel eine be- sondere Ordnung (Aepyornithiformes) aufgestellt. V. Classe. Mammalia 0, SäugetMere. Behaarte, meist tierheinige Warmblüter, ivelche lebendige Junge gebären und diese mittelst des Secretes von Milchdrüsen aufsäugen. Den Vögeln gegenüber sind die Säugethiere durch die gleichmässige Gestaltung beider Extremitätenpaare vornehmlich zum Landaufenthalt be- fähigt. Indessen treffen wir auch hier Formen an, welche in verschiedenem Grade dem Wasserleben angepasst sind, ja sogar ausschliesslich das W^asser bewohnen, oder als Flatterthiere in der Luft sich bewegen und hier ihre Nahrung; finden. ^) Job. Ch. D. V. Schreber, die SäugetMere in Abbildungen uacb der Natur mit Bescbreibungen, fortgesetzt von Job. Andr. Wagner. Bd. I— VII und Suppl. I— V. Er- langen und Leipzig 1775—1855. E. G. St. Hilaire et Fred. Cuvier, Histoire naturelle des Mammiferes. Paris 1819 — 1835. C. J. Temmink, Monographie da mammalogie. Leiden 1825—1841. E.Owen, Odontograpby. 2 Vol. London 1840— 1845. Blasius, Die Säuge- thiere Deutschlands, 1875. G. Giebel, Die Säugethiere in zoologisch-anatomischer und paläontologischer Hinsicht. Leipzig 1850. A. E. Brehm, Illustrirtes Thierleben. I, II u. III. And. Murray, The geographica! distribution of mammalia. London 1866. Vergl. ferner die zahlreichen Arbeiten über fossile Säugethiere von 0 w e n , Gaudry, Cope, Marsh, W. Ko- walevsky, Rutimeyer, Schlosser etc. 864 Maramalia. Körperbau. Haare. Talgdrüsen. Schweissdrüsen. Dasselbe, was die Befiederung für die Vögel, ist das Haarkleid fiir die Säiigethiere (von Oken „Haarthiere" genannt). Obwohl die kolossalen Wasserbewohner und die grössten Landthiere der Tropen nackt zu sein scheinen, so fehlen doch auch hier die Haare nicht an allen Stellen, indem z. B. die Cetaceen wenigstens an den Lippen kurze Borsten tragen. Auch das Haar (Fig. 841) ist eine Epidermoidalbildung und erhebt sich mit zwiebelartig verdickter Wurzel (Haarzwiebel) auf einer gefässreichen Papille (Pulpa) im Grunde einer von der Oberhaut bekleideten Einstülpung der Cutis (Haarbalg), während sein oberer Theil, der Schaft, frei aus der Ober- fläche der Haut herv' orragt. Nach der Stärke und Festigkeit des Haarschaftes unterscheidet man Licht- oder Fig. 841. ^/^^^J!|fei=5 Stichelhaare und Wollhaare. Die letzteren sind zart, gekräuselt und umstellen in grösserer oder gerin- gerer Zahl je ein Stichelhaar. Je feiner und wärmeschützender der Pelz, umso bedeutender wiegen die Wollhaare vor (Winterpelz). Die Stichelhaare werden durch bedeu- tendere Stärke zu Borsten, welche wiederum durch fortgesetzte Dieken- zuuahme in Stacheln übergehen (Igel, Stachelschwein). An den stärkeren Haaren heften sich glatte Muskeln den Bälgen der Unterhaut an, durch welche jene einzeln be- wegt werden, während die quer- gestreifte Hautmuskulatur ein Sträu- ben des Haarkleides und Empor- richten der Stacheln über grössere Hautflächen veranlasst. Auch kann die Epidermis sowohl kleinere Hornschuppen, als grosse, dachziegelartig übereinandergreifende Schuppen bilden, erstere am Schwänze von Nage- thieren und Beutlern, letztere auf der gesammten Rücken- und Seitenfläche der Schuppenthiere, welche durch diese Art der Epidermoidalbekleidung einen hornigen Hautpanzer erhalten. Eine andere Form des Hautpanzers entsteht durch Ossification der Cutis bei den Gürtelthieren, deren Hautknochen aneinandergrenzende Platten, sowie in der Mitte des Leibes breite, verschiebbare Knochengürtel darstellen. Zu den Hautverknöcherungen gehören ferner die periodisch sich erneuernden Geweihe der Hirsche, zu den Epidermoidalbildungen die Hornscheiden der Cavicornier , die Hörner der Rhinoceren, sowie die mannigfachen Horn- bekleidungen der Zehenspitzen, welche als Plattnägel (Unfjuis lamnaris), Schnitt durch die Kopfhaut des Menschen, Ep Epider- mis. Vq Querzüge des Cutisbindegewebes, XJl Längs- züge desselben, H Haar, Hz Haarzwiebel, P Papill« des Haares, if6 Haarbalg, Ma Musculus arrector pili. T Talgdrüsen, SD Schweissdrüsen, F Fettkörper. Hantdrüsen. Skelet. 865 Kuppnägel (U. teyularis) , Krallen (Fulcula) und Hufe (Umjula) unter- schieden werden. Als Hautdrüsen haben die acinüsen Talgdrüsen und die tuhulösen Schwclssdrüsen eine f^rosse Verbreitung (Fig. 841). Jene sind ständige Be- gleiter der Haarbälge, finden sich aber auch an nackten Hautstellen und sondern eine fettige Schmiere ab, welche die Hautoberfläche weich erhält. Die Schweissdrüsen zeigen die Form eines knäuelartig verschlungenen Drüsencanals mit spiralgewundenem Ausführungsgang und werden nur selten vermisst (Cetaceen, Mus, Talpu). Bei zahlreichen Säugethieren kommen noch an verschiedenen Hautstellen grössere Drüsen mit stark riechenden Secreten vor, welche meist auf moditicirte Talgdrüsen, seltener auf Schweissdrüsen zurückzuführen sind. Dazu gehören z. B. die Oceipitaldrüsen der Kameele, die in Vertiefimgen der Thränenbeine liegenden Schmierdrüsen von Cervus, Fig. 842. Schädel einer Ziege in seitlicher Ansicht. 0/ Occipitale laterale, CCondylus, Pm Processus paramastoideus, Os Occipitale snperius, Sg Squamosum, Ti/ Tympanicum, Pe Petrosum, Pa Parietale, Pr Frontale, La La- crymale, Na Nasale, Fo Foramen optieum, Mx Maxillare, Jmx Intermaxillare, Ju Jugale, Pal Palatinum, Pt Pterygoideum, Bs Basisphenoid. Antilope, Ovis, die Schläfendrüse der Elephanten, die Gesiehtsdrüsen der Fledermäuse, die Klauendrüsen der Wiederkäuer, die Seitendrüsen der Spitz- mäuse, die Sacraldrüse von Dicotyhs, die Drüsen am Schwänze des Desman, die Cruraldrüsen der männlichen Monetremen etc. Am häufigsten finden sich dergleichen Absonderungsorgane in der Nähe des Afters oder in der Inguinalgegend und liegen dann oft in besonderen Hautaussackungen, wie z. B. die Analdrüsen zahlreicher Raubthiere , Nager und Edentaten , die Zibethdrüsen der Yiverren , der Moschusbeutel von Moschus nwschiferus, die Bibergeilsäcke an der Vorhaut des männlichen Bibers. Das Skelet wird durch schwere, markhaltige Knochen gebildet, und nur in einzelnen Schädel- und Gesichtsknochen kommen pneumatische Höhlen vor. Der Schädel (Fig. 842) erscheint als geräumige Kapsel, deren Knochen- C. Claus: Lehrbuch der Zoologie. C. Anfl. 55 866 Mammalia. Schädel. Stücke nur ausnahmsweise frühzeitig fSehnabelthier) verschmelzen, in der Regel aber zeitlebens grösstentheils durch Nähte gesondert l)leiben. Freilich gibt es Fälle genug, in denen am ausgewachsenen Thiere die Nähte theil- weise oder sämmtlich verschwunden sind (Atfen, Wieselj. Die umfangreiche Ausdehnung der Schädelkapsel wird nicht nur durch bedeutende Grösse des Schädeldaches, sondern auch dadurch erreicht, dass die seitlichen Schädel- knochen an Stelle des Interorbitalseptums sich bis in die Ethmoidalgegend nach vorne hin erstrecken. So kommt es, dass das Etkmoideum (Lam'ina cribrosa) zur Begrenzung der vorderen und unteren Partie des Schädels ver- wendet wird (Fig. 843). Auch die TemporcükwoohQw nehmen wesentlichen Antheil an der Schädelbegrenzung, indem nicht nur das Petrosum und ein Theil des Mastoidcum, sondern auch das grosse Squcwiosion die zwischen ÄUsphenoid und den Seitentheilen des Hinterhauptes bleibende Lücke aus- Fiff. 843. Pm Pe Schöpsenschädel, median durchsägt, von innen gesehen. 06 Occipitale basale, O? O. laterale, O.s- O .«ujjerius, Pe Petrosum, SjA Basisphenoideum, Ps Praesphenoideum, Als Alisphenoideum , Ors Orbitosphenoideum. Pa Parietale, Fr Frontale, Sf Sinus frontalis, Eth Ethmoideum, JVo Nasale, C Conchae ethmoidales, O' Concha inferior (Os turbinatum), Pt Pterygoideum, Pal Palatinum, Vo Tomer, Mx Maxillare, Jmx Intermaxillare, Pm Processus paramastoideus. füllen. Ueberall articulirt das Hmtc7'lmiiptshehi auf dem ersten Halste irbel mit zivei GehnJchöckern und zeigt häufig an den Seitentheilen (Occi2)itaUa lateralia) jederseits einen pyramidalen Fortsatz (Pr. juc/idaris oder 2>'i''C(- mastöideus). Häutig erhalten sich vorderer und hinterer Keilbeinkörper (Praesphenoid , Baslsphenoid) (Fig. 843) lange Zeit gesondert^ an den letzteren schliessen sich die hinteren Keilbeinflügel (Älisphenoidea) mit den zugehörigen Deckstücken, den Scheitelbeinen (Par'ietaUa) an, hinter welchen zuweilen ein accessorisches Scheitelbein (Os interparietale) zur Entwicklung kommt; dieses verschmilzt jedoch in der Regel mit dem Occipifcdc supcriuSf seltener mit den Scheitelbeinen. Minder häuiig als die beiden Scheitelbeine verwachsen die Stirnbeii\e, durch welche die vorderen Keilbeinflügel (Orhito- sphenoidea) au der Schädeldecke geschlossen werden. Am Schläfenbein kommen zu dem Felsenbein (die drei Stücke der Gehörkapsel Pro-, Opistho-, Schädel. Geslchtsknochen. 867 Epioücnm) und dem Zitzenbein (Thei! des Epiotieum) das Squamosum als grössere Knochenschuppe und von aussen das Paukenbein (Os tipupanicum) hinzu, welclies den äusseren Geh()rgang- umschliesst und sich häufig zu einer hervorragenden Kai)sel erweitert. Postfrontalia fehlen. Zum vorderen Ver- schluss der Sehädelhrdile wird die durchlöcherte Platte (Lamina cribrosa) des Siebbeines (Ethmoldcuni) verwendet, welches nur bei den Affen und beim Menschen mit einem (dann als La/>^mrtj^a^vyr«cra bezeichneten) Theil zur Hildung der inneren Augenhöhlenwand beiträgt. In allen anderen Fällen liegt das Siebbein vor den Augenhöhlen und wird seitlich von den ^laxillar- knochen umlagert , erlangt dann aber auch eine bedeutende Längenaus- dehnung. Während die Lamina perpendicularis des Siebbeines, an welche sich vorne die knorpelige Nasenscheidewand, von unten der Fow?er anschliesst, dem Etlmwidcum inquir entspricht, wird man die Seitenhälften mit der Lamina cribrosa und dem Labyrinthe (Siebbeinzellen und die beiden oberen Muschelpaare , Conchae cthmoidalcs) auf die FraefrontaUa (EthmoidaVid latcralia) der niederen Wirbelthiere zurückzuführen haben. Im vorderen Ab- schnitte der Nasenhöhle endlich treten als selbstständige Ossificationen die unteren Muscheln (Os turhhiaiioii) auf, welche an der inneren Seite des Oberkiefers anwachsen. An der äusseren Fläche der Siebbeinregion lagern sich als Belegknochen die Nasenbeine und seitlich die Thräncnbeine an. Das Thränenbein (bei den Robben und meisten Cetaceen als selbstständiger Knochen vcrmisst) dient zur vorderen Begrenzung der Augenhöhle, tritt aber zugleich gewöhnlich als Gcsichtsknochen an der äusseren Fläche hervor. Charakteristisch für die Säugethiere ist die feste Verschmelzung des Schädels mit dem Oberkiefer- Gaumenapparat und die Beziehung des Kiefer- stiels zur Paukenhöhle. Diese hat zur Folge, dass sich der Unterkiefer direct am Schläfenbein einlenkt ohne Vermittlung eines Quadratums, dessen morpho- logisch glcichwerthiges Knochenstück schon im Laufe der Embryonal- entwicklang an die Aussenfläche der Ohrkapsel in die spätere Paukenhöhle gerückt und zum Amboss C/>?«^s) umgebildet ist, während das obere Stück des M eck el'schen Knorpels {Os arümlare des Unterkiefers) zum Hammer (M(dleus) wurde (Reichert). Dagegen soll sich der Steigbügel (Stapes) aus dem oberen Stück des Zungenbeinbogens (^«/owmwc^iJt^Zare^ entwickelt haben. Kiefer-, Flügel- und Gaumenbeine bieten ähnliche Verhältnisse wie bei den Schildkröten und Crocodileu, doch fehlt stets ein Quadratojugale, indem sich das Jugale an das Squamosum anlegt. Ueberall haben wir die Bildung einer die Mund- und Nasenhöhle trennenden Gaumendecke, an deren Hinter- ende die Choanen münden. Die Schädelkapsel wird Ijei den Säugethieren durch das Gehirn so vollständig ausgefüllt, dass ihre Innenfläche einen relativ genauen Abdruck der Gehirnoberfiäche darbietet. Sie ist bei dem bedeutenden Umfange des Gehirns \veit geräumiger als in irgend einer anderen Wirbelthierclasse, bietet aber in den einzelnen Gruppen manHigfaehe Abstufungen der Grössen- 868 Wirbelsäule. Kegi entwickliing, zugleich auch im Verhältniss zur Ausbildung des Gesichtes, welches im Allgemeinen um so mehr im Vergleich zur Schädelkapsel hervor- tritt, je tiefer die intellectuellen Fähigkeiten des Thieres zurückbleiben (Camper"scher Gesichtswinkel). Das Zungenbein ist auf eine stegartige Querbrücke (Zungenbeinkörper) zweier Bogenpaare reducirt, bei den Brüll- affen (Mijcetes) mächtig entwickelt und ausgehöhlt. Die Wirbelsäule zeigt mit Ausnahme der Cetaceen die fünf als Hals, Brust, Lenden, Kreuzbein und Schwanz bezeichneten Regionen (Fig. 844). Bei den derHintergliedmassen entbehrenden Wasserbewohnern fällt die Unterscheidung einer Kreuzbein- oder Sacralregion aus und geht die Lendengegend direet in den Schwanz über; andererseits ist hier die Halsregion auffallend ver- kürzt und durch die Verwachsung der vordersten Wirbel fest und unbeweglich. Fig. 844. Skelet des Löwen, nach Giebel (Bronn's Classen und Ordnungen). S« Sternnm, Sc Scapula, Jf Humerus, B Kadins, L' XJlna, Cp Carpus, Mc Metacarpus, Jl Iljum, P Os pubis, Js Os ischii, Fe Femur, T Tibia, F Fibula, P Patella, Ts Tarsus, Mt Metatarsus, C Calcaneus. Die Wirbelkörper stehen untereinander nur ausnahmsweise (Halswirbel der Hufthiere) durch Gelenkflächen, dagegen allgemein durch elastische Band- scheiben (Lifjamenta intervcrtehralia) in Verbindung. Der erste Halswirbel (Atlas) ist ein hoher Knochenring mit breiten, flügelartigen Querfortsätzen, auf deren Gelenkflächen die beiden Condyli des Hinterhauptbeines die Hebung und Senkung des Kopfes vermitteln. Die Drehung des Ko pfes nach rechts und nach links geschieht dagegen durch die Bewegung des Atlas um einen medianen, dem nachfolgenden Wirbel, dem Epistropheus , angehörenden Fortsatz (Processus odontoideus), welcher morphologisch dem vom Atlas ge- sonderten und mit dem Körper des Epistropheus vereinigten Wirbelkih-per des Atlas entspricht. Die Rückenwirbel charakterisiren sich durch hohe, kammförmige Dornfortsätze und den Besitz von Rippen, von denen sich die ExtremitätengUrtel. 869 vorderen au dem meist laiigrgestreckten , aus zahlreicheu hintereiuauder ge- reihten Kuochenstückeu zusammeugesetzten Brustbeine durch Knorpel an- heften, während die hinteren als sog. falsche Rippen das Brustbein nicht erreichen. Am Wirbel articuliren die Rippen mittelst Capitulum und Tuber- culum. Während die Zahl der Halswirbel fast constant 7 bleiljt, nur bei Manatus und ChoeJopus sich auf 6 vermindert, bei Bradijpus um 1 oder 2 vermehrt, ist die der Rückenwirbel einem grösseren Wechsel unterworfen. GrJtssere Variationen bietet die Wirbelzahl der nachfolgenden Regionen, Variationen, welche unter Bezugnahme auf die Lagenveränderungen des Kreuzbeines bei Zusammenziehuug der Brust- und Lendenwirbel als Dorso- lumbalwirbel verständlich werden. Die Zahl der üorsolumbalwirbel ist am geringsten bei Fledermäusen und dem Orang (16 — 15) und beträgt in den meisten Ordnungen 19 oder 20, steigt aber bei vielen Ungulaten (Ferisso- dadylen) auf 26, ja 24 und wird am grössten bei den Hijrax (28—29). Die 2 (Beutler) bis 4 oder 5 , selten bis auf 9 (Gürtelthier) vermehrten Sacralwirbel charakterisiren sich durch feste ^'erschmelzung untereinander und Verwachsung ihrer Seitenfortsätze (nebst Rippenresten) mit den Hüft- beinen, Die nach Zalil und Beweglichkeit überaus wechselnden Schwanz- wir1)el verschmälern sich nach dem Ende der Leibesaxe und besitzen nicht selten (Kängeruh und Ameisenfresser) untere Dornfortsätze, verlieren aber nach hinten zu mehr und mehr sämmtliche Fortsätze. Von den beiden Extremitätenpaaren fehlen die vorderen in keinem Falle. Am Schultergürtel vermisst man da, wo die Vordergliedmassen bei der Locomotion nur zur Stütze des Vorderleibes dienen oder eine einfache pendelartige Bewegung ausführen, wie beim Rudern, Gehen, Laufen, Sprin- gen etc., das Schlüsselbein (Walfische, Hufthiere, Raubthiere), während sich sonst die Scapida mittelst einer mehr oder minder starken, stabförmigen Clavicula dem Brustbein anfügt. Das hintere Schlüsselbein reducirt sich fast allgemein auf den Rabenfortsatz (Processus coracoideus) des Schulter- blattes und bildet nur bei den Monotremen eine grosse, zum Brustbein reichende Knochenplatte. In festerem Zusammenhange mit dem Rumpfe als die vorderen Gliedmassen stehen die hinteren Extremitäten, deren Gürtel nur bei den Walfischen rudimentär bleibt und durch zwei ganz lose mit der Wirbelsäule verbundene Knochen vertreten wird. Bei allen anderen Säugethieren ist der Beckengürtel mit den Seitentheilen des Kreuzlieines verwachsen und durch die Symphyse der Schambeine, eventuell zugleich der Sitzbeine ventral geschlossen. Die im Schulter- und Beckengürtel ein- gelenkten Gliedmassen erfahren bei den schwimmenden Säugethieren eine beträchtliche Verkürzung und bilden entweder, wie die Vordergliedmasseu der Cetaceen. platte, in ihren Knochenstücken unbewegliche (bei den Sirenen mit Ellbogenbeuge) Flossen mit stark vermehrter Plialangenzahl der Finger, oder wie bei den Pinni])edien flössen artige Beine, die auch als Fortschieber auf dem Lande gebraucht werden können. Bei den Flatterthieren erlangen 870 Jlainmalia. Extremitäten. die Vordergliedniasscn in Verbindung mit einer zwischen den ungemein verlängerten Fingern, der Extremitätensäule und den Seiten des Rumpfes ausgespannten Hautfalte eine bedeutende Längenentvvicklung. Sowohl an den Flossen der Cetaeeen, als an den Fluggliedmassen der Fledermäuse fehlen Xagclbildungen, im letzteren Falle freilich mit Ausnahme des ans der Flughaut vorstehenden, stets Krallen-tragenden Daumens. Bei den Land- säugethieren verhalten sicli die Extremitäten sowohl an Länge, als hin- sichtlich ihrer besonderen Gestaltung überaus verschieden. Der röhren- förmige Humcrus steht im Allgemeinen rücksichtlich seiner Länge im um- gekehrten Verhältniss zu dem Metacarpaltheil des Vorderfusses. Iituüiis und Ubia übertreffen den Oberarm fast allgemein an Länge , ebenso an der Hintergliedmasse Tihki und FiLuIa den Oberschenkel (Fcmur). Die ülna bildet das Charniergelenk des Ellbogens und läuft hier in einen Hakenfortsatz Handskelete. a Vom Orang, 6 Hund, c Schwein, d Kind, c Tapir, /Pferd; 6, c, d, e, f nach Gegenbau r, ü Radius, {/ Ulna, ^ Scaphoideum, B Lunare, C Triquetrum, D Trapezium, £ Trapezoides, F Capitatum. G Hamatum, P Pisiforme, Cc Centrale carpi, J/ Metacarpus. (Olccranon) aus, der Radius verbindet sich dagegen mit der Handwurzel und ist oft um die Ulna drehbar (Pronaüo, Sup'matw), in anderen Fällen jedoch mit der Ulna verwachsen , welche dann bis auf den Gelenkfortsatz ein rudimentärer, grätenartiger Stab bleibt. An der Hintergliedmasse, deren Kniegelenk einen nach hinten offenen Winkel bildet und meist von einer Kniescheibe (PateUa) bedeckt wird, kann sich zuweilen (Beutler) auch die Fibula an der Tibia bewegen, in der Regel aber sind diese beiden Knochen verwachsen und die nach hinten und aussen gelegene Fibula meist ver- kümmert. Weit auffallender sind die Verschiedenheiten am terminalen Ab- schnitt der Gliedmassen (Fig. 845). Die Fünfzahl der Zehen wird nicht überschritten, wohl aber reducirt sich dieselbe in allmäligen Abstufungen, indem zuerst die aus zwei Phalangen zusammengesetzte Innenzehe (Daumen) rudimentär wird und hinwegfällt; dann die kleine Aussenzelie, sowie die Extremitiitenskelet. Nervensystem. Gehirn. 871 zweit-innere Zehe verkümmern oder verschwinden, im ersteren Falle zuweilen als kleine, vom Boden erhobene sog. Afterklauen an der hinteren Fläche des Fusses (Wiederkäuer) persistiren. Endlich reducirt sich auch die zweit- äussere Zehe oder fällt ganz aus, so dass die jMittelzehe zur ausschliesslichen Stütze der Extremitäten übrig bleibt (Einhufer). Dieser allmäiigen Reduction der Zehen geht aber eine Vereinfachung und Veränderung der Fusswurzel- und ^littelfussknochen parallel, indem die metacarpalen Träger der rudi- mentären oder völlig ausfallenden seitlichen Zehen zu den sog. GrifFelbeinen verkümmern oder ganz ausfallen, und die beiden mittleren Metacarpalknochen oft zu einem starken und langen Rührenknochen verschmelzen. Die kleinen Wurzelknochen, welche zur Herstellung des Fussgelenkes verwendet werden und den durch die auftretende Extremität erzengten Stoss wesentlich zu vermindern haben, ordnen sich meist in zwei, beziehungsweise drei Reihen an, aus welchen au den hinteren Gliedmassen gewöhnlich zwei Knochen, das Sprungbein (Astragalus) und Fersenbein (Calcaneus), bedeutend hervor- treten. Die Zehen des Vorderfusses kann man nach Analogie des mensch- lichen Körpers Finger nennen, zur Hand wird der Vorderfuss durch die Opponirbarkeit des inneren Fingers oder Daumens. Auch am Fusse der hinteren Extrendtät ist zuweilen die grosse Zehe opponirbar, hiemit ist aber der Fuss noch nicht zur Hand, sondern nur zum Greiffuss (Affen) geworden, da zum Begriffe der Hand auch die besondere Anordnung der Knochen des Carpus und der Muskulatur wesentlich erscheinen. Nach der Art und Weise, wie die Extremität beim Laufen den Boden berührt, unterscheidet man Sohlengänger (Plantigraden), Zehengänger (Digitigraden) und Spitzengänger (ünguligraden). Bei den letzteren ist die Zahl der Zehen und jMittelfuss- knochen bedeutend reducirt und die Extremität durch Umbildung des Mittel- fusses zu einem langen Röhrenknochen bedeutend verlängert. Das Nervensystem (Fig. 846) zeichnet sich durch Grösse und hohe Entwicklung des Gehirns aus, dessen Hemisphären einen so bedeutenden Umfang gewinnen, dass sie nicht blos den vorderen Raum des Schädels er- tüllen, sondern selbst das kleine Gehirn theilweise bedecken. Bei den Beut- lern und Monotremen bleibt die Oberfläche der Grosshirnhemisphären noch glatt, bei den Edentaten, Nagern und Insectivoren treten an derselben Ein- drücke auf, welche sich mehr und mehr zu regelmässigen Furchen zur Be- grenzung von Windungen (Gyri) anordnen. Eine die Seitenhälften der Gross- hirnhemisphären verbindende Commissur (der Balken, Corpus callosiun) ist wohlentwickelt und nur bei den Aplacentalien rudimentär. Dagegen treten die als Vierhügel sich darstellenden Corpora hiycmina ((puidrigemina) an Umfang zurück und werden grossentheils oder vollständig von den hinteren Lappen der Grosshirnhemisphären überdeckt. Hirnanhang (Hypophysis) und sog. Zirbel (EpAphysis) werden in keinem Falle vermisst. Das kleine Gehirn (Cerchellum) verhält sich noch bei den Aplacentalien durch die vorwiegende Ausbildung des Mittelstückes ähnlich wie bei den Vögeln, erhebt sich aber 872 Mammalia. Rückenmark. Sinnesorgane. Geruchsorgan. Fi- 846. durch zahlreiche UebergangsformeD zu einer grösseren Ausbildung der Seiten- lappen. Auch die Varolsbrücke (Pons VaroU) ist anlangs noch schwach, vergrössert sieh aber bei den höheren Typen der Säugethiere zu einer mäch- tigen Anschwellung an der Uebergangsstelle des Gehirnstammes in die Eückenmarksstränge. Die 12 Hirnnerven sind voll- ständig gesondert. Das Rückenmark erfüllt den Wirbelcanal gewöhnlich nur bis zur Kreuzbeinge- gend, in welcher es mit einer sog. Cauda eqiäiia endet . und entbehrt der hinteren Rautengrube. Unter den Sinnes- organen zeigt das Gcnichs- organ durch die Compli- cation des Siebbeinlaby- rinthes eine grössere Ent- faltung der riechenden Schleimhautfläehe als in irgend einer an deren Classe. Die beiden Nasenhöhlen, durch eine mediane Schei- dewand gesondert, commu- niciren oft mit Xebeuräu- men benachbarter Schädel- und Gesichtskuochen (Si- nus frontales, sphenoidales, maxiUares) und münden oben ; das Dach der mittclst paariger Ocftnun- deu Seitenventrikel , , . -, i i • i gen, welche jedoch ))ei den des Geruchsvermögens ent- behrenden Cetaceen zu einer medianen Oelfnung verschmelzen können (Del- phine). In diesem Falle dienen die Kaseugänge lediglich als Luftwege. Die Nasemitl^nungen werden in der Regel durch be- wegliche Knorpelstückchen gestützt, deren ^'ermehrung das Auftreten eines Rüssels bedingt, welcher zum Wühlen und Tasten, bei beträchtlicher Aus- bildung (Elephant) als Greiforgan benutzt wird. Bei tauchenden Säuge- thieren können die Nasenöffnungen durch Muskeln (Seehunde) oder durch Säugethierhirne. a Gehirn des Kaninchens, V( rechten Hemisphäre abgetragen, so dass man sieht; b dasselbe von unten : c Gehirn der Katze, rechterseits ist der seitliche und hintere Abschnitt des Torderhirns abgetragen, fast in gleicher Ausdehnung auch linkerseits; ebenso sind die Kleinhirn- htmisphären zum grossen Theile entfernt; d Geliiru vom Drang. (7, b, c nach Gegenbaur, d aus regne aniraal. T7i Grosshirnhemi- sphären, Mh Corpor quadrigemina, Cb Cerebellum, Mo Medulla oblongata, Lo Lobus olfactorius, 21 Nervus opticus, VN. trigeminus, TVZ VlIJ X. facialis und X. acusticus, H Hrpophysis cerebri, Th Thalamus opticus (S?hhügel), .Sr Sinus rhomboidalis (Kautengrube). Augen. Gehörorgan. 873 Klappenvorriclitung-en geschlossen werden. Häufig- findet sich an der äusseren Nasenwand oder in der Höhle des Oberkiefers eine Nasendriise. Der Ge- ruchsnerv breitet sich an den oberen Muscheln und an den oberen Partien der Nasenscheidewand aus. Die untere Muschel ist zuweilen (Phora) cora- plicirt getaltet. Die Choanen münden stets paarig und weit nach hinten am Ende des weichen Gaumens in den Schlund ein. Den Säugethieren kommt auch das Jacobson'sche Organ zu. Dasselbe besteht aus zwei unterhalb der Nasenhöhle gelegenen Canälen, welche mit der Mundhöhle am Gaumen durch die 8tensun"schen Gänge in Verbindung stehen und Eudigungeu von Ollactoriusfasern tragen. Die AiKjen verhalten sich in dem Grade ihrer Ausbildung verschieden und sind bei den in der Erde lebenden Säugethieren überaus klein, in einigen Fällen (Spala.r, Ch)-)jsochloris) ganz unter der Haut verborgen, unfähig, Lichteindrücke aufzunehmen. Sie liegen meist an den Seiten des Kopfes in einer unvollständig geschlossenen , mit der Schläfengegend verbundenen Orbita und sehen einzeln ohne gemeinsame Sehachse, die nur bei der Stirn- lage des Auges (Primaten) möglich erscheint. Ausser dem oberen und unteren Augenlide findet sich eine innere Nickhaut (mit der Har de r'schen Drüse), wenngleich nicht in der vollkommenen Ausbildung und ohne den Muskel- apparat der Niekhaut der Vögel, zuweilen auf ein kleines Rudiment (PUca souiluncüis) am inneren Augenwinkel reducirt. Der Augapfel besitzt eine mehr oder minder sphärische Gestalt (bei den Cetaceen u. A. mit ver- kürzter Achse) und kann häufig durch einen Retractor bull)i in die Orbita zurückgezogen werden. Die Thränendrüse mit ihrem in die Nasenhöhle mündenden Ausführungsgang liegt an der oberen äusseren Seite der Orbita, Ein Tapetum der Chorioidea trifft man bei den Carnivoren und Pinnipedien. Delphinen. Hufthieren und einigen Beutlern au. Das Gehörorgan (Fig. 847) unterscheidet sich von dem der Vögel vor- nehmlich durch die complicirtere Ausbildung des äusseren Ohres, die Drei- zahl der SchaU-Ieitenden Knüchelchen (der Steigbügel, welcher die Fenestra ovalis verschliesst , der sich au das Trommelfell anschliessende Hammer und der Amboss) und durch die meist in zwei bis drei Spiralgängen ge- wundene Schnecke, welche mit dem Saccidus des Vorhofes durch einen engen Caual (Canalis rcuniens) in Verbindung steht, während von dem Vfriculus die drei halbkreisförmigen Canäle ausgehen. Der mit dem Vorhof ^T>.s^/- hulum) in Verbindung stehende Schneckeugang, welcher das sog. Corti'sche Organ, den Endapparat des Nervus cochlearis enthält, wird in seinem Ver- laufe von mit Lymphe (Perilymphe) erfüllten Räumen begleitet, von denen der eine (Scala vestihidi) mit dem den Vorhof umgebenden Lymphraum in Communication steht, der andere (Scala tympani) mit dem crsteren an der Kupi)el der Schnecke zusammenhängt und gegen die Paukenhöhle hin durch die membrauös verschlossene Fenestra rotunda angrenzt. Die beiden Lyniph- ränme werden durch die Lamina spiralis von einander geschieden; der Mammalia. Inneres Ohr. das Corti'sche Organ enthaltende Schneckengang (Scala media) liegt gegen die Aiissenseite der Schnecke gedrängt und wird von der Scala vestibuli durch eine schräg ausgespannte Membran , die Membrana Beissneri, ge- schieden. Das häutige Labyrinth ist mit Flüssigkeit (Endoh/mjjhe) gefüllt und enthält in dem Vorhofstheil die Otolithen. Die Paukenhöhle ist ungleich geräumiger und keineswegs immer auf den Raum des oft blasig vorsprin- genden Paukenbeins beschränkt, sondern mit Höhlungen benachbarter Schädelknochen in Communication gesetzt. Am umfangreichsten ist die Pauken- höhle der Cetaceen, bei denen sich der Schall nicht wie bei den Luft- bewohnern durch Trommelfell und Gehörknöchelchen dem ovalen Fenster Fig. 847. Gehörorgan des Menschen, schematisch, nach Czermak (etwas verändert). O Ohrmuschel, Ag äusserer Gehdrgang, Tr Trommelfell (Membrana tympani), H Hammer, A Amboss, St Steigbügel, PPaukenhöhle (Cavum tympani), E Tuba Eustachii, i?'o Fenestra ovalis, Fe Fenestra rotunda, fJUtriculus, Hf halbkreis- förmiger Canal, S Sacculus, Cr Canalis reuniens, C Schnecke (Cochlea), MB Membrana Beissneri, isLamina spiralis, Sm Scala media, Sv Scala vestibuli, Si Scala tympani, jV Nervus acusticus, A'c Nervus cochlearis. des Vorhofes mittheilt, sondern sich vornehmlich von den Kopfknochen aus durch die Luft der Paukenhöhle auf das Fenster der ungewöhnlich ver- grösserten Schnecke fortpflanzt und von da auf das Labyrinthwasser der Scala tympani überträgt. Die drei halbzirkelformigen Canäle liegen mit Vorhof und Schnecke sehr fest in dem Felsenbein eingebettet, welches bei den Cetaceen nur durch Bandmasse mit den benachbarten Knochen zusammen- hängt. Die Eustachische Tube mündet nur bei den Cetaceen in den Nasen- gang, in allen anderen Fällen in die Rachenhöhle. Ein äusseres Ohr fehlt den Monotremen, vielen Pinnipedien und den Cetaceen, bei denen auch der äussere Gehörgang oberhalb des sackförmig vorgestülpten Trommelfelles Tastsinn. Geschmack. Vordauuiigsorgane. Gebiss. 