SEE a DE #7 er "7 — —— — n > 2 \ f RERENTEGE &a(C Er: > —— TE - RN ge &* ER a N B 7 F a Ur / k f SM 0 F N ı) FE a Il I WET DE 6 f \| DL de ‚@ [ I £ f 4 0 Zi } Q \\ = z N e . d— = FE EB S 7 ? FE une I = R N) V 7, ANGE SG G 7 EEE wu metal re iurr 1% \ h dr A NER a a VL BEL Pr DNA y h WE s wo ee: NO Du Y i r IP uper el: .“ f Tray RN ray! \ f h Ar u ‘ er ; R Er ; un Na a) ua SB LARN, An Far! RD Ry He RE NAD AASER VA Bei Er Oh RN; BAR E Dins IR) pi f} IR, e AN v SAN 7 vr 2) Ani Ch Sonn Kama Une ae SR ? Li’ TR N | N LE . RROE BAUR NE Rn iin Degen BILDEN ig BEN \ Ir v un IH x IR RN MR VRR ET AN BER nr, LIE Re eh Her \ at % ar t £ bahn t, 10 IN “hr LEHRBUCH der ZOOTOMIE. Anatomische Charakteristik der Thierklassen, als Einleitung in das Studium der Zoologie, vergleichenden Anatomie und Physiologie mit Hinweisung auf die Icones zootomicae. Von DR. RUD. WAGNER, Professor in Göttingen. Erster Theil. Anatomie der Wirbelthiere. Zweite völlig umgearbeitete Auflage des „Lehrbuchs der vergleichenden Anatomie.“ Leipzig, Leopold Voss. 1843. LEHRBUCH Anatomie der wirbellosen Thiere. Von DR. HEINRICH FREY und - DR. RUDOLPH LEUCKART. Leipzig, Leopold Voss. 1847. j ' j f) \ i { I h I ’ % « R j.- 197 ( - Ki Be EN: u ai a Dr er icahf Son ji aa " ran ka; ni aan 3.7. I Ka v } ri (57 A ah Nlaakk 7 Br dei nu u AT RT ET RAR IE AN Vortiegende Schrift bildet, wie es schon der Titel besagt, den zweiten Theil des Lehrbuches der Zootomie von Professor R. Wagner. Zu ihrer Ausarbeitung haben wir uns nur auf den Wunsch unseres verehrten Lehrers entschliessen können. Wie weit es uns geglückt, einen so grossen und reichen Stoff einigermassen zu bewältigen, ebenso die durch den ersten Theil gegebene Form der Darstellung zu treffen, wissen wir nicht. Sollten sich kleinere Irrthümer und Fehler eingeschli- chen haben, so nehmen wir für dieselben die Nachsicht unse- rer Leser in Anspruch, um so mehr, als eine längere Abwe- senheit unseren Lehrer verhinderte, auch an diesem zweiten Theile, wie wir gehofft hatten, Antheil zu nehmen. Ueber die Art der Bearbeitung dürften noch einige Be- merkungen am Platze sein. Die zu dem Werke nothwendigen Untersuchungen haben wir fast ohne Ausnahme gemeinschaft- lich angestellt und zusammen geprüft. Hinsichtlich der Abfas- sung der einzelnen Abschnitte haben wir dagegen eine Thei- lung der Arbeit vorgenommen, so dass die Insekten, Würmer vı Vorwort. und Mollusken von dem ’letzt-, die übrigen Klassen von dem erstgenannten der beiden Verfasser geschrieben wurden. Wir ergreifen mit Vergnügen die Gelegenheit, unserm ver- ehrten Lehrer für die uns in liberalster Weise gestattete Benu- tzung seiner Privatbibliothek sowie der Sammlungen und Vor- räthe des hiesigen physiologischen Institutes hiermit unsern Dank öffentlich abzustatten. Göttingen den 22. März 1847. Dr. FREY. Dr, LEUCKART. Inhalt Vorwort . l. Insekten. Classification B Hanıtskelet u. äussere Bedkckriifeh Museculatur Nervensystem Sinnesorgane Gesichtswerkzeuge . Gehörwerkzeuge Geruchswerkzeuge . Geschmacksorgane . Tastwerkzeuge . Verdauungsorgane.. . Organe des Kreislaufs Athmungsorgane Stimmwerkzeuge Harnwerkzeuge . a ‚ Besondere Absonderungsorgane ‚ Geschlechtswerkzeuge . | 11. | Classification ‚ Hautskelet u. äussere Beseeiiinpen Museculatur Nervensystem , Sinnesorgane \ Gesichtswerkzeuge . " Gehörwerkzeuge , Geruchswerkzeuge . ' Geschmacksorgane . \ Tastwerkzeuge . ‚ Verdauungsorgane . \ Organe des Kreislaufs . Athmungsorgane Arachniden. 1 103 106 130 131 141 143 147 147 148 148 1148 149 119 152 151 Harnwerkzeuge . Besondere Absonderungsorgane Geschlechtswerkzeuge . IM. Classification Hautskelet u. Krustenthiere. äussere Bedeckungen “ Musculatur Nervensystem Sinnesorgane Gesichtswerkzeuge . B Gehör- und BerUehSwerkzange Geschmackswerkzeuge Tastwerkzeuge . Verdauungsorgane . Organe des Kreislaufs Athmungsorgane Harnwerkzeuge . Salysipe: Besondere Absonderungsorgane Geschlechtswerkzeuge . EV. Classification ; Aeussere Badeckungenn u. Körnpkfoum Museculatur Nervensystem Sinnesorgane Gesichtswerkzeuge . Gehörwerkzeuge Tastwerkzeuge . Verdauungsorgane . Organe des Kreislaufs . Athmungswerkzeuge Besondere Absonderungswer Fe Geschlechtswerkzeuge Würmer. Seite 157 157 160 166 167 183 157 202 202 206 208 203 209 226 239 248 248 251 268 269 278 283 296 296 300 301 301 319 332 335 338 vi Inch alt, Seite Seite V. Cephalopoden. Besondere Absonderungsorgane . 489 | Classification . . .. 360 Geschlechtsorgane . . . . .‘. 4 le mann | ,, WE me Musculatur . 2 22 2 20.2..369 Classification . . 496 Nervensystem . 2 2 2... 372 Aeussere Bere und Skelet. 497 Sinnesorgane - » 222.2... 376 Müsculatüur'. come rer Sehwerkzeuge . . u... . 376 Nervensystem . . „2... . 5181 Gehörwerkzeuge. . - . . . . 8380 Sinnesorgane. . . „2... 5161 Geruchswerkzeuge . . . . . . 381 Gesichtswerkzeuge . . . . . - 516 Geschmacksorgane . . 2... 38% Tastwerkzeuge . . .,..... . 517 Tastwerkzeuge - . » » =". 1.882 Verdauungsorgane . . . x . . 9177 Verdauungsorgane . . . . . . 33 Organe des Kreislaufs. . . . . 522° Organe des Kreislaufs. . . . . 387 Atbmungswerkzeuge . . . . - 530 Athmungswerkzeuge . . . . . 392 ‚ Besondere Absonderungsorgane . 532 Besondere Absonderungsorgane . 393 Geschlechtsorgane . . .» . . - 533 Harnwerkzeuge . . . 2. 2 ...39 IX. Acalephen. Geschlechtsorgane . . » . .....3% Classification . . 510° v1. Gasteropoden. NeiiksereBeliockungenn Korperfannn 541 Classification . . > 2na02 \ MUSCUlARWENS La SussaalrR ara Sara Be nreeckunsenut Körperforn 403 DETNeREySien! en... se Musculaiur 2, 2 U N Fear Sinnesorgane . 2 2 0 nn. 50 40ug Verdauungsorgane . . . . . 55lı Nervensystem I k Sinnesorgane. :.:...... 2, 420 Organe des Kreislaufs. . . . . 558 Gesichtswerkzeuge . 420 Besondere Absonderungsorgane . 559 Gehörwerkzeuge - . m 421 Geschlechtsorgane . . » 2.» San Geruchswerkzeuge . . » . . . 423 X. Polypen. N TE RR ee Classification . . . ne es RAN SL ne 498 Aeussere Bedee kamen Hi Skelet. 567 5 een De a Arge Fr 2 Musculatur . . .. „Zope. Fe Organe des Kreislauls. . . . . 436 1 Nervensystem N Mtbmungsorgane '... Era Sinnesorgane. 0 on Ln eu Harnwerkzeuge: .:. . 2... 7944 e - Verdauungsorgane. . » x... O8 Besondere Absonderungsorgane . 445 h s Kreislaufs 582, itsorsane 447 Organe des Kreislaufs. . » . » | , Br De ee Besondere Absonderungsorgane . 586 VII. Acephalen. Geschlechtsorgane . » . 2... 588 Classification . . . . .. 462 XI. Infusorien. Aeussere Bendökunbenwi: Körper form 463 SON \ \ Classification 2,0 Müsculatur < „1... ° 2.4... MMMENAGB ? & Aeussere Bedeckungen u.Körperform 601 Nervensystem .. . 2... 2... 490 ie Musceulatur . . ..2 ink Binnesörgang. + . x; » ;= .. RURSIDONGTA ze. Nervensystem a 1 Gesichtswerkzeuge . . . - . . 44 - } k 3 - Sinnesorgane. . . . ver iu Gehörorgane . .. +. "PATE i Verdauungsorgane . aaa 2 Tastwerkzeuge . . : . 2. .%96 ER | BE; T e Organe des Kreislaufs. . » . - 61 Verdauungsorgane . ». . .. . . 47 a Besondere Absonderungsorgane . 613 Organe des Kreislaufs. . . . . 481 De enisene 613 Albmungsorgane . 2.20.20. 486 Be 3 TE Harnwerkzeuge 22022489 Nachträgl. Bemerkungen u. Zusätze 617 Insekten. Imsecta. WW agner’s Zootomie. IT, 3 Ordnungen der Insekten. I. Insekten mit kauenden Mundtheilen. 1. Ordnung. Käfer, Coleoptera s. Eleutherata. 2. Ordnung. Geradilügler, Ortkoptera s. Ulonata. 3. Ordnung. Netzflügler, Neuroptera s. Synistata. 4. Ordnung. MHautflügler, Hymenoptera s. Piezata. II. Insekten mit saugenden Mundtheilen. 5. Ordnung. Halbflügler, Hemiptera s. Rhynchota. 6. Ordnung. Zweillügler, Diptera s. Antliata. 7. Ordnung. Schmetterlinge, Lepidoptera s. Glossata. Ill. Parasitische Insekten, bald mit kauenden, bald mit saugenden Mundtheilen, mit und ohne Flügel. 8. Ordnung. Schmarotzer, Parasita. llieher die flügellosen Sauger, Pulex (Apkaniptera auectt.), die Läuse u. a. (Aptera auctt.), die Xenos- und Stylopsarten (Strepsi- plera s. Rhiphiptera auctt.). Literatur. Uebersichtliche Werke über Entomologie im Ganzen: Kirby and Spence, Introduction to Entomology. London. IV Voll. Deutsch von Oken, Stuttgart 1523 — 1833. — Burmeister, Handbuch der Entomologie. Bis jetzt 4 Bände. Berlin 1332 — 1814. — Lacordaire, Introduction & lEntomologie, | 2 Tomes. Paris 1831 —1833. — Für die neuere Systematik sehr übersichtlich: Westwood, an Introduction to the modern Classification of Insects. II Vol. Lon- don. 1839. — Für die Anatomie vergl. besonders die mit trefflichen Kupfern ver- sehenen Monographieen der Weidenraupe und des Maikäfers: Lyonet, Traite ana- tomique de la Chenille du saule. La Haye 1762. in 4to. und Straus Durckheim, Considerations generales sur ’anatomie comparce des animaux articulds (Anatomie descriptive du Hanneton). Paris 1828. in 4to., dann Löon Dufour, Recherches sur les Hemipleres. Paris 1833. in 4t0o., und den Artikel: Insecta von Newport in Todd's Cyclopaedia. Vol. II, Hautskelet und äussere Bedeckungen der Insekten. B:; den Insekten wird das Skelet als Stütze der inwendig gelager- ten Muskeln von den eigenthümlich verhärteten äussern Bedeckun- zen, theilweise aber auch von besondern verhornten innern Theilen gebildet, die als starke Fortsätze zum Ansatz der Muskeln für die Be- wegungswerkzeuge in Kopf und Brust gelegen sind. Man kann also das Skelet der Insekten gewissermassen mit dem der Schildkröten unter den Wirbelthieren vergleichen, wo auch das Rücken- und Bauchschild durch Verwachsung des Haut- und Knochenskelets zu Stande kommen |). Der Hauptbestandtheil des Skelets der Insekten ist ein in der Reihe der wirbellosen Thiere weit verbreiteter, eigenthümlicher, stick- stoffhaltiger Körper, das Chitin 2), dessen chemische Zusammensetzung erst in neuester Zeit genügend erkannt ist3). Von der eigentlichen Hornsubstanz unterscheidet es sich schon durch seine Unlöslichkeit in kaustischem Kali. Die übrigen Bestandtheile sind theils unorganischer Natur, besonders phosphorsaurer, zum Theil auch kohlensaurer Kalk. den man öfters bis zu 25 Procent und darüber gefunden haben will 4), theils noch eine beträchtliche Menge organischer Körper, Extractivstoffe, gefärbte Fette und eine braune, in Aetzkali lösliche und aus der Lö- sung durch Säuren fällbare, amorphe Substanz. Diese vorzüglich ist in grosser Quantität vorhanden und durchdringt die ganze Chitinmasse, besonders die obern Schichten derselben. Wahrscheinlich ist sie harz- arliger Natur und bildet zugleich mit jenen Fetten die Grundlage vieler bei den Insekten vorkommenden Pigmente. Wenigstens scheint sie diem eigenthümlichen färbenden Stoffe der Cochenille analog zu sein. Uehrigens ist die Beschaffenheit nicht aller Pigmente im Insektenpanzer dieselbe. So sind sie z. B. in den Schuppen der Schmetterlinge als ein körniger Niederschlag abgelagert und verbleichen durch die An- wendung von Chlorwasser, während die meisten übrigen Farbestoffe ganz homogen sind und von Chlorwasser nicht angegriffen werden. DSNers]:Thl.1.,/S2160. 2) Von Odier entdeckt, Entomolin nach Lassaigne genannt. 3) S. Schmidt, zur vergleichenden Physiologie der wirbellosen Thiere. Braun- ‚ schweig 1845. — Nach ihm ist die chemische Zusammensetzung des Chitin — C;- 4) So nach den Untersuchungen von Hatchett. Auch Eisen und Mangan hat ı man gefunden, wie bei den Wirbelthieren. 1 # 4 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. Bisweilen sind auch die Pigmente der Insekten, wie sie uns erschei- nen, nur mechanisch gemischte Farben. So zeigen z. B. die schönen goldgrünen Schuppen von Entimus imperialis u. a. unter dem Mikro- skope grosse mit einander abwechselnde Flecken und Bänder von röth- lich gelber und bläulicher Farbe. Die histologische Structur des Chitinskelets ist wegen der Schwierigkeit einer genauern Untersuchung fast noch gar nicht bekannt. Am leichtesten ist letztere noch nach der Behandlung mit Kali, wo die Bedeckungen in völliger Integrität, nur farblos und durchschei- nend zurückbleiben. Dann aber erblickt man !) unter dem Mikro- skope eine solche Manchfaltigkeit zierlicher und häufig so räthselhaf- ter Structurverhältnisse, dass es sehr schwierig sein möchte, eine jede Anschauung auf eine genügende Weise zu erklären. Ueberall vielleicht unterscheidet man in den äussern Bedeckungen mehre über einander gelegene sehr dünne Schichten von Chitinmasse, die beim Zerreissen deutlich fasern. Die verschiedene Anzahl dieser Schich- ten richtet sich nach der Stärke und Festigkeit des Hautskeletes. Sie ist daher z. B. geringer am Abdomen, als am Kopf oder Thorax, ge- ringer bei den meisten Dipteren und Lepidopteren, als bei den Käfern und Heuschrecken. Ganz allgemein ist das Hautskelet mit zahlreichen, bald in Reihen geordneten, bald mehr unregelmässig vertheilten tiefen Oeffnungen versehen, die mitunter (z. B. Larve von Sphinx tiliae) der ganzen Fläche das Aussehen einer gefensterten Membrane geben und häufig in einer schrägen Richtung, öfter sogar nach unten oder oben trichterförmig erweitert, die Chitinmasse durchsetzen. Bisweilen, wie auf dem Abdomen von Papilio brassicae, werden sie von sehr di- stineten concentrischen und wellenförmigen Falten der äussern Bede- ekungen umgeben. Zum Theil dienen diese Oeffnungen zur Aufnahme der erdigen Bestandtheile im Chitinskelet, zum Theil aber auch zur Inser- tion von Haaren und andern Epidermoidalanhängen. Zu diesem Zwecke sind sie hier und da noch von einer besondern, auf den Flügeln der Schmetterlinge z. B. in der Mitte und am obern Ende trichterförmig erweiterten Membrane, wie von einer Hülse, ausgekleidet. Ausser diesen tiefen Oeflnungen des Hautskeletes findet man auch noch zahl- reiche flache, aber sehr grosse rundliche Gruben, in denen ebenfalls gewöhnlich Kalksalze abgelagert sind. Sehr häufig erscheint die äus- sere Körperhülle, besonders wo sie dünn und zart ist, wie in den Flügen und dem Abdomen der meisten Dipteren, als eine homogene, fast structurlose Masse, die höchstens feine, wellenförmige Zeichnun- gen trägt, oder in ihrer obern Schicht (gewissermassen einer Epider- mis) deutliche, unregelmässig vier- oder sechseckige, kernlose Zellen erkennen lässt, deren Ränder gewöhnlich durch kleine Intercellularräume 1) Das Folgende nach eigenen Untersuchungen, die späterhin ausführlicher publicirt werden sollen, Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. B) von einander getrennt sind. Bisweilen zeigen sich auch, wie an den Seiten der Abdominalschienen bei Anthidium, Vespa, Apis u. a., band- artig aneinander gereihete und verschmolzene Zellen. Bei sehr vielen Insekten dagegen, besonders bei denen, die eine harte Körperhülle be- sitzen, zeigen sich noch andere eigenthümliche Zeichnungen in den über einander gelagerten Chitinschichten. So unterscheidet man bei Chry- somela z. B. oder bei Cerambyx zu oberst eine aus eckigen Zellen be- stehende Epidermoidalschicht und darunter eine Chitinmasse, die durch zahlreiche, distincte, sich kreuzende Striche ein zierliches , gilterförmi- ges Ansehen erhalten hat. Wahrscheinlich sind diese Striche nur der optische Ausdruck langer paralleler Fasern, die in einer jeden der über einander geschichteten Chitinplatten nach einer andern Richtung ver- laufen. Ganz ähnlich ist die Anordnung in den Hautskeleten von Hy- drometra, Pentatoma, Mantis, Gurculio, Pimelia, Carabus, Necrophorus, Ateuchus, Lucanus !) und vielen andern, nur durchsetzen die Striche hier nicht continuirlich die ganze Chitinschicht, sondern sind von Zeit zu Zeit unterbrochen, so dass es fast den Anschein gewinnt, als seien in die ganze Masse kurze, übereinander gelegene und unter einem meist spitzen Winkel sich kreuzende Stäbchen eingelagert. So ist die ganze Fläche mit den zierlichsten sternförmigen Figuren besetzt. < Auch sonst trifft man nicht selten auf ähnliche Strichelchen (Asilus, Aeschna, Pam- phagus, Tettigonia u. a.), die aber jene sternförmige Gruppirung verlo- ren haben, weil sie sich in den über einander liegenden Schichten weniger Kreuzen. Mitunter ist auch die Chitinmasse von einem deut- lich fasrigen Gefüge. Eigenthümlich ist noch die Structur des Haut- skeletes in der Puppe von Gasteropacha quereifolia und einigen andern. Hier zeigt sich unter der gewöhnlichen oberflächlichen Zellenschicht eine Menge dunkler, bald mehr, bald minder dicht neben einander stehen- der rundlicher Flecke 2), die, fast wie die Knochenkörperchen, durch radienförmig von ihnen ausstrahlende Striche mit einander in Verbin- dung gesetzt werden. Zuweilen zeichnet auch noch die innerste Chi- tinschicht des Insektenpanzers vor den übrigen sich aus. Von ihr steigen nämlich hie und da meist in schräger Richtung zahlreiche kurze Stacheln (Dytiscus, Geotrupes u. a.) oder papillenartige Tuber- keln auf, welche öfters in ziemlich regelmässigen Reihen nebeneinan- der geordnet sind (Larven von Papilio lo). Sehr allgemein ist die äussere Fläche des Hautskelets bei den In- sekten mit manchfaltigen Epidermoidalanhängen versehen. Bald sind diese nur einfache wurzellose Fortsätze der äussern Bedeckungen, Tuberkeln oder Dornen, die mitunter wiederum sich verzweigen und bei vielen Raupen (besonders z.B. bei Geracampa regalis) zu einer mäch- 1 —. = . 1) Vgl. Mayer in Müller’s Archiv. 1842. p. 12. 2) Eine ähnliche Anordnung fand Platner (Müller’s Archiv. 1814. p. 46.) in der Haut der Seidenspinnerraupen. 6 Hautskelet u. Bedeekungen d. Insekten. tigen Entwicklung gelangen, bald sind es einfache langgestreckte Zel- len, Haare, die in besondern Gruben sitzen, sich öfters gliedern, mit Nebenhaaren besetzen oder zu spiess- und hakenförmigen Borsten entwickeln, bald endlich platte, breite, kurz gestielte Schuppen, wie sie constant auf den Flügeln der Schmetterlinge, aber auch bei noch andern Insekten (vielen Rhynchophoren unter den Käfern, bei Lepisma, Culex u. s. w.) sich vorfinden. Es sind diese unstreitig mit die zier- lichsten Bildungen in der ganzen formenreichen Welt der Insekten. Sie stehen in grosser Anzahl !) reihenweise wie die Dachziegel neben- und übereinander und scheinen auf den Flügeln vorzüglich dem Laufe der Rippen zu folgen, wo sie bei Gulex z.B. fast nur allein sich vorfinden. Hie und da lassen sie auch sonst wohl schuppenlose, freie Felder zwi- schen sich. Ihre Form ist sogar in demselben Insekt je nach der Ver- schiedenheit ihrer Lage von grosser Manchfaltigkeit. Häufig sind sie nur lange, schmale Blättchen, die wie plattgedrückte Haare erscheinen, meistens aber erweitern sie sich an ihrem freien Ende, werden oval, lancettförmig, gablig getheilt oder gar gezähnelt. Allgemein scheinen sie aus einer doppelten Lamelle zu bestehen, zwischen denen ein kör- niges Pigment gelegen, das den Schmetterlingen z.B. ihre Farbenpracht verleihet. Auf ihrer Oberfläche zeigen sich zarte parallele Längslinien, welche oft (Entimus z. B.) nur bei starker Vergrösserung sichtbar wer- den, und vielleicht erhabene Rippen sind, zwischen denen furchen- ähnliche Vertiefungen verlaufen. Mit dieser Anordnung vorzüglich scheint auch das eigenthümliche Schillern so mancher Schmetterlinge in Zu- sammenhang zu stehen. — Der Körper der Insekten, dessen speciellere Beschreibung ein weitläuftiger Abschnitt der Entomologie ist, besteht im Allgemeinen aus einer Anzahl, meist aus dreizehn, hohlen Hornringen oder Segmen- ten (segmenta), welche unter sich durch eine zartere, aber ebenfalls aus Chitn bestehende Verbindungshaut (coniuncliva) bald mehr, bald minder fest und innig verbunden werden. An den einzelnen Segmenten sind dann noch verschiedene seitliche Anhänge befestigt, die meistens zur Bewegung dienen, oder als Prehensionswerkzeuge für die Nahrung gebraucht werden. Durch die verschiedene Form und Verbindung dieser Segmente zerfällt das äussere Skelet 2) eines ausgebildeten Insekts, z. B. eines Käfers 2), in drei Hauptabschnitte, den Kopf, den Brustkasten und den Hinterleib. Der Kopf (caput) %) ist eine gewöhnlich nur kleine, kugel- förmige, feste Kapsel mit vorderer und hinterer Oeflnung, welche die I) Leeuvenhoeck zählte auf den Flügeln des Seidenspinners deren über 400,000. 2) Vergl. bes. Audouin in Ann. des sc. nat. Tom. I. p. 97 u. 416., in Oken's Isis 1832. 1. p. 89. 91. und Newporta.a. 0. 3) Als Beispiel dient ein Laufkäfer, Calosoma Sycophanta. Ic. zoolom. Tab. XXI. fie. I. — 4), hide. A, Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 7 Hirnganglien, den Anfang des Oesophagus und die zu den Antennen und Fresswerkzeugen gehenden Muskeln enthält. Die vordere so- genannte Mundöflnung ist von den Fresswerkzeugen geschlossen. Die hintere (foramen occipilale) !) dagegen communieirt mit der Höhle des Thorax, mit welchem der Kopf durch eme freie Artieulation ver- bunden ist, besonders wo er nicht in dessen Gelenkhöhle eingesenkt erscheint {wie bei den Käfern und Wanzen), sondern ihm nur mittelst eines kurzen, dünnen Stieles anhängt (bei den Lepidopteren, Hyme- nopteren, Dipteren und Libellen). Ueber den Fresswerkzeugen trägt der Kopf noch die gewöhnlich mehr seitlich gelegenen Augen und An- tennen. Ziemlich allgemein zeigt er auch Spuren seiner Zusammen- setzung aus mehren Stücken. So unterscheidet man die hintere mit dem Thorax artieulirende und von der grossen Kopföffnung durch- bohrte Fläche als Hinterhaupt (oceiput). Dieses verlängert sich bis- weilen sogar nach rückwärts zu einem halsartigen Fortsalze, wie es z.B. bei den Garaben, Sylphen und Staphylinen der Fall ist. Auf der vordern oder obern Fläche des Kopfes vor dem Hinterhaupt liegt der Scheitel (epieranium s. verlex), der gewöhnlich durch eine mittlere Längsnath in zwei Hälften getheilt ist. An den Seiten begren- zen ihn die grossen, halbkugelförmig vorspringenden Augen, vorn der Schild (elypeus s. epistoma) 2), der sich häufig nach hinten keilför- mig zwischen die Hälften des Scheitels drängt, und gewöhnlich selbst wieder in zwei Theile, eimen vordern und hintern (cl. anterior und posterior s. frons) zerfallen ist. Auch. die untere Fläche des Kopfes zeigt mehre, den obern Theilen ganz analog gebildete Stücke. Dem Epieranium entspricht hier die bei Geotrupes u. a. buckelförmig her- vorgetriebene Kehle (iugulum); dem Schilde das nach vorn mit der Unterlippe articulirende Kinn (mentum), welches bisweilen (z. B. Hy- drophilus) ebenfalls in ein vorderes und hinteres Stück (submentum, pre- basilaire) getheilt ist. Die Seitenflächen des Kopfes unterscheidet man als Schläfen (Zempora) und Wangen (genae). Die Form die- ser einzelnen Kopftheile und ihre relative Entwicklung ist übrigens eine sehr verschiedene. So ist u. a. der Schild in der Familie der Dyna- stiden besonders bei den Männchen mit Hörnern und Höckern geziert, bei Truxalis pyramidenförmig nach oben verlängt, bei Fulgora blasen- förmig aufgetrieben. Bei den Rhynchophoren ist er zugleich mit dem Kinn zu einem rüsselförmigen Fortsatze umgebildet, der mitunter (Rhyn- chaenus, Brentus) sogar die Länge des ganzen Körpers übertrifft. Der dem Kopfe folgende zweite Körperabschnitt, der Brustkasten (thorax), bestehet überall aus dreien ringförmigen Segmenten, dem Vorderbrustring (prothorax) 3), dem Mittelbrustring (mesotho- rax)®) und dem Hinterbrustring (melathorax) 5), an denen die 1) Ic. zootom. Tab. XXIT. fig. VI.*. — 2) ‚, Ihid fe. Wr — 3) Bid. fig. 1.8. — 04): Ibid. fig. 1. CH 05) bi. fg, io D. 3 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. Werkzeuge der Locomotion befestigt sind. Diese Ringe sind wieder in Form und Zusammensetzung vielen Abweichungen unterworfen und entsprechen in diesen Verschiedenheiten der relativen Entwicklung ihrer seitlichen Anhänge. Am einfachsten daher finden wir ihren Bau bei den flügellosen Insekten, wo sie sich nur wenig vor den minder zu- sammengesetzten Abdominalsegmenten auszeichnen. Ebenso ist bei den Käfern, die das erste Flügelpaar fast gar ‚nicht zur Locomotion ge- brauchen, der Mesothorax, an den dieses befestigt, nur klein, wäh- rend er bei den Dipteren, den Hymenopteren und Schmetterlingen, die sich dieses Flügelpaares allein oder doch vorzugsweise bedienen, sehr gross und zusammengesetzt ist. Dagegen ist es bei den geflügel- ten Männchen der Strepsipteren mit vorderm rudimentären Flügelpaar der dritte Brustring, der durch seine Bildung sich vor den übrigen auszeichnet. Auch finden wir überall, wo die Beine die entwickeltern Bewegungswerkzeuge sind, bei Käfern, Geradflüglern, Wanzen und allenfalls auch den Netzflüglern, vorzüglich die untere Brustfläche, der diese Organe angeheftet sind, von einer grössern Entwicklung. Unstreitig hängt es auch eben damit zusammen, dass gerade bei diesen Insekten der vordere Brustring nicht, wie bei den übrigen, den fliegenden, mit dem 2. und 3. innig verschmilzt und überhaupt bis auf einen schmalen Kragen (collare) schwindet, sondern oft von einer beträchtlichen Entwicklung angetroffen wird und sich überall frei an den folgenden Segmenten bewegt. — Uebrigens lässt sich immer, sogar in den am wenigsten ausgebildeten Ringen der Brust, ein ge- meinschaftlicher Bautypus erkennen. So unterscheidet man fast ganz allgemein auf der Rückseite (dorsum) der Segmente vier schmale, uere, der Gestalt nach sich ähnliche und aufeinander folgende Stücke, das Praescutum, Scutum, Scutellum und Postscutellum, denen auf der Unterseite (pecius) nur ein einfaches, gekieltes Stück, das Sternum, entspricht. In die Bildung der Seitenflächen (pleurae) gehen wie- derum mehre Stücke ein, unter denen das Episternum und Epime- ron (scapulae) die vorzüglichsten und constantesten sind. Unendlich aber sind beinahe die Verschiedenheiten, deren die Seg- mente in der Verbindung und relativen Grösse dieser Stücke fähig sind. So finden wir, um nur die Extreme dieser manchfaltigen Bil- dungen hervorzuheben, scheinbar den grössesten Unterschied in dem Bau des Thorax bei den laufenden und fliegenden Insekten. Und den- noch sind es dieselben Elemente, die wir in dem einen so gut, wie in dem andern antreflen. Bei einem Käfer, den wir hier als den Re- präsentanten der ersten Gruppe betrachten wollen, bei einem Dytisus I) z. B. verschmelzen im Prothorax die Dorsaltheile zu einem einförmigen breiten Schilde (pronotum), an welchem kaum noch eine Spur seiner 1) Vergl. die schönen Abbildungen bei Newporta. a. 0, Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. N) Zusammensetzung zu erkennen ist. Mitunter (wie bei den Dynastiden und Cercopiden) entwickelt sich gerade dieser Körpertheil zu den auffallend- sten Formen. Auf der untern Fläche desselben Abschnittes unterscheidet man in der Mittellinie das schmale, vorn jederseits in einen flügelförmigen Fortsatz ausgezogene Sternum. Nach hinten verlängert es sich in eine dornförmige Spitze, an deren Seiten sich die tiefen Gelenkpfannen für das vordere Fusspaar befinden. Den hintern Rand dieser untern Fläche begrenzt das Epimeron, ein langes schmales Stück, das nach oben an das grosse schulterblattförmige Episternum stösst. In der Verbindungs- haut zwischen Vorderbrust und Kopf liegen jederseit noch ein Paar kleiner isolirter Hornstückchen, die sogenannten Kehlschienen, die ebenfalls wahrscheinlich noch dem ersten Brustring angehören. Das zweite Thoraxsegment, das kleinste von allen, zeigt schon auf seiner Dorsalfläche ganz deutlich eine zusammengesetztere Bildung. Das erste Stück, welches man unterscheidet, das Praescutum, ist ein zartes, dünn- häutiges Blättchen, das an seinem vordern Rande herabgebogen ist und als Mesophragma dem Ansatze der grossen Rückenmuskeln dient. Das Scutum dagegen ist beträchtlicher entwickelt. An seinen Seiten trägt es das erste Flügelpaar. In seiner Mitte ist es ausgebuchtet und an den Seiten seines hintern Randes springt es leistenförmig vor „indem das folgende Scutellum mit Ausnahme des mittlern Theiles ziemlich steil abfällt. Diesen mittern erhabenen dreieckigen Theil des Scutel- lum nehmen die Flügeldecken in der Ruhe zwischen sich. Es ist das- selbe Stück des Mesothorax, welches bei manchen Heuschrecken und Wanzen (z. B. Tetrix und Coptosoma) durch seine bedeutende Grösse sich auszeichnet. Das vierte Dorsalstück endlich, das Postscutellum, ist schmal, wie das erste, und leicht zu übersehen. Es bildet den hintern Saum des Mosonotum. Das Sternum des zweiten Brustringes (mesoster- num) besteht, wie das entsprechende Stück des ersten, aus einem schma- len mittlern Theile und einem seitlichen Fortsatze, unter welchem die Ge- lenkhöhle für das zweite Fusspaar sich befindet. Nach hinten verlängert es sich ebenfalls in einen stumpfen , kielförmigen Fortsatz. An das grosse, auch hier schulterblattförmige seitliche Episternum legt sich nach aussen das schmale dreieckige Epimeron, nach innen ein grätenförmiges drittes Stück, das sogenannte Parapteron. Auf der Dorsalfläche des letzten Brust- ringes (metanotum) ist das Praescutum wieder zur Bildung des Mesophrag- ma abwärts gebogen. Der mittlere nach hinten verlängerte Rand dieses Stückes trennt das nachfolgende Scutum in zwei seitliche Hälften, die übrigens dennoch das entsprechende zweite Flügelpaar tragen. Am Scutellum zeichnet sich ähnlich wie bei demselben Theile des vorher- gehenden Brustringes das mittlere Stück durch seine schildförmige Bil- dung aus. Das Postscutellum, eine schmale hornige Platte, trennt den Thorax nach hinten vom Abdomen. Auf der untern Fläche liegt in der Medianlinie das, wie gewöhnlich, an den Seiten flügelformig ver- 10 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. längerte Sternum, welches nach vorn die hintere Wand der für das zweite Fusspaar bestimmten Gelenkhöhlen bilden hilft. Nach aussen grenzt an seine seitlichen Fortsätze das dreieckige Episternum, an die- ses das schmale Epimeron mit dem vordern kleinen Parapteron. Eine Gelenkhöhle für das dritte Fusspaar fehlt bei Dytiscus, weil das erste Glied desselben sich zu einem plattenförmigen Blatte umgebildet hat und als solches in die Bildung des Thorax mit eingegangen ist. Bei den fliegenden Insekten, deren Bau wir an einem Schmetter- linge z. B. Sphinx ligustri )), erläutern wollen, erkennt man auf der untern Fläche des schmalen kragenförmigen ersten Brustringes noch deutlich das mittlere Sternum mit einem seitlichen Stücke, dem Epimeron, welches nach oben in das rudimentäre Pronotum übergeht. Eine ausserordent- liche Entwicklung dagegen erlangt die Rückenfläche des zweiten Seg- ments. Das Proscutum ist ganz nach abwärts gebogen und bildet im Innern der Brusthöhle eine quere, aussen kaum wahrzunehmende Schei- dewand. Desto grösser ist das Scutum, eine breite, convexe Platte, die durch eine mittlere Längsnath in zwei, bei einigen Hymenopteren (Chrysis z. B.) sogar noch durch zwei seitliche Suturen in vier Stücke zerfallen ist. Auch das Seutellum ist besonders in seinem mittlern Theile beträchtlich entwickelt. Das Postseutellum dagegen ist nur un- bedeutend und erscheint als ein kleines Hornstück in einer Grube zu jeder Seite des vorhergehenden Scutellum. Die untere Fläche dieses zweiten Brustringes ist in ihrer Entwicklung beschränkt, doch unter- scheidet man deutlich ein mittleres Stück (Sternum), das sich nach hin- ten keilförmig zwischen die aus zweien Theilen bestehenden Hüftbeinen drängt, welche in die Bildung des Brustkastens eingreifen. Durch eine quere Nath ist es in zwei Stücke zerfallen. An seinen Seiten lie- sen über den beiden Theilen des Hüftbeines von vorn nach hinten die Episterna und Epimera. Das Parapteron ist weit nach vorn gerückt und bedeckt als eine halbmondförmige bewegliche Platte die Basis ei- nes jeden Vorderflügels. Der hintere Brustring ist schon wieder rudi- mentär, wenn auch immer noch mehr entwickelt, als der erste. Das Praescutum ist herabgekrümmt und bildet zum Theil mit dem Postscu- tellum des Mesothorax eine quere Scheidewand im Innern der Brust- höhle. Das Scutum dagegen erscheint an jeder Seite des nach hinten verlängerten Seutellum des Mittelringes als ein dreieckiges Hornstück, an welchem das hintere Flügelpaar befestigt ist. Erst das Scutellum liegt wieder auf der mittlern Fläche des Rückens unmittelbar hinter dem durch eine tiefe Nath von ihm getrennten Scutellum des Mesotho- rax. Bei manchen IHymenopteren ist es bedeutend entwickelt und bis- weilen selbst grösser, als das vor ihm gelegene Stück. Das Postscu- tellum endlich begrenzt den eigentlichen Thorax und bildet wenigstens 1) Auch hierüber vergleiche die (refllichen Abbildungen bei Newport. Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 11 zum Theil die letzte quere Scheidewand der Brusthöhle (Metaphragma). Die untere Fläche des Metaphragma zeigt eine ähnliche Zusammense- tzung wie am vorhergehenden Ringe. Vor den zweigetheilten Hüftglie- dern findet sich das Sternun, weiter nach hinten das Epimeron. Der übrige Theil des Rumpfes, der die meisten Eingeweide ein- schliesst und aus einer grössern Anzahl weicherer, hinter einan- der liegender Hornringe besteht, heisst Hinterleib (abdomen) ). Die Zahl seiner Segmente, die nach der Verschiedenheit der Arten, selbst der Geschlechter bisweilen schwankt, beläuft sich in der Regel auf 7—9, selten auf weniger. Sehr allgemein ist sie am Bauche um eins ge- ringer als auf dem Rücken. Bisweilen verkümmern dort sogar mehre, wie besonders bei den Käfern, wo man bei Carabus z. B. am Bauch nur fünf unterscheidet, auf dem Rücken dagegen deren neun. Mit Ausnahme einiger weniger kleinerer Insekten besteht ein jedes Abdo- minalsegment aus einer Rücken- und Bauchschiene, deren Ränder nicht selten dachziegelförmig über einander greifen. Nur bisweilen (besonders bei manchen Käfern) bemerkt man ausserdem noch ein be- wegliches Seitenstück, wahrscheinlich die Andeutung eines Epister- num. In der Verbindungshaut zwischen den einzelnen Segmenten oder auch in diesen selbst ist, mit Ausnahme der beiden letzten, ein meistens von einem besondern Hornringe eingefasstes Luftloch (stigma) 2) gele- gen. Aehnliche Oeflnungen findet man auch an den entsprechenden Stellen des Thorax. Gewöhnlich setzt sich das Abdomen mit einer breiten Basis an das dritte Segment des Thorax, nur bisweilen (z. B. Vespa u. a.) ist es gestielt. Uebrigens ist die Form des Ilinterleibes eine sehr verschiedene, gewöhnlich eine drehrunde oder von oben nach unten zusammengedrückte. Bei einigen Insekten, besonders bei Dipteren sind die hinteren Glieder des Abdomen von einem nur gerin- gen Umfange und liegen fernrohrartig in einander geschoben im In- nern der Bauchhöhle, wo sie die sogenannte Legröhre bilden. Am inde des Leibes findet sich gewöhnlich nur eine einzige, dem Ver- dauungskanale und den Geschlechtswerkzeugen gemeinschaftliche Oefl- nung, der After (anus), die von der oberen und der unteren Hälfte des letzten Abdominalringes klappenförmig verschlossen wird. Nicht sel- ten aber vermehrt sich die Anzahl der Oeflnungen, indem jene beiden Systeme gesonderte Ausführungsgänge besitzen. Besondere seitliche Lo- comotionswerkzeuge amı Abdomen fehlen allen ausgebildeten Insekten, doch finden sich nicht seiten, besonders um die Afteröffnung, andere verschieden gestaltete Anhänge. Das innere Skelet der Insekten, zum Ansatzpunkte der Mus- keln und zum Schutze der Eingeweide, besonders des Nerven- stranges bestimmt, besteht überall aus hornigen stab- oder bo- }) Ic. zootom. Tab. XXM. fig. LE — 2) Ibid. M. o. ı 94 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. genförmigen Fortsätzen, die von den Sternalflächen der Kör- persegmente in das Innere der Leibeshöhle hineinragen (apodemata). Die ausser diesen noch vorkommenden leistenförmigen, queren Her- vorragungen an der innern Fläche der Dorsalschienen sind keine sol- che selbstständigen Gebilde, sondern entweder nur wulstförmig vor- springende Suturen, wie an der Scheitelfläche des Kopfes, oder be- stimmte äussere Skeletstücke, die aber nur wenig zur Bildung der einzelnen Körperabschnitte beitragen und mehr nach innen gelagert sind, wie an der Dorsalfläche des Thorax. Sie erscheinen hier als quere die Brust durchsetzende Scheidewände (phragmata) zwischen den einzelnen Segmenten und sind besonders bei den fliegenden In- sekten entwickelt. Dagegen sind bei diesen die von der Sternalfläche des Körpers aufsteigenden Hornfortsätze desto schwächer und unbe- deutender. Das innere Skelet des Kopfes richtet sich in seiner Ausbildung besonders nach der kräfligern oder schwächern Entwick- lung der Mundtheile. Wo diese daher mehr zum Saugen eingerichtet sind, nicht zum kräftigen Beissen und Kauen, fehlen die inneren Fort- sätze des Kopfringes fast gänzlich oder beschränken sich, wie bei den Lepidopteren, fast nur auf einen queren Balken, der das Hinterhaupts- loch in ein oberes und unteres scheidet. Durch dieses läuft dann blos der Nervenstrang, durch jenes, das grössere, Schlund, Rückengefäss, Tracheen und Muskeln. Dieselbe Anordnung zeigen übrigens auch ei- nige kauenden Insekten, Hymenopteren und Neuropteren. Bei ihnen aber finden sich ausserdem noch andere innere Fortsätze, welche die Augenhöhlen begrenzen und den Nervenstrang und Schlund tragen. Jene finden wir besonders bei den Neuropteren ausgebildet, diese bei den Hymenopteren. Hier ist es ein Yartig gestalteter Fortsatz mit breiter Basis, dessen Arme sich nach aussen und oben verlängern und an den Schild befestigen. Bei den Orthopteren ist die Bildung schon vollkommener. An den Seiten des Hinterhauptloches entspringen lei- stenförmige Fortsätze (laminae posteriores), die sich unter einem Bogen bald zu einer gemeinschaftlichen schmalen Decke (tentorium) vereini- gen und nach vorn wieder durch ein Paar Fortsätze mit der Stirn verbinden. Unter der Decke liegt das untere Schlundganglion, über ihr der Schlund mit dem obern Hirnknoten. Ganz ähnlich ist die An- ordnung dieser Theile bei den Käfern. Nur bisweilen, besonders bei Raubkäfern (Dytiscus z. B.) ist sie noch zusammengesetzter. Hier sind die leistenförmigen Fortsätze bis weit nach vorne verlängert und dann durch einen besondern Querbalken vereinigt. Auch steigen vor dem Tentorium von ihnen zwei breite schuppenförmige Fortsätze nach unten, die in der Medianlinie zusammenstossen und das vordere Ende des Hirnknotens tragen. Das innere Skelet des Thorax (endothorax) zeigt denselben Typus in seiner Bildung. Auch hier finden sich Yarlig gespaltene, Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 13 hie und da selbst vom Ursprung an schon paarige Fortsätze (furcae) welche zwischen den Hüften eines jeden Brustsegments aufsteigen, sich nach oben und aussen wölben und häufig mit den Seitentheilen des Thorax, bisweilen auch mit eignen, von diesen entspringenden Hornbö- gen sich verbinden. Bei den Orthopteren besonders werden beide Arme mitunter noch durch einen eigenen Querbalken vereinigt, unter wel- chem dann der Bauchnervenstrang fortläuft. Uebrigens richtet sich die Entwicklung dieser Theile auch hier, wie im Kopfe, nach der Ausbil- dung der entsprechenden Segmente und Fusspaare. So entspringt z. B. im Metathorax der Käfer zwischen den seitlichen Armen noch ein mitt- lerer unpaarer, der in gerader Richtung parallel dem Sternum nach vorn bis zum Mesothorax läuft. Weit complieirter noch ist der Bau dieses innern Skelettes im Prothorax der Gryllotalpa. Hier entsendet das äusserst schmale T förmig gestaltete Sternum dieses Brustringes von seinem vordern Ende jederseits zwei Fortsätze nach innen. Der erste wölbt sich nach vorn und verbindet sich mit dem vordern Rande des pronotum. Der hintere ist weit grösser, von dreieckiger Form und wendet sich nach oben. Er eonvergirt mit dem entsprechenden Fort- satze der andern Seite, verschmilzt endlich mit ihm und bildet eine Längsscheidewand durch den ganzen Thorax, indem er der Medianlinie des pronotum sich anheftet. Auch vom hintern Ende des Sternum entspringt ein Fortsatz, der bald in zwei gabelförmige Aeste sich spal- tet und jederseits dann mit dem entsprechenden vor ihm gelegenen hintern Fortsatze des vordern Sternalendes sich verbindet. Zwischen ihnen liegt endlich noch eine lange nach hinten gerichtete dolchför- mige Gräte, die nur durch Muskeln mit den übrigen Theilen in Ver- bindung steht und den Nervenstrang vom Schlunde trennt. Im Hinterleibe fehlt ein eigentliches inneres Skelet. Nur bei den Männchen einiger Käfer erhebt sich von der letzten Bauchschiene ein. kleines zweiarmiges Hornstückchen (endogaster), dessen Form an die innern Fortsätze des Thorax erinnert. Ausserdem entspringen noch bei den Heuschrecken von der Seitenfläche einer jeden Rückenschiene hornige Halbbögen, die nach oben in die Höhle des Hinterleibes hinein- ragen und zur Befestigung der Tracheensäcke dienen. Unter den Larven gleichen die einen, nämlich die der Insekten mit unvollkommner Metamorphose (Hemipteren, Orthopteren, die meisten Neuropteren und Parasiten), in dem Bau ihres äussern Skelets fast schon gänzlich den ausgebildeten Thieren. Desto abweichender ist die Kör- perform bei den übrigen. Hier bestehet der ganze Leib, ein weicher, länglicher, drehrunder Körper, wie z. B. bei den Raupen, gewöhnlich aus 13 einfachen ringförmigen Segmenten, die dazu noch mit Aus- nahme des ersten, des Kopfes, ganz gleichmässig gebauet sind und durch eine Bindehaut etwa wie fernrohrartig in einander geschobene Stücke verbunden werden. Brust und Bauch sind noch nicht von ein- 14 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. ander geschieden, höchstens zeichnen sich die dem Kopfe folgenden drei Segmente durch einige in die äussern Bedeckungen eingesprengte festere Hornstückchen und durch die Anwesenheit wahrer Füsse aus. Bei einigen Larven, bei den meisten Dipteren, fehlt sogar ein Kopf als distineter Körperabschnitt, und dann sind die sonst an diesem be- festigten Theile nur rudimentär und sitzen an den ersten Segmenten des Leibes. Ein eigentliches inneres Skelet fehlt ihnen allen. Als Rudiment davon könnte man höchstens ein Paar grätenförmiger Fort- sätze betrachten, die im Kopfe der Raupen z. B. an den Seiten des Hinterhauptloches gelegen sind. — Erst während des Puppenschla- fes spricht sich die Sonderung des Leibes in Kopf, Brust und Abdo- men aus. Die drei dem Kopfe folgenden Ringe verwandeln sich in den Thorax, in den häufig noch das, nächste fünfte Körpersegment zur Bildung des metaphragma eingreift. Die übrigen Segmente bilden nach mehr oder minder beträchtlichen Metamorphosen !) das Abdomen. Nicht selten sogar schwindet auch der eine oder andere Körperring, oder wird doch rudimentär. — Das äussere Skelet der Insekten ist zugleich der Träger manch- facher, meist beweglicher Anhänge (appendices), die ebenfalls als äussere ihm zugehörige Theile zu betrachten sind, zumal ihre chemi- sche und histologische Zusammensetzung mit der des übrigen Körpers ganz übereinkommt. Die physiologische Bedeutung dieser Organe ist eine sehr verschiedene. Sie sind bald Bewegungs -, Prehensions- und Vertheidigungswerkzeuge, bald Sinnesorgane. — Zu diesen letztern ge- hören vor allen die an den Seiten des Kopfes zwischen Scheitel und Kehle fest eingefügten Augen (ocul) 2). Ihre äussere, dem Hautskelet angehörende Fläche, die Hornhaut (cornea) ist bei den vollkommnen Insekten nirgend glatt und einfach, sondern überall aus einer freilich sehr verschiedenen Zahl kleiner, meistens etwas erhabener Flächen (so- genannte Facetten) zusammengesetzt. Diese sind bald rund und durch grössere Zwischenräume von einander getrennt, wie in den sogenann- ten zusammengehäuften Augen (o. aggregati) mehrer kleinerer Insekten aus verschiedenen Ordnungen, bald liegen sie dicht neben einander, wie in den sogenannten musivisch zusammengesetzten Augen (o. composili), die bei weiten den meisten Insekten zukom- men. In diesem Falle platten sich die Facetten gegenseitig zu regel- mässigen, sechsseitigen Prismen ab. Die zwischenliegenden Grenz- linien sind überall scharf markirt und zuweilen, wie bei den Bie- nen und Tagschmetterlingen, mit Haaren besetzt. Bei den Strepsi- pteren springen sie sogar als Scheidewände vor, so dass ihre Obertlä- I) Vergleiche über diese so interessanten Verhältnisse besonders Newport a. AU, 2) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. I. I. II. V. VI. XL XAl.a a, Hantskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 15 che einer Masse von Bienenzellen gleicht, und jedes Feld nm dem Grunde einer kurzen Röhre liegt. — Die Form der Augen ist gewöhnlich die runde, doch sind auch ovale oder nierenförmige Augen keine seltenen. Bei manchen Insekten, besonders bei vielen Käfern, tritt ein Fortsatz des Scheitelbeines, der sogenannte canthus, mehr oder weniger tief in den vordern Theil der Gornea hinein. Bisweilen sogar zerfällt diese dadurch gänzlich (Ryssonatus z. B.) oder doch grösstentheils (wie bei vielen Lamellicornien) in zwei gesonderte Hälften, im eine obere und untere. Eine ähnliche Theilung findet sich auch bei den Gyrinen. In andern Fällen rückt die Basis der Antennen nach rückwärts in die Hornhaut, wie bei den Longicornen. Auch dadurch wird dann biswei- len (z. B. Tetraops) das Auge in zwei Hälften getheilt. Bedeutenden Verschiedenheiten ist ebenfalls die Grösse der Augen unterworfen. Bald, wie bei den Libellen und vielen Dipteren, nehmen sie die ganze seitliche und obere Fläche des Kopfes ein und fliessen fast auf der Stirne zusammen, bald, wie bei manchen Staphylinen und Rüsselkä- fern, sind sie nur klein, punktförmig und leicht zu übersehen. Nur sehr selten aber scheinen sie gänzlich zu fehlen (bei den Zwittern der Termiten und Ameisen, bei Claviger, Anommatus, vielleicht den Li- puren und einigen Gocemen). Sehr häufig finden sich zwischen den zusammengesetzten Augen der Insekten auf dem Scheitel noch andere einfache oder Neben- augen (ocelli s. stemmata) ). Sie bestehen immer nur aus einer einzigen, ziemlich grossen, stark gewölbten Facette. In der Regel fin- det man ausser einem obern seitlichen Paare derselben noch ein un- paares vorderes. Bisweilen ist jenes allein vorhanden (Hemiptera und Lepidoptera), sehr selten aber nur das unpaare. Den Käfern fehlen die Nebenaugen ganz allgemein (mit Ausnahme emiger kleinern Staphy- linen, der Dermestesarten und Paussus); ebenso den Tagschmetterlin- gen. Sonst vermisst man sie nur in einzelnen Fällen und besonders überall da, wo die seitlichen Augen nur zusammengehäufte einfache sind. — Jederseits zwischen den grossen seitlichen Augen und den Mund- winkeln artieulirt überall bei den Insekten ein gegliedertes, schr bewegli- ches Gebilde, die Fühler oder Antennen (aniennae) ?), deren Zahl nirgend die paarige zu überschreiten scheint. (Die beweglichen Höcker vor den Fühlern einiger Pelzfresser (Docophorus) wird man wohl kaum für ein verkümmertes Antennenpaar halten können.) Ihre Form ist fast von einer endlosen Manchfaltigkeit 3) und dient vorzüglich zur systema- ‚tischen Bezeichnung der Familien und Gattungen. Oefters kommen auch grosse sexuelle Verschiedenheiten vor, indem die Fühler bei den 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. V,**. — 2) Ibid. fig. LI. IT. V,IX.X.bb. 3) Vergl. hierüber besonders Burmeister und Lacordaire. 16 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. Männchen (wie bei den Mallophagen, bei Cerambyx, Melolontha ete.) länger und zusammengesetzter sind. Uebrigens hängen alle diese Ver- schiedenheiten nur von der Zahl, der Gestalt und der Verbindung der einzelnen beweglich mit einander verbundenen Glieder ab, die in die Bildung der Antennen eingehen, und in allen ihren Verhältnissen beträchtlich wechseln. So steigt z. B. die Zahl derselben von 2 (bei den Pupiparen) oder 3 (bei den meisten übrigen Dipteren) bis zu 50 und darüber (bei den Orthopteren). Ihre Gestalt ist bald eine gleichförmige (hieher die borstenförmigen Antennen, die perlschnur - oder kamm- förmigen u. a.), bald eine verschiedene (wie in den keulenförmigen Füh- lern, den knieförmig gebrochenen u. s. w.). Seltner finden sich an einzelnen Gliedern, vorzüglich am ersten, noch besondere lappenför- mige Anhänge, Borsten oder Federchen. Häufiger schon finden sich auf ihnen längere oder kürzere Haare, die mitunter zu Büscheln,; Qua- sten, Bärten oder Quirlen vereinigt sind. Die Mundwerkzeuge !), welche wir ausser diesen Organen noch als besondere dem vordern Ende des Kopfes theils beweglich, theils unbeweglich verbundene Theile bemerken, zeigen trotz ihrer grossen, für die Charakteristik der Ordnungen und Familien so wichtigen Ver- schiedenheiten in ihrer Bildung einen überall durchgreifenden bestimm- ten Typus. Es sind immer vier Paare die Mundöffnung begrenzender Organe, von denen die obern gänzlich, und mehr oder weniger auch die untern zu einem einfachen Theile verwachsen. So entstehen denn bei allen Insekten sechs Hauptorgane, ein oberes, unpaares, die Ober- lippe, Lefze (labrum, labium superius), zwei mittlere, paarige, die Ober- und Unterkiefer (mandibulae und maxillae) und endlich noch ein drittes Kieferpaar, das an seiner Basis mehr oder minder ver- wachsen ist und die Mundöffnung von unten deckt, die Unterlippe (labium). Ausser diesen Hauptorganen findet sich oben und unten in der Mundöffnung noch ein mehr häutiges, gewöhnlich mit Haaren besetztes Gebilde, das wahrscheinlich nur durch eine Duplicatur der Mundauskleidung gebildet wird. Das untere dieser Nebenorgane ist die sogenannte Zunge (lingua, hypopharynx) Sie ist der Basis der Unterlippe angeheftet und zeigt eine sehr verschiedene Entwicklung. Bald ist sie fleischig und häutig, bald hornig; bald einfach, fadenför- mig, bald gespalten oder gar nur durch einen Haarbüschel angedeu- tet. Noch weniger ist im Allgemeinen der zungenförmige Anhang an der untern Seite der Oberlippe (epipharynx, epiglottis, sous-labre) entwickelt. 1) Ueber die Mundtheile der Insekten überhaupt vergl. vorzüglich die klassi- schen Arbeiten von Savigny: Mömoires sur les animaux sans vertebres. Paris 1816. Tere partie av. Pl. — Erichson’s Entomographien. Berlin 1810. 1. Heft, — Brulle, Recherches sur les transformations des appendices dans les arlicul6s in Ann. des sc. natur. 1841. Zoolog. Tome I. p. 271 fi. Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 47 Nach der verschiedenen Bildung der eigentlichen Fresswerkzeuge unterscheidet man kauende und saugende. Erstere zeichnen sich durch ihre kräftige, kurze Form, durch ihre freie Beweglichkeit am Kopfe und durch ihren mehr gleichmässigen Bau vor den letztern aus. Wir finden sie bei allen Käfern, Gradflüglern und Netzflüglern. Die Oberlippe !) ist hier ein meist bewegliches, ansehnliches Blatt, welches die Oberkiefer mehr oder weniger bedeckt und mit dem Kopfschild verbunden ist. Gewöhnlich ist sie etwas gewölbt, an den Seiten abgerundet und in der Mitte nicht selten ausgerandet oder ein- geschnitten. Auf der Unterfläche zeigt sie mitunter die Andeutungen zweier seitlicher, fast kieferartiger Stücke, durch deren Verwachsung sie dann entstanden wäre. Unter ihr liegen die paarigen Oberkiefer oder Kinnbacken 9); sie sind stark, in der Regel gekrümmt und in- wendig mit Haaren oder noch häufiger mit Zähnen besetzt. An den Wangen werden sie durch ein Gewerbgelenk (ginglymus) befestigt und bewegen sich horizontal, scheerenförmig gegen einander. Ge- wöhnlich bestehen sie nur aus einem einzigen Hornstücke. Hie und da, wie bei den kothfressenden Lamellicornien (Ateuchus z. B.), sind sie aber mehr häutig und zeigen «dann einzelne Hornkerne, welche an den zusammengesetzten Bau der Unterkiefer erinnern und sich auch wirk- lich auf entsprechende Theile dieser Mundwerkzeuge zurückführen las- sen 3). Ueberall jedoch fehlt dem Oberkiefer ein tasterartiger Anhang, der die übrigen Kieferpaare so auszeichnet. (Das beweglich den Man- dibeln eingelenkte Stück, welches man bei Staphylinus als Protheca beschreibt, entspricht nicht den Tastern, sondern vielmehr wahrschein- lich nur dem innern Lappen des Unterkiefers.) An der Zähnelung der Oberkiefer unterscheidet man nach der Form Schneide-, Eck- und Mahlzähne, die aber nicht immer zugleich vorhanden sind. So fehlen die backenzahnähnlichen Höcker mit breiter Kaufläche den Fleisch fres- senden Insekten, finden sich dagegen stark entwickelt bei den Gras 'fressenden, wie Locusta. Auch der Form nach sind die Oberkiefer sehr verschieden; bald sind sie dick und stark, bald klein und schwach. Riesenhaft und geweihartig sind sie z. B. bei dem männlichen Lucanus ‚cervus, rudimentär bei Ephemera, Phryganea u. a. Nur selten aber sind sie unsymmetrisch, wie bei Hister laevis, wo der linke länger ist als der rechte. Unter und hinter den Kinnbacken liegen die Unter- ‚kiefer %. Sie sind ebenfalls paarig, immer kleiner und schwächer als die vorhergehenden Kiefer, und bestehen aus mehreren Stücken, die ‚zum Theil mit einander verbunden sind. Den Grundtheil bildet die An- "gel (cardo, sous-maxillaire), ein klemes, mit der Kehle artikulirendes | 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. IV... — 2) Ibid. fig. LA. I. c.c. 3) Treffliche Abbildungen dieser Verhältnisse siehe bei Brulle a. a. O. 4) Ic. zootom. Tab. XXIM. fig. I. A. IN. d.d. Wagner’s Zootomie. II. 2 18 Hantskelet u. Bedeckungen d. Insekten. Stückchen. Auf ihr befestigt sich der diekere und grössere Stiel (sti- pes, maxillaire), der eigentliche Körper des Unterkiefers, dem nach aussen ein meist fünfgliedriger Kiefertaster (Fressspitze, palpus maxillaris) \), nach innen eine lappenförmige Lade (/obus) anhängen. Nicht selten unterscheidet man an der Basis dieser Anhänge noch eine besondere Tasterschuppe (squama palpifera) und einen Lappen- träger (dactylus, sous-galea). Den grössten Formverschiedenheiten sind besonders die Laden unterworfen. Sehr häufig kann man deren zwei unterscheiden, von denen dann die untere und innere (/. in- Zernus, mando, lacinia, inlermaxillaire) dem Stiele fest verwachsen : ist, während die vordere und äussere (lobus externus, galea) dem- selben eingelenkt zu sem pflegt. Jener ist gewöhnlich mit Haaren und spitzen, bisweilen selbst beweglichen (uncus, premaxillaire) Zähnen besetzt, diese dagegen besteht gar nicht so selten aus zweien Gliedern. Die Haupttheile dieser Kieferpaare sind übrigens wohl immer vorhan- den. Höchstens fehlen ihnen, wie bei den Libellen und Ephemeren die Taster. Die Unterlippe der kauenden Insekten endlich wird von ei- nem dritten, mehr oder weniger vereinigten Kieferpaare gebildet, das mit seiner Basis an den vordern Abschnitt des Kinnes geheftet ist. Bei den Käfern verwachsen diese beiden Kiefer zu einem einfachen, höch- stens vorn etwas ausgerandeten Blatte, an dessen Spitze dann die Lippentaster (palpi labiales) ?2) eingelenkt sind. Aber nur selten (Lamellicornien) verschmelzen die Körper so innig mit dem Kinne, dass die Taster unmittelbar auf diesem zu sitzen scheinen. Viel deutlicher ist die Trennung der beiden Lippenkiefer bei den Orthopteren und vie- len Neuropteren (Libellen). Hier ist dann ihre Anordung ganz dieselbe‘ wie an den Maxillen. Man unterscheidet an ihrem Stiele nach innen die Laden, nach aussen den Taster. Bei den Heuschrecken sind aber schon‘ die Körper mit einander verwachsen, bei den Libellen auch die innern‘ Laden, die nur durch eine Naht noch von einander getrennt erscheinen. Die übrigen Neuropteren dagegen zeigen wie die Käfer blosse bewegli- che Taster, die den Ephemeren sogar gänzlich fehlen. Bei den Phryganeen ist überhaupt die ganze Unterlippe wenig entwickelt und mit dem gröss- ten Theile des Unterkiefers zu einem Stücke verwachsen, an welchem nur die Taster und vordern Lappen der Maxille zu erkennen sind. Die Mundtheile der Hymenopteren bilden den Uebergang von den Kauwerkzeugen zu den Saugwerkzeugen. Sie zeigen zugleich sehr! deutlich, wie diese blosse Abänderungen jener sind. Unter einer mei- stens etwas viereckigen Oberlippe 3), die nach unten eine stark ent- wickelte Epiglottis trägt, liegen, wie gewöhnlich bei den kauenden Insekten, auch hier die hornigen Oberkiefer 4), welche bald klein, löf- 1) Ic. zootom. Tab. XXI. I. A. II. e. IM. c. — 2) Ibid LT A Imeme 3) Ibid. fig. V.h — 4) Ibid. fig. V. c. Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 19 felföormig und gewimpert, bald (Vespa, Cimbex u. a.) stärker und ge- zähnelt sind. Die übrigen untern Mundtheile aber strecken sich, legen sich dicht an einander und bilden so eine Art von Rüssel, mit wel- chem die Thiere ihre Nahrung schlürfen. Als Typus dieser Bildung mag die Honigbiene dienen. Bei ihr sind die Unterkiefer lange, schmale, häutige Blättchen, an denen man den Körper, den eingliedrigen Ta- ster I) und die gestreckte äussere Lade 2) deutlich unterscheidet. Die Körper der Lippenkiefer 3) sind völlig mit einander verwachsen; ebenso die innern Laden %, welche zu einem unpaaren, schmalen, geglieder- ten und mit Haaren besetzten Theile, der sogenannten Zunge (lingula) umgestaltet sind. Die äussern Laden 5) erscheinen als ein Paar häuti- ger, tasterartiger Fortsätze am Grunde dieses Organes, als sogenannte Nebenzungen (paraglossae). Die Lippentaster 6) endlich sind, wie gewöhnlich, lange gegliederte Fortsätze, deren erstes Glied fast wie zu einer Tasterschuppe sich umgebildet hat. Die eigentliche Zunge ist nur klein, viel grösser dagegen bei Sphex u. a., wo dafür die un- tern Mundtheile zu einer viel geringern Entwicklung gelangt sind. Bedeutend weiter geht die Umbildung der Mundtheile zu einem Saugorgan bei den Hemipteren. Hier bilden die Kieferpaare den bei Aphis u. a. bedeutend langen Schnabel (rostrum s. promuscis), des- sen Anfang. eine kleine, sehr längliche Oberlippe ?) bedeckt. Die Un- terlippe ist mit ihren Tastern in eine gewöhnlich viergegliederte, aus zweien Seitenklappen bestehende Scheide (vagina) 8) verwandelt, in welcher die Ober - und Unterkiefer als vier lange, feine, gleich ge- staltete Borsten (seiae) °) versteckt sind. Dieser so entwickelte Theil scheint am tasterlosen Unterkiefer besonders dem äussern Lappen zu entsprechen ; ein kleineres Hornstück, das man öfters an seiner Basis wahrnimmt, mehr dem eigentlichen Körper. Die Borstenkiefer um- schliessen eine kleine Zunge 1%), an deren Spitze der Eingang in den Oesophagus gelegen ist. Bei einigen Hemipteren, bei den Männchen von Coceus z. B., sind alle Mundwerkzeuge äusserst rudimentär, oder feh- len auch vielleicht gänzlich. Bei den Dipteren bilden die saugenden Mundtheile den soge- nannten Rüssel (proboscis). Er bestehet aus einer häutigen oder fleischigen, bald geraden (Culex, Tabanus u. a.), bald nach vorn knieför- ‚ mig gebogenen (Bombylius z. B.), röhrenförmigen Scheide (theca) 1), die in eine aus zweien häufigen Lippen gebildete Saugklappe (Musca z. B.) endigt, oder in eine hornige Spitze (wie bei Stomoxys). Der Eingang | | | | 1) Ic. zootom. Tab. XXIM. fig. V.e.. — 2) Ibid. fig. V.VL.d.d. — | 3) Ibid. VI. i (als Zungenbein bezeichnet). — 4) Ibid. fig. V. VI. g. (als Zunge oder Rüssel bezeichnet). — 5) Ibid. fie. VI.k.k — 6) Ibid. fig. Bent. — 7) Ibid. fig. VL a!. — 8) Ibid. VI. VIE. b.b! — 9 \ Ibid. VL. c.d. — 10) Ibid. fig. VII a®. — 11) Ibid. fig. X. a. 2* 20 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. in den Oesophagus ist von den borsten- oder lanzettförmigen Ober - 1) und Unterkiefern 2) umgeben. Letztere tragen constant einen I — 4glie- drigen Taster 3), sogar öfters auf einer besondern Tasterschuppe. Die lanzettförmige Verlängerung entspricht auch, hier dem äussern Lappen, unter welchem man bisweilen (z. B. Asilus) sogar noch einen Stiel und eine Angel erkennen kann. Die Zahl der borstenförmigen Stechorgane ist übrigens nicht immer constant; bisweilen wird sie durch das Hinzutre- ten der ähnlich umgestalteten Zunge vermehrt, wie bei Gulex, bisweilen auch durch das Schwimden des obern Kieferpaares (Syrphus z. B.) oder durch das Verwachsen der Maxillen mit der Unterlippe (bei den eigent- lichen Fliegen z. B.) vermindert. Wo nur eine mittlere unpaare Borste vorhanden ist, entspricht sie der Zunge. Nach oben werden die Mund- theile von einer harten, hornigen, etwas gewölbten Klappe, der Ober- lippe (valvula) bedeckt. Mitunter findet sich unter dieser auch statt einer Scheide nur eine gerade hornige Rinne (haustellum), in der die Borsten liegen. Abweichend von diesem Typus sind die Mundwerk- zeuge der Pupiparen gebauet #). Hier stehen im Innern einer nach aussen wallförmig vorspringenden Vertiefung drei unpaare Borsten, die einem gemeinschaftlichen fleischigen Grundstücke aufsitzen und wahrscheinlich der verlängerten Oberlippe, Zunge und Unterlippe ent- sprechen. Jederseits ist noch eine nach aussen gekrümmte hornige Platte vorhanden, die nach vorn, wie die Borsten, vorgestossen werden | kann und ein tasterloses Maxillenpaar zu sein scheint. Die Mandibeln fehlen. Einige andere Dipteren scheint es zu geben, denen sogar alle Mundtheile fehlen. Dieses ist bei den Oestrusarten der Fall, die als ausge- bildete Thiere nur eine kurze Zeit leben und keine Nahrung zu sich nehmen. Bei den Lepidopteren endlich finden wir noch eine andere Form der saugenden Mundwerkzeuge. Alle Theile bis auf die Unterkiefer erschei- nen sehr verkümmert. Am Kopfschild sitzt eine sehr kleine Oberlip- pe 5), zu beiden Seiten neben derselben ein sehr kleines gebogenes Blättchen, die Oberkiefer 6). Bei den Unterkiefern sind die äussern Laden ausserordentlich entwickelt und jederseils in eine von Leisten | eingefasste Halbrinne 7) ausgezogen. Legen sich beide an einander, was öfters mit Hülfe kleiner Häkchen geschieht, so bilden sie den‘ röhrenförmigen, kürzern oder längern, dann einrollbaren Saugrüssel (antlia, lingua spiralis). Am Ursprung derselben sitzen die kleinen, rudimenlären, zwei- oder dreigliedrigen Maxillartaster 8. Die Grund- theile der untern Lippenkiefer sind meistens ihrer ganzen Länge nach 1) Ic. zootom. Tab. XXII. fig. IX. b.b. — 2) bid.c.ce — 9 1%) dad.iX: :b. bh} 4) Genau erläutert bei Westwooda. a. O,. 5) Ic. zootom. Tab. XXIH. fie. X. h. — 6) Ibid.c.c. — 7) Ibid. fig. XI. X. XI, d.d. — 8) Ibid. fig. XI. e. | Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 21 verwachsen, öfters aber auch zum Theil getrennt. Uebrigens sind sie nur wenig entwickelt und treten um so mehr zurück, als ihre grossen, stark behaarten, dreigliedrigen Taster !) sich ausbilden, die sich um den im Ruhezustand eingerollten Saugrüssel herumlegen und auch die Oberkiefer bedecken. Eine Zunge fehlt überall, oder ist wenigstens nur rudimentär (Sphinx). Uebrigens zeigen sich auch in der Anordnung dieser Mundtheile mitunter Verschiedenheiten. So ist der Saugrüssel bei den Tagschmetterlingen und manchen Schwärmern ausserordentlich lang, bei Cossus dagegen, Euprepia u. a. sehr kurz, und bei manchen Bombyces verkümmert und kaum aufzufinden. Mitunter ist er auch an seiner Spitze mit zierlichen Papillen besetzt, wie bei Papilio Atalanta. Was die Parasiten betrifft, so ist die Anordnung ihrer Mund- werkzeuge eine sehr verschiedene. Viele zeigen ‚deutliche Kauwerk- zeuge, bisweilen (Mallophaga) sogar starke, zum Ergreifen der Beute und zum Kauen dienende Kiefer, die jedoch mitunter (Thrips) borsten- förmig geworden sind, oder tasterlos (Podurus). Auch die Lippentaster fehlen nicht selten (Podurus, Psocus). Andere Parasiten, wie die Pedi- euliden und Puliciden, erinnern in dem Baue ihrer Mundtheile an Hie- mipteren und Dipteren. Die Saugorgane des Flohes?) bilden das sogenannte Schnäbelchen (rosirulum). In ihm finden wir unter einem Paare dünner, am Rande sägezähniger Borsten, den Oberkie- fern, das zweite Kieferpaar als kleme, häutige, fast dreieckige An- hänge mit langen antennenförmigen Tastern. Das eigentliche Stechor- gan ist die Zunge, eine feine, den umgewandelten Mandibeln ganz ähnliche Borste. Die verwachsenen Grundtheile der Unterlippe und ihre der Länge nach an einander liegenden Taster bilden den geglie- derten, rinnenförmigen Rüssel, auf welchem die Borsten sich bewegen. Oberlippe fehl. — Eigenthümlich sind die rudimentären Mundtheile der Strepsipteren 3). Sie gleichen am meisten noch denen der Le- pidopteren, besonders der Bombyces. Die Mandibeln scheinen ganz zu fehlen. Die tasterlosen Maxillen sind einfach, spitz, die Grundtheile der Unterlippe zu einem kleimen, glatten Stücke verwachsen und mit einem Paare zweigliedriger Taster versehen. — Die an der Brust der Insekten befestigten Bewegungsorgane sind doppelter Art, Beine und Flügel. Beine (pedes) finden sich bei allen voll- ‚koınmenen Insekten ohne Ausnahme als drei Paare gegliederter Anhänge, die an die drei Brustringe befestigt sind und jederseits an der untern Flä- chezwischen Sternum und Epimeron in besondern Gelenkhöhlen (aceta- bula) articuliren. Sie bestehen aus mehren dünnen, aber doch star- ken, hohlen Röhren oder Schienen, in denen die Muskeln, Nerven und 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XT u. AL. f. 2) Beschrieben und abgebildet bei Westwood a. a. ©. 3) S. Westwood a. a. O0. 22 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. Tracheen verlaufen, und die durch Gelenke mit einander verbunden sind. Das erste Glied ist in seiner vollkommensten Form ein kugel- förmiges oder mehr länglich rundes Stück, die Hüfte (coxa) !), wel- ches in die Gelenkhöhle der entsprechenden Seite des Brustringes passt und das Bein mit diesem verbindet. Zum Durchgang der Muskeln ist sie mit einer innern und einer nach aussen gelegenen Oeflnung verse- hen. Häufig aber, besonders bei den fliegenden Insekten, ist die Ver- bindung der Hüfte mit dem Thorax eine andere. Dann gleicht sie m ihrer Gestalt mehr den übrigen Beingliedern und sitzt wie ein abge- stumpfter Kegel mit schiefer Basis auf dem Brustkasten. In diesem Falle verbindet sie sich auch mitunter noch inniger mit den entspre- chenden Körperringen; sie verschmilzt damit nämlich, wie an dem 2ten. und 3ten Fusspaar der Lepidopteren, ihrer ganzen Länge nach, und hört so auf ein bewegliches Glied des Beines zu sein. Eine ähnliche Umgestaltung findet sich mitunter sogar an den Hinterfüssen der Käfer. Die entsprechende Gelenkhöhle wird allmälig seicht und weiter, die Hüfte flacher (Lamellicornien z. B.), bis endlich jene völlig schwindet, wie es bei Dytiscus der Fall ist, und diese als eine flächenartige Platte in die Bildung des Brustkastens mit eingreift. — An der Hüfte be- festigt sich das zweite kleinere, bald, wie bei den Käfern, schief ab- gestutzte, bald ebenfalls, wie bei den fliegenden Insekten, ringförmige Stück, derSchenkelhöcker (trochanter) ?), auf welches der Schenkel (femur) >), das grösste und stärkste aller Stücke, folgt. Beide sind mehr oder weniger fest vereinigt. Mit letzterm ist das Schienbein (fibia) 9) | durch einen Ginglymus verbunden. Es ist ein ähnliches eylinderförmiges Glied, das übrigens, wie der Schenkel, in seiner Form eine grosse Manch- faltigkeit besitzt. Nicht selten sind an ihm besondere stachelförmige Fort- sätze zu bemerken, vorzüglich am Ende (sogen. calcaria), die mitunter (Mantis z. B.) sogar beweglich werden. Endlich folgt der fünfte und letzte Abschnitt des Beines, der Fuss (Zarsus) ?).. Dieser besteht aus einer Reihe (1—5) hinter einander beweglich verbundener Glieder (phalanges), deren letztes in eine einfach gekrümmte Klaue (unguis), oder , wie häufiger, in zwei entgegenstellbare Krallen (chili) 6) endigt, zwischen welchen bei Lucanus sogar noch ein zweites kleineres Krallen- slied, eine sogenannte Afterklaue sich einlenkt. Das erste Glied zeich- net sich hie und da durch seine bedeutende Entwicklung vor den übrigen aus, und gleichet dann (sogen. metatarsus) mehr einem Ab- schnitt des eigentlichen Beines, als des Fusses, wie z. B. bei Bienen und Tipulaceen, vor allen aber in dem Hinterfusse bei Galodromus. Dagegen ist das vorletzte Glied des Fusses bisweilen (z. B. bei den sogenannten Tetrameren und Trimeren unter den Käfern) so klein und 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. LC.a — 2) Ibid. C.ıb. Seh C.co — ) Ibid.C.d. — 5) Ibid.G. a. — 6) Ibid. C. e!. Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 23 unbedeutend, dass es sich fast gänzlich der Beobachtung entzieht. Auf der untern Fläche, wo der Fuss sohlenförmig abgeplattet ist, finden sich nicht selten zahlreiche feine Haare oder Borsten, die sich mitun- ter sogar, wie an den scheibenförmigen Vorderfüssen der männlichen Dytisken, zu napfartigen Haftorganen entwickeln. Bei den Dipteren, bei Thrips u. a. sind an derselben Stelle zu einem ähnlichen Zwecke kleine, ballenförmige, fleischige Hervorragungen vorhanden. — Die zahl- reichen Verschiedenheiten in der Bildung der Beine, deren speciellere Betrachtung der Zoologie !) anheimfällt, stehen in inniger Beziehung mit der Lebensweise der Insekten. So besitzen die eigentlichen Läu- fer (Cieimdela u. a.) lange, zierlich gebauete und sehr bewegliche Beine, die grabenden Insekten dagegen (Gryllotalpa u. a.) kurze, breite, ge- drungene und fast handförmig gestaltete. Bei den Raubinsekten, bei Mantis, Nepa u. a. schlägt sich das Schienbein der Vorderfüsse in der Ruhe gegen den Schenkel zurück und greift in diesen ein, wie ein Messer in die Scheide. Haltica, Locusta u. a. springende Insekten be- sitzen lange, dieke und oft gezähnte Hinterschenkel, während bei Dy- tiscus u. a., die eine ähnliche Lebensweise führen, die Schienen des- selben Fusspaares zusammengedrückt und mit langen, steifen Borsten versehen sind. Die Beine der fliegenden Insekten sind gewöhnlich lang, schwach, hie und da selbst, wie die Vorderfüsse bei Va- nessa, verkümmert. Die andern Bewegungsorgane, die Flügel (alae), sitzen paar- weise an der Dorsalfläche des zweiten und dritten Brustringes 2). Sie sind Ausstülpungen des Hautskelets, die durch innige Verwachsung der obern und untern Fläche zu einem blattförmigen Organe umgestaltet sind. Zwischen den beiden Lamellen verbreiten sich zahlreiche Tra- cheen und Blutbahnen, die übrigens auch hier, wie überall im Insck- tenkörper, ohne distinete Wandungen oder eigentliche Gefässe sind. Die hohlen Hornröhren , die sogenannten Rippen oder Adern (costae, venae, nervi) sind nämlich eben so wenig verhornte Wandungen von Gefässen, als von Tracheen. Sie sind vielmehr nur Ueberreste der frühern Höhle zwischen oberer und unterer Lamelle, Lücken, welche durch die in ihnen verlaufenden Tracheen und Blutbahnen offen erhal- ten sind, und um welche sich dann die Chitinmasse besonders anhäufte, ganz ähnlich, wie die Knochenmasse um die canaliculi medullares. Uebrigens verlaufen nicht in allen Rippen Tracheen. Manche schei- nen ganz leer und dienen wahrscheinlich nur den Strömungen des Blutes, andere, besonders bei den Heuschrecken, werden von einer einfachen Reihe grosser, oblonger, quer gestellter Zellen erfüllt, die aus Chitin bestehen. Die Vertheilung der Rippen in den Flügeln ist eine verschiedene. Im Allgemeinen lässt sich darin ein doppelter Ty- 1) Vergl. bes. Burmeister und Lacordaire a. a. 0. 2) Ic. zootom. Tab, XXI, fig. 1. C. D. 24 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. pus unterscheiden, ein netzförmiger, wie bei den Orthopteren und Neuropteren, wo sich die Adern ziemlich gleichmässig über die ganze Fläche der Flügel verbreiten, und ein einfach ästiger, wie er, wenn auch manchfach variirend, bei den meisten übrigen Insekten sich vorfindet. Diese Verschiedenheiten beruhen aber lediglich auf einer relativ grössern oder geringern Entwicklung der Hauptadern und deren Zweige. Solcher Hauptstämme finden sich in der Regel drei bis vier, die neben einander in den Flügel treten, allmählig divergirend über des- sen ganze Fläche sich verbreiten und manchfache Anastomosen einge- hen. Die von den Nerven eingeschlossenen Räume nennt man Felder oder Zellen (areolae s. cellulae). Ihre genauere Betrachtung gehört übrigens, wie die des Aderverlaufes überhaupt, in das Gebiet der spe- ciellen Zoologie, welche daraus wichtige Merkmale für die Charakteri- - stik der einzelnen Gruppen und Familien entlehnt !. Es sei hier nur noch erwähnt, dass die vordere Randrippe der Flügel sich gewöhnlich vor ihrer Spitze zu einem hornigen Sacke, der sogenannten Narbe (stigma), erweitert. Das Vorkommen der Flügel ist übrigens grössern Beschränkungen unterworfen. Besonders sind es unter den Parasiten die sogenannten Apteren und Aphanipteren, denen sie durchweg fehlen. Aber auch sonst mitunter sind sie gänzlich oder bis auf einige Rudimente geschwunden. Hieher gehören mehrere Blattiden, Pamphagus, Acanthias, Melophagus u. a. Häufig fehlen sie bloss den Weibchen, während die Männchen beflügelt sind (Strepsipteren, Coceinen, Psyche, Lampyris u. a.), oder den geschlechtslosen (Ameisen und Termiten). Auch bloss die hintern Flügel mangeln bisweilen, während die vordern in völliger Integrität bleiben. So verkümmern sie z. B. bei den Dipteren und den männli- chen Coceinen bis auf ein kleines gestieltes Knöpfchen, den sogenann- ten Schwingkolben (halter). Sehr selten aber, nur bei den männ- lichen Strepsipteren, schwindet das vordere Flügelpaar bis auf eine kleine schmale Schuppe (pseudelytron). Sonst ist dieses allgemein viel bedeutender entwickelt, als das untere. Schon bei den Orthopteren und Cicaden, wo es durch seine Grösse und härtere Structur sich auszeich- net, dient es als Deckschild (Zegmen) für das untere Paar. Bei den Wanzen verhornen diese, Flügel sogar an ihrem Grunde (kemielytra), bei den Käfern endlich werden sie zu soliden, schembar homogenen Horn- platten, den sogenannten Flügeldecken (elyira), die neben einander pa- rallel sich über den hintern Leibesabschnitt zurücklegen und die untern Flügel bergen. Wo diese dann fehlen, wird die Verbindung der Deck- schilde in ihrer mittlern Naht bisweilen (Blaps z. B.) so innig, dass sie fast verwachsen erscheinen 2). — Auch ausserdem noch stossen wir bei man- 1) Jurine (nouvelle methode de classer les Hymenopteres et les Dipteres. Ge- neve 1807.) gründete bloss auf sie die zoologische Charakteristik. 2) Ueber die zahlreichen Verschiedenheiten der Flügel in Bezug auf ihre Form, Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. 25 chen Insekten auf eigenthümliche und zu bestimmten Zwecken dienende Anordnungen in der Structur der Flügel. Hieher gehören besonders die mit Höckern und Dornen besetzten Leisten in den Flügeln vieler männlicher Orthopteren, die als Stimmorgane dienen, hieher die besonderen Verbindungsapparate zwischen Vorder- und IHlinterflü- geln mancher Hymenopteren und Schmetterlinge. So entwickeln sich bei den Bienen u. a. in der Mitte der vordern Randrippe an den IHin- terflügeln die Borsten, welche dem Laufe jener Rippe folgen, zu star- ken rückwärts gekrümmten Häkchen, die hinter den entsprechenden leistenförmig umgeschlagenen Rand der Vorderflügel greifen und an diese so die hintern befestigen. Viele Schmetterlinge, bei einigen nur die Männchen, besitzen einen ähnlichen Apparat. Es entspringt hier nämlich von der Basis der Unterflügel ein langer, starker, häufig drei- getheilter Dorn, der sich hinter einen an der mittlern Hauptrippe der obern Flügel befindlichen Haken legt und von diesem festgehalten wird. Auf eine ganz einfache Weise werden auch die Flügel bei manchen Hemipteren (z.B. den Cicaden) mit emander verbunden, in- dem hier nämlich die umgeschlagenen entsprechenden Ränder derselben hakenförmig in einander greifen. — Der Hinterleib endlich ist bei einer grossen Zahl der ausgebil- ddeten Insekten ohne alle Anhänge. Wo sie indessen vorkommen, sind sie trotz der grossen Verschiedenheit ihrer Form fast alle an das äus- serste Ende des Abdomen gerückt. Die gewöhnlichsten sind die so- genannten Afterborsten, paarige, kürzere oder längere, gegliederte oder ungegliederte Fortsätze, wie sie besonders bei den Blattiden, Ephe- meriden, Perlarien, Lepismatiden u. a. vorzukommen pflegen. Bei den „letztern tragen auflallender Weise auch die übrigen Bauchschienen je- derseits eine ähnliche, nach vorn zu an Grösse stets abnehmende Bor- ste. Verschieden von diesen Anhängen, welche beiden Geschlechtern gemeinschaftlich zukommen, finden sich noch andere, die als äussere Theile der männlichen oder weiblichen Geschlechtsorgane functioniren und daher nur den einen Individuen, oder den andern zukommen. Hieher gehören die zangen- oder klappenförmigen Organe vieler männ- lichen Insekten, die mitunter sogar (Panorpa, Tipula z.B.) auf die Ge- staltung des letzten Abdominalgliedes einen grossen Einfluss ausüben ; hieher die verschiedenen stachel- oder scheidenförmigen Legröhren der Weibchen, die bisweilen, wie bei Locusta, Ichneumon u. a., eine bedeutende Grösse erreichen. Nur in wenigen, isolirten Fällen sind andere Glieder des Ilinterleibes mit besondern Fortsätzen versehen. So finden wir z. B. bei den Poduriden auf der untern Seite des vor- ihre Lage und Haltung während des Fluges, ihre Faltung in der Ruhe u. s. w. müssen wir auf die speciellern Handbücher der Entomegraphie, auf Burmeister, Lacordaire, Kirby u. A. verweisen. 26 Hautskelet u. Bedeckungen d. Insekten. letzten Gliedes eine in der Ruhe nach vorn umgeschlagene, hornige Gabel, mittelst deren sich die Thiere kräfüg in die Höhe schnellen; so bei Aphis auf der Rückseite desselben Segmentes ein Paar hohler Röhren zum Austliessen eines specifischen Sekretes. — In dem Bau der verschiedenen Körperanhänge bei den Insekten- larven, wenigstens bei denen mit vollkommner Metamorphose, stösst man auf zahlreiche Abweichungen von dem Bau der entsprechenden Organe bei den ausgebildeten Thieren. Die, Larven der Insecta ame- tabola dagegen zeigen ihre unvollkommne Ausbildung fast allein durch das Fehlen der Flügel und der scheitelständigen Nebenaugen. Alle übrigen Organe besitzen dieselbe Structur, wie im ausgebildeten Zu- stand. Höchstens sind hie und da die sonst «durchweg vorkommenden facettirten Seitenaugen etwas kleiner, und die Zahl der Glieder im Füssen und Fühlern geringer. Auch allen übrigen Larven fehlen die Nebenaugen, doch sind ausserdem noch die seitlichen Augen wahrscheinlich nirgend facettirt, sondern fehlen entweder ebenfalls, wie den kopflosen Dipterenlarven, oder erscheinen als einfache zusammengehäufte Ocellen von verschiede- ner Zahl (2 jederseits bei den Hymenopteren, 6 bei Dytiscus und den Raupen) jederseits, wie gewöhnlich, hinter den Fühlern. Diese sind fast durchweg, wenn sie nicht fehlen, ein Paar kurzer, höchstens aus 3 Gliedern bestehender borsten- oder kegelförmiger Fortsätze. Die Mund- theile derLarven sind ganz allgemein nach dem Typus der Kauwerkzeuge gebildet. Bei einigen Raublarven ist die äussere Mundöffnung scheinbar geschlossen, aber nur: scheinbar, denn entweder findet sich in diesem Fall der Eingang in den Oesophagus in einiger Entfernung von den Fresswerkzeugen als eine kleine, quere Oeflnung zwischen dem Stirn- rande und der untern Kopfschale, wie bei den Larven der Cieindelen u. a., oder es besitzt eine jede Mandibel vor ihrer Spitze eine Spalte (Dytiscus, Myrmeleo), durch welche die aufgesogene Nahrung in den Oesophagus gelangt. Sonst ist übrigens die Anordnung der Mundwerk- zeuge im Allgemeinen dieselbe !) wie bei den kauenden ausgebildeten Insekten, nur fehlen viel häufiger einzelne Theile, Oberlippe, Taster oder sar Maxillen. Die Form der Fresswerkzeuge, besonders der Mandibeln, richtet sich übrigens auch hier nach der Lebensweise der Larven. Bei den Raublarven sind sie daher kräftig, spitz und scharf, bei den Pllanzenfressern kurz, derb, und passen mit den Schneiden auf ein- ander. Eine eigenthümliche Form zeigen sie bei den Ephemeren, wo sie wie ein Paar Hörner nach oben gekrümmt und verlängert sind. Bei den Libellen entwickelt sich die Unterlippe zu einem bedeutend grossen beweglichen Anhange des untern Kopfes. Man unterscheidet an ihr ganz deutlich die Angel, den Körper und die sehr beweglichen 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. IV. a — c. Museulatur der Insekten. 27 äussern Laden. In der Ruhe wird dieser Apparat durch ein knieför- miges Gelenk zwischen Angel und Körper zurückgeschlagen und wie eine Maske (galea) vor das Gesicht gelegt. Am unvollkommensten von allen sind die Fresswerkzeuge bei den Dipteren, wo sie mitunter so- gar, wie bei Gecidomya, nur in einem Paar von rudimentären Horn- stückehen bestehen. Sonst ist der Mund gewöhnlich (Oestrus, Musca u. a.) mit vier paarigen, gekrümmten Haken versehen, den tasterlosen Kiefern, deren obere auf den untern gewöhnlich unter einem rechten Winkel eingelenkt sind. Die Locomotionswerkzeuge beschränken sich auch hier nur ‚auf die Beine. Flügelartige Anhänge fehlen überall. Die Zahl der echten Füsse ist dieselbe, wie im vollkommnen Zustande. Es sind bei den Raupen u. a. kleine den Seiten der drei dem Kopfe zunächst folgenden Segmente eingelenkte, kegelförmige Fortsätze, die bei ge- nauerer Untersuchung aus kurzen, innig mit einander verbundenen Horneylindern bestehen !) und auf die entsprechenden Glieder der aus- gebildeten Insekten sich redueiren lassen. Bei einigen Larven, wie bei denen der Laufkäfer, wo die Beine schlanker sind und länger, ist die Zusammensetzung noch viel deutlicher. Dagegen giebt es auch andere (Dipteren), denen diese Brustfüsse gänzlich fehlen. Sehr häufig kom- men ausserdem noch an den Segmenten des Bauches, besonders den hinteren, fleischige, einstülpbare Fortsätze vor, sogenannte Bauch- oder Afterfüsse, die gewöhnlich eine kegelförmige Gestalt besitzen und an ihrer Sohle einen oder zwei Kränze kurzer Borsten tragen. Mitunter ist diese sogar zweilappig und kann dann wie eine Scheere sich zu- sammenlegen. Bei einigen im Wasser lebenden Larven finden sich endlich noch besondere Fortsetzungen des äussern Skeletes, die den Respirations- process vermitteln. Es sind bald äussere Kiemen (branchiae), paa- rige Blätter, die gewöhnlich (Ephemera, Phryganea u.a.) zu den Seiten des hintern Leibes stehen, bald mehr oder minder lange sogenannte Athemröhren (söphones), die meistens neben dem After (Eristalis u. a.) gelegen sind und an ihrer Spitze ein offenes Stigma besitzen. Musculatur der Insekten a) Die willkührlichen Muskeln der Insekten ähneln durch die Weich- heit und blasse Färbung ihrer elementären Fasern am meisten den entsprechenden Organen bei den Fischen. Ihre histologische Structur 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XV. a—e!, 2) Man vergleiche besonders die meisterhaften Untersuchungen von Straus und Lyonet am Maikäfer und der Seidenraupe, so wie Burmeister a. a. 0. 28 Museulatur der Insekten. ist übrigens von der aller Wirbelthiere nicht verschieden: eine jede Faser zeigt die charakterislischen Querstreifen !), die in der Regel so- gar viel schroffer und distineter sind, als dort. Mitunter erscheinen diese aber mehr unregelmässig, schräg, geknickt, oder wellenförmig gebo- gen. Besondere aponeurotische Hüllen, die eine grössere Anzahl von Fasern zu einem besondern Muskel vereinigten, fehlen den Insekten. Die einzeinen Muskelfasern bleiben vielmehr immer isolirt und bilden nur durch ihre parallele Lage oder durch ihre gleichen Ansatzpunkte bestimmte Schichten und Abtheilungen, die man als besondere Muskeln betrachten kann. Eigentliche Sehnen unterscheidet man fast allein in den beweglichen Extremitäten; aber auch hier erscheinen sie nur als feste, hornige Gräten, als blosse mehr oder minder lange Fortsätze der innern Platte des Hautskelets. Um eine solche Sehne nun gruppiren sich die einzelnen Muskelfasern bald zu einem kegelförmigen oder py- ramidalen Bauche, bald verbinden sie sich mit ihr nur an einer oder an zweien gegenüberliegenden Seiten zu einem sogenannten gefiederten Muskel. Bisweilen nimmt eine Sehne auch mehre Muskelbäuche hin- ter einander auf. Eigentliche zweibäuchige Muskeln aber, wie sie bei den höhern Thieren vorkommen, finden sich bei den Insekten niemals. Ein grosser Theil der Muskeln eines Insekts geht an der innern Seite der Hautbedeckungen von einem Segmente des Körpers zum andern, unterstützt die Verbindungshaut in ihrer Festigkeit und ver- mittelt die verschiedenen Bewegungen des Rumpfes. Es sind breite, bandförmige Längsmuskelstrata am Rücken und am Bauche, die nach dem verschiedenen Bau und der Beweglichkeit der Segmente eine ver- schiedene Entwicklung erlangt haben. So unterscheidet man bei einem Käfer, bei Melolontha 2) z. B., im Prothorax mehre Muskelpaare, die den Rändern des Foramen oceipitale sich inseriren und zur Bewegung des Kopfringes dienen. Zuoberst liegen die in zwei Paare von Bün- deln geschiedenen levatores capitis, von denen die einen an der Mit- tellinie des Vorderrückens entspringen, die andern am Prophragma. I) Aufallend ist es, dass quergestreifte Muskelfasern bei den Insekten viel weiter verbreitet sind, als bei den Wirbelthieren. Sie finden sich durch den gan- zen Darmkanal, in den Samen- und Eileitern, in den Analdrüsen, wie im Herzen und noch an andern Stellen. (S. unten bei den entsprechenden Organen.) Merk- würdiger Weise sind hier aber nicht in allen Insekten diese Querstreifen gleich di- stinet und deutlich. Mitunter, wie besonders in den zarter organisirten Theilen der kleinern Insekten, erscheinen die Muskellasern glatt, hell und einfach, wie die so- genannten organischen, oder sie zeigen höchstens eine undeutliche Zeichnung, in der man mit Mühe nur die Andeutungen querer Streifen wieder erkennt. 2) Man vergleiche die schönen Abbildungen bei Straus Tab. 3 u. 4., copirt bei Lacordaire und Westwood. — Die Kopl- und Brustmuskeln finden sich grossentheils auch in der aus dem Werke von Straus entlehnten Zeichnung der Ic. zootom. Tab. AXIV. fig. 1. Museulatur der Insekten. 2) Die depressores capilis haben gerade die entgegengesetzte Lage, sie sind ausserordentlich kurz und kommen von den Kehlschienen,, oder, wo diese fehlen, vom vordern Rande des Prosternum. Auch ihre An- zahl beläuft sich auf zwei Paare. Endlich inseriren sich an den Seiten des Hinterhauptsloches noch zwei flache, breite Muskeln, die rotatores capitis, die von den entsprechenden Seiten des Vorderbrustbeins ihren Ursprung nehmen. Als Hülfsmuskeln der Kopfbeuger muss man noch drei Muskelpaare betrachten, die sich an die Kehlschienen ansetzen und zugleich mit diesen den Kopf herabziehen können. Sie entspringen von verschiedenen Stellen, von der Antefurca (reiractor), vom Pro- phragma (exiensor rectus) und vom obern vordern Rande des Prono- tum (exiensor obliquus). Für die Bewegung der Vorderbrust sind vier Paare von Muskeln bestimmt. Der obere, retracior prothoracis superior, läuft von der Mitte des Pronotum nach hinten zum Prophragma, während sein Anta- gonist, r. pr. inferior, die gabligen Fortsätze der Vorder- und Mit- telbrust verbindet. An die Seitenäste der Antefura befestigt sich der elevator prothoracis, ein kleiner pyramidaler Muskel, der von der entsprechenden Seitenfläche des Prophragma herkommt. Der vierte Muskel endlich, der rotator, geht von dem hintern Rande des Vor- derrückens unter dem Prophragma weg an das Mesophragma. Die Muskeln der Mittelbrust sind gemäss der geringen Entwicklung die- ses Körperabschnittes bei den Käfern nur klein, schwach, und der Zahl nach gering. Die bedeutendsten sind die oben zwischen Pro- u. Mesophragma, so wie unten zwischen dem mittlern und hintern Gabel- fortsatz ausgespannten Retractores. Weit beträchtlicher dagegen sind die Muskeln des Metathorax. Hier finden wir den mächtigsten Mus- kel des ganzen Insektenkörpers, den m. metanoti s. depressor alae, der zwischen Meso- und Metaphragma gelegen ist und durch seine Contraction eine stärkere Wölbung des Hinterrückens und dadurch ein Senken des zweiten Flügelpaares hervorbringt. An den äussern Seiten dieses Muskels laufen in mehren Bündeln neben einander die m. late- rales metanoti schräg nach hinten vom Rücken zum Metaphragma und dem Brustbeine. Die Muskeln des Hinterleibes sind ganz einfache, platte, band- förmige Schichten, die an der Dorsal- und Ventralfläche von dem ei- “nen Segmente zum andern hinlaufen und sich je an die Verbindungs- haut zwischen zweien Schienen festsetzen (mm. recthi). Nach vorn en- digen sie am Metaphragma und Metasternum. Aeusserlich von den geraden Rückenmuskeln liegen endlich noch mehre dünne prismatische Bäuche, die von den seitlichen Aesten des hintern Gabelfortsatzes ent- springen und den Darmkanal zwischen sich nehmen. " Uebrigens erleidet die Anordnung dieser Rumpfmuskeln nach dem verschiedenen Bau der entsprechenden Theile nicht unbedeutende Mo- 30 Museulatur dr Insekten. dificationen. So sind die der Bewegung des Kopfes vorstehenden Mus- keln überall, wo dieser nicht in den Thorax eingesenkt, sondern frei an ihm befestigt ist, nur unbedeutend, flach und bandförmig. Die Hülfsmuskeln, welche an den Kehlschienen sich festsetzen, fehlen dann gänzlich. Wo ferner der Mesothorax der entwickeltste Brusttheil ist, wie besonders bei den fliegenden Insekten, nehmen die beträcht- lichen bei den Käfern am Metanotum gelegenen Rückenmuskeln ihre Stelle zwischen Pro- und Mesophragma. Damit verändern auch die seitlichen Rückenmuskeln ihre Lage. Bei den Dipteren u. a., wo das Prophragma nur von geringer Entwicklung ist, vergrössern diese sich dann sogar beträchtlich auf Kosten der eigentlichen Rückenmuskeln. Die meisten übrigen Muskeln des Insektenkörpers dienen zur Be- wegung der verschiedenen äussern Anhängsel des Hornskeletes. ‚Es sind in der Regel dünne, lange, an eine Sehne sich festsetzende Mus- keln, die nach dem Effecte ihrer Gontractionen vorzugsweise als Beu- ger und Strecker unterschieden werden. Jene liegen überall an der innern Seite eines Gliedes, diese an der äussern. Die Hauptmuskeln der Fühler sind ein Strecker, Beuger und Heber, deren erster und letzter bei Melolontha neben einander von dem vordern Rande der Augen entspringen, während der mittlere von der Spitze des innern Kopfskeletes seinen Ursprung nimmt. Sie inseriren sich an das Basalglied. Die folgenden Muskeln sind nur Beuger und Strecker, deren Ansatzpunkte stets in zweien einander folgenden Gliedern liegen. Die Oberlippe bekommt jederseits nur einen von der Stirn nach ihrem äussern Winkel sich erstreckenden Muskel, einen Beuger. Die Mandibeln dagegen besitzen wieder Beuger und Strecker. Erstere entspringen mit breiter Basis von dem Scheitel und setzen sich mittelst einer starken Sehne an den innern Rand der Kiefer. Hinter ihnen nehmen die schwächern, mit einer längern, dünnern Sehne versehe- nen Strecker ihren Ursprung. Weit zusammengesetzter ist der Muskel- bau der Unterkiefer. Ein Beuger und Vorzieher, «ie hintereinander von der Kehle und dem untern Rande des Hinterhauptsloches entsprin- gen, setzen sich an den Grundtheil; ebenso ein kleiner Strecker, der von der Schläfengegend herkommt. Auch der Körper der Unterkiefer besitzt einen Beuger und einen Vorzieher. Die freien innern Laden und die Kiefertaster werden je durch einen von den Wänden des Maxil- larkörpers herkommenden Beuger und Strecker bewegt. Dieselben Muskeln finden sich auch endlich noch in einem jeden Tastergliede. Ganz ähnlich ist die Muskulatur der Lippentaster. Ausser ihnen finden sich in der Unterlippe noch mehre andere, aber kleinere Muskeln, von denen die kräftigsten, die Beuger, die vordere Leiste der untern innern Fläche des Kopfes zur Ursprungsstelle haben. Die eigentlichen Flügelmuskeln bestehen je in zweien Streckern und nur einem einzigen viel kleinern Beuger. Der grössere von jenen Museulatur ‘der Insekten. 52 entspringt von den Seitentheilen des Brustbeins neben dem innern Ge- lenkfortsatze und endigt an einer tellerförmigen Sehne, die unmittelbar mit der Basis der grossen Randrippe in Verbindung steht. Der andere kleinere Strecker läuft hinter diesem Muskel an den Flügel und befe- stigt sich durch eine analoge Vorrichtung an die zweite Hauptrippe des Flügels. Der Beuger, der in seiner Action noch durch mehre kleinere von der tellerförmigen Sehne des vordern Streckers entspringende Mus- keln unterstützt wird, besteht bei Melolontha aus dreien Bäuchen und setzt sich an das hintere der in der Gelenkhaut der Flügel gelegenen freien Hornstückchen. Besonders zusammengesetzt sind die Muskeln der Beine. Die mei- sten hat die Hüfte, doch varıirt ihre Zahl. So besitzt dieselbe bei Melolontha an den Vorderbemen vier Strecker und einen Beuger, an den mittlern drei Strecker und zwei Beuger, an den hintern endlich fünf Strecker und drei Beuger. Die meisten dieser Muskeln entsprin- gen von den Seitentheilen des Rückens, andere besonders in der mitt- lern und hintern Extremität auch von den entsprechenden innern Fort- sätzen des Brustbeines. Jedes übrige Glied bekommt einen Beuger und Strecker, deren Bäuche jedesmal im höhern Glied befestigt sind, von wo die Sehnen in das nächst tiefere treten. Nur die Trochanteren der Vorderfüsse besitzen statt eines Streckers deren drei. Die Abweichungen in der Zahl, der Insertion und der Anordnung dieser Muskeln sind unendlich vielfach. Bald fehlen einzelne Muskeln gänzlich, wie bei den Dipteren die der hintern Flügel, bald sind mehre verschmolzen, oder es finden sich selbst zwei oder drei statt eines ein- zigen. Hie und da sind überhaupt neue Muskeln zu einem bestimm- ten Zwecke entwickelt, oder es zeigen einzelne einen ungewöhnlichen Insertionspunkt. So besitzen z. B. die Insekten mit saugenden Mund- theilen in der Musculatur ihrer Fresswerkzeuge einen sehr modlifieirten und weit einfacheren Typus. Den Uebergang zu diesem machen die Hymenopteren. Bei ihnen sind nur die Muskeln der Unterlippe umge- staltet. Ein Paar schmale, langgestreckte Roller und Strecker verlau- fen in der sogenannten Zunge, während andere kleinere Muskeln einen aus hornigen Gräten gebildeten klappenarligen Apparat bewegen, der der Unterlippe zur Grundlage dient. Auch in dem Rüssel der Schmet- terlinge finden sich ähnliche Längsmuskeln, welche die ganze Höhle bis auf einen mittlern engen Kanal auskleiden. Die Muskeln der Ober- kiefer sind gänzlich geschwunden. Die Dipteren und Hemipteren be- wegen ihre Kiefer nur mittelst kleiner und meistens unbedeutender Muskeln. Dagegen besitzt die Scheide derselben kräftige Längsbündel, die sie heben und zurückziehen. Ausser den genannten Muskeln finden sich im Insektenkörper ganz allgemein noch einige andere, gewöhnlich nur kleinere, welche an die Eingeweide treten und hauptsächlich dazu dienen, diese in einer be- 32 Museulatur der Insekten. stimmten Lage zu erhalten. So finden sich im Kopfe gewöhnlich noch besondere Schlund- und Gaumenmuskeln, die bei Melolontha vom Scheitel, bei andern aber, wo das innere Kopfskelet eine grössere Ent- wicklung zeigt (Dytiscus u. a.) von diesem ihren Ursprung nehmen, Bei einigen Insekten, bei den grossen Heuschreckenarten (Pamphagus), die durch eine mächtige Entwicklung ihres Verdauungsapparates sich auszeichnen, entwickeln sich ausserdem noch besondere Magenmuskeln (retractores ventriculi). Sie entspringen an den Seiten des Pronotum und setzen sich, zwei breite, platte, bandförmige Muskeln, an den hintern Theil des Kropfes. Ein jeder derselben giebt ein dünnes Bündel an den vordern Zipfel der 6 den Anfang des Magen umstellenden Blind- därme, so dass diese je durch zwei V förmig convergirende Muskeln in ihrer Lage erhalten werden. Die zahlreichen Muskeln !) der Kloake und des Mastdarms entspringen von der Rücken- und Bauchfläche der letzten Abdominalsegmente. Vorzüglich fixiren sie den Mastdarm, wenn der Koth entleert oder die Ruthe aus der Kloake hervorgestülpt werden soll. Auch dieses geschieht noch durch besondere in ihrer Gestalt und Anordnung ausserordentlich variirende Muskeln, die sich sogar mit ent- sprechenden Modificationen an der Scheide der weiblichen Insekten wiederfinden. Im Allgemeinen lassen sich auch bei diesen Theilen Flexoren und Extensoren unterscheiden. Die eigentlichen Larven der Insekten entfernen sich in ihrer Musculatur sehr beträchtlich von den ausgebildeten Thieren, obgleich der Typus, welcher bei diesen sich vorfindet, wenn auch mannichfach modifieirt, schon dort nicht zu verkennen ist. Bei einer Raupe, Cos- sus ligniperda 2), die man als den Repräsentanten eines unausgebilde- ten Insektes betrachten kann, gleichen die Muskeln des Kopfes nur mit einigen geringen Veränderungen den entsprechenden Theilen der ausgebildeten und, wie die Larve, kauenden Käfer. Auch die Muskeln, welche die Bewegung des Kopfes an dem ersten Leibessegmente ver- mitteln, haben eine ähnliche Anordnung und Lage im Umkreis des linterhauptsloches. Nur trennen sie sich in mehre über einander ge- legene Schichten und zeigen ganz deutlich, dass auch sie nur blosse Modificationen der übrigen Bauchmuskeln sind. Der Unterschied zwi- schen Brust- und Hinterleibsmuskeln endlich, der bei den ausgebildeten Insekten so beträchtlich war, fehlt noch beinahe gänzlich. Ein jeder Leibesring wird durch dieselben Muskeln mit den übrigen verbunden und an ihnen bewegt. Durchweg aber sind sie in mehre über einander gelegene Schichten zerfallen. Am oberflächlichsten nach der Leibes- 1) S. eine speciellere mit den herrlichsten Abbildungen erläuterte Darstellung dieser Theile von Melolontha bei Straus a. a. 0. e 2) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXI, fig. XIV. eine Copie der unübertrefflichen Abbildungen Lyonet'’s. Museulatur der Insekten. 33 höhle zu liegt an der Bauch- und Rückenfläche ein Paar breiter, plat- ter, bandförmiger Muskeln, die sich durch die ganze Länge des Kör- pers erstrecken und an der Verbindungshaut zwischen je zweien Glie- dern sich befestigen (mm. recti ventrales et dorsales). Sie zerfallen in mehre neben einander gelegene, deutlich getrennte Muskelbündel !). Unter ihnen finden sich dann noch verschiedene (bis an sechs) über einander gelagerte Schichten schiefer, sich vielfach kreuzender, ebenfalls platter, bandförmiger und überall in mehre parallele Bündel getrenn- ter Muskeln, von denen die obern, längern, sich, wie die geraden Muskeln, an die Ränder der einzelnen Glieder anheften, während die tiefern, kürzern und in zahlreichere kleinere Fascikel zerfallenen. vom vordern Rande eines jeden Segmentes etwa nur bis in die Mitte des vorhergehenden hineinragen (m. obliqui superficiales et profun- diores). Zwischen den geraden Bauch- und Rückenmuskeln eines je- den Segmentes erstrecken sich ausserdem noch ganz oberflächlich ziemlich beträchtliche pyramidale Muskeln von der Ventral- zur Dor- salfläche (m. ventri-dorsales). Nach aussen endlich liegen unter ih- nen unmittelbar an den Seitenwänden der Ringe noch verschiedene quere Bündel zum Theil sich kreuzender Muskeln (m. laterales), welche die Luftlöcher der Raupe zwischen sich nehmen. Die Abweichungen in der Musculatur der drei ersten Leibesringe, die während der Verwandlung sich zum Thorax umbilden, beschrän- ken sich fast allein auf eine geringere Breite der geraden Brustmus- keln und auf das Vorhandensein zweier schmaler Bündel, im 2. u. 3. Segmente, welche die geraden Brustmuskeln durchdringen, sich über dem Nervenstrange kreuzen und an der entgegengesetzten Seite sich festsetzen. Die Fussmuskeln 2) sind dieselben wie im ausgebildeten Insekt, wenngleich die Zahl ihrer Bündel etwas variirt. Die Muskeln der Hüfte entspringen von den Seitentheilen der entsprechenden Segmente. Die Afterfüsse endlich bekommen je drei besondere Muskeln, von dem der mittlere der grösseste ist und aus zweien Hälften besteht. Er läuft von dem Seitentheile des entsprechenden Ringes bis zur Mitte der Sohle. Der vordere und hintere Muskel kommt von den Rändern desselben Ringes und setzt sich an die innere Fläche des Fusses, Die Muskeln des letzten Gliedes sind zwei vielköpfige Bündel, die von den Wänden der verschiedenen Fussglieder entspringen. — Besondere Flügelmuskeln sind bei den Raupen noch nicht entwickelt oder sind ‚wenigstens so rudimentär, dass man sie unter der grossen Anzahl klei- ner Muskelbündel nur mit Mühe wird ausfindig machen können. 1) Lyonet zählte im Körper der Weidenraupe 4061 Muskeln, indem er ein jedes dieser Bündel für einen selbstständigen Muskel nahm. 2) Ic. zootom. Tab. XXI. fig, XV. Wagner’s Zootomie. I. os 34 Nervensystem der Insekten. Unter den Muskeln des Darmkanales zeichnen sich ausser denen les Mastdarmes noch besonders ein Paar eigener Magenmuskeln aus, die jederseits in der vordern Hälfte dieses Darmabschnittes sich fest- setzen. Die Abweichungen in der Museulatur der verschiedenen Larven sind beträchtlich. Sie erstrecken sich besonders auf die Anzahl der über einander gelagerten Muskelschichten, die sehr häufig eine gerin- gere ist als bei Cossus. So ist es besonders bei den kleinern, mit einer festern Hautbedeckung versehenen Käferlarven der Fall. Dage- gen finden sich bei diesen noch eigenthümliche Brustmuskeln (in. Irans- versales pectoris), die den Nervenstrang wenigstens im 2. u. 3. Seg- mente bedecken. Auch entspringen die Hüftmuskeln meistens von ei- ner besondern Hornleiste, die von den innern Seitentheilen eines jeden Brustringes sich erhebt. Eine eigenthümliche Anordnung zeigen die Kiefermuskeln bei den kopflosen Dipteren. Sie liegen im ersten Körperringe und können jene hakenförmigen Borsten vor- und zurückziehen. Nervensystem der Insekten. In Uebereinstimmung mit dem äussern Bau der Insekten ist auch ! der Typus in der Anordnung ihres Nervensystems ein anderer, als bei den Wirbelthieren. Die Reduction der verschiedenen centralen Theile auf entsprechende Partien dieser höhern Organismen bleibt immer mehr oder weniger eine gezwungene. — Die Elementartheile !) des Nervensystemes sind dagegen dieselben. Ueberall findet man Primitiv- fasern, zarte, blasse und schmale Fäden ohne stark markirte Contou- ren, die den sympathischen Fasern der Wirbelthiere weit mehr glei- chen, als den cerebrospinalen. Auch die Ganglienkörper der Insekten entsprechen den analogen Gebilden aus dem sympathischen Systeme der höhern Thiere. Wie diese, so besitzen auch sie einen Kern mit bläschenförmigem Kernkörper. Nur scheint ihre Grösse im Allgemeinen ®seringer und ihr Inhalt flüssiger und durchsichtiger. Die zarte Be- schaffenheit dieser Elemente macht es äusserst schwierig und fast unmöglich, das gegenseitige Verhältniss, in welchem die Ganglienkör- per und Nervenfasern zu einander stehen, genauer zu erforschen. Jung über die Structur der Ganglien und den Ursprung der Nerven bei wirbellosen Thieren in Müller’s Arch. 1844. p. 76. Auch Valentin (Handwörterbuch der Phys. von R. Wagner. Art. Gewebe) und A. Hannover (Recherches microscop. sur le sytscme nerveux. Paris 1344.) berücksichtigen die Elementartheile des Ner-' vensystemes bei den Insekten. 1) Ueber diese Verhältnisse vergleiche ein weiteres Detail bei Melmholtz, de fabrica systematis nerv. evertebr. Diss. inaug. Berol. 1842., und Will, Mitthei- | Nervensystem der Insekten. BR) Doch ist es sehr wahrscheinlich, dass auch bei den Insekten, wie bei den übrigen wirbellosen Thieren, diese letztern als blosse Anhänge je- ner zelligen Elemente entspringen. In den einzelnen Ganglien und den Wurzeln der daraus hervorkommenden Nerven findet man ausser den ihnen zukommenden Elementartheilen noch eine weiche, feinkörnige Ausfüllungsmasse, die gewöhnlich weiss und durchscheinend ist, aber auch bisweilen (wie bei der Larve von Papilio Machaon) Pigmentmole- cüle enthält. Allgemein sind ferner die Ganglien und Nervenstränge der Centraltheil® von. zweien häutigen Scheiden umkleidet. Die äussere, eine zarte, durchsichtige Hülle, wie sie bei den meisten Organen des Insektenkörpers sich vorfindet, liegt nur locker, doch gewöhnlich ohne Zwischenraum auf der untern und geht nicht selten wie eine Brücke von einem Nerven auf den andern über. Die innere Hülle, das ei- gentliche Neurilem, bestehet, wie es scheint, allein aus longitudina- len Fasern, die sowohl die Stammnerven, wie die Ganglien eng um- kapseln. Die Gentralmasse des Nervensystems erscheint bei den Insekten als eine Reihe von Ganglienknoten (ganglia), die durch ein Paar seitlicher Längscommissuren zu einer Kette vereinigt sind. Die Ver- bindungsfäden bestehen aus einem Bündel von Nervenfasern, die, ohne sich zu kreuzen, neben einander die Ganglien durchsetzen und von diesen in die peripherischen Theile des Körpers ausstrahlen. So ge- winnt es denn fast den Anschein, als würde das ganze System von zweien neben einander gelegenen Nervensträngen, den sogenannten Stammnerven, gebildet, die der Länge nach den Leib der Insekten durchlaufen und von Zeit zu Zeit durch eine besondere in ihrem Um- kreis abgelagerte Nervenmasse, durch Ganglienkügelchen, in einen Knoten vereinigt werden. Uebrigens gehen nicht alle die Nervenfasern dieser Commissuren auf eine gleiche Weise in die Bildung der Knoten ein. Es sind bloss die untern Stränge der Stammnerven, welche in die Ganglien !) anschwellen. Die übrigen 2) verlaufen ganz gesondert ober- halb der Knoten, sind aber mit ihnen in dasselbe Neurilem einge- schlossen. Sehr deutlich erkennt man diese Anordnung in der Gan- glienkette der grössern Insekten, z. B. der Pamphagusarten, wo man schon mit unbewaflnetem Auge auf der Oberfläche jedes einzelnen Knoten, besonders in der Brust, die strangförmigen obern Bündel der Stammnerven unterscheidet. Höchst interessant wird dieses Verhält- niss durch den gewissermassen analogen Bau der vom Rückenmark der Wirbelthiere ausgehenden Nerven. Ob man übrigens von dieser Be eeischen Aehnlichkeit auch auf eine entsprechende physiologi- sche schliessen darf, ob man in Wirklichkeit gesonderte motorische | 1) Ic. zootom. Tab. XXII. fig. XXVL XXVL. aa — 2) Ibid. b. b. fig. XXV.a.a 36 Nervensystem der Insekten. und sensible Stränge I) in der Bauchkette der Insekten vorfindet, muss erst durch weitere Erfahrungen, besonders durch das Experi- ment erwiesen werden. Die Ganglienkette der Insekten erstreckt sich vom Kopfe bis in die hintern Segmente des Abdomen. Sie verläuft in der Medianlimie des Körpers unter dem Darmrohre, dessen vorderer Theil, der Oeso- phagus, zwischen den beiden ersten im Kopfe gelegenen Knoten und den entsprechenden Commissuren hindurchläuft. Der so den Schlund wie ein Halsband, umfassende Nervenring wird gewöhnlich für das Hirn der Insekten gehalten. Das vordere über dem Oesophagus ge- legene Ganglion soll dem grossen Gehirne der Wirbelthiere, besonders dem Mittelhirne, entsprechen, die seitlichen Commissuren den Gross- hirnschenkeln, das zweite unter dem Schlunde gelegene Ganglion end- lich dem verlängerten Marke 2). Uebrigens unterscheiden sich diese Partien in ihrer Structur und sonstigen Anordnung von keinem andern Theile des centralen Nervensystemes. Höchstens zeichnet sich das obere Schlundganglion durch eine beträchtlichere morphologische Entwicklung vor den übrigen aus. Der dem untern Schlundganglion folgende ei- gentliche Bauchstrang der Insekten soll dem Rückenmark der Wir- belthiere analog sein. Die Anzahl der Ganglien ist in den verschiede- | nen Ordnungen und Zuständen der Insekten eine verschiedene. Im Allgemeinen besteht allerdings das Gesetz, das jedoch nicht ohne Aus- nahme ist, dass die Zahl der Ganglien mit der der freibeweglichen Leibesringe übereinstimmt, und dass die Ganglien selbst um so näher zusammenrücken und um so eher mit einander verschmelzen, je kür- zer die einzelnen Segmente des ‚Leibes und je weniger frei beweglich dieselben sind. Die Ganglien der Brust entsprechen noch am häufig- sten in ihrer Zahl den drei Segmenten des Thorax. Ihre Längscom- missuren weichen nicht selten bogenförmig auseinander und sind bei- nahe immer viel deutlicher getrennt, als im Abdomen. Hie und da nehmen sie sogar einen innern Fortsatz des Hautskelets oder den In- sertionspunkt von Muskeln zwischen sich. Nur bei einigen Gruppen von Insekten findet eine wirkliche seitliche Verschmelzung derselben statt. Die Grösse der Ganglien übertrifft in der Regel alle übrigen mit Ausnahme des ersten Kopfknoten. Unstreitig hängt dieses mit der gan- zen beträchtlichern Entwicklung des Brustkastens und der daran be-' festigten Bewegungsorgane zusammen. Wie nämlich die Nerven der‘ Kopfganglien für die an diesem Körperabschnitt befindlichen Sinnesor- gane, für Fühler und Fresswerkzeuge bestimmt sind, so entsprechen I) So deutete Newport diese Anordnung, die er zuerst entdeckte (vgl. Phi- losoph. Transact. 1834. a. a. O.). Anders Helmholtz a. a. O. 2) So nach Newport. Burmeister hält das untere Schlundganglion für ein Analogon des kleinen Gehirnes. * | Nervensystem der Insekten. 37 die Nerven der Brustknoten den Organen des Thorax, besonders den Flügeln und Beinen. Die Anzahl dieser peripherischen Ausstrahlungen ist eine verschiedene. Am gewöhnlichsten entspringen jederseits aus den Ganglien zwei oder drei Nerven, die nach ihrem Austritt radien- föormig auseinander weichen, sich in verschiedene Aeste spalten, hie und da selbst einzelne Plexus bilden und endlich an die für sie be- stimmten Theile treten. Mitunter verbinden sich auch einzelne Nerven- äste verschiedener Ganglien miteinander. Viel einfacher sind alle diese Verhältnisse in dem Nervenstrange des. Abdomen. Die Stammnerven liegen näher aneinander, die Ganglien selbst sind kleiner und die An- zahl der von ihnen ausstrahlenden Nerven ist geringer. Gewöhnlich findet sich jederseits nur ein Hauptstamm, dessen Zweige sich an die Muskeln der Bauchhöhle begeben. Nur das letzte Hinterleibsganglion macht davon wieder eine Ausnahme. Es ist von allen im Abdomen das grösseste, zeigt häufig noch Spuren seiner Zusammensetzung aus mehren Knoten und entsendet eine Anzahl kräftiger Nerven an die Ge- ‚ schlechtswerkzeuge und den Endtheil des Darmkanales. Die einzelnen Fasern, welche durch ihre Vereinigung einen jeden dieser peripherischen Nerven bilden, kommen theils aus den obern, theils aus den untern Strängen der Stammnerven N). Bisweilen aber scheint eine andere Anordnung stattzufinden. So giebt z. B. das ver- schmolzene grosse Ganglion bei den Pupiparen ?) jederseits von seiner obern und untern Fläche besondere Nerven ab, deren erstere sich fast ausschliesslich an die beweglichen Extremitäten begeben. Viel- leicht hängt dieses mit dem oben erwähnten Bau der Ganglien zusam- men, so dass möglicher Weise die einen der ausstrahlenden Nerven rein motorische, die andern rein sensible sind. Zur Befestigung des Nervenstranges im Innern des Abdomen scheint häufig noch eine besondere maschenförmige Schicht eines zarten Mus- ‚ kelgewebes zu dienen, die, wie man besonders bei den Heuschrecken ‚und Bienen deutlich wahrnehmen kann, über der Nervenkette sich von einer Seite des Körpers zur andern ausspannt und mit den Sternal- muskeln der Brust in Zusammenhang steht. Bei vielen Dipteren (Ti- dan Im pula, Empis u. a.) und den Lepidopteren scheint sie sogar mit dem Neurilem des Bauchstranges verbunden zu sein, wodurch eine gewisse Aehnlichkeit mit den sogenannten flügelförmigen Seitenmuskeln . des Rückengefässes sich herausstellt. Die zahlreichen Abänderungen in dem Bau des centralen Nerven- systemes bei den Insekten erstrecken sich noch am wenigsten auf die beiden Schlundganglien, auf das sogenannte Gehirn. Das obere 3) l) Ie. zoolom. Tab. XXIN. fig. XXV. 2) Vergl. LeonDufour, surlespupipäresin Ann. des sc. nat. Jahrg. 1845. p. 66. 3) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XVL XVII. XX. XXI a. a. Die vollständig- 38 Nervensystem der Insekten. liegt unmittelbar unter den vom Kopfschilde entspringenden Muskeln der Mandibeln auf dem Anfange des Schlundes. Es ist eine quere, dicke Nervenmasse, an der sich fast allgemein zwei seitliche runde oder ovale Hemisphären !) unterscheiden lassen, die durch eine mittlere engere Commissur, dem Balken der Wirbelthiere vergleichbar, zusammenhängen. Bei vielen Käfern und Schmetterlingen rücken die beiden Hemisphären näher zusammen und verschmelzen sogar bei ei- nigen Wanzen (z. B. Pentatoma) zu einem einfachen rundlichen oder quer ovalen Knoten. An den Seiten treten die Sehnerven 2) für die zusammengesetzten Augen hervor, ein Paar sehr beträchtlicher Stämme, die sich in ihrem Verlaufe allmälig zu einem kegelförmigen Lappen er- weitern. Aus diesem entspringen dann erst die eigentlichen Sehner- venfasern für die einzelnen Augen. Die Formverschiedenheiten der Sehnerven sind ziemlich bedeutend. Mitunter zeigen sie schon an ih- rer Basis eine knotenartige Anschwellung oder besitzen gleich bei ih- rem Ursprunge einen so beträchtlichen Durchmesser, dass sie fast nur als seitliche Fortsetzungen der Hirnlappen erscheinen. Bei den Libellen, den Fliegen und andern Insekten übertrifft ihre Masse die des Hirns nicht selten um ein Beträchtliches. Pentatoma 3) soll endlich jederseits zwei von einander getrennte Sehnerven besitzen, die an ih- rer Basis in eine gemeinschaftliche keulenförmige Anschwellung zusam- menfliessen. Von der obern Fläche des Hirnes zwischen den Sehner- ven entspringen bei den mit Nebenaugen versehenen Insekten noch be- sondere Nebensehnerven. In ihrer Zahl und Lage variiren sie. Im- mer aber sind sie feine Nervenstämme, die in ihrem Verlaufe allmälıg divergiren und bisweilen (z. B. bei den Wespen und Cicaden) in ein gemeinschaftliches Ursprungsstämmchen verschmelzen. Von der vor- dern Fläche des obern Hirnknoten nehmen die Fühlernerven ®) ih- ren Ursprung, zwei bald seitliche, bald mehr aus der Medianlinie her- vorkommende Fäden, die bei den Hymenopteren und andern Insekten an ihrer Basis eine kleine Verdickung zeigen. Endlich finden sich an der vordern untern Fläche noch ein Paar kleiner Nerven 5), die an den Seiten des Oesophagus herabsteigen und unter demselben zu einem Ringe sich verbinden. Vielleicht sind sie die Geschmacksnerven der Insekten. Nach unten und hinten treten aus dem Hirne die seitli- sten Abbildungen vom Gehirn und seinen Nerven geben Lyonet von der Weiden- raupe, Straus vom Maikäfer, Newport vom Ligusterschwärmer. 1) Diese beiden seitlichen Lappen finden sich im Grunde bei einem jeden Kno- ten des Nervenstranges, nur sind sie sonst in der Regel innig mit einander ver- schmolzen. Ein jeder der beiden Stammnerven besitzt ja eigentlich sein eigenes Ganglion, wie wir sie gerade in den Hemisphären wiederfinden. 2) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XVII. XVII. XX. b.b. 3) Abgebildet bei L&öon Dufour, Rech. sur les Hemipt. Tab. XIX. 4) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XXL. — 5) Ibid. fig, XX.n. N ervensystem der Insekten. 39 chen Commissuren!!) hervor, zwei starke Nervenstränge von ver- schiedener Länge, die den Schlund umfassen und unter demselben zur Bildung des zweiten Kopfganglions zusammentreten. Aeusserst kurz sind sie besonders bei manchen saugenden Insekten, bei den Bienen und vielen Hemipteren z. B., wo dann beide Ganglien wie verschmolzen er- scheinen und den Schlund nur durch eine kleine Oeflnung durchlas- sen. Beträchtlich lang dagegen sind die Commissuren bei Truxalis. Das untere Schlundganglion 2) ruht auf der Basis der Schädelhöhle zwischen den leistenförmigen Hervorragungen des innern Kopfskelets unter dem sogenannten Hirnzelte. Gewöhnlich ist dasselbe ein kleiner länglicher oder herzförmiger Knoten, dessen seitliche Nerven die Mus- keln der Fresswerkzeuge versorgen. In der Regel finden sich drei solcher Nerven für die drei Kieferpaare, deren Entwicklung und Ver- zweigung indessen nach der grössern oder geringern Ausbildung der entsprechenden Organe verschieden ist. So ist z. B. der Oberkiefer- nerv bei Lucanus cervus von einer beträchtlichen Grösse und Ausbil- dung, während bei Melolontha der Lippennerv nur durch einen Zweig des Maxillarnerven vertreten wird. Eine solche theilweise Vereinigung ist überhaupt nicht so selten. Bei den Grylliden u. a. findet sich so- gar nur ein einziger gemeinschaftlicher Stamm für alle drei. Aus dem hintern Ende des untern Schlundganglion entspringen die beiden star- ken, nur in seltenen Fällen (Dipteren) in einen gemeinschaftlichen Kranz verschmolzenen Längscommissuren, die in den Thorax treten und hier den Anfang der Bauchkette bilden, als dessen ersten Knoten man auch schon das untere Schlundganglion betrachten kann. Dieser Ganglienstrang zeigt in seiner Anordnung bei den In- sekten die grösste Manchfaltigkeit, mitunter schon bei ganz nahe ver- wandten Gruppen und Gattungen. In der Anordnung der CGoleopte- ren lassen sich nach der grössern oder geringern Goncentration der Ganglien, auf die man alle diese Verschiedenheiten zurückführen kann, zwei grosse Abtheilungen unterscheiden. Zu der erstern gehören die meisten Käfer, besonders solche, die eine mehr gestreckte Körperform besitzen, die Caraben, Staphylinen, Elateren, Heteromeren, Longicor- nen, Chrysomelinen und viele andere. Im Thorax findet man hier z. B. bei Garabus 3) drei grosse rundliche Knoten, die ja vor den in- nern Gabelfortsätzen der drei Brustsegmente liegen und von den hier entspringenden Muskeln bedeckt werden. Von vorn nach hinten neh- men sie an Grösse zu und rücken ebenso auf einander näher. Ihre Längscommissuren verlaufen zwischen den gabelförmigen Fortsätzen \ des innern Skelets. Die Verschiedenheit in dem Ursprung der von 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XX. m. m. — 2) Ibid. fig. XVII. XXI. 1. RX. 1. 3) Abgebildet bei Newport in der Cyelopädia, fig. 407. 40 Nervensystem der Insekten. diesem Knoten ausgehenden Nerven beschränkt sich fast allein auf die grössere oder geringere Entwicklung eines Zweiges bis zu einem be- sondern Stamme. Gewöhnlich findet man an den Seiten des im Pro- thorax gelegenen ersten Brustknoten zwei starke Nerven, von denen der vordere für das entsprechende Fusspaar bestimmt ist, während der hintere sich an die Muskeln der Vorderbrust vertheilt. Ein Zweig des erstern Nerven, der an die Nackenmuskeln tritt, entwickelt sich mitunter noch zu einem besondern Stamme, der-dann am weitesten nach vorn gelegen ist. Das zweite Brustganglion entsendet in der Re- gel drei Paare von Nerven, von denen das vordere die Flügeldecken versorgt, das mittlere die entsprechenden Beine und das hintere die Muskeln des Mesothorax. Ganz ähnlich verbreiten sich auch die drei Hauptnervenpaare des letzten Brustknoten, welcher ausserdem noch gewöhnlich einige kleinere Muskeläste nach hinten abgiebt. Bei eini- gen Käfern (z. B. Staphylinus, Lampyris, Meloe u. a.) findet sich eine eigenthümliche Anordnung in dem Ursprung der Flügelnerven !). Diese nämlich entspringen hier mit doppelten Wurzeln, mit einer vor- dern, die in einem nach rückwärts laufenden Nervenaste der Com- missuren besteht, und eier hintern, die aus den entsprechenden Gan- glien selbst hervorkommt. Die Ganglien des Hinterleibes sind ihrer Zahl nach verschieden; bei Timarcha finden sich z. B. deren 4, bei Meloe, Cerambyx 5, bei Carabus, Lucanus 6, bei Necydalis sogar 7. Diese Verschiedenheit rührt daher, dass die fehlenden Knoten theils nach vern mit dem dritten Brustganglion, theils nach hinten mit dem letzten Abdominalganglion, verschmelzen. Mitunter sieht man noch deutliche Spuren dieser Vereinigung besonders an dem letzten Knoten, der sehr häufig eine Sförmige Figur besitzt. Bei Necydalis u. a. ist auch der vorderste Bauchknoten dem vorhergehenden letzten Brust- ganglion schon sehr nahe gerückt. Die Commissuren dieser Bauchkette sind überhaupt kürzer als in der Brust, besonders zwischen den hin- tern Ganglien. Diese sind mit Ausnahme des letzten alle viel kleiner als die Ganglien des Thorax, besitzen eine längliche Form und entsen- den gewöhnlich ein oder höchstens zwei Paare von Nerven, die sich unter den Eingeweiden an den Muskeln der Abdominalsegmente ver- breiten. Die Nerven des letzten grössern Ganglions sind dagegen viel stärker und zahlreicher. Sie verbreiten sich strahlenförmig an die Ge- schlechtstheile und den Mastdarm. Bei den Käfern der zweiten Abtheilung sind die beiden hintern Brust- ganglien in eine gemeinschaftliche oblonge Masse verschmolzen. So ist es z. B. bei Necrophorus der Fall. Im Abdomen dagegen unterscheidet | ınan hier noch ganz distinct 5 Ganglien, von denen das erste freilich dem vorhergehenden grossen Brustganglion schon ganz nahe gerückt I) Vergl, hierüber Newport in Todd’s Cyclopädia a. a. 0. p. 955. Nervensystem der Insekten. Al ist. Auch das letzte Ganglion ist beinahe mit dem vorletzten ver- schmolzen. Weiter geht die Centralisation schon bei Dytiscus !), wo die vier Bauchganglien zu einem knotigen Markstamme verschmolzen sind und unmittelbar hinter dem zweiten grossen Brustknoten zwischen den Hüften liegen. Am beträchtlichsten ist die Verschmelzung der Ganglien bei den Rhynchophoren und Lamellicornien (mit Ausnahme ; von Lucanus und ähnlichen). So ist z. B. bei Melolontha 2) der ganze ‚ Nervenstrang auf drei unmittelbar hinter einander im Brustkasten ge- legene Ganglien beschränkt. Das erste befindet sich, wie gewöhnlich, im Prothorax und entsendet jederseits, ausser eimigen kleinern Muskel- ästen, einen starken Neryenstamm, von dessen Zweigen der eine an die Vorderfüsse tritt. Der zweite rundliche Knoten, dessen Duplieität noch durch eine mittlere Oeffnung angedeutet ist, lässt aus seiner vor- dern sowohl, als seiner hintern Partie vorzüglich zwei Paare von Ner- ven für die Flügeldecken und mittleren Füsse entspringen, die zugleich viele Zweige an die naheliegenden Muskeln abgeben. Die Nerven des letzten Knoten verzweigen sich strahlenförmig an die Muskeln des Ab- domen. Die beiden innersten Nerven verlaufen parallel neben einan- der, bis sie an den Geschlechtstheilen und dem Mastdarm sich in zahl- reiche Zweige auflösen. Die Orthopteren und Neuropteren zeigen in der Anordnung ihres Bauchstranges eine grosse Uebereinstimmung unter sich und mit den Käfern der ersten Abtheilung. Sie alle besitzen drei durch ihre stärkere Entwicklung sich auszeichnende Brustganglien in den entspre- chenden Segmenten, deren Commissuren bisweilen (Pamphagus u. a.) ‚ einen ziemlich starken nach innen aufsteigenden Fortsatz der Sternal- platten zwischen sich nehmen. Unter den von den einzelnen Ganglien ausgehenden Nerven machen sich besonders die der Locomotionswerk- ‚ zeuge durch ihre Stärke bemerklich. Die Flügelnerven zeigen auch ' mitunter eine Anordnung (Forficula, Panorpa u. a.) wie sie bei man- ‚ chen Käfern gefunden wird. Bei den Grylliden verbindet sich sogar ‚ jedes Mal der erste Nerv der drei Brustganglien bogenförmig mit. dem | letzten Nerv des vorhergehenden Knotens 3). Die Bauchganglien sind viel kleiner als die in den Brustringen gelegenen Knoten. Ihre Com- ‚ missuren liegen dicht aneinander. Die Zahl der Bauchknoten ist im Allgemeinen grösser als bei den Käfern. Termiten und Libellen be- sitzen deren 7, Gryllus, Locusta, Blatta, Phasma, Forficula 4) u. a. de- 1) Abgebildet und beschrieben bei Burmeister a. a. O. Tab. 16. fig. 9. | 2) Vergl. die schöne Abbildung und Beschreibung bei Straus a. a. O0. Tab, \ 9. fig. 1. 3) Burmeister entdeckte solche » verbindende Nebenstränge « zuerst in den Brustringen an der Larve von Calosoma sycophanta. a. a. ©. I. p. 299. 4) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XIX, 42 Nervensystem der Insekten. ren 6. Das letzte, zugleich das grösseste, zeigt überdies noch deutlich | seine Zusammenselzung aus zweien. Bei den Hymenopteren findet man im Thorax nur zwei einan- der nahe gerückte und aus mehren verschmolzenen Knoten bestehende Ganglien, deren letzteres das grössere ist. Zu ihren Seiten bilden die | daraus entspringenden Flügelnerven, wenigstens bei den Bienen und den Ichneumoniden, bald nach ihrem Ursprung einen förmlichen Plexus, ' aus welchem sie dann erst als bestimmte und gesonderte Nerven her- vortreten. Unstreitig hängt diese Anordnung mit dem kräftigen Fluge ' dieser Thiere und mit dem gleichzeitigen Bewegen ihrer Flügelpaare zusammen. Der Hinterleib besitzt 5 durch doppelte Commissuren ver- bundene Knoten (Apis), deren Zahl aber bisweilen (z. B. Anthidium) | durch die Verschmelzung der beiden letzten verringert wird. Ganz ähnlich ist die Anordnung der Bauchkette bei den Schmet- terlingen. Auch hier besitzt z. B. bei Sphinx ligustri }) der Thorax | nur zwei Ganglien, deren ziemlich zahlreiche Nerven theils an die Lo- | comotionswerkzeuge treten, theils die naheliegenden Muskeln versor- gen. Letztere sind, wie gewöhnlich, die schwächern. Die Flügelner- ven bilden einen Plexus, ganz wie bei den Hymenopteren. Im Hin- terleibe zählt man 5 Ganglien, deren erstes das schwächste und kleinste ist, während das letzte sich durch seine bedeutende Grösse vor den übrigen auszeichnet. Die seitlichen Commissuren liegen im Bauche dicht neben einander und sind sogar bisweilen (Papilio, Geometra u. a.) wirklich nur in eine einzige verschmolzen, die höchstens noch an ih- rem untern Ende eine Andeutung ihrer Duplieität zeigt. In der Klasse der Dipteren zeigen sich wiederum manche grös- sere Verschiedenheiten im Bau der Ganglienkette. Ueberall zeichnet sich diese aber dadurch aus, dass ihre Commissuren in einen einfa- ) chen Strang verschmolzen sind. Die Tipulaceen besitzen, wenigstens noch einige derselben, drei von einander deutlich getrennte, wenn! auch nahe gerückte Brustknoten. Bei andern verschmelzen sie schon ) in einen eylindrischen Markstamm, der aber immer noch durch tiefe Einschnitte diese einzelnen Knoten erkennen lässt. Unter den Nerven zeichnen sich besonders die 3 Paare, welche an die Füsse treten, durch ihre starke Entwicklung aus. Im Abdomen findet man 6 Ganglien, deren Entfernungen, wie gewöhnlich, von vorn nach hinten etwas ab- nehmen. Bei den eigentlichen Fliegen verschmelzen die Ganglien der Brust in einen gemeinschaftlichen, grossen, länglichen Knoten, der nach hinten in das Abdomen den einfachen Stammnerven absendet. Dieser schwillt dann von Zeit zu Zeit in kleine längliche Ganglien an, } deren Zahl aber bei den verschiedenen Arten varürt. Sie ist bei Rha- I) Vergl. die schönen Abbildungen bei Newport in Philosoph. Transacl, Jahrg. 1531. Eine Copie daraus Ic. zootom. Tab. XXL. fig. XV. Nervensystem der Insekten. 43 gio z. B. 6, bei Empis 5, bei Musca und Eristalis nur 2. Das letzte ist überall das grösseste und giebt den meisten Nerven ihren Ursprung. Die Pupiparen !) endlich besitzen überhaupt nur ein einziges Ganglion im Thorax, aus welchem an den Seiten die Nerven für die Locomo- tionsorgane, nach hinten die parallel neben einander herabsteigenden Stämme für den Geschlechtsapparat und die Verdauungsorgane ent- springen. Eine ähnliche Centralisation des Bauchstranges kommt ganz allge- mein bei den Hemipteren 2) vor. Hier unterscheidet man aber noch zwei Brustganglien, ein vorderes, kleineres und ein hinteres oblonges und grösseres. Ersteres ist bei Nepa von dem folgenden noch durch ein Paar ziemlich langer Commissuren getrennt und liegt im Prothorax. Bei den meisten übrigen Hemipteren (Hydrometra, Ranatra, Pentatoma, Cicada u. a.) ist es aber unmittelbar mit dem andern Ganglion ver- bunden und nur durch einen tiefen Einschnitt von ihm getrennt. Mit- unter (bei Ranatra z. B., Hydrometra und Pentatoma) sind diese sogar nur durch ein Paar sehr kurzer Commissuren vom untern Schlundgan- glion getrennt, so dass das ganze centrale Nervensystem hier fast in eine einzige längliche Masse verschmolzen ist. Im Hinterleibe erset- zen zwei in der Mitte liegende parallele Hauptnerven, die bei Pen- tatoma in einen einfachen Strang verschmolzen sind, die fehlende Gan- glienkette. Die Parasiten endlich zeigen in dem Bau ihrer Nervenkette die grössesten Verschiedenheiten. So besitzt Lepisma drei grosse, deutlich getrennte Brustganglien und im Abdomen einen lang gestreckten kno- tenreichen Strang, wie die Orthopteren. Bei den Thysanuren dagegen, z. B. bei Sminthurus 3), sind die Brustganglien in einen beträchtlichen Nervenknoten verschmolzen, dem nach hinten auf der Grenze zwischen Thorax und Abdomen noch ein ovales Hinterleibsganglion folgt. Aus diesem entspringen besonders drei Nervenstämme, ein in der Median- linie des Leibes herabsteigender unpaarer Nerv und zwei seitliche. Noch andere Parasiten, wie Pediculus, schliessen sich in der Anord- nung ihres Ganglienstranges eng an die Hemipteren. Von diesem eigentlichen cerebro-spinalen Nervensysteme der In- sekten muss man noch einige andere zusammenhängende Partien von Nervenbündeln unterscheiden, die durch ihren eigenthümlichen Verlauf und ihre Verbreitung an bestimmte Gebilde, deren Function zum Theil der Willkür entzogen ist, ihre besondere Natur beurkunden. Hieher gehört zuerst das System der sogenannten nervi accessorü respira- 1) Abgebildet bei Leon Dufour. a. a. 0. 2) Vergl. Leon Dufour’s oben angeführte Monographie dieser Insekten und die auf Tab. XIX. gegebenen Abbildungen. 3) Nicolet, recherch. pour servir ä Y’histoire des Podurelles. Neufchat. 1841. 44 Nervensystem der Insekten. Zorii oder n. transversi!). Ks besteht dieses System zwischen je zweien Ganglien in einem kleinen unpaaren Stamme 2), der aus dem hintern obern Ende derselben hervorkomnmt, eine Strecke über und zwischen den Längscommissuren verläuft und sich dann plötzlich in zwei quere Nerven spaltet, von denen ein jeder unter einem rechten Winkel von dem Stamme zur Seite abweicht 3) und sich besonders an die Athemmuskeln, an die Tracheen und das Rückengefäss verzweigt. Der Zusammenhang dieser einzelnen Partien wird jederseits durch ei- nen kleinen, dünnen Faden vermittelt, der von den queren Zweigen bald nach ihrem Ursprunge abgeht, dicht über dem folgenden Gan- glion herabsteigt und sich in der Mittellinie mit dem entsprechenden Bündel der andern Seite zur Bildung eines neuen unpaaren Stammes vereinigt, welcher zugleich einige Fäden aus dem obern Strange der Stammnerven in sich aufnimmt. Vorn communieirt dieses respira- torische System mit den Seitenganglien der Eingeweidenerven. Auch mit den cerebrospinalen Aesten gehen die transversellen Zweige man- cherlei Verbindungen 4) ein. Uebrigens ist die ganze Anordnung dieses Systemes erst bei wenigen ausgebildeten Insekten genauer untersucht. Wo man es kennt, bei einigen Schmetterlingen, Heuschrecken und Kä- (fern, scheint es übrigens manche Verschiedenheiten darzubieten, die sich hauptsächlich freilich nur auf die grössere oder geringere Entwicke- lung dieser Nerven und ihr Verhältniss zu den einzelnen Knoten des Ganglienstranges erstrecken. Bei Pamphagus, wo es überall ziemlich deutlich zu erkennen ist, zeigt sich sogar eine Differenz in den einzel- nen Partien. So scheinen am ersten Brustganglion die queren Zweige unmittelbar aus dem Knoten hervorzukommen, in den sich der auf len vorhergehenden Commissuren herabsteigende unpaare Stamm ver- liert. In der vordern Hälfte der Nervenkette des Hinterleibes dage- gen gehen diese Zweige etwa erst in der Mitte zwischen je zweien Ganglien ab. Die stärkste Entwicklung zeigen die n. /ransversi hinter dem vorletzten Ganglion. Sie übertreffen hier sogar die in dem Tho- rax sich verzweigenden Aeste dieses Systemes. Auch insofern zeigt sich hier noch eine Abweichung, dass der nächste Stammnerv nicht durch das Zusammentreten zweier seitlicher Fäden gebildet wird, wie es ge- wöhnlich der Fall ist, sondern unmittelbar schon einfach aus der Bi- [urcation hervorgeht. Bei andern Insekten, z. B. bei Carabus, schwillt I) Lyonet entdeckte diese Nerven bei der Weidenraupe und beschrieb sie als brides “pinieres. Vergl. a. a. 0. p. 2011. und Tab. IX. fig. Lu.2. Newport vervollständigte diese Entdeckung und wies den eigentlichen Zusammenhang dieses Systemes nach. (Philosoph. Transact. 1832. II. p. 389. 1834. II. p. 401. 1836. II. p. 544. und Todd’s Cyclop. I. ce. p. 947.). 2) Ic. zoolom. Tab. XXI. fig. XXVI u. XXVI. c. — 3) Ibid. fig. XVII. NN ART, - 4) Ibid. fig. XX. kf. XVUL if. — Eine treffliche Abbildung aller Verzweigungen der n. transversi lieferle Newport in Todd's Cyel, fig. 400. e Nervensystem der Insekten. 4) ein jeder Stammfaden bei dem Ursprung der n. Iransversi in einen kleinen Knoten an. Gryllus besitzt ein solches Ganglion nur an der Endigung des letzten Stammfaden, dessen Aeste sich dann an das Rectum verzweigen. Einen weit bedeutendern Grad von Selbstständigkeit und eine all- gemeinere Verbreitung erreicht bei den Insekten das System der Mund- magen- oder Eingeweidenerven (nn. reproductorü) !). Es besteht dieses allgemein aus einem unpaaren und einem paarigen Gellechte von Ganglien 2), die mit dem Gehirne nur durch feinere Aestchen ver- bunden sind, und deren Nerven sich besonders auf der obern und seitlichen Fläche der Speiseröhre und des Magens verzweigen. Erste- res, das man in der Regel mit dem n. vagus der Wirbelthiere vergli- chen hat, ist ein unter dem Gehirne auf der Rückseite des Oesopha- gus bis zum Magen herablaufendes Stämmchen 3), das in einem vor der Stirne liegenden Ganglion (g. frontale) 4) sein Gentrum hat. Die- ses entsendet nach hinten und oben noch zwei seitliche, bogenförmige Verbindungsäste an den vordern Theil des Hirnes und mehre feine Zweige an die Mundtheile. Das paarige System, das mehr dem n. sympathicus der höhern Thiere entsprechen soll, bestehet jederseits aus zweien kleinen Ganglien 5), die auf dem Anfang der Speiseröhre hinter dem obern Schlundknoten liegen, mit diesem 6), so wie dem unpaaren Stamme und unter sich durch feine Reiserchen in Verbin- dung stehen und einige Zweige an die Speiseröhre und den Anfang des Magens entsenden. Die relative Ausbildung dieser zwei Systeme ist in den verschiedenen Ordnungen eine höchst verschiedene. Ge- wöhnlich ist die grössere Entwicklung des einen mit dem Zurücktreten des andern verbunden. So bestehen die Mundmagennerven der CGoleopteren in einem sehr entwickelten unpaaren, und einem gewöhnlich nur schwach ent- wickelten paarigen Systeme. Ersteres 7) tritt bis weit auf den Ma- gen und bildet nicht selten in einer Bifurcation noch einen besondern Knoten, z. B. bei Meloe 8). Das gangl. frontale °) ist in der Regel nur einfach. Bei Timarcha entspringen von ihm ausser den gewöhnli- 1) Ausser den oben angeführten Werken von Lyonet, Burmeister, New- poort u. a. vergleiche J. Müller in nov. act. Leop. XIV. 6. 1. 71. u. besonders die trefllichen Untersuchungen von Brandt, Beobachtungen über die Systeme der Eingeweidenerven u. s. w. Isis 1831. p. 2003 u. über den Mundmagen- oder Eingeweidenerv der Evertebraten. 4. Leipz. 1835. 2) Den unpaaren Nerven (n. recurrens) hat Swammerdam zuerst bei dem Nashornkäfer und der Weidenraupe dargestellt, den paarigen (systeme nerveux d’or- ganes vitaux) Straus bei dem Maikäfer. 3) S. Ic. zootom. Tab. XXIM. fig. XVII. Das System der Mundmagennerven bei einer Puppe von Sphinx ligustri. — Ibid.e. — 4) Ibid.e. — 5) Ibid. d.d. — 6)Arlbid.ge: ic — 7) Ibid. fig. XXL AXI. ee. — 8) Ibid. AXM. b. — 9) Ibid. XALNXIL. e. 46 Nervensystem der Insekten. chen Aesten noch zwei seitliche ziemlich bedeutende Nerven 1), die sich nach hinten an den Muskeln des Pharynx verzweigen. In seinem Verlaufe bildet der unpaare Nerv bisweilen (Lucanus) hinter dem Hirn noch ein besonderes Ganglion, wo er nämlich die Verbindungsfäden der ihm zur Seite gelegenen paarigen Geflechte aufnimmt. Diese sind in der Regel nur unbedeutende Verzweigungen zweier neben und vor einander liegender Knoten, die mitunter sogar gänzlich verschmelzen. Nur bei den Buprestiden entwickelt sich ein Ast des hintern Ganglions zu einer bedeutenden Grösse und läuft parallel mit dem unpaaren Nerven an den Seiten des Oesophagus herab. Viel ansehnlicher im Ganzen sind die Mundmagennerven der Or- thopteren. Während sich hier bei den einen (Mantis, Phasma, Blatta u. a.) eine vorzugsweise Entwicklung des unpaaren Systems findet, wie bei den Käfern, ist es bei den andern (den Locustinen und Acri- diern etc.) der paarige Theil, der die Hauptnerven für die Muskeln des Pharynx und des Oesophagus abgiebt. Unter den ersteren zeich- net sich Phasma durch die starken seitlichen Verzweigungen des un- paaren Stammes aus, die auf der Unterseite des Oesophagus mit ein- ander communiciren und ein weitmaschiges Nervennetz bilden. Blatta entsendet von dem Magenknoten einen langen, feinen zurücklaufenden Ast .an die Speicheldrüsen. Die Nervenäste der seitlichen Ganglien sind dagegen nur unbedeutend. Die vordern derselben, zugleich die grössern, besitzen in der Regel eine längliche Gestalt und liegen in der Medianlinie dicht neben einander. Bei Pamphagus verschmelzen sie an ihrem vordern Theile mit dem kleinen Endknoten des unpaaren Systemes. Bei den übrigen Heuschrecken, Gryllus 2) u. a. sind sie nur durch einen Zweig damit verbunden. Ausserdem entsenden sie hier noch zwei Verbindungsäste an das Gehirn und an die neben ihnen gelegenen kleinern Ganglien des paarigen Systemes. Auch diese com- munieiren mit dem Hirne durch einen nach vorn verlaufenden Nerven. Die auf dem Oesophagus sich verzweigenden Geflechte entspringen so- wohl aus den vordern, als aus den hintern dieser Knoten. Jene ent- senden zwei Paare von Nerven, die auf der Rückseite der Speiseröhre verlaufen. Die äussern erstrecken sich weiter nach unten und schwel- len an ihrem Ende in einen Knoten an. Viel länger und stärker ist ein einfacher, aus den hintern Ganglien des paarigen Systemes ent- springender Nerv, der an den Seitenflächen des Oesophagus bis zum Magen herabsteigt, auf der Mitte des Kropfes und am Ende desselben einen Knoten bildet und sich endlich zwischen den zipfelflörmigen Blindsäcken des Magens verliert. Bei Pamphagus finden sich über- haupt nur die beiden hier freilich stärker entwickelten Nervenstämme 1) Ic. zootom, Tab. XXI, fig. XXI. XXIL e!, 2) Abgebildet und beschrieben bei Burmeister, S. tab. 16. fig. 6. Nervensystem der Insekten. AT der vordern Ganglien des sympathischen Systemes. Ihre Verzweigun- gen breiten sich baumförmig über den Oesophagus aus. Die innern Bäume sind kürzer und verästeln sich besonders auf der Rückseite dieses Darmtheils, die äussern dagegen reichen an den Seiten dessel- ben bis vor den Magen, wo sie einen starken Knoten bilden und von dort aus in zahlreiche Aeste sich auflösen. Unter den Neuropteren zeigt das sympathische System, wenig- stens bei Libellula, eine ähnliche Anordnung wie bei den Heuschre- cken. Der unpaare Stamm jedoch ist stärker entwickelt und erstreckt sich fast bis zum Magen herab. Die vordern Ganglien des paarigen Systemes liegen unmittelbar hinter dem Hirne dicht neben einander auf der Rückseite der Speiseröhre. Sie verbinden sich durch einen einfa- chen Ast mit den hintern äussern Ganglien, aus denen ein langer Nerven- stamm hervortritt, welcher sich auf den Seiten der Speiseröhre verbreitet. Die Hymenopteren und Hemipteren besitzen in dem Bau und der Vertheilung ihrer Mundmagennerven, wenigstens soweit solche be- kannt sind, eine vollkommene Analogie mit den entsprechenden Thei- len der Käfer. Auch die Lepidopteren schliessen sich im Wesentlichen der An- ordnung ‘der Mundmagennerven bei den Käfern an. Wie bei diesen, so sind auch bei manchen Schmetterlingen, z. B. Sphinx ligustri, die paarigen Ganglien jederseits in eine gemeinschaftliche längliche Masse !) verschmolzen. Nur dadurch scheinen sich alle Lepidopteren auszu- zeichnen, dass ihr unpaarer Stamm 2) an seiner Spitze nicht ein ein- faches Ganglion frontale bildet, wie es sonst gewöhnlich der Fall ist, sondern ein doppeltes, von welchen das vordere das kleinere ist. Weit rudimentärer sind die Eingeweidenerven bei den Dipteren. Hauptsächlich scheinen sich bei ihnen wieder die paarigen Stämme durch ihre Entwicklung auszuzeichnen. So erstrecken sich diese z. B. bei den Pupiparen bis mitten auf die im Thorax gelegene Partie des Chylusmagens. Die Anordnung der gesammten Nervengebilde bei den Insekten- larven entfernt sich im Allgemeinen nicht so sehr weit von der der vollkommnen Thiere. Die beträchtlichsten Abweichungen finden wir noch in dem Bau der Ganglienkette, obgleich man auch hier schon in den frühesten Perioden der Entwicklung den charakteristischen Schlundring und den Bauchstrang wiederfindet. Nur scheint das obere Schlundganglion ziemlich durchgehend wie z. B. bei Timarcha 3) aus zweien viel distineter getrennten Hemisphären zu bestehen, als es bei den ausgebildeten Insekten der Fall is. Auch die Vertheilung der von den beiden Hirnknoten entspringenden Nerven wird bisweilen im 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XVII. XVII XX. d.d. — 2) Ibid. e, — 3) Ibid. fig. XXII. a.a. 48 Nervensystem der Insekten. Laufe der Metamorphose geändert. So ähneln sie z. B. bei den kau- enden Raupen !) den entsprechenden Stämmen der vollkommenen Kä- fer, während durch die Umbildung dieser Werkzeuge in ein Saugorgan bei dem ausgebildeten Schmetterlinge eine andere Anordnung noth- wendig wird. Die Ganglien des Bauchstranges sind ganz allgemein bei den Larven in einer grössern Anzahl vorhanden. Gewöhnlich fin- den sich deren 11, die bald in einer langgestreckten Kette durch den ganzen Körper verbreitet sind, bald dicht an einander stossen und mehr oder minder zu einem eylindrischen Markstamme zusammenflies- sen. Ersteres finden wir bei den Caraben, Lucaniden 2), Heterome- ren und den übrigen zu dieser Abtheilung gehörenden Käfern, bei den Lepidopteren und Hymenopteren 3), letzteres bei den Dytisken den Rhynchophoren, den echten Lamellicornien und vielen Dipteren, beson- ders den eigentlichen Fliegen. Der Bauchstrang der ersteren Larven, z. B. der Raupen 9%), schliesst sich am nächsten an die bei den Orthopteren vorkommende Bildung an. Einem jeden Leibesringe entspricht ein Ganglion. Die drei dem untern Schlundganglion zunächst folgenden Knoten entsenden nach hinten die Nerven für die Brustfüsse, nach vorn dagegen, wie bei dem ausgebildeten Insekt, die künftigen Flügelnerven, welche häufig, (Sphinx z. B.) schon hier die charakteristische Verbindung mit den vor- hergehenden Commissuren zeigen. In der Raupe von Vanessa urticae entspringen sie sogar lediglich von den Stammnerven und gehen nur‘ mit dem respiratorischen Systeme eine Verbindung ein, die sich auch schon bei Sphinx 5) findet. Die Commissuren dieser drei Ganglien sind! von einer gleichen Länge und weichen seitlich gewöhnlich etwas aus‘ einander, um die Insertionspunkte einiger Muskeln zwischen sich zw nehmen. Bei der Larve von Cossus ist das erste dieser Ganglien mit dem untern Schlundganglion in eine einfache längliche Masse ver- schmolzen. Die übrigen Knoten des Bauchstranges liegen in ziemlich! gleichen Entfernungen. Nur die beiden letzten rücken ganz nahe amı einander und verschmelzen sogar bei Sphinx ligustri schon früh im einen gemeinschaftlichen Körper 6). Bei Cossus dagegen bleiben sie getrennt. Auch der Zwischenraum zwischen dem dritten und vierten Ganglion des Bauchstranges ist gewöhnlich schon früh geringer ?), alsı zwischen den übrigen. Bei einigen Raupen schon sind die Längscom- 1) Vergl. eine detaillirte Beschreibung dieser Nerven bei Lyoneta. a. O. 2) Eine treffliche Anatomie der Larve von Doreus parallelepipedus u. Cetonia aurala lieferte Löon Dufour in Ann. des sc. nat. T. XVII. 169. 3) Mit Unrecht schrieb Burmeister den fusslosen Larven der Hymenopteren einen kurzen verschmolzenen Nervenstrang zu. 4) S, Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XVI. das Nervensystem der Raupe von Sphinx ligustri. — 5), Ibid.u 3: dr fie: VRVIER IE Ibid. fig. XVII. if. — 6) Ibid. fig. XVI. 11 — 7) Ibid. 4,5. Nervensystem der Insekten. 49 missuren zwischen den einzelnen Knoten, wie bei manchen Schmetter- lingen, in einen unpaaren Strang verschmolzen , während sie sonst ge- wöhnlich nur dicht an einander liegen, aber noch getrennt sind. - Die Anzahl der von den Knoten ausstrahlenden Nervenzweige beläuft sich, wie bei den Ganglien der drei ersten Körpersegmente, auf zwei Paare, von denen das hintere das schwächere ist. Vom höchsten Interesse ist die allmälige Umbildung dieses Ganglienstranges während des Puppenschlafes }. Zuerst ‘verschmilzt das dritte und vierte Ganglion in eine gemeinschaftliche Masse, wel- cher später auch noch der folgende Knoten sich anschliesst. Eine gleiche Verwachsung findet zwischen dem ersten und zweiten Gan- glion statt. Die beiden so entstandenen grossen in der Brust gelege- nen Knoten rücken dann durch eine Verkürzung ihrer Commissuren nahe an einander. Mit dieser Verschmelzung ist natürlich auch eine entsprechende Metamorphose der Nerven verbunden, die sich haupt- sächlich auf die plexusartige Vereinigung der Flügelnerven erstreckt. Bei den Larven der zweiten Gruppe, z. B. bei Calandra 2), sind alle 11 Ganglien des Bauchstranges unter sich und mit dem vorher- gehenden untern Schlundknoten zu einem kurzen Markstamme verei- nigt, der höchstens bis zum fünften Leibesringe reicht und nur noch durch seichte ringförmige Einschnitte seine Zusammensetzung beurkun- det. Aus einer jeden seiner knotenartigen Anschwellungen entspringt ein Nervenpaar. Die drei ersten derselben sind stärker als die übri- gen und verbreiten sich an den Seiten des Bauchstranges. Die übri- gen laufen strahlenförmig nach hinten, divergiren allmälig und ver- zweigen sich besonders an ihren Enden. Die letzten Paare entsprin- gen aus der äussersten Spitze des Bauchstranges, sind die längsten und verlaufen fast parallel neben einander. Das System der respiratorischen Nerven 3) und des sympathicus °) zeigt bei den Larven eben keine bedeutenderen Abweichungen von sei- ner Anordnung in den vollkommenen Insekten. Die respiratorischen queren Aeste sind in den Larven nur weiter nach hinten gelegen und ehen erst dicht vor den einzelnen Ganglien des Bauchstranges von dem unpaaren Stamme ab. 1) Ueber die allmäligen Metamorphosen des Ganglieustranges vergleiche be- sonders die genauen Untersuchungen von Herold und Newport. Erstere (Ent- wicklungsgeschichte der Schmetterlinge) erstrecken sich auf Pontia brassicae, letz- ere (Philos. Transact. 1832. 1334. und Todd’s Cyclop. l.l. c.c.) auf Sphinx li- zustri und Vanessa urticae. 2) S. Burmeister, zur Naturgeschichte der Gattung Calandra. 1837. 4to. "\bgebildet ist das Nervensystem Tab. 1. fig. 13. 3) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XVI. ff. — 4) Ibid. fig. XXIL e. e!. e?. Wagner’s Zootomie. 1. 4 0 Sinnesorgane der Insekten. Sinnesorgane der Insekten. Gesichtswerkzeuge !). Der verschiedenen äussern Anordnung dieser Organe entspricht auch eme Verschiedenheit des anatomischen Baues, der bei den ein- fachen und einfach zusammengehäuften Augen daher ein anderer ist, als bei den zusammengesetzten und mit facettirter Hornhaut versehe- nen Gesichtswerkzeugen. In beiden jedoch finden wir die Elementar- theile eines jeden nur einigermassen entwickelten optischen ÖOrganes, brechende Medien, eine refina und chorioidea. Die einfachen Augen der Insekten, wie sie z. B. auf der. Stirn | der Heuschrecken und Bienen sich vorfinden, erinnern in ihrer Stru- cetur an die optischen Werkzeuge der Wirbelthiere. Man findet hinter einer einfachen gewölbten, durchsichtigen Hornhaut, wie dort eine Linse und einen Glaskörper, von denen der letztere in einer napf- oder becherförmigen Ausbreitung des Sehnerven (relina) wie in einer‘ Schaale liegt. Diese wird nach aussen von eimer Pigmentschicht (chorioidea) umgeben, die selbst zwischen Linse une Glaskörper tritt,’ aber die Mitte freilässt und dadurch eine Art Iris darstellt. Die Farbe) des körnigen Pigmentes wechselt bedeutend. Sie ist bald heller, bald! dunkler. Mitunter erscheint sie gelb oder roth, mitunter schwarz oder blau. Ueber die speciellere Anordnung dieser Theile in den einzelnen Klassen der Insekten ist übrigens bis jetzt erst Weniges bekannt. Ge- wöhnlich besitzt die Cornea eine rundliche Gestalt, seltener eine el- liptische, wie besonders bei dem mittleren Auge mancher Orthopteren (Mantis). Der äussern Hervorragung entspricht eine in der Regel noch beträchtlichere Vertiefung auf der innern Fläche, welche die! sphärische oder seltner ellipsoidische Krystalllinse aufnimmt. Die hin- tere Wand dieses Theiles liegt unmittelbar auf der schwach gekrümm- ten Oberfläche eines freilich nicht überall gleich deutlichen, nach hin- ten stark gewölbten biconvexen Glaskörpers, der von der membranösen Retina umhüllt wird. Dieselbe Structur scheint den einzelnen Ocellen der zusammen- gehäuften Augen zuzukommen, die überhaupt wahrscheinlich nur Aggretate von solchen kleinen, einfachen Sehwerkzeugen sind. Es 1) Vergl. die oft unzuverlässige Arbeit v. Marcel de Serres, sur les yeux composes et lisses des Insectes. Montpell. 1813. Uebersetzt von Dielfenbach. Berlin 1526. Vorzüglich wichtig dagegen sind die Arbeiten von J. Müller, zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes. Leipz. 1826. Ders. in Meckel’s Archiv 1529. 38. und in Müller’s Archiv 1835. 613. Duges bestätigte Mül- Jer’s Untersuchungen in Ann. des sc. natur. XX. 311. Sinnesorgane der Insekten. 31 finden sich diese Augen unter den kleinern Insekten, besonders unter den Parasiten, ziemlich weit verbreitet, so z. B. hei den Strepsipteren und Läusen, bei Lepisma, Podurus, Goccus, Pselaphus , Scydmaenus u. a. Die Anzahl der einzelnen, in einem Auge zusammengehäuften Sehorgane ist verschieden. So sollen sich bei Hypomerentes deren nur drei finden, während mehre, bis an 40 — 50 (Xenos) angetroffen werden. Diese zusammengehäuften Augen bilden den Uebergang zu den weit allgemeiner unter den vollkommnen Insekten verbreiteten zusam - mengesetzten Augen mit facettirter Hornhaut). Auch sie be- stehen aus einer beträchtlichen Menge noch viel inniger aggregirter einzelner Sehwerkzeuge. Schon die gemeinschaftliche Cornea, ein Ge- bilde, das nach seiner Structur und chemischen Beschaffenheit dem Hautskelet angehört, zeigt durch ihre eigenthümliche Anordnung diese Zusammensetzung. Sie besteht nämlich aus einer grossen Anzahl ne- ben einander gestellter und mit einander verbundener sechseckiger Prismen oder vielmehr sechsseitiger abgestumpfter Pyramiden, deren ‚obere und untere Flächen gewöhnlich etwas convex rach aussen und innen vorspringen ?).. Bisweilen auch sind sie eben, nie aber convex. Die äusserlich sichtbaren Flächen dieser Pyramiden nun sind eben die ‚sogenannten Facetten 3). Sie müssen sich in ihrer ganzen Anordnung natürlich nach den einzelnen Pyramiden richten. Ihre Gestalt ist da- her eine sechseckige. Nur bisweilen und besonders am Rande im Auge der Dipteren u. a. wird sie durch die Verkürzung zweier gegen- ‚überliegender Seiten mehr zu einer 'rautenförmigen. In ihrer Grösse ‚finden sich nicht unbedeutende Veränderungen ?®). Mitunter erstrecken sich diese sogar auf die Facetten desselben Auges 5. So findet man 'z. B. bei den Libellen auf dem obern Abschnitte des Auges grössere ‚Facetten, als auf dem untern, bei Gryllotalpa in der Mitte, bei Asilus auf einem schmalen Streifen am Vorderrande. "Auch ihre Anzahl, in der Regel eine sehr bedeutende 6), ist den beträchtlichsten Verschie- 1) Hierüber vergleiche besonders die zahlreichen genauern Untersuchungen von Will in seinen Beiträgen zur Anatomie der zusammengesetzten Augen mit facettir- ter Hornhaut. Leipzig 1840. Mit 1 Kupfertafel. Ihnen sind die folgenden Angaben grösstentheils entnommen. 2) Ic. zootom. Tab. XXIII. fig. XXXI. a. — 3) Ibid. fig. XXVIO. . 4) Sie beträgt z. B. bei Sphinx ligustri Y;o‘’‘, bei Melolontha Ys;’’’, bei Locu- SE Y,,’”, bei Musca Yas’. 5) Vergl. über diese interessanten Verschiedenheiten Ashton in den Transact. of the Entom. Soc. of London. U. 353. 6) Nach den Berechnungen Will’s ist die Anzahl der Facetten von den frü- !hern Beobachtern, von Swammerdam, Leuwenhoeck, Straus u.a. gewöhn- lich überschätzt. Will fand deren bei Cetonia aurata 3100, bei Melolontha vulgaris ‘6300, bei Calosoma Sycophanta 4030, bei Locusta viridissima 2000, bei Bombus 4000, 4 * J) I ı | 52 Sinnesorgane der Insekten. denheiten unterworfen. Hinter diesen Hornhautpyramiden, deren jede eine besondere Gornea vorstellt, liegt eine entsprechende Menge durch- sichtiger Krystallkegel), die radienförmig mit ihrer Basis auf die innere Fläche derselben gestellt sind und ihre Spitze nach der Mitte des Auges zukehren. Durch die Anwendung eines gelinden Druckes zerklüftet man diese festen kegelförmigen Körper von der Basis zur ' Spitze in mehre, gewöhnlich in 6, dreiseitige Prismen 2), durch deren innige Verschmelzung vielleicht ein jeder dieser Kegel gebildet ist, Die Länge der Kegel und ihre Gestalt ist übrigens manchfachen Ver- | schiedenheiten unterworfen. Die erstere ist im Allgemeinen aber viel beträchtlicher als die Breite. An die hintere Spitze der Krystallkörper | tritt ein einfacher, gewöhnlich noch von einer besondern Scheide 3) umhüllter Nervenfaden %, der aus der ganglionösen Endigung des gemeinschaftlichen Sehnerven hervorkommt, und sich becherförmig, als | eine retina, über die Oberfläche der Kegel mit Ausnahme ihrer Basis | fortsetzt 5). Aeusserlich wird diese Nervenhaut noch von einer Pig- | mentschicht (chorioidea) umhüllt, die sich nach hinten häufig zwi- | schen die einzelnen Nervenfäden, nach vorn sogar gürtelförmig, wie eine Iris, bis auf die Basis der einzelnen Kegel ausbreitet. Immer ” aber bleibt die Mitte derselben pigmentlos und bildet eine Pupille 6)‘ zum Durchgang der Lichtstrahlen. Das dunkelste Pigment findet sich überall auf der Spitze der Krystallkegel und der Oberfläche des gan- | glion opticum. Gleich nach ihrem Ursprung aus diesem Ganglion | scheinen die einzelnen Nervenfäden häufig sich etwas zu verdicken. Bei genauerer Untersuchung indessen findet man an dieser Stelle ei- nen besondern, ziemlich räthselhaften Apparat ?). Es liegen hier näm- lich vier durchsichtige (Yo lange, Yıoo“ breite) kleine Cylinder oder Prismen, die gewöhnlich eine zarte Querstreifung zeigen und an ihren‘ beiden Enden abgerundet sind. Sie umfassen den Nervenfaden und’ senken sich an ihrem’ untern Ende in die Pigmentschicht des Ganglion opticum. Dagegen gehet von ihnen eine Anzahl von Fäden ab, die sich wie eine Scheide an einander legen und sich bis in die Iris er- strecken. Auch nach unten lassen sie sich über die äussern Wände bei Musca 4900, bei Aeschna grandis 10000, bei Cicada orni 11600, bei Sphinx Atro- pos 12400. Ja bei Mordella sollen 25088 sich vorfinden, bei Formica dagegen nur 50. 1) Ic. zootom. Tab. XXIU. fig. XXIX. b. XXX. a. XXXI. b. XXXII. A, a, — 2) Ibid. fig. XXX. — 3) Ibid. fie. RAIL 'c. RIIRc <= 4) Ibid. fig. \ XXX. c. XXXI.d. XXIX.d. XXXII. A. c. 5) Ueber diese Verbindung der Sehnervenfasern mit den Kegeln siehe die genauen Untersuchungen von R. Wagner bei Sphinx Atropos in Wiegmann’s Archiv. 1835. 362. 6) Ic. zootom, Tab. XXI. fig. XXVII. 7) Vergl. Will, über einen eigenthümlichen (Bewegungs (?)-) Apparat in den | facettirten Insektenaugen. Müller’s Archiv. 1843. Sinnesorgane der Insekten. 33 der Prismen bis in das Pigment der Sehlappen hinein verfolgen. Die Prismen selbst scheinen übrigens in keinem engern Zusammenhange mit ihnen zu stehen. Sie dienen wahrscheinlich nur als Stützpunkte für diese Fäden, die vielleicht durch gewisse Bewegungen, deren sie fähig sind, auf die Gruppirung der umliegenden Pigmentmoleküle ir- gendwie einen Einfluss ausüben. Diese verschiedenen Bildungen der zusammengesetzten Augen un- terliegen in den einzelnen Ordnungen der Insekten manchfachen Ab- änderungen. Unter den Käfern ist die äussere, wie die innere Fläche der ein- zelnen Hornhautprismen, besonders die letztere, ziemlich stark convex. Ihre Dicke ist bedeutend, gewöhnlich etwa Vs”. Die kegelförmigen Krystallkörper !) liegen in der Regel unmittelbar an der Hornhaut und zeigen an ihrer Basis sogar zur Aufnahme der convex vorspringenden untern Fläche der Cornea eine kleine Vertiefung. Nur mitunter, wie bei Getonia, wo die Kegel sich durch ihre geringe Grösse 2) auszeich- nen, bleibt ein Zwischenraum zwischen beiden, der dann noch von einem besondern durchsichtigen Körper, vielleicht einem humor aqueus, angefüllt ist. Auch hinter dem Krystallkegel unterscheidet man bis- weilen eine freilich nur äusserst dünne Schicht einer ihm ähnlichen, aber, wie es scheint, davon verschiedenen durchsichtigen Masse, die besonders deutlich wird, wenn man den Körper bis zu seiner Spitze zerklüftet. Endlich zeigt sich um den Kegel noch hie und da ein fei- ner Saum, wie von einer besondern Kapsel. Die Retina erstreckt sich becherförmig um alle diese dioptrischen Medien, und setzt sich vorn ' an den Rand der Hornhautfacetten. Die Scheide des Nervenfaden ?) ist nicht überall gleich deutlich. Ein dunkles Pigment umhüllt in ei- ner dicken Schicht die einzelnen Kegel und bildet eine öfters ziemlich breite Iris, in welche die merkwürdigen langen Fäden hineinragen. Von den Orthopteren zeigen manche (z. B. Gryllotalpa) dieselbe Anordnung der Hornhautprismen, wie die Käfer. Bei andern jedoch (Locusta) sind beide Flächen derselben nur schwach convex, bei noch andern (Mantis) fast ganz eben. Die Krystallkegel sind ebenfalls gros- sen Verschiedenheiten unterworfen. Bei Gryllotalpa sind sie nur sehr klein (Yı00°), bei Mantis dagegen von einer weit beträchtlichern Länge (as). Ihre Gestalt ist bald (Blatta u. a.) eine kegelförmige, bald eine sechseckige mit abgestumpften Winkeln (Locusta, Mantis). Wahrschein- ‚lich findet sich vor ihnen, wie bei CGetonia, wenigstens öfter (Locusta) noch eine besondere weiche durchsichtige Masse. An dem Nervenfa- 1) Ile. zootom. Tab. XXI. fg. XXXI. A.a. (von Melolontha fullo). 2) Die Länge der Kegel beträgt hier Yon’, ihre Breite Y590‘, während bei 44 Melolontha, Calosoma u. a. die Länge etwa Y;,', die Breite etwa Yıoo’‘ ist. 3) Ic. zootom. Tab. XXIU. fig. XXX. A.b. 94 Sinnesorgane der Insekten. den ist gewöhnlich eine äussere Scheide ganz deutlich. Auch jener merkwürdige Bewegungsapparat wird nicht vermisst (Locusta). Das Pigment der Augen ist verschieden, bei Blatta ist es z. B. dunkelvio- lett, bei Gryllotalpa braun. Die Dicke der Hornhautprismen in den Augen der Neuropteren ist bisweilen (Libellula) bedeutender (Yıs‘) als gewöhnlich. Ihre vor- dern Flächen sind schwach convex, ausserordentlich stark dagegen ihre innern. Auf sie folgt eine hell gefärbte zusammenhängende Pig- mentschicht, in der die kurzen (Libellula Ys0”, Agrion Yo“) birnför- migen, oder längern, kegelförmigen (Hemerobius) Krystallkörper mit ihrer schwach convexen Basis stecken. An der Spitze dieser Körper scheint bisweilen (Aeschna) noch eine besondere durchsichtige Masse zu liegen, wie bei den Käfern. Der Sehnervenfaden ist gewöhnlich sehr lang, zeigt eine deutliche scheidenförmige Umhüllung und ist von ei- nem dunkeln dichten Pigmente umgeben. Jener merkwürdige Appa- rat ist hier (Aeschna) besonders deutlich. Die Anzahl der wie eine dichte Scheide die einzelnen Augen umgebenden Fäden beläuft sich etwa auf 30— 33. Die Prismen der Hornhaut !) sind auch bei den Hymenopteren allgemein auf ihrer innern Fläche stärker convex, als auf ihrer äus- sern. Dagegen ist ihre Dicke ganz bedeutenden Veränderungen unter- worfen. Bei Apis beträgt sie zoo‘, bei Bombus dagegen nur ein Yı2”, bei Vespa Crabro Vs“. Unmittelbar dahinter liegt eine dünne, durch- | sichtige, membranförmig ausgebreitete Masse, der die kleinen kurzen (Bombus Yo“) und fast eben so breiten (Yı20”) von einem besondern braunen (Vespa), rothen (Apis) oder dunklen (Bombus) Pigmente um- hüllten Krystallkegel 2) folgen. Die Nervenfäden 3) zeigen im Verhält- niss eine bedeutende Dicke, sind von einem dunkeln Pigmente besetzt und lassen eine deutliche Scheide % erkennen. Diese reicht aber nur bis an die becherförmige Retina, welche allein von dem eigentlichen Nerven gebildet ist und mit ihren Rändern sich vorn an die durch- sichtige Membran festsetzt. Die Krystallkörper in den Augen der Hemipteren sind bald stumpfkeglig und kurz (bei Naucoris Yioo“), bald an der Basis schwach concav sechseckig und viel länger (bei Cicada V/s3°). Zwischen ihnen und der Hornhaut liegt wahrscheinlich dieselbe dünne durchsichlige Masse, wie bei den Hymenopteren. Sehr deutlich unterscheidet man auch an dem dicken Nervenfaden, wie dort, eine äussere Umhüllung. Bei den Dipteren scheint es die vordere Fläche der Facetten, die stärker gewölbt ist, als die innere. Die Krystallkegel 5) sind äusserst 1) Ic. zootom. Tab. XXIU. fig. XXXI a. (bei Bombus). — 2) Ibid. b. — 3) Ibid.d. — 1) Ibid. c.. — 5) Ibid. fig. XAIX. b. Sinnesorgane der Insekten. I) kurz (bei Musca "00° lang, zoo“ breit) und viel kleiner als die ent- sprechenden Facetten. Bei Tabanus scheinen sie abgestumpft sechseckig. Die Nervenfäden sind ziemlich diek, gleichmässig ceylindrisch und be- stehen, wie gewöhnlich, aus einer Scheide !) und innern Röhre 2). Das Pigment ist zwischen den Nervenfäden dunkel, hinter der Hornhaut bei Musca domestica schön purpurroth. Jener merkwürdige Apparat am Ursprung der einzelnen Sehnerven zeichnet sich durch die geringe Anzahl seiner Fäden aus. Man findet deren bei Musca Caesar z. B. nur etwa 8—12, die natürlich keine so dichte Scheide um ein Jedes einzelne Auge bilden können, wie es sonst der Fall zu sein pflegt. Die Lepidopteren besitzen eine ähnliche Form ihrer Hornhaut- prismen, wie die Zweiflügler, nur sind dieselben im Allgemeinen von einer weit geringern Dicke. (Bei Sphinx Yo’, Vanessa Yo’, Cossus 00°, dagegen bei Musca Vi‘). Die Krystallkegel 3), um welche man gewöhnlich, wie bei den Kä- fern, einen schmalen Saum, vielleicht die Andeutung einer besondern Kapsel, wahrnimmt, besitzen eine schwach convexe Basis. Ihr Körper ist bei den Tagschmetterlingen klein (Vanessa Yıoo‘“), kurz und spitz- keglig, bei den übrigen dagegen bedeutend länger (Sphinx V20°), rund oder auch sechseckig. Vor ihnen findet man besonders bei Vanessa z. B. dieselbe weiche durchsichtige Masse, wie bei den Hymenopteren u. a., nur ist sie hier noch viel deutlicher und beträgt fast ein Viertel der ganzen Länge des Kegels. Auch unter den Krystallkörpern unter- scheidet man bei den Abend- und Nachtschmetterlingen, die sich über- haupt am besten von allen Insekten zu einer Untersuchung über den Bau der facettirten Augen eignen, ganz deutlich noch eine besondere dioptrische Masse 4), welche die Spitze und den untern Theil des Ke- gels becherförmig” umfasst und nach oben zu allmälıg schwindet. Schon bei manchen Käfern und Neuropteren konnte man einen ähnlichen, nur minder beträchtlichen und äusserst dünnen glasartigen Körper an der Spitze der Krystallkegel unterscheiden. Bei den Tagfaltern zeich- net sich der Nervenfaden durch seinen beträchtlichern Durchmesser ‚aus. Die merkwürdigen Prismen an seinem Ursprunge spitzen sich wenigstens bei Spbimnx an ihrem Ende etwas zu. Die auf ihrer äus- sern Fläche verlaufenden Fäden schliessen sich oben dicht an die Ner- venscheiden. Die Insecta ametabola zeigen in ihren Jugendzuständen, wie die vollkommnen Thiere, gewöhnlich zusammengesetzte Augen mit facettir- ‚ter Hornhaut. Doch scheinen mitunter, wenigstens in der anatomi- ‚schen Structur, hier einige Abänderungen vorzukommen. So z.B. bei den Libellenlarven 5). Der bei diesen von einer zweiten Scheide umhüllte 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XXI. fig.c. — 2) Ibid.d. — 3) Ibid. fig. XXX. a. (von Sphinx Atropos.. — 4) Ibid. b. 5) Abgebildet und beschrieben bei Will in seinen Untersuchungen etc, 56 Sinnesorgane der Insekten. Nervenfaden nimmt allmälıg in seinem Verlaufe nach vorn an Dicke zu. Plötzlich schwindet die Scheide, der Nerv tritt aus ihr hervor und bildet einen (Y”) langen Kelch, dessen vorderes Ende sich an die Ränder der Facetten setzt, und hier mit den naheliegenden Kel- chen zusammenhängt. Im Innern birgt ein jeder derselben einen hel- len, nicht überall deutlich begrenzten Fleck. Die wahren Larven dagegen besitzen alle, wie es scheint, statt der musivisch zusammengesetzten Augen blosse zusammengehäufte, wie die Poduren, Coceinen und andere kleinere besonders parasitische In- sekten in ihrem vollkommnen Zustande. In ihrer Zusammensetzung scheinen die einzelnen Sehwerkzeuge ebenfalls mit den einfachen stirn- ständigen Augen der Hymenopteren u. a. übereinzukommen. Die Zahl und Lage derselben aber ist verschieden. Meistens beläuft erstere sich auf 6, bisweilen aber (Hymenopteren) ist sie geringer. Bei Hemerobius ste- hen diese Ocellen unregelmässig auf einem Haufen, bei den Raupen dagegen u. a. sind sie kreisförmig neben einander gruppirt. Mitunter zeichnen sich auch einige dieser Gesichtsorgane, äusserlich wenigstens, durch eine längliche Form ihrer Facetten vor den übrigen aus. Gehörwerkzeuge. Obgleich es keinem Zweifel unterliegt, dass die Insekten alle hö-' ren, so ist es bis jetzt doch noch immer unmöglich gewesen, ein be- sonderes Gehörorgan bei ihnen allen nachzuweisen. Bis auf die jüng- ste Zeit schien sich die Ansicht einer immer grössern Anerkennung zu erfreuen, als seien es die Antennen !), die, gleichsam eine Kette be- weglich an einander befestigter Gehörknöchelchen, die Perception der Töne vermitteln. Die Analogie mit den Crustaceen, die Entdeckung 2), einer trommelfellartig gespannten Membran an der Wurzel der Anten- nen: (Blatta) oder einer Höhlung mit halbflüssiger, körniger Masse in den keulenförmigen Endigungen dieser Anhänge (Tagschmetterlinge) schienen diese Ansicht nur zu bestätigen. Erst vor nicht langer Zeit aber gelang es denn endlich ein Organ 3) aufzufinden, was mit einer 1) S. besonders noch Newport in Todd’s Cycl. und besonders in den Schriften der Entomolgical Society of London. II. 229. und Goureau in Ann. de Ja Societ. Entom. de France. X. 10. 2) Vergl. hierüber Treviranus in den Annalen der Wetterauer Gesellschaft. I. 170. und Erscheinungen des organischen Lebens. II. 104. 3) Schon J. Müller (zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes p. 438) äusserte die Vermulhung über die Function des betreffenden Organes. Sein anato- mischer Bau aber ist erst durch die genauern Untersuchungen Siebold's (Wieg- mann’s Arch. 1844. I. 53.) bekannt geworden. Burmeister u. A. hatten das- selbe, freilich ohne eine nähere Kenntniss seiner Structur als Stimmorgan gedeutet, 21 Sinnesorgane der Insekten. 7 viel grössern Wahrscheinlichkeit, fast mit Gewissheit, als Gehörorgan funetionirt. Es ist freilich erst in einer Klasse der Insekten, in der der Orthopteren entdeckt, aber gerade diese sind es auch, die sich vor den übrigen durch ihr femes und für die leisesten Töne empfäng- liches Gehör auszeichnen. Unstreitig wird sich auch für die übrigen Thiere ein ähnliches Organ noch auffinden lassen, wenn es auch viel- leicht in seiner Lage und sonstigen Anordnung einige Abweichungen ‚darbietet. Diese ist überhaupt für das betreffende Organ !) bei den Insekten nicht in so enge Grenzen eingeschlossen, als bei den Wirbel- thieren. Bei den Acridiern ist es jederseits in dem ersten Hinterleibs- segmente über dem dritten Stigmenpaare gelegen. Aeusserlich findet man hier einen fast rhomboidalen Ausschnitt in den äussern Bedeckun- gen, der durch eine trommelfellartige Membran geschlossen wird. An der einen Seite umgiebt sie ein Hornring, in den nach unten zu- gleich die ovale Oeflnung des dritten Ringpaares angebracht ist, fast wie eine Ohrmuschel. An die Membran legt sich innen ein zartes, unregelmässig geformtes Wasserbläschen, das sogar durch einige Hornstückchen, vielleicht die Rudimente von Gehörknöchelchen, daran befestigt wird. Das Bläschen selbst entspricht unstreitig dem häuti- gen Labyrinth der Wirbelthiere. Der Gehörnerv entspringt vom dritten Brustganglion, dem beträchtlichsten der ganzen Ganglien- kette. An seinem Ende, wo die primitiven Bestandtheile sich zu ei- nem cylindrischen und verhältnissmässig grossen Ganglion verdicken, steht er mit dem Bläschen in Verbindung. In diesem Ganglion finden sich ausser den gewöhnlichen Ganglienkugeln noch eigenthümlich ge- stielte Stäbchen, die vielleicht nur die angeschwollenen Endigungen der Primitivfasern sind. Als cavum tympani endlich und Zuba Eusta- chii functionirt eine dicht hinter dem Labyrinth sich ausbreitende an- sehnliche Tracheenblase, die aus dem dritten Stigmenpaar ihren Ur- sprung nimmt. In der Familie der Locustinen und Achetinen befindet sich ein ganz ähnlich gebautes Gehörorgan in den Schienen der Vorderkniee dicht unter dem Kniegelenke. Schon äusserlich findet man hier jeder- seits, an der vordern und hintern Fläche eine längliche spaltförmige Oeflnung in den äussern Bedeckungen, die von der häutigen Ausbrei- tung des Trommelfelles geschlossen wird. Der Hörnerv ent- springt vom ersten Brustganglion und sogar mit verschiedenen Mus- kelästen aus demselben Stamme. So bald er sich den beiden Trom- melfellen nähert, schwillt er in ein langes bandförmiges Ganglion an, ‚das dieselben stabförmigen Körperchen wie das Ganglion acustieum ‚der Acridier enthält. Sie liegen aber hier quer in einer Reihe unter | ] . . .C . A . . . wie | 1) Beiden Cicaden möchte man dieses Gehörorgan wahrscheinlich in der Nähe der Stimmwerkzeuge finden. 8 Sinnesorgane der Insekten. einander und werden je von einem kleinen Wasserbläschen um- schlossen, das auf der vordern Fläche des Nervenbandes liegt und dem einfachen häutigen Labyrinthe der Acridier analog ist. Mit Nerv und Trommelfell stehet ausserdem noch eine grosse Luftblase in näch- ster Berührung, die durch eine weite unverzweigte Tracheenröhre und ein sehr grosses offenes Stigma zwischen Vorder - und Mittelrücken nach aussen mündet. Geruchswerkzeuge. Hierüber wissen wir noch viel weniger, als über die Gehöror- gane, wenngleich schon verschiedene Theile des Insektenleibes dafür in Anspruch genommen sind. Bald sollten die Antennen und Palpen, bald (Musca) eine eigenthümliche faltige Haut W), die m der Stirngegend | unter den allgemeinen Bedeckungen gelegen, als Werkzeuge des Ge- ruches dienen. Am wahrschemlichsten ist jedoch die Annahme, dass isolirte Organe für diesen Sinn bei den Insekten überhaupt noch nicht‘ gebildet seien. Dann würden vielleicht die Tracheen neben andern Functionen auch der des Riechens vorstehen. Geschmacksorgane. Wahrschemlicher Weise ist es die häutige Auskleidung des Mun- des und deren zungenförmige Verlängerungen (hypopharynx, epipha- rynx), die diesem Sinne dient. Der specifische Geschmacksnerv ist dann vielleicht der von der untern Fläche des obern Schlundganglions an den Seiten des Pharynx herabsteigende und an ihm sich ver- zweigende Nerv 2). Tastwerkzeuge. Als solche functioniren vorzüglich die Antennen und Palpen. Da- mıt steht auch die ganze Form dieser Theile und ihr gewöhnlich dich- ter und feiner Haarüberzug, besonders an den oft kegelförmigen En- digungen der Täster in der innigsten Beziehung. Bei den Fliegen ist es vorzüglich die aus den verwachsenen Lippenpalpen gebildete Rüs- selspitze, die zum Tasten dient. Die Antennen können hier wohl ih- rer geringen Entwicklung wegen kaum einer genauern Perceplion mehr 1) Vergl. Rosenthal in Reil’s Archiv. X. 427, 2) Ic. zootom, Tab. XXI. fig. XXn. Verdauungsorgaue der Insekten. ) vorstehen. Uebrigens darf man sie eben so wenig gänzlich vernach- lässisigen, wie die übrigen Anhänge des Insektenkörpers, besonders die Füsse. Diese möchten vorzugsweise da als Tastorgane mit in Be- tracht kommen, wo sie an ihrer Sohle mit besondern fleischigen Lap- pen und Ballen versehen sind. Verdauungsorgane der Insekten !). Der Verdauungsapparat der Insekten besteht, wie bei den Wirbel- thieren, in einer langen, cylindrischen Röhre, die aus mehren Abthei- ‚Jungen zusammengesetzt ist und meistens mehrfach gewunden im In- ‚nern des Körpers zwischen Nervenstrang und Rückengefäss von der ‚Mundöffnung bis zum After hinabsteigt. Nur sehr wenige ausgebildete Thiere giebt es, denen die eine oder die andere dieser Oeflnungen ehit. So vermisst man die letztere bei den weiblichen Strepsipteren 2), lerstere dagegen bei Oestrus und den Männchen einiger Coccusarten, ‚bei denen man bisher auch vergeblich nach den Fresswerkzeugen ge- ‚sucht hat. | Die verschiedenen Abtheilungen des Darmkanales, welche noch ‚dazu in den einzelnen Ordnungen der Insekten den manchfachsten Mo- dificationen unterworfen sind, möchten sich im Allgemeinen wohl kaum ‚auf entsprechende Theile bei den Wirbelthieren reduciren lassen. We- ‚nigstens ist die physiologische Bedeutung 3) mancher, wenn auch gleich- ‚namiger, Partien eine ganz verschiedene. Allgemein in der Klasse der ‚Insekten unterscheidet man am Darmrohre, fast ähnlich wie bei den Wirbelthieren, eine Speiseröhre (oesophagus), einen Magen oder ‚Chylusbildner (ventriculus), einen Dünndarm odeg Chymuslei- ‚ter (ilium) und einen Mastdarm (recium). Sehr häufig aber schiebt ‚sich zwischen den einen oder andern dieser Abschnitte noch ein be- ‚sonderer, bald mehr, bald minder davon abgeschiedener Theil ein. So ‚erweitert sich bei den kauenden Insekten der Anfang der Speiseröhre ‚zu einem trichterförmigen Schlunde (pharynx) der unmittelbar in | ‚die Mundhöhle führt. Zugleich mit dieser muss er natürlich allen sau- 1) S. Marcel de Serres, observations sur les diverses parties du canal in- ‚testinal des Insectes. Annal. du Mus. Tom. XX. 48 u. 213. Suckow in Heu- singer’s Zeitschr. für org. Physik. II. 1. und ausser den oben angeführten all- gemeinen Werken besonders Ramdohr, Abhandlungen über die Verdauungswerk- 'zeuge der Insekten. Halle 1511. Mit Kupfern. 2) Vergl. über diese höchst merkwürdige Gruppe von Insekten die interessan- (en Beobachtungen von Siebold (Wiegmann'’s Archiv. 1843. 137.). 3) Ein Weiteres hierüber siehe bei Burmeister in seinen Beiträgen zur Na- Jurgeschichte der Gattung Calandra p. 9. 60 Verdauu ngsorgane der Insekten. genden Insekten fehlen. Dagegen entwickelt sich bei diesen das un- tere Ende der Speiseröhre, das sich auch sonst wohl nicht selten durch eine sackartige Erweiterung als sogen. Kropf (ingluvies) aus- zeichnet, beinahe ziemlich constant zu einem besondern dünngestielten Saugmagen. Sehr häufig findet sich auch vor dem eigentlichen Chy- lusmagen noch ein kleiner, gewöhnlich rundlicher und innen mit aller- lei hornigen Vorsprüngen, mit Haaren, Borsten oder Leisten ausgeklei- deter Vormagen (Kau- oder Faltenmagen, proventriculus); hinter dem Dünndarm noch ein besonderer nicht selten keulenförmig erwei- terter Dickdarm (colon). Mitunter verlängert sich endlich noch der Mastdarm an der Insertionsstelle des vorhergehenden Abschnittes in einen mehr oder minder langen und weiten Blinddarm (coecum). Diese verschiedenen Darmtheile, wenigstens die vorzüglichern, werden! in der Regel durch besondere sphincterartige Klappen (valvulae) von einander geschieden. Oft aber gehen sie auch mehr allmälig in ein- ander über und unterscheiden sich dann nur durch die Verschieden- heit in ihrer Weite und Textur von einander. Der Mastdarm vereinigt sich häufig mit den Ausführungsgängen der Geschlechtstheile zu einer‘ Kloake (cloaca), welche öfters noch besondere Absonderungswerk- zeuge, die sogenannten Analdrüsen aufnimmt. Auch in die Mund- höhle oder den Oesophagus öffnen sich ziemlich allgemein eigenthümliche drüsige Organe, Speicheldrüsen, deren Inhalt hie und da bei den saugenden Insekten wohl ein giftiger sein mag. Noch andere ganz einfach gebaute Secretionswerkzeuge, die sogenannten Malpighischen Gefässe, welche wahrscheinlich den Nieren der höheren Thiere ent- sprechen, münden ganz constant auf der Grenze zwischen Magen und Dünndarm. Endlich findet sich noch im Mastdarme der meisten In- sekten ein eigenthümlicher, bisher so sehr vernachlässigter Apparal, dessen physiologische Bedeutung, wenngleich sie noch räthselhaft ge- blieben, doch unstreitig von einer grossen Wichtigkeit ist, wenn man anders nach der Verbreitung und oft so bedeutenden Entwicklung die- ser Organe schliessen darf. Sie bestehen durchgehend aus einer grös- sern oder geringern Anzahl von flachen oder auch tiefern, selbst blind- darmartigen Taschen, die in das Lumen des Darmes hineinragen und in denen sich ein starker Tracheenast verzweigt. Mit der relativen Entwicklung der einzelnen Darmabschnitte hän- gen alle die manchfaltigen Verschiedenheiten zusammen, die man in der Bildung des Verdauungsapparates bei den Insekten so zahlreich antrifft. Bald ist es der eine, bald der andere Theil, der vor den übrigen durch seine Länge und Weite, selbst hie und da durch seine besondere Form sich auszeichnet. Vorzugsweise erstreckt sich letzteres auf den Chylusmagen der Insekten, der nicht so gar selten an seiner äussern Fläche mit zahlreichen kleinen zottenförmigen Blind- därmehen oder auch mit beträchtlichern sackartigen oder zipfelförmi- Verdanungsorgane der Insekten. 1 gen Ausstülpungen an seinem Anfange versehen ist. Ein allgemein gültiges Gesetz aber lässt hierüber sich eben so wenig aufstellen, wie über die Länge des ganzen Darmes. Selbst bei einer gleichen Nah- rung differirt sie in verschiedenen Thieren um das Bedeutendste. So erstreckt sich z. B. der Darm bei den pflanzenfressenden Acridiern ganz gerade vom Kopf bis zum After, wie auch bei den räuberischen Libellen, während er bei andern Pflanzenfressern, bei den Lamellicor- nien z. B., die ganze Körperlänge oft um das Sieben - bis Achtfache übertrifft und im Abdomen die zahlreichsten Windungen macht. Zur Befestigung des Darmes im Insektenkörper findet sich nirgend ein besonderes Gekröse, wie es bei den Wirbelthieren vorkommt. ‚ Sie geschieht vielmehr hauptsächlich durch eine Menge von Tracheen- ästen, die sich vielfach am Darme verzweigen und mit ihren feinen Endigungen sogar die obern Schichten desselben durchdringen. Mit- unter finden sich zu diesem Zwecke auch besondere Muskeln, die an das Darmrohr sich ansetzen. Endlich dient eben dazu unstreitig auch ‚ der sogenannte Fettkörper der Insekten, eine Masse, die den ganzen Darm und überhaupt alle Eingeweide locker umhüllt. Auch in seiner histologischen Structur !) zeigt das Darmrohr ' der Insekten manche Abweichungen von der bei den Wirbelthieren vorkommenden Anordnung. Zuinnerst liegt eine zarte, durchsichtige, überall structurlose Haut, eine Epithelialhaut (funica intima), die gleich den äussern Bedeckungen des Insektes aus Chitin besteht. Am deutlichsten und ausgebildetsten erscheint sie in dem obern Theile des Darmes bis zum eigentlichen Magen und im Mastdarm. Meistens ist ‚sie auch an diesen Stellen in zahlreiche, distincte, sich häufig durch- kreuzende Falten gelegt oder auf der innern Fläche mit Schuppen, Zähnen und Haaren besetzt. Am constantesten und vollkommensten ‚finden sich solche Fortsätze an der Grenze des Oesophagus und des | Chylusmagen, wo sich in der Regel der sogenannte Vormagen entwi- ‚ ekell. Auch am Pylorus stösst man nicht selten (z. B. Forficula, Har- ‚ palus, Meloe u. a.) auf eine ähnliche Anordnung. Dagegen ist es nicht ‚ unwahrscheinlich , dass eben diese innere Haut bisweilen einigen an- ‚ dern Darmabschnitten, wie besonders dem Chylusmagen, fehlt. In der ‚ Regel jedoch kann sie als eine zusammenhängende Membran durch den | ganzen Verdauungskanal verfolgt werden, wie z. B. bei den Acridiern. | Nach aussen von dieser Haut liegt eine Zellenschicht (Drüsenschicht, ‚t. cellulosa), die aber weniger eine eigentliche zusammenhängende ' Membran ist, als vielmehr nur aus einer Schicht eigenthümlicher, zar- ‚ter Zellen besteht, von denen die innere Darmhaut umhüllt wird. Ge- ‚ wöhnlich 2) sind diese Zellen schöne, glashelle Gebilde von einer sehr 1) Vergl. H. Meckel Micrographie einiger Drüsenapparate der niederen Thiere in Müller's Archiv von 1816. 2) Höchst merkwürdige Zellen finden sich in den dem Magen folgenden kurzen ‚ Darmabschnitten bei den Raupen. Sie sind bei Sphinx ligustri von einer sehr beträcht- | 62 Verdauungsorgane der Insekten. verschiedenen Grösse, die zum Theil einen deutlichen Kern, bisweilen sogar mit einem Kernkörperchen. besitzen und häufig einen dunkleren, körnigen, vielleicht fettigen Inhalt in sich ablagern. Bald liegen sie durch den ganzen Darm dicht neben einander und begrenzen sich dann sogar mitunter (Musca z. B.) in mehr oder minder regelmässigen Flächen , bald sind sie in grössere oder kleinere Haufen gruppirt. Ei- gentliche drüsenartige Gebilde sieht man selten (im Darm von Silpha, Hydrophilus, Anthonomus, Chrysomela u. a.), und auch hier scheinen diese nur aus einer sehr innigen Aggregation solcher einzelnen Zellen gebildet. Am deutlichsten und constant findet sich die Zellenschicht um die Epithelialhaut des Chylusmagen. Dem obern Theile des Darm- rohres scheint sie gänzlich zu fehlen, ebenso häufig auch dem Mast- darm. Als Trägerin dieser Zellenmasse ist im Darm der Insekten eine glashelle, structurlose, aber dabei verhältnissmässig sehr feste mem= brana propria zu unterscheiden, die durch zahlreiche äusserlich ihr aufliegende Muskelfasern noch verstärkt und zu kräftigen peristalti- schen Bewegungen befähigt wird. Auflallender Weise zeigen diese Fa- sern, wie in den willkührlich beweglichen Muskeln, eine deutliche Querstreifung, die freilich nicht überall gleich deutlich ist, und mitun- ter, besonders bei kleinern saugenden Insekten, wirklich zu fehlen scheint. Uebrigens ist die Anordnung und Verbindung der einzelnen Muskelfasern, die im Allgemeinen Ringfasern sind oder der Länge nach verlaufen, in den verschiedenen Abschnitten des Darmes und bei den verschiedenen Thieren manchen Abänderungen unterworfen. ! Bald liegen sie eng an einander und bilden ein dichtes Muskelgewebe (im Magen der Orthopteren), bald sind die einen oder die andern Fa- sern sparsamer und von einander entfernt. Dieses ist z. B. mit den Ringfasern im Chylusmagen der Hymenopteren u. a. der Fall. Gewöhn- lich verlaufen aber dann die einzelnen Fasern nicht ungetheilt neben einander, sondern spalten sich gabelförmig und treten mit andern zur Bildung neuer Fasern zusammen. Die Längsfasern vereinigen sich auch häufig (im Magen der Raupen, im Mastdarm der Heuschreeken und vieler Käfer) zu grössern Bündeln, zwischen denen dann die Ringfa- sern ausgespannt sind. Am stärksten im Allgemeinen ist die Muskel- haut in der Speiseröhre, im Dünndarme und dem Mastdarme entwi- ckelt, so wie an den einzelnen Sphincteren,, am wenigsten dagegen im | Saugmagen. — Wo die Muskelfasern sparsamer vorhanden sind, wie im Darm der Silphen und Neerophagen, oder wo sie zu einem weil- lichen Grösse (etwa Y,,’’), grenzen sich unregelmässig sechseckig ab und enthalten | in ihrem Innern ein eigenthümliches, lang gestrecktes, meist vielfach verzweigtes Ge- bilde, unstreitig einen metamorpbosirten Kern. Bei Bombyx Rubi sind die entspre- chenden Zellen etwas kleiner und glasshell. Die merkwürdigen, aber schon we- niger unregelmässigen Bildungen im Innern zeigen sich viel deutlicher als Kerne. Ue- bergangsbildungen hiezu findet man auch in den Drüsenzellen der entsprechenden Darnitheile bei den Larven der Phryganeen, Tenthredines und mancher Käfer. Verdauungsorgane der Insekten. 63 maschigen Netzwerk sich verbunden haben, da ist ihr Verhältniss zu der unterliegenden membrana propria am deutlichsten wahrzunehmen. Im letztern Falle stülpt sich diese Haut sehr häufig zwischen den ein- zelnen Maschen mehr oder minder weit nach aussen vor. So er- scheint denn, vorzüglich am Chylusmagen der Käfer, mitunter äus- serlich am Darm eine grosse Menge von zipfelförmigen Blinddärm- chen !), welche natürlich bloss die charakteristischen Elemente der Zellenschicht enthalten müssen. Nur da, wo diese Blinddärmchen ei- nen grössern Umfang erreichen, wie am Magen der Larve von Geo- trupes u. a. geht auch die Muskelhaut in ihre Bildung ein. Als eine fünfte Darmhaut kann man endlich noch eine äusserst zarte Membran erwähnen, eine sg. Peritonealhaut 2) (f. serosa), wie sie die mei- sten übrigen Eingeweide der Insekten überzieht. Uebrigens ist sie nur an einigen wenigen Stellen, wie am Wanzenmagen, deutlich zu unter- scheiden und möchte sich überhaupt wohl nirgends als eine vollstän- dige und zusammenhängende Membran verfolgen lassen. Die grosse Manchfaltigkeit in der Anordnung des Darmkanals zeigt sich selbst in den einzelnen Ordnungen der Insekten. So trennen sich die Käfer 3) nach der Verschiedenheit im Bau dieses Organes ziemlich deutlich in fleisch- und pflanzenfressende. Bei den erstern, als deren Repräsentanten die Caraben #) anzusehen sind, erweitert sich die lange Speiseröhre 5) allmälig zu einem sackförmigen Kropfe, dessen Epithe- lialschicht eine beträchtliche Entwicklung zeigt und bei C. granulatus u. a. auf ihrer innern Fläche zahlreiche, dachziegelförmig sich decken- de, gezackte Schuppen trägt. Auf die Speiseröhre folgt ein kleiner, kegelförmiger, vorn und hinten durch einen stark entwickelten Ring- muskel begrenzter Vormagen 6), der sich besonders durch seine innere Bewaffnung auszeichnet. Auf vier grossen, nach innen weit vorsprin- genden Längsfalten, die schon in der Muskelhaut durch eben so viele entsprechende Faserbündel angedeutet sind, trägt seine Epithelialhaut lange, braune, borstenförmige Haare. Zwischen ihnen liegen noch vier kleinere, schmälere Längsfalten mit derselben innern Bekleidung. ‘Der eigentliche Chylusmagen ?) ist eine lange, weite, darmförmige Abthei- l) Man muss übrigens von diesen bloss äussern Anhängen wohl jene weiten Ausstülpungen des Darmrohres unterscheiden, die z. B. bei Locusta und Acridium ‚vorkommen. In ihnen findet man natürlich auch eine von der innern Chitinhaut aus- gekleidete Höhle, die mit dem Lumen des Darmes communicirt. 2) Unstreitig ist das Vorkommen dieser Membran von Newport u. A. zu all- gemein angenommen worden und ihr eine zu grosse Bedeutung zuertheilt. So rührt ‚z.B. die Bildung jener Ausstülpungen sicherlich nicht von ihr her, wie N. meinf, son- | dern von der t. propria, welche derselbe übersehen hatte. | 3) Hauptschrift ausser Ramdohr’s oben erwähntem Werk ist Leon Dufour, ‚Recherches anatomiques sur les Carabiques et sur plusieurs autres insectes Coleo- ‚pleres in Ann. des sc. nat. T. III. u. IV. 2me Ser, Mit zahlreichen Abbildungen. 4) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. IV. (Darmkanal von Procerus gigas.) — 5) Ibid. b. — 6) Ibid.c. — 7) Ibid. d — 64 Verdauungsorgane der Insekten. lung, deren äussere Oberfläche mit zottenförmigen Blinddärmchen be- setzt ist. Auf der vordern Hälfte des Magen zeigen diese ihre grösste Entwicklung. Der durch eine Pylorusklappe vorn begrenzte Dünn- darm !) ist von einer sehr entwickelten Muskelschicht bekleidet und besitzt eine geringere Weite und Länge als der Magen. Nach hinten führt er in den kurzen, wiederum erweiterten Mastdarm 2), der in sei- nem vordern Theile ganz deutlich mit sechs oblongen neben einander gelegenen flachen Taschen versehen ist, welche bei Harpalus eine bräunliche hornige Einfassung bekommen und rund werden. In ihnen findet man eine einfache Schicht dunkler, dieht neben einander gele- gener Zellen mit granulirtem Inhalt und einem grossen, hellen, oft länglichen Kerne. Zwischen den einzelnen Zellen verbreiten sich die Zweige eines ziemlich starken Tracheenastes. Das untere Ende des Mastdarmes vereinigt sich endlich mit den Ausführungsgängen der Ge- schlechtstheile zur Bildung der Kloake. Ganz ähnlich ist auch der Bau des Darmkanales in den übrigen Familien der Raubkäfer, obgleich sich in der Anordnung der einzelnen Abschnitte schon mancherlei Verschie- denheiten finden. So zeigt z. B. Dytiscus im Vormagen eine Bewafl- nung von Zähnen und am Ende des längern Dünndarmes einen zipfel- förmigen, quergefalteten Blinddarm, der aber schon manchen nahe ver- wandten Gattungen (Acilius, Colymbetes u. a.) fehlt. Dafür ist hier der Mastdarm in ähnliche quere Falten gelegt. Bei Silpha u. a. ist die Speiseröhre kürzer und gegen das Ende hin wenig erweitert, der Vor- magen ist schwächer entwickelt, der Darm ausserordentlich lang, in: Dünndarm und einen quergerunzelten Dickdarm geschieden und an sei- nem Ende mit einem keulenförmigen Blinddarme versehen. Die taschen- förmigen Drüsen des Mastdarmes fehlen überall. — Die pflanzenfressenden Käfer zeigen in dem Bau des Darmkanales noch eine viel grössere Manch- faltigkeit. Am meisten charakteristisch ist für diese Gruppe der Darm der Lamellicornien, z. B. des gewöhnlichen Maikäfers 3). Hier folgt auf eine dünne, sehr kurze Speiseröhre fast ohne eine besondere Abgren- zung ein bedeutend langer, darmförmig gewundener Magen, dessen äussere Fläche der Quere nach gekerbt und mit einer Menge kurzer, pupillenförmiger Hervorragungen der Tunica propria versehen ist, die hin und wieder durch eine besondere quergestreifte Längsmuskelfaser verbunden sind. Ein kurzer, muskulöser Dünndarm führt in den eben- falls nicht sehr langen, aber weiten und im Innern mit fünf Längsrei- hen horniger, dachziegelförmig über einander gestellter Blättchen ver- sehenen Dickdarm, dieser endlich in einen länglichen keulenförmigen: Mastdarm. Die nahe verwandten Gattungen Geotrupes, Scarabaeus u. a. besitzen eine ganz ähnliche Anordnung des Verdauungsapparates, nur fehlt ihnen die Auskleidung des Dickdarmes. Bei Trichius ist die 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. e — 2) Ibid. f. 3) Eine schöne Abbildung davon liefert Straus tab, 5. Verdauungsorgane der Insekten. 65 ‚ Länge des Darmrohres bedeutend verkürzt. Die meisten übrigen Pflan- zenfresser ähneln in mancher Beziehung schon wieder der ersten Gruppe der Käfer und bilden ganz deutlich von dieser den Uebergang zu den Lamellicornien. Immer aber ist die Speiseröhre nur kurz, wenngleich ‚sie auch mitunter (besonders stark z. B. bei Pimelia) sich zu einem förmlichen Kropfe erweitert. Selbst ihre Epithelialhaut zeigt hie und da (z. B. Chrysomela, Anthonomus, Meloe, Mylabris u. a.) eine Ent- wicklung zu Schuppen und Härchen. Beträchtlicher wird diese noch in dem freilich häufig nur sehr rudimentären Vormagen, der übrigens viel weiter verbreitet ist, als man gewöhnlich annimmt. So findet er sich z. B. bei Cocemella, Cryptocephalus, Rhagium, Geram- byx, Anthonomus, Tenebrio, Mylabris, Pimelia, Lucanus, und vielen andern. Indessen nähert er ch nur in seltenen Fällen (z. B. bei Crypto- rhynchus) durch seine grössere Entwicklung den bei Dytiscus u. a. vor- ‚kommenden Bildungen. Der Magen ist in der Regel der längste und wei- teste Abschnitt des Darmes. Nur selten ist er äusserlich ganz glatt, gewöhnlich ist er quergerunzelt (Meloe I), Mylabris u. a.) oder noch häufiger mit zahlreichen grössern oder kleinern, blind geendigten Zot- ten besetzt, die mitunter (Bostrichus, Lixus, Gryptorhynchus) auf dem ‚hintern Theile dieses Abschnittes am beträchtlichsten entwickelt sind. Der vordere Theil des Magen ist dagegen häufig der weitere. Bei Elater ist er jederseits mit einer kurzen, gefalteten Tasche versehen, ‚bei Buprestis 2) sogar mit einem sehr langen zipfelförmigen , zottigen \Fortsatze. Der Darm zerfällt meistens (Chrysomela, Cerambyx u. v. a.), wenngleich nicht constant (z. B. Meloe), in einen Dünn - und Dickdarm, ‚von denen der letztere freilich gewöhnlich nur durch seine Weite und keulenförmige Gestalt sich auszeichnet. Deutlicher ist m der Regel der ‚Mastdarm abgetrennt, meistens eine enge, muskulöse Abtheilung, be- ‚sonders da, wo ein keulenförmiger Darm vorhanden. Taschenför- mige Organe scheinen überall zu fehlen. Bei den Orthopteren ist im Allgemeinen die Länge des Darm- ‚kanales eine nur geringe. Nur selten übertrifft sie die Länge des ‚Körpers um ein Bedeutendes. Am beträchtlichsten ist sie noch bei ‚den Locustinen und Achatinen, z. B. bei Gryllotalpa 3), wo der Spei- ‘sekanal überhaupt seine höchste Entwicklung unter allen Orthopteren "zeigt. Hier folgt auf den langen und engen Oesophagus #), der mit ei- nem grossen, sackförmigen, dünngestielten Kropfe 5) versehen ist, ein beträchtlicher Vormagen 6) von rundlicher Gestalt, in dessen Innerm sich 1) Eine treflliche Anatomie dieses Insektes s. in Brandt's med. Zoologie. 2) Vergl. über diese auflallende Bildung Gäde, in Nov. Act. Leop. Tom. XI. ‚329. und Meckel’s Beiträge zur vergleichenden Anat. Bd. I. Abth. 2. 129, 3) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. I.A. — 4) Ibid. a. — 5) Ibid. b. — 6) Ibid. e. Wagner’s Zootomie. II. (21 1 66 Verdauungsorgane der Insekten. eine complieirte Epithelialbewaffnung !) findet. Schon in der Speise- röhre und dem Kropfe zeigt sich die innere Darmhaut sehr entwickelt und mit gezähnelten Schuppen bedeckt. Im Vormagen bildet sie sechs neben einander befindliche Längsfalten, von denen eine jede an ihrem untern Ende von zweien kleinern Vförmig convergirenden Falten be- grenzt und auf ihrer Firste von einer hornigen Leiste eingefasst wird. Ihre abschüssigen Seiten werden von einer Längsreihe dachziegelförmig über einander gelegener, gezähnter Hornplättchen bedeckt. Auch zwi- schen den Falten findet sich eine noch viel breitere Längsreihe ähnli- cher Plättchen 2), deren jedes, wie eine genauere Untersuchung aus- weiset, aus dreien Stücken zusammengesetzt ist, aus einem mittlern und zweien kleinern, seitlichen. Dicht vor dem obern Ringmuskel des Vormagen stehen endlich noch einige ähnliche Plättchen 3) von unre- gelmässiger Gestalt, die vielleicht mit zum Zurückhalten der Speise dienen. Die starke Muskelschicht des Vormagen legt sich dicht an dieses Horngerüste und drängt sich von aussen in die Zwischenräume, die sich zwischen je zweien Plättchen befinden. Der eigentliche Ma- gen 4) ist weit und bildet den längsten Abschnitt des Darmrohrs. An seinem Anfang besitzt er jederseits eine grosse, sackförmige Ausstül- pung 5). Der Dünndarm 6) ist vorn von gleicher Weite mit dem Ma- gen, dem er übrigens in seiner Länge kaum gleich kommt. Nach hin- ten verengt er sich allmälig und führt so in den kurzen, weiten Mast- darm ?), dessen Längsmuskelfasern sich zu sechs kräftigen Bündeln vereinigt haben. Der zwischen je zweien derselben übrigbleibende Raum wird fast in seiner ganzen Ausdehnung von jenen merkwürdi- gen taschenförmigen Organen eingenommen, die aber hier äusserst flach sind und deshalb nur undeutlich sich erkennen lassen. Wie ge- wöhnlich, verbreitet sich an ihnen eine Menge von Tracheenästen. Der Mastdarm mündet, von den Geschlechtsorganen getrennt, durch eine besondere Oeflnung. Die übrigen Achetinen und Locustinen besitzen eine ganz ähnliche Anordnung, nur findet sich statt eines förmlichen gestielten Kropfes, wie er bei Gryllotalpa vorkommt, blos eine be- trächtliche,, sackförmige Erweiterung des untern Endes der Speiseröhre. Auch die Anordnung der Epithelialbewaflnung im Vormagen zeigt hie und da (z. B. Locusta) einige Abweichungen. Etwas kürzer, doch im- mer noch länger als der Körper, ist das Darmrohr bei Mantis und Blatta. Die Speiseröhre ist äusserst lang, besonders bei Mantis, wo sie über die Hälfte des ganzen Darmes ausmacht. Ihr unteres Ende ist kropfartig erweitert. Der Vormagen zeigt schon eine geringere Ent- wicklung. Bei Mantis ist er ein gefalteter horniger Ring, dessen Falten 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig, .B. — 2) Ibid. a. — 3) Ibid. & — 4). Ihid. fe. . A. — 5) ib a7 0 miar —, Mr a. Verdauungsorgane der Insekten. 67 sich bei Blatta zu sechs starken hakenförmigen Zähnen entwickeln, die frei in die Höhle des Darmtheils hineinragen und noch einige kleine hornige Falten zwischen sich fassen. Am Anfang des Magen münden 7—8 dünne, cylindrische Blinddärmehen von verschiedener Länge. In der Familie der Acridier erstreckt sich der Darm fast gerade vom Kopf zum After. Die Speiseröhre erweitert sich bei Pamphagus sehr beträchtlich, weniger bei Gryllus, Truxalis u.a. Ihre Epithelialschicht ist, wie bei allen Orthopteren beinahe, mit zahlreichen Schuppen aus- gekleidet, die besonders bei Truxalis zu einer beträchtlichen Entwick- lung gelangen. Sie stehen hier in Längsreihen über einander, sind viel grösser als gewöhnlich und besitzen eine dunkelbraune Färbung. Der Vormagen ist wenig entwickelt und äusserlich kaum angedeutet. Er besteht hauptsächlich in einer glockenförmig in den weiten Chy- lusmagen eingesenkten Duplicatur der innern Darmhaut, die bei Pam- phagus z. B. mit sechs harten, Vförmigen, nach innen vorspringen- den Längsfalten versehen ist. Seine Auskleidung bilden kleine spi- tzige Dornen, die nach oben allmälig in die Schuppen des Oesopha- gus übergehen. Den Anfang des Magen umgiebt ein Kranz von sechs weiten, zipfelförmigen Blinddärmen, die sich nach oben dem Oeso- phagus anlegen, und an ihrer Mündungsstelle auch nach unten hin in einen stumpfen, kurzen (Truxalis, Acridium) Fortsatz sich verlän- gern. Bei Pamphagus, schon bei Gryllus, ist dieser sogar grösser, als der obere, dem er freilich an Weite nicht gleichkommt. Am Ue- bergange des Magen in den vorn gleich umfangreichen Dünndarm fin- det sich ein schmaler ringförmiger Sphincter und sogar eine kleine Duplicatur der Epithelialhaut. Der Mastdarm zeigt überall bündelför- mige Längsmuskeln und zwischen ihnen ähnliche, flache Taschen, wie bei Locusta u. a., die nur bisweilen von geringerer Grösse und dann (Truxalis) viel deutlicher sind. Bei Forficula endlich (auch bei Phasma !)) ist der Magen ganz einfach, ohne Anhänge. Im Vorma- gen finden sich sechs faltenförmig vorspringende und mit Zähnchen besetzte länglich ovale Flecke. Auch der Pylorus zeigt eine ganz ähnliche Auskleidung. Die Taschen des Mastdarmes sind sehr deut- lich. Sie bestehen in sechs neben und über einander gestellten rundlichen, flachen Vertiefungen mit horniger Einfassung und einer sehr entwickelten Zellenlage, in der sich die zahlreichen Tracheenäste verzweigen. Die Neuropteren zeigen in dem Bau ihres Darmrohres manche Aehnlichkeit mit den Orthopteren. So besitzen die Libellen (z. B. Aeschna ?)), wie die Acridier, eine lange, weite, kropfartig ausgedehnte 1) Vergl. J. Müller in Nov. Act. Leop. T. XII. p. 571. 2) Te. zootom. Tab: ZXIV. fie. X, 68 Verdauungsorgane der Insekten. Speiseröhre !), deren innere Haut glockenförmig in den Chylusmagen vorspringt. Dieser 2) übertrifft noch die Länge des Oesophagus, ist walzenförmig, gerade, fast überall gleich weit und grenzt nach, hinten unmittelbar an den kurzen, muskulösen, längsgefalteten und gerunzel- ten Mastdarm 3), der ebenfalls mit einer Anzahl grosser, länglicher, wenig nur ausgezeichneter Taschen versehen ist. Der ganze Ver- dauungsapparat erstreckt sich ohne Windungen vom Mund bis zum After, der, wie bei den Heuschrecken, hinter den Ausführungsgängen der Geschlechtstheile gelegen ist. Bei den Ephemeren zeigt der Darın fast dieselbe Anordnung. Durch die sehr bedeutende Länge der Spei- seröhre schliesst sie sich aber mehr an die bei Agrion vorkommende Bildung an. Die Perliden %) besitzen am Anfang des Chylusmagen, der von der langen, weiten Speiseröhre durch die nach innen in sechs Längsfalten vorspringende Epithelialhaut geschieden ist, je nach den verschiedenen Arten einen Kranz von 4—8 kurzen, weiten Blindsä- cken, die nur selten (Nemura) gänzlich fehlen. Zwischen dem Chylus- magen und dem weiten, von birnförmigen Taschen umgebenen Mast- darm, findet sich ein enger, muskulöser Dünndarm, etwa von der Länge des vorhergehenden Abschnittes. Auch in den übrigen Familien der Neuropteren scheint derselbe ganz constant vorzukommen. _Aus- serdem entwickelt sich mitunter (Myrmeleo, Hemerobius, Phryganea) die gewöhnlich nur kropfartige Erweiterung des Oesophagus zu einem besondern, gestielten, zipfel- oder beutelförmigen Anhange, zu einem Saugmagen, wie er den Schmetterlingen u. a. zuzukommen pflegt. Der Vormagen ist häufig ein schon äusserlich begrenzter Abschnitt, der in seinem Innern gewöhnlich mit Borsten (Panorpa, Phryganea), oder selbst mit hornigen Leisten (Termes) ausgekleidet ist. Eigenthüm- lich ist seine Structur bei Hemerobius. Hier bestehet er aus einem oberen, sechslappigen, fast wie eine Tulpe geformten Theile, der frei in die Speiseröhre hineinragt, und einer untern glockenförmigen Ein- stülpung in den Chylusmagen. Beide werden durch eine dünne Röhre mit einander in Verbindung gesetzt. Aeusserlich entspricht dieser Ver- engerung die ringförmige Einschnürung zwischen Speiseröhre und Ma- ven. Bei Sialis fehlt ein Vormagen. Der Mastdarm ist in der Regel ein ziemlich langer und weiter Abschnitt, der constant, wie es scheint, mit besondern taschenförmigen Organen versehen ist. Gewöhnlich sind es sechs flache, rundliche (Hemerobius, Panorpa u. a.), oder auch bis- euitförmige (einige Phryganeen) Taschen, die bald in einer Reihe ne- ben einander stehen, bald (Panorpa) unregelmässig über eine grössere Strecke sich verbreiten, und constant mit einem starken Tracheen- 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. a — 2): „Ibid b, = 3) Ibid. c, I) Siehe hierüber die Monographie von Pictet, histoire naturelle des Insecles. Neuropleres. Iere monograph. Famil, des Perlides. Geneve 1811. Verdauungsorgane der Insekten. 69 stamme versehen sind. Bei Sialis ragen sie wie papillenförmige , init gekernten Zellen gefüllte Blindsäcke, in das Lumen des Darmes hinein. Der Tracheenstamm steigt in ihrer Achse hinab und giebt nach allen Seiten kleine Zweige zwischen die einzelnen Zellen. In einigen Phryga- neen (Limnophilus u. a.) vermehrt sich die Zahl der Taschen um ein | Bedeutendes (etwa bis auf 35— 40), während die Grösse dieser fla- chen, rundlichen Organe sich verkleinert. Bei den Hymenopteren findet sich eine grosse Uebereinstim- mung in der Anordnung des Speisekanales. Als typisches Thier mag die Honigbiene I) dienen. Die Speiseröhre, ein langer und be- sonders Anfangs nur äusserst dünner, fadenförmiger Abschnitt, erwei- tert sich an ihrem untern Ende ziemlich plötzlich zu einem kugelför- migen, mehr seitlich gelegenen Kropfe, dem sogenannten Honigma- gen, in dessen Höhle das trichterförmige obere Ende des langen, wal- zenförmigen, quergerunzelten Chylusmagen hineinragt. Die innere Darm- haut verlängert sich nach oben noch über den Magenmund hinaus zu einem glockenförmigen vierlappigen Organe, das mit gelblichen Borsten besetzt ist und eine Art Vormagen darstellt. Der Dünndarm, ein en- ger, muskulöser Darmtheil, der dem Chylusmagen an Länge etwa gleichkommt, führt unmittelbar in den Mastdarm, der an seinem vor- dern, erweiterten Theile, wie gewöhnlich, sechs länglich ovale, sehr distincte Taschen besitzt. Die Abweichungen von diesem Bau sind im Ganzen eben nicht beträchtlich. Die Speiseröhre bei den meisten Ich- neumoniden bedeutend länger, bisweilen sogar (Evania) länger, als der ganze übrige Darın. Ihre untere Erweiterung dagegen ist gewöhnlich klei- ner und mehr flaschenförmig. Auch der Vormagen ist bei Scolia u. a. viel weniger entwickelt und erscheint häufig nur als eine vordere, rüsselförmige, gelappte Duplicatur der innern Darmhaut, ohne eine besondere Auskleidung. Desto ausgezeichneter aber ist seine Entwick- lung bei Formica zu einem eigenthümlichen hornigen Gerüste. Es be- | steht dasselbe aus vier halbmondförmigen, nach aussen gekrümmten Längsleisten, die oben und unten mit einander verschmolzen sind und so eine hohle mit vier länglichen Oeflnungen an den Seiten versehene Kugel bilden. Am obern Ende besitzt noch eine jede dieser nach in- nen zugleich keilförmig verschmälerten Leisten einen ziemlich langen, auswärts gerichteten Fortsatz, der in das untere Ende des Oesopha- \gus hineinragt. Auch der Chylusmagen zeigt bisweilen (Formica, Ich- neumon u. a.) in sofern eine Abweichung von der bei Apis vorkom- menden Anordnung, dass er viel kürzer ist und bemahe eine kuglige Gestalt besitzt. Bei manchen Tenthredines u. a. ist auch der Dünn- darm von einer minder beträchtlichen Länge. Der Mastdarm enthält I) Vergl. die genaue Beschreibung und Abbildung in der medicinischen Zoo- logie von Brandt und Ratzeburg. f ri) Verdauungsorgane der Insekten. fast überall sechs flache Taschen, wie bei Apis, die nur bisweilen eine mehr längliche (Vespa) oder runde (Scolia, Formica) Form besi- tzen und auch bisweilen von einem besondern hornigen Ringe (Anthi- dium) eingefasst sind. Nur einige kleinere Ichneumoniden besitzen statt ihrer vier entsprechende konische, nach innen gestülpte kleine Blind- därmehen mit derselben charakteristischen Tracheenverzweigung, wie sie überall diese merkwürdigen Organe auszeichnet. Unter den saugenden Insekten zeigt der Darmkanal der Hemi- pteren !) die beträchtlichsten Formverschiedenheiten. Am zusammen- gesetztesten ist er bei den Landwanzen, besonders den Seutelleren 2) oder Pentatomen, wo der einfache Chylusmagen der übrigen Insekten in mehre, hinter eimander gelegene Abtheilungen zerfallen ist. Die kurze, enge, und nur nach unten zu etwas erweiterte Speiseröhre führt in den langen und weiten, quergefalteten ersten Magen 3), des- sen Zellenschicht, wie gewöhnlich, eine bedeutende Entwicklung be- sitzt. Durch den folgenden, etwa gleich langen, aber viel engern und muskulösen Darmtheil geht er in eine zweite, kleinere, ovale Anschwellung über. Auf diese folgt endlich nochmals ein langer und enger Abschnitt von eigenthümlichem, vielfach gedeutetem Bau ®), der sogenannte Wanzenmagen. Eine genauere „Untersuchung zeigt ganz unverkennbar, dass hier vier Längsreihen zahlreicher, dicht un- ter einander befindlicher, kurzer Blinddärmchen in den sehr vereng- ten Darm sich münden. Ihr Inhalt besteht aus jenen zarten, hellen Zellen, wie sie überall in der Drüsenschicht und in den entsprechen- den zottenförmigen Blinddärmehen bei Carabus u. a. sich vorfinden. Nur dadurch unterscheiden sie sich von diesen, dass sie hier ganz re- gelmässig in vier Längsreihen geordnet sind und in einer jeden der- selben nochmals durch eine besondere zarte, brückenartig über sie hinlaufende Membrane eng verbunden werden 5). Auf diesen Darm- theil folgt sogleich der weite, ovale, taschenlose Mastdarm. Bei Pyr- rhocoris aptera lassen sich noch dieselben Abschnitte des Chylusma- gen erkennen, doch ist der untere einfach, wie der zweite. Nur noch einige, an seinem hintern Ende isolirt stehende Blinddärmehen erinnern an die bei Pentatoma so zusammengesetzte Structur. Bei 1) Mehr Detail in der trefllichen, mit zahlreichen, schönen Abbildungen verse- henen, oben angeführten Monographie dieser Ordnung von Leon Dufour. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. VII. Abbildung des Darmkanales von Sc. ni- gsro-lineata. — 3) .Ibid,..c. — 4) Ibid. d. 5) Nach Treviranus (Annalen der Wetterauer Gesellsch. für die ges. Nat. Bd. I. Heft 2.) sollte sich dieser Theil des Magen in vier von einander getrennte eylindrische Abtheilungen auflösen. Die meisten übrigen Forscher hiellen jene Längsreihen von Blinddärmchen für quergestreifte halbeylindrische Nebenhöhlen (cor- dons valvuleux), deren merkwürdiges Aussehen bald von ihrer Musculatur (Ram- dohr), bald von-besondern queren Falten (L&öon Dufour) herrühren sollte. Verdauungsorgane der Inseliten. 71 Lygaeus u. a. verschmelzen die vier Abschnitte des Chylusmagen schon mehr, und endlich lässt sich (Acanthias, Reduvius u. a.) nur noch ein vorderer weiter, quergefalteter, und ein hinterer darmförmiger Ab- schnitt erkennen. Die Wasserwanzen Hydrometra, Naucoris, Nepa u. a zeigen hinter diesen Abschnitten, deren letzterer sich bisweilen (Nau- eoris) etwas erweitert, noch ein anderes kurzes Darmstück, welches dem eigentlichen Dünndarm entsprechen möchte. Der Mastdarm ent- behrt überall, wie es scheint, besonderer Taschen ; doch ist er bei Nepa und Ranatra an seinem Anfange in einen kurzen Blinddarm erweitert. Die Fulgorinen zeigen, wie die meisten Landwanzen, an ihrem Chylusma- gen eine vordere weite, und hintere darmförmige Abtheilung. Letz- terer bildet eine lange Schlinge, deren Schenkel sich dicht an einander legen und bei Asiraca sogar fest adhäriren. In den eigentlichen Ci- caden (z. B. Tettigonia) wird diese Verbindung noch viel inniger; es durehbohrt nämlich der hintere dünnere Theil des Magens mit dem Anfang des Dünndarms und den Malpighischen Gefässen die Muskel- haut I) am Anfang, windet sich eine Strecke lang darunter hin und kommt erst etwa der Insertionsstelle gegenüber wieder aussen zum Vorschem. Der Dünndarm erweitert sich wie gewöhnlich an seinem Ende sogleich in den Mastdarm. Unter den Blattsaugern findet sich bei Psylla und Dorthesia eine ganz ähnliche Anordnung. Auch hier bildet der Magen eine scheinbar in sich selbst zurücklaufende Schlinge. Bei letzterer zeigt der Mastdarm auch noch einen weiten kolbigen Blinddarm. Die übrigen Coceinen und Aphidier besitzen wieder einen einfachen, langen, vorn erweiterten Magen, einen Dünndarm und Mastdarm. ' In der Ordnung der Dipteren zeichnet sich der Darm durch eine gewisse Einförmigkeit in semem Bau aus. Bei einer Tipula 2), von der eine grosse Abtheilung unter den Fliegen repräsentirt wird, mündet ganz vorn in die enge und kurze Speiseröhre 3) eine einfache, beutel- formiee; lang gestieite Saugblase 9. Der Magen 5) ist lang, darmarlig, und an seinen Enden durch einen stark entwickelten Ringmuskel be- grenzt. Der Dünndarm 6), ein engerer und kürzerer Abschnitt, erwei- tert sich hinten in einen kolbigen Mastdarm, der mit vier tiefen, pa- pillenförmigen Taschen versehen ist. Auch bei. den echten Fliegen ist die Anordnung des Verdauungskanales ganz ähnlich. Nur einige we- Doyerva 1) So nach der interessanten Entdeckung von(Leon D A in Ann. des sc. nat. 1839. T. XI. p. 257. Bis dahin glaubte man, dass der hintere darmförmige Theil des Magen ee wirklich in den erweiterten Anfang hineinmünde und so ei- nen in sich zurücklaufenden Kreis bilde. Treffliche Abbildungen dieser scheinbaren Form s. bei Leon Dufour in den Recherches sur les Hemipteres u. Ann. des sc. nat. Tom. IV. pl. 4. 2) le. zootom. Tab. XXIV. fie, IM. © — 3) Ibid. a. — 4) Ibid. b — 5) Ibid. c. — 6) Ibid. d # Yarnglı Ann der sernat. 1834. X, pp BIS und TEE. 72 Verdauungsorgane der Insekten. niger beträchtliche Abänderungen sind nicht selten. So ist z. B. der Saugmagen häufig (Musca, Sarcophaga, Bombilius, Tabanus u. a.) zwei- schenklich. Der eigentliche Magen beginnt bei Musca mit einem dünn- häutigen, wulstförmig aufgeworfenen Ringe und ist an seinem vordern Theile (auch bei Chrysops u. a.) mit kleinen rundlichen Hervorragun- gen versehen. Ja bei Tabanus ist er jederseits in einen taschenför- migen Anhang erweitert. Auch zeigt der Darm bei Musca wenigstens eine Trennung im Dünndarm und Dickdarm, die freilich nur durch eine eigenthümlich trichterförmige Verengerung der gerade hier mit zierlichen Schüppchen und Haaren besetzten Epithelialhaut geschieden sind. Die Taschen des Mastdarmes erscheinen vielleicht überall unter der Gestalt konischer Blinddärmchen, die in das offene Lumen des Darmes hineinragen und bisweilen (z. B. Bombilius, Musca u. a.) eine ziemlich beträchtliche Grösse erreichen. Ihre Basis, mit der sie am Darme befestigt sind, zeigt in der Regel wulstförmig aufgeworfene Rän- der. Die Pupiparen !) unterscheiden sich durch den gänzlichen Man- gel der Saugblase von den übrigen Dipteren. Ihr Magen ist wie ge- wöhnlich einfach, darmförmig und erreicht eine sehr beträchtliche Länge. Der Mastdarm enthält die gewöhnlichen blinddarmförmigen Taschen. Auch die Lepidopteren besitzen eben keine beträchtlichen Ver- schiedenheiten in der Anordnung ihres Nahrungskanales. Ueberall bei- nahe, z. B. bei Sphinx Atropos 2), findet sich eine ziemlich lange, dünne Speiseröhre 3), die vor ihrer Erweiterung in den kurzen, länglich ova- len, quergerunzelten Magen 4) mit einer kurz gestielten, weiten, sack- förmigen Saugblase 5) versehen ist. Der Darm 6) ist eng, gewunden und von beträchtlicher Länge. Nach unten führt er in den kurzen, weiten Mastdarm 7), der an seinem Anfang zu einem blinddarmigen Fortsatze 8) ausgezogen ist. In ihm findet sich, ähnlich wie bei Li- mnophilus, eine sehr beträchtliche Anzahl (an 60 — 80) kleiner, flacher, rundlicher Taschen, an denen sich, wie gewöhnlich, zahlreiche Tra- cheen verzweigen. Das vordere Ende der Speiseröhre spaltet sich 9) ganz allgemein in zwei neben einander liegende, kurze, gablige Aeste, die nur bei Papilio Machaon länger sind und schon in der Brusthöhle ihren Anfang nehmen. Jeder Ast tritt in den röhrenförmig ausgehöhl- ten Körper eines Unterkiefers und führt aus diesem erst in den bei- den Kiefern gemeinschaftlichen Saugrüssel. Die Saugblase ist bei den Tagschmetterlingen länger gestielt und auch häufig (z. B. Tinea I) viel kleiner, als bei Sphinx Atropos. Mitunter fehlt sie sogar gänzlich (Sme- 1) Vergl. Leon Dufour schon oben citirte Monogr. in Ann. des se. nat. 1845. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. V. — 3) Ibid. a = w4) Ibid. ce. Sr Ihid.’b.i — 6) Ibid. d. — 7) Ibid. e. (als Dickdarm bezeichnet). — 8), Ibid, I. 9) Vergl. Treviranus (Verm. Schrift. IL. 200). 10) Ic. zootom, Tab, XXIV. fe. VI: Db. k a Verdauungsorgane der Insekten. 73 rinthus, Euprepia, CGossus u. Ss. w.). Bei Zygaena dagegen hat sie sich verdoppelt. Tinea besitzt einen längern, mehr darmförmigen Magen }), einen verhältnissmässig kürzern Dünndarm 2), und keinen Blinddarm. Letzterer fehlt auch bei Pterophorus, Zygaena und selbst bei einigen Schwärmern (Sphinx stellatarum). Bei Geometra ist er keulenförmig, gestielt, bei Papilio dagegen weit und stumpf eylindrisch. Die Taschen des Mastdarmes zeigen in der Regel dieselbe Anordnung, wie bei Sphinx. Vielleicht machen nur einige Motten davon eine Ausnahme. In der formenreichen Ordnung der Parasiten zeigt der Darmka- nal wieder eine grosse Manchfaltigkeit. So besitzt Pulex z. B. einen langen, dünnen Oesophagus, der in einen kugelförmigen, äusserlich schon abgeschnürten, innen mit langen Borsten versehenen Vormagen führt. Der eigentliche Magen ist lang und ziemlich weit. Der Darm theilt sich in drei Abschnitte, deren letzter, der Mastdarm, im Innern vier konische Blinddärmchen besitzt, wie die Dipteren. Bei den Pedi- euliden führt eine dünne Speiseröhre in den langen, vorn erweiterten und zweizipfligen, hinten verengten Magen, den ein kurzer Dünndarm mit einem eben so langen Mastdarme verbindet. In den keulenförmi- gen Anfang dieses Darmtheils ragen vier ebenfalls blinddarmförmige Taschen, wie bei Pulex. Den Mallophagen 2) scheint ein ähnlicher Bau zuzukommen, nur erweitert sich nach unten die Speiseröhre noch zu einem Kropfe. Auch die Thysanuren besitzen eine kropfartig erwei- terte Speiseröhre, einen geräumigen Chylusmagen, einen trichterförmi- gen, kurzen Dünndarm und einen birnförmigen Mastdarm. Lepisma 4) zeigt ausserdem noch einen entwickelten, von vier hornigen, gezähn- ten Längsleisten ausgekleideten Vormagen. Die weiblichen Strepsipte- ren endlich scheinen einen geraden, ziemlich gleichweiten, hinten blind geendigten Darm zu besitzen, wie ihre Larven. Sonst ist im Allgemeinen während der Metamorphose der Insek- ten das Darmrohr den beträchtlichsten Formveränderungen unterwor- fen, so dass man oft in den Verdauungswerkzeugen eimer Larve die entsprechenden Organe des vollkommnen Thieres kaum wiedererkennt. Der Unterschied zwischen Fleischfressern und Pflanzenfressern aber ist auch, wenigstens in der Ordnung der Käfer, schon hier ein durchgrei- fender. So besitzen z. B. die Larven der Garaben oder Dytisken eine kurze, enge Speiseröhre, die unmittelbar in den weiten, langen und glatten Chylusmagen übergeht. Aus ihm führt ein einfacher, kürzerer und engerer Darm in den ovalen, taschenlosen Mastdarm. Bei den 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. VII. ce. — 2) Ibid. d. 3) Vergl. Nitzsch’s genaue Untersuchungen über diese Inscktenfamilie in Ger- mar’s Magazin der Entomologie. III. 280. 4) Treviranus (Vermischte Schriften. I, 11.) lieferte eine Anatomie dieses Thierchens. 74 Verdauungsorgane der Insekten. Larven der Lamellicornien u. a. dagegen folgt auf die kurze, enge, | muskulöse Speiseröhre ganz plötzlich ein sackförmiger, ceylindrischer, ziemlich langer Magen, an dessen vorderm und hinterm Ende gewöhn- | lich ein Kranz von Blinddärmehen sich einmündet, deren Stellung und ! Zahl je nach den verschiedenen Arten nicht unbedeutend varirt. Em kurzer und enger Dünndarm verbindet den Magen mit dem ebenfalls | sehr weiten und mitunter sogar blindsackartig aufgetriebenen Dickdarm, | aus welchem der wiederum verengte Mastdarm seinen Ursprung nimmt. Die Epithelialhaut des Diekdarmes ist nicht selten ganz bedeutend! entwickelt. So finden sich hier z. B. bei der Larve von Geotrupes nasicornis grosse, dicke, nach allen Seiten baumartig verästelte Bor- sten in beträchtlicher Anzahl. Uebrigens ist der Unterschied zwischen dem Darm der Larven und der ausgebildeten Käfer nicht überall so bedeutend. Bei Tenebrio, Calandra, Galleruca u. a. ist er vielmehr‘ nur ganz gering. Bei den Hymenopteren scheint der Darm während der ersten Sta- dien des Larvenzustandes ziemlich häufig (Apis, Vespa, Ichneumon) nur) in einem einfachen, weiten, blindgeendigten Sacke zu bestehen, gewis- sermassen nur in einem Magen, aus dem dann erst später eine ge- sonderte enge Speiseröhre und ein eigentlicher Afterdarm sich entwickelt. Immer aber und überall bleibt der Magen, wie in den Raupen, bei: weitem der längste Theil des einfachen, gerade durch den Körper ver- laufenden Speisekanales. Unter den Dipterenlarven!) findet man z. B. bei Musca eine‘ ziemlich kurze und enge Speiseröhre, in welche vorn sogar schon, wie bei dem ausgebildeten Insekt, eine weite, dünngestielte Blase sich" einmündet. Der lange, walzenförmige Magen nimmt nach einer plötz- lichen kuglichen Anschwellung an seinem vordern Ende vier ziemlich! dünne Blindsäcke auf, deren Zahl bei den Tipularien auf zwei be- schränkt ist. Der eigentliche Darm ist kürzer als der Magen und führt‘ in den erweiterten, taschenlosen Mastdarm. Noch beträchtlichere Verschiedenheiten in dem Bau des Darmrohrs finden sich zwischen den Schmetterlingen und Raupen 2. Bei diesen folgt auf eine kurze, wenn auch nicht sehr enge Speiseröhre 3) ein wei- | ter, eylindrischer, quergerunzelter Magen %), der den grössten Theil der Leibeshöhle erfüllt. Der eigentliche Darm ist nur ganz kurz und durch zwei ringförmige Einschnürungen in drei kuglige Stücke zerfallen, von denen das obere 5) dem Dünndarm entspricht und durch mehre tiefe | Längsfalten äusserlich in sechs Blindsäcke getheilt ist. Auf diesen I) Eine ausführliche Anatomie vieler Dipterenlarven s. bei Leon Dufour in den Ann. des sc. natur. 