875 Fi.ff. 848. durch einen soliden Strang vertreten ist; rudimentär bleibt dasselbe bei den Wasserbewohnern , die ihre äussere Ohröftiiung durch eine klappenartige Vorrichtung verschliessen können , und bei den in der Erde wühlenden Säugethiercn. In allen anderen Fällen wird dasselbe durch einen überaus verschieden geformten , durch Knorpelstücke gestützten äusseren Autsat/. gebildet, der meist durch besondere Muskeln bewegt werden kann. Der Tastsinn knüpft sich vorzugsweise an Nervenausbreitungen in der Haut der Extremitätenspitze (Tastkörperchen an den Fingerspitzen und der Handfläche des Menschen und der Affen), aber auch an die Zunge, den Rüssel und die Lippen , in welchen sehr allgemein lange borstenartige Tasthaare (Vihrissae) mit eigenthümlichen Nervenverzweigungen des Balges eingepflanzt liegen. Der Geschmack hat seinen Sitz vornehmlich an der Zungen Wurzel {Papinac clrcumvaUatae, Geschmacksbecher), aber auch am weichen Gaumen und scheint eine weit höhere Ausbildung als in irgend einer anderen Thierclasse zu erreichen. Am Eingang in die Verdauungsorgane fin- det sich fast allgemein eine Zalinbewaftiunig der Kiefer. Nur einzelne Gattungen, wie Eclddna, Mau/s und Myrmccopha- ga, entbehren derZähne durchaus, während die Bartenwale, welche an ^'^^'^'^ '°" ''""''"" ""■'^"•"'"^ -'* '^'^ ^^'"^^ (^^g"« «"'"^d- der Innenfläche des Gaumens senkrechte, in Qnerreihen gestellte Horn- plattcn (Barten) tragen (Fig. 848), wenigstens im Fötus noch Zahnkeime entwickeln. Durch Erhärtung von Papillen der Mundschleimhaut entstandene Hornzähne finden sich bei Ornithorhynchus und lihytina. Niemals zeigt das Gebiss der Säugethiere eine so reiche Bezahnung, wie wir sie bei den Fischen, Amphibien und Eeptilien antreffen, indem sich die Zähne auf Oberkiefer, Zwischenkiefer und Unterkiefer beschränken. Hiermit steht im Zusammenhange, dass die Entstehung der Zahnanlagen bereits mit dem Embryonalleben abschliesst. Auch werden diese im Gegen- satze zu den angewachsenen Zähnen der Reptilien frühzeitig von der Kiefer- anlage aufgenommen und brechen später aus derselben hervor. Die Zähne sind daher nie durch Stützknochen am Kiefer befestigt, sondern stets in Alveolen eingekeilt. Entweder erfahren dieselben eine fortgesetzte Neu- bildung am unteren Ende der Zahnanlage und wachsen beständig fort (Hauer des Elephanten, Nagezähne der Nager etc.), oder sie haben ein ab- geschlossenes Wachsthum und sind sog. Wurzelzähne geworden. Die erstere Form der Zahngestaltung erscheint als die primäre, so dass die Wurzelzäline 8 < 6 Mammalia. Zilhne. aus wurzellosen hervorgegangen sind. Indessen gibt es Fälle, welche l)e- weisen, dass Wurzelzähne seeundär durch verlängertes Wachsthum der Krone und Reduction der spät abschliessenden und überaus kurz bleibenden Wurzel wiederum zu wurzellosen Zähnen zurückführen können. (Backenzähne vom Elephant. Pferd, Phacochoerus.) Daher ist es wahrscheinlich, dass die ältesten Säugethiere Wurzel zahne besassen. Die äussere aus dem Zahnfleisch vorstehende Partie des Zahnes, die Krone (im Gegensätze zu der eingekeilten Wurzel), wird von dem härteren Schmelz, welcher aus senkrechten, zur Oberfläche des Zahnes gestellten Prismen besteht, kap])enartig überzogen. Je nachdem die Schmelzlage einen einfachen Ueberzug bildet oder faltenartig in die Zahnsubstanz eindringt, unterscheidet man einfache (D. simpUces) und schnielzfaltige (D. compUcati) Zähne. Werden einfache oder schraelzfaltige Zähne durch Knochengewebe (Cement) verbunden , so nennt man dieselben zusammengesetzte Zähne {]). compositi, Hase, Elephant). Selten und nur da, wo das Gebiss wie bei den Crocodilen als Greif- und Schneideapparat verwendet wird, verhalten sich die Zähne nach Form und Leistung in allen Theilen der Kieferknochen gleichartig als kegelförmige Fangzähue, so bei dem Delphin; dann ist die Zahl derselben eine verhältnissmässig bedeutende. Der Reduction dersell)en geht eine Specialisirung der Form und des Gebrauches parallel, insofern nur ein Theil der Zähne zum Ergreifen, ein anderer zur Zerkleinerung der Nahrung Verwendung findet und demgemäss entsprechend umgestaltet er- scheint. Mit der Reduction der Zahnzahl und zweckmässigen Differenzirung der Zähne tritt gleichzeitig eine Verkürzung der Kiefer ein. Man unter- sclieidet nach ihrer Lage in den vorderen, seitlichen und hinteren Theilen der Kiefer Schneidezähne (D. incisivi), Eckzähne (D. canini) und Backen- zähne (D. molares). Die ersteren haben eine meisselfürmige Gestalt und dienen zum Abschneiden und Ergreifen der Nahrung, oben gehören sie aus- schliesslich dem Zwischenkiefer au. Die Eckzähne, welche sich zu den Seiten der Schneidezähne, je einer in jeder Kieferhälfte, erheben, sind kegelförmig oder auch hakenförmig und scheinen vornehmlich als Waffen zum Angriff und zur Vertheidigung geeignet. Nicht selten aber (Nagethierc, AMederkäuer) fehlen dieselben ganz, und das Gebiss zeigt eine weite Zahnlücke zwischen Schneidezähnen und Backenzähnen. Die letzteren endlich dienen besonders zur feineren Zerstückelung der aufgenommenen Nahrung und haben meist höckerige oder mit Mahlflächen versehene Kronen, Die ursprüngliche Form des Säugethier-Backzahnes war durch eine höckerige Krone bezeichnet. j\Ian war früher der Ansicht, dass das gleichartige oder homodonte Gebiss das ursprüngliche sei, von dem das hetcrodonte mit reducirter Zahn- zahl abzuleiten wäre. Neuere Untersuchungen haben jedoch, unterstützt von paläontologischen Befunden, wahrscheinlich gemacht, dass schon die Stamm- formen der Säugethiere eine heterodonte Bezahnung besassen. wie sich eine solche auch bereits in fossilen Sauriergruppen findet. Die in ihrer Form 877 mannigfach wechselnden Backenzähne betrachtete man in der Weise aus dem Kegelzahn hervorgegangen, als sich zunächst am Vorder- und Hinter- rande desselben je ein Nebenzacken entwickelte, welche entweder (trico- nodonter Typus) in einer Reihe standen oder zu dem mittleren Haupteonus eine schräge Stellung, und zwar im Oberkiefer auf der Innenseite, im Unterkiefer auf der Aussenseite einhielten. So entstand der für die Backen- zähne der recentenSäugethiere charakteristische trituberculäre Typus. i) Früh- zeitig aber gesellte sich zu jenen drei Elementen des Unterkieferbackzahncs noch ein weiterer Bestandtheil, der „Talon". Nun tritt aber auch noch eine andere Form von Backenzähnen auf, die multituberculäre mit unregelmässig gestellten Höckern, und zwar ist dieselbe für die ältesten Säugethierreste mid die Monotremen charakteristisch, so dass man zu der Vorstellung ge- langte, der multituberculäre Typus sei der Vorläufer der trituberculären. Möglicherweise ist aber die Entstehung der Höcker in beiden Typen auf eine Verschmelzung zahlreicher kleiner kegelförmiger Zähne zurückzuführen. Entweder — wie bei den Cetaceen und Edentaten — persistiren die Zähne zeitlebens, und das Gebiss erfährt keine Erneuerung (Mono- phyodonten), oder es findet ein einmaliger Zahn- wechsel statt (Diphyodonten) (Fig. 849). Nicht nur die Schneide- und Eckzähne des Milch- gebisses werden durch neue ersetzt, auch an die Stelle der Backenzähne des Milchgebisses treten neue, die Praeniolaren, und das Milch- (/ebiss wird in das bleibende des ausgebildeten Thieres übergeführt. Im Gegensatze zu den (vor- deren) Backenzähnen des Milchgebisses brechen die hinteren Backenzähne (Dentes molares) später, zuweilen erst nach mehr oder minder voll- ständiger Beseitigung des Milchgebisses hervor und zeichnen sich jenen gegenüber meist — in manchen Fällen trifft das um- gekehrte Verhältniss zu — sowohl durch die Grösse und Zahl der Wurzeln, als den Umfang der Krone aus. Die vorderen Backzähne sind in der Eegel auch kleiner und mit mehr scharfspitziger als höckeriger Krone versehen, sie fallen leichter aus und heissen deshalb auch Lückenzähne. Man ])edient sich zur einfachen Darstellung des Gebisses bestimmter Formeln, in denen die Zahl der Vorder- und Eckzähne, Praemolaren und Molaren in Ober- und Unterkinnlade angegeben ist (z. B. für das Gebiss des ^lenschen der Gebiss im Wechsel von Cebus, nach Owen, i Schneidezähne, c Eckzahne, il/i i/2 J\P Molaren des Milchgebisses; J, Ji Schneidezähne, CEckzabn, P, P^P^ Praemolaren des bleibenden Gebisses, .1/, M.M-, Molaren. *) H. F. Osborii, Evolution of Mamnialian Molars to aud from the tritubercular type. The American Naturalist, 1888. Derselbe, Structure and Classification of the mesozoie Mammalia. Journal of the Acad. of Nat. science. Philadelphia 1888. Vergl. auch die neueren Arbeiten von AV. Lee he. ^7^ Hammalia. Zabneutwicklung. LipiieD. Zunge. 2 1 2 3\ Formel ^jkjv}- Di^ noch nicht durch Ausfall hinterer Backenzäline oder seitlicher Schneidezähne reducirte Normalzahl des diphyodonten Gebisses sie bei führt zur Normalform wtt'^ (oder vielleicht ^ttitI- ^^i^ ^^'"' *^i o 1 4jo \ o 1 4|4/ ' den Creodonfeu und den ältesten llK/ulafeii finden. Von der Ent^Yicklung des Säugethierzahnes ist hervorzuheben, dass die Schmelzanlage des Zahnes dem Epithel der „Priniitivfalte" oder ..Zahn- leiste" entstammt, welches in früher Fötalzeit längs der Kieferanlage in die Tiefe wuchert. Die unter der Primitivfalte entstehenden zapfenförmigen Dentiukeime der Cutis wachsen jener entgegen, welche über jedem der- selben eine kolbige Anschwellung bildet, die zu einem kappenartigen Auf- satze des Dentinkeimes, dem Schmelzkeim, wuchert, während sich das um- gebende Bindegewebe als „Zahnsäckchen" verdichtet. Jener gestaltet sich unter allmäliger Abschnürung von der Primitivfalte zu dem Schmelzsäckchen um, indem sich die inneren, sternförmig werdenden Zellen zu einer schleimigen Schmelzpulpa verflüssigen. Dagegen gewinnt das dem Dentinkeira auf- lagernde Zelleustratum eine hohe cyliudrische Form und erzeugt die Schmelz- substanz. Nicht sämmtliche Zahnaulagen stehen auf der gleichen Entwicklungs- stufe, vielmehr sind einzelne vor den anderen vorausgeschritteu xmd kommen demgemäss auch früher zum Durchbruch. Die bleibenden Zähne, welche vielleicht scheinbar als besondere Serie (zweite Dentition) unter Verdrängung der früher hervorgebrochenen und als Milchzähne fungireuden Zähne zum Durchbruch gelangen, bilden sich im Zusammenhang mit dem Schmelzkeim der Milchzähne aus Schmelzkeimen des Primi tivfaltenrestes. Neben den Hartgebilden im Eingange der Verdauungshöhle sind für die Einführung und Bearbeitung der Speise weiche, bewegliche Lippen an den Rändern der Mundspalte und eine fleischige, sehr verschieden geformte Zunge am Boden der Mundhöhle von wesentlicher Bedeutung (Fig. 850). Erstere werden bei den Kloakenthieren durch Schnabelränder ersetzt, die Zunge fehlt jedoch in keinem Falle, kann aber wie bei den Walen voll- ständig angewachsen sein und der Beweglichkeit entbehren. Gewöhnlich ragt die Zunge mit freier Spitze am Boden der Mundhöhle hervor und er- scheint an ihrem vorderen Theile vornehmlich zum Tasten und Fühlen, in einzelnen Fällen aber auch zum Ergreiten (Girafte) und Erbeuten (Ameisen- fresser) der Nahrung befähigt. Auf ihrer oberen Fläche erheben sich mannig- fach gestaltete, oft verhornte und Widerhäkchen tragende Papillen, unter denen nur die weichen Papulae circumvallatae am Zungengrunde eine Be- ziehung zur Geschmacksempfindung haben. Als Stütze der Zunge dient das Zungenbein, dessen vordere Hörner sich an den Gritfeifortsatz des Schläfen- beines anheften, während die hinteren den Kehlkopf tragen, sodann ein das Os entoglossum vertretender Knorpelstab (Liifta). Unterhalb der Zunge tritt zuweilen (Chiropteren, Prosimiae) eine einfache oder dopjielte Hervorragung 879 auf, welche als Unterzmige bezeichnet wird. Auch seitlich wird die Mund- höhle von einer muskulösen Haut begrenzt, welche sich nicht selten bei Nag-ern, Alten etc. in weite Aussackungen, sog. Backentaschen, erweitert. Als den Säugethieren eigenthüniliches Gebilde ist das Gaumensegel (vdum palaiinnm) zu er- Fig. 850. wähnen , welches die Grenze zwischen Mundhöhle und Pha- rynx bildet. ^lit Aus- nahme der Fleisch- tVessendenCetaceen besitzen alle Säuge- thiere iSpeicheldrü- seu, eine Ohrspei- cheldrüse (Parotis), eine SuhmaxUlnris und SuhVmgualis, deren flüssiges Se- eret vornehmlich bei den Pflanzen- fressern in reicher Menge ergossen wird. Die auf den weiten Schlund fol- gende Speiseröhre bildet nur ausnahms- weise kropfartige Erweiterungen und besitzt meist eine ansehnliche Länge, indem sie erst unter- halb des Zwerch- felles in den Magen einführt. Dieser stellt in der Regel einen einfachen, quergestellten Sack dar, zerfällt alier häufig in eine Anzahl von Abschnitten, die, am vollkommensten bei den Wiederkäuern ausgeprägt , als verschiedene Mägen unterschieden werden. Der P^-lorusabschnitt zeichnet sich vornehm- lich durch den Besitz von Labdrüsen aus und schliesst sich vom Anfang des Dünndarms durch einen Ringmuskel nebst nach innen vorspringender Falte mehr oder minder scharf ab. Der Darmcanal zerfällt in Dünndarm Eingang des Verdauungsapparates, sowie die Kespirationsorgane des Kätzchens, nach einer Zeichnung von C. Heider. a Kopf mit den freigelegten Speichel- drüsen. P Parotis, M Suhmaxillaris, Sxi Subungualis, b Längsschnitt durch Kopf und Brust, die Respirationsorgane in der Seitenansicht. JV^ Nasenöffnung, Nm Nasenmuscheln, M Mundöffnung, Z Zunge, Pa Gaumensegel, Oe Oeso- phagus, L Kehlkopf, E Kehldeckel (Epiglottis), Zb Zungenbein, Tr Trachea, P Lunge, D Zwerchfell, T Thyreoidea, B Thymus, Tu Oeffnung der Tuba Eustachü in den Eachen, H Grosshirnhemisphäre, C Corpus callosum, Cq C. quadrigeminnm, Cb Cerebellum, B Rückenmark, Hy Hirnanhang (Hypo- physis), W Wirbelsäule, St Sternum. c Längsschnitt durch den Kehlkopf (L) und den Anfangstheil der Trachea (Tr). S Stimmband, E Kehldeckel. 880 Mammalia. Herz. behrt die mehrfach Fig. 851 und Dickdarm, deren Grenze durch das Vorhandensein sowohl einer Klappe, als eines namentlich bei Pflanzenfressern mächtig entwickelten Blinddarms bezeichnet wird. Die vordere Partie des Dünndarms, das Duodenum, ent- hält in seiner Schleimhaut die sog. Brunn ersehen Drüsen und nimmt das Secret der ansehnlichen Leber und Bauchspeicheldrüse auf. Zuweilen ent- gelappte Leber einer Gallenblase; ist diese aber vor- handen, so vereinigen sich Gallenblasen- gang (D. cijsücmj und Lebergallengang (1). hepaticus) zu einem gemeinsamen Ausführungsgange (D. chohdochus). Der Dünndarm zeigt die beträchtlichste Länge bei den Gras- und Blätterfressern und ist sowohl durch die zahlreichen Falten und Zöttchen seiner Schleim- haut, als durch den Besitz einer grossen Menge von Drüsengruppen (Lieber- kühn"sche Drüsen) ausgezeichnet. Der Endabschnitt des Dickdarms, der Mast- darm, mündet mit Ausnahme der durch den Besitz einer Kloake an die Ver- hältnisse bei niederen Vertebrateu an- schliessenden Monotremen hinter der Urogenitalöfifnung, wenn auch zuweilen mit dieser noch (MarstipiaUa) von einem gemeinsamen Walle umgrenzt. Das Herz (Fig. 851) der Säuge- thiere ist ebenso wie das der Vögel in eine rechte venöse und linke arte- rielle Abtheilung mit Vorhof und Kam- mer (zuweilen wie bei Halicorc auch äusserlich) gesondert. Von einem Peri- cardium umschlossen , entsendet das- selbe einen Aortenstamm, welcher einen Unken Aortenhoyen (Arcus Aortae) bil- det, aus welchem häufig zwei Gefäss- stämme, eine rechte Anonyma mit den beiden Carotiden und der rechten Sub- clavia, und eine linke Subclavia, oder wie bei dem Menschen drei Gefäss- stämme, eine rechte Anonyma mit rechter Carotis und rechter Subclavia, eine linke Carotis und linke Subclavia nebeneinander entspringen. In den rechten Vorhof münden in der Regel eine untere und eine obere Hohlvene, seltener wie bei den Nagern, Monotremen und dem Elephanten ausser der unteren zwei obere Hohlvenen ein. Wuudernetze sind namentlich für arte- J}^ Kreislaufsapparat des Menschen, aus Owen (nach AUenThomson.)Fd rechterVentrikel. Vs linker Ventrikel, Ad rechtes Atrium, As linkes Atrium, Ao Arcus aortae, Aod Aorta descendens, Cd Carotis dextra, CsC. sinistra, Ä? Arteria subclavia destra, SsA. subclavia sinistra, M A.. mesenterica superior, JIX. iliaca communis, FaVena cava ascendens, VY. Cava descendens, Jl' V. iliaca communis, Vp V. por- tae, Jd Jugularis dextra, Js J. sinistra, Svd Vena subclavia dextra, ScsV. subclavia sinistra, ^^Arteria pulmonalis, Fpw Venapulmonalis, Tr Trachea, Bi- Bronchien, P Lunge, i Leber, iV Niere, D Darm. Blutgefässe. Lungen. Nieren. 881 ;-ewor(lcn und finden sich an den Extremitäten grabender und kletternder Tliiere {Stenops, MijrmccoplKKju^ Bradi/pus etc.), an der Carotis rings um die Hypophysis bei Wiederkäuern, bei den letz- teren auch an der Ophthalmica in der Tiefe der Augenhöhle, endlich an den Intercostalarterien und den Venae iliacae der Delphine. Ein Nieren- Pfortadersystem fehlt stets. Das mit zahlreichen Lymphdrüsen versehene System der Lymphgefässe mündet durch einen links verlaufenden Haupt- stamni (Ductus thoradciis) in die obere Hohlvene ein. Von den sog. Blut- gefässdrüsen haben die Milz, sowie die vornehmlich in früher Jugendzeit entwickelte Thijmus und die Schilddrüse (Thyreoidea) (Fig. 850) eine all- gemeine Verbreitung. Die paarigen Lungen (Fig. 850) sind frei in der Brusthöhle suspendirt und zeichnen sich durch den Reichthum der Bronchialverastelungen aus, deren feinste Ausläufer mit conischen, an den Seitenflächen Ausbuchtungen bildenden Erweiterungen (lufundihida) enden. Die Athmung geschieht vor- nehmlich durch Bewegungen des für die Sängethiere charakteristischen Zwerchfelles (Diaphragma), welches eine vollkommene, meist quergestellte Scheidewand zwischen Brust- und Bauchhöhle bildet und bei der Contraction seiner muskulösen Theile als Inspirationsmuskel wirkt, d. h. die Brusthöhle erweitert. Daneben kommen allerdings auch Hebungen und Abductionen der Rippen bei der Erweiterung des Thorax in Betracht. Die Luftröhre verläuft in der Regel gerade, ohne Windungen und theilt sich an ihrem unteren Ende in zwei zu den Lungen führenden Bronchien, zu denen jedoch noch ein kleiner Nebenbronchus der rechten Seite hinzukommen kann. Dieselbe wird durch knorpelige, hinten offene Halbringe, nur ausnahmsweise durch voll- ständige Knorpelringe gestützt und beginnt in der Tiefe des Schlundes hinter der Zungen wurzel mit dem Kehlkopf (Laripw) , welcher, von den hinteren Hörnern des Zungenbeins getragen, durch den Besitz von unteren Stimmbändern, complicirten Knorpelstücken (Ringknorpel, Schildknorpel, Giesskannenknorpel) und Muskeln zugleich als Stimmorgan eingerichtet ist. Nur die Cetaceen gebrauchen ihren Kehlkopf, welcher im Grunde des Pharynx pyramidal bis zu den Choanen hervorsteht, ausschliesslich als Luft- weg. Die spaltförmige Stimmritze wird von einer beweglichen (bei den Cetaceen fast röhrenförmigen) Epkjlottis überragt, welche am oberen Rande des Schildknorpels festsitzt, beim Herabgleiten der Speise sich senkt und die Stimmritze schliesst. Zuweilen linden sich am Kehlkopf häutige oder knorpelige Nebeuräume (Morgagni'sche Tasche), welche theils wie die Luftsäcke von Balaena die Bedeutung von Luftbehältern haben, theils wie bei manchen Affen als Resonanzapparate zur Verstärkung der Stimme dienen und bei Mijcetes zum Theil in den gehöhlten Zungenbeinkörper eintreten. Die Nieren (Fig. 852) bestehen zuweilen noch aus abgesetzten, am Nierenbecken vereinigten Läppchen (Seehunde, Delphine), erscheinen jedoch in der Regel als compacte Drüsen von bohnenförmiger Gestalt und liegen C. Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. 56 882 Mammalia. Geschlechtsorgane. in der Lendengegend ausserhalb des Bauchfelles. Die aus dem sog. Nieren- becken entspringenden Harnleiter münden stets in eine vor dem Darm ge- legene Harnblase ein, deren Ausführungsgang, Urethra, in mehr oder minder nahe Beziehung zu dem Leitungsapparate der Genitalorgane tritt und zu einem vor dem After ausmündenden Sinus oder CanaUs urocjenitaHs wird. Oberhalb der Niere findet sich ein als Nebenniere bezeichnetes Organ Fig. 852. Harn- und Geschlechtsorgane von Cricetus vulgaris, nach Gegen baur. 1? Niere, t^'Ureter, HHamblase, T Hoden, F Funiculus sperinaticus (Samenstrang), A"" Nebenhoden, Td Vas deferens, Fs Samenbläschen (Vesicula seminalis), Pr Prostata, S>j Sinus urogeni- talis (Urethra), Gc Cowper'sche Drüsen, Gt Tyson- sche Drüsen, Cp Corpora cavernosa penis, Cu C. ca- vernosum urethrae, E Glans penis (Eichel), Pp Prae- ( Glandula suprarenalis). Für die männlichen Geschlechts- organe (Fig. 852) der meisten Säuge- thiere ist zunächst die Lagenverän- derung der oval-rundlichen Hoden charakteristisch. Nur bei den Mono- trcmen und Cetaceen bleiben die Hoden in ihrer ursprünglichen Lage in der Nähe der Nieren, in allen anderen Fällen senken sie sich bis vor das Becken herab, und treten unter Vor- stülpung des Bauchfelles in den Lei- stencanal (viele Nager), häufiger noch aus diesem hervor in eine doppelte, zum Hodensack umgestaltete Haut- falte ein. Nicht selten (Nager, Fleder- mäuse, Insectenfresser) steigen sie je- doch nach der Brunstzeit mit Hilfe der als Cremaster vom schiefen Bauch- muskel gesonderten Muskelschleife durch den offenen Leistencanal wieder in die Bauchhöhle zurück. Während der Hodensack (Scrotum) in der Regel hinter dem Penis liegt, entsteht der- selbe bei den Beutelthieren durch eine Ausstülpung des Integnments unmit- telbar am Eingang des Leistencanals vor dem männlichen Begattungsglied. Die aus der Urniere (Wolff 'scher pit'um. Körper) hervorgegangenen, knäuelför- mig gewundenen Ausführungsgänge derHoden gestalten sich zum Nebenhoden und führen in die beiden Vasa deferentia, welche unter Bildung drüsenartiger Erweiterungen und Nel)ensäckchen (Samenbläschen) dicht nebeneinander in die Urethra einmünden. An dieser Stelle münden die Ausführungsgänge der sehr verschieden gestalteten , oft in mehrfache Drüsengruppen zerfallenen Prostata, weiter unten ein zweites Drüsenpaar, die Cowper' sehen Drüsen, in die Urethra ein. Häufig erhalten sich zwischen den Mündungen der Geschlechtsorgane 883 Samenleiter Reste der im weiblichen Geschlechte zum Leitungsapparate verwendeten Müller'schen Gänge (das sog. We herrsche Organ ; Uterus mascuUnus)^ deren Theile sich in den Fällen sog. Zwitterbildung bedeutend vergrössern und in der dem weiblichen Geschlechte eigenthümlichen Weise differcnziren können. Ucberall schliessen sich dem Ende der als l^rogenitalcanal fungirenden Urethra äussere Begattungstheilc an, welche stets einen schwellbaren, ])ei den IMonotremen in einer Tasche der Kloake verborgenen Penis (Ruthe) bilden. Derselbe wird durch cavernöse Schwellkörper gestützt, die sich bei den Kloakenthieren noch auf paarige Corpora cavernosa Mre#Ära beschränken ; bei den übrigen Säugethieren treten zu dem unpaar gewordenen, die Urethra Fig. 853. Weibliche Geschlechtsorgane, a Von OrnitJiorltynclius nach Owen, b von Viverra genctta, c von Cercopithecus iiemestrhius. Ov Ovarium, T Oviduct (Tube), C Uterus, T' Vagina, i? Harnblase, L> Ureter, 3/ Mündung des Uterus, F Einmündung des Ureter, S Sinus urogenitalis, A7 Kloake, D Darm, dessen Einmündung in die Kloake durch eine eingeführte Sonde bezeichnet ist. umgebenden cavernösen Körper der Urethra zwei obere Corjwra cavernosa 2)enis hinzu, welche von den »Sitzbeinen entspringen und nur selten unter- einander verschmelzen. Auch können sich knorpelige oder knöcherne Stützen, sog. Penisknochen (Raubthiere, Nager) entwickeln , besonders häufig im Innern der von dem Schwellkörper der Urethra gebildeten Eichel (Glans), welche nur ausnahmsweise (Monotremen, Beutler) gespalten ist, in ihrer Form aber mannigfach wechselt und in einer an Drüsen (Gl. Thysonianae) reichen Hautduplicatur (Vorhaut, Praejmtium) zurückgezogen liegt. Die Ovarien (Fig. 853) verhalten sich nur bei den Monotremen in Folge rechtsseitiger Verkümmerung unsymmetrisch. In allen anderen Fällen sind dieselben beiderseits gleichmässig entwickelt und finden sich, in Falten f)6* 384 Mammalia. Genitalorgane. Dimorphismus. Fortpflanzung. des Peritoneums eingelagert, in unmittelbarer Nähe der trichterförmig er- weiterten Ostien des Leitungsweges, zuweilen von denselben sogar voll- ständig umschlossen. Dieser gliedert sich in die mit freiem Ostiura begin- nende Tube, welche in allen Fällen paarig bleibt, in den erweiterten, zu- weilen paarigen, häufiger unpaaren Mittelabschnitt, den Uterus, und den mit Ausnahme der Beutler unpaaren Endabschnitt, die Vagina oder Scheide, welche hinter der Oetfnung der Urethra in den kurzen ürogenitalsinus oder Vorhof mündet. Bei den Monotremen münden die beiden schlauchförmigen Fruchtbehälter, ohne eine Vagina zu bilden, auf papillenartigen Erhebungen in den noch mit dem Darm in eine Kloake zusammenmündenden Urogenital- sinus ein (Fig. 853 a). Nach den verschiedenen Stufen der Duplicität des Fruchtbehälters (bei vorhandener Vagina) unterscheidet man den Uterus duplex, mit äusserlich mehr oder minder durchgeführter Trennung und doppeltem Muttermund (Nagethiere, Beutler), den Uterus Upariltus^ mit einfachem Muttermund, aber fast vollkommener innerer Scheidewand (Nage- thiere), den Uterus bicornis (Fig. 853 b) mit gesonderten oberen Hälften der beiden Fruchtbehälter (Hufthiere, Carnivoren, Cetaceen, Insectivoren), und endlich den Uterus simplex (Fig. 853 c), mit durchaus einfacher Höhle, aber um so kräftigeren Muskeln der Wandung (Primaten). Das Vestibulum mit seinen den Cowper:schen Drüsen entsprechenden Durerney'sGhen (Bar- tJioIin sehen) Drüsen grenzt sich von der Scheide durch eine Einschnürung, zuweilen auch durch eine innere Schleimhautfalte (Hi/men) ab. Die äusseren Geschlechtstheile werden durch zwei äussere Hautwülste, die den Scrotal- hälften entsprechenden grossen Schamlippen, durch kleinere (übrigens nicht immer vorhandene) innere Schamlippen zu den Seiten der Geschlechtsötfnung und durch die der Ruthe gleichwerthige, mit Schwellgeweben und Eichel versehene Clitoris gebildet. Diese kann zuweilen (bei den Klammeraffen) eine ansehnliche Grosse erreichen und von der Urethra durchbohrt sein (Xagethiere. Maulwurf, Halbaffen). In solchen Fällen einer Clitoris perforata kommt es natürlich nicht zur Entstehung eines gemeinsamen Urogenitalsinus. Morphologisch repräsentiren die weiblichen Genitalien eine frühere Entwick- lungsstufe der männlichen, welche in den Fällen sog. Zwitterbildung durch Bildungshemmung eine mehr oder minder weibliche Gestaltung erhalten kön- nen. In der Regel werden beide Geschlechter an der verschiedenen Form der äusseren Genitalien leicht unterschieden. Häufig prägt sich in der gesammten Erscheinung ein Dimorphismus aus, indem das grössere Männchen eine ab- weichende Haarbekleiduug trägt, zu einer lauteren Stimme befähigt ist und durch den Besitz starker Zähne oder besonderer Waffen (Geweihe) ausgezeich- net erscheint. Dagegen bleiben die Milchdrüsen, welche in der Inguinalgegend, am Bauche und an der Brust liegen können und fast ausnahmslos in Zitzen oder Saugwarzen auslaufen, im männlichen Geschlechte rudimentär. Die Zeit der Fortpflanzung (Brunst) fällt meist in das Frühjahr, selten gegen Ende des Sommers (Wiederkäuer) oder selbst in den Winter (Wild- Entwicklung. 885 Schwein, Raubthiere). Eine unabhängig von der Begattung eintretende Er- sclieinung, von welcher die Brunst im weiblichen Geschlechte begleitet wird, Fig. 854. ist der Austritt eines oder mehrerer Eier aus den Follikeln des Ovariums (Graaf- schen Follikeln), in denen sie sich ent- wickeln, in die Tu- ben. Die Eier, erst durch C. E. v. Baer entdeckt, sind ausser- ordentlich klein(meist von V.20 bis Vio Linie im Durchmesser) und von einer stark licht- brechenden Schicht (Zona peUucida) um- geben , um die sich nicht selten in den Ei- leitern eine Eiweiss- hiille ablagert. Die Befruchtung des Eies scheint überall im Eileiter zu erfolgen, in welchem dasselbe die totale Dotter- furchung durchläuft. Im Uterus erhält das Ei eine zottige, durch Auswüchse der nach Schluss des Amnions den Dotter aussen be- schematische Figuren zur DarsteUung der Entwicklung der fötalen Eihülltn , , , .. eines Säugethieres, nach Kölliker. (i Ei mit erster Embryonalanlage; 6 El deckenden serösen mit in Bildung begriffenem Dottersacke und Amnion ; c Ei mit schliessendem rr ^ XC ^ T,-l Amnion und hervorsprossender Allantois: d Ei mit zottentragender seröser Haut (Serosa) S-ebU- HüUe, Embryo mit Mund und Afteroffnung ; c Ei, bei dem die Gefassschicht r^ 1 ..1, , . der Allantois sich rings an die seröse Hülle angelegt hat und in die Zotten dete LmhullungShaUt derselben hineingewachsen ist, Dottersack verkümmert, Amnionhohle im .^„ . , ,, T Zunehmen begriffen. U Dotterhaut, D' Zöttchen der Dotterhaut, S, seröse (L llOnOn), welche die Hülle Sz Zotten der serösen Hülle, Ch Chorion (Gefassschicht der Allantois), :^ ^ . , „. C7i;Chorionzotten(ausChorionundSerosabestehend),^w.Amnion,^7iAmnion- BefeStlgUng des Eies höhle, E Embryonalanlage (Embryo), A dieser angehörende Verdickung des , ttI • 1 äusseren Blattes, M des mittleren Blattes, J inneres Blatt, Ds Hohle der an der UtenUWand Kelmblase, spater Höhle des Dottersackes (Nabelblase), Dh Darmhohle, •.. IX /-n- o- ^\ ^^ Dottergang, AI Allantois. vermittelt (Fig. 8o4). Später legt sich auch der peripherische Theil der Allantois an das Chorion an und wächst in der Regel mit seinen Gefässen in dieZüttchen ein (secun- däres Chorion), so dass sich eine verhältnissmässig grosse Fläche fötaler 886 Mammalia. I'lacenta. Gefässverzweigungen entwickelt, deren Blut mit dem Blute der Uterinwand in einen engen endosmotisehen Verkehr tritt. Durch diese Verbindung von Allantois und Chorion des Fötus mit der üterinwandung entsteht der ]\Iutter- kuchen (Flaccnta), durch welchen die Ernährung und Respiration des Fötus vom Körper des Mutterthieres aus vermittelt wird. Die Placenta fehlt nur bei den Monotremen und Beutlern, welche deshalb als Aplacentalia den übrigen Säugern, Placentdlia, gegenübergestellt werden. In ihrer besonderen Ausbildung und in der Art ihrer Verbindung mit der Uterinwand zeigt die Placenta in den einzelnen Ord- nungen bedeutende Verschie- denheiten. Entweder bleiben die Zotten der Placenta mit der Uterinwand in loser Ver- bindung und lösen sich bei der Geburt aus derselben heraus (Adeckluata) , oder sie ver- wachsen so innig mit den Drü- sen der Uterinschleimliaut. dass diese bei der Geburt als Deci- dua mit abgelöst und zugleich mit dem fötalen Theil der Placenta als Nachgeburt aus- gestossen wird (Declduata). Im ersteren Falle kann sich bei vollständiger Umwachsung der Allantois die Placenta in zahl- reichen zerstreuten Zotten über das ganze Chorion gleichmässig bögen, von denen derbleibende linke nicht sichtbar, ^od Aorta aUSbrcitCn (PI. dl/fuSa diC descendens, O Arteria omphalomeseraica, O' Vena omphalo- . , tt j? i • iir i i meseraica, L^ Arteriae nmbilicales mit den placentaren Ver- mClStCn HutthlCre , VA alC UUd zweigungen (ü"), V Vena umbilicalis, Vp Pfortader (Vena SirCUen) odcr aU VCrSChiedeiien portae), Vc Vena cava inferior, C vordere Cardinalvene, q- 11 i 1 • ttt-i , r/ ^. I> Ductus venosus Arantii.DCDuctus Cuvieri, ^c Vena azygos, stellen Kleine WUlStC VOU Zot- P Lunge, L Leber, A' Nabelblase , Dr Dottergang (Ductus teu, SOg. Co^_^/tY/o»?e» (Wicdcr- omphalomeseraicus), Am Amnion. , .. \ i ., i t t t-. ,. kauerj bilden. Im anderen Falle stellt sie entweder eine ringförmige Zone an der Eihaut dar {PI. anmdans, Raubthiere, Robben), oder führt, wenn sich die Verbindung der Allantois mit dem Chorion (wie bei den Menschen, Affen, Nagern, Insectenfressern, Fledermäusen) auf eine vereinzelte Stelle des Eies beschränkt, zur Bildung des scheibenförmigen ^Mutterkuchens (PL discoidea). Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Placenta als Athmungsorgan und der Functionslosigkeit der Lungen gestaltet sich auch der fötale Kreis- lauf anders als nach der Geburt (Fig. 855). Vom Herzen wird das Blut in die Aorta descendens getrieben, welche zwei grosse Gefässe für die Placenta Schematische Darstellung der Anordnung der Hauptgefiisse in einem menschlichen Fötus, nach Huxley. i? Herzkammer, FVorhof, .Ao Aortenstamm, Cc Carotis communis, C'eC. externa, Ci C. interna, S Arteria subclavia, 1, 2, 3, 4, !j die Aorten- Tragzeit. Lebensweise. 887 (Ärteriae umhilicahs) abgibt. Das aus der Placenta durch eine Vene (V. um- h'ilkalis) zurückkehrende Blut geht der Hauptmasse nach durch einen die Leber durchsetzenden Verbindungsgang (Ductus venosus Arantii) in die untere Hohlvene und aus dieser zum Theil in den rechten, zum grössten Theil jedoch in Folge einer besonderen Klappeneinrichtung sogleich in den linken Vorhof durch eine Oelfnung der Vorhofscheidewand (Foramen omkj. Das Blut, welches in die rechte Kammer gelangt, kehrt mit Ausnahme eines kleinen Theiles für die Lungen durcli einen Verbindungsgang (iJurtus artcriosus BotalU) der Arteria pulnioualis mit der Aorta direct in den Körper- kreislauf zurück. Es führen somit alle arteriellen Gefässe gemischtes Blut. Als Keste aus der ersten, vor Entstehung der Placenta fallenden Kreis- laufsperiode finden sich noch die Vasa omphalomeseraka, eine Arterie und eine Vene, welche der Nabelblase (Vesicula umhUicaUs) angehören. Diese ist nichts anderes als der kleine Dottersack. Die Dauer der Trächtigkeit richtet sich nach der Körpergrösse und Entwicklungsstufe, in welcher die Jungen zur Welt kommen. Am längsten währt dieselbe bei den grossen Land- und kolossalen Wasserbewohnern (Hufthiere, Cetaceen), welche unter günstigen Verhältnissen des Nahrungs- erwerbes und geringen Bewegungsausgaben leben. Die Jungen dieser Thicre erscheinen bei der Geburt in ihrer körperlichen Ausbildung so weit vor- geschritten, dass sie alsbald der Mutter zu folgen im Stande sind. Relativ geringer ist die Tragzeit bei den Carnivoren, deren Junge nackt und mit geschlossenen Augen geboren werden und längere Zeit noch hilflos der mütterlichen Pflege bedürfen. Am kürzesten aber währt dieselbe bei den Aplacentalien, den Monotremen und Beutlern. Während bei den Monotremen die weichhäutigen Eier mit weit vorgeschrittener Entwicklung der Embryonen abgelegt werden, gelangen bei den Beutlern (wie auch die Eier bei Echidna) die frühzeitig geborenen Jungen in eine von Hautfalten gebildete Tasche der Inguinalgegend, hängen sich hier an die Zitzen der Milchdrüsen fest und werden wie in einem zweiten Fruchtbehälter ausgetragen, in welchem das Öecret der Milchdrüsen die Ernährung sehr frühzeitig übernimmt. Die Zahl der geborenen Jungen wechselt ebenfalls überaus mannigfach in den verschiedenen Gattungen. Die grossen Säugethiere , welche hinger als 6 Monate tragen, gebären in der Regel nur 1, seltener 2 Junge, bei den kleineren aber und einigen Hausthieren (Schwein) steigert sich dieselbe be- trächtlich, so dass 12 bis 16, ja selbst 20 Junge mit einem Wurfe zur Welt kommen können. Meist deutet die Zitzenzahl des Mutterthieres auf die Zahl der Nachkommen hin, welche nach der Geburt längere oder kürzere Zeit hindurch an den Zitzen der Milchdrüsen aufgesäugt (bei den Mono- tremen durch das Secret der Mammardrüsen ernährt) werden. Manche Säugethiere leben einsiedlerisch und nur zur Zeit der Brunst paarweise vereinigt; es sind das vornehmlich solche Raubthiere, welche auf einem bestimmten Jagdreviere, wie der Maulwurf, in unterirdischen SSS Mammalia. Lebensweise. Geistige Fähigkeiten. G;1ngen. ihren Lebensunterhalt erjagen. Andere leben in Gesellschaften, in welchen häufig die ältesten und stärksten Männchen die Sorge des Schutzes und der Führung übernehmen. Die meisten gehen am Tage auf Kahrungs- erwerb aus. Einige, wie die Fledermäuse, kommen in der Dämmerung und Nacht aus ihren Schlupfwinkeln zum Vorschein, auch die meisten Raubtliiere und zahlreiche Hufthiere schlafen am Tage. Einige Nager, Insectenfresser und Eaubthiere verfallen während der kalten, nahrungsarmen Jahreszeit in ihren oft sorgfältig geschützten Schlupfwinkeln und ausgepolsterten Erd- bauten in einen unterbrochenen (Bär, Dachs, Fledermäuse) oder andauernden (Siebenschläfer, Haselmaus, Igel, Murmelthier) Winterschlaf und zehren während dieser Zeit bei gesunkener Körperwärme, schwacher Respiration und verlangsamtem Kreislauf von den während der Herbstzeit aufgespei- cherten Fettmassen. Wanderungen sind bekannt von den Rennthieren, süd- amerikanischen Antilopen und dem nordamerikanischen Büffel , von See- hunden. Walen und Fledermäusen, insbesondere aber von dem Lemming. der in ungeheuren Schaaren von den nordischen Gebirgen aus nach Süden in die Ebenen wandert und sich in der Richtung seiner Reise durch keinerlei Hindernisse zurückhalten lässt, selbst Flüsse und Meeresarme durchsetzt. Die geistigen Fähigkeiten erheben sich zu einer höheren Entwicklung als in irgend einer anderen Thierclasse. Das Säugethier l)esitzt Unter- scheidungsvermögen und Gedächtniss . bildet sich Vorstellungen , urtheilt und schliesst. zeigt Neigung und Liebe zu seinem Wohlthäter, Abneigung, Hass und Zorn gegen seinen Feind; in seinem Wesen prägt sich ein be- stimmte;- Charakter aus. Auch sind die Geisteskräfte des Säugethieres einer Sfeigerimg und VerroJUcommnimg fähig, die freilich beim Mangel einer arti- culirten Sprache in verhältnissmässig enge Schranken gebannt bleibt. Die Fähigkeit zur Erziehung und Abrichtung, welche einzelne Säugethiere vor an- deren in hohem Grade kundgeben, haben diese zu bevorzugten Hausthieren, zu unentbehrlichen, für die Culturentwicklung des Menschen höchst bedeutungs- vollen Arbeitern und Genossen des Menschen gemacht (Pferd, Hund). Immer- hin aber bleibt dem Instinct im Leben des Säugethieres ein weites Terrain. Zahlreiche Säugethiere zeigen Kunsttriebe, die sie zur Anlage von ge- räumigen Gängen und kunstvollen Bauten über und in der Erde befähigen, von Wohnungen, die nicht nur als Schlupfwinkel zum Aufenthalte während der Ruhe, sondern auch als Bruträume dienen. Fast sämmtliche Säugethiere bauen für ihre Brut besondere, oft mit weichen Stoffen überkleidete Lager, einige sogar wahre Nester, ähnlich denen der Vögel, aus Gras und Halmen über der Erde. Zahlreiche Bewohner von Gängen und Höhlungen der Erde tragen Wintervorräthe ein, von denen sie während der sterilen Jahreszeit, zuweilen nur im Herbste und Frühjahr (Winterschläfer) zehren. Was die geographische Verbreitung der Säugethiere anbetrifft, so finden sich einzelne Ordnungen, wie die Fledermäuse und Nager, in allen Welttheilen vertreten. Von den Cetaceen und Pinnipedien gehören die meisten I. Unterclasse. Ornithodelphia. 839 Arten den Polargegenden au. Ausschliesslich aus Beutelthieren — von einigen Nagern und Fledermäusen abgesehen — besteht die Fauna Neuhollands. Die ältesten fossilen Reste von Säugethieren finden sich im Trias (Keuper- sandstein) und Jura (Stonesfielder Schiefer, Unterkiefer) und weisen auf insectivore Beutelthiere hin. Erst in der Tertiärzeit tritt die Säugethierfauna in reicher Ausbreitung auf. I. Unterclasse. Ornithodelphia 0, Kloaitenthiere. Aplacentale Säugcthicre, mit reptUiem'iltnüiiicr Gestaltung des Schulter- f/iirtels (Os coracoideum) , mit persistirender Kloake und Mammartaschen^ cierlegend. Der wichtigste Charakter l)eruht auf dem Vorhandensein einer Kloake, indem wie bei den Reptilien das erweiterte Ende des Mastdarms die Mün- dungen der Geschlechts- und Harn wege aufnimmt (Fig. 853 u). Dieses Ver- hältniss, welches bei den übrigen Säugethieren einem vorübergehenden Zu- stande im Embryo entspricht, beweist die tiefe und ursprüngliche Stellung dieser Gruppe. Zu gleichem Schlüsse berechtigt das Vorhandensein eines an das Brustbein angefügten Os coracoideum, welches bei allen übrigen Säugern auf einen Fortsatz am Schulterbein reducirt ist. Auch kann in diesem Sinne das ^'orhandensein von zwei dem Schambeine angefügten Knochen ver- werthet werden, welche als Beutelknochen bei den Marsupialien wiederkehren. Zweifelsohne entspricht der Mangel der Bezahnung und die schnabel- förmige Gestalt der Kiefer, welche beim Schnabelthiere breite Hornplatten tragen, einem secundären Verhältniss, da wir für die ältesten Vorfahren der Säugethiere ein reich bezahntes Gebiss vorauszusetzen haben. In der That haben neuere Untersuchungen nachgewiesen, dass die Schnabelthiere im jugendlichen Alter Dentinzähne besitzen, welche unter den sich später ent- wickelnden Hornplatten hinfällig werden. Nach Poultou sind diese beiden Backzähne oben und unten ganz ähnlich gestaltet, wie die dem sog. Multituber- cular-Typus zugehörigen Zähne verschiedener Säugethiere aus dem Trias (Tri- tylodon, Mikrolestes) und Jura (Plagiaulax, Ctenacodon). Auch noch im Eocän haben sich Reste von Säugethieren mit ähnlich gestalteten Zähnen, aber stark reducirtem Gebisse erhalten (Ptelodon, Neoplagiaula.r, Polymastodon). Man hielt dieselben bislang für Beutler, da sie aber der für diese charakteri- stischen Einbiegung des Unterkiefereckfortsatzes entbehren und die hervor- gehobene Aehnlichkeit mit den hinfälligen Backenzähnen der Ornithorhijn- chus aufweisen, scheint sich für die Herkunft der Monotremen ein neuer \) 0. Thomas, Catalogue of the Marsupialia and tlie Moiiotremata. Brit. Museum, 1888. R.Owen, Article „Monotremata" in Todd's Cyclopaedia of Anatomy, Vol. III, 1843. K 1 a a t s ch. Zur Morphologie der Säugethierzitzen. Morph. Jahrbuch, Tom. IX, 1883. C. G e g e n- haur, Zur Kenntniss der Mammarorgane der Monotremen. Leipzig 1886. E. Semon, Zoolog. Forschungsreisen in Australien und dem Malayischen Archipel etc. II. Bd. Mono- tremen und Marsupialien, 1894. 890 Ordnung. Monotremata. Gesichtspunkt eröffnet zu haben. Auch die einfache Gestaltung der inneren Organe bekundet die niedere Entwicklungsstufe. Am relativ kleinen Gehirn bleibt die Oberfläche der Hemisphären glatt und der Balken (Corpus cal- losum) überaus schwach. Die Hoden bewahren ihre ursprüngliche Lage vor den Nieren. Der kurze, aus den zwei Schwellkörpern der Urethra gebildete Penis liegt in einer in die Kloake einmündenden Tasche und nimmt durch eine an seiner Wurzel befindliche Oeffnung das »Sperma aus dem Sinus urogenitalis auf, während der Harn durch die Kloake abfliesst. Das rechts- seitige Ovarium ist verkümmert, während das traubige Ovarium der linken Seite grosse Eier erzeugt. Die geschlängelten Oviducte erweitern sich in ihrem unteren Abschnitte zu einem muskulösen Eierbehälter und münden getrennt in den Sinus urogenitalis ein. ^lammardrüsen sind vorhanden, er- scheinen jedoch dem Ursprünge nach von den Milchdrüsen der übrigen Säugethiere verschieden und entbehren auch der Zitzen. Dagegen münden die zahlreichen Drüsenschläuche, welche aus tubulösen, den Schweissdrüsen ähnlichen, mit Haarbälgen verbundenen Drüsen der Haut entstanden sind, auf einem kreisförmig umwallten Hautfeld {Echidna, Mammartasche), wie es in ähnlicher Weise bei den übrigen Säugethieren der Zitzenbildung vor- ausgeht. Während man bisher annahm, dass die Monotremen wie die Marsu- pialien überaus kleine und wenig entwickelte Junge gebären, haben Haacke und Caldwell nachgewiesen, dass ein weichhäutiges Ei, welches dem Reptilienei ähnlich ist, abgelegt wird. Das Schnabelthier soll zwei solcher Eier in eine Erdhöhle ablegen und in einer Art Nest ausbrüten, der Ameisen- igel dagegen jedesmal nur ein Ei in einen am Bauche sich entwickelnden Brutsack eintreten lassen und hier ausbrüten. Kloakenthiere wurden nur in Xeuholland, Tasmanien und Neu-Guinea. fossile Reste überhaupt nicht gefunden. Ordnung. Monotremata. (Mit den Charakteren der Unterclasse.) 1. Fam. Echidnidae, Ameisenigel. Die äussere Körperform der Ameisenigel erinnert, wie die Bezeichnung treffend ausdrückt, an die Ameisenfresser unter den Edentaten und die Igel. Sie besitzen ein dichtes '"'■ ■ Stachelkleid und eine röhrenartig verlängerte Schnauze mit wurm- förmig vorstreckbarer Zunge ; ihre kurzen fünfzehigen Beine enden mit kräftigen Scharrkrallen, wel- che zum raschen Eingraben des Körpers vorzüglich geeignet sind. EcMdna hystrix. ^^^ männliche Thier besitzt an den Hinterfüssen einen durch- bohrten Sporn, welcher den Ausführnngsgang einer Drüse enthält, der man längere Zeit, aber mit Unrecht, giftige Eigenschaften zuschrieb. Wahrscheinlich dient derselbe bei der Begattung als Reizmittel, da er in eine Grube des weiblichen Schenkels hineinpasst. Echidna acideaia (vur. tijpica) Cuv. (Fig. 856), Nenholland. E. aculeuta (lar. setosa) Cuv., Tas- II. Unterclasse. Didelphia. 891 Fig. 857. manien. E. acideata (var. Lawesi), Südostküste von Neu-Guinea. ProecJiklna Brujnii Pet. Dor., Norchvest-Neu-Guinea (Tasmanien). 2. Farn. Ornitliorhjjnchidae, Schnabelthiere. In der äusseren Köriierform und Lebens- M'eise combinirt das Schnabeltliier , vom Entenschnabel abgesehen, Fischotter und Maul- wurf, wie ja auch die Bezeichnung als Wassermaulwurf von den Ansiedlern Neuhollands treffend gewählt worden ist. Das Schnabelthier trägt einen dichten wei- chen Haarpelz als Beklei- dung des flachgedrückten Leibes und besitzt wie der Biber einen platten Euderschwanz. Die Kiefer sind nach Art eines Enten- schnabels zum gründein im Schlamme eingerichtet, aber jederseits mit zwei Hornzähnen bewaffnet und von einer liornigen Haut umgeben, welche sich an der Schnabelbasis in eigenthümlicher Weisj schildartig erhebt. Die Beine sind kurz, ihre fünfzehigen Füsse enden mit starken Krallen, sind aber zugleich mit äusserst dehnbaren Schwimmhäuten versehen und werden daher sowohl zum Graben als Schwimmen gleich geschickt verwendet. Bei dem Männchen ist der Sporn der Hinterzehe wie bei Ecliidna entwickelt. Ornitliorlnjnclius anatimts Shaw. {)iaradoxus Blumb.) (Fig. 857), Schnabelthier, bewohnt den Südosten von Australien und Tasmanien. OrnithorJnjnchus parndoxiis. II. Unterclasse. Didelphia = Marsupialia ' ), Beutelthiere. Aplacentale Simjcthiere mit ziccl Beiitclhwchcn und dnem coii diesen Fig. 8.58. yestützten, die Zitzen umfassenden Beutel, mit verschie- den, meist reich hezahnten Kiefern und cmf einen Prä- molar heschränktem Zahnwechsel. Ein Haupteharakter der Bender liegt in dem Be- sitze zweier Beutelknochen (Fig. 858) und eines an der Bauchseite von zwei Hautfalten gebildeten »Sackes oder Beutels (Marsupium) , welcher die auf Zitzen befind- lichen Oeffnungen der Milchdrüsen umschliesst und die hilflosen Jungen nach der Geburt aufnimmt. Die letz- tere tritt bei dem Mangel der Placenta ausserordent- lich früh ein; selbst das Riesenkänguru , welches im männlichen Geschlecht fast Manneshöhe erreicht, trägt nicht länger als 39 Tage und gebiert einen blinden, nackten Embryo von nicht viel mehr als Zolllänge mit kaum sichtbaren Extremitäten, welcher vom Mutterthier ^äuie von Mac-opus. jim- m den Beutel gebracht wird, sich an einer der zwei .vBeuteiknochen(Os.a mar- oder drei Zitzen festsaugt und etwa acht bis neun supiaiia), .4 Acetabuium, ,, ^ . 1 T» , 1 11-1. (Hüftgelenkspfanne), S die Monate in dem Beutel verbleibt. beiden sacraiwirbei. Das Becken mit dem angren- zenden Theile der Wirbel- ') E. Owen, Article ., Marsupialia" in Todd's Cyclopaedia of Auatomy. Vol. III, 1842. Derselbe, Extinct Mammalia of Australia. London 1877. G. R. Waterhouse, A natural history of the Mammalia. Vol. V: Marsupialia. London 1846. 892 Didelphia. Organisation. Gebiss. Extremität. Fig. 859. Die Ausfiihrungsgäiige der Harn- und Geschlechtsorgane bleiben auf einer niederen Stufe zurück. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus zwei häufig traubigen Ovarien, deren Eileiter sich in zwei vollkommen ge- trennte Fruchtbehälter fortsetzen, welchen die eigenthümlich gestaltete, ebenfalls doppelte Scheide folgt (Fig. 859«). Die beiden Scheiden bilden da, wo sie die Mündungen der Fruchtbehälter aufnehmen, einen gemein- samen Abschnitt, der einen laugen, in der Regel durch eine Qiierscheide- wand getheilten Blindsack abgibt; von diesemTheil entspringen dieScheiden- canäle als zwei henkelartig abstehende Röhren und münden in den Canalis urogenitalis ein. Da die äussere Oeffnung des letzteren mit dem After ziem- lich zusammenfällt, kann man auch den Beutlern eine Art Kloake zuschrei- ben. Im männlichen Geschlecht endet die Ruthe in der Regel mit gespal- tener Eichel (Fig. 8596), entsprechend der doppelten Scheide des Weibchens. Den Monotremen gegenüber sind die Kiefer reich und mannigfach be- zahnt. Dabei ist der Zahnwechsel auf den hintersten Prämolar reducirt. Diese Reduction wird jedoch nicht von allen Forschern auf ein ursprüng- liches Verhältniss zurückgeführt, son- dern weist vielleicht (nach Flow er und Hnxley) auf den secundären Schwund der ursprünglich reichen Milchbezahnung hin, von der sich nur ein einziger Backenzahn in jedem Kie- fererhalten hätte. Freilich würde auch umgekehrt die ganze Bezahnung mit Ausnahme des einem Wechsel unterliegenden Zahnes die primäre sein kihmen, zumal im Hinblick auf das Gebiss des Womhats, in welchem auch der Wechsel des einen Zahnes hinwegfällt und sämmtliche Zähne ohne abgeschlossene Wurzel bleiben. Charakteristisch ist für das Gebiss die grosse n Weibliche Geschlechtsorgane von Hnlmaturus, nach Oegenbaur. Ov Ovarium, T Oviduct, U Uterus, O äusserer Muttermund, V Vagina, B Blind- sack derselben, L> Ureteren, H Harnblase, 3/Mün- dung derselben in den Sinus urogenitalis (S). h Ge- spaltener Penis von Diilelphys pJiihmder, nach Otto aus Gegenbau r. E Hälften der Eichel. Zahl der Molaren (— bei Mi/rmecobiusY bei den meisten aber auch die der Incisiven. Jene sind auch bei den Omnivoren und herbivoren Formen auf den tritubercular und tubercnlarsectorialen Typus zurückzuführen. Ein bedeutungsvoller Charakter des Gebisses ist der nach innen gebogene haken- förmig eingekrümmte Fortsatz des Unterkieferwinkels. Wie die Beutler in der besonderen Gestaltung ihres Gebisses Modifica- tionen darbieten, die ähnlich, wenn auch in schärferen Gegensätzen, im Kreise der höheren Säugethiere wiederkehren, so erinnern auch die Specia- 1. Ordnung. Pedimana. 893 lisirnngen. welche sich am Endtheile der Extremitäten vollziehen, au jene placentaler Säuger. Freilich schreitet die Reduction der Zehen in ganz an- derer Weise als bei diesen vor, indem dieselbe von innen nach aussen er- folgt. Wo, w^ie bei den Kängurus und Verwandten, ähnlich wie beiHufthieren, nur zwei Zehen als Hauptstützen der Extremität Verwendung finden, sind es daher die beiden äusseren, während die drei inneren ganz verkümmern. Im Allgemeinen herrscht die ursprüngliche Fünfzahl der Nägel- oder Krallen- tragenden Zehen vor. Nicht sehen (DidelpJii/iden und Carpophagen) erscheint die Innenzehe der hinteren Extremität opponirbar. In der äusseren Erscheinung, in der Art der Ernährung und Lebens- weise weichen die Beutler beträchtlich von einander ab, und wiederholen im Allgemeinen unter allerdings bedeutender Modification die wesentlichen Typen der placentalen »Säugethiere; viele sind Pflanzenfresser und nähern sich den Nagern oder den Hufthieren, andere sind omnivor, andere leben als echte Raubthiere von Insecten, Vögeln und Säugethieren. Die Wombats repräsentiren die Nagethiere, die flüchtigen, in gewaltigen Sätzen sprin- genden Kängurus entsprechen den Wiederkäuern und vertreten gewisser- niassen in Australien das fehlende Wild, die Flugbeutler (Petaurus) gleichen den Flughörnchen, die kletternden Phalangisten (PhalaiKjista) erinnern in Körperform und Lebensweise an die Fuchsaffen (Lemur), andere, wie die Peranidklen an die Spitzmäuse und Insectivoren. Auch Maulwurf-ähnliche Beutler (Notoryctes) sind in neuerer Zeit bekannt geworden. Die wahren Raubbeutler schliessen sich in der Bildung des Gebisses ebensowohl den echten Carnivoren, als den Insectenfressern an, denen sie in der grossen Zahl ihrer kleinen Vorderzähne und spitzhöckerigen Backenzähne kaum nachstehen. Die meisten Beutler bewohnen Neuholland, viele auch die Inseln der Südsee und die Molukken, die Didelpjlujiden mit der reichsten Bezahnung Südamerika. In Europa fehlen sie gegenwärtig gänzlich, waren jedoch zur Tertiärzeit daselbst in Didelphis-ähulichen Formen (Pcratherium) verbreitet. Fossile Reste finden sich zuerst in der Secundärzeit (Mkrolestes, Phasco- lotherhüu); besonders reich sind die pleistocänen Funde in Neuholland (Thi/Iacoko, Diprotodon). 1. Ordnung. Pedimana, Handbeutler. Beutler mit reichhezahntem RauhtUergeUss und opponirharer Innen- zehe der hinteren Extremität (Greif fuss). Thiere von Rattengrösse , deren Gebiss an eine Mischform von In- secteufresser und Carnivoren erinnert. Gebiss: -r^ "^T- Gehören gegen- 4 i o 4 wärtig durchaus Amerika an und sind wahrscheinlich die ältesten der jetzt lebenden Beutler. Lklelpliyidae, Beutelratten. Mit beschupptem Wickelscliwaiiz und fünf freien Zehen an Vorder- und Hintergliedmassen. Klettern vortrefflich. D/dclphijs virc/iniana Shaw., 394 2. Ordnung. Eapacia. Opossum, Nordamerika. D. cancrivora Gm., Krabbenbeutler , Brasilien. D. oppossum, D. dorsigera L., Aeueas-Ratte , Surinam. Das Weibchen trägt die Jungen, welche mit ihren Schwänzen den der Mutter umschlingen, auf dem Rücken. Fam. Chironecticlae. Die fünf Zehen der Hinterfüsse durch eine Schwimmhaut ver- eint. Leben von Fischen. Cliironectes rariegaius 111., Südamerika. 2. Ordnung. Rapacia, Raubbeutler. Betdler mit Rauhthiergehiss, ohne opponirhare Innenzehe der Hinter- gUcdmassc, mit lurzcm, fast nacktem oder huschig behaartem Schiranz. Der Kopf ist häufig stark zugespitzt und erinnert an Insectivoren oder hat eine mehr Carnivoren-ähnliche Gestalt. Das Gebiss zeigt eine geringere Zahl von Sehneidezähnen (^), von denen die des Unterkiefers schräg nach vorne geneigt sind. Sind theilweise Kletterthiere , theilweise Springer und Läufer. Farn. Dasijiiridae, Beutelmarder. Schnauze minder zugespitzt, mehr gekürzt und 4 gerundet, Gebiss mit nur -^ Schneidezähnen. Vorder- und Hintergliedmassen mehr gleich- massig gestaltet, zum Laufen geeignet, die vorderen fünfzehig, die hinteren meist vierzehig. Schwanz lang behaart. Thylacinus cunoceplialus A. "Wagn., Beutelwolf. Gebiss : -x- —- — —. Der kühnste und stärkste Raubbeutler, von Schakalgrösse. Vandiemensland. Diluvial ist Th. spelaeus, 4 12 14 sowie Tlnjlacoleo Ow. Dasyurus viverrinus Geoifr., Beutelmarder. Gebiss: -^- - -^ hr* ■^^^' südwales. D. ( SarcopMlus) ursinus Geoffr., Vandiemensland. Phascogale penicillaia Temm., Beutelbilch. Blutdürstiges kühnes Raubthier von Eichhorngrösse, gewissermassen das Wiesel von Süd- und Westaustralien. Feind der Hühnerställe. Gebiss : -5- ^ -^ X' (-^^f^<^hmusj ßavipes Waterh., Beutelmaus. (Mittlere Schneidezähne nicht vergrössert. Schwanz nur kurz behaart. Mgrmecobins Waterh., Ameisenbeutler. Bildet den Uebergang zu den Perameliden. Mit sehr zahlreichen scharf spitzigen Backenzähnen. Gebiss: -jr- ---^ h^ f -rrhrl- 3 1 4|5V.o|6J ciatus Waterh., Südaustralien. Fam. Peramelidae, Beuteldachse. Gebiss : -^ -^ -^ —. Mit schwachen Vorderbeinen, o 1 o I 4 an welchen der Daumen und auch noch die fünfte Zehe verkümmern, und starken, zum Springen geeigneten Känguru-ähnlichen Hinterfüssen , ohne Innenzehe , mit verkümmerter zweiter und dritter Zehe. Erinnern an die Makrosceliden Afrikas. Perameles nasuta Geoffr., Nasenbantikut, Neusüdwales. CJioeropus castanotis Gray. Vorderfüsse zweizeilig. Hier dürfte sich die Fam. der Notorycfidae ^), Wurfbeutler, anschliessen. Notoryctes Stirl., Beutelwurf. Maulwurfähnlich, mit dichtem Pelz und kurzen kräftigen Extremitäten, 3 12 14 die vordem mit schaufeiförmigen Scharrkrallen. Gebiss: -h"^"^- X" Eckzähne von den benachbarten Schneide- und Lückenzähneu wenig unterschieden. X. tgpMopts Stirl., Süd-Austr. M. fas- ^) E. C. Stirling, Description of a new genus and species of Mar.supialia „Noto- ryctes typhlops'". Transactions of the Royal society of South Australia. July 1891. 3. Ordnung. Carpophaga. 4. Ordnung. Poi-phaga. 895 3. Ordnung. Carpophaga, Früchtebeutler. Beutler mit Frugirorcn-Gchiss, opponirharer Innenzehc an der hinteren Extremität und langem Wiekel- oder Greif schwänz. Im Gebiss nähern sich dieselben bereits den Käng-urus. Sie l)esitzen drei obere Schneidezähne und einen grossen untern Schneidezahn; im Ober- kiefer stets einen kleinen Eckzahn und meist vier Backenzähne. Zahl der sog. Lückenzähne verschieden. An den fünfzehigen Hinterfüssen sind die zweite und dritte Zehe verwachsen, die Innenzehe aber als nagelloser Daumen opponirbar. Auch die ^'orderfüsse sind fünfzehig. Dem Baumleben entsprechend dient der lange Schwanz als Wickel- und Greifschwanz. Farn. Phalanyistidae. Von schlanker Körpcrforin mit Greifschwanz. Peiaurus ßavi- venter Desm. P. injymaeus Desm. , kaum 4 Zoll lang. Beuteläugeichhörnchen mit behaarter Flug- haut. Plialanf/ista (Cusctcs Lacep.) maculata, Amboina. Pli. itrsina Temm., Celebes. Ph. (Tri- chosurm) rulpina Desm. (Fig. 860). Hier schliesst sich an Tarsipes rosfratus Gerv. , Westküste Australiens. Farn. Pliascolarciklae , Beutelbären. Von gedrungener plumper Körperform, mit dickem Kopf, grossen Ohren und ganz rudimentärem Schwanz. Fig. 860. Phascolaret US cincreus Goldf. , 3 1114 Koala. Gebiss: 1 Ö 1 I 4 ■ Neusüdwales. 4. Ordnung. Poepliaga, Springbeutler. Gi-as und Kräuter fressende Beutler mit kleinem Kopf, schicachen Vorder- beinen, sehr kräftigen, zum Sprunge die- nenden Hintcrgliedmassen , mit langem Stemmschwanz. Ausser dem kleinen Kopf, den schwachen, kleinen fünfzehigen Vorder- beinen ist der ungemein entwickelte Hinter- körper charakteristisch, dessen bedeutend verlängerte Extremitäten zum Sprunge dienen und von dem langen , an der Wurzel verdickten Stemmschwanz unterstützt werden. Die kräftigen Hinter- füsse enden mit vier hufartig bekrallten Zehen , von denen die beiden inneren mit einander verwachsen sind, die folgende sehr lang und kräftig ist. Das Gebiss erinnert an das der Pferde, wenngleich die Zahl der Schneidezähne im Unterkiefer eine geringere ist. Von den oberen Schneide- zähnen sind die medialen sehr gross, die beiden unteren Schneidezähne stehen fast horizontal gerichtet. Der Magen ist Colon-ähnlich gestaltet, der Blinddarm lan.«-. Trichoiufhs vulplni. 896 m- Unterclasse. Placentalia. Fam. Hahnaturidae, Kängurus. Gebiss : — - -. Xacli dem Grössenverhalt- 1 U 1 I * nisse beider Extremitätenpaare und den Modificationen des Gebisses unterscheidet man ver- scbiedene Gattungen. Macrojnts gif/anteusShaw., Eiesenkängnru. M. (Halmaturus) Bettetti Waterh. M. (Petrogale) 2^^nicillatus Gray., Felsenkänguru. Dendrolayus ursinus Müll., Baumkänguru. Hyx^siprijmnus murinus Desm., Kängururatte. Merkwürdige Typen sind die pleistocänen Diprotodon und Xoiotherkim. 5. Ordnung. Bhizophaga, Nagebeutler. Mit Xagethier-ähnUcheni Geh'/ss, con plumper Körperform, mit stuntnid- förmigem Schwanz. Schwerfällige Thiere von Dachs-Grüsse, mit dichtem weichen Pelze, kurzen Extremitäten und dickem rundlichen Kopf. An den fünfzehigen Extremitäten entbehrt nur die stummeiförmige Innenzehe des Hinterfusses der Sichelkralle. Fam. Phascolomijidae. Gebiss: -r yr 7- -p- Phascolotiii/s M'o/nbai Per. Lei^.ffossoty, "Wombat, Vandiemensland und Xeusüdwales. III. Unterclasse. Placentalla. ^) Die placentalen Säugethiere vertreten den aplacentalen gegenüber die höhere Organisationsstufe unter reicherer und mannigfaltigerer Speciali- sirung der Formen. Ernährt von der im Fruchtbehälter des trächtigen Mutter- thieres sich entwickelnden Placenta, gelangt der Fötus zu einer vollstän- digeren Ausbildung und wird in weit fortgeschrittenem, wenn auch keineswegs überall gleichem Zustande der Reife geboren. Damit fällt auch das Marsupium sammt seinen beiden Stützknochen am Becken hinweg. a\[an kann es als wahrscheinlich betrachten, dass sich die placentalen Säuger von den Mar- supialien aus entwickelt haben. Die Abzweigung von diesen muss aber wohl in die Secundärzeit zurückreichen, da die ältesten bis jetzt bekannt gewor- denen Reste entschiedener Piacentalien, welche dem Eocän angehören, schon verhältnissmässig hoch ditferenzirte Gebisse besassen. Die Abzweigung ist vielleicht bereits zu einer Zeit erfolgt, als das Gebiss der aplacentalen Vor- fahren noch ein sehr reichbezahntes war. bevor die mannigfache Speciali- sirung des Marsupialiden-Gebisses stattgefunden hatte , mit welcher sich dann die besondere Gestaltung der placentalen Gebissformen, entsprechend den ähnlichen Ernährungsverhältnissen, bis zu einem gewissen Grade con- vergent entwickelte. Nach den neueren Forschungen erscheint es möglich, ') Vergl. Joh. Ch. D. v. Schreber, Die Säugetbiere; fortgesetzt von Goldfuss und A.Wagner, 7 Bde. und 5 Supplementbde. Leipzig 1775— 1855. E. Geoffroy, St. Hilaire et Fr. Cuvier, Histoire naturelle des Mammiferes. 3 Yols. Paris 1819— 1835. K. G. Giebel, Die Säugetbiere etc. Leipzig 1859. Max Schlosser, Die Affen, Lemuren, Chii-opteren, Insectivoren, Marsupialien, Creodonten und Carnivoren des europäischen Tertiärs und deren Beziehungen zu ihren lebenden und fossilen aussereuropäischen Verwandten. I., IL, III. Wien 1887, 1888, 1890. Vergl. ferner Zittel 1. c. Bd. IV. Abstaramung. 897 dass den Ausgangspunkt für die Entwicklung der placentalen Säugethier- gruppen tleischfressende Beutler bildeten, deren hohe Zahnzahl bei man- gelndem oder beginnendem Zahn Wechsel das Milchgcbiss zugleich in sich einschloss. Aus diesen noch mit Klauen und Krallen bewaffneten Stamm- formen entsprangen nicht nur die Vorfahren der Hufthiere (Trofniif/uhitenJ, welche durch die alteocänen Condylarthra zu den Perissodactyla und Ar- tiodacti/Ia hinführten, sondern auch die Uwjukulaten und unter diesen zu- nächst die mit den Insevtivoren verwandten tertiären Creodonta, auf welche auch die Canücoren zurückzuführen sind. Aus den Creodonten dürften in gleicher Weise die Chiropfcrcn, Lcmuriden und Quadrumancn abzuleiten sein, w^ährend über den Ursprung der Aa^/cr, Edcntateu \md Cefaccen noch keine bemerkenswerthe Hypothese aufgestellt wurde. Wahrscheinlich dürften sich die Zahnwale aus gleichmässig bezahnten Säugern der Secundärzeit entwickelt, später die Sirenen von den Hufthleren und die P'mnipcdien von den Carni raren abgezweigt und dem Wasserleben angepasst haben. Bemerkenswerth ist das häufige Vorkommen wurzelloser Zähne, die sich vielleicht schon von der aplacentalen Stammgruppe aus in die placen- tale Reihe fortsetzen, in welcher das Gebiss der Edentaten und einzelner Nagethiere der Wurzelzähne überhaupt entbehrt. In vielen Fällen treten jedoch wurzellose Zähne nur vereinzelt auf, wie z. B. bei Hippopotamus und den Nagern, bei Hyrar, Chironujs, Elephas etc. Morphologisch ist offenbar der Wurzelzahn die vorgeschrittenere und deshalb wohl auch spätere Ge- staltungsform, die unter Ersparung von Schmelz und Dentinproduction aus dem wurzellosen, durch unbeschränktes Wachsthum bezeichneten Zahn her- vorgegangen ist. Für dieses Verhältniss spricht auch das Vorhandensein von Zwischenformen mit länger währendem Wachsthum und erst spät sich schliessender Pulpa (hohe Krone, kurze Wurzel, z. B. an den Backenzähnen des Pferdes, dem zweiten und dritten Molar von Fhacochoerus)^ sowie die Stellvertretung von wurzellosen und Wurzelzähnen bei nahe Verwandten (Monodon, Moschus^ Suidenj. Der Nachtheil des Wurzelzahnes liegt wohl in der relativen Beschränkung seiner Functionsdauer, durch welche das Bedürf- niss eines Ersatzzahnes veranlasst wird ; der Vortheil in der verminderten Production von Zahnsubstanz und in der Möglichkeit einer grösseren Com- plication und Specialisirung. Immerhin hat der Wurzelzahn ein sehr bedeuten- des Alter und findet sich schon in der aplacentalen Stammgruppe, so dass auch wiederum die Wahrscheinlichkeit der ßückbildung und Umwandlung von Wurzelzähnen in w^urzellose für viele Fälle anerkannt werden muss. Von grosser Bedeutung erscheint der dreihöckerige oder trituberculare Backenzahn, den bereits Cope als den primitiven Typus für die oberen Backenzähne in Anspruch nahm. An demselben bildete sich bereits in der mesozoischen Zeit der Gegensatz in die sectoricdc und hunodonte Zahnform aus. Schon in der Tertiärzeit erscheint der Tritubercular-Typus durch Complicationen verändert, indem an den Oberkiefermolaren Zwischenhöcker C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Auf 1. 57 gQ^ Placentalia. Gebiss. Extremität. Classification. auftreten, an den Unterkicfermolaren ein zwei-, l)ezielmngs\veise drei- liöckrig-er Talon hinzukommt. Zweifelsohne war das Gebiss der ältesten placentalen 8iüig-er ein reich bezahntes, was aus der grossen Zahnzahl nicht nur der gleiclimässig be- zahnten Cetaeeeu (Delphine) und Gürtelthiere, sondern auch aus dem diflte- renzirten (Gebiss der ältesten fossilen iJipltijodonten erhellt. Bei diesen einen Zalinwechsel erfahrenden Piacentalien hatte sich bereits für die Ausbildung der zahlreichen , in einer Reihe angelegten Zahnkeime die Veränderung vollzogen, welche zur Aufstellung scharf geschiedener Dentitionen und I nter- scheidung der zuerst entwickelten, den Bedürfnissen des jugendlichen Alters angepassten hinfälligen Milchzähne und der später hervorwachsenden, stär- keren und höher entwickelten Zähne des bleibenden Gebisses Anlass gab. Wahrscheinlich handelt es sich jedoch bei den Dentitionen nur um ein ver- ändertes Arrangement im Wachsthum, um die Vertlieilung der vorhandenen Zahnanlagen auf zwei Zeitperioden der Ausbildung zu Gunsten der Leistungs- fähigkeit und der Specialisirung der Arbeit (Baume). Da es sehr viele alte Säugethiere mit der Zahnformel 'WT~J~^ {^\^o mit 44 Zähnen des bleibenden Gebisses) gibt, so werden unter der Voraus- setzung, dass ausser den Incisivi und Canini sämmtliche Prämolaren ge- wechselt wurden, die ältesten diphyodonten Piacentalien mindestens 76 Zahn- keime in den Kiefern besessen haben. Der Zahnwechsel ist in zahlreichen Fällen ein beschränkterer, und das Milchgebiss erfährt wiederum in verschie- denem Masse (Talpa, Soriciden) Reductionen bis zur völligen Unterdrückung (Ratte etc.). Bei den Robben tritt der Zahnwechsel schon vor der Geburt ein. Durchgängig ist das Milchgebiss schwächer und einfacher gestaltet, die allgemeinere Form bewahrend; das bleibende höher entwickelt und mehr specialisirt. Jenes enthält den conservativeren Theil der Bezahnung, zeigt bei den nahe stehenden Gattungen (Homo, anthro])oide Affen) und Familien (Carnivoren) nur geringe Differenzen und bleibt auf einer niedrigeren Stufe zurück, dem Gebisse der Vorfahren ähnlicher, ein Verhältniss, welches zuerst Rütimeyer durch den Nachweis begründete, dass im Milchgebisse derUngu- laten Eigenthümlichkeiten des Gebisses der geologischen Vorgänger erhalten sind, und dass es diesem ähnlicher ist als dem ihm folgenden bleibenden Gebisse, welches in bestimmter Richtung progressiv specialisirt erscheint. Der besonderen Gestaltung des Gebisses und hiermit im Zusammen- hange der Ernährungs- und Lebensweise entspricht die Differenzirung des Terminalstückes der Extremitäten nebst seiner Horiibekleidung. Wenn auch in der Regel die Fünfzahl der Zehen erhalten oder höchstens die Innenzehe liinweggefallen ist und die Krallenform des Nagels prävalirt, so gibt es doch zahlreiche Fälle von Reductionen, für welche bei den placentalen Säuge- thieren ein anderes Gesetz massgebend ist als bei den aplacentalen, indem zuerst die innere (erste), dann die äussere (fünfte), hierauf die zweitinnere 1. Ordnung. Cetacea. 