1839. 14. u. 1940. 148. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. VI. (Raupe von Bomhyx Pini). — 3) Ibid. a. — 1) Ibid. b. — DB)" DIA °C Verdauungsorgane der Insekten. 75 folgt der Dickdarm D) und endlich der eben so kurze, weile, taschen- lose Mastdarm 2. Länger schon und darmähnlicher sind diese Abthei- lungen bei Cossus. Die Phryganeen unter den Neuropteren mit vollkommner Ver- wandlung besitzen eme ganz ähnliche Anordnung des Darmkanales, wie die Raupen. Nur ist bei ihnen noch eine Art von Vormagen vorhan- den, eine glockenartige Einstülpung der Epithelialhaut in den Anfang des weiten, langen Chylusmagen. Myrmeleon dagegen besitzt im Lar- venzustande eine enge, nach unten zu kropfförmig erweiterte Speise- röhre und einen oblongen, sackförmig geendigten Magen. Aus diesem entspringt ein äusserst enger und für feste Nahrungsmittel gänzlich un- wegsamer Dünndarm etwa von der Länge des Magen. Mit einer klei- nen Anschwellung mündet er in den kolbenförmig erweiterten, ta- schenlosen Mastdarm. — Sehr allgemein sind die Insekten mit besondern Speichelorga- nen versehen, welche die verschiedenste Gestalt besitzen, und aus einfachen, geschlängelten, blindgeendigten Röhren sich allmälig zu wirklich conglomerirten Drüsen entwickeln, indem nämlich jene Ge- fässe sich in blinde Aeste theilen und sich in immer kleinere Bläschen und Beutelchen ausstülpen. Wie bei den Wirbelthieren treten diese drü- sigen Apparate paarig auf und münden meistens in die Mundhöhle ne- ben der Zunge oder am Grunde der Kiefer. Bisweilen aber ergiessen sie ihr Secret schon in die Speiseröhre. Ihre Grösse ist übrigens nicht unbedeutenden Verschiedenheiten unterworfen. Bald überragen sie nach hinten kaum die Kopfhöhle, bald erstrecken sie sich sogar bis weit in das Abdomen. Am einfachsten erscheinen die Speicheldrüsen der Käfer, unter denen sich besonders die Heteromeren durch eine grössere Entwick- lung derselben auszeichnen. Gewöhnlich sind sie aber auch bei die- sen (z. B. bei Asida 3)) nur ein Paar einfacher, feiner Gefässe an den Seiten des Oesophagus, die sich höchstens wie bei Blaps 4) oder My- labris in einige ästige, blinde Zweige ausstülpen. Bei Coccinella ver- mehrt sich die Anzahl der einfach fadenförmigen Gefässe auf drei Paare. In andern Familien der Koleopteren, z. B. den Lamellicor- nien, sind die Speichelgefässe dagegen nur rudimentär, in einigen (Garaben) scheinen sie überhaupt gänzlich zu fehlen. In der Klasse der Orthopteren gehören die Speichelorgane viel- ‚ leicht alle zur Form der conglomerirten Drüsen. Sie liegen im Thorax ‚auf der untern Seite des Kropfes, sind von einer beträchtlichen Grösse ‚ und bestehen gewöhnlich (Locusta, Pamphagus u. a.) jederseits aus meh- ren Gruppen von körnigen Drüsenbälgen, die sich allmälig zu einem Pr erzootom. Tabı RX IV. fear 2) Ibid. e. | 3) Ic. physiol. Tab. XV. fig. V.F. — 4) Ibid. @. 76 Verdauungsorgane der Insekten. gemeinschaftlichen Ausführungsgang verbinden. Bei Mantis bilden sie eine längliche, enger zusammenhängende Masse an den Seiten des Oesophagus. Unter den Neuropteren zeigen die Speicheldrüsen bei Termes dieselbe Structur, wie bei den Heuschrecken. Bei andern dagegen sind sie viel einfacher. So besitzt Hemerobius eine jederseits schlauch- förmige Röhre, in dessen blindes, hinteres Ende sich mehre feine Ge- fässe einmünden. Bei Panorpa erscheinen die Speicheldrüsen m den Männchen als sechs starke, gefässartige, blindgeendigte Schläuche, welche den ganzen Darm fast bis an den After umspinnen; in den Weibchen !) dagegen nur als ein Paar kleiner, fast rudimentärer Bläs- chen. In sehr vielen andern Neuropteren sind übrigens bis jetzt noch gar keine Absonderungsorgane dieser Art entdeckt. Auch bei den Hymenopteren kennt man sie erst von wenigen Thieren, so von Apis, wo sie dieselbe Structur besitzen, wie bei den Orthopteren. Sie bilden auch hier mehre Lappen, von denen ein vor- deres Paar im Kopfe vor den Augen gelegen ist. Eine viel grössere Verbreitung und im Allgemeinen eine beträcht- lichere Entwicklung der Speichelorgane findet sich bei den saugenden, besonders bei den stechenden Insekten, wo dieselben unstreitig zugleich zur Absonderung eines giftigen Seeretes dienen. Vor allen aber ist es die Ordnung der Hemipteren 2), welche durch eine fast unendliche Manch- faltigkeit in der Bildung dieser Drüsen sich auszeichnet. In der Regel finden sich hier deren zwei Paare, seltner drei (Nepa, Ranatra). Das eine Paar derselben besteht häufig (z. B. Scutellera 3)) aus einer gros- sen, zweilappigen Drüse, deren Lappen je einen gesonderten Ausfüh- rungsgang besitzen. Der hintere Lappen ist der grössere und mit einer Anzahl fingerförmiger Fortsätze versehen. Sein Ausführungsgang ist äusserst lang und bildet eine weit nach hinten sich herabstreckende Schlinge. In andern Fällen (z. B. Reduvius) sind beide Lappen einfach und der Ausführungsgang des hintern ist nicht länger als der des vor- dern. Das zweite Paar der Speicheldrüsen ist gewöhnlich ein einfa- ches, gewundenes Gefäss mit blinder Endigung, das sich übrigens nicht selten (Corixa, Notonecta u. a.) in seinem hintern Theile zu einer kolbigen Anschwellung erweitert. Bei Cimex bestehen beide Paare in einfachen, mit dünnen Ausführungsgängen versehenen Blasen. Mit- unter bekommen übrigens die lappigen Erweiterungen der Drüsen | eine zusammengesetztere Structur und werden zu einem Haufen klei- I) Ueber diese interessante Geschlechtsverschiedenheit siehe Brant's Tijd- schrift voor nalurlijke Geschiedenis en Physiologie. 1839. 173. 2) Detaillirte Beschreib. und Abbild. vergl. bei Leon Dufour a. a. O. 3) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. VII. b.b. Andere verwandte Formen s, Ic. physiol. Tab. XVU Gig. V. L.K. J. Verdauungsorgane der Insekten. 77 ner Blinddärmchen (Gerris, Naucoris). So bildet sich allmälig die bei Nepa und Ranatra vorkommende Form heraus, wo das vordere, immer noch zweilappige und mit doppeltem Ausführungsgang versehene Paar der Speicheldrüsen aus zahlreichen, ährenförmig um einen jeden Ausfüh- rungsgang gruppirten Bläschen zusammengesetzt wird. Das zweite Paar ist bei diesen Wasserwanzen gefässartig und in seiner Mitte er- weitert, das dritte endlich nur kurz und ganz einfach. Auch die Ci- caden besitzen zwei Paare von Speicheldrüsen, deren eines !) gewöhn- lich ein Gefäss ist, in das sich zwei quirlförmige Kränze von blinden Därmchen inseriren. Mitunter (Gercopis) erinnert es auch noch durch seine Form und das Vorhandensein zweier Ausführungsgänge besonders an die bei Scutellera vorkommende Bildung. Die andere Drüse bestehet in einem einfachen gewundenen Schlauche, der vorn in einen Haufen kurzer Bläschen führt und am Ende mit dem entsprechenden Organ der andern Seite sich zu einem gemeinschaftlichen Ausführungsgange verbindet. Auch bei den Dipteren finden sich überall besondere Speichel- gefässe. Gewöhnlich sind es, wie bei Musca 2) oder Tipula 3), einfache Schläuche,. die sich mit engerm Ausführungsgang in die Mundhöhle öffnen. Mitunter führen sie auch in die Speiseröhre dicht vor dem Magen (Syrphus, Bombilius, Rhagio u. a.) und sind dann gewöhnlich ährenförmig mit Bläschen oder Blinddärmchen versehen. Bei Tabanus münden in das kolbenförmige Ende des Schlauches mehre freie Ge- fässe, wie bei Hemerobius. Bei den Schmetterlingen sind die Speicheldrüsen durchgehend, wie bei vielen Käfern, einfache, geschlängelte, blindgeendigte Röhren 9). Unter den Parasiten besitzt Pulex jederseits zwei kleine rund- liche Bläschen mit gemeinschaftlichen Ausführungsgängen 5). Schon die Larven der Insekten sind mit besondern Speicheldrü- sen versehen. Im Allgemeinen scheinen sie den entsprechenden Or- ganen der vollkommnen Thiere ziemlich ähnlich. So sind sie z. B. bei den Raupen fast überall 6), wie bei den Schmetterlingen, dünne, zarte, einfache Gefässe, die nur mitunter, wie bei Cossus, sich zu ansehnli- chen Schläuchen erweitern. Ob endlich und in welcher Weise sich besondere gallenabson- dernde Organe, der Leber analog, bei den Insekten vorfinden, ist ı noch nicht so weit ausgemittelt, dass darüber eine allgemein überein- stimmende Ansicht herrschte. Die sogenannten Malpighischen Ge- 1) Ic. physiol. Tab. XVII. fig. V.H. — 2) ‚lbid.vC, 3) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. IT. h.h. — 4) Ibid. fig. V. VII g. g@. 5) Ic. physiol. Tab. XVII. fig. V.M. — 6) Ibid. B. a. — Ic. zootom. | Tab. XXIV. fig. VI. f. £. 78 Verdauungsorgane der Insekten. fässe, welche man früher !) beinahe ganz allgemein als Gallengefässe (vasa bilifera) betrachtete, möchten wohl kaum als solche funetioni- ren, zumal die chemische Analyse wirklich Harnsäure 2) im ihrem Secrete nachgewiesen hat. Viel wahrschemlicher ist es, dass die drü- sige Zellenschicht zwischen den Häuten des Darmes, die sich häufig sogar in besondere, zipfelförmige Ausstülpungen 3) der Peritonealhaut nach aussen hin fortsetzt, die Ausscheidung der Galle oder einer ana- logen Flüssigkeit übernommen hat. — Der Verdauungskanal der Insekten ist zugleich mit den übrigen Eingeweiden von dem sogenannten Fettkörper #) umgeben, einer grösstentheils wohl aus dem Chylus 5) abgeschiedenen fettreichen Masse, die unter gewissen Verhältnissen, so namentlich während der Meta- morphose und des Winterschlafes, allmälig wieder verbraucht wird. Auf den ersten Anblick erscheint er gewöhnlich als ein lappiger oder flockiger, von zahlreichen Tracheenästen durchzogener Körper, der bei den vollkommnen Insekten besonders die Unterleibshöhle ausfüllt, bei den Larven aber, wo er überhaupt reichlicher vorhanden, durch den ganzen Leib sich ziemlich gleichmässig verbreitet. Seine Färbung ist gewöhnlich eine weissliche, seltner eine gelbliche (besonders bei Schmetterlingen und Heuschrecken), oder gar eime rothe (Malachius, Lampyris, Clerus u. a.). Bei genauerer Untersuchung findet man überall eine sehr beträchtliche Menge fein zertheilter Fetttröpfehen, die von dünnhäutigen, unregel- mässigen, gewöhnlich länglichen , oder auch bisweilen (besonders bei den Dipteren und Hymenopteren) mehr rundlichen Bälgen umschlossen wer- den. Diese sitzen bald einzeln auf den Endigungen der Tracheen, bald reihen sie sich durch zahlreiche Verzweigungen und Anastomosen aneinander und bilden so die verschiedenen Formen des Fettkörpers, der bei Nepa z. B. in zahlreichen Lappen, bei den Raupen in gefalte- ten Längsbändern, bei den Heuschrecken sogar wie eine weitmaschige Membrane die Eingeweide umhüllet. Ausser den einzelnen Bälgen die- ses Fettkörpers trifft man besonders in der Nähe des Rückengefässes und in den Zwischenräumen der Brustmuskeln noch sehr häufig (bei Apis z.B.) auf besondere, runde, zellenartige Bildungen, die neben einem Kerne emen gelblichen, homogenen und scheinbar fettigen In- 1) So Cuvier, Ramdohr, Treviranus, Carus, selbst noch Leon Du- four, Burmeister u.a. 2) Besonders nach den Untersuchungen von Chevreul (Straus, Considera- tions etc. 251.) und Audouin (L’Institut. 135.). 3) Meckel, J. Müller u. A. halten bloss diese Blinddärmchen für gallen- bereitend. 4) Vergl. L&on Dufour, du tissu adipeux splanchnique in s. Recherches sur les Carabiques ect. Ann. des sc. nat. VII. 29. 5) So nach Rengger, Carus u. A. — Oken und Treviranus halten den Fettkörper für ein Analogon der Leber. Organe des Kreislaufs bei den Insekten. 7) hält besitzen und sich dadurch vor ähnlichen Körpern genugsam aus- zeichnen. Mitunter scheinen sie beerenförmig mit einander verbunden. Ob diese Elemente übrigens blosse Theile des Fettkörpers seien, muss einstweilen noch unentschieden gelassen werden. Organe des hreislaufs bei den Insekten '). Den Insekten fehlt ein vollkommnes, in sich abgeschlossenes Ge- fässsystem, wie es den Wirbelthieren und auch den meisten wirbello- sen zukemmt. Es findet sich vielmehr überall nur ein längliches, ge- fässartiges Centralorgan oder Herz, das sogenannte Rückengefäss ‚(vas dorsale), das die Medianlinie der Dorsallläche einnimmt und ‚sich hier unmittelbar unter den äussern Bedeckungen von dem vor- letzten Segmente des Hinterleibes ganz gerade bis unter das Hirn er- streckt. Durch seine rhythmischen, an dem hintern Ende beginnenden ‚ Contractionen treibt es das Blut aus einer vordern freien Oeflnung in die Höhle des Kopfes. Von hier aus strömt dasselbe ganz frei nach ' rückwärts, umspühlt alle inneren Theile und gelangt sogar zwischen ‘den Muskeln in die Endspitzen der Antennen, der Füsse und Flügel, "indem sich jedes abführende, vordere Strömchen in ein zurückführen- ‚des, hinteres umbiegt, ohne eine Gapillarverzweigung zu bilden und ‚durchaus ohne Wandungen 2). Zuletzt sammelt sich alles Blut in zwei ‚nach hinten laufende Ströme, und aus diesen tritt es jederseits durch \ besondere seitliche Oeflnungen in das Herz zurück 3). | 1) Lange Zeit hindurch war die Bluteirculation bei den Insekten gänzlich un- | bekannt. Erst der neuern Zeit war es vorbehalten dieselbe mit Bestimmtheit nach- | zuweisen und den Bau des gefässartigen Herzen zu erkennen. Cuvier, Meckel u. A. beschrieben dasselbe noch als einen einfachen, hinten und vorne blind geen- digten Kanal. Selbst Leon Dufour konnte sich vor einigen Jahren noch nicht ‚von dem zusammengesetzten Bau und der Function dieses Organes überzeugen. — \ Vergl. bes. Straus a. a. 0. 356.; Carus, Entdeckung eines Blutkreislaufs in den ‚Larven netzflügeliger Insekten. Leipz. 1527. u. Nov. Act. Leop. XV. 11.; R. Wagner ‚in der Isis, 1832, 329 u. 778. (vollständige Zusammenstellung eigener und fremder '; Untersuchungen) und Newport in Todd's Cyclop. 2) Bowerbank (Entomolog. Mag. Vol. I. 1833. p. 239.) und Newport glauben, nach zahlreichen mit äusserst starken Vergrösserungen angestellten Unter- suchungen über die Circulation bei den Insekten, annehmen zu müssen, dass auch hier das Blut wahrscheinlich überall von besondern Gelässen eingeschlossen kreise. Vorzüglich deutlich unterschied Newport (a. a. 0. p. 979.) besondere Gefässe, die ‚an der Dorsalfläche eines jeden Segmentes quer nach den Kammern des Rücken- -gefässes führten, während Bowerbank früher schon wahrgenommen hatte, dass ‚die Blutströme in den Seiten des Körpers von distineten Wandungen begrenzt seien. 3) Newport (a.a.0. p. 981.) behauptet, dass die Blutbahnen überall, gleich- ‚viel, ob sie nur die Intercellularräume benützten, oder durch besondere Wandun- ‚gen begrenzt wären, unmittelbar dem Laufe der Tracheen folgten. s0 Organe des Rreislaufs bei den Insekten. Das Blut der Insekten ist eine helle, nur mitunter, besonders bei manchen Schmetterlingen, grünlich gefärbte Flüssigkeit mit längli- chen oder ovalen Blutkörperchen, die eine verschiedene Grösse (No — 350”) und häufig auch ein unregelmässig körniges Aussehen besi- tzen. Ihre Menge ist aber überall ganz bedeutend geringer, als bei den Wirbelthieren, von deren Blute sich das der Insekten überdiess noch dadurch unterscheidet, dass die Färbung immer an das Plasına, nie an die Blutkörperchen, gebunden ist. Das Rückengefäss I) der Insekten ist ein sehr längliches, schlauch- artiges Organ, dessen hinterer Abschnitt, so weit es im Abdomen ge- legen ist, aus einer Anzahl von Kammern bestehet, die durch beson- dere, nach innen vorspringende, seitliche Klappen von einander ab- geschlossen werden können. Nur er entspricht eigentlich dem Herzen 2) der Wirbelthiere, während der vordere Theil, ein einfaches, weniger muskulöses Gefäss, mehr der Aorta 3) analog sein möchte. Bei einer Untersuchung des feinern Baues unterscheidet man am Rückengefässe ganz deutlich mehre, über einander gelegene Häute. Die äusserste derselben ist, wie gewöhnlich, eine zarte Peri- tonealschicht, unter der erst die eigentliche, aus deutlichen Längs- und Querfasern gebildete Muskelhaut liegt. Die Ringmuskeln, die mitunter ' etwas schräg verlaufen, sind am beträchtlichsten entwickelt. Häufig liegen sie mehr in Bündeln beisammen. Bei Pamphagus zeigen sie sogar eine deutliche Querstreifung, die freilich bei andern, minder be- ! trächtlichen Thieren, wieder vermisst wird. Vielleicht muss man ausser diesen beiden Häuten noch eine dritte, glashelle und äusserst zarte Membran unterscheiden, welche die innern Herzwandungen auskleidet. Weiter nach dem Kopftheile des Rückengefässes zu scheint übrigens der Unterschied zwischen diesen Häuten allmälig zu erlöschen. Sie verschmelzen zu einer einzigen dünnen Membran, an der man am inde kaum noch die Spuren einer zusammengesetztern Structur wahr- nimmt. Die dem Herzen eigenthümliche Anordnung in mehre hinter ein- ander gelegene Kammern (ventriculi) 9) lässt sich bei grössern In- sekten, z. B. bei Pamphagus, schon mit unbewaflnetem Auge in allen ' ihren Einzelnheiten wahrnehmen. Hier ist die obere Fläche dieses wei- ten, schlauchartigen Organes, die den äussern Bedeckungen anliegt, | abgeplattet und jederseits durch eine Reihe dreieckiger, mit der Spitze nach aussen gekehrter, hautartig ausgebreiteter Muskeln 5) (les ailes du coeur), die zugleich der Expansion des Gefässes vorstehen, an 1) Ic. zootom. Tab. XXIII. fig. I. Tab. XXIV. fig. XIV. — 2) Ibid. Tab. XXI. Gig. I. 1—m. Tab. XXIV. fig. XIV. a—-b. — 3) Ibid. Tab. XXI. ne." “Tab. XRIV. gr KV ae 4) Ibid. Tab. XXIV. fig. XIV. a. b. (Rückengeläss von Lucanus),. — 5) Ibid. d. d. u Organe des Rreislaufs bei den Insekten. 51 die Rückenschienen befestigt. Die untere Fläche dagegen ragt, wie eine cylindrische Halbröhre, in die Leibeshöhle vor. An ihren Seiten befinden sich in bestimmten Zwischenräumen jedesmal zwei neben einander liegende schmale spaltförmige Oeffnungen !) (orificia au- riculo-ventricularia), die in der Medianlinie fast auf einander stossen. Die hintere Lippe dieser Oeflnungen ist nach innen gedrückt und springt mit einer kleinen klappenförmigen Verlängerung nach vorn in das Lumen des Gefässes vor. Bei der Systole des Herzens schliesst sie die Oeffnung und verhindert den Austritt des Blutes. Die obere Lippe dagegen ist nach aussen gewölbt, aber an ihrem untern Rande mit einer besondern halbmondförmigen Klappe 2) (valvula interven- tricularis) versehen, deren freier Rand ebenfalls nach innen und vorn in das Lumen des Herzens hmeinragt und noch bis über die untere Lippe hinaus verlängert ist. Auch diese Klappe dient zur bessern Verschliessung der seitlichen Spalten. Ausserdem wird gerade durch sie die Abtheilung des Herzens in die oben erwähnten, geräumi- gen Kammern vermittelt, die fast völlig von einander abgeschlossen werden können, wenn die freien Ränder beider seitlichen Klappen sich ‚aneinander legen. Eine jede dieser Kammern ist an ihrem hintern Ende am weitesten und verschmälert sich nach vorn. Den flügelför- migen Muskeln an den Seiten der hintern Herzfläche entspricht an der vordern Fläche einer jeden Kammer noch ein besonderes ähnliches, ‚ plattes, dreieckiges Bündel, dessen Spitze sich ebenfalls an die Rü- ckenschienen befestigt. So liegt denn eine jede Spaltöffnung wenig- ‚ stens theilweise in einem weiten, dreieckigen Raume zwischen je zweien Schichten flügelförmiger Muskeln (spatium auriculare) 3. In ihm sam- melt sich das Blut vor seinem Eintritt in die Spaltöffnungen. Die Zahl solcher Kammern im Herzen von Pamphagus beläuft sich auf sieben. " Von ihnen ist die letzte zugleich die kürzeste. Ihr stumpfes Ende wird "durch ein besonderes Muskelbündel #) noch an die Afterschiene befe- \ stigt. Die übrigen Kammern nehmen an Länge zu, je mehr sie sich "der Aorta nähern. In demselben Verhältniss wird aber auch ihre "Weite und die Grösse der zwischen ihnen gelegenen Klappen geringer. \ Ganz dieselbe Anordnung des Herzens findet sich im Wesentlichen ‘bei einem jeden Insekt, wenngleich hie und da eine kleine Abwei- \ chung wohl vorkommt. So liegen die Spaltöffnungen z. B. gewöhnlich mehr an den Seiten des Herzens, als an der Medianlinie der untern Fläche. Bei Melolontha u. a. besitzt auch die untere Lippe dieser Oefl- BEE 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XV. **. (Rückengefäss von Asilus).. — 2) ‚Ibid. fig. XVI. a. (von Melolontha). 3) Newport glaubt wahrgenommen zu haben, dass auch dieser Raum von einer besondern sehr zarten Membrane ausgekleidet sei. 4) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XIV. d. Wagner’s Zootomie. II. 6 82 Organe des Kreislaufs bei den Insekten. nungen noch eine besondere halbmondförmige Klappe, die übrigens der obern immer noch bei weitem an Grösse nachstehet, zumal wenn diese, wie es z. B. bei Apis oder Asilus !) u. a. der Fall ist, durch ihre bedeutende Verlängerung nach vorn und innen sich auszeichnet, Dann sind natürlich auch die einzelnen Kammern viel distineter von einander abgegrenzt. Doch scheint es im Gegensatze davon auch In- sekten zu geben, wo die Klappen noch sehr rudimentär sind, und die einzelnen Kammern nur unvollkommen von einander getrennt wer- den. So verhält sich das Rückengefäss z. B. bei vielen Hemipteren 2) und besonders auch bei manchen Insektenlarven. Nicht selten varüirt auch die Zahl der seitlichen Spaltöffnungen und der davon abhängenden | Kammern. Am gewöhnlichsten beläuft sie sich auf acht, bei den Le pidopteren, den Ephemeren und den meisten Käfern (Dytiscus 3), Hy- drophilus u. v. a.). Seltner finden sich 9 Kammern (Podurus) oder 7 (Lucanus 5)), ja noch weniger. So zählte man bei Bombus deren nur ) 5, bei der Larve von Galosoma sogar nur 4. Aus der vordersten Herzkammer entspringt in dem ersten Abdo- minalsegmente des Körpers, gewöhnlich mehr allmälig, und nur sel- ten durch eine plötzliche Verengerung, der Brusttheil des Rückenge- fässes oder die Aorta. Gleich anfangs krümmt sie sich des vorsprin- } genden Metaphragma wegen mehr oder weniger nach unten und ge- langt so in den Thorax, wo sie zwischen den grossen Längsmuskeln des Rückens verläuft. An der Grenze des Pronotum biegt sie sich | nochmals nach unten und begleitet dann die obere Fläche des Oeso-" phagus bis unter das vordere Schlundganglion, vor welchem sie bald! mit etwas erweiterter Mündung offen endigt, bald (Sphinx, Vanessa 5), Apis, Gryllus, Blaps, Meloe u. a.) sich in mehre kurze Zweige theilt, in zwei seitliche und einen vordern unpaaren, die nochmals in einige” eben so kurze mit freien Oeflnungen versehene Aeste sich zerspalten, Bei Apis mellifica verläuft die Aorta auffallender Weise nicht gerade durch die Brusthöhle, sondern macht in ihr sieben kurze spiralige, eng auf einander liegende Windungen, in die aber nur die inneren! Häute des Gefässes einzugehen scheinen. Die Peritonealhaut geht näm- lich ganz gerade brückenartig über die Windungen hinweg und legt sich erst vor ihnen wieder eng an die Muskelschicht. Bei Bombus' und Vespa fehlt dieser spiralige Verlauf. Ausser den erwähnten Verzweigungen der Aorta vor dem Gehirne findet sich nirgend ein deutliches von dem Herzen ausgehendes Ge- fäss. Die Verbindungen zwischen den Enden der Eiröhren und dem 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XV. — 2) Ibid. fie. VII. h, — 3) Ibid. Tab. XXI. fig. I. — 4) Ibid. Tab. XXIV. fg. XIV. — 5) Ibidc hi fig. XVIL. Organe des Kreislaufs bei den Insekten. 83 Rückengefässe, die wohl mitunter !) für gefässartig gehalten sind, möch- ten kaum etwas anderes, als blosse ligamentöse Apparate sein. Bei Pamphagus wenigstens besitzen sie trotz ihres ziemlich beträchtlichen Durchmessers kein besonderes Lumen und scheinen in die Ringfaser- schicht des Herzens überzugehen. In der Ordnung der Schmetterlinge findet man ziemlich allgemein über der Nervenkette des Abdomen und ihr eng verbunden ein be- sonderes gefässartiges Gebilde (vas supraspinale), das von Vielen 2) dem Circulationssysteme zugerechnet wird, obgleich sein Zusammen- hang damit und seine Function überhaupt noch keineswegs genügend erkannt ist. Selbst bei vielen Raupen schon ist es vorhanden, doch fehlt es z. B. bei der von Cossus, von Bombyx brassicae und Rubi, von Sphinx Tiliae u. a. Es ist ein einfaches, unverzweigtes schlauch- artiges Gebilde, mit dicken, doch nicht sehr distineten Wandungen und nicht selten von einer gelblichen Färbung. In seinem undeutlich fasri- gen Gefüge, das von dem Bau des Rückengefässes gänzlich verschie- ‚ den ist, stösst man auf eine Menge von kernartigen Bildungen, die gewöhnlich in der Querachse des Gefässes liegen. Es erstreckt sich ‚ vom letzten Ganglion des Bauchstranges bis zum ersten. An seinem \ vordern Ende verdickt es sich ziemlich bedeutend, krümmt sich ein wenig, bleibt aber immer noch dem Nervenstrange verbunden und endigt sich plötzlich mit einer abgerundeten Spitze, an der man kein ‚ deutliches Lumen nachweisen kann (Vanessa). Das hintere Ende dieses eigenthümlichen Organes liegt auf dem letzten Knoten des Bauchstran- | ges. Es ist von etwas erweitertem Durchmesser, aber ebenfalls ohne ‚ eine deutlich wahrnehmbare Öefinung 3). Endlich hat man zur Beförderung des Kreislaufes in den vom Rückengefässe entferntern Partien des Körpers, wie in den Extremitä- ten, und hier vorzugsweise an der Basis des Unterschenkels, noch besondere schwingende Blättchen #) beschrieben, durch welche eine | I) So von dem Entdecker derselben, J. Müller, und Newport. Siehe das ) Ausführliche bierüber in Nov. Act. Leop. Tom. XI. p. 555. 5 2) So von Treviranus (Zeitschrift für die Physiologie. IV. 181.), der das- " selbe zuerst aufgefunden hat, Newport u. A. Letzterer meint, dass dieses Ge- fäss hauptsächlich die Rückkehr des Blutes aus dem untern und mittlern Theile des Körpers zum hintern Ende des Herzens vermittle und dass es dem von ihm ‚ an derselben Stelle bei dem Scorpion und den Myriapoden entdeckten Blutgefässe analog sei. Auch vermuthet Newport, dass dieses Gefäss bei den Insekten auf eine ähnliche Weise mit der Aorta in Verbindung stände, als die entsprechenden ‚ Theile bei den Myriapoden. 3) Die obere Fläche dieses Organes stehet mit jener dünnen Schicht querer Muskelfasern in Verbindung, die sonst (vgl. p. 37.) über den Nervenstrang hin- ; weggehen und ihn in seiner Lage erhalten. 4) Behn in Müller’s Archiv. 1835. p. 554. NY Athmungsorgane der Insekten. eigne, von der Contraction des Herzens ganz. unabhängige Pulsation hervorgebracht werden sollte. Eine genauere Untersuchung rechtfer- tigt aber keineswegs die Annahme solcher selbstständigen Gebilde. Die ganze Ansicht beruhet lediglich auf einer falschen Deutung häufiger, kurzer und gewöhnlich rasch einander folgender Zuckungen in den Muskeln der Insekten, wie man sie allerdings vorzugsweise in den ixtremitäten, aber nicht hier allein, bei jungen, durchsichtigen Larven von Notoneeta oder bei Pediculus u. a. sehr deutlich wahrnehmen kann. Immerhin aber ist es möglich, dass auch diese Muskelcontra- etionen nicht ohne allen Einfluss auf die Bewegung des Blutes seien. Athmungsorgane der Insekten !). Die Athmungsorgane der Insekten bilden ein gefässartig durch den ganzen Körper sich verzweigendes System elastischer, mit Luft gefüll- ter Röhren, sogenannter Athemröhren oder Tracheen (tracheae), die überall bei den ausgebildeten Thieren durch besondere spaltför- mige Oeflnungen in der Körperhaut, durch die sogenannten Athem- löcher (stigmata, spiracula), nach aussen münden. Es stehet diese grosse Ausdehnung des Respirationssystemes in der innigsten Beziehung zu dem Kreislauf des Blutes, das frei und ohne besondere Gefäss- wandungen die Eingeweide umspühlt und so auch nicht an ein be- stimmtes, auf einen kleinen Raum beschränktes Athmungsorgan gebracht werden kann. Die Athemlöcher 2) liegen bei den vollkommnen Insekten immer symmetrisch an den Seiten des Körpers in oder zwischen den einzel- nen Segmenten der Brust und des Hinterleibs. Nur sehr selten (Nepa und Ranatra) stehen sie am Grunde besonderer röhrenförmiger Fort- sätze, sogenannter Athemröhren (siphones). In ihrer einfachsten Form erscheinen sie als runde oder länglich runde, bald kleinere (am Thorax der Hemipteren), bald grössere (am Thorax der Locustinen) und weitere spaltförmige Oeflnungen in der harten Körperhaut, deren Lippen gewöhnlich einen aufgeworfenen, mit Haaren versehenen Rand besitzen und durch einen besondern Muskel einander genähert werden können. Viel häufiger aber sind die Luftlöcher noch von einem eignen, ovalen, vorspringenden Hornringe 3) (peritrema) umgürtet, an den 1) Vergl. hauptsächlich Sprengel, Commentarius de parlibus, quibus insecta spiritus ducunt. C. IH. tabb. Lips. 1815. — Marcel de Serres, Sur les usa- ges du vaisseau dorsal etc. in M‘öm. du Museum d’hist. nat. IV. 313. und Okens Isis 1819. 615. — Suckow in Heusinger’s Zeitschrift f. d. org. Ph. II. 24. so wie die angeführten allgemeinern Werke von Burmeister etc. 2) Ic. zootom. Tab. XÄII. fig. II. 0.0. — 3) Ibid. Tab. XXIV. fig. XII. a. Athmungsorgane der Insekten. 55 dann im Innern des Körpers ein sackförmig erweiterter Tracheen- stamm sich befestigt. Die eigentliche Spalte !) des Luftloches liegt im- mer im längsten Durchmesser dieses ovalen Ringes und ist von zweien halbmondförmigen, an ihrem freien Rande leistenartig verdickten und mit Haaren besetzten Lippen begrenzt, die auch bisweilen (Geotrupes, Melolontha u. a.) auf ihrer äussern Fläche mit Hornschilden und Plat- ten bekleidet sind. In den Winkeln verlängern sich die Lippen nach der Leibeshöhle zu in einen kleinen Fortsatz, woran ein Paar drei- eckiger Hornblättchen artieuliren, die zusammen mittelst eines dazwi- schen ausgespannten Muskels, wie der Kehldeckel bei den Säugethie- ren, die Athemritze verschliessen können. Bei noch andern Luftlö- chern fehlen die Lippen und dann sind die Oeflnungen nur von jenem ovalen oder rundlichen Hornringe begrenzt, der höchstens noch mit kurzen Haaren (manche Lamellicornien) oder federartigen Dornen (auf dem Rücken von Dytiscus) zum Abhalten fremdartiger Körper besetzt ist. Hie und da finden sich ausserdem noch andere Formen von Luft- löchern. So sind z.B. die Stigmata des Thorax bei vielen Capricornien (mit Ausnahme von Prionus) durch eine feste, vielfach durchlöcherte Membrane geschlossen, von deren Oeflnungen je eine kleine und ge- rade Trachee ihren Ursprung nimmt. Die Bauchstigmata bei Nepa end- lich sind mit Ausnahme der beiden letzten, welche an dem Grunde der Athemröhren gelegen sind, blosse falsche Stigmata. Sie besitzen freilich emen besondern ovalen Hornring, aber sind gänzlich geschlos- sen ?2) und stehen mit keinem Tracheenstamme in Verbindung. Die Stigmata richten sich in ihrer Anzahl natürlich nach der Menge der vorhandenen Körperringe, deren jeder, im Allgemeinen wenigstens, ' mit einem Paare von Luftlöchern versehen ist. Nur der Kopf, das erste Segment des Thorax und das letzte des Abdomen entbehren überall solcher Oeffnungen. Die zwei übrigen Segmente des Thorax sind dagegen durchweg mit Stigmata versehen. Das erste derselben liegt immer in der Ver- bindungshaut zwischen Vorder- und Mittelbrust, gewöhnlich an dem untern und äussern Rande hinter der Articulation der Vorderfüsse. Nur selten ist es von einer bedeutendern Grösse, wie bei den Locu- stinen. Sonst kommt es gewöhnlich erst nach der Entfernung des Prothorax zum Vorschein. Das zweite Paar der Stigmata ist in der Regel noch viel versteckter zwischen Meso- und Metathorax gelegen. ' Nur bei manchen Heuschrecken ist es frei und leicht wahrzunehmen, 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XII. c. 2) Die kleinen, zahlreichen Oeffnungen in den Platten, von welchen die Stig- ‚ mata geschlossen werden, sind keineswegs besondere Athemlöcher, sondern schei- nen nur zu den oben erwähnten, dem ganzen Chitinskelet eigenthümlichen Oeffnun- gen zu gehören. 86 Athmungsorgane der Insekten. Sonst ist es gewöhnlich durch die Flügel und überdies noch häufig durch einen besondern Fortsatz des Mittelbrustbeines (z. B. bei den Hemipteren) bedeckt. Bei den Hymenopteren liegt es am Metathorax selbst, nicht vor diesem, wie bei den übrigen Insekten. Die Stigmata des Hinterleibes sind schon durch die Schwankungen in der Anzahl der zu seiner Formation beitragenden Segmente nicht unbedeutenden Veränderungen unterworfen. So finden sich z. B. bei vielen Käfern, Heuschrecken und Schmetterlingen deren 8 Paare, 7 bei den Blatthörnern und Bockkäfern, bei Termiten und Libellen, 6 bei den Hymenoptern und vielen Wanzen, 5 oder selbst vier mitunter bei den meisten Dipteren. Gewöhnlich sind diese Luftlöcher in der Verbindungshaut zwi- schen je zweien Segmenten gelegen und nicht selten sogar durch die übergreifenden Ränder derselben verdeckt, wie es besonders bei, den fliegenden Insekten der Fall ist. Bei den Käfern rücken sie meistens etwas nach oben und sind unter den Flügeldecken verbor- gen. Bei den Orthopteren und den Hemipteren liegen diese Stigmataı aber nicht mehr in der Verbindungshaut, sondern rücken bis in) die nachfolgenden entsprechenden Segmente hinein. Das !vorderste derselben liegt dann im ersten Abdominalringe, das hinterste im vor- letzten. Sonst ist jenes zwischen Metathorax und dem ersten Ringe des Hinterleibes gelegen, dieses zwischen dem vorletzten und dem vorhergehenden. Wenn einzelne Insekten weniger Stigmata besitzen, als ihnen der Zahl ihrer Abdominalglieder nach zukommen sollte, so sind es ge- wöhnlich die vordern, welche verschwanden. Solches ist z. B. bei Nepa der Fall. Diesem in Bezug auf die Anordnung seiner Athmungs- organe so merkwürdigen Thiere fehlen auch die Luftlöcher der Brust. Die drei an den Seiten des Hinterleibes gelegenen Stigmata sind über- dliess blosse falsche, so dass der Respiration nur das letzte Paar von den Athemröhren neben dem After bleibet. Die Tracheen der ausgebildeten Insekten sind eigenthümliche röhrenförmige, hie und da zu grössern Blasen oder kleinen Beutelchen erweiterte Organe, welche sich, wie die Arterien der höhern Thiere, mehr oder minder zahlreich verzweigen und mit ihren, unendlich fei- nen, Verästelungen alle Eingeweide des Insektenkörpers, sogar die Nerven und Muskeln, begleiten und umspinnen. Wie jene Gefässe in ihrer Verästelung und in der Anordnung ihrer letzten Endigungen den zahlreichsten Abänderungen unterworfen sind, so finden sich auch bei (len Athemröhren ganz ähnliche Verschiedenheiten. Bald entsendet ein Stamm nur einen einfachen Ast, bald spaltet er sich gablig, bald lö- set er in eine Menge von Zweigen sich auf, die auf die verschiedenste Weise um den Stamm sich gruppiren. Auch die Anastomosen solcher Zweige sind von einer grossen Manchfaltigkeit, wenngleich noch weni- Athmungsorgane der Insekten. 87 ger genau gekannt. Die Lage und die Gestalt der Organe, an welche sie treten, scheint auf sie von einem besondern Einflusse. — Deutlich unterscheidet man in den einzelnen Tracheenröhren mehrere überein- ander gelegene Häute. Die äussere derselben ist, wie bei den meisten übrigen Eingeweiden des Insektenkörpers, eine zarte, seröse Perito- nealhaut, welche die unterliegenden Membranen nur locker umhüllt und mitunter brückenartig über mehre neben einander gelegene Aeste hinweggeht. In der Regel ist sie glashell, ungefärbt, doch bisweilen auch roth, wie in den Heuschrecken, oder schwärzlich, wie in der Larve von Dytiscus. Unter ihr liegt eine zweite gänzlich davon ver- schiedene elastische Haut, die durch die dichten, spiraligen, immer nach der rechten Seite herumlaufenden !) Windungen eines einzigen Fadens 2) gebildet ist. Dieser Spiralfaden ist in der Regel rund, nur selten, wie in den weiten Luftröhren mancher Orthopteren, mehr bandartig abge- plattet. Immer ist er solide und von homogener Structur. - Bisweilen soll er gesehlossene Ringe bilden und mitunter ein Mal einen Zweig abgeben. In der Regel aber ist er einfach. Selbst ein jeder Tracheen- ast 3) beginnt mit einer besondern Faser 4) zwischen zweien etwas klaffenden Windungen der Spiralfaser im Hauptstamm. Bei einer ga- belförmigen Theilung der Tracheen beginnen sogar meistens beide Zweige mit einer eignen Faser. Diese elastische Haut liegt endlich ganz dicht auf einer innern zarten und structurlosen Membrane 5), die sogar in ihrem Umfange besondere, den einzelnen Windungen des Fa- dens entsprechende Eindrücke besitzt. Sie bestehet, wie auch der aulliegende Faden selbst, aus Chitn, was durch ihre Unlöslichkeit in kaustischem Kali und auch schon durch ihr ganzes Aussehen ange- zeigt wird. Die Anordnung dieser verschiedenen Häute in den blasenförmi- gen Anschwellungen der Tracheen ist nicht überall dieselbe. Am wenigsten verändert zeigt sie sich in den Luftblasen bei Musca, Eri- stalis u. a. Dipteren 6), wo der Spiralfaden noch ganz ununterbro- 1) Vergl. Platner, Mittheilungen über die Respirationsorgane bei den Seiden- raupen in Müller’s Arch. 1844. p. 38. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XI. b. — S)aIhidza: 4) Nach Platner gehen die ersten Fasern eines neuen Stammes nicht ganz um denselben herum, sondern sind sehr kurz, nicht länger, als der Raum zwischen den auseinander gedrängten Fasern des Stammes es gestattet, ohne jedoch diese , zu berühren. Erst wenn der neue Ast sich als ein besonderes Glied von dem Stamme getrennt hat, winden sich die Fasern vollständig herum. 5) Sprengel möchte sie eher für eine Verbindungshaut zwischen den Win- dungen der Spiralfaser, als für eine selbstständige Membrane ansehen. — Peters (Müller’s Arch. 1341. p. 233.) will in ihr bei Lampyris, Musca u. a. Flimmer- \ bewegung wahrgenommen haben. (?) 6) Nach Sprengel auch in den Blasen der Sphinges. 33 Athmungsorgane der Insekten. chen auf die gewöhnliche Weise sich windet. Nur scheint er fast noch zarter zu sein, als in den eigentlichen Tracheen, der innern Chi- tinmembrane noch fester aufzuliegen und mit ihr selbst hie und da zu verschmelzen. Im zusammengefallenen Zustande sind die Membranen in zahlreiche und meistens, wie überhaupt bei allen aus Chitin beste- henden Häuten, sehr distincte Falten !) gelegt, die besonders der Länge nach über die Blase sich hinerstrecken. Verschieden von dieser An- ordnung ist die Structur der Athemsäcke bei Pamphagus und Truxalis, Wo nämlich in diesen Thieren die Tracheenstämme zur Bildung solcher Behälter sich erweitern, setzt sich die spiralige Faserhaut nicht als geschlossene Röhre weiter fort, sondern spaltet sich der Länge nach in zwei auseinander weichende, späterhin aber wieder sich vereinigende Rinnen. Diese liegen dann einander gegenüber an den Wänden der Athemsäcke, die auf solche Weise fast allein von der äussern und der innern Haut der Tracheen gebildet werden. In der mit Luft nicht angefüllten Blase springen die Ränder beider cylindrischer Rinnen scharf nach innen vor und stossen sogar auf einander. So bilden sie denn zwei gewöhnliche, neben einander gelegene Tracheenstämme, die vorn und hinten zusammenfliessen und in der Mitte durch eine zahlreich gefaltete Membrane vereinigt werden. Die bogenförmigen Halbringe, welche, gleichsam halbe spiralige Windungen, die Rinnen auskleiden, sind an ihren Enden etwas verschmälert und eben hier mit der dicht unter ihnen gelegenen Chitinmembrane verschmolzen. Eine Strecke lang lassen sie sich auch noch weiter verfolgen, aber nicht als Fasern, sondern als kleine Zähnchen auf der untern Haut, die ziemlich regelmässig in Reihen geordnet sind und der ganzen Flä- che ein eigenthümliches wellenförmiges Aussehen geben. In den Tra- cheenbläschen von Acridium sind sogar alle Spuren der Spiralfaser, als eines selbstständigen Gebildes, verschwunden. Einige wellenför- mige Zeichnungen sind wahrscheinlich, wie bei Pamphagus, seine letzten Andeutungen. Auch bei Geotrupes, Melolontha 2) u. a. fehlt ein besonderer Spiralfaden in den Athemsäcken. Auf eine ähnliche Weise wahrscheinlich, wie in diesen Tracheen- blasen, schwindet auch die Spiralfaser in den feinen Enden der Tra- cheenzweige. Gewöhnlich nämlich kann man die andern Häute noch eine Strecke weit über jene hinaus verfolgen, bis auch sie endlich sich 1) Unstreitig sind es gerade diese Falten, welche von Burmeistera. a. 0. I. p. 191. für die Ueberbleibsel der Spiralfaser gehalten und als solche auch abge- bildet sind. Nach ihm sollen die Windungen des ziemlich starken Spiralfadens weiter von einander getrennt sein, als in den Tracheen; der Faden selbst soll hie und da ästig gespalten und an andern Stellen unterbrochen sein, weshalb auch die Blase nicht so regelmässig quer gestreift sei, wie die Tracheen. 2) Mit Unrecht sprechen Marcel de Serres und Straus den Athembläschen dieser und anderer Insekten auch die innere Membrane ab. Atlımungsorgane der Insekten. 8) der Beobachtung entziehen, ohne dass man aber mit Bestimmtheit von dem Geschlossensein der letzten Enden !) der Tracheenzweige sich überzeugen könnte. Die äussere Peritonealschicht scheint häufig mit dem entsprechenden Ueberzuge der andern Eingeweide continuirlich zusammenzuhängen. Die Verschiedenheiten in der anatomischen Anordnung des Tra- cheensystemes bei den emzelnen Ordnungen der Insekten sind äusserst beträchtlich und erfordern eine speciellere Betrachtung aller dieser Verhältnisse. Das Tracheensystem der Käfer, z.B. einer Melolontha 2), ist vor- zugsweise ein sogenanntes arterielles. Seine Zweige gehen fast alle unmittelbar von den Stammtracheen aus und verbreiten sich von da, wie die Pulsadern, mit immer feinern Aesten an alle Organe des Körpers. Die Stammtracheen selbst entspringen mit etwas er- weitertem Grunde vom innern Rande eines Stigma. Sie theilen sich nach kurzem Verlauf in zahlreiche Aeste, die fast büschelförmig aus- einander weichen und eine derLage des Luftloches entsprechende Provinz des Körpers versorgen. Unter allen diesen Aesten zeichnen sich durch ihre Stärke und eigenthümliche Verbreitung besonders die der Länge nach verlaufenden Communicationsröhren (rami communicantes late- rales s. longitudinales) zwischen je zwei auf einander folgenden Stamm- tracheen derselben Seite aus. Bei Melolontha 3) finden sich solcher bogenförmigen Verbindungsröhren jederseits zwei, sonst aber häufig auch nur eine. Zwischen diesen Röhrentracheen und zum Theil auch von ihnen selber entspringen die Luftgefässe für die einzelnen Organe des Insektenleibes. Sehr häufig anastomosiren aber auch diese Zweige und bilden dann bald quere Verbindungsäste zwischen den entsprechenden Partien beider Seiten, die besonders auf der Bauch- fläche des Abdomen zu einer grössern Entwicklung gelangen (ram? communicantes transversi) 4), bald besondere Längsstämme, wie sie z.B. die Ganglienkette 5), den Darmkanal und andere Eingeweide be- 1) Platner vermuthet, dass die zarten fadenförmigen Endigungen der Tra- | cheen nur von der auseinander gezogenen Spiralfaser gebildet würden und kein ‚offenes Lumen besässen. Dieses soll nur so lange vorhanden sein, als sich an ihr neben einander fortgehende Windungen der Spiralfaser wahrnehmen lassen. 2) Vergl. die ausgezeichneten Untersuchungen von Straus, die sich über die speciellere Verbreitung aller Tracheenzweige in diesem Insekt ausdehnen. Seinem Werke entnommen ist die Abbildung in den Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. 1. 3) Ibid. 3-4, 4—5 u. Ss. w. | 4) Ibid. Es sind die 6 queren Aeste, die in der Medianlinie am: Bauche un- ter sich und mit den entsprechenden Aesten der andern Seite eine Verbindung ‚eingehen. 5) Mehr Detail über die Verbreitung der Tracheen an der Bauchkelte in der I Seidenspinnerraupe siehe bei Platner a. a. O. 90 Atlımungsorgane der Insekten. gleiten. Erst aus ihnen entspringen dann die feinern Nebenäste für diese Organe. Uebrigens ist die Zahl aller dieser Tracheenzweige und ihr speciellerer Verlauf den allergrössten Verschiedenheiten unterworfen, Im. Allgemeinen verbreiten sich die Luftgefässe des Hinterleibes vor- zugsweise an die dort gelegenen Eingeweide, während die zahlrei- chern und stärkern Aeste des ersten bis dritten Stigma Kopf, Brust und die an diesen articulirenden Mundtheile und Bewegungsorgane versorgen. Der Kopf !) bekommt gewöhnlich zwei Paare ziemlich star- ker Luftgefässe, ein oberes und ein unteres. Beide verbinden sich durch transverselle weite Communicationsröhren, ja die obern ver- schmelzen bei Melolontha unmittelbar mit einander. Aus ihnen ent- springen die Tracheen für die Augen und obern Mundwerkzeuge. Das untere Paar begleitet den Schlund und Nervenstrang und verbreitet sich besonders an den untern Fresswerkzeugen. — Bei den meisten Käfern, bei Caraben, Staphylinen, bei den Heteromeren, Tetrameren u. a, verzweigen sich die Tracheen überall ganz einfach und erweitern sich an keiner Stelle zu einer Athemblase. Bisweilen sind die Tra- chealzweige sogar so fein und so zahlreich, und verlilzen sich so innig zu einem unauflöslichen Gewebe, dass eine fast parenchymatöse Bildung entstehet. Dieses ist z.B. zwischen dem hintern Brust- und, ersten Bauchstigma bei Prionus 2) der Fall. Dagegen erweitern sich bei den Palpicornien, den Lamellicornien (z. B. Melolontha 3)) und einigen an- dern, die Zweige der arteriellen Tracheen zu kleinen ovalen Endbläs- | chen, die meistens wiederum einzelne sehr feine Aestchen abgeben. Bei Dytiscus findet sich sogar schon ein Paar grösserer Luftsäcke im Thorax. Bei den Orthopteren ist das Tracheensystem weit complicirter, indem zwischen die Stammtracheen und die arteriellen Verzweigungen der Luftgefässe, die bei den Käfern meistens unmittelbar aus jenen entspringen, ein neues, sogenanntes röhrenförmiges oder pulmonales Gefässsystem sich eingeschoben hat. Es bestehet dasselbe — gewis- sermassen nur eine grössere Entwickelung der rami communicantes laterales — in der Regel aus einem schönen, regelmässigen Gefäss- netze 4), das durch zahlreiche Längen - und Queranastomosen weiter, unverzweigter Tracheen gebildet ist, in den Seiten der Leibeshöhle auf- und absteigt und gewöhnlich (z. B. Truxalis, Locusta) noch be- sondere transverselle Communicationszweige besitzet. Erst aus diesen | | ! I) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. I. — die beiden aus der ersten Stammtrachee (Ibid. 1.) entspringenden vordern Zweige. 2) Vergl. L&on Dufour in Ann. des sc. nat. VII. 22. 3) Ile. zoolom. Tab. XXIV. fig. TI. 4) Eine detaillirte Beschreibung und Abbildung dieser Verhältnisse bei Gryllus, Truxalis und Mantis siche bei Marcel de Serres. |]. c. Athmungsorgane der Insekten. 91 Netzen nehmen dann die verhältnissmässig nur wenig verästelten Zweige für die Eingeweide des Körpers und die Locomotionswerkzeuge ihren Ursprung, von denen besonders jene, in noch höherm Grade, als bei den Käfern, an dem Darm, am Nervenstrang und dem Rückengefässe durch zahlreiche Anastomosen nochmals besondere, kleinere Stämme zusammensetzen. Die grösste Entwicklung erlangt dieses Tracheensy- stem bei den Acridiern, wo die queren Zweige des weitmaschigen Röh- rennetzes sich in grosse, schlauchartige Blasen ausdehnen. Die obern Enden derselben befestigen sich an besondere, weit in die Körperhöhle vorspringende Hornbögen ), deren Elastieität bei den sehr deutlichen rhythmischen Athembewegungen des Bauches das Ausströmen der Luft ganz besonders begünstigt. In der Brust finden sich bei Truxalis z. B. ausserdem noch kleine blasenartige Anschwellungen der Tracheenen- den, wie bei Melolontha u. a. Eine Andeutung jener \schlauchartigen Erweiterungen der Tracheenröhren findet sich schon bei Locusta, wo die Luftgefässe durch ihr beträchtliches Lumen sich auszeichnen. Das pulmonale Gefässnetz dieser Heuschrecke bestehet hauptsächlich in zweien von einem jeden Stigma ihren Ursprung nehmenden weiten Athemröhren. Diese steigen unter den allgemeinen Bedeckungen em- por, ‘divergiren allmälig in ihrem Verlaufe und verbinden sich mit ei- nem longitudinalen Gefässstamm, der an den Seiten des Rückengefässes herabsteigt. Aus diesem entspringen die queren Verbindungsäste bei- der seitlichen, ziekzackförmigen Netze. Auch Darm - und Geschlechts- organe werden von zahlreichen weiten Gefässröhren umsponnen und begleitet, die grösstentheils ebenfalls aus den einzelnen Stigmen ihren Ursprung nehmen und mitunter, wie z. B. bei den Ovarien, die zier- lichsten Netze bilden: Das Respirationssystem der Neuropteren zeichnet sich dagegen wieder durch eine viel grössere Einfachheit aus. Die unmittelbar aus den Stigmen, wie gewöhnlich, entspringenden Stammtracheen senken sich bei den Libellen z. B. nach einem kurzen Verlaufe jederseits in ein weites Längsgefäss 2), das sich im Kopf und am Mastdarm 3) in eine Menge kurzer Zweige auflöst. Es entsprechen auch diese Röh- renstämme nur den entwickelten rami communicantes bei den Käfern. Besondere quere Aeste verlaufen ausserdem in einem jeden Ringe zwi- schen Darm- und Ganglienkette von einem Längsstamme zum andern. Die eigentlichen arteriellen Luftgefässe entspringen büschelweise jedes Mal, wo eine Stammtrachee in die Längsröhren sich einsenkt. Zwi- schen den Muskeln des Thorax erweitern sie sich zu birnförmigen Bläschen. Auch bei den Hymenopteren findet sich in jeder Seite des Kör- 1) Verg. S. 13. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. X. ee. — 3) Ibid. c. ec. 92 Atlımungsorgane der Insekten. pers (z. B. bei Bombus !)) ein ansehnliches Längsgefäss, in welches ! die Stammtracheen münden. Im Abdomen erweitert sich dasselbe zu einer zusammenfliessenden Kette hinter einänder gelegener blasenförmiger Säcke, deren vordere sich vor den übrigen durch ihre beträchtliche Weite auszeichnen, Einem jeden Segmente entsprechen auch hier be- | sondere quere und weite Communicationsröhren auf der Bauchfläche, Die für die Eingeweide bestimmten Luftgefässe nehmen erst aus den | Längsstämmen ihren Ursprung und erweitern sich im Thorax (z. B. bei Vespa) noch zu besondern kleinen Bläschen. Die Dipteren stimmen in der Anordnung ihres Tracheensystems mit den Hymenopteren so ziemlich überein. Die Längsblasen besitzen aber bisweilen noch eine beträchtlichere Entwicklung und erfüllen mit- unter (z. B. Volucella pellucens) fast den ganzen Hinterleib, der dann völlig durchscheinend ist und nur an seiner Spitze die in ihrer Aus- dehnung sehr beschränkten Eingeweide enthält. Auch zwischen den Muskeln der Brusthöhle stösst man auf zahlreiche kleinere Luftbläschen. Hie und da, wie bei Asilus, wo der Hinterleib eine längliche, ‘mehr gestreckte Form besitzt, scheinen aber die Längsstämme nicht mehr blasig erweitert, sondern nur von gewöhnlichem Umfange. Dagegen finden sich im Abdomen jederseits äusserst zahlreiche, kleinere Bläs- chen. Die Pupiparen endlich entbehren auch dieser Erweiterungen. Sie besitzen einfache Seitenröhren, von denen arterielle Luftgefässe ihren Ursprung nehmen, die nur im Thorax, wie gewöhnlich, zu kleinern Beuteln sich ausdehnen. Die Lepidopteren scheinen. wiederum ein fast reines arterielles Luftröhrensystem zu besitzen, das sich unmittelbar von den Stamm- tracheen aus im Körper verzweigt und nur durch eine einfache Seiten- röhre zu einem zusammenhängenden Ganzen verbunden ist. Bei den Abend- und Nachtschmetterlingen erweitern sich im Hinterleib die Tra- cheen zu ansehnlichen Blasen, die den Stigmata entsprechen und von vorn nach hinten an Grösse abnehmen. Die hintern derselben fehlen sogar häufig ganz. Im Allgemeinen scheinen sie bei den Männchen entwickelter, als bei den Weibchen. Solcher Bläschen finden sich bei Sphinx Euphorbiae und ocellata 6 Paare, bei Sphinx Atropos, Bombyx dispar u.a. 4, bei Noctua oleracea u. a. sogar nur eines. Ausserdem sind übrigens auch kleinere endständige Bläschen, wie bei den La- mellicornien, nicht so gar selten. Das Tracheensystem der Hemipteren 2) zeigt bei den verschiede- nen Gruppen einige Abänderungen. So findet sich im Hinterleib der Scutelleren und Pentatomen, wie bei den Abendschmetterlingen, jeder- 1) Abgebildet bei Newport fig. 436. 2) Mehr Detail bei L&on Dufour in seiner mehrfach schon citirten Mono- eraphie dieser Inseklenordnung. Athımungsorgane der Insekten. 9 seits eine Reihe ziemlich ansehnlicher, rundlicher Bläschen, die beson- ders vorn durch ihre Grösse sich auszeichnen und durch eine Erwei- terung der kurzen Stammtracheen gebildet sind. Aus ihnen erst ent- springen die arteriellen Luftröhren, die sich am Darm und den Ge- schlechtswerkzeugen verzweigen. Schon bei einigen nahe verwandten Thieren, wie bei Scutellera maura, fehlen die sechs Paare von Blasen. Statt ihrer findet sich jederseits im Abdomen ein weiter Längsstamm, der mit den Stammtracheen in Verbindung stehet und den arteriellen, in zahlreiche. kleinere Beutelchen erweiterten Gefässen ihren Ursprung | giebt. Im Innern des Metathorax trifft man ausserdem noch auf einige ' Geflechte verfilzter Tracheenästchen, die auch in der ganzen Familie der Pentatomen vorkommen. Bei den übrigen Land- und manchen ‚ Wasserwanzen fehlen alle blasenartigen Erweiterungen der Luftgefässe, ‚ die ganz einfach sich verzweigen und nur durch ihre geringe Menge, | wie durch ihren geringen Umfang sich auszeichnen. Weit zusammen- ‚ gesetzter, als in den übrigen Wanzen, ist das Tracheensystem bei Nepa!. Aus den beiden am Grunde der Athemröhren gelegenen Stigmata entspringt ein einfacher Längsstamm, der sich an den Seiten der Leibeshöhle bis in die Kopfhöhle hinein erstreckt. In jedem Kör- persegmente entsendet er einen zweigetheilten Ast, dessen oberer Zweig an den Eingeweiden sich verbreitet, während der untere ganz einfach mit dem entsprechenden Zweige der andern Seite communi- eirt. In der Brusthöhle, wo der Längsstamm selbst sich allmälig ver- ästelt, finden sich ähnliche fast parenchymatöse Beutel von Luftgefässen, ‚ wie bei Pentatoma u. a. Die zarten Tracheenäste, die mit Hülfe mus- kelartiger Fasern zu einem solchen dichten Geflechte sich verfilzen, | entspringen in einer grossen Anzahl ?2) aus einem weiten, längs der Oberfläche der Beutel verlaufenden Gefässe. Die Cicaden zeichnen sich besonders durch eine äusserst beträchtliche, im vordern Theile des ‚ Hinterleibes gelegene Athemblase 3) aus, die bei den Männchen vor- ' züglich den grössten Theil dieser Leibeshöhle erfüllt. Sie ist durch ‚ die Verschmelzung zweier gegenüberliegender, seitlicher Luftsäcke ent- standen und führt durch ein weites, offenes Stigma jederseits nach aussen. Zwischen den Muskeln der Brust und des Kopfes finden sich ‘auch noch einige kleinere Bläschen. Die Tracheen der Eingeweide da- gegen sind einfach und sehr zart. Bei den Aphidiern endlich fehlen wieder alle blasenartige Erweiterungen der Luftgefässe. Sie sind über- \ diess äusserst fein und nur in geringer Anzahl vorhanden. In der Ordnung der Parasiten scheint der Bau des Tracheensy- 1) Abgebildet bei Leon Dufour. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XII. 3) Vergl. Carus, Analecten zur Naturwissenschaft und Heilkunde. Dresden 18238. S. 158. 94 Athmungsorgane der Insekten. stemes, so weit er bekannnt ist, eben keine auffallenden Verhältnisse darzubieten. So führen z. B. die Stammtracheen bei den Pedieuliden unmittelbar jederseits in em weites Längsgefäss, aus welchem die einfachen arteriellen Luftröhren ihren Ursprung nehmen. Auch bei den Poduren finden sich ähnliche Seitenstämme, doch dehnen sich über- diess die aus ihnen hervorkommenden Tracheen jederseits in sechs längliche Luftsäcke aus. Die Luftgefässe selbst sind übrigens meistens ausserordentlich dünn und zart und werden leicht übersehen, zumal sie eben nicht in beträchtlicher Menge vorkommen. Bei einigen Apte- ren, wie bei Machilis I), hat man sie noch nicht ein Mal aufgefunden, ob es gleich wohl keinem Zweifel unterliegt, dass sie wirklich vorhan- den sind, zumal sie bei nahe verwandten Thieren (Lepisma 2)) sich finden. — Von diesem Bau der Respirationsorgane, wie er bei den voll- kommnen Insekten sich vorfindet, weicht der der Larven in mehr denn einer Beziehung bedeutend ab. Die Verschiedenheit erstreckt sich bisweilen sogar bis auf die Structur der Athemlöcher, wie z. B. in den Larven der Lamellicor- nien. Diese sind hier von rundlicher Form und bestehen aus einem breiten, gewöhnlich mit hornigen Platten verzierten Rande 3) und einem concentrischen häutigen Mittelfelde, das an der untern Seite den Rand durchbricht und in seiner Mitte eine kleine, schmale Spalte 4), als Eingang in die Stammtrachee, besitzet. Auch die beiden Stigmata am stumpfen, hintern Leibesende der Muscidenlarven unterscheiden sich in ihrem Bau von den Luftlöchern der ausgebildeten Fliegen. Sie er- scheinen nämlich als runde Hornstückchen, die von dreien, parallelen, länglichen Oeffnungen durchbrochen werden. Endlich giebt es auch einige im Wasser lebende Insektenlarven, denen offene Luftlöcher überhaupt gänzlich fehlen. Statt ihrer finden‘ 1) Guerin (Ann. des sc. nat. 1836. 374.) will bei diesem Thiere unter den‘ Abdominalsegmenten, zu den Seiten der borstenförmigen Anhänge (vergl. S. 25.), eigenthümliche, membranöse Säcke gefunden haben, die einen ähnlichen Bau zeigen‘ sollen, wie die Respirationsorgane mancher Crustaceen und von dem Entdecker für wirkliche Athmungswerkzeuge erklärt werden — eine Deutung, die sicherlich‘ noch einer weitern Bestätigung bedarf, um als gültig angenommen zu werden. 2) S. Burmeister in Oken’s Isis 1834. 137. 3) Sprengel (a. a. 0.) hielt diesen halbmondförmigen Hornrand wegen sei- ner eigenthümlichen Structur für die siebförmig durchbrochene Oeflnung der Tra- chee. Die Spalte des Mittelfeldes hatte er übersehen. 4) Treviranus (Das organische Leben, neu dargestellt. Bremen 1831. I. 258.), der ebenfalls die eigentliche Oeflnung des Stigma nicht aufgefunden hatte, erklärte das ganze Luftloch für geschlossen. Die Tracheen sollten sich auf der in- nern Wand der Platte verzweigen und, wie bei den Kiemen, also durch endos- motischen Austausch, Luft in sich aufnehmen. Athmungsorgane der Insekten. 95 sich dann wirkliche äussere Kiemen !) (branchiae),, äussere Fortsätze des Hautskeletes von haarförmiger oder blattartiger Gestalt, in denen sich feine Tracheenzweige verbreiten. Die haarförmigen Kiemen sind meistens büschelweise zu mehren Hauptstämmen vereinigt. Am häu- figsten sind sie unter den Tipulaceen vorhanden. Hier finden sie sich z.B. am Schwanzende bei der Larve von Corethra, an den Sei- tenflächen des Thorax zwischen dem ersten und zweiten Segmente bei der Puppe von Chironomus und Simulia. Hie und da sind sie mehr gleichmässig über eine grössere Partie des Leibes verbreitet, wie bei Gyrinus und Botys, den einzigen mit Kiemen versehenen Larven der Käfer und Schmetterlinge. Die blattartigen Kiemen dagegen werden fast allgemein unter den im Wasser lebenden Larven der Neuropteren angetroffen. Bei den Phryganeen und Ephemeren ?) stehen sie paar- weise an den Seiten der Hinterleibsringe und sind gewöhnlich lancett- förmige oder rundliche Blättchen, die den Ephemeren zugleich als Lo- comotionswerkzeuge (Schwimmblättchen) dienen. Bei Acentropus er- scheinen sie fast wie rudimentäre Bauchfüsse 3); sie sind fadenförmige, fünfgegliederte Fortsätze an den Seiten der Abdominalringe. Agrion besitzt drei grosse lancettförmige Kiemenblätter am Schwanzgliede, wäh- rend die übrigen Libellen %) im Larvenzustande mittelst einer beträcht- lichen Anzahl kleiner querer, in Längsreihen über einander gestellter Kiemen athmen, die in das Lumen des Mastdarmes hineinragen und durch eine Duplicatur der innern aus Chitin bestehenden Auskleidung dieses Darmtheiles gebildet werden. Die übrigen Insektenlarven besitzen Stigmata, die jedoch in ihrer Anordnung keineswegs immer mit den entsprechenden Theilen bei den vollkommnen Thieren übereinstimmen. Die Raupen z. B. besitzen de- ren 9 Paare, die an den Seiten der Leibesringe mit Ausnahme des ersten, dritten, vierten und letzten sich befinden. Dagegen haben die meisten kopflosen Dipterenlarven u. a. deren nur zwei Paare, von denen das vordere am zweiten Leibesringe, das hintere am letzten befindlich ist. Bei den im Wasser lebenden Fliegenlarven stehen die ‚ einen oder die andern dieser Stigmata an der Spitze besonderer rüh- 1) Ueber manches speciellere Detail vergl. die angeführten Werke von Kirby, Burmeister, Lacordaire u. A. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XVII. a. a. 3) Vergl. ein Näheres über dieses merkwürdige Insekt in Wiegmann’s Ar- chiv. 1843. 331. Grube hält die kiemen für wirkliche Bauchfüsse. — Sehr merk- , würdig ist auch die Umbildung der Mundwerkzeuge. Mandibeln und Maxillen liegen jederseits dicht auf einander, sind an den zugekehrten Flächen rinnenförmig ausge- ' höhlt und bilden so zwei seitliche, ungegliederte Saugröhren. | 4) Die Kiemen im Mastdarm von Aeschna hat Suckow (a. a. 0. 35.) vor- trefflich beschrieben und abgebildet. Eine Copie davon s. Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. X. d. . 95 Athmungsorgane der Insekten. renartiger Verlängerungen des äussern Skeletes, auf so genannten Athemröhren (siphones). Solche finden sich z. B. an dem Thorax bei der Puppe von Culex, am Schwanzende bei der Larve von Chiro- nomus. Nicht so gar selten verschmelzen sogar diese paarigen Röhren in eine einzige unpaare, wie z. B. am Schwanzende der Larve von Gulex, Stratiomys, Eristalis, am Thorax der Larve von Simulia. Sehr häufig ist auch die äussere Oeflnung dieser Organe mit einem Kranze gefiederter oder einfacher Borsten und Haare versehen. Die innern Athemorgane der Larven sind Tracheen, wie bei den ausgebildeten Insekten. Nur dadurch unterscheiden sie sich von den bei diesen vorkommenden Luftröhren, dass sie nirgend zu beutel- oder bläschenförmigen Anschwellungen sich erweitern. In ihrer spe- cielleren Anordnung aber zeigen sie ganz bedeutende Abweichungen. Schon deshalb muss aber jene einfacher sein, als im erwachsenen In- sekt, weil eine Trennung des Körpers in Brust und Bauch noch über- haupt nicht vorhanden. r Am einfachsten ist sie bei den Larven der Dipteren. Hier ent- springen aus dem hintern Stigmenpaare zwei weite Seitenstämme, aus denen einige wenige arterielle Tracheen für die Eingeweide abgehen. Bisweilen (Eristalis) veremigen sie sich im ersten Segmente durch ei- nen queren Ast. Als feine Röhren münden sie dann in dem ersten Stigmenpaare. In der Ordnung der Neuropteren besitzen die Libellenlarven | sogar eine grössere Anzahl solcher weiten Längsstämme. Die grössten derselben sind zwei paarige Tracheen !) auf der Dorsalfläche des Dar- mes, die mit zahlreichen Aesten aus den Kiemen des Mastdarmes ent- springen und ungetheilt sich bis in den Kopf erstrecken, wo sie wie- derum sich verästeln. Ausserdem verlaufen noch jederseits an der Bauchseite zwei kleinere Längsgefässe, die mit ihnen sich durch Quer- äste verbinden. Das innere Paar dieser Tracheen verzweigt sich schon auf dem Magen; nur das äussere erstreckt sich bis in die Höhle des Kopfes. Bei den Larven der Hymenopteren (z.B. Apis) treten die Sei- tenröhren in ihrer Entwickelung schon zurück. In jedem Segmente sind sie an der Bauchseite durch einen queren Communicationsast ver- bunden. Den Insertionsstellen der Stammtracheen gegenüber entsprin- sen zahlreiche arterielle Gefässe, die sich an den Muskeln und Einge- weiden verzweigen. Das Tracheensystem der Raupen 2) ist vorzugsweise ein arterielles. Die Seitenröhren 3) sind kaum etwas mehr, als weite Längencommis- 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. X. c. c. 2) Vergl. Lyonet’s genaue Untersuchungen und Abbildungen des Tracheen- systemes der Weidenraupe. Tab. X u. XI. 3) Ic. zootom. Tab. XXIU. fig. XIV. b. Stimmwerkzeuge der Insekten. 97 suren zwischen den Stammtracheen, zumal die queren Verbindungs- äste im der Regel ihnen fehlen. Eine grosse Menge der Tracheen ver- breitet sich gewöhnlich bündelweise an Rücken, Darm und Bauch. Die Larven der meisten Käfer kommen mit den Raupen in der Anordnung ihrer Athemröhren überein. Nur einige wenige, in Wasser lebende, Gattungen, z. B. Dytiscus, zeigen eine sehr beträchtliche Abweichung davon und schliessen sich durch ihren Bau mehr an die Dipteren an, denen sie auch schon in der Stellung ihrer Stig- mata gleichen. Es finden sich bei ihnen wiederum zwei grosse, weite Längsröhren, die im ersten Brustringe sich in zwei Aeste spalten, in einen obern und untern, und so in die Kopfhöhle treten. In einem jeden Segmente des Hinterleibes entspringen aus diesen Seitenstämmen zwei quere Zweige für Darm und Muskeln, ein innerer und ein äusse- rer, von denen jener gewöhnlich der stärkere ist, weil er an die Eingeweide tritt. Auch die äussern Zweige des zweiten Gliedes zeich- nen sich durch ihre Grösse aus und bilden durch ihre Vereinigung einen transversellen Communicationsast zwischen beiden Längsstämmen. Stimmwerkzeuge der Insekten }). Als Organe der Stimmbildung functioniren bei den Insekten nur "in einigen, sehr seltenen, Fällen besondere, eigens dafür bestimmte Apparate. Aber selbst dann ist deren Anordnung eine ganz andere, als bei den Wirbelthieren, indem sie nirgends mit den Respirations- werkzeugen in einer ähnlichen Verbindung 2) stehen, wie hier. Es sind "vielmehr ganz einfache Membranen, blosse Theile des äussern Skeletes, deren sich die Insekten zur Production von Tönen bedienen, und die "zu diesem Zwecke durch eine besondere, willkürliche Muskelaction in Schwingungen versetzt werden. Auffallend ist es übrigens, dass diese " Stimmapparate vorzugsweise und in einigen Gattungen sogar ausschliess- lich (Locusta, Tettigonia u. a.) den Männchen zukommen. Die einfachsten Vorrichtungen der Art finden sich bei manchen "Käfern, die bloss dadurch einzelne Töne hervorbringen, dass sie das "Pronotum auf dem Mesonotum reiben (z. B. viele Gerambycinen), oder den Hinterleib an den Flügeldecken (manche Lamellicornien u. a.), oder sonst andere bewegliche Theile der äussern Hautbedeckungen, die dann häufig noch mit besondern vorspringenden und feilenartigen Leisten "versehen sind. | ı 1) Hauptschrift: Goureau und Solier in Ann. de la Sociöte Entomologique "de France. 1837. p. 31. | 2) Mit Unrecht nahm Burmeister (a. a. 0. S. 506.) auch bei den Stimm- 'werkzeugen der Insekten einen solchen organischen Zusammenhang an. Wagner’s Zootomie. II. 7 38 Stimmwerkzeuge der Insekten. Ganz ähnliche Vorrichtungen besitzen auch die Orthopteren, So zeigt z. B. Locusta !) auf der Unterseite der linken Flügeldecke an deren Grunde eine quere, bogenartige Hornfeile, die mit dem schar- fen vordern Rande des darunter gelegenen rechten Flügels in Berüh- rung kommt und beim Reiben darauf das bekannte, zirpende Geräusch hervorbringt. Durch eine eigenthümliche fensterartige Verbreitung der Rippen, besonders auf dem linken Flügel, wird unstreitig das Vibriren der Membranen erleichtert und der Ton verstärkt. Ganz ähnliche quere Feilen sind an derselben Stelle auch bei den übrigen zirpenden Locu- stinen und Achetinen vorhanden, nur finden sie sich nicht selten auch auf dem rechten Flügel (Barbitistes, Acheta u. a.) und mitunter auf der Oberseite (Barbitistes). Bei den Acridiern 2) dagegen bewegen sich die am Innenrande mit erhabenen und mitunter feilenartig gekerbten Längslei- sten versehenen Schenkel der Hinterbeme an den vorspringenden Längs- und Querrippen der glasartigen Flügeldecken. Einige andere exotische Acridier scheinen die Hinterschenkel auch über eine am Ab- domen befestigte, gezähnte Leiste zu bewegen. Den entwickeltsten Stimmapparat besitzen unstreitig die Cica- den 3). Es liegt derselbe jederseits an der Unterfläche der ersten Hin- terleibssegmente im Grunde einer weiten Höhle, der so. genannten Stimmhöhle, die von einer grossen, halbmondförmigen, frei nach hinten gekehrten Platte, dem Stimmhöhlendeckel, verschlossen wird. Der eigentliche Apparat bestehet in einer zarten, ovalen, gefalteten Haut, der Trommelhaut, die durch eine tellerförmige, hornige Sehne mit einem starken, von der untern Seite des Metathorax entspringen- den Muskel in Verbindung stehet. Die Töne werden dann durch die‘ bei der Contraction dieser Muskeln entstehenden Schwingungen der Membranen hervorgebracht und durch die grosse, dahinter ausgespannte Luftblase der ersten Abdominalstigmata verstärkt. Ausser dem eben‘ beschriebenen Apparate liegt in der Stimmhöhle noch weiter nach un- ten eine halbmondförmige, mit einem zarten Häutchen verschlossene, fensterförmige Oeflnung in den äussern Bedeckungen, die aber mit dem‘ eigentlichen Stimmorgane in keinem nachweislichen Zusammenhange zu stehen scheint 9). 1) Nach Burmeister ist es die aus den Stigmata der Luftlöcher durch die heftigen Contractionen der Brustmuskeln ausgetriebene Luft, welche zwischen den Flügeldecken emporsteigt und die elastischen Fenster derselben in Schwingungen versetzt. 2) Burmeister beschrieb das oben angeführte Gehörorgan der Acridier als deren Stimmapparat. 3) Vergl. Carus Analecten u. s. w. S. 151. 4) Sie erinnert einigermaassen an das Trommelfell bei dem Gehörorgane der Locustinen und Acridier. Möglich, dass auch hinter ihm wirklich die Gehörorgane der Cicaden aufzufinden seien, Harnwerkzeuge der Insekten. 99 Auch unter den Lepidopteren giebt es einige Insekten, welche Töne produciren können, und theilweise sogar mit besondern, eigen- thümlichen Vorrichtungen dazu versehen sind. So ist es bei Chelonia pudica der Fall, die an den Hinterhüften eine häutige, mit verschie- denen Längsrippen versehene Blase besitzt. Die Mittelhüfte ist an den entsprechenden Stellen mit kleinen Haarbüscheln besetzt, welche an der darauf hinbewegten Blase einen Ton hervorbringen. Der eigen- thümlich klagende Ton des Todtenkopfes dagegen schemt nur durch die Bewegungen des Rüssels zwischen den eng anliegenden Tastern zu entstehen !). Das Summen 2) der Dipteren, Hymenopteren u. a. Insekten endlich, welches man noch am ersten mit dem Athmen irgendwie in , Zusammenhang bringen möchte, rührt ebenfalls wahrschemlich nur von ‚ der zitternden Bewegung her, in welche die harten, äussern Bede- ekungen der Brust durch die Action der Flügelmuskeln gerathen, und die man deutlich fühlt, wenn man solche Thiere zwischen den Fin- \ gern hält. Harnwerkzeuge der Insekten >). | Durch die chemische Analyse ist es nachgewiesen, dass in der \ Klasse der Insekten als Harnwerkzeuge die sogenannten Malpighi- | schen Gefässe 4) functioniren. ° Diese Organe sind (mit Ausnahme der Aphides) ganz allgemein verbreitet und erscheinen überall als mehr oder minder lange, dünne, fadenförmige Schläuche, die entweder ein freies blindes Ende besitzen, oder je zwei und zwei schlingenförmig 1) Schon Reaumur und Rossi gaben diese Erklärung. Passerini und Duponchel (Ann. des sc. nat. T. XIII. 332. und daraus in Heusinger’s Zeit- , schrift f. d. organ. Physik, II. 442.) fanden an der Basis des Rüssels zwischen den Augen eine trommelfellartig gespannte Haut, die sie mit der Production der Töne in Verbindung bringen, obgleich dieselbe Vorrichtung auch dem stummen Sphinx \ Convolvuli zukommt. — Nach Goureau soll der Ton von einer eignen Trommel- "haut herrühren, die eine besondere Grube neben dem ersten Stigma verschliesst und durch einen bedeutenden Muskel in Schwingungen gesetzt werden kann. — "Wagner (Müller’s Arch. 1836. 61.) endlich vermuthet, dass das Ausströmen der Luft aus der grossen Saugblase dieses Thieres durch die enge Speiseröhre und vorzüglich durch den Rüssel den Ton hervorbringen. 2) Nach Burmeister soll dieses Tönen durch feine Blättchen hervorgebracht werden, welche an der innern, der Trachee zugewandten Seite der hintern Brust- stigmata sitzen und durch die Strömungen der Luft in Schwingungen versetzt werden. 3) Vergl. ausser den bei den Verdauungswerkzeugen angeführten Schriften von Ramdohr, Suckow u. A. vorzüglich Groshans, de syst. uropoet., quod est \radiat. etc. Lugd. Bat. 1837. 39. | 4) Siehe oben p. 78. und Audouin in Ans des sc. nat. 1836. 129. 7* 100 Harnwerkzeuge der Insekten. in einander übergehen. Sie inseriren sich an der hintern Grenze des Magens in der Gegend des Pylorus. Besonders wo sie durch ihre Länge sich auszeichnen, umspinnen sie den Darm in zahlreichen Win- dungen, schlängeln sich auf und ab, heften sich auch hie und da fester an die äussern Schichten des Darmes !) und durchbohren sogar bisweilen die Muskelhaut, aber ohne in Wirklichkeit zum zweiten Male in den Darm zu münden 2. Gewöhnlich sind sie äusserlich glatt. Nur selten bekommen sie seitliche Ausstülpungen, die bisweilen nochmals gespalten sind. Sie bestehen wahrscheinlich aus zweien, dicht auf ein- ander gelegenen, sehr feinen Häuten, von denen die äussere, dem Ueberzug der meisten Eingeweide entsprechend, eine seröse Mem- brane zu sein scheint. An der innern Haut kann man bisweilen dünne Längsfasern unterscheiden. Der Inhalt dieser Absonderungswerkzeuge ist eine feinkörnige dunkle Masse, in der eine Menge grosser, ge- wöhnlich mit Kern und Kernkörperchen versehener Zellen gelagert ist, welche eine ähnliche körnige Masse enthalten. Nicht selten ist die Farbe dieser Gefässe .gelblich, selbst braun, grün oder roth. Doch scheint sie keineswegs ganz constant zu sein und ist mitunter wenig- stens (Limnophilus) bei derselben Species verschieden. Die Verschiedenheiten in der Anordnung der Malpighischen Ge- fässe sind nicht unbedeutend. Sie erstrecken sich hauptsächlich auf ihre Zahl und Länge, so wie den Verlauf und die Art der Insertion, die für manche Klassen und Familien charakteristisch sind. Bei den Käfern 3) finden sich bald vier lange Malpighische Ge- fässe, wie bei den Pentameren %), bald deren sechs, wie bei den Te- trameren und Trimeren, die den Darm in zahlreichen Windungen um- geben und sich sogar häufig, besonders da, wo ein besonderer keu-' lenförmiger Dekan sich entwickelt hat, wie z. B. bei den Geramby- cinen, an diesen anheften. Doch gehen sie auch nicht selten an ihren Enden schlingenförmig in einander über (Silpha, Hister, Melolontha u. a.) 1) Bei Mordella (vergl. Leon Dufour in Ann. des sc. natur. XIV. 225.) sollen sie nicht den äussern Darmhäuten adhäriren, sondern einem besondern zar- ten häutigen Gewebe, in das sich bei der Larve jedes Malpighische Gefäss als ein feiner vielfach geschlängelter Faden fortsetzt, der aber bei der Verwandlung oblite- rirt. Ganz dieselbe Anordnung findet sich auch bei der Larve von Geotrupes na- sicornis. Es scheint dieses häutige Gewebe aber nur die äussere Peritonealschicht der Gefässe zu sein, die — wie es bei dieser Membrane so häufig der Fall ist — brückenartig über die zahlreichen, dicht neben einander liegenden Windungen der- selben hinweggeht. 2) In früherer Zeit nahm man ziemlich allgemein an, dass die Gallengefässe sich wirklich häufig nochmals in den Darm münden. Schon Meckel (Verglei- ehende Anat. IV. p. 79.) bezweifelte aber dasselbe. 3) Vergl. bes. Leon Dufour in seinen Recherches sur les Carabiques etc. 4) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig, IV, h. Harnwerkzeuge der Insekten. 101 oder endigen frei. Hie und da, wie bei Bostrichus, vereinigen sich nur 4 Gefässe an ihren Enden und die beiden andern bleiben frei, sind aber kürzer und weiter. Nicht selten vereinigen sich auch meh- rere an ihrem Grunde (so bei vielen Tetrameren deren vier) zu einem gemeinschaftlichen Ausführungsgang. Selbst der Insertionspunkt am Dickdarme ist häufig ein gemeinschaftlicher. Bei Melolontha !) sind die Gefässe an ihren Seiten mit ziemlich langen, franzenförmigen Ausstül- pungen versehen. Die Orthopteren besitzen ganz allgemein eine grosse Menge (über 100) büschelförmiger, nicht sehr langer Malpighischer Gefässe 2), die gewöhnlich im ganzen Umfange des Pylorus münden, aber auch bisweilen, besonders bei den Achetinen, zu einem gemeinschaftlichen Stamme sich vereinigen. Wo sie etwas länger sind als gewöhnlich, bei Acheta und Locusta, reichen sie nach oben bis an die Blindsäcke des Magens, an dessen Muskelhaut sie sich anheften, doch ohne sich wirklich, wie es scheint, in diese Anhänge zu öffnen. Unter den Neuropteren gleichen mit Ausnahme der Termiten alle, die eine unvollkommne Metamorphose durchlaufen, z. B. die Li- bellen 3), in der Anordnung der Harnwerkzeuge den Heuschrecken. Auch die Perliden besitzen eine ziemlich grosse Anzahl (etwa 20 — 25) kurzer, freier Gefässe. Die übrigen dagegen sind nur mit wenigen (mit 6— 8), langen Malpighischen Schläuchen versehen, die, wie bei den Käfern, bald mit ihren Enden sich dem Darme anheften, bald schlin- genförmig in einander übergehen. Die Hymenopteren zeigen wiederum durchweg eine grössere, wenngleich nicht unbedeutend varirende Anzahl (Formica 14, Ten- thredo 20, Apis 60 und darüber) kurzer, freier und nicht selten (z.B. Ichneumon) etwas kolbenförmig geendigter Harngefässe. Bei den Hemipteren %) ist deren Zahl allgemein auf vier be- schränkt. Sie sind in der Regel von einer ziemlich beträchtlichen Länge und gehen gewöhnlich, wenigstens bei den eigentlichen Wanzen, schlingenförmig in einander über. In den Landwanzen münden die Gefässe sehr häufig mit einem, oder mit zweien gemeinschaftlichen Stämmen, die nicht selten, z.B. bei Scutellera 5), zu einer rundlichen, ziemlich ansehnlichen Blase (vesicule biliaire) erweitert sind. Da den Wanzen ein eigentlicher Darm fast allgemein fehlt, so ist der Inser- tionspunkt der Malpighischen Gefässe natürlich auch sehr tief nach un- 1) Straus will ausser den vier gewöhnlichen Malpighischen Gefässen, die er als Gallengefässe betrachtet, noch zwei besondere ganz ähnliche Uringefässe gefun- den haben, die wahrscheinlich in das Ende des Darmes münden, und nicht am Pylorus, wie jene. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fie. . A.h. — 3) Ibid. fig. IX. d. d. 4) Mehr Detail in Leon Dufour’s Recherches sur les Hemipferes. 5) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. VUL f. f. 102 Harnwerkzeuge der Insekten. ten, dicht vor dem eigentlichen Mastdarm gelegen. Auch bei den Ci- caden, wo der Magen scheinbar eine in sich zurücklaufende Schlinge bildet, münden sie an der gewöhnlichen Stelle, am Pylorus. Sie durchbohren nur zugleich mit dem letzten darmförmigen Theile des Ma- gens die Muskelschicht am Anfange desselben und münden deshalb auch scheinbar an dieser Stelle ?). Die Harnorgane von Psylla sind vier nur kurze und rudimentäre freie Fädchen. Bei den eigentlichen Aphidiern fehlen sie sogar gänzlich. Die Form der Gefässe ist nicht gar selten bei den Hemipteren eine sogenannte schnurförmige, die durch zahl- reiche, kleine, abwechselnd unter einander gestellte Ausstülpungen her- vorgerufen wird. Auch die Dipteren besitzen durchgehend vier lange Malpighische Gefässe, die ebenfalls häufig zu Paaren schlingenförmig sich verbinden (z. B. Tipula 2)) und nicht selten (Musca u. a.) zu einem doppelten Aus- führungsgange vereint in den Pylorus sich einsenken. Bei Syrphus u. a. besitzen sie ebenfalls eine schnurförmige Form. In der ganzen Ordnung der Lepidopteren °) beläuft sich die Zahl dieser Organe auf sechs. Nicht selten besitzen sie je drei einen gemeinschaftlichen Ausführungsgang. Sie sind im Allgemeinen von ei- ner mässigen Länge und endigen frei. | Unter den Parasiten sind die Pedieuliden, Mallophagen und Pu- lieiden mit vier freien Malpighischen Gefässen versehen, die Thysanu- ren mit sechs. — Auch die Larven der Insekten besitzen ganz allgemein ähnliche ge- fässartige Harnorgane, wie die ausgebildeten Thiere. Sie münden an derselben Stelle und vereinigen sich vorher nicht selten zu einem oder zu mehren gemeinschaftlichen kurzen Stämmen. Nur ihre Zahl ist mit- unter geringer. Bei den Heuschrecken und Bienen z. B. findet man Anfangs nur 4—6, bei den Larven mancher Lamellicornien nur 2. In’ den Raupen 4) und den Larven der Blattwespen durchbohren sie die Muskelhaut des Mastdarmes und liegen unter diesen in äusserst zahlreichen, dichten Windungen neben einander. Nicht selten zeigen sie auch bei den Raupen in ihrem ganzen Verlaufe, kleine rundliche Ausstülpungen 5), die den Schmetterlingen fehlen. 1) Solches nahm man früher auch wirklich an. Vergl. über diese Anordnung Leon Dufour in Ann. des sc. natur. XII. 237. 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. II.e.e. — 3) Ibid. fie. V. VI. h. h. — 4) Ibid. fie. VI. @. g. 5) Newport bemerkte bei der Raupe von Sphinx an der Spitze einer jeden dieser Ausstülpungen ein kleines, durchscheinendes Gefäss, das mit andern zarten Verzweigungen und bisweilen auch mit den Beutelchen des Fettkörpers in Zusam- menhang zu stehen schien. Besondere Absonderungsorgane der Insekten. 105 Besondere Absonderungsorgane der Insekten N. Besondere specifische Absonderungsorgane sind in der Klasse der Insekten sehr häufig und manchfach, wenn sie auch meistens nur ei- nigen Gruppen und Familien zukommen. Am weitesten, wenigstens unter den Käfern, sind vielleicht die sogenannten Analdrüsen 2) verbreitet, Absonderungswerkzeuge, die neben dem After münden, gewöhnlich ein scharfes, ätzendes Secret absondern und von vielen Anatomen 3) — ohne hinreichenden Grund — für Harngefässe gehalten werden. Sie sind in der Regel, wie die Speicheldrüsen, gefässartige Kanäle, die den einfachsten Drüsenbau in manchfaltiger Form darstellen. Ganz constant, wie es scheint, fin- den sie sich bei den eigentlichen Raubkäfern. In der Familie der Caraben erscheinen sie als paarige schlauch - oder gefässartige Drüsen von sehr verschiedenartiger und bisweilen (Pterostichus z. B.) sehr zu- sammengesetzter Structur. Das obere Ende dieser Schläuche geht ge- wöhnlich in einen oder mehrere Büschel und Trauben von Bläschen (z. B. bei Calathus ®), Cymindis 5)) oder länglichen Beutelchen über (z. B. Nebria 6), Brachinus ?)), auf deren innerer Oberfläche die Se- eretion geschiehet und als deren Ausführungsgänge die gewundenen Schläuche erscheinen. Diese führen in der Regel in eine ansehnliche jederseits am Mastdarm gelegene Blase 8), die gewöhnlich von Flüs- sigkeit strotzet und mit verengtem Halse neben dem After mündet. “Nur selten, wie bei Harpalus, fehlt die Blase. An den Ausführungs- gängen dieser Drüsen unterscheidet man eine äussere Muskelhaut, die besonders in der Blase zu einer grossen Entwicklung gelangt und deutliche quergestreifte Fasern zeigt, und eine innere, scheinbar stru- eturlose, zarte Membrane, die gewöhnlich in zahlreiche Falten gelegt ist. An den eigentlichen Drüsenbälgen wird die Muskelschicht durch eine andere durchsichtige und zarte Haut vertreten. Bei Dytiscus ist der Bau der Analdrüsen minder complicirt. Sie bestehen meistens nur jederseits aus einem einfachen, geschlängelten Gefässe, das in eine runde, ungestielte Blase mündet. Staphylinus besitzt sogar nicht ein Mal die blasenartige Anschwellung am untern Ende dieser längern oder 1) Von besonderer Wichtigkeit hiefür sind die zahlreichen Untersuchungen von Leon Dufour, die vorzüglich in einer Reihe trefllicher Abhandlungen in den An- nal. des sc. nat. enthalten sind. 2) Vergl. vor allen Leon Dufour in Ann. des sc. natur. T. VII. b. c. tabb., der zahlreiche Formen dieser Gelässe beschrieben und abgebildet. 3) So von Leon Dufour, Burmeister, Newportu. A. 4) Ic. physiol. Tab. XVII. fig. VII. D — 5) Ibid.C. — 6) Ibid. B. — Z)IbidzeAr 8) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. IV. g..g. 104 Besondere Absonderungsorgane der Insekten. kürzern Gefässe. Bei Silpha littoralis endlich findet man überhaupt nur einen einzigen, langen, fadenförmigen Schlauch, der in den Blind- darm sich öffnet. Den übrigen Silphen und Necrophagen fehlt sogar auch dieser. Am nächsten schliessen sich an diese Absonderungswerkzeuge die unter den Hymenopteren, mit Ausnahme der Blattwespen, sehr weit verbreiteten Giftdrüsen !). Sie bestehen bei Apis in zwei langen und dünnen, gewundenen, ungetheilten Gefässen, mit dicken drüsigen Wandungen und etwas keulenförmig erweiterten blinden Enden (be- sonders bei Vespa), die sich an ihrem untern Ende zu einem gemein- schaftlichen Ausführungsgang in den Giftstachel vereinigen. Unmittel- ' bar unter dem Vereinigungspunkte erweitert sich dieser zu einer ova- len Blase. Die innere, scheinbar structurlose Membrane der Drüsen- ' schläuche ist im Ausführungsgange mit kleinen Haaren und Schüpp- chen bekleidet. Bei Vespa liegt die rundliche Erweiterung des gemein- schaftlichen Ausführungsganges tiefer; bei Scolia ist sie nur äusserst gering. Sphex besitzt zwei verästelte Gefässe, manche Ichneumoni- ! den sogar fünf bis sieben einfache, ziemlich lange Schläuche, die zu zweien oder dreien Gängen verbunden in die Giftblase münden. Die Ameisen haben zur Abscheidung der sogenannten Ameisen- säure in der Spitze des Hinterleibes eine grosse, zusammengeballte, unpaare Drüse, die aus vielfach verschlungenen Schläuchen zu beste- hen scheint. Auch einige Fliegen 2) sind mit eignen Absonderungswerkzeugen versehen, die ebenfalls durch Lage und Structur an die Analdrüsen ) erinnern. Sie sind paarige (Bombylius) oder unpaare (Leptis) Beutel mit dünnen Ausführungsgängen. — NHieher gehört vielleicht auch eine grosse, unpaare, birnförmige Blase, welche bei Sialis neben dem Af- ter sich öffnet und ein schwärzliches Secret enthält. Bei manchen Insekten finden sich auch noch besondere Drüsen zur Absonderung eines specifisch riechenden Secretes (glandulae odo- riferae). Zu diesen gehört vorzugsweise eine bei den eigentlichen Wanzen, mit Ausnahme der Notonecten, ziemlich allgemein 3) ver- breitete, einfach beutelförmige, unpaare Drüse in der Basis der Un- terleibshöhle, die sich jederseits zwischen der Insertion der Mittel- und Hinterfüsse am Metathorax durch eine kleine Spalte nach aussen öffnet. Ihr Secret verbreitet in der Regel (z. B. bei den Pentatomen) einen sehr durchdringenden, höchst unangenehmen Geruch. Ganz ähnliche, einfach beutelförmige Drüsen scheinen auch bei 1) Speciellere Untersuchungen bei Schiödte in Kröyer, naturbislorisk Tids- skrift. Bd. IV. 1842. 140. 2) Ramdohr, a. a. O. 3) Leon Dufour, Recherches sur les Hemipteres. Besondere Absonderungsorgane der Insekten. 105 Cerambyx moschatus den schönen Rosengeruch zu veranlassen. Sie liegen auf jeder Seite zwischen den Muskeln des Metathorax, sondern ein weissliches Secret ab und öffnen sich zwischen Metasternum und Epimeron vor der Hüfte des dritten Fusspaares. Auch in der Gruppe der Heteromeren !) sind besondere Abson- derungsorgane ähnlicher Art weit verbreitet. Bei Blaps z. B. sind es grosse dünnhäutige Blasen im Abdomen, die an ihrer Oberfläche mit einer Menge gefässartiger Anhänge versehen sind und an den Seiten des letzten Hinterleibsringes münden. Pyrochroa 2) dagegen besitzt im Abdomen zwei schmale, schwach gewundene, bandförmige Massen kleiner Bläschen, die sich durch den ganzen Hinterleib erstrecken und neben dem After mit kurzem Ausführungsgange nach aussen führen. Die Familie der Dytisken ist ebenfalls mit ähnlichen Absonde- rungswerkzeugen versehen, deren weissliches Secret vorzugsweise in der Gelenkhaut zwischen Prothorax und Kopf entleert wird. Hier öffnet sich bei Colymbetes fuscus z. B. jederseits ein einfaches, ziem- lich weites, blinddarmiges Gefäss, das unter der obern Fläche des Halsschildes sich nach hinten erstreckt und an der innern Fläche sei- ner dünnen Wandungen mit zahlreichen, ziemlich langen Borsten aus- gekleidet ist. — Aehnliche einfache Drüsenschläuche sind wahrschein- lich auch bei Meloe, Coccinella u. a. Insekten vorhanden, die bei der Berührung zwischen den Segmenten des Körpers und aus den Gelen- ken ein flüssiges, zum Theil ätzendes Secret austreten lassen. Endlich finden sich auch bei den Männchen von Dermestes 3) im Bauche zwei kleine kugelförmige Körper drüsiger Natur, die in der Mitte des dritten und vierten Abdominalringes auf der untern Fläche in eine kleine, mit Büscheln von Haaren ausgekleidete Grube münden. Besondere Secretionsorgane finden sich auch häufig schon unter den Insektenlarven. Solche sind vorzugsweise die bei den Raupen und den Larven der Phryganeen, Ichneumoniden u. a. vorkommenden Seiden- organe oder Spinnwerkzeuge. Sie liegen im vordern Theile des Kör- pers jederseits am Oesophagus und bestehen in einem langen, gewun- denen Schlauche %) von eigenthümlicher diekwandiger Structur, der sich mit einem feinen Ausführungsgange auf einer hornigen, röhrenförmigen Hervorragung an der Unterlippe öffnet. Einige Raupen (z. B. Bombyx Vinula) besitzen ausser ihnen noch unter der Speiseröhre einen kurzen, weiten Beutel, der sein flüssiges Secret durch eine Querspalte zwi- schen Kopf und erstem Fusspaar entleert. — Bei der Larve von Myr- 1) Mehr Detail siehe bei Leon Dufour, Ann. des sc. nat. Jahrg. 1826. 2) Vergl. Leon Dufour in Ann. des sc. natur. T. XII. p. 321., wo eine vollständige Anatomie dieses Insektes geliefert ist. 3) Vergl. Germar’s Zeitschrift. 1840: p. 137. 4) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. VI. h. 106 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. meleon ist es auflallender Weise der quergefaltete, kolbenförmige Mast- darm ), der als Spinngefäss functionirt, da er wegen der Unwegsam- keit des Dünndarmes zur Entleerung des Kothes nicht mehr dienen kann. — Ein Absonderungswerkzeug ganz eigenthümlicher Art ist das so- genannte Leuchtorgan, das bei vielen Käfern aus dem Geschlecht der Elateren und Lampyriden 2) sich findet. Es entsendet ein schönes phosphorartiges, meist grünes oder weissliches Licht, welches an ver- schiedenen durchscheinenden Stellen des äussern Skelets, bei den Ela- teren am Thorax, bei den Lampyriden am Abdomen, äusserlich zum Vorschein kommt. Bei Lampyris italica 3) liegt dieses Organ im untern Theile des Abdomen an den Seiten des Darmes, besitzt eine schwe- felgelbe Farbe und besteht aus einer grossen Menge regelmässig an einander gereiheter, runder Körperchen, welche von bedeutenden Tra- cheenästen versorgt werden. Der ganze Apparat besitzt einige Aehn- lichkeit mit den electrischen Organen der Zitterrochen. In einem je- den der Kügelchen, die, wie die Beutelchen des Fettkörpers, aus ei- ner zarten Haut und einer grossen, darin eingeschlossenen Menge fett- artiger Molecule bestehen, verzweigt sich ein Tracheenstämmchen. Be- deutende Nerven konnte man an diesen Organen nicht wahrnehmen. Geschlechtswerkzeuge der Insekten 1). Wenngleich bei der Fortpflanzung der Insekten manche eigen- thümliche und zum Theil noch dunkle Verhältnisse 5) obwalten, so herrscht doch ganz allgemein eine vollkommne Trennung beiderlei Geschlechter. In der Regel stehen auch männliche, wie weibliche In- dividuen in gleichem Zahlenverhältnisse. Nur mitunter, wie bei den 1) Vergl. Ramdohr a. a. ©. und Burmeister Entom. II. 2. Abthl. p. 292. 2) Siehe mehr Detail über diese Lichterscheinungen bei Lacordaire (a. a. 0. I. p. 140.) und Burmeister. 1. 525. 3) Peters, in Müller’s Arch. 1841. p. 229. 4) Eigne Schriften über die Geschlechtswerkzeuge der Insekten: Hegetsch- weiler, de Insectorum genitalibus. Turic. 1320. 4. — Herrich Schaeller, de Generat. Ins. Ratisb. 1821. 8. c. tabb. — Ferner Suckow in Heusinger’s Zeitschrift f. d. org. Physik. IL. 231. so wie die entsprechenden Artikel in den all- gemeinern Werken von Kirby, Burmeister und Lacordaire. Daneben existi- ren zahlreiche Specialabhandlungen, deren vorzüglichste im Laufe der Darstellung werden angelührt werden. 5) Vergleiche die über diesen interessanten Abschnitt der Physiologie handeln- den Artikel von Burmeister, Lacordaire u. A. Vor allem möge hier die merk- würdige Fortpflanzungsart der Blattläuse und vielleicht noch einiger anderen Insek- ten hervorgehoben sein. Auch die Entwicklung der Pupiparen ist ganz abweichend — wenn sich anders die Entdeckungen Leon Dufour's bestätigen sollten. Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 107 | | Läusen, überwiegen die letzteren vor den ersteren um ein Beträchtli- 1 ches. In andern Fällen, bei mehren Hymenopteren und den Termiten, ı giebt es für eine grosse Anzahl von Männchen nur ein einziges frucht- bares Weibchen (Königin), während noch eine beträchtliche Menge anderer Individuen (die sogenannten Arbeiter, neuira) verkümmerte weibliche Geschlechtsorgane !) besitzet. Zwitterbildung kommt durchaus nur als Missbildung vor, findet sich als solche aber verhältnissmässig ziemlich häufig, besonders unter den Schmetterlingen 2). Die Generationsorgane beider Geschlechter sind im Allgemeinen ganz analog gebaut, obgleich sie eine ausserordentliche Manchfaltig- keit von Formen besitzen. Die eigentlichen Bildungsorgane beste- hen in Eierstöcken und Hoden mit den entsprechenden Ausführungs- gängen, die sich an ihrem untern Ende zu einem gemeinschaftlichen Kanale vereinen und dann in der Regel noch mit Anhängen versehen sind, die zum Theil der Absonderung eines speecifischen Secretes vorstehen. Der ganze Apparat liegt im hintern Theile des Abdomen und vereinigt sich häufig mit dem Mastdarm zur Bildung einer soge- nannten Kloake. Wo diese Vereinigung nicht stattfindet, ist die äus- sere Mündung der Geschlechtsorgane immer vor dem After gelegen. Als äussere Geschlechtsorgane finden sich ganz allgemein noch besondere hornige, dem Hautskelet angehörende Stücke, die vorzüglich bei der Begattung und dem Eierlegen functioniren. Nach der Bedeutung der einzelnen Geschlechtstheile und ihrem morphologischen Bau sind auch deren feinere Structurverhältnisse bedeutenden Verschiedenheiten unterworfen. Ziemlich allgemein unter- scheidet man eine innere zarte und fast immer structurlose Mem- brane, die vorzüglich in den Ausführungsgängen nicht selten mit be- sondern Schuppen, Zähnchen und Haaren ausgekleidet oder selbst zu einer soliden hornigen Masse entwickelt ist. Nach aussen davon liegt gewöhnlich eine starke Schicht von Muskelfasern, die überall beinahe, wo sie nur einigermassen sich ausgebildet zeigen (z. B. an den Eier- gängen von Pamphagus, an dem gemeinschaftlichen Samengange und a. a. O.), eine deutliche Querstreifung besitzen. In den eigentlichen ) keimbereitenden Geschlechtsorganen fehlt aber diese Muskelschicht über- all. Auch in den Anhängen der Ausführungsgänge wird sie meistens von einer besondern, zum Theil ganz eigenthümlich zusammengesetzten, drüsigen Masse verdrängt. Mitunter zeigt sich noch über diesen Schich- ten eine dritte, wiederum äusserst zarte und durchsichtige Membrane, eine Peritonealhaut. Die Eierstöcke sind durchweg bei den Insekten paarige, an der 1) Ratzeburg, Untersuchungen über den Geschlechtszustand bei den soge- ‚nannten Neutris der Bienen. Act. etc. Leop: Vol. XVI. II. 614. | 2) S. Ochsenheimer und Treitschke, Schmetterlinge v. Europa. IV. 183. 108 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. obern Seite des Darmes gelegene drüsige Gebilde, deren manchfaltige | Formen !) sich alle aus einer eimfachen Grundform ableiten lassen. Diese bestehet in einem länglichen, blind geendigten Schlauche (Eier- | stocksröhre oder Eiröhre), der die Eierkeime einschliesst und eigent- lich nur der erweiterte Endtheil des Eileiters (fuba) ist. In der Re- gel gehen aber mehre solcher Röhren in die Bildung der Eierstöcke ein. Sie sind von verschiedener Länge und enthalten immer eine ein- fache Reihe perlschnurartig hinter einander liegender Eierchen. Die kleinsten und unausgebildetsten liegen immer im obern Theile der | Röhre, die entwickeltern 2) mehr gegen die untere Mündung in den Eileiter. Sie zeigen in Form, Grösse und Bildung zahlreiche, oft höchst interessante Verschiedenheiten 3). Im ausgebildeten Zustande besitzen ) sie ein Chorion, einen verschieden gefärbten Dotter, ein Keimbläs- ' chen und einen deutlichen Keimfleck ). Zwischen je zwei Eierchen ist die Röhre gewöhnlich etwas eingeschnürt. An ihrem zugespitzten Ende verlängert sie sich in einen feinen Faden, der sich an das Rü- ckengefäss ansetzt 5. Nach der Lage, dem Ursprung und der Zahl ” der Eiröhren ist übrigens auch diese Verbindung einigen Abänderungen unterworfen. Bald, wie bei Phasma, heftet sich eine jede einzelne Röhre an das Rückengefäss, bald (Carabus u. s. w.) vereinigen sich die Endfäden sämmtlicher Eierstocksröhren jederseits zu einem gemein- samen Faden, der sich auf dieselbe Weise befestigt. Ja bei Pampha- gus werden beide Eierstöcke nur durch einen einzigen unpaaren Strang | mit dem Rückengefässe verbunden. Die beiden Eileiter, in denen sich 1) J. Müller unterscheidet 15 Hauptformen der Eierstöcke. S. Act. Leopold. Vol. XII. 585. 2) Ueber die allmälige Entwicklung dieser Eierstockseier vergleiche J. Mül- ler in seiner eben citirten Abhandlung (bei Phasma) und R. Wagner in den Ab- handlungen der math. phys. Klasse der Münchener Akademie. Bd. II. p. 554. (bei Agrion). — Ausgezeichnet deutlich lässt sich die Bildung der Eier und ihre all- mälige Entwicklung auch in den brünstigen Weibchen von Notonecta übersehen und verfolgen. In den obern Enden der Eiröhren unterscheidet man blosse Dot- terelemente und Keimbläschen, die aber noch nicht zu einzelnen Eiern zusammen- getreten sind. Dieses geschiehet erst allmälig im Laufe der Entwicklung. Anfangs hängen die Eier noch innig mit einander zusammen und sind nur durch eine ringförmige Einschnürung von einander getrennt. Auch ein Chorion fehlt noch in diesem Zustande. Dieses wächst von dem untern der Scheide zugekehrten Pole des Eies nach oben. Bei den Schmetterlingen findet sich in den Eierstockseiern dieser Stadien eine eigenthümliche Zerklüftung des Dotters, wie es scheint, ei Wachs- thumsphänomen. 3) Eine Menge dieser verschiedenen Formen findet sich dargestellt bei La- cordaire.a. a. O. Tab. l. 4) Vergl. die Abbildungen in Wagner’s Prodromus historiae generafionis. | Tab. Il. fig. XVII — XXI. 5) Müller, der diese Verbindung entdeckte, hielt sie für gefässartiger Natur, S, Act. Leop. a. a. 0. u, oben p. 83. i Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 109 nicht selten die reifen Eier anhäufen,, verlaufen nach hinten und gehen | . . Ra > y. er unter dem Mastdarm in den gemeinschaftlichen Eiergang über, in ein weites, schlauchartiges Gebilde, das in den Mastdarm oder auch vor diesem mündet und als Scheide (vagina) betrachtet ‚werden kann. Die accessorischen Organe !) dieses Geschlechtstheils belaufen sich in der Regel auf vier. Zunächst nach der Vereini- gung der Eileiter findet sich ein meistens unpaariges, schlauchförmi- ges Organ, die Samentasche (receptaculum seminis), die zur Aul- ‚nahme des Samens bei der Begattung dient und noch mit einer darm- artigen Anhangsdrüse (gl. appendicularis) versehen zu sein pflegt. Unter diesem Organe mündet gewöhnlich ein zweites, immer unpaares und beutelförmiges Gefäss, dieBegattungstasche (bursa copulatrix), die den Penis des Männchens während der Begattung aufnimmt. In der Regel bleibt dieser auch unter der Gestalt eimer mit körniger Masse gefüllten Blase in ihr zurück. Ausser diesen Anhängen finden sich häufig noch zwei paarige drüsige Gebilde an der Scheide, deren oberes wahrscheinlich dazu dient, einen Ueberzug für die Eier zu be- reiten, während das untere vielleicht eine specifike Flüssigkeit zum Anlocken des Männchens absondert. Die Eierstöcke der Käfer ?2) bestehen alle aus mehren, der Zahl und Länge nach verschiedenen Eiröhren, die gewöhnlich quirlför- mig um das äusserste Ende der Trompeten gruppirt sind und durch Tracheenzweige, ja nicht selten (Carabus u. a.) noch durch eine beson- dere umhüllende Peritonealhaut in einen zugespitzten Büschel vereinigt werden. Uebrigens ist die Anzahl der Eiröhren nur selten eine gerin- gere (bei Lixus, Anthonomus 2, bei Hypophloeus 3). Die meisten La- mellicornien besitzen deren 6, die Longicornien 8— 10, die Caraben u. a. 10 — 15, die Buprestiden u. a. selbst 20 — 30. Mitunter (Lycus z. B.) sind die Eiröhren aber auch über eine grössere Strecke der Trompeten verbreitet. Dann sind diese zugleich hie und da zur Auf- nahme der entwickelten Eier blasenförmig erweitert, so dass der Eier- stock von aussen fast wie eine Beere aussieht (Meloe, Lytta u. a.). Eine ähnliche Erweiterung am obern Ende der in der Regel nur kur- zen Eileiter findet sich übrigens auch bei den büschelförmigen Eier- stöcken nicht so gar selten (z.B. Elater, Lucanus, Blaps, Hamatiche- | rus, Cassida). Die Scheide, m der Regel ein schlauchartiges Organ von nicht sehr bedeutender Länge, das sich mitunter (Staphylinus, Hi- ster) bei der Mündungsstelle der Trompeten knopfförmig erweitert, be- sitzt überall eine Samentasche und eine Bursa copulatrix. Diese letz- 1) Von grösster Wichtigkeit sind die höchst interessanten Entdeckungen von Siebold über diese Organe. Vergl. bes. Müller's Arch. 1835. 392 ff. u. a.a. 0. 2) Vergl. Leon Dufour's schon öfter citirte Monographie dieser Insekten- ordnung in Ann. des sc. nat. Tom. VI. 427. pl. 17— 20. u. sec. Ser. T. II. p. 170. 110 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. tere erscheint bald (Melolontha, Cerambyx, Cistela u. a.) als eine birn- förmige, gestielte Blase, bald aber (Gantharis, Molorchus, Donacia, Cocei- nella u. a.) nur als eine blindsackartige Erweiterung des Scheidengan- ges. Vor ihr, oder auch gerade in sie, wie im letztern Falle, mündet die Samentasche, an der man bei den Käfern einen deutlichen Aus- führungsgang (ductus seminalis), ein retorten- oder birnförmig erwei- tertes, oft gekrümmtes Ende, die eigentliche Samenkapsel ( capsula se- minalis) und eine längliche Anhangsdrüse unterscheidet. Die Structur dieser Organe ist sehr eigenthümlich. Ihre äussern dieken Wandungen bestehen aus einer grossen Menge neben einander gestellter eylindri- scher Zellen , die meistens noch einen deutlichen Kern enthalten. Nur in seltenen Fällen ist die Samentasche doppelt oder getheilt. So ist sie z. B. bei den Curculioniden öfters in zwei oder drei Hörner gespal- ten. Cantharis besitzt sogar zwei getrennte enge und gewundene ka- nalförmige Samentaschen. Der Ausführungsgang ist in der Regel von einer mässigen Länge; nur selten zeichnet er durch seine Kürze (Scea- rabaeus, Chrysomela, Galleruca, Coceinella) oder auch durch seine bedeutende Länge sich aus. In diesem Falle windet er sich mitunter zu einem Knäuel (Aphodius) oder zu einer Spirale (Cassida). Die Anhangsdrüse zeigt gewöhnlich, wie überhaupt fast alle Absonderungs- gefässe der Insekten, eine einfache schlauch- oder darmartige Gestalt mit einem blinden, oft etwas erweiterten Ende und inserirt sich am Halse der Samenkapsel. Nur in seltenen Fällen (Necydalis, Elater) be- sitzt sie eine complicirtere, vielfach verzweigte Gestalt. Besondere paa- rige Secretionsorgane am untern Theile der Scheide finden sich nur hie und da, z. B. bei Cassida, wo sie jederseits in einem dreigetheilten Gefässe bestehen, Aehnliche Secretionsorgane besitzt Hydrophilus an beiden Eileitern. Sie bestehen jederseits in 4 ziemlich langen schlauch- artigen, blind geendigten Kanälen. Die Eiröhren der Orthopteren inseriren sich immer, wie es scheint, in einer grössern Ausdehnung an den erweiterten Endröhren der Trompeten. Nie stehen sie quirlförmig, wie bei den Käfern, wenn sie gleich mitunter, besonders da, wo sie durch ihre Länge sich aus- zeichnen (Blatta, Mantis), in einen zugespitzten Büschel vereinigt sind. In der Regel sind sie nur kurz und in ziemlich grosser Anzahl vorhan- den. Sie stehen in einfachen (Truxalis) oder mehrfachen, etwas unre- gelmässigen und verschieden langen Reihen unter einander an der in- nern Fläche der Eileiter, wie die Zähne eines Kammes oder die Bor- sten einer Kleiderbürste. Gewöhnlich decken sie sich dabei wie die Dachziegel (z. B. Locusta). Bei Gryllotalpa spaltet sich eine jede Trompete, soweit sie mit Eiröhren besetzt ist. Doch sind auch hier die äussern Flächen beider Gabeläste frei von Eiröhren. Bei Mantis mün- den immer mehre, zu einem kleinern Büschel vereinigte Eiröhren mit einem gemeinschaftlichen Ausführungsgang hinter einander. Die Scheide Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 11l ist in der Regel (Locusta u. a.) nur ein kurzer, weiter Schlauch, dem eine Bursa copulatrix durchweg zu mangeln scheint. Höchstens wird diese hie und da (Forficula, Phasma) durch eine Aussackung der Scheide angedeutet. Die Samentasche der Acridier ist von einer re- tortenförmigen Gestalt und mündet in ein langes geknäueltes Ge- fäss dicht vor dessen Ende, so dass dasselbe noch eine kurze Stre- cke weit über die Mündungsstelle hinaus fortläuft. Bei Truxalis ist dieses Ende noch an mehrern Stellen zu kleinern birnförmigen Bläs- chen ausgebuchtet. Locusta besitzt eine weitere, birnförmige und kurz gestielte Samentasche I), unter der noch ein langes, gewundenes, blind geendigtes Gefäss sich findet, das aber einigen andern Locustinen (Xi- phidium z. B.) fehle. Dieses mündet übrigens (wie auch der Ductus seminalis bei den Acridiern) nicht mehr in die eigentliche Scheide, son- dern hinter dieser in eine Hautfalte und unmittelbar nach aussen. Auch Forficula besitzt eine ähnliche einfache und mit einem langen, gewun- denen Gange versehene Samentasche, welche in jene Aussackung der Vagina führt, die der Bursa copulatrix zu entsprechen scheint. Eine andere Anordnung der Samentasche findet sich jedoch bei den Blat- tinen. Blatta germanica besitzt deren nämlich zwei Paare von verschie- dener Grösse und birnförmiger Gestalt, die mit vier entsprechenden, geraden, kurzen Ausführungsgängen versehen sind; Blatta orientalis da- gegen nur zwei kurze, gewundene, blinde Kanäle, die durch einen ge- meinschaftlichen, kurzen Samengang mit der Scheide in Verbindung stehen. Auch bei Phasma scheint eine zweihörnige Samenkapsel sich vorzufinden. Besondere paarige Absonderungsorgane an der Scheide scheinen nur selten (Blatta, Mantis, u. e. a.) vorhanden. Unstreitig wird deren Secret von diesen Thieren zur Bildung der bekannten Eikapseln verbraucht. Ihre grösste Entwicklung scheinen sie bei Mantis zu er- reichen. Hier sind es zwei Paare vielfach verästelter, gefässartiger An- hänge, deren obere zu einem gemeinschaftlichen Ausführungsgange sich verbinden. In diesen münden dann die untern kleinern, ebenfalls baumartig verästelten Drüsen. Bei Phasma ?) bestehen sie nur in zweien langen vielfach gewundenen Blindkanälen, die ebenfalls an ih- rem untern Ende mit einander verschmelzen. In demselben Thiere findet sich noch ein anderer drüsiger Apparat an den Geschlechtsor- 1) Die Spermatozoen in diesem Behälter sind nach Siebold’s schönen Ent- deckungen (Bericht über die Naturforscher - Versammlung in Mainz. 1842. p. 223. — Ueber die Spermatozoiden der Locustinen. Act. Leop. Vol. XXI. T. I. p. 251.) zu zierlichen federartigen Bildungen an einander gruppirt und in besondern birn- förmigen Kysten (Spermatophoren) eingeschlossen, die wahrscheinlich von dem Se- erete der zahlreichen und beträchtlichen accessorischen Drüsen der männlichen Ge- nitalien gebildet werden. 2), Jeyullerzaseas O0: 112 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. ganen, der vielleicht durch die Absonderung eines Secretes die Begat- tung erleichtert. Er mündet hinter den Samenkapseln und bestehet in einem Knäuel kleiner gewundener Gefässe, die in ein längliches Säck- chen hineinzumünden scheinen. Die Bildung der Eierstöcke bei vielen Neuropteren (Sialis, Per- la !), Phryganea, Libellula u, a.) ist der bei den Heuschrecken ganz ähnlich. Wie dort, so sitzen auch hier zahlreiche, meistens nur kurze Eiröhren in mehr oder minder regelmässigen Reihen auf dem obern schlauchartigen Theile der Eileiter 2). Nur selten (Psocus, Termes) schei- nen sie — bei Psocus 5, bei Termes 30 der Zahl nach — wie bei den Käfern quirlförmig um das äusserste Ende der Trompeten grup- pirt zu sein. Ganz abweichend hievon sind die Eierstöcke der Ephe- meren gebauet. Sie sollen jederseits in einem einfachen, grossen Sacke 3) bestehen, der in seinem Innern die durch zarte Fäden unter einander verbundenen Eier enthält. Auch Eileiter und Scheide kom- men meistens mit den entsprechenden Gebilden bei den Heuschrecken überein. Die accessorischen Organe sind indessen von einer verschie- denen Ausbildung. Ganz constant findet sich eine Samenkapsel, bald ein paariger, blinddarmartiger Anhang (Aeschna, Libellula %)), bald ein unpaarer (Agrion), der sich bei Hemerobius, Panorpa u. a, zu einer langgestielten einfachen Blase ausbildet. Psocus besitzt mehre, gewöhn- lich vier langgestielte Bläschen, die von einem besondern häufigen Sacke umgeben sind und durch einen gemeinschaftlichen Gang in die Scheide sich öffnen. Bei den Phryganeen wird die Samentasche ein höchst zusammengesetzter Apparat. Die eigentliche bursa seminalis ist bei Hydropsyche ein kleines horniges, nicht sehr lang gestieltes Bläs- chen, das von einer zweiten, ebenfalls hornigen, grössern und längern Kapsel umgeben wird und an dem obern Ende seines Ausführungs- ganges ein kurzes, dünnes, fadenförmiges Gefäss aufnimmt. Die äus- sern diekwandigen Bedeckungen dieses Apparates verlängern sich noch über ihn hinaus und erweitern sich dann zu einer bedeutend grossen, öfters eingeschnürten oblongen Blase, in deren untern Theil ein langes fadenförmiges Gefäss sich mündet, das die Blase vielfach umspinnt. Unter dieser Samentasche finden sich noch zwei unpaarige Anhangsor- gane der Scheide, deren oberes, ein rundes, kurz gestieltes Bläschen mit körnigem Inhalt, eine Begattungstasche zu sein scheint. Das un- tere ist ein beträchtliches, mit langen, fingerförmigen Anhängen verse- henes Absonderungsgefäss, das einen zähen, eiweissartigen Schleim enthält. Eine bursa copulatrix findet sich auch bei den Libellen in ei- 1) Ic. zoot. Tab. XXIV. fig. XXV.a.a. — 2) Ibid. b. b. 3) Vergl. Burmeister a. a. 0. I. p. 199. 4) Ueber die accessorischen Anhänge der Scheide bei den Libelluliden s. Siebold in Germar’s Zeitschrift. 1840. 421. Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 143 ner blindsackigen Ausstülpung der kurzen Scheide zwischen den paari- gen Samenkapseln. Die Eierstöcke der meisten Hymenopteren gehören zu den bü- schel - oder quirlförmigen. Die Zahl der Eiröhren ist 3 bei Chrysis, Anthidium, Xylocopa, Grabro, 5 bei vielen Ichneumoniden, 7 bei Vespa, 8 bei Bombus, 12 bei Athalia, mehr als 100 sogar bei Apis. Nur sel- ten (Sirex u.a.) ist die Oberfläche der Eileiter in einem grössern Um- fange von kurzen Röhrchen besetzt. Die Eileiter sind kurze, aber ziemlich weite Schläuche, die sich zu einer ebenfalls nur kurzen Scheide vereinen. Die Samentasche I) ist in der Regel ein kleines knopf- oder birnförmiges, kurz gestieltes Bläschen und nur bei den Blattwespen eine doppelte blinddarmartige Tasche, wie bei den Libellen. Die in diese Abtheilung gehörenden Hymenopteren scheinen auch allgemein einer besonderen Anhangsdrüse zu entbehren. Sonst ist diese ganz all- gemein verbreitet und erschemt in der Regel als ein paariges, schlauch- artiges, blindgeendigtes Gefäss, das gewöhnlich mit einem gemein- schaftlichen Ausführungsgang in den Kanal der Samentasche sich öff- net. Bisweilen ist auch eine jede Anhangsdrüse nochmals gablig getheilt. Auch die Eiröhren der Hemipteren 2) entspringen in der Regel quirlförmig aus dem Ende der Trompete und sind gewöhnlich zu ei- nem spitz geendigten Büschel, seltner (Psylla 3)) zu einer sternförmigen Masse vereinigt. Ihre Anzahl ist, wie überall, sehr verschieden. Bei Aphis ), Hydrometra finden sich deren 4, bei Nepa 5, Pentatoma 6, Notonecta, Coreus 7, bei Psylla etwa 30, bei Cicada etwa 50 — 60. Letzteres Insekt besitzt noch die Eigenthümlichkeit, dass immer mehre kleinere Gruppen von Eiröhren mit einem gemeinschaftlichen Ausfüh- rungsgang in die Eileiter sich öffnen. Bei Dorthesia und Psylla sind die Eierstöcke einander sehr nahe gerückt und in eine gemeinschaftli- che Masse verschlungen, aus der sie aber immer noch in ein paariges Organ sich trennen lassen. Die Trompeten 5) sind in der Regel nur kurze, ziemlich weite Kanäle, die zu einer gemeinschaftlichen , meist noch kürzern und ebenfalls weiten Scheide 6) sich vereinigen. Eine Bursa copu- latrix scheint fast überall zu fehlen. Die Samentasche dagegen ist immer 1) Mehr Detail über diese Organe siehe bei Siebold, Observationes quaedam de Oxybelo uniglumo et Miltogramma conica. 4to. Erlang. 1830. p. 6. 2) Vergl. die schönen Abbildungen bei Leon Dufour, Recherches sur les Hemipteres etc. 3) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXVII. a. a. 4) So nach Siebold (Froriep’s N. Not. XII. 305.) wenigstens bei den viviparen Aphidiern, die er von der eierlegenden gänzlich unterschieden haben will. Diese besitzen kürzere Eiröhren und ein birnförmiges receptaculum seminis, das jenen fehlt, bei denen sich die Jungen schon in den Eiröhren entwickeln. 5) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXVI. b.b. — O)erIbideee: Wagner’s Zootomie. I. >) 114 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. vorhanden, wenngleich ohne Anhangsdrüse. Mitunter zeigt sie ganz ei- genthümliche Structurverhältnisse. Naucoris, Ranatra, Hydrometra be- sitzen ein einfaches, blindgeendigtes , verschlungenes Gefäss, das bei Nepa schon an seinem Grunde sich etwas blasenförmig erweitert. Bei Notonecta ist dasselbe vor seiner Einmündung in die Scheide von einer vompacten, wie es scheint, drüsigen Masse umgeben, durch welche sich die verschlungenen Windungen desselben aber noch deutlich ver- folgen lassen. Ausserdem trägt es hier, wie bei vielen Landwanzen, an seiner Endigung eine kuglige Kapsel mit horniger Auskleidung. Ge- wöhnlich erweitert sich bei diesen Insekten auch der Ductus seminalis vor seiner Mündung in die Scheide zu einem blasenförmigen Organe, das bei den Scutelleren einen eigenthümlichen Apparat enthält, fast ähnlich wie bei den Phryganeen. In der Achse der Blase nämlich, die nur von der äussern Umhüllung des Samenganges gebildet wird, ver- läuft ein horniger Stiel, dessen oberes Ende sich an ihrem Grund be- festigt, während der untere frei in sie hineinragt und genau in den erweiterten Samenkanal hineimpasst. Dieser Stiel nun bestehet aus zweien in einander geschobenen hohlen Röhren, die an ihrem untern Ende mit einander verschmelzen. Am obern Ende gehet die äussere Röhre unmittelbar in die Wandung der Blase über und befestigt so den ganzen Apparat au den Grund derselben. Die innere dagegen setzt sich durch den obern Samenkanal fort und erweitert sich in eine verschieden gestaltete Samenkapsel. Bald ist diese einfach knopfförmig (Cimex baccarum), bald eingeschnürt (C. nigricornis, ole- raceus), bald endlich (C. rufipes) mit drei hornförmig gekrümmten An- hängen versehen. Die Cicaden entfernen sich von dem eben erwähn- ten Typus. Sie besitzen paarige blinddarmartige Samenkapseln und eine gestielte Begattungstasche. Bei Psylla u. a. ist die Bursa seminalis wieder eine einfache, ziemlich grosse, kurz gestielte Blase !). Ausser diesen Organen finden sich bei den Hemiptern noch ziemlich häufig be- sondere Absonderungswerkzeuge, welche in die Scheide münden. Sie erscheinen bei den Aphidiern als zwei dickwandige Drüsen, bei Psylla 2) dagegen nur als ein unpaarer beutelförmiger, bei Cicada als ein ebenfalls unpaarer blinddarmiger Anhang. Auch viele Landwanzen besitzen ähn- liche Drüsen, bald (Acanthias) seitliche blasenartige Taschen, bald ge- theilte Blinddärmehen (Pentatoma ornata) bald beiderlei Organe (Scu- tellera maura) /* In der Ordnung der Dipteren 3) findet sich fast immer eime sehr 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXVN. d. — 2) Ibid. e. 3) Ueber den Bau der innern Geschlechtstheile bei den Fliegen vergl. ein reichlicheres Detail bei Loew, Horac anatomie, Posen. 1841. u. Germar's Zeit- schr. f. d. Entom. III. 386. Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 115 beträchtliche Menge kurzer Eiröhren, die bald (Musca !)) in einem knopfförmigen Büschel das obere Ende der Trompeten 2) umgeben, bald aber auch über eine bedeutendere Strecke derselben sich verbrei- ten. In diesem Falle stehen sie bald dachziegelförmig (Tipula 3)) ne- ben einander und öfters auf der convexen Fläche der halbmondförmig gekrümmten Trompeten (Asilus), bald ährenförmig in zwei (Laphria) oder vier (Piophila) Zeilen, bald endlich traubenförmig (Dasypogon). Eigenthümlich ist die Anordnung der Eierstöcke bei Oestrus. Hier theilt sich nämlich jeder Eileiter in mehre kleinere, halbmondförmig gebogene Trompeten, die sich fest mit einander verbinden und in ih- rem Innern eine Höhle umschliessen. Aeusserlich, auf den convexen Flächen, sind sie mit kurzen, dachziegelförmig gestellten Röhren verse- hen. Bei den Pupiparen sind die Eierstöcke endlich ganz einfach. Sie er- scheinen nur als die schlauch - oder kapselförmig erweiterten Endigungen der Eileiter, welche die Keime einschliessen. Die Scheide zeichnet sich bei den lebendig gebährenden Fliegen dadurch aus, dass sie bald einen eignen sackförmigen Anhang besitzt (Sarcophaga), in welchem die Lar- ven sich entwickeln, bald sich selbst zu einem schlauchförmigen Ute- rus (Tachina) erweitert, der häufig von bedeutender Länge ist, und in spiraligen %) Windungen sich zusammenlegt. Ganz allgemein findet sich bei den Fliegen eine Samentasche. Sie bestehet gewöhnlich, wie bei Musca, aus drei kleinen, rundlichen Kapseln von dunkler Farbe und horniger Beschaffenheit, deren mittlere sich nicht selten (Anthomyia) durch eine abweichende Form auszeichnet. Bei Laphria sind sie nicht rundlich, sondern wie die Ammonshörner gewunden. In andern selt- nern Fällen sind die Kapseln einfach (Empis, Dolichopus), doppelt (Chironomus, Stratiomys), oder gar vierfach (Mierodon). Häufig in- dessen werden sie alle von einer gemeinschaftlichen zelligen Masse um- hüllet. Die Ausführungsgänge, die bisweilen durch ihre enorme Länge auffallen (bei Madiza glabra sind sie 14 Mal länger als das ganze Thier‘) vereinigen sich nicht selten zu zweien (Culex, Rhingia), oder münden gar alle (Tipula 5)) in einen gemeinschaftlichen engen Kanal dicht vor dessen hinterm Ende. Bei einigen Asilinen, denen überhaupt besondere Samenkapseln fehlen, zeigen die Ausführungsgänge blosse blinde En- digungen. Die merkwürdige Gruppe der Pupiparen endlich besitzet nur 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXVI. a. a. — 2) Ibidsoheah.2— 3) Ibid. fig. II. g. g. 4) Ueber die weiblichen Geschlechtsorgane der Tachinen, die man früher sehr falsch deutete, indem man die mit Larven gefüllte Scheide für den Eierstock nahm, s. Siebold in Wiegmann’s Arch. 1838. I. 191. u. Observationes quaedam de Oxybelo etc. p. 17. i 5) Das in Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. IH. f. als receptaculum seminis be- zeichnete Organ ist unrichtig als einfaches Blinddärmchen abgebildet. g* 116 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. noch in dem birnförmig erweiterten, platt gedrückten Ende der weiten eiförmigen Scheide, wo die beiden Eileiter sich in diese senken, ein der Samentasche analoges Gebilde. Eine besondere Begattungstasche fehlt allen Dipteren, doch findet sich überall (z.B. bei Musca !)) noch ein Paar kleiner, schmächtiger Blinddärmehen, die mit den Samenkapseln ihre Stelle wechseln und deshalb vielleicht als deren Anhangsdrüsen zu be- trachten sind. Gewöhnlich sind sie nur einfach oder keulenförmig, selten verästelt, wie bei Mierodon, wo es zugleich den Anschein hat, als stülpe sich die innere Membrane noch als zahlreiche, kleinere Blinddärmchen in die dieken Wandungen hinein. Bei den Pupiparen finden sich sogar zwei Paare solcher Anhangsdrüsen, von denen die obern nur unbedeu- tend, die untern aber von beträchtlicher Länge und mit zahlreichen Ver- ästelungen versehen sind. Die Schmetterlinge besitzen alle beinahe vier gewöhnlich sehr lange (bes. bei Geometra betularia, wo sie etwa 12 Mal länger sind, als der ganze Körper) und spiralig eingerollte Eiröhren 2), die quirlför- mig das Ende der kurzen Trompeten umstehen und zu einem Büschel vereinigt sind. Die Scheide 3) zeigt bei ihnen unter allen Insekten die meisten Anhänge, deren manche einen sehr zusammengesetzten Bau besitzen. Die Begattungstasche, ein grosses, blasenförmiges und mitunter (Pieris) in zwei Hälften eingeschnürtes Gebilde ist insofern ganz eigenthümlich angeordnet, als ihr bald kürzerer, bald (Tortrix) längerer Ausführungsgang, der Ruthenkanal, unmittelbar nach aussen sich mündet, nicht in die Scheide, wie es gewöhnlich der Fall ist. Unterwegs giebt er jedoch einen besondern, gewundenen Kanal ab, der sich in die Scheide einsenkt, aber vorher mitunter sich erweitert und bei Tortrix sogar mit einem birnförmigen Anhange sich versiehet. Der Mündungsstelle dieses Kanals gegenüber entspringt aus der Scheide der enge, spiralig gewundene Ausführungsgang einer birnförmigen Sa- mentasche 4), der gewöhnlich von einer eigenthümlichen drüsigen Masse umgeben wird. In den Hals der Samentasche, ja mitunter auch in den Grund derselben mündet eine Anhangsdrüse, wie bei den Kä- fern, die aber hier nicht selten gablig gespalten (Sphinx ligustri, Seri- caria dispar) oder gar vielfach unregelmässig verästelt ist (Euprepia villica). Ausserdem findet sich ganz constant bei den Schmetterlingen noch ein besonderes gepaartes Absonderungsorgan, das am häufigsten die Form zweier langer und gewundener, an ihrer Mündungsstelle er- 1) Ice. zoot. Tab. XXIV. fig. XXVI. c. c. (Die drei zwischen den beiden Blinddärmen abgebildeten Körperchen sind die 3 receptacula seminis von Musca.) 2) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXIV. a. a. (von Tinea Evonymella). — 3) Ibid.b. — 4) Ibid. ec. (Die Bursa copulatrix fehlt; mit ihr der Samen- leiter. Ebenso fehlt das zweihörnige, hier sehr kurze Absonderungsorgan. Das secernirende Gefäss d. ist in Wirklichkeit nicht vorhanden. ) x Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 117 weiterter Blinddärme besitzt. Nur selten sind diese ästig getheilt (Bom- byx quercus, Geometra betularia), oder von geringerer Länge (Tinea Evonymella). Mitunter, besonders bei manchen Nachtschmetterlingen (Zygaena) ist noch ein zweites ebenfalls paariges und gefässartiges Ab- sonderungsorgan vorhanden, das trotz seiner im Allgemeinen nur ge- ringern Entwicklung sich dennoch manchmal (Geom. betularia) verästelt. Ueber die Bildung der weiblichen Geschlechtsorgane bei den Pa- rasiten’ist erst Weniges bekannt. Die Eierstöcke scheinen am häu- figsten zu den quirl- oder büschelföormigen zu gehören. So ist es wenigstens bei Pediculus, Pulex u. a. Lepisma besitzt dagegen einen ästigen Eierstock, indem aus den Trompeten einige wenige, kurze Röh- ren geweihartig in unregelmässiger Ordnung entspringen. Die Anhänge der Scheide bestehen bei diesem Insekte in zweien kleinen Säckchen. Pulex besitzt ebenfalls eine blindsackige Erweiterung des Eierganges, die vielleicht Begattungstasche ist, und ausserdem einen kurzen, ge- krümmten Kanal, der nach einer kleinen Erweiterung zwei gerade enge Röhren abschickt, von denen die eine längere in die birnförmige Samentasche übergehet, während die andere blind endigt. Dieser ganze Apparat ist von einem drüsigen Hofe umgeben. Sehr eigen- thümlich und abweichend dagegen sind die Geschlechtsorgane der weiblichen Strepsipteren !). Eigentliche isolirte Eierstöcke finden sich hier bloss in dem Larvenzustande. Späterhin zerfallen sie und dann ist der ganze Hinterleib von einer grossen Menge von Eiern erfüllt, die lose zwischen den Fettzellen zu liegen scheinen. Die äussere Ge- schlechtsöffnung befindet sich an der Bauchfläche dicht hinter dem Kopfe und führt in einen weiten Kanal (Bruthöhle), welcher sich un- ter den äussern Bedeckungen bis zum vorletzten Leibessegmente hin- erstreckt. In diesen münden 3— 5 nach vorn umgebogene kurze Röhren, welche frei in die Leibeshöhle hineinragen und den im In- nern der Mutter entwickelten Jungen zum Ausweg dienen. Die keimbereitenden Organe der männlichen Geschlechts- werkzeuge, die Hoden, sind ebenfalls paarige Drüsen an der obern Seite des Darmes, die übrigens öfter schon mehr oder minder zu einem unpaaren Körper verschmelzen. Im Allgemeinen zeigen sie noch grössere Formverschiedenheiten und noch zusammengesetztere Structurverhältnisse, als die Ovarien. Um absondernde Flächen auf möglichst kleinem Raume zusammenzudrängen, scheint die Manchfal- tigkeit und Zierlichkeit der Bildungen ?2) den höchsten Grad erreicht zu haben. Immer gehen aber auch hier die zusammengesetztern Bildungen aus der einfachsten Schlauchform hervor. Sehr häufig findet sich übrigens 1) Vergl. Siebold in Wiegmann’s Arch. 1843. I. p. 137. 2) Bildlich zusammengestellt sind die Hauptformen bei J. Müller, de glan- dularum structura Tab. XVI. u. Ic. phys. Tab. XIX. 118 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. eine auffallende Uebereinstimmung in Form und Zahl der einzelnen Theile mit den Eierstöcken der entsprechenden Thiere. Sogar ist eine ähnliche ligamentöse Verbindung der Hoden mit dem Rückenge- fässe nicht so ganz selten vorhanden, nur erscheint sie immer viel zarter als bei den Eierstöcken. Sehr deutlich ist sie z.B. bei Pamphagus, wo sich, wie bei den Weibchen, vom obern Theil jenes Gefässes ein un- paarer Strang nach hinten erstreckt, der dann jederseits die kurzen Verbindungsfäden an die Samenröhren abgiebt. Die Spermatozoen der Insekten !) sind alle von einer langen haarförmigen Gestalt und lassen in der Regel weder ein Kopfende, weder einen Leib, noch ein abgesetztes Schwanzende erkennen. Höchstens sind sie an dem einen Ende, dem s. g. Wurzelende etwas stärker. Das andere Haarende läuft gewöhnlich in eine sehr feine Spitze aus, die sich nur mit der grössten Mühe verfolgen lässt. Die Spermatozoen der brünstigen In- sekten liegen im Hoden entweder unordentlich verfilzt (Blatta, Gulex) durcheinander, oder sie gruppiren sich noch häufiger durch eine gleich- förmige, regelmässige Lagerung zu Haarbüscheln, gewöhnlich von kolben- und birnförmiger Gestalt, oder selbst zu langen wurmförmigen Bündeln (Lepidopteren), die überall von einer besondern Hülle umgeben und scharf unter sich abgegränzt sind. Aus dem Hoden gelangt der Samen in die Vasa deferentia, wo die Spermatozoen nach einem längern Verweilen jene regelmässige Gruppirung aufgeben und dichter an- und hinterein- anderliegen. Beide Samenleiter verbinden sich endlich in der Median- linie, unter dem Darme, zu emem gemeinschaftlichen Abfüh- rungsgange (duclus excrelorius). An dieser Verbindungsstelle, zu- weilen aber auch schon im frühern Verlaufe der Samenleiter sitzen besondere schlauch - und beutelförmige Absonderungsorgane von verschiedener Zahl und Configuration, welche zum Theil der Vorste- herdrüse der Wirbelthiere zu entsprechen scheinen. Uebrigens ist ihre speciellere Bedeutung noch beinahe gänzlich unbekannt. Samenbläs- chen sind sie nicht, denn nie findet man in ihnen Spermatozoen. Ebensowenig dienet ihr Secret zur Verdünnung der Samenflüssigkeit, die unverdünnt in der Samentasche der Weibchen enthalten ist. Un- streitig haben sie wohl nicht alle denselben Zweck und dieselbe Be- deutung für den thierischen Haushalt der Insekten, was auch schon die verschiedene Natur ihres Secretes zu beweisen scheint. Am häufigsten ist dasselbe von einer feinkörnigen Beschaffenheit, selte- ner eiweissähnlich, fettig und gefärbt. In ersterm Falle scheint es dazu bestimmt zu sein, während der Begattung die in die Bursa Co- 1) vergl. ein weiteres Detail bei Siebold in Müller’s Arch. 1836. 30. Ue- ber die merkwürdigen Spermatozoen der Locustinen s. die oben schon citirte Ab- handlung desselben Verfassers in Act. Leop. Vol. XXI. p. 251, wo zugleich die Entwizklung dieser beweglichen Elemente berücksichtigt ist. Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 119 pulatrix eingesenkte Ruthenblase zu füllen und so eine innigere Berüh- rung beider Individuen herbeizuführen. Die grösste Mannigfaltigkeit in der Bildung der Hoden findet sich bei den Käfern !). Am einfachsten unter diesen sind sie bei den Garaben und Hydrocanthariden , wo sie nur als die langen, gefässarti- gen Enden der Samenleiter erscheinen, die sich knäuelförmig oder auch spiralig zusammenrollen. Beide Hoden rücken dann bisweilen (Ptero- stichus) einander näher und berühren sich in der Medianlinie über den Darm. Ja bei Harpalus ruficornis 2) verschmelzen sie sogar zu einer unpaaren Masse, die wirklich nur in einem einzigen vielfach ge- wundenen Gefässe zu bestehen scheint, aus dessen unterm Ende beide Samenleiter hervorkommen. Bisweilen (Scarites, Dytiscus) umhüllt auch noch eine gemeinsame Membrane (Zunica vaginalis s. albuginea) die knäuelförmigen Windungen. Viel häufiger sind indessen die Ho- den zusammengesetzter und bestehen dann gewöhnlich aus einer grös- sern Menge von blinden Därmehen, Taschen oder Bläschen, die sich verschieden um das Vas deferens gruppiren. Den Uebergang zu die- sen Formen macht Staphylinus 3) u. a., wo sich das Samengefäss in einer grössern Ausdehnung seines Endtheiles an verschiedenen un- regelmässigen Stellen in gestielte, kolbenförmige Bläschen ausstülpt, zwischen denen bei Silpha obseura #), noch eine Menge dünner und büschelförmig verzweigter Schläuche sich entwickeln. Auch bei Hy- drophilus sind die zahlreichen, kleinen, länglichen Schläuche noch über eine grössere Strecke des Samenleiters verbreitet. In sehr vielen an- dern Käfern dagegen rücken sie ganz an das Ende dieser Kanäle und gruppiren sich hier gewöhnlich zu einer knopf-, beeren- oder stern- förmigen Masse, deren Elemente bald in einigen grössern Bläschen oder Beutelchen, (wie bei sehr vielen Heteromeren, Asida, Tenebrio, Helops u. a.) bestehen, bald in zahlreichen, kleinen, länglichen Schläu- chen (Elater 5), Necydalis, Bostrichus 6), Coccinella u.s. w.). Nicht so selten sind übrigens auch diese zusammengesetzten Massen (Hydro- philus, Mylabris z. B.) ven einer Hülle umkapselt, welche sogar mit- unter (Galleruca ?)) für beide seitliche Hodenkörper gemeinschaftlich ist, so dass diese dann unpaar und einfach erscheinen. Die Lamelli- cornien (vielleicht mit Ausnahme von Lucanus, der einen einfachen knäuelförmigen Hoden haben soll, wie die Cäraben), die Longi- cornien u. a. besitzen endlich runde oder nierenförmige Hoden von eigenthümlichem Bau. Bei Callichroma bestehen sie aus einem ab- geplatteten und im Centro vertieften, vierlappigen Köpfchen, das 1) Vergl. besonders Leon Dufour, in Ann. des sc. nat. Tom. VI. und die zahlreichen schönen Abbildungen auf Tab. 4 — 9. 2) Ic. phys. Tab. XIX. fig. 8 — 3) Ibid. fig. 25. — 4) Ibid. fig. 26. — 5) Ibid. fig. 19, — 6) Ibid. fig. 20. — 7) Ibid. fig. 20. e 120 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. von einem weiten kranzförmig zusammengelegten Gefässe gebildet scheint. An diesem unterscheidet man ganz deutlich zwei zarte, über einander gelegene Membranen, von denen die innere zahlreiche, dicht aneinander liegende Windungen macht, über welche die äussere sich brückenartig hinwegschlägt. Solcher Köpfchen finden sich bei den meisten Rhynchophoren, Longicornien, bei Donacia u. a. zwei, bei den Lamellicornien !) aber 6 — 12 (6 auch bei Prionus 2)), deren Aus- führungsgänge bald quirlförmig (Melolontha, Trichius) in das Ende des Samenleiters 3) münden , bald (Cetonia %)) mehr unregelmässig über eine grössere Strecke sich inseriren. Die Samenleiter sind bei den Käfern gewöhnlich dünne, ziemlich lange Kanäle, welche die Länge des ganzen Körpers nicht selten bei weitem übertreffen und sich dann häufig (besonders bei den Caraben und Hydrocanthariden) in zahlreiche knäuelförmige Windungen (epididymis) zusammenlegen. Diese werden dann mitunter sogar (Dytiscus), wie die Hoden, von ei- ner besondern Membrane umkapselt. Bei andern Käfern erweitern sich die Samenleiter an ihrem untern Ende zu einer kürzern (Hydro- philus) oder längern (Melolontha) s. g. Samenblase, in der die Samen- flüssigkeit eine Zeitlang zu verweilen scheint. Der gemeinschaft- liche Duct. excretorius ist in der Regel ein ansehnlicher muskulöser Kanal, der bei Lamia, Cassida u.a. sich durch seine äusserst beträcht- liche Länge auszeichnet und nicht selten, besonders an seinem An- fang, sich keulenförmig verdickt zeigt. Wo sich die Vasa deferentia zu diesem gemeinsamen Ausführungsgange 5) verbinden, häufig (bes. bei den Caraben u. v. a.) aber auch schon in ihrem frühern Verlaufe, münden die absondernden accessorischen Drüsen 6) der Geschlechts- organe. Bei Carabus, Dytiscus, Lucanus, Melolontha, Anthribus, Gal- leruca, Coccinella u. a. bestehen sie nur in einem einzigen Paare ge- fässartiger, gewundener Schläuche, die mitunter (Melolontha) eine grosse Länge erreichen und vor ihrer Insertion sich erweitern. Die- selbe Schlauchform ist auch da die gewöhnliche, wo die Zahl dieser accessorischen Drüsen sich verdoppelt (z. B. bei Trichodes). Sehr häufig ist jedoch in diesem Falle das eine Paar kürzer, hornförmig ge- wunden (Necydalis, Pimelia, Blaps), selbst weiter und sackförmig (Staphylinus, Tenebrio,, Bostrichus). Uebrigens sind auch die Fälle nicht selten, wo jederseits drei (Malachius, Meloe, Mylabris, Hydro- philus , Cetonia, Callichroma) accessorische Drüsen angetroffen werden. Auch dann mitunter zeigt die eine oder andere derselben eine von der gewöhnlichen schlauch - oder beutelförmigen Gestalt abweichende Form. So ist es z. B. bei Hydrophilus der Fall, wo das Hauptgefäss 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXI. a. a.a. — 2) Ice. phys. Tab. XIX. fig. 22. — 3) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXI. b. — 4) Ic. phys. Tab. XIX. fig.21. A.B. — 5) Ic. zootom. Tab. XXIV. fig. XXI. c. — 6) Ibid. b. b. Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 121 an seinem Ende spiralig gewunden und auf der äussern Fläche mit mehrern Längsreihen kleiner Taschen besetzt ist. Ein anderes ist bald nach seinem Ursprung gablig gespalten. Auch bei Elater ist das End- stück des einen Schlauches tief gespalten. Ja manche Longicornien (CGallichroma) sind sogar mit einem vielfach verästelten, sehr beträcht- lichen Absonderungsorgane versehen. Wo die Zahl derselben sich ver- mehrt hat, münden sie in der Regel alle an der Vereinigungsstelle beider Samenleiter dicht neben einander. Nur selten nimmt schon das Vas deferens in diesem Falle ein Gefäss auf. Dagegen scheint der Ductus excretorius mitunter noch mit besondern drüsigen Gebilden ver- sehen. So findet sich z. B. bei Callichroma eine Auftreibung an dem- selben, die aus einer Menge dicht an einander gelagerter retortenför- miger Blinddärmchen bestehet. Unter den Orthopteren besitzt Forficula die einfachsten Ho- den. Sie sind gewissermassen nur die gablig getheilten,, erweiterten Enden der Samenleiter. Bis in ihre Mitte werden sie durch einen ge- meinschaftlichen zarten Ueberzug eng an einander geheftet. Auch in den übrigen Orthopteren erkennt man eine freilich grössere Menge ähnlicher blinder Röhren, die unregelmässig durcheinander liegen und mittelst einer gemeinschaftlichen äussern Haut bald zu einem kugli- gen (Blatta), bald zu einem länglichen platten Körper (Acridier) ver- einigt sind. Auch Locusta besitzt eine beträchtliche Anzahl solcher Sa- menröhrchen, nur sind sie kürzer und liegen dachziegelförmig zu ei- ner breiten und flachen Masse verbunden neben einander. Bei den Acridiern stossen beide Hoden in der Medianlinie des Körpers über dem Darme zusammen und sind sogar (am meisten bei Gryllus, we- niger bei Pamphagus) theilweise, besonders auf der obern Fläche zu ei- nem oblongen unpaaren Körper verschmolzen, aus dem sich beide Hoden aber immer noch entwickeln lassen. An der Vereinigungs- stelle der Vasa deferentia zu einem äusserst kurzen und weiten schlauch- förmigen Ausführungsgange finden sich die gewöhnlichen accessorischen Drüsen. Diese bestehen bei Blatta jederseits in einem grossen Büsche] feiner, kurzer und blinder Gefässe, bei den Acridiern in einer knäuel- föormig gewundenen Masse längerer und kürzerer, unverästelter Schläu- che. Am zusammengesetztesten ist die Bildung der accessorischen Geschlechtsdrüsen bei den Locustinen. An der grossen drüsigen Masse nämlich, die hier jederseits mit einem gemeinschaftlichen Ausführungs- gang in den Ductus excretorius einmündet, lassen sich mehrere durch Inhalt und Structur unterschiedene Abtheilungen erkennen. An der obern Spitze liegt ein Büschel ziemlich langer und weiter geschlän- gelter Gefässe, an dem untern Ende dagegen eine Menge kurzer und enger Blinddärmehen, die in einen sackförmig erweiterten gemein- schaftlichen Ausführungsgang münden. Zwischen beiden Partien lie- gen an der innern und äussern Seite noch einige blinde Därmchen, 122 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. die an Länge und Weite zwischen den obern und untern die Mitte hal- ten. Ausser dieser Masse mündet jederseits noch ein kleines, rundes, kurz gestieltes Bläschen in den Ductus excretorius. Auch in der Ordnung der Neuropteren finden sich Hoden von einfacherer und zusammengesetzter Structur. So sind diese Organe bei Hemerobius z. B. nur die erweiterten Enden der Samenleiter, die zugleich etwas spindelförmig sich drehen und eine gelbliche Färbung annehmen. Panorpa besitzt jederseits schon drei kurze, nach oben zugespitzte Samenröhrchen, die wirtelförmig dem Ende der Samen- leiter aufsitzen und durch eine gemeinschaftliche kapselartige Masse zu einem oblongen Körper vereinigt sind. Bei den Sabulicornien !) da- gegen besetzt sich das cylindrische Ende der Samenleiter in einer grössern Ausdehnung mit kleinen bläschenförmigen Ausstülpungen, die bei den Perliden noch deutlicher hervortreten und eine ährenförmige Gruppirung zeigen. Die Phryganeen, Sialis u. a. besitzen endlich, wie die Longicornien u. a. Käfer, jederseits einen nierenförmigen Hoden, an welchem man ebenfalls ganz deutlich zwei über einander gelegene Häute unterscheidet, deren innere in mehrere Nebentaschen zusammen- gefaltet und frei in der äussern Membrane enthalten ist. Die Vasa defe- rentia sind in der Regel lange, feine und geschlängelte Gefässe, die bisweilen (Sialis, Perla u.a.) zu einer Samenblase sich erweitern. Die accessorischen Absonderungswerkzeuge erscheinen bald als lange und dicke, blinde Gefässe (Limnophilus), bald als kolbige Schläuche (Sia- lis), bald als Bläschen (Libellula). Gewöhnlich findet sich nur ein Paar solcher Drüsen (Ascalaphus besitzt zwei Paare birnförmige Bläschen, de- ren kleinere mit einem gefässartigen Anhange versehen sind), die in den obern Theil des weiten, kurzen Ductus excretorius, seltener (Phry- ganea) schon früher in die Samenleiter münden. In den Hymenopteren zeigt der Hoden ebenfalls eine verschie- dene Structur. So bestehet er z. B. bei Anthidium aus dreien ziem- lich langen gefässartigen Samenröhren, die vor ihrer Vereinigung in das Vas deferens an ihrem untern Ende birnförmig anschwellen, bei Athalia aus einer Anzahl kleiner rundlicher Beutel, die zu einer Knopf- artigen Masse neben einander gruppirt sind, bei Apis endlich aus ei- nem nierenförmigen Körper. Indessen wird auch hier der wahre Bau dieser secernirenden Organe nicht selten durch eine äussere kapselar- tige Umhüllung verdeckt. So ist es z.B. bei Anthidium der Fall (wahr- scheinlich auch bei Bombus), wo beide Hoden und sogar ein beträcht- liches zu einem Knäuel aufgerolltes Stück der Samenleiter in dersel- ben gemeinschaftlichen Hodenkapsel eingeschlossen sind, die eine rund- liche Gestalt besitzt und oben auf dem Darme gelegen ist. Die Sa- menleiter sind gewöhnlich dünne Gefässe von ansehnlicher Länge, die 1) Ic. phys. Tab. XIX. fig. 2. (Die zusammengesetztere Structur ist übersehen.) Gesehleehtswerkzeuge der Insekten. 125 sich nicht selten (z. B. bei Athalia) zu einem förmlichen Nebenhoden in einander schlingen. Als accessorische Drüsen functioniren in der Re- gel zwei blinde Schläuche, die bald (Anthidium) erst in das obere Ende des gemeinschaftlichen Samenabführungsganges, bald (Athalia, Apis) schon früher in die Vasa deferentia sich inseriren. Unter den Hemipteren !) besitzen vielleicht die Sceutelleren und Pentatomen die einfachste Form der Hoden. Sie sind hier nur die birnförmig 2) erweiterten Endigungen der Samenleiter. Indessen zeigt sich bisweilen schon in dem lappigen 3) Grunde ihrer Hoden eine An- deutung zur Theilung in mehre, gewöhnlich in sieben, fächerförmig neben einander liegende, blinde Samenschläuche, wie sie auch häufig (Coreus 4), Alydus, Pyrhocoris, Acanthias) in Wirklichkeit sich vorfin- den. Nicht selten (Miris, Capsus 5) z. B.) stehen sie aber auch büschel- förmig neben einander. Bei Notonecta sind diese Schläuche in lange und dünne Samengefässe verwandelt, die sich dicht aneinander legen und in einer ebenen Spirale sich aufrollen. Nepa und Ranatra be- sitzen fünf ähnliche lange Hodengefässe, die, wie die Finger einer Hand, neben einander liegen, vor ihrer Vereinigungsstelle sich erwei- tern und an ihren Enden zu einem Knäuel sich zusammenrollen. Die Amphibiocorisen weichen in der Form ihrer Hoden von den übrigen Wanzenarten ab. Sie bestehen bei ihnen nämlich jederseits in einem einfachen (Velia) oder doppelten (Gerris 6)) nierenförmigen Körper. In der Gruppe der Cicaden vermehrt sich die Zahl der Samenschläuche um ein Bedeutendes, besonders bei Tettigonia ?), wo sie sich zugleich bläschenförmig erweitern und eine traubenförmige Masse bilden. Bei den übrigen (z. B. Amphrophora 8), Issus) zeigen sie eine sternförmige Gruppirung. Die Aphidier besitzen wiederum nur einige wenige (4— 6) Samenschläuche. Uebrigens ist auch bei den Wanzen das Vorkommen einer Hodenkapsel nicht selten (Ranatra, Issus u. a... Die Samenleiter sind in der Regel ziemlich lange und dünne Kanäle, die sich häufig zu einer Samenblase erweitern (CGoreus, Acanthias, Velia). Bei Gerris ist diese sogar doppelt. Bisweilen (Nepa, Issus) windet sich auch das untere Ende zu einem Nebenhoden zusammen, der dann hie und da (Ranatra ®9)) noch von einer besondern Membrane eingekapselt ist. Der Ductus excretorius zeigt an seinem obern Theile ziemlich allgemein eıne mehr oder minder beträchtliche kolbenartige Anschwellung. Die accessorischen Geschlechtsdrüsen senken sich bald in diesen obern Theil des gemeinschaftlichen Abführungsganges, bald schon früher in 1) Vergl. die zahlreichen, schönen Abbildungen bei L&on Dufour. 2) Ic. phys. Tab. XIX. fig. 5. (von, Pentatoma dissimilis).. — 3) Ibid. fig. 6. (von P. aparines). — 4) Ibid. fie. 11. — 9) Ibid. fig. 13. A. B. _ 6) Ibid. fie. 14. — 7) Ibid. fig. 24. — 8) Ibid. fig. 183. — 9 Ibid. fig. 10. (Nach Suckow als Hoden gedeutet.) 124 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. die Vasa deferentia (Aradus, Cicada u. a.). Meistens besitzen sie die Form einfacher, gewundener, blind geendigter Schläuche, deren Zahl sich bisweilen (Capsus, Miris) verdoppelt oder gar vervierfacht (Noto- necta). Am zusammengesetztesten sind diese Absonderungswerkzeuge bei den Pentatomen und Scutelleren. Diese besitzen am untern Ende der Samenleiter gewöhnlich einen grossen Büschel verästelter Blind- därmchen, am Ductus excretorius zwei weite Blasen und endlich un- ter diesen noch jederseits einen Büschel weiter Blinddärme. Bisweilen findet sich auch zwischen den beiden grossen Blasen noch ®ine mitt- lere dritte. In andern Fällen verschmelzen sie zu einer einzigen. Auch einige andere Wanzen (Coreus u. a.) besitzen nur eine unpaare Blase. Bei den meisten Dipteren !) ist der Hoden ein dunkelgefärbter Körper, der bald (z. B. Musca) eine knopf- oder birnförmige Gestalt besitzt, bald (Microdon, Asilus, Dasypogon) länger ist, gestreckt oder selbst schraubenförmig gedrehet. Bei Tipula 2) besteht er in einem langen, fadenförmigen Gefässe, das vor seinem Uebergange in das Vas deferens, als dessen oberer Theil es angesehen werden kann, in eine Blase sich erweitert. Auch sonst scheint der Hoden ganz einfach und vielleicht nur hie und da aus kleinen birnförmigen Säcken zusammengesetzt. Die Samenleiter sind dünne, gewöhnlich nur kurze Gefässe, die nur hie und da sich zu einem Nebenhoden aufrollen (Stratiomys) oder auch wohl eine Erweiterung, wie eine Sa- menblase, zeigen (Leptis, Dasypogon). Bei dem Uebergange beider Vasa deferentia in den gewöhnlich ziemlich langen und weiten Sa- menausführungsgang, zuweilen (Leptis) auch schon früher findet sich ein Paar drüsiger Gefässe, die nur selten (Microdon) von einer unbe- deutenden Grösse sind oder gar gänzlich fehlen (Hilara u. s. w.). In der Regel sind sie ziemlich beträchtlich (besonders bei Asilus), mitun- ter knäuelförmig gewunden (Bombylius), verästelt (Psila, Trypeta) oder selbst (Empis) aus gestielten Bläschen zusammengesetzt. Bei Tipula soll nun ein unpaarer, einfacher Drüsenbeutel sich vorfinden. Nicht selten mündet noch ein zweites Paar ähnlicher Gefässe in den Ductus exeretorius (z. B. bei Empis u. a.). Bei Microdon sind diese weit grösser, als die ersteren, bei Hilara u. a. sind sie sogar nur allein vorhanden. Eigenthümlich ist der Bau der Geschlechtsorgane bei Sca- topse, vielleicht auch noch bei einigen andern Fliegen mit vielgliedri- gen Fühlern. Hier sind Hoden und Samenleiter bis zu ihrer Vereini- gung von einer einfachen Kapsel umschlossen, aus welcher der ge- meinschaftliche Ausführungsgang, der mit einer kugligen Erweiterung versehen ist, hervorkommt. Ausser den gewöhnlichen paarigen Drü- sen sind noch zwei grosse hodenartige Absonderungsorgane vorhan- 1) Ausführlicheres Detail vergleiche bei Loew, Horae anatomicae. 2) Ic. phys. Tab. XIX. fig, 5. Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 125 den, die einen ausserordentlich langen und ziemlich verschlungenen Ganalis exeretorius besitzen. An der Spitze dieser Drüsen kommt oft noch ein ziemlich bedeutender Anhang hervor. Die Hoden der Pupi- paren sind die blossen verlängerten und knäuelförmig gewundenen Enden der Samenleiter. Als accessorische Absonderungsorgane fun- etioniren einfache, lange, gefässartige Schläuche, deren sich bei Hip- pobosca und Melophagus 2 Paare finden, die jederseits nur einen ge- meinschaftlichen Ausführungsgang besitzen. Die Hoden der Lepidopteren sind einfache keulenförmige oder rundliche Säcke, die, wo sie getrennt bleiben, bei Tinea !), Geometra und wahrscheinlich’noch einigen anderen, in der Mittellinie des Körpers über dem Darme aneinander stossen. Bei allen übrigen Schmetterlingen ver- wachsen sie (im Laufe der Verwandlung) zu einem einzigen unpaaren Körper 2), aus welchem dann die beiden einfachen, geschlängelten Samen- leiter 3) entspringen. Mitunter (Sphinx) erweitern sich diese in eine Sa- menblase. In der Regel nehmen auch sie die beiden einfachen , blinden Absonderungsgefässe 4) auf, die bei allen Schmetterlingen sich zu fin- den scheinen. Nur bisweilen (Tinea) münden diese Drüsen erst in den Ductus excretorius 5). Die männlichen Geschlechtsorgane der Parasiten scheinen man- chen Verschiedenheiten unterworfen zu sein. Bei Lepisma sind die Hoden einige längliche Beutelchen, die unregelmässigen Verzweigungen des fadenförmigen Samenleiters aufsitzen. An der Verbindungsstelle dieser Kanäle zu einem kurzen Ductus excretorius mündet zugleich ein Paar einfacher, weiter und gekrümmter Schläuche. Die Hoden der Strepsipteren dagegen bestehen in zwei birnförmigen Körperchen, de- ren Ausführungsgänge in den gemeinschaftlichen und an seinem Ur- sprunge ziemlich stark erweiterten Samenkanal führen. Die Larven der Insekten besitzen in den ersten Stadien ihres Lebens überall keine Geschlechtsorgane. Erst kurze Zeit vor der Ver- wandlung in eine Puppe oder Nymphe zeigen sich deren erste Rudi- mente, die aber noch so wenig entwickelt sind, dass man nicht ein Mal das Geschlecht des Thieres danach bestimmen kann. Bei Männ- chen und Weibchen nämlich erscheinen an den Seiten des Darmes ein Paar rundlicher oder eiförmiger Körperchen, die künftigen keimberei- tenden Organe, von denen nach hinten ein Paar dünner und zarter Fäden entspringen, die sich unter dem Mastdarm, dicht vor dem After zu einem gemeinschaftlichen Ausgang verbinden. — An dem Ende der gemeinschaftlichen Ausführungsgänge für Eier und Samen stehen die manchfaltig gebildeten äussern Geschlechts- 1) Ic. zootom. Tab. XXIV. fie. XX.a. a. — 2) Ibid. fig. XXI. a. (von Pterophorus). — 3) Ibid. b. b. fig. XX. b. b. — 4) Ibid. fig. XX. c. c. 5) Ibid. d. 126 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. organe !) der Insekten, besondere hornige Platten oder Leisten, die sich nicht selten mit eigenen Fortsätzen der letzten Hinterleibssegmente verbinden und vorzüglich in diesem Falle zu einer beträchtlichen Ent- wicklung gelangen. Die weiblichen äusseren Begattungsorgane zeigen in den meisten Käfern, Neuropteren, Hemipteren und Schmetterlingen nur eine sehr rudimentäre Form. Sie bestehen hier in der Regel in einigen un- bedeutenden Platten und Leisten, in einer obern unpaaren und zweien seitlichen paarigen, denen sich aber nicht selten noch einige andere Stücke beifügen. Sie dienen fast nur dazu, die weite Scheide ausge- spannt zu erhalten, während sie ein besonderer zirkelförmiger Sphincter zusammenschnürt. Den grössten und häufigsten Formverschiedenheiten sind besonders die seitlichen Platten unterworfen, die sich z. B. bei den Caraben u. a. in ein Paar rückwärts gekrümmter Haken ver- längern. Noch ziemlich übereinstimmend damit ist der sogenannte Lege- bohrer oder Legestachel ?2) (terebra s. aculeus) der Hymenopteren und Cicaden gebauet. Dieser ist bald noch im Leibe der Thiere ver- borgen und dann spitz und pfeilförmig, bald ragt er darüber hervor und erreicht dann häufig eine sehr beträchtliche Länge (Ichneumoni - dae). Durchweg bestehet dieser Apparat aus zweien kürzern und län- gern, seitlichen Scheidenklappen, welche den eigentlichen Stachel zwi- schen sich nehmen. Aber auch dieser ist nicht einfach, sondern be- stehet vielleicht überall aus einem obern rinnenförmig ausgehöhlten Stücke, das nur bisweilen mehr rudimentär erscheint (Tenthredines), und aus einem untern, welches in der Regel seiner ganzen Länge nach gespalten und nur an seiner Basis verbunden ist. Diese seitlichen Stücke nun sind die eigentlichen Bohrwerkzeuge, bald feine, sägezäh- nige Borsten, bald lange, spiess-, pfeil- oder messerförmige Stäbe. Nur in sehr seltenen Fällen (Cimbex) ist auch das obere unpaare Stück seiner Länge nach gespalten. Dann greift eine Leiste jeder untern Gräte in einen entsprechenden Falz der obern und kann in dieser auf- und abbewegt werden. Die Legescheide (vagina bivalvis) der Orthopteren und einiger andern Insekten entstehet erst aus einer Vereinigung der hornigen Schei- dientheile mit besondern Fortsätzen des äussern Hautskelets. Ihre beträchtlichste Entwicklung erreicht sie in der Familie der Locusti- nen (und bei Rhaphidia), wo sie wie ein langer, meist {gekrümmter Säbel an dem hintern Ende des Leibes befestigt ist. Dieser Apparat bestehet aus zweien seitlichen, symmetrischen Klappen, deren jede 1) Sehr treffllich und genau sind diese mehr zur Zoologie gehörigen Theile von ;surmeister (a. a. ©. 209. Tab. 12 u. 13.) dargestellt. 2) Ein weiteres Detail siehe bei Hartig, Wiegmann’s Arch. 1837. 151. Geschlechtswerkzeuge der Insekten. 127 von einer grössern obern und einer untern kleinern, gestreckten Hornlei- ste gebildet ist. Nach innen findet sich noch eine dritte zartere Lamelle, die bisweilen eine nur geringe Länge besitzt. Dieselben Elemente las- sen sich bei den Acridiern (auch bei Tipula) auffinden. Hier sind die Klappenstücke vier dicke, solide, hornige Griffel, die durch eine tiefe Querspalte getrennt sind und sich aneinander legen können. Zwischen ihnen ist noch ein Paar kleiner, auf emer Hervorragung neben einan- der gelegener, fadenförmiger Anhänge verborgen. — Die Andeutung einer ähnlichen Legescheide findet sich schon bei den Libellen I), wo ein Paar seitlicher Klappen vier kleinere sägeförmig gezähnelte, säbel- artige Hornstücke umschliesst. Mit diesem Apparate stehet sogar ein Paar langgestreckter, blinddarmartiger Schläuche in Verbindung, die im Ende des Hinterleibes gelegen sind. Selbst einige Wanzen z. B. Scutellera besitzen an der äussern After - und Geschlechtsöffnung mehre seitliche, klappenartige Hornstückchen. Die Legeröhre (vagina tubiformis) einiger Insekten endlich (Dip- teren, Prionus u. a.), bestehet fast allen aus den letzten zu einer fernrohrartig einschiebbaren Röhre oder einem blossen lederartigen Ka- nale metamorphosirten Abdominalsegmenten, die höchstens noch hie und da durch einige Horngräten unterstützt werden. Die äussern männlichen Geschlechtsorgane werden ähnlich, wie die entsprechenden Theile der weiblichen Insekten, aus einer Anzahl von Hornstückehen gebildet, die den untern Theil des gemeinschatftli- chen Samenganges, die eigentliche Ruthe, umkapseln. Auch sie liegen gewöhnlich im Innern des Leibes und dienen theils, wie die Ruthen- knochen der Säugethiere, zur Unterstützung dieses Organes, theils zum Fixiren des Weibchens während der Begattung. Dazu finden sich nicht selten auch noch besondere klappen- oder zangenförmige Apparate, die auch bisweilen sogar mit besondern äussern Fortsätzen der Ab- dominalsegmente in Verbindung treten. Uebrigens zeigen die männli- chen äussern Begattungswerkzeuge in ihrem Bau eine noch grössere Manchfaltigkeit, als die weiblichen. Bei den Käfern (z. B. Melolontha) findet sich eine einfache hor- nige Röhre, die den gemeinschaftlichen Samenkanal umkapselt und von emer besondern Haut (praeputium) umgeben ist, von einer Du- plicatur der innern Auskleidung der Kloake. Aus ihr kann der Pe- nis mit Hülfe besonderer bauchiger Muskeln von beträchtlicher Ent- wicklung hervorgestülpt werden. Häufig (Carabus, Dytiseus u. a.) wird auch die Vorhaut noch von besondern hornigen Leisten und Platten ausgedehnt erhalten. Sehr oft werden diese Verhältnisse aber weit complieirter, besonders bei den Orthopteren und Hy- 1) Vergl. Rathke, de Libellarum partibus genitalibus. Regiomont. 1832. 4to 128 Geschlechtswerkzeuge der Insekten. menopteren, deren äussere Geschlechtsorgane freilich im Allgemei- nen nach demselben Typus gebildet sind. Die Ruthenkapsel meta- morphosirt sich in einen Klappenförmigen Apparat von sehr ver- schiedener Entwicklung, der dann erst den eigentlichen, nochmals von einer hornigen Scheide umhüllten Penis einschliesst. Auch diese, ein röhrenförmiger, gerader oder gekrümmter (Carabus, Gryllus) Kanal, ist nicht so gar selten rinnenförmig ausgehöhlt (Vespa) oder seiner Länge nach gespalten (Dytiscus, Gryllus u. a.). Dieselben Elemente, seitliche Klappen und eine hornige Röhre, die von einem weiten Präputium locker umhüllet sind, unterscheidet man auch im Allgemeinen bei den Schmetterlingen und Wanzen. Nur in seltenen Fällen, wie bei Cercopis, ist der Penis in ein langes, dünnes und mehrborstiges Organ verwandelt. In der Klasse der Dipteren ragen die äussern Geschlechtstheile 1!) - in den meisten Fällen über die Spitze des Hinterleibes hervor und ent- behren deshalb eines Präputium. Sonst aber zeigen auch sie im All- gemeinen dieselbe Entwicklung. Sehr ausgezeichnet durch ihre Lage sind die äussern Geschlechts- organe der Libellen 2), die, getrennt von den Mündungen der Samen- sänge, am Grunde des Hinterleibes, an den Bauchschienen des zwei- ten Abdominalringes in einer besondern Tasche sich befinden. Ihr Bau ist ein sehr zusammengesetzter. Man unterscheidet an ihnen haupt- sächlich einen Penis, der an seiner Spitze mit besondern, verschieden gestalteten, erectilen Lappen und Anhängen (glans penis) versehen ist. Bei Libellula und Aeschna ist er dreigliedrig und sitzt auf einem ei- genthümlichen Behälter, einer Samenblase, die von einer hornigen Kapsel gebildet und von vielen Muskeln umgeben wird. Die brünsti- gen Männchen ergiessen mit umgeschlagenem Hinterleibe die Samen- flüssigkeit in diese Tasche, die dann zu gewissen Zeiten mit unzähli- gen Spermatozoen gefüllt ist. Bei Agrion ist der Penis ungegliedert und stehet auf einem besondern hornigen Gerüste vor der Samenblase. An den Seiten dieser Gopulationsorgane liegen noch mehre bewegliche, zum Theil hakenförmig gekrümmte Hornstücke an der untern Fläche des zweiten und dritten Abdominalsegmentes, die zum Ergreifen und Festhalten des Weibchens bei der Begattung dienen. Die männlichen Libellen (mit Ausnahme von Agrion) besitzen auch noch an den Seiten ihrer Geschlechtsorgane ein Paar beerenförmiger, aus blinden Beutel- chen gebildeter Drüsen, die mit einem gemeinschaftlichen Ausführungs- gang den Penis durchbohren und etwa den Cowperschen Drüsen der Säugethiere vergleichbar sein möchten. 1) Vergl. bes. Meigen, systemat. Beschreib. der europ. zweiflügl. Ins. 6 Bde m. Kpfern, 1818—32, wo die meisten Formen berücksichtigt sind. 2) S. Rathkea.a. O. Spinnenartige Thiere. Arachnoidea. Wagner’s Zootomie. II, 9 Ordnungen der Arachniden. I. Ordnung. Eigentliche Spinnen, Araneae. 2. Ordnung. Skorpione, Scorpionida, mit Inbegriff der Solpugiden. 3. Ordnung. Phalangien, Phalangida, mit Einschluss der Pyeno- goniden. 4. Ordnung. Milben, Acarina. Literatur. Das Zoologische enthält besonders: Walkenaär, Histoire naturelle des Insectes apteres. 3 Thle. 1840 — 44. (Der letzte Band ist-von Gervais bearbei- tet.). — Anatomische Schriften: Treviranus, über den inneren Bau der Arach- niden. 1812. Ferner dessen vermischte Schriften anatom. und physiol. Inhaltes. lter Bd. Göttingen 1816. — Duges, Observations sur les Araneides in den An- nal. des Sciences nat. 1836. — J. Müller, Anatomie des Skorpions in Meckel’s Archiv. 1828. — Tulk, upon the Anatomy of Phalangium opilio. 1843. — Du- ges, sur les Acariens Annal. des Sc. nat. vom Jahre 1834. — Dujardin, sur les Acariens in derselben Zeitschrift vom Jahre 19845. — Vergl. ausserdem R. Owen, comparative Anatomy and Physiology, und den Artikel, Arachnida von Audouin in Todd’s Cyclopaedia. Hautskelet und äussere Bedeckungen der Arachniden. D:. äusseren Bedeckungen der Arachniden sind im Allgemeinen von geringerer Festigkeit, als die der meisten Insekten und Krebse, ge- wöhnlich von hautartiger Consistenz und nur in Ausnahmefällen, z. B. bei den Skorpionen, von einer mehr hornartigen Beschaffenheit. Als Hauptbestandtheil ist derselbe Stoff zu erwähnen, wie in der vorher- gehenden Klasse, nämlich das Chitin!. Man hat es, wenn auch nicht durch Elementaranalyse, doch durch seine Reactionen, nament- lich die gegen Kali, für alle Ordnungen nachgewiesen. So für die ächten Spinnen an Epeira, Tegenaria, Attus, für die Skorpione an Androctonus, für die Phalangien an Phalangium opilio. Ueber die letzte Abtheilung, die Milben, liegen einige an Gammasus und Trom- bidium angestellte Untersuchungen vor. Was die histologische Structur der äusseren Integumente betrifft, so scheinen überall mehrere Lagen (gewöhnlich zwei) von Häuten zu existiren; eine untere, feinere Membran, welche stets farblos erscheint, und eine obere von grösserer Festigkeit und Dicke. In letzterer sind die verschiedenen Pigmente enthalten, welche sämmtlich von Kali auf- gelöst werden. Es ist dieses besonders ein eigenthümlicher, harzähn- licher Farbestoff, der das Gewebe gleichmässig durchtränkt; dann aber kommen noch besondere, körnige Pigmente vor, welche in verschie- denen Flecken und Figuren abgelagert sind und hierdurch grossentheils die Zeichnungen der Spinnen bewirken. Beide Häute bestehen in den einzelnen Ordnungen aus verschie- denen Elementargebilden. Aus schönen polyedrischen Zellen werden sie bei den Skorpionen zusammengesetzt, aus regelmässig und zier- lich verlaufenden wellenförmigen Fasern, bisweilen von ansehnlicher Breite, bei den ächten Spinnen. Doch kommen auflallenderweise häu- fig nicht über den ganzen Körper die nämlichen histologischen Ele- 1) Vergl. C. Schmidt I. c. Das Uehrige ist nach eigenen Untersuchungen. 9% 132 Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. mentartheile in diesen Häuten vor. So findet man bei den Araneen die Fasern am schönsten am Abdomen, während sie am Gephalotho- rax gänzlich fehlen und man hier nur auf einförmige Membranen stösst, in denen sich keine weitere Structur mehr entdecken lässt. Bei den Opilioniden besteht die untere Haut aus Fasern, die obere dagegen zeigt keine weitere Structur. Auch bei den Milben scheinen verschie- dene, oft sehr zierliche Bildungen des Chitinskelets vorzukommen, z.B. wellenförmige Fasern, durchbohrte Membranen. Diese zwei Membranen werden noch von besonderen Gruben oder Kanälen durchsetzt, welche zum Theil für die Insertion der Haare be- stimmt sind, zum Theil auch die Kalksalze abgelagert enthalten dürften. Die obere Membran trägt noch sehr mannichfaltige Epidermoidal- gebilde. Es sind dieses Warzen, kleine kegelförmige Zellen, Stacheln oder Haare. Letztere sind entweder unverästelt oder verzweigt, wie bei manchen Spinnen, bei Trombidium. Häufig erreichen sie eine sehr ansehnliche Länge, wie bei emzelnen Milben; bisweilen stehen sie so dicht, dass sie den ganzen Körper, wie ein Pelz, bedecken, so bei Mygale, bei Trombidium. Bei manchen Araneen sollen endlich noch Schuppen, wie bei den Schmetterlingen, vorkommen. Der Körper der Arachniden kommt im Wesentlichen mit dem der Insekten überein und besteht, wie bei diesen, aus einer Anzahl von Ringen und den 3 Hauptabtheilungen, dem Kopf, dem Thorax und dem Abdomen. Doch sind hierbei nicht unbeträchtliche Modificationen eingetreten. Die Ringe sind im Allgemeinen viel weniger distinet, als bei der vorhergehenden Klasse, und nur bei einer Ordnung, den Skorpioni- den, mit Leichtigkeit wahrzunehmen, bei den andern Abtheilungen dagegen mehr oder weniger miteinander verschmolzen, oft ohne alle Spur der ursprünglichen Zusammensetzung. Dann besteht ein zweites charakteristisches Merkmal der Klasse, in dem eigenthümlichen Verhältnisse, im welches der Kopf zu der Brust getreten ist. Er ist nämlich mit dieser zu einer einzigen Masse, dem Gephalothorax, verschmolzen, dabei gleichzeitig aber vielleicht theil- weise geschwunden; wenigstens lässt sich so der Umstand erklären, dass ein Theil der ihm zukommenden Anhänge, die zusammengesetz- ten Augen und die Antennen constant vermisst werden. Dagegen per- sistiren die Ocellen und die Mundwerkzeuge. Letztere bestehen aus denselben Theilen wie bei den Insekten, nämlich aus einem Paar Öberkiefer oder Mandibeln, einem ersten und zweiten Unterkie- fer- oder Maxillenpaar. Doch haben sich Form und Function dieser Theile mannichfach geändert. So sind die Mandibeln (auch Cheliceren, Forcipeln, Antennes pinces genannt) ihrer Function als Fresswerkzeuge untreu geworden und in Greiforgan umgewandelt. Sie werden von mehreren Stücken Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. 135 zusammengesetzt. Das Endglied ist meistens klauenförmig geworden und häufig gegen einen Fortsatz des zweiten beweglich eingelenkt. Das erste Unterkieferpaar besteht aus einer sehr verschieden geformten Lade, an welche sich ein langer, gegliederter Taster an- reiht. Dieser zeigt in den einzelnen Ordnungen eine sehr variable Form. Gewöhnlich ist er palpenförmig, wie bei den Araneen und Mil- ben, bisweilen wird er zur Scheere, wie bei den ächten und Pseudo - Skorpionen. Wenn sich schon dieses zweite Kieferpaar durch die eben er- wähnte beträchtliche Entwicklung seines Tasters einem Fusse angenä- hert hat und in seinen einzelnen Theilen mit einem solchen verglichen werden kann, so ist dieses in einem noch viel höheren Grade mit dem dritten Kiefer- oder zweiten Maxillenpaare der Fall. Dies ist nämlich überall zu einem Beine geworden und einem solchen völlig gleich gebildet. Die Lade hat sich hierbei zur Coxa umgeformt. Selbst ein klauenförmiges Endglied, welches beim Taster des zweiten Kiefer- paares fehlt, wird bei dem dritten Kieferpaare mit seltenen Ausnah- men, wie bei den Tarantelspinnen, niemals vermisst. Zu diesem ersten Fusspaare kommen noch 3 andere Paare, ent- sprechend den 3 ursprünglichen Ringen des Thorax, hinzu, so dass sich mithin die Anzahl der Beine bei dieser Klasse nothwendigerweise um ein Paar höher stellen muss, als bei den Insekten. Alle Arach- niden sind mit 4 Paaren !) ortsbewegender Werkzeuge versehen. Alle entbehren aber einer anderen Art von Anhängen, welche bei der vorhergehenden Klasse so verbreitet waren, nämlich der Flügel. Mit dem Cephalothorax steht das Abdomen bald durch einen Stiel (Araneen), bald in seiner ganzen Breite (übrige Ordnungen) in Verbindung, ja bei manchen Thieren auf eine so innige Weise, dass der ganze Körper zu einer einzigen rundlichen Masse verschmolzen ist, wie bei den Phalangien und vielen Milben. Das Abdomen ent- behrt auch hier noch überall eigener fussartiger Anhänge, ist jedoch im Uebrigen sehr verschieden gestaltet, im Allgemeimen weniger ent- wickelt, als bei der nachfolgenden Klasse, den Crustaceen. Die Araneen, oder eigentlichen Spinnen, zeigen eine verhältniss- mässig grosse Uebereinstimmung im Bau des Hautskeletes. Der Ge- phalothorax ist gewöhnlich oberwärts von ovaler oder herzförmiger Gestalt, vorne viereckig, an seinem hinteren Rande breiter und abge- rundet. Er wird oben und unten von einer besonderen Platte bedeckt. Die obere oder Rückenplatte ist in der Regel von hautartiger Con- sistenz, etwas gewölbt und häufig von strahlenförmigen Furchen durch- 1) Ueber die sechsfüssigen Milben als die früheren Stufen Sfüssiger Thiere vergl. besonders noch die Arbeiten von Duges in den Annal. des Scienc. natur. 1834. 154 Hautskelet u. Bedeekungen d. Arachniden. zogen, welche von einer in ihrer Mitte befindlichen Vertiefung auslau- fen. Die vorderste derselben bildet eine Vförmige Figur, in der man vielleicht die Grenze zwischen Kopf und Thorax erblicken könnte. Die untere Platte oder das Sternum ist immer mehr oder weniger herz- förmig mit nach hinten gerichteter Spitze. Sie ist an ihren Rändern zur Aufnahme der Beine eingebogen !). Am vorderen Rande des Cephalothorax sind die Augen 2) gele- gen, deren Grösse, Zahl und Stellung sehr verschieden ist. Vorne und unten inserirt, vor dem Sternum befinden sich die Fresswerk-. zeuge. Die starken Mandibeln 3) bestehen aus 2 Gliedern, einem grossen und starken Basalstücke von ceylindrischer oder stumpf coni- scher Form, welches oft an seinem inneren Rande gefurcht und mit Zähnen besetzt ist und einem kleinen Endglied, das als eine scharfe Klaue erscheint, die mit dem ersten Gliede in einem Ginglymus ver- bunden ist und an ihrer Spitze von dem Ausführungsgang einer Gift- drüse durchbohrt wird. Hinter diesem ersten Kieferpaar ist das zweite oder Maxillenpaar ?) gelegen. Seine Lade ist in den einzelnen Gat- tungen von verschiedener Form, bald schmal, bald breit, rundlich oder eckig, bisweilen, wie bei der Kreuzspinne, an ihrer Basis ein- geschnitten. Der Taster 5) ist fast immer behaart. Er besteht aus 5 Gliedern, welche nach den einzelnen Arten und nach dem Geschlechte beträchtlichen Variationen unterliegen, beim Weibchen gewöhnlich mit einem Haken endigen, beim Männchen kürzer und an der Spitze ver- diekt sind (s. unten beim Geschlechtssystem). Zwischen beiden Laden liegt noch ein eigenthümliches Gebilde, welches den unpassenden Na- men der Unterlippe 6) (levre sternale, languette) erhalten hat. Es ist in der Mehrzahl der Fälle an seiner Basis mit dem Sternum beweg- lich, bei einigen Gattungen (z. B. Mygale) aber auch unbeweglich mit demselben verbunden. Ebenso wird ein anderes Gebilde, welches hinter den Mandibeln, aber über dem Eingang zum Verdauungskanal befindlich ist, gewöhnlich als Zunge bezeichnet, während es wohl richtiger als Oberlippe gedeutet werden dürfte ?). . Die 4 Fusspaare der Araneen inseriren zu den Seiten des Ster- num. Es lassen sich an ihnen dieselben Glieder unterscheiden, wie hei den Insekten, eine mit dem Körper beweglich verbundene Coxa, ein kleiner Trochanter, ein starkes Femur, endlich Tibia und Tarsus. Die beiden letzten bestehen immer aus je 2 Gliedern, so dass em sol- cher Fuss aus 7 Stücken zusammengesetzt wird. Das erste Tarsalglied hat den Namen des Metatarsus erhalten. Das Endglied trägt entweder 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. I. Abbildung einer Kreuzspinne. — 2) Ibid.! fig. VI. e. ce. ec. = 3)"Thid! fig; 1b. "fe, ALOHIURABE Vera. fie, I. d. 2— a re EL LU Kennen — 6). Ibid. fig. IL. 'e. 7) Vergl, Grube in Müller’s Archiv von 18542. 296. Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. 135 2 oder 3 Klauen. In Stärke und Grösse haben diese 4 Paar Beine ansehnliche Verschiedenheiten aufzuweisen. Im Allgemeinen sind sie bei den Jagd- oder Laufspinnen stärker als bei denen, welche in ei- nem Gewebe sitzend ihre Beute erwarten. Sehr gross und stark sind sie z. B. bei Mygale. Bisweilen werden sie sehr lang und fein, so bei Pholeus, wo sie dann dem Thiere eine bedeutende Aehnlichkeit mit einem Phalangium verleihen. Bei andern Spinnen dagegen sind sie sehr kurz. Aber auch die einzelnen Beine desselben Thieres differiren wiederum nicht unbeträchtlich in ihrer Grösse untereinander. Gewöhn- lich ist das erste Paar am längsten, so bei Epeira, wo dann das dritte am kürzesten ist. Bisweilen übertreffen aber auch das dritte und vierte Fusspaar alle anderen an Grösse. Das Abdomen steht mit dem Cephalothorax durch emen kurzen, eylindrischen Stiel in Zusammenhang. Bei der bei weitem grössten An- zahl von Thieren hat es die Form eines Ovales, welches vorne am breitesten ist. In selteneren Fällen findet das Umgekehrte statt. Man trifft am Abdomen keine Spur von Gliederung, auf dem Rücken ge- wöhnlich einige punktförmige Vertiefungen als die Ansatzpunkte von Muskeln. Mit Ausnahme der Spinnwarzen !), welche unter dem After gelegen sind, entbehrt es aller anderen Anhänge. Eine kleme Familie spinnenarüger Thiere, die man bei den Ara- neen abhandeln kann, sind die sogenannten Tarantelspinnen (Phry- nus und Telyphonus). Sie kommen in ihrer ganzen Körperform noch einigermaassen mit den eigentlichen Spinnen überein, namentlich die eine Gattung derselben, die Phrynen. Dagegen nähern sie sich in mehrfacher Beziehung den Skorpionen. Einmal durch ihr ansehnlicher entwickeltes und vielgliedriges Abdomen, welches ausserdem noch bei Telyphonus mit einem besonderen Schwanzanhange versehen ist; dann durch die Form ihres Maxillartasters. Dieser ist nämlich gross und scheerenförmig, besonders bei Telyphonus. Ausserdem macht sich noch das erste Beinpaar (das metamorphosirte dritte Kieferpaar) dadurch bemerklich, dass es aus einer Menge einzelner Glieder be- steht, an Länge die drei übrigen Beine bedeutend übertrifft und nicht wie diese klauenförmig geendigt ist. Es steht mithin noch mehr auf der Stufe eines Palpus, als bei den -Araneen. Bei den Skorpionen (z. B. Androctonus Paris) 2) wird, wie bei den Araneen, der CGephalothorax oben von einer hornigen Platte, dem Rückenschilde, an dessen vorderem Rande die Augen gelegen sind, bedeckt. Der untere Theil desselben wird dagegen von den Fress- und Gehwerkzeugen so vollständig eingenommen, dass hier von einer Segmentbildung äusserlich nichts sichtbar ist. Die Mundtheile bestehen 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig, I, a — 2) Ibid. fie. XY. 136 Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. aus einem Paar starker 3gliedriger Oberkiefer !), deren Endglied mit dem vorletzten scheerenförmig eingelenkt ist. Dann aus einem zweiten Kieferpaare 2), dessen Taster 3) sich durch Grösse und Form in gleicher Weise auszeichnet. Er besteht aus 5 Gliedern, deren äusserstes mit einem gleichgestalteten Fortsatze des vorletzten eine Scheere bildet. In seiner ganzen Gestalt erinnert dieser Unterkieferpalpus sehr an die Scheere eines Krebses. Zwischen beiden Mundtheilen ist eine pyrami- denförmige, fleischige Oberlippe (Zunge) gelegen. Die Coxen der vier Beme 4) sind innig miteinander verbunden, sowohl mit ihren Rändern sich berührend, als auch, da ein Sternum fehlt, in der Mittellinie zu- sammenstossend. Sie sind unbeweglich an den Körper befestigt. Nur das erste Bein (das verwandelte dritte Kieferpaar) trägt eine aus zwei Stücken bestehende Coxa und erinnert hierdurch an die doppelte Lade des dritten Kieferpaares der Insekten. Die übrigen Glieder der Geh- werkzeuge kommen mit dem allgemeinen Typus überein, unterschei- den sich aber dadurch von denen der Araneen, dass die Tibia nur aus einem, der Tarsus dagegen aus 3 Stücken besteht. Letzterer ist mit seitlichen Dornen besetzt und mit 2 Krallen geendigt! Zwischen den Hüftgliedern des letzten Beines befindet sich ein dreieckiger Zwi- schenraum, welcher hinterwärts von einer aus 2 halbmondförmigen Theilen bestehenden Klappe eingenommen wird, unter welcher die Aus- ımündung der Geschlechtsorgane sich befindet. Dahinter liegen zwei eigenthümliche Gebilde, die sogenannten Kämme 5) des Skorpions (s. bei den Geschlechtswerkzeugen). — So wenig man an der Unterseite des Cephalothorax äusserlich etwas von Ringbildung wahrnimmt, so deutlich ist dieselbe jedoch an dem ausgebildeten, inneren Skelete dieses Theiles aufzufinden. Es besteht aus einer longitudinal verlau- fenden senkrechten Platte, an welche sich 6 quere Leisten unter ver- schiedenem Winkel befestigen. Es wird hierdurch der Cephalothorax in eine Anzahl von Gefächern getheilt, die grösstentheils von den Mus- keln der Fress- und Gehwerkzeuge ausgefüllt werden. — Das Abdo- men ist von ansehnlicher Grösse und in 2 Partien zerfallend, wie bei den Crustaceen, nämlich in eine vordere, Brusttheil, und eine hintere, den sogenannten Schwanz. Die vordere Abtheilung wird oberwärts von 7, unterwärts von 5 Ringstücken bedeckt, welche untereinander durch eine verbindende Zwischenmembran vereinigt werden. An den Seiten der 4 ersten Bauchplatten sind die Oeflnungen zu den Respira- lionsorganen 6) befindlich. Der Schwanztheil des Abdomen wird von sechs vollständig geschlossenen Ringen gebildet. Der letzte derselben ist von birnförmiger Gestalt und läuft in einen Giftstachel 7) aus. 1); Ic. zootom. Tab. XXV. De. XV u. XVL va, 0 2) .Ibid. b. b. — 3) Ihiar er ec. — 4) Ibid. fie. XY. — 5) Ibid. h. — 6) Ibid. ©. — 7) Ibid. f. Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. 137 Bei den sogenannten Pseudoskorpionen !), den Gattungen Che- lifer und Obisium, ist der nämliche Bau des Körpers vorhanden, mit Aus- nahme des Abdomen, welches nur aus einer vielgliedrigen vorderen Partie besteht und der hinteren Abtheilung ermangelt. Ausserdem feh- len noch die den ächten Skorpionen zugehörenden Kämme, dagegen verhalten sich Mund- und Gehwerkzeuge wie bei diesen. Kleinere Differenzen lehrt die Zoologie. Hinsichtlich ihres äusseren Baues in der Mitte zwischen Arancen und Skorpionen stehen die Solpugiden 2) (Galeodes). Sie lassen, gleich den letzteren, eine deutliche Gliederung des ganzen Körpers er- kennen. Doch ist das Abdomen viel kürzer und spinnenartig. Zwei andere Punkte aber zeichnen diese Gruppe besonders aus. Es ist die- ses einmal der Umstand, dass sie die einzigen aller Arachniden sind, wo noch der Kopf persistirt, wenigstens noch nicht völlig geschwun- den ist und man daher auch noch einen aus 3 Ringen bestehenden gesonderten Thorax nachweisen kann. Dann sind ihre Fresswerkzeuge nicht minder interessant. Die Mandibeln sind scheerenförmig, aber viel länger und breiter als bei den Skorpionen. Sie verdanken ihre ansehnliche Grösse besonders der beträchtlichen Entwicklung ihres Mittelstückes. Ausserdem sind sie noch mit einem eigenthümlichen Fortsatze versehen, welchen man als Rudiment einer Antenne betrach- tet hat. Die Maxillen bestehen aus einem Körper, der nach Innen ei- nen Fortsatz aussendet (Andeutung einer innern Lade?) und einem langen Taster. Gleichfalls am Kopfe befestigt findet man das dritte Kieferpaar, mit noch vollkommen tasterförmig gebliebenem Palpus, das mithin noch keineswegs, wie fast in der ganzen Klasse, zum ersten Gehfusspaar umgewandelt ist. Es haben daher auch die Solpu- giden nur 3 Paar eigentlicher Beine, wie die Insekten, und 3 Kiefer- paare, von denen die beiden letzteren einen Taster tragen. Grade sie sind es, welche die oben ausgesprochenen Ansichten über die Zu- sammensetzung des Arachnidenkörpers und seine Differenzen von dem der Insekten bestätigen. Wenn bei der vorhergehenden Ordnung die Segmentbildung und die Abtheilungen des Körpers besonders deutlich waren, so ist dieses mit der nachfolgenden Gruppe, den Phalangiden, keineswegs mehr der Fall 3, Bei ihnen ist der Körper zu einer rundlichen Masse ver- schmolzen, und nur durch eine Leiste lässt sich der Cephalothorax vom Abdomen noch unterscheiden. An seiner untern Fläche befindet sich, 1) Vergl. die Abbildungen bei Savigny, memoire sur les animaux sans vertebres. I. Tab. VI. 2) vergl. hierüber die mit einer Zeichnung begleitete Darstellung von Erich- son in dessen Entomographien. Heft 1. 3) Vergl. Tulk I. c. und Treviranus vermischte Schriften. Thl. 1. 138 Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. wie bei den Araneen, ein Sternum von stumpf dreieckiger Form. Das Abdomen ist von einer ovalen Gestalt mit einer Andeutung von Segmenten, deren man jedoch- auf der Rückenfläche bei weitem mehr als an der Bauchseite zählt. Die Mundwerkzeuge werden gebildet von 3gliedrigen Mandibeln, welche, wie die der Skorpione, Scheerenkiefer sind, und von Maxil- len, die aus eimer- mit einem Fortsatz versehenen Lade und einem 5gliedrigen Palpus bestehen. Die 4 Paar Beine sind bekanntlich durch ihre ausserordentliche Länge ausgezeichnet. Sie werden zusammenge- setzt von einer kleinen konischen Coxa, welche mit dem Körper unbe- weglich zusammenhängt und eigentlich nichts als eine Ausstülpung der äussern Integumente ist, aus einem kleinen mit ihr beweglich verbun- denen Trochanter, einem langen schlanken Femur, einer in 2 Stücke zerfallenen Tibia und endlich aus einem vielgliedrigen Tarsus, der mit einer einfachen Klaue endigt. Eine besondere Erwähnung verdienen noch 2 den Coxen der bei- den ersten Fusspaare ansitzende Fortsätze, welche als Hülfskiefer be- schrieben werden. Der erste dieser Fortsätze kommt mit dem _der Maxillarlade überein, der zweite, welcher der Basis des zweiten Fuss- paares angeheftet ist, zeigt eine konische Gestalt. Eine kleine Gruppe höchst merkwürdig geformter Thiere kann hier nicht mit Stillschweigen übergangen werden. Es sind dieses die Pyenogoniden). Sie differiren in mehreren Punkten auffallend von den Spinnen 2. Einmal ist das Abdomen nur sehr rudimentär in Ge- stalt eines kleinen eylindrischen Anhanges vorhanden. Dann ist der übrige Körper deutlich gegliedert und aus 4 Stücken zusammengesetzi. Die drei letzten derselben sind auf den Thorax zu redueiren. Der erste von ihnen entspricht dem Kopf. Er giebt sich als solcher durch die vier auf einem Höcker gelegenen Ocellen und die an ihm befestig- ten Fresswerkzeuge kund. Letztere sind am vollständigsten bei der Gattung Nymphon vor- handen. Sie bestehen hier aus einem ersten Kiefer- oder Mandibel- paare, das sich in Gliederung und Form ganz dem der Phalangien an- reiht, und aus einer Maxille oder einem zweiten Kieferpaare, welches, 1) Vergl. hierüber die Schriften von Savigny u. Erichson. Ferner Milne Edwards hist. natur. d. Crust. IM. Thl. 1844. 2) Bekanntlich ist ihre zoologische Stellung noch keineswegs mit Sicherheit ausgemittelt. Man hat sie daher auch zu den Crustaceen gerechnet, namentlich aul eine gewisse Aehnlichkeit hin, welche ihr Körper mit dem der Lämodipoden darbietet. Allein der Bau ihrer Mundwerkzeuge, die (freilich noch wenig gekannte) innere Organisation und die erst neuerlich beobachtete Entwicklung einiger dieser Thiere scheinen ihnen eine Stelle bei den Arachniden anzuweisen. Auf die Aehn- lichkeit ihrer Fresswerkzeuge mit denen der Phalangiden hat schon Savigny hin- gewiesen, Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. 139 wie bei den Spinnen überhaupt, zu einem vielgliedrigen Taster gewor- den ist. Bei den andern Gattungen dieser Gruppe sind die Mundtheile nicht in gleicher Vollständigkeit vorhanden, indem bei Phoxichilus der Unterkiefer, bei Endäis !) die Mandibeln, bei Pyenogonum Ober- und Unterkiefer verschwinden. Auffallend ist endlich noch die Lage der Mundöffnung. Diese befindet sich nämlich nicht zwischen den Fress- werkzeugen, sondern auf der Spitze eines eylindrischen Fortsatzes, der von dem ersten Ringe nach vorne abgeschickt wird. Seine Be- deutung ist noch nicht aufgeklärt und die Ansichten über ihn sind sehr schwankend. Am wahrschemlichsten dürfte er vielleicht als Oberlippe betrachtet werden. An dem ersten Ringe befindet sich noch ausserdem das dritte Kieferpaar. Es ist wie in der ganzen Klasse so auch hier zum ersten Paar der Gehwerkzeuge umgewandelt. Diese sind in der normalen Zahl von 4 Paaren vorhanden, von ansehnlicher Länge und aus vielen Gliedern bestehend. Als ein auffallender Umstand muss endlich be- merkt werden, dass bei den weiblichen Pyenogoniden noch ein fünf- tes supplementäres Fusspaar vorkommt. Es inserirt sich neben dem ersten Beine, ist dünner und kleiner und dient zum Tragen der Eier. Die grösste Manchfaltigkeit in Skelet und äusseren Bedeckungen findet sich bei der letzten Ordnung spinnenartiger Thiere, bei den Milben oder Acariden 2. Im Allgemeinen reihen sie sich in ihrer ganzen Körperform den Phalangien an. Aehnlich wie bei diesen ist Gephalothorax und Abdomen zu einer einzigen Masse verschmolzen. Doch lässt sich häufig noch die ursprüngliche Grenze beider wahr- nehmen (z. B. bei Ixodes 3)). Bisweilen aber findet diese Vereinigung in einem solchen Grade statt, dass keine dieser Abtheilungen mehr aufzufinden ist (so bei Dermanyssus ®%), bei Trombidium). Bei einzel- nen Gattungen treten abweichende Verhältnisse auf. So trennt sich bei Notaspis teleproctus die vordere Partie des Cephalothorax mit den Fresswerkzeugen und dem (verwandelten) dritten Kieferpaare von der hinteren ab und stellt so gewissermaassen einen Kopf her. Bei Tyro- glyphus ist der Gephalothorax durch einen Falz in 2 Abtheilungen zer- fällt, ohne dass jedoch Segmente aufzufinden wären. Bei andern Gattungen trifft man aber auch diese, entweder nur spurweise oder mit ziemlicher Deutlichkeit, wie bei Bdella. Bei Gammasus wird der Körper von schildförmigen Platten bedeckt. Hierdurch erlangt dieses Thier eine nicht unansehnliche ‘Festigkeit, während bei den meisten Arten diese nur gering ist, namentlich bei Trombidium und Limno- chares. 1) ef. Philippi in Wiegmann’s Archiv. 1843. pag. 175. 2) Vergl. Duges und Dujardin |. e. 3) Ic. zootom. Tab. XXV. fig, XL. — 4) Ibid. fig. X, 140 Hautskelet u. Bedeckungen d. Arachniden. Am Abdomen befinden sich seitlich die Oeffnungen der Respira- tionsorgane, an dem Ende die Aftermündung und in einiger Entfer- nung vor dieser gelegen der Eingang zu den Geschlechtswerkzeugen. Noch grössere Differenzen bieten hier die Anhänge des Körpers dar, namentlich die Fresswerkzeuge !), entsprechend der verschiedenen Le- bensweise der Thiere. Die grösste Entwicklung erreicht der Unterkie- fer, sowohl was Lade, als Taster betrifft. Die Maxillarlade, welche ge- wöhnlich als Unterlippe beschrieben, unrichtig als Zunge bezeichnet wird, ist ein unpaares Gebilde von der mannichfachsten Gestalt 2), bald breit, bald schmal und lanzettförmig, häufig von ansehnlicher Länge. Hier und da erkennt man noch ihre Zusammensetzung aus zwei Stü- cken wie bei Gammassus, bei anderen Milben dagegen ist diese nicht mehr nachzuweisen , z. B. bei Trombidium. An diese Lade befestigt sich noch ein in der Regel langer Taster 3), der gewöhnlich aus fünf Gliedern besteht. Zuweilen ist er mit der Lade mehr oder weniger verwachsen. In der Form und Gestalt, im der Grösse seiner einzelnen Glieder ist er ebenfalls sehr grossen Variationen unterworfen, welche für die Zoologie von Wichtigkeit geworden sind und besondere Namen er- halten haben ®. Auf der Maxillarlade ruhend und gewöhnlich von ei- ner Vertiefung oder Rinne derselben aufgenommen, befinden sich die Oberkiefer oder Mandibeln. Nach der Verschiedenheit ihrer Gestalt kann man sie in drei Abtheilungen bringen, nämlich in Scheerenkiefer 5), in Klauenkiefer (welche wie bei den Araneen mit einer Giftdrüse ver- sehen sein sollen) und im dolchförmige Kiefer. Doch gehen diese For- men nicht selten in einander über. Die Mandibeln bestehen im Allge- meinen aus mehreren Stücken. In der Regel sind es drei, bisweilen werden nur zwei aufgefunden (Acarus), in noch anderen Fällen bei den dolchförmigen Mandibeln sind alle Stücke mit einander verschmol- zen. Gewöhnlich sind diese Mandibeln beweglich mit der Maxillarlade verbunden, doch kennt man auch Milben, wo sie mit dieser innig ver- einigt sind und eine Röhre herstellen, an welcher man noch, nahe am Rande, die Endglieder der Oberkiefer als zwei kleine klauenförmige, bewegliche Stücke erkennen kann (wie bei Limnochares). Das dritte Kieferpaar ist auch hier völlig zum Gehwerkzeug umgewandelt, so dass sich ebenfalls für die Acariden 4 Paare am Gephalothorax gelegener Beine ergeben 6). Sie bestehen in der Regel I) Hierzu vergleiche man die treffliche Auseinanderselzung Dujardin's. 2) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XI. Die Unterlippe von Dermanyssus arnim. 3) Ibid. fig. X. u. XI. von denselben Thiere. ’ 4) So unterscheidet Duges (1. ec.) 7 Arten von Palpen, nämlich Palpi rapa- ces, anchorarii, fusilormes , filiformes, antenniformes, valvaeformes u. adnali. 5) Ice. zootom. Tab. XXV. fig. XIV. a. Scheerenkiefer von Acarus domesticus., 6) Duges hat die Beine ebenfalls mit verschiedenen Benennungen versehen Musculatur der Arachniden. 141 aus 7 Gliedern !). Das erste derselben oder die Coxa, welche bis- weilen eine ansehnliche Breite erlangt, ist theils fest, theils beweglich mit dem Körper verbunden. Hieran reiht sich ein Trochanter und ein häufig beträchtliches Femur. Die vier letzten Glieder vertheilen sich auf Tibia und Tarsus. Das Endglied ist gewöhnlich mit zwei bewegli- chen Klauen versehen, in andern Fällen mit einem Saugnapf geen- digt. Dieses ist bei der Krätzmilbe, mit den beiden ersten Bein-Paaren der Fall, während die zwei letzten in sehr lange Borsten auslaufen. Durch die auffallende Form ihres Körpers zeichnet sich die un- längst 2) entdeckte Haarsackmilbe (Acarus folliceulorum, Demodex (Owen.) oder Simonea (Gervais.)) aus. Der Körper ist ungewöhnlich in die Länge gezogen, namentlich das Abdomen, ein Fall, welcher je- doch nicht ohne Analogie für die Milben dasteht. Die Füsse, vier an der Zahl, sind sehr kurz und stummelförmig, wahrscheinlich aus drei Gliedern bestehend und mit drei sehr kleinen Klauen geendigt. Die Mundtheile bestehen aus Mandibeln, aus einer vortretenden Maxillar- lade, an welche sich eine zweigliedrige Palpe anreiht. Der Gephalo- thorax lässt ebenfalls eine Spur von Gliederung erkennen. Dieses selt- same Thier ist wahrscheinlich die Larve einer noch ungekannten Milbe. Musculatur der Arachniden >). Die Muskeln der Arachniden kommen hinsichtlich ihrer histologi- schen Elementartheile vollkommen mit denen der Insekten überein und zeichnen sich wie bei diesen durch ihre deutliche und starke Quer- streifung aus. Wie jedoch der innere Bau der Thiere dieser Klasse nur höchst unvollkommen gekannt ist, so liegen auch über die Anordnung der Muskeln nur vereinzelte und dürflige Angaben vor. Die grösste Ausbildung erreicht die Musculatur im Gephalothorax entsprechend der starken Entwicklung der Fress- und Gehwerkzeuge. Grosse, starke Muskelbündel versorgen besonders die letzteren. Bei den Araneen, wie der Kreuzspinne, entspringen sie von einem in der Höhle des Gephalothorax gelegenen Knorpel und gehen strahlen- förmig von diesem nach den Beinen ab. Eine noch grössere Stärke und in pedes palpatori, gressorii, remigantes, cursorii, textorii et carunculati ein- getheilt. 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. X. 2) Vergl. Simon in Müller’s Archiv. 1842. pag. 218. 3) Ueber die Muskeln besitzen wir die genauern Angaben von Tulk für Phalangium Opilio. Andere jedoch vereinzelte Notizen liefern Brandt u. Ratze- burg in der mediz. Zoologie für Epeira diadema, Müller für den Skorpion. Ei- niges ist nach eigenen Untersuchungen mitgetheilt. 142 Museulatur der Arachniden. scheint die Musculatur in den Beinen bei Phalangium opilio zu erlangen. Sie besteht in zahlreichen starken Bündeln, welche von der innern Fläche der Goxalglieder ihren Ursprung nehmen und nach vorwärts verlaufen, so dass sie die Höhle derselben ganz ausfüllen. Die Mus- keln, welche die einzelnen Beinglieder miteinander verbinden, treten dann von einem Gliede in’s andere herüber. Von dem Ende des zwei- ten Stückes der Tibia werden zwei lange zarte Sehnen abgegeben, welche die ganze Reihe der Tarsalglieder durchlaufen, indem sie die untere Fläche derselben einnehmen. Bei den Skorpionen erfüllen die Muskeln der Gehwerkzeuge die oben erwähnten Fachwerke des Brust - Skeletes. Auch bei den Milben findet man da, wo die Fussglieder durch- sichtig sind, im Innern dieser zahlreiche Muskelbündel enthalten. Ebenfalls beträchtliche Muskeln regieren die Mundwerkzeuge. Sie stehen natürlich mit der Grösse und Mächtigkeit dieser Theile in Zu- sammenhang, sind daher vielleicht nirgends stärker als bei den Schee- renpalpen des Skorpions. Aber auch im Innern der Palpen und Man- dibeln junger Spinnen und kleiner Milben erblickt man mit dem Mi- kroskope starke Muskelmassen, welche sich bei grössern Araneen durch das anatomische Messer nachweisen lassen. Sie scheinen, wenn man wenigstens den an Phalangium erhaltenen Resultaten eine weitere An- wendung verleihen will, aus einem Elevator und Depressor zu beste- hen, von welchen besonders der letzte stark und kräftig ist. Eine geringere Entwicklung erreicht die Musculatur im Abdomen, Bei den Araneen wird dieses von einem unter der Oberhaut gelege- nen membranartigen Gewebe vielfach sich durchkreuzender Fasern umgeben !). Wenn auch diese Fasern keine Querstreifung erken- nen lassen, so dürfte doch über ihre muskulöse Natur wohl kaum ein Zweifel herrschen. Andere Bündel, welche von den oben erwähnten punctförmigen Depressionen des Abdomen ausgehen, treten durch den Fettkörper, um sich an zwei weissliche im unteren Theile des Bau- ches gelegene Stränge anzusetzen. Sie dienen wahrscheinlich zur Ver- mittlung der mannichfachen Contractionen des Hinterleibes und zur “ompression der Spinngefässe. Eine Ausnahme hiervon macht die Musculatur des so stark aus- gebildeten und gegliederten Abdomen bei den Skorpionen. Der letzte Ring seiner vordern Abtheilung ist von starken Muskeln ausgefüllt. Sie dienen zu den verschiedenen Bewegungen des Schwanztheiles, der auch wieder starke Muskeln in seinem Innern enthält, welche schief verlaufend auf der Mittellinie mit einander zusammenstossen und hin- sichtlich ihrer Function in Flexoren und Extensoren zerfallen. 1) Eine Abbildung bei Brandt u. Ratzeburg Tab. XV. fig. VIH. | | Nervensystem der Arachniden. 143 Nervensystem der Arachniden 1). Das Nervensystem der Arachniden lässt dieselben Elementartheile erkennen, wie das der Insekten, nämlich Nervenfasern und Ganglien- zellen. Die Zellen sind bei den Spinnen klein, die Nervenfasern blass und zart 2). Wenn auch das Nervensystem in dieser Klasse mit dem der vor- hergehenden, in Lage und Bau wesentlich übereinstimmt, so unter- scheidet es sich jedoch auf der andern Seite wiederum nicht unbe- trächtlich von ihm. Als die grösste Differenz verdient das Schwinden einzelner Knoten und die Verschmelzung anderer zu grösseren ganglio- nären Massen hervorgehoben zu werden. Letzteres findet besonders bei den im CGephalothorax gelegenen Anschwellungen statt, so dass man weder ein unteres Schlundganglion, noch getrennte Ganglia tho- racica bei den Arachniden vorfindet, sondern statt deren immer nur einen einzigen sehr grossen Knoten, in welchen bisweilen noch einige Ganglien des Bauches eingegangen sein mögen. Dagegen persistirt das Gehirn oder obere Schlundganglion und umfasst, wie bei den Insekten mit seinen Commissuren, welche aber in der Regel hier sehr kurz sind, den unter ihm wegtretenden Verdauungskanal. Die stärkste Concentration erreicht das Nervensystem bei den Araneen, wie bei der Kreuzspinne 3), wo es sehr mit dem der kurz- schwänzigen Decapoden übereinkommt.. Es besteht nämlich nur aus zwei dicht hintereinander im CGephalothorax gelegenen Anschwellungen. Der obere dieser beiden Knoten ®), das Hirnganglion, ist kleiner, vorne zweigelappt und entsendet von seinem vorderen Rande die Nerven für die Augen 5) und Mandibeln 6). Nach hinten steht es durch zwei 1) Als hauptsächliche Literatur verdienen folgende Arbeiten erwähnt zu wer- den: R. Owen comparative Anatomy. Brandt u. Ratzeburg in der mediz. Zoologie, Duges in d. Ann. d. sc. nat. v. Jahre 1836., sowie Treviranus öfter angeführte Schrift über die Arachniden. In letzterer findet sich auch das Nervensy- stem des Skorpions dargestellt, welches von Müller (Meckel’s Archiv 1328.) genauer untersucht worden ist. Eine noch ausführlichere, mit einer vortrefllichen Zeichnung begleitete Darstellung gab Newport in den Philosoph. Transact. for the vear 1843. Das Nervensystem des Phalangium bei Tulk I. ec. u. Treviranus verm. Schriften. 2) Vergl. Hannover Recherches microscopiques etc. Paris 1344. u. Helm- Moltz l..c. 3) Ice. zootom. Tab. XXV. fig. VI. — 4) Ibid.a. — 5) lbid.e: 6) Dieser Ursprung des Mandibularnerven vom obersten Ganglion ist ebenfalls eine Differenz von den Insekten, bei welchen er aus dem unteren Schlundganglion entspringt. Man hat desshalb auch die Mandibeln der Arachniden als Antennen ansehen wollen. 144 Nervensystem der Arachniden. sehr kurze und dicke Commissuren mit dem unteren Knoten !) in Ver- bindung. Dieser ist viel grösser und Centralorgan für alle übrigen Nervenfasern des Körpers. Seitlich von ihm gehen vier starke Stäm- me 2) ab, welche für die Beine und die Musculatur des Cephalothorax bestimmt sind. Vor seinem hinteren Rande entspringen zwei dicke Stränge 3), welche in das Abdomen laufen, sich hier, einfach auseinan- der fahrend, dichotomisch theilen, aber in ihrem ferneren Verlaufe keine weiteren Ganglien mehr bilden. Sie versorgen die Baucheingeweide. Aehnlich gebildet ist das Nervensystem der Mygale. Nur findet sich bei diesem Thiere neben den beiden grossen Ganglienmassen noch ein drittes viel kleineres Ganglion im Abdomen vor, von welchem die Nerven zu den Eingeweiden und Spinnwarzen abgehen. Man kennt für die Araneen ebenfalls ein Eingeweide - oder Mund- magennervensystem 4). Es entspringt bei der Kreuzspinne an den Sei- ten des Hirnganglion als ein Paar überaus feiner Fädchen. Diese lau- fen grade nach hinten und unten durch die tiefe Einbuchtung des er- sten Magens, vereinigen sich alsdann unter einem spitzen Winkel mit- einander. Der hierdurch entstandene Faden lässt sich bis zu dem zweiten Magen, wo die Lebergänge einmünden, verfolgen. Bei Mygale findet sich statt beider Fädchen jederseits ein feiner Plexus, von wel- chem zahlreiche feine Nerven zum Magen abtreten. Höchst wahrschein- lich sind dieses nur Theile, keineswegs aber das Ganze des Einge- weidenervensystems. Das Nervensystem der Skorpione kommt zwar noch durch die Concentration der Ganglien im vorderen Theile des Körpers mit dem der Araneen überein, entfernt sich aber auf der andern Seite durch die ansehnliche Entwicklung der hinteren Partie der Ganglienkette sehr beträchtlich davon und nähert sich in dieser Hinsicht dem der meisten In- sekten, mehr aber noch dem der langschwänzigen Krebse. Ueber der Speiseröhre liegt der Hirnknoten. Er ist sehr klein, aus zwei seitlichen abgerundeten, innig verschmolzenen Ganglien zusammengesetzt. Von seinem vorderen Rande schickt er zwei grade Nerven zu den beiden grössern Augen ab, neben diesen zwei andere feinere Stämme, wel- che sich bald in mehrere Zweige spalten und die seitlich gelegenen kleineren Ocellen versehen. Endlich entspringt ein breiter Nerv aus dieser Gegend, der sich in die Mandibeln begibt. — An dieses Gehirn reiht sich der Ganglienstrang. Sein vorderer Knoten, welcher durch zwei kurze und dicke Schenkel mit jenem in Verbindung steht, ist sehr gross und ansehnlich und offenbar aus mehreren miteinander ver- 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. V.b. — 2) Ibid. dos — 3) Ibid. e. 4) Durch Brandt: Bemerkungen über die Mundmagen- oder Eingeweidener- ven der Evertebraten. 1835. Vergl. auch Duges in den Ann. d. Scienc. nat. v. 1336. Nervensystem der Arachniden. 154 schmolzenen Ganglien gebildet, dem unteren Schlundganglion, den drei Thoraxganglien und vielleicht noch aus einigen hinzugetretenen Abdo- minalknoten. Hinter dieser grossen Anschwellung findet man noch 7 viel kleinere Ganglien, von denen 3 auf den vorderen und 4 auf den hinteren oder Schwanztheil des Abdomen kommen. Die er- steren sind rund, oval oder spindelförmig, die letzteren dagegen platt und dünn. Sie stehen mit einander in Verbindung durch eine aus zwei dicht beisammen gelegenen Strängen bestehende Commissur. Diese Commissurenstämme erscheinen im Brusttheil des Abdomen rund, im Schwanz dagegen platt und flach )). Zahlreiche Nerven entspringen von diesen Knoten. Von der ersten starken Anschwellung gehen am vorderen Theile (der durch eine Ein- schnürung gewissermassen als ein Ganglion suboesophageum vom hin- teren abgetrennt ist) die sehr dieken Nerven für die Scheerenpalpen der Maxillen ab. Sie theilen sich in diesen in zwei Aeste, welche bis in die Scheerenglieder hinein verfolgt werden können. Von dem hin- teren Theile dieser Ganglienmasse entspringen 4 Paar gleichfalls dicker Nerven für die Beine. Sie zerfallen am zweiten Tarsalgliede derselben in zwei Aeste, deren jeder wieder fünf kleine Zweige zu den seitli- chen Dornen des Tarsus abgibt und in der entsprechenden Endkralle ‘endigt. Am hinteren Rande dieses grossen Knoten endlich gehen noch 4 Paar Nerven ab, welche sich nach hinten wenden und wie die aus den folgenden Ganglien entspringenden, die Eingeweide des Bauches, dessen Segmente, vor allem aber die Lungensäcke versorgen. Von den Schwanzknoten laufen je zwei Nervenpaare ab. Das eine dieser Paare tritt am Terminalganglion nach hinten zu den Seiten des Darmkanales, vereinigt sich später, ohne jedoch eine Anschwellung zu bilden, und begibt sich nach Abgabe mehrerer Aeste zu dem Giftapparat. Der Mundmagennerv entspringt mit zwei Fäden von der innern Seite des Hirnganglion neben den Mandibularnerven. Die Fäden lau- fen nach vorwärts und vereinigen sich in einem kleinen Ganglion. Von diesem tritt ein einziger feiner Nerv aus, der sich an den Alimen- tarkanal begibt. Seitliche Ganglien hat man bisher noch nicht aufge- funden. Grewissermassen in der Mitte zwischen diesen beiden Formen steht das genau untersuchte Nervensystem von Phalangium opilio. Die vordere Anschwellung oder das Gehirnganglion besteht aus einem Kno- ten, welcher in zwei längliche, stumpf konische Hälften getheilt ist. 1) Nach Newport sollen diese Commissuren beim Skorpion aus einem obe- ren motorischen Strange, der über das Ganglion wegtritt und einem unteren sen- siblen in das letztere eintretenden Strange "bestehen. Ausserdem soll im Central- nervensystem noch ein besonderes System theils longitudinaler, theils transversa- ler Fasern vorkommen. Wagner’s Zootomie. II. 10 146 Nervensystem der Arachniden. Von ihm treten drei Nerven ab; ein mittlerer, welcher als en ansehn- licher Stamm entspringt, sich aber bald in zwei Aeste theilt, versieht dlas mittlere Augenpaar. Zu seiner Seite finden sich zwei viel feinere, für die seitlichen Augen bestimmte Nerven. Nach hinten verlängert sich dieser Hirnknoten in zwei kurze Schenkel, die die Speiseröhre zwischen sich nehmen und in den untern Knoten übergehen. Dieser, höchst wahrscheinlich aus mehreren Ganglien gebildet, ist von ansehn- licher Grösse, so dass er beinahe die ganze untere Fläche des Gepha- lothorax einnimmt. Er besteht aus einem queren und zwei daran sich befestigenden Seitentheilen, welche nach hinten und vorne in eine Spitze auslaufen und bietet hierdurch em H förmiges Aussehen, ähnlich der grauen Substanz im Rückenmarke des Menschen dar. Von den Seiten- theilen und der hinteren Spitze gehen vier starke Stämme für die Beine ab. Von der vorderen Spitze entspringen ebenfalls zwei andere Nerven. Die für die Eingeweide des Abdomen bestimmten Nerven nehmen vom hinteren Rande des Quertheiles ihren Ursprung als drei Stämme. Der mittlere Stamm (nervus medio-abdominalis) spaltet sich nach kurzem Verlauf in zwei Aeste, deren jeder in ein beträchtliches birn- förmiges Ganglion anschwillt, dann noch eine kleine Strecke verläuft, um sich endlich mit dem gegenüber liegenden Faden durch eine Quer- commissur zu verbinden. Von dieser Stelle an zerfallen beide Zweige in eine Menge feiner Fäden, welche wieder zahlreiche Verbindungen un- tereinander eingehen und so ein Netzwerk von Nervenfasern herstellen, welches für Ovarium, Eileiter und Integumente bestimmt ist. Die seitlichen Stämme (nervi latero-abdominales)) theilen sich nahe an ihrem Ursprunge, ebenfalls in zwei Aeste. Der äussere derselben ist sehr kurz, zuweilen mit zwei ganglionären Anschwellungen versehen und für die Generationswerkzeuge bestimmt. Der innere Zweig, eben- falls mit Ganglien, theilt sich in drei Fäden, welche an dem Verdau- ungskanale und den benachbarten Eingeweiden endigen }). Als eine merkwürdige, isolirt dastehende Eigenthümlichkeit dieses sonderbar gebildeten Nervensystemes verdient noch der Umstand er- wähnt zu werden, dass durch einen besonderen Muskelapparat die Gentralganglienmasse hin und her bewegt werden kann. Wie sich bei den Milben das Nervensystem verhalte, darüber fehlen noch alle Untersuchungen. Es soll bei Trombidium und Limno- chares ein unpaares rundliches Ganglion vorkommen, von welchem aus Nerven nach den beiden Enden des Körpers laufen 2). Bei klei- nen und durchsichtigen Thieren dieser Ordnung, wie bei der Käsemil- be, kann man bei mikroskopischer Untersuchung nichts dem Aehnliches auffinden, x 1) Tulk u. Treviranusa.a. O. 2) Treviranus, Dujardin |]. c. Sinnesorgane der Arachniden. 147 Sinnesorgane der Arachniden. Gesichtswerkzeuge !). Zusammengesetzte Augen, welche bei den Insekten in einer so grossen Verbreitung vorkommen, werden bei den Arachniden nirgends aufgefunden. Statt ihrer trifft man nur einfache Augen, Stemmata, Ocelli an. Diese erinnern in ihrem Bau an die Sehwerkzeuge der Wirbelthiere und reihen sich vollkommen den gleichen Organen der Insekten an. Wenigstens verhält es sich so bei den genau untersuchten grösseren Augen des Skorpions 2). Sie bestehen nämlich aus einer einfachen Hornhaut’ 3), einer dahinter befindlichen kugligen Linse #, aus ei- nem Glaskörper5), der in einer becherförmigen Aushöhlung des Sehnerven 6), einer Retina?) gelegen ist. Diese wird von einer Pig- mentschicht,, einer Chorioidea 8) umgeben, welche selbst zwischen Glaskörper und Linse tritt, aber die Mitte der letztern frei lässt und dadurch eine Art von Iris herstell. Auch bei den andern Arachni- den scheint derselbe Bau der Ocellen vorzukommen. Man kann die Linse mit Leichtigkeit selbst bei den Milben auffinden. Das Pigment der Chorioidea wechselt aber nicht unbeträchtlich. So ist es beim Skorpion schwarz; gleichfalls dunkel erscheinen die Augen der Araneen, welche bei Tage ihrem Raube nachstellen. Bei den Geschöpfen dieser Ordnung aber, welche bei Nacht auf ihre Beute ausgehen, wie My- gale und Tarantula, findet sich kein dunkles Pigment, sondern ein glän- zendes Tapetum 9). Ein rothes Pigment der Chorioidea besitzen _man- che Milben, wie Trombidium. | Die Zahl der Augen differirt bei den Arachniden sehr. Bei eini- gen Gattungen trifft man deren nur ein Paar, so bei Chelifer und ' manchen Milben. Unter den Araneen kommt dieses nur bei der ein- 'zigen Gattung Nops vor. Andere besitzen vier Ocellen. Es sind die- ‚ses die Pyenogoniden, die Gattung Obisium, die Phalangien und man- | che Milben. Bei den Araneen trifft man sechs oder acht Augen an 10), ‚In grösster Zahl sind sie aber bei den Skorpionen !!) vorhanden, indem | 1) Vergl. Joh. Müller zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes. | Leipzig 1826. 2) Ic. physiol. Tab. XXVIM. fig. XIV. A. — 3) Ibid. a — 4) Ibid. b. 5) Ibid.c. — 6) Ibid. f. — 7) Ibid.e — 8) Ibid. d. 9) So nach Duges. c. 10) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. VI. bei c. die 8 Augen der Kreuzspinne. 11) Ibid. fig. XVI. Die Augen von Androctonus Paris; bei a. das mittlere, bei c. se 5 lateralen Augenpaare. | 10 * 148 Sinnesorgane der Arachniden. hier neben zwei grössern mittleren Augen noch drei bis fünf Paare seitlicher Ocellen vorgefunden werden. Wie schon aus dem Vorhergehenden erhellt, sind die Augen nicht alle gleich gross. Häufig übertriflt ein Paar die übrigen in dieser Be- ziehung, so bei den Skorpionen, bei manchen Spinnen (z.B. Lycosa, Attus). Ihre Richtung und Stellung ist ebenfalls ungemein wechselnd. Man kann dieses am besten bei den Araneen verfolgen, wo es mit der ganzen Lebensweise der Thiere in Zusammenhang steht. So sind die Augen bei denjenigen Spinnen, welche in finstern Winkeln auf ihre Beute lauern, dicht auf der Mitte der Stirne concentrirt, bei den andern dagegen, welche frei in Geweben sitzen oder als Jagd- oder Wolfsspinnen leben, gestatten sie durch die Divergenz ihrer Achsen einen weit freieren Ausblick. Man findet demnach auch die Augen entweder nur an der vordern Fläche des Cephalothorax gelegen oder’ an dessen Seiten oder an beiden Stellen zugleich. Ebenso wechselnd ist die Stellung der einzelnen Augen. Bald stehen sie in regelmässi- gen Abständen nebeneinander, bald sind sie mehr oder weniger in Gruppen vereinigt, wie z. B. die seitlichen Augen des Skorpions. Man hat diese namentlich bei den Araneen statthabenden Differenzen der Stellung zu zoologischen Merkmalen benutzt. Endlich muss hier noch erwähnt werden, dass eime nicht unbe- trächtliche Anzahl spinnenartiger Thiere aufgefunden wird, welche der Sehwerkzeuge gänzlich ermangeln. Es sind dieses die parasitisch le- benden Milben, wie die Haarsackmilbe, die Gattungen Gammasus, Sar- coptes und andere mehr. Gehörwerkzeuge. Sie sind bei dieser Klasse völlig unbekannt, wenn schon es auch vorliegende Erfahrungen sehr wahrscheinlich machen, dass die ächten Spinnen nicht ohne Gehörwahrnehmungen sind. Geruchswerkzeuge. Sie sind wie bei den Insekten noch nicht gekannt. Vielleicht dürften sie auch hier mit dem Athmungsapparate in Zusammenhang stehen. Geschmacksorgane. Wahrscheinlich versieht das an der Oeffnung des Verdauungska- nales befindliche hautartige Gebilde, welches man, wiewohl irrthüm- lich, mit dem Namen der Zunge belegt hat, verbunden mit den ersten Anfängen des Verdauungskanales diesen Dienst. Sinnesorgane der Arachniden. 149 Tastwerkzeu ge. Die Arachniden besitzen bekanntlich zum Theil einen ausgebilde- ten Tastsinn. So vor allem die Araneen. Den Sitz dieses Sinnes wird man in den Palpen und den Füssen zu suchen haben, wäh- rend die äussere Haut wohl kaum in dieser Beziehung fungiren dürfte. Der starken Nervenausbreitung in den Tarsalgliedern der Beine des Skorpions wurde schon oben gedacht. Sie dient gewiss zu dem glei- chen Zwecke. Ebenso mag es sich mit den Beinen der Milben verhal- ten, deren oft sehr grosse und starke Palpen hier ebenfalls in Betracht kommen. V erdauungsorgane der Arachniden. Ueber den Verdauungskanal der Arachniden lässt sich nichts All- gemeingültiges sagen, indem hier die bei den einzelnen Ordnungen statthabenden Differenzen alle zu beträchtlich sind; ein Umstand, woran Körperform und Lebensweise der Thiere gewiss den grössten Antheil haben. Höchstens könnte die bei den meisten (aber nicht ‚bei allen) Abtheilungen vorkommende Blindsackbildung am Magen als etwas Charakteristisches hervorgehoben werden. Bei den Araneen beginnt der Verdauungskanal !) mit einem fei- nen, unter der Oberlippe (Zunge), zwischen zwei Hornplättchen (ei- nem obern convexen und untern concaven) gelegenen Pharynx, der sich nach aufwärts begibt und unter rechtem Winkel in einen noch fei- neren Oesophagus übergeht, dessen obere Wand hornartig ist. Er tritt durch die starken Ganglienmassen des Cephalothorax hindurch und mündet in einen grossen aber sehr dünnhäutigen Magen?) ein. Dieser Magen, welchen man zur Unterscheidung von einer weiter hin- ten im Abdomen gelegenen zweiten Anschwellung auch als ersten Ma- gen bezeichnet, besitzt, soweit die bisherigen Untersuchungen reichen, bei den, Spinnen die Eigenthümlichkeit , jederseits in fünf grosse, blind- darmähnliche Anhänge auszulaufen 3). Die beiden ersten dieser Blindsäcke liegen einander so nahe, namentlich an ihrer vorderen Partie, dass hierdurch der Anschein entsteht , als ob sie hier mit einander ver- wachsen wären und der Magen eine Ringform mit einem durchbohrten Centrum hätte. Durch dieses scheinbare Centralloch #) , welches mithin 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. V. (Alimentarkanal der Kreuzspinne) — 2) Ibid. c.. — 3) Ibid. d. 4) Früherhin nahm man allgemein eine derartige Perforation des Magens an, wie denn auch in der aus Brandt u. Ratzeburg’s mediz. Zoologie entlehnten Abbildung des Verdauungsapparates der Kreuzspinne jene Ringform des Magens 150 Verdauungsorgane der Arachniden. nichts weiter als eine besonders tiefe, zwischen den beiden vordersten Säcken befindliche Einbuchtung ist, tritt, begleitet von dem Eingewei- denerven, ein von derMitte des Rückenschildes ausgehender Muskel 1), der sich an den hornigen Theil des Pharynx befestigt und diesen er- heben kann. Von jenem Magen aus setzt sieh der Verdauungskanal sehr verschmälert durch den Bauchstiel fort und schwillt dann, nachdem er in’s Abdomen getreten ist, zu einer zweiten, ebenfalls sehr dünnhäu- tigen Erweiterung ?2) an. Man hat diese als zweiten Magen angesehen, Von hier aus wird er wieder viel feiner und setzt sich in gradem Ver- laufe bis zum After fort 3). Kurz vor seinem Austritt jedoch steht mit ihm ein Blinddarm oder Coecum 4) von ansehnlicher Grösse in Ver- bindung. In diesen Anhang ergiesst sich ein eigenthümlicher Drüsenap- parat 5), der höchst wahrscheinlich der Harnsecretion vorsteht (s. unten). Auffallend davon weicht der Verdauungskanal bei den Skorpio- nen 6) ab. Der Pharynx beginnt mit einer unter der Oberlippe gele- genen Oeflnung auf einem stark ausgehöhlten Hornstücke. Er ist ver- hältnissmässig noch weit und setzt sich in eine viel feinere S peise- röhre fort, welche zwischen dem Gehirn und dem ersten grossen Ganglion des Bauchmarks durchtritt. Von ihr geht der Darmkanal aus. An ihm findet man merkwürdigerweise keine Spur von Magen- anschwellung; er ist vielmehr überall von gleicher Breite und er- streckt sich so durch den Brusttheil des Abdomen, um in den Schwanz überzugehen , den er bis zu seinem vorletzten Gliede durchläuft. Hier wird er plötzlich enge und geht mit einer wahrscheinlich muskulösen Erweiterung in den After über. Von dem mittleren Theile des Darm- kanales treten jederseits fünf Fortsätze 7) ab, welche sich gefässartig nach allen Richtungen in den Fettkörper verbreiten. Weiter unten münden 2 Paar geschlängelter Gefässe ein (s. unten bei den Harnwerk- zeugen). Auch bei den Phalangien geht der Darmkanal grade von dem einen Ende des Körpers zum andern. Er beginnt mit einem in der Vertiefung eines bestimmten Knochenstückes (Epipharynx) gelegenen Pharynx. Dieser enthält in seinen Wänden ein drei getheiltes Horn- plättchen und ist ausserdem mit zahlreichen Hervorragungen und Lei- sten versehen, welche zur Insertion verschiedener Muskeln dienen. Er verschmälert sich, um in eine enge häutige Speiseröhre überzuge- hen. Diese biegt sich nach aufwärts, tritt zwischen den Ganglienmas- noch gezeichnet ist. Auf die wahre Beschaffenheit der Sache hat aufmerksam ge- macht Grube in Müller’s Archiv 1842. Seine Untersuchungen erstrecken sich über die Gattungen Epeira u. Argyronecta. l) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. V.e. — De Ibid, Kuh; 3) Ibidaer 4) Ibid. h. — 5) Ibid. i. — 6) Ihbid. fig. XV. e. — 7) Ibid. -—— Verdauungsorgane der Arachniden. 151 sen des Gephalothorax hindurch und mündet in einen grossen, weiten Magensack. Der Magen nimmt einen ansehnlichen Theil des Körpers ein und geht in ein kurzes und weites Rectum über, welches sich zwischen dem letzten Bauch - und Rückensegment öffnet. Wie bei den Ara- neen zeichnet sich auch hier der Magen durch seine Blindsäcke aus. Diese sind aber bei Phalangium in einer bei weitem grösseren Menge, nämlich zu 30, vorhanden, so dass sie den grössten Theil der Bauch- höhle ausfüllen und oberwärts den Magen verdecken. Ihre Grösse ist sehr verschieden; 3 Paar von ihnen, welche sich longitudinal durch den Körper erstrecken, sind ganz besonders entwickelt; ein mittleres Paar nimmt ausserdem noch 4 Paare kleiner flaschenförmiger Säcke auf. Einen ebenfalls grade vom Mund bis zum After verlaufenden Ver- dauungskanal besitzen die Pyenogoniden !. BeiNymphon entsprin- gen von seinen Seiten eine Anzahl röhrenförmiger Blindsäcke , welche sich tief in das Innere der entsprechenden Fusspaare hinein erstrecken. Bei den noch wenig in dieser Hinsicht untersuchten Milben scheint gleichfalls der Darm in grader Richtung durch den ganzen Kör- per zu verlaufen. Er ist mit einer Anzahl verschieden gestalteter Blindsäcke 2) versehen. So bei Ixodes, bei Dermanyssus. Was die drüsigen Anhänge des Verdauungskanales der Arach- niden betrifft, so findet man eigentliche Speicheldrüsen allein bei den Skorpionen. Es sind hier zwei lappige Drüsen, welche zu den Seiten des Darmes im Brusttheil des Abdomen gelegen sind und wahr- scheinlich mit ihren Ausführungsorganen ein im Cephalothorax befind- liches Diaphragma durchbohren um nach vorne zu verlaufen, ohne dass man ihre Mündungsstelle noch genauer kennte. Der Verdauungskanal wird bei den Arachniden, nebst den an- dern Eingeweiden noch von einer besondern fettartigen Masse um- hüllt. Diese ist bei den Araneen und Skorpionen am deutlich- sten. Sie nimmt bei den Spinnen besonders den Hinterleib ein und kommt nur in geringerem Grade im Cephalothorax vor. Bei den Skor- pionen dagegen findet man sie durch den ganzen Körper verbreitet. Sie wird bei letzterem Thiere von einer besondern Membran umgeben. Man hat hierin gewöhnlich den Fettkörper der Insekten sehen wollen. Die- ses ist aber nur bis zu einem gewissen Grade richtig. Es besteht nämlich diese Masse, abgesehen von den sie durchsetzenden Gefässen und Muskeln aus zweierlei Theilen, einer grossen Anzahl blinddarm- förmiger Drüsen, welche mit dem Darmkanal in Verbindung stehen (bei den Araneen wahrschemlich in den zweiten Magen einmünden, bei den Skorpionen den oben beschriebenen Fortsätzen des Darmka- I) Vergl. Milne Edwards Hist. nat. d. Crust, Tom. 3. pag. 531. 2) Ic. zootom. Tab. XXY. fig. XI. u. XI, a. a. 152 Organe des Kreislaufs b. d. Arachniden. nales aufsitzen) und einer diese umgebenden fettartigen Masse. Letz- tere entspricht allerdings dem Fettkörper der Insekten, während die Blinddärmehen höchst wahrscheinlich der Gallensecretion vorstehen und als Leber aufzufassen sind ). } sine geringere Anhäufung einer fettigen Masse, welche reihenweise geordnet ist, kommt an der untern Fläche des Magens von Phalan- h BTTIENGERE, gium opilio vor 2) Organe des Rreislaufs bei den Arachniden 3). Von den Arachniden kennt man allein den Kreislauf beim Skor- pione genauer. Man unterscheidet an ihm das Gentralorgan, das Herz und die Gefässe. Diese, deren Wandungen überall geschlossen sind, - zerfallen in Arterien und Venen, Das Herz oder Rückengefäss ist ein langer cylindrischer Schlauch, dessen Wände aus zwei Lagen von Muskelfasern , einer lon- gitudinalen und eireulären gebildet, und innen mit einer zarten Mem- bran ausgekleidet sind. Es erstreckt sich vom letzten Segmente des Brusttheiles des Abdomen bis zu dem im Cephalothorax gelegenen Diaphragma und zerfällt in acht Kammern, welche nach hinten immer kleiner werden. Diese haben einigermassen eine herzförmige Gestalt dadurch, dass sie am hinteren Ende etwas weiter und am mittleren rn] . A Ar r R . . . Theile etwas verengert sind. Die Kammern sind an ihren Seiten mit je 2 Paaren flügelförmiger Muskeln versehen und von einander durch Klappen getrennt, ähnlich wie bei den Insekten 4). Aus diesem Gentralorgan gehen zahlreiche arterielle Gefässe ab. Zuerst nach vorne eine kurze dicke Aorta ohne Seitenmuskeln und Kammern. Aus ihr entspringen alsbald paarweise oder einfache Stäm- me, welche nach hinten zu den Seiten des Verdauungskanales ver- laufen und an diesen sowie die Leber sich verbreiten, die sogenann- ten Visceralarterien. Hinter dem Gehirn spaltet sich die Aorta in mehrere starke Arterien, welche den Kopf, die Fress- und Geh- werkzeuge versorgen. Ein hinteres Paar dieser Aeste bildet einen Ge- fässring um die Speiseröhre und vereinigt sich dann zu einem starken 1) Vergl. Grube in Müller’s Archiv 1812. 