899 (zweite) und zuletzt die zweitäussere (vierte) Zehe verkümmert, bezieliung-.s- weise völlig- wegfällt. Die zurückbleibenden Zehen erfahren gleichzeitig- mit ihrer Hornbekleidung eine mehr oder minder bedeutende Verstärkung. Die Nägel werden zu gewaltigen Sichelkrallen (Faulthiere) oder zu verbreiterten Hufen (Ungulaten). Auch kann bei höheren Typen die Innenzehe der hin- teren und vorderen Extremität als Daumen opponirbar werden. Im Vergleich zu den Beutelthieren ist die Specialisirung der Formen eine ungleich reichere und mannigfaltigere. Zu den landlebenden, überaus verschieden sich ernährenden und bewegenden Typen mit Omnivoren-, Carnivoren-, Insectivoren-, Frugivoren-, Herbivoren- und Nagethier-Gebiss kommen ausschliesslich zum Wasserleben augepasste Raubthiere undPManzen- fresser (Cetaceen, Sirenia), sowie insectivore und frugivore Flatterthiere (Fledermäuse), endlich völlig zahnlose Erdbewohner hinzu (Ameisenfresser). I.Ordnung. Cetacea i), Walfische. Wasscrhcicohnendc Säugethierc mit sphiddfönmyem uubchaartoi Leib, JiossenäJtnUchen Vorclerfüssen mid horizontaler Selticanzfossc, ohne hintere Eiiremitäten. Die V\'ale, nach ihrer gesamniten Organisation echte Säugethiere mit warmem Blut und Lungenathraung, erscheinen so vollständig an das Wasser- leben angepasst, dass sie sich in Körpergestalt und 8keletgliederung der Fischform nähern (Fig. 861). Einzelne Arten erlangen eine kolossale Körper- grösse, wie sie nur das Wasser zu tragen und die See zu ernähren im Stande ist. Ohne äusserlich sichtbaren Halstheil geht der Kopf in den walzigeu Rumpf über, während das Schwanzende eine horizontale Flosse bildet, zu der auf der Rückentläche häutig noch eine Fetttlosse hinzukommt. Die Be- haarung fehlt bei den grösseren Formen so gut wie vollständig-, indem sich hier nur an der Oberlippe zeitlebens oder während der Fötalzeit Borstenhaare finden. Dagegen entwickelt sich in der dicken mit grossen Papillen ver- sehenen Lederhaut, gewissermassen als Ersatz des mangelnden Pelzes, eine mächtige Fettmasse, die sowohl als Wärmeschutz, wie zur Erleichterung des specitischen Gewichtes dient und nur in der an den Papillarkörper grenzenden Schicht fehlt. An dem oft schnauzenförmig verlängerten Kopfe fehlen stets äussere Olirmuscheln, die Augen sind auffallend klein und oft in die Nähe des Mundwinkels, die Nasenlöcher auf die Stirn gerückt. Die vorderen Extre- mitäten stellen kurze, äusserlich ungegliederte Ruderfiossen dar, welche nur als Ganzes bewegt werden, die hinteren fehlen als äussere Anhänge gänzlich. Der Schädel besitzt dem grossen, oft schnabelförmig verlängerten ^) D. F. Eschricht , Zoologisch-anatomisch-physiologisclie Untersuchungen über die nordischen Walthiere. Leipzig 1849. D. F. Eschri cht og J. Reinhardt, Om Nordhvalen. Kjöbenhavn 1861. Van Beneden und Gervais, Osteographie des Cetaces. Paris 18(58 bis 1880. M a X W e b e r, Studien über Säugethiere. .Jena 1886. W. K ü k e n t h al, Vergleichend- anatomisclie und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an AValthieren. Jena 1889. 900 Cetacea. Organisation. Fig. 861 .Skelet von Balaena intjsticetus, nach E sch- riebt und Reinhardt. 0-S Occipitale, Co Condylus oocipitalis, Sq Squamosum, Pa Pa- rietale. Fr Frontale, Jmx Intermaxillare. Ar.rMaxillare, ./Jugale, Llia.cryrr.a.le, St das blos mit der ersten Rippe verbundene Ster- num, S; Scapula, H Humerus, B Becken-, F Femur-, T Tibiarndiment. Gesichtstheil gegenüber einen nur geringen Umfang und zeigt sich häufig asymmetrisch, vorherrschend rechtsseitig entwickelt ; seine Knochen liegen, durch freie Schuppennähte gesondert, lose aneinander, die Parietalia verschmelzen früh mit dem Interparietale zu einem Knochen , das harte Felsenbein bleibt von den übrigen Theilen des Schläfen- beines isolirt. Die Nasenhöhle ist im Zu- sammenhang mit der mächtigen Entwick- lung der Intermaxillaria ganz auf die Dorsal- seite des Schädels gedrängt und erscheinen die Nasenbeine rudimentär. Die Kiefer tragen entweder sehr zahlreiche konische Wurzelzähne oder die Bezahnung erscheint in verschiedenem Masse bis zum völligen Schwuindereducirt. Im letzteren Falle (Barten- wale) kommen die Zahnkeime noch im fö- talen Leben zur Entwicklung, die aus ihnen entstandenen Zahnrudimente durchbrechen jedoch nie das Zahnfleisch und werden vor der Geburt resorbirt (Bartenwale). Von der hinteren Extremität finden sich nur zuweilen kleine Knochenrudimente vor, die man als Beckenknochen deutet, wozu bei Bakicna mysticetiis noch ein Femur- und Tibiarndi- ment hinzutritt. Die einfache oder doppelte Nasenüifnung ist mehr oder minder hoch hinauf auf den Scheitel gerückt und führt senkrecht absteigend in die Nasenhöhle, welche als paariger, hinten einfacher Nasen- canal absteigt und am Gaumensegel vom Schlünde durch einen Schliessmuskel abge- schlossen werden kann. Die Ansicht, dass die Walfische durch die Nasenötfnungen Wasser ausspritzen, hat sich als irrthümlich herausgestellt; es ist der ausgeathmete. in Form einer Rauchsäule sich verdichtende Wasserdampf, der zu der Täuschung eines ausgespritzten Wasserstrahles Veranlassung gab. Die sehr geräumigen Lungenerstrecken sich ähnlich wie die Schwimmblase der Fische weit nach hinten und bedingen wesent- Denticete. 901 lieh mit die horizontale Lage des Rumpfes im Wasser ; auch das Zwerch- fell nimmt eine entsprechend horizontale Lage ein. Sackartige Erweiterungen an der Aorta und Pulmonalarterie, sowie die sog. Schlagadernctze m(>gen dazu dienen, beim Tauchen der Athemnoth einige Zeit laug vorzubeugen. Die Weibchen gebären ein einziges (die der kleineren Arten selten zwei), verhältnissmässig weit vorgeschrittenes Junges, welches noch längere Zeit der mütterlichen Pflege bedarf. Die beiden Saugwarzen der Milch- drüsen liegen in der Inguinalgegend. Die Wale leben meist gesellig, zuweilen in Herden vereinigt; die kleineren suchen gern die Küsten auf und gehen auf ihren Wanderungen selbst in die Flussniündungen, die grösseren liel)en mehr das offene Meer und die kalten Gegenden. Beim Schwimmen, dass sie mit grosser Meister- schaft und Schnelligkeit ausführen, halten sie sich in der Regel nahe an der Oberfläche. Die riesigen BcuicnuaJc^ welche der Zähne vollkommen entbehren, dagegen am Gaumen den aus senkrechten, transversal gestellten Hornplatten, den Barten, gebildeten Seiheapparat tragen, ernähren sich von kleineu See- thieren, Nacktschnecken, Quallen, die Delphine mit ihrem gleichförmigen Raubgebiss von grösseren Fischen. Fossile Reste finden sich schon in der älteren Tertiärzeit, am reichsten aber im Miocäu, wo, ausser den gegenwärtig ausgestorbenen Zeughdonten, Delphine und auch Bartenwale von verschie- dener Grösse lebten. Mit Rücksicht auf das nahezu homodonte Gebiss dürften die Walthiere von einer w^eit in die Secundärzeit zurückreichenden placen- talen Stammgruppe mit homodonter Bezahnung und vier Extremitäten ab- zuleiten sein. Hiermit würde die Thatsache nicht im Widerspruch stehen, dass das Gebiss der tertiären , vornehmlich in Nordamerika gefundenen Zeuglodouten schon mehr specialisirtwar, indem der Oberkiefer bereits zwei- wurzelige Backenzähne mit mehrzackiger Krone enthielt. 1. Unterordnung. DcnÜcete, Zahmcalc. Fleischfressende, vornehm- lich von Fischen sich ernährende Wale mit kegelförmigen Fangzähnen in beiden oder nur in einem Kiefer (homodoutes Gebiss). Kopf von pro- portionirter Grösse. Nasenlöcher oft zu einer halbmondförmigen Oeffnuug verschmolzen. 7a.i\\. Delphinidae. Beide Kiefer mit gleicligestalteten Kegelzähnen , jedoch nicht immer in ganzer Länge bewaffnet. Nasenlöcher zu einem halbmondförmigen Spritzloch vereint. Phocaena communis Less., Braunfisch, 4 — 5 Fuss lang, steigt in die Flussmün- dungen und lebt von Fischen. Europäische Meere. Delphinus delphis L., gemeiner Delphin (Fig. 862). Mittelmeer und atlantischer Ocean, D. tursio Fabr., Tümmler, Nordatlantischer Ocean. Belufja (Delphinapferus) leucas Gray, Weissüsch. Orca gladiator Gray, Schwert- fisch, Nördliche Meere. Globiocephalus globiceps Cuv., Grind, Nordatlantischer Ocean. Fam. Monodontidae. Im Oberkiefer nur zwei nach vorne gerichtete Zähne, die im weiblichen Geschlechte klein bleiben, von denen aber der eine (meist linksseitig) im männ- lichen Geschlecht zu einem colossalen , schraubenförmig gefurchten Stosszahn wird. Die übrigen kleinen Zähne beider Kiefer fallen früh aus. Monodon monoceros L., Narwal. Nördliches Polarmeer. Von 20 Fuss Länge. 902 -• Ordnung. Edentata. Fam. Hyperoodontidae. Schnauze schnabelförmig verlängert, im Unterkiefer jeder- seits nur ein oder zwei ausgebildete Zähne. Gesichtskuochen , namentlich Zwischenkiefer, oft unsymmetrisch. Ein halbmondförmiges Spritzloch. Ht/peroodon hidens Flem., Dögliug. Ueber 20 Fuss Länge. Nordatlantischer Ocean. Farn. Catodontidae = Phtjseteridae, VoiifisiihG. Kopf von enormer Grösse, von Vj der Körperlänge, bis zur Spitze aufgetrieben durch Ansammlung von flüssigem Fett (Walrat). Oberkiefer zahnlos. Aeste der Unterkiefer aneinander gelegt, mit einer Reihe konischer Zähne besetzt. Spritzlöcher getrennt. Leben von Tintenfischen. Catodon macrocephalits Lac, Cachelot, Pottfisch, 40— ßO Fuss lang, Nordmeer. Phijseter tursio Gray, Nordatlan- tischer Ocean. Hier würden die tertiären Zeuglodonten anzuschliessen sein (ZeugJodony S<ß(alodon), für die mau jedoch eine besondere Unterordnung auf zu stellen hat. Fig. 862. Delphinus de!2)liis (r^gne animal). 2. Unterordnung. Mysüccte, Bartenuale. Mit sehr grossem Kopf und zahnlosen Kiefern, mit Barten (Fig. 861). Schlund eng. Spritzlücher ge- trennt. Ernähren sich von sehr kleinen Meeresthieren (Cetochilus, Clio horea- l(s), die in ungeheurer Menge im Seiheapparate der Barten gefangen werden. Fam. Balaenidae, Bartenwale. Cetaceen von bedeutender Grösse, mit ungeheurem Kopf, Aveit gespaltenem, aber zahnlosem Eachen und doppelten Nasenöfluungen , mit sehr kleinen Augen in der Nähe der Mundwinkel. Am Gaumengewölbe und Oberkiefer entspringen zwei Eeihen von hornigen, an ihrem unteren Rande ausgefaserten Querplatten, sog. Barten, welche senkrecht dicht hintereinander gedrängt in die Rachenhöhle vorstehen und nach vorn& und hinten zu an Grösse abnehmen. Diese Barten bilden eine Art Sieb , welches beim Schliessen des colossalen Rachens die kleinen, mit dem Seewasser aufgenommenen Nackt- schnecken etc. zurückhält, während das Wasser abfliesst. Balaenoptera rostrata Fabr. Finnfisch, Nordmeer. Meyaptera boo])s Müll. , wird 100 Fuss lang. Balaena mysticeHis^ grönländischer Walfisch, bis 60 Fuss lang. Vornehmlich Gegenstand des Walfischfanges. 2. Ordnung. Edentata i) (Bruta), zahnarme Tliiere. SäiKjethiere mit unvollständig hezahntcm Gehiss, meist mit zahlreichen mir zelloscn Backenzähnen, mit Scharr- oder Sichelkrallen an den Extremitäten. Die als Edentata (Bruta) unterschiedene Abtheilung placentaler Säuge- thiere umfasst überaus verschiedene, nach Lebensweise und Körpergestalt weit divergirende Formengruppen. Gemeinsam ist allen ausser der adeci- ^) Th. Bell, Article „Edentata" in Todd's Cyclopaedia of Anatomy, A^ol. II, 1836. W. V. Rapp, Anatomische Untersuchungen über die Edentaten. Tübingen 1852. H. Bur- meister, Annales del museo publice. Buenos-Ayres 1864. Vermilinguia. yUö (luaten Beschaffenheit des Mutterkuchens die -cringere Specialisirung des Gebisses, dessen Zähne, wenn sie nicht vollständig fehlen (Venmlinr/uia), ausschliesslich wurzellos sind und der Schmelzbekleidung entbehren. Das \rrangemcnt der zwei Dentitionen fällt daher hinweg, wenn auch einzelne Zähne'' und vornehmlich die vorderen frühzeitig verloren gehen ri^«^«-?;- Die Form der übrigens in einzelnen Fällen sehr zahlreichen Zähne (circa 100 bei Dasypus gifjas) ist eine ziemlich einfache und gleichartige. Mit Ausnahme eines Gürtelthieres fehlen überall die Vorderzähne (Fig. 863). Sind Eckzähne vorhanden, so bleiben dieselben kleine und stumpfe Kegel. Auch die Backenzähne sind schwach und einfach geformt, zuweilen schwach gefurcht. Viele (Wurmzimglcr und Gürtdthkre) sind Insectenfresser und graben mit ihren mächtigen Scharrkrallen Erdhöhlen, andere (Faul- fhirrr) nähren sich von Blättern und klettern vortrefflich. Alle sind träge, stumpfsinnige Thiere mit kleinem, der Windungen entbehrendem Gehirn und bewohnen gegenwärtig ausschliesslich die südlichen Zonen, und zwar vornehmlich der neuen, in einzelnen Repräsentanten aber auch der alten Welt •, mit Ausnahme des afrikanischen Ori/- iieropus und der in Afrika und Asien leben- den Gattung Mains sind alle Bewohner Süd- amerikas. Es weist dieses Verhältniss auf die allmälige Ausbreitung von einem gemeinsamen Centrum in einer weit zurückreichenden Pe- riode der Vorzeit hin und unterstützt die An- nahme eines vormaligen grossen Südconti- nentes. Die ältesten fossilen Reste finden sich . T . ^,. .. Schädel von Braihjpus torquatus. im oberen Eocän (Quercy), dann imMiocan Europas (Pikermi und Sansan, Macroth er i um) und Nordamerikas (Moropus). Die interessantesten und reichsten Ueberreste gehören den Diluvialabla- gerungen vornehmlich Südamerikas an. 1. Unterordnung. VermiUmjuia, Ameisenfresser. Mit sehr verlängerter zugespitzter Schnauze, aus deren enger Mundöffnung die dünne wurmförmige Zuno-e weit hervorgestreckt werden kann. Kiefer schwach. Zähne fehlen mit Ausnahme von Oryderopus vollständig. Hier finden sich zahlreiche Mahlzähne, die kaum knochenharte Consistenz erlangen. Die Thiere besitzen kurze kräftige Grabfüsse, die sie zum Aufscharren von Ameisen- und Termiten- bauten benutzen. In diese aufgewühlten Haufen strecken sie ihre lange klebrige Zunge hinein, an der sich die Insecten festbeisseu und beim raschen Einziehen der Zunge zur Beute werden. Fossil ist Glossotherium . Farn. Myrmecophagidae, Ameisenbären. Zahnlos, mit Haarbekleidung. Myrmecophaya juhata L., M. tetradactyla L. {tamandua Desm.), M. dulactißa L., Südamerika. Fam. Manidae, Scbuppentliiere. Zahnlos, von Hornschnppen bekleidet. Mams macrura Ei-xl., Schuppenthier, Westküste Afrikas. M. hrachyura ErxL, und javanica Desm., beide in Ostindien. 904 Cingulata. Bradypoda. Fam. Orijcteropodidae , Erdferkel. Mit spärlicher Haarbekleidung und zahlreichen Mahlzähnen. Onjcteropus capensis Geoflfr., Cap'sches Erdschwein. 2. Unterordnung. Cingulata, Gürtelthiere. Die Körperbedeckung be- steht aus knöchernen Tafeln, welche sich auf dem Rücken und am Schwänze zur Herstellung eines beweglichen Hautpanzers in Querreihen ordnen (Fig. 864). Die Extremitäten bleiben kurz und sind mit ihren kräftigen Scharrkrallen zum Graben vorzüglich geeignet. Vorderzähne fehlen mit Ausnahme von Dasijpus scxcinctiis und des fossilen Chhinn/dofherium. Beide Kiefer tragen kleine cylindrische Backenzähne, deren Zahl nach den einzelnen Formen wechselt. Bewohner Südamerikas. Fossile Gürtelthiere, wie Glyptodon Ow., Chlami/dothcrlum Lund, finden sich in den Knochenhöhlen Südamerikas. Fani. Vasypodidae, Armadille. iJasypus norcmcinctus L., der langgeschwänzte Tatu, nüt 8 — 10 Gürteln. D. gigas, Riesenarmadil (Fig. 864). Mit gegen 100 Zähnen. I). se.r- einctus L. Chlamgdophorus truncatus Harl., Schildwurf, in der Gegend von Mendoza. Fig. 864. Dasypus gigas. 3. Unterordnung. Bradijpoda, Faulthiere. Mit rundlichem Kopf (Fig. 863) und nach vorne gerichteten Augen, mit sehr langen Vorderextremitäten und brustständigen Zitzen. Schneidezähne felilen, zuweilen auch Eckzähne, Von Backenzähnen stehen 3 bis 4 in jeder Kieferhälfte. Am Jochbein ist der grosse, über den Unterkiefer herabsteigende Fortsatz bemerkenswerth. Aus- schliesslich zum Leben auf Bäumen bestimmt, benutzen sie ihre langen Vorder- gliedmassen und deren Sichelkrallen am Ende der drei oder zwei eng ver- bundenen Zehen zum Aufhängen und Anklammern an Aesten unter kräftigen, aber langsamen Bewegungen. Auf dem Erdboden vermögen sie sich nur äusserst unbehilfiich und schwerfällig hinzuschle})pen. Die Körperbedeckung bildet ein langes und grobes, dürrem Heu ähnliches Haarkleid. In den Wäldern Südamerikas. Fossile Gattungen aus denj Diluvium Nord- und Südamerikas sind: Megatherimn^) Cuv. (Riesenfaulthier) , Mijlod\ torquatus III.; Kragen- faulthier. Choloepus didacfylus 111., Unau, Provinz Mendoza. ') Pander und E. d'Alton, Vergleichende Osteologie, I. Abth. , Liefg. 1: Das Riesenfaulthier. Bonn 1821. Ordnung. Condylarthra. 905 3. Ordnung:. Condylarthra i), Condylarthren. Unffulatcn mit Arücuhüon des Naviculare und Ccdcaneus^ mit fünf- igen Fj.rtremitäten und mehr Omnivoren-ähnlichem Verhalten der Molaren. Fig. 865. As^ N^ Phenacodus primaevus, nach Cope. Alttertiäre Huftliiere mit kur- zen Extremitäten . welche noch fünf Finger und fünf Zehen be- sassen . von denen die äusseren schon sehr klein waren (Fig. 865). Stehen zwischen Hufthieren und Fleischfressern, und zwar den Creo- donten am nächsten. Der Oberarm ist in seinem unteren Theile über dem Epicondylus ähnlich wie bei den Creodouten und Carnivoren durchbohrt. Ulna und Fibula sehr kräftig, die letztere articulirt weder mit dem Astragalus noch Calcaneus, sondern endet frei wie beiden Fleischfressern. Im Tarsus articulirt das Naviculare mit dem Calcaneus (wie bei HtiraX und den " 'HSündiVorL PUenacodus primaevus, ä Fuss desselben, nach . , r,nn 7\ i^ ■ /-. Cope. Ca Calcaneus, As Astragalus, A'' Naviculare, C Nagern) (Fig. 866 b). Die Carpalien cuboides. *) E. D. Cope, Tertiary Vertebrata. Book I. Report of the U. St. Geological Survey of tlie Territories, 1884; M.Schlosser, Beiträge zur Kenntniss der Stammesgeschichte der Hufthiere. Morphol. Jahrb., Tom. XII, 1886. 906 Condylarthra. sind in zwei Reihen geordnet (Fig. 866 a) mit Centrale carpi und getrennten Scaphoid und Lunatum, während dieselben bei den Jj'qilarthru, den Perisso- 3 1413 dactijlen und Arüodactyhn alternirend in einander greifen. Gebiss : ^ — -1— (Fig. 867). Incisiven und Caninen noch ähnlich wie bei den Creodonten. Backenzähne Omnivoren-ähnlich, indem die Joche, beziehungsweise Monde durch in die Länge gezogene gekrümmte H(3cker repräsentirt werden. Die Prämolaren sind von ziemlich einfachem Bau und schliessen ähnlich wie die Backenzähne der Carnivoren nicht eng aneinander. Die oberen Molaren mit zwei Aussen- und einem Innenhöcker (Tritubercular-Typus) , die unteren (Sectorialtubercular-Typus) stehen im gewissen Sinne zwischen den Reiss- zähnen der Carnivoren und Mahlzahn der Ungulaten. mit grossem Talon. Auch Schädel, Scapula, Becken und Astragalus zeigen Anklänge an die Car- j^jo. gg7 nivoren. Wahrschein- lieh sind aus diesen alttertiären , auf das Eocäu Nordamerikas beschränkten Hufthie- ren die unpaarzehigen und paarzehigen Huf- thiere hervorgegangen (ohne Vermittlung der Amhhjpoden Schlos- ser), während sie selbst sowohl in Schädelform und Gebiss, als in der Gestaltung der Extre- mitäten und deren Bewaffnung mit Nagel-ähnlichen Hufen auf Fleisch- fresser als Ausgangsformen hinweisen. C 0 p e uutersclieidet folgende Familien ^) : 1. Fam. Periptijchidae. Mit kurzem Hals, bunodonten Zähnen, sehr einfachen Prä- molaren. Astragalus ohne Rolle. Aus dem Puerco-Eocän von Neu-Mexico. Pteriptijchus rhabdodon Cope, Hexodon, Zetodon Cope. 2. Fam. Phenacodontidae. Mit längerem Halse, bunodonten Zähnen. Prämolaren den Molaren unähnlich. Astragalus mit Eolle. Phenacodus i^rimaevus Cope. Pli. piiercensis Cope, aus dem Pnerco. Anacodon Cope, aus dem Wasatch. Phenacodus primaeviis, nach Cope. ') Zwei andere lediglich fossile Ungnlatenordnungen sind die Amblt/jjoda und die Toxodontia (Toxodon). Die ersteren, aus dem Eocän Amerikas, umfassen die Gattungen Coryphodon (Alteocän) und Dinoceras (Obereocän) und waren fünfzehige schwerrälUge Sohlengänger, die sich omnivor, jedoch wahrscheinlich vorwiegend von Pflanzen nährten. Nach dem Skelet zu schliessen, glich Coryphodon einem Bären, jedoch mit Elephanten- ähulichem Fussbaue. Mächtig vorspringende Eckzähne bildeten eine furchtbare Wafle. Dinoceras war von Elephantengrösse , von ähnlichem Fussbaue und mit sechs Knochen- höckern versehen, von denen zwei auf der Nase, zwei über den Wurzeln der gewaltigen Eckzähne und zwei am hinteren Schädeltheile sich erhoben. 4. Ordnung. Perissodactyla. 907 4. Ordnung. Perissodactyla i), Unpaarzeher. Vmjidüten »lit Artlculatlon des Cuhoides und Astrayalus, mit vor- iikgcnd cntirickeltcr MHtehche und meist unpaarer Zehenzahl, mit voll- ständiy hczahntem Gehiss und Querjochen der Molaren. Die beiden Ordnungen der Ärtiodactijlen und Pcrissodadylen hatten sich bereits zur älteren Tertiärzeit von den primitiven Hut'thieren (Condyl- arfhra) abgezweigt und zeigten theils im Gebisse, theils in der (Gestaltung der Extremitäten und deren Wurzelknochen merkliche xVbändernngen, die. nach verschiedenen Richtungen specialisirt, den ausschliesslichen Gebrauch der letzteren zum Tragen und raschen Fortbewegen eines mächtigen Leibes auf dem Lande und die mehr ausschliesslich vegetabilische Ernährung er- möglichten. Kleinere Arten (Microchoerus) boten noch zu den Insectivoren und Nagern Uebergänge und lebten omnivor. An dem Gebiss treffen wir bereits schmelzfaltige Backenzähne mit Querjochen und stumpfen Schmelz- höckern, die sich meist zu ebenen Kauflächen abnutzen. An die grossen meisselförmigen .Schneidezähne schlössen sich ohne Lücke der Eckzahn, dann die Prämolaren und Molaren an. Neben der Specialisirung der Zähne, welche sich von einem Condyl- arthren-ähnlichen Gebisse aus allraälig entwickelte , ist die jener theil- ■weise parallel gehende, im Laufe der Zeit fortschreitende Reduction der Zehenzahl von dem grössten Werthe zur Beurtheilung der Verwandtschaft. Die ältesten Ungulaten besassen noch an beiden Extremitäten fünf Zehen, von denen zuerst die innere an der hinteren, beziehungsweise an der vorderen Gliedmasse in verschiedenen Abstufungen bis zum völligen Schwunde zurücktrat. Mit dieser und der weiter fortschreitenden Reduction machte sich ein Gegensatz in dem Grössenverhältnisse der zurückbleibenden Zehen geltend, indem in der einen Reihe die Mittelzehe an Umfang be- deutend prävalirte und die ganze Last des Körpers in der Verlängerung der Extremitätensäule stützte (Perissodactyla) ; in der anderen Reihe über- nahmen Mittel- und vierte Zehe gleichmässig dieselbe Function und ge- langten zu gleichgrossem, bedeutendem Umfang (Ärtiodactylu). Schon von Cuvier ward dieser Gegensatz hervorgehoben und zur Unterscheidung in unpaarzehige und paarzehige Hufthiere benutzt, später dann von R. Owen in noch schärferer Weise zur Classification verwerthet. Freilich trifft die der paarigen oder unpaaren Zehenzahl entlehnte Bezeichnung nicht streng zu. ^) G. Cuvier, Recherclies sur les ossements fossiles. 3'' edit. Paris 1846. T. Eymer Jones, Article „Pachj'dermata" in Todd's Cj'clopaedia, nebst Supplement von F.Spencer Cobbold, 1885. Rütimeyer, Beiträge zur Kenntniss der fossüen Pferde. Basel 1863. Gaudry, Animaux fossiles et Geologie de TAttique, 1864. Derselbe, Les enchainements du monde animal dans les teraps geologiques. Mammiferes tertiaires. Paris 1878. W. Ko- walevsky, Monographie des Genus Antliracotheriura Cuv. und Versuch einer natürlichen Classification der fossilen Hufthiere. Palaeontographica, 1873. Yergl. ferner Leidy, Marsh und Cope. 908 Perissodactyla. Gebiss. indem es Pcnssodactijlen gibt — wie Tapir und Orohippus — welche vier Zehen au den Vorderfiissen besitzen, und andererseits ArtiodactyJen — wie Anoplotherhnu trkladi/le — die vorne und hinten drei Zehen haben. Doch ist bei den Perissodadyhni stets ein unpaarer Centralpfeiler die Haupt- stütze, bei den Ärüodactißen die dritte und vierte Zehe von gleich starker, mächtiger Ausbildung. Für die Specialisirung in der Extremitätenform mit reducirter Zehen- zahl ist es von grosser Bedeutung, dass die reihenweise Anordnung der Wurzelknoehen eine Aenderung erfuhr, durch welche dem stützenden Theil der vorderen Extremität in Folge alternirenden Ineinandergreifens der Car- j)alia eine grössere Festigkeit zu Theil wurde (Fig. 868). Am Tarsus drängte sich das Cuboides zwischen Naviculare und Calcaneus bis zur Verbindung mit dem Astragalus empor (Fig. 869) und ver- drängte somit das Naviculare von der seitlichen Articulation mit dem Calcaneus. Hiermit wurde auch an den Wurzelknochen der hinteren Extremi- tät einegrössere Festigkeit undStützkraft erreicht. Die Veränderungen des Gebisses, welche zu den Pcrissodactißen führten, bestanden zu- nächst in der Vereinigung der Molar-Tuberkel zu Jochen, dann in der Vergrösserung der drei ^ letzten Prämolaren, die den Molaren mehr und ^y,.„. mehr ähnlich wurden, in der Reduction des nach vordersten (Pr 4) Prämolaren, der einwurzelig wird und schliesslich verschwindet. Unter den Condt/Iarfhren scheint für die Reihe der Equiden als Ausgangspunkt Phenacodus aus dem Puercobed betrachtet werden zu können, dessen Gebiss zumal in den zu Jochen gruppirteu Tuberkeln der Molaren die Anfor- derungen der Stammform erfüllt. Wahrscheinlich ist die älteste Equidengattung Hyracotlterium von einer alten Art jener Gattung abzuleiten, von welcher andere plumpere Arten zu den Palaeotherien hingeführt haben mögen. Schon im Eocän beginnt die Reihe der Perissodactylen mit Formen (der alten und neuen Welt), deren Gebiss die 3 1 4i3 und bereits eine ziemlich geschlossene Zahnreihe zeigte, während die Zehen- zahl noch unverändert war, von den fünf Zehen aber die Mittelzehe schon die grösste Stärke besass (Hyracotherium Ow., Coryphodon Ow., Loplüodon). Diesen schliessen sich die besonders im Miocän verbreiteten PalaeotJieriden {Pahteother'mm Cuv.) und andere Gattungen an, von welchen sich Bezie- hungen zu den gegenwärtig lebenden Familien der Tapir iden, Rh'mocerklen Fuss von Hyrnchyus, nach Coiie. Ca Cal- caneus, ^.s Astraga- lus, iV Naviculare, C Cuboides. volle Zahl von Zähnen nach der Formel enthielt, Stammreihen. 909 und Equkicn iiachweiseu lassen. Dazu kommen noch als vierte Familie die ausgestorbenen ChaJicothcriiden. Nach der Gestaltung der Backenzähne stehen die Tapiriden und Rhino- ceriden einander näher, indem bei denselben die Joche der Unterkieferzähne fast rechtwinkelig gebogen, die der Oberkieferzähne fast geradlinig und mit der Aussenwand innig verbunden sind. Die anderen Familien zeichnen sich als Selcnolophodonten dadurch aus, dass die Joche im Unterkiefer halbkreis- förmig gebogen, im Oberkiefer ebenfalls gekrümmt, zum Theil sogar noch in Tuberkeln aufgelöst, von der Aussenwand getrennt sind. Die Tapire, gegenwärtig auf zwei verschiedene Verbreitungscentren (Tropen Amerikas und Sundainseln) beschränkt, in den ältesten Formen {Lophiodon Cuv,, Helahfcs Marsh) über beide Continente verbreitet, treten mit vier Vorderzehen und drei Hinterzehen auf und besitzen ein noch sehr 3 1 4 ' 3 vollständiges Gebiss nach der Formel -^^7-!-^ mit freilich bedeutender o 1 4 I o Lücke zwischen Eckzahn und Backenzähnen, an denen sich der alte buno- donte Typus noch ausgesprochen erhalten hat. Die Backenzähne zeichnen sich durch den Besitz von zwei scharfen Querjochen aus, von welchen die der oberen Backenzähne in die Thäler der gegenüberstehenden des Unter- kiefers passen. In Europa gehören die ältesten Formen der Gattung Lo- phiodon an. die jedoch nicht als Stammform betrachtet werden kann, da sie nur 3 Främolaren und 3 Vorderzehen besass. Wahrscheinlich ist als solche die amerikanische Gattung HeJaletes Marsh zu betrachten. Die Eh'mocerlden, welche gegenwärtig im tropischen Afrika, Ostindien und auf den Sundainseln ihre Heimat haben, waren früher und noch während der postpliocänen Zeit in der alten und neuen Welt weit verbreitet. Sie lassen sich zu hornlosen miocänen Formen, vfie Acerathcriiou Kaup, zurück verfolgen, welche in den eocänen Typen ihren Ausgang nehmen. Als solcher ist Hijra- chyus Leidy mit Palaeotherium-'sihn\\Qh^m Gebiss und vier Zehen an dem plumpen Vorderfuss hervorzuheben. In der Bezahnung ist bereits für Eck- und Vorderzähne eine Reduction eingetreten. Die etwas differente Reihe der neuen Welt ^j scheint bereits im Pliocän ausgestorben zu sein. Die Pferde, zur Zeit hochbeinige, leicht gebaute Hufthiere von relativ einförmiger Gestaltung, mit lediglich erhaltener Mittelzehe (SoJidungida), ge- hörten in der Vorzeit auch der neuen Welt an und stehen durch zahlreiche, *) Hier aber lebten zur älteren nud mittleren Tertiärzeit noch ganz eigenthümlicbe kolossale Perissodactyleu , wie sie in der Gegenwart keines Gleichen finden. Zunächst die noch am meisten an die Ehinoceriden anschliessenden Brontotherien mit vier- und drei- ehigen E xtremitäten und kaum reducirtem Gebiss {Brontotlierium Marsh, Tifanotherium Leidy, unteres Miocän) , die man mit Chalicotherium und anderen fossilen Formen als vierte Familie der Perissodactyleu (Chalicotlieriklae) zusammengefasst hat. Diesen ist auch die Gattung Macraiichenia Burm. verwandt, welche jedoch die reihenweise Anordnung der Carpalia und die Trennung des Cuboides vom Astragalus mit den Condylarthren gemeinsam hat und in dieser Hinsicht mit Hyrax übereinstimmt. 910 Perissodactyla. Tapiridae. als Gattungen unterschiedene fossile Zwischenstufen mit grösserer Zehenzahl und minder speeialisirtem Gebiss mit alteoeänen, den Palaeotherien ver- wandten Stammformen (Phenacodus) in continuirlieher Verbindung. Merk- würdiger Weise zeigt die durch eine grössere Zahl von Zwischenformen weit vollständigere amerikanische Reihe von der parallel laufenden, minder voll- ständigen der alten Welt einige Ditlerenzen, so dass die amerikanischen Gattungen sich nicht genau mit den europäischen decken, jedoch mit der Annäherung an die Diluvialzeit mehr übereinstimmen. In Europa war die Reihe von dem dreizehigen mittehniocänen Anchl- therium, dessen Seitenzehen noch fast den Boden berührten, dem obermio- cänen und pliocänen Hipparion mit weit schwächeren und kürzeren Seiten- zehen zur diluvialen Gattung Etjuus , von dessen Seiten- zehen nur die ]\Ietatarsal- knochen als „Gritfeibeine'' erhalten sind, längst bekannt. alsMars h die vollständigere Entwicklungsreihe aus den nordamerikanischen Tertiär- formationen aufdeckte. Diese beginnt schon im unteren Eocän mit dem von Fliena- coclus abzuleitenden , nur fuchsgrossen Hyyacotheriun} z= Orohippus (Fig. 870) mit vierzehigera Vorder- und dreizehigem Hinterfusse, so- dann Orothemim Cope (wahr- scheinlich mit Pliolophus Ow. identisch), bei welchem der vorderste Prämolar noch isolirt ist, der hintere schon einem Molar gleicht. Im unteren Miocän tritt Mesohippus Marsh auf, mit drei Zehen, aber einem vierten Metatarsal- knochen am Vorderfuss, dann der obermiocäne, etwa dem Änchithcrium ^) parallel stehende Miohipjpnis, kaum von Eselsgrösse, diesem die dem H'qjpar'ion entsprechende Gattung Protohippms Marsh im unteren , dann PUohip^Ms Marsh (Seitenzehen schon auf die Grififelbeine reducirt) im oberen Pliocän und endlich im Diluvium das wahre Pferd Eqims, welches jedoch während dieser Zeit in Amerika unterging und sich nicht in die Gegenwart erhielt. 1. Farn. 'Tapiridae. Mittelgrosse, kurz behaarte Hut'thiere, deren mitteliiolie Vorder- beine mit vier, die Hinter1)eine mit drei Zehen enden. Die Schnauze endet mit kurzem nackten Rüssel. Gebiss beinahe vollständig bezahnt, von relativ ur.sprünglichem Typus. Die Backenzähne sind durch die Dicke der Joche und die noch kenntlichen urspiünglichen Vorder- (V) und Hinterfuss (H) von a Equus, b Pliohippus, i Proiohippus (Hipparion), d Miohippus (Anchithermm), e Meso hippus, f Orohippus. (Nach Marsh.) ') Leid y's Paraliippiis und Ilijpohippus sind nur wenig von Aiirliiflierium verschieden. Khinoccridae. Equidaf 911 Höcker aus°;ezeichnet. Die Joche im Oberkiefer geradlinig, im Unterkiefer nahezu recht- winkelig gebogen, nixr die der hinteren Zahnhälfte deutlich ausgeprägt. In Europa beginnen sie mit der Gattung LojiJn'odon, welche nur 3 Pi'ämolaren und wahrscheinlich nur 3 Zehen besass. Die Stammform der Tapire ist Avahrscheinlich Helaletes Marsh {Si/stetnodon Cope) mit 4 Prämolaren und 4 Vorderzehen, dann folgt Protapirus Filh. aus den Phosphoriten von (ziuercy. Jüngere fossile Tapire waren Tapirus helveticus H. v. M., T. prisciis. Wahr- scheinlich war Amerika das Ausgangscentrum der Stammform, von welcher schon während der älteren Tertiärzeit Nachkommen nach der alten Welt kamen. Die recenten Arten leben besonders in feuchten Waldungen und gehören den Tropen tlieils Amerikas, theils Ostindiens an. Tapirus indicus Desm., Schabrakentapir, Sumatra. T. americanus L., Anta, Südamerika. 2. Fam. Rhinoceridae. Grosse plumpe Dickhäuter mit niedrigen Beinen und einem oder zwei und dann hintereinander stehenden Hörnern (Epidermoidalbildungen) auf dem stark gewölbten Nasenbeine. Rhinoceros. Mit 3 Vorderzehen. Gebiss: "9 Tri" cT" ^^^ Backen- zähne durch die dicke Aussenwand ausgezeichnet, welche neben dem ersten Querjoch eine thurmförmige Erhebung bildet. Die Joche der unteren Backenzähne rechtwinklig gebogen, im Oberkiefer geradlinig. Die ältesten Formen gehören der Gattung Hyrachyus Leidy an, mit Palaeotherium-'-k\m\\c\iQm Gebiss, von Buuodontentypus der Backenzähne und mit 4 voll- ständigen Zehen. Hjjracodon Leidy aus dem Untermiocän besass noch 3 Schneidezähne, sowie auch den vierten oberen Prämolar, hatte aber nur 3 Vorderzehen. Bei Aceratherium fehlten noch die Hornzapfen , während die Schneidezähne der Zahl nach reducirt waren. recenten Arten der Gattung RJtinoccros, die schon im Miocän Gebissformel 2 0 Dil Fig. 871. 