2) Treviranus verm. Schriften Bd. I. 3) Bis vor Kurzem war dieser Theil der Organisation der spinnenartigen Thiere nur äusserst unvollkommen gekannt. Durch die Arbeit von Newport in d. Philos. Transact. 1843 hat sich ergeben, dass der Kreislauf dieser Thiere von dem der Insekten beträchtlich differirt und durch die Geschlossenheit seiner Wandungen dem der Crustazeen sich annähert. 4) Eine ältere unvollständige bildliche Darstellung des Organes s. in fig. XVII. der Tab. XXI. der Ic. zootom. a. b. das Herz, ec. seine Erweilerungen und d. die flügellörmigen Muskeln. Organe des Kreislaufs b. d. Arachniden. 153 und dicken Stamme, der Supraspinalarterie. Diese verläuft, auf dem Ganglienstrange ruhend I), nach hinten unter Abgabe seitlicher Zweige an die Ganglien, wird allmälig dünner, und gelangt so bis zum letzten Ganglion und begleitet die von ihm entspringenden Ner- ven. Von den Seiten des Herzens, von der hintern und untern Flä- che der Kammern entspringen paarweise starke Gefässe, die soge- nannten systemischen Arterien, welche ihr Blut an die Einge- weide, die benachbarten Muskeln und die Lungensäcke verführen. Endlich tritt noch von der letzten Kammer ein langes, an der Rü- ckenfläche des Schwanzes verlaufendes Gefäss, die Caudalarterie, ab. Sie giebt zahlreiche Aeste an die umliegenden Theile, an die Muskeln und den Nahrungskanal und endigt an der Giftdrüse. Weniger genau gekannt ist das Venensystem. Eine grosse Subspinalvene, welche unter dem Ganglienstrang gelegen ist und das Blut aus dem Schwanze herführt, giebt Aeste an die Lungen ab. Ebenso wird das aus den vordern Theilen des Körpers kommende Blut in ähnlicher Weise an die Lungensäcke geleitet. Hier bildet es zahlreiche Netze von Gefässen, welche wieder in grössere Stämme vereinigt werden und in den obern Theil -der Kammern des Herzens an den Klappen einmünden. Zwischen diesen Gefässen finden sich zahlreiche Anastomosen, na- mentlich zwischen der Supraspinalarterie und der Subspinalvene. Von dem Gefässsystem der übrigen Arachniden weiss man sehr wenig. Man kennt fast nur das Herz derselben. Dieses besteht bei Phalangium opilio aus drei Kammern, einer mittleren eylindrischen und einer vordern und hinteren von birnförmiger Gestalt. Auch bei den Araneen z. B. der Kreuzspinne, findet sich das Herz als ein längli- ches , diekwandiges, im Abdomen. gelegenes Organ 2), von welchem mehrfache Gefässe 3), deren Natur man jedoch nicht kennt, abgehen 9). 1) Sie ist deshalb früherhin auch als ein Theil des letzteren angesehen wor- den (Treviranus); später hielt man sie für ein Ligament (J. Müller). 2) Ic. zootom. Tab. XXIII. fig. VII. u. VII. a. a. — 3) Ibid. b. b. 4) Der peripherische Theil des Circulationsapparates bei diesen Thieren ist noch völlig unbekannt. Es lässt sich daher auch nicht sagen, ob überall diese von Newport behauptete Geschlossenheit des Kreislaufes existirt, und ob nicht vielleicht bei andern Arachniden eine insektenähnliche Circulation sich vorfindet. Dies dürfte vielleicht für die Tracheenspinnen der Fall sein. Ebenso machen es mikroskopische Untersuchungen des Kreislaufes kleiner Araneen auch für diese höchst wahrscheinlich. Man findet bei jungen Lycosen, dass das Rückengefäss beim Eintritt in den Cephalothorax endigt mit zwei grossen Arterien, welche das Blut in feinern Gefässen nach den Fress - und Gehwerkzeugen treiben. Aber in diesen trifft man keine geschlossenen Wandungen mehr an, wiewohl der arterielle Strom an der Vorderseite und der venöse an der Hinterwand der Glieder gesondert von einander verlaufen. Vergl. ausserdem hierüber: noch Grube in Müller’s Archiv 1842. u. in Froriep’s Notizen von demselben Jahr (4. Theil). 154 Atlımungsorgane der Arachniden. Athmungsorgane der Arachniden }). Die Verschiedenheit der Respirationsorgane bei den spinnenartigen Thieren ist eine längst bekannte Thatsache und häufig zur Classifica- tion benutzt worden, indem man die einen dieser Geschöpfe, welche gleich den Insekten durch Tracheen athmen, als Tracheenspinnen, von den andern, welche mit Hülfe besonderer Säcke respiriren, den Lun- genspinnen abtrennte. Zu der ersten Abtheilung, den durch Tracheen respirirenden, gehören die Milben, die Solpugiden (Galeodes), die Pseudoskorpione N Oo (Chelifer und Obisium), so wie endlich die Phalangien. Doch ist die Tracheenathmung bei diesen Thieren nicht überall dieselbe. Bei den einen findet man diese Gebilde ganz wie bei den Insekten geformt, mit dem charakteristischen Spiralfaden und baumförmiger Verästelung. So z. B. bei Ixodes, bei Gammasus, bei Phalangium. Bei letzterem Thiere ist der Athmungsapparat am genauesten gekannt 2. Er besteht aus zwei grossen und weiten, an den Seiten des Cephalothorax gelege- nen Stämmen, welche convergirend nach vorne verlaufen und mit Hülfe eines Seitenzweiges eine Anastomose untereinander eingehen. Sie ge- ben eine Menge von Aesten ab, deren Zahl etwa 14 beträgt. Die meisten dieser Zweige treten an die im Cephalothorax gelegenen Organe, so wie an die Mandibeln, die Palpen, die Wände der Brust und in die Beine. Nur drei ziemlich starke Stämme begeben sich in’s Abdomen hinein und versorgen dessen Eingeweide, so wie die Generationswerk- zeuge. Es münden diese beiden Tracheen mit zwei hinter dem vierten Fusspaare gelegenen Stigmen aus. Letztere haben die Gestalt von schmalen langgeschlitzten Oeflnungen, an deren hinterem Rande sich eine dreieckige, stumpfe, umgebogene Hornplatte befindet, welche eine freie Bewegung gestattet und vielleicht den Ein- und Austritt des Luftstromes regulirt. Bei den andern Thieren, wie bei den meisten Milben, findet man dagegen etwas modificirte Tracheen. Sie bestehen aus einer gros- sen Anzahl höchst feiner Röhren, welche sich nicht verzweigen und des Spiralfaden ermangeln. Diese Röhren stehen büschel- oder bün- delweise beisammen und münden jederseits mit einer gemeinschaftli- chen hinter dem zweiten Fusspaare befindlichen Oeflnung aus (so we- nigstens bei Trombidium 3)). Doch trifft man diese Tracheenbüschel 1) Vergl. hierüber die angeführten Arbeiten von Müller und Treviranus, sowie ferner Duges, sur les Araneides in Annal, des Sc. nat. Tom. 6. 1856. 2) Durch Treviranus und Tulk I. c. 3) Vergl. Treviranus |. c. pag. 47. | I ] Athmungsorgane der Arachniden. 155 nicht bei allen Milben an; so z.B. kann man nichts der Art bei Aca- rus und Sarcoptes entdecken !), wesshalb es denn noch zweifelhaft bleibt, ob diese Thiere einen gesonderten Respirationsapparat besitzen oder ihre Athmung vielmehr nur durch die Haut stattfindet. Dagegen athmen durch Lungen oder, wie man sie auch zu be- nennen pflegt, durch Kiemen 2), die ächten Skorpione und ein Theil der Araneen. Bei ersteren wurde schon oben der Stigmata gedacht, welche zu 4 Paaren in schräger Stellung an der unteren Fläche des Brusttheiles des Abdomen vorkommen 3). Die Form dieser Oeflnungen wechselt bei den einzelnen Gattungen nicht unbeträchtlich. Sie zeich- nen sich durch ihren verdickten Rand (Peritrema) aus %). Es führen diese Stigmata im eine gleiche Anzahl schief nach vorne gelegener Lun- gen 5). Diese bestehen aus 2 Theilen, einem feinen Säckchen 6) (dem sogenannten Band der Kieme) und einer grossen Anzahl von Platten 7), welche fächerförmig oder wie die Blätter eines Buches dem Säckchen aufsitzen und von diesem aus durch Einblasen von Luft aufgetrieben werden können 8). Ihre Zahl beträgt etwa 20. Sie bestehen aus zar- ten, dünnen Membranen und kernlosen Zellen, zwischen denen das Blut kreist 9). Dass diese Lungensäcke von der Haut des Fettkörpers überkleidet werden, ist schon oben bemerkt worden. Sie sind hier- durch von den inneren Organen des Körpers geschieden und nur als Anhänge des Hautskeletes zu betrachten. Aehnlich verhalten sich die Lungen der Araneen. Es sind diesel- ben Säcke mit den nämlichen Platten. Nur ist alles viel feiner und zarter. Die Anzahl der Platten ist im Allgemeinen beträchtlicher und steigt sogar bei Phrynus!P) bis gegen 80. Die Zahl dieser Lungensäcke ist aber eine viel geringere; statt der 4 Paare des Skorpions findet man deren nur 2 oder ] Paar. Ersteres ist z. B. bei Mygale und den Tarantelspinnen, letzteres bei Epeira, Lycosa und Tegenaria der Fall. Die Säcke liegen vorne an der unteren Fläche I!) des Abdomen, ihre Oeffnungen befinden sich zu den Seiten einer breiten Querspalte. Ein merkwürdiges und interessantes Verhältniss in Betreff der Re- spirationsorgane hat man erst seit Kurzem entdeckt. Es ist dieses das gleichzeitige Vorkommen von Lungen und Tracheen bei einigen ächten 1) Vgl. Dujardin in s. Annal. des Sc. nat. 1845. 2) Bekanntlich sind diese Theile von Müller für Lungen erklärt worden, wäh- rend sie Treviranus, Meckel und Andere als Kiemen betrachtet haben. 3) Ic. zootom. Tab. XXIII. fig. XV.g. — 4) Ibid. fig. XIX. a. — 5) Ibid. fig. XVIT—XX. — 6) Ibid.b. — 2)s Ibidis e: 8) Fig. XIX. der 25ten Tafel stellt eine solche aufgeblasene Lunge dar. 9) Näheres darüber bei Newport in d. Phil. Transact. v. 1843. 10) Van der Hoeven, Tijdschr. v naturl. Geschied. en Physiol. IX, S. 68. Tom. 1. 11) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. IV. a.a. (Lungen von Epeira diadema). 156 Athmungsorgane der Arachniden. Spinnen, welches zuerst bei Dysdera und Segestria !) gefunden wurde, später aber auch für Argyronecta, für Salticus und Mieryphantes nach- gewiesen ‚worden ist 2). Bei den beiden ersten Gattungen trifft man 4 Stigmata an, welche die gewöhnliche Lage an der untern Fläche des Hinterleibs einhalten. Die beiden ersten führen in einen Lungensack, der von elliptischer Form ist und eine Menge feiner Blättchen aufzuweisen hat. Das hin- tere Paar von Stigmen dagegen leitet in einen kurzen und weiten cy- lindrischen Kanal, von welchem zahlreiche Tracheen ausstrahlen, die ganz das gewöhnliche Aussehen darbieten, aber keine Ramifi- cationen eingehen, sondern in Bündeln beisammen liegen 3). Eins dieser Bündel erstreckt sich in den CGephalothorax und löst sich dort in Gruppen auf, welche den Extremitäten entsprechen; die andern versorgen das Abdomen. Aehnlich verhält sich das Respirationssystem der Wasserspinne, Argyronecta aquatica. Die beiden vorderen Oeflnungen, welche zu den Seiten des gewöhnlichen Querspaltes gelegen sind, führen ebenfalls in die Lungensäcke. Diese bestehen aus 20 — 30 übereinander liegenden Blättchen von lanzettförmiger Gestalt. Dicht hinter dieser ersten Quer- spalte befindet sich eine zweite kleinere. Von ihren beiden Stigmen entspringen jederseits zwei kleinere Bündel, welche aus einer Unzahl sehr feiner, parallel neben einander verlaufender Röhrchen bestehen und sich in das Abdomen verbreiten. Neben ihnen findet sich aber zweitens ein viel grösserer und breiterer Kanal oder Cylinder (wohl dem oben bei Segestria und Dysdera erwähnten entsprechend), der mit seinem Nachbar durch den Bauchstiel in den Gephalothorax_ tritt und sich dort in eine Menge von Bündeln, die aus den nämlichen Tracheen wie im Hinterleib zusammengesetzt werden, auflöst. Wenn bei der Wasserspinne das Tracheensystem gerade im Ce- phalothorax seine höchste Ausbildung erreicht hat, so ist es bei Salti- cus und Micryphantes aus diesem Theile völlig verschwunden, über- haupt viel weniger entwickelt und nur auf's Abdomen beschränkt. Beide Trachealstämme, welche aus denselben Bündeln bestehen wie bei Argyronecta, münden viel weiter hinten dicht neben den Spinn- warzen aus. I) Duges'l.'e. 2) Bei Argyronecta fand es Grube (Müller’s Archiv 1842.). Weitere An- gaben hierüber hat Menge (Neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1843.) gemacht und das gleichzeitige Vorkommen beider Respirationsorgane auch für die beiden letzten Gattungen nachgewiesen. Vergl. ausserdem dessen Ab- bildungen. — 3) Es scheint als ob alle diese Tracheen der ächten Spinnen zu jener zweiten Art unverästelter Röhren gehören, welche bei den Milben angetroffen werden. EEE a a u | Harnwerkzeuge der Arachniden. 15 Harnwerkzeuge der Arachniden 1 y’ Mit Sicherheit kennt man bei den Arachniden diese Organe noch nicht. Doch dürfte es wenig Zweifel unterliegen, dass die von ver- schiedenen Forschern als Gallengefässe beschriebenen Organe den Harn- werkzeugen zugerechnet werden müssen. Man kennt sie am genauesten für die Araneen, besonders bei der Kreuzspinne 2. Sie bestehen hier aus langen Drüsenschläuchen 3), welche sich mannichfaltig verästelt durch das ganze Abdomen verbrei- ten und in den oben beschriebenen Blinddarm einmünden. Ob ihr Secret wirklich Harnsäure enthält, ist noch nicht nachgewiesen. Wahrscheinlich gehören auch die sogenannten Gallengänge des Skor- pions in dieselbe Klasse. Es sind dieses 2 Paar sehr feiner, geschlän- gelter Gefässe *), welche am Ende der vorderen Partie des Abdomen in den Verdauungskanal einmünden 5). Das untere Paar scheint aus dem Fettkörper herzukommen, das obere Paar ist viel länger und ver- läuft zu den Seiten des Darmes nach oben, wo es seine höchste Aus- bildung erreicht. Es gibt daselbst an den Fettkörper mehrfache Aeste ab und geht ausserdem noch mit dem Herzen einige Anastomosen ein 6). Einer seiner Zweige tritt sogar bis in den Gephalothorax. Ob jedoch diese von Müller behauptete Verbindung mit dem Herzen wirklich existirt, müssen erst fernere Untersuchungen lehren. Endlich dürfen vielleicht noch 2 Paar ähnlicher Schläuche, welche man bei Phalangium aufgefunden hat, hieher gerechnet werden. Sie verlaufen zu den Seiten des Darmkanales. Doch kennt man ihre Ein- mündungsstellen noch nicht. Ob bei den Milben ähnliche Bildungen existiren, ist zur Zeit noch gänzlich unbekannt. Besondere Absonderungsorgane der Arachniden. Besondere Secretionsorgane kennt man bei den spinnenartigen Thieren vorzüglich zweierlei, nämlich einmal die Giftdrüsen und dann die Spinngefässe. Was die Giftdrüsen betrifft, so scheinen sie, mit Ausnahme der 1) Vergl. über die Harnwerkzeuge dieser Thiere Groshans, de syst. uro- poet., quod est rad. etc. Lugd. Bat. 1837. 2) Brandt und Ratzeburg, medic. Zoologie. 3) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXV. fig. V u. VIII, wo h den Blinddarm und g die Gefässe bedeutet. Eine abweichende Angabe findet sich bei Treviranus, über den innern Bau der Arachniden. 4) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XV. g.g — Hering. = 6) Ibid. h. h. 158 Besondere Absonderungsorgane der Arachniden. Phalangien, wenn man anders nicht das eine der oben als Harnor- gane beschriebenen Gefässe, welches eine Richtung nach den Fress- werkzeugen hin nehmen soll, als die Giftdrüse dieser Thiere anse- hen will, durch die ganze Klasse verbreitet zu sein. Bei den Araneen sind es im Allgemeinen zwei im Cephalotho- rax gelegene blindsackförmige Drüsen, welche sich in einen Ausfüh- rungsgang verschmälern, der die Mandibeln nahe an ihrer Spitze durehbohrt !). Man hat deshalb auch diese Drüsen als Salivationsap- parat auffassen wollen. Nach vorliegenden Erfahrungen ist es indes- sen keinem Zweifel unterworfen, dass das von ihnen bereitete Secret (eine wasserhelle, mit zahlreichen Zellen (Epithelien) und einzelnen Fetttröpfcehen untermischte Flüssigkeit) auf kleine Insekten in Kurzem tödtlich einwirkt. Diese Drüsen scheinen in ihrer Form keinen be- trächtlichen Verschiedenheiten unterworfen zu sein. Sie sind an ihrem blinden Ende immer am breitesten und nach dem Ausführungsgang verschmälert. Durch die eigenthümliche Anordnung einer sie umge- benden Faserschicht, welche aus quergestreiften Muskelfasern besteht, erhalten sie ein gewundenes, spiraliges Ansehen. Dagegen varirt ihre Grösse nicht unansehnlich. Während sie gewöhnlich mehr oder min- der in den Cephalothorax hineinragen, z. B. bei der Kreuzspinne , bis- weilen in ansehnlicher Strecke, wie bei Aranea guttata, sind sie da- gegen bei Mygale nur auf das Basalglied der Mandibeln beschränkt. Wenn anders die bisher über die Milben angestellten anatomischen Untersuchungen Glauben verdienen, so kommt bei einem, Theile dieser Thiere, nämlich den mit Klauenkiefern versehenen, ein ähnlicher Ap- parat vor 2). Ganz an einer anderen Stelle trifft man dagegen das Giftorgan bei den Skorpionen. Es befindet sich bei diesen Thieren in dem letzten Schwanzgliede als ein doppelter Beutel, wovon jeder einen besonderen sehr feinen Ausführungsgang hat, der an der Spitze des gekrümmten scharfen Stachels 3) ausmündet. Aeusserlich ist jeder Beu- tel von einer starken Muskelhaut umgeben. Die innere Membran ist in viele Falten gelegt ®). Weniger allgemein verbreitet sind die Spinnorgane. Sie kom- men nur bei den Araneen vor und bestehen aus inneren und äusse- ren Theilen, den Spinngefässen und den Spinnwarzen. Was zuerst die letzteren betrifft, so sind dieses eine Anzahl von eylindrischen oder kegelförmigen Hervorragungen, welche am hinteren 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. V. Giftapparat der Kreuzspinne. Bei b die Drüse, bei a ihr Ausführungsgang. 2) Vergl. Dujardin |]. c. 3) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XV. f. 4) Vergl. Müller in Meckel’s Archiv 1828. Besondere Absonderungsorgane der Arachniden. 159 Ende des Abdomen dicht unter dem After paarweise liegen. Bei einigen Araneen findet man nur vier dieser Spinnwarzen (wie bei Mygale), bei andern trifft man deren acht an!) (so bei Drassus und Clubione atrox). Die Mehrzahl derselben aber ist mit sechs dieser Organe versehen, wie z. B. unsere Kreuzspinne 2). Zwei derselben zeichnen sich gewöhnlich durch ihre besondere Grösse vor den vier übrigen aus. Die Spinnwarzen sind entweder einfach oder aus mehreren Glie- dern (2 oder 3) bestehend. Die oberen und unteren dieser Warzen sind bei den meisten Spinnen 3gliedrig, die mittleren dagegen nur 2gliedrig. Sie sind sämmtlich mit einer Menge äusserst feiner und be- weglicher Papillen versehen, welche durchbohrt sind. Diese Papillen scheinen nirgends zu fehlen, wie man früher für manche Spinnwarzen (die sogenannten Analpalpen) behauptet hat, welche mit Haaren an ihrem Endgliede besetzt sind. Es erscheinen bei ihnen die Papillen an der Innenseite des Endgliedes zu haarförmigen Röhren verlängert. Oeflinungen ohne diese Papillen, wie man früher glaubte, scheinen an den Spinnwarzen ebenfalls nicht zu existiren. Die Anzahl der Papillen ist eine sehr verschiedene, im Allgemeinen aber sehr beträchtliche. Bei kleineren Araneen, bei der Gattung Segestria, findet man deren nur 100 3), bei andern Arten dagegen, wie bei Lycosa und Te- genaria, das Drei - oder Vierfache. Die grösste Anzahl derselben aber wird bei Epeira angetroffen, nämlich etwa 1000. Es kommen jedoch diese Papillen nicht an allen Spinnwarzen gleich zahlreich vor. In der Regel sind sie an dem mittleren Paare nur sehr sparsam vor- handen, so dass bei Segestria senoculata sich hier nur drei vorfinden sollen. Meistens sind sie an dem unteren Paare in der grössten An- zahl vorhanden. Da wo 8 Spinnwarzen vorkommen, wie bei Clubione atrox, liegt das vierte Paar derselben weiter als die übrigen vom After entfernt. Es besteht aus einem eingliedrigen verschmolzenen Spinnwarzenpaar, dessen Spitzen mit sehr feinen Papillen besetzt sind. Bei diesen Spin- nen kommt gleichzeitig am Metatarsalgliede des letzten Beines noch ein seltsames kammförmiges Organ, das sogenannte Galamistrum vor. Ob der bei andern Araneen an der Basis des letzten Fusspaares vorhandene spinnwarzenähnliche Fortsatz, welcher aber keine Papillen aufzuweisen hat, hierher gerechnet werden muss, steht noch anhin. 1) Dieses ist eine Entdeckung von Blackwall, dessen Arbeit über diesen Gegenstand vorzugsweise benutzt ist. Sie ist unter dem Titel: »On the number and structure of the mammulae employed by Spiders in the process of Spinning « in den Transact. of the Linnean Society. Vol. 18. p. 219. enthalten. 2) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. La 3) Diese Arbeiten sind aus Blackwall entlehnt. Andere Zählungen differiren sehr. So vgl. Menge’s mehrfach citirte Arbeit in den Danziger Schriften v. 1843. 160 Geschlechtswerkzeuge der Arachniden. Die Spinngefässe oder die inneren Spinnwerkzeuge liegen im Hinterleib als gewundene Drüsenschläuche, welche die Form von Röh- ren oder Säcken haben, und in den Spinnwarzen endigen. Sie son- dern die eigenthümliche Spinnmaterie ab. Diese ist eine dickflüssige, glasartige Feuchtigkeit ohne Beimischung anderer Theile, welche in Kurzem an der Luft erstarrt. Durch die Papillen der Spinnwarzen tritt sie in äusserst feinen Fädchen aus, die untereinander und mit denen der übrigen Spinnwarzen in einen Faden verbunden werden. Die Spinngefässe bieten ebenfalls nieht unbeträchtliche Verschie- denheiten dar. Sehr einfach sind sie bei Pholcus. Sie bestehen hier aus 6 Säcken von ungleicher Gestalt und Grösse. Zwei derselben sind weit und lang, in der Mittellinie des Abdomen gelegen und mit einem dünnen Ausführungsgange versehen. Zwei andere schliessen sich ih- nen in Gestalt an, sind aber von geringerer Grösse. Das letzte Paar ist rund. Bei Glubione atrox bestehen sie aus einer Menge kleinerer und vier grösseren Röhren, von welchen letzteren wieder zwei ganz besonders entwickelt sind. Eine noch höhere Ausbildung erreichen die Spinngefässe bei der Gattung Epeira. Bei unserer Kreuzspinne !) bestehen sie aus 9 Paaren gewundener Schläuche, von welchen immer 3 Paare in ihrer Gestalt übereinkommen. Die drei mittleren Paare 2) übertreffen alle andere an Grösse. Sie beginnen mit einem vielfach geschlängelten, dünnen Theile, erweitern sich dann, um nach einiger Zeit wieder sich zu ver- dünnen und in gradem Verlaufe in die Spinnwarzen zu treten. Die drei anderen Paare 3) sind baumförmig verästelte Drüsen, welche in ihrem Verlaufe eine ähnliche Erweiterung wie die ersten Paare einge- hen und mit zahlreichen Schlängelungen sich nach unten begeben. Die drei letzten Paare 4%) endlich kommen ziemlich mit den zuerst be- schriebenen überein. Geschlechtswerkzeuge der Arachniden. Wenn man die noch sehr wenig gekannten Geschlechtsverhältnisse der Milben vorerst bei Seite setzen will, so sind, so weit die bishe- rigen Untersuchungen reichen, alle Arachniden getrennten Geschlechtes. Allein auch- bei den Acariden kennt man wenigstens die weib- lichen Generationsorgane, die Ovarien mit ihrem Contentum, den Eiern. Bei Trombidium scheint ein doppelter Eierstock vorzukommen, | jeder Eierstock gibt einen Eileiter ab, beide Eileiter verbinden sich 1) Die nachfolgende Darstellung ist der medic. Zoologie von Brandt und Ratzeburg entnommen. Ebenso die Abbildung Tab. XXV. fig. IX. der Ic. zootom. 2) Ibid.a. — 3) Ibid.b. — 4) Ibid. c. Geschlechtswerkzeuge der Arachniden. 161 an der äusseren am Bauche gelegenen Geschlechtsöffnung. In den Blinddärmehen dieses Ovarıum liegen die Eier, welche von der ver- schiedensten Grösse sind und dem entsprechend bald nur eine helle Flüssigkeit, bald eine granulöse Masse als Dotter aufzuweisen haben. Das Keimbläschen ist deutlich, der Keimfleck verhältnissmässig sehr gross und einfach. Ebenso findet man bei manchen andern Milben die Eier, z. B. bei Hydrachna histrionica !); bei Limnochares, wo der Dotter lebhaft roth ist; auch bei der Käsemilbe. Genauer sind die weiblichen Generationsorgane bei den grösse- ren Arachniden gekannt. Bei den Araneen, z.B. Epeira diadema 2), bestehen die Ovarien aus zwei länglichen Schläuchen mit höckeriger Oberfläche, die im Abdomen zu den Seiten des Verdauungskanales gelegen sind und mit kurzen Eileitern an dem vorderen Theile des Hinterleibes dicht hinter dem Bauchstiel ausmünden. Die in ihnen sehr zahlreich enthaltenen Eier 3) sind von runder Gestalt, in ihrer Grösse sehr wechselnd. Sie besitzen einen aus grossen Fetttröpfchen beste- henden Dotter und ein Keimbläschen , welches in seinem Innern einen Haufen feiner Körnchen, als den Keimfleck, enthält. Eigenthümlich organisirt ist das Ovarium bei den Skorpionen ®. Es besteht aus mehreren Längs- und Querröhren 5), an welchen sich beutelförmige Ausstülpungen 6) bilden, in denen die Eier und Em- bryonen gelegen sind. Zwei enge Eileiter verschmelzen kurz vor der am Bauche, dicht vor den sogenannten Kämmen gelegenen Scheiden- öffnung. Bei den Phalangien ?) findet sich ein halbmondförmiger Eierstock vor, der wahrscheinlich aus der Vereinigung von zweien dieser Theile entstanden ist. Er umschliesst mit seinen Blinddärmchen die zahlrei- chen Eier, deren Elementartheile hier besonders deutlich zu erkennen sind. Von den beiden Hörnern dieses Ovarıum gehen zwei schmale, gewundene Eileiter ab, welche in ihrem weiteren Verlaufe zusam- mentreten und sich als ein gemeimschaftlicher Ausführungsgang_ fort- setzen. Dieser macht zwei sackförmige Erweiterungen und geht dann verschmälert und unter zahlreichen Windungen in eine Legeröhre über. Kurz vor dem Eintritt in letztere nimmt er noch ein Paar langer, dün- ner Blinddärme auf, die vielleicht als Analoga der bei den Insekten hier vorkommenden Schleimdrüsen zu betrachten sind. 1) R. Wagner Prodromus histor. generat. 2) Ic. zootom. Tabs XXV. fig. V. k. und IX. d. 3) Vergl. die Abbildung im: Prodr. hist. gener. Tab. I. fig. X1. 4) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXI. — 5) Ibid.a. — 6) Ibid. b. — Bei c sind einige dieser Blindsäcke abgerissen. 7) Conf. Tulk |. c., der jedoch in der Benennung der einzelnen Theile ab- weicht. Wagner’s Zootomie. I. 1i 162 Geschlechtswerkzeuge der Arachniden. Aeussere weibliche Geschlechtsorgane sind in dieser Klasse sehr mannichfach gestaltet vorhanden. Ausser der bald einfachen, bald doppelten Geschlechtsöffnung schemen bei den Milben keine äusseren Sexualtheile vorzukommen. Bei den Araneen findet sich am vordern Theile des Abdomen eine kleine Leiste vor, an deren Sei- ten die Eileiter ausmünden. — Des sonderbaren zum Tragen der Eier bestimmten supplementären Fusspaares bei den Pyenogoniden wurde schon oben gedacht. — Eine seltsam geformte Legeröhre findet sich bei Phalangium. Sie liegt in der Mittellinie des Körpers dicht unter den Integumenten, so dass sie schon äusserlich sichtbar wird, und kann aus der Geschlechtsöffnung, welche sich als Spalte unter der Brust zwischen den beiden Hinterfüssen befindet, hervorgeschoben werden. Sie besteht aus 2 Theilen, der eigentlichen Legeröhre und emer sie umgebenden Scheide. Die Röhre misst Y,—7s der Länge des Abdo- men und besteht aus einer inneren Membran und einer Anzahl von Hornringen, deren jeder mit einer Reihe von Zähnchen besetzt ist. Vorne endet sie mit zwei eigenthümlichen Anhängen. Diese haben die Gestalt von kurzen stumpfen Kegeln und werden aus einem Ba- sal- und einem mit Borsten besetzten Endgliede zusammengesetzt. Sie articuliren frei auf dem letzten Ringe und bilden, indem sie einander gegenüber gestellt sind, eine Art von Zange. Die Scheide ist von einer dünnen, quergefurchten, sehr elastischen Membran gebildet, wel- che äusserlich mit kurzen Dornen besetzt ist. Sie wird lose umhüllt von einer Schicht starker Fibrillen, welche parallel und longitudinal neben einander liegen. Diesen zusammengesetzten Apparat bewegen mehre Muskeln, von denen besonders ein Paar Musculi retractores, welche sich an das vorletzte Rücken - Segment befestigen, stark ent- wickelt sind. Unsere Kenntnisse der männlichen Geschlechtsorgane der Arachniden sind dermalen noch höchst dürftig. So kennt man zwar bei den Araneen, wie bei der Kreuzspinne !), den Hoden als ein Paar sehr länglicher Schläuche, deren feine Ausführungsgänge aber noch nicht bis zu ihrer Mündung verfolgt sind. Doch dürfte es nach Untersuchungen an Mygale und Pholcus 2) wohl kaum mehr einem Zweifel unterliegen, dass sie sich am Bauche an derselben Stelle, wie die weiblichen Generationsorgane, öffnen und nicht an den sonderbar gestalteten Palpen, wie man früherhin zu glauben geneigt war. Beim Skorpione bestehen die männlichen Geschlechtsorgane aus einem Paar von Schläuchen, in welche jederseits der Hode einmün- det. Dieser scheint aus einem langen, dünnen, blindgeendigten, öfters gespaltenen, aber wieder schlingenförmig zusammentretenden, in dem 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fie. IV. b. b. 2) Conf. Duges in den Annal. des Science. nat. II. Serie. Tom. 6. p. 187. Geschlechtswerkzeuge der Arachniden. 163 Fettkörper sich windenden Gefässe auf jeder Seite zu bestehen. Kurz vor seiner Einmündungsstelle in den eben beschriebenen Schlauch nimmt er noch eine kleine Hülfsdrüse auf. Diese Organe münden an derselben Stelle wie die weiblichen Geschlechtswerkzeuge. Bei Phalangium opilio trifft man den Hoden als einen Knäuel enger und dünner, blindgeendigter Röhren, welche gewunden verlau- fen und endlich in einem einzigen Ausführungsgange zusammentreffen, der sich in eine Ruthe fortsetzt. Unter den Milben soll bei Trombidium ein länglich-runder Ho- den an derselben Stelle, wo beim Weibchen das Ovarium gelegen ist, vorgefunden werden. Die äusseren Geschlechtsorgane der männlichen Arachniden sind in ähnlicher Weise vielartig gestaltet wie die der weiblichen Thiere. Bei den Araneen spielen die Palpen in dieser Hinsicht eine sehr wichtige, freilich noch nicht vollständig aufgeklärte Rolle 1). Es unterscheiden sich diese Maxillartaster sehr bedeutend von denen der Weibchen. Sie kommen zwar noch in ihren beiden ersten Glie- dern mit den gleichen Theilen der weiblichen Thiere überein. Ihr drittes Glied dagegen ist rundlicher und dicker, wird jedoch an Auf- treibung noch von dem vierten übertroffen. Am auffallendsten aber ist das fünfte Glied 2) gebaut. Es ist nämlich löffelförmig, aus zwei Theilen bestehend. In seine Höhlung nimmt es ein rundliches Stück 3) auf, an welchem wieder eine löffelförmige, oben zweizähnige Schuppe sitzt. Mit der Convexität der letzteren sind abermals zwei Theile be- weglich eingelenkt, nämlich ein kleineres, weiches, kegelförmiges Ge- bilde und ein anderer grösserer Theil, der aus zwei Gliedern besteht, aus einem Jlänglichen Basalstücke und einem konischen, gezähnten Endgliede. Von diesem Baue, wie er bei der Kreuzspinne vorkommt, finden sich zahlreiche Abweichungen nicht blos durch die Gattungen, sondern auch durch die einzelnen Species: der Spinnen, auf welche jedoch hier nicht weiter emgegangen werden kann 3). 1) Die über die Bedeutung der Palpen aufgestellten Ansichten differiren sehr von einander. Nach der einen sollen sie nur als Reizungsorgane bei der Begattung fungiren. Nach der andern öffnen sich an ihnen die Hoden, und sie sind mithin die wahren männlichen Begattungsglieder. Nach einer dritten Meinung endlich die- nen sie dazu, den aus der männlichen (am Bauche gelegenen) Geschlechtsöffnung aufgenommenen Samen in die weiblichen Genitalien zu übertragen. Diese letztere Ansicht ist die bei weitem wahrscheinlichste oder vielmehr richtige. (Vergl. Du- Feel ce.) 2) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. II. (Das oberste Glied der bei ce gezeichne- ten Ansicht). 3) Ibid. bei b. (Die ganze Palpe ist bei a dargestellt). 4) Weitere Angaben hierüber finden sich in Menge’s mehrfach citirter Arbeit. 11 * 164 Geschlechtswerkzeuge der Arachniden. Sehr entwickelte äussere Genitalien kommen bei den Männchen von Phalangium vor. An derselben Stelle nämlich, wo bei den Weib- chen die Legeröhre gelegen, befindet sich eine sehr lange und derbe Ruthe, welche ebenfalls von einer Scheide umschlossen wird. Die- ser Penis besteht aus zwei Theilen, einem grösseren Basalstück und einem mit diesem in einem Ginglymus verbundenen kleineren End- stück (glans), welches in einen Haken ausläuft. Die Ruthe wird vom Ausführungsgang des Hoden durchbohrt und durch besondere Musculi relractores regiert. Endlich muss hier noch der Kämme der Skorpione !) Erwäh- nung gethan werden, Gebilde, welche sich bei beiden Geschlechtern in gleicher Weise am Genitalapparat vorfinden, nur dass sie beim Männchen dünner und länger und mit einer grösseren Anzahl feine- rer Zähne versehen sind als beim weiblichen Thiere. Ihre Function ist noch unbekannt. 1) Ic. zootom. Tab. XXI. fig. XV. h. h. Krustenthiere. CUrustacea. Ordnungen der Krustenthiere. ePyunnsun. a ni Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Ordnung. Zehnfüssige Krebse, Decapoda. Maulfüsser, Stomatopoda. Flohkrebse, Amphipoda. Kehlfüsser, Laemodipoda. Asseln, Isopoda. Tausendfüsser, Myriapoda. Stachelschwänze, Poecilopoda. Blattfüsser, Phyllopoda. Rankenfüsser, Cirrhipedia. Büschelfüsser, Lophyropoda. Schmarotzerkrebse, Parasita. Literatur. Das Zoologische enthält: C. Desmarest, Considerations genera- les sur la classe des Crustaces. Paris 1825. — Hauptwerk ist: Milne Edwards, Histoire naturelle des Crustaces. 3 Bände nebst Atlas. 1834 — 1840. — Vergl. ausserdem dessen Artikel » Crustacea« in Todd’s Cyclopaedia, sowie R. Owen’Ss Vorlesungen. — Ueber die einzelnen Gruppen liegen eine Menge von Specialarbei - ten vor. Hautskelet und äussere Bedeckungen der Rrustenthiere. Di. äusseren Bedeckungen der Crustaceen !) enthalten, wie die der Insekten und Spinnen, jenen eigenthümlichen, in Kali ‘unlöslichen Stoff, das Chitin. Es scheint durch die ganze Klasse vorzukommen, in den festesten, wie in den zartesten Integumenten; wenigstens, so weit man untersucht, immer hat man ihn gefunden. Selbst bei einer so auffallend abweichenden Gruppe, wie den Cirrhipedien, wird er nicht vermisst, sondern kommt in der eigentlichen Haut des Thieres, den Cirrhen und dem Stiele vor. Neben diesem Chitin findet sich noch eine Anzahl organischer Stoffe, als Fette, Farbe- und Extractivstoffe, die grösstentheils noch sehr wenig untersucht sind; ausserdem aber grosse Quantitäten 'anorga- nischer Salze, meist kohlensaurer und phosphorsaurer Kalk, oft zu 50 —70 Procent und mehr. An Menge wiegt der kohlensaure Kalk bei weitem vor, so dass der Antheil phosphorsauren Kalkes nur ge- ringe ist. Endlich werden noch kleine Beimengungen von Magnesia, Kochsalz und Eisen angetroffen. In den Schalen der in der See leben- den Krebse hat Chevreul Spuren von Jod gefunden. Der feinere histologische Bau des Hautskeletes ist noch wenig er- forscht. Im Allgemeinen wird es gebildet aus verschiedenen Lagen von feinen, deutlich fasernden Membranen, deren grössere oder ge- ringere Anzahl dann die wechselnde Dicke der Integumente bewirkt. Die Fasern, welche in der Regel von grosser Feinheit sind, halten in 1) Vergl. hierüber M. Edwards. c. Iter Theil. Ferner GC. Schmidt, zur vergleichenden Physiologie wirbelloser Thiere. Der Rest ist nach eigenen Untersu- chungen. Diese haben das Vorkommen des Chitin für alle Ordnungen der Krebse erwiesen mit Ausnahme der Poecilopoden und Parasiten, welche nicht untersucht werden konnten. Wenn es auch für viele dieser Thiere noch an Elementaranaly- sen fehlt, so bleibt doch bei der Behandlung mit Kali immer eine unlösliche Mem- bran zurück, welche wohl nichts anders als Chitin ist. 168 Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. den einzelnen Membranen eine verschiedene Richtung ein. Bisweilen erscheinen die letzteren jedoch auch ganz structurlos (z. B. an einigen Theilen des Körpers von Apus). Daneben finden sich aber noch Zel- len von polyedrischer Gestalt, gewöhnlich nur über kürzere Strecken des Körpers verbreitet; zuweilen aber auch an allen Theilen des Lei- bes, wie bei den Scolopendren, wo sie sehr an das Verhältniss beim Skorpion erinnern. Diese Membranen werden von Kanälen und Gru- ben durchzogen, welche theils zur Ablagerung der Kalksalze dienen mögen, in der Mehrzahl der Fälle aber die Anhänge des Skeletes auf- nehmen. Diese sind Haare, von grosser Feinheit bis zu sehr bedeu- tender Stärke und Dicke, ferner Zacken, Warzen etc. Die Farben der Krebse sind entweder durch die Integumente gleichförmig verbreitet (Apus) oder in verschiedenen Flecken und Zel- len abgelagert. Bisweilen sind es körnige Farbestoffe, z. B. bei den Cirrhipedien (wo sie an das Pigment der. Chorioidea der Wirbelthiere erinnern). In andern Fällen sind sie in einer besonderen unter dem Chitinskelet befindlichen Membran enthalten, z. B. beim Flusskrebs. Hier findet sich ein rother und violetter, in Zellen abgelagerter Farbe- stoff von fettartiger Natur vor )). Der Körper der Crustaceen 2) ist im Allgememen gleich dem der Insekten aus einer Anzahl von Ringen oder Segmenten gebildet, wel- che bald durch Membranen beweglich miteinander verbunden, bald mehr oder minder verschmolzen sind. Ein jeder dieser Ringe wird wieder aus 4 paarigen Theilen zusammengesetzt, welche sich so grup- piren, dass sie einen oberen und unteren Bogen herstellen. Dem obe- ren Bogen gehören zwei mittlere oder Rückenstücke (Tergum) und zwei seitliche (Epimeron) an. In den untern Bogen gehen auf gleiche Weise zwei Paar anderer Stücke, ein mittleres (Sternum) und ein seit- liches (Episternum), ein 3). Zwischen oberem und unterem Bogen be- findet sich eine Lücke, in welcher die Füsse und fussartigen Gebilde inserirt sind. Von der inneren Fläche dieser Stücke erheben sich häu- fig Fortsätze, welche das Innere des Ringes in verschiedene zellige Räume abtheilen. Sie werden dadurch gebildet, dass die äussere Haut als Falte in einen Zwischenraum hereintritt und diese Falte allmälig verkalkt. Sie führen auch hier den Namen der Apodemata. 1) Vergl. Valentin im Repertorium Band I., eine zum Theil unrichtige Dar- stellung der feineren Structur des Hautskelets beim Flusskrebse. 2) Vergl. über diesen Gegenstand vorzüglich die angeführten Arbeiten von M. Edwards und Savigny; ferner die treffliche Auseinandersetzung von Erich- son in den » Entomographieen «, welche hier vorzüglich benutzt worden ist. ‘3) Ein solches Verhältniss ist jedoch nur ein ideales, indem bei keinem Krebse alle diese Theile gleichzeitig vorhanden sind. Durch übermässige Entwick- lung einzelner Stücke, durch das Fehlen anderer, durch Verschmelzungen, entste- hen hier die allergrössten Verschiedenheiten, Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. 169 Man unterscheidet auch bei den Krebsen die drei gewöhnlichen Ab- theilungen des Körpers, den Kopf, den Thorax und das Abdomen. Der erstere wird vielleicht wieder von mehreren einzelnen Stücken gebildet; den Thorax stellen auch hier ursprünglich drei Ringe her; das Abdomen besteht dagegen im Allgemeinen aus einer grösseren Anzahl von Segmenten als bei den Insekten, nämlich aus elf oder zwölf). Doch finden, wie im ganzen Skelet der Krustenthiere, so auch am Hinterleib die grössten Variationen statt, nach der einen Seite eine Verkümmerung des Abdomen, wenigstens in seinen letzten Rin- gen, auf der andern dagegen eine Vermehrung dieser, oft bis zu ei- nem sehr hohen Grade (wie bei manchen Myriapoden). Allein das Verhältniss dieser einzelnen Körperabtheilungen zu ein- ander ist ein anderes geworden als bei den Insekten. Der Thorax ist nämlich zum Kopfe in eine innigere Beziehung getreten und entwe- der ganz oder theilweise mit diesem verschmolzen. Die ihm angehö- renden Beinpaare haben an dieser Metamorphose ebenfalls Theil ge- nommen und ihre Gestalt und Function verändert. Sie sind nämlich zu den Fresswerkzeugen hinzugetreten und zu Hülfsorganen derselben ge- worden. Man hat sie mit dem Namen der Kieferfüsse (Beikiefer, pieds mächoires) belegt. Die Zahl dieser Kieferfusspaare kann in Ue- bereinstimmung mit den Ringen des Thorax nie höher als 3 sein (De- capoden), ist aber häufig eine geringere und beträgt nur 1 Paar (Iso- poden), wo denn die beiden letzten Brustfüsse Gehwerkzeuge geblie- ben und nicht in Beikiefer verwandelt sind. Ein zweites nicht unwichtigeres Moment ist ferner der Umstand, dass auch die Ringe des Abdomen hier Fusspaare erhalten, während sie bei den Insekten und Arachniden derselben entbehren. Die Gru- staceen besitzen daher im Allgemeinen eine viel grössere Anzahl orts- bewegender Werkzeuge und nicht 3 oder 4 Paare wie Insekten und Arachniden. Es sind jedoch nicht immer alle diese Füsse des Abdo- men in gleicher Weise zur Ortsbewegung geschickt (wie es z. B. bei den Myriapoden, bei Apus der Fall ist), sondern meistens erfüllen nur die der fünf ersten Segmente diesen Zweck, während die der fol- genden Ringe mehr oder minder in rudimenlärer Gestalt verbleiben (Afterfüsse). Man hat nach dieser Differenz denn auch das Abdomen in zwei Hälften, in ein Pro- und Postabdomen, oder in einen Brust- und Schwanztheil, zerlegt 2. Da wo nur das erste Paar Thoracalfüsse 1) Ueber die Zahl der Ringe, welche in den Crustaceenkörper eingehen, vergl. M. Edwards Il. e. Er nimmt derselben 21 an. — Eine wohl richtigere Ansicht hierüber findet sich bei Erichson |. c. " 2) So Brandt und Ratzeburg in der medic. Zoologie. Von vielen Zooto- men, z.B. von Meckel, Milne Edwards, R. Owen, wird der vordere Theil des Abdomen als Thorax betrachtet. 170 Hautskelet u. Bedeckungen d. Kirustenthiere. in Beikiefer verwandelt ist, kommen noch die der beiden letzten Brust- ringe zu diesen 5 Bauchfüssen hinzu, so dass sich also die Zahl der Gehfusspaare auf 7 stellt. Es haben daher die Grustaceen wenigstens 5, häufig 7, in andern Fällen noch eine bei weitem grössere Anzahl von Beinpaaren. Am Ende der vorderen Abtheilung befindet sich in der Regel die Geschlechtsöffnung, am letzten Schwanzringe mündet‘ der After aus. Die übrigen Anhänge des Körpers gehören dem Kopfe an. Es sind die Antennen, die Augen und Mundwerkzeuge. Die ersteren fin- den sich entweder zu zwei oder nur zu einem einzigen Paare, fehlen aber auch nicht selten, namentlich in den niederen Ordnungen, wie den Cirrhipedien, den Poecilopoden, vielen Parasiten gänzlich. Die Augen sind entweder auf langen beweglichen Stielen befestigt oder der Haut des Kopfes dicht aufgelegen. Die Mundwerkzeuge halten bei dieser Klasse, wenigstens bei den höher entwickelten Formen, denselben Typus ein, wie bei den Insekten und Spinnen. Sie bestehen ebenfalls aus einer Oberlippe von sehr wechselnder Gestalt, einem Paar Oberkiefer, welche mei- stens hier einen Taster tragen, und zwei Paar tasterloser Unterkie- fer. Zwischen ihnen ist die Zunge gelegen. Als Hülfsapparate kom- men endlich die schon oben erwähnten Beikiefer hinzu. Aus diesen ganz im Allgemeinen erwähnten Verhältnissen des äusseren Skeletes der Krustenthiere ergibt sich schon deren Differenz von Insekten und Spinnen. Das Auftreten der Bauchfüsse unterschei- det sie von beiden Klassen, das Verschmelzen von Kopf und Thorax, ein Umstand, den sie mit den Arachniden gemein haben, trennt sie hauptsächlich von den Insekten, ebenso die Kieferfussbildung. Die letztere bringt sie in einen Gegensatz, zu den Arachniden, da ja grade bei diesen auf einem umgekehrten Wege ein Uebergang der Mund- werkzeuge. zu Beinen statt findet. Die hier gelieferten Umrisse des Hautskelets der Crustaceen kön- nen als Norm dienen, von der freilich in den verschiedenen, nament- lich niederen Ordnungen, die allerbedeutendsten Abweichungen vor- kommen, Differenzen, welche jedoch auf eine oberflächliche Betrach- tung hin grösser erscheinen, als sie sich bei einem genaueren Einge- hen ergeben. Dieses letztere wird aber durch die Wichtigkeit, welche die äusseren Skeletbildungen dieser Thiere für Zoologie und Morpho- logie besitzen, verlangt. Grade bei den höheren Ordnungen der Krustenthiere (den Mala- costraceen) finden sich die hier ganz im Generellen angegebenen Ver- hältnisse am schärfsten und deutlichsten ausgesprochen, weshalb auch diese zuerst in Betrachtung gezogen werden müssen. Bei den Decapoden und Stomatopoden wird die vordere Ab- theilung des Körpers oberwärts von einer grossen hornigen Platte, der Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. 171 sogenannten Schale, bedeckt. Diese ist von sehr verschiedener Ge- stalt; bald lang und schmal, alsdann entweder stark gewölbt und weil nach unten an den Seitentheilen des Körpers hinabreichend (wie z.B. beim Flusskrebs), oder flach und eben (wie bei Squilla); bald ohne Wölbung, kurz und breit, so dass der Längendurchmesser von der Breite übertroffen wird (wie bei manchen Brachyuren). Häufig läuft sie an ihrem vorderen Rande in eine Spitze oder einen Schnabel (Stirnfortsatz) aus, bisweilen ist an dieser Stelle ein Hornplättchen mit ihr beweglich eingelenkt (Squilla); in andern Fällen ist sie an den Rändern gezähnt (Cancer maenas); bisweilen durch eine Querfurche in eine vordere und hintere Abtheilung geschieden (Flusskrebs). Kurz, sie zeigt eine Menge von Differenzen , welche jedoch mehr Object der Zoologie sind 1). An der untern Seite dieser Abtheilung entdeckt man, wenn auch nur undeutlich, die ursprüngliche Zusammensetzung aus Ringen und findet, dass die von der Schale bedeckten Theile, der Kopf, der Thorax und das Proabdomen sind. Man gewahrt die fünf Segmente des letzteren, deren Sternalstücke nicht selten eine ansehnliche Entwicklung erreicht haben und mit Hülfe der (kleinen) Episternalstücke eine Art von unte- rer Schale herstellen (so bei den Brachyuren, aber auch in einem ge- ringeren Grade bei manchen Macrouren). Doch werden nicht immer alle fünf Ringe dieses Theiles von der Schale bedeckt, bisweilen blei- ben die letzten frei (so bei Squilla). Dann erscheinen sie von allen ihren Stücken geformt, während ihnen da, wo sie von der Schale bedeckt werden, die Tergalstücke fehlen. Viel inniger verschmolzen sind Kopf und Thorax, oder — vielleicht richtiger gesagt — der letztere ist fast sanz in den ersteren aufgegangen und dieser mit dem Anfange des Abdomen verschmolzen. Bei den andern unmittelbar sich anreihenden Ordnungen, wie den Amphipoden, Isopoden und Lämodipoden, fehlt diese Schale. Die Verschmelzung der Segmente der vorderen Abtheilung des Kör- pers ist in einem viel geringern Grade vorhanden, daher auch der Bau dieser Thiere leichter zu verstehen ist. Es ist hier der Kopf, der nur den ersten Ring der Brust, den Prothorax, in sich aufgenommen hat, scharf vom übrigen Körper abgesondert. Die beiden letzten Brust- ringe sind deutlich von einander geschieden und in ihrer Gestalt ganz mit den 5 folgenden des Proabdomen übereinkommend, so dass sich demnach 7 gleichförmige Ringe dieser Abtheilung ergeben 2. Eine Ausnahme hiervon machen die Lämodipoden, z. B. Gyamus celi 3), wo 1) Welchem Theile des Skelets diese Schale eigentlich entspricht, ist noch nicht mit völliger Sicherheit ermittelt. (Vgl. Milne Edwards l.c. Tom. I, p. 24.). 2) Vergl. hierzu die Abbildung der Amphithoe bei Edwards. c. Pl. I. fig. 2. 3) Siehe die Zeichnungen bei Roussel de Vauzeme, Memoire sur le Cya- mus ceti de la classe des Crustaces in den Annal. d. science. natur. Tom. I. Pl. 8. 172 Hautskelet u. Bedeckungen d. Rrustenthiere. die beiden letzten Segmente des Thorax in eins verschmolzen sind, und daher die Zahl dieser Ringe um einen geringer ist, als bei Amphi- und Isopoden. Die zweite Abtheilung des Hinterleibes, das Postabdomen, ge- wöhnlich als Schwanz bezeichnet, macht den übrigen Theil des Kör- pers aus. Sie ist grösseren Variationen unterworfen, als das Proab- domen, und besteht da, wo sie am meisten entwickelt ist, wie bei den Macrouren,, Stomatopoden und Amphipoden aus 7 oder 6 deutli- chen, mit einander beweglich verbundenen Ringen, welche wiederum zahlreiche äusserliche Differenzen zeigen. Nur der letzte dieser Ringe ist in der Regel verwandelt und flach geworden, so dass er mit den ähn- lich gebildeten Anhängen des vorletzten Ringes ein flossenartiges Gebilde darstellt, an dessen mittlerem Theile die Afteröffnung gelegen ist (so z.B. beim Flusskrebs !)), während die Geschlechtsorgane wenigstens beim Männchen am letzten Segmente des Proabdomen ausmünden. Noch stärker entwickelt als bei den Macrouren ist das Postabdomen bei der Squilla 2), wo die Ringe desselben besonders gross und stark sind. Weniger ausgebildet ist es schon bei den Amphipoden (z. B. Gamma- rus 3)). Allein nicht immer erscheint das Postabdomen in dieser seiner aus- gebildeten Form. So schwindet es beträchtlich bei den Isopoden, z.B. bei Idothea. Hier erlangt nämlich der letzte Ring eine ansehnliche Entwicklung, nimmt aber dabei die vor ihm gelegenen in sich auf, so dass mithin die Anzahl der Segmente eine geringere werden muss. Ein noch grösseres Rudimentärwerden dieses Theiles findet sich bei einer Anzahl von Decapoden (unter den sog. Anomuren). Hier ver- liert er seine Härte und Festigkeit und wird zu einem weichen häuti- gen Gebilde, womit dann die eigenthümliche Lebensweise der Thiere z. B. des Bernhardskrebses, Pagurus Bernh.) übereinstimmt. Noch bei weitem weniger entwickelt ist der Schwanz bei den Brachyuren. Hier besteht er in einem ganz kurzen und dünnen An- hange (namentlich bei den Männchen), welcher von dem Thiere um- geschlagen und im eine an den Sternalstücken des Proabdomen be- findliche Vertiefung eingedrückt getragen wird. Man erkennt an ihm noch deutliche Segmente, wenn auch diese oft in geringerer Zahl vor- handen sind als bei den Macrouren. Am meisten verkümmert aber ist dieser Theil bei den Lämodipo- den (z. B. Cyamus ceti). Hier kommt er nur als ein sehr kurzer und kleiner Anhang vor, ein Verhältniss, welches an die Pyenogoniden erinnert. I) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. I. 2) Vergl. M. Edwards l.e. Pl.1. fig. 1. — 3) Ibid. fig. 2. bei Amphithoe, Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. 173 Von den Ringen der vordern Portion des Abdomen gehen bei den Decapoden verschiedene Fortsätze nach Innen in Gestalt vertikaler Plat- ten, welche immer an den Vereinigungsstellen verschiedener Skelet- stücke ihren Ursprung nehmen und die Apodemata der Sternal- und Epimeraltheile sind. Sie bilden durch ihr Zusammentreten Reihen zel- liger Räume oder einen zur Aufnahme des Gentralnervensystems be- stimmten Kanal (wie beim Flusskrebs) 1). Nicht minder beträchtlichen Variationen sind die Anhänge des Crustaceenkörpers unterworfen. Schon oben wurde bemerkt, dass die Augen der höheren Krusten- thiere bald dem Kopf unbeweglich aufliegen (Edriophthalmen), bald von besonderen Stielen getragen werden (Podophthalmen). Diese Stiele sind in einer am Kopf befindlichen Vertiefung beweglich einge- lenkt. Sie zeigen, was Grösse oder Kleinheit betrifft, ansehnliche Va- riationen. In gleicher Weise differiren die Antennen, welche gewöhnlich zu 2 Paaren an dem Kopfe vorhanden sind, manchmal jedoch sogar gänzlich fehlen (so bei Bopyrus und in den niederen Ordnungen ). Ihre Grösse ist ausserordentlich wechselnd, im Allgemeinen bei den Macrouren und einigen Amphipoden stärker als den Brachyuren. Ge- wöhnlich wird das innere Paar von dem äusseren in dieser Hinsicht übertroffen (Flusskrebs). Sie bestehen in der Regel aus einem Basal- theil, der bald einfach ist, bald von mehreren Stücken gebildet wird und in seinem Innern bei den höheren Ordnungen die Gehör- und Geruchswerkzeuge enthält, und aus einem vielgliedrigen Endfaden. Der letztere ist bisweilen doppelt, ja dreifach vorhanden. Hier und da findet sich noch ein blatt- oder schuppenförmiger Anhang an den Füh- lern (z. B. bei Squilla). Die Mundwerkzeuge bestehen zwar überall aus den gleichen Theilen, allein Form, Grösse und Lage derselben sind ungemein wech- selnd, Differenzen, welche noch durch die Kieferfüsse um ein Be- trächtliches vermehrt werden. So findet man z. B. beim Flusskrebs diese Theile hintereinander liegend die Mundöffnung umgeben. Die Oberlippe (labrum, labium superius) ist das einzige unpaare Gebilde. Sie hat eine fast viereckige Gestalt und eine fleischige Consistenz, der aber durch eingelagerte Hornplättchen mehr Festigkeit verliehen wird. Hinter ihr und zur Seite liegen die paarigen Oberkiefer (erstes Kieferpaar, Mandibulae) 2), starke, harte Organe, welche mit einem Taster 3), der aus drei Gliedern 1) Eine sehr detaillirte Auseinandersetzung des inneren Skelets besonders der Brachyuren bei Milne Edwards I. c. p. 32 et seggq. 2) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXVI. fg. x.G. — 3) Ibid. c. 174 Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. besteht, versehen sind. Dann folgt die paarige Zunge (Lingua) !), ein zugespitztes Plättchen, welches an den fleischigen Rand der Mundöfl- nung befestigt ist. Die Unterkiefer (Maxillae) sind zu 2 Paaren vor- handen. Das erste Unterkiefer- oder zweite Kieferpaar 2) besteht aus 3 Stücken von verschiedener Gestalt. Das dritte Kieferpaar (zweites Maxillenpaar) 3) wird von 6 verschieden geformten Theilen zusammen- gesetzt, von denen sich der letzte nach unten in einen bogenförmigen Fortsatz verlängert. Zu diesen Organen kommen noch die drei metamorphosirten Bein- paare des Thorax als Kieferfüsse 4) hinzu. Sie haben jedoch nicht alle denselben anatomischen Bau, sondern zeigen das interessante Beispiel eines allmäligen Uebergangs der Beine zu Mundwerkzeugen. Wäh- rend man nämlich bei dem ersten Beikieferpaare 5) (dem Beinpaare des Prothorax) fast nur eine Lade (die verwandelte Coxa) antrifft und die übrigen Beinglieder sehr rudimentär sind, nehmen diese an den bei- den folgenden Beikiefern 6) (den Beinen des Meso - und Metathorax), an Ausbildung zu und erreichen namentlich bei dem letzten 7) eine an- sehnliche Grösse. An allen drei Kieferfüssen befinden sich noch mehr- fache Anhänge. Zuerst ein gegliederter tasterförmiger Anhang, der sogenannte Geisseltaster (Palpus flagelliformis)®). Die zweite Art von Anhängen sind die Kiemen, entweder kammförmige Kiemen- büschel oder Fadenkiemen 9). Diese Kiemen, welche in die unter den Seitentheilen der Schale befindliche Respirationshöhle hineinragen, fehlen noch dem ersten Beikieferpaar 10), das statt derselben nur einen blattförmigen Anhang nach Art des dritten Kieferpaares trägt. Dieser Bau der Mundwerkzeuge kommt den andern Macrouren, sowie den kurzschwänzigen Decapoden !!) wesentlich in gleicher Weise ebenso wie den Stomatopoden (Squilla) zu, nur ist bei letzteren in Zahl und Form der Kieferfüsse manches Abweichende vorhanden. Die folgenden Ordnungen, die Amphi-, 1so - und Lämodipoden differiren dagegen, was die Fresswerkzeuge betrifft, in manchfacher Hinsicht. Bei den Amphipoden, z.B. Gammarus pulex 12), bleiben Ober- und Unterkieferpaare noch immer hintereinander gelegen und die letz- teren von einander getrennt, wie bei den zehnfüssigen Krebsen. Die 1) Ic. zootom. Tab. XXVI fig. X. F. Ueber die Bedeutung dieses Gebildes herrschen einige Zweifel, indem es von andern als erstes Maxillenpaar aufgefasst wird. So von Brandt u. Ratzeburg in der mediz. Zoologie. Dieselbe No- menclatur ist zur Bezeichnung der aus diesem Werke entnommenen Abbildung der Ic. zootom. verwandt worden. — 2) Ibid. E. — 3) Ibid.D. — 4) Ibid. €. B. A. — 5) Ibid. GC. — 6) Ibid.B. u. Ak. — 7) Ibid. A. S)uolbidinbe babir— 9) Ibid. a. a. — 10) Ibid. C. 11) Vergl. das angeführte Werk von Savigny Pl. II. 12) Eine Abbildung der Mundtheile von Gammarus pulex hat Erichson in den „Entomographien“ Tab. I. geliefert. — Vergl. ausserdem Savigny l.c. Pl. IV. Hautskelet u. Bedeckungen d. Rrustenthiere. 175 Mandibeln und das zweite Kieferpaar sind mit Tastern versehen. Man nimmt hier an den beiden Maxillenpaaren zwei Laden wie bei den Or- thopteren wahr. Nur das Beinpaar des ersten Thoracalsegmentes ist zum Kieferfusse umgewandelt. Seine Coxen sind zu einem unterlip- penartigen Theile verwachsen, an welchem man ebenfalls eine innere und eine äussere Lade unterscheidet. Die übrigen Beinglieder dieses Beikiefers sind zu einem Taster umgeformt. Aehnlich verhält sich das einzige Kieferfusspaar bei den Isopo- den !). Von den Kiefern sind dagegen nur die Mandibeln mit einem Taster versehen , aber nicht mehr bei allen Gattungen. Auch bei den Lämodipoden kommen tasterlose Mandibeln und eine dahinter gelegene vierlappige Zunge 2) vor. Die beiden Maxillen- paare stehen aber nicht mehr hinter-, sondern nebenemander in einer Reihe. Doch sind sie noch nicht miteinander verschmolzen, ein Um- stand , welcher bei den Myriapoden eintritt. Ebenfalls ungemein mannichfaltig gestaltet sind endlich noch die Beine 3) der Crustacea malacosiraca. Man trennt sie in ächte und falsche oder Afterfüsse. Die eigentlichen Locomotionsorgane gehören der vorde- ren Abtheilung des Abdomen und in denjenigen Fällen, wo nicht alle Anhänge des Thorax, sondern nur die des ersten Ringes an die Mundorgane übergegangen sind, auch den beiden letzten Segmenten desselben an. Sie sind daher entweder zu fünf (Decapoden) oder zu 7 Paaren (lsopoden) vorhanden. Sie bestehen aus einer Anzahl be- weglich mit einander verbundener Stücke und lassen dieselben Ab- theilungen wie die Beine der Insekten erkennen, zeigen jedoch im Ue- brigen sehr beträchtliche Differenzen in Grösse, Stärke und Form, so- wohl bei den verschiedenen Gattungen als auch untereinander bei ei- nem und demselben Thiere. Sie trennen sich nach der Lebensweise in Schwimm - und Gehfüsse. Die ersteren, wie sie bei vielen Brachy- uren gefunden werden , zeichnen sich dadurch aus, dass die einzel- nen Glieder blattförmig zusammengedrückt sind. Bald ist nur das letzte Beinpaar (Carcinus), bald sind 4 Paare (Matuta) in dieser Weise um- gestaltet. Das erste Beinpaar ist bei den Decapoden , sowohl Macrou- ren als Brachyuren, in der Regel gross und dick und in ein Greifor- gan, die sogenannte Scheere verwandelt (Flusskrebs), indem das vorletzte Glied (die Hand) aufgetrieben und mit einem unbeweglichen l) Ueber den Mangel der Mundtheile bei der Gattung Bopyrus vergl. H. Rathke, de Bopyro et Neräide. Rigae et Dorpati 1837. 2) Roussel de Vauzeme am angeführten Orte hat irrthümlich die Zunge für ein Maxillenpaar gehalten. 3) Vergl. hierüber C. Desmarest Considerations etc. 32; ferner die Schrif- ten von M. Edwards u. Savigny; endlich Erichson |. c. 176 Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. Fortsatz (index) versehen ist, gegen welchen das Endglied ( pollex) beweglich eingelenkt ist. — Andere, den Thoraxsegmenten angehö- rige Greiforgane kommen vor bei den Amphipoden und andern Ord- nungen. Sie bestehen hier aus emem mit einer Klaue bewaffneten Endglied, welches gegen das vorletzte knieförmig eingeschlagen wer- den kann (Gammarus). Bisweilen nehmen auch noch die beiden er- sten Beinpaare des Abdomen an dieser Metamorphose Antheil. Dage- gen sind die beiden letzten Brustfüsse bei den Isopoden durchaus mit den fünf Bauchfüssen gleich gestaltet, so dass hier 7 Beinpaare her- auskommen. Eine eigenthümliche Anomalie zeigen manche Krebse (Schizopoden) dadurch, dass die Beine doppelte Endglieder führen (Mysis). Die Füsse sind noch mit manchfachen Anhängen versehen. Diese sind entweder tasterförmige oder blattarlige, zur Respiration (Amphi- poden) oder, zum Tragen der Eier (Isopoden) dienende Gebilde, oder büschel- und kammförmige Kiemen (Decapoden) (vergl. unten bei den Athmungswerkzeugen). Die falschen oder Afterfüsse zeigen dieselbe Variabilität. Sie sind in verschiedener Anzahl vorhanden, in Uebereinstimmung mit der grössern oder geringern Entwicklung des Schwanztheiles des Abdomen, welchem sie angehören, werden jedoch nur bei dem höchsten Grade von Schwinden desselben, wie bei Cyamus, vermisst, während man sie noch bei den Brachyuren antrifft. Sie sind im Allgemeinen viel weniger entwickelt, als die Beine des Proabdomen, und fungiren nur noch selten bei der eigentlichen Ortsbewegung als Spring- oder Stützorgane des Kör- pers, betheiligen sich häufiger bei der Respiration, indem sie entweder zu blattförmigen Kiemen werden oder fadenförmige Kiemenbüschel (Squilla) tragen, oder bei den Geschlechtsfunctionen sowohl bei den Männchen (Rutke und Hülfsruthe des Flusskrebses), als den Weibchen, wo sie die Eier tragen (s. unten bei den Geschlechtswerkzeugen). Die übrigen Ordnungen der Krustenthiere differiren so sehr hin- sichtlich ihres Skeletbaues von einander und entfernen sich zum Theil soweit von den eben geschilderten Verhältnissen der Malacostraceen, dass hierdurch ein genaueres Eingehen auf diese Bildungen erfordert wird. Bei den Myriapoden!) besteht der Körper aus dem Kopf, der hier nur ein Antennenpaar, wie bei den Insekten, trägt und aus einer im Allgemeinen grossen Anzahl von beweglich mit einander verbunde- nen, durchaus gleichförmigen Ringen. Bei näherer Betrachtung findet man, dass diese Vermehrung der Segmente nur das Abdomen betrifit, 1) Vergl. hierüber Kutorga, Scolopendrae morsitantis anatome. Petropoli 1534. 4to; Erichson am angeführten Orte; den Artikel „Myriapoda“ von New- port in Todd’s Cyclopaedia; endlich Savignyl. c. Pl. Iu ll. Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. 177 an welchem denn auch bei der Gleichförmigkeit aller Ringe der Un- terschied zwischen vorderer und hinterer Abtheilung verschwunden ist. Der Thorax hat keine derartige Vermehrung erfahren. Er erscheint da- her entweder mit all seinen dreien (Chilognathen) oder nur mit einem einzigen Ringe (Chilopoden). Die Beine finden sich an einem jeden Ringe entweder, wie ge- wöhnlich, nur zu einem (Chilopoden) oder auch zu 2 Paaren (Chi- lognathen) (mit Ausnahme der drei Brustringe,, welche nur mit ein- fachen Beinpaaren versehen sind), ein Umstand, der vielleicht auf eine Verschmelzung von immer zwei Ringen hindeutet. Die Beine neh- men an jener Einförmigkeit des Körpers ebenfalls Theil, sind immer kurz, bei den Chilopoden stärker und kräftiger als bei den Chilogna- then und klauenförmig geendigt. Mit ihnen stimmen auch diejenigen Füsse des Thorax, welche nicht zu den Mundwerkzeugen hinzugetre- ten sind, überein. Die letzteren beobachten den allgemeinen Typus der Krustenthiere. Sie bestehen, z. B. bei Scolopendra morsitans, aus einer grossen starken Oberlippe !), einem Paar Mandibeln 2), welche nur noch ein kleines Rudiment eines Tasters führen und zwei tasterlo- sen Unterkieferpaaren, von welchen das äussere Paar das innere an Grösse bedeutend übertrifft. Diese in einer Reihe gelegenen Unterkiefer sind noch ausserdem miteinander verschmolzen und stellen so eine Art von Unterlippe 3) dar. Hieran reihen sich noch als Hülfsapparate die zwei ersten Beinpaare des Thorax, welche beide gleichfalls durch die Verwachsung ihrer Coxen eine Art von Unterlippe bilden. Die des Me- sothorax 4) ist besonders gross und stark und mit einer scharfen Klaue geendigt, während die des Prothorax 5) viel feiner ist und mit ihren übrigen Beingliedern ebenfalls einen Taster herstellt, der hier zwar noch mit einer Klaue geendigt ist, dagegen diese bei Scutigera ver- liert. Die Mundtheile der Juliden 6) verhalten sich auf eine ähnliche Art, nur ist hier blos das erste Fusspar des Thorax zu ihnen hinzuge- treten , wobei es ebenfalls die Form einer mit einem gegliederten Ta- ster versehenen Unterlippe angenommen hat. Eine ähnliche Vermehrung der Segmente des Hinterleibes wird bei den Phyllopoden gefunden; so bei Branchiopus oder in einem noch höheren Grade bei Apus ?); allein die Differenz zwischen einer vorderen und hinteren Abtheilung des Abdomen hat sich hier erhalten. So unterscheidet man bei Apus einen ungegliederten Cephalothorax, an dessen Seiten ein grosser breiter Rückenschild befestigt ist, und ein aus 34 Ringen bestehendes Abdomen. Die vordern 11 Ringe dessel- 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXX. E — 2) IbidC. — 3) Ibid.D. 4) Ibid. A. — 5) Ibid. B. 6), Verel..Savieny.l..c.. Bl: 1. 7) S. d. Abbildung bei Savigny Pl. VI. Wagner’s Zootomie. I. 12 178 Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. ben machen den Brusttheil aus und sind mit einer gleichen An- zahl von Fusspaaren versehen, während der Schwanztheil bei sei- nen 23 Ringen deren etwa 49 Paare besitzt, welche jedoch nur seine vorderen Segmente einnehmen, so dass die 5 oder 6 letzten ohne Anhänge bleiben, mit Ausnahme des Endringes, welcher zwei lange vielgliedrige Schwanzborsten trägt. Die Beine, welche mithin ungefähr zu 60 Paaren vorhanden, sind so gestellt, dass sie in der Mitte eine Rinne zwischen sich lassen. Sie bestehen aus drei Gliedern und ei- ner Anzahl von Anhängen, von welchen besonders zwei blattförmige durch ihre Function als Kiemen wichtig sind. Eine Ausnahme hiervon macht nur das erste Paar, welches von ansehnlicher Grösse und mit vier rankenförmigen Fortsätzen versehen ist, und das 11te Paar, wel- ches statt der Kiemen eine Art von runder Eiertasche führt. Was die übrigen Anhänge des Körpers betrifft, so differiren sie bei den einzelnen Gattungen dieser Ordnung nicht unbeträchtlich. Bei Apus finden sich auf der Oberfläche des Rückenschildes weit nach vorne zwei grosse, dicht beisammen gelegene Augen und dahinter noch eine kleine, früher als drittes Auge gedeutete, Erhabenheit. Die Fresswerkzeuge bestehen aus einer grossen, fast viereckigen Oberlip- pe, einem Paar sehr starker, mächtiger Oberkiefer, einer zweigetheil- ten Zunge und zwei Paar Maxillen. Die Thoraxfüsse sind im erwach- senen Thiere schwer aufzufinden und mit Ausnahme des ersten Paa- res verschwunden. Dieses ist der über der Mundöflnung gelegene und gewöhnlich als Antenne bezeichnete Theil. — Bei Branchiopus dagegen finden sich gestielte Augen und ein doppeltes Antennenpaar vor, von welchen das eine ganz eigenthümlich in zwei grosse kanlige Hörner verwandelt ist. Gleichzeitig hat die vor den Mundtheilen gelegene Par- tie des Kopfes eine starke Ausbildung erfahren. Bei den Lophyropoden!) wird der Leib des Thieres bald von einer grossen und zweiklappigen Rückenschale umschlossen, welche bisweilen den Kopf frei lässt (Daphnia), zuweilen aber auch diesen einhüllt (Cypris), oder der Körper bleibt nackt (Cyelops). Man findet an ihm die gewöhnlichen Theile, einen Cephalothorax und ein mit die- sem in Verbindung stehendes Proabdomen, welches gegliedert aber nur aus einer geringen Anzahl von Segmenten zusammengesetzt ist. Hieran schliesst sich noch ein Postabdomen von schwanzförmiger Gestalt. Da dieses mit Ausnahme zweier Endborsten (wie bei Cypris) ohne oris- bewegende Anhänge ist und das Proabdomen nur aus wenigen Seg- menten gebildet wird, so ist auch die Anzahl der (hinter den Mund- theilen gelegenen) Beine eine geringe und nur 4 oder 5 Paare betra- 1) Vergl. hierüber Straus - Dürkheim, über Daphnia Mcm. du Mu- scum. V. — Ferner über Euadne Nordmanni Loven in Wiegmann’s Archiv 1838. — Ueber die Gattung Hersilia Philippi in derselben Zeitschrift von 1839. Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. 179 gend, welche aus cylindrischen Gliedern bestehen und mit Borsten besetzt sind. Die Mundtheile werden von 3 Kieferpaaren gebildet. Vor ihnen gelegen befinden sich noch 2 Paare von Anhängen , welche ge- wöhnlich als Antennen erscheinen und als solche beschrieben werden, vielleicht aber auch den beiden ersten Beinpaaren des Thorax entspre- ‘chen, wo dann die hinter den Fresswerkzeugen gelegenen Beine dem letzten Brustringe und dem Proabdomen angehören würden. | Unter den parasitischen !) Krustenthieren findet sich bei den ‚höheren Formen (den Siphonostomen) noch so ziemlich scharf der Ty- 'pus der Klasse ausgeprägt, wie bei Caligus, Argulus, Cecrops. Es be- steht ihr Körper, z.B. der des Caligus, aus mehreren Abschnitten, einer von einem Rückenschild bedeckten vorderen Abtheilung, welche von dem (kleinen) Cephalothorax und dem Brusttheil des Abdomen gebildet wird, und einer aus mehreren Stücken bestehenden hinteren Partie, dem Postabdomen. Bei Argulus findet sich ein grosser, breiter, nach den Seiten flügelförmig verlängerter Rückenschild, in dessen Ausschnitt das schmale Abdomen gelegen ist. Die Anhänge des Körpers betref- fend, so findet man im Allgemeinen auch hier ein Paar Antennen und 3 den rüsselförmig vortretenden Mund umgebende Kieferpaare (Caligus). Bei Argulus liegt über dem Munde ein grosser vorschiebbarer Mundstachel und zur Seite die, wie es scheint, verkümmerten Mundwerkzeuge als zwei breite, flügelförmige Hornplättchen. Die Thorax- oder Kieferfüsse sind zu 3 vor und neben der Mundöffnung gelegenen Paaren vor- handen. Die beiden ersten Beine, die über dem Munde liegen, sind stets Klammerorgane, die beiden letzten Paare endigen entweder haken - und klammerförmig (Caligus) oder mit fleischigen Sauglappen (Pandarus). Hieran schliessen sich endlich noch 5 bis 6 Paar Abdo- minalbeine. Diese sind entweder zwei gespaltene Schwimmfüsse (Ar- gulus) oder* sie sind zum Theil mit büschelförmigen Kiemen versehen (so das vierte und fünfte Beinpaar der Gattung Caligus). Eine eigen- thümliche Metamorphose hat das erste Beinpaar bei Argulus erfahren, wo es nämlich zu zwei grossen, starken Saugnäpfen umgestaltet ist, während das zweite Paar als starke Klammerfüsse fungirt. Bei den niedern Schmarotzerkrebsen verwischt sich der Typus der Crustaceen immer mehr und mehr. Ihr häufig sonderbar gestal- teter Körper lässt bisweilen noch Spuren von Gliederung und die gros- sen Hauptabtheilungen (Achtheres) erkennen, bisweilen aber besteht 1) Vergl. hierüber v. Nordmann, micrographische Beiträge 1829 u. 31.; (na- mentlich über die niederen Formen der Schmarotzerkrebse); ferner Milne Ed- wards Tom. III; Erichson am angegebenen Orte; Burmeister, Beschreibung einiger neuen oder weniger bekannten Schmarotzerkrebse (Acta Acad. Caes. Leop. Vol. XVII). Ueber die Gattung Argulus die monographische Arbeit von C. Vogt, zur Naturgeschichte der Schweizerischen Crustaceen. Neuchatel 1843. 12 * 180 Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. | er nur in einem einfachen unartikulirten Schlauch, an welchem die Biersäcke die einzigen Anhänge sind (Lernaea), mit Ausnahme der zur Befestigung dieser Geschöpfe bestimmten Fortsätze. Diese sind sehr wechselnd gestaltet; bald bestehen sie in zwei starken Armen, welche miteinander verwachsen und an dieser Stelle mit einem Knöpfchen versehen sind (Achtheres, Tracheliastes), bald aus zwei mit starken Haken geendigten Klammerfüssen (Chondracanthus) oder auch in lappigen Fortsätzen, welche dem ganzen Kopfe aufsitzen (Lernaeocera). Die an- | | dern Anhänge, die ortsbewegenden Werkzeuge, sind gewöhnlich ver- kümmert vorhanden (Achtheres), ebenso die Antennen und die Mund- theile. Diese bestehen häufig in einem mit Mandibeln und einem Bei- kieferpaar versehenen Saugmund (Tracheliastes, Achtheres). Von die- sen seltsamen Geschöpfen sitzen nur die weiblichen Thiere fest. Sie sind viel grösser als die noch wenig bekannten Männchen , welche frei leben und mit einer etwas höheren Organisation begabt sind (z. B. bei‘ Achtheres). Die Poecilopoden mit ihrer einzigen Gattung Limulus !) be- sitzen einen breiten und flachen Körper, welcher von 3 Theilen zu- sammengesetzt wird, einem vorderen, breiten, durch Längsfurchen in drei Felder abgetheilten Schilde, welcher zwei ovale Augen trägt, ei- nem mit ihm beweglich verbundenen, ähnlichen, hinteren Gebilde, da kleiner ist, und einem dolchförmigen, ungegliederten, an dem letzten Schilde artikulirenden Schwanz. Vor ihm liegt die Afteröffnung. Die vordere Schale dürfte, wie bei den Decapoden, aus einer Verschmel- zung von Cephalothorax und Brusttheil des Hinterleibes hervorgegangen sein, wo alsdann der hintere Schild dem Postabdomen entsprechen würde, eine Ansicht, welche besonders durch die Anhänge des Kör- pers bestätigt wird 2). Diese sind nämlich, da merkwürdigerweise die eigentlichen Fress- werkzeuge, Mandibeln und Maxillen, gänzlich fehlen, Beine, welche zu- gleich die Function der Mundtheile übernommen haben. Sie sind zu 6 Paa- | ren um die Mundöflnung vorhanden. Ihre Goxen sind besonders gross und ' stark, und so gestellt, dass zwischen ihnen eine Längsfurche frei bleibt. Ihr innerer Rand ist mit Borsten und einer mehrfachen Reihe von Dornen besetzt, eine Structur, durch welche die Zerkleinerung der Nahrungs- 1) vergl. hierüber die treffliche Monographie von van der Hoeven, recher- ches sur l’'histoire naturelle et ’anatomie compar6de des Limules. Leyde 1838. fol. und die ihr beigegebenen schönen Abbildungen; ausserdem die angeführte Schrift von Savigny Pl. VII. 2) Man hat diese Theile auch ganz anders interpretirt, indem man in dem ersten Schild den Cephalothorax, in dem zweiten den vorderen Theil des Abdomen und in dem dolchförmigen Anhange den Schwanz sah. Ebenso sind die drei ersten Beinpaare als Mundwerkzeuge (Mandibeln und zwei Maxillen) gedeutet worden, wo dann die drei letzten Beinpaare in die Klasse der Kieferfüsse kamen. | Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. 181 ‚ mittel offenbar erleichtert wird. An diese Hüfte reihen sich noch fünf \ Glieder, deren letztes mit dem vorletzten eine Art von Scheere bildet. Von dieser angegebenen Structur differiren nur das erste und letzte Beinpaar. Jenes ist über der Mundöffnung gelegen , ebenfalls schee- renförmig geendigt, aber kleiner und nur aus drei Gliedern bestehend. Es ruht auf einem blattförmigen oberlippenartigen Theile (den ver- schmolzenen Coxalgliedern). Das sechste Fusspaar ist an seiner Hüfte mit einem langen, lanzettähnlichen Fortsatz versehen, trägt aber auf seinem fünften Gliede nicht ein einfaches, sondern fünf verschieden ge- staltete Stücke. Als Rudiment eines siebenten Fusspaares kann viel- leicht ein kleiner blattförmiger Anhang betrachtet werden, welcher dicht hinter dem sechsten Paare mit dem Körper beweglich einge- lenkt ist. Die 6 Paar Gliedmassen des hinteren Schildes sind eine eigenthüm- liche Metamorphose eingegangen, indem die beiden eines jeden Paares zu blattförmigen Anhängen verschmolzen sind. An der hinteren Flä- che des ersten Paares befindet sich bei beiden Geschlechtern die dop- pelte Geschlechtsöffnung. Vom zweiten Paare an sind an den Seiten- theilen dieser blattförmigen Anhänge eine Anzahl Kiemenblätter be- festigt. Bei keiner Ordnung der Crustaceen bieten Form und äussere Be- deckungen eine so völlige Abweichung dar, wie bei den Girrhipe- dien !). In ihnen scheint der Typus der Mollusken mit dem der Kru- stenthiere verschmolzen zu sein, indem ihr Körper von einer kalkigen Schale bedeckt wird. Diese besteht bei Anativa aus mehreren grossen Stücken, nämlich einem unpaaren Rückenstück, aus zwei grösseren ‘vorderen und zwei kleineren hinteren Seitenstücken. Diese Theile, ‚die etwas von einander abstehen, werden durch eine feste Membran, den sogenannten Mantel 2), zusammengehalten. Am Vorderrande schlies- sen Rücken- und Seitenstücke nicht, sondern hier findet sich eine derbe Membran , welche sich in einen fleischigen, runden, stielförmi- gen Fortsatz 3) verlängert. Mit diesem Theile %) ist das Thier fest- gewachsen. Die Oeflinung der Schale befindet sich an der untern oder Bauchseite und erscheint als ein länglicher Schlitz, aus welchem die Füsse 5) hervorragen. 1) Ueber die Cirrhipedien liegen zahlreiche Arbeiten vor. Cuvier, memoire sur les animaux des Anatifes et des Balanes et sur leur anatomie. — Burmei- ster, Beiträge zur Naturgeschichte der Rankenfüsser. 1831. — Martin St. Ange, memoire sur l'organisation des Cirripedes. 1835. — Dann der Artikel Cirrhopoda, in Todd’s Cyclopaedia. 2) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XIX. d. — 3) Ibid. e. und a. 4) Welcher, wie sich aus der Entwicklung der Thiere ergiebt, das verwach- sene erste Brustfusspaar ist. 5) Ic. zootom. Tab. XXV1. fig. XIX. e. 182 Hautskelet u. Bedeckungen d. Krustenthiere. Der Körper des Thieres !), welcher nur durch zwei starke Mus- keln mit den vorderen Seitenstücken in Verbindung steht, passt sich der Form der Schale an, ist mit einer weichen und feinen Hülle 2) he- deckt, ohne scharf ausgesprochene Gliederung, nur mit den Fusspaaren entsprechenden Anschwellungen. Vorne ist er rund, nach hinten spitzt er sich zu. An dem Hintertheile befinden sich 6 Paar rankenförmiger Füsse (Cirrhen 3)), die 2 einfache Grundglieder besitzen, welche immer eine doppelte vielgliedrige, mit Borsten besetzte Ranke tragen. Das Ende des Körpers ist ein langer schwanzförmiger Anhang 4) (gewöhn- lich als Ruthe bezeichnet), an dessen Spitze die Oeflnung der männ- lichen Geschlechtsorgane gelegen ist. Er wird gewöhnlich während des Lebens von dem Thiere nach vorne umgeschlagen zwischen den Beinen getragen; vor ihm liegt die Afteröffnung >). An dem Vordertheile des Körpers findet man beim erwachse- nen Thiere weder eine Spur von Antennen, noch von Augen, dage- gen auf einer Erhöhung gelegen einen Mundapparat 6), welcher vollkom- men den Typus der Krustenthiere einhält. Er besteht nämlich aus ei- ner grossen, zirkelförmigen Oberlippe ?), welche hier einen kleinen be- weglichen Fortsatz trägt, aus tasterlosen, an ihrem inneren Rande ge- zähnten Mandibeln ®), aus einem ähnlichen zweiten Kieferpaare 9) und aus einem dritten Kieferpaare oder einer Unterlippe 19). Endlich sind zur Seite der Mundwerkzeuge noch vier gekrümmte, zugespitzte Läppchen 1!) gelegen , welche im Allgemeinen als die Kie- men dieses Thieres betrachtet werden. Mantel und Schalenstücke gehen bei den andern Gattungen man- nichfache Veränderungen ein; so kann sich die Zahl der Schalenstücke beträchtlich vermehren (wie bei Pollicipes), oder umgekehrt können diese kleiner werden (Cineras), oder ganz schwinden (Otion). Die Balanen besitzen einen aus vier Stücken bestehenden Deckel, der vielleicht den vier seitlichen Schalenstücken der Lepaden ent- spricht, und ein das Thier umgebendes Gehäuse, welches aus sechs fest verwachsenen Stücken zusammengesetzt wird. Sonst ist trotz der grossen Verschiedenheit dieser äusseren Bildungen der Körper dieser Thiere dem der Lepaden ähnlich 12). 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XX. — 2) Ibid. aa. — 3) Ibid. . fe. fh. — 4) Ibid. c. und XXI. h. — 5) Ibid. XX. b. und XAllI. e. — 6) Ibid. XX. d. 7) Eine (jedoch nicht ganz exacte) aus Martin St. Ange’s oben citirter Schrift entnommene Abbildung der Mundtheile in fig. XXI. der XXVlIsten Tafel der Ic. zootom.; bei a. die Oberlippe. 8) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XXI. b. — 9) Ibid. c. — 10) Ibid.d. 11) Ibid. XX. e. e. 12) Erichson in seinen Entomographien hat einen geistreichen Versuch ge- macht, diese Bildungen des äusseren Skeletes der Cirrhipedien auf den Typus der Museulatur der Krustenthiere. 185 Musculatur der Rirustenthiere }). Die Muskeln dieser Klasse schliessen sich in ihrer histologischen Structur vollkommen an die der Insekten und Arachniden an und zeichnen sich durch ihre deutliche und starke Querstreifung aus. Durch die häufig so bedeutende Gliederung des Grustaceenkör- pers, so wie durch die grosse Anzahl fussartiger Anhänge, wird na- türlich eine ansehnliche Menge einzelner Muskeln erfordert, und so fin- det man denn hier im Allgemeinen eine beträchtliche Ausbildung die- ses Systemes. Die Insertion der Muskeln findet, vollkommen wie bei den Insekten, theils an den äusseren Integumenten selbst, theils an den Verlängerungen statt, welche das Hautskelett nach Innen absen- det. Häufig wird dieser Ansatz mit Hülfe grosser, starker Sehnen be- werkstelligt. Durch die Art der Bewegung, welche das Skelet erlaubt, theilen sich die Muskeln ihrer Function nach in zwei grosse Gruppen, in Strecker und Beuger. Die Streekmuskeln verlaufen im Allgemeinen an der Rückenseite des Körpers und werden durch verschiedene Höcker und Fortsätze, welche die Ringe nach Innen aussenden, unterstützt. Bei der Extension tritt immer ein Ring mit seinem vorderen Rande etwas unter den hinteren Rand des vorhergehenden. Hierdurch wird es unmöglich gemacht, dass auch bei der stärksten Streckung der Körper von seiner hori- zontalen Linie abwiche und sich nach oben krümmte. Die Beugemuskeln verlaufen an der Bauchseite des Körpers, und ihrer Thätigkeit ist dadurch ein viel grösserer Spielraum gegeben, dass die Verbindung der einzelnen Ringe am unteren Bogen eine viel we- niger feste ist und sich hier ansehnliche verbindende Membranen vor- finden. Nach diesen Verhältnissen ist die Anordnung der Muskeln bei den Krustenthieren eine ziemlich einfache. Es hat nämlich ein jeder}Ring Krustenthiere zu reduziren. Er vergleicht die Schalenstücke der Lepaden mit den Tergal-, Epimeral- und Episternalstücken eines Ringes. In der vorderen, die Mund- theile tragenden Abtheilung erblickt er den Cephalothorax, in der von ihm nicht abgetrennten folgenden Partie den Brusttheil und in dem sogenannten Penis den Schwanztheil des Hinterleibes. Die 6 Beinpaare entsprechen nach ihm den Anhän- gen des Mesothorax, Metathorax und des Abdomen. Auf denselben Typus sucht er ebenfalls die Balanen zurückzuführen (pag. 23). 1) Eine durchgeführte, genaue Untersuchung der Musculatur der Krebse liegt nicht vor. Einiges dahin Bezügliche findet sich bei M. Edwards |. c. Tom. 1. p-151 etseq. Eine Abbildung der Muskulatur des Apus cancriformis hat Zaddach in seiner eitirten Abhandlung gegeben. Ueber die Muskeln der Scolopendra vergl. Kutorga Scolopendrae morsitantis anatome. Petropoli 1834. 4to. 184 Museulatur der Krustenthiere. seine bestimmten Muskelbündel, welche nach ihrer Lage als Extenso- ren oder Flexoren zu wirken bestimmt sind und immer von einem Ringe ausgehen, um sich an den benachbarten zu fixiren. Zu einem sehr hohen Grade von Ausbildung gelangt die Muscu- latur in dem sogenannten Schwanze der langschwänzigen Decapo- den z. B. beim Flusskrebs , beim Hummer. Die Extensoren dieses Theiles bestehen aus zwei Lagen, einer oberflächlichen hautartigen Muskelschicht und einer tieferen. Die ober- flächliche besteht nur aus Longitudinalfasern, welche immer vom vor- deren Rande eines Ringes entspringen und sich am gleichen Rande des nächstfolgenden inseriren, eine Anordnung, durch welche grade das theilweise Untereinanderschieben der Segmente möglich wird. Diese oberflächliche Schicht zerfällt jederseits in zwei Fascikel, einen innern graden Bündel und einen äusseren, welcher schief von vorne nach hinten verläuft. — Die tiefere Schicht der Streckmusk« ',sist von einer viel grössern Mächtigkeit. Sie verhält sich in ihrer Bildung grade um- gekehrt wie die obere, indem ihr äusseres Bündel gerade, ihr inneres dagegen schief verläuft. — So ist jedoch das Verhältniss nicht an al- len Schwanzringen, denn am sechsten Ringe fehlt die oberflächliche Lage ganz und statt der beiden Bündel der unteren findet sich nur ein Paar schief verlaufender Fascikel. Die am ersten Schwanzring be- findlichen Strecker sind viel grösser; sie setzen sich an den Seiten der Schale fest und bilden hierdurch einen Zwischenraum, in welchem das Herz und andere Eingeweide liegen, während sich an ihrer äusse* ren Seite die Kiemen befinden. Die Beugemuskeln bestehen ebenfalls aus zwei Lagen, einer oberflächlichen, unter dem Hautskelet befindlichen, und einer tiefer gelegenen. Die oberflächliche Lage ist sehr dünn, von Längsfasern ge- bildet. ‘ Diese inseriren sich immer an der zwischen zweien Ringen gelegenen Membran , indem sie von dem hinteren Rande des nachfol- genden Ringes abgehen. Diese Schicht ist an den ersten Ringen sehr breit, schwindet jedoch allmälig, so dass man sie an dem fünften nur spärlich vorfindet und am sechsten gänzlich vermisst. Dagegen ist die innere tiefere Lage der Beugemuskeln von der grössten Stärke, so dass sie an Masse einen grossen Theil der Ringe einnimmt. Ihre Structur ist eine sehr complizirte, indem hier longitu- dinale, transversale und schiefe Fasern sich aufs Mannichfaltigste kreuzen 1). 1) Vergl. hierüber die sehr genauen Angaben von Milne Edwards und die 13te Tafel seines Atlasses. — Weniger genau untersucht ist die Musculatur des Schwanztheiles des Hinterleibes beim Flusskrebs. Vergl. hierüber Suckow ana- tomisch - physiologische Untersuchungen der Insekten und Krustenthiere 1818 und Museulatur der Krustenthiere. 185 Diese eigenthümliche Musculatur fehlt bei den Brachyuren und den folgenden Abtheilungen der Crustaceen. Es scheint bei den letzteren nur die obere Lage der Beuger vorhanden zu sein. Besondere Muskelmassen versorgen die Anhänge des Körpers (Fluss- krebs); so die beiden Antennenpaare und die Fresswerkzeuge. Hier zeichnet sich besonders ein Oberkiefermuskel!), welcher vom Rü- ckenschild entspringt und mit einer starken Sehne zur Mandibel tritt, _ durch seine besondere Grösse und Stärke aus. Schwächer sind die für die Maxillen bestimmten Muskelmassen. Eine viel ausgebildetere Musculatur findet sich in den drei Kieferfüssen vor. Die Muskeln der fünf Gehfusspaare stimmen mit einander überein, nur dass die verschiedene Form und Grösse der Lokomotionsorgane hier einige kleinere Veränderungen nothwendig mit sich bringt. Am stärksten entwickelt sind die des ersten Beinpaares oder der Scheere. Ihre Basalgli \“. werden von zweien aus dem Innern des Körpers entspringenden Muskeln regiert, deren einer (Exiensor) sie nach hin- ten zieht, während der andere (Flexor) sie nach vorne bewegt. Die übrigen Glieder erhalten immer dieselben zwei Muskeln, einen Exten- sor und Flexor, die von dem einen in’s andere Glied hinübergehen. Die grösste Ausbildung erreichen sie im vorletzten Gliede. Der für die Beugung des Endgliedes (des Pollex) bestimmte Muskel wird zum stärksten aller Beine, während der Extensor eine geringere Mächtig- keit besitzt. Andere zum Verdauungsapparat gehörende Muskeln finden dort ihre Stelle. An dem so einfach gebildeten Körper der Myriapoden (Scolo- pendra) zeigt die Musculatur ebenfalls eine gewisse Uebereinstimmung und Einförmigkeit. Es finden sich besondere für die Antennen und Mandibeln be- stimmte Muskeln, welche in diesen Organen endigen und an der Rü- ckenfläche des Körpers ihren Ursprung nehmen , während die, welche die Unterkiefer und Kieferfüsse regieren, von der Bauchfläche herkommen. Mit diesen theilen denselben Ursprung die für die Beine bestimmten Mus- keln, welche zu zwei Paaren vorhanden sind, im ersten Glied derselben endigen und sie nach hinten und vorne bewegen. Die übrigen Muskeln gehören theils der Rücken-, theils der Bauch- fläche des Körpers an. Die ersteren sind folgende: ein Paar gerader Muskeln, welche zu die Abbildung Tab. XXVL. fig. I. der Ic. zootom. Doch dürfte sie sich im Allge- meinen sehr übereinstimmend mit der des Hummers verhalten. Die Buchstaben |. |. stellen die Extensoren dieses Theiles dar, sowie die die Schwanzflossen bewegenden Bündel. 1) Ic. zootom. Tab. XXVI fig. I. e. und I. f. 186 Musculatur der Krustenthiere. beiden Seiten der Medianlinie des Körpers gelegen sind, von dem vor- dern Rande eines Ringes entspringen und sich an den Hinterrand des nächst folgenden inseriren (musceuli dorsales recti). Kin Paar schie- fer oberer Bündel, welche an ihrem vorderen Ende mit den vorher- gehenden einen gleichen Ursprung haben und mit ihrem hinteren Ende | sich an die Seitentheile des Segmentes festsetzen (m.m. dorsales ob- liqui superiores). Ein Paar tiefer gelegener, schiefer Muskeln (m. m. dors. obliqui inferiores) beobachten in ihrem Verlaufe grade die um- gekehrte Richtung. Endlich noch quer verlaufende Muskeln (m. m. dors. Iransversi), welche mit ihrem breiten inneren Ende von der Mittelli- nie der Segmente kommen und sich etwas nach hinten wendend mit ihrem schmalen Ende an die Seiten der Ringe befestigen. Sie dienen dazu, die Luft aus den Tracheen auszutreiben. Ebenso finden sich an der Bauchfläche ähnliche Muskeln !. So kommen dieselben geraden (musc. ventrales recti interiores) vor, nur mit dem Unterschiede, dass sie vom hinteren Rande eines Ringes zu dem gleichen des folgenden treten. An dem Aussenrande inseriren auf die nämliche Weise andere Bündel (m. m. ventrales recli exte- riores). Ferner Muskeln, welche schief von vorne und aussen nach hinten und innen verlaufen (m. m. ventr. obliqui). Endlich findet sich noch ein besonderes System querer Muskeln, welche in gleicher Weise wie die auf der Rückenfläche gelegenen bei der Exspiration be- theiligt sind. Es ist dieses einmal ein Paar querer, von innen nach vorne und aussen laufender Bündel (m. m. ventr. obliqui) und dann noch ein quer durch den Körper tretender unpaarer Muskel ( muscu- lus ventralis impar ). Auch bei niedriger stehenden Krustenthieren, wie bei Branchiopus und Apus, wird eine ausgebildete Musculatur angetroffen. Bei letzte- rem Thiere haben die Muskeln einige Eigenthümlichkeiten, einmal eine grosse Weichheit und dann noch diejenige, dass nicht bloss einzelne Fasern, sondern auch ganze Muskeln innig miteinander verbunden sind, so dass einzelne Bündel von dem einen Muskel in den andern herü- bergehen und noch eigene Bündel immer zwei Muskeln miteinander verbinden. Höchst ausgebildet ist der Muskel der hier sehr starken Mandibeln, der transversal von einem Öberkiefer zum andern verläuft und mehreren andern Muskeln zum Ansatze dient, wie denen der Un- terkiefer, der Speiseröhre und endlich noch zweien durch den ganzen Körper sich erstreckenden Längsmuskeln. Ausserdem sind Rücken- und Seitentheile mit einer grossen Menge kleiner longitudinaler Fas- cikel versehen, die von einem Segmente zum andern gehen. Hieran schliessen sich noch schiefe und querlaufende Muskeln, welche beide 1) Vergl. Ic, zootom. Tab. XXV. fig, XXXI. b. b. Nervensystem der Krustenthiere. 187 aber nur im vorderen Theil des Körpers vorkommen. Die Beine werden ebenfalls durch mehrfache Muskeln, welche von der Bauch- seite des Körpers entspringen, regiert }). Nervensystem der Krustenthiere 2). Die histologischen Elemente des Nervensystemes sind bei den Krustenthieren die nämlichen wie bei Insekten und Arachniden. Beim Flusskrebs finden sich grosse Ganglien und Nervenfasern, welche ebenfalls emen ansehnlichen Durchmesser besitzen 3). Das Nervensystem ist ähnlich dem der Insekten construirt. Es besteht aus den gleichen Theilen, einer auf der Bauchseite des Kör- pers gelegenen Reihe von Ganglien, welche durch Längscommissuren miteinander verbunden werden, dem Bauchmark, einem über dem ÖOesophagus befindlichen Ganglienpaare, dem Gehirn und einem Sy- stem der Mundmagen - oder Eingeweidenerven. Der Bauchstrang besteht ursprünglich aus zwei vollkommen ge- sönderten Strängen, die im Allgemeinen entsprechend den Ringen des Körpers zu Knoten anschwellen und nur in ihren Ganglien durch quer- laufende Verbindungsäste mit einander zusammentreten. So ist das Verhältniss wenigstens m der Embryonalperiode und bei einigen nie- driger gestellten Gattungen. Allem diese primitive Form des Gentralnervensystemes ist nicht die gewöhnliche, sondern bei weitem häufiger stösst man auf eine höhere Centralisation. Diese kann wiederum auf einem doppelten Wege statt haben, nämlich einmal der Länge und dann der Breite nach. Was erstere betrifft, so verschmelzen gar nicht selten einzelne Knoten mit einander zu grösseren ganglionären Massen. Hierdurch wird dann die Zahl der Ganglien eine geringere, eine Verminderung, die bis zu einem hohen Grade statt finden kann. So trifft man anstatt der 13 Paare bisweilen nur 6, ja sogar nur 2 Ganglienmas- sen an. Mit dieser Verschmelzung geht aber gewöhnlich die zweite Hand in Hand, nämlich ein Zusammentreten der beiden Knoten eines jeden Paares zu einem einzigen, eine Verbindung, welche bis zur vollstän- 1) Ueber die Muskeln des Limulus vergl. van der Hoeven’s angeführte Monographie, über die der Schmarotzerkrebse die mikrographischen Beiträge von Nordmann. 2) Eine Zusammenstellung des Nervensystems der Krebse findet sich bei Milne Edwards, hist. nat. d. Crust. Tom. I. Seite 126 — 151. 3) Vergl. Helmholtz, de fabrica systematis nerv. everteb. Berol. 1842. — Hannover, recherches microscopiques etc. Paris 1844. 188 Nervensystem der Krustenthiere. digen Verschmelzung sich steigern kann. An letzterem Verhältnisse nehmen die Längscommissuren ebenfalls einen grösseren oder geringe- ren Antheil, indem sie sich einander mehr oder weniger nähern und oft sehr enge aneinander liegen. Es scheint, dass, wie bei den Insekten, nicht alle Nervenfasern an der Bildung der Ganglien sich betheiligen, sondern dass ein Theil derselben fast ganz gesondert von den übrigen über die Ganglien hin- wegläuft und nur die untere Partie in die Ganglien eintritt. Diese Tren- nung spricht sich schon dem unbewaffneten Auge aus, indem man einen obern und untern Strang leicht unterscheiden kann. Man hat diese Stränge auch hier als motorische und sensible auffassen wollen. Man hat jedoch nicht bei allen Krustenthieren diese Anordnung auffin- den können. Bis jetzt ist sie nur gekannt für Astacus marinus und die Myriapoden !); ebenso kommt sie vor bei Idothea. Dagegen hat man beim Flusskrebs vergeblich darnach gesucht 2). Die von dem Bauchstrange abtretenden Nerven kommen grössten- theils von den Ganglien selbst, einzelne entspringen jedoch auch von den Commissuren. Das Gehirn oder obere Schlundganglion ist nichts anders als ein oberhalb der Speiseröhre im Kopf gelegenes Ganglienpaar, wel- ches gewöhnlich eine etwas stärkere Ausbildung erreicht. Bald besteht es aus zwei durch eine Quercommissur verbundenen Knoten, bald stellt es nur eine einzige Anschwellung dar, an der selbst jede Spur von Trennung verschwunden sein kann. Es sendet Nerven ab zu den beiden Antennenpaaren und zu den am Kopfe gelegenen Sinnesorga- nen. Nach hinten steht es durch zwei starke, den Schlund umfassende Stränge mit dem ersten Knoten des Bauchmarks in Verbindung. Die- ser entspricht jedoch im Allgemeinen nicht dem untern Schlund- ganglion allen, sondern in ihn sind noch ein oder mehrere oder selbst alle Ganglien des Thorax mit eingegangen. Das System der Eingeweide- oder Mundmagennerven 2) ist fast nur für die Decapoden und Myriapoden genauer gekannt. Es be- steht zwar noch bei beiden Klassen aus einem paarigen und unpaaren Systeme, ist aber nur bei den letzteren noch insektenähnlich, bei den Decapoden dagegen beträchtlich differirend. Der Typus eines höher ausgebildeten Grustaceennervensystems fin- det sich am schönsten bei den langschwänzigen Decapoden, z.B. I) Von Newport |. ce. 2) Vergl. Helmholtz |. e. 3) Hierüber ist besonders zu vergleichen Brandt, Bemerkungen über die Mundmagen- oder Eingeweidenerven der Evertebraten, und Newport in den Phil. Transact. von 1843. Nervensystem der Krustenthiere. 189 beim Flusskrebs oder beim Hummer. Beim Flusskrebs !) besteht es aus dem Hirn und 12 Ganglienpaaren, von welchen 6 dem Tho- rax und der vorderen, und gleichviel der hinteren Partie des Abdomen angehören. Das Gehirn 2) liegt im Kopfe hinter den Augen und Füh- lern als ein grosser, einfacher Knoten, der mehr breit als lang ist und mehrfache Nerven absendet, vor Allem zu den Augen einen sehr starken Opticus, dann Nerven für äussere und innere Antennen, zur Fühlerdeckschuppe und den an diesen gelegenen Sinnesorganen, den Gehör- und Geruchswerkzeugen. Nach rückwärts schickt dieser Hirn- knoten zwei starke Stämme ab, welche die Speiseröhre umgeben, hinter dieser durch eine Quercommissur mit einander verbunden sind und zu dem ersten grossen Knoten der Bauchkette 3) verlaufen. Man hat diesen gewöhnlich als unteres Schlundganglion bezeich- net. Da er aber nicht nur die Nerven zu den Mundwerkzeugen sondern auch zu den Kieferfüssen abgibt, dürfte er wohl richtiger als diesem und den 3 Thoraxknoten der Insekten entsprechend angesehen werden, eine Verschmelzung, welche ja auch annäherungsweise bei jener Thierklas- se (so bei den Hemipteren), sowie den Arachniden vorkommt. Die fünf folgenden Knoten gehören dem Brusttheil des Abdomen an und werden von einem besonderen Kanal des Hautskelets umschlossen. Es sind kleinere Anschwellungen. Die Commissuren bestehen aus doppelten beisammen gelegenen Strängen. Jedes Ganglion sendet mehrfache Ner- ven ab, von welchen die für die correspondirenden Fusspaare be- stimmten die beträchtlichsten sind. Besonders stark ist der des ersten Fusspaares, der Scheere, welcher sich bald in zwei Zweige theilt, die unter manchfachen Verästelungen bis in die Spitze jener verlaufen. Ausserdem treten noch andere Nerven zu den Kiemen, zu den Mus- keln und von den beiden letzten Ganglien Stämme zu den Geschlechts- organen. — Im Schwanze verdünnt sich der Nervenstrang, Knoten und Commissuren werden einfach. Von ersteren entspringen Nerven für die falschen Füsse und die starke Musculatur dieses Theiles. Der letzte Knoten 4) erreicht wiederum eine ansehnlichere Grösse und sen- det Stämme an die Schwanzflosse ab. Das System der Mundmagen- oder Eingeweidenerven des Krebses 5) besitzt zwar dieselben Theile wie bei den Insekten, nämlich einen paaren und einen unpaaren Strang, doch kommen beträchtliche Ab- 1) Eine genaue Anatomie des Nervensystemes von Astacus fluviat. findet sich in Brandt u. Ratzeburg, medic. Zoologie; ferner bei Suckow anat. physiol. Untersuchungen etc. — Vergl. Ic.zootom. Tab. XXVI. fig. II. 2) Ibid.. a. — 3) Ibid.b. — 4) Ibid.c. — 5) Ibid. d. d. (Es nimmt jedoch hier der paarige Strang nicht den gewöhnlichen Ursprung aus dem Ganglion des Schlundhalsbandes sondern einen anomalen vor demselben. Vergl. hierüber Brandt’s angeführte Schrift. pag. 11.). 190 Nervensystem der Krustenthiere. weichungen in den Einzelheiten vor. Der unpaare Theil entbehrt ei- nes vor dem Hirn gelegenen Knoten (des Ganglion frontale). Er ent- springt vielmehr nur als ein einfacher, dünner Faden von der Mitte des hinteren Randes des Gehirns und verläuft zwischen den beiden Schlundeommissuren nach der oberen Fläche des Magens. Dort bildet er, nachdem er vorher mehrere Aeste abgegeben hat, eine spindel- förmige ganglionäre Anschwellung und weiter hinten eine zweite klei- nere. Dann spaltet er sich in 2 Aeste, welche wiederum sich theilen und an Magen und Leber treten. Noch auffallender ist das paarige System gebildet. Auch ihm fehlt ein getrennter Knoten, der bei den Insekten vorgefunden wird. Es entspringt ebenfalls von einer anderen Stelle, nämlich von der Mitte des Schlundhalsbandes aus einer dort befindlichen ganglionären Anschwellung und zwar mit mehreren Zwei- gen, die sich mehrfach untereinander und mit dem unpaarigen Sy- steme verbinden. Sie verbreiten sich an die Oberlippe, an die Man- dibeln, an die Speiseröhre, den Magen und die Leber. Gross sind jedoch die Variationen, welche das Nervensystem an- derer langschwänziger Decapoden darbietet und schon bei einem so nahe stehenden Thiere, wie dem Hummer !), ist manches anders ge- worden. Die Anzahl der Ganglien ist zwar dieselbe geblieben, doch sind sie sämmtlich einfach, ohne eine Spur von Theilung. Die Gom- missuren bestehen aus 2 dicht beisammen liegenden Strängen, an wel- chen man, wie schon oben bemerkt, überall eine obere und eine un- tere Fasermasse unterscheiden kann. Das Hirnganglion kommt mit dem des Flusskrebses überein, nur hat man neben dem sehr starken Opti- cus noch einen zweiten sehr feinen für die Bewegung der Augen be- stimmten Hülfsnerven gefunden. Das Schlundhalsband ist mit der näm- lichen Queranastomose, wie bei Astacus fluviatilis, versehen. Der erste Knoten der Bauchkette differirt dagegen nicht unbeträchtlich; er ist nämlich viel Kleiner und an Grösse die übrigen 5 Knoten des Brusttheiles des Abdomen nicht übertreffend. Man erkennt an ihm Spuren seiner Zusammensetzung aus mehreren Ganglien. Er gibt Ner- ven ab zu den Fresswerkzeugen, den Beikiefern, endlich noch zum gewölbten Theil der Schale und den in denselben befindlichen Mus- keln. Die 5 andern im Vordertheil des Abdomen befindlichen Knoten sind rundlich, grösser und näher bei einander gelegen als die 6 an- dern, dem Schwanz angehörigen. Die von ihnen entspringenden Ner- ven gehören dem obern und unteren Strange zugleich an. Sie ver- sorgen die ächten, sowie die Afterfüsse, die Circulationsgefässe in den Branchien und im Schwanz, sowie die äusseren Muskellagen des letz- teren Theiles. Vom Terminalganglion, welches wiederum vergrössert 1) Vergl. hierüber Milne Edwards ]. c.; Newport in den Philos. Trasact. von 1831; Swan, comparative anatomy of the Nervous System. 1935 und die diesen drei Arbeiten beigegebenen Abbildungen Nervensystem der Krustenthiere. 191 ist, treten Nerven ab zum Rectum, dessen Musculatur und zu den Schwanzplatten. Ausser diesen direct von den Ganglien entspringen- den Nerven gibt es noch andere, von dem oberen Strange unmittel- bar hinter den Knoten kommende, welche im Vordertheil zu einem, im Hintertheil des Abdomen zu zwei Paaren vorhanden sind. Die der ersteren Abtheilung treten an die Muskeln der Branchien und entspre- chen den nervis respiratoris der Insekten, die dem Schwanze ange- hörenden treten gänzlich an die Muskeln dieses Theiles. | Das System der Mundmagennerven stimmt mit dem des Fluss- krebses überein; nur ist das Ursprungsganglion des paarigen Stran- ges etwas kleiner. | Bei Palaemon !) ist zwar noch die Lage der Ganglien im Wesent- lichen dieselbe wie bei den beiden vorhergehenden Thieren. Nur ist der unter dem Oesophagus gelegene Knoten, welcher die Fresswerk- zeuge und die Kieferfüsse versorgt, mit dem für das erste Gehfuss- paar bestimmten vordersten Bauchganglion verschmolzen und der zweite Bauchknoten dem folgenden nahe gerückt. Die 3 letzten Knoten des Vorderleibes haben sich einander so genähert, dass sie fast zu einer einzigen Mas5e verschmolzen sind, welche nur durch eine Längsspalte in etwas getheilt wird. Die von dieser Masse herstammenden Nerven müssen daher eine Richtung nach hinten einschlagen. Im Schwanztheil finden sich die gewöhnlichen 6 Ganglien. Das System der Mundma- gennerven ist bei diesem Thiere nicht gekannt. Noch höher ist die Gentralisation bei Palinurus gestiegen. Es sind nämlich hier alle Knoten des Vorderleibes zu einer einzigen, in der Mitte durchbohrten, länglichen Masse verschmolzen, an welcher man aber noch Spuren der ursprünglichen Zusammensetzung erkennen kann. Die von dieser Masse entspringenden Nerven halten eine ähnliche Rich- tung ein wie bei Palaemon. Der übrige Theil des Nervensystems reiht sich enge an die vorher beschriebenen Formen an. Wenn schon bei den beiden vorhergehenden Thieren die Anzahl der einzelnen ganglionären Anschwellungen nothwendigerweise eine geringere geworden ist, so ist sie doch mit der beim Bernhardskrebs (Pagurus Bernh.) vorkommenden verglichen noch eine grosse zu nen- nen. Dieser besitzt nämlich ausser dem Hirn nur noch 4 Knoten ?). Bei der Gattung Homola sind alle Ganglien des Vorderleibes zu einer einzigen Masse verschmolzen, die jedoch noch Andeutungen ih- rer Zusammensetzung auffinden lässt. Die dem Schwanze zukommende Partie des Nervenstranges ist rudimentär geworden, zu einem einfa- chen Faden ohne Anschwellungen umgestaltet. Diese Organisation bil- 1) Vergl. Milne Edwards |. c. Tom. I. pag. 140 u. 141. 2) Nach Cuvier, Vorlesungen über vergleichende Anatomie. Uebersetzung von Meckel. II. Theil. pag. 305 und R. Owen lectures etc. 192 Nervensystem der Krustenthiere. det einen Uebergang zu dem Nervensystem, welches man bei der zweiten Abtheilung der 10füssigen Krebse vorfindet. Bei diesen, den Brachyuren, ist nämlich die Centralisation auf die Spitze getrieben, so dass statt der ganzen Reihe von Ganglien, wie sie die langschwänzigen Decapoden besitzen, hier nur 2 einzige, freilich sehr starke ganglionäre Centralmassen vorhanden sind, eine Bildung, welche mit der bei den Araneen vorkommenden sehr über- einstimmt. So finden wir bei Cancer maenas !) eine gewöhnlich geformte Gehirnmasse, welche die bekannten Nerven hergibt und nach hinten die Schlundeommissuren absendet. Diese sind lang, unter der Speise- röhre durch einen Querstrang vereinigt. Sie schicken den Mandibu- larnerven aus und endigen in einer in der Mitte des Körpers gelege- nen starken Centralmasse, der einzigen, welche ausser dem Gehirn gefunden wird. Sie ist von eiförmiger Gestalt, in der Mitte durch- bohrt und hierdurch die Form eines Ringes darbietend. Von ihr tre- ten alle dem Thorax und Vorderleib angehörenden Nerven aus, sowie nach hinten ein kleiner Stamm ohne Knoten, das Rudiment der Schwanz- abtheilung des centralen Nervensystemes. Diese Organisation unter- scheidet sich bei dem von Homola vorkommenden Baue nur dadurch, dass die Knoten des Brusttheiles des Abdomen eine noch innigere und vollständigere Verschmelzung eingegangen sind, als bei jenem Ge- schöpfe. 1 Gewissermassen noch weiter ausgebildet ist das Bauchmark der‘ Maja 2). Hier hat es nämlich die Form eines Ringes verloren und sich zu einer soliden rundlichen Masse umgeformt. Diese gibt alle dem‘ Thorax und Abdomen zugehörenden Nerven ab, 9 Stämme zu jeder! Seite, welche an die Fresswerkzeuge, ihre Hülfsapparate, an die Sei- tentheile der Schale und die die Respirationshöhle auskleidende Mem- bran, sowie endlich an die 5 Fusspaare treten. Nach hinten geht ein unpaarer Nervenstamm für den Schwanz ab, welcher sich von dem: des Cancer maenas nicht unterscheidet. ß Das Gehirn ist ein grosser, rundlicher Knoten, welcher 5 Ner-' venpaare abgibt, ein Paar starker Sehnerven, die bedeutend länger sind als beim Hummer, so wie ein Paar zu den Augenmuskeln be- stimmte Hülfszweige, ferner Stämme zu den beiden Fühlerpaaren und zu den äusseren Bedeckungen. | Was die Mundmagen - oder Eingeweidenerven der Brachyuren be- trifft, so scheinen sie, so weit die bisherigen Untersuchungen reichen (d. h. bei Maja und Portumnus), denen des Hummers gleich zu sein. l) Cuvier an demselben Orte. Eine Abbildung dieses Nervensystems findet | sich bei Milne Edwards, Planche XI. fig. 10. | 2) Vergl. dieselbe Tafel fig 5. Nervensystem der Krustenthiere. 193 Sie bestehen auch hier aus einem ähnlich gelegenen paarigen und un- paaren Systeme und haben die nämliche Verbreitung )). | Wie sich die Stomatopoden vermöge ihres ganzen äusseren Baues den langschwänzigen Decapoden annähern, so ist dasselbe auch mit ihrem Nervensysteme der Fall. Doch ist die Anzahl der Ganglien im Allgemeinen etwas geringer. So finden sich bei der Squilla ausser dem Gehirn nur noch 10 Knoten. Jenes bietet nichts Auffallendes dar; es entsendet nach jeder Seite 3 Stämme, nämlich den Opticus, und die beiden Nerven der Antennen, welche sich bei der weit nach vorne gerückten Stellung des Hirns etwas nach rückwärts begeben müssen. Nach hinten steht es durch eine lange, in der Mitte durch einen Querast verbundene Schlundeommissur mit dem Bauchmark in Verbindung. Die 10 Gan- glien desselben vertheilen sich so, dass 4 Knoten auf den, aus dem Thorax und der ersten Hälfte des Abdomen gebildeten, vordern Theil des Körpers, die 6 übrigen auf den Schwanz kommen. Die 6 Knoten des Vorderleibes sind nicht alle gleich gross. Der vorderste, welcher in der Gegend der 2 ersten Ringe des Proabdomen gelegen, ist sehr ansehnlich und stark und offenbar aus mehreren Gan- glien gebildet, wahrscheinlich aus dem untern Schlundganglion und den Thoraxknoten. Dieser seiner Zusammensetzung gemäss gibt er auch die entsprechenden Nerven ab, nämlich zu den Mundwerkzeugen, dem Kieferfusspaar, den beiden Thorax- und ersten (metamorphosirten) Bauch- oder Gehfusspaaren. Die 3 letzten Beine erhalten ihre Nerven aus einer gleichen Anzahl kleinerer Ganglien. Die Knoten des Schwanzes sind untereinander übereinstimmend und, was auch im Proabdomen der Fall, durch doppelte Commissu- ren verbunden. Das letzte Ganglion ist etwas stärker entwickelt und gibt Nerven zum Rectum und der Schwanzflosse ab. Die Mundmagennerven 2) kommen mit denen des Flusskrebses im Wesentlichen überein, nur scheinen sie etwas weniger ausgebildet zu sein. Namentlich ist das unpaare System beträchtlich verkürzt und nur mit einem einzigen Ganglion versehen. Das paarige System dage- gen entspringt aus einer ähnlichen ganglionären Anschwellung des Schlundhalsbandes, die nur etwas weiter nach hinten gelegen ist, wie bei Astacus, und schickt alsbald 2 starke Anastomosen nach dem paa- rigen Strange. Die Verbreitung ist dieselbe wie bei den Decapoden. Sehr auffallend gebaut ist das Nervensystern der Phyllosomen. Bei diesen Thieren liegen nämlich an dem vorderen Rande des grossen Schildes, welcher die Augen trägt, 2 kleine, an ihrem inneren Winkel miteinander vereinigte Ganglien von fast dreieckiger Gestalt, welche 1) Vergl. Milne Edwards u. Brandt l. ce. 1. e. 2) S. die Abbildung bei Brandt. Tab. I. fig. 3. Wagner’s Zootomie. I. 15 194 Nervensystem der Krustenthiere. Nerven für Augen und Antennen abgeben, mithin das Gehirn darstel- len. Die Commissur, welche den Schlund umgibt, ist sehr fein und «dünn, von eimer äusserst beträchtlichen Länge, indem sie über die llälfte des Körpers durchläuft und sich erst weit hinten mit den Gan- glien des Bauchstranges verbindet, die zu 5 Paaren vorhanden sind. Von diesen ist das erste Paar aus zweien in der Mittellinie verschmol- zenen ovalen Knoten gebildet. Das zweite Ganglion ist fast rudimentär und an das vordere übergegangen. Das dritte Paar ist gross und lie- fert die Nerven für die Mundwerkzeuge. Hieran reihen sich noch 6 für die am zweiten Schilde sitzenden Beine bestimmten Knotenpaare, welche von einander getrennt und nur durch Quercommissuren ver- bunden sind, dagegen so kurze Längscommissuren besitzen, dass sie sich fast untereinander berühren. Hieran schliessen sich noch 6 für den Schwanztheil bestimmte paarige ganglionäre Anschwellungen. Sie sind sehr klein, in ihren beiden Hälften wieder nahe zusammengerückt wie die 5 vorderen Knoten, durch dünne, nach dem Ende des Kör- pers hin immer kürzer werdende Fäden miteinander verbunden und geben Nerven für die Anhänge des Bauches ab. Sehr mangelhaft ist unsere Kenntniss des Nervensystemes der Am- phipoden. Ueber die Gattung Talitrus !) liegen einige Untersuchungen vor. Nach diesen besteht es aus 2 vollkommen gesonderten Strängen, deren jeder 13 ganglionäre Anschwellungen bildet. Diese sind wieder durch Quercommissuren miteinander verbunden. Ihre Form und Grösse ist überall dieselbe, nur sind die Ganglien des Brusttheiles des Abdo- men etwas stärker als die des Schwanztheiles. Selbst das Gehirn, welches über der Speiseröhre liegt und die gewöhnlichen Nerven ab- gibt, ragt durch seine Grösse nur wenig hervor und schliesst sich in seiner Gestalt sehr an die übrigen Knoten an. Durch eine ziemlich starke Commissur bewerkstelligt es seine Verbindung mit dem Bauch- mark. Dagegen nimmt das Nervensystem der Hiella 2) eine höhere Stufe ein, sowohl was Gehirn als Bauchmark betrifft. Ersteres ist viel be- trächtlicher und aus 2 hintereinander gelegenen, durch eine Längs- furche getheilten Ganglienmassen bestehend. An ihm fallen die sehr kurzen und dicken Sehnerven auf. Die Ganglienkette zeigt 10 einfache Anschwellungen. Der erste Knoten ist besonders gross, und offenbar aus mehreren, welche miteinander verschmolzen sind, gebildet. Die abtretenden Nerven sind die gewöhnlichen. in System der Mundmagennerven hat man bei beiden Thieren nicht gefunden. 1) M. Edwards |. c. Tom. I. pag. 129. und eine Abbildung. Pl. 11. fig. 1. 2) Nach den Untersuchungen von Straus-Dürckheim (memoire sur les Hiella in den M&emoires du Museum d’hist. nat. Tome XVII). Nervensystem der Krustenthiere. 195 Innerhalb der Gruppe der Isopoden kommen, soweit die bishe- rigen Untersuchungen reichen, im Baue des Nervensystems gewisse Modificationen vor. So ist es bei Oniseus murarius !) noch ziemlich mit dem des Ta- litrus übereinstimmend, aus 2 Reihen von einander getrennt gelegener Ganglien gebildet, welche ausser der Hirnmasse zu etwa 8 Paaren vorhanden sind, aber nicht mehr in derselben Gleichförmigkeit wie bei diesem Thiere auseinander stehen. Von dem Bauchmark_ treten einmal wie gewöhnlich aus den Ganglien selbst Nerven ab, welche sich in der unteren Hälfte des Körpers zu verbreiten scheinen, dann aber noch andere Fäden von den Commissuren, die besonders an die obere Hälfte des Körpers treten dürften. Vom Terminalknoten, des- sen beide Ganglien in eins verschmolzen sind, strahlen die Nerven büschelförmig aus. Das Hirn 2) soll ausser den gewöhnlichen, für Augen 3) und Antennen bestimmten Nerven noch Fäden zu den oberen Mundtheilen abgeben. Man kennt bei der Kellerassel ebenfalls das Mundmagennervensy- stem, wenigstens einen Theil desselben, nämlich den paarigen Strang ?). Dieser entspringt vom hinteren Rande des Hirnknoten als ein dünnes Fadenpaar, welches in 2 Knötchen anschwillt, von denen sehr feine Zweige zum Magen abtreten, eine Bildung, welche an die der Insekten erinnert. Etwas anders gestaltet sich das Nervensystem bei Idothea 5). Das Hirn, welches aus 2 seitlichen, mit einander verschmolzenen Knoten besteht, soll auf beiden Seiten nach aussen einen starken Nerven- stamm abgeben, der bald wieder in feinere Aeste zerfällt, welche die beiden Antennenpaare, die Augen und Fresswerkzeuge versorgen. Die Bauchkette wird von IL—13, durch doppelte Längscommissuren ver- bundenen Ganglien zusammengesetzt. Die 4—5 letzten, dem Schwanz- 'theil des Abdomen angehörenden Knoten sind einfach, die andern be- stehen immer aus paarigen, durch Queräste verbundenen Anschwel- ‚lungen. Auch hier entspringen einzelne Nerven nicht von den Gan- glien, sondern vom Strange selbst unmittelbar hinter jenen. Das Hirn ‚steht mit dem ersten Knoten der Bauchkette durch eine weite Schlund- ‚commissur in Verbindung. Von der Mitte der letzteren aus einer klei- nen Anschwellung gehen einige feine Nerven ab, welche grösstentheils | 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXV1. fig. XI. — 2) Ibid. a. — Ferner fig. XI a. — 3) Ibid. c.. — 4) Ibid. b. b. b. 5) Vergl. hierüber H. Rathke, Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. Ite Abtheilung. Danzig 1820. und die Abbildung auf Tab. IV., das Nervensystem der Idothea entomon darstellend. Einige an einer andern Species von Idothea ange- stellte eigene Untersuchungen haben einzelne Differenzen, die in den Text aufge- nommen sind, ergeben. 13 * 196 Nervensystem der Krustenthiere. an die Mundwerkzeuge verlaufen, aber wahrscheinlich zum Theil auch an den Magen treten und ein paariges System der Mundmagennerven bilden. Bei Cymotho& !) sind die beiden seitlichen Ganglienreihen nicht mehr von einander getrennt, sondern immer zu unpaaren Anschwel- lungen vereinigt. Doch lässt sich noch deutlich die ursprüngliche Zu- sammensetzung erkennen, wenigstens an den vorderen Knoten. Die Längscommissuren sind doppelt, ihre beiden Stränge aber nahe anein- ander gerückt. Sonst bietet mit Ausnahme der Kleinheit der 5 letzten Ganglien, welche an die der Idothea erinnern, dieses Nervensystem, dessen Eingeweidenerven man nicht kennt, nichts Besonderes dar. Aehnlich gebaut ist das Nervensystem bei der ebenfalls parasitisch lebenden Gattung Bopyrus 2). Die Längscommissuren, welche die ein- fachen, sehr kleinen Ganglien verbinden, sind zwar doppelt, liegen aber einander so nahe, dass man sie- für einen einzigen Strang halten könnte. Bei den Lämodipoden, d. h. bei Cyamus ceti3), findet man eine stärkere Centralisation des Nervensystems, indem die Ganglien grösser und in geringerer Anzahl vorhanden sind. Der Gehirnknoten ist auch hier zweilappig, die von ihm abtretenden Nerven sind die gewöhnlichen. Das Schlundhalsband tritt an 2 unter der Speiseröhre, dicht hintereinander gelegene Ganglien, von welchen das vordere Ner- ven zu den Fresswerkzeugen abschickt, während das hintere das erste Fusspaar versieht. Für die 6 übrigen Segmente ist eine gleiche An- zahl verhältnissmässig ansehnlicher, aus zwei seitlichen Anschwellun- ‚en bestehender Knoten vorhanden, die jedoch in ihrer Lage nicht enau den Ringen entsprechen, indem namentlich die 3 letzten Gan- lienmassen beträchtlich nach vorne vorgerückt sind. Von einem jeden‘ dieser Knoten geht ein Paar starker Nerven an die Füsse ab, nach der verschiedenen Lage jener bald nach vorne, bald unter rechtem Win- kel, bald nach hinten verlaufend. Von einem Eingeweidenervensystem' hat man bei der Wallfischlaus noch nichts aufgefunden. Die Myriapoden #) zeigen in ihrem Nervensystem nicht unbe- trächtliche Differenzen untereinander. Eine noch ziemlich der der Asseln sich annähernde Organisation‘ je} Weide) 1) Milne Edwards. cc. fig. XI. fig. 2. 2) Ueber Bopyrus ist die angeführte Schrift von H. Rathke, de Bopyro et Neräide, nachzusehen. 3) Vgl. Roussel deVauz&emea.a.0. und die daselbst gegebene Abbildung. 4) Ueber das Nervensystem dieser Thiere ist besonders zu vergleichen: Brandt, Anatomie der Glomeris in Müller’s Archiv 1838.; ferner die schon oben eitirte Schrift von Kutorga, über Scolopendra morsitans. Eine sehr detaillirte, mit den trelflichsten Zeichnungen begleitete Untersuchung des Nervensystems der Chilogna- then hat Newport geliefert in den Phil. Transact. von 1843. — Nervensystem der Rrustenthiere. 197 \ kommt bei den Glomeriden vor. Namentlich bietet die aus 17 Knoten | bestehende Bauchkette Uebereinstimmung mit der der Onisken dar, was Form der Ganglien und die von diesen abtretenden Nervenfasern betrifft, zu welchen auch hier noch einzelne von den Commissuren selbst ihren Ursprung nehmende Fäden hinzukommen. Das Gehirn ist fast viereckig und versorgt neben den Fühlern und Sehwerkzeugen auch noch mit einigen Zweigen die Mundtheile. Das erste Ganglion des Bauchmarks sendet Nerven zu den Fresswerkzeugen ab. Bei den übrigen Myriapoden dagegen ist das Nervensystem nach einem gemeinschaftlichen Plane geformt, welcher mit dem vieler Insek- ten-Larven und der höheren Anneliden eine gewisse Uebereinstimmung darbietet. Ihre Bauchkette besteht aus einer Reihe einfacher Ganglien, welche durch doppelte, dicht neben einander liegende Längscommissu- ren !) vereinigt werden. Die Anzahl dieser Knoten ist eine sehr ver- schiedene. Während man ihrer bei Lithobius und Scutigera nur 16, bei Scolopendra etwas über 20 vorfindet, gibt es andere Gattungen, bei welchen eine weit beträchtlichere Menge derselben vorhanden ist, wie man denn bei Geophilus subterraneus 87, bei Julus terrestris 97, bei Geophilus fusatus über 120 zählt. Die Grösse und Form dieser Ganglien ist ebenfalls wechselnd. Im Allgemeinen sind die letzteren um so stärker, je mehr die Beine ‚entwickelt sind, daher bei den Chi- lopoden grösser als bei den Chilognathen. So sind sie sehr klein und enge zusammengerückt bei Julus. Hierdurch, so wie durch die ver- hältnissmässig ansehnliche Breite der Commissuren, bietet die Bauch- kette mehr die Form einer fortlaufenden, gleich breiten Säule 2) als eines mit knoligen Anschwellungen versehenen Stranges dar, welches Letztere z. B. bei Scolopendra 3) der Fall ist. Die abtretenden Nerven entspringen bei letzterem Thiere immer als vier paarige Stämme von einem Knoten. Von diesen tritt das erste Paar in Verbindung mit dem dritten zu den Bauchmuskeln, während das zweite Paar, welches dicker ist, immer das entsprechende Beinpaar versorgt. Diese drei Stämme entspringen vom unteren Theil des Gan- glion, während das vierte Paar mehr vom oberen Strange herkommt. Man hat es seiner Verbreitung wegen als Analogon des nervus respirato- rius der Insekten aufgefasst. Damit im Wesentlichsten wenigstens kommen auch die vom Ganglienstrang abgehenden Nerven bei den Chilognathen überein, z.B. bei Julus, Spirostreptus, Polydesmus und 1) Schon früher wurde der oberen und unteren Stränge dieser Commissuren gedacht. Newport hat in neuester Zeit noch transversale, in den Ganglien vor- kommende und besondere den Strängen angehörende, longitudinale Faserbündel (Verstärkungsfasern des Stranges) unterschieden, wie beim Skorpion (s. ob.). — 2) Vergl. die Zeichnung bei Newport Plate XL. fig. I. 3) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXX. 198 Nervensystem der Krustenthiere. wenn sich auch im Einzelnen mannichfache Differenzen zeigen I), so versorgen sie doch die gleichen Theile wie bei jenen. Das Gehirn, welches über der Speiseröhre liegt, besteht bei den Myriapoden aus zwei hintereinander gelegenen Ganglienmassen, welche bisweilen durch eine Furche in zwei Seitenhälften als Andeutung ih- rer ursprünglichen Zusammensetzung zertheilt werden 2). Die vordere Abtheilung des Hirns 3) ist die kleinere, bisweilen sehr klein, wie bei den Juliden; sie entsendet die Nerven zu den Antennen. Die zweite, unmittelbar dahinter gelegene Abtheilung 4) ist die grössere und schickt seitlich die Nerven für die Augen 5) ab. Sie ist auch dann noch an- | sehnlich, wo letztere selbst ganz fehlen, wie bei den Polydesmiden. Die Sehnerven gehen hier von einem besonderen Ganglion opticum aus; so wenigstens bei den Juliden und wahrscheinlich auch bei den Sco-' lopendren. Selbst da, wo der Sehnerv fast ganz fehlt, wie bei Geo- philus sabulosus, ist das Ganglium opticum noch einigermassen ent- wickelt, und erst bei einem völligen Schwinden desselben, wie bei den: Polydesmiden, geht es gleichfalls ein. Die Sehnerven entspringen bei‘ Julus radienförmig in dreieckigen Bündeln. Bei Scolopendra 6) beste-. hen sie aus zwei Nervenpaaren, einem stärkeren vorderen, welches” bald in drei Theile zerfällt und die vorderen Augen versieht, und einem feineren, für die hinteren Augen bestimmten Paare. Bei Geophilus sa- bulosus ist der Sehnerv ein sehr feines Fädchen, welches an das ein- zige Augenpaar tritt. Das System der Mundmagen - oder Eingeweidenerven a ‚ aus einem paarigen und unpaarigen Theile und lässt eine Aehnlichkeit” mit dem der Insekten nicht verkennen. | Bei Julus ?7) geht vom vorderen Theile des Gehirnes neben den Fühlernerven jederseits ein Nervenstamm ab, welcher sich nach vor- wärts wendet, in der Mittellinie mit seinem Nachbar zusammen- trifft und ein dreieckiges unpaares Ganglion bildet. Von ihm tritt ein einfacher Stamm nach hinten aus, der zu einem zweiten kleinen und endlich einem dritten grossen Ganglion anschwillt und an dem hinteren Theil der Speiseröhre und der vorderen Partie des Magens endigt. Von diesem letzten Knoten gehen zwei Verbindungsstämme zum paarigen Systeme. Dieses besteht aus einer Reihe dicht hintereinander gelegener, di. — 1) Hinsichtlich dieser Verhältnisse ist besonders auf Newport zu verwei- sen; daselbst finden sich noch Angaben über die Veränderungen, welche der Gan- slienstrang in Folge des Wachsthums dieser Thiere erfährt. | 2) So z. B. bei Scolopendra morsitans. Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXX. a, | 3) Ibid. fig. XXX. — Ausserdem Tab. XXIU. fig. XXIV. * — 4) Ibid.a. —| 5) Ibid.b. — 6) Ibid. Tab. XXV. fig. XXX. a. 7) Vergl. Newporta.a. 0. | Nervensystem der Rrustenthiere. 199 sehr grosser und dicker Anschwellungen, deren Nerven zu den Spei- cheldrüsen, der Speiseröhre und den umliegenden Theilen treten. Einen ähnlichen Bau findet man bei Scolopendra; nur scheint das paarige System weniger entwickelt, namentlich in Betreff seiner Kno- ten, wie bei Julus zu seyn. Letzteres ist dagegen wiederum bei Spi- robulus der Fall, indem es hier mit zwei deutlichen Knötchenpaaren versehen ist, einem inneren kleineren und einem äusseren grösseren, von welchen mehrfache Nervenfäden ausgehen. Hintereinander gelegen aber trifft man diese beiden Ganglienpaare wieder bei Glomeris an N). Bei den Poecilopoden findet sich ein eigenthümliches und kaum auf den bekannten Typus der Krustenthiere zu reduzirendes Nerven- system. Es besteht nämlich bei Limulus 2) seine Hauptmasse aus einem starken, die Mundöffnung umgebenden Markringe. Die vordere Partie desselben wird von zwei miteinander verschmolzenen Ganglien herge- stell. Sie kann als Gehirn betrachtet werden. Von ihr gehen meh- rere nach vorne verlaufende Nerven ab. Der beträchtlichste von ih- nen ist der Sehnerv, welcher in einem weiten Bogen zum Auge ver- läuft. Von den Seitentheilen des Ringes entspringen 6 Paar starker Stämme für die Gehfusspaare, deren jeder von einem dünnen Hülfs- nerven begleitet wird. Nur der erste derselben entbehrt dieses Hülfs- nerven und kommt eigentlich noch von dem hinteren Rande des Ge- hirnes her. — Hinter dem Oesophagus treten beide Stränge des Schlund- ringes durch drei Quercommissuren miteinander in Verbindung. Von letzteren, sowie vom Ringe selbst, gehen Zweige zu der Speiseröhre ab. Ausserdem entsendet der hintere Theil des Ringes noch 4 Paar starker, an die Seitentheile des Körpers bestimmter Nerven und end- lich von seiner Mitte den Centralstrang. Letzterer besteht aus zwei enge miteinander verbundenen Fäden und verläuft so durch den Vor- derleib und einen Theil des Schwanzes, nur in letzterem mehrere Ner- ven zu den Schwimm- und Respirationsanhängen dieses Theiles abge- bend. Besondere Ganglien scheint er in diesem, seinem Verlaufe nicht zu besitzen. In ihrem weiteren Fortgange dagegen treten die beiden Fäden des Gentralstranges weiter auseinander, nähern sich jedoch spä- terhin abermals und bilden jederseits ein längliches Ganglion, welches Nerven zu den benachbarten Theilen und dem Schwanzstiele entsendet. Als Eingeweidenerv wird ein auf der Oberfläche des Herzens ver- laufender, in seiner Mitte mit einem Ganglion versehener Stamm er- wähnt. Dieses seltsam gebildete Nervensystem lässt eine gewisse Aehnlich- keit mit den Araneen nicht verkennen. 1) Die Eingeweidenerven der drei letzten Thiere hat Brandt untersucht und durch Abbildungen erläutert auf Tab. III. fig. 6 — 9 seiner öfter eitirten Schrift. 2) Vergl. die Abbildung und Beschreibung von v. d. Hoeven Recherches sur Vhistoire naturelle et lanatomie des Limules. Leyde 1838. 200 Nervensystem der Krustenthiere. Bei den Phyllopoden ist das Nervensystem nur bei Apus !) ge- | nauer untersucht. Es besteht hier aus den drei gewöhnlichen Thei- len, dem Gehirn, der Bauchkette und einem System der Mundmagen- oder Eingeweidenerven. Das Hirn ist ein flacher, über der Speiseröhre gelegener Knoten, welcher besonders folgende Nerven absendet: einen sehr starken Op- ticus, dann einen dünnen Faden zum Rudimente des dritten Auges, ferner Stämme, welche den Oesophagus umgeben und vom untern Winkel des Gehirnes an die Bauchseite treten. Die von ihm endlich noch abgehende Schlundeommissur macht einen starken Bogen. Die Bauchkette richtet sich in der Zahl ihrer Ganglien vollkom- ' men nach der der Fusspaare, macht mithin 60 Anschwellungen. Dazu kommen noch zwei für den Cephalothorax bestimmte Brustganglien, deren erstes besonders Zweige zu den Muskeln der Mandibeln schickt, so dass mithin eine Anzahl von ganglionären Anschwellungen sich fin- det, welche ‘der der Myriapoden gleichkommt. Ausserdem zeigt das Bauchmark noch die Eigenthümlichkeit, dass seine beiden Stränge, we- nigstens nach vorne hin, beträchtlich auseinander stehen, so dass die Ganglien sich nicht berühren, sondern immer durch doppelte Quer- commissuren miteinander verbunden werden. Im weiteren Verlaufe‘ nach hinten nimmt diese Distanz ab, so dass die seitlichen Ganglien sich nähern und endlich miteinander verschmelzen. Die von den Kno- ten ausgehenden Nerven treten an die Füsse und die Muskeln. — Auf-! fallend ist endlich ein starker Nerv, welcher vom Bauchstrang entspringt, neben diesem hinläuft und ganz hinten noch in ein Ganglion anschwillt. Das Mundmagennervensystem dieses Thieres zeigt eine interessante” Aehnlichkeit mit dem der Decapoden. Es entspringt nämlich von den Seiten der Schlundeommissur aus einem daselbst gelegenen Ganglion, welches noch eine Queranostomose absendet, ein ziemlich starkes Ner- venpaar, dessen zwei Stämme auf der Speiseröhre miteinander zusam- menstossen und an dieser ihrer Vereinigungsstelle ein Ganglion bilden, von welchem dann wieder ein unpaarer Stamm ausgeht. Es ist auf- fallend, dass fast alle sympathischen Zweige hier an die Speiseröhre und deren Musculatur treten, während fast kein einziger den Magen und dessen Drüsen versieht. Auch bei der Ordnung der Cirrhipedien 2) ist das Nervensy- stem ein gegliederter, an der Bauchseite zwischen den Füssen gelegener | 1) Durch die sorgfältige Arbeit von Zaddach, de apodis cancriformis ana- tome et historia evolutionis. Vergl. die Zeichnungen Tab. IM. 2) Vergl. hierüber Cuvier, Mömoire sur les Mollusques. Paris 1817. Bur- meister; Beiträge zur Naturgeschichte der Rankenfüssler. Berlin 1834. Martin Saint-Ange Mcmoire sur lVorganisation des cirripedes. Paris 1835. Nervensystem der Krustenthiere. 201 Strang !), welcher bei den verschiedenen Gattungen keine Differenzen dar- bietet. Er zeichnet sich durch seine fast vollständige Duplieität aus, indem nur das erste und letzte Ganglion mitemander verschmolzen sind und für die andern Quercommissuren existiren und reiht sich in dieser Hinsicht dem des Apus und der Asseln an. Das Gehirn schickt drei Nerven ab, einen von dem mittleren die beiden Knoten verbindenden Markstamm und zwei von den Knoten selbst 2. Es sind dieses, da Augen - und Antennennerven fehlen, sämmtlich Muskelzweige. Nach hinten bildet es ein starkes den Verdauungskanal umgebendes Hals- band. Von diesem entspringen Nerven zu den Speisedrüsen und zu ei- nem eigenthümlichen, seitlich gelegenen Ganglion. Weiter nach hinten schwellen die Stränge der Schlundeommissur in einen starken Knoten an, der zwei Nervenpaare für das erste Beinpaar absendet. Die drei folgenden Beine erhalten aus einer gleichen Anzahl von Ganglien ihre Nerven, doch sind dieses nur einfache Stämme, die sich erst später für die Cirrhen spalten. Die beiden letzten Fusspaare werden von ei- nem einzigen Ganglion versorgt. Aus der Mitte des für das letzte Bein- paar bestimmten Nervenstammes geht jederseits noch ein langer Ast ab, welcher sich in den schwanzförmigen Anhang (Penis) begiebt. Ein System sympathischer Nerven kennt man für die Cirrhipedien noch nicht. Durch die Kleinheit der die Gruppe der Lophyropoden bil- denden Thiere ist die Kenntniss,, sowohl ihres ganzen inneren Baues, als auch ihres Nervensystemes sehr erschwert und mit Ausnahme des Hirnknoten, den man bei einigen Gattungen, wie bei Daphnia 3) und Euadne ®), gesehen hat, ist nichts darüber bekannt. Das gleiche Schicksal theilen die parasitischen Krustenthiere. Bei Argulus 5) hat man ein Hirnganglion aufgefunden. Ebenso kennt man bei Achtheres 6) einen Gehirnknoten von ovaler Gestalt, von wel- chem zwei den Darmkanal begleitende, an der Bauchfläche liegende Stränge abgehen. Aehnliche neben dem Darmkanal verlaufende Stränge finden sich bei Peniculus 7). 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXV1. fig. XXI. das Nervensystem der Anativa. 2) Ibid. b. b. 3) Straus a. a. O. 4) Loven. cc. 5) Vergl. C. Vogt zur Naturgeschichte schweizerischer Crustaceen. 6) v. Nordmann, microgr. Beiträge. 7) Bei der grossen Wandelbarkeit seiner Gestaltung war hier ein genaueres Eingehen auf die verschiedenen Formen des Nervensystems der Krustenthiere noth- wendig. Es dürften vielleicht jedoch die hier in Betracht kommenden Organisa- tionsverhältnisse, zum Theil Resultate älterer, von den verschiedenstenZootomen und oftmals ohne hinlängliche Rücksicht auf andere, verwandte Thiere betreffende Ar- beiten, angestellter Untersuchungen weniger different sein, als sie jetzt erscheinen. 202 Sinnesorgane der Krustenthiere. Sinnesorgane der Krustenthiere. Gesichtswerkzeuge !). Nicht alle Grustaceen sind mit Augen versehen. Es giebt eine ganze Ordnung, wo, wenigstens bei den erwachsenen Thieren, keine Sehwerkzeuge angetroffen werden, nämlich die Cirrhipedien. In den andern Ordnungen ist das Fehlen dieser Organe weniger allgemein und immer nur einzelne Gattungen betreffend, so unter den Isopoden das Genus Bopyrus, unter den Myriapoden die Polydesmiden, unter den parasitischen Krustenthieren die Lernäen. Die grosse Mehrzahl der Krebse jedoch ist mit Sehwerkzeugen versehen. Diese erscheinen in der nämlichen grossen Variabilität, durch welche sich alle Organisa- tionsverhältnisse dieser Klasse auszeichnen, so dass nicht bloss die bei den Insekten vorkommenden einfachen und gehäuften Ocellen und die musivisch zusammengesetzten Augen, sondern auch noch neue, dazwi- schen liegende Formen angetroffen werden. Die einfachen Augen der Krustenthiere sind im Allgemeinen noch wenig untersucht. Sie scheinen in ihrem Baue mit den glei- chen Organen der Insekten und Arachniden übereinzukommen und aus den nämlichen Theilen, wie diese, zu bestehen. Als die niedrigste Form des Sehorganes werden sie besonders bei den weniger hoch or- ganisirten Ordnungen angetroffen; so vor allem bei einzelnen parasiti- schen Crustaceen, wie den Gattungen Lamproglene und Ergasilus, ' welche beide nur ein einziges Auge besitzen, das sich bei ersterem Thiere durch sein rothes, bei letzterem durch sein blaues Pigment aus- zeichnet 2); ebenso unter den Lophyropoden bei der Gattung Gyelops; unter den Tausendfüssern bei Geophilus, welcher jederseits mit einem einzigen Stemma versehen ist. ' In andern Fällen stehen diese einfachen Augen gruppenweise bei- sammen, wie es bei den Arachniden der Fall ist, nämlich bei man- chen Myriapoden, z. B. der Gattung Scolopendra 3. Es finden sich Bei der grossen Wichtigkeit des Gegenstandes für comparative Anatomie wäre eine sorgfältige Revision dieser Materie sehr zu wünschen. 1) Ueber die Gesichtsorgane der Crustaceen vergl. besonders J. Müller, zur | vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes, und in Meckel’s Arch. 1829; ferner | Milne Edwards, in seinem angeführten Werke I. Thl. pag. 114— 23. Ausser- dem noch die Schrift von F. Will, Beiträge zur Anatomie der zusammengesetzten | Augen mit facettirter Hornhaut. 1840; endlich die schon früher erwähnten mono- graphischen Arbeiten über Apus, Limulus etc. 2) v. Nordmann, in den micrographischen Beiträgen. 3) Vergl. die angeführte Schrift von Kutorga und die Abbildungen auf Tab. I. fig. 3u.4. Sinnesorgane der Krustenthiere. 205 hier an jeder Seite des Kopfes Stemmata, von welchen drei kleinere eine rundliche, ein viertes viel grösseres aber eine ovale Gestalt be- sitzt. Diese Augen zeigen eine gewölbte Cornea, eine runde Linse und ein schwarzes Pigment. Die Sehnerven kommen, wie schon oben be- merkt, als zwei paarige Stämme vom Hirn, von welchen der vordere sich in drei Zweige spaltet und die kleineren Augen versieht, wäh- rend der hintere feinere Stamm an das vierte grössere Auge tritt. Sie lahfen- in eine das Auge umfassende Netzhaut aus. Eine zweite Form von Sehwerkzeugen, welche ebenfalls die Cru- staceen mit den Insekten gemein haben und wozu die Stemmata der Scolopendra den Uebergang bildeten, sind die gehäuften oder ag- gregirten einfachen Augen, d. h. Gesichtsorgane , welche in Haufen dicht beisammen an den Seiten des Kopfes stehen. Die An- zahl dieser Ocellen ist sehr verschieden. So kommen sie bei den As- seln (Oniscus) !) zu etwa 20 in einem jeden Haufen vor, während man bei Julus ihrer 50— 60 antrifit. Man nimmt an ihnen ebenfalls dieselben Theile wahr, wie an denen der Scolopendra.. Der Sehnerv spaltet sich in so viele Fäden als Ocellen vorhanden sind. Ein grosser Theil der Krustenthiere besitzt zusammengesetz- te Augen mit facettirter Hornhaut ?), so die höher organi- sirten Ordnungen , die Decapoden und Stomatopoden, wo sie, wie schon oben bemerkt, auf der Spitze beweglicher Stiele gelegen sind. Diese facettirten Augen stimmen in ihrem Baue vollkommen mit den gleichen Theilen der Insekten überein und bestehen auch hier aus ei- ner verschieden grossen Anzahl innig verbundener einzelner” Sehwerk- zeuge. Die Hornhaut ist ebenfalls aus einer Menge einzelner Facetten zusammengesetzt. Dieses sind Pyramiden, deren obere und untere Fläche meistens convex ist, von bald viereckiger, bisweilen fast qua- dratischer, bald hexagonaler Gestalt 3). Erstere Form, welche bekannt- lich bei den Insekten nicht angetroffen wird, oder höchstens nur in Andeutungen vorhanden ist, findet sich gerade bei den Crustaceen gar nicht selten und erscheint namentlich bei den langgeschwänzten Deca- poden, z. B. den Gattungen Astacus, Homarus, Palinurus, Palaemon, Scyllarus, Peneus und Galathea. Häufig sind zwei gegenüber liegende Ecken dieser vierseitigen Felder so abgestumpft, dass hierdurch die 1) Ueber die Augen dieser Thiere s. die Arbeiten von J. Müller, zur verglei- chenden Physiologie des Gesichtssinnes und von Treviranus, in den vermischten Schriften Band I. 2) Vergl. hierüber besonders die Schrift von Will. 3) Bei Milne Edwards Tab. XII. finden sich Zeichnungen der Hornhaut- facetten von verschiedenen Krustenthieren,. wie Maja, Peneus, Callianassa und Car- pilius maculatus. 204 Sinnesorgane der Krustenthiere. Facette mehr die Form eines unregelmässigen Sechseckes erhält (Asta- cus). Die sechseckigen Facetten treten bei den kurzschwänzigen De- capoden, z. B. Cancer maenas, Maja, Garpilius und den Uebergangs- formen, wie bei Pagurus, auf, in gleicher Weise bei den Squillen und Phyllosomen, unter den Amphipoden, soviel bisher bekannt, nur bei der einzigen Gattung Orchestia. Eigenthümliche, runde Facetten wer- den bei Mysis vorgefunden. Die Grösse dieser Felder ist sehr varia- bel. So messen sie bei Squilla "is, bei Astacus fluviatilis Yo, bei Crangon Vs, bei Cancer maenas Vs, bei Pagurus "40. Ihre Anzahl scheint im Allgemeinen eine beträchtliche zu seyn )). Die dahinter gelegenen Krystallkegel passen sich in ihrer Form den Facetten der Hornhaut an und sind daher wie diese, bald vier- eckig, bald hexagonal. Ersteres ist z. B. bei Palaemon serratus der Fall, wo sie 3— 4 Mal so lang als breit sind und leicht ihrer Länge nach sich in 4 Theile zerklüften lassen. Sonst unterliegen sie in ihrer Gestalt mannichfachen Differenzen, namentlich in Betreff ihrer Endi- gungen, indem sie sich bald mehr zuspitzen bald aber auch stumpf endigen 2), ebenso in ihrer Grösse. Häufig schieben sich zwischen Krystallkegel und Hornhaut noch be- sondere linsenförmige Medien ein, wie bei Callianassa und vielen Brachyuren (Carpilius); ebenso bei Mysis, wo diese Linsen in ihrer Lage neben einander fast als eine zweite, unter der oberen gelegene, Gornea erscheinen. Als erste Andeutung dieses Verhältnisses dürfte vielleicht der Um- stand betiachtet werden, welchen man auch schon bei den Insekten antrifft, dass zwischen Hornhaut und Krystallkegel, deren Basis nicht bis an jene reicht, noch eine besondere weiche und durchsichtige Masse eingeschoben wird. Man hat sie bei Palaemon und in einem geringeren Grade auch bei Galathea gefunden 3). Eine ähnliche durchscheinende Masse findet sich häufig hinter den Krystallkegeln. Sie ist hinten abgerundet, umgibt aber vorne den Krystallkegel kelchförmig gewöhnlich in einer ansehnlichen Strecke (wie z. B. bei Astacus). Die für diese Krystallkegel bestimmten Nervenfäden entspringen auch hier aus einer besonderen ganglionösen Anschwellung des Seh- nerven (ganglion opticum), wie bei den Insekten, welche in den Au- genstielen gelegen ist. Zu einem jeden Krystallkegel tritt ein Faden, der sich becherförmig als eine Retina um ihn ausbreitet. | I) So finden sich nach den Zählungen von Will deren an einem Auge von Galathea strigosa 5400, von Palaemon serratus 3020. 2) Abbildungen von Krystallkegeln verschiedener Crustaceen sind in dem an- geführten Werke von Milne Edwards auf Tab. XU. fig. 7 enthalten. 3) Vergl. Will l. c. Bei Palacmon serratus misst ihre Dicke Yo — Yon‘. Sinnesorgane der Krustenthiere. 205 Das Ganze wird endlich noch von einer Lage eines verschieden gefärbten Pigmentes (einer Chorioidea) überkleidet, welches sowohl die Krystallkegel, als auch die einzelnen Nervenfäden umhüllt. Eine dritte, bei den Insekten nicht vorkommende, Form von Seh- werkzeugen sind die zusammengesetzten Augen mit glatter Hornhaut). Grade sie scheinen sich bei den Krustenthieren einer grossen Verbreitung zu erfreuen und bei manchen Ordnungen die ge- wöhnlichste Form von Augen zu sein. So findet man sie bei manchen (aber nicht bei allen) Formen der Amphipoden wie bei Gammarus, unter den Lämodipoden bei Cyamus, unter den Isopoden, wo sie jedoch nur in Ausnahmefällen vorzukommen scheinen, beildothea. Denselben Bau der Gesichtswerkzeuge hat man unter den Phyllopoden auch Apus an- getroffen. Bei letzterem Thiere 2) setzt sich die Haut des Körpers als eine glatte, facettenlose Gornea über das Auge fort. Hinter ihr befinden sich, wie bei den andern zusammengesetzten Augen, die Krystallkegel. Diese sind an ihrer Basis abgerundet und nur zur Hälfte pigmentirt. Ebenso verhalten sie sich auch bei anderen Thieren, wie z. B. bei Cyamus 3), wo sie eine birnförmige Gestalt haben. Aehnlich ist der Bau der zwei grossen und ovalen Augen der Gattung Limulus. Ihre glatte und dünne Hornhaut soll aber in unregelmässig sechseckige Fel- der getheilt sein. Die Krystallkegel, welche schief zugespitzt endigen und an diesem Theile mit einem schwarzvioletten Pigment bedeckt wer- den, sitzen jedoch hier der Hornhaut fest auf ®). Die nämlichen Sehwerkzeuge erstrecken sich aber auch bis in die niedrigsten Ordnungen der Krustenthiere herunter, wie man sie denn unter den Lophyropoden bei Daphnia 5) und Euadne 6), unter den pa- rasitisehen Crustaceen bei Argulus 7) angetroffen hat. Neben diesen Augen kommen bisweilen noch Stemmata vor, so bei Limulus. Nicht immer aber erscheinen die zusammengesetzten Augen mit glatter Hornhaut in der eben beschriebenen Form, indem auch hier wie bei den facettirten Sehwerkzeugen nicht unbeträchtliche Modifica- tionen auftreten, welche man wieder in besondere Unterordnungen ge- bracht hat 9). 1) J. Müller über den Bau der Augen bei Argulus fol. mit Bemerkungen über die Eintheilung der Krebse nach dem Bau der Augen. Treviranus Zeitsch. IV. Bd. 2) Vergl. die Schrift von Zaddach de Apodis cancriformis anatome und die fig. 24. der Tab. II. gelieferte Abbildung der Krystallkegel. 3) Roussel de Vauzeme sur le Cyamus etc. 4) v. d. Hoeven’s öfter erwähnte Monographie, Tab. II. 5) Vergl. Strausl. c. 6) Lovenin Wiegmann’s Archiv v. 1835. 7) Vergl. GC. Vogt zur Naturgeschichte schweizerischer Crustaceen. 8) Vergl. hierüber Joh. Müller, Lehrbuch der Physiologie II. Thl, pag. 309. 206 Sinnesorgane der Krustenthiere. So giebt es eine Anzahl von Crustaceen, wie die Gattungen Am- phitho@, Hyperia und andere, welche zwar mit einer glatten Hornhaut versehen sind, unter der sich aber eine andere Membran befindet, welche facettirt ist. - Eine sich hier anreihende Structur besitzen die Augen bei Bran- chiopus. Es liegt hier ebenfalls unter der Hornhaut noch eine zweite Membran, welche aber gefenstert erscheint }). Durch einen eigenthümlichen Bau zeichnet sich ebenfalls die Horn- haut der Idothea aus. Sie ist zwar ebenfalls eine facettenlose Mem- bran, die aber den einzelnen Krystallkegeln entsprechende, kugel- förmige Anschwellungen zeigt 2). Eine andere Differenz dieser Augen besteht endlich noch darin, dass da, wo eine innere facettirte Hornhaut vorhanden ist, wie bei Amphitho& und Hyperia, vor den Krystallkegeln noch besondere linsen- förmige Medien, ähnlich wie bei manchen facettirten Sehwerkzeugen, liegen. Diese linsenartigen Körper scheinen aber bei der nach Innen gefensterten Hornhaut des Branchiopus nicht vorzukommen, indem es hier nicht die Linsen, sondern die Krystallkegel sein dürften, welche in diese Fenster hineinragen 3). Gehör - und Geruchswerkzeuge. An den Grundgliedern der grossen und kleinen Antennenpaare | sind bei den Decapoden zwei Organe gelegen, deren Functionen man zwar noch nicht mit vollkommener Sicherheit kennt, welche jedoch höchst wahrscheinlich die Gehör- und Geruchsorgane dieser Thiere sind. | Das an der Basis des äusseren oder grossen Fühlerpaares gelegene Organ wird allgemein als Gehörwerkzeug betrachtet %). Es springt 1) Vergl. hierüber eine Abhandlung von Burmeister (über das Auge von Branchiopus paludosus) in Müller’s Archiv v. 1835. 2) S. MilneEdwards| c. und die Abbildung dieser Cornea fig.4. Tab. XII. seines Atlasses. 3) So wenigstens nach Untersuchungen des Auges von Branchiopus stagnalis. Die Ansicht von Burmeister weicht davon ab, indem er in den kurzen, hinter den Fenstern befindlichen Körpern die Krystalllinsen erblickt und der hinter dieser be- findlichen Masse (an welcher er übrigens noch 4 eigenthümliche, streifenartige Bildun- gen unterschied) die Bedeutung der Krystallkegel zuschreibt. Letztere Materie dürfte vielleicht mit grösserem Rechte dem Gebilde gleichgestellt werden, welches, wie Will gefunden hat, hinter den Krystallkegeln der Decapoden sich vorfindet. — Sollte sich die hier gelieferte Erklärungsweise bestätigen, so würde die von Mül- ler aufgestellte Rubrieirung der Augen des Branchiopus eine Modification erfahren müssen. 4) Vergl. hierüber besonders Milne Edwards hist nat. d. Crust. Tom. I. und die beigegebenen Abbildungen Tab. XI. Sinnesorgane der Krustenthiere. 207 an der untern Fläche des Basalgliedes des Fühlers, da wo es sich mit dem Körper verbindet, als ein hohler konischer Fortsatz hervor, wel- cher deutlich eine kleine wulstige Oeffnung zeigt, die von einem in seiner Mitte durchbohrten Häutchen geschlossen wird und dem runden Fenster der Wirbelthiere entspricht, während der Hörcylinder als knö- cherne Umhüllung aufzufassen ist. Inwendig liegt ein Säckchen, wel- ches mit diesem Häutchen in Verbindung steht und eine Flüssigkeit, aber keine Otholithen enthält. Es wird von einem unmittelbar hinter dem grossen Fühlernerven aus dem Gehirnknoten entspringenden Ner- ven versehen. So verhält es sich beim Hummer und beim Flusskrebs. Bei andern Decapoden weicht es davon ab. Weniger deutlich ist der Höcker bei Palaemon und Scyllarus aufzufinden, bei Palinurus ist er kurz und breit, das Trommelfell gross, gerade nach unten gekehrt, während es beim Flusskrebs und Hummer kleiner, nicht an der Spitze, sondern nach hinten und innen gekehrt ist. Bei Maja steht mit diesem Organe ein eigenthümlicher, kleiner, knöcherner Deckel, durch Mus- keln beweglich, in Verbindung wie ein Hörknöchelchen. Bei den Squillen trifft man dieses Organ nicht. Dagegen findet man bei Mysis an einer ganz anderen Stelle des Körpers ein eigen- thümliches Organ vor, welches wahrscheinlicherweise ein Gehörwerk- zeug ist. In der inneren paarigen Schwanzflosse nämlich liegt eine Höhlung, welche fast die ganze Dicke derselben erfüllt. Sie beher- bergt einen sonderbaren crystallinischen Y, — Vs’ messenden Kör- per. Dieser zeigt eine rundliche Form, ist an der einen Seite mit einem nabelförmigen Vorsprung versehen und an dem grössten Theile seiner Peripherie mit langen steifen Borsten besetzt. Das andere dieser Organe, welches man als Geruchsorgan be- trachtet hat !), kennt man beim Hummer und Flusskrebs, bei Palinu- rus und Pagurus streblonix, ohne dass man es bei andern Decapoden und Stomatopoden hat auffinden können. Es ist ähnlich an der Basis der kleinen Fühler gelegen und äusserlich von einer ähnlichen Mem- bran überkleidet. Diese ist an ihrem innern und vordern Winkel von einer kleinen Oeflnung durchbohrt, welche durch eine eigenthümliche, klappenartige Vorrichtung erweitert werden kann. Es besteht aus ei- nem hornigen oder lederartigen Sacke, der bei den einzelnen Thieren von verschiedener Gestalt und Grösse, bald ohr-, bald herz- oder zipfelförmig und bisweilen mit einem kleinen Anhang versehen ist. Die Oeffnung dieses Säckchens ist mit kleinen, eimander kreuzenden Haa- 2) Nach dem Vorgange Rosenthal’s in Reil’s Archiv X. p. 433. Nach den neuen Untersuchungen von Farre on {he Organ of Hearing in Crustacea. Phil. Transact. 1843. p. 233 soll jedoch in ihm der Sitz des Gehörs enthalten sein und dem ersteren die Function eines Riechorganes möglicherweise zukommen. 208 Sinnesorgane der Krustenthiere. ren besetzt. An seiner untern Fläche existirt eine Lage ähnlicher Haare. oder Stacheln, die wiederum feinere Härchen führen. . Unter ihnen liegt der Plexus eines bestimmten, vom Hirn mit zwei Zweigen zwi- schen dem grossen und kleinen Fühlnerven entspringenden Nerven- stammes. In diesen Plexus treten ausserdem noch einige vom klei- nen Fühlernerven kommende Zweige mit ein }). Geschmackswerkzeuge. Ein eigenes, für die Geschmackswahrnehmung bestimmtes Organ, kennt man in der Klasse ‘der Grustaceen nicht. Denn das als Zunge be- zeichnete Gebilde dürfte bei seiner festen, hornartigen Beschaffenheit hier wohl ebensowenig, wie die andern, dem Kauapparate angehören- den Theile, die Mandibeln und Maxillen, in Betracht kommen. Da es nun vorliegende Erfahrungen wahrscheinlich machen, dass der Ge- ruchssinn bei den Krustenthieren nicht unentwickelt ist 2), so wird man seinen Sitz in den Anfängen des Oesophagus und in der Mundhöhle zu suchen haben. Tastwerkzeuge. Die äusseren Integumente können vermöge ihrer Härte bei den meisten Krustenthieren zur Ausübung der Tastwahrnehmungen nicht wohl geschickt sein. Dagegen üben die Anhänge des Körpers diese Verrichtungen. So vor allem die Antennen, welche bald zu 2, bald nur zu einem Paare vorhanden, manchfachen Differenzen unterworfen sind und nur selten ganzen Ordnungen wie den Cirrhipedien und Poe- cilopoden fehlen. Ebenso dürften in dieser Beziehung die eigentlichen Mundwerkzeuge eine, wenn auch nur sekundäre, Rolle spielen. Mehr dagegen scheinen sich hierbei die Kieferfüsse zu betheiligen, nament- lich da, wo sie die Form eines gegliederten Tasters angenommen ha- ben. Von den eigentlichen Beinen scheinen besonders die der vordern Abtheilung und vor allem diejenigen, welche zu Greiforganen umge- wandelt sind, wie z. B. die Scheere des Flusskrebses, für Tastwahr- nehmungen geschickt zu sein. 1) Farre hat im Innern dieses Sackes kleine Steinchen gefunden, welche von aussen hereingekommen und die Function von „Hülfsotholithen“ übernehmen sollen. Er betrachtet den Sack als Vestibularsack und den an ihm befestigten Anhang als Rudimente einer Cochlea. Doch hat diese ganze Anschauungsweise etwas Gezwun- genes, so dass wahrscheinlich die Function dieser Theile eine andere ist, als die welche ihr Farre zuschreibt. Eine sie wenig begünstigende Erfahrung hat ausser- dem Erichson in dem Jahresberichte für 18143 mitgetheilt. 2) Vergl. Milne Edwards angeführtes Werk Thl, L pag. 112. Verdauungsorgane der Krustenthiere. 209 V' erdauungsorgane der Krustenthiere. Der Verdauungsapparat der Krustenthiere ist bei der grösseren Gleichförmigkeit ihrer vorzugsweise aus animalischen Stoffen bestehenden Nahrung nicht so zahlreichen Differenzen unterworfen, als der der In- sekten, wenngleich auch hier nicht unbeträchtliche Verschiedenheiten an- getroffen werden. Fast immer ist er ein in grader Linie durch den Körper sich er- streckender Kanal, höchstens mit einer der Gestalt des Thieres entspre- chenden Krümmung, daher an Länge dem Körper gleichkommend und ‚nicht, wie bei den meisten Insekten, ihn mehrfach übertreffend. Nur in sehr seltenen Ausnahmen ist letzteres der Fall, wo er dann gewunden in der Leibeshöhle auf- und absteigt (so bei Glomeris). Bei den niedrigsten Formen der Crustaceen bildet der Nahrungs- kanal einen einfachen gleichweiten Schlauch, an welchem man nur ei- nen vorderen und hinteren verengten Theil, eine Speiseröhre und ei- nen Mastdarm, unterscheiden kann. In der bei weitem grösseren Mehr- zahl aber ist eine Trennung in Magen und Darm deutlich vorhanden, so dass alsdann am Verdauungskanal die gewöhnlichen Abtheilungen unterschieden werden können, nämlich eine Speiseröhre, welche in der Regel weit und kurz, mit muskulösen Wandungen versehen und mehr oder minder nach oben gerichtet ist; ein Magen von sackför- miger Gestalt, welcher häufig in eine vordere stärkere und eine hintere engere Partie (eine pars cardiaca und pylorica) zerfällt und überdiess noch in den höheren Ordnungen mit einem eigenthümlichen Skelet- oder Kauapparat versehen ist. Sein Umfang schwankt bedeutend, häufig ist er von ansehnlichem Durchmesser, eben so häufig aber, verglichen mit der Grösse des Thieres, klein und wenig entwickelt. Der sich an- schliessende Darm ist fast immer ein gleichweiter grade verlaufender Kanal. Nur in selteneren Fällen bemerkt man an ihm eine Trennung in eine vordere und eine hintere Abtheilung, in einen Dünndarm (ilium) und einen Dickdarm (colon), wobei übrigens der Durchmesser dieser beiden Hälften keineswegs constant ist. Den Endtheil des Darmkanales bildet gewöhnlich ein kurzer und enger, stets aber mit starker Mus- culatur versehener Mastdarm (rectum) !). Die Afteröffnung ist fast im- mer am letzten Körperringe gelegen. Was die Hülfsapparate dieser Theile betrifft, so bemerkt man nur selten und gewöhnlich nicht bei allen Thieren einer Ordnung beson- ‚ dere röhrenförmige Anhänge; ebenso sind zwei bei den Insekten 1) Man kann diese Musculatur des Mastdarmes besonders deutlich an kleinen ‚ Crustaceen bemerken, wo man auch unter dem Mikroskop sich von der starken ı Bewegung des ganzen Darmrohrs überzeugen kann, welche entweder wurmförmig ' (Caligus) oder, was häufiger der Fall ist, wie die eines Gefässes pulsirend erscheint (so z. B. bei Mysjs, den Amphipoden, den Caprellen, Daphnien etc.). Wagner’s Zootomie, II. 14 210 Verdauungsorgane der Krustenthiere. sehr häufige Organe, die Speicheldrüsen und der Fettkörper nur in seltenen Fällen vorhanden; dagegen erscheint bei vielen Grusta- ceen wieder in grosser Verbreitung und Mächtigkeit ein gallenberei- tendes Organ, eine Leber. Was die histologische Structur des Darmkanals !) betrifft, so findet man bei den Crustaceen 5 gesonderte Membranen, nämlich eine membrana intima, eine darauf folgende Zellenschicht, eine mempbrana propria, eme Muskellage und endlich noch eine die letztere umgebende seröse oder Peritonealhaut. Doch ist zu be- merken, dass die hier aufgezählten Häute keineswegs bei allen Kru- stenthieren und auch da, wo sie vorhanden sind, nicht an allen Thei- len des Verdauungsapparates beobachtet werden. Die erste der eben genannten Membranen ist eine zarte und dün- ne, entweder ganz structurlose oder kleine Pünktchen oder Zellen enthaltende Membran, die häufig im Magen, wo sie Trägerin des Skeletes wird, noch mit besonderen Fortsätzen, namentlich Haaren und Stacheln, besetzt ist. Sie entspricht der bei den Insekten vorkom- menden gleichen Haut und besteht wie diese aus Chitin. Doch ist als ein unterscheidendes Merkmal ihr viel weniger constantes Vorkommen hervorzuheben. Denn wenn es auch manche, namentlich höher orga- nisirte Crustaceen giebt, bei welchen sie den ganzen Darmkanal über- kleidet, wie z. B. die Decapoden, die Önisciden, so fehlt sie dagegen: einer bei weitem grösseren Anzahl von Thieren entweder theilweise oder gänzlich. So ist es gar nicht selten, dass der eigentliche Darm ihrer völlig ermangelt und nur Speiseröhre und Kaumagen, so wie das Rectum damit versehen sind. So bei vielen ebenfalls höher organisirten Crustaceen, wie z. B. der Gattung Mysis, bei anderen hauptsächlich nie- driger stehenden Ordnungen, wo keine Skeletformation im Magen an- getroffen wird, vermisst man sie endlich gänzlich, so bei den Myriapo- den (Julus, Lithobius und Scolopendra), ferner bei den Lophyropoden (Daphnia, Cycelops), endlich bei den Parasiten (Caligus, Pandarus, An- chorella, Lernaea). Die hierauf folgende Lage, die Zellen-, oder Drüsenschicht, wird! bei keinem Thiere vermisst. Sie scheint bei der Verdauung die wich- tigste Rolle zu spielen; indem grade ihr die Absonderung der Verdau- ungsllüssigkeiten überwiesen ist, wesshalb man sie auch an dem zur mechanischen Verkleinerung der Nahrungsmittel bestimmten, mit einem (serüste versehenen, höheren Magen der Krebse, ebenfalls häufig an dem Rectum (Caligus) vermisst. Sie ist im Uebrigen den allergrössten Va- riationen unterworfen, was mit der Verschiedenheit der Nahrung und 1) Vorzugsweise nach eigenen Untersuchungen. Die älteren, zum Theil ohne mikroskopische Beobachtungen gemachten Angaben enthalten viel Irrthümliches. Vergl. noch H. Meckel in Müllers Archiv 1846 über den Darmkanal des Flusskrebses. Verdauungsorgane der Krustenthiere. 211 mit dem Fehlen oder Vorhandenseyn anderer, hierbei als Hülfsorgane ‚betheiligter Drüsen in Zusammenhang zu stehen scheint. Nicht genug, dass sie bald als innerste Lage angetroffen wird, bald dagegen nur durch die Chitinmembran hindurch functioniren kann, dass sie eine verschiedene Dicke besitzt, findet man auch noch grade hinsichtlich der sie bildenden Drüsenzellen die bedeutendsten Differenzen. So sind die Zellen klein und rundlich, mit Kern und blassem Inhalt versehen bei Mysis, bei den Myriapoden, bei Lernaea, grösser bei den Cirrhipe- dien, von noch beträchtlicherer Grösse bei Astacus und den Onisciden, wo sie durch ihren feinkörnigen Inhalt und ihre deutliche Kernformation mit den Ganglienkörpern sehr übereinstimmen. Als ein auffallender und wichtiger Umstand verdient noch hervorgehoben zu werden, dass bei denjenigen Crustaceen, wo ein gallenbereitendes Organ vermisst wird, die Drüsenzellen des Darmkanals diese Sekretion übernehmen. Während nämlich, soweit die bisherigen Untersuchungen reichen, bei keinem mit einer Leber versehenen Krustenthiere die Zellen des Darm- kanales einen fettigen Inhalt besitzen, findet man diesen beim Fehlen der Leber in nicht unbeträchtlicher Menge und unter den verschieden- sten Formen, bald als ein in Tröpfchen abgelagertes elainartiges Fett (Caligus, Pandarus), bald in der Gestalt grösserer oder kleinerer, häu- fig gefärbter Körnchen (Cyelops), zuweilen in enormer Quantität die Zellen erfüllend (so bei den Myriapoden, wie Julus und Lithobius), so dass hierdurch eine unverkennbare Uebereinstimmung mit den Leber- zellen höherer Ordnungen entsteht. Die dritte unmittelbar sich anreihende Haut, die membrana propria, welche wie bei den Drüsen auch hier Trägerin der eben beschriebenen ellen ist, erscheint in der Regel als eine zwar zarte, aber feste und consistente Membran, die häufig von Längslinien, welche der Ausdruck, entweder von Falten oder eingebetteten Fasern sein mögen, durchzogen wird. Sie fehlt als die morphologisch wichtigste Membran in keiner Partie des Verdauungsapparates und bildet mit der tunica intima den Kaumagen der höher organisirten Krebse. Im Uebrigen ist sie aber manchfachen Variationen unterworfen. So bildet sie durch Fortsätze, welche sie zur Chitinmembran abschickt, beim Flusskrebs grössere oder ‚geringere abgeschlossene rundliche Räume, in welchen jedesmal eine Anzahl der Drüsenzellen enthalten ist. Bei den Oniseiden bildet sie ‘ähnliche, aber weit kleinere und fast quadratische Fachwerke, welche immer je eine der oben beschriebenen enormen Drüsenzellen aufnehmen. Bei andern Crustaceen buchtet sie sich zwischen dem Netzwerk der armmuskeln in grösseren oder geringeren Divertikeln nach Aussen, so . B. unter den Schmarotzerkrebsen bei Pandarus, Caligus, Dichelestium, amproglena, Chondraconthus Lophi }). 1) Vergl. Rathke Beiträge zur Fauna Norwegens Nova acta Leopold. Vol. XX. . I. und die auf Tab. V, fig. 15. gelieferte Abbildung. 14* 212 Verdauungsorgane der Krustenthiere. Nach Aussen wird obige Haut von der Muskelschicht bedeckt. Diese ist von sehr verschiedener Mächtigkeit. Bald stellt sie eine ansehnliche zusammenhängende Haut dar, gebildet von parallel nebeneinander gela- gerten, gleich breiten Fasern, die vorzüglich einen eirculären Verlauf ein- halten und häufig mit deutlichen Querstreifen wie die willkührlich be- weglichen Muskeln versehen sind (so bei Astaeus, Apus 1), Limulus 2), Li- thobius), bald aber auch mehr oder minder glatt erscheinen (so bei Crangon, bei Mysis, bei Balanus). In anderen Fällen aber ist die Mus- culatur viel geringer entwickelt, so dass sie entweder in ähnlicher Weise wie bei manchen Insekten ein Netzwerk von transversellen und. mehr oder minder schief verlaufenden Längsfasern darstellt, welche der tunica propria aufgereiht sind (so bei Julus, Oniscus, Caligus, Chon- dracanthus), oder dass sie nur aus transversellen Fasern, welche wie kleine Leistehen um die memb. propria herumgehen, besteht, so z.B, bei Cyclops. In noch andern Fällen endlich wird sie gänzlich vermisst (Lernaea gadina), wo der ganze Verdauungskanal alsdann nur aus der zweiten und dritten Schicht gebildet wird. Die letzte Lage endlich, die Peritoneal- oder seröse Haut, scheint‘ wie bei den Insekten so auch hier nur selten und vielleicht niemals’ über den ganzen Verdauungskanal verbreitet vorzukommen. Wo sie vor handen, bemerkt man sie als ein sehr feines und zartes, die Muskel- schicht umgebendes Häutchen. Von dem oben im Allgemeinen geschilderten typischen Baue der’ Verdauungsorgane machen nur die Myriapoden 3) eine Ausnahme, so dass es passend erscheinen dürfte, sie zuerst in Betrachtung zu zie- hen. Ihr Verdauungskanal ist ganz insektenänlich gebaut und am mei- sten mit dem der Larven bei den Schmetterlingen übereinkommend. Man findet nämlich bei ihnen eine lange Speiseröhre, welche bald fein’ und enge ist (Lithobius), bald weiter erscheint (Julus) und in den gleich- weiten Magenkanal einmündet. Dieser erstreckt sich weit nach hinten ' durch den grössten Theil des Körpers, wo dann ein kurzer Darm be- ginnt, welcher an Dicke mit der Speiseröhre übereinkommt #). Dieser” einfache Bau erscheint in gleicher Weise bei Chilopoden und Chilogna- then, nur dass die Nahrung der Thiere kleinere Differenzen her- vorruft. — Eine Ausnahme hiervon macht allein die Gattung Glomeris ?), ' bei welcher, wie schon oben bemerkt wurde, der Verdauungskanal’ 1) Conf. Zaddach].c. — 2) v..d. Hoeven |. c. 3) Vergl. Rymer Jones Artikel: Myriapoda in Todd’s Cyclopaedia. | 4) Als Beispiel kann der Verdauungsapparat der Scolopendra dienen. Ic. z00- | tom. Tab. XXV. fig. XXV, wo jedoch die Darstellung nicht genau und die Bezeichnung der einzelnen Theile eine unrichtige ist. a u. b bedeuten die Speiseröhre, euw.e den Magen (die bei d gezeichnete Schlinge existirt nicht), f den Darm. 5) Vergl. Brandt in Müller’s Archiv 1837. Tab. XII. fig. 2. | Verdauungsorgane der Krustenthiere. 213 an Länge den Körper beträchtlich übertrifft. Die Speiseröhre geht näm- lich in einen cylindrischen gleichweiten Magen über. Dieser erstreckt sich wie bei den andern Myriapoden weit nach hinten. Der Darm be- steht aus einem kleinen Dünndarm und einem sehr langen Dickdarm, welcher zuerst bis zum Anfange des Magens nach oben läuft, dann sich umbiegt und, wieder am Ende des Körpers angelangt, in einen /kleinen Mastdarm übergeht. ’ Die übrigen Krustenthiere dagegen entfernen sich im Bau ihrer Verdauungsorgane beträchtlich von den Insekten und zeigen trotz zahl- reicher Verschiedenheiten eine unverkennbare Uebereinstimmung. Bei den Decapoden, sowohl den Macrouren als den Brachyuren ist der Verdauungskanal ziemlich einförmig gebaut N). Die Speiseröhre 2) ist ein weiter, diekwandiger musculöser Schlauch, welcher von unten und hinten nach oben und vorne gerichtet ist und unter einem bei- nahe rechten Winkel in den Magen einmündet. Dieser 3) ist von be- trächtlichem Umfange und in 2 Abtheilungen zerfallen. Die vordere Abtheilung (pars cardiaca) 4) ist ein ansehnlicher runder Sack mit stark gewölbten Wänden. Sie erreicht am vorderen Rande ihre grösste Breite und verschmählert sich nach hinten zu, um unter einer starken Neigung in die zweite Abtheilung (pars pylorica) überzugehen. Diese ist viel kleiner und enger und gegen den Darmkanal durch eine verengte Stelle (pylorus) 6) abgegränzt. Höcht eigenthümlich ist das den Magen- wänden angeheftete Gerüste oder Skelet, welches aus einer verschie- denen Anzahl theils horniger, theils durch eingelagerte Kalkmasse mehr knochenartig gewordener Stücke, die zum Theil wie emaillirt er- scheinen, besteht. Diese Skeletstücke, welche als Platten, Bögen oder derbere, gezähnte Massen auftreten, sind theils dicht zusammen gele- gen, theils von einander entfernt gelagert. Sie stellen, durch Muskeln bewegt, einen sehr wirksamen Kau- oder Zermalmungsapparat dar. | Am genauesten kennt man dieses Magengerüste beim Flusskrebs ?). 'Es besteht aus unpaaren oberen und paarigen seitlichen Stücken, wel- 1) Vergl. Ic. zoot. Tab. XXVI. fig. IV.u. VI. Verdauungsorgane des Flusskrebses. 2) Ibid. fig. IV.b u. VLb. — 3) Ibid. IV.a u. V. 4) Ibid. fig. VI. (bis hinter f oder über d sich erstreckend). 5) Ibid. (bis zu g hingehend), — 6) Ibid. g. 7) Vergl. über das Magengerüste der Decapoden: Meckel’s System d. verglei- chenden Anatomie. IV Band. pag. 155—58, ferner Milne Edwards. Tom. I. pag. 67; über den Flusskrebs: Suckow anatom - physiologische Untersuchungen; von Baer in Müller’s Archiv von 1534 pag..519; besonders aber die exacten Untersu- chungen von Oesterlen in derselben Zeitschrift von 1840. pag. 387. u. Tab. XII., dessen Nomenklatur im Texte benutzt worden ist. Die in den Ic. zootom. Tab. XXVl. fig. IV. VI. VII. A u. B gelieferten bildlichen Darstellungen sind den unvollständigen Arbeiten von Brandt u. Ratzeburg und Succkow entlehnt. 214 Verdauungsorgane der Krustenthiere. che besonders den hinteren und unteren Theil des Magens einnehmen, ' so dass der vordere Theil frei bleibt }). Die oberen Stücke der pars cardiaca sind so hinter einander gele- gen, dass sie zusammen etwa die Forn eines Dreieckes bilden, welches seine convexe Basis nach dem Kopfe und seine stumpfe Spitze nach dem Schwanze kehrt. Es sind folgende: das vorderste Stück , die Ba- sis des Dreiecks, bildet ein zartes, durchsichtiges, oben convexes Horn- oder Pergamentplättchen, die Decke 2). An seinen hinteren Rand in- serirt sich ein bei weitem stärkeres verknöchertes Stück, der Quer balken, welcher transversal gelegen und mit einer Leiste und rauhen Flächen versehen ist. Hierdurch dient er den vorderen Magenmuskeln (s. u.) zur Befestigung. An die Mitte seines Hinterrandes stösst ein viereckiges Hornplättchen, pars quadrata. Den Beschluss dieser ' oberflächlichen Skeletstücke 3), die Spitze des Dreieckes, bildet wieder ein zartes, durchsichtiges Hornplättchen, der Sattel oder das Joch, wel- ches die pars quadrata nicht unbeträchtlich überragt und andern un- " ter ihm gelegenen Knochenstücken zur Decke dient. Diese Stücke sind ein dreieckiges Hornplätichen, pars triangularis, und ein ganz | kurzes horizontales Knochenplättchen. Beide Stücke in Gemein- schaft mit der schon erwähnten pars quadrata bilden mit einander vereinigt einen starken, in die Magenhöhle hineinragenden, bräunlich emaillirten Vorsprung, den zweizinkigen Mittelzahn, einen der wichtigsten Theile des ganzen Kauapparates. Die seitlichen Skeletstücke der vorderen Magenabtheilung bestehen aus einem paarigen starken Knochenstücke von complicirtem Baue, dem Seitenwandknochen. Er bildet den grösseren Theil der seitlichen Magenwandungen, hält einen schiefen Verlauf ein und endigt am seitli- chen Ende des Querbalkens, mit welchem er durch ein kleines s för- möges Knöchelchen verbunden ist. Sein innerer Theil ragt eben- falls in die Magenhöhle hinein und bildet hier einen starken leistenarti- gen Vorsprung, die Seitenzahnleiste, welche mit Zähnen von ver- schiedener Grösse und Richtung besetzt ist und mit ihrem hinteren und unteren Theile fast an den zweizinkigen Mittelzahn anstösst. Am unteren Theile der grossen Magenabtheilung liegt ein rundliches nicht unansehnliches unter dem Seitenwandknochen befindliches Knor- pelplättchen %, welches durch 3 Knochenstrahlen, die an seinem hinteren und untern Rande angebracht sind, wie in einem Rahmen ausgespannt gehalten wird. Zwischen den unteren dieser Knochenstrah- len befindet sich eine in das Innere der Magenhöhle hineingehende Ein- stülpung der Magenhaut, die mützenförmige Klappe oder Mütze, welche wiederum eigene Knochenstrahlen besitzt. I) Ic. zootom. Tab. XXV1. fig. VL. b, — 2) Ibid. c. 5) 3) Ibid. VI. Sie sind zusammen mit f bezeichnet. — 4) Ibid. d. Verdauungsorgane der Krustenthiere. 215 Auch am Pförtnertheil des Magens befindet sich eine Skelet- oder Gerüstbildung. Seine häutige obere Wand wird durch 2 paarige Knochenstrahlen ausgespannt gehalten und gestützt. An seiner Basis befindet sich ein knorpliger oder hornartiger breiter Theil, der aus 2 halbkugelförmigen Hälften besteht, der Wulst. Durch einen von sei- nem hinteren Rande abgehenden zahnförmigen Fortsatz verengt er die Magenhöhle sehr. An ihm sind endlich noch 2 Knochenstrahlen an- geheftet. Fast die ganze innere Oberfläche dieses complizirten Magens ist mit sehr verschieden gestalteten und an Grösse beträchtlich differirenden Haaren besetzt, welche von der inneren oder Chitinmembran ihren Ursprung nehmen !). | Abgesehen von einer eigenen Muskelschicht, welche jedoch nur an einigen Stellen vorhanden und keineswegs dem ganzen Magen eigen- thümlich ist, dienen zu den Bewegungen dieses Organes noch 2 Paare besonderer Muskeln von ansehnlicher Stärke. Das vordere Paar ?), welches sich an den oben beschriebenen Querbalken ansetzt und von dem Stirnfortsatz dicht hinter den Augen herkommt, zieht den Ma- gen nach vorne, während dem hinteren Paare 3) die entgegenge- setzte Funktion zukommt. Dieses entspringt von den Seiten der Schale, läuft nach unten und vorne und befestigt sich an den hinteren Rand des Seitenwandknochens und der Knochenleiste, welche den vorderen Rand des Sattels bildet (s. oben). Durch die gleichzeitige Contraktion beider Paare wird die dazwischen gelegene Partie des Magens ausge- dehnt. — Die zahlreichen Differenzen, welche das Magengerüste der Decapoden darbietet, beziehen sich hauptsächlich auf die ungleiche Ent- wicklung der verschiedenen Stücke 9). So complizirt der Magen bei den Decapoden erscheint, so einfach ist der übrige Theil des Verdauungsapparates, der Darmkanal, gestaltet. Er ist fast überall ein in gerader Linie nach hinten sich erstreckender Kanal, der nur in seltenen Fällen, entsprechend der Körperform, einen gewundenen Verlauf einhält (Pagurus). Er ist natürlich nach den bei- den Abtheilungen, den lang- und kurzschwänzigen Krebsen, von einer sehr verschiedenen Länge, aber auch in den einzelnen Gattungen an Stärke nicht unbeträchtlich variirend, so z. B. dick und weit bei Gala- thea, dagegen fein und eng bei Crangon. In der Regel ist er von einem durchaus gleichen Durchmesser (so z. B. bei Astacus) 5); seltener zer- 1) Vergl. hierüber Valentin in s. Repertorium. I, Band. 1536, dann Oester- len I. c. und die auf Tab. XII. gelieferten Abbildungen der verschiedenen Haarfor- mationen. 2) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig.I.c.c. — 3) Ibid. d. d. 4) Vergl. Milne Edwards l.c. Tom.I. pag.71. u. Meckel's System der ver- gleichenden Anatomie. IV. Band. pag. 157. 5) Ic. zootom. Tab.XXV1. fig. VI. 216 Verdauungsorgane der Krustenthiere. fällt er in 2 Abtheilungen, eine vordere, von geringerem Durchmesser, (Dünndarm, Ilium) und eine hintere von grösserer Weite (Dickdarm, Colon), so z. B. bei Pagurus. Dicht vor seinem Ende geht er in ein kurzes, musculöses Rectum über, welches zu der an der Spitze des Postabdomen gelegenen Afteröffnung !) führt. , Bei einer grossen Anzahl von Decapoden finden sich am Verdau- ungsapparat noch besondere Anhänge in Gestalt von röhren- oder schlauchförmigen Drüsen, welche ein weissliches Sekret von unbekann- ter Funktion absondern. Man trifft sie entweder einfach oder mehrfach vorhanden an. Zwei derselben zu einem Paare vereinigt, zeichnen sich durch ihren gewundenen Verlauf aus; sie münden dicht hinter den Gal- lengängen in die pars pylorica des Magens ein. Der dritte dieser Schläu- che mündet weiter nach hinten, entweder nur in kurzer Entfernung von den vorigen (Maja), oder mehr gegen das Ende des Körpers in den Darmkanal, bei Pagurus an der Gränze von Dünn- und Dickdarm ein. Dieser letzte Schlauch kommt vielen Macrouren zu, fehlt jedoch dem Flusskrebs; besonders aber wird er neben den paarigen Schläuchen bei den Brachyuren angetroffen (z. B. bei Maja, Platycarcinus 2); eben- so auch beim Bernhardskrebs. Bei den Stomatopoden scheint nach den bis jetzt vorliegenden, sparsamen Untersuchungen wesentlich derselbe Bau der Verdauungs- werkzeuge vorzukommen, wie bei den Decapoden. Die im Allgemeinen ). weite und kurze Speiseröhre führt entweder senkrecht (Squilla) 3) oder ° in schiefer Richtung (Mysis) in den Magen über. Dieser ist sackförmig, entweder ansehnlich und gross, wie bei Squilla, wo er sich weit über die Speiseröhre hinaus nach vorne erstreckt oder klein und enge, wenn man die Grösse des Thieres berücksichtigt, wie bei Mysis. Die in ihm enthaltene Skeletbildung ist dagegen weit einfacher als in der vorher- gehenden Ordnung. So nimmt sie bei Squilla hauptsächlich den hinte- ren und unteren, unmittelbar vor dem Pylorus gelegenen Theil des Ma- gens ein und besteht aus wenigen Stücken, von welchen zahlreiche Haare in das Innere der Magenhöhle hineinragen. Bei Mysis findet man hauptsächlich zwei paarige, ebenfalls mit vielen Borsten und Haaren besetzte Leisten und am Uebergange der vorderen Abtheilung (pars cardiaca) in die hintere (pars pylorica) 2 hornartige starke Vorsprün- ge, Vorrichtüngen, welche durch Muskeln bewegt, ebenfalls einen wirk- samen Kauapparat herstellen. 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. VI.k. | 2) Vergl. hierüber Milne Edwards |. c. Tom.I. pag. 76. u. 77.— Man findet in diesen Drüsen ein Epithelium von ovalen Zellen, welche in ziemlicher Menge feine dunkle Körnchen in ihrem Innern enthalten, in allen 3 Drüsen aber ganz das näm- liche Aussehen zeigen. 3) Vergl. über Squilla Meckel’s System der vergleichenden Anatomie, IV. Thl. pag. 155. u. Milne Edwards, c. II. Thl. pag. 515. EEE Verdauungsorgane der Krustenthiere. 217 Der vom Magen abgehende Darmkanal läuft in grader Linie durch den Körper. Er ist im Allgemeinen dünn und enge, sehr fein bei My- sis, wo er im letzten Körpersegmente unmerklich in ein musculöseres Rectum ausläuft. Bei den Amphipoden scheint eine grosse Gleichförmigkeit im Baue der Digestionsorgane zu herrschen !). Die Speiseröhre geht un- merklich in einen kleinen wenig breiten Magen von flaschenförmiger Gestalt über, der nur noch schwache Spuren einer Gerüstebildung zeigt, wie z. B. bei Orchestia an seinem vorderen Theile zwei mit Haaren besetzte Hornzähne, bisweilen aber auch solcher Skeletstücke gänzlich entbehrt, z. B. bei Hiella, und sich nach Aufnahme der Leber- schläuche (s. u.) in den Darmkanal fortsetzt. Dieser zerfällt in 2 Ab- theilungen von fast gleicher Länge, in einen Dünn- und Dickdarm. Er- sterer ist an seinem Anfange am breitesten und mit einer kleinen Ein- schnürung in den Dickdarm übergehend. Dieser verschmälert sich ebenfalls nach hinten. — An der Uebergangsstelle beider mündet ein Paar dünner, schlauchförmiger Drüsen mit einer henkelartigen Krümmung ein, welche neben dem Dünndarm gelegen weit nach hinten sich er- strecken. Wahrscheinlich bilden sie ein Analogon der bei den Deca- poden vorkommenden Anhänge und werden gleich diesen hier und da vermisst, wie z. B. bei Hiella, wo dann der Darmkanal keine weiteren Abtheilungen mehr zeigt. Unter den Lämodipoden trifft man bei Caprella 2) und den ver- wandten Gattungen einen nur wenig erweiterten Magen, der sich in einen grade verlaufenden, gleichweiten Darmkanal fortsetzt, welcher im letzten Körpersegment (dem rudimentären Postabdomen) in ein kur- zes musculöses Rectum ausläuf. Auch bei CGyamus ceti?) ist die Struktur eine ähnliche, der Magen nur sehr wenig ausgebildet, aber noch einige Skeletstücke enthaltend und das Rectum mit einer dreifachen Klappe versehen. Dagegen ist in der Ordnung der Isopoden der Verdauungskanal grösseren Differenzen unterworfen, so dass man hier mehrfache For- men unterscheiden kann. Bei der grösseren Mehrzahl der Isopoden, wie bei sämmtlichen Idotheiden und Onisciden, bei den Gattungen Asellus, Sphaeroma, Pra- niza findet sich derselbe bald grössere bald kleinere flaschenförmige, von der Speiseröhre nicht deutlich abgegränzte Magen *) wie bei den 1) So nach Untersuchungen an Orchestia, Talitrus, Gammarus. 2) Vergl. über Caprella die (unvollständigen) Untersuchungen von Goodsir in dem Edinburgh new philosoph. Journal. Vol. 33. 1842. 3) Vergl. die schöne Arbeit von Roussel de Vauzeme (Ann. des scienc. natur. Tom. 1. Serie. 11.) und die Abbildungen Pl. 8. fig. 7. und Pl. 9. fig. 19. 4) Vergl. z. B. den Verdauungskanal von Porcellio Ic. zootom. Tab. XXVI, fig. XVL; bei a die Speiseröhre, bei b der Magen. 218 Verdauungsorgane der Krustenthiere. Amphipoden, in dessen Ende auch hier die Leberschläuche einmünden. Er ist ebenfalls mit einem rudimentären, hauptsächlich aus Längsleisten bestehenden Skelet versehen. Der hierauf folgende Darmkanal zeigt ' nach der Körperform eine verschiedene Dicke, ist jedoch im Allgemei- nen von ansehnlicher Weite und durch die ganze Länge von gleich- mässiger Ausdehnung (Ligia) oder, was ebenfalls häufig der Fall ist, an seinem vorderen Theile etwas angeschwollen und daher hier an Breite dem Magen gleichkommend !) (desshalb früher auch als der Ma- gen beschrieben 2)) und nach hinten zu allmälig verschmälert 3), wo sich denn ein enges und kurzes, fSleischiges Rectum anschliesst (Por- ' cellio, 1dothea). Bei einigen parasitisch lebenden Isopoden, wie bei Aega 4), wahr- | scheinlich auch bei der Gattung Cymotho@ ist der Magen ohne Skelet, viel enger, so dass er mit einer Speiseröhre grosse Aehnlichkeit dar- bietet und nur durch die Aufnahme der Leberschläuche seine Natur beurkundet. Der Darmkanal dagegen ist von einer enormen Weite, den Magen vielfach an Durchmesser übertrefflend, während der Mastdarm wiederum mit diesem an Dicke übereinkommt. Höchst eigenthümlich ist endlich noch die Struktur der Verdauungs- organe, welche man bei zwei andern, gleichfalls schmarotzenden 1sopo- den, den Gattungen Bopyrus 5) und Phryxus 6) angetroffen hat. Bei die- sen (d. h. bei ihren weiblichen Thieren) findet man einen kurzen, aber weiten und sackförmigen Magen, der in einen überall gleichweiten Darmkanal übergeht. Dieser verläuft aber nicht in grader Linie, son- dern in einem der Krümmung des ganzen Körpers entsprechenden Bo- gen und nimmt jederseits 7 Kanäle in sich auf, welche die Ausfüh- rungsgänge leberartiger Organe sind, eine Anordnung, die mit der beim Skorpion ?) vorkommenden einige Aehnlichkeit darbietet. Bei den Poecilopoden 8) zeichnet sich der Verdauungskanal da- durch aus, dass der Magen um ein beträchtliches weiter nach vorne liegt als die Mundöffnung, so dass die musculöse Speiseröhre einen beinahe ganz nach vorne gerichteten Verlauf einhalten muss. Jener ist ohne Gerüste, aber mit starken musculösen Wandungen versehen, ver- hältnissmässig klein, seitlich comprimirt und in seiner hinteren Partie 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig XVI. c. 2) So z. B. von Treviranus u. Ramdohr. — 3) Ibid. e. 4) Ueber Aega bicarinata vergl. H. Rathke Beiträge zur Fauna Norwegens. Nova Act. Leopold. Vol. XX. P. I., so wie Tab. VI. fig. 16. 5) Vergl. über Bopyrus die angeführte Schrift von H. Rathke De Bopyro et Neräide u. Tab. 1. fig. 7. 6) Ueber Phryxus die Beiträge zur Fauna Norwegens von demselben Verfasser. Hi 7) S. oben pag. 150. 8) Eine Abbildung der Verdauungsorgane des Limulus in der Monographie von van der Hoeven. Pl. II. fig. I. Verdauungsorgane der Krustenthiere. 219 kegelförmig zugespitzt. Mit diesem Theile, an dessen Spitze der Pförtner gelegen ist, stülpt er sich in den Darmkanal hinein. Dieser ist von ansehnlicher Weite, dem der 1sopoden ähnlich, erst etwas flach, dann rundlich, an seiner inneren Fläche mit zahlreichen faltenförmigen Vor- sprüngen versehen. Er verläuft grade und ungewunden durch den Körper, um sich in ein kurzes und enges Rectum fortzusetzen, welches vor dem schwanzförmigen Anhange ausmündet. Auch hier ergiesst die Leber ihr Sekret ausnahmsweise nicht in den Magen, sondern in den Darmkanal. Einen gleichfalls sehr vereinfachten Verdauungskanal besitzen die Phyllopoden. Bei Apus !) ist die Speiseröhre kurz, weit und mus- eulös, unter rechtem Winkel in den Magen einmündend. Dieser ist von runder, sackförmiger Gestalt, mit den Ausführungsgängen blind- darmförmiger Magenfortsätze versehen, und allmälich nach hinten zu sich verschmälernd. Der Darm ist ein weiter, grader Kanal und lässt mit Ausnahme eines musculösen, kurzen Mastdarms keine Abtheilungen unterscheiden. — Bei Branchiopus ist der Verdauungskanal ein einfa- cher Schlauch, der sich nach hinten zu allmälich verengt und an sei- nem vorderen Ende mit 2 blindsackartigen Anhängen versehen ist. Die Cirrhipedien scheinen in ihren verschiedenen Gattungen ei- nen sehr ähnlich gebildeten, verhältnissmässig einfachen Verdauungsap- parat zu besitzen 2). Bei ihnen 3) ist die Speiseröhre 4) ebenfalls von ansehnlicher Capaeität, mit einer festen Haut ausgekleidet, der Magen °) ebenfalls weit und sackförmig, aussen von der Leber 6) bedeckt. Der Darm ?), welcher sich mit einer leichten Windung der Körperform an- passt, ist kurz und mässig weit. Er öffnet sich am Grunde des oben beschriebenen schwanzförmigen Anhanges 3). Bei den Lophyropoden trifft man nach den bisherigen Untersu- chungen zweierlei Formen der Digestionsorgane. Bei den einen, wie Cypris 9), Cyelops und den verwandten Thieren, bemerkt man noch eine Trennung in einen grossen ansehnlichen Magensack und einen von diesem scharf abgegränzten Darmkanal, welcher in grader Linie all- mälich verschmälert zum After verläuft. Bisweilen ist der Magen noch mit einem grossen an seiner oberen Wandung befindlichen Blindsack 1) Vergl. Zaddach De Apodis cancriformis anatome etc. 2) Vrgl. hierüber besonders Cuvier Me&moires sur les Mollusques, M. Saint- Ange l. c., wo aber manchfache Irrthümer stattgefunden haben, und die Angaben von R. Wagner in Müllers Archiv von 1834. 3) Als Beispiel können die Verdauungsorgane von Anativa laevis dienen. Ic. “ zootom. Tab. XXVI fig. XXIN. 4) Abid. a. — 5) Ibid.b. — 6) Ibid.c. — 7) Ibid.d. — 8) Ibid. e. 9) Vergl. Straus Dürckheim Mcmoire sur les Cypris in den Mem, du Mus. d’ hist. nat. Tom. VI. 220 Verdauungsorgane der Krustenthiere versehn !). — Bei den übrigen Lophyropoden dagegen, wie bei Da- phnia 2), Lynceus und Euadne 3), geht die enge aufsteigende Speise- röhre 4) in einen weiteren, keine Abtheilungen mehr darbietenden Kanal über, der entsprechend der Körperform in gekrümmter Richtung durch den Körper sich erstreckt 5). Er entspricht mithin dem Magen und Darm- kanal zugleich. Eigenthümlich sind endlich noch 2 ansehnliche An- hänge 6), welche man bei Daphnia und Lynceus angetroffen hat. Sie stellen wie bei Branchiopus Blindsäcke dar, welche in gekrümmter Richtung über Gehirn und Auge weit nach vorne verlaufen. Was die letzte Abtheilung, die Schmarotzerkrebse, betrifft, so ist hier nur noch selten ein eigentlicher, gesonderter Magen vorhanden, wie bei Argulus foliaceus ?). Bei diesem Thiere ist er von ovaler Gestalt, an den Seiten mit zwei sehr vielfach verzweigten Anhängen versehen, welche sich weit in den Seitenschild ausbreiten. An seinem hinteren Theile befindet sich noch ein dritter gespaltener blinder Anhang. Er geht in einen verengten cylindrischen Darm über. Bei einigen andern Schmarotzerkrebsen findet sich an der Stelle des Magens nur noch eine geringe Anschwellung des Darmkanals (Ergasilus). | Die bei weitem grössere Menge parasitischer Krustenthiere besitzt nur einen einfachen, durch den ganzen Körper sich erstreckenden Nahrungsschlauch, an welchem man noch eine feine, meist senkrecht gestellte Speiseröhre und ein musculöseres Rectum wahrnehmen kann (so z. B. bei Caligus, Pandarus, Achtheres, Lamproglena, Dichele- stium 8), Chondracanthus ®).. Der eigentliche Darmschlauch ist in der Regel überall von gleicher Dicke, bisweilen aber auch mit einer leich- ten Einschnürung beim Uebergang ins Postabdomen versehen; seine Musculatur ist gewöhnlich deutlich (Caligus, Pandarus). Durch eine schon oben erwähnte eigenthümliche Anordnung der Muskelbündel er- langt er bisweilen ein unebenes, höckeriges oder ausgebuchtetes Ausse- hen (Caligus, Chondracanthus) 19). 1) So bei einem kleinen hierher gehörenden, leider nicht näher zu bestimmen- den Thiere, welches zahlreich bei Helgoland gefunden wird, wo übrigens noch der ganze Verdauungskanal von lebhaft rother Farbe ist. 2) Vergl. Straus Dürckheim Mem. du Mus. Tom. VII. und die daraus ent- nommen bildlichen Darstellungen der Ic. zootom. auf Tab. XXVI. fig. XVII. u. XVII. 3) Loven in Wiegmann'’s Archiv von 1837. 4) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XVII. u. XXVI.h., — 5) Ibid. k.k. 6) Ibib. m. 7) Vergl. Jurine Memoire sur l’Argule foliac&. Annal. du Mus. Tom. VII. u. C. Vogt zur Naturgeschichte schweizerischer Crustaceen. 8) Vergl. H. Rathke Nova Act. Leopold. Vol. XIX. P. 1. 9) Derselbe, Beitr. z. Fauna Norwegens in der nämlichen Zeitschrift. Vol.XX. 10) Was man bisher von besonderen, dem Darm der Schmarotzerkrebse ange- hörenden Anhängen aufgefunden haben wollte, dürfte grösstentheils auf Irrthümer beruhen. So z. B. die drüsigen Anhänge des Caligus, welche von Pickering und Verdauungsorgane der Krustenthiere. 221 Bei Lernaea gadina !) trifft man endlich den Nahrungsschlauch als einen weiten s förmig gekrümmten Sack, an welchem eine Museula- tur nicht mehr mit Deutlichkeit nachzuweisen ist, und welcher aussen von einer aus Fett bestehenden Masse überkleidet wird; die einfachste der bis jetzt gekannten Formen des Verdauungsapparates bei den Kru- stenthieren. Was die drüsigen Hülfsorgane des Verdauungskanales betrifft, so werden Speicheldrüsen, welche bei den Insekten in so grosser Verbreitung vorkommen, bei den Crustaceen nur selten angetroffen. Mit Sicherheit kennt man sie nur für die Myriapoden und Cirrhipedien, während man sie bei den ächten, höher organisirten Krustenthieren gänzlich vermisst 2). Bei den Tausendfüssern erscheinen sie in doppelter Form als schlauchförmige und als baumförmig verästelte Drüsen von verschiede- ner Grösse und Zahl. So findet man unter den Chilognathen nur ein Paar ganz kurzer Kanäle bei Glomeris 3), während dagegen die Juli- den mit einem Paare überaus langer und feiner schlauchförmiger Drü- sen versehen sind, welche gewunden an den Seiten des Darmkana- les verlaufen und mit den Malpighischen Gefässen eine Art von Ver- knäuelung bilden %. — Anderer Art sind die Speichelgefässe der Chi- lopoden, welche aber mit demselben Rechte den Giftorganen zugezählt werden können. Sie bilden bei Lithobius 2 gelappte breite Drü- sen, die mit ihren Ausführungsgängen die klauenförmigen Hülfskiefer durchbohren. Bei den Scolopendren 5) kommen ähnliche Drüsen vor, nur sind die Ausführungsgänge länger und die Drüsenläppchen wie Trauben an ihren reiserförmigen Kanälen befestigt. Sie sind zu 3 Paa- ren vorhanden, wovon ein Paar an dem klauenförmigen Hülfskiefer, ähnlich wie bei Lithobius, ausmündet 6), die beiden andern grössern Paare dagegen in die Unterkiefer treten ?). In der Ordnung der Cirrhipedien 8) erscheinen die Speichelgefässe Dana bei Caligus Americanus beschrieben worden sind (Isis 1840, pag. 201); ebenso die von Audouin u. Milne Edwards (Annal. d. sc. nat. Tom. IX) bei Nicothoö Astaci erwähnten grossen blindsackigen Anhänge des Magens, welche nach den be- richtigenden Angaben von Rathke (Beiträge z. Fauna Norwegens) die Eierstöcke sind. 1) Vergl. hierüber v. Nordmann micrograph. Beiträge II. pag.130. u. Rathke l. c. pag. 129. 2) Was man in den andern Ordnungen als Speichelgefässe erwähnt findet, be- ruht auf unrichtigen Deutungen, besonders auf Verwechslungen mit der Leber, wie z. B. die Speichelgefässe der Onisciden. 3) Beschrieben von Brandt (Bau der Glomeris, Müllers Archiv 1837.). ) Rymer Jones |]. c. mit einer Abbildung fig. 311. 5) So bei Scolopendra morsitans Ic. zootom. Tab. XXV. fig, XXIV. ) Ibid.e.e — 7) Ibid. f. £. ) Vergl. Cuvier in den Memoires 'sur les Mollusques. 222 Verdauungsorgane der Krustenthiere. als ein Paar ansehnlicher gelappter Drüsen, welche in den Oesophagus einmünden. Dagegen erfreuen sich gallenbereitende, leberartige Orga- ne !) in der Klasse der Krustenthiere einer sehr grossen Verbreitung. Sie bieten in den verschiedenen Ordnungen und Gattungen eine sehr interessante Reihe von Entwickelungsstufen dar von einfachen Schläu- chen oder Säcken bis herauf zu complizirten, zusammengesetzten Bil- dungen, welche jedoch fast immer durch ihre fingerförmigen Läppchen an die ursprüngliche Schlauchform erinnern. In ihrem feineren Bau kommen dagegen alle diese Formationen sehr überein. Ueberall findet man als das Gerüste eine deutliche stru- cturlose membrana propria, an deren Aussenseite gewöhnlich noch Mus- kelfasern angetroffen werden. Diese sind niemals so zahlreich vorhan- den, dass sie eine bestimmte continuirliche Schicht bildeten. Man fin- det vielmehr, dass sie in beträchtlichen Abständen von einander wie Leisten der membrana propria aufliegen. — Beinahe alle halten ei- nen transversalen Verlauf ein, während nur selten longitudinale, die ersteren mit einander verbindende Fasern angetroffen werden. Bis- weilen hat es den Anschein, als ob noch aussen über die Muskelfa- sern eine feine Membran herumginge. Eine solche Musculatur findet man unter den Decapoden beim Flusskrebs, bei vielen Amphipoden, noch deutlicher aber bei den Isopoden. Man vermisst sie dagegen häufig ganz, so bei den Cirrhipedien, bei Mysis. Die der Gallensekretion vor- stehenden Zellen bilden das Epithelium der Leberkanäle und erschei- nen am häufigsten als runde Zellen, bisweilen aber auch cylindrisch ausgezogen oder plattenförmig abgeflacht. Sie enthalten als Zellenin- halt das Sekret des Organes, welches sich durch seine fettartige Natur auszeichnet. Man findet daher grössere oder geringere Mengen von Fetttröpfchen diese Zellen mehr oder weniger erfüllen, wie z. B. bei den Decapoden, bei Mysis, bei manchen Amphipoden, bei Caprella, im höchsten Grade aber bei fast sämmtlichen Isopoden; oder man bemerkt, dass diese Zellen nur einen körnigen Inhalt besitzen, wie bei den Cir- rhipedien. Dieselben Fetttheilchen, welche jedoch auch häufig in ein- ander übergehen, findet man auch frei in dem Innern des Kanales. — Mit diesem Fett innig verbunden ist der Farbestoff der Galle, welcher es bewirkt, dass die Leber häufig ein gelbes oder bräunliches Anse- hen erlangt (Decapoden und Isopoden), während sie anderwärts weisslich- gelb bleibt (Mysis, Amphipoden, Caprella.. — So kommen diese Zellen mit den Leberzellen der Wirbelthiere überein 2), wie denn auch die 1) Ueber die Leber der Crustaceen vergl. Joh. Müller de glandularum secer- nentium structura penitiori. 2) Auffallend ist es, dass man mit diesen Zellen häufig noch eine zweite Art untermischt antrifft, welche keinen fettigen, sondern einen wasserklaren Inhalt Verdauungsorgane der Krustenthiere. 223 Galle der Grustaceen eine ähnliche Constitution wie bei jenen zu haben ‚ scheint }). In ihrer einfachsten Form erscheint die Leber als ein paariger Drüsensack oder Schlauch, wie es bei den Lämodipoden (Cyamus 2) ‚und Caprella) der Fall ist, welcher ungefähr die halbe Länge des Kör- pers besitzt. In anderen Ordnungen findet man ähnliche Schläuche, welche aber länger und feiner geworden sind, in einer etwas grösse- ‚ren Zahl vor. So besitzen die meisten Amphipoden zwei Paare langer röhrenförmiger Lebergefässe, die paarweise in den Magen einmünden und mit ihren Spitzen alle zusammenhängen. Eine Ausnahme macht hiervon die Gattung Hiella, welche nur mit 3 viel kürzern und weitern Leberschläuchen versehen ist. Dieselbe Schlauchform findet man auch bei den Isopoden, nur erhält die Leber hier häufig durch die Ausbuch- tung ihrer membrana propria ein höckeriges (Aega) oder rosenkranzför- miges (Onisciden) Ansehen. Die Länge und Zahl dieser Leberschläuche unterliegen Verschiedenheiten. Zu 2 Paaren vorhanden trifft man sie bei Aega, wo sie sehr kurz und bei Onisciden 3), bei Ligidium 4), wo sie sehr lang sind. Die andern Isopoden sind dagegen fast alle mit 3 paa- rigen Leberschläuchen versehen, so die Sphäromiden, wo sie nur sehr kurz sind, während sie bei den Idotheiden und bei Ligia weit nach hinten sich erstrecken und eine sehr ansehnliche Länge besitzen. Unter den Sto- matopoden trifft man solche Leberschläuche nur bei Mysis, aber zu 4 Paa- ren, an, wo sie hintereinander einmünden, im Allgemeinen mehr sack- formig und kurz sind, so jedoch, dass die beiden hinteren Paare die beiden vorderen um das Doppelte an Länge übertreflen. Bei den meisten Decapoden 5) dagegen findet man eine Leber vor, welche aus einer Menge kleiner Blinddärmchen besteht, die finger- oder büschelförmig an ihren Ausführungskanälen sitzen. Letztere ver- einigen sich endlich jederseits zu einem weiteren häuligen Ausführungs- gang, der in den Pylorustheil des Magens einmündet. Bei dieser Ue- bereinstimmung des feineren Baues bietet aber die Leber der Decapo- den grosse Differenzen in Form und Lage dar. Sie ist zwar immer aus 2 Hälften bestehend, doch bleiben diese nicht immer von einan- besitzen, z. B. bei Astacus, Platycareinus, bei Mysis, der wahrscheinlich eiweiss- artiger Natur ist. H. Meckel nennt den Inhalt der ersteren Gallenfett, den der letz- teren Bilin. 1) vergl. über die Galle des Flusskrebses Oesterlen in Müllers Archiv 1840. pag. 431. 2) Vergl. Roussel de Vauzemell. c. 3) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XVI. Leber von Porcellio. 4) Vergl. Lereboullet M&moire sur la Ligidie de Persoon. Annal. d. Sc. nat. Tom. XX. 5) Als Beispiel kann die Leber des Flusskrebses dienen. Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. IV. ff. Vergl. auch fig. I. f. derselben Tafel. 224 Verdauungsorgane der Krustenthiere. der getrennt (wie es bei den meisten Macrouren z. B. Astacus der Fall ist), sondern verschmelzen in der Mittellinie in einem grösseren oder geringeren Grade mit einander (so bei den Brachyuren, wie Maja }), Platycarcinus). In der Regel erfüllt die Leber das Proabdomen und | bietet hier, entsprechend der Form desselben, ein sehr verschiedenes Ansehen dar, ist z.B. lang und schmal bei Astacus, dagegen breit und flach bei Platycareinus 2), ihre beiden Ausführungsgänge sind fast im- mer kurz und weit. Bisweileu jedoch ist sie im Schwanztheil, im Post- abdomen, gelegen, wie beim Bernhardskrebs, wo ausserdem die Blind- därmchen lang und zu Convoluten vereinigt, die Ausführungsgänge da- hi gegen sehr gross und unverästelt erscheinen. Auch bei den Poeeilopoden (Limulus) findet man eine im Wesent- | lichen gleich gebildete Leber, deren Unterschied besonders darin be- steht, dass sie nicht mit einem, sondern mit 2 Paaren von Ausführungs- gängen, die hinter einander in den Darmkanal münden, versehen ist 3). / Man trifft endlich bei einer Anzahl von Krustenthieren noch Le bern an, welche sich von der hier geschilderten Schlauchform mehr oder minder entfernen, welche man desshalb als anomale Leberfor- men aufführen kann. Hierher gehören die gallenbereitenden Organe mancher Decapoden, wie z. B. von Crangon, Peneus, Palaemon, wo statt der Schläuche traubige Läppchen angetroffen werden, während der übrige Bau der gleiche bleibt. Aus ähnlichen Elementartheilen bestehen die Lebern zweier parasi- ' tisch lebenden Isopoden, der Gattungen Bopyrus und Phryxus 5). Dicht hinter dem Magen liegt eine grosse unpaarige dreigelappte Leber, mit der mancher Decapoden übereinkommend, zu den Seiten des Darmkanales | aber noch 7 Paare gleichfalls nicht unansehnlicher, zur GullEnEPEr GE ! bestimmter Drüsen. Eine eigenthümliche Struktur bietet die Leber bei Squilla dar. Hier | besteht sie aus hohlen Läppchen und Bläschen und zunächst am Darme aus einer, diesen eng umgebenden spongiösen Masse, welche die Galle durch Taltireiche, feine Oefinungen in der ganzen Bänee des Darmes ergiesst 6). Einen ähnlichen Bau bemerkt. man endlich noch bei den Cirrhipe- 1) Eine Abbildung der Leber von Maja gab Milne Edwards]. c. PL.IV. fig.5. 2) Ueber die Leber von Pagurus vergl. Joh. Müller de glandul. struct. ete, Tab. VII. fig. 13. Dieser Bau war im Wesentlichen schon Svammerdam bekannt (Biblia nat.), dessen Zeichnung man bei Müller fig. 12. copirt findet. | 3) Vergl. die Monographie von van der Hoeven. | 4) Vergl. J. Müller. c. j 5) Vergl. H. Rathke de Bopyro etc. Tab. I. fig. 7. u. 8. u. über Phryxus in den Nov. Act. Leopold. Vol. XX. N 6) So nach den Untersuchungen Müller’s. Tab. IX. seines Werkes. | Verdauungsorgane der Krustenthiere. _ 225 dien l). Bei diesen Thieren erscheint die Leber ebenfalls weniger in Form eines distinkten abgetrennten Organes als vielmehr in der eines _ Belages, der den Magen und dessen Anhänge als eine drüsige Masse überzieht, an welcher man jedoch leicht die Zusammensetzung aus Blinddärmchen oder Läppchen wahrnehmen kann 2). Als eine, freilich noch zweifelhafte, Leber muss endlich ein Ue- berzug des Darmkanales erwähnt werden, welcher bei Lernaea und noch einigen andern parasitischen Krustenthieren angetroffen wird und vorzugsweise fettartiger Natur ist 3). Die übrigen Ordnungen der Krustenthiere, also die Myriapoden, "Phyllopoden, Lophyropoden und eine grosse Anzahl der Schmarotzer- krebse lassen bei der anatomischen Untersuchung keine Leber wahr- nehmen, wenn gleich die der Gallenabsonderung vorstehenden Zellen auch hier nicht vermisst werden ?). Ein Fettkörper scheint den Crustaceen gänzlich abzugehen mit Ausnahme einer einzigen Ordnung, der Myriapoden, wo er, wie so manches Andere in dem Baue des Körpers, in ähnlicher Weise wie bei _ den Insekten angetroffen wird 5). 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXV1. fig. XXII. c. | 2) Möglicherweise könnten noch hierher die drüsenartigen Anhänge des Apus ‚ gerechnet werden, welche von Zaddach |. c. als Speichelgefässe beschrieben wor- den sind. Da sie aber, wie der Verfasser angiebt, den Anhängen am Magen von Argulus ähnlich sind und diese nur Ausstülpungen des Magens bilden, da ferner bei andern Phyllopoden die Leber fehlt, so dürfte es richtiger sein, in ihnen die ‚nämlichen, nur viel entwickelteren Magenanhänge zu sehen, wie die, welche bei ' Branchiopus vorkommen. 3) Vergl. hierüber von Nordmann, welcher einen solchen „schleimigen“ ‚ Ueberzug den niedern Schmarotzerkrebsen, wahrscheinlich jedoch in einer zu grossen Ausdehnung, zuschreibt; über die Lernaea gadina noch Rathke (Beiträge z. Fauna Norwegens) und Frey u. Leuckart, Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braunschweig 1846.— Diese aus Fettzellen und Fetttropfen bestehende Masse über- ‚zieht bei Lernaea jedoch nicht nur den Darmschlauch, sondern auch in gleicher Weise die Geschlechtsorgane und steht nur sehr lose mit dem Darmkanal in Ver- ‚ bindung. | 4) Wie schon oben bemerkt wurde, findet man nämlich bei diesen Crustaceen als Epithelium des Darmkanales dieselben Zellen, wie sie in der Leber der anderen | Ordnungen angetroffen werden, so dass wahrscheinlich auch hier die Sekretion der Galle nicht fehlt, sondern nur an einem andern Orte stattfindet. Es gewinnt hierdurch die oben (S. 78) über den Sitz der Gallensecretion bei den Insekten erwähnte An- "sicht eine neue Wahrscheinlichkeit. — Auffallend ist es, dass bei Lernaea dieses Epithelium gallenabsondernder Zellen im Darm nicht gefunden wird (Frey u. Leu- ‚ckart |. c.). 5) Man könnte vielleicht auch hierher noch die kleinen Ansammlungen eines, gewöhnlich bunt gefärbten, Fettes zählen, welche man häufig bei Amphipoden auf ‚der Oberfläche des Darmes bemerkt. ' Wagner’s Zootomie. II. 15 326 Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. Organe des hreislaufs bei den Krustenthieren ! " Die Krustenthiere besitzen im Allgemeinen wie die Insekten und Arachniden ein farbloses Blut, welches bisweilen etwas gelblich oder grünlich erscheint, nur in seltenen Fällen (wie bei Apus) durch einen in seinem Serum enthaltenen Farbestoff ein rothes Aussehen erlangt. Die in ihm vorkommenden Blutkörperchen sind stets farblose Gebilde von rundlicher oder ovaler Gestalt, bisweilen selbst zugespitzt, bald mit‘ glatten Rändern versehen, bald ein mehr körniges Aussehen zeigend. Sie enthalten häufig einen deutlichen Kern und sind von einer sehr‘ verschiedenen Grösse (Vıaoo—Yioo ) 2). Der Kreislauf der Crustaceen erfolgt in den einzelnen Ordnun- gen nach einem verschiedenen Typus, aber wohl niemals in einer voll; kommen geschlossenen Bahn. Bei den einen, namentlich den niederen‘ Ordnungen, findet man eine Circulation, welche mit der für die In- sekten beobachteten sehr übereinkommt. Sie besitzen ein längliches,' schlauchförmiges Herz oder Rückengefäss, welches mit einer An- zahl von Klappen versehen ist, und als das einzige, von bestimmten Wandungen umschlossene, Gefäss eine in der Regel nur kurze Aorta. Bisweilen jedoch bemerkt man auch in diesen Ordnungen ein kurzes‘ 1) Der Kreislauf der Crustaceen gehört zu einem der schwierigsten Abschnitte der Anatomie wirbelloser Thiere. Die hier vorkommende grosse Mannichfaltigkeit' der Cirkulation, die Schwierigkeit, durch Zergliederungen die Blutbahnen nachzuwei- sen, welche in vielen Fällen durch den Mangel bestimmter Gefässwandungen zuı Unmöglichkeit wird, tragen die Schuld, dass trotz zahlreicher Untersuchungen nuı für wenige Crustaceen der Kreislauf genauer gekannt ist, während für die Mehrzah' derselben nur Rudimente vorliegen, so wie dass hier eine grosse Verschiedenhei der Meinungen existirt. — Die hauptsächlichste Literatur ist folgende: Cuvier, Me&- moire sur la maniere dont se fait la nutrition dans les Insectes in den Memoire: de la Soc. d’hist. naturelle de Paris. an. 7. und in den Vorlesungen über verglei- chende Anatomie. IV. Thl. S. 244; Treviranus, Beobachtungen aus der Zootomik u. Physiol. 1839; C. Desmarest, Considerations generales sur la classe des Cru staces. pag. 56 et 57; besonders aber die schönen Untersuchungen von Audouir et Milne Edwards, Recherches anatomiques et physiologiques sur la circulatior des Crustac6s (Annal. d. scienc. nat. Tom. X]. und im Auszuge mit den nothwen- digen Zeichnungen mitgetheilt in des letzteren Hist. natur. des Crust. Tom. I. pag 94—105); ferner Straus-Dürkheim, Considerations generales sur l’anatomie com: paree des animaux articules etc. Paris 1828 und Meckel’s System der vergleichen‘. den Anatomie. V. Thl. S. 78ff. — Einiges über den Kreislauf der Mysis, Caprelk und der Amphipoden in den Beiträgen von Frey und Leuckart. ı ’ 2) So messen sie beim Flusskrebs Y4o— Yaoo ; bei Maja squinado Yu 35 , bei Squilla mantis ’/,90 , bei Palaemon Y55,”", bei Mysis flexuosa Yo — 250 , bei Asellus aquaticus und Argulus Yyoo — Yz00 , bei Lynceus Yo — Yzo0 bei Daphnia, Julus, Branchiopus Yz9ou — Yıoo - Vergl. hierüber R. Wagner, Bei träge zur vergleichenden Physiologie. 1833; ferner Wiegmann über die Blutkörper chen der Caprella in seinem Archiv. 1839, 1. 111, ete. Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. 227 und rundliches Herz. Bei den andern Krustenthieren (in der am höch- sten ausgebildeten Ordnung der Decapoden) ist dagegen ein länglich- rundes, muskulöses Herz vorhanden und sämmtliche arterielle Ströme fliessen in geschlossenen Bahnen. — Fast immer aber kreisen die ve- nösen Ströme, welche gewöhnlich aus schlingenförmigen Umbiegun- gen der arterielen und nur selten aus einer Art von Capillarnetz zu entstehen pflegen, frei in den Lücken und Zwischenräumen der einzel- nen Körpertheile. Da wo auch die arterielle Blutbahn bestimmter Ge- fässe ermangelt, geschieht ihre Trennung von der venösen besonders durch Muskeln, wohl auch hier und da durch ausgespannte Mem- branen. — Der Cireulation der Krustenthiere eigenthümlich sind fer- ner noch gewisse, am venösen System vorkommende Blutbehälter oder Sinus, welche jedoch nur ein beschränktes Vorkommen genie- ssen, so wie endlich noch der Umstand, dass bei manchen Thieren die gesammte, aus dem ganzen Körper stammende, venöse Blutmasse nach den Respirationswerkzeugen geführt wird, ehe sie in das Herz zurückkehrt, während bei den andern nur ein Theil des arteriellen Blutes dem Athmungsprocesse dient, so dass „mithin das Herz bei den einen Ordnungen nur arterielles, von den Athmungswerkzeugen kom- mendes Blut, bei den andern ein Gemisch von venösem und arteriel- lem Blute aufnimmt. Am genauesten gekannt ist der Kreislauf bei den Decapoden }). Er zeichnet sich durch die eben erwähnten Eigenthümlichkeiten, durch das Vorhandensein venöser Sinus und eine totale Kiemencireulation aus. Da die Differenzen, welche der Kreislauf bei den verschiedenen Gattungen der zehnfüssigen Krebse darbietet, nicht wesentlich und zum grössten Theil durch den Körperbau bedingt sind, so kann die Betrach- tung eines Thieres, z. B. des Hummers oder Flusskrebses, genügen. So findet man im Brusttheil des Abdomen, unmittelbar unter den äusseren Bedeckungen gelegen, das Herz 2) von einer rundlichen, durch die abgehenden Gefässe schwach sechseckigen Gestalt, welches noch von einer zarten Membran, einer Art von Pericardium oder noch wahrscheinlicher einem venösen Sinus), lose umhüllt wird und mit 1) Ueber den Kreislauf der Decapoden sind neben den alten Angaben von Willis (de anima brutorum) besonders zu vergleichen die angeführte Arbeit von Audouin u. Milne Edwards und die sie bestätigenden Untersuchungen von Brandt u. Ratzeburg in der medic. Zoologie. Band Il. pag. 63 u. 64 u. von Me- ckel l.c. Mit diesen Untersuchungen stehen zum Theil im Widerspruch die An- gaben von Lund u. Schultz (Isis von 1830. S. 1222) und von Krohn (über das Gefässsystem des Flusskrebses Isis von 1334. pag. 518.). 2) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. I u. Il.a.a., das Herz des Flusskrebses. 3) Grade über dieses Gebilde stehen sich die Meinungen am schärfsten entge- gen. Während Audouin u. Milne Edwards in ihm ein Pericardium erblicken und die Angaben von Brandt, Ratzeburg und Meckel damit übereinstimmen, 15* 228 Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. diesem Sinus durch 6 mit Klappen versehene Spaltöffnungen commu- nicirt. Die von ihm ausgehenden Arterien, 4 an der Zahl, sind folgende: Nach vorne entspringt ein Stamm !), welcher sich alsbald in 3 Aeste spaltet, deren mittlerer (arlere ophthalmique von Aud. u. Edw.) die Augen versieht, während die seitlichen (art. antennaires) mit ihren Zweigen zu den Antennen, den seitlichen vorderen Theilen des Kör- pers, den Kau- und Magenmuskeln, dem Magen und dem vorderen Theile der Geschlechtsorgane treten. Seitlich von dieser Arterie, eben- falls noch nach vorne, aber mehr an der unteren Fläche des Herzens, entspringen 2 arterielle Stämme 2), welche zur Leber laufen und sich dort verbreiten (arf. hepatiques). Nndlich geht noch vom hinteren Theile des Herzens aus einer Erweiterung (bulbus) ein unpaarer Stamm (art. sternale) ab. Er übertrifft an Dicke alle andere und zerfällt so- gleich wieder in 2 Stämme, einen unteren und einen oberen. Erste- rer, bei weitem der stärkere (art. abdominale inferieure) 3), tritt in den knöchernen Kanal des Abdomen, erstreckt sich so durch den gan- zen Körper und versieht, mit seinen Aesten die Kiefer, Hülfskiefer, Geh- füsse, Kiemen, sowie die untere Körperhälfte im Allgemeinen. Der oberflächliche Stamm dagegen (art. abdominale superieure) ?) verläuft ' über dem Magen nach hinten und begiebt sich mit seinen Zweigen an die Geschlechtsorgane, den Darmkanal und die Musculatur des Post- abdomen. Aus diesen arteriellen Gefässen tritt das venöse Blut in wandungs- losen Strömen in grosse, über der Insertion der Gehfüsse gelegene Blutbehälter oder Sinus, welche mit einem in der Mittellinie des Körpers befindlichen, in dem knöchernen Kanal des Proabdomen (s. 0. S. 173) eingeschlossenen, venösen Longitudinalstamm, und durch diesen untereinander in Zusammenhang stehen 5). Bei den Brachyuren wollen andere in ihm vielmehr einen zur Aufnahme des venösen Blutes bestimmten Behälter, eine Vorkammer des Herzens finden, so dass nach ihrer Meinung das Herz aus einer Kammer (eigentliches Herz von A. u. Ed.) und einen Vorhof (Pericardium | von A. u. Ed.) bestände. Letztere Meinung ist besonders von Straus-Dürkheim (Considerations generales sur "’anatomie comparee des animaux articules) Lund u. Schultz vertheidigt. So schwierig auch eine definitive Entscheidung ist, so dürfte doch die Ansicht, dass jene Hülle des Herzens ein venöser Sinus ist, am wahr- scheinlichsten sein. Es würde alsdann auch das mit Spaltöffnungen versehene Herz mit dem gleichen Theile anderer Krebse einigermassen übereinkommen. 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. Il.c. — 2) Ibid. d. d. | 3) Eine Abbildung derselben vom Hummer s. b. Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Pl. VII. fig. 2. und bei Brandt u. Ratzeburg Tab. XI. fig. 3. 4) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. II. 5) Die venösen Blutbehälter des Hummers sind dargestellt Ic. zootom. Tab, XXVL fie. V. Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren, 229 fehlt dieser Mittelsinus und die seitlichen Blutbehälter sind unmittelbar mit einander verbunden "). — Von diesen Behältern, welche ebenfalls keine eigenen Wandungen besitzen, sondern nur von Lücken des Pa- renchyms, die höchstens mit zartem Bindegewebe ausgekleidet sind, ge- bildet: werden, tritt das Blut durch bestimmte Kanäle (vaisseaux affe- rents, Kiemenarterien) in die Kiemen und zwar so, dass die ' Stämmcehen derselben die Aussenseite, dagegen die zurückführenden Gefässe (vaisseaux efferents, Kiemenvenen) die Innenseite einneh- men. Diese Kiemenvenen, welche sich nicht, wie man früher glaubte, zu einem oder 2 grösseren Stämmen (canaux branchio - cardiaques) vereinigen 2), münden jederseits als 6 isolirte Stämme in den Sinus des Herzens 3). Der eben auseinander gesetzte Kreislauf der 10 füssigen Krebse findet sich in gleicher Weise bei keiner anderen Ordnung der Krusten- (hiere mehr vor. Schon bei den Stomatopoden ist eine bedeutende Aenderung eingetreten. So stösst man bei den Squillen 4) auf grosse Differenzen, wenn gleich noch Manches an den Kreislauf der Decapoden erinnert. Ihr Herz ist zu einem langen Schlauche umgestaltet, welcher sich durch den grössten Theil des Körpers bis gegen das Schwanzende herab er- streckt, und durch diese seine Form einigermassen dem Herzen der Insekten ähnlich wird, Klappen erhält und von einem venösen Sinus um- geben wird. — Damit “übereinstimmend ist auch die Anordnung der Arterien eine sehr abweichende. Zwar entspringen noch aus dem vor- deren Theil des Herzens der Squillen Gefässe, welche mit den arteres antennaires und ophthalmiques der zehnfüssigen Krebse übereinkommen, auch könnte man noch in einem von hinterem Ende desselben abge- henden, für die Schwanzflossen und den letzten Körperring überhaupt bestimmten Gefässe eine verkümmerte art. sternale erblicken; doch wird hier der grösste Theil arteriellen Blutes aus den Seiten des Her- zens durch zahlreiche Arterien ausgeführt, welche die Kiefer, die Beine und die Eingeweide versorgen. — Von venösen Blutbehältern findet sich ein mittlerer unpaarer Sinus. Er liegt hier auf dem Ganglien- strang und erstreckt sich weit durch den Körper. Aus ihm entsprin- 1) Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Pl. VI. fig. II. (venöse Sinus von Maja). 2%) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XI. vom Hummer und fig. II. b. b. vom Fluss- krebs, nach den früheren Untersuchungen. 3) Vergl. Krohn. c, 4) Ueber den Kreislauf der Squilla vergleiche neben den älteren Angaben ven _ Cuvier (Vorlesungen über vergleichende Anatomie. IV. Thl. S. 244), die angeführte Arbeit von Audouin u. Milne Edwards, ferner des letzteren Hist. nat. d. Crust. Pl. IX., sowie noch eine Angabe von Milne Edwards (vergl. Institut 1841 p. 48.). 230 Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. gen die Kiemenarterien ähnlich wie bei den Decapoden. Die Kiemen- venen führen ihr Blut in 5 paarigen Stämmen in den Sinus, und von da durch die Spalten in’s Herz. In den anderen Ordnungen, ja selbst unter den Stomatopoden wird die Circulation noch insektenähnlicher. Am Herzen, welches in sei- nem feineren Bau mit dem der Insekten übereinkommt und ebenfalls in der Regel mit einer Anzahl von Muskeln, die seiner Expansion vorstehen, versehen ist, werden deutliche, zur Aufnahme des venösen Blutes be- stimmte Oeffnungen mit Klappen, übereinkommend mit den valvulae au- riculo-ventriculares, welche die Insekten besitzen, beobachtet. Durch diese Klappen wird das Herz oder Rückengefäss in Abtheilungen oder Kammern zerlegt. Sie bleiben jedoch stets unvollkommener wie bei den Insekten und sind nicht wie bei diesen scharf von einander getrennt. Das Herz erscheint desshalb auch fast überall als ein gleich weiter Schlauch. Diese Kammern richten sich nicht immer nach den Ringen des Körpers. Ebenso ist die Anzahl der Klappen und desshalb auch die der Kam- mern ausserordentlich wechselnd, häufig weit geringer, wie bei den Insekten, bisweilen aber auch viel zahlreicher. Als Minimum dürften 3 bis 4 Klappenpaare, als Maximum 18 bis 20 zu erwähnen sein l), In Uebereinstimmung damit ist denn auch seine Grösse sehr wechselnd. Nur selten erstreckt es sich, wie bei den Insekten, durch den ganzen Körper, gewöhnlich ist es weit kürzer, nur die Hälfte der Körperlänge erreichend und bald im vorderen, bald im hinteren Theile desselben ; gelegen. Ebenso ist die Anordnung der Blutströme, namentlich der arteriellen Ströme, häufig eine andere wie bei den Insekten. Als Haupt- gefäss ist eine starke, mächtige Aorta anzusehen, welche natürlich von sehr verschiedener Länge ist, fast immer aber bestimmte Wandungen! be- sitzt. Doch ist sie häufig nicht das einzige Gefäss, da auch vom hinteren Theile des Herzens nicht selten arterielle Gefüsse oder Ströme abgehen. Hierdurch muss natürlich auch der Mechanismus der Herzbewegung sich ändern, wie denn auch fast niemals das Herz, von hinten anfangend, sich von Kammer zu Kammer contrahirt, sondern beinahe bei allen Krustenthieren die Contraktion und Expansion des gesammten Herzens auf einmal erfolgt. Die peripherischen, immer wandungslosen, Blutströ- me kommen mit denen der Insekten überein, und werden durch die dazwischen gelegenen Theile des Körpers, namentlich durch Muskeln, auch durch Membranen von einander getrennt. Die Kiemencireulation | ist stets eine nur partielle. Nur selten sammelt sich das venöse Blut noch in grösseren Räumen, welche an die Sinus der Decapoden erin- nern, an. Nach den bisherigen Untersuchungen sind die wichtigsten Differenzen dieses Kreislaufes folgende. I) Mit Ausnahme der Myriapoden, wo die Zahl der Klappenpaare und Kam- mern noch vjel beträchtlicher ist. Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. 231 Bei Mysis I!) ist das Herz ein kurzer und weiter im Proabdomen gele- gener Schlauch. Es ist jederseits mit 3 Klappenpaaren versehen, wovon sich ein Paar in der Mitte, die beiden andern Paare an seinem Anfang und Ende vorfinden. Von seinem vorderen Theile setzt es sich als eine weite und starke Aorta fort, welche über dem Magen gelegen ist und hier frei endigt. Das arterielle Blut in wandungslosen Strömen umgiebt wie ein Ring die Speiseröhre, vereinigt sich dann wieder zu einem einzi- gen Strome, welcher im Proabdomen zwischen der Insertion der Füsse verläuft, beim Uebergang in’s Postabdomen etwas aufsteigt und unmit- telbar unter den Darmkanal zu liegen kommt, mit welchem er sich bis zum Schwanze erstreckt. — Von diesem Hauptstrome gehen nun zahlreiche, ebenfalls wandungslose Seitenströme ab. Von seinem vor- deren Theile vier paarige Ströme zu den Augen, den beiden Antennen- paaren und den Kauwerkzeugen. Dann im Proabdomen zu den Bei- nen und ein starker Stamm zum Rückenschilde. Im Postabdomen da- gegen entsendet dieser arterielle Hauptstrom nur geringe Seitenströme, spaltet sich aber am Körperrande in 5 stärkere Zweige, welche in die Schwanzflossen treten. Alle diese arteriellen Ströme haben hier, wie auch bei den Amphi- und Lämodipoden, die- Eigenthümlichkeit an den hinteren und unteren Rändern der Körperanhänge zu verlaufen. Die aus ihnen entstehenden venösen Ströme nehmen natürlich die entge- gengesetzten Seiten ein und treten durch die Spaltöffnungen in’s Herz zurück; die der Fühler, Augen und Fresswerkzeuge durch die vorde- ren Oeffnungen, die der Beine, des Rückenschildes und der vordersten Ringe des Postabdomen, zum Theil mit bogenförmiger Krümmung, durch die mittleren, während das letzte Paar der Auricularöffnungen das Blut des Schwanzes aus zwei starken neben dem arteriellen Hauptstrom be- findlichen venösen Strömen oder Blutbehältern aufnimmt. Während bei Mysis alles arterielle Blut durch die Aorta aus dem vorderen Theile des Herzens austritt, bemerkt man, dass in den zwei folgenden Ordnungen auch vom hinteren Ende desselben arterielle Ströme ihren Ursprung nehmen. So besitzen die Amphipoden 2) ein dicht hinter dem Kopf be- ginnendes, bis zum Ende des Proabdomen reichendes Rückengefäss, welches mit 6 Klappenpaaren versehen ist. Aus seinem vorderen Ende entspringt, wie bei Mysis, eine Aorta mit denselben Seitenströ- 1) Einige Angaben über den Kreislauf des Thieres sollen sich bei Thompson, Zoological researches and illustrations or a natural history of nondescript or im- perfectly known animals etc. Cork finden. Vergl. auch Rathke, Beobachtungen u- Betrachtungen üb. die Entwicklung der Mysis vulgaris (Wiegmanns Archiv. 1839.). 2) Wenigstens die Gattungen Orchestia, Talitrus und Gammarus. Eine ältere, aber sehr unvollkommene und vielfach unrichtige, Arbeit über den Kreislauf des letz- teren Thieres ist von Zenker geliefert worden, de Gammari pulieis historia natu- rali atque sanguinis eircuitu commentatio. Jenae 1832. 232 Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. men, welche aber nur bis zum Ende -des Proabdomen zu gehen schei- nen, indem das Postabdomen durch einen starken, vom hinteren Ende des Herzens abgehenden arteriellen Blutstrom versorgt wird. Die Ver- theilung des arteriellen Blutes ist ähnlich wie bei Mysis, nur dass die grössere Anzahl der Klappen einige Veränderungen hervorbringt und dass das venöse Blut des Schwanztheiles in einem doppelten Strome, einen unteren und einen ganz oberflächlichen, unter der Haut gelege- nen, in das Ende des Herzens eintritt. Länger ist das Herz bei den Lämodipoden, wenigstens bei den Caprellinen !), deren Kreislauf genauer gekannt ist. Bei diesen erstreckt es sich fast durch den ganzen Körper, ist mit 5 Klappenpaaren versehen und giebt neben einer gewöhnlichen Aorta an seinem hinteren Ende zwei kleinere, hauptsächlich für die beiden letzten Gehfusspaare bestimmte arterielle Ströme ab. Sonst ist die Blutvertheilung eine ähnliche, nur dass die venösen Ströme der beiden Kiemen jederseits zusammen in die dritte Spaltöffnung einmünden. — Bei Cyamus 2) kennt man dage- gen nur das Herz und auch dieses noch sehr unvollständig. Es bildet ebenfalls einen langen Schlauch, der von dem Verdauungskanal durch eine zwischenliegende Membran getrennt wird. Viel weniger gekannt ist der Kreislauf bei den Isopoden 3). Man findet bei den Onisciden und ldotheiden, bei den Gattungen Asellus und Praniza ein Herz, welches mit dem Centralorgane der vorherge- henden Ordnungen übereinkommt und mit ähnlichen Klappen verse- hen ist, sich jedoch in einigen Punkten unterscheidet. Einmal ist es | nämlich an seinem hinteren Theile geschlossen, wie bei den Insekten und nicht mehr offen, wie bei den meisten Krustenthieren. Dann nimmt es hier die hintere Partie des Körpers ein, den Schwanztheil des Ab- domen und nur noch einige Ringe des Brusttheiles. Die vom Herzen 1) Ueber den Kreislauf der Caprella vergl. man Goodsir in dem Edinb. new philos. Journ. Vol. 33. 1842. 2) Abgebildet bei Roussel de Vauzemel. c. 3) Ueber den Kreislauf der Isopoden sind folgende Arbeiten zu vergleichen: über die Onisciden die Untersuchungen von Brandt und Ratzeburg in der me- diz. Zoologie, über Ligia Audouin und Milne Edwards]. c., über Ligidium Lereboullet in den Ann. d. sciens. nat. Tom. XX., über Idothea die Arbeit von Rathke über den Schachtwurm (Beiträge zur Geschichte der Thierwelt). — Die von diesen Forschern beschriebenen Gefässe, welche von den Seiten des Herzens abgehen und mit den Kiemen in Zusammenhang stehen sollen (vaisseaux branchio- eardiaques), dürften nicht existiren, und ihre Annahme auf einer Verwechslung mit den Muskeln und Ligamenten des Herzens beruhen, wie Zaddach (de Apodis can- criformis anatome. p. 31) richtig bemerkt. Man sieht nämlich bei der Beobachtung lebender Thiere alles Blut durch die Aorta strömen, und bemerkt von jenen Gefä- ssen keine Spur. Auch sind oben genannte Zootomen nicht im Stande gewesen, den Zusammenhang dieser ihrer vaisseaux branchio - cardiaques mit den Respi- rationsorganen sicher nachzuweisen. Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. 233 entspringende Aorta ist daher von ansehnlicher Länge. Sie spaltet sich vorne in zwei Aeste. Gleichzeitig mit ihr entspringen noch 2 an- dere seitlich gelegene Arterien. Andere Gefässe scheinen an dem Her- zen nicht vorzukommen. Die peripherische Circulation dürfte sich ähn- lich der der anderen Ordnungen verhalten. Das venöse Blut kehrt auch hier in wandungslosen Strömen in’s Herz zurück. — Hiermit verwandt dürfte der Kreislauf bei Aega !) sein. Dagegen kommen bei Bopyrus 2) und Phryxus ganz abweichende Verhältnisse vor. Diese Thiere besitzen nicht mehr das schlauchförmige Centralorgan, sondern ein rundliches muskulöses Herz, welches hinter dem Magen gelegen und in 3 Abtheilungen oder Ventrikel gesondert ist, 2 seitliche vordere und einen unpaaren hinteren. Von den Seitentheilen dieses Herzens gehen 6 Gefässpaare zu den Eierstöcken ab. Von dem hinteren Theile der unpaaren Abtheilung nimmt ein starker unpaarer Stamm seinen Ursprung, welcher zur Schwanzspitze läuft und mit sei- nen Zweigen theils die Respirationswerkzeuge, theils die paarigen Le- _ bern versieht. Die unpaarige Leber erhält durch 2 sehr kleine, aus dem Winkel der beiden Ventrikel abgehende Gefässe ihr Blut. Die Spitzen dieser beiden Abtheilungen laufen wahrscheinlich ebenfalls in Gefässe aus. Bei den Myriapoden erscheint der Kreislauf wieder in einer an- deren, von dem Typus der Klasse ziemlich abweichenden Gestalt. Bei ihnen erstreckt sich das Herz oder Rückengefäss3) mit Ausnahme des Kopfes und letzten Ringes durch den ganzen Körper. Es ist sehr deutlich in Kammern getrennt, namentlich bei den Chilo- poden, wie z. B. Scolopendra, weniger bei den Chilognathen,, wo über- haupt die Circulation noch weniger entwickelt ist. Die Zahl der Kam- mern steht in Uebereinstimmung mit den Segmenten des Körpers, ist mithin grossen Verschiedenheiten unterworfen, im Allgemeinen aber eine beträchtliche. So trifft man bei Scolopendra nur 21, während dagegen die Gattungen Spirostreptus und Spirobolus 44 und 75 Kam- mern besitzen und bei Gonibregmatus die Zahl derselben sogar auf 160 steigt. Als ein merkwürdiger Umstand verdient hier noch erwähnt zu werden, dass bei den Juliden eine jede dieser Kammern immer aus zweien miteinander verschmolzenen gebildet wird und dass sich unter den Chilopoden noch bei Scutigera eine Andeutung an dieses Verhält- niss darin erhalten hat, dass hier immer jede zweite Kammer an Grö- ' sse und Ausdehnung verkümmert ist. 1) Rathke’s Beiträge zur Fauna Norwegens. 2) Vergl. Rathke, de Bopyro et Nereide. Tab. II. fig. 1. 3) Vortreffliche Abbildungen des Herzens mehrerer Myriapoden finden sich bei Newport (Philosoph. Transact. 1843. Pl. XII). Eine ältere, ziemlich unvollkom- mene Darstellung des Rückengefässes von Scolopendra morsitans s. Ic, zootom. Tab. XXV. fig. XXIX. a. 234 Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. Hinsichtlich seiner Struktur unterscheidet man an dem Rückenge- fäss, wenigstens bei Scolopendra, eine innere und äussere seröse Haut und eine doppelte Lage von Muskelfasern. Die äussere Muskelschicht ist sehr diek; die innere besteht wiederum aus 2 Lagen, zu innerst aus einer Lage von Längsfasern und einer sie äusserlich umgebenden Schicht von Querfasern, welche jedoch die Eigenthümlichkeit besitzen sollen, in der Mittellinie oben und unten nicht zusammenzustossen. An der Verengerung einer jeden Kammer liegen an der Dorsal- fläche, wie beim Skorpion, paarige Spaltöffnungen, welche bei den Chilopoden mit deutlichen Klappen versehen sind. An einer jeden Kammer findet sich bei allen Myriapoden noch ein Paar flügelförmiger Muskeln, wie bei den Insekten und dem Skorpion. Sie zerfallen immer in 2 Bündel, ein vorderes breites und ein hin- teres viel schmäleres. Das Herz ist bei den Chilopoden noch von den unterliegenden Theilen durch eine bestimmte Membran getrennt und soll überdies von einer eigenen Hülle lose umgeben werden. Das arterielle System der Myriapoden soll überall von bestimm- ten Gefässen gebildet werden. Es kommt ziemlich mit dem des Skor- pions überein, ausgenommen, dass hier die hintere Kammer des Rü- ckengefässes wie bei den Insekten geschlossen bleibt. Auch hier entspringen immer von der unteren Fläche des hinte- ren Theiles einer jeden Kammer, besondere paarige arterielle Stämme, die systemischen Arterien. Bei den Juliden sind in Uebereinstim- mung mit der ursprünglichen Zusammensetzung der Kammern immer zwei Paare vorhanden, bei den Chilopoden geht dagegen nur ein Paar von einer jeden Kammer ab. Sie verbreiten sich an den Seitentheilen des Leibes, an den Eingeweiden, Harngefässen, Geschlechtsorganen und Tracheen. Bei Scolopendra besitzen sie die gleiche Anordnung ihrer Querfasern wie das Herz. Mehr dagegen differiren die aus der vordersten Kammer ihren Ur- sprung nehmenden Gefässe. Es sind ihrer 3 Stämme, ein mittlerer, welcher für die Organe des Kopfes bestimmt ist und 2 Paare von Sei- tenzweigen abgiebt, welche um die Speiseröhre einen doppelten Gefäss- ring bilden, mit Ausnahme von Lithobius und Scutigera, wo sie ge- trennt bleiben, und dann 2 seitliche‘Stämme, welche ebenfalls um den’ Oesophagus einen Ring bilden und hierbei zwei starke Aeste für die II grossen klauenförmigen Hülfskiefer abgeben. | Unter der Speiseröhre treten letztere zusammen zu einem grossen auf | der Ganglienkette gelegenen Stamm der Supraspinalarterie !). Nur | bei den Juliden ist sie weniger entwickelt, breiter und vielleicht aus 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XIX. u. XX. Bei cc. c. der Gefässbogen, | bei d, d. das Supraspinalgefäss von Scolopendra. Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. 235 zwei Stämmen bestehend. Dieses Supraspinalgefäss giebt in seinem ‚ weiteren Verlaufe, entsprechend den ganglionären Anschwellungen der Bauchkette, Seitenzweige, welche die von den Ganglıen abgehenden Nerven begleiten. Bei den Chilopoden nehmen diese Seitenzweige nicht von der Supraspinalarterie selbst, sondern von einem aus ihr abge- henden und in sie zurücktretenden Gefässbogen ihren Ursprung. Bei Scolopendra theilt sie sich auf dem letzten Ganglion in 2 Aeste, die mit den Nerven jenes in das letzte Beinpaar eintreten. Bei Lithobius theilt sie sich dagegen schon früher in ihre beiden Endäste. Das Venensystem, welches noch sehr wenig gekannt, soll eben- falls überall mit bestimmten sehr zarthäutigen Wandungen versehen sein und mit solchen in die Spaltöffnungen des Rückengefässes zurück- führen !}). Unter den Phyllopoden findet man bei Artemia 2) und Branchio- pus 3) ein langes schlauchförmiges Herz ohne Einschnürungen. Bei Branchiopus ist es durch 20 Klappen nur unvollkommen in Kammern abgetheilt und erstreckt sich, wie bei den Myriapoden, fast durch den ganzen Körper. Vorne läuft es unmerklich in eine kurze und weite Aorta aus, welche ihr Blut als wandungslosen Hauptstrom an die Un- terseite des Körpers sendet, wo er unter dem Darmkanal bis zur Schwanzspitze verläuft und die gewöhnlichen Nebenströme für die An- hänge des Körpers abgiebt. Das venöse Blut tritt in zahlreichen klei- neren Strömen, welche zum Theil bogenförmig verlaufen, durch die Klappenöffnungen und das hintere offne Ende in das Herz zurück. — Aehnlich gebaut, nur mit weniger Klappen versehen, scheint das Rü- ckengefäss von Estheria #) zu sein. 1) So würde sich der Kreislauf der Myriapoden nach den oben erwähnten Untersuchungen von Newport verhalten, welche die früheren Angaben von Straus- Dürcekheim (Considerations generales sur |’ anatomie comparee des animaux articules) und von Lord (Medical gazette von 1838) erweitern und ver- vollständigen. Newport behauptet in dieser Arbeit dieselbe Geschlossenheit des Kreislaufes wie für die Insekten (s. oben S. 79) und den Skorpion (S. 152 u. 153). Es dürfte jedoch diese Behauptung für die Myriapoden denselben Werth haben wie für die Insekten. Man kann sich wenigstens an manchen Stellen des Körpers bei kleinen Tausendfüssern durch mikroskopische Untersuchung leicht davon überzeu- gen, dass auch bei ihnen, wie bei den Insekten und den niederen Krustenthieren ein Theil des Kreislaufs in wandungslosen Strömen statt findet. Es möchten diese Angaben von Newport wohl dahin zu reduciren sein, dass bei den Myriapoden das arterielle System in einer grösseren Entwicklung und Ausbildung auftritt, wie anderwärfts. 2) Vergl. die Arbeit von Joly sur l' Artemia saline in den Annal. d. scienc. nat. Tom. 13. 3) Vergl. Jurine, histoire naturelle des Monocles etc. Geneve 1820. 4) Vergl. Joly, sur ! Isaura eycladoides in den Annal. d. science. nat. Tom. 18. 236 Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. Bei Apus !) dagegen nimmt das Herz nur den Vorderkörper ein und besteht, in Uebereinstimmung mit den Segmenten desselben, aus IT Abtheilungen oder Kammern, welche jedoch nur durch Quereindrücke der oberen Wand gebildet werden, so dass die untere Wand glatt bleibt. An seinen Seiten liegen die gewöhnlichen mit Klappen verse- henen, zur Aufnahme des venösen Blutes bestimmten, Öeflnungen, 10 an der Zahl. Die hinterste Kammer des Herzens ist hier, abweichend von Branchiopus, geschlossen. Nach hinten zu sind seine Wände deut- lich muskulös. Zur Befestigung desselben dienen besondere Muskeln oder Ligamente. Sie befestigen sich theils nach oben an den Rücken des Thieres, theils nach unten an eine eigenthümliche Membran, wel- che aus contractilen Fasern gebildet ist. Diese erstreckt sich über den Verdauungsorganen und den Ovarien durch den ganzen Körper und bildet so mit Ausnahme weniger, für den Durchtritt des Blutes be- stimmter, Oeffnungen eine vollkommene Scheidewand. Durch ihre Con- tractilität wird sie zu einem wichtigen Hülfsapparat des Kreislaufes 2). Dieser findet auch hier in der Weise statt, dass alles arterielle Blut aus der Spitze des Herzens durch eine kurze, hinter den Augen frei geendigte Aorta ausgetrieben wird und nach Abgabe kleinerer Ströme an die Augen und den vorderen Theil der Schale als wandungsloser Hauptstrom vor der Speiseröhre an den unteren Theil des Körpers ge- langt, wo es dann jederseits nach hinten in einem doppelten Strome fliesst, einem unteren für die Schwimmfüsse und die Anhänge derselben bestimmten und einem oberen, welcher zuerst einen starken Seiten- strom an die Seiten des Rückenschildes giebt (die Mitte‘ desselben be- sitzt noch einen unpaaren Strom) und dann bis in die Schwanzspitzen läuft. Das venöse Blut strömt von den verschiedenen Körpertheilen in den oberen von der contractilien Membran gebildeten Raum und von diesem durch die Spaltöffnungen in’s Herz zurück. Nur von den Seiten des Rückenschildes tritt es in 2 starken Kanälen unmittelbar in’s Herz herein. Die Poecilopoden 3) (Limulus) besitzen ein muskulöses schlauch- förmiges Herz, welches an beiden Enden sich zuspitzt und in Gefässe ausläuft, von welchen das vordere sich wiederum spaltet. Von den Seiten und der unteren Wand gehen noch 7 paarige Gefässstämme ab. Auf der oberen Wand des Herzens befinden sich 7 paarige, mit Klap- pen versehene Oeflnungen, welche das venöse Blut aus einem das Herz umgebenden Sinus aufzunehmen scheinen. Die peripherische CGireulation des Limulus ist noch unbekannt. I) In der mehrfach eitirten vortrefflichen Abhandlung von Zaddach findet sich eine sehr genaue Auseinandersetzung des Kreislaufes von Apus cancrilormis. 2) Diese Einrichtung steht bis jetzt noch ziemlich isolirt da. Vielleicht kommt sie auch den Onisciden und der Wallfischlaus zu. 3) Vergl. van der Hoeven |. e Pl. II, fig. 9. Organe des hreislaufs bei den Krustenthieren. 237 Bei den niedrigsten Krustenthieren wird nicht mehr dieses schlauch- förmige Herz oder Rückengefäss vorgefunden. Ihr Centralorgan ist vielmehr ein rundlicher, bald kürzerer, bald längerer, sehr einfacher Sack. Im Uebrigen trifft man, wenigstens bei einigen von ihnen, noch einen ziemlich ausgebildeten Kreislauf an. So liegt in der Ordnung der Lophyropoden bei den Daphnien !) über dem Darmkanal ein kleines rundliches Herz 2), welches in seiner Mitte mit 2 Einbuchtungen versehen ist. Nach vorne setzt es sich in eine ansehnliche Aorta fort. Diese beginnt mit einer leichten Einschnü- rung, erweitert sich aber dann, so dass sie an Dicke dem Herzen gleichkommt, und erstreckt sich bis über das Auge, wo sie offen en- digt. Ihr Blut tritt als arterieller Hauptstrom an der Bauchfläche des Körpers bis zum Schwanze. Neben den Strömen für das Auge und die Anhänge des Körpers sendet er einen starken paarigen Seitenstrom ab, welcher vorne in die Rückenschale eintritt und in mehrfachen Zweigen, wobei jedoch der Hauptstrom den Aussenrand derselben ein- hält, sich durch diese erstreckt. Das venöse Blut des Rückenschildes tritt an dem hinteren Rande desselben nach dem Herzen herauf und mündet wahrscheinlich mit dem der übrigen Körpertheile zusammen in den hinteren Theil des Herzens ein. Unter den parasitischen Grustaceen erscheint bei Argulus folia- ceus 3) das Herz in der Form eines kleinen länglichen Schlauches, der in der Mittellinie unmittelbar unter der hinteren Hälfte des Kopfschildes gelegen ist und durch seine wellenförmigen Contraktionen das Blut am vorderen Ende austreibt. Hier findet sich eine kurze Aorta, welche sich theilt und einen Gefässkranz um den Mund bildet. Von diesem Gefässkranz gehen nun wieder Strömungen nach dem Stachel, den Zahnstücken und den Augen, wahrscheinlich auch zum Saugnapf. Der arterielle Hauptstrom scheint sich auch hier auf der Basis des Kör- pers bis zum Schwanze fortzusetzen und die Fusspaare so wie den Schwanz zu versorgen. In jeden Fuss dringt ein arterieller Strom, _ welcher an seinem vorderen Rande verläuft, am Ende des zweiten Gliedes schlingenförmig umbiegt, um als venöser am hinteren Rande zurückzulaufen. Im Schwanze theilt sich das arterielle Blut in zwei Aeste, deren jeder den inneren Rand einnimmt und am entgegenge- setzten zurückkehrt. l) Ueber den Kreislauf der Daphnien sind zu vergleichen: Straus-Dürk- ; heim (M&m. du Mus. Tom. V. S.412.). Gruithusen (Nova Act. Leopold. Tom. XIV. P. I. pag. 397) und Perty (Isis von 1832. S. 725). 2) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XVII. u. XVII. 1.1. 3) Ueber den Kreislauf des Argulus vergl. Jurine in den Annal. du Mus. Tom. VIL und die neueren, berichtigenden Angaben von C. Vogt (zur Naturgeschichte Schweizerischer Crustaceen). 238 Organe des Kreislaufs bei den Krustenthieren. Eigenthümlich sind zwei venöse Blutbehälter, gebildet von Lücken der Körpersubstanz. Sie zeichnen sich durch ihre beträchtliche Grösse aus, sind weit geräumiger als das Herz und an der Anheftungsstelle der Saugnäpfe zwischen diesen und dem ersten Fusspaare gelegen. In ihnen sammelt sich die venöse Blutmasse des vorderen Körpertheiles, ' wahrscheinlich auch die vom hinteren Theil herkommende (doch kann letztere auch direkt zum Herzen zurückkehren). Aus diesem venösen Sinus tritt das Blut in 2 grossen Strömen an den Seitenschild, verläuft hier, wie bei den Daphnien, am äusseren Rande desselben von vorn nach hinten und geht in unzählige Gapillar -Strömchen über, welche sich ; wieder zu 2 grossen venösen Strömen vereinigen, um am inneren Rande des Seitenschildes und ‚unter dem brückenartigen mittleren Theile desselben in’s Herz zurückzukehren !). Auch unter den niederen Schmarotzerkrebsen, wie bei Achthe- res 2), ist wenigstens ein Theil des Kreislaufs bekannt. Man findet hier ein längliches schlauchformiges, vorne verschmälertes Herz. Das von ihm ausgetriebene Blut entbehrt überall der Gefässe und umspühlt‘ in wandungslosen Strömen die inneren Organe, wie den Verdauungs- apparat. Nur in den verwachsenen Armen findet der Blutumlauf in bestimmten Kanälen statt. Achnliche Centralorgane des Kreislaufs schei- nen auch bei den übrigen Schmarotzerkrebsen, wie z. B. bei Chondra- canthus 3) und Caligus vorzukommen. Es bliebe endlich noch die Circulation der Cirrhipedien zu be- trachten übrig. Allein trotz zahlreichen Untersuchungen ist dieselbe noch so gut wie unbekannt, indem man mit Sicherheit noch nicht ein- mal ein Herz nachzuweisen im Stande war ?). 1) Nach den Angaben von C. Vogt soll man an vielen Stellen deutliche Gefässe wahrnehmen können. 2) Ueber den Kreislauf von Achtheres vergleiche man von Nordmanın in sei- nen micrographischen Beiträgen. II. S. 72. 3) Vergl. Rathke Beiträge zur Fauna Norwegens. 4) So konnte Cuvier an frischen Exemplaren weder Pulsschlag noch Herz entdecken (Mem. sur les Mollusques), ebensowenig konnten Meckel (V. Thl. 3. 101.), Müller (in Burdachs Physiol. IV. S. 155) u. R. Wagner (Beiträge z. vergl. Phy- siol. d. Blutes. S.61) an verschiedenen Gattungen etwas der Art auffinden. Cuvier | beschrieb früher ein Paar Gelfässe, die von den Kiemen zum Rücken des Thieres gehen sollen. M. Saint-Ange (Mem. sur les Cirripedes) schreibt dieser Ordnung eine Art von unregelmässig angeschwollenem Rückengefäss und im Uebrigen eine Circulation in wandungslosen Strömen zu. Er erwähnt ausserdem noch eines vor dem Verdauungskanal gelegenen venösen Sinus. Bei so vielen negativen Erfahrun- " gen wären weitere Angaben sehr wünschenswerth. An den Cirrben kleiner Balanen kann man mit Deutlichkeit die Blutkörperchen in wandungslosen Bahnen fliessen sehen. Athmungsorgane der Krustenthiere. 23) Athmungsorgane der Rrustenthiere 1). Die Crustaceen bieten in Betreff ihrer Respirationsorgane sehr gro- sse Verschiedenheiten dar. Nur selten trifft man noch bei ihnen Tracheen, die Athmungs- organe der Insckten und meisten Arachniden an. Unter allen Krusten- thieren ist nur die einzige Ordnung der Myriapoden 2) damit versehen. Sie erscheinen hier in doppelter Form, nämlich einmal in der gewöhn- lichen, als baumförmig verzweigte und mit einem Spiralfaden versehe- ne, niemals jedoch blasenförmig erweiterte, Tracheen, dann aber als dünne feine Röhren, welche weder Spiralfaden noch Verästelung zei- gen und ganz mit den gleichen Organen mancher Milben übereinkom- men. Erstere kommen bei den Chilopoden und Glomeriden, letztere bei den Juliden vor. Die Oeflnungen dieser Tracheen sind hier von einer verschiedenen Gestalt, bisweilen mit aufgeworfenen Rändern ver- sehen und an den Seiten der Körperringe gelegen. Ihre Anzahl schwankt sehr. Man findet sie entweder an einem jeden Ringe des Kör- pers, bei Glomeris, Julus und den Geophiliden, oder die Stigmata sind nicht an einem jeden Ringe des Körpers vorhanden, sondern übersprin- gen gewöhnlich einen oder auch 2 Ringe. So trifft man sie bei Lithobius nur am 2., 4, 6., 9., 11., 13. und 15. Segmente, bei Scolopendra morsitans am 3., 5., 8., 10., 12., 14., 16., 18. und 20. Ringe an 3). Die Vertheilung dieser Tracheen zu den verschiedenen Theilen des Körpers wechselt sehr. So geht z. B. bei Glomeris 4) von einem jeden Stigma ein Stamm ab, welcher sich sogleich in 2 Aeste theilt, einen inneren kleineren, für die Beine bestimmten und einen äusseren grüsse- ren, der sich an verschiedene innere Organe verzweigt. Die beiden ersten Tracheenpaare versorgen überdies noch mit eigenen Zweigen den Kopf. Vom ersten Paare geht ausserdem noch jederseits ein lan- ger, durch den Körper sich erstreckender Stamm ab. Queräste, wel- che die einzelnen Tracheenstämme mit einander verbinden, giebt es nicht. Bei den Chilopoden, wie Scolopendra und Lithobius, slösst man 1) Die Athmungswerkzeuge der Krustenthiere bilden einen vielfach untersuchten Abschnitt der Zootomie und Zoologie. Die wichtigste Literatur ist folgende: Cu- vier’s Vorlesungen über vergl. Anat. IV. Thl. S. 276; Meckel System der vergl. Anat. VI. Thl. S. 48; Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Tom. I. S. 70 — 94; Duvernoy (Institut von 1838. S. 304). 2) Ueber die Athmungsorgane der Myriapoden s. Rymer Jones Arlikel: My- riapoda, Kutorga, Scolopendrae morsit, anat,; Brandt über den Bau von Glomeris (Müller’s Archiv von 1837); Burmeister, die Respirationsorgane von Julus und Lepisma. Isis 1834. S. 131. 3) Vergl. hierzu van der Hoeven (Tijdschrift voor Naturlijke Geschidenis en Physiol. 1838) und Gervais, Etudes sur les Myriapodes in den Annal. d. scienc. nat. Tom. Il. Serie Il. 4) Brandt fig. 4. u. 5. seiner Abhandlung. 240 Athmungsorgane der Krustenthiere. wieder auf eine andere Anordnung der Tracheen. Bei Julus !) führen die an der Bauchseite eines jeden Ringes gelegenen Stigmata in eine blasenförmige Erweiterung, von welcher dann immer ein Büschel der oben erwähnten feinen Tracheen seinen Ursprung nimmt. Diese Röh- ren verbreiten sich in grosser Menge an alle inneren Organe, beson- ders aber wird, wie bei den Insekten, der Darmkanal von ihnen um- sponnen. In grösster Verbreitung trifft man dagegen in der Klasse der Kru- stenthiere Kiemen (branchiae) oder kiemenartige Respirationsorgane an. Selbst manche derjenigen Thiere, welche nicht im Wasser leben, wie die Landkrebse (nicht aber die Onisciden), kommen hinsichtlich ih- rer Athmungswerkzeuge mit den übrigen Crustaceen überein 2). Die Kiemen bieten jedoch bei den einzelnen Ordnungen und Gattungen in ihrer Form, Zahl, Befestigung u. a. die allergrössten Verschiedenhei- ten dar. In ihrer einfachsten Form erscheinen sie als Blätter oder Säcke, in ihrer grössten Entwicklung dagegen als sehr complicirte aus einer Anzahl von Blättchen oder cylindrischen Fäden und Röhren bestehende Gebilde, welche gewöhnlich einen gemeinschaftlichen Stiel besitzen und hierdurch pyramiden- oder büschelförmige Massen bilden. Stets werden aber diese Kiemen bei aller Verschiedenheit der Form von den gleichen Elementartheilen zusammengesetzt. Zu äusserst findet man eine sehr zarte und feine, aus Chitin bestehende Haut, dann ein von ihr umschlossenes Parenchym, in welchem Rinnen oder Lücken enthalten sind, die die Form von Kanälen annehmen. Durch diese Ka- näle findet der Umlauf des Blutes statt. Im ihrer einfachsten Gestalt erscheinen sie als Bogen, deren Hälften den zu- und abführenden Kie- mengefässen entsprechen. Bei weiterer Entwicklung schieben sich zwi- schen diese beiden Stämme noch eine grössere oder geringere Anzahl verbindender Kanäle ein, wodurch eine Art von Capillarnetz gebildet und die Respiration eine intensivere wird 3). 1) Genaue Angaben über die Tracheen der Juliden finden sich bei Burmei- ster I. c. Vergl. dazu auch Savi (Mem. scientif. Pisa 1828) und Straus-Dürk- heim (Considerations generales etc.). 2) Vergl. Audouin und Edwards, Memoire sur la respiration aerienne des Crustaces et sur les modifications que l’appareil branchial eprouve dans les Cra- bes terrestres in den Annal. d. scienc. nat. Tom. XV. p. 85. 3) Man kann bei kleineren Krustenthieren sich leicht von diesen Verhältnissen überzeugen und hierdurch einsehen, dass auch der Kiemenkreislauf ganz mit der Circulation im übrigen Körper übereinstimmt. Dass aber auch für höhere Crusta- ceen dieselben Verhältnisse statt finden, beweisen z. B. die Angaben von Krohn über den Flusskrebs (Isis von 1834). Hiermit kann man wohl auch das rechnen, was van der Hoeven, Recherch. sur l'hist. nat. et !’anat. des Limules, S. 20, über die Struktur der Kiemenblätter des Limulus berichtet. Athmungsorgane der Krustenthiere. 241 . Sämmtliche Kiemen der Crustaceen lassen sich, je nachdem sie entweder in gewissen Höhlen des Körpers versteckt sind oder frei zu Tage liegen, in 2 Abtheilungen bringen, in innere und äussere Kiemen. Die inneren Kiemen kommen den Decapoden zu und bil- den die entwickeltsten Athmungsorgane der ganzen Klasse. Sie lie- gen eingeschlossen. in zweien, an den Seiten des Proabdomen befind- lichen, vom Rückenschild bedeckten, ansehnlichen Höhlen !). Diese Höhlen besitzen als Innenwand die Seitentheile der Körperringe, und werden noch von einer eigenen, bei Landkrabben mit Falten versehenen Chitin - Haut ausgekleidet, welche von der Innenwand herüber an die Seitentheile der Rückenschale tritt und mit dem unte- ren Rande derselben verschmilzt. Die in diesen Höhlen enthaltenen Kiemen sind von pyramidaler oder konischer Gestalt mit nach oben gekehrten Spitzen und gewöhnlich, entsprechend den Integumenten, et- was nach aussen gewölbt. Sie zeigen eine doppelte Structur. An den mittleren Stiel setzt sich einmal unter rechtem Winkel eine grosse Anzahl von Blättchen (gegen 200) an, welche von oben nach unten allmählig an Grösse zunehmen. Solche Kiemen besitzen die Brachyuren, aber auch viele Macrouren, wie z. B. die Gattungen Pagurus, Galathea, Cran- gon, Peneus, Palaemon. Oder statt eines jeden Blättchens befestigen sich an den gemeinsamen Stiel mehrere kleine cylindrische, bei Ari- steus 2) ausnahmsweise nochmals verzweigte, Röhren. Solche Kiemen trifft man unter den langschwänzigen Decapoden bei Astacus 3), Hom- 'marus, Palinurus und den verwandten Gattungen an. Diese Kiemen sind entweder an die Basalglieder der Hülfskiefer und Beine inserirt oder sie sind über den letzteren an die Wände des Körpers befestigt. Die Anzahl der in jeder Höhle vorhandenen Kiemen ist ebenfalls gro- 'ssen Schwankungen unterworfen. Während man bei den Brachyu- ren in der Regel nur 7 oder 9 zählt, trifft man bei manchen Macrou- ren eine viel grössere Zahl an, wie z. B. 22 beim Flusskrebs ?). Sie ' stehen daher entweder in einer einfachen Reihe (Brachyuren) oder in ei- ner mehrfachen hintereinander, so dass immer einem Beine ein Bündel ‚ dieser Kiemen entspricht. Letzteres findet man z. B. beim Flusskrebs, wo ' den beiden letzten Kieferfüssen 5) und den Beinen, mit Ausnahme des ‚ fünften Paares, solche Kiemenabtheilungen entsprechen, und wo ausser- | 1) Ueber die Lage der Kiemenhöhlen Ic. zootom. Tab. XXVl. fig.I. g.g 8. 2) Vergl. Duvernoy in den Annal. d. scienc. nat. Seriell. Tom. XV. p. 101. 3) Vergl. die Kiemen des Flusskrebses Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. III. e. e. und fig. X. A.u.B.a..a. 4) So besitzen beispielsweise Hommarus 22 Kiemenpaare; Palinurus, Scyllarus, , Peneus 18; Gebia 15; Pandalus 12; Sicyonia 11; Callianassa 10; Palaemon 8; Cran- son, Egeon, Lysianassa, Hippolyte, Sergestes 7. (Vergl. Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Tom. I. pag. 86.) Hiervon differiren zum Theil die Angaben von Meckel. 5) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. X. A. u. B. Wagner’s Zootomie. II. 16 242 Athmungsorgane der Krustenthiere. dem noch bei allen Gehfüssen und dem letzten Beikiefer am Besal- gliede ein Büschel langer vorworrener Fäden (Fadenkieme) !) befe- stigt ist. Jede Kiemenhöhle besitzt zwei Oeflnungen, eine untere in Form ei- ner Spalte zwischen dem freien Rande des Rückenschildes und den Füssen befindliche und eine vordere in Gestalt eines Kanales, wel- cher sich an den Seiten der Mundwerkzeuge nach aussen öffnet 2). Der beständige Wechsel des zur Athmung nothwendigen Wassers erfolgt nun in der Weise, dass das Wasser durch die hintere Spalte eintritt und durch den vorderen Kanal ausgeführt wird. Hierzu ist der letz- tere mit einer eigenthümlichen Vorrichtung versehen. Das zweite Un- terkiefer- oder Maxillenpaar besitzt nämlich als Fortsatz eine ansehnli- che hornige Platte 3), welche in den Kanal hineinragt und diesen im Zustande der Ruhe wie eine Klappe verschliessen kann. Während des Lebens ist sie jedoch in ununterbrochener, sehr lebhafter Bewegung und treibt hierdurch das Wasser zur vorderen Oeflnung des Kanals hinaus 9). Als Hülfsapparate dieses Wasserwechsels müssen endlich noch Fort- sätze der Hülfskiefer und Beine erwähnt werden, welche in der Form von langen und schmalen Platten in die Respirationshöhle hineinragen, entweder zwischen die einzelnen Kiemenabtheilungen wie Scheidewände' (Maerouren) oder über dieselben weg liegen (Brachyuren). Bei Gecarcinus hat man eigenthümliche harte Fortsätze zwischen: den einzelnen Blättern angetroffen, wodurch das Zusammenkleben ver- hütet wird >). Die äusseren Kiemen erfreuen sich dagegen eines viel ausge- breiteteren Vorkommens und werden, mit Ausnahme der Myriapoden, bei allen folgenden Ordnungen der Krustenthiere angetroffen. Sie er- scheinen in den verschiedensten Formen, deren genauere Betrachtung: mehr ein Object der Zoologie bilde. Am häufigsten sind sie Anhänge der Locomotionsorgane oder aus einer Umwandlung der letztern hervor- gegangen. Hinsichtlich ihrer Lage trifft man sie bald an dem Proab= domen, bald an dem Schwanztheile. — Die wichtigsten der zahlrei- chen, 'hier in Betracht kommenden Verhältnisse sind folgende. Aeussere Kiemen besitzt unter den Decapoden nur eine einzige‘ 1) Ic. zootom. Tab. X. A. (Die Fadenkieme des letzten Hülfskiefers). 2) Die Gestalt dieser beiden Oeflnungen ist bei den einzelnen Decapoden be- | deutend wechselnd vergl. Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Tom. I. p. 97. 3) Ic. zootom. Tab. XXVL fig. X. D. 4) Die Kenntniss dieses Mechanismus verdankt man den Untersuchungen von | Milne Edwards, Annal. d. scienc. nat. Serie II. Tom. XI 5) Auf dieses, wahrscheinlich den Landkrabben eigenthümliche Verhältniss hat | J. Müller aufmerksam gemacht. Froriep’s neue Notizen. NZ 6ll. Athmungsorgane der Krustenthiere. 243 Gattung. Bei Callianidea !) kommen nämlich ausser den gewöhnlichen, in der Kiemenhöhle gelegenen Athmungsorganen am Postabdomen noch 4 Paar eigenthümlicher Anhänge (die modificirten Afterfüsse) vor. Diese bestehen aus 3 Platten, von welchen die beiden grösseren mit einer | Art von verästelteten fadenförmigen Anhängen besetzt sind und hier- ‚ durch an die Kiemen der Squillen erinnern. | Diese besitzen in Uebereinstimmung mit einem Theile der Stomato- | poden ausgebildete fadenförmige Kiemen. Es liegen bei ihnen an den 5 ersten Segmenten des Postabdomen auf den Grundgliedern der fal- , schen oder Afterfüsse immer je 2 dünne, mit Haaren besetzte Platten ‚ von länglicher Gestalt. Die äussere dieser Platten trägt eine bewegliche . Kieme. Sie besteht aus einem Stiele, an dessen Seiten wieder eine ‚ Reihe kleinerer, parallel stehender Aeste vorhanden ist, von welchen jeder eine grosse Anzahl langer cylindrischer Fäden trägt 2) | Weit einfacher gebildet sind dagegen die Kiemen in den folgen- ' den Ordnungen. Sie erscheinen hier in der Gestalt einfacher zarthäuti- ‚ger Röhren, Säcke oder Blätter, aber in einer sehr verschiedenen Zahl. Ä Röhrenförmige Kiemen trifft man unter den Lämodipoden bei Cya- mus 3) an. Sie sind hier an dem ersten und zweiten Ringe des Pro- ‚abdomen an der Stelle der Fusspaare vorhanden, und zwar entweder nur als ein Paar (Cyamus erraticus u. gracilis) oder als 2 Paare lan- ger cylindrischer Röhren, welche entweder (C. ovalis) gestielt oder mit breiter Basis ihren Ringen aufsitzen und an dieser Stelle bei den "Männchen, wo sie ausserdem grösser sind, noch besondere Fortsätze, bei den Weibchen die Bruttaschen besitzen. Die Form von flaschenförmigen Säcken zeigen die Kiemen der Caprellinen. Sie kommen bei CGaprella an den nämlichen fusslosen ‚Ringen, wie bei der Wallfischlaus, zu 2 Paaren vor, werden dagegen ‚bei der Gattung Leptomera nicht nur an diesen, sondern auch an dem vorhergehenden Ringe vdrgefunden. Sie sind an der Basis der hier ‚vorhandenen 3 Beinpaare befindlich. Letztere Gattung bildet hierdurch einen Uebergang zu den Kiemen ‚der Amphipoden. Bei diesen Thieren erscheinen sie nämlich als 5 bis 6 Paare blatt- oder blasenförmiger, an der Basis der eigentlichen Beine gelegener Anhänge. ' Ebenfalls als Anhänge der ortsbewegenden Werkzeuge, aber in ‚einer bei weitem grösseren Anzahl, trifft man sie an bei den Phy llopo- 1) Vergl. hierüber Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Tom. II. p. 320. 2) Ueber die Kiemen der Squillen sind die Schriften von Cuvier, Meckel und Milne Edwards, so wie die Abbildung auf Pl. 10. fig. 4. des letzteren Wer- kes zu vergleichen. 3) Vergl. Roussel de Vauzeme |. c., wo zugleich Abbildungen der Kiemen bei den verschiedenen Arten der Gattung gegeben sind. 16* 244 Athımungsorgane der Krustenthiere. den). So ist bei Apus 2) ein jedes der zahlreichen Schwimmfusspaare (deren Anzahl gegen 60 beträgt) mit Ausnahme des ersten und eilften Paares mit 2 blattförmigen Anhängen besetzt, welche sich an dem zweiten Gliede inseriren. Der äussere dieser Fortsätze ist der grössere, von fast dreieckiger Gestalt, mit Haaren und Wimpern versehen ; der innere Fortsatz ist kleiner, rundlich und der haarförmigen Gebilde gänz- lich entbehrend 3). Aehnliche kiemenartige Anhänge findet man auch bei den übrigen Phyllopoden vor, nur dass sie hier bei der ge- ringern Anzahl von Schwimmfüssen (18— 27 bei Limnadia und Es- theria, 11 Paare bei Branchiopus und Artemia) *) ebenfalls minder zahl- reich, wie bei Apus, vorkommen. Bei den Poecilopoden 5) erscheinen die Respirationsorgane in ei- ner eigenthümlichen Anordnung. Wie schon oben (S. 181) bemerkt wurde, tragen die 5 letzten blattförmigen Anhänge des zweiten Schil- des an ihrer inneren Fläche die Kiemen. Diese bestehen aus einer sehr grossen Anzahl senkrecht nebeneinander gestellter Blätter. An je- der Seite liegt ein derartiger Haufen, dessen vordere Blätter am klein- sten sind, während die darauf folgenden allmählig an Grösse zuneh- men. Die Anzahl der in einen jeden Haufen eingehenden Blätter ist verschieden, an dem ersten Kiemenpaare am grössten und an den fol- genden allmählig abnehmend, so dass am ersten Paare jederseits 150, am letzten nur 100 derselben vorkommen. Es werden mithin nach einer ungefähren Schätzung wenigstens 3000 solcher Kiemenblätter bei Limulus vorgefunden 6), so dass diese Thiere mit einem höchst‘ ausgebildeten Respirationsapparate versehen sind. Die einzelnen Blätter sind nur an ihrer Basis festgewachsen, sehr zarthäutig, am oberen Rande von einer festen, hornigen Substanz gebildet. In einem jeden 1) Doch dürfte wahrscheinlich neben diesen eigegjlichen Kiemen der ganze Fuss zur Respiralion verwendet werden. 2) Vergl. Zaddach, Apodis cancril. anatome. 3) Dieses innere Kiemenblatt ist durch eine Eigenthümlichkeit merkwürdig. Häufig wird nämlich, wahrscheinlich krankhaft, eine Quantität von Blut in ihm an- gehäuft und hierdurch die Kieme in einen rundlichen rothen Beutel ausgedehnt. Diese Beutel sind mehrfach falsch gedeutet worden. Berthold (Beiträge zur Anato- mie des krebsartigen Kieferfusses. Isis 1830) hielt sie für die Hoden des Thieres. 4) Abbildungen der Kiemen der Limnadia und des Branchiopus bei Milne Edwards (l. ec.) und Jurine (list. nat. des Monocles). Ueber die der Artemia und Estheria sind die Abhandlungen von Joly (Annal. des scienc. nat. Tom. XI. u. XVIEL) zu vergleichen. 5) Ueber die Kiemen von Limulus ist ausser der Monographie von van der Hoeven noch die Arbeit von Duvernoy, Sur quelques points de |’ organisation des Limules avec une description particuliere de leur branchies etc. Institut von 1855 und Foriep's neue Notizen. 2 171. zu vergleichen. 6) So nach den Zählungen von van der Hoeven, welcher 130 Blätter aul eine jede Kieme rechnete. Athmungsorgane der Krustenthiere. 24) dieser Blätter scheint ein ziemlich ausgebildetes Netz von Kiemenka- nälen vorhanden zu sein. Wieder anders verhalten sich die Athmungswerkzeuge der Isopo- den!). Sie liegen immer an der unteren Seite des Schwanzes als paa- rige blattförmige Organe mit seltenen Ausnahmen, wie der Gattung Jone, welche mit baumförmig verzweigten Kiemen versehen ist. Wo die Ath- mungswerkzeuge ihre vollkommene Ausbildung erlangen, treten sie zu 5 Paaren an den 5 ersten Schwanzringen auf, bestehen immer aus einem einfachen Grundgliede und darauf befestigten doppelten Platten, einer äusseren von festerer CGonsistenz, der Deckplatte und einer unter ihr gelegenen , zarteren von blatt- oder blasenförmiger Gestalt, der eigent- lichen Kieme. Zuweilen wird dieser Apparat noch von einer neuen, grossen, paarigen Klappe bedeckt. Doch treten diese Organe keineswegs immer in einer solchen Ausbildung auf, indem sowohl Kiemen als Deck- platten sich gegenseitig vertreten oder auch gänzlich fehlen können, wodurch zahlreiche Differenzen entstehen. So trifft man bei den Gymothoaden sehr allgemein 5 Paar Respi- rationsorgane mit Deckplatten und darunter gelegenen Kiemen, nur dass bisweilen die ersten Deckplatten sich sehr entwickeln und die übrigen zudecken. Dieselbe Zahl beider Theile findet man bei den Sphaeromiden, wo aber nur an den beiden letzten Paaren die gedeckte Lamelle eigentlich eine Kieme ist, welche, durch 7— 10 Längsfurchen getheilt, eine Art von Uebergang zu den Kiemen der Brachyuren zu bilden scheint. Bei den Idotheen sind ebenfalls alle diese Theile vor- ‚handen, dagegen sind gedeckte und bedeckende Lamellen von dersel- ben Consistenz und der ganze Athmungsapparat noch von 2 besonde- ren, starken, beweglichen Klappen umgeben. Bei einer neuen sonderbaren Isopode, der Gattung Crossurus ?), trifft man nur 3 Paare von Athmungsorganen an, welche aus halbovalen Deckplatten und dahinter gelegenen Kiemenblasen bestehen. Beide sind mit gefiederten Haaren reichlich besetzt. An der Aussenseite des ersten und letzten Paares schliessen sich noch ansehnliche, mit den glei- chen Haaren besetzte Wülste an. Bei andern Thieren, wie Asellus, treten die vorderen Deckblätter, welche dann der Kiemen entbehren, in eine Beziehung zum Geschlechts- apparat (männliches Thier) oder das eine Blatt fehlt ganz (weibliches Thier), so dass nur unter den 3 letzten Paaren die Kiemen vorkommen. Hierbei entwickelt sich noch das dritte Paar der Deckblätter ganz be- sonders und bedeckt die dahinter gelegenen. Einen Mangel aller Deckblätter findet man bei Bopyrus und Phryxus. Ersteres Thier besitzt 5 Paar allmählig an Grösse abnehmender, blatt- förmiger Kiemen, letzteres nur 4 Paare zweigespaltener Branchien. 1) Vgl. Duvernoy u. Lereboullet ind. Annal, d, scienc. nat. Tom.XV. p. 177, 2) Rathke’s Beiträge zur Fauna Norwegens. 246 Athmungsorgane der Krustenthiere Bei Cepon !) findet man 6 Paar freier, blattförmiger, an den Rän- dern gefranzter Kiemen und 5 Paar Decklamellen. Die Onisciden haben an den beiden ersten Schwanzringen nur das Deckblatt, welches beim Männchen zu einem Begattungsorgane umge- wandelt ist, also nur 3 Paare blatt- oder blasenförmiger Kiemen. Dagegen kommt bei einigen Onisciden, den Gattungen Porcellio und Armadillo 2), noch ein ganz eigenthümliches, auffallendes Verhält- niss vor. Es sind nämlich, gewöhnlich nur in den beiden vordersten oder auch in allen Decklamellen zwischen den Häuten derselben Or- gane von weisser oder weisslichgelber Farbe enthalten, welche beson- ders den äusseren und hinteren Theil der Lamelle ausfüllen. Sie bil- den eine rundliche Masse, welche aus zahllosen feinen, reiserförmig verzweigten, sehr dünnhäutigen Kanälchen bestehen. Diese Kanälchen llottiren frei in dem Zwischenraum zwischen den beiden Häuten der Decklamelle und werden so vom Blute umspühlt. Sie sind mit atmo- sphärischer Luft erfüllt, welche sehr fein zertheilt ist und ihnen das weisse Ansehen verleiht. Sie scheinen durch eine am hinteren Rande der Lamelle ‚befindliche Spalte sich nach Aussen zu öffnen, ohne dass man jedoch die Art der Oeflnung genauer kennt 3). Aehnliche Verhältnisse beobachtet man auch hei Tylos. Es stellen so diese Organe ein eigenthümliches Athmungsorgan dar, eine Art Lunge, welche an die Tracheen und Lungensäcke der Insekten und Arachniden erinnert. Wahrscheimlich behalten dabei gleichzeitig die 3 hinteren bedeckten Blätter ihre Function als Kiemen bei, so dass hier bei einem und demselben Thiere Lungen und Kie- men existiren 9). In der anomalen Klasse der Cirrhipedien werden ebenfalls eigen- thümlich gestaltete Kiemen angetroffen. Man betrachtet als solche dün- ne, eylindrische oder pyramidenförmige Anhänge, welche an der Wur- zel der Beine (Cirrhi) oder auch am Körper sich befinden. Sie bieten bei den einzelnen Gattungen mancherlei Verschiedenheiten dar. So fin- det man z. B. bei Anativa laevis 4 dieser Läppchen, 2 jederseits, eins 1) Vergl. Duvernoy an demselben Orte, S. 120. 2) Vgl. hierzu Milne Edwards im Institut 1839. p. 152 u. die oben erwähnte Arbeit von Duvernoy u. Lereboullet. 3) Bei Tylos sollen nach Milne Edwards die weissen Körper mit 9-10 Oeffnungen ausmünden. Auch bei Porcellio sollen ähnliche Löcher vorkommen, was aber unrichtig sein dürfte, da man bei mikroskopischer Untersuchung die Luft stets nur aus der oben erwähnten Spalte entweichen sieht. 4) Es scheint dieses wenigstens wahrscheinlicher als die Annahme von Sie- bo!d’s, dass diese hinteren Lamellen eher Blutbehälter als Kiemen wären (Mül- ler’s Arch. 1542. S. CXLI). Einmal kommen sie ganz mit den Kiemen der Ordnung überein, dann fungiren sie unzweifelhaft bei der Gattung Oniscus, wo die weissen Körper fehlen, als Kiemen. Athmungsorgane der Krustenthiere. 247 an der Basis des ersten Rankenpaares, das andere am Körper gele- gen !); bei Anativa vitrea jederseits 4; bei Otion 7, wovon die 3 ersten an dem ersten, die 4 folgenden an dem zweiten bis fünften Cirrhen- ‚ paare gelegen sind, so dass hier das letzte Rankenpaar frei bleibt. Bei Cineras besitzt auch das zweite Rankenpaar keinen derartigen Anhang mehr, so dass mithin nur 6 Paare von Kiemen angetroffen werden. Bei den Balanen bemerkt man an diesen Stellen keine Kiemen, wenn man einen kleinen und stumpfen Anhang, welcher an der Basis der dritten Cirrhe liegt, ausnimmt 2). | Bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl hierher gehörender Thiere aus verschiedenen Ordnungen, wie bei Mysis, Apus, Daphnia, Ar- gulus und andern Schmarotzerkrebsen, übernimmt auch der Rücken- schild die Function eines Respiralionsorganes, wird so zur Kieme, wenn gleich die übrigen Anhänge des Körpers von der Athmung nicht ausgeschlossen bleiben (Mysis), oder sogar noch zahlreiche blattförmige Kiemen (Apus) daneben angetroffen werden. Es zeichnet sich alsdann diese Rückenschale durch ihre zarthäutigen Integumente, häufig durch die besondere Zartheit der unteren Fläche (Mysis und Apus) und durch die zahlreich in ihr enthaltenen Blutströme aus 3). Bei vielen Krustenthieren betheiligen sich noch bei der Respiration die übrigen Anhänge des Körpers, wie z. B. die Antennen, Schwanzflossen und eigentlichen Beine, welche gewiss oftmals eben so gut hier in Betracht kommen, als die gewöhnlich mit dem Namen der Kiemen zu aus- schliesslich belegten Anhänge. Hierdurch dürfte sich denn der Umstand erklären, dass man häufig bei ganz nahe verwandten Thieren auf eine |achr ungleichartige Entwicklung der eigentlichen Kiemen stösst, wie 'z. B. bei Caprella und Leptomera 9). ‘Da wo die Haut des Körpers von einer grösseren Zartheit ist, ge- ‚stattet sie wohl ebenfalls eine Aufnahme des Sauerstoffes. So wird es ‚denn begreiflich, wie man namentlich bei niederen Crustaceen, z. B. bei ‚Cyelops, bei den Lernaenartigen Schmarotzern (z. B. Lernaea, Ancho- 'rella, Penella u. a.), aber auch bei höher stehenden Geschöpfen, wie ‚den Phyllosomen, keine besonderen Athmungswerkzeuge antriflt. | 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XX. e. e. 2) Ueber die Kiemen der Cirrhipedien vergl. besonders die öfter erwähnte Ar- \ beit von Cuvier in den Mem. sur les Mollusques. 3) Vergl. hierzu über Apus die Untersuchungen von Gaede (Wiedemann's ‚zool. Magazin. Kiel 1817), Berthold (Isis. 1830) u. Zaddach; über Mysis die Beiträge 1 ‘von Frey und Leuckart; über Argulus die Monographieen von Jurine und C. Vogt. — Schon oben wurde beim Kreislauf der Blutströme dieser Theile gedacht. 4) Der Antheil der Beine bei der Respiration ist gewiss ein beträchtlicher und sehr weit verbreiteter, wie sie denn auch durch ihre häufig so raschen und bestän- digen Bewegungen und den hierdurch hervorgerufenen Wasserwechsel als Hülfsap- ‚parate der Respiration von Wichtigkeit werden. 248 Harnwerkzeuge der Krustenthiere. Harnwerkzeuge der hrustenthiere !). Es bleibt ein auffallender Umstand, dass Harnwerkzeuge, welche | bei Insekten und Arachniden in einer so grossen Verbreitung vorkom- men, der Klasse der Crustaceen mit Ausnahme einer einzigen Ordnung | gänzlich abgehen. Diese Ordnung, bei welcher sie angetroffen werden, sind die My- riapoden. Ihre Harnorgane kommen ganz mit den gleichen Theilen der Insekten, den Malpighischen Gefässen, überein und erscheinen wie diese als lange, unverästelte Schläuche, welche in den Verdauungska- nal an der Grenze von Magen und Darm einmünden. Auffallend ist ihre geringe Anzahl, indem man stets nur ein einziges Paar vorfindet, Im Allgemeinen sind sie bei den Chilopoden, z. B. bei Lithobius und’ Scolopendra 2), kürzer als bei den Chilognathen, wo sie häufig sich zu Convoluten vereinigen. Sehr lang und vielfach zusammengewunden trifft man sie bei Glomeris 3). Bei den übrigen Krustenthieren kennt man dagegen nirgends ein Harnwerkzeug mit Sicherheit, wenn gleich bei dem Bestreben, ein sol- ches zu finden, häufig andere Theile dafür angesprochen wurden ?). Besondere Absonderungswerkzeuge der Rrustenthiere. Die Crustaceen besitzen ebenfalls eine Anzahl besonderer Secre- tionsorgane, deren Bedeutung theilweise noch unbekannt ist, wenn’ auch bei weitem nicht in derselben Menge wie die Insekten. Ein Theil dieser Organe steht mit den Geschlechtswerkzeugen in’ Zusammenhang und findet dort am passendsten seine Stelle, ein ande- rer Theil ist schon bei dem Verdauungssystem erwähnt worden, so 1) Vergl. Grosshans, de syst. uropoet., quod est rad. etc. Lugd. Bat. 1837. 2) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXV.h.h., die Malpighischen Gefässe der Scolo- pendra. — Eine gute Abbildung derselben von Lithobius bei Treviranus in den vermischten Schriften. Il. Tab. V. 3) Die gewöhnliche Angabe, dass sie bei Julus in grösserer Zahl vorkommen, scheint falsch zu sein. Ebenso beruht die Vermuthung von Brandt (Müller’s Ar- chiv 1837. S. 323), dass die Malpighischen Gelässe bei Glomeris gespalten seien, auf einem Irrthume. 4) So beschrieb z. B. Treviranus (vermischte Schriften. I. S. 57), bei eini- sen Asseln 4 kurze Gefässe, welche in den Mastdarm münden sollen. Andere For- scher, wie Brandt u. Ratzeburg (mediz. Zoologie), scheinen sie nicht gesehen zu haben, wesshalb denn ihre Existenz noch sehr zweifelhaft ist. Dasselbe dürfte der‘ Fall sein mit den Organen, welche Pickering u. Dana (vergl. Isis. 1840) bei Cali-" gus americanus als Harnwerkzeuge betrachten wollen. Man könnte vielleicht in den" röhrenförmigen Anhängen des Verdauungskanales der Decapoden und Amphipoden Harnwerkzeuge sehen, wenn nicht das beschränkte Vorkommen jener Theile einer‘ solchen Ansicht entgegenstände. | I \ N | | | | Besondere Absonderungswerkzeuge der Krustenthiere. 249 dass hier nur noch eine kleine Zahl derselben zu betrachten übrig bleibt. Schon lange bekannt sind die eigenthümlichen Concretionen, wel- che man, namentlich zur Zeit des Schalenwechsels, im Magen der Fluss- krebse äntrifft, die sogenannten Krebssteine oder Krebsaugen (La- pides cancrorum). Sie werden von einer rundlichen Tasche umschlos- sen, welche an den Seitentheilen der Pars cardiaca des Magens ge- legen ist !). Entsprechend der Form dieser Tasche erscheinen sie als kreisrunde, scheiben- oder linsenförmige Körper, an der Aussenfläche convex, nach Innen concav. Sie zeigen ein concentrisches Gefüge und bestehen aus einer knorpligen Grundlage und einer diese bei weitem überwiegenden Menge von Kalksalzen, namentlich kohlensaurem Kalk 2). Sie fallen bei der Häutung und dem damit verbundenen Wechsel der inneren Magenhaut in die Magenhöhle und werden daselbst aufgelöst, nicht, wie man früher annahm, durch die Speiseröhre ‘oder gar durch die Athmungsöffnungen nach Aussen entleert 3). Bei demselben Thiere kennt man gleichfalls noch eine ansehnliche Drüse von apfel- oder smaragdgrüner Farbe #). Sie liegt im Cephalo- thorax an den Seiten der Speiseröhre, über und hinter der Basis der grossen Antennen und stellt einen darmartig gewundenen Schlauch dar, welcher in seinem Innern mit zahlreichen Zotten und Bläschen verse- hen ist und einen von diesen secernirten, wasserhellen Inhalt besitzt. Die Flüssigkeit tritt durch eine weite Oeflnung in eine grosse, aus sehr zarten Häuten gebildete, vor der grünen Drüse gelegene Blase. Diese verschmälert sich allmälig und erstreckt sich so in das sogenannte Gehörorgan des Flusskrebses, wo sie an der Membrana tympani en- digt 5). Die Function dieser smaragdgrünen Drüse ist noch gänzlich 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. VI. 'e. 2) Vergl. die Analyse der Krebssteine von Dulk, Journal für prakt. Chemie | 1835. 3. Bd. S. 309. 3) Vergl. hierüber die Arbeiten von Brandt u. Ratzeburg, mediz. Zoologie. U. S. 67; von Baer in Müller’s Archiv 1834. S. 510 u. Oesterlen in derselben Zeitschrift von 1840. S. 357. Die Bedeutung der Krebssteine ist noch keineswegs genügend gekannt. Der gewöhnlichen Meinung, dass ihr Kalkgehalt in die neue Schale überführt werde, steht, wie Oesterlen richtig bemerkt, ihre geringe Grösse entgegen. 4) Vergl. Suckow anat. physiol. Untersuchungen. S. 55, Brandt u. Ratze- burg, mediz. Zoologie. I. S.64 u. Neuwyler, Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft bei ihrer Versammlung zu Zürich. 1341. S. 176. 5) So nach den Angaben Neuwyler’s in Uebereinstimmung mit denen von Brandt u. Ratzeburg. Neuwyler spricht zugleich die Vermuthung aus, dass der Hals dieser Blase als das Gehörsäckchen dieses Hörorganes beschrieben worden sei (Vergl. dazu S. 207). Da er keine Nerven an die Blase treten sah, so spricht er ihr die Function eines Gehörsäckchens und dem ganzen Organ die eines Gehörwerk- zeuges ab. 250 Besondere Absonderungswerkzeuge der Krustenthiere. unbekannt. Sie sondert jedoch nicht die Krebssteine ab, wie man frü- her glaubte. Zur Zeit des Schalenwechsels trifft man bisweilen klei- nere kalkige Concretionen in ihr, welches sie jedoch auch mit andern Körpertheilen gemein hat l). Es sollen die Decapoden noch mit einem eigenthümlichen drüsi- gen Organe versehen sein, dessen Function man nicht kennt. Es liegt nämlich am hinteren Theile der Kiemenhöhle eine weissliche Masse, welche sich bis zum Anhang des Schwanztheiles des Abdomen erstreckt und ‘vielleicht mit einem Ausführungskanal zwischen der Sternalplatte und dem ersten Ringe des Schwanzes ausmündet 2). Giftdrüsen fehlen den Krustenthieren, mit Ausnahme einer einzigen Ordnung gänzlich. Nur bei den Myriapoden ist eine derartige Secre- tion vorhanden. Als Giftorgane kann man einmal bei ihnen die Spei- cheldrüsen ansehen, wenigstens theilweise, d. h. bei denjenigen Arten, die durch ihren Biss gefürchtet sind, wie den Scolopendren. Dann aber kommt noch in einer ziemlichen Verbreitung bei ihnen ein eigenthümli- ches, mehr zum Schutze des Thieres dienendes Secret vor, das aus den sogenannten Foramina repugnatoria 3) ausgestossen wird. Man hat diese bis jetzt bei Julus, Polyzonium, Polydesmus, Glomeris und Geophilus unter verschiedenen Verhältnissen angetroffen. Bei Julus, wo man sie am genauesten kennt, liegen auf dem Dorsalstück eines jeden Ringes 2 kleine (VYoo—Yso grosse) Oeflnungen, welche in 2 kleine birnförmige Säck- chen führen. Diese bestehen aus einer äusseren derben Haut von brauner Farbe und einer inneren zarten, weit abstehenden. Bei Glo-' meris trifft man ebenfalls paarige Säckchen von länglicher Gestalt, wel- che aber zwischen je 2 Segmenten mit feinen Ausführungsgängen aus- münden. Das von ihnen gelieferte Secret erscheint ebenfalls ver- schieden, bei Julus als ein goldgelbes Oel von einem penetranten, un- angenehmen Geruch, bei Glomeris als eine weisse, körnige Masse. Bei Geophilus hat es merkwürdigerweise die Eigenschaft, im Finstern zu leuchten. | Auch in den niederen Ordnungen der Krustenthiere kennt man bis jetzt einige besondere Secretionsorgane. So soll bei Estheria 4) der Schliessmuskel des zweischaligen Ge- häuses, welches dieses Thier überdeckt, von einer gelatinösen Sub- 1) Vergl. Brandt u. Ratzeburg a. a. 0. S. 67. 2) Vergl. hierzu Milne Edwards, Hist. nat. des Crust. Tom. I. p. 105. 3) Hier sind von besonderer Wichtigkeit die Untersuchungen von Waga; vergl. Guerin-Meneville, Revue zoologique par la societ@e Cuvierienne, 3. 1838. p. 76. Ueber Julus vergl. neben den älteren Angaben von Treviranus (verm. Schrif- ten. Th. I. S.42) und Savi (Mem. scientif. Pisa 1828.) die genauen Untersuchungen von Burmeister in der Isis 1834. S. 131. Ueber Glomeris hat Brandt Beob- achtungen mitgetheilt im Bulletin scientifique der Petersburger Academie. 1810. 4) Vergl. Joly in den Annal. d. scienc. nat. Tom. XVII. p. 303. Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. 251 | stanz umgeben werden und in dieser letzteren 2 oder 3 fast cirkel- runde, concentrische Kanäle liegen, welche einen gelblichen oder roth- ‚braunen Saft enthalten. Ebenso hat man bei Staurosoma !) an manchen Stellen der glat- ten und weichen Haut kleine einfache Drüsen gefunden, welche mit ‚engen Ausführungsgängen nach Aussen münden und einen homogenen, \glashellen Inhalt führen. | Ob endlich noch ein besonderer blasenartiger Apparat, welchen man im Körper von Euadne 2) angetroffen hat, ob die bei Glomeris 3) und Lucifer #) an der Wurzel der Fühler gefundenen Organe den be- sonderen Absonderungswerkzeugen zugerechnet werden können, muss dahin gestellt bleiben. | Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere 5). | Wahrscheinlich sind alle Grustaceen getrennten Geschlechtes, wenn ‘man eine einzige Ordnung, die Cirrhipedien ausnimmt, bei wel- chen eine unzweifelhafte Zwitterbildung ®) angetroffen wird. Man stösst bei der Betrachtung der allgemeinen Geschlechtsver- ‚hältnisse der Krustenthiere auf eine Anzahl merkwürdiger Umstände. So trifft man zuweilen sehr grosse numerische Differenzen im Vor- kommen der beiden Geschlechter. Während man bei Idothea, wahr- scheinlich auch bei Asellus, dıe männlichen Thiere bei weitem häufiger findet als die weiblichen, bemerkt man umgekehrt bei den Daphnien eine grosse Seltenheit der Männchen ?). | Noch bedeutendere Unterschiede zeigen die beiden Geschlechter in ‚Grösse und Gestalt. So sind die weiblichen Thiere bei Bopyrus und ‚Phryxus unsymmetrisch gebaut, die männlichen Geschöpfe weit kleiner, in ihren beiden Hälften vollkommen symmetrisch gestaltet. Am be- ‚rühmtesten aber in dieser Beziehung ist die Familie der Lernäiden ge- "worden, deren Männchen, verglichen mit den weiblichen Thieren, von ‚einer winzigen Kleinheit sind, zum Theil eine ganz abweichende Kör- | 1) Vergl. F. Will, über Staurosoma in Wiegmann’s Archiv 1844. S. 311. ı 2) Vergl. Loven in Wiegmann'’s Archiv 1838. S. 159. ' 3) Vergl. Brandt im Bulletin scientifique etc. von 1839. 4) Souleyet in Froriep’s neuen Notizen. N? 600. 5) Einige Angaben über die Geschlechtsorgane der Crustaceen bei Milne Ed- 'wards, Hist. nat. d. Crust. Tom. I. p. 165. | 6) Zwar ist neuerdings wieder diese Zwitterbildung bei den Cirrhipedien von Goodsir (Edinb. new phil. Journ. 1843. Vol. 35. p. 88. u. Annal. d. science. nat. Serie ‚IL Tom. I. p. 107) in Zweifel gezogen worden; allein mit einer gänzlichen Verken- ‚nung der Spermatozoen und auf höchst willkührliche Annahmen hin. 7) Vielleicht kommt diese Seltenheit der Männchen bei Apus in einem noch hö- ‚heren Grade vor, so dass hierdurch es sich erklären liesse, dass man bis jetzt bei ‚der anatomischen Untersuchung immer Thiere mit Eierstöcken angetroffen hat, 252 Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. perform zeigen und an den Geschlechtstheilen der letzteren leben. Die- ser ihrer Kleinheit dürfte auch der Umstand zuzuschreiben sein, dass gewöhnlich diese Männchen immer zu zwei an einem weiblichen Thiere angetroffen werden (Lernaea) }). Die Generationsorgane der beiden Geschlechter sind zuweilen sehr übereinstimmend gebaut. Es zeigen bei den Krustenthieren die keimbereitenden Organe, die Eierstöcke und Hoden, zwar ebenfalls noch ansehnliche Variationen, doch ist hier nicht mehr dieselbe Man- nichfaltigkeit vorhanden wie bei den Insekten. Beide Theile halten im Allgemeinen die Form von Schläuchen oder Säcken ein, welche in der Regel vollkommen gedoppelt vorhanden sind. Bisweilen jedoch vereinigen sie sich in der Mittellinie des Kör- pers zu einem unpaarigen Gebilde, an welchem indessen noch doppelte Ausführungsgänge angetroffen werden. Bei einigen Krustenthieren fin- det man endlich Eierstöcke und Hoden durchaus unpaarig. Die inne- ren Geschlechtsorgane der Crustaceen nehmen in der Regel den Brust- theil des Abdomen ein und münden mit ihren Ausführungsgängen fast immer an der Grenze desselben, mithin weit vom After entfernt. Nur in seltenen Fällen beobachtet man eine Ausmündung der Geschlechts- organe am Ende des Körpers, an der Schwanzspitze, nach Art der In- sekten (so bei den Chilopoden und den männlichen Organen der Ran- kenfüsser). Aeussere Geschlechtsorgane sind häufig bei den Crustaceen in beiden Geschlechtern und unter den verschiedensten Formen vorhanden. Was zuerst die weiblichen Geschlechtsorgane betrifit, so bieten die Eierstöcke in ihrem Baue eine grössere Mannichfaltigkeit dar als die Hoden. Sie stellen in der Regel ansehnliche Gebilde dar von ein- fachen Säcken bis herauf zu complicirten zusammengesetzten Drüsen. Sie liegen fast durchweg im Proabdomen, wo sie paarig vorhanden sind, an den Seiten des Darmkanales, dagegen wo sie verschmolzen und nur einfach vorhanden sind, gewöhnlich über dem Verdauungsap- parat. Ihre Ausführungsgänge, die Eileiter, sind in der Regel kurz und weit, bisweilen jedoch von ansehnlicher Länge und dann vielfach ge- wunden. Sie führen getrennt zu der äusseren Geschlechtsöffnung. Nur noch selten bemerkt man an ihnen eine Samentasche (receptaculum‘ seminis), dagegen kommen in verschiedenen Ordnungen gewisse An- hangsdrüsen (glandulae appendiculares) vor. | In ihrem feineren Baue kommen die Ovarien mit denen der In- sekten überein und enthalten gleichfalls in ihrem obersten Theile die‘ unreifsten Eier. Diese zeigen die gewöhnlichen Bestandtheile, das Keim- bläschen mit dem bald einfachen, bald mehrfachen Keimfleck, einen I) Vergl. hierzu die schönen Untersuchungen von von Nordmann in den micrograph. Beiträgen Thl. II. Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. 253 erschieden gefärbten Dotter von wechselnder Consistenz, welcher zum rössten Theile aus Fett und Eiweiss besteht und seine Elemente bald in freien Tropfen oder Massen, bald von bestimmten Membranen umge- yen darbietet, endlich noch eine zarte Dotterhaut. Beim Durchgang durch die Eileiter wird dem Ei noch eine festere Membran, das Cho- rion, umgebildet !). In der Ordnung der Decapoden kommen im Allgemeinen die ausgebildetsten Eierstöcke vor. Bei den Brachyuren, wo sie die grösste Entwicklung erlangen, wie z. B. bei Maja 2), bestehen sie aus vier ey- lindrischen, gleichweiten, blindgeendigten Röhren, von welchen zwei nach vorne, die beiden anderen nach hinten gerichtet sind. Erstere, bei weitem die grösseren, schlagen sich nach aussen um, so dass sie bis weit nach vorne und aussen sich erstrecken, die letzteren halten einen grade nach hinten gerichteten convergenten Verlauf ein. Vordere und hintere Eiröhren sind mit einander eine gewisse Strecke weit ver- bunden. Das einer jeden Seite des Körpers angehörende Paar verei- nigt sich zu einem gemeinschaftlichen weiten und kurzen Oviduct, wel- cher an der Basis des dritten Fusspaares ausmündet. An den Eileitern bemerkt man noch einen ansehnlichen Anhang in Gestalt eines Blind- sackes, welcher zur Aufnahme des Penis bei der Begattung dienen, mithin eine Begattungstasche (Bursa copulatrix) darstellen soll. — Bei den Macrouren, z.B. beim Flusskrebs 3), sind die beiden Eierstöcke im Allgemeinen inniger verschmolzen, so dass sie ein dreigelapptes, aus zwei vorderen und einem hinteren Lappen bestehendes Organ darstellen. Bei Galathea sind die beiden vorderen Lappen nochmals getheilt. Die weiten Eileiter %) sind länger, münden an der gleichen Stelle 5), entbehren aber des blindsackigen Anhanges. Noch einfacher erscheinen die Eierstöcke unter den Anomuren beim Bernhardskrebs. Sie bestehen hier in zwei grossen, im Postabdomen gelegenen Säcken, welche vollkommen von einander getrennt bleiben und von welchen, entsprechend der Asymme- trie des Körpers, der eine den andern an Grösse etwas übertrifft. Minder entwickelte Ovarien findet man in den nachfolgenden Ord- nungen, bei den Stomatopoden, Amphipoden, Lämodipoden ‚und Isopoden 9). Sie stellen hier einfache, dem Proabdomen angehö- 1) H. Rathke, de animalium Crustaceorum generatione. Regimontii 1844. — Abbildungen der Eier von Krustenthieren, von Astacus, Careinus, Gammarus , Por- cellio, Balanus und CGypris finden sich in Wagner’s Prodromus histor. generat. I Tab. I. fig. XII—XVIL 5 2) Vergl. Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Pl. 12. fig. 12. | 3) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. IX.a.a.a. | 4) Ibid.b.b. — 5) Ibid.d.d. 6) Vergl. hierzu über Mysis die Beiträge von Frey u. Leuckart; über ' Hiella Straus- Dürkheim in den Mem. du Mus. Tom. XVII. p. 60; über die Oniseiden Brandt u. Ratzeburg, mediz. Zoologie. II. S. 76; über Ligidium die 254 Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. rende Säcke von verschiedener Grösse dar, welche zwar zuweilen dicht zusammenliegen (Mysis), dagegen niemals zu verschmelzen schei- nen. Die paarigen Eileiter sind von verschiedener Grösse, entweder‘ von der Mitte der Eierstöcke seitlich abgehend oder nur eine Verlän- gerung des Endtheiles derselben bildend. Erstere Insertion kommt: bei Mysis und den Isopoden, z. B. den Onisciden !) und Idotheiden, letztere bei Amphipoden und Lämodipoden, wenigstens bei Cyamus 2), vor. Die Ausmündungsstelle der Oviducte ist noch wenig gekannt, scheint jedoch immer am Proabdomen, zuweilen am drittletzten Ringe, desselben (Cyamus), oder auch an dem letzten Segmente, wie bei My-I sis, Bopyrus, Phryxus und Aega, stattzufinden. — Es kommen jedoch‘ von diesem Typus einzelne Ausnahmen vor, wie z.B. bei Bopyrus und Phryxus, wo sich die Eierstöcke durch ihre Grösse und Asymmetrie, sowie noch dadurch auszeichnen, dass die beiden Eileiter sich verei- nigen 3). In den niederen Ordnungen kommen hier und da noch sehr ent- wickelte und ausgebildete Eierstöcke vor, wie bei den Poecilopoden. Man findet bei Limulus 4) jederseits einen einfachen Oviduct, welcher: an dem ersten Plattenpaare des hinteren Schildes ausmündet. Im Vor- derleib gehen von dem Eileiter unter rechtem Winkel zwei Aeste ab, welche sich immer mehr und mehr verzweigen und mit diesen Ver- ästelungen das Ovarium herstellen. — Wie bei manchen Insekten be- obachtet man am Eileiter des Limulus eine dünne Lage quergestreifter‘ Muskeln. | Ebenfalls baumförmig verästelte Eierstöcke trifft man unter dem Phyllopoden, bei Apus 5). Sie liegen hier an den Seiten des Darm- kanales, erreichen eine ansehnliche Grösse und führen mit zahlreichen Ausführungsgängen jederseits in einen eigenthümlichen Eibehälter von spindelförmiger Gestalt, welcher die Seiten der Leibeshöhle einnimmt! und durch den grössten Theil derselben sich erstreckt. Er wird von! } | Monographie von Lereboullet Annal. d. scienc. natur, Serie. II. Tom. XX.; über Idothea von Siebold in Müller’s Archiv 1837. S.435; über Aega Rathke’s Bei- träge zur Fauna Norwegens; über Cyamus die Arbeit von Roussel de Vauzeme in den Annal. d. science. nat. Serie II. Tom.I. p. 253. — Ueber Caprella hat Goodsir auffallende Angaben gemacht, welche jedoch noch einer Bestätigung bedürfen (Edinb. new phil. Journ. Vol. 33. 1842.). | 1) Ic. zootom. Tab. XXVl. fig. XV]. die weiblichen Generationsorgane von Onis- cus murarius, bei a. die Eierstöcke, bei b. b. die Eileiter. | 2) Roussel de Vauzeme l. c. Pl. 9. fig. 19. 3) Vergl. Rathke de Bopyro et Nereide p. 13 u. Beiträge zur Fauna Norwe- gens a. a. 0. S. 47. 4) Vergl. van der Hoeven|.c. 5) Vergl. hierüber neben den Untersuchungen von Berthold (Isis 1830. S. 692) die Monographie von Zaddach u. Tab. I, fig. l., XV. u. XVII. seiner Abbil- \ dungen. mi. Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. 255 einer dünnen, aber festen Membran gebildet, um welche zahlreiche Muskelbündel in schiefer Richtung verlaufen. Aus der Mitte dieser Ei- behälter entspringen kurze Ausführungsgänge, welche in das eilfte Fusspaar eintreten. Ebenfalls baumförmige Eierstöcke scheint auch die Gattung Estheria !) zu besitzen. Dagegen erscheinen sie bei Branchiopus 2) in der Form langer ‚ gewundener Schläuche, welche weit in das Postabdomen hineinragen und eine pulsirende Bewegung zeigen. Die] beiden niedrigsten Ordnungen der Crustaceen, die Lophy- ropoden und Schmarotzerkrebse zeigen ebenfalls eine gewisse Manchfaltigkeit im Baue der Ovarien. Bei einzelnen Schmarotzerkrebsen erscheinen die Ovarien in Form ausgebildeter Drüsen, wie bei Argulus 3), wo sie büschelförmige Mas- sen herstellen, oder bei Chondracanthus %), wo sie beträchtlich grosse baumförmige Drüsen bilden, deren zahlreiche Aeste an den Spitzen aufgetrieben sind und jederseits mit ihren Ausführungsgängen sich zu einem mässig langen, geschlängelt neben dem Darme herlaufenden ‚ Oviduct vereinigen. Die bei weitem grössere Zahl der Schmarotzerkrebse 5), soweit sie ‚uns bis jetzt bekannt sind, und die Lophyropoden, wie z.B. Daphnia ®), Euadne ?), Cyclops ®) und verwandte Thiere, besitzen Eierstöcke in Form einfacher Schläuche und Säcke, welche zuweilen durch die ent- wickelten Eier ein traubenförmiges Ansehen erlangen. Sie bleiben stets vollkommen getrennt, höchstens legen sie sich eine Strecke weit an einander (Ergasilus), machen dagegen häufig Windungen und Aus- buchtungen, die der Körperform entsprechen, wie bei Ergasilus, bei ‚ Nicotho@, wo sie die grossen flügelförmigen Anhänge des Körpers er- füllen. Sie verschmälern sich theilweise nach ihrer Ausmündungsstelle nur wenig, so dass man keinen eigentlichen Oviduct vorfindet (Lam- proglena, Achtheres), oder sie grenzen sich deutlich gegen einen Ei- 1) Joly in den Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. p. 308. 2) Vergl. die ältern Angaben von Prevost in Jurine, Hist. d. Monocles. 3) C. Vogt zur Naturgeschichte schweizerischer Crustaceen. 4) Vergl. Rathke, Beiträge zur Fauna Norwegens. Nov. Act. Leopold. Vol. XX. und Tab. v. fig. 13. eine Abbildung des Eierstockes. 5) Ic. zootom. Tab. XXVII fig. XVII. n.n. 6) Lowen in Wiegmann's Archiv 1838. I. S. 160. 7) Ausser der soeben erwähnten Arbeit von Rathke und einer andern des nämlichen Verfassers in derselben Zeitschrift Vol. XIX. sind hierüber besonders die ‚ schönen Untersuchungen von Nordmann’s in den micrograph. Beiträgen. Thl. 1. und über Caligus Goodsir im Edinb. new phil. Journ. Vol. 33. nachzusehen. An- gaben über die Ovarien von Staurosoma finden sich bei Will in Wiegmann’s Archiv 1844. I. 8.34. 6) Jurine, Hist. d. Monocles. 2356 Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. leiter ab, welcher eine verschiedene Länge besitzt. Verhältnissmässig kurz bleiben sie bei Cyclops, bei Ergasilus. Dagegen erreichen sie bei manchen Schmarotzerkrebsen eine sehr beträchtliche Länge, wie bei Dichelestium, Lernaeopoda, Galigus, Pandarus. Die Eierstöcke die- ser Thiere stellen kleine rundliche Massen dar, welche an der Bauch- seite des Körpers weit nach vorne vorgeschoben liegen. Von hier treten dünne, geschlängelte Eileiter ab, welche beim Uebergang in das Postabdomen sich beträchtlich erweitern, dickere Wände erhalten und hier bisweilen mehrfach auf und ab geschlängelt (bei Caligus und Pan- darus) verlaufen !). Wie es scheint, sind alle hierher gehörigen Thiere, welche ihre Eier in besonderen Eischnüren oder Eisäcken mit sich führen, mithin noch ein Theil ‘der Lophyropoden (Cyelops und verwandte Arten) und | fast alle Schmarotzerkrebse, mit besonderen, zur Bildung dieser Eibe- hälter dienenden, drüsigen Organen versehen, denen man den Namen der Kittorgane 2) gegeben hat. Sie bestehen in einem Paar eylin- drischer, gleichweiter Schläuche, welche an der Unter- oder Aussen- seite der Eierstöcke und Eileiter gelegen sind. Diese Kittorgane zeigen eine verschiedene Stärke bei den einzelnen Thieren. So sind sie gross und mächtig bei Achtheres und Chondracanthus, dagegen verhältniss- mässig kurz und fein bei Caligus und Pandarus. Das von ihnen ge- lieferte Secret bildet eine wasserklare, halbflüssige, an der Luft er- härtende Masse, welche an den Inhalt der Spinndrüsen bei den Ara- | neen erinnert. Was die inneren weiblichen Generationsorgane der Myriapoden 3) betrifft, so zeigen sich hier nach den beiden Abtheilungen nicht un-) beträchtliche Differenzen. Bei den Chilopoden %), wo die Geschlechts- organe- am letzten Ringe des Körpers ausmünden, findet sich eine‘ Gleichförmigkeit im Bau dieser Theile. Man bemerkt ein unpaares lan- ges, schlauchförmiges Ovarium 5), welches sich in einen einfachen Ovi- 1) So wenigstens nach den Angaben von Rathke, welcher einen Zusammen- hang dieser Eierstöcke mit den weiten Oviducten beobachtet hat. Doch scheinen diese Angaben noch einer Bestätigung bedürftig, da man bei Lernaea gadina nur den Bileiter findet. 2) Auf diese Kittorgane hat nach dem Vorgange von Nordmann’s (mi- crogr. Beiträge II. S. 76.) Rathke aufmerksam gemacht und sie bei einer belrächt- lichen Anzahl von Schmarotzerkrebsen und bei Cyclops nachgewiesen. Vergl. des- sen Arbeiten in den Nov. Act. Leop. Vol XIX. P.I. S.125. u. Vol.XX. (Beiträge zur Fauna Norwegens). 3) vergl. hierzu F. Stein, Dissertatio de Myriapodum partibus genitalibus, nova generationis theoria atque introductione systematica adjectis. Berol. 1841; eben- falls enthalten in Müller’s Arch. 1342. S.261; Newport in den Philos. Transact. 1842. P. II. p.99 u. den Artikel Myriapoda vonRymer Jones in Todd's Cyclopaedia, 4) Als Beispiel kann Scolopendra morsitans dienen, Ss. Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXV. u. XXVII. — 5) Ibid. m. m, Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. 257 duet !) fortsetzt. Mit diesem stehen in Verbindung die Receptacula se- minis 2), welche stets zu einem Paare vorhanden sind, aus einer bald runden (Lithobius), bald ovalen (Geophilus) Kapsel und einem Ausfüh- rungsgang bestehen, der entweder nur kurz (Lithobius und Scolo- pendra) oder lang und dünn (Geophilus) ist. In den Eileiter münden ‚ausserdem noch andere Drüsen von weisser Farbe und einem gewöhn- ‚lich gelappten Bau mit längeren oder kürzeren Ausführungsgängen ein. ‚Man trifft sie entweder nur zu einem Paare (Scolopendra) 3) oder zu ‚zwei Paaren (Lithobius) an.» Sie kommen mit den gleichen Drüsen der ‚ männlichen Thiere überein. Nur bei Geophilus haben sie die Gestalt feiner ‚und langer Röhren angenommen. Ihre Function ist noch nicht gekannt. | Bei den Chilognathen münden die Generationswerkzeuge dagegen | | ——— "am vorderen Leibesende. Bei Julus stellen die beiden, dieht an einan- ‚der gelegenen Eierstöcke ein langes schlauchförmiges Gebilde dar, von welchem zwei kurze Eileiter abgehen. An den äusseren Geschlechts- öffnungen kommen noch jederseits zwei kurze Anhänge vor, ein ge- stieltes blasenförmiges Receptaculum seminis %) und ein gleichweiter klei- ‚ner Drüsenschlauch (vielleicht ein Analogon der bei den Chilopoden vorkommenden Anhangsdrüsen). Bei Glomeris besteht der Eierstock ‚aus zwei einfachen Schläuchen, welche sich ganz wie die der Juliden verhalten. j Bei den Cirrhipedien, z. B. Anativa laevis, findet man den Ei- \ erstock 5) in dem Stiele 6), welcher diesen Thieren als Befestigungsor- I dient. Er besteht aus hohlen Blindsäckchen, in denen die zahl- ‚reichen Eier enthalten sind. Als Oviduct ist ein feines Spältchen an- ‚zusehen, welches in dem Boden der Schale, an der Wurzel der Rü- | ‚ckenstücke derselben gelegen ist und mit einem Kanale in den Eier- stock führt. Die Entleerung der Eier geschieht durch die Muskelmassen ‚des Stieles ?). Die keimbereitenden männlichen Geschlechtswerkzeuge, die "Hoden, kommen, wie schon oben bemerkt wurde, zuweilen ganz "mit den Eierstöcken überein. In ihrer einfachsten Form erscheinen sie ebenfalls als Schläuche, von welchen man eine Reihe von Ueber- 'gängen zu ausgebildeten, gelappten oder trauben- und baumförmig \verzweigten Drüsen beobachtet. Eine Verschmelzung der beiden Ho- den zu einer einfachen, vollkommen unpaaren Masse wird ebenfalls, | | | 1) Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXV.n.n. — 2) !bid. g. 8. \ | 3) Ibid. fig. XXVI. * * | 4) Vergl. von Siebold in Müller’s Archiv 1843. S. X. | 5) Ie. zootom. Tab. XXVL. fig. XIX.c. — 6) Ibid. b. 7) Vergl. hierzu besonders die Angaben von R. Wagner in Müller’s Archiv ‚1834. S. 467. Tab. VII. fig. 10. und M. Saint-Ange, Mem. sur les Cirripedes. In ‘den früheren Untersuchungen von Cuvier und Burmeister ist das Ovarium ver- kannt. | :iw agner’s Zootomie. II. 17 258 Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. wenn auch nur selten, bemerkt. — Die Ausführungsgänge der / Hoden, die Samenleiter (vasa deferentia), zeichnen sich im Allge- meinen durch ihre ansehnliche Länge aus, so dass sie häufig vielfach gewunden verlaufen. Gewöhnlich ist der Anfang des Samenleiters viel enger’als das weiter abwärts gelegene Stück desselben. — Anhangs- drüsen der männlichen Geschlechtsorgane hat man bis jetzt allein bei‘ dlen Myriapoden vorgefunden. Ihre Function ist vollkommen unbekannt. Eine ungeiıneine Manchfaltigkeit bieten dagegen bei den Crustaceen‘ die Elemente des Samens, die Spermatozoen dar). | Bei einer beträchtlichen Anzahl von Krustenthieren aus den ver-i schiedensten Ordnungen findet man haarförmige Spermatozoen, wel- che keine Bewegungen zeigen, in der Regel eine sehr beträchtliche Länge und Dünne besitzen und häufig zu Bündeln vereinigt sind. Man hat sie bis jetzt angetroffen bei den Stomatopoden (Mysis), den Amphi- poden (Gammarus, Orchestia, Talitrus, Iphimedia, Hiella), den Isopo- den (Onisciden , Ligia, Ligidium 2), Asellus , Idothea), den Lophyro- poden (Cypris) 3) und den Chilopoden (Lithobius und Geophilus), bei welchen letzteren sie eine ausserordentliche Länge besitzen 9). Bewegliche haarförmige Spermatozoen von weit geringerer Grösse! hat man dagegen angetroffen bei den Cirrhipedien in verschiedenen Thieren, wie Balanus, Chthamalus, Anativa und Pollicipes. Sehr kleine nit rundlichem Körper verschene, lebhafte Bewegungen zeigende Sper- matozoen besitzt Janira. Als ganz eigenthümliche Gebilde kommen in der Ordnung der De‘ capoden die sogenannten Strahlenzellen vor, kleine Zellen oder Kör: perchen, welche mit mehreren radienförmigen , wimperarligen Strahler! versehen sind und niemals Bewegung zeigen. Diese Strahlenzellen sine jedoch vielleicht nur Entwicklungsformen, Uebergänge zu fadenförmi- gen Spermatozoen. Bei manchen Decapoden werden die Strahlenzeller‘ von ansehnlichen Kapseln umgeben, welche zuweilen seltsame Schlauch“ formen annehmen (Pagurus, Galathea). In den übrigen Ordnungen hat man Spermatozoen in Form ver schiedener Zellen angetroffen. | 1)- Vergl. hierüber neben den Angaben von Henle (Müller’s Archiv 1835. s. 603) und Valentin (Repertorium 1838. S. 39) besonders die Arbeiten von voı Siebold in Müller’s Archiv 1836 u. 1837 und von Koelliker, Beiträge zur Kenntniss der Geschlechtsverhältnisse und der Samenflüssigkeit wirbelloser Thiere! Berlin 1841, sowie eine neuere Abhandlur,g desselben, die Bildung der Samenfäder in Bläschen. Neuenburg 1845. 2) Vergl. Lereboullet in den Annal. d. science. nat. Tom. XX. p. 133. 3) Vergl. R. Wagner in Wiegmann’s Archiv 1836. I. S. 369. 4) Ueber die Spermatozoen der Myriapoden ist besonders zu vergl. F. Stein’s' oben erwähnte Arbeit. Die Spermatozoenbündel des Lithobius sind, schon 1817 von Treviranus gesehen und als Eingeweidewurm beschrieben worden. Verm. Schrilten. II. S. 26. Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. 259 So findet man in den Hoden von Branchiopus runde blasse Zellen, welche wahrscheinlich als Spermatozoen zu betrachten sind. Ebenfalls in Gestalt kleiner zellenartiger Körper hat man sie unter den Lophyro- poden bei Cyelops castor !) angetroffen. Es zeichnet sich dieses Thier durch eine sonderbare Einrichtung aus. Die Samenmasse desselben wird in grossen, .ansehnlichen SChläuchen entleert. In ihnen bemerkt man ausser den Spermatozoen noch ein doppeltes Contentum, nämlich eine diekflüssige, im Wasser gerinnende Substanz, Klebestoff und eine eben- falls aus Körnern bestehende Masse, den Austreibestoff. Die Kör- ner desselben schwellen nämlich im Wasser schnell beträchtlich an und treiben den zur Anheftung der Schläuche an die weiblichen Geschlechts- | theile bestimmten Klebestoff heraus. Aehnliche Schläuche hat man auch bei Cyelepsine alpestris bemerkt 2). Unter den Schmarotzerkrebsen findet man im Hoden von Caligus 3) rundliche, kernarlige Körperchen und bei Staurosoma 4) längliche, ceylin- drische, vielleicht mit einem Haaranhang versehene Körperchen. Ebenfalls in eigenthümlichen Formen treten endlich die Spermato- ‚zoen bei den Chilognathen auf, bei Glomeris als zugespitzte, navicellen- ähnliche, bei Julus als dosenförmige oder konische Körperchen, welche in den verschiedenen Arten characteristische Formen besitzen 5). In der Ordnung der Decapoden bemerkt man beim Flusskrebs einen Hoden, welcher, wie der Eierstock, aus drei Lappen, zwei vor- deren und einem hinteren besteht 6). Zwei lange, gewundene Samen- leiter 7) entspringen von seinen Seiten, nehmen allmählig an Dicke zu ‚und münden am Basalgliede des fünften Beinpaares 8). Beim Hummer dagegen besteht der Hoden, ähnlich dem Eierstocke der Brachyuren, aus vier Schläuchen, zwei vorderen, welche durch eine Quercommissur ver- bunden sind und zwei hinteren, welche dicht aneinander anliegen. Die ‚Schläuche einer jeden Seite vereinigen sich zu einem gemeinschaftli- chen Ausführungsgang. Nur von zweien, in der Mittellinie durch eine ansehnliche Quercommissur verbundenen Schläuchen wird der Hoden bei Galathea gebildet. Von ihrem hinteren Ende gehen die Samenlei- ter ab, welche erst fein, dann erweitert zahlreiche Windungen ma- chen. — Dagegen bleiben bei andern Decapoden die Hoden vollkom- I) Vergl. die schönen Beobachtungen von Siebold’s, über das Begattungs- geschäft des Cyclops castor in den Beiträgen zur Naturgeschichte wirbelloser Thiere. Danzig 1839. 2) €. Vogt, zur Naturgeschichte schweizerischer Cruslaceen. 3) Vergl. die Beiträge von Frey u. Leuckart. 4) F. Will, über Staurosoma etc. Wiegmann’s Archiv 1844. I. S. 340. 5) Angaben hierüber finden sich bei F. Stein I. c. und im Siebold’schen \ Jahresbericht in Müller’s Archiv 1343. S. XII. 6) Ic. zootom. Tab. XXVL fig. VII. a. a. a. 7) Ibid. b.b. — 8). Ibid, Iatie, ie? 17* 260 Geschlechtswerkzeuge der Rrustenthiere. men getrennt. So stellen sie bei Pagurus !) zwei rundliche, deutlich aus Läppchen zusammengesetzte, blindschlauchförmige Drüsen dar, welche, wie die weiblichen Geschlechtsorgane, im Postabdomen liegen und ihre zuerst dünnen und feinen, später viel weiteren Samenleiter nach vorne abschicken. Ebenfalls blindschlauchförmige Hoden findet man bei Car- cinus und Platycareinus; die Ausführungsgänge sind aber weit kürzer, in ihrer Mitte von beträchtlicher Weite. Zusammengesetzter sind die männlichen Geschlechtsorgane bei Maja. Sie stellen hier lange, ähren- förmige, mit zahlreichen, nach unten an Stärke zunehmenden Blind- därmcehen besetzte Massen dar, welche aber an ihrer Spitze durch ei- nen Kanal verbunden sind. Schon bei den Stomatopoden, wenigstens bei Mysis, kommen bei weitem einfachere Hoden vor. An der Spitze der beiden grossen, in ihrer Mitte beträchtlich angeschwollenen Samenleiter sitzt eine nicht sehr beträchtliche Anzahl runder Bläschen von verschiedener Grösse mit kurzen Stielen auf, welche den eigentlichen Hoden ausmachen 2). Noch einfachere Hoden trifft man bei einem grossen Theile der Iso- poden, nämlich den Onisciden, bei Ligia, Ligidium, Asellus, Idothea und Cymothoö 3). Sie bestehen überall aus zwei weiten und langen Schläuchen, welche an ihrem Ende drei kleinere, längliche und zuge- spitzie Anhänge tragen ?). Bei Aega 5) dagegen bilden die Hoden zwei längliche, an den En- den abgerundete, stark s förmig gekrümmte Körper. Von diesen ent-‘ springen diekwandige Samenleiter, welche in zwei sehr grosse oliven-' artige, ähnlich gekrümmte, blasenartige Behälter übergehen, deren kurze und weite Ausführungsgänge dicht nebeneinander nach aussen mün- den. Sackförmige Hoden scheinen bei Bopyrus vorzukommen 6$). | Noch,einfachere Hoden hat man bei den Amphipoden (Gamma-% rus, Orchestia, Talitrus) und Lämodipoden (Cyamus) angetroffen. Sie bilden hier einfache, dünne Schläuche von verschiedener Länge, welche sich nach oben zuspitzen ?). r I) Vergl. hierzu eine Angabe von Siebold’s in Müller’s Archiv 1842. S. CXAXXVI. 2) Vergl. die Beiträge von Frey u. Leuckart. 3) Vergl. hierüber Brandt u. Ratzeburg mediz: Zoologie II. S. 76; F. Stein’s oben erwähnte Abhandlung S. 272; über Ligia Milne Edwards, Hist. nat. d. Crust. Tom. I. p. 168; über Ligidium Lereboullet in den Annal. d. science. nat. Tom. XX. p. 132; über den Schachtwurm Rathke in den Beiträ- gen zur Geschichte der Thierwelt, 1. S. 126 (Verwechslung mit den Ovarien). 4) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XV, die männl. Geschlechtsorgane von Oniscus murarius, bei a. a. die Hoden, bei b. der Samenleiter. 5) Rathke’s Beiträge zur Fauna Norwegens Tab. VI. fig. 16. 6) Rathke, de Bopyro et Nereide. p. 18. 7) Als Beispiel vergl. man die Hoden der Wallfischlaus bei Roussel de Vauzemel. c: Bl. 8. fig. 18. j Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. 261 Aehnliche, aber mehr kolbige Schläuche bilden sie unter den Phyl- ‚lopoden bei Branchiopus. Bei Apus kennt man dagegen, wie schon oben bemerkt wurde, die männlichen Geschlechtsorgane noch nicht )). Das gleiche Schicksal theilen die Poecilopoden, bei welchen wohl die äusseren Begattungsorgane gefunden, die Hoden aber noch nicht beobachtet sind. Unter den Lophyropoden findet man bei Euadne ?) einen paari- gen Hoden in Gestalt einer ovalen, mit einem starken Ausführungsgang versehenen Blase. Vollkommen einfach vorhanden ist er dagegen bei Cyelops 3), wo er einen verhältnissmässig weiten, birnförmigen Sack darstellt, welcher mit einem weiten und langen Kanal nach der einfa- chen Geschlechtsöffnung führt. Auch die Schmarotzerkrebse zeigen zum Theil schlauchförmige Hoden. So findet man bei Staurosoma 4) neben dem Darme zwei ge- wundene, an der Spitze angeschwollene Kanäle, welche an ihren En- den sich wiederum beträchtlich erweitern (wie man es bei Aega be- merkt hat). Aehnliche, an ihrer Spitze erweiterte, aber viel längere Schläuche besitzt Caligus 5). Bei andern Schmarotzerkrebsen dürften sie sich ähnlich verhalten, z. B. bei Dichelestium 6). Bei Achtheres hat man im Postabdomen vier rundliche, dunklere Körper als muthmassli- che Hoden erwähnt ?). Die Cirrhipedien 8) besitzen in den verschiedenen Gattungen (Anativa, Balanus) einen gleichmässig gebauten Hoden. Er besteht aus einem lockeren Gewebe, welches den Darmkanal umgiebt und bis zur Basis der Cirrhen sich erstreckt. Dieses lässt sich nur unvollkommen in zwei Hälften, eine für jede Seite, abtrennen und wird von kleinen Blind- därmchen gebildet ®), die traubenförmig den verzweigten Samengefässen aufsitzen. Aus der Vereinigung der letzteren entstehen zwei ansehn- liche, gewundene, darmförmige Samengänge 10), welche später zu einem Kanal verschmelzen, der das Postabdomen I!) entlang verläuft. In der Ordnung der Myriapoden kommen nach den beiden Un- terabtheilungen sehr verschieden gebaute Hoden vor. 1) Wenigstens sind die von Zaddach I. e. p. 53. als solche beschriebenen Theile noch sehr zweifelhaft. Vergl. weiter unten S. 265. Note 6. 2) Vergl. Loven in Wiegmann’s Archiv 1838. I. S. 160. . 3) Vergl. von Siebold in d. Beiträgen z. Naturgesch. wirbellos. Thiere. 4) F.Will üb. Staurosoma in Wiegmann’s Archiv 1844. I. S.340. Tab.X. fig.4. 5) Beiträge von Frey u. Leuckart. 6) Rathke in den Nov. Act. Leopold. Vol. XIX. P. 1. S. 149. 7) von Nordmannl. c. II. S. 76. 8) Vergl. R. Wagner in Müller’s Archiv 1834. S. 469. 9) Als Beispiel kann der Hoden von Anativa laevis dienen ; vergl. Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XXI. u. XXIV. ff. 10) Ibid. 2.9 — BISzIbideheg 262 Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. Unter den Chilopoden besitzt, in Uebereinstimmung mit den Ovarien, einen einzigen, unpaaren Hoden die Gattung Lithobius !). Hier bildet er einen Schlauch, der, wahrscheinlich in Gemeinschaft mit zwei an- dern, gleichfalls schlauchförmigen Absonderungsorganen, in einen dop- pelten kurzen Ausführungsgang übergeht. Bei Scolopendra besteht der Hoden dagegen aus sieben paarigen, länglichen Körpern, von welchen immer zwei dicht zusammengelegen sind. Von den beiden Enden eines: jeden dieser Körper geht ein Ausführungsgang ab. Sämmtliche Ausfüh- rungsgänge vereinigen sich zusammen zu einem gemeinschaftlichen Sa- menleiter, der sich später erweitert und unter zahlreichen Windungen' nach hinten verläuft. Vor seiner Ausmündung nimmt er noch einen! Blindschlauch und vier Anhangsdrüsen auf, welche ähnlich, aber nur zu zwei, beim weiblichen Thiere gefunden werden.2. Wieder eine andere, ebenfalls seltsame Form besitzt der Hoden bei Geophilus. Er besteht aus dreien, an mehreren Stellen angeschwollenen Schläuchen, welche durch engere Röhren mit einander verbunden sind und sich zu einem langen, auf und ab gewundenen Kanal vereinigen,‘ der sich später in zwei Ausführungsgänge spaltet. Auch bei Lithobius und Geophilus bemerkt man noch besondere accessorische Drüsen, welche ganz mit denen der weiblichen Thiere übereinstimmen und entweder zu zwei (Lithobius, wo sie miteinan- der verwachsen sind) oder nur zu einem Paare (Geophilus) vorkommen. Nicht unbeträchtlich differiren hiervon die Hoden der Chilognathen, welche, wie die weiblichen Generationsorgane, am vorderen Theile des Körpers münden. Bei Glomeris ?) bestehen sie aus zweien, von Bläs- chen gebildeten Schnüren oder Schläuchen, welche sich zu einem ge- meinschaftlichen Ausführungsgang vereinigen, der sich aber in der Folge wieder (wie bei Geophilus) in zwei Aeste zerspaltet. Bei den Juliden bilden die männlichen Geschlechtsorgane zwei neben einander parallel durch den Körper verlaufende Röhren, welche mit einander durch Queranastomosen in Verbindung stehen. Zwischen je zweien dieser Anastomosen befinden sich die eigentlichen Hoden als bläschen- oder beutelförmige Anhänge. Der vordere Theil der Röhren entbehrt zuerst der eigentlichen Hoden und zuletzt auch der Queranastomosen 5). 1) Eine Abbildung bei Stein in Müller s Archiv 1842. Tab. XI. fig. 1. 2) So nach den Angaben von Rymer Jones im Artikel Generation in Todd's Cyclopaedia, fig. 201. Abweichende Verhältnisse scheint Kutorga bemerkt zu haben. Ic. zootom. Tab. XXV. fig. XXVI. u. XXVII a. a. Hoden, b. u. c. Sa- menleiter, d. d. die accessorischen Drüsen, g. der blindschlauchartige Anhang. 3) Verel. Stein! e, Tab. XI. fig. 7. I) Vergl. von Siebold in Müller’s Archiv 1843. S. IX. 5) Vergl. hierzu die Angaben von Siebold’s I. c. S. XI. u. die Abbildung beiRymer Jones, Artikel Myriapoda in Todd’s Cyclopaedia. fig. 314. Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. 263 Was endlich noch die äusseren Geschlechtsorgane, die Begat- tungswerkzeuge der beiden Geschlechter und die zum Geschlechtsap- parat gehörigen Anhänge betrifft, so stösst man hier auf eine sehr grosse Manchfaltigkeit, welche jedoch mehr ein Object der Zoologie ist. Die weiblichen Genitalien münden in der Regel am Proabdomen mit einer doppelten freien Oeflnung (Vulva) aus. Sie zeigen eine sehr verschiedene Grösse und häufig aufgetriebene, wulstige Ränder. Die Lage derselben ist jedoch hier keine bestimmte. Während sie z. B. bei den Decapoden am dritten Ringe dieses Theiles selbst (Brachyuren) oder an der Basis des Beinpaares dieses Segmentes (Anomuren und Macrouren !)) befindlich sind und auch in andern Ordnungen eine der- arlige Ausmündung angetroffen wird (Cyamus, wo sie von eigenthüm- lichen Klappen bedeckt werden 2)), liegen sie anderwärts am letzten Ringe des Proabdomen (Mysis, Bopyrus). Bei Limulus ist der erste plat- tenförmige Anhang des zweiten Schildes an seiner inneren Fläche von der doppelten Geschlechtsöffnung durchbohrt. Bei andern Thieren aus niederen Ordnungen bemerkt man gewöhnlich eine Ausmündung der weiblichen Geschlechtsorgane an dem Schwanztheile des Leibes, z.B. bei Lamproglena, Caligus, bei Cyclops, bei welchem letzteren Thiere man noch ein kleines Deckplättchen (Operculum vulvae) findet. Eine Lage der weiblichen Geschlechtsöffnung am Ende des Körpers nach Art der Insekten ist selten und allein den Chilopoden eigenthümlich, wo nur eine einfache, unpaare Vulva vorkommt, welche zwischen zwei langen, dreigliedrigen Haken gelegen ist (Lithobius). Bei den Chilognathen da- gegen sind wiederum gedoppelte, aber am vorderen Leibesende be- findliche Vulven vorhanden. Sie liegen bei Glomeris hinter dem zweiten Fusspaare. Bei Julus trifft man am dritten Leibesringe zwei grosse, hor- ‚nige Vulven, die mit einer vertieften Spalte in die Eileiter führen 3). Nur ein kleiner Theil der Crustaceen setzt die befruchteten Eier an ‚passenden Stellen ab (Myriapoden, Poecilopoden, Argulus), die bei wei- tem grössere Zahl trägt sie bis zu dem Auskommen der Jungen und ‚häufig auch noch über dieses hinaus mit sich herum. Es sind daher ‚die meisten weiblichen Krustenthiere mit diesem Zwecke dienenden Vor- ‚richtungen versehen. So übernehmen bei den Decapoden die rudimentären Beine des Schwanzes diese Function. Sie erreichen häufig zu diesem Zwecke eine grössere Entwicklung, eine Ausbildung, woran ebenfalls der ganze Hinterleib sich zuweilen betheiligt, wie bei den Brachyuren, wo er durch seine Lage gegen das Proabdomen eine Art Brutbehälter herstellt. i) Vergl. die Ausmündung der weiblichen Geschlechtsorgane beim Flusskrebs, Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. IX. c. 2) Roussel de Vauzemel. c. Pl. 8. fig. 17. 3) Vergl. Stein |. c. und von Siebold in Müller’s Archiv 1843. S. X. 264 Geschlechtswerlzeuge der Krustenthiere. Oder sie sind mit eigenen wimperähnlichen, zur Befestigung der Eier dienenden Fortsätzen versehen (Flusskrebs). Zwischen der grossen Rückenschale werden die Eier bei Lophyro- poden, wie Daphnia !) und Euadne, getragen. Auch die Cirrhipedien führen in ähnlicher Weise ihre Eier mit sich. Sie treten hier zwischen Schale und Körper und bilden plattenförmige Massen, gewöhnlich eine auf jeder Seite, welche früher als Eierstöcke beschrieben wurden 2). Bei Apus erweitert sich die grosse Kieme des eilften Beinpaares zu einem Eibehälter, bei Branchiopus kommt an den ersten Ringen des Postabdomen ein kegelförmiger Brutsack vor. Häufiger übernehmen die Beine des Vorderleibes diese Function, indem sie grosse blattförmige Anhänge erhalten, welche sich gegen einander zusammenlegen und so einen Brutbehälter herstellen, wie bei Mysis und verwandten Stomatopoden, bei den Amphipoden, Isopoden (aber nicht allen, z. B. nicht bei Sphaeroma), den Lämodipoden (Wall- fischlaus). Die Zahl der sich hier betheiligenden Beine ist verschieden. Während bei Mysis, bei der Wallfischlaus nur zwei Paare mi gen blattförmigen Fortsätzen versehen sind, trifft man fünf Pa cher, dachziegelförmig über einander gelegter Lamellen ersten Ringen des Vorderkörpers bei den Asseln. Bei Bopyrus und‘ Phryxus ist die Zahl der Blätter noch um ein Paar vermehrt, und das erste Paar auffallenderweise an den Kopf befestigt. Die Blätter nehmen ebenfalls an der Asymmetrie des Körpers Theil, indem besonders das dritte Blatt der grossen Körperseite eine ganz ungewöhnliche Entwick- lung erlangt. Bei Grossurus endlich, wo alle Blätter fehlen, sind die Sier in zwei dünnbäutigen Säcken unter dem Proabdomen gelegen 3). | Die niederen Ordnungen, ein Theil der Lophyropoden und die Schmarotzerkrebse, besitzen Eiröhren oder Eisäcke, deren Stoff von den oben erwähnten Kittorganen geliefert und durch die Eier blasen- förmig oder röhrenförmig hervorgetrieben wird. Die Grösse und Form‘ der Säcke und Röhren ist verschieden ; gewöhnlich sind sie doppelt! vorhanden; einen einzigen Eisack besitzen einige Lophyropoden, Z. B. Cyclopsine. Die Röhren sind in der Regel lange, gerade abstehende Gebilde, zuweilen in Fachwerke abgetheilt (Galigus). Sie enthalten ent- weder nur ein oder mehrere Eier nebenemander reihenweise abgela- gert. Zuweilen bilden sie durch ihre Windungen knäuelförmige Massen (Lernaea gadina). Auch die Eisäcke enthalten fast immer, mit selte- nen Ausnahmen. wie z. B. von Üyclopsine alpestris 4), zahlreiche Eier. Rn | 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XVIL u. XVII. o 0. 2) So von Cuvier und Burmeister. 3) Vergl. Rathke's Beiträge zur Fauna Norwegens. Ratlıke macht darauf aufmerksam, dass die Substanz dieser Eisäcke ganz mit der der Eitrauben der Gy- elopiden und Lernaeen übereinkomme. 4) Vergl. C Vogt, zur Naturgeschichte schweizerischer CGruslaceen, Geschleehtswerkzeu ge der Krustenthiere. 265 Die männlichen äusseren Genitalien betreffend, so beobach- tet man in der Regel eine Ausmündung derselben am letzten Ringe des Proabdomen, wie bei den Decapoden (z. B. dem Flusskrebs) , oder auch am Anfange des Postabdomen, wie z. B. bei den Oniseci- den, bei Branchiopus und Cyelops, : nur in seltenen Fällen am Ende des Körpers (Chilopoden) oder weiter nach vorne (Chilognathen). Ein Begattungsorgan, welches von den Ausführungsgängen der Samen- kanäle durchbohrt wird, ist häufig vorhanden. Diese Ruthe (Pe- nis) wird fast immer doppelt angetroffen. So beobachtet man z. B. bei Mysis zwei ansehnliche Ruthen von horniger Consistenz. Bei Cya- mus liegen am Ende des Vorderleibes ebenfalls zwei konische Ru- {hen und daneben noch ein anderes eigenthümliches Organ, wahr- scheinlich ein Stimulationswerkzeug !. Von fleischiger Beschaffenheit sind dagegen zwei kolbige, hervorstülpbare und mit nach hinten gerich- teten Widerhaken besetzte Ruthen bei Branchiopus, welche in einem hornartigen Vorsprung verborgen liegen. Ebenfalls einen weichen ormigen, aber nur unpaaren Penis findet man bei Lithobius 2), von zwei hornigen Platten bedeckt wird. Unter den Chilogna- bei Glomeris hinter dem zweiten Fusspaar die einfachen männlichen Geschlechtsöffnungen; bei Julus am dritten Leibesring in einer kleinen Schuppe 3). Bei Limulus liegen an derselben Stelle, wo sich beim Weibchen die Vulven befinden, auch die männlichen Begat- tungsorgane als zwei kegelförmige von einer Hautfalte umgebene Tu- berkel. Diese enthalten eine eylindrische, schief hervortretende, mit einer zweilappigen Eichel versehene Ruthe 2). Auch bei Apus soll auf der Rückenfläche des letzten Ringes ein doppelter kleiner und rund- licher Penis vorkommen 5). Bei den Onisciden sind, wie oben (S. 246) erwähnt wurde, die beiden ersten Deckplattenpaare zu Anhängen der Geschlechtsorgane umgewandelt. An dem Grundtheile der ersten Decklamelle nach innen liegen zwei dicht zusammengedrängte, hornige Ruthen 6). An der zwei- ten Decklamelle bemerkt man zwei mit sehr langen Spitzen versehene Nebenruthen. Achnliche Theile kommen auch bei Asellus vor. 1) Vergl. Roussel de Vauzeme in den Annal. d. scienc. nat. Serie II. Tom. I. p. 252. 2) Vergl. die angeführte Arbeit von Stein in Müller’s Archiv. 1832. 3) Vergl. hierzu neben der Stein’schen Arbeit die Berichtigungen, welche von Siebold im Jahresbericht in Müller’s Archiv 1543. S. XI. gegeben hat. 4) Vergl. die Monographie von van der Hoeven. p. 20. 5) Vergl. Zaddach |. c. Die Deutung dieses Theiles, der bei Apus productus entwickelter ist, als Ruthe und die eines maschigen Gewebes, welches sich weit nach vorne erstreckt, als Hoden, sowie der dadurch behauptete Hermaphroditismus des Thieres bedarf noch sehr der Bestätigung. 6) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXVl. fig XV.c. die Ruthen des Oniscus murarius. 266 Geschlechtswerkzeuge der Krustenthiere. Während alle diese Ruthen von den Samengängen durchbohrt wer- den, kommt bei den Decapoden, z. B. dem Flusskrebs, wie schon oben erwähnt wurde, am ersten Schwanzringe ein grader, nach oben röhrenförmig ausgehöhlter, beweglicher Anhang vor, welcher aus der männlichen Geschlechtsöffnung, die sich an der Basis des letzten Gehfusspaares befindet, den Samen aufnimmt und mit dem Namen der Ruthe bezeichnet wird. Ein hinter ihm gelegener, dem zweiten Schwanzringe angehörender, ähnlicher Anhang (Hülfsruthe oder Ru- thenhalter) dient ihm zur Stütze. Bei einigen kurzschwänzigen Decapoden, wie Grapsus und Ocipo- da, findet man die männliche Geschlechtsöffnung an dem Sternalstück des letzten Segmentes des Proabdomen. Es können ihre Ausführungs- gänge wie die Finger eines Handschuhes umgestülpt und, da sie einer Turgescenz fähig sind, vorübergehend zu Immissionswerkzeugen wer- den !), Die männlichen Krustenthiere besitzen zum Theil noch besondere, zur Begattung dienende Theile, Haftorgane. Hierher gehören die zangenartigen Fortsätze am Kopfe des Branchiopus. Bei Glomeris lie- gen am Leibesende zwei demselben Zwecke dienende Haftwerkzeuge. Ebenfalls als solche functioniren bei Julus am zweiten Leibesringe zwei von dem Fusspaar desselben herabhängende, stark gekrümmte, hor- nige Klauen. Bei Cycelops castor verdickt sich das rechte Fühlhorn und das letzte Beinpaar wird assymmetrisch. Der linke Fuss bleibt viel kür- zer und endigt stumpf mit einer Art von Polster, während am rechten Beine eine mit einem beweglichen Haken versehene Spitze beobachtet wird 2). 1) Vergl. R. Owen, Lectures etc. p. 184. 2) Vergl. vonSiebold, Beiträge zur Naturgeschichte wirbelloser Thiere. Dan- zig 1839. Würmer. Vermes. Beaklan und Ordnungen der Würmer. 1. Unterklasse. Ringelwürmer, Annelides. 1. Ordnung. Borstenwürmer, Chaelopodes. 1. Unterordnung. Rückenkiemer, Dorsibranchiati. 2. Unterordnung. Kopfkiemer, Capitibranchiati. 3. Unterordnung. Kiemenlose Würmer, Abranchiati. 4. Unterordnung. Tardigraden, Tardigradi. 2. Ordnung. Glattwürmer, Apodes. 2. Unterklasse. Strudelwürmer, Turbellarü. 3. Ordnung. Nemertinen, Nemertini. 4. Ordnung. Plattwürmer, Planariae. Unterklasse. Räderthiere, Rotatorii. Unterklasse. Eingeweidewürmer, Helminthes s. Entozoa. 5. Ordnung. Rundwürmer, Nematoides, mit den Gordiaceen. 6. Ordnung. Hakenwürmer, Acanthocephali. 7 6) u Ordnung. Saugwürmer, Trematodes. Ordnung. Bandwürmer, Cestoides, mit Einschluss der Bla-- senwürmer (Cystici). Literatur. Für die Kenntniss der Anneliden und ihres äussern Baues be- sonders wichtig sind Savigny, in der Descript. de l’ Egypte. Hist. nat. T.XX1.; Au- douin et Milne Edwards, Recherches pour serv. a l’hist. nat. du littor. de la France. T.II. 1834. (oder Ann. des sc. nat. T. XXVII—XXX.). — Ueber die Anatomie‘ vergl. man Grube, zur Anatomie u. Physiologie der Kiemenwürmer. 1838. Ueber die Turbellarien-Ehrenberg, Symb. phys. Phytozoa Turbellaria. — Oerstedt, Entwurf einer syst. Eintheilung der Plattwürmer. Kopenhagen 1844. Die Räderthiere sind von Ehrenberg u.Dujardin als Infusionsthiere in de- ren Infusorienwerken genauer beschrieben und abgebildet. Daneben vergl. man v. Siebold, Vergleichende Anatomie der wirbellosen Thiere. Berlin 1845. I Hauptwerke über Helminthologie: Rudolphi, Entozoorum hist. nat. Vol. I. II. Amstelodami 1i808—1810. u. Entozoorum Synopsis. Berol. 1819. — Dujardin, Histoire natur. des Helminthes. Paris 1845. 8. Avec plauches. — Daneben Bremser, Icones helminthum. Viennae 1824. — Sehr wichtig für die Anatomie sind v. Sie-' bold’s Abhandlungen üb. Helminthen u. die darauf bezügl. Jahresberichte in Wieg- mann’s Archiv. — Eine treffliche Darstellung des inneren Baues enthält auch der | Art. Entozoa von Owen in Todd’s Cyclop. Vol. I. — Als anatom. Kupferwerk vergl. man Schmalz, Tabulae analomiam Entozoorum illustrantes. Dresdae 183]. Aeussere Bedeckungen und hörperform der Mürmer. Auch in der Klasse der Würmer werden die äussern Körperbedeckun- gen von einem verhältnissmässig ziemlich derben und festen Häut- chen (epidermis) gebildet, das in der Regel freilich nur dünn ist, aber bisweilen (wie bei den gepanzerten Rotatorien) noch zu einer starren, panzerartigen Decke erhärtet. Von dem entsprechenden Hautskelet der höhern Articulaten unterscheidet sich die Haut jedoch wahrscheinlich durchgehends durch ihre chemische Zusammensetzung. Nirgends konnte in ihr das dort ganz allgemein verbreitete Chitin nachgewiesen werden. Nach der Behandlung mit kaustischem Kali 1) bleibt nur ein amorpher, gewöhnlich feinkörniger Rückstand, der sich beim Zusatz einer Säure unter Brausen auflöset und wahrscheinlich, wenigstens vorzugsweise, kohlensaurer Kalk ist. Dieser scheint in den Integumenten aller Würmer, wenn auch in verschiedener Menge, vor- handen zu sein, obgleich er nur in seltenen Fällen, wie bei den Ce- stoideen, in den unverletzten Thieren sich nachweisen lässt. Hier tritt er unter der Gestalt scheibenförmiger, runder und ovaler Körperchen 2) von concentrischem Gefüge auf, die eine grosse Durchsichtigkeit be- sitzen und in sehr ansehnlicher Menge unter der Haut, sowie im gan- zen Körperparenchyme abgelagert sind. Die histologische Structur dieser Integumente erinnert in al- len ihren Verschiedenheiten an die Formation des Chitinskeletes. Wo die Oberhaut weniger entwickelt ist (Terebella, Serpula, Rotifer, Tae- nia u. a.) ist sie völlig homogen und structurlos. Höchstens lässt sie | 1) Die von uns in dieser Beziehnng angestellten Untersuchungen erstrecken über alle Hauptgruppen der Würmer. Sie alle ergaben dasselbe Resultat. Auch die Rotalorien schienen keine Ausnahme zu machen — ein neuer Grund gegen die Mei- nung von Burmeister, der diese Thiere den Crustaceen zurechnet. 2) Ihres Aussehens halber wurden diese Kalkmassen sehr häufig für Eier ge- halten, wie von Pallas, Götze, Zeder, Tschudi u. A. Eschricht glaubte in ihnen die Analoga der Lymph- oder Blutkörperchen gefunden zu haben und liess \ sie bei der Ernährung eine grosse Rolle spielen. 270 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Würmer. sich in mehrere über einander gelegene Lamellen spalten, wie an der ! Mutterblase von Echinococeus. Lycoris, Lumbricus u.a. zeigen dagegen ' auf der ganzen Hautoberfläche eine grosse Menge dicht stehender Längs- | und Querstrichelchen, die unter rechten Winkeln sich kreuzen und be- sonders deutlich an diesen Durchkreuzungspunkten hervortreten. Daher scheint denn beim ersten Anblick die ganze Haut mit zahlreichen stern- förmigen Pünktchen besetzt zu sein. Noch complieirter wird die Stru- ' ctur bei den meisten Nematoideen. Bei Ascaris trägt die Oberhaut sehr viele und distincte , ringförmige Querstreifen, die aber keineswegs der optische Ausdruck einer Faltung sind, sondern vielmehr von beson- | dern in die Hautbedeckung eingelagerten Fasern herzurühren scheinen, Die einzelnen Felder zwischen ihnen sind durch eine beträchtliche Men- ' ge zarter, schräg verlaufender und sich kreuzender Strichelchen ge- zeichnet. Die Anordnung der Integumente bei den Gordiaceen ist ge- wissermaassen nur eine höhere Entwicklung dieser Structur. Hier fin- den sich nämlich zwei Schichten elastischer Fasern, die nach rechts und links sich kreuzend in spiraligem Verlauf den ganzen Körper um- geben und äusserlich von einem eckigen Pflasterepithelium !) bedeckt! werden. Unterhalb dieser Epidermis trifft man in der Regel auf eine ziem- lich ansehnliche Schicht von verschieden grossen, mitunter granulirten Zellen. Die Mächtigkeit derselben scheint, wenigstens im Allgemeinen, in umgekehrtem Verhältniss zu der Stärke der Oberhaut zu stehen. Bei den Rotiferen, den Nematoideen u. a. fehlt sie gänzlich, während sie schon bei den meisten Chätopoden (Lycoris, Terebella, Lumbricus‘ u. a.) ganz ansehnlich ist. In der Gruppe der Turbellarien wird end- lich von ihr die obere hautartige Hülle fast gänzlich verdrängt. Diese: Zellen sind zugleich der Sitz der bei den Würmern eben nicht sehr‘ häufig vorkommenden Pigmente. Die Oberhaut selbst ist immer farb- los, zeigt aber nicht selten, besonders auffallend und prächtig bei den Nereiden, ein lebhaftes Schillern und Opalisiren; ein durch die eigen- thümliche Structur bedingtes Interferenzphänomen. Besondere Epidermoidalanhänge sind mit Ausnahme einiger allgemeiner verbreiteten Gebilde, wie der Fussborsten der Chätopoden u. a., ziemlich selten, besonders bei den Anneliden. Hier finden sie sich nur bei Hermione und Aphrodite, wo der Rücken sich mit Bor- sten und Haaren besetzt, die bei A. aculeata sogar zu einer besondern | Decke in einander verfilzt sind. Häufiger sind ähnliche Epidermoidal- gebilde bei Rotatorien und Helminthen, wo sie gewöhnlich als einfache, seltener (Cheiracanthus) als gezähnelte Borsten und Stacheln erscheinen, ] | 1) Auch bei einigen Rotiferen (Noteus, Anuraea) scheint die Oberhaut aus solchen pflasterartig verbundenen, platten Zellen gebildet zu sein — wenn man an- | ders nach den von Ehrenberg gegebenen Abbildungen schliessen darf. Aeussere Bedeckungen und Körperform der Würmer. 271 die bald gleichmässig über den ganzen Körper sich verbreiten (Chaeto- notus, Echinorhynchus hystrix, Distomum scabrum, perlatum u. a.), bald aber auch einzeln an verschiedenen Leibesstellen stehen. In letz- term Falle dienen sie häufig als Klammerorgane, als Waffen oder auch ‚zur Bewegung und sind danach verschieden gestaltet. Wo sie als Lo- comotionswerkzeuge fungiren, wie bei manchen Rotatorien (Polyarthra, ‚ Triarthra), sind sie beweglich und von ansehnlicher Länge. Die Turbellarien !) tragen auf ihrer Körperoberfläche ein lebhaft | schwingendes Flimmerepithelium, das aber allen übrigen Würmern | im ausgebildeten Zustande (mit Ausnahme des merkwürdigen Myzosto- mum) fehlt. Bei einigen wenigen Würmern sind in die Hautbedeckung noch besondere stab- oder zellenförmige Gebilde eingebettet, die sich bei näherer Untersuchung als Nessel-, Angel- oder Giftorgane erge- ben, wie solche bei den niedern wirbellosen Thieren 2) so weit ver- breitet sind. Ganz constant finden sie sich bei den Planarien 3), wenn- gleich in verschiedener Ausbildung und Grösse. Bei manchen (Planaria, Convoluta u.a.) sindsie nur mitMühe zu entdecken, während sie in andern Fällen (Leptoplana, Stylochus u. s. w.) sehr ansehnlich sind und leicht in die Augen fallen. Sie erscheinen hier, wo sie in jeder Hinsicht den entsprechenden Organen der Eolidien, Medusen, Actinien u. a. glei- chen, als mikroskopisch kleine, glashelle, derbhäutige Stäbchen von länglich ovaler Gestalt, deren eines Ende sich in einen sehr langen und /dünnen Faden auszieht, welcher im Innern der Stäbchen verborgen liegt und daraus hervorgeschnellt werden kann. Manchmal, indessen vielleicht nur im unausgebildeten Zustande, sind diese Organe zu meh- |ren von einer gemeinschaftlichen Zelle umschlossen, die gewöhnlich der äussern Bedeckung des Körpers angehört oder dann noch von ei- nigen Flimmercilien besetzt ist. Die Organe liegen hier dicht an der Zellenwandung und zeigen demgemäss eine bogenförmige Krümmung. Seltner ist eine minder ausgebildete Form der Angelorgane, die sich von der eben beschriebenen vorzugsweise dadurch unterscheidet, dass | 1) Mit Unrecht bezweifelt v. Siebold (Vergl. Anat. S. 188.) das Vorkommen ‘der Wimperhaare bei den Nemertinen. 2) R. Wagner ist der Entdecker dieser eigenthümlichen Organe. Er fand sie bei den Actinien und hielt sie Anfangs für Spermatozoen (Vgl. Wiegmann’s Archiv. 1835. I. S. 215. u. ebendas. 1841. 1. S.41). 3) Ueber die Structur der Hautbedeckung dieser Würmer vergleiche man die ausgezeichneten Untersuchungen von Quatrefages in den Ann.d science. nät. Serie III. Tom. IV. p.146 ff. — Zu derselben Zeit wurden die Angelorgane der Planarien von ‚Siebold (l. c. S. 162) beschrieben. Schon früher fand sie Oersted (Il. ec.) bei Mesostomurm und Microstomum, doch ohne ihre wahre Natur zu erkennen. Auch die Borsten von Planaria, die nach Schulze (de planariarum vivendi ratione dissert. Berol. 1836. p. 32) als Ruder dienen sollten,’ gehören hieher. 272 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Würmer. die äussere Kapsel mehr zellenartig rund und der Nesselfaden weit kür- zer und borstenartig ist. Unter dieser Form finden sich die Angelor- gane an den Fühlern der Terebellen !) und wahrscheinlich auch noch bei manchen andern Anneliden. Die meisten Würmer sind nackt. Nur wenige sind äusserlich von einer röhrenförmigen Hülle umkleidet, die indessen ohne allen organi- schen Zusammenhang mit dem eingeschlossenen Thier ist und ganz als 9 das erhärtete Secret der äussern Bedeckungen erscheint. Am häufig- sten trifft man eine solche Hülle bei den Capitibranchiaten, wo dieselbe mitunter (Serpula, Spirorbis) ein sehr festes, kalkreiches Gehäuse bil- det, in das die Würmer sich vollständig zurückziehen können. In an- dern Fällen ist übrigens die Hülle mehr von leder- oder gallertartiger Beschaffenheit. Eine ähnliche röhrenförmige Hülle findet sich auch bei manchen Rotiferen, bei Tubicolaria, Stephanocera, Floscularia u. a. Bei Melicerta wird dieselbe von einer einfachen Schicht brauner, linsenför- miger Körperchen von ziemlich ansehnlicher Grösse gebildet. Der Körperbau der Würmer zeigt sehr beträchtliche Verschieden- heiten. Die höhern Anneliden, die Chätopoden, schliessen sich durch J ihn 2) an die übrigen Klassen der Gliederthiere. Auch bei ihnen ist nämlich der walzenförmige, langgestreckte Leib durch mehr oder min- der tiefe, in bestimmten Zwischenräumen auf einander folgende quere Furchen in ringförmige Segmente getheilt. Die Zahl dieser Glieder ist in der Regel ausserordentlich beträchtlich und beträgt bei manchen‘ Nereiden im völlig erwachsenen Zustande über fünfhundert. Bei an- dern Chätopoden ist sie indessen weit geringer. Fabricia z. B. besitzt! nur zwölf Leibesringe, die Tardigraden deren vier. Bei Myzostomum 3) sind diese sogar in eine einzige Masse verschmolzen. In ihrer Gestalt sind die Ringe alle einander so ähnlich, dass sich, wie bei den Insektenlarven, denen die Chätopoden nächst den Myriapo- den in ihrem äussern Habitus am meisten ähneln, besondere Thoracal- und Abdominalsegmente nicht unterscheiden lassen. Höchstens zeichnet‘ sich der vordere Körperring durch seine Grösse vor den übrigen aus. Er trägt die Mundöffnung. Der After befindet sich am letzten Leibes- ringe, dem kleinsten von allen. In der Regel entwickelt sich bei den Chätopoden am vordern Kör- perende oberhalb des Einganges in den Verdauungskanal ein besonde- ver kegelförmiger Anhang, ein Kopf (caput), der im Innern die Hirn- 1) So nach Milne Edwards, Ann. d. science. nat. Serie IH. Tom. Ill. Tab. VI, ps 217. 2) Vergl. hierüber die klassischen Arbeiten von Savignyl.c.. 3) Verel. über dieses merkwürdige von Fr. S. Leuckart entdeckte Thier dess. Zoolog. Bruchstücke. II. Frbg. 1842. S. 5ff. und über den innern Bau Loven in Wiegmann’s Archiv 1842. 1. S.306. Leuckart rechnet das Thier zu seinen Tre- matoden. Aeussere Bedeckungen und kKörperform der Würmer. 273 'ganglien enthält und auf seinem Scheitel gewöhnlich die Gesichtswerk- 'zeuge trägt. Die sehr beträchtlichen Verschiedenheiten in der relativen Ausbildung und Entwicklung dieses Gebildes sind für die deseriptive Zoologie von grösster Wichtigkeit. Hier genüge bloss die Bemerkung, ‘dass er bei den Dorsibranchiaten, z.B. bei Nereis !), am ansehnlichsten und constantesten angetroffen wird, während er bei den übrigen Chä- 'topoden, mit Ausnahme der Lumbricinen, wo er sich zu einer rüssel- körmigen sog. Oberlippe (proboscis, labrum) umgestaltet, in der Regel "sänzlich fehlt oder doch nur sehr rudimentär ist. Unter den verschiedenen Anhängen des Körpers zeichnen sich durch hr constantes Vorkommen besonders die fussartigen Bewegungs- rgane aus. Sie entsprechen den Beinen der übrigen Articulaten, un- erscheiden sich von diesen indessen in mehrfacher Beziehung. Die egliederten hohlen Röhren oder Schienen, welche sonst diese Anhänge uszeichneten, sind in einen verhältnissmässig nur kurzen und dicken warzenförmigen Fortsatz metamorphosirt, der unmittelbar in die Kör- herwandungen übergeht und auf seiner Spitze längere oder kürzere Nadeln, Borsten oder Haken von verschiedener Zahl, und gewöhnlich sehr ansehnlicher Entwickelung trägt, die bei den Arthropoden in den Xlauen oder Krallen der Füsse ihre Analoga finden. In der Gruppe der umbrieinen fehlen sogar die eigentlichen Fusshöcker und die Bewe- zungsorgane werden allein von den erwähnten Borsten repräsentirt. Solcher Bewegungsorgane finden sich an den einzelnen Körper- segmenten zwei Paare, von denen das eine der Dorsalfläche angehört ramus s. pinna dorsalis), das andere der Ventralfläche (ram. s. pin. ventralis). Nur das erste und letzte Segment entbehrt in der Regel lieser Anhänge. Nicht immer übrigens bleiben die Fusshöcker jeder 3eite getrennt, wie es z. B. bei Amphinome der Fall ist, sondern rücken sinander oft näher (Nereis) 2) und verschmelzen wohl selbst zu einem >inzigen unpaaren Gebilde, das nur noch durch die Anordnung seiner Borsten die Duplicität andeutet. Bisweilen scheint übrigens auch wirklich nur ein Paar von Fusshöckern entwickelt zu sein. So indet sich bei den Tardigraden z. B. nur das ventrale Paar, mittelst lessen sich diese Thiere kriechend fortbewegen, wie viele Arthropoden, lenen sie dadurch denn auch um so ähnlicher werden. Die Borsten der Fusshöcker stehen bald einzeln (aciculae), bald n Bündeln (festucae) oder Reihen (uncinuli). Demgemäss wechselt auch die Gestalt 3) dieser Organe, die überhaupt äusserst variabel ist ınd der zoologischen Charakteristik manchfache Anhaltspunkte darbietet. j j B E 1) Ic. zootom. Tab. XXVl. fig. XIV. — 2) Ibid. fig. XIX. a.a. 3) Sehr viele Formen sind von Milne Edwards u. Audouin |. c. abgebildet ınd beschrieben, sowie von Rathke in den Beiträgen zur Fauna Norwegens (Nov. \ct. Leop. T.XX. P.L.) u. von Oersted, Annulat, Dan. Conspect. Fasc. 1. Tab. I. Wagner’s Zootomie. II. 18 274 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Würmer. Bald sind sie steife, dolch- oder messerförmige Nadeln, bald dünne ! und biegsame Haare, die aber nicht immer einfach bleiben, sondern sehr häufig noch ein kurzes Endglied bekommen, das ihnen dann die Form eines Speeres, Pfeiles, einer Säge u. s. w. giebt. Nicht selten (wie bei den Capitibranchiaten) sind die Borsten auch am Ende hakenformig gekrümmt. Bei den Lumbricen sind sie kurze sförmig. gebogene Nadeln, die, wenn sie allmählig abgenutzt werden, in die Leibeshöhle, in welche sie auch sonst sich gänzlich zurückziehen kön-' nen, hineinfallen und hier sich mittelst einer zähen dunkelbraunen‘ Masse !) zusammenballen. An der Basis der Fusshöcker entwickeln sich in der Regel bei den Branchiaten noch besondere häutig-muskulöse, faden- oder blattartige Anhänge, die sog. Gliedfäden (eirrhi) 2). Bei den Lumbrieinen, so wie auch bei einigen Branchiaten (z. B. Arenicola) werden sie gänzlich ver- misst. In andern Fällen fehlen sie nur der untern Fussreihe. Ueber-' haupt zeigen die Gliedfäden der Dorsalfusshöcker im Allgemeinen eine viel grössere Entwicklung, wie es unter andern auch bei den Aphro- diteen sehr deutlich ist, wo sie sich an vielen Segmenten zu grosser häutigen Schuppen (e/ytra) umbilden, die den ganzen Rücken bedecken und emige Analogie mit den Flügeln der Insekten darbieten. Unter mehr oder minder veränderter Gestalt finden sich die Glied-" fäden auch an denjenigen Leibesringen, die der Borstenfüsse entbeh ren. Selbst am Kopfanhange werden sie nicht vermisst. Hier erschei- nen sie als sog. Fühler (aniennae), als eylindrische Fortsätze, di gewöhnlich in mehren Paaren vorhanden sind und dann nicht selten (z. B. Nereis 3)) wiederum eine verschiedene Gestalt besitzen. Noch vie” zahlreicher sind in der Regel die entsprechenden Anhänge des erster Körpergliedes, die sog. Fühlergliedfäden (eirrhi tentaculares) 4), di auch bei manchen Tubicolen (wie Terebella, Amphitrite, Siphonostoma eine ansehnliche Entwicklung erlangen. Am letzten Segment bilden) die Cirrhen zwei, gewöhnlich ziemlich lange Schwanzfäden oder Grik fel (siyli), die aber auch häufig fehlen. Ziemlich constant entwickeln sich am Körper der Branchiaten noch besondere äussere Kiemen (branchiae) von manchfaltiger Gestalt und grossen Verschiedenheiten in Bezug auf Stellung und Zahl, die dem eben dadurch für die descriptive Zoologie eine grosse Wichtigkeit er- halten. 1) Gewöhnlich sammeln sie sich in den hintern Kammern der Leibeshöhle und dienen zahlreichen Schmarotzern zur Wohnung (Vergl. Hoffmeister in Wieg- mann'’s Arch. 1813. I. p. 196). Irrthümlich wurden sie mitunter für Eier oder Em- bryonen der Regenwürmer gehalten. | 2) Ic. zootom. Tab. XXVIL. fig. XIX. * *. 3) Ibid. fig, XIV.a.a.b.b, — 4) Ibid. c. c. Aeussere Bedeckungen und körperform der Würmer. 275 Ein eigenthümliches Gebilde, wahrscheinlich ebenfalls ein metamor- phosirter Cirrhus, ist der sog. Deckel der Serpuleen, ein gestielter; keulen- oder trichterförmiger Anhang von verschiedener, oft sehr zier- licher Gestalt, der der Ventralfläche des vordern Körpertheiles anhängt und dazu dient, die Oeflnung des röhrenförmigen Gehäuses beim Zu- rückziehen des Thieres zu verschliessen. Er ist gewöhnlich nur an einer Seite entwickelt, an der andern sehr rudimentär. Bei Spirorbis ist in das keulenförmige Ende eine Menge von kohlensauerm Kalk ab- gelagert. In der Ordnung der fusslosen Anneliden I) schwindet die ehnlichkeit mit den höhern Artikulaten immer mehr. Die Gliederung les Körpers wird schon undeutlicher: Fusshöcker, Borsten und Cirrhen ehlen. Der Leib ist gedrungener, kürzer, verflacht und ohne distincten Kopf. Augen und Mundöffnung sind am vorderen Körperende gelegen. etztere ist napfartig vertieft und von aufgewulsteten Lippen umgeben. An der Bauchseite des letzten Körperringes entwickelt sich ein ansehn- icher fleischiger Saugnapf 2) von runder Form, mit dessen Hülfe die Vürmer sich anzuheften vermögen. Die Turbellarien, besonders die Nemertinen ähneln in ihrer Kör- perform den Hirudineen. Körperglieder indessen lassen sich nur noch in einzelnen Fällen unterscheiden. Ebenso fehlt in der Regel der Saug- apf des hintern Körperendes (mit Ausnahme von Malacobdella). Die undöffnung rückt weiter nach, hinten, besonders bei den Planarien, o sich der ganze Körper zugleich Stark abflacht und in einigen Fällen ogar eine Blattform annimmt. In der Gruppe der Rotatorien fehlen ebenfalls alle bei den Chä- opoden erwähnten Anhänge. Der Leib zeigt indessen wiederum eine liederung 3), die sich besonders am Hinterleibsende deutlich macht, ber bisweilen (Hydatina #), Rotifer 5) u. a.) auch über den ganzen örper sich erstreckt. In ersterem Fall zeichnet sich der vordere Lei- estheil nicht selten durch eine grössere Breite vor dem gegliederten hintern Abschnitt aus und erzeugt dadurch, besonders bei den gepan- erten Räderthieren (Lepadella, Squamella, Brakkißiiie u. a.), eine grosse ‘Aehnlichkeit mit manchen Formen der Lophyropoden. Eigenthümlich ist den Rotatorien ein ansehnlicher, am Kopfende angebrachter und ein- tülpbarer Apparat von hl der Willkühr unterworfenen Ci- 1) Als Typus diene der Blutegel, Ic. zootom. Tab. XXVIL. fig. I. u. VII. 2) Ebid. fig. I. b, 3) Ehrenberg u. Schmidt (Wiegmann’s Arch. 1846. 1. p- 74) erblicken in den ringförmigen schmalen Bändern am Körper der Rotiferen nicht die Andeutung einer Gliederung, sondern eigenthümliche Gefässringe, die in weiten regelmässigen Abständen parallel den Leib umgeben sollen transversa). 4) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXVI. A. 5) Ibid. fig. XXVIIL A. 18* 276 Acussere Bedeckungen und Körperform der Würmer. lien, das sog.Räderorgan !), dessen specielle Anordnung übrigens man- ' chen Differenzen unterliegt. Im Allgemeinen erscheint dasselbe als eine Scheibe, deren Rand von den Cilien in einfacher oder doppelter Reihe besetzt ist. Die Gesammtbewegung derselben gleicht einem laufenden Rade, oder stellt auch wohl manchfaltige blumenartige Formen dar. In‘ einigen Fällen ist die Scheibe am Rande gekerbt und bildet dadurch lappenartige Vorsprünge, die sich bei Stephanoceros zu förmlichen Fang- armen, ganz wie bei den Bryozoen, entwickeln. Das Schwanzende‘ des Körpers trägt noch zwei längere oder kürzere Borsten 2), die zan- genartig beweglich sind und zum Fixiren dienen. Unter den Helminthen besitzen die Nematoideen 3), wie die Chä- topoden, einen gestreckten, eylindrischen Körper, doch ohne irgend eine‘ Spur von Gliederung, von Borsten oder Anhängen, wie solche dort sich vorfinden. Auch ein kopfartiger vorderer Anhang wird vermisst. Aehnlich ist die Körperform der Acanthocephalen #), nur ver hältnissmässig kürzer und gedrungener. Das vordere Leibesende be- waffnet sich mit einem retractilen, stachligen Rüssel), dessen Sta- cheln starke, nach rückwärts gekrümmte Haken sind, die mit breiter) Basis der äussern Fläche aufsitzen und in ziemlich regelmässigen Quer-' reihen stehen. Zahl und Gestalt sind übrigens manchen Verschieden-' heiten unterworfen. Die grösste Entwicklung erreichen sie überall anı der Spitze des Rüssels. \ Die Trematoden 6) erinnern durch ihre Leibesform an die Tur- bellarien und Apoden. Sie haben einen kurzen, abgeplatteten und (mit Ausnahme von Pentastomum ?)) ungegliederten Leib ohne distineten Kopf. Sehr auffallend und interessant ist der Bau von Diplozoon 8), einem vollkommnen Doppelthiere„ das wie durch die Verwachsun zweier völlig ausgebildeter Trematoden gebildet erscheint. Die De gungs - und Haftwerkzeuge der Trematoden bestehen vorzugsweise, in Saugnäpfen (pori, acelabula), in flachen oder auch vertieften, 1) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXVI. A.a. — Sehr interessant ist es, dass’ neuerdings von Quatrefages eine Dorsibranchialte entdeckt ist, Dujardinia (ob eine‘ völlig ausgebildete Annelide?), die an jeder Seite eine Reihe von Bewegungswerkzeu- gen trägt, welche den Räderapparaten analog sein sollen (Vergl. Ann. des scienc. nat." 1844. I. p. 20). | 2) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXVI. c. 3) Ibid. Tab. XXVIN. fig. I. II. A. (Ascaris Jumbricoides). 4) Ibid. fig. IV. (Echinorhynchus Proteus). — 5) Ibid. fig. V. VI. a. 6) Ibid. fig. VI—IX. (Diplostomum volvens), fig. XIV. (Dist. hepaticum) u. XV. (Amphistomum conicum). | 7) Es ist dieser interessante Eingeweidewurm nach einigen Helminthologen (viel- leicht nicht mit Unrecht) der Repräsentant einer eignen Ordnung, der Akantho- theca. Andere stellen ihn auch zu den Nematoideen. 8) Ic. zootom. Tab. XXVIIL. fig, X— XI. I 1% Aecussere Bedeekungen und Körperform der Würmer. 277 aber stets undurchbohrten , scheibenartigen Gebilden , die bald am hintern Körperende angebracht sind (Amphistomum !), Tristomum u.a.), bald aber auch bis in die Mitte des Leibes oder noch höher hinauf rücken (Distomum, Holostomum u. a.). Gewöhnlich, doch nicht immer (z. B. Polystomum , Diplostomum 2) u. a.) beschränkt sich die Zahl die- ser Organe auf eines. Auch Lage (Monostomum verrucosum) und Form (Aspidogaster u. a.) der Saugnäpfe ist bisweilen auffallend. Neben die- ‘sen Organen oder auch statt derselben (Pentastomum) finden sich bis- \weilen blosse Sauggruben (bofhria), einfache napfförmige Vertiefun- gen im Körperparenchym 3), die in der Regel (Tristomum, Diplozoon u. a.) an den Seiten des vordern Leibesendes oder dicht hinter der Mund- öffnung gelegen sind. Zum festern Anklammern sind diese verschiede- nen Saugapparate nicht selten noch mit besondern hornigen Haken, Bogen oder förmlichen complieirten Gerüsten (wie besonders bei Diplo- zoon 4), Diplobothrium u. a.) versehen. Bei manchen Trematoden (Echi- nostoma) umgiebt auch ein Kranz gerader Stacheln, die aber sehr leicht verloren gehen, den Eingang in den Verdauungskanal. Mitunter ind überdiess die Lippen der Mundöffnung fast zu einem förmlichen Saugnapfe aufgewulstet. In der Ordnung der Gestoideen ist der Leib ebenfalls plattge- drückt, wie bei den Trematoden, doch in der Regel (mit Ausnahme von Caryophyllaeus, Ligula u. a.) viel länger, bandartig 5) und durch eine beträchtliche Anzahl ringförmiger Furchen in einzelne Segmente zerfallen, die an Grösse und Ausbildung in dem Maasse zunehmen, als sie vom Kopfende entfernt sind. Bei vielen Blasenwürmern (Cysticer- cus 6)), die alle übrigens höchst wahrscheinlich ?) blosse unausgebildete und verkümmerte Bandwürmer sind, erweitern sich die letzten Glie- der des Leibes zu einer ansehnlichen , mit einer hellen Flüssigkeit gefüllten Blase, in welche der ganze übrige Körper hineingestülpt werden kann. Coenurus zeigt dieselbe Organisation, nur sind hier im- mer mehrere Individuen an einer gemeinschaftlichen Blase befestigt. Bei Echinoeoceus haben sich diese endlich von der Mutterblase gänzlich ‚getrennt, und sind frei in deren Höhle enthalten. — Das Kopfende aller Gestoideen zeichnet sich durch das Vorhandensein von zwei oder | 1) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. XVIL. q. — 2) Ibid. fig. VII. IX. 1. 2. 3) Sehr auffallend ist es, dass solche Sauggruben auch bei Myzostomum ge- funden werden, einem Borstenwurme, der den Trematoden auch wirklich in mehr- facher Beziehung verwandt scheint. 4) Ic. zootom. Tab. XXVIIT. fig. XII. | | 5) Ibid. fig. XIX. (Taenia crassicollis). 6) Ibid. fig. XXI XXIV. | 7) Weiter ausgeführt ist diese Ansicht von Dujardin (l. c. p. 544) u. Sie- 'bold (in R. Wagner’s Handwörterbuch der’ Phys. I. Art. Parasiten.). ) | | | . 378 Museulatur der Würmer. vier schüsselförmigen Sauggruben !) aus, deren Ränder sich bisweilen | aufwulsten und zu besondern lappenförmigen Anhängen entwickeln, die dem Kopfe dann häufig ein blumenförmiges Ansehen geben, so z.B. bei Bothriocephalus auriculatus u. a. Zwischen den Sauggruben findet sich an der äussersten Spitze des Kopfes sehr häufig (Gysticereus, Taenia) ' ein einfacher oder doppelter Kranz von hornigen, stark nach hinten gekrümmten Haken 2), die nicht so selten noch einem besondern re- tractilen Rüssel (rostellum) 3) aufsitzen. Die concave Seite der einzel- ' nen Haken besitzt in der Nähe der Basis zum Ansatze besonderer Mus- kelfasern noch einen kleinen konischen Fortsatz. Uebrigens zeigt Zahl und Form der Haken grosse Verschiedenheiten. Statt eines einfachen! Rüssels besitzen einige Gestoideen (Tetrarhynchus, Gymnorhynchus, An- thocephalus) deren vier (tentacula). Auch diese tragen auf ihrer äu- ssern Fläche kurze Häkchen, die aber unbeweglich sind, wie bei den‘ Acanthocephalen. Die Rüssel selbst indessen sind retraetil. Museulatur der Würmer }). Das Muskelsystem der Würmer steht seiner histologischen Ent- wickelung nach weit hinter dem der übrigen Artieulaten. Fast nir-" gends finden sich noch deutliche und distincte Querstreifen ?) an den” einzelnen Bündeln; ja diese scheinen, besonders bei einigen niedern | Würmern, nicht selten in ihre Primitivfasern zu zerfallen. Dann unter-' scheidet sich das Muskelgewebe nur wenig vom Zellgewebe der hö-' hern Thiere. Im Allgemeinen ist das Muskelsystem der Würmer indessen stark‘ entwickelt, besonders bei den Anneliden. Nur in wenigen, niedern Thieren, wie vorzugsweise bei den kleinern Turbellarien, zeigt es eine sehr geringe Ausbildung. Die Hauptmasse der Muskeln bildet einen! unter der Hautbedeckung gelegenen Schlauch, der den ganzen Leib 1) Ie. zootom. Tab. XNXVIM. fig. XX., wo der Kopf abnormer Weise sechs Saug- sruben trägt. 2) Ihid. fig. XX. B. u. fig. XXIV. 3) In diesem Falle gehen die Haken äusserst leicht verloren. Solche Indivi- | duen hielten Rudolphi u. a. Helminthologen für wirklich unbewallnete Taenien. 4) Die Untersuchungen über das Muskelsystem der Würmer sind im Ganzen | nur äusserst dürftig. Sie finden sich in verschiedenen Monographieen niedergelegt, ' besonders in Grube’s oben eitirter Schrift. | 5) Nur sehr selten finden sich einzelne Muskelbündel, die eine zarte und mehr unregelmässige Querstreifung besitzen. So im Hautmuskelschlauch von Pentastomum, bei Euchlanis triquetra und im Schlund von Aphrodite. Die Querstreifen, welche Wagner (Müller's Arch. 1835. S. 319) bei Saenuris gefunden zu haben glaubte, scheinen mehr von den äusserst deutlichen, scharfen und ziekzacklörmigen Biegun- gen der Muskelbündel während der Contraction herzurühren. Museculatur der Würmer. 279 umgiebt und aus mehren über einander gelagerten Schichten zusam- mengesetzt wird. Bei den Chätopoden unterscheidet man vorzugsweise ein äusseres Stratum, dessen Fasern quer verlaufen, und eine innere Längsmuskel- schicht. Ersteres ist in eine Menge breiter, platter Ringe zerfallen, die den einzelnen Körpersegmenten entsprechen. Nur selten fehlt diese Schicht, wie bei Siphonostoma !. Auch der Längsmuskelsehlauch wird gewöhnlich von mehren gesonderten Muskelstreifen (mm. recti) gebil- det, die vorzugsweise am Rücken ?2) und am Bauche 3) verlaufen. Letz- tere sind im Allgemeinen am meisten entwickelt und in zwei, längs der Mittellinie getrennte Hälften getheilt. Bisweilen finden sich auch noch gesonderte Seitenmuskeln (Nereis #), die aber andern Würmern (Arenicola, Amphitrite u. s. w.) fehlen. Zwischen diesen beiden Sehichten bildet sich hie und da (z. B. Lumbrieus) noch ein drittes System von Muskeln hervor, dessen Fasern in schräger Richtung sich durchkreu- zen, das aber nicht selten (Arenicola, Serpula u. a.) nur durch einzelne Bündel repräsentirt wird, die aus den benachbarten Längsmuskelstrei- fen in einander übergehen. Selbst eine vierte Muskelschicht findet sich bei einigen Würmern, wie bei Arenicola und Amphitrite 5), wo vom innern Rande der an der Bauchfläche gelegenen Längsmuskeln noch ein dünnes Stratum entspringt, das quer. durch die Leibeshöhle nach oben und aussen aufsteigt, und jederseits neben der Muskelschicht des Rückens sich inserirt. Besondere Muskelbündel bekommen die Fussstummel und auch die einzelnen Borsten, vorzüglich die als Waffe dienenden. Der Be- ‚wegungsapparat 6) wird hier aus 6— 8 oder noch mehren kleinen Bündeln ?) zusammengesetzt, die meistens von den benachbarten Längs- schichten entspringen und nach centripetalem Verlauf an der Spitze ‚einer häutigen, in die Leibeshöhle hineinragenden Scheide 8) sich inse- riren, von der die Borstenbüschel umkleidet werden. Durch die gleichmässige Gontraction dieser Bündel werden die Borsten nach au- ‚ssen vorgestossen. Als Antagonisten dıeser Muskeln dienen andere Faserbündel, die von der Mittellinie der Bauchfläche neben dem Ner- venstrang entspringen und quer nach aussen bis an die Borstenbüschel laufen 9. Fehlen diese, wie es bei Amphitrite u. a. der Fall zu sein 1) So nach Rathke, in den neuesten Schriften der nalurforschenden Gesell- schalt zu Danzig. Band Ill. Heft 4. is42. p. 91. | 2) Icon. zootom. Tab. XXVII fig. XIX. c.c. — 3) Ibidre.e. 4) Vergl. die Monographie von Rathke, de Bopyro et Nereide. p.29. u. die daraus entlehnte Abbildung in den Icon. zoolom. Tab. XXVII. fig. XIX. d. d. 5) Rathke, Schriften der Danz. naturf. Gesellsch. 1. c. p. 63. 6) Vergl. Rathke, de Bop. etc. p. 31. u. Grube |. c. p. 5. 7) Ic. zootom. Tab. XXVIL. fig. XIX, bh. — 8) Ibid, h. — 9) Ibid. if. 280 Museulatur der Würmer. scheint , so bewirkt wahrscheinlich die Elastieität der Haut das Zu- rücktreten der Borstenbüschel. | Wo, wie bei Amphitrite, Siphonostoma u. a., auch die Tentakel- büschel retractil sind, haben sich von den Längsmuskeln des Körper- schlauches zur Bewegung dieser Gebilde ebenfalls besondere Bündel losgetrennt. Viel ansehnlicher und auch allgemeiner verbreitet sind noch andere Längsmuskeln, die im vordern Leibesabschnitte ihren Ruhepunkt haben und am vorstülpbaren Pharynx der Dorsibranchiaten und anderer Chä- topoden sich inseriren. Sie verlaufen theils von vorn nach hinten (mm. protractores pharyngis)!), theils umgekehrt (mm relracto- res) ?). Bei den meisten Chätopoden wird endlich noch die gewöhnlich ziem- lich weite Leibeshöhle durch muskulöse Dissepimente 3) in eine Men- ge hinter einander gelegener Kammern getheilt. Es erheben sich diese Diaphragmata von der innern Fläche der Hautimuskeln jedes Mal an der Stelle, welche einer Einschnürung zwischen je zweien Segmenten entspricht. In ihrer vollkommensten Ausbildung (z.B. Eunice, Sabella ®), Tubifex u. a.) sind sie von ringförmiger Gestalt und umschliessen den Darmkanal so dicht, dass dieser dadurch sogar häufig tiefe Einschnürun- gen bekommt. In andern Fällen sind dieselben indessen weniger voll- ständig. Nicht selten (Phyllodoce, Amphitrite, Siphonostoma u. a.) | fehlen sie auch gänzlich, oder doch in dem bei weitem grössten Theile ' der Leibeshöhle (Ammotrypane, Arenicola 3)). 1 In der Ordnung der Apoden umhüllt der Hautmuskelschlauch die Eingeweide viel dichter. Seine Anordnung ist aber ganz ähnlich, nur sind die einzelnen Muskelstreifen in den verschiedenen Schichten min- der deutlich. Zwischen den beiden Hauptstratis entwickelt sich beim Blutegel 6) ebenfalls noch eine mittlere netzlörmige Lage von schief sich durchkreuzenden Fibern. Die Längsfasern sind vorzugsweise an der Bauchseite zu mächtigen Lagen entwickelt und besonders am hin- tern Körperende noch durch einzelne schiefe Muskeln verstärkt, welche | die Annäherung der Afterscheibe zum Kopfende zu bewirken scheinen. ' Die Afterscheibe selbst wird aus radialen und concentrischen Muskel- fasern zusammengesetzt. | Unter den Turbellarien nähern sich die Nemertinen ?) durch ihre Muskulatur den Apoden. Ihr Hautmuskelschlauch besteht äusser- lich aus einer Schicht von Ringsfaserbündeln , innerlich aus Längsfa- 1) Icon. zootom. Tab. XXVIl. fig. XIV. — 2) Ibid. fig. XVII f. f. 3) Ibid. fig. XIV.k — HE IbId. SG NN Ice 5) Ibid. fig. X. 6) Vergl. die ausgezeichnete Monographie dieses Thieres in Brandt's und Ratzeburg's Med. Zoolog. U. p. 214. 7) Ratbke in d. N, Schriften der nalurf. Gesellsch. zu Danzig 1. c. p. 9. Museulatur der Würmer. 281 sern. In besondere Streifen sind diese Strata nicht zerfallen. Bei den Planarien dagegen ist die Musculatur viel weniger entwickelt. Nur in den grössern hieher gehörenden Thieren trifft man auf einige Längs- bündel, die in das zellige Körperparenchym eingebettet sind. Bei den übrigen Planarien lassen sich überhaupt fast gar keine Muskelfasern unterscheiden. Sehr ansehnlich und deutlich sind dagegen wiederum die Muskeln der Räderthiere !. Sie bilden mehrere Längsbündel 2), die sich an Rücken, Bauch und Seiten vertheilen und in vordere und hintere | zerfallen. Die erstern erstrecken sich von dem Räderapparate bis zur Mitte des Körpers, wo sie sich den äussern Bedeckungen anhelften, die andern von da bis zur Insertion der Schwanzborsten. Zur Bewe- gung des Schlundkopfes und einiger anderen Eingeweide dienen noch besondere zarte Muskeln, die sich ebenfalls der innern Fläche der Hautbedeckung inseriren. Bei den Helminthen bildet das ganze Muskelsystem wiederum vorzugsweise eine schlauchartige Umhüllung des Körpers, die dessen Bewegungen vermittelt. Alle sonst etwa noch vorkommenden, isolirten Muskelbündel , die bisweilen durch die Formation des einen oder an- dern Körpertheiles nothwendig werden, haben sich einfach von dieser |Fasermasse abgelöst. Der Hautmuskelschlauch der Nematoideen, der wie bei den ‘höhern Anneliden nur ganz locker die Eingeweide umkleidet, so dass eine geräumige Leibeshöhle entstehet, wird aus zweien deutlich ge- trennten Faserschichten zusammengeselzt. Die äussere Schicht enthält Längsfasern und ist die stärkere. Sie zerfällt in vier breite und band- arlige Muskelstreifen, von denen zwei die Rücken-, zwei die Bauch- fläche des Körpers einnehmen. In den Zwischenräumen verlaufen die sogenannten Längslinien 3), strang- oder wallartige Erhebungen auf der innern Fläche der Haut, die, selbst strukturlos, einzelne Längsfa- sern eingebettet enthalten und eine Menge kleiner Molekeln, die unter dem Mikroskope wie Fettkörner erscheinen und den Strängen eine ı weissliche Färbung geben. An den Seiten, wo die Zwischenräume ‚zwischen den Muskelstreifen zugleich etwas weiter sind, liegen je zwei | solcher Stränge dicht neben einander. Schon bei oberflächlicher Be- von Hydatina senta, Euchlanis triquetra u. a. in dessen grossem Infusorienwerke an den entsprechenden Stellen. | 2) Icon. zootom. Tab. XAXV. fig. XXVI m. m. m. — Die Ringmuskeln des | Leibes, die v. Siebold (l. c. p. 175.) erwähnt, möchten wohl nur der optische , Ausdruck der Körpergliederung sein. Ehrenberg betrachtet sie als vasa transversa. 3) Die eigentliche Bedeutung dieser Gebilde ist immer noch räthselhaft. Boja- ınus, Nitzsch, Olfers betrachteten sie als gefässarlige Canäle, Cuvier, Carus, ‚ Otto, Gloquet, Rvmer Jones als Nerven, Diesing sogar als Analogon der Leber. Be... | 1) Vergl. die schönen Untersuchungen von Ehrenberg über die Muskeln | 282 Museulatur der Würmer. trachtung erscheinen daher diese !) breiter. Bei Ascaris Jumbricoides bilden beide Seitenlinien vorn unter der Speiseröhre eine quere Ana- | stomose, die aber sonst fast überall wieder zu fehlen scheint. Hier verlaufen dann (wie z. B. bei Ascaris marginata) die Stränge einzeln | bis zur Mundspitze. Vielen andern Nematoiden, besonders kleineren, fehlen die Längslinien übrigens gänzlich. Nach innen von der äussern | Längsmuskelschicht liegen die Quermuskeln, ein zartes, dünnes Stra- tum, dessen einzelne Bündel durch zahlreiche spitzwinklige Anasto- mosen ein zierliches Maschenwerk 2) bilden. Dieselbe Anordnung fin- det sich übrigens auch bei den Längsmuskeln. Nur ist sie hier wegen | der grösseren Stärke der Schichten weniger deutlich. Die Quermuskeln bilden übrigens nirgends geschlossene Gürtel oder Ringe, sondern sind überall durch die Längslinien unterbrochen. Die Gordiaceen wei- chen insofern von dieser Anordnung ab,- als die unter der Haut gele- gene dieke Muskelschicht eine ununterbrochene, schlauchartige Umhül- lung der Eingeweide bildet. Bei Gordius besteht sie überdiess nur” aus longitudinal verlaufenden Fasern, denen sich indessen schon bei Mermis nach innen ein zarltes weitmaschiges Netz von Querfasern auflegt. Auch in der Ordnung der Acanthocephalen besteht der Haut- muskelschlauch aus deutlich geschiedenen Quer- und Längsfasern, von denen aber die erstern nach aussen gelegen sind. Die Schichten bil- | den überall eine eontinuirliche Röhre. Höchstens zerfallen die Quer- muskeln in einzelne breite, gürtelförmige Ringe. Von den Längsfa- sern haben sich im vordern Körperende einige Muskelbündel 3) abge- trennt, die sich an das hintere Ende einer frei in die Leibeshöhle hin- einragenden Rüsselscheide 9) ansetzen. Diese stehet vorn mit dem‘ Halse des Wurmes in Verbindung , der so beim Zurückziehen der Scheide ebenfalls zurückgezogen wird. Zum Hervorstrecken des Rüs- sels dıenen einige andere Muskeln, die vom vordern Körperende nach rückwärts verlaufen und ebenfalls an der Rüsselscheide sich festsetzen. Sehr ansehnlich ist die Entwicklung des Hautmuskelschlauches bei den Trematoden, wenigstens bei den grössern hieher gehörenden Würmern, z. B. bei Amphistomum 5). Hier lassen sich nach aussen FEUER OH 1) Icon. zootom. Tab. XXVII. fig. L. IL A. b. b. | 2) Durch diesen Anschein verleitet bielten Bojanus, Cloquet, Diesing. u. a. die Muskelschicht für ein Gefässnelz. 3) Ueber die Muskeln des Rüssels vergl. u. a. Bojanus, Isis 1821. Tab. II. fig. 31. u. Cloquet, Anat. des vers. intest. Paris. dto. 1824. p- 76. | 4) Icon. zootom. Tab. XXVII. fig. IV. V. h. h. 5) Vergl. Bojanus I. c. p. 166. u. Laurer, Disquisit. anat. de Amplistomo conico. Gryphisw. 4t0..p.6. — Siebold (l.c. p.105) betrachtet die obern Muskel- schichten als Faserschichten einer Lederhaut, die in Wirklichkeit indessen allen Wür- mern zu fehlen scheint. Nervensystem der Würmer. 283 zwei Schichten unterscheiden, deren Fasern der Länge und Quere nach sich durchsetzen. Zwei andere Schichten durchkreuzen sich in schräger Richtung. Tief im Innern stösst man endlich noch auf ein muskulöses Maschengewebe !), das alle Eingeweide eng umspinnt und das eigent- liche Körperparenchym bildet. Die Musculatur der Saugnäpfe ist die- selbe, wie bei den Hirudineen. Viel weniger ausgebildet sind die Muskeln im Körperparenchyn der Gestoideen. Auch ist ihre Schichtung weniger deutlich. Aeu- sserlich verlaufen die Fasern mehr der Länge nach, innen dagegen (z. B. bei Taenia crassicollis) in querer Richtung. Aehnliche, sich kreuzende Muskelfasern lassen sich auch in der Schwanzblase von Cysticereus leicht erkennen. Die Mutterblasen der Echinococcen ent- behren dagegen der Muskelfasern gänzlich. Zum Einziehen und Aus- stülpen- der Hakenkränze und Rüssel, wie zur Bewegung der emzelnen Kopfstacheln bei Taenia sind noch besondere, kleine Muskelbündel erforderlich. Nervensystem der Mürmer. Die histologischen Elemente des Nervensystems 2) gleichen wenigstens bei den Anneliden den entsprechenden Organtheilen der verwandten höhern Gliederthiere. Man findet dieselben zarten, blassen Nervenfäden, die, wie man beim Blutegel z. B. deutlich wahrnimmt, als blosse röhrenförmige, unverästelte Anhänge oder Fortsätze der ge- kernten Ganglienzellen ihren Ursprung nehmen. Bei kleinern und in ihrer Entwicklung tiefer stehenden Würmern entziehen sich indessen diese Elemente: wegen ihrer Durchsichtigkeit und Zartheit einer genau- ern Untersuchung. Besonders die Ganglienkugeln sind häufig nur sehr undeutlich oder auch wohl gar nicht wahrzunehmen. Dafür erscheint eine körnige, nicht selten (wie bei den Nemertinen) röthlich gefärbte Ausfüllungs- oder Belegungsmasse, die bei den höhern Anneliden nur spärlich vorhanden ist. Das Neurilem, in welchem man feine, vorzugs- weise der Länge nach verlaufende Fasern erkennt, ist besonders an den Hirnganglien von grosser Festigkeit. Bei den Blutegeln bildet das- oO oO to) fo) D selbe an den Knoten ansehnliche, nach innen vorspringende Kämme oder Scheidewände, wodurch die ganze Masse in mehre grössere und | kleinere Partieen zerfällt, in denen jedes Mal die einzelnen, aus dem entsprechenden Knoten hervorgehenden Nerven zu wurzeln scheinen. Den übrigen Würmern fehlt indessen diese eigenthümliche Anordnung. 1) Schön abgebildet von Diesing in den Wiener Annalen. Bd. I. Abtlı. 2. Tab. 22. fig. 41— 8. 2) Vergl, die oben schon ‚gitirten Abhandlungen von Helmholtz, Hannover u Will, 284 Nervensystem der Würmer. Der anatomische Bau des Nervensystems zeigt in der vielge- stalteten Classe der Würmer eine grosse Manchfaltigkeit. Durch eine | Reihe höchst interessanter Uebergangsbildungen gehet allmählig die für | die höhern Articulaten so charakteristische Anordnung verloren. Viel- leicht nur mit wenigen Ausnahmen möchte indessen wohl überall ein Kopfganglion oder Hirn sowie ein Stammnervenpaar vorhanden sein. Die Anneliden !) nehmen unter den Würmern auch durch den Bau ihres Nervensystemes die erste Stelle ein. Sie schliessen sich dadurch unmittelbar an die Arthropoden. Wie bei diesen, so unterscheidet man auch hier in der Medianlinie des langgestreckten Leibes an der Ventral- | seite das Bauchmark, eine Reihe von Ganglien, die durch doppelte Längscommissuren mit einander verbunden sind. Auch hier ist diese Anordnung nur aus der innigen Verschmelzung zweier seitlich neben einander gelegenen Stränge entstanden, von denen ein jeder seine ei- genen Ganglien besitzt. Ein solches Verhältniss findet sich auch wirk- lich während der Embryonalperiode 2) und persistirt selbst bei einigen wenigen Gattungen. — Die Ganglienkugeln sind in den einzelnen Knoten vorzugsweise an der untern Fläche der Stammnerven gelagert. Es kommt also auch hier ein ähnliches Verhältniss vor, wie bei In- sekten und Crustaceen, wo ebenfalls nicht alle Nervenfasern an der Bildung der Ganglien theilnehmen. Die äussern Faserbündel der Stammnerven steigen ganz gerade durch die Knoten hinab, die innern - dagegen decussiren 3) sich und treten aus dem Stammnerven der einen Seite in den der andern hinüber. | Das Bauchmark erstreckt sich durch die ganze Länge des Wur- mes. Nach hinten zu verdünnt es sich indessen ; seine Ganglien rü- cken näher an einander und sind weniger distinet getrennt. Im All- gemeinen entspricht einem jeden Körpersegmente ein Nervenknoten ®). Da aber die meisten Segmente verhältnissmässig nur kurz sind, so liegen auch die Knoten gewöhnlich nahe an einander und geben der ganzen Kette nicht selten (z. B. Nereis) ein gegliedertes, perlschnurför- miges Ansehen. Wo solche in diesem Falle dann weniger entwickelt 1) Ausser der Schrift von Grube u. einzelnen Monographieen bes. von Rath- ke s. vorzugsweise die treffliche Abhandlung von de Quatreflages, Sur le sy- steme nerveux des annelides in den Ann. des scienc. nat. 1844. Tom. II. p. 81 fl. 2) So beweist eine Beobachtung von Quatrefages (l. c. p. 100.), der bei Eunice in den letzten Hinterleibssegmenten, die sich nach einer zufälligen Verstümm- lung regenerirten, zwei neben einander isolirt herablaufende Bauchstränge fand und jeden mit seinen eigenen Anschwellungen versehen. Die letzten Endigungen beider gingen schlingenförmig in einander über. 3) Quatrefages|. c. Tab. Il. fig. 7. 8. 4) Aus Versehen schreibt Grube (l. c.) in der angehängten Uebersicht der Organisationsverhältnisse bei den Anneliden (p. 66.) der Gruppe der Aphroditeen drei Ganglien in einem jeden Leibesringe zu. | | | Nervensystem der Würmer. 283) sind, wie beim Regenwurm, scheint sich ein ziemlich gleichmässiger Belag von Ganglienkugeln über den ganzen Bauchstrang hinzuziehen. Wirkliche Verschmelzungen einzelner Knoten und dadurch bedingte Concentrationen von Nervenpartlieen sind im Ganzen aber nur selten. Der erste Leibesring entbehrt constant eines besondern Nervenkno- tens. Im vorhergehenden Gliede, bisweilen selbst schon früher, wei- chen beide Stammnerven zur Bildung des Schlundringes aus einander. Dieser ist ausserordentlich weit oder wird vorn auf dem Oesophagus durch die obern Schlundganglien oder das Hirn geschlossen. Von allen Knoten sind diese die grössten. Auch zeigen sie noch ge- ‚wöhnlich eine Zusammensetzung aus mehreren symmetrisch gelagerten Partieen. Die peripherischen Nervenstämme, wenigstens diejenigen, welche in den Ganglien des Bauchmarkes ihren Ursprung haben, bekommen ihre Fasern theils aus den obern Schichten der Stammnerven, theils aus den untern. Sie entspringen also mit doppelten Wurzeln !). Wie bei den übrigen Artieulaten scheinen auch hier nur in seltenen 2) Fällen Nerven von den Commissuren der Ganglienkette abzugehen. Ausser den eben erwähnten Centren für die motorischen und sen- sitiven Nerven findet sich noch ein besonderes sympathisches Sy- stem, das vorzugsweise, wie bei den Arthropoden, im Hirn wurzelt, und überall, wo man es genauer kennt, mindestens eben so beträcht- lich sich entwickelt zeigt, als hier. Das Nervensystem der Anneliden liegt nicht immer frei und unbe- deckt in der Bauchhöhle, sondern ist sehr häufig in die Muskelpartieen des Hautschlauches eingebettet. Es gilt dieses nicht bloss von dem Bauchmarke (bei Aphrodite, Sabella u. a.), sondern in viel ausge- dehnterem Grade noch vom Schlundring und dem Hirne, die bei Are- nicola z. B. u. bei a. von den MM. protractores pharyngis bedeckt sind. Auch die Nerven des sympathischen Systems verlaufen grössten- theils in der Muskelschicht des Pharynx. Es ist hauptsächlich dieser Anordnung die nicht selten sehr grosse Schwierigkeit der Untersuchung beizumessen, so wie der Umstand, dass selbst jetzt noch bei manchen Anneliden das Hirn hat nicht aufgefunden werden können (so z. B. bei Sabella, Enchytraeus 3) u. a.). In der Ordnung der Ghätopoden stösst man auf manche sehr interessante Modificationen des für den Bau des Nervensystemes im All- 1) Vergl. Quatrefages. c. 2) Sehr auffallend ist in dieser Beziehung die von Rathke (Schriften der Danz. Naturf. Gesellsch. 1. c. p. 90.) gegebene Darstellung des Bauchmarkes von Siphono- stoma, wo die Nerven fast allein von den Commissuren abgehen sollen, und nicht von den Ganglien. 3) Gewiss mit Unrecht will Henle (Müller’s Archiv 1837. S. 86.) hier das erste Ganglion des Bauchstranges als Hirn betrachtet wissen, 286 Nervensystem der Würmer. gemeinen angegebenen Typus. Am regelmässigsten ist derselbe bei den höhern hieher gehörenden Würmern, z.B. bei Eunice !), ausgeprägt. Das Hirn ist hier von ansehnlicher Grösse und, wie überall, ober- halb des Schlundes im Kopfe gelegen. Es erscheint aus zwei Paar Ganglien zusammengesetzt, die durch ihre Vereinigung eine Masse von beinahe herzförmiger Gestalt bilden. Die vordern dieser ganglionären Lappen, die grössten, sind durch einen tiefen Einschnitt von einan- der getrennt. Viel seichter ist der entsprechende Einschnitt am hin- tern, mehr abgerundeten Rande des Hirnes. Die Nerven sind verhält- nissmässig nur wenig bedeutend. Sie entspringen grösstentheils aus den vordern Lappen und verbreiten sich meistens zwischen den anliegen- den Muskeln des Kopfes und des ersten Körperringes. Die n. optici sind ausserordentlich kurz, so dass die Augen beinahe unmittelbar dem Hirn aufzusitzen scheinen. Sie entspringen fast an der .Grenze der Vorderlappen, mehr von der obern Fläche des Gehirnes. Dicht neben ihnen finden die Nerven der Antennen ihren Ursprung. In der Me- dianlinie zwischen den beiden vordern ‚Seitenlappen ist noch ein klei- nes Ganglion gelegen (g. cervicale), das durch zwei dünne Nervenfä- den mit eben diesen Ganglienmassen in Verbindung stehet. Die weiten Schlundeommissuren 2) verbinden die hintern Hirnknoten mit dem er- sten Ganglion der Bauchkette, das vor den übrigen sich durch seine Grösse und herzförmige Gestalt auszeichnet. Alle andern besitzen eine mehr kuglige Form. Sie folgen einander in kurzen Zwischenräumen und sind immer nur durch kurze Commissuren verbunden, an denen man die ursprüngliche Duplicität nur noch mit Mühe erkennt. Aus den einzelnen Ganglien treten jederseits fünf Nervenstämme hervor. Der erste, zugleich von allen der kleinste, steigt aufwärts und verzweigt sich am Darm. Die übrigen besitzen einen seitlichen Verlauf und ver- ästeln sich an den Schichten des Muskelschlauches. Die Locomotions- werkzeuge mit ihren Anhängen erhalten ihre Nerven jederseits vom dritten und vierten Stamme, die von allen die ansehnlichsten sind und eine gemeinschaftliche Wurzel besitzen. An der Basis des untern Cir- rhus bildet ein Ast des letztern dieser beiden Nerven noch ein kleines, plattes, ovales Knötchen. Das erste Ganglion der Bauchkette entsendet ausser diesen Stämmen jederseits noch neben dem Theilungswinkel der Commissuren einen Zweig nach vorn an die Muskeln des ersten Seg- mentes, der nach kurzem Verlauf ebenfalls in ein kleines Knötchen "anschwillt. 1) Vergl. die mit schönen Abbildungen versehene Abhandlung von Quatre- fages lb CD. Lssfieyt: 2) Grube (l. c.) will bei Eunice, so wie bei einigen andern Anneliden (z. B. Aphrodite) eine quere brückenartige Verbindung bei den Schlundeommissuren ge- funden haben, die unter dem Oesophagus vor dem vordern Bauchganglion gelegen r sein soll. a Nervensystem der Würmer. 287 Schon bei nahe stehenden Würmern, wie z. B. bei Nereis, finden sich manche Abweichungen, besonders im Bau des Hirnes. Bei Ne- reis pulsatoria !), pelägica u. a. ist dasselbe freilich immer noch von herzförmiger Form und aus vier verschmolzenen Knoten zusammenge- setzt, aber die Seiteneommissuren des Schlundringes 2) verbinden sich mit den vordern Hirnlappen 3), die dann auch durch keinen so tiefen inschnitt von einander - getrennt sind. Die hintern Lappen ®) sind zu einem frei hervorragenden, an der Spitze ausgeschweiften, conischen Fortsatz verschmolzen. Aus den vordern Abtheilungen des Hirnes ent- springen die Fühlernerven, deren äusseres Paar 5), in Uebereinstim- mung mit der beträchtlichern Entwicklung dieser Anhänge, das bedeu- tendere ist und im ein Ganglion "anschwillt. Die vier N. optici sind ausserordentlich kurz. Ein jeder wurzelt in einem besondern Hirn- knoten. Viel complicirter ist die Anordnung des Hirnes bei N. Beaucou- drayi 6), wo sich die obern Enden der Seitencommissuren des Schlund- ringes noch zu besondern ganglionären Massen verdicken, bevor sie sich mit den eigentlichen Hirnknoten verbinden. So findet sich denn oberhalb des Schlundes eine ganze Reihe von symmetrisch an einan- der gereiheten Ganglien, deren mittleres Paar bloss dem Hirn von N. pulsatoria u. a. entspricht. Seine beiden Knoten sind die ansehnlich- sten und ziehen sich nach hinten in zwei neben einander gelegene, ko- nische Fortsätze aus, die sonder Zweifel die hintern Hirnlappen von N. pelagica u. s. w. repräsentiren. Nach vorn entspringen die N. optici, zwei kurze und dicke, stumpf geendigte Nervenstämme. Zwischen ih- nen liegt das g. cervicale, das, wie bei Eunice, durch zwei Fäden mit dem Hirn in Verbindung steht. Die Fühlernerven entspringen aus dem ersten accessorischen Hirnknoten. Vor ihrer Verzweigung zeigen sie eine ganglionäre Anschwellung. Zwei andere accessorische Hirn- knoten entsenden einige kleinere Muskeläste. Im Gegensatz zu den eben betrachteten Formen ist bei vielen an- dern Chätopoden (z. B. Glycera, Aricinella, Aphrodite, Arenicola ?), Am- phitrite, Lumbricus), die Anordnung des Hirnes in soweit einfacher, als dasselbe überhaupt nur aus zweien seitlich neben einander gelege- nen Ganglien bestehet, die sogar mitunter (Phyllodoce, Siphonostoma) noch inniger mit einander verschmelzen und dann eine fast ganz ein- fache quere Anschwellung oberhalb des Schlundes darstellen. 1) Vergl. Rathke l. c., so wie die aus dessen Abhandlung entnommene Ab- bildung in den Ic. zootom. Tab. XAVIL. fig. XVI. a. — 2) Ibid. d. 3) Ibid.e. — 4) Ibid.c.c. — 5) Ibid. fie. XVIL £. £. ‘ 6) Vergl. Quatrefages ]. c. Tab. I. fig. 2. 7) Meckel, Wagner u. Stannius (Müller’s Archiv. 1810. 379.) vermiss- ten die Hirnknoten bei diesem Wurme, die aber in Wirklichkeit vorhanden sind, wie auch Rathke (N. Schriften der Danz. Naturf. Ges. l. c. p. 108) bemerkt. 288 Nervensystem der Würmer. Die Verschiedenheiten im Bau des Ganglienstranges !) beschrän- ken sich bei den meisten Chätopoden nur auf minder wichtige Ver- hältnisse. Bald sind die einzelnen Ganglien mehr gestreckt, oblong und weniger deutlich (Arenicola, Terebella, Siphonostoma u. a.), bald sind die Commissuren etwas länger und der Bauchstrang hat sein geglie- dertes Ansehen verloren (Aricinella, Aphrodite u. a.). Beträchtlich ver- mehrt ist die Zahl der Ganglien im Bauchstrang von Ampbhitrite 2), wo, mit Ausnahme der vier ersten Segmente, ein jeder Körperring zwei Ganglien besitzt, von denen das erste noch dazu aus zweien ver- schmolzen scheint. Eine andere Eigenthümlichkeit zeigt die Bauchkette von Phyllo- doce 3). Hier liegen nämlich die Commissuren zwischen den einzelnen Knoten nicht mehr dicht an einander, wie es gewöhnlich der Fall ist, sondern sind deutlich getrennt. Die Ganglien selbst haben im vordern Ende des Wurmes eine quer oblonge Form, die aber im weitern Ver- laufe des Bauchmarkes nach hinten zu in eine rundliche und allmäh- lig selbst in eine längliche übergeht. Daneben zeigen sie eine im- mer mehr hervortretende Andeutung ihrer seitlichen Duplicität. Im Schwanzende gehen endlich beide Stammnerven schlingenförmig in ein- ander über. Auch vorher schon sind die seitlichen Längscommissuren zwischen den einzelnen Knoten durch eine kurze quere Brücke mit einander verbunden. Noch weiter ausgebildet ist diese Form des Bauchmarkes bei eini- gen Capitibranchiaten (Serpula, Sabella ?) und auch Hermella). An den | Stammnerven, die parallel neben einander, aber deutlich getrennt, die Länge des Körpers durchsetzen, lassen sich keine besonderen ganglio- nären Anschwellungen mehr unterscheiden. Dagegen werden sie auf der Grenze der einzelnen Segmente durch eine doppelte Quercommissur verbunden, die zusammen dem ganzen Bauchstrange das Ansehen einer Strickleiter geben. Im hintern Leibesende werden die Stammnerven schmäler, weichen mehr aus einander und sind durch schwächere Brücken verbunden. Andere Verschiedenheiten finden sich in der Zahl und der Anord- nung der aus den einzelnen Ganglien der Bauchkette hervortretenden Nervenstämme. Bei kleinern Chätopoden beschränkt sich ihre Menge. Nur selten finden sich noch die fünf Paare von Eunice. Gewöhnlich reduciren sich diese auf drei Paare (Nereis, Phyllodoce u.a.), selbst auf zwei (Amphitrite) oder auf eines (Glycera), die aber dann durch ihre — ) le. zootom. Tab. XXVII. fig. XVI. b. ) Vergl. Rathke’s Monogr. |. c. p. 75. u. Tab. V. fig. 7. 15. 3) Nach Quatrefages |. c. Tab. II. fig. 1—4. 4) Vgl. R. Wagner, der dieses interessante Verhältniss entdeckte, in Oken’s 1832, p. 658 und Grube I. c. p. 30. — Ic. zootom. Tab, XXVII. fig. XXI. D&D Isis Nervensystem der Würmer. 289 stärkere Verzweigung und grössere Ausbreitung den Verlust ersetzen. Bei Pleione !) zeigen diese Seitenäste der Ganglienkette noch insofern eine eigenthümliche Anordnung, als sie in den einzelnen Segmenten des Körpers sich zu kleinen Knötchen verdicken, die dann durch eine feine, dem Bauchstrang parallele Längscommissur jederseits zu einer eigenen Kette vereinigt werden. Aus diesen Knoten erst entspringen zwei ebenfalls quer verlaufende Aeste, von denen der obere an die Locomotionswerkzeuge, der untere an die Kiemen tritt. Das System der Eingeweidenerven 2), soweit man es bei den Chätopoden kennt, zeigt eine sehr beträchtliche Entwicklung und eine viel zusammengesetztere Structur, als bei den verwandten Thieren. Es be- steht dasselbe in zweien, anfangs isolirten, Systemen, einem obern (syst. supraoesophageum s. proboscideum superius) und einem un- tern (syst. infraoesophageum s. probosc. inferius s. labiale). Beide wurzeln in den Nervencentren des Kopfes und verbreiten sich am vordern Theil des Verdauungskanales. In ihrem Verlaufe bilden sie ‘hie und da besondere ganglionäre Anschwellungen und gewöhnlich ge- ‚hen sie am Ende in einander über. Das erste dieser Systeme entspricht, wie es scheint, vorzugsweise ‚den paarigen Eingeweidenerven der Arthropoden. Bei den Anneliden ist es vorzugsweise für den hervorstülpbaren Schlundkopf bestimmt und richtet sich daher in seiner Entwicklung eben nach der grössern oder geringern Ausbildung dieses Theiles. Bei Eunice 3) besteht das- selbe in zweien Strängen, die einander parallel nach hinten fortlaufen, bis sie am Anfang des Oesophagus zu einem gemeinschaftlichen Kno- ‚ten sich vereinigen. Nachdem sie als ein Paar gesonderter Stränge wiederum hervorgetreten, weichen sie aus einander und umfassen den ‚Oesophagus, um auf dessen unterer Fläche ein zweites gemeinschattli- ‚ches Ganglion zu bilden. Aus diesem Ganglion, sowie aus dem obern, ‚nehmen zugleich einige kleinere seitliche Zweige ihren Ursprung. Im ‚fernern Verlauf an der Unterseite des Oesophagus bilden beide Stränge | 1) Stannius in Oken’s Isis 1831. S. 9855.— Grube, Pleiones carunculatae \anat. Regiom. 1835. I) 2) Bis auf einige wenige und dazu noch sehr dürftige Nachrichten war vor ‘den trefflichen Untersuchungen von Quatrefages (l. c.) die Existenz und Structur ‚eines sympathischen Systemes bei den Chätopoden noch unbekannt. Die frühern Angaben stammen von Stannius (l. c.) und Grube (l. c.). Ersterer fand bei 'Amphinome nur die Stämme des obern Systemes bei ihrem Ursprung aus dem Hir- ne, letzterer verfolgte dieselben bei Eunice bis zum ersten Subösophagealknoten. Die zwei sehr deutlichen Stränge, die Cuvier (Vorlesungen II. S.337.) auf dem Ma- gen (Pharynx) von Aphrodite als rücklaufende Nerven beschrieb, und die dem sym- pathischen Systeme zugehören sollten, sind, wie schon Grube (I. c. S. 58) be- ‚merkt, blosse Bündel sehniger Zellgewebsfasern. 3) Quatrefagesl. c. Tab. I. fig. 1. Wagner’s Zootomie. II. 19 299 Nervensystem der Würmer. zum dritten Male eın Ganglion, verlaufen dann nochmals eine Zeitlang als gesonderte Nerven und verbinden sich endlich in der Medianlinie ' zu einem gemeinschaftlichen Stamme, der jederseits mit den langen Seitenästen des untern Eingeweidenervensystemes anastomosirt. Auch .dieses zweite System entspringt an der untern Fläche des Hirnes und zwar aus den vordern Lappen. Jederseits nimmt hier ein ' einfacher Nerv seinen Ursprung, der bogenförmig zu den Seiten des Mun- des nach der Bauchfläche herabsteigt. In der Medianlinie, dicht hinter | dem Eingang in den Verdauungskanal stossen beide Nerven auf einan- der und bilden ein Ganglion, dessen hintere, kleine Aeste die Muskeln des ersten Körpersegmentes versehen und mit den Zweigen der aus‘ dem ersten Knoten der Bauchkette entspringenden vordern Nerven ana- stomosiren. Beide Stränge des untern Systemes verlaufen dann ge-/ trennt an den Seiten des Oesophagus nach hinten, verbinden sich hier’ mit einigen Aesten des dritten, von den Nerven des obern Systemes‘ gebildeten Knotens und gehen endlich schlingenförmig in die letzten‘ Endigungen derselben Nerven über. | Die Verschiedenheiten im Verlauf dieser Eingeweidenerven schei- nen übrigens ziemlich beträchtlich. Bei Nereis Beaucoudrayi }) ist ihre” Entwicklung, wenigstens im obern Systeme, noch beträchtlicher. Die beiden Hauptstämme dieses Systemes scheinen sich zur Bildung mehre-" rer hinter emander gelegenen Ganglien zu vereinigen. Hinter dem er-. genförmigen Verlauf ebenfalls oberhalb des Pharynx zur Bildung ei- nes kleinen Knötchens zusammentreten. Ein anderes Ganglion bildet ein jeder dieser Fäden etwa in der Mitte seines Verlaufes. Aus jedem der-' selben entspringen zwei nicht unansehnliche Nerven, die sich an den Muskeln des Pharynx verzweigen.— Die beiden Stämme des viel we- niger entwickelten untern Systemes haben bei Nereis einen ähnlichen Verlauf, wie bei Eunice, nur schwellen sie beide isolirt zu einem läng- lichen Ganglion an, von dem dann verschiedene kleinere Zweige aus- strahlen. Die Wurzeln des obern Systemes verschmelzen bisweilen, wie bei Phyllodoce, zu einem gemeinschaftlichen Stamme, sind aber in andern Fällen (Glycera) getrennt, wie bei Nereis u. s. w. Nicht so selten ist übrigens das Eingeweidenervensystem der Chätopoden rudimentärer. So bei Aricinella, wo das obere System ganz einfach in zweien Stäm- men bestehet, die nach kurzem Verlauf hinter dem Hirne sich bogen- förmig verbinden, ganglionär sich verdicken und dann einige kleme Nerven entsenden. N In der Ordnung der Hirudinaceen stehen die Ganglien der Bauch- kette ganz allgemein weiter aus einander, als bei den meisten Chäto-' | 1) Abgebildet und beschrieben bei Quatrefages |. c. Nervensystem der Würmer. 291 Y poden. Dieses ist selbst da der Fall, wo sie (Piscicola !)) in einem je- den Leibesringe sich wiederholen. Sonst sind sie übrigens meistens mehrere Ringe von einander entfernt, bei Clepsine 3, bei Nephelis, Pontobdella, Sanguisuga u. a. 5. Als Typus dieser Bildung kann die Anordnung des Nervensystems von Hirudo dienen. Das Hirn ist ein zweilappiger Knoten 2), dessen Nerven, jederseits der Zahl nach vier, an die Sehwerkzeuge und die benachbarten Muskeln treten. Die beiden seitlichen Commissuren sind nur kurz. Sie verbinden das Hirn mit dem ersten Knoten 3) des Bauch- stranges, der sich vor den übrigen durch seine Grösse und seine mehr herzförmige Gestalt auszeichnet. Aus ihm entspringen drei Nervenpaare für das vordere Ende des Leibes, besonders für die Lippen. Unmittel- bar dahinter liegt das zweite Bauchganglion %), von minder beträchtli- cher Grösse, dem dann in ziemlich gleichen Abständen noch zwanzig ‚ganz ähnliche Knoten folgen. Eine jede dieser ganglionären Anschwel- ‚lungen giebt zweien Nervenpaaren den Ursprung. Diese verbreiten sich ‚an den benachbarten Muskeln und Eingeweiden. Das letzte Ganglion 5) ‚der Bauchknoten besitzt wiederum eine ansehnlichere Grösse und be- ‚steht aus einer Anzahl (aus sieben) verschmolzener Knoten , die im ‚ Fötalzustande 6) der Egel auch wirklich getrennt sind. Im entwickel- ‚ten Thiere besitzt es eine längliche Gestalt. Die zahlreichen Fäden, ‚die davon ausstrahlen, verbreiten sich an der Saugscheibe des Schwanz- ‚ endes. Der Bau des Nervensystemes bei den übrigen Hirudinaceen weicht ‚nur in unbedeutendern Verhältnissen ab. Höchstens findet sich eine geringere Anzahl seitlicher Nervenstämme. So bei Clepsine ?) z. B. und ‚Pontobdella, wo sich deren nur ein einziges Paar vorfindet, das ent- weder ganz einfach sich verästelt, oder, wie es bei letzterm Egel 8) der Fall ist, vorher in ein kleines Ganglion anschwillt. | Die Eingeweidenerven °) sind bei den Hirudinaceen nicht so be- ‚trächtlich entwickelt, als bei den meisten Chätopoden. Das obere System besonders scheint gänzlich zu fehlen. Das untere dagegen ist von einem einfachen, unpaaren Stämmchen repräsentirt, das an der } 1) Vergl. die Anatomie dieses Wurmes von Leo in Müller’s Archiv 1835. Is. 419 ff. und die daher entlehnte Abbildung in den Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XI. n..n. 2) Ic. zootom. fig. I. c. fig. W. a. — 3) Ibid. fig. I. d. fig. IV.b. — 4) Ibid. fig. IV.c. — 5) Ibid. fig. I. e. ‚ 6) Vergl. Weber in Meckel’s Archiv. 1828. S. 397. ‚ 7). Vergl. Müller in Wiegmann’s Archiv. 1844. I. S. 373. 8) R. Wagner in Oken’s Isis. 1834. S.131 und Audouin im Dict. classique d’hist. nat. Tom. XV. p. 115. — Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. XXI. a. 9) Entdeckt von Brandt. Vergl. Medicin. Zoolog, l. c. und über die Mund- magennerven der Evertehraten. S. 39. 19% 292 Nervensystem der Würmer. Unterseite des Magens nach hinten verläuft und am Ende dieses Darm- | abschnittes gabelförmig sich spaltet. Vorn im Kopfe, hinter den Kie- fern, liegen noch drei kleine Knötchen, ein mittleres unpaares !) und zwei paarige. Erstes erhält jederseits ein Fädchen vom vordern Rande des Hirnes, während die letzteren mit den Hirnschenkeln in Ver- bindung zu stehen scheinen. Einige interessante Abweichungen zeigt die Anordnung des Ner- vensystemes bei den Tardigraden 2), wo dessen Gentraltheil aus vier | Hauptganglien gebildet wird, die den einzelnen Körpersegmenten ent- | sprechen ‚und an der Bauchseite unter dem Darmkanal gelegen sind. | Die doppelten Commissuren zwischen den Ganglien sind immer noch durch eine quere Brücke mit einander verbunden. Ein besonderes‘ oberes Schlundganglion scheint wirklich zu fehlen. Die N. optici ent- springen aus dem vordersten Bauchknoten, der ausser ihnen noch! zwei etwas längere Nerven nach vorn entsendet, die am Ende zu ei- nem Ganglion sich verdicken. Einen ganz ähnlichen Bau zeigt das Nervensystem von Myzostoma, wo nur, in Uebereinstimmung mit der‘ ganzen Körpergestalt, die bei den Tardigraden getrennten Bauchknoten‘ in ein einziges beträchtliches, unter dem Magen gelegenes Ganglion! verschmolzen sind. Aus ihm entspringen die Nerven für die Locomo- tionswerkzeuge, den Mund und Rüssel. Das Nervensystem der Räderthiere, das übrigens trotz der” sorgfältigsten Untersuchungen 3) noch keineswegs in seiner ganzen Aus-) dehnung mit völliger Sicherheit bekannt ist, scheint noch abweichen- / der gebauet zu sein. Die Gentralmasse desselben besteht in einem! ziemlich ansehnlichen Nackenganglion, das dem Hirn der höhern! Würmer sich vergleichen lässt und auch wirklich bisweilen eine lappige Form hat, und dadurch eine grössere Zusammensetzung verräth. Von‘ ihm strahlen mehrere Nervenstämme aus, von denen zwei sich hinter-' Schlinge vereinigen. Einige andere Ganglien scheinen in der Leibes-) höhle an verschiedenen Stellen, besonders an den Seiten 4) des Schlund- kopfes und an der Ventralfläche des Leibes, zuweilen (Hydatina) in’ ’ | l 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. IV. a — Nicht unwahrscheinlich ist es, dass. dieses Ganglion dem g. cervicale der Chätopoden entspricht. | 2) Ueber diese merkwürdige, anomale Gruppe vergl. bes. Doy£re in den Ann. des scienc. nat. II. Ser. Tom. XIV. u. XV. 3) Diese sind von Ehrenberg angestellt und in seinem grossen Infusorien- werke niedergelegt (vergl. dasselbe an den entsprechenden Stellen bes. bei Hydatina, Notommata, Synchaeta, Diglena). Ungenau sind die Angaben von Grant (Outli- nes of compar. anat. p.188.), wonach (bei Hydatina) ein Schlundring mit sechs Gan- glien vorkommen sollte. . 4) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXVI. g. Nervensystem der Würmer. 295 der Medianlinie, zerstreut zu liegen und grösstentheils mit dem Hlirne, zum Theil aber auch unter sich zusammenzuhängen !). |: Viel distincter, und darum auch wiederum genauer gekannt, ist das Nervensystem bei den Turbellarien. In seinem Bau zeigt es wesent- | lich noch einen Typus, wie er sich bei den höher entwickelten Wür- mern vorfindet, obgleich der Mangel einer gegliederten Bauchkette im- mer schon beträchtlich genug ist, um auch noch andere, nicht unbe- deutende Differenzen in den Organisationsverhältnissen ahnen zu lassen. | Sehr interessant, gewissermaassen eine Uebergangsbildung, ist das Nervensystem der Nemertinen 2. Das Ilirn 3) bestehet aus vier zu ‚einer ansehnlichen Masse verschmolzenen Ganglien, von denen sich be- sonders die vordern durch ihre Grösse und lappige Form auszeichnen. Die hintern Hirnknoten sind weniger entwickelt, in der Medianlinie ziemlich tief, tiefer als die vordern, gekerbt und gehen seitlich unmit- telbar in zwei starke Nervenstämme über, die nach kurzem bogenför- migen Verlauf in den Seitentheilen des Körpers neben dem Darmkanale bis in das hintere Ende des Thieres hinablaufen ®). Unstreitig entspre- ‚chen diese Nerven, die stärksten des ganzen Körpers, den beiden Stammnerven der höhern Anneliden. Ganglionäre Anschwellungen, wie diese, zeigen sie indessen nur sehr selten (Malacobdella 3}), doch geben ‚auch sie eine Menge zarter Queräste ab. Nach vorn entspringen aus dem Hirne einige minder beträchtliche Nerven. Die gesammte Hirnmasse liegt dicht vor der Mundöffnung. In einer Längsfurche zwischen den ‚seitlichen Lappen verläuft auf ihrer Oberfläche der lange, hervorstülp- bare Rüssel, der vorn von einer besondern, dünnen Quercommissur \ringförmig umfasst wird. Am deutlichsten ist diese Anordnung bei ‚den kleineren durchsichtigen Tetrastemmaarten, wo sich zugleich die vordern Lappen mehr der Breite nach entwickelt zu haben scheinen und schärfer unter sich, sowie von den hinlern, getrennt sind. Bei 1) Ob übrigens wirklich alle von Ehrenberg als Nerven und Ganglien ge- ‚deuteten Gebilde solche sind, müssen noch künftige Untersuchungen lehren. Je- ans ist ein Irrthum bei einer so subtilen Untersuchung sehr leicht möglich. — ‚Schmidt (l.c. p. 78.) hat ausser den von Ehrenberg schon entdeckten, im Leibe ‚der Rotiferen zerstreut liegenden Ganglien noch mehrere andere symmetrisch geord- inete Knötchen beschrieben, durch deren Nerven die Speicheldrüsen, vasa transversa, | Geschlechtsorgane und die Kloake, sowie die contractile Schwanzblase versorgt werden sollten (Hydatina senta, Brachionus urceolaris). 2) Vergl. bes. H. Frey und R. Leuckart, Beiträge etc. Zur Anatomie der ''Nemertinen. 3) Johnston (Magaz. of Zoolog. and Botan. Vol. I. p. 529 ff.) hielt das Hirn ‚der Nemertinen für das Herz, die Seitennerven für Gefässstämme. Ebenso Dujes (Ann. des science. nat. Tom. XXI. I. Ser. Pl. 2. fig. 6.) u. Oersted (l. c. p. 17.). 4) Nach Quatrefages (l Institut. 1841. p. 427.) sollen sie sich hier schlin- 'genlörmig vereinigen. 5) Vergl. Blanchard in den Ann, des’scienc. nat. Tom, V. 1845. p. 364. 294 Nervensystem der Würmer. Borlasia (rufa) ist das Gehirn verhältnissmässig schmäler, aber zugleich länger. Die einzelnen Partieen sind inniger verschmolzen und die hin- tern Lappen zugleich so wenig entwickelt, dass sie fast nur als die keulenförmig verdickten, schenkelförmigen Ursprünge der Stammner- ven erscheinen. Die innern Seitentheile dieser Partieen sind dafür aber hier noch mit einer buckel- oder kugelförmigen Hervorragung ver- sehen, mit einem Fortsatze, der bei Tetrastemma vermisst wird !). Noch einfacher wird die Anordnung des Nervensystems bei den Planarien ?) durch das Rudimentärwerden der seitlichen Stammnerven, die vor den übrigen Nerven des Hirnes nur wenig noch sich auszeich- nen. Auch dieses selbst ist minder zusammengesetzt und besteht über- all nur aus zweien seitlich an einander gelegenen Ganglien, die bald (Stylochus) durch eine tiefe Einschnürung von einander getrennt sind, bald aber auch ohne eine Andeutung ihrer Duplicität zu verschmelzen scheinen 3). Sehr deutlich ist dasselbe z. B. bei Leptoplana ®), wo es, wie überall, im vordern Theile des Körpers vor der Mundöffnung ge- legen ist, und eine ziemlich ansehnliche quer oblonge, fast viereckige Masse darstellt, deren seitliche Lappen vorn und noch mehr hinten durch einen Einschnitt in der Medianlinie getrennt werden. Unter den verschiedenen, strahlenförmig vom Hirne auslaufenden Nerven machen sich besonders zwei bemerklich, die, als Repräsentanten der Stamm- nerven, in den Seitentheilen des Leibes eine Strecke weit sich deutlich verfolgen lassen 5); Ein ganz ähnlich geformtes Nackenganglion findet sich auch bei Vortex u. a., doch sind hier die davon ausstrahlenden Nerven minder deutlich zu unterscheiden. Bei noch andern Plana- rien, besonders bei den kleinern Arten, ist auch das Centralgan- glion weniger bestimmt ausgeprägt und mitunter (Convoluta) überhaupt gar nicht zu entdecken. Dasselbe gilt vom Nervensystem der Helminthen ®), das denn aus diesem Grunde auch bei den meisten Gattungen immer noch nicht mit Sicherheit erkannt ist. Soweit dasselbe der Fall ist, scheint übrigens eine grosse Manchfaltigkeit in der Klasse der Eingeweidewürmer zu 1) Nur in seltenen Fällen scheint das Gehirn der Nemertinen rudimentärer zu werden. So bei Malacobdella, wo es aus zweien kleinen Knoten bestehen soll, die durch eine ziemlich lange Quercommissur verbunden sind. 2) Vergl. Quatrefages |. c. p. 176. 3) So nach Ehrenberg (Abhandlungen der Akad. der Wissensch. zu Berlin. 1835. S. 243.) überall, wo die Augenpunkte einander sehr nahe rücken. 4) Mertens (Oken’s Isis. 1836. S.307.) und auch Oersted hielten hier das Nervensystem ebenfalls für das Gefässsystem. 5) Eine hievon abweichende Anordnung des Nervensystemes beschreibt Schul- ze (l. c. p. 39) bei Planaria torva. 6) Eine Zusammenstellung der bis 1827 hierüber bekannt gemachten Beob- achtungen lieferte Schmalz, de entozoorum systemate nervoso. Lips. Nervensystem der Würmer. 295 herrschen und eine sehr verschiedene Anordnung, die bald hier, bald dort unter den Evertebraten ihre Anknüpfungspunkte findet. Bei den Nematoideen und Gordiaceen !) kennt man das Nervensystem mit völliger Bestimmtheit noch nirgends. Nur Strongylus Gigas 2) macht vielleicht eine Ausnahme. Hier nämlich trifft man in der Bauchhöhle unter den Eingeweiden einen einfachen, unpaaren Stamm, der sich in der Medianlinie vom Kopf bis zum Schwanzende hinaberstreckt und durch die zahlreichen, queren Aestchen 3), die er nach beiden Seiten hin abgiebt, an den Bauchstrang der Anneliden erinnert. Besondere Ganglien #) werden nicht unterschieden, doch ver- dickt sich der Strang etwas an seinen beiden Enden 5). Ein Schlund- ring fehlt gänzlich, ebenso ein Hirnknoten. Viel distineter und deutlicher erscheinen die Gentraltheile des Ner- vensystems in der Ordnung der Acanthocephalen, bei denen man im Grunde der Rüsselscheide einen verhältnissmässig ganz ansehnlichen Nervenknoten 6) mit deutlichen Ganglienkügelchen antrift. Nach allen Seiten strahlen von ihm feine Fädchen aus, welche die muskulöse Rüsselscheide durchbohren , aber sich dann einer weitern Beobachtung entziehen. Eben so deutlich ist das Nervensystem in der Gruppe der Tre- matoden ?) ausgeprägt. Durch seinen Bau erinnert es vorzüglich an die bei den Turbellarien vorkommenden Verhältnisse. Bei Distomum und Amphistomum liegen dicht hinter dem Schlundkopf an den Seiten 1) Berthold (Ueber den Bau des Wasserkalbes, Götting. 1842. S. 12) möchte für das Nervensystem von Gordius zwei zarte, doch nicht gehörig begrenzte Fäd- chen ansehen, die parallel neben einander unter dem Darmkanal verlaufen, aber weder Anschwellungen zeigen, noch deutlich wahrnehmbare Seitenäste abgeben. Am Kopfende konnte gleichfalls nicht die mindeste Spur von Knoten oder von einer Halsschlinge erkannt werden. 2) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. IL. — 3) Ibid. ec. d. 4) Otto, der diesen Strang entdeckte (Magazin der Gesellsch. naturf. Freunde in Berlin 1816. S. 225.) wollte zahlreiche, dicht an einander gedrängte Knoten an ihm bemerkt haben. 5) Je. zootom. Tab. XXVII. fig. III. a. b. 6) Schon Dujardin (]. c. p. 491.) unterschied diese ganglionäre Masse, die aber erst von Siebold (Anatomie der wirbellosen Thiere S. 125.) richtig gedeutet wurde. — Henle (Müller’s Archiv 1840. S. 318.) wollte das Nervensystem von Echinorhynchus nodulosus in einem um die Geschlechtsöffnung gelegenen Ganglien- ringe gefunden haben, aus dem sich feine Fädchen in den Körper hinein erstre- cken sollten. Burow (Echinorhynchi strumosi anatome. 1836.) beschrieb endlich als Nervenstrang einen zarten Faden, der sich auf der untern Seite des Leibes vom Kopfende bis zur Geschlechtsöflnung erstrecken und von 5— 6 Knötchen un- terbrochen werden sollte. 7) Der Entdecker des Nertensystemes bei den Trematoden ist BojanusI. c. » 296 Nervensystem der Würmer. ‚der Speiseröhre zwei ansehnliche flache Ganglien !), die unter sich durch einen starken,“ quer über den Oesophagus verlaufenden Faden in Verbindung stehen und nach allen Richtungen hin mehr oder min- der beträchtliche Nerven entsenden. Unter diesen zeichnet sich jeder- seits ein langer, dicker Stamm 2) aus, der nach hinten fast bis an das Schwanzende hinabläuft und von Zeit zu Zeit ein feines Fädchen 3) ab- giebt. Bei Diplozoon scheinen beide Hirnknoten an einander zu rü- cken und in eine einzige Masse zu verschmelzen %. Eine ähnliche Centralisation zeigt auch das Nervensystem von Pentastomum 5), wo man unterhalb des Oesophagus ein unpaares grosses Ganglion 6) vorfindet, von dem ausser einigen andern Nerven auch die beiden starken , bis in die Schwanzspitze sich hinaberstreckenden Seitenstämme ?) ihren sprung nehmen. Der Oesophagus wird überdies noch von einer »e- sondern ringförmigen Quercommissur umfasst, deren bei) ebenfalls im untern Schlundganglion wurzeln. Auch von diesem Rın sollen einige kleine Nervenäste abgehen. In der Gruppe der Gestoideen ist mit Sicherheit ein Nervensy- stem noch nicht nachgewiesen. Vielleicht liegt der Centraltheil desse]- ben im Kopfende, wie bei den Acanthocephalen. So findet sich we- nigstens bei Tetrarhynchus ®) mitten zwischen den Wurzeln der vier Rüssel eine kleine, platte Anschwellung, wahrscheinlich ganglionärer Art, von der zarte Fäden an diese und deren Scheiden abzugehen scheinen. Sinnesorgane der Würmer. Gesichtswerkzeuge. Die Würmer, selbst die höhern Anneliden, sind sehr häufig ohne besondere Organe für die Perception der Lichtstrahlen. Ganze Familien und Gruppen entbehren derselben. Ziemlich constant kommen sie nur da vor, wo ein deutlicher, distineter Kopf entwickelt ist, wie 1) Icon. zoot. Tab. XXVIII. fig. XVI. XVII. 0.0. — 2) Ibid. p. p. 3) Laurer (l. c. p. 12.) wollte an diesen Seitenstämmen kleine ganglionäre Anschwellungen bemerkt haben, von denen die Fäden abgehen sollten. 4) Vergl. Nordmann in seinen mikrograph. Beiträgen. 1. S. 75. 5) Ueber die Anatomie dieses interessanten Helminthen s. vorzugsweise Owen (Transact, of the Zoolog. Soc. of London. Vol. 1. p. 325.) und Diesing (l. c. Bd. I. Abth. 1. S. 13.). Minder genau sind die Untersuchungen von Miram (Nov. Act. Leop. Vol. XVll. P. 2. S. 630 fi.). 6) Icon. zoot. Tab. XXVII. fig. XVII. a. — 7) Iid.;he.b. 8) So nach der Entdeckung von Müller (Archiv. 1836. p. CVL). — Lere- boullet (Instit. 1839. p. 118.) möchte bei Ligula ein Paar Längsstreifen, die an beiden Seiten der Bauchfläche gelegen sind, für die Andeutungen des Nervensy- stems halten. Sinnesorgane der Würmer. 297 bei den Dorsibranchiaten, oder wo wenigstens eine freie, nicht gar zu beschränkte Bewegung stattfindet, wie bei den Hirudinaceen u. a. So besitzen unter den gewöhnlich in der Erde lebenden Lumbrieinen nur die frei schwimmenden Naiden Gesichtswerkzeuge und unter den Tubico- len (vielleicht mit wenigen Ausnahmen) nur die Embryonen !), so lange sie mit einem Kopfsegment versehen sind und noch ohne Gehäuse im Wasser sich umher bewegen. Ebenso fehlen die Augen den kopflo- sen Dorsibranchiaten (Aricia, Arenicola u. a). Wo übrigens Gesichts- organe unter den Würmern vorkommen, sind sie fast niemals sog. zusammengesetzte Augen, wie so häufig bei Insekten und Crustaceen. Da: in aber stimmen sie mit diesen immer überein, dass sie unbeweg- in das Parenchym des Körpers eingebettet sind und äusserlich von einer durchsichtigen Lamelle der Bedeckungen, wie von einer Cornea, werden. Beı den Chätopoden liegen die Augen, wenngleich, wie es scheint, nicht immer und ausschliesslich 2), auf dem Scheitel des Ko- pfes, gewöhnlich in einem (Aphrodite, Alciope, Eunice u. a.) oder ir zweien Paaren (Polynoe, Nereis 3)). Ihre Organisation, die freilich manche, bisher noch nicht gehörig gekannte Differenzen darzubieten scheint, ist im Allgemeinen sehr entwickelt. Bei Alciope #), die in - dieser. Beziehung näher untersucht ist, findet man dicht hinter der durchsichtigen, von einem dunkeln Pigmentringe umgebenen Cornea Pi ‚Ikommen sphärische Linse, die in einen ansehnlichen Glas- körpei eingesenkt ist. Dieser wird becherförmig von der Retina umfasst, die wegen der grossen Kürze des Sehnerven fast unmittelbar 1) So nach der interessanten Entdeckung von Milne Edwards in den Ann. des scienc. nat. 1845. Tom. III. p. 150. 2) Sehr interessant ist in dieser Hinsicht eine Angabe von Quatrefages (Ann. des scienc. nat. 1845. II. p. 145.), wonach bei Polyophthalmus ausser den dreiAugen des Kopfes, von denen ein jedes sogar mit zwei oder drei Linsen versehen ist, noch in den einzelnen Körperringen jederseits ein förmlicher Augenfleck vor- handen sein soll, an den sogar ein ansehnlicher Nervenstamm hinantritt. Bei eini- gen andern kleinen Anneliden beobachtete Q. Augen am Schwanzende. An letztere schliesst sich vielleicht auch Fabricia quadripunctata an, eine kleine Capitibranchiate, bei der auf dem ersten und letzten Körpersegmente ein Paar Augenflecke sich vor- finden, die wahrscheinlich ebenfalls brechende Medien besitzen (vergl. Frey und Beuckart'l..e). 3) Icon. zoot. Tab. XXVII. fig. XIV. d. d. fig. XVII. 4) Vergl. die genauen Untersuchungen von Krohn in Froriep’s N.N. 1840. N. 305. S. 288. u. bes. in Wiegmann’s Archiv 1845. I. p. 150. — J. Müller, der die ersten Untersuchungen über die Structur der Augen bei Nereis anstellte (An- nal. des scienc. nat. Tom. XXII. I. Ser. p. 19.), fand darin keine brechenden Medien. Er betrachtete das ganze Auge als eine vom Pigment umhüllte Anschwellung des Sehnerven. Rathke (de Bopyro etc. I. c.) indessen erkannte schon deutlich eine becherförmige Retina und einen innern durchsichtigen Kern. 298 Sinnesorgane der Würmer. aus dem Hirn zu entspringen scheint und bis an die vordere Fläche des Auges sich erstreckt. Die Elemente der Retina bestehen aus pa- rallel neben einander liegenden Fasern, auf denen eine Menge dicht gedrängter Stäbchen !) in der Art befestigt sind, dass sie ihre freien Enden dem Glaskörper zuwenden. Die Chorioidea scheint innig mit der Retina verschmolzen zu sein und bildet auf deren innerer Fläche zwischen den Stäbchen eine Pigmentschicht von rothgelber Farbe, aus der die Stäbchen selbst hervorragen. Auch unter den fusslosen Anneliden sind einzelne Gattungen (wie Branchiobdella) augenlos.. Die übrigen aber besitzen deutliche Sehorgane in verschiedener Zahl (Clepsine hat 4—6, Pontobdella 6, Nephelis 8, Hirudo 10), Grösse und Stellung. Gewöhnlich stehen sie in einer einfachen , bogenförmig gekrümmten Reihe am Rande der Mundscheibe 2), seltner (Piscicola 3)) paarweise hinter einander. Zu die- sen Augen treten deutlich Nerven vom Hirne; sie durchbohren eine becher- oder glockenförmige Chorioidea, deren dunkles Pigment einen ähnlich geformten Glaskörper umgiebt. Diesem scheint nach vorn so- gar noch ein besonderer Abschnitt, wie eine Linse 4), aufzuliegen. In der Abtheilung der Turbellarien findet sich, wenigstens bei vielen hieher gehörenden Würmern, hinter den sog. Augenflecken , die überall am vordern Leibesende, in der Nähe des Hirnganglions gele- gen sind, ein zäher Glaskörper von conischer (Planaria, Vortex) oder auch sphärischer Gestalt, der vielleicht überall (Tricelis 5)) von einer eng anliegenden Kapsel umschlossen ist und in eine Schicht dunklen Pigmentes eingebettet wird. Bisweilen scheinen auch die Augen mit ein- ander insoweit zu verschmelzen, als (Tricelis) wohl hinter den einzelnen Pigmentflecken solcher optischen Werkzeuge zwei Glaskörper angetrof- fen werden. Bei Vortex fehlt ein eigentlicher N. optieus, wie bei den meisten Chätopoden, und die Augen sitzen unmittelbar auf dem Hirne. In ihrer Anzahl zeigen die Gesichtswerkzeuge der Turbellarien manch- fache Verschiedenheiten, die indessen um so eher ausser Acht gelassen werden können, als es noch keineswegs feststeht, dass alle sog. Au- genflecke dieser Thiere wirkliche optische Werkzeuge sind. Nicht selten scheinen ihnen nämlich die brechenden Medien , wie sie doch in einem jeden wirklichen Auge vorhanden sein müssen, zu fehlen. So bei Leptoplana, wo die Augenflecke am vordern Körpertheile in 1) Nach Krohn (|. c.) sind diese Stäbchen die umgebogenen Endigungen der Sehnervenfibrillen. 2) Icon. zoot. Tab. XXVII. fig. IV. e. — 3) Ibid. fig. XI. b. 4) Am deutlichsten ist diese Structur nach R. Wagner (Lehrbuch der vergl. Anat. S. 428.) bei jungen, eben ausgeschlüpften Egeln wahrzunehmen, wo der Glas- körper nur lose von Pigmentkörnchen überstreuet ist, d) Vergl. Quatrefages |. cc. Sinnesorgane der Würmer. 299 Haufen neben einander stehen, so auch bei Tetrastemma, Borlasia !) u. a., wo überdiess die Anzahl der Augenflecke nicht selten mit dem Alter wächst und auch sonst wohl bei den einzelnen Individuen va- rürt. Manche Turbellarien (Gonvoluta, Monocelis u. a.) sind entschie- den blind. Unter den Rotatorien sind die Gesichtswerkzeuge ?2) ebenfalls sehr weit verbreitet, wenn sie auch manchmal (Melicerta, Megalotro- cha) nur während der Embryonalperiode vorhanden sind. Ihre Zahl ist nur gering. Gewöhnlich trifft man bloss eins an (Notommata, Synchaeta, Brachionus) oder auch zwei (Rotifer 3), Philodina, Lacinularia), seltner drei (Triophthalmus), vier (Squamella, Megalotrocha), oder noch mehr (Cyeloglena). Hydatina u. a. sind blind. Die Pigmentflecke, oft von sehr ansehnlicher Grösse , zeigen eine scharfe Begrenzung und sind meist Von brennend rother Farbe. Aeusserlich sind sie mit einer plat- ten Hornhaut überzogen. Die Körnchen des Pigmentes scheinen durch eine eigene Masse verbunden zu werden oder vielleicht auch (Rotifer, Philodina) von einer festen Kapsel %) umgeben zu sein. Bisweilen (La- cinularia socialis) ist es auch möglich, in dieser Pigmentmasse einge- bettet, eine deutliche Linse oder einen Glaskörper 5) zu entdecken. Immer finden sich diese Sehwerkzeuge am Kopfende der Thiere, in der Nähe der Hirnganglien, mit denen sie entweder unmittelbar oder durch deutliche N. optici verbunden sind. Was von den sog. Augenflecken der Helminthen zu halten sei, weiss man noch nicht. Man kennt sie vorzugsweise bei manchen frei schwimmenden Larven 6) dieser Würmer (z. B. bei manchen Gercarien, bei Gyrodactylus, so wie bei den Larven von Monostomum , Amphi- stomum, selbst von einzelnen Nematoideen).. Doch finden sie sich auch bei einigen völlig entwickelten Entozoen (Scolex polymorphus, Po- Iystomum integerrimum, Amphistomum subelavatum). Gewöhnlich sind diese Flecke im Nacken gelegen. Sie zeichnen sich durch ihre rothe oder auch schwarze Färbung aus, scheinen aber aller dioptrischen Me- dien zu entbehren. Nirgends hat man auch bis jetzt wenigstens einen besondern an diese Flecke herantretenden Nervenfaden beobachtet, der die Meinung rechtfertigle, als sei hier gerade die einfachste Form der Sehwerkzeuge repräsentirt, wo eine einfache Pigmentschicht ohne | | | | | | | | | 1) Quatrefages scheint übrigens neuerdings bei den Nemertinen brechende Medien wirklich gefunden zu haben (Ann. des scienc. nat. 1545. Tom. Ill. p. 145.). 2) Sicherlich nicht mit Unrecht sind zuerst von Ehrenberg, dessen Angaben man vergleiche, die Pigmentflecke der Rotatorien als Sehwerkzeuge gedeutet — wenn auch Dujardin (Infusoires p. 591.) sie dafür nicht anerkennt. 3) Icon. zoot. Tab. XXXV. fig. XXVII. A. 4) So nach Siebold (Il. c. S. 178.). a 5) .R. Wagner, Lehrbuch der vergl. Anat. S. 423. | 6) Vergl. Nordmann I. c. Il. p. 140. Anm. e) 300 Sinnesorgane der Würmer. einen sonstigen dioptrischen Apparat die oberflächliche Endigung eines specifischen Sehnerven umkleide. Gehörwerkzeuge !). Obgleich über das Vorkommen der Gehörwerkzeuge in der Qlasse der Würmer erst einige wenige Beobachtungen vorliegen, so geht aus ihnen doch genugsam hervor, dass dieselben hier noch ziemlich weit verbreitet seien. Sehr deutlich sind sie unter den Chätopoden bei Arenicola 2), wo sie in zweien kurzgestielten rundlichen Bläschen von derber Structur bestehen, die, wie ein Paar Knöpfchen, den Schenken des Schlundringes eine Strecke vor deren Eintritt in die Gehirngan- glien aufsitzen. Im Innern enthalten sie eine grosse Menge bräunli- cher, fester Coneremente von unregelmässiger, eckiger Form und ver- schiedener Grösse , die trotz dieses ungewöhnlichen Aussehens als Otolithen zu deuten sind. Bewegungen sind an ihnen nicht wahrzu- nehmen. Bei andern Chätopoden 3), wie bei Amphicora 4), schemt das Ge- hörorgan in seiner Anordnung sich näher -an die schon längere Zeit bei den Mollusken als solche bekannten Gebilde anzuschliessen. Unter derselben Form erscheint das Gehörorgan auch bei eini- gen Turbellarien, wo es indessen auffallender Weise als ein völlig unpaares Gebilde in der Medianlinie des Nackens gelegen ist. Bei Convoluta ist es eine derbhäutige, blasenförmige Kapsel, in deren In- nerem ein einziger grosser ÖOtolith von sphärischer Gestalt wahrgenom- men wird. Bei Anwendung eines Druckes zeigt er eine radiale Zerklüftung, ganz wie die Ötolithen in den Gehörkapseln der Bival- ven, denen Convoluta in dieser Beziehung überhaupt gänzlich gleicht. Auch hier ist übrigens der Otolith unbeweglich. Der verhältnissmässig ziemlich weite Raum zwischen ihm und der Wandung ist mit einer Flüssigkeit gefüllt und zeigt eine matte Iilla Färbung. Dasselbe Organ. findet sich eben so deutlich und distinet bei Monocelis, ist aber hier (mit Ausnahme von M. unipunctata) von einem unregelmässigen dunklen Pigmentfleck überlagert. Auch ist im Innern der Gehörkapsel zur Stütze des Ötolithen noch ein besonderer Apparat angebracht, zwei kurze, bogenförmig gekrümmte, dicke Stäbchen von pellucider Be- schaffenheit, die mit ihrer concaven Fläche den vordern seitlichen 1) Vergl. hierüber Frey u. Leuckart, Beiträge etc. 2) Entdeckt wurden diese Gebilde von Grube u. Stannius (l. c.), denen in- dessen die ihnen zukommende Bedeutung entging. 3) So nach Quatrefages (Annal. des scienc. nat, 1844. T. II. p. 94. u. 1845. T. III. p. 145.), der diese Organe bei vielen hieher gehörenden Würmern gefun- den hat und von ihnen angiebt, dass sie im ersten Körperring gelegen seien. 4) S. Quatrefages, Compt. rend. 1844. p. 195. | Verdauungsorgane der Würmer. 301 Rand des Otolithen umfassen, während sie mit der convexen Fläche der Wandung des Gehörbläschens befestigt sind }). Bei andern Turbellarien und Würmern wurde bis jetzt noch ver- geblich nach einem Gehörorgan gesucht. | Besondere Geruchs- und Geschmackswerkzeuge sind bis jetzt noch bei keinem den Würmern zugehörenden Thiere entdeckt worden. Tastwerkzeuge. Der Tastsınn, der bei allen Würmern stark entwickelt zu sein scheint, hat seinen Sitz unstreitig in der ganzen äussern Körperflä- che. Vorzugsweise aber dienen ihm die verschiedenen faden- oder lappenförmigen Anhänge des Leibes,, die ihre grösste Entwicklung am Kopfende finden und hier als Cilien, Antennen, Papillen oder Hautlappen nicht selten selbst bei solchen Würmern vorkommen (bei vielen Planarien und Helminthen), die sonst aller Körperanhänge ent- behren. IA erdauungsorgane der Würmer. Neben den sehr zahlreichen und beträchtlichen Verschiedenheiten, denen der Darmkanal der Würmer in Bezug auf Entwicklung und Form unterworfen ist, trifft man in einigen wenigen Fällen auch einzelne Abweichungen von der gewöhnlichen Lage in der Längsachse !) des Körpers, dıe freilich meistens nur durch eine ungewöhnliche, gefässar- tige Beschaffenheit des Darmes bedingt werden. Mitunter fehlt auch die eine oder andere der beiden Oeflnungen des Verdauungskanales, Mund oder After, oder selbst beide. Auch liegen diese keineswegs überall mehr in dem vordern oder hintern Ende des Leibes, sondern rücken an der Bauchseite nicht so selten etwas nach hinten oder vorn. Wo der Darm die gewöhnliche Röhrenform besitzt, erstreckt er sich mit seltenen Ausnahmen ohne alle Windungen ganz gerade vom Mund zum After. Dagegen besitzt er eine verhältnissmässig sehr an- sehnliche Weite und stülpt sich noch dazu nicht selten in mehr oder minder zahlreiche und ansehnliche Blindsäcke aus, die sich hie und da wiederum verästeln und so denn schon eine Andeutung der er- ‚wähnten gefässartigen Anordnung des Darmes bilden. 1) Bei flüchtiger Betrachtung scheinen die Bogen zwei stumpfe, kurze Fort- sätze des Otolithen zu sein. Oersted, der in diesen Organen Gesichtswerkzeuge zu erblicken glaubte, erklärte den Otolithen für einen Glaskörper, in welchen zwei kegelförmige Krystalllinsen mit nach innen gekehrten Spitzen eingesenkt wären. Zwei Sehnerven sollten seitlich zu der Sclerotica hinantreten (l. c. p. 7. u. 56.). 2) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig, XIX, n. (Nereis), 302 Verdauungsorgane der Würmer. Bei sehr wenigen Würmern nur ist der Darm ein einfacher, überall ziemlich gleichweiter Schlauch ohne besondere, durch Gestaltung und Structur unterschiedene Abtheilungen. In der Regel findet sich vor dem eigentlichen Darm (intestinum) eine kurze Speiseröhre (oesophagus s. pharynx) von musculöser Textur, die sich nicht selten, meist am hinteren Ende, zu einem sehr dickwandigen, mehr oder minder deutlich abgesetzten Theile, dem Schlundkopf oder Mus- kelmagen (bulbus oesophageus s. pharyngeus) von verschiedener Form und Grösse entwickelt. Ein eigentlicher Chylusmagen, wie solcher bei den Insecten und Spinnen sich vorfindet, ist hier als isolir- ter Darmabschnitt nur selten (bei den Hirudineen, Rotiferen u. e.a.) vor- handen. Gewöhnlich findet man ihn nur in dem vordern, nicht selten ziemlich ansehnlich erweiterten Darmtheil angedeutet. Bei einigen hö- her entwickelten Chätopoden schiebt sich zwischen Schlund und Darm noch ein eigener, mit zahlreichen Drüsen besetzter, wenngleich eben nicht sehr ansehnlicher Abschnitt ein, den man vielleicht nicht mit Un- recht als einen Drüsenmagen !) ansehen könnte. In andern, aber ebenfalls gerade nicht sehr häufigen, Fällen (besonders bei den Räder- thieren) entwickelt sich am Endtheile des Darmes noch ein kurzer und in der Regel nur enger Mastdarm (rectum). | Als eine Eigenthümlichkeit der Würmer verdient noch erwähnt zu werden, dass der Schlund sehr häufig, besonders unter den Anneli- den, wie ein Handschuhfinger nach aussen umgestülpt werden kann. In diesem Falle wird derselbe auch Rüssel (proboscis) genannt. Ein eigenes Organ übrigens ist dieser nur in einigen sehr seltenen Fällen (Clepsine). Drüsige Hülfsapparate des Verdauungskanales fehlen, bei wei- tem den meisten Würmern und finden sich in der Regel überhaupt nur bei einzelnen Arten. Wo sie übrigens vorkommen, beschränken sie sich durchgehends auf den vordern Darmabschnitt. Sie gehören alle zu den sog. Speicheldrüsen. Ein besonderes, vom Darm getrenntes gallenbereitendes Organ, eine Leber, wird nirgends aufgefunden. Wie bei den Insekten und vielen Crustaceen, so ist auch hier deren Function von der drüsigen Zellenschicht des Darmes vertreten. Befestigt wird der Darm der Würmer, wenigstens der der Chäto- poden, sehr häufig durch die oben schon erwähnten muskulösen Dis- sepimente. Bei einigen andern (Ascaris lumbricoides, Strongylus Gigas u. a.) finden sich zu demselben Zweck besondere, sehr zarte Muskel- bündel (sog. Mesenterialfilamente), die zwischen den Seitentheilen des !) Ueber das relative Verhältniss der einzelnen Theile des Munddarmes (Spei- seröhre, Schlundkopf, Muskelmagen, Drüsenmagen) herrschen noch grosse Dunkel- heiten, die vorzugsweise dadurch hervorgerufen sind, dass man über die Bedeutung dieser Abschnitte der verschiedensten Ansicht war. Verdauungsorgane der Würmer. 303 Darmes und den Körperwandungen ausgespannt sind und sich vor- zugsweise den Seitenwülsten inseriren. Bisweilen sind sie übrigens nur noch durch einige einzelne, isolirte Fasern angedeutet (Räderthiere). Wo diese Apparate gänzlich fehlen, ist der Darm frei in der Leibeshöhle ge- legen. In den niedern Ordnungen schwindet allmälig aber auch diese. , Schon bei den Apoden ist sie sehr eng, noch mehr bei den Turbella- rien. Bei den Trematoden (mit Ausnahme von Pentostomum) und den Cestoideen (vers parenchymateux) ist sie überhaupt gar nicht mehr vor- handen. Alle Eingeweide sind eng vom Körperparenchym umschlossen und scheinen in dasselbe eingebettet. Eine Untersuchung der histologischen Structur lässt äusser- lich am Darmrohr gewöhnlich (Lumbrieus, Nereis, Hirudo u. a.) eine starke Muskelschicht erkennen, deren Fasern, vorzugsweise der ‘ Länge und Quere nach verlaufend, ein dichtes Gewebe bilden, aber nirgends vielleicht ein so zierliches Netzwerk, wie so häufig bei den ‚ Insekten u. a. Articulaten. Wo die Muskelfasern in geringerer Menge ‚ angetroffen werden (Oxyuris curvula), sieht man deutlich, dass sie in eine derbe, aber ganz homogene und structurlose Membran eingelagert sind (m. propria), aus der die Fasern nicht so gar selten (Ephesia, Terebella, Serpula, Planaria, Ascaris lumbricoides, Taenia u. a.) über- haupt gänzlich schwinden. Nach innen davon liegt (mit Ausnahme der Cestoideen, wo sie zu fehlen scheint) die Drüsenschicht des Darmes, die, wie bei den übrigen Articulaten, aus einer Menge von Zellen besteht. Sie zeigen eine verschiedene Gestalt. Bald sind sie rund oder auch wohl polygonal gegen einander abgegrenzt (Arenicola, Alciope, Ascaris), bald erscheinen sie eylinderförmig, wie die entsprechenden Zellen der Wirbelthiere (Haemopis), bald mehr zottenförmig,, ausserordentlich lang und nach dem innern freien Ende zu allmälig verdünnt (Nereis, Te- bella, Serpula u.a... Im Innern enthalten diese Zellen feine Körnchen oder auch wohl kleine Fetttröpfehen in ansehnlicher Menge. Von ih- nen rührt die so häufig vorkommende gelbliche oder bräunliche Fär- bung des Darmes her. Sehr zierlich und regelmässig ist die Lagerung dieser Zellen bei Arenicola, wo sie innerhalb der einzelnen, von einem stärkern Gefässkranze umgebenen Feldern der Darmhaut den kleinern Gefässverzweigungen folgend , in zahlreichen gewundenen und ge- krümmten Reihen neben einander liegen. Häufig folgt endlich auf diese Schicht noch eine dritte, eine Epithelialschicht, die aus ei- ner Lage kleiner runder, sehr zarter und kernloser (Ascaris) Zellen gebildet ist. Bei den Rotatorien und Lumbrieinen (Lumbricus,, Nereis, Enchytraeus), aber auch bei einigen andern Würmern (Aphrodite, Ao- nis, Borlasia) tragen diese Zellen kurze lebhaft schwingende Wimpern. Eigenthümlich und bloss auf wenige Würmer beschränkt ist noch eine äussere Drüsenschicht des Darmes. Sie liegt oberhalb der Muskel- haut und besteht bei den Rotatorien, denen übrigens dafür eine innere 304 Verdauungsorgane der Würmer. Drüsenschicht zu fehlen scheint, aus grossen gekernten und mit einem bräunlichen Inhalt versehenen Zellen !), die nicht selten (z. B. Rotifer 2)) einen sehr dicken Belag bilden und durch ihre Gruppirung bisweilen (Philodina 3)) ein fast blinddarmiges Aussehen erhalten. In den Gruppen der Lumbricinen und Hirudineen ist dieselbe Drüsenschicht anzutreffen, wenngleich sie häufig minder stark entwickelt ist. Bei Lumbricus be- steht sie in einem Ueberzug von kleinen, unregelmässig abgegrenzten Zellen, die mit demselben körnigen Inhalt erfüllt sind, wie die in- nern, während sie bei Hirudo, wo diese Gebilde nicht mehr ganz gleichmässig über die Darmfläche verbreitet sind, strangartig sich an einander gruppiren und theilweise verschmelzen 9). Einige Differenzen zeigt das gegenseitige Verhältniss dieser ver- schiedenen Schichten am Oesophagus. Hier scheinen überall nur die äussere Muskel- und eine innere Epithelialschicht vorzukommen. Er- stere ist sehr entwickelt und zeigt immer deutliche Fasern; letz- tere erscheint gewöhnlich als eine homogene, feste Membran, die, ähnlich der innern Chitinhaut bei den Insekten u. a., eine Fortsetzung der Epidermis ist und besonders bei den Dorsibranchiaten, wo der vorstülpbare Schlund am ansehnlichsten entwickelt ist (z. B. bei Eunice), durch dasselbe lebhafte Opalisiren auffallend an diese erinnert. Auch hat sie mit ihr die Tendenz zur Bildung besonderer fester Anhänge gemein. Leisten, Schilder, Zähne, selbst bewegliche Greif- und Kau- werkzeuge, wirkliche Kiefer (mandibulae) sind eben so wenig sel- ten, als die analogen Bewaffnungen im Vormagen der Inseeten oder im Magen der Krebse. Nie wahrscheinlich findet sich aber eine Ausklei- dung von Flimmereilien in diesem Abschnitt. Sonstige, äusserlich gele- gene Fresswerkzeuge fehlen übrigens allen Würmern. Der Mund ist stets eine einfache, nackte Oefinung, deren Ränder höchstens lippen- oder napfförmig aufgewulstet sind, oder auch wohl einzelne Papillen und Lappen tragen. Die Verschiedenheiten im Bau und in der Anordnung des Darmroh- res beschränken sich keineswegs bloss auf die grössern Abtheilungen der Würmer. Sie sind selbst innerhalb der einzelnen Ordnungen und Gruppen noch sehr beträchtlich. Unter den Dorsibranchiaten zeigt sich die einfachste Form des Verdauungskanales bei den Amphinomeen 5), wo man ausser dem ansehnlichen, nach hinten sich allmälig verengernden cylindrischen 1) Icon. zoot. Tab. XXXV. fig. XXXIl. — 2) Ibid. fig. XXVII. A. B. d. 3) Ibid. fig. XXV. f. 4) Brandt (Med. Zoolog. l. c. 247.) will in diesem scheinbar flockigen Ge- webe unregelmässig gewundene Drüsenschläuche erkannt haben, deren immer meh- rere einem gewöhnlich verästelten Ausführungsgang aufsitzen sollten. 5) Vergl. die oben schon erwähnten Abhandlungen von Stannius u. Grube. Verdauungsorgane der Würmer. 305 D Darme nur noch einen kurzen ovalen und fleischigen Pharynx unter- scheidet, dessen Musculatur vorzugsweise an der untern Fläche ent- wickelt ist. Zusammengesetzter erscheint der Verdauungskanal der Aphrodi- ‚teen und zugleich sehr charakteristisch dadurch, dass der Darm in den einzelnen Segmenten des Leibes jederseits sich zu einem blindge- endigten Anhange auszieht. Am entwickeltsten ist diese Anordnung bei Aphrodite 1). Die kurze, aber ziemlich weite und gewöhnlich quer ge- faltete Schlundröhre 2) führt in einen sehr ansehnlichen, cylindrischen und seitlich comprimirten Muskelmagen 3), dessen dicke, feste Wan- dungen nach vorn fast lippenförmig vorspringen und weiter nach in- nen mit zwei Reihen querer, leistenartiger Erhebungen des Epithe- liums, den Andeutungen der bei verwandten Thieren hier befindlichen starken Zähne, bewaffnet sind. Der Darm %) macht bei seinem Anfang eine kleine knieförmige Biegung 5) nach vorn, verläuft aber sonst, sich ‚allmälıg etwas verdünnend, ganz gerade und besitzt jederseits eine Reihe von langen, aber engen Blinddärmen 6), die sich durch eine stärkere Entwicklung ihrer Drüsenschicht auszeichnen und vorzugsweise am erweiterten Ende sich hirschgeweihartig verzweigen. Die vordern " Anhänge sind die längsten und ihre Verzweigungen die stärksten. Sie ' verbreiten sich radienförmig im vordern Leibestheile; während die übrigen Blindsäcke mehr seitlich gelegen sind und ganz deutlich den ‚ einzelnen Leibesringen entsprechen. Bei Hermione sind die Verzwei- gungen der Blinddärme weniger zahlreich und bedeutend. Noch ru- dimentärer erscheinen sie bei Polynoe, wo die Anhänge selbst bis auf zwei Reihen kurzer, gestielter Beutelchen schwinden. Auch ist hier der Muskelmagen verhältnissmässig kleiner. An seinen vordern Lippen | trägt er einen Kranz von fleischigen Papillen und unmittelbar dahin- ter ein Paar gegenüberstehender doppelter Zähne von kräftiger Ent- wicklung. Unter den Nereiden, bei denen noch grössere Differenzen vor- kommen, schliesst sich durch den Bau und die Entwicklung des Mus- kelmagens Phyllodoce am nächsten an die Aphroditeen. Der Oeso- ‚ phagus ist indessen verhältnissmässig länger und im Innern mit klei- ( fleischigen Hervorragungen versehen. Auch ist der Darm, der | | | | | | | | übrigens bei seinem Anfang ebenfalls nach vorn knieförmig gebogen, l) Schon seit den Untersuchungen von Pallas (Miscellan. Zoolog. 1766.) ist dieser Bau bekannt. Ueber ihn vergl. man besonders die Beobachtungen von Cuvier (Vorles. III. S. 696.), Meckel (Vergl. Anat. IV. S. 74.), Treviranus (Zeitschrift f. ‚ Physiol. III. 162.) und Grube (zur Anatomie etc.). | 2) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. XII. a. — 3) Ibid.b. — 4) Ibid. ed — 5) Ibid. d. 6) Ibid. e. e. e. — Treviranus u. Home glaubten in diesen Anhängen in- nere Kiemen zu erkennen und verglichen sie den Kiemenbüscheln von Amphinome. Wagner’s Zootomie, IT. 20 306 Verdauungsorgane der Würmer. eine einfache ceylindrische Röhre ohne Ausstülpungen oder Einschnü- ' rungen. Im Muskelmagen fehlt überdiess eine Bewaffnung. Nur der Papillenkranz am Anfang findet sich, wie bei Polynoe. Es scheint die- ser auch sonst unter den Nereiden nicht so selten vorzukommen und bisweilen (Nephtys) sogar beträchtlich entwickelt. Bei Nereis !) selbst aber fehlt derselbe. Es ist überhaupt bei diesem Wurm Oesophagus und Schlundkopf keinesweges so streng von einander geschieden. Der letztere bildet nur den hintern, dickwandigen Theil des verhältnissmä- ssig kleinen, ovalen oder flaschenförmigen Munddarmes 2), dessen in- | nere Auskleidung neben zahlreichen hornigen Höckern noch ein Paar starker, gekrümmter Mandibeln 3) trägt , welche dieselbe relative Lage zu einander haben, wie die Fresswerkzeuge der höhern Articula- ten. Sie wenden ihre gezähnelten, concaven Schneiden einander zu‘ und können solche selbst scheerenlörmig gegen einander bewegen. Wo sie im Grunde des Schlundkopfes befestigt sind, hängt auf” einer jeden Seite ein gelappter, aus blindsackigen Erweiterungen gebildeter Beutel 4), welcher mit einem mässig langen und engen Ausführungsgang mündet. Wahrscheinlich sind diese Organe Speichel- drüsen, doch wäre es auch möglich, dass ihr Secret als Gift beim! Tödten der Beute benutzt würde. Auf den Munddarm folgt ein an- derer enger, aber dehubarer und ziemlich langer Abschnitt 5), der” zwischen Muskel- und Epithelialhaut eine Menge ziemlich regelmässig neben einander gelegener, nach innen warzenförmig vorspringender Drüschen enthält, ein Drüsenmagen. Die Drüsen bestehen in einzelnen” Häufchen dunkler, granulirter Zellen. Der Darm, welcher sich vorn | durch einen nach innen klappenarlig vorspringenden Sphincter abgrenzt, ist ein langer und weiter Cylinder, der in seinem ganzen Verlausg zwischen je zwei Körpersegmenten durch die muskulösen Diaphra- gmata ringförmig eingeschnürt wird. So scheimt er denn in eine be trächtliche Anzahl hinter einander liegender, rundlicher Zellen oder! Fächer 6) getheilt, die nur durch eine elliptische, senkrecht stehende‘ Oefinung ?) mit einander communieiren und unstreitig den seitlichen Blindsäcken der Aphroditeen entsprechen. Aehnlich ist die Anord- nung ‘des Darmes bei Syllis, nur besitzt hier der Drüsenmagen eine ovale Gestalt und ist diekwandiger. Der Schlund erschemt als eine einfache cylindrische Röhre von musculöser Textur, deren Epithelial- auskleidung vorn mit einem Kranz kleiner Zähne versehen ist, unter | 1) Vergl. Rathke I. c. und die aus dessen Abhandlung entnommene Abbil- dung in den Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XIV. 2) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig: XIV. XV. u. XVII. a. 3) Ibid. fie. XV. a. — 4) Ibid. fig. XIV. XV. u. XVII. g.g. — 5) Ibid, h. — 6) Ibid. i. i. — 7) Ibid. fig. XIX. i Verdauungsorgane der Würmer. 307 denen besonders einer (S. armillaris) sich durch Stärke und Länge auszeichnet !). Einfacher ist wiederum die Anordnung des Verdauungskanales von Eunice 2), die in den meisten Stücken mit dem Bau bei Amphinome ‚übereinkommt, und nur durch die tiefen ringförmigen Einschnürungen ‚des Darmes und eine ansehnliche Bewaffnung des Pharynx sich aus- zeichnet. Letztere besteht in fünf Paaren hinter einander gruppir- ter Kiefer, die nach hinten an Grösse zunehmen und zugleich einan- der immer näher rücken, bis die letzten in ein einziges Stück (Unter- lippe, Zabium) verschmelzen. Ueberdiess findet sich im Bau der Zäh- "ne noch insofern eine Asymmetrie, als an der rechten Seite eines die- ‚ser Gebilde zu einem kleinen Höcker verkümmert, während es an der ‚linken seine völlige Entwicklung behält. | In der Gruppe der kopflosen Dorsibranchiaten besitzt Aonis ‚eine lange musculöse, aber verhältnissmässig nur dünnhäutige Speise- ‚röhre, die sich ziemlich gleichmässig nach hinten zu verdünnt und ‚selbst, entsprechend den Körpersegmenten, einzelne seichte, ringför- ımige Einschnürungen zeigt. Viel tiefer sind diese am Darme, der un- ‚mittelbar auf jene folgt und sich vor ihr nur durch seine grössere Weite "und eine stark entwickelte Drüsenschicht auszeichnet. Eine Bewaff- nung scheint überhaupt allen hieher gehörenden Würmern zu fehlen. Auch bei Ephesia ist der Oesophagus lang und in seinem mittleren Theile verengt. Zwischen ihm und dem eylindrischen Darm, der in ‚ seiner vordern Hälfte einige Krümmungen zeigt, schiebt sich noch ein "aus zwei Theilen bestehender, dickwandiger Abschnitt, dessen vorde- rer Theil, von mehr birnförmiger Gestalt, nach hinten verengt ist und ‚einige tiefe Längsfalten zu besitzen scheint, während der andere eine oblonge Gestalt hat. Wahrscheinlich entsprechen beide Theile einem \ Drüsenmagen (wie bei Syllis z. B). Ein ähnlicher, aber einfacher Abschnitt von kugliger Form findet sich auch bei Ammotrypane vor dem Anfang des ebenfalls eylindrischen und unregelmässig, wenn auch ‚eben nicht sehr bedeutend, gewundenen Darmes, der sich vorn je- ‚derseits in einen ziemlich weiten zipfelförmigen Blindsack 3) auszieht. | 1) Ueber die zahlreichen Verschiedenheiten dieser Zahngebilde, deren Anord- nung man sehr passend zur zoologischen Charakteristik benutzt, müssen wir auf die entsprechenden Schriften von Savigny, Milne Edwards, Grube, Rathke u. A. verweisen. | 2) Vergl. die Beschreibung von Grube l.c. S.38,; sowie auch Delle Chiaje, -' Memor. sulla stor. e notom. degli animali senza vertebre del Regno di Napoli. II. fi p. 389. | 3) Grube (in Rathke's Beiträgen zur Fauna Norwegens l.c.) hält diese Blind- ‚ därme für gestielte Anhänge, ganz wie sie bei Arenicola u. a. gefunden werden. , Uns dagegen schienen sie blosse Ausstülpungen des Darmes, die mit weiter Oefl- | nung mit ihm communiceirten und auch von derselben Drüsenschicht ausgekleidet ‚ waren. | | N f 20 * | 308 Verdauungsorgane der Würmer. | | Eben nicht sehr bedeutend verschieden ist die Anordnung des Ver- dlauungskanales von Arenicola 1). Die Speiseröhre 2) ist ein ziemlich | langer, musculöser Abschnitt, der, soweit er vorgestülpt werden kann, im Innern mit zahlreichen fleischigen Papillen besetzt ist, und‘ an seinem Ende jederseits den engen Ausführungsgang eines grossen, zipfelförmigen und kurzgestielten Drüsensackes 3) aufnimmt. Der Darm % ist Anfangs stark erweitert und nicht unbedeutend gewunden. In sei- ner ganzen Ausdehnung wird er von einem regelmässigen Gefässnetze‘ umstrickt, aus dessen einzelnen Maschen die umschlossenen Räume buckelförmig hervortreten. | Unter den Gapitibranchiaten schliesst sich Terebella durch den Bau ihres Verdauungskanales ganz eng an Arenicola. Nur feh- len die seitlichen Blindsäcke an der zugleich etwas kürzern Schlund- röhre, die überdiess nicht mehr rüsselförmig hervorgestülpt werden‘ kann. Bei vielen andern hieher gehörenden Würmern zeigt dieselbe‘ an ihrem untern Ende einen dickern Muskelbelag, der sich selbst zu‘ einem eylindrischen (Spirorbis), oder häufiger flaschenförmigen (Serpu- la, Hermella, Amphitrite 5), Siphonostoma 6)) Schlundkopfe entwickelt. Der Darm, der demselben folgt, ist fast immer einfach röhrenförmig, ohne eine Abtheilung in Zellen, und zugleich von beträchtlicher Länge. Nur bei Fabricia verläuft derselbe ganz gerade vom Mund bis zum‘ After und ist in den einzelnen Segmenten ausgebuchtet. Sonst zeigt! er stets mehrere Windungen, die bald von ansehnlicher Grösse sind und schlingenförmig (Amphitrite, Siphonostoma), bald kleiner, aber häufiger‘ und schlangen- oder zickzackförmig (Hermella, Spirorbis, Serpula),' bald endlich spiralig (Sabella )), ganz wie dieselben auch bei einem‘ andern, den Dorsibranchiaten zugehörenden Wurme, bei Cirratulus 8), vorkommen. In einigen Fällen entwickeln sich am Ursprunge des Dar- mes wiederum besondere accessorische Drüsen (Chloaema, Sabella 9), Siphonostoma), die in die Schlundröhre sich öffnen und Speicheldrüsen zu sein scheinen. Sie sind einfache Säcke, die bei Siphonostoma im In- i 1) S. die Angaben von Oken (Isis I. S. 466.), Cuvier, Delle Chiaje, Me. ckel und Grube Il. |]. c. c., die freilich in manchen Stücken von einander differi- ren und nicht alle gleich genau sind. | 2) lc. zootom. Tab. XXVIL. fig. XI. b. c. (Der hintere Abschnitt ist als Magen? gedeutet, nach Meckel). | 3) Ibid. e. e. — ein Paar Gebilde, die mit Meckel und Grube für muth- massliche Lebern gehalten sind. — 4) Ibid. d. 5) Rathke, neueste Schriften der Danz. naturf. Gesellsch. 1. c. 6) Ibid. ]. c. 7) Vergl. Meckel (l. c. S.71.), R. Wagner (Isis 1832. S. 657.) u. Grube (| c. S. 25). Vergl. Ic. zootom. Tab. XXVIl. fig. XX. g. fig. XXI. b. 8) So nach Grube (l. c. S. 34.). 9) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. XXI. a. a. Verdauungsorgane der Würmer. 