2 1 4 13 auftrat, leben in den Tropen Ostindiens und Afrikas. Rh. indicus Cuv. Rh. jacanns Cuv. Rh. sumatranus Cuv. Die afrikanischen Nashörner besitzen zwei Hörner. Rli. africanus Camp. Unter den diluvialen Formen Europas war das mit dem Mammuth gleichzeitige Rhinoceros mit knöcherner Nasenscheide- wand, Rh. iichorhinus Cuv., durch seine dicht behaarte Haut dem kalten Klima ange- passt. Jungtertiär ist Rh. leptorhinus Cuv. Verwandt ist die fossile (ji\.iim\^ElasmotheriumlivAX. 3. Fam. Equidae {Solidungula Aut.). Hochbeinige schlanke Hufthiere, die nur mit dem starken, von breitem Hufe umgebenen Endgliede (Hufbein) der dreigliedrigen Mittel- zehe den Boden betreten (Fig. 870). Die zweite und vierte Zehe sind entweder als kleine Nebenzehen (Afterklauen) vorhanden (fossile Gattungen) oder auf die Metatarsalknochen (Griffelbeine) reducirt. Das Gebiss (Fig. 871) besitzt sechs obere und sechs untere grosse meisselförmige Schneidezähne , die sich in geschlossener Bogenlinie aneinanderfügen und sich durch die querovale Grube ihrer Kaufläche auszeichnen. Eckzähne sind in beiden Kiefern gewöhnlich nur im männlichen Geschlecht vorhanden und bleiben kleine kegel- förmige „Haken". Die Joche der Backenzähne stark gekrümmt und scharf von der Aussen- wand abgesetzt, im Unterkiefer halbkreisförmig, mit einem Doppelhöcker. Die Zahl der Backenzähne betrug bei den fo.ssilen Formen sieben in jedem Kiefer, und zwar vier Prämolaren und drei Molaren oben und unten. Bei den jetzt lebenden Arten der Gattung Equus ist sie in Folge allmäliger, schon in den aufeinanderfolgenden fossilen Formen nachweisbarer Schädel von Equus cabaUus. 912 5- Ordnung. Artiodactyla. Rednction der ersten Prämolaren auf sechs gesunken, indessen findet sich vor dem ersten der drei bleibenden Prämolaren noch, als letzter Rest, ein kleiner hinfälliger Zahn (Wolfszahu, Bojanus). Eine Nebenlinie der Equiden bilden die ausgestorbenen Falaeoiheriden, deren Gebiss sich durch eine einfachere Gestaltung der Backenzähne auszeichnete. Bei Palaeotherium waren die vier Prämolaren bereits Molaren-ähnlich , ohne dass diese prismatisch wurden. Hyracotlierium leporinum Ow., Alteocän. Anchitheritnn Dumasü Gerv. Füsse drei- zehig mit grosser Mittelzehe und zwei Seitenzehen (nebst Metatarsalrest der kleinen Zehe an der vorderen Extremität). Backenzähne: ~r\-w- Vorderer Prämolar sehr reducirt. Mittel- Miocän. Hipparion gracileKp., Ober-Miocän. Von den sieben Backenzähnen geht der vordere, ein einfaches Prisma mit halbmondförmigem Querschnitt, schon mit dem Milchgebiss ver- loren. Die beiden Seitenzehen berühren den Boden nicht mehr. Von der Ulna ist der obere Theil geblieben, die Fibula ist ganz hinweggefallen. Equus L. Füsse einzehig mit Metatarsah-esten der zweiten und vierten Zehe (Griffel- 3 I 3 beine). Backenzähne: -^ -^ mit einem Rudiment eines vorderen früh hinfälligen siebenten Zahnes. E. caballus L. (Fig. 871). Lebend nur im domesticirten Zustande bekannt, stammt wahrscheinlich von mehreren der bereits zur Diluvialzeit lebenden Pferdearten ab und ist wahrscheinlich in der sogenannten, auf die Mammuthzeit folgenden Renthierzeit, in welcher das Pferd gejagt und gegessen wurde, zuerst domesticirt. Nach Nehring^), Avelcher die früher herrschende Ansicht bekämpft, dass Asien die alleinige Heimat des Pferdes gewesen sei , sollen von dem mittelgrossen , starkknochigen Diluvialpferd Deutschlands die Rassen occidentaler Pferde abstammen, während die zierlichen dünnknochigen Pferde, von denen sich in den Torfmooren und Pfahlbauten der Bronzezeit Reste finden , von einem kleineren schwächeren Diluvialpferde herzuleiten seien. Dazu würden dann die Pferde orientalischer und asiatischer Herkunft kommen. Nicht selten tritt bei verschiedenen Racen des domesticirten Hauspferdes in der Fussbildung ein Rückschlag ein, indem sich das innere Grift'elbeiu des Vorderfusses in eine Afterzehe fortsetzt. Sehr selten sind Pferde mit Hipparionfüssen beob- achtet worden. (Rückschlag in der Färbung, Rücken- und Schulterstreifen.) Die gegenwärtig wild lebenden Pferde sind theilweise gestreift (Tigerpferde), theils einförmig, die letzteren bewohnen vornehmlich die asiatischen Steppen. Asiniis taeniopiis Heugl., Wildesel im süd- östlichen Asien. Stammform des Hausesels, E. asinus L., A. hemionus PalL, Dschiggetai, Halbesel. A. onager Pall., Kulan, Mongolei. Die afrikanischen Arten (zu der Untergattung Hippotigris Sm. gestellt) sind: E. qiiagga Gm., E. zebra L., E. BurchelU Fisch. 5. Ordnung. Artiodactyla ^), Paarzeher. TJngulatcn mit ArÜciilation des Cuhoides und Ästragahis , »tit ror- wiegender, gletchmäss'ig starker Entwicklung der dritten und vierten Zehe und verschieden gestaltetem, oft reducirtem Gebiss. Schon im unteren Eocän waren von den Urhufthieren die Perisso- dactylen- und Artiodactylen abgezweigt, letztere vierzeliig, aber schon mit merklich abgeändertem Gebiss. Wahrscheinlich sind von den Condylarthren die Pteriptychiden die Vorfahren von Artiodactylen gewesen (Milchgebiss ^) A. Nehring, Fossile Pferde aus deutschen Diluvialablagerungen und ihre Be- ziehungen zu den jetzt lebenden Pferden. Berlin 1884. -) Rütimeyer, Fauna der Pfahlbauten. Derselbe, Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes. Denkschriften der Schweizer naturf. Gesellschaft , Bd. 22 und 23. W. Kowalevsk j', Monographie der Gattung Anthracotherium. Palaeoutographica 1873. Vergl. ferner: Cope, Schlosser. Bunodonta. 913 von Pteriptychus [Conoryctes Cope]). Das Gebiss hatte bei den älteren Paar- zehern wie Unpaarzehern noch mehrfache Züge mit Fleischfressern ge- raeinsam. Caninen und Incisiven waren Carnivoren-artig. Allmälig wurden diese Zähne schwächer. Die Prämolaren waren ursprünglich seitlich com- prirairte Hügel und verstärkten sich dann durch Ausbildung von Höckern und Leisten, ohne in dem Masse wie bei den Perissodactylen den Molaren- typus zu erreichen. Die Veränderungen begannen mit dem vordersten Molar und hintersten Prämolar. Dann schritt die Specialisirung nach divergenten Richtungen fort, meist unter Reduction der Incisivi, bei besonderer Grössen- zunahme, oder gänzlichem Ausfall der Canini und unter verschiedener Ge- staltung der Backenzähne, welche vier Prämolaren und drei Molaren blieben. Es gestalteten sich die Backenzähne entweder zu Hückerzähnen mit vier oder fünf warzenförmigen Hügeln (Bunodonten) oder zu sog. Sichelzähnen mit halbmondförmigen Schmelzfalten (Selcnodonten). In den älteren Formen war dieser Gegensatz noch nicht so scharf ausgeprägt (Änthracothcriden — Anoploth enden). Seinen Höhepunkt erreicht derselbe in den Schweinen und Wiederkäuern der Gegenwart. Von den nach Ausfall der Innenzehe zurück- bleibenden vier Zehen besassen schon bei den ältesten Paarzehern die beiden mittleren eine grössere Stärke, in anderen Formen waren bereits die beiden nach aussen stehenden Zehen völlig geschwunden, aber noch die Mittelhand- und ^littelfussknochen getrennt (Anoplothcr'mni , Xiphodon). Hier zeigten aber die Wurzelknochen beider Extremitäten das sog. inadaptive Verhältniss (Kowalevsky), indem die zu den reducirten Zehen gehörigen Wurzel- knochen nicht in den Dienst der zurückbleibenden Zehen traten, sondern functionslos wurden und verkümmerten. Die recenten Formen sind theils plumpe, schwer gebaute, theils schlanke, gracile Formen; die ersteren mit niedrigen Beinen, dicker, nackter Haut und straffem Borstenkleid, die letzteren meist hochbeinig, mit dichtem, eng anliegendem Haarpelz. Die beiden Mittelzehen mit ihrer starken Huf- bekleidung tragen hauptsächlich die Körperlast, indessen können auch noch die zweite und fünfte Zehe beim Auftreten an der Unterstützung des Körpers theilnehmen, rücken aber meist als rudimentäre Zehen nach hinten und berühren als Afterzehen den Boden nicht mehr. 1. Unterordnung. Bmiodonfa. Vorwiegend mit Höckern der Backen- zähne und vollständiger Bezahnung, stets mit Eckzähnen und mit einfacher Magenform. Die Metatarsalknochen der Mittelzehen sind niemals zu einem einzigen Röhrenknochen verschmolzen. Die Höckerzähne sind bei den alten fossilen Formen durch den Besitz von fünf Höckern ausgezeichnet und werden erst später vierhöckerig, dann aber durch eine grössere Zahl sich ent- wickelnder Nebenhöcker vielhöckerig (Sus). Die jetzt lebenden Typen be- schränken sich auf die Familien der Hippopotamiden und Suiden, welch letztere sich durch fossile Formen bis auf eocäne Gattungen zurückführen lassen. Jene bewahrten die alte Zehengestaltung, wie sie der eocäne Hyopo- C. Claus: Lehrbuch der Zoologie. 6. Aufl. ^g 914 Anthracotheriidae. Übesa. Suidae. tamushenasa. An ihrem Gebisse sind Eckzähne undSchneide/.äline. von denen die äusseren hinweggefallen sind, wurzellos und von enormer .Stärke. Di6 Suiden mit reducirten Aussenzeheu und Omnivorengebiss gehören sowohl der alten wie neuen Welt an und werden dort durch miocäne Gattungen. Pahteochoerus und Clioerotherium (letztere mit vier Zehen noch in fast gleicher Ausbildung), zu eocänen Formen mit fünfhöckerigen Molaren, wie Clwero- potanius. hier von Dicoh/Ies zu dem miocänen Tliinohyus bis zu dem eocänen Eohyus zuriickverfolgt. Im Gebiss der Suiden ist meist nur der Eckzahn wurzellos, bei Pliacocitoerus jedoch auch der letzte Molar, welcher sich in seinem Bau wie auch der vorletzte Molar einem Faltenzahne nähert. In den Schneidezähnen, die im Alter ausfallen, tritt in verschiedenen Gattungen eine Keduction von o 2;u o 2 1 -" (Forcus) bis zu (Pliacochocrus) ein. lener Schnauze. Gebiss : scrofa fera. 1. Faiii. Anllirucoilierüdae. Mit vierzeliigeii Füssen, primitiver Anordnung der Car- l)alieu und Tarsalien. Im Gebisse prävalirte die Fünfzahl der molaren Höcker und der ein- _,. Ol--. fache Bau der Prämolareu, welche au die Flg. 8<2. der Fleischfresser anschliesseu. Vorwie- gend eocän. Choerojiotamus Cuv., Rhacja- tltcrium Pict., AnthracotJierium Cuv. 2. Farn. Ohesa. Vierzehig, von plumper Gestalt, mit unförmig grossem Kopf und breiter, stumpfer, angeschwol- 2 1 ^3 2 1 '3 1 3 ■ Hippopotamus amphibins L., Nilpferd. //. major Cuv., Diluvium des mittleren und südlichen Europa. 3. Farn. Suidae^) (Seiigera). Mit dichtem Borstenkleid und kurzrüsseliger Schnauze. Das Gebiss (Fig. 872) besitzt alle Zahn- arten , doch ist die Zahnreihe nicht vollkommen geschlossen. Die Schneidezähne stehen schräg horizontal und erfahren in einzelnen Gattungen eine Reductiou bis zu - . Die wurzellosen Eckzähne stark verlängert, dreiseitig, im männlichen Geschlecht als „Hauer'^ gewaltige AVaffen. 6—7 schmelzfaltige Backenzähne, darunter drei Molaren, in jedem Kiefer. Die ältesten Formen besassen noch Cauinen und Molaren nach Art der Fleischfresser. Die Molaren zeigten fünf, später vier Tuberkel, die Monden ähnlich sind. Nur die beiden Mittel- zehen berühren den Boden, während die kleineren Aussenzehen als Afterzehen nach hinten liegen (Fig. 845 c). Phacochoerus aethiopictts Cuv., Südafiika. Ph. Äelianus Rüpp. (Sus africanus L.), Abj'ssinien bis Guinea. Porcus babyrussa L., Hirscheber, Molukken. Pofa- mochoerus africanus Schreb. {larvatus Fr. Cuv.), "Warzenschwein, Südwestafrika. Sus europaeus Fall. (S. scrofa L.), Wildschwein. Gebiss: "ö^ 7- xrs^- In weiter Verbreitung von Indien bis zum "Westen Europas und Nordafrika. Stammform einer grossen Zahl von llacen unseres Hausschweines, wogegen man die Schweine aus China, Cochinchina, Slam, das neapolitanische, UBgarische, andalusische Schwein, das kleine Bündtnerschwein und das Torfschwein aus der jüngeren Steinzeit der Schweizer Pfahlbauten auf eine besondere *) Herrn. V. Na thus ins, Vorstudien für Geschichte und Zucht der Hausthiere, zunächst am Schweineschädel. Berlin 1864. Derselbe, Die Racen des Schweines. Berlin 1860. 915 Stammart (S. indicus) zurückzuführen hat (Nathusius), die wild nicht mit Sicherheit bekannt ist, aber dem i?. vitfafus Müll. Schi, von Java und Sumatra nahesteht. iJicofi/les torquattis Cuv., D. labiatus Cuv., Bisamsohwein, Pecari, Amerika. Die zahlreichen fossilen Formen vertheilen sich auf verschiedene schon im Eocän bekannte Gattungen : Leptochoerits Leidy, Cebochoerus P. Gerv., Hemiclioertts Filh. mit fünf tuberkulären oberen Backenzähnen. Falaeochoerus Pom., Hi/otJierhdu Meyer. Die -Gattung Sus beginnt schon im oberu Miocän. S. antiquus Kaup, 2. Unterordnung. Selcnodonta 0, Wiederkäuer. Mit Halbmonden der Baekenzänc an Stelle der Tuberkel. Die jet/.t lebenden Typen mit unvoll- ständig-em Gebiss (Fig. 873), an welchem meist die oberen 8chneide/iibne hinweggefallen sind und dann auch Eckzähne nicht mehr zur Ausbildung kommen. Dagegen stehen im Unterkiefer acht (mit den adaptirten unteren Eckzähnen), selten nur sechs schaufelfiirmige Schneidezähne. Die allgemeine Gestalt der Backenzähne bietet ziemlich feste Merkmale und zeigt einen ausgeprägt selenodonten Charak- ter. Die Prämolaren sind klein, meist nur ein- oder zweilobig. Die Metacarpal- und Metatarsal- knochen sind bei den jetzt leben- den Formen, mit Ausnahme der TraguUden, zu einem gemein- samen Röhrenknochen (Oinonj verschmolzen (Fig. 845 t/). Die selenodonten Paarzeher beginnen bereits im Eocän mit den vier/.ehigen Hijopotamklen, beziehungs- weise dreizehigen (Anoplotheriden) Formen , von denen sich die ersteren von den Anfliracofhenden nicht streng, und lediglich durch den ausgepräg- teren selenodonten Charakter der Backenzähne abgrenzen lassen. Auch hier bilden fünflobige Molaren eines noch ziemlich indifferenten Paläotherien-ähn- Fig. 873. Schädel von Cervus ennadensis. -- Schneidezähnen und liehen Gebisses den x\usgangspunkt. Ausser den massig vortretenden Eckzähnen waren — — Backenzähne vorhanden. Prä- 4 o molaren einfach, noch wenig entwickelt (T)ichohmie^ Caenotherlum ., Xlpho- don). Die Divergenz in Geweihträger und Hohlhörner erfolgte erst weit später, nachdem die Molaren vieriobig geworden und die Specialisirung des Gebisses unter Reduction der oberen Schneidezähne und Complication der Prämolaren wesentlich vorgeschritten war. Mit dem Schwunde der Eck- zähne stand das Auftreten der Stirnvvatfen in Causalnexus. Physiologisch und anatomisch charakterisiren sich die jetzt-lebenden selenodonten Paarzeher durch das Wiederkauen und die hierauf bezügliche *) Yergl. besonders G. ,T. Sundevall, Methodische Uebersicht über die wieder- kauenden Thiere. 2 Theile. 1847. Rütimeyer, Beitrage zu einer natürlichen Geschichte der Hirsche, 1880-1884. 58* 916 Wiederkäuermage Fig. 874. Bilcluug des Magens. Die Nahrung besteht überall vorzugsweise aus vegeta- bilischen Substanzen, welche nur geringe Mengen von Eiweissstoften ent- halten und daher in grossen Quantitäten aufgenommen werden müssen. In dieser Beziehung erscheint die Arbeitstheilung zwischen Erwerb und Auf- nahme der Nahrung einerseits und Mastification andererseits als eine vor- theilhafte, durch Magenbildungen anderer .Säugethiere vorbereitete Einrich- tung. Das Abrupfen und Eintragen der Nahrung fällt der Zeit nach mit der freien Bewegung, das Kauen und Zerkleinern mit dem Ausruhen zusammen. Die Fähigkeit des Wiederkauens beruht auf dem complicirten Bau des ^lagens, welcher aus vier, seltener drei eigenthümlich verbundenen Abthei- lungen besteht (Fig. 874). Die nur oberflächlich gekaute, grobe Speise ge- langt durch die seitliche Oeffming der Oesophagealrinne. deren wulstige Lippen auseinandertreten, in die erste und grösste sackförmige Magenabtheilung, den Pan- sen (Binnen). Von hier tritt dieselbe in den kleinen Netzmagen (Rdiculum) über, welcher als ein kleiner rundlicher Anhang des Pansen erscheint und nach den netz- artigen Falten seiner Innenfläche benannt wird. Nachdem die Speise hier durch zu- fliessende Secrete erweicht ist, steigt sie mittelst eines dem Erbrechen ähnlichen Vorganges durch die Speiseröhre in die Mundhöhle zurück, wird einer zweiten gründlichen Mastification unterworfen und gleitet nun in breiiger Form durch die geschlossene Oesophagealrinne, deren wulstförmige Ränder aneinander gelegt bleiben, in die dritte Magenabtheilung, den Blättermagen oder Psalter (Omasus). Aus diesem kleinen , nach den zahlreichen blattartigen Falten seiner inneren Oberfläche benannten Abschnitt gelangt die Speise in den vierten Magen, den längsgefalteten Labmagen (Äbomasus), in welchem die Verdauung unter Zufluss des Secretes der zahlreichen Labdrüsen ihren weiteren Fortgang nimmt. In nur wenigen Fällen, bei dem javanischen Moschusthiere und den Tylopoden (Kameel und Lama), fällt der Blätter- magen als gesonderter Abschnitt hinweg. Der Uterus ist zweihörnig, die 7AtLQ.\\ liegen in zwei- oder vierfacher Zahl in der Inguinalgegend. Das Junge wird in seiner körperlichen Aus- bilduDg weit vorgeschritten geboren. Mit Ausnahme Neuhollands, wo die Wiederkäuer erst als Zuchtthiere eingeführt wurden, finden sich dieselben über die ganze Erde verbreitet. Sie sind friedliebend und halten heerden- weise zusammen. Leben meist polygamisch. Der Magen des Kalbes. Ru Pansen (Eumen), R Netzmagen (Keticulum), O Blättermagen (Omasus), -•1 Labmagen (Äbomasus) , Oe Oesopbagusende, OR Oesophagealrinne, D Aufang des Darmes. Anoplotheriidae. Tjlopoda. Tragulidae. Cervidae. 917 1. Farn. Anoplotheriidae^). Dreizehig (ursprünglich vierzehig). Mittelfussknochen getrennt, Wnrzelknochen inadaptiv reducirt. Zähne in geschlossener Reihe, die Molaren seleno-bunodont mit fünf Tuberkeln. Die Aussentuberkel zu Halbmonden gestaltet. Die Pril- molaren werden nach vorne snccessive kleiner. Eocän. Anoplotherium commune Cuv. Bei den nordamerikanischen Oreodontiden (Mittel-Miocän) besitzen die oberen Backenzähne bereits vier echte Monde, und sind auch die Prämolaren bedeutend vervollkommnet. 2. Fam. Tijlopoda (Camelidae), Schwielenfüsser, wohl von den Oreodontiden abge- zweigt. Hornlose Wiederkäuer ohne Afterzehen, mit schwieliger, alle drei Phalangen decken- der Sohle hinter den kleinen Hufen. Auch die Zwischenkiefer tragen die beiden seitlichen, in der Jugend sogar alle Schneidezähne, während die Zahl der unteren Schneidezähne Um zwei verringert ist. Dazu kommen starke Eckzähne in jedem Kiefer. Gebiss noch ziemlich 2 3 vollständig. Backenzähne: r, j^- Magnum und Trapezoideum, ebenso Naviculare und Cuboi- deum noch getrennt. Blättermagen nicht gesondert. In Amerika durch die Lamas, in der alten Welt durch die Kameele vertreten. In neuerer Zeit sind zahlreiche fossile Formen in Amerika ge- funden worden. Die untermiocäne Gattung Poebrotherium Leidy besass noch sämratliche In- cisivi und getrennte Mittelfussknochen. Die Prämolaren hatten einfache Schneiden. Erst bei Procamelus ist die Zahl der Schneidezähne auf -^ reducirt, die der Backenzähne aber noch 4 i 3 — kj-. Die Gattung Auchenia lebte bereits zur Diluvialzeit auch in Nordafrika. Camelus L. ausschliesslich der alten Welt angehöiig und schon fossil in den Sivalik- 3 3 hügeln. C. dromedarius L., Dromedar oder einhöckeriges Kameel, Afrika. Backenzähne : -^ — ■C. bactrianus L., zweihöckeriges Kameel. Centralasien, Tartarei, Mongolei. Aticlienia 111. Ol 2 13 — -----hr-, durch Leptauchenia Leidy und Pliauchenia Cope aus dem Miocän Amerikas Ol 1 I o vorbereitet. A. glama L., Lama. A. hitanaco H. Sm. A. Alpaeo Gm. A. ricugna Gm. Alle an der Westküste Südamerikas. Fam. Tragulidae, Zwergmoschusthiere. Kleine schlanke Wiederkäuer ohne Geweihe, mit stark entwickelten oberen Eckzähnen beim Männchen, mit einfach gebauten Prämolaren und vollständigen Seitenzehen. Der untere Eckzahn gestaltet sich nach Art eines Schneide- zahnes. Obere Schneidezähne fehlen. Für die vordere Hälfte der unteren Molaren ist das Vorhandensein kammförmiger Leisten charakteristisch. Schliessen sich im Gebiss und be- sonders durch die Grösse der Seitenzehen, sowie Trennung der beiden mittleren Metatarsal- knochen {Hyaemoschus Gray) an miocäne Paarhufer (Lophiomeryx) an. Fossile Formen sind Hi/aenioschus crassus liSiTt., Miocän. Tragulns javanicus VaW., Sundainseln. Hyaemoscltus aquaticus Olgb., Westküste Afrikas. Fam. Cervidae, Hirsche. Von schlankem Bau, meist mit Geweihen im männlichen Geschlecht und zwei Afterklauen. Häufig finden sich beim Männchen obere Eckzähne, die bei dem echten Moschusthier wurzellos sind und eine bedeutende Grösse erreichen. Backen- 3 t 3 Zähne meist : - - j— - mit geringer Höhe der Zahnkronen. Lassen sich auf die oligocäne Gattung Gelocus zurückführen, deren Bezahnung bereits Hirsch-ähnlich war. An den oberen Molaren war bereits der fünfte Tuberkel geschwunden und die vier gebliebenen zu plumpen Monden gestaltet. Der obere vierte Prämolar fehlte, der untere ist ein einfacher Stift ge- worden, ebenso ist der untere Eckzahn von der Gestalt eines Schneidezahnes, der obere fast, säbelförmig. Dann folgen die miocänen Gattungen Prodremotiierium Filh. und Palaeomeryx *) Durch fossile Eeste der Tertiärzeit sind ferner die Familien der Didiobuniden, Caenothe rüden und Xiphodontiden vertreten. 918 H. V. M., welche letztere sich in einer Eeihe grösserer und kleinerer Arten, die der spätem Zeit mit einfachem Geweih, in"s Obenniocän fortsetzen. Daneben treten schon im Mittelraiocän echte Hirsche der Gattung Cervus auf. Von systematischer Bedeutung erscheint das Geweih, welches mit Ausnahme des Renthiers auf das männliche Geschlecht beschränkt ist ; dasselbe ist ein solider Hautknochen, welcher auf einem Knochenzapfen der Stirn (Rosenstock) auf- sitzt und sich von der kranzförmig verdickten Basis desselben (Rose) in regelmässig perio- dischem Wechsel ablöst , um abgeworfen und erneuert zu werden. Uebrigens dürfte dem Geweihe nicht der Werth als vornehmliches Kennzeichen zur Unterscheidung beizulegen sein, vielmehr ist es den Antilopen und Eindern gegenüber vornehmlich die langgesteckte, mehr cylindrische Schädelform, die Ausdehnung der Nasencavität bei geringer Höhe des Ober- kiefers, welche die Cerviden charakterisirt. Die älteren Cerviden waren überhaupt geweihlos, ähnlich wie unter den jetzt lebenden Formen die Gattung Moschus. Erst im mittleren iliocän Europas und Amerikas treteu Eig. 875. Hirsche mit einfach gegabel- tem Geweih auf, welchem noch die Rose fehlt (Palaeo- meryx H. v. M., Procerouhis^ Gaudry). Am nächsten steht denselben die schon im Dilu- vium vertretene Gattung Cer- lulus. Die Cerviden ernähren sich von Laub, Knospen und Trieben. Die AVeibchen be- sitzen vier Zitzen, bringen in- dess meist nur ein Junges zur Welt. Nur Australien und Süd- afrika entbehren derselben. Moschus L. (Mosclti- na), Moschusthier. Ohne Ge- weih , mit hauerartig ent- wickelten Eckzähnen im männlichen Geschlecht und Moschusbeutel zwischen Na- bel und Ruthe. M. moschi- ferus L. (Fig. 875). Im Hochgebirge Mittelasiens von Tibet bis Sibirien verbreitet. Cerculiis Blainv. (Cervulina). Mit einfach gabiigem Geweih und starken vorragen- den Eckzähnen. C. Muntjac Temm., Java. Nahe stehen die amerikanischen Spiesshirsche. Cervus L. (Cervina). Mit verschieden gestaltetem Geweih, oft ohne Eckzähne. Mit Rücksicht auf die geog.-aphische Verbreitung erscheint die Thatsache von Interesse , dass bei den amerikanischen Hirschen und dem Rehe (Capreolus) die Mittelfussknochen der Afterzehen bei langgestreckter Form die Verbindung mit den oberen Phalangen bewahren, bei den altweltlichen Hirschen, sowie bei dem nordamerikanischen Wapiti dagegen unter bedeutender Reduction dieses nur im oberen Endstück sich erhaltenden Knochens die Ver- bindung mit den Phalangen verloren geht. Eine Mittelstellung nehmen die circumpolaren Typen des Elchs und Renthieres ein. ^) C. (Capreolus) Capreolus L., Reh. C. (Cervus} elaphus L., Edelhirsch. C. Canadensis Briss., Wapiti. C. vircjinianus Gm., Nordamerika. C. axis Ei"sl., Ostindien. C. campestris Cuv., Pampashirsch. C. (Derma) vulgaris Brookes, Damhirsch. Megaceros hibernicus 0. (euryceros), diluvialer Rieseuhirsch. C. (Alces) pal- viatus Klein. = C. alces L., Elch. Im nördlichen Europa, Russland, Nordamerika. C. (Ran- gif er) tarandus H. Sm. , Renthier. In beiden Geschlechtern mit Geweihen , welche zahl- Mosclms ynoschiferus, aus Brandt und Katzeburg. ') Brocke, On the Classification of the Cervidae. Proc. Zool. Soc, 1878. Camelopardalidac. Cavicornia. 019 reiche breit auslaufende Zacken tragen. Zur Diluvialzeit weit über Europa verbreitet, gegen- wärtig nur nordisch. Zug-, Last- und Reittliier der Lappländer. Farn. Camelopardalidae, Giraften. Mit sehr langem Hals, langen Vorderbeinen, weit kürzeren Hinterextremitäten und deshalb nach hinten abschüssigem Eücken. Zwei geweih- artige Erhebungen der Stirn, vom Fell bekleidet, entsprechen Hautverknöcherungen, werden iedoch nicht gewechselt und verwachsen nie mit dem Stirnbeine. Fossile Formen sind in Asien und Europa gefunden , von wo aus die Ueberwanderung nach Afrika erfolgt sein dürfte. Hell adother tum Gaudry, im Pliocän. Sivatlieriiim Falc. und Cautl. , Sivalikschichten In- diens, mit zwei Stirnzapfen. Camelopardalis yiraffa Gm. In bewaldeten Ebenen des inneren Afrika. C. attica Gaudry, im obern Miocän von Pikermi. Farn. Cavicornia, Hornthiere. Theils schlanke, theils plump gebaute Wiederkäuer ohne 3 I 3 Eckzähne, mit -^Vw Backzähnen und Hohlhörnern in beiden Geschlechtern. Die ältesten Wiederkäuer mit Hohlhörneni linden sich im Obermiocän (Antilope Cordieri Christ.). Den Hirschen gegenüber zeigen sie sowohl im Gebisse als im Extremitätenbau weitergreifende Specialisirungen. Die Caninen und der vierte Prämolar fallen hinweg und die Krone der Molaren ist verhältnissmässig höher. Der Hornbildung liegen bleibende, von Höhlungen durchsetzte Knochenfortsätze der Stirnbeine zu Grunde, welche von einem überaus verschieden gestalteten Hohlhorne, dem aus Hornschichten zusammengesetzten Producte der Epidermis, eingescheidet sind. Die Hohlhörner werden sich mit den Cerviden auf gemeinsame tertiäre Stammformen zurückführen lassen. Schon im Miocän linden sich Antilopen, welche schwer von den Cerviden abzugrenzen sind. Nach Cope sind Dicroceras (Palaeomeryx) und ^n- tilocapra durch die gegabelten Hörner und die haarige Hautbedeckung der unreifen Hom- scheide verwandt. An den Backenzähnen sind die Zahnkronen im Vergleiche zu den Cerviden hoch und stark. Alle leben gesellig und meist in Polygamie. Subfam. Antilopinae. Mit langgestrecktem, horizontal gelagertem Scheitelbein. Antilo- capra americana Ow., Gabelgemse. Antilope dorcas Licht., Gazelle, Afrika. A. euphore Forsk., Springbock, südliches Afrika. Saiga saiga Wagn., Steppen Asiens. Hippotragus equimis Geoflfr., Blaubock, Südafrika. H. oryx Blainv. H. addax Wagn., Afrika. Strepsi- ceros Kiidu Gray, Afrika. Bubalis pggarga Snnäv., Buntbock, Südafrika. Catohlepas gnu, Gnu, südafrikanische Ebenen. Rupiicapra rupicapra Pall., Gemse, Pyrenäen und Alpen. Subfam. Ovinae. Ovis aries L., das zahme Schaf, in zahlreichen Eacen (deutsches Schaf, Haideschnucke, Merino, Zackelschaf, Fettschwanz) über die ganze Erde verbreitet (eine Eace schon zur Steinzeit gezähmt). Mehrfach hat man den Mouflon , 0. musimon Schreb. und den im nördlichen und mittleren Asien lebenden Argali, 0. argali Pall. als die wilden Stammarten angesehen. Ovihos moscliatus Blainv., Moschusochs aus Nordamerika, während der Eiszeit bis Frankreich verbreitet. Capra ibex L., Steinbock der Alpen. C. aegagrus L., Bezoarziege, Kaukasus. C. hir- cus L., Hausziege, in zahlreichen Arten überall verbreitet. Subfam. Bovinae. Die Hornzapfen erheben sich am äussersten Theil des hinteren Stirnbeinrandes, von welchem aus das Scheitelbein nach hinten steil abfällt. In fossilen Eesten vom Diluvium bis zum Pliocän gefunden. Buhalus (Bubalina) A. Wagn., Büifel. Stirn kurz gewölbt. Hörner an der Basis com- primirt. B. caffer L. B. htiffelus L., Indien. Pleistocän sind : B. antiquus Gerv. und sivalensis Eütim. Probubalus'R\\iixa. {Hemibos'P&lc.) celebensis, A.no?i. Fossil: Pr. tricpuetricornis'Falc. Bibos (Biboiina). Stirn kurz mit hoch entspringenden Hörnern. B. grunniens L., Yak, Tibet. Mongolei. B. gaurus Evans, Gauer, Ostindien. B. indicus L., Zebu. B. son- daiciisWAX. Schi., Banting. B. graraeus E\a.ns, Gayal, Bengalen. B. etrtiscus Falc, Fliocäa. Bison Sundev. (Bisontia). Die gewölbte Stirn breiter als lang. Hörner vor der Stirn- scheitelbeinleiste entspringend. B. europaeus Ow., Wisent, mit Unrecht Auerochs genannt. Früher im mittleren Europa weit verbreitet, gegenwärtig auf einen Fichtenwald im Bezirk Zelentscheik im Kaukasus und auf den Wald von Bialowicza beschränkt, hier von der 920 C. Ordnungr. Sirenia. rnssisclien Regierung als Wild gehegt. Fossile Arten sind : B. j^riscus Boj. , im Diluvium Europas, und B. sivalensis Falc, Pliocän. In Amerika lebt B. americanus Gm. Bos L. (Taurina). Stirn flach und lang. Die an der Basis nur wenig verdickten Hörner entspringen seitlich an der Stimscheitelbeinleiste. Scheitelbein steil nach hinten abfallend. B. planifrons Lyd., B. nomadicus Falc, Pliocän. B. in'imiyenius Boj., Urochs, diluvial, lebte noch zu Cäsar's Zeiten in Deutschland (im Nibelungen-Liede als ^Ur'^ be- zeichnet), im Chilligham-Park halbwild noch erhalten. Cuvier betrachtete denselben als Stammform des Hausrindes, B. iaurus L., und in der That kann kein Zweifel sein , das.s das Holsteiner oder Friesländer Rind auf B. primiyenius zu beziehen ist. Nun hat aber Rütimeyer nachgewiesen, dass noch eine zweite, schon im Diluvium existirende Art B. brachijcerus Ow. als Stammart des domesticirten Rindes (Torfkuh) anzusehen ist. Brachy- cephale Racen, wie sie in dem Duxer und Zillerthaler Rind auftreten, sind nicht etwa vom Wisent abzuleiten, sondern auf Mopsbildungen zurückzuführen. 6. Ordnung. Sirenia, Seekühe. Wasserlehende Säiigethiere mit flossenförmirjen, im Ellbogemjelenk be- weglichen Vordergliedmassen, herhivorem Gehiss, ohne hintere Extremitäten. Die »Sirenen gleichen in ihrer Erscheinung den Walen, weichen von denselben jedoch in so zahlreichen wesentlichen Charakteren ab, dass die Uebereinstimmung in der dem Wasseraufenthalt angepassten Körperform auf convergente Entwicklung zurückgeführt werden muss. Der spindel- fi>rmige Leib mit seiner dicken, spärlich beliorsteten Haut, den aufgewul- steten Lippen und dem gesonderten Hals endet mit massig breiter, horizon- taler Flossenverbreiterung. Die grossen Brustflossen sind im Ellbogengelenk beweglich, ihre fünffingerige Hand zeigt Spuren von Nägeln. Die Gestaltung der Kopfknochen ist eine andere als bei den Walen und mehr an die der Hufthiere anschliessend, in gleicher Weise das Gebiss und die innere Orga- nisation. Auch besteht für die Schneidezähne ein Zahnwechsel. Die Backen- zähne haljeu eine flache Krone und sind stets in beiden Kiefern wohl entwickelt. Eckzähne fehlen. Dagegen finden sich zuweilen im Oberkiefer hauerartige Vorderzähne (Dugong), während die unteren Vorderzähne früh- zeitig ausfallen. Die Nasenöffnungen -bewahren die normale Lage vorne über der aufgewulsteten Schnauze. Die Milchdrüsen sind brustständig. Fossile Sirenen finden sich schon im Eocän {Frorastomus, Halitheriiüi) Kaup.), mit ähnlichem herbivoren Gebiss, aber mit minder reducirtem Becken, in dessen Gelenkpfanne noch ein Rest des Femur haftete. Die Ab- zweigung von den Ungulaten dürfte auch w^cit in die Vor-Tertiärzeit zurück- reichen , zu welcher Zeit die Extremitäten noch mit fünf freien Zehen endeten und die Specialisirung des Gebisses noch nicht begonnen hatte. Die gegenw^ärtig lebenden Sirenen nähren sich an der Meeresküste von Pflanzen und Seegras, steigen auch weit in die Flussmündungen. Farn. Sirenia, Sirenen. Manafiis aiisti-alisTWs., amerikanischer Manati, Mündungen des Orinoco und Amazonenstromes. M. senegalensis Desm., afrikanischer Manati, an den Küsten Westafrikas. Halicore mJica Desm., Dugong, Indischer Ocean und rothes Meer. Rhijtina Sielleri Cuv., Borkenthier. Gegenwärtig ausgestorben, noch im vorigen Jahrhundert Bewohner der Behringstrasse. 7. Ordnung. Proboscidea. 