309 nern durch eine Längsscheidewand vollständig in zwei Seitenhälften getrennt werden. Differenzen ähnlicher Art, wie bei den Dorsibranchiaten, finden sich auch in der Gruppe der Lumbricinen. Bei den gewöhnlichen Regenwürmern !) erweitert sich die Schlundröhre ziemlich plötzlich zu einem dünnhäutigen Vormagen, dem unmittelbar ein zweiter kugliger /Muskelmagen folgt. Von hier verläuft der Darm ganz gerade bis zum After, ist aber durch zahlreiche, dicht stehende Dissepimente in eine grosse Menge zelliger Räume oder Fächer getheilt. Bei den übrigen "Lumbrieinen, Euaxes, Lumbriconais u. a. (mit Ausnahme von Chaelto- 'gaster 2)) fehlt übrigens ein Magen, und die Schlundröhre, ein vor- stülpbarer, muskulöser Abschnitt, dessen Wandungen sich bisweilen |(Chaetogaster, Enchytraeus 3)) nicht unansehnlich verdicken, führt un- mittelbar in den langen Darm. Bei Euaxes #) und Lumbriculus 5) zie- hen sich auf der Rückenfläche die zellenartigen Fächer des Darms ‚weiter aus und zerspalten sich in eine Menge von Blinddärmchen, die ‚von dem Epithelium der Drüsenschicht erfüllt werden und äusserlich \ sehr zahlreiche Blutgefässe erhalten. Eıgenthümlich ist die Anordnung des Darmes bei einigen kleinern ‚Lumbricinen noch dadurch, dass sich die äussere Fläche dieses Abschnit- tes in ihrer ganzen Ausdehnung (Enchytraeus) oder doch in ihrem vordern ‚Theile mit einer Menge kurzer, zottenförmiger Blinddärmchen dicht be- setzt. Wahrscheinlich entsprechen diese dem äussern Drüsenepithelium ‚von Lumbricus. Eigentliche Speicheldrüsen scheinen sich nur bei Lumbricus zu "finden, wo auf dem Anfangstheile der Speiseröhre eine drüsige Masse gelegen ist, die jederseits zwei lappenförmige Vorsprünge bildet. Eine ‚ähnliche Bedeutung haben vielleicht auch die vier Paare grosser was- ‚serheller Blasen, die bei Enchytraeus hinter dem Schlundkopf in den "Darm münden. Analoge Gebilde scheinen übrigens neben den Spei- ‚cheldrüsen auch noch bei Lumbrieus vorzukommen, wo unterhalb der 'Geschlechtstheile jederseits drei rundliche 6) Beutel gelegen sind, die ‚gewöhnlich mit Conerementen von kohlensaurem Kalk gefüllt sind und ‚unter sich in Verbindung stehen sollen. Die vordern derselben mün- ‚den wahrscheinlich in den Oesophagus. 1) Leo, de struct. lumbrici terrestr. Regiomont. 1530 u. Morren, de lum- briei terrestr. hist. nat. nec non anat. Brüssel 1829. 2) Vergl. üb. diesen merkwürdigen Schmarotzer Baer in Nov. Act. Leop. Vol. XII. p. 611 u. Vogt in Müller’s Archiv 1841, S. 37. | 3) Vergl. die Anatomie von Henle in Müller's Archiv 1837. S. 74. 4) Vergl. Grube in Wiegmann'’s Archiv 1844. I. S.204 u. Menge ebendas. ‚1845. I, S. 28. | 5) Grubel. c. S. 209. 6) Vergl. Henle in Müller's Archiv 1835. S. 581. 310 Verdauungsorgane der Würmer. Die Ordnung der Hirudineen !) besitzt wiederum ziemlich con- stant (mit Ausnahme von Pontobdella, Piscicola, Clepsine) im Grunde eines napfartigen, zum Saugen eingerichteten Mundes 2) besondere kieferar- tige 3) Gebilde, die aber in ihrer Anordnung, selbst in ihrer Form, eine grössere Uebereinstimmung zeigen als bei den Nereiden. Nur selten ist diese Bewaflnung rudimentär, wie bei Nephelis, wo sie ganz einfach durch einige quere Falten der Epithelialhaut angedeutet ist. Gewöhnlich triffi man, wie bei Hirudo, auf drei hornige,, lamellöse Kiefer %) von halbmondförmiger Gestalt , mit einer einfachen Reihe zweiwurzliger spitzer Zähne 5). Branchiobdella besitzt nur zwei der- arlige Kiefer. — Der Darm zeigt eine verschiedene Entwickelung, Bei Hirudo 6) beginnt er mit einer kurzen Schlundröhre ?) von ovaler Form und musculöser Textur, die äusserlich von einer acinösen Spei- cheldrüsenmasse umgeben ist. Der zweite Darmabschnitt 8), ein eigent- licher Magen, wie er bei den Insecten vorkommt, besteht aus 10 oder 11 hinter einander liegenden Kammern oder Zellen, die seitlich‘ in ansehnliche, ebenfalls mit leichten Einschnürungen versehene Blind- därme ausgezogen sind. Nach hinten nehmen diese an Grösse zu. Vor allen aber zeichnet sich das letzte Paar ®) aus. Eine starke, klappenar- tige Einschnürung trennt den Magen von dem kürzern und engern Darm 10), der nicht selten einige kleine Biegungen macht, nach hinten‘ nochmals keulenförmig sich erweitert !!) und endlich durch die spaltför- ınige, über dem Saugnapf gelegene Afteröffnung 1?) nach aussen mündet. Nach derselben Anordnung finden sich auch bei Piscicola jederseits am schlauchförmigen Magen 8 nur minder beträchtliche und abgerundete‘ Blindsäcke. Haemopis B) besitzt davon nur das letzte Paar!!) am Ende des Magenschlauches 15). Es ist lang, aber dünner als bei IHlirudo. Bei Pontobdella 16) ist dasselbe zu einem einzigen unpaaren, langen und! schlauchförmigen Blinddarm verschmolzen. Am Darmkanal von Bran- chiobdella !7) schwindet auch dieser. Man findet nur noch 4—5 kuglige, hinter einander gelegene Kammern, die auf der Aussenseite von einer ’ 1) Ueber diese Gruppe vergl. man den Art. Hirudo in Ersch u. Gruber’s Enceyclop., wo eine gute Zusammenstellung der Arbeiten von Spix, Bojanus, Kuntzmann, Audouin u. S. w. gegeben ist. | 2) Icon. zootom. Tab. XXVI. fig. III. a 3) Vergl. hierüber Duvernoy im Institut. 1836. p. 374. 4) Icon. zoot. Tab. XXVIl. fig. II. b. — 5). Ibid.. Dig NOAIBRG 6) Vergl. bes. Brandt u. Ratzeburgl. c. { 7) Icon. zoot. Tab. XXVI. fig. Vl.a. — S)AlbidVhmera— 9) Ibid. d.d. — 10) Ibid. e. — 11) Ibid. f. — 12) Ibid.g. — 13) Ibid. fig. X. — 14) Ibid. d.d. — 15) Ibid. b. 16) Vergl. R. Wagner in Oken’s Isis. 1831. S. 130. 17) Vergl. über die Anatomie dieses Thieres Henle in Müller's Archiv. 135 lrc. Verdauungsorgane der Würmer, sil dicht gedrängten Menge kurzer, einfacher Blindschläuche besetzt sind, welche unstreitig dieselbe Bedeutung haben, wie die entsprechenden Gebilde mancher Lumbrieinen und den äussern Drüsenbelag am Darm von Hirudo repräsentiren. Bei Nephelis ist endlich der Darm ein ein- faches, vom Kopfende bis zum After verlaufendes Rohr, das nach hin- ten zu sich erweitert. Sehr interessant ist die Bildung des Darmkanales bei Clepsine !), die zugleich sich vor den übrigen Hirudineen durch die Entwickelung eines besondern ceylindrischen Rüssels auszeichnet. Cl. costata besitzt auch 2 Paare Speichel- oder Giftdrüsen, die in das hintere Ende dieses Organes münden. Der Magen zeigt, wie bei -Hirudo , jederseits eine Reihe langer Blindsäcke von verschiedener Zahl, deren letzte von allen die grösseste Entwickelung erlangen, wiederum sich spalten und mit Nebentaschen besetzen. Eine solche Verästelung 2) findet sich mit- unter sogar an allen Blindsäcken. Auch der Darm zeigt einige, wenn- gleich kleinere Anhänge , mitunter selbst der Oesophagus. Auffallend ist der Bau des Verdauungsapparates in der anomalen Gruppe der Tardigraden. Die Mundhöhle, die bisweilen eine Art Saugnapf darstellt, führt in eine musculöse, im Innern mit zwei zahnartigen Gebilden versehene Schlundröhre und aus dieser in ei- nen rundlichen oder ovalen Schlundkopf. Der Darm zeigt verschie- dene Abschnitte und ist in der Mitte besonders mit einer sackför- migen Erweiterung verschen, einem Magen, der bei Emydium tiefe seitliche Einschnitte und eine lappige Form besitzt. Bei Myzostoma, wo zugleich der Oesophagus rüsselförmig nach aussen vorgestülpt werden kann, ist diese Bildung noch mehr entwickelt , indem jeder- seits in der Mitte des Darmes ein ansehnlicher, durch den ganzen Körper verästelter Blinddarm in den Magentheil einmündet. Noch allgemeiner ist die Tendenz zu solchen Darmverästelungen unter den Turbellarien, wo auch sonst noch manche Eigenthüm- lichkeiten in der Anordnung der einzelnen Theile vorkommen. So ist auffallender Weise bei den Nemertinen der Rüssel, der eine sehr beträchtliche Entwickelung erlangt, gänzlich vom Darmkanal getrennt, Er ist von einer eignen Scheide umhüllt , einem weiten Schlauch. der sich oberhalb des Darmes von der Spitze des Kopfes, wo der Rüssel hervorgestülpt werden kann, fast bis an das hintere Leibesende 1) Mehr Detail siehe in den anatomischen Untersuchungen Müller's über die- ses Genus (Wiegmann’s Archiv 1814. I. p. 373. u. 1846. I. p. 82.). 2) Nach Philippi (Sopra lanatomia e lo sviluppo delle Clepsine. Pavia. 1339.) würde der verästelte Darmkanal durch ein feines Gelässnelz mit dem Blut- gelässsystem in directer Verbindung stehen; eine Ansicht, die durch Müller’s ge- naue Untersuchungen hinlänglich widerlegt ist. 312 Verdauungsorgane der Würmer. erstreckt. Der Rüssel !) selbst ist ein ausserordentlich langes, röhren- förmiges Organ, mit dicken, musculösen Wandungen , deren innere Bekleidung nicht selten zahlreiche kleine, papillenförmige Hervorragun- gen bildet. In seinem Verlaufe zeigt er ansehnliche Windungen und Krümmungen, jund verdünnt sich allmälig zu einem geisselförmigen Theile, der endlich durch eine quastförmige Masse von Zellgewebsfasern ziemlich weit nach vorn an der Scheide befestigt wird. Sein vorderes Ende ist ebenfalls, wenngleich viel weniger, verdünnt. Es verschmilzt an der Mündungsstelle mit der Scheide, die hier mit den äussern Um- hüllungen des Leibes eng verbunden ist. Bei Nemertes und Tetrastemma ist die Communication der Röhre in der Mitte des Rüssels durch einen muskulösen Bulbus unterbrochen. Dieser trägt eine Bewaffnung, einen mittlern starken, spiessförmigen Zahn, dessen Wurzel noch in einer besondern Muskelscheide eingeschlossen ist, und jederseits zwei dün- nere, nagelförmige Zähne, die in entgegengesetzter Richtung quer neben einander gelegen sind. Der vordere Theil des Rüssels bis zu dieser Bewaffnung, soweit er nach aussen vorgestülpt werden kann, zeichnet sich durch seine beträchtliche Weite aus. Der hintere (flagellum) ist viel enger. Am Darme lassen sich keinerlei Abtheilungen erkennen. Er ist ansehnlich weit und an den Seiten mit zahlreichen unregelmässi- gen und nicht selten wiederum gespaltenen Ausstülpungen versehen, die nach hinten zu allmälig unbedeutender werden (Borlasia, Tetra- stemma), in einigen Fällen (z. B. Molacobdella) aber überhaupt gänzlich fehlen. Der Mund, eine weite Oeffnung von länglich ovaler Form, ist an der Bauchfläche eine Strecke vor der Kopfspitze gelegen. Der After liegt am hintern Leibesende und ist eine schmale Längsspalte. Bei den Planarien schon ist der Rüssel wiederum mit dem Darmkanal in Verbindung getreten und hat seine eigentliche Bedeu- tung als Schlundröhre wieder übernommen. Bei den ausgebildetsten der hieher gehörenden Thiere, bei den Dendrocoelen, findet sich in- dessen noch insofern eine Andeutung der bei den Nemerlinen vorkom- menden Anordnung, als die Speiseröhre, bald ein hohler muskulöser Cylinder, bald der Länge nach in mehr oder minder tief getrennte und bisweilen (Leptoplana ?2)) wiederum verästelte Arme gespalten, die als ' Fanglappen dienen, ganz frei innerhalb einer geräumigen Mundhöhle liegt und nur an ihrem hintern Ende, wo sie in den Darm führt, befe- stigt ist. Dadurch wird es dann möglich, dass sie aus der Mundöffnung, 1) Ehrenberg, Thompson u. A. hielten den Rüssel für den Darm, Huschke dagegen u. Oersted für den Penis. Vergl. Frey u. Leuckartl.c. 2) S. Merten’s Beobachtungen über den Bau verschiedener in der See le- bender Planarien. Isis 1836. p. 307. — Sind die Arme eingezogen, so gleichen sie einem cylindrischen, mit seitlichen Ausbuchtungen versehenen Darmslamme. Dafür sind sie auch von Ehrenberg, Grube u. A. gehalten. Verdauungsorgane der Würmer. 313 die gewöhnlich in der Mitte der Bauchfläche oder etwas weiter nach vorn gelegen, ganz frei hervorgestreckt werden kann. Bei den sog. Rhabdocoelen fehlt eine solche Mundhöhle, und der Schlund, der bis- weilen sogar bis auf einen kleinen, sphincterartigen Ring (Monostomum u. a.) schwindet, kann nicht mehr aus der Mundöffnung , die übrigens in ihrer Lage eben so häufig wechselt, hervorgestossen werden. Der eigentliche Darm der Planarien ist ein ziemlich weiter, sack- förmiger und sehr dünnhäutiger Schlauch, der überall, wo der Mund eine centrale Lage hat (Polycelis, Typhloplana u. a.), über demselben gelegen ist und sich gleichmässig nach beiden Enden des Körpers ver- längert. Wo dagegen der Mund am vordern Körperende befindlich (Proceros, Vortex u. a.), erstreckt sich der Darm nur in das hintere Leibesende. Eine Afteröffnung fehlt überall. In der Gruppe der Dendrocoelen ?) besitzt dieser Darm eine grosse Menge ansehnli- cher seitlicher Ausstülpungen, die nur bei Monocelis sackförmig sind und wenig entwickelt. Sonst besitzen sie eine blinddarmige Form und verästeln sich dendritisch durch den ganzen Körper. Besonders die vordern und hintern von ihnen zeigen eine ansehnliche Entwicklung. Bei Eolidiceras bilden die Anhänge durch zahlreiche Anastomosen ein maschiges Netzwerk , dessen äusserste Zweige sich bis in die Rücken- fortsätze hinein erstrecken. Am mächtigsten sind übrigens die Verzwei- gungen bei Planaria 3), wo in sie sogar der eigentliche centrale Darm gänzlich aufgegangen ist. Die Schlundröhre führt hier unmittel- bar in drei lange vielfach verästelte Zweige, von denen zwei nach hinten in den Seitentheilen des Leibes hinabsteigen, während der dritte unpaare sich in der Medianlinie bis weit nach vorn erstreckt. Eine weit grössere Gleichförmigkeit im Bau der Digestionswerk- zeuge trifft man wiederum in der Gruppe der Räderthiere 4), die sich überdies besonders durch die, bei weitem der grössten Mehrzahl gemeinschaftliche, starke Bewaflnung des Schlundkopfes auszeichnet. Es besitzt dieser Darmabschnitt 5) eine kuglige Form, vorzüglich be- dingt durch eine Anzahl starker Muskelbündel, die sich häufig, wie bei Hydatina 6), Brachionus u. a., an ein complieirtes Gerüst von knorpligen Schlundbögen befestigen und zur Bewegung zweier einan- der gegenüberstehender Kiefer ?) dienen. Diese besitzen eine hornige 1) Prostomum, eine Turbellarie, der Ehrenberg, Dujes u. A. eine solche zuschreiben, gehört in die Gruppe der Nemertinen. 2) Vergl. bes. Quatrefages|. c. 3) Vergl. Baer in den Nov. Act. Leop. Vol. XII. p. 536. und Dujes in den Ann. des science. nat. 1523. T. XV. p. 152. 4) Ueber den Darmkanal dieser Thiere und dessen Differenzen vergl. die klas- sischen Untersuchungen von Ehrenberg in dessen Infusionsthierchen. 5) Icon. zoot. Tab. XXXV. fig. XXVL b. XXVIT—XXXV. a — 6) Ibid. fig. XXVIL d. — 7) Ibid. a. a. 314 Verdauungsorgane der Würmer. Textur und stützen sich ihrerseits ebenfalls auf ein knorpliges Gerüst, bald (so in der Mehrzahl der Fälle, bei Hydatina u. a.) nur an ihrem hintern !) Ende, so dass sie vorn frei sind, wie die Finger einer Hand, bald (Rotifer 2), Philodina 3) u. a.) auch am vordern Ende, so dass sie quer auf dem Kiefergerüste liegen, wie ein Pfeil auf dem Bogen. Na- türlich muss in beiden Fällen auch die Form des Gerüstes differiren. Im letztern Falle gleicht es mehr einem Steigbügel, im erstern mehr ei- nem Schulterblatt. Die Kiefer selbst bestehen aus einer verschiedenen Anzahl von Zähnen, aus emem, zweien oder aus vielen» Es umfasst nun dieser Schlundkopf den vordern Theil der inmitten des Räderap- parates aus einer Schlundöffnung entspringenden Speiseröhre, die eine verschiedene Länge besitzt und in den ceylindrischen #) oder kugelför- migen 5) Magen führt, der nur selten (bei den Philodineen 6)) wenig oder gar nicht erweitert ist. Der Darm ist kurz, mit wenigen Ausnah- men (Philodineen) verengt, und mündet gewöhnlich an der Basis des Schwanzendes, bisweilen, bei den in einer Hülle steckenden Rotato- rien, auch mehr dem Kopfende zugewandt. Sehr allgemein, mit Ausnahme einiger lchthydinen , mündet am Anfang des Magens ein Paar oblonger, nierenförmiger Körper ?), die unstreitig Speicheldrü- sen 8) sind und sehr dicke zellige Wände, im Innern auch vielleicht ein Flimmerepithelium 9) besitzen. Nur selten haben diese Organe eine cylindrische, mehr blinddarmige Form und sind dann auch bis- weilen, wie bei Diglena lacustris 1%), in ihrer Zahl vermehrt. Eigen- thümlich und in ihrer Function noch dunkel sind die bei Enteroplea ' am Schlunde vorkommenden strahlenden Anhänge von gefässartiger Beschaffenheit !!). Unter den Eingeweidewürmern schliessen sich die Nematoideen durch den Bau des Darmes an die Chätopoden. Der Eingang in den Verdauungskanal ist am vordern Körperende gelegen und häufig von lippenartigen Papillen 12) oder Wülsten umgeben. Bisweilen zeigt der Mund auch eine förmliche Bewaflnung (wie bei Ancyracanthus, Stron- gylus !3), Cucullanus), die in einigen seltenen Fällen (Gnathostoma) 1) Icon. zoot. Tab. XXXV. fig. XXVI. b.c. — 2) Ibid. fig. XXVII. a. ERODID 3) Ibid. fig. XXXV.a. — 4) Ibid. fig. XXVI. e. (Hydatina). fig. XXXIL. b. (Chaetonotus), — 5) Ibid. fig. XXXI. b. (Diglena). XXXIM. b. (Brachionus). XXXIV.b. (Enteroplea). — 6) Ibid. fig. XXVIH. u.XXXV.b. — 7) Ibid. fig. XXVL. d. d. fig. XXVIM. XXX. XXX — XXXV..c..c. 85) Ehrenberg betrachtet sie als Analoga der Pancreatischen Drüsen. 9) So nach von Siebold 1. c. p. 180. 10) Icon. zoot Tab. XXXV. fig. XXXL f.f. — 11) Ibid. fig. XAXIV. f 12) Ibid. Tab. XXVII. fig. I. UI. A. a. 13) Eine genaue Beschreibung dieses Apparates s. bei Mehlis in der Isis. 1831. S. 78. Verdauungsorgane der Würmer. 315 sogar an die Greif- und Kauwerkzeuge höherer Würmer erinnert. Die Mundöffnung führt, bei Ascaris lumbricoides !) z. B., in eine kurze Schlundröhre 2) von ovaler Form, deren stark musculöse Wandungen aus drei von Querfibern zusammengesetzten Längsbalken gebildet werden, aus einem obern und zweien untern seitlichen. Eine tiefe ringförmige Einschnürung trennt diesen vordern Theil des Verdauungs- kanales von dem eigentlichen Darm 3), der ohne Magenanschwellung, doch nach hinten etwas verengt, als eine von oben nach unten zu- sammengedrückte Röhre bis zum After 4) hinabläuft. Zahlreiche Windun- gen der Geschlechtsorgane umschlingen den Kanal, wenigstens seinen mittleren Theil. — Abweichungen von diesem Bau sind freilich häufig, doch nie sehr bedeutend 5). Gar nicht selten bildet z.B. der musculöse Oesophagus an seinem hintern Theile einen kolbenförmigen Schlundkopf (wie bei Ascaris acuminata, oxyura u.a., Oxyuris, Anguillula), der zu- weilen selbst als kugliger (gewöhnlich als Magen gedeuteter) Theil sich abschnürt (Cucullanus elegans, Spiroptera obvelata u. a.). Bei Trichoce- phalus 6) und Trichosoma finden sich sogar mehrere solcher kugliger Ab- theilungen, die unmittelbar auf einander folgen und dadurch dem ganzen vordern Darmtheile ein gegliedertes Ansehen geben. Auch das Epithelium des Schlundkopfes entwickelt sich bisweilen (Ase. acuminata) in einem solchen Grade, dass es einem Zahnapparate nicht ganz unähnlich wird. Bei sehr vielen Nematoideen ?) verlängert sich der Anfang des Darmes auf der Rückenseite zu einem mehr oder minder ansehnlichen Blind- sacke, der nach vorn bald bis in die Kopfspitze sich erstreckt (Filaria piscium 8), Ase. osculata u. a.), bald aber auch kaum den Schlund- kopf überragt. Zu den Hülfsapparaten 9) der Verdauungsorgane gehört unstreitig 1) Eine ausführliche Anatomie dieses Wurmes lieferte Cloquet |]. c., sowie Bojanusl.c. »2) Icon. zoot. Tab. XXVII.-fig. LL.B.c. — 3) Ibid. d. e. (der vordere etwas erweiterte Theil ist als Magen gedeutet), — 4) Ibid. IL A. b. 5) Vielleicht machen hievon nur einige kleinere, noch wenig gekannte Nema- toideen eine Ausnahme. So findet man z. B. bei Sphaerularia (vergl. Siebold in Wiegmann'’s Archiv. 1838. I. S. 305.) statt des cylindrischen Darmes eine Reihe länglicher, an einander klebender Schläuche, welche die Leibeshöhle durchsetzen, aber weder im vordern, noch im hintern Körperende sich nach aussen öffnen. 6) Abgebildet in Mayer ’s Beiträgen zur Anatomie der Entozoen. Bonn 1811. Tab. 1. 2. 7) Vergl. Mehlis |. ce. p. 91. 8) Ueber diesen Eingeweidewurm s. ein Näheres bei Siebold in Wiegmann'’s Archiv. 1838. 1. p. 309. 9) Bei einzelnen Nematoideen (Asc. lumbricoides, depressa, Strongylus Gi- gas) ragen an der ganzen inneren Fläche der Abdominalhöhle, besonders an der obern und untern Seite des Körpers, eine Menge kurzer, gestielter, dünnhäutiger Bläschen hervor, die, wahrscheinlich bei-dem Nutrilionsgeschäft irgendwie bethei- 316 Verdauungsorgane der Würmer. ein blindsackiger Anhang am untern Theil der Schlundröhre, der vor- züglich da entwickelt scheint, wo zugleich ein vorderer Blinddarm vorhanden ist (z. B. Filaria pisctum, Asc. mucronata, aucla u. a.) Vielleicht entspricht dieser Anhang den Speicheldrüsen anderer Wür- mer. Mit noch grösserer Wahrscheinlichkeit lässt sich übrigens die- se Function für einige schlauchförmige Organe vindiciren, die vor- zugsweise, vielleicht ausschliesslich !), bei den bewaflneten Nematoi- deen vorkommen. Gewöhnlich erscheinen sie als vier Blindsäcke , die neben dem Oesophagus gelegen sind und nach hinten frei in die Kör- perhöhle hinabreichen. Bei Strongylus münden dieselben vorn im ein die Mundhöhle umfassendes Ringgefäss, das in diese sich öffnet. Der Verdauungsapparat der Gordiaceen ist noch nicht in allen seinen Einzelheiten gekannt, zumal bei Gordius, wo in der Leibes- höhle zwei cylindrische Röhren verlaufen, die beide eine Anzahl wei- ter spiraliger Windungen machen. Wahrscheinlich ist indessen der untere dieser Kanäle, zugleich der beträchtlichere, Darmkanal. Nach vorn scheint derselbe mit einer äusserst dünnen Speiseröhre zusammen- zuhängen und an der Bauchseite unmittelbar hinter dem Kopfende nach aussen zu münden 2. Eine Aftermündung ist mit völliger Sicherheit noch nicht nachgewiesen 3). Dieselben Dunkelheiten herrschen über den Bau und die Anordnung des Verdauungsapparates bei den Acanthocephalen. Ein eigentli- cher Darmkanal, wie er B. den Nematoideen zukommt, scheint hier in Wirklichkeit zu fehlen und dafür ein eigenthümliches System von Gefässen entwickelt zu sein, das unter den äusseren Bedeckungen sich verzweigt, und auflallender Weise nirgends durch eine Oeffnung ?) nach aussen führt. Seine ganze Structur erinnert an die des Circulationsapparates 5). In die- ligt, vielleicht zur Aufsaugung des die Darmwände durchschwitzenden Chylus dienen. Bojanus (l.c.) u. Morren (Ann. des scienc. nat. T.IX. p.314) halten diese Organe für Respirationswerkzeuge. Ersterer vergleicht sie mit den Tracheen der Insekten. 1) Mehlis (l. c. p. 81.) hält deshalb diese Organe für Giftdrüsen. 2) Vergl. Berthold I. c. p. 13. Siebold konnte die Mundöffnung übrigens mit Bestimmtheit nicht auflinden, doch macht es die Analogie mit Mermis, wo dieselbe ganz deutlich ist, wahrscheinlich, dass sie existire. Vergl. Wiegmann’s Archiv. 1843. IL. S. 305. Ueber Mermis sehe man Dujardin in den Ann. des science. 1842. Tom. XVII. p. 129 ff. 3) Berthold (l. c.) lässt den Darm zugleich mit dem Ausführungsgang der Genitalien münden, während Siebold die Existenz eines Alters gänzlich läugnet. 4) Nach Angaben von Mehlis u. vieler anderer Helminthologen sollte die Spitze des Rüssels eine feine Mundöffnung enthalten, von der ein kurzer und zarter zwei- schenkliger Darm seinen Ursprung nähme. Vergl. Creplin in Ersch und Gru- ber’s Eneyclopädie. XXX. 8.373. Westrumb, de helmintbibus acanthocephalis, 1821. Burow u. Gloquet Il. cc. 5) Da eine Mundöffnung, durch welche feste Nahrungsstoffe in den Darm ge- führt werden könnten, fehlt, so müssen dieselben in mehr flüssigem Zustande \ | | Verdauungsorgane der Würmer. 317 sem Systeme machen sich vorzugsweise zwei Längskanäle bemerklich, die in den Seitentheilen des Körpers zwischen der Cutis in dem Haut- muskelsacke bis in das hintere Leibesende hinablaufen und sich durch eine ansehnliche Menge querer, netzförmig anastomosirender Gefässe mit einander verbinden !). Letztere besitzen übrigens keine deutlich zu unterscheidenden Wandungen und erscheinen als blosse Lücken in einer eigenen, zwischen Cutis und Muskelschlauch gelegenen, gel- ben, körnigen Schicht. Am Halse hängt dieser gefässartige Verdau- ungsapparat mit einem zweiten ganz ähnlichen Gefässsysteme zusam- men, mit dem der sog. Bändchen (lemnisei ?). Es sind diese zwei platte, bandartige Gebilde, die an den Seiten der Rüsselscheide liegen und mit ihrem hintern Ende meistens frei in die Leibeshöhle hinabragen. Nur bisweilen (Echinorhynchus acus, proteus u. a.) sind sie durch besondere Muskelbündel an die Museuli retractores probo- seidis geheftet. Gewöhnlich besitzen sie eine mässige Länge. Selten nur sind sie sehr kurz (E. hystrix), oder so lang, dass sie selbst den ganzen Körper an Ausdehnung übertreffen (E. claviceps). Das Paren- chym dieser Organe enthält dieselbe körnige Masse, wie die gelbe, unter der Cutis gelegene Schicht. Die Gefässe der Lemniscen bestehen bei Ech. Gigas u. a. in einem Längskanale 3), der an den Seiten zahlreiche verästelte und anastomosirende Zweige abgiebt. In andern Fällen verläuft das Hauptgefäss am Rande der Lemniscen. Ueberall aber steht es am obern Halse dieser Organe, wo solche mit den Kör- perwandungen verschmelzen, in unmittelbarer Communication mit dem Verdauungssysteme 9). In der Gruppe der Trematoden zeigt der Darmkanal wieder durch die Körperoberfläche transsudiren. Ob man übrigens im Fehlen jener Oefl- nung einen hinreichenden Grund hat, dem ganzen Apparat die Bedeutung eines Darmes abzusprechen, lassen wir dahin gestellt sein. 1) Mehlis u. A. hielten diesen Apparat für das Circulationssystem, das un- mittelbar mit dem Darmkanal zusammenhängen sollte. 2) Icon. zootom. Tab. XXVII. fig. V. VL f. £f. 3) Die nicht selten im Innern dieses Kanales (aber auch in den subcutanen Ernährungsgefässen) vorkommenden blasenartigen, mit einer albuminösen Flüssig- keit gefüllten Körperchen scheinen blos zufällige Bildungen (vielleicht pathologi- scher Art) zu sein, wie denn dieses schon durch die grosse Unbeständigkeit im Vorkommen, in der Zahl und Lage bewiesen wird. 4) Nach Mehlis sollen die Gefässe der Lemniscen unabhängig vom Darm je- derseits am Rüssel durch eine feine Oeffnung nach aussen münden und so eine grosse Aehnlichkeit mit den Speichel- oder Giftdrüsen der bewaffneten Nematoi- deen erhalten. — Auch die neuern Untersuchungen haben die Function dieser Ge- bilde noch keineswegs aufgeklärt. Nicht unwahrscheinlich ist es indessen, dass, ‘wie auch von Siebold (Anat. der wirbell. Thiere. S.135.) vermuthet, in ihnen die allgemeine Ernährungsflüssigkeit gebildet werde, die die zarten Wände durchschwitze und in der Leibeshöhle die Eingeweide umspühle. 318 Verdauungsorgane der Würmer. eine sehr beträchtliche Entwicklung und Selbstständigkeit. Die Mund- öffnung !) , die fast immer (mit Ausnahme von Gasterostoma und Bucephalus 2)) am vordern Leibesende gelegen und nicht selten mit einem napfartig entwickelten Wulste umgeben ist, führt bei Amphisto- mum z.B. in eine mässig lange, gerade nach hinten verlaufende Spei- seröhre 3), welche von einem birnförmigen, derb musculösen Schlund-. kopfe 4) umfasst wird und bald darauf in die beiden Darmschenkel 5) sich spaltet. Diese weichen allmälig auseinander, und laufen in den Seitentheilen des Leibes, mehr der Rückenfläche zugewandt, bis ın das Schwanzende hinab, wo sie ohne Afteröffnung, als blinde Säcke, endigen. Dieselbe Anordnung zeigen die meisten übrigen Trematoden, Diplostomum 6), Holostomum, Distomum ?), Polystomum ®), Gercaria 9) u. a. Höchstens zeigt die Länge der Speiseröhre und der Darmschen- kel, sowie die Grösse und Gestalt des Schlundkopfes einige Differen- zen. Grössere Abweichungen sind selten. Bei einigen Monostomumar- ten verschmelzen im hintern Leibesende die Arme des Darmes zu ei- nem geschlossenen Bogen. In andern Trematoden (Octobothrium, Tri- stomum und Dist. hepaticum !9)) stülpen sich die Darmschenkel in zahl- reiche dünne, mehr oder minder verästelte Blinddärmehen aus, die sich baumartig durch das ganze Körperparenchym verbreiten. Aehn- liche Verästelungen zeigt auch der Darm von Diplozoon !!), der indes- sen ungetheilt bis in das Schwanzende hinabsteigt und nur in der Mitte, wo beide Leiber zusammenhängen, mit seinem Nachbar durch eine quere Brücke 1?) communieirt. Ebenfalls ungetheilt, aber auch ohne seitliche Blindsäcke, verläuft der Darm bei Aspidogaster, Gasterosto- ma, Bucephalus und Pentastomum 13). Bei letzterm Wurme mündet 1) !c. zootom. Tab. XXVII. fig. XVI. a. 2) Ueber diesen sicherlich noch nicht völlig entwickelten Eingeweidewurm vergl. Bär, Nov. Act. Leop. Vol. XIII. p. 714. 3) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. XV. ce. — 4) Ibid.b. — 5) Ibid. d.d. — 6) Ibid. fig. VII. u. IX. 7) Mehr Detail über die Anatomie der zu dieser Abtheilung gehörenden Hel- minthen findet sich bei Creplin in der Encyclop. von Ersch und Gruber. Vol. XXIX. S. 309 ff. j 8) Nach Baer (Nov. Act. Leopold. Vol.XIlI. S. 679.) u. A. würde bei P. inte- gerrimum eine baumartige Verästelung des Darmkanales sich vorfinden. Die Un- tersuchungen Siebold’s haben indessen ein anderes Resultat geliefert. 9) Vergl. R. Wagner in Oken’s Isis 1834. S.132, sowie Steenstrup, Ge- nerationswechsel. 10) Ic. zoot. Tab. XXVIM. fig. XIV. — 11) Ibid. fig.Xl.e. — 12) Ibid. c!. 13) Diesing beschreibt in seiner oben schon citirten Monographie dieses Thie- res ein äusserst zartes Lymphgefässsystem, welches in die Hautbedeckungen ei- genthümliche röhrenförmige Fortsätze abschicken soll, in denen besondere drüsige Körper eingeschlossen seien. Diese sollen dem Fettkörper der Insekten oder den Gekrösdrüsen höherer Thiere analog sein. (?) Organe des Kreislaufs bei den Würmern. 319 ‚derselbe sogar durch eine deutliche Afteröffnung nach aussen und schliesst sich so wieder der bei den Nematoideen vorkommenden An- ordnung näher an. — Speicheldrüsen scheinen bei den meisten Tre- "matoden vorhanden und sind häufig sehr deutlich ausgeprägt. Sie be- "sitzen die Gestalt zweier gewundener, blind geendigter Kanäle, die zu ‚den Seiten der Speiseröhre liegen und wahrscheinlich tief unten in die Mundhöhle sich öffnen. Wie bei den Acanthocephalen, so besteht auch in der Ordnung der Cestoideen der Verdauungsapparat in einem abgeschlossenen Ge- fässsysteme, das wahrscheinlich nirgends durch eine besondere Oefl- nung !) nach aussen mündet. Die Hauptstämme desselben sind zwei oder vier überall gleichweite Längskanäle, die seitlich durch die ganze Länge des Körpers hinabsteigen. Die entsprechenden Stämme beider Seiten stehen immer am untern Ende eines Gliedes durch einen Quer- kanal 2) in Verbindung. Selbst bei ungegliederten Bandwürmern (Caryo- ‚ phyllaeus) finden sich solche Communikationsäste. Am Halse rücken die Gefässstäimme näher an einander. Sie vereinigen sich endlich am Kopfende zu einem Gefässringe, der die Rüsselscheide umgiebt, oder bilden hier doch wenigstens (wie bei Bothriocephalus und den ‚ eines besondern Rostellum entbehrenden Tänien) ein deutliches Gefäss- netz. Ueberall besitzen diese Kanäle besondere Wandungen, die das ‘ Körperparenchym durchsetzen, und selbst mitunter klappenförmige Du- ‚ plicaturen 3) zu bilden scheinen, durch welche die Eingänge in die \ Querkanäle geschlossen werden können. Organe des Rreislaufs bei den Würmern. In der grossen formenreichen Klasse der Würmer sind es vor al- ‚len andern die hieher gehörenden Organe, die durch ihre sehr un- ' gleiche Entwicklung die beträchtlichen Verschiedenheiten in den Orga- nisationsverhältnissen der einzelnen Gruppen schroff hervortreten lassen. Sehr entwickelt, beträchtlicher als bei den meisten andern wirbel- losen Thieren, als vorzugsweise bei den Insecten u. a. Articulaten, ist der | f IM 1) Mehlis, Fr. S. Leuckart u. a. Helminthologen glaubten mitten auf der ' Kopfspitze der Tänien und Bothriocephalen eine Mundöflnung erkannt zu haben. ı Nitzsch, Owen nu. A. dagegen liessen die Längskanäle von den Saugnäpfen ent- | springen. 2) Eschricht (Nova Act. Lepold. Tom. XIX. I. p.58.) konnte bei Bothrioce- | phalus latus, dessen Darm einfach gablig gespalten sein soll, also nur aus zwei | unverzweigten Längsröhren besteht, keine solche Querkanäle wahrnehmen. Delle Chiaje (Memor. sulla stor. etc. Tab. XII. fig. 2.) indessen hat dieselben deutlich abgebildet. 3) So nach Platner (Müller’s Archiv 1838. S. 572.) bei Taenia solium. 320 Organe des Kreislaufs bei den Würmern. Cireulationsapparat der Anneliden !), dessen speciellere Anordnung freilich wiederum den allergrössesten Variationen unterworfen ist. Ein eigenthümliches, durch Structur und Function von den Ge- fässstämmen unterschiedenes Centralorgan, ein Herz, ist nirgends mehr vorhanden. Die Verrichtungen eines solchen Organes sind überall, wie es auffallender Weise auch schon bei dem merkwür- digen Fische Amphioxus 2) der Fall ist, der sich in dieser Bezie- hung fast gänzlich den Anneliden anschliesst, von einer grössern oder geringern Anzahl contractiler Gefässstämme übernommen, die nur in seltenen Fällen sich verkürzen und dann allerdings bisweilen förm- lichen herzartigen Bulbillen nicht ganz unähnlich werden. Vorzugs-Iı weise finden sich solche rhythmisch pulsirenden Gefässstämme auff| der Dorsalfläche des Leibes, wo .sie eine gewisse Analogie mit dem herzartigen Rückengefässe der Insecten nicht verkennen las-[} sen. Sehr häufig indessen beschränkt sich die Contractilität nicht aufl) diese Stämme. Mitunter sind alle grösseren Gefässe des Körpers, ja bisweilen (Arenicola), wie es scheint, selbst die Capillaren einer selbstständigen Zusammenziehung 3) fähig. Zugleich mit dem Schwinden eines eigentlichen Centralorganes für den Kreislauf hat auch der schroffe Unterschied zwischen arteriellen und venösen Gefässen aufgehört, um so mehr, als durch die eigenthüm- liche Anordnung des ganzen Circulationsapparates immer nur ein ver- hältnissmässig sehr kleiner Theil des Blutes durch die Respirations-# werkzeuge hindurchtritt und bei dieser unvollkommnen Kiemencircula- tion die meisten Gefässe ein Gemisch von arteriellem und venösem Blute führen. Dazu kommt noch, dass je nach der Lage der Kiemen dasselbe Gefäss bei verschiedenen Thieren nicht selten eine verschie- dene physiologische Bedeutung hat und so denn bald als Arterie, bald als Vene angesehen werden müsste. Auch das interemediäre Capillargefässsystem der Anneliden 1) Ausser den bisher schon mehrfach erwähnten Abhandlungen über den Bau einzelner Familien oder Arten von Grube, Rathke, Brandt u. A. vergl. man be- sonders die trefliche, mit vielen sehr schönen Abbildungen ausgestattete Arbeit von Milne Edwards über die Circulation der Anneliden in den Ann. des scienc. nat. 1838. Tom. X. p. 193 ff. — Aeltere Angaben, besonders auch die von Delle Chiaje (Memorie etc. Tom. II. Ill.), die minder genau sind, dürfen nur mit gro- sser Vorsicht benutzt werden. Auch sonst trifft man übrigens noch auf manchfa- che Widersprüche in den einzelnen Angaben, besonders da, wo diese sich auf die Mechanik des Kreislaufes beziehen, die überhaupt erst bei einer geringen Anzahl der hieher gehörenden Thiere mit genügender Sicherheit gekannt ist. 2) Vergl. Theil I. S. 274. 3) Besonders deutlich ist dieses Phänomen in den veräslellen Kiemenbüscheln, die denn dadurch den Anschein gewinnen, als besässen sie selbst eine eigne Con- tractilität. Dadurch verleitet, sah Milne Edwards in diesen Gebilden bei man- chen Anneliden auch einen Hülfsapparat des Kreislaufes. | Organe des Kreislaufs bei den Würmern. 321 . zeigt manche Eigenthümlichkeiten und unterscheidet sich in mehrfacher Beziehung von dem entsprechenden Systeme der Wirbelthiere. Im All- ]gemeinen ist seine Ausbreitung eine viel geringere. Eigentliche Capil- arnetze finden sich nur in seltenen Fällen, wie bei Nereis an den Sei- Jten des Pharynx !), wo sie auffallender Weise durch eine zellgewebige asse zu einigen festen Körpern von blattartiger Gestalt (organa reti- ularia, poches membraneuses) verbunden sind. Eigenthümlicher, vielleicht ähnlicher Natur sind die zahlreichen Gefässausstülpungen, die bei Arenicola 2), Ammpotrypane 3) und Amphitrite 9) kammartig im Jvordern Leibestheile auf der convexen Seite der den Körperwandun- sen anliegenden queren Gefässbogen stehen. Sonst findet man statt der Capillaren übrigens sehr häufig auch blosse dünne, schlingenför- | mige Anastomosen zwischen den grössern Gefässen, die sich meistens gar nicht weiter verzweigen, aber dafür bisweilen, wie besonders bei manchen Lumbrieinen, Saenuris u. a. zahlreiche und ansehnliche /Krümmungen und Windungen zeigen. Die grössern Gefässe der Anneliden lassen in ihren musculösen Wandungen ausser einer innern serösen Auskleidung deutliche Längs- und Ringfasern erkennen, deren letztere übrigens in den nicht con- Das Blut der Anneliden ist in der Regel von einer rothen Farbe und zeichnet sich dadurch vor dem der meisten übrigen wirbellosen Thiere aus. Indessen haftet der Farbestoff nicht an den Blutkörper- jchen, wie es bei den Wirbelthieren der Fall ist, sondern, vorzugs- weise 5) wenigstens, am Plasma. Ueberdiess ist die rothe Färbung eineswegs so ganz allgemein verbreitet, wie man früher wohl an- jnahm 6). So ist das Blut, z. B. bei Aphrodite aculeata, Polynoe, Siga- ion, Phyllodoce, Enchytraeus, Chaetogaster, sowie bei den Tardigra- en, wahrscheinlich auch bei Amphicora u. a., ganz farblos oder höch- Istens mit einem leichten gelblichen Anflug, der sich sogar bei Sabella, hloaema und Siphonostoma zu einer grünlichen Farbe steigert. Am Jauffallendsten ist diese Verschiedenheit in der Färbung bei dem Genus Clepsine, wo das Blut bei Cl. complanata braun sein soll, bei Cl. bio- ‚eulata gelb, bei Cl. carenae weisslich, bei Cl. paludosa violett und endlich bei Cl. sanguinea roth. Die Blutkörperchen ?) der Anneliden, 1) Ic. zootom. Tab. XXVIM. fig. XV.k.k.k. 2) Stanniusl.c. — SlGRulbekieh, — 4) Rathkel.c. 5) Nach Wagner (zur vergleichenden Physiol, des Blutes S. 32.) würde die- ser Farbestoff bei einigen Anneliden (Terebella, Nereis) auch zum Theil an die Blutkörperchen gebunden sein. 6) So Cuvier und Lamarck, welche diese Farbe als ein characteristisches Merkmal der Anneliden angaben. 7) Vergl. R. Wagner I. c. S. 25. u. Müller’s Archiv 1835. S. 313. Wagner’s Zootomie. II. 21 322 Organe des Kreislaufs bei den Würmern. Ara die übrigens meistens nur in spärlicher Menge vorhanden sind, be- sitzen gewöhnlich eine rundliche, wenngleich nicht überall ganz re- gelmässige Gestalt und sind häufig an den Seiten etwas abgeflacht. Ihre Grösse varürt schon in demselben Individuum. Gewöhnlich (Ne- reis) beträgt sie Yıo—Yoo”, häufig sind sie auch bedeutend kleiner, wie z. B. beim Blutegel, wo sie "soo messen. Nur einige wenige und überdiess immer nur kleine Anneliden !) besitzen kein geschlossenes Gefässsystem. Wie bei den Insekten u. a. kreist auch bei ihnen das Blut in grösserer oder geringerer Ausdeh- nung frei in der Leibeshöhle. Bald (bei den Tardigraden 2) und Am- phicora 3)) wird es hier bloss durch die CGontractionen des Muskel- schlauches fortbewegt, bald dienen diesem Zweck auch besondere Appa- rate, Flimmercilien, die bei Aphlebine zu einzelnen Haufen oder Lappen vereinigt an den Wänden der Leibeshöhle hinter der Basis eines jeden Fusspaares entwickelt sind. Von Gefässen findet sich hier überall viel- leicht noch keine Spur. Wo die ersten Rudimente derselben auftre- ten, bei Doyeria, erscheint ein mittleres contractiles Rückengefäss, wel- ches ohne Zweifel dem. arteriellen Aortenherzen der Insekten ana- log ist. Dasselbe Rückengefäss, nicht so selten indessen gänzlich oder doch theilweise in zwei seitliche Stämme zerfallen und (mit Ausnahme von Piscicola) immer ohne eine Andeutung von einzelnen Kammern, findet sich auch bei den meisten, wenn nicht bei allen übrigen An- neliden, die sich durchgehends, wie schon oben erwähnt ist, durch ein völlig geschlossenes Circulationssystem auszeichnen. In ihm be- wegt sich das Blut durch eine allmälige , wellenförmige Contraction nach vorn. Es bildet vorzugsweise das arterielle Gefässsystem, das meistens wenigstens in den Capillargefässen der Kiemen, sowie des Darmes und anderer Gebilde wurzelt. An der Bauchseite entspricht ihm ein zweites, mehr venöses System (System der Kiemenherzen), wel- ches das Blut, das sich hier dem Schwanzende zu bewegt, an die einzelnen Körpertheile entsendet. Auch dieses besteht aus einem bald einfachen, bald doppelten Längsstamme. Ueberhaupt ist die Tendenz zur Bildung von Längsstämmen eine in der gesammten Organisation der Würmer begründete Eigenthümlichkeit des Circulationsapparates. Sehr häufig entwickeln sich demgemäss durch das Zusammentreten 1) Vielleicht sind übrigens manche derselben auch nur unentwickelte Thiere. 2) Doyere (l. ce) fand bei einigen Individuen derselben in der Mitte auf der Dorsalfläche des zweiten und letzten Körpersegmentes Spuren eines Organes,. wel- ches vielleicht einem herzartigen Gefässstamme vergleichbar wäre. 3) Ueber den von Quatrefages beobachteten Blutlauf dieser Annelide und der folgenden vergl. Milne Edwards in den Ann. des scienc. nat. 1844. T. I, p. 18. 1 ic Organe des Kreislaufs bei den Würmern. 323 und Verschmelzen von Gefässzweigen auch noch besondere accessori- sche Längsstämme (wie z. B. bei Arenicola u. a.) vorzugsweise am Bauchnervenstrang, am Darmkanal und dem Hautmuskelschlauch. In der Gefässvertheilung besitzen die einzelnen Segmente im All- gemeinen eine grosse Uebereimstimmung. Nur da, wo durch eine be- sondere Bildung der eine Ring vor den andern sich auszeichnet, wird auch eine entsprechende abweichende Anordnung der für diese Theile bestimmten Gefässe nothwendig. Die den einzelnen Familien und Gattungen zukommenden Eigen- thümlichkeiten in der Bildung des Circulationsapparates sind ausseror- dentlich zahlreich !) und nur schwer unter einander zu vergleichen. Am ersten lässt sich noch eine Uebersicht über die vorzüglichsten Va- riationen erlangen, wenn man zuvor einen einfacheren Bau, wie er z. B. bei Nereis vorkommt, etwas genauer betrachtet. Hier 2) sind die beiden Hauptgefässstämme einfach. Der obere 3), der sich durch seine CGontractilität vor dem untern auszeichnet, liegt über dem Darme zwischen den Längsmuskeln des Hautmuskelschlauches und erstreckt sich vom Schwanzende ganz gerade bis zum Kopfe, wo er die ver- schiedenen Anhänge, sowie den Pharynx mit Gefässen versieht. In einem jeden Leibessegmente mit Ausnahme der vordern empfängt derselbe jederseits ein Quergefäss, das vorzugsweise in den Kiemen und unter den äussern Bedeckungen seinen Ursprung nimmt und sich desshalb den Kiemenvenen höherer Thiere parallelisiren lässt. Andere Gefässe, die sich zum Theil schon in diese Querstämme ergiessen, wurzeln auf den Häuten des Darmkanales und führen auch von hier das Blut in den Dorsalstamm #). Der oberhalb des Nervenstranges ebenfalls in der Medianlinie gelegene Ventralstamm 5) zeigt ganz analoge Seitenäste, deren Verzweigungen mit den entsprechenden Gefässen des Dorsalstammes anastomosiren. Die vorzüglichsten derselben sind auch hier Quergefässe. Sie führen das Blut an die Respirationsorgane und erscheinen daher ihrer physiologischen Bedeutung nach als Kiemenar- terien. Ihre Stämme zeigen lebhafte Pulsationen und entsprechen den Bulbillen oder Kiemenherzchen von Amphioxus. Besondere bogenför- mige Quergefässe (vv. communicantia) verbinden endlich im vordern und hintern Leibesende noch beide Hauptstämme des Systemes und 1) Eine detaillirte Darstellung dieser Formverschiedenheiten liegt ausserhalb des Zweckes dieses Lehrbuches. Wir müssen deshalb auf die einzelnen Monographieen von Rathke, Grube u. a., sowie vorzüglich auf die oben erwähnte Abhandlung von Milne Edwards verweisen. 2) Vergl. R. Wagner, zur vergl. Physiolog. des Blutes. S. 52. — Rathke, de Bopyro et Nereide. p. 46. — Milne Edwards |. c. p. 209. 3) Ic. zootom. Tab. XXVIl. fig. XV. |., 4) Ibid. — 5) Ibid. m. 20* 324 Organe des Kreislaufs bei den Würmern. schliessen auf diese Weise durch eine directe Communication den von ihnen gebildeten Gefässkreis. Im Wesentlichen findet sich ganz dieselbe Anordnung und Gefäss- vertheilung auch bei Nephtys, Aphrodite und noch bei vielen andern Chätopoden nur mit einigen kleineren Abweichungen vor. So ver- läuft z. B. bei Nephtys jederseits am Ganglienstrang noch ein kleines accessorisches Längsgefäss (v. nervoso-abdominale), das aus den Ana- stomosen der an diesem Organe sich verzweigenden Gefässäste ge- bildet ist und sich auch bei andern Anneliden, wie Pleione und Are- nicola, wiederfindet. Selbst einige Gapitibranchiaten (Sabella !), Sipho- nostoma) zeigen eine Gefässvertheilung, die mit der von Nereis fast völlig übereinstimmt. Nur haben hier die Quergefässe der beiden Hauptstämme eine andere physiologische Bedeutung und auch keine so kräftige Entwicklung. Sie sind nicht mehr Kiemengefässe. Die Respira- tionsorgane nämlich sind an den Kopf gerückt und erhalten ihre Arte- rien aus den beiden vordern ringförmigen Communicationsbögen zwi- schen Dorsal- und Ventralstamm. Die Kiemenvenen ergiessen sich in das letztere Gefäss. Siphonostoma unterscheidet sich auch noch da- durch von Nereis, dass die Vasa intestinalia sich nicht bloss einzeln in den verschiedenen Segmenten dem Vas dorsale inseriren, sondern sich! vorzugsweise in zwei dem Darme aufliegenden Längsstämmen sammeln, die nach vorn verlaufen und in den Gefässring des Kopfes münden. Entsprechende Vasa intestinalia longitudinalia sind übrigens bei den! Chätopoden sehr häufig entwickelt und finden sich unter andern auch noch bei Terebella, Arenicola, Eunice, wo sie indessen schon mit dem vordern Theile des Dorsalstammes in Verbindung stehen und auf der Grenze zwischen Pharynx und Darm ihren Insertionspunkt finden. Sie verlaufen an den Seiten des Darmes, mehr der Bauchfläche zu- gewandt. Ja bei Terebella verschmelzen sie hier in der Medianlinie zu einem einzigen unpaaren Stamm, der sich durch zwei den Darm ringföormig umfassende vordere Zweige in das Vas dorsale ergiesst. Im Gegensatz hierzu zeigt Arenicola zwei Paare von Darmgefässen, ein seitliches und ein unteres. Sie münden gemeinschaftlich mit einem bulbusartig erweiterten Stamme. Es zeichnen sich überhaupt diese Darmgefässe überall dürch eine starke Erweiterung an ihrer Insertions- stelle aus. Uebrigens empfängt auch das Vas dorsale immer noch un- mittelbar zahlreiche kleine, paarige Seitenästchen, die auf den Darm- häuten wurzeln. Die Variationen in der Bildung des Circulationssystemes erstrecken sich bisweilen selbst auf den Verlauf der Hauptgefässstämme. So be- I) Nach Milne Edwards. — Nach Grube würde das Gefässsystem hier complieirter sein und mehr an die bei Amphitrite vorkommende Anordnung erin- nern, | | | Organe des Kreislaufs bei den Würmern. 325 steht das Vas dorsale bei Eunice und Hermella bis auf sein vorderes Ende aus zweien neben einander parallel verlaufenden Längsgefässen. Bei Hermella erstreckt sich diese Duplicität auch auf den mittleren Theil des Ventralstammes. Noch weiter geht diese Vervielfältigung bei Pleione, wo sich ausser einem doppelten Bauchstamme sogar noch drei Rückengefässe finden, ein mittleres und zwei seitliche. Dieselben Vasa dorsalia zeigt auch Amphitrite. Sie stehen übrigens unter sich durch zahlreiche kurze Queranastomosen in Verbindung. Die seitlichen Rückengefässe empfangen die den Kiemenvenen von Nereis entspre- chenden Querstämme, die bei Pleione auch wirklich noch diese Be- deutung haben. In das Vas dorsale intermedium ergiesst sich ein einfaches Vas intestinale. Die Kiemen und Tentakeln von Ampbhitrite werden von allen drei Gefässen versorgt und ergiessen das auf diesem Wege ihnen zugeführte Blut wiederum in den Ventralstamm, der über- diess durch ein Paar bogenförmiger Quergefässe noch unmittelbar mit den seitlichen Rückengefässen in Verbindung steht. Eigenthümlich ist bei Arenicola !) der Zusammenhang der Kiemen- gefässe mit dem Dorsalsystem. Unmittelbar in das unpaare Vas dor- sale ergiessen sich nämlich gewöhnlich nur die hintern sechs Paare. Die vordern dagegen führen in die Vasa intestinalia inferiora. Die Kiemenarterien wurzeln, wie gewöhnlich, im unpaaren Ventralstamm. Es zeigt überhaupt das ganze Gefässsystem von Arenicola einen sehr complieirten Bau und manche Abweichungen von der gewöhnlichen Anordnung. So finden sich unter andern auch im Muskelschlauche dieses Wurmes noch ein Paar seitlicher, accessorischer Längsstäm- me (vv. longitudinalia lateralia), die jedoch nur durch die Ana- stomosen der aus dem Ventralstamm entsprungenen und im vordern Leibestheile mit den Kiemenarterien verbundenen Gefässen der Fuss- höcker entstanden sind. Das Circulationssystem der Lumbricinen schliesst sich durch seine Anordnung eng an den bei den übrigen Chätopoden vorkommen- den Typus. Bei Lumbricus, wo es am genauesten bekannt 2) ist, zeigt 1) Eine sehr genaue Darstellung des Gefässstammes gab Stannius in Müller’s Archiv l.c. Am nächsten an die hierin niedergelegten Beobachtungen schliessen sich die Angaben von Milne Edwards u. Grube (I. ]. ce. e.). Grössere Differenzen zeigen die Angaben von 3. Müller (Burdach’s Physiol. IV. S 147.), Cuvier (Le- gons d’anat. comp. Tom. IV.), Home (Philos. transact. und daraus im Auszug Isis 1818. S. 872.) u. Oken (Isis 1817. S. 469 fl.). 2) Besonders durch die Untersuchungen von Duges, Recherches sur la eir- eulation des Annelides abranches in den Ann. des ‚sciene. nat. Tom. XV. p. 295. — Ausserdem vergl. man Meckel (vergleich. Anat. V. S.50 ff.), wo auch die Angaben ‚ von Willis (De anima brutorum Cap. IL), Home (Philos. Transact. 1817. TI. 3. 4.), Carus (Zootom. S. 584.), Delle Chiaje (Memor. etc. II p. 421.) u. A. ihre ' Berücksichtigung gefunden haben. 326 Organe des Kreislaufs bei den Würmern. nur das ventrale System insofern eine Abweichung, als es vorzugs- weise aus zwei Längsgefässen gebildet wird, von denen das eine, wie gewöhnlich, oberhalb, das andere (v. subspinale) unterhalb des Ner- venstranges verläuft. Zwei andere kleinere, seitlich dem Nervenstrang anliegende Längsgefässe scheinen nur accessorische Stämme zu sein und haben für die gesammte Circulation eben keine sonderliche Be- deutung. Das Vas subspinale entspringt aus den Gabelästen des einfa- chen Dorsalstammes, die am Oesophagus nach der Bauchseite hinab- steigen. Das Vas supraspinale dagegen empfängt das Blut aus dem- selben Dorsalstamm durch fünf (nur selten und ausnahmsweise durch mehr) Paare contractiler Gefässbögen !) (vv. communicantia s. monili- formie), die nach dem Tode zahlreiche ringförmige Einschnürungen ! bekommen und dadurch dann ein perlschnurartiges Ansehen erhalten. Beide ventralen Gefässe stehen überdiess mit dem Dorsalstamm noch in den Seitentheilen eines jeden Segmentes durch zwei Gefässbögen in Verbindung, das obere durch einen tiefen (v. abdomino - dorsale pro- fundum), der Zweige an den Darmkanal und die Respirationsorgane abgiebt, das untere durch einen oberflächlichen (v. a. -d. superfi- ! ciale), welches den Hautmuskelschlauch versorgt. Beide Bögen ver- schmelzen vor ihren Eintritt in das Dorsalgefäss mit einander. Aus dem Darmkanal und den Respirationsorganen u. s. w. treten besondere Gelässstämme wieder in das Vas dorsale zurück. Die übrigen Lumbrieinen zeigen vielleicht alle (Euaxes, Saenuris, Nais, Enchytraeus) wiederum einen einfachen oberhalb des Nerven- ! stranges gelegenen Ventralstamm. Sonst aber scheint, bis auf einige Ausnahmen 2), eine ziemliche Uebereinstimmung zu herrschen. Bei Nais 3) stehen beide Stämme im Halstheile nur durch einen einfachen, deutlich pulsirenden Ramus communicans in Verbindung, der das Blut in das Ventralgefäss entsendet, aus dem es dann durch zahlreiche bo- ' genförmige, aber ebenfalls nur einfache Vasa abdomino - dorsalia wie- der emporsteigt. Letztere zeichnen sich bei Saenuris besonders im vordern und hintern. Körperende durch beträchtliche unter einander ' verschlungene Windungen und Krümmungen #) aus. 1) Mit Unrecht lassen Leo (de structura lumbrici terrestris. Regiomont. 1820.), Morren (de lumbrici terrestris hist. natur. nee non anatomia. Brüssel 1829.) u. A. durch diese Gefässe das Blut aus dem Ventralstamme in das Rückengefäss fliessen. 2) So Euaxes, wo nach Grube und Menge abweichend von Lumbricus das Rückengefäss in einem jeden Segmente einen pulsirenden Querzweig entsendet, dessen Aeste sich am Rücken zu einem maschigen Netzwerk ausbreiten und, wie- derum in einen Stamm vereint, in das Ventralgefäss münden. 3) Vergl. Gruithuisen in den Nov. Act. Leop. XIV. p. 407 ff. 4) Auf diese Gefässbögen, die besonders bei $. neurosoma (Frey u. Leuckart I. e.) ausserordentlich deutlich, scheint sich die Angabe von Hoffmeister zu re- dueiren (Dissert. de verm. ad gen. lumbr. pertin. Berol. 1843. p. 14 u. 20.), wonach ER EEE EZ un Di a gu Organe des Kreislaufs bei den Würmern. 327 Die Hirudineen !)- zeichnen sich in der Anordnung des Gefäss- systemes vorzugsweise durch die beträchtliche Entwicklung eines eig- nen Systemes von seitlichen Längsgefässen aus, die ihrer mor- phologischen Bedeutung nach vielleicht bei manchen Chätopoden durch die accessorischen Vasa longitudinalia lateralia repräsentirt werden. Hier indessen sind sie ansehnliche Stämme 2), die sich alternirend contra- hiren und an der Bauchfläche unter einander durch zahlreiche, gleich weit abstehende Querbögen in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Aus diesen Bögen nehmen die Gefässe der sog. Respirationsblasen, zuführende und abführende, ihren Ursprung. Die Quergefässe des Rückens bilden nur im hintern Körpertheile des Körpers bogenförmige Anastomosen, die sich durch ihre Weite auszeichnen und zugleich durch besondere Längsanastomosen zu einem regelmässigen, weitma- schigen Netze verbunden sind. Muskelschlauch und Eingeweide werden vorzugsweise von diesen Gefässen versorgt. Der Dorsalstamm 3), in welchem sich, wie gewöhnlich, das Blut dem Kopftheile zubewegt, zeigt seitliche Quergefässe, die besonders an dem Darın sich verzwei- gen. Dieselbe Anordnung besitzt das Ventralgefäss 4), das bei Hirudo oberhalb des Nervenstranges gelegen ist, während es denselben bei Nephelis 5) auffallender Weise umschliesst. Als eine Eigenthümlichkeit verdient noch bemerkt zu werden, dass bei Piscicola der Dorsalstamm durch das Vorkommen besonderer Klappen in eine Reihe hinter ein- ander gelegener Kammern getheilt ist. Eine dem freien Ende dieser Klappen gegenüberliegende, halbmondförmige Falte lässt dieselben nur in der Richtung von hinten nach vorn sich öffnen, und verhindert so ein jedes Zurücktreten der Blutflüssigkeit. Ein geschlossenes Lymph- und Chylusgefässsystem, wie es bei den Wirbelthieren vorkommt, fehlt allen wirbellosen Thieren und so- bei Saenuris und auch bei Enchytraeus aus dem vordern R. communicans ein lan- ges dünnes vas longitudinale laterale entspränge, das mit zahlreichen, in den vordern und hintern Segmenten besonders deutlichen, knäuelförmigen Windungen nach hin- ten hinabsteige und sowohl mit dem untern, als obern Hauptgefässstamme com- municire. 1) Vergl. die genauen Untersuchungen von Brandt in der Med. Zoolog. 1. c. S. 248., so wie Meckel (vergleichende Anatomie. V. 8.43.) und R. Wagner (Isis 1832. S. 685.), wo die sehr zahlreichen und nicht selten sich widersprechenden älteren Ansichten von Cuvier, Spix, Home, Kuntzmann, Moquin Tandon, Duge£s, Blainville, Delle Chiaje, Weber, Müller u. A. mit eignen Beobach- {ungen zusammengestellt sind. — Trotz aller dieser Arbeiten ist die Mechanik des Kreislaufes indessen noch keineswegs völlig erkannt. 2) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. 1. f.f. — fig. Il. a. b. S)elbid. tie, Ilse... — 4) Ibid. d. 5) Nach J. Müller (Meckel’s Archiv 1828. S.26.) würde der Dorsalstamm bei Nephelis fehlen, Delle Chiaje indessen (Mem. 1. c. I. p. 44.) beschreibt ihn ganz richtig. 328 Organe des Kreislaufs bei den Würmern. mit auch den Anneliden. Bei den letzteren indessen trifft man, gänzlich abgeschlossen von dem Blute, innerhalb der Leibeshöhle eine farblose Flüssigkeit, in der zahlreiche zellige Gebilde, zum Theil (bei den Lum- briecinen) von ansehnlicher Grösse, flottiren und durch die abwech- selnden Contractionen des Hautmuskelschlauches auf und ab bewegt werden. Nicht so ganz unwahrscheinlich ist die Annahme, dass hierin die einfachste Form !) des oben erwähnten Systemes repräsentirt sei, dass die Flüssigkeit ein Chylus sei, der durch die Wände des Darmkana- les in die Leibeshöhle transsudire und hier eben aus seinen plastischen Bestandtheilen die erwähnten zelligen Elemente bilde. Sehr eigenthümlich ist übrigens der Umstand (welcher auch in andern Klassen der wirbellosen Thiere in einem noch ausgezeichneteren Grade sich wiederfindet), dass diese Chylusflüssigkeit von dem Wasser, in welchem die Würmer leben, eine mehr oder minder beträchtliche (Quantität aufnimmt und sich damit mischt. Zum Eintritt desselben dienen wahrscheinlich besondere, zwischen den Borstenbüscheln der Leibesringe gelegene Oeffnungen, ebenso zum Austritt, wenn das Was- ser, wie es nicht selten geschieht, erneuert werden soll. Die Capa- cität der Leibeshöhle und die dadurch bedingte Menge des aufgenom- menen Wassers ist übrigens bei den einzelnen Thieren verschieden. Während sie in manchen Fällen nur äusserst gering zu sein scheint, ist sie dagegen ausserordentlich beträchtlich bei Arenicola und Aphrodite, wo man mitunter den ganzen Leib von Wasser aufgebläht findet. Bei dem letztern Thier findet sich überdiess noch die, bis jetzt wenigstens bei den Anneliden isolirt dastehende, Eigenthümlichkeit, dass die ganze Leibeshöhle, sowie die äussere Fläche des Darmes, mit einer Menge schwingender Wimpern 2) bekleidet ist, durch deren Action das Was- ser in einer beständigen Strömung erhalten wird. Unmöglich kann man in einer solchen Vorrichtung den Einfluss der Wassercirculation auf den Athmungsprocess verkennen. Auf der andern Seite ist es in- dessen eben so unrichtig, darüber die ursprüngliche Bedeutung der Klüssigkeit als eines Chylussaites ausser Acht zu lassen 3), und somit denn das Vorkommen der zelligen Gebilde in demselben mehr für ein zufälliges 9) zu halten. = 1) Wo kein geschlossenes Blutgefässsystem vorhanden, so kann man schlie- ssen, hängen beide Systeme noch innig mit einander zusammen, oder hat sich die- ses vielmehr noch nicht völlig aus jenem hervorgebildet — ein Umstand, der für die Ansicht von R. Wagner spricht, wonach das Blut, wenn auch gerade nicht aller, doch vieler wirbellosen Thiere nur die Bedeutung eines Chylus habe. 2) Vergl. Sharpey in Todd's Cyclop. Art. Cilia. I. p. 618. — Sehr ausge- breitet triflt man diese Anordnung bei den Echinodermen u. a. Vergl. weiter unten an den entsprechenden Stellen. 3) Delle Chiaje, Memor. |. ce. Il. p. 270. 4) So behaupten es Will (Horae Tergestinae) und v. Siebold il. c. 5. 48.), freilich gerade nicht für die Anneliden. Organe des Kreislaufs bei den Würmern. 329 Dieselbe Wassereireulation trifft man in sehr beträchtlicher Aus- bildung auch bei den Rotatorien, denen aber daneben ein eigenes Blutgefässsystem !) gänzlich zu mangeln scheint. Somit ist es denn hier der gesammte Nahrungssaft, nicht mehr der blosse Chylus, der, durch die Darmwände transsudirt und frei in der Leibeshöhle befindlich, mit dem Wasser sich mischt. Zum Eintritt dieser Flüssigkeit dient eine besondere im Nacken gelegene Oeflnung, welche sich zuweilen in eine oder auch wohl in zwei spornartige Röhren (siphones) verlängert und _ mit Wimpern versehen ist. Die Circulation im Innern der Leibeshöhle wird nicht allein durch die Körperbewegungen vermittelt, sondern, ganz ähnlich, wie bei Aphlebine, auch noch durch mehrere Flimmer- läppchen oder Zitterorgane 2), die jederseits unter einander an einem besondern, wahrscheinlich musculösen Stamm befestigt sind, einem Ge- bilde, das in der Regel (mit Ausnahme von Notommata myrmeleo und clavulata) sehr innig mit einem entsprechenden Paare schmaler, band- artiger Organe von unbekannter Function 3) verschmilzt. Letztere lie- gen in den Seitentheilen des Körpers und verdicken sich gewöhnlich etwas gegen ihr oberes Ende. Die Zahl der Flimmerläppchen ist mei- stens nur gering, zwei bis drei jederseits, selten (Not. myrmeleo und clavulata) sehr bedeutend (bis zu achtundvierzig jederseits). Dass au- sser ihnen noch eine eigenthümliche, im Anfang des Schwanzendes ge- legene contractile Blase *) eine Bedeutung für die Circulation habe, ist sehr wahrscheinlich, obgleich es noch ungewiss bleibt, ob sie bloss, wie man wohl angenommen hat 5), zum Austreiben des Wassers durch die Kloakenöffnung diene. Es scheint übrigens dieses Gebilde mit dem untern Ende der Seitenbänder in Zusammenhang zu stehen. Im Zustand der Contraction ist sie völlig verschwunden, während sie bei der Ex- 1) Was Ehrenberg (Infusionsthierchen. S. 385.) als Gefässe beschreibt, die oben schon erwähnten Vasa transversa und ein unter dem Mundrande gelegenes Gefässnetz, möchte wohl schwerlich eine solche Deutung zulassen. 2) Ehrenberg, der diese Organe entdeckte und auch schon den Eintritt des Wassers in die Leibeshöhle kannte, sah in ihnen besondere innere Kiemen. 3) Sicherlich mit Unrecht betrachtet Ehrenberg diese Seitenbänder als Ho- den, mit welcher Benennung sie auch Ic. zootom. Tab. XXXV. fig XXVI.h. bezeich- net sind. Nach unten sollen dieselben in die gleich zu erwähnende contractile Blase münden, welche Ehrenberg demgemäss als Samenblase deutet. 4) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXVI. i. 5) So besonders v. Siebold (l.c. S.181.), nach welchem jederseits in die Blase ein gefässartiger, starrer Kanal sich einsenkt, der von den Seitenbändern umschlos- sen wird. Beide Kanäle sollen noch mehrere kurze Seitengefässe besitzen, welche in die Leibeshöhle frei ausmünden und in ihren Mündungen eben mit den Flimmerläpp- chen versehen sind. Der ganze Apparat soll ein Wassergefässsystem sein und da- zu dienen, das Wasser aus der Leibeshöhle in die Blase zu führen. Ob übrigens diese Ansicht richtig sei und sich besonders mit der oben erwähnten, abweichen- den Anordnung bei einigen Notonmmataarten vereinigen lässt, müssen noch fernere Beobachtungen lehren. / 330 Organe des Kreislaufs bei den Würmern. pansion eine rundliche oder auch wohl dreieckige, nach unten zuge- spitzte Form hat. Ihr Inhalt ist wasserhell, und ihre Wandung ausser- ordentlich dünn, so dass dieselbe überhaupt gar nicht wahrgenommen werden kann. ; Die Farblosigkeit, durch welche sich die Blutflüssigkeit schon bei den Räderthieren auszeichnet, ist allen noch übrigen Würmern, viel- leicht nur mit einigen wenigen Ausnahmen, gemeinschaftlich. Körper- liche Elemente finden sich im Blut noch überall, wenngleich sie sich schon häufiger durch ihre Zartheit, sowie durch ihre geringe Menge und Grösse der Beobachtung entziehen. Unter den Turbellarien scheinen die Nemertinen!) durch den Bau ihres freilich noch nicht in allen Einzelnheiten erkannten Cir- culationssystemes sich noch einigermassen den Anneliden anzuschlie- ssen. Das Hauptgefäss ist oberhalb der Rüsselscheide gelegen und von mässiger Dicke. Auf der Bauchseite entsprechen ihm zwei dün- nere, zwischen den Stammnerven, ebenfalls der Länge nach verlau- fende Stämme. Beide Systeme stehen unstreitig mit einander in mehr- facher Verbindung. Der Analogie nach bewegt sich im obern Stamme das Blut nach vorn, in den untern nach hinten. Gefässverzweigungen scheinen übrigens nur sehr sparsam sich vorzufinden. Die Planarien dagegen entbehren wahrscheinlich eines beson- dern Gefässsystemes 2) gänzlich. Die farblose, mit Körnchen versehene Blutflüssigkeit wird durch die Bewegungen des Körpers ganz einfach in der Leibeshöhle auf und ab bewegt. Frei, ohne in bestimmten Wandungen eingeschlossen zu sein, umspühlt sie die Eingeweide , be- sonders den Darmkanal, dessen Verzweigungen sie begleitet. Auch unter den Helminthen lassen nur wenige ein deutliches Gefässsystem erkennen. Bei den Acanthocephalen umspühlt eine farblose Flüssigkeit die in der Leibeshöhle gelegenen Eingeweide, wäh- rend in der Gruppe der Gestoideen 3) das Gefässsystem mit dem 1) Nach den Untersuchungen von Rathke u. Quatrefages. 2) Neuerdings ist diese Ansicht, die früher schon von Bär (l. c. p. 725.) und Delle Chiaje (Memor. |. c. I. p. 60.) ausgesprochen war, von Quatrefages (l. c. p. 173.) bestätigt. — Was Dug£s (Ann. des scienc. nat. I. Ser. Tom. XV. p: 160. u. Tom. XXI. p. 85.) für Gefässe gehalten, bezieht sich theils auf Gebilde, die überhaupt andern Systemen zugehören, theils auf die mit Blut erfüllte Lei- beshöhle, die er als zwei seitlich herabsteigende, vorn und hinten zu einer Ellipse verbundene Gefässe deutete. 3) Eschricht (Nov. Act. Leop. T. XIX. 1. c. p. 99.) will bei Bothrioceph. punctatus dicht unter der Haut ein unabhängig von den Darmröhren sich verzwei- gendes Gefässsystem gefunden haben. Es soll in zwei grössern und 4—6 kleinern Längsstämmen bestehen, die schlangenförmig gewunden verlaufen und manchfach sich verästeln. An den Rändern der Glieder verbinden sich die letzten Zweige zu einem Haargefässnelz. Organe des Kreislaufs bei den Würmern. 33l Verdauungsapparate zusammenfällt und durch diesen vertreten zu wer- den scheint. Selbst in der Gruppe der Nematoideen !) scheint der Mangel be- sonderer Gefässe sehr allgemein 2) zu sein und die Blutflüssigkeit meist frei die Eingeweide zu umspühlen. Nur bei einem einzigen hieher ge- hörenden Wurme, bei Filaria attenuata, hat man 3), aber nur im un- entwickelten Zustande , einen contractilen Dorsalstamm gefunden , der zahlreiche Queräste abgiebt, von denen das vordere und hintere Paar, zugleich durch die stärkere Entwickelung ausgezeichnet , vielleicht mit einem Bauchgefässe communieiren. Deutlich dagegen und ganz allgemein 4) ist bei den Trematoden ein Gefässsystem entwickelt. Es besteht in einer Anzahl geschlossener Kanäle, die sich im ganzen Körper verästeln. Die Hauptstämme sind Längsgefässe. Sie sind bald contractil, bald auf der Innenfläche mit schwingenden Wimpern 5) besetzt (so besonders bei Diplozoon, Aspi- dogaster, mehreren Distomumarten), deren Bewegungen die Blutflüssig- keit vorwärts treibt. Bei Diplozoon 6) finden sich jederseits in den einzelnen Leibern zwei solcher Längsstämme von ziemlich gleicher Stärke und ohne Anschwellung. In den äussern ?) fliesst das Blut auf- wärts, in den innern 8) abwärts; letztere schlängeln sich mit den er- 1) Bei Gordius betrachtet Berthold (l. c. S. 12.) drei Längsstämme, von denen einer am Rücken verläuft, zwei an der Bauchfläche, als Gefässe. 2) In der Leibeshöhle von Filaria piscium, Ascaris attenuata u. spiculigera ver- läuft der Länge nach ein bandartiges, festes Organ, in dem ein wandungsloses Gefässnetz deutlich unterschieden werden kann (v. Siebold in Wiegmann'’s Archiv 1838. I S. 310.). Es gleicht ganz den Lemniscen der Acanthocephalen und besitzt wahrscheinlich auch dieselbe Bedeutung. Nach Mehlis (l.c. p. 96.) soll es am Ko- pfe durch eine Oeffnung nach aussen münden und ein Absonderungswerkzeug sein. 3) Ecker in Müller’s Archiv 1845. S. 506. 4) Eine genauere Bestimmung des Gefässsystemes verdanken wir den Unter- suchungen Siebold’s (vergl. Wiegmann’s Archiv 1835. I. S. 59... Es war das- selbe freilich schon seit Bojanus, Mehlis und Laurer bekannt, aber überall mit einem andern Systeme gefässartiger, den Körper durchsetzender Kanäle zu- "sammengeworfen. — Uebrigens scheinen die Untersuchungen über diesen Punkt noch keineswegs abgeschlossen. Nach Siebold stehen diese beiden Systeme von Kanälen nirgends in einem unmittelbaren Zusammenhang. Neuerdings dagegen be- hauptet Meckel (Müller’s Archiv 1846. S. 2 ff.) gerade das Gegentheil. Er zieht alle Gefässe der Trematoden in das Gebiet der excernirenden Drüse (s. unten), deren Verästelungen im ganzen Körperparenchym sich verbreiteten, und spricht somit den Trematoden ein Blutgefässsystem gänzlich ab. 5) Burmeister (Handbuch der Naturgesch. 1837. S. 523.) hält diese mit Wimpern im Innern versehenen Gelässe für Respiralionsorgan® und vergleicht sie den Tracheen der Insecten. Auch Siebold (Anat. der wirbellosen Thiere p. 137.) reihet dieselben als ein Wassergefässystem den Athhmungswerkzeugen an, 6) Vergl. Nordmann’'s Mikrogr. Beiträge. 1. c. S. 69. 7) Icon. zoot. Tab. XXVIM. fig. XIM.1.1. — $) Ibid. k. k. 332 Athmungswerkzeuge der Würmer. stern und nehmen viele Zweige auf, während die erstern solche abge- ben. Aehnlich scheinen sich die Gefässe von Diplostomum !) zu ver- halten, die aber noch durch eine ansehnliche Queranastomose verbun- den sind und jederseits im Schwanzende in einen weiten Blutbehälter 2) sich einsenken (cysterna chyli). Atlımungswerkzeuge der Würmer. Wenngleich das erwähnte Wassercirculationssystem für die Respi- ration der Würmer nicht ohne alle Bedeutung ist, so muss man doch den Hauptsitz dieser Function in der äussern Bedeckung suchen, unter der gewöhnlich zahlreiche und ansehnliche Gefässe sich verbreiten. Nicht überall indessen ist diese in ihrer ganzen Ausdehnung gleich fähig, diesem Geschäfte vorzustehen. Sehr häufig entwickeln sich da- zu besondere äussere Anhänge, sog. Kiemen (branchiae) ?), deren Epidermis von einer zartern Beschaffenheit ist, als an andern Stellen und sich überdies gewöhnlich noch mit grössern und kleinern Cilien (Aonis, Hermella, Amphitrite, Fabricia, Serpula, Sabella) besetzt ®), die aber in andern Fällen (Nereis, Terebella, Arenicola) wiederum zu fehlen scheinen. Lage, Form und Grösse der Kiemen zeigen die be- trächtlichsten Verschiedenheiten. Bei den Dorsibranchiaten stehen sie paarweise auf der Rück- seite der einzelnen Segmente neben den obern Fusshöckern in einer mehr oder minder beträchtlichen Strecke. Bei Nereis ®), Nephtys, 1) Ic. zootom. Tab. XXVIII. fig. VII. IX. y 2) Das unpaare Gefäss, welches Nordmann (l. c.) noch dem Circulationsap- parate zurechnet, scheint der excernirenden Drüse anzugehören und zwischen bei- den Blutbehältern zu münden. Vgl. v. Siebold (Anat. der wirbellos. Th. S. 136.). 3) Nähere Angaben über die Gestalt und Lage der Kiemen, so wie ihr Ver- hältniss zu den Cirrhen und Fusshöckern, für die descriptive Zoologie von grossem Werthe, vergl. man in den Werken von Savigny, Audouin et Milne Ed- wards u. A. 4) Bisweilen fliimmern aber auch verschiedene andere Anhänge der Integu- mente, besonders die Mundbärtel einiger CGapitibranchiaten (Amphitrite, Hermella, Chloaema), sowie auch die Lippen von Fabriecia. — Es ist überhaupt die physio- logische Bedeutung aller sog. Kiemen noch keineswegs überall so ganz festgestellt. Auch scheint nicht selten der Respirationsprocess vorzugsweise in Anhängen vor sich zu gehen, welche die Zoologen als Cirrhen etc. betrachten. — Auflallend ist die Beobachtung von Quatrefages (Ann. d. scienc. nat. III. Ser. T.V. p. 90.), wonach bei fast allen Anneliden (auch im völlig entwickelten Zustande?) an manchen, von den Kiemen verschiedenen Leibesstellen, an der Basis der Füsse, in den Zwischen- räumen der einzelnen Segmente, in der Umgegend des Mundes, Flimmercilien vor- kommen, und um so beträchtlicher ausgebreitet sind, je weniger distinct die beson- dern Respirationsorgane erscheinen. ; 5) Ic. zootom. Tab. XXVIL fig. XIV. e. f., XIX.a.b. — Es sind übrigens diese Anhänge nach Milne Edwards (Ann. des scienc. nat, Il. Ser. T.X. p. 211.) keine Athmungswerkzeuge der Würmer. 335 Aricia u. a. haben sie die Gestalt einfacher Blätter oder Fäden, die sich bei Eunice kammförmig mit eben solchen Fortsätzen besetzen. In der Gruppe der Amphinomeen geht diese Entwicklung noch weiter. Die Kiemen werden zu ansehnlichen, baumartig verästelten Stämmen. Dieselbe Gestalt haben sie bei Arenicola !), wo sie aber nur in der Mitte des Körpers (13 Paare) sich vorfinden. Bei manchen Dorsibranchiaten fehlen überall besondere Kiemen. In diesem Falle ist denn bald in der ganzen äussern Haut der Sitz der Respiration (z. B. Ephesia) zu suchen, bald in den sog. Cirrhen (Ammotrypane,, Aonis). Auch in den Aphro- diteen (und Phyllodoceen) scheint die Athemfunction vorzugsweise den obern schuppenartigen Cirrhen übertragen zu sein. Diese bestehen, wie die Flügel der Inseceten, aus zwei mit einander verschmolzenen Lamellen, die nur einige eylindrische, verästelte Räume (analog den Adern) zwischen sich lassen, in denen vielleicht die Blutflüssigkeit kreist. Bei Aphrodite aculeata sind die Schuppen von einer filzigen Decke überkleidet, die nur an den Seiten mit den Integumenten ver- wachsen ist, aber auch hier zwischen den Borstenbüscheln besondere quere Oeffnungen lässt, durch welche das Wasser in die dadurch ge- bildete Höhle (Respirationshöhle) hineintritt 2). Die Gapitibranchiaten zeigen ähnliche Variationen in dem Vor- kommen der Respirationsorgane. „Bald fehlen dieselben gänzlich (Cly- mene), bald findet man sie in den Cirrhen der Leibesringe (Hermella), bald endlich sind dafür besondere Anhänge vorhanden. Diese befin- den sich immer in der Nähe des Kopfendes. Bei Amphitrite sind sie kammarlig gefiederte Organe jederseits am dritten und vierten Ringe, bei Terebella 3 Paare verästelter Bäumchen am zweiten, dritten und vierten Ringe. Fabricia trägt mit andern Gapitibranchiaten die Kiemen am ersten Leibesringe. Sie bestehen aus langen, kurz gefiederten Strahlen , die jederseits in dreien am Grunde verschmolzenen Büscheln neben einander stehen. Bei Sabella 3), Serpula und verwandten Arten schwindet diese büschelförmige Gruppirung und die Kiemen gleichen dann zweien , ge- wöhnlich unsymmetrischen Fächern, deren lange, oft prächtig gefärbte, radienförmig hinter der Basis ‘des sogen. Halskragens hervortretende Strahlen entfaltet einen reizenden Anblick gewähren. wirklichen Respirationsorgane, weil sie nämlich fast gar nicht vom Blut durch- strömt werden. An ihrer Basis dagegen findet sich ein starkes subcutanes Gefäss- netz, durch welches wahrscheinlich die Athmung vermittelt wird. 1) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. XI. hh. 2) Meckel (Vergl. Anat. VI. S.60.) beschreibt in der Respirationshöhle an den Wurzeln der obern Borsten noch besondere Kiemen, quere hahnenkammartige Er- hebungen, die aber, wie auch Grube schon bemerkt, wahrscheinlich nur die äussern Abdrücke der voluminösen Darmanhänge sind. 3) Ic. zootom. Tab. XXVIL fig. XX. f, f. 334 Athmungswerkzeuge der Würmer. Die Lumbricinen entbehren der äusseren Kiemen. Bei ih- nen vermittelt vorzugsweise, bei einigen kleinern Arten (Nais) viel- leicht ausschliesslich, die äussere Haut den Athmungsprocess. Bei den Regenwürmern und andern finden sich übrigens noch besondere paa- rige, in der Leibeshöhle neben dem Darmkanal gelegene Gebilde, die durch eigene feine Löcher nach aussen münden und für lungenähn- liche Athemzellen !) gehalten werden. Diese Organe erscheinen bei Lumbricus als längliche, am innern freien Ende erweiterte und umgebogene Schläuche, die mit Capillaren versehen sind und jeder- seits 2) an der Bauchfläche nach aussen sich öffnen. Im vordern Lei- bestheile fehlen diese Kanäle. Sonst enthält ein jedes Segment de- ren em Paar. In den einzelnen Bläschen finden sich je zwei flim- mernde Kanäle, die im kolbenförmig erweiterten Ende in einander umbiegen. Bei Saenuris, noch mehr bei Enchytraeus werden diese Schläuche kanalförmig und winden sich zu einem Knäuel zusammen, dessen freies Ende in der Leibeshöhle fluctuirt. In der Ordnung der Hirudineen finden sich vielleicht nirgends mehr besondere Respirationsorgane, weder äussere 3), noch innere, wenn wenigstens die bei Hirudo u. a. als Athemzellen gedeuteten Or- gane wirklich bloss absondernde Drüsen #) sind. Sie bestehen in 15 — 20 Paaren rundlicher Bläschen 5), die jederseits in einer Reihe hinter einander liegen und mittelst eines dünnen Ganges durch eine Oeflnung am Bauch nach aussen münden. Aeusserlich zeigen diesel- ben eine feste faserige Membran , nach innen eine wimperlose Zellen- lage. 1) Treviranus (Beobacht. etc. S. 57.) stellt die respiratorische Function dersel- ben in Abrede. Die Regenwürmer sollen die Luft athmen, welche durch eine besondere Oeffnung auf der Dorsalfläche eines jeden Ringes in die Leibeshöhle hinein gelange und mit den Gefässen der Darmwände und musculösen Diaphragmata in Berührung trete. Auch Duges (Ann. des scienc. nat. 1837. Tom. VII. p. 26.) lässt die Lun- genbläschen bei der Respiration eine nur untergeordnete Rolle spielen. Er fand niemals Luft in diesen Organen, wie es Leo bemerkt haben wollte, giebt aber doch zu, dass vom flüssigen Inhalt der Schläuche solche absorbirt und zum Ath- men gebraucht werden könne. Sonst soll die äussere Haut und daneben die Dia- phragmata, gewissermassen als innere Kiemen, den Respirationsprocess vermitteln. 2) Meckel und Morren lassen die Lungenbläschen zu je zweien durch eine gemeinschaftliche, mitten auf dem Rücken gelegene Oeffnung nach aussen münden, dieselbe, durch welche nach Treviranus und Duge£s Luft oder lufthaltiges Was- ser in die Leibeshöhle eindringen soll. 3) Nur bei Branchiobdella sollen die halbrunden, eingeschnittenen Bläschen an jeder Seite eines Ringes Kiemen sein. | 4) So nach Spix, Treviranus und besonders Brandt. Nach letzterem (1. e. S. 253.) sind sie bloss sackförmige Behälter eines von besondern ring- oder schleifenförmigen Drüsen abgesonderten Secretes. 5) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. II. f. besondere Absonderungswerkzeuge der Würmer. 335 Die Tardigraden,, sowie alle übrigen Würmer, Turbellarien !) und Helminthen 2), vielleicht mit Ausnahme der Rotatorien, bei denen man im Räderorgane die Andeutung einer Kiemenbildung sieht, entbehren durchweg besonderer Respirationswerkzeuge. Ueberall ver- sieht die äussere Haut diese Function. Unterstützt wird sie darin bei den Turbellarien wenigstens durch das dichte Flimmerepithelium , wel- ches sie bekleidet und einen beständigen Wechsel des umgebenden Wassers unterhält. Besondere Absonderungswerkzeuge der Würmer. Unter den verschiedenartigen Absonderungsorganen der Würmer lässt sich bis jetzt noch keines mit Gewissheit wegen der speeifischen Beschaffenheit seines Secretes als Harnwerkzeug betrachten. Eigentliche Hautdrüsen sind verhältnissmässig nur selten. Am gewöhnlichsten erscheinen sie noch bei den Hirudineen, wo sie eine einfache Schlauchform besitzen und einzeln in den Muskelschichten der Körperhülle eingebettet sind. Sie geben der Oberfläche dieser Wür- mer ein warziges Ansehen und sind bisweilen (Hirudo) auf Rücken und Bauch reihenweise gestellt. Ganz ähnliche einfache Drüsenbälge finden sich auch in den äussern Bedeckungen der Nemertinen. Bei den Planarien scheint ihre Stelle von der unter der Haut gelegenen Zellenschicht vertreten zu sein, die beständig eine grosse Menge von Schleim absondert. Aehnliche Drüsen finden sich übrigens auch bei einigen Chätopo- den, z. B. Lophiocephala und Siphonostoma 3). In letzterem Wurme erscheinen sie als conglobirte Drüschen mit mehr oder minder spiralig gewundenem Ausführungsgange. Auch der sog. Sattel oder Gürtel (elitellum) vieler Lumbricinen ®) besteht aus einer grossen Menge an- ) 1) Bei den Nemertinen glaubte Oersted (l. c. p. 18.) ein besonderes Respirations- organ in einem Paar Längsgruben (foveolae) gefunden zu haben, die sich an den Sei- ' ten des Kopfes hinziehen und willkürlich geöffnet oder geschlossen werden können. h Es stützt sich übrigens diese Annahme allein auf eine falsche Deutung der Central- | organe des Nervensystems, die dicht hinter den Gruben liegen und in denen er ein Herz erblickt. — Viel wahrscheinlicher ist es, wie Rathke vermuthet, dass diese ' Gruben Sitz eines feineren Gefühles seien, zumal sie von verhältnissmässig ziemlich starken Nervenästen versorgt werden. 2) Nordmann, Diesing u. a. schreiben einigen Helminthen (z. B. Pentasto- mum) wirkliche Athemlöcher (stigmata) zu, die aber bloss warzenförmige Hervor- ragungen oder Grübchen der Epidermis zu sein scheinen. Auch die gestielten Bläs- chen an der innern Leibeswand mancher Ascariden, sowie auch die Gefässe der Trematoden sind wohl hin und wieder für Respirationsorgane gehalten. 3) Vergl. Costa in den Ann. des scienc. nat. 1841. T. XVII. p. 373. 4) Hoffmeister |. c. Tab. I. fig. 37. 1 J 336 Besondere Absonderungswerkzeuge der Würmer. sehnlicher Drüsenbälge, die zwischen Haut und Muskelschlauch gele- gen sind und von vielem Fett umgeben werden. Viel allgemeiner sind unter den Anneliden besondere Seitendrü- sen !) verbreitet, gewöhnlich nur einfache , retortenförmig gebogene Beutel oder Kanäle, die paarweise an den Seiten des Bauchstranges gelegen sind und jederseits an der Bauchfläche durch eine kleine, leicht zu übersehende Oeffnung nach aussen münden. Ihre Zahl ist verschieden. Bald werden sie in allen Segmenten gefunden, bald beschränkt sich ihr Vorkommen nur auf einzelne, und zwar gewöhn- lich dann auf die der vordern Leibeshälfte zugehörenden Glieder. Eine sehr ansehnliche Entwicklung erlangen diese Organe in Pleione, wo sie als zierlich gefaltete Blindsäcke von ovaler Form erscheinen, deren inneres Ende sich in einen langen Ausführungsgang fortsetzt. Jedes Segment enthält solcher Drüsen zwei. Aehnliche, nur minder grosse, beutelförmige Organe besitzen Nereis 2), Eunice, Onuphis u. a. Bei Arenicola 3), Ammotrypane, Terebella und Amphitrite haben diesel- ben wiederum eine beträchtlichere Entwickelung. Ihre Zahl, die sich übrigens verringert hat, variirt bei den verschiedenen Arten, mitunter selbst bei den einzelnen Individuen. Sie gehören der vordern Körper- hälfte an, selten aber den ersten Gliedern. Nach hinten zu nehmen sie gewöhnlich an Entwicklung ab. — Unstreitig entsprechen diesen Absonderungswerkzeugen auch die sog. Schleimdrüsen der Lum- brienen, welche blind geendigte Schläuche sind und bei Lumbricus, Saenuris, Enchytraeus den Lungenbläschen anliegen. Auch bei den. Hirudineen finden sich solche Seitendrüsen. Beim gewöhnlichen Blut- egel sind sie ring- oder schleifenförmige Kanäle %), die wahrscheinlich mit.den sog. Athemzellen zusammenhängen. Branchiobdella 5) zeigt nur zwei Paare solcher Drüsen, aber von sehr ansehnlicher Entwickelung. Eins derselben liegt in dem vorderen, das andere in dem hinteren Leibestheile. Sie bestehen aus vier bandartig an einander gelegten Kanälen, die, mit einem Flimmerepithelium ausgekleidet, zu zweien an ihrem innern Ende in einander übergehen, während sie nach aussen zu sich zusammenballen und einem einfachen, kurzen Ausführungsgan- ge aufsitzen. 1) Früherhin wurden sie sehr allgemein (von Rathke, Grube u. A.) für Geschlechtsorgane, gewöhnlich für Hoden, aber auch für Eierstöcke, gehalten. — Wegen ihrer ansehnlichen Verbreitung berechtigen diese Drüsen vielleicht am ersten zu der Annahme, dass sie Harnwerkzeuge seien. 2) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. XIX. e. (nach Rathke als Eierstöcke gedeutet). 3) Ibid. fig. gg. (nach Grube als befruchtende Organe — Hoden? — gedeu- tet). Stannius fand diese schlauchförmigen Drüsen von einem Flimmerepithelium bekleidet. 4) Ibid. fig. II. e. . 5) Vergl. Henle in Müller’s Archiv 1835. S. 576. Besondere Absonderunpswerkzeuege der Würmer. 337 5 Ausser diesen allgemeiner verbreiteten Secretionsorganen finden sich bei den Anneliden auch noch andere , die nur bei einzenen Fa- milien und Gattungen vorkommen und hier irgend einem speciellen Zwecke entsprechen. So besitzen manche Tubicolen (Terebella, Amphitrite , Serpula) in den ersten Leibessegmenten eine nicht unansehnliche Drüse !) von lappiger Form. Sie erstreckt sich öfter (Serpula) bis ziemlich weit nach hinten und mündet vorn mit einem kurzen Ausführungsgang. Vielleicht dient sie bei der Bereitung der äussern Hülle zur Absonde- rung eines bindenden zähen Secretes. Analoge Drüsen kommen wahr- scheinlich auch bei manchen mit einer Hülle versehenen Rotiferen vor und scheinen hier in der Nähe der Afteröffnung gelegen zu sein. Bei manchen Aleiopearten sind die Männchen ?) in einem jeden Seg- mente mit einem Paare besonderer Drüsen versehen, die an der Bauch- fläche gelegen sind und aus cylindrischen, einem langen Ausführungs- gang aufsitzenden Blindsäcken zu bestehen scheinen. Andere Drüsen gehören zu den sog. gl. odorıferis. So excernirt z. B. eine kleine Regenwurmart, L. olidus ?) aus seinen Rückenporen ein stinkendes, öliges Secret, das in kleinen oberhalb der Respira- tionsorgane gelegenen und besonders im hintern Körpertheile durch die Haut durchscheinenden Säcken abgesondert wird. Minder häufig finden sich besondere Absonderungsorgane bei den Helminthen. So unter den Nematoideen #) nur bei wenigen Arten (Strongylus auricularis, Ascaris acuminata, brevicaudata), wo auf der Bauchseite unter dem Darme zwei, seltener vier (Asc. paucipara, dacty- luris) schlauchartige Blinddärme liegen, die mit kurzem, gemeinschaft- lichem Ausführungsgange in der Medianlinie der Ventralfläche, mehr oder minder nahe am Kopfe sich öffnen. Sehr allgemein dagegen findet sich eine besondere excernirende Drüse bei den Trematoden. Sie ist hier auf der Rückenfläche des Körpers gelegen und besteht in einem Schlauche, der im hintern Ende gewöhn- lich zu einer Blase sich erweitert und an der Schwanzspitze 5) (als 1) Grube hielt sie bei Terebella und Serpula für ein Geschlechtsorgan. 2) Nach Krohn in Wiegmann’s Archiv 1845. 1. S. 172. 3) Hoffmeister, die Familie der Regenw. 1846. S. 25. 4) Entdeckt von Siebold. S. Bagge, de evolutione Strong. auricularis et Asc. acuminatae Diss. 1841. p. 13. 5) Nardo (Heusinger’s Zeitschrift f. org. Phys. I. S. 68.) und Baer (Ibid. I. S. 197., sowie Nov. Act. Leop. Vol. XIII. p. 536.) hielten dieses foramen caudale für den After der Trematoden. Letzterer glaubte, dass der Verdauungskanal der Tre- matoden in zwei gablig gespaltene Hälften zerfiele, eine vordere und eine hintere, die durch ein Gefässnetz verbunden seien. Laurer (l. c.) und Diesing (An- nal. d. Wiener Mus. II. S. 241.) hielten den ganzen Apparat für ein Lymphge- fässsystem, dessen äusserste Zweige den Darmkanal umspinnen sollten. Das for. caudale ist nach ihnen durch ein feines Häutchen geschlossen und so (nach Lau- Wagner’s Zootomie, II. 22 338 Geschlechiswerkzeuge der Würmer. foramen caudale), seltener (bei Amphistomum) auf dem Rücken in der Nähe des hintern Saugnapfes sich öffnet. Vorn besitzt der Drüsen- schlauch eine blinde Endigung. In einigen seltenen Fällen nur bleibt übrigens der Schlauch einfach (Bucephalus, Monostomum faba, Dist. ceirrigerum), gewöhnlich theilt er sich gablig in zwei Aeste, die dann nicht selten bis weit in das Kopfende sich nach vorn erstrecken. Auf der höchsten Stufe der Entwicklung verästelt sich der einfache (Dist. hepaticum) oder auch gespaltene (Aspidogaster) Drüsenkanal zu einem förmlichen Gefässnetz, das sich (besonders ausgezeichnet bei den stachel- köpfigen Distomumarten) über den ganzen Körper verbreitet. Der In- halt dieses Excretionsorganes besteht aus glashellen Körnern von rund- licher, seltner von elliptischer Gestalt !), die durch die contractilen Wandungen hin und her bewegt werden. Geschlechtswerkzeuge der Würmer. Die Klasse der Würmer bietet neben einer grossen Manchfaltigkeit in der Anordnung des Geschlechtsapparates auch das interessante Phäno- men einer aussergeschlechtlichen Fortpflanzung dar, die aber nur auf einige wenige Arten sich zu erstrecken scheint. Ob übrigens daneben die Annahme einer Generatio aequivoca s. spontanea, einer sog. Urerzeugung, wie sie bei der Erklärung des Vorkommens und der Entstehung der Eingeweidewürmer nicht selten noch bis auf den heutigen Tag zu Hülfe genommen wird, jemals wird gerechtfertigt wer- den können, steht dahin. Jedenfalls haben die überraschenden Re- sultate, welche die neuesten Zeiten über die Fortpflanzung und Ent- wicklung dieser Organismen geliefert, eine solche Annahme sehr ver- dächtig gemacht. Soweit die aussergeschlechtliche Fortpflanzung der Würmer durch unmittelbare Beobachtung erwiesen ist, geschieht sie durch Theilung und durch Knospenbildung. Die Selbsttheilung ist von beiden ‚die häu- figere. Sie erstreckt sich sogar auf einige Anneliden. So spalten sich die Naiden 2) freiwillig, indem eine Stelle des Körpers sich verdickt, ver) gewissermaassen ein Sicherheitsventil, das nur bei übermässiger Säftemasse sich öffnet. Mehlis und besonders von Siebold zeigten dagegen die excernirende Natur dieses Organes. Letzterer hat auch das Verdienst, zuerst dasselbe von dem ernährenden Gefässsystem streng geschieden zu haben. In neuerer Zeit hat indes- sen H.Meckel (Müller’s Archiv 1846. S. 2ff.), der dem ganzen Apparat neben seiner excernirenden Function zugleich noch eine respiratorische beilegt, einige Beobach- tungen beigebracht, die, wenn sie wirklich sich bestätigen sollten, für die Ausbrei- tung und Bedeutung dieses Organes von grossem Interesse wären (S. oben beim Gefässsystem der Trematoden). | 1) Wegen dieser ihrer Gestalt wurden die Secretkörner bisweilen für Eier gehalten. 2) Zahlreiche, sehr interessante Beobachtungen hierüber sind von O0, F, Mül- ler (von den Würmern des süssen und salzigen Wassers. S. 35.) gegeben. Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 339 schwarze Augenpunkte daran entstehen und der neue Kopf mit den hinter ihm befindlichen Gliedern als ein selbstständiges Individuum abreisst. Noch auflallender ist die analoge Selbsttheilung von Syllis prolifera !) und Myriadine 2), wo man oft an sechs und mehr Indivi- duen auf den verschiedensten Stufen der Entwicklung rosenkranzför- mig der Länge nach mit einander verbunden findet. Es schemt übri- sens, wenigstens den letztern Thieren, diese Fähigkeit nur während des noch unvollständig entwickelten Zustandes eigen zu sein. Das- selbe gilt vielleicht auch von Derostomum leucops 3) und Microstomum lineare 2), bei denen man gleichfalls eine Selbsttheilung bemerkt hat. Demselben Processe verdankt auch die Gliederung des Leibes bei den Cestoideen 5) ihr Entstehen. Nur dadurch unterscheidet sich diese von der sonst vorkommenden (Quertheilung, dass hier die einzelnen Glie- _ der immer vereinigt bleiben und sich niemals zu vollständigen Thieren _ entwickeln. | Eine Vermehrung durch Knospenbildung ist viel beschränkter und findet sich nur bei einigen, nicht völlig ausgebildeten Helminthen, bei Echinococcus 6) und Coenurus. In letzterm Thiere ist dieselbe, ‚ wie die Quertheilung der Cestoideen, nur unvollkommen. Die an der ' Innenfläche der Mutterblase hervorknospenden, neuen Individuen blei- ben derselben immer verbunden und werden niemals im Laufe der | Entwicklung frei, wie es bei Echinococeus der Fall ist. Geschlechtsorgane scheinen bei allen völlig ausgebildeten Wür- mern vorhanden zu sein. Wo sie fehlen, wie bei den eingekapselten | Nematoideen 7) und den Blasenwürmern, hat man es höchst wahrschein- lich nur mit unausgebildeten, verkümmerten und in ihrer Entwicklung ' gehemmten Individuen zu thun. | Der Geschlechtsapparat zeigt seine gewöhnliche Gliederung in männ- ‚liche und weibliche Zeugungsorgane, die indessen keineswegs überall auf verschiedene Individuen vertheilt sind. Sehr viele Würmer sind | Zwitter 3). 7 # | 1) ©. F. Müller (Zoolog. danic. Tom. I. p. 15.) ist der Entdecker dieser ] Fortpflanzungsweise, über welche man auch Frey und Leuckart |. c. vergleiche. N 2) Milne Edwards in den Ann. des scienc. nat. 1845. III. p. 170. ! 3) Duge&s (Ann. des scienc. nat. Tom. XV. p. 169.). 4) v. Siebold (Anat. d. wirbellos. Thiere. S. 168.). 5) Eschrichtl. c. S. 86 u. 120. | 6) Chemnitz, de hydatid. Echin. homin. commentat. 1834. — J. Müller, Ar- ‚| ehiv 1836. S. CVII. — v. Siebold, Burdach’s Physiol. 1837. II. S. 181. | 7) Vergl. Creplin in Wiegmann’s Archiv 1835. I. S. 473. 8) In neuester Zeit hat Steenstrup in einer eignen Schrift (Untersuchungen üb. | das Vorkommen des Hermophroditism. Deutsch v.Hornschuch. Greifsw. 1846.) die ganze Lehre von dem Hermaphroditismus über den Haufen stürzen wollen. Nach ihm 'sind alle Thiere getrennten Geschlechtes. Im äussern Bau stimmen männliche und - weibliche Organe mehr oder minder vollkommen überein. Nur das Contentum un- | | 22* fi s 340 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. Unter den Anneliden sind solche hermaphroditischen Individuen übrigens nur wenig verbreitet. Die Dorsibranchiaten und Gapi- tibranchiaten sind wahrscheinlich ganz allgemein getrennten Ge- schlechts !). In manchen Fällen besitzen Männchen und Weibchen sogar äusserlich schon unterscheidende Kennzeichen, wie bei Serpula, wo die durch die Bedeckungen durchscheinenden Samenfäden oder Eier den Thieren eme weissliche oder rothe Färbung mittheilen. " Es sind die Geschlechtsorgane dieser Würmer übrigens ausser- ordentlich einfach gebildet. Aeussere Begattungsorgane fehlen gänzlich. Selbst eigentliche keimbereitende Geschlechtstheile 2), Hoden und Eier- stöcke werden vermisst. Samenfäden und Eier bilden sich ganz frei in der Leibeshöhle zwischen Darm und Muskelschlauch. Die vor- zügliche Bildungsstätte ist der hintere Leibestheil der Anneliden. Von da treten die Elemente nach vorn und seitlich in die Höhlen der Fuss- höcker, die man nicht selten fast völlig damit erfüllt findet. An der Basis dieser Erhebungen sind zum Austritt der Zeugungsstofle be- sondere Oeffnungen vorhanden. Nur in einigen seltenen Fällen sind zur Absonderung des der Bil- dung und Entwicklung dieser Elemente dienenden Blastemes noch be- sondere Gebilde vorhanden. Diese erscheinen bei Aphrodite als zahl- reiche, zu einem unregelmässigen, weitlmaschigen Netzwerk verbundene Stränge 3), welche die Leibeshöhle besonders zwischen Darm und terscheidet sie. Wo Samenfaden und Eier in einem Thiere zugleich vorkommen, sind erstere gewöhnlich bei der Begattung von aussen hineingebracht. Die männlichen Organe eines Zwitterthieres hält der Verf. deshalb häufig für Samentaschen weibli-' cher Individuen, die weiblichen häufig für accessorische Drüsen männlicher Indivi- duen oder auch wohl für ruhende, in ihrer völligen Entwicklung gehemmte Theile. 1) Bis vor Kurzem waren die Geschlechtsverhältnisse der höhern Anneliden noch fast gänzlich unbekannt. Gewöhnlich hielt man sie nach der Analogie mit! Regenwurm und Blutegel für Zwitter. Die Angaben von Pallas (Misc. Zool. S. 90.) und Cuvier (Vorlesungen, übersetzt von Meckel. IV. S. 580.), dass Aphro- dite getrennten Geschlechtes sei, wurde unbeachtet gelassen. Erst Quatrefages (Ann. des science. nat. 1844. I. p. 21.), Steenstrup (l. c. p. 39.) und Kölliker (die Bildung der Samenfäden in Bläschen. 1846. S.34.), sowie Stannius (Mül- ler’s Archiv 1840.), Krohn (Wiegmann'’s Archiv 1845. I. S. 182.) und Oersted (Ibid. S.20.) bewiesen durch mehr oder minder zahlreiche Untersuchungen das con- stante Vorkommen getrennter Geschlechter in diesen Tbieren. Vergl. Frey und Leuckart, Beiträge etc. 2) Die verschiedenen von Treviranus, Milne Edwards, Grube, Rathk® u. A. für Fortpflanzıngswerkzeuge gehaltenen Organe gehören wahrscheinlich alle zu den bei den Anneliden so weit verbreiteten drüsigen Excretionswerkzeugen. — Neuerlich will Kölliker (l. c.) bei Cirratulus indessen wirkliche Hoden gefunden ha- ben, die in 16 paarigen, in den hintern Leibesringen gelegenen und an der Bauch- seite ausmündenden Bläschen bestehen sollen. | 3) Treviranus (!. c.) hielt sie für Chylusgefässe. Vergl. Frey und Leu- ckartl. c. Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 341 Bauchwand durchziehen und sich hier an verschiedenen Stellen den Gefässen, Darmanhängen und Muskeln anheften. Bei näherer Untersu- chung zeigen die Stränge eine solide, faserige Achse und eine Menge dünner, nach allen Seiten radienförmig auf ihr befestigter Zotten, zwi- schen denen zahlreiche Eier auf der verschiedensten Stufe der Ent- wicklung eingelagert sind. Sind diese völlig ausgebildet, so verlassen sie ihr Lager und fallen in die Leibeshöhle. Ein ähnlicher, doch schon einfacherer, ‘diesem Zwecke dienender Apparat scheint auch bei Are- nicola sich vorzufinden. Hier nämlich bedeckt sich in der hintern Hälfte des vordern, weiten und mit Kiemen versehenen Körperabschnit- tes das Vas ventrale, sowie die Vasa longitudinalia lateralia mit vie- len zottigen Ausstülpungen, die äusserlich mit fettigen Körnchen von dunkelbrauner Färbung überzogen sind. Zwischen ihnen entwickeln sich die Eier, ganz wie bei Aphrodite. Im Gegensatz hierzu sind die Lumbrieinen, vielleicht nur mit ‚wenigen Ausnahmen, Hermaphroditen. Ihre Geschlechtsorgane, männ- ‚liche und weibliche, liegen gewöhnlich im vordern Theile der Leibes- ‚ höhle neben einander und führen durch besondere Ausführungsgänge nach aussen. Mitunter entwickeln sich auch äussere Begatiungs- werkzeuge, die freilich überall nur sehr rudimentär bleiben und meistens bloss die vorspringenden oder umstülpbaren Enden der Aus- führungsgänge sind. Bei den niedern Formen der Lumbrieinen, Enchytraeus, Saenu- ris u. a. trifft man auf eine nur wenig complicirte und darum auch deutlichere !) Anordnung der Geschlechtsorgane. Die Hoden sind ein Paar lappiger Drüsen, gewöhnlich mit Spermatozoen auf den verschie- densten Stufen der Entwicklung erfüllt. Von ihnen entspringt ein langes und dünnes Vas deferens, das vielfach knäuelförmig gewunden "ist und in seinem Lumen eine lebhaft flimmernde Wimperbekleidung besitzt. Nach unten zu besonders ist die Wandung dieses Ausführungs- ganges dick und stark musculös. Er mündet jederseits neben der Me- dianlinie der Bauchfläche in einen kurzen, retractilen Penis von papil- ‚ len- oder keulenförmiger Gestalt. Die Ovarien sind hinter den Hoden gelegen. Auch sie sind unregelmässige, lappige Drüsen, die bisweilen (Tubifex) in mehrere, hinter einander gelegene Theile zerfallen und auch wohl, wie bei einigen verwandten Seewürmern, aus kurzen bündel- formig verbundenen Beuteln: oder Blinddärmchen bestehen. In ihnen entwickeln sich die Eier. Durch einen einfach gewundenen und zar- 1) Es herrscht übrigens auch in der Deutung dieser Organe, sowie in ihrer Be- , schreibung eine grosse Verwirrung. Duges (Ann. d. science. nat. 1.Ser. Tom.XV. p. ' 320.) u. Grube (Wiegmann’s Archiv 1844. I. S. 215.) besonders haben die weib- | lichen Organe nur unvollkommen erkannt und die männlichen -überdiess als weibli- che dargestellt. Auch die Beschreibungen Hoffmeister’s scheinen nicht in allen Stücken genau. 342 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. ten Ausführungsgang scheinen die Ovarien jederseits mit einer birn- förmigen Blase in Zusammenhang !) zu stehen, die mittelst eines kur- zen Halses durch eine quere wulstförmig erhabene Spalte unmittelbar vor den Ausführungsgängen der männlichen keimbereitenden Organe nach aussen mündet. Vielleicht dient diese als Receptaculum semi- nis ). — Eigenthümlich ist es, dass bei Enchytraeus 3) häufig nur die Geschlechtsorgane einer Seite zu völliger Ausbildung kommen. Auf ähnliche Weise bleiben auch manche andere Lumbrieinen nicht selten gänzlich geschlechtslos. Complicirter ist die anatomische Structur der Generationswerkzeuge bei Lumbricus. Auch ist hier eine genauere Untersuchung noch da- durch erschwert, dass die Ausführungsgänge der keimbereitenden Organe nicht frei in der Bauchhöhle gelegen sind, sondern innerhalb der Muskelschichten der Leibeswandung verlaufen. Dieses, sowie noch einige andere, höchst auffallende Verhältnisse, erkläret hinreichend die vielen widersprechenden Ansichten über den Bau dieser Theile, und die grosse Dunkelheit, die trotz der zahlreichsten Untersuchungen immer noch darüber herrscht. Bei Lumbricus liegen dicht oberhalb des Magens zu beiden Seiten der Speiseröhre drei oder auch wohl vier ansehnliche Drüsen. von birnförmiger, am Ende häufig gelappter Form und gelblichweisser Far- be, welche durch die grosse Menge der in ihnen auf den verschieden- sten Entwicklungsstufen vorkommenden Samenfäden sich als männliche keimbereitende Organe, als Hoden i), kund geben. Sie nehmen von 1) Es ist ein solcher übrigens nur bei sehr vorsichtiger Behandlung nachzu- weisen. Meistens erscheinen die Blasen nach oben abgerundet und geschlossen. 2) Im Innern dieser Blase finden sich gewöhnlich drei bis vier wurmarlige Körper von spindelförmiger Gestalt, in denen Grube (l. c.) eine Masse von Sper- matozoen, die in einer durchsichtigen Hülle eingeschlossen seien, erkannt haben will. 3) Verel. Hoffmeister 1. ec. S. 19. 4) Erst H.Meckel (Müller’s Archiv 1844. S.480.) u. Steenstrup (l. c.) er- kannten die männliche Natur dieser Organe. Frühere Beobachter, wieLeo, Morren, Duges, Treviranus u. A. hielten sie für Eierstöcke und stützten diese Ansicht auf die zahlreichen, neben den Spermatozoen darin vorkommenden eiartigen Bildungen. Eben diese brachten auch Meckel (l. e.) zu der Meinung, dass die Hoden zugleich Ovarien seien. Die Eier sollten an der äussern Membran sich entwickeln, während die Bildungsstätte der Spermatozoen tiefer im Innern sei. Dass übrigens jene Gebilde. wirkliche Eier der Regenwürmer sind, ist noch keineswegs erwiesen. Niemals fand man in ihnen ein deutliches Keimbläschen. Auch ihr Contentum ist eigenthümlich und abweichend von der gewöhnlichen Beschaffenheit des Dotters. Es besteht das- selbe, meistens neben einer grössern oder geringern Menge einer körnigen Masse, aus zahlreichen naviculaartigen Körperchen (sog. Spindelzellen), denen Meckel die Bedeutung eines innern Epitheliums, eines Wahrungsdotters, zuschrieb. Hoffmeister (Fam. der Regenw. S. 20.) hält sie dagegen für die in eignen kugelförmigen Behältern eingekoppelten Eier eines bei den Lumbricen sehr häufigen Rundwurmes, Du- Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 343 hinten nach vorn an Grösse ab und münden mit verengtem Halse je- derseits in ein enges, zwischen den Muskeln der Bauchwand herabstei- gendes Vas deferens, dessen Mündungstelle am neunten oder zehnten Ringe zu sein schein. Mehr nach aussen von den Hoden und zum Theil von ihnen bedeckt, finden sich noch drei kleinere runde Bläs- chen jederseits, die sich ebenfalls neben der Insertion jener Organe | durch einen engen Gang dem Vas def. verbinden. Das Contentum die- ser Bläschen ist eine dicht gedrängte Masse vollkommen entwickelter Spermatozoen, deren gemeinsame wellenförmige Bewegung einen pracht- vollen Anblick gewährt. Die Bläschen selbst sind Samenbehälter !). Die Ovarien 2) endlich schemen in den brückenförmig zwischen den Hodendrüsen beider Seiten gelegenen Organen zu bestehen. Diese werden jederseits aus einem quastförmigen Bündel von Blinddärmehen zusammengesetzt, in deren Innerm sich je nur ein einziges Ei ent- wickelt. In der Medianlinie stossen beide Bündel an einander. Zu- gleich werden sie äusserlich durch eine Fortsetzung der die Hoden überziehenden Membran umkleidet und unter sich verbunden. Die Blindschläuche öffnen sich jederseits in ein gemeinschaftliches Becken, das sich nach unten wahrscheinlich in einen gerade herabsteigen- den Oviduct fortsetzt. Dieser mündet jederseits in einer queren, von einem hofartigen Wulste umgebenen Spalte am 15., seltner, wie es bei einigen Arten der Fall zu sein scheint, am 13. Leibesringe jardin (Hist. des Helm. S. 645.) für Gebilde, die den Psorospermien verwandt seien, wäh- rend endlich Henle (Müller’s Archiv. 1845. S. 367.) meint, dass sie mit den in den Ge- schlechtsorganen des Regenwurmes so häufigen gregarinenartigen Formationen in irgend einem Zusammenhang ständen. Für letztere Ansicht spricht auch u. a. die Beobachtung (die für die Larve von Sciara nitidicollis auch vonSiebold, Beitr. z. Naturgesch. 1839. S. 63., gemacht hat), dass eben solche eingekapselte Spindelzellen häufig ganz frei im Darm von Nepa cinerea neben einer grossen Anzahl festsitzender Gregarinen vorkommen, und dass beide hier durch bestimmte Uebergangsformen mit einander verbunden scheinen. — Wo man die Hoden als Ovarien deutete, liess man die Eier gewöhnlich durch Dehiscenz frei werden und in die Leibeshöhle fallen. Nur Leo wollte fünf parallel neben einander verlaufende Oviducte gefunden haben, die zwischen den Längsmuskeln der Leibeswand bis in das Afterende des Thieres hin- abreichen und sich mitunter zu einem gemeinschaftlichen Receptaculum verbinden sollten — die aber in Wirklichkeit blosse Zwischenräume in den Muskelschichten sind. 1) Frühere Beobachter glaubten in ihnen die Hoden der Regenwürmer zu er- kennen. Nach Leo sollten sie unmittelbar nach aussen münden, ebenso nach Du- ges, der sie zugleich jederseits durch einen Längskanal zusammenhängen liess. 2) Auch Stein (Müller’s Archiv 1842. S.270.) erkannte in diesen Schläuchen die Ovarien. — Schon Duges (Ann. des scienc. 1837. Tom. VII. p. 28.) hat ihre anatomische Structur ganz richtig erkannt, nachdem er vorher (Ibid. Tom. XV. p. 329.) zu dem Ausspruche berechtigt zu sein glaubte, dass die ganze Masse nur aus eng an einander liegenden Windungen des erweiterten Oviductes gebil- det sei. 344 Geschlechiswerkzeuge der Würmer. zwischen äusserer und innerer Borstenreihe. An der Bauchseite, ge- wöhnlich am 27. Leibesringe, findet sich noch ein Paar fadenförmiger, kurzer Anhänge, die ah na der Geschlechtsreife einem kleinen Wul- ste aufsitzen und bei der Begattung !) unstreitig als Reizorgane dienen. Ob 2) und auf welche Weise sie vielleicht mit den Ausführungsgängen der Hoden in Verbindung stehen, ist noch ungewiss. Andere accesso- rische Begattungsorgane bestehen noch bisweilen (L. agricola) jeder- seits am Gürtel in einer Reihe von 5—6 oftmals verschmolzenen. Saugnäpfen, die mit einem künstlichen Muskelapparate versehen sind und bei der Begattung eine innigere Berührung beider Individuen mög- lich machen, da ihnen am 9— 11 Ringe eigene wulstförmige Hervorra- gungen entsprechen 3). Andere Lumbrieinen scheinen übrigens in mancher Beziehung von den eben geschilderten Verhältnissen abzuweichen, wie z. B. Euaxes 4), wo aber bis jetzt der Bau der Geschlechiswerkzeuge noch nicht mit genügender Sicherheit erkannt ist. Einige sind selbst getrennten Ge- schlechtes, wie Nais bipunctata 5) und Lumbriconais 6). Letzterer Wurm besitzt an der Bauchfläche der einzelnen Segmente jederseits einen mit Eiern (oder Spermatozoen) angefüllten , retortenförmig gekrümmten Schlauch, der immer durch eine Bde Oeflnung nach aussen zu münden ne Besonders in den Gliedern des mittlern Leibes sind dieselben ausgebildet. Nach vorn und hinten nehmen sie an Umfang ab und schwinden endlich. Bei den noch übrigen Anneliden, in der Gruppe der Hirudi- neen?), sind ganz allgemein beiderlei Geschlechtsorgane in denselben Individuen vereinigt. Die Hoden 8) bestehen in einer Anzahl dünnhäu- tiger, runder Bläschen, die auf der Bauchseite neben dem Nerven- strang gelegen sind. Wo ihre Zahl, wie gewöhnlich, nicht bedeutend ist (Hirudo 9), Haemopis, Piscicola !%), Clepsine besitzen deren 6— 12 Paa- ve), liegen sie jederseits reihenweise hinter einander. Nephelis dage- sen zeigt sehr zahlreiche, zu einer traubigen Drüse zusammenge- I) Ueber die Begattung der Regenwürmer vergleiche man die interessanten Be- obachtungen von Hoffmeister (l.c. S.14.), nach denen übrigens die Würmer immer nur Sich selbst begatteten. 2) Obgleich gewöhnlich diese Anhänge als undurchbohrt betrachtet werden, findet man sie doch bisweilen mit Spermatozoen ganz angefüllt. 3) Verel. Hoffmeisterl.c. — 4) Menge I, c. S. 32. 5) Köllikerl.c. — 6) Frey und Leuckart]. c 7) Vergl. Fr. Müller in Müller’s Archiv 1846. S. 138. Ss) ES DRN (Gesetze u. Ersch. d. org. Lebens. II. S. 37.) u. Henle (Mül- ler's Archiv 1835. S. 587.) betrachteten die Hoden als weibliche keimbereitende Organe und verwandelten die Rulhe in eine Legröhre, welche die Eier in die Matrix anderer Individuen deponire. 9) Ic. zootom. Tab. XXVIl, fig. VII. A. a. — 10) Ihid. fig. XI. d. d. Geschlöchtswerkzeuge der Würmer. 345 häufte Hodenbläschen. Die Hoden jeder Seite haben einen gemein- schaftlichen Ausführungskanal !), der am äussern Rande verläuft, überall sehr lang ist und in seinem Verlauf allmälig sich verdickt. Dieser di- ckere Theil (epididymis) ist bei Clepsine nur wenig gewunden, bei Hirudo 2), Aulacostoma, Nephelis dagegen zu einer Drüse verschlungen und bei Piseicola in eine Samenblase 3) erweitert. Wiederum ver- dünnt führt das Vas deferens jederseits bei Hirudo u. a. in einen ge- meinschaftlichen,, diekwandigen Bulbus 4), der bei Piscicola 5) mehr all- mälig in eine fadenförmige, von einer besondern Scheide 6) umgebene Ruthe ?) übergehet. Diese kann durch eine Oeffnung in der Mittelli- nie der Bauchseite am vordern Körperende 8) hervorgestossen werden. Bei Glepsine und Nephelis fehlt ein so entwickelter Penis. Er be- ‚steht hier ganz einfach aus einer musculösen zweihörnigen Scheide, die von den Schenkeln der Vas deferentia gebildet wird. — Die weiblichen Organe sind stets hinter den männlichen gelegen. Die keimbereitenden Theile sind mehr oder weniger lange, dünne, gewun- dene Schläuche ®) in denen sich die Eier entwickeln. Sie sind jederseits von einem häutigen Sacke umschlossen, in den die reifen Eier hin- einfallen. Dieser erscheint bald als ein kleines, rundliches Bläschen, wie bei Hirudo !0), Haemopis, Piscicola !!), bald aber auch als sehr grosser und weiter Schlauch, wie bei Clepsine und Nephelis. Die Aus- führungsgänge der Säcke verschmelzen bei Hirudo !?) nach kurzem Verlauf in einen gemeinschaftlichen Kanal 13), der in den eigentlichen Uterus !4) übergeht, in einen länglichen, bauchigen und von starken museulösen Wandungen umschlossenen Sack. Bei andern Hirudi- neen (Piscicola !5), besonders aber Clepsine und Nephelis) sind die Ei- leiter stets getrennt und der Uterus erscheint zweihörnig. Einen abweichenden Bau zeigt die Anordnung der Geschlechtsorgane bei Branchiobdella !6),. Vorn, im 14. Segmente, mündet in der Medianlinie eine diekwandige, flaschenförmige Blase mit cylindrischem Halse, die 1) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. VII. A. b. b. fig. XI. e. e. 2) Ibid. fig. VIIL A. e. c. fig. VII. B. a. Treviranus und Moquin Tandon (Monogr. de la famille des Hirudinces. p. 77.) betrachten eben diese Drüse als männ- liche keimbereitende Theile. Die wirklichen Hoden deutet der letztere als vesicules seminales suppl&mentaires. 3) Ic. zootom. Tab. XXVM. fig. X. g.g. — 4) Ibid. fig. VII. A. d. fig. VI. B.b. — 5) Ibid. fig. X.i. — 6) Ibid. fig. VIL.B.c. — 7) Ibid. d.. — 8) Ibid. fig. VII. a. 9) Vergl. die Untersuchungen von R. Wagner in Müller’s Archiv 1835. S. 220. u. Henle (l. c.). Letzterer hält übrigens diese Organe für Hoden. 10) Ic. zootom. Tab. XXVIL. fig IL.a.a. — 11) Ibid. fig. XL m.m. — 12) Ibid. fig IX.b.b. — 13) Ibid.c. — 14) Ibid. de — 15) Ibid. fig, XL. k. 16) Vergl. Henle (l. c.) u. Kölliker (Beiträge zur Kenntniss der Samenflüssig- keit. S. 19.). 346 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. von einer drüsigen, aus gewundenen Kanälen bestehenden Masse um- geben wird. Der Inhalt beider Organe lässt sie als Theile des männ- lichen Geschlechtsapparates erscheinen. Die drüsige Masse ist der Ho-- den, die Blase vielleicht eine Samenblase. Eine Verbindung beider ist übrigens noch nicht nachgewiesen. Dicht hinter diesem Apparat liegt die weibliche Geschlechtsöffnung. Sie führt in einem ziemlich langen, etwas gewundenen Kanal, der bei der Begattung wahrscheinlich sich umstülpt und auf der innern Fläche mit zahlreichen kurzen Borsten be- setzt ist. Er entspricht dem Uterus der übrigen Hirudineen und geht an seinem Ende durch einen ziemlich langen und gewundenen Gang in den Eierstock über, welcher ganz einfach das blinde, mit Eikeimen erfüllte Ende dieses Ganges zu sein scheint. Nöch eine andere Anordnung zeigen die Geschlechtsorgane in der kleinen, merkwürdigen Gruppe der Tardigraden. Ueberall sind männ- liche und weibliche Theile auch hier vereint !). Der Eierstock erscheint als ein weiter, über dem Darm liegender, sackförmiger Schlauch, der zugleich mit den Ausführungsgängen der Hoden in die Kloake mündet. Letztere bilden jederseits neben dem Verdauungskanale einen blind- darmigen Körper und scheinen noch mit einer besondern birnförmigen Samenblase in Verbindung zu stehen. — Myzostomum 2) weicht in mehr- facher Beziehung hiervon ab. Der Eierstock ist ein durch das ganze Körperparenchym vielfach verzweigtes Organ, das in zwei dem Darm aufliegende Oviducte mündet, welche sich im hinteren Leibesende ver- einigen und unmittelbar darauf nach aussen münden. Die Hoden sind von den weiblichen Theilen völlig getrennt. Sie liegen an den Seiten des Körpers nach dem Rande zu und bestehen in einem zweilappigen, nach innen meistens in zwei Arme verlängerten und mitunter verzweigten Organe, das in einer besondern Höhle eingebettet ist, und sich durch seine Oeffnung nach aussen hervorstülpen kann. Bei den Räderthieren sind mit Sicherheit bis jetzt erst die weib- lichen 32) keimbereitenden Theile bekannt. Nach Untersuchungen, die vorzugsweise bei den Philodineen angestellt %) sind, ist der Eierstock 5) 1) Vergl. Doyerel,.c. — 2) So nach Loven |. c. 3) Die von Ehrenberg, der die Räderthiere für Zwitter hält, als Hoden und Samenblase gedeuteten Gebilde (s. oben S. 392.) rechtfertigen diese Ansicht um so weniger, als sie niemals Spermatozoen enthalten. Viel mehr Beachtung verdient in dieser Hinsicht eine Angabe von Kölliker (Froriep’s Neue Not. Bd. 28. N. 596.), wonach sich (bei Megalotrocha) neben den Eiern Samenfäden frei im Innern der Leibeshöhle aus besondern zelligen Gebilden entwickeln sollen. Verdächtig wird übrigens auch diese Beobachtung dadurch, dass Kölliker offenbar mit diesen Ge- bilden die Flimmerläppchen zusammengeworfen hat. 4) Nach einer noch nicht publicirten Abhandlung von H. Frey über die Ent- wicklung der Räderthiere. \ 5) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XVI. k. k. (Das untere der beiden als Eier- ZZ —— Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 347 ein paariges, in andern Fällen auch ein unpaares, Organ von verschiede- ner Form und meist von sehr ansehnlicher Grösse, das im untern Lei- bestheile neben dem Darmkanal gelegen ist. Entwickelte Eier lassen sich in ihm nirgends unterscheiden. Nur eine feinkörnige Dottermasse und Keimbläschen bilden seinen Inhalt. Diese gruppiren sich allmälig zu einem eiartigen Gebilde und schnüren sich dann von der Eierstocks- fnasse, die mit einer sehr zarten Membran umkleidet ist, ab. Erst wenn sie frei in der Leibeshöhle gelegen sind, zeigen sie ein deutli- ches Chorion. Nach aussen gelangen sie vielleicht durch eine beson- dere, neben der Kloake gelegene Oeffnung !). Unter den Turbellarien zeigen die Geschlechtsorgane in ihrem Bau wiederum grosse Verschiedenheiten. Die Nemertinen sind ge- trennten Geschlechtes. Die Anordnung ihrer Fortpflanzungswerkzeuge ist sehr einfach und erinnert an die bei den höhern Anneliden vor- kommenden Verhältnisse, zumal auch äussere Begattungsorgane 2) gänzlich fehlen. Männliche und weibliche Theile sind ganz con- form gebaut und unterscheiden sich nur durch ihren Inhalt. Sie be- stehen in einer Anzahl birnförmiger Säcke, die in bestimmten , ziem- lich gleichen Entfernungen hinter einander an beiden Seiten des Kör- pers zwischen den blinden Ausstülpungen des Darmrohres gelegen sind und mit einem kurzen dünnen Stiele sich durch die äussern Be- deckungen öffnen. Viel complieirter sind die Geschlechtsverhältnisse %) der Plana- rien, die einige Analogie mit denen der Hirudineen darbieten. Wie diese, so sind auch die Planarien Zwitter 2). Die speciellere Anord- nung der einzelnen Theile zeigt übrigens nicht unansehnliche Verschieden- heiten, obgleich dieselben besonders bei der Mehrzahl der hieher ge- stöcke bezeichneten Gebilde hat übrigens ganz das Ansehen eines ausgebildeten, frei in der Leibeshöhle befindlichen Eies, wie solches auch fig. XXVII. h. ganz richtig abgebildet ist.) 1) So nach v. Siebold (l. c. S. 184... Ehrenberg beschreibt überall einen besondern in die Kloake mündenden Oviduct (Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXVI. B. ß.), der eine blosse Verlängerung des schlauchförmigen Eierstockes sein soll. Selbst bei den Pilodineen, wo überdiess die Eier niemals frei in der Bauchhöhle lägen, sondern immer noch von der zarten dehnbaren Haut des Eierstockes überkleidet wären, soll ein solcher Oviduct sich vorfinden. 2) Nach Huschke u. Oersted wäre der Rüssel dieser Würmer Penis oder Clitoris. Vergl. Rathke (]. c.), sowie Frey u. Leuckart (l. c.). 3) Es sind diese erst in neuester Zeit durch die trefflichen Untersuchungen von Quatrefages in der schon mehrmals erwähnten Abhandlung richtig erkannt und genau dargestellt worden. Minder vollständig sind die Untersuchungen von Baer, Duges, Ehrenberg u. Oersted. 4) Oersted (l. c. S.20.) behauptet von einigen Planarien, dass sie getrennten seschlechtes (?) sein — aber ohne diese Annahme weiter zu begründen. 348 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. ‘ hörenden kleinern !) Arten noch keineswegs genügend erkannt sind. An der Bauchfläche des hintern Leibesendes findet sich die Geschlechts- öffnung. Bei den höher entwickelten Planarien (Polycelis , Eolidiceros u. a.) ist diese doppelt, bei vielen andern (Planaria z. B.) dagegen ein- fach und für männliche und weibliche Theile gemeinschaftlich. Immer aber sind erstere am weitesten nach. vorn gelegen. Die Hoden ?) sind in der Regel zwei lange, auf und ab geschlungene Schläuche in den Seitentheilen des Leibes, die sich in der Mitte verdicken, aber nur selten (Stylochus, Mesostomum) sich verkürsen und dann als ovale, lappige Säcke erscheinen. Die dünnen Ausführungsgänge vereinigen sich (z. B. bei Polycelis) zur Bildung einer birnförmigen oder rundli- chen Vesicula seminalis, aus der ein einfacher, dünner Ductus ejacu- latorius hervorkommt. Dieser führt endlich in den Penis, eine mus- culöse, am Anfang gewöhnlich mit einem starken Bulbus versehene Röhre von sehr verschiedener Gestalt und Grösse. Häufig. fehlt übri- gens ein eigentlicher Ductus ejaculatorius, und dann liegt die Vesicula seminalis entweder unmittelbar vor dem Bulbus des Begattungsgliedes (Proceros, Stylochus), oder ist selbst in diesen eingeschlossen (Lepto- plana, Planaria u. a.). — Hinter dem Penis mündet die Vagina, eben- falls eine eylindrische Röhre von musculöser Textur, in welche jeder- seits ein einfacher Oviduct sich öffnet. Ueber die Mündungsstelle der- selben hinaus setzt sich diese noch eine Strecke weit fort und bildet so (Leptoplana', Stylochus u. a.) ganz einfach eine Aussackung, die als Receptaculum seminis zur Aufbewahrung der Spermatozoen zu dienen scheint. Bei Planaria hat dieselbe eine birnförmige Gestalt und ist langgestielt, bei Polycelis laevigatus erscheint sie sogar als ein an- sehnlicher,, fast ringförmig gewundener Blindsack. Daneben mündet bei Planaria noch ein zweites Organ 3) in die Vagina, das vielleicht zur Absonderung der Eischale bestimmt ist. Die Oviducte schlängeln sich als einfache Kanäle dem vordern Leibesende zu und erweitern sich nicht selten (Leptoplana, Mesostomum, Polycelis) im fernern Ver- laufe zu einem Schlauche, in welchem gewöhnlich die Eier noch län- gere Zeit hindurch aufbewahrt werden. Ein eigentliches, von be- sondern Wandungen umschlossenes Ovarium scheint den Planarien zu fehlen. Die Eier entwickeln sich in der Leibeshöhle, im Raum zwi- schen den Darmverzweigungen und dem Körperparenchym, und tre- ten, völlig entwickelt, durch besondere, öfters mit kurzen Röhrenauf- sätzen versehene, seitliche Oefinungen in den Oviduct. 1) Mit Unrecht scheint von Siebold (Il. c. S. 160.) diese, wie Vortex u. a., für geschlechtslos zu halten. Sehr deutlich nimmt man bei ihnen besonders die Begattungsorgane, sowie Eier wahr. 2) Bei Planaria hielt von Baer die männlichen Organe für die weiblichen. 3) Von Baer als Penis gedeutet. EEE Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 349 Auch unter den Helminthen trifft man Ordnungen mit getrenn- ten, und andere mit vereinten Geschlechtern. Zu erstern gehören N e- matoideen und Acanthocephalen, zu letztern Trematoden und Gestoideen. Bei den Nematoideen erscheinen die Geschlechtsorgane als an- sehnliche, lange Röhren, die mit zahlreichen Windungen sich durch die ganze Leibeshöhle erstrecken und in mehrere auf einander folgende Abtheilungen zerfallen sind. Die weiblichen Organe sind in der Regel doppelt. Sie bestehen bei Ascaris lumbricoides aus zwei faden- föormigen, sehr langen und hinten sehr feinen Röhren !), die den Darmkanal vielfach umschlingen. Der hintere, blind geendigte Theil ist das Ovarium, dessen Inhalt, aus Dotterkörnern und Keimbläschen bestehend, sich allmälig zu eigenthümlichen, unregelmässig dreiecki- gen oder füllhornartigen Eierchen zusammengruppirt. Mit dem spitzen Ende sitzen sie nach allen Seiten um einen langen, strangfömigen Körper (rhachis), der sich, wie eine Achse 2), durch die Eierstocksröhre hin- durchzieht. Nach vorn wird die Gestalt der Eier immer regelmässiger und vollkommner. Das vordere Ende der Eiröhren führt in den allmälig erweiterten. und mehr gerade von hinten nach vorn verlau- fenden Fruchthälter 3). Beide Fruchthälter verschmelzen etwa in der Mitte des Leibes und münden dann durch die kurze und enge Schei- de 4) auf der Bauchfläche nach aussen, wo sich ein kleines, queres, von einem wulstförmigen Hofe umgebenes Spältchen 5) vorfindet. Hi- stologisch bestehen diese Röhren aus zwei über einander gelegenen Häuten. Die äussere zeigt distinete Muskelfasern, die vorn ringförmig verlaufen und erst allmälıg zu Längsfasern werden. Die innere Mem- bran dagegen ist eine überall structurlose Schleimhaut , die vorzüglich im vordern Theile, im Uterus und den Tuben durch zahlreiche, regel- mässige Falten von halbmondförmiger Gestalt ein eigenthümliches Ausse- hen bekommt. — Die meisten übrigen Nematoideen zeigen eine ähnli- che Anordnung der Geschlechtsorgane. Nur geringere Modificationen sind nicht selten. Bei Oxyuris vermicularis u. a. wendet sich die eine Geschlechtsröhre nach oben, die andere nach unten. Bei einigen Cu- eullanusarten, wo sich derselbe Verlauf findet, endigt die letztere Röhre nach kurzem Verlauf plötzlich blind und besitzt weder Eileiter, noch Eierstock. In andern Fällen verschmelzen beide Geschlechtsröhren in eiger grössern oder geringern Ausdehnung. So ist bei Oxyuris cur- vula nicht bloss die Scheide einfach, sondern auch der weite Uterus 1) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. I. B. f. 2) In andern Fällen liegen übrigens die Eier in einer einfachen Reihe hinter einander, wie in den Eiröhren der Insekten. 3) Ic. zootom. Tab. XXVI. fig. I. B.g.g. — 4) Ibid, hh — 5) Ibid. hg. Il.-A. d. 350 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. und der Anfang der engern Tuben, soweit diese noch ganz gerade verlaufen. Im Schwanzende erst tritt eine Spaltung ein. Hierauf steigt eine jede Tube, ohne den Darm zu umschlingen, bis zur äussern Ge- schlechtsöffnung wieder empor und wendet sich, ein feiner Faden, endlich nochmals nach hinten. Bei Trichocephalus, Trichosoma !) und einigen andern sind endlich die Geschlechtsorgane überall einfach. Dagegen giebt es aber auch mehrere Nematoideen, wo im Gegensatz hierzu die Geschlechtsröhren hinter der Scheide drei-, vier-, oder selbst fünffach sich spalten. Bei Strongylus armatus und inflexus fehlt der vordere erweiterte Theil der Tuben. Dafür finden. sich vier kür- zere, auf einander folgende Abtheilungen von verschiedener Structur und einem fast perlschnurförmigen Ansehen. Auch die Geschlechts- öffnung variirt bisweilen. In der Gruppe der Filarien rückt sie bis weit nach vorn, in die Nähe des Mundes, bei Strongylus paradoxus, Ase. paucipara dagegen nach dem Schwanzende zu. Die männlichen Geschlechtsorgane der Nematoideen be- stehen fast überall in einer einfachen, sehr langen und oftmals um den Darm gewundenen Röhre 2), deren hinteres, sehr feines und fadenförmiges Ende der Secretion des Samens :vorsteht. Nach vorn folgt auf das Vas deferens ein schlauchartig erweiterter, gerader Ab- schnitt 3) (vesicula seminalis), die durch den kurzen Ductus ejacula- torius in den, von einer besondern musculösen Scheide umhüllten Pe- nis 4) führt. Dieser besteht bei Asc. lumbricoides aus zwei kurzen, hornigen,, etwas gekrümmten Blättern (spicula), die auf der Innen- fläche rinnenförmig ausgehöhlt sind und, zusammengelegt, eine Röhre bilden. Durch die Contraction seiner Scheide wird der Penis aus der am Hinterleibsende neben dem After gelegenen Geschlechtsöffnung her- vorgestossen. Seine Retractores sind zwei kleine Muskeln, die von der innern Wand der Leibeshöhle entspringen. — Nur in sehr selte- nen Fällen zeigt der Hoden durch Spaltung seines hintern Endes (Fila- ria attenuata 5)) eine Spur von Duplicität. Bei Stephanurus 6) ist der- selbe aber wirklich bis zur Samenblase ganz doppelt. Eine andere Abweichung findet sich bei Ascaris versicularis, wo die Vesicula se- minalis hinten jederseits sich in eine blindschlauchartige Fortsetzung von ansehnlicher Länge auszieht. Desto beträchtlichere Verschiedenhei- ten ?) zeigt dagegen die Zusammensetzung und Gestalt des Begattungs- * 1) Dujardin in den Ann. des scienc. nat. 1843. T. XX. p. 332. 2) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. I. B. f. — 3) Ibid.g. — 4) Ibid. fiE.AI. Ab: 5) v. Siebold\.c. S. 152, 6) Diesing in den Wiener Ann. II. S. 235. 7) Vergl. ein näheres Detail hierüber bei Mehlis (l. c. S. 83.), sowie in den helminthologischen Handbüchern, wo dieselben als characteristische Unterschei- dungsmerkmale angenommen sind. Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 31 gliedes. Bei Cheiracanthus, Trichocephalus u. a. ist dasselbe wirklich nur einfach, bei letzterm Wurme noch dazu sehr lang, und mit einem besondern Präputium versehen. Die meisten übrigen Nematoideen indessen besitzen einen doppelten Penis. Am auffallendsten und unregelmässigsten ist die Bildung desselben bei Strongylus, wo er von einer napflörmigen Falte umgeben ist, von einer sog. Schwanz- klappe, die als Haftorgan dient. Zu demselben Zwecke dienen auch bei vielen Ascariden noch besondere, an den Seiten der Geschlechts- öffnung gelegene, papillenartige Wärzchen. Selbst eine Art von Saug- napf scheint sich bisweilen über der Geschlechtsöffnung gebildet zu ‚haben. Unter den Gordiaceen schliesst sich besonders Mermis durch die Anordnung seiner Geschlechtsorgane an die Nematoideen. Ab- weichender sind dieselben bei Gordius !) gebildet. Bei männlichen und weiblichen Würmern besitzen sie hier eine gleiche Structur und be- stehen aus zwei geraden, neben einander verlaufenden Röhren, die an ihrem untern Ende in einen kurzen gemeinschaftlichen Ausführungsgang verschmelzen und am Hinterleibsende beim Weibchen, beim Männchen in der Schwanzspalte münden. Aeussere Begattungsorgane fehlen. Mer- mis dagegen besitzt solche unter der Gestalt zweier horniger Blättchen. Auch die Acanthocephalen sind ganz allgemein getrennten Geschlechtes. Ihre Generationswerkzeuge 2) sind von ansehnlicher Grösse und füllen beinahe die ganze Höhle des Hautmuskelschlauches. In den weiblichen Individuen erstreckt sich von der im Schwanzende gelegenen Vulva ein ziemlich gerader, musculöser Schlauch (owiduetus) >) bis weit nach vorn, wo er mittelst eines häufig sehr langen und dün- nen, von dem untern Ende der Rüsselscheide entspringenden Ligamen- tes befestigt wird. Das vordere, offene Ende desselben erweitert sich zu einem glocken- oder trichterförmigen Organe, dessen Hals ver- schlossen werden kann und dann mit dem Oviduct nicht mehr com- "municirt. Dagegen ist der obere, freie Rand noch mit einer besondern halbmondförmigen Spaltöffnung versehen. Die Eierstöcke bilden rund- liche oder ovale platte Körper, die frei in der Leibeshöhle flottiren und die Eier in ihrem Innern entwickeln. Nach ihrer Reife lösen sich 1) Nach früheren Untersuchungen von Berthold (]. c. S. 15.) wären die Gordien Zwitter. Als Hoden betrachtete derselbe eine oberhalb des Darmkanals sich hinschlängelnde Röhre (s. oben S. 316.), ein Gebilde, dessen Bedeutung übri- gens auch jetzt noch nicht bekannt ist. 2) Erst in neuerer Zeit, durch v. Siebold u. Dujardin, ist die eigenthüm- liche Structur dieser Organe genügend erkannt worden. Frühere Beobachter, wie Nitzsch (Ersch’s u. Gruber’s Encyclop. I. S. 241 ff.), Bojanus, Westrumb, hatten besonders über den Bau der weiblichen Theile irrige Ansichten. 3) lc. zootom. Tab. XXVIM. fig. VI. b. (nach Westrumb als Eierstock ge- deutet und ungenau dargestellt). 352 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. diese von den Ovarien und fallen ebenfalls in die Leibeshöhle. Das glockenförmige Ende des Oviductes verschluckt nun durch die kräfti- gen peristaltischen Bewegungen, deren es fähig ist, diese Eichen und treibt sie entweder in den Ausführungsgang hinein oder durch den offenen Schlitz wiederum in die Leibeshöhle. Vor der äusseren Mündung des Oviductes sind noch einige paarige blinde Drüsen gele- gen, die nach den verschiedenen Arten sehr variiren und wahrschein- lich schleimabsondernde Organe sind. — Die männlichen keimbe- reitenden Geschlechtsorgane bestehen in der Regel aus zwei hinter ein- ander an einem ebenfalls von der Rüsselscheide entspringenden Lig. suspensorium befestigten Hoden !), deren Zahl sich auch bisweilen auf drei oder einen beläuft. Von ihnen entspringen die Vasa deferentia, die nach hinten zulaufen und mit dem Hals einer ansehnlichen unpaaren Samenblase sich verbinden. Ein einfacher Ductus ejaeulatorius 2) führt zum Begattungsgliede. Ausserdem finden sich noch einige blasenartige, gestielte, absondernde Anhänge am Geschlechtsapparate , die gewöhn- lich jederseits mit einem gemeinschaftlichen Ausführungsgange in den Penis münden. Dieser besteht aus einem musculösen blasigen Organe, das im Schwanzende gelegen ist und hier durch die äussere Ge- schlechtsöffnung hervorgestülpt werden kann. Dann erscheint er als ein napf- oder glockenförmiger Anhang, der bei der Begattung das Schwanzende des Weibchens aufnimmt. Von der in den übrigen Ordnungen der Helminthen ganz allge- mein verbreiteten Vereinigung beider Geschlechter in demselben Indi- viduum scheint nur das merkwürdige Pentastomum eine Ausnahme 3) zu machen. Der Eierstock #) erscheint bei den Weibchen als ein ansehnlicher länglicher Körper auf der Rückseite des Darmes und er- streckt sich vom Schwanzende bis weit nach vorn. Er besteht aus einer grossen Menge kurzer, vielfach getheilter Blinddärmchen, die alle gegen einen centralen, ziemlich weiten Ausführungsgang convergi- ren und diesen in einer dicken Schicht umgeben. Wo dieser Oviduct vorn frei hervortritt, spaltet er sich gabelförmig in zwei Schenkel 5), die den Darm bogenförmig umfassen und auf der Bauchseite wiederum zu einem gemeinschaftlichen Kanale zusammentreten. Neben dieser Vereinigungsstelle inserirt sich jederseits ein länglich ovaler Blind- schlauch ®), dessen kurzer Ausführungsgang sich dem entsprechenden Ei- leiter dicht anlegt und parallel mit ihm verläuft. Die grosse Menge ausge- 1) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. V.b.c. — 2) Ibid. d. 3) Owen hielt auch diesen Wurm für einen Zwitter. Diesing dagegen und Miran fanden (ll. cc.) die bei weitem kleineren Männchen und beschrieben den Bau der Geschlechtswerkzeuge auch bei diesen. 4) Ic. zootom. Tab. XXVIII. fig. XVII. d. — 5) Ibid.e.e. — 6) Ibid. c, c. (nach Owen als Hoden gedeutet), Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 353 bildeter Spermatozoen !), die in diesen Schläuchen enthalten sind, lässt vermuthen, dass sie Receptacula seminis seien. Von der Mündungs- stelle dieser Anhänge steigt der Oviduct, ein ausserordentlich langer Kanal, in unzähligen dichten Windungen, von denen manche auch den Darmkanal umfassen, abwärts bis zur Schwanzspitze, wo er endlich mit dem Darm zugleich sich öffnet. — Die männlichen Geschlechts- organe sind den weiblichen ähnlich. Auch hier findet sich ein un- paarer 2), ansehnlicher Hoden auf der obern Fläche des Darmes, der fast durch die ganze Länge des Thieres sich erstreckt. Das Vas deferens | spaltet sich, wie der Oviduct in dem Weibchen, vorn in zwei Gabel- äste, die an den Seiten des Darmes der Bauchfläche sich zuwenden und hier in zwei eiförmige Samenblasen übergehen. Diese entsenden nach ‚ hinten einen ziemlich langen, schlauchförmigen Anhang, während sie vorn in die beiden Schenkel einer zweigespaltenen Ruthe übergehn, von ‚ der die Bedeckungen der vordern Bauchfläche durchbohrt werden. Die noch übrigen hermaphroditischen Trematoden zeichnen sich durch eine eigenthümliche Anordnung ihrer Geschlechtswerkzeuge aus ‚ und lassen manche höchst interessante Verhältnisse 3) erkennen. Ganz allgemein sind bei ihnen die weiblichen keimbereitenden Theile in zwei ‚ besondere Organe zerfallen, von denen das eine, der Dotterstock, bloss die zelligen Dotterelemente bereitet, das andere, der Keim- ' stock, dagegen einfache, rundliche, helle Zellen enthält, deren Kerne als Keimbläschen in den durch die Vereinigung dieser verschiedenen Elemente gebildeten Eiern sich wiederfinden. Die Dotterstöcke *) sind von diesen Organen die ansehnlichern. Sie sind fast immer doppelt und liegen in den Seitentheilen des Körpers, näher der Rückenfläche. In der Regel erstrecken sie sich, wie bei Amphistomum oder Mono- stomum, durch die ganze Länge des Körpers und bestehen aus zahl- reichen verästelten und auch wohl anastomosirenden Schläuchen, die gewöhnlich ein trauben- oder netzförmiges Aussehen besitzen. Bei Monostomum faba bilden sie jederseits sieben unter sich verbundene Häufchen acinöser Bälge, bei Tristomum und einigen andern lappige ‚ Körper, die bei Dist. longicolle sich völlig abrunden und bei Dist. gib- 1) Spermatozoen fand auch Valentin (Repertor. II. S. 135.) in diesen An- hängen, die Diesing für schleimabsondernde Drüsen hielt. 2) Miran beschreibt deren zwei, die einander eng anliegen sollen. 3) Auch hier verdanken wir eine genauere Kenntniss den schönen und sorg- fälligen Untersuchungen v. Siebold’s (Wiegmann’s Archiv 1836. I. S.217.; Mül- ‚, ler’s Archiv 1836. S. 252.; Anal. der wirbellosen Th. S. 142... Die anatomische ‚ Anordnung wurde auch früher schon sehr genau von Laurer (l. c.) beschrieben und abgebildet. Andere, besonders ältere, Beobachtungen sind minder exact und nur mit Vorsicht zu benutzen. 4) Ic. zootom. Tab. XXVIU. fig. XVI. i. i. fig. XU. e. e. (der ältern Annahme zufolge als Eierstöcke bezeichnet). Wagner’s Zootomie. 1. 23 | 394 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. bosum in der Medianlinie zu einem unpaaren, sternförmigen Organ ver- schmelzen. Aus diesen Dotterstöcken entspringen die Vasa efferentia, die sich allmälig zu einem einfachen Kanale !) jederseits verbinden. Auch diese treten zusammen und bilden dadurch den Anfang eines lan- gen und bald sich beträchtlich erweiternden Schlauches, des Frucht- hälters 2), der meistens in zahlreichen Windungen durch den gröss- ten Theil des Leibes zwischen den Darmschenkeln sich hinschlängelt und nach dem Kopfende emporsteigt. In den Anfang dieses Kana- les inserirt sich der Ausführungsgang des überall einfachen, rund- lichen oder gelappten Keimstockes 3). Das vordere Ende des Uterus geht in eine enge, kurze Scheide 4) von musculöser Textur über, die an der Basis des männlichen Geschlechtsgliedes sich öffnet. In dem hintern engern Theile des Fruchthälters geht die Bildung der eigentli- chen Eier vor sich. — Die männlichen Geschlechtsorgane der Tre- matoden bestehen gewöhnlich, wie die Dotterstöcke, aus zwei hinter einander gelegenen Hoden 5) von rundlicher oder ovaler Form. Nur selten sind sie gelappt oder in einen Büschel von Blinddärmchen zer- fallen. Abweichungen in der Zahl sind nicht häufig. Von der vor- dern Fläche der Hoden entspringen zwei Vasa deferentia 6), die in der Regel ohne vorherige Vereinigung den Grund eines länglichen oder‘ rundlichen, musculösen Sackes, des sog. Cirrhusbeutels, durchbohren und in dessen Höhle zur Bildung einer gemeinschaftlichen Samenblase (vesicula seminalis exterior) ?) zusammentreten. Diese setzt sich nach‘ vorn in einen mehr oder weniger gewundenen Ductus ejaculatorius fort, ' der sich an seinem äussersten Ende mit einer starken Muskelschicht‘ belegt und ein Begattungsglied (eirrhus)®) bildet. Aus dem hintern‘ Hoden, der sich bisweilen auch durch seine beträchtlichere Grösse vor dem vordern auszeichnet, entspringt noch ein zweites Vas deferens, das sich in seinem Verlaufe ebenfalls zu einer Samenblase (v. sem. interior) erweitert und darauf in den Fruchthälter dicht neben der Insertion des Keimganges einmündet. Durch diesen eigenthümlichen Zusammenhang der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane wird eine Befruchtung der Eier ohne vorausgegangene Begattung möglich, und der ganze Process überdiess wahrscheinlich der Willkühr entzo- gen. Der Penis liegt mit der daneben befindlichen Vulva in einer klei- nen gemeinschaftlichen Höhle, deren äussere Oeflnung (porus genita- lis) bei Polystomum und Octobothrium von besondern hornigen Rippen 1). Ic. zootom. Tab. XXVIIl. fig. IL” e'.e‘; fig. XXVE Kork) — 2) Ibid. fig. X. f. fig. XVI. m. 3) Laurer hielt ihn für den eigentlichen Uterus der Trematoden. Andere Beobachter nahmen ihn auch wohl für einen dritten Hoden. 4) Ic. zootom. Tab. XXVIH. fig XII. g. fig. XVl.n. — 5) Ibid. fig. XVI. ee — 6) Ibid. . f. — 7) Ibid. g. — 8) Ibid. h. ' muthete, dass sie zur Absonderung eines klebrigen Stoffes dienten, der die Eier “mit einer schützenden Decke überzöge. Vergl. von Siebold in Wiegmann’s Archiv 1841. II. S. 306. Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 355 ausgespannt erhalten wird. Sie befindet sich in der Regel am Vorder- leibe der Trematoden, bei Distomum z. B. dicht vor dem Bauchnapfe, seltener (Holostomum, Gasterostomum) am Hinterleibsende. Eine ganz analoge Anordnung der Generationsorgane findet sich wahrscheinlich auch in der Gruppe der Gestoideen, wo sie aber noch keineswegs so genau erkannt ist, als bei den Trematoden. Eine Eigenthümlichkeit der Bandwürmer bestehet darin, dass, übereinstim- mend mit dem gegliederten Bau des Leibes und der verhältnissmässig so bedeutenden Selbstständigkeit der einzelnen Glieder, in einem jeden derselben sich männliche und weibliche Organe vollständig wieder- holen. Es zeigen übrigens nicht alle diese Apparate. eine gleiche Aus- bildung. Nur in den hintern Gliedern sind sie völlig entwickelt. Nach dem Kopfe zu werden sie immer rudimentärer 1). Nur Garyophyl- laeus hat einfache Geschlechtsorgane. Von allen Theilen dieser Organe besitzt der Fruchthälter ?2) die grösseste Entwicklung. Er ist zu- gleich am deutlichsten ausgeprägt. Bei Bothriocephalus, Ligula und Triaenophorus ist derselbe, wie bei den Trematoden, ein einfacher und weiter Schlauch, dessen enge Windungen als ein ansehnlicher Knäuel inmitten der einzelnen Glieder erscheinen. Bei Taenia dagegen ist er ein kurzer, gerader und seitlich vielfach verästelter oder doch wenig- stens ausgebuchteter, schlauchartiger Behälter. Die Ovarien oder viel- mebr nur die Dotterstöcke 3) scheinen bei den Cestoideen in einer sehr beträchtlichen Anzahl dunkler, körniger Haufen 1) zu bestehen, die durch das ganze Parenchym des Körpers zerstreuet liegen und mit- telst vieler zarten Zweige unter sich verbunden sind. Diese verei- nigen sich wahrscheinlich allmälig und münden in den Fruchthälter. Die Keimstöcke scheinen 'paarige Organe zu sein, die bei Bothrioce- phalus 5) dicht hinter den Windungen des Fruchthälters liegen. Die Vagina $) ist endlich ein langer und dünner musculöser Kanal, der geraden Weges nach aussen mündet, aber wahrscheinlich nur zur Auf- nahme des Penis bei der Begattung bestimmt ist, da die reifen Eier entweder durch das Bersten des ganzen Gliedes in Haufen ausgestossen 1) Ueber diese von vorn nach hinten allmälig fortschreitende Entwicklung der Geschlechtsorgane vergl. besonders Eschricht |]. ce. S. 111. 2) Früher gewöhnlich als Eierstock gedeutet. — Die in den Ic. zoot. Tab. XXVIII. fig. XXI. von den Geschlechtsorganen der Taenia villosa nach Schmalz (l. c.) ge- gebene Abbildung ist nicht vollständig und ungenau. Bei f. ist der Fruchthälter. 3) Ic. zootom. Tab. XXVII. fig. XXIL e. e. 4) Eschricht nannte diese Organe Bauch- und Rückenkörner und ver- 5) Von Eschricht Seitendrüsen genannt und als Eierstöcke gedeutet, 6) Ic. zootom. Tab. XXVIM. fie. XXIT. @. DB 356 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. oder zugleich mit den umhüllenden Gliedern abgeworfen werden. Dicht vor der Vulva mündet auch der in einen sehr deutlichen Cirrhusbeu- tel !) eingeschlossene Penis (lemniscus s. eirrhus) 2), in dessen oberes Ende sich der Ductus ejaculatorius 3) öffnet. Ebenfalls innerhalb des Cirrusbeutels erweitert sich dieser gewöhnlich zu einer Samenblase., In seinem frühern Verlauf ist das Vas deferens bei Taenia gewöhnlich in einen ansehnlichen Knäuel verschlungen. Die Hoden scheinen, wie die Dotterstöcke, in einer Menge dunkler, rundlicher Körnchenhaufen >) zu bestehen, die mehr die mittlere Leibesschicht einnehmen. — Die zahl- reichsten, bis jetzt bekannten Verschiedenheiten in die Anordnung die- ser Gebilde erstrecken sich auf die Gestalt des nicht selten mit zarten Stacheln besetzten Penis, so wie auf die Lage 6) der Geschlechtsöff- nungen. Bei den meisten Bothriocephalen liegen diese dicht hinter, oder auch wohl neben einander mitten auf der Bauchfläche der einzel- nen Glieder und sind hier von einem ringförmigen Wulste (praepu- fium) umgeben, der mit vielen, sehr entwickelten Drüschen besetzt ist. | Bei den Taenien dagegen findet sich ein solcher Porus genitalis am scharfen Rande der Glieder, entweder auf einer Seite, oder auch ab- wechselnd auf beiden. Triaenophorus besitzt die weibliche Oeffnung inmitten der Bauchfläche, die männliche dagegen am Rande, Bothrio- cephalus punctatus die erstere ebenfalls an der Bauchfläche, die letz- tere dagegen auf der entgegengesetzten Rückenfläche. Bei Taenia cu- cumerina findet sich endlich an beiden scharfen Rändern der einzelnen | Glieder männliche und weibliche Oeffnungen mit den entsprechenden Organen. | Auch die specifischen Contenta der männlichen und weiblichen Generationswerkzeuge, Eier und Spermatozöoen zeigen in der grossen, | formenreichen Klasse der Würmer manche interessante Differenzen, ' wenngleich sie im Allgemeinen mit den entsprechenden Gebilden der übrigen wirbellosen Thiere übereinstimmen. | Die Eier, welche überall die charakteristischen Elemente besitzen, | sind in der Gruppe der Anneliden von rundlicher Form und verhält- nissmässig nur klein. Mitunter werden sie eine Zeitlang von den Müttern an der äussern Körperfläche (bei Polynoe ?) z. B. auf dem Rücken zwischen und unter den Schuppen) umhergetragen, bis die 1) - Ic. zootom. Tab. XXVIM. fig. XXII. c. (als Samenblase bezeichnet). 2) Ibid. d. (Unrichtig ist die Vereinigung von Vagina und Penis, wie sie ge- zeichnet). — 3) Ibid. b. 4) Wahrscheinlich ist es dieser Knäuel, der Ic. zootom. Tab. XXVIM. fig. XXI. | a. als Hoden gedeutet und abgebildet ist. | 5) Von Eschricht Mittelkörner genannt. 6) Ein zahlreiches Detail s. bei Mehlis |. c. S. 70. | 7) Sars in Wiegmann’s Archiv 1845. 1. S. 12. m Geschlechtswerkzeuge der Würmer. 357 Jungen, noch in einem sehr unentwickelten Zustande, die äussere Umhüllung durchbrechen und frei umherschwimmen. Bei den Blut- egeln werden sie in grösserer Anzahl von einer gemeinsamen Kap- sel umhüllt, die übrigens bei den einzelnen Arten wiederum man- che Verschiedenheiten zeigt. Ein ähnliches Verhältniss scheint auch bei einigen Turbellarien vorzukommen. Die Eier der Rotatorien sind verhältnissmässig sehr gross, an dem einen Pole bisweilen veren- gert und von birnförmiger Gestalt. Viel beträchtlicher sind übrigens die Formverschiedenheiten der Eier in der Gruppe der Eingewei- dewürmer !). Bei den Nematoideen sind sie oval und häufig am obern oder untern Pole abgestutzt. Wahrscheinlich findet sich überall eine doppelte, farblose Umhüllung. Die Eier von Ascaris dentata und Mermis nigrescens besitzen an den Enden einen langen, zerfaserten Anhang. Sehr lang und schmal sind die Eier der Echinorhynchen (mit Ausnahme von E. gigas, wo dieselben, wie gewöhnlich, eine ovale Form haben). Sie zeigen eine dreifache Hülle, von denen die mittelste an den Enden meistens halsförmig eingeschnürt ist. Bei den Trematoden besitzen die Eier wiederum eine ovale Form und mitunter (Amphisto- mum subelavatum, Octobothrium lanceolatum, Polystomum integerri- mum, Diplozoon) eine verhältnissmässig sehr ansehnliche Grösse. Mit- unter zieht sich die äussere Hülle an dem einen Ende in einen lan- gen, bei Diplozoon 2) spiralig gewundenen, fadenförmigen Anhang aus, mittelst dessen die Eier sich anheften. In der Ordnung der Cestoideen endlich besitzen die Eier bald eine runde, bald eine ovale Gestalt und eine einfache, doppelte oder selbst dreifache Umhüllung. Auch hier finden sich bisweilen lange faserige, gewöhnlich zerschlitzte Anhänge (Taenia infundibuliformis, variabilis), unstreitig zu demselben Zweck, wie bei den Trematoden und Nematoideen, wo sie vorkommen. Lebendig gebärende Würmer sind im Ganzen nur selten und fin- den sich vorzugsweise nur unter den Helminthen, besonders bei Nema- toideen und Cestoideen, wo die Eier sich im Fruchthälter entwickeln, und bei Räderthieren. Vielleicht findet sich übrigens selbst bei eini- ' gen Anneliden ein analoges Verhältniss, wie bei den Phyllodoceen 3). Die ausgebildeten Spermatozoen zeigen fast überall eine li- 1) Man vergleiche über die Eier dieser Würmer die zahlreichen Angaben von von Siebold (in Burdach'’s Physiolog. Th. II. S. 201.), sowie von Dujardin , (Hist. des Helminth.). Letzterer hat auch eine grosse Menge von Eiformen abge- bildet. 2) Hier ist ein solches Ei von manchen Beobachtern, von Nordmann (Micro- graph. Beiträge. Th. I. S. 73.) und auch von Vogt (Müller’s Archiv 1841. S. 34.), für Hoden mit Penis gehalten worden. Mit derselben Deutung ist dasselbe auch Ic. zootom. Tab. XXVIL, fig. XII. h. i. abgebildet. Man vergl. von Siebold in ' Wiegmann’s Archiv 1542. II. S. 359. 3) So wenigstens nach Steenstrup |. c. 5.39. 358 Geschlechtswerkzeuge der Würmer. neare Gestalt !). Bei Cirratulus, Hermione und in der Ordnung der Nemer- tinen sind sie indessen stecknadelförmig, mit rundlichem oder leierförmi- gen Kopfe. Auch bei Lumbrieus ist das eine Ende etwas dicker. Die Spermatozoen der Planarien zeigen leichte, spiralige Drehungen. Alle diese Gebilde entwickeln sich in kleinen Zellen, die bald ganz einfach zu einem rundlichen, brombeerförmigen Haufen neben einander gruppirt sind, wie es bei den Helminthen besonders, aber auch bei einigen an- dern Würmern der Fall ist, bald, wie bei den meisten Anneliden, eine grössere centrale Zelle umschliessen. | Auffallend ist die gänzlich hiervon abweichende Gestalt, unter der die Spermatozoen bei den Nematoideen sich vorfinden. In den Gor- diaceen erscheinen sie als sehr kleine, stabförmige Körperchen 2), in Jen echten Rundwürmern aber als rundliche oder birnförmige Gebilde von zelliger Natur, die überdiess ganz unbeweglich sind 3). Schwerlich ist übrigens diese Form bloss eine temporäre Entwicklungsstufe von ge- wöhnlichen linearen Samenfäden, da ganz dieselben Gebilde auch nach der Begattung im Fruchthälter der Weibchen angetroffen werden. “ 1) Vergl. besonders Kölliker, Bildung der Samenfäden in Bläschen und Bei- träge zur Kenntniss der Samenflüssigkeit. 2) von Siebold, Vergl. Anat. S. 15%. 3) Vergl. bes. Bagge (l. c. S. 12.) und von Siebold (Vergl. Anat. S. 153.). Mayer (Neue Unters. aus d. Gebiete d. Anat. u. Physiol. 1842. S. 9.) will übrigens bei Oxyuris fadenförmige Spermatozoen gesehen haben. Auch Kölliker möchte die zelligen Samenelemente der Nematoideen für nichts anderes, als in der Entwicklung begriffene, lineare Samenfaden halten, obgleich es ihm nicht gelungen ist, die end- | liche Umwandlung dieser Körper in einen Bündel oder einen einzigen Faden zu verfolgen. Kopffüssler. Cephalopoda. Unterordnungen der Cephalopoden. 1. Unterordnung. Zweikiemer, Dibranchiata s. Acetabulifera. 2. Unterordnung. Vierkiemer, Tetrabranchiata s. Tentaculifera. Litteratur. Hauptwerk für die Kenniniss der Arten ist Ferussac et d’Or- bigny, Monographie der Cephalopodes acetabuliferes. Paris. fol. — Die Anatomie behandelt vorzugsweise Cuvier, Mem. sur les Cephalopodes et leur anat. in den Mem. pour servir a l’histoire et a !’anatomie des Mollusques. Paris 1817. 4to. — Delle Chiaje, Memoria su Cephalopodi in den Memorie sulla storia e notom. de- gli animali senza vertebre del Regno di Napoli. Tom. IV. — R. Owen, Me-: moir on the Pearly Nautilus. 4t0. 1832. (oder Ann. des scienc. nat. Tom. XXVI. p. 138 ff.). — Ausgezeichnet und sehr reichhaltig ist die Bearbeitung des Art. Cephalo- poda von Owen in Todd’s Cyclop. Vol. 1. EEE EEE Aeussere Bedeckungen und körperform der Cephalopoden. D:. Bedeckungen !) der CGephalopoden bestehen in einer weichen, glatten und schlüpfrigen Haut, an welcher äusserlich eine sehr deut- liche Epidermis sich erkennen lässt, deren kernhaltige Zellen in den oberen Schichten pflasterartig 2) verbunden sind, während sie in den untern 3) durch Form und Lagerung an ein Cylinderepithelium erinnern. Darunter liegt eine doppelte Schicht eigenthümlicher, mit gelbem oder rostfarbenem Pigment erfüllter Säckchen, sog. Chroma- tophoren ®), die von einer festen, elastischen Hülle umgeben wer- den, aber keine 5) einfachen Zellen sind, wie die Pigmentflecke an- derer Thiere, sondern zusammengesetzte Gebilde, welche wahrschein- lich durch die Verschmelzung mehrerer Primitivzellen entstanden. Diese Chromatophoren veranlassen den werkwürdigen Farbenwechsel der Cephalopoden, indem sie mittelst eigner contractiler Fäden, die in verschiedener Zahl und Stellung an der äusseren Wand befestigt und damit verschmolzen sind, sich ausdehnen und wiederum durch die eigne Elasticität sich zusammenziehen können. Nach dem Expansions- grade der Chromatophoren muss sich natürlich auch die Intensität der Färbung richten. In der Ruhe ist die letztere beinahe schwarz, bei einer allmähligen Ausdehnung aber wird sie heller und am Ende blass- rostfarben 6). Von besonderer Schönheit ist der Farbenwechsel bei Loligo, wo die Chromatophoren als gelbe, rothe, schwarze und bläu- liche Tupfen von beträchtlicher Grösse erscheinen und schon mit blo- ssem Auge Ausdehnung und Zusammenziehung erkennen lassen. Klei- ner sind die Chromatophoren bei Octopus und Eledone. Im expan- 1) Vergl. hierüber vorzugsweise R. Wagner in Wiegmann’s Archiv 1831. I. S. 35. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. X. — 3) Ibid. fig. IX.a. — 4) Ibid. b. 5) So nach der interessanten Entdeckung von E. Harless (Wiegmann’s Ar- chiv 1846. I. S. 34). — R. Wagner und mit ihm andere Forscher hielten frü- her die Chromatophoren für einfach zellige Gebilde mit Kern, Kernkörperchen (lc. zootom. Tab. XXIX. fig. X. XI. XI.) und einer contractilen Wandung. 6) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. VII. A. B. a—f. fig. XI. u. XI. 362 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Cephalopoden. dirten Zustand besitzen sie überall eine ausgezackte, sternförmige !) Gestalt, weil sich jedesmal während der Contraction der Fasern an deren Insertionspunkten die elastische Wandung in eine Spitze aus- ziehen muss. Die unterste Schicht der äussern Bedeckung ist ein fa- seriges Corium, das als ein lockeres Zellgewebe die Chromatophoren umgiebt und mit dem unterliegenden Muskelschlauch verbindet. In ihr verlaufen auch besondere, für die motorischen Fasern der Chroma- tophoren bestimmte Nervenzweige. Der Körper 2) der Gephalopoden hat eine mehr oder weniger gedrungene, cylindrische Gestalt und ist durch eine tiefe ringförmige Einschnürung in zwei Theile getheilt, von denen der hintere, der Rumpf oder Hinterleib fast allgemein vor dem vordern, dem Kopfe, durch seine ansehnlichere Grösse und seine Walzenform sich auszeichnet. Der Kopf besitzt eine kuglige oder auch länglich ovale Gestalt und eine verschiedene, doch immer sehr ansehnliche Grösse. An bei- den Seiten trägt er ein grosses Auge und bei den Zweikiemern auf seinem Scheitel vier Paare fleischiger, eylindrischer und ungegliederter Arme (brachia s. pedes), die ringförmig neben einander stehen und die Mundöffnung umgeben. Sie dienen bald als Locomotionswerkzeuge bald auch zum Ergreifen der Nahrungsmittel, und sind zu dem Zwe- cke, um ein festeres Anklammern möglich zu machen, an der innern, dem Munde zugewandten Fläche mit einer Menge sehr entwickelter und gewöhnlich reihenweise neben einander gestellter Saugnäpfe (ace- tabula) versehen. Bei den Octopoden sind sie am Grunde durch eine zwischen ihnen ausgespannte Haut, den sog. Schleier, der beim Schwim- men als Flosse dient, vereinigt. Auch sonst übrigens finden sich in Form und Entwicklung manche Verschiedenheiten. Bei Sepia ist z. B. das untere, der Medianlinie des Bauches zunächst liegende Paar das längste, bei Octopus das entgegengesetzte Rückenpaar, das sich bei Argonauta am Ende flossenartig erweitert. Ausser diesen gewöhnlichen acht Armen besitzen die Loligineen noch ein Paar sog. Fangarme (Zentacula), die zwischen den Bauch- füssen und der Mundöffnung ihren Insertionspunkt haben und in der Regel durch eine sehr ansehnliche Länge sich auszeichnen. Saugnä- pfe finden sich nur am freien Ende und sind überdiess nicht selten ganz rudimentär (Sepiola). Auch sonst zeigen übrigens die Saugnäpfe in ihrem Bau man- che interessante Differenzen. Bei den meisten Loligineen sind sie kurz gestielte, kuglige Gebilde, an denen man eine äussere mantel- oder glockenförmige Umhüllung und einen inneren Kern unterscheiden kann. Der letztere ist übrigens eine blosse cylindrische Erhebung des dick- 1) Ic. zootom. fig. VIII. d. e. f. fig. X. fig. XI. u. bes. fig. XII. 2) Als Beispiel diene Sepiola vulgaris in den Ic. zootom, Tab. XXIR. fig. I. Aeussere Bedeckungen und Körperform der Cephalopoden. 363 wandigen Mantelgrundes und wird von einem hornigen Ring umgeben, an den sich dann die Umhüllung, wie eine scheidenförmige Duplica- tur, anlegt. Bei Onychoteuthis entwickeln sich diese Hornringe an den langen Fangarmen zu kräftigen, krallenförmigen Haken. Eine andere Structur zeigen die Saugnäpfe bei Octopus !) und Eledone, wo vor- zugsweise die äussere glockenförmige Hülle entwickelt ist und am Boden sich im Innern derselben nur eine kleine papillenförmige Er- hebung ohne Hornring findet. Die erstere dagegen ist viel ansehnli- cher als bei Sepia u. a., am vordern Saum verflacht und schüsselför- mig ausgebreitet. Ueberdiess sind die Saugnäpfe ohne Stiel und tief in das Parenchym der Arme eingesenkt. Gewissermaassen eine ent- gegengesetzte Art der Entwicklung zeigen die Saugnäpfe von Cirroteu- this, wo der cylindrische Kern zu einem tentakelförmigen Faden sich verlängert, während die äussere Umhüllung schwindet. Unter einer ähnlichen Form erscheinen die Saugnäpfe 2) bei Nau- tilus, der sich von allen übrigen CGephalopoden auch noch sehr auflal- lend dadurch unterscheidet, dass die Arme nicht mehr freie, eylindri- sche Anhänge des Kopfes sind, sondern bloss rudimentäre, faltenför- mige Lappen am Grunde der Scheiden, in welche die retractilen Fäden sich zurückziehen können. Am ansehnlichsten von ihnen sind die bei- den Rückenlappen, die unter sich zu einer grossen musculösen Scheibe (discus, Root Ow.) verwachsen, durch deren Contractionen sich das Thier unter der Oberfläche des Wassers kriechend fortbewegt. Die Zahl der Tentakelfäden ist übrigens gerade an diesen Armen nur sehr gering (sie beträgt zwei) und viel geringer, als an den übrigen (wo sie etwa 12— 16 beträgt), an denen der Bauchfläche und an den beiden Seiten- paaren (appendices labiales tentaculiferae Ow.), welche letztere mehr nach innen, in die unmittelbare Nähe der Mundöflnung gerückt sind. Bei Nautilus finden sich ausser diesen Tentakeln am Kopf noch vier wirkliche Fühler von demselben lamellösen Bau, wie er bei Doris u. a. sich vorfindet. Sie stehen jederseits vor und hinter den Augen. Unter den übrigen Gephalopoden fehlen analoge Gebilde. Am Rumpf der Gephalopoden bildet die Hautbedeckung mit dem darunter liegenden Muskelschlauch eine sehr lockere, sackförmige Um- hüllung, den sog. Mantel), der nur an der Rückenfläche in grösse- rer oder geringerer Ausdehnung unmittelbar mit dem Kopftheile zusam- menhängt. Sonst ist derselbe davon durch eine weite Spalte (Kiemen- 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XVII. 2) So ist die Deutung der fadenförmigen Tentakel nach Valenciennes (Ver- handl. der Königl. Akademie zu Berlin 1841. S. 56. Arch. du Mus. d’hist. nat. T. I. 1842. p. 257.). Eine andere Ansicht vertheidigt Owen, der gegen Valencien- nes die Fäden für saugnapflose Tentakel und deren Scheiden für eben so viele Arme hält. (On cephalopods with chambered shells; being the 23d of the Hun- terian lectures. 1843.). — 3) Ic. zoofom. Tab. XXIX. fig. III. a. a. 364 Aeussere Bedeckungen und Rörperform der Gephalopoden. spalte) getrennt, die in eine ansehnliche Höhle führt (Kiemenhöhle), in welche die Eingeweide, noch von einer besondern sackförmigen, zu- gleich die Kiemenhöhle auskleidenden Hülle umgeben, hineingesenkt sind. An der Bauchseite erhebt sich vor oder aus der Kiemenspalte eine cylindrische, nach oben zugespitzte, fleischige Röhre, der sog. Trichter (infundibulum) !), der übrigens bei Nautilus an seiner un- tern Wand der Länge nach gespalten ist und somit aufgehört hat, ein geschlossener Cylinder zu sein. Durch ihn werden die Exeremente, die Contenta der Geschlechtsdrüsen, so wie das durch die Kiemen- spalte eingetretene Wasser entfernt. Um bei der Bewegung das Ein- dringen von Wasser zu verhüten, kann (z. B. Nautilus, Sepia) die vor- dere Oeflnung durch eine freie, fast zungenförmig gestaltete Falte ver- schlossen werden, die übrigens bei Octopus fehlt und hier auch nicht nöthig ist, weil das Thier rückwärts schwimmt. Beim Schwimmen dienen den Loligineen noch besondere Locomo- tionswerkzeuge, die sog. Flossen (pinnae) ?2), zwei lappenförmige Duplicaturen des Mantels, die der Länge nach demselben aufsitzen und an den untern Seitentheilen, mehr dem Rücken zugewandt, befestigt sind. In ihrer Gestalt zeigen sie manche Verschiedenheiten. In der Regel sind die Cephalopoden nackt. Nur wenige besitzen eine äussere Kalkschale, bald eine eingehäusige Muschel von kahn- förmiger Gestalt (Argonauta) 3), bald ein gewundenes Gehäuse, das durch quere Scheidewände in eine Anzahl hinter einander liegender Kammern getheilt ist (Spirula, Nautilus). Die vordere Kammer ist im- mer die grösste und dient dem Thiere zur Wohnung. Die übrigen alle sind mit Luft angefüllt, welche sich vor der atmosphärischen durch einen grössern Stickstoffgehalt #) auszeichnen soll und durch ihr Ge- gengewicht dem Thiere die Bewegungen an der Oberfläche des Wassers unstreitig sehr erleichtert 5). Befestigt wird das Thier in diesem Gehäuse durch einen langen musculösen 6) Strang (sipho), der eine Verlängerung 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. III. b. fig. XX.b. — 2) Ibid. fig. II. e. 3) Auffallender Weise besitzt dieses Thier, wenn es das Ei verlässt, noch keine Schale, wie es bei den übrigen mit einem Gehäuse versehenen Mollusken der Fall ist. (Vergl. Owen, Froriep's N. N. 1839. N. 196. Kölliker, Entwicklungsgesch. der Cephalopoden. 1844. S.164.). Erst später wird dieselbe gebildet und zwar vor- zugsweise durch das kalkreiche Secret der häutigen Armausbreitungen, des sog. Segels, deren Saugnäpfe sich als Furchen darauf abdrücken. 4) Nach Van Breda (Institut 1843. p. 414.) ist dieses Gas reiner Stickstoff ohne Spur von Kohlensäure. 5) Manche Naturforscher glauben in dieser gekammerten Schale von Nautilus einen förmlichen hydrostatischen Apparat zu sehen, der die Bewegungen des Thieres dadurch regulire, dass die Luft in den Kammern willkührlich verdickt oder ver- dünnt werden könne. 6) So nach Valenciennes. Owen beschreibt diesen Strang als einen häu- tigen Cylinder, der mit den Hohlvenensäcken (pericardium Ow.) in Verbindung stehe Aeussere Bedeckungen und Körperform der Gephalopoden. 365 des hinteren Manteltheiles ist und sich durch die mit einer Oeflnung versehenen Scheidewände bis an das Ende der Schale verfolgen lässt. Dieser äussern Schale entspricht bei den nackten Cephalopoden eine innere, die von einer besonderen Membran umkapselt und an der Dorsalfläche des Rumpfes in den Mantel eingebettet ist. Sie erscheint als ein solides, stab- oder schalenförmiges Gebilde von sehr verschie- dener Entwicklung und Form, das schon durch seine hornige !) Be- schaffenheit sich als einen Theil des Hautskeletes zu erkennen giebt. Bei Sepia, wo die Rückenschale (os sepiae) eine sehr mächtige Grö- sse 2) erlangt, lagert sich auch eine ansehnliche Menge von Kalksalzen in dieselbe ab, vorzugsweise in den dicken, biconvexen, mittleren Theil der Schale 3), den sog. Körper, der eine mehr lanzettförmige Gestalt besitzt, nach den Rändern zu sich verdünnt und hinten sich in einen spitzen conischen Fortsatz #) auszieht. Es bestehet derselbe aus einer Menge parallel über einander ge- legener, dünner Lamellen, die einen schrägen Verlauf haben und sehr zahlreiche, kurze, senkrechte Kalkfasern zwischen sich nehmen. An der Dorsalfläche ist dieser Körper von einer sehr festen, perlemutter- artig glänzenden Schicht überzogen, in der sich nach der Behandlung mit Salzsäure ein deutliches Fasergewebe erkennen lässt. Sie über- ragt den Körper in seinem ganzen Umkreis, besonders hinten, wo sie sich in Uebereinstimmung mit der Convexität der ganzen Dorsalfläche nach vorn wölbt. Durch sie wird die Form der Rückenschale eine länglich ovale. In den übrigen Loligineen ist dieses Gebilde weit ru- dimentärer und immer ohne einen besondern Körper. Es erscheint als ein dünnes und biegsames, langes Blättchen, an dem man bei Lo- ligo 5), wo es (gladius) die Form einer Feder besitzt, noch eine mitt- lere, nach aussen gewölbte Längsrinne unterscheidet und zwei ver- flachte, ausgebreitete Seitenränder, während es bei Sepiola 6) überall bis auf eine einfache Horngräte geschwunden ist. Unter einer ähnli- chen Form trifft man die Rudimente der Rückenschale bei den nackten und von da aus willkührlich mit Wasser gefüllt werde, das dann das Gewicht der Schale vermehren könne. 1) Die chemische Zusammensetzung dieser Gebilde ist noch nicht bekannt, doch scheint sie in mancher Beziehung von der des gewönlichen Hornstoffes abzu- weichgn und sich dem Chitin zu nähern, wenn man wenigstens danach schlie- ssen darf, dass weder die Rückenschale von Loligo, noch die Mandibeln sich in kaustischem Kali lösen. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXXIV. 3) Eine sehr genaue Beschreibung des Os sepiae lieferte Brandt in der Med. Zoolog. II. S. 302. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXXIV.b. — 5) Ibid. fie. XXX. — 6 Ibid. fig. II. a. 366 Inneres Skelet der Cephalopoden, Octopoden, doch sind die Gräten !) hier verdoppelt und, nach hinten convergirend, in die Seitenflächen des Mantels eingelagert. Inneres Skelet der Cephalopoden 2). Die Klasse der Cephalopoden ist in der ganzen Reihe der wirbel- losen Thiere die einzige, bei der sich Spuren eines wirklichen inneren Skeletes vorfinden, desselben, das bei den Wirbelthieren eine so mäch- tige Entwicklung erreicht. Ueberall bleibt dieses Skelet aber nur knor- pelig 3); nirgends finden sich Ossificationen. Die Stelle der Knochen- körperchen wird von den entsprechenden Elementartheilen des Knor- pels vertreten, von rundlichen oder langgezogenen Zellen 9), die im Innern gewöhnlich eine oder zwei gekernte Tochterzellen enthalten. Die Intercellularsubstanz hat eine verschiedene Beschaffenheit; bald ist sie überhaupt gänzlich structurlos, bald zeigt sie feine Körner oder deutliche Fasern. . Die einzelnen Skelettheile bestehen aus einer wechselnden An- zahl von compacten, ziemlich platten Knorpelstücken ohne eigentli- che Epiphysen, die, von einem fibrösen Perichondrium überzogen, theils in die Muskelgebilde an verschiedenen Stellen eingebettet sind, grösstentheils aber die Gentraltheile des Nervensystems umhüllen und beschützen. Die letzteren Stücke zeigen überall eine beträchtlichere Entwicklung und bilden ganz offenbar die Andeutung eines Schädelge- rüstes. Sie sind tief in die Muskelmasse des Kopfes an den Wurzeln der Arme eingelagert. Ihre grösste Ausbildung erreichen die Kopfknorpel, wie über- haupt alle Theile des Skeletsystemes, in der Gruppe der Loligineen. Bei Sepia bestehet der Haupttheil aus einem querovalen Basalstück, das eine flache Becherform besitzt und mit seinen freien Rändern sich den Armen zuwendet. In seiner Mitte etwa ist es zum Durchtritt der Speiseröhre mit einer rundlichen Oefinung 5) versehen. Auf dem mitt- leren Theile dieses Knorpels ruhen die Hirnganglien, zu deren bes- serer Aufnahme derselbe besonders an der Rückenseite stark gewölbt 1) Mit Unrecht betrachten Meckel und Brandt diese Gräten als Theile des innern Skelets, die den verlängerten Hinterschenkeln des äussern Nackenstückes bei Sepia entsprechen sollten. Das Fehlen der Knorpelkörperchen, die hornige Beschaf- fenheit und ihre besondere, lockere, membranöse Umhüllung rechtfertigen die Deu- tung von Cuvier (l. c. S. 12.). 2) Ueber das innere Skelet der Cephalopoden vergl. man bes. Meckel, Sy- stem der Vergl. Anat. I. 1. S. 122 ff., so wie auch Schultze in Meckel’s Ar- chiv. 1828. S.334. und Brandt u. Ratzeburg, Med. Zoolog. II. S. 303. (für Sepia). 3) Nach Peters u. Robin (Müller’s Archiv 1846. S. 120) geben die Knorpel 'beitn Kochen keinen Leim. — 4) Vergl. Kölliker |. c. S. 76. 5) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXL a. Inneres Skelet der Gephalopoden. 367 ist. Die ansehnlichen Seitentheile, die zum Theil durch ein kurzes, aufsteigendes Knorpelblättchen von der mittlern Schädelhöhle getrennt sind, bilden den flach gewölbten Boden der Augenhöhle. Auf der Grenze zwischen diesen Abtheilungen, so ziemlich an der Basis der Rü- ckenseite, liegt jederseits noch ein besonderer rundlicher Recessus !), der nach aussen etwas vorspringt ?2) und die Gehörsäckchen aufnimmt. An den Augenhöhlen wird die vordere und obere Begrenzung von einem besondern lanzettförmigen Knorpelplättchen 3) gebildet, das an der Ventralfläche in der Mitte des Basalstückes am freien Rande seinen Ursprung nimmt und sich nach oben und hinten wölbt. An derselben Stelle inserirt sich noch ein zweites Paar kleiner, bogenför- miger Stücke ?), die indessen keine grosse Entwicklung zeigen und durch eine fibröse Haut mit den entsprechenden freien Rändern des Basalknorpels verbunden sind. Dicht vor dieser Knorpelmasse liegt an der Bauchseite bei Sepia unterhalb des Mundes noch eine beson- dere freie Knorpelplatte 5) von dreieckiger Form und ziemlich ansehnli- cher Grösse, die ihre eine Spitze dem vordern Rande des Basalstü- ckes zukehrt und den Muskeln der anliegenden Arme zum Ansatz- punkte dient. In den übrigen CGephalopoden, selbst bei Loligo u. a., fehlt dieser starke, unpaare Knorpel. Differenzen in der Bildung des eigentlichen Schädels scheinen nicht sehr selten zu sein. Bei den Octopoden verschmelzen die vor- dern Knorpelplättchen, die bei Sepia und Loligo eigene, isolirte Theile sind, mit dem Basalstück des Schädels, so dass sie nur noch als ein Paar Fortsätze desselben erscheinen. Dabei entwickelt sich die zwi- schen der mittleren Schädelhöhle und den seitlichen gelegene Crista orbitalis zu einem hohen Blatt, das die Augenhöhlen nach hinten bei- nahe völlig abschliesst und von einem besondern Foramen opticum durch- bohrt ist. Viel rudimentärer und fast ohne alle seitlichen Flügel ist der Kopfknorpel von Nautilus, dessen Hauptmasse in einer viereckigen, gewölbten Platte besteht, die an der Ventrallläche des Oesophagus liegt und nach dem Rücken ein Paar schmaler Fortsätze entsendet, die den Oesophagus umfassen, doch ohne sich in der Mittellinie zu vereini- gen. Sie tragen den Schlundring mit den Ganglien des Sehnerven. Bei einigen andern, kleinern Cephalopoden (wie Sepiola) ist der Schä- del nur sehr rudimentär und wird fast in seinem ganzen Umfange von einem blossen faserhäutigen Gewebe vertreten. Diese Kopfknorpel sind die einzigen Skeletstücke, welche bei Nau- tilus und auch bei den ÖOctopoden vorzukommen scheinen. Bei den Loligineen dagegen, die sich durch eine beträchtlichere und selbstständi- 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXVI. a. a. fie. XXXVI.. c.c — 2) Ibid. fig. XXL b.b. — 3) Ibid. fig, XXVOI. cc. — 4) Ibid. bb. — 5) Ibid. fig. XXVIN. 368 Inneres Skelet der Gephalopoden. gere Entwicklung des Mantels vor jenen auszeichnen, sind zur Stütze der verschiedenen Anhänge und zur stärkeren Befestigung des Mantels am eigentlichen Rumpfe noch mehrere isolirte Knorpel an einzelnen passenden Stellen in die Muskelmasse des Leibes eingelagert. Dem letztern Zwecke dienen vorzugsweise die Nackenknorpel!l), zwei flache Stücke, die an der Rückenfläche des Halses unter dem vordern Ende des Rückenschildes frei über einander gelegen sind. Das obere Stück, das übrigens kaum etwas anderes ist, als der verknorpelte vordere Theil der Schalenkapsel, greift mit einer medianen Längsleiste, die von zwei seitlichen Furchen begrenzt ist, in eine entsprechende Rinne des untern, die ihrerseits von zwei longitudinalen Leisten ein- gefasst wird. Der letztere Knorpel ist übrigens nicht mit dem Man- tel verbunden, wie der erstere, sondern mit dem eigentlichen Körper. Bei Sepia haben beide 2) eine halbmondförmige Gestalt. Die Schenkel sind nach hinten gekehrt und besonders bei dem äussern Knorpel 3) entwickelt, wo sie zur theilweisen Insertion der Kopf- und Trichter- muskeln dienen. Bei Loligo ist der obere Nackenknorpel nur sehr un- bedeutend, während der untere 4) eine desto beträchtlichere Grösse erreicht. Er besitzt eine rautenförmige Gestalt und trägt an seiner vordern Spitze noch ein besonderes, bisweilen doppeltes Knorpelstück- chen, an dem die seitlichen, von den grossen Stammnerven durch- bohrten Muskeln sich inseriren. Ein anderer, demselben Zwecke dienender Apparat liegt an der Bauchfläche des Rumpfes. Zu ihm gehören die sog. Schlossknorpel 5), zwei symmetrische, platte Knorpel in den klappenartigen Anhängen des Trichters, deren vordere, pfannenartig vertiefte Fläche zur Aufnahme zweier entsprechender Bauchknorpel dient, die ihnen gegenüber in die Muskelmasse des Mantels eingelagert sind. In der Regel ist die Grösse dieser Knorpel, die bei Sepia eine ovale, bei Loligo eine mehr längliche Form besitzen, eben nicht sehr bedeutend. Onychoteuthis und besonders Loligopsis machen indess davon eine Ausnahme, indem hier sich die Knorpel bis weit nach dem hintern Körperende hin ver- längern. Zur Stütze der Flossenmuskeln finden sich endlich an der Basis dieser Anhänge noch ein Paar langer, schmaler Knorpelstreifen, die Flossenknorpel 6), deren Form und Entwicklung sich überall nach der der entsprechenden Organe richtet. 1) Meckel betrachtet diese Stücke als Andeutung der Rückenwirbel und zwar deren Bogentheile. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXIX. XXX. — 3) Ibid. fig. XXIX. — 4) Ibid. fig. XXXIL. c. fig. XXX. — 5) Ibid. fig. IV.V.aa. — 6) Ibid. fig. I. b. b. | Museulatur der Gephalopoden. 369 Musculatur der Cephalopoden }). In histologischer Hinsicht unterscheiden sich die Muskelfasern der Cephalopoden beinahe nur durch ihre grössere Breite von den ge- wöhnlichen Zellgewebefasern. Gleich diesen sind sie einfache, platte Fäden, ohne alle Andeutung von Quer- oder Längsstreifen. Durch ihre Vereinigung bilden sie nicht einen einfachen Hautmuskelschlauch, wie besonders bei den Würmern, sondern, in Uebereinstimmung mit dem ganzen Körperbau, ein mächtig entwickeltes System von isolirten Mus- keln, deren kräftige Actionen die Thiere zu sehr manchfaltigen und lebhaften Bewegungen befähigen. Vom vordern freien Rande des Kopfknorpels, bei Sepia zum Theil auch von dem Armknorpel, entspringen die Hauptmuskeln der Arme, die der Länge nach verlaufen. An ihrem Grunde sind sie zu einem festen, fleischigen Cylinder vereinigt, der den rundlichen Pharynx eng umschliesst und nur in seiner vordern Oeflnung die hornigen Mandi- beln unbedeckt lässt, die in die Muskelmasse des Pharynx eingesenkt sind. Bei den Octopoden erstreckt sich die Vereinigung der Armmus- keln, wenngleich lockerer, noch bis weit über die Mundöffnung hinaus, bis an das Ende des sog. Schleiers. In diesem trifft man äusserlich auf eine dünne Schicht von schrägen Fasern, die in gekreuzter Richtung aus den Längsmuskeln des einen Armes in die des anliegenden übergehen. Unter ihr liegt eine viel mächtigere Schicht von Querfasern, welche ebenfalls sich decussiren, indem sie jedesmal von der Dorsalfläche der Arme nach der innern Seitenfläche sich erstrecken. Dieselben queren Fasern bilden später an den einzelnen Armen eine distincte Ringfaserschicht um die Längsmuskeln, die ihrerseits eine besondere, vierkantige, weissliche Masse von minder dichtem Fasergewebe um- schliessen, in deren Achse ein weiter, eylindrischer Kanal verläuft. Zur Bewegung der Saugnäpfe, die ebenfalls eine sehr entwi- ckelte, vorzugsweise aus ringförmigen und radialen Fasern bestehende Musculatur zeigen, dient bald nur ein einziger stielförmiger Muskel (Loliginea) 2), bald deren zwei (ÖOctopoda) 3), die sich dann unterhalb der einzelnen Organe kreuzen. Als Retractores capitis functioniren bei Octopus mehrere platte, im hintern Umfange des Nackens neben einander gelegene, oberflächliche Muskeln, die vom freien Rande des Mantels entspringen und mit ihren 1) Eine detaillirte Darstellung der Musculatur der Cephalopoden, besonders von Octopus, findet sich bei Cuvier |. c. Ueber Sepia vergl. man Brandt und Ratzeburg und über Nautilus Owena. a. OÖ. 2) Eine genaue Beschreibung und Abbildung der Musculatur dieser Organe von ı Sepia s. bei Brandt und Ratzeburg I. c. S. 304. tab. XXXIL fig. 18. 3) Ueber die Musculatur dieser Saugnäpfe vergl. man Roget, Bridgewa- ter Treatise I. p. 260. Wagner’s Zootomie. II. 24 370 Museulatur der CGephalopoden. vordern Enden sich dem eylinderförmigen Basaltheile der Armmuskeln inseriren. Der Mantel selbst ist ein fleischiger Sack, dessen dicke Wandungen vorzugsweise aus Ringfasern gebildet werden. Bei Octo- pus unterscheidet man ausserdem noch äusserlich eine dünne Schicht von Fasern, die der Länge nach verlaufen, und innen eine andere Schicht von solchen, die schräg sich durchkreuzen. Wo ein grosses Rückenschild entwickelt ist, bei Sepia, inseriren sich die Ringmuskeln an den Seiten der häutigen Kapsel, von welcher dasselbe umschlossen wird. Dadurch scheinen denn die Muskeln mitten auf der Dorsalfläche unterbrochen zu sein. Senkrecht auf diesen Mantelmuskeln stehen die Muskelfasern der seitlichen Flossen, die den entsprechenden Cartilagines alares aufsi- tzen und durch sehnige Stränge, die einen gleichen Verlauf haben, in eine beträchtliche Anzahl unter einander gelegener, paralleler Bün- del getheilt werden. Zur Bewegung dieser Anhänge dient ein be- sonderes Stratum von Muskelfasern, das, von der Dorsalfläche der Schalenkapsel entspringend, sich ebenfalls an den Flossenknorpeln in- serirt, wo zu dem Zwecke eine eigene Linea longitudinalis prominens sich entwickelt hat. Bei Loligo erlangen diese Muskeln ihre grösste Entwicklung. Ueberall sehr ansehnlich und zahlreich sind noch die Muskeln des Trichters, dessen Fasern vorzugsweise der Länge nach verlaufen. Zum grössten Theile nehmen diese aus zwei ansehnlichen, schenkel- artigen Muskeln ihren Ursprung, die nach hinten zu divergiren und sich bei Octopus jederseits an die Schalenkapsel ansetzen, bei Sepia aber auch an die hintern Schenkel des obern Nackenknorpels. An der Basis des Trichters vereinigen sich mit ihnen noch zwei vordere paarige Muskeln, welche jederseits den sog. Trichteranhang bilden, eine kurze, viereckige Masse von becherförmiger Gestalt, deren Höhlung (calotte Cuv.) nach unten frei in die Kiemenspalte hineinragt. Bei Octo- pus entspringen diese vom hintern freien Mantelrande, bei Sepia vom äussern Rand des Nackenknorpels. Die Antagonisten dieser Retracto- res infundibuli sind zwei Paar langer, dünner Muskelbündel, ein inne- res und ein äusseres, die zwischen der hintern Wand des Trichters und dem Kopftheil des Körpers ausgespannt sind. Die äusseren sind die ansehnlichern und bilden bei Octopus eine förmliche musculöse Schlinge um den Hals, indem sie auf der Rückenseite ihren Ursprung nehmen. Zur Verengerung des Trichters endlich dienen noch zwei auf der Rückenwand gelegene M. transversi, ein oberer und ein un- terer, deren letzterer zwischen den beiden Trichteranhängen ausge- spannt ist. Hinter den Schenkeln des Trichters, ebenfalls an den Schalenkap- seln, findet jederseits noch ein bündelförmiger M. branchialis seinen Inserlionspunkt. Museulatur der Gephalopoden. 371 Zur Verbindung des in die Kiemenhöhle hinemgesenkten Eingewei- desackes mit dem Kopftheil des Körpers dienen ebenfalls besondere Muskeln, die vom Kopfknorpel ihren Ursprung nehmen, und in ihrem Verlaufe sich allmälig immer mehr verflachen. Am Ende gehen sie in den Eingeweidesack über, der überhaupt nur durch die hautartige Ausbreitung dieser Muskeln gebildet zu sein schemt. Die ansehnlich- sten derselben sind an der Dorsal- und der Ventralfläche gelegen, da, wo der Eingeweidesack dem Mantel verbunden ist. Die letztern zerfallen in mehrere neben einander liegende Stränge. Sie finden ihren Ansatzpunkt am vordern Theile des Kopfknorpels. Von hier treten sie zwischen den seitlichen Schenkeln des Trichters, aus denen sie noch eine ansehnliche Menge von Fasern erhalten, nach abwärts, umfassen die letzte Endigung des Rectum mit dem Ausführungsgang des Tintenbeutels und vereinigen sich dann zu einer spitzen, lang ge- zogenen Muskelmasse, die theils in den Eingeweidesack selbst überge- het, theils aber auch denselben in der Medianlinie der Ventralfläche an den Mantel anheftet. Bei Eledone und auch bei Octopus besitzt diese Masse eine sehr ansehnliche Grösse. Weniger entwickelt ist sie bei Argonauta und Sepiola, während endlich Loligo und Sepia ihrer fast gänzlich entbehren. Die entsprechenden Rückenmuskeln, die von der hintern Fläche des Kopfknorpels zwischen den Augen und auch unterhalb derselben entspringen, bilden eine ungetheilte, ansehnliche Muskelschicht, die sich oberhalb des Oesophagus und der Leber hinaberstreckt und allmälig in den Eingeweidesack sich verliert. Die seitlichen Massen der- selben lösen sich in ihrem Verlauf davon als zwei besondere Bündel ab, die sich dem obern Theile der Schalenkapsel inseriren. Es scheinen diese dieselben Muskeln zu sein, die bei Nautilus eine sehr ansehnliche Entwicklung erlangen und hier sich an der äu- ssern Schale festsetzen. Argonauta, welche einer solchen Verbindung zwischen Schale und Thier entbehrt !), besitzt dafür wiederum ein Paar innerer Schalenmuskeln 2), wie die nackten Cephalopoden, so- gar noch rudimentärer, als z. B. Octopus. Auch sonst zeigt Nautilus in seiner Musculatur manche Diffe- renzen von der gewöhnlichen Anordnung. Der Mantel, um nur ei- nige dieser Abweichungen, die überhaupt noch wenig gekannt sind, zu erwähnen, hat viel dünnere, fast häutige Wandungen, die nur an 1) Hierauf stützen sich vorzugsweise die Anhänger einer Meinung, welche das Thier von Argonauta nur für einen Parasiten in seiner Schale (die von einer noch unbekannten Carinaria herrühren soll) und für einen nackten Kopffüssler (Ocythoe) erklärt (Blainville, Leach, Gray, Sowerby u. A.). In neuester Zeit scheint man übrigens mit Recht immer allgemeiner diese Ansicht zu verlassen und die äu- ssere Schale als ein Product des Argonauta selbst anzusehen (Lamarck, van ‚ Beneden, Mad. Power u. A.). 2) So nach Owen, Cyclop. ]. e. p. 530. 24* 312 Nervensystem der Gephalopoden. ihrem vordern freien Rande eine stärkere musculöse Entwicklung be- sitzen. Ein eigenthümliches Verhalten zeigen die seitlichen Schenkel des Trichters, die nämlich von zwei conischen Fortsätzen an dem hintern Rande des Kopfknorpels ihren Ursprung nehmen. Nervensystem der Cephalopoden. Die Elementartheile !) des Nervensystems sind die gewöhnlichen faserigen und zelligen Gebilde. Die ersteren zeigen, wie bei allen wir- bellosen Thieren, kaum noch einen Unterschied zwischen Hülle und Inhalt und lassen sich deshalb nur schwer von den Muskel- und Zell- gewebefasern unterscheiden. Die Ganglienkugeln dagegen sind sehr charakteristisch. Sie zeichnen sich theils durch ihre Grösse aus, theils auch dadurch, dass sie nicht selten zwei, drei und selbst noch mehr Kerne mit Kernkörperchen umschliessen. In Uebereinstimmung mit dem ganzen Körperbau zeigt auch das Nervensystem der Cephalopoden eine andere und nicht mehr so gleich- mässige Anordnung 2), als bei den Articulaten. Die Centraltheile be- schränken sich auf einen Schlundring, dessen obere und untere Gan- glien zu einer sehr mächtigen Entwicklung gelangen und durch ihre grössere Zusammensetzung fast an die Hirntheile der .Wirbelthiere er- innern. Aus ihnen entspringen die Nerven der Arme und des Rum- pfes, welche letztere zwei ansehnliche, in ihrem Verlaufe divergirende Stämme sind, die in den Seitentheilen des Mantels hinabsteigen und hier dicht vor den Flossen ein beträchtliches Ganglion bilden. In ihnen könnte man vielleicht eine Andeutung der Stammnerven bei den Arti- eulaten wiederfinden, die ja ebenfalls bei manchen Würmern aus ein- ander weichen und in den Seitentheilen des Körpers verlaufen. Auch das System der Eingeweidenerven3) erreicht bei den Gephalopoden eine ansehnliche Entwicklung. Es zerfällt in zwei Grup- pen, von denen die eine dem Darmkanal, die andere dem Respira- tions- und Girculationssysteme zugehört. 1) Vergl. Kölliker I. c. S. 79. u. Peters u. Robin. e. S. 128. 2) Die genaueste hierauf bezügliche Untersuchung ist von van Beneden in den Nouv. Mem. de l’Acad. de Bruxelles T. XI. (Memoire sur l’Argonaut. p. 8.). Daneben vergl. man vorzugsweise die Angaben von Cuvier, Delle Chiaje (Mem. sulla stor. etc. Tab. C—CIIL) Brandt u. Owen. Aeltere Angaben von Swam- merdam, Scarpa, Tilesius und auch die von Rathke (Mem. de l’Acad. de Pe- tersbourg T. Il. 1833. Ueber den Bau von Perothis.) enthalten manches Unrichtige. 3) Wenn auch die einzelnen Theile dieses Systemes grösstentheils schon von Cuvier, DelleChiaje, Blainville (Dict. des sc. natur. Art. Seiche) u. A. aufgefun- den wurden, so waren es doch Brandt und Ratzeburg (Med. Zoolog. 11. S. 309.), die solche zuerst in ihrem völligen Zusammenhang dargestellt u. in ihrer eigentlichen Bedeutung erkannt haben. Nervensystem der Gephalopoden ; 375 Der Schlundring der Gephalopoden ist in einer besondern, vom Oesophagus durehbohrten Kapsel (dura mater) eingehüllt, deren unte- rer, mehr oder minder vollständig verknorpelter Theil von den Kör- pernerven an den entsprechenden Stellen durchsetzt wird. Uebrigens "ist keineswegs die ganze Schädelhöhle von den Ganglien des Schlund- ringes ausgefüllt. Zwischen beiden bleibt noch ein Raum, der, wie bei den Fischen, viel laxes und mit Fettzellen durchdrungenes Zellgewebe enthält. Im Schlundring der Gephalopoden unterscheidet man sowohl eine obere, auf der Rückenseite des Oesophagus gelegene Partie, als auch eine untere. Beide sind von ansehnlicher Grösse. Die obere Schlundganglienmasse oder das Hirn besitzt in der Re- gel eine längliche, runde Gestalt und ist bei Argonauta und Octopus !) in drei auf einander folgende Abtheilungen zerfallen. Von ihnen scheint die vordere, die etwa sechs dünne Nervenfäden an die Muskeln der Pha- ryngealmasse entsendet, wiederum aus zwei seitlich mit einander ver- schmolzenen Ganglien zusammengesetzt. Die letztere Abtheilung ist bei weitem die grösste. Sie zeigt auf ihrer äussern kugligen Fläche sechs neben einander liegende Längsstränge, unstreitig die Andeutung eines bestimmten Faserverlaufes. Aus ihrer Mitte entspringt jederseits ein Nervenast, der die Hirnkapsel durchbohrt und in die Nackenmus- keln sich verliert. Bei Sepia und den übrigen Loligineen lassen sich keine solche queren Abtheilungen unterscheiden. Das Hirn ist über- haupt kürzer und mehr von herzförmiger Gestalt. In seiner Medianli- nie besitzt es eine seichte Längsfurche. Die untere Schlundganglienmasse 2) wird überall durch die innige Vereinigung eines vordern und eines hintern Paares von ansehnlichen Knoten gebildet. Das erstere zeigt besonders in der vordern Medianlinie noch ganz deutlich seine Zusammenselzung aus zwei seitlichen Ganglien (pes anserinus CGuv.), die von oben nach unten platt gedrückt sind und den sehr ansehnlichen Nerven für die Arme 3) ihr Enstehen geben. Das hintere Unterschlundganglien- paar, das viel inniger zu einer einzigen Masse verschmolzen ist, ist äusserlich mit einer deutlichen Schicht von grauer Substanz 4) bedeckt (Argonauta). In ihnen wurzeln die Gehörnerven 5), so wie ein Paar Ner- 1) Cuvier beschreibt hier nur zwei hinter einander gelegene Abtheilungen, von denen er die vordere dem Cerebrum, die hintere dem Cerebellum vergleicht. Van Beneden, der zuerst bei Argonauta noch eine mittlere Abtheilung aufland, möchte diese der Vierhügelmasse parallelisiren. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXXV. A. — 3) Ibid. a. a. 4) So nach van Beneden. Auf der obern Schlundganglienmasse, wo nach Guvier ebenfalls die hintere Abtheilung eine mehr graue Färbung besitzen sollte, wurde dieselbe vermisst. 5) Ic. zootom. Tab. XXIX. fie, XXXVL c.c. 37% Nervensystem der Gephalopoden. ven für die Trichtermuskeln !) und die sehr starken Muskelnerven- stämme 2). Bei Argonauta schieben sich seitlich zwischen vordere und hin- tere Unterschlundganglien noch zwei kleinere, rundliche Knötchen 3), die in der Medianlinie sich übrigens nicht berühren. Beide Schlund- ganglienmassen, untere und obere, werden an den Seiten des Oe- sophagus durch zwei von einander getrennte Commissuren in Verbindung gesetzt. Die erstere derselben, welche die vordern Partieen der Schlundganglien vereinigt, ist nur dünn und kurz. Viel ansehnlicher erscheint die hintere, aus der die beiden Sehnerven ®) entspringen. Diese verdicken sich nach kurzem Verlauf zu einem an- sehnlichen, nierenförmigen Ganglion opticum, an dem sich wiederum eine kleinere ganglionäre Anschwellung bemerkbar macht. Die beiden Mantelnervenstämme, die mächtigsten von al- len Körpernerven, verlaufen allmälig divergirend nach der Rücken- fläche des Mantels.. Nachdem sie auf diesem Wege die Schalen- muskeln durchbohrt haben, bilden sie 5) auf der innern Fläche des Mantels jederseits ein sehr grosses, strahlenförmiges Ganglion 6), aus dem die einzelnen, für den Mantel bestimmten Nerven ihren Ursprung nehmen. Bei den Octopoden endigt der Nerv in diesem Knoten ; eben- so bei den Decapoden, bei denen er vorher indessen einen starken Ast?) abgegeben hat, der mit dem Ganglion freilich wiederum in Verbindung tritt, aber doch immer noch als ein ansehnlicher Nerv sich bis an die Flossenmuskeln verfolgen lässt. DieArmnerven, welche bei der Mehrzahl der Gephalopoden schon von ihrem Ursprung an getrennt sind und nur bei Loligopsis ®) jeder- seits als einfacher Stamm entspringen, der erst später sich theilt, stei- gen anfangs auf der innern Fläche des cylinderförmigen Basaltheiles der Armmuskeln empor und dringen erst da in die Tiefe, wo diese Locomotionsorgane sich 1soliren. Bei dem ferneren Verlauf liegen sie hier im Innern des Achsenkanales. Sehr auffallend ist es, dass diese Nerven die aus mehreren, leicht zu trennenden Bündeln zusammenge- setzt werden, innerhalb der einzelnen eylindrischen Armkanäle noch von einem besondern Nervenstamin ®) begleitet werden, der ihnen eng 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fie. XXXV. c.d. — 2) Ibid. £f. 3) Van Beneden vermuthet, dass eben aus diesen Ganglien die Muskelner- venstämme den Ursprung nehmen. — 4) Ice. zootom. Tab. XXIX. fig. XXXV.b.b, 5) Neuerdings hat man an diesen Nerven, ähnlich wie bei den Articulaten, zweierlei Stränge unterscheiden wollen, von denen der eine die Bewegung, der an- dere das Gemeingelühl vermitteln sollte. Ein solcher Unterschied ist indessen bei den Gephalopoden noch keineswegs ausser allen Zweifel gestellt. 6) Ic. zootom, Tab. XXIX. fig, XX. £. fig. XXXV. gg. — 7) Ibid. fig. XXXV. 8) Rathke |. c. über Perothis (Loligopsis) S. 20. 9) So nach der interessanten Entdeckung von van Beneden. Nervensystem der Gephalopoden. 375 verbunden ist und‘in eine beträchtliche Anzahl von kleinen Ganglien anschwillt. Die Zahl derselben richtet sich nach der der Saugnäpfe, welche von ihım mit Nerven versorgt werden. Die einzelnen Stämme dieser accessorischen Nerven sind unter sich zu einem zusammenhän- genden Systeme dadurch verbunden, dass von dem ersten Ganglion in jedem Fusse sich eine bogenförmige Quercommissur zu den ent- sprechenden anliegenden Theilen hinbegiebt. Von dem sympathischen Nervensystem !) bestehet die für den Darmkanal bestimmte Abtheilung aus einem Mundtheil und ei- nem Magentheil. Der erstere wird bei Sepia aus zwei ansehnlichen, runden Knoten zusammengesetzt, die vor dem Schlundring, dicht hin- ter dem Pharynx an der Rückenseite und der Bauchseite des Oeso- phagus gelegen sind und unter sich durch eine seitliche Quercommis- sur zusammenhängen. Der obere (ganglion pharyngeum) ?), welcher bei Loligopsis aus zwei neben einander gelegenen Knötchen zu bestehen scheint, steht nach hinten durch einige Aeste mit dem vordern Theil des obern Schlundganglion in Verbindung. Seine Nerven verzweigen sich an dem obern Theil der Pharyngealmasse. Der untere Knoten (g. labiale) 3) entsendet ausser einigen unbedeutenden Aesten, die sich ebenfalls an der Pharyngealmasse, aber vorzugsweise an dem untern Theile derselben, verbreiten, einen ansehnlichen Stamm 4), welcher auf der Bauchseite des Oesophagus nach unten hinabsteigt. Gleich anfangs spaltet er sich in zwei neben einander liegende Nerven, die sich aber auf dem Magen wiederum vereinigen. Hier schwillt der Nerv in einen ansehnlichen Knoten 5) an, dessen verschiedene Aeste sich an den ein- zelnen Magentheilen und dem Ausführungsgang der Leber verzweigen. Die Octopoden entfernen sich von dieser Anordnung des Mund- magensystemes insofern, als bei ihnen kein isolirtes G. pharyngeum existirt. Es ist dieses unmittelbar mit dem Hirn verbunden und bil- det eben die vorhin erwähnte erste Abtheilung der Oberschlundgan- glienmasse, die auch, wie gewöhnlich, mit dem G. labiale durch zwei seitliche, ringförmige Commissuren verbunden ist. Die respiratorischen und circulatorischen Nerven des sympathischen 6) Systemes entspringen als zwei nicht unansehnliche Stämme 7) vom hintern Theile der untern Schlundganglien. Sie stei- gen in den Eingeweidesack hinab und bilden, dem Oviduct anliegend, 1) S. Brandt und Ratzeburg, Bemerkungen über die Mundmagennerven der Evertebraten |. e. S. 41. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXXV.B. — 3) Ibid. C. fig. XL.e. — 4) Ibid. fig. XL. — 5) Ibid. f. 6) Vergl. vorzugsweise die genauen Untersuchungen und Abbildungen von van Beneden |. c. 7) Ic. zootom,. Tab. XXIX. fig. XXXV. e.e. 376 Sinnesorgane der CGephalopoden. jederseits oberhalb des Kiemenherzens die erste ganglionäre Anschwel- lung, deren Hauptast die Wandungen des arteriellen Herzens versieht Ein zweites, grösseres Ganglion, dessen Zweige zugleich die Hohlvenen versorgen, bilden sie auf dem Kiemenherzen selbst. Von hier treten sie endlich, dem Verlauf der Kiemenarterie folgend, an die Kiemen, wo sie, in Uebereinstimmung mit den einzelnen Kiemenblättchen, in eine Anzahl hinter einander liegender Knötchen anschwellen. In mehrfacher Beziehung entfernt sich von dieser Anordnung des Nervensystemes der bei Nautilus vorkommende Bau desselben. Die obere Schlundganglienmasse, von welcher einige kleine Aeste an die Kaumuskeln abgegeben werden, wie bei den Octopoden, ist ein." eylindrischer Querbalken, der an den Seiten die Sehnerven, so wie uıe beiden Commissuren für die vordern und hintern Unterschiundganglien abgiebt, die übrigens hier nicht in eine einzige Masse vereinigt si sondern getrennt !) bleiben. Von den vordern dieser Ganglien ent- springen die sehr zahlreichen Nerven für die einzelnen Tentakel. Nur bei den untern Seitenarmen (appendices labiales) entspringen diese Nerven aus einem gemeinschaftlichen Stamm, der in einem Ganglion endigt. Auch die Trichternerven wurzeln im vordern Unterschlund- ganglion. Besondere Mantelnervenstämme, wie sie bei den übrigen Gephalopoden vorkommen, fehlen bei Nautilus. Statt ihrer entsendet das hintere G. suboesophageum ebenfalls eine sehr befrächtliche Anzahl von Nerven, welche in die Schlundmuskeln hineinstrahlen und sie durchbohren. — Von den Nerven des sympathischen Systemes kennt man bis jetzt fast nur erst die Geflechte der respiratorischen und eir- eulatorischen Abtheilung, die in ihrer Anordnung mit der der Di- branchiaten übereinzustimmen schemen. Sinnesorgane der Cephalopoden. Sehwerkzeuge ?). Bei den Cephalopoden sind die Augen paarige Organe, die an den Seiten des Kopfes liegen und durch ihre beträchtliche Grösse (be- 1) So wenigstens nach der Darstellung von Owen. 2) Ausser den ältern, zum Theil unzulänglichen Angaben von Cuvier, Söm- merring (de oculorum sectione horizontali) u. A. vergleiche man Blain ville (Prin- cipes d’anat. compar. Par. 1822. T. I. p. 441 ff. und Dict. des sc. nat. T. Il. p. 262.), Carus (Zootom. II. S. 383.), R. Wagner (Vergl. Anat. S. 425), vorzugs- weise aber Owen (in der Cyclop. I. c. p. 551.) u. Krohn (in den Nov. Act. phys. med. T.XVIL. P. IL. S. 339. u. T. XIX. P. IL). Die Verschiedenheiten in der Deutung der einzelnen Augentheile sind grösstentheils nur aus unvollkommenen Untersuchun- | gen hervorgegangen und finden meistens in den genauen Angaben von Owen und Krohn ihre Berichtigung. Sinnesorgane der Gephalopoden. 34 sonders bei den Loligineen), so wie durch ihre sehr hohe, in mancher Beziehung aber auch höchst eigenthümliche Entwickelung sich auszeichnen. Die auffallendste Eigenthümlichkeit des Cephalopodenauges !) liegt darin, dass der eigentliche Bulbus, der eine Kugelform besitzt und überdiess mit allen bei den Wirbelthieren gewöhnlich vorkommenden Theilen, ausgenommen eine Hornhaut, versehen ist, noch von einer besondern weiten Hülle, der Augenkapsel, umschlossen wird, und dass das vordere, durchsichtige Hautsegment eben dieser Kapsel die dem eigentlichen Augapfel fehlende Cornea ersetzt. Der so zwi- schen Augenkapsel und Bulbus entstehende Raum, in den aus der freien Oeffnung des letztern die zum Theil von der Iris be- deckte Linse hin@inragt, entspricht gewissermaassen der vordern Augen- kammer und ist gleich dieser mit einer wässrigen Flüssigkeit erfüllt, beinahe den ganzen Bulbus umspühlt. Die Augenkapsel, welche theils von den Orbitalfortsätzen des kopfknorpels 2), theils aber auch von einer besondern fibrösen Hül- le 3) gebildet wird, ist in der Regel tief in die Kopfmasse einge- senkt, so dass nur die vordere, durchsichtige Hornhaut) daraus hervorragt. Im Umkreise dieses Abschnittes bilden die Hautdecken mitunter eine ringförmige Falte (Rossia, Octopus), ein förmliches Au- genlid 5), das aber nicht immer ganz vollständig ist (Sepia, Sepiola, wo es nur an dem der Bauchfläche zugekehrten Rande sich vorfindet und eime halbmond- oder sichelförmige Form hat) und nicht selten (Loligo) auch völlig fehlt... Aeusserlich wird die Cornea 6), die übrigens nirgends eine so beträchtliche Dicke erreicht, als bei den Wirbelthieren, die mitunter sogar (Octopus) nur sehr zart ist, von einem dünnen, eng anliegenden Bindehautblättchen (conjunctiva) ?), der Fortsetzung der äussern Körperbedeckung, überzogen. Sehr auffallend ist es, dass wahrscheinlich überall die Hornhaut mit der aufliegenden CGonjunctiva durchlöchert und somit denn eine freie Communication der innern Au- genhöhle und des äussern Mediums hergestellt ist. Bei Sepia und Se- piola ist diese Oeflnung sehr klein und tief unter dem Augenlid ver- steckt. Sehr ansehnlich ist sie dagegen bei Octopus, aber ebenfalls noch von der ventralen Palpebralfalte ®) überdeckt. Bei Loligo, Ony- choteuthis, wahrschemlich auch bei Nautilus, dem die Augenlider feh- 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XLI. (nach Sömmerring — eine minder ge- naue Abbildung) und fig. XLN. — 2) Ibid. fig. XLI.r. — 3) Ibid.i. — 4) Ibid. fl. — 5) Ibid. a. c.d.e.g. & 6) Mayer (Analecten f. vergl. Anat. 1835. 5. 52.), dessen Angaben über diese Verhältnisse man vergleiche, sieht diese Cornea bloss als Conjunetiva an und will das Rudiment der Hornhaut in einem schmalen Ring am vordern Rande der Scle- rotica gefunden haben. — 7) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig XLII. b. 8) Cuvier betrachtete hier die Cornea als eine Nickhaut, und liess eine be- 378 Sinnesorgane der Gephalopoden. len, liegt endlich die Oeffnung, die eine bedeutende Grösse und ovale Form besitzt, mitten auf der zarten Cornea. Aus ihr ragt die Linse nach aussen hervor. Tief im Grunde der Augenkapsel liegt das sehr ansehnliche Gan- glion opticum I), welches der Sehnerv 2) nach kurzem Verlauf bildet. Inmitten dieses Knotens Kreuzen 3) sich die Nervenfäden 4), die erst dann wiederum auseinanderweichen und, nachdem sie die hintere Fläche der Sclerotica durchbohrt haben, im Innern des Bulbus die Retina zusammensetzen. Umnüllt wird das Ganglion mit den daraus her- vortretenden Fasern von einer eigenthümlichen, fettigen 5) Masse 6) und einem laxen Zellgewebe, von Gebilden, die selbst wiederum durch einige platte Muskeln ?), durch drei gerade und eimen schrägen Au- genmuskel, eingeschlossen werden. Diese dienen zur Bewegung des Bulbus, an dessen hinterer Fläche sie sich inseriren. Ihren Ursprung nehmen sie vom Rande des Orbitalknorpels. Hierdurch wird der Raum hinter dem Bulbus, zwischen diesem und der Augenkapsel, ausgefüllt und die vordere Augenkammer ®) nach hinten begrenzt. Die seröse Haut 9), von welcher die letztere ausge- kleidet ist, schlägt sich in der Tiefe an der äussern Fläche der Au- genmuskeln wieder nach vorn in dıe Höhe und geht als äussere Be- kleidung !%) selbst auf den Bulbus über. Hier scheint sie sich in zwei über einander liegende Lamellen zu trennen, deren äussere (tunica argentea externa) !!), von der aponeurotischen Ausbreitung der Augenmuskeln verstärkt, durch ihren lebhaften Silberglanz und bei Octopus selbst durch das Vorhandensein zahlreicher Chromatophoren leicht auffällt. Die innere (f. argentea interna) !?) ist minder bedeu- tend und muss vielleicht nur als die äussere Schicht der Scelerotica betrachtet werden, zumal sie auch die hintere Fläche des Bulbus über- zieht, wo die äussere Argentea fehlt. Auf diese Lamellen folgt nach sondere Cornea überall fehlen. Owen folgt ihm in dieser Deutung, hält aber die Augenlider, die Cuvier schon richtig erkannt hatte, für die Gornea. 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. ÄXLI. z. — 2)eIhidse 3) So nach J. Power (The Dublin Journal of medical science Vol. XXIl. 1843. p. 350... — .„4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XLIL t. 5) Gewöhnlich hält man diese Masse für ein Analogon der sog. Choriodeal- drüse der Knochenfische (Vergl. Bd. I. S. 252.), doch möchte es nach ihrer Stru- etur (Kölliker 1. c. S. 103.) wahrscheinlicher sein, dass sie, wie schon Swam- merdam annahm, der sulzigen Ausfüllungsmasse des Gehirnes entspräche. — Mayer sieht in ihr eine Thränendrüse, deren Secret die vordere Augenkammer, die er als Thränensee oder Becken deutet, erfülle und durch die Oeflnung der Conjunctiva nach aussen geschafft werde. 6) .Ic. zootom.. Tab. XXIX., fig. XLIL-u. .—ı, „Du lbid.p.g. n.n. — 9) Ibid. k — 10) Ibid. ı. — 11) Ibid. m. — 12) Sinnesorgane der Gephalopoden. 379 innen die eigentliche Sclerotica!), eine derbe, elastische Membran, die dem Bulbus Form und Festigkeit giebt und, wie bei den Plagio- stomen, eine knorpelige Textur und Beschaffenheit besitzt. An der hin- tern Fläche, wo sie zum Durchtritt der Sehnervenfasern siebartig durch- löchert ist, erscheint sie dünn und mehr häutig. Ihre grösste Dicke erreicht sie etwa in der Mitte des Bulbus, wo sie auch bei Loligo, ei- ner Art, die sich durch eine verhältnissmässig sehr zarte Sclerotica auszeichnet, als ein breiter, fester Knorpelring erscheint. Nach vorn wird sie dünner, lässt sich aber immer noch bis in die Iris hinein verfolgen. Es erscheint diese überhaupt nur als die ringförmige freie Endi- gung des Bulbus oculi, die der vordern Linsenfläche aufliegt und mit- telst einer eigenen, in sie eingebetteten Faserschicht 2) derselben Bewe- gungen fähig ist, wie die Iris der höhern Thiere. Am Pupillarrand sind (Sepia), wie bei den Rochen 3), noch eigene vorhangartige Fortsä- tze der Iris entwickelt, welche die Linse vollkommen bedecken kön- nen. Aeusserlich wird die Iris von einer Fortsetzung der Argentea externa überzogen, wie von emem Epithelium %. Am Pupillarrande schlägt sich diese nach innen und verläuft 5) dann auf der Uvea bis zum Ciliarring 6), der eine verhältnissmässig sehr ansehnliche Ent- wicklung hat und mit seinen Vorsprüngen gegen die Linsenachse con- vergirt. Die Sehnervenfasern vereinigen sich auf der innern Fläche der Sclerotica zur Bildung einer Netzhaut, die sich nach vorn allmälig verdünnt und endlich als eine feine, durchsichtige Membran (zonula Zinnii?) sich auf den Giliarring fortsetzt. In ihrem hintern Theile be- sonders lassen sich mehrere über einander liegende Schichten deutlich unterscheiden. Unter diesen machen sich vorzugsweise eine äussere Faserhaut ?) bemerklich und eine innere 8), die aus zelligen Gebilden zusammengesetzt scheint und vielleicht der Kugelschicht im Auge der Wirbelthiere entspricht. Die Chorioidea besteht aus einer ansehnlichen Masse zelliger Elementartheile, die ein purpurrothes Pigment besitzen 9). Sie liegt mit einem begleitenden Gefässnetze auffallender Weise zwi- schen den Schichten der Retina eingebettet und ist eng mit dieser ver- schmolzen. Die Linse 10) ist ansehnlich, von kugliger Gestalt und vielleicht einer besondern Kapsel I!) entbehrend. Sie ragt in die vordere Augenkam- 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XVIL.v. — 2) Ibid. . 3) Vergl. Th. I. S. 250. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XVII. «. — 5) Ibid. . — 6) Ibid. e. 7) Ibid.w. — 8) Ibid.x. — 9) Ibid.y. — 10) Ibid. 6. il) So wenigtsens nach Krohn. Owen indessen und auch Mayer erwäh- nen einer Linsenkapsel. 350 Sinnesorgane der Gephalopoden. mer hinein und besteht auffallender Weise aus zwei völlig von ein- ander getrennten Stücken, von denen das vordere plattere das Seg- ment einer Kugel von grösserm Durchmesser ist. Beide besitzen die- selbe concentrisch lamellöse Textur, wie die Linse der Wirbelthiere und Fasern mit gezähnelten Rändern !). In den ringförmigen Spalt zwischen beiden Linsentheilen hinein schlagen sich von oben die Fort- sätze des Strahlenringes 2), von unten die Retina cilaris 3). Der Glaskörper %), welcher die innere Kammer des Bulbus aus- füllt und in den die hintere Linsenhälfte hineinragt, ist eine helle, wässrige Flüssigkeit, die von einer sehr deutlichen, derben Haut (Zun. hyaloidea) 5) umhüllt ist. Die viel weniger ansehnlichen Augen von Nautilus sind ihrer Stru- | ctur nach noch nicht genau bekannt, scheinen aber in mancher Bezie- hung von den Gesichtswerkzeugen der übrigen Gephalopoden abzuwei- chen und eine einfachere Anordnung darzubieten. Gehörwerkzeuge ®). Die ebenfalls, wie gewöhnlich, paarigen Gehörorgane ?), die in ansehnlicher Entwicklung unstreitig allen $) Gephalopoden zukommen, liegen in den dieken Basaltheilen des Kopfknorpels, unter den hintern Ganglien der Subösophagealmasse, fast dicht neben einander. Schon bei äusserer Betrachtung des Kopfknorpels machen sie sich hier als zwei schwache Wölbungen bemerklich. Wie bei den niedern Fischen, ; den Cyelostomen, besteht das Gehörorgan auch bei den CGephalopo- den aus einem knorpligen Vestibulum °) von unregelmässig rund- licher Gestalt, das nur mit einer einzigen Oeflnung (foramen acusti- cum) zum Durchtritt des Gehörnerven versehen ist. Die innere Flä- | che des Vorhofes ist mit einigen unregelmässigen Sinuositäten 10) und ı Es 1) Nach Owen. — 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XLI.&. —_ 5) Ibid.F er 5) Ibid. . 6) Ueber die Gehörwerkzeuge der Cephalopoden, die schon Scarpa kannte, | vergl. man besonders die Untersuchungen von Cuvier, Carus (Zootom. I. 8. 359.), ' Weber (de aure et auditu etc. p. 10.), Brandt und R. Wagner (Heusinger’s Zeitschrift II. S. 227.). 7) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXVIL a.a. fig. XXXVI. c. c. 8) Bei Nautilus betrachtet Valenciennes als Gehörorgan zwei schmale, läng- liche Höhlen in den beiden Fortsätzen des Kopfknorpels, in welche jederseits zwei | Nervenfäden aus der obern Schlundganglienmasse treten, die aber statt eines Oto- lithen nur eine homogene, pulpöse Masse enthalten. Owen (Hunterian Lectures J. c.) zieht übrigens diese Deutung in Zweifel und möchte die Höhlen als blosse venöse Sinus betrachten. 9) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXXVII. b. 10) In ihnen will man Andeutungen der bei den höhern Wirbelthieren sich fin- denden halbkreisförmigen Kanäle und der Schnecke erblicken. Sinnesorgane der Gephalopoden. 381 stumpfen kolbigen Fortsätzen !) versehen, welche letztere ein häutiges Säckchen von zarter Beschaffenheit und rundlicher Form tragen, das häutige Labyrinth 2. Es enthält in einer Flüssigkeit einen grossen weisslichen Otolithen 3) von krystallinischer Structur, der vorzugsweise aus kohlensaurem Kalk besteht. Der Raum zwischen äusserer und in- nerer Gehörkapsel ist von einer besondern gelatinösen Masse erfüllt, wie solche sich auch an andern Stellen wiederfindet. Halbkreisförmige Kanäle #), so wie eine Schnecke fehlen. Auch äussere Hülfsapparate 5) der Gehörwerkzeuge werden vermisst. Geruchswerkzeuge. Auch Geruchswerkzeuge sind bei den Gephalopoden neuerdings entdeckt worden. In der Gruppe der Acelabuliferen 6) trifft man je- derseits in der Nähe der Augen eine Oeflnung der Haut, die mittelst eines engen, bei Argonauta und Tremoctopus nur sehr niedrigen Ka- nales zu einem Grübchen führt. In dieses ragt eine kleine papillenför- mige Hervorragung von weisslicher Farbe, welche bei Sepiola und Lo- ligo nur wenig entwickelt ist, aber überall von emem verhältnissmässig bedeutenden Nerven versehen wird. Es entspringt dieser N. olfacto- rius auflallender Weise aus dem Stamm oder dem Knoten des Sehner- ven und muss die knorplige Augenkapsel durchbohren, um zu dem Riechwärzchen zu gelangen. In der Lage stimmen mit diesen Geruchswerkzeugen zwei wahrschein- lich ganz analoge Gebilde ?) bei Nautilus überein, die einige Aehnlich- keit mit den Narinen der Fische besitzen. Es ragen an derselben Stelle nämlich zwei kurze tentakelförmige Anhängsel hervor, die eine innere Höhle besitzen und eine äussere Oeflnung, die in diese führt und von einer kleinen Papille bedeckt wird. Im Innern trifft man eine Reihe zweizeilig gestellier Papillen oder Lamellen, die von zwei neben den Wurzeln der Sehnerver entspringenden Nerven versorgt werden. 1) Ic. zootom. Tab. XAIX. fig. XXXVI.c.c. — 2) Ibid.d. — 3) Ibid. fig. XXXVII. a. fig. XAXIX. 4) Interessant ist eine Entdeckung von Kölliker (l. c. S. 105.), wonach im Embryonalzustand bei Sepia u. a. von der obern Wand des Gehörbläschens sich ein gebogener, mit einem Flimmerepithelium ausgekleideter Kanal erheben soll, der den völlig entwickelten Thieren wiederum fehlt. 5) In einzelnen Fällen will man übrigens solche gefunden haben. So fand Brandt (l. c. S. 309.) äusserlich oberhalb der Gehörorgane bei Sepia ein Grübcehen und in diesem eine häutige Stelle, die er als Trommelfell deutet. Auch R. Wagner (Vergl. Anat. S. 447.) sah bei Octopus Veranii an jeder Seite des Trichters, mit der Lage der Gehörhöhlen correspondirend, eine grosse, ovale Oeflfnung in der Haut, viel- leieht ein äusseres Ohr. 6) Nach der Entdeckung von Kölliker (a. a. 0. S. 107. u. in Froriep’s Neuen Not. 1844. N. 561. S. 166.). 7) Diese Gebilde beschreibt Valenciennes als die Geruchswerkzeuge von 382 Sinnesorgane der Gephalopoden. Geschmacksorgan. Wenn man auch den Cephalopoden einen Geschmack _ vielleicht nicht ganz absprechen kann, so ist derselbe doch wahrscheinlich nur wenig deutlich. Auch scheint kaum ein eignes, für diesen Sinn be- stimmtes Organ vorhanden zu sein, da die sog. Zunge, die man allen- falls dafür halten könnte, mehr als Hülfsapparat den kieferartigen Fress- werkzeugen dienen möchte. Tastwerkzeuge. Als solche functioniren bei den CGephalopoden vorzugsweise die kreisföormig um die Mundöffnung gestellten, sehr beweglichen Anhänge, die Füsse und Fangarme mit ihren Saugnäpfen und Tentakeln. Ausser- dem scheinen noch die besondern lippenartigen Duplicaturen !) der äussern Bedeckungen im Umkreis des Mundes Sitz eines feinern Ge- fühles zu sein. Verdauungsorgane der Cephalopoden 2). Die am vordern Kopfende, im Centrum der Armscheibe gelegene Mundöflnung der Gephalopoden führt unmittelbar in einen ovalen, sehr musculösen Schlundkopf3), dessen innere Höhle eine kräftige Be- waflnung trägt. Am Eingang stehen die sog. Kiefer %), zwei ansehn- liche, gekrümmte und zugespitzte, hornige °) Blätter, die sich senkrecht gegen einander bewegen und im geschlossenen Zustande, wo sie zum Theil aus der Mundöffnung hervorragen, einem Papageienschnabel glei- chen. Der obere Kiefer ist der kleinere und wird vom untern um- fasst. Die Basaltheile weichen bei beiden in zwei Blätter aus einander und bieten somit den Kaumuskeln eine grössere Insertionsfläche dar. Dahinter liegt die oben schon erwähnte Zunge 6), die bei den ein- zelnen Arten manche Verschiedenheiten darbietet. Sie ist eine kurze Nautilus, während Owen als solche zwei Längsreihen von häutigen Lamellen be- trachtet wissen will, die am Eingang des Mundes zwischen den beiden hier gelege- nen Armrudimenten sich vorfinden und ebenfalls von ansehnlichen Nerven ver- sorgt werden sollen. Ein zweites Paar solcher Gebilde, das Owen übersehen hat, ist nach Valenciennes auch an der Basis jener Arme entwickelt. 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIV. a. 2) Man vergl. hierüber vorzugsweise die reichhaltige, zum Theil auf eigne Un- tersuchungen begründete Zusammenstellung des Materials bei Owen in der Cyclo- paedia l. c. p. 53lff., sowie auch Delle Chiaje a. a. 0. 3) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIV. b. — 4) Ibid.a. fig. XVII. A. B. 5) Als Theile des Hautskelets scheinen diese Gebilde dieselbe chemische Zu- sammensetzung zu haben, als das Rückenschild. 6) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIX. (von Octopus). — Schon Swammer- dam (Bibl, nat. II, p. 882.) kannte den Bau dieses Organes bei Sepia sehr genau. Verdauungsorgane der CGephalopoden. 385 und stumpfe musculöse Hervorragung an der Ventralfläche, die auf ihrer äussern, der Pharyngealhöhle zugekehrten Fläche ein hartes, leicht abschälbares Epithelium trägt, das mit zahlreichen, reihenweis neben einander gestellten, dornenförmigen Haken und Vorsprüngen ver- sehen ist. Der eigentliche Darmkanal der Cephalopoden bietet im Ganzen nur wenige Verschiedenheiten dar. Ueberall besteht er aus mehreren Abtheilungen, aus einer Speiseröhre, die nicht selten eine kropfar- ige Erweiterung zeigt, aus zwei Magensäcken und einem Darme, der in der Medianlinie der Ventralfläche unterhalb der untern Trichter- öffnung nach aussen führt. Daneben zeigen die drüsigen Hülfsappa- rate, Speicheldrüsen und Leber, eine ganz allgemeine Verbreitung und eine ansehnliche Entwicklung. Die Speiseröhre !) ein musculöser, innen längsgefalteter Abschnitt, der bei allen Arten durch seine bedeutende Länge sich auszeichnet, beginnt im Grunde der Pharyngealhöhle dicht hinter der Zunge und steigt von da durch die centrale Oeffnung des Kopfknorpels ganz ge- rade nach abwärts bis tief in die Visceralhöhle hinein. Hinter dem Kopfknorpel erweitert sie sich bei Nautilus allmälig zu einem birnför- migen Kropfe, der auch bei den Octopoden ?) sich vorfindet, aber hier gerade eine umgekehrte, nach unten verengte und im obern Theile stark, fast blindsackartig, nach vorn erweiterte Form besitzt. Den zehnfüssigen Gephalopoden fehlt der Kropf ganz allgemein. Bei ih- nen hat die Speiseröhre bis zum ersten Magen eine ziemlich gleiche Weite. Dieser 3) ist mehr (Loligo, besonders aber Loligopsis) oder we- niger (Octopus) ) länglich oval, bisweilen (Nautilus) auch rundlich und in der Regel (Sepiola z. B. ausgenommen) mit dicken, fleischigen Wan- dungen versehen, deren Fasern häufig (z. B. bei Nautilus, Octopus u. a.), wie im sog. Muskelmagen der Vögel, jederseits radienförmig von einer starken Sehnenscheibe ausstrahlen. Auch die innere Epithelialschicht erreicht eine sehr ansehnliche Entwicklung und wird zu einer festen, harten Auskleidung, die in parallelen Längsfalten nach innen vor- springt. Von den unterliegenden Muskelschichten lässt sie sich leicht abschälen. Die Pylorusöffnung, bei Sepia von ansehnlicher Weite, liegt am obern Theil des Magens neben der Cardia.. Sie führt in einen zweiten, gewöhnlich minder weiten, aber dafür mehr gestreckten Ma- gen, den sog. Blätter- oder Drüsenmagen der Cephalopoden (minder passend auch wohl als Duodenum oder selbst als Pankreas gedeutet), der sich vorzugsweise dadurch auszeichnet, dass seine innere drüsige Gute Beschreibungen desselben finden sich auch bei Brandt (l. c. S. 305.) für Se- pia und bei Owen (Cyclop. S. 532.) für Onychoteuthis und Nautilus. 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIV. c. fig. XL.a. — 2) Ibid. fig. XIV.d. 3) Ibid. fig. XL.b. fig, VI.b. — 4) Ibid. fig. XIV. e. 354 Verdauungsorgane der Cephalopoden. Schleimhaut zahlreiche, stark vorspringende Falten von manchfaltiger Anordnung bildet. Bei Loligopsis z. B. und auch bei Sepia laufen die- selben strahlenförmig von einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte aus, während sie bei Octopus zahlreiche spiralige Windungen machen. Auch in der äussern Gestalt zeigt dieser Darmtheil vor allen andern zahl- reiche Differenzen. Bei Nautilus erscheint er als kleiner, kugel- oder blasenförmiger Anhang. Eine ähnliche Form besitzt er bei Rossia und Loligopsis, nur ist er bei Loligopsis !) sehr gross und viel grösser, als der vordere Muskelmagen. In Argonauta ist derselbe dreieckig, in Sepia 2), Sepiola 3), Loligo sagitlata u. a. immer noch weit, aber zu- gleich gestreckter und besonders am Ende halbmondförmig gekrümmt; eine Anordnung, die bei Eledone und besonders bei Octopus 4) ihre grösste Entwicklung erreicht. Hier ist der Blättermagen ein enger und langer, darmartiger Anhang mit anderthalb Spiralwindungen. Bei Loligo vulgaris fehlen diese Windungen und der Drüsenmagen ist ein sehr langer, weiter, dünnhäuliger und gerade herabsteigender Blindschlauch, der den untern Theil des Eingeweidesacks fast gänzlich erfüllt. Aus dem obern Theile des Drüsenmagens, neben seiner Mündung in den Muskelmagen entspringt der eigentliche Darm 5), ein (besonders bei Sepia) ziemlich weiter, dünnhäutiger Kanal, in dessen vorderm Ab- schnitt‘ die Schleimhaut ebenfalls noch ansehnliche Längsfalten bildet. Ueberall ist der Darm nur kurz. In der Regel steigt er ganz gerade bis zur Afteröffnung 6) empor. Nur bei Octopus und Nautilus, wo er etwas länger ist, macht er in seinem Verlauf eine kurze Windung. Die Afteröffnung ist von besondern spincterartigen Muskelfasern umge- ben, die bald aus den Schenkeln des ventralen Septum der Kiemen- höhle ihren Ursprung nehmen ?), bald aber auch, wo dieses nur sehr rudimentär ist, aus den Retractores infundibuli. Ausserdem finden sich noch wahrscheimlich bei allen Gephalopoden, wenn auch nicht immer in gleicher Entwicklung, am äussern freien Rande des Darmrohres zwei rhomboidale oder dreieckige Anhänge (valvulae anales), die sich klappenartig an einander legen und dann die Afteröffnung völlig schlie- ssen können. Die Speicheldrüsen der CGephalopoden, die wahrscheinlich überall 8) vorkommen, sind paarige Organe von nierenförmiger, mit- unter etwas herzförmiger Gestalt. Sie bestehen aus ziemlich langen und gewundenen Blinddärmehen, die, eng unter sich verbunden, den 1) Vergl. Rathkeol. c. S.-11. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XL. c. — 3). Ibid.cne. Mies — 4) Ibid. fig. XIV.f. — 5) Ibid. fig. VI.d. fig. XIV.g. — 6) Ibid. fig. XX.d. 7) S. oben S. 371. $) Bei Loligopsis konnte Rathke (l. c. S. 13.) dieselben nicht auffinden, doch sind sie unstreitig nur übersehen. Verdauungsorgane der Cephalopoden. 