921 7. Ordnung. Proboscidea, Rüsselthiere. Vielhuf er mit langem, als Greiforgan fungirendem Rüssel, ohne Eck- zähne,nnf ztisamnicngesetzten Backenzähnenund Sfosszähnenim Zivischenkiefer . Die dicke Haut erscheint durch Falten gefeldert und nur spärlich mit Haaren besetzt, die sich an dem Schwänze zu einem Haarbüschel häufen. Der Kopf ist kurz und hoch, durch Höhlen in den Stirn- und Parietalknochen aufgetrieben, mit überaus verkürzten und hohen Kiefern und mit langem beweglichen Rüssel. Das Hinterhaupt fällt steil, fast senkrecht ab. Besonders mächtig sind die senkrecht gestellten Zwischenkiefer mit ihren grossen wurzellosen Stosszähnen. Bei den Mastodonten waren auch im Unterkiefer zwei Schneidezähne entwickelt, welche im weiblichen Geschlechte früh aus- fielen , beim Männchen sich dagegen als Stosszähne erhielten. Eckzähne fehlen. Backenzähne finden sich je nach dem Alter, meist nur einer oder zwei in jedem Kiefer und sind aus zahlreichen parallel hintereinander ge- stellten Zahnplatten zusammengesetzt. Bei der Gattung Elephas sind diese Platten durch Cement verbunden und zeigen auf der Kaufläche quere rhom- bische, von Schmelzsubstanz umfasste Felder. Bei den Mastodonten fehlt das Cement, und erheben sich auf der Kaufläche zitzenförmige Höcker, welche paarig auf Querjochen stehen. Die Krone ist relativ sehr hoch und wächst sehr lang, die Wurzel ist kurz. Nach Owen gelangen im Ganzen drei Prämolaren und ebensoviele Molaren zur Entwicklung, doch sind niemals mehr als drei, gewöhnlich nur zwei Backenzähne gleichzeitig vorhanden, indem die hinteren, an Grösse und Zahl der Laraellen zunehmenden Zähne erst hervortreten, nach- dem die vorderen ausgefallen sind. Anfangs hat jede Kieferhälfte einen Backen- zahn, hinter dem sich bald ein zweiter entwickelt, später fällt der vordere abgenutzte aus, nachdem ein neuer Zahn hinter dem zweiten entstanden ist. Die nicht sehr hohen walzenförmigen Extremitäten enden mit fünf bis auf die kleinen Hufe verbundenen Zehen. Die Weibchen haben einen zwei- hörnigen Uterus und zwei brustständige Zitzen, die Placenta ist gürtelförmig. Die Thiere leben in Heerden zusammen und bewohnen feuchte, schattige Ge- genden im heissen Afrika und Indien, Die hohen geistigen Fähigkeiten machen den Elephanten zu einem zähmbaren, äusserst nützlichen Thiere, das schon im Alterthume zum Lasttragen, auf der Jagd und im Kriege verwendet wurde. Die ältesten Proboscideen sind (neben den Dinotherien) die im Miocän auftretenden Mastodonten^ welche sich in der neuen Welt länger und (Ohio- thier, M. giganteum) bis zur Diluvialzeit erhielten. Im Bereiche der alten Welt bereiteten die Mastodonten des späteren Miocän durch Cementbildung in den Vertiefungen zwischen den dachförmigen Erhebungen der Molaren-Querjoche die Zähne von Elephas vor. Von dieser Gattung sind die ältesten Formen im oberen ]\liocän(Sivalikhügel) gefunden worden, denen sich pliocänc (Arnothal) und diluviale Arten anschliessen. E.mcridionalis, E. priscus Goldf.. E. anti- qims Falc. (England). Der diluviale Elephant, welcher sich am längsten erhielt 922 8. Ordnung. Lamnungia. und von dem Cadaver mit Haut und Haaren im Eise Sibiriens gefunden wur- den, ist dasMammutli. welches bis in das mittlere Europa weit verbreitet war. Zu den Proboscideen ist auch die miocäne Gattung- D'nwthcrium ^) Kp. zu stellen. Am Gebiss fehlen Schneidezähne im Zwischenkiefer, während zwei grosse, nach unten gekrümmte Stosszähne im Unterkiefer sitzen. 213 Backenzähne : ^ j^^ mit drei oder zwei Querjochen. Milchgebiss mit je drei Prämolaren. D. fjiyanteiim Kp. Tertiär bis zum Obermiocän. Farn. Elephantidae. Elephas indicus Cav. Querfelder der Backenzähne schmal band- förmig, mit fast parallelen, fein gefalteten Eändern. Kopf sehr hoch, mit concaver Stirn und relativ kleinen Ohren. Erreicht eine Höhe von 10 — 12 Fuss. Indien und Ceylon. Der Elephant von Sumatra soll nach T e m m i n k einer besonderen Art angehören (E. sumatranus). E. primi- (jenius Blumb., Mammuth. Diluvial. E. (Loxodon) africunus Blumb. Querfelder der Back- zähne rautenförmig, minder zahlreich. Schädel minder hoch. Ohren sehr gross. Mittel- und Südafrika. Masiodon rjigcmteum Cuv., Ohiothier. Diluvial in Nordamerika. 8. Ordnung. Lamnungia 2), Klippschliefer. Kleine Vielhuf er mit Nagethier-ühnlichem Gchiss, vicrzehiyen Vorder- und dreizeJdyen Hititerfüssen. Kleine, dem Bobak ähnliche Thiere, welche in ihrem Zahnbau an die Nager erinnern und in der Bildung der Füsse mit den Tapiren Aehnlichkeit Fig. 876. haben , jedoch im Carpus noch ein Centrale besitzen und in der Articu- lation des Astragalus und Calcaueus die Gestaltung der Condylarthra er- halten haben. Auch die Articulation des Astragalus mit der Fibula weist auf ein sehr altes Verhalten hin. Im Gebisse fehlen die Eckzähne ; von den Hrjrax syriacus (regne animai). Schneidezähnen slud nur zwei im Zwischenkiefer übrig geblieben, von welchen der eine früh verloren geht, der andere, wie der gegenüberstehende des Unterkiefers, wurzellos bleibt und eine bedeutende Grösse erlangt. Vorder- und Hinterfläche dieses Zahnes haben Schmelzbekleidung. Die sieben Backenzähne sind verhältnissmässig wenig specialisirt und schliessen sich am nächsten denen der Rhinoceriden an. Der vierte Prämolar fehlt jedoch schon bei den meisten Arten (H. arboreus ausgenommen), und der erste hat die Gestaltung der Molaren angenommen. Der Körper ist dicht behaart, gestreckt, mit sehr zahlreichen (20) Dorso- lumbalwirbelu; die Vorderfüsse vierzehig, die hinteren dreizehig, mit eben- soviel kleinen Hufen versehen. Nur die innere Zehe des hinteren Fusses trägt eine Kralle; die Placenta ist gürtelförmig. Sie sind von den alten, den Condylarthra vorausgehenden Protunyulata abzuleiten. ^) Weinsheim er, Ueber Dinotherium giganteum Kaup. Berlin 1883. -) Vergl. E.Owen, On the Anatomy of Hyrax oapensis. London 1832. Ferner: E. Home, Cope etc. n. Ordnung. Rodentia. 923 Hijrax. Gebiss: i, 77 xi"ö'" ^^' ^'^'P^'"^'-^ Sclireb. , Damaii. //. si/riaots Sclireb. (Fig. 87G), vielleicht der Sapluin des alten Testaments, bewohnt steinige Wüsten in grösseren Gesellschaften. 9. Ordnung. Rodentia i) = Glires, Nagethiere. Kleine Sau (/et liiere mit Xagethiergehiss (mit - meisselförmigen Schneide- zähnrn, ohne FA-kzähne, mit S bis (! sehmelzfuUirjen Baekenzähnen) und freien, meist helredlten Zehen. Die Nager bilden eine sehr Arten-reiche Gruppe kleiner, meist rasch beweglicher Säugethiere, welche an der Bildung des Gebisses leicht erkannt werden, obwohl sie in der Körperfonn oft an Insectenfresser erinnern. Hie sind vorwiegend Sohlenläufer mit frei beweglichen Zehen, die meisten mit Krallen, nur wenige mit Kuppnägeln oder gar huf ähnlichen Nägeln be- waffnet. Alle nähren sich von vegetabilischen, meist harten Stoffen, ins- besondere Stengeln, Wurzeln, Körnern und Früchten, und nur wenige leben omnivor. Dieser Ernährungsart ist die Gestal- pj^ g,^^ tung des Gebisses angepasst , welches einen der Arterhaltung besonders günstigen Typus x^o '^OJ zu repräsentiren scheint, der in ganz ähnlicher ''^ * '^ Form von Säugethieren verschiedener Gruppen (Phascolomys, Chiromys, Hyrnx, Toxodon, Til- hdontin) in convergenter Entwicklung erworben wurde. Dasselbe (Fig. 877) besitzt zwei grosse schädei von cv(ce^■««; spec/ruTO (rfegne animal). "H" T^ "ö" ^öT- tlhinoloj)hus hipposid eros Beclist., kleine Hufeisen- ii 1 o t o nase. Rh. ferrum equinum Schreb., grosse Hufeisennase. Europa, nördlich von den Alpen. Phyllorhina (jigas Wagn., Guinea. Fam. Megadermidae , Ziernasen. Die grossen Ohren genähert, mit langem Tragu.^, Megaderma lijra Geoffr., RMnopJoma microj)hgllum Geoffr., Eg3T)ten. Fam. Phyllostomidae. Mit dickem Kopf und langer abgestutzter Zunge. Nasenbesatz meist mit aufrechter Lanzette. Ohren fast stets getrennt, mit Ohrklappe. Phyllostoma hasfa- 2 15 fm?i Pall., Brasilien. Gebiss: — "T~ ^~- Vamjigrus spectrum L., Yampyr, in Centralamerika. 14. Ordnung. Prosimiae, Halbaffen. Khttcrtliiere der alten Welt, mit vollständigem, Insectivorcn-ähnlichem Gebiss, mit Händen und Greiffüssen, ohne geschlossene Orbita, mit Brust- imd Bauchzitzen. Die Halbatfen zeigen in Erscheinung und Lebensweise viel Aehnlich- keit mit den Affen und sind vorzügliche Kletterthiere. Der Kopf mit grossen Augen und behaartem Gesicht. Das Gebiss bietet mancherlei Beziehungen zu den Quadrumaueu, insbesondere den er- loschenen Pseudolemurinen (Adapis) , ist aber in seiner vordem Partie wesentlich verändert, während die Molaren fast den unveränderten Trituber- cular-, beziehungsweise Tubercularsectorial-Typus zeigen. Meist finden sich je zwei Schneidezähne, von denen namentlich die oberen durch eine weite mediane Lücke von denen der anderen Seite getrennt sind, die unteren aber mehr oder minder horizontal stehen. Denselben hat sich der untere Eckzahn in seiner Form adaptirt, während der erste Präraolar die stark vorstehende Form des Eckzahns gewonnen hat. Die Reduction der Incisivi von 3 auf 2 (bei Propithecus und Lichanotus auf - i dürfte durch den ^'erlust der medialen bedingt sein. Der Unterkiefer bleibt verhältnissmässig schwach mit ])ersistenter Trennung seiner beiden Hälften am Kinnwinkel. Tarsiidae. Lemuridae. 937 Fig. 884. Die Augenhühlen sind zwar von einer hohen Knochenbriicke voll- ständig umrandet, indessen im Gegensatze zu den Atten gegen die Schläfen- grube nicht geschlossen. Bei vielen ist die Clitoris von der Urethra durch- bohrt. Uterus zweihornig oder doppelt. Meist sind mehrere Zitzenpaare vorhanden. Von den Extremitäten bleiben die vorderen kürzer als die hinteren, deren grosse Zehe ebenso wie der Daumen der vorderen Gliedmassen mit Ausnahme von Galeopithecus opponirbar ist; sie haben also bereits die Hände und Greiffüsse der Affen, ebenso auch, mit Ausnahme des an allen Zehen bekrallten Galeopithecus und von Chiromys (Fig. 884), welche Form nur an der opponirbaren Innenzehe der hinteren Extremität einen Plattnagel besitzt. Plattnägel an den Spitzen der Finger und Zehen. Nur die zweite Zehe des Fusses bildet eine Ausnahme, in- dem sie mit einer langen Kralle bewaffnet ist. Dazu kann jedoch noch eine Kralle der Mittelzehe kommen. Der Schwanz zeigt eine sehr verschiedene Grösse und Ent- wicklung, ohne jedoch als Greifschwanz benutzt w'erden zu können. Die Halbaffen bewohnen ausschliesslich die heissen Ge- genden der alten Welt, vornehmlich Mada- gascar, Afrika und Südasien. Sie sind fast sämmtlich Nachtthiere, klettern sehr ge- schickt, aber träge und langsam und er- nähren sich von Insecten und kleinen Wirbelthieren. Fossile Halbaffen finden sich bereits im Eocän der alten und neuen Welt. Aus den Phosphoriten von Quercy beschrieb Filhol die Gattung Necrolewm: Auch sind Lemuriden im Eocän Nordameri- kas gefunden won]Qn{Ana2)fomor2)husCo]^e). Farn. Tarsiidae, Langfüsser. Mit dickem Kopf, grossen Ohren und Augen, kurzer Schnauze, stark verlängertem Astragalus und Calcaneus und langem Schwanz. Ausser der zweiten Zehe kann auch die Mittelzehe mit einer Kralle bewaffnet sein (Tarsius). Gebiss durch die Eeduction der Incisivi ausgezeichnet, die bis zum Verschwinden aller unteren Incisivi vorschreitet; Präraolaren sehr einfach geformt, Molaren durch die hohen Zacken 1 3j3 ys madagascariensis , aus Vogt und Specht. — — . Aehneln in ihrer Erscheinung den Haselmäusen, in ihren Insectivoren-ähnlich ; Bewegungen den Eichhörnchen. Tarsius siJecfrum Geoft'. , Gespenstmaki. Waldungen der Sundainseln und Philippinen. Farn. Lemuridae. Die unteren Schneidezähne horizontal nach vorne gerichtet. Nur an der zweiten hinteren Zehe ein Krallennagel. Stenops gracilis v. d. Hoev. , der schlanke Lori, Ceylon. Ntjcticebus tardigradus L. , der plumpe Lori , Ostindien und Sundainseln- Lichanolus brevicaudatus Geoffr., Jndri , auf Madagascar. Propithecus diadema Wagn., Vliessmaki, ebendaselbst. Lemur catia L. , L- macaco L. , L. mongoz L. , Fuchsaffen, 9133 ~. Hapalemur griseus Geoffr., Microcchus Geoffr., Makis, Madagaskar. Gebiss 938 15. Urdnung. Primates. welche als Fallschirm beim Sprunge dient. Gebiss: TT- hr- Untere Schneidezähne Fig. 885. Zähnen treten im Ganzen -^ auf, von denen der eine Chirogaleus Geofir. Otolicnus seneyalensis GeofFr., der gemeine Galago (Fig. 8S5), Afrika. Galago crassicaudatus Geofir. Fam. Galeopithecidae (Dermoptera), Pelzflatterer. Mit dichtbehaarter Finghaut, 2 1 3|3 kammartig eingeschnitten und nach vorne geneigt. Unterer Eckzahn ähnlich umgestaltet. Stehen wohl den Makis am nächsten und leben als Nachtthiere theils von Früchten, theils von Insecten. Am Tage schlafen sie in ihren Verstecken ähnlich wie die Fledermäuse auf- gehängt. GaleopithecHS volans L., fliegender Maki, Sundainseln. Fam. Chiromyidae, Fingerthiere. Mit Nagethier-ähnlichem Gebiss und mit Krallnägeln an den verlängerten dünnen Fingern und Zehen. Nur die opponirbare grosse Zehe des Hinterfusses endet mit einem Plattnagel. Von Schneide- 3 (mediale) schon nach der Geburt, der zweite kleine sehr bald ausfällt, so dass nur ein wurzelloser Schneidezahn wie bei den Nagethieren zurückbleibt, der jedoch all- seitig von Schmelz überdeckt ist. Ckiromijs madagas- cariensis Desm., Aj^e-Aye (Fig. 884). Bleibendes Gebiss: 1 0 r 1 0 .^^ 1 3 ^^ ^^., ^ ^. 2 12 T-öl-ö"TOö"|y ^^^ ^^l^^g^biss: 2---^ weist darauf hin, dass einst auch Eckzähne und mehr Prä- molaren vorhanden waren. 15. Ordnung. Primates L., Pitheci^), Affen. 2 Mit vollständigem Gebiss und ~ meissel- Jörniigen, in geschlossener Reihe stehenden Vor- derzähnen jederseits, meist mit Greiffüssen an den Hintergliedmassen, in der Regel auch mit Händen der Vorderextremitäten, mit geschlosse- nen Augenhöhlen und zwei brustständigen Zitzen. Der Körperbau der Affen erscheint in der Ololicnus galnrjo, aus Vogt n. Specht. und leichten Bewegungen von Baumthieren voraussetzen, indessen kommen auch plumpe schwerfällige Gestalten vor, die wie die Paviane Waldungen meiden und felsige Gebirgsgegenden zu ihrem Aufenthalte wählen. Mit Aus- nahme des stellenweise kahlen menschenähnlichen Gesichtes und schwieliger Theile des Gesässes (Gesässschwielen) trägt der Körper ein mehr oder minder dichtes Haarkleid, welches sich nicht selten an Kopf und Rumpf in Form von Quasten und Mähnen verlängert. Die Menschenähnlichkeit des Gesichtes beruht hauptsächlich auf der verhältnissmässig geringen Prominenz der Kiefer und ist im jugendlichen Alter am grössten ; immerhin steigt der ') Vrolik, Eecherches d'anatomie comp, sur le Chimpanze. Amsterdam 1841. G. L. Dnvernoy, Des caracteres anatomiques des grands Singes pseudo-anthropomorphes. Arch. du Museum, Toni. VIII, 1855. R.Owen, Osteologie der Anthropomorphen. Transact. zool. See, Vol. I, 1835; Vol. II, 1841; Vol. Ill, 1849; Vol. IV, 1853. 989 Gesichtswinkel der ausgebildeten Thiere nur ausnahmsweise über 30 Grad, erreicht aber in einem Falle, bei Chry- sothrix sclurea, beinahe die doppelte Grösse. Im Zusammenhange mit der Grössenzunahme des Gehirnes wird die Schädelkapsel runder und das Foramen magnum rückt allmälig- mehr und mehr von der hinteren Fläche nach unten herab. Auch die Ohrmuschel hat etwas Menschen-ähn- liches, ebenso die Stellung der nach vorne gerichteten Augen, deren Höh- len gegen die Schläfengruben voll- kommen geschlossen sind, ferner die Zahl und Lage der Zitzen an der Brust. In gleicher Weise nähern sich Gebiss und Extremitäten in dem Grade dem menschlichen Bau (Fig. 886), dass man auch dem Menschen in dieser Ordnung seine Stellung an- zuweisen hat. Das Gebiss enthält in jedem Kiefer vier meisselformige Schneide- zähne, welche wie beim Menschen in geschlossener Reihe stehen, stark vortretende konische Eckzähne und bei den Affen der alten Welt fünf, bei denen der neuen Welt sechs stumpf höckerige Backenzähne, deren Form auf die verherrschende Er- nährung von Pflanzenkost hinweist. Man hat nachgewiesen , dass die oberen Molaren aus tritubercularen, die unteren aus tubercularsectorialen Zähnen hervorgegangen sind. Die Grösse der fast Raubthier-ähnlich vorstehenden Eckzähne bedingt das Vorhandensein einer ansehnlichen Zahnlücke zwischen dem Eckzahne und ersten Backenzahne des Unter- kiefers. Von den Extremitäten sind die vorderen meist länger als die hinteren Fig. 886. Skelet von Gorilla engend. Sl Sternum, Sc Scapula, Ac Acromion. Pc Processus coracoideus. C/ Clavicula, H Humerus, R Radius, U Ulna, Os Os sacrum, Jl Ileum, Js Os ischii, P Gspubis, Fe Femur, Pa Patella, T Tibia, Fi Fibula, C Calcaneus, A Astragalus. Ein Schlüsselbein ist stets vor- handen. Der Unterarm gestattet eine Drehung des Radius um die Ulna und 940 Hand. Fuss. demnach eine Pronatio und Supinatio der Hand, deren Finger, die Krall- affen ausgenommen, Kupp- oder Plattnägel tragen. In Bau und Leistung bleibt übrigens die Hand bedeutend hinter der des Menschen zurück. Be- züglich der hinteren Extremität ist das Becken lang und gestreckt, wird aber bei den Anthropomorphen niedriger, mehr und mehr dem menschlichen ähnlich, wenngleich es immer flacher bleibt. Tibia und Fibula bleiben stets beweglich gesondert. Die Extremität endet in allen Fällen mit einem kräftig entwickelten Greiffuss , den man nach Knochenbau und Anordnung der Muskulatur in keiner Weise berechtigt ist. als Hand zu bezeichnen. Ueberall trägt die opponirbare grosse Zehe einen Kuppnagel, während die übrigen Zehen mit Krallen bewatlnet sein können (Krallatfen). Durch die Einrichtung ihrer Hintergliedmassen sind die Affen vorzüglich zum Klettern und zum Sprunge befähigt, weniger dagegen zum Gehen und Laufen auf den vier Extremitäten, da die schräg nach innen gerichtete Stellung der Füsse be- wirkt, dass nur die äusseren Kanten derselben den Boden berühren. Daher ist der Gang mit Ausnahme der Krallaffen ein überaus schwerfälliger. Bei ihren leichten und sicheren Bewegungen auf Zweigen und Aesten benutzen sie häufig den langen Schwanz als Steuer ober selbst als accessorisches Greiforgan (Greifschwanz, Wickelschwanz). Die meisten Affen leben gesellig in Waldungen der heissen Kliraate. In Europa sind die Felsenwände Gibraltars der einzige Heimatsort eines wohl v^on Afrika stammenden Affen, des Magot (Inuus ecaudatus) , der demnächst vollständig aus Europa verschwinden wird. Nur wenige Affen leben einsiedlerisch, die meisten halten sich in grösseren Gesellschaften zu- sammen, deren Führung dass grösste und stärkste Männchen übernimmt. Sie nähren sich vornehmlich von Früchten und Sämereien, jedoch auch von Insecten, Eiern und Vögeln. Das Weibchen bringt nur ein Junges (seltener zwei) zur Welt, welches mit grosser Liebe geschützt und gepflegt wird. In psychischer Hinsicht stehen diese Thiere neben dem Hund, Elephant u. a. an der Spitze der Säugethiere. Fossile Reste treten schon im Eocän auf, doch gehören diese Formen einer besonderen ausgestorbenen Unterordnung an, die man wegen ihrer Beziehung Pseudolemurinae genannt hat. Das Gebiss besass meist eine grössere Zahl von Prämolaren: — — --( — 1 '— -. (il//cro- choerus crinaceus Lyd., Adajns ma^nus Filh., Caenopifhecus lemuroides Rut.) Die im Miocän und Pliocän Europas gefundenen Quadrumanen erweisen sich dem Gebisse nach als Catarrhincn^ wie der Unterkiefer des dem Ht/Io- bates nahestehenden PUopithecus Lath. {PI. anüquus aus Südfrankreich), der Oberkiefer des ebenfalls dem Hylobates ähnlichen PaJacopWiecus P. ska- l('nsis\j\&.,Dnjoi>Hhecus Lart. und McsopifJicaisWsig. Jetztlebende Gattungen sind schon im Pliocän . sowie im Diluvium gefunden , so z. B. Macacus pllocenus Ow. Von Platyrrhinen sind fossile Reste aus den brasilianischen Knochenhöhlen bekannt geworden {Protopitheciis Lund). Arctopitheci. 941 Grosses Aufsehen haben die jüngst von E. Dubois im unteren Plei- stocän bei Trinit auf Java gefundenen Reste (Schädeklach , Feraur und Zahn) eines menschenähnlichen Aflfens, Pithecanthropus '), erregt. 1. Unterordnung, Arctopitheci, Krallaffen. Südamerikanische Affen von geringer Körpergrösse, mit langem behaartem Schwanz und Krallnägeln. Nur die opponirbare grosse Zehe trägt einen Plattnagel. Der Daumen ist nicht opponirbar. Hinsichtlich des Gebisses schliessen sie sich den Affen der alten Welt in der Zahl (32) der Zähne an, jedoch weichen die spitzhöckerigen Backenzähne insofern ab, als die Zahl der Prämolaren (8) die der Molaren (2) übertrifft. Sie werfen zwei, selbst drei Junge und nähren sich von Eiern, Insecten und Früchten. 1 3 Farn. HajHtlidae, Seidenaffen. Gebiss: 2 1 3 2 -. Ohne Greifscliwanz. Hapale Jac- chus Geoff., Saliui oder Ouistiti. Midas Rosalia L., Löwenäffchen. Fig. 887. Fig. 888. .Schädel von Pithecia Satar Schädel von Sahjrus orang. 2. Unterordnimg. Platijrrhini, Plattnasen. Affen der neuen Welt mit (2 l 3 ! 3 \ -g Y^4") (Fig- 887). Der lange Schwanz wird zuweilen als Wickelschwanz oder Greifschwanz be- nützt. Finger und Zehen tragen Kuppnägel oder Plattnägel. Der Daumen der Vorderhand bleibt zuweilen verkümmert und ist niemals in dem Grade opponirbar wie die grosse Zehe des Greiffusses. Backentaschen und Gesäss- schwielen fehlen überall. Fam. Ptthecidae, Schweif- und Springaffen, mit überall behaartem Schwanz, der nicht zum Ergreifen benutzt werden kann. Pithecia satanas Geoffr., in Brasilien. Nyctipithecus trivirgaius v. Humb., in Neu-Granada. Chri/sothrix sciurea L. , Saimiri , Eichhornaffe, Guiana. Callithrix personata Geoffr., Springaffe, Ostküste Brasiliens. Fam. Cebidae , Roll- und Greifschwanzaffen, mit rings behaartem oder am Ende nacktem Greifschwanz. Cehiis capucinus L., Sai, Kapuzineraffe. Äteles paniscus L., Koaita, ^)E. Dubois, Pithecanthropus erectus, eine menschenähnliche Uebergangsform. Compte-Rendu des seances du III. Congres international de Zoologie. Leyde 1896. 942 Fig. 889. in Brasilien. A. Belzehuih Geoffr., in Guinea. Laf/ofhrix Humboldtii Geoffr., Wollaffe, Peru. Mycetes niger Geoflfr., Brüllaffe, in Brasilien. Mit trommelförmig aufgeblasenem Znngen- beinkörper. M. seniculus L. 3. Unterordiumg. Catarrhini, Schmalnasen. Affen der alten Welt mit schmaler Nasenscheidewand nnd genäherten, nach unten gerichteten Nasen- (2 1 2 1 3\ — — —-'—) (Fig. 888). Der Schwanz ist niemals Greif- oder Wickelschwanz, in einigen Fällen stummeiförmig, oder fällt wie bei den Anthropomorphen als äusserer Anhang weg. Fam. Cijnoreplialidae , Paviane. Von gedrungener plumper Körperform mit Hunde- ähnlich vorragender Schnauze. Die Eckzähne gross nach Ai-t jener der Raubthiere. Backen- taschen und grosse Gesäss- schwielen vorhanden. Ci/no- cephalus hamadryas L., der grosse Pavian. C. Bahuin Desm., Mantelpavian, Abys- sinien. C. Gelada Rüpp., Ge- lada. Papio mormon L., Man- drill, Afrika. Fam. Cercopiihecidae, Meerkatzen. Von schlankem, leichtem Körperbau, mit Ba- ckentaschen, Gesässschwielen und verschieden langem Schwanz ohne Endquaste. Macacus sinicus L. und M. silenus L., in Vorderindien. M. sivalensis Lyd. fossil, M. cynomolgus L. , der javani- sche Affe. Rhesus nemcstri- DHS Geoffr., Schweinsafte, auf l'.orneo und Sumatra. Imms aylcanus L. , I. ecaudatus Geoffr., Hundsaffe, Magot, in Nordafrika und auf Gibraltar. Cercopithecus sabaeus F. Cuv. , die grüne Meerkatze, Westafrika. Fam. Semnopithcci- dae, Schlankaffen. Mit klei- nen Gesässschwielen , ohne wahre Backentaschen. Der Daumen der Vorderhände erscheint verkürzt. Semnopithecus entelins L., bei den Indiern als heiliger Affe der Hindus verehrt. S. nasicits Cuv., Borneo. Nahe steht der fossile Mesojnfhecus Pentelici A. Wagn. An die Schlankaffen schliessen sich die afrikanischen Stummelaffen an, die sich von jenen hauptsächlich durch den fehlenden oder stummeiförmigen Daumen unterscheiden. Colobus Gvereza Wagn., mit weit herabhängender weisser Mähne und Schwanzquaste, in Abyssiuien. Fam. Anfhrojmcdae. Schwanzlos , mit nacktem Menschen-ähnlichem Gesicht , langen Vordergliedmassen, ohne Gesässschwielen und Backentaschen. Körper auf der Unterseite des Rumpfes und der Glieder dicht behaart. Hylobates Lar Hl. H. syndactylus Cuv., Siamang, Gibbon. Zahnkronen sehr niedrig, lang. Mit sehr langen , bis zur Erde reichenden Vorder- ^- n^AVALDWIM. W/CM. Gorilla engena, aus Vogt und Specht. Untorsclüede zwischen Menschen und Affen. 943 gliedmassen. Im Obt-rmiocän und Pliocän finden sich bereits fossile Reste. Gorilla engena = gina J. Geoffr., (rorilla (Fig. 889). Mit 13 Rippenpaaren, sehr breiter Nase und starken Augenbrauen, lebt gesellig in "Wäldern an der Westküste von Afrika (am Gaboonflusse), wird ö'/j bis 6 Fuss hoch. Satyrus orangh., Orang-Utang, mit 12 (11) Rippenpaaren und stark verlängerten Armen, lebt auf Borneo in sumpfigen Waldungen. Troglodytes nigor L. Schimpanze. Mit 13 Rippenpaaren, stark abstehenden Ohren und grosser Unterlippe, schmaler Hand und Fuss. Lebt in grösseren Gesellschaften in den Wäldern Guineas und soll sich auf Bäumen ein künstliches Nest mit Schutzdach bauen. An die Catarrhinen schliesst sich der Mensch ') an, über dessen Stelhmg* in der Classe der Sängethiere man verschiedener Meinung ist, je nach dem Werthe, welcher den Eigenthümlichkeiten seines körperlichen Baues bei- gelegt wird. Während Cuvier, neuerdings auch Owen und Andere, für den Menschen eine besondere Ordnung (^i//»^(^«?r/^ aufstellen, schätzen Forscher, wie Hnxley und seine Anhänger, die Merkmale, welche den Menschen von den anthropoiden Aifen unterscheiden, weit geringerund schlagen dieselben im Anschluss an die Auffassung Linne"s, welcher den Menschen mit den Affen in seiner Ordnung der Primates vereinigte, nicht hfiher als Familien- charaktere an. Die wichtigsten anatomischen Unterschiede zwischen dem i\Ienschen und den anthropoiden Affen beruhen auf der Configuration des Schädels und Gesichtes, auf dem Bau des Oehirns , der Bildung des Gebisses und der Ex.treraitäten. deren Einrichtung im Zusammenhange mit einigen Eigentliüm- lichkeiten der Wirbelsäule den aufrechten Gang des Körpers ermöglichen. Die rundlich gewölbte Form der geräumigen Schädelkapsel, das bedeutende Uebergewicht des Schädels über das Gesicht, welches nicht wie bei den Thieren und auch den Menschen-ähnlichen Affen vor dem Schädel, sondern beinahe rechtwinkelig unterhalb desselben seine Lage findet, sind ebenso wesentliche Merkmale für den Menschen, wie die relativ bedeutende Masse des Gehirns, der mächtige Umfang der Vorderlappen und die Grösse der Hinterlappen, ferner die reiche Ausbildung der Hirnwindungen, deren Verlauf freilich auch bei den Affen dem nämlichen Typus folgt. Allen diesen für die psychische Entwicklung in erster Linie bedeutungsvollen Eigenthümlichkeiten des Menschen kann jedoch keineswegs der Werth fundamentaler Unterschiede, sondern nur gradueller Abweichungen zugeschrieben werden, wie sie grösser noch zwischen den höchsten und den niedrigsten Affen, beziehungsweise Halb- ') J. F. Blumenbach , De generis humani varietate nativa. Gottingae 1795. Der- selbe, Decas Collectionis suae craniorum diversarum gentium illustrata. Gottingae 1790 bis 1820. J. C. Prichard, Naturgeschichte des Menschengeschlechts, übersetzt von R. Wag- ner. 4 Bde. Leipzig 1840— 1842. A. Retzius, Anthropologische Aufsätze , übersetzt in MüUer's Archiv. Huxley, On the zoological relations of Man with the lower Aninials. Nat. bist. Rev., 1861. Derselbe, Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur, übersetzt von V. Garns, Leipzig 1863. C.Vogt, Vorlesungen über den Menschen etc. Giessen 1863. Th. L. Bise hoff, Ueber die Verschiedenheit in der Schädelbildung der Gorilla, Chimpanse und Orang-Utang etc. München 1867. Quetelet, Anthropometrie , 1879. Friedrich Müller, Allgemeine Ethnographie. Wien 1879. 944 Unterschiede zwischen Menschen und Affen. äffen bestehen. Man hat sich ferner vergebens bemüht, den Mangel gewisser bei den Affen und sämmtliehen Säugethieren stets vorhandener Theile (Zwi- schenkiefer Blumenbach — Goethe) für den Menschen als charakteristisch nachzuweisen, wie auch die Versuche als völlig gescheitert anzusehen sind, in dem menschlichen Organismus Theile zu finden (Hinterhorn, Pes h'qjpocampi minor, Owen — Huxley), die ihm ausschliesslich in der Säugethierreihe und als etwas Neues von fundamentalem Werthe angehören sollten. Auch die vollständig geschlossene, nicht durch Lücken für die gegen- überstehenden Eckzähne unterbrochene Zahnreihe, durch welche sich das Gebiss des Menschen von dem der Catarrhinen unterscheidet, ist kein aus- schliesslich menschlicher Charakter, sondern in ähnlicher Art von einem fossilen Hufthiere (Änojjlotherium) bekannt, wie andererseits freilich nur in Ausnahmsfällen entsprechende Zahnlücken am menschlichen Gebisse (Kaffern- schädel der Erlanger Sammlung) beobachtet worden sind. In der Zahl und Gestalt der Zähne stimmt das Gebiss des Menschen mit dem der Catarrhinen überein, wenn auch die geringe Grösse des letzten Molaren (sog. Weisheits- zahnes) bei den höheren Rassen die Tendenz zur Reduction andeutet. Für den Unterkiefer des Menschen kann zwar die als Kinn hervortretende Pro- tuberanz als charakteristisch gelten, obwohl sich dieselbe bei den Negern mehr und mehr abschleift, ein tiefer greifender Werth kann dieser Bildung indessen selbstverständlich nicht beigelegt werden. Wichtiger sind jedoch die Verschiedenheiten, welche zwischen den Glied- massen des Menschen und denen der anthropoiden Affen bestehen. Schon die Proportionen der einzelnen Abschnitte sind wesentlich abweichend, wenn freilich auch für die anthropoiden Affen untereinander nicht minder ver- schieden. Während beim Menschen das Bein als die ausschliessliche Stütze des Körpers die Vordergliedraassen an Länge und Gewicht bedeutend über- trifft, ist bei den Affen der Arm in verschiedenem Grade länger als das Bein, und zwar erscheint der Oberarm bei den Affen verhältnissmässig kürzer, Vorderarm und Hand dagegen weit länger als beim Menschen. Die Hand erreicht bei keinem der drei anthropoiden Affen die Vollkommenheit der menschlichen Hand; die des Gorilla steht der menschlichen am nächsten, ist jedoch plumper, schwerer und mit einem kürzeren Daumen versehen. Auch an den Hintergliedmassen gestaltet sich bei den Affen der Fuss verhältniss- mässig sehr lang und erscheint als Greiffuss, dessen Sohle mehr oder minder nach innen gewendet ist. Mit Bezug auf die Anordnung der Knochen und Muskeln unterscheidet sich der menschliche Fuss sehr wesentlich von einer wahren Hand, keineswegs aber von dem Greiffusse der Affen. Immerhin liegt in dem Fusse mit seiner starken und langen, aber nicht opponirbaren Innenzehe, der gewölbeartigen Zusammenfügung der Wurzel- und Mittelfuss- knochen, der horizontal dem Boden zugewendeten Sohle ein wichtiger Cha- rakter des menschlichen Baues, indem die Gestaltung desselben die wesent- lichste Bedingung zu der aufrechten Haltung des Rumpfes ist, mit welcher Geistige Kntwickliing. Alter des Menscliengeschlechtes. 945 die mächtige Entwicklung des Wadenmuskels, die Configuration des breiten scliaufeltormigen Beckens, die Form des Brustkorbes und die doppelte Krüm- mung der Wirbelsäule in enger Wechselbeziehung steht. Wie hoch man Jedoch auch neben der ( "onfiguration des Kopfes und der Ausbildung des (Gehirns die aufrechte Stellung des Rumpfes, den aufrechten Gang schätzen mag, unleugbar lässt sich für den Körperbau des Menschen und der Atten ein gemeinsamer Typus nachweisen. Was frühere Naturforscher veranlasst hat, dem Menschen eine ganz besondere Stellung ausserhalb des Thierreiches anzuweisen, das ist die hohe geistige Entwicklung des Menschen, welche, auf den Besitz einer articulirten .Sprache gegründet, den Menschen zu einem vernünftigen, einer fast unbe- grenzten Vervollkommnung fälligen Wesen erhebt. In der That wäre es thöricht, die grosse Kluft zu leugnen, welche in der psychischen Ausbildung den Menschen von dem höchsten Thiere scheidet; geht man indessen vor- nrtheiisfrei auf die Entwicklung des geistigen Lebens ein, welches das Individuum während der ersten Zeit seiner Jugend durchläuft und die civili- sirte Menschheit von der frühesten Zeit beginnender Oultur an durchlaufen liat. und unterwirft man die psychischen Eigenschaften der höheren Thiere einer vergleichenden Betrachtung, so wird man mit Wundt zu dem Resultate kommen, dass die Psyche des Menschen von der der Thiere nur durch die Stufe der erreichten Ausbildung verschieden ist. IJeber den Trsprung des Menschen und die ältesten Zeiten seiner Existenz herrscht völliges Dunkel, indess ist die Annahme, nach welcher der Mensch nur wenige Jahrtausende auf der Erde sei, durch antiquarische und geologische Untersuchungen völlig widerlegt. Aus dem gleichzeitigen Vor- kommen menschlicher Knochenreste (Schädel von Engis und aus dem Neander- thal) und ans Stein gefertigter Geräthschaften mit Knochenresten ausge- storbener Thiere der Diluvialzeit (Mammuth, Bkinoceros tichorlüuus) ist das hohe Alter des Menschengeschlechtes bewiesen. Sicher existirte der Mensch in der pleistocänen Periode i). möglicherweise aber schon in der jüngsten Tertiärzeit. l>ber die Herkunft desselben liegen zur Zeit keine bestimmten Thatsaehen vor; nur deductiv^) lässt sich im Anschluss an die Descendenz- lehre die Wahrscheinlichkeit darthun, dass auch das höchste Lebewesen aus einem niederen Formenkreise der Primaten seinen Ursprung genommen hat. Die Frage nach der Arteinheit 3) des Menschen, welche je nach der Auf- fassung des Artbegriffes verschieden beantwortet werden kann, mag hier uner *) Vergl. Raub er, Urgeschichte des Menschen. Leipzig 1884. Schlösser und Sei er, Die ersten Menschen und die prähistorischen Zeiten. Stuttgart 1884. -) J. Brnca, L'ordre des primates. Parallele anatomique de Thomme et de siuges, 1870. Ch. Darwin, The descent of man and selection in relation to sex. Vol. 1 und 2, London 1871. ^) Vergl. Th. Waitz, Anthropologie der Naturvölker, fortgesetzt von Gerland. Leipzig 1859—1872. C.Claus: Lehrbuch der Zoologie. iJ. Aufl. l](J 940 Küssen. Dolichocepliali. Bracliycephali. örtert bleiben, zumal da bei der Unmöglichkeit, zwischen Art und Rasse eine scharfe Grenzlinie zu ziehen, eine bestimmte Entscheidung nicht getroften werden kann. Bl um enb ach unterschied gegen Ende des vorigen Jahrhunderts tlinf Menschenrassen und charakterisirte dieselben nach Kopf und Schädel- form, nach der Färbung der Haut und der Beschaffenheit der Haare. 