385 Speichelgängen aufsitzen. Bei Octopus !), Eledone u. a. finden sich zwei Paare solcher Drüsen, ein vorderes und ein hinteres. Das er- stere 2) ist kleiner und fehlt 3) bei Nautilus, Sepia, Loligo u. a. gänz- lich. Es zeigt an seinem Rande mehrere lappige Einschnitte und liegt unmittelbar an der Aussenfläche der Pharyngealmasse, welche jederseits von den mehrfachen kurzen Ausführungsgängen derselben durchbohrt wird. Die hinteren Drüsen ®) sind dem untern Theil der Speiseröhre ‚mittelst eines faserigen Bandes angeheftet. Die Ausführungsgänge bei- der vereinigen sich im Innern des Kopfknorpels zu einem gemeinschaft- lichen Kanal 5), der mit der Speiseröhre emporsteigt und vor dem vordern Zungenrande sich in die Pharyngealhöhle öffnet. Auch die Leber ist überall verbreitet. Sie liegt im obern Theil des Eingeweidesackes vor dem Oesophagus und ist ein grosses, wei- ches, schwammiges Gebilde von gelblicher oder bräunlicher Färbung. Die genauere Untersuchung ihrer feineren Structur zeigt, dass sie aus grössern und kleinern, immer aber ansehnlichen Zellen zusammen- gesetzt ist, deren secernirende Wände den Ausführungsgängen zu- gekehrt sind. Bei Nautilus hat die Leber ein lappiges Aussehen, während sie sonst überall ganz glatt erscheint. Bei Sepia und Rossia besteht sie aus zwei, seitlich neben einander liegenden, länglichen Stü- cken, die aber schon bei Sepiola 6) und Argonauta in ihrer obern Hälfte mit einander verschmelzen und bei Octopus ?), wo das Or- gan von eiförmiger Gestalt ist, nur noch durch eine mittlere Längs- furche an der Ventralfläche angedeutet werden. Einige Differenzen zeigt die Anordnung bei Loligo, wo die Leber, ebenfalls ein einfaches Ge- bilde von langer, ceylindrischer Gestalt, das nach oben fast bis zum Kopf- knorpel hinaufreicht, ungefähr in der Mitte vom Oesophagus durchbohrt wird, der anfangs, wie gewöhnlich, an der hintern Seite derselben gelegen ist. Es ist diese eigenthümliche Bildung durch das Verwach- sen der beiden untern Leberlappen hervorgebracht und gewissermaassen schon bei Sepia angedeutet, indem hier der Oesophagus tief in der Spalte zwischen den beiden untern, noch nicht verwachsenen Zipfeln hervortritt. Ein ähnliches Verhältniss scheint die Leber von Loligo- psis $) darzubieten. Noch abweichender ist die Form dieses Or- gans bei Nautilus, wo die einzelnen kleinen Läppchen in vier symme- 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIV. — 2) Ibid.i. i. 3) Mit Unrecht erwähnt Cuvier (Vorles. III. S. 345.) ganz allgemein zwei Paare von Speisedrüsen. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIV. k.k. — 5) Ibid. l. 6) Ibid. fie. VLff. — 7) Ibid. fig. XIV. m. fig. XX. g. 8) Grant (On the structure and characters of Loligopsis in den Transact. of the Zoolog. Soc. P. I. 1833.) wollte bemerkt haben, dass die Leber hier in vier Lappen getheilt sei, was aber in der Beschreibung und Abbildung von Rathke nicht seine Bestätigung findet. Wagner’s Zootomie. 1. 25 386 Verdauungsorgane der Gephalopoden. - trische Massen gruppirt sind, die unter sich durch einen fünften Quer- balken vereinigt werden. Die Gallengänge vereinigen sich’ im Parenchym der Leber allmälig zu zwei stärkern Stämmen, die am untern Rande hervortreten, den An- fang des Darmes umfassen und endlich vereinigt mit einer gemein- schaftlichen, von zwei Falten begrenzten Oeflnung in den obern Theil des Blättermagen münden. Bei den Octopoden sind diese Kanäle nur einfache Gänge, während sie sich bei den Loligineen in einer grö- ssern oder geringern Ausdehnung mit zahlreichen blind geendigten Schläuchen !) besetzen, welche sich häufig baumartig theilen und so eine follieulöse Anhangsmasse 2) bilden, die bei Loligo von einer äu- ssern serösen Membran umkapselt wird und bei Rossia an Grösse selbst die Leber übertrifft. Wahrscheinlich mit nicht Unrecht deutet man dieses Gebilde als ein Pankreas. Die Verdauungsorgane der Cephalopoden liegen, mit Ausnahme der Leber und des Darmes, frei in einer besondern, überall geschlos- senen und von einem Bauchfell ausgekleideten Ilöhle 3) des Einge- weidesackes, in der eigentlichen Bauchhöhle, die wiederum durch verschiedene Brücken und Eimschnürungen vorzugsweise in drei (Octo- pus) mit einander communieirende Abtheilungen zerfallen ist. Die un- terste derselben enthält den grossen Spiralmagen und ist nach vorn durch eine unvollkommne Scheidewand abgegrenzt. die sich an der hintern Seite des Muskelmagens festsetzt und gewissermaassen als Me- senterium dient. Die mittlere Abtheilung ist die grösseste und erstreckt ' sich nach oben bis in den Nacken. Sie enthält neben dem ersten Magen, dem untern Theil des Oesophagus und den beiden hinteren Speicheldrüsen noch ein beträchtliches Stück der Aorta adscendens. In der dritten Abtheilung endlich, welche vorn mit der Kopfhöhle in Verbindung steht, sind die übrigen Theile des Verdauungsapparates ent- halten. Ihre seröse Auskleidung indessen ist keineswegs so vollständig, als in den beiden andern. Der Darm ist nicht innerhalb dieser Bauch- höhle gelegen, wie die übrigen Theile des Verdauungskanales, sondern zwischen der Peritonealplatte und der äussern, dem gemeinschaftlichen —# 1 _ 1) Schon Monro (The structure and physiol. of fishes. Edinb. 1785.) kannte diese Gebilde bei Loligo sagittata, wo er sie für das Ovarium hielt. Erst Grant indessen (Froriep’s Neue Not. Bd. XI. S. 182. und Transact. 1. c. I. p. 25. und besonders p. 82.) beschrieb sie genauer und erkannte ihre Bedeutung. Bei Sepia sind sie von Brandt übersehen und mit den Venenanhängen, denen sie allerdings au- sserordentlich ähnlich sehen, zusammengeworlen. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. VI. g. g. — Bei Loligopsis soll diese Masse nach Ratlike (l. ec. S. 12.) nicht den Gallengängen aufsitzen, sondern, davon ge- trennt, für sich in den Blättermagen münden. 3) Vergl. die Angaben von Milne Edwards in den Ann. des science. natur. 1845. Ill. p. 348 ff. Organe des Kreislaufs bei den Gephalopoden. 387 Eingeweidesack zugehörenden Umhüllung der Bauchhöhle eingebettet. Bei Loligo haben selbst Magen und Oesophagus eine analoge Lage ausser- halb der Bauchhöhle, die dadurch denn auch bedeutend an Ausdeh- nung abnimmt. Ebenfalls ausserhalb des Bauchfells liegt auch die Le- ber, die, von einem fest anliegenden, serösen Ueberzug bekleidet, in einer besondern Höhle !) des Eingeweidesackes enthalten ist. Organe des hreislaufs bei den Cephalopoden 2). In der Structur und der ganzen Anordnung des Gefässsystemes zeigen die Gephalopoden dieselbe hohe Entwicklung, die sie auch in mehrfacher anderer Beziehung über die übrigen Evertebraten erhebt und den Wirbelthieren annähert. Als Motoren des Kreislaufes functio- niren mehrere musculöse Herzen, von denen das ansehnlichste und constanteste ein unpaares Aortenherz ist. Zwei andere Ilerzen treiben das Blut, das im Körper cireulirt 3) hat, in die Kiemen, nachdem sich 1) Die speciellere Anordnung und der etwaige Zusammenhang der verschiede- nen, im Eingeweidesack gelegenen Zellen ist noch keineswegs völlig genau bekannt und bis jetzt überhaupt noch zu wenig berücksichtigt. Man vergl. die interessanten Angaben von Krohn in Müller’s Archiv 1839. S. 351. 2) Bis auf die neueste Zeit war ganz allgemein die Annahme verbreitet, dass die Bluteirculation der Mollusken und somit denn auch die der Cephalopoden durch ein vollständig geschlossenes Gefässsystem vermittelt werde. Erst die vor Kurzem publicirten, höchst sorgfältigen und interessanten Untersuchungen einiger aus- gezeichneten französischen Naturforscher (Quatrefages, Valenciennes und vor Allen Milne Edwards) haben das Irrige dieser Annahme nachgewiesen. — Sehr wichtig in dieser Beziehung ist für die Kenntniss des Kreislaufs bei den Cephalopoden die mit schönen Kupfern gezierte Abhandlung von Milne Edwards, de l’appareil eirculatoire du Poulpe in den Annal. des scienc. nat. 1845. II. p. 341 ff. und Ibid. p- 302. Ausserdem vergleiche man Nouvelles observat. sur la constitut. de l ap- pareil circulatoire chez les Mollusques par Milne Edwards et Valenciennes (Ibid. p. 308.). Aeltere, sehr schätzbare Untersuchungen über das Gefässsystem der Cephalopoden sind vorzugsweise in den Arbeiten von Cuvier, Delle Chiaje und Owen enthalten. 3) Sehr wahrscheinlich ist es, dass auch das Blut der Cephalopoden von au- ssen Wasser aufnimmt und damit sich mischt, wie der Chylus der Anneliden. Der Weg übrigens, auf welchem dieses geschieht, ist noch unbekannt. Vielleicht die- nen, wie Milne Edwards es vermuthet, hierzu die merkwürdigen Venenanhänge. Das von Delle Chiaje (Memorie etc. Il. p. 263.) entdeckte centrale Wassergefäss- system, das inmitten der Saugnäpfe nach aussen münden soll, scheint übrigens grösstentheils mit dem venösen Blutgefässsystem der Cephalopoden zusammenzufallen. Verschieden davon ist das zwischen den Eingeweiden ausgebreitete wasserführende Höhlensystem, welches Krohn (Müller’s Archiv 1839. S. 354.) einer nähern Berück- sichtigung unterworfen. Es beschränkt sich dieses vorzugsweise auf die grossen seit- lichen Hohlvenensäcke (s. unten), die aber wahrscheinlich in allen Fällen noch mit andern ähnlichen Räumen in Zusammenhang stehen, vielleicht selbst mit der eigentli- chen Bauchhöhle. — Ueber die äussern Oeflinungen des wasserführenden Systemes bei den Cephalopoden vergl. man d’Orbigny et Ferussac |. c. Introduct. p. XX. 25* 388 Organe des Kreislaufs bei den CGephalopoden. dasselbe vorher in der Bauchhöhle, die dadurch zu einem grossen Sinus venosus wird, gesammelt hat. Die Kiemeneirculation ist eine totale. Das Blut der Gephalopoden besitzt eine weissliche Farbe und eine Menge von Blutkörperchen !), welche neben einem Kerne gewöhnlich noch einige Molocularkörnchen zeigen. Sie haben eine platte Kugelform und sind in ihrer Grösse (Yo 250") geringern Differenzen unterwor- fen, als es bei den übrigen wirbellosen Thieren der Fall ist. Das Aortenherz 2) liegt in der Medianlinie des Bauches, tief im Eingeweidesack verborgen. Es besitzt eben nicht sehr dicke, aber doch sehr feste, musculöse Wandungen, deren kräftig entwickelte, aus Fibrillen zusammengesetzte Fasern in platten Bündeln beisammen lie- gen und sich regelmässig decussiren. Aeusserlich wird das Herz von einem zarten Pericardium umhüllt. In seiner Form zeigt es manch- fache Verschiedenheiten. In der Regel ist es ein quer oblonger, wei- ter Schlauch, dessen rechtes Ende halbmondförmig nach oben ge- krümmt ist. Mitunter indessen wird es mehr eiförmig (Loligo, Onycho- teuthis), oder streckt sich in andern Fällen, so dass es einem weiten Gefässe ähnlicher sieht, als einem Herzen (besonders bei Sepiola). Im Innern zeigt das Aortenherz (bei Octopus z. B.) eine häutige, freilich nicht ganz vollständige Scheidewand (septum ventriceulorum), die aber immer noch hinreicht, bei der Systole die innere Höhlung in zwei seitliche Kammern zu theilen, in eine rechte und eine linke, deren jede ihr Blut aus einem eigenen Kiemenstamm empfängt. Der Rücktritt in diesen wird von zwei halbmondförmigen Klappen verhindert, deren freie Ränder in die Kammer hineinragen und während der Systole die entsprechende Oeflnung verschliessen. 5 In einer jeden dieser beiden Kammern wurzelt eine besondere Abtheilung des arteriellen Gefässsystemes 3). Aus der rechten nimmt die Aorta adscendens ?), der ansehnlichste arterielle Stamm des gan- zen Körpers, ihren Ursprung. Zwei häutige Klappen (bei Loligo und Onychoteuthis nur eine) bezeichnen im Innern ihren Anfang, während sie äusserlich beinahe nur eine Fortsetzung der Herzkammer zu sein scheint. Sie dringt nach oben in die Bauchhöhle, verläuft hier anfangs an der rechten Seite des Magens und begleitet später den Oesopha- gus. Mit ihren Aesten versorgt sie Mantel, Leber und Magen, sowie den Oesophagus, die Speicheldrüsen und den Pharynx. Dicht unter dem 1) Vergl. R. Wagner, zur vergl. Physiol. des Blutes. S. 19. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX, fig. VII. i. fig, XIV. n. In fig. XV. ist dasselbe ge- öffnet und zeigt das Septum ventrieulorum. 3) Die Verzweigungen der Arterien sind genau beschrieben und abgebildet bei Milne Edwards. c. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIV. n‘. fig. VII. k. Organe des Kreislaufs bei den Gephalopoden. 389 Schlundkopfe theilt sich der Stamm in zwei seitliche Aeste, welche nach fortgesetzter dichotomischer Spaltung endlich acht Zweige bilden, deren jeder in den Achsenkanal des nächstliegenden Armes eintritt. Ein ande- rer Aortenstamm (aorta abdominalis) I) nimmt aus der hintern Fläche der linken Herzkammer seinen Ursprung. Er ist viel unbedeutender als der erste und besitzt in seinem Anfangstheile auch nur eine einzige halbmondförmige Klappe. Nach kurzem Verlauf löst er sich in mehrere Aeste auf, welche an das Pericardium und in die Substanz des Herzens, an die Kiemen, die Geschlechtswerkzeuge 2) und den Darmkanal treten. Das venöse Blut aus dem Gebiete der Aorta adscendens sammelt sich vorzugsweise in einer grossen Vena cephalica. Dieses Gefäss wurzelt in den oberflächlichen Armvenen (ein jeder Arm besitzt deren zwei), die sich paarweise vereinigen und im vordern Theile des Ko- pfes durch zahlreiche und ansehnliche Anastomosen einen förmlichen Gefässkranz bilden. Im fernern Verlauf liegt der erwähnte Hauptstamm in der Medianlinie des Körpers, wo er die Venen des Trichters und der Leber, welche kein eigenes Pfortadersystem besitzt, aufnimmt. An- dere venöse Gefässe empfangen das Blut aus den tiefern Muskelschich- ten der Arme, aus den Lippen, den Augen und einem grossen Theil der Eingeweide und führen es in die weite Bauchhöhle (lacuna epiga- strica) >), in welche sie mit weiten Oeflnungen einmünden. Hier werden die Eingeweide, der Schlundring, die Hauptvenenstämme und die Aorta adscendens frei vom Blut umspühlt. Ausführungsgänge dieses grossen Si- nus sind zwei Venae abdominales, die nach der Aufnahme der Venae geni- tales sich mit der Vena cephalica zu einem weiten Stamme, der Hohl- vene 3), vereinigen. Nach kurzem Verlauf spaltet sich letztere in zwei seitliche Kiemenarterien ), deren jede etwa in der Mitte ihres Ver- laufes von einem ansehnlichen, oblongen Kiemenherzen 6) umlagert ist, das an der Basis der Kiemen liegt 7) und auch die Mantelvenen aufnimmt. Es hat eine blaue, rothe oder gelbliche Farbe und besitzt bei den Decapoden (mit nur seltenen Ausnahmen 8), wie es scheint) an seiner untern Seite noch einen besondern gestielten Anhang’®), 1) Ic. zoolom. Tab. XXIX. fig. V.I. — 2) Ibid. m. 3) Schon Delle Chiaje kannte diesen venösen Blutbehälter, wusste aber picht, dass er die Bauchhöhle sei. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XIV. p. fig- VII. a. 5) Mit Unrecht tragen diese beiden Gefässe bis zu ihren Einteitt in die Kimen- herzen den Namen der seitlichen Hohlvenen. Als solche sind sie auch Ie. zootom. Tab. XXIX. fig. VII. b. b. bezeichnet. 6) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. VI. c. c. fig. XIV. o. o. 7) Bei Loligopsis würden nach Rathke diese Kiemenherzen fehlen. Grant indessen hat sie hier aufgefunden. 8) Treviranus, Beobachtungen aus der Zootomie,. Heft I. $. 37. 9) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. VII d. d. 390 Organe des Kreislaufs bei den CGephalopoden. welcher ebenfalls eine innere Höhle umschliesst, die mit der des ei- gentlichen Herzens communieirt. Am bedeutendsten ist der Anhang bei Sepia, sonst aber in der Regel (Loligo, Sepiola) nur sehr klein und von rundlicher Form. Am Eintritt der Kiemenarterien in diese Her- zen, so wie am Austritt derselben, liegen zur Verhütung der Regurgi- tation zwei Semilunarklappen !). Eigenthümlich ist die Structur der Kiemenherzen. Ihre Wandun- gen‘sind dick, aber, wie ein Schwamm, von einer Menge anastomo- sirender Kanäle durchbrochen, die nirgends von einer besondern Ge- fässhaut ausgekleidet zu sein scheinen. Auch der Hauptkanal in der Achse des Herzens entbehrt einer innern Membran. Ueberdies lassen sich nirgends in den Wandungen der Herzen eigentliche Muskelfasern entdecken. Dafür findet man eine Menge dicht an einander liegender Zellen von unregelmässiger Gestalt 2), die, statt eines Kernes, im In- nern ein Fetttröpfchen besitzen. Bei Octopus u. a., wo das Herz sich durch seine bläuliche Färbung auszeichnet, rührt solche nur von ei- nem entsprechenden Aussehen der Tröpfchen her. Bei Sepiola, wo das Herz gelblich ist, sind sie farblos. Die Kiemenarterie 3), welche aus dem äussern Ende der Kie- menherzen hervortritt, verläuft, dem grossen Kiemenmuskel anliegend, bis zu dessen Spitze und stehet durch zahlreiche, den Kiemenbögen ent- sprechende Zweige mit der Kiemenvene #) in Verbindung, die am enlgegengesetzten freien Rande herabsteigt. Diese senkt sich jederseits mit einer distincten Oeffnung (ostium auriculo - ventriculare) in das Aortenherz, nachdem sie vorher in eine (besonders bei Sepia und Lo- ligopsis) nicht unbeträchtliche Erweiterung 5) angeschwollen ist, welche man vielleicht nicht mit Unrecht dem Herzohr der übrigen Mollusken parallelisirt. Die Differenzen, die von dieser Anordnung des Gefässsystemes bei Nautilus 6) sich vorfinden, beschränken sich grösstentheils auf das Fehlen der Kiemenherzen und darauf, dass, in Uebereinstimmung mit der Zahl der Respirationsorgane, vier Kiemenarterien und eben so viele Kiemenvenen sich vorfinden. Von den beiden Aorten ist die untere, 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XVI. b. 2) Nach dieser Structur ist es etwas unwahrscheinlich, dass die Kiemenher- zen durch eine selbstständige Contraction Motoren des respiratorischen Kreislaufes sind. Man würde sie danach fast eher den Blutdrüsen der höhern Thiere vergleichen können und vermulthen, dass in ihnen die allgemeine Ernährungsflüssigkeit irgend- wie eine Veränderung erleide. Jedenfalls müssen Untersuchungen an lebenden Ce- phalopoden hierüber einen sichern Aufschluss geben. 3), ‚lc.»z00tom. Bab. XXX ne. VIE ee. 4). Ibid. 8.2. fig. XIV. tt, — 5) Ibid. fie. VII. h.h. 6) Auch bei diesem Thier war schon früher, durch Owen, der Zusammen- hang der venösen Blutbahn mit der Bauchhöhle bekannt. Organe des Kreislaufs bei den Gephalopoden. >91 welche übrigens der Aorta adscendens der übrigen Gephalopoden ent- spricht, die ansehnlichere und an ihrem Anfang mit einem musculö- sen Bulbus versehen. Auffallend ist es, dass an den Kiemenarterien (oder, wie ınan sie gewöhnlich nennt, an den seitlichen Hohlvenen) überall noch beson- dere, lappenförmige oder schwammige Anhänge, die sog. Venen- anhänge !), entwickelt sind. Sie erscheinen als kurze, blindgeen- digte, mehr oder weniger wiederum verzweigte, dickwandige Fol- likel, die in die Venenstämme einmünden. Bald überziehen sie die Gefässstämme in einer mehr gleichmässigen Schicht (Sepia, Sepioteu- this, Loligo), bald bilden sie aber auch auf ihnen eine Menge einzelner, grösserer oder kleinerer Haufen (Nautilus, Argonauta, Octopus, Loli- gopsis u. a.). Bei Sepia sind auch die in die Kiemenherzen einmün- denden Venae palliales mit solchen Anhängen bedeckt. Für die etwaige Deutung dieser bis jetzt immer noch räthselhaften 2) Organe scheint es nicht ohne Interesse, dass sie mit ihren Venenstämmen jederseits in einer besondern weiten Höhle des Eingeweidesackes eingeschlossen sind, die dessen untern Ventraltheil einnehmen und in der Medianlinie vor den- keimbereitenden Geschlechtsorganen auf einander stossen. Bei Octopus bleiben sie durch ein dünnes Septum intermedium getrennt, während sie bei Sepia unter sich zusammenhängen. Diese beiden Höh- len (Hohlvenen-, oder besser Kiemenarteriensäcke, auch grosse Sei- tenzellen genannt, grandes cavites veineuses Cuv. pericardium Ow.) sind übrigens nicht geschlossene Säcke, wie z. B. die Bauchhöhle, sondern communiciren mit der Kiemenhöhle durch einen dünnen Ka- nal, der zwischen Kiemen und Mastdarm jederseits mit einer papil- lenförmig vorspringenden Oeflnung mündet 3) und den Eintritt von Wasser gestattet. 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. VIL b.b. fig. XIV. q.q. fig. XVL ee. 2) Cuvier hielt dieselben für accessorische Respirationsorgane, weil er beob- achtet hatte, dass sie, wie die Kiemen, vom Seewasser, welches durch die äussern Oeflnungen in ihre Säcke eindrang, umspühlt werden. — Nach Andern soll in ihnen ein Secret abgesondert werden, das dem Venenblut sich beimischt, während end- lich noch Andere in ihnen Excretionsorgane erblicken, durch deren Hülfe die Aus- wurlsstolle aus dem Körper entfernt würden. Sehr unwahrscheinlich ist eine An- sicht von Owen, wonach die Venenanhänge vorzugsweise temporäre Blutbehälter seien. 3) Nach Krohn (I. c.) stehen die Seitenzellen bei Sepia mit den zellenartigen Umhüllungen der Kiemenherzen und selbst des Magens in Zusammenhang. Bei den Octopoden sind auch noch die Geschlechtsorgane in den Bereich dieses Systemes gezogen, indem aus den Zellen der Kiemenherzen zwei Wasserkanäle entsprin- sen, die, den Eileitern anliegend, in die innere Höhle des Ovarium und des Ho- den münden, 392 Athmungswerkzeuge der Cepbalopodagei. Athmungswerkzeuge der Cephalopoden. Die Cephalopoden athmen durch Kiemen !), durch paarige Organe von ansehnlicher Grösse, die in der sog. Kiemenhöhle gelegen sind, in dem weiten Raume, welcher, jederseits der Ventralfläche zuge- wandt, zwischen Eingeweidesack und Mantel sich vorfindet. Auf dem Rücken und meistens auch in der Medianlinie des Bauches sind Mantel und Eingeweidesack mit einander verbunden. Wo die letztere Ver- bindung nur sehr rudimentär und fast gänzlich geschwunden ist (Sepia), communieiren beide Kiemenhöhlen wenigstens in ihrem obern Abschnitt. In diesem Falle fliessen auch die weiten Kiemenspalten zusam- men, welche jederseits zwischen dem vordern Mantelrande, und dem Halse vorkommen, und durch welche das Wasser in die von einer be- sondern zellgewebigen Membran ausgekleideten Kiemenhöhlen hineintritt. Soll durch die Contraction des Mantels dieses Wasser wiederum aus- gestossen werden, so fängt sich dasselbe in den Taschen des Trich- teranhanges, die dann sich aufblähen und die Kiemenspalten ver- schliessen. Auf solche Weise kann es nur.noch durch den Trichter entweichen, aus dessen vorderer Oeflnung es auch in einem starken Strahl hervorströmt. Die Kiemen 2) liegen etwa in der Mitte jener Höhlen vor den beiden Kiemenherzen. Sie haben im Allgemeinen eine pyramidale oder flügelförmige Gestalt und einen sehr zierlichen Bau. Bei den Acetabuliferen trifft man ihrer nur ein einziges Paar, bei Nautilus zwei, von denen das äussere das grössere ist. Sie werden über- all von einem säulenartigen Muskelstreifen 3) getragen, der bald in seiner ganzen Länge, bald aber auch nur an seiner Basis (Sepiola, Nautilus) durch eine Duplicatur (mesobranchium) der häutigen Aus- kleidung der Kiemenhöhle angeheftet ist. Die Spitze der Kiemen sieht nach vorn und oben gegen den Trichter, ihre Basis convergirt nach hinten. In dem feinern Bau zeigen übrigens die Kiemen manchfache Ver- schiedenheiten. Bei den Loligineen, z. B. bei Sepia, erheben sich aus der musceulösen Kiemensäule zwei Reihen senkrechter, fester Stäbchen von deutlich knorpliger Textur (Kiemenstrahlen), die mit ihren zugespitzten inden divergiren und nach der Spitze der Kiemen hin allmälig an Grösse abnehmen. An ihnen befestigen sich die einzelnen Kiemenblät- 1) Als supplementäre Absonderungsorgane mögen immerhin auch die grossen, zwischen den Eingeweiden sich verbreitenden, wasserführenden Höhlen (vergleichbar den Luftsäcken der Vögel) betrachtet werden können. Vergl. Krohn I. c. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. III. d.d. fig. VIL f.f. fig. XIV. r.r. — 3) Ibid. fig. XIV. s.s. — Mayer (l. c. S. 56.) glaubt in ihnen die Milz der Cephalo- poden gefunden zu haben (?). Besondere Absonderungsorgane der Cephalopoden. 393 ter, die dünnhäutige Falten !) von dreieckiger, langgezogener Form sind. welche einander parallel laufen und an den innern Rändern unter sich verschmelzen. Nahe dem äussern freien Rande erheben sich auf der obern und untern Fläche der Kiemenblätter wiederum sehr zahlreiche quere Falten oder Lamellen, die dann ihrerseits nochmals mit einer Reihe kleinerer, querer Fältchen versehen sind. Aeussere Flimmercilien 2), die sonst gewöhnlich an den Kiemen vorkommen, scheinen zu fehlen. Ganz ähnlich ist die Anordnung bei den übrigen verwandten Ce- phalopoden, nur nehmen allmälig (z. B. Sepiola) die knorpligen Kie- menstrahlen an Grösse und Entwicklung ab. Dabei vereinigen sich auch häufig die einzelnen Kiemenblätter nicht in der ganzen Ausdeh- nung ihrer inneren Ränder. In der Nähe der musculösen Kiemensäule besonders bleiben sie getrennt (z. B. bei Loligo, Loligopsis u. a.) und so entsteht dann hier ein förmlicher Kanal, der die ganze Länge der Kiemen durchsetzt und jederseits zwischen den einzelnen Blättern mit einer Spalte nach aussen führt. Am ausgebildetsten ist diese Anord- nung bei den Octopoden, wo übrigens die knorpligen Kiemenstrah- len gänzlich geschwunden sind. Der centrale Kiemenkanal ist au- sserordentlich weit. Die Kiemenblätter sind zu blossen Bögen ge- worden, denen dicht gedrängte, lamellöse Hautfalten aufsitzen. Die Kiemenbögen beider Seiten stehen alternirend, eine Anordnung, die auch bei den Loligineen vorkommt, aber hier minder deutlich ist. Die Zahl der Kiemenbögen oder Blätter, von der die Höhe der Kiemen abhängt, ist manchen Differenzen unterworfen. Bei Octopus beträgt dieselbe 9— 12 jederseits, bei Argonauta 15, bei Loligopsis 24, bei Sepia 36— 40, bei: Nautilus 36 — 48, bei Loligo sogar 66 — SO. Besondere Absonderungsorgane der Cephalopoden. Das bekannteste Absonderungsorgan der Gephalopoden ist der sog. Tintenbeutel. Vielleicht mit Ausnahme von Nautilus findet er sich wahrscheinlich 3) überall. Ganz allgemein ist er ein birnförmiges, bla- senartiges Organ, das aus mehreren Häuten bestehet, von denen die innerste mit zahlreichen Gruben und Zotten versehen ist und die Tinte, eine tief schwarze, getrocknet zu Pulver zerreibliche, kohlenstoflreiche 1) Es sind dies blosse Duplicaturen einer an der Kiemensäule, wie an einer Segelstange, befestigten, freien Falte der innern Auskleidung der Athmungshöhle, wie denn überhaupt die ganze Kieme bloss aus deren letzten, mit Gefässen durchzo- genen, zarten; lamellösen Ausstülpungen bestehet. x 2) Solche Gebilde sind überhaupt bei völlig entwickelten Cephalopoden bis jetzt nur erst an einigen sehr wenigen Stellen aufgefunden, doch sicherlich weiter verbreitet, als es bekannt ist. 3) Rathke vermisste den Tintenbeutel (l. c. S. 13.) auch bei Loligopsis, wo er aber nur übersehen zu sein scheint. 394 Besondere Absonderungsorgane der Gephalopoden. Masse, absondert. Sie dient den Gephalopoden vorzugsweise, wie es scheint, als Schutzmittel, indem sie durch ihre Hülfe sich den Verfol- gungen ihrer Feinde entziehen. Das ganze Organ erinnert einigermaassen an die Analdrüsen !) anderer Thiere. Bei Octopus und Eledone liegt der Tintenbeutel 2) in der mittleren Furche der Leber an der Bauchseite, zum Theil m deren Parenchym hineingesenkt, doch ohne damit in einem or- ganischen Zusammenhang 3) zu stehen. Der lange Ausführungsgang 4) öffnet sich unmittelbar hinter dem After. Bei Argonauta, Loligo, Se- piola, Rossia u. a. liegt der Tintenbeutel hinter dem Darm vor der Leber, doch davon getrennt. In andern Fällen ist er noch weiter von ihr entfernt, wie bei Sepia, wo er tief unten im Mantel verborgen ist und mit ei- nem langen Ausführungsgang in den Mastdarm sich öffnet. Sehr ei- genthümliche Verhältnisse 5) finden sich am Tintenbeutel bei Sepiola, der zu gewissen Zeiten, nicht immer, zwei lappenförmige, seitliche Theile besitzt, die demselben eine quadratische 6) Form geben und durch lebhafte, schnell sich wiederholende Pulsationen ihren Inhalt, die Tinte, in den mittlern Beutel treiben. Zur Secretion dieses Stoffes viel- leicht dient eine drüsige Masse, die, von einer harten, geschlossenen Hülle überzogen, im Innern der seitlichen Lappen sich vorfindet und denselben adhärirt. Auch andere Absonderungsorgane kommen bei den Gephalopoden, wenngleich nur spärlich, vor. So finden sich eigene Drüschen zur Absonderung der kalkreichen Schale, bei Nautilus in der Substanz des Mantels, bei Sepia ?) aber gruppenweise in der Schalenkapsel ®). Ue- berdies hat man °) bei Loligopsis noch besondere Hautdrüsen gefun- den, platte, ovale Körper von mässiger Grösse, die im Mantel zer- streut sind und sich nach aussen öffnen. 1) Manche Zootomen, wie Blainville und Jacobson betrachteten den Tin- tenbeutel als Harnwerkzeug 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XX. h. 3) Monro wurde durch diese Lage zu der Annahme verführt, dass der Tin- tenbeutel die Gallenblase und sein Inhalt Galle sei. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XX. i. ) So nach den Beobachtungen von Peters in Müller’s Archiv 1842. S. 329. 6) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. VI. h. \SsZBramdtlee S7301- 8) Auch bei Argonauta will Mayer (l. c. S. 61.) im Mantel solche Kalkdrüsen wahrgenommen haben, die nach der Richtung der Schalenrippen liegen sollten. Da übrigens nach neuern Untersuchungen nicht der Mantel, sondern die Segel die Schale absondern, so bedarf diese Angabe noch einer Bestätigung. Uebrigens sol- len auch die Segel dieser Drüsen nicht entbehren. IE Rathkenliicıs79: Harnwerkzeuge der Cephalopoden. 395 Harnwerkzeuge der Cephalopoden. Mit Sicherheit kann man als solche bei den Cephalopoden bis jetzt noch kein bestimmtes Organ deuten. Auch die Ansicht, dass die schwammigen Venenanhänge als Nieren functioniren, bedarf erst des chemischen Nachweises. Im Fall sie sich bestätigen sollte, würde man die birnförmige Höhle, in welche dieselben hineingestülpt sind, viel- leicht nicht ganz unpassend als Harnblase und deren Ausführungska- nal als Urethra bezeichnen !) können. Geschlechtsorgane der Cephalopoden 2). Die Gephalopoden sind durchgängig getrennten Geschlechts ; es finden sich aber, wie in den meisten Klassen unterhalb der Säuge- thiere, (besonders bei Argonauta) weit mehr Weibchen als Männchen. Nicht selten übrigens macht sich die Verschiedenheit des Geschlechtes schon in der Grösse und Form der Rückenschale (z. B. bei Loligo) be- merklich. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen überall aus ei- nem unpaaren Eierstock und einem einfachen oder auch paarigen Oviduct, dem in der Regel noch ein besonderer, drüsiger Apparat sich beifügt. Der Eierstock 3) ist ein rundliches, hohles Organ %), das in der Me- dianlinie hinter den beiden grossen Seitenzellen, tief unten im Einge- weidesacke liegt. Er bestehet (Eledone) aus zwei Häuten, von denen die äussere mit einem Netzwerk von Muskelfasern umsponnen wird, während die innere eine Schleimhaut ist und ausser der Brunstzeit, wo das Ovarium eine geringere Grösse hat, sich in zahlreiche Falten legt. Zwischen beiden, vorzugsweise an der äussern Wand, liegt das Stroma der Eier, die, von traubenförmigen, verästelten Blindschläuchen 5) umschlo- ssen, tief in die Höhle des Ovariums hineinragen. Sie sind rundliche oder auch ovale Gebilde 6) mit den gewöhnlichen characteristischen Elementen des Eies. Wenn sie ihre völlige ?) Reife erlangt haben, so fallen sie in die Eierstockshöhle und werden von da durch die ÖOviducte nach aussen geführt. 1) So nach Mayer I. c. S. 54. 2) Vergl. ausser den Specialuntersuchungen von Cuvier, Delle Chiaje u.A. vorzugsweise Owen in der Cyclop. und auch Blainville in dem Dict. des scienc. nat. I. c. — 3) Vergl. Krohn in Müller’s Archiv. 1839. S. 356. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XX.l. — 5) Ibid.k. — 6) Ibid. fig. XXI. 7) Während des Wachsthums zeigen die Eier der Cephalopoden, wie Kölli- ker (l. c. S. 2.) fand, eine eigenthümliche Klüftung. die an das oben ($. 108.) er- wähnte analoge Phänomen bei Lepidoptern, das aber auch bei andern Insekten vor- kommt, erinnert. 396 Geschlechtsorgane der Cephalopoden. Bei den Octopoden finden sich ganz allgemein zwei seitliche Eilei- ter I). Sie öffnen sich mit trichterförmig erweiterten Mündungen in die Eierstockshöhle an deren oberer Wand und verlaufen von da, in der Regel ziemlich gerade, innerhalb des Eingeweidesacks nach oben, bis sie als ein Paar papillenförmiger Hervorragungen vor den Ausführungs- gängen der grossen Venensäcke nach aussen führen. In der Mitte ih- res Verlaufes zeigen sie, wie die entsprechenden, sehr ähnlichen Ge- bilde der Plagiostomen 2), eine rundliche Anschwellung 3) von drüsiger Natur. Bei Argonauta 4) wird diese Drüse durch die sehr beträchtliche Länge der vielfach gewundenen Oviducte ersetzt. Die Eileiter bestehen aus zwei Häuten, deren äussere unzweifelhaft eine Muskelhaut ist, während die innere, längsgefaltete, eine Fortsetzung der innern Eier- stockshaut zu sein scheint. Die übrigen Gephalopoden, Nautilus und die Loligineen, zeigen eine andere Anordnung der Oviducte. Mit Ausnahme von Loligo sa- gittata sind sie überall 5) nur einfache Kanäle, die nicht in der Mitte, sondern am Ende ihres Verlaufes mit einer Drüsenmasse sich versehen. Ueberdiess sollen sie, wie die einfachen Oviducte der Vögel und vie- ler Reptilien, von dem Ovarium getrennt sein. Nach ziemlich gera- dem, nur bei Loligo vulgaris etwas gewundenem Verlauf, mün- den 6) sie an der linken Seite zwischen der Kieme und dem Ausfüh- rungsgange der entsprechenden Venenzelle.. Bei Sepiola erweitert sich der Oviduct dabei zu einem ansehnlichen, kurzen Sack mit di-. ckern, quergerunzelten Wandungen. Bei den andern Loligineen und bei Nautilus entwickelt sich dieser Apparat zu einer förmlichen Ter- minaldrüse, in welche der Oviduct einmündet. An der innern Fläche zeigt diese zahlreiche, parallele Blätter, welche im obern Theil der Drüse bei Sepia in zwei Längsreihen gruppirt sind, die am untern Ende bogenförmig in einander übergehen und hier von einem zweiten Bo- gen ähnlicher, nur grösserer Blätter umfasst werden. 1) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XX. m. m. 2) S. Th. I. S. 289. 3) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XX. n.n. 4) Vergl. van Beneden |. c. S. 20. u. Tab. V. fig. 2. 5) Nach Grant (On the anatomy of the Sepiola in den Transact. of the zoo-' log. Soc. l. c. p. 84.) ist der Eileiter bei Sepiola doppelt. Aus der Beschreibung und Abbildung, welche auch in die Ic. zootom. (Tab. XXIX. fig. IV. bei b. der Eier- stock, bei c.c. die sog. Oviducte, welche bei d.d. in die Kiemenhöhle sich öffnen sollen) aufgenommen ist, geht aber hervor, dass er die beiden Nidamentaldrüsen für Oviducte gehalten hat. Vergl. bes. Peters in Müller’s Archiv I. c. 6) Sehr unwahrscheinlich ist die Angabe von Rathke (I. c. S. 14.), dass bei Loligopsis sich der einfache Oviduct am hintern Körperende durch die Mantelhülle nach aussen öffne, während doch die Nidamentaldrüsen ihre gewöhnliche Lage besitzen sollen. | j Geschlechtsorgane der Gephalopoden. 397 Ausser den eben betrachteten Organen gehören zu dem weibli- chen Apparate der Loligineen noch einige andere, drüsige Gebilde von sehr ansehnlicher Entwicklung, die sog. Nidamentaldrüsen !), die übrigens auch bei Nautilus sich finden. Sie bestehen in zwei grossen, platten Massen, gewöhnlich von ovaler Form, welche ganz oberflächlich an der Ventralseite des Eingeweidesackes in einer besondern Höhle desselben gelegen sind. Ihre vordern Enden convergiren und sind bei Nautilus sogar in der Mittellinie verschmolzen. Eine jede dieser Mas- sen bestehet,: ähnlich der Terminaldrüse, aus einer Menge querer Blätter, die in zwei säulenförmigen Reihen neben einander liegen. Am untern Ende der Drüse gehen beide Säulen in einander über. Aeu- sserlich werden sie durch einen zarten, aber dicht anliegenden, zell- gewebigen Ueberzug verbunden. Zwischen den beiden Säulen bleibt eine centrale, kanalförmige Höhle, die am vordern Ende der Drüse durch eine grosse rundliche Oeffnung in die Kiemenhöhle mündet. In den einzelnen Blättern scheinen Blinddärmchen zu verlaufen, welche in den centralen Kanal sich öffnen. Vor diesen beiden Organen und zum Theil von ihnen bedeckt, liegt, ebenfalls in einer besondern Höhle des Eingeweidesackes, noch ein anderer drüsiger Körper, der sich durch seine rothe Farbe und durch seine Zusammensetzung aus zahlreichen verschlungenen Blind- därmchen 2) vor den eigentlichen Nidamentaldrüsen auszeichnet. Auch diese Masse ist doppelt (Loligo, Rossia) und jederseits vor jenen Drüsen gelegen. Bei Sepia, noch mehr aber bei Sepiola, verschmelzen indes- sen beide seitlichen Theile. An dem vordern Rande scheinen zwei kleine Oeffnungen zu sein, durch welche die Drüsenkanäle riach aussen führen. Einstweilen kann man diese Organe als accessorische Ni- damentaldrüsen 3) bezeichnen. Die männlichen Geschlechtsorgane zeigen in ihrem Bau manche Aehnlichkeit mit den weiblichen. Auch der Hoden ist ein un- paares, rundliches oder ovales, häufig etwas abgeplattetes Organ im Grunde des Mantels und, wie das Ovarium, von einer äussern, sack- formigen Kapsel ®2) gebildet, deren innerer Fläche ein ansehnlicher Büschel 5) dünner Fäden anhängt. Bei Sepiola 6) u. a. besitzen diese “eine röthliche Farbe. Sie sind lange, blind geendigte, auch wohl gespaltene und zuweilen keulenförmig angeschwollene Schläuche, wel- 1) Brandt betrachtete sie bei Sepia fälschlich als die Terminaldrüsen eines doppelten Oviductes. 2) Nach Owen soll auch hier eine centrale Höhle sich vorfinden. 3) Gegen die Ansicht von Owen, wonach dieselben Analoga der Nebennieren sein sollten, spricht vorzugsweise der Umstand, dass sie bloss bei weiblichen Thie- ren vorkommen. 4) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXI. b. — 5) Ibid. a — 6) Ibid. Boa. bh. 398 Geschlechtsorgane der Gephalopoden. che in ihrem Innern den Saamen bereiten und ihn in die Höhle der Hodenkapsel ergiessen, von wo er in den Samenleiter!) tritt. Dieser ist überall ein unpaarer und anfängs sehr zarter Kanal, der sich mehrfach windet. Nach längerem oder kürzerem Verlauf führt er in einen weiten, ebenfalls gewundenen Cylinder, in die sog. Sa- menblase (vesicula seminalis) ?), deren drüsige Wandungen vorzugs- weise aus einer anscehnlichen Schicht eylindrischer Zellen bestehen und mit einem Flimmerepithelium (Sepiola) ausgekleidet sind. Zahlreiche lamellöse und balkenförmige Erhebungen finden sich im Innern. Bei Sepiola ist der Anfangstheil dieser Samenblase zu einer runden, lap- pigen Masse 3) entwickelt, um welche sich der hintere, immer noch weite, eylindrische Theil hufeisenförmig herumschlägt. Aus dem vor- dern Ende der Samenblase tritt endlich das Vas deferens, wieder- um verdünnt, hervor 4) und mündet in eine musculöse Ruthe 5). Bei Octopus ist diese lang, dünn und peitschenförmig, bei Sepiola birnför- mig, bei Sepiola sehr klein und papillenförmig. Sie liegt an der linken Seite des Eingeweidesackes, an derselben Stelle, wo beim Weibchen die Mündung des Oviductes sich vorfindet. Nicht immer übrigens wird sie vom Samengang durchbohrt; bei Onychoteuthis ist sie nur mit einer tiefen Längsfurche versehen, in welche sich derselbe öffnet. Ganz allgemein bei den Cephalopoden ist das Vas deferens in seinem vordern Theile noch mit zwei beutel- oder schlauchförmigen Anhän- gen versehen. Der untere derselben ®), offenbar ein Absonderungsor- gan, das man wohl der Prostata oder den Cowperschen Drüsen ver- glichen hat, ist bei Sepiola eine gestielte Blase, bei Sepia, Octopus u. s. w. aber ein darmförmiger Sack mit zahlreichen, kohlblattartig gekräuselten Querfalten auf der zelligen Auskleidung. Der obere ?) ist ein ähnlicher, weiter Sack, nur kürzer und von birnförmiger Gestalt. Er dient zur Aufbewahrung der von besondern Schläuchen, den sog. Sper- matophoren, umschlossenen Samenfäden. Bei Octopus mündet er mit verengtem Halse eine Strecke vor der Wurzel des Penis. Bei Sepia, Sepiola und vielleicht noch andern Loligineen findet sich aber insofern eine Abweichung, als nicht mehr die Spermatophorentasche in das Vas 1) Peters (l. c.) betrachtet mit Unrecht diesen vordern Theil der Samen- blase als Hoden, den hintern als Nebenhoden. Den wirklichen Hoden dagegen hält er für eine accessorische Fettdrüse. Schon Grant übrigens hat Hoden und Sa- menblase richtig erkannt, wenn auch seine Abbildung von diesem Theile eben nicht genau ist. Vergl. R. Leuckart, über die männlichen Geschlechtsorgane von Sepiola vulgaris in Wiegmann’s Archiv I. 1846. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXL. c. — 3) Ibid.d. — 4) Ihid. g. 5) Ibid.h. 6) Ueber die männlichen Geschlechtsorgane von Sepia vergl. man Milne Ed- wards in den Ann. des scienc. nat. 1842. T. XVII. p. 344. u. Tab. XV. 7) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig, XXL. e. — 8) Ibid. f. Geschlechtsorgane der Gephalopoden. 399 deferens mündet, sondern dieses nach einer schlingenförmigen Windung sich in den untern Theil der Tasche öffnet. So scheint denn solche bei- nah® nur der vordere, sackförmig erweiterte Theil des Vas deferens, der sich nach oben unmittelbar in den musculösen Penis fortsetzt. Bei Sepia windet sich im Innern des Spermatophorensackes an den Wän- den eine musculöse Spiralklappe. Besondere accessorische Drüsen des männlichen Geschlechtsappa- rates finden sich unter den Loligineen nirgends. Bei Octopus dagegen hat man !) einen ansehnlichen, dünnhäutigen Beutel aufgefunden, der mit kurzem Ausführungsgang neben der Ruthe sich öffnet und mit härt- lichen Conerementen gefüllt ist, welche für die drüsige Natur dessel- ben zu sprechen scheinen. Die Spermatozoen 2) der Gephalopoden besitzen einen eylindri- schen Körper und einen sehr langen und dünnen, fadenförmigen An-- hang. Auf dem Wege durch das Vas deferens, besonders beim Durch- tritt durch den erweiterten Theil desselben, die sog. Samenblase , wer- den sie allmälig von den Spermatophoren 3) umschlossen, von je- nen wurmartigen Schläuchen, die vorzugsweise durch die Bewegun- gen, deren sie fähig sind, schon seit langer Zeit (als sog. Needham- sche Körperchen) die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich ge- zogen haben. Sie sind in der ganzen Klasse der CGephalopoden ver- breitet und erreichen in ihrer Organisation eine so grosse Vollkommen- heit als nirgends anders. Im ausgebildeten Zustande lassen alle Spermatophoren trotz der beträchtlichen Verschiedenheiten, die sie in den einzelnen Arten der Cephalopoden ?) darbieten, vorzugsweise zwei hinter einander gelegene Abtheilungen erkennen, von denen die hintere, welche durch ihre Weite und Schlauchform sich auszeichnet, der eigentliche Samenbehälter ist, während die vordere, ein Gebilde von zusammengesetzter Structur, einen projectilen Apparat bildet. Beide sind von einer gemeinschaft- lichen Hülle umkleide. Werden nun die Spermatophoren entleert, so tritt alsdann endosmolisch Wasser durch die äussere Hülle in den innern, zwischen ihr und jenen Gebilden gelegenen Raum und 1) R. Wagner, Vergl. Anat. S.-273. u. Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXII. c. 2) Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXIH. 3) Ueber diese interessanten, sehr lange verkannten Gebilde vergl. man vor- zugsweise die ausgezeichnete Abhandlung von Milne Edwards (Sur les sperma- tophores des Cephalopodes) in den Ann. des sc. nat. 1842. T. XVII. p. 331 ff. und die schönen Abbildungen auf Tab. XII—XIV. — Die verschiedenen Ansichten über die Natur und Bedeutung der Spermatophoren findet man zusammengestellt bei Fr. S. Leuckart, Zoolog. Bruchstücke II. 1841. S. 93. 4) Samenschläuche von Octopus, doch, wie es scheint, nicht ganz genau, sind abgebildet in den Ic. zootom. Tab. XXIX. fig. XXIV—XXVI. (u, Annales des sc. nat. l. c. Pl. XIV. fig. 1—5.). 400 Geschlechtsorgane der Cephalopoden. ' drückt auf diese, bis der projectile Apparat nach aussen sich umstülpt und endlich auch der eigentliche Samenschlauch hervortritt. Die Ue- berbleibsel der Spermatophoren findet man nicht selten neben "den äussern Geschlechtstheilen weiblicher Individuen angeheftet I), ein Be- weis, dass die Eier schon bei ihrem Austritt befruchtet werden, be- vor sie noch mit dem eiweissartigen Secret der Nidamentaldrüsen be- deckt sind, welches sie in einer dicken Schicht überzieht und bei Lo- ligo zu einer schnurförmigen Masse 2) mit einander verklebt. 1) Solche Rudimente fand Peters (a. a. O.) bei Sepiola und Argonauta, Le- bert u. Robin (Ann. des scienc. nat. 1845. Tom. IV. p. 95.) bei Loligo. 2) Ueber die Structur derselben vergl. man Frey und Leuckart, Beiträge, Schnecken. Gasteropoda. Wazner’s Zootomie. I. 26 Ordnungen der Gasteropoden. 1. Ordnung. Kammkiemer, Cienobranchiata, mit Einschluss der Tubulibranchiaten. 2. Ordnung. Kielfüsser, Heteropoda, mit Einschluss der sog. Cir- rhibranchiaten. 3. Ordnung. Lungenschnecken, Pulmonata. 4. Ordnung. Nacktkiemer, Gymnobranchiata, mit Einschluss der Phlebenteren. . Ordnung. Seitenkiemer, Hypobranchiata. Ordnung. Deckkiemer, Pomatobranchiata. Ordnung. Flossenfüsser, Pleropoda. . Ordnung. Schildkiemer, Aspidobranchiata. . Ordnung. Kreiskiemer, Cyclobranchiata. ep. Literatur. Hauptwerk über den Bau der Schnecken: Cuvier, M&moires pour servir A l'histoire et A ’anatomie des Mollusques. — Eine gedrängte Uebersicht des Baues enthält der Artikel Gasteropoda von Rymer Jones in Todd’s Cyclop. of Anat. and Physiol. I. — Als einleitende Schrift für das Studium der Naturgeschichte der Mollusken überhaupt, besonders der Schnecken, zu empfehlen ist de Blainville, Manuel de Malacologie et de Conchyliologie. Paris 1839. Mit Atlas. — Zur Kennt- niss der Land- und Süsswasserschnecken vorzüglich wichtig ist d’Audebart de Ferussac, hist. nat. gener. et particul. des Mollusques terr. et fluv. Contin. par Deshayes. Paris fol. — Für die europäischen Arten: Rossmässler, Icono- graphie der Land- und Süsswassermollusken. Leipzig. Seit 18355. Aeussere Bedeckungen und hörperform der @asteropoden. I. der Klasse der Gasteropoden bestehen die äussern Bedeckun- gen ganz allgemein !) in einer schlüpfrigen Oberhaut, deren zelli- ge Elemente, besonders in den tiefern Schichten, häufig ein gestreck- ‚tes, cylinderförmiges Ansehen haben, und einem Gorium, welches aus einer Menge sich kreuzender, dicht verwebter Fasern zusammen- gesetzt ist. Zwischen beiden trifft man in der Regel noch auf Ablage- rungen besonderer Pigmente, die meistens, ‘wie es scheint, als feine Molecularkörnchen in besondern Zellen eingeschlossen sind und eine sehr verschiedene, in den tropischen Arten nicht selten ausserordent- lich prächtige und lebhafte Färbung zeigen. Eigentliche epidermatische Anhänge, wie sie als Haare, Bor- sten, Schuppen u. s. w. bei andern Thieren wohl vorkommen, fehlen den Gasteropoden. Die Oberhaut ist immer glatt, oder trägt höch- stens, wie bei den Phlebenteren und einigen kleinern Nudibranchiaten (Polycera, Moeliboea), ein Flimmerepithelium. Auch Nesselorgane 2) finden sich bei Gasteropoden, wenngleich nur selten und nicht, wie bei den Planarien u. a., gleichmässig über die ganze Oberfläche des Körpers verbreitet. Sie liegen, haufenweise von besondern, birnförmigen Kapseln umschlossen, bei manchen Phle- benteren (wie bei Eolidia und Tergipes) in der Spitze der schuppen- föormig den Rücken bedeckenden Kiemen. Durch die Contraction der Anhänge gelangen sie aus einer obern, rundlichen Oeffnung nach :aussen. Ihr Bau ist ganz derselbe, wie bei Leptoplana, Stylochus u.a. Sie sind ebenfalls oblonge, glashelle Zellen mit einem sehr langen, fadenförmi- gen Anhang, der im unverletzten Zustande im Innern der Zelle gelegen ist. 1) Nur’Sagitta, ein sehr merkwürdiges Thier, dessen Stelle im Systeme noch nicht völlig entschieden ist, zeichnet sich nach Krohn (Anatom.-physiol. Beobach- tungen über Sagitta bipunctata. 1344. S. 5.) vor den übrigen Mollusken dadurch aus, dass sie eine sehr dicke, homogene Epidermis besitzt, die durch eine eigen- thümliche Zeichnung und .das Fehlen des Coriums sich den äussern Bedeckungen mancher Würmer nähert. 2) Vergl. Quatrefages Gompt. rend. T.XIX. p.806., so wie Frey u. Leu- ckart, Beiträge (Anat. von Eolidia). 26* 404 Aeussere Bedeekungen und Körperform der Gasteropoden. Sehr ausgezeichnet sind die Gasteropoden, wie überhaupt alle Mol- lusken, durch einen grossen Reichthum von Kalksalzen, vorzüglich von kohlensaurem und auch phosphorsaurem Kalke, welcher in den äussern Bedeckungen abgelagert ist. Nicht selten erscheint derselbe hier in der Gestalt kleiner, stabförmiger Körperchen (Polycera, Tergi- pes u.a.) oder auch ansehnlicher, an den Enden gleichmässig verdünn- ter Nadeln (Doris, Bulla), die bei Doris pilosa durch eine sehr zierliche und regelmässige Gruppirung sich auszeichnen. In den warzenförmigen Höckern des Mantels bei Pleurobranchus haben die Goncremente eine sternförmige Gestalt. Der vorzüglichste Ablagerungspunkt für die Kalksalze ist die Schale, mıt der alle Gasteropoden bis auf wenige Ausnahmen (ausser den sog. Nu- dibranchiaten noch z.B. Clio, Sagitta) versehen sind. In der Mehrzahl der Fälle ist diese eine äussere, seltener eine innere; ein Verhältniss, welches übrigens oft bei sonst ganz nahe verwandten Arten (z. B. Helix und Limax) wechselt. Die äussere Schale ist meistens von einer so beträchtlichen Grösse, dass sie den ganzen Körper des Thieres in sich aufnehmen kann. Die Grundsubstanz !) der Schale ist allgemein ein amorphes, durch- scheinendes Albuminat, das in der Regel zu einer hornigen, lamellösen Masse erhärtet und nur in seltenen Fällen mehr gallertartig (Cymbulia) oder häutig (Eurybia) bleibt. Durch die eingelagerten Kalksalze erhält diese Masse gewöhnlich eine sehr beträchtliche Consistenz und Festigkeit. Wo dieselben in geringerer Menge vorhanden sind, wie meistens in den innern Schalen, sind sie rhomboedrische Urystalle, die einzeln auf der Oberfläche der hornigen Schalenmembran aufliegen. Wo aber in andern Fällen die Kalksalze vor dieser Grundsubstanz der Schale vorherrschen, erscheinen dieselben meistens als rhombische Prismata, die gewöhnlich mehrfache Schichten über einander bilden. Zwischen den einzelnen Schichten trifft man auf eine lamellöse Zwi- schenlage der structurlosen Schalensubstanz, die bei Halyotis, Cypraea u.s. w. zahlreiche, sehr feine und regelmässige Falten und Striche be- sitzt und dadurch den eigenthümlichen Perlmutterglanz hervorruft, der die Gehäuse dieser Mollusken auszeichnet 2). Die Bildung der Schale, vorzugsweise der hornigen Grundlage, beginnt schon im Embryonalzustande, wo auch die Nudibranchiaten ein Gehäuse besitzen, das aber späterhin verloren geht. Die Formverschiedenheiten der Schale, die für die zoologische Sy- stematik eine grosse Wichtigkeit haben, sind fast endlos. In- der Regel 1) Ueber die chemische Zusammensetzung der Schalen vergl. Hatchett, On the chemical composition of Shells, in den Philos. Transact. 1800. und Schmidt zur vergleichenden Physiologie. 1. c. S. 59. 2) Vergl. Carpenter, Sur la structur® mieroscopique des coquilles etc. (IIn- stit. 1844. No. 530.). Aeussere Bedeekungen und Körperform der Gasteropoden. 405 besteht dieses Gebilde aus einem einzigen Stücke, das bald (Zesta) einem einfachen Discus oder einem Kegel gleicht, bald aber auch (cochlea) lang- gestreckt ist und dann sich meistens spiralig !) um eine centrale Achse (co- /umella), in der Regel nach der rechten Seite, windet. Ausser diesem Gehäuse besitzen viele Schnecken, besonders Pectinibranchiaten, noch an der hintern Fläche ihres Fusses eine ebenfalls meist mit Kalksalzen imprägnirte Platte (operculum) zum Verschliessen der äussern Schalen- öffnung. Sehr eigenthümlich ist das Gehäuse von Hyalea, welches aus zwei zusammenhängenden Stücken besteht, emem dorsalen und einem ventralen, von denen das erstere offenbar der Schale der übrigen Ga- steropoden entspricht, während das untere sich vielleicht dem Deckel vergleichen lässt, der in eine feste Verbindung mit der Schale getre- ten ist. Eine andere Eigenthümlichkeit bietet die Rückenschale von Chiton dar, die auffallender Weise in mehrere schuppenförmig, fast wie Segmente, hinter einander liegende Stücke zerfallen ist. — Die Färbung der Schale, oft sehr lebhaft und brillant, richtet sich überall nach dem Pigment der unter ihr gelegenen Körpertheile. Der Körper der Gasteropoden zeigt in den meisten Fällen einen vordern, vom eigentlichen Leibe gesonderten Kopf, welcher freilich nie- mals eine so ansehnliche Entwicklung erreicht, als bei den Cephalopoden, und auch nur selten so scharf gesondert ist. Meistens geht er mehr allmälig in den Rumpf über, so dass die Grenze zwischen beiden nicht überall genau angegeben werden kann. Ja es giebt einige Gasteropo- den, besonders in der Familie der Hyaleen, denen ein Kopf wirklich fehl. Wo derselbe übrigens vorhanden ist, trägt er (mit Ausnahme von Chiton) vielleicht überall zwei oder auch vier paarige Anhänge von eylindrischer oder pfriemenförmiger Form, die sog. Fühler (/enta- cula) ?2), die meistens sich durch ihre Retractilität von andern ähnlichen Gebilden 3) unterscheiden. Bei den Pulmonaten, wo sie hohle Röhren sind, können sie sogar nach innen wie ein Handschuhfinger eingestülpt werden. Sonst sind sie solide Organe und bei den Doriden in eine Menge säulenartig über einander gelagerter Blätter zerfallen, die an einem gemeinschaftlichen Schafte befestigt sind. In der Gruppe der Aceraten sind die Fühler zu einem ansehnlichen, im Nacken liegenden Hautlappen mit einander verschmolzen, an dem man kaum noch die ursprüngliche Bedeutung erkennt. 1) Ueber die geometrisch regelmässigen Verhältnisse dieser Schale vergl. man Moseley (Ann. des scienc. nat. 1339. T. XIf. p. 317. u. 1842. T. XVIL p. 94.), so wie Naumann (Poggendorf’s Annalen der Physik. Bd. L. und in den Abhand- lungen der fürstl. Jablonowskyschen Gesellsch. 1846. S. 151 1l.). 2) Ic. zootom. Tab XXX. fig. I. b.b. fig. IL. a.a. b.b. fie. XIX. b.b. 3) Nicht selten sind von den Zoologen auch noch andere pfriemenförmige Fortsätze der äussern Bedeckungen, wenn solche zufälliger Weise am Kopfe sich ent- wickelt hatten (z. B. bei Polycera), für Fühler genommen worden. 406 Acussere Bedeckungen und Körperform der Gasteropoden. Gebilde, wie die Arme der Cephalopoden, fehlen überall, wenn man damit nicht einige kleine papillenförmige Hervorragungen (Kopfkegel) }) vergleichen will, welche bei Glio im Umkreise des Mundes stehen und von einer besondern klappenförmigen Falte 2) bedeckt werden können. Wie jene Arme, so sind auch sie mit einer beträchtlichen Anzahl von eigen- ihümlichen Haftorganen versehen, mit kleinen gestielten Saugplatten 3), die bündelweise immer von einer gemeinschaftlichen , cylindrischen Scheide umhüllt werden. Ganz analoge Haftorgane finden sich auch bei Pneumodermon zu einem Büschel jederseits am Munde vereinigt. Der Rumpf ist bei weitem der grösste Theil des Leibes. Er bildet eine schlauchartige Umhüllung der Eingeweide, meist von cylindrischer Gestalt, und ist an seiner Bauchseite (mit nur wenigen Ausnahmen) zur Bildung des sog. Fusses abgeplattet. Dabei entwickeln sich auf dem Rücken die äussern Bedeckungen mit den darunter gelegenen Mus- keln zu dem sog. Mantel, zu einem scheibenförmigen Discus, dessen Ränder gewöhnlich frei über das Thier hervorragen und von dem ei- gentlichen Körper durch eine mehr oder minder tiefe Cirkelfalte ge- trennt werden. Der Fuss) ist fast ganz allgemein das Bewegungsorgan der Ga- steropoden. Gewöhnlich ist er eine fleischige Scheibe, bald breit, rundlich oder oval, bald auch lang und schmal, ja bisweilen selbst eylindrisch und dann vorzugsweise am vordern Körperende entwickelt und hier hervorragend. Bei Tornatella fasciata ist er in zwei durch ei- nen weiten Zwischenraum getrennte Theile zerfallen. Seitlich zusam- mengedrückt und zu einer kielförmigen Flosse verwandelt findet man ihn bei Carinaria und andern Heteropoden. Sehr interessant durch die Bildung des Fusses ist die Ordnung der Pteropoden. Bei den nackten Arten ist derselbe nur sehr ru- dimentär und bildet den sog. Halskragen 5) mit den Zipfeln, wäh- rend er sich bei den beschalten durch eine excessive Entwicklung nach den Seiten und nach vorn, sowie durch eine damit verbundene Verkümmerung in der Mittellinie und hinterwärts zu zwei seitlichen Flossen oder Flügeln umgebildet 6) hat. Die Flossen ?) der nack- ten Pteropoden scheinen übrigens in ihrer morphologischen Bedeutung hiervon verschieden zu sein und kaum noch den seitlichen Ausbrei- tungen des Fusses zu entsprechen. Sie erscheinen vielmehr als ‚blo- sse Duplicaturen der äussern Bedeckungen, wie solche auch bei Sa- 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. I. aa. — 2) Ibid. fig. I. a. 3) Vergl. Eschricht, Anatomische Untersuchungen über die Clione borealis. Kopenhagen 1838. S. 8. und Tab. I. fig. 12. 13. 4) Ice. zootom. Tab. XXX. fig. II. c.c. — 5) Ibid. fig. I. 6) So nach Blainville und Souleyet. 7) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. I. Il.e. e. Museculatur der Gasteropoden. 407 gitta sich vorfinden, wo sie zwei Paare Seitenflossen und eine un- paare Schwanzflosse bilden. Ueberall ist es eine Eigenthümlichkeit des Mantels bei den Ga- steropoden, dass derselbe sehr häufig in mehr oder minder ansehnli- che, lappenförmige oder cylindrische Anhänge sich ausziehet. Beson- ders gilt dieses von den nackten Schnecken, wo überhaupt der Mantel seine grösste Entwicklung erlangt. Zu solchen Fortsätzen, die u. a. bei Tethys den sog. Kopfschleier (velum) bilden, gehören auch die Kiemen. Wo der Rücken mit einem Gehäuse versehen ist, macht sich die Anwesenheit des Mantels fast nur durch den freien, wulstförmi- gen Rand bemerklich. Sonst sind die Integumente gerade auf dem Rücken sehr zart und durchscheinend, ähnlich dem Eingeweidesack der Cephalopoden. Von ihm wie von einem Bruchsack umhüllt, liegen die Eingeweide beständig in der Höhle des Gehäuses. . Musculatur der Gasteropoden }). Histologisch stimmt das Muskelgewebe der Schnecken mit dem der Gephalopoden überein. Es bestehet aus denselben platten 2), zellge- webeartigen Fasern, die häufig durch einen weisslichen Schimmer an die Sehnenfasern der Wirbelthiere erinnern. Diese Fasern sind vorzugsweise zu einer lockern, in der Regel aber sehr dicken Muskelmasse in einander verwebt, welche den äussern Bedeckungen eng verbunden, sackartig 3) die Eingeweide umhüllt und durch eine grosse CGontractilität sich auszeichnet. Nur in seltenen Fäl- len (bei einigen kleinen Phlebenteren, die ihrem äussern Aussehen nach den Planarien gleichen) lassen sich im Hautmuskelschlauch kaum ‚noch einzelne wenige Fasern auffinden. Am entwickeltsten ist das Muskelgewebe in dem Fusse, wo die Fasern dichter einander anliegen und mehrere deutliche Schichten bil- den, deren jede nach einer besondern Richtung verläuft. Sehr ge- wöhnlich ist eine äussere Längsfaserschicht, meistens zugleich die stär- kere, und eine innere mit querem Faserverlauf. Auch schiefe Muskel- bündel finden sich, mitunter freilich nur anstatt der queren Schicht (Limax). Bei Patella, Halyotis u. a. zeigt die grosse runde Fussscheibe selbst concentrische Ringe. 1) Vergl. hierüber vorzugsweise die Angaben von Cuvier in den Memoires. 2) Nur bei Sagitta sollen die Muskelfasern, wie bei den Arthropoden, quer- gestreift sein. Vergl. Krohn. c. S.6. 3) Bei Sagitta findet sich eine auffallende Differenz darin, dass die Muskeln nur in zwei breiten, von einander gesonderten Längsbinden bestehen, von denen die eine an der Bauchfläche, die andere an der Rückenfläche gelegen ist. Vergl. Krohn a..a. 0: S:; 6. 408 Nervensystem der Gasteropoden Von dem Hautmuskelschlauch sondern sich in der Regel noch ein- zelne besondere Faserbündel ab, die zu irgend einer speciellen Action bestimmt sind, aber nirgends ein so ausgebildetes und complieirtes System bilden, als bei den Gephalopoden. Am mächtigsten, zugleich auch am allgemeinsten verbreitet ist der Schalenmuskel !), welcher der innern Fläche des Gehäuses sich anheftet und den Körper in dasselbe zurückziehen kann. In Uebereinstimmung mit der Gestalt der Schale ist übrigens die Anordnung dieses Muskels manchen Ver- schiedenheiten unterworfen. In den meisten Fällen, z. B. bei Helix und den übrigen Schnecken mit gewundenem Gehäuse, hat sich von den Fasern ‘des Fusses und des Hautsackes an der rechten (bei den Linksschnecken an der linken, bei Hyalea und Cymbulia an jeder) Seite des Körpers ein starkes und ziemlich langes Bündel abgesondert, das sich hoch oben an’ der Spindel befestigt. Aehnlich verhält sich auch Halyotis, doch ist hier der entsprechende Muskel wegen der ge- ringen Höhe der Schale nur kurz, aber von sehr ansehnlichem Um- fang. Patella und Chiton besitzen solche Muskeln in grösserer An- zahl symmetrisch auf beide Seiten des Körpers vertheilt. Sehr kräftig sind auch die Muskeln der Flossen, wo solche vor- kommen. Bei Glio trifft man darin auf ein maschenförmiges Faser- netz 2), das an der Bauchfläche quer den Körper durchsetzt und beide Flossen zu einer zusammenhängenden Masse vereinigt. Andere Muskeln, die ebenfalls von dem subeutanen Muskelschlauch sich abgelöst haben, dienen zur Bewegung des fleischigen Schlundko- pfes. Es sind paarige Bündel, die nach vorn 3), nach hinten #) und nach den Seiten 5) verlaufen und durch ihre Contractionen jenes Or- gan nach eben diesen Richtungen hinbewegen können. Die Retra- ctoren sind im Allgemeinen am ansehnlichsten entwickelt und erstre- cken sich bei Pleurobranchus, Bullaea u. a. fast durch die ganze Länge des Leibes. — Ausserdem finden sich endlich noch einzelne kleinere Muskelbündel zum Retrahiren der Fühler 6) und des Penis ?). Nervensystem der Gasteropoden. Die histologischen Elemente 8) des Nervensystemes zeichnen sich im - Allgemeinen eben nicht sonderlich vor den entsprechenden Gebilden anderer wirbellosen Thiere aus. Häufig indessen schliessen die Ganglienkugeln neben dem Kern, der nicht selten, wie bei den 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV. 7. 2) Cuvier (Mem. sur le Clio p. 5.) hat dieses Fasernelz für ein Gefässnetz gehalten und hiernach die Flossen als Kiemen gedeutet. 3) !c. zootom. Tab. XXX. fig. XV. .c.c. — 1) IBAN Er. IV RE, 5) Ibid. fig. XV. een ) n6)lbid.iiig. Ve da = 7) Ibidier Bel RITA. A — 8) Vergl. Helmholtz und Hannover aa. 0. Nervensystem der Gasteropoden. 409 Gephalopoden, doppelt und selbst dreifach in ihnen vorhanden ist, noch viele Molecularkörperchen ein, die zum Theil durch Pigment (Lim- naeus, Buccinum, Aplysıa u. a.) gefärbt sind und dann gewöhnlich ein röthliches Aussehen besitzen. Die Nervenfasern sind äusserst fein und zart. Sie entspringen deutlich als Fortsetzungen der Ganglienzellen. Das Neurilem ist überall eine sehr feste, aber nur lose, äussere Umhüllung, die vorzugsweise an den Ganglien sich entwickelt zeigt und von da aus sich scheidenförmig über die Nerven fortsetzt. Nir- gends zeigt es jedoch einen Knorpelbelag, den man etwa als das Rudiment eines Schädels ansehen könnte. Der Raum zwischen der äussern Hülle und der Nervenmasse ist häufig von einer Schicht grosser, glasheller, ungekernter Zellen ausgefüllt (z. B. Helix, Limax, Purpura), welche in andern Fällen aber auch einen körnigen Inhalt zu besitzen scheinen. Die anatomische Anordnung!) des Nervensystemes zeigt in der Klasse der Gasteropoden die allergrössten Verschiedenheiten. Nur darin findet sich durchgehends eine Uebereinstimmung, dass die CGen- traltheile des sensitiven und motorischen Systemes unter sich zu einer Ganglienmasse vereinigt sind, die den Anfangstheil “des Ver- dauungsapparates ringförmig umfasst. Andere Ganglien, die an ver- schiedenen Stellen des Leibes zerstreut liegen, vorzugsweise am Schlundkopf und zwischen den Eingeweiden, sind Theile des sympa- thischen Systemes 2), das auch hier eine sehr beträchtliche Ent- wicklung erlangt. Der Schlundring 3) der Gasteropoden entspricht in jeder Hin- sicht dem gleichbenannten Centraltheile des Nervensystems bei den Gephalopoden. Im Allgemeinen kann man darin deutlich drei Arten ®#) von Ganglien unterscheiden, welche paarweise vorhanden und vor- züglich zur Bildung einer obern) und untern Schlundganglien- masse 6) mehr oder minder innig vereinigt sind. Die erstere entsen- det vorzugsweise die Nerven der Sinnesorgane. Ihre beiden Ganglien, 1) Ausser den Beobachtungen von Cuvier in den Memoires sur les Mollus- ques und andern vereinzelten Angaben, von denen die wichtigsten an den entspre- chenden Orten selbst erwähnt werden sollen, vergleiche man Garner, on the ner- vous system of molluscous animals (Transact. of the Linn. Soc. Vol. XVII. p. 488 ff.). 2) Zuerst war es Brandt, der durch seine Untersuchungen (in der Medizin. Zoolog. und seiner monographischen Arbeit über den Mund - Magennerven der wir- bellosen Thiere) auf dieses System sympathischer Nerven aufmerksam machte, ob- gleich dessen einzelne Parlieen zum Theil schon früher bekannt waren. 5) lc. zootom. Tab. XXX. fig. VIII. 4) Vergl. hierüber Souleyet (Compt. rend. 1843. N. 14. und Froriep’s Neue Not. N. 600.), so wie Garner a. a. Ö. 5) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. VII. a. fig. VIII a. fig. IX. a. 6) Ibid. fig. VII b. fig. VII. b. 410 Nervensystem der Gasteropoden. deren Entwicklung in der Regel mit der ‘des Kopfes in Uebereinstimmung steht, kann man als Hirnganglien (g. cerebralia s. oesophagea) betrach- ten. Die untere Schlundknotenmasse zerfällt in eine vordere oder äussere Partie, in die Mantel- oder Fussganglien (g. pedalia), aus denen die Nerven für die Locomotionsorgane ihren Ursprung nehmen, und in eine hintere oder innere, die Kiemenganglien (g. branchialia), in denen die Nerven für Eingeweide und Kiemen wurzeln. Beide Par- tieen stehen seitlich mit einander in Verbindung. Der Zusammenhang zwischen oberer und unterer Schlundknotenmasse wird jederseits ge- wöhnlich durch zwei Nervencommissuren hergestellt, von denen die eine an die Fuss-, die andere an die Kiemenganglien hinantritt. Die grosse Manchfaltigkeit im Bau des Schlupdringes beruht auf den zahlreichen Verschiedenheiten in der relativen Lage und in der Ent- wicklung dieser einzelnen Nervenpartieen. Am häufigsten rücken die unteren Schlundganglien, theilweise oder auch wohl alle, nach oben. Nicht so ganz selten aber findet auch gerade das Gegentheil hier- von statt. Mitunter scheint das eine Ganglion mit einem andern völlig verschmolzen oder vielleicht gar nicht entwickelt zu sein, wäh- rend im anderen Fällen wirklich accessorische Nervenknoten sich aus- gebildet haben. Meistens übrigens binden sich alle diese Verschie- denheiten !) an die einzelnen Ordnungen und Gruppen der Gastero- poden. In der Regel, so bei den Nacktkiemern u. a., umfasst der Schlund- ring den Oesophagus bald nach seinem Ursprung aus dem Schlund- kopfe. Bisweilen indessen rückt derselbe auch weiter nach hinten, besonders bei den mit einem Rüssel versehenen Pectinibranchiaten, wo die eigenthümliche Anordnung dieses Mundtheiles eine solche Ver- änderung der Lage nothwendig macht. Bei ihnen ist derselbe etwa in der Mitte ?2) der Schlundröhre gelegen, da, wo diese unterhalb des Rüs- sels wieder der Mundöffnung zulaufend, eine ansehnliche, knieförmige Biegung nach hinten macht. In noch anderen Fällen, wie bei den Helicinen, bei Pleurobranchus, Bulla, Aplysia u. a., liegt im Gegensatz hiervon der Schlundring sehr weit nach vorn, dicht hinter den Lippen und umfasst den Pharynx. Am besten 3) gekannt ist die Anordnung des Schlundrings in der 1) Die Reduction der einzelnen Schlundganglien auf die erwähnten Partieen kann übrigens bis jetzt noch nicht überall ein befriedigendes Resultat liefern, da die Angaben über den Bau dieser Gebilde sehr häufig mangelhaft, ungenau und keines- wegs befriedigend sind. 2) Bei einigen Pectinibranchiaten, wie bei einer Art von Purpura, ist der Schlundring sogar hinter der vordern Magenanschwellung gelegen. 3) . Vorzüglich durch die Arbeiten von Berthold in Müller’s Archiv 1835. S. 378. und von Siebold in Wiegmann’s Archiv 1841. I. S. 148. Nervensystem der Gasteropoden. 411 Ordnung der Pulmonaten. Die obern Schlundganglien bilden hier (Helix, Limax, Physa !) u. a.) eine ansehnliche, queroblonge, zweilap- pige Nervenmasse, deren seitliche Theile bei einigen Süsswasserschne- cken (Limnaeus, Amphipeplea) sogar ziemlich weit getrennt und durch eine quere Brücke verbunden sind. In der Subösophagealmasse sind, wahrscheinlich ganz constant, die hintern Branchialganglien noch mit zwei vordern, aber überall nur kleinen accessorischen Knoten ver- sehen. Die Fussganglien sind von allen die grössten und liegen seitlich auch am nächsten an einander. Alle diese drei Ganglienpaare der untern Schlundknotenmasse sind unter sich durch eine seitliche Commissur zu einem förmlichen Nervenring verbunden. Bei den meisten Helicinen ist dieses Verhältniss übrigens nur wenig deutlich, indem hier die ganglionären Anschwellungen zu einer einzigen grossen Masse verschmolzen sind, die kaum noch an ihrer untern Fläche durch ein Paar vorspringender Wölbungen ihre Zusammensetzung verräth. Schon bei H. hortensis und nemorosa indessen trifft man in der Mitte dieser Masse eine kleine Oeflnung,, noch deutlicher bei Succinea. Am ansehnlichsten ist dieselbe bei Limnaeus und Amphipeplea, wo denn auch die eigentliche Structur der ganzen Masse sehr deutlich wahrzunehmen ist. Die seitlichen Ganglien sind von einander ge- trennt und bei Limnaeus 2), so wie bei Planorbis und Bulimus sogar an der linken Seite noch um eins vermehrt, indem statt des einen ac- cessorischen Branchialknotens deren zwei vorgefunden werden. Die seitlichen Schlundeommissuren 3) verbinden sich mit dem Fussganglion, so wie mit dem ersten Branchialknoten. Auf solche Weise kann man die ganze Oesophagealganglienmasse gewissermaassen als zwei Schlund- ringe 4) ansehen, einen vordern und, einen hintern, die in ihrer obern und untern centralen Masse, besonders in ersterer, mit einander zu- sammenhängen. Die von dieser Ganglienmasse ausstrahlenden Nerven sind sehr zahlreich. Im Hirn wurzeln bei Helix z. B. jederseits am vorderen Ran- de zwei feine Fäden für die Lippe, so wie zwei grössere für die Ten- takel, von denen der eine in seinem Verlaufe den N. optieus abgiebt. Aus dem rechten Ganglion entspringt ausserdem ein ziemlich ansehn- 1) Eine (wie es scheint, nicht ganz vollständige) Darstellung des Nervensyste- mes von Physa lieferte Troschel in Wiegmann’s Archiv 1839. I. S. 179. 2) Vergl. die Abbildung der untern Schlundganglienmasse bei v.Siebold I. c. 3) Brandt (l. c. II. S. 328.) will bei Helix drei solche Commissuren gefun- den haben. 4) Van Beneden (Nouv. M&m. d. l’Acad. de Bruxelles. Tom. XI., M&m. sur le Limnaeus glutinosus), so wie Goodsir (Ann. of natural hist. 1840. Vol. V. p. 22.) beschrieben bei Amphipeplea allerdings ganz richtig diese beiden Schlundringe, über- sahen aber, dass die vordern Branchialganglien jederseits mit den entsprechenden Fussknoten in Verbindung stehen. 412 Nervensystem der Gasteropoden. licher Stamm, der für den Penis bestimmt ist. Es theilt sich dieser Nerv in drei Aeste, von denen zwei einen kleinen Plexus bilden und dann erst an die Ruthe treten, während der dritte das Vas deferens begleitet. Bei Limnaeus besitzt derselbe an seiner Ursprungsstelle eine eigene ganglionäre Anschwellung. Von den untern Schlundganglien zeichnet sich besonders das G. pedale durch die Zahl der von ihm abgehenden Nervenstämme aus. Sie verbreiten sich in den Muskeln des Fusses. Die vordern G. branchialia versorgen mit einem Nerven die Athemwerk- zeuge, die hintern dagegen mit mehreren Aesten den Verdauungskanal, die grossen Arterienstämme und die Geschlechtsorgane. Die Kammkiemer entfernen sich durch den Bau ihres Nerven- halsbandes nicht unbedeutend von den Pulmonaten. Sie selbst je- doch zeigen wiederum unter sich manchfache Differenzen und lassen sich danach, wie es scheint, in zwei Gruppen trennen, die auch sonst noch durch die Anordnung der Schlundmasse und der Athmungs- organe von einander verschieden sind. Die einen derselben, die sog. Siphonibranchiaten, zeichnen sich durch eine grosse Goncentration der Schlundganglien aus, der Art, dass’sogar die Gerebralknoten mit den Subösophagealganglien in eine einzige zusammenhängende Masse verschmelzen, an welcher man übrigens wahrscheinlich noch überall die ursprüngliche Zusammensetzung erkennt. Bei Buceinum !) bestehen die Oberschlundganglien aus zwei, durch eine breite und nur kurze Com- missur mit einander vereinigten Knoten, die seitlich dem Oesophagus an- liegen und an ihrem untern Ende nach vorn unmittelbar mit den beiden grossen G. pedalia, nach hinten ebenso mit den beiden kleinern G. bran- chialia verschmelzen. Zwischen diesen vorderen und hinteren Theilen der untern Schlundknotenmasse bleibt eine querovale Lücke, die, wie auch sonst überall, von einem zelligen Gewebe ausgefüllt ist. Die Nerven sind sehr zahlreich und stimmen im Allgemeinen mit der oben für die Pulmonaten angegebenen Anordnung überein. Der für den Penis bestimmte Stamm hat bei seinem Ursprung an der rechten Seite das- selbe accessorische Ganglion, welches auch bei Limnaeus sich vorfindet. Ganz, ähnlich ist die Anordnung bei Purpura (lapillus), nur geht hier die Centralisation noch weiter, indem auch die Hirnganglien in der Mittel- linie oberhalb des Schlundes an einander stossen. Die Nerven der G. pedalia bilden jederseits ein sehr ansehnliches Bündel, das ın die Mus- kelschicht des Fusses ausstrahlt und zum Theil darin eingegraben ist. Auch bei den andern 2) echten Pectinibranchiaten, bei Murex 2), Mitra, -1) Eine sehr wunrichtige Darstellung des centralen Nervensystems von Buc- cinum lieferte Rymer Jones, A general outline of the animal kingdom. p. 415. fig. 193. Auch die Angaben von Cuvier sind nicht ganz genau. 2) Manche Angaben über die Anordnung des Nervensystems bei Kammkie- Nervensystem der Gasteropoden. 413 Columbella, Oliva u. s. w. sind die Differenzen in der Anordnung der Nervencentren nur unbedeutend. Die Calyptraeen 3) scheinen schon einige grössere Abweichungen zu zeigen, indem bei ihnen die Hirnganglien durch eine ziemlich weite Com- missur unter sich und mit den unteren Schlundknoten verbunden sind. Hierdurch nähern sich diese Schnecken schon mehr der zweiten Gruppe der Kammkiemer, die sich besonders durch das Fehlen des Rüssels und der Athemröhre charakterisirt. In der Regel ist aber hier die CGoncentra- tion der Nervenganglien noch weniger bedeutend. Das Hirn ist mei- stens (Phasianella, Janthina, Littorina u. a.) in zwei, durch eine lange Querbrücke vereinigte, seitliche Ganglien zerfallen. Hinter ihnen, mit- telst einer kurzen Commissur damit verbunden, liegen bei Littorima (neritoides und littorea) zwei kleinere Knoten, welche als Ganglia branchi- alla zu deuten sind. Unterhalb des Oesophagus trifft man bloss zwei an- sehnliche, dicht an einander stossende und zusammenhängende Ganglien, die, wie gewöhnlich, an Grösse die beiden Ganglia cerebralia über- treffen. Sie sind in der Muskelmasse des Fusses eingebettet und ver- sehen diese mit zahlreichen Nervenstämmen, von denen die zwei grö- ssesten an ihrer Wurzel eine nicht unansehnliche ganglionäre Anschwel- lung besitzen. Die seitlichen Schlundeommissuren sind ziemlich lang und jederseits doppelt. Eine vordere tritt an den entsprechenden Hirn- knoten, eine hintere an das G. branchiale. Bei Janthina sind die Bran- chialknoten noch inniger mit den Hirnganglien vereinigt und jeder- seits in eine gemeinschaftliche Masse verschmolzen, die mit dem G. pe- dale nur noch durch eine einfache Seiteneommissur in Verbindung steht. Aehnlich ist das Verhältniss auch bei Paludina, doch sind sämmt- liche Commissuren des Schlundringes hier viel enger, als bei den übrigen Asiphonibranchiaten. An den Seiten finden sich wiederum dop- pelte Verbindungsstränge. Bei Neritina scheinen dagegen die Branchial- knoten nicht mit dem Hirn, sondern mit den Fussganglien in eine sehr ansehnliche, queroblonge Subösophagealmasse verschmolzen zu sein, welche mit den seitlichen Hirnknoten durch eine doppelte Commissur zusammenhängt. Unter den Röhrenkiemern kennt man das Markhalsband bei Vermetus, wo es aus zwei seitlichen Hirnganglien besteht, aus welchen eine dop- mern scheinen sehr ungenau zu sein. So besonders die von Delle Chiaje über den Schlundring von Conus und Cypraea (Osservat. anat. e fisiol. su molluschi. Atti della reale acad. della scienze di Nap. Vol. IV. 1839. p. 197.). 2) Ueber die Anatomie von Murex bandaris vergl. man Leiblein in Heusin- ger’s Zeitschrift für die organische Physik. I. S. L ff. 3) Owen in den Transact. of the zoolog. Soc. I p. 210. erwähnt bei ihnen nur zwei grosser Subösophagealknoten. 414 Nervensystem der Gasteropoden. pelte, unterhalb des Schlundringes hinlaufende Quercommissur hervor kommt, deren vordere mit zwei besonderen Ganglien versehen ist !). Sehr interessant ist das Nervensystem in der auch sonst manch- fach abweichenden Ordnung der Heteropoden gebauet. Bei CGarina- ria 2) kennt man dasselbe am genauesten. Das Hirn, eine zweilappi- ge, wahrscheinlich aus mehreren eng verschmolzenen Ganglien gebildete Masse, entsendet seine Nerven vorzugsweise an die Sinnesorgane, die Tentakel und die äussern Bedeckungen des Kopfes und Rückens. Un- ter ihnen besitzen die Nervi optici an ihrem Ursprung aus den Seitenrän- dern des Hirnes eine ganglionäre Verdickung. In der untern Schlund- ganglienmasse unterscheidet man vier, paarweise hinter einander gele- gene und eng verbundene Ganglien, die an der Basis des zu einer Schwimmflosse metamorphosirten’Fusses liegen und durch eine ausser- ordentlich Jange Commissur jederseits mit dem Hirn in Communication stehen. Unstreitig entsprechen bloss die vorderen dieser Knoten den Ganglia pedalia, die hintern, die noch mit einem Paare accessorischer Ganglien versehen zu sein scheinen, den G. branchialia. Die an- sehnlichsten ihrer Nerven verlaufen nach unten in den Fuss, nach hin- ten in den hintern Theil des Leibes und nach oben zu der Eingewei- demasse. Eine ganz ähnliche Structur zeigt das Nervensystem der Sa- gitta 3). Auch hier findet sich jederseits am Schlunde eine eben so lan- ge Commissur, die den einfachen Hirnknoten mit der (ebenfalls einfa- chen ?) Unterschlundganglienmasse verbindet. Aus letzterer entspringen vorzugsweise zwei sehr ansehnliche Nervenstämme, welche in den Hin- terleib hinabsteigen und die Hautmuskelmasse versehen. Bei Dentalium ®%) kennt man vom Nervensystem nur die obern Schlundknoten, die eine viereckige, sehr längliche Ganglienmasse oberhalb des Pharynx bilden sollen und nach hinten ein Paar zarter Fäden entsenden, die wahrschemlich die Commissuren des Nervenhals- bandes sind. 1) So nach Delle Chiaje, Instit. di anatomia comparata. 2) Besonders durch die schönen Untersuchungen von Milne Edwards (Ann. des science. nat. II. Ser. Tom. XVII. p. 326.), auf dessen sehr deltaillirte, mit schö- nen Abbildungen erläuterte Darstellung hier zu verweisen ist. Aeltere, unvollstän- dige Angaben sind von Delle Chiaje (Memor. sulla storia etc. Tom. II. p. 139.), Lesueur (Journ. of the Acad. of the nat. scienc. of Philadelph. Vol. I. p. 3.) und Cuvier (Mem. sur l’Halyotide etc.). 3) Am vollständigsten ist der Bau dieses merkwürdigen Thieres beschrieben von Krohn a. a. 0. Aeltere, weniger genaue Angaben sind von Darwin, An- nals of nat. hist. Vol. XII. 1844. p. Lff. und Forbes, I’Institut. 1843. p. 358. 4) Ueber die Anatomie dieser bis jetzt noch so wenig gekannten Gasteropoden vergl. man die monographische Abhandlung von Deshayes in den Mem. de la soc. d’hist. nat. de Paris. Tom. II. p. 321 ff. Nervensystem der Gasteropoden. 415 Noch eine andere, ebenfalls nicht uninteressante Modification im Bau des Nervenringes trifft man bei den Nacktkiemern, wo in der Regel alle Ganglien des Schlundringes oberhalb des Oesophagus gele- gen und mit den eigentlichen Cerebralknoten zu einer einzigen, sehr ansehnlichen Masse verschmolzen sind. Untere Schlundganglien feh- len fast überall. Statt ihrer findet sich gewöhnlich nur eine einfa- che, aller Anschwellungen entbehrende Quercommissur, die unterhalb des Oesophagus hinläuft und in den Seitentheilen der obern Schlund- ganglienmasse wurzelt. Wo die Concentration am grössten ist, bei Thetys !) und Doris, lässt sich in dieser kaum noch eine Spur der ein- zelnen Ganglien ?2) nachweisen. In andern Fällen, bei Eolidia und Poly- cera 3), offenbar auch bei Tritonia #), unterscheidet man aber deutlich zwei, durch eine mittlere Längsfurche getrennte Lappen, deren jeder wiederum in eine äussere und eine innere Partie zerfällt. Die letztere ist die grössere und besteht aus zwei hinter einander gelegenen Gan- glien. Die äussere dagegen ist in der Regel einfach. In dieser Gan- glienmasse nun wurzeln alle Körpernerven, und zwar die Stämme für Lippen und Tentakel in der vordern mittleren Partie, die für die Locomotionsorgane in der äussern und die für die Eingeweide mehr in der hintern und mittlern. Die Tentakelnerven zeigen bei Eoli- dia, wie auch sonst bisweilen, an ihrem Ende eine kuglige An- schwellung, aus der ein Büschel kurzer Nerven ausstrahlt. In der Gruppe der Phlebenteren 5) besteht die obere Schlund- ganglienmasse, in welcher sich ebenfalls alle Oesophagealknoten con- centrirt haben, ganz einfach aus einem mehr oder minder vollstän- dig zweigelappten Ganglion, unter dessen Nerven vorzugsweise zwei seitliche Mantelnerven durch ihre Stärke sich auszeichnen. Sie erin- nern in Lage und Entwicklung an die den seitlichen Stammnerven der Würmer entsprechenden Stämme bei den Planarien. Unter den Hypobranchiaten schliessen sich Phyllidia und Di- phyllidia 6) durch den Bau ihres Markhalsbandes genau an die Mehr- 1) Ueber die Anatomie dieses Thieres vergl. man neben den Angaben von Cu- vier (l.c.) noch Meckel in den Beiträgen zur vergl. Anat. Thl.I. Abthl.1. S. 94., wo besonders die Verbreitung der Nerven eine genaue Berücksichtigung gefunden hat. 2) Man muss sich wohl hüten, den eigenthümlich lappigen oder traubigen Bau der Ganglienmasse bei diesen Thieren, so wie auch bei andern, besonders grö- ssern Gasteropoden für eine Andeutung der Zusammensetzung zu halten. 3) Vergl. Frey und Leuckartaa.a. 0. 4) Cuvier, Mem. sur le genre Tritonia. Tab. I. fig. 4. 5. 5) Ueber die anatomischen Verhältnisse dieser Nudibranchiaten vergl. man Quatrefages in den Ann. des scienc. nat. II. Ser. Tom. I. p- 130. 6) Vergl. die Anatomie dieses Thieres von Meckel im Archiv für Anat. Jahr- sang 1826. S. 18. 416 Nervensystem der Gasteropoden. zahl der Nudibranchiaten, wie z. B. an Tritonia. In Pleurobranchus !) dagegen und Pleurobranchaea ?) ist die Goncentration der einzelnen Schlundganglien minder vollständig. Man unterscheidet ausser dem Hirne, das von einem zweilappigen Ganglion gebildet wird, noch zwei andere, mehr seitlich gelegene Knoten von sehr ansehnlicher Grösse, die mit dem Hirn und auch unter sich durch eine ziemlich lange, unter- halb des Schlundes hinweg laufende, quere Brücke zusammenhängen. Eine Andeutung zu dieser Bildung findet sich übrigens schon bei einigen Nudibranchiaten, bei Scyllaea und Onchidium, wo ebenfalls die unteren Schlundganglien, wenn auch minder weit, vom Hirn getrennt sind. Ancey- lus 3) endlich bietet eine dritte Bildung dar, indem hier neben den beiden durch eine Quercommissur verbundenen Hirnganglien sich jederseits zwei Nervenknoten vorfinden, unstreitig die Pedal- und Branchialganglien. Noch weiter geht die Differenzirung der einzelnen Hauptpartieen des Schlundringes in der Ordnung der Deckkiemer. Bei Aplysia erscheinen die beiden seitlichen 4) Ganglien (G. pedi-branchialia) schon durch ihre Lage als untere Schlundknoten. Mit dem bei manchen Ar- ten ganz unpaaren, bei andern deutlich zweigelappten Hirn 5) stehen sie jederseits durch zwei oder drei, von einer gemeinschaftlichen Scheide umschlossene, ziemlich lange Stränge in Verbindung. Eine doppelte Querbrücke schliesst den Nervenring unter dem Oesophagus. Bei Doridium und Bullaea zeigt die Anordnung des Markhalsbandes insofern einige Differenzen, als dasselbe überhaupt nur aus zwei seitlichen Ganglienhaufen besteht, die oberhalb und unterhalb des Schlundkopfes durch eine Quercommissur verbunden sind. Bei näherer Untersuchung zeigen sich die Haufen jederseits aus drei 6) vereinigten Knoten zu- sammengesetzt, von denen die oberen den Cerebralganglien entspre- chen, welche also hier sehr weit von einander getrennt sind, die übrigen ' I} den untern Schlundganglien. Gasteropteron ?) bildet durch die An- ordnung seines Centralnervensystems gewissermaassen einen Ueber- sang zu Aplysia, indem bei ihm die unteren Schlundganglien von den beiden Hirnknoten freilich getrennt sind, aber keineswegs so dicht neben einander liegen, wie bei Aplvsia. 1) Vergl. neben den Angaben von Cuvier und Meckel auch Delle Chiaje, Mem. l. ec. Tab. XXI. u. XXI. 2) Leue, de Pleurobranchaea. Halae 1813. 3) Vogt in Müller’s Archiv 1841. S. 29. 4) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV.u.u. fig. XV.i.i. 5) Ibid. fig. XIV.t. fig. XV.h. 6) Bei Doridium würden dieselben nach Meckel's Untersuchungen (Beiträge l. c. Th. II. Heft 2. S. 24.) jederseits nur aus zwei Ganglien zusammengesetzt. 7) Ueber die Anatomie dieses Thieres vergl. man Kosse, de Pteropodum or- dine et novo ipsius genere. Halae 1813. Nervensystem der Gasteropoden. 417 Einen andern Bau des Nervenhalsbandes trifft man in der Ord- nung der Pteropoden, welche hierdurch einigermaassen sich den Pulmonaten und Pectinibranchiaten anschliessen. Obere Schlundganglien finden sich nur bei den nackten Arten, bei Clio und Pneumodermon |). Bei den übrigen beschalten Pteropoden ?2) dagegen sind dieselben von einer einfachen Nervencommissur vertreten, die ohne eine Anschwellung quer über den Oesophagus hinwegläuft. Die untere Schlundkno- tenmasse ist von ansehnlicher Grösse. Sie besteht wie gewöhnlich aus den Pedal- und Branchialknoten, die seitlich mit einander zu- sammenhängen. Die letztern zeichnen sich durch ihre Grösse aus. In den Fussganglien wurzeln vorzugsweise die Flossennerven. Bei Clio sind sie verhältnissmässig weit von einander entfernt und durch eine Nervenbrücke verbunden. Sonst stossen sie dicht auf einander und rücken auch den hintern G. branchialia sehr nahe. Ja in einigen Fällen (Limaeina) scheinen sie mit diesen wirklich in eine einzige Masse zu verschmelzen, die kaum noch ihre Zusammensetzung erkennen lässt. Wo das obere Schlundband mit der Subösophagealmasse in Verbin- dung tritt, zeigt dasselbe sehr häufig noch eine accessorische ganglio- näre Verdickung (Clio, Pneumodermon, Cymbulia, Hyalea u. a.). Wiederum verschieden ist der Bau des Markhalsbandes bei den Schildkiemern. Halyotis 3) besitzt zwei seitliche, nur durch eine lan- ge Commissur verbundene Hirnganglien, von denen die Nerven für Augen und Tentakel abgehen, während die Lippen von einigen aus der obern Schlundeommissur selbst entspringenden Aesten versorgt werden. Fuss- und Kiemenganglien beider Seiten sind in zwei dicht neben einander liegende, untere Schlundknoten verschmolzen, die mit dem Hirn durch doppelte Commissuren in Verbindung stehen. Unter den Cyclobranchiaten besitzt auch Patella zwei weit ge- trennte, seitliche Hirnknoten ®). Die unteren Schlundganglien bestehen aus vier quer neben einander liegenden und vereinigten Anschwellungen, von denen sowohl die mittlern, die Kiemenganglien, als auch die äussern, die Fussganglien, mit den entsprechenden Hirnknoten durch eine seitliche Commissur zusammenhängen. Bei Chiton scheinen die Hirnganglien über- haupt gänzlich zu fehlen 5) und von einer queren Nervencommissur 1) Ueber die Anatomie von Pneumodermon vergl. man neben den Angaben von Cuvier vorzugsweise van Beneden in den Nouv. Mem. d. l’Acad. de Bru- xelles. Tom. XI. (und Müller’s Archiv 1838. S. 297 ff.) 2) Ueber Cymbulia, Tiedemannia, Hyalea, Cleodora und Cuvieria s. van Be- neden ebendas. Tom. XII., über Limacina ebendas. Tom. XIV. 3) S. Cuvier Mem. sur le genre Halyotis und Feider, de Halyotidum stru- ctura Diss. Halae 1814. 4) Ic. zootom. Tab. XXX, fig. XIX. d. 5) So nach Garner. i Wagner’s Zootomie. Il. 27 418 Nervensystem der Gasteropoden. vertreten zu werden, welche einige kleinere Aeste abgiebt. Die Kie- menganglien sind zuweilen .(Ch. fascicularis) mit den angrenzenden Fussknoten verbunden. Wo übrigens die G. branchialia als isolirte Knoten vorhanden sind, liegen sie innerhalb der Querbrücke, welche beide Fussganglien vereinigt. ’ Das sympathische System zeigt bei den Gasteropoden in sei- ner Anordnung eine grosse Analogie mit dem der Gephalopoden. Auch hier findet sich ganz constant ein Mund- oder Pharyngeal- und ein Eingeweidetheil. Der erstere ist der ansehnlichere und besitzt eine grössere Selbstständigkeit. Er besteht überall aus zwei rundli- chen oder quer ovalen Knötchen (g. suboralia s. labialia s. pharyn- gea) *), die an den hintern Seitentheilen des Pharyngealbulbus liegen und durch zwei seitliche, mehr oder minder lange Stränge 5) mit den Hirnganglien in Verbindung stehen. Die Länge dieser Stränge richtet sich immer nach der Entfernung des Schlundringes vom Pharynx und ist z. B. bei Carinaria sehr ansehnlich, während sie in andern Fällen, wie bei Purpura, so gering ist, dass die Ganglien scheinbar blosse Theile der Hirnmasse bilden. Wo übrigens der Schlundring nicht den Oesophagus, sondern den vordern Theil des Pharynx um- fasst, sind die Pharyngealganglien (z. B. bei Helix, Bullaea u. a.) hinter ihm gelegen. In der Regel sind beide noch durch eine quere Brücke, die meistens unterhalb des Oesophagus hinläuft, mit einander verbun- den. Mitunter verkürzt sich diese Commissur 4) und dann rücken bei- de Knoten seitlich einander näher (z. B. bei Pleurobranchaea, Bullaea, Doridium, Aplysia) oder verschmelzen auch wohl in eine einzige Masse (Pneumodermon, Gymbulia, Hyalea). Bei einigen Nacktkiemern (Doris, Eolidia) versehen sich beide Knoten noch mit einem besondern acces- sorischen Ganglienpaare, das übrigens nur eine geringe Grösse besitzt und ihnen dicht anliegt. Die Nerven 5) der Pharyngealknoten, die nach allen Seiten hin ausstrahlen, versorgen die Lippen und daneben auch zum Theil die Muskeln des Pharynx. Ausserdem treten besondere Stämme nach hinten auf den Oesophagus. Diese zeichnen sich mitunter (z. B. Doris, Bullaea) durch eine verhältnissmässig sehr mächtige Entwicklung aus und versorgen auch die Speicheldrüsen mit ihren Aesten. Selbst 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. VIIL c.c. fig. IX.c.c. — 2) Ibid. d.d. 3) Bei Chiton sollen diese Ganglien auflallender Weise nach Garner nicht vom Schlundring getrennt sein und innerhalb der Quercommissur der Pedalknoten liegen. 4) Patella soll ausser diesen untern Pharyngealknoten, welche den Schlund- kopf versehen, noch zwei obere besitzen, die mit ihnen durch seitliche Commissu- ren sich verbinden und Nerven an die Lippen entsenden. Vergl. Garner, p. 487. 3) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IX. ff. Nervensystem der Gasteropoden. 419 bei Helix und Limax lassen sie sich zwischen den Häuten des Magens bis weit nach unten, bis in die Leber !) hinein verfolgen. Nirgends in- dessen zeigt der Magentheil dieser Nerven eine so kräftige Entwick- lung, als bei den Gephalopoden. Ebenso besitzt auch der Eingeweidetheil des sympathischen Sy- stemes niemals eine so grosse Selbstständigkeit, als der Mundtheil. Er wurzelt überall in den sog. Kiemenganglien und ist jederseits ein bald einfacher, bald mehrfacher Stamm (n. branchio -visceralis s. pmeumo - gastricus), der sich nach Art der übrigen Nerven verästelt und nur dadurch sich auszeichnet, dass er in seinem Verlaufe nicht selten, wie es scheint, mehr oder minder ansehnliche Plexus oder Ganglien bildet. Er versorgt vorzugsweise die Respirationswerkzeuge, sowie den hintern Theil des Verdauungsapparates, die Geschlechtsorgane und grossen Ge- fässstäimme. In der Anordnung dieses Systemes, welches übrigens bis jetzt noch nirgends vollständig gekannt ist, scheinen sich manch- fache, nicht unansehnliche Differenzen vorzufinden. Sehr häufig ist es (besonders bei den Kammkiemern z. B. Littori- na), dass zwei seitliche Eingeweidenervenstämme gefunden werden, welche nach einem längern oder kürzern Verlauf in zwei ebenfalls seitliche Ganglien (g. visceralia) anschwellen, von denen die Nerven- zweige ausstrahlen. Bei Aplysia ?2) rücken diese beiden Knoten an ein- ander und verschmelzen sogar in eine einzige Masse 3). In anderen Fällen bildet nur der eine der Eingeweidenervenstämme, und zwar in Uebereinstimmung mit der gewöhnlichen Lage der Respirationsor- gane der rechte ein solches Bauchganglion, während endlich bei den meisten Nudibranchiaten, auch bei Helix u. a. entsprechende Cen- tralknoten des sympathischen Eingeweidesystemes gänzlich zu fehlen scheinen. Bei Aplysia entspringen aus dem Ganglion viscerale vorzugsweise drei Nervenstämme, von denen der eine an die Kieme, der zweite an Darm und Leber, der letzte endlich, der nochmals in ein kleines Gan- glion anschwillt, an die Geschlechtsorgane tritt. Auch sonst sind ac- cessorische Knötchen im Verlauf der einzelnen Eingeweidenerven eben nicht sehr selten und mitunter selbst in mehrfacher Anzahl vorhanden. 1) Vergl. Schlemm, de bile et hepate Crustac. et Mollusc. Berol. 1844. p. 22. 2) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV. v. 3) Hier hält übrigens Garner (mit Unrecht) dieses Ganglion für das vom Schlundring weit entfernte G. branchiale. 2m 420 Sinnesorgane der Gasteropoden. Sinnesorgane der Gasteropoden. Gesichtswerkzeuge. Mit sehr wenigen Ausnahmen, von Chiton, Bulla (lignaria), Ne- rita (glacina und caurina) und den Pteropoden !), sind alle Schne- cken mit zwei Augen versehen, die in der unmittelbaren Nähe des Markhalsbandes am Kopfe gelegen sind. Im Vergleich mit den ent- sprechenden Organen der Gephalopoden sind sie sehr rudimentär. Fast überall erscheinen sie nur als zwei dunkle Pünktchen an den äussern Seiten der Fühler, bald an deren Basis (Limnaeus, Pla- norbis u. a.), gewöhnlich aber etwa in deren Mitte, wo sie meistens auf einem besondern, mitunter (bei Halyotis z. B.) gestielten Vorsprung angebracht sind 2). In manchen Fällen stehen sie selbst an der Spitze der Fühler (bei Onchidium, Helix, Limax u. e. a.), und zwar der grö- ssern, hintern Fühler, wenn deren zwei Paare vorhanden sind, wie bei unsern Landschnecken. In den Nacktkiemern und den verwandten Ordnungen, auch bei Clio, liegen die Augen im Nacken, sind aber meistens bei einer äusserlichen Untersuchung nicht wahrzunehmen, in- dem sie dicht auf den Hirnknoten aufsitzen und von dem Hautmus- kelschlauch bedeckt werden. Der Bau 3) der Augen ist übrigens trotz dieser scheinbar nur ge- ringen Entwicklung keineswegs unvollkommen. Man findet überall eine derbe äussere Sclerotica, die im Innern mit einer Pigmentschicht bekleidet ist und deutliche brechende Medien besitzt. Unter den Pulmonaten und Kammkiemern scheinen die Gesichts- werkzeuge am vollkommensten gebauet zu sein. Der Augapfel, der unbeweglich 2) in die Muskelmasse der Fühler eingelagert ist und äu- sserlich von einer pigmentlosen Lamelle der Körperhaut überdeckt wird, hat eine kuglige Form und besteht aus einer kapselartigen Scleroti- 1) Die beiden in der Nackengegend bei diesen Thieren durchschimmernden dunklen Punkte scheinen in der Mehrzahl keine Augen zu sein, obgleich sie dafür sehr häufig gehalten sind, sondern Gehörwerkzeuge. Eschricht will übrigens bei Clio wirkliche Gesichtswerkzeuge und in ihnen einen dunklen Kern gefunden haben, den er als Linse betrachtet. Möglich wäre es demnach, dass die nackten, mit ei- nem deutlichen Kopf versehenen Pteropoden auch wirklich Augen besässen, zumal auch van Beneden bei Pneumodermon ihrer erwähnt. Den beschalten Arten in- dessen fehlen sie sicher. 2) Ueber die Stellung der Augen bei den Wassergasteropoden vergl. man die Angaben von Loven in der Isis 1842. S. 64. 3) Ausser den Angaben von Swammerdam (Bibl. nat. I. p. 106.) und von J. Müller, über das Auge von Murex Tritonis (Meckel's Archiv 1829. S. 208.) ver- gleiche man besonders die trefllichen Untersuchungen von Krohn in Müller’s Ar- chiv 1837. S. 479 u. ebendas. 1839. S. 332. 4) Blainville (De lorganisat. des anim. I. p. 445.) will bei Voluta cymbium zwei besondere Augenmuskeln gesehen haben. Sinnesorgane der Gasteropoden. 421 ca!), die innen von einer dunklen, feinkörnigen Pigmentlage (choriot- dea) ?) ausgekleidet wird. Diese fehlt nur im vordern Abschnitt, wo auch die Hornhaut durchsichtiger ist. So bildet sich denn hier eine gewöhn- lich (z. B. Helix, Murex u. a.) runde, seltener (Paludina) oblonge Pu- pille, die von einem der Iris vergleichbaren Pigmentstreifen 3) einge- fasst wird. An der innern Fläche der Chorioidea findet sich ein weiss- lich grauer Ueberzug, die Retina. Die brechenden Medien #) bestehen in einer Linse und einem Glaskörper. Der letztere besitzt eine gallertartige Beschaflenheit, während die Linse, welche bis auf die vor- dere, der Cornea dicht anliegende Partie von ihm umgeben wird, mehrere concentrische Schichten erkennen lässt, deren Dichtigkeit nach dem Mittelpunkte hin zunimmt. Der Sehnerv 5) wurzelt überall in den Cerebralknoten. In manchen Fällen (Helix, Limnaeus, Planorbis, auch Murex tritonis) ist er nur ein Ast des grossen Fühlernerven, der sich indessen innerhalb der Nervenscheide noch immer als ein isolirter Bündel bis an das Hirn verfolgen lässt. Einige interessante Abweichungen zeigen die verhältnissmässig sehr ansehnlichen Augen der Heteropoden. In ihnen ist die Cornea stark ‚nach vorn gewölbt, während die Sclerotica eine mehr kugelförmige Gestalt hat und bei Pterotrachea merkwürdiger Weise so stark comprimirt ist, dass die dadurch gebildeten beiden seitlichen Flächen allmälig bis zur Berührung sich nähern. Die Chorioidea zeigt in ihrem hintern Ab- schnitt eine (Carinaria) oder selbst zwei (Pterotrachea) halbmondförmige pigmentlose Stellen, die man dem Tapetum vergleichen kann. Die Linse ist sphärisch und wird, wie es scheint, in ihrem ganzen Umfang vom Glaskörper umhüillt. Am einfachsten sind die von den äussern Bedeckungen überzogenen Augen der Gymnobranchiaten (z. B. von Thetys, Doris, Eolidia und den Phlebenteren 6), aber auch von Bulla, Pleurobranchus u. a.), die als kurzgestielte, kugelförmige Gebilde mit deutlicher Sclerotica ?), Chorioi- dea und Linse (vielleicht aber ohne einen besondern Glaskörper) an der Oberfläche der Cerebralknoten gelegen sind. In einigen Fällen (Eolidia), erstreckt sich das Pigment der Chorioidea bis weit in die Scheide des N. opticus hinein. Gehörwerkzeuge 8). Gehörwerkzeuge sind unter den Gasteropoden eben so allgemein verbreitet als die Augen. Sie fehlen vielleicht nur bei Chiton und bei 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XVII. b. — 2) Ibid.b. — 3) Ibid. d. 4) Ibid.e. — 5) Ibid. f. 6) Vergl. Quatrefages.c. 7) Bei Actaeon fand Quatrefages noch eine zweite äussere Umhüllung. 8) Die Entdecker dieser Gebilde sind Eydoux und Souleyet (Institut. 1838. p. 222. und Froriep’s Neue Not. 1838. N. 174.), neben deren Angaben man noch 422 Sinnesorgane der Gasteropoden. Sagitta. Ueberall bestehen sie aus zwei paarigen, hellen Bläschen von rundlicher oder ovaler Gestalt, in denen die Otolithen, die aus koh- lensaurem Kalk bestehen, eingeschlossen sind: An das Bläschen, das sich als Rudiment des häutigen !) Vorhofes ansehen lässt, tritt ein deutlicher Nervus acusticus, der in der Regel aus den Fussganglien seinen Ursprung nimmt. Meistens sind übrigens diese Nerven ausseror- dentlich kurz, so dass die Bläschen unmittelbar ihren Ganglien auf- zusitzen scheinen. Dann findet man sie, von einer zellgewebigen Masse umhüllt, in der Lücke zwischen Fuss- und Kiemenknoten (z. B. bei Helix). Wo die unteren Schlundknoten nach oben rücken, verän- dern auch die Gehörbläschen ihre Lage. So kommt es denn, dass sie bei den Nudibranchiaten oberhalb des Schlundes gelegen sind, so ziem- lich auf der Grenze zwischen den vordern und hintern Knoten der in- nern Ganglienpartie. In seltenen Fällen entspringt übrigens auch sonst der Gehörnerv aus den Gerebralknoten, wie es bei den Heteropoden der Fall ist, oder auch aus den Seitencommissuren des Schlundrings, wie bei Paludina. Bisweilen (bei den Heteropoden, bei Phylirrhoe u.a.) ist der Gehörnerv länger, als gewöhnlich, und das entsprechende Bläs- chen ziemlich weit von den Centraltheilen des Nervensystems entfernt. Die Otolithen bestehen bisweilen nur in einem einzigen, grossen Concremente von sphärischer Gestalt (so bei den Heteropoden, bei Lit- torina, Purpura, Vermetus, Aplysia, Tergipes und bei den Phlebente- ren), viel häufiger aber aus einer beträchtlichen Zahl kleinerer, oblon- ger Steinchen (bei den Pteropoden und Pulmonaten, bei Trochus, Te- thys, Doris, Polycera, -Eolidia, Patella u. s. w.), die übrigens selbst wiederum grossen Differenzen unterworfen ist. Bei Ancylus z. B. be- trägt sie etwa 30, bei Physa 40— 50, bei Planorbis 70— 80, bei Limnaeus, Succinea, Helix u. a. über 100. Auffallend ist die beständige, tanzende Bewegung, in der die Oto- lithen, selbst die grossen sphärischen, sich befinden. Wahrscheinlich rührt dieselbe von der Action eines zarten Flimmerepitheliums her, das die Höhle des Gehörbläschens auskleidet und wirklich auch in einigen Fällen entdeckt 2) ist (bei Tethys, Tritonia, Pleurobranchus, Diphyllidia und Hyalea), während es in andern (bei Doridium, Aplysia, Doris, Helix u. s. w.) durch seine Zartheit sich der Beobachtung zu entziehen scheint. vergl. Laurent in den Annal. franc. et etrang. d’Anat. et de Physiol. 1839. p. 118., Krohn in Froriep’s Neuen Not. 1840. No. 306. u. v. Siebold in Wiegmann’s Archiv 1841. I. S. 148. I) Vielleicht wird die bläschenförmige Hülle der Gehörorgane aus zwei über einander gelegenen Membranen gebildet, von denen dann nur die innere, zartere dem häutigen Labyrinth entsprechen würde. So fand es Krohn bei Paludina. 2) Von Kölliker (Froriep’s Neue Not. No. 537.). Sinnesorgane der Gasteropoden. 423 Geruchswerkzeuge. Bis jetzt sind besondere, dem Geruchssinn dienende Organe bei den Schnecken noch nicht mit Bestimmtheit nachgewiesen, obgleich man mitunter die Tentakel als solche angesehen oder auch wohl (bei den Pulmonaten) den Sitz des Sinnes in der Alhmungshöhle gesucht hat. Eine andere Meinung geht dahin, dass von der ganzen Hautoberfläche in gleichem Maasse riechende Stoffe pereipirt werden könnten und des- halb überall keine besonderen Geruchsorgane entwickelt seien. Geschmacksorgane. Wie bei den Cephalopoden, möchte auch wohl kaum bei den Schnecken die sog. Zunge in dieser Weise functioniren. Mit viel grö- sserer Wahrscheilichkeit ist die ganze innere Fläche der Pharyngeal- höhle als der Sitz des Geschmackssinnes anzusehen. Tastwerkzeuge. R Neben der ganzen Oberfläche der Haut und besonders den manch- fachen Fortsätzen des Mantels sind vor allen andern Körpertheilen die Tentakel Sitz eines feinern Gefühles und durch Lage, Bau und Nervenreichthum zu dieser Function bestimmt. Daneben verdienen als Tastwerkzeuge noch die wulstigen Lippenränder, welche die Mundöffnung der Gasteropoden umgeben, einer besondern Berücksichtigung, zumal da, wo sie sich zu blattartigen Fortsätzen oder fühlerförmigen Anhän- gen, den sog. Lippenfühlern, entwickelt haben. Verdauungsorgane der Gasteropoden. Im Allgemeinen stimmt der Verdauungsapparat der Gasteropoden in seiner Anordnung mit dem der verwandten Gephalopodeu überein. Wie dort, so findet man auch hier unmittelbar hinter der Mundöflnung einen musculösen, in der Regel mit Mandibeln und Zunge bewaflne- ten Schlundkopf (bulbus pharyngeus), dessen Höhle man nicht sel- ten als Mundhöhle deutet, der aber ganz offenbar dem entsprechen- den Theile der Würmer analog ist. Die Speiseröhre, welche daraus ihren Ursprung nimmt und am untern Ende sich nicht so gar selten in einen Kropf erweitert, führt in den Magen, der sehr häufig aus zwei, oder selbst aus mehreren hinter einander gelegenen Abschnitten zusammengesetzt ist. Der Darm ist gewöhnlich nur kurz und ohne deutliche Abgrenzung gegen einen Dickdarm, der höchstens durch eine grössere Weite vor dem vordern Darm sich auszeichnet. Der sog. Rüssel (proboscis) der Schnecken ist in den meisten Fällen, wie bei den Chätopoden, nur der vordere, gleich einem Hand- schuhfinger nach aussen vorstülpbare, dünnhäutigere Theil des Schlund- 424 Verdauungsorgane der Gasteropoden. kopfes. Durch manchfache Uebergänge bildet sich hieraus eine zweite, in ihrer grössten Entwicklung (bei den Pectinibranchiaten) scheinbar sehr differente Anordnung hervor, wo sich vom Grunde des Pharynx noch ein besonderes, cylindrisches Rohr erhebt, das in der Ruhe im Innern des Schlundkopfes verborgen liegt und aus der Mundöffnung hervorgestossen wird, wenn der Pharynx selbst, wie es auch sonst. geschieht, sich umstülpt. Durch diese Vorrichtung erhält der Rüssel oft eine sehr ansehnliche Länge, wie bei Buccinum !), besonders aber bei Mitra, wo er den ganzen Körper fast zwei Mal übertrifft. Die Mundöffnung 2), eine einfache Spalte, welche mit Hülfe ei- nes stark entwickelten Sphincter die verschiedensten Formen annehmen kann, liegt überall am vordern Ende des Kopfes in der Mittellinie und ist mit wulstigen Rändern oder Lippen umgeben, die besonders bei Tethys eine nicht unbeträchtliche Entwicklung erlangen. Sehr verän- derlich dagegen ist die Lage des Afters. In der Regel befindet er sich rechts am Rande des Mantels, dem Kopf ziemlich nahe, . biswei- len auch links an derselben Stelle (Ancylus, Halyotis). Nur verhältniss- mässig selten liegt die Afteröffnung, dem Munde gegenüber, am hin- tern Leibesende (Sagitta, Dentalium, Chiton, Phyllidia, Doris), in der Medianlinie des Rückens (Polycera) oder des Bauches (Cymbulia). Die Hülfsapparate der Verdauung, Speicheldrüsen und Leber zeigen fast überall eine sehr beträchtliche Entwicklung und sind nur selten verkümmert. Sämmtliche Eingeweide liegen im Innern der Leibeshöhle, die durch eine quere, musculöse Scheidewand in zwei auf einander folgen- de Abtheilungen geschieden ist, in eine vordere, kleinere, welche den Pharynx und die Speicheldrüsen, so wie den vordern Theil des Oesophagus und den Schlundring enthält, und eine hintere, bedeu- tend grössere, in der die übrigen Verdauungsorgane mit den Gene- rationswerkzeugen gelegen sind. Die ersteren nehmen den hintern Platz in der Bauchhöhle ein und sind (vielleicht nur Sagitta ausgenom- men) mittelst zahlreicher Zellgewebsfasern zu einem rundlichen Knäuel zusammengeballt, der in eine äussere, membranförmige Umhüllung, gewissermaassen in ein Bauchfell, eingeschlossen ist. Die Wände der Leibeshöhle sind unmittelbar von dem Hautmuskelschlauch gebildet. Ein Mesenterium fehlt überall. Nur bei Sagitta, wo der Darm beinahe ganz gerade vom Mund zum After läuft, ist derselbe mittelst eines häutigen Bandes an der obern Wand der Leibeshöhle befestigt. Wo eine Athemhöhle sich vorfindet, wie bei den. Pulmonaten und Pectini- branchiaten, und der Mastdarm sich darin öffnet, liegt dieser in sei- nem ganzen Verlauf ausserhalb der Leibeshöhle. I) Vergl. die sehr genaue Beschreibung des Rüssels bei Cuvier in den Mem, 2) Ic. zootom. Tab. XXX, fig. XIX. a. Verdauungsorgane der Gasteropoden. 425 Aeusserlich am Darmrohr der Gasteropoden findet man eine stark entwickelte Muskelschicht, in der sich wenigstens bei den grösseren Arten sehr deutliche Längs- und Querfasern, die ein dichtes Gewebe bilden, unterscheiden lassen. Auf sie folgt eine dicke Drüsenschicht, die aus cylindrischen, mitunter (Chiton) sehr lang gestreckten, und oft mit einem Haufen von Fettkörnern anstatt eines Kernes versehenen Zellen bestehet. Durch eine innere, meist nur zarte Epithelial- schicht, werden die letzteren zusammengehalten und (z. B. bei Helix) zu kleinen Häufchen !) vereinigt, die neben einander liegen und ziem- lich regelmässig gegen einander sich abgrenzen. Sehr häufig (bei Limnaeus, Sagitta, Trochus, Buccinum, Eolidia, Patella u. s. w.), wahrscheinlich überall trägt das Epithelium des Darmes noch eine Flimmerbekleidung. — Wie bei den Würmern, so ist auch in der Klasse der Gasteropoden die Muskelschicht im Pharynx und Rüssel am ansehnlichsten. Eben hier entwickelt sich zugleich die Epithelialaus- kleidung, wie es auch bei jenen der Fall ist, zu einer innern, sehr kräftigen Bewaflnung 2), die ziemlich allgemein, wie bei den Gephalo- poden, aus einem mittlern, unpaaren Gebilde, der Reibplatte, und zweien seitlichen Stücken, den sog. Kiefern, besteht. Nur bei Te- thys 3), wo ein eigentlicher Pharynx, wenigstens als isolirter Theil, vermisst wird, fehlt diese Bewaffnung. Sonst ist sie ganz allge- mein vorhanden, zeigt aber in ihrer speciellern Anordnung so be- trächtliche Verschiedenheiten, dass sie hierdurch für die zoologische Characteristik von grösster Wichtigkeit geworden ist. Bei den Rüs- selschnecken findet sich diese Bewaffnung in dem vordern Ende des eylindrischen Rüssels, nicht im eigentlichen Pharynx. Am ansehnlichsten und constantesten ist die Bewaffnung an der sog. Zunge (lingua) %). Diese erhebt sich an der Bauchfläche des Pharynx und besteht aus zwei neben einander liegenden und unter sich verbundenen Muskelbäuchen, deren hinteres, abgerundetes Ende frei in die Höhle des Pharynx hineinragt. Die Epithelialbekleidung verlängert sich sehr häufig noch weit darüber hinaus, bisweilen selbst so weit, dass sie als ein hartes, bandförmiges und meistens mit ei- ner Menge höchst regelmässig und zierlich geordneter Zähne, Stacheln, Schuppen oder Leisten versehenes Gebilde sogar dem ganzen Körper 1) In andern Fällen scheinen auch wirkliche Darmdrüschen vorhanden zu sein. 2) Ausser den Angaben von Cuvier u. A. vergleiche man vorzugsweise hier- über die sehr wichtigen Arbeiten von Troschel in Wiegmann’s Archiv 1836. I. S. 257. und von Lebert in Müller’s Archiv 1846. S. 435. 3) Meckel behauptet auch ihre Abwesenheit bei Doridium (Beitr. zur vergl. Anat. Th. I. Heft 2. S. 20.). 4) In der Regel versteht man unter dieser Bezeichnung nicht die eigentliche, musculöse Zunge, sondern allein oder doch hauptsächlich deren Epithelialbekleidung, die sog. Reib- oder Hakenplatte. 426 Verdauungsorgane der Gasteropoden. an Länge gleichkommt (Littorina u. a.) und selbst ihn übertrifft (bei Patella !) dreifach, bei Trochus pagodus siebenfach;,. In diesem Fall hat die Zunge die hintere Wand des Pharynx durchbrochen und liegt in spiraligen Windungen und von einer besondern häutigen Scheide um- geben im Innern 2) der Kopfhöhle. In andern Fällen (z. B. bei Helix) ist übrigens die Zunge weit kürzer. Auch darin findet sich häufig eine Differenz, dass (bei den Pectinibranchiaten z. B.) nicht der hintere Theil der Zunge, sondern der vordere das freie Ende ist. An der Basis der Zunge, wo diese der Pharyngealmasse angehef- tet ist, liegen zu den Seiten, gewöhnlich mit dem Epithelium der Zunge in unmittelbarer Berührung, die Kiefer (mandibulae). Im All- gemeinen zeigen diese, mit der Zunge verglichen, eine nur geringe Entwicklung. Sehr häufig sind sie nur ein Paar schwacher Knorpel- blättchen (z. B. Limnaeus) oder fehlen auch wohl gänzlich (z. B. bei Helix und einigen beschalten Pieropoden). In andern Fällen übrigens, wie bei Tritonia und Scyllaea, sind diese Gebilde desto ansehnlicher und können mit Hülfe besonderer Muskeln scheerenförmig gegen ein- ander bewegt werden. Auch in der Ordnung der Heteropoden errei- chen die Kiefer eine sehr beträchtliche Entwicklung. Hier tragen sie, wie dieHackenplatte, eine Menge zahnartiger Stacheln, die übrigens auch sonst (z. B. bei den nackten Pteropoden 3)) sich bısweilen vorfinden. Bei den Pulmonaten, z. B. bei Helix, wo diese seitlichen Kiefer fehlen, aber auch bei Limnaeus u. a., wo sie vorhanden sind, entwickelt sich der Zunge gegenüber am Eingang in den Pharynx noch ein besonde- rer Oberkiefer %, eine senkrechte, nach unten halbmondförmig aus- geschweifte und gezähnelte Platte ®) zum Nagen. Wie im Pharynx, ebenso ist auch im Magen, wenngleich weit sel- tener, das Epithelium zu hornigen Zähnen oder Platten verdickt, die übrigens niemals eine so ansehnliche Entwicklung und regelmässige Gruppirung zeigen, als auf der Zunge, und auch in ihrem Vorkom- men viel grösseren Schwankungen unterworfen sind. Die Verschiedenheiten, welche die anatomische Anordnung $) des Verdauungskanales in den einzelnen Ordnungen und Gruppen der Gasteropoden darbietet, sind ausserordentlich beträchtlich. | 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIX. e. fig. XX. c. 2) Auffallend ist es, dass bei Halyotis die Zunge innerhalb der mit freier Oefl- nung in die Kopfhöhle einmündenden Aorta cephalica gelegen ist. Vergl. Milne Edwards, Compt. rend. 1846. p.ı 380. 3) Bei Pneumodermon liegen dieselben nach van Beneden (Mem. de l’Ac. de Brux. T. XL) innerhalb der beiden langen, schon von Cuvier entdeckten blind- darmartigen Anhänge des Pharynx. 4) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. V. A.B. (Helix pomatia) fig. X. A.B. (Helix algira). 5) Ueber die Verschiedenheiten in der Form dieses Gebildes vergl. man Erdl's Beiträge zur Anat. der Helicinen in M. Wagner’s Reisen in Algier III. S.268 ff. 6) Hauptwerk ist auch hier Cuvier, Memoires etc. Verdauungsorgane der Gasteropoden. 427 Die Pulmonaten trennen sich hiernach vorzugsweise in zwei Gruppen, deren eine von unsern einheimischen Erdschnecken gebildet wird. Als Typus für diese möge Helix !) dienen. Der Pharynx 2) ist ein kurzer, gedrungener Abschnitt von länglich ovaler Gestalt, der in seinem bintern Theile, wo an der obern Fläche der Oesophagus seinen Ur- sprung nimmt, sich etwas erweitert. Sehr bald folgt auf die Speise- röhre 3) der Magen ®), ein langer, darmförmiger, in der Mitte beson- ders erweiterter Abschnitt, welcher mit einem kurzen, kugligen Blind- sack (besonders bei H. pomatia) endigt. Der Darm 5) ist ziemlich lang. Von der Leber umhüllt, macht er einige Windungen und öffnet 6) sich endlich an der rechten Körperseite, wie gewöhnlich, in der Nähe des Athemloches. Nur unbeträchtliche Abweichungen zeigt der Darmkanal von Limax, Vermetus, Parmacella und Testacella. Anders dagegen ver- hält sich die zweite Gruppe, Limnaeus ?) und Planorbis, wo ein rund- licher Muskelmagen mit dicken Wandungen sich vorfindet, welcher an seinen Enden, oben und unten, von einer dünnhäutigen, birnförmigen Erweiterung begrenzt wird. Die vordere derselben ist übrigens viel- leicht nur der untere, kropfartig ausgedehnte Theil des langen Oe- sophagus. Bei den Heteropoden ®) findet sich im Bau des Darmkanales darin eine Eigenthümlichkeit, dass derselbe verhältnissmässig sehr ge- rade verläuft und höchstens nur in seinem hintern Theile einige wenig ansehnliche Windungen macht. Der Oesophagus ist lang und führt in einen Magen, der überall nur eine einfache, längliche (Carinaria, Firola) oder auch rundliche (Atlanta) Erweiterung bildet und bei Sagitta sogar gänzlich fehlt. Viel kürzer ist der Oesophagus bei Dentalium 9), wo der Ma- gen als ein sehr ansehnlicher birnförmiger Abschnitt angetroffen wird, welcher an seiner Cardia eine starke, sehr complicirte Bewaffnung trägt. Der Darm, der am untern Ende desselben beginnt, verläuft in der Medianlinie ganz gerade bis zum After. Sehr beträchtliche Verschiedenheiten zeigt die Anordnung des Verdauungskanales in der Ordnung der Kammkiemer, die nur dar- 1) Die Literatur über die Anatomie von Helix ist sehr gross. Die genauesten Angaben sind von Bojanus in der Isis 1818. S.1430. Wohnlich, de hel. pom. dissert. 1813., Blainville im Diet. des sc. nat. Tom. XX. Art. Helice u. Brandt in der Med. Zoolog. II. S. 325. 2) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV. a — 3) Ibid.b. — 4) Ibid. c. 5), Ibid. bh. — 6) Ibid. k. 7) Ueber den Bau von Limnaeus vergl. man neben den Angaben von Cu- vier auch Stiebel, Dissert. sist. Limn. stagn. anat. Gotting. 1815. 8) Vergl. Poli und Delle Chiaje, Memorie etc. I. p. 209 fl. 9>S. Deshayes a.,a..0. 428 Verdauungsorgane der Gasteropoden. in mit einander übereinzustimmen scheinen, dass der Oesophagus ver- hältnissmässig lang, und der Darm in der Regel (ausgenommen z.B. ist Pa- ludina, auch Vermetus u. a.) nur kurz ist und in seinem hintern Abschnitt erweitert (z. B. bei Buccinum u. a.). Die Länge der Speiseröhre ist besonders da sehr ansehnlich, wo der Rüssel eine grössere Entwicklung erlangt hat, und der Pharynx, welcher ihn umschliesst, eine Walzenform besitzt. Als Typus einer solchen Bildung möge Buceinum dienen. Hier beginnt der Oesophagus schon in der Spitze des Rüssels, durch des- sen ganze Länge er sich als selbstständiger Kanal verfolgen lässt. Eine länglich ovale Oeflnung vermittelt die Communication zwischen ihm und der Rüsselhöhle, in welcher die Kauwerkzeuge gelegen sind. So- bald die Speiseröhre aus dem Pharynx hervor getreten ist, verläuft sie unterhalb des Schlundkopfes, durch musculöse Fäden fest angehef- tet, nach vorn, bis sie nach einer scharfen, knieförmigen Biegung wiederum eine entgegengesetzte Richtung einschläg. In der Ge- gend dieser Biegung, etwa in der Mitte seines Verlaufes im Innern der Kopfhöhle, zeigt der Oesophagus eine kleine, länglich ovale, kropf- artige Anschwellung mit dickern Wandungen als gewöhnlich und ei- ner stärkern faltigen Auskleidung. Der Magen beginnt mit einem klei- nen, halbkugligen Blindsack, der nach vorn gerichtet ist und in einen! eben nicht sehr langen, cylindrischen Abschnitt führt, an dessen un- term Ende sich ein zweiter, ansehnlicher Blindsack !) von halbkugliger‘ Gestalt vorfindet. Ganz ähnlich ist die Anordnung bei Murex 2), Pur- pura und andern, vielleicht selbst bei allen echten Siphonibranchiaten, Nur ist bisweilen, wo der Pharynx minder gross ist, z. B. bei Pur- pura, der Verlauf des Oesophagus ganz gerade und ohne jene knieför- migen Biegungen. Auch die Länge des mittlern eylindrischen Magen- theiles ist gewöhnlich etwas bedeutender, besonders bei Triton 3), wo derselbe eine nicht unansehnliche Schlinge bildet, deren Schenkel dicht an einander liegen und durch Zellgewebefasern unter sich ver- bunden werden. Eine andere Anordnung des Digestionsapparates findet sich bei Littorina (littorea und neritoides). Der Oesophagus ist lang, wie ge- wöhnlich,, zeigt aber bald nach seinem Ursprung aus dem kurzen, eiför- migen Schlundkopfe jederseits eine kleine, nach vorn gerichtete, kuglige ' Ausstülpung und etwas später einen länglich ovalen, mit seitlichen Quer- falten versehenen Kropf, der sich ansehnlich erweitern kann. Der Ma- gen ist ein sehr langer und verhältnissmässig nur dünner Blindsack, welcher vorn durch eine ringförmige Klappe begrenzt ist und im In- nern durch eine Längsscheidewand, die fast bis in das untere Ende sich 1) Gewöhnlich wird allein dieser letzte Abschnitt als Magen betrachtet, der vordere als Kropf und der mittlere als unterer Theil des Oesophagus. 2) Vergl. Leiblein I. c. 3) Duvernoy in den Lecons par Cuvier. Ed. 2. Tom. V. 1837. p. 53. Verdau ungsorgane der Gasteropoden. 429 hinab erstreckt, in zwei seitlich neben einander liegende Abtheilungen getheilt wird. Es scheint fast, als sei dieser Magen nur durch die in- nige Verschmelzung einer Magendarmschlinge, wie sie bei Triton sich findet, entstanden. In noch andern Fällen (Trochus, Paludina, Sigare- tus, Calyptraea u. s. w.) ist der Magen ganz einfach ein weiter, kug- liger Darmabschnitt, ähnlich der letzten Abtheilung bei Buceinum u. a. Der Oesophagus ist einfach, ohne kropfartige Erweiterung. Janthina endlich besitzt zwei Mägen, einen vordern, der mehr dünnhäutig ist, und einen hintern von musculöser Textur. Zwei ähnliche Mägen fin- den sich auch bei Vermetus, einem Tubulibranchiaten, bei dem die Spei- seröhre auch noch in einen Kropf sich erweitert. Eben so zahlreiche und beträchtliche Differenzen bietet der Darm- kanal unter den Nudibranchiaten dar. Durch seine Kürze und Weite ausgezeichnet ist derselbe bei Tritonia, wo zugleich ein sehr an- sehnlicher Pharynx sich vorfindet. Der Oesophagus erweitert sich nach kurzem Verlauf in einen rundlichen Magen, der von dem übri- gen Darm sich nur wenig unterscheidet. Bei Tr. quadrilatera !) (nicht bei Tr. Hombergi) trägt er in seinem mittlern Theile einen Kranz von etwa dreissig scharfen hornigen Plättchen. Eine ähnliche Bewafl- nung findet sich bei Scyllaea, die auch sonst in dem Bau des Verdau- ungskanales der Tritonia ähnelt. Abweichend dagegen ist die An- ordnung bei Tethys, wo der ebenfalls nur kurze Darmkanal in zwei scharf von einander getrennte Abtheilungen zerfällt, deren vordere sich durch die starke Musculatur der Wandungen, so wie durch ihre Weite und Kürze auszeichnet. Sie besteht aus Pharynx, Oesophagus und Magen, die aber fast ohne Spur ihrer Zusammensetzung in eine einzige Masse verschmolzen sind. Am deutlichsten lässt sich noch der Magen als isolirter Theil durch seine etwas grössere Weite und sein hartes, fast knorpelartiges und in Falten gelegtes Epithelium erkennen. Der zweite Abschnitt des Verdauungsapparates ist ein dünnhäutiger Darm, ebenfalls nur von unbedeutender Länge. An seiner Ursprungs- stelle aus dem Seitentheil des Magens ist derselbe mit einem kurzen, nach oben gekrümmten Blindsack 2) versehen, der in seinem Innern zahlreiche quere Falten trägt und als zweiter Magen zu deuten ist. Noch einen andern Bau zeigt Onchidium 3). Der Oesophagus, ein dünner und ziemlich langer Abschnitt, der an seinem untern Ende 1) Meckel’s System der vergl. Anat. Th. IV. S. 188. 2) Cuvier hat diesen Blindsack, den Meckel (Beiträge u. s. w. Th.I. Abth. 1. S. 13.) und Delle Chiaje (Memorie etc. Tom. III. p. 142.) als zweiten Magen ganz richtig beschreiben, übersehen. Der dritte Magen übrigens, den Meckel äu- sserdem noch unterscheidet, ist nur der Anfangstheil des Darmes. | 3) Der gesammte innere Bau rechtfertigt die Stellung dieser Schnecke in der Ordnung der Nudibranchiaten. Cuvier u. A. rechnen sie zu den Pulmonaten. 430 Verdauungsorgane der Gasteropoden. sich kropfartig erweitert, führt in einen ansehnlichen mit sehr dicken Wandungen versehenen Muskelmagen, auf den noch zwei andere Mä- gen folgen, deren innere Haut in zahlreiche Längsfalten gelegt ist. Der erste derselben hat mehr eine trichterförmige Gestalt, der zweite eine eylindrische. Bei den Doriden !) ist der Magen wiederum nur einfach. In der Regel erscheint er als eine rundliche (Polycera) oder mehr längliche‘ Anschwellung (Doris tuberculata, argo u. a.), die nur selten nach un- ten in einen kurzen Blindsack ({D. solea) sich ausziehet. Zu einem sehr langen, darmartigen Anhang wird dieser bei Eolidia 2) und Tergipes >), wo er bis an das hintere Leibesende hinabreicht. Auffallender Weise entsendet derselbe nach den Seiten hin einzelne, mehr oder minder zahl- reiche quere Zweige, die nochmals sich verästeln und in die Kiemen hineintreten, wo sie mit einem dunkeln Epithelium sich belegen und blind endigen. Der Darm, der, wie gewöhnlich, seitlich aus dem Ma- gen entspringt, ist nur sehr kurz. Eine ähnliche Anordnung besitzt Cal- liopaea #) (wahrscheinlich auch Glaucus). Nur insofern findet sich eine Differenz, als statt eines einzigen, mittlern, darmförmigen Magenanhan- ges deren zwei vorhanden sind, die in den Seitentheilen des Körpers verlaufen und mit ihren Zweigen in die Kiemen und vorn selbst im die Tentakel hineinreichen. Analoge, blindgeendigte Magenanhänge finden sich auch bei den übrigen sog. Phlebenteren 5). Der eigentliche Magen ist bei ihnen 6) eine birnförmige oder rundliche Erweiterung: von musculöser Textur, die bisweilen (Pelta) sich im Innern mit eini- gen sichelförmigen Hornplatten bewaffnet und in der Regel durch einen nur kurzen Oesophagus mit dem Pharynx communicirt. Der blinde Anhang des Magens ist bei Pelta ein sehr weiter, mit zahlrei- chen halbkugelförmigen Ausstülpungen versehener Sack, der an den Darm mancher Turbellarien (z. B. von Monocelis) erinnert. Bei Chali- | 1) Vergl. über die Anatomie von Doris neben den Angaben von Cuvier be-' sonders Meckel in den Beiträgen |. c. Th. I. Heft 2. S. 1ff. 2) Vergl. die Beiträge von Frey und Leuckart. Ungenau sind die Angaben von Quatrefages in den Ann. des scienc. nat. Tom. XIX. p. 274. 3) Siehe v. Nordmann in den Annal. des scienc. nat. 1846. Tom. V. p. 274. | 4) Milne Edwards in den Ann. des scienc. nat. 1542. Tom. Z VII. p- 330. 5) Vergl. Quatrefages a.a. 0. 6) Dass übrigens bei diesen Phlebenteren ein Darm mit einer Afteröffnung fehle, I | wie es Quatrefages behauptet, ist um so unwahrscheinlicher, als derselbe Be- obachter bei Zephyrina und Actaeon wirklich (wenngleich ohne über die Bedeutung völlig gewiss zu sein) eine Afteröffnung in der Medianlinie des Hinterleibes ange- troffen hat und jene Ansicht nur deshalb vertheidigt, weil er irriger Weise den Magenanhang, der mit seinen Verzweigungen ein besonderes Systema phlebentericum s. gastro-vasculare bilden soll, dem Darme der übrigen Gasteropoden parallelisirt. ——— —— ——- Verdauungsorgane der Gasteropoden. 431 dis ist der Anhang in der Medianlinie gespalten und in zwei seitliche, weite Schläuche zerfallen, die in der Mitte durch eine quere Brücke unter sich und mit dem Magen zusammenhängen. Zwei ähnliche Säcke finden sich bei Amphorina, entspringen aber hier, weil ein besonderer Magen fehlt, unmittelbar. aus dem Pharynx. Beide versehen sich übri- gens noch mit ansehnlichen, gestielten Ausstülpungen, die, wie bei Eolidia u. a., bis in die Kiemenblätter sich hinein erstrecken. In noch andern Phlebenteren gleichen diese Anhänge durch ihr gefässartiges Ansehen dem Darm von Planaria u.a. So bei Zephyrina und Actaeon, bei denen sich zwei seitliche Stämme vorfinden, deren Verästelungen sich bei Zephyrina, wo äussere Kiemen vorhanden sind, auch in diese hineinerstrecken. Unter den Hypobranchiaten trifft man die einfachste Form des Darmrohres bei Ancylus !) und auch bei Phyllidia, wo die Speiseröhre ziemlich lang und dünn ist, der Magen einfach, rundlich und bei Phyl- lidia in einen kurzen Blindsack ausgezogen. Bei Diphyllidia 2?) dagegen ist die Speiseröhre viel kürzer, und der Magen nach unten in einen ausserordentlich weiten Blindsack verlängert, welcher, allmälig sich verengernd, bis an das hintere Leibesende hinabreicht. Der Darm ist kurz und wenig gewunden. Wiederum verschieden ist die Anordnung des Verdauungskanales in Pleurobranchus und Pleurobranchaea, wo der Pharynx sich durch seine Grösse auszeichnet und aus zwei hinter einander gelegenen Theilen besteht, von denen der hintere 3) eine starke Bewaflnung trägt und rüsselförmig über den vordern vorgestülpt werden kann. Die Speiseröhre erweitert sich ziemlich bald zu einem ansehnlichen Kropf, welcher durch einen kurzen cylindrischen Darmtheil 4) mit einem rundlichen Magen communieirt. Auf diesen folgt bei Pleu- robranchus unmittelbar noch eine zweite Magenerweiterung (fehlt bei _Pleurobranchaea), aus welcher ein kurzer Darm seinen Ursprung nimmt. Bei den Pomatobranchiaten finden sich ebenfalls ansehnliche Differenzen in dem Bau des Darmrohres. Bei Doridium 5) und Bulla erscheint der Pharynx als ein sehr ansehnlicher, länglicher Abschnitt, +1) Ueber den Bau des Ancylus fluviatilis sehe man Vogt in Müller’s Archiv ‚181. S.25 ff. — Nach Treviranus (Zeitschrift für Physiol. IV. S. 194.) würde ‚ übrigens der Magen zusammengesetzter sein und aus einer vordern, dünnhäutigen ı Erweiterung und einem rundlichen Muskelmagen bestehen, der selbst wiederum in ‚einen vordern und hintern Theil zerfiele. | 2) Vergl. Delle Chiaje, Memorie etc. I. p. 128. und besonders Meckel im ‚ Archiv für Anatomie u. Physiol. 1826. S. 13. (Aeltere, nicht ganz genaue Angaben , von demselben Verfasser finden sich im deutschen Archiv f. Physiol. Th. VIIL S.190.). 3) Meckel (Beitr. zur vergl. Anat. Th. I. Heft 1. S. 31.) betrachtete diesen als ersten Magen, den Kropf als zweiten. 4) CGuvier deutete diesen untern Theil der Speiseröhre als Muskelmagen. 5) Vergl. Meckel, Beiträge. Th. I. Heft 2. S. 20. 432 Verdauungsorgane der Gasteropoden. ähnlich dem sog. Muskelmagen bei Aphrodite. Durch eine kurze Spei- seröhre steht er mit einem länglich runden Magen in Verbindung, welcher im Innern zahlreiche Längsfalten trägt und bei Bulla (beson- ders stark bei B. lignaria) mit einer Bewaflnung versehen ist, die aus zwei, zum Theil sehr harten, seitlichen Stücken von dreieckiger oder rautenförmiger Gestalt und einem obern, unpaaren, Stücke besteht. Bei Doridium findet sich, von der Leber umgeben, ausserdem noch eine zweite, kleinere Magenanschwellung. Anders ist die Anordnung bei Aplysia !). Hier ist der Pharynx ?) nur kurz, wie überhaupt auch sonst in den meisten Fällen. Die Speiseröhre 3) erweitert sich bald nach ihrem Ursprung zu einem sehr langen und weiten, aber nur dünnhäutigen ersten Magen ?), auf den ein zweiter, kürzerer und mehr ringförmiger Muskelmagen 5) folgt. Ein dritter Magenabschnitt 6) ist mehr länglich und wiederum nur mit dünnen Wandungen versehen. Er geht allmä- lig, nachdem sich in ihn ein ziemlich langer, blinder Anhang ?) von cy- lindrischer Form geöffnet hat, in den eigentlichen Darm 8) über. Der: Muskelmagen besitzt an seiner innern Wand einige zwanzig rautenför- mige Knorpelstücke ®), von denen sich etwa die Hälfte durch ihre Grösse auszeichnet. Letztere stehen abwechselnd in drei Querreihen‘ hinter einander. Eine ähnliche Reihe bilden vor ihnen die kleinern Knorpelstücke. Auch der folgende Darmabschnitt10) trägt auf seiner‘ innern Auskleidung eine Menge spitzer, hakenförmiger Zähne. Unter den übrigen Deckkiemern besitzt Gasteropteron nur einen einfachen, rundlich ovalen Magen, während Dolabella und Notarchus mit Aply- sia übereinstimmen. In der Gruppe der Pteropoden unterscheiden sich die nackten. und die mit einer Schale versehenen Arten, wie in mehrfacher ande- rer Beziehung, so auch besonders im Bau des Darmkanals. Sie be- sitzen alle einen verhältnissmässig ziemlich langen Oesophagus, dem bei den ersteren ein einfacher, dünnwandiger Magen von rundlicher Gestalt folgt. Bei den letzteren dagegen ist der Magen doppelt. Der zweite ist ein kurzer, cylindrischer Muskelmagen mit dicken Wandun- gen, wie bei Aplysia, der auch hier, wie es scheint, ganz allgemein im Innern mit einer Bewaffnung versehen ist. Bei Cymbulia, Hyalea u. a. besteht dieselbe in vier ansehnlichen knorpelartigen Schuppen. Bei Cymbulia zieht sich dieser Abschnitt nach hinten in einen kleinen ko- nischen Blindsack aus. Der vordere Magen ist eine mehr (Hyalea) oder | 1) Neben den Angaben von Cuvier vergl. man über die Anat. dieses Thieres besonders Delle Chiaje (Memorie etc. I. p. 28 fi.). 9) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV. a. — 3) Ibid.b. — 4) Ibid.) er 5) Adern. 6) Abd, ee) I a Ibid. fig. XIV. — 9) Ibid, fig. XV. b. — 10) Ibid. c. 11) Man vergl. die Monographien von Eschricht u. van Beneden. Verdauungsorgane der Gasteropoden. A433 minder (Limacina) ansehnliche, birnförmige Erweiterung, die im Innern zahlreiche Längsfalten besitzt. Der Darm ist verhältnissmässig kurz. Bei den Aspidobranchiaten ist der Magen überall, wie es scheint, nur einfach und im Innern bei Halyotis mit zahlreichen, sehr ansehnlichen Falten versehen, welche förmliche taschenartige Neben- höhlen bilden. Der Darm ist ziemlich lang und gewunden. Auch in der Ordnung der Gyelobranchiaten ist der Magen nur eine einfache, länglich runde Erweiterung, auf die ein dünner Darm 2) folgt, welcher an Länge den ganzen Körper um vier bis sechs Mal übertrifft und in zahlreichen Windungen die Leibeshöhle durchsetzt. Speicheldrüsen sind fast ganz allgemein vorhanden und fehlen nur bei wenigen Gasteropoden (bei den beschalten Pteropoden, bei Am- phorina, Zephyrina, Actaeon, Chiton, vielleicht auch bei Eolidia). In ihrer Entwicklung scheinen sie einigermaassen mit der Anordnung des Darmkanales in Uebereinstimmung zu stehen, insofern sie nämlich da gewöhnlich sehr ansehnlich sind, wo sich ein Rüssel oder eine star- ke Bewaffnung im Pharynx und auch im Darm vorfinde. In der Regel sind sie paarige Organe 3), welche an den Seiten des Oeso- phagus oder neben dem Magen (Helix, Tethys u. a.) gelegen sind. Ihre Ausführungsgänge ®), bisweilen (besonders bei den Pectinibranchia- ten) von ansehnlicher Länge, folgen dem Laufe des Oesophagus und werden mit diesem zugleich vom Ganglienschlundring umfasst, wenig- stens überall, wo solcher seine gewöhnliche Lage besitzt. Sie mün- den in den Pharynx zu den Seiten der Zunge oder auch wohl in den Oesophagus gleich bei dessen Ursprung (Littorina). In einigen Fällen (so bei Buceinum, Murex, Purpura u. s. w., aber auch bei Doris und _ Pleurobranchaea) verschmelzen beide Speicheldrüsen mehr oder min- _ der innig in eine einzige, unpaare Masse, die unterhalb des Oesopha- gus gelegen ist, aber überall noch durch einen doppelten Ausführungs- gang die ursprüngliche Duplicität andeutet. Bei Janthina, sowie bei ' Pleurobranchaea und wahrscheinlich auch bei Pleurobranchus finden sich zwei Paar Speicheldrüsen, deren hinteres Paar bei den letzteren ' Gasteropoden übrigens völlig verschmolzen ist, so dass selbst nur ein ‚ einziger Ductus salivalis vorkommt. | Manche Verschiedenheiten bietet auch die Structur der Speicheldrü- Een dar. Bei Chalidis und Pelta sind sie zwei kleine seitliche Beutel ‚von oblonger Gestalt, die mit verengtem Ausführungsgang münden. "Als einfache Blinddärme, nur durch eine bedeutendere Grösse ausge- ' zeichnet, erscheinen dieselben auch bei Carinaria, Calyptraea, Clio und ' Gasteropteron 5). Bei Ancylus besetzen sich diese Schläuche nach allen | DW Ic! zuotom.Tabr XXX. fig: KR, er — 2) Thid FERN 3) | Ibid. fig. IV.d.d. — 9 Ibid ee 5) So nach Kosse. c. Wagner’s Zootomie. II. 28 434 Verdauungsorgane der Gasteropoden. Seiten mit kleinen Blindsäckchen. Indem die Verzweigung noch weiter fortschreitet, bildet sich endlich die gewöhnliche acinöse Anordnung der Speicheldrüsen hervor. In den einzelnen Läppchen lässt sich (He- lix) eine äussere zarte Membran und ein inneres Epithelium unterschei- den. Das letztere besteht aus schr grossen Zellen, deren Kerne und körnigen Inhalt man im Secrete der Drüsen wiederfindet. Die Drü- sen selbst sind von weisser Farbe, ‚bald gestreckt, wie bei Tethys, Aplysia !), Patella, bald oblong und lappig, wie. bei Helix und Litto- rina, bald endlich mehr rundlich, wie bei Buceinum, Doris u. a. Eigenthümlich ist es, dass ausser den Speicheldrüsen bei man- chen Gasteropoden (bei den echten Pectinibranchiaten, wie Bucci- num, Murex 2), Purpura u. s. w.) noch ein anderes drüsiges Organ unter- halb des Schlundes vorkommt, das durch seine Grösse und bräunliche Färbung sich leicht bemerklich macht. Es besteht in einem einfachen, weiten Beutel von oblonger Gestalt, der in der Regel mit einem Se- erete angefüllt ist und dicht vor (Buceinum), oder auch hinter (Murex, Purpura) dem ersten Blindsack des Magens in den Darmkanal mündet. Seine physiologische Bedeutung ist noch gänzlich unbekannt. Ein wahr- scheinlich analoges Organ findet sich unter ähnlicher Form bei Doris: tuberculata, scheint aber hier paarig zu sein und in den vordern Theil des Oesophagus zu münden. Andeutungen dieser Gebilde sind viel- leicht bei Littorina die beiden seitlichen Ausstülpungen am Anfang der Speiseröhre. Ganz constant (mit Ausnahme 3) von Sagitta) findet man bei den‘ Gasteropoden eine Leber !), ein in der Regel sehr distinctes und pa- renchymatöses Gebilde von ansehnlicher Grösse, welches durch einen‘ einfachen oder auch mehrfachen Ausführungsgang von verhältnissmä- ssig sehr beträchtlicher Weite in den Darm mündet. Nur in seltenen‘ Fällen hat sich die Leber weniger vollständig vom Verdauungskanale getrennt und scheint dann eher ein continuirlicher Theil desselben, als ein selbstständiges, isolirtes Organ zu sein. Ein solches Verhältniss: trifft man bei den sog. Phlebenteren, wo die Leber eben in dem oben schon erwähnten Systema phebentericum s. gatro-vasculare 5) besteht, 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. ÄIV.h.h. fig. XV.g.g. 2) Hier beschrieb Leiblein dieses Gebilde als das problematische Organ am Schlunde. 3) Auch bei Dentalium ist die Leber noch unbekannt, doch möchte sie hier wohl eine analoge Lage haben, als bei vielen andern Gasteropoden und den Kern des von Deshayes beschriebenen Eierstockes bilden. Was man früherhin als Leber bei diesem Thier gedeutet hat, sind die Kiemen (s. unten). 4) Vor allen wichtig sind auch hier die Angaben von Cuvier in den M&- moires. 5) Richtiger würde man wohl diesen Apparat ein Systema gastro-biliare benennen Verdauungsorgane der Gasteropoden. 435 dessen drüsige Endigungen gewissermaassen eine in ihre Acini zerfal- lene Leber darstellen. Eine Uebergangsbildung von dieser Form zu der gewöhnlich bei den Gasteropoden vorkommenden bildet das gal- lenbereitende Organ bei Pleurophyllidia !). Es besteht dasselbe näm- lich aus zwei seitlich neben dem ansehnlichen Magenblindsack gelege- nen Lebermassen, welche in diesen durch etwa sechs Paare von Quer- gängen einmünden. Eine andere, ebenfalls noch wenig selbstständige Anordnung der Leber trifft man bei Clio und Pneumodermon. Hier nämlich besetzt sich der Magen in seinem ganzen Umfange mit einer Menge dichtste- hender, ceylindrischer Blindschläuche, deren Höhlen mit der grossen Ma- genhöhle in offner Communication stehen. Auch bei Polycera, so- wie bei einigen Dorisarten (D. argo und limbata) ist der Magen noch überall von der Leber umgeben und mit zahlreichen Oeffnungen ver- sehen. Es sind jedoch die Leberschläuche schon mehr unter sich verbunden, als bei Clio, und münden nicht mehr einzeln in die Ma- genhöhle. Bei den übrigen Gasteropoden geht die Vereinigung der einzelnen Leberfollikel 2) zu einem parenchymatösen, vom Magen getrennten Or- gan immer weiter. Bei Chiton sitzen die Acini noch ziemlich lose, wie die Blätter eines Baumes oder die Beeren einer Traube, auf den verä- stelten Gallengängen. Auch da, wo die Vereinigung der einzelnen Fol- likel viel inniger ist, lassen sich solche immer noch deutlich erken- nen. Sie bilden längliche oder auch mehr rundliche Schläuche, an denen man eine äussere structurlose Membrana propria und ein zelli- ges Epithelium unterscheidet. Der fettige, meistens bräunlich ge- färbte Inhalt ist eben die Galle 3). Die Ausführungsgänge der Le- ber flimmern, wie der Darm. Die Grösse der Leber ist in der Regel sehr beträchtlich. Sie er- füllt vorzugsweise den hintern Theil der Leibeshöhle und ist überall, wo der Darm nur einigermaassen lang ist, von den Windungen des- können, wie Souleyet (Compt. rend. 1844. p. 355. und Ann. of natur. hist. Vol. XIV. p. 342.) es vorgeschlagen hat. Quatrefages deutet, minder richtig, dieses Anhangsgebilde als einen verzweigten Darm. 1) Vergl. Meckel, Archiv. 1826. S. 15. 2) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV.l. Ueber den feinern Bau der Leber vergl. man J. Müller, De glandularum secernentium structura. 3) Nach den Beobachtungen von H. Meckel (Müller’s Archiv. 1846. S. 10.) würden sich auch in den Follikeln der Mollusken, wie bei den Crustaceen (S. 223.), Bilin- und Fettzellen unterscheiden lassen. — Uber die chemische Zusammense- tzung der Galle vergleiche man Schlemm, De hepate ac bile Crustaceorum et Mol- luscorum. Berol. 1844. Daneben Frank, de hepate Molluscorum, Berol. 1844. 28* 436 Verdauungsorgane der Gasteropoden. selben durchsetzt. Gewöhnlich zerfällt die ganze Masse in einzelne grössere Lappen, die häufig auch ihre eigenen Gallengänge besitzen. Solcher Lappen zeigt die Leber von Helix !) z.B. vier, von Limax fünf. Zwei Lappen finden sich bei Limnaeus, Planorbis u. a., drei bei Aply- sia, sechs bei Seyllaea u.s. w. Bisweilen geht diese Theilung selbst so weit, dass die Leber mehrere von einander völlig getrennte Massen bildet, zwei bei Testacella, drei bei Onchidium. Grosse Verschiedenheiten zeigen auch die Mündungsstellen der Gal- lengänge, welche übrigens häufig mehrfach vorhanden sind (bei Helix z. B. doppelt) und selbst bis auf sechs und noch mehr (Tritonia, Ca- Iyptraea, Patella u. a.) sich belaufen können. Meistens freilich inseriren sie sich in den Pylorus (z. B. Helix 2), Vaginulus, Vermetus, Buceinum) oder auch in den Magen, wie bei Doris, Tethys und bei Aplysia, wo die letzte der vorhandenen drei Magenerweiterungen die Galle auf- nimmt. Nicht so selten übrigens rücken die Insertionsstellen der Le- bergänge auch weiter nach vorn oder hinten. So öffnen sie sich bei Scyllaea in die Cardia, bei Onchidium in den Muskelmagen und das un- tere Ende der Speiseröhre, während sie bei den Heteropoden erst gegen das Ende des Darmes münden. Bei einigen Arten aus der Gattung Do- ris (bei D. solea, lacera, tuberculata, verrucosa, nicht bei D. limbata, argo, coceinea) besitzt der Ductus choledochus nahe an seiner Mün- dung in den Magen noch einen besondern kurzen, blinddarmförmigen Anhang 3). Nicht so ganz unwahrscheinlich ist es, dass dieser die er- ste Andeutung des Pankreas sei, welches in ähnlicher Weise an der- selben Stelle bei den Cephalopoden sich vorfindet. Vielleicht entspricht diesem Anhang auch der lange Blinddarm, der bei Aplysia in den letzten Magen nahe an der Insertionsstelle des Gallenganges sich einsenkt. Organe des Rreislaufs bei den Gasteropoden 9). Auch in der Klasse der Gasteropoden ist das Circulationssystem keineswegs in seinem ganzen Umfange geschlossen. Wie bei den Ce- phalopoden, so bildet auch hier die Bauchhöhle einen grossen venösen Sinus 5), in dem das Blut sich sammelt, bevor es in die Respirations- 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV. ff. — 2) Ibid. @. 3) Vielleicht findet sich eine ähnliche Anordnung auch bei manchen Pteropo- den. Souleyet wenigstens giebt an, dass bei einigen dieser Thiere die stärk- sten Gallengefässe in eine sehr langgezogene Blase mündeten, die sich nicht weit vom Pylorus in den Darm öffne. 4) Neben den Angaben von Cuvier, Delle Chiaje und Meckel über den Bau des Blutgefässsystems der Gasteropoden ist von grösster Wichtigkeit: Milne Edwards et Valenciennes, Sur la constitut. de l’appar. eircul. chez les Mol- lusques in den Annales des science. nat. 1845. T. II. p. 307 ff. 5) Schon Cuvier (Mem. sur le genre Aplysia p. 14.) entdeckte dieses Ver- Organe des Kreislaufs bei den Gasteropoden. 437 organe hineimtritt. Wahrschemlich überall fehlt aber ausserdem noch ein grösserer oder geringerer Theil des venösen Systemes, bisweilen sogar des arteriellen, und dann ist mitunter, wenngleich nur selten, nur das Herz als Rudiment des gesammten Gefässsystemes übrig geblie- ben. Die Farbe des Blutes ist meistens schmutzig weiss, selten, be- sonders bei den Nudibranchiaten !), gelblich, roth, braun oder grün. Die Blutkügelchen ?) sind, wie überhaupt bei allen Evertebraten, in ge- ringerer Menge, als bei den Wirbelthieren, vorhanden. Sie sind im Allgemeinen rund, etwas abgeplattet und enthalten neben einer Menge von Molecularkörperchen einen oder auch wohl zwei Kerne. Eine analoge Erscheinung, wie der Chylus der Chätopoden sie darbietet, findet sich auch bei der Blutflüssigkeit der Gasteropoden darin, dass sie sich unmittelbar mit dem Wasser 3) mischt, in welchem die Thiere leben. Zum Eintritt desselben scheinen in manchen Fäl- len besondere Oeffnungen %) zu dienen, die vorzugsweise, wie bei den Pectinibranchiaten, an der untern Fläche des Fusses, aber auch mit- unter an andern Stellen (bei Doris seitlich vom After) sich vorfinden. — Das Herz der Gasteropoden, das überall nur einfach vorhanden ist und aus einem dünnhäutigen Vorhof 5) und einer Kammer 6) zu- sammengesetzt wird, die durch eine tiefe, ringförmige Einschnürung, sowie durch besondere Klappen (valvulae atrio - ventriculares ) ?) geschieden sind, hat die Bedeutung eines Aortenherzens. In den Wandungen desselben unterscheidet man mehr oder weniger voll- ständig organisirte Muskelbündel mit deutlichen Primitivfasern. Sie halten bei Aplysia, hielt dasselbe aber für eine seltsame Abweichung von dem ge- wöhnlichen Typus der Bluteirculation. Später bestätigte auch Delle Chiaje die Beobachtung. Als Gesetz für alle Mollusken wurde diese Anordnung aber erst von Milne Edwards (Annal. des sciene. nat. |. c. p. 289 ff.) erkannt. 1) Vergl. Forbes in den Anales of natur. hist. Vol. VI. 1841. p. 317. 2) R. Wagner, zur vergleichenden Physiol. des Blutes, sowie Peters und Robin in Müller’s Archiv. 1846. S. 120. 3) So nach den Untersuchungen von van Beneden, Sur la eirculat. du sang chez les anim. infer. (Compt. rend. 1845. p. 517.), denen auch Milne Ed- wards (l. c. p. 277.) beistimmt. 4) Delle Chiaje beschrieb diese Oeffnungen als die Mündungsstellen eines besondern wasserführenden Gefässsystems (l. c. Il. S. 263 f.), das er als ein Supplement der Respirationsorgane betrachtete. Durch die Untersuchungen der genannten Zootomen aber hat es sich herausgestellt, dass ein solches in dieser ' Art nicht existirt und dass die Räume, welchen Delle Chiaje jene Bedeutung gab, ' bloss Theile des wandungslosen venösen Systemes sind. 5) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV.m. fig. XIV.k — 6) Ibid. fig. XIV. i. 7) Ibid. fie. W.n. — 438 Organe des Kreislaufs bei den Gasteropoden. bilden, wenigstens in den meisten Fällen, mehrere netzförmig verschlun- gene Strata, welche zahlreiche maschige Lücken und Zwischenräume zwischen sich lassen und da, wo die Wandungen durch eine ansehn- liche Dicke zu kräftigen Contractionen befähigt werden sollen (z. B. Helix, Buccinum u. a.), selbst förmliche Papillarmuskeln !) vorstellen. In den Gefässen unterscheidet man ausser einer deutlichen Tu- nica intima ?) eine Faserschicht, deren Elemente vorzugsweise Längsfa- sern sind. An manchen Stellen legt sich über diese noch eine Lage von grossen, glashellen Zellen, die auch in anderen Fällen bei den Gasteropoden statt einer äussern Zellgewebeschicht vorkommt. Die Differenzen in dem anatomischen Bau des Gefässsystems sind sehr zahlreich, doch im Ganzen von keiner sehr grossen Bedeu- tung. Bei Helix 2) u. a. liegt das Herz an der rechten Körperseite, fast am Ende des Lungensacks neben der Niere. Beide Abtheilungen, Vorhof und Kammer, sind von einem gemeinschaftlichen Pericardium umgeben. Aus dem Ventrikel entspringen mit derselben Wurzel 4) zwei ansehn- liche Aortenstämme, eine Aorta hepatica und eine Aorta cephalica. Die erstere, die durch ihre Stärke sich auszeichnet, läuft der Leber anliegend durch alle Windungen der Schale bis an deren Ende. Zahl- reiche, zum Theil nicht unansehnliche Zweige versorgen Leber und Geschlechtsdrüse, daneben auch Niere und Darm. Die Aorta cephalica verbreitet sich im vordern Theil des Körpers. Sie entsendet eine Ar- teria haemorrhoidalis an den Mastdarm und versieht daneben die Aus- führungsgänge der Geschlechtsorgane mit den annexen Gebilden, so- wie Speicheldrüsen und Magen. Später tritt der Stamm 5) zugleich mit dem Oesophagus durch den Schlundring und verbreitet sich als Carotis im Kopfe. Ein Ramus recurrens läuft an die vordern Fuss- muskeln und den Mund, die äusseren Geschlechtstheile und die Cu- lis. Die Venenstämme, die vorzugsweise in der Leber, den Genera- tionsorganen und den andern Eingeweiden, sowie in den äussern Be- deckungen wurzeln 6), bilden, wie bei den Fischen und Amphibien, ein förmliches Nierenpfortadersystem ?), dessen Vasa deferentia sich in die Leibeshöhle, diesen grossen venösen Sinus, öffnen. Im 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV. e. 2) Von Nordmann will bei Tergipes (l. c. p. 109.) ia der Aorta ein Flim- merepithelium wahrgenommen haben. 3) Eine detaillirte Darstellung des Gefässsystemes von Helix lieferte Erdl, de Helicis algirae vasis sanguiferis. Monach. 1840. 4) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV.z. — 5) Ibid. w. 6) Nach Milne Edwards (l. c. p. 295.) fehlt ein besonderes Capillargefässsy- stem, indem die Verbindung zwischen Arterien und Venen überall durch sehr feine, aber wandungslose Kanäle vermittelt wird. 7) So fanden es Milne Edwards und Valenciennes bei Triton und Buc- einum, Treviranus (Beobachtungen®l. c. S. 36.) schon früher bei Helix. Örgane des Kreislaufs bei den Gasteropoden. 439 Fuss und den äussern Geschlechtsorganen fehlen besondere Venen. Das Blut sammelt sich hier in einem Systeme wandungsloser Räume oder Kanäle (systeme lacunaire), welche ebenfalls in die Leibeshöhle münden. Besondere, nicht unansehnliche Vasa aflerentia treten von hier in den Lungensack, dessen Wände ein sehr deutliches Gefäss- netz !) zeigen. .In diesem wurzelt die Lungenvene 2), die als starker Stamm in den Vorhof des Herzens mündet. Unter den manchfachen Differenzen in der Anordnung des Gefäss- systems sind diejenigen, welche das Herz darbietet, die auffallend- sten. In der Mehrzahl der Fälle, überall, wo die Respirationsorgane eine asymmetrische Gruppirung an der rechten oder linken Seite zei- gen, hat auch das Herz eine entsprechende Lage. Wo dagegen die Kiemen regelmässig auf beide Körperseiten vertheilt sind, findet sich das Herz in der Medianlinie des Leibes (mit Ausnahme von Pleurophyl- lidia, Clio, Hyalca, wo es rechts, oder von Patella, wo es links gele- gen ist). Ueberall liegt es den Athmungsorganen möglichst nahe und rückt so denn bisweilen (Doris, Onchidium, Parmacella und Te- stacella) bis an das hintere Leibesende, oder in andern Fällen (z. B. Dentalium, Patella) bis weit nach vorn. Statt einer einfachen Vorkammer finden sich bei den Schild- und Kreiskiemern (mit Ausnahme von Patella) zwei 3) seitliche, wie bei den Acephalen, denen die Mehrzahl dieser Gasteropoden (Halyotis,, Fis- surella, Emarginula) auch noch darin gleicht, dass der Ventrikel von dem Mastdarm durchbohrt wird. Als eine Eigenthümlichkeit verdient auch bemerkt zu werden, dass bei Chiton eine doppelte Communica- tion zwischen dem Ventrikel und den Kammern sich vorfindet, eine seitliche und eine hintere, deren letztere für beide Kammern gemein- schaftlich ist. Zahl und Vertheilung der Gefässe sind ebenfalls zahlreichen Diffe- renzen unterworfen. So finden sich z. B. da, wo die Respirationsor- gane gleichmässig an den Seiten der Körperfläche vorkommen, statt einer einfachen Vena pulmonalis deren zwei und selbst noch mehrere. Bei Tritonia, Phyllidia, Scyllaea sind jederseits zwei, bei Tethys je- derseits selbst etwa funfzehn vorhanden. Sehr häufig hat auch der gemeinschaftliche Stamm der beiden aus dem Ventrikel hervorkommen- den Aorten in ein langes (z. B. Chiton, Doris), ansehnliches Gefäss sich aus- gezogen, das erst ziemlich spät sich in seine einzelnen Aeste zerspaltet. 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV. p.p. — 2) Ibid. o. 3) Sehr auffallend ist es, dass bei den Pteropoden, wenigstens bei einer ge- wissen Anzahl derselben, sich nach Souleyet ein ziemlich geräumiges, birnförmi- ges Diverticulum am Vorhofe vorfindet, welches an der innern Fläche des Mantels festgewachsen ist und als teınporärer Blutbehälter zu dienen scheint, 440 Organe des Kreislaufs bei den Gasteropoden. Bei Aplysia bildet die Aorta cephalica, noch wo sie vom Herzbeu- tel umschlossen wird, einen ansehnlichen, auf seiner innern Fläche mit vielen fleischigen Vorsprüngen besetzten Bulbus !). Sehr ansehnliche Variationen zeigen sich auch in der mehr oder minder vollkommenen Entwickelung des gesammten venösen Gefässsy- stemes. Die Pectimibranchiaten (Triton, Buceinum) scheinen in dieser Beziehung mit Helix und den verwandten Pulmonaten im Wesentlichen wenigstens übereinzustimmen. Bei Doris und Tritonia dagegen fehlen wirkliche, mit besonderen Wandungen versehene Venen nicht nur im Fuss und den äusseren Geschlechtsorganen, sondern auch im ganzen Mantel. In Aplysia, Notarchus und Dolabella geht diese Anordnung noch weiter, indem hier alle Körpervenen von zusammenhängenden, wandungslosen Räumen vertreten werden. Ausgezeichnet ist unter die- sen besonders derjenige Kanal, welcher statt der Vena cava das Blut aus der Leibeshöhle zu den Kiemen führt und von den äussern Be- deckungen des Mantels, von Zellgewebestreifen und Muskeln gebil- det ist. Auch bei den Pteropoden 2) scheint jede Spur von eigent- lichen Venen zu fehlen. Die Degradation des Circulationsapparates beschränkt sich übri- gens keineswegs bloss auf das venöse System. Auch das arterielle nimmt daran, wenngleich nur seltner, wie es scheint, einen Antheil. So mündet bei Halyotis und Patella 3) die Aorta cephalica mit freier Oelfnung in die nicht unansehnliche Höhle des Kopfes, welche von der Bauchhöhle durch eine Querscheidewand von Muskeln und Zellgewebe getrennt wird und den Pharynx, die Nervencentren und die Speichel- drüsen enthält. Dadurch wird denn diese Höhle zu einem arteriellen Sinus, aus dem die Arteriae ophthalmicae und pedales ihren Ursprung nehmen. Auffallend ist es, dass bei Patella die letzteren Gelfässe sammt einer Arteria intestinalis nicht aus dem Sinus cephalicus selbst ent- springen, sondern aus einem besondern accessorischen Sinus, der von der Scheide der Zunge gebildet wird. Daneben ist übrigens die Lei- beshöhle, wie gewöhnlich, ein Sinus venosus, in welchen sich die ziemlich vollständig entwickelten Körpervenen ergiessen. Wo endlich das Gefässsystem noch rudimentärer wird, bei Ter- gipes #) und den übrigen Phlebenteren 5), mit Ausnahme der grö- ssern Arten (Eolidia u. a.), findet sich überall, wie es scheint, nur l) So nach Meckel, Cuvier beschreibt statt dessen ein Paar schwammi- ger Gelässanhänge. 2) Schon Eschricht konnte bei Clio keine Venen auflinden. 3) Milne Edwards, Compt. rendues. 1816. p. 373 fl. 1) von Nordmann |. ce. 5) Vergl Quatrefages (a. a. O.), der dieses Verhältniss bei den Phlebente- ren schon vor mehreren Jahren ganz richtig erkannte und darin einen characteri- stischen Unterschied zwischen diesen und den übrigen Gasteropoden finden wollte. Athmungsorgane der Gasteropoden. 441 noch ein Herz und ein Aortenstamm. Sonstige Arterien und Venen fehlen und das Blut tritt unmittelbar aus“der Bauchhöhle;, wo es alle Organe frei umspühlt, wiederum in das Herz !) zurück. Athmungsorgane der Gasteropoden. Die Gasteropoden zeigen in der Anordnung ihrer Respirationsor- gane dieselben grossen Differenzen, die auch in fast allen übrigen Or- ganisationsverhältnissen dieser Klasse sich geltend machen. Vorzugs- weise athmen sie durch Kiemen, seltner durch eine Lungenhöhle. Nur in wenigen Fällen sind beide Apparate neben einander vorhanden. Kiemen finden sich, wenngleich in Lage und Bau sehr unter sich differirend, bei dem grössten Theile der im Wasser lebenden Schnecken und zwar ausschliesslich bei diesen. Ihrer morphologischen Bedeutung nach sind sie bloss eylindrische oder blattförmige Verlän- gerungen der äussern Bedeckungen, und vor diesen nur durch eine zartere Beschaffenheit der epidermatischen Elemente ausgezeichnet, so- wie dadurch, dass sie sich wahrschemlich überall (z. B. Patella, Chi- ton, Aplysia, Doris, Eolidia, Buccinum, Paludina u. a.) mit einem Flim- merepithelium bedecken, dessen beständige Action einen schnellern Wechsel des umgebenden Medium hervorbringt. Nicht selten, viel- leicht viel häufiger, als man bisjetzt es kennt (Doris, Tritonia, Eolidia, Planorbis, Limnaeus), findet sich übrigens auch an den Fühlern eine solche Flimmerbekleidung ; ein Umstand, der vielleicht dafür spricht, dass in diesen Organen noch besondere Hülfsapparate der Respiration gegeben sind. Um so weniger unwahrscheinlich ist diese Ansicht, als auch sonst den äussern Bedeckungen ein gewisser Antheil am Athmungsprocesse vielleicht nirgends abzusprechen ist. In manchen Fällen, wo die Kie- men entweder völlig fehlen (bei den kleineren Phlebenteren) oder doch nur wenig entwickelt sich vorfinden (Tergipes, Polycera u. a.), sind sie es sogar ausschliesslich oder doch vorzugsweise, welche die Respiration vermitteln. Augenscheinlich ıst auch hierbei die dichte Ciliarbekleidung, welche unter solchen Umständen über die ganze Oberfläche 2) des Kör- pers sich verbreitet, von Bedeutung. 1) Dass übrigens selbst dieses bei den kleineren Phlebenteren fehle, wie Qua- trefages annimmt, bedarf noch einer Bestätigung. Bei Actaeon ist dasselbe we- nigstens aufgefunden (Allman in den Reports of the British associat. 1844. Notice. p. 65... — Mit Unrecht behauptet Souleyet (Compt. rend. 1844. p. 355.) bei den Phlebenteren die Geschlossenheit des Gefässsystemes und das Vorhandensein beson- derer Venen. 2) Bei Sagitta, wo ebenfalls keine Kiemen entwickelt sind, fehlt übrigens ein solches Epithelium auf der Epidermis, die überhaupt durch ihre Structur von der gewöhnlich bei den Mollusken vorkommenden Anordnung abzuweichen scheint. Cf. Krohn. c. 442 Athmungsorgane der Gasteropoden. Eine detaillirte Beschreibung der Kiemen, ihrer verschiedenen Lage und Anordnung !) ist ein Object der Zoologie, da diese sich der hierbei vorkommenden Verschiedenheiten zur Characteristik der einzelnen Ordnungen, Gruppen und Arten bedient. Den einfachsten Bau besitzen dıe Kiemen bei den Nudibranchiaten, wo sie unbe- deckt an der äussern Körperfläche gelegen sind und noch ganz deut- lich als blosse Verlängerungen des Mantels erscheinen. Bei Eolidia sind sie gestielte, platte Blätter, die sich schuppenförmig decken und in Querreihen an den Seitentheilen des Körpers neben einander gruppirt sind. Glaucus besitzt an beiden Seiten des Rückens drei grosse, gefin- gerte, flossenartige Anhänge, welche bei Tritonia, wo sie noch dieselbe Lage haben, baumförmig sich verästeln. Die Kiemen von Doris sind ebenfalls verästelt und umgeben kranzförmig die Afteröffnung. Sie sind contraclil und können sich mitunter (Polycera) zwischen zwei Hautfalten gänzlich verstecken. Aehnlich verhalten sich die Kiemen von Onchidium 2), die am hintern Körperende liegen. Beständig von einer Mantelfalte bedeckt und in eine dadurch ge- bildete Höhle eingeschlossen sind die Respirationsorgane der Deck- kiemer, die (Aplysia) in Gestalt und Zusammensetzung einige Aehn- lichkeit mit den Kiemen der Gephalopoden besitzen. Auf dem Boden der Athemhöhle,, welche mit einer Spalte an der rechten Seite des Rückens sich öffnet, liegt, der ganzen Länge nach befestigt, ein un- paares, gedrungenes Gebilde von pyramidaler Gestalt, an welchem man jederseits eine Reihe querer, bogenförmiger Leisten unterscheiden kann, die unter sich verbunden und nochmals mit ähnlichen, nur kleinern Querleisten versehen sind. Bei den Schildkiemern sind die Respirationsorgane auf ähnli- che Weise von einer Athemhöhle umschlossen, welche an der linken Seite oder im Nacken sich öffnet. Die Kiemen (Halyotis) sind doppelt, doch ungleich entwickelt, wie bei den Pectinibranchiaten. Eine andere Anordnung haben die Respirationswerkzeuge in der Gruppe der Gycelobranchiaten, wo sie in der ringförmigen Falte zwischen Mantel und Fuss kranzartig um den ganzen Körper gele- gen sind. Bei Patella 2) erscheinen sie als einfache, quere Blätter, die bei Chiton zu einer Anzahl kleiner, gefiederter Pyramiden sich ver- binden. Eine analoge Lage- besitzen die Kiemen der Hypobranchiaten. Sie liegen unter der Gestalt einer ansehnlichen, federförmigen Pyramide in der Mantelfalte an den Seiten des Leibes, an beiden (z. B. bei Phyl- 1) Man vergl. hierüber vorzugsweise Cuvier in den Mömoires und die spe- ciellern zoologischen Lehrbücher. 2) Vergl. Ehrenberg, Symbolae physicae. Animal. evertebrat. Dec. I. 3) Je. zootom. Tab. XXX. fie. XIX. h.h. Athmungsorgane der Gasteropoden. A445 lidia) oder nur an einer (bei Pleurobranchus u. a... Auch in den übrigen Ordnungen der Gasteropoden bewahren die Kiemen diese Lage in der Mantelfalte. Bei Carinaria erscheinen sie hier als eine Reihe kurzer, cylindrischer oder kegelförmiger Fortsätze, bei Denta- lium I) als zwei paarige, kammartig gefiederte Gebilde von ansehnli- cher Grösse. Bei den Pectinibranchiaten und Pteropoden, wenigstens bei den beschalten 2), ist in der Regel die Mantelfurche da, wo die ' Kiemen befestigt sind, im Nacken (bei Hyalea an der Ventralfläche), ‚ weite Querfalte, deren freier, oberer Rand sich häufig, bei den so sehr tief, so dass dadurch eine förmliche, weite Höhle gebildet wird, in welche auch Mastdarm, Vagina und Niere sich öffnen. in ih- rer Anordnung erinnert diese Höhle an die Kiemenhöhle der CGepha- lopoden, besonders bei Hyalea, wo sie, wie dort, fast den ganzen Eingeweidesack umfasst und auch wirklich als die Andeutung der- selben betrachtet werden muss. Nach aussen mündet sie durch eine oO > ' Siphonibranchiaten, in einen mehr oder minder langen, sehr beweg- | lichen Halbkanal, in eine Athemröhre (sipho), verlängert. Die ganze Höhle ist im Innern von einem Flimmerepithelium 3) ausgekleidet (Buc- einum). Bei den Pectinibranchiaten bilden die Kiemen, wie in den meisten übrigen Fällen, eine federförmige Pyramide mit zwei Reihen seitlicher Blättehen, neben der gewöhnlich (ausgenommen sind z. B. die Calyptraeen) noch eine minder entwickelte, zweite Kieme gelegen ist, die ganz einfach aus einer Reihe dreieckiger, querer Blättchen be- steht, deren Basis auf der obern Wand der Kiemenhöhle sich befestigt. — Eine differente Anordnung zeigen die Kiemen der beschalten Ptero- poden ?), die in der Regel aus zwei symmetrischen Kiemen gebildet 1) So nach Guilding (Transact. of {he Linnaean Society Vol. XVII. p. 32.). Deshayes beschrieb die Kiemen trotz ihrer eigenthümlichen Gestalt als Leber und hielt zwei Büschel fadenförmiger Tentakel, die im Nacken gelesen sind, für die Re- spirationsorgane. Immerhin mögen übrigens auch diese Anhänge als supplementäre Respirationsorgane funclioniren. 2) Wie die Respirationsorgane der nackten Pteropoden (Clio u. a.) beschat- fen sind, ist noch unbekannt. Eschricht betrachtet bei Clio die Zotten des Hals- kragens als Kiemen, Cuvier bei Pneurnodermon ein Paar spongiöser Massen am hin- tern Körperende, die van Beneden (Mem. de l’Acad. du Brux. T. XI.) den Ve- nenanhängen der Cephalopoden vergleicht. Am wahrscheinlichsten ist noch die Annahme, dass besondere Respirationsorgane überall den nackten Pteropoden feh- len und der Mantel dafür functionire. Vielleicht ist selbst der sog. Harnsack (Eschricht I. c. S. 16.) eine Art Lungenbhöble. 3) Vergl. Sharpey in Todd’s Cyelop. I. Art. Cilia. Eine solche Ausklei- dung findet sich vielleicht auch in allen übrigen Fällen, wo eine Athemhöhle ent- wickelt ist. 4) Man vergl. die monographischen Abhandlungen über diese Mollusken von van Beneden i. c. | 444 Harnwerkzeuge der Gasteropoden. werden, welche in den Seitentheilen der Kiemenhöhle, zur Rechten und zur Linken, liegen und bei Hyalea durch eine einfacher gebaute, quere Abtheilung zu einer zusammenhängenden Masse vereinigt werden. Bei Limacina, wo überall bisjetzt noch keine Kiemen aufgefunden sind, fehlen dieselben vielleicht wirklich oder werden doch wenigstens nur von einem sehr ausgebildeten Gefässnetze vertreten, das an den Wan- dungen der Kiemenhöhle sich verbreitet. Ein lungenförmiges Respirationsorgan findet sich vorzugsweise bei den Pulmonaten, zu denen ausser den Landschnecken auch noch einige wenige Wasserschnecken gehören. Es besteht dasselbe ganz einfach aus einer mehr oder weniger geräumigen Höhle, der Athemzelle oder Lungenhöhle, die zwischen Mantel und Eingeweidesack liegt und durch ein rundes, contractiles Loch !) sich nach aussen öffnet. Sie ist gewissermaassen eine Kiemenhöhle ohne Kiemen. Die innere Ausklei- dung ist sehr zart, mit einem schönen, häufig baumförmig verzweigten Gefässnetze 2), doch wahrscheinlich ohne CGilien. Die äussere Respi- rationsöffnung befindet sich gewöhnlich in der Nähe des Kopfes, an der rechten (bei den linksgewundenen Arten an der linken) Körperseite. Nur sehr selten (Testacella, Vaginulus) trifft man das Athemloch am hintern Körperende. Vielleicht gehört auch Ancylus ®) zu den Lungen- schnecken. Was man hier als eine Kieme beschrieben hat, scheint ein solides, faseriges Organ ohne blättrige Erhebungen und Blutgefasse, vielleicht ein blosser klappenartiger Vorsprung in der Athemhöhle zu sein. | Auffallend ist es, dass einige Gasteropoden, Onchidium und Am- pullaria mit einem andern sehr nahe stehenden Kammkiemer (Lani- stes) 4), sowohl Kiemen, als auch eine Lungenhöhle besitzen. Harnwerkzeuge der Gasteropoden. Als Niere hat die chemische Analyse 5) in der Klasse der Gastero- poden, wenigstens bei den Lungenschnecken, ein unpaares Organ er- kennen lassen, welches (Helix) innerhalb der Athemhöhle zwischen ’ Mastdarm, Herz und Respirationsorganen gelegen ist. Es erscheint 6 D Ss selez 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. II.d. — 2) Ibid. fig. IV. p. 3) Vogt (l. ec.) möchte hier als Lunge einen besondern schwefelgelben Körper ansehen, der die vordere Wand der Athemhöhle bildet. 4) Vergl. Troschel in Wiegmann'’s Archiv 1845. I. S. 200. 5) Swammerdam bezeichnete diese Niere als Kalksack (glandula testacea), Cuvier als Schleimdrüse Jacobson (Journal de Phys. T. XCI. p. 318.) dagegen hat durch das Auffinden von Harnsäure in dem Secret die Deutung als Niere bestätigt. 6) Ueber den Bau der Niere und den Modus der Harnsecretion bei den Lun- genschnecken vergl. man H. Meckel in Müller’s Archiv. 1846. S. 14. “ Besondere Absonderungsorgane der Gasteropoden. A4D als ein platter Sack !) von länglicher oder eckiger Form, der im In- ‘nern durch zahlreiche, mehr oder weniger vorspringende, blättrige Falten in eine Menge vollständiger und unvollständiger Fächer getheilt ist. Diese münden durch enge Oeffnungen in einen gemeinschaftli- chen weiten Ausführungsgang (ureihra), welcher innen mit faltigen ‚ Vorsprüngen besetzt ist, die ein Flimmerepithelium tragen. Er ver- läuft an dem rechten Rande des Nierensackes bis zum hintern Ende, wo er sich von demselben trennt und, nach vorn sich wendend, längs des Mastdarmes nach aussen 2) geht. Das Epithelium des Nierensackes lagert im Innern seiner einzelnen Zellen allmälıg grössere Goncremente von harnsaurem Ammoniak ab, die am Ende durch Dehiscenz der Zellenwandung frei werden und das Secret der Drüse bilden. Sie zeigen eine dunkle, gelbliche oder grauliche Färbung und ein concen- trisches Gefüge. Ein der physiologischen Bedeutung nach unstreitig ganz analoges Gebilde findet sich, wie es scheint, constant auch bei den Pectinibran- chiaten 3). Hier liegt es am Ende der Kiemenhöhle, in welche es sich öffnet ®), und bildet, ähnlich dem entsprechenden Organ der Lun- genschnecken, eine sackförmige, im Innern durch mehrere unvollkom- mene Scheidewände in Kammern getheilte Höhle. Unter den übrigen Gasteropoden scheint dieses Organ nur sehr selten (bei Limacina, Aplysia, Ancylus, Halyotis, vielleicht auch bei Tergipes 5)) vorzukommen und in der Mehrzahl der Fälle zu fehlen. Wo es vorhanden ist, findet es sich übrigens immer in der Nähe des Herzens und der Respirationsorgane, Z. B. bei Aplysia an der obern Decke der Kiemenhöhle, unterhalb der Schale. Besondere Absonderungsorgane der Gasteropoden. Am weitesten in der Klasse der Gasteropoden verbreitet sind be- sondere, sehr zahlreiche und kleine Hautdrüsen, die sich nach au- ssen öffnen und ein schleimiges Secret absondern, welches in der Regel sehr reich an Kalksalzen ist und eben dadurch zur Bildung und Ver- grösserung der Schale dient. Meistens sind diese Drüsen kurze, mit sackigen Erweiterungen versehene Schläuche (Helix), öfters (im Mantel- saum von Chiton) auch mehr von flaschenförmiger Gestalt. Andere, 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV.g. — 2) Ibid. r. 3) Vergl. Quoy et Gaimard, Voyage de l’Astrolabe. Zoolog. T. II. 1832. und im Auszuge in Oken’s Isis. 1834. S. 253. 4) Bei den weiblichen Calyptraeen soll nach Owen der Ausführungsgang der ‚ Niere mit den Enden des Oviductes zusammenhängen. 5) So nach von Nordmann |. c. A446 Besondere Absonderungsorgane der Gasteropoden. bei manchen Gasteropoden ebenfalls in den äussern Bedeckungen ein- gelagerte drüsige Gebilde enthalten einen gefärbten Inhalt (gl. pur- purariae), von dem grösstentheils auch die Pigmente der Schale her- rühren !). In vielen Fällen scheinen übrigens diese Drüsen nur an bestimmten Körperstellen sich vorzufinden, wie bei Aplysia im Saum des Mantels 2). Bei Clio dagegen, wo sie eine fettige Masse von röth- licher Farbe secerniren, ‚sind sie über die ganze Oberfläche des Leibes, wenn auch nicht überall ganz gleichmässig, verbreitet. Sie erscheinen hier als ovale, beutelförmige Gebilde, deren dünne Ausführungsgänge mit der Spitze über die äusseren Bedeckungen hervorragen. Bei den Pectinibranchiaten scheint die Purpurabsonderung mit den faltigen Blättchen (feuilleis muqueux Cuv.) in Zusammenhang zu stehen, die an der innern Fläche der Athemhöhlendecke zwischen Kiemen und Mastdarm sich vorfinden. Wenigstens findet man hier gerade sehr häufig (Purpura, Murex u. s. w.) eine schöne purpurrothe Färbung des Man- tels, ohne dass besondere Pigmentdrüsen sich entdecken liessen. Ein eigenthümliches Absonderungsorgan, dessen Secret eine scharfe ätzende Beschaffenheit haben soll, ist noch die sog. traubenförmige Drüse, welche bei Aplysia 3) in der Nähe der Geschlechtstheile gelegen ist. Sie bestehet in zahlreichen, dicht gedrängten, runden Bläschen, die in der Regel zu einer traubenförmigen Masse vereinigt sind. Eine ähn- liche Drüse besitzt auch Pleurobranchus. Sehr auffallend ist es, dass bei Doris aus der Leber, neben den! Gallengängen noch ein besonderer, weiter Ausführungsgang seinen Ur- sprung nimmt, der in dem hintern Leibesende hinabsteigt und neben dem After sich nach aussen öffnet, nachdem er zuvor mit einem rund- lichen Divertikel sich versehen hat, dessen innere Membran in zahl- reiche Falten gelegt ist. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass dieser Kanal der Ausführungsgang einer besondern Drüse bildet, welche in‘ die Leber eingebettet und mit deren Follikeln so innig vereint ist, dass es bis jetzt noch nicht gelingen wollte, sie als eine selbstständige Masse darzustellen und auch nur als solche zu erkennen 4), 1) So nach Gray. London Med. Gaz. Part. V. Vol. I. p. 830. 2) Delle Chiaje. c. I. p. 55. 3) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV. g@. 4) Von manchen Seiten wird desshalb dieser Kanal als ein wirklicher Gal- lengang betrachtet, der dazu dienen soll, unter gewissen Verhältnissen die Galle unmittelbar nach aussen zu führen. Die Anhänger dieser Meinung stützen sich vorzugsweise darauf, dass auch in andern Fällen (bei den Heteropoden) die Galle sich weit unten in den Darmkanal ergiesse und dadurch denn auch hier schon mehr als ein Auswurfsstoff erscheine. (seschlechtsorgane der Gasteropoden. AA7 Geschlechtsorgane der Gasteropoden. Die Gasteropoden zeigen im Bau der Geschlechtswerkzeuge sehr beträchtliche Differenzen und eine bald nur einfache, bald sehr zusam- mengesetzte Anordnung. Ersteres ist vorzugsweise da der Fall, wo die männlichen und weiblichen Organe auf verschiedene Individuen vertheilt sind. Am einfachsten ist der Bau bei den Gyelobranchiaten und As- pidobranchiaten !), bei denen der ganze Apparatbloss aus den keim- bereitenden Organen, Hoden und Eierstock, welche einen gleichen ana- tomischen Bau haben, und aus deren Ausführungsgängen besteht. Aeussere Begattungsorgane fehlen. Die Keimdrüse ist ein abgeplatteter Sack 2), von oblonger, hier und da etwas lappiger Form, welcher zwi- schen die Eingeweide eingeschoben ist und an der linken Körperseite sich vom hintern Leibesende bis weit nach vorn erstreckt. Der Ho- den besitzt mehr eine hellrothe, das Ovarium dagegen eine bräunliche Farbe von den durchscheinenden Spermatozoen oder Eiern. Auf der innern Fläche des Sackes erheben sich (bei Patella, Chiton) zahlreiche parallele, faltenförmige Leisten, an denen die Eier oder mit Sperma- tozoen gefüllte Kapseln hervorkeimen. Diese fallen, wenn sie völlig entwickelt sind, in die einzelnen röhrenförmigen Gänge zwischen den Leisten und gelangen von da durch einen sehr kurzen, mitunter (Pa- tella, Chiton) doppelten Ausführungsgang 3), der seitlich am vordern Theile des Leibes sich öffnet, nach aussen. Eine differente Anordnung zeigen die Geschlechtswerkzeuge der Pectinibranchiaten, welche mit Ausnahme einiger noch wenig ge- kannten, festsitzenden Gattungen, der sog. Tubulibranchiaten, ebenfalls getrennten Geschlechts sind. Der vorzüglichste Unterschied besteht in der sehr beträchtlichen Entwicklung der Ausführungsgänge, welche überall von beträchtlicher Länge sind und besonders bei den weib- lichen Theilen eine Zusammensetzung aus mehreren Abschnitten be- sitzen. Auch äussere Geschlechtsorgane finden sich. Die Keimdrüsen, von denen sich die männlichen durch eine hellere, weissliche oder rothe Färbung vor dem gelblichen oder brau- I) Man vergl. über die Generationsorgane dieser Thiere die Untersuchungen von Gray (The Annals and Mag. of Natur. history Vol. I. p. 482.), R. Wagner (Ebendas. Vol. VI. p. 70. u. in Froriep’s Neuen Not. N. 239.), Erdl (Froriep’s Neuen Not. N. 249.), Milne Edwards (Ann. des science. nat. 1810. T. XII. p. 376.), Peters und Robin (Müller’s Archiv. 1344. S. 134.). Frühere Beobachter hielten die hierher gehörenden Thiere nur für weibliche. Bei Halyotis glaubte Cu- vier neben einem Eierstock noch einen besondern Hoden gefunden zu haben, was aber Feider schon als einen Irrthum erkannte. 2) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIX.f. — 3) Ibid. g.8. 448 Geschlechtsorgane der Gasteropoden. nen Ovarium auszeichnen, sind ansehnliche unpaare Organe in den letzten Windungen der Schale, welche von der Leber eng umschlos- sen und theilweise in die Substanz derselben eingelagert sind. Mitun- ter zerfallen sie in mehrere, immer noch unter sich zusammenhän- gende Theile, wie bei Paludina (die Hoden) oder besonders bei Lit- torina !), wo die einzelnen Stücke über die ganze Leber zerstreut sind und derselben ein fleckiges Aussehen geben. Ueberall bestehen die Keimdrüsen, Hoden und Eierstöcke aus einer grossen Menge trauben - oder büschelförmig vereinigter, zarthäutiger Follikel, die in einen gemein- schaftlichen, unpaaren Ausführungsgang, den Oviduct oder das Vas de- ferens ausmünden. Der erstere ist bei seinem Ursprung nur 'ein feiner Kanal, der sich aber bald zu einem sehr ansehnlichen, dicken Schlau- che, zu dem sog. Uterus, erweitert. Im obern Theile macht dieser nicht selten (besonders bei Littorina) einige dicht auf einander liegende Windungen, verläuft dann aber, der Decke der Athemhöhle angeheftet und dem Mastdarm eng verbunden, gerade bis zum After. Er ist bald länger (Buccinum, Paludina), bald kürzer. und gedrungener (Litto- rina). Seine Wandungen sind sehr dick und enthalten eine Menge von schlauchförmigen Drüsen, die dicht neben einander stehen und mit verdünnten Ausführungsgängen in die innere, von oben nach unten comprimirte Höhlung münden. Das äusserste Ende des Uterus ist ein dünnerer, eylinderförmiger Abschnitt mit musculösen Wandungen, eine Vagina. Wo diese beginnt, findet sich seitlich ein gestielter Blind- sack (z. B. Buceinum, Murex, Purpura, Littorina) ?2), welcher eng dem Uterus anliegt und mit ihm eine einzige compacte Masse bildet, die bei äusserer Betrachtung ihre Zusammensetzung kaum erkennen lässt. Der Blindsack dient wahrscheinlich als Receptaculum semmis bei der Begattung. Paludina 3) zeigt hiervon insofern eine Abweichung, als der Ovi- duct, vor seiner Erweiterung in den Uterus, in einen länglichen, breitge- drückten Körper von drüsiger Beschaffenheit führt, in die sog. Mutter- drüse (glandula uterina), welche den eigentlichen Pectinibranchiaten fehlt. Als Receptaculum seminis functionirt das hintere, zu einem blind- geendigten Sacke ausgezogene Ende des Uterus. Eine vordere Samenta- sche, wie sie bei Buccinum u. a. sich findet, fehlt dafür. Ganz ähn- lich scheint die Anordnung der weiblichen Generationswerkzeuge bei 1) Mit Unrecht erklären Quoy und Gaimard diesen Kammkiemer für einen Zwitter. 2) Es scheint dieser Blindsack allgemein verbreitet zu sein, obgleich er von frühern Beobachtern durchgehends übersehen ist. 3) Ueber die Geschlechtsorgane von Paludina vergl. man von Siebold in Müller’s Archiv. 1836. S. 241. Eine ältere, nicht in jeder Beziehung richtige Beschreibung derselben lieferte Treviranus in seiner Zeitschrift für Physiologie I. S. 80. j Geschlecehtsorgane der Gasteropoden. 449 einer kleinen Gruppe der Lungenschnecken, bei den sog. Operculaten, die getrennten Geschlechts sind, wie die Kammkiemer. Auch hier nämlich besitzen (Cyclostoma #)) die weiblichen Individuen eine Mutter- drüse. Der Ausführungsgang der männlichen Geschlechtsorgane ist ein gefässarliger, von einem Flimmerepithelium ausgekleideter Kanal, der in seinem Verlauf gewöhnlich mehr oder minder beträchtlich sich schlängelt und nach unten zu allmälig sich verdickt. Bei Paludina !) und auch bei Littorina beginnt diese verdickte Stelle mehr plötzlich und enthält in. ihren Wandungen zahlreiche Drüschen. Das Vas defe- rens mündet übrigens nicht neben dem After, wie die Vagina, sondern verläuft unterhalb der äussern Bedeckungen des Kopfes bis zum rech- ten Fühler, wo der Penis liegt. Nur selten erscheint dieser als ein kleiner, retractiler Gylinder, wie bei Paludina 2) (auch bei Cyclo- stoma), wo er vom rechten Tentakel 3) umschlossen wird. In der Mehrzahl der Fälle ist er ein mächtig entwickelter, fleischiger An- hang, der auch in der Ruhe nicht zurückgezogen werden kann, sondern nur in die Athemhöhle zurückgeschlagen wird. Bei Buceinum z. B. ist der Penis ein grosser, platter, Sförmig gekrümmter und mit muscu- lösen Querfasern versehener Cylinder hinter dem rechten Fühler. Das Vas deferens verläuft in ihm fast bis zur Spitze, vor der es an der äussern Seite auf einem kleinen Tuberkel sich öffnet. Der Ver- schiedenheiten ®) in Form und Entwicklung des Penis giebt es sehr viele. Bei Dolium, Cassis, Triton ist derselbe immer noch sehr gross, aber nicht mehr vom Vas deferens durchbohrt, sondern auf der Ober- fläche nur mit einer Längsrinne versehen, in der die Samenflüssigkeit fortgeleitet wird. Aehnlich, nur kleiner, ist die Ruthe von Murex. Noch kleiner und platt wird sie bei Eburna, lanzettförmig bei Pleuro- toma , höckerförmig bei Strombus. Eine Mittelstufe zwischen den Cyclobranchiaten und Kammkiemern scheinen durch den Bau ihrer Geschlechtsorgane die Heteropoden 5) 4) Vergl. Prevost, Mem. de la Soc. du Phys. de Geneve. T. V. p. 131., wo übrigens die weiblichen Organe unvollständig beschrieben sind, indem die Mutter- drüse für das Ovarium gehalten ist. 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XII.b. Hoden,. c. Samengang. (Der drüsige An- | hang g. ist kein Theil der Geschlechtsorgane, sondern Niere.) — 2) Ibid. e. 3) Ibid. d. 4) Sehr zahlreiche Beschreibungen und Abbildungen von äussern Begattungs- organen sind von Quoy und Gaimard in der Abth. Zoologie in der Voyage de l’Astrolabe. Paris1832. u. im Auszug in Okens Isis 1834. S. 283. enthalten. 5) Sehr eigenthümlich und abweichend von allen übrigen Gasteropoden ist die Anordnung der Geschlechtsorgane bei Sagitta, wie sie Krohn beschreibt. Bei diesem merkwürdigen Thier scheint eine Zwitterbildung vorzukommen. Zwei Blind- Wagner’s Zootomie. II. 29 450 Geschlechtsorgane der Gasteropoden. zunehmen. Bei Carinaria !) liegt die Keimdrüse, Eierstock oder Ho- den, an der vordern Seite der Leber. Der, Ausführungsgang mündet vorn am Eingeweidesack neben dem After. Die männlichen Individuen besitzen hier, an der rechten Seite des Leibes, einen complieirten Co- pulationsapparat, zwei eylindrische Anhänge, von denen aber nur der eine vom Vas deferens durchbohrt wird. Auch Dentalium ist unstreitig getrennten Geschlechtes. Das Ova- rium, das allein bis jetzt bekannt ist, hat eine ansehnliche Grösse und erfüllt beinahe die ganze Leibeshöhle. Der Oviduct öffnet sich viel- leicht im hintern Leibesende neben dem Alter. v Die übrigen Gasteropoden sind Zwitter, die sich aber vor allen anderen derartigen Thieren sehr auffallend dadurch unterscheiden, dass zur Secretion beider Keimstoffe, sowohl des Samens, als auch der Eier, nur ein einziges gemeinschaftliches Organ ?2) vorhanden ist. Die- ses Organ ist die sog. Zwitterdrüse (gl. hermaphrodisia) 3), welche durch Lage und Bau der Keimdrüse der zweigeschlechtigen Schnecken, besonders der Ctenobranchiaten, entspricht. | Auch sie besteht aus einer Menge büschelförmig verbundener, kurzer Blinddärmchen, die auf den Verzweigungen eines Ausführungs- schläuche, welche am Rücken nach aussen münden, hält Krohn für die Ovarien. Eigentliche drüsige Hoden dagegen sollen fehlen. Die Spermatozoen sollen sich frei in zwei seitlichen, mit Cilien ausgekleideten Höhlen entwickeln, die im Schwanz- ende neben einander liegen und auf zwei kleinen Papillen sich öffnen. Diese sind im Innern hohl und stehen durch Hülfe eines besondern flimmernden Kanales mit den entsprechenden Fächern in Verbindung. 1) So nach den Untersuchungen von Milne Edwards in den Ann. des scienc. " nat. 1842. Tom. XVIII. p. 343. Auch Verani hat bei Carinaria das getrennte Ge- schlecht erkannt (Isis 1842. S. 252). Delle Chiaje (Memorie etc. I. p. 208. Tab. | XV. fig. 5.) dagegen beschrieb hier einen Eierstock, in dessen Ausführungsgang ausser einem Uterus noch eine Spermatotheca und zwei kleinere accessorische Drü- sensäcke münden sollen. Neben der Vulva, die nach ihm am hintern Theil des Eingeweidesackes gelegen wäre, sollten sich die Hoden öfinen, welche in zwei läng- lichen Blindschläuchen beständen. | 2) Bis vor wenigen Jahren herrschte in der Kenntniss der Geschlechtsorgane ! bei diesen Schnecken eine sehr grosse Verwirrung, die vorzugsweise dadurch her- vorgerufen und lange Zeit hindurch unterhalten wurde, dass die eigentliche phy- | siologische Bedeutung der einzelnen Theile nicht gehörig gekannt war. Erst neuergn | Untersuchungen von Siebold (Müller’s Archiv 1836.), R. Wagner (Beiträge | zur Gesch. der Zeugung. S. 49.), Laurent (l’Instit. 1343. p. 295.) und von H. Meckel (Müller’s Archiv 1544. S. 484.), verdanken wir eine genauere Ein- sicht über die richtige Bedeutung und den wirklichen Zusammenhang der verschie- denen, zum Geschlechtsapparat gehörenden Theile. 3) Von Cuvier, Meckel, Carus, Delle Chiaje, van Benedenu.A. wur- | de dieselbe als Eierstock gedeutet, von Treviranus, Prevost, Wagner, Ver- loren, Öwen, Rymer Jones, Paasch, Erdl u. A. als Hoden. Geschlechtsorgane der Gasteropoden. 41 ganges aufsitzen. Dadurch aber scheinen sich die einzelnen Blinddärm- chen von den entsprechenden Theilen an der Keimdrüse der Kamm- kiemer zu unterscheiden, dass sie bei den Zwitterschnecken überall aus zwei in einander geschachtelten Follikeln zusammengesetzt wer- den 1), von denen der äussere der Bildung der Eier vorsteht, der in- nere der Secretion des Samens. Auf diese Weise lässt es sich erklä- ren, wesshalb die ersteren immer unmittelbar an der äussern Mem- bran der Zwitterdrüse anliegen, während die Spermatozoen tiefer im Innern, mehr in der Achse der Blindsäcke, angetroffen werden. Wenn übrigens die Eier zum Austritt gereift sind, so durchbre- chen. sie wahrscheinlich die zarte Hülle der Hodenfollikel und gelan- gen dann in den gemeinschaftlichen Ausführungsgang 2), den Zwitter- drüsengang, welcher erst im fernern Verlauf sich gewöhnlich in ei- nen Oviduct und ein Vas deferens trennt. In ihrer Verbindung und Entwicklung differiren übrigens diese beiden Kanäle schr beträcht- lich und bedingen dadurch zahlreiche Verschiedenheiten in dem Bau der Geschlechtsorgane bei den Zwitterschnecken. Sonst übrigens zeigen männliche und weibliche Organe in ihrer speciellen Anordnung eine grosse Aehnlichkeit mit den entsprechen- den Gebilden der Kammkiemer, besonders der Paludina. Am zusam- mengesetztesten ist der Bau des weiblichen Generationsapparates. In der Regel erweitert sich nämlich der Oviduct zu einem mehr oder minder ansehnlichen Uterus und erhält verschiedene accessorische Organe, unter denen eine Mutterdrüse 3) und eine Samentasche (receptaculum seminis) %) vielleicht sanz constant sind. Die letztere ist gewöhnlich eine gestielte Blase, deren Ausführungsgang sich nach der Länge des Begattungsgliedes richtet, zu dessen Aufnahme dieser bei der Copulation bestimmt ist. Die männlichen Organe sind verhältniss- mässig einfacher und nur selten mit accessorischen Gebilden versehen, 1) So nach den Beobachtungen von H. Meckel, mit denen übrigens die An- gaben von Nordmann über die entsprechenden Theile bei Tergipes nur theilweise übereinstimmen, indem hiernach immer mehrere Eierstocksfollikel zu einem gemein- schaftlichen Gang verbunden in einen Hodenfollikel münden. 2) Bei Helix pomatia, aber auch nur hier, glaubt Meckel innerhalb der äu- ssern Zellgewebsscheide dieses Ausführungsganges noch einen besondern, sehr zart- häutigen Kanal angetroffen zu haben, den er als Tuba deutet, während der ei- gentliche Ausführungsgang bloss Spermatozoen führen soll. 3) Cuvier, Meckel u. s. w. betrachteten diese als Hoden, Treviranus. Verloren u. s. w. als Eierstock. \ 4) Swammerdam (Bibl. nat. p. 129.) hielt dieses Organ fälschlich für den Purpurbehälter, Treviranus, Meckel u. A. für die Harnblase (da ersterer eine Communication zwischen ihr und der Niere beobachtet haben wollte), Delle Chiaje endlich für den Hoden. 29* 452 Geschlechtsorgane der Gasteropoden. 27 von welchen eine beutelförmige Samenblase (vesicula seminalis) }) das häufigste ist. Ein Penis ist immer vorhanden, aber von sehr ver- schiedener Entwicklung und nicht selten ohne Zusammenhang mit den innern Geschlechtsapparaten. Unter den Pulmonaten 2) ist die Anordnung der Geschlechtstheile besonders bei den Helicinen 3) sehr charakteristisch. Als Typus der- selben diene die gewöhnliche Weinbergsschnecke 4). Der gemeinschaft- liche Ausführungsgang der in dem äussersten Leberlappen 5) verborge- nen Zwitterdrüse 6) ist anfangs nur eng und gestreckt, erweitert sich aber allmälig und zeigt dann sehr deutliche, eng an einanderliegende, schlangen- oder kettenförmige Windungen ?). Im Innern besitzt er ein Flimmerepithelium. Wo er in seinem Verlauf an die Basis der an- sehnlichen Mutterdrüse herantritt, macht er eine kleine, knieförmige Bie- gung nach oben und versieht sich mit einem besondern, beutelförmi- gen Anhang, einer Samentasche, die ebenfalls im Innern flimmert. Von jetzt an beginnen Tuba und Vas deferens sich zu trennen, wenn- gleich im Anfang nur unvollkommen. Die Tuba ®) bildet einen weiten, quer gefalteten und mit seitlichen Taschen versehenen Schlauch, den Uterus, dessen ziemlich dünne Wandungen eine Flimmerbekleidung zei- gen und zahlreiche Drüsenfollikel enthalten. Seiner ganzen Länge nach communieirt der Uterus mit dem dicht anliegenden Vas deferens °), ei- nem dünnen, cylindrischen Kanale, in dessen Wandungen an der freien Seite ebenfalls zahlreiche acinöse Drüsenläppchen eingebettet sind (pro- stata). Der Schlitz, durch welchen die beiden Kanäle mit einander com- municiren, wird jederseits durch eine nach innen vorspringende Längs- falte begrenzt. Am obern Ende des Uterus mündet die Mutterdrüse !0), ein sehr ansehnliches, zungenförmiges Organ, dessen Parenchym aus einer Menge zarthäutiger Blinddärmchen besteht, die sich in einen weiten, centralen Ausführungsgang öffnen. Den Inhalt der Därmchen bilden grosse, mit eiweiss- und fettartigen Kügelchen erfüllte Zellen. Am untern Ende des Uterus weichen Tuba und Vas deferens, 1) Von der Samentasche unterscheidet sich diese theils durch ihre Lage, theils aber auch dadurch, dass die Spermatozoen in ihr stets regelmässig in Bündeln bei- sammen liegen, nicht verwfrrt durch einander, wie es dort der Fall ist. 2) Ueber die Verschiedenheiten im Bau der Geschlechtsorgane bei den Pulmo- naten vergl. man die treffliche Arbeit von Verloren, Commentat. de organis ge- nerat. in Molluscis. 1837. 3) Ein ausführliches, sehr reichhaltiges Detail lieferten Wohnlich |. e., Erd] in M. Wagner’s Reisen in Algier. Th. III. S. 268. und Paasch in Wiegmann’s Archiv 1843. I. S. 71. 4) Ausser den eben angeführten Schriften vergl. man noch Treviranusl. c,, Prevost |. c. p. 120. und Brandt, Med. Zoolog. I. c. S. 326. 5) Ic. zootom. Tab. XXX, fig. IV.f. — 6). Ibid. S.. — 7) Ibid. t. — 8) Ibid. v. 9) Ibid. f. — 10) Ibid. u. Geschlechtsorgane der Gasteropoden. 493 jetzt zwei vollständig getrennte Kanäle, aus einander. Die erstere bekommt eine stark musculöse Textur und erweitert sich zu einer ansehnlichen, längsgefalteten Vagina, welche die verschiedenen ac- cessorischen Organe aufnimmt. Zuoberst inserirt sich darin ein rund- liches Receptaculum seminis !), das im Innern flimmert und mit ei- nem sehr langen Ausführungsgang versehen ist, welcher noch ein kleines, blind geendigtes Diverticulum 2) trägt. Dicht darunter mün- det eine paarige Drüse von ansehnlichem Umfange (glandula mu- cosa) 2), die ein bald weisses, bald bräunliches, dickflüssiges Secret enthält und aus zahlreichen, büschelförmig vereinigten, fingerförmigen Blinddärmcehen gebildet wird. Ein drittes accessorisches Organ der Scheide ist ein stumpfer, fleischiger Beutel 4), in dessen Grunde sich, vielleicht auf einer besondern kegelförmigen Drüse 5), ein kalkiger, sti- lett- oder lanzenförmiger, spitzer Körper erhebt, der sog. Liebespfeil (hasta amatoria) $), welcher bei der Begattung gewöhnlich abbricht ?). Das aus der Prostata hervorgetretene Vas deferens 8) ist ein längerer, fadenförmiger Kanal, der am Ende in die Ruthe einmündet. Diese besteht in einem ansehnlichen, musculösen, mit Längs- und Ringfa- sern versehenen Cylinder 9), welcher innerhalb der Leibeshöhle gelegen ist und nach hinten sich in einen sehr langen, blinden Kanal (flagellum) !9) fortsetzt. ‘Bei der Begattung stülpt !!) sich der Penis nach aussen her- vor. Das eigentliche Begattungsglied ist das Flagellum, welches eben- falls zum Theil vorgestülpt wird. Der vordere, kurze und sehr weite Cylinder, der sog. Penis, möchte eher dem Präputium entsprechen. Bei Bulimus, wo der Penis doppelt ist, besitzt übrigens nur der eine ein Flagellum und zwar derjenige, in welchen das Vas deferens einmün- det. Die äussere gemeinschaftliche Oeflnung der Geschlechtstheile 12), Pe 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV.x. — 2) Ibid. v. — 3) Ibid. a. e. — 4) Ibid. z., fig. VI. — 5) Ibid. fig. VI. d. — 6) Ibid. c. 7) Nach Bouchard-Chanteraux (Ann. des science. nat. 1839. :Tom. XII. p. 298.) soll der Liebespfeil nicht regenerirt werden und so gewissermaassen ein Zeichen der Virginität sein, während nach andern Beobachtungen alljährlich eine Neubil- dung statt findet. Das letztere ist auch wahrscheinlicher, zumal der Pfeil eine bloss zufällige Bildung zu sein scheint, die nur dann entsteht, wenn das sehr kalkhaltige Secret des Pfeilsacks nicht sonst auf irgend eine Weise, etwa zu der äussern Eischale, verbraucht wird und in der Höhle desselben vertrocknet, wie es im Winter der Fall ist. Auf eine ähnliche Weise erhärtet auch bisweilen das Secret des Receptaculum seminis innerhalb des Ausführungsganges zu einem langen spindelförmigen Körper. 8) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IV.P. — 9) Ibid.y. — 10) Ibid. y'. 1l) Schultz in Müller’s Archiv 1835. S. 431. { 12) Sehr eigenthümlich ist die Deutung der Geschlechtsorgane (von Helix), wel- che Steenstrup in ‘seinem Werke über den Hermaphroditismus vertheidigt. Er betrachtet dieselben als einen paarigen Äpparat, von dessen beiden zum Theil ver- schmolzenen Hälften die eine, in ihrer völligen Entwicklung gehemmt, verkümmert 454 Geschlechtsorgane der Gasteropoden. der männlichen und weiblichen, ist an der rechten Seite des Kopfes hinter dem grossen Fühlhorn gelegen. Die Verschiedenheiten, die sich in den einzelnen Arten der He- licinen vorfinden, beschränken sich fast ausschliesslich auf den Bau der accessorischen Vaginalanhänge. So bestehen bei Parmacella z. B. die Schleimdrüsen nur aus zwei einfachen, weiten, symmetrischen Blinddärmen, wie sie auch bei Caracolla lapieida und bei Helix ar- bustorum !) vorkommen. Zweigetheilt und gewöhnlich nochmals ge- spalten erscheinen sie bei Helix hortensis und -nemoralis, während sie bei H. lactea 2) wiederum den entsprechenden Gebilden von H. pomatia gleichen und endlich bei H. fruticum zwei der Scheide auf- liegende, parenchymatöse Massen von feinen, zusammengeballten Kanälen bilden. Das Diverticulum am Ausführungsgange der gestielten Blase wird bei H. vermiculata, lactea 3), arbustorum 4), Caracolla, Bulimus u. s. w. sehr ansehnlich und fast länger als der ganze Stiel, während es in andern Fällen (H. fruticum, rhodostoma u. s. w.) gänzlich fehlt ' und bei H. algira aus der Blase selbst hervortritt. Auch der Pfeilsack zeigt nicht selten einige Abweichungen. Bei H. ericetorum finden sich deren zwei, bei H. fruticum ein am Fundus zweigetheilter. Bei Helix strigella vertritt ihn jederseits ein blindgeendigter einfacher Schlauch, während er bei H. verticillata und cellaria gänzlich fehlt und mit ihm die Gl. mucosae, welche durch die sehr verdickten, warzigen Wände der Vagina vertreten zu werden scheinen. Bei Limax u. a. fehlen Pfeilsack, Schleimdrüsen und Flagellum ' ganz constant. Die Bursa seminalis ist nur kurz gestielt. Uterus und Prostata sind weiter von einander getrennt (besonders bei Vaginu- lus), liegen aber immer noch dicht neben einander. In den übrigen 5) Pulmonaten, vorzugsweise in den eigentlichen Wasserschnecken, geht! die Trennung der männlichen und weiblichen Geschlechtswerkzeuge noch weiter und erstreckt sich meistens auch auf die Begattungsorga- ne, die nur selten (Suceinea) noch neben einander gelegen sind, Sonst, z. B. bei Limnaeus, befindet sich der Penis vorn am Kopfe, die‘ Vulva, welche mit einem starken Sphincter versehen ist, aber weiter nach hinten, an der rechten Seite (Vaginulus, Limnaeus) oder auch an sei und desshalb denn auch nicht in ihrer Weise functioniren könne. Der Zwilter- drüse, die er in den verschiedenen Individuen bald als Hoden, bald als Eierstock ansieht, entspräche auf der verkümmerten Seite die Mutterdrüse, dem thätigen weiblichen Ausführungsgange das Vas deferens. Das Flagellum soll eine Andeutung der accessorischen Anhänge an dem thätigen Ausführungsgang, vorzugsweise der gestiellen Blase sein. 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIL.L.1. — 2) Ikidrlg fe 12 al Ibid. 0..." —" , "Ay lbidihiigintll.m. 5) Ausser den Angaben von Verloren vergl. man auch die von Prevost und Treviranus (ll. cc.). Geschlechtsorgane der Gasteropoden. 495 der linken (Physa, Planorbis. Die Vagina, an welcher eine nur kurz gestielte Samentasche !) vorhanden ist, führt am obern Ende in einen weiten, aber wenig langen, quergefalteten, drüsigen Uterus, von dem sich das Vas deferens als isolirter Kanal schon bei der In- sertionsstelle der Mutterdrüse trennt, da wo bei Physa, Planorbis, Limnaeus noch ein besonderes lappiges Absonderungsorgan angetroffen wird. Eine Prostata ist gewöhnlich stark entwickelt. Sie umgibt das Vas deferens und sondert sich besonders bei Limnaeus in zwei Massen, von denen die vordere eine mehr kuglige Gestalt besitzt, die hintere dagegen eine cylindrische. Das Begattungsorgan besteht in einer wei- ten, sackförmigen Vorhaut, die im Innern eine kleine, muskulöse Ruthe enthält. Bei Vaginulus mündet in das Präputium ein Bündel eylindri- scher Blinddärme, wie die Schleimdrüsen bei den Helieinen in die Vagina. Sehr ähnlich ist der Bau des Generationsapparates bei Ancylus 2), einer kleinen Süsswasserschnecke, welche gewöhnlich den Seitenkie- mern zugezählt wird. Männliche und weibliche Organe besitzen eine gemeinschaftliche äussere Oeflnung an der linken Körperseite. Die Prostata hat eine rundliche Gestalt und besteht aus zahlreichen, in den Zwitterdrüsengang emmündenden Blinddärmehen. Von dieser Stelle an trennt sich Vas deferens und Oviduct. Der letztere steht, wie ge- wöhnlich, mit einer ansehnlichen Mutterdrüse in Verbindung und auch mit einem Receptaculum seminis, welches neben der Mutterdrüse ge- legen ist. Der Penis ist ein kurzer, zweigespaltener Gylinder, Die noch übrigen Gasteropoden zeigen in der Anordnung ihrer Ge- schlechtswerkzeuge zwei Haupttypen, je nachdem nämlich die Leitungs- apparate in einer grössern Ausdehnung getrennt sind, oder männliche und weibliche Theile im ganzen Verlauf mit einander zusammenhängen. Das erstere Verhältniss, zu dem die Anordnung der Geschlechtstheile bei Limnaeus u. a. den Uebergang bildet, findet sich vorzugsweise bei den Nudibranchiaten 3), aber auch bei einigen andern verwandten 1) Bei Vaginulus soll nach Blainville (Ferussae, I. ce. Pl. VIII. B. fig. 1. u. 2.) die Samentasche auffallender Weise durch einen Seitenkanal mit dem Vas deferens in Verbindung stehen. 2) Vergl. Treviranus |. c. Minder genau ist die Darstellung von Vogt (a. a. O.), wo unter andern das abgerissene Vas deferens als ein langer, peitschenför- miger Penis beschrieben wird. 3) Nach der Angabe von Quatrefages sollen sich die Phlebenteren durch die Anordnung der Geschlechtstheile sehr auffallend von den Nudibranchiaten und allen übrigen Gasteropoden unterscheiden. Bei ihnen nämlich soll keine Zwitter- drüse sich vorfinden, sondern ein flaschenförmiger, gestielter Hoden und ein lan- ger, gewundener, röhrenförmiger Eierstock, deren Ausführungsgänge mit gemein- schaftlicher Oeffnung an der rechten Körperseite münden. Dass übrigens dem wirk- lich so sei, bedarf noch einer weitern Bestätigung 496 Geschleehtsorgane der Gasteropoden. Gattungen, wie Pleurobranchaea und Pleurobranchus. Als Beispiel die- ser Bildung dienen die Geschlechtsorgane von Tethys !. Die Zwitter- drüse besteht aus zahlreichen, in einer dicken und über die ganze Ober- fläche der Leber verbreiteten Schicht von Follikeln, deren Vasa efferentia allmälig zu einem gemeinschaftlichen Ausführungsgange zusammentreten, der in seinem Verlaufe sich verdickt und zu einem nicht unansehnli- chen Knäuel sich zusammenrollt. Unmittelbar dahinter trennt sich das- selbe in das Vas deferens und die Tuba. Die letztere bildet eine Strecke darauf, am Insertionspunkte der grossen, rundlichen Mutterdrüse, welche sich in einen einzigen, dicken Gang auflösen lässt, einen weiten, aber nur kurzen Uterus, der unmerklich in die Scheide übergeht. In diese mündet eine kurz gestielte Samentasche. Das Vas deferens durchsetzt bald nach seinem Ursprung eine kuglige Prostata 2), die aus drüsigen Follikeln besteht, deren Secret sich durch zwei seitliche, kurze Ductus in den Samenkanal ergiesst. Das untere Ende dieses Kanales durch- bohrt den Penis, einen peitschenförmigen Cylinder, welcher von einem Präputium umhüllt wird, dessen hinteres Ende noch mit einem beson- dern, sackförmigen Anhang versehen ist. Die gemeinschaftliche Oefl- nung der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane ist an der rech- ten Körperseite hinter dem Schleier gelegen. Die Differenzen von dieser Anordnung, so weit man sie kennt, sınd nur selten von grösserer Bedeutung. Die Zwitterdrüse hat bei Doris 3) und Polycera *) eine ganz analoge Anordnung, wie bei Tethys, während sie in andern Fällen (bei Tritonia 5) und auch, wenngleich in schwächerm Grade, bei Pleurobranchaea ®)) ein mehr selbstständiges, compactes Organ bildet, welches aber nur bei Eolidia ?) und Tergi- pes völlig von der Leber abgetrennt ist. Sehr verschieden ist die Form der Mutterdrüse, die aber vielleicht überall in einen ähnlichen weiten Gang, wie bei Tethys, sich auflösen lässt. Bisweilen (Doris, Eolidia u. a.) scheint sie aus zwei Massen zusammengesetzt zu sein, deren innere eine weissliche Farbe besitzt und zahlreiche langgestreckte od 1) Man vergl. vorzugsweise H. Meckel |. c. Tab. XV. fig 1. Aeltere, nicht in jeder Hinsicht genaue Angaben sind von Guvier, Delle Chiaje und F. Meckel. 2) F. Meckel betrachtete diese hier und bei verwandten Thieren, wo die Prostata unter einer ähnlichen Form auftritt, als Hoden. Ebenso auch Cuvier und Delle Chiaje, welche übrigens mit F. Meckel die Verbindung dieses Organes mit ı dem gemeinschaftlichen Ausführungsgange der Zwitterdrüse übersehen haben. | 3) Vergl. neben den älteren, zum Theil ebenfalls ungenauen Angaben von Cu- vier, F. Meckel (Beiträge. c.) u. A. besonders H. Meckel I. c. Tab. XV. fig. 2. 4) Frey und Leuckart, Beiträge. 5) H. Meckell. c. Tab. XV. fig. 12. 6) Ibid. fig. 5. und Leue, Dissert. de Pleurobr. 7) Erey und Leuickart, 1. cc. Geschlechtsorgane der Gasteropoden. 457 und gewundene Follikel enthält. Bei Pleurobranchaea mündet sie nicht in die Scheide, sondern unmittelbar in die Geschlechtskloake. Das- selbe gilt bei Doris und Polycera von der gestielten Blase !), die aber in diesem Fall mit der Scheide durch ‘einen besondern Querkanal communieirt. Auch besitzt hier die Blase noch einen besondern, bei Doris einfachen , bei Polycera dagegen doppelten Anhang zur Auf- nahme 2) der Spermatozoen. Bei Eolidia und Tergipes scheint auflal- lender Weise ein Receptaculum seminis gänzlich zu fehlen. — Die Differenzen im Bau des männlichen Geschlechtsapparates beziehen sich meistens nur auf eine verschiedene Grösse und Entwicklung des Be- gattungsgliedes , welches überall noch vom Vas deferens durch- bohrt wird und in ein besonderes, sackförmiges Präputium eingehüllt ist. Eine isolirte Prostata, wie sie bei Tethys vorkommt, findet sich nur noch bei Pleurobranchaea und Pleurobranchus und in veränderter Form auch bei Polycera und einigen Dorisarten. In manchen Fällen, wo das Vas deferens erst an der Insertionsstelle der Mutterdrüse als isolirter Kanal seinen Ursprung nimmt (Tritonia, Eolidia), also tie- fer, als es gewöhnlich der Fall ist, stülpt sich hier ein kleines, beutel- förmiges Divertikel aus, wahrscheinlich eine Samentasche, wie bei Helix. Die äussere Geschlechtsöffnung ist für die männlichen und weiblichen Theile gemeinschaftlich und an der rechten Körperseite in der Mantel- falte gelegen. Nur Onchidium zeigt eine andere Anordnung und schliesst sich überhaupt in dem ganzen Bau der Geschlechtsorgane, wie es scheint, an die folgende Gruppe 3). 1) Hier sieht man sehr deutlich, wie allein der Ausführungsgang dieses Anhan- ges (analog der Begattungstasche bei den Insekten) zur Aufnahme des Penis bei der Begattung dient und deshalb auch eigentlich als Scheide bezeichnet werden müsste. 2) Obgleich H. Meckel bei Doris niemals Spermatozoen in diesem Anhang land, kann man sich doch auf das Bestimmteste davon überzeugen, dass er nach der Be- gattung gänzlich damit erfüllt ist, während in der eigentlichen Blase nur wenige sich vorfinden. Hier also ist eigentlich dieser Anhang als Receptaculum seminis zu betrachten, während die Blase vorzugsweise als Secrelionsorgan zu functioniren scheint, etwa wie die Anhangsdrüse bei den Insekten. In den übrigen Fällen dage- gen, wo keine besondere Spermatotheca neben der gestielten Blase vorhanden ist, versieht letztere beide Functionen. 3) Ueber die eigenthümliche, doch in mancher Beziehung wahrscheinlich noch nicht genau erkannte Bildung der Geschlechtswerkzeuge bei diesem Thiere vergl. man Cuvier, M&m. sur le genre Onchidium. Männliche und weibliche innere Gene- rationsorgane scheinen in ihrer ganzen Ausdehnung mit einander verschmolzen zu sein. Die Samentasche öffnet sich zugleich mit der Vagina nach aussen und scheint (wie bei Doris) noch durch einen besondern Ductus mit dem untern Theil des Zwit- terdrüsenganges (der dem Uterus entspricht) zusammenzuhängen. Der Penis liegt am Kopfende weit von der Geschlechtsöffnung entfernt und damit nur durch eine seitliche Rinne verbunden. Er besteht aus einem zweigespaltenen Sack, dessen obere Enden sich in zwei‘ sehr lange, gelässartige Kanäle fortsetzen. Der untere 458 Geschlechtsorgane der Gasteropoden. Diese umfasst mit nur wenigen Ausnahmen die Hypobranchia- ten, Pomotobranchiaten und Pteropoden und zeichnet sich da- durch aus, dass in den inneren Geschlechtsorganen eine Trennung in männliche und weibliche Theile der Art, wie sie bei den Nudibran- chiaten vorkommt, nicht gefunden wird, dass daneben aber die Ruthe entfernt von der Mündungsstelle des gemeinschaftlichen Ausführungs- ganges gelegen und vom Samengang nicht durchbohrt ist. Die Zwit- terdrüse !) ist ein compactes Organ, das der Leber anliegt und auch in der Regel mehr oder weniger fest darin eingebettet ist. Nur bei Clio 2), Pneumodermon und Diphyllidia 3) ist sie gänzlich davon ge- trennt. Der Ausführungsgang 4) ist ziemlich lang und in seiner Mitte gewöhnlich mehr 5) oder minder erweitert. Der Uterus verschmilzt mit der Scheide meistens in einen kurzen und ziemlich weiten Kanal 6) (Di- phyllidia, Umbrella), der bei Aplysia, als Andeutung seiner Duplicität, durch zwei Längsfalten in einen männlichen und weiblichen Halbkanal geschieden ist. In den erstern mündet am Anfang eine beutelförmige Samenblase, die auch in andern Fällen, bei Bullaea und Gasteropteron, vielleicht auch bei Clio 7), vorgefunden wird. Der weibliche Halbkanal empfängt den Ausführungsgang der Mutterdrüse ®), welche auch hier aus einem langen Blindschlauch besteht, der in manchfachen Formen zusammengewunden ist. Bei Aplysia zeigt er im Innern zwei Rei- hen querer, dicht gedrängter Falten, die an den Bau der Nidamental- drüsen bei den Cephalopoden erinnern. Eine gestielte Samentasche 9) findet sich wahrscheinlich überall, obgleich man sie bei einigen Ptero- poden (Clio, Hyalea) bis jetzt noch nicht kennt. Sie mündet tief unten in die Vagina, in einigen Fällen selbst in die Geschlechtskloake, wie zeigt besonders in seinem hintern Theile eine ansehnliche Windung und bildet da- durch einen förmlichen Knäuel, der von einem starken Arterienzweig versorgt wird. Vorn verläuft derselbe mehr gestreckt und ist von einem besondern läng- lichen, musculösen Bulbus umfasst. 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV. m. 2) Vergl. Eschrichtl. c. 3) Vergl. F. Meckel (Archiv 1826. 5.17.) und besonders H. Meckel a. a. O,, wo zugleich die Geschlechtswerkzeuge von Aplysia, Doridium, Umbrella und Ga- steropteron sehr genau beschrieben und abgebildet sind. 4) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV. n. 5) Bei den Pteropoden betrachtete van Beneden diese Erweiterung als Ho- den. Der blinddarmförmige Anhang derselben, den van Beneden bei Hyalea be- schreibt, ist unstreitig nur das abgerissene Ende des Zwitterdrüsenganges. 6) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV. p. 7) Ihrer Lage nach scheint diese Blase keineswegs eine Samentasche zu sein, mit der sie Eschricht verglich, sondern entweder eine Samenblase, oder viel- leicht nur ein besonderer festerer Theil der Mutterdrüse, wie er bei Doris, Um- brella u. s. w. sich vorfindet. 8) Ic. zootom. Tab, XXX. fig. XIV.o. — 9) Ibid. r. Geschlechtsorgane der Gasteropoden. 459 besonders bei Doridium !) und Bullaea, wo übrigens auch die darm- föormige Mutterdrüse und die lange, blindschlauchartige Samenblase ei- nen gleichen Insertionspunkt finden, und der Uterus nur als äusserer, Sförmig gekrümmter Theil des Zwitterdrüsenganges erscheint. Bei Do- ridium und Bullaea findet sich ausserdem an der Geschlechtskloake noch ein kurzer Blindsack, der auch bei Diphyllidia und Umbrella als ein blinddarmiger Anhang der Scheide vorzukommen scheint. Die äussere Oeflnung dieser Geschlechtsorgane findet sich fast überall an der rechten Körperseite. Davon getrennt, nahe dem vor- dern Leibesende, liegt der Penis 2), ein mehr oder minder langer, flei- schiger Cylinder, welcher von einem kapselartigen Präputium umhüllt wird. Seine Form ist sehr verschieden. Bei der Begattung wird er vor- gestülpt 3) und zeigt dann eine Längsrinne, die von der Spitze sich bis zu der Mündungsstelle der keimbereitenden Geschlechtsorgane verfolgen lässt und zur Fortleitung des Samens dient. Mit dem Präputium ver- bindet sich bisweilen (bei Gasteropteron) noch ein besonderer muscu- löser Cylinder, ein Flagellum, das vorzugsweise bei Onchidium eine sehr beträchtliche Entwicklung erlangt. In andern Fällen mündet darin auch eine besondere accessorische Drüse, welche übrigens nir- gends als ein keimbereitendes Organ fungirt. Bei Doridium besteht diese in einem einfachen Blinddärmehen; ähnlich auch bei Clio 9). Bei Diphyllidia soll auflallender Weise 5) ein von den übrigen Ge- sehlechtsorganen getrennter Penis fehlen und dafür innerhalb der Schei- de ein kleines, vorstreckbares Begattungsglied liegen. Die primitiven Eier der Gasteropoden zeigen ein Corion und einen körnigen Dotter mit Keimbläschen und Keimfleck. Auf ihrem Wege durch die Tuba und den Uterus werden sie mit einer dicken Schicht von Eiweiss überdeckt, dem Secrete der Mutterdrüse, wei- ches die Eier übrigens nicht selten (besonders bei den Wasserschne- cken) auch zu verschieden geformten Strängen oder Bändern mit einander verbindet. Im manchen Fällen erhärtet diese Schicht äusserlich zu ei- ner festen, bei den Landschnecken sehr kalkreichen Schale $). Die Spermatozoen ’?) der Gasteropoden mit Ausnahme der Cyelo- branchiaten (und Aspidobranchiaten ?) sind überall haarförmige Gebilde I); F. Meckel (Beiträge l. c. Thl. II. Heft 2. S. 25.). 2) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XIV.s. — 3) Ibid. fig.Il. c. 4) Vergl. Eschricht I. c. — Von Cuvier ist dieser männliche Begattungs- apparat für Hoden und Vas deferens mit dem Penis gehalten worden. 5) Nach H. Meckel. 6) Ueber die äusserst verschiedenen Formen der Eier und Eistränge vergl. man d’Orbigny in den Ann. des seienc. nat. Il. Ser. Tom. XVil. p. 117. 7) Vergl. von Siebold in Müller’s Archiv 1836. S. 45. und Kölliker, Bil- dung der Samenfäden in Bläschen. S. 39. 460 Geschlechtsorgane der Gasteropoden. von sehr bedeutender Länge, die an dem einen Ende eine Anschwel- lung zeigen und schief zugespitzt sind. Sie liegen innerhalb der männ- lichen Geschlechtsorgane in Bündeln beisammen und entstehen in Zel- len, die haufenweise neben einander gruppirt sind. Patella und Chiton besitzen anders geformte, stecknadelförmige Spermatozoen mit rundli- chen oder birnförmigen Körpern. Kopflose Mollusken. Acephala. Ordnungen der Acephalen. 1. Ordnung. Muschelthiere. Lamellibranchiata. 2. Ordnung. Armfüssler. Brachiopoda. 3. Ordnung. Mantelthiere. Tunicata. 1. Unterordnung. Seescheiden. Ascidiae. 2. Unterordnung. Salpen. Salpae. Literatur. Für die Anatomie der Bivalven besonders wichtig ist Poli, Te- stacea utriusque Siciliae. Vol. I. II. fol. Parmae 1791. — Eine ausgezeichnete Schil-: derung der Örganisationsverhältnisse enthält der Art. Conchifera von des Hayes‘ in Todd’s Cyclopaedia. Vol. I. — Den Bau der Brachiopoden behandelt Owen, Anatomy of the Brachiopoda in den Transact. of the Zoolog. Soc. Vol.I. p. 164 ff. — Hauptwerk für die Tunicaten ist Savigny, Me&moires sur les animaux sans verte- bres. Paris’'1815. Vol.II. — Für die (zusammengesetzten) Ascidien MilneEdwards, Observations sur les Ascidiens composces de Cötes de la Manche. Paris 1845. — Ueber die Salpen vergl. man vorzugsweise Eschricht, Anatomisk - physiologiske‘ Undersögelser over Salperne. Kjöbenhavn 1840. Aeussere Bedeckungen und hörperform der Acephalen. D: Körperbedeckung der Acephalen besteht aus einer epiderma- tischen, mehr oder minder dieken Schicht von Zellen, die bald flach sind und sechseckig gegen einander sich abgrenzen, bald aber auch als lange, cylindrische Gebilde auftreten. Auf der innern Fläche des Man- tels und auf der Oberfläche des Fusses tragen sie lebhaft schwingende Cilien. Ihre grösste Entwicklung erreicht diese Zellenschicht an den- jenigen Körpertheilen, die von den äusseren Kalkschalen nicht be- deckt sind, wie z. B. an dem wurmförmigen, nackten Leibe von Te- redo, wo sie eine dicke Lage bildet und aus sehr grossen, glashellen und kernlosen Zellen besteht. Solche Bildungen machen den Uebergang zu einer differenten, sehr eigenthümlichen Anordnung der epidermatischen Bedeckungen, die bei den Tunicaten allgemein vorkommt. Bei diesen nämlich findet man äusserlich einen gelatinösen, knorpligen oder lederartigen Ueber- zug I), welcher auffallender Weise in seiner chemischen Zusammense- tzung der Gellulose völlig identisch 2) ist. Histologisch 3) lässt diese Hülle verschiedene Elemente erkennen. Bei Phallusia unterscheidet man äusserlich eine ansehnliche Schicht von grossen, glashellen, kern- losen Zellen (wie bei Teredo), deren zarte Wandungen unmittelbar mit einer freilich nur wenig beträchtlichen Intercellularsubstanz verschmol- ‚zen sind. Das Aussehen derselben erinnert am ersten an manche Pflan- zengewebe oder auch an die Zellen der Chorda dorsalis. Nach innen ‚liegt eine zweite, minder dicke Schicht, die aus einer homogenen Masse besteht, in welche zahlreiche kernartige Bildungen von unre- gelmässiger Gestalt, meistens schwanzartig ausgezogen, eingebettet sind. Ein förmliches Pflasterepithelium endlich bekleidet die innere Fläche ’ 1) Gewöhnlich, doch mit Unrecht, wie es scheint, vergleicht man diese Be- ‚ deckung (den sog. Mantel) mit den Kalkschalen der übrigen Acephalen. 2) So nach der sehr interessanten Entdeckung von C. Schmidt (l. c. S. 63.), ‚die später durch die umfassenderen Untersuchungen von Löwig und Kölliker ‚(Annal. des scienc. nat. 1846. T. V. p. 193 ff.) bestätigt ist. 3) Vergl. bes. Löwig und Kölliker, 464 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Acephalen. der Umhüllung. In andern Arten zeigt das histologische Verhalten einige Verschiedenheiten. So ist besonders häufig (z.-B. Clavelina) die äussere Schicht minder ansehnlich und vorzugsweise von einer homogenen In- tercellularmasse gebildet, in der die grossen Zellen nur weit seltner sich auffinden lassen. Bei den zusammengesetzten Ascidien und den Salpen wird endlich diese Zellenlage von der unterliegenden Schicht gänzlich verdrängt. In manchen Fällen organisirt sich auch die sonst meistens (z. B. bei Polyelinium) structurlose Intercellularsubstanz und nimmt einen deutlich fasrigen Bau an (Cynthia, Botryllus, Salpa.. Aber auch in diesem Falle besteht immer noch die ganze Masse aus Cellulose. Bisweilen finden sich in diesen Bedeckungen der Tunicaten noch besondere Pigmentzellen, die, meist nur von geringer Grösse, mit einem körnigen, farbigen Inhalt gefüllt sind und bei Cynthia sich wie die Knorpelzellen durch endogene Neubildung zu vermehren schei- nen. Wo sonst übrigens bei den Acephalen Pigmente vorkommen (z. B. am Fuss von Mytilus edulis), sind sie als kleine Molekeln ganz ein- fach in die Zellen der Epidermis eingelagert. Die excessive Entwicklung der epidermatischen Hülle ersetzt bei den Tunicaten (ausgenommen ist Chelyosoma !\, wo der Körper von einer aus mehreren Stücken bestehenden Hornschale umkleidet wird’# eine äussere feste Schale, welche ohne Ausnahme bei den La- mellibranchiaten und Brachiopoden zum Schutz der Eingeweide und zur Stütze der Weichtheile sich vorfindet. In der chemischen ?) Zu- sammensetzung stimmt dieselbe mit dem entsprechenden Gebilde deı' Gasteropoden überein. Auch sie besteht aus Albuminaten und aus Kalk- salzen (besonders aus kohlensaurem Kalk), die übrigens auch bei der Tunicaten nicht völlig vermisst werden. Wo hier solche in grössereı Menge sich vorfinden, erscheinen sie als kleine, spiessförmige Krystalle welche bisweilen in besonderen Zellen eingelagert sind (Leptoclinun stellatum und maculatum, Aplidium gibbosum), die sie dann allmälig in- crustiren. Statt der Kalksalze trifft man bei den Salpen auf Concretio- nen von Kieselsäure 3), welche in den Integumenten ansehnliche, ver- ästelte Massen bilden. An den Schalen der Bivalven, welche überall aus mehreren übeı einander gelagerten Lamellen von Kalksalzen und Albuminaten zu be- stehen 4) scheinen, findet sich noch in vielen Fällen (z. B. bei Unio) äu- sserlich eine hornartige Membran (epidermis), die sich häufig in auf- wärts springende Blätter und Zacken theilt. Sie ist eine verhärtete Duplicatur des Mantels und zeigt nach aussen ein Epithelium von ecki- gen, kernhaltigen Zellen, die mit blaugrünem oder braunem Pigment I) Vergl. Eschricht, Anatomisk Beskrivelse af Chelyosoma Mac-Leayanum. 1841. — 2) Schmidt l.c. — 3) Löwig und Kölliker |. e. 4) Vergl. Schmidta. a. O. Aeussere Bedeckungen und RKörperform der Acephalen. 465 erfüllt sind, und darunter noch eine oder mehrere Lagen von Zell- gewebefasern. Nach innen werden die Schalen reicher an Kalksal- zen, die bei Unio u. a. in Form spitzer, faserarlig an einander gereihe- ter Rhomboeder abgelagert sind und dadurch eben das Irisiren der Schale bewirken. In anderen Fällen !) sind die Schichten von zahlrei- chen feinen, verästelten Röhrchen durchzogen oder haben selbst eine zellige Structur (bei den Margaritaceen). Bei den Lamellibranchiaten finden sich durchgängig zwei seitliche Schalen 2), gewöhnlich von länglich ovaler, flach gewölbter Gestalt und symmetrischer Entwicklung. In der Regel werden beide am Rücken, wo das sog. Schloss (cardo) sich befindet, durch ein festes, elastisches Band (ligamentum), eine verdickte Stelle der Oberhaut, mit einander ver- einigt. Zur festern Verbindung der beiden Schalen besitzt das Schloss noch besondere in einander greifende Erhöhungen (umbones) und Vertiefungen, deren sehr zahlreiche Verschiedenheiten für die zoologi- sche Characteristik von wesentlicher Bedeutung sind. In der Regel umschliessen die Schalen den ganzen Körper und liegen an den Rändern überall dicht auf einander. Nicht selten aber klaffen sie auch am hintern Rande. Bei manchen Tubicolen (besonders bei Teredo und Aspergillum 3)) sind die Schalen viel kleiner als der Körper und am vordern Ende befestigt. Der freie Theil des Leibes be- deckt sich noch mit einer besondern Kalkröhre, die meistens freilich nur die Löcher und Gänge auskleidet, in denen die Thiere leben, aber bis- weilen (Aspergillum) auch mit den Schalen verschmilzt und dann eine eylindrische Hülle bildet, in der das Thier, wie sonst nur in der ei- gentlichen Schale, eingeschlossen ist. Bei Anomia, wo die Schalen un- symmetrisch sind, ist die kleinere am Schloss mit einer rundlichen Oeffnung versehen. — Wie die Lamellibranchiaten, so sind auch die Brachiopoden 2) äusserlich von zwei flach gewölbten Schalen bedeckt, die sich übrigens dadurch auszuzeichnen scheinen, dass sie nicht der rech- /ten und linken Körperfläche, sondern vielmehr wahrscheinlich dem /Bauch und dem Rücken 5) anliegen. Die Stelle des Ligamentes vertritt 1) Vergl. Carpenter |. c 2) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XX.b. 3) Vergl. Fr. S. Leuckart (Rüppel’s Reisen im nördl. Afrika, Zool. S.40.). 