1. Die kauk-asische Rasse, von weisser Hautfarbe mit blonden oder dunklen Haaren, kugelig gewölbtem Schädel, hoher Stirn, senkrecht aufein- anderstehenden Zähnen und schmaler Nase des länglich-ovalen Gesichtes. Bewohner Europas, Westasiens und Nordafrikas. Hierher gehören die Volks- stämme der Indogermanen (Germanen, Gelten, Hindus etc.), die Semiten (Juden, Araber, Berber etc.) und Slaven. 2. Die mongoJisclte Rasse, von weizengelber Hautfarbe, mit fast vier- eckigem kurzen Kopf, schmaler flacher Stirn, stumpfer Nase und vorstehen- den Backenknochen des breiten Gesichtes, schief von oben und aussen nach unten und innen geschlitzten Augen und straffem schwarzen Haar. Bewohner Asiens, Lapplands und des nördlichen Amerikas (Eskimos). 3. Die äthiopische Rasse, von schwarzer Hautfarbe und dichtem krausen Haar, mit schmalem, langgestrecktem Schädel und stark prominirenden. schräg aufeinander stossenden Kinnladen. Die Lippen sind dick und wulstig. Die Nase i.st kurz und stumpf, Stirn und Kinn treten zurück, der (Tcsichtswinkel beträgt nur ca. 75". Bewohner Mittel- und Südafrikas (Neger. Kaflfern etc.). 4. Die amerikanische Rasse, von gelbbrauner oder kupferrother Haut- farbe, mit straffem schwarzen Haar, tiefliegenden Augen und vorstehenden Backenknochen des breiten Gesichtes. Die Stirn ist schmal, die Nase stumpf, aber vorstehend. Bewohner Amerikas. 5. Die niaJaijische Rasse von hellbrauner bis schwärzlicher Hautfarbe, mit dichten schwarzen, lockigen Haaren, breiter dicker Nase, aufgeworfenen Lipi)en und vorstehenden Kiefern. Bewohner Australiens und des ostindischen Inseigebietes. Cuvier erkannte nur die weisse oder kaukasische, die gelbe oder mon- golische und die schwarze oder äthiopische Rasse als solche an und legte bei deren Unterscheidung zugleich Gewicht auf die Sprachunterschiede und Culturfähigkeit. Die Versuche der späteren Anthropologen, eine bessere und natürlichere Eintheilung der Rassen und Stämme zu begründen, beruhen nach dem Vorgange von A. Retzius vornehmlich auf Verwerthung der Schädel- dimeusionen, zu deren Messung man eine Reihe von Methoden ausgedacht hat. Nach der verschiedenen Schädel- und Gesichtsforra unterscheidet A. Retzius Langköpfe (DoUchocephali 9 : 7) und Kurzköpfe {Brachycephali 8 : 7). so- dann nach der Stellung des Gebisses und der Zähne Orthognathcn und Progmithen. Die Völker Europas sind Orthognathcn und grossenthcils, die Gelten und Germanen ausgenommen, Brachycephalen. REGISTER. Aal 763. Aalraolche 784. Aalmutter 767. Aaskäfer 612. Abdominalia 470. Abendpfauenauge 606. Abramis 764. Abraxas 605. Abyla 293. Acalephae 273. Acalyptera J98. Acamarchis 687. Äcanthia 595. Acanthias 758. Acantliocephali 390. Acanthocystis 224. Acanthometra 227. Acantbopsidae 764. Acanthopteri 765. Acarina 526. Acathammnia 282. Accentor 859. Accipitridae 860. Acephalen 625. Acephalocysten 370. Acera 664. Acerina 76(). Aceratherium 911. Acervulina 223. Achaeta 419. Acbatina 663. Acherontia 60(5. Acholoe 408. Aclitheres 463. Acidalia 605. Acilius 612. Acineta 242. Acipenser 761. Acontias 806. Acrania 747. Acraspeda 281. Acridium 582. Acrocladia 328. Acronycta 605. Actinia 269. Actiniaria 269. Actinometra 321. Actinophrys 224. Actinosphaerium 224. Actinotrocha 422. Actinozoa 260. Aculeata 618. Adapis 940. Adeciduata 886. Adler 860. Adlerroehen 758. Aega 484. Aegineta 288. Aeginopsis 288. Aegithalus 859. Aeneasratte 894. Aeolis 6(54. Aepyornis 845. Aequorea 288. Aesche 764. Aescbna 586. Aethalium 13. Aifen 938. Afterfrüblingsfliegen 585. Afterscorpione 575. Afterspinnen 524. Agalmidae 293. Agalmopsis 293. Agama 806. Agaricus 12. Agelastica 609. Agelena 524. Aglaura 288. Aglia 606. Aglossa 788. Aglypbodonten 812. Agrilus 611. Agrion 586. Agriotes 611. Agrotis 605. Abaetulla 812. Alata 660. Alauda 859. Alaurina 344. Alausa 764. Albatros 849. Albunea 503. Albui'nus 764. Alca 849. Alcedo 857. Alces 918. Alcinoe 300. Alciopa 409. Alcippe 470. Alcyonaria 268. Alcyonella 686. Alcyonidium 687. Alcyonium 268. Alectoridae 851. Alima 498. Alken 849. Allantonema 389. Alligator 816. AUopora 287. Alpenflüevogel 859. Alpheus 502. Alucita 605. Alytes 788. Amaroecium 704. Amaurobius 524. Amblyopsis 747. Amblypoden 9ü6. Amblystoma 784. Ameisen 618. Ameisenbär 903. Ameisenbeutler 894. Ameisenfresser 903. Ameisenigel 890. Ameisenlöwe 588. Anieiva 807. Amia 762. Aramocoetes 753. Ammodytes 7(55. Ammonites 678. Ammophila 619. Ammothea 532. Amoeba 4, 13, 221. Amoebina 220. ' Amoebidium 243. Amphibia 771. Amphibiotica 595. Amphicoelia 81(5. Amphicyon 928. Ampbihelia 2G9. Ampbileptus230. 241. Amphiliua 367. Ampbioxus 750. Ampliipeltis 476. Aniphipneusta 663. Aniphipnous 763. Aniphipoda 477. Ampliiporus 374. 6ü* 948 Register. Ampliiprioii 76ß. Ampliiptj-ehes 3(i7. Ainpliisauriden 801. Amphisbaena 808. Anii)histonium 354. Auipliitroclia 407. Anipliinma 784. Ainiihiura 32G. Aiiipullaria 660. Aiiiibas 768. Anableps 765. Anacantliini 765. Anacodon 906. Analj^es 529. Anaiiera 599. Anaptomorphus 937. Anas 848. Anastomus 851. Anatifa 470. Anceus 485. .AiK'hinia 711. Auiliitheriuni 912. Ancliorella 463. Ancillaria 659. Ancylostomum 384. .\ncylus 663. Andrena 621. Andrias 784. » Androctonus 515. Anelasma 470. Anjrelopsis 294. Anguilla 763. Anguillula 389. Aiig:uis 806. Anilocra 484. Anisobrancbii 659. Anisomyaria 642. .\iiisopoda 485. Ani.sopterix 99. Anjovis 764. Annarhichas 767. Aniielides 393. Animlata 808. Anobium 611. Aiiodonta 640. Anomalocera 462. Anomia 643. Anomura 503. Anopla 373. Anoplotermes 584. Anoplotherium 917. Anser 848 Autechinus 894. Antedon 321. Antennularia 288. Anthea 269. Authomyia 598. Anthophora 621. Anthozoa 260. Anthracotherium 914. Anthrax 599. Anthrenus 612. Anthropomorphae 942. Anthus 859. Antilocapra 919. Antilope 919. Antipathes 269. Antliata 595. Apatura 607. Aperea 924. Aphaniptera 601. Aphis 118, 593. Apbodius 612. Aphrodite 408. Aplirophora 594. Aiiiocrinus 321. Apion 610. Apis 621. Aplacentalia 886. Aplysia 664. Aplysina 256. Apoda (Amphibien) 781. Apoda (Cirripedien) 470. Apoda (Holothurie) 330. Apolemia 293. Aporosa 269. Apon-hais 660. Appendicularia 703. Apseudes 485. Apsilus 431. Aptenodytes 850. Aptera 590. Apterogenea 577. Apterygii 862. ApterjTc 862. Apus 449. Aquila 860. Arachnoidea 509. Avadus 595. Araneida 517. Arbacia 327. Area 640. Arcella 221. Archaeoniscus 476. Archaeopteryx 178. Archegosaurus 781. Archemuscheln 640. Archhydrae 289. Archiannelides 405. Archigetes 367. Archipterygium 736. Arctocyon 930. Arctomys 925. Arctopitheci 941. Ardea 851. Areuicola 410. Arethusa 294. Argas 531. Argiope 691. Argonanta 679. Argulus 464. Argiis 853. Argusfasan 853. Argynnis 607. Argyroneta 524. Arion 663. Armadill 904. Armadillo 485. Armtios.ser 768. Armfüsser 687. Armmolche 784. Armwirbier 686. Aromia (509. Artemia 449. Arthropoda 433. Arthrostraca 475. Articulata 320. Artiodactyla 912. Arvicola 925. Asaplius 509. Ascalabotal 805. Ascalaphus 588. Ascaltis 256. Ascandra 256. Ascaris 383. Ascetta 255. Ascidia 704. Ascilla 255. Ascomorpha 431. Asconen 255. Ascortis 256. Asculmis 256. Ascyssa 255. Asellus 485. Asilus 599. Asinus 912. Asiphonia 639. Aspergillum (54 1. Aspidiotus 592. Aspidisca 242. Aspidochirotae 330. Asplanchna 431. Aspro 766. Asseln 481. Astacus 503. Astasia 231. Asteracanthion 125, 324. Asterias 324. Asteridae 324. Asterina 324. Asteriscus 324. Asteroidea 322. Asteron j-x 326. Astraea 269. Astroides 269. Astropecten 325. Astro])hyton 326. Astur 861. Asynunetron 750. Atax 531. Ateles 941. Ateuchus 612. Athalia 617. Atherina 767. Athorybia 293. Atlanta 662. Atlantosauru.'< 801. Atrocha 407. Attacus 60(>. Attagenus 612. Attractonema 389. Atypus 523. Auchenia 917. Audouinia 410. Augentleckmedusen 287. Augenkorallen 269. Aulacantha 227. Anlastomum 427. Aulostoma 768. Auralia 294. Aurelia 64, 283. Auricula 663. Register. 940 Auster 643. Austeriitischer 850. Autolytus 408. Aves 821. Aviculii (542. Axinella 257. Axolotl 784. Biichstelzen 85i). Bacillu.s 244. ßacteria 581. Bacterien 244. Bactei'inin 5, 244. Badeschwamm 25(5. Bäreukrebs 503. Bärenspinner 60(5. Balaena 902. Balaeniceps 851. Balaenoptera 902. Balaninus 610. Balanoglossus 333. Balantidium 241. Baianus 470. Balistes 763. Baudfisch 767. Bandwürmer 358. Barbe 764. Barbus 764. Barsche 766. Bartenwale 902. Bartvögel 855. Basanistes 46!-3. Basiliscus 805. Basommatophora (568. Bathybius 221. Bathycrinus 321. Batrachia 785. Batrachoseps 784. Bauchtusser 645. Baumagamen 805. Baumluihner 852. Baumläufer 857. Baumnattern 812. Bdella 531. Bdellostoma 754. Becassine 851. Becheninallen 278. Belemnites 679. Belone 766. Beluga 901. Bembex 619. Bernhardkrebs 504. Beroe 300. Bettwanze 595. Beutelbilcli 894. Beuteldachs 894. Beutelmarder 894. Beutehiuallen 279. Ik'utelratten 893. Heutelstrahler 321. Jk'utelthiere 891. Biber 925. Bibio 600. Bibos 919. Bieellaridae 687. Bienen 620. Bienenfresser 857. Bienenlaus 599. Biesfliegen 598. Bilharzia 354. Binnenasseln 485. Bipes 807. Bipinnaiia 316. Birgus 504. Bisamschwein 915. Bison 919. Bittacus 587. Bitterling 764. Bläulinge (506. Blaps 611. Blasenfüsse 583. Blasenwurm 369. Blastoideen 321. Blastotrochus 269. Blatta 581. Blattflöhe 593. Blatthornkäfer (511. Blattkäfer 609. Blattläuse 593. Blattlauslöwe 588. Blattnasen 936. Blattwespen 617. Blennius 767. Blesshuhn 851. Blindschleiche 806. Blindwühler 781. Blutegel 422. Boa 812. Bockkäfer 609. Botlotria 496. Bogenkrabben 504. Bohrmuscheln (541. Bohrscliwamm 257. Bombardierkäfer ()12. Bombinator 78«. Bombus ()21. Bombycilla 859. Bombylius 599. Bombyx ()(J6. Bonellia 129, 419. Bopyrus 485. Borkenkäfer 610. Borkentliier 920. Borlasia 374. Borstenschwänze 579. Borstenwürmer 397. Bos 920. Bostrychus 610. Bothriocephalus 3(57. Bothrops 814. Botryllus 704. Botrytis (50(5. Botys (505. Brachinus (512. Brachiolaria 314. Brachionus 430. Brachiopoda 687. Brachsen 7(54. Brachvogel 851. Brachj'cera 598. Brachyura 504. Bracon 618. Bradypus 904. Branchellion 427. Branchiobdella 427. Branchiopoda 448. Branchiosaurus 781. Branchiostoma 750. Branchipus 75, 449. Bianchiura 463. Brandente 848. Braula 599. Braunfisch 901. Bremsen 599. Brevilinguia 8(j6. Brillentaucher 850. Brisinga 325. Brissopsis 328. Brissus 328. Brontotheriden 909. Bruchus 610. Brüllaffe 942. Bruta 902. Bryozoa 680. Bubalis 919. Bubalus 919. Bubo 8(50. Buccinum ()59. Bucco 855. Buceros 857. Bitckelzirpen 594. Bucorvus 857. Bücherläuse 584. Büchersi'orpiou 515 Büffel 91i). Büschelkienicr 7r)3. Bufo 788. Bugula (')87. Bulimus 663. Bulla (5(54. Bunodonten 913. Buphaga 858. Buprestis 611. Bursaria 241. Bussard 861. Buteo 861. Buthus 515. €acadu 856. Cachelot 902. Caenopithecus 940. Caenotherium 917. Caiman 816. Calamolierpe 859. Calamoichtys 761. Calandra 610. Calanella 76. Calanidae 4(52. Calappa 504. Calcituba 223. tlalcispongiae 256. Caligus 463. Callianassa 5(J3. Callianira 30Ü, Callidina 430. Callionymus 767. Callithrix 941. Callorhinus 931. Callorhyuchus 759. Calopeltis 812. Calopteryx 58(5. Calosoma 612. Calotermes 584. Calotes 806. Calurus 855. Oalycophoridae 293. Calycotvle 355. liöO Befe'ister. Calycozoa 278. Calymene 509. Calyptopis 500. Calyptorhynchus 856. Calyptraea 060. ('ameloi)ardalis 911). Camelus 917. Campannlaria 9, 288. Campodea 579. Canaliferae 659. Canarienvogel 859. Cancellaria 659. Cancer 504. Canda 687. Cauis 928. Oaiitharis 610. Cantliarus 766. Canthocamjjtns 462. Capitella 406. Capitibrauchiata 409. Capia 919. Caprella 480. Capreolus 918. Caprimulgus 858. Capsus 594. Capulus 660. Carabns 612. Caranx 767. Carassius 764. Caravella 297. Carcharia.s 758. Carchesium 242. Carcinns 504. Cardinalis 859. Cardium 640. Caretta 820. Cariama 851. Carididae 502. Carinaria 662. Carinatae 847. Carinella 374. Carmarina 288. Carnivora 926. Cjirjjocapsa 605. Caipophaga 895. Carychinm 663. Caryocrinus 321. Caryopliyllaens 84, 367. Caryophyllia 269. Cassida 609. Cassiopea 283. Cassis 660. Castor 925. Casuarius 861. CataiThini 942, Catharamata 282. Catennla 344. Cathartes 860. Catoblepas 919. Catocola 605. Catodon 902. Catometopa 504. Caudata 782. Cavia 924. Cavicornia 919. Cebochoerus 915. Cebus 941. Cecidoniyia 600. Cecrops 463. Cellularia 687. Centetes 933. Centriscus 768. Centrotus 594. Cephalophoren 623. Cepbalopoda 667. Cepbalothrlx 374. Cephalotrocba 407. Cepola 767. Cerambyx 609. Ceraospongia 256. Cerapus 480. Ceratiocaris 475. Ceratites 678. Ceratium 232. Ceratodus 770. Ceratosaurideu 801. Cercaria 353. Cerceris 619. Cercolabes 924. Cercoleptes 928. Cerconionas 229. Cercopitbecus 942. Cerebratulus 374. Ceriantbus 269. Cerithium 660. Certhia 857. Cervulus 918. Cei-vus 918. Ceryle 857. Cestodes 358. Cestracion 758. Cestns 300. Cetacea 899. Cetiosaurus 816. Cetocbilas 462. Cetonia 612. Chaetifera 417. Chaetoderma 630. Cbaetodon 766. Chaetogaster 414. Chaetognathen 389. Chaetonotus 432. Cbaetopoden 397. Chaetopterus 410. Cbaetosoma 389. Chalicodoma 621. Cbalinopsidae 257. Cbania 640. Cbamaeleon 807. Cbamaesaura 807. Cbaradrius 850. Charax 766. Charybdaea 281. Cbanna 851. Cheiniatobia 605. Cbelidon 857. Cbelifer 515. Chelonia 816, 820. Chelenobia 470. Cbelura 480. Cbelydra 820. Chelys 820. Cbermes 593. ehernes 515. Cbernetidae 515. Chersites 820. Chevreulius 704. Cbiaja 3(X). Cbilocorus 609. Cbilodon 242. Chilognatba 543. Cbilopoda 542. Cbilostoniata 687. Cbimaera 759. Cbincbilla 924. Chionea 600. Chirodota 331. Cbirogaleus 938. Cbiroiuys 938. Cbironectes 768, 894. Cbironomus 600. Cbiroptera 933. Cbirotes 808. Chirotberium 781. Cbiton 65(). Cblamydophorus 904, Cblamydotherium 904. Cbloij 586. Chlorops 598. Cboanoflagellata 231. Cboeropotamus 914. Choeropus 894. Choerotberium 914. Choloepns 904. Cbondracantbus 119, 463. Chondropterygii 753, Cbondrosia 257. Cbondrostei 761. Cbondrostoma 764. Cbromulina 230. Cbrysaora 139, 282, Cbrysis 619. Cbrysochbn-ys 933. Chrysoniela 609. Cbrysomitra 295. Chrysopa 587. (^brysophrys 766. Cbrysops 599. Cbrysosoma 598. Chrysotbrix 941. Chthonius 515. Cicada 594. Cicadaria 594. Cicindela 612. Ciconia 851. Cidaris 327. Ciliata 233. Ciliotiagellata 231, Ciliopbrys 229. Cimbex 617. Cincinnurus 858. Cinclus 859. Cineras 470. Cingalata 904. Cinnyris 857. Ciona 704. Circus 861. Cirratulus 410. Cirripedia 464. Cistela 610. Cistudo 820. Citigradae 524. Citronenvogel 607. Cladobates 933. Cladocera 449. Cladocora 269. Begister. 951 Cladonema 287. Clathria 257. Olathrnlina 224. ("lausilia (U):-?. Clava 287. Ciavagella (J-ll. Clavellina 704. Claviger 612. Clemmys 820. Cleodora 6(57. Clepsidrina 248. Clepsine 427. Clerus Gll. Clidastes 81(5. Clio (567. Clisiocampa (5(J(5. Clubiona 524. Clupea 764. CljTjeaster H28. Clypeastridea H28. Clythia 288. Clythra 609. Cuemiornis 846. Cnethocampa (506. Cnidaria 257. Coassus 929. Cobitis 764. Coccidae 591. (^occidium 24H. Ooccinella 91, 609. Coccosteus 758. Coccothraustes 859. Coccns 592. Coccystes 855. Cochenille 592. Codoria 269. Codosiga 231. Coecilia 782. Coelenterata 245. Coelogenys 924. Coelopeltis 812. Coenobita 504. Coenurus 37(J. Coleoptera (507. Coleps 241. Colias 607. Colins 855. Collerabola 579. (loUocalia 857. CoUospliaera 227. Collozoum 227. Colobus 942. Coloradokäfer 609. Colpoda 241. Colpodella 230. Coluber 812. Colubriformia 812. Columba 854. Columbella 659. Cülumbinae 853. Coljnnbetes 612. Colymbus 849. Comatula 321. Compsognathns 801. Conchoderma 470. Conclioecia 455. Concholepas 470. Condor 860. Coiidylarthra 905. Condylura 933. Conger 7(53. Conirostres 859. Conochilus 430. Conops 598. Conus 659. Convoluta 344. Copelatae 703. Copepoda 456. Copris 612. Coracias 857. Corallium 268. Corbicula 641. Corbulidae 641. Cordylophora 287. Coregonus 764. Corethra 95, 600. Corixa 595. Cormoran 849. Cornularia 268. Cornuspira 223. Coronella 812. Coronula 470. Coropliium 480. Corrodentia 583. Corvina 767. Corvus 858. Corycaeus 463. Corydalis 587. Corymorpha 288. Coryniden 289. Coryphodon 90(5. Corythaix 855. Cossus 606. Cotingiden 858. Cottus 7(57. Coturnix 853. Cotyle 857. Cotylorhiza 283. Crabro (519. Crambus 605. Craiigon .502. Crania (591. Crassilinguia 805. Craterolophus 279. Crax 852. Crenilabrus 766. Creodonten 929. Creseis 667. Crevettina 480. Crex 8.50. Crieetodon 925. Cricetus 925. Crinoidea 318. Criodilus 413. Crisia 687. Cristatella 686. Crocodilia 814. Crocodilus 81, 816. Crossopterygii 761. Crotalus S14. Crustacea 439. Cryptobranchus 784. Cryptocepbalus 609. Cryptochiton (557. Cryptoniscus 485. Cryptopentamera 609. Cryptophialus 470. Cryptops 543. Cryptotetramera (509. Crypturidae 852. Cteniza 523. Cteuobranchien 659. Ctenodiscus 325. Ctenopbora 6(X). Ctenopborae 295. Cteiiostomata (587. Cucullanus 384. Cacullia (505. Cuculus 855. Cucumaria 330. Culcita 324. Culex (500. Cnliciformes 6(X). Cnraacea 493. Cuniua 288. Cupressocrinus 320. Curculio 610. Cursoria 581 Cursorius 850. Cnscus 895. Cyamns 48(J. f'yanea 283. Cyathina 269. Cyathocriuus 320. Cyathophyllidae 268. Cyclas (541. Cyclobranchia 6.58. Cycloiden 742. Cyclometopa 504. Cyclomyaria 711. Cyclops 4(52. Cyclopterus 767. Cyclorapha 597. Cyclosalpa 711. ('yclostonia 6(50. Cyclostomata (586. Cyclostomi 750. C'yclura 805. Cydippe 300. Cygnus 848. Cylicomastiges 231. Cylicozoa 278. Cymbium 659. Cylindrophis 812. Cymbulia 115, (567. Cyraothoa 484. Cynailul'us 929. Cynips 617. Cynocephalus 942. Cynomys 925. Cynthia 704. Cyphonautes 695. Cyphopbthalmus 526. Cypraea (5(50. Cypridina 456. Cyprina 641. Cyprinodoii 7(55. Cyprinus 764. Cypris 456. Cypselus 857. Cyrtopia 500. Cysticercoiden 370. Cysticercus 369. Cj'stideen 321. ( VstoÜagellateu 232. Cystophora 931. Cystosoma 479. Cystotaenia 3(59. 052 Kegister. Cythere 455. Cvtherea 641. Dacelo 857. Dactylethra 788. Dactylocalyx 257. Dactylopterus 707. Dama 918. Daphiiia 75, 451. Dasycliira ()U(). Dasydytes 432. Dasypoda (521. Dasyprocta i)24. Dasypus 904. Dasyurus 894. Decapoda 5ÜÜ. Decapodida 079. Deciduata 88(). Decticu.s 582. Degeeria 579. Delpliiaaptenis 901. Delphin 901. Delphinus 901. Demodex 528. Dendrobates 788. Deiidrochirotae B80. Dendrocoela 844. Dendrocoeliim 345. Dendiolagus 890. Deudrometridae 005. Dendrophis 812. Uendrophyllia 209. Dentalium 045. Üeutex 700. Denticete 901. Dentirostres 85S. Depastrara 279. Deriuauy.ssu.s 531. Dermaptera 581. Dermatobia 598. Dermatocopte.s 529. Denuatophagus 529. Derinatophüi 528. Uerniestes 012. üermoptera 938. Derostomum 344. Derotiema 784. Dcsmomyaria 710. Desmoscolex 389. Diaderaa 328. Diaptomu.s 402. Diastyli-s 496. Dibranchiata 678. Dichobuiie 915. Dicholopu.s 851. Dickzüngler 805. Dicotyles 915. Dicroceras 919. Dictyocaris 475. Dicyemideu 357. DicyeiuopsLs 357. Didelphys 893. Didemnuni 704. Diduuculus 854. Didu:^ 845. Dlfflugia 221. Digonopora 345. Biloba (505. Dimyarier 034. Dinoceras 90(5. Dinoflagellata 231. Dinoniis 845. Dino.sauria 801. Dinotherium 922. Diodon 703. Diomedea 849. Dionaea 12. Diopatra 408. . Dipbyes 30, 293. Diplocodus 801. Diplopbysa 293. Diplozoon 356. Dipueumona 770. Dipueumones 523. Dipuoi 708. Diporpa 35(5. Diprotodou 893. Dipsas 813. Diptera 595. Dipiis 925. Disdna (591. Discodactylia 788. Discoideae 294. Discomedusa 283. Discophora 281. Discophori 422. Distomeae 353. Distomum 04,144,353. Dochuiius 384. Dodo 854. Dögling 902. Doliolum 711. Doliopsis 711. Dolium 6(50. Dolomede.-? 524. Domptaff 859. Doiiax 641. Doppelschleichen 808. Doppelthier 350. Doias 7(55. Dorcus (511. Dorippe 504. Doris (5(54. Doriti.s 607. Dornhai 758. Dorsibranchiata 408. Dorylaiinns 389. Doryphora (509. Doto 6(54. Draco 80(5. Dracuncnlus 387. Drehwurm 370. Dreieckskrabben 504. Drepanophorus 374. Dreysseua 642. Dromaeus 8(51. Dromia 504. Dronte 854. Drosera 12. Drosseln 859. Dryophis 812. Dryopithecus 940. Dünnschnäbler 857. Dugong 920. Duugfliege 598. Dynamena 288. Dynastes 612. Dy.sdera 524. Dysodoutes (542. Dytiscus (512. Ecardiues 6i)l. Echeneis 7(57. Echidna 890. Echinaster 324. Echineibothrium 369. Echiniscus 533. Echinocardium 328. Echinococcifer 37(J. Echinococcus 370. Echinocucumis 329. Echinocyamus 328. Echinoderes 431. Echiuodermata 301. Echinoidea 32(5. Echinometra 328. Echiuosphaerites 321. Echinoi'hynchus 393. Echinus 328. Echiuroideae 417. Echiurus 419. Eciton (519. Ectopistes 854. Ectoprocta (58(5. Edelhirsch 918. Edelkoralle 2(59. Edendata 9(J2. Eichflheher S58. Eichenwickler (505. Eichhörnchen 925. Eidechsen 802. Eiderente 848. Einsiedlerkrebse 504. Eintagsfliegen 585. Eis.sturmvogel 849. Eistaucher 849. Eisvogel 857. Eisvogel (Schmetter- ling) 607. Elaps 813. Elasmobranchii 754. Elasmotherium 91 1 . Elater 011. Eledone (579. Elephas 922. Eliomys 925. Elllpsocephalus 5ü9. Elster 8.58. Elysia 0(34. Emarginnla (559. Emberiza 859. Enipis 599. Eniys 82(J. Enchelidium 389. Enchytraeus 414. Encrinus 320. Endomychus (509. Endoprocta (585. Engerling (512. Engraulis 764. Enhydris 929. Enopla 374. Enoplus 389. Enteroplea 43 1 . Enteropueusta 331. Entoconcha 0(5(J. Ei'itomophaga (517. ■9;)^ Eutoniostraca 44-(). Entoniscus 48ö. Eohyus 914. Epeiiii 524. Ephemera 586. Ephialtes (Hymeno- pteres) (518. Ephialtes (Vogel) 8()l). Epliippigera ö82. Ephyra 274. Ephyropsi.s 282. Plpicrium 782. EpistyUs 242. E(iuitidae 607. Imiuus 911. Ertiagameu 80(). Erdfrösche 788. Erdpapagei 8ö6. Erdschwein 904. Erebia 6!)7. Erethizon 924. Erichthus 498. Eriiiaceus 933. Erioinys 924. Eriphia 5U4. Eristalis 599. Errantia 4(J7. Erythraeus 531 . Eryx 812. Eschholtzia 30!). Esel 912. Esox 764. I^speria 257. Estheria 449. Eucephala 600. Eiicharis 300. Euchlanis 430. Eucope 288. Eucopepoda 462. Eucrinus 320. Eucystidimn 227. Eudeiidriuni 287. Eudoxia 293. Eudyptes 850. Euflagellata 229. Engauoides 761. P^ugleua 231. Eiiglypha 221. Euisopoda 484. Eulalia 409. Eulen 8{il). [605. Eulen (Schmetterling) Eunice (59, 408. Euphausia 500. Euplectella 257. Euprepia (50(5. Eurhamphaea 30(J. Euryalidae 32(5. Eurycercus 451. Eurylepta 345. Eurypterus 506. Eusmilia 2(59. Euspongia 25(5. Eustrongylus 384. Eutermes 584. Eutyphis 481. Evadne 451. Evania (518. Exocoetus 7(5(5. Fadenbacterien 244. Fadenwürmer 375. Fächertiügler 612. Falcinellus 851. Falco 861. Faltenmücke 600. Faltenschnecken 659. Faltenwespen (520. Fangheuschrecken 581. Farella (587. Fasciola 345. Faserschwänime 256. Faulthiere 9ü4. Fausthuhn 853. Federgeistchen (505. Feldfrosch 788. Feldgrille 583. Feldhühner 853. Feldmaus 925. Felis 929. Felstaube 854. Ferae 926. Fesselfrosch 788. Fettschabe 605. Feuerwanze 595. Fiber 925. Fibrospongiae 256. Fierasfer 7(55. Figites 617. Filaria 384, 387. Filigrana 415. Fingerthiere 938. Finken 859. Finne 3(59. Finnfisch 902. Fischdrachen 802. Fische 729. Fischerwurm 410. Fischläuse 4(53. Fissilinguia 807. Fissirostres 857. Fissurella (559. Fistularia 7(58. Flabellum 2(59. Flagellaten 229. Flamingo 848. Flata 594. Fledermäuse 933. Fledermausfisch 767. Fleischfliege 598. Fliegen 598. Fliegenfänger 859. Flöhe (lOl. Flösselhechte 7(51. Flohkrebse 477. Florfliegen 587. Floscularia 430. Flossenfüsser 6(55. Flossenfüssler 930. Flughecht 766. Flughühner 853. Flunder 7(55. Flusskiemen- schuecken (560. Flusskrebs 76, 5(J3. Flussniuscheln 640. Flussneunauge 753. Flustra 687. Foenus 618. Fontaria 544. Foraminifera 221. Forelle 764. Forficula 581. Formica 619. Forskalia 293. Forskalina 288. Fossoria 619. Fregattvogel 849. Fringilla 859. Fritillaria 703. Frösche 785. Frostschmetterling 605. Früchtebeutler 895. Frühlingsfliegen 589. Frugivora 935. Fulgora 594. Fulica 851. Fumea (506. Fungia 2(5'.». Fungicolae (iOO. Furcilia 500. Fusshühner 853. Fusus (559. Gabelschwanz 606. (iadus 765. Galago 938. Galathea 504. Galaxea 2()i). Galbula 855. Galeodes 51(5. Galeopithecus 938. Galeus 758. Galleria (505. Gallertschwämme 256. Gallicola 617. Gallicolae (500. Gallinacei 852. Gallinago 851. Gallinula 851. Gallmilben 530. Gallmücken (500. Gallophasis 853. Gallus 853. Gallwespen (517. Gamasus 76, 531. Gammarus 480. Gangvögel 85(5. Ganocephala 781. Ganoidei 759. Garneelasseln 485. Garneelen 502. Garrulus 858. Gasterosteus 76(5. Gastornis 846. Gastrobranchus 754. Gastrochaena 641. Gastropacha 60(5. Gastrophilus 599. Gastropoda 645. Gastropteron 664. Gastrotricha 432. Gastrotrocha 407. Gastrus 598. Gavialidae 816. Gazelle ",119. 954 Register. Gebia 503. Gecarcinus 504. Geckonen 805. Geier 860. Geisseiträger 221). Geisselgarneelen 502. Gelada 942. Gelasimus 504. Gelocus 917. Gemse 919. Geoeentrophora 844. Geocores 595. Geodesmus H45. Geodia 257. Geometra (j05. Geometrina (305. Geophilus 548. Geoplana 845. Georhychus 925. Geotrnpes 612. Gephyrei 414. Geradflügler 579. Geryonia 129, 288. Geryonopsidae 288. Gespenstheu.sclirecken 581. Gespenstmaki 987. Getreidebla.senfuss 588. Gibocellum 526. Gienmuscheln 640. Giftschlangen 818. Giraffe 919. Glanzvögel 855. Glasscbwämme 257. Glatthai 758. Glattnasen 985. Glaucoma 241. Glenodinium 282. Gliederfüssler 488. Gliederwünner 898. Glires 928. Globigerina 228. Globiocephalus 901 . Gloi'kenthierchen 288. Glomeris 545. Glossotherion 908. Glycera 408. Glyptodon 904. Glyziphagus 580. Gnathobdellidae 427. Gnathostomata 462. Gnu 919. Gobio 764. Gobius 767. Goldammer 859. Goldeulen (505. Goldriiege 598. Goldhähnchen 859. Goldwespen 619. Goniastraea 269. Goniatites 678. Gonium 281. Gonodactylus 498. Gonopteryx 607. Gonospora 242. Gonyleptuö 526. Gordius 388. Gorgonia 268. Gorilla 984. Gottesanbeterin 581. Goura 854. Grabhenschreck en 582. Grabwespen 619. Grallatores 850. Grammatophora 806. Grantia 256. Grapholitha 605. Grapsus 504. Graugans 848. Grauhai 758. Gregarina 243. Gressoria 581. Grind 901. Gromia 228. Grubenottern 814. Gründling 764. Grus 851. Grylllumme 84i). Gryllotalpa 583. Gryllus 583. Gürtelthiere 904. GuineaAvurm 887. Gulo 929. Gumniiueae 256. Gyge 485. Gymnarchus 764. Gymnocopa 409. Gymnodontes 763. Gymnolaemata 686. Gymnophiona 781. GynDiorhina 985. Gymnosoniata 667. Gymnotus 106, 764. Gypaetus 860. Gj-pogeranus 861. Gyps 860. Gyrator 344. Gyrodactylus 356. Gyropeltis 4()4. Haarbalgmilben 528. Haarsterne 318. Haemamoeba 221. Haematopota .599. Haematopus 850. Haementaria 427. Haemodipsa 427. Haemopis 427. Häring 764. Häringe 764. Hafte 585. Haftkiemer 763. Haftwalzen 880. Haitische 757. Hairochen 758. Halbaffen 986. Halbhufer 924. Halcyonidae 857. Haliaetos 860. Haliaeus 849. Halichoerus 931. Halichondria 256. Halicore 920. Halicryptus 420. Haliotis 659. Halisarca 256. Haiistemma 293. Halitherium 920. Halla 408. Halmaturus 896. Halobates 595. Haloeypris 455. Haloraiti-a 269. Halteria 242. Haltica (509. Hammertisch 758. Hamster 925. Handbeutler 893. Handflügler 933. Hapale 941. Hapalemur 987. Hardun 80(). Harengula 764. Harlekin 605. Harpa 659. Harpacticns 462. Harpalus 612. Hai-pj-ia (Fledermaus) 935. Harpyia (Schmetter- üng) 606. Hartfiossen strahier 766. Haselmaus 925. Hasen 924. Hasenmäuse 925. Haubentaucher 849. Hausen 761. Hausheimchen 583. Hausratte 925. Hausziege 930. Hautiiügler 613. Hautwanzen 595. Hechte 764. Heerwumi 600. Helaletes 911. Heliaster 324. Heliconiidae 607. Heliosphaera 225. Heliozoa 228. Helix 663. Helladotherinm 919. Heloderma 807. Hemerobius 588. Hemiaspis 50(5. Hemibos 919. Hemicardium 640. Hemichoerus 915. Hemidactylus 805. Hemielytra 594. Hemiptera 589, 594. Hemistomum 353. Henicops 543. Henops (50(3. Hepialus 606. Heptanchus 758. Hermione 408. Herodias 851. Herodii 851. Herpestes 929. Heri)etodryas 812. Herzigel 328. Herzmuschelu 640. Hesperia 606. Hesperornis 181. Register. 955 Hessentliege OCH). Heterodera 888. Heterodontes (540. Heterogamia 581. Heterogyna 61i). Heteromera ()10. Heteromyaria iM2. Heteronereis 408. Heteropoda 660. Heterotricha 241. Heuiiferd Ö82. Heuschreckenkrebse 45(8. Hexactinelliden 257. Hexaetinia 269. Hexanchus 758. Hexapoda 545. Hexodon 90(). Hibernia (i05. Himautarium 548. Hippa 508. Hipparehia (i07. Hipparion •)12. Hijipidae 508. Hippobosca 599. Hippocampus 7(58. Hippoglossus 765. Hippopodidae 298. Hippopodius 298. Hippopotanius 914. Hippotigris 912. Hippopus 640. Hippospongia 256. Hippotragus 919. Hirsche 917. Hirscheber 914. Hirschkäfer 611. Hirtenvogel 851. Hirudinei 422. Hirudo 427. Hirundo 857. Hispa 609. Hister 612. Höckerschwan 848. Hokko 852. Holocephali 759. Holopus 821. Holostomum 858. Holothuria 830. Holothuroidea 828. Holotricha 241. Holzbiene 621. Holzbock 581. Holzfliegen 599. Holztaube 854. Holzwespen 617. Homarus 503. Homoptera 594. Honigbiene 621. Honigsauger 857. Hoplonemertini 874. Hormiphora 800. Horniiscium 244. Hornera (587. Hornfische 763. Hornhecht 765. Hornisse 620. Hornschwämme 25(5. Hornthiere 919. Huchen 764. Hühnerstelzeu 851 . Hühnervögel 852. Hufeisenuase 936. Hufthiere 909. Humivagae 8(J6. Hummel 621. Hummelfliegen 599. Hummer 503. Hund 928. Hundsfisch 764. Hundshai 758. Hj'aemoschus 917. Hyaena 929. Hyaenaretos 928. Hyaenodon 980. Hyalea 667. Hyalonema 257. Hyalnspongiae 257. Hydatidenseuche 370. Hydatina 481. Hydra 287. Hydrachna 581. Hydractinia 287. Hydrobias 612. Hydrochoerus 924. Hydrocoralliae 287. Hydrocores 595. Hydrid ae 287. Hydromedusae 288. Hydrometra 595. Hydromys 925. Hydrophilns 612. Hydrophis 818. Hydropsyche 589. Hydrosauria 802. Hydrous 612. Hydrozoa 270. Hyla 788. Hylodes 788. Hylobates 942. Hylobius 610. Hymenocaris 475. Hymenoptera 613. Hyocriiius 320. Hyopotaraidae 913. Hyotherium 915. Hyperia 480. Hyperina 480. Hyperoodon 902. Hypobythius 704. Hypoderma 598. Hj'jiopus 580. Hypostomus 764. Hypotricha 241. Hj'psiprymuus 896. Hypudaeus 925. Hyrachyus 911. Hyracodon 911. Hyracotherium 912. Hyrax 923. Hystrix 924. Jacare 816. Jaculus 925. Jaera 485. Janira 607. Janthina 659. Japyx 579. Jassus 594. Ibis 851. Ibla 470. Ichneumon 618. Ichthydium 432. Ichthyobdella 427. Ichthyodea 783. Ichthyophis 782. Ichthyopterygü 802. Ichthyornithes 180. Ichthyosaurii 802. Icterus 858. Ictitherium 929. Idmouea 687. Idotea 485. Idyiopsis 300. Igel 933. Ignana 805. Iguanodon 801. Ilia 504. Impennes 849. Imperforata 222. Inachus 504. Inaequitelae 524. Indri 937. Ineptae 854. Infusoria 227. Inger 754. Insecta 545. Insecteufresser 98 1 . Insectivora 931. Insectivora (Fleder- mäuse) 935. Insessores 85(5. Inuus 942. Johanniswurm 611. Isis 268. Isocardia 641. Isopoda 481. Ithomia 153. Julis 766. Julus 545. Ixodes 580. Jynx 856. Kabeljau 765. Kadaliosaurus 800. Käfer 607. Käfermilben 581. Käferschnecken (557. Känguru 896. Kängururatte 896. Käsefliege 598. Käsemilben 529. Kahlhechte 762. Kalkschwämme 256. Kalong 985. Kameel 917. Kameelhalsfliege 587. Kammnüicke 600. Kammmuscheln 642. Kampfhahu 851. Kaninchen 924. Kappenwunn 884. Kapuzineraft'e 941. Karausche 764. Karpfen 7(54. Karpfenläuse 463. Kaulbarsch 766. Kaulkopf 766. 956 Kegelschnäbler 859. Kegelschnecken (555). Kehlfüssler 47i). Kellerassel 480. Kennes 592. Kibitz 850. Kieferegel 427. Kiefern blattwespe 617. Kielfiissler 660. Kiemen lurche 793. Kieselhornsclnvamm 256. Kionocrania 804. Klaffmuscheln 641. Klaifschnabel 851. Kleiber 859. Kleiderlaus 591. Kleinschmetterlinge 605. Kleinzirpen 594. Klettervögel 855. Klippschliefer 922. Kliesche 765. Kloakenthiere 889. Knochenfische 762. Knochenganoiden 7(51. Knorpelganoiden 7(51. Knospsnstrahler H21. Koaita 941. Koala 895. Kochlorine 470. Königstaucher 850. Kofferfische 763. Kohlschnake 600. Kolibris 857. Kolumbaczermücke 600. Kopffüsser 667. Kopflaus 591. Korallenpolypen 260. Kornmotte 605. Korn wurm 605. Kowalevskia 703. Krabben 504. Krabbenspinnen 524. Krätzmilben 528. Krallaffen 941. Kranich 851. Kratzer 890. Krebse 439. Kreiselschnecken 659. Kreiswirbier 686. Kreuzschnabel 859. Ki-euzspinne 524. Kröten 788. Krötenfrösche 788. Kugelasseln 485. Kugelba cterien 244. Kukuke 855. Kukakspeicliel 594. Kupferglucke 606. Kiu-zdecktiügler 612. Kurzzüngler 806. Labidura 581. Labrax 76(5. Labrosauriden 801. Labrus 766. Labyrinthfische 767. Labyrinthici 767. Labyrinthodon 781. Labyrinthodonten 781. Lacerta 81, 807. Lachmöve 848. Lachnus 593. Lachse 7(54. Lack 592. Lacon 611. Laemodipoda 479. Läufer 850. Läuse 591 Lagena 223. Lagidium 925. Lagomys 924. Lagopus 853. Lagostomus 925. Lagothrix 942. Lama 917. Lambrus 504. Lamellibuanchiata 630. Lamellicornia 611. Lamellirostres 848. Lamia 609. Lamna 758. Lamnungia 922. Lamprete 753. Lampyris 611. Landasseln 485. Landkrabben 504. Landkrokodil 8()7. Landmilben 531. Landschildkröten 820. Landwanzen 595. Langhörner 599. Languste 503. Langwanzen 595. Lanius 859. Lancettfiscli 750. Laomedea 288. Laphria 599. Larentia 605. Larus 848. Larventauclier 849. Laterigradae 524. Laternenträger 594. Laubfrösche 788. Laubheusclirecken 582. Laufkäfer 612. Laufmilben 531. Lausfliegen 599. Leberegel :)53. Lebias 765. Lecanium 592. Lederschildkröte 820. Lederschwämme 256. Ledra 594. Leguane 8(J5. Leichtschnäbler 856. Lemming 925. Lemur 937. Lepas 470. Lepidocentrotus 326. Lepidoptera 602. Lepidosauria 802. Lepidosiren 771. Lepidosteus 7(51. Lepisma 579. Lepralia (587. Leptalis 153. Leptauchenia 917. Leptis 59i). Leptocardii 747. Leptochoerus 915. Leptoclinum 704. Leptodera 389. Leptodiscus 233. Leptodora 451. Leptonyx 931. Leptoplana 345. Leptoptilus 851. Leptostraca 473. Leptus 531. Lepus 924. Lerchen 859. Lernaea 4(53. Lernaeocera 463. Lernaeodiscus 472. Lernaeopodidae 4(53. Lestornis 178. Lestrigonus 481). Lestris 849. Lethrus 612. Leucaltis 256. Leucandra 256. Leucetta 256. Leuchtzirpen 594. Leucilla 25(5. Leuci.scus 764. Leucochloridium 350. Leucon 496. Leuconia 256. Leucortis 25(5. Leucosolenia 25(5. Leuculmis 25(5. Leucyssa 25(5. Leviro.