4) Ic. zootom. Tab. XXXT. fig. V. 5) Neuerdings haben Agassiz (M&m. de la Soc d’hist. nat. a Neufchätel. V I. M&m. sur les mules de mollusq. viv. et foss.) u. Vogt (Anat. der Lingula ana- "tina, in den Neuen Denkschriften der allgem. schweiz. Gesellsch. für die gesammte "Naturwissenschaft. Bd. VII.) es versucht, die Schalen der Brachiopoden in Ueber- ‚einstimmung mit denen der übrigen Bivalven als zwei seitliche Schalen aufzufas- sen. Da aber manche Verhältnisse, wie u. a. die symmetrische Anordnung der ‚Arme und Herzen, gegen diese Ansicht (die allerdings in anderer Beziehung wieder- ‚um Vieles für sich hat) immer noch streiten, haben wir hier die ältere Auffassung von Cuvier und Owen einstweilen noch beibehalten. Wagner’s Zootomie. II. 30 466 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Acephalen. bei Lingula ein langer, horniger Cylinder von ähnlicher Form, wie er bei den Lepaden sich vorfindet. Den übrigen Brachiopoden fehlt die- ser Cylinder. Bei Terebratula !) erheben sich dafür auf der innern Fläche der Dorsalschale ein Paar bogenförmig gekrümmter, elastischer Fortsätze, die gewöhnlich bis unter die entgegengesetzte Schale rei- chen und bei manchen Arten auch eine grössere Complication 2) zei- gen. Die Ventralschale besitzt in der Nähe des Rückenrandes ein Loch 3), wie bei Anomia, oder doch wenigstens einen Ausschnitt. Der Körper der Acephalen unterscheidet sich dadurch von dem der übrigen Mollusken, dass er ganz constant eines distineten Kopfes entbehrt. Er bildet eine ungetheilte, cylindrische Masse, die bei den Brachiopoden von oben nach unten, bei den Lamellibranchiaten von den Seiten in der Regel ziemlich stark zusammengedrückt ist. Der Man- tel zeigt eine sehr beträchtliche Entwicklung. Er bildet, in Ueberein- stimmung mit der Körperform, eine ceylindrische Hülle, die aber nur auf der Rückenseite in grösserer oder geringerer (z. B. Ostrea) Ausdehnung mit dem Körper verwachsen und auf der Ventralfläche in der Mittellinie mit einem Longitudinalschlitz versehen ist. Wo dieser (z. B. bei Unio) vom vordern bis zum hintern Leibesende reicht, zerfällt der Mantel in zwei seitliche Lappen %), die den Körper bedecken , ungefähr wie der Umschlag ein Buch. In andern Fällen hängt der Mantel aber auch in der vordern Medianlinie mehr oder minder weit zusammen. Die er- sten Spuren einer solchen Verwachsung zeigen sich (z. B. bei Mytilus) | im hintern Winkel des Schlitzes, wo dann nur eine kleine, ovale Oeffnung, die Kloakenöffnung, bleibt. Bei verwandten Arten, wo die‘ Verwachsung noch weiter nach vorn vorgeschritten ist, finden sich statt einer solchen Oeffnung deren zwei. Die vordere ist die Kiemenspalte und dient zum Eintritt des Wassers. Die Ränder der beiden Oeffnun- gen besetzen sich sehr häufig mit mehr oder minder ansehnlichen, eontractilen Warzen oder Tentakeln 5), die auch schon bei Unio u. a. sich vorfinden, wo die Löcher noch »mit dem Längsschlitz des Mantels zusammenfallen, und bei einigen Arten über den ganzen freien Rand| des Mantels sich verbreiten {z. B. Lima, Pecten, Östrea). Wo übrigens‘ die Verwachsung der beiden lappenförmigen Mantelhälften bis auf diese beiden hinteren und eine vordere Oeflnung, die überall bleiben, voll- ständig ist, verlängern sich an den hintern die Lippen sehr häufig in zwei fleischige Röhren (siphones) 6), welche mitunter (z. B. Donax, Ve- nus, Mya) durch ihre ansehnliche Länge sich auszeichnen. Nicht im- mer aber bleiben beide Röhren getrennt. Oft (Mactra, Solen, Pholas) 1) Ic. zootom. Tab. XXAT. fig. I. 2) Vergl. die speciellen Angaben hierüber bei Owen]. c. 3) le. zootom. Tab. XXXI. fig. L — 4) Ibid. fig. IX.ab. — 5) Ibid. n**, fig IX. n*n* — 6) Ibid. fig. XX. c.d. | ] | | | Aeussere Bedeckungen und körperform der Acephalen. 467 verschmelzen sie mit ihrer ganzen Länge und zeigen die ursprüngli- che Duplieität nur noch durch eine quere Längsscheidewand, welche die innere Höhle in zwei über einander fortlaufende Kanäle trennt. Die am vordern Leibesende gelegene Mantelöffnung dient zum Durchtritt des Fusses !), eines fleischigen, nach vorn gerichteten Fort- satzes, der gleich dem entsprechenden Theile der Gasteropoden als Lo- comotionswerkzeug dient und in Gestalt und Grösse sehr zahlreiche Verschiedenheiten darbietet. Bei Unio u. a. ist er von den Seiten sehr stark zusammengedrückt und von beilförmiger Gestalt, während er in andern, seltnern Fällen (z. B. bei Solen) keulenförmig erscheint oder, wie bei den Byssusschnecken, vorn einen zungenförmigen Theil be- sitzt. Bei Teredo, Aspergillum u. a. ist der Fuss nur sehr rudimentär und bei Ostrea und verwandten Arten sogar völlig verschwunden. Zwischen dem Leibe und dem Mantel der Lamellibranchiaten lie- gen die Kiemen 2), welche in den meisten Fällen aus zwei Paaren seitlicher, den Mantellappen ähnlicher Blätter bestehen. Hülfsorgane derselben sind die sog. Labialpalpen (Zentacula branchialia) 3), die, davon getrennt, als zwei Paare kleiner Blätter von dreieckiger Gestalt zu den Seiten der Mundöffnung gelegen sind. Die Brachiopoden zeichnen sich vor den Lamellibranchiaten vor- zugsweise dadurch aus, dass sie anstatt des Fusses zwei ansehnliche, neben einander gelegene und spiralig aufgerollte, cylindrische Arme !) besitzen, die an der Basis zusammenhängen und an ihrer Convexität mit langen, franzenförmigen Anhängen versehen sind. Wo ein inneres Gerüst sich entwickelt hat, bei einigen Arten von Terebratula, sind die Arme, mit Ausnahme ihrer Äussersten Spitze, an diesem befestigt und unbeweglich. Der Mantel ist, wie bei den übrigen Bivalven, zwei- lappig und im ganzen Umfang geschlitzt. Er deckt den Körper, wie die Schalen, von oben und unten. Am freien Rande trägt er eine Reihe langer, gegliederter, borstenartiger Cilien 5), die in einer beson- dern Wurzelscheide stecken. Bei Lingula und Orbicula erreichen diese eine sehr grosse Entwicklung, während sie bei Terebratula so klein sind, dass sie dem unbewaflneten Auge entgehen. Freie Kiemenlap- pen und Labialpalpen fehlen $). Viel abweichender ist die Körperform der Tunicaten. Bei den Ascidien ist der Mantel mit den äussern Bedeckungen zu ei- 1) Ic. zootom. Tab. XXX1. fig. IX. b2. fig. Xl.]. fig. XX. a. — 2) Ibid. fig. IX. d.d. fig. XIV. XV.aa. — 3) Ibid. fig. IX. c.c. fig. XV. cc. — 4) Ibid. fig. II. fig. IV. a.a. Ueber die eigenthümliche Structur dieser Gebilde s. ein Nähe- | res bei Owen |. c. S. 149. u. bei Vogt l.c. S. 8. 5) Ic. zootom. Tab. XXAL fig. VII. VII. k.k. 6) Von manchen Zootomen werden — doch gewiss mit Unrecht — die Arme der Brachiopoden als Analoga der Labialpalpen betrachtet. 30* 468 Museulatur der Acephalen. ner sackförmigen, lockern Hülle !) umgestaltet, die manchmal (z. B. Boltenia) sich nach unten in einen langen Stiel auszieht und bei den zusammengesetzten Arten mit den Bedeckungen der anwohnenden In- dividuen zu einer zusammenhängenden Masse verwächst. Nur Athem- 2) und Kloakenöffnung 3) sind geblieben. Sie liegen neben einander und sind nicht selten mit einzelnen kleinen, tentakelartigen Papillen 4) be- setzt. In Uebereinstimmung mit dieser äussern Gestalt sind auch die Kiemenlappen zu einem sackförmigen Gebilde verschmolzen und im Innern des Körpers, der übrigens weder Fuss, noch Labialpalpen be- sitzt, verborgen. Analoge Verhältnisse bieten die Salpen ®) dar. Nur liegen Athem- 6) und Kloakenöffnung ?), von denen gewöhnlich die letztere oder auch wohl beide mit einem complicirten, klappenartigen Apparate versehen sind, einander gegenüber an den entgegengesetzten Enden des Kör- pers und sind von beträchtlichem Umfang. Hierdurch bekommt der ganze Leib das Ansehen eines Rohres, zumal da die zu einem Knäuel (nucleus) zusammengehäuften Eingeweide ®), welche an der Bauchfläche °) nahe der Kloakenöffnung gelegen sind, einen verhältnissmässig nur geringen Umfang einnehmen und äusserlich bloss als ein kleiner, ke- gelförmiger Buckel hervortreten. Museulatur der Acephalen. Die primitiven Muskelfasern !0) der Acephalen gleichen im All- gemeinen den entsprechenden Gebilden der übrigen Mollusken und sind einfache, schmale Fäden mit sehnenartigem Glanze. Manchmal besitzen sie auch eine grössere Breite, fast wie die Muskelbündel der höhern Thiere. In diesem Falle umschliessen sie meistens zugleich zahlreiche Molecularkörperchen und bieten mitunter selbst (im Fuss von Pecten) das Ansehen einer Querstreifung dar. Besonders deutlich ist eine solche auch in den Fibrillen der Salpen vorhanden. Am ausgebildetsten ist das Muskelsystem der Bivalven. Wie bei den Gasteropoden, so besteht dasselbe auch hier vorzugsweise aus ei- nem Hautmuskelschlauch und aus den Schalenmuskeln, von denen der erstere übrigens im Vergleich mit den letzteren sehr unbedeutend ist. Er bildet bei den Lamellibranchiaten theils eine Faserschicht in den 1) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XXI. fig. XXIV.c. fig. XXV.a — 2) Ibid. fig. XXIL.b. fig. XXIV.a. fig. XXV.d. — 3) Ibid. fig. XXI. c. fig. XXIV. b. fig. ! XXV.e — 4) Ibid. fig. XXII.c. — 5) Ibid. fig. XXVL. — 6) Ibid.a. 7) Ibid. b. — 8) Ibid. c. 9) Eschricht in seiner erwähnten Schrift deutet überall diese Körperfläche \ als Rücken, die entgegengesetzte als Bauch. Die Analogie mit den Ascidien indes- sen berechtigt uns zu einer andern Annahme. 10) 5. Peters und Robin a. a. ©. Museulatur der Acephalen. 469 beıden Mantellappen, theils auch eine Hülle um den Fuss. In dem Mantel sind die Muskelfasern gewöhnlich spärlich und nur an dem freien Rande und in den röhrenförmigen Verlängerungen einiger- maassen ansehnlich. Zum Zurückziehen der Athemröhre ist in der Regel seitlich noch ein besonderer Musculus retractor vorhanden, der an der innern Schalenfläche seinen Insertionspunkt findet und in seiner Entwicklung (sehr ansehnlich ist er z. B. bei Tellina) sich vor- zugsweise nach der Grösse der entsprechenden Anhänge richtet. Am Fusse bilden die Muskelfasern überall mehrere über einander gelegene Schichten !), die durch ihren verschiedenen Verlauf besonders da, wo sie eine solide, eylindrische Masse bilden, eine manchfaltige Bewegung gestatten. An der Basis sammeln sich die Muskelfasern in zwei seitli- chen Bündeln 2), welche die Eingeweide umfassen und an der Schale sich festsetzen. Die Schalenschliessmuskeln (m. m. adductores lestae) be- stehen überall aus kurzen, parallelen Fasern, die quer von der einen Schale zur andern verlaufen und durch ihre Contraction die Elastici- tät des Schlossbandes überwältigen, welche die Schalen in der Ruhe offen erhält. In der Mehrzahl der Lamellibranchiaten finden sich zwei solche Muskeln 3), ein vorderer und ein hinterer, von denen der erstere aber bisweilen (z. B. bei Mytilus) verkümmert. Bei den sog. Monomy- arien (z. B. bei Ostrea) sind beide Muskeln in eine einzige, inmitten der Schale gelegene Masse #) verschmolzen, an der man aber mei- stens noch beide Portionen von einander leicht unterscheiden und tren- nen kann. Wie bei den Lamellibranchiaten der Fuss, so sind bei den Bra- chiopoden besonders die Arme durch eine kräftige Musculatur aus- gezeichnet. Es besteht diese vorzugsweise aus einem sehr dichten Gewebe von Fasern, welche eine centrale, in der Achse verlaufende Höhle 5) umschliessen. Die Schalenmuskeln sind überall zahlreicher, als in den Lamellibranchiaten, indem sich ausser denjenigen Muskeln, die quer von einer Schale zur andern verlaufen und se unmittelbar die Schalen schliessen 6), auch noch andere schiefe Muskeln entwickelt ‚haben, die von den Schalen nach dem Eingeweidesack verlaufen, an diesem sich festsetzen und vorzugsweise zur Compression und Ver- schiebung der darin enthaltenen Theile dienen. Auch der Stiel von Lingula enthält eine Muskelmasse, die aus Längsbündeln besteht und von der Aussenfläche der Schale an den innern, einander zugewandten 1) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. X.a. — 2) Ibid. a*. — 3) Ibid. fig. XL. ee ff. — 4) Ibid. fig. XIV. g. 5) Dieser Achsenkanal, der an seinem Ende völlig geschlossen sein soll, ist | mit einer hellen Flüssigkeit erfüllt, durch deren Compression die Arme, wenigstens ‚da, wo sie frei sind, entfaltet und aus der Schale hervorgestreckt werden können. |» 6) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. VII. h. h. | I 470 Nervensystem der Acephalen. Seitentheilen des Schlosses ihren Ursprung nimmt. Die analogen Muskeln bei Terebratula und Orbicula, welche durch die Oeffnung oder den Schlitz am Schlossrande der ventralen Schale nach aussen treten, sind von geringerer Entwicklung und entspringen auf der innern Schalenfläche. Bei den Tunicaten beschränkt sich das ganze Muskelsystem auf die in den Mantel eingelagerten Bündel, welche in den Ascidien, wo jene Hülle eine sackförmige Gestalt !) zeigt, ein dichtes Netz von Längs- und Ringsfasern bilden, deren letztere an den beiden oberen Oefinun- gen sich zu einem förmlichen Sphincter verstärken. So ist wenigstens die Anordnung in den grössern einfachen Arten. Bei den kleinern sind die Muskelfasern nur wenig zahlreich und in eine zarte, structur- lose Membran eingelagert. Sie sind vorzugsweise Längsfaserbündel, die aber häufig sich spalten und mit den anliegenden Bündeln anastomosi- ren. Bei Clavelina, wo ein solches Verhältniss sehr deutlich ist, strah- len dieselben von einer scheibenförmigen, im untern Theile des Mantels gelegenen Stelle aus, die zugleich an den äussern Bedeckungen einen Insertionspunkt findet. In der Gruppe der Salpen 2) findet sich im Mantel eine bei den verschiedenen Arten 3) variirende Menge von platten, ringförmigen Muskeln, die wahrscheinlich ebenfalls in eine besondere structurlose Membran eingelagert sind. Durch ihre Contraction 4) können sie das Lumen der Röhre verkleinern. An den Enden, wo sie mit dem Mus- kelapparat der Klappen in Verbindung stehen, sind sie förmliche‘ Schliessmuskeln. | Nervensystem der Acephalen 5). Durch die Structur der histologischen Elemente des Nervensystems schliessen sich die Acephalen unmittelbar an die Gasteropoden. Auch in dem anatomischen Bau findet sich einige Aehnlichkeit, wenigstens‘ bei den Lamellibranchiaten ®), die man als die vollkommensten! 1) Ic. zootom. Tab. XXXL fig. XXIV.g. fig. XXV.b. 2) Eine detaillirte Beschreibung der Musculatur von Salpa cordiformis s. bei Eschricht]. ce. | 3) Nach Krohn (Instit. 1846. N. 661.) zeigen auch die wechselnden Genera- tionen derselben Art (isolirte oder zusammengekettete Individuen) eine verschiedene Anordnung des Muskelapparates. 4) Erleichtert wird diese Contraction durch das Vorhandensein zweier serösen | Säcke, welche in die Seitentheile des Leibes zwischen Muskeln und äussern Bede- ckungen sich hineinerstrecken und bei den zusammengesetzten Individuen mit ein- ander communieiren. 5) Man vergl. die schon früher eitirte Abhandlung von Garner in den Trans- act. of the Linn. Soc. Vol. XVII. 6) Besonders wichtig hierfür ist die ausgezeichnete Arbeit von Blanchard Nervensystem der Acephalen. 471 Acephalen ansehen darf. Die Hauptcentren des Nervensystems sind hier nämlich dieselben drei Paare von Ganglien, die auch bei den Ga- steropoden so ganz allgemein verbreitet sind. Darin aber findet sich ein Unterschied, dass diese Knoten bei den Lamellibranchiaten aufge- hört haben, durch Concentration und Verbindung einen Schlundring zu bilden, wie bei den Gasteropoden, oder vielmehr dass der Schlund- ring, welcher bei den Lamellibranchiaten vorkommt, in der Regel sehr weit ist und nur mit Hülfe der Fussganglien zu Stande gebracht wird. Die oberen Schlundganglien (g. oesophagea s. labialia) !) lie- gen am weitesten nach vorn, wie gewöhnlich, am Anfangstheile des Darmkanales, zu den Seiten des Mundes und dicht unter dem vordern Schliessmuskel der Schale. Durch zwei seitliche Commissuren, die den Oesophagus umfassen, sind mit diesen Knoten die Fussgan- glien (g. pedalia, s. abdominalia, s. Mangilii) verbunden, die in der vordern Schneide des Fusses nahe der Basis gelegen sind. Ein zweites, viel längeres Paar seitlicher Commissuren, das von den Schlundganglien neben dem Darmkanal nach hinten verläuft und die Leber durchsetzt, führt zu den Kiemenganglien (g. branchia- lia) 3), welche unter dem hintern Schalenmuskel zwischen den Kie menlappen ihre Lage haben. Ein directer Zusammenhang zwischen Kiemen- und Fussganglien, wie er bei den Gasteropoden fast über- all vorkommt, fehlt den Lamellibranchiaten. Sehr häufig ist es, wenigstens bei den Fuss- und Kiemenganglien, besonders bei letzteren, dass die beiden entsprechenden Knoten eines Paares von den Seiten näher an einander rücken und selbst in eine einzige Masse verschmelzen, während sie sonst nur durch eine Quer- brücke unter sich verbunden sind. Bei den Kiemenganglien geschieht dieses vorzugsweise dann, wenn auch die seitlichen Kiemenblätter in der Medianlinie zusammenhängen, z. B. bei Cardium, Anodonta 4), Tricho- gonia 5), Ungulina 6), Mactra, Mya, Solen, Pholas. Getrennt sind die Kiemenganglien u. a. bei Modiola, Avicula, Arca, auch bei Teredo ?), wo sie aber schon dicht an einander liegen. Eine Verschmelzung der Fuss- ganglien findet sich z. B. bei Teredo, Triehogonia u. s.w. Die Schlund- in den Annal. des scienc. natur. 1845. T. IV. p. 321. Auch vergl. man Duver- noy in den Compt. rend. T. XIX. p. 1132. und Tom. XX. 1) Ic. zootom. Tab. XXAI. fig ÄIX.a. — 2) Ibid.b. — 3), Ibid.e: 4) Ueber den Bau des Nervensystems bei dieser Muschel vergl. Keber, de nervis concharum. Berol. 1837. 5) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XIX. h. — Ueber das Nervensystem dieses Thieres vergl. man van Beneden in den Annal. des scienc. nat. 1837. T. VII. p. 126. und auch Cantraine Ibid. p. 303. 6) Ueber die Anatomie dieser Muschel vergl. man Duvernoy in den Annal. des science. nat. 1842. T. XVIH. p. 116. 7) Vergl. Frey und Leuckart, Beiträge. 472 Nervensystem der Acephalen. ganglien sind überall getrennt und in der Regel durch eine lange, bogen- | förmig über den Oesophagus hinweglaufende Quercommissur verbunden. | Die Fussganglien, die bei Teredo zu fehlen scheinen, rücken bei" der fusslosen Ostrea I) und auch bei Pecten 2), wo sie getrennt blei-! ben, während sie z. B. bei Anodonta, Trichogonia u. a. verschmel- | zen, sehr weit nach vorn und bilden mit den Schlundganglien ein! förmliches, enges Markhalsband, wie bei den Gasteropoden. Die Körpernerven entspringen in der Regel nur aus den Gan- glien selbst und niemals aus den Commissuren, welche diese ver-| binden. In den Hirnknoten. wurzeln bei Anodonta 3) die Nerven des naheliegenden Schalenmuskels und des vordern Manteltheiles, sowie die der Labialpalpen und einige kleine Aeste für den Oesophagus. Das Fussganglion entsendet jederseits fünf stärkere Muskelnerven und au- sserdem noch einige zarte Stämmchen, welche die Geschlechtsdrüsen durchsetzen, aber ebenfalls nur an den Muskeln des Fusses sich verzweigen. Die ansehnlichsten Nerven der Kiemenganglien und über- haupt des ganzen Körpers sind die beiden Kiemennerven 4) (n.n. semi- pennati), welche sich durch eine eigenthümliche, federförmige Anord- nung ihrer Aeste auszeichnen. Kleinere Nerven, die ebenfalls in die- sen Knoten wurzeln, verbreiten sich an dem hintern Schalenmuskel und den naheliegenden Theilen des Fusses, sowie des Mantels. Die Eingeweidenerven, deren Anodonta eine ansehnliche Menge besitzt, bilden ein eignes, freilich nicht in allen seinen Theilen zu- sammenhängendes System 5), das in den Commissuren zwischen den Hauptkörperganglien, nicht aber in diesen selbst wurzelt, wie die übrigen Nerven. Auch dadurch unterscheiden sich die Eingeweidener- ) ven noch von diesen, dass sie in ihrem Verlauf zahlreiche Plexus ' bilden. Der ansehnlichste derselben ist ein Plexus gastricus, welcher ' auf der Rückenfläche des Magens gelegen ist und hier meistens ein kleines Ganglion bildet. Er entspringt aus den langen Seitencommis- | suren und entsendet seine Nerven auch an das Herz und die Leber. Die letztere empfängt noch einige Aeste direct aus eben jenen Com- | missuren, von denen ausserdem die Nerven für die Harnwerkzeuge | entspringen. In den beiden kürzern Schlundeommissuren wurzeln die ' Nerven für die keimbereitenden Geschlechtsdrüsen. Wo der Körper durch eine Asymmetrie sich auszeichnet, wie 1) Vergl. die Monographie von Brandt und Ratzeburg in der Medic. Zoo- log. Bd. II. S. 337. und die daraus entlehnte Abbildung in den Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XVIIL — Garner und Duvernoy haben die Fussganglien bei Ostrea übersehen. | 2) Vergl. Grube in Müller’s Archiv 1838. S. 32. 3) Ueber die Vertheilung und den Verlauf der Nerven bei Anodonta vergl. man bes. Keber I.c. — 4) Ic. zootom. Tab. XXAXlL. fig. XIX. d.d. 5) So nach Keber |]. c. — Andere Zootomen sprechen den Acephalen ein eigenes sympathisches System gänzlich ab, Nervensystem der Acephalen. 473 es bisweilen (bei Anomia, aber auch schon bei Ostrea) der Fall ist, hat auch das Nervensystem seine symmetrische Anordnung verlo- ren. Auch sonst richten sich die Ganglien und die davon ausstrah- lenden Nerven in ihrer Entwicklung nach denjenigen Gebilden, an welchen sie sich verzweigen. Am auffallendsten ist dieses Verhalten bei Mactra, Venus, Solen und anderen Lamellibranchiaten, welche, wie diese, mit einer retractilen Mantelröhre versehen sind. Hier nämlich ‚bleiben die beiden, neben den hintern Mantelnerven entspringenden Nerven dieser Gebilde nicht mehr einfache Stämme, wie in den übrigen Fällen !), sondern bilden in ihrem Verlauf zwischen den Retractores siphonum mehrere hinter einander gelegene, kleine Ganglien, von denen immer zwei entsprechende Knötchen durch eine zarte Quercom- missur verbunden sind. Bei Pholas und Mya, bei denen die Mantel- röhren keine besondere Retractores besitzen, fehlen die queren Com- missuren, obgleich die Ganglien selbst vorhanden sind. Eine analoge Eigenthümlichkeit findet sich bei Solen, wo die Man- tellappen sehr weit nach vorn über die Mundöffnung hinaus verlän- gert sind und durch einen besondern Muskel an der Schale sich be- festigen. In Uebereinstimmung mit dieser Anordnung entwickeln sich nämlich auch hier jederseits (etwa zwölf) accessorische Ganglien, die unter sich durch feine Fäden zusammenhängen. Schon bei Unio zeigen die Mantelnerven bei ihren Ramificationen hier und da eine kleine ganglionäre Anschwellung. In andern Fällen, besonders bei den einmuskligen Bivalven, wo der Mantel fast in seinem ganzen Umfang offen ist, und auch, wenngleich in geringerm Grade, bei Mactra, Ve- nus u. S. w., verläuft am freien Rande der Mantellappen ein ansehnli- cher Nervenstamm, der in den Schlund- und Kiemenganglien wurzelt, mit anderen Nerven noch vielfach anastomosirt und die Augen und Tentakel des Mantelrandes versorgt. Solen und Arca zeigen endlich auch in den langen Seitencommissuren, welche Schlund - und Kiemen- knoten mit einander verbinden, ein kleines accessorisches Ganglion, dessen Aeste in den anliegenden Körpertheilen sich verbreiten. Sehr verschieden hiervon scheint der Bau des Nervensystems bei den Brachiopoden 2) zu sein, so weit man denselben bisjetzt wenig- stens kennt. Der grössern, durchbohrten Schale zugewandt, finden sich zwei kleine, seitliche Ganglien, die durch eme quere Commissur verbunden sind und (bei Orbicula) die vorderen Schlundmuskeln verse- hen. Sie sind untere Schlundknoten und entsprechen wahrscheinlich den Fussknoten der Lamellibranchiaten. Auf der entgegengesetzten Flä- che des Oesophagus liegt noch ein drittes, unpaares Ganglion an der "Basis der Arme, das vielleicht durch eine seitliche Commissur mit den l) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XXL e. e. 2) Vergl. Owenl.c., sowie in den Annal, des science. nat. 1845. T. III. p. 379. ATAh Sinnesorgane der Acephalen. beiden anderen Knoten in Verbindung steht und einen förmlichen Schlundring bildet. Die Nerven dieses Oesophagealganglion scheinen vorzugsweise die Arme zu versorgen. Bei den Tunicaten sind Schlund - und Fussknoten !) gänzlich ! geschwunden. Nur ein Ganglion branchiale oder doch wenigstens ein seiner Lage nach diesem analoges Ganglion ist geblieben. Bei | den Ascidien, den einfachen und zusammengesetzten, liegt es in! der Muskelschicht des Mantels etwa in der Mitte zwischen Kiemen- und Kloakenöffnung und ist besonders bei den grösseren Arten schr | deutlich. Die davon ausstrahlenden Nerven verbreiten sich vorzugs- ! weise an dem Kiemenapparat und dem Mantel, sowie an der Mundöff- nung und den Tentakeln. Bei den Salpen hat das entsprechende Ganglion eine ganz analoge Lage an der Rückenseite des sog. Athemrohrs, nahe dessen vorderm Ende. Es besteht aus zwei hinter einander gelegenen, rundlichen Kno- ten, von denen der vordere der grössere ist; eine Anordnung, die übrigens auch schon bei einigen Ascidien (Chelyosoma 2)) angedeutet zu sein scheint. Die Nerven sind zahlreich und zeigen denselben strah- lenförmigen Verlauf, wie bei den Ascidien. Sinnesorgane der Acephalen. Gesichtswerkzeu ge. Sehr eigenthümlich ist das Vorkommen und die weite Verbreitung von Gesichtswerkzeugen in der Klasse der Acephalen. Bei den Lamel- libranchiaten 3) findet man sie in sehr beträchtlicher Anzahl an den verschiedensten Stellen des Mantels. Am häufigsten (z. B. bei Spon- dylus, Pecten, Ostrea, Anomia) stehen sie im ganzen Umkreise des Mantelrandes zwischen den hier befindlichen Tentakeln und sitzen als kleine, glänzende Knöpfchen auf besondern, kurzen und beweglichen | Stielen. Bei Pectunculus pilosus stehen die Augen theils einzeln, theils 1) Bei den Ascidien beschrieb Schalk (de ascidiarum structura. Halae 1814. p. 9.) als Schlund- und Fussganglien ein Paar Gebilde, die in der Nähe der Magen- anschwellung gelegen sein sollten, die aber sicherlich keine Ganglien sind und nie- mals haben wieder aufgefunden werden können. 2) Vergl.Eschricht, Anatomisk Beskrivelse af Chelyosoma Mac-Leayanum.p. 8. | 3) SchonPoli (l.c. p.153.), der auch das Nervensystem der Acephalen gese- hen, es aber irriger Weise für ein Lymphgefässsystem gehalten hatte, kannte diese Organe und deren Analogie mit den Augen. Späterhin sind dieselben, wie es scheint, fast überall in Vergessenheit gerathen, bis endlich Grube (Müller’s Ar-, chiv 1340. S.24.) und Krohn (Ibid. S. 381.) sie durch eine genauere Untersuchung mit völliger Gewissheit als Gesichtswerkzeuge erkannten. Sehr wichtig über sie sind auch die Angaben von Will in Froriep’s Neuen Not. N. 622. Sinnesorgane der Acephalen. 479 in Gruppen von zwanzig bis dreissig neben einander. Bei Pinna sind dieselben in der Nähe des vordern Schliessmuskels dicht ge- drängt und am hintern Mantelrande vereinzelt. Bei Arca fehlen die Augenstiele, während sie bei Gardium sehr lang sind und in grosser Menge die röhrenförmigen Verlängerungen des hintern Mantelrandes einfassen. Bei Venus liegen die Augen an der Basis der an derselben Stelle befindlichen Tentakel, während sie bei Mactra an der Basis der- jenigen Fühler sich vorfinden, welche den Rand der Athemröhre be- setzen. Tellina planata besitzt unzählige gestielte Augen am hintern Saume der beiden Mantelhälften, Solen und Pholas zwischen den Tentakeln. Mytilus, Lima u. s. w. scheinen übrigens der Augen zu entbehren. Die Augen bestehen (Pecten) aus einer kapselartigen Sclerotica, welche etwa bis zur Hälfte in den fleischigen Stiel hineingesenkt ist, und deren vorderes, sehr gewölbtes Segment die Gornea bildet. Die Concavität dieses Abschnittes ist von einer Linse ausgefüllt, welche ihrerseits nach hinten von einem zweiten durchsichtigen Medium, von dem Glaskörper, umfasst wird. Zwei Pigmentlagen, von denen die innere ein silberglänzendes Tapetum darstellt, umhüllen den di- optrischen Apparat bis auf eine vordere Pupille, deren Rand von ei- ner contractilen Iris gebildet ist. An der hintern Fläche bilden die Pigmentzellen der Iris sogar eine Art von Processus ciliares, die sich an den Glaskörper anlegen. Die Nervi optici entspringen aus dem star- ken Randnerven des Mantels, mitunter, wie es scheint, als Aeste der nächstliegenden, ebenfalls dort ihren Ursprung findenden N. ten- taculares. Die Retina der Augen ist ziemlich dick. Unter den übrigen kopflosen Mollusken kennt man die Sehwerk- zeuge nur noch bei einigen Ascidien, bei Cynthia, Phallusia, Clavelina, wo vierzehn Augen sich vorfinden, von denen acht die Athemöffnung, sechs die Afteröffnung umgeben und in den Winkeln der Lappen ver- borgen sind, welche im Umkreise derselben angebracht sind. Bei Phallusia intestinalis sind die Augen mit orangefarbenen Pigmenthäufchen verse- hen und selbst die Sehnerven davon überzogen. Ihre runde Pupille ist von einer dunkelorangefarbenen Pupille umgeben, die Chorioidea erscheint hellgelb gefärbt und Glaskörper nebst Linse abgeplattet. Auch Amaurucium Argus hat im Umkreis der Kiemenöffnung vier brennend- rothe Flecke, wahrscheinlich ebenfalls Augen. Gehörorgane. Allgemeiner noch, als die Verbreitung der Augen, ist die der Ge- hörwerkzeuge. Sie finden sich bei den Lamellibranchiaten !) wahr- 1) Entdeckt sind die Gehcrorgane der Lamellibranchiaten von v. Siebold (Müller’s Archiv 1838. S. 49.). 476 Sinnesorgane der Acephalen. scheinlich ohne Ausnahme und gleichen in Lage und Bau den entspre- chenden Gebilden bei den Gasteropoden. Sie sind symmetrische, rund- liche Bläschen, die einen überall nur einfachen, oscillirenden Otolithen von sphärischer Gestalt umschliessen und mit den Fussganglien in Ver- bindung stehen. Die Gehörnerven sind bald nur sehr kurz, so dass die entsprechenden Organe ihren Ganglien dicht aufliegen (z. B. Cy- clas, Tellina), bald auch etwas länger (z. B. Anadonta, Mya, Cardium). Bei den Brachiopoden kennt man bis jetzt noch keine Gehörorgane, obgleich sie wahrscheinlich auch hier vorhanden sind. Unter den Tu- nicaten fehlen sie den Ascidien vielleicht nur mit Ausnahme von Che- Iyosoma, wo indessen !) die Structur des betreffenden Organes noch eben so wenig mit Sicherheit gekannt ist, wie bei den Salpen 2), bei denen ebenfalls ein Gehörorgan vorzukommen scheint. Geruchs- und Geschmackswerkzeuge sind bei den Acepha- len noch nirgends aufgefunden. Tastwerkzeuge. Tastwerkzeuge sind bei den Brachiopoden die mit langen Franzen besetzten Spiralarme, bei den Lamellibranchiaten dagegen theils die verschiedenen tentakelförmigen Papillen des Mantelrandes oder der Si- phones, theils aber auch die beiden Labialpalpen (appendices bucca- les), zwischen denen sich noch bei einigen einmuskeligen Arten die Ränder der Mundspalte zu lappigen oder fingerförmigen Fortsätzen ent- wickeln. Die Ascidien haben am Eingang in die Kiemen-, oft auch in die Kloakenöffnung einen Kranz von feinen, fadenförmigen Tentakeln, welche siebförmig jene Oeflnungen verschliessen und unstreitig eben- falls als Tastwerkzeuge dienen, während als solche endlich bei den Salpen zwei den Labialpalpen vergleichbare, blattartige Längsfalten 3) 1) Nach Eschricht (a. a. 0.) stehen bei Chelyosoma mit dem Centralganglion des Nervensystems zwei eigeuthümliche Körper in Verbindung, von denen der eine, der mit einer weisslichen Masse gefüllt ist, das Aussehen einer länglichen und ge- bogenen Blase besitzt, während der andere in seiner Gestalt einer Keule gleicht und am vordern Ende eine tiefe Grube hat. An jeder Seite der Grube ist im In- nern eine besondere, kernartige Masse vorhanden. 2) Bei den Salpen erwähnt Milne Edwards (Observat. sur les Ascid. comp. p. 55.) neben dem Nervenknoten noch eines besondern Appareil oculiforme, doch ohne denselben sonst näher zu beschreiben. Wahrscheinlich ist dieser identisch mit den beiden von Eschricht (Over Salperne p. 12.) und auch von Costa er- wähnten, halbmondförmigen oder wie ein S gekrümmten Gebilden, die seitlich dem Centralnervensystem anliegen und von Eschricht für seitliche Ganglien, wenn- gleich etwas zweifelhaft, gehalten werden. Sind dieselben übrigens wirklich Sin- nesorgane, wie auch Eschricht anfangs vermuthete, so möchten sie wohl eher Gehörwerkzeuge sein, als Augen. ’ 3) Meyen scheint in seiner Abhandlung über den Bau der Salpen (Nov. Act. Acad. Leop. Vol. XVI. P.I. p. 388.) diesen Apparat für einen Theil der Geschlechts- organe gehalten zu haben. Verdauungsorgane der Acephalen. 411 functioniren, die im Innern des Athemrohrs, an der Rückenseite vor dem Centralganglion des Nervensystems gelegen sind und von diesem mit Nerven versorgt werden. V. erdauungswerkzeuge der Acephalen. Der Verdauungskanal der Acephalen unterscheidet sich vorzugs- weise dadurch von dem der übrigen Weichthiere, dass der musculöse Anfangstheil, welcher bei den Cephalopoden und Gasteropoden eine so beträchtliche Entwicklung zeigt, mit den Kauwerkzeugen hier überall fehlt. Nur bei Teredo findet man mit der Mundhöhle im Zu- sammenhang ein eigenthümliches knorpliges Gebilde von cylindri- scher, flaschenförmiger Gestalt, welches man vielleicht einigermaa- ssen jenen Kauwerkzeugen vergleichen könnte. In allen Fällen aber führt die Mundöffnung, die immer im vordern Körperende gelegen ist, unmittelbar durch einen sehr kurzen und weiten Oesophagus in den Magen, welcher gewöhnlich nur eine einfache, rundliche Erweiterung des langen, zusammengewundenen Darmes darstellt und nur selten aus mehreren Theilen zusammengesetzt wird. Die After- öffnung hat eine verschiedene Lage und richtet sich darin nach den einzelnen Ordnungen. Von den drüsigen Hülfsapparaten der Ver- dauung ist eine Leber überall entwickelt, eine Speicheldrüse fast nirgends. Die Verdauungsorgane liegen, zu einer knäuelförmigen Masse zu- sammengeballt, im Innern einer besondern überall nur engen Leibes- höhle, welche bei den Lamellibranchiaten meistens bis in die Basis des Fusses hineinragt, aber in der Regel (z. B. bei Anadonta) fast gänzlich obliterirt scheint. In andern Fällen, wie bei Mactra, Teredo u. a. ist dieselbe geräumiger und ganz deutlich. Ein Mesenterium fehlt über- all, meistens auch eine besondere häutige Auskleidung der Bauchhöhle, die nur bei den Ascidien vorhanden zu sein scheint. Die Darmhäute bestehen vorzugsweise in einer äussern Muskel- schicht, deren Fasern aber mitunter (z. B. Clavelina u. a.) nur we- nig zahlreich und dann in eine structurlose Membran eingebettet sind oder auch, wie es bei einigen kleinern Arten der Fall zu sein scheint, sogar gänzlich fehlen. Das innere Epithelium, dessen zellige Ele- mente eine runde oder cylindrische Form haben, ist in der Regel sehr beträchtlich entwickelt und trägt auf der innern Fläche eine Flim- merbekleidung (z. B. Ostrea, Mytilus, Clavelina), wie bei den Ga- steropoden. Daneben trifft man im Darmkanal nicht selten auch noch auf besondere, bei Ostrea z. B. sehr ausgebildete und aus traubig ag- gregirten Follikeln bestehende Darmdrüsen, die übrigens in vielen Fäl- len (z. B. bei den Asciden) wiederum fehlen. / Eigenthümlich ist es, dass bei den meisten Lamellibranchiaten an dem hintern Ende des Magens sich ein knorpelartiges, meistens stilett- 478 Verdauungsorgane der Acephalen. förmiges Gebilde entwickelt, der sog. Krystallstil (stilus erystalli- nus) !), welcher aus mehreren über einander gelagerten Schichten be- steht und der bei den Gasteropoden so häufig vorkommenden Magen- bewaflnung sich vergleichen 2) lässt. Die Differenzen in der Anordnung des Darmkanales sind eben von keiner sehr grossen Bedeutung, obgleich die einzelnen Ordnungen manchfache Modificationen des gemeinschaftlichen Typus darbieten. Bei den Lamellibranchiaten ist die Mundöffnung eine ziemlich weite, quere Spalte 3), die bei der grössten Mehrzahl der Arten, wie z. B. bei Anadonta 4), fast unmittelbar in den Magen 5) führt. Auch da, wo eine besondere, deutliche Speiseröhre sich findet (z. B. Ostrea 6), Mactra, Pholas, Clavagella, Teredo), ist solche immer nur sehr kurz. Der Magen ist bei weitem in den meisten Fällen eine einfache, läng- lich ovale oder auch kugelförmige Höhle mit ziemlich dünnen Wandun- gen. Vor dem hintern Ende desselben liegt der Krystallstil, bei Ana- donta in einer kleinen, seitlichen Nebentasche, die sich in andern: Fällen (besonders bei Solen, Mactra, Mytilus 7), auch bei Cyprina u. a.), wo zugleich der Krystallstil eine beträchtlichere Grösse besitzt, in ei- nen sehr ansehnlichen, scheiden- oder blinddarmförmigen Sack ver- längert. Bei Ostrea, Unio, Tellina, Donax, Ungulina, Cardium, Pholas u. a. fehlt übrigens der Krystallstil und mit ihm zugleich dieser An- hang 8), den man vielleicht nicht ganz mit Unrecht als einen zweiten! Magen betrachtet hat. Der Darmkanal 9) ist überall gleich weit und. in Windungen gelegt, deren Anzahl und Grösse sich freilich nach der‘ Länge des betreffenden Abschnittes selbst richtet. In der Regel ist der-- selbe nicht unansehnlich, nur selten durch eine beträchtlichere Kürze‘ (z. B. Venus) oder Länge (z. B. Tellina) ausgezeichnet. Der Endtheil !% des Darmes, der von dem vordern Abschnitte sich übrigens sonst kei- neswegs unterscheidet, verläuft immer auf der Rückenseite unterhalb: des Schlosses nach hinten und öffnet sich hier, in der Regel erst, 1) Ic. zootom. Tab. XXXl. fig. X b. 2) Nach Poli würde dieses Organ zum Verschliessen der Gallenwege bestimmt sein — eine Ansicht, welche übrigens dadurch schon widerlegt wird, dass ein sol- ches Verschliessen in manchen Fällen (z. B. bei Teredo) durch die Lage des Krystall- stils unmöglich wird. 3) Ic. zootom. Tab. XXXl. fig. XVI.a. 4) Ueber den Bau dieser Muschel vergl. man Unger, Anatomisch-physiolog. Untersuchungen über die Teichmuschel. 1827. 5) Ic. zootom. Tab. XXXlI.d. fig. X.b. — 6) Ibid. fie. XVLb. 7) Fälschlich behauptet man bei Mytilus das Fehlen des Krystallstiles. | 8) Bei Clavagella soll übrigens nach Owen (Transact. of the Zoolog. Soc. Vol. I. p. 259.) wohl der Krystallstil fehlen, aber nicht der Magenanhang, den er als das Rudiment des Pankreas betrachtet. 9) Ic. zootom. Tab. XXX1. fig. e. fig. X.c. — 10) Ibid. fie. g. | Verdauungsorgane der Acephalen. 479 nachdem er das Herz durchbohrt hat, zwischen Mantel und Kiemen in die Kloakenhöhle. Bei Östrea, noch mehr bei Anomia ist die After- öffnung wegen der Asymmetrie des Körpers der grössern Schale zu- gekehrt. Einige beträchtlichere Abweichungen bietet die Anordnung des Verdauungskanales bei Teredo !) dar, wo der Magen aus mehreren deutlich von einander getrennten Abschnitten besteht. Der vordere derselben ist ein sehr langer und weiter Blindsack, der an seiner In- sertionsstelle sich halsarlig verdünnt und im Innern durch eine Längs- scheidewand in zwei nur am untern, blinden Ende communicirende Räume getheilt ist. Unmittelbar darauf folgt ein zweiter, viel kürzerer und rundlicher Blindsack, welcher dem einfachen Magen der übri- gen Lamellibranchiaten zu entsprechen scheint. Am Anfang des Dar- mes, der sich schlingenförmig um die vordere Magenabtheilung her- umschlägt und später vom Kopfende aus nach hinten verläuft, zeigt sich endlich noch eine dritte, oblonge Erweiterung, in welcher der Krystallstil enthalten ist. Bei den Brachiopoden 2) fehlt der Krystallstil. Der kurze Oe- sophagus führt aus der Mundöffnung 3), die am vordern Ende des Körpers in der Mitte zwischen den Armen liegt, in einen einfachen, länglich runden Magen 4), der bei Lingula von einer nur sehr unbe- deutenden Erweiterung gebildet wird. Der Darm 5) ist gewöhnlich ziem- lich kurz (am längsten bei Lingula) und schlingenförmig gewunden. Er mündet an der einen Seite des Körperrandes nach aussen 6). In der Gruppe der Ascidien ?) ist auflfallender Weise die eigent- liche Mundöffnung ®) im Grunde des geräumigen Kiemensackes gelegen, wenn man wenigstens diesen nicht, wie es von manchen Seiten wohl geschehen ist, für einen blossen Theil des Oesophagus, vielleicht für einen metamorphosirten Pharynx, ansehen will. Bei Phal- lusia pedata ist übrigens eine directe Verbindung dieser untern Mund - und der äussern Kiemenöffnung vorhanden, indem beide durch eine sehr ansehnliche Längsfalte verbunden werden , die von der eigentlichen Athemhöhle eine cylindrische Rinne, gewisser- maassen die Fortsetzung des Oesophagus, abtrennen kann. In ihrer 1) Ueber die anatomischen Verhältnisse dieses Thiers vergl. Home in den _ Philos. Transact. 1806. p. 276., sowie Frey und Leuckart, Beiträge. 2) Neben den Angaben von Owen und Vogt vergleiche man auch Cuvier, Mem. sur Yanimal de la Lingule. 3) lc. zootom. Tab. XXXI. fig. VLb. fig. VILb — 4) Ibid. fig. IV. c. a. VI. cc. fie, VII c. fig. VII c. — 5) Ibid.d. — 6) Ibid. e. 7) Ausser den angeführten Werken von Savigny und Milne Edwards sind für die Anatomie der einfachen Arten wichtig: Cuvier, M&m. sur les Ascidies, Schalk, I. c. und Delle Chiaje. 8) Ic. zootom. Tab. XXXl. fig. XXIII. d. 480 Verdauungsorgane der Acephalen. Structur zeigt diese Falte von den Wandungen des Kiemensackes in- sofern eine Abweichung, als sie solide ist und ein schönes, flimmerlo- ses Epithelium trägt. Der Oesophagus !) führt nach kurzem Verlauf in den rundlichen oder ovalen Magen 2), der bei Cavelina mit fünf Längskanten versehen ist. Der Darm 3) hat (besonders bei den zusam- mengesetzten Arten) nur eine sehr mässige Länge und zeigt an sei- nem Endtheile bisweilen (z. B. bei Clavelina) eine Erweiterung, viel- leicht einen besondern Mastdarm. Er macht eine einzige, mehr oder minder starke Biegung und verläuft dann neben dem Kiemensack nach oben, wo er im Grunde der Kloakenhöhle endigt ®). Bei den zusammengesetzten Arten ist die äussere Oeffnung der Kloake sehr häufig für eine grössere oder geringere Zahl von Individuen, die dann kranzförmig um dieselbe gruppirt ist, gemeinschaftlich. Bei den Salpen ist der Darm in der Regel zu einer knäuelförmi- gen Masse 5) zusammengewunden und an der Bauchseite des Thieres gelegen. Seltner (z. B. Salpa pinnata) verläuft derselbe mehr gestreckt. Er bildet ein in der Mitte nur mässig erweitertes, cylindrisches Rohr ohne eigentlichen Magen, welches durch zwei Oeffnungen, eine vor- dere, den Mund, und eine hintere, den After, in die Kiemen - oder Schwimmhöhle mündet 6). Speicheldrüsen fehlen allen Acephalen ausser Teredo ?), wo neben dem Oesophagus ein Paar kleiner, folliculöser Drüsen gelegen ist, die mit einem gemeinschaftlichen Ausführungsgang in den Mund sich öffnen. Vielleicht machen auch die Brachiopoden (Lingula) eine Ausnahme, deren Schlund von einer baumartig verzweigten Drüsenmasse umhüllt ist, welche mit einem leicht aufzufindenden Ausführungsgang in derselben einmünden 8) soll. Sehr allgemein dagegen findet sich bei den kopflosen Mollusken eine Leber, die freilich in ihrer Entwicklung manche Differenzen dar- bietet. Am rudimentärsten erscheint dieselbe ohne Zweifel bei den zu- 1) Ic. zootom. Tab XXAlI. fig. XXV.£ — 2) Ibid. fig. XXII.e. fig. XXV. g. 3) Ibid. fig. XXILf. fig. XXV.k. — 4) Ibid. fig. XXI. g. fig. XXV.h. 5) Ibid XXVI c. 6) Unrichtig ist ohne Zweifel die Vermuthung von Eschricht (a.a.0. p. 27.), dass der Darmkanal nicht in die Athemröhre sich öffne, sondern in der Spitze des Eingeweidesackes nach aussen münde. — Ueber die Anatomie der Salpen vergl. man übrigens neben Eschricht noch Chamisso, De animal. quibusdam e classe Vermium. Berol, 1819., Cuvier, Mem. sur les Thalides et sur les Biphores, Sa- vigny, Mem. sur les anim. sans vertebr. T. IL, Meyen, a. a. O., Costa, Osser- vazioni fisiologiche ad anatomiche sopra alcune Specie del genere Salpa (Atti della acad. dell. sc. di Nap.) Vol. V. p. 193 und 223. 7) Vergl. Frey und Leuckart (l. c.). Was Delle Chiaje (Memoire I. c. VI. p. 27.) hier für Speicheldrüsen hielt, ist das Ovarium. 8) So nach Vogt (a. a. O.). Die von Cuvier bei Lingula als Speicheldrü- sen gedeuteten Theile bilden die Leber. Verdauungsorgane der Acephalen. 481 sammengesetzten Ascidien, wo sie bei Clavelina nur von einer einfa- chen, am Magen und auflallender Weise auch am Rectum vorkom- menden, Zellenschicht vertreten ist, deren Elemente sich übrigens durch ihren gelblich gefärbten, aus Fetttröpfchen bestehenden Inhalt auszeich- nen. Bei andern Arten (z. B. bei Polyelinium, Amarucium, Diazona) dagegen besteht die Leber aus blinden, der Magenerweiterung aufsi- tzenden Röhren, welche, über einen grössern Theil des Darmes ver- breitet, auch bei den Salpen !) vorzukommen scheinen. Aus ähnlichen, braun oder schmutziggrün gefärbten Follikeln be- steht die Leber 2) auch in den übrigen Acephalen. Nur darin findet sich ein Unterschied, dass dieselben nicht mehr einzeln, sondern mit Hülfe mehrerer gemeinschaftlichen Ausführungsgänge, die im Innern ein Flimmerepithelium tragen, in den Magen sich ergiessen, an dessen Wandungen die Mündungsstellen als weite Oeflnungen leicht aufgefun- den ‘werden können. Bei Cyelas flimmert ausnahmsweise auch die innere Auskleidung der einzelnen Follikel, die hier, wie auch sonst beinahe überall, den Magen in einer dichten Schicht überziehen und dabei auch noch einen Theil des Darms bedecken. Bei Teredo umhüllt die Leber den zweiten Magensack. Sehr ansehnlich, doch ganz ähnlich gebaut ist die Leber der Brachiopoden 3), die zu den Seiten des Darmkanals eine lappige Masse bildet und wie gewöhn- lich in den Magen sich öffnet. Organe des hreislaufs bei den Acephalen. Auch bei den Acephalen ?) bilden die Blutgefässe kein vollständig geschlossenes System von Kanälen, sondern stehen mit mehr oder minder weit ausgebreiteten, wandungslosen Räumen 5) in. Verbindung, welche vorzugsweise die Stelle der Venen vertreten. Die Ausdehnung derselben ist im Allgemeinen, wie es scheint, noch grösser als in den übrigen Klassen der Mollusken. Wo eine besondere Bauchhöhle vor- handen ist, vertritt diese auch hier die Stelle eines venösen Sinus. Das Centralorgan des Kreislaufs ist en Aortenherz, welches das Venenblut aus Mantel und Kiemen empfängt und in den Körper schickt. Das Blut ist farblos oder schmutzig weiss und enthält Kügelchen 1) Was Cuvier, Chamisso und Meven für die Leber gehalten haben, ist (nach Krohn) der Hoden. 2)“ Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XXIH.h. fig. X.e. — DIL AZ ERENV. IT. fig. VI. f. fig. VII. f. 4) Man vergl. neben den Angaben von Poli, Cuvier, Meckel besonders die schon mehrfach angeführten Abhandlungen von Milne Edwards. 5) Auch hier fällt das Höhlensystem mit den wasserführenden Gefässen Delle Chiaje's zusammen. | Wagner’s Zootomie. 11. 31 482 Organe des Kreislaufs bei den Acepbhalen. von ungleicher Grösse (im Durchschnitt etwa soo‘) und öfters von körnigem Ansehen. Wahrscheinlich mischt die Blutflüssigkeit auch bei den Acephalen sich überall mit dem den Körper von aussen umgeben- den Wasser, zum Theil, wie es scheint, durch Hülfe besonderer Oefl- nungen !), die bei den Lamellibranchiaten vorzugsweise an der Schneide des Fusses angebracht zu sein scheinen. Die Substanz des Herzens besteht m den meisten Fällen aus zahl- reichen, maschenförmig über einander gelagerten Muskelbündeln, die aber viel zarter sind, als bei den Gasteropoden, und auch viel- leicht nirgends mehr solche förmliche Papillarmuskeln bilden, wie dort. Im Innern findet man eine Epithelialbekleidung von zarten, hellen Zel- len. Wo übrigens das gesammte Gefässsystem nur eine geringe Ent- wicklung zeigt (bei den zusammengesetzten Ascidien), lassen“sich auch im Herzen keine solche Elemente mehr unterscheiden. Es besteht das- selbe in diesem Falle nur aus einer structurlosen, hyalinen Hülle, die im Innnern mit einem Epithelium von polyedrischen Zellen versehen ist. Bei den Lamellibranchiaten 2), wo das Gefässsystem im Allge- meinen noch die grösste Vollständigkeit und Entwicklung darbietet, be- steht das von einem deutlichen Pericardium umhüllte Herz_in der Re- gel aus einer einfachen, musculösen Kammer 3) und zwei seitlichen Vorhöfen #) von minder fester Textur und dreieckiger Gestalt, die jederseits flügelförmig auf der Kammer sitzen und an ihren Insertions- stellen mit besonderen Auriculo - Ventricularklappen versehen sind. Der Ventrikel liegt unter dem Ligament der Schalen nahe vor dem After und ist auffallender Weise im seiner ganzen Länge vom Mastdarme durchbohrt 5); ein Verhalten, was auch, wie schon oben erwähnt, bei einigen Gasteropoden vorkommt. Vorn und hinten verlängert er sich in einen Aortenstamm $), deren vorderer die Eingeweide und den anliegenden Theil des Mantels versieht. Der andere, welcher bei Pinna, Venus u. s. w. an seinem Ursprung sich zu einem, ‚bei Mactra eben- falls vom Mastdarm durchbohrten, Bulbus erweitert, verläuft als un- paarer Stamm bis an das hintere Körperende und spaltet sich hier in zwei grosse Arteriae palliales, die dem Mantelrande folgend zum Kopfe hin verlaufen. 1) Dass auch die beiden nierenförmigen Organe der Lamellibranchiaten (s. un- ten) noch diesem Zwecke dienen, ist durch den Zusammenhang derselben mit dem Gefässsystem und ihre ganze Anordnung sehr wahrscheinlich. 2) Eine mit trefllichen Abbildungen erläuterte Abhandlung über das Gefässsy- stem und den Kreislauf von Anadonta ist von Bojanus in der Isis, 1819. S. 41, Garner hat in seiner Abhandlung über die Anatomie der Lamellibranchiaten (Trans- act. of the Zoolog. Soc. 1838. Vol. Il. p. 87.) ganz analoge Resultate niedergelegt. 3) Ic. zootom. Tab. XXXI1. fig. Xl.a. fig. XIl.a. — 4) Ibid. fig. XL b, b. fig. XU.b.b. — 5) Ibid. fig. XI. — 6) Ibid. fig. XL XII XI c. Organe des Kreislaufs bei den Acephalen. 4853 Aus dem Mantel kehrt das Blut, wie es scheint, durch wandungs- lose, kanalförmige Gänge unmittelbar in die Vorkammern des Herzens zurück. Auch das venöse Blut aus dem Gebiete der Aorta visceralis bewegt sich in analogen wandungslosen Räumen, die den Fuss durch- setzen und unter dem Herzen sich zu einem grössern Sinus venosus erweitern, welcher vielleicht ein Theil der in der Regel fast gänzlich obliterirten Bauchhöhle ıst. Aus diesem Behälter tritt das Blut jeder- seits in die Niere !), einen schwammigen, hohlen Körper von bräunli- cher Färbung ?2), aus welchem wiederum mehrere Gefässe entspringen, die theils in die Vorhöfe einmünden 3), grösstentheils aber als ein Paar Kiemenarterien sich in den Respirationsorganen verästeln. Die Kiemenvenen #, die übrigens ebenfalls nur wandungslose Kanäle zu sein scheinen, sammeln sich jederseits in zwei grössern, weiten Räumen, einem vordern und einem hintern, deren Vereinigung die Vorhöfe bildet. Die Differenzen von dieser Anordnung, so weit man dieselben kennt, beschränken sich vorzugsweise auf den Bau der Centraltheile des Gefässsystems. So bietet u. a. bei Arca Noae (nicht bei A. pi- losa), die sich durch die besondere Breite der Dorsalfläche auszeich- net, und auch bei Lima und einigen Pectunculus das Herz darin eine Abweichung dar, dass es in zwei seitlich getrennte Hälften zer- fallen ist, welche beide aus einem Vorhofe und einem nach innen davon gelegenen Ventrikel zusammengesetzt werden. Aus den Ven- trikeln entspringen mit gemeinschaftlichem, zu einem Bulbus erweiter- tem Ursprung zwei Aorten, von denen die entsprechenden Stämme bei- der Seiten in der Medianlinie des Rückens auf einander stossen und zu einem unpaaren Gefässe verschmelzen. Eine theilweise Spaltung des Ventrikels findet sich auch bei Teredo, wo derselbe eine herz- föormige Gestalt besitzt und jederseits an seinem hintern Ende ei- nen langen, spindelförmigen Vorhof aufnimmt. Am vordern spitzen Ende des Ventrikels entspringt eine einfache Aorta. Eine ganz ähnli- che Bildung scheint auch das Herz von Clavagella darzubieten, nur ist der Ventrikel nicht an seinem hintern Ende gespalten, wie bei Teredo, sondern im Innern mit einer mittlern Längsscheidewand versehen, die nur in der Spitze unvollkommen ist. Eine Abweichung im entgegengesetzten Sinne findet sich bei Ostrea, Pecten, Tridacna, wo nämlich nicht nur der Ventrikel 5) ungetheilt bleibt, sondern auch die Vorkammern in einen einzigen unpaaren Be- hälter 6) verschmelzen, welcher übrigens auch hier noch an zwei von einander getrennten Stellen mit dem Ventrikel zusammenhängt. 1) Vergl. Treviranus, Beobachtungen a. a. O0. S. 44. 2) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XI.h.h, — 3) Ibid. fig. XIl.o. — 4) Ibid. p.p. 5) Ibid. fig. XV. d. fig. XIV.d. — 6) Ibid. fig. XVII. c. fig. XIV. c. 31” 484 Organe des Rreislaufs bei den Acephalen. In beiden Fällen (auch bei Anomia) findet sich übrigens noch darin eine Abweichung von der gewöhnlichen Anordnung, dass der Ventri- kel nicht vom Mastdarm durchbohrt wird, sondern unterhalb des- selben gelegen ist (bei Ostrea !) zwischen Leber und dem grossen Schalenmuskel). Sehr ausgezeichnet vor den übrigen Acephalen sind die Brachio- poden 2) durch das Vorhandensein zweier Herzen 3), die, völlig gleich gebaut und unabhängig von einander, symmetrisch in den Seitenthei- len des Körpers gelegen sind. Beide bestehen aus Ventrikel und Vor- hof 9), deren letzterer eine kegelförmige Gestalt und sehr zarte, dehn- bare Wandungen besitzt, die im Zustande der Gontraction sich in zahl- reiche radiale Falten legen. Von dem vordern Ende der Ventrikel entspringen die Arterien der Mantellappen und Kiemen, die einzigen Gefässe des Körpers. Aus diesen Theilen gelangt das Blut in einige weite, wandungslose Kanäle 5), welche, anstatt der Venen, in den freien Rändern des Mantels ihren Ursprung haben und in die Bauchhöhle sich öffnen. Von hier kommt das Blut wiederum in die Herzen durch eine weite Oeflnung der Vorkammern, deren Wandungen unmittelbar in die innere Wand der Visceralhöhle überzugehen scheinen. Auch die Tunicaten besitzen einen äusserst rudimentären Cir- culationsapparat, der überall nur aus einem Herzen und einem grö- ssern oder geringern Theile des arteriellen Gefässsystems besteht. Das Herz ist ein länglicher, gefässartiger Abschnitt, welcher vielleicht nur in einigen seltenen Fällen, wie bei Cynthia 6), eine Zusammensetzung aus Ventrikel und Vorhof erkennen lässt, aber überall noch von einem besondern, sehr zarten Pericardium umschlossen ist. Bisweilen, beson- ders bei zusammengesetzten Ascidien (z. B. den Polyclinien), ist das Herz nach hinten schlingen- oder hufeisenförmig gebogen. Die ge- wöhnliche Lage des Herzens ist zwischen Magen und Kiemensack. In manchen Fällen aber rückt es auch weiter nach hinten , besonders bei einigen zusammengesetzten Arten. So liegt es bei Glavelina und den Diademnen zur Seite der Darmschlinge,, bei den Polyclinien sogar tief unten im Grunde des Hinterleibes. Bei den grössern, einfachen Ar- 1) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XIV. 2) Vergl. vorzugsweise R. Owen, Sur la circulation des Brachiopodes, in den Annales des science. nat. 1845. T. II. p. 315. Nicht ganz genau sind die frü- hern Angaben dieses Forschers in den Transact. of the Zoolog. Soe. 1. c. 3) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. VII. 0. 0. 4) Cuvier (Mem. sur lanimal de la Lingule) hat die Vorkammern übersehen und hielt die Herzen der Brachiopoden für einfache Ventrikel. 5) Injieirt sind die Venenräume der Mantellappen abgebildet in den Ice. zoolom. Tab. XXXI. fig. VII. 6) So nach Delle Chiaje. Auch bei Chelyosoma will Eschricht ausser der Herzkammer noch einen Vorhof gefunden haben. Organe des Kreislaufs bei den Acephalen. A485 ten !) entspringt vom vordern Ende des Herzens ein ansehnliches Ge- fäss, welches in den Kiemensack tritt und auf diesem ein sehr zierli- ches Gefässnetz bildet. Einige starke Zweige treten auch in den Man- tel und die äussern Bedeckungen. Vielleicht findet sich ausserdem noch eine besondere Arteria intestinalis. Eigentliche Venen fehlen überall. Das Blut sammelt sich in der Bauchhöhle und tritt von da durch eine freie Oeffnung in das Herz zurück. Bei den zusammengesetzten Ascidien 2) fehlen mit Ausnahme des maschigen Kiemennetzes überhaupt alle Gefässe. An der Dorsal- und Ventralflache des Kiemensackes verlaufen zwei ansehnliche, wandungs- lose Kanäle, welche durch die Kiemengefässe und ausserdem noch unmittelbar am vordern Leibesende durch einen ringförmigen Sinus, der die Athmungsöffnung umgiebt, im Verbindung stehen. Der an der Bauchfläche gelegene Längskanal des Athemsackes empfängt sein Blut aus dem Herzen und sendet es grösstentheils durch das Kiemen- gefässnetz in den entsprechenden Canalis dorsalis. Aus diesem gelangt es in die Bauchhöhle, wo es die Eingeweide frei umspühlt und dann wiederum in das Herz zurückkehrt. Auffallend übrigens ist es, dass mit- unter sich der Lauf des Blutes gerade umkehrt oder doch bedeutende Schwankungen zeigt; ein Phänomen, welches dadurch bedingt wird, dass die wellenförmigen, sehr tiefen Contractionen, welche das Herz zeigt, statt der gewöhnlichen peristaltischen plötzlich bisweilen antipe- ristaltische werden. Dieselben Oseillationen in der Blutbewegung zeigen auch die Sal- pen). Bei ihnen ist das Herz ein länglicher, des Pericardium ent- behrender, gefässartiger Schlauch ®), der neben dem Darmkanal gele- gen ist und an beiden Enden in ein ansehnliches Gefäss sich fortsetzen soll. Das eine derselben verläuft auf der Rückenseite, das andere am Bauche. Aus beiden entspringen nach allen Seiten hin zahlreiche wandungslose Blutströme, die im Parenchym sich verbreiten. l) Die Angaben über den Kreislauf der Ascidien von Schalk, Cuvier, Delle Chiaje und Carus (in Meckel’s Archiv Th. I. S. 574.) weichen in man- cher Beziehung von einander ab und sind ungenau, da sie die Blutbahnen überall von besondern Gefässen begrenzt sein lassen. 2) Vergl. Milne Edwards, Observations sur les Ascid. etc. p. 6. und Ann. des scienc. nat. 1840. T. XI. p. 76. Aeltere, sehr treflliche Untersuchungen sind von Lister in den Philos. Transact. 1-34. 3) Trotz der sehr schätzbaren Beiträge vonMeyen (l. c. S.375.) u.Eschscholtz (ih Müller’s Uebersetzung der schwedischen Jahresberichte für 1825. S. 94.) ist der Blutlauf bei den Salpen noch nicht vollständig erkannt worden. 4) Nach Costa (I. c.) soll in der Höhle des Herzens eine spiralförmige Klappe enthalten sein, welche das Blut sowohl nach vorwärts, als nach rückwärts treibe. A486 Athmungsorgane der Acephalen. Athmungsorgane der Acephalen. Die Athmungswerkzeuge der Acephalen, welche alle im Wasser leben, sind durchgehends Kiemen !), die überhaupt bei den mei- sten Mollusken sich vorfinden. In ihrem Bau weichen dieselben übri- gens in manchfachen Beziehungen von den entsprechenden Organen der anderen verwandten Thiere ab. Selbst in den einzelnen Ord- nungen zeigen sie mehrere nicht unbedeutende Differenzen. Bei den Bivalven sind die Kiemen in der Regel jederseits am Körper zwei ansehnliche, häutige Blätter 2), die den Fuss zwischen sich nehmen und den Mantellappen in ihrer Form nicht unähnlich sind, obgleich sie durch ihre Structur sich davon auffallend entfernen. Ge- gen die Oeffnung der Schale besitzen dieselben überall einen freien Rand, während sie in der Medianlinie der Rückenfläche hinter dem Fusse gewöhnlich unter sich und mit dem Mantel verwachsen sind und so eine kanalförmige Höhle bilden, die sog. Kloakenhöhle 3), in welche zugleich After und Geschlechtsorgane sich öffnen. Ein jedes Kiemenblatt besteht aus zwei auf einander liegenden Lamellen #), die besonders am äussern, freien Rande mit einander zu- sammenhängen, an der Basis aber weiter getrennt sind. In den ein- zelnen Lamellen unterscheidet man sehr zahlreiche, dieht neben einan- der gelegene Leisten, die senkrecht auf den Längendurchmesser der Kiemen stehen und die Träger von Blutgefässen sind. Am freien Rande der Kiemen, wo beide Lamellen eng mit einander verschmol- zen sind, communieiren auch deren Gefässe, die aber ausserdem noch hie und da, doch viel weniger regelmässig, mit einander in Verbin- dung stehen. Aeusserlich tragen die Leisten mehrere Reihen von (i- lien, die sich meistens durch eine ansehnliche Grösse auszeichnen. Ausser diesen der Länge nach verlaufenden Leisten trifft man in den Lamellen der Kiemen auch noch auf andere, welche unter rechten Winkeln jene durchsetzen und mit einander verbinden. Sehr stark und deutlich sind diese z. B. bei Anadonta, wo dieselben ein sehr zierliches Maschengewebe bilden. In anderen Fällen indessen, wie bei Ostrea, Cardium, Gyprina u. a. werden die Querleisten viel schwächer und können endlich (bei Modiola, Nucula, Anomia u. s. w.) überhaupt gar nicht mehr wahrgenommen werden. Zugleich wird die Mem- bran, welche die einzelnen Längsleisten verbindet, äusserst zart und Il) Bojanus (a. a. 0.) behauptete nach seinen Untersuchungen, dass die Bi- valven durch Lungen athmeten, welche er in den Nieren zu finden glaubt. Die Kiemen seien blosse Brutbehälter und für die Respiration von keiner Bedeutung. 2) Ic. zootom. Tab. XXX1. fie. IX.d.d. fie. XIV, XV.a.a. — 3) Ibid. fie. IX., wo durch die Kloakenhöhle eine Sonde (g.g.) geführt ist. I) Eine sehr genaue Beschreibung der Structur der Kiemen bei Mytilus ist von Sharpey in Todd’s Cyclop. Vol. I, S. 621. (Art. Cilia) gegeben. Athmungsorgane der Acephalen. 487 brüchig, und fehlt sogar in manchen Fällen (z. B. bei Pectunculus und Arca), so dass die Kiemen in lauter kammartig neben einander ste- hende dünne, freie Fäden aufgelöst zu sein scheinen }). Bei Teredo liegen die Kiemen als zwei Paare schmaler und lan- ger, aber dicker und fast parenchymatöser Wülste, die mit den in- nern Rändern in ihrer ganzen Ausdehnung verwachsen sind, hinter der Eingeweidemasse, wie es zum Theil auch schon bei Pholas und Solen, wenngleich minder vollkommen, der Fall ist. Auch bei einer Art Solenoides sind die Kiemen jederseits bis auf ein Paar länglicher Wül- ste verkümmert. Durch eine andere Anordnung zeichnet sich Sole- mya 2) aus, wo nämlich die beiden seitlichen Kiemenblätter fast völlig frei sind und die Fahne eines federförmigen Anhangs bilden, dessen Kiel mit dem entsprechenden Gebilde der andern Seite zusam- menhängt. — Auch in der Zahl 3) zeigen die Kiemenblätter mitunter eine Abweichung. So besitzt Glavagella jederseits deren drei, wäh- rend bei einigen Tellinaarten nur eins sich vorfindet und zwar das in- nere. Das äussere ist auch sonst schon bei manchen nahe stehenden Thieren (bei Petricola, ‚Pandora, sowie bei Mya und Venerupis) mehr oder minder bedeutend schmaler als das innere. Als Nebenkiemen functioniren bei den Lamellibranchiaten un- streitig die oben schon als Tastwerkzeuge erwähnten sog. Labialpal- pen 4), welche in ihrer Structur vollkommen mit den Kiemen überein- stimmen. Auch sie sind zwei dünne Blätterpaare, meist von länglich dreieckiger Gestalt, nur selten (wie bei Pecten und Spondylus) mehr fadenförmig. In der Grösse stehen sie mit den Kiemen in einem gewissen Gegensatze, indem sie besonders da durch ihre Entwicklung sich auszeichnen, wo diese nur klein sind (z. B. bei Cardium). Dass übrigens auch die Mantellappen Hülfsapparate der Athmung seien, kann um so weniger bezweifelt werden, da dieselben durch einen grossen Reichthum an Blutkanälen sich auszeichnen und auch vermöge des Flimmerepitheliums, welches sie auf der innern Seite be- deckt, einen schnellern Wechsel des Wassers, wie der Respirations- process ihn verlangt, herbeiführen können. Bei den Brachiopoden fehlen eigentliche freie Kiemenblätter 5), wie sie in der Ordnung der Lamellibranchiaten vorkommen. Dagegen bestehen die Mantellappen aus zwei nur locker mit einander verbunde- nen, häutigen Lamellen, von denen die inneren $) einen geringern Um- 1) So entdeckte zuerst Meckel (Vergl. Anat. Th. VI. 5. 60). 2) Vergl. Philippi in Wiegmann’s Archiv. 1835. 1. S. 271. 3) Vergl. Valenciennes in den Compt. rend. 1845. T. XX. N. 9. 4) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IX.c. ce. fig. XV.c. c. 5) Pallas (Misc. Zoolog. p. 182.) hielt bei ihnen die Arme für Respirations- organe und verglich sie den Kiemen der Fische. 6) Vergl. Vogt a. a. O. 488 Athmungsorgane der Acephalen. fang besitzen und bei Lingula an ihrem Rande eine Reihe von blasen- artigen Anhängen tragen, in denen sich Gefässe verzweigen. Wahr- scheinlich nicht mit Unrecht hält man die unteren Lamellen für Ru- dimente der Kiemen, obwohl sicherlich auch die oberen Mantellappen einen grossen Antheil an dem Athmungsgeschäft haben. Eine zweite Form des Respirationsapparates findet man bei den Ascidien, wo die seitlichen Kiemenblätter in der Medianlinie zu ei- nem sackartigen Gebilde !) verwachsen sind, welches meistens die ganze obere Hälfte der Körperhöhle erfüllt und mit einer untern Oefl- nung in den Darmkanal führt. Im Anfang der vordern, nach aussen führenden Oeffnung, sowie in der Medianlinie der Rückenfläche ist der Athemsack mit der Muskelhülle des Mantels verbunden. Sein sehr zar- tes Gewebe hat die Structur 2) eines maschigen Netzwerkes und wird durch mehr oder minder zahlreiche Längs - und Querleisten gebildet, die unter rechten Winkeln sich kreuzen und bei den grössern Arten an diesen Kreuzungspunkten noch mit besondern zungen - oder kegel- förmigen Vorsprüngen versehen sind. Auf den Leisten verlaufen die Kiemengefässe, die in Uebereinstimmung mit der Anordnung jener Stränge ein maschiges Netz bilden, aber ausserdem noch durch eine Menge zarter, über den Boden der Maschen ausgespannter Längsge- fässe anastomosiren. Dazwischen bleiben sehr zahlreiche Längsspalten (stigmata), die mit grosser Regelmässigkeit in queren Reihen neben einander stehen und an ihren Rändern mıt ‘inem Kranz von Wimper- haaren versehen sind. Durch diese Oeffnungen gelangt das Wasser aus dem Kiemensack in die daran grenzende Kloakenhöhle 3), welche durch die Exeretionsöffnung (infundibulum) %) nach aussen mündet. Noch eine andere Anordnung zeigen die Respirationsorgane der Salpen, welche unter der Form einer cylindrischen Röhre (Zra- chea) 5) im Innern der Athemhöhle gelegen sind und frei vom Wasser umspühlt werden. Mit dem einen Ende inserirt sich die Röhre an der Rückenfläche dicht hinter dem Hirn und verläuft von da, eine Strecke weit dem Mantel dicht angeheftet, nach hinten, bis sie schräg durch die Athemhöhle nach der Bauchfläche hinabsteigt und hier neben dem Herzen ihren zweiten Insertionspunkt findet 6). Das Mesenterium der Röhre geht unmittelbar in die innere Auskleidung der Respirations- 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XXV.c. 2) Vergl. Sharpey (a. a. O0.) und Milne Edwards (a. a. Ö.). 3) Nach Milne Edwards wäre der Kiemensack noch von einer besondern zarthäutigen Membran umschlossen, die sich nach der Kloakenhöhle zu in einen eylindrischen Kanal fortsetzen und damit sich in diese öffnen soll. 4) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XXV. e. — 5) Ibid. fig. XXVI. d. 6) Meyen (a. a. ©. S. 381.) beschreibt an dieser Respirationsröhre noch ein Bauchstück, welches, ebenfalls als einfacher Cylinder, auf der Bauchfläche der Alhemhöhle sich nach vorn erstrecke. (Ic. zootom. Tab. XXAL fig. XXVI.d.) Esch- Harnwerkzeuge der Acephalen. 489 höhle über. Auf der äussern Fläche ist das Athemrohr mit Wimper- haaren besetzt, die aber nicht gleichmässig darüber verbreitet sind, sondern einen spiraligen Verlauf einhalten. Auch die vordere Inser- tionsstelle ist mit einer unregelmässig ringförmigen Reihe von Cilien umgeben, die den sog. Respirationsring bilden. Harnwerkzeuge der Acephalen. Als Nieren functioniren bei den Lamellibranchiaten wahrscheinlich die beiden schon oben erwähnten sog. Bojanus’schen Organe), zwei länglich ovale Körper von schwarzer oder bräunlicher Farbe und schwammiger Textur, die am Rücken zwischen Kiemen und Herzen gelegen sind. Wie die Venenanhänge der Gephalopoden sind auch sie in eine besondere sackförmige Höhle eingebettet (Anadonta), welche hinter ?2) den Ausführungsgängen der Geschlechtsdrüse in der Nähe des hintern Schalenmuskels in die Kloakenhöhle mündet. In der Substanz des schwammigen Gewebes findet man neben einem Flimmerepithe- lium, von dem das ganze Organ ausgekleidet ist, noch besondere sehr zahlreiche Zellen, welche ausser den Kernen eine Menge kleiner, dunk- ler Molekeln (harnsaures Ammoniak ?) enthalten. Bei Trichogonia sind beide seitlichen Organe in der Mittellinie des Rückens verschmolzen, während in andern Fällen, wie bei Mytilus und noch mehr bei Ostrea, dieselben mit den Herzohren so innig sich vereinigen, dass sie über- haupt nur Anhänge derselben zu sein scheinen. Bei Teredo sind sie endlich als isolirte Organe gänzlich geschwunden und nur noch durch den Belag jener charakteristischen, bräunlich gefärbten Zellen an den Herzohren angedeutet. — Bei den Brachiopoden, sowie bei den übri- gen kopflosen Mollusken, fehlen solche harnbereitende Organe. Besondere Absonderungsorgane der Acephalen. Kalkdrüsen, wie solche bei den Gasteropoden vorkommen, fehlen den Acephalen. Das Secret, welches zu den Schalen erhärtet, ist das richt beschreibt dieses Gebilde als Rückenfalte und giebt an, dass es aus meh- reren faltenförmigen Erhebungen bestehe, die in einer Furche gelegen seien. Mit der Athemröhre steht es nirgends in Verbindung. Im ausgebildeten Thiere scheint dieser Apparat ohne grosse Bedeutung. Nur während der Entwicklung spielt der- selbe eine gewisse Rolle, indem gerade an der Stelle, wo er sich findet, der Em- bryo mit der Keimröhre in Verbindung steht. 1) Ic. zootom. Tab. XXAXL fig. Xl.h.h. — Bojanus sah in diesen Gebilden die Lungen der Bivalven, van der Hoeven (Meckel’s Archiv 1828. S. 502.) Kiemenherzen, Neuwyler (Isis 1841. S. 218.) sogar Hoden. 2) Nach Garner (l. c.) sollen bei Pecten, Tellina, Cardium, Mactra, Pholas Mva und den meisten andern Lamellibranchiaten die Ausführungsgänge der Ge- 490 Besondere Absonderungsorgane der Acephalen. Product der Epitbelialschicht an der äussern Oberfläche der Mantel- lappen !). Eine eigenthümliche Drüse ist die beimanchen Lamellibranchiaten (z.B. Pecten, Lima, Malleus, Avicula, Mytilus, Pinna) vorkommende Byssus- drüse, deren Secret zu flachs- oder seidenartigen, hornigen Fäden 2) ausgesponnen wird und dazu dient, die Thiere an Felsen und an andern festen Gegenständen anzuheften. Sehr ausgezeichnet sind die mit diesem Apparate versehenen Blattkiemer durch eine auffallende Formation des Fusses, dessen Muskeln bei ihnen in der Mitte zur Bildung eines eige- nen zungenförmigen, nach vorn gerichteten Anhanges 3) zusammentreten. Auf der hintern Fläche des Fortsatzes verläuft eine Längsfurche ®), die an der Spitze mit einer kleinen, von einem wulstigen Rande umgebe- nen Erweiterung endigt. In diese öffnen sich die rundlichen Acini der Byssusdrüse 5). Das andere Ende der Furche führt in eine geräumige, an der Basis jenes Anhanges gelegene Höhle, die Byssushöhle 6), wel- che mit einer Schleimhaut ausgekleidet ist und einen unebenen Boden voller Furchen und Löcher besitzt. Das Secret der Byssusdrüse er- härtet in der Ausführungsrinne zu einem hornigen Faden, dessen un- teres Ende in diese Höhle hineinragt und hier durch das bindende Absonderungsprodukt der auskleidenden Membran umhüllt und festge- heftet wird. Geschlechtsorgane der Acephalen. Unter den Acephalen zeichnen sich die Tunicaten dadurch aus, dass sie ausser der gewöhnlichen Fortpflanzung durch Eibildung , also mittelst Geschlechtsorgane, auch noch auf ungeschlechtlichem Wege, durch eine äussere oder innere Knospenbildung, sich vermehren können. Die letztere Fortpflanzungsart findet sich bei den solitären Salpen ?), welche niemals Geschlechtsorgane bekommen, und blosse Ammen der zusammengeketteten Salpen sind. Diese sprossen im In- schlechtsdrüsen damit zusammenhängen und so denn auch die Eier in die Excre- tionsorgane geleert werden können. 1) Nicht selten findet man in den venösen Blutkanälen des Mantels bei man- chen Muscheln (z. B. Anomia, Ostrea) die Kalksalze als kleine, nadelförmige Krystalle abgelagert und jene Räume davon völlig erfülit. Mitunter hat dieses Verhalten zu der Annahme Veranlassung gegeben, dass jene Massen drüsiger Natur seien und den Ge- schlechtsorganen zugehörten. 2) Vergl. die Untersuchungen von A. Müller (Wiegmann’s Archiv 1837. I. S. 12.). — Früher sind dieselben sehr häufig für vertrocknete und verhornte Mus- kelfasern gehalten worden. 3) Ic. zootom. Tab. XXXL fig. XXL.b, — 47 Ibiderese — 5) Ibid. g. 6) Ibid. d. 7) Vergl. Krohn (Institut. 1846. N. 661. und Annales des scienc. nat. 1846. IN IMp.Llo.): Geschlechtsorgane der Acephalen. 491 nern jener Individuen aus einem röhrenförmigen Strange hervor, der \sog. Keimröhre (stolo prolifer) '), die neben dem Eingeweidesack in einer besondern Höhlung gelegen ist und auch nach der völligen Aus- bildung der Knospen nicht schwindet, sondern persistirt und alle In- dividuen zu einer bestimmten Golonie mit einander verbindet. Die Vermehrung durch äussere Knospen beschränkt sich auf die Gruppe der zusammengesetzten Ascidien. Männliche und weibliche Zeugungstheile sind entweder auf zwei Individuen vertheilt, wie es in der Regel bei den Bivalven der Fall ist, oder in einem Individuum vereinigt, wie bei den Tunicaten. In beiden Fällen ist die Anordnung des Generationsapparates nur einfach. Männliche und weibliche Theile zeigen einen conformen Bau und be- stehen in der Regel nur aus den keimbereitenden Drüsen, Hoden oder Eierstock, und deren Ausführungsgängen. Accessorische Anhänge scheinen fast überall zu fehlen. Aeussere Begattungsorgane sind nie- 'mals vorhanden. Bei den Lamellibranchiaten sind Hoden und Eierstöcke 2) von folliculösem Bau, wie bei den Gasteropoden. Sie liegen in den Sei- tentheilen des Körpers und sind auf dem Rücken in der Regel zu ei- ner. einzigen, zusammenhängenden Masse 3) verschmolzen, die äusser- lich auf der Lebermasse gelegen ist und mit dieser die Windungen des Darmes umgiebt. Bei Mytilus und Modiola drängt sich die Keimdrüse als ein dendritisch verzweigtes Gebilde zwischen die Lamellen der Man- tellappen und reicht hier im turgeseirenden Zustande fast bis an den vordern, freien Rand. Bei Teredo ist die Geschlechtsdrüse noch deut- lich ein paariges Gebilde und liegt frei an der Rückenseite des Lei- bes oberhalb der Eingeweide. Die Ausführungsgänge der Keim- drüse sind in der Regel nur kurz und weit, und münden 4) jeder- seits neben den Oeflnungen für die Bojanus’schen Organe in die Kloakenhöhle. | 1) Vergl. hierüber die sehr genauen Beobachtungen von Eschricht (a. a. O. Tab. IV... — “Frühere Beobachter, Cuvier, Costa, Meyen u. A. hieiten diese feimröhre für das Ovarium. 2) Obgleich schon Leeuwenlioek das getrennte Geschlecht der Lamellibran- chiaten kannte, hielt man doch späterhin dieselben bis auf die Untersuchungen von Prevost(Mem. de la Soc. de Geneve T. III. p. 121.), R. Wagner (Vergl. Anat. S. 302.) und v. Siebold (Müller’s Archiv. 1837. S. 302.) ganz allgemein für einge- schlechtliche Thiere. — Van Beneden (Bullet. de l’Acad. roy. de Brux. T. XI. p. 377) behauptet, dass bei den Acephalen Hoden und Eierstock in derselben Drüse vereinigt seien, indem ein Theil der Blindkanäle Samenfeuchtigkeit, ein anderer Eier hervorbringe. Auch Garner (l. c.) hält die Muschelthiere für Zwitter und meint, dass in den Geschlechtsdrüsen zu gewissen Zeiten vor der Production von Eiern Samen bereitet werden könne. : 3) Ic. zootom. Tab. XXM. fig. X.f. — 1) Ibid. fig, XXL e.e. — ZT — 492 Geschlechtsorgane der Acephalen. Teredo !) entbehrt wahrscheinlich der Ausführungsgänge an den Geschlechtsdrüsen. Samen oder Eier scheinen, sobald sie völlig reif sind, aus den Drüsenfollikeln unmittelbar in die Leibeshöhle zu fallen und von da durch die Excretionsröhre ausgestossen zu werden. Einige wenige Lamellibranchiaten sind Zwitter. So Cyclas (cornea, lacustris und rivicola) 2), Pisidium und Pecten (glaber) 3). Bei letzterm liegt# das Ovarium, welches durch seine röthliche Färbung sich auszeichnet, im Abdomen hinter dem Testikel, welcher den grössern vordern Theil der Eingeweidehöhle erfüllt. Die Eileiter scheinen nach vorn zu verlaufen und jederseits zwischen der Basis der Labialpalpen und dem vordern Ende der Kiemen sich zu öffnen, während die Mündungsstellen der Sa- menleiter in der Spinnfurche des Fusses gelegen sind #). Bei Clava- gella 5), die ebenfalls männliche und weibliche Organe zugleich besitzt, liegt der Hoden unter der Leber, während der Eierstock die obere Leibeshälfte einnimmt und Magen und Leber einhüllt. Die Brachiopoden ®) sind, wie die Lamellibranchiaten , getrenn- ten Geschlechts. Auch bei ihnen bildet die Geschlechtsdrüse eine ver- zweigte Masse von ansehnlicher Grösse 7), welche bei Lingula den hin- tern Theil der Leibeshöhle einnimmt, während sie bei Orbieula und Terebratula grösstentheils zwischen den Platten des Mantels gelegen ist, fast wie bei Mytilus. Eine ganz constante Vereinigung männlicher und weiblicher Theile in demselben Individuum findet sich bei den Tunicaten. In der‘ Gruppe der einfachen Ascidien bilden die Geschlechtsdrüsen 8) eine dendritisch verzweigte Masse 9), welche aus zahlreichen kleinen- Blind- 1) Auffallend ist es, dass hier das untere Ende der Geschlechtsdrüse mit ei- nem ansehnlichen, bandförmigen Gebilde von drüsiger Textur in Verbindung steht, welches den äussern Bedeckungen dicht anliegend an der Rückenseite des Leibes oberhalb jener Drüse nach dem Kopfende emporsteigt. Vergl. Frey u. Leuckart (.c.). — Home (Philos. Transact. 1806. p. 234.) hielt Teredo für einen Hermaphro- diten und beschrieb die inneren Kiemen als Hoden. 2) Vergl. R. Wagner in Wiegmann’s Archiv 1835. II. S. 218. und v. Sie- bold ebendas. 1337. I. S. 57. 3) Vergl. Milne Edwards in den Ann. des sc. nat. 1842. T. XVIII. p. 322. 4) Milne Edwards fand hier ausserdem noch jederseits vor dem Schliess- muskel der Schale und unter dem vordern Ende der Kiemen eine drüsige Masse von brauner Farbe, die vielleicht einen accessorischen Apparat bildet. 5) So nach Krohn in Froriep’s Neuen Not. Bd. XVII. S. 52. 6) Vergl. Owen (Lectures p. 278). Cuvier und Vogt scheinen die Ge- schlechtsdrüse bei Lingula für einen Theil der Leber gehalten zu haben. 7) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. VL. g. fig. VII. g. 8) Vergl. Krohn I. c. S. 49. Mit Unrecht hält Owen (l. c. p. 271.) mit R. Wagner (in Froriep’s Neuen Notiz. N. 219.) die einfachen Ascidien für zweige- schlechtliche Thiere. 9) Forbes und Goodsir beschreiben bei Pelonaia die Geschlechtsorgane als Geschlechtsorgane der Acephalen. 493 ärmchen besteht und im Eingeweidesack auf der Leber gelegen ist. Hoden und Eierstock !) grenzen dicht an einander und lassen sich häufig nur sehr unvollständig von einander trennen. Der Eierstock (öfters auch der Hoden) scheint nicht selten (z. B. bei Cynthia papil- losa) in mehrere, nur locker unter sich zusammenhängende Massen zerfallen zu sein. Vas deferens und Oviduct sind überall unpaar. Sie steigen neben einander am Mastdarm in die Höhe und münden mit ih- ren obern Oeffnungen frei in die Kloakenhöhle. Der Oviduct ist viel weiter als der Samenleiter, meistens aber kürzer und von zarterer Textur. Bei einigen kleinern Arten scheint er zu fehlen. Bei den zu- sammengesetzten Ascidien 2) ist das Fehlen des Oviducts noch weit all- gemeiner verbreitet. Die Eierstöcke bilden eine ansehnliche, traubige Masse, die frei im vordern Theil des Hinterleibes gelegen 3) ist (z. B. bei Polyelinium).. Dahinter trifft man auf den Hoden, der aus zahlrei- chen kurzen Blinddärmehen besteht, die zur Zeit der Geschlechtsreife zu rundlichen Blasen sich erweitern und in einen langen, sehr deut- lichen Samenleiter münden. Unter den Salpen #) trifft man Geschlechtsorgane nur bei den zu- sammengeketteten Individuen, die man desshalb denn auch allein für die völlig entwickelten halten muss. Der Testikel liegt in der Nähe des Darmes und besteht aus verästelten Kanälen, welche in ein Vas deferens einmünden, das neben dem After in die Respirationsröhre sich öffnet. Noch bevor dieser Hoden übrigens entwickelt ist, erzeugen dieselben Individuen in ihrem Innern ein Ei, aber nur ein einziges, welches in dem blinden Ende einer einfachen Röhre von zarter Textur, die man als Eierstock ansehen muss, sich zu bilden scheint. Bei dem Wachsthum des Eies, welches eine sehr beträchtliche Grösse erreicht, schwindet der Eierstock zu einer strangförmigen Masse, die dann von dem einen Pole des Eies auszugehen scheint. Die Befruchtung und Entwicklung 5) geht noch im Mutterleibe vor sich. Auch bei andern kopflosen Mollusken durchlaufen die Eier, die im Eierstock, wie gewöhnlich, aus Chorion und Dotter nebst Keim- bläschen und Keimfleck bestehen, ihre Metamorphose bis zu ei- zwei langgestreckte, an dem einen Ende geschlossene Röhren, welche am andern Ende sich in die Höhle des Mantelsacks öffnen sollen. 1) Nicht ganz genau ist die Abbildung des Eierstocks in den Ic. zootom. Tab. AXXI fig. XAIIl.k.k. Der Hoden fehlt, ebenso auch in fig. XXV., wo bei l. der Eierstock abgebildet ist. 2) S. Milne Edwardsa.a. O. 3) Ic. zootom, Tab. XXXI. fig. XXV. 1. 4) Vergl. die sehr interessanten Untersuchungen von Krohn in den Annal. des science. nat. 1846. T. VI. p. 115. 5) Sehr auflallend ist die Verbindung des Foetus mit der Mutter durch Hülfe einer förmlichen Placenta. (Vergl. Krohn l.c.) Es ist dieses das einzige Beispiel 'vom Vorkommen eines solchen Gebildes bei den wirbellosen Thieren. 494 Geschlechtsorgane der Acephalen. nem gewissen Grade im Innern der Mutter. Bei den Ascidien triff® man dieselben in der Kloakenhöhle, bei den Lamellibranchiaten, we- nigstens bei manchen derselben, z. B. bei Unio und Cyclas zwischen den Lamellen der Kiemenblätter (bei Unio der äussern, bei Cyclas der innern), wohin dieselben aus der Kloakenhöhle gelangen. Die Spermatozoen besitzen bei den Lamellibranchiaten eine sehr beträchtliche Länge und einen dünnen, haarförmigen Leib, an dessen vorderm Ende ein kleiner, oblonger und walzenförmiger Körper an- hängt. Bei den Ascidien und Salpen sind diese Gebilde viel kürzer, linear und mit einer lanzettförmigen Erweiterung am vordern Ende. Stachelhäuter. Kchinodermata. Ordnungen der Kchinodermen. Ordnung. Sipunkeln. Sipunculida. Ordnung. Holothurien. Holothuriae. Ordnung. Seeigel. Echinida. Ordnung. Seesterne. Asterida. Ordnung. Haarsterne. Crinoida. DD mw Literatur: Sharpey, Artikel Echinodermata in Todd's Cyclopaedia. — Agas- siz, Monographies d’Echinodermes vivans et fossiles. Neuchatel 1838. — Forbes, a history of british Starfishes and other animals of the class Echinodermata. Lon- don 1841. — Müller und Troschel, System der Asteriden. Braunschw. 1843. — Unter den anatomischen Arbeiten sind besonders wichtig: Tiedemann, Anatomie der Röhrenholothurie, des pomeranzenfarbigen Seesternes und des Steinseeigels. Landshut 1816, mit Atlas. — Valentin, Anatomie du genre Echinus. Neuchatel 1841. mit Atlas. (4te Lieferung der Agassiz’schen Monographien). — J. Müller, über den Bau des Pentacrinus Caput Medusae in den Abhandlungen der Akademie zu Berlin von 1843. Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. Die Echinodermen sind hinsichtlich ihrer Körperform und Bede- ekungen nicht unbeträchtlichen Verschiedenheiten unterworfen. Bei den Sipunculiden, welche Uebergangsthiere zu den Wür- mern bilden, findet man den langen ceylindrischen Körper mit einer dünnen und weichen Haut überkleidet. Sie zeigt bei Sipunculus die nämlichen, unter rechtem Winkel gekreuzten, feinen Längen - und Querstreifchen, wie sie bei manchen Anneliden !) angetroffen werden. Die Afteröffnung dieser fusslosen, wurmähnlichen Geschöpfe liegt ent- weder weit nach vorn vorgerückt an der Bauchseite (wie bei Sipun- eulus) 2), oder sie findet sich, der Mundöffnung entgegengesetzt, am hinteren Körperende (Thalassema, Echiurus) 3). Bei den übrigen Echinodermen dagegen findet man als eine Ei- genthümlichkeit in den äusseren Bedeckungen grössere oder geringere Mengen einer Kalkmasse abgelagert. Es stellt diese Masse entweder unregelmässig verzweigte Stäbe und Balken, oder ein gitter- und netz- förmiges Gewebe von sehr verschiedener Gestalt dar, bald in regel- mässigen Formen, bald in ganz irregulären Stücken, bald ein zusam- menhängendes Gitterwerk von beträchtlicher Ausdehnung. Sie enthält stets bei einer organischen Grundlage grosse Mengen anorganischer ' Salze, vor Allem kohlensauren Kalk 9). l 1) S. oben S. 270. 2) Vergl. Grube, Versuch einer Darstellung der Anatomie des Sipunculus nudus, Müller’s Archiv 1837. S. 237. | 3) Vergl. Forbes und Goodsir, zur Naturgeschichte von Thalassema und Echiurus in Froriep’s neuen Notizen. 392. 4) In der Echinusschale besteht das Kalknetz nach der Angabe von Valen- tin (a. a. ©. p. 22.) aus etwa 87 Prozent kohlensaurem Kalk, aus geringen Men- gen von schwefelsaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia und aus etwa 10 Pro- zent organischer Grundlage. Es übertrifft dieser Kalkreichthum noch den des ' Krebsskelets (s. oben S. 167.). Wagner’s Zootomie. 1. 32 497 Aeussere Bedeekungen und Skelet der Echinodermen. Diese Kalkkörperchen, welche auch in den inneren Weichgebil- den des Körpers angetroffen werden !), kommen in den äusseren Bedeckungen in sehr verschiedener Menge vor, so dass diese entwe- der noch eine mehr oder minder weiche Haut darstellen oder zu ei- nem vollkommen festen Hautskelet erstarren. Am geringsten ist noch die Anhäufung dieser Kalknetze bei gewis- sen Formen der Holothurien, nämlich bei den der vorigen Ordnung am nächsten stehenden fusslosen Synapten. Die noch zarte und wei- che Haut dieser Thiere, z. B. der Synapta Duvernaea 2), besteht aus mehreren Lagen, einer elastischen untersten, deren Fasern an die des Binde- und elastischen Gewebes der Wirbelthiere erinnern und zwei zarteren oberen, von denen die mittlere neben den Pigmenten noch die Kalkkörperchen enthält. Diese haben hier, wie bei allen Synap- ten, die Form rundlicher oder ovaler Scheiben oder Platten mit gro- ssen und zahlreichen Löchern und stehen vereinzelt über den Körper 3). — Bei den übrigen Holothurien erlangen die äusseren Bedeckungen, wahrschemlich durch Zunahme der unteren oder Faserschicht, eine be- trächtlichere Dieke und durch grössere Quantitäten der Kalkmassen eine ansehnlichere Festigkeit. Es sind diese Kalkmassen ebenfalls netz- förmig durchlöchert, erscheinen aber in ganz unregelmässigen Formen. Bisweilen erreicht die Ansammlung der Kalkmasse einen solchen Grad, dass schon hier steinharte, ossificirte Partien der äusseren Bedeckun- gen angetroffen werden, wie die Kalkschuppen an der Rückenfläche von Cuvieria squamata. Der Körper der Holothurien ist im Allgemeinen noch wurmförmig, der After stets am Ende desselben gelegen. Die eigenthümlichen Be- wegungswerkzeuge, die später zu beschreibenden Füsschen oder Am- bulakren, sind dagegen, mit Ausnahme der Synapten, überall vorhan- }) So sind sie gefunden worden von Jäger (Diss. de Holothuriis. Turiei 1833.) in der Haut der Kiemen und Eierstöcke bei den Holothurien, von Valentin in verschiedenen Theilen bei Echinus, von Dujardin in der Haut der Verdauungsor- gane der Comalulen (vergl. Institut. 1835. p. 119.) und von Müller in denselben | Theilen bei Archaster typicus. — Es scheinen im Vorkommen dieser Kalkmassen manche Verschiedenheiten zu herrschen. So fanden wir sie bei Holothuria elegans in allen Eingeweiden, während andere Holothurien sie weit sparsamer und nicht in allen Theilen zeigten. 2) Ueber Synapta Duvernaea vergl. man die schöne Monographie von Quatre- fages, Sur la Synapte de Duvernoy in den Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. 1842. 3) Vergl. Quatrefages a. a. ©. Pl. 3.fig. 4u.5. — Es scheinen diese Kalk- scheiben bei den einzelnen Arten jedoch gewissen constanten Verschiedenheiten in Grösse und Form zu unterliegen. So fanden wir bei Synapta laevis die Platten stets mit ansehnlicheren und vollkommen glattrandigen Löchern versehen, niemals jene ausgezackten, wie sie Quatrefages von S. Duvernaea abbildet. Die Platten waren ausserdem weit grösser als bei dieser. Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. 499 den. Sie stehen entweder noch unregelmässig, so über den ganzen Körper (bei Holothuria tubulosa), oder sie halten fünf bestimmte Längs- reihen ein (Pentacta) und bilden so eine Annäherung zu dem regelmä- ssigen, scharf gegliederten Typus der übrigen Ordnungen. Bei den Echiniden sind dagegen die äusseren Bedeckungen zu einem vollständigen , gewöhnlich mit grosser Regelmässigkeit nach der Fünfzahl gebauten Hautskelet erstarrt. Die zahlreichen Stücke dessel- ben sind durch Näthe unbeweglich mit einander verbundene, aus con- tinuirlichen Kalknetzen gebildete Knochenplatten. Die Näthe sind bei den Echinen am deutlichsten, bei einigen Clypeastern verschwinden sie oftmals ganz und gar. — Am regelmässigsten gebaut ist das Haut- skelet bei den eigentlichen Echinen. So stellt es bei Echinus !) eine kuglige Schale dar. An der Spitze ihrer Achse befindet sich der Af- ter, während der Mund das entgegengesetzte, im Leben stets nach unten gekehrte Ende derselben einnimmt. Die wichtigsten und, mit Ausnahme der Mund- und Afterfläche, die ganze Peripherie der kugli- gen Schale bildenden Platten smd die Ambulakral - und Interam- bulakralplatten. Die Ambulakralplatten sind die kleineren, für den Durchtritt der Füsschen mit Reihen von Löchern durchbohrt; die Interambulakralplatten sind grösser und imperforirt. Sie stehen beide in fünf Doppelreihen, bilden also zwanzig meridianartig auf der Schale gelagerte Längsgürtel, oder, wenn man will, fünf Hauptseg- mente, von denen ein jedes in seiner Mitte eine Doppelreihe Ambula- 'kral- und an den beiden Seiten eine einfache Reihe Interambulakral- felder besitzt. — An der Spitze der Schale findet man noch verschie- dene Platten. Zuerst zwei Arten kleinerer Platten, deren jede zu fünf vorhanden und mit der andern abwechselnd im Kreise gestellt ist. Es sind dieses die fünf Genitalplatten, welche die grösseren und mit _Oefinungen für den Durchgang der Contenta der Geschlechsorgane _ durchbohrt sind und von denen eine die vier übrigen an Grösse gewühn- lich übertrifft, sowie die fünf kleineren sogenannten Ocellarplatten, ' ebenfalls, aber mit viel kleineren Löchern, perforirt. Die obere Oefl- nung der Schale, das Centrum des eben erwähnten Plattenkranzes, ‚ wird von einer lederartigen Haut ausgefüllt, auf welcher nochmals zahlreiche kleine Plättchen, Analplättchen, aber beweglich eingelenkt, ' vorhanden sind 2). Ebenso gehen vom unteren oder Mundrande ge- wisse Kalkstücke in das Innere der Schale herein, welche später ihre 1) Neben den älteren Angaben von Tiedemann (Anatomie der Röhrenholothu- rie, des pomeranzenfarbigen Seesternes und des Steinseeigels) und Meckel (Sy- ‚ stem der vergl. Anatomie), ist hier besonders auf die treflliche Monographie von Valentin zu verweisen, wo man auch eine genaue Untersuchung der Structur der Schale und auf Tab. II. Abbildungen der Kalknetze derselben findet. 2) Vergl. hierzu die Abbildungen bei Valentin Tab. I. und I. 32* 500 Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. Erwähnung finden sollen. Es wird die untere Oeflnung der Schale von einer festen und derben Haut überkleidet, die gleichfalls zahl- reiche Kalkkörperchen eingebettet enthält und in ihrer Mitte von den Zahnspitzen des eigenthümlichen Kauapparates durchbohrt wird. Die wichtigsten Differenzen, welche das Hautskelet der Spatangen und Glypeastern von diesem eben auseinandergesetzten Bau des Echi- nus darbietet, sind besonders folgende. Die Afteröffnung verlässt den Scheitel des Körpers und rückt an den Rand desselben, die Mundöff- nung bleibt entweder an derselben Stelle und central, wie sie bei Echinus es war (bei den Clypeastern), oder sie rückt ebenfalls aus dem Centrum nach der der Afteröffnung entgegengesetzten Seite hin (Spa- tangen).. Die Ambulaken bilden gewöhnlich auf dem Scheitel eine kurze, zuweilen auch nur vierblättrige Rosette (Spatangus). Bei den Scu- tellen finden sich auf strahlig vom Rücken ausgehenden Furchen eben- falls Ambulakrallöcher Bei den Clypeastern gehen von der Schale in die Körperhöhle knöcherne Scheidewände ab !). In der Ordnung der Grinoiden 2) ist ebenfalls ein Hautskelet, aber von complicirterem Bau, als in der vorigen Abtheilung, vorhanden. — Da wo es am vollkommensten ausgebildet ist, kann man an ihm einen Stiel, der dem Thiere zur Befestigung dient und eine Scheibe, welche die hauptsächlichsten Organe enthält, unterscheiden. Beide Theile sind wieder mit besonderen Fortsätzen versehen. Der Stiel oder Stengel der Haarsterne, welcher aber nur bei‘ der Gattung Pentacrinus angetroffen wird, dagegen bei Holopus 3) und den Comatulen 4) fehlt, besteht aus einzelnen fünfkantigen Knochenstü- cken, welche Andeutungen einer Zusammensetzung aus fünf Theilen erkennen lassen und von Zeit zu Zeit mit fünf wirtelförmig gestellten, aus ähnlichen Knochenstücken bestehenden Ranken (Cirrhi) besetzt sind. Letztere sind bei den ungestielten Comatulen an den sogenann- ten Knopf der Scheibe übergegangen. | Sämmtliche Stengelbilde sind von einem zusammenhängenden Cen- tralkanale durchbohrt. Sie haben als Grundlage eine organische Sub- stanz, in welche die bekannten Kalknetze eingebettet sind 5). 1) Ueber die Schale der Clypeastern vergl. man Agassiz, Monogr. Livr. IL 2) Für die Kenntniss des Skelets der Haarsterne ist von besonderer Wichtigkeit \ die treliche Monographie von J. Müller, über den Bau des Pentacrinus Caput Medu- sae Berlin 1843, wo die einzelnen Stücke durch sehr schöne Abbildungen erläutert sind. 3) Ueber dieses sonderbare Geschöpf vgl. man Wiegmann’s Arch. 1839. 1. S.185. 4) Nach der Entdeckung von Thompson sind jedoch die Comatulen in ih- rem Jugendzustande ebenfalls gestielt; vergl. hierüber dessen Angaben, Memoir on | (he Pentacrinus europaeus. Cork 1827. und Heusinger’s Zeitschrift für organ. Physik. II. S. 55., sowie eine spätere Arbeit im Edinb. new philos. Journ. 1836. Vol. XX. p. 296. - 5) Abbildungen derselben gab J. Müller auf Tab, I. fig. 3. Acussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. 501 Die Verbindung der einzelnen Glieder geschieht theils durch fünf den ganzen Stengel durchsetzende Sehnen, theils durch ein ganz eigen- thümliches Interarticulargewebe !), vermöge dessen Elastieität die ein- zelnen Glieder, wenn sie zusammengedrückt werden, sich wieder aus- dehnen und nach einer seitlichen Ausdehnung sich zusammenziehen. Was die Scheibe betrifft, so unterscheidet man an ihr einen nach unten gekehrten dorsalen oder Skelettheil, welcher entweder mit dem Stiel verwachsen oder in ein rundliches, ungegliedertes Knochenstück, den sog. Knopf, geendigt ist und eine obere oder ventrale, membra- nöse Partie. Nur bei Holopus besteht ausnahmsweise die ganze Scheibe aus einer einzigen Masse ?). An dem Skelettheil unterscheidet man fünf blattartige Basalstü- cke (basilaria). Sie entsprechen den fünf auseinandergelegten Stü- cken eines Stengelgliedes und berühren sich mit ihren Seitenrändern. Ueber ihnen, grade der Verbindungsstelle zweier Basaltheile aufliegend, findet man noch fünf Knochenstücke, die Kelchstücke oder Kelch- radien (radialia). Bei den Comatulen, wo die Basaltheile ganz feh- len, sind die letzteren allein vorhanden. Sie erinnern durch ihre Lage an die Cirrhen des Stieles. Es besteht ein jedes dieser Kelchstücke aus drei wirbelförmigen Gliedern, auf deren letzterem alsdann die Grund- glieder immer von zweien der zehn Arme eingelenkt sind. Die Arme, welche entweder ungetheilt bleiben, oder sich wieder zerspalten (Pen- tacrinus), bestehen ebenfalls aus wirbelförmigen, an ihrer Beuge - oder Ventralseite hohlkehlenartig ausgehöhlten Knochenstücken; ebenso die in bestimmter Anordnung mit einander abwechselnd von ihren Seiten- theilen ausgehenden Seitenzweige (pinnulae). Die Verbindung der ein- zelnen Glieder geschieht auch hier wieder vorzüglich durch die früher erwähnte, eigenthümliche Interarticularsubstanz, an der Beugeseite noch durch besondere Muskeln. Daneben sind ebenfalls nach einer ganz regelmässigen Anordnung immer noch einzelne Glieder durch Nathver- bindung (Syzygie) vereinigt, wo dann Muskeln und Interarticularge- webe fehlen. Die weiche Haut der Scheibe (perisoma) ist entweder nackt oder höchstens in ihrem Innern mit unregelmässigen Stäben und Balken von Kalkmasse durchsetzt (Comatula), oder sie ist von besondern Kalk- plättchen bedeckt (Pentacrinus). Sie nimmt zwischen den Kelchradien ihren Ursprung und schlägt sich zwischen den Armen auf die Bauchfläche herüber. Diese letztere überzieht sie ganz, ebenso geht sie auch auf 1) Abbildungen dieses aus bogenartig geschwungenen und regelmässig ge- stellten Fasern bestehenden Gewebes bei J. Müller a. a. O. Tab. IV. fig. 5. u. 6. Tab. V. fig. 1—6. 2) Es ist die Schale dieses Thieres mit’ einem zur Befestigung dienenden An- hangstheil versehen und desshalb dieselbe für den Stiel gehalten worden. Vergl, Wiegmann’s Archiv. I. 1839. Tab. V. fig. 2. 502 Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. die Arme und deren Pinnulae über und überwölbt brückenartig bei bei- (len den hohlkehlenförmigen Halbkanal. Sie ist hier in ihrer Mitte noch mit einer bestimmten, zur Aufnahme der Füsschen versehenen Fur- che, (Tentakelfurche) versehen. Diese Furchen aus den zehn Armen treten auf das Perisom der Scheibe herüber und vereinigen sich hier zu fünf, radial nach der Mundöffnung verlaufenden Stämmen, wo sie um letztere einen Tentakelring bilden. Durch sie wird das Perisom in zehn Felder abgetheilt !), in fünf kleinere, der Vereinigung je zweier Arme entsprechende (Brachialfelder) und in fünf grössere, dazwischen gelegene (Interpalmarfelder), welche bis zum Mundrande sich erstre- cken und in diesen klappenartig hineinragen. Der After dagegen, welcher bei Holopus ganz fehlt, ist immer ex- centrisch in einem der grösseren Interpalmalfelder, auf der Spitze ei- ner längeren oder kürzeren Röhre gelegen. Wieder in anderer Form erscheinen Bedeckungen und Skelet in der Ordnung der Asteriden 2. Bei ihnen wird der strahlenartige Körper, sowohl an seiner Scheibe als an seinen Armen, von einer fe- sten, lederartigen, zahlreiche Kalkmassen enthaltenden Haut umschlos- sen. Ihre Grundlage besteht bei den Asterien, wo sie continuirlich Scheibe und Arme überkleidet, in Kalkplatten oder Balkennetzen, bei den Ophiuren, wo sich die Arme von der Scheibe absetzen, gewöhn- lich in Kalkschuppen oder Schildern. Was die aus poröser Kalkmasse gebildeten Skelettheile der Aste- riden anbelangt, so bilden sie ein inneres Skelet. Sie liegen an der Bauchseite des Körpers. Es bieten hierdurch die Asteriden eine cha- rakteristische Differenz von den Crinoiden dar, bei welchen die Ske- letbildung der Dorsalfläche des Körpers angehört. Es besteht nun dieses Skelet aus so vielen Reihen beweglich mit einander verbundener Knochenstücke, als Arme vorhanden sind. Bei den Ophiuren sind diese Knochenstücke einfach, bei den Asterien be- steht ein jedes wieder aus mehreren Theilen, deren mittlere unter ei- nem stumpfen Winkel in der Medianlinie zusammenstossen und hier- durch eine Furche bilden. Bei den Asterien werden die Knochenstü- cke von der äusseren Haut nach oben überwölbt, wodurch Hohlräume entstehen, bei den Ophiuren werden sie dagegen so enge von dieser umschlossen, dass die Bildung solcher Hohlräume nicht statt findet. is erstrecken sich daher bei den Asterien die Eingeweide in die Arme herein, bei den Ophiuren nicht. Zwischen den einzelnen Knochen- l) Vergl. J. Müller a. a. O. Tab. III. fig. 1. u. 2. 2) Neben den älteren Angaben von Tiedemann (Röhrenholothurie etc.) und Meckel (System der vergl. Anatomie II. 1. S. 19.) ist hier besonders auf das Werk von Müller und Troschel (System der Asteriden) zu verweisen, welchem auch die obigen Angaben entlehnt sind, | | | | Aeussere Bedeekungen und Skelet der Echinodermen. 305 stücken treten die Füsschen hervor, entweder seitlich, wie bei den Ophiuren, oder in der Bauchfurche nach unten, wie bei den Asterien. Es treten hier die Tentakelreihen ebenfalls in die Nähe des Mundes. Die Mundöffnung ist immer centrisch an der unteren Körperseite gelegen. Bei den Asterien entspringen aus dem Winkel von je zwei Armen harte Knochenfortsätze (Zahnfortsätze), welche in die Mundhöhle hineinragen, bei den Ophiuren findet man zwischen den Armen fünf grössere Schilder (Interbrachialfelder), deren knöcherne Spitzen (ma- xillae) in ähnlicher Weise in die Mundöffnung vorspringen, namentlich mit einem mittleren, senkrecht gestellten Fortsatz (Zahnfortsatz) tief ın sie herabragen. Der Fortsatz ist mit Zähnen, die seitlichen Ränder der tief eingeschnittenen Maxillen sind mit Papillen besetzt. Was endlich die Afteröffnung betrifft, so fehlt sie durchaus den Ophiuren, ist dagegen bei den Asterien mit Ausnahme einiger Gattun- gen (z. B. von Astropecten) constant vorhanden !). Sie liegt stets auf der Rückenfläche der Schale zwischen harten Papillen, entweder cen- tral (Solaster), oder etwas aus dem Centrum gerückt (Asteracanthion). Wie die u 7 der letzteren Ordnung einem inneren Ske- let angehören, so findet man auch in den anderen Ordnungen noch einzelne Knochenmassen vor, welche hierher zu rechnen sind. In der Ordnung der Holothurien findet man den Pharynx, umge- ben von einem dicht hinter der Mundöflfnung gelegenen Knochen- oder Kalkring. Bei Holothuria tubulosa 2) besteht er aus zehn Knochenstücken, fünf grösseren, welche an ihrem vordern Rande mit einer doppelten Spitze versehen sind, und fünf kleineren, welche nur eine einfache Spitze führen und mit den grösseren abwechselnd stehen 3). Bei Pen- tacta sind diese Stücke weit stärker #). Bei Synapta Duvernaea be- steht dagegen dieser Knochenkranz aus zwölf Stücken, welche regel- mässig gestellt sind und eine längliche, schwach gebogene Form zei- gen. Fünf von ihnen sind an ihrem vorderen Rande von grossen ovalen Löchern durchbohrt 5). Die Verbindung der einzelnen Theile geschieht durch Bandmasse. Es dient dieser Knochenkranz der Holo- 1) Der After der Asterien ist lange Zeit hindurch übersehen und erst durch Müller und Troschel in seiner Allgemeinheit nachgewiesen worden. (Vergl. de- ren System der Asteriden S. 2.). 2) Vergl. hierzu die mehrfach erwähnte Schrift von Tiedemann, S. 26. 3) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXIL. fig. XV. drei kleinere und drei grössere Stücke des Knochenringes. 4) Meckel, System der vergl. Anatomie. IV. S. 62. 5) Vergl. hierzu Quatrefages in den Annal. des science. nat. 1842. T. XVIL p. 5. und Pl. IV. fig. 5. Er fand die Substanz dieser Knochenstücke bestehend aus einer organischen Grundlage und ihr eingebetteten Körnchen von kohlensaurem Kalk, die bei allen übrigen Holothurien von einem Kalknetz ersetzt werden. 504 Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. thurien zum Stützpunkt der Mundorgane, namentlich aber zur Inser- tion gewisser Muskeln (s. unten). Es betheiligt sich dagegen dieser Apparat nicht beim Kauen. Wahrscheinlich derselben Natur sind die bei den Echinen und Clype- astern, nicht aber den Spatangen, am Mundrande der Schale vorkommen- den Knochenkränze. Bei Echinus besteht dieser in die Körperhöhle hinabreichende Apparat aus zahlreichen einzelnen Stücken. Fünf von ihnen, welche in ihrer Stellung den Ambulakralplattenreihen entspre- chen, überragen durch ihre Grösse die anderen und sind von an- sehnlichen Löchern durchbohrt !). Bei den Ülypeastern zeigt die- ser Knochenkranz eine geringere Ausbildung. Gewöhnlich bemerkt man nur fünf Vorsprünge, welche bald klein sind (Lobophora), bald eine ansehnlichere Entwicklung erlangen (Laganum) 2. Die Bestim- mung dieser letzteren Knochenkränze ist, den Muskeln und Bändern des Kauapparates zum Ansatze zu dienen. Der Kauapparat der Echiniden besteht ebenfalls aus zahlrei- chen, beweglich mit einander verbundenen Knochenstücken. Die grösste Ausbildung erlangt er bei EcHi@us, wo er unter dem Namen der Laterne des Aristoteles längst bekannt ist. Man kann an ihm 3), mit Ausnahme der eigentlichen Zähne, funfzehn besondere, oder drei Arten Knochenstücke unterscheiden, von welchen jede zu fünf vorhanden ist. Diese gesammten Theile stellen eine fünfsei- tige, mit der Spitze nach aussen, mit der Basis der Körperhöhle | zugekehrte Pyramide dar %). Die hauptsächlichsten Theile bilden fünf dreiseitige, pyramidale Knochenstücke, welche eine aufgerichtete, mit ihren Spitzen convergirende Stellung einhalten. Jedes von ihnen besteht aus einer äusseren leicht convexen Fläche und zwei Seitenflä- chen, welche mit zahlreichen queren Leistchen besetzt sind. Die freien Ränder der Seitentheile stehen an ihrem untern, der Basis zu- gekehrten Theile nahe zusammen und weichen nach oben etwas aus- einander. In der Höhle eines jeden dieser pyramidalen Stücke liegt ein langer und schmaler Schmelzzahn, welcher mit seiner leicht convexen Aussenfläche der äusseren Wand der Pyramidenstücke an- liegt und an seiner inneren Seite mit einer Längsleiste versehen ist. Nach oben endigt er ın eine Spitze, nach unten läuft er in einen dünneren, bogenartig gekrümmten, die Basis der Pyramidenstücke 1) Vergl. Valentin, Anatomie du genre Echinus. Tab. I. fig. 14. u. 15. | 2) Agassiz, Monographies d’Echinodermes. Livr. II. p. 15. und Tab. XI. fig. 3. Tab. XXVI. fig. 7. 3) Man vergl. hierzu besonders Meckel, System der vergl. Anatomie. IV. 8. | 57. und die sorgfältigen, sehr detaillirten Angaben bei Valentin, Anatomie du genre Echinus p. 63., wo man auch zahlreiche Abbildungen auf Tab. V. u. VI. vorfindet, 1) Vergl.'Ie. zootom. Tab. XXXIL fig, VIL u. V.h,h. Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. 505 überragenden Theil von geringerer Härte aus. Diese fünf, mit ihren Spitzen zusammenstossenden Schmelzzähne bilden die die Mundhaut überragende Spitze des Kauapparates '). An der Basis der Laterne be- finden sich noch die beiden anderen Arten von Knochenstücken. Die fünf grösseren derselben sind länglich viereckig und liegen horizon- tal stark convergirend zwischen den Seitenrändern von je zweien der Pyramidenstücke, so dass sie die Lücke zwischen ihnen genau ausfül- len. Dicht über ihnen liegen endlich noch die fünf letzten Knochen- stücke. Sie sind schlanker, laufen nach aussen in zwei Zacken aus, haben daher die Gestalt eines Y und sind nach oben gewölbt. Zur Verbindung und Bewegung dieses zusammengesetzten Knochenappara- tes dienen besondere Bänder und Muskeln (s. unten) 2). In einer einfacheren Form erscheint der Kauapparat der Clypea- stern 2). Er besteht hier aus fünf dreiseitigen Knochenstücken, deren jedes wieder aus 'zwei Theilen zusammengesetzt wird. Jedes dieser fünf Knochenstücke, welche die Form eines V besitzen, trägt in einer Rinne einen Schmelzzahn, dessen Richtung bei den verschiedenen Gat- tungen aus dem Vertikalen in’s Horizontale übergeht. Bei den Echiniden und Asteriden findet man noch ein eigenthüm- liches Knochenstück, die Madreporenplatte. Sie besteht aus ei- nem knopfförmigen, wie porös erscheinenden Kalkgebilde. Bei den Echiniden 5) nimmt sie stets das Centrum der Rückenseite ein, bei den Asteriden 6), wo sie bisweilen auch mehrfach (4—5fach) vor- kommt, ist sie dagegen aus der Mitte der Rückenfläche heraus nach der Seite, in den Zwischenraum der Arme gerückt. Unter den Ophiu- ren findet man die Madreporenplatte bei Euryale (Astrophyton) 7?) an der Ventralseite nahe an dem Munde im Winkel zweier Arme. Bei den Asterien, nicht aber bei den Echiniden geht von der in- neren Fläche der Madreporenplatte ein besonderer Theil, der sog. Steinkanal, ab, welcher die Scheibe durchsetzt und sich an der ge- genüber befindlichen Mundecke befestigt. Bei Asteracanthion 8) bildet 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXIL fig. VI.a. 2) Ueber die histologische Structur des Apparates finden sich Angaben bei Valentin a. a. O0, p. 67. 3) Vergl. Agassiz, Monographies d’Echinodermes. 4) Agassiz, Monographies d’Echinodermes. Livr. II. p. 15. Tab. Ili. fig. 6. Tab. VI. fie. 7—9. etc. 5) Ueber die Madreporenplatte der Scutellen vergl. Agassiz, Monographies, Livr. If. p. 11. 6) Müller und Troschela.a. 0. S. 2. 7) Ibid. S. 3. Vergl. auch Agassiz, Mem. de la Soc. des science. nat. de Neuchatel Vol. I. 1839. 8) Vergl. v. Siebold in Müller’s Archiv 1836. S.291. Tab._.X. fig. 14 — 18. 506 Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. er eine gegliederte Kalksäule, welche in ihrem Innern durchlöcherte Kalkmasse enthält; bei Astropecten !) ist die letztere von einer häuti- gen, schlauchartigen Umhüllung umgeben. Die Bedeutung dieser Ge- bilde ist noch unbekannt. Zur Absonderung der Kalkmassen des Ske- letes, wie man früher glaubte 2), dient der Steinkanal nicht 3). Der- selbe ist wahrschemlich da, wo mehrere Madreporenplatten vorkom- men, ebenfalls mehrfach vorhanden. Was die äusseren Anhänge oder Fortsätze des Skeletes und der Bedeckungen der Echinodermen betrifft, so herrscht hierin eben- falls eine ungemeine Manchfaltigkeit und Vielartigkeit. So findet man auf den äusseren Bedeckungen gelagert Körn- chen (Ophidiaster) oder Knötchen (Asteracanthion). Mit kleinen Kalkplättchen besetzt findet man das ventrale Perisom der Crinoi- den, namentlich an den Armen und Pinnulae. Kleinere und grössere tuberkelförmige Erhabenheiten trifft man in beträchtlicher Menge auf dem Hautskelet der Echiniden z. B. bei Echinus. Bewegliche mehrzackige Haken kommen an den Armen von Öphionyx vor. Borstfortsätze (paxillae), d. h. Stiele, deren Spitzen mit Borsten gekrönt sind, finden sich bei manchen Asterien, entweder über den ganzen Körper verbreitet (z. B. Solaster) oder nur an der Rücken- seite (Astropecten). Stacheln bilden ebenfalls einen sehr häufigen Bestandtheil der Integumente, namentlich bei Asteriden und Echiniden. So findet man platte Stacheln an den Seiten der Arme, z. B. bei Ophiocoma, echi- nulirte dagegen bei Ophiothrix. Ebenfalls verschieden gebildete Sta- cheln trifft man in grosser Menge bei den Echiniden. Bei Echinus 9) trifft man in Uebereinstimmung mit den Tuberkeln grössere und klei- nere Stacheln an. Sie sind von konischer Form, mit 12—20 ge- zähnelten Längsleisten an ihrer Oberfläche versehen und aus einer ho- mogenen Substanz gebildet, in welcher radienförmige Kalknetze einge- lagert sind. Die Stacheln sind mit ihrer Gelenkgrube auf den Höckern w 1) Vergl. Tiedemanna. a. 0.S.5 2) Vergl. Tiedemann.a.a. 0. S. 5 3) Müller und Troschel.a. a. ©. S. 134. drücken sich über die Bedeutung dieser Theile folgendermaassen aus: „Auf den ersten Blick scheint es nicht ganz uneben, wenn man die Madreporenplatte der Seesterne und Seeigel mit dem Knopf der Comatulen vergleicht und da dieser dem Stiele der anderen Crinoiden entspricht, so würde die Madreporenplatte auch letzterem zu vergleichen sein. — — Indessen gegen die Richtigkeit dieser Vergleichung spricht die constante Mehrfachheit der Madreporen- platten in einigen Arten von Seesternen und ihre wahre Bedeutung dürfte vielleicht nur durch die Entwicklungsgeschichte aufzuklären sein.“ — Es scheint auch in der That dieser Gegenstand zu Gunsten letzterer Meinung entschieden worden zu sein. Man vergl. hierüber Sars, über die Entwicklung der Seesternee Wiegmann’s Archiv 1844. I. S. 169. 4) Ic. zootom. Tab. XXXIT. fig. V.a.a. und fig, VI. e.e. pe Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. 507 befestigt und zwar durch eine Kapselmembran, zahlreiche radienför- mige Muskelbündel und durch die äussere weiche Haut, welche den Basaltheil des Stachels umfasst. Bei den Spatangen zeigen die Stacheln eine spatelförmige, bei den Clypeastern (Laganum) auch eine keulen- und nadelförmige Gestalt, dabei aber eine ähnliche Structur, wie die des Echinus !). Die sonderbarsten Hautanhänge trifft man bei den Synapten an. Es sind kleine Ankerhaken 2), welche auf den oben beschriebenen durchlöcherten Kalkplatten der äusseren Haut befindlich sind. Sie be- stehen wie jene aus Kalk und zeigen ganz die Form eines Ankers, welchem die Handhabe oder der Quertheil fehlt. Man unterscheidet an ihnen einen rundlichen Stiel und einen zweiarmigen, zugespitzten, bogenförmigen, vorderen Theil, welcher entweder glatt bleibt (Synapta Beselii, laevis), oder mit kleinen Zähnchen besetzt ist (S. Duvernaea). Mit einem kleinen, halbrunden Basaltheil sind diese Anker an einige Löcher der Kalkplatte befestigt. Sie bewirken das klettenartige Anhef- ten, wodurch sich die grösseren Synapten auszeichnen, und scheinen auch bei der Locomotion von Wichtigkeit zu sein. Nesselorgane kommen nach den bisherigen Untersuchungen al- “lein bei den Synapten vor. Sie sind (bei S. Duvernaea) haufenweis. gruppirt und kommen ganz mit den gleichen Theilen der Mollusken und anderer Thiere überein. Sie bestehen wie bei diesen aus einer kleinen Zelle und einem langen, hervorschnellbaren Faden 3). Eigenthümliche Greifwerkzeuge stellen die sog. Pedicellarien ®) 1) Die obenstehenden Angaben über Asteriden sind aus dem Werke von Mül- ler und Troschel entnommen, die über Echiniden den Monographien von Va- lentin und Agassiz. Ueber die Stacheln des Echinus vergl. man auch noch Erdl, über den Bau der Organe, welche an der äusseren Oberfläche der Seeigel sichtbar sind. Wiegmann’s Archiv 1842. IL S. 45. und Tab. Il. fig. 14— 16. 2) Auf diese wunderbaren Gebilde hat zuerst Eschscholtz (zoolog. Atlas Heft 2. 1829. S. 12.) aufmerksam gemacht. Später haben Jäger (Diss. de Holo- thuriis Tab. I. fig. 3.) und Quatrefages (a. a. O. Pl. III.) Abbildungen dieser An- ker von S. Beselii und Duvernaea geliefert. Dann hat sie Rathke (Nov. Act. Leo- pold. Vol. XX. p. 137.) von S. inhaerens und einer neuen Holothurie (S. flava) be- schrieben. — Es scheint, dass diese Organe bei den einzelnen Arten von Synap- ten gewissen Differenzen, welche vielleicht für die zoolog. Charakteristik nutzbar sind, unterliegen. So messen sie bei S. Beselii '/;, bei S. Duvernaea nur /y5‘, bei S. laevis '/ıo‘. Bei S. Beselii kommt dicht hinter den Armen wahrschein- lich eine Verdickung des Stieles vor, bei S. Duvernaea läuft dieser nach unten in eine Kante aus und sind die Arme gezähnt, während von allem diesen bei S. laevis keine Spur gefunden wird. 3) Der Entdecker dieser Nesselorgane ist Quatrefages. Vergl. a. a. ©. Pl. II, fig. 15. 4) Vergl. Valentin, Anatomie du genre Echinus. Tab. IV. und Erdl a.a. 0. Tab. IL. Es haben diese Pedicellarien das Schicksal gehabt, lange Zeit verkannt zu 508 Acussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. dar, klappen- oder zangenarlige Organe, welche bei Echinen und Asterien angetroffen werden. Bei Echinus bestehen sie aus einem häufigen, ein Kalknetz in sei- nem Innern enthaltenden Stiel, auf dessen Spitze die eigentlichen, ebenfalls Kalknetze enthaltenden Greifwerkzeuge immer zu drei gele- gen sind. Es sind entweder linsenförmige , gewölbte, glatte Klappen, runde Pedicellarien (pedicellariae gemmiformes), oder von löf- felförmiger Gestalt, nach oben hakenförmig zugespitzt und mit seitli- chen Zähnen besetzt, blattförmige Pedicellarien (p. ophiocepha- lae), oder sie sind nach oben noch mehr verlängert, gleichfalls ge- zähnt und dreikantig, zangenartige Pedicellarien (p. tridactylae). Es stehen diese Organe über die ganze Oberfläche des Körpers zwi- schen den Stacheln, von welchen sie jedoch bedeutend an Grösse übertroffen werden; jedoch an der unteren oder Mundfläche des Körpers häufiger als an der oberen, wo besonders die zangenförmigen Pedicella- rien vorkommen. Es ergreifen diese Organe durch Schliessen ihrer Klappen in ihre Nähe gekommene Gegenstände und diese wandern so von einer Pedicellarie zur andern, selbst von der Rückenseite des Körpers, bis in den Mund. Ihre Bewegungen vollziehen sie mittelst ei- ner in ihrem Stiele enthaltenen Faserschicht !). Die Pedicellarien der Asterien 2), welche bald vereinzelt, bald in Haufen um die Stacheln herum stehen, lassen zwei Hauptformen unter- scheiden, eine breite, klappenartige Form (p. valvulatae), und eine schlankere Form mit dünneren und spitzen, zangenförmigen Armen (p. forcipatae). Gewöhnlich sind sie zweiklappig; nur bei Luidia findet man ausnahmsweise dreiarmige. Es sind diese Pedicellarien, welche übrigens nicht allgemein verbreitet sind, mit einem weichen Stiel ver- sehen (Asteracanthion) 3), oder sie sind ungestielt (Stellaster, Astro- gonium) ®). Die klappenartige Form ist immer ungestielt. Bei den Ophiuren fehlen sie gänzlich. Andere Anhänge sind die Mundtentakel und die sog. Ambulakren oder Füsschen. Wo sie vorhanden sind, bilden sie die wichtigsten Werkzeuge der Ortsbewegung, daneben wirken sie aber noch als Tastorgane und betheiligen sich bei der Respiration. Die Mundtentakeln bilden eine Anzahl gelappter, in ihrem In- nern hohler Organe, welche kranzartig die Mundöflnung umgeben. Sie kommen den Holothurien und Sipuneuliden zu, fehlen dagegen den übrigen Ordnungen der Echinodermen. werden. So hielt sie 0. F. Müller, welcher sie zuerst beschrieb (Zool. Dan.) für Schmarotzer, Polypen; Agassiz für die Brut des Echinus. 1) Man vergl. hierüber besonders die schönen Abbildungen von Erdl a.a.0. 2) So nach Müller und Troschel, $S. 10. — 3) Ibid. Tab. IV. fig. 3u. 4. 4) Ibid. fig. 5. u. 6. Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. 509 Ihre grösste Ausbildung erreichen sie bei den Holothurien. Bei ihnen, z. B. Holothuria tubulosa 5), haben sie die Gestalt kleiner, an ihrem vorderen Theile gelappter Röhren. Man unterscheidet an ihnen drei Schichten, eine äussere, den Bedeckungen angehörende, eine mittlere, aus Längs- und Querfasern gebildete Muskelschicht und eine innere, seröse Haut, welche die Höhle der Tentakeln auskleidet. Nach innen geht ein jeder dieser Tentakeln in einen langen, zugespitzten eylindrischen Anhang, die Tentakelblase 2), über, welche eine ähn- liche Zusammensetzung wie der äussere Theil darbietet. — Es kann nun dieser Apparat, dessen Höhle von einem besonderen Gefässsystem (s. unten) aus mit Flüssigkeit erfüllt wird, willkührlich von dem Thiere ausgestreckt und eingezogen werden, indem entweder die Tentakel- blasen durch Contraction ihrer Muskellage ihren Inhalt in die Tentakeln, oder diese umgekehrt in die Blasen hineintreiben 3) — Es kommen hinsichtlich der Structur dieses Apparates bei den einzelnen Holothurien einige Differenzen vor. So sind die ansehnlichen Tentakeln bei Pen- tacta mehr mit Kalkmasse erfüllt. , Zu ihrer Retraction sind beson- dere, starke Muskelbündel, welche von den später zu erwähnenden fünf Längsmuskeln an dem oben beschriebenen Knochenring sich inse- riren und diesen nebst den Tentakeln zurückziehen, vorhanden 9). Einfacher gestaltet sich dieser Tentakelapparat bei Synapta Duver- naea. Die Tentakelblasen fehlen, die Tentakeln haben ebenfalls eine aus Längen- und Querfasern bestehende Muskelschicht. Die Längsfa- sern sind jedoch an der oberen und unteren Fläche zu einem Paar Bündel vereinigt, welche sich an den Schliessmuskel des Mundes und an den Kalkring inseriren und besonders das Verkürzen der Tentakeln bewirken. Jeder dieser Tentakeln der Synapta ist an seiner inneren Seite mit acht Saugnäpfen 5) besetzt. Bei den Sipunculiden (Sipunculus, Phascolosoma) besteht dagegen dieser Tentakelapparat, welcher auf der Spitze eines langen, zurück- ziehbaren Rüssels gelegen ist, aus einer kranzartig die Mundöffnung umgebenden, an ihrem vorderen Rande mehr oder weniger tief einge- schnittenen, oder gelappten Membran $). Die verbreitetsten Anhänge bilden aber die Füsschen, Tenta- keln, (ambulacra), indem sie mit Ausnahme der Sipunculiden und Synapten bei allen übrigen Echinodermen angetroffen werden. 1) Eine Abbildung der eingezogenen Tentakeln der Röhrenholothurie findet sich Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. X.b.b. 2) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. IX.b.b.b. | 3) Vergl. hierzu die angeführte Schrift von Tiedemann. S. 24. 4) Vergl. Meckel, System der vergl. Anatomie. IV. S. 62. 5) Ein weiteres Detail bei Quatrefages. Vergl. die Abbild. Pl. IV. fig. 1. 6) Grube in Müller’s Archiv 1837. S. 238, | 510 Aeussere Bedeckungen und Skelet der Echinodermen. Sie bestehen, ähnlich den Mundtentakeln, aus einer cylindrischen Röhre, welche hohl ist und aus den nämlichen Häuten zusammenge- setzt wird, dem eigentlichen Füsschen, und mit einer inneren blasen- förmigen Erweiterung oder Säckchen, dem Ambulakralbläschen, durch kleine Löcher der Bedeckungen (Ambulakralporen) in Zu- sammenhang steht. Es können nun diese Füsschen in ähnlicher Weise mit Flüssigkeit erfüllt werden, wie der Tentakelapparat der Holothu- rien und durch den gleichen Mechanismus bald sich anfüllen und aus- dehnen, bald sich wieder zusammenziehen und ihren Inhalt in die Bläschen zurücktreiben. Diese Füsschen, an welchen häufig noch ein besonderer Saugnapf vorhanden ist, sind während des Lebens in einer beständigen Bewegung, in abwechselnder Ausdehnung und Retraction begriffen. Mit ihnen suchen die Thiere tastend umher, wobei sie die- selben oftmals sehr ausdehnen, dass sie über die übrigen Anhänge der Integumente weit hinausragen (z. B. über die Stacheln des Echi- nus); mit ihnen vollziehen sie Ortsbewegungen, indem (z. B. Echinus) durch die Saugnäpfe sie sich fest an einen Gegenstand anheften und dann durch Contraction der Röhren der Körper nach dem Anheftungs- punkt hingezogen wird. Im Uebrigen ist Grösse und Form der Füss- chen, ebenso ihre Stellung ziemlich wechselnd; ihre Menge dagegen ist im Allgemeinen immer eine sehr beträchtliche. In der Ordnung der Holothurien kommen die Füsschen entwe- der unregelmässig über den ganzen Körper verbreitet, sowohl an der Bauch- als der Rückenseite (doch an letzterer in geringerer Anzahl) I), vor (Röhrenholothurie) 2), oder sie stehen in fünf regelmässigen, vom Munde bis zum After sich erstreckenden Längsreihen neben den Längs- muskeln des Körpers (Pentacta), oder sie nehmen bloss die Bauchseite des Körpers ein (Cuvieria oder Psolus). Die Füsschen sind verhältniss- mässig klein, an ihrer Spitze mit Sauggruben versehen, aber stets ge- schlossen (wie man es z. B. sehr schön bei Dactylota bemerkt, wo eine pigmentirte Membran ihre Spitze überkleidet), und durch Löcher der lederartigen Haut mit ovalen Ambulakralbläschen communicirend. Unter den Echiniden zeigen sie bei Echinus 3) auf ihrer Spitze ein tellerförmiges, hartes Blättchen, welches in seiner Substanz fünf getrennte Kalknetze enthält und in der Mitte von einem runden Loch durchbohrt wird. Der Stiel ist lang, eylindrisch, weich, nur einzelne Kalkkörperchen ?) enthaltend. Diese Füsschen, welche den nämlichen Zusammenhang mit ihren Ambulakralbläschen, wie bei den Holothurien 1) So zählte Tiedemann bei der Holothuria tubulosa am Bauche 900, am Rücken 250 dieser Füsschen. S. dessen Schrift S. 4. u.5. 2) Ic. zootom. XXX. fig. IX. u. X.s.s. 3) Vergl. Erdl’oa. a. 0. 4) Vergl. Valentin’s Monographie Tab, IV. u. V. Museulatur der Echinodermen. 911 haben, stehen einmal auf den fünf Reihen von Ambulakralplatten !), dann aber auch auf der Mundhaut 2. Unter den letzteren unter- scheiden sich fünf durch ihre besondere Grösse, sowie durch ihr viereckiges Saugloch von den übrigen. Unter den Seesternen trifft man bei den Asterien einfacher ge- baute Füsschen an. Sie haben ebenfalls die Gestalt häutiger Gylinder ) und ähnliche Wandungen wie beı Echinus, entbehren aber der einge- betteten Kalkkörperchen. Sie laufen entweder in eine Spitze aus, wel- che eingestülpt und hierdurch in einen Saugnapf verwandelt werden kann (Astropecten) 32), oder endigen in wirkliche häutige Saugnäpfe (Asteracanthion). Sie nehmen hier nur die Bauchfurche der Strahlen, entweder in doppelter (Astropecten) 4) oder vierfacher (Asteracanthion) Reihe ein. — Bei den Ophiuren 5), wo die kleinen Füsschen seitlich von den Armen abgehen, sind sie entweder lang und fadenförmig (Ophiolepis) oder bestehen aus einer cylindrischen Röhre, an deren Fläche eine Menge von Saugnäpfen sitzen, welche dem ganzen Organ ein traubiges Ansehen verleihen (Ophiura echinata) 6). Es kann als- dann ein jeder Theil eines solchen Füsschens, welches übrigens häu- tig ist, verlängert und verkürzt, doch nicht das ganze Füsschen in den Leib zurückgezogen werden. Die Füsschen der Crinoiden, welche in den schon oben er- wähnten Furchen des Perisomes stehen, sind von grosser Beweglich- keit, aber sehr klein, dem blossen Auge kaum sichtbar, am Ende geschlossen und abgerundet, an ihrer ganzen Oberfläche noch mit klei- neren, cylindrischen, an der Spitze etwas angeschwollenen Fühlerchen _ besetzt ?). Musculatur der Echinodermen. Die Muskeln der Echinodermen sind wahrscheinlich durchweg aus ‚ glatten Fasern bestehend 8), Mit sehr entwickelten Hautmuskeln ver- sehen sind die Sipunculiden und Holothurien. 1) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig, V.b.b. und fig. Vl.d.d. 2), IbidenssaVIleze: 3) Tiedemann a. a. 0. S. 56. 4) Eine Abbildung der Ambulakralbläschen des Astropecten aurantiacus Ss. Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. Il. c.c. 5) Vergl. Müller und Troschel, System der Asteriden. 6) "Vergl. Erdl a. a. 0. S. 58. Tab. II. fig. I1.a. 7) Vergl. J. Müller, über den Bau der Pentacrinus. S. 46. u. 47. Tab. I. fig. 14. 8) So fand sie R. Wagner, Müller’s Archiv 1835. S. 319., womit auch alle übrigen Beobachter übereinstimmen. Es bleibt daher auffallend, dass von Valen- tin für verschiedene Theile des Seeigels das Vorkommen quergestreifter Muskelfa- sern behauptet wird, so z. B. für die Muskeln der Laterne und der Stacheln. — 512 Museulatur der Echinodermen. Bei ersteren, z. B. Sipunculus nudus I), liegt unmittelbar unter der dünnen Haut ein Muskelschlauch, welcher aus Quer- und Längs- bündeln besteht. Erstere, etwas platter und breiter, liegen zu äusserst und sind durch sehr schmale Zwischenräume von einander getrennt, letztere liegen zuinnerst und verlaufen ununterbrochen von der Basis des Rüssels bis an das hintere Körperende. An ihren beiden Enden verflechten sie sich vielfach unter einander. Von den Längsmuskeln entspringen die vier Zurückzieher des Rüssels ?2) (musculi retractores), welche sich an der Spitze desselben endigen. Aehnlich ist der Bau bei Phascolosoma, nur ist der Ursprung der Muskeln des Rüssels et- was verschieden. Bei den Synapten kommen ähnliche querlaufende Muskeln vor, dagegen sind die Längsmuskeln 3) zu fünf flachen und breiten glänzen- den Bändern vereinigt, welche sich in regelmässigen Abständen durch den ganzen Körper erstrecken und an dem früher beschriebenen Kno- chenkranze, nachdem sich ihre Fasern unter einander gekreuzt und verwebt haben, endigen ). Bei den ächten Holothurien haben bei einer gleichen Anordnung die Längsbündel eine ansehnliche Breite erreicht (Holothuria tubulosa oder elegans) und erscheinen durch eine Verdünnung in ihrer Mitte wie aus zwei Bündeln zusammengesetzt 5). Dicker, aber schmaler, sind die fünf Längsmuskeln bei Pentacta pentactes. Bei manchen Ho- lothurien, wie bei Pentacta pentactes und doliolum, bei Dactylota und! Psolus, entspringen von ihrer Mitte fünf sehr starke Muskelmassen , wel- che schief nach vorn und innen verlaufen und am Knochenkranz enden. Bei ihrer ganz unbeweglich verbundenen Kalkschale fehlen den: Seeigeln äussere Muskellagen. Die kleinen Muskelbündel, welche, unter der weichen Oberhaut gelegen, die Bewegungen der Stacheln‘ vermitteln, sind schon oben erwähnt worden. Dagegen verlangt der so complieirte Kauapparat dieser Thiere eine ausgebildete Musculatur. Neben einer, die einzelnen Stücke bekleidenden Membran findet! man nämlich an der Laterne zahlreiche Bänder und Muskeln, welche theils die Laterne an dem früher beschriebenen Knochenkranz befe- stigen, theils- die einzelnen Stücke derselben verbinden. An Bän- dern entspringen fünf (ligamenta obliqua externa) von den Mittelstü- Die Verfasser müssen jedoch hierzu bemerken, dass es ihnen unmöglich gewesen ist, an den Muskeln des Kauapparates von Echinus esculentus diese Querstreifung zu sehen. — Eine während der Contraction entstehende Querstreifung an den Mus- keln von Synapta Duvernaea wurde von Quatrefages beobachtet und gezeichnet‘ (a9 a0 Pl A el): 1) Vergl. Grube in Müller’s Archiv 1837. S. 240. 2) Grubea.a. O0. Tab. X1. fie. 3. 3) Quatrefages a. a. 0. p. 42. Pl. IV. fie. 1. 4) Vergl. die Musculatur der Röhrenholothurie in den Ic. zoolom. Tab. XXXI. fig. IX. r.r, die Quermuskeln, q. q. die Längsmuskeln. J| Nervensystem der Echinodermen. 513 cken der an der Basis des Apparates gelegenen, gebogenen Knochen- stücke, um sich an den kleineren Vorsprüngen des Knochenkranzes zu inseriren. Fünf andere Bänder (ligamenta obliqua externa) gehen von den beiden Arten von Knochenstücken der Basis der Laterne ab und inseriren sich an den grossen Vorsprüngen des Knochenkranzes. — Unter den Muskeln entspringen fünf Paare (musculi pyramido-in- terarcuales) von den kurzen Vorsprüngen des Knochenringes und befe- stigen sich an der Basis der Pyramidenstücke. Durch ihre Contraction werden die unteren Theile der letzteren von einander entfernt und da- durch die Spitzen und Zähne der Pyramiden einander genähert. Fünf andere Paare (musculi pyramido-arcuales) bilden die Antagonisten der vorigen, nehmen von den grossen Vorsprüngen des Knochenkran- zes ihren Ursprung und befestigen sich an den Spitzen der Pyramidal- stücke. Die Seitenflächen der Pyramiden werden noch durch fünf an- dere Muskeln (musculi interpyramidales) mit einander verbunden. Zwischen den fünf bogenförmigen Knochenstücken der Basis der La- terne sind endlich noch fünf bandartige Quermuskeln (musculi trans- versi) ausgespannt. Die beiden letzten Arten von Muskeln nähern ihre Knochenstücke einander !). Bei den Asteriden sind die Zwischenräume zwischen den ein- zelnen Knochenstücken des inneren Skelets mit Muskeln erfüllt. Bei den Asterien kommen in jedem Abschnitte des Strahles vier verschie- dene Muskeln vor 2). Bei den Crinoiden sind die einzelnen Glieder der Arme und ihrer Pinnulae immer durch zwei kurze Muskeln mit einander verbun- den 3). Da diese Muskeln nur an der Ventralseite liegen, so können sie bloss als Flexoren wirken. Die Extension bewirkt die schon frü- her erwähnte elastische Interarticularsubstanz. — Wahrscheinlich stellt bei den Seesternen ebenfalls die elastische Haut der Rückenseite einen Antagonisten der einzelnen Muskeln des Skelets dar. Nervensystem der Echinodermen. Das Nervensystem der Echinodermen 4) bildet einen den Anfangstheil des Verdauungskanales umgebenden, fünfeckigen Markring, aus dessen 1) Neben den Angaben von Meckel (Vergl. Anatomie. Th. IV. S. 56.) ist be- sonders Valentin's Monographie (p. 72.) zu vergleichen, welcher obige Nomen- elatur entlehnt ist. 2) Vergl. Meckel’s System der vergl. Anatomie. Th. III. S. 14. 3) J. Müller, über den Bau des Pentacrinus. S. 38 u. 44. 4) Neben den älteren Angaben von Tiedemann, welcher das Nervensystem ‚ unter den Echinodermen zuerst beim Seestern entdeckte (a. a. 0. S. 62. Tab. IX.), vergl. man besonders Krohn, über die Anordnung des Nervensystems der Echi- ‚ niden und Holothurien im Allgemeinen in Müller’s Archiv 1841. S. 1. Wagner’s Zootomie. II. 33 514 Nervensystem der Echinodermen. ' Ecken, in Uebereinstimmung mit der Körperform, fünf Hauptnerven- stämme entspringen, welche die hauptsächlichsten Organe des Körpers versorgen, mit Ausnahme einzelner Theile, die direkt aus dem Ner- venring. mit Zweigen versehen werden. Auffallend ist die geringe Entwicklung der ganglionären Substanz dieses Nervensystemes, indem man mit Sicherheit noch nicht einmal Nervenknoten nachzuweisen im Stande war !). Häufig sind Nervenring und die von ihm ausgehenden Stämme mit besonderen Farben verse- hen, wie roth, violett, grünlich, was von einem in die Nervenmasse eingebetteten körnigen Pigmente herrührt. Von dieser allgemeinen Anordnung des Nervensystemes machen nur die wurmähnlichen Sipunculiden eine Ausnahme. So findet man bei Sipunculus nudus gleich hinter dem Tentakelring auf der Speiseröhre zwei wenig erhabene, stark verschmolzene Ganglien, wel- che zwei ziemlich lange Schlundeommissuren entsenden. Diese ver- laufen nach hinten und unten und stossen in geringer Entfernung vom Munde auf den Anfang eines ansehnlichen Bauchstranges,, welcher über die Mitte der Bauchwand bis an das hintere Körperende verläuft, wo- bei er, ohne ganglionäre Anschwellungen weiter zu bilden, zahlreiche symmetrische Nervenstämme nach beiden Seiten absendet. Nur an seinem hinteren Ende ist eine spindelförmige Anschwellung vorhanden 2) Hiermit stimmt der Bau des Nervensystemes von Sternaspis 3) überein. Einen ähnlichen Bau besitzen ebenfalls Echiurus und Thalasse- ma 4). Bei ihnen umschliesst ein einfacher Ring den Pharynx. Von diesem entspringt ein Bauchstrang, welcher ohne weitere Ganglien‘ zu bilden, bis zum hinteren Theil des Körpers verläuft, wo er un- ter Absendung mehrerer Stämme plötzlich endigt. In seinem Ver- laufe entsendet er zahlreiche unsymmetrische Seitenzweige. Letzte- 1) Die Anwesenheit von Ganglien beim Seesterne wird von R. Wagner an- gegeben. Es sollen nämlich fünf ganz kleine Ganglien an der Ursprungsstelle der Stämme vorhanden sein (Vergl. Anatomie S. 372). Ebenso auch von Grant (vergl. Anatomie S. 219... Dagegen konnten die übrigen Beobachter nichts derarti- ges bemerken, z. B. Tiedemann, Krohn u. A. Ebenso scheint Valentin (Anatomie du genre Echinus) keine Ganglien gesehen zu haben, wesshalb denn obige Angaben sehr zweifelhaft erscheinen dürften. 2) Vergl. hierzu besonders Krohn, über das Nervensystem des Sipunculus nudus (Müller’s Archiv 1839. S. 348.), welcher die früheren Angaben von Delle CGhiaje (Memorie. I. p. 15.) bestätigt und erweitert hat. Grube (Müller’s Archiv 1837. S. 237.) hatte diesen Bau verkannt, in den Ganglien knorplige Rudi- mente eines Knochenkranzes gesehen und die übrigen Theile des Nervensystems mit dem Gefässsystem verwechselt (Tab. X. fig. b.). 3) Vergl. Krohn, über den Sternaspis thalassemoides, Müller’s Archiv 1842. S. 426. 4) Vergl. Forbes und Goodsir in Froriep’s neuen Notizen N. 392, fig. 13. (von Echiurus vulgaris). Nervensystem der Echinodermen. 515 | res, sowie der Mangel von ganglionären Anschwellungen, bildet eine ‚ Annäherung zu den ächten Echinodermen. Bei den Synapten hat man noch kein Nervensystem aufgefunden 1). ‚ Bei den Holothurien ?) dagegen, z. B. bei Holothuria tubulosa, liegt auf der inneren Fläche der Mundhaut dicht vor dem Krföcklenikränd der einfache Nervenring. Von ihm treten fünf Nervenstämme durch die von den Zacken der fünf grösseren Stücke des Knochenringes ge- bildeten Einschnitte hindurch. Alsdann verlaufen sie auf den fünf Längsmuskeln des Körpers bis zur Kloakenöffnung hin. Diese fünf ‚Nervenstämme sind anfangs rundlich, verflachen sich aber alsdann und erscheinen durch eine Medianfurche wie getheilt. Ihre Seitenäste sind von grosser Feinheit und desshalb weniger gekannt. Sie scheinen in regelmässigen Abständen von ihnen zu entspringen und mit den Ge- ‚fässen in die Ambulakralbläschen und die Füsschen hineinzutreten. Genauer gekannt ist das Nervensystem bei den Echiniden. Es ‚ist bei Echinus 3) dicht hinter der Mundhaut zwischen den Aussackungen ‚des Pharynx und den Pyramidenstücken der Laterne gelegen und durch ‚besondere Bänder in dieser Lage erhalten. Seine Form ist die eines pentagonalen Ringes. Aus den Ecken desselben entspringen die fünf Hauptnervenstämme. Sie treten zwischen den einzelnen Pyramiden heraus, durchsetzen die Löcher der fünf grösseren Vorsprünge des Knochenkranzes und laufen dann an der Innenwand der Schale über der Vereinigung der Ambulakralplattenreihen bis gegen den After hin. Sie sind, wie bei den Holothurien, durch eine Medianfurche getheilt und Eh zahlreiche Aeste nach beiden Seiten alternirend ab, wel- ‚che mit den Gefässen an die Ambulakralbläschen treten und durch die Ambulakralporen hindurch in die Füsschen gelangen, in deren ‚Wänden sie bis gegen die Saugnäpfe hin sich erstrecken. Zulathe en- ‚digen diese fünf Hauptstämme als sehr feine Fädchen an den Ocellar- platten. — Die Speiseröhre und die Musculi interpyramidales wer- ‚den direkt aus dem Nerv enring mit feinen Zweigen versorgt; die Kie- men, die Mundambulakren, die anderen Muskeln des ee ‚von den Anfangstheilen der fünf Hauptstämme. | Bei den Spatangen 4) ist im Allgemeinen eine ähnliche Anordnung vorhanden. Nur hat der Nervenring die Form eines ungleichschenk- ligen Fünfeckes. Die von ihm abgehenden fünf Nervenstämme zeich- pen sich durch ihre beträchtliche Dieke aus, verhalten sich aber, was ‚Verbreitung und Endigung betrifft, denen ae Echinus ähnlich, | 1) Vergl. Quatrefages a. a. O. p. 81. 1 2) Krohn in Müller’s Archiv 1841. S, 9. und fig. 5. seiner Abbildungen. Baa. 0. S. 219. ! 3) Vergl. denselben S. 2. fig. 1. u. 2. sowie die Monographie von Valen- | } tin p. 97. Tab. IX. fig. 182. 4) Vergl. Krohn aa. a. 0. fig. 3. u. 4. Nervensystem de Spatangus canaliferus. 33* 516 Sinnesorgane der Echinodermen. Auch bei den Seesternen, z. B. Astropecten aurantiacus !), bil- det das Nervensystem einen den Anfang des Verdauungskanales um- gebenden, fünfeckigen Ring 2). Aus seinen Winkeln nehmen auch hier die fünf Hauptstämme ihren Ursprung, welche auf den Wirbelreihen, allmälig kleiner werdend, durch die Arme verlaufen. Zwei andere seitlich mit ihnen zugleich entspringende Stämme gehören vielleicht ' dem Verdauungsapparat zu. | Unter den Haarsternen liegt bei Pentacrinus und Comatula 3) ın den Gliedern der Arme unterhalb der Tentakelrinne ein Nervenstrang von einer besonderen, häutigen Umhüllung umgeben. Er macht einer ' jeden Pinnula gegenüber eine -längliche, schwache Anschwellung, von welcher ein Seitenzweig in diese übergeht. Als Rudiment eines Eingeweidenervensystemes dürfte viel- leicht ein bei Echinus auf der Speiseröhre befindliches Nervengeflecht anzusehen sein ®). ! Sinnesorgane der Echinodermen. Gesichtswerkzeuge. Man hat gewisse rothe Pigmentflecke, welche man bei einigen‘ Ordnungen der Echinodermen fand, als die Sehwerkzeuge dieser Thiere: angesprochen. So trifft man bei den Seesternen, z. B. Asteracanthion! violaceus 5), auf der Spitze der Arme, an der Ventralfläche derselben, einen solchen umschriebenen rothen Punkt an. Es lassen sich auch! wirklich die Nervenstämme der Arme bis dahin verfolgen, ja sie sol-' len hier eine kleine Verdickung bilden, auf welcher der Pigmenttleck' unmittelbar aufsitz. Ebenso werden beim Kriechen von den Seester- nen die punktführenden Spitzen der Arme nach oben umgebogen. | Später fand man auch bei Echinus 6) ähnliche Pigmentflecke. Sie liegen hier auf den fünf sog. Ocellarplatten an der Spitze des Rü- ckens, da wo ebenfalls die Endigung der fünf Nervenstämme statt findet. 1) Vergl. hierzu das Werk von Tiedemann S. 62. 2) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXIl. fig. IV.a.a. 3) 92 Mullker2asas0S. 92: 4) Vergl. Valentin a. a. ©. p. 98. und Tab. VIII. fig. 159. u. 160. 5) Man vergl. hierüber Ehrenberg, vorläufige Mittheilung einiger bisher un- bekannter Structurverhältnisse bei Acalephen und Echinodermen, Müller’s Archiv 1534. S. 579. Dieser Forscher bemerkt hierbei, dass solche Augenflecke schon von Vahl in ©. F. Müller’s Zoologia Danica erwähnt und Tab. CXXXI. von Pte-\ raster militaris abgebildet worden sind. 6) Der Entdecker dieser Pigmentflecke bei Echinus ist Forbes, welcher in\ seinem Werke, a history of british Starfishes p. 152. dieselben beschreibt. Ge-' naue Angaben und Abbildungen auf Tab. IX. liefert Valentin. Sinnesorgane der Echinodermen. 517 Da jedoch diese Pigmentflecke brechender Medien gänzlich entbeh- ren, da man trotz der sorgfältigsten Untersuchung in ihnen nichts als Pigment und faseriges Gewebe (Echinus) !) bemerkt, so dürfte ihre Be- deutung als Sehwerkzeuge noch höchst zweifelhaft sein und eine Licht- wahrnehmung , welche den Echinodermen zuzukommen scheint, durch die Haut statt finden. Tastwerkzeuge. Von Gehör-, Geruchs- und Geschmacksorganen hat man bei den Echinodermen nichts bemerkt. Es besitzen dagegen diese ‚ Thiere ein ausgebildetes Tastvermögen. Als Sitz desselben dürfte einmal die ganze Haut zu betrachten sein, so lange dieselbe noch nicht zu einem Hautskelett erstarrt ist, namentlich dann, wenn sie noch eine grosse Zartheit zeigt (Synapta, Sipunculus). Wichtiger aber in dieser Beziehung sind die verschiede- nen Anhänge des Körpers, wie die Mundtentakeln, die Pedicellarien, ‘die Füsschen. Namentlich dürften die letzteren bei ihrer Weichheit und beständigen fühlenden Bewegung zu dieser Function geeignet sein. V erdauungsorgane der Echinodermen. Der Verdauungsapparat der Echinodermen, deren Mund- und Af- teröffnung schon oben erwähnt worden sind, stellt bald einen langen, mehrfach durch den Körper gewundenen Schlauch dar, bald bildet er, namentlich in den afterlosen Ordnungen, einen einfacheren, weiten Sack. ‚Bei der ersteren Anordnung unterscheidet man gewöhnlich einen er- | weiterten kurzen Anfangstheil (Pharynx), bisweilen auch ein dilatirtes 'Endstück (Kloake). An dem mittleren Theile, dem langen Darme, ist zuweilen ein blindsackiger Anhang einfach oder auch in Mehr- zahl vorhanden. Nur selten ist jedoch dieses Darmrohr in seinem gan- ‘zen Verlaufe von gleicher Ausdehnung und Form, so dass man hier- "nach in der Regel mehrere Abtheilungen desselben annehmen könnte. "Sie scheinen jedoch in den einzelnen Ordnungen sehr zu wechseln. "Unter den Anhängen des Verdauungsapparates bemerkt man zuweilen (leberartige Organe, dagegen fehlen Speicheldrüsen wahrschein- ‚lich gänzlich. | u .. .. ® | Der Verdauungskanal, welcher in der Regel sehr dünnhäutig ist, zeigt, soweit die bisherigen Untersuchungen reichen, z. B. bei 1) Vergl. Valentin, Anatomie du genre Echinus p. 100. — Derselbe ver- - mochte weder hier noch bei den Asterien mit Sicherheit eine Linse zu entdecken. ' Ebenso sind sorgfältige eigene Untersuchungen nicht im Stande gewesen, brechende Medien aufzufinden. | 518 Verdauungsorgane der Echinodermen. Synapta !) und Echinus 2), eine Zusammensetzung aus mehreren Häuten. | Zu äusserst findet man eine seröse Membran, unter ihr eine aus Längs- und Querfasern bestehende Muskelschicht und als innere Lage eine Schleimhaut, welche bisweilen zu einer ausgebildeten Drüsen- | schicht umgewandelt ist 3). Häufig bemerkt man die ganze Innenfläche | des Darmkanales (Echinus, Asterien , Ophiuren) mit einem Flimmerüber- | zug #) versehen, bisweilen flimmern jedoch nur einzelne Theile, so‘ die Afterröhre der Comatulen 5). Die ganze Bauchhöhle wird ebenfalls von einer serösen, mit Flim- merzellen besetzten Haut ausgekleidet. Mit ihr verbunden ist die Se-' rosa des Verdauungskanales durch ein Mesenterium 6), welches bald aus zahlreichen Fäden (Echinus) oder Bändern (Synapta) oder Mem- branen (Holothurien) gebildet wird. In der Ordnung der Sipunculiden beginnt bei Sipunculus ?) und Phascolosoma 8) auf der Spitze des Rüssels der Verdauungskanal als ein gleichweiter und gleichartig gestalteter, dünnhäutiger Darm, wel- cher mehrfach durch den Körper auf- und absteigt und zuletzt mit spira- liger Umschlingung in den weit nach vorne befindlichen After überführt. Bei Sternaspis bildet der Anfang des Verdauungskanales einen kurzen, rundlichen, musculösen Pharynx, auf welchen der engere und dünnhäutigere Darmkanal folgt. Dieser tritt nach mehrmaligen Win- dungen in die eigenthümliche, ein - und ausstülpbare Afterröhre hinein, an deren Spitze er endigt 9). Bei Priapulus !0) fehlt dage-' gen ein solcher Pharynx vermuthlich. Der Darmkanal ist ein dünn-) häutiger und weiter Schlauch, welcher sich in gerader Richtung? durch den Körper erstreckt und in eine musculöse Kloake über-' geht. Bei Echiurus und Thalassema !!) ist das vordere Stück des lan-' 1) Vergl. Quatrefages a. a. 0. p. 5l. 2) Vergl. die Monographie von Valentin. 3) Abbildungen der Drüsenschicht des Echinus finden sich in der Monogra-" phie von Valentin fig. 126 und 131. 4) Bei den Asterien ist er von Valentin (Art. Fliimmerbewegung in Wagner’s Handwörterbuch I. S. 493.) und Sharpey (Artikel Cilia in Todd’s Cyclopaedia’ Vol. I. p. 616.), bei Echinus von Valentin, Anatomie du genre Echinus p. 79." beobachtet. Bei Ophiolepis flimmert ebenfalls der ganze Verdauungssack. 5) J. Müller, Bau des Pentacrinus S. 57. 6) Ic.zootom. Tab. XXX. fig. VIIL.h.h.i.i. u. g.g., Mesenterium von Spalangus. 7) Vergl. hierüber neben Delle Chiaje (Memorie, Vol. I. Tab. I. u. xX.)R besonders Grube (Müller’s Archiv 1837. S. 245. Tab. X1.). 8) Vergl. von Siebold, vergleichende Anatomie S. 93. 9) Vergl. hierüber den Aufsatz von Krohn, Müller’s Archiv 1842. S. 426. Früher stellte man mit Verwechslung der beiden Körperenden gerade die umgekehrte Deutung auf, indem man die Afterröhre für einen nach Art der Sipunkeln ein- und ausstülpbaren Rüssel und den Pharynx für eine Kloake ansah. 10) Vergl. Frey und Leuckart, Beiträge. il) Forbes und Goodsir in Froriep’s neuen Notizen N. 392. fig. 12. — | Verdauungsorgane der Echinodermen. 519 gen Darmkanales etwas erweitert, dann folgt eine Verengerung, nach welcher der Darm gleich weit mehrfach gewunden bis zu einer Klo- ake verläuft. Durch letztere, sowie durch die am hintern Körperende befindli- che Afteröffnung, entsteht eine Annäherung zu den Holothurien!). ' Bei ihnen, z. B. Holothuria tubulosa 2), ist ebenfalls ein weiter und musculöser Pharynx 3) vorhanden, von welchem aus der dünnhäu- tige Darm #) mehrmals durch den Körper auf- und absteigt und end- lich in die Kloake mündet. Diese 5) ist länglich eiförmig und durch ‚zahlreiche Muskelbündel 6) an den Quermuskeln der Haut befestigt, au- sserdem selbst noch mit Längs- und Querfasern versehen. Biswei- ‚len scheint die Kloake eine ganz besondere Länge zu erreichen, wie bei Holothuria fusus 7). — In einer viel einfacheren Form erscheint der Alimentarkanal der Synapten. Man findet hier den nämlichen, stark- ‚ musculösen Pharynx unmittelbar hinter dem mit einem besonderen ‚ Sphincter versehenen Munde. Der Darm dagegen geht in gerader Rich- ‚tung durch den Körper und entbehrt an seinem Ende der Kloake. Man findet hier bloss einen aus dem Hautmuskelschlauche gebildeten ‚ Schliessmuskel 8). Manchfacher gestaltet ist der Verdauungsapparat in der Ordnung der Echiniden. Bei Echinus °) führt die von einer besonderen kreis- förmigen Falte der Mundhaut 10) umgebene Mundöflnung in einen wei- ten musculösen Pharynx, welcher die Laterne durchsetzt und, entspre- chend den Pyramidenstücken derselben, fünfkantig ist. An seinem An- fange bemerkt man noch mehrere kleine Blindsäckchen von unbekann- ter Function. Nach dem Austritt aus der Laterne beginnt der dünn- häutige, mit vielen Ausbuchtungen versehene Darm. Er steigt zuerst als Oesophagus I!) verengt nach der Rückenspitze herauf und win- det sich dann mit einem kleinen blindsackigen Anhang versehen an der Innenwand durch den Körper 12), um endlich in der am Rücken gelegenen Afteröffnung 13) auszumünden. | Abgesehen von dem Mangel des Zahnapparates, ist der Bau bei | Die Verbindung des Darmes mit der serösen Haut der Körperhöhle soll hier nicht durch Bänder, sondern durch wirkliche Muskeln geschehen. I) Vergl. Tiedemann’s Werk S. 8. und Meckel’s System der verglei- ‚ chenden Anatomie. Thl. IV. S. 61. >) ic. zootom. Tab. XXXII. fig. X. u.X.: — 3) Ibid.d. — 4) Ibid. le&ee — 5) Ibid. fe — 6) Ibid. @. 8. 7) Rathke, Beiträge zur Fauna Norwegens (Nov. Act. Leop. XX.). 8) Quatrefagesa. a. 0. Pl. I. und Pl. IV. fie. 1. 9) Vergl. Valentin a. a. O. Tab. VII. 10) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. VI. u. VL. b.b. — 11) Ibid. fig. V. i. m. 12) Ibid.n.n. — 13) Ibid. o. 520 Verdauungsorgane der Echinodermen. Spatangus !) ein ähnlicher. Der vom Munde 2) abgehende, vordere Theil des Darmes (Speiseröhre) 3) ist enger und gerade nach oben verlaufend, der weitere Darmkanal %) windet sich zweimal durch die Körperhöhle, ehe er in dem seitlichen After 5) endigt. Der vordere Theil des Darm- kanales 6) ist mit Querfalten reichlich besetzt und mit einem langen und ansehnlichen, blindsackigen Anhang 7) versehen. Ausserdem findet man noch einen besonderen Kanal 8), welcher von dem vorderen Darm- stücke zum mittleren herüberläuft. Bei den Clypeastern 9) richtet sich der Verdauungskanal nach den das Innere der Körperhöhle abtheilenden Scheidewänden. Man kann an ihm ebenfalls einen Oesophagus, welcher nach oben tritt, und einen‘ mehrmals durch den Körper gewundenen Darm unterscheiden. Letzterer ist, wie bei Spatangus, in seinem vorderen Theile quergefaltet. Bei einigen Arten, z. B. Laganum 10), ist der Darmkanal in seiner gan- zen Ausdehnung mit seitlichen Blindsäcken besetzt, welche in den zel- ligen Räumen der Schale gelagert sind. Weit einfacher ist der Bau des Nahrungskanales bei den Crinoi- den !!), Bei den Comatulen findet man eine enge und kurze Speise- röhre, auf welche mit einem Blindsack ein weiter Darm folgt. Dieser windet sich einmal durch den Körper und geht dann in die der Mund- öffnung benachbarte Afterröhre über. Er ist bei Comatula europaea um eine centrale poröse Kalkmasse, wie um eine Spindel, gewunden und erhält durch eine von dieser vorspringenden Leiste eine klappen- artige Einbiegung. In der Ordnung der Asteriden ist bei denjenigen Arten, wel- che mit einem After versehen sind, also bei den meisten Asterien, der Verdauungsapparat in drei Abtheilungen getheilt. Die erste ist ein weiter und kurzer, sackförmiger Magen. Eine Cirkelfalte trennt sie von der zweiten Abtheilung, welche ebenfalls weit ist und die später zu erwähnenden Radialblinddärme abgiebt. Die dritte Abtheilung end- lich, das Rectum, bildet eine ganz kurze und enge, durch den After ausmündende Röhre 12), 1) Vergl. Meckel, System der vergl. Anatomie Thl. IV. S. 55. 2) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. VI. a. — 3) Ibid.b — 4) bill C.CME.n Er Io 5) Ibid. f. 6) Ibid. c.c. — 2). Ibid.gg. 8) Vergl. Delle Chiaje a. a. O. und Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. VII. 9) Man vergl. Agassiz, Monographie des Scutelles p. 14. u. 17. 10) Agassiz a. a. 0. Tab. XXI. fig. 28. 11) J. Müller, Bau des Pentacrinus S. 58. Tab. V. fig. 7. Frühere Angaben rühren von Heusinger her (Zeitschrift für organ. Physik. III. S. 366.) 12) Müller und Troschel, System der Asteriden S.132. Auf Tab. XI. u. XII. dieser Schrift ist der Verdauungskanal von Asteracanthion rubens, Archaster typi- eus und Gulcita coriacea abgebildet. |’ | I } 5 Verdauungsorgane der Echinodermen. 921 Was schliesslich die afterlosen Seesterne betrifit, so besteht bei den Asterien, z. B. Astropecten aurantiacus, der ganze Verdauungs- apparat aus einer sehr kurzen, weiten Speiseröhre und einem weiten, ansehnlichen Magensack, von welchem aus in die Arme die Radial- blinddärme abtreten. Bei den Ophiuren wird der nämliche Magensack durch vorsprin- gende Scheidewände der Körperhöhle an seinen Seiten in mehrere blindsackige Abtheilungen zerlegt, deren man gewöhnlich zehn unter- scheidet (z. B. Ophiolepis ciliata). Es bleiben jedoch diese Blindsäcke immer auf die Scheibe beschränkt und gehen niemals in die Arme hinein '.. Bei Euryale 2) ragen die Scheidewände weit tiefer in die Magenhöhle hinein und bilden an beiden Flächen mehrere Falten, wo- durch eine Menge weit kleinerer, seitlicher Blinddärmchen gebildet werden. Von den Anhängen des Verdauungsapparates sind schon ver- schiedene Blindsäcke, deren Functionen man nicht kennt, erwähnt worden. — Eigentliche, zur Gallenbereitung dienende Organe kommen nur selten von dem übrigen Verdauungsapparate abgetrennt vor, indem wohl gewöhnlich die Secretion der Galle von der Drü- senschicht des Darmes (Echinus) bewirkt wird. Hierhin gehört viel- leicht ein aus Bläschen bestehender, dunkler Ueberzug am Darmka- nal von Sternaspis 3), welcher an die äussere Drüsenschicht mancher Anneliden erinnert. Bei den Asterien sind wahrscheinlich in den Radial-Blinddär- men solche Organe vorhanden. Bei ihnen (z. B. Astropecten) ®) lie- gen nämlich in einem jeden Strahle paarige, lange Schläuche, welche mit vielen Seitenästen besetzt sind, die eine bläschenartige Gestalt dar- bieten und unter rechtem Winkel in jene einmünden. Der Inhalt der- selben ist eine weisslichgelbe Flüssigkeit. Gewöhnlich nimmt ein je- der dieser Blinddärme der Arme mit einem besonderen Gang aus den Seiten des Nahrungskanales seinen Ursprung, so dass man gewöhnlich deren zehn zählt (z. B. Astropecten 5) und Archaster 6)), oder es haben die beiden Blinddärme nur einen gemeinschaftlichen Ursprung (Astera- canthion) ?). 1) Conrad, Diss. de Asteriarum fabrica. Halae 1814. 2) Meckel, System der vergl. Anatomie Thl. IV. S. 50. 3) Krohn in Müller’s Archiv 1842. S. 492. -4) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. I., die Blinddärme des Astropecten au- rantiacus von verschiedenen Seiten; bei f.f. von oben, bei g.g. von unten, bei k.k. aufgeblasen, bei 1. I. aufgeschnitten; i.i. stellen noch besondere Anhänge der- selben dar. — 5) Ibid. fig. I.a. aa. 6) Müller und Troschel, System der Asteriden Tab. XI. fig. 2. 7) Ibid. fig. 1. 522 Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. Ausser diesen findet man noch verschiedene andere Anhänge am Verdauungsapparat der Asterien. ; So kommen bei Astropecten auf der Rückenseite des Magensackes noch zwei etwas gewundene Anhänge !) vor, welche die nämliche Stru- ctur mit dem Magen theilen und eine weissliche Flüssigkeit enthalten 2). Andere Anhänge trifft man am Mastdarme bei den mit einem Af- ter versehenen Asterien an 3). Bei einigen Gattungen, wie Asteracan- thion 4), Solaster, Astrogonium, sind ebenfalls nur ein Paar dieser wiederum verästelten Anhänge vorhanden. Bei anderen Gattungen dagegen, z. B. Archaster 5), erlangen sie eine weit ansehnlichere Ent- wicklung, indem hier in den Interradialräumen fünf solcher abermals getheilten Blinddärme, vorkommen. Bei Culeita 6) sind sie noch mehr ausgebildet, indem ein jeder von ihnen gablig in zwei lange Trauben getheilt ist, so dass hier die Zahl der Blinddärme zehn beträgt. Das Contentum dieser Anhänge, welchen man nach ihrer Lage den Namen der Interradial-Blinddärme oder Mastdarmblinddärme gege- ben hat, weicht von dem des übrigen Verdauungskanales ab und ist seiner Natur nach unbekannt. Organe des hreislaufs bei den Echinodermen 7). Das Gefässsystem der Echinodermen erscheint im Allgemeinen in einer ansehnlichen Entwicklung und Ausbildung, sowie durchaus ge- schlossen. Es bietet aber bei der Zartheit seiner Wandungen, bei der Undurchsichtigkeit der Thiere, welche während des Lebens kaum Be- obachtungen des Blutumlaufs gestattet, sehr grosse Schwierigkeiten der Untersuchung dar. Es ist daher bei den vereinzelten, meist lücken- , haften Angaben, welche oftmals ganz entgegengesetzt lauten, nur auf dem Wege der Hypothese ein Verständniss der Circulation zu er- langen 9). 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. I. b.b. 2) Tiedemanna.a. O. S. 47. 3) Müller und Troschel, System der Asteriden S. 132. — 4) Ibid. Tab. IX. fig. 1. — 5) Ibid. fig. 2 — 6) Ibid. Tab. XI. fig. 1. 7) Ueber den Kreislauf der Echinodermen ist von besonderer Wichtigkeit Tie- demann’s Abhandlung. Ihr widersprechend sind in vielen Punkten die Anga- ben von Delle Chiaje (Memorie ete.). Eine Auseinandersetzung beider Ansichten liefert Meckel im System der vergl. Anatomie Thl. V. S. 25. 8) Die nachfolgende Betrachtung ist aus den Angaben der verschiedenen For- scher durch gegenseitige Ergänzung erhalten. Auf eine genauere, namentlich kriti- sche Auseinandersetzung einzugehen, war hier nicht der Ort, wesshalb auf die ein- zelnen Arbeiten zu verweisen ist. Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. 523 Von einer allgemeinen Betrachtung der Kreislaufsverhältnisse die- ser Klasse kann man die Ordnung der Sipunculiden ausschliessen. Bei ihnen kommt eine Anordnung der Gefässe vor, welcher mehr der mancher Anneliden als der der übrigen Echinodermen verwandt ist. Bei diesen findet man dagegen eine gewisse Uebereinstimmung, namentlich den am genauesten gekannten Holothurien, Echinen und Asterien. Bei ihnen scheint ein ziemlich scharfer Gegensatz zwischen Arterie und Vene zu existiren. Es kommen hier wohl überall um den Verdauungsapparat mehrere Gefässringe vor, in ihrer grössten Ausbildung wahrscheinlich vier, welche sich so vertheilen, dass zwei der Rücken- und zwei der Bauchseite des Körpers angehören und ein jedes dieser beiden Paare einen arteriellen und venösen Ring ent- hält. Von ihnen aus wird der übrige Körper mit Blut versorgt. Ge- wöhnlich, aber nicht immer, ist noch an diesem Circulationsappa- rate ein Centralorgan, als ein deutlich musculöses, schlauchförmi- ges Herz, bei einigen Asterien wahrscheinlich sogar in Mehrzahl, vor- handen. Neben diesem Gefässsysteme existirt noch ein besonderer Theil desselben zur Versorgung der Mundtentakeln und Füsschen, Gefäss- system der Tentakeln und Füsschen, eine Einrichtung, welche grade bei ihrer Eigenthümlichkeit zu vielfachen Missverständnissen Ver- anlassung gegeben hat. Es existirt für dieses System ebenfalls ein Centralring, zu wel- chem selbst noch ein zweiter Ring hinzukommen kann (Holothuria). Es scheint dieser Ring entweder nur in geringe Verbindung mit dem übrigen Blutgefässsysteme zu treten, oder vollkommen in jenes aufzu- gehen, indem der eine venöse Ring desselben auch zugleich Gentral- ring für das Gefässsystem der Tentakeln und Füsschen ist (Echinus, Asterien). Von dem Centralringe aus ergiesst dieses System seinen Inhalt durch Kanäle in das Innere der Tentakeln und Füsschen, sowohl der Bläschen, als auch der Röhren. Namentlich zeichnen sich fünf ansehnliche Längskanäle, zwischen den Ambulakren gelegen, vor den andern aus. Mit dem Ringe stehen in verschiedener Anzahl und Grösse musculöse beutel- oder sackförmige Gentralorgane (Po- li’sche Blase) in Zusammenhang. Durch ihre Contractionen wird die in ihnen angesammelte Flüssigkeit in den Ring, die Kanäle und in’s Innere der Füsschen und Tentakeln getrieben, wobei diese Theile mit jener angefüllt und in einen Zustand von Turgescenz oder Erection versetzt werden. Umgekehrt wird die Flüssigkeit von diesen nach aussen nirgends in freier Communication stehenden Or- gane durch die Contraction der Muskeln der Röhren und Bläschen nach Innen getrieben und dadurch wieder in den Centralring und die Reservoire bildenden Centralblasen hineingepumpt. Es befindet sich 524 Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. daher die Flüssigkeit dieses nach aussen geschlossenen Apparates in einem abwechselnden Hin- und Herströmen, einer Bewegung, welche sich von der übrigen Circulation weit entfernt und nur durch das den ganzen Hohlraum dieses Systemes auskleidende Flimmerepithelium zu einer beschränkteren Circulation an den Wandungen desselben umge- . wandelt !) und vor Stagnation bewahrt wird. Dieses Blutsystem dient neben der Anfüllung der Bläschen und Röhren auch wohl noch in einem gewissen Grade der Respiration. Bei seiner unregelmässigen Säftebewegung scheint es dagegen wenig geeignet zur Vermittlung der Ernährung der von ihm versorgten Theile, woraus sich denn auch wohl die Anwesenheit von Zweigen des erste- ren Gefässsystemes in jenen Theilen erklären lässt. Die Art des Umlaufes scheint ebenfalls nur eine geringere Verbin- dung des zweiten Gefässsystemes mit dem ersteren zu gestatten, wenn anders das Blut des letzteren seinen regelmässigen Umlauf vollziehen soll. Doch existirt eine solche höchst wahrscheinlich auch da, wo jenes seinen besondern Ring besitzt, während, wenn letzterer mit dem Blutgefässring zusammenfällt, das ganze zweite Gefässsystem nur als ein Anhang des Venensystems des ersteren erscheint. Vielleicht wird selbst in die Hohlräume der Füsschen noch Blut vom ersten Gefäss- systeme hineingeführt 2). Es ist demnach das Gefässsystem der Echinodermen ein gedop- peltes, aus zwei verschiedenen, aber mit einander in Zusammenhang stehenden Theilen zusammengesetzt, deren einer den gewöhnlichen Zwecken dient und arterielle und venöse Gefässe besitzt, während der andere zur Anfüllung der Füsschen und Tentakeln bestimmt ist und einer Circulation 3), in dem Sinne, wie sie der anderen Blutbahn zu- kommt, entbehrt. Er erinnert vielmehr durch die Art seines Umlau- fes an die Circulation der Acalephen und Polypen. Das Blut ist bei den Echinodermen noch wenig untersucht. Es 1) Man vergl. hierzu besonders die schönen Angaben von Quatrefages über den Blutumlauf bei Synapta a. a. 0. 2) Man könnte dieses aus Volkmann’s Angaben über den Kreislauf von Asteracanthion (Isis 1837. S. 513.) vermuthen. 3) Es entfernt sich diese Betrachtungsweise gänzlich von einer Ansicht, wel- che in neuester Zeit durch v. Siebold aufgestellt worden ist (s. dessen vergleich. Anatomie S. 100.). Dieser Forscher sieht nämlich in dem zweiten Theile des Ge- fässsystemes ein vollkommen von der übrigen Circulation abgetrenntes System von Röhren, welchem die Function zukommt, von aussen aufgenommenes Wasser zu führen und hierdurch den anderen Gefässzweigen, welche sich in den Wandungen der Füsschen und Mundtentakeln vorfinden, zur Aufnahme von Sauerstoff zu die- nen, mithin einen respiratorischen Apparat zu bilden. Es scheint jedoch diese An- nahme Manches gegen sich zu haben. Einmal existirt, wie weiter unten sich erge- ben wird, bei den Acalephen, welche offenbar als Vorbild gedient haben, ein der- Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. 325 ist entweder farblos oder tritt in sehr verschiedenen Färbungen auf und ist oftmals in dieser Hinsicht in den einzelnen Gefässen eines und desselben Thieres different. Wie es scheint, zeichnet sich das Blut des zweiten Gefässsystemes durch grösseren Wasserreichthum aus. Es lässt in beiden Systemen eine gewisse Menge von Blutkör- perchen erkennen !). Bei Astropecten stellen sie rundliche oder ova- le, zum Theil granulirte Körperchen von verschiedener Grösse ("/ıso — "/soo“) dar. Bei Echinus 2) sind sie ebenfalls körnig, zuweilen unregel- mässig und oft mit einem Kerne versehen. Glattrandige Körperchen von sehr verschiedener Grösse ("ro — sc“) in zahlreicher Menge zeigt das Blut von Synapta Duvernaea ?). Unter den Sipunculiden ist bei Sipunculus das Gefässsystem nur ungenau gekannt, erinnert aber in manchen Punkten an das der Anneliden. Man findet zwei den Körper durchlaufende Längsstämme, welche zahlreiche Seitenäste absenden, ein langes Bauchgefäss, wel- ches (wie bei manchen Anneliden z. B. dem Blutegel) den Nerven- strang umschliesst und ein den Darmwandungen aufliegendes Längsge- fäss. Man hat zwei Centralorgane (Pol’sche Blasen) an diesem Gefäss- systeme entdeckt. Sie erscheinen in Form zweier Blindschläuche, wel- che mit dem Innern der Tentakelmembran in Zusammenhang stehen 9). artiges Wassergefässsystem ebenfalls wohl nicht; (über das sog. Wassergefässsy- stem der Gasteropoden ist schon oben S. 437. das Nähere mitgetheilt worden). Dann ist bis jetzt noch nicht dargethan, dass die in den Bahnen des zweiten Gelässsy- stemes enthaltene Flüssigkeit mit dem äusseren Wasser in freier Communication stehe. Es sprechen vielmehr manche Angaben, z. B. die Injectionsversuche von Tiedemann, geradezu dagegen. Ebenso’ Müssen wir die Geschlossenheit der Füsschen von Echinus nach sorgfältigen Untersuchungen an todten wie an le- benden Thieren mit Tiedemann behaupten und die Valentin’schen Anga- ben für einen Irrthum erklären. — Sollten aber derartige Communicationen noch aufgefunden werden, so würden sie, zusammengehalten mit der Verbindung der beiden Gefässsysteme, noch keinen Beweis eines Wassergefässsystemes bilden. — Es ist ebenfalls nicht ausser Acht zu lassen, dass nach allen Untersuchungen die im zweiten Gefässsysteme enthaltene Flüssigkeit kein Meerwasser ist, sondern in Färbung, in Hinsicht ihrer zelligen Bestandtheile dem Blute sich sehr annähert. Ge- naue Beobachter bezeichnen sie unter anderm auch als „ungesalzen.“ Derartige Um- änderungen und Beimischungen, welche so constant gefunden werden, wird man gewiss nicht als zufällige ansehen können. Die grössere Wässrigkeit der Flüssig- keit des zweiten Gefässsystemes erklärt sich vielleicht aus der bei längerem Ver- weilen deutlicher hervortretenden endosmotischen Aufnahme von Wasser. — Es dürfte daher die Annahme eines Wassergefässsystemes für die Echinodermen unhalt- haltbar erscheinen, namentlich wenn durch neue Untersuchungen die Communica- tionen mit dem eigentlichen Gefässsysteme genauer dargethan werden sollten. 1) Man vergl. R. Wagner zur vergl. Physiologie des Blutes S. 28. 2)esvialllentin]. ec. p.96. 3) Quatrefages in den Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. Pl. V. fig. 6. 4) Grube in Müller’s Archiv 1837. S. 248. und Krohn in derselben Zeit- schrift von 1839. S. 348. 526 Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. Bei Sternaspis !) liegt ebenfalls über dem Nervenstrang das Abdomi- nalgefäss. Es scheint auf dem Endknoten stark angeschwollen und giebt zahlreiche symmetrische Seitenäste ab. Ihm entspricht ebenfalls ein Darmgefäss. — Genauer gekannt ist die Circulation bei Echiurus und Thalassema 2. Man trifft hier die nämlichen zwei Längsstämme an. Das Darmgefäss, wahrscheinlich eine Vene, entspringt mit zahlreichen Wurzeln am vordern Theile des Verdauungskanales und zieht sich un- ter Aufnahme von Seitenästen über den Darm hin. Am Ende des Verdauungskanales verschwindet das Darmgefäss, indem es sich in un- zählige Aeste theilt, welche zu den Kiemen treten (Kiemenarterien). Das Bauchgefäss, wahrscheinlich eine Arterie, scheint aus den von den Kiemen kommenden Aesten (Kiemenvenen) zu entstehen. Es giebt in seinem Verlaufe Zweige an den Verdauungskanal ab. Am vorde- ren Körperende angelangt, schickt es nach rechts einen starken, bo- genförmigen Ast ab, welcher Mund, Rüssel, sowie den vordern Theil des Darmkanales mit Blut versieht. Es endigt das Bauchgefäss in ei- nem doppelten, den Anfang des Verdauungskanales umgebenden Ge- fässring und einem erweiterten, auf diesem gelegenen Gefässstamme, welcher sich mit dem starken Seitenaste verbindet. In der Ordnung der Holothurien kommt bei den Synapten 3) ein weit einfacheres Gefässsystem vor. Es ist nach einem ganz ande- ren Typus gebaut und stellt vielleicht die einfachste Form des Gefäss- systemes der ächten Echinodermen dar. Um den Pharynx liegt ein einfacher Gefässring. Von ihm gehen nach hinten fünf dünne, überall gleich weite Gefässstämme ab, welche sich über die Längsmuskeln des Körpers erstrecken, aber keine .Seitenzweige abgeben. Nach vorne werden von dem Gefässringe die Hohlräume der Mundtentakel mit Blut erfüllt. Der Umlauf der Blutflüssigkeit geschieht mit Hülfe eines Flimmerepitheliums. Nach der Richtung kann man arterielle und ve- nöse Ströme unterscheiden. Eine viel complicirtere Einrichtung trifft man dagegen bei den übrigen Holothurien, z. B. der Röhrenholothurie %). Man findet hier um den Pharynx einen kleinen Gefässring °), von welchem kleine Ae- ste zum Pharynx, den Genitalien und der Poli’schen Blase treten. Als hauptsächlichstes Gefäss des Körpers ist aber die aus diesem Ringe entspringende Aorta oder Darmarterie 6) anzusehen. Sie verläuft an vu ) Krohn in Müller’s Archiv 1842. S. 426. 2) Forbes und Goodsir in Froriep’s neuen Notizen N.:392. und fig, XII. 3) Man vergl. hierzu die Untersuchungen von Quatrefages |. c., sowie Pl. IV. fig. 1. Es scheint jedoch, dass Quatrefages die Gefässe des Verdauungs- apparates übersehen hat. Von Siebold erblickt auch in diesem Gefässapparat nur das Wassersystem. 4) Man vergl. hierzu die schönen Untersuchungen von Tiedemann a. a. Ö. 5) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. X. beid. — 6) Ibid. «.a.«. Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. 527 dem freien Rande des Darmkanales, ist in ihrer Mitte am weitesten, nach beiden Seiten hin etwas verengt. Von ihrem weitesten Theile entspringen zwei Gefässstämme, welche bald zu einem einzigen zusam- mentreten. Dieser läuft quer hinüber nach dem vorderen Theile des Darmes und bildet hier mit der Aorta eine ansehnliche Anastomose !). Aus der Aorta, namentlich dem vorderen Theile derselben, entsprin- gen sehr zahlreiche Seitenäste für den Darmkanal, welche auf ihm ein Gefässnetz bilden 2). Es endigt die Aorta mit feinen Zweigen auf der Kloake. Die Stämmchen des arteriellen Gefässnetzes der Aorta gehen in andere weitere venöse Gefässe über, welche ein weit ansehnliche- res Gefässnetz 3) bilden und sich endlich zu zwei Hauptstämmen (Darm- venen) ?) vereinigen. Beide Stämme treten zu einem einzigen Gefässe (Lungenarterie) ) zusammen. Dieses versieht mit zahlreichen Aesten die rechte Kieme. In ähnlicher Weise wird das Blut von der Kieme 6) durch zahlreiche Zweige entfernt. Diese vereinigen sich zu einem ein- zigen Stamme (Lungenvene) ?), welcher an dem inneren Rande‘ der mittleren Partie des Darmkanales verläuft und, nachdem er das venöse Blut aus der unteren Partie des Darmkanales aufgenommen, in den er- weiterten Theil der Darmarterie zurückkehrt. Das Gefässsystem der Füsschen und Mundtentakel hat sein Cen- tralorgan in einer ansehnlichen länglich - ovalen Blase (Poli’sche Blase) 8), welche an der Seite des Pharynx liegt. Sie mündet mit einem dün- neren Ausführungsgange in einen am unteren Theil des Pharynx be- findlichen Gefässring ein 9). Bisweilen findet man nicht eine, sondern zwei dieser Blasen (Holothuria tubulosa und elegans). — Bei Dactylota ist dagegen ihre Zahl in ganz auflallender Weise vermehrt. Hier ist nämlich die ganze Peripherie des Gefässringes mit einer ansehnlichen Zahl (über 20) dieser Blasen besetzt. Sie sind jedoch kleiner und dün- ner, namentlich an ihren Ausführungsgängen, welche sich deutlich in den Ring hinein verfolgen lassen. Aus diesem Gefässring des Pharynx treten fünf Zweige 10) aus, welche sich abermals zu einem weiten, nach vorne gelegenen Ringe, ‘vereinigen. Der letzte Ring steht mit den Mundtentakeln und deren Blasen !!) in Zusammenhang, ausserdem entsendet er noch fünf Ge- fässstämme, welche zu den fünf Längsmuskeln des Körpers treten, auf diesen bis zum Ende des Körpers verlaufen und mit zahlreichen Sei- tenzweigen die Bläschen und Röhren der Füsschen versorgen 12). 1) Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. X. bei d. — Die Anastomose ist durchschnit- ten gezeichnet. — 2) Ibid.e. — 3) Ibid. £.ß. — TEN 5) Ibid. 7.7. — 6) Ibid. d.d. das Gefässsystem der rechten Kieme 7) Ibid... — 8) Ibid.X.n. — 9) Ibid. d.p. — 10) Ibid. 0.0.0. — 11) Ibid. b. 12) Nach Tiedemann soll keine Verbindung zwischen beiden Gefässsystemen existiren. Derselbe hat aber auch keine Zweige aus dem ersten Gefässsysteme zu 528 Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. Ebenfalls noch unvollkommen sind unsere Kenntnisse vom Gefäss- system der Echiniden. Nach den bisherigen Untersuchungen !) scheint sich der Kreislauf bei Echinus folgendermaassen zu verhalten. Zu den Seiten des Oesophagus liegt umgeben von dem Mesenterium ein läng- lich-ovales, deutlich musculöses Herz 2), dessen Höhle durch verschie- dene Scheidewände zahlreiche Nebenhöhlen erhält. Von ihm geht nach dem Munde zu ein arterieller Gefässstamm ab, welcher an der Basis der Laterne einen Gefässkranz um den Oesophagus bildet (arterieller Gefässkranz der Mundgegend). Von ihm werden durch besondere Zweige das Innere der Laterne und die umliegenden Theile, nament- lich Pharynx und Mundhaut, mit arteriellem Blute versehen. Nach der entgegengesetzten Richtung entsendet das Herz gleichfalls einen arte- riellen Stamm. Er bildet um das Ende des Darmkanales ebenfalls ei- nen Ring (arterieller Gefässring der Aftergegend), aus welchem beson- ders fünf Zweige zu den Geschlechtsorganen abgehen. Mit einem die- ser beiden Ringe hängt der an der Innenseite des Darmkanales ver- laufende grosse Gefässstamm (Darmarterie) zusammen. Entsprechend den arteriellen Ringen scheinen auch zwei ganz ähn- liche venöse Gefässringe an den gleichen Stellen vorzukommen. Der eine von ihnen (venöser Gefässring der Aftergegend) nimmt besonders das Blut der Geschlechtsorgane auf. Der andere (venöser Gefässring der Mundgegend) ist mit fünf taschen- oder drüsenartigen Anhängen 3) versehen und zugleich das Centralorgan des zweiten Gefässsystemes 3). Er nimmt einmal das Venenblut der Mundhaut, des Pharynx und der Weichtheile der‘Laterne auf und versorgt dann mit fünf ansehnlichen, auf den Ambulakralplatten gelegenen Stämmen das Innere der Bläs- chen und Röhren mit Flüssigkeit. Mit einem der beiden venösen Ringe hängt ebenfalls noch die Darmvene zusammen, welche der Darmarte- rie entspricht und den Aussenrand des Darmkanales einnimmt. den Tentakeln, Füsschen und der Haut bemerkt, wesshalb man diesen Angaben kein volles Vertrauen schenken darf. Ziemlich abweichend von ihnen verhalten sich die von Delle Chiaje (Memorie II. p. 340.). 1) Namentlich nach den Angaben von Tiedemann (a. a. 0. S.82.) und Va- lentin (Anatomie du genre Echinus p. 95.). Weniger genau scheinen die Untersu- chungen von Delle Chiaje zu sein. 2) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. V.k. 3) Tiedemann fand fünf bläschenartige Anhänge dieses Ringes, Valentin erwähnt fünf drüsenartige Anhänge. Aus der Vergleichung ihrer Abbildungen lässt sich nicht entnehmen, ob beide dieselben Theile beschreiben, oder ob an diesem Ringe doppelte Anhänge zugleich, wie bei Astropecten, vorkommen. 4) Es ergiebt sich dieses aus einer Vergleichung der Angaben von Tiede- mann und Valentin. Es stellen diese fünf Anhänge des Echinus, wahrscheinlich die Analoga der bei den Asterien vorkommenden Anhänge des zweiten Gefässsy- stemes dar. Organe des Kreislaufs bei den Echinodermen. 329 Bei den Asterien !), z. B. Astropecten 2), findet man ebenfalls meh- rere Gefässringe. Einer derselben 3), welcher dicht unter der Rücken- haut liegt, ist wahrscheinlich venöser Natur und nimmt zahlreiche Stämme in sich auf, zehn Venen, welche aus den Blindsäcken der Arme herkommen ®), dann gleichfalls zehn Zweige aus den Geschlechts- werkzeugen, endlich noch die fünf Venen aus dem Verdauungssack, welche, zu zwei Stämmen 5) vereinigt, in ihn einmünden. Mit ihm steht ein längliches, schlauchförmiges, deutlich musculöses Herz 6) in Zusammenhang, welches in der nämlichen Scheide mit dem Steinka- nal liegt. Da, wo mehrere Madreporenplatten vorkommen, sind Stein- kanäle und Herz wahrscheinlich ebenfalls in Mehrzahl vorhanden ?). Zwei andere Gefässstämme sind arterieller Natur und an der Mund- öffnung gelegen. Mit dem einen von ihnen 8), welcher mit arteriel- len Zweigen den Magen, die Blinddärme und Geschlechtswerkzeuge versieht, steht das Herz in Zusammenhang. Der andere arterielle Ge- fässring schickt in die Tentakelräume Aeste ab, deren Bedeutung noch nicht mit Sicherheit ermittelt ist, welche aber vermuthlich die Wände der Füsschen versehen. Ein vierter Ring 9) gehört dem zweiten Gefäss- systeme an. Er umgiebt ebenfalls die Mundöffnung 10). Von ihm ge- hen fünf Hauptstämme ab, welche mit ihren Seitenzweigen die Bläs- chen und die Röhren der Füsschen mit Flüssigkeit erfüllen. Wie nach einigen Untersuchungen es wahrscheinlich ist, erhalten die Höhlungen der Füsschen vielleicht auch noch von dem letzt beschriebenen ar- teriellen Ringe Blut zugeführt, so dass alsdann den fünf Hauptstäm- men die Bedeutung von Venen zukäme 1), Es besitzt der Gentralring des zweiten Gefässsystemes an den Vereinigungswinkeln der Arme noch eine Anzahl von CGentralorga- nen, in Forın gestielter, birnförmiger Bläschen. Diese zeigen aber nach den einzelnen Arten auffallende Differenzen in Zahl und Grösse. Bei Astropecten aurantiacus !?) variirt ihre Zahl von vierzehn bis zwei und zwanzig. Es liegen daher oftmals nicht gleich viele in einem je- den Winkel. Alle Bläschen eines solchen vereinigen sich aber zu ei- nem gemeinsamen Stiele, mit welchem sie in den Gefässring führen. ‚An einem jeden dieser Stiele münden gleichfalls in den Ring immer 1) Man vergl. über Astropecten aurantiacus die Angaben von Tiedemann ‚a. a. 0. S. 49. und über Asteracanthion violaceus die sehr abweichenden Beob- achtungen von Volkmann in der Isis 1537. S. 513. | 2), Ie.,zootom.. Tabs AXXIE.fg. IE — 3) Ibid.i.i. — 94) Ibid. eg. 5), Ibid. h.h. — 6) Ibid. k. 7) Müller und Troschel, System der Asteriden. S. 134. 8) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. II. aaa. — 9) Ibid. fig. 1.1. — 10) Ibid. Bl... — 1l) So nach den Angaben von Volkmann a. a. 0. S. 513- "Volkmann glaubt, dass die contractilen Füsschen als eben so viele einzelne Ve- 'nenherzen anzusehen seien. — 12) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. II. n.n. Wagner’s Zootomie. II. 34 530 Athmungswerkzeuge der Echinodermen. zwei kleine braune Körperchen von drüsenartiger Structur !), Ihre Function ist unbekannt. Bei anderen Seesternen trifft man nur zehn der Bläschen, doch immer paarig gestellt, so bei Astropecten pentacan- thus, bei Asteriscus verruculatus; ebenso auch bei Asteracanthion glacia- lis, wo sie aber sehr klein und obne lange Ausführungsgänge sind. Mit nur fünf dieser Bläschen versehen wird Astropecten bispinosus angetroffen 2). Bei den Ophiuren kennt man bis jetzt nur Spuren eines Ge- fässsystemes 9). Bei den Crinoiden 4) hat man als Gentralorgan des Kreislaufes ein herzartiges Säckchen beobachtet. Nach den Seiten giebt es Ge- fässe für die Gentralkanäle der Radien, nach unten sendet es Gefässe in die Cirrhen, bei Pentacrinus in den Stiel und nach oben einen star- ken Kanal in die Spindel. Von den beiden über einander gelegenen Kanälen der Arme scheint der untere in den Kelch hinein zu führen. Der obere dient zur Anfüllung der Füsschen und ist der nämliche Ka- nal, wie er auch bei andern Echinodermen angetroffen wird. Er ist bei Pentacrinus einfach, bei Comatula stellenweise durch eine senk- | rechte Scheidewand getheilt. Er tritt mit den Tentakelfurchen auf die Scheibe herüber und mündet in die spongiöse mittlere Masse der Scheibe >). Athmungswerkzeuge der Echinodermen. Bei den Echinodermen wird der Athmungsprozess auf sehr ver- schiedene Weise vermittelt. Einmal ist, wahrscheinlich bei allen Echinodermen, die Körper- höhle mit Wasser erfüllt, so dass die innere Wand derselben, sowie‘ die Oberfläche der Eingeweide stets von Flüssigkeit bespühlt wer- den. Durch ein alle diese Theile überziehendes Flimmerepithelium 6) wird dieses Wasser in Strömung versetzt und so zur Respiration verwandt. Die Erneuerung desselben geschieht, so viel bis jetzt be- kannt, durch Löcher und Spalten, bisweilen auch durch offene Röhr- chen. Bei Synapta ?) liegen unter den Tentakeln vier oder fünf bewim- 1) Ic. zootom. Tab. XXXIl. fig. II. m. m. 2) Neben Tiedemann’'s Monographie vergl. man hierzu besonders Meckel, System der vergl. Anatomie. Thl. V. S. 32. und Delle Chiajel. c. II. p. 296. 3) Vergl. Delle Chiaje Memorie. 4) Man vergl. hierzu Heusinger in der Zeitschrift für organ. Physik. Bd. II.‘ S. 373. und Müller, Bau des Pentacrinus S. 60. i 5) Eine Abbildung der Kreislaufsorgane von Comatula europaea bei Müller ara. O.NTab.HVErGe223 6) Man vergl. Sharpey in Todd’s Cyclop. T.I. p. 615. sowie den Art. Flim- merbewegung von Valentin in Wagner’s Handwörterb. der Physiol. I. S. 492. 7). Quatrefägestlsichp. GHNUMELIV. Hey, Athımungswerkzeuge der Echinodermen. 531 perte Warzen, welche an ihrer Spitze mit einer kleinen Oefinung ver- sehen sind. Aus ihr entspringen fünf Kanäle, welche durch die Lö- cher des Knochenkranzes treten und in die Körperhöhle einmünden. Bei Echiurus und Thalassema scheint die Verbindung durch Oeff- nungen der Kiemen hergestellt zu werden !). Die Art, wie bei den Holothurien und Echinen die Körperhöhle mit Wasser gefüllt wird, ist noch ungekannt 2. Bei den Asterien kommen auf der Rückenfläche des Körpers in grosser Menge kleine, contractile Röhrchen (die sog. Tra- cheen) vor, welche an ihrer Spitze freie Oeffnungen haben, bewim- pert sind und frei in die Körperhöhle münden. Sie stehen auf der Scheibe am häufigsten, seltener auf den Armen. Besonders gross und zahlreich hat man sie bei Asteracanthion glacialis angetroffen 3). Bei den Ophiuren dagegen wird die Verbindung wahrscheinlich durch die ansehnlichen Spalten vermittelt, welche in einem jeden Interbrachi- alfelde entweder zu zwei (Ophiolepis, Euryale) oder zu vier (Ophioderma) angetroffen werden und frei mit der Leibeshöhle communiciren 4). Eine zweite Form von Athmungswerkzeugen bilden die bei den Holcthurien und einem Theile der Sipunculiden vorkommenden inne- ren Kiemen. Bei den eigentlichen Holothurien, nicht aber den Synapten, stellen diese Kiemen kürzere oder längere, baumförmig verzweigte Röhren 5) dar, welche mit Wimpern und einem sehr ansehnlichen Gefässne- tze versehen sind. Sie entspringen aus der Kloake 6) neben dem Darme als eine kürzere oder längere, hohle Röhre ?), die sich bald wieder in zwei Hauptäste theilt, welche sich mehr oder weniger ver- zweigen und zuletzt in länglichen Blindsäcken endigen. Bei der Röh- renholothurie, wo diese Kiemen sehr entwickelt sind, steht der rechte, zwischen dem Darmkanale gelegene Hauptast mit dem Gefässsysteme in sehr ausgedehnter Verbindung, viel weniger der linke, welcher den Bedeckungen anliegt 8). Einfacher ist der Bau bei Pentacta. Dagegen scheint Cuvieria ziemlich ausgebildete Kiemen zu besitzen. — Es werden diese Kiemen durch die Erweiterung der musculösen Kloake mit Wasser gefüllt. Dieses wird wieder durch die Zusammenziehung ihrer Wandungen 1) Man vergl. Forbes und Goodsir in Froriep’s neuen Notizen. N. 392. 2) Tiedemann glaubte irrthümlich, dass die Verbindung durch Löcher der zehn äusseren Kiemen bei Echinus hergestellt werde. 3) Vergl. Tiedemann |. c. S. 37. Tab. V. und Meckel, System der vergl. Anatomie. Thl. VI. S. 11. 4) Man vergl. hierzu Conrad, de Asteriarum fabrica u. R. Wagner, Lehr- buch der vergl. Anatomie. S. 193. 5) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IX. u. X. i.i., die Kiemen der Holothuria tu- bulosa.. — ) Ibid. fE — 7) Ibid. h. 8) Tiedemann konnte bei der Röhrenholothurie keine Gefässzweige zu der letzten Kieme auffinden, 34 * 532 Besondere Absonderungsorgane der Echinodermen. in die Kloake hineingetrieben und durch diese nach aussen entleert, wobei noch die Contractionen der Hautmuskeln mitwirken. In einfacherer Form treten dagegen die Kiemen bei Echiurus und Thalassema !) auf. Sie stellen hier zwei kürzere, unverästelte Säcke dar, welche getrennt aus der Kloake ihren Ursprung nehmen. Sie sind ebenfalls deutlich musculös und mit zahlreichen Gefässen (s. oben) versehen. An ihrer Oberfläche bemerkt man eigenthümliche, mi- croscopische Organe in Form bewimperter Trichter. Auf der inne- ren Fläche der Kiemen liegen kleine, rundliche, ebenfalls bewimperte Erhöhungen, . welche immer den Trichtern entsprechen und die letzteren in sich aufnehmen können. Die Anfüllung und Entleerung der Kiemen geschieht wahrscheinlich in ähnlicher Weise wie bei den Holothurien. Ebenfalls in geringer Verbreitung kommen besondere äussere Kiemen vor. Es gehört vielleicht hierher der eigenthümliche ver- ästelte Anhang, welcher am Kopfende von Priapulus vorkommt 2). Bei Echinus 3) liegen am Aussenrande der Mundhaut zehn kleine, äu- ssere Kiemen. Sie stellen gelappte, aus Blindsäcken bestehende, be- wimperte Organe dar, welche in ihrem Innern hohl sind und durch grosse Oeflnungen mit der Körperhöhle communiciren 9). Dagegen dürften bei der Respiration eine wichtige Stelle die so allgemein verbreiteten Füsschen, sowie die Mundtentakeln spielen, letz- tere namentlich alsdann, wenn sie die einzigen Anhänge des Körpers darstellen, wie z. B. bei Sipunculus und Synapta. Diese Function dürfte nur durch die unregelmässige Bewegung der in ihrem Innern enthalte- nen Flüssigkeit etwas beschränkt werden. Besondere Absonderungsorgane der Echinodermen. Verschiedene, zum Verdauungs - und Gefässsysteme gehörende, drüsige Anhänge sind schon oben erwähnt worden. Harnwerkzeuge hat man in der Klasse der Echinodermen noch nicht nachzuweisen vermocht. Die Mastdarmblinddarme der Asterien, welche grade durch ihre Lage für eine derartige Secretion geeignet er- scheinen dürften, sind in dieser Beziehung vergeblich auf Harnsäure ge- prüft worden 5). Wie weit gewisse, an dem Stamme der Kiemen vor- 1) Forbes und Goodsir a. a. 0. fig. 12. 15— 19. 2) 0. F. Müller, Zoologia Danica. Tab. CXXXV.; ferner Forbes, a history of british Starfishes p. 257. 3) Man vergl. hierzu die Angaben von Valentin (Monographie du genre Echinus p. 82.) und Erdl in Wiegmann'’s Archiv 1842. I. S. 55. 4) Vergl. die sorgfältigen Abbildungen der Kiemen, sowie ihrer Kalknetze bei Valentin fig. 57, 142, 143. etc. 5) Müller und Troschel, (System der Asteriden S. 132.) konnten bei Aste- racanthion rubens Harnsäure nicht nachweisen. Geschlechtsorgane der Echinodermen. 933 kommende Anhänge, in Form langer, blindgeendigter Schläuche, welche man unter den Holothurien besonders bei Bohadschia !) angetroffen hat, hierher gehören, steht ebenfalls noch dahin. In den vorderen Theil des Nahrungskanales münden bei den Ho- lothurien vermuthlich noch eigenthümliche Anhänge 2) von unbekannter Function ein, welche bei den einzelnen Arten in Grösse und Zahl sehr verschieden sind. In ihren Wänden kommt ein ansehnliches Kalknetz 3) vor, wodurch diese Organe ein weisses Ansehen erlangen. Bei Holothuria tubulosa #) findet man 1—16 dieser Anhänge in Form kleiner gestielter Bläschen. Sie münden hier nicht, wie man früher glaubte, in die Geschlechtsdrüse, sondern wahrschemlich dicht hinter dem Pharynx. Bei Holothuria atra 5) scheinen sie sich ähnlich zu verhalten. Bei Pentacta doliolum 6) kommt in der Regel nur ein einziges dieser Organe vor, welches einem gekrümmten Hörnchen gleicht und einen langen gewundenen Gang zum Pharynx entsendet. Geschlechtsorgane der Echinodermen. Die Echinodermen sind mit sehr seltenen Ausnahmen getrenn- ten Geschlechts. Sie zeigen, abgesehen von grossen Verschiedenhei- ten in Zahl und Lage der Geschlechtsorgane, im Bau dieser Theile hin- sichtlich beider Geschlechter eine grosse Uebereinstimmung, nament- lich, wenn diese nicht auf der Höhe ihrer Entwicklung stehen; nur im Zustande der Turgescenz giebt die Farbe ein Unterscheidungsmerk- mal ab. Es sind desshalb denn auch die Geschlechtsverhältnisse die- ser Thiere so lange verkannt worden. Aeussere Geschlechtstheile feh- len durchaus. Die Ausmündungsstelle ist sehr different. Die Elemente des Samens sind nach den bisherigen Untersu- chungen überall kleine, sehr bewegliche Spermatozoen ’?) mit rund- » L 1) Jäger, de Holothuriis Ass, Tab. Ill. fig. 9. Derselbe fand in Grösse und Zahl dieser Anhänge beträchtlic e Differenzen (p. 38.) 2) Es haben diese Anhäf' \e bis zur Entdeckung der Geschlechtsverhältnisse der Echinodermen das Geschicl"gehabt, als Hoden der Echinodermen betrachtet zu werden, indem man sie gewöhr. ich in die Geschlechtsdrüse einmünden liess. Man vergl. Tiedemann (a. a. ©. s.''29.), Delle Chiaje (Memorie Vol.I. p. 97.), Jäger (Diss. deHolothuriis p. 36.), welch 'r ein weiteres Detail angiebt. Später wollte man eine Einmündung derselben in den Certralring des zweiten Gefässsystemes gefunden haben (Krohn in Froriep’s neuen Notizen N. 356.).. Von Siebold werden sie ver- muthungsweise als Speicheldrüsen angegeben (s. dessen vergl. Anatomie S. 94.). 3) Eine Abbildung dieses Kalknetzes von der Röhrenholothurie Ic. zootom. Tab. XXXI fig. XIV, — 4) Ibid. fig. XI. d.d., (ebenfalls in Verbindung mit dem Geschlechtsorgane gezeichnet), 5) Jacer, 1. c. Tab: Il. fie. 2, 6) Von Siebold.a.a. ©. 7) Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. XII., Spermatozoen der Röhrenholothurie. 534 Geschlechtsorgane der Echinodermen. lichem oder ovalem Kopfe und einem feinen, fadenförmigen Anhange )). Die Eier lassen, z. B. bei der Röhrenholothurie 2), die gewöhnli- chen Theile erkennen, einen verschieden gefärbten Dotter ?), ein Keim- bläschen ?) mit einem einfachen ansehnlichen Keimfleck 5). Die Ei- haut 6) ist oftmals nur fein, 'wesshalb bisweilen die Eier in den Ova- rien polyedrisch gegen einander zusammengedrückt liegen (Ophiolepis). Bisweilen kommt zwischen Chorion und Dotter noch eine Lage von Ei- weiss vor (Synapta, Holothuria) ?). Wirkliche Zwitterbildung ist bis jetzt nur bei einem einzigen Thiere und auch da vielleicht nicht mit voller Sicherheit beobachtet worden. Bei Synapta Duvernaea $8) nämlich sind männliche und weibliche Organe in einem gemeinschaftlichen Schlauche enthalten, in der Art, dass die letzteren von den ersteren umschlossen werden. Man fin- det nämlich flottirend in der Leibeshöhle, zu den Seiten des Darm- kanales, drei bis fünf lange, gelbliche Schläuche. Sie vereinigen sich jederseits zu einem gemeinschaftlichen Ausführungsgang, aus wel- chem endlich ein einziger Kanal wird, der sich am vorderen Kör- perende hinter dem Knochenkranz nach aussen öffnet 9). Diese cy- lindrischen Schläuche, an welchen man eine deutliche Muskelhaut un- terscheidet, zeigen einen seltsamen Bau. Zu äusserst nämlich liegen zahlreiche, dicht neben einander gelagerte, warzenförmige Fortsätze, die aus einer besonderen Haut und einem zellenartigen, sehr zart- 1) Die Spermatozoen hat man bisher angetroffen unter den Sipunculiden bei Thalassema und Echiurus (Forbes und Goodsir in Froriep’s neuen Notizen N. 392. fig. ?21., wo aber der Schwanzfaden übersehen wurde), bei Sternaspis (Krohn in Müller’s Archiv 1842. S. 432.); unter den Holothurien bei Holothu- ria (Wagner und Valentin in Froriep’s neuen Notizen N. 249.) und bei Syn- apta (Quatrefagesa.a. 0. p.69. Pl. V. fig. 2.) unter den Echiniden bei Echi- nus und Spatangus (Peters in Müller’s Archiys1840. S. 143., Kölliker, Bei- träge etc. Tab. I. fig. 4., Valentin, (l. c. Tab. ll. fig. 168. und. Repertorium 1840. und 1541.); unter den Asteriden bei Solast ,, Asteracanthion, Ophioderma, Ophiolepis, Ophiotrix und Ophiocoma (vergl. Rath! », Neueste Schriften der Natur- forschenden Gesellschaft zu Danzig 1839. S. 118. bon Siebold, vergl. Anatomie S. 106.), Kölliker, Beiträge Tab. I. fig. 1—3. W.d die Bildung der Samenfäden in Bläschen S. 47.); unter den Haarsternen bei & matula (Müller a. a. ©. S. 59. und Kölliker in der letzteren Schrift). ) 2) Ic. zootom. Tab. XXAII. fig. XI. — 38 Ibid. b. — 4) Ibid. c. 5) Ibid.e. — 6) Ibid. a. 7) Vergl. R. Wagner, Prodromus hist. gener. Tab. I. fig. 3. Ei von Aste- racanthion violaceus, ferner die Abbildungen der Eier der Synapta bei Quatrefa- ges. ec. Pl. V. fig. 1.), des Echinus bei Valentin (Anatomie du genre Echinus fie. 167 u. 169), der Comatula bei Müller (a. a. ©. Tab. V. fig. 17.). 8) Quatrefages |. c. p. 66. 9) Hiermit stimmt auch der Bau, wie er von Jäger für Synapta Beselii an- gegeben wird (Tab. I.) so ziemlich überein. Geschlechtsorgane der Belitodaimen. 335 häutigen Gefüge bestehen. Im Innern dieser zellenartigen Abtheilun- gen entwickeln sich die Spermatozoen. Der Rest des Kanales, die Lücken zwischen jenen Gebilden werden von einer.breiartigen Ma- terie erfüllt, in welcher sich die Eier entwickeln. an soll nun so statt finden, dass durch das allmälige Wachsthum der Eier die Membran der hodenartigen Theile endlich gesprengt und so der Same über jene entleert wird). Alle übrigen Echinodermen, so weit sie bis jetzt untersucht, sind, wie schon oben bemerkt, getrennten Geschlechtes. In der Ordnung der Sipunculiden scheinen die Generationsorgane einen sehr einfachen Bau zu besitzen. Bei Sipunculus hat man als Hoden oder Eierstöcke zwei im vorderen Körpertheile gelegene, braune, blindsackige Schläuche anzusehen, welche vermuthlich frei nach au- ssen münden. Ganz mit ihm stimmt Phascolosoma 2) überein. Bei Sternaspis 3) sind Hoden und Eierstöcke ebenfalls ein Paar Schläuche, welche mit ihren Ausführungsgängen auf kleinen Vorsprüngen der Haut münden. Bei Echiurus und Thalassema ®) dagegen trifft man die Ge- schlechtsorgane als zwei Paar hinter einander gelegener Blindschläu- che, welche mittelst sehr kleiner Oefinungen nach aussen führen. Auf dem Hoden bemerkt man im Zustande der Turgescenz ein sehr ansehnliches Gapillarnetz und einige Einschnürungen. Letztere fehlen wahrscheinlich den sonst gleich gebildeten Ovarien. Bei Priapulus bil- den die Eierstöcke zwei mässig lange cylindrische Drüsen von ocker- gelber Farbe. Ein an ihrer Aussenseite befindliches Mesenterium theilt sie beide der Länge nach. Sie bestehen aus tiel eingeschnittenen Läpp- chen und münden mit zwei weiten Eileitern neben dem Munde nach aussen ?). Bei den Holothurien®) mündet das unpaare Generationsor- 1) Es haben diese Angaben allerdings etwas Auffallendes, so dass fernere Un- tersuchungen hier sehr wünschenswerih wären. Die Vermuthung, welche von Siebold (vergl. Anatomie S. 109.) ausgesprochen wird, es habe Quatrefages die Entwicklungszellen der Spermatozoen für Eier genommen, dürfte sich aus der Abbildung des letzteren PI. V. fig. I. widerlegen. Es wäre ein ganz ähnliches, aber _ gerade umgekehrtes Verhältniss zwischen Eierstock und Hoden, wie es bei Gaste- ropoden von H. Meckel beobachtet worden ist. 2) J. Müller in Wiegmann’s Archiv 1844. I. S. 167. 3) Man vergl. hierzu Krohn (Müller’s Archiv 1342. S. 426., der die frühe- ren Angaben von Otto (Nov. Act. Leop. Tom. X. S. 690.) erweitert und in den Genitalschläuchen Samenfäden und Eier aufgefunden hat. 4) Forbes und Goodsir in Froriep’s neuen Notizen N. 392. fig. 12. 20. 22. 5) Frey und Leuckart, Beiträge. 6) Man vergl. die Monographie von Tiedemann S. 29., sowie R. Wagner in Froriep’s neuen Notizen N.249. — Vor der Entdeckung Wagner’s bielt man nach dem Vorgange von Tiedemann und Delle Chiaje die weissen Bläschen an der Geschlechtsdrüse für die Hoden und somit die Holothurien für Zwitter. 536 Geschlechtsorgane der Echinodermen. gan !) dicht hinter den Mundtentakeln aus. Es besteht ?2) bei beiden Geschlechtern aus einer ansehnlichen Drüse. Sie wird von zahllosen, manchfach DE Blindröhren 3) gebildet, welche sich weit nach hinten in den förper erstrecken und endlich nach vorne zu einem einzigen Ausführungsgange %) zusammentreten. In grösserer Zahl kommen die Generationsorgane in der Ordnung der Echiniden vor. Sie liegen hier, z. B. bei Echinus, an der In- nenfläche der Schale auf den Interambulakralplatten und sind mithin, zu fünf vorhanden 5). Sie stellen in beiden Geschlechtern längliche, drüsenartige, aus zahlreichen Blindsäcken zusammengesetzte Organe dar 6), deren jedes mit einem besonderen Gange an dem Rücken der Schale auf seiner Genitalplatte ausmündet. Die überwiegende Grösse der einen dieser Genitalplatten scheint für die zugehörige Geschlechts- drüse ohne Einfluss. Bei einem Theile der Clypeastern ?) und Spatangen ®$) kommen ebenfalls die Geschlechtsdrüsen fünffach vor (so z. B. bei Spatangus violaceus). Bei einem anderen Theile dieser Thiere dagegen, wo man nur vier Genitalöffnungen beobachtet hat, steht höchst wahrscheinlich auch die Zahl der Geschlechtsdrüsen damit in Uebereinstimmung (so z. B. bei Scutella, Mellita 9), einigen Arten von Spatangus) 10). Bei den Asterien bieten die Geschlechtswerkzeuge grössere Manch- faltigkeit dar, namentlich was Anordnung und Zahl derselben betrifft 11). Bei einigen Seesternen münden die Geschlechtsorgane nach au- ssen. Man hat dieses bei Asteracanthion und Solaster beobachtet. Vielleicht kommt es bei allen mit einem After versehenen Seesternen vor2). Es liegen diese Oeffnungen immer auf der Rückenfläche der 1) Als Beispiel diene die Geschlechtsdrüse der Röhrenholothurie in den Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IX.e — 2) Ibid. fig. XI. der Hoden desselben Thie- res. — 3) Ibid. aa.a. — 4) Ibid. b. u. c.; fig. IR. T. 5) Die Lage derselben versinnlicht die Abbildung der Geschlechtsdrüsen von Echinus saxatilis. Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. V. p. p. p- 6) Peters in Müller’s Archiv 1840. S. 143.; Valentin (Anatomie du genre Echinus p. 103, woselbst auch schöne Abbildungen dieser Theile gegeben sind. Vergl. auch Kölliker Beiträge S. 38.). 7) So bei Laganum Bonani, wo man wenigstens die Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane zu fünf angetroffen hat. Vergl. Agassiz, Monographies d’Echinodermes vivans et fossiles. Livr. II. p. 18. 8) Valentin im Repertorium für 1840. S. 331. 9) Agassiz|.c. 10) Von Siebold giebt für Spatangus arcuarius und ovatus nur vier Geni- talöffnungen an (vergl. Anat. S. 108.). 11) Die Kenntniss hiervon verdankt man den Untersuchungen von Müller und Troschel (System der Asteriden S. 132.). 12) Doch konnten Müller und Troschel bei Ophiodiaster keine derartigen Oeffnungen auffinden. | | Geschlechtsorgane der Eshinodermen. 537 Scheibe in den Winkeln zweier Arme. Sie bilden jedoch nicht einfa- che Löcher, sondern siebartig durchbohrte Platten (laminae cribrosae). In jedem Interbrachialraume liegen zwei dieser Platten, bisweilen so nahe, dass sie mit einander verschmelzen oder hinter einander rücken (Solaster). Die keimbereitenden Geschlechtsorgane haben bei allen Asterien in beiden Geschlechtern die Form von mehr oder weniger ver- ästelten Blindschläuchen. Häufig bleiben sie auf die Scheibe beschränkt und liegen dann an den Seiten der interradialen Septa, wie bei Sola- ster und Asteracantbion, wo ein einfacher Ausführungsgang nach der Lamina cribrosa führt, oder sie liegen auffallend weit von den Schei- dewänden entfernt, wie bei Astrogonium. Bisweilen findet man auf jeder Seite der Scheidewand eine ganze Reihe von Geschlechtsorganen (Oreaster). In anderen Fällen erstrecken sich die Genitalschläuche mehr oder minder weit in die Arme hinein, entweder nur durch ei- nen grösseren Theil (Ophidiaster, Archaster) oder selbst bis an das Ende derselben (Chaetaster). Sie bilden alsdann zwei Reihen von Trauben. Auch bei den afterlosen Seesternen gewahrt man die nämlichen Verschiedenheiten. Man findet entweder an jeder Seite des Septum nur einen einzigen Genitalschlauch (Ctenodiscus) oder dieselben sind mehr- fach vorhanden und bleiben alsdann entweder auf die Scheibe be- schränkt, wie bei Astropecten !), oder sie erstrecken sich in zwei Reihen bis in die Spitze der Arme, wie bei Luidia, wo alsdann die Zahl der einzelnen Schläuche eine sehr beträchtliche wird und in jeder Reihe einige Hunderte beträgt. Da, wo Ausführungsgänge der keimbereitenden Organe fehlen, also bei den afterlosen und vielleicht auch bei einem Theile der mit einem After versehenen Seesterne, bilden die Geschlechtsdrüsen allsei- tig geschlossene Säcke. Sie müssen desshalb ihren Inhalt durch De- hiscenz in die Bauchhöhle 'ergiessen, von wo er auf einem noch nicht „vollkommen gekannten Wege, am wahrscheinlichsten jedoch durch die ‚respiratorischen Röhrchen der Rückenseite, nach aussen entleert wird 2). Bei den Öphiuren 3) fehlen vermuthlich Ausführungsgänge an den in der Scheibe gelegenen Geschlechtsorganen, so dass dieselben ihr Gonten- 1) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. II. p.p. 2) So nach Müller und Troschel, welche dabei an die Kleinheit der Eier bei den Seesternen erinnern. Dagegen glaubte Tiedemann, dass die Eier des po- meranzenfarbigen Seesternes durch gewisse, über dem Munde befindliche Oelinun- gen entleert würden. Gleichfalls eine Entleerung der Eier an der Ventralfläche nimmt Sars an. (Ueber die Entwicklung der Seesterne, Wiegmann’s Archiv 1844. I. S. 169.). 3) Man vergl. hierüber H.Rathke in Froriep’s neuen Notizen N. 269. und in den neuesten Schriften der naturforsch. Gesellschaft zu Danzig, Bd. III. 1842. S. 338 Geschlechtsorgane der Echinodermen. tum durch Dehiscenz in die Bauchhöhle entleeren, von wo es dann durch die auf jedem Interbrachialfelde vorkommenden, grossen Oeflnun- gen nach aussen geführt wird (S. 531). Die Geschlechtswerkzeuge stel- len Säcke dar, welche in einen Stiel auslaufen und mit verschiedenen Einschnürungen versehen sind. Bald besitzen sie eine nierenförmige Gestalt und eine Menge von Einbuchtungen (Ophioderma longicauda), bald sind nur wenige, aber tiefere Einschnitte vorhanden, deren jeder wieder kleinere Einbuchtungen zeigt (Ophiocoma nigra), wodurch dann die Theile mehr ein gelapptes Ansehen erlangen, ohne dass je- ‚doch bei beiden Thieren eine Regelmässigkeit in den Läppchen zu be- merken wäre. Bei Ophiolepis scolopendrica dagegen sind letztere re- gelmässig zu 30 oder 40 Anhängen von birnförmiger oder ovaler Ge- stalt mit dünnen Stielen an einen gemeinschaftlichen keulenförmigen Ausführungsgang inserirt. Einen ganz ähnlichen Bau, aber eine ge- ringere Anzahl der Läppchen oder Bläschen bemerkt man auch an den keimbereitenden Organen von Öphiolepis ciliata. Wie ein Wid- derhorn gewunden und in ihrem ganzen Verlaufe mit vielen und tie- fen Lappen versehen erscheinen sie bei Ophiothrix fragilis }). Was schliesslich die Geschlechtsorgane der Haarsterne betrifft 2), so liegen sie an einer ganz anderen Stelle, nämlich an den Pinnulae der Arme. Sie werden von dem Perisome dieser Theile bedeckt, ent- behren wahrscheinlich besonderer Ausführungsgänge und öffnen sich durch Dehiscenz. Bei den Comatulen kennt man beide Theile, Eierstö- cke und Hoden, welche einen schlauchartigen Bau zeigen. Die Zahl der keimbereitenden Organe ist sehr beträchtlich ; so sind bei den zehn- armigen Comatulen gegen 1400 Eierstöcke vorhanden, eine Zahl, welche an die Anzahl der Geschlechtswerkzeuge bei den Bandwürmern erinnert. Zur Zeit der periodischen Geschlechtsreife schwellen gewisse Wärzchen oder Beutelchen, welche am Aussenrande der Tentakelrinnen vorkommen, beträchtlich an und enthalten einen rothen Saft. An derselben -Stelle, wo die keimbereitenden Organe der Comatulen liegen, hat man beiy Pentacrinus einen diekwandigen Schlauch angetroffen. Es ist daher wahrscheinlich, dass die festsitzenden Pentacrinen eine ähnliche Fort- pflanzungsart besitzen, wie die frei umherschwimmenden Comatulen. 116. Abbildungen der Geschlechtsorgane von Ophioderma longicauda, Ophiocoma nigra und Öphiolepis scolopendrica auf Tab. I. fig. 3—7. — Nach Rathke sol- len die Geschlechtsorgane jedoch mit ihren Stielen in der Mundgegend frei nach aussen münden. 1) Vergl. von Siebold, vergl. Anatomie S. 107. 2) Man vergl. über die Geschlechtsverhältnisse Dujardin, Institut. N. 119. p: 268.; Thompson, Edinb. new phil. Journal. Vol. XX. p. 295. (ebenfalls in Froriep’s Notizen N. 1057.) und J. Müller (über den Bau des Pentacrinus Ca- put Medusae). Sämmtliche Angaben betreflen fast nur die Comatulen. | Quallen. Acalepha. Ordnungen der Acalephen. 1. Ordnung. Rippenquallen, Ctenophora. 2. Ordnung. Schirm- oder Scheibenquallen, Discophora. 3. Ordnung. Röhrenquallen, Siphonophora. Literatur: Eschscholtz, System der Acalephen. Berlin 1329. — Brandt, ausführliche Beschreibung der von H. Mertens auf seiner Weltumseglung beobach- teten Schirmquallen. Petersburg und Leipzig 1338. — Ehrenberg, über die Acalephen des rothen Meeres und den Organismus der Medusen der Ostsee. Berlin 1536. (auch Müller’s Archiv 1834... — Milne Edwards, Observations sur di- vers Acalephes in den Annal. des science. nat. Tom. XVI. Serie. — Will, Horae Tergestinae, oder Beschreibung und Anatomie der im Herbste 1543 bei Triest beob- achteten Acalephen. Leipzig 1844 (eine durch ihren histologischen Reichthum aus- gezeichnete Schrift). — Auch vergl. man den Art. Acalephae von Coldstream in Todd'’s Cyclop. Vol. I. Aeussere Bedeckungen und körperform der Acalephen. D.: Körper der Quallen !) ist gewöhnlich symmetrisch und nach der Vierzahl gebaut. Er hat bei den Rippenquallen 2) im Allgemeinen eine rundliche oder ovale Form, zuweilen erscheint er auch walzen- oder bandförmig. Bei den Schirmquallen 3) zeigt er die Form einer Scheibe oder Glocke, welche ihre Convexität nach oben kehrt und am unteren Theil mit verschiedenen Anhängen versehen ist. Bisweilen existirt hier eine centrale röhrenförmige Verlängerung (z. B. Geryonia). Bei den Röhrenquallen ist der Körper sehr verschieden und oft unsymmetrisch gestaltet. Ein Theil dieser Geschöpfe, die oflen- bar einfache Thiere sind, wie die Familie der Velelliden, zeigen noch einen scheibenförmigen Körper, welcher an seiner oberen Seite mit einer häutigen Verlängerung (Segel), die oft einen senkrecht stehenden Kern umschliesst (Velella), versehen ist. Bei anderen Röhrenquallen, die wahrscheinlich zusammengesetzte Thiere darstellen, wie z. B. bei Stephanomia, existirt eine ganz andere Körperform, welche eine mehr als oberflächliche Aehnlichkeit mit einem Polypenstock darbietet, eine mittlere centrale Röhre, an der viele Anhänge befestigt sind, die theils der Ortsbewegung dienen, theils Nahrungsmittel verschlucken 3). Die Substanz des Acalephenkörpers, welche leider noch nicht in ihrer chemischen Zusammensetzung gekannt ist, erscheint als eine glasartige Gallerte. Man hat sie hinsichtlich ihres äusseren Ansehens passend mit dem Glaskörper des Auges verglichen. Sie zeichnet sich durch ihren sehr beträchtlichen Wassergehalt aus, so dass bei 1) Man vergl. hierzu Eschscholtz, System der Acalephen und Brandt, Beschreibung der von Mertens entdeckten Schirmquallen. 2) Als Beispiel kann Cydippe pileus dienen. S. Ic. zootom. Tab. XXXIM. fig. AXXVL A. — 3) Ibid. fig. I—IV. (Körper von Pelagia noctiluca), fig. XXVI. (von Oceania cruciata) und fig. XXXI. (von Rhizostoma Cuvieri). 4) a Edwards, in den u des scienc. nat. Serie I. Tom. XVI, 21. VII. fig. 542 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Acalephen. dem Zerfliessen der Quallen nur ein sehr unbedeutender Rückstand übrig bleibt. Sie besteht aus zarten und durchsichtigen polyedrischen Zellen von verschiedener Grösse. Diese sind bald mit einem deutlichen Kerne ver- sehen (Cephea) I), bald kernlos (Rippen -? ) und manche Schirmquallen) 3). Nicht immer jedoch zeigt der Körper der Acalephen eine so ge- ringe Consistenz. Schon unter den Schirmquallen findet man z.B. an den Armen eine grössere Festigkeit der Körpermasse 4). Weit häufiger trifft man diese bei den Röhrenquallen. In der Familie der Diphyideen ist der grösste Theil des Körpers von knorpelartiger Härte, in der der Physophoriden ist er von einer Anzahl knorpelartiger Stücke eingehüllt. Bei den Velelliden ist im Innern des Körpers eine festere Schale vorhanden, welche man als eine Art von Skelet betrachten könnte, Diese Schale, welche immer zahlreiche zellige Räume enthält, zeigt bei den einzelnen Gattungen beträchtliche Verschiedenheiten. Bei Rataria ) ist sie am einfachsten. Sie besteht hier aus einem einzigen, aufgerich- teten, seitlich comprimirten Stücke von knorpliger Consistenz. Bei Velella 6) hat sie die nämliche Beschaffenheit, ist aber zusammengeselz- ter. Man unterscheidet an ihr einen horizontalen abgeflachten Theil von elliptischer Gestalt. Er besteht aus zweien im kleinen Durchmes- ser zusammenstossenden Stücken, wird aber durch eine im grossen Durchmesser verlaufende diagonale Linie abermals getheilt. Concentri- sche, auf ihm verlaufende Linien sind der Ausdruck der Scheide- wände. In der Diagonale senkrecht auf ihm befestigt, steht ein blatt- | förmiger Knorpel in Form eines Halbkreises. Bei Porpita 7) endlich besteht die rundliche Schale aus einer festeren, kalkartigen Substanz, und ist von senkrechten Scheidewänden radienförmig durchzogen. Die verschiedenen Pigmente der Acalephen, soweit sie der Kör- persubstanz angehören, nehmen die Aussentheile der Körpermasse ein und liegen hier zwischen den Substanzzellen theils als aggregirte (so z.B. bei Pelagia), theils als isolirte (Rippenquallen, Cephea) Pigment= zellen 8). Die blasseren Färbungen rühren bisweilen von einem in der ganzen Körpermasse gleichmässig aufgelösten Farbestoffe her. Ueberzogen findet man den Körper von einer zarten Epidermis. 1) Man vergl. Will, Horae Tergestinae. 2) Willa. a. ©. S. 56. 3) Gekernte Zellen in der Substanz des Körpers bei Medusa aurita sah ver- muthlich Ehrenberg (Müller’s Archiv 1834. S. 561. 4) Brandt, Schirmquallen. 5) Eschscholtz, System der Acalephen S. 167. 6) Eschscholtz, a. a. O0. S. 169. 7) Eschscholtz, a. a. O. S. 176. 8) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXIIL fig. VII. und X. Vergl. auch R. Wagner, über den Bau der Pelagia noctiluca. Leipzig 1841., ebenso Will a.a. 0. Aecussere Bedeckungen und Körperform der Acalephen. 543 Bei Pelagia !) und Velella besteht sie aus polyedrischen, gekernten Zellen, denen der Oberhaut des Frosches ähnlich; bei Eucharis 2) ist sie eine sehr zarte structurlose Membran, bei Bero& 3) dagegen von einer grö- sseren Gonsistenz und zahlreiche kleine, granulirte Körperchen enthal- tend. An vielen Stellen, namentlich an den Anhängen des Körpers, so z. B. an den Randfäden bei Pelagia und Cassiopeia, kommt ein Flimmerepithelium vor. Nesselorgane kommen der Klasse der Quallen in grosser Ver- breitung zu, namentlich den durch ihre Nesseln berüchtigten Arten. Da, wo sie ansehnlich entwickelt sind, wie z. B. bei Pelagia noctilu- ca), sind sie weit über die Körperoberlläche verbreitet. Man findet sie hier auf der convexen Fläche des Schirmes, den Randlappen und dem Aussenrande der Arme zwischen den Haufen von Pigmentzellen in Gestalt runder, heller Zellen 5) oder Kapseln, welche einen spiralig eingerollten Faden 6) bergen. Dieser tritt bei einem leichten Druck hervor und erscheint dann als ein langer peitschenförmiger Anhang der Kapsel 9). Oft löst sich die ganze Kapsel vom Körper ab. Kleinere, längliche Kapseln ®%), die zum Theil mit kürzeren Fäden, versehen sind, kommen einmal unter den grösseren, dann aber zahlreich an den acht Randtentakeln vor. — Bei Cyanea_ capıl- lata °), deren Scheibe nicht nesselt, fehlen sie an dieser, werden da- gegen an den nesselnden Tentakeln angetroffen ; ebenso bei Oceania 10) und Polyxenia!!) nur an den Randfäden, bei Geryonia !2) an diesen und an den Mundlappen. Bei Chrysaora und Aequorea 13) treten sie bloss in der Nähe der Geschlechtsorgane, bei Cephea !4) an den tentakelför- migen Anhängen derselben auf. Bei der nicht nesselnden Cassiopeia 15) fehlen sie ganz. Unter den Rippenquallen scheint man sie am Körper von Beroe !6) beobachtet zu haben. Bei den Röhrenquallen kommen sie an den fadenförmigen Anhängen von Stephanomia !?) und in den Blasen der Fangorgane von Diphyes und Ersaea !8) vor. 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. IX. a. 2) Willa. a. 0.8.54. — 3) "Will. 2.028.055: 4) R.Wagner, über muthmassliche Nesselorgane der Medusen, Wiegmann’s Archiv 1841. I. S. 35. 5) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. VIL u. VII. — 6) Ibid. fig. IX. b.b. 7) Ibid. fig. X. u. XI. A.c.c. bei fig. XI. B. u. C. stärkere und harte Nessel- fäden b.b mit ihren Kapseln a.a.. — 8) Ibid. fig. XL A. d.d. 9) Ehrenbergin Wiegmann’s Archiv 1842. I. S. 71. Tab. III. fie. 1. 10) R. Wagner l. c. — 11) Will, Horae tergestinae S. 65. 12) Willa. a0. S.70. — 13) Kölliker, Beiträge S. 41. 1%) !Will’a..a. 0.8.62." — 15) -R. Wagner.'a.:a. 0: 16) Milne Edwards, in den Annal. des scienc. nat. Tom.XVI. p. 215. 17) Milne Edwards a. a. O0. p. 223. Pl. VII. fig. 9. u. Pl. IX. fig. 3. u. 4. 18) Will a. a. 0. S. 79. Tab. I. fig. XXI. u. XXV. 54% Aeussere Bedeekungen und Körperform der Acalephen. Mit ihnen verwandt sind die Haftorgane, ähnliche Bläschen, wel- che aber keinen spiraligen Faden, sondern nur eine kürzere, steife Bor- ste besitzen. Solche Gebilde kommen an dem Körper der Medusa au- rita !) vor. Wahrscheinlich sind sie auch den Röhrenquallen (z. B. Di- phyes und Ersaea, auch Velella) eigenthümlich. Sie dienen zur Anbhef- tung, nesseln aber nicht. Ebenfalls diesem Zwecke dienen feine, lange Haftfäden am Fang- organe der Rippenquallen. Sie sind aber nicht in Zellen eingeschlossen, sondern bloss zu einem Knäuel zusammengewunden. Derartige Haft- fäden kommen gleichfalls an den contractilen Warzen von Eucharis vor 2). Eigenthümliche Hautgebilde stellen die sog. Schwingplättchen der Ctenophoren dar. Sie stehen gewöhnlich in acht (z. B. bei Gy- dippe) 3), selten in vier Reihen frei auf den Rippen. Doch kommen auch in ihrer Stellung manche Abweichungen vor. So liegen die Schwing- plättehen beispielsweise bei Pandora in Furchen, von deren Rändern sie völlig umschlossen werden können, während sie bei Axiotima bloss an den Seitenlappen und bei Calymna bloss auf den um den Mund stehenden Tentakeln angetroffen werden 9%). Es besteht ein jedes dieser Schwingplättchen 5) aus einzelnen, sehr grossen, kammartig neben einander gestellten Cilien. Die einzelnen Haare sind etwas platt gedrückt und nur lose mit einander verbun- den 6). Sie sitzen auf grossen, runden, gekernten Zellen und kommen sehr mit dem Wimperepithelium überein. Sie bieten jedoch das merk- würdige Phänomen ‚dar, dass ihre Bewegungen der Willkühr des Thie- res unterworfen sind. Doch schwingen immer alle Cilien eines Schwing- plättchens zugleich. Ihre Thätigkeit unterstützt die Ortsbewegungen der Rippenquallen. Besondere röhren- oder lappenförmige Anhänge kommen in grosser Verbreitung bei den Acalephen vor. Sie functioniren haupt- sächlich als Greifwerkzeuge. Die ansehnlichsten sind die Arme der Schirmquallen ?). Sie sind im Centrum der unteren Fläche der Scheibe gewöhnlich um die Mundöffnung gelegen. Ihre Form ist sehr verschieden, bisweilen sind sie einfach rundlich oder geknöpft (Cytaeis), gewöhnlich aber sind sie 1) Ehrenberg in den Acalephen des rothen Meeres etc. 2) Will rechnet sie jedoch zu den sog. Nesselorganen. Nach ihm ist der Grund des Nessels nicht in diesen Gebilden gelegen, sondern in runden, mit einer Flüssigkeit erfüllten Bläschen, welche er bei Actinien beobachtet haben will. 3) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. XXXVI. a.a.a. 4) Eschscholtz, System der Acalephen. 5) Man vergl. hierzu Milne Edwards a. a. O. p. 201. und Will, Horae Tergestinae S.56. 6) Abbildungen derselben bei Milne Edwards Pl. IV. u. VI. 7) Vergl. Brandt, Beschreibung etc. S. 14. Aeussere Bedeckungen und Rörperform der Acalephen. 545 blattähnlich, wie in der Familie der Medusiden (Medusa, Pelagia) !), wo sie eine ansehnliche Ausbildung erreichen. Hier verschmelzen biswei- len ihre Grundtheile eine Strecke weit mit einander, so dass hierdurch eine kurze Röhre entsteht (Pelagia) 2. Ihr saumartiger Rand ist mit verschiedenen Franzen und Ausbuchtungen, oftmals auch mit tentakel- artigen Anhängen (Armtentakeln) versehen. Nicht immer jedoch existi- ren derartige Arme. Man trifft Schirmquallen, wo sie nur als kleine, den Mund umgebende Läppchen (Mundläppchen) erscheinen , so z.B. bei Geryonia und Thaumantias. Bei anderen Thieren fehlen sie ganz, wie bei Aequorea. Gewöhnlich sind die Arme zu vier, bisweilen auch in grösserer Anzahl vorhanden. Acht Arme von ansehnlicher Grösse trifft man bei den Rhizostomiden, z. B. Rhizostoma 3). Verbreiteter sind fühlerartige, röhrenförmige Fäden, die sog. Ten- takeln und Fangfäden. Sie erscheinen in verschiedenen Formen, gewöhnlich mit Nesselzellen und verwandten Gebilden reichlich be- setzt. Sie zeichnen sich durch ihre grosse Contractilität und Beweg- lichkeit aus, sind aber nur selten in ihrem Innern hohl. Bei den Discophoren kommen die Tentakeln oder Randfäden gewöhnlich an dem Rande der Scheibe oder doch in der Nähe dessel- ben auf der concaven Fläche (bei Gephea an der Insertion der Arme) selten nur auf der Convexität der Scheibe vor. Sie sind von sehr verschiedener Grösse und bisweilen hohl #). Ihre Anzahl schwankt ebenfalls ungemein. Oft sind sie nur zu vier oder acht (Pelagia) 5), gewöhnlich aber in weit grösserer Anzahl (Oceania, Medusa) vorhan- den. Bisweilen fehlen sie ganz, wie bei Rhizostoma. Bei den Ctenophoren kommen fühlerähnliche Tentakeln nur sel- ten in der Mundgegend, wie bei Eucharis und Calymna, vor. Ein Theil der Siphonophoren besitzt sie ebenfalls, so nament- lich die Familie der Velleliden. Sie liegen hier, z. B. bei Velella, als eine Reihe langer und biegsamer, dünner Fäden um den Scheibenrand. Von den Tentakeln zu unterscheiden sind die eigenthümlichen Fangfäden, welche bei Rippen - und Röhrenquallen vorgefunden wer- den, im Uebrigen aber wenig mit einander übereinstimmen. So erscheinen sie unter den Röhrenquallen, bei Physophora 6), als lange, mit sonderbaren, birnförmigen Körpern von unbekannter Fun- 1) Ic. zootom. Tab. XXX. fig. I-IV.c.c. — 2) Ibid. fig. IV. 3) Ibid. fig. XXXIL b.b. 4) Man hielt früher vor der Kenntniss der Nesselorgane ziemlich allgemein die Tentakeln für hohl und das Nesseln derselben hervorgebracht durch den Aus- tritt einer in ihren Höhlen befindlichen Flüssigkeit. 5) Als Beispiele vergl. man die Fangfäden von Pelagia noctiluca Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. I—IV. d.d. mit denen von Oceania cruciata (ibid. fig. XXVI. b. b.) oder Medusa aurita (ibid. fig. XXX. 1. f.). 6) Vergl. Philippi in Müller’s Archiv 1843, S. 62. Tab. V. fig. 1. Wagner’s Zootomie. Il, 35 546 Aecussere Bedeckungen und Rörperform der Acalephen. ction besetzte, dünne Fäden; bei Stephanomia !) von ansehnlicher Länge, in der Mitte bandartig abgeflacht und spiralig gewunden ; bei Diphyes und Ersaea 2) mit einer seltsamen, rundlichen Blase, die Nes- selorgane enthält, versehen. Die Fangorgane der Rippenquallen 3), welche jedoch nicht allen Gattungen zukommen, liegen an verschiede- nen Stellen des Körpers in besonderen Blasen enthalten. Wenn sie aus diesen hervorgetreten sind, so erscheinen sie als ansehnliche ästige Fangfäden. Der Hauptstamm besteht nämlich aus einem Strange ein- zelner Fäden, welche im weiteren Verlaufe ihn bündelweise verlassen. Die feinen, auf ihm vorkommenden Haftfäden sind schon oben er- wähnt worden. Ebenfalls zu Greifwerkzeugen bestimmt sind Warzen, welche man auf der Körperoberfläche von Eucharis #) und Leucothoe 5) ‚gefunden hat. Sie sind sehr contractil und können sich fühlerartig verlängern. Es kommen endlich noch bei den Röhrenquallen Anhänge in Gestalt kürzerer und weiterer Röhren, welche an die sog. Füsschen. der Echinodermen erinnern, vor. Sie sind bei der ganz verschiede- nen Auffassung der Siphonophoren ebenfalls auf das Differenteste ge- deutet worden. Bei einigen hat man sie an ihrer Spitze geschlossen angetroffen und für Greifwerkzeuge genommen (z. B. bei Physophora), bei anderen dagegen sind sie an ihrer Spitze offen. Man kann sich in der Familie der Velelliden, z. B. bei Velella 6), mit Leichtigkeit da- von überzeugen. Bei anderen Rippenquallen hat man diese offenen Röhren sogar Nahrungsmittel verschlucken und verdauen gesehen und sie desshalb als eben so viele einzelne Mägen (Magenröhren) gedeutet (Diphyes ?), Stephanomia) 8). Es scheinen somit trotz ihrer Formähn- lichkeit diese Gebilde ganz verschiedenartiger Natur zu sein. Zur Ortsbewegung dienen die sog. Schwimmhöhlenstücke ?), welche bei einem Theile der Röhrenquallen angetroffen werden. Es sind knorplige Theile von verschiedener Gestalt, die in ihrem Innern eine Höhle enthalten, die nach aussen frei communicirt. In diese wird pe- riodisch Wasser eingenommen und ausgestossen. Solche Schwimmhöh- len, welche im Allgemeinen nur in loser Verbindung mit dem übrigen Körper stehen, kommen bisweilen nur einfach, z. B. bei Eudoxia, 1) Milne Edwards. c. p. 222. 2) Will, Horae tergestinae S. 79. Tab. II. 3) Will aa. a. ©. S. 9. Tab. II. fig. XXIII. und XXIV. Vergl. auch Ic. zootom. Tab. XXXIU. fig. XXXIV. von Cydippe pileus. 4) Will.a. a. 0. S. 54. ° 5) Mertens, Mem. de l’Acad. de St. Petersbourg 1833. Tom. II. S. 479. 6) Man vergl. hierzu Hollard, Recherches sur l’organisation des Velelles. Se- rie Il. Tom. III. p. 245. und Pl. 4. fig. 29. u. 33. A ENVENLL.KENS.RTSANE- 8) Milne Edwardsa.a. OÖ. 9) . Ueber die Schwimmhöhlenstücke vergl. man besonders Eschscholz, Sy- stem der Acalephen. Museulatur der Acalephen. 547 oder doppelt, wie bei Diphyes, vor, wo dann die eine der Körpermasse angehört, während die andere von einem besonderen Knorpelstück um- schlossen wird. Gewöhnlich aber sind sie in viel grösserer Menge vorhan- den und stehen dann entweder in einfachen oder mehrfachen Reihen um einen gemeinschaftlichen Afterstiel (Physophoriden). Sie nehmen unter diesen, z.B. bei Stephanomia, den vorderen Theil der Körperröhre in ein- facher Linie ein, erscheinen aber bei dem gewundenen Verlauf jener neben und über einander gelagert. Sie bestehen aus stumpf konischen Knorpel- stücken, welche mit einem dünnen Stiele an die Körperröhre befestigt sind. Im Inneren dieser bewegungslosen Stücke liegt ein häutiger, frei nach aussen geöffneter Sack. Er ist sehr contractil und pumpt so be- ständig Wasser ein und aus). Gleichfalls für die Ortsbewegung der Röhrenquallen sind die mit Luft erfüllten Blasen von Wichtigkeit, welche jedoch bei den Secre- tionsorganen passender ihre Stelle finden. e Musculatur der Acalephen. Die Acalephen sind mit einer deutlichen Musculatur versehen, wel- che die gelatinöse Körpersubstanz und die Anhänge des Körpers in verschiedener Anordnung durchzieht und in Längs- und Quermuskeln zerfällt. In ihrem feineren Baue kommen die Muskeln mit denen anderer Klassen überein. Man findet Muskelbündel von verschiedener Dicke, welche wahrscheinlich immer in feinere Primitivfibrillen zerfallen. Es erscheinen die Muskelbündel bei den Rippenquallen 2) glatt, nur wenn sie losgetrennt sind, mit einer Querstreifung oder Querrunzelung. Bei manchen Schirmquallen dagegen, wie Pelagia 3) und Oceania ®), hat man eine deutliche, an die höheren Thiere erinnernde Querstreifung wahrgenommen. Bei den Rippenquallen besteht die ganze Musculatur aus ge- trennten Bündeln. Die Längsmuskeln verlaufen meridianartig über den ganzen Körper, besonders deutlich erscheinen sie in den Zwischenräu- men zwischen den einzelnen Rippen. Die Quermuskeln, welche ring- förmig ebenfalls die ganze Körperfläche umgeben, verlaufen etwas tie- fer. Die einzelnen Bündel der letzteren nähern sich gegen den Mund, in noch höherem Grade gegen den After hin mehr einander, so dass sie zuletzt fast an einander stossen. In den Tentakeln kommen viele 1) Vergl. die schönen Untersuchungen von Milne Edwards a.a. 0. p. 220. Br vie tet. u. PI. VII. fe. 4. DNA Res. dm 3) R. Wagner, über den Bau der Pelagia noctiluca und Ic. zootom. Tab. XXKXI. fig. VII. a., fig. XXIII. d. — 4) Ibid. fig. XXX. a., XXX. b. 35% 548 Nervensystem der Acalephen. Längs-, aber nur sehr wenige Querbündel vor. In den Lappen lau- fen die Muskeln theils dem Rande parallel, theils breiten sie sich fä- cherförmig aus. In den Warzen von Eucharis findet man zahlreiche Längsbündel und nur sparsame Ringsfasern , daneben noch glatte Quer- muskeln. Diese bilden ein eigenthümliches Netzwerk mit grossen rhom- boidalen Maschen, eine Anordnung, wodurch diese Theile ihre grosse Beweglichkeit erlangen. Bei den Schirmquallen findet man bei Oceania und Pelagia !) auf der ganzen oberen und unteren Seite der Scheibe concentrische Ringfaserbündel. Bei Pelagia hören diese eireulären Muskeln gegen den Randlappen hin auf und es zeigen sich hier senkrecht gegen die- selben gestellte, gerade Fasern. Durch sie werden die Randlappen umgebogen, während die Kreisfasern das Klappen der alsdann glocken- föormig werdenden Scheibe bewirken. Die so ausdehnbaren Randfäden der Pelagia erhalten deutliche, aber sehr feine Längsfasern. Bei Gephea 2) gehören die rings- und die radienförmigen Längs- muskeln der unteren Seite der Scheibe an. Eine ansehnliche Rings- muskelmasse liegt unfern des Scheibenrandes, ohne jedoch Muskeln in die Randlappen abzuschicken. Die Längsmuskeln liegen tiefer. Bei Geryonia 3) ist die Musculatur eine ähnliche, nur sind die Längsbündel sparsamer vorhanden 9). Nervensystem der Acalephen. Man hat ein Nervensystem bei einem Theile der Acalephen aufge- funden. — Am genauesten gekannt sind in dieser Beziehung die Rip- penquallen. Unter ihnen hat man bei CGydippe pileus 5) acht Gan- glien 6) angetroffen, welche in der Nähe des Mundes unter den Rippen gelegen sind, durch dünne Fäden mit einander in Verbindung stehen und somit einen vollständigen Nervenring darstellen. Von einem jeden dieser acht Nervenknoten sollen drei Nervenstämme abgehen, zwei an 1) R. Wagner.a.a. 0. 2) Ueber die Muskeln von Cephea Wagneri vergl. man Will a.a.0. S.62. 3) Ueber die Muskeln von Geryonia pellucida s. Will a. a.0. S. 72. 4) Die Muskeln der Cyanea capillata scheint schon Gäde gekannt zu haben. - Man vergl. dessen Beiträge zur Anatomie und Physiol. der Medusen. Berlin 1816. 5) Es wurde ein solches Nervensystem von Grant beschrieben in den Trans- act. of the Zoolog. Soc. of London. I. p.9. Tab.lI. Später fand Patterson (Edinb._ new philos. Journ. Vol. XX. p. 26.) an der nämlichen Stelle zwar einen Nervenring, vermisste aber die ganglionären Anschwellungen, womit auch die Beobachtungen von Forbes (Annales of natural history 1839. p. 145.) übereinstimmen. 6) Ic. zootom. Tab. XXXI. fig. XXXVIL A. u. B.a., eine Copie dieses Nerven- systemes nach Grant. Nervensystem der Acalephen. 349 die Rippen und ein dritter, welcher in den Zwischenräumen zwischen len Rippen verläuft, zwei bis drei ganglionäre Anschwellungen bildet und Zweige für die Eingeweide absendet. Von anderen Beobachtern !) ist jedoch dieses Nervensystem nicht aufgefunden worden, wesshalb seine Existenz in der angegebenen Weise noch zweifelhaft ist. Dagegen hat man in einer viel grösseren Verbreitung bei den Rippenquallen an dem der Mundöffnung entgegengesetzten Körperende ein einfaches Ganglion bemerkt; so bei Lesueuria, Beroö, CGydippe, Eucharis, Medea 2. Es hat eine rundliche oder birnförmige Gestalt, unterscheidet sich durch Färbung und Undurchsichtigkeit von den be- nachbarten Theilen, von welchen es auch durch eine besondere Mem- bran abgegrenzt ist. Es besteht die Substanz dieses Ganglion aus kleineren und grösseren Zellen, welche dunkler als die Substanzzellen des Körpers sind 3. Aus dem Ganglion, sowohl den Seiten, als na- menllich aber der Spitze desselben, entspringen zahlreiche Nerven- stämme, welche sich bald wieder in feine Fäden theilen. Die von der Spitze entspringenden treten an den Magen und die nahe gelegenen Theile, die von den Seiten des Ganglion ausgehenden unter die Rip- pen. Mit dieser Vertheilung, wie sie zunächst für Eucharis multicornis und Beroö rufescens gilt, stimmt auch die der Lesueuria vitrea 4) im Wesentlichen überein. Man hat hier von den Längsstämmen der Rip- pen in regelmässiger Folge bündelweise Nervenäste nach beiden Sei- ten abgehen gesehen. Weit weniger gekannt ist das Nervensystem bei den Scheiben- quallen. Bei Medusa aurita 5) hat man längs des ganzen Scheiben- randes zwischen je zweien der Fühlfäden ganglionäre, zweischenklige An- schwellungen angetroffen, welche ähnlich auch bei Pelagia u.a. vorkom- men und zu den Randkörpern gehören. Weitere Markknötchen sollen sich an der Basis des Kranzes von Fühlfäden, welche die Geschlechts- werkzeuge umgeben, sowie noch anderwärts vorfinden. Wahrscheinlich gehören gewisse, von einer besonderen Scheide umhüllte Stränge, welche bei Geryonia 6) vom Mittelpunkt der Scheibe radienförmig nach den Randkörpern verlaufen und daselbst keulenför- mig anschwellen, ebenfalls zum Nervensysteme. 1) Von Milne Edwards |. c. p. 206. u. von Will a. a. ©. S. 44. 2) Man vergl. hierzu die Angaben von Milne Edwards p. 206. u. 212., so- wie Pl. IV. u. V., dann Will’s Schrift S. 44. u. Tab. I. fig. II. u. XX. 3) Will a. a. 0. 4) Milne Edwardsa. a. 0. S. 206. 5) Der Entdecker ist Ehrenberg. vergl. dessen Aufsatz über die Structur der Medusa aurita in Müller’s Archiv 1834., ferner dessen Schrift die Acale- phen des rothen Meeres und der Organismus der Medusen der Ostsee. Berlin 1836. 6) Vergl. Kölliker in Froriep’s neuen Notizen N. 534. ' J90 Sinnesorgane der Acalephen. Sinnesorgane der Acalephen. Man trifft bei den Gtenophoren mit dem oben erwähnten un- paaren Ganglion, durch einen Stiel zusammenhängend, eine kleine, mit Flüssigkeit erfüllte Blase. Sie enthält zahlreiche mikroskopische, aus kohlensaurem Kalke bestehende Krystalle in sehr verschiedener Menge, 2009 bei Bero@ und Eucharis, dagegen 60 und 70, oder auch nur 12 bis 15 bei den Cydippen. Man kann sich davon überzeugen, dass während des Lebens diese Kalkkrystallchen in einer tanzenden Bewe- gung begriffen sind und als die Ursache derselben ein in vier Längs- reihen gestelltes Flimmerepithelium wahrnehmen !). Die vollständige Uebereinstimmung mit den Gehörkapseln der Gasteropoden ?) und Ace- phalen 3) berechtigt in diesem Apparate der Rippenquallen ein Gehör- organ und in den Krystallen die Otolithen desselben zu erblicken. In der Regel bleibt dieses Organ fast vollkommen unpigmentirt, nur bei Lesueuria vitrea 4) hat man an ihm ein rothes Pigment angetroffen. Die sog. Randkörper an der Scheibe der Discophoren sind höchst wahrscheinlich derselben Natur. Sie stellen ebenfalls Kapseln oder Bläschen mit Krystallen dar, sind im Uebrigen aber sehr bedeu- tenden Schwankungen unterworfen, so dass man wohl thut, sie zuerst bei einem Thiere zu betrachten und dann die übrigen Verschieden- heiten anzureihen. Bei Pelagia noctiluca 5) stehen die acht Randkörper abwechselnd mit den Randfäden zwischen je zwei Randlappen. Man findet an ih- nen gelbe, drüsenartig gruppirte Krystallhäufchen 6), etwa \s’ gross. Die dicht aggregirten Krystalle ?) sind längliche und quadratische Rhom- ben, auch Nadeln, oo — 30“ gross. Die gelbe Farbe des Häufchens scheint durch dazwischen gelagerte, sehr feine Pigmentkörner bedingt zu sein. Ganz ähnlich erscheinen die acht Randkörper bei Cassio- peia 8). Die Krystalle liegen deutlich zwischen kleinen gelben Pigment- zellen. Sie sind viel kleiner als bei Pelagia und von anderer Form (wahrscheinlich Dodekaeder). Bei Medusa aurita ®) sind diese Orga- 1) So fanden wir es wenigstens mit der grössten Deutlichkeit bei einer Gy- dippe (vergl. Frey und Leuckart, Beiträge), während dagegen Will bei verschie- denen Rippenquallen die Krystalle bewegungslos in der Kapsel antraf. Vergl. des- sen Horae Tergestinae S. 46. 2). S. oben S. 421. — 3) S. oben S. 475. 4) Auf welches hin es von Milne Edwards als organe oculiforme bezeich- net wird! Vergl. Aunal. des science. nat. Tom. XVI. p. 205. 5) le. zootom. Tab. XXXII. fig. V.**, fig. XXI. in natürlicher Grösse, oder stärker vergrössert fig. NAIL. und XXI. 6) Ibid. fig. XXI. u. XXI. c.c. oder fig. XXIV. — 7) Siniay fo, Ray. 8) Vergl. R. Wagner, über den Bau der Pelagia noctiluca. 9) Ehrenberg m Müllers Archiv 1831. S. 572 und 74. und in den Acale- phen des rothen Meeres etc. Verdauungsorgane der Acalephen. dl ne !) dagegen mit einem rothen Pigmentfleck 2) versehen; eine Eigen- thümlichkeit, welche in diesen Theilen früher Gesichtswerkzeuge er- blicken liess. Es können nun diese Randbläschen in einer bei weitem grösse- ren, oft unbeständigen Zahl vorkommen und die Otolithen in sehr ver- schiedener Menge enthalten. Sehr zahlreich, aber nur 1—3 Otolithen enthaltend, hat man sie bei Aequorea violacea 3) angetroffen, dagegen kommen bei Cytaeis tetrastyla ) wahrscheinlich nur vier von ihnen vor. Bei Cytaeis poly- stylis sind die Otolithen lebhaft rothgelb gefärbt und in grosser An- zahl vorhanden, während bei Geryonia 1— 12 vorkommen und sogar bei Polyxenia leucostyla in den an Zahl sehr unbeständigen Randbläs- chen nur ein einziger vollkommen runder Otolith gelegen ist, welcher die Kapsel fast ganz ausfüllt. Man hat bei einem Theile der Schirmquallen die aus kohlensau- rem Kalke bestehenden Otolithen in Bewegung angetroffen und als Ur- sache derselben ein die Innenwand der Kapseln überziehendes Flim- merepithelium bemerkt 5); so bei Pelagia, Cassiopeia, Rhizostoma und Oceania. Bei Geryonia kommt jedoch diese Bewegung nicht vor. Hier sind die Otolithen auf kleinen warzenförmigen Erhebungen der Kapsel unbeweglich gelegen $). Verdauungsorgane der Acalephen. Die Anordnung der Verdauungsorgane sind manchfachen Verschie- denheiten nach Ordnungen und Familien unterworfen. Im Allgemeinen lässt sich Folgendes übersichtlich darüber ange- ben. Allen Acalephen fehlen harte Kauwerkzeuge, wie sie noch bei einem Theile der Echinodermen vorhanden waren, gänzlich. Der Mund ist gewöhnlich einfach und dann central auf der unteren Seite des Körpers, oder auch in Mehrzahl vorhanden. Die Verdauungs- organe sind sehr einfach gebaut und nur in einem Magensack bestehend, welcher höchstens noch einen vorderen verengten Theil als eine Speiseröhre besitzt. Er lässt deutliche Wände erkennen und ist mit einer grossen Verdauungskraft begabt. Es fehlt diesem, gewöhnlich mit einem Flimmerepithelium ausgekleideten Magensacke 1) Ic. zootom. Tab. XXXIM. fig. XXXIIL u.XXXIV. bei a. u. fig. XXXV. die Kry- stallhäufchen, — 2) Ibid.b. — 3) Milne Edwards a. a. O0. p. 196. 4) Man vergl. die schönen Untersuchungen von Will. 5) Vergl. Kölliker in Froriep’s neuen Notizen N. 594., während Will niemals die tanzenden Bewegungen der Otolithen bemerken konnte. 6) Frey und Leuckart Beiträge. — Das Vorkommen eines Sehwerkzeu- ges giebt Kölliker für eine Oceania (a. A. O.) an. 992 Verdauungsorgane der Acalephen. eine eigentliche Afteröffnung durchaus, dagegen steht er mit dem Ge- fässsysteme in freier Communication. Bei den Rippenquallen trifft man eine ansehnliche, mit contra- ctilen Lippen umgebene Mundöffnung von verschiedener Form an. Sie führt in einen sehr einfachen, eylindrischen, in der Achse des Körpers gelegenen Magensack. Dieser lässt eine äussere, aus Rings - und Längsfasern gebildete Muskelschicht und eine innere Zellenschicht un- terscheiden !). Anfang und Ende desselben sind mit Flimmereilien be- setzt. Im Grunde des Mageus finden sich zwei derbere wulstige Lip- pen, welche wahrscheinlich nur eine einzige weite Oeffnung begren- zen 2). Diese vermittelt den Zusammenhang mit dem Gentraltheile des Gefässsystemes und kann sich periodisch öffnen und schliessen. z Dieser Magen, welcher an beiden Seiten abgeflacht ist, bietet bei den einzelnen Rippenquallen fast nur Grössendifferenzen dar. Bei man- chen Gattungen ist er nur klein und enge, wie bei Lesueuria, Cydippe, Eucharis, Cestum 3). Bei anderen dagegen gross, wie bei Beroö, wo er so weit ist, dass das ganze Thier fast nur wie ein dünnhäutiger Schlauch erscheint. Grösseren Differenzen unterworfen ist der Bau der Magenhöhle in der Ordnung der Scheibenquallen. Bei einem grossen Theile von ihnen ist am unteren Scheibenrande eine einfache Mundöffnung, bald rund (Aequorea) oder eckig, namentlich vierkantig (Pelagia 5), Medu- sa) 6), zuweilen von sehr beträchtlicher Grösse vorhanden. Sie liegt hier entweder mit der Scheibe in einer Ebene (Aequorea), oder auf einer IIervorragung derselben, welche bald durch ein Verschmelzen der Grundtheile der Arme (Pelagia) 7) entstanden ist, bald einen Fort- satz der Scheibe (Geryonia) 8) bildet. Sie führt entweder unmittelbar (Aequorea) oder durch einen verdünnteren Theil, eine Art Speiseröhre, (Pelagia) in den Magen. Dieser stellt eine grössere oder kleinere Höhle dar. So trifft man eine kleine, einfache Magenhöhle der Art bei Ge- ryonia, Thaumantias und Cytaeis an 2). Sie bleibt hier auf den Stiel beschränkt un«d tritt nicht in die Scheibe hinein. Ansehnlich dagegen und einen grossen Theil der letzteren erfüllend ist die Magenhöhle der Aequorea. 1) Will.a..a. 0. S. 23. 2) Vergl. Milne Edwards a. a. 0. Pl. VI. fig. 1.d. u. Frey u. Leuckart a.a, 0. ß ) Man vergl. hierzu die Angaben von Milne Edwards und Willa. a. O. und über Cestum Eschscholtz, System der Acalephen. 4) Milne Edwardsa.a. O0. Pl. 1. fig. 1.a. 5) Je. zootom. Tab. XXXII. fig. VI. — 6) Ibid. fig. XXXI. a. 7) Ibid. fig. XXX. fie. V. — 8) Ibid. fig. IV.a. 9) Will, Horae Tergestinae. Verdauungsorgane der Acalephen. 353 Häufig ist die Magenhöhle mit einer Anzahl von Nebensäcken ver- sehen. So findet man vier solcher Nebensäcke bei Medusa aurita "), während bei Chrysaora 16 vorkommen. Ebenso auch bei Pelagia 2), wo sie sternförmig vom Magen abgehen, bis gegen den Scheibenrand verlaufen und immer einen Randfaden oder ein Randkörperchen mit ihren Schenkeln zwischen sich nehmen. Bei Cyanea 3) sind 32 sol- cher Nebensäcke vorhanden. In einer ganz anderen Weise ist der Verdauungsapparat in der Familie der Rhizostomiden gebaut. Hier fehlt die freie Mundöflnung der übrigen Schirmquallen und die Thiere nehmen ihre Nahrung nur durch ein System von Röhren saugend auf. So findet man bei Rhizo- stoma Guvieri #) in einem jeden der ansehnlichen acht Arme einen Kanal 5), welcher mit zahlreichen Aesten sowohl seitlich als unten frei nach aussen mündet. Die acht Kanäle der Arme treten ge- gen die Scheibe hin zu einem gemeinschaftlichen kurzen Gang, einer Speiseröhre 6) zusammen. Diese geht in einen ansehnlichen und wei- ten Magensack ?) über. — Einen ähnlichen Bau besitzt Gephea 8). « Bei einem Theile der Röhrenquallen kommt ebenfalls noch ein centraler, einfacher Magen vor. So in der Familie der Velelliden. Er führt z. B. bei Velella ®) die auf der Spitze eines saugröhrenförmigen Fortsatzes der Unterseite gelegene Mundöffnung in einen ovalen Magen, welcher zwei ansehnliche seitliche Fortsätze abgiebt, die sich wieder- un, theilen, aber geschlossen sind. Auch bei Physophora kommt viel- leicht ein einfacher Magensack vor. Es wird nämlich für einen sol- chen eine ovale, ziemlich grosse, zu den Seiten des Achsenkanales gelegene Blase angesprochen !9). Bei anderen Röhrenquallen hat man dagegen eine solche centrale Magenhöhle nicht angetroffen (Physalia). Man betrachtet die röhrenför- ınigen Anhänge dieser Thiere, welche mit ihren offenen Mündungen 1) Ehrenberg in den Acalephen des rothen Meeres. Tab. II. fig. 1. 2) Ic. zootom. Tab. XXXIM. fig. V. 3) Man vergl. Gäde, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Medusen. Berlin 1816. - 4) Man vergl. hierzu die schönen Untersuchungen von Eysenhardt in den Nov. Act.Leop. Vol.X. S.291.; ferner Meckel, Syst. d. vergl. Anat. Th.IV. S.41. 5) Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. XXXIL b.b. — 6) Ibid.c. — 7) Ibid. a. 8) Ueber Cephea Wagneri vergl. man Will a. a. 0. S. 60. 9) Ueber den Bau von Velella limbosa vergl. man Hollard in den Annal. d. scienc. nat. 1842. Tom. Ill. p. 248. Pl. 4. fig. 30.; über Rataria u. Porpita vergl. man Eschscholtz, System der Acalephen. 10) So nach den Angaben von Philippi. Von anderen Forschern werden je- doch die röhrenförmigen Anhänge dieses Thieres, welche Philippi für geschlos- sene Fangarme erklärt, als eben so viele an ihrer Spitze geöffnete Magenröhren nach Art der anderen Physophoriden angenommen. vergl. Delle Chiaje (Memorie Mol IV. p. 1). 394 Organe des Kreislaufs bei den Acalephen. Nahrungsmittel verschlucken und verdauen sollen, als eben so viele einzelne Mägen. Sie sind gewöhnlich in Mehrzahl (Diphyes !), Stepha- nomia) 2), selten nur einfach (Ersaea) 3) vorhanden und wohl immer mit dem Gefässsysteme in Communication. Besondere, zur Gallenbereitung dienende Organe scheinen den Acalephen nur selten zuzukommen, vielleicht selbst ganz abzugehen. Als solche hat man vier am Magen der Rippenquallen 4) herablaufende Gefässe angesehen. Bei Stephanomia 5) könnten vielleicht die an den sog. Magenröhren vorkommenden, röthlichgelb gefärbten Stränge eine derartige Bedeutung besitzen. Als eine Leber hat man auch ein drü- siges Gewebe, welches die Verdauungsorgane bei Velella überzieht, viel- leicht nicht mit Unrecht, gedeutet 6). . Organe des hreislaufs bei den Acalephen ?). Die Acalephen besitzen ein den Körper durchziehendes, aus Längs- und Ringsstämmen bestehendes Gefässsystem. Man kann an diesen Kanälen deutliche Wandungen, oft von ziemlicher Dicke, gebildet aus circulären und longitudinalen Fasern unterscheiden. Sämmtliche Ka- näle werden von einem zarten Flimmerepithelium ausgekleidet, durch dessen Action der Säfteumlauf bewirkt wird. Die Cilien scheinen im- mer an beiden Wandungen eines Gefässes in entgegengesetzter Rich- tung zu schwingen, wodurch in einem Kanale immer zwei entgegen- gesetzte Ströme gebildet werden 8). Dieses Gefässsystem ist mit einer doppelten Eigenthümlichkeit ver- sehen. Einmal entspringt es aus dem Magen und nimmt so den von ihm bereiteten Nahrungsstoff, oft gemischt mit Speiseresten und ande- ren Unreinigkeiten, auf. Dann sind noch gewisse Oeffnungen vorhan- den, durch deren periodisches Oeflnen Wasser in dieses Röhrensystem aufgenommen und somit der Flüssigkeit desselben zugemischt wird 9). Das in diesen Gefässen enthaltene Fluidum ist die von dem Magen bereitete, unmittelbar übergetretene Nahrungsflüssigkeit, in welcher DeR\wAallkan sa. 0218277. 2) Milne Edwards. c.p. 221. — 3) "Willa..a. 0. S.,8l. 4) Mertens (Mem. de l’Acad. de St. Petersbourg 1833. p. 498. Vergl. auch Will a. a. 0. S. 24). Dieselben Theile werden von Milne Edwardsa.a. 0. fälschlich für Geschlechtsorgane gehalten und Pl. II. fig. 4. u. Pl. IV. fig.1. abgebildet. 5) Eine Vermuthung, welche von Siebold (vergl. Anat. S. 64.) ausspricht, Milne Edwards (l. c.) rechnet sie den Geschlechtsorganen zu. Vergl. Pl. VII. IX,X. — 6) Hollard a.a. 0. — 7) Man vergl. hierzu R. Wagner, Bau der Pelagia noctiluca; Milne Edwards a. a. O. und Will, Horae Tergestinae. 8) Man vergl. als Beispiel den Kreislauf von Oceania cruciata. Ic. zootom. Tab. XXXIIL fig. XXX und XXXI. 9) Ueber ein ähnliches Verhalten des Blutgefässsystemes bei den Gasteropoden vergl. man S. 437. Organe des Kreislaufs bei den Acalephen. 555 zahlreiche Kügelchen und zusammengeballte Körnchenhaufen suspen- dirt sind. Sie kann daher nicht mehr wohl Blut genannt werden und lässt sich noch am besten einem Chylus vergleichen. Die Beimi- schung von Wasser scheint zum Zwecke der Respiration zu geschehen, die von Speiseresten und anderen Massen eine zufällige Verunreinigung zu sein )). Bei den Rippenquallen 2) besteht dieses Röhrensystem aus ei- nem Centraltheil in Form eines weiten Kanales, dem sog. Trichter, welcher gewöhnlich mit einer weiten Basis den Fundus des Magens umgiebt und hier durch eine weite Oeflnung (s. oben) mit diesem in Communication steht. Die Länge dieses Trichters ist sehr verschieden und mit. der des Magens in einem umgekehrten Verhältnisse stehend, daher bei Bero& 3) und Lesueuria #) sehr kurz, weit länger bei Eucha- ris 5) und Cydippe 6). Diesem entsprechend sieht man von dem Basal- theile bald nur eine ganz kurze Einschnürung (Bero@), bald einen län- 1) Es hat dieses Gefässsystem das Schicksal gehabt, auf das Verschiedenste aufgefasst zu werden. Früher hielt man es auf seinen Ursprung aus dem Magen- sacke hin für ein System von Darmröhren und seine Oefllnungen für eben so viele After (Medusa), eine Ansicht, welche schon darum unrichtig ist, weil die unverdau- ten Stoffe durch den Mund ausgeleert werden. Neulich hat man, besonders die Bei- mischung von Wasser im Auge behaltend, in ihm ebenfalls ein Wassergefässsy- stem gesehen (Will, Horae Tergestinae S. 33. und v. Siebold, vergl. Anatomie S. 65.) und das Vorkommen der Körperchen in ihm für ein zufälliges halten wollen. (Diese sind jedoch viel zu zahlreich, um eine solche Annahme zu gestatten, auch sprechen die von Will über die Verdauung der Rippenquallen gemachten Beobach- tungen dagegen). — Neuerdings will Will für verschiedene Rippen- und Schirmqual- len noch ein zweites System von Röhren beobachtet haben, welches ein eigentli- ches Blutgefässsystem darstellte. Es sollen nämlich diese Blutgefässe als weite Stämme beinahe alle „Wassergefässe“ umfassen und begleiten. Ihre Wandungen sind sehr zart, ohne Flimmerhaare. Sie enthalten eineröthliche, oder sonst gefärbte Blut- flüssigkeit mit zahlreichen rothen, gekernten Blutkörperchen. Diese Blutkörperchen, welche jedoch nicht in allen Blutgefässen vorkommen (?), werden nur durch die Contraclionen der Gefässe, dabei aber nur sehr wenig und unregelmässig von der Stelle bewegt. Solche Blutgefässe giebt Will für Eucharis, Cydippe, Bero&, Ce- phea, Polyxenia, Cytaeis, Geryonia an. Es hat jedoch das Vorkommen eines in ' dieser Weise gebildeten Blutgefässsystemes etwas sehr Befremdendes, so dass man diesen Angaben trotz aller Bestimmtheit, mit_welcher sie vorgetragen werden, kein rechtes Vertrauen schenken und nicht die Vermuthung eines Irrthums unterdrücken kann. Die Verfasser fügen noch hinzu, dass es ihnen trotz aller Sorgfalt unmöglich gewesen ist, bei Cydippe und Geryonia ein derartiges Blutgefässsystem zu finden, (Vergl. Frey und Leuckart Beiträge.) 2) Man vergl. über die Rippenquallen die schönen Angaben von Milne Ed- wards, Annal, des scienc. nat. Tom. XVL p. 193. u. von Will, Horae Tergesti- nae S. 30. — 3): Willa. a. O. I. fig. XX. 4) Milne Edwards Pl. III. fig. 1. 5) Willaa. a. ©. Tab. II. fig. Il. und IH. 6) Will, Tab.II. fig. XVL. u. XVII. vergl. auch Frey u. Leuckart, Beiträge. 356 Organe des Kreislaufs bei den Acalephen. geren Kanal, welcher sich gablig theilt (Cydippe) und mit seinen Schen- keln das Gehörorgan zwischen sich nimmt. Diese schenkelförmigen Ausläufer des Trichters öffnen sich an ihrer Spitze von Zeit zu Zeit, doch im Allgemeinen nur selten, so dass sie gewöhnlich geschlossen angetroffen werden. Die Stelle ihrer Ausmündung ist entweder glatt (Cydippe), oder mit Schwingplättchen besetzt (Eucharis), auch von wei- chen, einfachen oder ästigen Anhängen umgeben (Beroe) !). Nur bei Lesueuria ?2) hat man ausnahmsweise die beiden Oeflnungen nicht hier, sondern gerade entgegengesetzt am Munde in Form zweier eylindri- scher Organe bemerkt, welche mit kleinen Erweiterungen peripheri- scher Kanäle im Zusammenhang stehen. Von dem Trichter nimmt nun in verschiedener Weise eine Anzahl von Kanälen ihren Ursprung, durch welche die verschiedenen Theile mit Flüssigkeit versorgt werden. Sie veremigen sich entweder in ei- nen die Mundöffnung umgebenden Gefässring (Bero&, Lesueuria) oder gehen in einander über (Cydippe). Bei Eucharis entspringen aus dem Trichter sechs Gefässe, von welchem zwei an den Magen, die vier übrigen an die Rippen treten. Letztere zerspalten sich bald und stel- len so acht Gefässe für die langen und kurzen Rippen her, von wel- chen später auf den Lappen die der gleichen Rippen in einander über- gehen. Von den Gefässen der kurzen Rippen werden noch die Ten- takeln versorgt. Die Magengefässe geben noch einen starken Ast zum Fangorgane ab, welcher daselbst mit einer kolbigen Anschwellung en- digt, verlaufen dann längs der Magenwandungen, um endlich gespalten sich mit den Karälen der kurzen Rippen zu verbinden. Um das Ge- hörbläschen hat man noch einen besonderen Kanal angetroffen. Bei Gydippe nehmen nur vier, aber sehr dicke Gefässe aus dem Trichter ihren Ursprung, von welchen zwei für den Magen, die beiden anderen für das Fangorgan bestimmt sind. Die Magengefässe scheinen an der Mundgegend blind zu endigen, nehmen jedoch seitlich die Rip- pengefässe auf. Letztere entspringen von beiden Seiten der Gefässe der Fangorgane als kurze Stämme, welche sich bald wieder theilen. Vor ihrer Einmündung in’s Magengefäss vereinigen sich wahrscheinlich die Gefässe je einer langen und kurzen Rippe immer mit einander. Bei Bero& 3) entsendet der Trichter sechs Gefässe, zwei, wie ge- wöhnlich, für den Magen und vier, die sich bald theilen, für die Rip- pen. Sämmtliche Stämme münden hier in ein die Mundöffnung um- fassendes Ringgefäss aus. Auffallend ist es, dass hier beim erwachsenen Thiere aus den ) Milne Edwards I. c. Pl. V. fig. 4. )lbid: PL. INES. und Pl. N er ) Die Gefässvertheilung von Bero&ö Forskali ist abgebildet bei Milne Ed- wards Pl. VI. fig. 1. DD wi “ Organe des Kreislaufs bei den Acalephen, 5357 Rippengefässen beiderseits Seitenzweige abgehen, welche sich in die Körpersubstanz verbreiten und bisweilen durch ihr Zusammentreten in ihrer Mitte befindliche Längsstämmchen herstellen !). Bei Lesueuria entspringen von den Rippengefässen ebenfalls vier Stimme, dann treten unten aus dem Trichter jederseits noch zwei Gefässe, welche über einander auf der Mittellinie der grossen Lappen verlaufen und in den Gefässring des Mundes einmünden. Das oberflächliche von ihnen ist an dieser Stelle etwas erweitert und mit dem oben erwähn- ten Ausführungsgange in Verbindung stehend 2). Weit manchfacher gestaltet findet man dieses Röhrensystem bei den Schirmquallen. Im Allgemeinen jedoch ist es von einem ein- facheren Bau, als in der vorigen Ordnung, und besteht aus einer An- zahl von radienförmigen Kanälen, welche aus dem Magen unmittelbar ihren Ursprung nehmen und in ein am Scheibenrande gelegenes Ring- geläss überführen. Nur selten ist noch eine Spur eines Trichters vorhanden. Als einen solchen scheint man einen häuligen, flimmernden Sack ansehen zu dürfen, welcher bei CGytaeis tetrastyla und Thaumantias leucostyla >) Jen Magengrund umgiebt. Von ihm gehen radienförmig vier einfache und unverästelte Kanäle ab, welche die Geschlechtsdrüsen durchsetzen und in das Randgefäss einmünden. Die gleichen Gefässe trifft man auch bei Geryonia ). In anderen Fällen ist jedoch die Anzahl der aus dem Magen ent- springenden Gefässe weit beträchtlicher. So nehmen bei Oceania eru- ciata 5) aus diesem 32 Gefässe ihren Ursprung, von welchen sich die vier Gefässe der Geschlechstsdrüse durch ihre ansehnliche Grösse auszeich- nen 6). Bei Aequorea violacea ?) beträgt ihre Anzahl sogar 74. Bei anderen Schirmquallen sind die Gefässe verästelt. Es entspringen bei Medusa aurita 8) aus dem mit vier Nebensäcken versehenen Magen 16 Gefässe 9), von welchen 8 einfach, 8 dichotomisch verästelt in das Rand- gefäss 10) übergehen. In noch höherem Grade verästelt sind die Ge- 1) Milne Edwards (a. a. OÖ. S. 212.) machte die interessante Beobachtung, dass bei jungen Beroden die Rippengefässe ganz einfache Kanäle, wie bei den übri- gen Rippenquallen, darstellen und dass bei fortschreitendem Wachsthum die Sei- tenzweige zuerst als Blindsäcke sich entwickeln. 2) Milne Edwards, Pl. II. fig. 1. 3) Diese interessante Angabe verdankt man Will, Horae Tergestinae S.67u.74. Etwas ähnliches scheint bei Polyxenia und Geryonia vorzukommen. WI ara ONSMTOFTAbF IF DEE VILZUF TR 5) R. Wagner, über den Bau der Pelagia noctiluca. ) Ic. zootom. Tab. XXXIN. fig. XXX. u. XXALd. fig. XXXI.c. das Randgefäss. ) Vergl. Milne Edwardsa.a. 0. Pl. 1. fig. 4. 8) Ehrenberg in Müller’s Archiv 18314. S. 565. und in den Acalephen des rothen Meeres. 9) Ic. zootom. Tab. XXX. fig, XXX. c. — 10) Ibid. d. 558 Organe des Kreislaufs bei den Acalephen. fässe anderer verwandten Acalephen, wie z. B. der Sthenonia I). — Die Oeflnungen des Gefässsystemes nach aussen sind bei den Schirm- quallen zahlreicher als in der vorigen Ordnung. Sie sind stets an dem Randgefässe angebracht. Man findet sie hier z. B. bei Medusa aurita 2) zu acht mit den Ohrkapseln abwechselnd gestellt vorhanden 3). Sie entsprechen immer einem unverästelten Kanale. Das Randgefäss ist an dieser Stelle etwas angeschwollen 4). Sehr unvollkommen sind unsere Kenntnisse vom Gefässsysteme der Röhrenquallen. Als Gefäss scheint bei einem Theile von ihnen der Kanal betrachtet werden zu müssen, welcher den Körperstiel durchzieht, mit den Magenröhren in Communication steht, an seinem unteren Theile geschlossen ist, nach oben aber in eine birnförmige An- schwellung überführt. Dieser ganze Apparat ist mit einem Flimmerepi- thelium ausgekleidet. So bei Diphyes und einem Theile der Physo- phoriden, wie Stephanomia. Auch bei Ersaea steht die einzige Magen- röhre mit einer solchen rundlichen Höhle in Verbindung. Letztere ist hier noch mit einem blindsackigen Anhange versehen. Bei einigen die- ser Thiere hat man an der Spitze dieses Gefässapparates Oeflnungen beobachtet >). Bei Velella hat man ein deutliches und entwickeltes Gefässsystem beobachtet. Es besteht aus. zwei Hauptstämmen, welche den Ver- dauungskanal umgeben, und zahlreichen Seitenästen 6). Bei diesem Thiere wird der geschlossene Magensack von einer Höhle umgeben, in welche die an ihrer Spitze geöffneten Röhren ein- münden. Es erinnert diese Höhle an die Körperhöhle der Echinoder- 1) Man vergl. Eschscholtz, System der Acalephen S. 60. und Tab. IV. 2) Ehrenberg, in Müller’s Archiv 1834. S. 567. 3) Ic. zootom. Tab. XXXIM. fig. XXXIM. 4) Ueber die Ausmündung des Randgelässes von Cephea vergl. man Will a. a. 0. Sie findet hier dicht unter den Randkörpern statt. 5) So nach den Untersuchungen von Will und Milne Edwards. Wie weit noch bei anderen Röhrenquallen ein ähnliches Gefässsystem vorkommt, wissen wir nicht. So bildet vielleicht der Achsenkanal der Physophora tetrasticha, wel- cher nach oben geschlossen ist, das Gefässsystem dieses Geschöpfes. Vergl. den Aufsatz von Philippi in Müller’s Archiv 1843. S. 58. Tab. V. fig. 10. — Man kann jedoch nicht in Abrede stellen, dass auch bei den am genauesten gekannten Röhrenquallen, wie Diphyes und Stephanomia, die oben als Gefässe erwähnten Ap- parate noch eine ganz andere Deutung zulassen. Sollten nämlich diese Geschöpfe. keine zusammengesetzten, sondern einfache Thiere sein, so liessen sich die soge- nannten Magenröhren und der Centralkanal *des Körperstieles recht wohl mit dem Verdauungsapparat der Rhizostomen vergleichen. Die Magenröhren dieser Röhren- quallen würden alsdann den Saugröhren einer Rhizostoma, der Centralkanal mit seinem erweiterten oberen Theile bei ersteren Thieren dem eigentlichen Verdauungs- sack der letzteren Quallen entsprechen und das Gelässsystem wäre uns noch unbekannt. 6) Ueber dieses Verhalten vergl. man Costa in den Annal. des scienc. nal. 1841. Tom. XXI. p. 197. Pl. 13. fig. 8. Besondere Absonderungsorgane der Acalephen. 559 men, wie sich denn auch die Röhren der Velella mit den sog. Tra- cheen der Asterien vergleichen lassen !). Athmungsorgane fehlen den Acalephen gänzlich. Besondere Absonderungsorgane der Acalephen. * Die Röhrenquallen besitzen zum Theil einen mit Luft gefüllten Be- hälter, welcher sie befähigt, ihre Körper in einer bestimmten Lage schwebend zu erhalten. Es scheint, dass diese Behälter nicht von au- ssen, sondern durch Secretion mit Luft erfüllt werden, wesshalb man diese Apparate den Absonderungswerkzeugen zurechnen kann 2). Derartige Behälter geben die schon früher erwähnten, theils knorp- ligen, theils kalkigen Schalen der Velelliden ab, welche in ihren zahl- reichen zelligen Räumen Luft enthalten. Eine sehr ausgebildete Luftblase besitzt Physalia. Sie besteht aus zweien in einander eingekapselten Säcken. Sie hat eine längliche Ge- stalt, ist an dem einen Ende stumpf, am anderen zugespitzt. Bei den Physophoriden ist die Luftblase dagegen beträchtlich kleiner und an der Spitze des Körperstiels befindlich. So z. B. bei Stephanomia, wo sie in der Erweiterung des Gefässkanales gelegen und durch radiale, häutige Scheidewände in ihrer centralen Lage erhalten wird 3). Geschlechtsorgane der Acalephen. Wie es scheint, kommt eine Vermehrung durch Theilung und Knospenbildung bei erwachsenen Acalephen .nicht vor %). Nur in 1) Hollard in den Annal. des science. nat. 1345. Tom. III. p. 250. 2) Man glaubte früher, dass die Luftblasen der Röhrenquallen eine freie Oefl- nung besässen, durch welche das Thier willkürlich die Luft entleeren und so zu Boden sinken könne. Eschscholtz (a. a. O. S. 7.) behauptete für Physalia zwei derartige Oeflnungen, aus welchen man durch einen Druck die Luft entweichen sehe. Olfers dagegen war nicht im Stande, diese Oeflnungen nachzuweisen. (Ab- handlungen der Berliner Akademie vom Jahre 1831. S. 165.), eben so wenig auch Bennet (Proceedings of the Zoolog. Soc. 1837. p. 43.). 3) Milne Edwards a.a. 0. p. 218. Pl. VII. fig. 1I—3. Doch scheint Milne Edwards eine Oeffnung bemerkt zu haben. Philippi (Müller’s Archiv 1843. S. 62.) laugnet sogar die Existenz einer derartigen Schwimmblase für Physophora tetrasticha. 4) Die einzigen Beobachtungen, welche eine derartige Fortpflanzungsart auch für erwachsene Acalephen einigermaassen wahrscheinlich machen könnten, betreffen die Ctenophoren. Will (a. a. O0. S.42.) giebt an, dass vom Körper der Eu- charis einzeine Theile, wie die Warzen, Lappen, Tentakeln, sich loslösen und selbstständig umherschwimmen. Diese Abtrennung soll so stattfinden, dass man sie für eine freiwillige halten müsse. Will konnte jedoch keine weitere Entwicklung an diesen Stücken bemerken. Dagegen giebt Mertens (Mem. de YAcad. de St.Pe- tersbourg 1833. Tom. II. p. 494 und 528.) an, dass kleine abgetrennte Körperstücke von Gydippe und Cestum selbstständige Bewegung und sehr schnelles Wachsthum 60 Geschlechtsorgane der Acalephen. den merkwürdigen Jugendzuständen einiger Schirmquallen hat man eine solche Fortpflanzungsweise angetroffen !). Die geschlechtliche Fortpflanzung findet entweder bei getrenn- tem Geschlechte oder bei Zwitterbildung statt. An den Eiern der Acalephen kommen die gewöhnlichen Bestand- theile vor. So findet man z. B. bei Pelagia ?2) ein Keimbläschen 3) mit einem einfachen Keimfleck #), einen röthlich violetten Dotter 5) und eine zarte Eihaut 6). Die Spermatozoen der Acalephen ?) sind sehr beweglich, in ihrer Form im Allgemeinen mit denen der Echinodermen übereinstim- mend, aus einem kleinen Körper und einem feinen Schwanzanhang zu- sammengesetzt. So erscheinen sie wenigstens bei den Rippen - 8) und Schirmquallen 9). Die Samenfäden der Röhrenquallen sind noch nicht hinreichend erkannt, scheinen ‚aber keine Ausnahme zu machen 10), Den Rippenquallen kommt eine Zwitterbildung zu. Ihre Ge- schlechtsorgane liegen dicht unter der Haut unter den Rippen und zwar so, dass hier die eine Seite immer von einem Hoden, die an- dere von einem Ovarium eingenommen wird, dass mithin acht Hoden und acht Ovarien vorkommen. Beide Theile gleichen sich sehr in ihrem zeigten, ohne dass es jedoch auch ihm möglich war, die Beobachtung lange fort- zuselzen. 1) Die Kenntniss dieses interessanten Verhältnisses verdankt man den schönen Untersuchungen über Medusa aurita und Cyanea capillata von Siebold (Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere, Danzig 1839.) u. Sars (Wiegmann’s Archiv 1841. 1. S. 19.). 2) Ic. zootom. Tab. XXXIN. fig. XIV—XVI. — 3) Ibid- her XViIee: 4). Abidd.4 5) Ibid.-b. — 6) Ibid. a — Hiermit kommen die Eier anderer Acalephen, wie von Cyanea (Wagner, Prodromus hist. gener. Tab. 1. fig. 2.) und Medusa (v. Siebold a. a. O. Tab. I. fig. A. u. B.), ebenso die der Rippenquallen (Will a. a. O. S. 41.) überein. 7) Als Beispiel dienen die Spermatozoen von Pelagia noctiluca. Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. XX. 8) Ueber die Spermatozoen von Cydippe, Eucharis, Bero@ vergl. man Krohn in Froriep’s neuen Notizen N. 356. und Will, Horae Tergestinae S. 41. Tab. 1. fig. 6 u. 24. (von Eucharis und Cydippe). 9) Die Spermatozoen der Medusa aurita entdeckte v. Siebold a.a.0. Tab.l. fig. C. — Ueber die von Rhizostoma, Chrysaora und Aequorea vergl. man Köl- liker (Beiträge Tab. I. fig. $— 10.); über die von Aequorea violacea Milne Ed- wards a.a. 0. Pl. I. fig. 1.); die von Pelagia, Aurelia, Cassiopeia beobachtete R. Wagner (Bau der Pelagia), die von Cephea und Geryonia Will a.a. 0. Tab. II. fig. 12. 10) Es kommen wenigstens die von Milne Edwards beobachteten Spermato- zoen der Stephanomia ganz mit denen der anderen Acalephen überein (a. a. O. p- 216. Pl. X. fig. 9.). — Es ist unwahrscheinlich, dass grössere, längliche, wurmähnliche Geschöpfe, welche Will (a. a. O. S. 76. Tab. II. fig. 26.) bei Di- phyes und Ersaea fand, hierher gehören, wie v. Siebold (vergl. Anatomie S. 70.) vermuthet, Geschlechtsorgane der Acale phen. 56 1 Baue, unterscheiden sich aber in Färbung und Durchsichtigkeit. An den Stellen, wo die Zellenhaufen der Schwingplättchen liegen (s. oben) machen beide Drüsen ansehnliche Ausbuchtungen, dazwischen öfter noch kleinere (Beroe). Sie erscheinen jedoch nur eine sehr kurze Zeit lang in dieser Entwicklung und sind nach der Turgescenzperiode un- gemein geschwunden, wesshalb sie so lange übersehen werden konnten. Von beiden Drüsen einer jeden Rippe gehen einfache Ausführungs- gänge ab, welche getrennt unter den Rippen nach der Mundöfinung hin verlaufen. Es liegen daher die Geschlechtsöffnungen wahrschein- lich am Mundende des Körpers !). Die Scheibenquallen dagegen besitzen getrennte Geschlechter. Die beiden Geschlechtsdrüsen kommen jedoch in Form und Bau ganz überein und unterscheiden sich nur, gleich denen der Ctenophoren, im Zustande der Turgescenz durch die verschiedene Färbung. Es ist je- doch die Lage der Genitalien bei dieser Ordnung eine verschiedene. Bei dem einen Theile von ihnen sind die Geschlechtsorgane im In- nern der Scheibe als vier gewundene Schläuche an den grossen Radial- gefässen gelegen. Sie erscheinen daher in kreuzförmiger Stellung. So z. B. bei Oceania 2. Achnliche Lage zeigen die Geschlechtsorgane von Geryonia 3). Sie sind hier immer zu zwei an jedem der vier gro- ssen Gefässe gelegen, mithin also zu acht vorhanden, an ihrem nach dem Rippengelässe gekehrten Ende abgestumpft, am entgegengesetzten zugespitzt. Von letzterem nehmen die Ausführungsgänge ihren Ur- sprung, welche nach dem Magen hin verlaufen. Eine weit grössere Anzahl von Geschlechtsorganen hat man bei Aequorea angetroffen #). Es gehen hier dieselben radienförmig als 74 doppelte, gefaltete, bandförmige Schläuche, immer zwei unter einem der Gefässe, nach der Peripherie. Diese Drüsenpaare haben einen freien unteren Rand, an welchen sie ihren Inhalt austreten lassen. Bei dem anderen Theile der Scheibenquallen sind eigenthümliche Höhlen um die Magenhöhle vorhanden. Sie sind nur durch dünne Scheidewände von ihr getrennt und münden nach unten an der Basis der Arme. Die Zahl dieser Höhlungen beträgt gewöhnlich vier (z. B. bei Medusa 5) und Rhizostoma), selten acht (Cassiopeia). Auf dem Grunde dieser Höhlen liegen nun die Geschlechtsorgane 1) So besonders nach den Untersuchungen Will’s a. a. O0. S. 38. Tab. 1. fig. V., XXI und XXI. Krohn, der diese Verhältnisse entdeckte, hatte sie we- niger genau erkannt. Vergl. Froriep’s neue Notizen N. 356. 2) Ic. zootom. Tab. XXXII. fig. XXVI.a. XXVII. c. und XXXI.d. die Eierstöcke von Oceania cruciata. h 3) Vergl. Willa. a. 0. S. 71. Tab. Il. fig. IX., die Eierstöcke von Geryonia pellucida. Ist 4) Milne Edwards]. c. p. 198. Pl.I. la. und b. 5) Ehrenberg.a.a. O. S, 18. Tab. VI. Wagner’s Zootomie, II. 36 362 Geschlechtsorgane der Acalephen. als eine gleiche Zahl bandförmiger Drüsen, welche von einem Flim- merepithelium überzogen werden !), So stellen sie z. B. bei Pela- gia 2) vier halbkreisförmig gewundene, guirlandenartige Schläuche dar, welche an einem Gekröse hängen. Ebenso auch bei Medusa 3). Bei anderen Schirmquallen findet man eine an die vorher betrachteten Thiere erinnernde radienförmige Stellung der Geschlechtsdrüsen, so z. B. bei Rhizostoma ®). Ein besonderer Ausführungsgang fehlt diesen Drüsen gänzlich. Es besteht vielmehr ein jeder Hoden aus einer Unzahl birnförmiger Säck- chen, von welchen jedes an der unteren Fläche für sich nach aussen mündet 5). Die einzelnen Eier treten im Zustande der Reife ganz an die untere Seite der Ovarien und werden zuletzt von diesen abge- schnürt 6). — Dass diese Geschlechtswerkzeuge häufig mit Tentakeln besetzt sind, wurde schon oben bemerkt ?). Sehr wenig gekannt sind die Geschlechtsorgane der Röhrenquallen. Bei Velella hat man, ob mit Recht, steht noch dahin, Haufen von. Blinddärmcehen, welche an die Basis der Saugröhren mit einfachem Stiel befestigt sind, als Geschlechtsorgane angesprochen 8). Bei den Diphyideen, z. B. Diphyes, kommt an der Seite der Ma- genröhre eine runde, kurz gestielte Blase vor. Sie besitzt in ihrem Innern eine kleine Höhle, welche durch einen Gang in den Kanal des Körperstieles einmündet. Man hat sie als Geschlechtsdrüse gedeutet. Die nämliche Blase besitzt auch Ersaea 9). Unter den Physophoriden scheinen bei Stephanomia die Geschlechts- organe in traubigen Bläschen zu bestehen, welche an einem contracti- len birnförmigen Sacke sitzen, dessen Höhlungen mit dem Kanal des Körperstieles im Zusammenhang steht !0). Bei Physophora hängen von der Körperachse zwischen den Fang- 1) Ic. zootom. Tab. XXXIM. fig. XII. 2) Ibid. fig. VI. a.a.u. fig. XII. a. 3) Ibid. fig. XXX. b. b. 4) Eysenhardta.a. O0. fig. I. h. 5) Vergl. von Siebold, Beiträge S. 12. 6) Von Siebold, S. 16. 7) le. zootom. Tab. XXX. fig. XIII. b.b. 8) Vergl. Hollard in den Annal. des scienc. nat. Serie III. Tom. II. p. 35l., Pl. II. fig. 33 u. 34. Es sollen diese Blinddärmchen theils Eier, theils Embryonen, kenntlich durch die Andeutung des Kammes (?) enthalten. 9) Will a. a. 0. S.78und8l. 10) Vergl. den Aufsatz von Milne Edwards |. c. p. 226. — Es ist von Milne Edwards in diesen Träubchen Samen mit Spermatozoen bemerkt worden. Dieser Forscher ist geneigt, in den braunen Längswülsten, welche an den Magen- röhren vorkommen (s. eben bei den Gallenwerkzeugen) die Eierstöcke zu sehen, mithin Stephanomia für hermaphroditisch zu erklären. Geschlechtsorgane der Acale phen. 363 fäden traubenförmige, theils längere, theils kürzere Organe herab, welche die Geschlechtswerkzeuge darstellen sollen )). Wie weit zum Geschlechtsapparate gehörende Anhänge bei den weiblichen Acalephen angetroffen werden, ist noch wenig erkannt. Nur unter den Scheibenquallen hat man bei Medusa und Cyanea, den einzigen Quallen, deren Entwicklung man überhaupt kennt, solche Brutbehälter angetroffen. Sie scheinen jedoch nur zur Zeit der Ge- schlechtsthätigkeit sich zu entwickeln. Es bilden sich zu dieser Pe- riode an den Rändern der Fangarme eine Anzahl kleiner Taschen aus der den Armsaum herstellenden Membran. In diesen Bruttaschen wan- deln sich die Eier zu Embryonen um 2). Es dürfte wohl keinem Zwei- 1) Philippi (Müller’s Archiv 1843. S. 58.) erklärt die kürzeren Trauben für Eierstöcke, die längeren, in welchen eine krümeliche Flüssigkeit enthalten ist, für die Hoden, die Physophora somit für einen Zwitter, Angaben, welche jedoch sehr einer weiteren Bestätigung bedürftig erscheinen müssen. 2) Die Entwicklung dieser beiden Acalephen ist von grösstem Interesse und, wie schon oben erwähnt, durch die schönen Untersuchungen von Siebold u. Sars bekannt geworden. Da die hierbei auftretenden Verhältnisse für manche bei den Geschlechtsorganen der Polypen näher zu berührende Punkte von grosser Bedeu- tung sind, so kann hier einiges aus dieser Lebensperiode der Quallen nicht ganz mit Stillschweigen übergangen werden. — Die Eier dieser Acalephen erleiden in den Bruttaschen unter einer gewöhnlichen Zerklüftung des Dotters ihre Umwandlung zu Embryonen. Diese sind von ovaler Form und mit einem Flimmerepithelium über- zogen, durch dessen Hülfe sie nach Verlassen der Bruttaschen frei umherschwim- men. In dieser Form gleichen sie manchen Infusorien, zZ. B. der Gattung Leuco- phrys oder Bursaria. Nach einiger Zeit setzen sie sich mit einer Grube an dem vorderen Leibesende an fremde Körper fest. Das entgegengesetzte Körperende ver- sieht sich dann mit einer Mundöffnung, welche von einem eirculären Wulste um- geben wird. Aus letzterem sprossen nun nach einander acht Fortsätze hervor, welche sich allmälig zu langen cylindrischen Fangfäden oder Tentakeln umwan- deln. Das Thier, dessen Körper überdiess dünner und länger geworden ist, gleicht somit einem Polypen, namentlich einer Hydra. In dieser Polypenform Kann nun die Acalephe die schon oben berührten Fort- pflanzungsweisen durch Knospenbildung und Theilung eingehen. Es können alsdann, wie es scheint, ohne Ausnahme aus allen Stellen des Körpers derartige Knospen sich entwickeln, oder aus der Basis des Polypen können dünne Fortsätze hervortreten (sog. Stolonen) aus denen nach oben ein neuer Polyp hervorwächst. Von ‚weit grösserem Interesse ist aber die Vermehrung durch Quertheilung. Bei fort- schreitendem Wachsthume entstehen um den Körper Querrunzeln, anfangs schwach, bald jedoch tiefer, so dass der Körper in eine Anzahl über einander gelegener Abtheilungen zerfällt. Zu Anfang dieses Zustandes wurde früherhin das Geschöpf als Polypengattung Scyphistoma beschrieben. — Aus jedem der einzelnen Körpertheile wachsen acht zweigetheilte Fortsätze hervor. In dieser Periode fangen sich die einzelnen Abtheilungen an von einander abzulösen. Später schwimmen die einzelnen Theile als besondere vollständige Thiere in Form kleiner, seltsam gestalteter Schei- benquallen mit dem gewöhnlichen Klappen frei umher. In diesem Zustande hat man sie als eine Scheibenquallenart unter dem Namen Strobila oder Ephyra auch aufgeführt. Sie besitzen eine ähnliche Structur wie andere Scheibenquallen, einen 36 * 564 Geschlechtsorgane der Acalephen. fel unterliegen, dass in der Folge auch bei anderen Acalephen derar- tige Vorrichtungen aufgefunden werden I). viereckigen Mund, welcher in einen weiten, mit 16 Abtheilungen versehenen Magen überführt, an verschiedenen Stellen des Körpers acht mit Krystallen erfüllte Gehör- bläschen, ebenso ein Gefässsystem (vergl. Will a. a. 0. S.74.). Aus ihnen bildet sich ‘durch eine Reihe von Metamorphosen die vollkommene Qualle hervor. 1) Ueber die Bruttaschen der Medusa aurita und Cyanea capillata vergl. man | Ehrenberg, Acalephen des rothen Meeres Tab. IIl., von Siebold’s Beiträge. S. 18. und Sars in Wiegmann’s Archiv 1841. I. S. 19. a mn m nn nn Polypen. Polypina. Ordnungen der Polypen. "1. Ordnung. Byozoen, Bryozoa. 2. Ordnung. Anthozoen, Anthozoa. 3. Ordnung. Hydroiden, Hydroida. Literatur: Pallas, Elenchus Zoophytorum. Hagae 1766. — Cavolini, Memorie per servire alla storia dei polipi marini. Napoli 1785. Deutsch von W. Sprengel 1813. 4to. mit Kupfern. — Rapp, über die Polypen im Allgemeinen und die Actinien insbesondere. Weimar 1829. 4to.. — Ehrenberg, die Corallen- thiere des rothen Meeres. Berlin 1834. — Johnston, a history of the british Zoophytes. Edinburgh 1838. mit Kupfern. Aleussere Bedeckungen und Skelet der Polypen. D:. Polypen, welche nur selten frei lebende, in der Mehrzahl der Fälle aber festsitzende Thiere sind, besitzen einen einfach gestalteten, eylindrischen oder konischen Körper von sehr verschiedener Länge und Dicke. Er trägt an seinem oberen Ende, der Kopfscheibe, die Mundöflnung umgeben von einem Kranze von Tentakeln oder Fang- armen. Am hinteren Körperende tritt er bald in Verbindung mit an- deren Thieren (bei den zusammengesezten Polypen) oder er heftet sich (bei den einfachen Polypen) an fremde Körper an (Actinia, Hydra) oder bleibt auch, aber nur selten, vollkommen frei (so z. B. bei Edwardsia Eleutheria und Lucernaria). Der weiche und zarte Körper der Polypen ist in der bei weitem überwiegenden Menge der Polypen von einem härteren Theile entwe- der umhüllt oder getragen. Es bildet dieser feste Theil, der Polypenstock !), das Ske- let dieser Thiere. Dieses Skelet, welches bekanntlich in seiner Form ungemein varürt, bald baumförmig verzweigt, bald blattähnlich, bald rundlich erscheint, und ebenso eine ganz verschiedene Grösse und Ausbildung besitzt, ist auf eine doppelte Weise gebildet. Entwe- der wird es von den Polypen nach aussen abgelagert und stellt so zellige Räume von verschiedener Gestalt dar, in welche sich die Thiere zurückziehen können (Campanularia, Bowerbankia) oder es wird von den Polypen nach Innen “abgelagert. Es bildet dann eine bald solide, bald wieder zellige Masse, oftmals von einer solchen Ausbildung, dass die Thiere nur als ein dünner weicher Ueberzug des Polypen- stockes erscheinen (Corallium). Man kann nach diesen beiden Anord- nungsweisen ein Röhrengerüste und ein Kern- oder Stammge- 1) Man vergl. über die Bildung des Polypenstockes besonders die Schrift von Ehrenberg, über die Corallenthiere des rothen Meeres. Berlin 1834. sowie Milne Edwards in den Annal. des science. nat. Serie II. Tom. IV. u. VI. 368 Aeussere Bedeckungen und Skelet der Polypen. rüste unterscheiden. Letzteres ist oftmals wieder an seiner Oberflä- che mit Vertiefungen und Höhlen zur Aufnahme der Polypen versehen (Madrepora, Oculina), bisweilen zu diesem Zwecke blos eine blättrige Oberfläche besitzend (Maeandrina, Agaricia), in anderen Fällen aber aller Vertiefungen vollkommen entbehrend (z. B. bei Corallium). Es sind diese Polypenstöcke von einer sehr verschiedenen Festig- keit. Während sie in manchen Fällen vollkommen biegsam erschei- nen und eine pergament- oder lederartige Consistenz besitzen (so z.B. bei Bowerbankia, bei Campanularia, Sertularia, Gorgonia), werden sie bei andern Polypen (Corallium) zu vollkommen steinharten Massen. Da- zwischen findet man jedoch Uebergangsstufen, z. B. Flustra, Cellularia. Diese verschiedene Festigkeit rührt davon her, dass in dem einen Falle die Hülle blos von einer thierischen Grundlage gebildet wird, welche als eine vollkommen structurlose Masse erscheint (Campanularia, Bower- bankia), in dem anderen Falle dagegen durch die Aufnahme anorgani- scher Substanzen, namentlich von kohlensaurem Kalk, mehr oder minder erhärtet und ossificirt. Die Kalkmasse ist in manchen Polypenstöcken in Form spindelförmiger oder unregelmässig gestalteter Kalkkörperchen enthalten (Aleyonium !), Gorgonia, Madrepora), bei andern dagegen bildet sie einen vollkommen unorganisirten Steinkern (Corallium). Die Ablagerung der Kalkkörperchen beschränkt sich jedoch häufig nicht blos auf den Polypenstock, sondern findet auch in den Weich- theilen, namentlich der Haut und den Scheidewänden der Leibeshöhle. statt, so z. B. bei Gorgonia, ebenso auch bei den Madreporen. Der Körper der Polypen wird von einer weichen und dünnen Haut überkleide. Man kann an dieser trotz ihrer Feinheit bisweilen mit Deutlichkeit mehrere Lagen unterscheiden, eine obere, sehr feine, vollkommen structurlose Membran und eine darunter befindliche von ansehnlicherer Dicke, welche Körner eines verschiedenen gefärbten Pigmentes enthält und hierdurch besonders die lebhaften, zum Theil prachtvollen Färbungen mancher Polypen zu bewirken scheint (Actinia Eleutheria) 2). Es bleibt diese Haut entweder nackt oder sie wird stellenweise von einem feinen Wimperepithelium bedeckt. Ein solches hatte man schon seit längerer Zeit an den Fangarmen der Bryozoen beobachtet. 1) Milne Edwards in den Annal. des science. nat. Tom. IV. Pl. XII. u." XV. 2) Eine solche Zusammensetzung der Cutis ist von Quatrefages ganz in der gleichen Weise für Edwardsia (Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. p.79.), für Eleu- theria (ibid. Tom. XVIH. p. 274.) und für Synhydra (Tom. XX. p. 236.) beobach- tet worden. Er bezeichnet die obere Lage als „Epiderme,“ die untere als „Derme.“ Eine ähnliche Anordnung beobachteten wir bei Lucernaria. Nur enthielten hier beide Häute Zellen, und die untere einzelne Fasern eingebettet (vergl. Frey und Leuckart, Beiträge). Es scheint jedoch eine solche AUERNED SO aus zwei Membranen nur in den seltneren Fällen vorzukommen. Aeussere Bedeckungen und Skelet der Polypen. 569 Neuerdings hat man es aber auch an den Armen und Tastläppchen von Veretillum, Aleyonium und den Tentakeln von Actinia bemerkt 1). ‘Die Haut der Polypen enthält, wie bei den Acalephen, in gro- sser Menge Nessel- und Haftorgane. Die Nesselorgane erscheinen in der nämlichen Form wie in den vorhergehenden Klassen. Sie bestehen auch hier aus einer ova- len oder rundlichen Zelle von verschiedener Grösse, aus welcher ein sehr feiner und langer Faden hervorgeschnellt und an fremde Körper angeheftet werden kann, wobei sich leicht die Nesselzelle mit ablöst. In grösster Verbreitung trifft man Nesselorgane bei der Actinie 2), demjenigen Thiere, wo sie überhaupt zuerst entdeckt worden sind 3). Sie erscheinen hier bald in der gewöhnlichen Form mit einem einfa- chen Faden, bald ‚bemerkt man aber auch an der Basis des Fadens eine Menge ganz feiner nach hinten gerichteter Härchen, Verschieden- heiten, welche vielleicht auf Entwicklungsstufen dieser immer neu ge- bildeten Theile beruhen ®%). Sie sitzen hier in zahlloser Menge an den Armen, der Haut des Körpers, namentlich den dicht unter dem Ten- takelkranze gelegenen Warzen (A. mesembryanthemum). Auffallend ist es, dass sie auch hier an einem inneren Organe, den später zu be- schreibenden Mesenterialfilamenten ungemein häufig vorkommen, dem einzigen Eingeweide, wo man sie bis jetzt angetroffen hat >). Auch die der Actinie nahe verwandte Gattung Edwardsia 6) be- sitzt Nesselorgane, welche ebenfalls am dichtesten an den Tentakeln stehen, jedoch auch am übrigen Körper vorgefunden werden. Bei Aleyonium und Veretillum ?), bei Lucernaria 8), bei Desmophyl- lum 9) und Hydractinia 10) hat man derartige Organe gleichfalls angetroffen. 1) Man vergl. Erd], über die Organisation der Fangarme der Polypen in Müller’s Archiv 1841. S. 423. 2) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XXIV. 3) Der Entdecker derselben ist R. Wagner. Vergl. Wiegmann’s Archiv 1835. II. S.215., (wo sie noch als Spermatozoen beschrieben wurden) und dieselbe Zeitschrift von 1841. I. S. 41. (wo ihre wahre Natur erkannt ist). Man vergl. auch Kölliker Beiträge S. 44. und Erdl.a.a. O0. 4) Wagner, Wiegmann’s Archiv 1835. II. Tab. III. fig.7., Kölliker a.a.0. Tab. I. fig. 14. und Erdl in Müller’s Archiv 1842. S. 303. 5) Nach Will ist jedoch das Nesseln der Actinien nicht durch die eben er- wähnten Nesselorgane bewirkt, sondern von runden, mit einer hellen Flüssigkeit erfüllten Bläschen, welche sich in grosser Menge an den Armen befinden und leicht platzen (Horae Tergestinae S. 54.). 6) Quatrefagesa. a. O.p. 81. Pl. I. fig. 11. 7) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. IV. 8) Frey und Leuckart, Beiträge. 9) Von Siebold, vergl. Anatomie S. 29. 10) Die Verfasser fanden sie bei Hydractinia grisea an dem vollständigsten Thiere blos an den Armen, dagegen bei dem unausgebildeten fruchttragenden Ge- schöpfe sowohl an den (rudimentären) Armen als über den ganzen Körper. 570 Aeussere Bedeckungen und Skelet der Polypen. Auffallend ist es, dass man sie noch bei keiner Bryozoe beobach- tet hat. — Den oben erwähnten Gebilden nahe verwandt und gewis- sermaassen nur eine Varietät derselben darstellend sind die Fang- oder Angelorgane der Gattung Hydra !. Man findet hier einmal Organe in Form einer diekwandigen, lang ausgezogenen Blase, aus welcher ein einfacher, sich verschmälernder langer Faden hervor- tritt 2. Dann aber andere in Gestalt einer mehr kugligen Blase, wel- che dicke Wände besitzt, wahrscheinlich mit einer durchsichtigen _ Flüssigkeit erfüllt ist und sich in einen ungefähr gleich langen Hals fortsetzt. An ihm entspringen vier kurze, dornige, seitliche Fortsätze, die gerade einander gegenüber stehen, eine diekere Basis und einen verdünnten Endtheil besitzen. Als Fortsetzung des Halses findet man auch hier einen langen und feinen Nesselfaden 3). Man findet diese beiden Organe vorzüglich an den Fangarmen ®) der Polypen verbrei- tet, doch kommen sie auch an seiner übrigen Körperfläche vor. Diese Fangorgane lösen sich leicht sammt ihren Zellen los. Da sie sich leicht in dieser Weise mit der Spitze ihrer Fäden an die einzelnen Arme der Hydra selbst befestigen, so kann dadurch der Anschein ent- stehen, als ob die Angelorgane aus einem angeschwollenen Endstück beständen, welches an einem feinen Faden aus der Haut hervortrete >). Haftorgane sind ebenfalls bei den Polypen nicht selten. Sie be- stehen aus einer verschieden gestalteten Zelle, aus welcher eine kurze steife Borste hervorgeschoben werden kann, theilen also den gleichen Bau mit denen der Acalephen. Nur selten kommen sie noch mit den eben beschriebenen Organen gleichzeitig bei einem und demselben Thiere vor. So z. B. mit den Fangorganen bei der Gattung Hy- dra 6. Sie nehmen hier bloss die Arme ein und umgeben die Fangorgane kreisförmig. Sie bestehen aus einer diekwandigen Kapsel, in deren Grunde eine tellerförmig eingedrückte Blase liegt, welche auf ihrer Vertiefung einen länglich runden Körper und auf diesem endlich die eigentliche pfeilförmige Borste trägt ?).. — Gewöhnlich sind jedoch diese Haftorgane allem am Körper der Polypen vorhanden. So trifit man sie bei Eleutheria $) in sehr grosser Menge an der Spitze der 1) Der Entdecker derselben ist Ehrenberg, Abhandlungen der Berliner Aca- demie von 1835. S. 147. Vergl. ferner Erd! in Müller’s Archiv 1841. S.429. An- gelorgane scheint auch Stauridium und Syncoryne zu besitzen (Dujardin in den Annal. des scienc. nat. 1845. Tom. IV. p. 261. 2) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XII. B. — 3) Ibid. A — 4) Ibid. fig. VII. und XV.a.a. 5) Ein solches Verhalten ist auch von Ehrenberg als das normale angese- hen und abgebildet worden, wie die nach seinen Abbildungen copirten Zeichnungen fig. VII. und XII. der Ic. zootom. zeigen. Man vergl. auch Erdla. a. 0. S. 432, 6) Vergl. Corda in Nov. Act. Leop. Vol. XVIIL 1. und Erdl a. a. 0. S.430. 7) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XIV. 8) Quatrefages in d. Annal. des science. nat. Tom. XVIIL Pl. VII. fig. 3-5. Aeussere Bedeckungen und Skelet der Polypen. 571 Fangarme, aber auch auf der Haut des Körpers und um die Mund- öffnung. Ihr Bau scheint ein ähnlicher zu sein wie bei Hydra. Es sollen im Innern einer jeden Kapsel zwei zur Bewegung der Borste bestimmte Muskeln vorkommen. Blos am oberen Theile der Tentakeln kommen Haftorgane bei Synhydra !) vor. Wie weit sie bei andern Polypen verbreitet sind, steht noch dahin, doch finden sich auch bei Campanularia und Tubularia ähnliche Gebilde. Von grosser Wichtigkeit für die Oeconomie der Polypen sind die Fangarme oder Tentakeln, fast die einzigen beweglichen Anhänge an dem einfachen Körper dieser Thiere. Form, Zahl, Stellung dieser Theile sind ungemein verschieden; Differenzen, welche jedoch mehr ein Object der Zoologie als der Zoo- tomie darbieten. Im Allgemeinen bilden sie einfache, cylindrische, wurmförmige Röhren von verschiedener Weite und Länge (Hydra 2), Actinia 2), Bo- werbankia) ®), in anderen Fällen sind sie blatt- oder lanzettförmig, an den Rändern gefiedert (z. B. bei Veretillum) 5). Gewöhnlich sind die Tentakeln hohl und mit einem Centralkanale versehen, welcher entwe- der mit dem Magen (Hydra) 6), oder, was gewöhnlicher, mit der Lei- beshöhle (Actinia, Veretillum 7), Flustra, Eschara, Bowerbankia etc.) communieirt und gleich diesen von einem Flimmerepithelium ausge- kleidet wird. Niemals aber sind sie, wie man früher glaubte, an der Spitze offen. Nur unter abnormen Verhältnissen scheint eine sol- che Oeffnung bisweilen an einen Fühler entstehen zu können (Acti- nia) 8. Bei andern Polypen entbehren dagegen die Fühler eines sol- chen Centralkanales, so bei den Campanularien und Tubularien. Bei letzteren ®) ist ihr Inneres mit grossen glashellen Zellen erfüllt, welche entweder hinter einander in einfacher Reihe gelegen den ganzen Raum erfüllen, oder mehrfache Reihen bilden. In der Regel zeigen die Ten- takeln eine ansehnliche Contractilität und daher auch oft eine beinahe ununterbrochene Bewegung. In manchen Fällen kann man an ihnen eine deutliche Muskelschicht (Actinia) oder ein Muskelnetz (Hydra, Eleutheria wahrnehmen; in andern Fällen fehlen Muskeln (Tubularia), wo dann die Contraction der Substanzzellen die Bewegung derselben gestat- tet. Häufig ist ihre Aussenfläche von einem Wimperepithelium be- 1) Quatrefages in den Annal. des scienc. Tom. XX. p. 240. PI.IX. fig. 5u. 7. 2) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. VIIL.b. und X.a. — 3) Ibid. fig. XX. u. 6. A SI 1901155 11:00:00. 0 A a a 6) Ibid. fig. XV. — 7) Ibid. fig. IM. 8) So vielleicht dürfte es sich erklären, dass manche Naturforscher, wie Ry- mer Jones, Lesson, Delle Chiaje eine Oeffnung an der Spitze der Fühler bei Actinia gefunden haben wollen. 9) Van Beneden, Recherches sur l’embryogenie des Tubulaires. Bruxelles 1845. p. 16. 372 Aeussere Bedeekungen und Skelet der Polypen. kleidet. Dasselbe steht niemals über den ganzen Fühler gleichmä- ssig, sondern immer nur in zwei Reihen an den Rändern desselben (z. B. Actinia, Veretillum !)), ebenso bei den Bryozoen, z. B. Bower- bankia 2), wo die einzelnen Cilien von ansehnlicher Länge und ihre Bewegungen der Willkühr des Thieres unterworfen sind, ein Ver- hältniss, was an die Schwingplättchen der Rippenquallen erinnert. Bei anderen Polypen wird dagegen ein solcher Ueberzug von Flimmer- cilien an den Tentakeln vollständig vermisst (so bei Hydra, den Cam- panularien und Tubularien 3). Die Zahl der Tentakeln ist sehr verschieden, oftmals bei einer und derselben Species wechselnd. Es giebt vielleicht einige Polypen, bei welchen nur 6 Fühler angetroffen werden. Häufiger sind 8, so bei Corallium, Veretillum 4), Aleyonium u. a. Andere Polypen besi- tzen deren 10— 12, wie Bowerbankia 5), oder 20— 24, wie einige Arten der Gattung Edwardsia 6). In einer noch grösseren Anzahl aber findet man sie bei den meisten Actinien ?). Ebenso ist die Stellung eine verschiedene. Wenn auch bei der Mehrzahl der Polypen die Fühler nur in einfacher Reihe stehen, so trifft man sie doch bei anderen in doppelter oder mehrfacher. Diese Anordnung steht häufig mit der Zahl derselben in geradem Verhältniss, wie man sie beispielsweise bei Hydra, Veretillum, Alcyonium, Flustra in einer einfachen, bei den Actinien in einer mehrfachen Reihe vorfindet. Es ist hier aber keineswegs die Zahl allein maassgebend. So kommt z.B. bei Syncoryne fast die gleiche Fühlerzahl vor, wie bei Bowerban- kia. Sie stehen aber bei ersterem Thiere in einer drei oder vierfa- chen Reihe, bei letzterem nur in einer einzigen. Ebenso sind bei der einen Species der Gattung Edwardsia die 20—24 Tentakeln in einer einfachen, bei anderen die gleiche Zahl in einer doppelten Reihe an- geordnet. Bei manchen Formen von Polypen stösst man auf einen ganz ab- weichenden Bau der Fühler. So ist Eleutheria 8) mit 6 derselben ver- sehen, welche sich in der Mitte immer in zwei Aeste zerspalten und nach oben knopfförmig endigen. Bei Cristatella entspringen von der Kopfscheibe zwei hufeisenförmig gebogene Stämme, deren jeder unge- fähr 50 kleine, wurmförmige Tentakeln trägt. Ebenso sind in der Fa- milie der Hydroiden die Eier entwickelnden Geschöpfe oftmals mit rudi- mentären, zuweilen gleichfalls knopfförmig geendigten Tentakeln versehen. 1) Man vergl. Erdl in Müller’s Archiv 1841. S. 423. 2) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XIX. A. 3) Van Benedena.a. O0. 4) Ic. zootom. Tab. XXXV. fg. Lu. I. — 5) Ibid. fig. XIX.A. 6) Vergl. Quatrefages in den Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. 1842, 7) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XX. 8) Quatrefages in den Annal. des scienc. nat. Tom. XVIH. Museculatur der Polypen. 573 Neuerdings hat man bei einigen Bryozoen noch einen ganz auffal- lenden und sonderbaren Bewegungsapparat, die sog. vogelkopfähnli- chen Anhänge genauer kennen gelernt !), ohne dass man jedoch ih- ren Zweck erkannt hätte. Es sitzen diese Organe bei Cellularia avi- cularis an der Basis der Polypenzellen auf einem rundlichen Basalstück, welches mit der Aussenwand der Zelle beweglich eingelenkt ist. Diese Organe, welche gleich der Polypenzelle aus einer kalkigen Materie be- stehen, haben einigermaassen die Form eines Vogelkopfes, noch mehr die einer Krebsscheere und bestehen aus einem unbeweglichen grö- sseren und einem beweglichen kleineren Stücke. In der Höhle des ersteren entspringt ein zu dem beweglichen Stücke gehender Muskel, welcher zum Schliessen des Vogelkopfes dient. Wie sich die zu den anderen Bewegungen bestimmten Muskeln verhalten, ist noch unbe- kannt. Man findet, dass sich dieses Organ abwechselnd öffnet und schliesst, daneben aber auch mit seinem Basalstücke hin- und her- wiegt, Bewegungen, welche selbst noch einige Zeit nach dem Tode der Polypen angetroffen werden 2). Etwas abweichend, aber nach dem gleichen Typus gebaut, sind diese Organe bei Bicellaria scruposa. Bei Retepora cellulosa haben sie die Form einer Pinzette. Bei Telegra- phina sind es bewegliche fadenförmige Fortsätze mit einem kleinen Basaltheil. Musculatur der Polypen. Die Polypen sind noch ziemlich allgemein mit einer mehr oder minder deutlichen Musculatur versehen, wenn gleich auch in manchen Fällen das Körperparenchym durch seine Contractilität die Bewegun- gen dieser Thiere vollziehen mag, eine Einrichtung, welche bei den Infusorien ganz allgemein angetroffen wird. In ihrem feineren Baue bestehen die Muskeln der Polypen aus stärkeren oder feineren Bündeln, welche gewöhnlich vollkommen glatt erscheinen (so Z. B. bei’Bowerbankia ®), Eschara, Alcyonella, Crista- tella 4), Cellularia) 5), im anderen Fällen dagegen eine vielleicht nur bei 1) Man vergl. hierüber besonders v. Nordmann, observations sur la Faune Pontique 1840. (Müller’s Archiv 1842. CCVII.) auch Krohn in Froriep’s neuen Notizen N. 533. 2) Von Nordmann.a.a.O. und J. Müller in Froriep’s neuen Not. N.351. 3) Farre in den Philos. Transact. 1837. p. 394. 4) Glatte Muskeln bei Eschara, Alcyonella und Cristatella beobachtete von Siebold, vergl. Anatomie S. 31. Doch sollen nach den Angaben von Milne Ed- wards (Annal. des scienc. nat. Serie II. Tom.IV. p. 3.) bei Eschara quergestreifte Muskeln vorkommen. 5) Ueber die Muskeln der Cellularia s, man v, Nordmann, observations sur la Faune Pontique. p. 679. 574 Museulatur der Polypen. der Contraction entstehende Querstreifung erkennen lassen, (so bei Actinia !), bei Edwardsia, Eleutheria) 2). Oftmals trennen sich die Mus- keln auch hier, namentlich an der Haut, deutlich in Längs- und Rings- fasern; bisweilen sind sie zu einem eigentlichen Netzwerk verflochten. Ihre grösste Ausbildung erreicht die Museulatur bei den Bryozoen. Man findet hier, z. B. bei Bowerbankia 3), zur Retraction bestimmt zwei Arten von Muskeln. Diejenigen, welche das Thier in seine hor- nige Hülle zurückziehen, liegen in der Leibeshöhle als zwei Bündel feiner, fadenförmiger Stränge. Der eine Bündel ?) entspringt aus dem‘ Grunde der Hülle und inserirt sich an der Basis des Magens. Der an- dere Bündel 5) hat einen ähnlichen Ursprung, jedoch gewöhnlich an der dem vorigen entgegengesetzten Seite. Er inserirt sich an der Ver- bindungsstelle von Pharynx und Fühlern. — Andere Muskeln sind zur Retraction des oberen beweglichen Theiles der hornigen Polypen- zelle bestimmt. Sie entspringen von der Innenfläche des unbewegli- chen Schalenstückes nahe an seinem oberen Ende und befestigen sich an den beweglichen Theil. Es sind sechs abgeplattete Bündel. Die drei oberen 6), welche etwas stärker sind, inseriren sich an den be- weglichen Theil der Zelle, die drei unteren ?), etwas kleineren, dienen zur Retraction eigenthümlicher, borstenartiger Fortsätze, welche auf dem oberen Rande des beweglichen Theiles der Polypenzelle stehen. — Der obere Theil der Körperhaut ist noch mit zwei Reihen sehr feiner und kurzer, parallel verlaufender Querfasern versehen. Diese contrahiren - sich, sobald das Thier aus seiner Hülle hervortritt, und erschlaffen bei der Retraction desselben ®). Bei Eschara entspringen von der Wand der Polypenzelle 2 Mus- keln, welche sich an die Basis der Tentakeln befestigen und ebenfalls als Retractoren wirken. Ausserdem trifft man aber noch zwei beson- dere Muskeln an, welche den nämlichen Ursprung haben, sich jedoch an das Deckelchen befestigen, welches an der Oeffnung der Polypen- zelle vorkommt. Sie schliessen durch ihre Contraction dasselbe. Zur Oefinung dient eine elastische, das Charnier des Deckelchen bildende Substanz 9). — Viel entwickelter ist das Muskelsystem bei Tendra zoste- » 1) Erdl (Müller’s Archiv 1841. S. 426.) fand an den Tentakelmuskeln von Actinia mesembryanthemum eine feine Querstreifung. 2) Man vergl. die Aufsätze von Quatrefages in den Annal. des scienc. nat. Tom. XV. 3) Vergl. die schönen Untersuchungen von Farrea. a. 0. 4) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XIX.A.f. — 5) Ibid.e. — 6) TIbid. HE KIN Bue Dr Ibid 8) Genaue Angaben über die Art der Bewegungen dieses Polypen finden sich bei Farre. 9) Milne Edwards in den Annal. des scienc. nat. Serie II. Tom, VI. p. 23. BLARteNT.cCH Ldnınd se: Museulatur der Polypen. 575 ricola !). Eine sehr ausgebildete Musculatur hat man auch bei den Feder- buschpolypen angetroffen 2. Man hat hier sechs verschiedene Gruppen von Muskeln unterschieden. Die erste Gruppe zieht die Tentakel nach Innen und Aussen, die zweite Gruppe bewegt das sog. Züngelchen am Munde dieses Polypen. Die dritte Gruppe bilden zwei sehr an- sehnliche Muskeln, welche vom Grunde der Zelle entspringen, zu den Seiten des Verdauungsapparates nach oben verlaufen und ungefähr in der Mitte der Speiseröhre sich in je zwei Bündel theilen, von welchen das stärkere am Grunde der Arme an den Seiten der Mundöffnung sich befestigt, während das dünnere Bündel an der Hinterseite der Basis der Arme endigt. Sie dienen zur Retraction des ganzen Thieres und scheinen dem langen Muskelbündel der Bowerbankia zu entspre- chen. Ebenso scheint die vierte Gruppe, welche aus zwei Bündeln besteht, die sich an den hinteren Theil des Magens inseriren, wohl dem ähnlichen Bündel des vorigen Polypen zu correspondiren. Die Er- weiterung des Mantels bewirken sehr zahlreiche Hautmuskeln als fünfte Gruppe. Endlich sind als letzte Gruppe zehn Muskeln zur Ein- und Ausstülpung des Mantels vorhanden, welche von der Innenfläche der Polypenzelle ihren Ursprung nehmen. Mit einer viel einfacheren Musculatur versehen sind die Antho- zoen. Sieht man von Muskeln, welche die Scheidewände der Leibes- höhle bilden helfen, vorläufig ab, so findet man hier fast nur Haut- muskeln, oftmals nur noch als feine, den Hautbedeckungen eingewebte Fasern, in anderen Fällen dagegen viel mehr ausgebildet. Als Bei- spiel einer entwickelteren Musculatur kann uns Edwardsia 3) dienen. Man findet bei diesem frei lebenden, wurmartig sich bewegenden Thiere über den ganzen Körper eine aus circulären Fasern gebildete Schicht, welche an dem mittleren Körpertheile ihre grösste Mächtigkeit er- reicht, nach den beiden Enden, namentlich nach dem hinteren hin, viel schwächer ist. Die Fasern liegen eingebettet in eine homogene Grundmasse. Die darunter gelegene Längsfaserschicht besteht dagegen aus viel deutlicheren Faserbündeln. Diese scheinen vom Schliessmus- kel des Mundes zu entspringen, jedoch nicht in einem bald parallel werdenden Verlaufe das hintere Körperende zu erreichen. Eine viel schwächere, aus sehr feinen Rings- und Längsfasern bestehende mus- culöse Schicht besitzen die Tentakeln dieses Thieres.. Auch bei den Actinien besteht die Musculatur am Körper aus Längs- und Querfa- sern, an der Sohle hauptsächlich aus radienförmigen Längsfasern. Mit 1) Von Nordmann in den Annal. des science. nat. Tom. XI. p. 188. 2) Coste in den Comptes rendus Tom. XI. 1841. p. 724. und Müller’s Archiv 1842. CCX. 3) Man vergl. Quatrefages in den Annal. des scienc, nat. Tom. XVII. p. 84 und 96. 576 Nervensystem der Polypen. der Musculatur des letzteren Theiles vermag denn auch die Actinie }) an den Gegenständen, welchen sie aufsitzt, sich langsam weiter fort- zubewegen, eine Bewegungsweise, welche man ebenfalls an den Po- Iypenstöcken einiger Bryozoen, z. B. bei Cristatella 2), beobachtet hat. Aehnlich der der Anthozoen ist im Allgemeinen auch die Muscu- latur bei manchen Hydroiden. So liegt sie bei Synhydra 3) an der Vereinigung des konischen Mundfortsatzes mit dem übrigen Polypen- körper als ein musculöser Querring. Von ihm entspringen mit meh- reren Wurzeln ansehnliche Längsbündel, welche sich in Form weiss- licher Bänder durch den ganzen Körper erstrecken. Aehnliche, von der gleichen Stelle abtretende Muskeln besitzt auch der kegelförmige Mundfortsatz. Darunter liegt noch ein aus ziemlich weiten, nach un- ten immer kleiner werdenden Maschen bestehendes Muskelnetz, wel- ches die Querbündel zu ersetzen scheint und abermals eine dünne Längsmuskellage unter sich hat. Viel schwächere musculöse Schich- ten kommen am Körper der Eleutheria 4) vor, deren sonderbare Arme aber ein ansehnlich entwickeltes Muskelnetz besitzen. Ein ähn- liches, aber zarteres Netzwerk zeigen die Fangarme der Gattung Hydra 5). An dem Körper dieser Thiere ist dagegen nichts mehr auf- gefunden, was als Muskelfasern angesprochen werden könnte, ein Um- stand, welchen dieser Polyp mit vielen Hydroiden theilt. Nervensystem der Polypen. Unsere Kenntnisse vom Nervensystem der Polypen sind sehr un- vollkommen, wenngleich es keinem Zweifel unterliegen dürfte? dass ein solches in einfacher Form auch diesen Geschöpfen noch zukommt und namentlich den im Allgemeinen noch so hoch organisirten Bryo- zoen nicht abgehen werde. Bis jetzt sind jedoch hierüber nichts als vereinzelte, zum Theil noch zweifelhafte Angaben vorhanden. In der That betreffen diese Beobachtungen fast alle die Bryo- zoen. So soll bei Alcyonella das Nervensystem in einem einzigen Knoten bestehen, welcher über dem Oesophagus gelegen und mit ei- nem vollkommenen Nervenring versehen ist 6). Dagegen soll bei Plu- matella cristata der Suboesophagealknoten von zwei Anschwellungen 1) Vergl. Berthold, Beiträge zur Anatomie etc. S. 16. 2) Dieses Fortgleiten der Cristatella, welches Dalyell gefunden hatte (Fro- riep’s Notizen N. 920.), ist neuerdings von Siebold bestätigt worden. S. dessen vergl. Anatomie S. 32. 3) Vergl. Quatrefages in den Annal. des scienc. nat. Serie II. Tom. XX.p. 237. 4) Quatrefages in den Annal. d. science. nat. Tom. XVII. 5) Man vergl. Corda in Nov. Act. Leop. Tom. XVII. S. 299. 6) Vergl. van Beneden in den Annal. des scienc. nat. SerielI. Tom. XIV.p. 222, Sinnesorgane der Polypen. Bu: 7% zusammengesetzt werden !). Bei Plumatella campanulata hat man ei- nen riemenförmigen, unter dem Munde gelegenen Körper für ein Gan- glion angesprochen 2). Bei Tendra zostericola 3) sollen zum Nerven- systeme drei kleine ganglienartige Körper gehören, welche in der Nähe des Mundes liegen. Unter den Anthozoen hat man bei Actinia 4) unter den Haut- muskeln zwischen Leibeshöhle und Sohle einen Nervenring mit fünf kleinen Ganglien, die Nerven entsenden, wahrgenommen. Ebenso soll auch bei Pennatula °) ein Nervensystem angetroffen werden. Bei den polypenartigen Hydroiden kennt man noch kein Ner- vensystem Dagegen scheinen manche dieser Geschöpfe in der merk- würdigen Periode ihres Lebens, wo sie als Schirmquallen frei um- herschwimmen, mit einem solchen versehen zu sein. In dieser Le- bensperiode hat man bei Campanularia vier rundliche, etwas unre- gelmässig gestaltete Ganglien um den Magen angetroffen 6). Sinnesorgane der Polypen. Es sind an dem Körper der Polypen fast alle Sinneswerkzeuge geschwunden. Nur der Tastsinn scheint sich bei ihnen noch allgemein erhalten zu haben und in der Regel eine grosse Feinheit und Schärfe zu besitzen. Den Sitz desselben hat man einmal in der weichen, den ganzen Körper überziehenden Haut zu suchen, dann aber namentlich in den Fühlern, welche durch ihre Lage und feineren Bedeckungen zu diesem Zwecke besonders geeignet sind. Wie es scheint, ist bei einem Theile von Polypen, bei welchen man die Fähigkeit einer Lichtwahrnehmung bemerkt hat, die ganze Körperoberfläche auch zu diesem Zwecke bestimmt ?). Sehwerkzeuge hat man bis jetzt allen bei der merkwürdi- 1) Dumortier, Bulletin de l’Academie des sciences de Bruxelles 1836. Nach Coste (Comptes rendus. Tom. XI. 1841. p. 724.) soll dieses bei allen Federbusch- polypen der Fall sein. 2) Von Nordmann, observations sur la Faune Pontique p. 709. und Mül- ler’s Archiv 1842. CCXI. 3) Derselbe in den Annal. des scienc. nat. 1338. Tom. XI. p. 190. 4) Lecons d’Anat. comp. par G. Cuvier, seconde edition revu par F. Cu- vier et Laurillard. Tom. III. p. 376. Schon früher hatte Spix (Annal. du Mus. d’hist. nat. 1809. p. 443.) den Actinien ein Nervensystem zugeschrieben. Vergl. Berthold, Beiträge. S. 5. und Grant, Umrisse S. 217. 5) Costa in Froriep’s neuen Notizen N. 450. 6) Van Beneden, Mem. sur les Campanulaires de la cöte d’Ostende in An- nal. des scienc. nat. 1843. Tom. XX. Pl. XII. fig. 16. 7) Interessante Beobachtungen über die Sinnesempfindungen der Edwardsien theilt Quatrefages mit. S. Annal. des science. nat. 1842, Tom. XVIIL, Wagner’s Zootomie. II. 37 578 Verdauungsorgane der Polypen. gen Eleutheria angetroffen !). Sie sind hier am Körper des Thieres an der Basis der sechs Tentakeln gelegen als eine gleiche Anzahl ro- ther Pigmentflecke. Sie enthalten sehr deutlich eine durchsichtige halbkuglige Linse, welche mit ihrem oberen Theile aus dem Pigmente hervorragt und hier von einer deutlichen Hornhaut überwölbt wird. Gehörwerkzeuge hat man bisher bei ausgebildeten Polypen noch nicht bemerkt. Dagegen sind die Hydroiden zu der Zeit, wo sie als Medusen frei leben, gleich diesen mit den sog. Randkörpern, also mit Gehörorganen, versehen. So liegen am Scheibenrande der Gam- panularia acht farbloser Bläschen, deren jedes einen einzigen grossen Otolithen enthält 2), welcher sich ebenfalls in Säuren auflösst. Die gleiche Bedeutung mit ihnen haben höchst wahrscheinlich die vier pigmentirten Randkörper, welche man zu dieser Periode bei Co- ryne fritillaria 3) und Syncoryne Sarsii %) bemerkt hat. Verdauungsorgane der Polypen. Der Verdauungsapparat der Polypen ist in den drei Hauptab- theilungen in ganz verschiedener Weise gestaltet. Bei den Bryozoen) zeigt er eine an höhere Klassen erinnernde Entwicklung. Er besteht hier aus einem von verschiedenen Abtheilun- gen gebildeten Kanale, welcher vollkommen geschlossen die Leibes- höhle gewunden durchsetzt und mit getrennter Mund- und Afteröff- nung versehen ist. Als Beispiel für die Bryozoen kann der Verdauungskanal von Bo- werbankia densa dienen 6). Auf dem Centrum der Kopfscheibe, um- geben von dem Tentakelkranze, liegt die Mundöffnung. Von ihr nımmt ein mässig weiter, aus kleinen Zellen bestehender Pharynx ?) seinen 1) Vergl. Quatrefages in den Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. p. 230., Pl. VIII fig. 6. Wahrscheinlich besitzen einige der acalephenartigen Sprösslinge der Hydroiden ebenfalls Sehwerkzeuge (s. weiter unten bei den Geschlechtsorganen). 2) Man vergl. van Beneden, in den Annal. des scienc. nat. Tom. XX. Fer- ner Krohn in Müller’s Archiv 1843. S. 176., ebenso Kölliker in Froriep’s neuen Notizen N. 534. Die Annahme von van Beneden, dass diese Organe als Seh- und Höhrapparate zugleich functionirten, ist sehr unwahrscheinlich, um so mehr, als neuerdings v. Nordmann (Annal. des science. nat. 1845. Tom.Ill. p. 151.) bei Campanularia ebenfalls eine vibrirende Bewegnng dieses Körpers beobachtet hat. Es ist wenigstens unbegreiflich, wie ein derartiger in beständiger Bewegung befind- licher Körper als ein brechendes Medium auch nur mit einiger Schärfe wirken sollte. 3) Vergl. Steenstrup, Generationswechsel S. 23. 4) Loven in Wiegmann’s Archiv 1837. I. S. 323. 5) Ueber den Verdauungskanal der Bryozoen vergl. man die schöne Arbeit von A, Farre in den Phil. Transact. for the year 1837. p. 387. 6) Ic. zootom, Tab. XXXIV. fig. XIX — 7) Ibid. A.u.B.a. Verdauungsorgane der Polypen. 379 Ursprung und verschmälert sich zu einem engeren Oesophagus !), wel- cher in gerader Richtung nach abwärts läuft. Dieser führt: mit einer Verengerung (Cardia) in einen Vormagen oder Kropf 2) von seltsamer Structur. Er hat dickere Wände als irgend ein anderer Theil des Ver- dauungsapparates und ist mit pyramidalen Zellen oder Körperchen an seiner Innenseite bedeckt 3), welche ihre Spitze nach innen und oben kehren und eine Art von Magenbewaflnung darstellen. Nur zwei Stel- len bleiben von ihnen frei. Es stehen nämlich hier einander entgegen- gesetzt zwei dunkle rundliche Körper 4). Sie zeigen radienförmige dunkle Linien. Ihre Spitzen ragen im Zustande der Ruhe frei in die Höhle des Kropfes hinein, werden dagegen bei der Contraction dieses Theiles wider einander gedrückt, so dass hierdurch die Höhle geschlos- sen wird. Sie scheinen Muskeln darzustellen. Es öffnet sich der Kropf in die eine Spitze des Magens 5). Dieser hat eine längliche Gestalt, ist ‚nach unten blind geendigt, und in seiner ganzen Ausdehnung mit einem aus braunen Zellen bestehenden Leberbelage 6) besetzt. An der ande- ren Spitze desselben nimmt mit einer Einschnürung (Pylorus) ein langer, aus blassen Zellen bestehender Dünndarm ?) seinen Ursprung. Er läuft gerade nach oben zu der Seite des Oesophagus, aber von ihm vollkommen getrennt, und endet mit einer seitlich unter dem Tenta- kelkranze gelegenen Afteröffnung $). Mit diesem Baue kommt der Darmkanal der anderen Bryozoen überein. Doch findet man hier manche Differenzen im Einzelnen. So ist der eigenthümliche Zahnapparat des Vormagens nur noch selten vorhanden, wie bei Vesicularia spinosa ®) und Alcyonella stagnorum 1), fehlt dagegen den meisten Bryozoen, wie z. B. der Gattung Flustra, Halodactylus diaphanus gänzlich, Ferner ist die Länge der einzel- nen Theile manchen Verschiedenheiten unterworfen. So findet man eine verhältnissmässig sehr kurze Speiseröhre bei Halodactylus dia- phanus, einen Darm von auffallender Kürze bei Cristatella mirabilis 11) und bei Cellularia avicularis 12). In anderen Fällen scheint der Leber- belag beträchtlich zu schwinden (Halodactylus diaphanus). Es ist der Verdauungsapparat der Bryozoen gewöhnlich mit einem Flimmerepithelium ausgekleidet, durch dessen Action, ähnlich wie bei den Räderthieren, die Speisen rotirend umher bewegt werden. Er 1) Ic. zootom. Tab. XXXIV.fig. XIX. A.u.B.b. — 2) Ibid.c. — 3) Ibid. HERR. bei u 4) Ibid.a.a. — 5) Ibid A.u.B.d. 6) Ibid. A.d. 7) Ibid.e. — 8) Ibid. f. 9) Farrea..a. 0. Pl. XXI. 10) Von Siebold, vergl. Anatomie S. 40. 11) Von Siebolda.a. O. 12) Die Verfasser fanden an mehreren Stöcken von Cellularia avicularis nur an den tiefer sitzenden Thieren einen derartigen braunen Leberbelag, während die an der Spitze des Stockes befindlichen Polypen ihn nicht zeigten. SE 580 Verdauungsorgane der Polypen. zeigt in allen seinen Theilen, ganz besonders aber, was Kropf und Pharynx betrifft, eine beträchtliche Contractilität. Nach einem ganz anderen, viel einfacheren Typus gestaltet ist der Nahrungsapparat der Anthozoen. Eine Afteröffnung fehlt durchaus und das ganze Verdauungssystem besteht gewöhnlich nur in einem einfa- chen Magensack, welcher von einem Flimmerepithelium ausgekleidet wird. Er bietet jedoch bei den einzelnen Ordnungen der Anthozoen ver- schiedene Formen dar, so dass man am zweckmässigsten ein Thier, z. B. eine Actinie, zu Grunde legt und dann die übrigen Differenzen anreiht. Man findet bei den Actinien !) den Mund im Centrum der Kopf- scheibe als eine veränderliche, aber im Allgemeinen sehr ansehnliche Oeffnung gelegen 2. Seine Ränder (Lippen) sind abgerundet und mit tiefen Einschnitten versehen, was der ganzen Mundöffnung ein stern- förmiges Ansehen giebt. Die zwischen den einzelnen Einschnitten ge- legenen Mundwülste (plicae oris) zeigen an ihrem inneren Rande noch- mals ähnliche, aber seichtere Einschnitte. Zwei dieser Wülste, welche einander entgegengesetzt stehen, zeichnen sich vor der anderen durch ihre grössere Deutlichkeit aus. Der sich anreihende Magen >) ist ein ziemlich kurzer, cylindrischer Sack, welcher ungefähr in der Mitte am weitesten ist und mit seinem Grunde tief in die Leibeshöhle hineinragt. Er lässt eine Schleimhaut, eine Muskelschicht und einen serösen Ueberzug erkennen. Der Grund des Magens ist nicht geschlossen #), sondern in seinem ganzen Umfang offen 5), so dass die Magenhöhle mit der Leibeshöhle in freier Communication steht. Man findet, dass die beiden oben er- wähnten starken Wülste 6) sich durch die ganze Magenhöhle fortsetzen und am hinteren Rande des Magens in einen zipfelförmigen Fortsatz von dreieckiger Gestalt übergehen. Beide Fortsätze ragen in die Lei- beshöhle frei hinein. Sie können, unterstützt durch die Contraction des Magens, den Grund desselben vollkommen verschliessen. Während die Mehrzahl der Actinien, z. B. Actinia holsatica, rufa, efloeta, zwei 1) Ueber den Bau der Actinien müssen wir auf unsere Beiträge verweisen. 2) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XXL.b. und XXII. a. 3) Ibid. fig. XXI b. 4) Es ist dieses Geschlossensein des Magens der Actinien ein sehr allgemein verbreiteter Irrthum. Man vergl. Meckel (System der vergl. Anat. Th. IV. S. 30), Rapp (a. a. O. 46.), R. Wagner (vergl. Anat. S.71.), Sharpey in Todd’s Cyclopaedia. Vol.I p.614.), Rymer Jones (a general outline of the animal King- dom 1841. p. 41.). 5) Eine derartige Communication ist schon früher von Ilmoni (Isis 1830. S. 695.) gesehen und von Siebold (vergl. Anat. S. 38.) vermuthet worden. 6) Ueber diese Wülste vergl. man Delle Chiaje Memorie II. p. 231. und Teale (on the anatomy of Actinia coriacea in Leed’s Transact. of the philos. and litterary society Vol. 1.) oder bei Johnston, British Zoophytes. p. 197. Verdauungsorgane der Polypen. Jl ‘ dieser Wülste besitzen, scheint bei anderen, z. B. Actinia dianthus !), nur ein einziger vorzukommen. Mit diesem Baue der Actinien stimmt nun ein grosser Theil der übrigen Anthozoen überein. Er zeigt ganz allgemein an dem ähnli- chen Magensacke eine Oeflnung, welche nach der Leibeshöhle führt. Derartige Verhältnisse hat man bei Veretillum 2), Alcyonium und Aleyonidium 3), Corallium 4), ebenfalls auch bei Caryophyllia ramea 5) angetroffen. Nur selten jedoch sind, wie bei letzterem Thiere, die Magenwülste mit den zipfligen Fortsätzen noch vorhanden. Bei der den Actinien sehr nahe stehenden Edwardsia 6) liegt die Mundöffnung entweder wie bei den Actinien auf der Ebene der Kopf- scheibe, oder sie ist auf die Spitze eines konischen Fortsatzes überge- gangen. Sie wird von einem sehr ansehnlichen Sphincter umgeben. Die Magenhöhle ist auffallend kurz und ebenfalls mit einer entwickelten, aus inneren Längs - und äusseren Ringsfasern gebildeten Musculatur versehen. Letztere wandelt sich am Grunde des Magens zu einen starken Schliess- muskel um. — Auch bei der sonderbaren Lucernaria existirt wahrschein- lich nur ein sehr kurzes, der Kopfscheibe aufsitzendes Magenrohr ?). In der Gruppe der Hydroiden kommt bei denjenigen Formen, welche vereinzelte Thiere darstellen, also beispielsweise bei Hydra und Eleutheria, eine Verdauungshöhle vor, welche nach unten blind geendigt ist. Sie ist von ansehnlicher Weite und bei dem Mangel ei- ner Leibeshöhle weniger scharf vom Körperparenchym abgegrenzt, aber doch mit deutlichen, besonderen Wandungen versehen. Ihre Form richtet sich nach der Körpergestalt des Thieres. Sie bildet einen ein- fachen, weiten und flachen Sack bei Eleutheria, einen längeren Schlauch bei Hydra, indem hier der eigentliche Magen mit einem in dem Fusse enthaltenen Kanale im Zusammenhang steht. Letzterer Kanal ist nach unten geschlossen 8). Bei beiden Thieren werden die Tentakeln von Kanälen durchzogen. Diese münden daher bei dem Mangel einer Lei- beshöhle in den Magen. Bei anderen, wie bei Goryne, wo die Tenta- 1) Johnstona.a. O. 2) Man vergl. Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. I. u. Il.d., die Verdauungsorgane von Veretillum cynomorium. Ferner Rapp a. a. 0. S. 33. 3) Vergl. den Aufsatz von Milne Edwards in den Annal. des scienc. nat. Serie II. Tom. IV, 4) R. Owen, Lectures of anatomy and physiology etc. S. 87. 5) Frey und Leuckart, Beiträge. 6) Vergl. Quatrefages in den Annal. des science. nat. 1842. Tom. XVIIL Wir müssen jedoch hierzu bemerken, dass Quatrefages in dem von uns als Magen aufgefassten Theile nur den Pharynx sieht. Als Magen gilt ihm ein tief in die Leibeshöhle hineinragendes, sehr zarthäutiges Gebilde. 7) Frey und Leuckart, Beiträge. 8) Es ist daher ein Irrthum, wenn Corda von einem After bei Hydra spricht. S. Nov. Act. Leop. Vol. XVII. p. 302. 982 Organe des Kreislaufs bei den Polypen keln nicht ausgehöhlt sind, besteht das ganze Höhlensystem nur in dem Magen und dem nach unten abgehenden, verengten Theile. Bei den übrigen Hydroiden, welche mit einander zu Colonien ver- einigt sind, also z. B. bei Tubularia, Hydractinia, Eudendrium !), ste- hen die zuletzt beschriebenen Röhren, in welche der Magen überführt, mit einander in Verbindung, so dass hierdurch ein Uebergang der Nahrungsstoffe aus dem einen Magen in den anderen möglich wird. Das nämliche Verhältniss, nur in einem noch höheren Grade, zeigen die Sertularinen, z. B. Campunalaria 2). Es führt hier die auf einem konischen Vorsprunge gelegene Mundöffnung mit einem verengten Theile in den Magen. Dieser stellt einen weiten Sack dar, welcher sich durch Bänder an die Hülle befestigt und in die Darmröhre über- führt. Sie ist ein dünnerer Kanal, welcher ebenfalls, aber ganz un- regelmässige Bänder an die Hülle abschickt. Während Magen und der Mundtheil desselben eine ansehnliche Contractilität besitzen, entbehrt dieser die Darmröhre gänzlich. Die Bewegung der in ihr enthaltenen Flüssigkeit geschieht durch ein zartes, auch im Magen vorkommendes Flimmerepithelium, ist im Uebrigen unregelmässig 3). Besondere, zur Verdauung bestimmte Absonderungswerkzeuge scheinen bei den Polypen zu fehlen. Es erfüllt die Rolle der Leber bei den Bryozoen der am Magen vorkommende Ueberzug brauner oder gelblicher Zellen, bei den anderen Polypen eine innere, am Magen vor- kommende Zellenlage, deren Zellen eine verschiedene Färbung, eine weissliche (Edwardsia), gelbliche (Aleyonium), oder braune (Hydra, Veretillum) besitzen. Organe des Rreislaufs bei den Polypen. Der Säfteumlauf im der Klasse der Polypen ist sehr vereinfacht. Gewöhnlich dient als Organ für ihn die Leibeshöhle dieser Thiere. Sie ist zu diesem Zwecke mit einem Flimmerepithelium ausgekleidet. Man findet hier noch bei einem Theile eine Verbindung mit der Verdauungs- höhle, bei anderen fehlt diese. Die Flüssigkeit der Leibeshöhle wird in ähnlicher Weise mit dem Wasser vermischt, wie bei den Acale- phen, was theils durch die Magenöffnung, theils durch besondere, am Polypenleibe angebrachte Löcher geschieht. In dieser Flüssigkeit, 1) Van Beneden,a.a. 0. 2) Vergl. Loven in Wiegmann'’s Archiv 1837. I. S. 249. u. Tab. VI. Van Beneden in den M&m. de Acad. de Bruxelles 1843. 3) Wie van Beneden richtig angiebt. Die früheren Beobachtungen von Eh- renberg (Abhandl. der Berliner Akademie von 1832.) und Loven a. a. O., wor- nach durch die Contractionen der Darmröhren der Säfteumlauf in diesen bewirkt werden sollten, beruhen gewiss auf einem Irrthume. Organe des Kreislaufs bei den Polypen. 583 welche man am besten einem Chylus vergleichen kann, sind zahl- reiche rundliche Körperchen, Chyluskörperchen !), enthalten, die theils als Zellen, theils als Körnchenhaufen erscheinen und bei Vere- tilum Yioo—"/s00“, bei Actinia Vz00 — soo“ messen. Bei einem grossen Theile der Anthozoen zeigt die Leibeshöhle eine eigenthümliche Structur, indem sie durch lamellöse Scheidewände in eine Anzahl neben einander gelegener Kammern oder Taschen ge- theilt wird. Am ausgebildetsten ist diese Anordnung bei den Actinien 2). Es nehmen hier alle Scheidewände im Centrum der Fusssohle ihren Ur- sprung in Form cylindrischer Muskelstränge, welche radienförmig nach den Seitentheilen des Körpers ausstrahlen. Unter diesen Strän- gen zeichnen sich etwa achtzehn durch ihre grössere Entwicklung vor den übrigen aus. Sie steigen zu blattähnlichen Lamellen verdünnt nach der Mundscheibe herauf. Mit ihrem Aussenrande, welcher noch am dicksten bleibt, befestigen sie sich an den Hautmuskelschlauch mit ihrem inneren an den Magen; ihr unterer Rand dagegen bleibt frei. Die übrigen radienförmigen Muskelstränge bilden in ähnlicher An- ordnung ebenfalls Scheidewände. Doch sind diese schmaler und er- reichen mit ihrem inneren Rande nicht völlig den Magen. Es exi- stirt somit bei den Actinien eine grosse Menge mehr oder weniger vollkommen von einander geschiedener Taschen, welche alle in einem centralen, unmittelbar unter dem Magen gelegenen Raume zusammen- fliessen, nach oben aber blind geendigt sind und sich hier nur in die Hohlräume der Tentakeln fortsetzen. Es sind im Uebrigen wahr- scheinlich noch in den einzelnen Scheidewänden, unterhalb der Tenta- keln, nahe an der Leibeswand runde Löcher zur Verbindung der Ta- schen vorhanden 3). Das Wasser tritt nun nach Willkühr durch Mund und Magen in die Leibeshöhle hinein, oft in grosser Menge. Es wird auf dem glei- chen Wege durch die Contractionen der Hautmuskeln bald in einem breiten Strome entleert, bald durch zahlreiche feine Löcher der Kopf- scheibe (Cribrina) in dünnen und hohen Strahlen ausgesprützt 9). 1) Als Beispiel können die Chyluskörperchen von Veretillum cynomorium dienen. Ic. zootom. Tab. XXAXIV. fig. II. 2) Frey und Leuckart, Beiträge. 3) So nach Sharpey in Todd’s Cyclopaedia. Vol. I. p. 614. 4) Von manchen Beobachtern, Rymer Jones (a.a.0.) Lesson (Duperrey, Voyage etc. Zoophytes p. 821.), Delle Chiaje (Bullet. des science. nat. Tom. XVII. p- 471.) werden Oeffnungen an der Spitze der Tentakeln angenommen, was aber ganz gewiss irrig ist, wie auch Quatrefages es für Edwardsia (Annal. d. scienc. nat. Tom. XVII. p.96.) in Abrede stellt. Man beobachtet allerdings, dass bisweilen bei sehr starken Contractionen Flüssigkeit aus der Spitze der Tentakeln entleert wird. Es geschieht dieses aber nur dadurch, dass bei einem heftigen Andrange jener hier eine Zerreissung entsteht. 584 Organe des Kreislaufs bei den Polypen. Es theilen diesen fächerartigen Bau der Leibeshöhle im Uebrigen alle Anthozoen mit den Actinien. Am nächsten schliessen sich die Ma- dreporen an, sowohl durch die grosse Menge, als auch durch die un- gleiche Entwicklung ihrer Scheidewände. Bei den übrigen Anthozoen ist die Zahl der Scheidewände weit weniger ansehnlich. In der Regel beträgt dieselbe nur acht (Edward- sia, Aleyonium, Veretillum, Tubipora etc.) oder gar nur sechs (wie bei Corallium). Die einzelnen Scheidewände zeigen übrigens alle die gleiche Ausbildung, indem die unvollständigen Septa der Actinien und » Madreporen hier verschwunden sind. Auffallend, jedoch mit der Kör- perform im Zusammenhang stehend, ist die bedeutende Länge dieser Septa. Sie erstrecken sich nämlich bei diesen zusammengesetzten Po- Iypen bis weit in den Körperstamm hinein, ohne dass jedoch hier der Ausgangspunkt für sie genauer zu bestimmen wäre. Bei der verhält- nissmässig beträchtlichen Kürze des Magens dieser Thiere erscheinen daher die Septa weniger als Scheidewände zwischen einzelnen Taschen, als vielmehr in der Forın gleich breiter Längsfalten, welche frei in die Leibeshöhle hineinragen. Auffallende Abweichungen im Baue dieser Theile zeigt die den Actinien sehr nahe stehende Gattung Edwardsia. Es entspringen hier die Scheidewände zwar in einer ähnlichen Weise vom Grunde des Körpers, verlassen aber bald nach ihrem Ursprunge die Leibeswan- dung und verlaufen so, sich immer mehr von letzterer entfernend, nach innen und oben. Sie werden, wo sie der Bauchwand nicht ange- heftet sind, von einer besonderen, cylindrischen, dünnhäutigen Hülle umgeben. Diese setzt sich zuletzt an den Grund des Magens an !). Auch bei der Gattung Lucernaria werden derartige Scheidewände in der ansehnlichen Leibeshöhle angetroffen, welche die letztere da- durch in mehrere taschenförmige Räume zerlegen 2). Die Septa erstrecken sich bis in den hinteren, cylindrischen Körpertheil hinein und bilden hier vier der Länge nach verlaufende Stränge, welche mit ihren Aussenrändern an die Leibeswand geheftet sind und ihre freien Innenränder einander zukehren. Sie entspringen vom Grunde des Körpers getrennt. An der Kopfscheibe enden sie im Spaltungs- 1) Quatrefages deutet diese Verhältnisse jedoch etwas anders. Er sieht in dem zuletzt erwähnten häutigen Gebilde den Magen und in dem oben als Ma- gensack erwähnten Theile bloss einen Pharynx. Die Aehnlichkeit mit dem Magen anderer Polypen ist jedoch einer solchen Deutung nicht günstig. Der einzige Grund zu dieser Annahme scheint das Vorkommen von Speiseresten in letzterem Schlauche gewesen zu sein. Dass die oben im Texte aufgestellte Deutung die richtige sei, können die Verfasser beim Mangel eigener Anschauung freilich auch nicht verbürgen. 2) Die Ansicht von Delle Chiaje (Memorie Vol. u. p. 4.) wornach die Lei- beshöhle mit ihren Taschen ein mit Darmröhren versehener Magen wäre, ist unrichtig Organe des Kreislaufs bei den Polypen. 385 winkel der vier dichotomisch getheilten Arme (L. fascieularis).. Es wird hierdurch die Höhle eines jeden Grundtheiles der Arme in zwei, durch eine senkrechte Scheidewand getrennte Hälften, der vordere Theil der Leibeshöhle mithin in acht Abtheilungen zerlegt. Bei den Bryozoen ist die Leibeshöhle ebenfalls von einem Flim- merepithelium ausgekleidet, so z. B. bei Cristatella und Aleyonella !) und in ähnlicher Weise Sitz der Circulation, wie bei den Anthozoen. Wie es scheint existiren auch hier besondere, zum Eintritt des Was- sers bestimmte Oeffnungen (Alcyonella) 2). Dem nämlichen Zwecke scheinen einzelne Theile des Körpers der Hydroiden zu dienen. So vor allem die sog. Darmröhren der Cam- panularien, ebenso der dünnere, vom Magen aus in den Fuss sich er- streckende Kanal der Hydra 3), sowie endlich die bisweilen in den Tentakeln vorkommenden, direkt mit dem Magen im Zusammenhang stehenden Kanäle (z. B. bei Hydra 4) und Eleutheria 5)). An allen die- sen Theilen ist ebenfalls ein Flimmerepithelium die Triebfeder des Säf- teumlaufes. Dass neben dieser Chyluscirculation noch ein besonderes Blutge- fässsystem vorkomme, wie mehrere Beobachter angeben, bedarf noch der Bestätigung $). 1) Ein derartiges Wimperepithelium in der Leibeshöhle von Bryozoen hatte schon Grant bei Flustra beobachtet (cf. dessen Umrisse etc. S. 525.). Bei Crista- tella mirabilis und Alcyonella stagnorum hat sich v. Siebold von der Anwesen- heit eines Flimmerepitheliums in der Leibeshöhle auf das Deutlichste überzeugt. (S. dessen vergl. Anatomie S. 42.). Vergl. auch van Beneden (Annal. des scienc. nat. Tom. XIV. p. 222. Es gehört somit auch die Circulation der Bryozoen in die grosse Klasse der von Flimmerbewegung bedingten Strömungen. 2) Meyen fand bei Alcyonella neben dem After eine Oeffnung, durch welche er Eier entleert werden sah und die vermuthlich auch der Wasseraufnahme dient (Isis 1828. S. 1228.) Van Beneden (a. a. 0. Tom. XIV. p. 222.) will an ‘der Basis der Fühler bei demselben Polypen eine Reihe von Oeffnungen gesehen ha- ben, denen er die Wasseraufnahme zuschreibt. 3) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. VII. — 4) Ibid. fig. XV. 5) Quatrefagesin den Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. p. 283 6) Schon vor einiger Zeit hat Milne EdWards in der Körperwandung von Alcyonidium elegans, sowie bei Alcyonium palmatum und stellatum ein derartiges Blut- gefässsystem beschrieben. (Vergl. dessen Aufsatz in den Annal. des scienc. nat. Tom. IV. p. 338.). Bei Alceyonium palmatum ist neuerlich von Will (Froriep's neue Notizen N. 599.) abermals ein solches Gefässsystem sehr ausführlich beschrie- ben worden. An dem Körper dieses Thieres kommen acht Längsfurchen vor, welche genau den Einschnitten zwischen den einzelnen Armen entsprechen und an der Insertion derselben acht Läppchen bilden. In diesen Furchen befinden sich einfache, weisse, schon mit blossem Auge erkennbare Gefässe, welche nach vorne in diese Läppchen hineintreten, sich daselbst zu einem Gefässnetze verbrei- ten und mit einem Aste einen jeden Fangarm versehen. Dieser verläuft an der hinteren Fläche des Armes und giebt für das Tastläppchen wieder einen Seiten- zweig. Der Hauptstamm eines jeden der acht Längsgefässe geht aber auf den Ma- 386 Besondere Absonderungsorgane der Polypen. Besondere, nur zur Athmung bestimmte Organe fehlen den Polypen gänzlich. Dagegen scheinen die zarten Bedeckungen sowohl den Körper, als namentlich aber die Tentakeln zu befähigen, zur Respira- tion zu dienen. Ebenfalls von Wichtigkeit in dieser Beziehung ist ge- wiss die Beimischung von Wasser zu dem in der Leibeshöhle circuli- renden Chylus, wenngleich auch hier ebensowenig, wie in den vorher- gehenden Klassen, über das Wasser die eigentliche Bedeutung der Flüssigkeit übersehen werden kann. Besondere Absonderungsorgane der Polypen. Bei den Anthozoen kommt ganz allgemein ein Secretionsorgan vor, dessen Bedeutung aber noch nicht gekannt ist. Es bildet dasselbe in der Leibeshöhle befindliche Knäuel fadenförmiger Röhren, welchen man nach ihrer Lage den Namen der Mesenterialfilamente beilegen kann. — Bei den Actinien findet sich an dem freien Rande einer je- den der zahlreichen Scheidewände der Leibeshöhle, sowohl an den vollständigen als unvollkommenen, eine dünnhäutige, bandförmige Ver- längerung oder ein Mesenterium. An seinem freien Rande trägt dieses Mesenterium einen weisslichen, fadenförmigen Strang, welcher in sei- nem Verlaufe einige unregelmässige, schlangenförmige Windungen macht, sich aber im Boden der Leibeshöhle zu einem ansehnlichen Knäuel zu- sammenballt !). Sämmtliche Knäuel, deren jeder nur aus einem ein- zigen Faden gebildet wird, liegen dicht neben einander. An dem Rande der Scheidewände steigen diese Mesenterialfiliamente nach oben, an den unvollständigen Septa weiter herauf, als an den voll- ständigen. Hier treten sie alsdann an die äussere Wand des Ma- gens herüber und verlaufen auf diesem gelegen nach unten und rück- wärts, bis sie endlich am Grunde desselben ihre Ende nehmen. — Wie es scheint, machen jedoch einzelne Arten der Actinien von die- sem angegebenen Baue insofern eine Ausnahme, als bei ihnen die Mesenterialfilamente nur an den unvollständigen Scheidewänden, nicht mehr, wie gewöhnlich, an beiderlei Septa angetroffen werden, so z. B. Actinia viridis 2). ® gen über, wo er sich bis zur Hälfte der Magenlänge verfolgen lässt. Als Fortse- tzungen derselben gehen vom hinteren Rande des Magens acht Gelässe ab, welche auf dem Rande der Körperscheidewände nach hinten bis in den Polypenstock ver- laufen, daselbst zahlreiche Aeste abgeben und sich zuletzt zu einem Capillargefäss- netze ausbreiten. Diese Gefässe besitzen eine eigene längsgestreifte Haut und füh- ren als Inhalt eine dicke Flüssigkeit, in welcher ausserordentlich zahlreiche, weisse, etwa: "/,000‘ wmessende Kügelchen schwimmen. Ein ähnliches Gefässsystem soll auch Actinia besitzen. So detaillirte Angaben geradezu für Täuschungen zu erklä- ren, dürfte allerdings misslich sein. 1) Ic.zootom. Tab.XXXIV. fig.XXI. e. e. dieMesenterialfilamente von Actinia efloeta. 2) Vergl. Erdl in Müller’s Archiv 1842. S. 303. 7 Besondere Absonderungsorgane der Polypen. 587 Bei den übrigen Anthozoen sind diese Organe mehr vereinfacht. Bei Garyophyllia kommen sie nur an den unvollständigen Scheidewän- den vor und bilden auf dem Boden des Fusses verhältnissmässig viel kleinere Knäuel. Bei den anderen Gattungen sind die Windungen der Filamente nirgends mehr zu einem Knäuel verschlungen und auch fast immer eines Mesenterium entbehrend auf dem freien Rande des Sep- tum selbst gelegen (Aleyonium, Veretillum !), Corallium). Am oberen Ende, mit welchem sie sich gleich ihren Scheidewänden dem Magen- grunde anheften, sind sie bedeutend verdickt. Nach unten verschmä- lern sie sich plötzlich sehr bedeutend und verlaufen so nach abwärts, um sich in den Eiertrauben endlich zu verlieren (Veretillum und Al- eyonium) ?). Eine auffallende Abweichung in der Anordnung dieser Gebilde zeigt die Gattung Lucernaria. Sie erscheinen hier am Uebergange des stielförmigen Hinterkörpers in den scheibenförmigen vorderen Theil und bestehen aus einer Menge kurzer, weisslicher Fäden. Diese hängen aber nirgends einem Mesenterium an, sondern befestigen sich mit ih- ren unteren Enden entweder auf oder in der Nachbarschaft eines der vier Septa. Sonst sind sie völlig frei, etwas gekräuselt und an der Spitze verdünnt. Ihre Grösse ist verschieden. Die ansehnlichsten sind die am tiefsten, an der Verbindung der beiden Körperabtheilun- gen gelegenen. Die obern, welche sich bis in die Arme hinein erstre- cken, sind kleiner. Hinsichtlich der Structur stellen sie bei den Actinien solide Fäden ohne einen centralen Kanal dar, in deren Inneren man einen soliden Strang bemerkt, welcher von einer dunkleren, aus körnigen Zellen gebil- deten Masse umgeben wird. In ihr sind zahlreiche Nesselorgane gelegen. Ueberzogen wird der ganze Faden von einem zarten Flimmerepithelium. Einen ähnlichen Bau besitzen sie auch bei Veretillum und Aleyonium, entbehren aber der Nesselfäden. Bei den Lucernarien besitzen sie da- gegen eine sehr deutliche, am oberen Ende geschlossene Höhlung 3). 1) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. II. von Veretillum Cynomorium. 2) Wie weit bei den anderen Anthozoen der nämliche Bau vorkommt, müs- sen erst lernere Untersuchungen zeigen. — Die Angaben von Cavolini u. Schweig- ger, wornach bei Gorgonia und Xenia die Filamente sich nicht an den Magen an- hefteten, sondern zwischen den Fühlern nach aussen führten, ist unwahrscheinlich. 3) Die obigen Angaben beruhen auf eigenen Untersuchungen. — Es haben diese Mesenterialfilamente das Schicksal gehabt, auf das Verschiedenartigste gedeu- tet zu werden. Dass sie nicht dem Geschlechtssysteme als Ausführungsgänge zu- gehören können, wird daraus schon widerlegt, dass sie nicht hohl sind. Für keim- bereitende Geschlechtswerkzeuge können sie seit der Entdeckung derselben (s. un- ten) auch nicht mehr angesehen werden, weder für Eierstöcke, wie früher Cuvier (Regne animal. T. II. p. 290.) Delle Chiaje (Bullet. des scienc. nat.), Berthold Beiträge zur Anatomie etc. 1531.) u. Rymer Jones (Todd’s Cyclop. Il. p. 409.) es wollten, noch für Hoden, wie einst R., Wagner (Wiegmann’s Archiv 1835. II. 388 Geschlechtsorgane der Polypen. Geschlechtsorgane der Polypen. Die Geschlechtsverhältnisse der Polypen sind sehr complieirt, in- dem neben der Fortpflanzung durch Eier noch mehrfache andere Ver- mehrungsweisen angetroffen werden. Was die geschlechtliche Fortpflanzung betrifft, so findet man die gewöhnlichen keimbereitenden Organe, Eierstöcke und Ho- den mit ihrem Gontentum. An dem Eie!) unterscheidet man auch hier die gewöhnlichen Bestandtheile, einen Dotter von verschiedener Masse und Färbung, umschlossen in der Regel von einem einfachen Chorion und in sei- nem Innern ein Keimbläschen mit einfachem Keimfleck enthaltend. Verschiedenartig gestaltet sind die im Allgemeinen sehr bewegli- chen Spermatozoen der Polypen. In vielen Fällen sind dieselben fein und zart, cercarienförmig aus einem kleinen Kopfe und einem sehr feinen Schwanzanhange gebildet, wie bei Actinia 2), Veretil- lum 3), Hydra %), Bowerbankia, Valkeria 5), Cellularia 6) und dann zu- weilen von ansehnlichen Samenkapseln umschlossen (Actinia, Veretil- lum) ?).. Bei anderen Bryozoen dagegen haben die Spermatozoen bei ei- ner sehr beträchtlichen Grösse eine wurmförmige Gestalt, so bei Flu- stra 8), Cristatella und Plumatella 9). Hinsichtlich der Vertheilung der Generationsorgane werden bei den Polypen theils getrenntes Geschlecht, theils Zwitterbildung angetroffen, hinsichtlich der Lage lassen sich innere und äussere Geschlechtsorgane unterscheiden. Form und Zahl dieser Organe S. 215.) es glaubte und noch jetzt von R. Owen (Lectures etc.) angenommen wird. Für gallenbereitende Apparate sie anzusehen, dagegen spricht einmal ihre Structur, dann aber, dass sie bei Lucernaria gar nicht mit dem Magen zusammenhängen, so- wie endlich der Umstand, dass höchst wahrscheinlich die Secretion einer gallenar- tigen Flüssigkeit von den Zellen des Magens besorgt wird. Es lässt sich somit bis jezt noch gar nichts über ihre Function bestimmen. 1) Als Beispiele können die Eier von Veretillum cynomorium, Coryne vulga- ris und Actinia Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. V., XVII. und XVII B. dienen. 2) Vergl. Erdl in Müller’s Archiv 1842. S. 303. 3) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. VI. — 4) Ibid. fig. XI. 5) Farre in den Philos. Transact. 1837. S. 403. Tab. XXII. fig. V. die Sper- matozoen der Valkeria cuscuta. { 6) Von Nordmann, Observations sur la Faune Pontique. 7) Als Beispiel vergl. man die Samenkapsel von Veretillum eynomonium Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. V. 8) Vergl. Kölliker, Beiträge S. 46. Tab. If. fig. 17. Spermatozoen von Flu- sira carnosa. \ 9) Von Siebold, vergl. Anat. S.48. Wie es scheint, gehören die von Köl- liker (a. a. O0. S. 47., Tab. I. fig. 11.) beobachteten Spermatozoen des Haloda- ctylus diaphanus ebenfalls hier her, indem Kölliker blos Entwicklungstufen ge- sehen haben dürfte, a Geschlechtsorgane der Polypen. 589 sind sehr verschieden. Aeussere Begattungswerkzeuge fehlen auch den Polypen gänzlich. Getrennten Geschlechtes scheinen wohl alle Bryozoen zu sein. Männliche und weibliche Thiere scheinen jedoch an demselben Stocke immer zugleich vorzukommen. Bei manchen von ihnen, wie Alcyo- nella !) und Plumatella 2) haben Hode und Eierstock die Form eines vom blinden Ende des Magens in die Leibeshöhle herabragenden Bandes, in welchem nur wenige Eier oder Samenhaufen enthalten sind. Bei Cellularia avicularis 3) sollen die Eierstöcke zwei oder drei Körper bil- den, welche durch feine Fäden an den Magen geheftet sind. Höchst einfach gebildet sind die Geschlechtsorgane bei Bowerban- kia %). Die männlichen Individuen besitzen im Grunde der Zelle einen einfachen oder häufiger doppelten Hoden. Er wird von einem grö- sseren oder geringeren Haufen von Zellen gebildet, in welchen die Samenfäden sich entwickeln, entbehrt aber einer besonderen Hülle. — Diese dürfte dagegen bei Flustra 5) vorkommen. — Ebenso sind bei den weiblichen Individuen die mehrfachen Eierstöcke 6) als rundliche Säcke an der nämlichen Stelle gelegen. Jeder von ihnen enthält nur eine geringe Anzahl von Eiern, welche mit den gewöhnlichen Theilen, Keimfleck und Keimbläschen, versehen sind. Sehr auffallend ist die Lage der Geschlechtsorgane bei Haloda- etylus diaphanus ?). Auf der ganzen Oberfläche des Polypenstockes liegen nämlich zahlreiche, rundliche, weisse Säckchen immer zwischen den einzelnen Polypenzellen. Diese Säckchen enthalten entweder eine Menge von Spermatozoen oder ein Paar Eier, sind also theils Hoden, theils Eierstöcke. Beide Organe kommen an einem und demselben Polypenstocke vor, ohne dass man jedoch die Art ihrer Stellung und die Weise, wie sie ihre Contenta entleeren, genauer kennt. Die Befruchtung bei den Bryozoen findet nun so statt, dass wahr- scheinlich durch die am Körper vorkommenden, zur Wasseraufnahme bestimmten Oeffnungen die Samenfäden entleert und in das Innere des 1) Vergl. Meyen in der Isis von 1828. Tab. 14. fig. 1. Ferner van Bene- den in den Annal. des scienc. nat. Tom. XIV. p. 222. 2) Dumortier, Mem. sur l’Anat. et la Physiol. des polypiers compos. d’eau douce. 1836. 3) Von Nordmann, observations sur la Faune Pontique. 4) So fanden es die Verfasser bei Bowerbankia densa. Farre hat ebenfalls die Geschlechtsorgane gesehen, doch nicht vollkommen erkannt. Die von ihm be- schriebenen braunen Körper sind höchst wahrscheinlich die in ihrer Entwicklung begriffenen Eier. 5) Kölliker, Beiträge S.46.— Derselbe scheint nur entwickeltere Eier, nicht mehr aber den Eierstock gesehen zu haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass letz- terer ausser der Brunstzeit vollkommen geschwunden ist. 6) Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. XIX. A.o.o. 7) Kölliker a. a. 0. S. 46. und Farrell. c. p- 410. 590 Geschlechtsorgane der Polypen. weiblichen Körpers aufgenommen werden !). Bei Tendra zostericola 2) führt eine besondere Oeflnung den Samen aus der männlichen in die weib- liche Polypenzelle. — In letzterer entwickeln sich die Eier weiter und ändern dabei oft Farbe und Form. So erhalten die Eier der Alcyonella und Plumatella 3) eine allmälig dunkelbraun werdende Hülle, an wel- cher ein heller Randwulst sich bildet. Bei Cristatella 4) ist das ähnlich gebildete Ei von einer Anzahl von Fortsätzen umgeben, deren jeder in zwei bis vier hakenförmige Spitzen ausläuft. Das Ganze wird noch von einer gelatinösen Masse umhüllt, welche im Wasser sich auflöst, wodurch denn das Ei befähigt wird mit seinen Fortsätzen sich an- zuheften. Die Art der Entleerung der Eier ist bei den Bryozoen noch wenig gekannt. Bei Alcyonella 5) soll sie durch die neben dem After befindliche Spalte statt finden. | Auch die Anthozoen sind getrennten Geschlechtes. Bei den zu- sammengesetzten Polypen scheint bisweilen der ganze Stock immer nur männliche und weibliche Thiere zu tragen. Man hat ein solches Verhältniss bis jetzt bei Veretillum und Aleyonium beobachtet 6). Im Uebrigen ist die Form von Hoden und Eierstock immer die nämliche. — Bei den Actinien ?) stellen diese beiden Organe ansehnliche, quer- gefaltete Bänder von verschiedener Farbe Jar. Sie sind der Länge nach an die Mesenterien der unvollständigen Scheidewände zwischen den Strängen und den Muskelbündeln, welchen sie aufsitzen, befestigt. Nach oben erstrecken sie sich fast bis in die Enden der taschenförmi- gen Blindsäcke der Leibeshöhle, nach unten reichen sie dagegen bis zur Sohle der Fusses. Sie decken sich fast in ihrer ganzen Ausdeh- nung und springen wulstförmig über die Fläche, welcher sie aufsitzen, hervor. Dadurch erlangen sie einige Aehnlichkeit mit einer Menge un- tereinander gelegener, querer Säcke 8). Sie enthalten eine Menge von 1) Man kann sich von diesen Verhältnissen bei Bowerbankia leicht überzeu- gen. Gar nicht selten nämlich gewahrt man in dem Körper der weiblichen Thiere eine Anzahl lebhaft sich schlängelnder Spermatozoen, niemals ist dagegen ein Ho- den vorhanden. Schon vor einiger Zeit hatte v. Siebold die im Körper von Plu- matella enthaltenen Eier von einem Gewimmel von Spermatozoen umgeben gesehen. (s. dessen Beiträge S. 7.). 2) von Nordmann, Annal. des scienc. nat. Tom. XI. 1839. p. 191. 3) Raspail, Histoire naturelle de l’Alcyonelle fluviatile 1828. 4) Turpin u. Gervais in den Annal. des scienc. nat. Serie II. Tom. VII. 5) Meyen in der Isis von 1828. 6) So beobachtete es Erdl. Vergl. Froriep’s neue Notizen N. 249. 7) Ueber die Geschlechtswerkzeuge der Actinien vergl. man Rapp l.c. S. 47., ferner R. Wagner in Wiegmann’s Archiv 1835. II. S. 215. (welcher zuerst das primitive Ei dieses Thieres erkannte), Teale a. a. O., dann Kölliker, Beiträge S. 44. und Erdl in Müller’s Archiv 1842. S.303. Den beiden letzten Forschern verdankt man die Kenntniss vom getrennten Geschlechte der Actinien. 8) Ic. zootom. Tab. XXXIV., fig. XXU. d.d. die Eierstöcke. Geschlechtsorgane der Polypen. 591 Kapseln !), deren Inhalt bei den männlichen Thieren Spermatozoenbü- schel, bei den weiblichen Eier sind. ‚Unter den übrigen Anthozoen kommen die Madreporen (Caryophyl- lia) in der Anordnung ihrer Geschlechtswerkzeuge ganz mit den Acti- nien überein 2). Ebenfalls ganz ähnlich gestaltet sind die Geschlechtswerkzeuge bei der sonderbaren Lucernaria 3). Auch hier stellen sie nämlich querge- faltete, lange Bänder dar, welche in den vier Armen jederseits neben der mittleren Scheidewand gelegen und in ihrer ganzen Ausdehnung an die Kopfscheibe, wo sich diese nach unten einbiegt, angeheftet sind. Sie enthalten, wie bei den Actinien, eine Menge rundlicher Kapseln 9). Viel einfacher gebildet sind die Geschlechtswerkzeuge bei einem anderen Theile der Anthozoen, wie bei Veretillum, Aleyonium, Aleyoni- dium 5), Corallium. Man findet hier jene bandförmigen, die Fruchtkap- seln enthaltenden Organe, nicht mehr vor. Es sprossen diese Kapseln vielmehr unten in der Leibeshöhle aus den beiden Blättern der Scheide- wände hervor. Sie erscheinen hier zuerst wie Knospen, welche bald mit jenen nur durch einen Stiel zusammenhängen und oftmals zu meh- reren mit einander in Form einer gestielten Traube vereinigt sind 6). Wenn man anders den vorhandenen Untersuchungen Vertrauen schenken darf, so unterscheidet sich Edwardsia im Baue seiner Ge- schlechtswerkzeuge beträchtlich von den übrigen Anthozoen. Bei die- sem Thiere sollen nämlich die Eierstöcke bräunliche Stränge bilden, welche eine Strecke weit an dem Aussenrand der Septa befestigt sind, sich aber dann ablösen und frei in der Bauchhöhle flottiren. In ihrem Innern will man kleine Eier gesehen haben. Die männlichen Genera- tionsorgane sind noch unbekannt ?). Die Eier und der Samen der Anthozoen werden in die Leibeshöhle und von dieser aus durch Magen und Mund nach aussen entleert, wo- bei das im Magen befindliche Loch wiederum von grosser Wichtigkeit ist. Die Eier scheinen kürzere oder längere Zeit in dem Körper zu verweilen. Bei den Actinien entwickeln sich selbst die Jungen in der Leibeshöhle des mütterlichen Thieres. 1) lc.zootom. Tab.XXXIV. fig. XXII. A. 2) Vergl. Rapp a. a. O0. S. 38. 3) Frey und Leuckart, Beiträge. 4) Es waren diese Gebilde schon Lamouroux bekannt, welcher sie als darmförmige Körper beschrieb, ebenso Ehrenberg, während dagegen von John- ston irrigerweise besondere Geschlechtsorgane ganz in Abrede gestellt wurden. 5) Milne Edwards in den Annal. des scienc. nat. 19836. Tom. IV. p. 329. Pl. 13. fig. 7. 6) Als Beispiel vergl. man die Geschlechtsorgane von Veretillum Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. II.n. fig. V. und VI. 7) Quatrefages in den Annal. des 'sciene, nat. Tom, XVII, pP. 92. 592 Geschlechtsorgane der Polypen. Manchfaltiger gestaltet sind die Geschlechtsorgane der Hydroi- den. Sie sind bei der Mehrzahl, höchst wahrscheinlich sogar bei allen hierher gehörenden Thieren äussere Gosdhie cBbenkmend Nur bei der sonderbaren Eleutheria, welche übrigens, beiläufig bemerkt, gar nicht hierher gehören dürfte, hat man innere Gene- rationsorgane angetroffen !). Zwischen den Bedeckungen und dem hinteren Theile des Körpers in einer homogenen Masse entwickeln sich hier die Eier, an denen man Keimfleck und Keimbläschen ver- misst hat. Bei ihrem weiteren Wachsthume treiben sie die Bedeckun- gen vor sich her, so dass zuletzt eine Art von nicht unbeträchtlichem Brutsacke dadurch entsteht, welcher an Grösse dem ganzen Körper des Thieres gleich kommt 2). Die äusseren Geschlechtsorgane der übrigen Hydroiden kommen theils an einem und demselben Individuum vereinigt, theils, als häufi- gere Anordnung, auf verschiedene Thiere. vertheilt vor, so dass mithin die Hydroiden theils Zwitter, theils getrennten Geschlechts sind. Interessant ist der Umstand, dass man auch hier eine Vertheilung der Geschlechtswerkzeuge in der nämlichen Weise wie bei manchen An- thozoen beobachtet hat, dass nämlich ganze Polypenstöcke bloss männ- liche oder weibliche Thiere besitzen. Ein merkwürdiger Umstand ist hierbei noch ausserdem der, dass bei manchen hierher gehörigen Formen nicht alle Thiere eines Stockes zur Hervorbringung von Gene- rationswerkzeugen geschickt sind, dass vielmehr ein Theil derselben, bald ohne Ordnung (Hydractinia), bald in regelmässiger Vertheilung (Campanularia) geschlechtslos oder unfruchtbar bleibt, so dass man mithin hier zwischen fruchtbaren und sterilen Thieren unterschei- den muss. Zwitterbildung bietet die Gattung Hydra dar. Es entwickeln sich bei diesem Thiere an dem Uebergang des Körpers in den Fuss, also am Magengrunde, da wo auch die Knospen hervorsprossen, die Eier 3). Sie entstehen aus einer Hervorwölbung der Cutis, welche sich mit Dottermasse füllt, von dem Körper abschnürt und so zu einem Eie gestaltet, in welchem jedoch niemals Keimbläschen und Keimfleck auf- zufinden sind %). Von der napfförmig eingedrückten Verbindungsstelle des Körpers aus wird das Ei von einer zarten Membran umhüllt. Die eigentliche Eihaut verdickt sich und wird an ihrer Peripherie von eigen- 1) Vergl. Quatrefages in den Annal. des scienc. nat. Tom. XVII. p. 280. 2) Quatrefagesa.a. 0. Pl. VIII. fig. 1. 3) Die schon B. Jussieu bekannten Eier der Hydra hat en Ehren- berg genauer kennen gelehrt. Vergl. Abhandl. der Berliner Akademie 1836. S. 115. Sehr schöne und sorgfältige Angaben hierüber lieferte v. Siebold in seiner vergl. Anatomie S. 5l., welche in den Text aufgenommen sind. 4) Ic. en Tab. XXXIV. fig. VIII. d.d. die Eier von Hydra vulgaris. Geschlechtsorgane der Polypen. 393 thümlichen Fortsätzen bedeckt. Diese erscheinen bei Hydra vulgaris mit Spitzen versehen, bei Hydra viridis als kurze, stumpfe Fortsätze. Diese Spitzen werden von einem gallertartigen Ueberzuge eingehüllt. Nach dem Platzen der zarten Spinnwebehaut wird das Ei frei, der Ue- berzug aufgelöst und die Spitzen können so zum Anheften des Eies, wie bei den Cristatellen, dienen !). An einer anderen Stelle des Polypenkörpers 2), nämlich zwischen der Basis der Tentakeln und dem Orte, wo die Eier hervorsprossen, erscheinen in sehr verschiedener Zahl 3) die Hoden als kegelförmige Hervorragungen der Haut ®), welche an ihrer Spitze mit einer perfo- rirten Warze versehen sind. Im Innern der Vorsprünge entwickeln sich in einer zelligen Masse die Samenfäden 5). Bei den übrigen Hydroiden kommt getrenntes Geschlecht vor. Es erheben sich bei ihnen zu bestimmter Zeit an verschiedenen Stellen des Körpers die Geschlechtsorgane. So sprossen sie, z.B. bei Coryne squamata, unterhalb der Tentakeln in der Nähe des Leibes hervor, bei Tubularia nach innen von den unteren oder grossen Tentakeln, bei Hydractinia, wie es scheint, ohne Ordnung über den ganzen Körper. Die Geschlechtswerkzeuge erscheinen bei ihrem Entstehen als warzen- oder buckelförmige Hervorragungen des Körpers, in welche sich die Verdauungsorgane mit hineinstülpen. Zuletzt erlangen sie die Form rundlicher,, gestielter Blasen oder Kapseln. Ihre Anzahl ist im Allgemei- nen sehr verschieden, oftmals beträchtlich. So erreichen sie bei Co- ryne squamata 6) bisweilen die Zahl vierzig und darüber und erschei- nen dann verschieden in Grösse und Form. Schon seit längerer Zeit war es bekannt, dass in diesen Organen, den sog. Fruchtkapseln, Eier enthalten sind. So hatte man in ihnen bei Coryne vulgaris ?) Eier mit allen Charakteren angetroffen. Von demselben Verhältnisse kann man sich mit Leichtigkeit bei Hydractinia 8) überzeugen. Ebenso stösst man auch bei den fruchtbaren Thieren von 1) Ein solches freies Ei des gemeinen Armpolypen Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. IX. 2) Vergl. v. Siebold a. a. ©. u. Ehrenberg, Mittheil. der Gesellschaft na- turf. Freunde. 1838. S. 14. 3) So bemerkte v. Siebold bei Hydra vulgaris an einem Exemplare 15 Ho- den, an einem andern 7 Eier und 11 Hoden, an einem dritten 4 Eier und 12 Ho- den a. a. 0. S. 52. 4) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXIV. fig. X.b.b. zwei Hoden von Hydra vulgaris. 5) Der Hermaphroditismus der Hydra ist neuerdings von Steenstrup (Ue- ber den Hermaphroditismus etc.) in Abrede gestellt worden, indem er die Hoden für Kapseln von Nesselorganen nahm. 6) Vergl. H. Rathke in Wiegmann’s Archiv 1844. 1. S. 145. 7) Vergl. R. Wagner in der Isis von 1833. Ic zootom. Tab. XXXIV. fig. XVI. u. XVII. die weiblichen Geschlechtsorgane von Coryne vulgaris. 8) Van Beneden, Recherches sur l’embryogenie des Tubulaires. Bruxelles 1844. liefert Tab. VI. fig. 5 u. 6. eine gute Abbildung der Eier von Hydractinia grisea. Wagner’s Zootomie. Il. 38 594 Geschlechtsorgane der Polypen. Sertularia und Campanularia öfters auf eine, jedoch im Allgemeinen nicht beträchtliche Anzahl solcher Eier. Diese Eier der Hydroiden, deren Zahl in den einzeln Kapseln verschieden ist, liegen immer in dem Zwischenraume zwischen der Haut und der Darmhöhle der Kapseln. Neuerdings hat man die interessante Entdeckung gemacht, dass nicht bei allen Thieren diese Behälter Eier enthalten, sondern dass sie bei einem Theile männliche Geschlechtswerkzeuge, Hoden, darstellen. Schon äusserlich lassen sich diese durch ihre weissliche Färbung von den dunkleren Eierstöcken unterscheiden und enthalten an der nämlichen Stelle, wo diese die Eier führen, einen von Spermatozoen wimmelnden Samen. Solche männliche Organe hat man bis jetzt bei Tubularia, Eudendrium, Coryne, Pennaria und Sertularia beobachtet. Es kann daher über die Existenz eines getrennten Geschlechtes bei diesen Thieren kein Zweifel mehr obwalten 2). Ungemein verbreitet ist die Fortpflanzung durch Knospenbil- dung in der Klasse der Polypen. Man kann hier eine doppelte Art der Knospen unterscheiden, je nachdem nämlich die Knospe von dem Mutterthiere abfällt oder diesem verbunden bleibt. Die erstere Art dieser Vermehrung, die durch freie oder abfal- lende Knospe ist eine, wie es scheint, nur der Familie der Hydroi- den zukommende Fortpflanzungsart. Eine solche kennt man schon längst bei der Gattung Hydra. Es erheben sich bei diesem Thiere an der nämlichen Stelle, wo auch die Eier angetroffen werden, nämlich in der Gegend des Magengrundes, solche Hervorwölbungen der Lei- beswand, in welche sich der Darmkanal hinein erstreckt. Zuletzt kei- men an dem vorderen Ende die Fühler hervor und der Polyp schnürt sich mit seinem Fusstheile schliesslich vom mütterlichen Thiere ab. Während so alle Thiere der Gattung Hydra das Vermögen haben, derartige freie Knospen zu treiben, findet man bei anderen Gattungen 1) Das Verdienst der Entdeckung dieses Verhältnisses gebührt Krohn (Mül- ler’s Archiv 1843. S. 174.), welcher zuerst die Spermatozoen von Pennaria Cavo- linii, Tubularia indivisa und Eudendrium racemosum, sowie die Vertheilung im- mer eines Geschlechtes auf die verschiedenen Polypenstöcke beobachtet hat. Kurze Zeit darauf fand Rathke die männlichen Geschlechtswerkzeuge der Coryne squa- mata und bildete die Spermatozoen ab(Wiegmann’s Archiv 1844. Tab. V. fig. 6.). Neuerdings hat Kölliker (Bildung der Samenfäden in Bläschen) die Spermatozoen von Pennaria, Eudendrium und Sertularia untersucht und die Krohn’schen Anga- ben richtig befunden (vergl. Tab. II. fig. 20 und 21.). Es ist daher vollkommen unbegründet, wenn van Beneden, der vielleicht nicht einmal das primitive Ei der Tubularien richtig erkannt hat, die Angaben von Krohn in Abrede stellt. — Aus dieser Entdeckung ergiebt sich auch die Unrichtigkeit mancher bisher cursiren- der Ausdrucksweisen. So wird man die Geschlechtsorgane besitzenden Individuen dieser Polypenstöcke nicht mehr als Weibchen den geschlechtslosen entgegen- setzen (Ehrenberg, Corallenthiere) oder gar die letzteren als Männchen bezeich- nen können (Loven in Wiegmann’s Archiv 1837. I. S. 249 u. 321.). Geschlechtsorgane der Polypen. 395 diese Fähigkeit nur auf einzelne Individuen beschränkt, ähnlich, wie es auch mit der Production von Eierfi! und Samen der Fall ist. Ein solches Verhältniss hat man bei Synhydra !) angetroffen. Es sind hier bloss die mit verkümmerten Fühlern versehenen kleineren Individuen zur Bildung von Knospen geeignet. Diese sprossen et- was unter der kopflörmigen Anschwellung der Polypen hervor, als eine Hervorstülpung des Leibes, in welche sich gleichfalls die Verdau- ungshöhle fortsetzt. Diese Ausstülpung gestaltet sich bald zu einem ei- förmigen Körper um, der anfangs noch durch einen dünnen Stiel mit dem mütterlichen Körper im Zusammenhang steht, später alle Commu- nication mit der Verdauungshöhle desselben verliert und endlich in dieser Gestalt von dem Mutterthiere abfällt. Erst diese abgefallene Knospe vermag sich zu einem neuen Thiere umzugestalten. Mat hat diese Art der Vermehrung, welche in der That manches Eigenthümli- che darbietet, als eine eigene Fortpflanzung, durch sog. Bulbillen 2), unterscheiden wollen. Sie stellt jedoch im Wesentlichen nichts anderes dar, als eine freie, aber sehr frühzeitig abfallende Knospe. Wahr- scheinlich kommt sie auch noch anderen Thieren aus der Ordnung der Hydroiden zu. Eine dritte, höchst merkwürdige Art von freier Knospenbildung kommt bei den Tubularien und Campanularien vor. Es entstehen näm- lich auf dem Wege der Knospe an den Polypen medusenähnliche Geschöpfe, oder wahrscheinlich richtiger, wahre Acalephen 3). Ein solches Vermögen besitzen entweder wiederum alle Thiere eines Poly- penstockes ohne Ausnahme, wie bei Tubularia, Eudendrium, bald nur einzelne derselben, wie bei Campanularia, wo nämlich den Geschlechts- organe besitzenden, von den Axillarzellen umschlossenen Thieren auch die Fähigkeit zur Knospenbildung zukommt. Solche Medusenknospen entwickeln sich entweder an einem Polypen in unbeträchtlicher Zahl 1) Vergl. Quatrefages in den Annal. des science. nat. Tom. XX. p. 213. 2) Für solche Bulbillen liesse sich vielleicht auch einiges ansprechen, was van Beneden bei den Tubularien beobachtete. S. dessen Schrift, Recherches sur l’embryogenie des Tubulaires. Von Dujardin (Annal. des scienc. nat. Serie III. Tom.1V.p.258.) sind irrigerweise die Eier der Hydra für Bulbillen genommen worden. 3) Dieses merkwürdige Verhältniss hatte schon Ellis an den Campanularien beobachtet, ebenso fand es auch Cavolini (Pflanzenth. S.65. Tab. V. fig. 45.) bei Pennaria und bei Campanularia geniculata, wo er aber die Acalephen für Eier hielt. Von besonderer Wichtigkeit sind hier die schönen Beobachtungen. von R. Wagner an Coryne vulgaris (Isis 1833. S. 256.), Loven (in Wiegmann’s Archiv 1837.) an Campanularia und Syncoryne, von van Beneden, über Campanularien und Tubularien (s. dessen Arbeiten, M&em. sur les Campanulaires und Rech. sur !’em- bryog£enie des Tubulaires). Neuerdings hat Dujardin (Annal. des scienc. nat. 1845. Tom. IV.) sehr wichtige Untersuchungen über diesen Gegenstand bekannt gemacht und die acalephenartigen Nachkömmlinge von Stauridium, Syncoryne decipiens und glandulosa als Cladonema, Sthenyo und Callichora bezeichnet. 38 * 596 Gesehlechtsorgane der Polypen. (Tubularia) oder nur in geringerer Menge, so zu zwei oder drei bei den Campanularien und Sertularien. Eine solche Knospe zeigt im Anfange gar nichts Auffallendes, sie ist auch hier von einer Ausbuchtung der Leibeswand und Verdauungs- höhle gebildet und steht mit letzterer in freier Communication. Ihre Form ist eine glockenartige. Durch eine Reihe von Umwandlungen !) gestaltet sie sich zu bald mehr melonen- bald mehr scheibenförmi- gen Acalephen um. Diese Thiere zeigen alle Charactere der Schei- benquallen und sind gewiss auch schon öfter für solche genommen worden 2). Sie besitzen eine mit Muskeln versehene, klappende Scheibe, an deren Rande sich in verschiedener Anzahl die gewöhnlichen Rand- fäden vorfinden, selbst die sog. Randkörper nicht fehlen, welche theils Gehör - 3) theils vielleicht auch Sehwerkzeuge #) darstellen. Das Vor- handensein eines Nervensystems hat man ebenfalls nachgewiesen >). Der bald eylindrische, bald flaschenförmige Magen ist bei ihnen in ei- ner röhrenförmigen Hervorragung an der unteren Seite der Scheibe gelegen. Von ihm gehen in verschiedener Anzahl die radienförmigen Ge- fässe ab, welche in ein den Scheibenrand einnehmendes Ringgefäss über- führen und eine Circulation, gleich der der Acalephen, erkennen lassen. Haben sich nun diese Medusen vollkommen entwickelt vom müt- terlichen Thiere abgelöst und schwimmen sie frei umher, so entwi- ckeln sich in ihnen die Geschlechtsorgane. Nur in selteneren Fällen ist dieses schon früher der Fall, so bei der Medusenbrut der Coryne acu- leata 6), Syncoryne ramosa ?), zu einer Zeit, wo sie noch mit den Po- Iypen verbunden ist. Bei Campanularia geniculata 8) bleiben sogar 1) Man vergl. hierüber besonders die Untersuchungen von van Beneden an den Tubularien, auch Dujardin ll. e. c. 2) Es dürften namentlich die Medusengattungen Obelia und Cytaeis hierher zu rechnen sein. 3) So bei den Campanularien und Sertularien. Man vergl. hierzu van Be- neden. c. und Kölliker in Froriep’s neuen Notizen N. 534. 4) Sehwerkzeuge giebt Dujardin für die von ihm beobachteten Formen Cla- donema, Sthenyo und Callichora an. — Er fand einen glashellen Körper, umgeben von einem Haufen dunkler Pigmentkörper. Doch vermochte er die einzelnen Theile eines solchen Auges nicht mit derselben Deutlichkeit zu erkennen, wie es Qua- trefages bei Eleutheria (s. oben) im Stande war. Die ungemeine Aehnlichkeit, welche jedoch Cladonema (I. c. Pl. XV. fig. XVL) mit Eleutheria darbietet, macht eine solche Deutung sehr wahrscheinlich. Es dürfte vielleicht auch die Gattung - Eleutheria besser unter die Medusenbrut als unter die Polypen der Hydroiden zu stellen sein. 5) Das bei den Medusen von Campanularia entdeckte Nervensystem ist schon S. 577 erwähnt worden. 6) R. Wagner, Isis 1833. S. 258. 7) Loven in Wiegmann’s Archiv 1837. I. S. 322. 8) Vergl. Lister (Philos. Transact, for the year 1834. p. 376.u.Lovena.a.0. —i Geschlechtsorgane der Polypen. 997 sonderbarerweise die medusenartigen Sprösslinge ihr ganzes Leben lang den Stammpolypen verbunden und schwinden nach ihrer Fort- pflanzung, ohne diese verlassen zu haben. Die Geschlechtsorgane bilden sich in der Dicke der Magenwan- dungen und reichen, an den Kanten desselben gelegen, in verschie- dener Weise in die Scheibe hinein. So hat man es bei den Acale- phen von Coryne, Stauridium (Cladonema), Syncoryne decipiens (Sthenyo) und glandulosa (Callichora) bemerkt !). Dagegen scheint die Entwicklung der Eier der Medusenbrut bei Coryne fritillaria 2) und wahrscheinlich auch bei Corymorpha nutans 3) in dem einen Winkel des viergerippten Leibes vor sich zu gehen. — Die vorliegenden Be- obachtungen betreffen fast alle die Eierstöcke. Nur bei Sertularia ®) scheint man auch Hoden ganz in der gleichen Weise bemerkt zu ha- ben. Es dürfte jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass auch die männlichen Geschlechtswerkzeuge in der Folge noch bei allen diesen Geschöpfen aufgefunden werden und dass ihnen somit eine Fortpflan- zung in der Weise anderer Schirmquallen zukommt 5). Die Eier dieser Acalephen gestalten sich im Wege der gewöhnli- chen Entwicklung wieder zu Polypen um, welche vollkommen mit denjenigen Formen übereinstimmen, aus denen jene ihren Ursprung genommen haben. Solche medusenartige Nachkömmlinge hat man noch nicht bei al- len Hydroiden beobachtet und sie namentlich bei Coryne squamata, bei Hydra und Synhydra nicht angetroffen. Die Vermehrung durch zusammenhängende Knospe ist in der Klasse der Polypen ausserordentlich verbreitet und das Mittel zur Herstellung der Polypenstöcke. Solche Knospen treten an den ver- 1) Vergl. die Arbeiten von Wagner, Loven und Dujardin. 2) Steenstrup, Generationswechsel. 3) Sars, Beskrivelser etc. 2 4) Man vergl. die Beobachtuugen von Krohn in Müller’s Archiv 1843. 5) Es ist desshalb auch eine Zurückbildung dieser Acalephen in Polypen, wie sie von manchen Seiten, namentlich von Sars und van Beneden verfochten wird, sehr unwahrscheinlich und nur anf dem Wege der Beobachtung darzuthun. Sollte, wie sehr zu erwarten steht, ein solches Verhältniss sich nicht darthun lassen, so dürften mit der genaueren Nachweisung männlicher Geschlechtswerkzeuge diese Hydroiden nebst ihrer Acalephenbrut aus der Klasse der Polypen ganz zu streichen und in die Klasse der Quallen einzureihen sein, eine Ansicht, welche be- reits von Steenstrup (Generationswechsel) und Dujardin (l. c.) ausgesprochen ist und durch die oben erwähnte Entwicklung der Medusen (S. 563.) noch wahr- scheinlicher wird, freilich von anderen Seiten her, z. B. von van Beneden, in Abrede gestellt wird, indem man in den acalephenartigen Geschöpfen nur die Ju- gendzustände von Polypen erblickt. Andere Meinungen, wornach man diese Aca- lephen für Fruchtkapseln oder für Weibchen der Polypen nahm, können als widerlegt angesehen werden. 398 Geschlechtsorgane der Polypen. schiedensten Stellen des Polypenkörpers hervor und wandeln sich zu vollkommenen Thieren um. Die Art dieser Knospenbildung wechselt nochmal bei einer und derselben Gattung von Polypen den Umständen nach und bewirkt es so, dass ein derartiger Polypenstock (wie bei Flustra, Eschara, Aleyonella) oftmals eine ganz verschiedene Form erlangt. Eine Vermehrung durch Theilung ist bei den Polypen nicht häufig. Bis jetzt hat man mit Sicherheit blos eine Längstheilung be- obachtet. Eine solche kommt den Madreporen entweder vollständig oder unvollständig zu. Infusionsthierchen. Infusoria. Unterklassen der Infusorien. 1. Unterklasse. Eigentliche Infusionsthierchen, Infusoria. 2. Unterklasse. Rhizopoden, Rhizopoda. Literatur: O.F.Müller Animalcula infusoria. Hafniae 1786. — Hauptwerk und namentlich für das Zoologische der Infusorien von unvergänglichem Werthe ist: G Ehrenberg, die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Leipzig 1838. fol. mit vielen Kupfertafeln. Daneben vergl. man noch die zahlreichen, in den Berliner Academieschriften enthaltenen Abhandlungen desselben Verfassers. Von grosser | Wichtigkeit ist ferner Dujardin, Histoire naturelle des Zoophytes. Infusoires. Paris | 1541. avec planches und von Siebold’s ausgezeichnete Bearbeitung desselben Ge- genstandes in seiner vergl. Anatomie. S. 7. Aeussere Bedeckungen und hörperform der Infusorien. D: Infusorien !) sind sehr kleine, grösstentheils mikroskopische Ge- schöpfe von den verschiedensten Gestalten. Sie stellen theils rundliche und ovale, theils glockenförmige, theils lang ausgezogene Thierformen dar. Der grösste Theil derselben bewegt sich mit Hülfe verschiedener Anhänge frei im Wasser umher (z. B. Monas 2), Microglena 3), Eugle- na #), Chilodon 5), Paramecium 6), Nassula ?)). Nur wenige von ihnen 1) Die Umgrenzung der Klasse der Infusorien ist mit besonderen Schwierig- keiten verknüpft. Wenn es auch keinem Zweifel unterliegen dürfte, dass die ver- hältnissmässig hoch organisirten Räderthiere von den so einfach und niedrig organi- sirten Infusorien abzutrennen sind, so harren doch noch andere Punkte bis zur Stunde einer Erledigung. Einmal wissen wir, dass die Embryonalzustände von Thie- ren anderer Klassen zuweilen frappante Aehnlichkeit mit Infusorien darbieten. Es ent- steht somit die Vermuthung, dass manche den letzteren zugezählte Formen nur die un- entwickelten Thiere ganz anderer Klassen sind, eine Vermuthung, welche durch die eigenthümliche Fortpflanzungsweise der Infusorien noch wahrscheinlicher gemacht wird. Die grösste Schwierigkeit aber liegt in der Abgrenzung der Infusionsthier- chen gegen das Pflanzenreich. Das Vorhandenseyn der Flimmerbewegung bei Thieren, was früher als characteristisches Merkmal betrachtet wurde, ist durch neuere Entdeckungen auf dem Felde der Botanik fast ganz werthlos geworden. Man sieht sich desshalb genöthigt, aus dem Vorhandenseyn oder dem Mangel einer will- kührlichen Bewegung ein Urtheil zu fällen, ob man gewisse Formen dem Thier- oder Pflanzenreiche vindieiren soll. Leider ist aber eine solche Entscheidung in vie- len Fällen misslich und oftmals dem subjectiven Ermessen des Beobachters anheim ge- geben. Es darf daher kein Wunder nehmen, wenn manche hierher gehörende Bil- dungen, wie Bacillarien und Closterien von den Einen aus der Thierreihe gestri- chen werden (Dujardin, von Siebold), während Andere (Ehrenberg) ihre ani- malische Natur verfechten. — Eine Eintheilung der Infusorien ist zur Zeit kaum vorhanden, da die auf unrichtige Ansichten gegründete Ehrenberg’sche nicht an- wendbar, die Dujardin’sche unbrauchbar ist. Neuerdings hat von Siebold in seinem vortrefllichen Werke dieselben nach dem Mangel oder Vorhandenseyn einer Mundöffnung in Astoma und Stomatoda getheilt, wogegen sich freilich auch Man- ches einwenden lässt. Die Gruppe der Rhizopoden ist von Dujardin aufgestellt worden. 2) Ic. zootom. Tab. XXXV. fie. .u. I. — 3) Ibid. fig. IV. — 4) Ibid. fig. VI. u. VII. — 5) Ibid. fig. IX, u. XL. — 6) Ibid. fig. XXV. — 7) Ibid, fig. XXIL. 602 Aecussere Bedeckungen und Körperform der Infusorien. sitzen nach Art der Polypen an fremden Körpern fest, theils mit be- stimmten Gehäusen (Vaginicola), theils mit einfachen (Vorticella })) oder verästelten (Epistylis) Stielen. Höchst auffallende Verhältnisse in ihrer Körperform bieten die Rhizo- poden dar. Bei manchen von ihnen, namentlich bei der Gattung Amoe- ba, werden fast beständig aus den verschiedensten Stellen des Kör- pers Ausläufer oder Ausstülpungen gebildet, welche wieder in die Kör- permasse zurücktreten, um anderen Platz zu machen. Es kann dess- halb auch bei der Gattung Amoeba kaum mehr von einer bestimmten Körperform die Rede sein 2). Der Körper der Infusorien wird durchweg von einer homogenen, halbflüssigen, gallertartigen Substanz gebildet, in welcher man in der Regel keine Andeutung einer weiteren Zusammensetzung, etwa aus Zellen oder Fasern, erkennt. Es enthält dagegen oftmals diese Sub- stanz eine grössere oder geringere Anzahl kleiner Körnchen und Kör- ner. Diese erscheinen häufig farblos, in andern Fällen dagegen mit verschiedenen Farbestoffen imprägnirt und bewirken so die zum Theil lebhaften Farben mancher Infusorien. Hierher gehören wohl auch die Ansammlungen eines bald körnigen, bald flüssigen violetten Pigmen- tes bei Nassula elegans 3) und Chilodon ornatus. — Doch ist hierbei nicht ausser Acht zu lassen, dass derartige Körnchen auch von aussen aufgenommen sein und in der Körpersubstanz stecken können. Na- mentlich dürften öfter die grünen Körnchen von zerfallenen, vom Infu- sorium aufgenommenen Pflanzentheilen herrühren ®). Es ist im Uebrigen die Körpersubstanz der Infusorien 5) mit man- chen. Eigenthümlichkeiten versehen. Namentlich zeigt sie beim abster- benden oder zerfliessenden Thiere eine grosse Empfindlichkeit gegen Wasser, so dass sie durch die Einwirkung desselben in kleine, kug- lige, fetttropfenähnliche Massen zerfällt. Sie kommt in dieser Hinsicht mit manchen Substanzen höherer Thiere überein, namentlich mit der Nervenhaut im Auge der Wirbelthiere, an welche ihr ganzes Aussehen 1) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XVI. 2) Ehrenberg (a a. ©. S. 126) erklärt diese Eigenthümlichkeit folgenderma- ssen: „Der Körper kann jede beliebige Körperstelle erschlaffen lassen und durch Contraction des übrigen Körpers die innern Theile nach dieser Stelle beliebig hintrei- ben, wodurch eine Verlängerung daselbst entsteht, welche man sehr befriedigend einem Bruche vergleichen kann, in den die Eingeweide hineingedrängt werden.“ 3) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXILd. 4) So beobachtete es Siebold bei Nassula elegans. Vergl. Anat. S. 19. 5) Dujardin hat diese Substanz in manchen ihrer Eigenthümlichkeiten richtig erkannt und sie mit dem Namen „Sarcode“ belegt. Dieser Forscher weist auf das Vor- kommen einer ähnlichen Masse auch bei andern Klassen wirbelloser Thiere, sowie deren Embryonen hin; doch scheint er ihr eine grössere Verbreitung zuzuschreiben, als sie in der That besitzt. Aeussere Bedeekungen und Körperform der Infusorien. 603 überdiess erinnert. Ihre chemische Constitution ist uns leider unbe- kannt. — Soweit es unsere Sehmittel gestalten, überall findet man den Infusorienkörper von einer besonderen Haut bekleidet. Dieselbe er- scheint durchweg als eine sehr zarte, vollkommen structurlose Mem- bran von grosser Dehnbarkeit und Elastieität ). Die meisten Infusionsthierchen bleiben nackt. Doch findet man schon unter den eigentlichen Infusorien Gattungen, welche von beson- deren, vom Thiere secernirten Gehäusen oder Hüllen umgeben wer- den. So trifft man eine häutige Umhüllung bei Peridinium und Gleno- dinium. Ein kapselartiges Gehäuse, in welches sich die Thiere, wie die Polypen in ihre Zellen, zurückziehen können, bemerkt man bei den Gattungen Vaginicola, Cothurnia und Tintinnus. Die grösste Verbreitung finden aber derartige Schalen in der Un- terklasse der Rhizopoden. Alle hierher gehörigen Formen sind, mit Ausnahme der Amoeben, von einem oftmals sehr regelmässig geform- ten Gehäuse bekleidet. Dieses variirt von einer einfachen, dehnbaren, häutigen Hülle bis zu einer compacten feuerbeständigen Kalkschale. Von membranösen kugligen oder halbkugligen Umhüllungen umgeben sind die Gattungen Ar- cella, Difflugia, Gromia. Diese bleiben entweder glatt oder werden durch Tuberkel oder zusammengeklebte Sandkörnchen (Difflugia proteiformis und acuminata) rauh und uneben. Mit den complicirtesten, zum Theil sehr zierlichen Schalen aber versehen ist ein Theil der Rhizopoden, welche unter dem Namen der Polythalamien, der Foraminiferen, bald zu den Gephalopoden, bald zu den Polypen gerechnet worden sind 2). Die Schale derselben, z. B. von Miliola oder Geoponus, bietet eine gewisse äussere Aehnlichkeit mit der des Nautilus oder mit einem Ammonshörn- chen dar und ist immer durch Scheidewände in eine Anzahl von Ab- theilungen oder Kammern zerlegt. Die Infusorien sind mit sehr verschiedenen, theils zur Ortsbewe- sung, theils zur Einführung von Nahrungsmitteln dienenden Anhän- gen 3) versehen. 1) Von Dujardin wird, aber gewiss mit Unrecht, die Existenz einer solchen Haut in Abrede gestellt. Doch soll die Oberfläche der Körpersubstanz erhärten können. 2) D’Orbigny, welcher diese Gehäuse genauer kennen lehrte (Annal. des science. nat. 1326. Tom. VII. p. 245.), schrieb den Thieren einen Kopf zu und hielt die Schale für einen inneren, vom Thier in der Rückenseite getragenen Kern. Er stellte sie zu den Cephalopoden. Ehrenberg (über noch zahlreich jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung. Berlin 1840), stellte sie zu den Polypen. In ihrer wahren Natur erkannte sie zuerst Dujardin. Vergl. Annal. des scienc. nat. Tom. IV. 1835. p. 343. Er wiess auf die grosse Uebereinstimmung dieser Geschöpfe mit manchen Infusorien, z.B. mit Amoeba, Arcella, Difflugia hin und vereinigte sie mit diesen zu einer Klasse, welche er Rhizopoden nannte. 3) Vergl. Ehrenberg, zur Erkenntniss der Organisation in der Richtung des >} kleinsten Raumes. Berlin 1332. S. 29. 604 Aeussere Bedeckungen und Körperform der Infusorien. Als gewöhnlichste Form dieser Anhänge findet man Flimmerei- ‚lien. Es sind diese Flimmercilien, welche jedoch nicht allen Infuso- rien zukommen, oftmals über den ganzen Körper verbreitet. Sie halten alsdann deutliche Reihen, theils Längs-, theils Querreihen ein. Oftmals ist der ganze Körper mit solchen ziemlich dicht stehenden Flimmerrei- hen überzogen (Stentor, Opalina, Paramecium }), Chilodon 2), Leuco- phrys 3)), in anderen Fällen nehmen sie blos einzelne Stellen, so die Mundöffnung (Lacrymaria %) oder als Flimmersaum die Bauchfläche des Körpers (Trichodina 5)) ein. Bei Peridinium erstreckt sich ein solcher Kranz von Flimmerhaaren quer über den Körper. Von diesen Flim- mercilien werden die Schwimmbewegungen der Infusorien vermittelt. Gewöhnlich ist bei den bewimperten Infusorien der Mund von ei- ner Anzahl viel grösserer Wimpern umstellt, welche willkührlich ein- und ausgestülpt werden können, und zur Erregung eines Strudels oder Wirbels benutzt werden, z. B. bei Leucophrys 6). Oftmals werden der- artige Wimpern bei sonst nackten Infusorien in dieser Gegend ange- troffen, z. B. Vorticella 7), Enchelys 8). Besondere Bewegungsorgane stellen die sogenannten Haken (un- cini), grosse Haare mit verdickter Basis, dar. Sie werden nicht mehr zum Wirbeln gebraucht, dienen dagegen den Thieren als Fang- oder Kletterapparate. Gewöhnlich sind sie unregelmässig über die Bauch- fläche zerstreut (Euplotes, Stylonychia) und werden dann von den Thieren gleich Füsschen, um an fremden Körpern hin und her zu lau- fen, benutzt. Mit dem Namen von Griffeln (styli) hat man gerade, bewegliche, ebenfalls nicht mehr wimpernde, conische Fortsätze bezeichnet. Solche Griffel findet man am hinteren Leibesende der Oxytrichinen, z. B. bei Stylonychia. Lange, unbewegliche Haare, Borsten (se/ae) werden an der Kör- peroberfläche von Actinophrys 9) und Trichodiseus angetroffen. Andere Infusorien besitzen einen langen und dünnen, fadenförmi- gen Rüssel, welchen sie peitschenartig bewegen können. Gewöhnlich ist er nur einfach vorhanden, wie bei Monas !%), Microglena !!), Tra- chelomonas !?2) und Euglena 3). Selten dagegen wird dieser rüssel- 1) Vergl. als Beispiel die Abbildung von Paramecium aurelia Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXV. — 2) Ibid. fig. IN—XI. Chilodon cucullulus. — 3) Ibid. fig. XXI. A. Leucophrys spathula.. — 4) Ibid. fig. XII. Lacrymaria proteus. 5) von Siebold, vergl. Anat. S. 12. 6) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXl.a. — 7) Ibid. fig. XVI. u. XIX. von Vorticella eitrina und campanula. — 8) Ibid. fig. XX. A. a. u. XIV. Enchelys pupa und nebulosa. — 9) Ibid. fig. XAVI. — 10) Ibid. fig. I. B. b. Rüssel von Monas guttula.. — 11) Ibid. fig. IV. von Microglena punctifera.. — 12) fig. V.b. von Trachelomonas volvocin. — 13) Ibid. fig. VI. u. VII. a. Euglena viridis u. sanguinea. Museulatur der Infusorien. 605 förmige. Fortsatz doppelt angetroffen, wie bei Glenomorum und Chlo- rogonium. Ganz eigenthümliche Bewegungsorgane trifft man bei den Rhizo- poden. Sie erscheinen in verschiedenen Formen, theilen aber mit den Körperfortsätzen der Amoeben die gleiche Beweglichkeit und stel- len im Grunde nur eine weitere Entwicklung der letzteren dar. Ein Theil dieser Thiere besitzt nur kurze und dicke, an ihrer Spitze abge- rundete Anhänge (z. B. Difflugia), bei den andern Rhizopoden dagegen erscheinen diese Anhänge viel dünner, von fadenförmiger Beschaffen- heit, aber noch wenig zahlreich und unverästelt. Bei den sogenannten Polythalamien dagegen, ebenso auch bei Gromia, sind sie oft zahlrei- cher und baumartig verästelt. Unter den Polythalamien treten sie allein noch bei Miliola aus einer einzigen Oeffnung, bei allen andern dage- gen aus einer Menge einzelner Poren, von denen die Schale durchlö- chert ist, hervor !). Diese Fortsätze, welche die Eigenschaft haben sich willkührlich zu verästeln und oftmals scheinbare Verbindungen mit einander eingehen, bewirken die kriechende Fortbewegung der Rhizo- poden 2). Auffallend ist die vollständige Abwesenheit der Flimmer- haare bei diesen Geschöpfen, verglichen mit der grossen Häufigkeit derselben bei den eigentlichen Infusorien. Musculatur der Infusorien. Der Körper der Infusionsthiere wird durchweg von der schon oben erwähnten homogenen, glashellen, gelatinösen Masse gebildet. In ihr erblickt man keine Andeutungen etwa von Fasern oder Mus- keln. Es verdanken daher die Bewegungen des Infusorienkörpers nur der lebendigen Contractilität der homogenen Körpersubstanz ihren Ur- sprung. Nur in seltenen Fällen hat sich ein Theil dieser homogenen Kör- persubstanz zur Bildung eines eigentlichen Muskels condensirt. Mit Ausnahme gewisser dunkler Streifen, welche unter den Wimperreihen angetroffen und noch ziemlich unsicher als Muskeln gedeutet worden sind, hat man nur bei den Vorticellinen einen unzweideutigen Muskel vorgefunden. Er ist hier im Innern des Stieles, welcher dem glocken- formigen Körper dieser Geschöpfe zur Befestigung dient, gelegen, 1) Vergl. Dujardin |. c. p. 240. 2) Von Dujardin wurde diesen Fortsätzen ebenfalls eine besondere Membran abgesprochen und ihr Verschmelzen für ein wirkliches genommen, was von Ehren- berg, welcher hierin die Beobachtungen des ersteren Forschers bestätigt, aber nur für scheinbar und gewiss mit Recht erklärt wurde (Vergl. dessen Schrift: über noch zahlreich jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung. Berlin 1840. S. 28.). 606 Sinneswerkzeuge der Infusorien. als ein homogener dunkler Streifen, welcher entweder mit dem Stiele einfach bleibt (Vorticella !)) oder sich mit diesem verästelt (Carchesium). Wie es den Anschein hat bleibt er auf den Stiel beschränkt 2). Er be- wirkt durch seine CGontraktionen, wobei man Querrunzeln an ihm auf- treten sieht, die spiraligen Zusammenziehungen und durch seine Re- laxation das Losschnellen der Vorticellinen. Bei Epistylis wird er nicht angetroffen. Nervensystem der Infusorien. Man hat bei den Infusorien trotz aller Bemühungen nichts aufzu- finden vermocht, was mit einiger Wahrscheinlichkeit als Nervenmasse hätte betrachtet werden können, da die helle scharf umgrenzte Masse, welche man bei Euglena und Amblyophis 3) als Nervenknoten beschrie- ben hat, nur willkührlich als Nervensystem gedeutet werden kann. Sinneswerkzeuge der Infusorien. Die Infusorien sind Thiere, welche dem Beobachter unzweideutige Erscheinungen von Sinnesempfindungen darbieten. Man beobachtet bei ihnen mit Leichtigkeit Tastperceptionen. Als Sitz derselben hat man die Oberfläche des ganzen Körpers und die demselben zugehörenden Anhänge, als Haare und Wimpern, sowie die Fortsätze der Rhizopoden anzusehen. Da man sich ebenfalls von einer Lichtwahrnehmung dieser kleinen Wesen überzeugen kann, so hat man in den Ansammlungen eines in der Regel rothen Pigmentes die Sehwerkzeuge der Infusorien zu finden geglaubt. Derartige Flecke trifft man bei vielen hierher gehörenden Thieren an, wie Dinobryon, Microglena 4), Trachelomonas 5), Amblyo- phis, Euglena 6), Glenodinium, wo sie Massen von verschiedener Grösse und Gestalt bilden. Mit einem ähnlichen sogenannten Augenfleck, aber von schwarzer Farbe, ist Ophryoglena atra versehen ?).., Da man jedoch 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XVI.A., eine Gruppe von Vorticella mi- erostoma. Bei 2. 2. 2. einige Thiere mit spiralig zusammengezogenem Stiele, bei den übrigen ist er ausgestreckt. 2) Es erscheinen wenigstens die Angaben von C. Eckhard, in Wiegmann'’s Archiv 1846. S. 217., welcher bei Vorticella nebulosa eine dichotomische Spaltung des Muskels in den glockenförmigen Körper hinein gesehen haben will, noch sehr zweifelhaft. 3) Vergl. Ehrenberg, in seinem grossen Werke. S. 104 und 105. 4) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. IV. Augenpunkt von Microglena punctifera. 5) Ibid. fig. V.a.a.e. derselbe von Trachelomonas volvocina.. — 6) Ibid. fig. VI. Augenflecke von Euglena viridis, fig. VII. von Euglena sanguinea. 7) Vergl. Ehrenberg in seinem grossen Werke. S. 360, Tab. XL. fig. 6. Verdauungsorgane der Infusorien. 607 an diesen Augenflecken weder eine begrenzende Membran noch ein brechendes Medium vorfindet, da ausserdem auch andere Infusorien, welche solcher Pigmentansammlungen entbehren, ebenfalls unzweifel- hafte Lichtperceptionen haben, so dürfte es gerechfertigt sein, die- sen Flecken eine derartige Function überhaupt abzusprechen und lieber den Sitz dieser Empfindung dem ganzen Körper zuzuweisen !). Verdauungsorgane der Infusorien. Bei einem grossen Theile der Infusorien bemerkt man mit Deut- lichkeit eine Mundöffnung. Dieselbe liegt an verschiedenen Stellen des Körpers, bald am vorderen Ende desselben, bald aber auch mehr oder minder nach hinten. So steht beispielsweise der Mund am vor- deren Körperende bei Enchelys 2), Bursaria, Leucophrys 3), seitlich bei Kolpoda, ungefähr in der Mitte des Körpers bei Paramecium #. Bei Kerona liegt er an der unteren Körperfläche. Bei Vorticella 5) ist er seitlich an der vordern mit Wimpern besetzten Scheibe gelegen. Die Form des Mundes ist im Allgemeinen bald eine rundliche oder ovale (so z. B. bei Paramecium, Enchelys), bald spaltförmige (Kerona, Stylonychia). Eine spiralige Mundöffnung besitzt Spirostomum. Die Mundöffnung bleibt bei einem Theile der Infusorien nackt, so namentlich bei den Rhizopoden, weit gewöhnlicher dagegen wird sie von einem Kranze von Wimpern, wie schon oben erwähnt worden ist, umstellt. Nur bei einer geringen Zahl von Infusorien bemerkt man noch eine Bewaffnung der Mundhöhle, einen sogenannten Zahnapparat. Es besitzen Chilodon 6), Nassula ?), Prorodon und Chlamidodon einen derartigen aus cylindrisch zusammengestellten Borsten bestehenden, fischreusenförmigen Zahnapparat. Eine zum Austritt der verdauten Stoffe bestimmte Oeflnung, wel- cher man den Namen eines Afters geben kann, ist ebenfalls gewöhn- lich bei den Infusorien vorhanden. Ihre Lage ist eine sehr verschie- dene. Oftmals steht sie der Mundöffnung entgegengesetzt am hinte- 1) Falls sich die, allerdings sehr zu bezweifelnde, thierische Natur der Clo- sterien noch ergeben sollte, so könnte man vielleicht mit grösserem Rechte in der kleinen rundlichen Blase, welche an den Spitzen des Körpers dieser Thiere liegt und eine Menge von Körnchen enthält, ein Gehörorgan sehen. Wenigstens kommen die Bewegungen seiner Körnchen ganz mit den Öscillationen der Otolithen der Ga- steropoden überein, wie denn auch das Ganze einer verkleinerten Gehörkapsel dieser letzteren Thiere sehr gleicht. 2) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XX.a.. — 3) Ibid. fig. XXl.a.. — 4) Ibid. fig. XXV.A.a. — 5) Ibid. fig. XVI.c., XVILa. — 6) Ibid. fig. X— Xl.a‘. bes, fig. XL.a. — 7) Ibid. fig. XXII—XXIV. 608 Verdauungsorgane der Infusorien. ren Körperende, so bei Enchelys !), Bursaria, Leucophrys 2). Bei an- deren Geschöpfen dagegen liegt der After in der Nähe des Mundes, so bei Kerona an der einen Seite des Körpers, ebenso auch an der nämlichen Stelle bei Paramecium 3), oder bei Vorticella an der vorderen Wimperscheibe des Körpers. Wie es scheint, besitzen manche Infuso- rien, welche einen Mund darbieten, keine besondere Afteröffnung mehr (Monas). Es giebt endlich eine nicht unbeträchtliche Anzahl von In- fusorien, wo weder Mund- oder Afteröffnung vorhanden sind, wie z.B. bei Euglena, und darunter einige Geschöpfe von so ansehnlichen Kör- perdimensionen, wie die Gattung Opalina, dass hier nicht wohl von einem Uebersehen dieser Theile die Rede sein kann. Von grösster Wichtigkeit für die Auffassung der Organisation der Infusorien ist der Bau ihrer Verdauungsorgane. Durch eine schon vorher ausgeübte, von ihm aber in grösster Aus- dehnung benutzte Methode, die Thiere zur Aufnahme im Wasser suspen- dirter Farbepartikelchen zu bewegen, glaubte Ehrenberg eine Reihe höchst eigenthümlicher Verhältnisse gefunden zu haben. Nach ihm sollten alle Infusorien mit einer grösseren oder geringeren Anzahl einzelner rundlicher Mägen versehen sein, auf welche Eigenthümlichkeit hin er diese Thiere mit dem Namen der Polygastrica bezeichnete. Ein Theil dieser Polygastrica soll einen besonderen Darmkanal entbehren. Bei diesen Thieren, welche er als Anentera in eine Ordnung brachte, als deren Typus eine Monade ) dienen kann, sollen die einzelnen Mägen mit Stielen der Mundöffnung aufsitzen. Es geht dem Thiere mithin eine besondere Afteröffnung ab. Bei einem anderen Theile der Infusorien will dagegen Ehrenberg einen Darmkanal, welchem die einzelnen Mägen aufsitzen, beobachtet haben. Er bildete hieraus seine Ordnung der Enterodela und zerfällte diese wieder nach dem verschiedenen Verlaufe des Darmkanales in drei Unterordnungen. Bei der ersten, den Cyclocoela, macht der Darm eine Cirkellinie, so dass er mit seinem Endtheile nahe zum Anfange zurücktritt, sich mithin Mund- und After- öffnung dicht neben einander vorfinden. Dieses Verhältniss zeigt z. B. Vorticella 5). Bei der zweiten Unterordnung, den Orthocoela, erstreckt sich der Darm in einer geraden Richtung durch den Körper, so z. B. bei Enchelys 6), wesshalb Mund und After an den entgegengesetzten Körperenden gelegen sind. Bei der dritten Unterordnung endlich, den Campylocoela, hält der Darmıkanal nicht einen geraden, sondern ei- nen gewundenen Verlauf ein. So beispielsweise bei Leucophrys ?). Diese Annahmen, gegen welche es von jeher nıcht an Angriffen 1) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XX.b. — 2) Ibid. fig. XXLb. — 3) Ibid. fig. XXV.A.b. — 4) Ibid. fig. III., eine schematische Darstellung der Mä- gen von Uvella atomus. — 5) Ibid. fig. XVII. u. XVII — 6) Ibid. fig. XX.B — 7) Ibid. XXI. B. Verdauungsorgane der Infusorien. 609 gefehlt hat !), sind zu einer grossen Verbreitung gelangt. Bei einer genauen Prüfung kann man sich jedoch überzeugen, dass solche Ver- hältnisse, wie sie Ehrenberg behauptet, in Wirklichkeit nicht vor- handen sind, dass vielmehr die Infusorien einen ganz anderen, viel einfa- cheren Bau ihres verdauenden Apparates zeigen, eine Anordnung, wel- che sie keineswegs als hoch organisirte Geschöpfe erscheinen lässt, vielmehr berechtigt, in ihnen gerade die einfachsten und niedrigsten Organismen zu erblicken: Man findet bei den Infusorien einen von der Mundöffnung .abge- henden Kanal, welcher sich eine Strecke weit in den Körper erstreckt und wahrscheinlich von einer besonderen Membran überkleidet wird. In diesen Kanal, welchen man mit dem Namen einer Speiseröhre bezeichnen kann, gelangen die von der Wimperbewegung des Mundes zugeführten Stoffe hinein und häufen sich mit etwas Wasser vermischt an dem unteren freien Ende desselben an. Hier bilde sie eine rundliche Masse, welche in das Körperparenchym hereinragt und wahrscheinlich durch den Austritt von Flüssigkeit aus dem letzteren sich endlich zu einer runden blasenförmigen Höhlung ausbildet. Eine derartige Ansammlung ist von Ehrenberg als ein Magensack angesehen worden. Dass je- doch hiervon nicht die Rede sein kann, zeigt der Umstand, dass eine solche Höhle nach einiger Zeit durch die CGontraction des Körperparen- chyms von der Speiseröhre abgelöst und nach einem anderen Theile des Körpers hingetrieben wird. Bei fortgesetzter Stoffaufnahme bemerkt man, wie derselbe Process sich mehrmals ganz in der gleichen Weise wiederholt. Es erscheint desshalb ein Infusorium zuletzt mit einer Mehrheit oder Vielheit sogenannter Mägen versehen. Man gewahrt als- dann blasige, mit Farbemasse erfüllte Höhlen, welche neben einan- der im Körperparenchym liegen ?2.. Ein dieselben verbindender Kanal, 1) So wurden gegen die Ehrenberg’sche Darstellung Zweifel erhoben von Focke (Isis. 1836. S. 785.), von Meyen (Müller’s Archiv 1839. S. 74.) und Ry- mer Jones (a general outline of the animal kingdom. p. 56.). Das Ver- dienst, mit aller Entschiedenheit jene Ansichten bekämpft und die bei der Stoffauf- nahme der Infusorien in Betracht kommenden Verhältnisse im Wesentlichen richtig erkannt zu haben, gebührt aber hauptsächlich Dujardin. (Man vergl. dessen Auf- sätze in den Annal. d. scienc. nat. Serie II. Tom. IV., V. u. X.; dann aber dessen Hist. nat. des Zoophytes. Infusoires). Neuerdings ist auch von Siebold den Dujar- din’schen Ansichten im Wesentlichen beigetreten ynd hat in seiner vergl. Anat. S. 14 auf eine treffliche Weise diesen Gegenstand behandelt. Spätere, von Eckhard (Wiegmann’s Archiv 1846. I. S.209.) zu Gunsten der Ehrenberg’schen Meinung mitgetheilte Angaben dürften wenig geeignet sein, derselben eine weitere Stütze zu verleihen. 2) Als Beispiele vergl. man die naturgetreuen Abbildungen solcher Verhält- nisse bei Chilodon Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XL, Vorticella ibid. fig. XVI., bei Actinophrys, fig. XV., bei Enchelys fig. XIV. u. XX., bei Leucophrys fig. XXI. A. u. Paramecium fig. XXV. Wagner’s Zootomie. II. 39 610 Verdauungsorgane der Infusorien. welchem sie mit Stielen aufsitzen, wird dagegen nicht bemerkt !). Es können höchstens mehrere solcher Blasen, wenn sie gegen einander gedrückt werden, zusammenfliessen und so in diesem Momente schein- bar eine Strecke weit das Bild eines Kanales darbieten. In ähnlicher Weise können auch Farbepartikelchen nicht in Kugelform, sondern hin- tereinander in Längsreihen gelagert, bisweilen durch das Körperparen- chym hindurch getrieben werden und somit ebenfalls zur Annahme ei- nes Darmkanales Veranlassung geben 2). In Wirklichkeit sind gerade diese Verhältnisse sehr geeignet zu zeigen, dass man es hier nicht mit einer bestimmten, gleich bleibenden Organisation, sondern vielmehr mit unregelmässig auftretenden Bildun- gen zu thun hat. Gleichfalls eine Unterstützung erhält diese Ansicht noch dadurch, dass man nicht selten bemerkt, wie der ganze Körperinhalt und somit auch die verschiedenen Magenblasen in einer rotirenden Bewegung im Körper umhergetrieben werden 3). Man sieht wenigstens nicht ein, wie dieses bei einem bestimmten Verdauungsapparate möglich ist. In anderer Weise bemerkt man bei manchen Infusorien grössere verschlungene Körper, z. B. Navicularien oder die Stücke von Algen, ganz frei, ohne von blasigen Räumen umschlossen zu sein, in der Kör- perhöhle stecken 3). Infusorien, welche nichts gefressen haben, lassen die nämlichen mit Flüssigkeit erfüllten Hohlräume erkennen 5). Es giebt eine, wenn auch nur geringere Anzahl hierher gehörender Thiere, bei welchen man niemals die Aufnahme von festen Stoffen be- merkt 6). Unter ihnen erreicht die Gattung Opalina eine solche Grösse, dass man sich mit Leichtigkeit von der Abwesenheit eines Mundes und Af- ters überzeugen kann. Bei diesen Thieren geschieht die Ernährung wohl nur durch die Haut des Körpers hindurch. Von Interesse ist es, dass man sich gerade bei Opalina ranarum 7) von dem Vorkommen ganz 1) Man kann daher eineZeichnung, wie sie Ehrenberg von Vorticella citrina giebt (copirt Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XVIII.), nur mit Misstrauen betrachten. 2) Zur Constatirung dieser Verhältnisse glauben die Verfasser besonders die Gattung Stentor empfehlen zu dürfen, indem man es hier mit einem so grossen Thiere zu thun hat, dass eine starke Vergrösserung alles Detail aufs beste erken- nen lässt. 3) Die Wichtigkeit dieses Verhältnisses erkannten Focke (Isis 1836) u. Meyen (Müller’s Archiv 1839.). 4) Ehrenberg’s Zeichnungen stellen dieses zum Theil ebenfalls dar. 5) Ic. zootom, Tab. XXXV. fig. X. e. e. 6) Z.B. Euglena, wo blos der Körper mit verschieden gefärbten Körnchen er- füllt ist. 7) Mit Recht hebt von Siebold (a. a. 0. S. 15.) diese leicht zu untersu- chenden Thiere hervor, sowie den Umstand, dass sie oftmals von Gallenfarbestoff gleichmässig durchdrungen angetroffen werden. Er irrt aber, wie auch Eckhard Organe des Kreislaufs bei den Infusorien. 611 gleicher Blasen überzeugen kann, welche immer leer an körperlichen Theilen und nur mit Flüssigkeit erfüllt erscheinen, so dass ihnen nicht wohl unter diesen Umständen die Bedeutung von Mägen zugeschrieben werden kann. Die Betrachtung dieses Thieres dürfte am meisten ge- eignet sein, den Beweis zu liefern, dass diese Blasen nur einer Ei- genthümlichkeit des Körperparenchymes ihren Ursprung verdanken. Organe .des hreislaufs bei den Infusorien. Es kommen in der Klasse der Infusorien in einer sehr grossen Ausdehnung hohle Räume oder Blasen vor, welche sich entweder rhythmisch oder in unbestimmten Zeiträumen contrahiren. Nach den bisherigen Untersuchungen hat man sie unter den Rhizopoden nur bei Amoeba und Arcella, bei den ächten Infusorien dagegen in der Mehrzahl der Gattungen angetroffen. Form und Anzahl dieser contractilen Räume unterliegen nicht unbeträchtlichen Differenzen. Eine einfache runde Blase, welche entweder seitlich (der gewöhn- lichste Fall) oder an anderen Stellen gelegen ist, findet man bei Vor- ticella !), Epistylis, Vaginicola erystallina, Stentor coeruleus, Loxodes, Paramecium Kolpoda, Stylonychia, Kerona, Euplotes, Amoeba diffluens. Mit einem oder zwei dieser Räume versehen sind Actinophrys, Bursaria, Trichodina. In der Regel mit drei Chilodon Gucullulus 2), mit drei oder vier Arcella vulgaris. Hier und da sind diese mehrfachen contractilen Blasen in einer Reihe angeordnet, wie bei Nassula elegans 3), wo ihre Zahl vier beträgt ®). Wenn auch in der Regel die Form dieser Blasen eine rundliche bleibt, so nehmen sie doch bei einigen Infusorien mehr die Gestalt eines längeren Behälters oder Kanales an, welcher sich hier durch den ganzen Körper erstreckt, wie bei Spirostomum ambiguum richtig bemerkt, wenn er angiebt, es träte die Bildung solcher Blasenräume erst in Folge von Wasseraufnahme in den Körper ein. Man kann vielmehr schon bei Opalinen, welche man ohne Wasserzusatz untersucht, dieselben mit Deutlichkeit unterscheiden, wenn gleich sie nicht in derselben Menge bemerkt werden. Auffallend ist, dass diese Hohlräume, auch wenn das Körperparenchym ganz von Galle gefärbt ist, doch noch farblos erscheinen. Es spricht dieser Umstand sehr dagegen, dass diese Blasen blos mit Wasser erfüllt sind, , während er bei der Anfüllung mit einer aus dem Körper- parenchym ausgedrückten Flüssigkeit eher begreiflich wird. Für die Annahme der letzteren scheinen auch die Fälle zu sprechen, wo man eine röthliche Färbung die- ser Blasen antrifft, was allerdings auf ganz richtiger Beobachtung und nicht auf einer optischen Täuschung beruht; ebenso noch der Umstand, dass eine solche aus dem Körper ausgepresste Blase im Wasser sich bisweilen eine Zeit lang unge- löst erhält. 1) Vergl. Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XVII. b. Blase von Vorticella citrina u. XIX. a. von Vort. campanula. — 2) Ibid. fig. IX.—XI.b.b.b. — 3) Ibid. fig. XXII. 4) Nach v. Siebold sollen bei Trachelius Meleagris acht bis zwölf, bei Am- phileptus fünf bis sechszehn contractile Blasen vorkommen. 39% 612 Organe des Kreislaufs bei den Infusorien. und Opalina Planariarum. Bei Stentor soll neben der grösseren Blase noch eine Reihe kleinerer contractiler Räume seitlich am Körper sich herab erstrecken, welche zuweilen zu einem Kanal zusammenfliessen !). Endlich kommen die contractiilen Räume in einer sonderbaren Form vor bei Paramecium Aurelia und noch einigen anderen Thieren (Bursaria leucas, Ophryoglena atra und Glaucoma seintillans) 2). Sie stellen bei jenem sternförmige Gebilde dar, welche eine runde Blase als Centrum haben, die von fünf bis sieben birnförmigen Höhlen mit zu- gekehrter Basis radienförmig umgeben wird 3). Die Frage nach der eigentlichen Structur dieses Gebildes, nament- lich nach dem Vorhandensein oder Fehlen einer bestimmten Membran, lässt sich nicht entscheiden. Wenngleich auch das regelmässige Wie- derauftreten diese Blasen an der nämlichen Stelle, die Dehnbarkeit, welche dieselben bei grösseren Thieren (Stentor coeruleus) besitzen, für das Vorhandensein einer bestimmten Membran zu sprechen scheint, so sind doch andere Erscheinungen, wie das Zusammenfliessen meh- rerer derartiger Räume zu einem einzigen oder die Trennung ei- nes Raumes in Folge stattgefundener Dehnung in einen doppelten, da- mit in Widerspruch 4). Der in diesen Behältern enthaltene Saft scheint derselbe zu sein, wie der, welchen die nicht contractilen, sog. Magen-Blasen enthalten. Indem er durch die Contraction und Expansion der Blasen aus- und eingetrieben wird, entsteht die Vermuthung, dass diese contractilen Räume als herzartige Gebilde zu betrachten seien, dass mithin in der Klasse der Infusorien ein sehr wenig entwickelter und sehr un- vollkommener Säfteumlauf vorkomme >). Daneben jedoch hat man bereits einen vollkommeneren , höchst merkwürdigen Kreislauf angetroffen. Bei Loxodes Bursaria 6) ist 1) So nach von Siebold (vergl. Anat. S. 21.). Bei Stentor coeruleus ist es uns niemals möglich gewesen, die angegebenen Blasen aufzufinden. Auch von Eck- hard (l. c. S. 230.) wird das Vorkommen dieser seitlichen Behälter bei Stentor in Abrede gestellt. 2) Abbildungen der contractilen Blasen dieser drei Thiere in Ehrenberg’s grossem Werke Tab. XXXIV. fig. 8., 1. Tab. XL. fig.6.,1.u.3. Tab. XXXVI. fig. 5,1. 3) Die contractilen Blasen von Paramecium Aurelia finden sich nach der Eh- renberg’schen Zeichnung copirt in den Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XXV. B.c.c.c. — Diese Zeichnungen sind jedoch, wie v. Siebold richtig bemerkt, nicht genau, wesshalb auf die sorgfältigere Darstellung derselben bei Dujardinl.c. Pl. VII. fig. 6.a. zu verweisen ist. 4) Vergl. von Siebold.a. a. O. S. 21. 5) Diese Meinung, gegenüber der unhaltbaren von Ehrenberg (s. unten), ist zuerst von Wiegmann ausgesprochen worden (s. dessen Archiv 1835. I. S. 12.) Ihr beigetreten ist auch von Siebold. 6) Vergl, Erdl in Müller’s Archiv 1841. S.278. — Erdl, dessen Beschrei- Besondere Absonderungsorgane der Infusorien. 615 der Körper von grünen Kügelchen erfüll. Ein Theil dieser Kör- perchen, nämlich der, welcher der Peripherie am nächsten liegt, be- wegt sich unaufhörlich, das Thier mag ruhig oder in Bewegung sein, in einer Ellipse auf- und abwärts, so dass auf diese Weise ein über- all gleich breiter, in sich geschlossener, elliptischer Strom entsteht. In diesem Strome befinden sich immer mehrere Kügelchen neben ein- ander, welche sich gleichmässig in der Richtung des ersteren fortbe- wegen. Was diese Bewegung bewirkt, ist unbekannt; mit den Wim- pern der Körperoberfläche steht sie in keinem Zusammenhang. Besondere, der Athmung dienende Theile, werden bei Thieren, welche eine so unvollkommene Organisation besitzen, wie die Infuso- rien, nicht mehr vorgefunden. Die Respiration geht überall an der Körperoberfläche vor sich. Besondere Absonderungsorgane der Infusorien. Derarlige Organe vermisst man ebenfalls. Bei manchen Thieren, nämlich denen, welche mit einer besonderen Hülle versehen sind, übernimmt die Haut die Absonderung derselben. Der violetten Kör- permassen einiger Infusionsthierchen, nämlich der Nassula elegans und des Chilodon ornatus, wurde schon oben gedacht. Man hat in ihnen bestimmte Absonderungen sehen wollen, ebenso in der röth- lichen, in den Blasenräumen enthaltenen Flüssigkeit, welche bei Tra- chelius Meleagris und Bursaria vernalis vorkommt, aber gewiss mit Unrecht N). Geschlechtsorgane der Infusorien. Das Vorkommen von Geschlechtsorganen konnte bisher noch nicht mit Sicherheit bei den Infusionsthierchen dargelhan werden. Zwar sind von Ehrenberg in ganz allgemeiner Weise diesen Ge- schöpfen Geschlechtswerkzeuge zugeschrieben worden und zwar so, dass weibliche und männliche Organe in den nämlichen Individuen verei- nigt, dass mithin die Infusorien Zwitter wären 2). Es beruhen jedoch diese Ansichten nur auf hypothetischen Annahmen. bung wir in den Text aufgenommen haben, hat diesen Kreislauf für Bursaria ver- nalis angegeben, wobei er aber wahrscheinlich dieses Thier mit Loxodes Bursaria verwechselt hat. Wenigstens findet man an letzterem Thiere ganz das von ihm angegebene Verhältniss (Bursaria vernalis stand uns leider gerade nicht zu Gebote). 1) Ehrenberg (dritter Beitrag zur Erkenntniss grosser Organisation in der Richtung des kleinsten Raumes S. 35.) sieht in den violetten Massen einen beson- deren, die Verdauung unterstützenden Darmsaft. Ebenso auch in der röthlichen Flüssigkeit der Gattungen Trachelius und Bursaria, welche (Infusionsthierchen S. 321.) der Galle verglichen wird. 2) Man vergl. Ehrenberg, über eine bis zu den Monaden herab darstellbare 614 Geschlechtsorgane der Infusorien. Für Eier werden von diesem Forscher die verschiedenen im Kör- perparenchym enthaltenen Körner und Körnchen genommen. Abge- sehen jedoch davon, dass ein Theil derselben aus von aussen aufgenom- menen und weiter zerfallenen Nahrungsstoffen, z. B. bei Nassula, besteht, gehen diesen Körnern alle Merkmale eines Eies vollkommen ab, indem sie als ganz homogene Körper erscheinen und von den Bestandtheilen eines Eies nichts aufzufinden ist. Neben diesem Umstande, welcher allerdings in der Kleinheit des Objectes seinen Grund haben könnte, ist bis jetzt noch bei keinem Infusorium die Entwicklung eines sol- chen Körnchens zu einem neuen Thiere zu beobachten gewesen. Ebenso unsicher ist die Annahme männlicher Geschlechtsor- gane. Ein in dem Leibe der Infusorien und Rhizopoden enthaltener feste- rer Körper ist ganz willkührlich als eine männliche Samendrüse an- gesehen worden. Es erscheint dieser Körper in einer grossen Verbrei- tung bei den Infusorien, wenngleich er auch bei manchen Formen, z.B. bei Coleps, den ‚Foraminiferen, nicht bemerkt worden ist. Er zeigt eine sehr verschiedene Form. Rund und kugelförmig erscheint er bei Stentor niger, wo er nur einfach, und bei Trachelius Meleagris, wo er doppelt vorhanden ist; eine eiförmige Gestalt hat er bei Chilodon und Paramecium. Vier ovale Körper besitzt Stylonychia Mytilus. In einer mehr scheibenartigen Form zeigt ihn Euglena longi- cauda; in einer nierenförmigen Trichodina pediculus und Loxodes Bursaria. Eine bandförmige Gestalt dieses Gebildes bemerkt man bei Vorticella convallaria und microstoma, Bursaria truncatella, Opalina rana- rum. In Ringform hat man es bei Euglena spirogyra erkannt. Höchst eigenthümlich erscheint es bei einigen Infusorien in Form eines perl- schnur- oder paternosterschnurähnlichen Körpers, welcher gewunden den Leib durchsetzt, so z. B. bei Stentor polymorphus, coeruleus, Spirostomum ambiguum; spiralig gewunden bei Stentor Roeselii. Dieser resistentere Körper erscheint in manchen Fällen wie solide, in anderen als ein mit einer grösseren oder geringeren Menge feiner Körnchen erfülltes Bläschen (Stentor coeruleus). Bisweilen beobachtet ıman in seinem Innern einen oder zwei kleinere Körper, z. B. bei Chilo- don Cucullulus 2), wo man dann an einen Nucleus mit Nucleolus oder eine Zelle mit einem Kern zu denken versucht wird. Die Function dieses merkwürdigen Gebildes ist leider völlig un- bekannt. Man weiss nur, dass es bei der Theilung eines Infusorium sich ebenfalls mit theilt oder richtiger vor der Theilung des Körpers Duplicität des Geschlechtes der Infusorien in den Zusätzen zur Erkenntniss gro- sser Organisation im kleinen Raume. Berlin 1836. Dazu die Bemerkungen von Du- jardin (l. ec.) und von Siebold (vergl. Anatomie S. 23.). 1) Ic. zootom. Tab. XXXV. fig. XVI. 2) Ibid. fig. IX —XIl.c.c. ! Geschlechtsorgane der Infusorien. 615 schon getheilt erscheint (Paramecium !), Chilodon). Nach dem Zerflies- sen eines Infusionsthierchens erhält es sich noch eine Zeit lang unver- ändert, scheint dann aber auch der Auflösung anheim zu fallen 2). Die schon bei dem Kreislaufe erwähnten contractilen Räume sind von Ehrenberg als Samenblasen, welche durch ihre CGontractio- nen über die im Körperparenchym enthaltenen Eier den Samen er- giessen sollten, gedeutet worden 3), aber gewiss mit Unrecht ®). Die allein mit Sicherheit gekannte Vermehrung der Infusorien geschieht auf dem Wege der Knospenbildung und Theilung. Die erstere geniesst einen geringen Verbreitungsbezirk und ist bis jetzt nur bei den Vorticellinen 5) angetroffen worden. Sehr verbreitet ist dage- gen die Vermehrung durch Theilung. Sie erscheint entweder als Längstheilung (Vorticella 6)) oder Quertheilung (Stentor) oder in beiden Formen zugleich (Chilodon, Paramecium, Opalina) ?). 1) Vergl. als Beispiel ein in der Theilung begriffenes Paramecium Ic. zootom. Tab. XXXV., fig. XXV. Cd. d. 2) von Siebold in seiner vergl. Anat. S. 24. bezeichnet diesen Körper ge- radezu mit dem Namen eines Kernes. Er hält ihn für ein zu weiterer Entwick- lung bestimmtes Gebilde und wirft die Frage auf, ob nicht der Kern zu dem Kör- per der Infusorien, der ihn umschliesst, dieselbe Bedeutung habe, wie die schlauch- artigen Larven zu den sie umschliessenden,, infusorienartigen Embryonenleibern des Monostomum mutabile.e Von Eckhard wird jedoch mit Recht angegeben, dass solche Kerne eines zerflossenen Infusorium nach einiger Zeit ebenfalls verschwin- den (a. a. 0. S. 232.). 3) Ehrenberg, über eine bis zu den Monaden hinab darstellbare Duplici- tät des Geschlechts der Infusorien a. a, O. 4) Mit Recht hat Dujardin (l. c. p. 103.) das Befremdende der Annahme von Ehrenberg hervorgehoben, dass nämlich ein solches Thier mit diesen Blasen in beständiger Samenergiessung die in dem Körper enthaltenen Eier befruchte. (Cf. auch von Siebold vergl. Anat.), davon, dass die Samenblasen keine Spermato- zoen enthalten, sowie dass sie auch dann fungiren, wenn die von Ehrenberg für Eier genommenen Körnchen im Thierleibe nicht vorhanden sind, gär nicht zu re- den. Ebenso konnte Ehrenberg, wie er (Zusätze etc. S 11.) erklärt, keine Ver- bindung seiner vermeintlichen Samenblasen und Samendrüsen bemerken. 5) Vergl. die Knospenbildung bei Vorticella microstoma. Ic. zootom. Tab, XXXV. fig. XVL A. 6. 6) Ibid. 4. u. 5. und fig. XXV.C. 7) Ehrenberg will bei Monas vivipara ein Lebendiggebären beobachtet haben. Es sollen nämlich (Infusionsthierchen S. 9.) die im Leibe enthaltenen, '/560° grossen Körperchen beim Zerfliessen des Thieres und beim Verdunsten des Was- sers (!) in eine zitternde, selbstständige Bewegung gerathen, was ihm dafür sprach, sie für bereits aus den Eiern ausgeschlüpfte Monadenjungen zu nehmen (?). Inter- essant, aber noch der Bestätigung bedürfend, ist eine Beobachtung von Eckhard (a. a. 0. S. 227.) über Keime oder Knospen und deren Entwicklung bei Stentor coeruleus. 616 Geschlechtsorgane der Infusorien. Bei dieser ungeschlechtlichen Vermehrung der Infusorien kann man sich des Gedankens kaum erwehren, dass wohl verschiedene Infusorien- galtungen nur die einzelnen Glieder einer fortlaufenden Entwicklungs- reihe eines einzigen Thieres darstellen mögen |). Ob daneben noch eine Entstehung der Infusorien auf dem Wege einer Urzeugung, einer Generatio aequivoca, vorkommt, wie man früherhin allgemein annahm, mag dahin gestellt bleiben. Jeden- falls aber kann aus den vorliegenden Erfahrungen das Gegentheil nicht bewiesen werden. ’ 1) Man vergl. Dujardin (l. ec. p. 102.) und die Angaben von Pineau (An- nal, des sciene. nat. 1845. Tom. Ill. p. 182.). Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. Sehr wichtig für die morphologisch - anatomischen Verhältnisse der Insekten ist eine Arbeit von Fr. Stein (Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insekten, in Monographien, Berlin 1847), deren erster Abschnitt über den Bau des Hinterleibsskeletes und der Geschlechts- organe der weiblichen Käfer binnen Kurzem erscheinen wird !). Zu S. 11. Durch Stein’s Untersuchungen hat es sich ergeben, dass fast allen Käfern, auch im ausgebildeten Zustande, neun Hinterleibs- segmente zukommen, von denen die letzteren aber constant in das Innere des Leibes zurückgezogen sind und hier bei den weiblichen Thieren um die Enden des Mastdarms und der Scheide einen zusam- mengehörenden Skeletgürtel bilden, dessen einzelne Theile (dieselben, die S. 126. von uns als äussere weibliche Begattungsorgane der Kä- fer erwähnt sind) nach den Verrichtungen der Scheide sehr auffal- lende Formverwandlungen eingehen. Zu S. 39. Ueber den Bau des Nervensystems der Käfer hat Blanchard neuerdings (in den Annal. des scienc. nat. 1846. Tom. V. p- 273.) zahlreiche und genaue Untersuchungen angestellt. Viele sehr schöne Abbildungen erläutern die Darstellung, die besonders bei den betreffenden Theilen von Melolontha vulgaris sehr detaillirt ist. Die Variationen im Bau des Nervensystems sind übrigens sehr ansehnlich, wenn auch für die einzelnen Gruppen und Familien mehr oder min- der charakteristisch. Zwischen den beiden von uns angeführten Haupt- gattungen finden sich zahlreiche verschiedene Uebergänge. Zu S. 75. Die histologische Structur der Speicheldrüsen ist von lH. Meckel (in Müller’s Archiv 1846. S. 25.) näher untersucht worden. Er fand ziemlich durchgehend neben einer äusseren Membrana propria 1) Durch die Güte des Verfassers sind wir in den Stand gesetzt, noch vor dem Erscheinen der betreffenden Schrift hier einige Resultate der darin enthaltenen sehr umfassenden Untersuchungen mittheilen zu können. 618 Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. und einer Zellenschicht: auch eine Membrana intima. Sehr interessant ist das Verhalten der gekernten Drüsenzellen, die gewöhnlich eine an- sehnliche Grösse haben und mit besonderen, sehr zarten, haarförmi- gen Ausführungsgängen versehen sind, die einzeln (bei den vordern Speicheldrüsen der Formica rufa, bei Apis und Bombus) oder allmälich sich vereinigend (bei den vordern Speicheldrüsen von Musca) in den weiten Ductus excretorius münden. Meistens liegen diese Drüsenzel- len in Haufen neben einander und bilden förmliche (solide) Acini, die von einer Fortsetzung des Ueberzugs des Ausführungsganges umschlos- sen und zusammengehalten werden. Die hinteren Speicheldrüsen ha- ben bei den erwähnten Insekten einen einfachern Bau und entbehren der haarförmigen Ausführungsgänge an den Drüsenzellen. Bei den Raupen ist die Drüsenschicht sehr dick und besteht aus sehr grossen Zellen, deren Kern dieselben unregelmässigen Verästelun- gen zeigt, wie wir sie bei den Drüsenzellen des Mastdarmes aufgefun- den haben (vergl. S. 61. Anm. 2.). Zu S. 63. ist zu bemerken, dass Behn’s Annahme besonderer Schwingplättchen zur Beförderung des Kreislaufs in den Extremitäten bereits früher von Burmeister (in Poggendorf’s Annalen Bd. XXXVIN. S. 289.) als unrichtig erkannt und widerlegt worden ist. S. 84. verdient noch die höchst interessante Entdeckung von New- port einer besonderen Erwähnung, dass Pteranareys regalis, eine Neu- roptere, auch im völlig entwickelten Zustand statt der Stigmata äussere Kiemen besitzt. Sie stehen als acht Paare borstenförmiger Bü- schel an der unteren Seitenfläche des Thorax und des ersten Abdomi- nalsegmentes (vergl. Annals of Zoology Vol. XIII. p. 21. oder Annal. des sciene. nat. 1844. Tom. I. p. 183.). Zu S. 85. Aus einer Vergleichung der Stigmen in den ausgebil- deten Insekten mit der Stellung derselben Gebilde bei den Larven geht hervor, dass das erste Paar derselben nicht dem zweiten Brustringe ange- hört, sondern dem ersten, und das zweite (das den Larven fehlt) nicht dem dritten, sondern dem zweiten. Es ist also nicht das erste Thora- calsegment, welches der Stigmen entbehrt, sondern constant das dritte, welches auch bei allen Larven ohne solche Oeffnungen ist. Wo die Zahl der Stigmen an den Gliedern des Abdomen sich verringert, schwin- den (bei den Käfern, z. B. bei Coceinella) nicht die ersten, sondern die letzten Paare (vergl. Stein a. a. O. S. 9.) S. 99. ist der Literatur über die Harngefässe noch die sehr aus- führliche Abhandlung von Leon Dufour (Annal. des scienc. nat. II&me Ser. Tom. XIX. p. 147.) hinzuzufügen. Nach den Untersuchungen von H. Meckel (a. a. O. S. 41.) wird das körnige, aus Harnstoflen beste- hende Secret der Drüsen im Innern der grossen Epithelialzellen gebil- det und erst durch deren Dehiscenz frei. Die Kerne der Zellen sind Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. 619 bei manchen Raupen (Colias bracceicae, Papilio Machaon, Cossus ligni- perda) wiederum verästelt. Zu S. 103. Aechnliche verästelte Kerne zeigen auch bei den Raupen die sehr grossen Drüsenzellen der Spinngefässe, die übrigens völlig nach demselben Typus gebauet sind, wie die Speicheldrüsen der Raupen (vergl. Meckel a. a. O. S. 32). Auch die Giftdrüsen der weiblichen Bienen stimmen in ihrer histologischen Structur völlig mit vordern Speicheldrüsen dieser Thiere überein (Ebendas. S. 47.). Zin eigenthümliches Excretionsorgan fand Goudot (Guerin’s Magaz. d. Zoolog. Insectes pl. 125.) bei einigen dem Genus Bacteria zugehö- renden Heuschrecken im Thorax jederseits als eine nicht unansehnliche Drüse, deren weissliches, scharfes Secret aus einer Oeffnung am Vor- derrande des ersten Brustringes fussweit ausgesprützt werden kann. Zu S. 109. Von höchstem Interesse für die Kenntniss des Baues des weiblichen Genitalapparates ist die schon oben erwähnte Schrift von Fr. Stein über die weiblichen Geschlechtsorgane der Käfer, die mit sehr zahlreichen genauen Abbildungen versehen ist und die An- ordnung der betreffenden Gebilde durch die ganze erwähnte Ordnung der Insekten verfolgt. In mehrfacher Beziehung sind die Resultate dieser Untersuchungen von der früheren Darstellung von Siebold’s, der auch wir gefolgt sind, verschieden, vorzugsweise so weit diese die einzelnen sog. An- hangsgebilde des gemeinschaftlichen Ductus exeretorius betreffen. Als Scheide betrachtet Stein den hintern Theil dieses Ausführungsganges, von dessen Einmündung in die Kloake bis zur sog. Begattungstasche, die nach ihm überhaupt kein besonderes Gebilde, sondern bloss der hintere blindgeendigte Theil der Scheide ist. Die Samentasche mit der Anhangsdrüse dagegen bildet einen eigenen Apparat, den Stein im Gegensatz zu dem eben erwähnten Begattungsorgane als Befruch- tungsorgan bezeichnet, und der ganz unabhängig von jenem häufig erst Monate nach stattgefundener Begattung in Thätigkeit tritt. Ein Abreissen des Penis bei diesem Acte, wie Audouin und von Siebold es annahmen, findet sich nirgends und ist auch nach dem Bau dieses Organes unmöglich. Die angebliche Ruthenblase ist stets ein Samenschlauch (wofür sie v. Siebold bei den Heuschrecken auch schon früher erkannt hat), oft von seltsamer Form und immer aus ei- nem gallertartigen, nach und nach erhärtenden Umhüllungsstoff gebil- det, der die Spermatozoen umschliesst. In der Conformation der einzelnen Theile des Gechlechtssyste- mes (besonders des Befruchtungsorganes) findet sich eine unendliche Manchfaltigkeit, die aber meist bei allen natürlichen Familien in- nerhalb bestimmter Grenzen bleibt. Nur einige wenige, besonders auffallende Verhältnisse können wir hier erwähnen. Bei einigen Sta- phylinen (z. B. bei Myrmedonia und Trichopteryx) verschmelzen die 620 Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. beiden Eierstöcke, die, wie bei nahe verwandten Arten kammförmig sind, zu einer einzigen unpaaren Masse, welche dann einem zweizeiligen Eierstock, wie er z. B. bei Hydrobius fuscipes vorkommt, völlig gleicht. Bei den Elateriden ist der obere Theil des Eierstocks wiederholt bi- furkirt und erst an den Gabelästen mit Eiröhren versehen. Der ge- meinschaftliche Eileiter mündet überall auf der unteren Seite in die Scheide, so dass deren blindes Ende den Basaltheil des Ganges über- deckt. Die Scheide selbst ist bald sackförmig gestaltet und dann im hintern, blinden Ende sehr beträchtlich erweitert, bald lang, eng, röh- renförmig und dann meistens am Ende mit einem sitzenden oder ge- stielten blinden Anhang versehen. Im ersteren Fall (z. B. bei den Ca- raben, Lamellicornien, Coceinella) ist die Kloake kurz und die Scheide nur mit einem einzigen geraden Retractor versehen ; im letztern dage- gen ist die Kloake sehr ansehnlich und der Retractoren sind mehrere vorhanden. Am Befruchtungsorgan fehlt bisweilen die Anhangsdrüse, die dann durch die Zellenschicht des Samenbehälters vertreten wird. Bei den Hydrocanthariden findet sich ausser dem zuführenden Kanal des Samenbehälters noch ein zweiter abführender Kanal, der die Sperma- tozoen auf die zu befruchtenden Eier leitet. Was die histologische Structur betrifft, so ist in allen Theilen (mit Ausnahme der Kloake) ausser einer inneren structurlosen Epithelial- schicht noch eine äussere Muskelschicht vorhanden. An den Eiröhren verlängert sich die letztere häufig in dünne Fäden, die sich an der Rückseite des Mittel- und Vorderbrustkastenringes (nicht an das Rü- ckengefäss, wie die Verf. es übrigens bei Pamphagus sehr deutlich wahrgenommen haben) festsetzen. Eine Drüsenschicht fehlt nur den keimbereitenden Röhren. Sonst ist sie überall vorhanden und von sehr grossen Zellen gebildet, welche häufig mit denselben haarförmigen Kanäl- chen versehen sind, die auch an andern Drüsenzellen sich vorfinden. Sehr deutlich haben die Verf. schon vor längerer Zeit eine solche An- ‘ordnung in der Scheide von Melolontha u. a. wahrgenommen, wo man sich übrigens leicht davon überzeugen kann, dass das untere gewundene Ende jener Kanäle auch wirklich im Innern der Zelle gelegen ist (Stein scheint anzunehmen, dass diese Kanäle sich nur der äussern Zellenwand anlegten), während das andere Ende die Epithelhalbeklei- dung durchbrochen hat und darüber hervorragt. Zur Anatomie der Arachniden haben wir kürzlich mehrere wichtige Beiträge erhalten. Ueber den Bau der Mygale avicularia und Erichsonii hat Was- mann (Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften , her- ausgegeben von dem naturwissenschaftlichen Verein in Hamburg. Ham- burg 1846.) sehr genaue Untersuchungen veröffentlicht, von denen, als Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. 621 vorzüglich wichtig, besonders folgende eine Erwähnung verdienen : Die Musculatur dieses Thieres ist sehr entwickelt, namentlich die des Gephalothorax. Man unterscheidet hier obere und untere, zur Ver- sorgung der Fress- und Gehwerkzeuge bestimmte Muskeln. Die obe- ren nehmen ihren Ursprung von einer Grube der Rückenhaut, die unteren von einem in der Höhle des Cephalothorax befindlichen, ei- genthümlich gestalteten Knorpel. In dem Abdomen findet man auf der Bauchfläche die beiden, schon längst bei der Kreuzspinne gekann- ten Längsmuskeln. Mit ihnen im Zusammenhang stehen andere Mus- keln, welche sich theils an die Lungen, theils durch den Fettkör- per nach oben zu der Rückenfläche begeben. Unterhalb der Bede- ekungen wird hier, wie bei der Kreuzspinne, eine musculöse Lage oder ein Hautmuskel angetroffen. Die Verdauungswerkzeuge erscheinen viel complicirter, als man es bisher bei Araneen angenommen hat. Man trifft eine enge Speise- röhre, welche nach hinten und oben verläuft und in einen erweiterten Theil, den Saugmagen, überführt, welcher durch verschiedene Mus- keln erweitert werden kann. Nach hinten geht letzterer in den eigent- lichen Magen, den Ringmagen, über. Er theilt sich nämlich in eine mittlere, nach hinten laufende Fortsetzung und zwei seitliche, nach vorn sich erstreckende Arme, welche sich mit einander vereinigen und so einen wirklichen Ring darstellen. Von diesem Ringmagen ge- hen jederseits vier röhrenförmige Fortsätze, entsprechend den vier Fusspaaren, ab. Ein jeder derselben läuft bis zum Basalgliede seines Fusses und biegt hier um, um nach der Mittellinie auf der Bauchfläche zurückzulaufen. Hier verzweigen sich und anastomosiren diese Fort- sätze, selbst von entgegengesetzten Seiten, mit einander. Aus dem so gebildeten Netzwerke nehmen zwei längere blindsackige Fortsätze ihren Ursprung, welche nach hinten bis in den Bauchstiel verlaufen. Die Fortsetzung des Verdauungskanales tritt durch den Bauchstiel hin- durch, ist anfangs enge, erweitert sich später wieder und nimmt hier jederseits zwei sehr weite Kanäle, die Ausführungsgänge des sog. Fettkörpers, oder richtiger der Leber, auf. Wasmann hat diese Erweiterung als den hinteren oder Fettkörpermagen bezeichnet. Von ihm läuft verdünnt der Darmkanal nach hinten und endet hier, nach- dem er den gewöhnlichen Blinddarm aufgenommen, in der Afteröffnung. In den Malpighischen Gefässen konnte Harnsäure nicht dargethan werden. Der Spinnapparat besteht aus vier Spinnwarzen, von welchen das äussere Paar dreigliedrig ist und seine grosse Beweglichkeit einer ansehnlichen Musculatur verdankt, das innere kleinere Paar dagegen nur aus einem einzigen Gliede gebildet ist. Die Spinndrüsen sind bei Mygale sehr wenig ausgebildet, entbehren der langen Spinngefässe und bestehen aus vier Häufchen kleiner birnförmiger Drüschen, deren jedes einen besonderen Ausführungsgang in die Spinnwarze treten lässt. 622 Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. Auch bei der Kreuzspinne und anderen Araneen kommen diese Häufchen kleiner Drüsen vor, welche von früheren Beobachtern ver- kannt wurden. Auf den complicirten Bau der Spinndrüsen hat neuerdings H. Meckel (Müller’s Archiv 1846. S. 50.) aufmerksam gemacht und fünf verschiedene Drüsenformen unterschieden. Das Vorkommen eines Stimmwerkzeuges bei einer Aranee, nämlich Asagena serratipes, wurde von Westring beobachtet. Es besitzt nämlich dieses Thier auf dem Cephalothorax und dem Abdo- men eine gezähnelte Borste, welche es an einander reibt und dadurch ein eigenthümliches Geräusch erzeugt (vergl. den Jahresbericht über die Leistungen in der scandinavischen Literatur im Gebiete der Ana- tomie und Physiologie von Hannover in Müller’s Archiv 1844. S.9.). Von grossem Interesse sind die Untersuchungen von de Quatre- fages über den Bau der Pyenogoniden (Vergl. Annal. des science. nat. Serie Ill. Tom. IV. p. 69.), welche derselbe an Nymphon, Phoxi- chilus und einer neuen Gattung, Ammothea, anstellte. Die Verf. haben späterhin Phoxichilidium untersucht und den nämlichen Bau gefunden. Der Verdauungskanal beginnt mit einem Oesophagus, welcher in der Regel sehr enge, bei Phoxichilidium weiter, den konischen Mund- fortsatz durchsetzt. Bei Phoxichilidium ist der vordere Theil desselben in Form eines nicht unansehnlichen Rüssels eingestülpt, welcher eine eigene Epithelialbewaffnung trägt. (Letztere scheint Quatrefages Ver- anlassung zur Annahme eines Flimmerepitheliums gegeben zu haben), Die Speiseröhre mündet in den Magen, welcher fast den ganzen Kör- per einnimmt und bei den einzelnen Gattungen in verschiedener Länge erscheint, so z. B. sehr kurz bei Ammothea ist, dagegen länger bei Phoxichilidium. Es ist mit den schon länger bekannten blinddarmför- migen Anhängen versehen. Diese sind zu zehn vorhanden, von de- nen das vordere Paar in die Fresswerkzeuge, die vier übrigen Paare in die Beine treten und in letzteren bis zum drittletzten Gliede ver- laufen. Aus dem hinteren Theile des Magens nimmt ein kurzer Darm seinen Ursprung, welcher das rudimentäre Abdomen durchsetzt, ge- wöhnlich’ enge, bei Phoxichilus dagegen in seinem Anfangstheil sehr erweitert und erst später verengt ist und somit bei letzterem Thiere einige Aehnlichkeit mit einer umgestürzten Flasche darbietet. Die Blinddärme sind aus einer structurlosen Membran gebildet und von einer körnigen Masse bekleidet. Sie treiben durch beständige Contra- ctionen und Exspansionen ein körniges Contentum unregelmässig auf und ab. Sehr merkwürdig ist die Circulation dieser Thiere. Man findet, dass die Höhle ihres Leibes und ihrer Beine erfüllt ist von einer farblosen Flüssigkeit, in welcher zahlreiche Blutkörperchen von unre- gelmässiger oder rundlicher Gestalt vorkommen. Durch die Bewegungen Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. 623 des Thieres und des Verdauungsapparates wird dieses Blut unregel- mässig im Körper hin - und hergetrieben. Man kann sich mit Leich- tigkeit von der Abwesenheit eines Centralorganes überzeugen. Ebenso fehlen Respirationswerkzeuge gänzlich. Das Nervensystem ist einfach, aus einem Gehirn - und ei- nem Bauchmark bestehend. Das Gehirn liegt über der Speiseröhre und bildet bei Phoxichilus einen doppelten Knoten, dem die Au- gen aufsitzen, bei Ammothea ein rundliches Ganglion, aus dessen Mitte ein ansehnlicher warzenartiger Markfortsatz abgeht, welcher die Sehwerkzeuge trägt. Vom hinteren Theile des Gehirnes gehen die kurzen Schlundeommissuren ab. Das Bauchmark besteht aus vier Ganglien, welche so dicht hinter einander stehen, dass sie mit einan- der verschmelzen. Jedes derselben giebt an seinen beiden Seiten ei- nen starken Nervenstamm in die Beinpaare ab. Geschlechtsdrüsen sind noch nicht bei den Pyenogoniden be- kannt. Zu S. 162. Die Spermatozoen des Skorpions untersuchte Köl- liker. Sie besitzen eine Haarform. (S. die Bildung der Samenfäden in Bläschen. Tab. Il. fig. 16.). Zu S. 167. Was die Klasse der Krustenthiere betrifft, so möge hier erwähnt sein, dass die Verf. bei weiterer Untersuchung sich von dem Vorkommen des Chitins in den Bedeckungen der Lämodipo- den (Cyamus, Caprella, Podalirius) und Schmarotzerkrebse (Ca- ligus, Anchorella, Lernaea) überzeugt haben. Zu dem Nervensystem der Crustaceen ist eine Reihe nachträg- licher Bemerkungen nothwendig geworden. Zu S. 195. Unter den Isopoden ist der Bau des Nervensyste- mes bei Ligidium von Lereboullet (Annal. des scienc. nat. T. XX. 1843. S. 124.) untersucht worden. Man findet ein aus zwei konischen Knoten zusammengesetztes Gehirn. Von dem Bauchmarke, welches sich durch seine kurzen und breiten Commissuren auszeichnet, gehö- ren sieben Ganglienpaare dem Thorax und Proabdomen an, fünf klei- nere Paare, von welchen das erste dicht hinter den letzten Vorder- leibsknoten gerückt ist, kommen auf das Postabdomen. Hinter dem letzten Knotenpaare endet das Bauchmark mit einem länglichen, abge- rundeten Markfortsatze. — Bei Aega bicarinata besteht das Gehirn aus zwei nicht unansehnlichen, ovalen Knoten, welche zu der Seite einen ungemein dicken, cylindrischen Sehnerven entsenden. Die Schlund- commissuren sind nur kurz und nach unten laufend. Das Bauchmark bildet im Vorderkörper sieben Anschwellungen, im Postabdomen eine cylindrische Markmasse, welche jedoch eine Zusammensetzung aus fünf Ganglien erkennen lässt. Die Nerven der Antennen sind als 624 Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. vordere Enden des Bauchmarkes anzusehen, die der Fresswerkzeuge entspringen von den Schlundeommissuren. (Rathke, Beiträge zur Fauna Norwegens. Nova Acta Leopold. Vol. XX. P. I. S. 33.) Zu S.196. Bei den Gaprellinen (Caprella und Podalirius) kommt ein ähnliches Nervensystem vor, wie bei der Wallfischlaus. Es besteht ebenfalls aus einem ansehnlichen Hirnknoten und zwei dicht hinter einander gelegenen Subösophagealganglien, deren vorderes Paar auch hier das grössere ist. Das übrige Bauchmark besteht aus sechs ansehnlichen Knoten, welche in ihren entsprechenden Körperringen gelegen und nicht nach vorne gerückt sind, wie bei Cyamus. Die Ganglien der fusstragenden Segmente sind grösser als die der fuss- losen, bloss mit Kiemen versehenen Körperringe. Die Commissuren sind stark und doppelt. Zu S. 201. Für die Schmarotzerkrebse haben wir durch Rathke sehr wichtige Beiträge erhalten. Bei Dichelestium sturionis fand dieser Forscher (Nova Acta Leopold. Vol. XIX. P. 1. S. 150.), dass ein eigentliches Hirn und Schlundhalsband fehlt. Der erste Kno- ten des Bauchmarkes ist dagegen sehr gross und wahrscheinlich aus mehreren verschmolzen. Er versorgt die vorderen drei oder vier Beinpaare mit Nerven. Das Bauchmark verläuft eine Strecke weit nach hinten als einfacher Strang, dann spaltet es sich in zwei sehr zarte Aeste, welche von einander getrennt bis in’s Postabdomen hinab- reichen. — In seinen Beiträgen zur Fauna Norwegens (in derselben Zeitschrift Vol.XX. P.I. S. 125.) beschreibt derselbe das Nervensystem von Chondracanthus. Das Bauchmark besteht aus zwei sehr zarten Strängen und einigen wenigen, ziemlich weit von einander entfernten Ganglienpaaren von nicht unansehnlicher Grösse. Rathke fand ein Gehirn und vier Paar Anschwellungen an dem übrigen Bauchstrange. Bei Caligus besteht das Bauchmark aus zwei deutlich getrennten, doch mehr zusammenliegenden, zarten Nervensträngen. Dicht hinter der Speiseröhre schwellen sie beide stark an und sind hier enge mit einander verbunden, trennen sich dann nach vorne um als dicke Mark- massen die Speiseröhre zu umfassen und in ein mässig grosses Gehirn überzugehen. Es wird desshalb hier nach Art der Araneen und Skor- pione der Oesophagus von einem dicken, beinahe herzförmigen und nur mit einer kleinen Oeffnung versehenen Markring umgeben. Bei Staurosoma fand Will (Wiegmann’s Archiv 1844. I. S. 341.) über der Speiseröhre ein breites bandartiges Ganglion, von welchem nach beiden Seiten mehrere Nerven abgehen. Einer dieser Fäden auf jeder Seite schwillt an der Seite des Schlundes zu einem kleineren rundlichen Ganglion an. Einen Beitrag zur Kenntniss der verschiedenen Organisationsver- hältnisse bei den Würmern lieferte neuerlich Schmidt durch seine Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. 625 Untersuchungen über die Anatomie und Physiologie der Naiden (in Müller’s Archiv 1846. S. 406... Der Bauchstrang des Nervensystemes erscheint bei diesen Thieren (Chaetogaster) als ein breites, rechts und links unregelmässig ausgeschnittenes Band, an dem keine Spur einer Gliederung mehr vorhanden ist. Hinter dem zweilappigen Hirn, das, wie gewöhnlich, mit seinen seitlichen Commissuren in ‘den Anfangs- theil des Bauchmarks übergeht, soll noch eine zweite Nervenmasse auf dem Oesophagus gelegen sein, welche mit jenen Commissuren in Verbindung steht. Vom Schlundkopf umschlossen ist (Stylaria) ein besonderes zungen- oder rüsselförmiges Organ, das aus zwei dicht neben einander liegenden fleischigen Streifen besteht. Die Zahl der pulsirenden Gefässbogen zu den Seiten des Schlundkopfes ist bei Nais und Stylaria drei, bei Chaetogaster nur eins oder zwei. Doch finden sich auch im ferneren Verlauf der Hauptgefässstämme nach hinten zu noch andere ähnliche Verbindungsbogen.. Am hintern Leibesende scheinen übrigens keine solche Gefässschlingen, wie am vordern, sich vorzufinden. Die Communication wird hier durch zahlreiche feine Ge- fässe vermittel. Zu dem Respirationsapparat gehört unstreitig eine Reihe gefässartiger Knäuel oder mehrfach gewundener Bänder, die paarig in jedem Ringe rechts und links sich finden und im Innern von einem Flimmerepithelium ausgekleidet sind. Am inneren Ende sollen die Flimmergefässe nicht geschlossen sein und frei mit der Lei- beshöhle communiciren, wogegen es unentschieden bleibt, ob sie zu- gleich nach aussen münden. Von Quatrefages ist so eben in den Annales des science. nal. Se- rie Il. Tom. VI. p. 229. eine treffliche, mit vielen schönen Abbildungen versehene Abhandlung über die Organisation der Nemertinen erschienen. Leider hat der Verf. den Irrthum begangen, den Rüssel als blind ge- endigten Verdauungskanal und das eigentliche Darmrohr als Geschlechts- drüse zu beschreiben. (Vergl. Frey und Leuckart, Beiträge S. 71.) Z. S. 319. Fälschlich ist hier fürdie Darmgefässe des Bothrioce- phalus latus ein Citat aus Delle Chiaje angeführt worden, welches sich auf Taenia Solium bezieht. Zu S. 319. Bei Caryophyllaeus finden sich, wie uns eigene Be- obachtungen so eben gezeigt haben, statt zwei oder vier Darmgelässe, wie solche bei den übrigen Cestoiden vorkommen, deren acht. Die vier mittlern derselben decken sich paarweise, die übrigen liegen ein- zeln in den Seitentheilen des Körpers. Alle zeigen sehr starke schlan- genförmige Windungen und stehen durch zahlreiche Queräste mit ein- einander in Verbindung. Am Kopfende bilden sie ein sehr zierli- ches und ansehnliches Gefässnetz. Im hinteren Leibesende werden die Kanäle dünner und lassen sich nicht mehr so leicht verfolgen. Daneben findet sich ein zartes, maschiges Hautgefässnetz, das ausser- ordentlich deutlich ist und im hinteren Ende vielleicht mit den Darmge- Wagner’s Zootomie. Il. 40 626 Nachträgliche Bemerkungen und Zusätze. fässen in Communication steht. In den übrigen Leibestheilen ist es of- fenbar ganz unabhängig von letzteren und mehr oberflächlich gelegen. Zu S. 331. Nach einer kurzen Angabe von Quatrefages (a.a.0. p. 290.) soll es neuerlich den Untersuchungen von Blanchard gelun- gen sein, bei den Nematoideen und Trematoden ein völlig geschlosse- nes Blutgefässsystem aufzufinden. Zu S. 337. Nach den Angaben von Will (Wiegmann’s Archiv 1844. 1. S. 331.) besitzt Chaetopterus auf der Rückenseite des Vorder- leibes eine schwammige, aus birnförmigen Bälgen zusammengesetzte Drüse, deren Secret im Dunkeln einen starken grünlichen Schimmer verbreiten soll. Mit ähnlichen Bälgen sind auch die Fussstummel und oberen Ränder der -Mittelleibssegmente versehen. Für die Anatomie der Gephalopoden müssen wir zu S. 395 noch hinzufügen, dass durch neuere Untersuchungen von E. Harless die Deutung der Venenanhänge als Nieren bestätigt ist. Vergl. Wiegmann’s Archiv 1847. 1. S. 1. In Bezug auf die Anatomie der Gasteropoden haben wir noch eine erst nach dem Druck des betreffenden Abschnittes uns zugekom- mene, sehr schätzbare Abhandlung zu erwähnen, Wilms, de Sagilta mare germanicum incolente. Dissert. Berol. 1846. Den Beobachtungen von Krohn, die im Wesentlichen bestätigt werden, sind hier noch manche ganz interessante Angaben hinzugefügt. Sehr wichtig für die systema- tische Stellung des betreffenden Thieres ist die Entdeckung seitlicher Borstenbüschel, die uns zwingen wird, dasselbe den Anneliden zuzu- rechnen, welchen es auch durch den Mangel einer Leber und die An- ordnung des Geschlechtssystemes viel eher sich anreiht. Das Nerven- system scheint noch nicht vollständig gekannt, obgleich es Wilms gelungen ist, ausser dem grossen Ganglion thoracicum noch einen kleineren, davor gelegenen Knoten aufzufinden. Zu S. 5ll. Zu den Echinodermen haben wir noch zu be- merken, dass wir bei einer kürzlich angestellten Untersuchung des Priapulus caudatus an einzelnen Stellen mit der grössten Deutlichkeit quergestreifte Muskelfasern, theils vereinzelt unter glatten Fasern, theils allein beobachtet haben. Wir verweisen in dieser Hinsicht auf unsere, oftmals citirten Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braun- schweig 1847. (welche dieser Tage die Presse verlassen werden). Der wertet Kerr: S. 47 Zeile 3 von oben statt Räume lies Stämme. Ss. 5l — 5 - — lese man: So sollen sich bei Hypomeneutes deren nur drei finden, während sonst gewöhnlich mehrere u. s. w. Ebendas. Zeile 19 von oben statt convex lies concav. S. 55 Zeile 23 statt unter lies hinter. Ss. 56 — 14 — Bei Hemerobius lies Bei Myrmeleon. Ss. 176 — 2 von unten statt Newport lies Rymer Jones. s.16 — 4 - — -— 1838 lies 1837. Ss. 201 — 10 - oben — Speisedrüsen lies Speicheldrüsen. Ss.208 — 13 - — -— Geruchssinn lies Geschmackssinn. Ss. 210 — 6 - unten — höheren Magen der Krebse lies Magen der hö- e heren Krebse. S.20 — 2 - -—- -— Irrthümer lies Irrthümern. Ss.222 — 23 - oben ist, bei Mysis zu streichen. Ss. 31 — 10 - unten statt 6 lies 7 S.240 — 3 - — — hiermit lies hierher. s.4799 — 15 - -— -— Phallusia pedata lies Ph. pedunculata. S. 582 letzte Zeile statt sollten lies sollte. S. 587 Zeile 10 von unten statt ist lies sind. S. 590 ist bei Note 3 das Citat zuzufügen: M&m. de la Soc. d’hist. nat. de Paris Tom. IV. Druck von E. A. Huth in Göttingen, „ er UYMRHN m % er AM Di Dan A f EL TOTEEG NN IE, y \ N a” \ Ss N “ ; Ai “ TI f - j \ ‘ N N FIRE N \ N } & N N 94 EN Q Aa IN H hi N 0 4 S | G N f \ EN Ss ” Pan IR, N x ARE S S ' > N N fi IN. ’ 1 £ TER RT \ ff - {Tl I N | j x ws TER. l N; Ge, / N - ß Q N“ \ ' I f ki ZN IN Sy IN N N IN N N er: ; —Z , | Ss 9 S = SR N N u In 2 F a S N we m ; > NN Sg N NER \ \\ Fi J u = | KW HF h N & S N \ S ‚ N II & k 53 7 u ga fi v S U nn RT, SL f G IS I N IN R Den N \ N ? — a Y; fr’ = = IN A > III IEN /A,; | SI. N L (IF MT > | N ‚SON ST N N ff! —s = - I Pi: / / x K KL NN en R/ if > | „ x rn x : { —— { S n — 7 af NUR \ N - sl ! E u - —u f Zo P a ee a = N N S Ri ü BE 17 Sn Tr \ = Damen a N \ S ET N I, ie = u IL m nen f \ = A a0 U EIS ' = > ( = — : “Re u AL , — . \ = nn —— ed = ? N a a PP eG ae «“ — f / . u R eg f N = LK == - GG, - N Dihe- © E - 3 Pi A Mr zu > — ———— N Kl - Dar ce Be IHRE \ > nn { Ü / = m——— Bi Z > (4 n „ENTER AR — z >= \ Me en — Z de un fi > me N = — ; 7 f en 2 —a ee = ar n ( tE£ ? r se —————h / \ 7 ein N mens = \ / “ nn 3 i => .-. air > - — - ln N ( £ [ — : ms = 2 a . #7 en = = —— — A Ä 2 ea d gg 7 — _r e; a . =. N — = > \ 7 iz: Tr ——— nn — za er = z ( = — L sd ge - . 5 Rn —— — ’ —G = = - - £ Ge . De — 2 FT KEN 2 R ö