-5.S Kegister. Mollusca (322. Molluscoidea 680. Moloch 806. Molossus 93(i. Molpadia 331. Monaden 230. Monas 230, 244. Mouascidiae 703. Moneren 217. Monitor 807. Monocelis 344. Monocystis 242. Monodon 901. Monogonopora 345. Mononiyaria 642. Monophyes 293. Monopneumona 770. Monostomum 3ö3. Monothalamien 221. Monotremata 890. Moosthierchen 680. Mormon 849. Mormyrus 764. Moropus 903 Mosasaurus 80ö. Moschus 918. Moschusbock 609. Motacilla 859. Motten 605. Mouflon 919. Mützencorallen 269. Mützenschnecken 660. Mugil 767. Mullus 76(). Muraena 763. Murex 659. Murmelthier 925. Mus 925. Musca 598. Muscardinus 925. Muscaria 598. Muschelki'ebse 451. Muschelthiere 630. Muschelwächter 504. Muscicapa 859. Musciformis 600. Musophaga 855. Mustela 929. Mustelus 758. Mutilla 619. Mya 641. Mycetes 942. Mycetophila (500. Mycoderma 244. Myeteria 851. Mj-gale 523. Myliobatis 758. Mylodon 904. Myodes 925. Myogale 933. Myopotamus 924. Myopsidae 679. Myoxus 925. Myriopoda 537. Myrmecia 524. Myrmecobius 894. Myrmecophaga 903. Myrmecophila 583. Myrmedonia 612. Myrmeleon 588. Mj-rmica 619. Mysis 500. Mystacides 589. Mystacina 936. Mysticete 902. Mystriosaurus 816. Mytilus 642. Myxilla 257. Myxine 754. Mj'xinoiden 754. Myxospongia 256. Myzostoma 409. Nacella 658. Nachtigall 859. Nachtpapageien 856. Nachtpfauenauge 606. Nachtschwalben 858. Nacktschnecken 663. Näsling 764. Nagebeutler 896. Nagethiere 923. Nais 414. Naja 813. Najades 64(J. Nandu 861. Narcine 75S. Narwal 901. Nasenbantikut 894. Nashorn 911. Nashornkäfer 612. Nashornvögel 857. Nassa 659. Nassula 241. Nasua 928. Natatores 848. Natica 660. Nattern 812. Naucoris 595. Nauplius 445. Nausithoe 282. Nautilus 678. Navicella 659. Nebalia 475. Nebaliopsis 475. Necrolemur 937. Necrophorus 612. Nectarinia 857. Nemathelminthes 374. Nematodes 375. Nematoscelis 108, 500. Nematus 617. Nemertes 374. Nemertini 371. Nemocera 599. Nemoptera 588. Nemura 585. Neomenia 630. Neophron 860. Neoplagiaulax 889. Nepa 595. Nephelis 121, 426. Nephrops 503. Nereilepas 408. Nereis 408. Nerita 659. Neritina 659. Nesselthiere 257. Nestor 856. Netzflügler 587. Neunaugen 753. Neuntödtev 859. Neuroptera 587. Niphargns 48ü. Nisus 861. Noctiluca 233. Noctuiformes ()00. ' Noctuina 605. Nomada 621. Nothosaurus 802. Notidanus 758. Notodelphys (Batra- chier) 788. Notodelphys (Cope- pode) 462. Notodonta (506. Xotodromns 456. Notommata 431. Notonecta 595. Notopoda 504. Notornis 846. Notoryctes 894. Nototlieriuii) 896. Nuclearia 230. Nucula 640. Naculidae 640. Nudibranchia 664. Nunienius 851. Numida 853. Nummulin.i 223. Nyctea 86iJ. Nycteribia 599. Nycticebus 937. Nyctipithecus 941. Nymphalidae 607. Nymphicus 856. Nymphula 605. Obelia 288. Obesa 914. Obisiuni 515. Oceania 287. Ocellatae 287. Octacnemus 704. Octactinia 268. Octobothrium 35(5. Octodou 924. Octomeralia 275. Octopodida 679. Octopus 679. Octorchis 288. Oculiua 269. Ocypoda 504. Odontolcae 845. Odontomyia 599. Odontornithes 845. Odontosyllis 40S. Odynerns 620. Oedemera 610. Oedicnenius 850. Oedipoda 582. Oestropsideu 589. Oestrus 598. Ohrenqualle 283. Ohrwürmer 581. Oigopsidae (579. Oikomonas 230. Oikopleura 703. Register. 9r)V) Olenus r>m. Oligochaeta 411. Oliva ()ö9. Olme 784. Omalium (>12. Umniastreplies CiTi». Onchocotyle 356. Oniscus 485. Ontophilus (il2. Onychophora 53'). Onychoteuthis IwU. Opalina 241. Opeiculata 470. Ophidia 808. Opliidiaster 324. Ophidium 765. Ophioderma 32(5. Ophioglypha 32<). Opliiolepis 32B. Ophioii ()18. Opliiothrix 32C.. Ophisaurus 807. Ophiura 326. Opliiuridea 325. Opliiusidae 605. Opilionea 524. Opistliobraiichia (563. Opisthocoelia 81(5. Opistlioglyplia 812. Opisthomum 344. Opossum 894. Opoterodonta 812. Orang 943. Orbitelae 524. Orbalina 223. Orca 9(J1. Orchestia 480. Ordeusbänder (505. Oreodouten 917. Orgelkorallen 268. Orgyia 606. Oribates 531. Oriolus 858. Ornithodelphia 889. Ornitliopoda 801. Ornitborbyuclius 891. Ornitboscelidae 801. Oroliippus 910. Orotberium 910. Orthagoriscns 763. Orthiden 691. Orthoceras 678. Orthoconchae 631. Oi'thonectiden 357. Orthoptera 579. Orthosia 605. Orycteropus 903. Oryctes (512. Osmerus 764. Osmia 621. Osmylns 588. Ostracion 763. Ostracoda 451. Ostrea (543. Otaria 931. Otiou 470. Otis 851. Otocyon 928. Otolicnus 938. Ottern 813. Otus 860. Ovibos 919. Ovis 919. Oxycephalns 481. Oxydactylia 788. Oxyrhopus 813. Oxyrbyncha 504. (Jxystomata 504. Oxytricba 241. Oxyuris 383. Paarzeher 912. Pachytylus 582. Pagellus 7(i6. Paguristes 504. Pagurus 504. Palaemon 502. Palaeoblatta 581. Palaeocarabus 493. Palaeochoerus 914. Palaeocraugon 493. Palaeobatteria 800. Palaeomerj'x 919. Palaeonemertini 373. Palaeornis 856. Palaeospalax 933. Palaeotheriden 912. Palamedea 851. Palapteryx 845. Palingenia 586. Palinurus 503. Palissadenwurm 384. Palmipe.s 324. Palpares 588. Palpieornia 612. Paludicella 687. Paludina 77, (560. Palumboenas 854. Palumbus 854. Pandion 860. Pandora 636. Panorpa 587. Panurus 859. Panzerkrebse 5(J3. Panzerwangen 767. Panzerwels 7(55. Papageien 856. Papageifisch 766. Papilio (507. Papio 942. Pappelschwärmer 606. Paradiesvögel 858. Paradisea 858. Paradoxides ,509. Paradoxo.stoma 461. Paradoxurus 929. Paramaecinm 241. Paranebalia 475. Parasita 4(52. Parra 851. Parus 859. Passer 859. Passeres 85(5. Pastinaca 758. Pastor 858. Patella 658. Pauropus 545. Pavo 853. Pecari 915. Pecten 642. Pectinaria 411. Pectunculus 640. Pedata 330. Pedetes 925. Pedicellina 685. Pediculati 768. Pediculus 591. Pedimana 893. Pedipalpi 516. Pedunculata 470. Pega.sns 763. Peitschenwurm 385. Pelagia 42, 282. Pelamis 813. Pelamj-s 767. Pelecanus 849. Pelias 814. Pelobates 13(5, 788. Pelomyxa 221. Peltogaster 472. Pelzfresser 584. Pelzkäfer (512. Pelzmotte 605. Pemphigus 593. Penaeus 5(J4. Penella 463. Penelope 852. Pennatula 268. Pentacrinus 320. Pentamera (511. Pentamerus (591. Pentastomum 535. Pentatoma 595. Pentatrematites 322. Perameles 894. Peratherium 893. Perca 766. Perdix 853. Perenuibranchiata 784. Perforala 223, 270. Pericolpa 282. Peridinium 232. Peripatus 537. Periphylla 282. Periplanata 581. Perissodactyla 907. Peritricha 242. Perla 585. Perlhuhn 853. Pej-lmutterf alter 607. Perlmuttermuscheln 642. Pernis 861. Peronia 663. Perophora 704. Peropoden 812. Perspectivschnecken 6.59. Petalopus 221. Petaurus 895. Petrogale 896. Petromyzon 753. Pezoporus 856. Pfau 853. Pferdelaus 59!). Pferdeschwamm 256. Pflanzenläuse 591. 960 Register. Pflanzentliiere 245. Pfriemenscliwaiiz 383. Pfrille 764. Phacochoerus 914. Phaetomis 857. Phaeton 849. Phalangella 087. l'halangiida 526. Phalangista 895. Phalangium 526. Phalan sterium 23 1 . Phalaropus 851. Phalhisia 704. Pharyiigognathi 765. Phascogale 894. Phascolarctus 895. Pliascolomys 896. Phascolosoma 420. Phascolotherium 893. Pha.sianus 853. l'hasma 581. Phenacodus Oüfi. Phialidium 28. Philine 664. Philodina 430. Philonexis 67i). Phoca 931. Phocaena 901. Phoeiiicopterus 848. Pholadomjädae 641. Pholas 641. Pholcu.s 524. Phora 598. Phoronis 420. Phoxichilidium 532. Pboxinus 764. Phreorj'ctes 414. Phroiiima 480. Phrosina 481. Phrygauea 589. Phrynocephalus 806. Phryiiosoma 806. Phryiius 517. Phthirius 591. Phylactolaemata 686. Phyllacanthus 327. Phyllidiideii 664. Pliyllirhoe 664. Phyllium 581. Phyllobothrium 84. Phyllodoce 409. Phvllomedusa 788. Phyllophorus 33(X Phyllopneuste 859. Phyllopoda 44(5. Phyllorhina 930. Phjilosoma 503. Phyllostoma 936. Phylloxera 593. Physa 6(53. Physalia 294. Physanuu 13. Physematium 227. Phy.seter 902. Physopoda 583. Physophora 8, 293. Physophoridae 293. Physostomi 7(53. Pbytometridae (505. Pliytopliaga 617. Phytophthii-es 591. Phytoptus 530. Pica 858. Piculus 85(5. Picus 85(5. Pieris ()(J7. Pilidium 372. Pillendreher 012. Pilumnus 5(J4. Pilzlliegen 599. Pilzkäfer (509. Pilzkoralleu 209. Pilzmücken 0(J(J. Pimpla (518. Pinguine 849. Pinna 642. Pinnipedia 930. Pinnotheres 504. Piophila 598. Pipa 788. Pipra 858. Pirates 595. Pirol 858. Pisa 504. Pisces 729. Piscicola 427. Pisidium (541. Pitheci 938. Pithecia 941. Placentalia 896. Placophora 656. Placuna 643. Plagiaulax 889. Plagiostomi 754. Plagiotremata 802. Plauaria 345. Planorbis 663. Platalea 851. Piatodes 339. Plattnasen 941. Plattwürmer 339. Platurus 813. Platycercas 856. Platydactylus 805. Platygaster 618. Platyhelminthes 339. Platypeza 599. Platyrrhini 941. Platyscelus 481. Plecotus 935. Plectognathi 763. Plesiarctomys 925. Plesiosaurus 802. Pleuracanthus 757. Pleurobranchaea 664. Pleurobranchus 664. Pleuroconcbae (533. Pleurodeles 785. Plenronectes 765. Pleurotoma 659. Pliaucheuia 917. Plictolophus 856. Pliobippus 910. Pliolophus 910. Pliopithecus 940. Pliosaurus 802. Ploceus 859. Ploteres 595. Plumatella 686. Plumularia 288. Plusia (505. Pneumatophoridae 293. Pneumodermon 667. Pneumora 582. Pockenbacterie 244. Podiceps 849. Podoceinis 480. Podocoryue 287. Podophora 328. Podophrya 36, 242. Podura 579. Poebrotherium 917. Plioephaga 895. Polarfuchs 928. Polargans 848. Polia 374. Polistes 620. Pollicipes 470. Polybostrichus 409. Polycelis 345. Polycera (564. Polychaetae 404. Polychrus 805. PolyciiTU.«; 4Ü(J. Polycladen 345. Polyclinidae 704. Polyclinum 704. Polycystinae 226. Polycv-ttaria 22(5. Polydesmus 545. Polydora 410. Polygordins 405. Polynom 408. Polyommotu.s (500. Polymastodon 889. Polyphemus 451. Polyphylla 012. Polypi 258. Polypomedusae 27(J. Polypteru.s 701. Poly.>;tomeen 354. Polystomella 223. Polystomuin 356. Polythalamien 221. Polyxenus 545. Polyzoa (580. Polyzonium 545. Pomacentrus 766. Pompilus (519. Pontellina 4(52. Pontobdella 427. Pontonia 502. Pontolimax 664. Porcellaua .504. Porcella usclineeken 6(50. Porcellio 485. Porcus 914. Porifera 249. Porpita 295. Portunns 504. Potamaohoerus 914. P.ittfisch '.KJ2. Prachtkäfer (Ul. Praniza 485. Praya 293. Priapulus 820. Register. 961 Primates 938. Prionns 609. Pristis 758. Proiielurus 929. Probosddea 921. Piobubalns 919. Pn.camelu.s 917. Procellaria 849. Proeervulus 918. ITocoelia 816. I'rocrustes 612. Procyon 928. Pi-ddremotherium 917. ProdiKtu.s 691. Proechidna 891. J'rogaiKisaiiria 80ü. Proglnttis H59. Proiieomeuia 680. Propithecu.s 987. Proi-astomus 920. Prosimiae 986. I*ros()branchien 657. i'rosoponisciis 476. Prosorhochmus 874. Prostomum 844. Protapirus 911. Proteolepas 470. Priiteroglyphen 818. I h'i iterosaurier 801 . Proteiosauims SO!). Proteus 784. Protococcaceeu 229. Protodrilurt 405. Protohippus 910. Prot.jhydra 287. Protnpitliecus 940. Protoiitei'us 771. Protozoa 216. Pr.itnla 411. Proviverra 980. Pninknatteru 818. Psammophis 812. P.sanimosaurus 807. Pselaphns 612. Pseudaelurns 929. P.seiidis 788. Pseudolemnrinae 941. Pseudonavicellen 242. Psenddiieuroptera 583. P.sendnpln'llidae 867. Psendnpns 807. C. riau<: L.-hrbucli P.seudoscdi'pii )n idea 515. Pseudospora 230. Psendotetramera 609. Pseudotriraera 609. Psittacula 856. Psittacus 856. Psocus 584. Psolus 880. Psnpliia 851. Psorcspermiei] 248. Psyche 606. Psychoda 600. Psylla 598. Ptelodon 889. Ptenoglossa 559. Pterichthys 747. Pteriptychus 906. Pteroceras 660. Pterocles 853. Pterodactylus 802. Pterodon 980. Pteroglossns 855. Pteromalus 618. Pteromys 925. Pteronarcys 585. Pterophorus 605. Pteropodeii 665. Pteroptus 581. Ptei'opus 935. Pterosaurier 802. Pterotracheall3,662. PterygDtns 506. Ptinns 611. Ptyclmpleurae 807. Ptychoptera 600. Ptychozoon 805. Pnlex 601. Pulmoiiateu 662. Pupa ()68. Pupipara 599. Puppenräiiber 612. Purpura 659. Putorius 929. Pycnogonuin 532. Pygocephalus 493. Pj'gopodes 849. Pygopus 807. Pyralis 605. Pyrophorus 611. Pyrosoma 705. dor Zoologi... 0. Auf). Pyrrhocoris 595. Pyrrhula 859. Python 812. Pythnnomorpha 805. (Juadrilatera 504. Quappe 765. Querigel 328. Quermäuler 757. Qnese 370. Raben 858. Racken 857. Radiolaria 224. Eadspinnen 524. Räderthiere 427. Raja 758. Rallus 850. Rana 788. Ranatra 595. Randbläschenniedusen 290. Ranella (560. Rangifer 918. ^anke 764. Rankenfüssler 464. Rapacia 894. Raphidia 587. Raptatores 860. Rasores 852. Ratitae 861. Raubbeutler 894. Raubfliegen 599. Raubmöve 849. Raubthiere 926. Raubvögel 860. Rebhuhn 853. Reblaus 593. Recnrvirostra 851. Radie 850. Reduvius 595. Regenbremse 599. Regenpfeifer 850. Regenwünner 413. Eegulus 859. Reh 918. Reihervögel 851. Reniera 257. ReniUa 268. Reptilia 789. Retepora 687. Rhabtitis 388. Rhabdocoela 848. Rhabdonema 142,888. Rhabdopleura (586. Rhacliiglossa 659. Rhagatherium 914. Rliamphastus 855. Rhaniphodon 857. R hamphurhy nch us 802. Rhampliostinna 816. Rhea 861. Rhesus 942. Rhinobatus 758. Rhinoceros 911. Rhinncryptis 771. Rhinolophus 985. Rhinopoma 986. Rhipidius 611. Rhipidoglossa 659. Khipidügorgia 268. Rhipophorus 611. Rhizücephala 470. Rhizocrinus 821. Rhizoglyphus 580. Rhizophaga 896. Rhizopoda 217, 220. Rhizostoma 283. Rhizostomeae 283. Rhizotrogus 612. Rhodalia 293. Rhodeus 764. Rhodites 617. Rhombus 765. Rhopalocera 606. Rhopalonenia 288. Rhopalura 357. Rhycophila 589. Rhynchobdellidae 427. Rhynchocephalia 800. Rhynchocoela 871. Rhynchodesmus 344. Rln-nchonella 691. Rhyuchoprion 601. Rhynchops 849. Rhynchosaurus 801. Rhynchosuchus 816. Rhynchota 589. Rhj-tina 920. 61 962 iHeseiialk 84<». Riesenarmadill 904. Eiesenliui 758. Riesenholzwespe 617. Riesensclilangen 812. Rindenkorallen 268. Rindenläuse 098. Rinderbremse 598. Ringelechsen 808. Ringelkrebse 475. Ringelnatter 812. Ringelspinner 606. Ringeltaube 854. Rippenquallen 295. Rissoa 660. Rochen 758. Rodentia 923. Röhrenbewohner 409. Röhrenherzen 747. Röhrenquallen 289. Röhrenschnecken 645. Röhrenspinnen 524. Rohrhnhn 850. Rohrsänger 859. Rosalia 609. Rossia 679. Rostellaria 660. Rotalia 62, 228. Rotatoria 427. Rotifer 430. Rotiferi 427. Rotula 328. Rückenfüsser 504. Rückenschwimmer 595. Rlisselegel 427. Rüsselkäfer 610. Rüsselmilbeu 531. Rüsselthiere 921. Rugosa 268. Ruminantia 915. Rundkrabben 504. Rundmäuler 750. Rundwürmer 374. Rupicapra 919. Rupicola 858. Saateule 605. Saatgans 848. Saatmotte 605. Sabella 411. .^abellaria 411. Saccharomyces 244. Saccobranchns 765. Saccocirrus 410. Saccoglossa 664. Sacconereis 409. Sacculina 472. Sä,belschnäbler 851. Sägefisch 75S. Säger 848. Sänger 859. Saenuris 414. Sagartia 269. Sagitta 390. Saibling 764. Saiga 919. Salamandra 785. Salamandrina 785. Salangane 857. Salnio 764. Salpa 711. Salpen 706. Salpingoeca 231. Saltatoria 582. Salticus 523. Saltigradae 523. Sandaal 765. Sandechsen 806. Sander 766. Sandfloh 601. Sandkrebse 503. Sandnattern 812. Sandpfeifer 851. Saperda 609. Saphirina 4(53. Sarcophaga 598. Sarcophilus 894. Sarcospylla 601. Sarcoptes 529. Sarcoramphus 860. Sardine 764. Sargus (Diptere) 599. Sargus (Fisch) 766. Sarsia 287. Saturnia 606. Satyrus (Affe) 942. Satyrus ( Schmetter- ling) 606. Säugethiere 863. Saugwürmer 345. Sauranodon 802. Saurii 802. Sauropoda 801. Sauropterygii 802. Saururae 823. Saxicava 641. Scalaria 659. Scalops 933. Scalpellum 470. Scansores 855. Scaphirhynchus 761. Scaphopoda (543. Scarus 766. Scatophaga 598. Scenopinus 600. Schaben 581, (505. Schaf 919. Schafzecke 599. Schalenkrebse 486. Schamkrabbe 504. Schamlaus 591. Schattenmücke 600. Schaumcicade 594. Schellfische 7()5. Scheerenasseln 485. Scheerenkrebse 502. Scheltopusik 807. Schiösbohrwurm 641. Schiftshalter 767. Schildigel 328. Schildkröten 816. Schildläuse 591. Schildschwänze 812. Schildwanzen 595. Schildwurf 904. Schillerfalter 607. Schimpanse 948. Schinnquallen 281. Schistocephalus 368. Schizaster 328. Schizomyceten 242. Schizonemertini 374. Schizoneura 593. Schizopoda 498. Scliizoprora 344. Schizostomum 344. Schläfer 925. Schlangen 808. Schlangendrachen 802. Schlangenstern 325. Schleie 764. Schleimfische 767. Schmalnasen 942. Schmarotzerbiene 621 . Schmarotzerkrebse 462. Schmelzschupper 759. Schmerlen 764. Schmettei'linge (502. Schmuckvögel 858. Schnabelfliegen 587. Schnabelkerfe 589. Schnabelthier 891. Schnaken 600. Schnellkäfer 611. Schnepfenfisch 768. Schnepfenfliegen 599. Schnepfeuvögel 851 . Schnurwürmer 371. Scholle 765. Schraubenbacterien 244. Schreitwanzen 595. Schröter 611. Schuppensaurier 802. Schuppenthier 903. Schwärmer 60(5. Schwalben 857. Schwalbenschwa nz 607. Schwanzlurche 782. Schwebfliegen 599. Schwertfisch 767,901. Schwertschwänze 50(5. Schwimmkäfer 612. Schwimmpolypen 289. Schwimmvögel 848. Sciaena 767. Sciara 600. Scincus 806. Sciophila 600. Sciuravus 625. Sciurus 925. Sclerodermi 7(53. Sclerostomum 384. Scolex 365. Scolia 619. Scolopax 851. Scolopendra 543. Scolopendrella 545. Scomber 767. Scomberesox 765. Register. 963 Öcopula üOö. Scoi-paena 767. Scorpio 515. Scorpionidea 512. Scorpionspinnen 51G. Scrupocellaria 687. Scutellidae 328. Scutigera 543. Scyllaea 664. Scyllarns 503. Scyllium 758. Öcyphomedusae 273. Scytale 813. Sedentaria 409. Seeanemonen 269. Öeefedern 268. Sei'forelle 764. Seehund 931. Seeigel 326. Seekatze 759. Seekühe 920. Seescheiden 695. Seeschildkröten 820. Seeschwalbe 848. Seesterne 322. Seewalzen 328. Seewolf 768. Segelspitze 606. Segestria 524. Segler 857. Seidenschwanz 859. Seidenspinner 606. Seison 431. Seitenfalter 807. Seitenschwimmer 765. Selache 758. Selachier 754 Selen odonten 915. Semaeostomeae 282. Semnopithecus 942. Sepia 679. Sepiola 679. Seps 806. Sergestes 502. Serialaria 687. Serolis 484. Sei-pentes 808. Serpula 411. Serranns 766. Sertnlaria 288. Sesia (506. Setigera 914. Sialis 587. Sida 451. Siebenschläfer 925. Sigaretus 6()0. Silberfischchen 579. Silpha 612. Silurus 765. Simonea 528. Simosaurus 802. Simulia 600. Singcicaden 594 Singmücke 600. Singschwan 848. Siphonaptera (501. Siphoniata 639. Siphonophorae 289. Siphonops 782. Siphonostomata 462. Siphonostomum 411. Sipnnculoiden 419. Sipunculus 420. Siredon 784. Siren 784. Sirenia 920. Sirex 617. Siriella 500. Sitaris 610. Sitta 859. Sittace 856. Sittich 856. Sivatherium 919. Smerinthus 606. Smynthnrns 579. Solariidae 659. Solarium 659. Solaster 324. Solea 765. Solen 641. 'Solenobia 605. Solenoconchae 643. Solenoraya 640. Solenagastres 628. Solenoglypha 813. Solidungula 911. Solifugae 515. Solpuga 516. Sonnenthierchen 223. Sorex 933. Spadella 390. Spalax 925. Spaltfüsser 498. Spaltnapfschnccken 658. Spaltschnäbler 857. Spaltzüngler 807. Spanner 605. Sparidae 766. Spatangidea 328- Spatangus 328. Spatularia 761. Spechte 855. Speckkäfer 612. Sperlerpes 785. Sperlingsvögel 859. Spermophilus 925. Sphaerodorum 409. Sphaeroma 484. Sphaeronectes 293. Sphaeronites 321. Sphaerophrya 242. Sphaerotherium 545. Sphaerozoum 227. Sphaerularia 389. Sphargis 822. Spheniscus 850. Sphenodon 801. Sphex 619. Sphingina 606. Sphinx 606. Spinacidae 758. Spiudelbaummotte 605. Spinnen 517. Spinner 605. Spinnmilbe 523. Spio 410. Spirifer 691. Spirillum 244. Spirochaete 244. Spirographis 411. Spiroptera 379. Spirorbis 411. Spirostoniuni 241. Spirula 679. Spondylus 642. Spongelia 256. Spongiae 256. Spongiaria 249. Spongilla 257. Sporocyste 350. Sporozoen 242.. Springbeutler 895. Springkäfer 611. Springmäuse 925. Springschwänze 579. Springspinnen 523. Sprosser 859. Sprott 764. Spulwurm 383. Spumella 230. Squalides 757. Squalodon 902. Squalus 758. Squamipennes 76(5. Squatina 758. Sqnatinorajidat' 758. Sqnilla 498. Staare 858. Stachelhäuter 301. Stachelschwein 924. Stäbchenbacterien 244. Stapliylinus 612. Stauriden 268. Staurocephalus 408. Stechfliege 598. Stechmücken 600. Stechrochen 758. Steckmuschel 642. Steenstrupia 288. Steganophthahnata 277. Steganopodes 849. Stegocephalen 781. Stegosaurier 801. Steinbutt 765. Steinpitzger 764. Steinschwämme 257. Steisshühner 852. Stelleridea 324. Stellio 806. Stelmatopoda 686. Stelzvögel 850. Steneosaurier 816. Stenops 937. Stenorhynchus 504. Stenostoma 812. Stentor 241. Stephalia 293. Stephanoceroä 430. Stephanosphaera 231. Sterlet 761. (51 ■'■■■ 064 Register. Sterna 848. Sternkorallen 2ü9. Sternwürmer 414. Sticliling 76G. Sticliopus 33Ü. Stiletriiegen öiH). Stint 764. Stockente 848. Stör 7G1. Storcli 751. Stomatopoila 45)(3. Stomoxys ö98. Strandschnecken GGO. Stratioray.s 5U'J. Stransse 8G1. Strepsiceros 919. Strepsiptera Gl 2. Stridulantia 594. Stringops 85G. Strix 860. Strobila 277. Strombus GGü. Strongylocentrotus 328. Strongylozoma 545. Strongylus 384. Strudelwürmer 34U. Struthio 861. Strutliiomorphi 8G1. Stubenfliege 598. Sturmvögel 849. Sturnus 858. Stutzkäfer 612. Stylaria 414. Stylaster 289. Stylocheiron 500. Styloclms 287, 345 Stylommatophora 663. Stylonychia 63, 241. Stylops 613. Stj^lorhynclius 243. Stypolophus 930. Suberites 257. Subungulata 924. Succinea 663. Suctoria 242. Südwasserpolyp 287. Süsswasserschüd- kröten 820. Süsswasserspongien Sula 849. Sumpfvögel 850. Surnia 860. Sus 914. Sycaltis 256. S}'candra 256. Sycetta 256. Sycilla 256. Sycon 256. Sycortis 256. Syculmis 25(5. Sycy.ssa 256. Sylüs 408. Sylvia 859. Symbiose 10. Symbiotes 529. Sympbylen 545. Synapta 330. Synascidiae 704. Syncoryne 287. Syngnathus 763. Sj-notus 935. Syrnium 860. Syrphus 599. Sj'rrhaptes 853. S^'temodon 911. Tabanus 599. Tachiua 598. Tacbypetes 849. Tadorna 848. Taenia 369. Taeuioglossa 659. Taenioideae 767. Tagfalter 606. Talitrus 480. Talpa 933. Tamias 925. Tanais 485. Tanystomata 599. Tanzfliegen 599. Tapes 641. Tapetenmotte 605. Tapezirspinue 523. Taphozous 936. Tapirus 911. Tarantelspinne 524. Tardigrada 532. Tarsipes 895. Tarsius 937. Taschenkrebs 504. Tauben 853. Taubenschwanz 606. Taucher 849. Taurina 920. Tausendfüsse 537. Taxodontes 640. Tectibrauchia 664. Tegenaria 524. Teichhuhu 851. Teichrauschel 640. Tejueidechsen 807. Tejus 807. Teleas 618. Teleosaurier 816. Teleostei 762. Telephorus 611. Telepsavus 410. Tellina 641. Telotrocha 407. Tenebrio 611. Tenthredo 617. Tenuirostres 857. Terebella 411. Terebra 659. Terebrantia 616. Terebratula 691. Terebratulina (591. Teredo 641. Tergipes 664. Termes 584. Termiten 584. Terricolae 413. Tesselata 320. Tessera 279. Tesserantha 279. Testicardiues 691. Testndo 820. Tethyodea 695. Thethys 664. Tetrabranchiata 677. Tetracorallia 268. Tetractinellidae 257. Tetrameralia 275. Tetranychus 531. Tetrao 853. Tetraphyllidae 369. Tetraplasten 230. Tetrapneumones 523. Tetrarhynchus 369. Tetrastemma 374. Tetrodon 763. Tettigonia 594. Tettix 582. Textularia 223. Thais 607. Thalassema 419. Thalassicolla 227. Thalassidroma 849, Thalassina 503. Talassochelys 820. Thaliacea 70(). Thamnocnidia 288. Thecidium ()91. Thecla 606. Thecosomata (567. Thelyphonus 517. Thereva 599. Theridium 524. Theriodonten 177. Theropoda 801. Thomisus 524. Thoracostraca 48(>. Thrips 583. Thuntisch 767. Thylacinus 894. Thylacoleo 893. Thymallus 764. Thynnus 767. Throne 330. Thysanopoda 500. Thysanozoon 345. Thysanura 579. Tichodroma 857. Tiedemamia 667. Tillodonteu 175. Tima 290. Tinea 764. Tinea 605. Tinohyus 914. Tipula ()00. Tipnlariae 599. Titanomj-s 924. Titanotherium 909. Todtengräber 612. Todtenkopf 606. Todtenuhr 611. Tölpel 849. Tomopteris 409. Tordalk 849. Tornaria 331. Torpedo 107, 758. Kegistt' 965 Tortrix (Schlange) 812. Tortrix (Sclimetter-) ling) 605. Totanus 851. Toxodon 5)06. Toxoglossa 659. Toxopneustes 328. Toxotes 766. Trachelius 241. Trachinus 767. Trachymedusae 288. Trachynema 288. Trachypterus 767. Trachys 611. Tragulus 917. Trappe 851. Treniatodes 345. Tremoctopus 679. Triaenophorus 368. Tricliechus 930. Trichina 385. Tricliocephalus 384. Trichodectes 584. Trichodes 611. Trichodina 242. Trichoglossus 856. Tricliomouas 229. Trichoptera 588. Trichosomum 385. Trichosurus 895. Tricliotrachelidae 384. Tricladen 344. Tridacna 640. Trigla 767. Trigona 622. Trigonia 640. Trüobiten 505. Tringa 851. Trionyx 820. Ti'iphaena 605. Tristomum 355. Tritylodon 889. Triton 785. Tritonia 664. Tritonium (560. Tritonshörner 660. Trochilium 606. Trochilus 857. Trochus 659. Troctes 584. Troglodytes (Affe) 943. Troglodytes (Vogel) 859. Trogon 855. Trogus 618. Trombidium 531. Trompetenfisch 768. Trompetenvogel 851. Tropidonotus 812. Tripidurns 806. Tropikvogel 849. Trupial 858. Truxalis 582. Trygon 758. Trypeta 598. Tubicinella 470. Tubicolae 409. Tubicolaria 430. Tubicolidae 641. Tubifex 414. Tubipora 268. Tubitelae 524. Tubularia 287. Tubulipora 687. TiTbuliporidae 687. Tukane 855. Tümmler 901. Tunicata 691. Turbanigel 327. Turbellaria 340. Turbinolia 269. Turbo 659. Turdus 859. Turritella 660. Turtur 854. Tylenchus 388. Tylopoda 917. Typhis 481 Typhlops 812. Tyroglyphus 529. Ut'crspinne 524. Ulothrix 13. Umbellula 268. Umberfische 767. Umbra 764. Umbrella 664. Umbrina 767. Unau 904. Unio 640. Unpaarzeher 907. Upupa 857. Urano.scopus 767. Urax 852. Uria 849. Urocoridac (517. Urodela 782. Uroma.stix 806. Uropeltis 812. Ursus 928. Urthiere 216. Utsel 930. Valvata 660. Vampyrella 230. Vampyrus 936. Vanellus 850. Vanessa 143, 607. Varanus 807. Vaucheria 13. Velella 295. Velia 595. Ventricnlitiden 257. Venu.s ()41. Veretillum 268. Vermes 334. Vermetus 660. Vermilinguia 903. Veronicella 663. Vertebrata 712. Vesicularia 687. Vesiculatae 288. Vespa 620. Vespertilio 935. Vesperugo 935. Vexillum 300. Vibrio 244. Viereckskrabben 504. Vioa 257. Vipera 813. Viverra 928. Vögel 821. Vogelspinnen 523. Voluta 659. Volvox 58, 231. Vortex 116, 344. Vorticella 242. Vultur 860. Wabenkröte 788. Wachtel 853. Wachtelkönig 850. Waffenfliegen 599. Waldheimia 691. Walfische 899. Waller 765. Walross 930. Walzenspinnen 515. Wanderheuschrecke 582. Wanderratte 925. Wandertaube 854. Wanzen 594. Warneidechsen 807. Warzenschwein 914. Wasserassel 485. Wasserflühe 449. Wasserfrösche 788. Wasserhühner 850. Wasserjungfern 586. Wasserläufer 595. Wassermilben 531. Wasserralle 850. AVasserratte 925. Wassersalamander 785. Wasserschlangeu 813. Wasserscorpione 595. Wasserspinne 524. Wasserwanzen 595. Weber 859. Weberknecht 526. Webspinnen 524. Wehrvogel 851. Weichthiere 622. AVeinschwärmer 606. AVeisslinge 607. Weizenälcheu 388. Weizenfliege 598. AVellenpapagei 856. AVelse 765. Wendehals 856. Werre 583. Wespe 620. Wickelschlangen 812. AViekler 605. Wiedehopf 857. AViederkäuer 915. AA'imperinfusorieii 233. AVindig 606. Winkelsiiinne 524. 966 Kegister. Wirbelthiere 712. "Wirtelschleichen 807. Wiseut 919. Wolfspinneu 524. Wombat 896. Wühlmäuse 925. Würfelnatter 812. Würger 859. Würmer 334. Wurfmäuse 925. Wurmschlangen 812. Wurmzüngler 807. Wurzelkrebse 471. Wurzelquallen 283. Xantho 504. Xenopus 788. Xeno.s 613. Xiphias 767. Xiphodon 917. Xiphosura 506. Xylocopa 621. Xylophaga 611. Xylophagus 599. Xylotomae 599. Yak 919. Yponomeuta 605. Zabras 612. Zahnanne 902. Zahnkarpfen 765. Zahnschnäbler 858. Zahntaube 854. Zahnwale 901. Zamenis 812. Zanclodon 801. Zaunkönig 859. Zebu 919. Zecken 530. Zerene 605. Zetodon 906. Zeuglodon 902. Zeugobranchia 658. Zeus 767. Zeuzera 606. Ziegenmelker 858. Ziernasen 936. Ziesel 925. Zirpen 594. Zitteraal 764. Zitterrochen 758. Zitterwels 7(55. Zoantharia 269. Zoanthus 269. Zoarces 767. Zoea 491. Zonurus 807. Zoogloea 244. Zoophyta 245. Zoothamnium 242. Zuckergast 579. Zünsler 605. Zunge 765. Zungenwürmer 533. Zweiflügler 595. Zwergmaus 925. Zwergmöve 848. Zygaena (Fisch) 758. Zygaena (Schmetter- (ling) 606. -•oo-afm^-"-*» ^'. G. Elwert'sche YerlagsbuclihamiluiKi in Marburg in Hessen. \on demselben Verfasser erschienen früher in unserem A'erlagc : Grundzüge der Zoologie. Zum wissenschaftlichen Gebrauche. Vierte durch aus umgearbeitete und verbesserte Aufl. gr. 8. 2 Bde. M. 20.— Grundzüge der allgemeinen Zoologie. Separatabdruck aus des Verfassers „Lehrbuch der Zoologie", gr. 8. M. 3.60. Die Copepoden-Fauna von Nizza, Ein Beitrag zur Charakteristik der Formen und deren Abänderungen „im Sinne Darwin's". Mit 5 Tafeln, gr. 4. M. y.— Die Cypris-ähnliche Larve (Puppe) der Cirripedien und ihre Vei-wandlung in das festsitzende Thier. Ein Beitrag zur Morphologie der Rankenfüssler. Mit 2 Tafeln, gr. 4. M. 1.20 Beiträge zur Kenntniss des Ostracoden. I. Entwicklungsgeschichte von Cypris. Mit 2 Tafeln, gr. 8. M. — .80 Ueber Euplectella Aspergillum (Ft. Owen). Ein Beitrag zur Naturgeschichte der Kieselschwämme. Mit 1 photographischen Tafel und 3 Kupfertafeln. Fein Velinpapier, gr. 4. geb. M. 0.— Beobachtungen über Lernaeocera. Peniculus und Lernaea. Ein Beitrag zur Naturgeschichte der Lernaeen. Mit 4 Tafeln, gr. 4. M. 2. — Beobachtungen über die Organisation und Fortpflanzung von Leptodera Ai)pendiculata. Mit 3 Tafeln gr. 4. M. 1.(50, Ferner erschienen : Pflanzenbiologische Schilderungen. 1. Theil. Mit 98 Holzschnitten und Tafel I— IX. Lex. 8". IV und 239 S. M. 14.—. Von Dr. K. Goebel. IL Theil. 1. Lieferung. Mit 57 Holzschnitten und Tafel X— XXV. Lex. 8". IV und 160 S. M. 12.— II. Theil. 2. Lieferung. Mit 64 Textfiguien und Tafel XXVI— XXXI. Lex. 8" 226 S. M. 12.— KLORÄ rrüher herausgegeben von der KgL Bayer. Botan. Gesellschaft in Regensburg. Herausgeber: Dr. K. Goebel, Professor der Botanik in München. Jährlich 3—5 Hefte iiiit zalilreichen Tafeln und Abbildungen. Preis: M. 20. — . Bei uns erscheinen die Bände seit 1889, 72 — 82. Band 83 ist im Erscheinen begriffen. N. G. Elwert'sclie Yerlagsbiichhanilliuig in Marburg in Hessen. FALCK, C. PH., Das Fleisch. Gemeinverständliches Handbuch der wissen- schaftlichen und praktischen Fleischkunde. ^Mit 12 lithographirten Tafeln, gr. 8. .M. 10.— FICK, L. , Phantom des Menschenhirns. Als Supplement zu Jedem anatomischen Atlas. G. Auflage. In Enveloppe M. I.SO. LIEBERKÜHN, N. , Ueber das Auge des Wirbelthierembryo. Mit 11 Tafeln, gr. 8. DT 8. 'm. 5.- — Ueber Bewegungserscheinungen der Zellen. :\lit 5 Tafeln, gr. s. 51 Seiten M. 2. — — Ueber die Keimblätter der Säugethiere. Mit 1 Tafel, gr. 4. 2ü Seiten M. 1.80. Schriften der Gesellschaft zur Beförderung der gesammten Natur- wissenschaften zu Marburg. XII. Band. ^ , , , „ 1. Abhandlung. LINZ, ADOLF, Klimatische Yerhältnisse von Marburg auf Oruud fiinfzelm- jähriger Beobachtungen an der meteorologischen Station daselbst. Mit 3 Taleln. gr. 8. U S. M. 1.5U. 2. Abhandlung. NOACK, KARL, Yerzeichuis fluoreszirender Substanzen nach der Farbe des Fluoreszenzlichtes geordnet mit Literaturnachweisen, gr. 8. 107 S. M. 2.40 o'. Abhandlung. SPECK, C, Das normale Athmen des Menschen, gr. 8. '.U S. M. 2.— 4. Abhandlung. WIGAND, ALBERT, Flora von Hessen und Nassau. 2. Teil. Fimdorts-Verzeiclniis der in Hessen und Nassau beobachteten Samenijflanzen und Pteridophyten. Heraus- gegeben von Fr. Meigen. Mit einer Karte von Hessen -Nassau, gr. 8. VIII. 565 Seiten. M- 7. — ö. Abhandlung. KOCH, BERNH., Die Temperatiu-verhältnisse von Marburg. Nach 24-iährigen Beobachtungen an der meteorologischen Station daselbst. Mit 2 Tabellen und 8 litho- graphischen Tafeln, gr. 8. 32 S. ->!• 1-50. ß. Abhandlung. 3IELDE, F., Die wolkenlosen Tage, beobachtet in den Jahren 186(3 bis 18i)4 an der meteorologischen Station Marburg. Mit 4 Tabellen, gr. 8. 6 S. M. — .8(J. 7. Abhandlung. Verzeichnis der wissenschaftlichen Abhandlungen und Schriften von Dr. FRANZ MELDE, ord. Professor der Phvsik und Astronomie der ITniversität :Marburg. gr. 8. (5 S. ' M. -.20. XIII. Band. 1. Abhandlung. KAISER, E., Die Fauna des Dalmanitensandsteins von Kleinlinden bei (^tiessen. Mit 5 Lichtdruck-Tafeln gr. 8. 42 S. M. 3.— IX. Band. Mit Beiträgen von Fr. M. Claudius, E. Fürstenau, A. Wigand, C. F. Heusinger, C. Claus, F. Melde, L. Carius, R. Dohrn, N. Lieberkühn. gr.8. M.9.- X. Band. Mit Beiträgen von C. Speck, R. Dohrn, A. v. Koenen, 0. Weiss, N. ]>ieber- kühn, AV. Pfannkuch, F.W. Benecke, H. Lahs, E. Hess. Mit 50 Tafeln und Tabellen, gr. 8. M. 15.— XI. Band. Mit Beiträgen von E. Hess, C. Müller, Speck, F. W. B e n e k e, M. Schotten US. 10 Tafeln. M. 11.20. Druck von Gottlieb Gistel & Comp, in Wi LJätr:^^. ►^;^ 1^ P^ß ^ ^m?